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,
No
Boston
Medical Library
Association,
19 BOYLSTON PLACE.
No.
Boston
Medical Library
Association,
19 BOYLSTON PLACE.
SCHMIDT'S
• •
JAHRBUCHER
DER
m- UND AUSLÄNDISCHEN
GESAMHTEN MEDIGIN.
UNTER MITWIRKUNG VON
PEOF. DE. ADOLE WISTSK
REDIGIRT
von'
DE. P. J. HÖBIUS UND DE. E DIPPE
ZU LEIPZIG.
JAHRGANG 1896.
ZWEIUUNDERTUNDNEUNüNDVIERZiaSTER BAND.
LEIPZIG, 1896.
VERLAG VON OHO W16AND.
«.
I >
"KfÄLÖGü^
AUG22 1896
.« ff.
^«i*
der
in- nntf anslftatfischen gesammten ffletficin.
Bd. 249.
'.♦%-
1896.
M 1.
A. Auszfige.
I. Medlolnisohe Physik, Chemie und Botanik.
1. Ii'aotioii de« lymasee prottelytiqaeeeiir
U oeUiüe Thrftnte; per le Dr. Claudio FermL
(Aroh. itaL de BioL XXTTT. 3. p. 433. 1896.)
F. ist zu dem Schlusee gekommen, dass die
ei wdflSTerdaQenden Fermente lebendes Protoplasma
nicht angreifen, und zwar auf Grund folgender Ver-
suchsergebnisse :
Pepsin in salzsaurer LSsung, ebenso wie Magen-
saft aus einer Fistel haben keine Einwirkung auf
Sprosspilae und Schimmelpilze. Txypsin wirkt
weder auf diese, noch auf Spaltpilze ein, eben so
wenig auf Amöben oder auf Samen von Getreide
und Leguminosen. WQrmer und lArven werden
Yon Trypsin nicht angogriflSen, ebenso werden ja
die Würmer im Darmkanal nicht verdaut Pepsin«
injektion in saure Pflanzentheile bleibt ohne . Wir-
kung. Trypsin, sterilisirt und Thieren unter die
Haut gespritzt, wird vernichtet Trypsin im Gon-
takt mit frischen Oxganen oder Serum verschwindet
gleichfalls. Das ^weissverdauende Ferment von
Mikroorganismen verdaut diese nicht
V. Lehmann (Berlin).
2. ZurKenutnliii dea Pepsins; von Augustin
WröblewskL (Ztschr. f. physiol. Chemie XXL
1. p. 1. 1895.)
W. hat das Einderpepsin und das Sohweine-
pepein in 2 parallelen Versuchsreihen miteinander
verglichen. Er untersuchte seine Wirkung in Ge-
genwart verschiedener Säuren, und zwar Salzsäure,
Phosphor-, Salpeter-, Schwefel-, Oxal-, Essig-,
Ameisen-, Milch-, Panunilch-, Wein-, Oitronen-,
Aepfelsänre. Er kommt zu dem Schlüsse, dass
Eindetpepsin, Schweinepepsin und das gelegent-
lich untersudite Hundepepsin von einander unter-
schieden sind, da sie sich bei Gegenwart der ver-
schiedenen Säuren versohiedenartig verhalten. In
Bezug auf Beförderung der Verdauung folgen die
untersuchten Säuren nicht etwa nach ihrer Stärke
aufeinander. Bei Vergleich äquivalenter Säure-
lOsungen wirkt die Oxalsäure amgQnstigsten, dann
erst die Salzsäure.
Es wurde noch die Wirkung von einigen Alka-
loiden auf peptisdie und auch auf tiyptische Ver-
dauung untersucht Am stärksten befördernd
wirkte bei beiden das Coffein, am stärksten hem-
mend das Veratrin. V. Lehmann (Berlin).
3. Vergleiidiende üntemaehoog über die
Binwirkong dea Qpei(diela, dea Pankreas- und
Darmsaftea, sowie dea Blutes auf Stärke-
kletster; von Carl Hamburger. (Arch. f. d«
ges. PhysioL LX. 11 u. 12. p. 543. 1896.)
' Die Untersuchungen H.'s, die in derselben Art
angestellt wurden, wie frOher die von Bial über
das diastatische Ferment des Blutes, ergaben, dass
sich die diastatischen Wirkungen der angegebenen
verschiedenen Säfte in zweierlei Hinsicht verschie-
denverhalten. Einmal ist das Maximum der Reduk-
tion verschieden, und femer wird das Maximum
nach verschieden langer Einwirkung erreicht Wäh-
rend das Beduktionsmaximum beim Darmsaft 0.26
beträgt, ist es beim Blute 0.80. Das Letztere wird
erst nach 24 Std. erreicht, das Beduktionsmaximum
des Pankreassaftes, 0.36, schon nach 45 Minuten.
Am meisten unterscheiden sich Speichel und Blut:
der erstere bewirkt die Stärkeumwandelung ziem-
lich schnell, sein Beduktionsmaximum ist niedrig;
das Blut verhält sich entgegengesetzt Während
auf der Höhe der BeduktionsfiUiigkeit sich als Um-
wandelungsprodukt bei Einwirkung von Blut und
von Darmsaft fast nur Traubenzucker findet, ist
das Hauptumwandelungsprodukt beim Speichel und
Fankreas^aft bekanntlich Maltose. Im AnGuag lässt
L_
4
I. Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
sich auch bei der Bluteinwirkung das Auftreten von
Maltose nachweisen, neben Dextrin. Maltose und
Dextrin müssen dann im weiteren Verlaufe in
Traubenzucker gespalten werden. Letzterer, bisher
nur aus dem P^anzenreiche bekannte Prooess ist
höchst wahrsch^nlich auf ein 2. Ferment, Olukase,
zurückzuführen, das neben der Diastase im Blute
enthalten ist. Auch in den anderen diastatisch
wirkenden Flüssigkeiten müssen beide Fermente
▼orhandea sein, nur in anderen Mengenverhält-
nissen. Y. L eh m a n n (Berlin).
4. Beoherohea anr lefermentamylolytiqae
da aangOiAmodiaatMe); parA.TchereYkoff.
(Arch. de PhysioL XXVn. 4. p. 629. 1895.)
• Die noch vor kurzer Zeit von Blal und Böh*
mann gemachten Untersuchungen, die im Blute
ein diastatisches Ferment nachgewiesen haben,
konnte Tsch. bestätigen. Er zeigt femer, dass
dies amylolytische Ferment bereits in dem aus der
Ader fiiessenden Blute enthalten ist, und dass sich
seine Menge beim Stehenlassen des Blutes rer-
mindert Das Ferment geht nach der Blutgerin-
nung zum grOsstenTheile in das Serum über. Ver-
bindert man die Blutgerinnung durch Zusatz von
Natriumoxalat, so bleibt das Ferment ziemlich lange
(10 Tage) erhalten und wirksam.
Y. Lehmann (Berlin).
5. Contribation a retadedufermenth&no-
dtaatJialque; par les Drs. Castellino et Pa-
racca. (Arch.ital.deBioLXXin.3.p.372.1895.)
G. u. P. haben das Yerhalten des diastatischen
Blutfermentes beim gesunden und beim kranken
Menschen untersucht. Die Hauptergebnisse sind :
Die diastatische Kraft des menschlichen Blutserum
ist geringer als die des thierischen. Sie nimmt bei
pathologischen Zuständen, die die Blutmischung
ändern, zu. Sie hängt zusammen mit der globuli-
ciden und toxischen Kraft des Blutes. Beines
Nudein, sowie Kochsalz oder Glaubersalz vermehren
die diastatische Kraft, Ansäuern vermindert oder
vernichtet sie. Das Temperaturoptimum ist 28<>.
Sehr wahrscheinlich findet sich das Ferment ur-
sprünglich in den Leukocyten, aus denen es durch
ihre Yeränderung und Auflösung frei wird.
Y. Lehmann (Berlin).
6. Snr U natnre da aymogene dn llbrino-
fennent dn sang; par le Dr. P. F. Castellino.
(Arch. ital. de BioL ZXIY. 1. p. 40. 1895.)
Das Zymogen des Fibrinfermentes findet sich
(in erster Linie in den Blutplättchen, dann in den
Leukocyten, in den kernhaltigen rothen Blutkörper-
chen, in den Granulationen) am wenigsten in den
rothen Blutkörperchen der Säugethiere. Ein wässe-
riges Extrakt aus Blutplättchen oder weissen Blut-
körperchen bewirkt sehr rasch in Plasma, das
Fibrinogen (Hammarsten) enthält, Fihrinbil-
dung. Li den Plättchen, den weissen und kern-
haltigen rothen Blutkörperchmi ist es das in Frei-
heit gesetzte Nudein, auf dem die Fibrinbildung
beruht Eingespritztes Nudein beschleunigt die
Fibrinbildung, weil es die genannten Blutelemente
zerstört Serum und Urin von Menschen mit
schwerer Blutveränderung besitzen globulicide,
coagulirende und toxische Wirkung. Serum und
Urin gesunder Menschen besitzen diese Eigen-
schaften nur in sehr geringem Grade. Die Amnios-
'flüssigkeit, die beinahe kein Nudein enthält, be-
sitzt die genannten Eigenschaften gar nicht
Y. Lehmann (Berlin).
7. BxperiiiMntotte and klinlsohs Uiitttr-
soohimgen über das Verbiltniss der Harn-
•äoreaussoheidung sa der Leukooytoae; von
Dr. W. Kuhnao. (Ztschr. f. klin. Med. XXYIIL
5 tt. 6. p. 534. 1895.)
E. hat in der med. Klinik zu Breslau sehr sorg-
fältige Untersuchungen angestellt, die einen wesent-
lichen Beitrag zur vid umstrittenen Frage nach
der Hamsäurebildung liefern. E. schliesst: „Die
Leukocyten sind, toenn OM^niehiausecMieasUÄe, so
doch eine haupiaäMiksheQuelk des Biid^
für die Hamsäuref'. Bei zahlreichen Erankhdten,
die mit Leukocjtose einhergehen, ist (auch wenn
kein Fieber besteht) dieHamsäureausscheidung ge-
steigert Die Stdgerung tritt namentlich dann
hervor, wenn die Leukocytose rasch schwindet, sie
ist auch bd künstlich erzeugter Leukocytose deut-
lich und kann auch durch Einverleibung von leuko-
(^rtenhaltigem Material (aseptischem Eiter, Thymus-
aufschwemmung) und durch Einspritzung von
Nudein hervorgerufen werden. D i p p e.
8. üeber das Verhältniaa der patholo^«
Bohen Aoetonaoflsoheidiang aar Gtoaammtstlok-
BtoAnsBoheidiang; von Dr.Paul Palma. (Ztschr.
f. Hdlkde. XY. 6. p. 463. 1895.)
Das Aceton wird als ZerfsiUsprodukt des Ei-
wdsses angesehen. Es war daher in Krankheits-
fällen, in denen Acetonurie bestand, von Interesse,
das Yerhältniss der ausgesdiiedenen Acetonmenge
zur Menge des Gesammtstickstoffs zu bestimmen.
P. hat dies in verschiedenen klinischen Fällen ge-
than. Er gelangt zu folgenden Sddüssen: Das
Aceton erschien am bedeutendsten vermehrt^ in
jenen Fällen, in denen derEiweiaszerfall gesteigert
erscheint, sd es, dass es sich um Oxydation des
Organeiwdssee oder des Nahrungseiwdsses ge-
handdt hat Ein Parallelismus in dem Sinne, dass
mit dem Eiwdsszerfall gleichzeitig der Aceton-
gehalt im entsprechenden Maasse steigen oder
sinken würde, lässt dch nicht constatiren. An ein-
zelnen Tagen steigt oder sinkt allerdings mit dem
Eiwdsszerfall das Aceton, doch erfolgt dies nicht
im geraden Yerhältnisse. Y. Lehmann (Berlin).
9. ün nouvean r^aotif potur reoonnaitre
Paoetone et Taoide arique ; par leDr. Malerba.
(ArdL itaL de BioL XXm. 3. p. 329. 1895.)
Das von M. entdeckte neue Reagens auf Aceton
und Harnsäure ist das Dimethylparaphenylendiamin
oder Pkutunidodimetiiylanilini NH|C0H4N(OH|)|, in
n. Anatomie und Physiologie.
5
1— 2proc. wftsseriger Lösung. Die Aoetonreaktion
mnss mit dem Destillate des Harns gemacht wer-
den. Das Reagens bewirkt zunächst rosige bis
lOthlidie Vftrbung, die sich im Laufe einiger Stun-
den immer mehr in's Violette zieht, und in den
nächsten Tagen in Blutroth übergeht Bei Zusatz
von Alkali verschwindet das Roth, durch ooncen-
trirte Hinerals&ure entsteht violette Färbung.
Am interessantesten ist aber, dass die geflUrbte
Jlfissigkeit im Spektroskope sidi &st genau wie
eine Qzyhämoglobinlösnng verhfilt LSsst man die
ntkssigkeit einige Tage unter Luftabsohluss stehen,
80 geht das Blutroth in iGthliches Gelb über, wobei
die beiden Absorptionstreifen fast völlig versoh win*
den. Schüttelt man dann mit Luft, so kehren
Farbe und Absorptionstreifen wieder.
Die Reaktion auf Harosäure stellt man in der Weise
an, dass man etwas Substanz in concentriiter Salpeter-
säure löst und zur Trockene verdamoft Man erhält den-
selben gdbrothen Fleck wie bei der Morexidprobe. Man
fo^ nun einige Tropfen des Reagens hinzu, wobei ein
spiegelndes Blauviolett entsteht, das beim Erkalten wieder
versohwindet, und dann, beim Erw&rmen wieder anftritt.
Verdampft man mit der Salpetersäore nicht ganz zur
Trockene und fogt etwas Reagens zum Rackstana, so tritt
beim Erkalten kein Roth aa:^ beim Erhitzen aber erhält
man ein in Alkohol lösliches Blauviolett, welche Lösung
in einiger Zeit gelbtichroth, dann aber beim Erwärmen
wieder blauviolett wird. I^ese Hanisäurereaktion über-
trifft die Murezidprobe an Empfindlichkeit
V. Lehmann (Berlin).
II. Anatomie und Physiologie.
10. NotM Bxa Panatomie öhlnixgioale de
reafimt; par Ghipault et Daleine. (Revue
d'Orthop. IL 2 et 3. 1895.)
Jn einer Reihe von Artikeln wollen Yff. die
unterschiede zwischen Kind und Erwachsenem hin-
sichtlich der äusseren EOrperformen und der inneren
Struktur zusammenstellen.
Diese Absicht wird zunächst an der Wirbel-
säule verwirklicht Es werden die Rückenformen
des Kindes in verschiedenem Alter, in ruhendem
und in thätigem Zustande geschildert, die Längen-
Verhältnisse der einzelnen Wirbelsäulenabschnittie,
die Lage der verschiedenen Rückenmarksegmente
Es fehlt in der interessanten Studie nicht an
Hinweisen auf praktisch, namentlich chirurgisch
wichtige unterschiede zwischen der sich ent-
wickelnden und der ausgebildeten Wirbelsäule, so
dass eine Fortsetzung der originellen Arbeit als wün-
schenswerth erscheint Y u 1 p i u s (Heidelberg).
11. üeberVererbiiog der Fona und Grösse
dee Schädels; von Alfred OOnner. (Ztsohr.
f. Geburtsh. u. (JynäkoL XXXm. 1. p. 1. 1895.)
Auf Grund von etwa 100 Messungen in der
Baseler gynäkologischen Klinik kommt 0. zu dem
Endergebniss, dass in manchen Fällen, wenn auch
nicht in der Hehrzahl, eine Aehnlichkeit zwischen
der Schädelform der Eltern und deijenigen ihrer
Kinder besteht Diese Aehnlichkeit wird durch
die Gteburtsconflguration mitunter etwas verwischt
und tritt deutlicher zu Tage zu einer Zeit, wann
jene verschwunden ist Im Allgemeinen sind die
Köpfe der Kinder bei der (Geburt weniger breit als
später; das in den letzten intrauterinen Wochen
relativ überwiegende Wachsen im Querdurohmesser
scheint sich nach der Geburt fortzusetzen. „Der
Schädel des Kindes ist eher als ein Produkt der
Schädel beider Eltern au&ufassen, und vielleicht
kommen auch Eigenschaften der Grossdtem und
früherer Yor&hren h&L demselben wieder zum Yor-
schein. Um diese Yererbung der Eigenschaften
beider Eltern zu studiren, scheinen Steisslagen und
Kaiserschnitte besonders geeignet, da bei ihnen die
Geburtsconfiguration wegfällt^' „In Bezug auf die
Grösse und Kleinheit des Schädels können wir
sagen, dass sie sich ziemlich sicher vererbt, wenn
beide Eltern in dieser Hinsicht übereinstimmen,
und dass ein vorwiegender Einfluss des Yaters oder
der Mutter in dieser Hinsicht sich nicht nach-
weisen lässt Hat nur eines der Eltern einen
grossen Kopf, so wird in der Hälfte der Falle das
Kind auch einen solchen aufweisen.^'
Zum Schluss macht G. auf die Wichtigkeit der
Kenntniss dieser Yererbungsgesetze aufmerksam ;
denn der Yortheil wäre unverkennbar, wenn man
bei Geburten mit engem Becken durch Messung
der Eltern voraussagen könnte, welche Form und
Grösse des kindlichen Kopfes zu erwarten ist
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
12. Die mehifludie indirekte KemtheUiing;
von Dr.Edmund Krompecher. (üngar.Aroh.
f. Med. in. 3—4. p. 227. 1895.)
K r. unterscheidet 3 Typen der indirekten Kem-
theilung: L lineare Theilung, wobei die zwei Pol-
körperchen, bez. Tochterkeme in eine Linie fallen.
Der einzige Repräsentant ist die Zweitheilung.
IL Flächenhafte Theilung, wobei die Polkörperchen
sammt den Spindeln in eine Fläche fallen. Die
Tochterkeme liegen dabei entsprechend einer Kreis-
peripherie. Nach diesem Typus spielt sich die
Dreitheilung ab. HL Theilung im Baume, wobei
die Polkörperdien den Spitzen, die Spindelachsen
den Kanten der regulären stereometrischen Körper
entsprechen; dabei sind die Tochterkeme an der
Oberfläche einer Kugel vertheilt K r. unterscheidet
5 Arten dieser Theilung nach stereometrischen [er
spricht leider immer von geometrischen. Bef.]
Körpem : Yiertheilung nach dem Tetraeder, Sechs-
theilung nach dem Octaeder, Achttheilung nach
dem Hexaeder, Zwölftheilung nach dem Ikosaeder,
Zwanzigtheilung nach dem Dodekaeder. Durch
geistreiche Beduktion der beobachteten Kemthei-
lungsbilder auf solche Typ^^^ versucht Kr. in das
Gewirr der Figuren bei mehrfacher Kemtheilung
e
IL Anatomie und Phydologie.
Ordnung und Klarheit zu bringen. Er weist auch,
mit Recht darauf hin, dass bei Eemtheilungen, die
sich im Baume abspielen, durch die Sdmittfflhrung
leicht ganze, fQr das Yerstftndniss wichtige Ab-
schnitte der Figur verloren gehen kOnnen, und dass
ihre Betrachtung yon verschiedenen Seiten, selbst
schon bei der Zweitheilung, ganz versohiedene
Bilder gewähren kann. Teichmann (Berlin).
13. Oontribnto allo atadio della fliiologia
della oellnla (Parteeipaxione del nuoieo aUa fim-
xdone di secrexiione); pel Dott A. TrambustL
(Sperimentale XLIX. IL p. 194. 1895.)
Tr. unterstützt durch neue Beobachtungen
seine in einer früheren Arbeit schon ausgesprochene
Ansicht, dass der Zellkern an der Absonderung
sich betheiligt, indem er an das Gjtoplasma Stoffe
abgiebt, die endonudear entstanden sind und, im
Cytoplasma selbst einer Umwandlung unterworfen,
bestimmt sind, zu Sekretionsprodukten zu werden.
Die beobachteten Eemverftndemngen gehen in
ihrer Stftrke den verschiedenen Stadien der Sekre-
tion genau parallel Teichmann (Berlin.)
14. Oontribatlon a rdtiade des oellnlea
glandolairesOiMaoriaa); parJ.Mouret (Joum.
de TAnat Nr. 3. p. 221. 1895.)
Die Ergebnisse dieser Zellenstudien sind fol-
gende: Die Pankreaszelle zeigt im Ruhezustände
gegen das Drüsenlumen zu eine Zone grober fuch-
sinophiler Granulationen (Zymogen) und eine basale
Zone, gleichsam die Matrix jener Granulationen.
Der mit EemkOrperchen versehene Eem liegt an
der Orenze beider Zonen. Abgesehen von den
ZymogenkGmem besteht das Protoplasma aus
einer homogenen Qrundsubstanz und einer darin
eingjelagerten geformten und mit H&matein ffirb-
baren „präzymogenen^^ Substanz. Letztere ist in
der ganzen Zelle vorhanden, aber nur im kdmer-
freien Theile leicht sichtbar, sie besteht aus Fäden
und feinen Kdmchen, welche nur auf Schnitten in
der Lftngsaohse den Zellen an der Basis zuweilen
ein gestreiftes Aussehen geben. Während der
Sekretion bilden sich im Protoplasma Vaouolen,
die eine feurblose Flüssigkeit enthalten ; die Zelle
stösst die Zymogenkdmer aus, die sich in der
Yacuolenfiüssigkeit auflösen und den Pankreassaft
bilden. Diese Auflösung kann sdion in der Zelle
stattfinden, erfolgt aber gewöhnlich erst im Aus-
führungsgange. Gleichzeitig vermehrt sich die
prftzymogene Substanz und h&uft sich neben dem
Kern an („Nebenkem'0> ^^^ ^^ sie sich wieder
in feine EGrperchen auf, die sich in der ganzen
Zelle verbreiten und allmählich zu Zymogenkümem
heranwachsen. Teichmann (Berlin).
15. Biologisöhe Stadien mit Büoksioht
wai die Pathologie; von Prof. 0. Israel (Vir*
chow's ArcL CXLL 2. 1895.)
Die Oauterpa proUfera ist eine Blattpflanze des
jkUttelmeeres, di^ aus einer einzigen Protoplasma-
masse mit einer grossen Anzahl kleiner, einCsusher
Kerne besteht und im Inneren ein System feiner
Gellulosebälkchen, aber keine Theilung in einzelne
Zellen zeigt Nach Haustein's Bezeichnung
würde sie als ein aus zahlreichen Bnergiden (Eem
plus einem zugehörigen Theile Zellenleib) bestehen-
der „Symplast^^ aufzufassen sein, ein Bau, der nach I.
mit dem der Biesenzellen pathologischer Bildungen
verglichen werden könnte. An dieser Pflanze ex-
perimentirteL, indem er lokale Nekrosen hervorrief«
Beim Anstechen oder Durchschneiden des Pflanzen-
kürpers dringt Meerwasser eine Strecke weit in
ihn ein, worauf einTheil derEiweisskürper, soweit
das Wasser dringt, gerinnt In diesem Gebiete ver-
fällt dann der gesammte Zellenleib mit den Kernen
den Umwandlungen dar Nekrosa Die Abgrenzung
gegen das Gesunde geschieht in scharfen, oft zu
mehreren parallel angelegten Oerinnungslinien ^).
Hieraus geht hervor, dass das Protoplasma, nicht
an die Zellenform gebunden, nur in dem Umfange
stirbt, in dem es von der Noxe direkt getroffen ist
Ganz gleiche Besultate ergiebt die Untersuchung
der Pelomyxa, die unter den Protozoen eine ähn-
liche Stellung wie die Caulerpa zeigt, indem sie
gleichfalls aus zahlreichen Energiden ohne Zell-
abgrenzungen zusammengesetzt ist
An der Pelomyxa fsuid L fernerhin bei Ein-
wirkung von 22 — 24<^ eine feine Streifung, die als
Gontraktion des hyalinen Theiles des Protoplasma
gedeutet wird. Hier scheint die einfachste Form
der Protoplasmacontraktion bei Amöben, wie sie
sich durch das passive Fliessen der Körnchen aus-
drückt, plastisch zur Darstellung zu kommen.
Durch Ansammlung der contraktilen Masse im
Oentrum der Zelle und Verdrängung der übrigen
Theile (Kömer, Yacuolen u. s.w.) an die Peripherie
entsteht der Gegensatz von Ektoplasma und Endo-
plasma. Es scheint in dieser Gontraktionsform das
Analogon der oomplidrteren Erscheinung geregelter
Huskelcontraktion vorzuliegen«
Beneke (Braunschweig).
16. Solle modifloaiioni delle oelloie ner-
vöse nei divend stati fkuudonali; pel Dott.
K L u g a r 0. (Sperimentale XlilX. n. p. 159. 1 895.)
L. fasst seine Beobachtungen über Veranda
rangen der Nervenzellen in verschiedenen Funk-
tionstadien in folgenden Sätzen zusammen: Die
Thätigkeit der Nervenzelle ist von einem Schwel-
lungzustande im Protoplasma des Zellenkörpers be-
gleitet ; Ermüdung führt eine fortschreitende Ver-
minderung in der Grösse des Zellenkörpers herbei.
In massigen Graden der Thätigkeit zeigt der Kern
keine Yolumveränderang , bei ununterbrochener
längerer Thätigkeit dagegen zeigt er ähnliche Yer-
>) Bef. erlaubt sich, in dieser Beziehimg auf die
grosse Aehnlichkeit des an lebend in Eochsalzlösong
zerzupften Froschmaskeln sich abspielende Vorganges
(,,wacn8arti^^^ Degeneration) hinzuweisen; vgl „über
die hyaline Degeneration der glatten MudLelfasern^S Vir«
chow's Arch. XCIX. 1885.
n. Anatomie und Physiologie.
Indenmgen wie der Zellenk5rper , aber weniger
starke mxd langsamer sieh entwickelnde. Die
Menge der chromatischen Snbstanz im ZellenkGrper
ist ja im YerhJQtniss zur GxOsse der ZeUe über-
hanpt wechselnd^ nichtsdestoweniger ist es wahr-
scheinlich, dass die erste Phase der Th&tigkeit
eine leichte Vermehrung, die spätere, mit Er-
müdung einhergehende Phase eine Verminderung
und zerstreutere Anordnung des Chromatin hervor-
ruft An den Nudeolen bewirkt die Th&tigkeit
der Zelle eine VergrGsserung des Volum, die bei
der redttcirenden Wirkung der Ermüdung langsam
wieder zurückgeht Teichmann (Berlin).
1 7. Xotorisohe Funktionen hinterer Spinal*
nerrenwnneln ; von Dr. B. Steinach und Dr.
H. Wiener. (Arch. f. d. ges. Physiol. LX. 11
u. 12. p. 590. 1895.)
S t u. W. haben, um die Frage zu lüsen, ob
auch die dorsalen Spinalnervenwurzeln motorisch
wirksame Fäsem für die splanchnische und die
HamUasen-Muskulatur führen, an grossen Exem-
plaren von Bana esculenta ausgedehnte Unter-
suchungen angestellt Sie legten den ganzen Ver-
dauungstractus vom mittleren Abschnitte des Oeso-
phagus bis zum Beginne desBectum und die Blase
frei und machten sich die Spinalwurzeln zugftngig ;
yon letzteren schnitten sie die hinteren isolirt durch
und reizten die peripherischen Wurzelstümpfe
mittels des faradischen Stromes. Unter Berück-
sichtigung und Vermeidung einer grossen Zahl
von Fehlerquellen und Zuffilligkeiten gelangten sie
zu folgenden Ergebnissen: Beizung der hinteren
Wurzeln veranlasst Conttaktionen der Darmmusku-
latur; diese äussern sich zunächst als lokale Ein-
adinürungen, an die sich peristaltisohe oder anti-
peristaltisohe Bewegungen anschliessen. Bei etwas
längerer, die erste wahrnehmbare Contraktion über-
dauernder Einwirkung oder bei Verstärkung der
StrOme nimmt die Peristaltik an Ausbreitung und
Lebhaftigkeit zu. Es besteht eine Gesetzmässigkeit
in dem Sinne, dass den auf einander folgenden
Wurzelpaaren auch bestimmtauf einander folgende,
wenn auch nicht scharf begrenzte motorische Funk-
tionsgebiete entsprechen, und zwar wird der Oeso-
phagus einschliesslich Kardia von der 2. und
3. Hinterwurzel, der übrige Magen und der An*
fangstheil des Dünndarms von der 4. Hinterwurzel,
der übrige Dünndarm von der 5. und 6. Hinter-
wurzel und das Bectum von der 6« und 7. Hinter-
wurzel versorgt Da die Innervationen bilateral
sind, so kann gleichzeitige Beizung der beider-
seitigen Stümpfe des hinteren Wurzelpaares eine
gesteigerte Wirkung in dem zugehürigen Funk-
tionsgebiete hervorrufen; die erzielten Contrak-
tionen schwellen allmählich wieder ab, jedenfalls
viel langsamer, als sie eintreten. Bei Beizung der
peripherischen Stümpfe der vorderen Wurzeln
konnte nur vom 6. und 7. Wurzelpaare aus eine
fSnwirkung auf die Darmmuskulatur, und zwar
auf das Bectum, erzielt werden ; dieselbe war jedoch
schwächer als von den entsprechenden Hinter-
wurzeln aus^ Bezüglich der Blase fand sich, dass
diese von der 7., 8. und 9. sowohl hinteren wie
vorderen Spinalwurzel versorgt wird, und zvrar
sind die Wirkungen der vorderen denen der hin-
teren Wurzeln ziemlich ebenbürtig. St u. W.
haben sodann noch festgestellt, dass in den Prä-
paraten, in denen Blase und Bectum nur noch durch
die Hinterwurzeln einer Seite mit dem Gentrum
verbunden waren, Contraktionen der Blase und
Einschnürung desBectum von den centralen Stüm-
pfen dar hintere Wurzehi der anderen Seite aus,
also reflektorisdi, erzielt werden konnten; es wur-
den auf entsprechende Weise sogar Beflexe von
Hinterwurzel auf Hinterwurzel derselben Seite
nachgewiesen. Zum Schlüsse weisen St und W.
auf den bekannten Befund von Hinterwurzelfasern,
die in den Vorderhömem entspringen, als ein ana-
tomisches Substrat für ihre physiologischen Er-
gebnisse hin. Boettiger (Hamburg).
18. Zur Frage der elektrisohen Erregbar-
keit des menschliohen Büokenmarka ; von Dr.
A. Ho che. (NeuroL Centr.-Bl. XIV. 17. 1895.)
H. reizte das Rückenmark eines Enthaupteten etwa
3 Min. nach dem Tode, indem er 2 Metallstiftchen, die
Pole eines miissigen faradischen Stromes, der Schnitt-
fläche (in der Höhe des 4. Halsnerven) anlegte. „Der
flach liegende Leichnam hob beide Arme mit gebeugtem
EUenbogengelenk und geballten Fäusten in die Höhe, der
Brustkorb hob sich inspiratorisch (so dass bei wieder-
holter Beizung, Dank der Pumpwirknng des Thorax, der
Halsstummel wieder anfing, zu bluten) und beide Beine
geriethen in Streoktonus.^^ Nach 12 Min. war die Bei-
zung erfolglos, nur die durchschnittenen Muskeln des
Halses zogen sich zusammen. M ö b i u s.
19. Myographifldhe üntenraohtuigen am
lebenden Kenaohen ; von A. F i c k. (Arch. f. d.
ges. PhysioL LX. 11 u. 12. p. 578. 1895.)
F. war auf Qrund früherer Versuche am isolir-
ten Froschmuskel zu dem Schlüsse gekommen,
dass demselben Spannungswerthe eines bestimm-
ten Muskels bei der Zusammenziehung eine grossere
Länge desselben entspricht als bei der Wieder-
ausdehnung und als Ursache hatte er angenommen,
dass der Muskel durch tetanische Zusammenziehung
zur Spannung Null eine bleibende Veränderung,
eine Art von Schrumpfung erleide, die für die
gleiche Spannung eine geringere Dehnung ge-
stattet, als wenn keine Zusammenziehung bis zur
Spannung NuU vorausgegangen war. Seine neuen
Versuche hat F. an dem eigenen Abductor indicis
sive interosseus dorsalis I angestellt, um zu er^
gründen, ob die gleichen Resultate auch am Muskel
des unversehrten lebenden Körpers erzielt werden.
Die Anordnung und Ausführung der Versuche muss
im Originale nachgesehen werden, da sie ohne die
erläuternden Abbildungen nicht kurz zu referiren
ist Es hat sich dabei ein ganz analoges Verhalten
herausgestellt wie bei dem isolirten FroschmuskeL
Auch war es irrelevant, ob die Tetanisirung des
8
H Xnatomie und Fhyeiologie.
Muskels elektrisch oder willkürlicli erzeugt wurde.
Eine Aendemng im Zustande des Muskels, die
„Art Schmmpfnng'S trat übrigens nicht nur auf
bei Zusammenziehung des Muskels bis zur Span-
nung Null, sondern auch dann, wenn nur bis zu
einem immer noch ganz ansehnlichen Spannungs-
wertiie contrahirt wurde. Boettiger (Hamburg).
20. Beitrfige sor Sinneaphysiologie der
Haut; von M. v. Frey. (Sitz.-Ber. d. k. sftohs.
Oes. d. Wiss. zu Leipzig am 4. März 1895.)
Bei der weiteren Prüfung der S^isibilität des
Auges und der Lider fand ▼. F., dessen früher vet"
OfPentlichte Ansicht inzwischen von anderen Autoren
bestritten wurde, dass von einem vollkommenen
Mangel an Temperaturempfindung der Hornhaut
und Bindehaut nicht gesprochen werden könne.
Nur von einer Wftrmeempfindung konnte v. F. sich
auch in der Fortsetzung seiner Untersuchungen
noch nicht ganz sicher überzeugen. Die in
der Bindehaut nachzuweisenden Efiltepunkte sind
weniger dicht vertheilt als die Schmerzpunkte.
Auf der Cornea besitzt nur der Randtheil eine
Kälteempfindung. Nach Gocain-Einträufelung tritt
mit deutlicher Erhöhung der Schmerzschwelle auch
eine Verminderung der Erregbarkeit der Kälte-
punkte ein. Am Homhautrande wiederum ist auch
da die Kälteempfindung noch sehr merkbar, wenn
auch die Schmerzempfindung schon bedeutend
herabgesetzt ist Sogenannte paradoxe KSlteempfin-
düng bei Berührung von Kältepunkten oder viel-
mehr deren nächster Umgebung mit warmen Qegen-
ständen von 4,0^ C. und mehr fand v. F. besonders
auf der Brustwarze und der Qlans penis.
Werden bei Berührung der Hornhaut und Binde-
haut die Kältepunkte ausgeschlossen, so wird nur
Schmerz empfunden. „Die auf Cornea und Con-
junctiva mechanisch erregbaren Sinnespunkte haben
die Bedeutung von Schmerz- und nicht von Druck-
punkten."
Diese unterscheiden sich von den Schmerz-
punkten : 1) durch eine verschiedene anatomische
Lage und Yertheilung, 2) durch eine niedrigere
mechanische Beizschwelle, 3) durch eine grössere
Beweglichkeit bei Anwendung oscillirender elek-
trischer Beize, 4) durch die Eigenthümlichkeit, bei
Beizung mit dem oonstanten Strome nicht in
dauernde, sondern in rhythmische ESrregung zu ge-
rathen.
V. F. bespricht sodann die durch besonders
hohe Beizschwelle der Schmerzempfindung (beim
Fehlen der Druckpunkte) und starken Temperatur-
sinn ausgezeichnete Gegend des Eichelhalses und
der Corona glandis. Die Kältepunkte zeigen hier
auffallend deutlich die Erscheinung der paradoxen
Erregung. Ausser Temperatur-, Schmerz- und
Druckempfindung lassen sich an dem Oliede keine
weiteren Sinnespunkte, etwa spedell für Wollust-
gefUhl, nachweisen.
Das Mosaik der Sinnespunkte überhaupt ändert
sich von Ort zu Ort Im AUgemänen nimmt diie
Dichtigkeit von den Wärme- zu den Kälte-, Druck-
und Schmerzpunkten zu. Ausschliesslich schmerz-
empfindende Gebiete sind : die Hornhaut mit Aus-
nahme der Bandtheile, die Zähne oder das Dentin
und die Pulpa. Schmerz- und Temperatnrgebiete
sind : Homhautrand, Bindehaut, Glans penis. Druck-
und Temperaturgebiete : Mundhöhle. Sonst finden
sich am Körper überall drei Arten von Empfindung.
Wie weit dies mit der bekanntlich gleidifalls
ungleichmässigen Yertheilung der Nervenenden im
menschlichen Körper und den verschiedenen For-
men der Nervenenden zusammenhängt, bedarf noch
genauerer Untersuchung. Wir wissen, dass in der
Hornhaut mit Ausnahme des Bandtheils ausschliess-
lich freie Nervenendigungen sind (Schmerzempfin-
dung), in der Bindehaut, besonders am Homhaut-
rande, in der Mundhöhle, Glans penis et clitoridis
Endkolben (Kälteempfindung), in der Glans penis
Nervenknäuel, in der Bingerhaut, den Lidern u. s. w.
grosse tiefer liegende cylindrische (Ruffini'sche)
Nervenenden (Wärmeempfindung), sonst in der
Haut Meissner'soheKörperchai (Druckempfindung).
V. F. verspricht hierüber weitere Untersuchungen.
Lamhofer (Leipzig).
21. Der ftofLIohtreüi erfolgende Lldreflez;
von C. Eckhard in Giessen. (Centr.-BL f. Phy-
sioL IX. 10. p. 355. Aug. 1895.)
Brücke hat das nach Lichtrdiz erfolgende
Augenblinzeln als einen durch Trigeminusreizung
eingeleiteten Beflezakt gedeutet E. stellte durch
Untersuchungen an Kaninchen fest, dass der N.
opticus der den lidschluss einleitende Nerv ist Er
£Emd Folgendes : Mechanische Beizungen des Auges,
der Lidbindehaut und der Nickhaut geben beim.
Kaninchen im Gegensatze zum Menschen nur lid-
bewegung derselben Seite; plötzliche starke Be-
leuchtung eines Auges bringt beim Kaninchen
deutliches Blinzehi auf der beleuchteten Seite und
schwächere Bewegung in den Lidern der anderen
Seite hervor. Nach der Durohschneidung des N.
trigeminus dauert die reflektorische Bewegung un-
gehindert fort; nach der Durohschneidung des
N. opticus hört sie auf. Wird das centrale Ende
des durchschnittenen N. opticus elektrisch gereizti
so ist die Lidbewegung wieder vorhanden; bloB
mechanische Beizung err^ keine Lidbewegung.
Das Blinzeln besteht fort nach Abtragung des Gross-
hims. Nach der Durohschneidung des linken
Tractus, 2 mm himwärts vom Chiasma, gab die
Beleuchtung des rediten Auges keinen Lidreflex
mehr an diesem, wohl aber noch am linken ; bei
Beleuchtung des linken Auges unverändertes Blin-
zehi an diesem. Dies führt E. zur Yermuthung,
dass der grössere gekreuzte Theil des N. opttcua
die reflektorische lidbew^gung nur fOr sein Auge
einleite, der kleinere ungekreuzte Theil die dea
andern. Wurde der linke Tractus nur theilweise
durchschnitten, und zwar an der Stelle, wo et
n. Anatomie und Physiologie.
i
liiinW&rtfl sich in die Züge nach dem Corpus geni-
culatum extemum und dem Thalamus einerdeits
und nach dem Corpus genic. intern, und Yierhtigel
andererseits theilt, so dass der letztere Zug durch-
schnitten, der erstere unversehrt geblieben war, so
war bei Beleuchtung des rechten Augea kein Blin*-
zeln mehr an diesem wahrzunehmen, wohl aber
am linken, falls dieses beleuchtet wurde. Ver-
suche, durch Beleuchtung des rechten die Lid-
bewegung am linken hervorzurufen, ergaben zweifel-
hafte Beaultate. Der Versuch beweist, dass der
Antheil des N. opticus, durch den bei Beleuehtung
eines Atiges in diesem die reflektorische Lidbewe^
gang hervorgerufen wird, im ftussefn Theile der
Spaltung des Traotus der entgegengesetzten Seite
gelagert ist Aehnliche Resultate erhUt man durch
gewisse Verletzungen der VierhügeL Bin 2 mm
tiefer Schnitt scharf vor dem vorderen Bande des
Vieiiiügels, so dass er nahe der Medianlinie be-
ginnt und dem C(»rpus genic. med. gegenüber
endigt, tilgt sicher den LÄdreflex anf dem gegenüber-
liegenden Auge bei Beleuditimg desselben, wäh-
rend der auf dem gleichaeittgen Auge bei seiner
Beleuchtung bestehen bleibt. Die den Lidreflex
erregenden Wege führen also sicher nicht über das
OroBshim, sondern sehlagen mit Umgehung des-
selben eine andere Bahn nach dem Fadalisgebiete
«n. Lamhofer (Leipzig).
22. Ueber einige aabjektive GtoBichtswahr-
nehmnngen ; von Prof. Gehender. (Klin. Mon.-
BL f. Augenhde. XXXIU. Nov. 1895.)
In mehierMi Abhandinngen des XXXITI. Jahr-
gangs der Uinisoben IConatsbl&tter hat Z. ausfuhr^
lieh über die von ihm lange Zeit beobaditeten
LiohterecheinuBgen berichtet und zum Sohlusae
diese Beobachtongen in folgende S&ti» lusammen-
gefefist : 1) Die Blutstr^mniKg im eigenen Ange ist
ohne künstiiohe HCßfemittel^ insbesondere ohne
Ausfibong eines FingerdruckeB auf dem Augi^fel,
jederzeit leteht zu sehen. 2) Das iin eigenen Auge
sichtbare Blut cirkulirt (wenigstens m ^en Augen
Z.'s) nicht in den Capillaren der Netzhaut, sondern
in den Capillaren der Aderhant S) Die Blut-
bewegung ist nicht gleiohm&ssig,' sie zeigt viel-
mehr Beschleunigung und Verlangsaihung bis zu
völligem Stillstande, wie auch rüokllufige Strö-
mung. IMe ünregelmftasigkeit der Bewegung wird,
wie es seheint, durch intentionelles Fixiren be-
einflusst 4) Eine mit der Herzthfttigkeit oder mit
der Athmung synchronische Bewegung ist von Z.
niemals bemerkt worden. 5) Qefässwandungen
sind bei dem in Bede stehenden Phänomen absolut
nicht zu sehen. Das Blut strömt scheinbar un-
dngeschrSnkt in frei gewählten Bahnen. 6) 'Die
hellen Pünktchen, die man bei andauernder Auf-
m^ksamkeit, bei Tage sowohl wie bei Nacht, sehen
lumn (physiologische Spintheropie), hält Z. für ä&a
Ausdruck der von E. Pflüger sogen. „Explosionen
der Zellen". 7) Objektives Licht (adäquater Reiz)
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 1.
wirkt primär bewegend und zersetzend (pheto*
chemisch) auf das Pigment nnd erst sekundär auf
die Stäbchen und Zapfen. Aehnliche Bewegungs-
und Zersetzungsvor^nge können auch durdi das
Blut (als inadäquater Beiz) bewirkt werden. 8) Die
Pigmentkömer und ihre Bewegung sind (unter
günstigen Bedingungen) im eigenen Auge that-
sächlich sichtbar. 9) Aus der Bewegung oder Ve-
schiebung imd aus der veränderten Anordnung
der Pigmentkömer entstehen zuwmlen auffallend
regelmässige vier- oder sechs- oder mehreckige
Figuren, wie sie auch in neue)rerZeit von verschie*
doien Autoren beschrieben worden sind, 10) Diese
Figuren (diese Bilder retroretinaler Dinge) ver^
halten sic^ in mancher Beziehung ähnlich wie die
an die Wand geworfenen Bilder einer Latema
magioa; sie sind vielleicht dem Sehen der Thiere
mit fkcettirten Augen vergleichbar. Eine Mitbewe-
gung des Bildes b^ Bewegungen der Augen odw
des Kopfes ist nicht zu bemerken.
L a m h 0 fe r (Leipzig).
23. Beiträge nur Physiologie des ISTeu*
geborenen; von Dr. H. Reusing. (Ztschr. f.
Geburtsh. u. QynäkoL XXXTTL 1. p. 36. 1895.)
R hat die Urinsekretion bei 44 Kindern der
königl. UniversitätS'Frauenklinik zu Würzburg in
der ersten Lebenswoche genau studirt und theilt
die Ergebnisse dieser Studien in der vorliegenden
Arbeit mit Die UntermidiungMi erstrecken siok
im Spedellen auf die Urinmenge, das spedfisohe
Oewidit, die Beaktion, die Farbe, das-Sediment^
den Eiweisagehalt, den Harnstoff, den Oesammt«
Stickstoff und die Harnsäure. Die einzelnen Zah-
len sind anhangsweise in übersichtliohen Tabellen
zusammengest^t
R ÜMSt die von ihm gewonnenen Resultate im
Folgenden zusammen: „Bei den Kindern, die von
ihren eigenen Müttern gestillt werden, ist bis zum
3. Tage die Flüssigkeitszufuhr so gering, dass sie
kaum zur Deckung der unvermeidlichen, gleich
nach der Geburt in einer gewissen Höhe zu leisten-
den Wasserausgaben für Perspiration und Respira-
tion hinreicht. In Folge dessen bleiben die Urin-
mengen minimal und genügen nicht zur vollkom-
menen Abschwemmung der Stoffwechselprodukte".
„Da die Hamstoffbildung parallel der eingeführten
Nahrung und deshalb in den ersten Tagen relativ
nur gering ist, findet nur eine vorübergehende
Steigerung des prooentualenHamstoffgehaltes statt
Dagegen erfthrt bei der Harnsäure, die schon an*
fänglich in derselben Höhe gebildet wird wie
später, auch die absolut auszuscheidende Menge
eine Steigerung und es kommt meist^is zum Auf-
treten des harnsauren Lifarkts." „Den Zusammen-
hang zwischen Flüssigkeitszufuhr nnd der Aus-
scheidung von Harnstoff und Harnsäure illustrirt
am besten das Verhalten der Urinsekretion bei den
künstlich genährten Kindern. Hier ist dieFlüssig-
keitsauf^ahme von Anfang an reichlicher, dieUrin^
|0
HL Allgemeiae Pathologie und paüiologifiehe Anatomie.
menge grosser, das Ansteigen des procentoalen
Hamstofifgehaltes fällt weg, der Harnsfture-Infarkt
bildet die Ausnahma Umgekehrt ist bei den früh-
reifen und ikterischen Kindern, deren Urinmengen
klein sind, das Auftreten des Infarkts auffollend
h&ufig, das Anwachsen der Hamstofhusfuhr bis
zum 3. Tage besonders deutlich."
Arth. Hof fmann (Darmstadt).
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
24. Beobaohtoiigen über die metaohroma-
tisohen Körperehen, Sporenbüdang, Venwei-
gung, Kolben- und Kapselbildimg pathogener
Bakterien ; von Prof. Y. B a b e s. (Ztschr. f. Hyg.
u. Infektionskrankh. XX. 3. p. 41 2. 1895.) Mit 2 Taf.
Die Arbeit enthUt zahlreiche, durch Abbil-
dungen erläuterte Einzelheiten über die im Titel
genannten Erscheinungen, die für die Stellung
und Systematik der Bakterien von Bedeutung sind.
Für die Beschreibung der metachromatischen Eör-
perchen nimmt B. die Priorität in Anspruch, sie
treten bei vielen Bakterien unter bestimmten Ver-
hältnissen an den Enden und an den Theilung-
stellen auf, und ihre Theilung geht jener der Bak-
teri^i voraus. Bei asporogenen Bakterien finden
sie sich &n denselben Stellen und unter denselben
Bedingungen, unter denen sich bei sporenbilden-
den Bakterien die Sporen bilden, und stellen wahr-
scheinlich etwas resistentere Bildungen dar als die
übrige Bakteriensubstanz. DieZweigbildung kommt
unter umständen bei allen Arten vor, bei Verän-
derung der Theilungsrichtung in den einzelnen
Individuen, bei Streptokokken an den Endgliedern.
Die Eapselbildung steht im Zusammenhange mit
ungünstigen Lebensbedingungen, nahe verwandt
mit ihr ist die Bildung quellender Massen an den
Enden und Seiten gewisser Bakterien. Die Be-
ziehung der Oeissein zu den Kapseln beweist, dass
die Bakterien von mehreren wesentlich verschie-
denen Hüllen umgeben sind, namentlich von einer
durch Beizung f&rbbaren und von einer diese um-
gebenden blassen Hülle, von der die Oeissein aus-
gehen. Woltemas (Diepholz).
25. Ueber die Bedingungen, unter welchen
anaörobe Bakterien auch bei Gegenwart von
Sauerstoff eziatiren können; von Dr. W. Ked-
rowski. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.
XX 3. p. 358. 1895.)
Ana&robe Bakterien gedeihen in Reinculturen
nur bei Abwesenheit von Sauerstoff, dagegen kom-
men sie auch bei Anwesenheit von Sauerstoff fort,
wenn sich in den Medien zugleich aerobe Bak-
terien befinden. Die Sauerstoffabsorption durch
die Aeroben reicht zur Erklärung nicht aus, da die
Ana@roben in derMischcultur auch bei beständiger
Durchleitung von Sauerstoff gedeihen, wahrschein-
lich scheiden die Aeroben ein Ferment aus, auf
dessen Kosten das Wachsthum der Anaeroben ge-
schieht Durch Filtration liess sich dies Ferment
nicht gewinnen, blieb aber nach Einwirkung von
Chloroformdämpfen auf eine aerobe Beincultur
.erhalten. Woltemas (Diepholz).
26. Ueber Streptokokkenaüohtung auf
sauren Nährböden; vorläufige Mittheilung von
Dr. R. Turro. (Centr.-BL f. Bakteriol. u. Para-
sitenkde. XYIL 24. 25. 1895.)
Bei den Untersuchungen über Gonokokken-
züchtung auf sauren Nährboden beobachtete T.
wiederholt das Wachsthum zahlreicher Strepto-
kokkencolonien. Im Verfolge dieser Versuche fand
er sodann, dass man in einer Bouillon, der 6 bis
12 Tropfen einer wässrigen Iproc. Weinsäure-
lösung zugesetzt sind, bei Verimpfung strepto-
kokkenhaltigen Materials reichliche dichte Gulturen
erhält; auch bei Zusatz von 1 — 2 Tropfen Salz-
säure zu 15 — 20 com neutraler Bouillon wird das
Wachsthum der Streptokokken nicht aufgehoben ;
diese Eigenschaft, sich auf salzsäurehaltigem Nähr-
boden zu entwickeln, erleichtert sehr die Isolirung
der Streptokokken aus halbreinen Gulturen, da alle
anderen Bakterien auf diesem Nährboden nicht
gedeihen können. Die auf saurem Nährboden ge-
züchteten Streptokokken erhalten ihre Lebens-
fähigkeit viel längere Zeit, als die alkalischen und
auch die Virulenz ist bei ihnen eine länger anhal-
tende. Impft man den Streptococcus in ursprüng-
lich alkalische, aber durch das Wachsthum anderer
Bakterien, wie des Milzbrandbadllus , besonders
aber des Choleravibrio sauer gewordene Bouillon,
so wächst er viel schneller als sonst, die Ketten
werden sehr lang und die einzelnen Kokken sind
grösser, werden länglich und nehmen leicht Farb-
stoff an. Auch der Bacillus pyocyaneus bereitet
die Bouillon in solcher Weise günstig für das
Streptokokkenwachsthum vor. Dagegen nimmt die
Virulenz in diesen sauren Nährböden nicht zu.
Weitere Versuche beschäftigen sich noch mit der
Frage des Einflusses der Wärme auf die Vitalität
des Streptococcus. T. fsrnd, dass sein Vegetations-
vermQgen sich bei niederer Temperatur viel länger
erhält, als bei hoher und dass er bei dieser letz-
teren an Kraft zu verlieren scheint, was er an
Schnelligkeit des Wachsthums gewonnen hat
Qoldschmidt (Nürnberg).
27. Infektion und Selbstfnfektion ; von Prof.
C. P o s n e r. (Berliner Klinik Heft 85. 1895.)
P. spricht der Reihe nach durch, wie die ver-
schiedenen Mikroorganismen, die der gesunde Kör-
per in grosser Zahl beherbergt» von den verschie-
denen Organen her gefährlich werden können.
Namentlich geht er auf seine mit A. Lewin go-
meinsam angestellten Versuche über Darmbakterien
ein. Es scheint zweifellos, dass schon die ein-
fache Kothstauung unter Umständen genügt, um
m. Allgemeine Pafhologie tind pathologische Anatomie.
11
einen massenhaften üebertritt von Darmbakterien
(Colibaoillen) in das Blut hervorzurufen. D i p p e.
28. üeber glykostirisoh wirkende Darm-
gifte; von G. Toepf er. (Wien. klin. Bundschau
IX. 4. 1895.)
Die Injektion von wässerigen Faeoes-Auf-
sdiwemmungen unter die Haut von weissen Mäu-
sen erweist sich, wenn die Faeoes von Oesunden
stammen, quoad vitam als unschädlich. Dagegen
enthalten die Faeces von Diabetikern ein fOr diese
Thiere mehr oder weniger heftiges, zuweilen schon
in wenigen Stunden tödtliches Oift Dabei tritt
eine reducirende Substanz im Harn der Thiere auf.
Die reducirende Substanz im Harn von Meer-
schweindien, denen Faeces von Diabetikern injicirt
worden waren, musste nach ihren Eigenschaften als
Zucker angesprochen werden. Die Zuokeraus-
scheidung hält 2 — 3 Tage an und beträgt durch-
schnittlich 0.2 — O.S^/o* Mit den Faeces von ge-
sunden Menschen lässt sich ebenfalls, wenn auch
in geringerem Orade und mit späterem Eintritt,
Olykosurie bei Meerschweinchen erzielen. Diese
ist lediglich als Oiftwirkung aufzufassen und der
Wirkung von Amylnitrit , Chloralhydrat oder
Phloridzin gleichzusetzen. Man kann annehmen,
dass das im Darm vorhandene glykosurisch wir-
kende Gift normaler Weise vom Pankreas para-
lysirt wird. Steigt die Menge des Giftes, so wird
die Pankreasfunktion ungenügend und es entsteht
Olykosurie, die auch ohne Zunahme der Darmgift-
menge auftreten kann, wenn die Pankreasfunktion
abnimmt Weintraud (Breslau).
29. Introdnotion s Tetnde des tronbles de
la temperature, des oombustions reapiratoirea
et de la thennogdnese sous llnflaenoe des
tozines baoteiiennes ; par S. Arloing et F.
Lanlaniö. (Arch. de Physiol. XXVII. 4. p. 675.
1895.)
TonLanglois, Charrin, Arsonval sind
bereits die Einwirkungen gewisser Bakterienstoff-
vechselprodukte auf Körperwärme und Wärme-
abgabe studirt worden, so die Wirkungen des
Tnberkulins, der Pyocyaneustoxine und der ent-
erbten Pyocyaneustoxine. Sie hatten hierbei ge-
funden, dass bei einigen dieser Stoffe die Tem-
peratorsteigerung mit verringerter Wärmeabgabe
einherging, um aber einen Einblick in die Wärme-
bildong unter dem Einflüsse dieser Stoffe zu er-
kalten, muss man noch den Gaswechsel, den respi-
tttorischen Coefficienten berücksichtigen.
BSne derartige Untersuchung haben A. u. L.
begonnen. Sie beschäftigten sich zunächst mit
den Produkten des Diphtheriebacillus. Es ergab
öeb hierbei, dass diese Produkte zunächst erhöhte,
dum herabgesetzte Körpertemperatur bewirken.
Ke Temperaturerhöhung ist aber nicht als Aus-
drock oder als Maass des Oasstoffwechsels und der
Virmebildung anzusehen; für eine gewisse Zeit
fällt sie sogar mit herabgesetztem Gasstoffwechsel
zusammen. Die sekundäre, durch Schwächung des
Körpers bedingte Herabsetzung der Temperatuif
fUlt immer mit verringertem Gasstoffweohsel zu-
sammen.
Es müssen demnach unbekannte, vom Chemis-
mus der Athmung unabhängige Faktoren sein, die
zu bestimmten Zeiten Erhöhung, bez. Herabsetzung
der Körperwärme bedingen.
V. Lehmann (Berlin).
30. Ueber febrile Albuminnrie ; von Dr. L.
Krehl und Dr.M. Matthes inJena. (Deutsches
Arch. f. klin. Med. UV. 4 u. 5. p. 501. 1895.)
Dass Eiweisskörper bei Thieren und Menschen
Temperaturerhöhung erzeugen können, ist bekannt.
K.U.M. suchten dem Verhältniss zwischen Eiweiss-
körpem und Fieber auf andere Weise beizukommen,
indem sie den Harn Fiebernder untersuchten. Ihr
Ergebniss ist: ,Jm Harn fiebernder Menschen findet
sich fast immer eine weit vorgeschrittene Albu-
mose; sie verschwindet aus ihm, wenn die Tem-
peratur zur Norm zurückkehrt Diese Albumose
erzeugt bei gesunden frischen Meerschweinchen,
denen sie unter die Haut gespritzt wird, Fieber,
wie das schon bekannt ist für die Deuteroalbu-
mosen der Verdauung. Damit ist also aus Fieber-
ham ein Eiweisskörper dargestellt, der Fieber
hervorzubringen geeignet ist Fieber der verschie-
densten Herkunft, solche, die durch Mikroorganis-
men hervorgerufen sind, und andere durch che-
mische Gifte erzeugte lassen diese Deuteroalbumose
im Harn auftreten und es ist damit zum wenigsten
eine gewisse Beziehung zwischen ätiologisch ver^
schiedenen Fiebern hergestellt^^ D i p p e.
31. Beoherohea aar las injeotiona intra-
veineuaes de peptone et lenr inflaenoe anr la
ooagolabilitä da aang ohei le ohien; par Ch.
C 0 n t e j e a n. (Arch. de PhysioL V. 1. p. 45. Janv.
1895.)
Das Blut von Hunden, denen man „Pepton^' in
dieGef&sse gespritzt hat, coagulirt bekanntlich für
längere Zeit nicht In Wahrheit sind es die in
dem unreinen Pepton enthaltenen Albumosen,
welche diese Wirkung ausüben. Durch Injektion
von reinem Pepton werden die Hunde gegen die
anticoagulirende Wirkung der Albumosen immu-
nisirt C. zeigt, dass es sich bei dieser Immuni-
sirung um Bildung eines Antikörpers handeln
muss. Denn man kann beträchtliche Pepton-
mengen in die serösen Höhlen einspritzen, ohne
die anticoagulirende Wirkung späterer intravenöser
Injektion (von unreinem Pepton) aufzuheben. Man
kann dagegen einen Hund immunisiren durch
intravenöse Injektion ganz geringer Mengen von
Peptonblut oder durch intraperitonäale Injektion
des Blutserum eines Hundes, welcher gegen den
anticoagulirenden Effekt immunisirt ist
V, Lehmann (Berlin),
12
m. Allgemeine P^Üiologie und paÜiologiAclie Anatomie.
32. Influenoe des vwiatioat de to oiroiilii-
tion lympbatique intrabepatique sor l'aotion
•atiooagiilante de Ui peptone ; par E. G 1 e y et
Y. Pachon. (Arch. de PbysioL YXTT. 4 p. 7U.
1895.)
fi. u. P. sind mit Anderen der Meinung, dass
die Qerinnbarkeit des Blntes nicht doroh daa Pep«
ton aelbat au^ehoben werde, aondem daas unter
dem Einflüsse des Peptons sieh eine Substanz bilde,
die die Goagulation hindere. 0. u. P. zeigen, dass
diese Substanz sich hauptsfichlich in der Leber
bildet Sie injicirten Hunden Pepton und unter-
banden dann die LjrmphgefSsse der Leber: das
Blut der so behandelten Thiere coagulirte regel-
mftssig. Abbindung des Ductus thoradcus hatte
dagegen nicht regelmäasig dieselbe Wirkung. Die
üntersucher meinen, dass es der durch Abbindung
der Lymphgeftase vermehrte Druck sei, der die
Lebersellen hindere, die ooagulationhemmende Sub-
stanz zu bilden ; Abbindung des ßallenganges lieferte
nftmlich dasselbe Besultat. Y. Lehmann (Berlin).
83. Lenkooytolyse ; von Dr. E Botkin in
Petersburg. (Yirchow's Arch. CXLL 2. 1895.)
Um den Yorgang des Absterbens von Leuko-
cyten innerhalb des Blutes kennen zu lernen, ver-
glich B. Blutprftparate, die sofort nach Entnahme
getrocknet waren, mit solchen, die zunächst 10 Min.
im flüssigen Zustand bei Körpertemperatur unter-
sucht und darauf getrocknet waren. Das Blut
stammte von fiebernden Patienten (Pneumonie,
Typhus), einem nicht fiebernden Beconvalescenten
und einem G^esunden; die beobachteten Erschei-
nungen waren immer gleich.
Sofort bei Beginn der Beobachtung der flüssigen
Präparate erschien die Zahl der weissen Blut-
körperchen gegenüber den Trookenprftparaten ver-
ringert Die Lymphocyten veränderten sich lang-
sam, indem sie durehsiohtiger wurden und unter
Yersohmelauog ihrer Oranula allmählich sich zu
einer glänzenden Kugel umbildeten. Die proto-
plasmareicheren Leukocyten barsten an irgend
einer Stelle, aus ihrem Zellenleib entleerte sich
körniges Protoplasma oder ein pseudopodiumartiger
Fortsatz streckte sich vor ; dabei wurde die Zelle
kleiner , glänzender , weniger kOmig und begann
auch nach anderen Richtungen zu zerfliesaen ; zu-
letzt blieb nur ein unbestimmtes glänzendes Kör-
perchen (Kern) übrig, das endlich auch noch spur-
los verschwinden konnte. Diese Yeränderungen
liefen in wenigen, 4-— 8 Minuten ab. Besonders
schnell gingen die bisweilen sehr reichlichen Blut-
plättchen zu Grunde.
Die Procentzahl der untergehenden Blutkörper-
chen war um so grösser, je mehr Leukocyten an
sich vorhanden waren ; so betrug sie bei derLeuko-
cytose bei Pneumonie 94.9<>/0, bei der Hypoleuko-
cytose bei Typhus 23.1<^/q; sie stieg femer mit der
Temperatur, bei der die Untersuchung des flüasigen
Blutes auf dem heizbaren Objekttisch vorgenommen
wurde ; bei Zimmertemperatur gingen die Leuko-
cyten des norfnaien Blutes am wenigsten zu Grunde.
Die Befunde an den gefärbten Präparaten ergaben
betr. der Abnahme derFärbbsrkeit des Protoplasma
und des Zerbröckeins der Kerne identische Beaul-
täte; auch fanden sich in den nach 10 Minuten
langer Erwärmung auf Fiebertemperatur getrock-
neten Präparaten grössere zusammengeschmolzene
Granulationsmassen, sowie freie Kerne und Kern-
trümmer. Uit Fibrinbildung hing die beschriebene
Art des Zelluntergangs nicht zusammen.
B. erklärt den Yorgang als den Ausdruck einee
complicirteren physikalisch-chemischen Prooesses
zwischen Serum und Zellensubstanz, der gerade in
den ersten Hinuten nach der Blutentnahme beson-
ders reichlich sich abspiele. Dass er sich auch
im cirkulirenden Blut fortwährend abspielt, ergeben
die Blutuntersuchungen zahlreicher Forscher, die
namentlich bei Leukocytose reichliche Zerfalls-
erscheinungen an den Leukocyten nachweisen
konnten* B. vermuthet aus dieser Beziehung der
Leukooytolyse zur Leukozytose, dass der gestei-
gerte Blutkörperchenzerfall bei letzterem Zustand
die Quelle der immuniairend^ Substanzen, bez.
der Heilkraft des Blutserum abgeben könne.
B e n e k e (Braunschweig).
34. Ueber regenerative Vennehrang menaoh-
lieher Blutiellen; von Dr. van Niessen in Wies-
baden. (Yirchow's Arch. OXLL 2.1895.)
V. N. beobachtete frisch entleertes, unter asep-
tischen Gautelen auf dem Objektträger aufbewahr-
tes menschliches Blut viele Tage lang und vermisste
unter diesen Umständen an den Leukocyten die
gewöhnlichen Bilder der Zeilentheilung. Dagegen
Hess sich aber feststellen, dass diese Zellen häufig
platzen, namentlich durch Anregung ihrer Contrak-
tion durch höhere Temperaturen (30^), und dann
ein glashellee, zeifliessendes Innenplasma austreten
liessen. Aus diesem (rein protoplasmatischen) Innen*
plasma sollen sich neue Toohterzellen genau vom
Typus der Mutterzelle, also kemhaUige^ bilden
können, und zwar sowohl so lange das Plasma
noch mit der alten Zelle in Yerbindung ist, als
auch nach vollkommener Abtrennung von dieser,
endlich komme auch intracellular eine derartige
Zellenregeneration vor. Aehnliche Yorgänge nimmt
V. N. für die Speichelkörperchen und die rothen
Blutkörperchen an ; denn auch die letzteren zeigen
sehr reichlich das Platzen der Zellenkörper unter
Ausfluss der hyalinen Hassen, die sich ihrerseits
sehr vermehrungsfähig zeigten. Zwar konnte v. N.
eine Weiterentwickelung dieser Ballen zu neuen
Erythrocyten nicht direkt beobachten, doch hält
er sie nach Analogie mit den Leukocyten für un-
zweifelhaft B e n e k e (Braunschweig).
35. üeber die Formveränderang der rothen
Blatkörperohen in Balalöaungen« Lymphe und
verdünntem Btataemm; von J. Hamburger
in Utrecht (Yirchow's Aroh. CXLI. 2. X895.)
in. AUgemeine Pathologie und patiiologisohe Anatomie.
13
H. bnd, dass die rofhen Blutkörperchen Ter-
lohiedener Thiere (Pferd, Hund, Kaipnohen) ganz
Qbermnatimmend kleiner im umfang werden, indem
m darKugeUorm eich nShem, sobald statt dee au*
gehörigen Serum irgend eine andere Flüssigkeit,
natOrliohes Serum Terachiedener Prorenienz oder
Saldteungen ihnen zugesetzt werden; auch die
dem zugehörigen Serum genau isotonischen Losun-
gen wirken in dieser Biehtung auf die Form der
Blutkörperchen ein. Die normale Scheibenform,
ja sogar die Geldrollenbildung stellt sich aber
wieder ein, wenn die Blutkörperchen in ihr natür-
liches Serum zurfickgebraoht werden. Die Ein-
wirkung der fremden Flüssigkeiten erklärt sich
als Quellungsersoheinung; keine Ton ihnen, selbst
die genau isotonische nicht, Iftsst die Blutkörper-
chen chemisch unverftudert
B e n e k e (Braunschweig).
36. Binflusa des Aderlasses auf das speoi-
flsohe Qewioht des Blutes; von Dr. Ziegel-
roth. (Virchow's Arch. CXLL 2. 1895.)
Das Blut verschiedener KOrpertheile nach der
Hammerschlag^schen Methode (Bestimmung
derjenigen Mischung von Benzol und Chloroform,
in der der Bluttropfen weder untersinkt, noch auf-
steigt), auf sein specifisches Gewicht geprüft, zeigt
Verschiedenheiten ; das Ohrlftppchenblut steht dem
der grossen Yenen am nächsten. Bei Aderlässen
ergiebt die Prüfung von Ohrläppcbenblutproben,
dass nach der Operation zunächst das specifische
Gewicht des Blutes erheblich sinkt (Aufsaugung
der Ctowebesäfte), nach 6 Stunden die Norm aber
sogar übersteigt und 12 Stunden nach der Opera-
tion wieder das alte Maass besitzt
B e n e k e (Braunschweig).
37. Veraudh einer Theori« des Garoinoma
auf biologiaoher Onindlage; von Dr. Max Ea-
hane in Wien. (Centr.-BL f. allgem. PathoL u.
pathoL Anat VI. 17. 1895.)
E. giebt in einem kurzeUf ganz allgemein ge-
haltenen Aufsatz einen UeberUick über seine
durch Benutzung einer biologischen üntersuchungs-
methode , nämlich der Beobachtung überlebenden
Geschwulatmaterials , gewonnenen Befunde und
Anschauungen. Er ^nd in ätidogiseher Beziehung
in Carcinomen und Sarkomen sowohl jene auch
von Busse und Sanfelioe beschriebene Hefe-
art, als auch bewegUdie Sporozoen, deren Lebens-
erscheinungen die vitalen Phänomene an den Ge-
scbwulatzeUen selbst überdauern. Das Blut der mit
malignen Tumoren Behafteten zeigt bedeutende
D^nerationserscheinungen sowohl derrothen, ala
der weissen Blutkörperchen, ausserdem aber ent-
bült es „paracytische Elemente^S die mit jenen
lebhaft beweglichen Sporozoen der Geschwulst-
nasse selbst identisch zu sein scheinen. Im Tumor
leihst werden massenhaft rothe und weisse Blut-
körperchen von den Tumorzellen aufgenommen
tmd verdaut, Ojfipphajfie,
Die theoretischen Ausführungen gipfeln in dem
Satze, dass nur bioU>giadie ESgenthümlichkeiten der
Geschwulstelemente , nicht morphologische, die
Grundlage einer Systematik und eines richtigen
Verständnisses für das Wesen der Oeschwulst-
erkranktmg sein kOnnen. Die wesentlichen Cha^
rakteristica der Qesohwulstzellen sieht E. in 3 Punk-
ten: ihrer Lymphotropie und regeneraiwen /S^pan-
nunff.
unter Lymphokopie versteht er eine besondere
Anziehungskraft der Zellen zur Lymphe, woraus
sich' die Weichheit der Tiimormj je nach dem
Maasse ihrer Malignität, erkUre: nicht aus dem
Blute, dessen Yertheilung im Tumor vermOge
der imgeordneten Gefissbildung eine sehr unsu-
reidbende sei, sondern aus der Lymphe beziehen
die Zellen des Tumor ihr Nahrungsmaterial ; die
„gesteigerte Emährung^S die hierdurch ermöglicht
wird, veranlasst das stärkere Wachsthum der Zelle.
Weshalb und wann eine Zelle „lymphotrop* winfi^y
läset E. freilich unerOrtert Die reffMeratiue Span-
nung nennt E. die Neigung der Zellen, rasch zu
regeneriren ; sie ist verschieden in den Zellen je
nach ihrem Standpunkt, bei Schleimhäuten u. s. w.
besonders lebhaft und gerade hier vielleicht durch
die Bedingungen des Eampfes um's Dasein heran-
gezüchtet p^ir brauchen kaum daran zu erinnern,
dass diese Verhältnisse längst, namentlich von
Bizzozero und Hansemann, in gleichem
Sinne erOrtert und wohl allgemein anerkannt sind.
Ref.] Steigert ein chronischer gdinderBeiz diese
Begenerationstendenz innerhalb der Zellen noch,
so ist der üebergang zum Geschwulstwachsthum
vorberatet; er erfolgt vielleicht im Anschluss an
ein einmaliges kleines Trauma, eine Epithelver-
sprengung und Aehnliches.
Auffallender Weise versudit E. nicht, die
inneren Widersprüche, die in den von ihm gleich-
zeitig vertretenen Anschauungen des parasitären,
bez. des oellular-pathologischen Charakters der
Tumoren unverkennbar sich gegenüberstehen, aus-
augleichett. B e n e k e (Braunschweig).
38. Ü0ber dieHistogenesennddaaWaoha«
thnm des Carcinoma; vonProf.Ribbert (Yir-
chow's Arch. CELL 3. 1895.)
Dieser Aufsatz enthält, neben nochmaliger zu-
sammengefasster Darstellung der die neue Carci-
nomtheorie R-'s begründenden Punkte, vorwiegend
dessen Yertheidigung gegen Haus er 's Einwürfe.
R. hebt nochmals hervor, dass er irgend welche
anatomische Veränderungen der Erebszellen, die
diese von normalen Bpithelien unterschieden, bez.
ihnen den Charakter der Anaplasie (Hansemann)
aufdrückten, nicht kenne; der einzige physio-
logische Unterschied, das lebhaftere Wachsthum
und die sich daran anschliessende Zerstörung der
entgegenstehenden Gewebe erkläre sich aus dem
Msngel einer physiologischen Verbindung der ab^
gesprengten Erebsepithelien mit einem, daa Wachs«
u
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
thum regulirenden, hemmenden StQtzgewebe. Die
hauptsflchlichste Ausführang wendet sich gegen
Hau 8 er 's Angabe, dass man die Entstehung des
Carcinoms durch Zellanaplasie auch noch an Site-
ren Garcinomen in den Randpartien, wo dieser
Vorgang beständig ablaufe, beobachten k(^nne. R
sucht zu beweisen, dass derartige Bilder, z. B.
Drüsen einer Magenschleimhaut, die bei normalem
Ausführungsgang bereits eine carcinomatöse Natur
ihrer tiefstgelegenen Abschnitte zeigen, auf Täu-
schungen beruhen, indem die carcinomatOsen Par-
tien den atrophirenden Drüsen von der Seite her,
vom primären Knoten aus, sich anlagern und die
letzteren allmählich ersetzen. Derartige Anlage-
rungen carcinomatOser Zellen an normale Epi-
thelien von unten finden sich in den Wallrändem
aller Carcinome, so auch der Hautkrebse und
namentlich auch da, wo carcinomatOees Cylinder^
epithel gegen Plattenepithel vorrückt (Bectum-
carcinom unter dem Plattenepithel des Anus). Die
histologischen Bilder sehen oft täuschend so aus,
als ob das physiologische Epithel nach und nach
in carcinomatöses übergehe, während es sich that-
sächlich doch nur um eine passive Verdrängung
des ersteren durch das letztere, ohne jede innere
Beziehung der beiden Zellenarten zu einander,
handele. Indem B. derartige Verwechselungen
auch für die Hauser 'sehe Darstellung annimmt,
hält er dessen darauf gestützte Einwürfe für un-
begründet und wiederholt, dass nur ganz beffin-
nends Carcinome das richtige Material für die
Beurtheilung der Pathogenese des Carcinoms ab-
geben.
Weiterhin hält R. gegenüber der Lubarsch-
Clement - Erückmann'sdien Vermuthung,
dass die von ihm als Tuberkel diagnosticirten
Knötchen, bez. Riesenzellen in beginnenden Haut-
carcinomen in manchen Fällen vielleicht nur Fremd-
kürperwucherungen gewesen sein könnten, an
seiner ersten Diagnose fest, hebt aber hervor, dass
die^ir^ der Bindegewebeentzündung, die den ersten
Anstoss zur Einwucherung in das Epithel, bez. zur
Ablösung von Epithelzellen aus dem physiologischen
Verband gebe, an sich von untergeordneter Bedeu-
tung sei. B e n e k e (Braunschweig).
39. Ueber die Entstehung der Cardnome ;
von Dr. A. Notthaf t in Berlin. (Deutsches Arch.
f. klin. Med. LIV. 6. p. 555. 1895.)
Die vorliegende Arbeit ist ein lebhafter Verstoss
gegen die neue Ribber t 'sehe Carcinomtheorie,
die wir in den Jahrbüchern eingehend besprochen
haben und die darauf hinausläuft, dass das Carci-
nom und in gleicherweise alle Geschwülste durch
Zellenabschnürung aus einem normalen Mutter-
gewebe sich entwickeln sollen. R hatte hierfür als
beweisend die Gegenwart einer jungen Proliferation-
Bchicht im Bindegewebe unterhalb des Epithels
bei ganz jungen Carcinomen und ein Eindringen
dieser Schicht zwischen die einzelnen Epithelien,
z. B. der Haut, angenommen und die entsprechen-
den histologischen Nachweise in einer Reihe von
Fällen geliefert N. setzt diesen Angaben zunächst
3 eigene Fälle ganz beginnender Carcinome (Blase,
Uterus, primäre Darmcarcinome bei demiselben
Menschen [!]) entgegen, in denen jene Bindegewebe-
wucherung vollkommen fehlte, also sicher eine
primäre Epithelveränderung als letzte Ursache des
Carcinoms angenommen werden musste. Weiter-
hin zieht er in einer längeren theoretischen Be-
trachtung gegen R zu Felde, unter vollständiger
Anerkennung der thatsächlichen Befunde, auf die
R die Aufmerksamkeit gelenkt hat Die lokale
Bindegewebeirritation hält N., nicht ohne dabei
etwas in teleologische Anschauungen zu gerathen,
für eine Schutzvorrichtung des Körpers gegen die
beginnende Erebswucherung, die eben bereits sehr
frühzeitig in Aktion treten soll, um der Gefahr
möglichst zu begegnen; N. glaubt, dass manche
Carcinome heilen können. Den Satz Ribbert's,
dass das Bindegewebe das Epithel in die Höhe
hebe, nicht aber letzteres in die Tiefe dringe, wie
aus der Lage der unteren Grenze der Zapfen zu
erkennen sei, und dass also hieraus die primäre
Triebkraft dem Bindegewebe zuerkannt werden
müsse, hält N. für nicht beweiskräftig, weil auch
das Epithel wuchert; ebenso hat die Einwanderung
von Leukocyten und Erebsstroma zwischen die
Epithelzellen nichts Beweisendes. Weiterhin er«
klärt N. es mit Recht für auffallend, dass die
Bindegewebewucherung immer nur gerade so weit
reicht, als die Epithelwucherung ; man sollte doch
erwarten, dass, da jene nach Bibbert ja den An-
fang des Processes darstellt, die Entzündung auch
einmal die Grenzen des Carcinoms weit über-
schreite ; ihre thatsächliche Beschränkung auf das
Gebiet der krebsigen Wucherung lässt viel eher
auf ihre Abhängigkeü von letzterer schliessen.
In den Beobachtungen Ribbert's über die
Combination von Hauttuberkulose mit Hautkrebs
sieht N. nur den Beweis dafür, dass der durch die
Tuberkulose gesetzte Reiz eine krebsige Epithel-
wucherung veranlasst habe, nicht aber seien solche
Befunde für die Absprengung der Epithelzellen
beweisend. In dem Analogieschluss Ribbert's
von anderen Tumoren, die sicher durch Keim-
absprengung entstehen (z. B. Dermoide), auf das
Carcinom sieht N. nur eine unbewiesene Hypo-
these. Die Entgegnung endlich, die Ribbert
Hauser zu Theil werden liess, dass nämlich
dessen Bilder aus späteren Stadien der Carcinome
stammten, als sie zu der gevrünsohten Beweis-
führung erforderlich wären, beantwortet N. mit
dem Zweifel, ob Ribbert 's Geschwulstfftlle selber
aUe ganz „beginnende" gewesen seien*.
B e n e k e (Braunschweig).
40. Die Aetiologie und Hiatogenese de«
Caroinoms; von Prof. H. Tillmanns in Leipzig.
(Arch. f. klin. Chir. L. 3. p. 507. 1895.)
nL Allgemeine Pathologie und patliologisclie Anatomie.
15
Was znnftohst die Erklärung des Gareinoms an-
langt, 80 steht T. vollkommen auf dem Boden
der Thiersch-Waldey er 'sehen Anschauung.
fJDas Oardnom isi eine van den fertigen Deck- und
DrüsenxeUen ausgehende Neubildung^ todcke den
nomwkn Oewebsiypus der primär erkrankten Körper-
iteüe zerstört, durch schrankenloses peripheres Wachs-
ikum, durch Epithe^Meiastasen, vor Allem mittelst
der Lymphbahnen, seltene durch die BhUgeßsse
eharakterisirt ist und in der grössten Mehrzahl der
J'äUe unter den Erscheinungen einer AügemMninUxci-
kation tödtHch endä." Die epithelialen Garcinom-
zellen liegen gleichsam als Parenohymzellen in
einein entzündlich gereizten, zellen- und gefftss-
reichen bindegewebigen Stroma. Beide, Stroma
\md Epithelien , wachsen regellos durcheinander.
Nicht jede atypische Epithelwucherung ist Krebs,
sondern die selbständige, discontinuirliche atypische
Spithelwucherung, die unaufhaltsame zerstörende
Wacherung eines vom Mutterboden losgelösten,
versprengten Epithels, einer Epithel-Metastase, ist
das Ortliche Kennzeichen des Carcinoms.
T. erörtert dann die verschiedenen Änschauun-
gm über die Entstehung des Gareinoms, namentlich
die von Gohnheim und Bibbert, und hebt
hervor, dass beide nur für einen Theil der Garci-
nome zutreffend sind. Auch die Metastasirung, die
Absehnürung von Epithelzellen ist für die Ent-
stehung des Gareinoms nicht immer von princi-
pieller Bedeutung (H a u s e r).
Die Entstehung des Gareinoms ist gewiss keine
mheüliche; je nachdem die Krankheitsursache bald
auf den Blutgefässbindegewebeapparat, bald auf
das Epithel zuerst einwirkt, werden die (Gewebe-
ver&nderungen bald hier, bald dort beginnen. Wo
sie aber auch ihren Anfang nehmen, das Wesen des
Gareinoms besteht in einer fundamentalen Aenderung
dir biologischen Eigenschaften der EpUhelxeüen, so
dass diese förmlich parasitäre Eigenschaften er-
langen (Hauser); es ündet eineEntdifferenzirung
oder Anaplasie im Sinne Hansemann's statt.
T. ist mit Karg u. A. der Meinung, dass dieGarci-
nontzelle keine äusseren Merkmale besitzt
Die Versuche, die Entstehung des Gareinoms
aufBakterien oder auf Protozoen (^poroxoen) zurück-
zuführen, sind als gescheitert, bez. noch als nichts
beweisend anzusehen.
Die Ueheriragbarkeit des Cbrcinom« ist bewiesen;
aber sie gelang, abgesehen von den Autoinokula-
üonen der Carcinomkranken an sich selbst, bis jetzt
nur in vereinzelten F&llen von Mensch auf Mensch,
bes. von Thier auf Thier derselben Species. Jeden-
Wa gehört das Garcinom nicht zu den contagiösen
Krankheiten im gewöhnlichen Sinne.
T. bespricht dann die Entstehung und Verihei-
kn^ der Metcuiasen beim Garcinom, sowie schliess-
lich die prädisponirenden TJrsaehen des Gareinoms
^ erörtert vor Allem den Einfluss länger dauern-
der mechanischer oder chemischer Beizungen, be-
Mders im höheren Alter. F. Wagner (Leipzig).
41. Ueber den primären Homlorebs des
Corpus uteri; von N. Flaischlen. (Ztschr. f.
Geburtsh. u. Gynäkol. XXXII. 3. 1895.)
DiePlattenepithelneubildungenim Gebärmutter-
körper sind von dreierlei Art in Bezug auf Entstehung
und Verbreitung. Es handelt sich entweder um
fiächenhafte Verbreitung eines Gervixcancroids auf
die Innenfiäche des Gebärmutterkörpers, oder um
eine Impfung von einem Gervixcancroid aus oder
endlich ist der Plattenepithelkrebs primär im Ge-
bärmutterkörper entstanden. Zu den 3 bekannten
Fällen der letzteren Art (Piering, Gebhard,
Löhlein) fügt FL einen 4. hinzu.
54jftlir. Frau. Menopause seit einer Reihe von Jahren.
Seit 6 Wochen Blutungen, keine Schmerzen. Eine am
27. März 1894 vorgenommene Probeaussohabung ergab
das Vorhandensein einer Pyometra und die folgende
mikroskopische Untersuchung einen Plattenepithelkrebs.
Die am 2. April erfolgte Entfernung der Gebärmutter von
der Scheide aus verlief glatt, rat genas ohne Zwi-
schenfall.
Der grösste Theil der vorderen Wand des Gebär-
mutterkörpers war von einer tief zerklüfteten Krebs-
geschwulst eingenommen. Die Höhle war erweitert, von
jauchigem Eiter ausgefüllt
Mikroskopisch : Die Oberfläche der Neubildung war
durch ein dickes Plattenepithellager eingenommen, das
grosse Zapfen in die Tiefe sandte. Im Innern der Zapfen
Verhomung des Gentrum und andererseits weitgehender
Zerfall der neugebüdeten Massen. Zahllose Menge
zwiebelschalenartiger Perlen, besonders in den tieferen
Schichten.
In der Mitte der vorderen Wand reichten die Aus-
läufer der Neubildung bis nahe an das Bauchfell. Die
Drüsen waren im Bereich der Neubüdung fast ganz ver-
schwunden; nur an einer Stelle war eine abgeschnürte
cystische Drüse zu entdecken. Die hintere Wand der
Körperhöhle glich einer Absoessmembran. An einzelnen
Stellen war aber eine bedeckende Plattenepithelschicht
nachweisbar, die mehrfach solide PlattenepiÖielzapfen in
die Tiefe sandte. Im oberen Theile des Halskanals, der
mit zur Pyometrabüdung verwandt war, war kein Ober-
fiächenepithel nachweisbar, dagegen war der untere Theil
mit mehrschichtigem Plattenepithel ausgekleidet
Aus diesen mikroskopischen Büdem geht hervor,
dass der primäre Plattenepithelkrebs des Gebärmutter-
körpers von dem Oberflächenepithel ausgeht, das aus ur-
sprünglichem Gylinderepithel in mehrschichtiges Platten-
epithel umgewandelt, und mit dem die ganze innere Ge-
bärmutterfiäche ausgekleidet war.
J. P r ä g e r (Ghemnitz).
42. Plattenepithel und Plattenepithelkrebs
im Mastdärme ; von Dr. B o h m. ( Vircho w 's Arch.
CXL. 3. 1895.)
Ein Plattenepithelkrebs am Rectum, bei einer 47jähr;
Frau nach Dammriss und chronischer Leukorrhoe ent-
standen. Der nlcerirte Darmtheii seigte stellenweise
Plattenepithel als Ueberhäutung, offenbar durch Ueber-
^ Wanderung des Epithels vom Anus her. Der Fall bietet
nichts besonders bemerkenswerthes.
B e n e k e (Braunschweig).
43. Der primlUre Lungenkrebs; von Dr.
E:urt Wolf. (Fortschr. d. Med. XIII. 13. 1895.)
Autorreferat.
W. behandelt die im pathologischen Institut
des Stadtkrankenhauses zu Dresden in der Zeit von
Anfang 1885 bis 5. Hftrz 1894 zur Sektion ge-
kommenen 31 lUlle von Lungencarcinom. Unter
16
tV. Phaimakologie üüd toxikologie.
dieden bildeii 8 TfÜto Von eigeüüicheni Lnngen-
carcinom den ersten, 33 Bronchialcarcinomd den
zweiten Theil der Abhandlnng. Die Elemente, von
denen nachgewiesen worden ist, dass me den Ur-
sprung der eigentlichen Lungencarcinome bilden
können, sind erstens die Alveolarepithelien. Die
daraus entstandenen Carcinome sind entweder
Plattenepithelkrebse, oder sie besitzen, wenn die
Alveolarepithelien durch dauernden Reiz um-
gewandelt worden sind, mehr den Charakter des
Cylinderzellenkrebses. Zweitdns kennen Lungen-
carcinome aus den bei chronischen Pneumonien
abgeschnittenen sog^iannten „Friedländer'schen
Schl&uchen'' entstehen. Diese Umeln ihrer Struktur
nach, da sie aus Elementen der Bronchialschleim-
haut entstanden sind, sehr den Bronchialcarcinomen.
Die 3. Art der Lungencaroinome ist der Platten-
epithelkrebs in der tuberkulösen Caverne, wie ihn
Friedlftnder zuerst beschrieben hat W. be-
schreibt davon 2 Fälle.
DieBronchiaicäicinome unterscheiden sich von
denjenigen Krebsen, von denen man Qrund hat
anzunehmen, dass sie aus den Friedl&nder'schen
Schläuchen entstanden sind, einmal durch den Sitz.
Sie finden sich stets im Hauptbronchus , dicht
unterhalb der Bifurkation (die Friedlfinder'schen
Schlauche werden nur in den Bronchen höherer
Ordnung, die keine Knorpelelemente mehr besitzen,
angetroffen). Sie unterscheiden sich femer durch
die Art und Weise ihrer Ausbreitung. Sie gehen
nämlich sehr frühzeitig auf die Bronchialdrüsen
über und folgen beim Debergreifen auf das Lungen-
gewebe stets den Verzweigungen des Bronchial-
baumes. In Folge dieses geradezu tjpisdien Sitzes
und des regelmässigen Befundes der Bronchial-
drüsenmetastasen , die manchmal so gross sind,
dass sie die l^rachea comprimiren oder Becuttens-
lähmungen (3 Fälle) hervorrufen, bhe noch d^
Tumor im Bronchus selbst diesen ganz ausfüllt,
glaubt W. zu der Annahme berechtigt zu söih, dass
viele Bronchialcarcinome aus den sögen. Pigment-
durchbrüchen, deren typischer Sitz ebenfalls dicht
unterhalb der Bifurkation zu suchen ist, sowie aus
Narben Von solchen entstanden sind. Ein ndl
wird beschrieben, in dem neben demCardnomsidi
der Pigmentdurchbruch noch vorfindet Von den
23 Bronchialcarcinomen besitzen 8 den Charakter
des Platten-, 7 deü des Cylinderepithelktebses, die
übrigen konnten nicht genau untersucht werden.
Von den statistischen Angaben ist hervorzu-
heben, da&(s in Dresden das Lungenöaröinom vid
häufiger ist, als anderswo. Unter je 1 000 im patho-
logischen Listitut ausgeführten Sektionen finden
sich 2 Lungencarcinome. Auffallend ist femer,
dass sich unter den 31 milen 27 Hinner und nur
4 Frauen befinden. Keine Berufsklasse ist bevor-
zugt Kicht weniger, als 13 Fälle sind mit Tuber-
kulose complioirt. Wenn auch nur in wenigen
Fällen nachgewiesen werden konnte, dass die eine
Geschwulstform aus der anderen entstanden ist, so
findet sich doch die bemerkenswerthe Thatsache,
dass sich beide in ihrem Wachsthum zu unter-
stützen scheinen : es findet sidi Imal Miliartuber-
kulose, Imal Miliarcarcinose , Imal beides. Be-
sonders auffallend ist, dass bei keinem dieser 31 Pat
Qeschwulstpartikelchen im Sputum vorgefunden
wurden. W. hält das Auftreten dieser, das ja das
einzige sichere diagnostische Merkmal darstellt, für
äusserst selten und nennt das nach oftmaliger
Untersuchung als bacillenfrei befundene, manchmal
mit Blut untermischte Sputum geradezu patho-
gnomonisch.
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
44. Ueber Biaenthariq^ie ; von H. Q u i n c k e.
(v.Volkmann's Samml. klin.Vortr.N.F.Nr. 129.
1895.)
Q u. spricht ausführlich alles Das durch, was
wir über das Eisen im gesunden Körper und über
das Elisen als Heilmittel wissen. Sicher ist, dass
das Eisen in gewissen Verbindungen (pfianzensaure
Salze) direkt in das Blut gebracht, giftig, vom
Magen her aber unschuldig ist Es wird aufgesaugt
und verarbeitet; in erster Linie zu Gunsten der
rothenBlutkürperchen. Das Bedürfntss nach der^
Neubildung foestitfimt die Eisenaufhahme, die dem-
nach bei Anämischen wesentlich grösser ist als bei
Gesunden. „Anämie" ist keine einheitliche Krank-
heit und nicht alle Anämien sind durch Eisen
heilbar, unter den verschiedenen Eisenpräparaten
sind die altbewährten Oxydulsalze {BlatuTscHie
Pillen, müchsaures Eisenoxydul) immer noch die
besten, nächst ihnen haben sidi dieEisenalbuminate
bewährt. „Wie weit die Blutderivate als Fe-Mittel
nützlich sind, bedarf noch eingehender exakter
Prüfung.^' Sehr zu beachten ist bei Beürtheilung
und Dosirung der verschiedenen Präparate ihr wirk-
licher Eisengehalt Q u. giebt hierüber eine um-
fangreiche Tabelle.
Der letzte Congress für innere Medicin hatte
die „EHsentkerapie" zur Verhandlung gestellt und
die obige Mittheilung giebt das wieder, womit Q u.
als Referent die Debatte einleitefte. Der S.Referent
Bunge in Basel erörterte das Verhalten des Eia^is
im gesunden Körper, sprach Über die bekannten
Vereuche, die dargethan haben, dass anorganisches
Eisen vom Darm höchstens in sehr kleinen Mengen
resorbirt wird („diese kleinen Mengen aber können
vielleicht grosse Wirkung^ ausüben'^) und äusserte
sich über die gesammte Eisenbehandlung recht
zweifelnd. Seiner Ansicht nach müsste man mit
passender Diät, tnit der Darreichung eisenreicher
Nahrungsmittel eben so weit kotnmen, wie mit
Medikamenten.
In der Verhandlung wurde diesen Anschauun-
gen von verschiedenen Praktikern widersprochen.
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
17
unter denlüfieDmitielii wurden vielfach die Bitm(f-
sehen PiUeu besondere hervorgehoben. Noth-
nagel betont den grossen Werth der Ruhe bei
Behandlung der Bleichsucht ICt Bettruhe und
BlawPBcken Pillen kommt man seiner Erfahrung
nach meist am schnellsten zum Ziele. (Verhandl.
d. XTTT. Congr. f. innere Med. Wiesbaden 1895.
J.F.Bergmann, p. 133.) Dippe.
45. Noavellaa reoherohes war l'absorptioii
de la ferratlne et sur son aotion biologiqae ;
par le Prof. Pio Marf ori« (Arch. ital. de Biol.
XXIIL 1—2. p. 62. 1895.)
Die Besorption des lösliehen FerraHn (d. i. der
Nar Verbindung) untersuchte M., indem er bei Hun-
den nach vorgftngiger Beinigung des Darmkanals
durch AbfOhrmittel ausschliesslich Milch VerfQtterte
irnd eine bekannte Eisenmenge in Form des 10s-
Ijchen Ferratin eingab, das Thier dann nach 2 bis
3Tagen tödtete und das im Magen- und Danninhalt
wiedergefundene Eisen quantitativ bestimmte; er
fand, dass von dem in Form des Ferratin dar-
gereichten Eisen etwa ein Zehntel bis ein Drittel
doroh Besorption verschwunden war. M. be-
richtet femer über einen einzelnen Versuch an
einem kleinen Hund von 2.3 kg Körpergewicht, dem
er täglich 1 g Ferratin eingab, wonach es den An-
achein hatte, als ob das Thier in Folge dieser starken
Eiaenzufuhr unter den Symptomen einer allmählich
aioh entwickelnden Qiftwirkung des Eisens zu
örunde gegangen seL
Bei intravenöser Injektion des löslichen Ferratin
riefen Eisenmengen von 10 — 20 mg pro kg Körper-
gewicht bereits Yergiftungsymptome hervor und
25—50 mg pro kg tOdteten die Hunde.
H. Dreser (Bonn).
46. Ueber die Anwendnng d«r Somatoae
bei kranken und sohwftohliohen Personen; von
Dr. Thomalla. (Sond.-Abdr. aus d. Ztschr. f,
Krankenpflege.)
Eiweiss wird auch bei hohem Fieber, wenn man
es in leicht verdaulicher Form giebt, leidlich gut
▼erarbeitet, während die Fettaufnahme recht gering
irt. um die Milch reicher an Eiweiss und ärmer
an Fett zu machen, mischte T h. sie mit Wasser,
dem Somatose zugesetzt war (Somatose enthält 84
bis86% Albumosen), und er glaubt dieses Gemisch
mit grossem Yortheil bei akut Kranken, namentlich
uok bei Typhuskranken angewandt zu haben.
Auch bei chronischen Leiden (Scrofulose, Bleich-
mcht) hat ihm das Mittel gute Dienste gdeistet
Dippe.
47. Uebev Amygdophenin. Em neues ÄnU-
^^leumaüeum; von Dr. B. Stüve. (Centr.-BL f.
innere Med. XYL 46. 1895.)
»Das Amygdophenin stellt ein substituirtes
^midophenolderivst dar, bei wuchern in der
Amidgnippe an Stelle eines Wass^rstofiEstoms ein
Mtadelsäarwest eingefOgt ist und das Wasserstolf-
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 1.
atom der Hydroxylgruppe durch Aethylci^bonat
vertreten wird.** Es ist ein grauweisses, leiöhtesi
in Wasser schwer lösliches Pulver, das ohne alle
unangenehmen Nebenerscheinungen (vielleicht tritt
gelegentlich einmal etwas Schwindel ein) zu 3 — 6 g
pro Tag ausgesprochen antirheumatisch wirkt und
in kleineren Mengen wohl auch als Antipyreticum,
und Antineundgicum von Nutzen ist Die Mitthei«»
lung stammt aus dem städtischen Krankenhause
zu Frankfurt a. M. Dippe.
48. Tannigen 9 ein neues Darmadstringens;
von Dr. deBuck in Oent. (Wien. klin. Bund-
schau EL 36. 1895. — Belg. m6d. ü. 37. 1895.)
de B. ist mit dem Tannigen sehr zufirieden.
Bei akuten Darmkatarrhen scheint es in Mengen
von 0.1 — 1.0, 3 — 4mal täglich, fast immer schnell
SU helfen und bei chron. Darmleiden (Katarrhen,
Tuberkulose u. s. w.) mildert es zum mindesten
die BeschwerdexL Dippe.
49. Zar Frage über den BinflnsB des Han-
gema auf die Wirkung der Araneimittel (Digi*
talin); von Dr. Th. Jordan. (Centr.-Bl. f. d.
med. Wiss. Nr. 9. 1895.)
Die ersten Symptome der Digitalinwirkung
auf das Herz traten nach intravenöser Injektion
beim hungernden Thiere schon nach solchen kleinen
Dosen auf, die bei normalen Thieren ceteris paribus
überhaupt keine Erscheinungen hervorriefen. Der
Blutdruck steigt bei hungernden Thieren in der
ersten Periode der Digitalinwirkung nur wenig;
ausserdem ist die Err^barkeit des N. vagus bei
den hungernden Thieren herabgesetzt , worin J.
auch einen Grund findet fdr die nur wenig hervor-
tretende Verlangsamung der Herzschläge während
der ersten Periode der Digitalinwirkung bei hun-
gernden Thieren. H. D r e s e r (Bonn).
50. Ueber die Aaaaoheidang des Ck)flbin
and Theobromln im Harn; von E. Host (Arch.
f. exper. PathoL u. PharmakoL XXXVI. 1 u. 2.
p. 56. 1895.)
Eine genügend genaue und quantitative Isolimng
des Ooffeios ans Harn bewirkte B. durch Gmaliges Aus-
schütteln des Rückstandes des alkoholischen Harneztrakts
mit Chloroform bei Bourer Reaktion ; zur weiteren Beini-
gung des Coffeins wurde der Verdunstuogsrückstand der
Chloroformausschüttelong in 5proc. Lösong von benzoe-
saurem Natrium aufgenommen und diese di^ Coffein jetzt
enthaltende Losong zur Trockne verdampft und abermals
mit Chloroform eztrahirt und das nach Verdunsten des
Chloroforms hiaterbleibende Coffein gewogen.
Die Verarbeitung des Eothes nach dieser
Methode zeigte, dass das eingegebene (hffein voOr
kommen resorbirt wcar, da aus diesem Ezkret kein
Coffein mehr zu gewinnen war. Am meisten er-
schien von dem einverleibten Coffein wieder im
Harne des Kaninchens (21^/o), beim Hunde im
Maximum nur 8%. Bei der Katze war die grOsste
Ausscheidung 2.4<^/a und beim Menschen bestand
das ausgeechiedene Coffein in qualitativ oder eben
3
18
IT. FharmalLologie und Toxikologie«
noch quantitativ bestimmbareE Mengpen. Je stärker
die durch das Coffein hervorgerufene Diurese war,
um so mehr war auch Coffein im Harne nachzu-
weisen.
Für die I^linmg des Theobromins mosste der Harn
erst mit Phosphorwolframsfiure ausgefällt werden und
diese Fällung in bekannter Weise mit Baryt zerlegt wer-
den ; aus dem auf Gips eingedampften Filtrat wurde mit
kochendem Chloroform das Theobromin extnüiirt Nach
dessen Verdunsten muss das zurückbleibende Theobromin
durch Lösen in Natronlauge und Ausfölien mittels Silbers
weiter gereinigt werden. Erst das durch Zerlegung des
Bilbemiederschlags mit Salzsäure rein dargestellte Theo-
bromin wurde gewogen.
Tom eingegebenen Theobromin war im Eothe
nichts mehr zu finden: danach war es ebenso
vollständig wie das Coffein vom Darme resorbiit
worden.
Während Coffein \mm Hunde keine Diurese
hervorbrachte, wirkte das Theobromin auch beim
Hunde diuretisch, wobei bis 31. 8^/01 d. h. fast ein
Drittel der eingegebenen Menge, wieder als solches
im Harne zum Yorschein kam, beim Kaninchen
28<^/o und beim Menschen 20^/«. Auch hier war
wieder wie beim Coffein der Parallelismus zwischen
der Stärke der Ausscheidung und dem Eintritte der
Diurese nicht zu verkennen. H. Dreser (Bonn).
5 1 . Ueber Methyliranthin, ein Stoffwechsel-
Produkt des Theobromin und Cofflsin ; von Dr.
St Bondzyöski und Dr. R Oottlieb. (Arch.
L exper. PathoL u. Pharmakol. XXX VL 1 u. 2.
p. 45. 1895.)
Beim Hunde und Kaninchen längere Zeit fortgesetzte
Theobrominfutterung gab Anlass zur Ausscheiduns eines
um eine Methylgruppe ärmeren Körpers, eines Mono-
inethybcanthin, im Harn. Zur Isolirung dieses Körpers
wurde der durch Phosphorwolframsäure im Harne er-
zeugte Niederschlag mittels Baryt zerlegt, der über-
schüssige Baryt durch Kohlensäure entfernt, die warme
Lösung mit Kupferoxydulsalzlösung ausgefällt, wobei das
unveränderte Theobromin in Lösung bleibt, das Mono-
methylxanthin aber niederfallt Dieser Kupfermederschlag
wurde mit Schwefelnatrium zerlegt, mit Essigsäure an-
gesäuert und nach Entfernung des SchwefelwasserstofiEs
nochmals mit ammoniakalischem Silbemitrat geföUt, der
Silbemiederschlag durch Salzsäure in der Hitze zerlegt,
das Filtrat davon, zur Krystallisation eingedampft, gab
eine krystallisirende Substanz, deren elementaranalytische
Zusammensetzung der Formel CsHisNfOs entsprach. Von
Metallverbindungen wurden dargestellt die Silberverbin-
dung CeHeNtOs . AgsO , die Natrium- und Baryumver-
bindung. Mit Säuren scheint sich das Methylxanthin
nicht zu yerbinden. Eine Beimengung von Xanthin
scheint bei der eingeschlagenen Darstellung vermieden
2u sein, denn die erhaltenen Krystalle gaben die speci-
fische Xanthinreaktion nicht, wohl aber die W e i d e 1 'sehe
Reaktion, üeber die Ausdehnung, in der Theobromin un-
verändert beim Kaninchen im Harne erscheint und wie
viel als Methylxanthin nachzuweisen ist, geben B. u. G.
an, dass 19% unverändert und 24.6^0 als Methylxanthin
erscheinen.
Analoge Fütterungsversuohe mit Ck>fiein ergaben,
dass davon auch ein !fiieil, allerdings weni^r als vom
Theobromin, in Methylxanthin übergeführt wird. In einer
späteren Mittheüung beabsichtigen B. u. G., das Methyl-
xanthin weiter in seinem pharmakologischen Verhalten
mit dem Coffein und Theobromin zu vergleichen.
H. Dreser (Bonn).
52. Qlykoforie bei einem Henfehler ; von
JuL Nenmann. (Arch. f. exper. Pathol. n. Phar-
makol. XXXVI. 1 u. 2. p. 72. 1895.)
N. fand bei einem schwer an Insuffidenz der Aorta-
klappen erkrankten Manne, dem er zur Beseitigung der
Stauungserscheinungen ausser Digitalis auch Theobromin
(Diuretin) gab, jedesmal in dem dünnen Nachthxime
(spec. Gew. bis 1.006) Zucker. N. vermuthet, dass es in
Folge derHerzinsufücienz zu einer Anhäufung von Zucker
im Blute gekommen war, der durch die Niere zur Aus-
scheidung gelangte, wenn die Hammenge durch Diuretin
gesteigert wurde. H. D r e s e r (Bonn).
53. DieBeeorption derGHfte an abgekühl-
ten Körperstellen; von J. v. Eössa. (Arch. f.
exper. PathoL u. Pharmakol. XXX VI. 1 u. 2. p. 120.
1895.)
Nach einer Zusammenstellung der verschie-
denen Angaben aus der Literatur über diesen Gegen-
stand beschreibt E. seine Versuche an Kaninchen,
die dahin führten, dass nach Abkühlung der Ohren
dieser Thiere durch Wasser von l^G. einige Minuten
vor der Injektion selbst die stärksten Qifte (Cyan-
kalium, Strychnin, Pikrotoxin) nicht mehr das
geringste Symptom einer Vergiftung erzeugten.
Offenbar ist die Resorption dieser Gifte an der ab-
gekühlten Ohrmuschel derart verlangsamt, dass
die Ausscheidung mit ihr gleichen Schritt halten
kann: in Folge davon erreicht der Oehalt der
Sftftemasse nie den für das Zustandekommen der
Vergiftung erforderlichen Orad.
Praktisch hält v. E. Versuche, Schlangenbisse,
Bisse wüthender Hunde, Stiche giftiger Insekten
mittels enei^echer Ealteanwendung behufs Ver-
langsamung der Besorption zu behandeln, für em-
pfehlenswerth. H. D r e s e r (Bonn).
54. Snr Paction antitoziqiie des organes;
par J. E, A b e 1 0 u s. (Arch. de Physiol. XXVII. 4.
p. 654. 1895.)
Dass die Leber die Wirksamkeit der meisten
Gifte abschwächt oder vernichtet, ist bekannt.
Dieselbe Erfahrung ist aber auch mit anderen
Organen gemacht worden.
A. hat eine Reihe von frischen Organen im fein
zerkleinerten Zustande bei 39<^ 3 Tage mit L5sun-
gen von Strychnin, bez. Curare stehen gelassen
und die Filtrate an Eaninc^ien auf ihre Giftigkeit
geprüft
Es ergab sich, dass die verschiedenen Organe
in sehr verschiedenem Grade die Fähigkeit haben,
das Gift zu fixiren und zu neutralisiren. Die Leber
nimmt hier nicht, wie man vermuthete, die erste
Stelle ein.
Auch beim Experimente in vivo zeigte sich,
dass Leber und Muskeln eine gewisse Menge
Strychnin fixiren und zerstören.
V. Lehmann (Berlin).
55. Nouveftu prooedä de mensoration de
la tozioite des liquides par la möthode des
iAJeotions intra^veineoses. Application a la
ditermination de la tozioite des aloools \ par
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
19
A.Joffroy et R Serveaux. (AroL de M6d.
expdrim. TEL 5. p. 569. 1895.)
J. i]. S. haben versucht, die Oiftigkeit der im
Handel Yorkommenden Alkoholarten (d. h. diejenige
Menge, die per kg Thier nöthig ist, um den Tod
zu bewirken), durch intravenöse Einführung zu be-
stimmen, ein Weg, der vorher nicht eingeschlagen
war. Sie erhielten hierbei anfangs durchaus von
einander abweichende Zahlen, die sich schliesslich
dnroh Thrombosenbildungen erklärten. Erst als
sie durch Injektion von Blutegelextrakt das Blut
micoagulirbar gemacht hatten, stimmten die er-
haltenen Zahlen in genügender Weise mit einander
tiberein.
Es ergab sich die Toxicität:
des Methylalkohols im Mittel zu 25.25
11
)i
n
11.70
3.40
1.45
„ AethylaUcohoIs „
„ Propylalkohols „
„ Isobntylalkohols „
„ Amylalkohols „ „ „ 0.63
Man sieht, dass diese Zahlen dem Gesetze ent-
sprechen, dass die Oiftigkeit mit dem Siedepunkte
steigt Dieses Gesetz schien nach friUieren Unter-
snchem beim Methylalkohol nicht zu stimmen, da
dieser höhere Giftigkeit als der Aethylalkohol zu
haben schien. Yj Lehmann (Berlin).
56. Stadien über Bntgiftungstherapie.
/. üeber Entgiftung der Blausäure; von Dr. J.
Lang. (Arch. f. exper. PathoL u. PharmakoL
IXXVL 1 u. 2. p. 75. 1895.)
In einer früheren Arbeit hatte L. ermittelt,
dass die Blausäure als Formonitnl ebenso wie das
weit weniger gefährliche Acetönitril im Körper in
die rehtiv ungiftige Form derThiocyansäure über-
g^t L. versuchte nunmehr den physiologischen
Entgiftungsvorgang innerhalb des Körpers dadurch
nachzuahmen und zu unterstützen, dass er an Stelle
der ihren „Sulfid-Schwefel'* nur langsam abgeben-
den Biweisakörper andere chemische Verbindungen
ziiAhrte, von denen man erwarten durfte, dass sie
in der Zeiteinheit grössere Mengen von Sulfid-
Schwefel abspalten würden. In dieser Richtung
vnrden folgende Körper untersucht: Schwefel-
natrimn, Natriumthiosulphat, Methylmercaptan,
Hethylsulphid, xanthogensaures Natrium, thiacet-
sanres Natrium, carbaminthioglykolsaures Natrium,
Cystein, Cystin und der Schwefelkörper des Spar-
gels.
In der ersten Versuchsreihe wurden die Blau-
6äare subcutan und die verschiedenen Geg^imittel
intravenös beigebracht Von allen versuchten Stof-
fea erwiesen sich blos das Schwefelnatrium und das
Ratriamthiosulphat als ausgiebig wisksam; ersteres
Wnspmcht als Antidot nur ein theoretisches Inter-
esse, da es sehr giftig ist und die Beibringung nur
u^ sehr verdünnten Lösungen und aUmfthUch statt-
finden kann ; es wurde daher von weiteren Ver-
SQchen mit diesem Mittel Abstand genommen.
Mit Hülfe des Natriumthiosulphats jedoch war es
^i^Oglidi, das Zwei* bis Dreifache der sicher tödt-
lichen Dosis unschädlich zu machen, besonders,
wenn ein kleiner Vorrath von Natriumthiosulphat
dem Thiere bereits vor Beibringung der Blausäure
zugeführt worden war. Durch präventive Dar-»
reichung grösserer Mengen von Thioeul|^t noch
grössere Mengen von Blausäure als die zwei- bis
dreifache unschädlich zu machen, gelang nicht;
nur wurde der Ablauf der Vergiftung über längere
Zeit hinausgezogen.
Wurden sowohl die Blausäure wie das Gegen-!
gift unter die Haut gespritzt, so war der Erfolg
selbst des sonst besonders wirksamen Thiosulphats
nahezu Null; wahrscheinlich war die viel lang-
samere Resorption des Thiosulphats gegenüber der
raschen Resorption der Blausäure die Ursache.
Wurde die Blausäure per os, das Antidot aber
subcutan beigebracht, so vermochte das Natrium-
thiosulphat das 3 — dfacheder tödtlichen Dosis un-
schädlich zu machen. Noch deutlicher stellte sich
die entgiftende Wirkung des Thiosulphats heraus,
wenn es intravenös, die Blausäure aber per os an-
gewendet wurde. Wurden Blausäure und Thio-
sulphat beide per os gegeben, so war immerhin
wenigstens eine Entgiftung bis zum l^/^fachen der
absolut tödtlichen Dosis erkennbar.
Von den sonst gegen Blausäure empfohlenen
Gegengiften waren Kaliumpermanganat oderWasser-
stofThyperoxyd ohne Erfolg, während das Kobalt-
oxydulnitrat sicher entgiftend wirkte, wenn auch
nicht so gut wie das unterschwefligsaure Natrium.
Die Aufnahme des Schwefels aus dem Hyposulphit-
salz in das Molekül der Blausäure ist keine rein
chemische Wechselwirkung, sondern offenbar voll-
zieht sich die Rhodanbildung unter Mitwirkung
von Funktionen des Körpers. Im Falle des Schwefel-
natrium handelt es sich um eine Synthese durch
Oxydation, und zwar durch Herausnahme zweier
Wasserstoffatome. H. D r e s e r (Bonn).
57. Berioht ftbttr toxikologische Arbeiten
aus den Jahren 18M — 95 ; von Privatdocent Dr.
Arthur Heffter in Leipzig.
/. Statistik. Allgemeines.
1) Vergiftungen in Finland in den Jahren 1880
bis 1893 ; von L.W. Fagerlund. ( Vjhrschr. f. ger.
Med. 3. F. Vm. Snppl. p. 48. 1894.)
2) Death by Poison, (Pharmaceat. Joum. and. Trans.
3. 8. XXV. p. 649. 1895.)
3) Poisoning in ScoÜa/nd, (Ibid. 3. S. XXIV. p. 626.
1695.)
4) Ueber Diffusion von Giften an der Leiche; von
F. Strassmann u. A. Kirstein. (Virchow's Arch.
GXXXVI. 1. p. 127. 1894.)
Die amtlichen statistischen Mittheilungen über
Vergiftungen lassen im Allgemeinen sehr viel zu
wünschen übrig, weil einestheils meist keine Tren-
nung nach einzelnen Giften stattfindet, und weil
häufig auch allerlei unsichere Fälle mit aufgenom-
men werden. Sie sind daher für wissenschaftlich-^
medicinische Zwecke im (Ganzen wenig brauchbar.
Um diesem Mangel abzuhelfen, wäre es wünschens-
werth, wenn bei der Zusammenstellung ein Pharma*
20
IV. Pharmakologie und Tozikologpie.
kologe hinzugezogen würde, wie das z.B. inDftne-
maiit geschehen ist Yon d^i hier zu beepreohenden
Statistiken ist die eine(Fagerlund[l])T(m6aGh-
▼erstftndiger Hand zusammengestellt und besitzt
daher einen grossen Werth. Sie berichtet über die
in den Jahren 1880—1893 in Finland Torgekom*
menen Yergiftungen, soweit sie den Tod herbei«
führten und zur gerichtUch-medidnischen Unter*
Buchung kamen. Die Gesammtzahl betrigt 471,
die sich auf die einzelnen Gifte wie folgt vertfaeilt:
Minerals&aren . . 18
GarbolBiure ... 7
Lysol 1
Arsenik .... 9
Sablimat .... 6
Alaun 1
Kalitimbiohromat . 6
Mesenia .... 1
Phosphor ... 11
Gyankalinm ... 8
Opiom .... 5
Morphium ... 11
Eohknoxyd. . . 27
Alkohol .... 335
Holzgeist. ... 1
Ghloral .... 1
OwMdn .... 1
Aconitin .... 1
Stoyohnin ... 21
Danach entfallen auf 1 Jahr durchschnittlich
33.6 Vergiftungen^ eine Zahl, die bei einer Bevölke-
rung von 2412000 sicherlich als gering zu be-
zeichnen ist, denn es kommt erst auf 71786 Ein-
wohner ein Todesfall durch Gift.
Viel ungünstiger liegen die Verhältnisse in
England (2) und Schottland (3).
In England fielen 1893 968 Vergiftungen vor,
und zwar 371 absichtliche und 697 durch Unglücks-
fall. Es kommt sonach bei 28762287 Einwohnern
ein Vergiftungsfall auf 29506 Einwohner. Die
Summe der Veigiftungen vertheilt sich folgender-
maassen :
Oarbol-, Schwsfel- u. Stlzsäure 177
38 verschieden« Gifte ... 238
Opiom, Morphium .... 174
Oxalsäure 47
Gyankalium, Blausftare ... 31
Stryohiiin 26
VerminkillerB *) 6
Arsenik 9
SaUimat 3
Chloroform 66
Chloralhydrat 11
A^er 9
Mutterkorn 2
In Schottland (4009986 Einwohner) betrug die
Zahl der Vergiftungen 1891 100 (24 Selbstmorde
und 76 zufällige Vergiftungen). Sie vertheilt
sich auf:
Opium, Morphium
Carbolsäure .
Salzslore
Schwefrisäure
Arsenik . .
Strychnin .
Phosphor
verBohiedene
unbekannt .
3
22
13
40
16
3
3
Eine Vergiftung trifift auf 40100 Einwohner.
Wir sehen also, dass in Finland verhfiltnissmAssig
wenig Vergiftungen vorkommen, und dass die
meisten Todesf&Ue (71.1*/«) dwroh Alkohol ver-
ursacht worden sind, der ^s Oenussmittel kein Qifi
im medicinal-polizeilichem Sinne darstellt. Fin-
land erfreut sich eines sehr strengen Qiftgesetzes,
wodurch die Beschaffung eines Giftes mit vielen
umständen verknüpft wird.
Qanz anders liegen die VerhUtnisse in England
und Schottland. Auffallend hoch sind die Zahlen
für Opium- und Morphium Vergiftung, femer fQr
Carbolsäure, Schwefel- und Salzsäure. Letztere
drei unterliegen überhaupt dem Giftgesetze nicht,
künnen also beliebig verkauft werden, während auf
die Abgabe von Opiumpräparaten nur geringe Be-
schränkungen Anwendung finden. Häufig ist Opium
ein Bestandtheil der in England so beliebten Patent-
medicinen, ohne dass auf diese gefährliche Eigen-
schaft hingewiesen ist So erklärt sich lacht das
häufige Vorkommen von Vergiftungen mit diesen
Substanzen, da die Patentmedicinen auch von Dro-
gisten abgegeben werden.
>) Stryühninhaltiges Rattengift
In den Lehrbüchern der Toxikologie wird die
Möglichkeit, dass giftige, in die Leiche eingeführte
Substanzen durch Diffusion aus dem Magen oder
Darm in den übrigen Eürper verschleppt werden
k(tonten, nur kurz erwähnt Die Vff. äussern sich
meist dahin, dass die darüber angestellten Ver-
suche ein mehr theoretisches Interesse hätten.
Praktisch sei die Diffusion der Gifte an der L^che
ohne Gtefidir, da die Vertheilung in den Organen
eine leicht erkennbar andere sei, als bei der vitalen
Resorption, und zweitens komme die Frage, ob das
Gift erst post mortem eingefOhrt wc^rden sei, in
Wirklichkeit nicht in Betracht.
Was zunächst die Vertheilung desGKftee in den
Organen angeht, so hatten die ältesten Versuche
von Eidd (1850) und Orfila (1862) ergeben,
dass nach postmortaler Einführung in den Hagen
od«: Darm nur die Organe theilweise von dem
Gift aufnahmen, die den Nahrungskanal berührten.
Spätere Untersuchungen ergaben aber ein anderes
Verhalten des diffundirten Giftes. Tonsellini
z. B. fand, dass Arsen vom liagen aus im Gehirn
nach 6 — 7 Tagen, in Leber, Lungen und Hers
sdion früher erscheinen kann. Andere Forscher
fanden ebenfalls, dass nach mehreren Wochen die
in den Magen gebrachten Gifte sich in entfernteren
Organen nachweisen Hessen.
Bezüglich der praktischen Bedeutung der Lei«
chendiffusion ist herv(Mrzuheben, dass mehrfach F&lle
bekannt geworden sind, in d^en zu entscheiden
war, ob das aufgefundene Gift nicht erat dem todten
Körper einverleibt worden sei. Femer ist es oft
wichtig festzustellen, ob ein während des Lebens
IT. Pharmakologie und Toxikologie»
21
eiogeführtes Oift bereits zurBesorption gelangt ist
od«r nicht, sei es, dass schwerkranken Personen
Gifte beigebradit wurden, sei es, dass absichtliche
Veiigiftangen mit anderen gewaltsamen Todesarten
concarrirten. Es geht daraus hervor, dass die Kennt-
nka der Diffusion derGKfle in der Leiche der prak-
tisohen Wichtigkeit durchaus nicht ermangelt Wie
oben gezeigt wurde, schwanken die Angaben der
bisherigen Beobachter nicht unerheblich, so dass
bestimmte Orundsfttze, nach denen zwischen Besorp-
tion mid DifiFusion, unterschieden werden könnte,
noch nicht aufgestellt werden konnten.
Wenigstens gilt dies für die nidit Atzenden
Substanzen, während es bereits mehr&oh und sicher
festgestellt ist, dass Laugen, Mineralsäuren und
Oxalflfture nach dem Tode durch den nicht per-
forirten Magen transsudiren und in die benach-
bttten Organe innerhalb eines Tages oder mehrerer
Sige eingedrungen sein können. Wesentlich sind
es nach übereinstimmenden Befanden das Zwerch-
fell, die linke Lunge, der linke Leberlappen, die
Mik und die linke Niere, die durch Transsudation
ergriffen weirden.
Das Verhalten nicht Atzender Substanzen, be-
iflgüdi ihrer Diffusion in der Leiche ist von Strass-
mann und Eirstein (4) einer erneuten Bearbei-
tung unterzogen worden. Die Substanzen, die
benutzt wurden, waren Gentianaviolett, das in ge-
ringen Spuren leicht nachweisbare Ferrocyankalium
und arsenige Säure oder arsenigsaures Kalium.
Die an Fröschen mitCtontianaviolett und Ferro-
cyankalium vorgenommenen Versuche, die in der
Weise angestellt wurden, dass das Thier mit den
Dttterschenkeln in die Lösung tauchte, zeigten, dass
Gentianaviolett sehr wenig in die Organe eindringt,
niemals aber Aber das Fiüssigkeitsniveau hinauf-
steigt Die beim Ferrocyankalium gewonnenen
Besnltate waren sehr ungleidi. Während in 4 BWen
die Fläsagkeit der Schwere entgegen den ganzen
Froschkörper durchdrang, war in 8 Versuchen
nichts davon zu bemerken« Man wird den Vff.
nnr beistimmen können, wenn sie diese Fälle
starken Aufsteigens der Flüssigkeit durch die
Wirkung irgend weldier vitalen Kräfte zu erklären
Buchen.
Zur Untersndiung über die Diffusion vom Magm
ras dienten theils frische Hundeleiohen , theils
Lochen neugeborener Ejnder, denen die Substanzen
theüs mittels Bauchsdinittes, theils mittels Schlund-
ttnde in d^i Magen eingeführt wurden, es ergab
od, dass Gentianaviolett in sehr geringem Maasse
die Gewebe durchdringt Erst nach 3 Wochen
bmnte eine über den Magen hinausgehende geringe
hrbuag wahrgenommen werden. Viel rascher
dvdidriBgen Ferrocyankalium und arsenigsaures
bliam, bez. arsenige Säure die Gewebe, und die
Bit diesen Stoffen erhaltenen Ergebnisse stimmen
im Weeentlicfaen untereinander überein. Es zeigte
Beb, dass sie durdi die Magenwand hindurch in
ffie benachbarten Gewebe wandern. Die Ausdeh-
nung der Imbibition ist abhängig von der Länge
der Zeit und der Menge und Concentration der
Flüssigkeit. Das Vordringen erfolgt niemals sprung-
weise, stets oontinuirlioh.
Es können nach mehreren Tagen diese Sub-
stanzen in den sogenannten 2. Wegen nachzuweisen
sein. So war während der ersten 4^1 Wochen
Arsen in die Milz, die linke Niere, linke Leber-
hälfte, in das Zwerchfell links und in den unteren
Theil der linken Lunge eingedrungen. Niemals
konnte ein Vordringen bis in das Gehirn beobachtet
werden. Abgesehen von dem Freibleiben dieses
Organs sind noch zurUnteredheidnng der Diffusion
post mortem von der Resorption während des Lebens
folgende Punkte hervorzuheben: Die schon von
Orfila betonte Imbibition der linken Lunge bei
Freibleiben der rediten, der gleiche Unterschied
zwischen linkem und rechtem Leberlappen und als
besonders prägnant zwischen linker und rechter
Niere. Diese Verschiedenheit zeigte sich auch,
wenn die Vomichsleiohen auf die rechte Säte ge-
lagert wurden. Eine beginnende Imbibition der
rediten Niere konnte frühestens am 18. Tage be-
obachtet werden. Findet aber die Transsudation
nicht ausschliesslich vom Magen aus, sondern vom
Duodenum aus statt (wenn z. B. in der Agone eine
Substanz in den Magen eingeführt wird, so dass
sie noch in's Duodenum gelangen kann), so können
beide Nieren mit der Substanz durchtränkt sein.
Dagegen sprechen Giftgehalt der linken und Frei-
bleiben der rechten Niere für Einführung des Giftes
in den Magen der Leiche.
Es müssen daher in den Fällen, in denen die
Möglichkeit einer postmortalen Giftzufuhr in den
Magen zu erwägen ist, beide Nieren gesondert dem
Chemiker zur Untersuchung übergeben werden.
YfL empfehlen femer eine gesonderte Aufbewah-
rung und Untersuchung des Gdiims aus dem oben
erwähnten Grunde : Vorkonunen des Giftes im Ge-
hirn innerhalb der ersten 4 Wochen kann nur durch
vitale Resorption zu Stande kommen. Ist eine
giftige Substanz an der Leiche oder in der Agone
an anderen Stellen als in den Magen, eing^ührt
worden, so müssen die diesen Orten benachbarten
und die entfernteren Organe gesondert untersucht
werden«
II. Kohlendunst. Leuchtgas.
5) üeber den Stoffnoeehsd des Menschen. beiKohkn'
dunst und Nitrobenx/ohergiftung ; von E. Münzer u.
P. P al m a. (Ztsohr. f. Heükde. XY. 2 n. 3. p. 185. 1894.)
6) A c€Lse of Gas ' Poisoning ; by Hewetson.
(Johns Hopkina Hoep. Ball. IV 36. p. 126. 1893.)
7) L'empoisonnement par Voai^fde de earbone; par
Bichardiere. (Oaz. des Hop. Nr. 104. p. 965. 1894.)
8) Sur VMoocieation oxyearbonique rapide par ks
briqueitesdeschauffereäesdesvoüures; parBroaardeL
(Bull, de TAcad. de Med. 3. ä XXXI. 3. p. 76. 1894.)
9) Sur Vempoistmnement par Vomfde de earbone; par
Henri Moisaau. (Ibid. 3. S. XXXI. 5. p. 249. 1894.)
10) Intoadcation par Voxyde de earbone ; par M o t e t.
(Ann. d'Hyg. pabl. XXXI. 3. p. 254. 1894.)
11) ün cos d^empoisonnemeni par oxffde de cor-
22
IV. Pharm&kologie und Toxikologie.
hone; par Bronardel, Descoast etOgier. (Ibid.
XXXI. p. 376 u. 459. 1894.)
(Gutachten über SYergiftongsflUle, veranlasst durch
die einem benachbarten Eukofen entströmten Gase.)
12) Eohknoxydvergtflung durch Resorption von der
Leibeshöhle aus; von Ed. Richter. (Deutsche med.
Wchnsohr. XXI. 32. 1895.)
13) Sur Vempoisonnemeni par Vooßyde de carbone;
par Heger. (Joum. de Med.., Chir. et Pharm. Nr. 13.
p. 196. 1894.)
Durch frühere üntersuchungeu ist bei Thieren
festgestellt worden, dass durch Eohlenoxydvergif-
tung ein erhöhter Eiweisszer&U mit entsprechen-
der Steigerung der Stickstoffausscheidung erzeugt
wird, und dass im Harn stets Milchsäure und bei
guter Emfthrung auch Traubenzucker auftritt.
Münzer und Palma (5) haben in 3 FAUen von
Xohlendimstvergiftung die Veränderungen des Stoff-
Wechsels beim Menschen studirt Es zeigte sich,
dass eine wesentliche Steigerung des Eiweiss-
zerfalls, falls keine Complikationen vorhanden sind
(Fieber z.B.), beiXohlenoxydvergiftung n«c^ statt-
findet. Ebenso zeigt sich nur eine geringe Am-
moniak- und Acetonvermehrung im Harn, also eine
g^inge S&urevermehrung im Körper, die wohl
durch den Hungerzustand der Vergifteten entstan-
den sein kann. Die Hams&ureausscheidung be-
wegt sich, auch bei leichterer Vergiftung, in min-
destens hoch normalen Werthen. Möglicher Weise
bewirkt das Eohlenoxyd regelmässig eine wesent-
liche Steigerung der Hamsäurebildimg und -Aus-
scheidung. Nach Fleischmilchsäure wurde in einem
Falle mit positivem Erfolg gesucht Olykosurie
besteht fast immer bei Eohlendunstvergiftung,
wenn nicht, so kann sie durch die Kost sehr leicht
hervorgerufen werden. Es besteht also eine auf-
fallende Herabsetzung der Assimilationsgrenze.
Sehr interessante Thierversuche hat Rich-
ter (12) angestellt, bei denen das Eohlenoxyd
nicht, wie es bisher geschah, eingeathmet, sondern
mittels einer Stichkanüle in die Abdominalhöhle
eingeführt wurde. Bei einem kräftigen Eaninchen
machen 100 com CO wenig Erscheinungen, wäh-
rend durchschnittlich 500 com genügen, um die
typische Vergiftung hervorzurufen. Sie unter-
scheidet sich wesentlich von dem Bilde, das bei
Einathmung des Giftes erscheint, unter allmäh-
lichem Wärmeverlust ohne Dyspnoe und Erämpfe
schwächen sich die Funktionen des Thieres all-
mählich ab. Entweder sinkt die Temperatur nur
bis Sb^ und dann tritt Erholung ein, oder sie fUlt
bis unter 30^, wobei das Thier langsam in einen
soporösen Zustand übergeht und schliesslich stirbt
Es kommen Abfälle bis zu 2P Eörpertemperatur
vor. Die Mengen des absorbirten Oases werden
bestimmt, indem das nach dem Tode des Tbieres
im Leibe befindliche Gas gemessen wird. Es
wurde die tödtliche Dosis auf diese Weise zu
0.25 g Eohlenoxyd oder ca. 250 ocm gefunden.
In derExspiratiohsluft wurde das Gift durch Palla-
diumchloridpapier nachgewiesen. Die Einwirkung
«uf Puls und Atbmung irar nicht gieiohmässig.
Zucker konnte im Harn stets gefunden werden in
Mengen von 1.5 — 8%. Die Magwischleimhant
der vergifteten Thiere zeigte in den allermeisteii
mien äusserst zahlreiche stecknadelkopfgrosse
Blutungen.
Wenn Warmblüter verschiedener Art (Hunde,
Eaninchen, Meerschweinchen, Mäuse, Tauben) sehr
akut mit Eohlenoxyd vergiftet werden, so findet
man, nach einer Mittheilung Heger 's (13), bei
der Sektion , dass , während alle übrigen Organe
kirschrothe Färbung zeigen, Milz und Enodien-
mark allein ein venöses weinhefenfarbenes Aus-
sehen darbieten. Dementsprechend erhält man
bei der spektroskopischen Untersuchung derwSsse-
rigen Auszüge von Leber, Muskeln, Lungen die
Eohlenoxydhämoglobinstreifen , während die Ex-
trakte von Milzgewebe und Enochenmark dasOxy-
hämoglobinspektrum geben, ein Zeichen dafür,
dass das Gift nicht bis dorthin vorgedrungen ist
H. erklärt diese Erscheinung durch die Struktur
der Gewebe.
Ton casuistischen Mittheilungen sei zunächst
der Fälle von Fagerlund (1) gedacht In Fin-
land zeigt die Eohlenoxydvergiftung die höchste
Zahl nach der Alkoholvergiftung. Sämmtlidie
Fälle sind auf Unüdl zurückzuführen und kamen
durch mangelhafte Heizeinrichtungen, ungenügende
Ventilation u. s. w. zu Stande. Die spektrosko-
pische Untersuchung wurde nur in einem Falle
mit zweifelhaftem Resultate ausgeführt Meist
wurde bei der Sektion eine auffallend heUrothe
Farbe des Blutes beobachtet
Eein Land wird, was die Häufigkeit der Eohlen-
oxyd Vergiftungen angeht, von Frankreich über-
treffen. Eamen doch 1876—1880 jährlich durch-
schnittlich 463 Selbstmorde durch Eohlenoxyd vor,
ungerechnet die zufälligen Vergiftungen (B i c h a r -
diöre [7]). Auch in letzter Zeit sind wieder
zahlreiche Fälle bekannt geworden und die medi-
dnische Akademie hat sich auf Yeranlassong
Brouardel's (8) und Moissau's(9) mit den
dagegen zu ergreifenden Maassregeln befasst Bi
sind wesentlich zwei Ursachen, die häufig Un-
glücksfälle durch Eohlendunst bewirken: die in
den Pariser Wohnungen sehr verbreiteten trag-
baren Oefen, die bei unvorsichtiger Handhabung
und schlechter Dichtung ganze Ströme von Eohlen-
dunst in's Zimmer senden, weil der „Zug" sehr
gering ist, und femer die Heizung der Mieth wagen
durch Fusswärmer mit Brikets. A. Qautier
(Diskussion zu 8) zählt allein 5 Fälle von Eohlen-
dunstvergiftungen auf, die in geheizten Miethwagen
zu Stande kämen. Eine dieser Vergiftungen be-
traf ein Mitglied der Akademie, Motet (10), der
ausführlich darüber berichtet Nach einer Fahrt
von 3 Minuten im Wagen, dessen Fenster ge-
schlossenwaren, empfand er plötzlich sehr starkes
Ohrensausen, hatte aber noch den Gedanken, das
Fenster zu üffhen, worauf das Bewusstsein schwand.
Nach 14 Tagen, während deren die heftigstea
IT. Pharmakologie und Toxikologie,
23
SchwinSelanfUle bestanden, war er fast' völlig
wieder hergestellt
Von einer Leuchtgasvergiftanff berichtet Hewet-
8 OD (6), die bei einem Arbeiter gelogentlioh des Legens
Ton LeitongsrÖhren zu Stande kam. Dieser Fall zeichnet
sich dadnrch aus, dass bis za dem am 5. Tage erfolgten
Tode ein gesteigerter Mnskeltonns bestand, ratellareflex
und Fossklonus waren ebenfalls bis zidetzt sehr dentlich
erhalten. Einige Male traten heftige klonische Krampf-
anftUe anf, die 5 Minuten dauerten. Eohlenoxyd konnte
im Blute nicht nachgewiesen werden, freilich wurde die
Untersuchung erst am 3. Tage vorgenommen. Der Tod
erfolgte, ohne dass das Bewusstsein wiederkehrte. Die
Sektion bot nichts Besonderes.
III. Stiekstoffoxydul (Lachgas),
14) Death under närous ogoide gas; by John
Adams. (Lancet I. 22. p. 738. 1894.)
Tödtiiche Yergiftangen mit Lachgas sind nur
m kleiner Zahl bisher beschrieben worden. Der
ron Adams mitgetheilte Fall ist insofern wichtig,
als bei der Behandlung nichts unterlassen wurde,
um das Leben zu retten.
Ein kurzhalsiger, gimz gesunder Mann wollte sich
einen Backenzahn exträiren lassen. Nach Zufuhr von
zwei Drittel der gewöhnlichen Gasmenge wurde der Zahn
ohne Schwierigkeit entfernt. Die Athmung wurde plötz-
lich unregelmässig, der Kr. cyanotisch, Steifigkeit der
Muskeln trat ein und nach 4 Zügen hörte die Athmung
aof. Nun künstliche Bespiration, das Herz schlug regel-
mässig. Nach 2 Minuten erfolgten einige Athem Züge. In-
halation von Amylnitrit und, da die Herzaktion schwächer
wnrde, eine Aetherinjektion. Da alles vergeblich war,
müde 3 Minuten nach der Extraktion die Tracheotomie
g6Quu;ht Bei der fortgesetzten künstlichen Athmung
wurde eine grössere Menge Schleim ausgestossen. Die
Gyanose nahm immer mehr zu, der Herzschlag war nicht
mehr hörbar. Die künstUche Athmimg wurde noch
20 Minuten vergeblich ausgeführt
Sektion 25 Stunden post mortem. Yenöse Hyperämie
der Himoberfiäche. Im Gehirn selbst nichts Abnormes.
Herz gesund. Linker Ventrikel und Vorböfe leer, im
rechten Yentnkel weqig flüssiges Blut. Lungen sehr
Uutreich. In den Bronchen reichlicher zäher Schleim.
Im Kehlkopf weder Schwellung, noch Fremdkörper. Die
Banchorgane venös-hyperämisch, sonst ohneVeränderung.
Das verwendete Gas kann nicht die Ursache
des Todes gewesen sein, da aus demselben Ballon
▼orher zwei Narkosen und nachher eine ohne üble
Folgen gemacht worden sind. Es bleibt somit
nach A. 's Meinung nur eine besondere Empfindlich-
keit als ErklAning für den Todesfall übrig.
IV. Schweflig Säureanhydrid.
15) Bronchite aigue toxique par inhalation de gax
ndfureux; par A. Peron. (Bull, de la Soc. anai 5. S.
TBL 23. 24. p. 784. 1894.)
DasSchwefligsftureanhydrid hat bisher wesent-
lich zu chronischen Vergiftungen bei Arbeitern
Tenuüassnng gegeben. Dass eine einmalige Ein-
ithmung des Giftes eine so grosse, zum Tode füh-
lende SdiSdignng des Körpers herbeiführt, wie
08 P6ron (15) beschreibt, ist jedenfalls eine
Bdteaheit
Em 2())ähr. ileischergeselle trat zufällig in einen
Bnun, in dem Schwefel verbrannt wurde. Erstickt von
^ Dämpfen, konnte er kaum heraus, erholte sich aber
bald und verrichtete am Abend seine Arbeit Am näch-
ftia Motgen fühlte er Schwere in den Gliedern und
Fröstehi und bald stellten sich eine starke Dyspnoe und
heftiger Husten ohne Auswurf ein. Diese Symptome
verstärkten sich in 6 Tagen derartig, dass Fat das Kranken-
haus aufsuchte. Die Untersuchung eigab nur akute Bron-
chitis, starke Cyanose und eine Dyspnoe, die in gar
keinem Verhältniss zum objektiven Befund stand. In
den nächsten Tagen Schlaflosigkeit. Temperaturen bis
40.9<». Asphyxie. Spärlicher Auswurf von Schleim mit
Eiter. Nach einer vorübergehenden Besserung trat am
5. Ta^e nach der Aufnahme ein perikarditisches Beiben
auf, das zeitweih'g verschwand und wiederkehrte. Der
Kranke wurde immet* schwächer. Anfiüle von Asphyxie.
Am 18. Tage Collaps und Tod. Sofort nachher Punktion
des Perikards. Man erhielt einen sehr fötiden, an Mikro-
organismen reichen Eiter. Bei der Sektion waren die
Lungen, abgesehen von leichter Gongestion an der Basis,
ganz gesund. Die Schleimhaut der Trachea und der
grossen Bronchen war stark hyperämisch. Im rechten
Bronchus eine kleine Erosion. Von dieser Stelle zog
sich ein eiteriger Streifen zu einem dicht an der Hinter-
seite des Perikards gelegenen Oanglion, dasvonWallnuss-
grösse war und eine grosse Menge stinkenden Eiters ent-
hielt Zwischen dem Ganglion und dem Perikard, das
alle Zeichen einer ausgeprägten eiterigen Entzündung
bot und 500 g Eiter enthielt, bestand keine Verbindung.
P. erklärt den Verlauf so: Bronchitis toxica und an
einer umschriebenen Stelle oberflächliche Nekrose der
Sichleimhaut Sekundäre Infektion. Lymphangitis, Ade-
nitis suppur. und anschliessend Pericarditis purulenta.
F. Mineralsäuren,
16) Ueber einen Fall von Sehwefekäurevergiflung;
von Ackermann. (Deutsche med. Wchnschr. XX. 4i,
1894.) .
17) Ueber die Veränderungen in den Eerxganglien
bei akuten MineraUäurevergiftungen; von A. D. Ka-
zowsky. (Centr.-Bl. f. allgem. Pathol. u. pathol. Anat
V. 24-25. p. 1020. 1894.)
In der Mittheilong Fagerlund's (1) werden
7 Schwefelsfturevergiftungen aufgezahlt (2 Morde,
4 Selbstmorde, 1 zufällige Vergiftung). Ermordet
wurden ein kleines Kind und eine geisteskranke
6 6 jähr. Person, der das Dienstmftdohen ein Wein-
glas ooncentrirter Säure beibrachte. Tod nach
60 Stunden. Von besonderem Interesse ist die
durch Unglücksfall zu Stande gekommene Ver-
giftung, die nicht durch englische, sondern durch
Nordh&user Sohwefels&ure veranlasst wurde.
Ein 2^ähr. Mann trank davon 150 com in der Mei->
nung, dass es Branntwein wäre. Die Dauer der Vergif-
tung ist nicht genau zu bestimmen, aber nicht länger als
20 Stunden. Bei der Sektion fanden sich Verätzungen
von rothbrauner Farbe an der Nase, Oberlippe und rech-
ten Hand. Zunge gelbbraun, hinten graubraun. In Kehl-
kopf, Trachea und Bronchen dicke graurothe Flüssigkeit
Schleimhaut der Speiseröhre dunkelgrau mit schwarz-
grauem Schleim überzogen. Im Magen, dessen Schleim-«
haut schwarz und brüchig war, *U Liter schwarzen,
missfarbigen, dickflüssigen Blutes. In den Dünndärmen
schwärzlicher Schleim.
Ackermann (16) berichtet über eine jener
Vergiftungen mit Schwefelsäure, bei denen der
Tod erst spät in Folge von Nachkrankheiten eintritt.
Es handelt sich um eine GOjähr.Frau, die versehent-
lich Schwefelsäure trank, die ersten Vergiftungserschei-
nungen überstand, aber an hartnäckigem Erbrechen nach
jeder Nahrungsaufnahme litt Es stellte sich schwerer
Kräfteverfall ein, femer tratra Durchfälle auf. Tod nach
12 Wochen. Bei der Sektion fand man eine Pylorus-
stenose und fibröse Verwachsungen der stenosirten Partie
mit dem grossen Netz und der vorderen Bauch wand. Die
24
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
Sohleimliatit des Dünn- und Dickdannes war überall
stark geeöhwollen, besonders im Dickdarm and im An-
fangstheii des Ueom.
Die 5 Yergiftongen mit Saixsäure, Ton denen
Fagerlund (1) berichtet, sind 4 Selbstmorde
und 1 Unfall In einem Falle fand man die Magen-
schleimhaut stellenweise abgetrennt und die Wand
des Magens an mehreren Stellen bis an die Serosa
zerstört und schwarz gefärbt Bei einer anderen
Leiche war der Magen durchbrochen und in der
Bauohh(^hle fand sich 1 Liter dünnflüssiger, schwar-
zer Flüssigkeit
Während die iSb^p^^^ätire- Vergiftung bei uns
zu Lande wesentlich seltener ist, als die mit den
genannten Mineralsäuren, kam sie in Finland fast
ebenso häufig y<^. Es kamen je 2 Vergiftungen
als Mord, Selbstmord und Unglücksfall vor. Die
Morde betrafen kleine Einder. Die Sektions-
befunde wichen Ton den bei anderen Mineralsäuren
beobachteten nicht wesentlich ab. Einmal wurde
Perforation des Magens beobachtet.
Eazowsky (17) hat die Veränderungen stu-
dirt, die die Nerrenknoten des Herzens bei akuter
Säurevergiftung erleiden. Die Versuche sind an
Hunden angestellt, denen mittels Sonde 2 — 5 com
concentrirter Schwefel-, Salz- oder Salpetersäure
in den Magen gebracht wurden. Die Thiere über-
lebten den Eingriff 3 Stunden bis 10 Tage. Das
Untersuchungsmaterial wurde aus dem hinteren
Theile der Scheidewand der Vorhüfe entnommen
neben dem Foramen ovale. Härtung in Sublimat,
Spiritus, itfttU^'scher und 2^ifemmtn^'scher Lösung.
Die in letzterem Medium getränkten Schnitte wur-
den mit Saffiranin, die übrigen mit Alauncarmin,
Alaunhämatoxylin oder Hämatoxylin-Eosin gefärbt
E. fftsst seine Befunde zusamm^i als: 1) par-
enchymatöse Schwellung; 2) Nekrose der Zellen;
3) Vacuolisirung der Eeme und in geringerem
Orade auch des Plrotoplasma ; 4) Hydrops der
Eapsel.
Die Zahl der nekrotisirten Zellen steht in Be-
ziehung zu der Lebensdauer des Thieres nach der
Vergiftung. Die Nekrose war um so reichlicher,
je kürzere Zeit das Thier gelebt hatte.
VL Phosphor.
18) Der Stoffwechsel des Mensehen bei akuter Phos-
phorvergiftung ; von M ü n z e r. (Deutsches Aroh. f. kiin.
Med. LH. 3. p. 199. 4. p. 415. 1894.)
19) UnUrstiehungen ilher Phosphorvergiflimg ; von
Cor in and Ansiaux. (Yjbrschr. f. gerichü. Med. YU.
1. p. 79. 2. p. 212. 1894.)
20) Em Fall van complieirtem Oonamen suieidit
{Schttss 4n die Schläfe, Phosphorvergiftung, Sehuss in
die Eerxgegend). Heilung; von E. Leyden. (Deutsche
med. Wohnschr. ZX. 22. 1894.)
21) Ein Fall von akuter Phosphorvergifhing. Blu-
tung ifi die NN. vagi, Oompression des Ductus ^norad'
eus und fehlender Ikterus, Qlykosurie; ron O.Reichel.
(Wien. kiin. Wchnschr. YU. 9. 10. 1894.)
22) Des aeeidents industriels du phosphore et en
partieulier du phosphorisme ; parMagitot. (Soll, de
l'Acad. de Med. 3. 8. XXXHI. 10. 1895.)
23) Modifications du sang ei de l'urine et Usions
anatomiques eonsSeuUves ä Vempoisonnement ehr^mqm
paar le phosphore; parD' Amore undFalcone. (Aroh.
de Phurmacodynamie I. 4. p. 247. 1894.)
a) AkuJtt Vergifltmg.
Dem Stoffwechsel des Menschen bei akuter
Phosphorvergiftung hat Münzer (18), gestützt
durch ein reiches Erankenmaterial (15 Fälle), eine
sehr sorgfaltige Untersuchung gewidmet, die sich
in erster Linie mit der StickstofTausscheidung be-
schäftigt, femer aber auch das Verhalten der Säuren
im Harn berücksichtigt.
Nach den Untersuchungen v. Schroeder's
wird beim Säugethier der Harnstoff aus Ammonium-
carbonat gebildet, und zwar findet diese Umwand-
lung, wenn nicht ausschliesslich, so doch sum
grüssten Theil in der Leber statt Es ist anzu-
nehmen, dass bei Erkrankungen des Lebergewebes
eine Herabsetzung der Hamstoffbildung und eme
Vermehrung des Ammoniaks im Blute und Harne
eintreten muss. Andererseits ist durch Hans
Meyer gezeigt worden, dass bei Fhosphorvergif-
tung im EOrper eine abnorme Menge saurer Pro-
dukte entsteht, die zu einer Verminderung der
Alkalescenz der Gewebe und des Blutes führen«
Die im Eörper gebildeten Säuren werden beim
Fleischfresser und beim Menschen an Ammoniak,
das aus Eiweiss abgespalten wird, gebunden und
in Form von Ammonsalzen im Harn ausgeschieden.
In der That hat Engelien (Inaug.-Di88. Eönigs-
berg 1887) bei phosphor vergifteten Hunden eine
Steigerung des Ammoniakgehaltes des Harns nach-
weisen kennen, es aber unentschieden gelassen, ob
diese vermelirte Ammoniakaasscheidung duroh ab-
norme Säurebildung in den Geweben oder durch
Hemmung der hamstofin^ildenden Funktion der
Leber verursacht wird.
Aus den beim Menschen gefundenen Thatsaohen
M.'s geht nun zunächst hervor, dass in den ersten
Tagen der Vergiftung eine schnelle Verminderung
der N- Ausscheidung stattfindet, die als Ausdruck
des Hunger- und Durstzustandes anzusehen ist, in
dem sich die Eranken um diese Zeit befinden (in
Folge des Erbrechens). Am zweiten oder dritten
Tage tritt eine wesentliche Steigerung der N-Aus-
Scheidung ein als Folge des zerstörenden Einflusses
des Giftes auf das Organeiweiss. Sobald der Eü-
weisszerfall einen so ausserordentlich hohen Grad
erreicht hat, erlischt das Leben meist in kurz«
Zeit. Mitunter wird aber diese z^stOrende Wir-
kung des Phosphors überlebt und es tritt voll-
kommene Genesung ein.
Bei allen daraufhin angestellten Untersoohun-
gen war eine vermehrte Ammoniakansscheidung
zu finden. Dass diese Ammoniakvermehrung allein
eine Folge der Säuerung und nicht der Vermin-
derung der hamstoffbildenden Thätigkeit der Leber
ist, lässt sich auf doppelte Weise zeigen. Zunächst
dadurch, dass durch Alkalizufuhr (Natr. bicarbon.)
eine Neutralisation der im vergifteten Eörper ge-
bildeten Säuren bewirkt und sofort eine Vermin-
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
25
denug der Ammoniakaussoheidang herbeigeführt
urird. Ein indirekter Beweis kann femer durch
Yersuohe am Phosphorkaninchen geführt werden.
Jka Kaninchen ist nicht im Stande, eingeführte
Säaren durch Ammoniak zu neutralisiren. Tritt
also bei der Phosphorvergiftung des Kaninchens
Ammoniakyermehrung im Harn auf, so muss dieses
Ammoniak einer verminderten HamstofFbildung
seinen Ursprung verdanken. Die Versuche zeigten
aber, dass trotz der Phosphorvergiftung die Am-
moniakausscheidung auf Spuren beschrftnkt blieb,
also keine verminderte Bildung von Harnstoff statt-
fand.
Man könnte in Versuchung gerathen, die Be-
wQsstlosigkeit und die Delirien der mit Phosphor
Vergifteten aus der übermässigen Säurebildung und
der daraus folgenden üeberladung des Körpers mit
Ammonsalzen zu erklären, analog dem diabetischen
£oma. Während aber in letzterem Falle durch
Alkalizufahr wenigstens vorübergehende Besserung
lierbeigefQhrt werden kann, bestehen bei derPhos-
phonrergiftung die Erscheinungen unverändert fort.
Bezüglich der Samsäure und der Amidosäuren
des Harns haben die Versuche keine besonderen
Abweichungen ergeben. Tyrosin wurde niemals
gefunden, eben so wenig PqoUm. Bisher glaubte
man nach verschiedenen Befunden in der Pepton-
nrie ein wichtiges Zeichen der Phosphorvergiftung
za haben. Nach M.'s Versuchen scheint jedoch der
Peptonaussoheidung nur eine untergeordnete Be-
deutung zuzukommen.
Was dieAuBsoheidungsverhältnisse der Säuren
angeht, so ist bei der Cklorauaschmdung nichts
wesentlich Neues gefunden worden. Interessant
ist dagegen das auffallende Verhalten der Phosphor»
fäure, Zunädist, höchstens 24 Stunden hindurch,
bleibt das Verhältniss N : P^Os normal, sodann er-
folgt eine ausserordentliche Steigerung, die 2 bis
3 Tage andauert. Diese Vermehrung ist wohl nur
inm kleinsten Theil von dem eingeführten Phos-
phor abhängig, vielmehr hauptsächlich auf einen
starken Zerfall der Lecithine im Körper zurück-
sufähren. Denn wie Bef. vor einigen Jahren fand
(Jahrbb. CGXXXH p. 19), vermindert sich der
Ledthing^alt der Leber nach Phosphorvergiftung
^^ ^0<^/o gegen die Norm. Schliesslich tritt wieder
eine relative Verminderung der Phosphorsäure ein,
die nach M. auf einem vermehrten Gebrauch von
Phosphor zum Neuaufbau der zerstörten (Gewebe
beruht Insofern hat die Bestimmung der Phos-
I^orsäureausscheidung einen prognostischen Werth,
te die Prognose wesentlich besser ist, sobald der
Inoke in dieses letzte Stadium des Wiederauf-
Woes antritt
Die Ausschädung der SekwefMkare geht im
Bttizen und Ghrossen der Ausscheidung der Phos-
phoraäore parallel. Die AßthersdhwefeUäuren er-
Kheinen im Stadium des erhöhten Eiweisszerfalles
Tttmehrt.
FttUäuren sind im Harn der mit Phosphor Ver-
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. I,
gifteten im Allgemeinen nicht enthalten, so dasa
man anzunehmen gezwungen ist, dass eine oder
mehrere noch unbekannte Säuren als Zeichen der
Uebersäuerung des Blutes und der Gewebe im Harn
erscheinen. Ob Fleischmilchsäure zu diesen gehört,
lässt M. unentschieden; jedenfalls ist ihr Vor-
kommen durchaus nicht immer bei Phosphorvergif-
tung nachzuweisen.
Mit der fOr die gerichtliche Medicin wichtigen
Frage, ch das Elut hei der Phoaphßrvergiftung unrh-
lieh ungerinnbar sei, haben sich Cor in und An-
siaux (19) beschäftigt Aus einer vorausge-
schickten üebersioht der Literatur ist zu ersehen,
wie sehr über diesen Punkt die Ansichten aus-
einander gehen. Jedenfalls ist schon von mehreren
Beobachtern (z. B. von H. Nasse 1860) gezeigt
worden, dass durch mehrtägige kleine Gaben von
Phosphoröl die Blutgerinnbarkeit bei Hunden ver-
nichtet wird. Später hat Schiff diese Eigen-
schaft des Phosphors zur Anwendung in derKymo-
graphie empfohlen, um bei Messung des Venen-
drucks die Gerinnungsgefahr zu beseitigen. An-
dere, z. B. Munk und Leyden, fanden das Blut
in der Mehrzahl der Fälle geronnen. Diese Wider-
sprüche sind nunmehr nach den von C. und A an-
gestellten Versuchen an Hunden zu erklären : Die
Gerinnungsfähigkeit des Blutes wird nur dann auf-
gehoben, wenn die Vergiftung subakut verläuft,
d. h. 4 — 5 Tage dauert. Die Art der Verabrei-
chung ist nicht ohne Einfluss, da bei Zufuhr des
Giftes per os die Wirkung auf das Blut eher ein-
trat, als bei Einspritzungen unter die Haut Hier-
bei spielt nicht etwa die Resorptionsgeschwindig-
keit eine wesentliche Bolle, sondern es werden bei
innerer Verabreichung des Giftes gewisse Organe,
die auf die Blutgerinnbarkeit von Einfluss sind,
früher geschädigt Das ist der Fall mit der Leber
und vielleicht auch mit dem Darm. C. und A.
halten es für das Wahrscheinlichste, dass die
Herabsetzung der Fibrinogenproduktion durch den
Darm bei der subakuten Phosphorvergiftung die
Ursache des Flüssigbleibens des Blutes sei, wäh-
rend bei der Erstickung und Peptonämie das
Fiüssigbleiben von einer Hemmung der Fennent-
bildung abhängt
Für die Bildung der Ekchymosen ist die auf-
gehobene Gerinnbarkeit des Blutes ohne Einfluss,
sie kommen zu Stande durch Gefässwanderkran-
kungen und vielleicht auch durch Embolien fettiger
Tröpfchen im Blute.
In der Zusammenstellung von Fagerlund (1)
nehmen die Phosphorvergiftungen, bezüglich der
Häufigkeit, eine sehr untergeordnete Stellung ein.
Während in Berlin innerhalb der Jahre 1876 — 78
unter 430 Vergiftungen 40 durch Phosphor ass
9.1% zu verzeichnen waren, waren in Finland
in den Jahren 1880 — 93 unter 471 Vergiftungen
nur 1 1 Phosphorvergiftungen mm 2.3^1 q. Ausser-
ordentlich häufig scheint der Phosphor in Oester-
reich zu Vergiftungen Anlass zu geben. Konnte
4
&6
TV. Pharmakologie und Toxikologie.
dooh Münz er innerhalb von knapp VJ^ Jahren
16 Fälle in Prag beobachten I Finland nimmt
deswegen eine so günstige Stellung ein, weil dort
seit 1872 die Fabrikation und der Verkauf von
Zündhölzern mit weissem Phosphor verboten sind.
Diesem sehr nachahmenswerthen Beispiel sind
Dänemark und die Schweiz 1881 gefolgt So ist
jetzt die Phosphorlatwerge die einzige Form, in
der in Finland das Gift dem gemeinen Manne zu-
gänglich ist F. theUt in seiner Casuistik 12 Fälle
mit, 2 Morde (an Kindern), 7 Selbstmorde (6 Weiber,
1 Mann) und 3 zufällige Vergiftungen. Letztere
betrafen Kinder, die Rattengift aus ünkenntniss
verzehrten. Die mitgetheilten Sektionsprotokolle
bieten nichts Besonderes.
Einen nicht gewöhnlichen Fall von Phosphor-
Vergiftung, verbunden mit doppelter Schussver-
letzung, theilt Leyden (20) mit
Die Er. hatte mit ihrem Geliebten gemeinschaftlichen
Selbstmord beschlossen. Er schoss sie in die Schlfife,
brachte ihr dann eine grosse Menge phosphorhaltiger
Flüssigkeit bei und als auch hierauf der Tod nicht er-
folgte, gab er einen zweiten Sohuss in die Herzgegend ab.
2 Std. später Einlieferung in die Gharite. Erbrechen
phosphorhaltiger Massen. Magenentleerung und Aus-
spülung. Die zuerst entleerten Massen leuchteten. Auf
Brechmittel Erbrechen ohne PhosphorgeruclL Dann OL
Terebinthinae. In Folge der rechtzeitig eingeleiteten Be-
handlung war nur wenig von dem Gifte resorbirt worden
und die Symptome traten in geringem Grade auf.
Es wurde Albuminurie beobachtet, Yergrösserung und
Schmerzhaftigkeit der Leber, vermehrter Ammoniak-
gehalt des Hams; Milchsäure, Leucin, Tyrosin wurden
nicht gefunden.
Auch die Krankengeschichte, die Rei ch el (21)
mittheilt, ist nicht ohne Interesse.
Ein 24jähr. Frauenzimmer trank eine Lösung von
18 Päckchen Streichhölzern in Oel. Die Dc^ betrug
ungefähr 7— 8 g Phosphor und diese grosse Menge konnte
infolge der günstigen Lösungs Verhältnisse ganz resorbirt
werden. Erbrechen trat erst nach 1 Std. ein. Während
am 1. Tage sich die gewöhnhchen Erscheinungen zeigten,
traten am nächsten Morgen folgende aufEallende Sym-
ptome auf: Sehr kleiner und frequenter Fiäs (128),
Arrhythmie, Dyspnoe und stundenlange Anfälle von hef-
tigem SinguUus. Diese Erscheinungen nahmen bis zxim
Tode zu. Ikterus fehlte. Am 3. Tage 1.3«/o Zueker im
Ham^ aber weder Milchsäure, noch Tyrosin, nochGallen-
bestandtheile. Im Sediment rothe und weisse Blutkörper-
chen, verfettete EpitheUen, Fettcylinder, Fetttropfen.
Sektion : Beide NN. vagi durch Blutungen in Scheide
und Substanz von der Schädelbasis bis gegen denLungen-
hilus hin in schwarzrothe Stränge umgewanddt Leoer-
parenohym gelb, stellenweise gelbroth durchschimmernd.
Der Ductus thoracicus im Brusttheil mehrere Centimeter
lang blutig durchtränkt Durch das Extravasat in Um-
aebun^ und Wand war das Lumen verschlossen, unter-
halb dieser Stelle Erweiterung.
Durch den Befund an den NN. vagi werden die auf-
fallenden Erscheinungen wie der Singultus, die Bespi-
rationsbeschieunigung imd wohl auch die Arrhythmie imd
Tachykardie ungezwungen erklärt Auch die Glykosune,
die bisher nur zweimal beobachtet wurde, will R. auf die
Erkrankung der Vagusnerven zu beziehen, indem er auf
die Versuche Gl. Bernard's u. A. hinweist.
Nicht weniger bemerkenswerth als diese Erschei-
nungen ist, dass bei der intensiven Vergiftung kein Ikterus
auftrat, da doch die Leber in einem Stadium starker,
lettiger Degeneration gefanden wurde. Elierfor lässt sich
eine ErUärang in dem Verschluss des Ductus thoradous
finden, da bekanntlich die Galle bei Verstopfung ihrer
natürlichen Durchtrittswege durch die Lymphbahnen der
Leber und den Ductus tiioracicus in das Blut übertritt
Unterbindet man beim Thier ausser dem Gallengang auch
den ^chbrustgang, so gelangen höchstens Spuren von
Galle in das Blut und es tritt kein Ikterus auf.
h) Chronische Phosphorvergiflung,
Das häufige Auftreten der Phosphornekrose
oder, wie sie bei den französischen Zündholz-
arbeitern genannt wird: des „malchimique", hatte
im Jahre 1888 die Pariser medicinische Akademie
veranlasst, von der Regierung das Verbot der Ver-
wendung des weissen Phosphors bei der Zündholz-
fabrikation zu verlangen. Da zur gleichen Zeit
die Zündholzindustrie monopolisirt wurde, wäre es
für die Regierung leicht gewesen, diesem Wunsche
zu entsprechen, wenn nicht die Deputirtenkammer
ein entsprechendes Gesetz abgelehnt hätte. So
blieb Alles, wie es war, und die Erkrankungen der
Arbeiter traten nicht nur ebenso schwer auf, wie
früher, sondern es zeigte sidi, seit die Werkstätten
im staatlichen Betriebe waren, sogar ein beträcht-
liches Anwachsen in der Anzahl der Erkrankungen.
Vor Kurzem hat Magitot (22) von Neuem die
Aufmerksamkeit der Akademie auf diesen Punkt
gerichtet und 24 Erkrankungen mitgetheilt, allein
aus den in der Umgegend von Paris gelegenen
Fabriken. Diese Häufigkeit hängt zusammen mit
dem höchst sorglosen und unhygieinischen Betriebe,
wie er gerade in den genannten Fabriken geübt wird.
Während in den Lehrbüchern der Toxikologie
die chronische Phosphorvergiftung fast ausschliess-
lich als Erkrankung der Kieferknochen angeführt
wird, sieht M. in letzterer nur eine Erscheinung
einer allgemeinen constitutionellen Vergiftung, die
er, analog dem Satumismus, als Phosjphofismus
bezeichnet wissen will. Die Symptome dieser Er-
krankung haben mit denen der akuten Vergiftung
nichts Gemeinsames. Sie zerfallen in solche, die
bei allen Arbeitern zur Beobachtung kommen, und
in solche, die nur bei Einzelnen, in Folge besonderer
Empfänglichkeit, auftreten.
Die ersteren bestehen in einem kachektischen
Zustand, gelblicher Hautfarbe und Phosphorgeruch
der Exspirationsluft, die sogar bisweilen im Dunkeln
leuchtet Der Harn zeigt denselben Geruch und
in seltenen Fällen Phosphorescenz. Ferner treten
deutliche Zeichen von Anämie, besonders beim
weiblichen Geschlecht, auf. Dass der gesammte
Stoffwechsel stark beeinflusst ist, ergiebt sich aus
der genaueren Untersuchung des Hams, der oft
Eiweiss enthält Der Hamstofüstickstofif, im Ver-
hältniss zum Gesammtstickstoff, ist mehr oder
weniger vermindert, was für eine Herabsetzung
der Oxydation spricht Für sehr wesentlich hält
M. das Verhältniss der anorganischen Bestand-
theile des Hams zu der Summe der festen Be-
standtheile überhaupt Während die ersteren im
normalen Harn 30^/o der letzteren ausmachen^
steigt diese Zahl bei den vom Phosphorismus Be*
T. Nearopathologie und Psychiatrie.
27
fallenen auf 48 — 61.5^/o (10 Analysen). Durch
diese gesteigerte Ausscheidung von anorganischen
Bestandtheilen erleidet der Körper eine „Demi-
neralisation", die vor Allem das Knochengewebe
betrifiFL
Zu den Erscheinungen des vorgeschrittenen
Fhosphorismus gehören u. A. Enteritis chronica,
Nephritis und Cystitis, Bronchitis, Enochenbrüchig-
keit (daher die häufigen Frakturen mit langsamer
Heilung), Neigung zu Muskelzerreissungen und die
Fbosphomekrose der Kiefer, um dieses letzt-
genannte Symptom hervorzurufen, genügt der
Phosphorismus allein nicht, sondern es bedarf einer
vorhergehenden Lfision der Alveolen, um eine Ein-
gangspforte für das Qift zu schaffen. Diese Lftsion
lunn traumatischen Ursprungs sein, sie kann aber
auch durch chirurgische Eingriffe hervorgebracht
werden, wie Zahnextraktion, Oefteung eines Ab-
fioesaes.
Der Phosphorismus ist von grosser Hartnäckig-
keit Er bleibt auch nach Entfernung des Kranken
ans der Fabrik noch lange Zeit bestehen. So kann
man besonders den charakteristischen Qeruch des
Athems lange nachher wahrnehmen. Dement-
sprechend kann auch die Dauer der Behandlung
nicht begrenzt werden. Eine Besserung wird
wesentlich durch die Harnanalyse und die Be-
stimmung des „Demineralisationscoefficienten^* fest-
zustellen sein.
Die Therapie hat die Aufgabe, den im Körper
angesammelten Phosphor zu entfernen. M. ver-
ordnet Milch, gute Landluft, körperliche Bewegimg
und kleine Oaben von OL Terebinthinae. Eine
chirurgische Behandlung etwa bestehender Kiefer-
nekrose hält er für ganz unzweokmftssig, so lange
der Phosphorismus noch nicht geheUt ist, weil
stets Bückfftlle erfolgen.
Als Badikalmittel zur Bekämpfung der chro-
nischen Phosphorvergiftung wird von Neuem das
Verbot der Verwendung des weissen Phosphors in
den Zündholzüabriken gefordert
' Die Wirkung lange fortgesetzter Darreichung
von kleinen Phosphorgaben auf Thiere, ist schon
öfter (Ackermann, Wegner, Aufrecht)
Gegenstand der Untersuchung gewesen. Aus der
neuesten Bearbeitung dieses Thema von D'Amore
und Falcone (23) sei Folgendes erwähnt Das
Verhalten des Blutes während der Vergiftung zeigt,
dass der Phosphor in sehr kleinen Dosen eine
günstige Wirkung auf den Hämoglobingehalt und
die Zahl der rothen Blutkörperchen hat. Grössere
Phosphorgaben (4 — 40 mgr) setzen dagegen den
Hämoglobingehalt und die Menge der rothen Blut-
körperchen herab. Weniger wichtig sind die Ver-
änderungen im Stoffwechsel : Harnstoff- und Phos-
phorsäureausscheidung werden vermindert Letz-
teres ist auffällig bei der stetig sich steigernden
Phosphorzufuhr. Die Vff. vermuthen, dass diei
Ozydationskraft des Körpers vermindert sei, und
stützen diese Vermuthung durch den Nachweis
des unveränderten Phosphors in Harn und Organen.
Die nach dem Tode des schliesslich sehr abge-
magerten Thieres in den Organen gefundenen
pathologischen Veränderungen waren am meisten
in Leber und Nieren ausgeprägt und bestanden in
letzteren in einer rapiden Auflösung des stark
nekrotisirten Epithels, besonders der gewundenen
Hamkanälchen , während das Bindegewebe nur
eine leichte Hyperplasie zeigte. Auch in der Leber
waren Wucherungen des Bindegewebes, wie sie
von Andern gefunden wurden, nur sehr wenig aus-
geprägt. Die Leberzellen boten dasselbe Bild der
Nekrose, und zwar am deutlichsten an der Peri-
pherie der Acini. Auf der Darmschleimhaut waren
ausgesprochene Desquamation und Nekrose des
Epithels zu beobachten. (Fortsetzung folgt)
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
58. A oontribation tothesabjeotoftamom
of the spüud oord, wlth remarks npon their
diagnoais and their surgioal treatment, with
i report of oiz oaaes, in three of which the
tomor was removed; by Allen Starr. (Amer.
Journ. of med. Sa CIX. p. 613. June 1895.)
St erGfi&iet seine Arbeit mit einer statistischen
Debersicht über 123 Fälle Ton Bückenmarkstumor
ohne operative Behandlung, die er aus der Literatur
nisammengestellt hat Er findet, dass in 100 von
diesen heutzutage die Diagnose würde gestellt
Verden können, in 54 sogar mit solcher Bestimmt-
Ittit, dass man die operative Inangriffnahme des
lomor würde vorschlagen können. Mit Bücksicht
uf den pathologisch-anatomischen Befund wäre
in 75 von den 100 Fällen eine operative Entfer-
nong des Tumor möglich gewesen. Damit sei
vöhl die praktische Wichtigkeit dieser Dinge er-
vieeen.
In 22 Fällen ist bis zur Zeit der Veröffent-
lichung der Arbeit St's die Operation gemacht
worden. Zweimal wurde der richtig diagnosticirte
Tumor nicht gefunden, einmal (Bansom und
Anderson), weil zu tief operirt war, einmal,
[Ref.] weil der Tumor ein flaches Sarkom der
Häute war, das bei der Trepanation nicht zu
sehen war. In einem Falle war es unmöglich, den
Tumor zu exstirpiren. In 11 Fällen (50%) star-
ben die Fat an der Operation, in 5 Fällen über-
lebten sie diese, fanden aber keine oder nur ganz
geringfügige Besserung, in 6 Fällen wurde die
Lähmung ganz gehoben oder sehr wesentlich ge-
bessert. St. hält diese Resultate noch für schlecht
und glaubt, dass eine frühzeitige Diagnose die
Prognose würde bessern können. Noch vor 10 J.
hatten Mills und Lloyd erklärt, dass diese
Operation noch weniger Aussicht auf Erfolg böte,
f^s die eines Bimtumor. Dass das nicht der FaU
88
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
sei, will St. zeigen: Bei frühzeitiger Diagnose
müsse die Statistik sehr viel besser werden, da die
meisten Büokenmarkstumoren ohne Lftsion des
Markes selbst entfernt werden könnten und die
Operation an sich nicht allzugefilhrlich[? Ref. 50^/o
Todesfälle] sei. TJebrigens hat Erb diese Ansicht
schon im Jahre 1876 vertreten. Es folgt dann
die Mittheilung der eigenen Beobachtungen S t's.
I. Carcinom des Halamarkes bei Carcinom des Pan-
kreas. BegiD& mit Schmerzen in der rechten Schalter,
dann im Nacken und schliesslich in der Unken Schalter.
Schwäche and Atrophie in den den Kopf bewegenden
Muskeln, in den Muskeln der Schultern und des Ober-
annes beiderseits, sehr geringe in Unterarm- und Hand-
muskulatur. Entartongsreaktion in den atrophischen
Muskeln. Anästhesie der Aussenseite des Oberarmes,
Unterarmes und der 27i ersten Finger (Daumen, Zeige-
finger, Mittelfinger an der Badialseite). Pupillen ohne
Störung. Schwäche der Beine mit erhöhten Reflexen.
Keine Anästhesie an den Beinen. Keine Blasen- oder
Mastdarmlähmung. Tod an Lebercarcinom. Die Dia-
gnose ist wohl sicher, obgleich eine anatomische Unter-
suchung des Rückenmarkes nicht stattfand.
n. Gummi des unteren Halsmarkes. Heilung unter
Behandlung. Schmerzen in der Gegend des linken Schul-
terblattes. Parese und Atrophie in sänuntUchen Muskeln
des linken Armes, ganz besonders in denen der linken
Hand, hier auch Entartungsreaktion, sonst nur herab-
gesetzte Erregbarkeit. Anästhesie der Innenseite des lin-
ken Armes. Verengerung der linken Lidspalte, schlech-
tere Pupillenreaktion hier. Erhöhter Patellareflex links.
Die Betheiligung des sympathischen Nervenantheiles
des Auges beweist, dass die Krankheitsursache innerhalb
der Wirbelsäule la^. Da Syphilis vorgelegen hatte, wurde
eine Schmierkur emgeleitet, die einen sehr guten Erfolg
hatte.
m. Sarkom des Brustmarkes. Operative Entfer-
nung. Tod. (Diagnose: Dr. Henry Hun. Operation:
Dr. Mc Cosh.) Beginn mit heftigen brennenden und
reissenden Schmerzen im Epigastrium, besonders auf der
rechten Seite. Allmählich Schwäche der Beine, spastischer
Gang, erhöhte Reflexe. Anästhesie unterhalb des Gebietes
der 7. Dorsalwurzel. Zunahme aller Erscheinungen im
Laufe eines Jahres, besonders starke Reflexerregbarkeit,
starres Ausstrecken der Beine bei dem leisesten Haut-
reize. DeuÜiche Hyperästhesie oberhalb der Anästhesie-
zone.
Operative Entfernung des 3. bis 6. Dorsalwirbel-
bogens. Unter dem 5. Bogen ein extradurales Sarkom
von 1 Vi Zoll Länge, grösstentheils auf der Hinterseite
des Markes, aber doch dasselbe auch vom fast ganz um-
gebend. Entfernung mit dem scharfen Löffel. Tod 17 Tage
später an Erschöpfung. Der Tumor war vollständig ent-
fernt Der Blutverlust bei der Operation war sehr stark
gewesen.
IV. Tumor, der im Lendenmarke seinen primären
Sitz hatte und später die Sacralregion und die Cauda
equina beschädigte. Autopsie. Zunächst Schmerzen in
der oberen Lumbar- und der unteren Dorsalregion [ob
beiderseits? Ref.], dann allmählich Gefühlstörung im lin-
ken, darauf Lähmung im rechten Beine ; wieder 1 Monat
später Paraplegie, also deutliche Brown-Sequard'-
sche Symptome. Keine deutliche Entartungsreaktion der
Beinmuskeln. Anästhesie der Beine mit Ausnahme des
Gebietes der Sacralwurzeln, so dass die bekannte sattel-
förmige Zone an der Hinterseite der Oberschenkel fühlend
blieb. Blasen- und Mastdarm Störung. Tod nach 2 Jahren.
Die Diagnose wurde durch die Autopsie bestätigt In-
teressant ist hier, wie im folgenden Falle, die YerSieilung
der Anästhesie : das Sacralgebiet fehlt, das Lumbaigebiet
nicht. Das ist gerade umgekehrt, wie in den meisten
Fällen von Läsionen der Cauda equina und ist wohl inmier
ein Beweis für den Sitz der Läsion am Lendenmarke.
[Aehnliches hat auch Bef. in ein^m Falle von Lenden-
marksarkom gesehen.]
y. Dpome des Lendenmarkes. Operation. Entfer-
nung. Caries der Brustwirbelsäule. Tod. Li der Ana-
mnese Lipom des rechten Kniegelenkes. Schmerzen am
Abdomen rechts und an der Vorderseite des reohten
Beines, besonders des Oberschenkels. EUufige Spasmen
schmerzhafter Art im rechten Deopsoas. Anästhesie wie
im vorigen Falle in beiden Lumbaigebieten nach oben bis
in's 2. Lumbaigebiet, bei Freibleiben des Saoralgelnetes;
übrigens Anästhesie nur rechts vollständig. Parese und
Atrophie, besonders in den Quadrioepsgebieten. Ueber
die i^iereflexe ist nichts gesagt Blasen- und Mastdarm-
störungen. Diagnose: Tumor der Lendenansohweilung,
nicht der Cauda equina. Der obere Rand des Tumor
(Lipom) wurde unter dem Bogen des 10. Dorsalwirbel-
bogens gefunden, er reichte also bis in das Gebiet der
untersten Dorsalworzeln , entsprechend den Angaben
Sherrington's (s. u.); nicht nur bis in die Höhe des
2. Lumbaigebietes. Mit einer Sonde fand man nach unten
noch einen 2. Tumor, der auch entfernt wurde. Recht
geringe Besserung. Der Seh merz sass später etwas höher,
in der Höhe des Nabels, die Anästhesiegrenze blieb die-
selbe. Neue Operation weiter oben. Kein Befund. Wäh-
rend der Operation wird ein cariöser Abscess in der Hohe
des Angulus scapulae links entdeckt EnÜeerung des
Abscess. Besserung eines Theiles der Symptome, beson-
ders der Anästhesie. Tod bal4 darauf.
YI. Tuberkel am Rückenmarke. Entfernung durch
Dr. Mc Burney. Besserung, dann Wiederkehr der
Symptome. Tuberkulose in der Familie. Völlige Läh-
mung der Beine. Anästhesie links bis in die Höhe des 3.,
rechts des 2. Lumbaisegmentes. Blasen- und Mastdarm-
störung. Starke Erhöhung der Reflexe, häufig schmerz-
hafte Spasmen. Difformität des 9., 10. und 11. Dorsal-
wirbek, Schmerzen hier. Die Diagnose war auf Tuber-
kulose der Wirbelsäule gestellt, es fand sich aber ein
umschriebener extramediülärer Solitärtuberkel, der leicht
entfernt werden konnte. Allgemeine Besserung durch
3 Wochen. Dann wieder Verschlechterung. Eine zweite
Operation deckte ausgebreitete tuberkulöse Infiltration
der Häute auf. Der Fat starb bald darauf.
In allen FäUen St's wurde stets der obere
Rand des Tumor in der Hohe deijenigen Wurzel
gesucht, die hauptsächlich das höchste anfisthe-
tische Haut^biet versorgte. Auf die Lehre 8 h e r -
r i n g 1 0 n 's , vou der weitgehenden Verflechtung
der einzelnen Wurzeln untereinander, die uns ge-
zeigt hat, dass eine volle An&sthesie im Haupt-
gebiete einer bestimmten Wurzel erst eintritt,
wenn auch die nAchst obere Wurzel mit zerstört
ist, wurde bewnsst wenigstens keine Rücksicht
genommen. Dennoch wurde, früheren Erfahmngen
entsprechend, immer recht hoch trepanirt Die
Bichtigkeit der Angaben Sherrington's be-
weist übrigens besonders der Fall 5. Obere An-
Asthesiegrenze am oberen Ende des 2. Lumbai-
gebietes, Tumor an der 1. Lumbal- und auch noch
letzten Dorsalwurzel.
Es folgen einige allgemeine Bemerkungen über
die Diagnose und Behandlung der Bückenmarks-
tumoren. Zunächst wird die symptomatische Wich-
tigkeit des Schmerzes hervorgehoben. Der Schmerz
ist von heftiger Art, reissend, häufig wird er als
brennend beachrieb^i. Er ist zunächst einseitig,
aber nach S t meist nur sehr kurze Zeit, mit dem.
ersten Einsetzen von paraplogischen Symptomen
pflegt auch doppelseitiger Schmerz vorhanden zu.
Y. Neuropathologia und Psychiatrie.
29
leiD, da ein extrameduDflier, auf einer Seite ge-
waoheener Tnmor, wenn er erst im Stande ist das
Msrk XU oomprimiren, meist auch schon den Ner-
ren der anderen Seite za reizen im Stande ist
Der Schmerz ist anch ein wichtiges Moment für
die Segmentdiagnose des Tumor, da er meist am
oberen Ende des Tumor ausgelost wird und durch
Bdnen Sitz also anzeigt, wie weit der Tumor nach
oben geht Spontaner lokaler Schmerz der Wirbel-
Bftole an der Stelle des Tumor, ist nach S t selten ;
Uofiger schon bei Perkussion der Wirbelsäule;
nach den Erfahrungen des Ref. ist besonders h&uflg
ein lokaler Schmerz beim Husten oder Niessen.
FQr sehr wichtig zur Unterscheidung des Tumor-
schmerzes von dem bei einfacher Neuralgie oder
bei Neuritis hält S t, dass im ersteren Falle nie-
mals Schmerzhaftigkeit bei Druck entlang der peri-
pherischen Nerven bestehen soll. Das ist im All-
gemeinen richtig. Doch kOnnen die schmerzhaften
Druckpunkte auch bei Neuritis fehlen, und fehlen
ebenso bei cerebral bedingten und hysterischen
Schmerzen.
Weniger Gewicht scheint St auf die am oberen
Bande der Anfistheeiezone manchmal wahmehm«
bare hyperAsthetische Zone zu legen, die, wenn
sie vorhanden ist, dem Ref. doch fDr die Lokal-
diagnose von grosser Wichtigkeit zu sein scheint
Die paraplegischen Symptome schliessen sich
den Schmerzen an, sie folgen auf sie, ohne dass
dann aber die Schmerzen aufhOren. Meist ist die
Beihenfolge: Erhöhung der Reflexe, Lähmung,
Anästhesie; beide letztere von unten nach oben
aufsteigend. Selten, aber sicher beobachtet sind
Brown-Sequard 'sehe Symptome, selbst noch
bei Tumoren am Lendenmarke. Nicht erwähnt
wird Ton St, dass schliesslich, wenn die Para-
plegie total ist, die spastische Lähmung auch bei
hochsitzendem Tumor in eine schlaffe mit Verlust
der Reflexe übergeht, ein Umstand, den schon
Erb 1876 hervorhob. Wichtig und bei Tumoren
besonders häufig sind schmerzhafte Crampi in den
Muskeln, die namentlich oft das Bein in der Hüfte
beugen, manchmid auch sich auf weite Muskel-
gebiete ausdehnen ; später sind sie auch schmerz-
los, kommen noch in schon ganz gelähmten Bei-
nen vor. Trophische Störungen, besonders Decu-
bitus, sollen nach St bei Tumor seltener sein, als
L B. bei MyeUtis [? Ref.].
Auf das Yerhältniss der einzelnen Wurzeln zu
bestimmten Hautpartien einerseits, zu den Wirbel-
domen und -Körpern andererseits, auf die indivi-
dnellen Verschiedenheiten in diesen Dingen kann
bier nur hingewiesen werden. St. bringt in dieser
Beziehung ein Schema, nimmt aber auf die Arbeiten
8herrington's noch keine Rücksicht Auch
l« extramedullären Tumoren findet sich nicht
selten partielle Anästhesie wie bei Syringomyelie.
Für die differentielle Diagnose käme ausser
Tomoren der Wirbelsäule und Caries derselben
kanpMk^hlicfa die Myelitis in Betracht Die akute
kann ihrem ganzen Verlaufe nach, der ein viel zu
rapider ist, nicht mit Tumor verwechselt werden,
die chronische ist eine sehr seltene Krankheit und
viele als solche beschriebene Fälle sind nach S t,
dem Ref. nur beipflichten kann, Tumoren gewesen
(ein anderer Theil nach Oppenheim multiple
Sklerose).
Nach St sollen sich die meisten Tumoren am
Dorsal marke entwickeln, was nicht verwunderlich
wäre, da dieses bei Weitem das längste Stück des
Markes ist, Horsley behauptet aber eine grössere
Frequenz an der Hals- und Lendenanschwellung.
Zu wenig wird nach Ansicht des Ref. die Wich«-
tigkeit der genauen Kenntniss der Aufeinander-
folge der Symptome von St. hervorgehoben, diese
ist besonders auch für die Segmentdiagnose wich-
tig. Auch erwähnt St nicht, wie viel sicherer die
Diagnose wird, wenn man sonst am Kürper des
Pat Tumoren findet Die Prognose wird dann
freilich schlechter.
Für die Operation kommen eigentlich nur die
extramedullären Tumoren in Betracht Sie sind
auch die häufigsten. Sicher zu unterscheiden sind
sie von den intramedullären nidit, die Operation
eines Rückenmarkstumor muss deshalb immer mit
beiden Möglichkeiten rechnen. Nach St. ist es
ein ungünstiges Verhältniss , dass so viele intra-
vertebrale Tumoren maligne sind (meist Sarkome),
aber nach Ansicht des Ref. neigen diese ebenso
wie die Himsarkome nicht so sehr zu Metastasen.
Uebrigens kann man auch metastatische Rücken-
marksarkome mit Glück operiren, wie Kümmel
neuerdings gezeigt hat
Noch einmal räth S t dazu, möglichst früh zu
operiren. Ref, kann nur sagen früh, aber nicht zu
früh. Erst muss die Diagnose audi die des Seg-
mentes doch wenigstens einigermaassen sicher sein
und das ist sie fast nie im Stadium der Wurzel-
symptome, sondern erst im paraplegischen, und
sogar meist erst dann, wenn die Paraplegie eine
totale ist Operirt man früher, so kann man Qlück
haben und schöne Erfolge erzielen, aber man darf
sich dieselben dann nicht als Verdienst anrechnen.
Zum Schlüsse kommen einige chirurgische
Bemerkungen, auf die hier nur hingewiesen wer-
den soll.
Die Arbeit ist jedenfalls ein sehr wichtiger Bei-
trag zu der heute im Vordergrund des Interesses
stehenden Rückenmarkschirurgie.
K Bruns (Hannover).
59. Gontribution a l'etade de l'atrophie
muaoalaire progressive; typeDnohenne-Aran;
par J. B. Charcot (Arch. deM6d. exp6rim. L 4.
p. 441. 1895.)
» Die Existenz der spinalen progressiven Muskel-
atrophie als Krankheit sui generis (entit6 morbide)
war in den letzten Jahren sehr zweifelhaft ge-
worden. Selbst Charcot der Vater hatte eine
Zeit lang daran gezweifelt, als die multiple Neu-
80
y. Neuropathologie und Psyofaiatrie.
ritis Yon der einen und die Syringomyelie von
der anderen Seite den Beeitzstend des Typus
Duchenne- Aran znsehr Bchmftlerten. Oowers
und Marie wollten sie ganz gestrichen wissen,
Marie besonders mit der Begründung, dass es
keinen Fall der Art gegeben habe, ohne Betheiligung
der SeitensträDge an der Erkrankung, dass also
spinale progressive Muskelatrophie und amyo-
trophische Lateralsklerose zusammenfielen. J. B.
Charcot will in vorliegender Arbeit beweisen,
dass dennoch das Erankheitsbild des Typus
Duchenne- Aran, wie es Charcot der Vater
entworfen hat, noch zu Recht besteht Er bringt
zuerst die klinische und pathologisch-anatomische
Untersuchung in einem Falle dieser Krankheit, der
klinisch jedenfalls ein ganz reines Bild darstellt
Namentlich fehlen vollstftndig alle Anzeichen von
Erkrankung der Pyramidenbahnen, Entartungs-
reaktion war deutlich nur an wenigen Stellen nach-
weisbar ; der Verlauf erstreckte sich über mehrere
Jahre. Der zweite Fall liegt klinisch etwas anders.
Der Verlauf war rascher. Der Atrophie ging deut-
liche Parese, aber keine Paralyse vorher. Die
elektrischen Alterationen waren deutlicher. Man
würde diesen Fall am ersten zur subakuten Polio«
myelitis anterior stellen, Vf. will das aber deshalb
nicht, weil nur eine Parese der Atrophie voraus-»
ging, nicht eine volle Lfthmung. Er glaubt, dass
es subakut verlaufende Fälle von spinaler progres-
piver Muskelatrophie gebe , und mOchte den Fall
hierher rechnen. [Für den Bef. geht aus diesem
Fall nur noch mehr hervor, dass die üebergftnge
zwischen der sogenannten spinalen progressiven
Muskelatrophie und der subakuten und chronischen
Poliomyelitis (vielleicht auch der amyotrophischen
Lateralsklerose) ganz fliessende sind.]
In beiden Fällen fand man neben der Degene-
ration der Vorderhomganglienzellen eine Atrophie
im ganzen Gebiete der Grenzschicht der grauen
Substanz (Grundbündel der Vorder- und derSeiten-
stränge). Scheinbar würde danach Marie also
wieder Recht haben, wenn er die spinale progres-
sive Muskelatrophie und ihre anatomische Begrün-
dung durch eine reine Poliomyelitis anterior chro-
nica als eine entit^ morbide leugnet, aber nach Vf.
nur scheinbar. Denn die degenerirten Theile in
den Seitensträngen hängen direkt von der Zer-
störung der Ganglienzellen der VorderhOmer ab.
Sie enthalten eben Fasern von sogenannten Strang-
zellen der Seitenstränge. Diese müssen also auch
bei der einfachen spinalen Muskelatrophie mit
clegenerirt sein, wenn diese irgendwie ausgeprägt
ist Ihre Degeneration ist also nicht im Wider-
spruche mit, sondern stärkt die Diagnose dieser
Erkrankung. [Dem Ref. scheint übrigens auf
den Abbildungen auch die Gegend der eigentlichen
Pyramidenseitenstränge nicht ganz normal zu sein,
auch diese Gegend enthält wohl Strangzellenfasern
neben Pyramidenfasem, ebenso wie sie auch Fasern
der EleiAhimseitenstrangbahn enthält] Dass die
GoU'schen Stränge ebenfalls sehr hell sind, er-
wähnt Vf., aber er hält das für nicht pathologisch,
während z. B. Marie das für das gleiche Vor-
kommen bei amyotrophischer Lateralsklerose thut
Marie ist ausserdem der Ansicht, dass auch in
manchen Fällen, die sich klinisch als amyotro-
phische Lateralsklerose darstellen und in denen
die Seitenstrangdegeneration nur bis an die Pyra-
midenkreuzung geht, diese letztere wesentlich von
der Erkrankung der Strangzellen der VorderhOmer
abhängt In diesem Falle wäre dann also anato-
misch wieder kein unterschied zwischen der spi-
nalen progressiven Muskelatrophie und der amyo-
trophischen Lateralsklerose.
Wie dem auch sei, Charcot jun. ist jedenfalls
der Ansicht, dass die spinale progressive Muskel-
atrophie als klinische und pathologische entit6
morbide bestehe. Autopsien seien bei dem chro-
nischen Verlaufe der Krankheit sehr selten, aber
klinisch sei die Krankheit ziemlich häufig. Irgend
welche Kenntnisse über die Aetiologie dieser Er-
krankung hätten auch die neueren Erfahrungen
nicht gebracht (Die Monographie: J. B. Char-
cot, Contribution ä l'ötude de l'atrophie moacu-
laire progressive. Type Duchenne-Aran. Publioa-
tion du Progrds medicaL Paris 1895. Felix Alcan.
159 pp. enthält eine weitere, mehr monographische
Ausführung der vorstehenden Arbeit)
L. Bruns (Hannover).
60. Contribution i Petade de ramyotrophie
Charoot-Marie ; par G. Marinesco. (Arch. de
M6d. expörim. VI 6. p. 921. Nov. 1. 1894.)
M. bringt eine genaue anatomische Unter-
suchung von neuraler Muskelatrophie (Hoff-
mann); die Beobachtung ist klinisch schon in der
ersten Arbeit von Charcot und Marie mit-
getheilt Auch die Krankengeschichte wird wieder-
holt Es handelt sich um einen typischen Fall:
Beginn an den Füssen und Unterschenkeln, später
Betheiligung der HSnde. An den Unterschenkeln
bestand sehr deutliche Anästhesie. Anatomisch
fand M. Sklerose der Hinterstränge, der Hinter-
h5mer und der hinteren Wurzeln, der Vorder-
hörner mit Ganglienzellenzerstörung nur im Hals-
marke, der peripherischen Nerven ohne sehr deut-
liche Hypertrophie des interstitiellen Gewebes (die
Endigungen der Nerven waren am meisten er-
krankt, die vorderen Wurzeln ganz gesund) und
schliesslich der Muskeln (einfache Atrophie ohne
wesentliche Fettbildung, keine Hypertrophie). M.
weist nach, dass dervonGombault undMallet
beschriebene Fall von Tabes infantilis, sowie
D e j e r i n e's Növrite interstitielle hy pertrophique
auch hierher gehören. Im ersteren Falle sei das
MuskelgeHlhl stark mit gestört gewesen, im zweiten
sei ausserdem die Hypertrophie der Nerven sehr
stark. Beides seien aber keine wesenüiohen unter-
schiede.
M. möobtQ die Krankheit kurz als ,,8ol^89
T. Keuropaikologie und Psydiiatrie.
Sl
posttrieore amyotrophiqae avec ddg^n^resoenoe et
n^Yiite intentitielle des nerfs p^riph^riques" be-
zdchnen. Bs sei eine A£Eektion der primfiren, sen-
giblen und motorischen Neuronen. Die Hinter-
strangerkrankung entspricht ganz der tabischen.
Die Erkrankung der peripherischen Nerven hinge
sowohl von ihrer primdren Erkrankung, als von
der Erkrankung ihrer Ganglienzellen ab, die M.
venigstens für die motorischen Zellen des Hals-
markes erwiesen hat Diese Erkrankung der Zellen
sei das Wesentliche, aus ihr erkläre sich auch die
Progressivitftt des Leidens, während bei periphe-
ligchen Neuritiden oft Heilung eintrete.
L. Bruns (Hannover).
61. Zur Gasniatlk der progreasiyen nenri-
tisdien MoBkelatrophie ; von S. Sacki. (Berl.
JÜin. Wchnschr. XXX. 30. 1893.)
Beschreibung eines typischen Falles dieser Krank-
heit Differentialdiagnostisch sind besonders schwer ge-
wisse chronische Neuritiden abzugrenzen. Ausser dem
bmiliären Vorkommen, das hier nicht nachzuweisen ist,
kirnen Mangel sonstiger Aetiologie und langsames, aber
bestfindiges Fortschreiten für die neurale Atrophie in Be-
tracht L. B r u n s (EannoYer).
62. Die pathologiaohe Anatomie der pro-
greaatren Muskelatrophie ; von Dr. A. C r a m e r.
Zusammenfassendes Referat (Centr.-Bl. f. allg^m.
Pathol. n. pathoL Anat VI. p. 352. 1895.)
Cr. fasst die F&lle eigentlicher Dystrophie, spi-
naler, peripherisch neuraler und cerebraler Atrophie
zusammen. Auf die Weise ist das Material natflr-
lich etwas bunt Es ist aber mit grOsster Oe-
irissenhaftigkeit gesammelt und die Besultate, zu
denen Cr. kommt, entsprechen ganz denen der
Hauptautoren auf diesem Gebiete, wie E r b , Hi t zig ,
Strümpell, Charoot, Raymond u. A. Die
meisten Fälle sogenannter Dystrophie zeigen keinen
pathologischen Befund am Nervensystem: doch
können sich in einzelnen Fällen audi auf Orund
spinaler Läsionen den Dystrophien gleichende
Krankheitsbilder entwickeln. Der Muskelbefund
ist im Wesentlichen der gleiche bei primären und
nerrösen Muskelatrophien. Auch finden sich üeber-
ginge zwischen beiden Formen (neurale Atrophien).
Die cerebralen hängen direkt ohne Vermittelung
der Yorderhomzellen von Erkrankungen des Ge-
Ums ab, meist handelt es sich um eine Erkran-
Irang der Centralwindungen. In den Fällen cere^
braler Muskelatrophie, die Ref. gesehen hat, war
immer das QefOhl deutlich mit gestört (hintere
Ce&tralwindung? hinterer Theil der innem Kapsel?).
L. B r u n s (Hannover).
63. Dystrophie musoiilaire progreasiye;
pv les Drs. De Bück et Yanderlinden.
(Belgique m6d. IL 28. p. 33. 1895.)
Mittheflnng -der Besnltate einer histologischen Unter-
siidumg zweier ezcidirter Mnskelstücke in einem Falle
v« ü^trophia muacnlaris. Der Beftmd bietet nichts
^9m, L. B r n n s (Hannover).
64. Sopra nna forma anomala di atrofln
moaoolare progressiTa; pel Dott. Giuseppe
Montesano. (Rif. med. XI. 103. 1896.)
Der FallM.'8 zeichnet sich ans doroh familiales Vor-
kommen , Beginn an den Wurzeln der Glieder, allmäh-
liches Fortschreiten auf die Enden, Freibleibender Buchen"
muakeln, Fehlen der fibriUären 2hiekungen^ Vorhanden-
sein ausgeprägter Entartungsreaktion. Auch das Gesicht
und die Zunge waren betheihgt Einen ganz ähnlichen Fall
hat Hertz (Jahrbb. CGXLVI. p. 28) beschrieben. Die
spinale, bez. bnlbäre Natur des Falles ist wohl klar. Am
meisten ähneln die Fälle der spinalen familialen Muskel-
atrophie von Werdnig und Ho ff mann, doch waren
hier wieder die Rumpfmuskeln sehr erheblich betheiligt
und die fibrillär-fascikulären Zuckungen sehr lebhaft
L. Brnns (Hannover).
65. Zar Kenntnisa des MbnlbftrenSympto-
menoomplexoB** CTypiia Etb • Gtoldflam) ; von
Dr. F. Pineles. (Wiener Jahrb. f. Psych. XIIL
2 u. 3. 1895.)
Mittheilung von 4 Fällen des bulb&ren Sym-
ptomenoomplexes „ohne^* anatomischen Befund.
2 Er. starben rasch an Asphyxie, 2 wurden besser.
Der Symptomencomplex dieser F&lle ist ganz der
der bisher beschriebenen : Paresen in den bulbären
motorischen Nerven, besonders auch an den Augen-
muskeln, den Schlund- und Artikulationsmuskeln,
und in den Gliedern. Die letzteren können auch
den ersteren vorangehen. Sehr charakteristisch
ist auch hier die von Ooldflam zuerst genauer
beschriebene Ermüdbarkeit der Muskeln, die in
der That kaum so bei einem anderen Leiden vor-
kommt Häufig sind Remissionen und der ganze
Verlauf ist so wechselnd, dass, da auch deutliche
elektrische und trophische Störungen fehlen, oft im
Anfang die Diagnose Hysterie gestellt wird. Auch
der rasche Tod ist charakteristisch, in eineih Falle
des Bef., den auch Oppenheim in seinem Leluv
buche erwähnt, trat die Asphyxie nach Anwendung
der Schlundsonde ein. I^vor ist also zu warnen,
ebenso wie vor zu heftigen elektrischen Reizen.
In einem Falle von P. trat die Krankheit nach
Typhus, in einem anderen nach Influenza auf.
Vielleicht hängt sie auch mit diesen Krankheiten
zusammen. Uebrigens hat Meyer neuerdings in
einem solchen Falle an Marchi-Präparaten Degene-
ration der intramedullären Bückenmarkswurzeln
gefunden. Die Bezeichnung „ohne anatomischen
Befund^' ist danach nicht mehr richtig.
L. Bruns (Hannover).
66. Una epidemia di paralyai spinale in-
fantile; pel Dott PieraccinL (Sperimentale
XUX. 27. p. 521. 1895.)
Mittheilung von 7 Fällen typischer spinaler
Kinderlähmung, die in einer kleinen Gemeinde in
der Nähe von Florenz, 6 davon im Verlauf von
14 Tagen, einer 1 Monat später, eintraten.
L. B r u n s (Hannover).
67. Ueber den Binfloia interoorrenter
Krankheiten und physiologischer Frooeaae auf
die Bpilepsie; von Dr. E. Beckhaus. (Ann.
32
Y. Neuroptthologie und Psychiatrie.
d. siftdi allgem. ErankenhAuaer zu MQnchen.
Manchen 1894. p. 187.)
B. hat aus der Literatur eine grosse Anzahl
von Fällen gesammelt, die den Einfluss von allerlei
Krankheiten und physiologischen Zuständen auf
die Epilepsie illustriren sollen. Sie stammen zum
grossen Theil aus einer Zeit, in der man Epilepsie
und Hystero-Epilepsie noch nicht genügend zu
unterscheiden vermochte, und ihre Autoren kommen
daher zu allerhand wunderbaren Beobachtungen
und Schlüssen. Im Grossen und Qanzen erkennt
B. diese an. So kommt er zu dem Schlüsse, dass
traumatische Einwii^ungen und Operationen (die
nicht wegen der Epilepsie unternommen werden)
die Epilepsie sehr günstig beeinflussen, ja heilen
können, ebenso intermittirende Hautkrankheiten
und wenigstens temporär auch Blutungen. Am
eingehendsten behandelt er den Einfluss von aku-
ten Infektionskrankheiten und findet, dass während
derselben die epileptischen Erscheinungen meist
ganz cessiren, um in der Beoonvalesoenz oder
später erst in früherer Weise wieder zu beginnen.
Er fügt auch eine eigene Beobachtung bei, in der
während eines Typhus abdominalis die Anfälle
ganz ausblieben, und zwar noch 3 Wochen lang
nach Abfall des Fiebers.
Die Erklärung dieser Thatsachen findet B. in
der „modificirenden Wirkung*' psychischer Ein-
flüsse, in der mit den intercurrenten Krankheiten
u. s. w. verknüpften psychischen Alteration, und
zwar in Analogie zu Fällen, in denen erwiesener-
maassen durch Furcht oder Drohung eine Heilung
der Epilepsie zu Stande gebracht worden sei [I].
Entgangen ist B. vollständig, dass das wirklich
die Epilepsie lindernde Moment in der durch die
intercurrenten Krankheiten bedingten Bettruhe zu
suchen ist. A. B o e 1 1 i g e r (Hamburg).
68. Ueber die Bedeutnng der oortikalen
Epilepsie für die topisohe Diagnostik der Ge-
himkrankheiten ; von Prof. K. D e h i o. (Petersb.
med, Wchnschr. XIX. 36. 1894.)
Ein 29jähr. Phthisiker erkrankte 5 Monate vor sei-
nem Tode an Jackson'scher Epilepsie. Die Krampfanfälle
beti'afen entweder nur das linke Bein, oder begannen
darin, breiteten sich mehr oder weniger auf den übrigen
Körper aus und waren hin und wieder mit Bewusst-
seinsverlust verbunden. Es folgten ihnen gewöhnlich
Lähmung und Hypästhesie des linken Beines, die bald
wieder vollkommen schwanden ; nur kurz vor dem Tode
blieb die Parese bestehen. Als Ursache dieser Anfiüle
fand man bei der Sektion einen etwas über wallnuss-
grossen soUtären Tuberkel, der das hintere Ende der
ersten (obersten) rechten Stimwindung einnahm, und in
seiner Umgebung, namentlich am oberen Ende der rech-
ten vorderen Centralwindung , umschriebene meningi-
tische Processe.
Besonders auf letztere führt D. die Krämpfe
zurück und er betont, dass die eigentlichen moto-
rischen Rindenoentra intakt waren und dass daher
auch ausgesprochene Lähmungserscheinungen intra
vitam fehlten. Nach seiner Ansicht sind cortikale
Krämpfe zur tppischen Diagnostik der Gehirn-
läsionen nur mit Vorsicht zu verwerÜiea and
sprechen nur dann für eine Herderkrankung der
motorischen Rindenzone, wenn sie mit deutlicher
mono- oder hemiplegischer Lähmung verbunden
sind. A. Boettiger (Hamburg).
69. The inflaenoe of extreme slownesi of
pulae in the oansation of epileptiform convol-
■iona; by J. 8. Bristowe. (Lanoet 11. p. 671.
Sept. 22. 1894.)
Br. l^richtet über 2 fremde und 3 eigene Ffille
von in höherem Alter aufgetretener Epilepsie, in
denen ein deutlicher Zusammenhang bestand zwi-
schen einer jedesmal ausserordentlich starken Yer-
langsamung des Pulses, auf 20 — 30 in der Minute,
und den einzelnen epileptischen AnfÜlen. Nach
den letzteren stieg die Pulszahl häufig plötzlich
hoch auf 70, ja auf 120 Schläge in der Minute.
Mehrfach fanden sich gleichzeitig Herzgeräusche,
Eiweiss im Urin, Aniälle von Dyspnoe und sub-
normale Temperaturen. Im 1. Falle hatten die
epileptiformen Krämpfe im 55. Lebensjahre, im 2.
im 63., im 3. im 31., im 4. im 54. und im letzten
im 48. Jahre begonnen. Im 2. Falle ergab die
Sektion keinerlei wesentliche Veränderungen ausser
Blutleere desQehims, so das» eine Erkrankung des
Vagus oder der Herzganglien als Ursache der
Krankheitserscheinungen angenommen virurde. Im
5. Falle fand man myokarditische Veränderungen
und sehr ausgedehnte atheromatOse Erkrankung
von Aorta, Coronararterien, Radiales und Gehirn-
arterien, sowie gichtische Ablagerungen in den
Zehengdenken. Im 2. Falle waren die Krampf-
anf&lle 3 Jahre, im 5. Falle iVt — ^ Jahre lang
aufgetreten und immer hatten sie sich kurz vorm
Tode gehäuft A. Boettiger (Hamburg).
70. Bemarkson senile epüeiMiy; byMansel
Sympson. (Lancet L p. 1069. May 19. 1894.)
S. bespricht kurz das Vorkommen und die Er-
scheinung der senilen Epilepsie, streift mit einigen
Worten die Differentialdiagnose zwischen ihr und
anderen Krampferscheinungen, die Prognose und
Therapie und führt 2 einschlägige eigene Beobach-
tungen an, in denen die ersten Anfälle im 73. Lebens-
jahre auftraten. Der kleine Aufsatz enthält nichts
Neues. A. Boettiger (Hamburg).
71. Bor an oas d'epUepsie Jaoksoiiienne
aveo aooea de taohjroardie paro2;y8tiqiie de
natnre epUeptoide; par A. Pitres. (Arch. din.
de Bord. IIL p. 97. 1894.)
Bei einem 17jähr. Manne, der hereditär nicht belistet
und bis dahin gesund gewesen war, trat schmerzhaftes
Stechen in der Gegend der rechten Crista iliaca, ähnlich
wie bei Applikation eines Sohröpfkopfes auf, das jedesmal
30 — 60 Sek. anhielt und sich während dreier Monate tfig-
Uch morgens Imal wiederholte. In den nächsten 8 Mon.
stellte es sich 3 — 4mal am Tage ein und war jedesmal
begleitet von einem Gefühle der Erstarrung und Yorüber-
gehender Parese im rechten Beine. Eines Taces geseUten
sich hierzu heftige Zuckungen in den Muskeln des Ober-
schenkels ', zugleich starke Oppression und Herzschlage
Y. Keuropafhologie und Psychiatrie.
83
inm tadtorordentlioh^ Heftigkeit; der Er. fiel nm, yerlor
di8 Bewüsstsein und hatte >/« Std. lang allgemeine (Kon-
vulsionen, auf der rechten Seite noch stärker als lii^s.
Diese grossen Anfälle wiederholten sich anfangs nach
V/g Jahren, dann nach >/i Jahr nnd endlich iüle Monate,
dazwischen traten aber sehr häufig die „kleinen Anlälle*^,
wie er sie selbst nannte, auf, die mit Schmerzgefähl in
der rechten Kniekehle oder Ferse anfingen, nur das rechte
Bein betrafen und mit starker Pulsbeschleunigung ein-
hergingen. Mit 24 Jahren wurde Fat. in*8 Hospitiu. auf-
genommen und hier wurden die Anfillle genau beobachtet
Bei den grossen fehlten der Initialschrei, dieErschladSnng
der Sphmkteren und der Zungenbiss; das Bewüsstsein
und damit die Erinnerung erlosch mit dem Uebergehen
der Krämpfe von der rechten auf die linke Seite. Die
Ueinen, fast jeden Morgen beim Aufstehen eintretenden
Anftlle begannen mit Athmungsbeklemmung und Herz-
palpitationen und waren begleitet von Angstgefühl, Blässe
des Gesichts, Ohrensausen und Erschla£mg im rechten
Bdne, während Krämpfe und Bewusstseinsverlust fehlten.
Sie dauerten 5—10 Min. und danach kehrte der Puls nur
allmählich von 130 — 180 zur Norm wieder zurück. Die
sonstige Untersuchung ergjU) nur etwas graue, neuritische
Verfärbung der Papille des Opticus ohne Funktionstörung,
Steigerung der Kniereflexe, besonders rechts, Fehlen der
Banchreflexe und zuweilen eine Art von Tic im rechten
M. zygomaticus. Der Puls betrug immer 90 — 100 pro
Ifinute.
P. BchlieBst zunächst die Hysterie, sodann
Syphilis und Tuberkulose aus und kommt zu der
Diagnose eines Glioms der Hirnrinde, mit dem Sitze
im Gentrum für das rechte Bein. Die kleinen An*
ftlle, besonders auch die im Vordergründe stehende
Tachykardie, betrachtet er als klinische Aequivalente
der grossen Jackson'schen Anfälle, in Analogie zu
den sonstigen petit mal- Anfällen und in Deberein-
Stimmung mit physiologischen Experimenten, be-
sonders solchen an curarisirten Hunden. Die gei-
nauere BeweisfQhrung muss im Original (S. 106)
nachgelesen werden. Erwähnt sei noch, dass
fiämmtliche Organerkrankungen fehlten, die die
Herzerscheinungen h&tten erkl&ren können. Die
prognostischen und therapeutischen Schlussbemer-
kongen enthalten nichts Neues.
A. Boettiger (Hamburg).
72. Zur Behandlong der Bpilepsie; von
Eonrad Alt (Münchn. med. Wchnschr. XLI.
12. 14. 1894.)
Nach einer Exkursion in das Gebiet der Ge-
sdüchte der Epilepsie und der Ghehimphysiologie
bespricht A. folgende Fälle.
1) Ein 13jähr., gleichartig belasteter Knabe bekam
typische epileptische AnMle. Bei seiner Aufnahme, mit
15 Jahren, in's Krankenhaus fanden sich gleichzeitig Stö-
rangen im Magenchemismus. Durch deren Behandlung
miäe auch wesentliche Besserung der Epilepsie und des
Allgemeinbefindens erzielt
2) Ein 35jahr. Oensdarm erlitt mit 29 Jahren einen
Sturz, hatte seitdem vielfach Koplschmerzen, war später
mzbar und arbeitsunföhig; mit 35 Jahren kamen epilep*
tische Anftlle hinzu, und zwar 6 vor der Aufnahme und
4 während der ersten 3 Wochen der Krankenhausbehand-
liing. Regelung der Diät, Galvanisation am Kopfe, täg-
^^ ^Vig Jodkalium und 2 g Bromkalium brachten die
Iraokheit zu vollständiger Heilune.
Auch der 3. mitgetheüte Fall betrifft einen Mann,
der nach einem Sturze allerlei motorische, sensible und
lensorische Beiz- und Lähmungsersoheinnngen bekam,
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hit. 1.
die anfallsweise auftraten und unter Jodkaliumgebrauch
wieder schwanden.
4) Ein 19jähr., erblich belasteter Kaufmann bekam
mit 10 Jahren den ersten rudimentären Anfall mit moto-
rischer Aura, mit 14 und 15 Jahren 3 weitere Anfälle
auf dem Eise während des Schlittschuhlaufens, wobei er
hinstürzte und das Bewüsstsein verlor. Zuweilen trat
nächtliches Bettnässen ein. Der Kr. war häufig benom-
men, Utt an dauernder starker Stuhlverstopfung, an
Zwangsvorstellungen und anderen neurasthenischen und
hypochondrischen Symptomen. Durch Behandlung des
Dickdarmkatarrhes trat angeblich vollkommene Hei-
lung ein.
5) Ein 16jähr. Jüngling litt seit seinem 2. Lebens-
jahre an Krampfanfällen, die sich allmählich immer mehr
häuften, aber auch später in Men^e und Schwere noch
sehr wechselten. Durch Trepanation in der Gegend dos
linken Armcentrum, wobei pathologisch verdickte Schädel-
knochen, schwartenartig verdiclfte und untereinander
verfilzte Hirnhäute gefunden wurden, wurde zeitweilige
Besserung erzielt ; nach plötzlicher Verschlimmerung im
Befinden erweiterte man dieTrepanöffnung und nun nah-
men die Anfälle allmählich ab und es trat ein zur Zeit
schon 5 Mon. währender Stillstand ein.
6) Ein ISjähr., gleichartig belasteter Tischlergeselle
Utt seit seiner Kindheit an AnfiUlen, namentlich Absencen,
die sich bis zu 20 am Tage häuften. Nach Heilung einer
gleichzeitigen chronischen Rhinitis und Entfernung einer
hypertrophischen unteren Muschel wurde die Zahl der
Anfälle auf 1 — 2 am Tage reduoirt
7) Bei einem 2()jähr. Primaner, dessen Intelligenz
intakt war, wurde die Zahl der AnflÜle durch Brom und
Regelung der Diät auf ein Minimum herabgedrückt
Die F&lle sollen beweisen, dass die Therapie
der Epilepsie sich nicht auf schematisohe Dar-
reichung von Bromkalium beschränken darf, son-
dern nur dann von Erfolg gekrönt wird, wenn in
jedem Falle nach den Ursachen, den auslösenden
wie den bedingenden, geforscht wird. Gegen die
dann noch restirende leichte Erregbarkeit des (Ge-
hirns wird mit Brom vorgegangen. A. betont die
ausserordentliche Häufigkeit der Reflexepilepsie.
A. Boettiger (Hamburg).
73. StAtus epUeptioaB ; remarkabienamber
of Uta» reooTery ; by Alexander. (Lancet II.
9 ; Aug. 31. p. 526. 1895.)
Ein 26jähr. Mädchen hatte vom Januar 1890 bis
Ende 1894 jeden Monat im Durchschnitt 4 AnfiEUle von
Epilepsie ; nach jedem Anfalle brach eine post-epileptische
Manie aus. Am 2. Januar 1895 traten wieder neue An-
fälle auf, die sich in 21 Tagen nicht weniger als 3205mal
wiederholten I Die Krämpfe waren meist auf die rechte
Körperhälfte beschränkt, begannen im Arm und sprangen
auf Kopf, Gesicht imd Bein über, Kopf und Augen waren
dabei nach rechts gedreht. Während jedes Anfalles In-
continentia vesicae, kein Zungenbiss. Dauer des Anfalles
nur zwischen 40 und 50 Sek., danach gewöhnlich eine
Zeit lang Benommenheit. Nachdem die Krämpfe nach
21 Tagen aufgehört hatten, blieb für einen Tag eine Läh-
mung des recnten Armes und Beines zurück.
Windscheid (Leipzig).
74. Ueber die ohroniaohe Paranoia beiepi-
leptiaohenlndividaen; von Dr. Albert Buch-
holz in Marburg. (Habilitationsschrift Leipzig
1895. Druck von August Pries. 66 S.)
B. theilt, zum Theil sehr ausführlich, 5 Kranken-
geschichten von Epileptikern mit chronischer Para*»
noia mit. Das Nebeneinanderhergehen beider Er-
krankungen ist aus den klinischen Notizen mit au9-
5
u
T. Keuropafhologie und Psychiatrie.
reichender Klarheit ersichtlich. Die paranoische
Erkrankung stellte nicht nur eine Episode dar, war
auch nicht im Anschlüsse an einen epileptischen
Anüall aufgetreten, sondern zeigte eine selbständige
symptomatische Ausgestaltung und typischen Ver-
lauf. Auf Bechnung der Epilepsie kamen, ab-
gesehen von den eigentlichen ErampfanfäUen und
Absenoen, Charakterdepravationen, rttoksichtsloee
Gewaltthfttigkeiten , Beängstigungen, Reizbarkeit,
Labilität der Affekte, partielle Amnesien und vor-
zeitige Gedächtniss- und Intelligenzabnahme, aller-
dings nicht hohen (Grades. In Fall I, bei einer in
langer Einzelhaft entstandenen hallucinatorischen
Paranoia, sind nach Ausbruch der Psychose epi-
leptische Anfälle nicht mehr beobachtet worden.
Wenn auch die geschilderten Psychosen selbstän-
dige sind und nicht als Theilerscheinungen der
epileptischen Erkrankung betrachtet werden dürfen,
so mochte B. doch das Bestehen eines inneren
Zusammenhanges, nämlich durch die verringerte
Widerstandsfähigkeit des krankhaft veranlagten
Nervensystems nicht fOr ausgeschlossen halten.
In Fall n und m kam es zur Sektion. B. konnte
mehrere Stücke der Stirn- und Oentralwindmigen mikro-
skopisch uitersuohen. Es ergab sich in beiden mlen eine
im Wesentlichen übereinstimmende, ziemlich diffuse Ver-
änderung der äoBseiBtenEindenschiohten, mid zwar zeig-
ten sich diese in ein verdicktes, mehr oder weniger derbeis
faseriges Oewebe umgewandelt Die tieferen Partien nnd
das ]£urk waren nicht betheiligt; die Wnchenmgen er-
folgten nach der Oberfläche hin, die dadorch eine auch
für das blosse Auge kenntUohe anebene Beschaffenheit
erhielt An manchen Stellen war die Gonsistenz der
Binde so erheblich vermehrt, dass diese bei der Sektion
als isolirte Herderkrankungen erschienen waren, znmal
auch die Färbung des Gewebes hier verfindert, mehr
weisslich war. Die mikroskopische Untersuchxmg lehrte,
dass es sich nur um eine fleckweise, besonders intensive
Entwickelang des geschilderten diffusen Processes han-
delte. Die Tangentialfasem waren fast überall an Zahl
reduoirt und vielfach von unregelmässigem Verlaufe;
völlig zu Grande geigen waren sie aber nur an relativ
wenigen Stellen. Die grösseren G«ffisse waren zumeist
normid. Die mittleren und kleinsten Calibers dagegen
wiesen mannigfache Veränderungen auf, einige waren zu
bindegewebigen Strängen degenerirt
Bezüglich der Pathogenese und der Deutung der Be-
fände, deren Einzelheiten in der mit guten Zeichnungen
versehenen Originalarbeit nachzulesen sind, äussert sich
B. mit anerkennenswerther Vorsicht Er neigt der Auf-
fassung zu, dass im Gegensätze zu der wahrscheinlich
primär nervösen Degeneration bei der Paralyse, in diesen
Fällen die Gliawucherung als primär und sdbständig an-
zusprechen sei ; er möchte auch die GefBssdegeneration
nur für consekutiv halten. Das Vorhandensein eigen-
thümlicher grosser Zellengebilde (Fall III), die mit Neuro-
blasten einige Aehnlichkeit hatten, lässt B. vermuthen,
dass der Procoss vor vollendeter Entwickelung eingesetzt
habe. Die Entstehung der epileptischen Erkrankung
könne mit der Rindendegeneration vielleicht in Zusammen-
hang stehen, in ähnlichem Sinne, wie in anderen Fällen
Tamoren oder Traumen verantworÜich gemacht werden.
Die InteUigenzschwäche der Kranken hält B. für direkt
abhängig von der Schädigung der „Associationsfasem''.
Der paranoische Symptomencomplex hingegen könne auf
die geschilderten Veränderungen nicht zurückgeführt
werden, wenn auch vielleicht eine indirekte Beziehung
zwischen beiden Reihen von Erscheinungen denkbar wäre.
Clemens Neisser (Leubus).
75. Lee daliree ambalatoirea onletftigqea;
par le Prof. Baymond (Gaz. des Hop. LxVllL
76. 79. 1895.)
Ein SOjähr. Mann, Vater somnambul, Mutter phleg-
matisch, Utt an Struma, Bruder Alkoholist, in der Jugend
somnambul. Von Jugend auf leidit erregbar, hatte mit
16 Jahi«n einen Tobsuchtanfall wegen einer ungerechten
Anschuldigung. Er entzog sich dem Militärdienste in
Lothringen durch Auswanderung, hatte dann lange Zeit
Alpdrücken, träumte von verfolgenden deutschen Gens-
darmee. Machte mit 17 Jidiren einen Feldzug in Süd-
amerika mit, wo er einen Schuss in einen Unterschenkel
erhielt. War dann unter Brazza 2 Jahre am Oabon, litt
dort an Erätze, ,Craw-oraw' (Hautgeschwüren), Malaria
mit Delirien und Neigung zu Ohnmächten. Nach der
Rückkehr war er nooh 6 Mon. fieberkrank. Verlor sdne
erste Frau bald nach der Hochzeit Mit 26 Jahren 2.
flüfddiche l^e. Hat eine 4jähr. Tochter. Seit mehreren
ahren in den Bureaux der Gompagnie de TEst in Nancy
angestellt Arbeitete sehr angestrengt, übernahm Neben-
ämter, giül) ein werth volles Buch über Gabon heraus.
Seit Januar Schlaflosi^eit, Kopfechmerzen, Zuckungen,
Zersteeutheit, Herabsetzung der Arbeitskraft Sonst
massig und gegen Alkohol empfindlich, trank er am
3. Febr., da seine Familie verreist und er ohne Beschäf-
tigung war, 4 Bocks und Vs ^Iss Vermouth, empfand
auf dem Heimwege plötzlich Kopfschmerzen . . . und
fimd sich mitten auf einem Felde im Schnee liegend wieder,
und zwar ^ der Nähe von Brüssel und am 12. Februar.
In der Salpetriere litt er noch an Kopfschmerzen, Ab-
geschlagenheit, allgemeiner Oedächtnissschwäche, zeigte
keine hysterisdien Stigmata. Hypnoseversudi wegen Er-
regung au&egeben. Träumte lebhaft, augenscheinlich
von seiner Mucht Nach 8 Tagen gelang die Hypnose.
Er. hatte auf der Strasse seinen Bruder getroffen, der
eine im Januar gegen ihn erhobene Beschuldigung als
unbegründet zurüclmahm, seitdem fühlt er sicherhebiidi
wohler, frei von Kopfechm^rzen. Er fand einen Zettel
aus Brüssel in einer Tasche. In angestrengtem Nach-
denken, wie er dazu gekommen, brachte er eine Nacht im
Halbschlummer zu. Dabei hob sich ihm allmählich der
Schleier und er konnte nun folgende Angaben machen.
Seine neurasthenischen Beschwerden datiren süt der Be-
schuldigung seitens des Bruders. Nach jenem Alkohol-
excess traf er eine „Dame in Trauer*^, ging, ,,um sie zu
trösten*', mit ihr über Nacht in ein Hotel. Am nächsten
Morgen trieben ihn die Erinnerungan jene Anschuldigung,
das Bewusstsein der ehelichen u ntreue und des ver-
säumten Dienstes unwiderstehlich zur Flucht Er ging
zu Fuss bis zur nächsten Station, fuhr dann mit der&hn
über Pagny, Longwy, Luxemburg nach Brüssel. Hier
suchte er Stellung zu finden, abar vergeUich; iHnnen
weniger Tage gingen ihm seine Mittel aus, so dass er zu-
letzt obdachlos wurde. Mehrfache Anläufe zur Rückkehr
waren der fixen Idee der Flucht unterlegen. Dann irrte er
Obdach suchend im Schnee umher, sank müde um. Die
Angst vor dem Erfrierungstod di^ang auf ihn ein, er dacbite
an Frau und Kind, ,, machte eine verzweifelte Anstrengung,
um sich wiederzufinden '^ und wachte amnestisch auf.
B. betrachtet den Kr. als einen erblich belasteten,
abnorm erregbaren Menschen, den Fieber, UebeiarbettuDg,
Gram psychasthenisch machten. Ein Alkoholezoeas, ein
physischer und moralischer Katzenjammer treten hinsu
und er verfällt der fixen Idee der Flucht Sein Zustand
muss als ein hysterischer Dämmerzustand aufgefisst wer-
den, aber seine Hysterie ist nur transitorisch. Die Ruhe
des Krankenhauses und die Befreiung von der schweren
Anschuldigung genügen, den Kr. von ihr und von seiner
Psychasthenie zu befreien.
R definirt die „Fugue" als eine impulsive Hand-
lung irgend welcher Art, die, obwohl verwickelt, mit
Vernunft ausgeführt wird und der Amnesie für die
Zeit der Handlung folgt M a r t h e n (Ebers walde).
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
35
76. Dm impolBlons inroalstiblM des epi-
leptiqnee; par le Dr. Victor Parant (Arch.
din. de Bord. IV. 6. p. 241. 1895.)
Nachdem P. die impülslTen Akte der Epileptiker im
Dämmerzastande gesohildert nnd deren forensische Be-
dentniig besprochen hat, berichtet er von einem Epileptiker,
dar, 6a& reizbar nnd an dem betreffenden Tage psyohiaoh
Torstimmt, nach einem Zanke einen seit langer Zeit ge-
hassten Nachbar überfiel und misshandelte. Obwohl kein
DimmerzQstand vorlag, wnrde doch eine „impnlsion irr^
Bistible* bedingt dnrch eine „snrexcitation particnliere*
iDgenommen. M a r t h e n (Bbers walde).
77. Qaemlantenwahn, Paranoia und Gtoiatea-
fohw&ohe; von Dr. Gerlach in Königslutter.
(Allg. Ztschr. f. Psych. LIL 2. p. 433. 1895.)
Die Beantwortung der Frage, ob der Bxplorand
wirklich querulirt, oder ob er nicht vielmehr einen
verzweifelten Kampf um das ihm verweigerte Recht
führt, fallt ausschliesslich dem Juristen zu, dem
Sachverständigen dagegen der Nachweis, ob der
Qaeralant geisteskrank sei. Die Krankheitsbilder,
um die es sich dabei handelt, sind die Paranoia
und die Geistesschwäche. Kritiklosigkeit ist das
wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen die-
sen Leiden. Der Paranoiker, der mit falschen
Voraussetzungen logisch operirt, ist nicht als kritik-
los zu bezeichnen; die Wahnvorstellungen des
Geistesschwachen wiederum sind nur „Pseudo-
wahnvorstellungen'^ Beim Fehlen von Paranoia
nnd Geistesschwäche ist das Yorhandensein von
Qaendantenwahn auszuschliessen. Danach würde
man aber Tereinzelte Exemplare von rabiaten Que-
rulanten fdr geistig gesund erklären müssen, ob-
wohl mit diesem Urtheile das Empfinden des Sach«
▼erständigen nicht übereinstimmt. Wem icke
leUamirt diese Querulanten als Geisteskranke,
indem er sie durch die Lehre von den überwerthi-
gen Ideen deckt. Die überwerthige Idee an sich,
mag diese auch noch so unsinnig sein, ist für den
Sachverständigen bei der Beurtheilung des Queru-
lanten ^nzlioh belanglos. Es handelt sich um den
Nachweis des krankhaften Zwanges, der die zum
Qaemliren treibende Idee auf dem „Wellengipfel
d« psychologischen Bewegung^' hielt „Wernicke
erwähnt nicht, dass die zum Queruliren führende
überwerthige Idee das eine Mal durch einen krank-
haften Zwang hoch gehalten, das andere Mal nur
dnrch den freien Willen getragen wird, während
die äussere Erscheinungsform der Handlung völlig
identisch sein kann. Das Fehlen der die Tren-
nong ermöglichenden Momente raubt der Theorie
Wernicke 's die noth wendige Stütze.^ In dem
Ton 0. mitgetheilten Falle eines Querulanten konnte
weder Paranoia, noch Geistesschwäche, noch ein
Inmkhafter Zwang nachgewiesen, somit die freie
Willensbeatimmung nicht ausgeschlossen werden.
Bresler (Fteiburg i. SchL).
78. Ueber die Delirien der Alkoholiaten
und über künatlioh bei ihnen hervorgerufene
Vialon«n; von Dr. W. Liepmann« (Aroh. f.
PtydL XXVn 1. p. 172. 1895.)
Die Arbeit L.'s zerfällt in 2 Theile. Im ersten
wird eine Beschreibung und Analyse der spontanen
Delirien gegeben. L. kommt hier hauptsächlich
zu folgenden Ergebnissen: Der vorherrschende
Affekt im Delirium ist die Angst, und zwar ist ihr
primärer Charakter wahrscheinlich. Im Gegen-
satze zu anderen Psychosen führt sie nicht zur
Selbstbezichtigung, sondern zu Handlungen der
Selbsterhaltung. Unter den complicirten Sinnes-
täuschungen überwog die Illusion; Entfernung, un«
deutliche Form der Gegenstände, Alles, was ein
unscharfes Netzhautbild bedingt, zeigt sich als
illusionbegünstigend. Hauptsächlich aber war der
bei Deliranten stets vorhandene Mangel an Auf-
merksamkeit Ursache für die illusorische Ent-
stellung des Gesehenen. Inhaltlich überwiegen
die schrecklichen Wahrnehmungen. Thiervisionen
kamen bei 70^1^ zur Eenntniss, Gehörstäuschungen
bei 40^/^. Die deliriüsen Wahrnehmungen wur-
den verschieden aufgefasst, entweder wurden sie
direkt als Täuschungen erkannt, oder indirekt als
solche erkannt, oder für real, aber für „Spiel" ge-
halten, oder endlich sie wurden einfach als wirk-
lich hingenommen.
Der 2. Theil der Arbeit, der über künstlich
ausgelöste Sinnestäuschungen handelt, untersucht,
inwieweit peripherische Sinnesreize an dem Zu-
standekommen vonTrugwahmehmungen betheiligt
sind. Es ist bekannt, dass Hallucinationen des
Gesichts z. B. auftreten nach Yerbrennung der
Hornhaut, Hallucinationen des Gehörs bei Pauken-
höhlenkatarrhen oder bei galvanischen Beizen des
Hömerven u. s. w. L. stellte nun an einer grossen
Zahl von Alkoholdeliranten Yersuche darüber an,
ob künstliche Herstellung eines Augenreizes Hallu-
cinationen auslösen könne. Das Resultat giebt
eine Antwort auf die Frage, ob bei Trinkern ein
Theil der Sinnestäuschungen von inneren Beizen
ausgelöst wird. Es ist interessant, zu sehen, dass
in der That diese Idee L.'s, die sich an die be-
kannten Purkinje 'sehen Beobachtungen an-
sohliesst, bei einer grossen Zahl von Alkoholdeli-
ranten von Erfolg begleitet war, denn es gelang,
bei ihnen solche künstliche Hallucinationen zu er-
zeugen. Es handelt sich um sanftes Drücken oder
Beiben des geschlossenen Auges. Dass in der
That keine Täuschung vorliegt und dass es sich
nicht etwa um Fortsetzung der spontanen Visionen
handelt, ergiebt sich aus der Yersuchsanordnung.
Gegen die Annahme der Täuschung spricht näm-
lich der Umstand, dass in einer Beihe von Fällen
die Versuche in Zeiten von nachlassenden oder
mindestens spärlichen Hallucinationen mit Erfolg
vorgenommen wurden (bekanntlich hört während
des Delirium tremens zeitweise die Produktion von
Sinnestäuschungen ganz auf), femer war sogar in
mehreren Fällen das Stadium spontanen Hallu-
cinirens schon abgelaufen und dennoch waren
noch 10 — 24 Std. positive Ergebnisse des Druck-
versuchs zu erzielen. Umgekehrt konnten künst«
36
Y. Neuropathologle xmd Psychiatrie.
liehe Hallucinationen bei einem Alkoholkranken
hervorgerufen werden, der wohl Tremor, Schweiss,
Angst, also Vorboten des Delirium, hatte, abernooh
nicht spontan hallucinirte. Zwischen den künst-
lich hervorgebrachten und den spontanen Visionen
ergeben sich einige bemerkenswerthe unterschiede:
bei jenen traten Thiervisionen sehr zurück. Am
häufigsten wurden leblose Gegenstände, beson-
ders auffällig oft Zahlen und Buchstaben, ge-
sehen. Der Inhalt war nicht schreckhaft, es
fehlten die Eigenbeziehung und jeder Zusammen-
hang.
Es sei nur noch kurz bemerkt, dass L. aus
seinen Versuchen schliesst, dass die Wirkung des
Alkohols nicht darin bestehe, dem Vorstellungs-
leben eine Hinneigung zu bestimmtem Inhalte
zu verleihen. Vielmehr ergiebt sich eine Beein-
trächtigung des Vorstellungslebens nach der Rich-
tung, dass Sinneserregungen ganz allgemein illu-
sorisch gefälschte Wahrnehmungen ausKtoen und
dass unter den genannten Versuchsbedingungen
subjektive Empfindungen zu Bildern von Objekten
verarbeitet wurden. Lührmann (Dresden).
79. Beitrag bot Therapie des Deliriam
tremena; von Dr. L. Haskovec. (Wien. klin.
Bundschau IX. 11. 13. 14. 1895.)
Auf Orund einer Anzahl von Beobachtungen
empfiehlt H. warm die Anwendung der Ghlora-
lose bei dem Delirium tremens. Die schlaf-
machende Dosis ist 0.6. Die Wirkung soll siche-
rer sein als die des Chloralhydrats ; üble Nach-
wirkungen sind nicht beobachtet
Lührmann (Dresden).
80. Mittheilnng über ▼oranegegangene
PByohoaen bei Paraly ttkem ; von Dr. 0 1. N e i s -
8 er. (Berl. klin. Wchnschr. XXXL 38. 1894.)
N. macht darauf aufmerksam, dass bei einer
nicht geringen Anzahl von Paralytikern früher
anderweitige Geistesstörungen beobachtet worden
sind, unter 100 Fällen fand er dies 6maL Ein
Zusammenhang der Psychose mit der progressiven
Paralyse konnte nach Lage der Dinge ausgeschlos-
sen werden. Lührmann (Dresden).
81. Zar Pathologie der akuten hallaoina-
toriaohen Verwirrtheit; von Dr. E. Beyer.
(Arch. f. Psych. XXVIL 1. p. 233. 1895.)
B. berichtet zuerst über die Anschauungen, die
die verschiedenen Autoren über das Wesen der
akuten Verwirrtheit gehabt haben, und macht dann
den Versuch, auf anatomischer Grundlage an der
Hand eines Schema , das die verschiedenen Sta-
tionen des „psychischen Mechanismus^^ darstellen
soll, das Zustandekommen der elementaren Stö-
rungen zu erklären. Da dieser ganze Versuch sich
auf bis jetzt nicht beweisbaren anatomischen Hypo-
thesen aufbaut, so erscheint er dem Bef. als aus-
sichtlos. Lührmann (Dresden).
82. Die in Folge Ton Nierenkrankheiten
entstehenden peychisohen Stdmiigen; von Dr.
S. Auerbach. (Allg. Ztschr. f. Psych. LH. 2.
p. 337. 1895.)
Der Vf. dtirt dne Anzahl von FSUen von
Oeistesstürung in Folge von Nephritis und fügt
dann einige, in der Frankfurter Irrenanstalt ge-
machte Beobachtungen an; er kommt zu dem
Schlüsse, dass es keine für Nierenkrankheiten epe-
oifische Form von Geistesstörungen gebe, dass die
Mekmeholie in ihren verschiedenen Formen am
häufigsten beobachtet werde (nach den vorliegen-
den Krankengeschichten indessen scheint es sich
um Zustände von akuter Verwirrtheit gehandelt zu
haben) ; dass in der weitaus grSssten Mehrzahl der
Fälle die Psychose auf urämische Intoxikation des
Organismus zurückzuführen, zuweilen geradezu
einem urämischen Anfalle äquivalent sei ; dass die
Diagnose „psychische Störung in Folge von Nieren-
krankheit^' nur gestellt werden kOnne, sobald
schwere hereditäre Belastimg, andere Ursachen und
anatomische Himveränderungen ausgeschlossen
werden können. Die Vorhersage sei zweifelhaft;
sie bessere sich bei der Besserung des Gbrundleidens.
Lührmann (Dresden).
83. Ueber angeborene moraliBohe Degene-
ration oder Perversität des Oharakters; von
Dr. Th. Tiling. (Allg. Ztschr. f. Psych. LIL 2.
p. 258. 1895.)
Nach einer längeren Einleitung, die die An-
sichten der fremden und der deutschen Autoren
über die Lehre vom moralischen Irresein aufzSUt
und kritisirt, giebt T. ein treffendes Bild dieser
Kranken und tritt mit Recht dafür ein, dass es
verfehlt ist, diese Krankheit in eine andere be-
kannte Krankheitsgruppe (Schwachsinn oder Para-
noia) einzuzwängen. Wenn man nicht den That-
sachen Gewalt anthun wolle, müsse man das mora-
lische Irresein als selbständige Krankheitsform
anerkennen. Zwei Punkte sind für die Diagnose
ausschlaggebend : 1) das frühzeitige Auftreten (das
Angeborensein) des moralischen Defektes und
2) die Selbstschädigung dieser Individuen durch
ihre Handlungen. Entwickelt der Gerichtsant
unter diesen Gesichtspunkten und unter einer ein-
gehenden Schilderung des ganzen Lebenslaufes
einen solchen Fall, so dürfte der Richter von der
Krankheit des Individuum zu überzeugen sein.
Beigefügt sind 5 ausführliche interessante
Krankengeschichten mit Epikrisen.
Lührmann (Dresden).
84. üeber gewisse psyohisohe Störungen
nach SelbstmordTersnohen dnroh Erhängen;
von R Wollenberg. (Sond.-Abdr. aus d. Fest-
schrift d. Prov.- Irrenanstalt Nietleben. Leipzig
1895.)
W. hat in Hitzig 's Klinik 3mal Amnesie
nach Erhängen beobachtet. Er theilt femer eine
4. Beobachtung mit, die BoedQker gemacht h^t
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
37
I. Em 27jähr. DienstmXdchen, das seit längerer Zeit
an AnfiUlen von Sohwindel, üebelkeit, Schwarzwerden
vor den Augen, Ohnmacht htt und dessen Vater ähnliche
Anfalle ha&n sollte, häng[te sich nach einer Eränkong
an/. Sie wurde abgeschnitten nnd wiederbelebt Nach
einigen Stunden sass sie mit weitgeöffiieten Aucen und
ängstlichem Gesicht ruhig da. Sie sträubte sicn gegen
das Baden u. s. w., schrie laut und hatte offenbar grosse
Angst Die Pupillen waren sehr weit und unbeweglich.
Am anderen Tage war sie besonnen, wusste aber von
ihrem Selbstmorde gar nichts ; sie habe an so jetwas nie
gedacht Die Pupillen waren mittelweit und reagirten.
Die Sprache war schwerfällig und die Er. begriff schwer,
vergass rasch. In den nächsten Tagen znnehmende Klar-
heit Vergessen blieb eine Zeit von 33 Stunden. Auch
nach 3 Jahren bestand diese Amnesie noch.
n. Ein 15jähr. Dlienstmädchen, dessen Mutter sich
getödtet hatte, dessen Vater geisteskrank gewesen war,
das selbst immer sonderbar gewesen war, hängte sich
nach einer Zurechtweisung am Morgen auf. Sie wurde
Tasoh abgeschnitt^ und durch Schütteln, Schlagen
wiederbelebt. Sie schrie danach unausgesetzt bis zum
Abend. Die weiten Pupillen reagirten. An den näch-
sten 6 l^en war die Kr. verworren, wusste vom Selbst-
morde nichts. Vom 7. Tage an wurde sie klarer, blieb
aber amnestisch. In den nächsten 4 Wochen stilles
'\re86n, Schwindel, Kopfschmerz u. s. w. Die Kr. ver«
kehrte in der Anstalt mit einer Hysterischen und bekam
nach einigen Wochen typische hysterische Krampfanfälle.
Hich Tonibergehender Besserung im 5. Monate ihres
Aufenthaltes trat bei der Kr. ein „hallucinatorischer £r-
r^gszustand^^ auf, indem sie zum Selbstmorde auf-
fordernde Stimmen hörte. Zugleich schien die Erinne-
rong an den Erhängungsversuch mit einem Schisse zu-
rödqgekehrt zu sein, denn die Kr. erzählte, dass sie da-
mals 3 Flammen auf dem Herde gesehen habe, die ihr
befahlen, sie solle sich umbringen. Monatelang wech-
selte bei der Kr. relative Besonnenheit mit hallucina-
torischer Verwirrtheit Sie wurde in eine andere An-
stalt gebracht, genas dort nach 1 Jahre xmd blieb dann
gesund. Die Erinnerung an den Selbstmord erhielt sich.
in. Ein 58jähr. Potator erhängte sich aus Furcht
vor einem Verweise , wurde rasch abgeschnitten , blieb
aber 24 Stunden komatös. Die Pupillen waren mittel-
weit und reagirten träge. Die Augen waren nach rechts
sbgdenkt Die Temperatur war erhöht Zitternde Be-*
we^gen der Arme. An den nächsten Tagen Verwirrt-
heit, in der der Kr. den Selbstmord in Abrede stellte.
Dann trat ein alkohol. Delirium ein. Am 7. Tage war der
Fkt aemlich klar, aber die Amnesie für den älbstmord,
fär die vorausgehenden Stunden und für die folgenden
"bge blieb bestehen. Hypnotisirungs versuche misslangen.
IV. Im 4. Falle handelte es sich um einen von Hause
schwachsinnigen 21jähr. Arbeiter, der sich an eine Thür-
Uinke aufgehängt hatte. Die Wiederbelebung gelang
iBühsam durch künstliche Athmung. Die Pupillen waren
erweitert und starr, Arme und Beine machten stoesende
Bewegungen. Nach Stunden hallucinatorische Erregung,
Fieber, Albuminurie. Das Delirium bestand bis zum
7. Tage, erst am 12. Tage war der Kr. leidlich klar. Doch
^b er vereesslioh und die Erinnerung an den Selbst-
mord und (üe vorausgehenden Stunden blieb verloren.
Hypnotisirungsversuche misslangen.
Weiterhin bespricht W. die ähnlichen Beobaoh»
^gen anderer Autoren. Er hebt mit Recht (gegen
Wagner) hervor, dass Krämpfe durchaus nicht
^ Jft der Wiederbelebung folgten, dass vielmehr oft
& von den Patienten ausgefCLhrten Bewegungen
^ Ausdruck seelischer Erregung sind. Er betont
ttidererseits, dass hysterische Krämpfe verhftltniss*
iiteig selten beobachtet worden sind. Yiel Ge-
^t legt er auf den Nachweis der Unbeweglich-
keit der weiten Pupillen, als eines Zeichens tief-
gehender Bewusstseinsstörung. Man könne, wenn
dieses Zeichen vorhanden ist, nicht wohl von einer
hysterischen Störung sprechen. Auch da, wo es
neben anscheinend hysterischen Krämpfen vor-
handen ist, spricht es gegen Hysterie.
Im Gegensätze zu den Krämpfen hftlt W. die
retroaktive Amnesie ffir ein recht constantes Sym-
ptom. Er ist der Meinung, sie komme hauptsäch-
lich bei Wiederbelebten nach Erhängung, nach
Kohlendunstvergiftung und nach Gehirnerschütte-
rung vor, sei selten durch einfache Gemüths-
erschütterung verursacht, sehr selten durch ander-
weite Selbstmordversuche, als durch Erhängen.
Freilich gelingt es W. nicht ganz, dies zu beweisen.
Er findet in der Literatur nur wenige Beispiele
von hysterischer retroaktiver Amnesie. Dies dürfte
aber daran liegen, dass das Thema noch verhält-
nissmässig neu ist Wenn man bei Hysterie auf
die retroaktive Amnesie achtet, wird man sie schon
finden. Der gleiche Einwand ist gegen die an-
gebliche Seltenheit der retroaktiven Amnesie nach
Erschiessen , Ertränken u. s. w. (später berichtet
W. von retroaktiver Amnesie durch Ertränken) zu
machen. Beim PulsaderQffnen und beim Vergiften
liegen freilich die Verhältnisse etwas anders. Dabei
kann wohl zugegeben werden, dass die retroaktive
Amnesie bei Erhängten besonders häufig ist und
dass dies mit der eigenartigen Schädigung des Ge-
hirns zusammenhängen mag. Thatsache ist jedoch,
dass die organisch vermittelte retroaktive Amnesie
der hysterischen gleicht und dass zunächst keine
Unterscheidungsmerkmale bekannt sind. Es ist
zu bedauern, dass auch in W.'s FäUen die Hypno-
tisirung erfolglos war. Gelänge es, in der Hypnose
die verloren gegangenen Erinnerungen wachzu-
rufen, so würde man doch trotz weiter unbeweg-
licher Pupillen u. s. w. die Amnesie hysterisch
nennen müssen, um die Häufigkeit der retroaktiven
Amnesie bei CO- Vergiftung nachzuweisen, zieht
W. mehrere Selbstmordversuche, bei denen CO
verwendet wurde, an. Auch hier aber könnten
einmal hysterische Symptome sich mit den orga-
nischen verknüpfen. Der Fall von T h o m s e n ist
wohl kaum verwendbar. Mit der „Gehirnerschütte-
rung^^ ist es eine recht eigenthümliche Sache. W.
erwähnt freilich die traumatische Hysterie gar
nicht, aber die giebt es neben der traumatischen
Epilepsie, Demenz u. s. w. doch auch.
Wenn W. sagt : da es nachgewiesenermaassen
durch Erhängen, Vergiften mit CO, durch Ver-
letzungen des Kopfes zu schweren handgreiflichen
Schädigungen des Gehirns kommen kann, so müs-
sen wir annehmen, dass in leichteren Fällen gleich-
artige, nur geringere Schädigungen bestehen, dass
die Zustände nur quantitativ, nicht qualitativ ver-
schieden seien — dann schUesst W. offenbar zu
rasch, denn die Erfahrung zeigt eben, dass neben
organischen Störungen hysterische vorkommen, und
der, Arzt bat die Aufgabe, diese von jen^n zu untere
38
YL Innere Medidit
scheiden. Bef, möchte nochmals betonen, dass es klären, däss er nur das Vorkommen hysterischer
ihm nie eingefallen ist , alle firsoheinungen bei Znstftnde hat nachweisen vollen, eine Thatsadie,
wiederbelebten Erhängten für hysterisch zu er- die früher einfiich ignorirt wnrde. MObins.
VI. Innere Medlcln.
85. üeber Diphtherie.
DvpkMrie animaie et diphthSne kumame; par le
Dr. Leon Galle z. (Presse med. Belg. XLVII. 22. 23.
1895.)
lodern G. die menschliche Diphtherie und fihnliche
bei Thieren, namentlich Vögeln, vorkommende Krank-
heiten einer vergleichenden Besprechong unterwirft,
kommt er zu dem Ergebnisse, dass man aof Grand der
vorliegenden Thatsachen nicht berechtigt sei^ eine even-
tuelle Verwandtschaft beider Krankheiten mit Sicherheit
in Abrede zu stellen. Die sogen. Diphtherie der Thiere,
auf die G. die Aufmerksamkeit der Forscher lenken will,
bedarf noch eines eingehenden Studium.
The pathology and bacteriology of diphtherta; by
BimonFlezner. (Bull, of the Johns Hopkins Hosp. VI.
48. Mwrch 1895. — - Amer. Joum. of med. Sc. March 1895.)
F. bespricht das Verhalten des Löff 1er 'sehen
Bacillns im menschlichen Körper, die durch ihn,
bez. durch das von ihm abgeschiedene Oift hervor-
gerufenen Yeränderongen. Die auf Grund der
neueren Arbeiten durchgeführte Besprechung bringt
nichts Neues.
Stäle aÜeraxioni isMogiche e ndla vüaliia de*
baoiüi di Löffler deUe pseudiomembrane difleriehe deW
uümo aitidiate fuari Vorganismo ; jaer Dott. B. P e r n i c e
e Dr. G. S 0 a g li 0 s i. (Rif. med. XI. 142. 144. 1895.)
P. u. S. untersuchten das Verhalten der diph-
therischen Membran (Bacillen, Fibrin, Leukocyten)
ausserhalb des menscjilichen EQrpers. Sie fanden,
dass die Diphtheriebacillen sich in der Pseudo-
membran ausserhalb des Körpers bis zu 59 Tagen
lebensfähig erhalten können. Wenn sie auch bis
zur 2., S.Woche noch zahlreich waren, so begannen
sie doch zu entarten, an Zahl abzunehmen, bis sie
schliesslich sich nicht mehr färben liessen und so-
wohl bei der Untersuchung mit dem Mikroskop,
als auch mit dem Culturverfahren nicht mehr nach-
zuweisen waren. In der dem zerstreuten Tages-
lichte ausgesetzten Pseudomembran, mochte diese
feucht oder trocken gehalten werden, hielten sich
die Bacillen 48 — 50 Tage, bei trocknem und dunk-
lem Aufbewahrungsorte 59 Tage. So lange Bacillen
überhaupt nachweisbar waren, bewahrten sie auch
ihre Yirulenz. Das Austrocknen der Membranen
überlebten sie nicht. Die gleichzeitig vorhandenen
Kokken waren widerstandsfähiger als die Bacillen.
Wurden Membranstückchen (feucht oder trocken
aufbewahrt) Thieren zu einer Zeit einverleibt, zu
der keine Bacillen mehr nachweisbar waren, so
entwickelte sich durch die Thätigkeit der Kokken
eine Eiterung. Mit fortschreitendem Zerfalle ging
auch das Fibrin unter. Es Hess sich nach 46 bis
50 Tagen nicht mehr färben, ebenso verhielten
sich die zelligen Elemente, deren Kerne bis zu
einem gewissen Punkte widerstandsfähiger waren.
Versuche Über das Verhalten der IHpktheriehaeülen
gegen die Eimoirhmg der Winterkälte; von Privatdoc.
Pr. AbeL (Centr.-Bl. f. BakterioL XYIIL 16. 1895.)
Aus den Versuchen A.'s geht hervor, dass
Diphtheriebacillen sich im Freien bei WinterkUte
Monate lang lebensfähig erhalten können. Dooh
ist nicht anzunehmen, dass die Bacillen im Freien
den ganzen Winter hindurch dem Absterben wider-
stehen. Sind sie in dünner Schicht angetrocknet, so
dürfte ihre Lebensdauer kaum 2 Mon. überateigeiu
Ob die Bacillen sich, wenn sie in Schleim einge-
bettet liegen, länger erhalten, ist noch durch be-
sondere Versuche festzustellen. Die Virulenz der
Bacillen scheint durch die Kälte nicht zu leiden.
De la mareke de la tempfrature etdela pcuo-dikh
tation dans rintooßioaiian dtphthSripse expSrimentale;
par J. Courmont et M. Doyon. (Aroh. de Physiol
XXV. 2. p. 252. 1895.)
C. und D. spritzten Thieren filtrirte Diphtiierie-
culturen ein, von denen 1 com ein Meerschweinchen
binnen 20—30 Stunden tödtete. Erhielt ein Hund
i/i com, so stieg seine Temperatur zunächst etwa
um ^Z^®, um alsdann etwa um 1^ abzu&llen. Diese
Temperaturemiedrigung hielt eine Woche an. Dana
wurde wieder die normale Körperwärme enreidii
Bei grosseren Gaben (1 — 2ccm) stieg die Tempe-
ratur zunächst innerhalb 6 Stunden um 1 — 2* an,
um nach 15 Stunden zu fidlen bis zum Tode, der
nach dieser Zeit, zuweilen erst nach 2 — 3 Tagen,
eintrat Ebenso verhielt sich das Kaninchen. Er-
hielten Hunde sehr grosse Giftmengen (6 3 — 65ocm),
so erfolgte der Tod in 5 Stunden. Die Temperatur
begann 3 Stunden nach der Einspritzung bis zum
Tode allmählich zu fallen. Noch grossere Dosen
tOdteten den Hund ebenfalls innerhalb 5 Standen.
Doch blieb hier die Temperaturemiedrigung aus.
Das Meerschweinchen ging nach der Einspritzung
von 0.1 — 0.2 g in 20 — 30 Stunden zu Grande mit
einer Körperwärme von etwa 35^. Der Tempe-
raturemiedrigung geht stets eine Temperatur-
erhöhung voraus, die, durch Erhöhung der CKft-
menge abgekürzt, nicht vollkommen unterdrückt
werden kann. Die Temperatur der Umgebung hat
auf den Eintritt der Temperaturemiedrigung keinen
Einfluss, wohl aber auf ihren weiteren Verlauf.
Hat sich der Temperaturabfall einmal eingestellt,
so verhalten sich die Hunde und Kaninchen wie
Kaltblüter. Dire Körperwärme richtet sich nach
der Temperatur der Umgebung. Das Diphtheriegift
hat eine gefässerweitemde Wirkung, die, wie die
Hypothermie, sich erst nach einer gewissen Incu-
bationzeit geltend macht Brückner (Dresden).
[Recherehes expSrimentales sur les {Mrations dti
sysihne nerveux dans les parcUysies diphihiriitques ;
par le Dr. Crocq fils. (Aroh. de Med. ezperim. vIL 4.
p. 503. 1895.)
Cr. hat bei einer grosseren Anzahl von Kanin-
chen Impfungen mit virulenten und sterilen Cul-.
YL Inneie MedioiDu
S9
taren des L 8ffl er 'adien Bacillus ausgeführt Er
vShlte subcutane Impfangen, da mtraven(toe zu
rasch tödten. Er erhielt in allen Fällen allgemeine
Lfthmungen, die an den Hinterbeinen begannen,
später die Vorderbeine ergriffen. Er fand IJtoionen
derRiIckenmarks-Yorderhömer, der vorderen Wur-*
zeln, der peripherischen Nerven und der unteren
Theüe des Bulbus. Oberer Hirnstamm, Kleinhirn
und Grosshim waren stets frei. Da die Lftsicmen
des Markes sich schon in den ersten Tagen nach
der Infektion , die der Nerven erst einige Tage
spftter &nden, so sind bei den Kaninchen wohl die
spinalen Affektionen das Primäre, die nervösen das
Sekundäre.
Beim Menschen muss man nach Cr. 2 Formen
postdiphtherisdier Lähmungen imterscheiden. Die
erste, häufigste, beschränkt sich auf Qaumen, Phar
lynz, Laiynx, Nase, innere Augenmuskeln. Sie
ist wohl stets peripherisch nervöser Natur. Die
zweite, generalisirte, ähnelt mehr der bei den
Kaninchen beobachteten.
Die Arbeit stärkt die heute wieder vorherr-
whende Tendenz, auch für die sogenannten peri-
plierischen Neuritiden den Ursprungsort im Rücken-
aiirke(Vorderhomzelle) zu suchen. Im (Ganzen ist
68 doch wahrscheinlich, dass, wenn auch die ein-
leben Toxine oder Bacillen gewisse Vorliebestellen
haben, an denen sie besonders leicht haften, doch
ireDigstens in den schweren Fällen kein Theil des
Nervensystems ganz von ihnen verschont wird. Nur
branchen sie nicht immer gleich überall deutliche
Teränderungen zu bewirken. Bekannt ist jeden-
liUs, dass das Diphtheriegift beim Menschen auch
das &ro6shim nicht verschont
L. B r u n B (Hannover)].
The tnmsmiMum of dipktheria by non-sufferers ;
by Herbert Pick. (Brit. med. Joum. May 4. 1895.)
P. bringt Beweise dafür, dass (bakteriologisch
aicbergestellte) Diphtherie durch nicht Erkrankte
übertragen werden kann. Die beiden Beobach-
tungen stammen aus ländlicher Gegend, wo sich
die Möglichkeit anderweitiger Ansteckung ohne
Schwierigkeiten ausschliessen Hess. Die eine Per-
son, die die Krankheit übertrug, hatte Diphtherie-
bacillen im Bachenschleim, zeigte aber keinerlei
Ennkheitserscheinungen.
Zur ^tctäxUionsfrage bei Diphtherie ; von Dr. Car-
stens in Leipzig. (Deutsche med. Wchnschr. XXI. 35.
1895.)
Die Ansichten über die Incubationsdauer der
Diphtherie gehen noch weit auseinander. Die
fnge läset sich vielleicht mit Hülfe der bakterio-
logischen Untersuchung lösen, iadem man bei
Kindern, deren Qeschwister an Diphtherie erkrankt
ttsd, regelmässig vom Bachenschleim CuUuren an-
legt und den Zeitraum zwischen dem Auftreten
der Inmkheitserreger xmd den ersten Erankheits-
enoheiaungea bestimmt C. hat zum ersten Male
diesen Yersach gemacht In 2 Familien misslang
ttf während in einer dritten Familie bei einem
grOiseren Mädchen sich 4 Tage nach der Erkran-
kung des Bruders Diphtheriebacillen nachweisea
Hessen. An diesem Tage empfand das Kind Kopf-
schmerz. Am nächsten Tage war das Bild einer
schweren Diphtherie entwickelt Die Incubation
betrug demnach h(kdistens 24 Stunden. 0. em-
pfiehlt das Studium dieser interessanten Frage zur
Fortsetzung.
üd>er die ätiologische Bedeutung des Löffler^'
sehen BaeiUus; von Prof. 0. Fränkel in Marburg.
(Deutsche med. Wchnschr. XXI. 11. 1895.)
Fr. weist die Angriffe, die Hansemann auf
die Bakteriologie im Allgemeinen und auf die An-
hänger des Diphtheriebacillus im Besonderen ge-
macht hat, in ergiebiger und nachdrücklidier Weise
zurück. Der Einwurf, dass sich der Diphtherie-
bacillus nicht in jedem Falle klinisch diagnosti-
cirter Diphtherie findet, wird mit dem Hinweis
auf die Unzulänglichkeit unserer Untersuchungs-
methoden erledigt Der weitere Einwand, dass
sich der L^ff 1er 'sehe Bacillus auch bei anderen
Krankheiten, harmlosen Affektionen, ja auf den
Schleimhäuten Oesunder findet, beweist nach Fr.
ebenfalls nichts gegen die ätiologische Bedeutung
des Diphtheriebacillus. Diese Vorkommnisse er-
klären sich aus der verschiedenen Disposition, an
deren Erforschung die Bakteriologen bereits zu
arbeiten bginnen. Der Thierversuch endlich, den
Hansemann gegen den DiphtheriebadUus aus-
spielt, leistet, wie Fr. ausführt, so viel, als man
eben billiger Weise verlangen kann. Bei geeigneter
Yersuchsanordnung lässt sich mit Hülfe des Diph-
theriebacillus beim Yersuchsthier eine Krankheit
erzeugen, die die grösste Aehnlichkeit mit der
menschlichen Diphtherie besitzt Alle Einwände,
die Hansemann gegen den Diphtheriebacillus
erhoben hat, liessen sich mit gleichem Rechte auch
gegen den Tuberkelbacillus, die Malariaplasmodien
und andere anerkannte Organismen vorbringen.
Schliesslich hebt Fr. noch mit Nadidruck her-
vor, dass die Frage des Diphtherieheilserum ganz
und gar unabhängig von derjenigen des Diphtiierie-
bacillus abgehandelt werden könne. Ueber den
Werth des Heilserum kann ausschhesslieh die prak^
tische Erfahrung entscheidein,
Werth des Ausstrichpräparates bei der Diagnose
der Diphtherie; von Dr. H. C. Plaut in Leipzig. (Deut-
sche med. Wchnsohr. XXI. 18. 1895.)
P. führt Mnige Beispiele an, aus denen hervorgeht,
dass zur sicheren bakteriologischen Diagnose der Diph-
therie möglichst viele Methoden zusammen angewendet
werden müssen, da sie einzeln häufig zu Fehlmagnosen
führen. Vor Allem soll das Ausstrichpriparat in jedem
Falle wenigstens zunächst zur Orientirong angefertigt
werden. In vielen Fällen kann man danach schon früh-
zeitig eine Diagnose stellen.
Zur Idinisehen Diagnose der Diphtherie; von Dr.
P. Deucher, mit Vorwort von Prof. 8 a h 1 i. (Corr.-Bl.
f. Schweizer Aerzte XXV. 16. 1895.)
Die AusfQhrungen D.'s werden von vielen in
der Praxis Stehenden als „erlösendes Wort^' em-
pfunden werden. D. hat auf Veranlassung von
Prof. Sahli 160 Kranke, die mit der Diagnose
Diphtherie und Group der|^inik zu Bern zugeführt
10
TL Inxiere HediöuL
wurden, vom diagnostisdien Standpunkte aus ver-
arbeitet. Er legte von Mandelbelag, Baohenschleim
oder von ausgehusteten Membranstüoken Deckglas-
präparate und Olycerinagarculturen an. Nur 146
Hessen die kUnisehe Diagnose Group, Diphtherie
oder Angina zu. D. ordnet sein Material in lehr-
reicher Weise nach den klinischen Symptomen und
fügt vergleichsweise die Ergebnisse der bakterio-
logischen Untersuchung hinzu. Es würde zu weit
führen, dem Gange der Studie im Einzelnen zu
folgen. Die Hauptergebnisse, die D. in 13 Sätzen
am Schlüsse zusammenfasst, sind folgende :
Echte klinische Rachendiphtherie deckt sich
80 gut wie immer mit dem bakteriologischen Be-
griff der Diphtherie. Die „punktförmige Diphtherie^S
die auch klinisch von der Angina lacunaris zu
unterscheiden ist, zeigt denselben bakteriellen
Befund, wie die echte klinische Diphtherie. Die
Angina lacunaris lässt in der Segel keine Diphtherie-
bacillen erkennen. Die Streptokokkendiphtherie
ist klinisch (wenigstens nach Abzug der Scharlach-
diphtherie) und bakteriologisch von der echten Diph-
therie verschieden. Auf normalen Tonsillen und
bei „katarrhalischer Angina^' können Diphtherie-
bacillen vorhanden sein. Man hat daher sorg-
fältig auf die Anamnese, auf etwaige Diphtherie-
oder Croupfälle in der Umgebung, auf gleichzeitige
Larynxstenose zu achten. Sind in Kehlkopf und
Luftröhre Pseudomembranen vorhanden, so sind
auch fast immer Diphtheriebacillen nachzuweisen.
Bei echtem Larynxcroup sind sie häufig auf den
Tonsillen vorhanden, auch wenn diese anscheinend
gar nicht oder nur wenig erkrankt erscheinen,
während sie beim Pseudocroup fehlen. Dieser ist,
auch wenn weder im Bachen, noch im Kehlkopf
Pseudomembranen gefunden werden, nach Auf-
nahme der Anamnese und nach dem Verlaufe als
solcher zu diagnosticiren. „Man diagnosticirt kli-
nisch eher zuwenig echte Rachendiphtherie und zu
wenig diphtherischen Croup als zu vieL Das Hin-
zukommen von Streptokokken zu den Diphtherie-
bacillen scheint nicht die prognostisch schlechte
Bedeutung zu haben, wie sie bis jetzt vielfach an-
genommen wird. Negativer AusMl der bakterio-
logischen Untersuchung auf Diphtheriebacillen ge-
stattet nicht, in allen Fällen ohne Weiteres echte
Diphtherie auszuschliessen. Der Nachweis der
Diphtheriebacillen gelingt in ca. ^/g der Fälle, wo
dieselben überhaupt auf der Tonsille nachweisbar
sind, schon mittels des Trockenpräparates.'^
Oaniribuium ä l'itude hacUriologique des angines
ä fausses membranes dipkthiriques et pseudodiphthSri'
ques; par le Dr. Nanwelaers. (Joum. de Med. de
Bruxelles IV. 1. 1895.)
N. giebt zunächst eine Uebersicht derjenigen
Organismen mit ihren biologischen Eigenthümlich-
keiten, die sich in den Belägen bei Anginen mit
fibrinöser Exsudation finden und die pathogen sind.
Hierauf beschreibt er die Untersuchungsmethoden,
die beim Studium dieser Keime verwendet werden,
theilt die mit der Bildung einer Pseudomembran
einhergehenden Anginen na6h bakteridogiflehfiii
Gesichtspunkten ein und berichtet alsdann über
eigene Studien.
N. hat 21 Kr. mit Angina pseudomembranaoea
untersucht Darunter waren 12 primäre, 9 sekun-
däre Erkrankungen (im Verlaufe von Scharlach,
Masern, Lues). Er fand den Diphtheriebadllus in
4 Fällen, einmal allein bei einer mit Croup einher-
gehenden Tonsillitis, einmal bei derselben Erkran-
kung mit einem dicken Bacillus vergesellsohaftet
Mit dem Staphyloooocus zusammen fand sich der
DiphtheriebaciUus bei einer follikulären Angina,
mit einem sehr dünnen Bacillus bei einer sekun-
dären Angina pseudomembranaoea.
In 6 Fällen von primärer Angina pseudodiph-
therica war der Streptococcus vorhanden, und zwar
2mal allein, einmal mit anderen Kokken, einmal
mit Bacillus pyocyaneus, 2mal mit Staphylokokken.
Streptokokken im Verein mit anderen Kokken fan-
den sich in 2 Fällen primärer Pseudodiphtherie,
die durch Croup complicirt war. In einem Falle
von primärem Croup war der Streptococcus vor-
handen neben einem dicken Bacillus. Bei 6 Schar-
lachanginen, die makroskopisch für Diphtherie ge-
halten werden mussten, fanden sich spärliche Diph-
theriebacillen nur Imal, sonst Streptokokken, und
zwar Imal allein, 2mal im Verein mit Staphylo-
kokken, 2mal mit anderen Kokken. In 2 Fallen
von Masemcroup fanden sich zahlreiche Staphylo-
kokkffli und zahlreiche Streptokokken. Eine An-
gina luetica liess nur Streptokokken erkennen.
Die Untersuchungen, die im Höpital St Pierre zn
Brüssel ausgeführt wurden, erstreckten sich auf
ein^i Zeitraum von 6 Monaten. Die Schlüsse, die
N. aus seinen Befunden zieht, ergeben sich zum
Theil ohne Weiteres von selbst und bestätigen be-
kannte Thatsachen. Hervorzuheben sind folgende:
Der späte Masemcroup ist nicht immer diphthe-
rischer Natur. Aus den vorliegenden Untersuchun-
gen lässt sich kein bindender Schluss auf denEin-
fluss der gemischten Infektion machen. Diejenigen
Anginen, die durch die grossen Streptokokken
hervorgerufen werden, sind meist gutartiger, als
die durch die kleinen Streptokokken erzeugten.
Neben dem DiphtheriebaciUus kommt häufig ein
grosser Bacillus vor, der Aehnlichkeit hat mit
dem Bacillus pyogenes foetidus. Das Cultur*
verfahren giebt sicherere Ergebnisse, als die ein-
fache mikroskopische Untersuchung. Die Unter-
suchung eines Rachenbelages ist beim Nachweis
des DiphtheriebaciUus werthvoller, als die Unter-
suchung des Baohenschleims.
Therapeutisch empfiehlt N. nach dem Vorgänge
seines Lehrers Dr. T o r d e u s benzoSsaures Natron
innerlich und Pinselungen mit Papain, Einathmen
von Wasserdampf. Er hat 2mal die Serambehand-
lung bei Group angewendet In einem FaUe(Diph*
therie) wurde dadurch die Stenose behoben, im
anderen Falle (keine Diphtherie) brachte erst die
Tracheotomie dUe Heilung.
YI. lauere MedioiiL
41
TS, machte im Verlaufe seiner Untersuchung
noch die interessante Entdeckung, dass Diphtherie-
bacillen, die in gewöhnlicher Bouillon gezüchtet
waren, fOr Meerschweinchen nicht pathogen waren.
Worden sie dagegen in einer nach Koch 's
Vorschrift hereiteten, mit 2*/o Pepton versetzten
Bouillon cultivirt, so erwiesen sie sich fttr dieVer-
snchsthiere als äusserst giftig. (Schloss folgt.)
86. Neuere Arbeiten über Physiologie und
Pathologie der VerdaatuigBorgane.
L Speiseröhre.
1) U$ber Oesophagaskopie; tod Dr. Th. Bosen-
heim. (Berl. Uün. Wchnschr. XXXII. 12. 1895.)
2) Beitrag lüwr Äetiologie und OasuisÜk der Tuber-
hdose derSpeüerÖhre; von weil. Dr. Konrad Zenker.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LV. p. 405. 1895.)
3) Em Beitrag xur Lehre vim den Oeeophagu»'
diivertikdn; yon Carl Ritter. (Ebenda p. 173.)
4) ZJefrer ein mit dem Ductus Wiratdngianus com-
fMunieirendes Traktionedivertikel des Magens ; von Hein-
rich Heu bei. (Ebenda p. 240.)
5) Ein FaU von I^dsumadiceriikel des Oesophagus;
TOD 0. K 1 e m p e r e r. (Deutsche med. Wchnschr. XX.
30. p. 65. 1894.)
^ Beitrag zur Oasuistik des Oesophagusdivertikels ;
TOtt Dr. Z. Byohowsky. (Virchow's Aroh. CXLI. 1.
p. 116. 1895.)
7) Zur Diagnostik des tief sitzenden Speiseröhren-
dwertikels ; von Dr. G. K e 1 1 i n g in Dresden. (Münchn.
med. Wchnschr. XLI. 47. 1894.)
8a) 2iur Dilatation hochgradiger OesophagusstenO'
«n ; YOQ Dr. Suchannekin Zürich. (Therap. Monatsh.
Vm. 12. 1894.)
8b) Zur Äßtiotogie der Oesophagusstriktureny xu-
gleich ein Beitrag xur Entstehung des Pneumothorax
durch unnerUehes Trauma; Ton Dr. 0. Bus s in Bremen.
(Deatsohe med. Wohnschr. XXL 23. 1895.)
Rosenheim (1) hat sieh in der Klinik yon
Senator sehr eingehend mit der Oesophagoskopie
beschftftigt Er beschreibt genau die verschie-
denen Apparate nnd ihre Anwendung. Yon be-
sonderem Natzen kann die Besichtigung der Speise-
röhre zur frOhzeitigen Erkennung yon Krebsen,
xur Entfernung yon Fremdkörpern und zur Enrei-
terang yon Strikturen sein. In einer später er-
schienenen Arbeit (Beiträge zur Oesophagoskopie.
Deutsdie med. Wchnschr. XXI. 50. 1895) giebt R
emige weitere Bathsohlftge für die Oesophago-
skopie (yorherige Reinigung der Speiseröhre, Gocai-
aisirung u. s. w.) und schildert auf Qrund yon
18 Beobachtungen die Befunde bei Oesophagua-
krefae.
Zenker (2) berichtet über 3 F&lle der sehr
adtenen Ihiberkuloae der Speiaeröhre, sehr selten
umenthch als selbetindiges, nicht yon einem
Kachbarorgan fortgesetztes Leiden. Nach Z. ent-
•t^ die Tuberkulose im Kehlkopf und im Darm
dmeh Einimpfung in die Schleimhaut, in der
Speiseröhre sehen wir sie deshalb seltener, weil
<tee durch ihr hartes Plattenepithel dem Aus-
warf gegenüber besser geschützt ist
Der 1. Fall betraf einen 38jahr. Bohwindsüohtigen,
bei dem sich im Laufe von etwa 2 Monaten zunehmende
Schlingbeschwerden entwickelt hatten und bei dem sich
in der ttdhe der Ringknorpelplatte, an der engsten, Yer-
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 1.
letzongen am leiohtesten ansmetzten Stelle der Speise-
röhre, ein stark striktorirendes taberkolöses Geschwür
fimd.
Im 2. Falle hatte sich die Tuberkulose yon den
Bronchialdrüsen anf die Speiseröhre fortgesetzt, es war
zn einem geschwürigen Dorchbrnohe gekommen, ohne
dass sich aber bei Lebzeiten besondere Erscheinungen
bemerkbar gemacht hätten. Es handelte sich nm einen
Phthifiiker mit sehr ausgedehnter Tuberkulose des Kehl-
kopfes und der Trachea.
Auch im 3. Falle la^ eine Fortsetzung der Tuber-
kulose von Drüsen auf die Speiseröhre vor. Meist ver-
läuft die Sache so, dass die tuberkulöse Drüse ihren
Inhalt in die Speiseröhre ergiesst und dann durch ihre
Schrumpfung ein Traktiondivertikel bildet, in seltenen
Fällen (bei sehr massenhaft vorhandenem tuberkulösen
Iffateriiu?) kann die Speiseröhre aber auch nach dem
Durohbmoh tuberkulös erkranken.
Bitter (3) macht darauf aufmerksam, dass
die nicht seltenen und meist fOr ziemlich belang-
los gehaltenen Trakti(mdivertikel der Speiseröhre
doch wohl eine ernstere Bedeutung haben. Be-
kannt ist, dass sie durch Steckenbleiben von
Fremdkörpern zum Durchbruch in die Nachbar«
Schaft (veijauchende Lymphadenitis und Mediasti-
nitis, Lungengangrftn u. s. w.) Anlass geben, be-
kannt ist zweitens, dass sich aus ihnen die stets
sehr bedenklichen Pulsiondivertikel entwickeln
und sehr wahrscheinlich erscheint es R., dass sie
den Ausgangspunkt fwr Speiseröhrenkrebse bilden
können. B. denkt sich den Vorgang hierbei ahn-
lich, wie btt der Entwickelung des Mageukrebses
aus dem Magengeschwür — die Yermittelung bil-
den Reize, die die empfindliche Stelle treffen —
und er belegt seine Annahme durch 4 Beobach-
tungen aus dem pathologischen Institute zu KieL
Die Beobaohtnng von Heubel (4), die mit der
Speiseröhre nichts zu thun hat, fügen wir an dieser Stelle
ein, weil das gefundene Magendivertikel augenscheinlioh
in ganz ähnlicher Weise zu Stande ^kommen war, wie
die sehr viel häufigeren Traktiondivertikel des Oeso-
phagus. H. nimmt an, dass in seinem Falle fpatholog.
Institut zu Erlangen), das Erste eine Erkrankung des
Pankreas, wahrscheinUch mit Steinbildung gewesen sei,
es kam zu einer Ranula pancreatioa, an einer Stelle ver-
wuchs der Ductus Wirsungianus mit der hinteren Magen-
wand, es erfolgte hier ein Durchbruch in den Magen und
weiterhin bildfete sich in Folge der Schrumpfung ein
Traktiondivertikel des Magens mit Offenbleiben der Durch-
bruchstelle.
£lemperer(5) stellte im Verein für innere Mediciu
zu Berlin einen Kranken vor, der ein noch massig grosses
Pulsiondivertikel der Speiseröhre an der bekannten Stelle
der embryonalen Eiemenspalten am obersten Oesophagus
hatte und die üblichen Beschwerden darbot. Diese Diver-
tikel können init Erfolg operirt werden.
[Bychowski (6) beschreibt ein Oesophagus«
divertikel, das weder dem Traktion-, noch dem
Pulsiondivertikel v. Zenker's und v. Ziems-*
sen's entspricht.
Bin 21jähr. Schneiderlehrling litt seit 9 Jahren au
Erbrechen nach und z. Th. auch während jeder Speise-
aufnahme; die erbrochenen Massen waren die ganz unver-
änderten Speisen. Kein Aufstossen, kein Sodbrennen.
Configuration des Halses normal, auch während des
Essens, keine Narben. An den Intestims nichts Krank-
haftes nachzuweisen, nur fehlte die SalzsäurereaktioD im
ausgeheberten „Magensaft^, und in dem Speisebrei waren
grosse Stücke geschichteten Pflasterepithels vorhandeD|
6
42
TL Lmere
die B. YOA Tonülierein als von der SpeiBerohrenBohleim-
haut abatammend ansah. Mittels Scmdenootersnchimgeii
wurde nun von B. ein Divertikel nachgewiesen, das in
einer Entfernung von 20— 22om von denSchneideaElUinen
beginnend, also im mutieren AbsekniU des Oesophagus
süxendf 14— 17 cm lang war nnd 2(K) — 300 com Raom-
inhalt besass. An dem Divertikelemgang vorbei gelangte
B. durch Zo&ll mitunter mit der &nde in den Magen;
der wirkliche Magensaft enthielt Salzsäore, nicht aber
jene £pithelplatten.
B. zieht noch einige literatorfSUe heran, die eben-
falls nicht in das Zenker-Ziemssen'sohe Schema
passen. B. £ 1 i e n (München).]
Eelling (7) erinnert an ein einfaches und
gutes Mittel zur Erkennung tiefsüxender Speise-
rökrendivertikel , an die Untersuohung mit einer
harten Sonde, deren imteres Ende nach Art eines
Jferoer-Katheters abgebogen ist Dieee Sonde zeigt
auch an, auf welcher Seite das Divertikel sitzt und
sie ermöglicht eine Emfthmng ohne Beizung, ohne
AnfQllung nnd Ausdehnung dea Divertikels, die
lange genug fortgesetzt, eine Schrumpfung und
Heilung des Divertikels zur Folge haben kann.
Suchannek (8a) kam bei einer sehr starken Speise-
röhrenverengerong dadurch zu einem guten Ziele, dass
er durch die vor der Striktur stehende Sonde einen aus
feinen £upferfiiden gedrehten Mandrin hindurch in die
Striktur schob.
Bus 8 (8b) endlich berichtet über einen Fall von
Speiseröhrenverengerung in Folge narbiger Schrumpfung
nach Durchbruch einer vereiterten Drüse. Ein „Specia-
list*^ stiess mit der Sonde durch den Oesophagus in die
Pleura; der Kr. starb an jauohigem Pyopneumothorax.
n. Magen.
9) Ueber Fettgranula in den Pylorusdriisen des
Magens und in den Brunner' sehen Drüsen, Nach Unter-
suchungen von Dr. C. Savas mitgetheilt von Prof. R
N i c 0 1 a i d e 8. (Centr.-Bl. f. Physiol. IX. 7. 1895.)
10) Die Wirkung der proteolytisehen Enxyme auf
die lebendige 2Selle als Onsnd einer Theorie über die
Selbsirerdcuiung ; vonDr. Claudio Fermi, imhygiein.
Institut in Born. (Ebenda YIII. 21. 1895.)
11) Untersuchungen über die Sekretion und Moti-
lität des normalen Magens ; von Dr. A. S c h ü 1 e. (Zeit-
sehr. f. kün. Med. XXVHL 5 u. 6. p. 461. 1895; XXIX.
1 u. 2. p. 49. 1896.)
12) Ueber die Bedeutung der Salzsäure des Magens;
von Dr. W. Schiele. (Petersb. med. Wchnschr. XX.
19. 1895.)
13) üntereuehungen über Pep^nnverdauung ; von
Ferd. Klug. (Arch. f. d. ges. rhysiol. LX 1 u. 2.
p. 43. 1895.)
14) Studien über die motorische Thätigkeit des
Magens; von Prof. Moritz in München. (Ztschr. t
Biol. XXXn. 3. p. 313. 1895.)
15) Beüräge Mar Pathologie des Magens; von Dr.
J. Arkawin. (Ztschr. f. klin. Med. XXYm. 5 u. 6.
p. 523. 1895.)
16) De Vinftuence de Vitat de la sensibüiU de Vesto-
"mae awr le ehimisme stomaeal ; par Paul Sollier et
£. Parmentier. (Arch. de Physiol. V. 2. p.335. Avril
1895. — Eevue de Med. XV. 1. p. 32. 1895.)
In den Zellen der I^loruatbiisen und der
Brunfier'schen Drüsen finden sich nach den Unter-
suchungen von Savas (9) bei dem Hunde Fett-
granula, die bald nach der Fütterung klein, in
"wechselnder massiger Menge, nach l&ngerem Hun-
jgern gross und sehr zahlreich zu finden sind.
Füttert man die Hunde nach längerem Fasten, so
kann man beobachten, wie die Fettgranula lang-
sam aus den Zellen heraustreten. Jed^falls sind
diese Drüsen, wie schon Heidenhain nachwies,
keine Schleimdrüsen.
Fermi (10) prüfte die Einwirkung der pro-
teolytisehen Enzyme auf die lebendige Zelle mit
Bücksieht auf die SeJbstverdawung. Die bisherigen
Ansichten darüber, weshalb der Magen sich nicht
selbst verdaut, scheinen ihm nicht stichhaltig. Er
kommt zu folgender Auffassung : „Die Selbstver-
dauung des Magens, des Pankreas und des Darmes
geschieht intravitam nicht, weil das lebende Proto-
plasma, diese wunderbare chemische Verbindnngf
die die complicirtesten Moleküle und die st&rksten
Säuren (Salzsäure und Schwefelsäure) zu zersetzen
und zu bilden im Stande ist, wie es sich von
Wasser, Farben, vielen Basen, Säuren, Salzen u. s. w.
durchtränken lässt, ebenso anderers^ts mit Leich-
tigkeit der Wirkung der proteolytischen Enzyme
widersteht, denen gegenüber übrigens nicht wenig
todte EiweisskQrper sich mehr oder weniger in-
different verhalten, so das Chondrin, das Chytin,
das Fibroin, das Elasticin, das Nuclein, das Con-
chiolin, das Mucin, die verschiedenen Pigmente,
die Amyloidsubstanz'^
Die Untersuchungen von Schule (10) über
die Verdauung im geannden Magen des Men-
schen stammen aus der Heidelberger med. Klioik.
Seh. beetimmte zunächst die „JßidUät" und fand,
dass die Menge der freien Salzsäure, die der ge-
bundenen und die Gesammtacidität bei ein und
demselben Menschen, sowie bei verschiedenen ohne
jede besondere Ursache ganz erheblich schwanken.
Das Maximum der freien HCl liegt zwischen 0.05,
0.07 und 0.2^1 e, das der gebundenen zwischen
0.012 und O.ll^/o, das der Gesammtacidität zwi-
schen 0.11 und 0.26% auf dem Höhepunkte der
Verdauung. Dieser Höhepunkt ist nach dem
Ewald 'sehen Probefrühstück nach etwa 60 Min.,
selten schon nach 45 oder erst nach 75 erreicht
Seh. hat dann die Verdauung von Fleisch,
Kohlehydraten und Milch studirt und ist zu dem
Ergebnisse gekommen, daes die Qwditäi unserer
Nahrungemittel (bei nicht zusammengesetzter Kost)
auf die SaheäuresekreÜan des (gesunden) Magens
keinen erheblichen Einfluss hat 300 ccm gekochter
Milch sind nach 105 — 120 Min. aus dem Magen
verschwunden ; esslöfPelweise genommen brauchen
sie zur Verdauung etwa 25 — 30 Min. mehr. Die
Säurecurve erreicht ihren Gipfel in 35 — 45 Minuten.
„Bei der schluckweise genossenen Milch sind die
Säure-Intensitäten erheblich geringer als bei der
auf einmal getrunkenen.^^ Die Milch zeigte die
höchsten Säurezahlen (viel saure Salze, aber auch
viel freie Säure), dann folgte das Fleisch (am wenig*
sten freie Säure), dann das Kartoffelpüree und end-
lich der Mehlbrei. Sehr wichtig ist es sicherlich,
dass Milch und Amylaceen schnell verarbeitet wer-
den und deshalb einen kranken Magen mit ihren
sauren Massen sehr viel weniger belasten als Fleisch«
VL Innere MedidiL
43
Femer hat Soh. den Einfluas des Sbdiaalxes
und des Rohrzuckers auf die Magmverdauung ge-
prüft und dabei Folgendes gefunden : Oeringe Men-
gen Koehsaix (5 g) yerftndem die Verdauung nicht
merklich. OrOssere Mengen (16 g) setzen die Salz-
sSureabscheidung und die Oeeammtacidität be-
trächtlich herab, atören Peptonbildung und Zuoker-
resorption. Sehr grosse Dosen (24 g) scheinen zu-
nächst die Säurebildung zu steigern, wirken dann
aber auch deutlich hemmend, herabstimmend. Die
Entfernung der Speisen aus dem Magen wird auch
durch die grossen Oaben nicht gestOri Seh.
BchlieBst aus seinen' Versuchen auf eine sekretion-
hemmende örtliche Wirkung des Kochsalzes auf
die Magenschleimhaut Der Zucker beeinflusst in
Mengen von 10 — 30 g die Magenthätigkeit gar
nicht, 50 — 80 g verzögern das Auftreten der freien
HCl, grosse Oaben (120 g) stören die Verdauung
beträchtlich und verUngem die Verdauungzeit
Endlich hat Soh. die motorische Thäiigkeit des
Ikgens untersucht und glaubt darüber unter Be-
rücksichtigung der Ergebnisse Anderer Folgendes
sagen zu können: „Sofort nach Einführung von
flQssigkeiten beginnt das Organ mit der Expulsion
derselben. Die Energie dieses Vorganges ist haupt-
sächlich abhängig von der Temperatur des Oe-
tränkes" (je höher diese, desto grösser jene). „Wer-
den feste Substanzen allein genossen, so dauert
es geraume Zeit, bis die Entleerung beginnt, und
zwar desto l&nger, je fester die Consistenz der
Ingesta ist Bringt man Flüssigkeiten und feste
Nahrung gleichzeitig in den Magen, so entleert
sich zuerst ein Theil der Flüssigkeit, dann erst
folgen die consistenteren Bestandtheile. Die Milch
kann unter Umständen (so lange sie nicht geronnen
ist) den Magen fast eben so schnell verlassen wie
Wasser (Moritz). Dies gilt auch für Hunde mit
tiefer sitzender DarmfisteL Eine nennenswerthe
Besorption findet hierbei nicht statt. Bei Fleisch-
brei erfolgt die Austreibung manchmal gleichzeitig
mit dem Auftreten der freien Salzsäure, doch kann
die Expulsion auch früher ihren Anfang nehmen,
Zvti Nahrungsmittel verschiedener Qualität können
den Pylorus gleichzeitig und gleich schnell ver-
bssen, sofern sie die nämliche Consistenz besitzen«
Unter gewissen umständen können Nahrungstofie
im Magen durch dessen Verdauungssäfte vollstän-
dig aufgelöst werden.'^
Schiele (12) fasst Das, was wir über die
Sabmire zur Zeit wissen, in Folgendem kurz zu-
sammen: Die Salzsäure ist die einzige normale
SSore im Magen. Als Ort ihrer Abspaltung von
Chloriden des Blutes sind die Belegzellen der
Magendrüsen anzusehen; eine wirksame Bolle
daW spielt die Kohlensäure. Die vom Eiweiss
gBbondene Salzsäure ist die verdauende, physio-
logisch wirksame. „Die freie Salzsäure ist für die
Terdaaung werthlos, sie tritt erst auf, nachdem
die Säure ihre verdauende Aufgabe erfüllt hat.*'
Die Kndung der Salzsäure durch Eiweiss, die Bil-
dung eines Säurealbuminats, ist eine nothwendige
Vorbedingung für die Möglichkeit der Einwirkung
des Pepsin auf Eiweiss. „Die Peptonisation von
Eiweiss ist eine untergeordnete Funktion des
Magens.*'
Klug (13) hat im physiologischen Institute
zu Budapest eine grosse Beihe künsüieher Ver^
da$Mingsversucihe angestellt Den nöthigen Magen-
saft verschaffte er sich durch geeignete Behand-
lung der Schleimhaut verschiedener Thiermagen
und fand dabei, dass von den nach einander aus
derselben Magenschleimhaut bereiteten Auszügen
6ߣ erste unwirksamer ist als die späteren. „Die
Wirksamkeit des ersten Auszuges lässt sich da-
durch steigern, dass man denselben mit Wasser
von entsprechendem Salzsäuregehalt diluirt oder
auch dadurch, dass man ihn vor dem Oebrauche
einer 24stündigen Selbstverdauung aussetzt'' Ver-
daut wurde gekochtes Ei.
„Schwefelsaures Ammoniak, sowie Kochsalz
verzögern den Oang der Verdauung; letzteres
schon von 0.5®/o aufwärts. Die Menge des Pepsin
ist fxm wesentUaiiem Einflüsse auf die Verdauung.
Am besten verdaut eine 0.5 — O.Olproc. Pepsin-
lösung; bei stärkeren oder schwächeren Concen-
trationen nimmt die Wirksamkeit mehr und mehr
ab, je weiter sich die Pepsinmengen von obigen
Werthen entfernen, doch verdaut der Magen selbst
noch mit dem Pepsingehalt von 0.005<^/o." Das
Hundepepsin ist am wirksamsten bei O.OI^/q, das
Schweine- und Rinderpepsin bei 0. 1® /o. Das Pepsin
wirkt am besten bei Anwesenheit von 0.5 — 0.6%
Salzsäure, unter 0.1<^/o Salzsäure hört die Eiweiss-
verdauung auf. „Es ist demnach derjenige Magen-
saft der geeignetste, der O.l^/o Pepsin und 0.6%
Salzsäure enthält 20 com eines solchen Magen-
saftes vermögen 6 g hart gekochtes Eieralbumin
innerhalb 10 — 15 Stunden zu lösen." Bis zur
10. bis 15. Stunde geht die Verdauung ganz flott,
dann wird sie sehr träge. Peptone und Albumosen
nehmen stetig zu, während das Syntonin bei län-
gerer Dauer der Verdauung langsam abnimmt
5 Minuten nach Beginn der Verdauung sind Syn-
tonin und Albumosen bereits in der Flüssigkeit
nachweisbar. Peptone sind bei Verdauungsmasse
von Schwein und Rind erst am Ende der 4. Stunde,
bei solcher vom Hunde schon nach 20 — 40 Min.
nachzuweisen. Augenscheinlich giebt es ganz ver«
sohiedene Pepsine und das des Hundes ist be-
sonders kräftig. Die Verdauung geht schon bei
0* vor sich, am besten bei 50 — 60* C, dann
sinkt sie wieder und hört bei 80* ganz auf. „Das
Syntonin, das durch Neutralisation föUbare Eiweiss,
sowie die Albumosen, die durch schwefelsaures
Ammoniak erhältlichen Eiweisssubstanzen, treten
während der Verdauung zugleich in der Ver*
dauungsfiüssigkeit auf. Das Syntonin tritt nicht
allein als das Resultat der Salzsäurewirkung in der
Verdauungsflüssigkeit auf, sondern ist ebenso ein
Produkt der gemeinsamen Verdauungs Wirkung der
44
TL Innere MedicfjL
8als6fiure und des Pepsins wie die Albumosen und
Peptone.**
Moritz (14) hat sehr eingehende Unter-
suchungen über den Druck im Magen angestellt
Ein gewisser Druck, der im Mittel etwa 6 — 8 cm
Wasser betragen dürfte, ist im Magen stets vor-
handen, ßr wird vor Allem bewirkt durdi die
Last der Leber, weniger durch die Spannung der
Magenwand und der Bauchdecken. Die Bewe-
gungen des Zwerchfelles und des Herzens steigern
den Druck etwas, durch die Bauchpresse kann er
bis auf 3 m Wasser getrieben werden.
Zwischen Fundus- undAntrumtheil besteht ein
sehr wesentlicher Unterschied. Im Fundus bleibt
der Druck während der Verdauung und der Ent-
leerung des Mageninhaltes ziemlich unverändert,
es treten nur unbedeutende Zusammenzi^ungen
und flache Wellen der Wand auf. Im Pylorustheil
geht es wesentlich lebhafter zu ; hier treten Con-
traktionen auf, die einen Druck von einem halben
Meter Wasser hervorbringen. Diese Antrumoontrak-
tionen setzen langsam ein, wachsen rasch und fallen
jäh ab. Bei dem Hunde treten sie ganz regel-
mässig zu 2 — 6 in der Minute auf und bei dem
Menschen ist es höchst wahrscheinlich ähnlich.
Dadurch, dass der Fundus mit so schwachem Druck
arbeitet, erklärt sich die Thatsache, dass nur ge-
löste flüssige Massen den Magen verlassen. Zwerch-
fell und Herz haben für die Magenentleerung gar
keine Bedeutung, sie unterstützen nur die Durch-
mischung des Speisebreies. Eine Beeinflussung der
Magencontraktionen durch den faradischen Strom
ist M. nicht gelungen.
Die Zweitheilung des Magens in Bezug auf die
Bewegungen zeigt sich sehr deutlich auch bei dem
Erbrechen.
Arkawin (15) geht hierauf im Anschlüsse an
einen Fall aus der£linik von Openchowski zu
Charkow näher ein. Nur der Pylorustheil zieht sich
bei dem Erbrechen kräftig zusammen, er treibt den
Mageninhalt in den schlaffen Cardiatheil und die
Bauchpresse befördert ihn aus diesem durch die
Speiseröhre hinaus. A. meint, dass man klinisch
das Fehlen von Erbrechen verwerthen kann zu
Gunsten einer schweren Erkrankung des Pylorus-
theilee, namentlich eines schnell wachsenden
Krebses.
[Sollier u. Parmentier (16) experimen-
tirten an 2 Hysterischen, deren Magen durch
Hypnose anästhetisch und wieder sensibel gemadit
werden konnte, und prüften den wiederholt zu ver-
schiedenen Zeiten (nach ProbefrühstQck) entnom-
menen Magensaft auf Salzsäure und Chlorverbin-
dungen. Es ergiebt sich aus ihren Untersuchungen,
dass man durch Veränderung der MagensensiUUiät
die Magenverdauung in weiten Grenzen beein-
flussen kann. Die Anästhesirung des Magens ver-
zögerte den Ablauf des Verdauungschemismus.
V. Lehmann (Berlin).]
Sollier glaubt sicher, dass auch die rein ner-
vösen Dyspepsien stets mit einer Störung nicht
nur der motorischen, sondern audi der chemischen
Magenthätigkeit einhergehen. (Fortsetzong folgt)
87. Die Bedentnng dde Söhnupfena der
Kinder; von Dr. E. Fink in Hamburg. Bres-
gen'sche Sammlung Nr. 2. Halle a. S. 1895.
E. Marhold. 8. p. 36. (1 Mk. 50 Pf.)
Eine lesenswerthe Schrift, die hoffentlich auch
bei den allgemeine Praxis treibenden Aerzten Ein-
gang finden und dazu beitragen wird, die Aufmerk-
samkeit noch mehr als bisher auf die Wichtigkeit
einer geregelten Funktion der Nase, für den Oe-
sammtorganismus zu lenken. Durchaus dem Ver-
hältniss beider zu einander entsprechend, wird zu-
erst der akute Schnupfen kurz, jedoch genügend,
abgehandelt und sodann der Haupttheil der Arbeit
der Besprechung des chronischen Schnupfens und
seiner Folgezustände, Hypertrophien und Sekre-
tionsanomalien, gewidmet Als Folgen der Hifper'
tropMe der Nasenechleimhaui, lex, Verlegung der
Naeenliehtung werden in erster Linie angej^lhrt:
Adenoide, Pavor noctumus, Enuresis nocturna,
mangelhafte Entwicklung des Brustkorbes, Nei-
gung zu Keuchhusten, Stottern, gewisse Formen von
Schwerhörigkeit, Augenaffektionen und Aprosexia
naaalis. Als Folgen der qualitativ und quantitativ
veränderten Sekretion : Mandelentzündungen, Diph-
therie, Scrofulose, Tuberkulose, Betropharyngeal-
absoess, Cerebrospinalmeningitis, Eczema introitus
nasi, Nasenbluten (Anämie).
Richter (Altenburg).
88. Die NMenkrankheiten der 86hiilkiiider ;
von Dr. M.Bresgen inFrankfort a.M. (MflnduL
med. Wohnsohr. XLH 1. p. 9. 1895.)
In diesem für den hygieinischen Gongress in
Budapest bestimmten, populär gehaltenen Vortrag
führt B r. in kurzen Zügen die Wichtigkeit der Be-
obachtung krankhafter Zustände in der Nase vor
Augen, indem er hinweist auf die Bedeutung -der
bei frischem Schnupfen aufb!etenden Einrisse und
Rhagaden für sekundäre Infektionen, auf das Auf-
treten von sekundären Anämien bei häufigen Nasen-
blntungen und namentlich auf denBinfluss der bei
chronischer Rhinitis sich einstellenden behinderten
Nasenathmung für Entstehung der Tuberkulose,
Mittelohrentzündung , Polypenbildnng , Ozaena,
Augenleiden, Halsentzündungen u. s. w. Er wünscht
zum Schluss, dass die Erkenntniss der Widitigkeit
der Nasenleiden Alle, denen das Wohl der Schul-
jugend am Herzen liegen muss, mehr als bieher
durchdringe. Richter (Altenburg).
89. Pharyngotherapie; von Dr. A.Heller
in Nürnberg. (Münchn. med. Wchnschr. XLI. 44.
1894.)
H. berichtet überElrfahrungen, die erin25j&hr.
Praxis mit Ausspülungen der Nase und des Nasenr
rachenraunwheilnhakUunMkrankheitenfieiiaa^^
TL Innere Medidn.
45
Seine Bdumdlung stfitzt aioh auf folgende Sätze :
,4) Die Mehrzahl der Infektionslnrankheiten, Yiel«
leicht alle mit einziger Ausnahme der Cholera und
derPjBenterie, eindlnhalationfikrankheiten; 2) die
erste Lokalisation des Krankheitserregers findet
statt in den oberen Luftwegen, d. h. also im Nasen-
nohenraume, nftmlich im Nasen- und im Raohen-
nnme ; 3) an diesem Ort spielt sich die Incubations-
periode ab und 4) von hieraus geht erst die Besorp-
tion in's Blut, in die Sftftemasse, also die Allgemein-
iflfektion Torsioh/^ Besonders wird die Einwirkung
der Nasenausspfilungen besprochen bei Oesichts-
erysipel, Diphtherie des Rachens und Kehlkopfes,
Keuchhusten, Scharlach, Masern, Bfttheln, Scrofu-
lose, Tuberkulose, Typhus, akutem Oelenkrheuma-
tismus, Pneumonie, Bronchitis, Bronchialkatarrhen.
Die Ausspülungen werden yorgenommen mittels
eines einfachen Kautschukballons mit spitz zulau-
fender AusflussOffnung; die Spülflüssigkeit besteht
ans abgekochtem Wasser, eventuell mit irgend einem
geeigneten Salzzusatz, das je nach Art des Falles
entsprechend temperirt angewendet wird. Un-
angenehme Nebenwirkungen hat H. dabei nidit
beobachtet Es lohnt sich, die Einzelheiten des
interessanten Vortrages im Original nachzulesen.
Bichter (Altenburg).
90. VeberUhmiingen in den oberen Luft-
wegen bei Infektionskrankheiten (Typhus ab«
dominaüa, Diphtherie, Inflnenaa) ; von W. L u b -
lin 8 k i in Berlin. (Deutsche med. Wchnschr. XXL
26. 1895.)
Beim Typhus abdominalis sind nach L. laryn«^
geile Störungen ziemlich oft durch Stimmband-
paralysen vemisacht Diese Ursache würde häufiger
offenkundig werden, wenn man Öfter und metho-
discher beim Typhus laryngoskopiren würde. In
der Literatur sind bisher etwa 20 solche StUle mit»
ge&eüt, dagegen hat L. aUein 6 beobachtet Die Er-
Boheinungen treten meist in der Beconvalesoenz auf.
In manchen lUlen ist «ne Läsion des Nerven durch
Pleoropneumonie oder durch Lymphdrüsenschwel-
Inng die Ursache, meist aber handelt es sich wohl
um dne peripherische Neuritis oder eine Polio-
myelitis anterior, wofür die gleichzeitig beobach-
teten Lähmungen in anderen Nervengebieten spre-
choL Die letchtefen Formen der Lähmung scheineil
in kurzer Zeit von selbst zu heilen, während die
schwereren lange dauern oder bestehen bleiben.
Eine Lähmung kann natürlich nur mit Hülfe des
Siegels als Ursache der Erscheinungen, Heiserkeit
oder Dyspnoe, erkannt werden und es muss hierbei
^wonders dasYorhandensein einer Entzündung im
Criooarytaenoidgelenke ausgeschlossen worden. In
te von L. beobachteten 6 Fällen, deren Eranken-
gBKhiohten im Original nachzulesen sind, handelte
ei noh 2mal um LShmung der Erweiterer, 3mal
omLihmung eines Nervus recurrens und Imalum
lihmung beider NN. recunentes.
Von den diphtherischen Lähmungen treten ge-
wühnlidi zuerst die Gaumen- und Stimmband-
lähmung auf, später Aoconmiodations- und Augen-
muskellähmungen und zuletzt Lähmungen der
Beine. Unter Einwirkung der Serumtherapie hat
L. aber diese verschiedenen Lähmungen ziemlich
gleichzeitig und überhaupt sehr früh auftreten sehen.
Auch die Zahl der beobachteten Lähmungen ist seit
der Serumtherapie besonders gross, was wohl damit
zusammenhängt, dass die Diphtherie unter derEin-r
Wirkung des Serum viel rascher abläuft, und dass
viele Lähmungen, die früher nochimErankenhause
behandelt wurden, jetzt erst auftreten, nachdem
die Eranken schon entlassen sind. Der Ansicht
Monti's, dass das frühzeitige Auftreten der Läh-
mungen durch die Zahl und Grösse der Antitoxin-
dosen beeinflusst werde, kann sich L. nach seinen
Erfahrungen nicht anschliessen.
Zum Schlüsse wird noch 1 Fall von linkseitiger
Posticusparalyse nach einer zweifellosen Influenza
mitgetheilt, in dem es unter Anwendung von Elek-
tricität und allgemeiner und „stimmlicher^^ Buhe
in 4 Wochen zur Heilung kam.
Budolf Hey mann (Leipzig).
91. Ueber das Verhalten derBpiglottis bet
einseitiger BeonnrenBlähmnng ; von W. Roe-
misch. (Arch. f. Laryngol. ü. 3. 1895.)
R bespricht unter ausführlicher Anführung der
einschlägigen Literatur auf Grund von 13 lUllen
der E i 1 1 i a n 'sehen Poliklinik die Veränderungen,
die an der Bpiglottis bei einseitiger Becurrens-
lähmung auftreten. Er unterscheidet 2 Arten von
abnormen Befunden an der Epiglottis. Dnter die
1. Bubrik bringt er die Fälle aus der Literatur, in
denen sich schon während der ruhigen Athmung
Bewegungstürungen am Eehldeckel nachweisen
liessen: seitliche Verengung, Verbiegung oder Ver-
drehung sowohl nach der gelähmten, als auch nach
der gesunden Seite. Bei seinen 13 Er. fand B.
2mal leichte Zuckungen nach der gesunden Seite
während der Bespiration, die bei Inspiration mit
einer Hebung, bei der Exspiration mit einer Sen-
kung verbunden waren, bei der Phonation traten
diese Zuckungen noch mehr hervor. Eine 2. Art
der Betheiligung der Epiglottis besteht darin, dass
bei der Phonation eine Zuckung nach der gesunden
Seite erfolgt, die sich bald in einer Senkung, bald
in einer Drdiung äussert und „die wie Eillian
in einem Falle feststellen konnte, kurz vor dem An-
schlagen des Tones erfolgte'^ Diese Art der Epi-
glottisbewegung ist von fast allen Laryngologen
beobachtet worden und Eillian sah sie llmal
unter 39 FSUen.
R sucht im weiteren Verlaufe seiner Abhandlung
nach einer Erklärung dieses Verhaltens der Epi-
glottis auf Grund ihrer Muskulatur und Innervation.
Der Muskel, dessen Lähmung die Difformität be-
dingt, ist der M. aryepiglotticus; über die Inner-
vation gehen die Ansichten auseinander. Wenn
man sich einer der Ansichten, dass der Muskel
46
YL Ismeace Hedidn.
vom N. laryng. sup., oder dass er vom Recurrens
innervirt wird, anschlieseen wollte, würde man
keine Erklfimng fdr die E%lle haben, in denen die
Sektion eine Erkrankung entweder des einen oder
des anderen Nerven bei gleicher Bew^gungstfirnng
an der Epiglottis nachwies, und man muss daher
mitExner, Störk,Ziems8en u.A.annehmen,
dass die Innervation des Muskels individuell zwi-
schen beiden Nerven wechseln kann.
Friedrich (Leipzig).
92. Ueber das Verhalten der Aryknorpel
bei einseitiger BeoorrenaUUimaDg; von W.
Boemisch. (Arch. f.LaryngoL m. lu.2. 1895.)
Die bekannteste Erscheinung an den Ary-
knorpeln bei einseitiger Recurrenslähmung ist die
Deberkreuzung, wobei sich der gesunde Knorpel
gewöhnlich vor den gelähmten stellt. Diese fand R
unter den schon in der eben erwähnten Arbeit er-
wähnten 39 E i 1 1 i a n 'sehen Fällen 19mal. Femer
sind bei einseitiger Lähmung Bewegungen an den
Aryknorpeln der gelähmten Seite beobachtet wor-
den, die bei der Phonation und bei tiefer Inspi-
ration als Erzittern und Schlottern des Aryknorpels,
sowie nach Abschluss der Phonation, wenn die
Stimmbänder die Inspirationstellung wieder er-
reicht haben, in einer zuckenden Bewegung (Pendel-
bewegung) nach der gesunden Seite sich äussern.
Für die erste Erscheinung bei der Phonation wird
die doppelte Innervation des M. interaryt von bei-
den NN. recurrentes her zur Erklärung angeführt,
wodurch auch auf der gelähmten Seite die Motilität
dieses Muskels erhalten geblieben ist Die beiden
anderen Arten der Bewegung am Aryknorpel bei
der Bespiration erklärt R ausser durch eine Wir-
kung des inspiratorisdien Luftstromes durch einen
Zug, der durch die Auswärtsbewegung des gesun-
den Knorpels aui die „wie Sehnen wirkenden atro-
phischen Fasern" des M. interaryt ausgeübt wird.
Eine Erklärung dieser Zuckungen durch eine Inner-
vation des M. interaryt vom N. laryng. sup. aus
verwirft R Endlich führt er die auch von ihm
2mal beobachteten Bewegungserscheinungen am
Taschenbande der gelähmten Seite an, die sich
Imal als inspiratorische Zuckung, dann als phona-
torische Einwärtsbewegung bis zur Berührung mit
dem gegenüberliegenden gesunden Taschenbande
äusserten. Friedrich (Leipzig).
93. KUniflohes über Akne und den sebor*
rholBchen Zustand ; von Dr. J. S c h ü t z. (Aroh.
f. DermatoL u. Syph. XXX. 2. p. 203. 1895.)
Die Aknekranken haben von Oeburt an eine
verhältnissmässig dicke Haut mit reichlichen weiten
Talgdrüsen, stark entwickeltes Kopfhaar, wogender
Dicke der Haut mdst blasse Gesichtsfarbe und in
70*/« brünetten Typus. Häufig finden sich Nei-
gung zu Katarrhen der Nase, sowie Hyperidrosis
der Hände und Füsse. Die juvenile Akne beginnt
typisch beiders^ts an den StimhOckem und zieht
im Laufe vieler Jahre nach abwärts, Mund und Nase
freilassend ; die Pusteln sind oft symmetrisch an«
geordnet, einige Zeit nach erfolgter Pubertät heilt
die Akne ab ; Erregungen des Nervensystems be-
günstigen die Ausbrüche. Aus alledem folgt, daas
die Akne nicht eine idiopathische Erkrankung im
Sinne Hebra's sein kann, sondern es miiss viel-
mehr dieser Process das reflektcHische Symptom
einer, wenn auch noch leichten, chronischen Stö-
rung der Pubertätsentwickelung sein, die in der
Haut pathologische Veränderungen hervorruft Viel-
leicht handelt es sich um zu frühe, zu langsame
und unvollständige Entwickelung. Gomedo, Akne
und Seborrhoe haben denselben Orund zu ihrer
Entstehung : eine durch nervOse Einwirkung reflek-
torisch erzeugte anomale Hypersekretion. Compli-
kationen der Akne sind Seborrhoea sicca capillitii,
Defluvium capillorum ; später nach Ablauf der Akne,
tritt auf Eczema seborrhoicum, Acne rosacea. Oft
bildet dieSchuppenbildung der Kopfhaut den ersten
Orund zurB^iandlung, namentlich bei männlichen
Personen.
Die Therapie ist zunächst eine Örtliche; die
Entfettung der Haut und Entleerung der Talg-
drüsenmündungen erfolgt am besten durch Waschen
mit ganz heissem Wasser; als Seifen eignen sich
am besten Kaliseifen, Spir. sap., kaL Hebra mit
Thymol 2 : 300, Solveol 3 : 200, Besordn u. s. w.
Vollständig verwerflich ist der Gebrauch von
Olycerinseifen. Zweckmässig ist zur Neutralisation
und leichteren Entfernung von Alkalirückstfin-
den ein Nachwaschen mit einem leichten Toilette-
essig (1 Esslöffel in's Waschwasser) oder Aoetam
aromaticum oderCitronensaft, welch letztererstark
desinficirend und rückbildend auf die sohwarzen
KOpfe der Gomedonen wirkt Manche Kranke ve^
tragen indess weder Wasser, noch Seife, indem die
Talgsekretion zunimmt; bei solchen tritt oft auf-
fällige Besserung unter täglichem Abreiben mit
CooosOl, Lanolincream, amerikanischem Vaselin ein.
Werden auch reine Fette nicht vertragen, so em-
pfiehlt sich die Anwendung von Puder :
Snlf. depur.
Galoar. solfor.
Galcar. phosphor. ana 25.0
Mf. pulv. subt
S. Schwefelpuder.
Dieser mit etwas Wasser zu Brei verrührt und
über Nacht auf schmerzende Aknepusteln gelegt,
bringt sie oft überraschend schnell zur Abheilung;
auf das übrige Gesicht wird er einfach eingestäubt.
unter den in Pasten und Salben im Verein mit
heissen Waschungen und Kaliseifen zu verwen-
denden Mitteln sind redudrende Desinfidentien
(Schwefel, Resordn, Naphthol, Kampher-, Salioyl-
säure, Schmierseife, kaustische Alkalien) und
Keradolyte in erster Linie angezeigt Thierisöhe
Fette oder glycerinhaltige Salben sind ganz zu ver-
meiden; zu den Pasten dürfen nur mineralische
Pulverzusätze genommen werden. Für Idohtere
Fälle eignen sich SaUcylschwefelpasten 2 — 10*/fv
für mittlere Besordnpasten 5—50%, für schwere
VI. Innere Medidn.
47
loMor^ Naphtholpaste. Operative Behandlung der
Afaiepasteln ist nur bei Acne indurata zu empfehlen,
sonst flkhrt raech zur ErOlhiung der Pusteln Carbol-
qaeoksilberguttaperohapflastermullabwechselnd mit
lieissen Compressen mit 2^1^ EaL carbon. dep.
Gomedonen müssen ausgedrückt werden.
Besondere Sorgfalt erfordert die Behandlung
der Alopecia pityrodes ; zun&chst werden mehrere
Abende hintereinander Einülungen mit 2*/o Salicylöl
Torgenommen, am Morgen wird mit Thymolseifen«
geist gewaschen, mit angesftuertem Wasser nach-
gewaschen und eineSohwefelsalicylsalbe (3:1: 30)
eingerieben. Zum Kämmen dient ein weiter weicher
lother Qummikamm. Zur Nachbehandlung em-
pfiehlt sich das Aufträufeln von :
CSiimo. mar. . .
Aq. dost. . . .
Aq. amy^d. amar.
Spir. vini rectif. .
IHspens. sine aoido
S. Zum Wasohen.
3.0—5.0
100.0
20.0
50.0—100.0
Bei ausgebildeter deutlicher Lichtung auf der
Scheitelhöhe ist eine Yeratrinsalbe 1 : 50 einzu-
leben. Bei Frauen mit sehr fettem Haar werden
Vaachungen häufig nicht vertragen; in diesem
Fafle leisten Ontes Einpuderungen mit Schwefel-
pader. Seborrhoisches Ekzem verlangt häufigen
Wedisel der Unterkleider; vegetabilischer Puder
darf nie angewendet werden.
Besondere Behandlung erfordern die Chlorose
(am besten Stahlbad), Magenverstimmimgen, Men-
stroalbeschwerden. Die Beseitigung der Störungen
w&hrend der Entwickelung erfordert körperliche
Hebungen im Freien, Verminderung der geistigen
ThAtigkeit, eine zweckmässige Ernährung.
Was die Aßne rosaeea anlangt, so handelt es
flieh bei ihr ebenfalls um den reflektorischen Aus-
druck einer allgemeinen Störung, und zwar einer
oft leichten chronischen Magen-DarmstOrung. Die
Crüiche Behandlung hat auf den hyperämischen
Zustand der Haut Bücksicht zu nehmen. Den
verhinderten Abfluss befördern häufige kurze An-
wendungen (2 — 3 Sekunden) yon ganz heissem
Wasser mittels Schwämmen. Als Deckmittel, das
auch die Hyperämie vorüberg^end mildert, em-
pfiehlt sich:
Sulf ur depur.
Ammon. mur. ana .... 1.2
Spir. camphor 2.4
Acet vini
liq. cupri ammon. mur. ana 4.0
Aq. Laorooerasi
Aq. Bosarum ana .... 15.0
S. Geschüttelt mit dem Finger aufzutupfen.
Die Gefftsserweiterungen werden mit dem
Amnokauter oder mit ganz schwach glühendem
GaI?i&okanter zerstOrt
"^on grtaster Wichtigkeit ist die Begelung der
Verdauung. Begelmässige einfache Mahlzeiten.
^ der Terdauungsfreien Zeit Beseitigung falscher
iHhnmgen durch Antifermentativa: 3 — 4Tagelang
Thymol 0.2
Sofve in Spir. vini rectif. . 25.0
Adde Aq. dest 150.0
S. Um 10 und 5 Uhr 1 Esslöffel in einem Glas Wasser
zu nehmen,
alsdann Salzsäure (3 Tropfen auf 1 Wasserglas voll
Wasser [250.0]) ad lib. zu trinken. Vermädung
aller glüirunganregenden Nahrung, von Zucker,
riechendem Käse, Sauerkraut, Fischconserven, Bier,
Apfelwein, Mayonnaisen, Lachs, Aal, Cacao, Choko-
lade. Zur Anregung der DeAkation dient eine
Zulage von Ballast: Schwarzbrod, Qrahambrod,
eventuell Belladonna:
Extr. Aloes socotrinae . 0.5
Far. sulf. 3.0
Extr. Belladonn. . . . 0:25
Suoc. et rad. liquir. . . 9.1
Ad pü. Nr. 50.
S. 3— Imal täglich 1 Pille nach der Mahlzeit.
Die Aßne menti s. menstrualis, meist indurirt
oder kleinpustulOs und vonascendirendem Verlaufe,
zur 2ieit der Menopause auftretend, erfordert die
Beseitigung der QenitalstOrung und der meist in
deren G^esellschaft sich findenden Magendarm-
stOrungen. W e r m a n n (Dresden).
94. Ueber Pyodemütla» Akne und Sebor-
rhöe, influensiöse und para-inflaenaiöse Aus-
sohläge und deren Begleiteraoheintingen ; von
H. L e 1 0 i r. (Monatsh. f. prakt Dermatol. XX 10.
p. 541. 1895.)
Sehr häufig sind im Verlaufe oder in der
Beconvalesoenz derOripperubediforme, scarlatini-
forme, purpuraähnliche, polymorphe Erytheme und
die Herpesformen. Weniger gekannt sind Haut-
eiterungen, die meist als Folliculitis suppurativa,
Furunkulosis oder Carbunkel, seltener als Ery-
thema oder Impetigo, und zwar im Stadium der
Beconvalesoenz auftreten. Es handelt sich dabei
um eine Pyodermitis in Folge äusserer Impfung,
die durch die Schwäche des Kranken begünstigt
wird, oder um eine endogene Pyodermitis. Ver-
muthlich ist diese letztere Form darauf zurückzu-
fahren, dass das im Blute der Influenzakranken
kreisende pyogene Mikrobion durch die Haut und
besonders durch die Drüsen ausgeschieden wird ;
mit Vorliebe findet sich diese Pyodermitis an den-
jenigen Hautstellen, die sich durch den Reichthum
anr grosseren Drüsen auszeichnen, im Oesicht, im
Nacken, in den Achselhohlen, am Qesäss, an dem
Perinäum, der Qenitocruralgegend. Die endogene
Pyodermitis tritt in der Beconvalesoenz auf, die
exogene zu der Zeit, da die Influenza noch im
Blute steokt Bei der exogenen Pyodermitis han-
delt es sich meist um Folliculitis suppurativa der
Oberlippe, verursacht durch die Eitererreger des
Eiters des Coryzaschleimes; femer um Furunku«
loeis und Pustelbildung im Oesicht, an den Augen
und in deren Umgebung, sowie um Ftoaritien.
Außf&llig sind ferner plötzliche und heftige
Akneausbrüche während der Beconvalesoenz von
Influenza, allerdings meist bei Personen, die eine
18
Tl. Innere Hedidn.
Pr&disposition für Akne besitzen, bei Seborrhoikern.
SeborrhSe des Gesichtes nnd der behaarten Kopf-
haut verst&rkt sich bisweilen während der Influenza
bedeutend. Auch in diesen Fftllen handelt es sich
um einen toxischen Ausschlag, sei er nun durch
Ausscheidung giftiger Stoffe durch die Ebiut oder
durch Autointoxikation gastro- intestinalen Ur-
sprungs veranlasst AbfOhrndttel (Galomel) und
Desinfektion des Darmes durch Benzonaphthol,
Magnesia salicylica, Ichthyol wirken in solchen
Fällen günstig ; ferner Dampfbäder und Massage.
Yortrefflich wirkt Chinin bei der Behandlung der
Grippe. Endlich ist auf eine sorgfältige Antisepsis
der Haut zu achten : Waschungen mit Watte, die
in alkoholische Salol- oder ResoroinUysungen ge-
taucht ist, empfehlen sich zu diesem Zweck.
Wermann (Dresden).
95. Hautmassage bei Aone flMsiei ; von Prof.
Pospelow. (DermatoL Ztechr. n. 3. p. 216.
1895.)
Die Secemirung des Hauttalgs hängt, wie auch
die Schweissabsonderung, nicht allein vom Blut-
drucke ab, sondern sie steht hauptsächlich unter
dem Einfluss des Nerven- und Muskelapparates.
Dystrophien und InnervationstGrungen der Haut
verändern den Hauttalg nicht nur quantitativ,
sondern auch qualitativ, geistige üeberanstrengung
kann Seborrhoea oleosa, eine Abwaschung bei Leu-
ten mit ziemlich trockener Haut eine schnelle Ab-
sonderung einer asbestfSrmigen Sddcht trockenen
Hautfettes erzeugen: Seborrhoea sicca. Bei Mäd-
chen , die nicht rechtzeitig verheirathet wurden,
die sich zu „sterilisiren^^ anfangen, werden die Ge-
sichtszüge schärfer, Nase und Stirn bedecken sich
mit fettigem Ueberzug, was früher niemals der
Fall war, und es entwickelt sich schliesslich das
Bild der Acne vulgaris. Um dem. herabgesetzten
Turgor der Haut und den Turgor der Talgdrüsen
wieder herzustellen, wandte P. die Hautmassage
an, von deren Wirksamkeit er sich im Laufe meh-
rerer Jahre überzeugen konnte. Es istnothwendig,
dasB diese Massage in der Richtung der Talgdrüsen-
gänge der Hautmuskelfasem des Gesichts vor-
genommen wird, sowie dass das Reiben dasSebum
an den Drüsen herausdrückt, nicht hineinzwängt
Es findet daher die Massage nach einem Schema
statt : von der Mittellinie der Stirn nach den Schläfen
zu, vom inneren Augenwinkel nach aussen, von der
Gegend der Backenknochen nach der Nase zu, von
der Nasenwurzel zur Nasenspitze, von den Nasen-
flügeln und der Mitte der Oberlippe nach den Mund-
winkeln, vom Eieferwinkel nach dem Sonn zu.
Die Hände werden des Abends erst im heissenBad
erwärmt, gut abgetrocknet, mit Fett eingerieben
und alsdann wird 15 — 20 Minuten massirt Da-
nach wird das Gesicht leicht gepudert, am Morgen
mit Wasser von Zimmertemperatur ohne Seife ab-
gewaschen und mit einem weichen Tuche getrock-
net Eine Stunde nach der Morgenwaschung wird
eine 10 Minuten anhaltende Massage mit miM.
Tampon von fest zusammengerollter Watte vor-
genommen. Wird dieses Verfahren mehrere Monate
durchgeführt, so erhfllt die Haut ihren früheran
Turgor wieder und die Follikelmündungen werden
wieder unsichtbar.
Acne indurata s. tuberosa erfordert die Er-
öffnung und Entleerung der Knoten.
Die Massage bewirkt mit der Zeit auch eine
Besserung der allgemeinen Mimik; die Gesichte-
falten nehmen an Schärfe ab, derGesichtsausdnick
wird munterer und lebhafter. Es beruht dies auf
der gleichzeitigen Massagewirkung auf die unter-
liegenden quergestreiften Gesichtsmuskeln.
Wermann (Dresden).
96. Zar Behandlang der Pityriasia veni-
oolor; von Leo Leistikow. (Monatsh. f.prakt
DermatoL XX. 3. p. 158. 1895.)
Die Schwierigkeit der Verhinderung von Bed-
diven bei der üblichen Behandlung der Pityriasis
versicolor und andererseits die Wirksamkeit der
Behandlung mittels Schwefels in Pulverform nach
Tommasoli brachten L. auf die Vermuthung,
dass die auf der Haut aus dem Schwefel sich bil-
dende schwefelige Säure das eigentliche wirksame
Mittel bei der Bekämpfung der Pityriasis versioolor
sei. Das Mittel ist am besten in Form folgender
Salbe anzuwenden:
Solut caloii bisolf uros. 60.0
Adipis lanae
VaseÜD. aoa .... 20.0
Mf. ungt.
Zur Verhütung von Rückfällen empfiehlt sich
einmaliges wöchentliches Abseifen mit Eichhoff-
scher Chininseife, das 1 — 2 Monate lang fortzu-
setzen ist Wermann (Dresden).
97. Ueber Syphilis.
1) Einige kniiseke Bemerkungen xu Fournier't
Monographie „DieVererbung der Syphilia" ; von B. Bo-
sinski in Königsberg i. 'Bt, (Ztschr. f. Oebortsh. il
Gynäkol. XXXI. 1. p. 100. 1894.)
2) Veber einige Fragen aus der Lehre von der Ver
erbung der Sgpküis ; von Prof. £. v. D ü r i n g. (Monatsh
f. prakt DermatoL XX. 5. p. 245. 1895.)
3) Mn Beitrag mit üasuistik der Syphilis heredi-
taria ; von Dr. AdolfTobeitz. (Arch. f. KinderUde
XVI. 1 u. 2. p. 45. 1893.)
4) Ueber einen Fall von eongeniialer Sgphilis, aus
gezeichnet durch ungewöhnliche Ausbreitung und Schwere
der syphilitischen ^Erkrankungen; von Dr. Georg Ma
thewson. (Prag. med. Wohnsohr. XX. 11. 1895.)
5) Ein Fall von symmetriseher Gangrän aufhere^
ditär-luetischer Orunalage; von Dr. M. ErisowskL
(Jahrb. f. Kinderhkde. XL. 1. p. 57. 1895.)
6) Ueber Knochendeformitäten bei hereditärer Luet;
von Dr. G. J 0 a c h i m 8 1 h a 1. (Deutsche med. Wchnschr.
XX. 21. 1894.)
Bosinski(l) bespricht die viel nmstrittrae
Frage über die Durchlässigkeit derPlacenta gegen''
über dem syphilitischen Virus. Bs handelt sich
nach ihm bei dieser Frage um zwei Dinge: einmal
darum, ob eine nach erfolgter Conoeption, inter
graviditatem stattgehabte syphilitische Infektion
VL Innere Medicin.
19
Ton der Mutter auf das Siiid übergeht, anderer-
sdts darum, ob eine yom Yater bei dem Befnioh-
tongsakt mit dem Sperma dem Ovulum über-
mittelte Lues später auf die von der direkten In-
fektion durch den Contakt bis dahin verschont
gebliebene Mutter übertragen werden kann.
R weist darauf hin, dass man bei Frauen
nur selten den Primäraffekt einer syphilitischen
Infektion oder dessen Besiduen feststellen kann;
dem Vermissen der Initialsklerose bei einer syphi-
litischen Frau ist deshalb unter gewöhnlichen
Yerh<nissen eine besondere Bedeutung nicht bei-
zuiegesL Auch das häufige Fehlen der indolenten
Leisfcendrfisensohwellung hat im Bilde des syphi-
litischen Prooesses beim Weibe nichts Besonderes
auf sich.
B. glaubt, dass man zur Entscheidung der
Frage, ob die Syphüis der Mutter per placentam
zum FOtus oder umgekehrt übergehen kann, sich
vorläufig an die klinischen Thatsachen halten muss.
„Sidieren, unzweideutigen Aufschluss darüber wer-
den uns die Ergebnisse jener Fälle darbieten, in
denen eine bisher gesunde Frau sicher erst einige
Zeit früher oder später nach erfolgter Gonoeption
inficirt wird. Aber nur solche Fälle, die unter
aUen Cautelen vorgenommen, bei denen Zweideutig-
keiten jeder Art ausgeschlossen werden kOnnen,
wozu auch eine länger dauernde Beobachtung des
fiagUchen Kindes gehOrt, werden geeignet sein,
diese Frage aufzuklären. Solche Fälle sind selten,
in Kliniken noch viel seltener, als bei Privatärzten ;
die müssten aber alle publicirt werden, um diese
in ihren Consequenzen gewiss bedeutungsvolle
Frage entscheiden zu können.'^
B. spricht den Ausführungen Fournier's
die Beweiskraft ab und kommt zu dem Schluss,
dass der Standpunkt von Eassowitz, der die
Durchlässigkeit derPlacenta fOr dasContagium der
Syphilis bekanntlich in Abrede stellt, die klinischen
Üiatsachen in der Lehre von der hereditären Syphi-
lis noch am ehesten zu erklären scheint.
Arth. Ho ff mann (Dannstadt).
2) Die Fragen, die v. Düring ihrer Lösung
nfiher zu bringen sucht, sind von Eassowitz
aufgestellt und lauten : Welche Verhältnisse ver-
hindern das syphilitische Contagium andemüeber-
tritte in das benachbarte Qefässsystem und warum
wird dieses Hinderniss in vereinzelten Fällen doch
überwunden? und zweitens, in welcher Weise
kommt die Immunität gegen Syphilis ohne syphi-
litische Erkrankung zu Stande?
Der augenblickliche Stand dieser Fragen lässt
sich wie folgt zusammenfassen : 1) Das Vorkom-
men der germinativen Infektion ist bewiesen ; die
Spermazelle sowohl, wie das Ovulum kOnnen Träger
des Virus sein, unentschieden, ob des ausgebildeten
Mikroorganismus oder einer Ruheform. 2) Die un-
verletzte gesunde Plaoenta ist ein fOr körperliche
Elemente undurchgängiges Filter. 3) Im Blute ge-
ltet kreisende Stoffe, z. B. Toxine und Antitoxine,
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft 1.
vermögen die Plaoenta sowohl in der Richtung
von der Mutter zumEönde, wie umgekehrt zu über-
schreiten. 4) Bei vielen liifektionskrankheiten be-
wirken die Parasiten Erkrankungen der Plaoenta,
durch welche diese ihre Eigenschaft als undurch-
gängiges Filter verliert Es vermögen dann ge-
formte Elemente, z. B. Mikroorganismen, sie zu
passiren. Das giebt Anlass zur placentaren In-
fektion. 5) Durch Ueberstehen einer Infektions-
krankheit vnrd aktive Immunität erworben. Diese
kann bestehen: a) in einer Qiftunempfindlichkeit
der Gewebe, ohne dass noch im Blute ein Anti-
körper zu kreisen braucht, oder b) in dem Cir-
kuliren eines die Stoffwechselprodukte der Mikro-
organismen paralysirenden Antikörpers. 6) Durch
Uebertragen des Antikörpers von einem aktiv
immunen Individuum auf ein nicht immunes er-
wirbt dieses letztere eine unter gewöhnlichen
Verhältnissen vorübergehende passive Immunität
7) Eine sehr dauerhafte Immunität kann gewonnen
werden durch Einverleibung der Stoffwechselpro-
dukte einer Infektionskrankheit, durch Intoxikation
mit den Toxinen. Diese Immunisirung steht der
aktiven Immunität sehr nahe. 8) Mit dem Aus-
scheiden der Antikörper, dem Aufhören der pas-
siven Immunität, macht sich die Wirkung einer
etwaigen Infektion, bez. Intoxikation, wieder geltend.
9) Die Antikörper sind nicht nur im Blute, sondern
auch in den physiologischen Sekreten enthalten;
sie werden z. B. mit der MUch dem Säuglinge zu-
geführt und vermögen dessen passive Immunität
zu einer grossen Höhe und langen Dauer zu stei-
gern. 10) Tritt während der Schwangerschaft eine
Infektion ein, so sind sämmtUche Zwischenstadien
zwischen Abort, Infektion bis zur (Geburt einer
voll entwickelten, passive Immunität besitzenden
Frucht möglich. Der verschiedene Ausgang ist
abhängig von der Heftigkeit der Infektion (und der
Bildung der Toxine) und von dem physiologischen
oder pathologischen Zustande der Plaoenta.
Nach dieser üebersicht geht v. D. zu dem kli-
nischen Theile seiner Arbeit über und stellt als
Ausgangspunkt seiner Untersuchungen das Colles'-
sohe Gesetz hin : „Eine gesunde Frau, welche, von
einem gesunden Manne geschwängert, ein syphi-
litisches £ind geboren hat, kann frei sein von
allen Symptomen einer syphilitischen Infektion und
dabei doch zugleich refraktär sein gegen jede
syphilitische Infektion".
Bei der spermatischen Infektion verharrt der
Parasit offenbar längere Zeit im befruchteten Ovu-
lum, ohne sich zu entwickeln, da andemfsUs Abort
erfolgen würde. Sobald es zur Bildung der Pla-
oenta gekommen ist, ist die (Gefahr der Infektion
für die Mutter schon um etwas gemildert. Wird
nun das Mikzobion,* nach den sekundären Sym-
ptomen bei der Geburt des Kindes zu urtheilen,
in den 2 — 3 letzten Monaten der Schwangerschaft
aktiv, so cirkuliren immerhin während dieser Zeit
Stoffwechselprodukte des Parasiten, das Toxin, iov
7
50
VL Innece HediciiL
Blute der Mutter; die Parasiten selbst werden
durch die gesunde, undurchgftngige Placenta zu*
rückgehalten. Diese Toxine sind die Ursache daf Qr,
dass die Mutter gegen eine Infektion refraktär ist
Nach Fournier ist die Mutter latent syphilitisch,
nach Finger immunisirt ; mit Bestimmtheit kann
man nur sagen, dass sie eine Intoxikation durch-
gemacht hat Die Immunität kann eines der Resul-
tate des refraktären Zustandes sein; andererseits
können aber eine gewisse Kachexie und nach Jahren
tertiäres jmptome auftreten (Tertiarismus d'embl6e).
y. D. theilt 4 Beobachtungen hierüber mit Nach
Aufhören der durch die Intoxikation in anderen Fäl-
len herbeigeführten Immunität kann eine dauernde
„Giftunempfindlichkeit^^ derOewebe zurückbleiben,
oder aber diese ümstimmung der (}ewebe ist nicht
erfolgt und die nunmehr nach Ausscheidung der
im Blute drkulirenden Toxine und Antitoxine
wirklich „gesunde^^ Mutter syphilitischer Sander
kann dne syphilitische Erstinfektion erleiden.
Aus diesem Yerhalten, der Intoxikation der
Mutter durch die Gonception, folgt aber auch die
Möglichkeit der Infection par conception. Ist die
Virulenz des in der Samenzelle enthaltenen Para-
siten eine grössere (bei frischer Syphilis des Yaters),
so kann er sofort zur Entwickelung kommen und
das Ei zum Absterben bringen; in diesem FaUe
besteht keine Scheidewand zwischen dem Para-
siten und den mütterlichen Oeweben. Kommt es
aber noch zur Entwickelung einer Plao^ita, so
wird die immerhin noch relativ grosse Virulenz
des Parasiten eine Allgemeininfektion des Fötus,
Inyasion und Erkrankung der Placenta herbei-
führen; es tritt Abort ein ; die erkrankte Placenta
hört aber sehr bald auf, als Filter zu wirken und
es kommt zur Infektion der Mutter. Die Infektion
derSpermazelle ist übrigens eine fakultative, keine
obligatorische ; sonst wäre es nicht zu verstehen,
wie ein frisch syphilitischer Mann ein gesundes
Kind zeugen kann und nach der Oeburt dieses
Kindes seine Frau inficirt; auch v. D. beobachtete
einen solchen Fall.
Wird die Mutter während der Schwangerschaft
inficirt, so wird, falls dies im Beginne stattfindet,
es wohl leicht zum Abort kommen ; erfolgt die In-
fektion der Mutter in der Mitte der Schwanger-
schaft, so wirkt auch noch die mütterliche Erkran-
kung voll auf die Frucht; es kann zur Erkrankung
der Placenta kommen, zu Blutungen, Frühgeburt
oder zur Oeburt inficirter Kinder ; bleibt dagegen
das Filter der Placenta undurchgängig, so werden
„refraktäre^' Kinder geboren. Der Fötus kann eine
mehr oder weniger ausgesprochene Immunität
gegen die syphilitische Infektion als Folge der
Intoxikation zeigen (Profeta'sches Gesetz), oder
es besteht eine Kachexie ohne speoifische Sym-
ptome, oder (entsprechend den Tertiärsymptomen
bei den Müttern) finden sich die Folgen der Intoxi-
kation in specifisohen tertiären Symptomen bei
den Kindern wieder, Syphilis hereditaria tarda.
Wenn es irgend der Zustand der Mutter gestattet,
soll man solche Mütter ihre Kinder selbst stillen
lassen; eine energische Behandlung einer syphi-
litischen Mutter wirkt vorzüglich auf das von ihr
gestillte Kind.
Dass die Geltung des Prof eta'sdienOesetzes
eine beschränkte ist, darüber kann kein Zweifel
bestehen ; Kinder syphilitischer Eltern sind nicht
dauernd refraktär gegen syphilitische Infektion.
V. D. theilt eine Beobachtung mit, in der die In-
fektion einen ziemlich schweren Verlauf nahm.
Kurz zusammenge&sst, ergiebt sich Folgendes:
Erkrankt die Placenta, so kann sowohl die syphi*
litische Mutter die gesund empfangene Frucht in-
fioiren, wie die syphilitische Frucht die gesunde
Mutter. Bleibt die Placenta undurchgängig, bildet
sie ein Filter, so vergiften die Stoff Wechselprodukte
der syphilitischen Mutter die in der Entwickelang
begrifTene, gesund empfangene Frucht, die Stoff-
wechselprodukte der spermatisch inftcirten Fracht
die gesunde Mutter. Von verschiedenen Faktoren:
Grad der Intoxikation, Bildung der Antikörper,
vielleicht individueller Disposition, hängt es ab, ob
diese Intoxikation 1) zurlmmumtät führt bei voller
Gesundheit, oder 2) zu einer latenten Intoxikation,
die zwar gegen eine Infektion refraktär macht, aber
sich entweder a) durch „Kachexie^S b) später durch
tertiär syphilitische Symptome äussert.
W e r m a n D (Dresden).
3) Ein Twöohiges schlechtgenährtes Kind, dessen
Matter einen Abortus and eine Frühgebart darchgemacht
hatte, erkrankte mit Darmkatarrh and Blaterbrecheo,
Oedem an Beinen and Bauch, dann an Krämpfen in Ge-
sichts- und Aagenmuskulatur, bekam schliesslich Blut-
er brechen und starb nach durch einige Tage andauernden
subnormalen Temperaturen. Die Haut war Ins auf starke
Intertrigo am After rein.
Bei der Sektion, die sich jedoch nicht auf das Gehirn
erstreckte, fand Tobeitz beträchtlichen Ascites, Hämor-
rhagien in der Magenschleimhaut, bedeutende Leberver-
grösserung mit ODüKenntlicher Zeichnung der Adni, MiU-
vergrösserung. Nieren auf dem Querschnitte blass und
glänzend mit einer kleinen Hämorrhagie. Die Ober-
schenkelgelenkenden aufgetrieben mit verbreiteter Ossi-
fikationsUnie. Herz und Lunge ohne Besonderheiten.
Mikroskopische Untersuchung der Leber ergab zu-
nächst als dijBfuse Veränderung Wucherung des inter-
acinösen Bindegewebes, ebenso des intraacinösen und der
Scheiden sämmtlicher Gefässe und Gallengänge. Einzelne
Capillaren waren dadurch obhterirt. An den Central-
▼enen, auch an den kleineren interacinösen Tenen und
Arterien fand man Endothel wacherang, die das Lumen
stellenweise bedeutend vereng. Den schon makrosko-
pisch sichtbaren weissen miharen Herden, die regellos
zerstreut waren, entsprach mikroskopisch eine Ansamm-
lung von Randzellen mit centraler Nekrose.
W e r t h e r (Dresden).
4) Ein im 7. Monate todt geborener Fötus, 34 cm
lang, 870 g schwer, zeigte ausser syphilitiscW Erkran-
kung der Haut, der Limgen, der Leber und der lochen
ausgesprochene Gummiherde in den Hirnhäuten, der
Thymusdrüse, im Herzen and in den Nieren. Das Hirn
war zum grössten Theüe erweicht, in eine gelbhche Brei-
masse und eine klare gelbliche Flüssigkeit umgewandelt
Die Placenta bot eine syphilitische E»rankung des Cho-
rion dar, in Folge deren die mütterlichen Blutsinus
thrombosirt waren. AuffUlend war die ausgebreitete
YII. Qeburtsbülfe, Frauen- und EinderheOkunde.
51
VerkaUnmg der Gmnmigesohwülste ; vennathlioh war
die Syphilis des Fotos sel^ früh eingetreten, worauf auoh
die storlce Zerstörong des Gehirns deutete.
W e r m a n n (Dresden).
5) B. G., hereditär luetisch, machte im Juni 1893
ttneLoDgenentzündung durch und war gegen Weihnach-
ten dessuben Jahres wieder 4 Wochen an nusten krank.
Seit Mitte Februar 1894 wurde bemerkt, dass Hände,
Fasse und Ohrmnsohehi, die auf der Strasse blass waren,
ca. Vt— l'/t Stunde nach Eintritt in das Zimmer blau
worden und schmerzhaft waren. Gegen Mitte April blieb
jedoch die Blaufärbung, die bisher über Nacht sich wieder
verloren hatte,. an den Ohrmuscheln dauernd. Anfang
Mai entstanden schwarze Blasen, die platzten, worauf
die betr. Stellen wie verkohlt aussahen. Die Gangrän
hatte die über der Oonvezität des Heliz befindliche Haut
beiderseits symmetrisch ergriffen und heilte ohne ört-
liche BehandÜung nach Einreibung von 12.0 üng. dn.
und innerlicher Darreichung von insgesammt 6.0 Jod-
kaliom mit oberflächlicher Narbenbildung ab.
Nachdem Erisowakidie einzelnen Theorien
(Raynaud: SpastischeContraktionen aller kleinen
und kleinsten GefAsae des betr. Gebietes mit darauf-
folgender Paralyse und lokaler Asphyxie, Weiss:
Gleichzeitiger Stampf der Venen allein mit folgender
peripherisch von den contrabirten Venen auftretender
Stase und „Opportunität des Gewebes zurNekrose^S
Scheiber: Reine Trophoneurose) kritisch be-
leQchtet hat, versucht er den vorliegenden Fall da-
durch zu erklären, dass zunächst im Gehirn eine
ohioniBohe Arteriitis syphilitica der kleinen und
kleinsten Geßtese bestanden habe. Später habe
derselbe Prooess auch die kleinen Gefässe der
Glieder ergriffen. Durch den re&ektorischen Reiz
der Kälte wurde ein Angiospasmus ausgelost, der
beim Verweilen im Zimmer wieder nachliess. Die
Symmetrie sucht £. durch d6n Reiz einer Gumml-
geechwulat im Gehirn auf das Vasomotorenoentrum
plausibel zu machen. Baron (Dresden).
6) Ein Sjähr., schlecht ernährter Knabe mitall^mei-
nen Drüsenschwellungen und einer rechtseitigen eitrigen
Mittelohrentzündung zeigte am Kopfe ein süurkes Her-
vortreten der Stirnhöcker, an beiden Vorderarmen und
Unterschenkeln schmerzhafte Knochenauftreibungen. Das
untere Drittel des Radius war stark verdickt, verlängert
und radialwfirts convex gekrümmt, so dass eine Varns-
steUung der Hände zu Stande gekommen war. Eine
fl*ündliche Jodkaliumbebandlung brachte bedeutende
Besserung, besonders auch der Vamsstellung der Hände.
Da !hiberkuloee auszuschliessen war, mnsste here-
ditäre Lues als Ursache der Erkrankung angenommen
werden, wenngleich sichere anamnestische Anhaltepunkte
und Zeichen bestehender Lues fehlten. In einem ana-
logen Falle von Schede hatte sich durch einseitiges
w achsthum der Tibia eine Valgnsstellxmg des Fasses ge-
bildet, die nur dnrch einen operativen Eingriff zu heilen
war. WahrscheinHch handelt es sich nicht nur um
Verlängerung des Knochens durch periostales Wachs-
thum, sondern es ist in gleicher Weise die Epiphysen-
linie betiieiUgi (Fortsetzung folgt)
VII. QeburtshQlfe, Frauen- und Kinderhellkunde.
98. Zur operattven Behandlung des pri-
mären Soheidenoaroinoms; von Dr. C. Lauen-
stein in Hamburg. (Deutsche Ztsohr. f. Chir.
XLL 4 u. 5. p. 411. 1895.)
L. hat innerhalb 16 Jahren 2 primäre Sckeider^
eareinome operirt.
1) Eine 48jähr. Frau, die 4mal ohne Exmsthülfe
geboren, keine Erkrankung der Beckenorgane durch-
gemacht, auch kein Pessar getragen hatte, erkrankte an
Erebs der hinteren Soheidenwand. Parametrium und
Uteras waren frei; die rechtseitigen Leistendrüsen ge-
schwellt IbisiirpcUion nach Spaltung des Dammes;
Ablösung im Gesunden vom Mastdarm aufwärts. Der
eroffiiete DougWsche Baum wurde sofort wieder durch
die Kaht gee^loesen. JSeiking, Nach 3Vt J* Caroinom-
lecidiv an der Portio. Vaginaleüterusexatirpatton. Seit
3 Jahren ist die Kr. geheut und arbeitsföhig.
2) 68jfthr. Kranke. Seit Sommer 1893 Abgang von
Koth aus der Sdieide. In der Mitte der hinteren Scheiden-
^vaad eine trichterförmige Perforation des Septum recto-
^)igisale. Um die Perforationstelle wallartige Härte, die
8i(ä nach unten bis in den Damm, nach oben bis an den
Üteros, zu beiden Seiten bis an die Beckenwand erstreckte.
OperaHon. Anlegung eines künstlichen Afters oberhalb
der Spina ant sup. sin. Exstirpation des Septum recto-
vagioale. Naht des eröfbeten Douglas*8chen Raumes.
Jo&formgazetamponade. Heilung.
P. Wagner (Leipzig).
99. Ueber Bxstirpation der Vagina; von
A.Dfihr88en in Berlin. (Centr.-BL f. Oynäkol.
XK. 9. 1895.)
Der HülfiBSchnitt, den D. benutzte, besteht in einer
tiefen Scheidendammincision , die sich vom Scheiden-
gevöibe bis zum Frenulum und dann weiter am Damm
bis hinter die Yerbindungslinie des Anus mit dem luber
ischü erstreckt Femer wurde mit der Excision der
Vagina die hohe Gervixamputation combinirt Zum Yer-
ständniss des nicht sehr klar geschilderten operativen
Vorgehens sind die beigegebenen Zeichnungen unbedingt
erforderlich. Der Modus procedendi ist foli^ender : Vom
Scheidendammsohnitt aus wird das Scheidencaroinom
umschnitten und von seiner Unterlage abgelöst. Ist diese
Ablösung bis zum erkrankten Scheidengewölbe fort-
geschritten, so wird die Basis des lig. latum umschnürt
und von der Gerviz abgetrennt. Eröffnung des vorderen
Scheidengewölbes, Fixation der GerviX) Durchtrennung
derselben darunter, Trennung der Basis des anderen Lig.
latum nach Fassen mit einer Klemme. Eventuell dann
noch nach Entfernung alles Erkrankten (hohe Amputa-
tion) noch Exstirpation des Uterus. Hat das Carcmom
die ganze Scheidenwand ergriffen, so empfiehlt D., durch
das Carcinom mit dem Thermokauter zu gehen und dann
im Gesunden die Schddendammincision mit dem Messer
zu vertiefen. Erst nach völliger Entfemimg des Er-
krankten geht man an*8 Vem&hen. G 1 a e s e r (Danzig).
100. Ueber Exstirpation der Vagina; von
R Olshausen. (Centr.-BL f. QynäkoL XIX. 1.
1895.)
Die primären Vaginalcarcinome betreffen zumeist
die hintere Wand. Eist von da gehen sie auf die Portio,
seitliche und vordere Vaginalwand über. Bei der ge-
wöhnlichen Art der operativen Entfernung ist es unver-
meidlich, öfters mit dem Carcinom während der Operation
in Berührung zu kommen. 0. hat deshalb in 3 Fällen
ein anderes verfahren eingeschlagen. Es war jedesmal
ein grosser Theil der Vagina ergriffen, im letzten Falle
musste der ütei*us mit exstirpirt werden. Sein Vorgehen
ist folgendes : Man spaltet den Damm quer und arbeitet
sich stumpf zwischen Rectum und Vagina bis zum
Douglas'schen Raum, eventuell unter Controle vom Rec-
tum her seitens eines Assistenten. Soll der Uterus mit
^^stirpirt werden, so eröf&et man den Donglas'schen
52
TU Geburtshtllfe, Frauen- und EinderheQlcunde.
Baum hinter der Vanna, stülpt den Uterus naoh hinten
um und bindet die Ligamente beiderseits ab, schneidet
an der Grenze des abgelösten Theiles die Vagina mit der
Scheere durch und löst das Carcinom aus. Zuletzt naoh
stumpfer Trennung der Blase Abbindung derCervix uteri.
Ohne üterusexstiipation ist der erste Theil der Operation
ganz der gleiche. An der bequemsten Stelle ist dann die
Verbindung zwischen Lumen der Vagina und der ge-
schaffenen Wundhöhle herzustellen und das Carcinom
auszuschneiden. Bei sehr enger Vagina wird der letzte
Akt der Ezcision wesentlich erleichtert, wenn man die
hintere Vaginalwand bis in die Nähe der Neubildung
spaltet Bei den bisherigen schlechten Dauererfolgen
(unter 16 Fällen nach 2 Jahren 15 Reddive) glaubt 0.
auf diese Art die Impfreddive sicherer verhindem zu
können. G 1 a e s e r (Danzig).
101. Zur Operstioxi grosser Caroinome der
hinteren Vagina; von W. Thorn, Magdeburg.
(Centr.-Bl. f. Gyn&koL XIX. 9. 1895.)
Th. hat in 2 Fällen fast genau wie Olshausen
operirt ; da aber beide Male Beddive auftraten, so schlägt
er bei hochsitzenden Cardnomen Spaltang Ton Vagina
und Damm bis an das Carcinom vor, oder aber bei Er-
griffensein des Uterus die sacrale Methode.
Glaes er (Danzig).
102. Znr Anatomie nnd^nierapie desCaroi-
nomaoorporis uteri; vonM.Hofmeier. (Ztschr.
f. Geburtsh. u. Gynäkol. XXXH 2. p. 171. 1895.)
H. hat schon früher die Ansicht aufigesprochen,
dass es sich bei dem Vorkommen von 2 getrennten
Krebsherden an der Gebärmutter wohl immer um
Impfmetastasen höher sitzender Eörperkrebae han-
dele. Zur Bestätigung dieser Anschauung fQhrt
er einen Fall an, in dem der Krebs an 2 Stellen
des Gebärmutterkörpers und im Halse vorkam. Es
wurde hier gleichzeitig Plattenepithelkrebs neben
Drfisenkrebs gefunden. Im Körper herrschte in
den höheren Theilen das Bild des Drüsenkrebses
vor, während nach unten zu zwar in der Tiefe der
Charakter des Drüsenkrebses erhalten war, in den
oberen Schichten aber das Bild des Plattenepithel-
krebses hervortrat Dagegen fanden sich im (Jebär-
mutterhals Metastasen beider Formen dicht neben-
einander.
In einem anderen Falle konnte H. die That-
sache der Impfung selbst feststellen. In einem
Falle von Entfernung der Gebärmutter wegen
Drüsenkrebses war die Spaltung der engen Scheide
nothwendig. Nach einem Jahre war die eigent-
liche Operationsnarbe glatt geblieben, während
sich in der Scheidennarbe ein Krebsknoten vom
Bau des Drüsenkrebses entwickelt hatte.
Die Möglichkeit zweier isolirt auftretenden
Krebsherde in der Gebärmutter giebt H. zu, ebenso
die Verbreitung auf dem Lymphwege, voraus-
gesetzt, dass letztere nicht entg^;en dem Lymph-
strome stattfindet. Weiter bringt H. neue Belege
dafür, dass eine Anzahl von Körperkrebsen ihren
Ursprung vom Oberflächenepithel nahmen. Gleich-
zeitig sind diese eine Bestätigung des leichten
Uebergangs von Cylinder- in Plattenepithel und
des unmittelbaren uebergangs beider in einander.
In den beiden ersten Fällen, deren einer if egen
des Fehlens ausgesprochener klinisch« Erschei-
nungen ohne Entfernung der Gebärmutter tödtlich
verlief, handelte es sich um einen reinen Platten-
epithelkrebs im Inneren der Gebärmutter. Im
3. FaUe kam Plattenepithelkrebs neben Drüseir-
krebs im Körper vor.
Dass die groben Veränderungen des Ober-
flächenepithels nicht sekundäre sind, beweist ein
anderer Fall von Drüsenkrebs des Körpers, in dem
sich das Oberfläohenepithel vielfach ganz unver*
ändert zeigte.
Die Aussichten für die wegen Körperkrebsee
Operirten sind verh<nissmässig recht günstig.
Schlechte Erfolge gab H. die Operation vom
Bauche aus. Die 4 Operirten starben sämmtlich,
während von 19 von der Scheide aus Operirten
nur eine erlag. Von den 15 Ueberlebenden be-
kamen 2 Rücküedl ; eine Frau ist aus unbekannter
Ursache gestorben, die übrigen 12 sind (von 1 bis
8 J.) gesund geblieben. J. Präger (Chemnitz).
103. Das Carcinoma syncytiale uteri; von
R Kossmann in Berlin. (Monatsh. f. Geburtsh.
II. 2. 1895.)
In dem Streit, der durch die Harchand'sdie
Arbeit über das Sarcoma dedduooellulare entstan-
den ist, sucht K. zu vermitteln, indem er die An-
sicht ausspricht, dass sowohl Sarkome, als Cazci-
nome in der Schwangerschaft entstehen können,
dass also Sänger sich in der Deutung seiner
Geschwulst nicht geirrt hat. K. wendet sich ak-
dann gegen M.'s Behauptung, „dass sich an dem
Aufbau der eigenartigen Geschwulst die Elemente
der sog. Zellschicht, des ektodermalen Epithels des
Ghorion betheiligen^^ K. hat sich nie von einer
Wucherung des Ektoderms überzeugen können,
auch wäre die Annahme von der Combination
mütterlicher und fötaler Elemente gänzlich ohne
Analogen. Jene vermeintlichen Wucherungen sind
vielmehr durch Wiederauftreten von Zellengrenzen
aus dem Syncytium entstanden. MJs OesckwuUU
sind also reine Careinome, hervorgegangen aus dem
Epithel der ülentsechleimhaifä, das dem schwangeren
Zustande entsprechend seine Zdlengrenxen verloren
hat, diese MgentkümüchkeU auch in den primären
Knoten und selbst in den Mstasiasen x. 7%. noch
bewahrt, stellenweise aber wieder zu verlieren und
den ursprünglichen Charakter durch WiedererscMr
nen von Zellengrenzen wieder anxunehmen beginnL
Zum Beweise giebt K. 2 Abbildungen aus der
Geschwulst Lö hl ein 's (Centr.-BL f. GjnakoL
Nr. 14. 1893) und deutet die Geschwülste von
Marchand, Fränkel, Gottschalk, Menge
nach den Abbildungen in gleicherweise. Schliess-
lich spricht er sich gegen Veit 's Annahme ans,
dass sich das Ei auf der bereits cardnomatös er-
krankten üterusschleimhaut eingebettet habe, ver-
legt vielmehr die Zeit der Entstehung der Ge-
schwulst in die Schwangerschaft selbst
Glaeser (Danzig).
Tn. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
53
104. Eine neue Operationsmethode des
üteroBoaroinoms ; von Emil B i e s. (Ztsohr. f*
Qebortsh. u. Gynäkol. XXXQ. 2. p. 266. 1895.)
B. schlägt Tör, bei EDtfemung der GebSrmatter
wegen Krebses des unteren Abschnittes die iüaoalen
Lymphdräsen regelmSssig mit zu entfernen. Das Yer-
Mien wäre dann folgendes : Zunächst Auslöffelnn^ und
Yersohorfang des Krebsherdes, Abtrennung von Scheiden-
Jappen und Vernähung derselben über dem Scheiden-
theüe, bez. bei Sitz des Krebses im Inneren Yemähung
des Scheidentheils. Ausstopfung der Scheide mit Jodo-
formgaze. Dann Beckenhoohlagerung, Bauchschnitt
Unterbindung der breiten Mutterbänder möglichst weit
nach aussen. Entfernung der Gebärmutter. Darauf Spal-
tong des Bauchfells in der Gegend der Theilung der
Art. iliaoa communis in der Ausdehnung von ca. 6 cm.
Ansrlamung des Fettgewebes mit den Drüsen. Bauch-
fellnaht hier und über dem Beokenboden. Bauohnaht
J. F r ä g e r (Chemnitz).
105. Piim&reB Oorpusoaroinom mit Hae*
matometra und Haematokolpos bei Atresia
vaglnae senUis; von Dr. J. Sondheimer in
Leipzig. (Mon.-Schr. f. Qeburtsh. u. Gynftkol. I. 4.
p. 348. 1895.)
Eine 67jähr. Frau, vor 30 Jahren einmal entbunden,
Uagte seit 6 Wochen über eine Verhärtung im Ünter-
leibe. Die Untersuchung ergab, dass eine ovale Ge-
schwulst vorhanden war, deren Grösse einem im 5. bis
6. Monate schwangeren Uterus entsprach. Von der
Scheide zu untersuchen, verhinderte eine bestehende
Atresia vaginalis. In der durch Probepunktion erhalte-
nen Flüssigkeit befanden sich freie Krebszellen. Cölio«
tomid, schwierige, über 2 Stunden dauernde Exstirpation
des Tunor. Am Tage nach der Operation mehrmals Er-
brechen, das 3 Tage später nach Magenausspülung und
Üingidssen von 50 g Ol. Bicini auäorte. Reichliche
Biairrhöen. Am 10. Tage Tod unter zunehmendem Gol-
laps. Die Sektton ergab im Dünndarm zahlreiche katar-
riialische Geschwüre.
Die Operation und die Untersuchung des exstirpir-
ten Tumor (Abbildung) ergaben, dass die Vagina in Höhe
von einigen Gentimetem oberhalb des Introitus durch
sehr feste Yerwachsungen vollkommen versohlossen war.
Heber der Yerschlussstelle war der obere, mit der Zeit
stark hypertrophirte Theil der Scheide durch die be-
trächtliche Menge der von dem erweichten Corpuscarci-
nom gebildeten und in Folge der Atresie zurückgehalte-
nen FlüMigkeit zu einer enorm weiten, mit ihren Wan-
dungen dem Becken dicht anliegenden Höhle ausgedehnt.
Diese communicirte durch die gleichfalls stark hyper-
trophische, isthmusartig enge Cervix mit der Uterus-
lioÜe, die in Folge der ^kretanstauung mächtig, bis zur
Kmddcopfgrösse, ausgedehnt war und eine massig ver-
dickte, sehr weiche Wandung besass. Den Fundus uteri
nshm die etwa hühnereigrosse Hauptmasse eines knol-
ligen, zum Theil erweichten und in Zerfall begriffenen
Ondnoms ein, während die übrige Wand des Corpus mit
Ucineren, nach der Cervix zu an Zahl und Grösse immer
mehr abnehmenden Carcinomknollen und Knötchen be-
8^ war. Zahlreiche losgelöste Bröckel und Knollen
der Neubildung schwammen in der Flüssigkeit. Das
^^cinom hatte ausschliessHch das Corpus uteri ergriffen,
lügends, ausser in der rechten Tube, war eine Meta-
Biisenbüdung.
Nach S. ist die Entwickelung eines Corpuscarcinoms
^ vollkommenem Scheidenverschluss noch nicht be-
obaditet worden. Bezüglich des todtlichen Ausganges
i^t 8., dass die grosse eingegossene Menge Ricinusöl
^elleidit an der schweren akuten Enteritis, der die Ope-
rirt9 erlag, nicht unschuldig sei.
4>rth. Hoffmann (Darmstadt).
106. Ueber Behandlung der Betrodevia«
tionen des Uterus ; von ROlshausen. (Zeit-
ßohr. f. Geburtsh. u. GynÄkol. XXXIL 1. p. 1. 1895.)
0. trennt die Betrodeviationen des Utems in
folgende 5 Klassen: 1) F&Ue gewöhnliöhen puer-
peralen Ursprungs, ohne andere Complikationen
als etwa eine Hyperplasie des Organs; 2) Fälle
ohne Complikationen bei virginellem Uterus, in
denen die Flexion gering zu sein oder zu fehlen,
die Version dagegen viel ausgeprägter zu sein
pflegt; 3) Betroversionen des virginellen Uterus in
Folge von Verkürzung der vorderen Scheiden wand;
4) Fälle mit Krankheiten der Adneza uteri ; 5) FäUe
mit normalen Adnexen, in denen der Uterus aber
durch abnorme Verbindungen in der Retroveraion-
stellung mehr oder weniger befestigt ist.
Für die Fälle der, ersten und xiceiien £lasse
kommt nach 0. in derEegel nur diePessarbehand-
lung oder Vaginofixation in Frage ; von Pessaren
giebt 0. entschieden denjenigen von Gaillard
Thomas den Vorzug, und zwar den aus Hart-
gummi oder Celluloid hergestellten. Massage-
behandlung ist hier ganz aussichtlos. Die Fälle
der dritten Klasse eignen sich nach 0. ausschliess-
lich für eine chirurgische Behandlung, am meisten
wohl für die Mackenrodt'sche Vaginofixation.
In den Fällen der vierten Klasse ist die Hauptsache
die Erkrankung der Adnexa und nicht die Lage-
anomalie. Die Erkrankung der Adnexa bestimmt
deshalb den Eingriff, die Ventrofixation ist in
solchen Fällen meist ziemlich gleichgültig.
Am wichtigsten sind die Fälle der fünften
Klasse, d.h. die fixirten Betroflexionen ohne gleich-
zeitige Erkrankung der Adnexa. Hier kommen
Hassage, Behandlung der Adhäsionen nach B.
Schnitze und Ventrofixation in Frage. Das
Schultze'sdie Verfahren passt nach 0. nur für
peritonäale Adhäsionen. Ist die abnorme Befesti-
gung des retrovertirten Uterus durch extraperito-
näale Exsudate bedingt, so eignet sich ein solcher
Fall bisweilen für die Massagebehandlung; Vor-
bedingung hierbei ist Fehlen von Tubenerkran-
kungen und entzündlicher Reizung. 0. weist der
Massage bei Betroversio-flexio ein weit geringeres
Feld an, als es von der grossen Mehrzahl der
Aerzte jetzt geschieht, und spricht die Ansicht aus,
„dass wegen häufiger Anwendung derselben in
ganz ungeeigneten Fällen für jetzt durch die Mas"
sage noch weit mehr geschadet, als genützt wird".
Mit der Operation der reinen Ventrofixation ist
O. sehr xuriickhaltend gewesen; seit 1886 hat er
nur 32 Frauen operlrt, bei einer durchschnittlichen
Beobachtungzififer von 700 — 750 Betrodeviationen,
also nur in 0.5<^/o aller Fälle. 0. fixirt in den
letzten Jahren nur noch mit Silkwormgut und räth,
das Lig. rotundum nahe seinem Ursprung aus dem
Uterus unter Mitfassen eines grösseren Theiles des
Lig. latum zu umstechen, ferner die Bauohdecken
tief und nicht zu knapp mit derselben Sutur zu
umfassen, den JJt^rm durch die Sutur dicht an die
54
Vn. Geburtshflifd, Frauen- und Eindeibdilkunde.
Bauchdeckon hinanzuziehen, den Silkworm&den
Smal fest zu knoten und unmittelbar am Knoten
die FSden abzuschneiden. 0. empfiehlt schliess«
lieh noch, vor Ann&hung des Uterus das Perito-
naeum im unteren Winkel der Bauohwunde durch
eine Sutur zusammenzunähen. Im Grossen und
Ganzen ist 0. bei dem von ihm ursprünglich an-
gewandten Verfahren geblieben. Der Erfolg war
stets gut, Todesfälle sind nicht vorgekommen.
Den Schluss der Abhandlang bildet eine tabel-
larische üebersicht über 23 F&Ue neuer Ventro-
fixation. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
107. Ueber Vaginoflxatlon des retrover-
tirten üteras; von Prof. P. Müller in Bern.
(Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gyn&kol. I. 4. p. 309.
1895.)
M. schickt jeder Vaginofixation eine Aus-
kratzung und Desinfektion der üterushöhle mit
50proc. [? Ref.] CarboU^sung voraus. Besonderen
Werth legt M. auf die Berücksichtigung der Blase;
nach erfolgter Loslösung wird sie hinter die Sym-
physe gebracht und hier entweder durch einen
geeigneten stumpfen Haken nach oben festgehalten
oder noch besser mit einigen unter der Blase durch-
geführten, versenkten Catgutnfthten oben befestigt
Nur auf diese Weise kann man nach U. die Blase
vor Nahtverletzungen oder vor Einwanderung ver-
senkter Nähte bewahren.
Die Vorzüge der Yentrofixation fasst M. in
Folgendem zusammen : der operative Eingriff ge-
schieht in der Tiefe der Vagina, ist gering und ein-
fach, die Periton&alhöhle bleibt uneröffnet, die Hei-
lungsdauer ist kurz und eine Nachbehandlung
nicht erforderlich.
H. hat die Vaginofixation 43mal ausgeführt
und ist mit dem Erfolg zufrieden.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
108. Laparo-hysteropezie extra- pirito-
näale dana le troitement da prolapaoa et de
la retroflaxion de Fatema; par G.-B. Segala
(Revue de Chir. XV. 4. p. 337. 1895.)
S. theilt kurz die Erfolge mit, die er in 9 Fällen
von Betroflexion und vollstftndigem Prolaps des
Uterus mit der exircgperitonäalm Laparo-Hystero-
peoDte erzielt hat Er stellt folgende Sohlusssfttze
auf: 1) Der Dterusprolaps ist die Folge mehrerer
Ursachen: a) der Volumzunahme des Organes,
b) einer ErsöhlafiFung der Scheide und der Auf-
hftngebänder, c) einer verminderten Widerstands-
f&higkeit des Beckenbodens. Man muss deshalb
zunAohst diese Momente aussohliessen, durch Am-
putation der hypertrophischen Cervix uteri, durch
Eolporrhaphie und Perinftorrhaphie, um dann die
Heilung durch die Hysteropexie zu vervollstän-
digen. 2) Diese Operation, aseptisch oder anti-
septisch ausgeführt, ist ungefährlich und nicht
schwierig und ohne nachtheilige Folgen. 3) Als
Nahtmaterial empfiehlt sich Gatgut Nr. 3 oder 4 ;
t)eBondeff8 wichtig für ^ine dauernde Fixation des
Uterus an die Bauchdecken ist die extraperitonSale
Annähung. P. W a g n e r (Leipzig).
109. Zur Technik der vaginalen Fixation
dea üteraa; von Dr. R Wertheim in Wiea.
(Centr.-BL f. Gynäkol. XIX. 18. 1895.)
W. berichtet über 37 Operationen aus der
Schauta'schen Klinik: Gruppe I 7 Fälle nach
M a c k e n r 0 d t 's ersten Vorschriften ergaben 7 Red-
dive; Gruppe II 9Fälle nachDührssen's ersten
Vorschriften, aber ohne Uterussonde, 3 Becidive;
5 Fälle genau nach Mackenrodt's Demonstra-
tion vor der Naturforscherversammlung in Wien;
einmal Darmperforaium ; kein Recidiv; Gruppe III
16 Fälle mit Erüffnung der Plica vesico-uterina,
16 Erfolge. W. spricht sich dahin aus, dass in
jedem Falle von vaginaler Fixation dasPeritonaeam
erülhiet werden müsse. Etwaige plastische Ope-
rationen an der Portio sind vorher zu machen.
Bei Prolapsoperationen macht W. stets auch die
Vaginofixation (7 Fälle). G 1 a e s e r (Danzig).
110. Veaiooflxatio und VentroTeaiooflxatIo
uteri; von Fr. Westphalen in Kiel. (Mon.-
Schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. H. 1. p. 1. 1895.)
Das Verfahren Werth's sucht den Nach-
theil, den die bisherigen Methoden Olsbausen-
Eelly's und Leopold^Gzerny's hatten, die
(Gefahr der Darmeinklemmung in dem unterhalb
der Befestigungstelle der Gebärmutter an der
Bauch wand bestehenden Kanal, zu vermeiden.
Das jetzt gebräuchliche Verfahren besteht darin,
dass durch fortlaufende Gatgutnaht eine sagittale
durchscheinende Falte des Blasenbauchfelles an
der vorderen Gebärmutterwand in der Mittellinie
befestigt wird. Alsdann folgt, wenn es sich um
Bückwärtsknickungen handelt, noch eine Befesti-
gung der Gebärmutter an die Bauch wand, während
sich W., wenn es sich nur darum handelt, die Ent-
stehung einer Betroflexion zu verhüten (z. B. nach
Operation von Geschwülsten), mit der Vesioo-
fixation begnügt
Die Erfolge waren befriedigend. Von 42 Ope-
rirten starb eine, in 34 Fällen war die Reoonvale-
scenz glatt. In keinem Falle kam es zu einem
Rückfall Blasenbeschwerden bestanden nach der
Entlassung nur bei 4 Frauen.
J. Präger (Chemnitz).
111. A new method of treating adherent
retroponed Qteri; by William R Pryor,
New York. (New York med. Record XLVm. 3 ;
July 20. 1895.)
Die „neue Methode^ zur Heilung von BückwSrts-
verlageroDgen der Qebärmntter besteht in EröfiEäung des
Doaflpas'schenBaonies vom Scheidengewölbe aus, Lcänng
der Y erwachsangen, dann üntersuchuig der Anhänge,
nachdem doroh ßeckenhochlage die Därme nach oben
gesunken sind. Eventuell Operation an den Eileitern,
ez. Eierstooken, dann Tamponade des Douglas'schen
Baumes, Bechtslagerung der Gebärmutter, Tamponade
der Scheide. Letztere wird einen Monat lang fortgesetzt,
während die Tamponade des Douglas'schen Raumes nur
2— Smal erneuert wird. J. P r ä g e r (Chemnitz).
yn. Oeburtshülfe} frauen- und Einderheilkunde.
55
112. Bemerkungen inr neuen Prolaps*
opantion neoh H* W, Freund; von Dr. J.
Schramm. (Gentr.-BL f. Gyn&koL XYm. 45.
1894.)
Sehr, fheilt einen Fall mit, in dem er nach
FreuDd's Methode mit Silberdraht genäht hat, nnd er-
vüiuit, daas die Methode bereits von Bellini (vgl.
Jahrbb. XIU. p. 319 und XLII. p. 307) geübt wurde.
Glaeser (Danzig).
113. Alezander^s Operation; von Otto
Küstner. (Centr.-BL f. Gyn&koL XIX. 7. 1895.)
Auf Ghcxmä von 30 mit Erfolg ausgefQhrten
doppelseitigen Verkürzungen der Lig. rotunda em-
pfiehlt E. diese Methode wiederum bei freien Retro-
fleiionen.
Der Gang der Operation ist folgender: Zaerst Bepo-
sition des Utoms, darauf 6 — 8 cm langer Schnitt pariülel
dem Ug. Poupartii. liegt die Fascia superficialis völlig frei,
so erkennt man den äusseren Lieistenring an dem heraus-
quellenden Fettträubohen. Spaltung des Leistenkanals
doroh einen Soheerenschlag. Fassen des Inhaltes mit
£beier Js'scher Klemme und Isoliren des lig. rot; Hervor-
fieben desselben, bis der Proc. vagin. peritonaei bequem
sichtbar wird. Durch diesen wii-d die erste fixirende
dtgatnaht geführt, die zugleich durch die Fascia super-
ficialis geht Gewöhnlich noch eine zweite Naht durch
diesea Kegel, zwei weitere Suturen im freien Theile des
Ligamenta vernähen dieses auf Fascie und Weichtheile
btf an den äusseren Winkel der Hautwunde , der Rest
des ligamentes wird amputirt Sohluss der Wunde
doroh fitagennähte, wenn nöthigCk)mpre88ion. 8 — 10 Tage
B«ttnihe, Entlassung nach 14—20 Tagen.
Glaeser (Danzig).
114. üeber die Behandlung (insbesondere
die operaÜTe) der BückwärtBlagerong der Ge-
bärmutter; von Max Oraefe in Halle a. S.
(r.Yolkmann's SammLkIin.Yortr. N.F.Nr. 125.
1895.)
Gr. warnt vor der örüiohen Behandlung ^eAr
fietroflexion, namentlich der bei Yirgines vor-
kommoiden, die keinerlei Beschwerden verursacht
Tor Anwendung einer Operation müssen zunächst
BUeYersuchey den beweglichen, retroflektirten, der
Pat Beschwerden verursachenden Uterus nach er-
folgter Bepoeition durch ein Pessar in normaler
lige SU erhalten, erfolglos gewesen sein. Auch
bei erfolgreicher Pessarbefaandlung kann in seltenen
mifiD die operative Fixation des Uterus angezeigt
iein, wenn das Pessar den geschlechtlichen Yer-
kehr imm(3glich macht oder dauernden übeMechen-
dea Ausfluss verursacht
Bei Prolapsen, die die Kolporrhapbie nöthig
luehen, ist bei gleichzeitig bestehender Retroflexio
die Yaginalfixation mit jener Operation zu ver-
l^en. Bei fixirten Betroflexionen ist zunfichst
dmt^ Massage oder gewaltsame Zerreissuug der
Verwachsungen eine Richtiglagerung des Uterus
n versuchen ; misshngt dies, so ist bei starken
fioBchwerden die Laparotomie, Mobilmachung des
Uterus und Yentrofixatio angezeigt. Bei Compli-
latioiraii mit ovariellen oder tubaren Tumoren ist
ktzierer Weg nach Or. sofort einzuschlagen.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
115. Die Leitung der Gtobuift nur durch
äussere Handgriffe ; von Dr. G 6 z a E e r n. (Wien,
klin. Bundschau IX. 22. 23. 1895.)
Der äusseren Untersuchung der Schwangeren
und Ereissenden, mittels der wir die genaueste
Diagnose stellen können und mit Sicherheit die In-
fektion der Untersuchten ausschliessen, wird nach
E. noch nicht genug Aufmerksamkeit zugewandt
E. führt dies des Näheren aus und hebt als Yor-
züge der äusseren Untersuchung hervor: Aus-
schliessung der Infektionsgefahr, Schonung des
SchamgefOhls, Yermeidung der Blasensprengung,
gefahrlose häufige Wiederholung der Untersuchung
und dadurch Möglichkeit einer genauen Verfolgung
des Geburtsvorganges. Die äussere Untersuchung
giebt nach E. Aufklärung über die Lage und Stel-
lung des Eindes, über den Ort der Herztöne, über
das Yerbalten des vorangehenden Theiles zum
Becken, über die Grösse des Eindes, über die wahr-
scheinliche Zeit der Schwangerschaft, über die wahr-
scheinliche Beschaffenheit des Beckens, über den
Sitz derPlacenta, sowie darüber, ob die Schwangere
eine Erst- oder Mehrgebärende ist Die Arbeit
stammt aus der Leopold 'sehen Elinilr in Dresden.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
116. Die Zangenoperationen während der
Jahre 1881 — 18M; von Bich. Schick. (Mon.-
Sehr. f. Geburtsh. u. OynAkoL I. 6. 1895.)
In 2920 OeburtsfUlen der Best hörn 'sehen
Elinik in Prag kam die Zange 106mal zur An-
wendung (3.63^/o). Darunter waren Erstgebärende
71.7^Iq. Anzeige zum Eingriff war Gefahr für die
Mutter in 41.5^0* ^^ das Eind in 52.830/o) für
beide in 6.6*/o der Fälle. Yerletzungen kamen in
ca. 60*/o, atonische Blutungen in 11.3o/o der Fälle
zur Beobachtung; es erweist sich auch aus diesen
Zahlen, dass die Zange die blutigste der geburts-
hülfüchen Operationen ist An Eindbettfieber er-
krankten 1.8^/o der Wöchnerinnen. DieGesammt-
sterblichkeit betrug 4.7^/o ; nach Abrechnung der
fiebernd eingebrachten, an Eindbettfieber 0.9*/o.
Yen denEindem waren 63.21% Enaben, 36.79%
Mädchen. 16 Einder zeigten Yerletzungen (davon
Eindrücke am Stirnbein 8), 11.3% starben. Hier-
von fallen der Zangenoperation 3.7*/o zur Last
8.5% sämmtlicher Zangen wurden am hochstehen-
den Eopfe angelegt (1 Mutter und 56.1<^/o der
Einder starben).
Seh. verwirft das Anlegen der Zange ohne
dringende Anzeige. Bei Wehenschwäche soll sie
nur angelegt werden, wenn sämmtliche Mittel zu
deren Beseitigung fehlgeschlagen haben und die
Austreibungzeit ungewöhnlich lange dauert In
diesen Fällen räth Seh. zur Yermeidung von Nach-
blutungen vor Anlegen der Zange Brgotin unter
die Haut einzuspritzen. Auch anhaltende Steige-
rungen der Eörperwärme erheischen die Beendi-
gung der Geburt, um so bald als möglich den Ge-
schleohtskanal desinficiren zu können. Die Zangen-
se
TU. Geburfshttlfe, Tranen- und Sinderlieilknnde.
Operation bei hochstehendem Kopfe betrachte man
nur als einen vor der Perforation ansznführenden
vorsichtigen Entbindungsversuch«
J. Prftger (Chemnitz).
117. Zur F^e der Binleitniig der kfinat-
lichen Frühgeburt bei Beokenenge; von Dr.
Oscar Beuthner in Bern. (Arch. f. Oynäkol.
XLVin. 2. p. 269. 1895.)
Von 1884 — 1893 wurde in der Bemergeburts-
hülflichen KUnik (P. Müller) 21mal die künst-
liche FrQhgeburt ausgeführt Bei der Indikation-
stellung kamen weniger die Anamnese, insbesondere
frühere Qeburten betreffend, und die Haasse des
Beckens in Betracht, als vielmehr das OrGssen-
verh<niss des Kopfes zum Becken. Dieses lAsst
sich nach der von Müller 1885 veröffentlichten
Methode durch Einpressen des Kopfes in das Becken
sicher beurtheilen. Die künstliche Frühgeburt soll
dann eingeleitet werden, wenn der kindliche Schädel
mit seinem grössten Umfange bei starkem und
längerem Druck von aussen auf die Schädelbasis
eben noch den Beckeneingang passirt Der Zeit-
punkt zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt
lässt sich hierdurch m(}glichst genau bestimmen.
Dagegen ist es unzulässig, ausdermuthmaasslichen
Schwangerschaftsdauer auf einigermaassen con-
stante Entwickehmg der Frucht zu schliessen. Die
Feh ling 'sehe Ansicht, wonach bei den niedrigen
(Graden der Beckenverengerung die spontane Ge-
burt bessere Resultate als die künstlich eingeleitete
gebe, besteht nicht zu Recht Zwischen Erst- und
Mehrgebärenden darf bei der Frage der Einleitung
der Frühgeburt kein Unterschied gemacht werden ;
eine Gonj. vera von 10 cm kann keine Gontraindi-
kation bilden. Das Wochenbett wird durch die
künstliche Frühgeburt nicht ungünstig beeinflusst
Wie wenig die Beckenmaasse als solche zur Indi-
kationstellung genügen, lehrt u. A. eine Frau (plattes
Becken Conj. vera 8 cm), bei der zunächst Imal
perforirt, dann in den folgenden 6 Qeburten die
künstliche Frühgeburt eingeleitet wurde, bei der
8. bis 10. Geburt aber das natürliche Schwanger-
schaftsende abgewartet werden konnte, weil der
Kopf sich bis zuletzt in das Becken einpressen liess.
Derartige Fälle, in denen die Einleitung der künst-
lichen Frühgeburt durch das Müller 'sehe Ver-
fahren umgangen werden konnte, kamen Öfter vor.
Die Kinder pflegten dann, bez. der körperlichen Ent-
wickelung, Frühgeburtskindem zu gleichen. Von
den 21 Kindern wurden 15 lebend geboren und
verliessen 13 lebend die Klinik, es stehen 61.95®/o
gegenüber 48.9^/o (22 von 45) solcher Kinder, die
von den gleichen Frauen vorher am normalen
Schwangerschaftsende geboren und am Leben ge-
blieben waren. B r o s i n (Dresden).
118. Experimentelle Stadien zur Patho-
genese der Bklampsie; von Dr.Heinrich Lud-
wig u. Dr. Budolf Savor. (Mon.-Schr. f. Qe-
burtsh. u. Oynäkol. L 5. p. 417. 1895.) ^
Von der Ansicht ausgehend, daas es sich bei
der Eklampsie um eine Vergiftung mit einem Yot-
läufig unbekannten, chemisch -toxischen Agens
handle, haben L. und S. es unternommen, durch
eine grössere Versuchsreihe diese Frage änerKlft-
rung entgegenzuführen. Sie ziehen aus ihren zahl-
reichen Versuchen denSchluss, dassimconvulsiTea
Stadium der Eklampsie, d. h. während der AnfSUe
und dazwischen entnommener Harn weniger giftig
ist, als der normaler Gebärender ; das Serum aus
dieser Zeit ist weit giftiger als normales Serom
Gebärender. „Der schwangere Organismus ist mit
den giftigen Eindprodukten seines Stoffwechsels ge-
sättigt oder wenigstens geneigt zu einer üeber-
ladung mit denselben , denn sein Blutserum ist
giftiger als das Nichtschwangerer, der Harn ent-
schieden weniger giftig. Diese unter physiologi-
schen Verhältnissen bestehende Neigung zur Auto-
intozikation findet sich im Erankheitsbilde der
Eklampsie in's Pathologische gesteigert: daseklam-
ptische Serum ist noch giftiger als das normaler Ge-
bärender, ja es entfaltet in einigen Fällen sogar
eine specifische Wirkung auf die Nieren. Dagegen
ist der Harn jedesmal zur Zeit der erhöhten Toxi-
cität des Blutserum, also im convulsiven Stadium
der Eklampsie, weit weniger giftig als normaler.
Der Umstand, dass nach dem convulsiven Stadium
eine Periode gesteigerter Tozidtät des Harns sn
beobachten ist, spricht dafOr, dass die Ursache der
eklamptischen Autoinfektion in der Retention einer
hamfähigen Substanz zu suchen sein muss. Denn
80 kolossale Schwankungen der Giftigkeit des Harns
binnen kurzer Zeit und die Steigerung der Toxi-
cität jedesmal dann, wenn das Erankheitsbild eine
Wendung zum Besseren genommen hat, lassen
keine andere Deutung zu, als dass die krankheit-
erregende giftige Substanz im Blute zurückgehaitei
und später durch die Nieren in grosser Menge aus-
geschieden wurde.^^
L. und S. „betrachten die Eklampsie als eine
Autointoxikation mit einer harnAUiigen, sich rasdi
zersetzenden Substanz, die, ein Produkt des inte^
mediären Stoffwechsels, durch Störungen im Stoff-
wechsel während der Schwangerschaft im Organis-
mus angehäuft wird und ihre Wirkung würsnd
der Oeburt und im Wochenbette bei funktionellen
Störungen der Leber und Nieren in Form der
eklamptischen Krankheitsbilder entfaltet; ihre Aus-
scheidung erfolgt rasch nach dem convulsiven
Stadium, und zwar durch die Nieren. Ob dieser
Körper seine Entstehung den bei Eklampsie sooon-
stanten Leberläsionen allein zu verdanken hat, and
ob er ein Zwischenglied bei der Synthese des Harn«
Stoffes darstellt oder etwa die Garbaminsäure selbst
ist^, wollen L. und S. weiteren Untersudiuag^
anheimstellen. Arth. Hoffmann (Darmstadt.)
119. Toxioite da serom matemel et fi>etal
dana nn caa d'eolampaie paerpdnde; ptf J*
Chambrelent, Bordeaux. (Arch. clin. de Bord«
XIU. 6 ; Juin 1894.)
YH Oeburtahfllfe, Frauen- und Einderheükunde.
57
Die üntersuohaiigen Bouchard's über die
Giftigkeit des nomudea Harns und doren Abnahme
bei Eklampsie yeranlasatwiTarni er, CLmiteiner
Untersuchung der Giftigkeit des Blutserum zu be-
auftragen. Beim Beginne dieser Arbeit erschien
eine Veröffentlichung Rummo's (Siena), der fest-
Btdlte^ dass 10 ccm Blutserum gesunder Menschen
genügten, um 1 kg schwere Kaninchen zu tCdten.
Gh. konnte nun die weiteren Angaben Rum-
mo's bestätigen, dass nur 3 — 4 ccm Serum Eklam-
ptischer die gleiche Wirkung hatten. Auch in dem
von Gh. klinisch vorgestellten Falle von Eklampsie
war die Giftwirkung eine gleiche. Gh. glaubt, dass
die Untersuchung über die Giftigkeit des Serum
das wichtigste Hülfsmittel für die Prognose der
Eklampsie ist.
Die Untersuchung des Serum von Kindern Eklam-
ptischer hat gezeigt, dass es ebenfalls viel giftiger
ist, als das Serum anderer Keugeborener.
J. P r ä g e r (Chemnitz).
120. Beitrag mr pathologisohen Anatomie
der Pnerperaleklampaie; von Dr. Pels Leus-
den. 1 TafeL (Virchow's Arch. CXLII. 1. p. 1.
1895.)
L. gehingt auf Grund seiner Untersuchungen
in 2 Fällen von Eklampsie zu folgenden Schlüssen :
l)Ein infektiöserUrsprung (Favre) bestand nicht
2) Jedenfalls ist die Ursache ein im Blute cirku-
lirendes Gift 3) Als vorwiegend in Betracht kom-
mende Organerkrankung ist dieNierenafPektion an-
zusehen (Nephritis). (Im 1. Falle handelte es sich
um beiderseitige doppelte Dreterenbildung. Aus-
mündung der beiden unteren üreteren in eine
divertikelartige Ausbuchtung der Blasa Ueber-
gang des rechten oberen Ureters in eine sackförmige
Ausbuchtung an der Hinterwand der Blase mit
Bildung einer kleinen sekundären Oeffhung am
Trigonum.) 4) Die von Schmorl zuerst nach-
gewiesenen und auch in L.'s Fällen in den Lungen
gefundenen ovalkemigen Zellen sind übereinstim-
mend mit den sogen. Placentariesenzellen, gleich-
viel ob diese direkt von dem Zottenepithel oder
von den in der Serotina vorkommenden epithelialen
Gebilden abstammen. 5) Ihr Vorkommen ist aber
weder als Oraaehe, noch (üa Folgexustand derEkbm-
jmie oder als anderen puerperalen Srampfxitständen
eiffenthümliehanxtise?ien. DieEmbolievonPlacenta-
zdlen ist zunächst nur als aoeidenteUes Ereigniss
zu betrachten. (L. fand Embolien von Placenta-
riesenzellen bei 2 nicht an Eklampsie verstorbenen
W(k3hnerinnen.) 6) Ein gerinnungerregender Ein-
fluss dieser Elemente hat sich nickt nachweisen
lassen. 7) Auch für die zweite vonSchmorl an-
genommene Möglichkeit der Herkunft anderer ge-
rinnungerregender toxischer Substanzen von einer
Erknmkung der Plaeenla war in L.'s Fällen kein
Anhaltqinnkt zu finden. 8) Lebersellenembolien
wurden nicht gefunden. 9) Die zvrar in beiden
nUen vorhandenen, aber besonders in Fall Y
Med. Jahrbb. Bd. 240. Hit. 1.
nur äusserst geringfügigen Nekrosen des Leber-
parench jms können nicht als Ursache der Eklampsie
in Betracht kommen. 10) Die hyalinen (fibrinösen)
Capillarthrombosen in den Lungen und in der Leber
sindjedenfalls nur sekundäre Yeränderungen, wahr-
scheinlich als Folge eines bestimmten toxischen
(urämischen?) Zustandes aufzufassen und sind der
Eklampsie gleichfalls nicht eigenthümlioh. 11) In
den Lungen stehen die hyalinen Thrombosen in
nächster Beziehung zum Auftreten des akuten
Lungenödems und der hyalinen Gerinnungen an
der Innenfläche der Alveolen. 1 2) Eine Entstehung
dieser Gerinnungen durch fibrinöse Umwandelung
des desquamirten Alveolarepithels war nicht nach-
weisbar. R £ 1 i e n (München).
121. Die Ursachen der Paerperaleklampsie ;
von Dr. A. Favre u. Dr.G.Pfyffer. (Virchow's
Arch. CXLL 1. p. 208. 1895.)
F. und Pf. kündigen eine Arbeit an, in der sie
darlegen wollen, dass die Eklampsie durch eine In-
fektion und eine Parametritis traumatica hervor-
gerufen wird. Letztere bewirkt eine Ureteren-
striktur ; bei der dadurch hervorgerufenen schwachen
Harnretention soll es zu einer Bakterienintozikation
des Blutes und der Nieren kommen.
B. Elien (München).
122. Zum gegenwärtigen Stand der Frage
über die Entatehongsursaohe der Eklampsie;
von Dr. L. K Schreiber. (Mon.-Schr. f. Ge-
burtsh. u. GynäkoL L 5. p. 474. 1895.)
Sehr, theilt seine persönlidien Beobachtungen
mit, welche 4 „nadigeburtliche" Eklampsiefälle
betreffen, von denen 1 Fall mit dem Tode endigte.
Speciell beschäftigt sich Sehr, mit der Frage der
Entstehung der Eklampsie. Am Schlüsse eines
historischen Ueberblickes folgert er, dass die deut-
sche Schule die ursprüngliche Lehre von der Urämie
aufrecht erhält, während die französische Schule
die Eklampsie in 2 Gruppen theilt: 1) eklampsie-
ähnliche FäUe, in denen die Anfälle den urämischen
analog sind und in denen man in dem Urin immer
Ei weiss und Beste von Nierenepithelien findet;
2) von specifisch-pathogenen Mikroben ausgehende
Eklampsie. Diese Ansicht der französichen Schule
wird nach Sehr, auch von den russischen Aerzten
getheilt
Die in der Pawlow 'sehen Anstalt zu Odessa
angewandte Therapie der Eklampsie besteht in sub-
cutaner Applikation von Morphium, Chloroform-
inhalationen, heissen Bädern von 29 — 33<^ R. mit
nachfolgender Einpackung und event Aderlass.
DenSchluss der Abhandlung bilden 4 Kranken-
geschichten. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
123. Bklampsie, Sectio caesarea post mor-
tem, intrauterine Lelohenstarre; von V. Stein-
büchel in Graz. (Wien. med. Wchnschr. XUY.
9. 10. 1895.)
Eine 23jihr. Erstgebärende (Klinik von Roki-
tansky) sttfb nach 6 eklamptischen AnflUlen. Mor->
8
S8
TU. Geburtahfllfe, Frauen* und Einderheilkunde.
phinmeinsptitzangen und heissesBad waren erfolglos ge-
wesen. Die kindlichen Herztöne erloschen V« Std. vor
dem Tode der Matter. Bei dem nach dem Tode vorge-
nommenen Kaiserschnitte wurde ein todtes Kind von 52 cm
LSnge und 3300 g Gewicht entwickelt, das im Zustande
der Leichenstarre war.
I>ie Sektion der Mutter ergah Folgendes : Erweite-
rung heider Harnleiter his zum Beckeneingange, alte
Hydronephrose rechts, frische links, Blutungen in die
Leber, Darmkatarrh.
Dieser Befund ist wieder eine Stütze für die
Annahme, dass ein Theil der EklampsiefUle auf
Zusammendrüokung der Harnleiter zurückzuführen
ist. Hierzu stimmt, dass ee sich um ein leicht all-
gemein verengtes Becken und einen verh<niss-
mfissig grossen Kindskopf handelte, der erst durch
die Wehen in das Becken hineingepresst wurde.
Bei der Hechtslagerung derOebftrmutter war wäh-
rend der Schwangerschaft der Druck nur einseitig,
daher die ältere Nieren Vereiterung rechts; beim
Eintritte der Wehen wurde die Harnausscheidung
fast gänzlich aufgehoben und es traten die Erschei-
nungen der Urämie ein.
Für die Behandlung würde es sich in erster
Linie um Druckentlastung der Harnleiter und Nie-
ren handeln (frühzeitige Umwandlung der Kopf-
in Fusslage, eventuell mechanische und blutige
Erweiterung der Oeburtswege oder Kaiserschnitt).
V. St. empfiehlt vor Allem die Wendung. Als
Ursachen des Fruchttodes sieht v. St. die hohe
Temperatursteigerung der Mutter (42.5<^), sowie
die giftige Wurkung der zurückbehaltenen Harn-
bestandtheile an. Die auf&illend schnell eingetre-
tene Leichenstarre dee Kindes stimmt mit den
Arbeiten von L. Herrmann und Bierfreund
überein, die feststellten, dass die Todtenstarre bei ,
Warmblütern um so schneller eintritt und um so
früher gelOst wird, je h5her die Temperatur ist, in
der sich die Leiche befindet
J. Präger (Chemnitz).
124. UeberdleBehancUliiigderSklampflie;
von Prof. A.V. Gubaroffin Dorpat (Centr.-BL
f. GynäkoL XIX. 5. 1895.)
Auf Grund von 6 günstig verlaufenen, zum
Theil sehr schwere Erscheinungen (hohe Tempera-
tur, Koma, grosse Mengen Ei weiss, häufige An-
fälle u. s. w.) darbietenden Fällen empfiehlt v. G.
folgende Behandlung.
Anwendung von Narkoticis, besonders Mor-
phium in mittleren häufigen Dosen (0.015 6mal in
24 Std.), Chloralklystire und nur während opera-
tiver Mngriffe (Katheterisiren der Blase) leichte
Chloroformnarkose. Von äusseren Mitteln warme
Bäder selten, feuchte, warme Einwickelungen stets,
mehrmals täglich Abreibungen mit warmer Essig-
Salz-AlkohoUösung und einfache Zufuhr erhitzter
Luft, so früh wie möglich Darmentleerung durch
Natr. et Magnes. sulphur. ana. Sofort ist die
Nierenfunktion anzuregen durch Milch, Mineral-
wasser und Anwendung lokaler Hitze in der Nieren-
gegend mittels eines grossen viereckigen, mit war-
mem Wasser gefüllten Gummibeutels. Danach
nimmt die Hammenge rasch zu. v. G. empfiehlt
deshalb dringend die andauernde Anwendung von
Hitze an die Lendengegend. Ein Aderlass wurde
nur in einem Falle von Eklampsie im 7. Monate
vorgenommen, am 1. Tage wurden 600g, am
nächsten noch 500 g Blut abgelassen. Nach dem
ersten Aderlasse schon plötzliches Aufhöre der An-
fälle, nach dem zweiten Aufhören der Bewusstsein-
störung, schnelle Heilung. G 1 a e s e r (Danzig).
125. Ueber ein bakterienfeindliohea Ve^
halten der Soheidensekrete Niohtsohwangerer;
von Dr. K. Menge. (Deutsche med. Wchnschr.
XX 46—48. 1894.)
M. theilt eine Reihe von Untersuchungen aus
der Universitäts-Frauenklinik in Leipzig mit, die
zum Theil darauf hinausgehen, das Genitalsekiet
auf Keime zu untersuchen und besonders festzu-
stellen, ob jemals bei Culturversuchen pyogene
Mikrokokken aus den Genitalsekreten der Frau zu
züchten seien. Bei einem anderen Theile seiner
Untersuchungen ging M. zu Uebertragungen Aber,
um das Schicksal künstlich in den Uterovaginal-
kanal eingetragener Bakterien, insonderheit der
pyogenen Mikrokokken zu verfolgen und aus ihrem
Verhalten in den Sekreten Schlüsse auf die Mög-
lichkeit ihres fakultativ saprophytischen Aufent-
haltes in den Genitalsekreten zu ziehen.
M. konnte nicht einen einzigen Fall verzeich-
nen, in dem nicht die Scheide sich in kürzarer
oder längerer Zeit von den eingetragenen Bakterien-
massen wieder befreit hätte. Das ausgesprochen
alkalische Sekret tOdtete genau mit derselben
Sicherheit die drei zu den Untersuchungen be-
nutzten Mikrobenarten (den Bacillus pyocyaneus,
den Staphylococcus pyogenes aureus und den
Streptococcus pyogenes), wie das amphotere und
wie das saure.
M. b^nügt sich in dieser vorläufigen Mitthei-
lung damit,' am Schlüsse festzustellen, dass die
Ergebnisse seiner Untersuchungen ihn in der seit-
her von ihm verfochtenen Ansicht nur bestärkt
haben, dass eine echte Spontan-Infektion während
der Geburt im Sinne Kaltenbach's nicht vor-
kommt und dass, abgesehen vom Gonoooocus, Bak-
terien in der alkalischen Zone des weiblichen
Genitalkanals, besonders in dem Cervikalkanal,
nicht länger zu vegetiren pflegen. 28 Myomekto-
mien, die ohne jede Desinfektion des Cervikalkanals
nach der ZweifePschen Methode in der Leip-
ziger Klinik ausgeführt wurden, geben nach H.
durch ihren glatten Verlauf den Beweis dafür, dass
von der CervikalhOhle aus niemals (Gefahr durch
pathogene Bakterien droht
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
126. Bakteriologiaöhe Untenaohiingen des
weibliohen Oenitalaelcretea in Gtemviditete und
im Paerperinm ; von Dr. Max Walthard in
Bern. (Arch. f.Gynäkol. XLVm.2. p.201. 1896.>
YH Qebortfihfilfe, Frauen- und Einderheilkuncle»
59
Der Oenitalkanal im letzten GraviditAtsmonat
zerfällt in einen bakterienhaltigen und einen bak-
terienfreien Abschnitt, deren Grenze im unteren
Drittel des Cervikalkanals liegt Das Yag^nalsekret
enthält neben Staphylokokken, Gonokokken, Bao-
terimn coli, diphtherieähnlichen Bacillen, Bacillus
yaginaUs immobilis und mobilis (letzterer bisher
nicht beschrieben) in vielen Fällen (27%) Strepto-
kokken, die sich mit Ausnahme ihres pathogenen
Vermögens nicht von denen des Puerperalfiebers
unterscheiden. Ohne Culturverfahren ist das Ya-
ginalsekret einer Gravida in Beziehung auf seinen
Streptokokkengehalt nicht in normales und patho-
logisches zu trennen, insbesondere schliesst der
SAor^halt die Anwesenheit entwickelungsfähiger
Streptokokken keineswegs aus. Der reine Schleim
des .Cervikalkanals stellt fOr Bakterien einen un-
günstigen Nährboden dar; hierdurch hindert er,
aodi ohne bakterientßdtend zu wirken, das Ein-
dringen derYaginalmikroorganismen in dasGavum
uteri. Die Grenze, im unteren Drittel des Cervikal-
kanals gelegen, wird gebildet durch eine leuko-
cytenreiche Zone des Schleimpfropfes. Die Leuko-
cytoee wird hervorgerufen durch die chemotaktisch
positive Einwirkung des Yaginalsekrets auf die
Cervizschleimhaut. Die Leukocyten vermindern
durch Phagocjtose die Quantität der Mikroorga-
nismen. Auch das Fruchtwasser wirkt ohemo-
taktisch positiv und reducirt den Eeimgehalt des
bakterienhaltigen Abschnittes auf ein Minimum.
Die Yirulenz der abgeschwächten Scheiden-
streptokokken nimmt durch Züchtung in Frucht-
^^asser oder im Lochialsekret nicht zu. Dag^^n
können durch Abnahme der Widerstandskraft eines
ISrpers virulenzlose Yaginalstreptokokken in das
Oewebe dieses E(^rpers eindringen und ihn durch
Septik&mie zu Tode bringen. Durch Wachsthum
im resistenzloeen Gewebe, z. B. im abgeschnürten
Kaninchenohr, erkngen sie eine solche Yirulenz,
daas Impfungen denen mit Puerperalfieber-Strepto-
kokken gleich wirken.
Eine Implantation von Infektionskeimen aus der
Scheide in die sonst bakterienfreie Cer vix ist bei allen
Untersuchungen leicht möglich, die über den äusseren
Mattermund hinaufgehen. Puerperalfieber, bedingt
durch Yaginalstreptokokken, ist demnach aus der
Pathologie des Wochenbettes nicht auszuschliessen.
Für die Praxis ergiebt sich hieraus die Lehre,
^ vor allen Untersuchungen und operativen
Bngriffen, die über die Grenze zwischen bakterien-
Utigem und bakterienfreiem Genitalkanal hinaus
im physiologisch aseptischen Gebiete vorgenom-
i&en werden, bei allen regelwidrigen Geburten,
Khliesalich bei allen Erkrankungen, die dieWider-
Btindakraft des Körpers beeinträchtigen, eine pro-
phylaktische Desinfektion der Vagina angezeigt ist
Brosin (Dresden).
127. Ueber daa Verhalten pathogener
Kflime BOT Soheide; von Prof. DGderlein in
Leipzig. (Deutsche med. Wohnschr. ZXI. 10. 1896.)
Für physiologisdie Geburten ist nach D. der
Grundsatz ziemlich unbestritten, keine Scheiden-
ausspülungen zu machen. „Femhaltung jedweder
Mikroben von aussen, Eeimfreiheit des Hülfs-
personals und Ausschluss oder doch möglichste
Beschränkung der Berührung der inneren Geni-
talien sind die Grundsätze zur Verhütung des
Puerperalfiebers bei physiologischen Geburten ge-
worden.** Für die Behandlung pathologischer Ge-
burten ist es von Wichtigkeit, dass D. auf Grund
seiner Untersuchungen bei Schwangeren zwei
scharf getrennte Typen von Scheidensekret unter-
scheidet: Einen „normalen** Typus und einm „anor-
malen" oder „pathologischen** Typus. Letzterer
ist schon äusserlich durch sohwadi saure bis neu-
trale Reaktion, durch Ansehen und Gonsistenz,
durch den im mikroskopischen Präparat sofort
wahrnehmbaren Reichthum an verschiedenen Bak-
terienarten, die sich leicht aufzüchten lassen, durch,
regelmässige Beimischung von Leukocyten von
dem ersteren Typus des Scheidensekrets deutlich
verschieden. Bei sehr vielen dieser Schwangeren,
unter denen die Mehrgebärenden überwiegen, waren
klinisch deutliche Erkrankungen der Genitalien
vorhanden, wie Erosionen der Portio, eitriger
Gervikalkatarrh, Condylomataacuminata, Yaginitis
granulosa u. s. w.
Dem als „normal** bezeichneten Scheidensekrete
wohnt nach D.'s Untersuchungen eine baktericide
Einwirkung auf pathogene Keime inne. Während
aber das normale Sekret stets absolute Schutz-
wirkung äussert, ist diese im pathologischen Sekrete
nur relativ. Bei einer gewissen Beschaffenheit
dieses Sekretes werden die eingeführten Strepto-
kokken noch vernichtet, in anderen fWen kommen
sie noch zu einer dürftigen Entwickelung, wobei
sie ihre Yirulenz einbüssen, und nur in gewissen
Fällen finden sie ihnen völlig zusagende Lebens-
bedingungen.
D. spricht schliesslich die Ansicht aus, dass
eine vor Ausführung einer geburtshülflichen Ope-
ration sachkundig vorgenommene Scheidendesin-
fektion keineswegs schädüch einwirkt, vielmehr
den Nutzen in sich schliesst, dass die oft be-
trächtiichen, eventuell infektiösen Sekretmassen
grösstentheils entfernt werden, die Eeimmenge
verringert und vielleicht auch die Virulenz der
Keime herabgesetzt wird.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
128. Das bakteriologisclie Verhalten des
Soheidensekreta Kengeborener; von Yahle.
(Ztschr. f. Geburtsh. u.GynäkoL XXXTT. 2. 1895.)
Y. untersuchte den Bakteriengehalt des Soheiden-
sekreta von 75 Neugeborenen der Marburger Klinik.
Die Schlussfolgerungen seiner Arbeit sind : 1) die
Scheide der Neugeborenen findet man bis zur
12. Stunde nach der Geburt keimfireL Von dieser
Zeit an bis zum 3. Tage trifft man bald Mikro-
organismen, bald nicht Mit der Zeit nimmt die
60
Tn. Oeburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
Zahl der bakterienfreien Sekrete ab, die der bak-
terienhaltigen zu. Nach 3 Tagen kommen stets
Mikroorganismen in der Scheide vor. 2) Verhält-
nissmftssig oft finden sich path^gene Hikroorga-
nismen: der Staphylocoocus pyogenes albus und
aureus, letzterer in 4^/o der FUle; hftufiger nodi
Streptokokken, in 14.6*/o der FUle.
J. Präger (Chemnitz).
129. üeber die SterbliohkeitaverhUtnisae
der Keugeborenen und Säuglinge ; von Docent
Dr. Julius Eröss. (Ztsohr. f. Hyg. u. Infek-
tionskrankh. XIX. 3. p. 371. 1895.)
Aus den statistischen ESrhebungen E.'s geht
hervor, dass in 13 europäischen Staaten 18.83 der
Lebendgeborenen im 1. Lebensjahre sterben, d. h.
die Sterblichkeit im 1. Lebensjahre beträgt 26.89^/o
der Gesammtmortalität In den einzelnen Ländern
zeigt die Durchschnittsziffer erhebliche Schwan-
kungen (Irland und Schweden 9.4, bez. 9.7*/o,
Sachsen und Bayern 28.1, bez. 28.7^/o)- Bezüg-
lich des Oeschlechtes ergab sich, dass von den im
1. Lebensjahre Verstorbenen etwa 10^1^ mehr
Knaben als Mädchen sind. Bei den in Städten
Verstorbenen war die Sterblichkeit der illegitimen
Kinder um lO^/e hoher als der Durchschnitt
Am grössten ist die Sterblichkeit der Neugebo-
renen am 1. Tage, um vom 2. Tage bis zum Ende
des 1. Monats in grossen Sprüogen abzunehmen.
Nur am Ende der 1. Woche zeigt sich eine vor-
übergehende Zunahme. Nach dem 1. Monat nimmt
die Sterblichkeit stufenweise ab. Das üebergewicht
in der Sterblichkeit ist bei den Knaben und illegi-
tim Geborenen vom 1. Lebenstage an erkennbar.
Ein Drittel der im 1. Halbjahre gestorbenen Säug-
linge fällt auf die Neugeborenen, 2 Drittel auf die
Zeit bis zum 6. Monate. Im Allgemeinen ist die
Sterblichkeit der illegitimen Säuglinge bedeutend
grösser, als die der legitimen. Die illegitimen
Säuglinge sterben A-üher als die legitimen. Die
Sterblichkeit der legitimen Knaben ist um 3^/^%
höher, als diejenige der Mädchen, während die
Sterblichkeit der illegitimen Knaben diejenige der
Mädchen um etwa 4^1 Vo^b^i^i^- In den höheren
Vermögensklassen ist die Sterblichkeit eine gerin-
gere als in den niederen, wo sie stetig zunimmt
Die illegitimen Säuglinge sterben in jeder Ver-
mögensklasse früher als die legitimen. „Mit Ab-
nahme des Vermögensstandes steigt die Sterblich-
keit der illegitimen Kinder in höherem Maasse als
die der legitimen.** Welch' ungemein grossen Ein-
fluss die Ernährung auf die Sterblichkeit hat,
beweisen die in Berlin gewonnenen Zahlen (1890).
Daselbst hatten die günstigste Sterblichkeit die
Ammenkinder. Dann folgten die Muttermilch-
kinder, die mit Kuhmilch Ernährten, die mit
Muttermilch und Kuhmilch Ernährten, die mit
Surrogaten Gefütterten und endlich diejenigen, die
Surrogate und Thiermiloh bekommen hatten.
Brückner (Dresden).
130. Die Wiohtiffkeit der sterlliilrtenKiih-
miloh als Naliniiig fOr kranke JB^nder; von Dr.
J. W. Troitzky. (AidL f. Kinderhkde. XVIIL
5 u. 6. p. 421. 1895.)
Eine der wichtigsten Fragen derKinderdi&tetik
ist die nach der besten Zufütterung bei Brust-
kindern und bei der künstlichen Ernährung. Die
sterilisirte Milch giebt nach T.'s Erfahrung gute
Besultate bei der Ernährung kranker Kinder.
Daraus ist nicht ohne Weiteres der Schluss tu
ziehen, dass die sterilisirte Milch auch die beete
Form der Zufütterung und künstlichen Ernährung
beim normalen Kinde darstellt Die von verschie-
denen Seiten gegen die Leistungsfähigkeit der
sterilisirten Milch erhobenen Einwände sind nioht
geeignet, ihre praktische und wissenschaftliche
Bedeutung einzuschränken. Zur Erzielung eiuer
guten sterilisirten Milch sind erforderlich tadellose
Sauberkeit in der ganzen Milchwirthschaft, sorg-
fältige Zubereitimg und Erhaltung der Milch, die
am Orte ihrer Gewinnung nur kurze Zeit verw^len
soU. Die Milch soll nicht häufig umgegossen wer-
den. Am besten wird sie aus dem Gefasse, in das
sie gemolken war, unmittelbar in die zur Sterili-
sation bestimmten Flaschen gefüllt. Diese sollea
vor ihrem Gebrauche einer Temperatur von IW
ausgesetzt und auf diese Art steril gemacht wer-
den. Brückner (Dresden).
131. Bakteriologisohe Unteraaohungen
über die sterilisirte Kuhmilch; von Dr. J.W.
Troitzky. (Arch. f. Kinderhkde. XIX. 10.2.
p. 97. 1895.)
T. untersuchte sterilisirte Kuhmilch in ver-
schiedenen Zeiträumen auf ihren Keimgehalt und
suchte denEinflusB der Luftinfektion auf die keim-
freie Milch festzustellen. Weiterhin prüfte er diiT
rohe und die sterilisirte Milch auf ihren Werth als
Nfthrboden. Er zieht aus seinen Versuchen fol-
gende Schlüsse: i)l) Die äusserst wahrsoheinliohea
chemischen Veränderungen der dem dauernden
Einflüsse lOOgradiger Temperatur ausgesetzten
Milch geben heut zu Tage kein Recht, ihre Bedeu-
tung zu verringern als das beste von unseren
gegenwärtigen Surrogaten der Frauenmilch. 2) Die
zur vülligen Sterilisirung der Milch erforderliche
Zeit bei deren Aufwärmen im Apparate des Systems
V. Tedeschi muss l^i — 2 Stunden betragen,
gerechnet vom Moment der Maximalerhebung der
Thermometer. 3) Die Wahrscheinlichkeit des Ein-
tritts speciflscher Faktoren mit deren Sporen aus
dem umringenden Medium in die Flaschen mit
sterilisirter Milch steigt mit jedem neuen Los-
machen derselben, wobei eine 1- oder 2malig8
Pfropfenentleerung noch nicht eine Entwicdlong
von Colonien zu geben braucht 4) Jede Mildi
ohne Unterschied, ob sie roh oder sterilisirt sei,
muss als Nährboden für Mikroorganism^i betrach-
tet werden, mit dem einzigen Unterschiede, dasa
die erate von ihnen dem Anscheine niu^ einen
Vn. (Jeburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
61
geeigneteren Beden gewfthrt fflr die Bedingungen,
als die zweite. 5) Aeusserst wünschenswerth
erscheint es, die Ursachen solcher unterschiede
in ennitteln, welche sich in gewissen physioo-
chemischea Eigenthümliohkeiten der sterilisirten
Milch am ehesten bergen/^
Brückner (Dresden).
132. Ueber Fettausaoheidang aus sterili-
Birter Mlloh; von Prof. Benk. (Arch. f. Hyg.
XVn. p. 312.)
In sterilisirter Milch scheidet sich bei Iftngerer
Anfbewahrong ein Theil des Fettes aus, die Fett-
Bohicht, die sich dann auf der OberflSche bildet,
Hast sich durch Schütteln oder Erhitzen nicht
wieder in die Form der Emulsion znrückführmi.
R fand, dass diese Ausscheiduhg in der ersten
Woche nur geringe Fettmengen betrifft, dann aber
nischer fortschreitet, und nach 4 Wochen bis auf
43.50^/o des Oesammtfettgehaltes steigen kann.
Die Dauermilch erscheint daher als ungeeignet zur
Ernährung der Neugeborenen, da ihre Verdaulich-
keit erheblich leidet, wenn sich das Fett darin
nicht in Form der Emulsion befindet. Als Einder-
mOch Iftsst sich nur solche verwenden, die bald
nach der Sterilisation zum Gonsum gelangt, wie
das vor Allem bei dem bekannten Soxhlet'schen
Verfahren geschieht. Woltemas (Diepholz).
138. Hooli einige Bemerkungen sar Frage
der Eahmilobnahning und Milohsteriliairung ;
von Adolf Baginsky. (BerL klin. Wohnschr.
TXXU. 18. 1895.)
B. macht Bendix gegenüber geltend, dass er
bereits vor 20 Jahren auf die Entstehung der
Dannerkrankungen bei Sandern in Folge von
Gftfarungsvorgängen im Darme hingewiesen habe.
Femer hSlt er im Gegensatz zu Bendix die Frage
der absoluten Sterilisation der Kuhmilch durch
Anwendung hoher Temperaturen auch jetzt noch
Hir praktisch wichtig und betont, dass er eine Zer-
setzung der Milch bei dem Soxhlet-Yerfahren
nicht behauptet habe, dass die von Bendix bei
Beinen Untersuchungen verwendete Zuckerbestim*
mang mittels der Titrirung mit FshUng^Bcher
Lösung unsichere Resultate gebe. B. bleibt dabei,
dass die vCUig sterile Kuhmilch zu dauernder An-
wendung nicht ohne Weiteres empfohlen werden
kann, und warnt davor, aus kurzen physiologischen
Versuchen bindende Schlüsse fOr die Praxis zu
äehen. Brückner (Dresden).
134. Zur Frage der Smibmng im Sftug-
Ungaalter; von Dr. Wilhelm Steffen. (Jahrb.
f. Einderfakde. XL. 4. 1895.)
St empfiehlt fOr die Sftuglingsemfthrung eine
IGadiung von Milch, Kalbsbouillon und Sahne, die
Min Yater A. Steffen seit langen Jahren mit
Briülg angewendet hat. Die Zubereitung ist fol-
gende: i/4 Pfund Kalbfleisch wird mit i/i Liter
Wasser ohne jede Zuthat Va*" Vi Stunden gekocht
Alsdann füllt man wieder Wasser bis zum Volumen
von ^/i Liter auf. Verdünnt man gute Kuhmilch
mit der gleichen Menge Bouillon und fügt man zu
je 100 g dieser Flüssigkeit 1 Theil Sahne und
3.8 g Milchzucker (muss ausgewogen werden, da
sein spec. Gewicht erheblich schwankt), so erh<
man eine Mischung, die 3.1^U ^^^ ^-^Vo Oaaein,
6.2<>/9 Zucker und OÄb^j^ Salze enthftlt, also der
Muttermilch in der Zusammensetzung sehr ähnelt
Für die frühesten Perioden des Säuglingsalters
sind stärkere Verdünnungen (1 : 3), für die späteren
Abschnitte schwächere (3:1) zu wählen. Ver-
suche mit künstlichem Magensaft, künstliche Ver-
dauungsversuche im Brütofen, .sowie Beobach-
tungen am Lebenden ergaben, dass das Caseln
dieser Mischung nicht nur in sehr feinen, sondern
auch in sehr weichen und lockeren Flocken ge-
rinnt Dieser grosse Vortheil ist der Wirkung der
Kali- und Natronsalze, die mit der Bouillon zu-
gesetzt werden, sowie dem hohen Fettgehalt zuzu-
schreiben. Das Wichtigste aber ist die Mittheilung,
dass sich die erwähnte Mischung seit 20 Jahren
als Säuglingsnahrung auf das Beste bewährt hat
Brückner (Dresden).
135. Oaaniatisohe Mittheilungen aus der
Kinderpraxia ; von Hofrath Dr. G n o p f in Nürn-
berg. (Münchn. med. Wchnschr. ZLU. 18. 19.
1895.)
1) Fall von Diabetes bei einem 2V4Jähr. Knaben, der
trotz reichlichen Hilchgennsses und Aufenthaltes in guter
Luft nicht znnahm. An den inneren Organen keine Ab-
weichung. Wiederholtes Erbrechen. Ln Urin grosse
Mengen Zucker. 4 Tage nach der eisten Untersuchung
Tod im Coma diabeticum.
^C. zieht ans der Beobachtung die Lehre, die Külz
anfsteUte, ,in allen krankhaften Zuständen, aus denen
man diagnostisch nichts Rechtes zu machen weiss, die
mit mehr oder weniger unbestimmten Symptomen einher-
gehen, die Hamuntersuohung niemals zu verabsäumen.*^
2) Fall Ton Hämoglobinurie bei einem 4Vt Jahre
alten Knaben, der im direkten Anschlüsse an Masern
Scharlach durchmachte. Am 7. Tage der Scharlach-
erkrankung schwere Nephritis. Erst 12 Tage später war
die gewonnene Hammenge so gross, dass nach Es b ach
der Eiweissgehalt (11.5<Vto) festgestellt werden konnte.
AUmähUohe Besserung. Nach 4w5ohigem Bestand der
Nephritis plötzlich wieder Abnahme der Urinmengo
(durchschnittlich 1390 g), Ansteigen des Eiweissgehidtes
auf 0.5Voo- Farbe des Urins dunkelbraunroth. Hel-
ler 'sehe Probe positiv. Im Sediment nur hyaline Cylin-
der, Leukocyten und vereinzelte Körnchen. 80 blieb der
Urin 5 Tage lang. Nach 2 Tagen war der Urin klar, ent-
hielt Pepton.
Cn. stellt die Anschauungen über das Zustande-
kommen der Hämoglobinurie zusammen. In der Literatur
findet sich nur ein von H e u b n e r beschriebener Fall, der
einige Analogie zu dem eben beschriebenen hat.
Brückner (Dresden).
136. Bin Fall von Barlow'aoher Krankheit ;
vonDr. Arthur Hoff mann in Darmstadt (Gorr.-
Bl. d. ftrztl. Vereine d. Grossh. Hessen Y. 10. p. 149.
1895.) Autorreferat.
IViJähr., ausgesprochen rhaohitisches Kind gut
situirter Eltern. Im Jan. 1895 vorübergehende Glieder-
schmerzen. Mitte März 1895 äusserst schmerzhafte,
spindeUörmige Auftreibung am unteren Diaphysenende
62
YIIL Chiroigie, Augen- irnd Ohrenheillronde.
des rechten Obersoheokels, spftter Shnliche Anschwel-
langen am rechten Oberarm und linken ÜnterBohenkel.
Am 27. April rechts deutlicher Exophthalmus. Von
dieser Zeit an Temperaturschwänkungen bis 40.4^ Am
8. ICai plötzlich Tod, der Schilderung der Angehöligen
nach in einem Eretickungsanfall; die wenige Stunden
vor dem Tode Torgenommene Untersuchung der Lungen
hatte nichts ergCMn. Aus äusseren Gründen war nur
die Sektion der Schädelhöhle möglich: Gehirn und Hirn-
häute normal. Unter dem rechten Orbitaldache, als
Ursache des Exophthalmus, ein subperiostoaler Blut-
erguss Yon biconvexer Gestalt, 1.0 cm Durchmesser tud
0.3cm ^rösster Dicke; an dem festgeronnenen Bkt-
erguss liees sich deutiich ein späterer Nachschub er-
kennen.
Bemerkenswerth in dem vorliegenden Falle ist dis
riLnzKche Fehlen der Gingivitis soorbutioa, sowie der
Umstand, dass die Ernährung des Sandes in dem dem
Beginne der Erkrankung vorausgehenden Halbjahre kei-
neswegs mit künstlichen Nährpräparaten oder sterilisiiter
Ilfilch, sondern in durchaus richtiger Weise atattgefondea
hatte.
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
137. üeber das Oaroinom, mit besonderer
Berüoksiohtigimg seiner Aetiologie, Heredität
und seines endenüsohen Anftretens ; von Dr.
Graf in Meiningen. (Arch. f. klin. Chir. L. 1.
p. 144. 1895.)
G r. g^ebt zunftchst einen üeberblick über die
verschiedenen Theorien der Entstehung des Garcir
noms und wendet sich dann den interessanten
Hittheilungen über die ErhUchkeit des Cardnoms
zu. Er hat an fast alle Aerzte der Thüringen'schen
Staaten Fragebogen über Häufigkeit und Sitz des
Carcinoms, über gehäuftes Vorkommen in bestimm-
ten Ortschaften und über Heredität des Carcinoms
▼erschickt und verfügt so über ein Material von
4233 GaroinomfUlen. Es ergab sich, dass in
manchen Familien der Krebs entschieden erblich
ist und dass in manchen Ortschaften und Gegenden
besonders häufig Carcinome^ imd zwar besonders
des Tractus alimentarius vorkommen, und zwar
namentlich da, wo sich die Bevölkerung mehr als
anderwärts bestimmten Schädlichkeiten aussetzt,
die zu chronischen Reizznständen derVerdauungs-
wege führen. So kann auch der Umstand, dass
häufig Ehepaare und in einer Familie zusammen-
lebende Personen an Carcinom erkranken, dadnrch
erklärt werden, dass sie sich den gleichen Schäd-
lichkeiten durch den Genuss besonders scharf ge-
würzter und unverdaulicher Speisen aussetzen.
Der Arbeit ist ein ausführliches Literaturverzeioh«
niss beigegeben. P. Wagner (Leipzig).
138. SabepidermaleHaatinoision sor Ver-
meidung von Narben bei Gtosiohts- und Hals-
operationen; von Prof. G. Beck in Chicago.
(Centr.-BL f. Chir. XXIL 38. 1895.)
Um entstellende Narben im Gesichte und am Halse,
wie sie namentlich nach Entfernung vereiterter Hals-
iymphdrüsen entstehen, möglichst zu vermeiden, em-
pfiehlt B. folgendes Verfahren : Der Einschnitt in die Haut
wird durch die Bildung eines Thiersch^schen Epidermis-
lappens eingeleitet, wie er zur Transplantation aufGranu-
lationsfläohen verwendet wird, mit dem Unterschiede,
dass dieser Lappen mit einer Seite, der Breit- oder
Schmalseite, je nachdem es passt, im Zusammenhang mit
der Nachbarhaut belassen wird, auf der er während der
Operation schon flach ausgebreitet wird. Im Omnde
dieser Wundflftche wird die Incision in die Tiefe gemacht
und die Operation in der gewohnten Weise vollendet
Kleine Wunden erfordern hernach keine Naht, grössere
werden durch versenkte Catgutnähte vereinigt und auf
die WundMohe wird der Hauttransplantationslappen
wieder ausgebreitet und vollkommen angepasst.
F. Wagner (Leipzig). .
139. Die temporire Resektion des Vasen-
gerüstes sor Fireüegong der Sinns frontales,
ethmoidales, sphenoidales nnd der Orbital-
höhle; von Prof. Oussenbauer. (Wien. klln.
Wchnschr. VIIL 21. 1895.)
G. berichtet über 2 FSlle, in denen die tempo-
räre Resektion des Nasengerüstes gute Dienste
leistete.
1) Ein ISjähr. Fat wurde in den letzten 2 Jahren
3mal von Augenärzten wegen Geschwulsthildun^ in der
rechten Orbitalhöhle operirt 1894 neues ReadiT der
Geschwulst, die anscheinend linlra die Orbita und den
Margo supraorbitaiis einnahm, durch die Sinus etiunoi-
dales hindurch die rechte Stirnhöhle erreichte, deren
Wand hervorgedringt hatte und hinter den rechten
Bulbus hineingewuchert, eventuell bis in die vordere
Schädelgmbe vorgedrungen war. Am 9. Nov. 1894 um-
schnitt 6. nach Tamponade der Nase „das knöcherne
Nasengerüst mittels eines bis aufden Knochen dringenden
Weichtheilschnittes, welcher, in der inneren Hfilfte der
Augenbraue rechts beginnend, längs des Nasenfortsatzes
des Stirnbeines bis zum Nasenfortsatz des OberkieferB,
dann quer über die Nase entsprechend den B&ndem der
Nasenbeine verlief und links ebenso wie rechts in der
inneren Hälfte der linken Augenbraue endifte. Non
wurde jederseits der Processus nasalis des Ooerkiefers
bis zumMar^ infraorbitalis, dann beide Processus nasales
ossis frontis m Continuität mit dem Os lacrymale und der
Lamina papyracea des Os ethmoidale und dem anmn-
zendenTheile der Pars orbitaria ossis frontis und schliess-
lich die Lamina perpendioularis des Os ethmoidale in ihrer
Verbindung mit dem Vomer mittels scharfen Meisseis
und Hammers getrennt*^.
Der so umschriebene Weichtheilpeiiostknoohen-
läppen wurde nach oben hinaufgeschlagen, die jetzt frei
hegende Geschwulst theils mit der Soheere, theils mit
dem scharfen Löffel und der Hohlmeisselzange entfernt
und aus dem ebenfalls von der Geschwulst ergriffenen
Orbitaldach ein Stück ausgeschnitten, so dass die intakte
Dura-mater freilag. JodoformgazetamTOnade nach der
Nase zu. Beimplantation des Lappens. Knopfnahi Hei-
lung der Hautwunde per primam. Beschwerden besei-
tigt Entlassung am 25. Tage nach der Operation. Der
Tumor war ein Psammom.
2) 22tjähr. Pat Diagnose auf einen anscheinend
langsam wachsenden Tumor, der, von der linken Orbita
ausgehend, allmähUch in das Siebbein und auch in das
Eeilbein hineingewachsen war, vielleicht auch die Schädel-
basis durchbrochen hatte. Weichtheilschnitt im Bereiche
der Glabella und auf dem Nasenrücken einfach, von der
Glabella bogenförmig längs der Augenbrauen verlaufend.
Sodann durchtrennte G. die meiüane Verbindung der
Nasenbeine, des Processus nasalis des Oberkiefers jeder-
seits und die Processus nasales ossis frontis inOontinuit&t
mit der inneren oberen Wand der Orbita. Entfernung
des Tumor mit Eröfhung der Schädelhöhle. Dura intakt.
Tamponade. Knopfoaht. Heilung der Operationswunde
ohne Zwischenfall £twa 2 Monate späteckleioeieNaoh«
vilL Chirui^gie, Augoa- und OkrenheOiunde.
63
öperttion. Hiernaoli objektiver Befand befriedigend;
snbjektiTe Beschwerden beeeitigi Es handelte sich um
em EDdothelioma psammosum. Richter (Altenborg).
140. Cent oas de atteoae laryngäe gxieriM
par la methode dlntabation ; par le Prof.
I. Bökai ä Budapest (Ungar. Arch. f. Med. II. 2.
p. 199. 1895.) .
Von 291 Diphtheriekranken, die mit der
O'Dwy er 'sehen Intubation behandelt wurden,
genasen 100 (34%): Diphtherie bei Masern oder
Scharlach 250/o ; Kehlkopf- und Bachendiphtherie
30.50/9 ; Eehlkopfdiphtherie allein 47.50/0. Ausser-
dem wurde llmal tracheotomirt, 2mal mit Erfolg.
Dauer der Behandlung bei Heilung durchschnitt-
lich 19 Tage. B. hält die Intubation fOr voll-
kommen geeignet, bei der Erankenhausbehandlung
die Tracheotomie zu ersetzen.
B i c h t e r (Altenburg).
141. Canaea qoi retardent rablation de
la oanule tradieale dana le traitement da oronp ;
parleDr.Gevaert (Plandre m6d. 11. 12. 1895.)
Die Ursachen, die das Dteanulement nach der
Tracheotomie erschweren, sind verschiedener Natur.
1) Ölottiskrampf. Hier empfiehlt es sich, vor der
endgültigen Entfernung der Kanüle durch einige
Gaben eines Bromsalzes in Verbindung mit Tinctura
Belladonnae die Reflexerregbarkeit herabzusetzen.
In hartnäckigeren Fällen, wie 0. einen beschreibt,
moss man gefensterte Kanülen mit immer kleiner
werdender Oefibung verwenden. 2) Granulome.
0. beobachtete sie in 180 Fällen 3mal. Die' Dia-
gnose ist, wie 0. an einer Krankengeschichte aus-
fthrt, nicht leicht, wenn das Qranulom sich nach
Veniarbung der Wunde bildet 3) Narbige Yer-
iArtung der Schleimhaut durch Drucknekrose.
4) Babituelle Schwäche der Glottiserweiterer.
5) Pofitdiphtherische Lähmung der Olottiserwei-
terer. 6) Knorpelnekrose der Luftrühre mit nach-
folgender narbiger Schrumpfung.
Brückner (Dresden).
142. 2 Fille Ton lethaler Blutung naoh
ThudieotomiebelDiphiheritiB; von Dr. F. Buch -
holz. (Petersb. med. Wchnschr. XX. 24. 1895.)
B. beobachtete 2maL, bei einem IV^jähr. und einem
IVijihr. Kinde, eine tödtliche Blntong nach derXracheo-
tOBue. Bei dem einen Kinde war 4 Tage vorher leioht
^lüiges Sputum aufgetreten. Bei den Kindern wurde
^ Luftröhre in verschiedener Höhe eröffnet. Ebenso
vuüen verschiedene Kanülen eingeführt Die Blutung
w beide Male in Folge einer Arrosion der Art. anonyma
BMgt DiePeiforationsöffiiung lag oberhalb des unteren
laoäenendes. B. glaubt daher, dass der diphtherische
IWsB in höherem Grade die Verletzung der Arterie be-
^ffte, ab ein eventueller Druck der Kanüle. In der
^'tRiter sind nicht sehr zahlreiche ähnliche Beobach-
^^uigeo niedergelegt. B. vermochte 18 zusammenzustellen.
Brückner (Dresden).
143. Ueber dieBrüohe der Luftröhre; von
Dr. 0. Brigel in Tübingen. (Beitr. 2. klin. Chir.
Xry. 2. p. 516. 1895.)
Br. berichtet über eine in der Tübinger chirurgisohen
Klinik beoba(^tete unvollständige qaeTBEupturd^Luft-
röhre mit doppeltem Bruch des EingknorpeU. Der
26jähr. Kr. war von einem schweren Holzwagen über-
fahren worden und hatte ausserdem noch verschiedene
Rippenbrache davongetragen, die zu einem aus^dehn-
ten üautemphysem geführt hatten. Trcteheotomie; Tod
10 Stunden nach der Verletzung.
Mit seiner Beobachtung hat B r. 33 EUle von
Bruch der Luftröhre zusammengestellt: 21 isolirte
Brüche der Trachea, 6 verbunden mit Brüchen des
Schild- und Bingknorpels , 4 mit Brüchen des
Bingknorpels allein. Je in 1 Falle war der Bruch
des Zungenbeines und SchildknorpeLs und der des
Schildknorpels allein mit dem Bruche der Luft-
röhre verbunden.
Unter den ersten Eracheinungen des Bruches
der Luftröhre, sei er isolirt oder combinirt mit
Brüchen des Kehlkopfes, ist die Dyspnoe die con-
stanteste und schwerste. Die Ruptur der Luft-
röhre wurde in keinem Falle sicher festgestellt, da
Dislokation, abnorme Beweglichkeit, Crepitation
von keinem Beobachter gefunden wurden.
Von den 33 Kr. genasen 11, und zwar 9, bei
denen es sich um isolirten Bruch der Luftröhre
handelte. Nur in einem dieser YSÜLq musste die
Tracheotomie vorgenommen werden.
P. Vagner (Leipzig).
144. 8ur cwtainea ■coliosea anormales;
par Kirmisson et Lainton. (Revue d'Ortho-
pMie Nr. 1. 1895.)
K. und L. machen auf Skoliosen aufmerksam,
bei denen die Torsion nicht naoh der Seite der
Convexität erfolgt, bei denen vielmehr der Rippen-
buckel auf der concaven Seite prominirt, sogenannte
„paradoxe^' Skoliose. Sie nehmen an, daas seit*
liehe Ausbiegung imd Torsion nicht von einander
abhängige, sondern neben einander laufende Er-
scheinungen sind, die beide auf die gemeinsame
Ursache rhachitischer Knochenweichheit zurück-
geführt werden müssen. [Ygl. einen Aufsatz des
Ref. über „contralaterale Torsion" in der Ztschr. f.
Orthopäd. Chirurgie Nr. 1. 1896.]
Y u 1 p i u s (Heidelberg).
145. Deformation de Taorte dana le mal
de Pott; par Bouchacourt (Revue d'Ortho-
p6die Nr. 3. 1895.)
B. fand bei einem 11 jähr. Kind, das an Spondylitis
litt, Girkolationstdrungen an den Beinen. Als deren Ur-
sache ergab sich bei der Autopsie eine enorme Sehtänge"
hing der Aorta in der Höhe des 12. Brust- und 1. Lenden-
wirbels, die durch caiiöse Zerstörung zusammengesonken
waren. V u 1 p i u s (Heid^berg).
146. IBat-il permia d'operer lea maladea
atteinta de panUyaie du mal de PottP par
Galot et Pierre. (Revue d'OrthopMie Nr. 4.
1895.)
G. und P. beantworten die aufgeworfene Frage
mit einem krftftigen „Nein". Fleissige Sammlung
der Literatur und eigene Erfahrungen führen
zahlengemfiss zu dem Schluss, dass die Qefahr
64
YIlL Chiruigie, Augea- und Ohrenlieilkimde.
einer Laminektomie eine ausserordentlich grosse
ist im Vergleich mit dem erreichten Erfolg.
Die Thatsache spontaner Heilung der spondj-
litischen Lähmungen bei conservativer Behandlung
mit Immobilisation und Extension wird ebenfalls
durch Statistiken mit sehr gQnstigem Prooentsatz
festgestellt. Die Arbeit, der 20 Krankengeschich-
ten eigener Beobachtung mit 19 Heilungen der
Lähmung beigefügt sind, ist in ihrem Endergebniss
•wie in den Einzelheiten ebenso praktisch wichtig,
wie interessant V u 1 p i u s (Heidelberg).
147. La reaeotlon intradimle de« raoüiM
midnllalres posterieurea (ötadephysiologiqae
etthörapentiqae);parA.Chipault etDemou*
lin. (Gaz. des Höp. LXVUI. 95. p. 932. 1895.)
Die YfF. geben eine ausserordentlich eingehende
und übersichtliche Darstellung der Technik, der
Indikationen und der physiologischen und thera-
peutischen Folgen der bisher erst in 7 Fällen aus-
geführten, im Titel genannten Operation. Eigent-
lich ist sogar nur in einem Falle Abbe 's, in einem
Horsley's und in 2 von Ghipault, also 4mal
allein die intradurale Resektion der hinteren
Wurzeln ausgeführt, während Abbe ein anderes
Mal eztradural resecirte, ein 3. Mal auch die vor-
deren Wurzeln mit durchschnitt.
Ueber die Technik mag hier Folgendes erwähnt
werden. Es kommt darauf an, ein möglichst grosses
Stück der Wurzeln zu entfernen, womöglich den
ganzen Verlauf vom Ursprünge aus dem Marke bis
zum Austritte aus der Dura. Damit vermeidet man
ziemlich sicher Recidive. Man kann so am Hals-
marke mehr als 1 cm, am Dorsalmarke 3 — 4 cm,
am Lumbosaoralmarke noch mehr entfernen. Die
Dura muss sorgfältig genäht werden, um den
späteren Ausfluss von Cerebrospinalflüssigkeit mög-
lichst gering zu machen. Man kann die Operation
auch in 2 Zeiten machen, um erst den Shock zu
überwinden, den der meist grosse Blutverlust bis
zur Eröflhung der Wirbelsäule verursacht Nament-
lich wird das vorkommen, wenn man bei der Ope-
ration auf nicht erwartete Befunde trifft, z. B.
Tumoren, Caries der Wirbelsäule u. s. w. Das wird
sehr oft vorkommen, da man die Symptome dieser
Leiden oft lange Zeit nicht von einfacher Neuralgie
oder Neuritis wird unterscheiden können.
Indicirt ist die Operation bei hartnäckigen und
auf andere Weise nicht zu bekämpfenden Neuralgien.
Zunächst kommt es darauf an, zu constatiren, wel-
chen Wurzelgebieten oder einzelnen Wurzeln die
beobachteten Neuralgien ihrem Sitze nach ent-
sprechen. Das bestimmen wir nach unserenheutigen,
ziemlich genauen Kenntnissen von der Yertheilung
einzelner Wurzeln in bestimmte Hautgebiete und
von dem Aufbau der peripherischen Nerven aus
den einzelnen, meist mehreren Wurzeln. Je
nach Art und Lokalisation der Schmerzen, können
wir heutzutage bestimmen, ob diese sich auf eine
Irkrankung eines peripherischen Nerven oder auf
eine solche bestimmter Wurzeln zurückführen Hast
(Nervenneuralgie im 1., Wurzelneuralgie im 2. Falle).
In dieser Beziehung verweist C h. auf den 2. Band
seiner Chirurgie m^dullaire, der sidi jetzt im
Drucke befindet Ist die Neuralgie eine peripherisch
nervöse, so müssen wir meist eine ganze Anzahl
von Wurzeln reseciren, die den betroffenen Nerven
zusammensetzen, ist sie eine radikuläre, so genügt
es, die wenigeren Wurzeln zu reseciren, die das
schmerzende Hautgebiet versorgen.
Man erkennt bei der Operation diezureseciren-
den Nerven entweder aus der jetzt gut bekannten
[aber nicht immer gleichen, Ref.] Lage der einzelnen
Wurzeln zu den Domen oder aber durch elektrische
Reizung der vorderen Wurzeln, deren Muskelgebiete
man zur Oenüge kennt. Letzteres ist die sicherste
und eine ganz unbedenkliche Methode.
Die Operation ist gefährlich. Sie dauert lange,
ist sehr blutig. Femer scheint derÄhfluss van Cere-
hro8pinalßÜ8a%gheiU, namenüieh loenn er lange auch
nach der OperaÜan nodi andauert, sehrgeßhrUch xu
sein, er kann, wie ein Fall von Bennet und einer
Chipault^s lehrten, zu Congesiumdes Ctehimsund
Bückenmarkes und sogar xu Blutungen führen, die
den Tod hervorrufen. Merkwürdiger Weise hat Ref
bei Himtumoroperalionen mit sehr bedeutendem und
langandauemdem Äbfiuss von Ckrebrospinalflüssig-
keil keine üblen Folgen erlebt. Aber jedenfalls wird
man gut thun, auf die Erfahrungen Chipault^s
Bücksiehi xu nehmen.
Entgegen den Lehren der Physiologie hat die
Durchschneidung hinterer Wurzeln nicht nur an
den 2 oberen Lumbalwurzeln, sondern überall vaso-
motorische und trophische Folgen. Erstere be-
stehen in Blässe und Kälte des betroffenen Haut-
gebietes, letztere sind günstiger Natur, 2mal v^-
schwanden hartnäckige kleine Geschwüre sofort
nach der Resektion im betroffenen Hautgebiete, 1 mal
auch Oedem und Ichthyosis.
Die Folgen der Resektion hinterer Wurzeln f&r
das Oefühl entsprechen ganz dem, was wir, beson-
ders Dank den Untersuchungen Sherrington's,
über die Yertheilung der einzelnen Wurzeln in der
Haut und ihre ausgedehnte Anastomosirnng wissen.
Gh. ist noch präciser als Sherrington. Er be-
hauptet: Durchschneidung einer Wurzel macht eine
nur ganz vorübergehende Hypästhesie, keine An-
ästhesie im Hauptgebiete dieser Wurzel, praktisch
also so gut wie gar keine Störung. Durchschneidet
man 3 Wurzeln, so findet sich diese flüchtige Hyp-
ästhesie in der obersten und untersten Partie,
während in der mittleren Anästhesie, manchmal
definitive, besteht. G h. beweist das durch die Ga-
suistik. Im Ganzen ist also auch die Ausdehnung der
Anästhesie, selbst nach Durchsohneidung mehrerer
Wurzeln, nicht gross, wenigstens nicht dauernd.
Die Wirkung auf die Sohmerzanfälle, der theror
peutische Effekt, war bei den 5 übeciebenden Er.
stets sehr gut, häufig vollkommen und auch dauernd
(Beobachtungzeit bis zu 5 Jahren).
ym Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
6S
SdbstrerstSndlich wird man bei der Qefahr der
Operation diese nicht in allen EBUen von Neuralgie
anwenden. Es kommen nur die schweren, hart-
nackigen und langandauemden in Betracht In
den bisherigen Fällen waren stets auch schon peri-
pherische Operationen versucht, abgesehen von
inneren und physikalischen Mitteln. Von den
Nervennenralgien kommen nur einzelne für diese
Operation in Betracht. Die „spasmodischen" Neur-
algien will G h. von der Operation ausschliessen ;
hier käme die harmlosere extradurale oder noch
besser extravertebrale Resektion in Betracht, da
ja eine alleinige Besektion sensibler Wurzeln nichts
nützen könne. Wenn Oh. unter spasmodischen
Nenralgien die heftigen schmerzhaften, oft weit
verbreiteten Crampi meint, die man z. B. bei Tumoren
oder Entztlndungen der Hftute, aber auch bei Er-
kranbmgen gemischter peripherischer Nerven
manchmal findet, so hat er wohl mit obigen Bemer-
kongen Becht Hier beruhen eben die Crampi auf
direkter Betheiligung motorischer Fasern. Aber
andere Spasmen, besonders h&ufig allerdings solche
im Facialisgebiete bei Trigeminusneuralgie sind
doch auch rein reflektorisch und in solchen Fällen
konnte doch als ultimum refugium auch die Resek-
tion der hinteren Wurzeln in Betracht kommen.
Bei nicht spasmodischen Nervenneuralgien kommt
in Betracht, ob der kranke Nerv rein sensibel ist,
oder eine wichtige motorische Bolle spielt Im
ersteren Falle würden wohl extravertebrale Ope-
rationen vorzuziehen sein ; im 2. wird durch eine
intradurale Besektion der motorische Theil des be-
troffenen Nerven total geschont, ein umstand, der
sehr wichtig ist und einen bedeutenden Yorthdl
dieser Methode bedeutet.
Bei den radikuUren Neuralgien sitzt die Erank-
heitsorsache auf dem Gebiete zwischen Mark und
Wirbelsäulenaustritt der Nerven; manchmal handelt
es sidi z. B. um umschriebene Arachnitis. Hier
kann nur die intradurale Operation helfen und
wenn man diese Diagnose machen kann, soll man
mit ihr nicht zu lange zOgem.
[Nach Ansicht des Bef. sind die AusfQhrungen
Ch's von besonderer Bedeutung auch für die ope-
rative Behandlung der Bückenmarkstumoren. Hier
finden sidi oft doch lange Zeit nur Neuralgien,
utQrlich radikulftre. Hüne Diagnose auf Tumor ist
in dieser Zeit nicht mOgUch, ganz besonders nicht
one Segmentdiagnose. Sie wird erst mit einiger
Bestimmtheit möglich, wenn zu den Wurzelsym-
ptomen ausgeprägte Symptome von Seiten des
llarkes kommen. Für die Prognose einer Operation
ist dieser Umstand sehr ungünstig, es ist dann oft
zu spät Würde man, wozu ja die Besultate 0 h. 's
nnr ermuntern können, schon bei hartnftckigen
Kairalgien eine Trepanation der Wirbelsäule
BUKshen, so würde man wohl öfters zu einw Zeit
Hnf Tumoren treffen, wo diese noch klein sind und
das Hark wenig oder gar nicht Iftdirt haben.]
L. Bruns (Hannover).
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 1.
148. Zur Frage der oliimrgisolieii Beliand-
lang der Gallenatelnkrankheit ; von Dr. L ö w e n -
stein in Trier. (BerL klin. Wchnschr. XXXII.
26. 1895.)
L. ist Anhänger einer frühxeüigm operaiivm
Behandlung der Gholdühiasis und berichtet über
5 Er., die er mittels der zweizeitigen Cholecysto-
tomie (Cholecyatostamie) nach Biedel behandelt
hat 4 Kr. genasen; die 5. Er. starb 2^/^ Wochen
nach der Operation an Inanition.
P. Wagner (Leipzig).
149. Caanistische Beiträge mr Ohimrgia
der Leber und Qallenwege (Leberabaoesae) ;
von Dr. Hermes in Berlin. (Deutsche Ztschr. f.
Chir. ELL 6. p. 458. 1895.)
H. berichtet aus der Sonnenburg'Bohen ohiroig«
Abtheilmig des Krankenhauses Moabit zu Berlin über
4 Fälle von Ldferabacess ; 2 davon sind schon früher von
Sonnenburg selbst knrz mitgetheilt worden. Die beiden
neueren Beobachtongen von Leberabsoess stellen die-
jenigen Formen dar, die in unseren Gegenden (wenn
wir von den pyämiBchen Leberabscessen absehen) am
häufigsten zur Beobachtung gelangen, und die, frühzeitig
genug in Angriff genommen, auch bezüglich der Aus-
heilung recht günäige Aussichten eröffnen. Im 1. Falle
(44jähr. Frau) entwickelte sich der Absoess in ganz
charakteristischer W^e im Anschlüsse an eine einiee
Monate vorher überstandene Perityphlitis; im 2. Faue
(47jähr. Patientin) handelte es sich um primäre Entwicke-
lung von Gallensteinen^ in der Leber, tun die sich dann,
doxm eitrige Entzändung ein Absoess entwickelte. In
beiden Fällen trat nach Entleerung des Abscesses Sei-
lung ein.
Dann theilt H. 2 Fälle von C^ledoehuasteinen mit.
Im 1. Falle (33jähr. Frau) wurden 7 bis haselnussgroBse
Steine im Ductus choledochus zerdrückt und die Frag-
mente nach Möglichkeit in den Darm geschoben. Esilung,
Im 2. Falle wurde die Choledochotomie vorgenommen.
7hd 48 Std. nach der Operation an hämorrhagischer Dia-
tiiese.
Zum Sohlnsse berichtet H. noch über einen Fall von
starker Verdickung der Gallenblase in Folge chronischer
Entzündung, Exstupation der Blase; Heikmg.
P. Wagner (Leipzig).
150. Choleoystotomie extra • abdominale
(extra-outanee); par 0. Bloch. (Revue de Chir.
XV. 2. p. 147. 1895.)
Bei der idealen Cholecystotomie besteht die
Oefiahr, dass die Nfthte der Qallenblasenwunde nicht
halten, und dass es zn Gallenaustritt in die Bauch-
höhle kommt; bei der zweizeitigen Operation fallen
diese Gefahren fort, dabei können sich aber leicht
Adhäsionen bilden, die dann späterhin wieder
schwerere StOrongen hervorrufen.
um alle diese verschiedenen Gefahren zu ver-
meiden, hatBL bei einer an „intermittirenden Heus-
ersoheinungen" leidenden 40jähr. Näherin eine
sogen, easbraabdominaley bez. extraoutane ChdecysU)-
iomie ausgeführt, da sich nach der Eröffnung des
Bauches in der Mittellinie, ausser Yerwachsnngen
zwischen Colon, Netz nnd Gallenblase, in letzterer
auch Conkremente vorfanden.
Das sehr umständliche Operationverfahren bestand
in Folgendem: Herausziehen der Gallenblase aus der
Bauchhöhle, Fiidrnng derselben an die Haut, proviso-«
9
66
yHL Chirurgie, Augen- und OkrenheUkunde.
rischer Tersöhluss der Bauohwunde, um die Gaüenblase
herum, mit Catgatnähten. 3 Tage später Eröffiaung der
Oallenblase, Extraktion von 26 Steineu; Schloss der
OalienblaiBeiiwande mittels 5 Catgatnähten. Nach weiteren
9 Tagen Desinfektion und Losung der Verwachsungen
zwischen Gallenblase und parietalem Peritonaeum, Repo-
sition der Blase in die Bauohhöhle, genaue Naht Heikmg,
P. Wa g n e r (Leipsig).
151. Znr Oasnlstik des GMlenstein-Ileiui ;
▼on Dr. E. Lobstein in Heidelberg. (Beitr. z.
klin. Ghir. XTTT. 2. p. 390. 1895.)
L. theilt zunächst aus der Heidelberjger Chirurg.
Klinik und aus der Praxis von Dr. Heuck in Mannheim
je einen Eall von Gallensteinileus mit Bei beiden Er.
(69jähr. Mann und 68jähr. Frau) wurde die Laparotomie
vorgenommen und ein grosser OaUenstein aus dem Darm
entfernt Darmnaht u.s.w. Der 69!jähr. Kr. starb 2 Tage
nach der Operation ; die 68jähr. Pat genas. Der Stein
lag das eine Mal in der oberen, das andere Mal in der
unteren Hfilfte des Ileum.
L. hat dann aus der Literatur noch 90 Fälle
von Oaümstein- Ileus zusammengestellt In fast
allen Fällen ist der Hergang der gleiche. Gewöhn-
lich beetehen seit längerer oder kürzerer Zeit Magen-
oder Darmbeschwerden, die sich ziemlich akut zur
Darmverschliessung entwickeln : plötzlicher heftiger
Schmerz im Leibe, der manchmal ziemlich genau
lokaUsirt wird, Erbrechen, das rasch ftkulenten
Charakter annimmt, vollständige Aufhebung der
Stuhlentleerung.
In einigen Fällen waren Symptome vorhandeni
die auf Leber und Gallenblase zu beziehen waren,
Gallensteinkoliken und Ikterus. Tritt in solchen
Fällen die Erscheinung yonDarmverschluss auf, so
kann mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen
werden, dass es sich um Einkeilung eines oder
mehrerer (Gallensteine im Darme handelt In man-
chen Fällen tritt die Erkrankung ohne voraus-
gegangene Erscheinungen ganz plötzlich auf.
Einen fühlbaren Tumor geben eingeklemmte
Gallensteine nur selten ab. Manchmal befinden
sich im Erbrochenen Oaüensieine; wie diese in den
Magen gelangen können, ist nicht mit Sicherheit
festzustellen. Entweder erfolgt die Perforation aus
der Gallenblase direkt in den Magen, oder die Steine
gelangen aus dem Darme, speciell aus dem Duo-
denum in den Magen derart, dass sie in das Duo-
denum durchbrachen und durdi den lang bestehen-
den Druck der entzündeten Gallenblase auf das
Duodmium eine Insufüdenz des Pylorus entstand,
so dass der Stein in den Magen gelangen konnte.
Dauer und Ausgang der Darmverschliessung
sind verschieden.
Von 61 Er. ohne Operaiion genasen 32, 29
starben. Kam es zur Eeikmg, dann verschwan-
den sämmtliche Erscheinungen nach Entleerung
grösserer Kothmassen und eines oder mehrerer
Gallensteina Der Tod trat meist am 4. oder 5. Tage
der Krankheit in Folge zunehmenden Verfallee,
akuter Peritonitis oder Darmperforation ein.
Von 31 operirten Kr. genasen 12, und zwar
namentlich die, die frühzeitig operirt wurden.
Der Uebertritt grosser Steine in den Darm er-
folgt wohl in den meisten Fällen durch eine direkte
Communikation der Gallenblase mit dem Darma
Die Einklemmung des Steines kann an jeder be-
liebigen Stelle des Dünndarmes erfolgen; am
häufigsten findet sie im unteren Ileum und an der
neocökalUappe statt P. Wagner (Leipzig).
152. üeber Splenopesds bei Wandermilz;
von Dr. Plücker in Cöln. (Centr.-Bl. f. Chir.
XXn. 40. 1895.)
Die Forderung B y d y gier 's , dass beiWander-
milz statt der bisher geübten Splenektomie in Zu-
kunft die Spknopeacie zu versuchen sei, wird wohl
allseitig als vollkommen berechtigt anerkannt wer-
den« Gegenüber dem Verfahren fiydygier's
(vgl Jahrbb. CGXLVn. p. 172) empfiehlt PI. eine
von Bardenheuer angewendete Methode, die
sich durch vollkommene Gefahrlosigkeit und leich-
tere Technik auszeichnet und die dieser mit Er-
folg bei einer 23jähr. Er. vorgenommen hat
FreileguDg der Milzgegend bis auf das Peritonieani
durch einen IDiürflügelsclmitt Möglichst kleiner Ein-
schnitt in das Peritonaeum, durch den die Milz henuis-
gedrttngt wird, so dass sie jetzt nach aussen retroperi-
tonäal liegt ^Eine Reihe von Nähten cirkulär um die
peritonäale Oeffiiung verengert dieselbe und fixirt dis
parietale Peritonaeum an dem gefässhaltigen nndhgameo-
tosen, sehr langen Stiel der Milz. Der Abschluss gc^
die Bauchhöhle ist vollständig. Die Milz lässt sich jetzt
exüaperitonäal genau so lasern, wie sie normal intn-
peritonäal liegt Um die Milz in dieser SteUnng m
sichern, wird zuerst ein Faden um die freipräpirirte
Kippe herumgeführt, derselbe fasst dann den unteren
Pol der Milz. Es folgt eine Reihe von Knopfnähten, die
die unterhalb der 10. Rippe durchschnittene Fascie einer-
seits, das retroperiton&ue Binde- und Fettgewebe andeier-
seits fassen, so dass um den unteren Pol der Milz eine
vollständige Tasche gebildet wird.*^
In dem Falle PI. 's scheint der Erfolg gesichert
P. Wagner (Leipzig).
153. Ueber Splenektomie bei Mülseohino-
000008 ; von Prof. EL Hah n in Berlin. (Deutsche
med. Wchnschr. XXL 28. 1895.)
H. hat bei einer 35jähr. Frau einen kindskop^grossen,
leicht bewe^chen Milxechinocoeeus mittels Splenektom
entfernt Hetkmg. Die von Kroenig ausgefühiton
Blutuntersudiungen ergaben zunächst bei dem während
der Operation entnommenen Blute, d. h. bei Vorhanden-
sein der Milz, eine Vermehrung der weissen Blutkörper-
chen , dann 4 Tage nach der Operation eine erhebliche
Verminderung; 4 Wochen später frat das normale Ver-
hültniss und dann 4 Monate nach der Operation eine Ver-
minderung der weissen Blutkörperchen.
Ausser seinem FaUe hat H. 7 Splenektomiea
wegen Milzechinococcus in der Literatur gefunden.
5 sind glatt verlaufen, und zwar diejenigen, bei denen
gar keine oder nur sehr geringe Vervrachsungea
bestanden und der Tumor ft^ei beweglich war. Die
beiden ungünstig verlaufenen Fälle zeichnen sich
durch sehr ausgedehnte Adh&sionen mit Magen,
Darm und Zwerchfell aus. Li diesen Fftllen wUrde
sich anstatt der Splenektomie die Einheftung und
die sofortige Licifiion der Cyste oder die zweizeitige
Eröfi&iung empfehlen. Diese beiden Operationen
dürften nach den bisjetzt vorliegenden Erfahrungen
ym. CMrargie, Augea- und Ohrenheilkunde.
67
bei Milzeohinoooooufi und bei den Blutcysten der
Milz die allein zulAssigen sein.
P. Wagner (Leipzig).
154. Bin neaes Verfahren sur Behandlung
Subcutaner und complioirter Frakturen von
Fiogem und Zehen; von Dr. M. Schmidt in
Völklingen. (Münchn. med. Wchnschr. XLU. 39.
1895.)
Schm. empfiehlt beim mnfachen subcutanen,
▼ie beim schwersten oomplicirten Gel^kbruche
von Fingern, Zehen und Metaoarp. pollic. aus-
Bchliesslich die Extension mU Bemäxung des Nagels
ak naiürliehen Anhefkpunkies,
Duroh den freiexi Nagelrand werden 2 B3rmmetri8ch
xnr Nagdmitte liegende Bohrlöcher angelegt and durch
diese starke Zwirn- oder Seidenfäden geführt, die an ein
doppelt zusammengelegtes Drainrohr befestigt werden, das
doxoh seine Fixirnng am vorderen Ende einer dem betr.
Finger untergelegten kleinen Holzschiene die dauernde
Extension besorg Das mit Watte gepolsterte Brettchen
vird so anter die Hand, bez. den Fass gelegt, dass die
munden Finger seine Basis omklammem und sich frei
bewegen können, während der verletzte die Richtung des
Isngen Fortsatzes einnimmt.
Der Eztensionsapparat wird von den Kranken ohne
Beschwerden 2—3 Wochen getragen, dann folgt die
iUicheNaohbehaodluDg. Nagelbettontzöndungen kamen
nie Tor. Hier und da wird die Nagelwurzelgegend weich,
jedoch vergeht dies bald, wenn die Extension nach £r-
föllnn^ ihror Aufgabe abgenommen wird. In 2 Fällen
löste sich später der Nagel an seiner Wurzel los. Schm.
hit diese Nageleztension bisher bei 25 Kr. mit Erfolg
ansgefahrt P. W a g n e r (Leipzig).
155. Bin seltener Fall von paralytischer
Hüftgelenkloxation; von Dr. R. Appel in
Balle a. S. (Mflnohu. med. Wchnschr. XLU. 40.
1895.)
A. berichtet über einen 8j&hr. Knaben, bei dem
sich in Folge einer durch essentielle Kinderlähmung
'bervorgerufenen L&hmung sämmtlicher das Hüft-
gelenk umgebenden Muskeln eine sogen. y,wiil-
kärUehe Luxatian** gebildet hatte.
Die im Anfonge des 2. Jahres aufgetretene Lähmung
ßlirte zunächst zu einem Schlotter^lenke. Dieses
musste in Folge frühseitiger und ausgiebiger Bestituirung
der Moskelfonktion eher, als es sonst bei gleichartiger
Erkrankong der Fall zu sein pflegt, vomPat in Gebrauch
fenommen sein. Bei den alsbald wieder aufffenommenen
^▼eiBochen fand der Schenkelkopf in Folge der vor-
handenen K^»elschla£ßieit nicht den normalen Halt. Er
machte in der Gelenkpfanne zu grosse Exkursionen. Er
^^ bei forcirten Bewegungen gezwangen, auch am
KapseUnsatze einen Widerludt zu suchen, und zwar
ttfearaemäss beim Gehen an dessen oberem Umfange.
So gelang es dem andrängenden Kopfs allmählich, den
hinteren oberen Kapselabschnitt immer mehr zu dehnen,
his schliesslich bei forcirten Bewegungen im Sinne der
Addoktion and InnenroMion eine Subluxation, bez.
lAxation mö^oh wurde. Dass diese Luxation nicht
pvmanent worde, dafilr sorgte schon die Muskulatur,
^ ior gewöhnlich durch gleichmässig von allen Seiten
ttsgeübte Gontraktion den Kopf fest in die Pfanne
hioeiodrückte, ihn hier fixirt hielt, vor allen Dingen aber
^ Rr. selber, der nur das nicht loxirte Bein als leidlich
1^ Statse gebrauchen konnte und es deshalb sehr bald
jemte, die nach ongeechickten Bewegungen eingetretene
lAxatioQ durch Händedruck sofort wieder zu beseitigen.
P, Wagner (Leipzig).
156. De U reseotion de 1» handhe dans
la ooxalgie; par le Dr. A. Lambotte, Anvers*
(Joum. delföd., deChir. et de Pharm. IV.S. 1805.)
Die vorliegende ausführliche Arbeit ist ver-
anlasst durch die jüngsten Arbeiten von Bruns
über die conservative Behandlung der tuberkulösen
Coxitis, sowie duroh eine Diskussion in der belgi-
schen chirurgischen Gesellschaft, bei der die An-
hänger einer conservativen Behandlung ebenfalls
bedeutend überwogen.
Auf Grund ausgedehnter pathologisch-anato-
mischer und klinischer Untersuchungen will L.
die conservative Behandlung nur im 1. Stadium
der Goxitis angewendet wissen ; sowie Eiterung im
Gelenke auftritt, muss operativ eingegriffen werden.
Auch bei nicht eiteriger Goxitis ist dies noth-
weudig, wenn die Schmerzen und die fehlerhafte
Stellung des Gelenkes trotz bestfindiger Extension
nicht weichen wollen. Die Ausdehnung der lokalen
Erkrankung oontraindicirt niemals einen blutigen
Eingriff. Bei der tuberkulösen Goxitis muss immer
eine totale Resektion vorgenommen werden, am
besten von einem äusseren Längsschnitte aus. Die
senkrechte Abtragung des Trochanter ist als erster
Akt der Besektion sehr vortheilhaft. Beim Kinde
muss der knorpdige Trochanter stets geschont
werden.
Bei der eiterigen Goxitis ergiebt die Besektion,
die, bei Anfiang der Eiterung ausgeführt, vollkom-
men ungefährlich ist, die besten funktionellen
Resultate; eine bewegliche Nearthrose nach der
Besektion ist der Ankylose vorzuziehen. Die aus-
gedehnten Resektionen der Pfanne haben vom
orthopädischen Standpunkte aus keine Vorzüge.
P. Wagner (Leipzig).
157. De rott6otomie soastroohantMemie
dans lea ankyloaea vioieuaea de la hanohe; par
S a i n 1 0 n. (Revue d'OrthopM. Nr. 6. 1 805.)
S. verwirft das intraartikuläre Redressement
von in fehlerhafter Stellung ankylosirten Hüft-
gelenken, weil dadurch die schlummernde Ent-
zündung wieder losbrechen kann, ein Recidiv der
Gontraktur aber nach Zerreissung der Verwachsun-
gen nicht ausgeschlossen, eher erleichtert scheint.
Er empfiehlt vielmehr die subtrochantere Osteo-
tomie, die diese Nachtheile und Gefahren vermeidet
und keinen erheblichen Eingriff darstellt Die
Durchmeisselung macht er in querer Richtung, bei
starker Adduktion und Beugung bisweilen schräg
von aussen, oben, hinten nach innen, unten und
vom. Durch Verschieben der Fragmente lässt
sich dabei zugleich eine Verlängerung des Beines
erzielen. Eine Naht unterbleibt, der Verband wird
nach 2 — 3 Monaten entfernt
Vulpius (Heidelberg).
158. Le traitement de la luxation oon*
genitale de la hanohe par la möthode aanglante ;
par Broca. (Revue d'Orthopöd, Nr. 6. 1895.)
68
Ym. Ghirargie, Augen- und Ohienlieilkiinde.
B. hat bei 25 Kindern die blutige Reposition bei
angeborener Hüftverrenkung ausgeführt, darunter
3mal doppelseitig. Seine Technik ist der von
Hoffa Mher angegebenen nachgebildet, benutzt
also den Langenbeck 'sehen Besektionschnitt.
Er operirt bei älteren Kindern in 2 Zeiten, macht
zunächst nur die nöthigen Tenotomien (offen),
extendirt dann 3 Wochen lang, um dann erst die
künstliche Pfannenbildung vorzunehmen« Dass
4 Kinder an Sepsis zu Orunde gingen, bezieht er
auf mangelhafte Technik, zum Theil auch auf die
Tiefe und ünzugänglichkeit der Wunde. Die Nach-
behandlung besteht zunächst in Extension während
5 — 6 Wochen, von der 3. bis 4. Woche an beginnen
passive Bewegungen, Massage, Elektricität, von
der 6. Woche an Oehübungen.
Das schliessUche Resultat war gut, nur einmal
tratReluzation, ebenfalls einmal vollständige Hüft-
ankylose ein. Im üebrigen war die Beweglichkeit
durchaus genügend, die Beugung gelang bis zum
rechten Winkel, die Abduktion allerdings hur bis
300. Der Oang war bisweilen vorzüglich, öfters
blieb etwas Hinken zurück, aber nicht das
eigentliche Luxationshinken.
Yulpius (Heidelberg).
159. Bericht über die vienrndimraiiBigite
Versammlung der ophthalmologiachen Oesell«
■ohaft. Heidelberg 1806. Red. durch W. H e s s
und W. Zehender. Mit 9 Abbild. Stuttgart
1895. Druck der Union deutsche Yerlagsgesell-
Schaft 8. 284 S.
lieber Eryihropsie; von Ernst Fuchs in
Wien.
DieErythropsie kann sowohl bei normalen, als
bei aphaldschen Augen vorkommen. Sie wird
nicht durch kurze starke Blendung, sondern durch
lang andauernde, für den Menschen vielleicht gar
nicht besonders empfindliche Blendung hervor-
gerufen. Am wirksamsten ist die Schneeblendung
in hoher Lage bei dem grösseren Beichthume an
kurzwelligen Strahlen daselbst. Dass Aphakische
leichter rothblind werden, das hat seine Ursache
in dem Mangel der Linse, die nach Helmholtz
sehr viel kurzwellige Strahlen absorbirt. Bei weiter
Pupille tritt auch in der Ebene schneller Both-
sehen auf. Im Anfange erscheinen die Gegen-
stände bei der Erythropsie grün, dann in schönem
hellen Purpur. In der Maculagegend ist sie ge-
ringer oder fehlt ganz. Bei Aphakischen reicht
das Rothsehen viel weiter nach der Peripherie hin
als bei Oesimden. Das Rothsehen ist nicht als
Nachbild zu erklären, sondern durch Sichtbar-
werden des Sehpurpurs nach dessen vorausgegan-
gener Ausbleichung eben in Folge der langen Blen-
dung.
Ueber die operaüve Behandhmg hochgradiger
Myopie; von A. v. Hippel in Halle.
Ueiber die operativeBehandlung der hochgradigen
Myopie; von Sattler in Leipzig,
V.Hippel hat in den letzten 2 Jahren 60 Augen
wegen Eurzsichtigkeit sehr hohen Grades operirt,
später auch ältere bis 65 Jahren. Bei Keinem fand
sich auch nur eine Andeutung eines Eemes. Die
Linse wurde stets ausgiebig mit der Nadel disddirt,
um eine gleichmässige Trübung und Quellung her-
beizuführen; die Extraktion wurde 1 — 3 Wochen
später vorgenommen. Nur zweimal trat Entzündung
auf. Die RefraktionsdifFerenz vor und nach der
Operation betrug 14 — 24 D. Die Zunahme der
Sehschärfe war auffallend, wenn sie auch oft erst
nach einem Jahre vollständig zur Geltung kam,
auch dann, wenn während dieser Zeit die gleichoi
Oläser getragen wurden. Einmal wurde ein Kind
mit einer Myopie von 10 D operirt ; bei allen übri-
gen Kranken bestand Myopie 12 — 14 D. Es wur-
den beide Augen operirt
S a 1 1 1 e r hat die gleiche Operation an 68 Augen
bei 52 Personen gemacht mit dem gleichen Er-
folge. S. räth , bei Myopie , die geringer ist als
12 D, nicht zu operiren, da sonst das Sehen in die
Feme ohne Gonvexgläser zu mangelhaft ist Die
auch von ihm gefundene grosse Refraktionsdiffe-
renz führt er auf einen grosseren Dickendoich-
messer und einen höheren Brechungsindex der
mittleren Theile dieser Linsen zurück. Der jüngste
Operirte war 6, der älteste 62 Jahre alt
In der Yerhandlnng rieÜi Schweigger nur bei
Myopie höchsten Grades die Operation an (Femponkt bis
7 cm vor dem Auge) und empfahl die Bestimmung der
Refraktion mit dem elektrischen Augenspiegel, ^ur in
den Fällen, wo auch das aphakische Ange noch kon-
sichtig ist, hält er es für wünschenswerth, beide Aogea
zu operiren. Ostwald hält es für irrig, die Befrak-
tioDsdifferenz anf die Beschaffenheil der liinse zorück-
znführen ; sie ist die Folge der Achsen verlängerong des
kurzsiditigen Auges. Thier machte auf diu Yon ihm
sogen. Ersatz- Accommodation&zebiet der operirten Eon-
siditigen aufmerksam. Der v orsicht halber operirt er
vorläufig nur ein Au^e. Auch Ha ab rieth zur Vorsicht,
da solche kurzsichtige Augen viel vulnerabler sden al&
normale Augen.
Zur pathoiogiedien Jnaiomie der eiierigenEmr
tUiedes Meneehen; von W. ühthoff.
ü. und Axenf eld haben 11 Augen mit eite-
riger Hornhautentzündung untersucht; 5 Augen
mit eigentlichem Ulcus corneae serpens, 4 Augen
mit Keratomalade, 2 Augen mit beginnender Fan-
Ophthalmie, ü. giebt den genauen mikroekopisoheii
Befund, üeber das Hypopyon sagt er, dass es bei
nicht perforirtem Ulcus sicher nicht aus der Horn-
haut, sondern aus der Iris, der Umgebung des
Fontana'schen Baumes u. s. w. stamme und nie
mikroorganismenhaltig sei.
üeber QmjuncUviiis peirifioane, eine ungewöhn"
liehe Form von Ckmjundivaierkrankung ; von Th.
Leber in Heidelberg.
L. und V. Hippel berichten Über aufifollend
starke schollige Ealkeinlagerung in die Bindehaut
bei 2 Kranken. Im frischen Zustande sahen die
Einlagerungen weiss, bei längerer Erankheitsdauer
gelbroth aus. Alkalien, sowohl wie Säuren lösten
die berausgenommenexi Einlagerungen. Parasitäre
Vm. Cüiiniigie, Augen- und Ohrenheilkunde.
69
Elemente wurden nicht gefunden. Die Kranken
waren 16 und 23 Jahre alt
Em FaU von eehiem Lipom des oberen Äugenr
Udes; von Yoasius.
y. hat bei einem 56jähr.. mageren Manne ein voll-
Btändig abgekapseltes, eine halbe Tudlnuss grosses Lipom
entfernt, das im Verlanfe einiger Jahre am inneren Theile
dee oberen Lides sich gebildet hatte. Die Gesohwolst
war von fdnen Bindegewebezügen ohneiiTerren dorch-
xogen; auf der Oberfläche aber zeigten sich zahlreiche
NervenYerSstelungen. Es war dies die Stelle, wo die
Geschwulst mit dem Periost verwachsen war. Möglicher
Weise ist dieses Lipom aus präformirtem Fettzellgewebe
um den N. supraorbitalis entetanden.
Die Ereuxtmg der Nervenfasern im Ckiasma;
von HioheL
M. las aus dem in nfichster Zeit erscheinenden
Lehrbuche der Nervenlehre von Eölliker die
Stellen vor, die die Kreuzung der Nervenfasern im
Chiasma betreffen. Nach X^lliker's Unter-
suchungen war auch kein ungekreuztes Bündel an
Schnittserien von menschlichem Chiasma nachzu-
weisen. Das Oleiche gelte fOr Hund und Katze.
E3qi)enmenteUe Studien über die sympaOnsch»
Opkihaknie; von L. Bach.
B. hat die Untersuchungen Deutsohmann's
wiederholt Im Gegensätze zu diesem Autor hat
er weder eine üeberwanderung von Bakterien von
einem zum anderen Sehnerven, noch auch eine
Wiederherstellung des Lymphstromes von einem
zum anderen Nervenende nach Besektion eines
Nervenstückes beobachtet
Dagegen traten nach Anlegung eines Staphylo-
kokken-Oeschwürs in einer Hornhaut und mecha-
nischer Reizung dieses Auges schon bald peri-
comeale Injektion und Entzündung der Iris und
der Ciüarforts&tze des anderen Auges auf. Ja
sdion die blosse Misshandlung eines Auges mit
einer Pincette oder eine ^/^stündige Berieselung
mit Sublimat genügte dazu. Es gelang also durch
Reizung der Giliamerven des einen Auges schon
nach kurzer Zeit wirklich mikroskopisch nach-
weisbare Yerfinderungen am anderen Auge hervor-
zurufen. B. erklfirt dies so : Von dem ersterkrank-
fen Auge geht der Heiz centripetal durch die
Giliamerven zum Ganglion ciliare, von da beson-
ders durch dessen Radix sympathica zum Plexus
caroticus dee N. sympathicus derselben Seite,
hierauf durch den Girculus arteriosus Willisii zu
denselben Geflecht der anderen Seite und nun
oentrifngal wieder zum Ganglion ciliare, von da
durch die Giliamerven zum sympathisirten Auge.
Die üeberleitung des Reizes kann demnach direkt
durch die vasodilatatorischen sympathischen Fasern
des N. trigeminus erfolgen, sowie indirekt durch
Reflex von den sensiblen Fasem des N. trigeminus
aus, indem der Reiz in der Medulla oblongata von
der einen Seite auf die andere irradiirt
In der Verhandlung berichtete Zimmermann
über seine üntersuohun^serfolge nach Resektion eines
Sehnervenstfiokes und Injektion von Tusohe ausführlich.
^ «tinunen mit den Angaben von Bach übereixi»
Ein FaU von einseitiger Lähmung des l^hincter
iridis; von Rindfleisch.
läne 46jfihr. Bauerfrau, Mutter gesunder Kinder,
bemerkte seit 6 Wochen, dass ihre linke Pupille sehr
gross war. Andere Störungen am Auge wurden nicht
beobachtet; seit 4 Wochen machte sich auch ein un-
angenehmes Brausen in der linken Kopfiseite bemerkbar.
Die linke Pupille war in der senkrechten Richtung 6 mm,
in der wagerechten Richtung 6.5 nun gross, während der
Burohmessor der rechten rupille 2 mm betrug. Das
Sehvermögen für Feme und Nähe war beiderseits normal,
links noch besser als rechts, auch der Außenspiegelbefund
war beiderseits normal. Die linke PupiUe rei^irte weder
auf liohteinfall, noch auf Gonvergenz bei vol&tftndig er-
haltener Aocommodation. Beim Schliessen der Lider
bemerkte man ein leichtes Zittern des oberen Lides.
F^f. Binswanger in Jena, der die Kranke auch unter-
sudite, bemerkte noch : Zunge bei Ermüdung etwas links
abweichend, rechter Mundwinkel in Ruhe ein wenig
tiefer, leichtes Schwanken beim Stehen mit geschlossenen
Ausen, Geruch seit 20 Jahren fehlend, Herzdttmpfung
nach Imks etwas vergrössert. Für Lues kein Symptom.
B. nahm kleine Blutungen im Höhlengrau an. Nach
2 Monaten war die linke rupille etwas kleiner und zeiete
bei reflektorischer Starre eine Spur von Reaktion bei'
Gonvergenzbewegung, dagegen konnte jetzt in der Nähe
nur mit + 2.5 D gelesen werden. Eine Sohmierkur be-
wirkte rasch eine Besserune der Reaktion der Pupille
und der Aocommodation. Man kann also annehmen,
dass bei dieser Kranken wahrsoheinlioh nach Resorption
einer Blutung am Sphinkterkem eine solche am benach-
barten Acoommodationskeme auftrat und sich so aus der
SphJnkterUttmiung eine einseitige reflektorische Pupillen-
starre mit mangeUiafter Accommodation entwickelte.
lieber den Flüssigkeitswechsd in der vorderen
Augenkammer; von Th. Leber.
Es ist nicht möglich, den normalen Flüssig-
keitswechsel in der vorderen Kammer am Lebenden
zu sehen. Aach dann, wenn man Ferrocyankaliam
oder Fluoreecein in das Kammerwasser bringt,
kann man nur die Diffusion dieser Stoffe beobach-
ten, aber nicht die Bewegung der Flüssigkeit selbst.
Diese ist, wieL. an Kranken mit zahlreichen Ghole-
stearinkrystallen beobachten konnte, sehr langsam.
Am besten ist noch ein Aufschluss zu bekommen,
wenn die Menge der Flüssigkeit bestimmt wird,
die beim frischen todten Auge in der Zeiteinheit
bei normalem Drucke aus der vorderen Kammer
nach aussen filtrirt Nach Berechnung erneuert
sich das Kammerwasser in ungefähr einer halben
Stunde; es würde ^i Stunde vergehen, bis ein
Flüssigkeittheilchen aus der Mitte der Pupille den
Weg bis zum Kammerwinkel zurückgelegt hat
Dies ist eine Geschwindigkeit, die 3mal geringer,
als die eines Minutenzeigers einer Taschenuhr ist
und die als wirkliche StrOmung gar nicht mehr
wahrzunehmen ist
lieber Keratitis parendiymaiosa; von E. von
Hippel jun.
Unter 80 Kranken mit Keratitis parenohyma-
tosa war zwar bei den meisten hereditSre Lues
anzunehmen, aber bei 13 Kranken war Lues aus-
zuschliessen und nach allen Anzeichen Tuberkulose
anzunehmen. Die gleichen Erkrankungen, Drüsen-
schwellungen, Schwerhörigkeit, Knötchenbildung'
in der Iris kOnncn bei beiden Krankheiten vor-«
70
vllL Chinugie, Augen- und Ohrenheillnmde.
kommen. Eine Schmierkur ist bei beiden Formen
die beste Behandlung.
In der Verhandlang empfiüil Michel innerlioh
Goajakolpastillen.
üeber sogenannis tfordere OiUamerven; von
Axenfeld in Harburg.
Zu der Bezeichnung „lange und kurze", „direkte
und indirekte^ Giliamerven herrscht bis jetzt keine
Uebereinstimmung. Auch nach den Untersuchungen
von A. ist es nicht möglich, ein ganz scharfes ana-
tomisches Bild zu bekommen. A. beschreibt aus-
fQhrlicher episklenJe Aeste und auflUlend starke
Nerven, die er vom die Sklera durchbohren sah.
Prüfungsnulhodi desDrueh- und Sehmerxainnes
der Cbrnea und Conjuneiwa; von Erückmann.
E. hat nach v. Frey 's Angaben Hornhaut und
Bindehaut mit Härchen auf ihre Empfindlichkeit
geprüft. Bei Druckerhöhung des Auges sti^ pro-
portional die Beizschwelle. Die Prüfung wurde
auch bei herpetischen Veränderungen, Trigeminus-
afifektionen u. s. w. vorgenommen. Durch Hyotica
wurde der Druck im Auge nach dieser Methode
erst erhöht, dann herabgesetzt gefunden; bei
Mydriaticis war das umgekehrte der Fall.
Ueber Kauleriaaiion bei Ulcus serpens; von
W. Zimmermann.
Z. empfiehlt bei Ulcus serpens als Haupt-
behandlung die Eauterisation und antiseptische
Behandlung. Nur bei drohender Perforation wird
die Hornhaut gespalten. Gleichzeitiges Thrftnen-
sackleiden wird entsprechend behandelt ohne Ex-
stirpation des Thrftnensackes.
Beitrag xur Kenniniss der Veränderungen am
Hintergrund hochgradig kurxeidUiger Augen; von
Otto.
0. beschreibt kuppel- und terrassenfSrmige
Ausbuchtungen mit den entsprechenden Schatten
und Stufen, die häufig in Augen mit hoher Eurz-
sichtigkeit an umschriebener Stelle oder über den
ganzen hinteren Pol verbreitet vorkommen.
Bemerkungen Ober die glaukomatöse Excavation ;
von Elschnig in Graz.
E. konnte bei einer 64jähr. Frau 4 Vt Jahre lang eine
glaukomatöse Excavation beobachten, ohne dass Steige-
rung des intraocnlaien Druckes oder andere g^ukomatöse
Anzeichen vorhanden waren. Die mikroskopische Unter-
suchung des Auges ergab, dass die sklerale Lamina voll-
ständig normal gelagert, nicht zusammengedrüngt war.
'Ein grosser Theilder Sehnervenbündel war degenerirt
Zur Eserinbehandlung des Olaukoms; von
Groenouw.
G r. bespricht die von C o h n empfohlene Eserin-
behandlung des Glaukoms. Er räumt dem Eserin
nur eine günstige Wirkung als Palliativmittel im
Prodromalstadium ein. Eine Heilung des Glau-
koms durch Eserin wird nicht erzielt, sondern der
glaukomatöse Prooess schreitet trotz langdauemder
Anwendung des Eserins weiter.
In der Verhandlung bemerkte Sohweigger, dass
man nicht von glaukomatöser Excavation sprechen dürfe,
wenn nur die Excavation und kein anderes Zeichen für
Glaukom vorhanden sei«
Betnerkensu^erther FaU von Oummigesehumktdes
Oiliarkörpers ; von F. Ostwalt in Paris.
Bei einem 3^'ähr. Manne, der 14 Jahre vorher lao-
tisch inficirt worden war, bildete sich eine OumiDi-
gesohwulst des Oiliarkörpers, die die Sklera vortrieb Tud
zugleich im Eammerwinkel nach vom in die Kammer
wucherte, diese bis zu einem Drittel ausf&llend. In Folge
einer energischen Quecksilberkur zerbröckelte oidi
vorausgegangener kurzer Druckerhöhung die Geschwulst
und es entstand dadurch ein Pseudohypopyon. Dieses
wurde aufgesaugt, auch die Skleralgeschwulst und die
Entzündung der Regenbogenhaut verschwanden in ein
paar Wochen und die Sehkraft stieg auf */••
Zur Anatomie einer Ophthalmia hepaJtiea; von
Hori aus Japan.
H. untersuchte das Auge eines 4fijfthr. Mannes
mikroskopisch, der an Hemeralopie mit Retinitis pigmen-
tosa und Nachtblindheit bei gleichzeitigem Leberleidea
gditten hatte. Der Hauptbefund war chronische Ent-
zündung der Aderhaut unter Mitbetheiligung der übrigen
AugenhAute.
In der Verhandlung wurde auf den Zusammenhang von
Hemeralopie, Leberleiden und Potatorium hingewiesen.
Di6 Zurückziehung von Eisen^pUUem aus dm
Inneren des Auges; von 0. Haab.
H. empfiehlt wiederholt den von ihm gebrauch-
ten grossen Elektromagnet zur Entfernung von
Eisensplittem. In 60<^/o der Fälle wurde ein
brauchbares Auge erhalten. H. giebt nähere Yo^
Schriften für die Anwendung des Instrumentes.
Nouvettes observations sur le traüemeni de Foplh
thalmie puruknie par les grandes irrigations; par le
Dr. Kalt, Paris.
E. berichtet Ober die günstigen Erfolge, die er
sowohl bei der Conjunctivitis blennorrhoica, als bei
der Conjunctivitis granulosa durch Ausspülung des
Bindehautsackes mit einer Mischung von Sublimat
1 : 10000 und EaL hypermanganicum 1 : 3000 6^
halten hat Argent nitr. wurde nicht angewandt
üeber hysterische Sehsckwäßhe; von 0. S c h warz.
Schw. bespricht die Augenstörungen, die auf
Hysterie beruhen : Die Herabsetzung der Sehschärfe
olme nachweisbare optische oder organische Stö-
rung, wenn sie durch Suggestion deutlich gebessert
werden kann, die concentrische GesichtsfeldeLn-
engung, die Inversion der Farbengrenzen, die Sen-
sibilitätstOrung an der Hornhaut und der Bindehaut
Die bekannte Definition der Hysterie von MObius
glaubt Schw. folgendermaassen umändern zu sol-
len: Hysterisch sind .alle diejenigen krankhafiea
Veränderungen des Körpers und seiner Funktionen,
welche durch seelische Vorgänge verursacht sind.
üeher das Wdehsthum des Auges; von Weiss.
W. hat die Grösse und das Gewicht vieler
Augen in den verschiedensten Lebensaltem und
auch besonders genau die Lage und Ausdehnung
der Muskelinsertionen bestimmt Während das
Körpergewicht des Menschen bis zur voUständigen
Entwickelung um das 21fache zunimmt, nimmt
das des Auges, fast ganz gleich dem Gtehim, nur
um das 3.25fache zu und das Volumen um das
3.29fache. Die einzelnen Zahlen für die verschie-
denen Lebensalter sind angegeben und in Cnrven
dargestelit Lamhof er (Leipzig).
IZ. Hygieme und Staataarzneikunde.
11
IX. Hyglelne und Staatsarzneikunde.
160. Der phyaisohe Büdkgang der Bevöl-
kemng in den modernen Onlturstaaten mit
l)e8ondererBüok8i6ht aof OeBterreioh-üngam;
TOD Dr. Julius Donath. (Wiener Klinik Mai
1895.)
D. folgert den physischen Bückgang der Be-
Täkerung von Oesterreich-Üngam, dessen Ursache
er in den modernen Produktionsverhältnissen er-
Uickt, aus d«i Ergebnissen bei den Aushebuugen
nun Militär, bei denen immer erhöhte Prooentsätze
unbrauchbarer Soldaten sich ergeben h&tten. Diese
stiegen von 21.56<^/t fOr Ungarn und 40.33*/o fOr
Qesterreich im Jahre 1887 allmählich auf 75.49%
fOr Ungarn und 76.360/o für Oesterreich im Jahre
1888 ; von da fand ein geringes Absinken statt
Letzteres erklärt sich aber lediglich daraus, dass
in Folge der WehrgesetznoveUe vom Jahre 1889
das jährliche Bekrutencontingent erheblich erhöht
vnnie. Die dadurch erforderlich werdenden Mehr-
einstellungen hatten Herabsetzungen der Anfor-
derungen an die Militärdiensttauglichkeit zur Folge,
sind ÜBO zur Beleuchtung der hier in Frage stehen-
den Verhältnisse ohne Behing. Auf ähnliche Um-
stände bezieht D. den Bückgang der Procentzahlen
Ittr das Deutsche Beich, wo in Folge der bedeuten-
den Vermehrung der Wehrkraft durch das Qesetz
rm 11. Februar 1888 u. A. Männer mit folgen-
den Fehlem in das stehende Heer eingereiht wer-
den: Herabsetzung der Sehschärfe bis zur Hälfte
der normalen, gmngee Stottern, leichter Qrad von
Kropf, Bruchanlage, Breitfüssigkeit, Mangel einer
Zehe, Verkrüppelung der Nagelglieder der Finger,
Sehiden und Plattffissigkeit
In FSrankreid^ stieg die Zahl der Zurückgestall-
ten 1871—1891 von 7.7 auf 23.2«/o, in Bedien
fand 1882 — 1890 ein geringeres Ansteigen von
31.78 auf 39.81% statt, während in der Schweiz
sich die Zahl im Allgemeinen auf gleicher Höhe hielt.
Andererseits sind körperliche Oebrechen bei
Stkükm höherer Lehranstalten, was an zahlreichen
Beispielen nachgewiesen wird, um so häufiger, je
länger die Schüler sich in der Anstalt befinden.
Weiter wird auf die socialen Calamitäten der
Gegenwart und die z. Th. völlig ungenügende Er-
Blhning der arbeitenden Klassen bei überanstren-
Sender Arbeit hingewiesen und die Einführung des
Acktstandentages für Arbeiter im Hinblick auf die
Idabei in den englischen Arsenalen gemachten
&&hrangen empfohlen. R W e h m e r (Goblenz).
161. Stadien über Mehl und Brot.
Vm lieber das Veraohiinfneln des Broiee; von
Dr. Eugen Weite. (Arch, f. Hyg. XXIV. 1.
p. 84. 1895.)
IX. Bmflues der menecUichen Verdauungeeäfie
^aUbaekenes und friachea Brot; von Dr. Eugen
jQngmann. (Ebenda 2. p. 109. 1895.)
Vin. Weite hat das Verhalten von Peni-
cillium glaucum, Aspergillus nidukns, Mucor sto-
lonifer zum Brote untersueht. Seine Hauptergeb-
nisse sind: Die im Mehl und Sauerteig vorhan-
denen Schinunelpilze gehen beim Backen zu
Qrunde. Das Verschimmeln des Brotes ist daher
immer auf eine Infektion von aussen zurück-
zuführen. Das Eiweiss des Brotes wird von Peni-
cillium glaucum und Aspergillus nidulans in leicht
wasserlösliche StickstofFverbindungen übergeführt
Die Kohlehydrate des Brotes werden beim Ver-
schimmeln zum grossen Theile in Kohlensäure ver-
wandelt. Hieraus erklärt sich der beim Verschim-
meln eintretende bedeutende Verlust an Trocken-
substanz und Nährwerth.
Die untersuchten drei Schimmelarten zeigten
weder in ihren Sporen, noch in ihren Stofifwechsel-
produkten eine Oiftwirkung auf den Körper.
IX. Jungmann hat frisches, wie altbackenes
Brot auf das Verhalten gegen Speiche^ Salzsäure
und Pepsin untersucht Bedeutende unterschiede
vermochte er dabei nicht zu finden.
Frisches, wie altbackenes Brot nehmen in der-
selben Zeit ungefähr die gleichen Mengen Speichel
und Salzsäure auf. Gekautes Brot, mit Salzsäure
und Pepsin im Brutofen behandelt, ergab im FU-
trate die gleichen Stickstofifmengen, ganz gleich,
ob es alt oder frisch war.
Die zweifellos für Viele bestehende ünzuträg-
lichkeit des frischen Brotes führt J. darauf zurück,
dass frisches Brot nach kürzerem Kauen geschluckt
werden kann und dann feste Klumpen bildet, die
die Magenwände mechanisch reizen. Bei lang-
samem sorgsamem Kauen kann frisches Brot nicht
schädlich sein. V. Lehmann (Berlin).
162. Hygienische Stadien über Kupfer I»
n; m; von Prof. K. B. Lehmann, z. Th. unter
Mitwirkung der Herren Dr. Mock, Kant und
Lang. (Arch. f. Hyg. XXIV. 1. p. 1. 18. 73. 1895.)
Um kleine Kupfermengen in organischen Sub-
stanzen nachzuweisen, bediente sich L. hauptsäch-
lich folgender Methoden.
1) Das zerkleinerte Material wird mit 3— 8 com oon-
centrirter Schwefelsäure versetzt und miter Umrühren
auf Asbest schwach erhitzt, bis die Masse ziemlich ver-
kohlt ist Die Flamme wird dann allmählich grosser
gemacht and Alles verkohlt Die Kohle wird nach dem
Abkühlen zerrieben nnd auf freiem Feuer verbrannt Die
Asche wird mehrmals mit Salpetersänre ausgezogen nnd
in dieser Lösung das Kupfer bestinmit 2) Die Substanz
wird auf Asbest schwach verkohlt pulverisirt geglüht
Dann wird sie in kleinen Portionen in geschmolzene Soda-
Salpetermischung einffetragen. 3) Harn wurde durch
ländampfen, wi^erhdte Behandiimg nat Salpetersäure
und Glühen zerstört
Abgeschieden wurde das Kupfer aus den erhaltenen
Flüssigkeiten durch schwaches Aikalisiren mit Ammo-
niak, Ansäuern mit etwas Salzsäure, Einleiten von
Schwefelwasserstoff. Das abfiltiirte Sohwefelkupfer
wurde in Salzsäure oder Salpetersäure gelöst
H
li. Bygieine und Ötaatsarzneikuiide.
DieBMtimmimff geschah meist auf oolorimetrisöhem
Wege in ammoniakiuisGher Kupferhydroxydlösong, oder
in esaigsaiurer Losnng, mit Ferrooyuikaliam Tersetzi
Nach diesen Methoden hatL. denEupfergehalt
in menschlichen Nahmngsmitteln bestimmt, und
zwar in solchen, die als lebende Pflanze oder
lebende Thiere Kupfer unter normalen YerhAlt-
nissen aufgenommen haben, und in solchen, denen
erst bei der Verarbeitung absichtlich oder unab-
sichtlich Kupfer zugesetzt ist
Fast alles Oetreide, Oemüse und Obst enthält
mehr oder weniger Kupfer, Austern, H&ringe,
Büchsenhummer enthielten es gleichfalls. Von
thierisohen (und menschlichen) Organen scheint
immer die Leber am meisten zu enthalten, unab-
sichtlich gelangt Kupfer in Nahrungsmittel durch
Verwendung kupferner Geschirre, so in Wasser,
Salzwasser, Bier, Wein, Branntwein, Essig, saures
Oemüse, fette Sachen, Fleischspeisen u. s. w. Ab-
sichtlich wird Kupfer gebraucht bei der Grün-
ffirbung von Gemüseconserven und bei der Brot-
bereitung.
Die Mengen, die ein Mensch mit der Nahrung
noch unbemerkt zu sich nehmen kann, sind nach
den yielf<igen Versuchen von L. sehr gering, so
dass eine Vergiftung auf diesem Wege kaum mög-
lich scheint V. Lehmann (Berlin).
163. Die Starahlende Wlrmeirdisoherliioht*
quellen In hygienischer Hinsieht; von Prof.
Rubner. ILL Theü: Die Bexiekut^ der ^il'xxhlellu
den Wärme xum lAchie. IV. Theil : Die leuchtende
Strahlung und das Wärmeäquivaleni des Lichtes.
(Arch. f. Hyg. XXm. 4. p. 297. 343. 1895.)
üeber den I. und n. Theil der eingehenden
R'schen Studien über unsere Lichtquellen ist in
den Jahrbüchern GCXLVn. p.277 referirt worden.
Der m. Theil behandelt zunächst den Einfluss der
festen Theile der Beleuchtungsapparate auf die
Wärmestrahlung. Dieser ist unbedeutend bei ein-
fachen Gasbrennern, die aus. Wftrme schlecht
leitendem Material bestehen und nur eine kleine
Berührungsfläche mit der Flamme haben. Beim
Argentbrenner setzt der Glascylinder die Wärme-
strahlung herab, da aber die Lichtmenge noch
mehr abnimmt, wächst der pro 1 Kerze zu rech-
nende Strahlungswerth. Beim Auerlicht wird
durch die Cylinder die Lichtstrahlung nur wenig
geändert, die Wärmestrahlung aber bedeutend
herabgesetzt Bei den Petroleumlampen ist die
Strahlung des Brenners und des Cylinders sehr
erheblich, bei Anwendung eines zweiten Cylinders
sinkt zwar die Liohtmenge um einige Prooent, weit
mehr aber wird die Wärmestrahlung herabgesetzt
In Bezug auf die Lichterzeugung und den Ver-
brennungsprooess besteht ein Unterschied zwischen
Beleuchtungsmethoden, die auf Verbrennunge-
processen beruhen, und solchen, bei denen der
elektrische Strom in Licht umgewandelt wird.
Erstere haben reichliche dunkle Wärmestrahlung,
da nicht nur die glühenden Eohlenstoffpartikel
Wärme abgeben, sondern auch andere nur der
Verbrennung dienende Processe solche liefern. In
der elektrischen Lampe dagegen kann die Erzeu-
gung der Energie örtlich von der Lampe getrennt
sein, in letzterer wird Wärme und licht nur von
dem glühenden Eohlenbügel abgegeben. In den
einzehien Leuohtflammen ist das Verhältniss zwi-
sehen dunklen und leuchtenden Theilen sehr ver-
schieden. Von wesentlichem Einfluss ist auch die
Qualität des Lichtes, wie sie sich nach verschie-
denen Spectralbezirken, oder nach dem Intensitäts-
verhältniss zwischen Grün und Both berechnen
lässt Beim Auerlicht ergeben sich wieder beson-
dere Verhältnisse, da das Glühnetz mehr Licht-
strahlen aussendet als der Kohlenstoff. Die Farbe
des Lichtes steht zu der Wärmestrahlung in enger
Beziehung, die Strahlung aus einer r5thlichen
Lichtquelle enthält weit mehr Wärme, als die ans
einer blftulichen.
Ein einheitlicher Wärmewerth für 1 Kerze
Helligkeit besteht nicht Der Werth hängt mit
dem spectralen Verhalten der Lichtquelle zusam-
men und ist im rothen licht am grOssten. Leucht-
flammen haben eiheblich grüssere Werthe als
leuchtende feste KOrper, da sich in ihnen Kohlen-
stofftheilchen in den verschiedenartigsten Glflh-
zuständen vorfinden und die zahlreichen in sdiwa-
cher Gluth befindlichen Theilchen viel dunkle
Strahlung liefern, während der Kohlenstoff in der
Glühlampe unter gleichmässigeren Bedingungen
glüht
Für die gleichen Helligkeitswerthe sind daher
sehr ungleiche Aufwände an Energie erforderlich.
Von der angewandten Gesammtenergie wird immer
nur ein sehr kleiner Theil in licht umgewandelt,
bei den Paraffinkerzen 0.4<>/oi beim Sohnittbrenner
0.350/0, beim Auerlicht 0.7500/o, bei der Glüh-
lampe 7.14<^/o. Woltemas (Diepholz).
164. üeber die hygienische Bedeutong des
Liehtes; von Dr. W. Kruse. (Ztschr. f. Hyg. u.
Lifektionskrankh. XEE. 2. p. 313. 1895.)
Neben der Wirkung auf das S^organ und auf
die Psyche kommt besonders die auf Bakterien in
Betracht Sie werden geschädigt, und zwar um
so mehr, je mehr Sauerstoff zutreten kann. Am
stärksten wirkt direktes Sonnenlicht, aber audidas
diffuse Licht hat eine nicht unerhebliche anti-
bakterielle Kraft Die grünen, blauen, violetten
Strahlen wirken stärker als die rothen und gelben.
Die Wirkung der Belichtung steigt mit höherer
Temperatur. Flüssige Medien, die oomplicirte
stickstoffhaltige Substanzen enthalten , werden
durch Belichtung zu sohlechteren Nährflüssig-
keiten, diese chemische Veränderung ist aber zur
Erklärung der antibakteriellen Wirkung des Lich-
tes nicht ausreichend, man muss auch noch einen
direkten Einfluss auf die Bakterien annehmoi.
Geschädigt werden sowohl die vegetatiTen, als die
Dauerformen, auch die Virulenz nimmt ab. *
IX Hygieine und Staatsarzneüninde.
73
In nnaeren Wohnriumen spielt trotzdem die
desinficirende Wirkung derBeliohtung keine grosse
Solle, da sie nicht stark genug ist und duroh jede
zuMige Beschattung verhindert wird, grosser ist
fiie im Freien, bildet aber nicht die Hauptnrsache
der Selbstreinigung der Flüsse.
Woltemas (Diepholz).
165. Die hygienisohe Bedeutung desHans-
sohwammes; von Dr. E. Gotschlich. (Ztschr.
f. Hyg. u. Infektionskrankh. XX. 3. p. 502. 1895.)
Die bisher vorliegenden Beobachtungen über
die (>esundheitschädlichkeit des Hausschwammes
Bind, wie G. nachweist, ohne Beweiskraft, auch
die experimentelle Prüfung ' ergab keine schftd-
lichen Wirkungen. Es gelang bei keiner Art der
Beibringung bei Thieren GesundheitstOrungen her-
Torzurufen, der Hausschwamm stirbt bei einer
Temperatur von 30 — 35^ in kurzer Zeit ab, kOnnte
daher im Thiwkörper nicht fortkommen. Hygiei-
iiische Bedeutung hat er nur als Symptom einer
übermSssigen Feuchtigkett der WAnde und der
Luft, vielleicht können seine übelriechenden Aus-
dünstungen auch bei empfindlichen Personen Be-
Ifistigungen hervorrufen, die aber nichts Specifisches
haben und in gleicher Weise durch jedes andere
ftolDissfähige Material entstehen können.
Woltemas (Diepholz).
166. Die Gewinnung von keün£reienai Trink-
waaier durch Zutäte von Ghlorknlk (Verfahren
vonU, Traube); von Dr. Alois Lode. (Arch.
i Hyg. XXIT. 3. p. 236. 1896.)
Die ausserordentliche Desinfektionskraft des
Cblorkalkee benutzte M. Traube, um die Mikro-
organismen des Trinkwassers abzutödten, und zwar
sollte nach seiner Angabe die geringe Menge von
0.0004260g Chlorkalk, bez. 0.0001065g wirk-
Bunen Chlors genügen, lOOco eines stark bakterien*
haltigen Wassers innerhalb zweier Stunden keim-
frei zu machen. Der nicht verbrauchte Chlorkalk
wnide durch Zusatz von 0.000209 g Natriumsulfit
entfamt, welch' letzteres durch Einwirkung auf
dfiQ Chlorkalk in Verbindungen übergeführt wird,
die auch sonst im normalen Trinkwasser vorhanden
sind. Somit war die Darstellung eines keimfreien
Wassers möglich, ohne dase in ihm fremdartige
fiestandtheile verblieben.
L. unterzog das Traube 'sehe Verfahren einer
PrQfong und stellte sich die Frage, ob auch patho-
geae Keime (mit denen Traube nicht experi-
nentirt hatte) schon durch solche kleine Chlor-
iDsagen unschfidlich gemacht würden. Die Ver-
sodie erstreckten sich auf em Bacterium coli
oommnne, auf Typhusbacillen , Choleravibrionen
und Milzbrandsporen, und zwar prüfte L. das Ver-
halten klein» Chlormengen nicht nur g^^nüber
BoiocQltnren, sondern auch gegenüber Auf schwem-
mmigen dieser Mikroorganismen in natürlichen und
Uaatlieh verunreinigten Wftssem. Dabei zeigte
sich, dass die von Traube angenommene Meng9
Mel Jahrbb. Bd. 249. Hft. 1.
von 0.001 g Chlor pro Liter in jedem Falle unzu-
länglich war, dass vielmehr die in Betracht kom-
menden Wftsser in den meisten Fallen erst nach
einem Zusätze von 0.008 g wirksamen Chlors pro
Liter und nach einer Einwirkungzeit von 30 Min.
als keimfrei anzusehen seien. Höhere Chlormengen
waren nur bei künstlich mit Harn u. s. w. ver-
unreinigten Wässern nöthig, in jedem Falle aber
kann man erwarten, dass 30 mg pro Liter in der
Zeit von 10 Min. selbst die Dauerformen der Mikro-
organismen abzutödten vermögen.
Den von Traube vorgeschlagenen Zusatz von
Natriumsulfit zur Bindung des eventuell unver-
brauchten Chlors behält L. bei, da auch seiner An-
sicht nach die Härte des Wassers dadurch nur
innerhalb der zulässigen Grenzen vermehrt werde.
Der praktischen Anwendung des Verfahrens
steht aber noch die schwere Benetzbarkeit des Chlor-
kalks hindernd im Wega Diese beseitigt L. ent-
weder duroh feines Verreiben des Chlorkalks mit
Wasser oder aber durch Hinzufügen von Citronen-
säure, die ja das Chlor frei macht Die Menge von
0.25 g Citronensäure erwies sich als ausreichend
für die pro Liter zuzusetzende Chlorkalkmenge.
Die Vermehrung der Chlorkalkmenge bedingt ferner
eine Trübung (Flocken von kohlensaurem Kalk), die
erst noch durch Filtration (Flanellsack u. s. w.) zu
beseitigen ist. Die Kostproben von so behandeltem
Wasser gaben durchaus befriedigende Resultate.
Immerhin glaubt L., dass das Traube 'sehe Ver-
fahren durch diese nothwendig gewordene Ver-
mehrung des Chlorkalks viel an Werth verloren
habe. Für die Wasserversorgung grösserer Städte
ist es zu theuer. Lidessen eignet es sich nach L.'s
Meinung für Truppen im Felde, für die Bevölkerung
verseuchter Gebiete u. s. w. ganz vorzüglich, da es
schnell und ohne besondere maschinelle Einrich-
tung vollkommene Eeimfreiheit des Trinkwassers
herbeizuführen im Stande ist F i c k e r (Breslau).
167. BzperlmenteUe Studien über die Band-
flltration; vonProf. Gustav Eabrhel. (Arch.
f. Hyg. XXn. 4. p. 323. 1895.)
Piefke und Fraenkel haben dieSandfiltra-
tion an einem kleinen Modell nachgeahmt und sind
zu dem Ergebnisse gekommen, dass bei ihr kein
vollständiges Abfiltriren pathogener Keime erreicht
wird. Sie schätzten das Verhältniss der durch-
gelassenen zu den festgehaltenen Mikroben auf
1:1000. E. hat die Versuche wiedeiiiolt, aber
unter Bedingungen^ die nach seiner Meinung die
Fikration im Oroseen besser nachahmen. Audi er
findet, dass ein vollständiges Zurückhalten der
Bakterienkeime nicht erzielt wird, kommt aber
insofern zu einem günstigeren Resultate, als er das
Verhältniss, statt 1:1000 durchschnittlich wie
1 : 7000 bis 1 : 3000 findet Der ungünstigste Zeit-
punkt für die Filtration ist der gleich nach Con-
struktion desFilters, was Piefke undFraenkel
ausser Acht gelassen haben. V.Lehmann(Berlin)«
10
74
DL fiygieine nnd StaatsarzneOnmde.
168. Die heatilge Dampfdestnfektion im
lichte derWirkUchkeit; von Reg.- n.H6d.-Bath
Dr. Schmidtmann. (Dentsohe Vjhrschr. f. 9ff.
Oeshpfl. XXVn. 1. p. 169. 1895.)
In 18 Kreisen des Begiemngsbezirkes Oppeln
giebt es zur Zeit 42 Dampfdesinfektionsapparate.
I^ach Ausscheidung der häufiger benutzten, Kranken-
anstalten oder der Knappschaft gehörigen verbleiben
24 der öffentlichen Benutzung zugängliche Appa-
rate, die zusammen 44355 Mk. gekostet und 1893
im Ganzen 318 Desinfektionen geleistet haben.
Schm. verneint daher die Frage, ob die Wohl-
thaten im Verhältniss zu den Kosten stehen. Der
Qrund der geringen Benutzung li^ in der Ab-
neigung des Publicum, und diese ist berechtigt,
weil die Sachen vielfach verdorben werden, da das
Bedienungspersonal schlecht ausgebildet und un-
geübt ist Er fordert, die Apparate nicht oompli-
cirter, grösser und kostspieliger zu wählen, als es
den Verhältnissen des Ortes entspricht, und vor
Allem fOr ein geschultes zuverlässiges Personal zu
sorgen. Die Ausbildung kann nur in einer gut ge-
leiteten Desinfektionsanstalt geschehen, die wo-
möglich Oefen von verschiedener Construktion im
Betriebe hat, am besten in einer grösseren üni-
versitätstadt; als Zeit wird etwa 1 Woche genfigen.
Woltemas (Diepholz).
169. Die Besinfektion durch Dampf ; von
Dr. J. Neufeld. Wien 1895. Urban u. Schwar-
zenberg. Qr. 8. 36 S. mit 16 Holzschn. (75 Pf.)
N. giebt eine gute Darstellung der Desinfektion
durch Dampf, der Anforderungen, die an Desinfek-
tionsapparate zu stellen sind, und eine Beschreibung
und Kritik der am meisten bekannten und eines
von ihm selbst angegebenen Apparates.
Der Sammler enthält ein Schlangenrohr, in das der
Dampf zuerst hineingelassen wird und das die zudesinfi-
cirenden Gegenstände erwärmt. Dann wird der Sammler
selbst mit Dampf erfüllt und hißrauf kaltes Wasser in das
Schlangenrohr gepumpt, so dass im Sammler durch Con-
densation des Dampfes eine relative Leere entsteht, und
die Gegenstände die ihnen anhaftende Luft abgeben. Die
eigentliche Desinfektion erfolfft dann nach Belieben mit
strömendem oder gespanntem Dampfe, und zum Schlüsse
wird im Sammler durch Oeffiien von 2 Klappen ein Luit-
strom erzeugt und gleichzeitig Dampf in die Schlange
gelassen, so dass die Sachen im Apparat selbst getrocknet
werden. Die complicirte Construktion setzt eine sehr
sachverständige Bedienung voraus.
Woltemas (Diepholz).
170. Bin neuer BeainfektionBapiMurat mit
starkströmendem, gespanntem Waflserdampi;
nebst Bemerkungen über die Bedeutung der
Strömung, Spannung, Temperatur des Dampfes
bei der Desinfektion ; von Dr. Y o g e L (Ztschr.
f. Hjg. u. Infektionskrankh. XTX. 2. p.291. 1895.)
Y. betont die Unzulänglichkeit mancher Des-
infektionsapparate und die Schwierigkeit, die von
den Objekten festgehaltene Luft zu entfernen. Auf
die Bichtung des Dampfstromes kommt es weniger
an, wohl aber auf eine ergiebige DurchstrOmung
der Gegenstände. Sehr wirksam ist die von Bohrhedc
benutzte Druckverminderung im Apparate dmch
theilweise Condensation des Dampfes (Yacuum-
System), die in den Gegenständen festgehaltene
Luft dehnt sich dabei aus und läset sich nachher
besser austreiben. Y. benutzt dies Princip nicht, soof
dem arbeitet mit gespanntem, strömendem Dampf
von ^/i Atmosphäre Ueberdruck. Er hat 2 bei ift>ftr-
hedc in Berlin käufliche Apparate construirt, von
denen der kleinere für Instrumente und Yerband«
Stoffe, der grössere für Eleidungstücke bestimmt
ist, zur Heizung dienen Gkis, Spiritus oder Herd-
feuer, der Dampf hat keine Nebenwege neben dem
Yerbandstoffbehälter, und verlässt ihn durch ein
Belastungsventil, daa ihn auf eine Temperatur von
110^ bringt Ln Interesse der Sicherheit sind die
Apparate für Ueberdruck von 1 Atmosphäre gebaut,
die Yentile blasen aber schon bei Vs Atmosphäre ab.
Woltemas (Diepholz).
171. Snr la desinfsotion des matüresfeoi-
les nonnales et pathologiqnes. Etnde delt
Tslenr oomparie des divers desinflaotants ohi«
miques aotoeis; per H. Yincent (Ann. de
rinst Pasteur IX. 1 ; Janv. 1895.)
Y. hat 16 der gebräuchlichsten Desinfektions-
mittel auf ihre Brauchbarkeit Fäkalmassen geg^-
über untersucht Er verwendete frische dünne,
oder in Urin vertheilte feste Stühle, zweitens alte
stinkende, denen, um die Schwierigkeit zu erhöhen,
eine Aufschwemmung von Gartenerde in Wasser
zugemischt worden war, drittens TyphusstOhle,
denen noch Typhusbacillen zugefügt waren, nnd
diarrhoische Stühle mit Choleravibrionen, die in
Bouillon gezüchtet worden waren. Bevor Y. die
Einsaat in Nährmittel vornahm, suchte er die Des-
infektionsmittel nach dem Yorgange Geppert's
zu neutraUsiren ; wo dies unmöglich ist, wiebä
Eresol, Lysol u. s. w., legte er mehrere Yerdün-
nungen an. Y. fand nun zunächst, dass, um Flkai-
massen vollständig zu sterilisiren, ungeheure Men-
gen eines Desinfektionsmittels nothwendig sind.
Um z.B. nach 24Std. bei 15^0. sämmtliche Keime
in Icbm Fäkalmasse abzutödten, sind 70 — 90 kg
Eupfersulfat , 40— 50o/o Chlorkalk, 90% Kali-
milch, 60 kg Lysol, 75 kg Solutol u. s. w. nOthig.
Da aber edahrungsgemäss die pathogenen Bak-
terien schon bei viel geringeren Goncentrationen
abgetödtet werden, die Saprophyten aber diejenigen
sind, die eine grössere Resistenz diesen Mittehi
gegenüber an den Tag legen, so ist, um BUai-
massen zu desinficiren, die Erreichung einer ab-
soluten Eeimfreiheit nicht nöthig.
Bei der Untersuchung der einzelnen Des-
infektionsmittel hat Y. gefunden, dass KupfersuUat
und Kresol am sichersten wirken ; nach ihnen Lysol
und Chlorkalk. Unter diesen nehmen Kupfersul&t
und Chlorkalk ihrer Billigkeit wegen die erste Stelle
ein. Es eignen sich gar nicht : Ghlorzink, Sublimat
und Eisensulfat Die Carbolsäure ist allein des
Kostenpunktes wegen zu verwerfen«
TK. Hygieine und Staatsarzneikunde.
75
Die Alkalescenz und die Temperatur beein«
flössen den Erfolg eines DesinfektionsmittelB be-
deaiend. Je mdir alkalisch die Fftkalmassen und
je niedriger die Temperatur der Umgebung, um so
weniger gelingt die AbtOdtung der Keime. Ein
Desinfektionsmittel wirkt daher ungleich besser:
1) wenn gleichseitig mit ihm Schwefelsäure im
Verhältnisse 1 : 100 F&kalmasse beigemischt wird,
2) wenn die Temperatur nur auf 18 — 24<> C. er-
höht wird. Flüssige Fftkalmassen werden leichter
staiilisirt als feste.
Aocb den pathologischen Stühlen gegenüber ist
Xnpfersulfat unter Zusatz von Schwefels&ure das
beste Desinfektionsmittel. Auf lOOccmFäkalmasse,
die Typhusbacillen enthielten, genügen 5 g (3.5 g
unter gleichzeitigem Zusätze von Schwefelsäure)
Enpfersulfat, 6 g Lysol und Eresol, 8 g Chlorkalk,
um innerhalb 34 Std. die Typhusbaoillen abzu-
töten. Wolf (Dresden).
172. Weitere üntersaehnngen über die
Deainfektionitfähigkeit von Setfenlösnngen^ von
MaxJolles. (Ztsohr. f. Hjg. u. Infektionskrankh.
XU. l.p. 130. 1895.)
DieDesinfektionskraft vonSeifenlösnngen gegen
Cholerakeime haben frühere Untersuchungen bereits
dtrgetfaan. Die vorliegende Arbeit enthält das Er-
gebniss von Versuchen über die desinficirende
Kult von Seifenlösungen gegenüber anderen patho*
genen Bakterie, speciell Typhus und Coli com-
mmie. Die Resultate zeigen, dass den Seifen-
lOsnngen an und für sich eine bedeutende Des-
infektionskraft gegen die am hftufigsten vorkom-
men pathogenen Mikroorganismen innewohnt und
dtts sie speciell in den Fällen, wo sie am häufig-
sten zur Verwendung kommen dürften, nämlich
zor Desinfektion von schmutziger und mit Dejek-
ten infektiös Erkrankter verunreinigter Wäsche,
das geeignetste und natürlichste Reinigungsmittel
Abgeben. Weintraud (Breslau).
173. üeber Gesundheitsbescli&diguiig und
^d durch Binwrirkung von Garbols&ore und
▼erwandten Desinfektionsmitteln; von Dr. A.
Stühlen. (Vjhrschr. f. gerichtl. Med. X. 2. p. 240.
1895.)
Die Todesfälle nach innerlicher Anwendung
^n Carbolsfture betrafen zuweilen Selbstmörder,
beruhten aber meist auf Verwechselung der Garbol-
B&ore mit Arzneien oder Gtotränken. Die meisten
Vergiftungen endeten tOdtlich, bei Ausgang in
Genesung bleiben keine schweren Folgen zurück.
^ äusserer Anwendung ist die Carbolgangrän
die häufigste Oesundheitschädigung, es sind aber
auch schon Todesfälle nach Einreibung in die un-
Terletste Haut vorgekommen. Uterus- und Vaginal-
doach^, besonders aber Elystire mit Carbol-
Ifeongen haben schon mehrfach zu tOdtlichen Ver-
giftungen geftlhrt, die geringste tödtliche Dosis bei
einem Einde waren 2.5 g in einem Wasserklystire
von 500 g. Bei Kindern kann auch die Wund-
behandlung selbst mit sehr verdünnten Losungen
Anlass zu Vergiftungen geben. Diagnostisch ist
der Harn am wichtigsten, der Sektionsbefund ist
wenig charakteristisch, abgesehen von den weissen
Aetzschorfen bei Anwendung in conoentrirter
Form.
Auch nach Gebrauch von Creolin und Lysol
sind Unglücksfälle mehrfach vorgekommen, ebenso
nach den früher beliebten Darmausspülungen mit
Resorcinldsungen. Woltemas (Diepholz).
174. Kann ein mvor (Gesunder einen
Sohädelbmoh erleiden» ohne sichtbare Ver-
letiung derWeiohtheile und ohne das« er die
Schwere seiner Verletsung erkennt? von Dr.
E h r 1 e in Leutkirch. (Württemb. Corr.-BL LX V.
20. p. 153. 1895.)
Ein 25jähr. Bauer wurde mit einem ZaunpfUile an
die Schläfe geschlagen, klagte 7 Minuten später über
heftigen Kopfsohmerz, sing aber noch über 3km weit
nach Hause und legte sich auf die Ofenbank. Eine Stande,
später stand er auf, war sehr matt, l^ete sich noch in*s
Bett, wurde bald comatös und starb 13 Standen nach der
Verletzung. Bei der Sektion fand man die Kopfhaut
unverletzt, den Temporalmoskel theilweise gequetscht
und blutig durchtränkt, den abnorm dünnen (2 mm) Schup-
pentheU des rechten Schläfenbeins gebrochen mit Spalten
m das Scheitelbein und das Keilbein hinein, die Dura an
der Brachstelle durch einen 142 g schweren Bluterguss
vom Knochen abgedrängt Das Oehim war entsprechend
abgeflacht, aber ohne Zerreissungen und Blutungen.
E. theüt noch 2 ähnliche Fälle mit
Woltemas (Diepholz).
175. BinGHltmord und ein vierfMherQift-
mordversnoh; von Dr. Palm er in Biberach.
(Württemb. Corr.-BL LXIIL 24. p. 188. 1893.)
Nach dem Genuss von Torten und liqueur erkrank-
ten 4 Personen, 3 kamen mit einem heftigen Brechdurch-
fall davon, bei der 4., die nur wenig erbrach und die
nächsten 3 Tage verstopft war, entwickelte sich eine
schwere multiple Nearitis. Das Erbrochene und der
Zuokerbelag der Torten enthielten grosse Mengen Arsenik,
der liauemr Salmiakgeist und Ameisensäure ; der Thäter
Sestana zu, Cyankiuiumlösung hineingethan za haben,
ie sich zur Zeit des Trinkens aber schon zersetzt hatte.
Die Matter des Thäters, die 11 Monate vorher unter ver-
dächtigen Umständen gestorben war, wurde exhumirt,
in den Leichentheilen wurde Idg Kupferozyd nachge-
wiesen, das wahrscheinlich auf Vergiftungzurückzufahren
war, da die Menge über den normalen Eupfergehalt der
Organe weit hinausgeht. Woltemas (Diepholz).
176. Fehlen der Todtenfleoke nach dem
Verblntnngstode; vonDr.Chlumsky inWohlau.
(Vjhrschr. f. gerichtl Med. X. 1. p. 22. 1895.)
Bei einer 25Jähr. Frau, die durch Zertrümmerung
des Schädels una ffleiohzeitige innere Verblutung aus
Organen der Bauclmöhle um s Leben gekommen war,
feMten die Todtenfleoke gänzlich. Es konnte dies auch
beim Verblatungstode seltene Veihalten an 3 aufeinander-
folgenden Tagen, dem 4. bis 7. naoli dem Tode, fest-
gestellt werden. Woltemas (Diepholz).
76
Beridite der med. Gesellsdiaft zu Leipzig.
Berichte der mediomischen Gesellschaft zu Leipzig.
Sitnmg am 9. Juli 1886.
YorBitzender : BkrehrHursokfeUL
SchriftfOhrer : P. Wagner.
Herr Flechsig sprach: „IMer Oeisteakrank"
heiien in Folge von SckwefeUcohlenstoffvergiflung^^.
(Vgl Dissertation vom approbirten Arzt Hampe,
Veit ft Co.)-
BitBiing am 16. October 1806.
Vorsitzender: BirehrHiraehfM.
Schriftführer: P. Wagner.
Herr Qoepel sprach: „üeher einige Baueh-
Operationen mit Vorstellung Operirter^'.
Die Stenose war in dem einen Falle bewirkt
durch ein Carcinoma cardiae, in dem zweiten durch
eine eigenthümliche, mit Divertikelbildung einher-
gehende AfFektion der Speiseröhre, die zu Lebzeiten
der Patientin eine vollkommene Aufklärung nicht
zuüess.
Die Anlegung der Fistel fand nach dem Ver-
fahren WitxeTs statt, der das Heraustreten von
Mageninhalt neben der Em&hrungskanüle und die
damit Terbundenen Lästigkeiten bekanntlich da-
durch zu vermeiden suchte, dass er den Emährungs-
kanal in schräger Sichtung durch Bauch- und ICagen-
wand hindurchführte, in der Erwartung, dass bei
Füllung des Magens, in analoger Weise, wie an der
Einmündungstelle des Ureters in die Blase, die
Wände der Fistel aneinander gepresst werden
würden.
Der Vortragende erläuterte den von WUxel ein-
geschlagenen Operationsweg an einer Reihe von
Zeichnungen.
Das Resultat der Operation ist in beiden Fällen
in Bezug auf die Zurückhaltung der Nahrung recht
befriedigend. Bei dem vorgestellten Patienten tritt
auch bei Anwendung der Bauchpresse weder neben
der Ernährungskanüle, noch nach deren Entfernung
Mageninhalt aus der Fistel heraus. Die umgebende
Baut ist geschmeidig und frei von Beizung.
Ein weiterer Vortheil der Methode besteht darin,
dass sie gestattet, den Patienten von der Stunde der
Operation an Nahrung einzuflössen, da bereits bei
der Operation ein Dauerröhrchen bis in den Magen
eingeführt wird. Femer erfordert sie für den Fall
einer späteren Behebung der Speiseröhrenstenose
keine neue Operation zur Verschliesgung der Fistel,
sondern es genügt ein Weglassen des Emährungs-
rohres, um eine zunehmende Verengerung und
schliessliche Verwachsung des mit Bindegewebe
ausgekleideten Fistelkanales herbeizuführen.
Die Operation ist mit grosser Sicherheit und
geringer Gefahr für den Operirten ausführbar und
stellt einen Eingriff dar, den man auch Individuen,
die durch die Inanition stark heruntergekommen
Bind, zumuthen kann.
Es ist zu erwarten, dass die Vortheile des
TTt^^schen Verfahrens der Operation der An-
legung der Magenfistel eine häufigere Anwendung
sichern werden, nicht nur bei gutartigen Stenosen,
sondern auch bei den Fällen von Erebs der Speise-
röhre, die frühzeitig zu Verengerungen führen.
Im Weiteren berichtete der Vortragende Über
zwei Mrurgiech behandelte 35jäkrige Kranke mü
Careinom der Pars pylorioa des Magens.
Bei dem einen der beiden Patienten wurde zur Resek-
tion des befallenen Magentheiles geschritten, da die Ge-
schwulst keinerlei Verwachsungen mit der Umgebung
eingegangen war und ausser einigen gesch weinen Drosen
Iftngs der CorvatiireD des Magens sich makroskopisch
nachweisbare Metastasen nicht fanden. Die Ausbreitang
der Geschwulst erforderte die Wegnahme der ganzen Pars
pylorica des Magens. Die Vereinigung von Magen und
Darm geschah nach einem Vorschlage Kocher* a in der
Weise, dass die MagenÖffnung für sich verschlossen und
der Darm in die hintere Wand des Magenrestes getrennt
eingenäht wurde.
Die Methode umgeht die Gefahren, die in der Ver-
einigung der ungleich weiten OefEoungen des Magens und
Dannronres liegen, und bietet teohnisch keine grösseren
Schwierigkeiten dar.
Das durch die Resektion gewonnene Präparat zeigt
ein flach ausgebreitetes kraterförmiges Carcinomgeschwur,
das die Pars pylorica des Magens fast ringförmig um-
greift imd nur an der hinteren Seite einen schmalen
Streifen gesunder Schleimhaut übrig lässt
Der Patient genas und erfuhr bald nicht nur eine
Hebung des Appetits und der Magenthätigkeit, sondern
auch des Allgemeinbefindens. Eine Besserung des vorher
sehr kaohektischen Aussehens und des subjektiven Be-
findens trat 80 schnell, bereits in den ersten Tagen nach
der Operation, ein, dass sie nur auf die Entgiftung des
Organismus durch den Wegfall des Cardnoms zurück-
geführt werden konnte. 2 Monate nach der Operation ist
die Ernährung des Patienten trotz des fehlenden Spiels
des Pylorus und obwohl die Untersuchung des Magen-
saftes ein Fortbestehen des Mangels an älzsäure und
Pepsin ergeben hat, durchaus normal
Bei dem 2. Patienten fand man nach Ehx)ffiiang des
Abdomens mehrfache Metastasen in den Drüsen des
Mesenterium und der Magenwand selbst Mit Bücksicht
auf eine durch das Careinom hervor^rufene Stenose des
Pylorus wurde die Gastroenterostomie ausgeführt Der
Patient überstand die unmittelbaren Gefahren der Ope-
hition , ging aber am 9. Tage post operationem an Er-
schöpfung zu Grande. Die Sektion wies das Fehlen jed-
weder peritonitischen Erscheinungen nach.
Zwei weitere Operationen betrafen Patienten,
welche seit einer langen Reihe von Jahren an der
Gaüensteinhrankheit litten.
In dem einen Falle traten die lokalen Erscheinungen
in den Vordergrund. Die Patientin hatte nie an aus-
gesprochenem Ikterus und schwereren Allgemeinersohei-
nuDgen gelitten, sondern nur an Schmerzen in derGiUIen-
blasengegend , die besonders nach dem Rücken ana-
strahlten. Am unteren Rand der Leber fand sich ein
harter Tumor von Wallnussgrösse, der nach Form und
Lage der mit Steinen gefällton oder prall gespannten
Gaüenblase entsprach. Zeitweilig hatte er eine beträcht-
liche Grössenzunahme unter Verstärkung der KcÄik-
schmerzen erfahren. Aller WahrscheinUchkeit nach han-
delte es sich um grössere, in der Gallenblase doponirto
Steine, die in die tieferen Gftnge nicht eindiingen konnten.
Beriohte der med. Gesellschaft zu Leipzig.
77
In dem zweiten Falle wies die Eranken^escluohte
Ton Tornherein auf die Anwesenheit von Steinen im Ductns
choledochoB hin. Die Patientin war seit Jahren von sehr
schweren Anfällen geplagt worden, die sich dadaroh ans-
leichneten, dass stets im anmittelbaren Gefolge des An-
blies ein schwerer Ikteras auftrat, so dass die Patientin
noDateUmg mit konen Unterbrechungen eine tiefgelbe
HaatfärboDg zeigte. Dabei fehlten im Gegensatze zum
enteD Falle jedwede Tamorbildang und Druckempfind-
lidikeit in der Gegend der Gallenblase. Der starke Ikterus
konnte nur durch einen Choledochusverschluss bewirkt
sein und letzterer wiederum bei dem Wechsel der Er-
schebongen und derCombination mit den sehr charakte-
listischen EolikanfÜllen nur in einem Choledochussteine
gesackt werden.
Die Entfernung der GaUenblasensteine bei der ersten
Patientin geschah nach dem you Riedel vertretenen zwei-
zeitigen Verfahren in der Weise, dass die Gallenblase zu-
nichst nar in die Bauchwunde eingenäht und erst nach
8 Tagen eröffnet wurde. Es wurden zwei kirsohgrosse,
raodliche Phosphatsteine eztrahirt, nach deren Entfer-
BOQg die Koliken mit einem Schlage verschwunden waren.
Die zorackgebliebene Gallenfistel schloss sich nach Ver-
Isaf mehrerer Wochen spontan.
Im Gegensatze zu diesem überaus ungefährlichen
Eingriff bot die Entfernung der Gallensteine aus dem
Poctos choledochus in dem 2. Falle sehr viel grössere
Schwierigkeiten für den Operateur und Gefiahren für die
PlÜentia dar.
Die ErQf&iung der Bauchhohle geschah durch einen
lingsschnitt lings des änsseren Bnades des Musculus
lectos. An der Stelle der Gallenblase fand sich ein kleines
knorpeliges Gebilde, das den Best der geschrumpften und
oUiterirten Gallenblase darstellte. Der Ductos chole-
dochus, der als dunkel darchscheinender fingerdicker
Strang dem änsseren Bande des kleinen Netzes entlang
Hef, gestattete einen etwa haselnassffrossen unverschieln
lieh festsitzenden Stein durch die Wand durchzufühlen.
Dessen Entfernung fand durch direkte Incision des Dnctus
choledochus statt. Leider gelang es nicht, zwei weitere
kleinere Steine, die oberhalb des extrahirten Steines frei
bewegUch in dem Dactos choledochus fühlbar geworden
varen, darch die gleiche Oeffnung zu entfernen, da sie
lings des erweiterten Ductus choledochus und hepaticus
bis in die Leber hinein entschlüpften und ein zweites Mal
nicht gefasst werden konnten. Um den Steinen einen
Answeg offen zu halten, wurde die Oeffnung des Ductus
choledochus in die Peritonäalöffhung eingenäht und ein
Kanal der Bauchdecken wunde bis auf den Ductas chole-
dochos tamponirt. Ein solches Vorgehen wurde dadurch
ermöglicht, dass es ohne grosse Spannung gelang, den
nicht nur erweiterten, sondern auch in der Längsrichtung
tosgedehnten Ductus choledochus mit dem Peritonaeum
parietale in Berührung zu bringen. Um jede Spannimg
toszoschliessen fand die Vemähung unter massigem Ab-
losen des Peritonaeum parietale sUtt >). An den ersten
Tigen nach der Operation wiederholten sich die Anfälle
in alter Stärke, bis am 3. Tage die zwei zurückgelassenen
Steine mit dem Stuhl entleert wurden. An d^r Stelle, wo
der Ductus choledochus eingenäht war, bildete sich eine
überaus reichlich absondernde Gallenfistel, die sich, wie
im 1. falle, nach circa 4 Wochen spfontan schloss. Ali-
BlUidi schwand auch der Ikterus vollständig.
Die Patientin ist seit der Operation, also seit etwa
■) Die Veränderung, die der Ductus choledochus
durch die Stauung der Galle oberhalb eines Hindernisses
«rfthrt, kann so bedeutend sein, dass sie mehrfach zu
Verwechselungen des Ductus choledochus mit der Gallen-
blase Veranlassung gegeben hat (Riedel, Sonnenburg).
In dem Falle Biedere wurde der Ductus choledochus för
dieOaDenblase auch an die vordere Bauchwand angenäht
Snt die Sektion wies nadi, dass die Gallenblase als ge-
tchrampfbes Gebilde unter der Leber lag und der ein-
foQihte Saek dem Ductas choledochus entsprach.
4 Monaten, von den früheren Antillen verschont ge-
blieben, wenn sich auch nach stärkeren körperlichen Be-
wegungen hier und da leichte Schmerzempfindungen in
der Operationsgegend (Narben Wirkungen?) einstellten.
Bemerkenswerth erscheint es, dass bei der Patientin
die schwereren Eolikanfälle sich wiederholt mit dem Auf-
treten einer rechtzeitigen eiterigen Parotitis verbanden.
In der Verhandlung bemerkte Herr TiUmanns, dass
ihm die WitzeTsohe Methode der Bildung schlussfähi|er
Magenfisteln ebenfalls sehr gute Resultate er^ben habe.
Er hat unter Anderen eine solche Fistel bei emem 3jähr.
Kinde mit Verätzungstriktur des Oesophagus angdegt
Sie hat */« Jahre ausgezeichnet funktionirt; der kleine
Patient ging dann leider an einer Fremdkörperpneumonie
zu Grunde.
Mit dem WilzeTachen Verfahren concurrirt die in
der letzten Zeit yon KocheTf Albert und iVonA; angegebene
Methode der Gastrostomie: Schnitt zur Eröffnung der
Bauchhöhle, Vorziehen einer möglichst grossen Magen-
fidte, Fixirang derselben in der Peritonäjalöfihung, An-
legen einer 2. Incision mehrere Querfinger obei'halb des
Bippenrandes, ünterminirung der so gebildeten Hant-
brücke. Hindurchziehung der Magenfalte unter dieser,
Eröffnung der letzteren und Einnähen in den oberen
Schnitt. Eine Hanptsache bei jeder Gastrostomie ist, die
Magenöffnung so klein als möglich anzulegen.
Herr Tülmanna fragte den Herrn Vortragenden, in
welcher Weise er den Ductus choledochus in die Bauch-
wande eingenäht habe.
Herr Döderlein hat 2mal kurz hintereinander ge-
lesentlich gynäkologischer Operationen Gelegenheit ge-
hät, gleichzeitig auch Gallenblasenoperationen vorzu-
nehmen. Im 1. Falle handelte es sich um eine ganz
frische geplatzte Tubargravidität, die mittels Laparotomie,
Abbinden der Tube u. s. w. behandelt wurde. Gleich-
zeitig fand sich eine über faustgrosse, mit Gallensteinen
gefäUte Gallenblase. Diese wiu^e von dem nach oben
verlängerten Laparotomieschnitte aus incidirt, entleert
und dann wieder vernäht Keine Drainage, Naht der
Bauchwunde, Heilung. Im 2. Falle handelte es sich um
die Exstirpation eines entzündlichen Adnextumor. Gallen-
blase vergrössert, mit Conkrementen gefüllt. In diesem
Fidle machte Herr Döderlein die zweizeitige Gholecysto-
tomie, da die Gallenblase entzündliche Erscheinungen
zeigte. Heilung.
Endlich erwähnte Herr Döderlein einen auaserordent-
lich compUcirten und schweren Fall von auf die Blase
und Uterus übergreifendem. Bectumcarcinom, in dem
schliesslich doch anscheinend alles erkrankte Gewebe ent-
fernt Werden konnte (Blasen-, Uterus-, Darmresektion).
Die Kranke hat die vor 4 Wochen stattgefnndene Ope-
ration glücklich überstanden.
Der Herr Vortragende erklärte schliesslich noch ge-
nauer, in welcher Weise er den Ductus choledochus in
die Bauchwunde eingenäht hat.
2)Herr Langerhans sprach: „Ueber Magen»
durchleuchtung und ihre praktische Verwerihbarkeü" .
Nachdem die Magendurchleuchtung zuerst von
Einhorn ^) geübt worden ist, hat sie in der letzten
Zeit durch Martius und seinen Schüler MeUxing *)
eine eingehende Bearbeitung gefunden.
Man unterscheidet die Durchleuchtung des
leeren Magens und Ae des extrem mit Wasser ge-
füllten Organes. Bei der ersteren sieht man ein
ca. handtellergrosses, ziemlich tiefstehendes Licht-
bild, während bei der letzteren um dieses Lichtbild
herum ein grosser Theil der linken Bauchgegend
>) M. Einhorn, New Yorker med. Wchnschr. 1889.
>) MeUxing^ Magendurchleuchtung. Ztschr. f. kUn.
Med. XXVn. 3-e. 1895.
1
78
Beriohte der med. Geeellflchaft zu Leipzig.
in donkelrother prächtiger Durchleuchtung er-
scheint Bei beiden Arten sieht man meist ein
respiratorisches Auf- und Abtanzen der Lichtquelle.
Das Lichtbild ist gelegentlich durch einen von den
lOLrecti gebildeten Schatten getheilt, gelegentlich
verlaufen die Schatten oberflächlicher Hautvenen
darüber.
Diese Durchleuchtungsfiguren sind individuell
verschieden, bleiben sich aber beim Individuum
im Grossen und Ganzen gleich, so dass sie einem
dauernden Zustande, einem fixen anatomischen
YerhUtnisse entsprechen müssen.
Soweit die Thatsachen. Was deren Deutung
anlangt, so ist MeUxing entschieden am weitesten
gegangen. M. nimmt als erwiesen an, dass die
Durchleuchtungsfigur des leeren Magens dem tief-
sten Punkte der grossen Curvatur entspricht Er
untersuchte eine grössere Anzahl von magen-
gesunden Individuen und kam zu dem Besultate,
dass der normale Magen, was seine Lage anlangt,
sich anders verhUt, als wir es auf Ghrund anato-
mischer Untersuchungen angenommen haben. Nach
ihm steht die grosse Curvatur des gesunden Magens
in Nabelhöhe oder sogar etwas tiefer.
Ehe wir nun ein derartiges Besnltat als That-
sache hinnehmen, schien es nothwendig, die
Methode, mit der es gewonnen ist, einer eingehen-
den Nachprüfung zu unterziehen. Herr Prof. Zwei"
fei gestattete in der von ihm geleiteten üniversit&ts-
Frauenklinik eine Reihe Versuche anzustellen.
Die Versuchsanordnung hierbei war folgende:
Frauen, die wegen irgend eines Leidens der Geni-
talien einer Laparotomie entgegensahen, wurden
vorher mit dem Gastrodiaphan untersucht und die
ermittelten Magengrenzen wurden mit Höllenstein
auf den Leib aufgezeichnet Herr Prof. Ztaeifd
hatte dann die Güte, die gefundenen Grenzen mit
der thatsSchlichenLage des Organs zu vergleichen.
Es handelt sich im Ganzen um 8 Fülle, und zwar
wurde die Durchleuchtung in 2 Fällen an dem der
Laparotomie vorangdienden Abend an der aufrecht
stehenden Patientin vorgenommen, während in den
6 übrigen Fällen die Gastrodiaphanie kurz vor der
Operation an der bereits narkotisirten, in Bücken-
lage befindlichen Patientin gemacht wurde. Eine
Beckenhochlagerung fand bei diesen Laparotomien
nicht statt, sondern es blieb die Frau annähernd
in derselben Lage, in der sie sich während der
Magendurchleuchtung befunden hatte. Das Ergeb-
niss war ausserordentlich überraschend. Es zeigte
sich nämlich, dass die Durchleuchtungsfigur in
keinem Falle der thatsächlichen Lage des Organes
entsprach, dass vielmehr das Bild in sämmtliohen
Fällen bedeutend tiefer gelagert war, dass selbst
nur ein Parallelismus zwischen tiefstehendem
Durchleuchtungsbilde und tiefstehendem Magen
undeutlich zu erkennen war; so zwar, dass man
bei abnorm tiefgelagerter Durchleuchtungsfigur
ganz im Allgemeinen eine tiefstehende grosse
Curvatur vermuthen konnte, dass ein Grad dieses
Tiefistandes aber durch die Durchleuchtung nidit
zu eruiren war.
Diese Versuche erschienen als nicht ganz ein-
wandsfrei ; wir sehen, dass, wenn z. B. bei Ilens
die Darmschlingen sehr stark aufgebläht sind, bei
der Eröfbung der Bauchhöhle die Darmschlingen
sich ungestüm durch die Schnittöfßiung hervor-
drängen, so dass durch dieEröffiaung des Abdomen
der Situs darin geändert wird. In dem Abdomen
einer Frau, die zu einer Laparotomie kommt, be-
stehen nun auch keine normalen VerhältniBsa
Hier sind durch eine mehrtägige Entziehungs- und
Abführkur die Därme enüeert, mitunter stark
coUabirt
MögUch, dass hier das Entgegengesetzte ein-
tritt, dass die Eingeweide bei der Eröffnung der
Leibeehöhle zurücksinken, dass also auch hier
ihre Lage durch die Laparotomie beeinflusst wird.
Möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich. Immer-
hin schien es rathsam, die Ergebnisse der Durch-
leuchtung des Magens mit denen anderer ünte^
suchungsmethoden zu vergleichen. Als Vergleichs-
methode diente die Aufblähung des Magens mit
Luft Das Verfahren stellt eine Modifikation des
allgemein üblichen dar.
Das gewöhnliche Verfahren besteht darin, dass mia
mit einem Doppelsebläse durch den Magensohlsach so
vid Luft in den Macen einbläst, bis der Patient nber
Drack und Völle im Magen klagt, und dann die Grenzen
des aufgeblähten Organes perkotirt; es bat den Nach-
theil, dass man niemals weiss, wie viel Luft sich im ge-
gebenen Moment im Magen befindet Fortwährend ent-
weichen nämlich nnberechenbare Mengen der eingeblase-
nen Luft durch den Pyloms oder längs der Sonde dorch
den Oesophagus, oder sie werden durch die Magen-
schleimhaut resorbirt Diese Fehlerquellen sollten da-
durch vermieden werden, dass ein Gummiballon in dm
Magen ein^führt und darin aufgebläht wurde, gewisser-
maassen die Magenwandungen mit einer dünnen, aber
undurchlässigen Gummischicht austapezirt wurden. Da
der Ballon mit der Sonde innigst verbunden war, bildete
er mit dem Doppelgebläse ein geschlossenes System
und es konnte von einem Luftentweichen nicht die fiedi
sein. Wenn man nun die Luftmenge kennt, die einem
einmaligen Ausdrücken des Gebläses entspricht (und die
Bestimmung dieser Luftmenge begegnet keinerlei Schwie-
rigkeiten), so hat man es vollkommen in der Hand, wie
viel man Luft einblasen will, kann man genau angiebeo,
wie viel Luft im gegebenen Moment im Magen ist
In praxi würde sich dann das Verfahren folgender-
maassen gestalten: Man verbindet eine etwa bTeistift^
dicke engüsohe Sonde mit einem gewöhnlichen Gummi-
condom und bläht diesen auf mittds eines DoppelgeUaseB
zunächst dadurch, dass man den Ballon beliebig oft ans-
drückt Man bestimmt die Grösse, die der Ckmdom an-
genommen, indem man ihn in einen mit Wasser Ihs zun
Bande gefüllten Eimer eintaucht und das verdzingte
Wasser aus dem Meescylinder ereänst Dividirt man
die gefundene Grösse durch die Zahl der Pressionen, die
man anwandte, so weiss man, wie viel Luft ein einmaliges
Ausdrücken des Doppelgebläses in den Condom j^
Führt man die Condomsonde in den Magen ein, so können
zwei FiÜLtoren über Lage und Grösse desselben Anf-
schluss geben; die Menge der eingeblasenen Luft und
die Insp^tion, Palpation und Perkiusion des entstande-
nen Tumor. Dieser Tumor ist, wie Versuche an der
Leiche erj^aben, der Magen mit dem Condom, die sich
wediselseitig dicht aneinander geschmiegt haben, seine
Berichte der med. Qesellsohaft zu Leipzig.
79
Abaenzang dnroli die genannten sich ergftnzenden Unter-
soonungsmethoden stSast aof keinerlei ähwierigkeit, zu-
mal man, sobald irgend Zweifel obwalten sollte, es voll-
stSndig in der Hand hat, die Luft noch einmaJ aoztdassen
und den Tumor unter dem perkutirenden Hammer u. s. w.
neu anzublasen.
Der Gedanke, einen derartigen Ballon in den Magen
emzufohren, ist nun durchaus nicht neu. Sehreiber*)
gah im Jahre 1876 eine Methode an, durch Falpation
eines in den Magen eingef&hrten und mit Luft auf-
gblShten Ballon die untere Magengrenze zu bestimmen.
' bediente sioh hierzu eines derl^n, sogenannten Yik-
toriaballon, den er höchstens bis zu Miuinsfaustgrösse
aofblShte. Hierdurch war die Möglichkeit gegeben, dass
er, wie mit der Sonde, eine distioJcte Partie der Magen-
wand nach abwflrts schob und dehnte. Der kleine derbe
Ballon wird bis zu einem gewissen Grade die Lage des
Magens bestimmen, wählend der grosse, aber weiche,
durch den Magen allseitig gehalten mtd. Ganz abgesehen
davon, dass Schreiber der Faktor der gleichzeitigen
Gi^Mcitfttsbestimmung entging.
Es schliesst ja eine gewisse Unnatur in sioh,
^n Organ, von dessen Lage und GrOsse man sich
fiberzeugen will, zwecks dieser Untersuchung mehr
oder weniger extrem aufzublähen, zumal, wenn
wir den Grad dieser Aufblfthung abmessen nach
dem subjektiven Empfinden des Untersuchten, das
heisst, soweit gehen, bis er über Druck und schmerz-
hafte Völle klagt, denn diese Sensationen werden
▼erachieden früh auftreten, je nach dem zu Grunde
liegenden Magenübel, je nach der individuellen
Schmerzempfindlichkeit der Person. Soviel scheint
aber sicher zu sein, dass das aufgebl&hte Organ
mehr Platz einnehmen muss, als das leere, dass
also die Durchleuchtungsftgur des leeren Magens,
wenn sie n&nlich dem Organ wirklich entspricht,
hfiher liegen muss, als die Grenze des mit grossen
Laftmengen aufgetriebenen Organes. Dies ist nun
nidit der FalL Die Durchleuohtungsfigur steht
meiat tiefer, bald mehr, bald weniger, ohne dass
aich eine Gesetzmfissigkeit feststellen llesse.
Metlxmg meint, dass die Magendurohleuchtung
den übrigen Untersuchungsmethoden deswegen
Überlegen sei, weil sie eine optische sei, also ihr
Ergebniss direkter zur Perception gelange, als das
der Perkussion und Palpation. Wir haben deshalb
auch noch ein optisches Yerfahren angewandt
Wir gingen hierbei von der Ueberlegung aus, dass,
Mm mittels Belichtung Organe von einander diffe-
renziren zu kennen, man sich sowohl des Lichtes,
als auch des Schattens bedienen könne. Den
Magen isolirt zu erleuchten, schien nach den
vorangegangenen Untersuchungen unthunlich. Er
wmnde deshalb verdunkelt Füllt man den Magen
an mit ^ner Flüssigkeit, die Licht schlecht durch-
Usat, also z. B. Heidelbeersuppe, und führt die
OMhiampe ein, so erhfilt man nur so lange ein
Lichtbild, als die Lichtquelle, der Magenwand an-
liegend, die benachbarten Organe durchleuchten
kann. Beim langsamen Zurückziehen der Sonde
Teradiwindet ihr Bild, sobald sie die wahrschein-
lich auch etwas nach abwärts gedrängte Magen-
wand verlässt und von unten in die verdunkelnde
Flüssigkeit eintaucht
Kuüner kommt in einer neuen Arbeit auf Grund
von Leichen versuchen über die Durchleuchtung des
leeren Magens zu ähnlichen Resultaten. Er ver*
wirft die Durchleuchtung, weil es nicht gelinge,
den leeren Magen isolirt zu erleuchten. Es scheint,
bei dem mit Wasser gefüllten wird dies erst recht
nicht möglich sein. Kuüner legt ein grosses G^
wicht auf die respiratorischen Bewegungen des
Lichtbildes. Ihr Fehlen deutet nach ihm auf
Gastroptosis hin, zum Unterschiede von der Dila-
tatio ventriculi, wo sie erhalten ist Es ist wohl
die Grösse der respiratorischen Bewegungen ab-
hängig von dem jeweiligen Athemtypus. Es giebt
Patienten, bei denen die Durchleuchtungsfignr ab-
solut still steht und doch der normal grosse Magen
sich in normaler Lage befindet
An sich selbst konnte der Vortragende zeigen,
dass die Durchleuchtungsfigur seines eigenen
Magens ausserordentlich lel^aften respiratorischen
Schwankungen unterworfen ist, wenn er abdominal
athmet, bei costalem Typus hingegen fast vollständig
still steht
Hiemach erscheinen folgende Schlusssätze als
gerechtfertigt :
1) Die Magendurchleuchtung, wie sie zur Zeit
geübt wird, hat einen diagnostischen Werth nicht
2) Zur Bestimmung der Grösse und Lage des
Magens ist der modificirte äSßfer^Aer'sche Gummi-
ballon zu empfehlen.
Als Mitglieder der Gesellschaft worden angenom-
men die Herren DDr. Paeseler, Dumstrey und Jwtmm.
Sitsong am 12. November 18M.
Vorsitzender : F. Ä. Soffmann.
Schriftführer : Beinrich Sckmidi,
Vor der Tagesordnung: Herr Dolega stellte
ein Mädchen mit angeborener Hü flgeknksluaxUion vor.
Es handelt sich am das bereits in der Sitznng vom
11. December 1894 vorgestellte Collegentöohterchen aus
N. bei Dresden. Die Behandlung bestand im Tragen
einer Hülsen-Extensionsohiene in Verbindung mit orUio-
pädisohem Corset und permanenter Extension auch in
der Naoht in der vom Vortragenden am anderen Orte
beschriebenen Naht-Extensionschiene^). Das erzielte
Resultat ist insofern von grossem Interesse, ids es zeigt,
wie ein durch permanente Extension herabgeholter
Schenkelkopf sich in einer neuen tieferen, somit ver-
besserten Stellung zu fixiren vermag, womit eine erheb-
liche funktionelle Verbesserung verknüpft ist
Der rechte Oberschenkel sSeht zur Zeit 3 cm tiefer als
früher fixirt. Um aber einer Wiederlockerung desselben
nach Möglichkeit vorzubeugen, träfft das Kind noch den
vom Vortragenden für solche Zwecke angegebenen (1. c.)
Apparat
Sodann sprach Herr Romberg: „IMer die
Berxsehioäehe bei croupöeer Pneumonie^'. (Der Be-
richt ist bis jetzt noch nicht eingegangen.)
t)Sekrtiber. Arch. f. klin. Med. XIX.
1) Vgl Dolega: ,Zur orthopädischen Behandlung
der angeborenen Hüftvemnkung'' (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXI. 37. 1895).
80
Buchte der med. Oesellschaft zu L^pzig:
V^rkandlung: Herr JFl Ä. Hoffmann fragt den Vor-
tragenden, ob sich am Krankenbette entscheiden lasse,
ob die GirkalationsBtörang eines Fneumonikers auf Herz-
schwäche oder auf Lähmung der Vasomotoren beruhe,
liege letzteres vor, so würde wohl die Verordnung von
Alkohol nicht angezeigt sein.
Herr Born borg verneint die Möglichkeit einer
strengen Unterscheidung, doch dürfe man in allen schwe-
ren Fällen eine Beeinträchtigung der Vasomotorenthätig-
keit voraussetzen. Eine Schädigung des Herzens sei nur
gegeben, wenn ein grosser Theil der Lungen erkrankt
sei. Bei Entzündung eines Lappens könne man eine
solche ausschliessen.
Herr Eockel demonstrirte einige paihologisehe
Knoehenp'äparcUe.
1) Demonstration eines umblichen Beckens mit
angeborener LuaxUion des linken Hüftgelenkes,
Der parabolisch geformte, nur partiell überknorpelte
Femurkopf steht nach hinten und oben von der Pfanne
auf der Darmbeinschaufel, die keine sekundäre Ffannen-
bildung erkennen lässt. Die Gelenkkapsel ist stark in
die Länge gezogen und theilweise von dem Rande der
Pfanne abgerissen.
Die Pfanne stellt eine flache, etwa 2 cm im Duroh-
messer haltende Grube dar, die am Grunde nicht über-
knorpelt ist. Ein Lig. teres ist nicht vorhanden.
Es ist anzunehmen, dass die Luxation im vorliegen-
den Falle in der yonDoüinger zuerst aufgestellten Weise
entstanden ist ; allem Anscheine nach ist auch hier die
Pfanne im Wachsthume zurückgebUeben in Folge einer
mangelhaften EuochenproUferation an den im Aoetabulum
zusammenlaufenden Nähten.
2) Demonstration von Skelettheilen eines Mannes,
der an Ostitis deformans gelitten hatte.
Die Bchädeldecke war sehr verdickt, bestand jedoch,
bei gleichzeitigem , fast totalem Schwunde der äusseren
und inneren Tafel, vermuthlich aus weitmaschiger spon-
giöser Substanz. Ganz ähnlich war die Beschaffenheit
der Wirbelsäule, weniger stark waren die langen Kno-
chen der Gliedei: von der Erkrankung ergriffen.
Die mikroskopische Untersuchung ergab in ihren
Hauptsachen Das, was bereits von MiÜing eingehend
beschrieben worden ist
3) Demonstration einer starken frischen Peri-
ostose des Schadeldaches,
Die von einem 7jähr., an multipler Knochentuber-
kulose zu Grunde gegangenen Kinde stammende Schädel-
decke zeigte in der hinteren Hälfte beider Scheitelbeine
auf der Aussenfläche Auflagerungen von weitmaschiger
spongiöser Substanz, die in den mittleren Theilen circa
10 mm Dicke besassen, nach den Rändern zu sich all-
mählich verflachten und gegen die Mitte und nach hinten
durch die Sagittalnaht und die Lambdanähte scharf ab-
gegrenzt waren. Ein halbpfenniggrosser ähnlicher Herd
lag in der anderen Hälfte des linken Scheitelbeins.
Zwischen den zu äusserst zierlichen Figuren an-
geordneten Spongiosabälkchen lag ein dunkelrothes, sehr
blutreiches Markgewebe. Das Periost zog über die Auf-
lagerungen hinweg und war ziemlich fest mit den Spon-
giosabälkchen verwachsen.
Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigte es sich
an Querschnitten, dass aus der stark verdünnten Tabula
externa sich Spongiosabälkchen erhoben, die im Allgemei-
nen senkrecht zur Schädeloberfläche gestellt waren.
Die neugebildeten Knoohenbälkohen bestanden aus
einer centralen kalkhaltigen und einer peripherischen
osteoiden Schicht und waren häufig mit Reihen grosser
Osteoblasten besetzt
Die Affektion stellte ein Riesen-Osteophyt, eine Peri-
ostose, dar. Ihre Entstehung war vielleicht darai^ zu-
rückzuführen, dass in Folge einer vorhandenen Thrdm^
hose des rechten Sinus trans versus der Abfluss des KnteB
von der Schädeloberfläche in das Schädelinnere behindeit
war. Dafür sprach wenigstens ein abnorm weites Emis-
sarium neben der Sagittalnaht Die Folge dieser venösen
Stauune war eine Neubildung von Knochengewebe, die
als Analogon der bindegewebigen Induration angesehen
werden kann, wie sie in anderen Organen an langdanemde
venöse Hyperämien sich ansohliesst
Ob in dem vorliegenden Falle eine früher etwa Tor-
handen gewesene Rhachitis als ätiologisches Moment mit
in Frage kam, muss dahingestellt bleiben.
Verhandhing : Herr F, Ä. Hoffmann richtete an deo
Vortragenden die Frage, ob der Fall von Paget'soher
Krankheit in Leipzig beobachtet worden sei Herr
Kockel bejaht dies. Der Mann starb hier an einer
Pneumonie. Ueber den Verlauf seines Knochenleideos
war nichts zu ertehren, da er besinnungslos in*s Kranken-
haus gebracht wurde.
SitBiing »m 26. November 1886.
Vorsitzender : BirehrHirsehfeld,
SchriftfQhrer : Heinrich , Schmidt,
Herr Zweifel sprach: „Ueber dieBehandhmg
der Eklampsie". (Der Vortrag ist in den neuesten
Nummern des Centralblatts für Gynäkologie ab-
gedruckt)
Verhandlung : Herr Döderlein vertritt schon seit
Mai 1894 die aktive Behandlung der lälampsiB, da ihn
die medikamentöse Therapie nicht befriedigte. AÜerdin^
ist die Methode Dührssen's in der Privatprazis sehr
schwierig durchführbar und für den Arzt wegen der Ge-
fahr der Verblutung ausserordentlich verantwortongs-
reich. In gewissen Fällen will er sogar dem Kaiser-
schnitte das Wort reden, da dieser unter umständen für
die Frau weniger eingreifend sein kann als die gewalt-
same Entwickelung des Kindes auf dem natürlichen Wege.
Die Statistik des Kaiserschnittes bei Eklamptischen er-
scheint zwar als sehr schlecht (von 19 Frauen starben S),
der todtliche Ausgang ist aber, wie eine nähere Profong
der Literatur zeigt, in den meisten Fällen nicht der
Eklampsie direkt zuzuschreiben und unter den 11 günstig
verlaufenden Fällen hörten lOmal die Krämpfe nad
Entleerung der Gebärmutter für immer auf.
Herr Sänger kann das hyperaktive Vox^hen Dukrs*
sen's nicht bilHgen. Einmal ist durohaus noch nicht be-
wiesen, dass mit der Entleerung des Uterus die Krampf-
an f^le immer abgeschnitten werden, und dann sind die
tiefen Einschnitte Dührssen^s bei Eklamptischen dm so
geföhrlicher, als diese zu Sepsis ganz b^nders geneigt
sind. Günstig wirkt gewiss der mit der Operation ver-
bundene Blutverlust, denn ein Aderlass i^ nach viel-
seitiger Erfahrung bei Eklampsie von Nutzen. Viel-
leicht liesse sich derselbe noch mit einer nachfolgenden
Salzwasser - Infusion verbinden. Eine wirklich befrie-
digende Behandlung der Krankheit ist erst dann za er-
warten, wenn man gelernt hat, die bei der Eklampsie
wirkenden Toxine durch Antitoxine zu vernichten.
Herr Zweifel hält das Verfahren von Dükrssen
ebenfalls für zu eingreifend und hat sich deshalb nur za
Cervixeioschnitten entschliessen können, die ja aach
schon früher gemacht worden sind. Bei Benutzung von
Klemmzangen, deren Anwendung gezeigt wird, sind diese
ziemlich leicht und ohne stärkeren Blutverlust aasfahr-
bar. Der Vortragende will seine Methode durchaus nicht
als das Ideal einer Eklampsiebehandlung hinstellea, sie
giebt aber jedenfalls bessere Besultate als diemedikamen«
tose Therapie.
MSbius , Neuere Beobachtungen Aber die Tabes.
81
B. Originalabhandlungen
und
Uebersichten.
L Neuere Beobachtungen über die Tabes. ^)
(Zehnter Bericht.)
Von P. J. MObius.
Aetiologiaehea.
1) Adamkiewicz, Üeber syphilitische heilbare
f^ückenmarksschwlDdsadit^S Wien. med.Pr^8e XXXVI.
4. 5. 1895.
(A. theilt einige Fälle von vorübergehender akuter
Ataxie, bez. Paraplegie mit)
2)Bereni, Ange, Recherches statistiqnes et ori-
tiqaes snr Fetiologie da tabes. These. Bordeaux 1^4.
P.Cassignol. 4. 50 pp. 4 Mk.
3) Bernhardt, M., Zur Lehre von der traumar
tischen Tabes. Mon.-8ohr. f. ünfallhkde. Nr. 7. 1895.
(B. erzählt von einem Arbeiter, der nach einem
Koöchelbruche ataktisch wurde und Doppeltsehen bekam.
6. fand zweifellose Tabes. Der Mann hatte sich früher
Mdrt, hatte aber vor dem Unfälle keine Krankheits-
erscheinungen bemerkt B. betont, dass ein Trauma die
EDtwickelung der Tabes beschleunigen könne, dass es
aber bisher nicht als Ursache angesehen werden könne.
Er schliesst sich den Sätzen des Morton Prince an.)
4) Borger, Hein r., Zur Aetiologie der Tabes dor-
sualig. Inaug.-Diss. Greifswald 1894.
(B. hat 103 Elrankengeschichten der Greifswalder
ninik aus den letzten 25 [!] Jahren durchgesehen imd nur
29inal Syphilis oder Verdacht auf Syphilis gefunden. Be-
merkenswerth ist nur die Seltenheit der Tabes in der
grösstentheils ländlichen Bevölkerung : etwa 4 Fälle im
Jahre.)
5) Borgherini, Alessandro. Ueber Aetiologie
Q. Pathogenese der Tabes dorsaJis. [Klin. Zeit- u. Streit-
fragen vm. 9 u. 10.1 Wien 1894. Alfred Holder, Gr. 8.
a 311-340.
6)Cardarelli, Influenza della sifilide nell'atassia
locomotrice. Giom. intemaz. dei so. med. Nr. 14. 1895. —
Set L Revue neurol. m. 19. p. 554. 1895. (Nichts Be-
sonderes.)
7) Clark, L. Pierce, Tabes dorsalis in a woman
twenty-three years cid. New York med. Record XL VI.
12. p. 379. 1894.
(Die Kr. war Prostituirte gewesen, hatte getrunken,
^v vor 5 Jahren syphüitisoh geworden. Typische Tabes.
Daneben vielleicht adkohoUsche Neuritis.)
8) Claus, A., La Syphilis dans lee affections ner-
^«oaes (atazie looomotrioe). Belgique med. U. p. 452. 515.
Sept— Oct 1895. (Gute Uebersicht in Fournier*s
Snoe.)
9) Craig, Case of looomotor ataxy from injury.
lÄcet L 8. 1895.)
(Rasohe Entwiokelung tabischer Svmptome nach
BiDem Falle: Atazie und Anästhesie, F^en des Knie-
^bomens, Magen- und Darmkrisen. Keine cerebralen
Symptome. Zweifel, ob echte Tabes bestand.)
10) Edineer, L., Eine neue Theorie über die Ur-
sachen einiger Nfervenkrankheiten, insbes. d. Neuritis u.
«) Vgl. Jahrbb. CCXU. p. 73.
^ed. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 1.
d. Tabes, [v. Volhmarm'a Samml. klin. Vortr. N. F. 106.
Innere Med. 32.] Leipzig 1894. Breitkopf u. HärteL
Lex.-8. 30 8. 75 Pf. (V3. Jahrbb. CCXUV. p. 102.)
11) Fournier, Alfred, Los affections parasyphi-
litiques. Paris 1894. RueffetQe. 8. 375 pp. (Vri.
Jahrbb. CCXUI. p. l04.)
12) G e r h a r d t, C, Syphilis u. Rückenmark. BerL
klin. Wchnschr. XXX. 50. p. 1224. 1893.
13) G r i m m , Beobachtungen über Syphilis u. Tabes.
Deutsche med. Wohnschr. XX. 16. (Beil. p. 15) 1894.
(Gr. hat auf der Insel Yego unter 60000 Personen
nur 5 Tabeskranke gesehen. Nur bei 1 habe Verdacht
auf Syphilis bestanden. Trotzdem sei die Syphilis in allen
ihren Formen unter der Bevölkerung häufig gewesen.)
14) H i t z i ^ , E d., Ueber traumat Tabes u. d. Patho-
genese d. Tabes mi Allgemeinen. Berlin 1894. A. Hirsch-
wald. Gr. 4. 49 S. 3 Mk.
15) 1 8 a a c , H., u. K 0 0 h , Der Zusammenhang zwi-
schen Syphilis u. Tabes dorsualis. Dermatol. Ztschr. I. 2.
p. 177. 1894, (Vgl. Jahrbb. CCXU. p. 73.)
16) Lagoudaky, S., Etüde olinique des rapports
de la Syphilis et du tabes. These de Paris 1894. Ref. in
Revue neurol. II. 14. p. 417. 1894.
(Nur ein Drittel der Tabesimmken habe Syphilis ge-
habt Diese gehöre nur zu den prädisponirenden Um-
ständen.)
17) Marie, P., et Bernard, Deux oas de tabes
syphilitique contractu de la meme source. Qaz. de Par.
LXVL 43. p. 513. 1895. — Joum. des praoticiens Cot 26.
1895.
(M. und B. erzählten der Sooiete med. des Höp. in
Paris von 2 Freunden, die 1869 eines Abends bei dem-
selben Frauenzimmer lagen und beide syphilitisch wur-
den. Der eine erkrankte 1890 an Tabes, der andere 1891,
bei beiden traten zuerst Sehstörungen auf, die lanxiniren-
den Schmerzen folgten 1893.
Dieser Fall, in dem bei der Infektion die 3 drama-
tischen Einheiten vorhanden waren, spricht nach M. und
B. dafür, dass es eine Syphilis „ä virus nerveuz" gebe,
nach Morel-Lavallee's Ausdruck.)
18) Mendel, Progress. Paralyse u, Tabes bei Ehe-
gatten. Allg. Ztschr. f. Psychiatrie LII. 2. p. 455. 1895«
19) Mickle, W. Julius, On syphilis of the ner-
vous ^stem; Part IV: Syphilis and Tabes. Brain LKX
and TiaXI. p. 354. Summer and Autumn 1895. (Ueber«
sieht ohne rechtes Verständniss.)
20) M ö b i u s , P. J., Zur Lehre von der Tabes. Neu-
rd. Beiträge, 3. Heft. Leipzig 1895. A. Meiner.
(Enthält ausser der G^hichte der Aetiologie der
Tabes und den früher veröffentlichten Arbeiten über Tabes
bei Weibern neue Fälle der letzteren und eine Anzahl
casuistischer Mittheilungen.)
21) Prince, Morton, Traumatism as a cause of
looomotor atazia. Joum. of nerv, and ment Dis. N. S,
XX, 2. p. 77. Febr. 1895.
11.
82
MObius, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
22) Raymond, F., Maladies du Systeme nenreux.
Paris 1894. 0. Doin. p. 134—150.
(R. giebt eine gute Besprechung der Aetiologie der
Tabes in Er b 's Sinne. Er selbst hat 90*/« Syphilitische
gefunden. Er bemerkt, dass er in der Privatpraxis un
certain nombre de femmes ataxiques beobachtet habe,
dass alle, bis auf 2, von den Ehemännern mit Syphilis
inficirt worden waren , dass endlich auch jene 2 syphi-
litische Männer hatten.)
23) Sachs, B., Syphilis and tabes dorsualis. New
York. med. Joum. TJX. 1 ; Jan. 6. 1894.
(S. führt einige Gründe an, die for den Zusammen-
hang zwischen Syphilis und Tabes sprechen, und berichtet
über einen Fall, in dem während des Lebens nur das Bild
der Tabes bestand, während nach dem Tode ausser den
tabischen Veränderungen eine gummöse Infiltration der
Pia über den Hintersträngen gefunden wurde.)
24) Schütz, Rob., Aetiologische Beziehungen der
Syphilis. Inaug.-Diss. München 1894. J. F. Lehmann.
(Eine Bearbeitung des Erhaschen Materiales. Ent-
hält über Tabes nichts Neues.)
25)Storbeck, August, Tabes dorsalisu. Syphilis.
Inaug.-Diss. Berlin 1895.
26) Vuietid, Maria, Seltenere Formen der Tabes
dorsalis. Inaug.-Diss. Zürich. Wien 1893.
(V. hat eine üebersicht über die in der Züricher
Klinik während der letzten 10 Jahre beobachteten Tabes-
fälle gegeben: 35 Männer, 19 Weiber; 2 unter 30, 1 über
70 JiSire; Syphilis wurde nur llmal gefanden [!].)
27) Westenhoeffer, Max, Tabes dorsalis u.
Syphilis. Inaug.-Diss. Berlin 1894. Vogts Buchdr. 8.
34 a
A. Bereni (2) berichtet über 225 Beobach-
tungen seines Lehrers P i t r e s. Von diesen Tabes-
kranken waren 179 Männer (^/a), 46 Weiber (Vs).
Unter 20 J. waren 4, über 55 J. 8, die meisten
hatten 35 — 40 Jahre. Sichere oder wahrschein-
liche Syphilis war bei 125 (55.55®/o) voraus-
gegangen, H6r6dit6 neuro-arthritique (d. h. Nerven-
krankheiten oder Rheumatismus, bez. Oicht bei
Verwandten) bei 80 (85,55«/o). Geschlechtliche
und Trunk- Ausschweifungen (12, bez. 14<^/o) spielen
nach B. keine grossen Rollen, sind mehr als
Zeichen einer neuropathologischen Anlage anzu-
sehen. Von noch geringerer Bedeutung sind Kälte-,
Hitzewirkungen (8 Kr. -» 3.55®/o), neben ihnen
war gewöhnlich Syphilis vorhanden. Von der Be-
deutung der Malaria oder der Traumata (bei 9, bez.
6 Kr., 4, bez. 2.66®/o) will B. gar nichts wissen.
Meist habe die Tabes mehrere Ursachen, keine Ver-
änderung sei conditio sine qua non.
Im Einzelnen fand B. : Schanker und sekundäre Er-
scheinungen bei 89 Männern, 3 Weibern, harten (bez. als
solchen l^handelten) Schanker bei 8 M., 1 W., weichen
Schanker bei 17 M., Schanker mit Bubo bei 7 M., Ulcus
unbekannter Art bei 3M., verdächtige Umstände (Abortus
u. A.) bei 11 M., 13 W. Syphilis als alleinige Ursache
fand er 48mal, Syphilis mit heredite neuro-arthritique
45mal, Syphilis mit AlkohoHsmus 15mal, SyphiUs mit
Excessen in Venere 16mal, Syphilis mit Malana 7mal.
B. macht die Angabe, 2 Kr. seien vor dem
Schanker tabisch gewesen. Das wäre wichtig.
Aber die Sache verhält sich so: l)50jähr. Kutscher;
mit 35 J. lanzinirende Schmerzen u. s. w., mit
39 J. harter Schanker, nächtliche Kopfschmerzen,
Rachengeschwüre. Also B. hat den Schanker nicht
gesehen, der Kutscher berichtete über etwas, das
vor länger als 10 J. sich ereignet hatte. 2)42jähr.
Mann; mit 18 J. nach anstrengenden Jagden
Schmerzen in den grossen Zehen, mit 20 J. Schan-
ker u. s. w., mit 25 J. Magenstürungen und andere
nervöse Beschwerden. Sonderbar!
Die Dauer u. s. w. der Behandlung der Syphilis
hat nach den Erfahrungen in Bordeaux keinen
Einfluss auf die Entwickelung der Tabes. B. be-
merkt sehr richtig, dass die meisten Syphilitischen
ungenügend in Fournier's Sinne behandelt
werden.
Das Intervall betrug am häufigsten 6 — 10 Jahre.
A. B 0 r g h e r i n i (5) hat 68 Tabeskranke theils
selbst untersucht, theils von seinen Freunden unter-
suchen lassen. Es ist ihm nur bei 22 gelungen,
die frühere Syphilis nachzuweisen. Dagegen fond
er bei 36 neuropathische Belastung. Smner An-
sicht nach ist die krankhafte Anlage die Haupt-
sache : gewisse Theile des Nervensystems sind Ton
Hause aus weniger widerstandsfähig und verschie-
dene Schädlichkeiten, unter denen die Syphilis die
wichtigste ist, bringen sie zum Schwunde.
Der 2. Theil der Arbeit ist der „Pathogenese"
der Tabes gewidmet. B. bespricht ausführlich die
verschiedenen Theorien. Er selbst beharrt dabei,
dass die Tabes eine systematische Krankheit ist
und dass die Nervenfasern primär erkranken,
hauptsächlich die in den Hintersträngen verlaufen-
den Fasern dw hinteren Wurzeln.
C. Gerhardt (12) gab in einem Vortrage
eine Üebersicht über die verschiedenen Formen
von Syphilis des Rückenmarkes und erwähnte an-
hangsweise daa Yerhältniss zwischen Syphilis und
Tabes. Unter 102 Tabeskranken, die er in Berlin
beobachtet hat, waren 51 mit früherer Syphilis.
Ein ähnlichem Yerhältniss habe er schon in WQrz-
burg gefunden. Die antisyphilitische Therapie sei
nicht ganz unwirksam, man möge sie besonders
hei atypischer Tabes, wo möglicher Weise tertiäre
Syphilis vorhanden sei, anwenden.
In der Verhandlung zeigte A. Fraenkel
Präparate von Tabes mit „Arachnitis syphilitica^'.
Er hat bei Tabeskranken 50.7<)/o mit Syphilis ge-
funden (bei 46 Männern 63%, bei 19 Weibern
lOVo)» Ulcus durum bei 76%, sekundäre Syphilis
bei 420/o.
E. Mendel meinte, der Zusammenhang zwi-
schen Syphilis imd Tabes sei nun wohl anerkannt,
er finde etwa 70^/q Syphilis.
Auch Senator findet 70%.
0. Outmann hat bei tabischer Opticus-
atrophie durch Hg-Behandlung keine Verschlimme-
rung, zuweilen wesentliche Besserung gesehen.
G. L e w i n glaubt, dass man oft frühere Syphilis
grundlos annehme, so spreche eine Narbe für Ulcus
molle, nicht für Ulcus durum. Er theile Ger-
hard t 's Standpunkt
R. Virchow's Bemerkungen zeigten, dass
ihm der Gegenstand sehr fern liegt Vom anato-
mischen Standpunkte aus könne man die Sache
nicht entscheiden. Die Tabes sei keine viscerale
MObius, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
83
Syphilis, man finde diese selten bei Tabes und bei
schwerer visoeraler Syphilis selten Tabes. Der
anamnestische Nachweis genfige ihm nicht V.
lässt sich hier zu dem heute im Munde eines Arztes
unglaublichen Ausspruche herab : „die Syphilis ist
in der That so schauderhaft verbreitet, dass man
zuweilen schwer im Stande ist, Einen aufzufinden,
der nicht daran Theil gehabt hat'^ !
Im Schluss Worte betonte Gerhardt, dass
seiner üeberzeugung nach der Procentsatz grösser
sei, als er ihn gefunden hat
Westenhoeffer (27) erhielt von R. Vir-
chow den Auftrag, das Verh<niss von visceraler
Syphilis zu Tabes nach den Sektionsprotokollen
der Charit§ aus den Jahren 1884 — 1893 festzu-
stellen.
Unter 72 F. fand erGmnmigesohwxUsteSmal, Atrophie
des ZuDgeDgnmdes 4mal, Naroen in Schlimd, Kehlkopf,
ZuDge 2mal, Endarteiütis chron. deform. lOmal, Aneu-
rysma 2mal, Pleuritis deformans Imal, Arteriosklerose
Imal, atheromatöse Processe Imal, Endocarditis chron.
lOmal, Tumor lienis chron. Imal, Nephritis interstit chron.
7mal, Perihepatitis 2mal, Perisplenitis 2mal, Periorchitis
Imal, Oophoritis capsul. Imal, Prostatitis Imal, Hyper-
ostosen 4mal, Narben der Niere 7mal, Narben des Penis
2mal, Narben der Knochen Imal, der Haut Imal.
Nach W.'s Auffassung wurde durch die ana-
tomische Untersuchung allein die Syphilis in 15
von 61 Fällen nachgewiesen, ausserdem in 13 wahr-
scheinlich gemacht
H i t z i g (14) erörtert sehr eingehend die Frage,
ob es eine traumatische Tabes gebe, bez. ob man
sich eine denken könne. Er hat einen Fall be-
obachtet, in dem der Zusammenhang für die trau-
matische Natur der Tabes zu sprechen schien.
Ein 47jähT. Tuchmacher, der nicht syphilitisch ge-
wesen sein wollte, verletzte sich durch einen Fehltritt
am Webstuhle, wobei der linke Fuss „umkoickte" und
der linke Badius gebrochen wurde. Ueber den Fuss
klagte der Verletzte erst nach 3 Wochen, und zwar gab
er Schmerzen an, die vomFussgelenke in die Hüfte zogen
und nur bei Bewegungen eintraten, und ParSsthesien, die
in der Buhe bestanden. Das Bein wurde immer un-
brauchbarer. Nach 6 Monaten wurde das Harnlassen
erschwert Hitzig untersuchte den Kranken l^s Jahr
nach dem Unfälle. Die Pupillen waren ganz starr. Die
Kraft der linken Qüeder war vermindert, ihre Bewegungen
waren ataktisch. „Am Bumpf werden Pinselberührongen
vom links von der 3. bis 4. Bippe bis zum Oberschenkel,
vom rechts bis zur Nabelhöhe nicht empfunden ; hinten
reicht eine Anästhesie vom 4. Dornfortsatz links gleich-
falls bis zum Oberschenkel, rechts bis zum 1. Kreuzbein-
wirbel.^^ Auch an den Beinen war die Empfindlichkeit
vermindert Das Kniephänomen fehlte beiderseits, der
Füsssohlenreflez fehlte links. —
Da der Kr. vor dem Anftdle nicht untersucht worden
ist, weiss man nicht, ob nicht tabische Veränderungen
vorher bestanden haben. Auch könnte es sein, dass in
diraem Falle ein Theil der Symptome hysterischer Natur
gewesen wäre, so dass die traumatische Hysterie der
Tabes superponirt gewesen wäre.
Bei der Kritik der übrigen Beobachtungen er-
giebt es sich, dass die meisten FsRe von angeblich
traumatischer Tabes recht zweifelhafter Natur sind.
H. behält von 35 Fällen nur 6 übrig, die „der
Kritik einigermaassen Stand halten'^
Im 2. Abschnitte seiner Arbeit bespricht H.
die Pathogenese der Tabes. Da offenbar die pri-
märe Veränderung die grOsstentheils extramedul-
läre, kleinentheils intramedulläre Erkrankung der
hinteren Wurzeln ist, müsste ein Trauma, wenn es
zur Tabes führen sollte, direkt die hinteren Wur*
zeln schädigen. Da ausserdem Thdle des Qehims
u. s. w. erkranken, müsste ein Trauma auch direkt
auf das Gehirn u. s. w. wirken. Immer bliebe
gänzlich unverständlich, wie eine Schädigung nur
eines oder beider Beine reflektorische Pupillenstarre
u. s.w. bewirken sollte. Diese ganze Auseinander-
setzung ist eine recht gelungene Reductio ad ab«
surdum.
Im 3. Abschnitte handelt H. von den Beziehun-
gen der Tabes zur Syphilis. Er erkennt an, dass
die meisten Tabeskranken syphilitisch sind, stösst
sich aber doch an Erb 's 10%) ^^ denen Syphilis
nicht nachzuweisen sei, obwohl er selbst ein vor-
treffliches Beispiel von „Syphilis occulta" mittheilt
Die Bedenken, die man sonst hegen könnte,
sucht er durch eine neue Hypothese zu beseitigen.
„Sowohl die unitarische, als die dualistische Lehre
sind in ihrer Absolutheit unrichtig. Bei der vene-
rischen Infektion werden vielmehr mehrere Gifte
entweder von vornherein geimpft, oder doch schon
in den ersten Stadien der Infektion producirt. Ein
Gift, welches zunächst bei der primären Sklerose
vorhanden ist, oder seine Abkömmlinge, führt zu
sekundären und tertiären Spätformen der Syphilis.
Ein anderes Gift, welches in dem gleichen syphili-
tischen Geschwür vorhanden sein kann, aber nicht
vorhanden zu sein braucht, oder seine Abkömm-
linge, wird die Ursache einer eigenartigen krank-
haften Veränderung der Blutmischung, die nach
jähre- und jahrzehntelangem Fortbestande des
Lebens zu degenerativen Veränderungen des ge-
sammten Nervensystems (allerdings in emer ge-
wissen Stufenfolge der einzelnen Provinzen) dispo-
nirt. Das gleiche Gift kann nicht nur in dem
syphilitischen Primäraffekt, sondern ebensowohl in
dem Schankergeschwür, und zwar in beiden in
grösserer oder geringerer Virulenz, enthalten sein.^^
Da muss man nun freilich sagen: principia
non sunt multiplicanda praeter necessitatem.
In seinem Schlusswort sagt H. sehr richtig,
Alles führe darauf zurück, dass die Tabes nur als
Wirkung einer Infektion gedacht werden könne.
Er fügt (vielleicht ironisch) hinzu, dass, wenn Er-
kältungen oder Traumata Ursache der Tabes sein
sollten, sie auch ein Gift hervorbringen müssten,
dessen Wirkung dem des venerischen gliche.
A. Storbeck (25) theiltdie Ansichten seines
Lehrers Leyden und wiederholt die Gründe, die
dieser gegen den Zusammenhang zwischen Tabes
und Syphilis vorgebracht hat St. berichtet in
Form einer Tabelle über 108 Tabeskranke, die
theils in Leyden's Klinik, theils in seiner Privat-
praxis beobachtet worden sind. Er findet imter
ihnen 22, die „sicher syphilitisch^* waren, 23, die
zweifelhaft syphilitisch waren, und 63, die „sicher
84
M ö b i u s , Neuere Beobachtungen über die Tabes.
nicht syphilitisch'^ waren. Zu der Elasse der
„Sichemichtsyphilitisohen'' gehOrt z. B. die 48jihr.
Näherin N., deren Mann seit 8 Jahren todt war,
die 3 Fehlgeburten erlebt hatte, bei der die Lymph-
drüsen zum Theil angeschwollen waren (Fall 46). —
Zum Schlüsse sei es gestattet, kurz zu zeigen,
wie man etwa jetzt die Tabes-Syphilis-Frage dar-
stellen konnte.
Die Tabes beginnt mit lanzinirenden Schmerzen
in den Beinen und mitBlasenstOrung, oft auch mit
Beeinträchtigung des Sehvermögens. Man findet
im Anfange reflektorische Pupillenstarre nnd Fehlen
des Eniephänomens. Dabei sind in der Regel beide
Seiten annähernd gleichmässig betroffen.
Aus diesen Thatsachen kann man schliessen,
dass die die Tabes bewirkende Schädlichkeit im
ganzen Körper Yorhanden sein müsse, denn eine
örtliche Schädlichkeit könnte nicht Kopf, Blase und
Beine zugleich treffen, könnte nicht annähernd
symmetrische Symptome bewirken. Es kann nun
eine Schädlichkeit nicht wohl anders den ganzen
Körper treffen, als wenn sie im Blute kreist Die
Tabeeursache muss also im Blute sein. Da trotz-
dem nur bestimmte Theile, diese aber bei allen
Völkern, bei allen Ständen, bei beiden Geschlechtem
in gleicher Weise beschädigt werden, muss der im
Blute enthaltene Stoff eine Auswahl treffen können.
Mechanische Einrichtungen im menschlichen Kör-
per, die diese Auswahl erklärten, sind nicht vor-
handen. Die Funktion der Organe kann auch nicht
schuld sein , denn die Tabeskranken üben keine
Funktion aus, die die anderen Menschen nicht auch
ausübten. Folglich kann man nur an zweierlei
denken : an die Auswahl lebender Wesen oder an
chemische Wahlverwandtschaft, mit anderen Wor-
ten, es muss sich um Bakterien oder um ein nur
chemisches Gift handeln.
Zu dem gleichen Ergebnisse führt die anato-
mische Untersuchung. Auch diese zeigt annähernd
symmetrische Veränderungen an ganz verschie-
denen Körperstellen. Die Veränderungen bestehen
in dem Absterben gewisser Nervenfasern, und zwar
werden innerhalb grösserer Bündel nur bestimmte
Gruppen beschädigt, die als funktionelle Gruppen
durch die Thatsachen der Entwickelungsgeschichte
bekannt sind. Aus dem blossen Anblicke der tabi-
schen Präparate kann man schliessen : solche Ver-
änderungen kann nur ein im Blute kreisendes Gift
verursachen. Die unter dem stolzen Namen „Theorie
der Tabes'^ geführten Verhandlungen darüber, an
welchem Orte die sichtbaren Veränderungen zuerst
sich finden und ob die ersten sichtbaren Verände-
rungen nicht von nicht sichtbaren Veränderungen
gewisser Ganglienzellen abhängen, sind ätiologisch
nicht gerade bedeutsam.
Die klinische Erfahrung lehrt weiter: Die Tabes
ist eine in hohem Grade chronische Krankheit, sie
beginnt in der Regel in einem bestimmten Lebens-
alter, etwa dem 3. und dem 4. Jahrzehnt, verschont
bis auf einige Ausnahmen die beiden ersten Jahr«
zehnte und das Oreisenalter, sie ist bei Männern
sehr viel häufiger als bei Weibern, in grossen
Städten etwa 4 — 5mal, im Ganzen vielleicht 7 bis
8mal, sie ist um so häufiger, je grösser die Stadt
ist, sie ist in gewissen Ständen höchst selten (bei
Geistlichen, bei gewissen Sekten, als Quäkern),
bevorzugt andere Stände (Offidere, Literaten, Kanf-
leute).
Wie soll man sich diese wunderlichen Verhflt-
nisse erklären? Sie deuten auf sociale Verhftlt-
nisse hin nnd doch schdnt von vomherön zwi-
schen Tabes nnd Geschlecht, zwischen Tabes und
Stand kein Zusammenhang zu bestehen. Liegt
nicht die Frage sehr nahe, ob ähnliche Verhältnisse
noch bei anderen Krankheiten wiederkehrten? Ja,
sie kehren wieder, aber eigentlich nur bei 2 Krank-
heiten: der progressiven Paralyse und der Syphilis.
Die progressive Paralyse gleicht in allen erwähnten
umständen der Tabes und die Syphilis unter-
scheidet sich nur durch den einen Umstand, dass
sie früher, durchschnittlich im 3. Jahrzehnt beginnt
Bei der progressiven Paralyse fehlt zunächst das
Verständniss ebenso wie bei der Tabes. Bei der
Syphilis aber wird der Zusammenhang mit den
socialen Verhältnissen sofort klar. Man zieht sidi
die Syphilis zu der Zeit zu, wann der Gheschlechts-
trieb am lebhaftesten und seine legitime Befriedi-
gung oft nicht möglich ist, d. h. in den 20er Jahren.
Neben dem Gros der Fälle erscheinen als Anhängsel
einmal die Fälle, in denen die Syphilis mit dem
Leben beginnt, zum andern die, in denen sie späti
etwa nach dem 40. Jahre, erworben wird. Bei der
Syphilis muss das männliche Geschledit bei weitem
überwiegen, denn ihre Quelle sind käufliche Weiber,
deren jedes eine ganze Anzahl von Männern an-
steckt, während diese die Seuche nur ausnahme-
weise weiter tragen. Die Zahl der käuflichen
Weiber und die Sittenlosigkeit wachsen mit der
Grösse der Stadt. Die Stande, deren Mehrzahl
sittenstreng ist, bleiben verschont, die aber, bei
denen „Weltlust*^ häufig ist, stellen die meisten
Opfer. Den chronischen Verlauf der Syphilis
müssen wir als Thatsache hinnehmen, aber die
Parallelität mit der Tabes ist auch hier augen-
scheinlich.
Es ist wohl nicht zuviel gesagt, wenn ich be-
haupte : Jemand, der von der Statistik gar nichts
weiss, aber der Darlegung bis hierher gefolgt ist,
mti88 auf den Gedanken kommen, dass die Syphilis
die Ursache der Tabes sei. Die Klinik und die
Anatomie fordern, dass die Ursache der Tabes ein
im Blute kreisendes Gift sei. Nun sehen wir, dass
die Tabes einer chronischen Krankheit, die, obwohl
wir wenig Näheres wissen, doch zweifellos eine
Vergiftung des Oi^ganismus darstellt, sozusagen auf
Schritt und Tritt folgt. Was räthselhaft war, wird
sofort klar, wenn wir den causalen Zusammenhang
annehmen. Der Beginn der Tabes, dem der der
Syphilis durchschnittlich um 7 — 8 Jahre voraus-
geht, ist fixirt, weil der letztere durch sociale Ver-
Möbins, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
85
faältnisse fizirt ist. Dasselbe gilt von Geschlecht
und Stand. Da Tabes und progressive Paralyse
sich ganz gleich verhalten, da beide fiberdem über-
aas Mnfig zusammenbestehen, gilt der auf die Ur-
sache der Tabes gezogene Schluss auch für die
Paralyse und die beiden Schlussketten stärken sozu-
sagen mnander. Nun erst bedenke man, dass durch
die Statistiken, deren Urheber die vorausgehenden
Erwftgtuigen in der Regel (anßnglich wenigstens)
oicht angestellt hatten, dargethan wird, dass 90%
der Tabeskranken früher an syphilitischen Erschei-
nungen gelitten haben. Es gehört eine starke Vor-
eingenommenheit dazu, eine solche Beweisführung
abzulehnen, und es lohnt sich femer nicht, mit
denen zu streiten, die sie ablehnen.
Neunzig Procent sind erledigt, es handelt sich
jetzt eigentlich nur noch um die übrigen zehn Pro-
cent DieFührerimStreite, Fournier undErb,
stocken vor diesen letzten Zehn. Man dürfe nicht
annehmen, dass die Syphilis immer Ursache der
Tabes sei, weil es in 1 von lOFäUen nicht gelingt,
die frühere Infektion nachzuweisen. Ich meine,
man muss sich blos wundem, dass es in 90% ge-
lingt bei der Schwierigkeit der Sache, bei derHart-
nSddgkeit, mit der die Infektion verschwiegen
viid 1), bei der Häufigkeit der Syphilis ignor^e ou
occulte. Yor 11 Jahren beim Oongress in Eopen--
hagen wies ich darauf hin, dass man doch wenig-
Btois Fälle von Tabes nachweisen müsse, in denen
die Syphilis unwahrscheinlich sei, und forderte in
diesem Sinne auf, man möge mir eine „tabische
Jungfrau'^ zeigen. Bei der Unzahl alter Jungfrauen
'vürde doch eine, sollte man meinen, der Tabes an-
heJm&Uen. Ich warte aber heute noch auf sie. Ab-
gesehen von der Statistik hat doch die Yeraunft
anch nodi ein Wort zu sagen, findet man irgendwo
einErankheitsbild mit charakteristischen Zügen, so
iUlt es dodi Niemand mehr ein, anzunehmen, es
habe bald diese, bald jene Ursache. Glaubt man
denn, dass die Malaria heute durch Plasmodien und
morgen ohne sie entstehe, dass der Tetanus bald
dnroh Nicolaier 's Bakterien, bald durch Erkäl-
tung bewirkt werde? Wo aber ist eine Krankheit,
die eigenartiger wäre als die Tabes, deren Züge bis
in's Einzelne ausgearbeitet sind, die nirgends ihres-
gleidien hat? Und gerade diese sollte keinen ein-
liätlichen Ursprung haben ! Je länger ich darüber
>) Ein wunderliches Beispiel erlebte ich vor Kurzem.
Ich var zn einer Consnltation gebeten und besprach vorher
^ dem behandelnden Arzte die Sache. Da es sich offen-
er am einen paralytischen Anfall handelte, fragte ich, ob
der Eianke Syphilis gehabt habe. „Nein, sagte der Arzt,
ich kfipne ihn von Jagend auf und weiss, dass er sich
Bicht ipfidrt hat^ Bei der Untersuchung fragte ich ge-
l^geotHch den wirklich an beginnender progressiver Para-
W ladenden: „Wann haben Sie eigentUoh Ihren
Schanker gehabt ?'^ Er sah mich gross an und sagte:
l^^or 6 Jahren*. Ich : „Wer hat Sie denn behandelt?*
Er: „Nun, der Herr Doctor hier*. Tableau! Bestellte
sich heraus, dass der Patient dem Arzte seüi Wort ab-
genommen hatte, Niemand, sei es wer immer, etwas von
der Syphäis zn sagen.
nachdenke, um so fester glaube ich, dass die Tabes
nie ohne Syphilis entstehe. Tabes und progressive
Paralyse sind Metasyphilis oder metasyphilitischer
Nervenschwund, d. h. primfire Atrophie nervöser
Theile, deren conditio sine qua non die Syphilis ist.
Von Anfang an legten die Gegner das Haupt-
gewicht auf 2 Umstände : 1) dass die anatomischen
Verftnderungen bei Tabes den sonst als syphi-
litische bekannten nicht gleichen, und 2) dass Queck-
silber und Jod gegen die Tabes nichts nützen.
Wenn auch früher Manche im Eifer beide That-
sachen bezweifelten oder ableugneten, so sind diese
doch jetzt in der Hauptsache allgemein anerkannt.
Die Tabes gleicht somit den übrigen Erscheinungen
der Syphilis nicht. Dies und den Umstand, dass
die Tabes der Syphilis verhfiltnissmässig spät folgt,
suchte ich 1884 dadurch auszudrücken, dass ich
jene als „Naohkrankheit" dieser bezeichnete ; den-
selben Sinn hat der Ausdruck Metasyphilis. Ueber
das Wie der causalen Verknüpfung wollte ich damit
nichts aussagen und darüber weiss man auch heute
gar nichts. Wir können uns nur auf analoge Ver-
hältnisse beziehen. Wie Strümpell mit Recht
hervorgehoben hat, steht die Tabes zur Syphilis in
demselben Verhältnisse wie die diphtherische Läh-
mung zur Diphtherie. Die Unterschiede erklären
sich durch die Unterschiede zwischen Syphilis und
Diphtherie. Diese ist eine akute, jene eine chro-
nische Infektionskrankheit und um so viel jene
chronischer ist, um eben so viel tritt die Tabes
später nach der Infektion ein und verläuft chro-
nischer als die diphtherische Lähmung. Dass die
tabischen Veränderungen in der Regel unheilbar
sind, erklärt sich dadurch, dass an den betroffenen
Stellen des Nervensystems keine Regeneration ein-
tritt; die spinalen Herde nach Pocken z. B. sind ja
auch unheilbar. Insoweit als bei der Tabes die
peripherischen Fasern primär erkranken, sind auch
die tabischen Symptome heilbar. Am erstaun-
lichsten ist der progressive Charakter der Tabes.
Sollte nicht auch er sein Vorbild in dem Verlaufe
der Syphilis haben? Wir yermögen zwar die ein-
mal vorhandenen syphilitischen Symptome durch
die Behandlung zu beseitigen, sind aber eigentlich
nicht im Stande, den Verlauf der Syphilis aufzu-
halten. Im strengen Sinne des Wortes sind übrigens
beide Krankheiten nicht immer progressiv, denn in
vielen Fällen von Tabes tritt Stillstand bis zum
Ende des Lebens ein. Bemerkenswerther Weise
entwickelt sich, auch die Tabes nicht selten in
Schüben, wie es die Syphilis thut StrümpeU's
Annahme, dass die Tabes im Qegensatze zu dem
Gummi nicht durch die Syphilisbakterien selbst,
sondern durch ein von ihnen abstammendes Toxin
entstehe, hat viel Beifall gefunden. Nun nimmt
man aber jetzt doch wohlan, dass auch die tertiären
Produkte nicht durch das blosse Dasein der Bak-
terien, sondern durch das von ihnen abgesonderte
Gift entstehen. Wir würden also Toxine verschie-
dener Ordnung zu unterscheiden haben. Bei alle*«
86
M S b i u 8 , Neaere Beobaditungen Aber die Tabes.
dem schwebt man aber doch über dem Boden der
Thatsachen. Noch mehr gilt dies von der Hypo-
these Hitzig 's. Ich meine, der Kliniker könne
sich vorerst mit den Thatsachen begnügen und den
Bakteriologen und den Chemikern auch ihr Theil
lassen.
Näher als die Theorie liegt uns die Vervoll-
ständigung des Thatsächlichen. Von allen Seiten
wird angegeben, dass in der Regel die der Tabes
vorausgehende Syphilis gutartig gewesen sei, in-
sofern als die sekundären und die tertiären Sym-
ptome sich wenig bemerklich gemacht haben. Aus-
nahmefälle sind freilich nicht selten. Man kann
fragen, ob wirklich die Infektion, der Metasyphilis
folgt, in dem definirten Sinne gutartig sei, ob nicht
überhaupt die Mehrzahl der Inficirten sich so ver-
halte, wie die später an Tabes Erkrankenden. Diese
Frage können nur die Syphilidologen entscheiden ;
nur dürfen nicht Krankenhausbeobachtungen zu
Grunde gelegt werden. F o u r n i e r glaubte früher,
die Tabes folge deshalb so oft auf anscheinend gut-
artige Infektionen, weil in diesen Fallen die anti-
syphilitische Behandlung ungenügend gewesen sei.
Ich habe schon früher auf das Bedenkliche dieses
Schlusses aufmerksam gemacht und Fournier
hat seitdem selbst angegeben, dass auch in seinem
Sinne „ausreichend^^ Behandelte an Tabes erkranken.
Auch die weitere Frage, wieviele der Inücirten
später an Tabes erkranken, können nur die Syphi-
lidologen entscheiden. Fournier hat neuerdings
gesagt, gerade die Beobachtung, dass sehr viele
seiner Patienten später paralytisch würden, habe
ihn zur Anerkennung des causalen Zusammen-
hanges gedrängt Aber er sagt nur sehr viele,
nicht wie viele. Sicher ist, dass nicht alle Syphi*
litischen tabisch werden. Es müssen also Gründe
für die Auswahl, d. h. Hülfsursachen der Tabes vor-
handen sein. Man könnte denken, dass oft der
Zufall eine Bolle spiele, wie man auch dafür, dass
der Eine eine Iritis oder eine Orchitis syphilitica
bekommt, der Andere nicht, keine besondere Er-
klärung fordert Oft werden auch da, wo anschei-
nend der Zufall herrscht, die Bedingungen zu ent-
decken sein. Das Nächste ist, anzunehmen, dass
die Theile von starker Funktion besonders bedroht
seien. In Beziehung auf die Tabes scheint mir
folgender Gedanke beachtenswerth. Die Funktion
des Nervensystems, besonders der sensohschen
Theile, ist in gewissem Sinne derEntwickelungder
Civilisation proportionaL Man könnte daher an-
nehmen, dass mit der steigenden Civilisation die
Tabesgefahr v^achse. Damit würde sich die von
verschiedenen Seiten gemachte Angabe, dass bei
gewissen uncivilisirten Völkerschaften die Syphilis
häufig, die Tabes selten sei, vereinigen lassen. Auch
ist es auffällig, dass trotz der Häufigkeit der er-
erbten Syphilis die Tabes im Jugendalter doch recht
selten zu sein scheint Ebenso wie gesteigerte
Funktion kann man die neuropathische Belastung
^s Hülfsurs$tche ausehen. Auch diese wächst mit
der Civilisation und vielleicht rascher als dieie.
Immerhin scheint mir doch nach meiner eigenea
Erfahrung die Bedeutung der Vererbung bei der
Tabes recht gering zu sein, sodass sie auch unter
den Hülfsursachen nicht in erster Reihe genannt
werden kann. Die übrigen in Betracht kommen-
den Umstände : Alkohol, Strapatzen, Erkaltungeni
Traumata, akute Erkrankungen sind ja mehrfach
besprochen worden; irgend etwas ZuverlässigeB
weiss man nicht
Anatomisches und Theoretisches.
28) Hilf 1er, Emil, Ueber den Faserverlanf im Seh-
nerven des Menschen. Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde.
Vn. 1 u. 2. p. 96. 1895.
(Beschreibung der Optici eines Mannes, der an Tabes-
Paralyse gelitten hatte.)
29) Jacobson, D. £., Om Patogenesen af Tabes
dorsalis. Hosp.-Tid. 4. B. H. 31. 1894.
30) Jellinek, üeber d. Verhalten d. Kleinhins h.
Tabes dorsalis. Nenrol. Centr.-Bl. Xni. 7. p. 285. 1894.
(J. hat Veränderungen im Corpus denäitmn und in
den dahin ziehenden Marifasem gefunden.)
31) Jellinek, Emil Otto, üeber d. Verhaltend.
Kleinhirns b. Tabes dorsiJis. Deutsche Ztschr. f. Ner-
venhkde. VL 3 u. 4 p. 231. 1895.
32) Kuh, Sydney, The pathology of locomoior
ataxy. Med. News LXIV. 9. p. 227. March 1894.
(K. weist auf die Häufigkeit cerebraler Veränderan-
gen bei Tabes hin. Er hält auch die Ataxie for ein cere-
brales Symptom.)
33) L e y d e n , E., Die neuesten Untersuchungen üher
d. patholog. Anatomie n. Physiologie d. Tabes. Ztschr. l
klin. Med. XXV. 1—4. p. 1. 181. 1894.
34) Mayer, Carl, Zur pathologischen Anatomie d.
{{ückenmarkshinterstränge. Jahrbb. f. Psych. Xm. 1.
p. 57. 1894. (Vgl. Jahrbb. CCXLIV. p. 243.)
35) M i c h a e 1 i B , M., Zur Geschichte d. Tabes dor-
salis. Deutsche med. Wchnschr. XIX. 49. 1893.
(M. glaubt dafür eintreten zu sollen, dass Leydea
schon vor 30 Jahren das Sichtige getroffen, dieEntartosg
der hinteren Wurzeln bIb primäre Veränderung angesehea
habe.)
36) M 0 n r 0 , T. K., History of tabes. Glasgow med.
Joum. XLTV. 4. p. 242. Oct 1895.
37)Nageotte,La lesion primitive du tabes. BoU.
de la Soc. anat. 5. S. VIEL 24. p. 808. Nov. 1894.
38) Nageotte , J., Etüde sur un cas de tabes m-
radiculaire chez un paialytique general. Revue neonoL
in. 12. 13. 14. 1895.
(MittheUung eines Falles in dem die dem Vf. als
charakteristisch erscheinende interstitielle Wurzelerkran-
kung ganz beschränkt war. Wegen der genauen Beschrei-
bung muss auf das Original verwiesen werden.)*
39) Nageotte, J., Etüde sur la menin^-myeliia
difiuse dans le tabes, la paralysie generale et la syphilis
spinale. Arch. de Neuroi. XXX. p. 273. 1895.
40) Nageotte et Lenoble, Note sur une plaqae
de myelite siegeant dans le faisoeau antero-latem ches
un tabetique paralytique general. Bull, de la Soc. anat
5. S. IX. 14. p. 574. Juin— Juillet 1895.
41) Obersteiner, H., u. E. Redlich, Heber
Wesen u. Pathogenese d. tabischen Hinterstrangdegene-
ration. Wien 1894. Deuticke. Ref. im Neurol. Cäitr,-
Bl. xm. 12. 1894.
(Die Vff. sollen die wunderliche Auffassung vertreten,
bei Tabes würden die hinteren Wurzeln durch entzünd-
liche Veränderungen der Pia eingeschnürt und durch den
Druck zum Schwimde gebracht.)
42) Obersteiner, EL, Bemerkungen zurtabisohen
Hinterwurzelerkranknng. Ajb. auB d. Inst f. Anat vu
Physiol. d. Centralnervensystema in Wien 1895,
Höbius, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
87
(0. Tdrtheidigt die von ihm und Redlich vor-
getragene Lebte.)
43) Obersteiner, H., Ueber interfibrilläre Pett-
degeneration d. Maskelfasem an einer bemiatrophiscben
Zange bei Tabes. Arb. aus d. Inst f. Anat. n. Fsych. d.
Gentralnervensystems. Wien 1895. F. Denticke.
(Histologische Einzelheiten. Der Hypoglossns war
entartetf sein Kern nicht)
44) Oppenheim, H., Zur patholog. Anatomie d.
Tabes dorsalis. Berl. klin. Wchnschr. XXXI. 30. 1894
45) Ruffini, Angelo, Sopra nn caso di eterotopia
grigia nel midollo spinale di an tabetico. Beitr. z. pathol.
Amt n. allg. Pathol. XVI. 1. p. 144. 1894.
(Genaue Beschreibung des Rückenmarkes, die ohne
AbbüdoDgen kaum wiederzugeben ist)
46) S t r ö b e , Veränderungen der Spinalganglien bei
Tabes dorsalis. Neurol. Centr.-Sl. XTTT. 20. p. 746. 1894.
(Str. hat in 3 Fällen recht beträchtliche Entai-tung
der Spinalganglien gefunden : Veränderungen u. Zerstö-
rung der Ganglienzellen, Wucherung der Kapselzellen,
gehoge interstitielle Veränderungen.)
47) W eil, M., £in Fall von Tabes incipiens. Arch.
t Psych. XXVI. 3. p. 745. 1895.
(Bei einem Tabeskranken wurde eine atypische,
ziemlich unregelmässige Degeneration der Hinterstränge
gefanden. Es ist nicht möglich, ohne Abbildungen auf
das Emzelne einzugehen.)
Die Erörterungen Leyden's (33) sind histo-
rischer Natur und wollen darthnn, dass Vf. schon
1863 die Wahrheit gefanden hat, dass nämlich die
hinteren Wurzeln bei der Tabes immer erkrankt
sind und die Hinterstränge ohne Betheiligung der
hinteren Wurzeln nicht entarten. Durch die neueren
Arbeiten sei die primäre Degeneration der hinteren
Wurzeln dargethan und die Entartung der Hinter-
stränge als ihre Folge. L. schliesst sich also der
»Theorie" von Dejerine an. Dabei läuft der
Irrthum wieder unter, als sei unter dieser Voraus-
setzung die Tabes keine Systemerkrankung, üeber
den Ausgangspunkt des Processes habe man auch
jetzt nor Hypothesen. L. bespricht die vorhandenen
und sagt: „Die Annahme einer Entstehung des
tabischen Processes von der Peripherie aus hat
also immerhin viel für sich und ich kann nicht
leugnen, dass ich mich dieser Auffassung gern
zuneige". Den Schluss macht natürlich die Ver-
Bicherung, dass man den ganz eigenartigen Pro-
Gess nur willkürlich mit der Syphilis inZusammen-
liang bringen wolle.
In der Verhandlung nach Leyden's Vortrag
über die pathologische Anatomie der Tabes (BerL
klin. Wchnschr. XXXL 40. p. 924. 1894) betonte
Hitzig, dass man die Tabes als eineOiftwirkung
anzusehen habe, bei der zwar kein Theil des
Kerrensystems geschont werde, besonders aber
die hinteren Wurzeln leiden. Oppenheim wies
^nfhin, dass er zuerst mit Siemerling den
Btarken Faserschwund im Spinalganglion nach-
gmesen, dass auch er eine Schädigung der Zellen
im Ganglion, aber eine geringe, gefunden habe,
da» einmal eine starke Entartung des Qanglion
Qasseri (Fasern und Zellen) von ihm nachgewiesen
^nirde. S^er Ansicht nach könnte man den Aus-
gangspunkt der Tabes nur dann in den Spinal-
gangiien suchen, wenn man nach Erb 's Hypothese
annehme, dass starke Veränderungen der Fasern
Wirkungen einer geringen oder gar nicht sicht-
baren Veränderung der Ganglienzelle sein können.
Er bemerkte ferner, dass bei Tabes Fasern, die aus
dem Hinterhome in das Vorderhorn ziehen (Reflex-
collateralen), zu Grunde gehen.
Später hatO. diese Bemerkungen mit Abbildun-
gen als besonderen Aufsatz erscheinen lassen (44).
Nageotte(37) glaubt in 4 Fällen von Tabes,
bez. Tabesparalyse gefunden zu haben, dass die
Ursache der Degeneration der hinteren Wurzeln,
bez. der Hinterstränge eine Neuritis oder Peri-
neuritis (N6vrite transverse) ist, die an einer ganz
umschriebenen Stelle, etwas oberhalb des Ganglion
spinale, sich entwickelt. An dieser Stelle sind
die Wurzelbündel des Lenden- und Sacralmarks
von einer Infiltration embryonnaire umgeben, die
später zur Sklerose wird und die Wurzelfasem
tödtet Die Arterien sind normal, aber die Wände
der kleinen Venen enthalten zahlreiche Zellen-
haufen, die an kleine Syphilome erinnern. Auch
die Scheide der vorderen Wurzeln wird an der er-
wähnten Stelle von derN6vrite transverse befallen,
aber diese ist hier viel schwächer und beschädigt
die 616ments nobles nur wenig.
Nageotte (39) schildert femer unter Mitthei-
lung von 4 Beobachtungen die Veränderungen der
Meningen bei Tabes und bei progress. Paralyse. Es
handelt sich nach ihm um eine leichte Entzündung,
die über das ganze Mark ausgebreitet ist (inflam-
mation diffuse). Offenbar werden zuerst die Ge-
fässe betroffen. Man sieht eine Infiltration mit
kleinen runden Zellen der Pia, der Spinnenhaut,
der CapiUaren im Marke und ganz besonders der
oberflächlichen Venen. Die Veränderung der Pia
ist an der Hinterseite nicht wesentlich stärker als
an der Vorderseite; sie scheint nur dort stärker zu
sein, weil hinten mehr Brücken von der Pia zur
Arachnoidea führen. Die Erkrankung der nerfs
radiculaires, die Ursache der Tabes, ist nur eine
Steigerung der Entzündung der Meningen.
Jellinek(31) hat das Kleinhirn in einigen
Fällen alter Tabes untersucht Er fand Schrum-
pfung der Ganglienzellen im Corpus dentatum.
Dabei hatten die Zellen ihre Form verändert, waren
länglich, spindelförmig, dreieckig geworden, waren
übermässig pigmentirt Auch die Gefässe des Cor-
pus dent waren zum Theil geschwunden, ebenso
wie die Markfasern. Endlich waren zum Theil
die feinen Fäserchen der Eleinhimrinde und die
einzelnen Badiärfasem atrophisch.
Symptomatologie,
a) Verschiedenes,
48) Anders, J. M., Posterior sclerosis and dilata-
tion of the stomach in the same patient Med. News
LXV. 8. 1894. (Die Ueberschrifb ^ Alles.)
49) Bailey, Pearce, Valvulär disease of the
heart in tabes. Joum. of nerv, and ment. Dis. XXH. 5.
p. 290. May 1895.
(B. hat das Herz bei 21 Tabeskranken untersucht
88
M d b i u s , Neuere Beobaclitungeii Aber die Tabes.
und oft Tachykardie, aber nur Imal Aorten-Insufficienz
gefanden. Er meint daher, Herzfehler seien bei Tabes-
kranken nicht häufiger als bei anderen älteren Leuten.)
50) Bandet, La resorptiou progressive des arcades
alveolaires ou mal perforant buccaL Arch. gen. de Med.
Janv. 1895. p. 62.
(Zwei Beobachtungen. Ausfallen der Zähne, erst
der im Ober-, dann der im Unterkiefer; Schwund des
Alveolarfortsatzes des Oberkiefers, später auch des ünter-
kielers; Perforation des knöchernen Gaumens an den
Seitentheilen und Eröffnung des Sinus maxillans ; dabei
Analgesie ; einmal Oedem der Lippen.)
51) Biernacki, E., Analgesie d. ülnarisstammes
als Tabessymptom. Neurol. Centr.-BL XIII. 7. 1894.
51a) Blackford, J. Y., Notes on a oase of atazio
insanity. Journ. of mental sc. July 1895. Vgl. Neurol.
Centr.-Bl. XTV. 23. p. 1137. 1895.
(Fall Ton Tabesparalyse.)
52) Blocq, Paul, Tabes et diabete. Bevue neu-
rol. n. 8. p. 217. Aviil 1894.
(Fall von Diabetes und Tabes bei einem Kranken. Es
bestand beiderseits subakute PeronäusMimung, die bei
geeigneter Diät zurückging. B. betont den praktischen
Werth der Diabetes-Diagnose in solchen Fällen.)
53) B r i s 6 a u d , £., Sur Tabolition du sens muscu-
laire et sur le signe de Romberg. Le9ons sur les maladies
nerveuses. Paris 1895. p. 274.
(Der Verlust des Muskelsinns ist die Ursache der
Ataxie. Br. betont, dass Ataktische nicht mit halb-
gebeugten Enieen stehen können.)
54) Brissaud, E., Paraplegie atazo-spasmodiqne
et tabes combines. Leyons sur les maladies nerveuses.
Paris 1895. p. 85.
(VorsteUung eines früher syphiHt. Kr. mit spastischer
Parese, Ataxie, Bomberg's Zeichen, Blasenstörung, Im-
potenz. Br. glaubt daran, dass die Paraplegie ataxo-
spasmodique eine selbständige, von der Tabes zu tren-
nende Krankheit sei.)
55) Gathelineau, Crises gastriques du tabes;
Urologie et chimisme stomacal. (Arch. gen. de Med.
Avril 1894. p. 405.
(Fall von Magenkrise. Genaue Untersuchung des
Harns und des Erbrochenen. Der Harn enthielt viel
Indican, war alkalisch. Das Erbrochene enthielt freie
Salzsäure, der Magensaft war ebenfdls stark sauer.)
56) Cauquil, Joseph, Contribution k Tetude des
troubles salivaires chez les ataxiques. These. Montpellier
1893. Charles Boehm. 4. 63 pp. 3 Mk. 60 Pf.
57) Chabbert, L, Sur un cas de paralysie gene-
rale k forme de tabes au debut chez un sypbilitique.
Arch. de Neurol. XXVIL 88. p. 401. 1894.
(Der Syphilitische war eine Frau; sonst ist zum Titel
nichts hinzuzufügen.)
58) GoUins, Joseph, Progressive muscular atro-
phy associated with locomotor ataxia. Journ. of nerv,
and ment. Dis. XIX. 2. p. 92. Febr. 1894.
59) Collins, Joseph, A case of tabes associated
with posthemiplegic athetosis and unilateral reflex irido-
plegia. Journ. of nerv, and ment Dis. XXII. 5. p. 294.
May 1895.
(Der Titel sagt Alles. C. spricht sich aber sehr aus-
führlich aus, weil seine Diagnose ungerechter Weise an-
gezweifelt worden war.)
60) Collins, Joseph, Athetosis with beginnin^
tabes. Journ. of nerv, and ment Dis. XX. 4. p. 258. Apru
1895.
61) Wer nicke (Neurol. Centr.-BL XIV. 21. p.952.
1895) berichtete von einem Tabeskranken, der im Beginne
der Krankheit nicht schreiben konnte, weil bei jedem
Versuche der Biceps sich zusammenzog.
62) Courmont, J., Crises de ßpasme pharynge
chez les tabetiques. Revue de Med. XIV. p. 801. 1894.
63) Cramer, A., Das Ulnaris-Symptom b. Geistes-
kranken, insbes. b. d. progress. Paralyse. Münchn. med.
Vchnschr. XLIL 28. 1894.
64) Diller, Theod., The assodation of iabw ud
paralytic dementia; report of five cases. New York mel
Becord XLVm. 14; Oct 5. 1895. (Nichts Besonderes.)
65) Eaton, W. B., üeber peripherische Lfihniim-
gen bei Tabes dorsalis. Inaug.-Diss. Berlin 1895.
(Fall von Peronäuslähmung bei beginnender Tiibes.)
66) Fournier, A., Les crises gastriques dans le
tabes. Gaz. des Hop. LXVn. 5. 1894.
(Klinische Vorlesung bei Vorstellung eines Tabes-
kranken mit häufi^n Mi^nkrisen, der au Soldat dnrdi
die Impfung syphihtisch geworden war.)
66a) Freysz, Moritz, Ein Fall von dauerndem
Sympathicusknunpfb. Tabes dorsalis. Inaag.-Diss. Strass-
burg 1895. Vgl. Neurol. Centr.-Bl. XIV. 23. p. 1 134. 1895.
(46jähr. Tabeskränker; Tachykardie, Erweiterung
der linken Pupille und lidspalte, Kühle der linken Eopf-
hälfte, Schwitzen rechts. Tod unter Ikterus, während
dessen die Pulszahl abnahm. Normaler Befund am Vagus.
Einfache Erweiterung des Herzens.)
67)Grabower, Ein Fdl von linkseitiffer Reconens-
lähmung. BerL klin. Wchnschr. XXXI. 34. 1894.
(Fall von Lähmung des linken Stimmbandes mit er-
loschener Reflezerregb£u:keit ohne Lähmung der äussann
Accessoriusmuskeln.)
68) Hannion, H., Tabes et paralysie generale.
Oaz. hebd. XIH. 24. 25. 1895.
(Oenaue Krankengeschichte mit Sektionsbefiind.
Vf., ein Schüler J o f f r o y 's, behauptet auf Ornnd spitz-
findiger anatomischer Unterscheidungen, es habe sich
nicht um Tabes und Paralyse, sondern nur scheinbar um
Tabes, in Wirklichkeit um une paralysie generale ä forme
tabetique^ehandelt.)
69) üawkins. Fr., Case of bilateral paralysis of
the crioo-arytaenoidei postioi associated with tabee dorsalis ;
asphyxia; tracheotomy; recovery; remarks. Lancet L
22. 1895. (Die üeberschrift sagt Alles.)
70) Her ms. F., Beiträge ;eu den Störungen des
Kehlkopfes bei Tabes. Inaug.-Diss. Berlin 1895.
71) Hirschberg, Rubens, Sur un phenomene
plantaire chez les tabetiques. Bevue neuroL DI. 19.
p. 546. Oct 1895.
(Vf. beschreibt eine Nachempfindung, die er bei allen
Tabeskranken gefunden hat. Streicht man mit dem Finger-
nagel über die Fusssohle des Kr., so fühlt dieser die Be-
rührung, nach kurzer Zeit aber tritt lebhafter Schmers
ein und der Kr. zieht den Fuss zurück.)
72) Hughlings, Jackson, and JamesTaylor,
A further note on the retum of the kneejerk in a tabeiic
patient after an attack of hemiplegia. Brit med. Joun.
June 23. 1894.)
(Bei dem Kr. war später das Kniephänomen rechts
ganz schwach, fehlte links. Halbseitige Lähmung bestand
nicht. Der Kr. war blödsinnig, bUnd, konnte nur gefohlt
und wenig gehen.)
73) J a c 0 b s 0 n , D. E., Om Tabes-Psykoser. Hosp.-
Tid. 4. B. in. 25. 1895. (Vgl. Neurol. Centr,-Bl. XIV.
23. p. 1136. 1895.)
74) Jacobson, D. £., Om Slägtskabsforholdet
mellem Tabes doralis og Dementia paretica. Hosp.-Tid.
4, R. IV. 39. 1894.
75) Jeffrey, A., ün cas de paralysiegenerale i
forme tabetique. Nouv. Iconogr. de USalp. Vm. 1. p.30.
Janv. et Fevr. 1895.
(J. bleibt bei seiner Behauptung, Tabes und progres-
sive Paralyse kämen selten zusammen vor. Er erzählt
die Geschichte eines Tabeskranken, der paralytisch
wurde, meint aber, die Sektion hätte ergeben, dass keine
Tabes bestand, sondern „Beginn der Paralyse in den
Hintersträngen*^. Der letzteren Erkrankung sei nicht
typisch gewesen, die hinteren Wurzeln seien weniger be-
schädigt als sonst bei Tabes; die Vorderhomzellen und
die Seitenstränge seien auch entartet)
76) Kalischer, Siegfried, Ein Fall von Tabes
dorsalis mit Kiefemekrose. Deutsche med. 'Wchnschr.
XXL 19. 1895.
M ö b i u 8 , Neuere Beobachtungen über die Tabes.
89
77) Enatek, S., Sar quelques cas partiouliers de
tabes donaL Gasopis oeskych lekam 1894. Nr. 7—8.
Ref. in Bevue neurol. ü. 20. p. 591. 1894.
(3 Beobachtungen: Arthropathie, vorübergehendes
Oedem mit Cvanose an Bauch und Bein, Magenkrise mit
Snperaciditat.)
78) Lahr, M., üeber Sensibilitätsstörungen bei
Tabes dorsalis u. ihre Lokalisation. Neurol. Centr.-Bl.
XIV. 11. p. 518. 1895. — Arch. f. Psych. XXVIL 3.
p. 688. 1895.
79) Lafitte, Ad., Des crises gastriques. Gaz. des
Hop. LXVn. 3, 1894. (Gute Uebersicht)
80)Legnani, Torquato, Tabe dorsale con frat-
tiire spontanee. Aroh. ital. di Clin. med. XXXII. 4. p. 563.
1894.
81) Leimbach, R, Statistisches zur Symptoma-
tologie der Tabes dorsialis. Deutsche Ztsohr. f. Nerven-
hkde. Vn. 5 u. 6. p. 493. 1895.
82) L e m 0 i n e , G., Belations de Tataxie looomotrice
avec la paralysie generale. Gaz. de Par. 13. 14. 15. 1894.
(Uebersicht über die bisherigen Erörterungen. Zwei
Bdspiele. Vf. spricht sich für die Wesensgleichheit
beider Krankheiten aus. Aetiologie schwach : Theredite
est la cause principale.)
83) L e p i n e , Troubles glosso-larynges dans le tabes.
Lyon med. LXXV. 7. p. 233. 1894.
(2(]!jähr. Tabeskranker mit Aphonie und Zungen-
ISbmune. Die Aphonie trat mit lanzinirenden Schmerzen
auf, hielt 48 Stunden an ; die Beweglichkeit der Stinun-
bfiader war dabei erhalten.)
84)Letulle, Mal perforant buccal dans le tabes.
Soo. med. des hdp. de Paris, s. du 20 juillet 1894. Revue
neurol. 11. 19. p. 574. 1894.
(„lial perforant^^ bei einem Tabeskranken, das die
leohte Hälfte des Gaumensegels und ein Stück des Ober-
befers zerstört hatte; Ausmllen aller Zähne des Ober-
kiefers; schmerzloser Verlauf ; kein anderes „bulbäres^^
Symptom. Lermoyezhat2 ähnliche Fälle gesehen.)
86) L e ▼ i , L e 0 p., D'un cas d'insuffisance aortique
an oours d*une paralysie generale avec symptomes de
tabes. Bull, de la Soc. anat. de Paris 5. S. IX. 9. p. 328.
1895.
(Vf. zeigte das Herz Tor. Er schliesst sich N o r d -
m a n n 's Auffassung an.)
86) Lührmann, F., Progressive Paralyse im
jugendl. Alter u. progressive Paralyse (Tabes) bei Ehe-
leuten. Neurol. Oentr.-Bl. XIV. 14. 1895.
(Progressive Paralyse, bez. Tabes, bei einem 19jähr.
Mädchen und bei 2 Ehepaaren.)
87) Magnan, Symptdmee pharynges du tabes vrai.
These de Lyon 1894. (Dem Bef, nicht zugänglich.)
88) Mendel, Note sur un cas de paralysie laryn-
gee tabetique. Aroh. Internat de LaryngoL Nr. l. 1895.
89) Mills, Unilateral sweating of the face and neck
in a probable case of posterior sclerosis of slow develop-
ment Joum. of nerv, and ment Dis. XIX. 2. p. 127.
Pebr. 1894.
90) Mitchell, J. K., A case of locomotor ataxia,
beginning in the arms. Ajner. Joum. of med. Sc. CVII.
4. p. 420. April 1894.
(Tabes superior; Beginn mit Anästhesie der Hände.)
91)Munzer, Egmont, Zur Lehre von der Tabes
doiaalis. Prag. med. Wchnschr. XIX. 13. 14. 1894.
92) Ne wmark, Leo, Throphio lesions of the jaws
in tabes dorsalis. Med. News LXXV. 4; Jan. 26. 1895.
(Schmerzloses Ausfallen der Oberkieferzähne imd
Abstossnng mehrerer Sequester. Bildung indolenter
tHoeia des Zahnfleisches.)
93) Nordmann, JBenoit, Le coeur des täbe-
tiqoes (lesions cardio-aortiques et angine de poitrine).
Ib^ de Paris. Paris 1895. Henri Jouve. 4. 144 pp.
3Mk.
94) Oppenheim, H., Zur Diagnostik der Facialis-
libmung. Berl. klin. Wchnschr. XXXL 44. l894.
(Die Arbeit enthält eine Beobachtung von doppel-
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 1.
seitiger, beinahe totaler Ophthalmoplegie, Trigeminus-
analgesie mit Parästhesieen und Zahnausfall bei Tabes.
Bei dem Kr. tratHemispasmus glosso*labialis mit Bethei-
ligung der Kaumuskeln auf, und zwar nach einer Qe-
müthsbewegung; der hysterische Krampf verschwand
nach einmauger Faradisiruxig.)
95) Orschansky, Üeber die ülnaris- Analgesie
als Tabessymptom. Inaug.-Diss. Berlin 1895.
(Nach 0. fehlt die Ulnaris-Analgesie bei manchen
Tabeskranken, kommt auch bei anderen Kranken vor.)
96)Pearce, Savary F., Locomotor ataxia :sudden
onset and unusual Symptoms ; posterior sclerosis of simi-
lar symptomatology in patients wife. Joum. of nerv, and
ment Dis. N. S. XX. 1 ; Jan. 1895.
(Basche Entwicklung einer mit doppelseitiger Abdu-
censlähmung beginnenden Tabes bei dem Manne einer
seit 20 Jahren tabeskranken Frau.)
97) Pol, P. K., Posticusparalyse bei Tabes. Mon.-
Schr. f. Ohrenhkde. Nr. 2. 1895.
98) Pineles, F., üeber einen Fall von Tabes in-
cipiens. Wien. med. Wchnschr. XLV. 13. 1895.
99) Plathner, Friedr., üeber das Zusammen-
vorkommen von Tabes dors. u. Insufficienz der Aorten-
klappen. Inaug.-Diss. Berlin 1895.
(3 Fälle von Aori^nfehler bei Tabes.)
100) Raichline, A., Beapparition des reflezes
tendineuz dans le oours du tabes. Compi rend. de la
Soc. de Biol. Juin 29. 1895.
101) Schlesinger, Herm., Beiträge zur Klinik
u. patholog. Anatomie d. Kehlkopfstörungen b. Tabes
dorsalis. Wien. klin. Wchnschr. VE. 26. 27. 1894.
102) Schnitze, üeber Krampferscheinungen b.
Tabes dorsalis. Deutsche med. Wchnischr. XX. 38. Beil.
1894.
(Bei einem 59jähr. Tabeskranken trat seit vielen
Monaten sehr häufig eine stundenlang anhaltende Con-
traktion des Extensor dig. ped. comm. auf, während die
grosse Zehe gewaltsam plantai^ektirt war. In der
Zwischenzeit konnte der Kr. die Muskeln willkürlich
innerviren, doch bestand eine gewisse Muskelatrophie.
Beim Heben der Arme traten in ihnen starke Schüttel-
bewegungen ein.)
103) Schnitzen, Ein Fall von Stimmbandatazie
bei Tabes dorsalis. Charite-Annalen XX. p. 236. 1895.
(Bei einem Tabeskranken mit Magenkrisen, Tachy-
kardie U.S.W. bestanden unregelmässige Bewegungen des
einen Stimmbandes, die bei willkürlichen Bewegungen
aufhörten. Vf. sagt selbst, es könne sich um beginnende
Recurrenslähmung gehandelt haben, doch soll es Atazie
sein.)
104) S c h u m pe r t , T. E., Locomotor atazia. New
York med. Record XLV. 20. p. 629. May 1894.
105) Clark, L. Pierce, Dr. Sehumpert's case of
locomotor atazy. New York med. Record XLV. 22. p. 708.
June 1894.
106) Soupault, Maurice, Hypersecretion gastri-
que intermittente chez im atazique. Revue de Med. XIII.
2. p. 155. 1893.
(Starke Magensäurebildung während einer gastrischen
Krise.)
107) S t e r n , R., Ein Fall von frühzeitig aufgetretener
degenerativer Muskelatrophie b. Tabes dorsalis. Deutsche
med. Wchnschr. XXI. 13. Vereinsbeilage 1895.
108) Stewart, R. S., The spastic and tabetic types
of general paralysis. Joum. of mental sc. April 1895.
109) Taylor, James, A case of progressive
musoiüar atrophy with Argyll-Robertson pupils. Trans-
act of the clin. Soc. of London XXVHI. p. 245. 1895.
(Schanker vor 20 Jahren. Muskelschwund der Arme
mit fibrUlären Zuckungen. Reflektorische Pupillenstarre.
Keine Schmerzen. Lebhaftes Kniephänomen.)
110)Trevelyan,An unusual case of atazia. Brit.
med. Joum. Jan. 5. 1895. p. 17.
111) Yuietlö,' Maria, geb. Prita, Seltenere
12
90 Höbius, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
Formen d. Tabes dorsalis q. Yerhalten d. Patellarsehnen- schlechtstriebes (15.5^/o), vorübergehendee Dop-
reflexe b. T^ oem^ M^^ peltsehen (12Vo), GflrtelgefQhl (8.50M, Crises
m d. med. Klinik m Zürich während d. JJ. 1883—1893 ^ j. atiV - « 5. • /n cn/ \ rk *,•
voigekommenen Tabesßüle. Inaug.-Dias. Wien 1893. gastnques und ülnarisparasthesien (2.5Vo), Opucus-
Josef Saftf. 8. 75 8. mit 2 Tafeln. 2 Mk. 60 Pf. atrophie(1.5*/o). Bei gesonderter Betrachtung Ton
(Enthält ausser ätiologischen (siehe S. 82) und sta- 100 F., in denen die Tabes erst 1—2 J. dauerte,
tistischen Erörterongen über 54 Beobachtungen der f^nd L. Veränderungen der Sehnenreflexe an den
Zuncner Klmik eine JECeihe von Krankengeschichten: « • <aaä/ 01. i. 1. • a ui
Combination von Tabes mit Paralysis agitan^ angebliche ^^^^^ ^^ ^^^Voi Schwanken bei Augenschluss in
Combination von Tabes mit multipler Sklerose, corti- 80%, Yeränderung der Pupillenreaktion in 63%.
kale Tabes, Tabes mit Ophthalmoplegia, mit Arthro- im Einzelnen ist über die Schmerzen zu sagen, dass
pathieen u. s. w.) sie aU 1. Zeichen in den Beinen in 277 F. auftraten, im
112) Weismayr, A. v^ Ein Fall von männlicher Rücken in 5 F., in den Armen in 1 F., als 2. Zeichen
Osteomalacie, combinirt mit Tabes dorsalis. Wien. klin. in den Beinen in 62 F., im Rücken in 2 F., in den Armen
Wchnschr. VI. 51. 1893. in 1 F., als 3. Zeichen in 11 F., als 4. Zeichen in 5 Fällen.
(Ausser den Zeichen der beginnenden Tabes fand Keine Schmerzen hatten 47 Kranke, eine au&llend
man sehr starke Empfindlichkeit, bez. Schmerzen der grosse Zahl.
Knochen des Rumpfes, Contraktur der Adduktoren der Gürtelgefühl wurde nur in 34 F. als 1. Symptom
Schenkel, Federn der Darmbeinschaufebi bei seitUchem bezeichnet (als 2. 44mal, als 3. 37mal, als 4. 8mal).
Drucke. Unter Darreichung von Phosphor schwanden Parästhesien in den Beinen, die in 258 F. vorkamen,
die auf Osteomalacie bezogenen Symptome.) sind 74mai 1. Zeichen, llOmal 2., 55mal 3., 19mal 4. ge-
113) Weiss, Heinr., stellte einen Tabeskranken wesen.
mit starker Ataxie angeblich ohne Anästhesie vor. Wien. unter den 100 F. beginnender Tabes fehlten Knie-
med. Presse XXXVI. 4. 1895. phänomen und Achillessehnenreflex 91inal, waren 5mal
^enedict knüpfte an die Vorstellung etwas con- abgeschwächt, fehlten einseitig 4maL, bez. 2mal.
fuae Erörterungen über Ataxie.) Blasenschwäche kam vor in 322 F., 90mal an 1.,
114) Wiokham, Louis, Ulcerations buccales 1 19mal an 2., 74mal an 3., 15mal an 4. Stelle,
tabetiques. Ann. de DermatoL et de Syphiligr. V. 1. Recht selten waren Krisen: 17mal Magenkriaea
p. 44. 1894. (lOmal als 1. Zeichen), 3mal Kehlkopf-, Imal Mastdarm-
Erb hat Beine Auf«Hchnungen über die pri- ^^sen.^^^ ^^^ ^^ ^^^ beginnender Tabes fehlte die
vatim beobachteten Tabeskranken von Kud. Leim- reflektorische Pupülenreaktion 47mal, war lömal trage,
bach (81) bearbeiten lassen. Es handelte sich Imal waren die Pupillen pnz starr,
um etwa 600 Tabeskranke, doch waren nur Von den übrigen 3Ö0 Kranken hatten 193 Verän-
400 Krankengeschichten verwerthbar. Aus diesen ^?Tf *" "^^^ o^^ -^^'^^ ^^'^ ^l'^l ^^ Mydriasis,
L • u * 1 j m L 11 ^1. j- TT. IS 1 -^ 71 Differenz: 281 zeigten abnorme Reaktion, und awar
ergab sich folgende Tabelle über die Häufigkeit 227 reflektorische, 7 vollständige Starre, 12 einsaitigo
des Vorkommens der einzelnen Stichen. reflektorische Starre, 35 sehr träge Beaktion.
1) a) Fehlen der Patellar- und Achillessehnen- M. Lahr (78) hat die Empfindlichkeit bei
refleze in 92.00 i gg 950/ 60 Tabeskranken untersucht und hat bei 55 Hyp-
o^ ^) J«'«?derunffen dieser Reflexe „ 4.25 { * /• asthesie des Rumpfes gefunden. Zuerst tritt Ab-
2) Schwanken oculis clausis m 88.75 ^ * j -ü « ji- uu -i. cn 1 • w o
3) Lanzinirende Schmerzen „ 88.25 stumpfung der Empfindhchkeit für leichte Be-
4) Blasenstörungen „ 80.50 rflhrungen auf. Sie zeigt sich gewöhnlich zuerst
5) Ataxie der Beine . . „ 74.75 unterhalb der Mamma, dann an der Soapula and
nl I^ISI®"^^ der Pupülenreaktion . . „ 70.25 schHesslich büdet sie eine den Rumpf ganz una-
7) Parästhesien an den Bemen . . . . ^ 64.50 -rjrr r^io a^ - ä. j» l.
8) Sohwächegefiihl und leichtes Ermüden greifende Zone. Die Symmetrie ist an der oberen
der Beine „62.25 Grenze deutLioher ausgesprochen als an der unteren,
9) Herabsetzung oder Aufhebung des Ge- gewöhnlich zwischen der 5. und der 7. Rippe.
10) VeriüÄJ1SÄl»weite ■ ■ ■ • Sl ^ <^««^ ^^ Schmert acheint anfangs nicht
11) Verhmgsamnng der Schmerzleitung . „ 36.50 gOBtört zu sein, später mmmt es ab; audi die
12) Hypalgesie an den Beinen . . . . ^ 33.75 Temperaturempfindung bleibt lange erhalten. In
13) Gürtelgefühl , 31.00 16 F. ging die Hypästhesie auf den Arm über,
14) Vorübergehendes Doppeltsten . . . , 26.50 zunflchst auf die Stellen unter der Achaei, dann
15) Herabsetzung der Tastempfindung an « j* 1 1^ ^ r ^* j- 1 o «T^ «
den Bemen .,..,,.. 23.25 *^^ ^^ ulnare, zuletzt auf die radiale Seite. An
16) Ubaiisparästhesien l 16.50 den Beinen zeigten die Störungen eine gewisse
17) Augenmuskellähmung und Ptosis . . ^ 16.00 Aehnlichkeit mit denen, die nach Querschnitt-
?al Ä;jf "^^S^^'Li; • • y « • • " « I^ läsionen oder nach Läsion der hinteren Wurzeln
19) Nachdauer des Schmerzes an den Bemen - 6.00 -, . t\- a^ j o^« • ^ j n •
20) Krisen 5.25 auftreten. Die Art der StOrung ist an den Beinen
21) Arthropathien l 1.75 im Anfange Hypalgesie mit Herabsetzung des
Ausserdem bestanden in 7 Füllen Klappenfehler des LagegefOhls. An den Grenzen der Hyp&sthesie
Herzens. und zwischen den hypästhetischen Zonen besteht
In der Mehrzahl der Fälle beginnt die Tabes ^^^^^ ausgesprochene Hyperaigeeie , besonders
(in etwa 67«/o) mit lanzinirenden Schmerzen. An gegen Kälte. Die Reflexerregbarkeit der Haut ist
2. SteUe steht als Anfangszeichen die Blasen- ^^ gesteigert, während sie im Gebiete der Hyp-
schwäche (in 22.5Vo), weiter folgen Schwäche der ästiiesie herabgesetzt oder aufgehoben ist
Beine (19.5<>/o), Parästhesien der Beine (IS.öo/^), Biernatzki (51) fand bei 14 von 20 Tabes-
Ataxie der Beine (17%), Störungen des Oe- kranken, dass ein kräftiger Druck auf den N.ulnaris
Höbius, Neuere Beobachtungen über die Tabes.
91
am Ellenbogen keinen Schmerz bewirkte, wfthrend
Gfesonde unter diesen Bedingungen immer Schmerz
empfanden. Bei einem Tabeskranken war nur der
linke Nerv unempfindlich, bei einem anderen be-
gann der Schmerz nach wiederholtem Drucke.
Cauquil (56) schildert im Anschlüsse an
Putnam (vglJahrbb. COm. p. 289)denSpeichel-
flusB bei Tabes. Seine eigenen Beobachtungen
Bind folgende.
1) Geringe, anfaUweise auftretende Sialorrhöe bei
einem Tabeskranken, der heftige Trigeminossob merzen
hatte, schmerzhafte Parästhesieen im Munde, starke
Ataxie beim Kauen.
2) Weibliche Tabeskranke. Doppelseitige Ptosis,
etwas ThrSneQtrfiufelD, Parästhesieen im Rachen, Trige-
mionsschmerzen , Zahnausfall, mehrere AnföUe von
Speichelfluss, der einige Tage dauerte und wobei die ent-
leerte Flüssigkeit übel roch.
3) Ohrensausen, Doppeltsehen, Zahnausfall, mehr-
tägige AnfiUle von Speichelfluss im Beginne der Tabes.
4) ADfalle von Husten mit Erbre^en. Einmal An-
fall TOQ Speichelfluss.
5) Plötzlich beginnender Speichelfluss, dem nach
3—4 Tagen eine heftige Magendarmkrise folgt
C. betont das Auftreten des Speichelflusses in
plötzlich beginnenden, einige Tage dauernden An-
ftUen, die grosse Menge des entleerten Speichels
(ca 500 g in 24 Stunden), die Abwesenheit anderer
Störungen des Verdanungskanales in den meisten
FUlen, die Verbindung mit Magendarmstörungen
in einigen. Einmal Hess er den entleerten Speichel
untersuchen, er enthielt mehr Albumin, als normaler
Speichel C. meint, die Sialorrhöe hänge, wie
andere vasomotorische Störungen, von einer Er-
krankung „der Sympathicuscentra in der Oblon-
gata** ab, er vergisst aber, dass'in vielen Fällen
Trigeminussymptome vorhanden sind, die zunächst
an dnen reflektorischen Speichelfluss denken lassen.
Loui8Wickham(114) hat in Fournier's
Abtheilung zweimal torpide Mundgeschwflre bei
Tabeskranken gesehen. Es handelte sich beide
Male um Tabes-Paralyse. AusfiEdlen der Zähne
war vorausgegangen, der Alveolarfortsatz war zum
Theil zerstört und die kranken Theile waren un-
empfindlich. Das Centrum des Geschwürs war
der Alveolarrand, der verdickte Kand umgab eine
graue, mit dünnem fötidem Eiter bedeckte Ver-
tiefung von etwa 1 — 5 cm Ausdehnung, die Sonde
drang auf den oariösen Knochen vor. Es bestan-
den mit anderen Worten maux perforants im Munde.
Courmont's (62) Beobachtung von Schlund-
krampf ist folgende.
an 6^ähr. Schuhmaoher litt seit 20 Jahren an Tabes,
l^wmdeis an unerträglich heftigen Schmerzen. Er klagte
uch über Stechen im Schlünde. Durch 8 Suspensionen
vpnieQ die Schmerzen soweit beseitigt, dass der Kr. be-
friedigt abging. Nach 4 Tagen kam er in einem jämmer-
lichen Zustande zurück, mit bleichem verzerrtem Qe*
sichte. Seit 3 Tagen hatte er äusserst schmerzhaften
Schliindkiampf, der ihn am Essen und Trinken hinderte
nod in die höchste Angst versetzte. Die geringste Be-
fohraDg des Schlundes, durch einen Tropfen Wasser oder
^l, steigerte den Krampf sehr und brachte den Kr. zur
Verzweifinng. Er wurde suspendirt, sofort wich der
anmpf nnd kehrte nicht zurück. Naoh Monaten klagte
der Kr. zwar wieder etwas über lanzinirende Schmerzen,
aber am Schlünde war nichts Besonderes zu bemerken.
G. bezieht sich ausser auf die Beobachtung
Oppenheim 's auf 2 Ähnliche fUle von Jean
und von Liz6; in beiden bestanden ausser den
Schlundkrftmpfen Kehlkopf- und Magenkrämpfe,
in beiden trat nach einigen Tagen der Tod ein.
C. ist ein begeisterter Anhänger der Suspen-
sion. Man müsse sie vor allen Dingen ausdauernd
anwenden, unter umständen darf man nicht wieder
aufhören. Ein Kr., der vor 9 Jahren blind und
hülflos im Bette lag, suspendirt jetzt die anderen
Tabeskranken ; er hat zwar noch Myosis, Mangel des
Kniephänomens, Reste der Arthropathien, abergeht,
liest u. 8. w. ; er ist bei seiner 6000. Suspension.
H. Schlesinger (101) theilt zunächst eine
Beobachtung von Kehlkopfmuskellähmung mit, bei
der die anatomische Untersuchung Entartung der
peripherischen Yagusfasem, Unversehrtheit der
Kerne ergab.
Die 56jähr. Kr. litt seit 12 J. an Tabes. Im J. 1892
waren Kehlkopfkrisen eingetreten. Im Bereiche der
Himnerven bestanden Atrophia N. optici, Myosis und
Pupillenstarre, Abduktorenlähmung, üerabsetzung der
Schmeckfähigkeit, gesteigerte Pulsfrequenz. Die Em-
pfindlichkeit des Scmundes und des Kehlkopfes war ganz
normal. Die Sj*. starb an Pyelonephritis.
Ausser den gewöhnlichen tabischen Veränderungen
fand man: Entartung der aufsteigenden Trigeminus-
wurzel, des solitären Bündels, der NN. vagi, bez. der
NN. recurrentes. Im Kerngebiete war die Oblongata
normal, die NN. laryngei sup. ^aren ebenso unversdirt
Die MM. crico-arytaen. post und laterales waren stark
verändert, die übrigen Kehlkopfmuskeln nicht
Schi, nimmt nicht an, dass die Kehlkopfkiisen
abhingen von der Entartung des solitären Bündels,
sondern hält es für wahrscheinlich, dass der Pro-
cess in den motorischen Kehlkopfnerven nicht nur
Lähmung einzelner Muskeln, sondern auch Krampf
der anderen hervorrufe (nach S e m o n).
In anderen Fällen möge wohl, wie Burg er
will, die Beizung sensorischer Fasern der Ausgangs-
punkt der Krisen sein. So sah SchL einen Tabes-
kranken mit vollständiger Lähmung eines Stimm-
bandes, bei dem sich erst während der Beobachtung
zugleich Hyperästhesie des Kehlkopfes und Krisen
einstellten. Er meint, dass in diesem Falle eine
Erkrankung des N. laryng. sup. auch durch die
zuckenden Bewegungen des Qiessbeckenknorpela
der gelähmten Seite wahrscheinlich gemacht weräe,
denn diese Bewegungen seien nach Schrötter
vom M. transversus abhängig, der vom Laryng. sup.
versorgt werde.
Endlich theilt Schi, einen Fall von Kehlkopf-
schwindel (Ictus laryngeus) mit
Der 38jähr. Kr., der vor 14 J. syphilitisch geworden
war, war im Februar 1893 von einer Lawine verschüttet
worden. Einige Wochen später trat Doppeltsehen ein
und der Kr. bemerkte, dass seine Augen zitterten. Im
August Heiserkeit, im Winter Kehlkopfkiisen und froasB
Reizbarkeit des Schlundes, so dass oft Erbrechen emtrat
Dann Schwindelanfalle, denen Kitzeln im Kehlkopfe
vorausging und bei denen der Kr., ohne das Bewusstsein
zu verheren, zu Boden fiel. Nur zweimal war für 10 Min.
Be wosstlosigkeit mit starker Cyanose eingetreten. Doppel-
92
M ö b i u 8 , Neuere Beobachtungen über die Tabes.
seitige AbduktoreDlähmnng bei nonnaler Empfindlichkeit
des Kehlkopfes. Die Angäpfel waren fortwährend in
zuckenden seitlichen Bewegungen: Abduoenslähmung
reohts, Abducensparese links.
Der j^ystagmus" übrigens, von dem SchL
spricht, ist keiner, sondern die Zuckungen sind
eine Wirkung der Erkrankung desAbducenskemes,
bez. der Abduoenslfihmung.
B. Nordmann 's (93) Untersuchungen über
Erkrankung der Aorta bei Tabes haben im All-
gemeinen die bisher geltenden Anschauungen be-
stätigt N. giebt an, die Aortafehler seien bei ent-
wickelter Tabes ziemlich häufig, viel häufiger, als
alle anderen HerzstOrungen. Mitralfehler, die bei
Tabeskranken vorkommen, haben dieselben Ur-
sachen wie sonst (Polyarthritis u. s. w.). Die Ver-
erbung spiele keine Rolle. Bei Weibern scheinen
HerzstQrungen relativ häufiger zu sein, als bei
Männern. Häufig fehlen, trotz des Aortafehlers,
funktionelle Störungen (besonders bei bettlägerigen
Kranken). Ueber den Verlauf sei nichts Besonderes
zu sagen. Da beim Tabeskranken körperliche
Ueberanstrengung kaum in Frage komme, werde
die Prognose durch den Aortenfehler nicht sehr
verschlechtert. Echte Angina pectoris sei bei
Tabes äusserst selten, ja nicht einmal sicher nach-
gewiesen. Auch die Pseudoangina pectoris sei
selten. Die von T e i s s i e r als Mal perforant ge-
deutete Fensterung der Herzklappen hat vermuth-
lich mit der Tabes gar nichts zu thun. Es ist
wahrscheinlich, dass die Aortaerkrankungen der
Tabeskranken als parasyphilitische Veränderungen
im Sinne Fournier's aufzufassen seien.
N. theilt 58 Krankengeschichten mit, darunter
11 neue. Er hat unter etwa 100 Tabeskranken
9 mit Aortenfehler gefunden. Unter 130 Fällen
von Herzerkrankung bei Tabes waren 51 nur
Aortenfehler (38 Insuffidenz, 7 Stenose, 6 Insuffi-
oienz und Stenose), 4 mit Aneurysma, 10 mit
Aorten- und Mitralfehler, 33 mit Mitralfehler allein,
in den übrigen Fällen scheint es sich hauptsäch-
lich um sogen. Myokarditis gehandelt zu haben.
Symptome, die an Angina pectoris erinnerten oder
diese darstellten, wurden in 23 Fällen erwähnt
Münz er (91) beschreibt unter I als „pied
bot tab^tique^^ doppelseitige Peronäuslähmung bei
einem Tabeskranken. Die mikroskopische Unter-
suchung ergab, dass die Vorderhomzellen des
Lendenmarkes ganz normal waren, ebenso die
vorderen Wurzeln ; im N. ischiad. waren nur ein-
zelne Fasern entartet.
Unter 11 bespricht M. den „Aufbau der Hinter-
stränge und deren Erkrankung bei Tabes dorsualis".
Er macht darauf aufmerksam, dass die Annahme,
die bei Tabes gewöhnlich verschonten Bündel
hinter der Commissur seien Fasern, die die graue
Substanz in verschiedenen Höhen verknüpfen, für
den Menschen noch nicht bewiesen sei. Auch sei
es nicht sicher, ob die intramedulläre Erkrankung
der hinteren Wurzeln stärker und daher früher
vorhanden sei, als die extramedulläre Entartung.
Unter m handelt M. von den „tabischen Krisen'^
Man könne daran denken, dass manche Zufälle
(Erbrechen u. A.) von Erkrankung motorischer
Eingeweidefasem, die das Bückenmark durch die
hinteren Wurzeln verlassen, abhängen möchten.
Doch sei es nicht bewiesen. M. bespricht die in
Betracht kommenden Thierversuche.
b) Erkrankung der Knochen und Gelenke.
115)Bowlby, A. Anthony, A case ofCharcot's
disease of the hip with dislocation. Transact. of the olin.
80C. of London XXVUL p. 242. 1895.
116) Brissaud, £., Arthropatfaies nervenses et
troubles de la sensibüite. Nouv. Iconogr. de la Salp.yiL
4. p. 209. 273. Juillet— Oci — Internat med.-photogr.
Mon.-8chr. L 9. p. 261. 1894.
117) Brissand, E., Arthropathies tabetiques et
troubles de la sensibilite. Le90D8 sur les maladies ner-
venses. Paris 1895. p. 295.
(Vorlesung über tabische Oelenkleiden. Die rich-
tige Emähroiig hängt von der SensibiUtat ab, Anästhesie
stört diese reflektorischen Beziehungen.)
118) Frey, Fall von tabischer Arthropathie. Wien.
med. Presse XxXTV. 50. 1893.
(Eoieerkrankung mitOelenkkörpem u. s. w. bei einer
tabischen Frau.)
119) Frick, Ueber einen ungewöhnlichen Fall von
Tabes dorsalis mit tabisoherOsteo-n. Arthropathie. Mon.-
Schr. f. ünfallhkde. Nr. 7. 1895.
(Interessante Beobachtung: Ein 21jahr. Mann mit
ererbter Syphilis (Keratitis profunda) bricht beim Stiefd-
anziehen den OberschenkeL Heilung. Neuer Brach bei
Stoss gegen den Tisch. Später ErkrankuDg des linken
Fossgdenkes. Die Untersuchung ergiebt Tabes.)
120) Gaucher, E., Arthropathie peroueo-tibude
droite tabetique. Semaine med. XIV. 66. p. 537. 1894.
(Rasch entstandene Geschwulst und Verwaohsniig
der Unterschenkelknochen mit dem Talus. DerMitielfoss
war frei.
Fournier hat einen gleichen Fall beobachtet)
121) Glorieux, Z., et A. Van Gehuchten,
Les arthropathies tab6ti<|ues. Un oas d'arthropatfaie dn
genou bilaterale et symetrique. Bevue neuroL UL 17.
p. 490. Sept. 1895.
122) Hui k e , J. W., A case of fhtcture of both bonee
of the leg, ocoasioned by a very slight cause in a woman
the subject of tabes dorsaUs. Med.-(£ir. Transact LXXVI.
p. 187. London 1893.
(34jähr. Frau, rechts früher Ulcus perforans uod
deswegen Ampntatio pedis, links Fraktur der Unter-
schenkelknochen. Nach 10 Wochen Heilung. 1 Tig
nach der Entlassung Bruch an der alten Stelle.)
123)Elemm, Faul, Ueber die Arthritis defoimaos
bei Tabes u. Syringomyelie. Deutsche Ztsohr. f. Ghir.
XXXIX. 3 u. 4. p. 281. 1894.
(Einige Fälle tabischer Arthropathie aus Berg-
mannes Klinik. Bei einem der Kr., einem Violinspieler,
bestand rechts Badialisl&hmung. Lange Erörterangeo
bekannter Dinge, in denen sehr viel von „pathologisch-
anatomischer Segründnng^^ die Rede ist)
124) Lepine, R, 2 cas anormaux d*arthropathia
tabetique de la hauche. Lyon med. LXXVUL p. 205. 211.
Fevr. 1895.
(Beide Male bestand einseitige Hüftgelenkerkrankimg*
Beide Male hatten Chirurgen in die Anschwellung ein-
geschnitten und war Synovia herausgeflossen : Zerreiasung
aer Oelenkkapsel.)
125) Lloyd, James Hendrik, Arthropathy in
general paresis. Repr. from the Philadelphia Hosp. Bep.
for 1892.
(Nach allgemeinen Auseinandersetzungen über ner-
vöse Oelenkleiden berichtet L. ausfährlioh fiber eine
Knieerkrankuni; bei Tabes-ParalTse. £s handelt» »ch
M ö b i u s , Neuere, Beobachtungen über die Tabes.
93
um dtfl Bild der hypertrophirenden tabisohen Gelenk-
erkraohmg. Die anatomisotie üntarsnchung ergab „un-
regelmiBsige^'EntartaDg der HintersträDge und des rech-
ten Seitenstran^.)
126)Marinesoo, G., Contribution k la pathogenie
d«8 arthropathies neuro-spinales. Revue neurol. n. 14.
1894.
127)Mathieu,Alb., FBeudolipomes sur un membre
ittaint d*arthropathie tabetique. Revue neuroL m. 15.
p. 450. 1895.
(An Elephantiasis erinnernde Anschwellung des
Beins bei tabischer Enieerkrankung; an der Aussenseite
des Oberschenkels 2 dicke Wülste.)
128)Muchin, N., Zur Frage über d. Zusammen-
hang zwischen d. tabischen Arthropathie u. d. Syphilis.
Ztschr. f. Nervenhkde. V. 3 u. 4. p. 255. 1894.
(M. theilt 2 Beobachtungen mit, bei der ersten
kommt Tsbes nicht in Frage, bei der 2. handelte es sich
um einen Tabeskranken, bei dem eine Anschwellung eines
Fnsseelenkes bestand ; diese verschwand nach einer spe-
cifisdben Eur.)
129) Noyes, William B., The diagnosis of Char-
oot- Joint New York med. Record XLIV. 24 ; June 16. 1894.
(Klinische und anatom. Beschreibung eines tabisohen
Knies, bez. Rückenmarks; allgemeine B^prechung.)
130)Nugent, Q. P. L., Gase of locomotor ataxy,
▼itk specimen of Charoof s disease. Dubl. Joum. 3. S.
(XnJOaV. p. 276. Oct 1894. — Lancetl. 4. p. 211. 1894.
(Fall von Enieerkrankung mit anatomischem Bericht.)
131) Pick, Fr., a) Ueber Tabes mit Meningitis,
\) Demonstration eines tabischen Rückenmarkes. Neurol.
Centr.-BL XIV. 21. p. 954. 1895.
(ad a) 29|jlihr. Mädchen mit Augenmuskellähmung
und hysterischen Symptomen, üeber Tabes ist der Mi^
theQiing nichts zu entnehmen.)
132) Rivington, W., Some cases of fracture of
long bones from elight causes in connection with tabes d.
etc. Med.-chir. Transaot LXXVI. p. 171. London 1893.
(L 51jähr.Mann, Bruch deschinugischenHumerus-
ludses. IL 4^ähr. Mann, Schenkelhalsbruch ohne Hei-
hmg. m. 59jfthr. Mann, Sohenkelhalsbruch ohne Hei-
hmg. IV. 55jähr. Frau, Bruch der rechten Unterschenkel-
hoohen in der Nähe des Eniegelenks. V. 46jähr. Frau,
Sehenkelbalsbmch.)
133) Scott, J. A., A case of locomotor ataxy with
(3ianx>t*g disease. Transact. of the R Acad. of Med. in
Inland XU. Dublin 1895.
134) Souques, A., et J. B. Charcot, 3 cas
d*arthropathie tabetique bilaterale et symetrique. Nouv.
Iconogr. de la Salp. VII. 4. p. 221. Juillet— Acut 1894.
(3 ausfohrliche Eraokengeschichten. Dinmal waren
Wide Schultern, zweimal beide Eniee betroffen.)
135) Syms. P., The arthropaUues of locomotor
ataxia. New York. med. Jouhl Jan. 19. 1895.
136) Waldo, Henry, A case of Charcot's Joint
diaease, with perforating uloer of the foot in a tabetio
patient Brit. med. Joum. Dec. 1. 1894.
(Der Inhalt entspricht der üeberschrift.)
137) Westphal,a) Fall von progress. Paralyse mit
tib. Gelenkerkrankun^n. — b) Fall von Tabes mit Pied
tabetique. Berl. klm. Wchnschr. XXXn. 36. p. 793. 1895.
138) W e s t p h a 1 , A., Ueber einen Fkll von tabischer
^eleokaffektion (pied tabetique) bei progressiver Para-
lyse. Gharite-Annalen XX. p. 652. 1895.
(Die 38jähr. Pat. war die Frau eines Tabeskranken.
Aaaser dem Tabesfusse bestanden Malum perforans und
Zahnans&ll.)
139) Willett, A., A case of Charoot's disease.
^biDsact of the clin. soc. of London XXVIU. p. 240. 1895.
(Erkrankung des rechten Hüftgelenkes.)
Harinesco (126) berichtet über den Befund
bei tabisdier Erkrankung beider Eniee. Die Vorder-
börner des Lendenmarkes waren ganz normal, die
Craralee aber und die Oelenknerven waren ent-
artet M. meint, man müsse sich die Sache so vor-
stellen, dass im normalen Zustande die Ernährung,
bez. die Blutversorgung der Gelenkflächen abhänge
von den oentripetaien Erregungen; fallen diese
weg, bei der tabischen oder gliomatSsen Anästhesie,
so leidet die Ernährung Noth, weil die reflektorische
Begelung des Blutzuflusses fehlt. Je nachdem
können atrophische oder hypertrophische Verände«
rungen eintreten. Geringe mechanische Einwir-
kungen reichen dann hin, um „trophische Störun-
gen^' hervorzurufen.
Eine ähnliche Auffassung vertritt Brissaud
(117) in einer Vorlesung über Arthropathien und
Störungen der Sensibilität bei Tabes. Auf die etwas
weitläufigen Erörterungen Br.'s Über Tabes sensitif,
bei der die der Gehirnrinde mddenden Fasern
leiden, und Tabes moteur, bei der nur die auf-
steigenden Theile des Beflexbogens leiden, kann
hier nicht eingegangen werden. Br. meint, die Er-
nährung der Gewebe sei ein reflektorischer Vorgang,
sie leide, wenn die centripetalen Fasern entarten.
Schoonheid (180) faest seine Erwägungen
dahin zusammen, dass bei Operationen wegen tabi-
scher Arthropathie eine schlechte Heilung der
Weichtheile nicht zu erwarten sei, dass man trotz-
dem so lange wie möglich abwarten solle, dass die
Resektion an den Beinen zu verwerfen sei, dass als
blutige Operation allein die Amputation zu em-
pfehlen sei. Die Casuistik Sch.'s enthält 2 Be-
obachtungen Eorteweg^s (l.Reeektiondesfi^nies
wegen wiederholten Eniescheibenbruches, dann
Amputatio femoris bei Tabes, 2) Amputation nach
Syme bei Tabesfuss).
e) Sinnesorgane.
140) A s c h e rl , Zwei FäUe von reoidivirender Augen-
muskelUüimung bei Tabes dorsalis. Inaug. -Dias. Er-
langen 1895.
141) Berg er, E., Des troables de la sensibilite du
Slobe oculaire et de ses annexes dansTatazielocomotrice.
[ed. moderne 1894. Nr. 93. Bef. in Bevue neurol. U.
24. p. 721. 1894.
(5 Fälle von H^pästhesie der Hornhaut, bez. der
Bindehaut und der Liaer.)
142) Bernhardt, M., Ueber d. Vorkommen von
Neuritis optica bei Tabes. Berl. klin. Wchnschr. XXXH.
28. 1895.
143) Brunner, W. E., The ooular Symptoms of
locomotor atazia. Med. News LXVH. 5. 1895. (Ueber-
sicht. Nichts Neues.)
144) Gellet, J., Gontribution iretudepathogenique
des troubles anditife du tabes. Progres med. 2. S. XX.
49. 1894.
145)Oal6zow8ki, Atrophie ataxique de la papille
(d'origine syphilitique). Bull, de Med. Nr. 34. 1895.
146) Ouillery, Latente Augenmuskellähmungen
bei Tabes. Elin. Moo.-Bl. f. Augenhkde. XXXI. Beil.
p. 174. 1893. — Arch. f. Augenhkde. XXIX. p. 361. 1894.
147) Hang, Die Erankheiten d. Ohres in ihrer Be-
ziehungzu d. Allgemeinerkrankungen. Wien u. Leipzig
1893. ürban u. Schwarzenberg. p. 205. (Vgl. Jahrbb.
CCXLVin.jp. 272.)
148) Jenart, D., Etüde cliniquesurlesphenomenes
ocnlaires du tabes. These de Paris 1894.
(Uebersioht. Neu sind nur 6 Beobachtungen von
AugenmuskelUhmungen bei Tabes.)
94
Höbius, Neuere Beobachtnngen über die Tabes.
149) Marina, AL, üeber multiple Angeomoskel-
läh mannen n. ihre Beziehungen u. b. w. Wien 1896.
F. Deubcke. p. 185.
(Besprechung der tabisohen Augenmuskellähmungen ;
mit eigenen Beobachtungen und einem Sektionsbefunde.)
150) Neero, Crises olfactives ohez un tabetique.
Gaz. med. di Torino 1894. Bef. in Bevue neurol. II. 14.
p. 418. 1894.
(Anfälle von Hyperosmie bei einem Tabeskranken,
der Speisen und aromatische Oeruche auf mehrere Meter
hin roch. Dabei keine Penrersion der Empfindung und
normale Empfindlichkeit der Nasenschleimhaut)
151) Oppenheim, H. , Bemerkung. Berl. klin.
Wchnschr. XXXII. 30. 1895.
(0. bemerkt in Hinsicht auf Bernhardt 's Arbeit
(142), dass er schon früher auf die nicht allzuseltene Ver-
bindung der Tabes mit syphilitischer Neuritis N. optici
hingewiesen habe.)
152) P a n a 8 , Des paralysies oculaires d'origine tabe-
tique. Presse m^. Mai 4. 1895.
153) T e r s 0 n , A., Du larmoiement tabetique. Gaz.
de Par. 33. 1894.
154) Wagen mann, A., Schwund markhaltiger
Nervenfisaeni in der Betina in Folge von genuiner Seh-
nervenatrophie bei Tabes dorsalis. Arch. f. Ophthalm.
XL. 4. p. 256. 1894.
Sn Tabeskranker hatte im linken Auge einen am
irande beginnenden Sektor markhaltiger Nerven-
fasern. Während der Beobachtung schwand dieses Bündel.
Da trotz des Schwundes nicht Blindheit an der betrof-
fenen Stelle bestand, nimmt W. an, dass der Markschwund
nicht Folge der Zerstörung der Achsencylinder im Opticus
sei , dass vielmehr die Ketinafasem primär erkranken
können.)
Vgl. auch einzelne Mittheilungen über tabische Augen-
muskeUähmungen, über reflektorische Pupillenstarre u. A.
in den Berichten „über verschiedene Augenmuskelstörun-
gen** (Jahrbb. CCXLVin. p. 128 u. früher).
G n i 1 1 e r y (146) fand, dass bei manchen Tabes-
kranken, bei denen durch die gewöhnlichen Mittel
(auch das rothe Olas) kein Doppeltsehen nachzu-
weisen ist, doch eine Schwäche einzelner Seitwärts-
wender besteht. Er bediente sich der YonMaddox
zur Diagnose der sogen. Heterophorie angegebenen
Methode. Es wird dabei für das eine Auge durch
einen wagerecht vorgehaltenen Qlasstab ein Zer-
streuungsbild der Flamme hervorgerufen und der
Untersuchte hat anzugeben, ob das Flammenbild
des anderen Auges sich von dem senkrechten
Streifen, in den das Bild des einen ausgezogen
worden ist, entfernt. 0. theilt einige Kranken-
geschichten zum Beispiele mit, er sagt aber nicht,
bei wie vielen der untersuchten Tabeskranken die
„latenten AugenmuskelstQrungen" gefundeh wor-
den sind.
Ganz auffallende Angaben machtMarina(149).
Er beobachtete bei 75 von 150 Tabeskranken
„Pupillenstarre", bei nur 45 „reflektorische Pupillen-
starre" und er iinindert sich selbst darüber. Das
kann doch nur an der Art der Untersuchung liegen.
Myosis fand M. bei 56 Er., Mydriasis bei 10,
Pupillendifferenz bei 50, Augenmuskellähmungen
bei 26, isolirte Ptosis bei 1 6, Opticusatrophie bei 1 9.
Die anatomische Beobachtung M.'8 ist folgende.
Ein 38jähr. Sänger war mit Augenschmerzen,
Mydriasis, Ptosis in die Tabes eingetreten, hatte dann
Xehlkopfkrisen [Lokalisation durch die Funktion?] und
andere Tabessymptome bekommen. M. fand Lähmung
beider Abduoentes, des ganzen linken OculomotoiiDf,
Mydriasis rechts und Pupiilenstarre beiderseits. Naek
einigen Jahren wurde der Kr. unter heftigem Kopfechmen
plötzlich bewuBstlos, verfiel dann rasch, konnte nicht
mehr gehen, delirirte oft; und starb nach einigen Monaten.
Man fand stai^es Atherom der Himarterien, eisen
alten Blutherd im Kleinhirn. links waren Oculomotoriu-
kern und Trochleariskem zellenärmer als rechts und ne
enthielten viele entartete Zellen. Die Erkrankung nahm
von hinten nach vom an Stärke ab. Die Fasern zwischen
den Zellen und die Wurzelfasem waren links stark atro-
phisch. Stärker noch schien die Entartung des linken
Oculomotoriusstammes zu sein. Erkrankt waren aach
die Acusticnskeme und Yaguskeme, sowie die entspre-
chenden Nerven. Dagegen fand M. Abduoenskem und
-Nerv normal, er meint, es werde wohl Degeneration der
nicht untersuchten ganz peiipherischen Theile bestanden
haben.
M. theilt auch eine Reihe von klinischen Be-
obachtungen mit, doch stellte sich in ihnen die
tabische Ophthalmoplegie nicht anders als sonst
dar. Uebrigens sind in M.'6 ganzem Buche Bei-
spiele tabisoher Augenmuskellfthmung verstreut:
Es geh(Srt eben mehr zur Tabes, als man gewöhn-
lich annimmt und die grosse Mehrzahl aller Augen-
muskellAhmungen ist tabisch.
M. erzählt ein hfibschea Beispiel von „Syphilis
occulte".
£Sne lediee Tabeskranke leugnete jedes LiebesverhilU
niss. Eines Tftges erkundigte sich ein „Cousin* der Kr.
nach ihr. M. nmd bei ihm beginnende Tabes und non
gestand der Mann sowohl seine Syphilis, als sein Liebes-
verhältniss mit der Patientin.
Bernhardt (142) fand 1890 bei einer syphi-
litisch gewesenen Frau ausser verschiedenen Tabes-
Symptomen Neuritis N. optici, heftige Kopf-
schmerzen, Schwindel und Erbrechen. Diese Er*
scheinungen gingen durch Jodkalium zurück. 1 895
bestand gewöhnliche Tabes, der Augenhintergrund
war normal. Auf Gfrund dieser Beobachtung be-
tont B., dass man auch bei Tabeskranken Neuritifl
N. optici beobachten könne, was er Mher be-
zweifelt hatte; er erklftrt aber mit Recht seinen
Fall als eine vorübergehende Gombination terti&rer
Syphilis mit Metasyphilis.
J. Celle t (144) hat das Gehör von 51 Tabes-
kranken untersucht und bei fast allen Gehörstörun-
gen gefunden. Meist handelte es sich um Erknn«
kungen des Mittelohrs. In 16 der fraglichen mie
bestanden Trigeminussymptome : Schmerzen, Ftf -
ftsthesien, Anftsthesie, ZahnausfalL Zuweilen (8mal)
betrafen diese und die Schwerhörigkeit vorwiegend
oder nur eine, und zwar dieselbe Seite. Yf. theilt
mehrere Krankengeschichten als Beispiele mit. Er
zieht aus diesen Beobachtungen den Schluss, dsss
da, wo der Ohrbefund nicht für eine primSre Er-
krankung des Acusticus spricht, die Gehörstörung
durch Vermittelung des Trigeminus entstehen
könne, indem dieser trophische Störungen des
Mittelohres hervorrufe.
Diagnostisches.
155) Ausset, E., Du pseudo-tabes neurastheniqne.
Gaz. hebd. XLL40.1894. (Recht unndthigeAuseinsnder-
setzungen.)
U^SbiuB, Neuere Beobachtungen Aber die Tabes.
95
166) D 6 } e r i n e , J., TTn nonyean cas de nervo-tabes
peripherique. Bevue deMed. XY.4. p.355.1895. (Diph-
therie-Neuritis.)
157)Doumer, £., Diagnostic du tabes dorsalis.
Nord med. I. 3. 1894. (Nichts Neues.)
158) Gilbert, W. H. , Pseudotabes mercurialis.
Deutsche med. Wchnschr. XX. 44. 1894. (Fall voq
Saofer-Neuritis.)
159) Grube, Karl, Tabes oder Diabetes mellitus ?
NeoroL Centr.-Bl. XIV. 1. 1895.
160) Becker, Jacob, üeber eisen Fall von Com-
plikation von Tabes dorsalis mit multipler Sklerose.
Inang.-Diss. [Bonn] Düren 1894. Aktien- Ges. t Ztg.-Verl.
n. Druck. 8. 38 & 80 Pf.
(Ausser dem Bilde der Tabes waren bei dem Kr. H.*8
YorhADden: Nystagmus, Intentionzittem , auffallende
M uskelschwäche. H. reproducirt eine ähnliche Beobach-
tung WestphaPs, der bei der Untersuchung des Rücken-
Diarkee ausser der Entartung der Hinterstränge unregel-.
massige multiple Herde fand.)
161) Higier, H., Hysterie als Simulation u. Com-
bination d. Tabes dorsalis. Wien. klin. Wchnschr. YIU.
1. 2. 3. 5. 1895.
(I. unklarer Fall. Hysterie und Fehlen des Knie-
phäDomens bei einem 15jähr. Mädchen. 11. Astasie- Abasie
und choreatische Bewegungen bei einem Tabeskranken.)
162)Leyi, Leopold, D*un cas de syringomyelie
avec aigne d^ArgyU Robertson, Gaz. des Hop. 60. 1895.
163) Marechal, ün cas de polynevrite pseudo-
tabetique. Presse med. XLVII. 8. 1895. (Alkohol-Neu-
ritis.)
164) Nolda, A., Neurotabes alcoholica oder syphi-
litica oder mercurialis? Neurol. Centr.-Bl. XIV. 5. 1895.
(E^rterungen über einen Fall von Alkohol-Neuritis,
der in der Deutschen med. "Wchnschr. XX. 44. 1894 als
Pseudotabes mercurialis beschrieben worden war.)
165) P41, Multiple Neuritis u. Tabes. Neurol.
Oentr.-Bl. XUI. 20. p. 740. 1894.
166)Petrini, ün cas de Pseudotabes dorsal (par
polynevrite peripherique) d'origine syphilitique, avec
ramollissement du renflement cervico-dorsal delamoelle.
Ifercredi med. 15. 1894. (Nicht ganz klarer Fall, sicher
keine Tabes.)
167) Rouffilange, Alexandre Henrv, Ck)ntri-
bution i Tetude des associations du tabes et de rhysterie.
These. Paris 1894. G. Steinheil. 4. 45 pp. lMk.40Pf.
(Eine eigene Beobachtung von Tabes bei einer Hj'^ste-
rischen. Eine Anzahl Krankengeschichten aus der Lite-
ratur.)
168) Ruhemann, Konrad, Ein Fall von Pseudo-
tabes mit Arthropathia genu sinistri. Deutsche med.
WcfaBSchr. XX. 44. 1894.
(Soweit es nach den Angaben zu beurtheilen ist, be-
stand wirkliche Tabes.)
169) Schlesinger, H., üeber Hinterstrangver-
änderungen bei Syringomyelie. Arb. aus d. Inst. f. Anat.
u. Physiol. d. Centnunervensystems an d. Wiener Uni-
veiBitiit Heft 3. 1895.
(Enthalt einen Fall von Tabes mit Syringomyelie.
Vf. bespricht ausführlich die Beziehungen beider Krank-
heüen.)
170) Weisz, Eduard. Ein Fall von Pseudotabes.
Win. med. Wchnschr. XLIV. 37. 38. 1894. (Wahr-
scheinlich Alkoholneuritis.)
E. Grube (159) theilt 3 Beobachtungen mit,
in denen die Diagnose zwischen Tabes und Diabetes
geschwankt hatte.
Im 1. Falle handelte es sich um einen 64jähr., nicht
mhilitisehan Mann, bei dem ausser Olykosurie und
Furunkulose Schmerzen der Beine, Fehlen des Knie-
phinomens und „Steppage^^ beobachtet wurden. Die
Papillen waren eng, im Sommer 1893 reagirten sie weder
linf licht, noch M Acoommodation, im Sommer 1894
reagirten sie deutlich. Die Neuritissympiolne waren
1893 fast ganz verschwunden.
Im 2. Falle oestand schwerer Diabetes bei einem
39jähr. Manne. Das Kniephänomen war gesteigert. Im
Winter 1893—94 trat Sehstörung ein, Amblyopie und
centrales Skotom bei Roth und Grün. Im Sommer 1894
reagirten die mittel weiten Pupillen weder auf Licht, noch
bei Acoommodation. Bald darauf starb der Kr. im Koma.
Der 3. &. war ein 61jähr.Mann, der erst vor einigen
Jahren syphilitisch geworden war, seit 2 — 3 Jahren an
Schwäche der Beine, Ischias, lanzinirenden Schmerzen
litt. 6.27<^/o Zucker im Harn, Ungleichheit der Pupillen,
,,PupilIenstarre^\ Ataxie, „Steppage^^, Peronäuslähmung,
Blasenstörung.
Im 1. und 2. Falle nimmt Yf. Diabetes, im
3. Tabes und Diabetes mit Neuritis an. Durch den
2. Fall sucht er darzuthun, dass „Pupülenstarre^'
auch bei Diabetes vorkommen könne. [Jedoch ist
das Charakteristische bei Tabes, dass die licht-
starren Pupillen sich bei Convergenz verengen und
dieses Symptom kommt bei Diabetes nicht vor.]
Therapeutisches.
171) Bechterew, W. von. Die Bedeutung der
JVenJbe/'sohen Methode bei der Behandlung von Tabes
dorsalis (nach Beobachtungen von P. OstaiScow). Neu-
rol. Centr.-Bl. XIU. 18. 1894.
(B. hat sehr gute Erfolge erzielt. Durch die metho-
dischen Bewegungen wurde die Ataxie vermindert, das
Muskelgefühl gesteigert.)
172)Berillon, Action complementaire de la Sug-
gestion hypnotique dans le traitement de l'ataxie locomo-
trioe. Semaine med. XV. 40. p. 346. 1895.
(B. betont, dass den Tabeskranken durch die hypno-
tische Suggestion vielfach genützt werden kann.)
173)Blondel,R., I^tement des donleurs fulgu-
rantes de Tataxie locomotrice ; un cas de guerison main-
tenant depuis deux ans. Bull, de Thor. C^V. 10. Mai 25.
1895.
(B. rieth einem Kr. mit besinnender Tabes und hef-
tigen Schmerzen, Abends für 5 Min. die Kniee möglichst
dem Ejnne zu nähern und mit einem Bande um Nacken
und Kniekehlen nachzuhelfen. Die Schmerzen verschwan-
den bald und kehrten nicht wieder.)
174) Chevallereau, A., Gu6rison operatoire de
Fophthalmoplegie tabetique persistante. Transact of the
VUI. intern, ophth. Congr. held in Edinburgh p. 295. 1895.
175) Chip au It, A., Les arthropathies trophiques
au point de vue chirurgical. Nouv. Iconogr. de la Salp.
Vn. 3. p. 299. 1894.
176)Frenkel, Die Behandlung d. Ataxie d. obern
Extremitäten. Ztschr. f. klin. Med. X^VIU. 1 u. 2. p. 66.
1895.
(Die Ataxie der Arme soll auch durch zweckmässige
regelmässige üebungen bekämpft werden. Apparate.)
177) G rigorosen, G., Augmentation de La vitesse
des impressions sensitives dans la moelle epiniere chez
les ataxiques sous l'influence du liquide testiculaire. Arch.
de Physiol. 5. S. VI. 2. p. 412. Avril 1894.
(Die Behandlung der Tabeskranken mitMeerschwein-
chenhodensaft vermag die Verzögerung der Empfindung
ebenso wie die Anästhesie zu beseitigen.)
178)Laborde, Simon, Du traitement electrique
du tabes. These de Bordeaux 1894.
(Historische Erörterungen. Krankengeschichten. Die
galvanische Behandlung könne die Schmerzen, die GUeder-
schwäohe, die Augenstörungen bessern, die faradische
Behandlung sei contraindicirt)
179) Kosenbaum, Georg, üeber d. subcutane
Injektion d. Aethylendiamin-Silberphosphats (Argentamin
£. Schering) b. Tabikern. Deutsche med. Wchnschr.
XX. 31. 1894.
(Die Ii^jektionen sind sehr schmerzhaft, bewirken
96
Krause, üebersicht der Eenntnisse vom Bau der Betina.
Nekrose der Haut, Absoesse. Es trat keine BesseniDg
in dem Befinden des Er. ein.)
180) Sohoonheid, P. H., Die Besoltate der chir-
urgischen Behandlang nearopathisoher Gelenkaffektionen.
Inaug.-Diss. Heidell^rg u. Frankfurt a. M. 1894.
181) Schuster, Bemerkungen zur Behandlung d.
Tabes dorsalis. Dermatol. Ztschr. 11. 1. p. 46. 1895.
(Berichtet über seine Erfahrungen in Aachen und
empfiehlt vorsichtige antisyphilitische Behandlung der
Tabes. Er verordnet von Zeit zu Zeit Schmierkuren und
lüsst ausserdem lange kleine Dosen von Sublimat mit
Arsen und Strychnin nehmen.)
182) Verrier. £., De la reeducation des musdes
dans Tataxie des membres snperieurs. Progres med. 3. S.
n. 37. 1895.
(V. beschreibt xmd empfiehlt die Behandlung der
Ataxie nach F r e n k e 1 , theilt Modifikationen u. Kunst-
griffe mit)
183) Weber, L., Der gegenwärtige Stand der Be-
handlung d. chron. Bückenmarkskrankheiten, namentlich
d. Tabes u. d. Neurasthenie. Med. Post II. 14. 1894.
184)10V'erbitzky,M., Ueber d. Wirkung d. Sper-
mins b. Tabes dorsalis. Rnss. Med. 29. 30. — Petenb.
med. Wchnschr. Buss. med. lit 9.
185) Willard, De Forest, Antero-lateral scle-
rosis; posterior sclerosis ; pathology and treatment of
locomotor atazia by Suspension and by apparatns. Med.
News LXV. 21. p. 571. Nov. 1894.
186) Witkowski, A., Der galvanische Pinsel.
Die Behandlung der Impotenz, Ischias u. Tabes dorsalis.
Deutsche med. Wchnschr. XX. 40. 1894.
(W. empfiehlt die Anwendung des galvanischen Pin-
sels gegen die Blasenstörungen und die Anästhesie der
Tabesknnken. Er pinselt in jenem Falle die Lenden-
geffend, in diesem die Beine imd hat natürüoh sehr gnto
Molge.)
IL Uebendolit der Kenntnisse vom Bau der Retina
im Jahre 1896.
Yon Prof. W. Krause in Berlin.
Seit dem früheren Bericht (s. Jahrbb. CXXXIX.
p. 145) sind einige nicht unbedeutende Fortschritte
in der Kenntniss vom Bau der Betina gemacht
worden; über die wichtigsten soll hier im Zu-
sammenhange referirt werden.
In den Naturwissenschaften sind die grosseren
Fortschritte fast immer von der YerbeBserang der
Hülfsmittel abhängig. Dem entsprechend hat man
in der mikroskopischen Erkenntniss der Retina drei
Perioden unterschieden. Nach der von Heinrich
Hüller (i)*) und KOlliker zuerst, und zwar
schon 1851 angewendeten Säure kann man die
erste Periode die Chromeäure-Periode nennen. Bei
dieser üntersuchungsmethode ist interessant, dass
die heute noch gebräuchliche H. M ü 1 1 e r 'sehe Ein-
theilung der Retina von der Nomenclatur-Com-
mission der anatomischen Gesellschaft mit grosser
Majorität angenommen worden ist. Bekanntlich hat
diese, aus 15 ausgezeichneten Anatomen vieler
Länder zusammengesetzte Commission nachträglich
beschlossen, aus der in Basel im April 1895 an-
genommenen anatomischen Terminologie die mehr
histologischen Dinge, unter Anderem auch die
Schichten der Retina, auszuscheiden. Immerhin
bietet eine solche Abstimmung ein wichtiges Moment
in demDrtheil über die Vorzüge der verschiedenen
Eintheilungen und so viele und mannigfaltige deren
schon für die Retina aufgestellt worden sind, sosoll
doch im Folgenden an der alten Eintheilung fest-
gehalten werden. Sie hat den Vorzug, keinerlei
Theorie über den Zusammenhang der Retina-Ele-
mente unter einander auszudrücken, und lautet wie
man weiss :
^) Die Gurgiv gedruckten Ziffern beziehen sich auf
das Literaturverzeichniss am Schlosse des Aufsatzes.
Stäbohen-Zapfenschicht
Aeussere Kömerschicht
Aeussere granuhrte Schicht
Innere Kömerschicht
Innere granuhrte Schicht
Ganc^enzelienschioht
Nervenfasarschicht
Dazu kommen dann noch die Membrana limi-
tans externa und die interna.
Die zweite Periode ist 1866 von Max
Schultze {2) durch die Einführung der Ueber-
osmiumsäure in die histologische Technik inanga-
rirt worden. Wir wollen sie die Osmium-Periodt
nennen.
Die dritte Periode ist die des Silberchromates
und Methylenblau. Die Sache ist nicht so zu V6^
stehen, als würden nun jetzt die neueren Methoden
ausschliesslich gebraucht Für viele Zwecke, auch
bei der Retina, leisten heute noch die Chromsäure und
die Ueberosmiumsäure Vorzügliches. Nur liegt der
Schwerpunkt der neuen Auffassungen und des Fort-
schrittes der Untersuchungen nicht mehr bei jenen
früher fast allein benutzten Säuren. Das Silber-
chromat als Niederschlag im Gewebe zu benutze,
lehrte zuerst Oolgi, nachher knüpft sich für die
Retina seine Anwendung hauptsächlich an den
Namen Ramön y Cajal, wie die des Methylen-
blau an A. D o g i e l. Keineswegs soll damit gesagt
sein, dass nicht schon Andere die fraglichen Sub-
stanzen hier und da auf die Retina angewendet
hätten, so z.B. Tartuferi (1887,<9)die Golgi'-
sche Methoda Aber die ausgedehnte und conse-
quente Anwendung ist doch den früher genannten
Autoren zuzuschreiben; immerhin mag es, am
Prioritätsfragen aus dem Wege zu gehen, besser sein,
sachliche den persönlichen Benennungen vorzu-
ziehen, und iolgUohyouder Siiberchrof?ud'MBikiflah'
Krause, üebersicht der Eenntnisse vom Bau der Betina.
97
Vmipiriode zu reden, in der wir uns heute gerade
befinden.
Beide Methoden, und zwar jede fdr sich, haben
nun zu dem ersten der überraschenden Resultate
gefQhrt, von denen die viel untersuchte Retina schon
so manches Beispiel geliefert hat.
Seit Waldeyer (47) bezeichnen wir gewöhn-
lich als Neuronen die specifischen, elementaren
Einheiten im Nervensystem. Sie sind in anato-
mificher, wie in physiologischer Hinsicht von gleich
hoher Bedeutung.
iän Neuron besteht aus einer Oanglienzelle,
nebst Kern und deren Fortsätzen. Einer, der
Aohsenoylinderfortsatz, derNeurit (Raub er) oder
das Jxony kann eine relativ enorme Lange er-
reichen, verläuft getheilt oderungetheilt, z.B. vom
Lnmbalmark bis zur Fussspitze und endigt häufig,
nach kurzem oder längerem Verlaufe, mit Entl-
häumcken oder Telodendrien (R a u b e r). Der ein-
fachste Fall sind die Yerästelungen der Terminal-
fasern in der Substanz einer motorischen Endplatte
an den quergestreiften Muskelfasern der Säuger.
Manchmal, aber nicht immer, geben die Axonen in
rechtem Winkel sich abzweigende Seitenästchen,
Coüateralen von Ramön y Cajal, ab. Die an-
deren Fortsätze der Oanglienzelle, die Protoplasma-
fortsatze von Max Schnitze, nennt man nach
His jetzt Dendriten', sie werden auch schliesslich
haomförmig wenn man will, sind aber nicht mit
jenen Endbäumchen frei aufhörender Axonen zu
Terwechseln. Häufig ist jedoch der Fall, dass die
Dendriten von Endbäumchen firei aufhörender
Axonen umsponnen werden.
Die in morphologischer, wie in physiologischer
Hinsicht wichtigste Frage, die schon zu sehr vielen
Untersuchungen Anlass gegeben hat, ist: wie
endigen die Dendriten? Liange Zeit, seit J. 0 er-
lach (1870), liess man sie in der Neuroglia ein
Netz feinster Anastomosen bilden und für die innere,
namentlich aber für die äussere granulirte Schicht
der Retina halten noch Einige an dieser Ansicht
fest Später zeigte O o 1 g i , dass davon keine Rede
sein könne: wenn man Silberchromat anwendet,
leig^ sich die Dendriten verhältnissmässig kurz,
aie bilden wohl korbähnliche Qefleohte, ihre Fort-
Atze anastomosiren aber nicht Oolgi sah sich
daher veranlaset, die früher sogen. Protoplasma-
fortsätze als eine Art von Saugwurzeln zu betrachten,
die der Oanglienzelle aus den Blutgefässen der
Keoroglia herstammenden Emährungsaft zuführen
teilten. Nansen, der bekannte Nordpolreisende,
hat sogar der Ganglienzelle selbst eine nur ernäh-
Toade Funktion zugesprochen.
An der frden Endigung der Dendritenfortsätze
^ der Endbäumchen, halten die neueren Beob-
achter fest ; anstatt der Saugwurzeltheorie wurde
nnn aber eine ganz neue Vorstellung daran ge-
büpft, die von Nervenieitung durch Contiguität.
Die Natur mag sich gleichsam noch so viel Mühe
gegeben haben, eine continuirliche isolirte Tele-
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 1.
graphenleitung vom Lendenmark bis zum Fusse
herzustellen ; wenn man die Dendriten und End-
bäumchen frei aufhören lässt, so ist keine andere
Verbindung mit dem Protoplasma der Ganglien«
Zellen vorhanden, als durch Contiguität.
Als erste neue Besonderheit im Bau der Retina
ist es zu Folge der Silberchromatmethode zu be-
zeichnen, dass sie sowohl wie die Methylenblau-
Methode, für die Retina eine Ausnahme von der
Regel aufzeigt, nämlich Anastomoeen von Den-
dritenfortsätzen verschiedener Ganglienzellen. Do-
giel hat dies an echten Ganglienzellen mit Me-
thylenblau demonstrirt und, wenn auch B o u i n (4)
meinte, dass die Methylenblau- Anastomosen den
Immersionslinsen nicht Stand hielten, so thun dieses
jedenfalls die Silberchromat-Anastomosen (5). Sie
wurden mit der von Cox (^ etwas modificirten
Golgi 'sehen Methode dargestellt Durch Silber-
chromat färben sich aus unbekannten Gründen
immer nur einzelne, nicht alle benachbarten Gang-
lienzellen, was die Untersuchung in ungeahnter
Weise erleichtert oder erst ermöglicht (v. Kupf-
f er, 1894). Junge Thiere sind zur Untersuchung
vorzuziehen und beim Kalbe wurden Anastomosen
von Dendritenfortsätzen der Ganglienzellen nach-
gewiesen, die fast 0.5 mm, also um eine mikrosko-
pisch enorme Distanz (5), in derselben Retinaebene
von einander entfernt lagen. Sie verhielten sich
mithin anders, als die von Corti (7) schon 1854
aus der Retina des Elephanten abgebildeten Ana-
stomosen, denn letztere betrafen wahrscheinlich
nicht Ganglienzellen, sondern Spongioblasten, d. h.
die am meisten glaskörperwärts gelegenen Zellen
der inneren Eömerschicht. Auch die von H. M ü 1 -
1er (8) geschilderten Anastomosen beziehen sich
unzweifelhaft auf Zellen der letztgenannten Schicht,
die freilich Manche ebenfalls für Nervenzellen halten
(s. unten).
Es kommt nun darauf an, vorausgesetzt, dass
die den Physikern vermuthlich etwas bedenklich
vorkommende Theorie von Nervenleitung durch
Contiguität erwiesen wäre, zu erklären, warum in
der Retina eine Ausnahme stattzufinden scheint
In der Grosshimrinde kennen wir seit Meynert
AssocicUionsfasem, nämlich solche Achsencylinder,
die aus der weissen Markmasse eines Gyrus central«
wärts verlaufend umbiegen, um in einem benach-
barten Gyrus wieder nach der Peripherie des letz-
teren sich zu begeben. Ob sie daselbst in der
grauen Substanz als Achsencylinderfortsätze einer
Pyramidenzelle ihr Ende erreichen, ist zur Zeit
zweifelhaft; man sieht aber, dass in diesem Falle
die Anastomosen von Ganglienzellen der Retina
morphologisch wie physiologisch als relativ sehr
kurze Associationsfasern betrachtet werden dürfen.
Denn die Retina ist ihrer Entwickelung nach ein
Oehirntheil.
Die «t4»tto Sonderbarkeit ergiebt sich nicht nur
mittels der Silberchromat- oder Methylenblau-^
methode, sondern ist eben so wohl an Chrom- oder
13
98
Eranse, üebersicht der E^ntnisBO ^om Baa der BetiiuL
Osmiumprftparaten nachzuweisen. Es giebt näm*
lieh, und zwar in ziemlich regelmässigen Abständen
von einander, RiesenffangUenxeüen in der Betina.
Sie sind Yon Ramön y Cajal (9) beim Frosch
als gigantische (giganteske) Zellen bezeichnet, sie
finden sich auch bei der Eatze {10) und beim Leo-
parden (11) und später (12) wurden sie bei vielen
Säugern nachgewiesen, bisher nämlich beim Affen
(Ceroopithecus sabaeus), beim Hunde, bei Hyanea
istriata, beim Igel, Maulwurf, Hasen, Kaninchen,
Kalbe, Schafe, Schweine und beim Menschen (12),
Nicht minder wurden sie bei Yögeln, spedeU beim
Sperling (15)^ beim Huhn (13)^ bei der Ente, beim
Beiher (14) und beiBeptilien(Lacertaagilis, 9) auf-
gefunden. Für die Wirbelthiere überhaupt hatte
schon Tartuf eri (16) grosse und kleine Ganglien-
zellen unterschieden; die Dendriten der ersteren
lassen sich durch die ganze innere Kömerschicht
verfolgen.
Zunächst geht hieraus hervor, dass die im
grössten Theile der Retina, in der hinteren Hälfte,
scheinbar so gleichmässige Struktur der Retina dies
keineswegs ist Ob die GrOsse dieser aufibllenden
Zellen etwa mit Beziehungen zu den Zapfen, oder
mit den Empfindungskreisen der Retina, woran man
denken konnte, zusammenhängt, ist noch nicht auf-
geklärt; sicher ist aber so viel, dass eine relativ
zu ihren Nachbarn riesenmässige GrOsse einzelner
Zellen sich auch für solche der inneren KOmer-
schicht nachweisen lässt und nicht selten, wenn
auch nicht immer, liegen solche gerade in derselben
zur Ebene der Retina senkrechten Linie mit einer
Riesenganglienzelle, correspondiren also mit letz-
teren Zellen. Nicht nur in der der inneren granu-
lirten Schicht zunächst benachbarten Reihe von
inneren Kümem, d. h. unter den sogen. Jäesen-
spangioblixsten (12) giebt es solche sehr grosse Zellen,
sondern letztere finden sich, scheinbar regellos ein-
gesprengt, in verschiedenen Lagen der inneren
KOmerschicht, bis dicht an die innere granulirte
Schicht Solche grosse Zellen sind bisher nach-
gewiesen für den Elephanten (11) und hier von
Oorti (7) wahrscheinlich (i2), wie oben gesagt, für
Ganglienzellen gehalten. Femer beim Leoparden
{ll)j beim Hunde, Schafe und Menschen (i2), aber
auch bei Yögeln und Reptilien, dem Bussard {14)
und bei der Eidechse (9).
Im Ganzen lässt sich also sagen, dass die Re-
tina gleichsam in Provinzen zerfallen muss, und
hiermit konnten die physiologischen Unterschiede,
die vom Hintergrund des Bulbus nach der Ora ser-
rata hin allmählich abnehmende Lokalisirungs-
fähigkeit und Farbenempfindlichkeit zusammen-
hängen. Bisher schob man das beim Menschen
auf veränderte Mengenverhältnisse zwischen Zapfen
und Stäbchen, es ist aber vollständig sicher, dass
dies VerhäUnisa sich gar nicht ändert, vielmehr vom
Rande der Macula lutea bis zur Ora serrata hin
constant bleibt
Sehr merkwürdig ist es, dass bei verschiedenen
Thieren, dem Elephanten, dem Maulwurf, detFbdop-
maus (12), hier und da in der inneren granulirtea
Schicht gleichsam versprengte, einzelne isolirte
Zellen vorkommen. Sie sehen meist aus wie
Ganglienzellen, mOgen aber auch sogen. Spongio-
blasten sein ; jedenfalls ist ihr Vorkommen gleich-
sam zufällig und ohne tiefere Bedeutung. Bei
der Eule (14) z. B. sehen sie mehr wie Wander-
zellen aus.
Drittens ist die Struktur der Aussenglieder in
der Zapfen- und Stäbchenschicht in ein neues lioht
getreten. Die gewöhnliche Vorstellung war die,
dass das Stäbchen oder namentlich der Zapfen eine
Art von cyUndrischem oder kegelförmigem Klumpen
sei, mit einer Art von Kern imLinem, also wesent-
lich eine Sehzelle. In dem Zellenprotoplasma lieas
man eine Opticusnervenfaser endigen — sie mochte
selbst zusehen wie sie dahin kam — und damit
war dann das Räthsel des Sehens wenn nicht ge-
löst, doch mit Geschick auf Empflndlidikeit des
Zellenprotoplasma gegen Licht zurückgeführt,
welche Empfindlichkeit ja sogar ganze Thiere
(Krebslarven, 17) zu bestimmen scheint. Aber die
Stäbchen und Zapfen sind keine Sehzellen, senden
ruhende Flimmerhaare. Sie sind homolog denjenigen
der Epithelzellen des Centralkanales des Rücken-
markes. Diesen Zellen entsprechen die äusseren
Körner, die letzteren selbst sind freilich nur den
Kernen homolog. Zu ihnen gehören aber dieStäb-
chenfasem und Zapfenfasem mit ihren glaskörpe^
wärts an die äussere granulirte Schicht anstoasen-
den Stäbchenfaserkegeln oderZapfenfaserkegehiand
den Ansätzen an die Membrana limitans exterai
Erst der ganze Complex repräsentirt die embryo-
nale EpithelzeUe, die genannte Membran ist eine
überall durchlöcherte Guticularbildung und aus
dieser ragen chorioidealwärts die Flimmerhaaren
homologen Stäbchen und Zapfen heraus. Trotz alier
mannigfaltigen Unterscheidung dieser in Aussen-
glieder und Innenglieder, Elüpsoide, Parabdoide,
Hyperboloide, und bei den Sauropsiden, femer bei
dem Känguruh und dem Schnabelthier (Omitho-
rhynchus), auch in Oeltropfen, die in den Innen-
gliedern eingebettet liegenxkndslsdioptriseheJfpth
rate betrachtet werden können, ist das Stäbchen
oder der Zapfen nichts weiter als einFlimmerbaar,
bez. (Doppelzapfen) eine Gruppe von solchen, die
einer Sehzelle aufgesetzt sind. Es darf dabei daran
erinnert werden, dass auch die gewöhnlichen
Flimmerhaare, wie sich bei Muscheln am Besten
erkennen lässt, in beträchtlichem Grade difierensirt
sind. Jedes Flimmerhaar hat nach E i m e r (1877),
Nussbaum und Engelmann (1880) ein
dickeres stäbchenförmiges, das Licht nicht doppelt
brechendes Fussstück, das sich als chromatophil,
farbenliebend erweist und durch Garmin, Indolin,
Methylgrün, Anilinblau, Pikrocarmin leicht zu
färben ist Ein schwächer lichtbrechendes, kunes
Zwischenstück verbindet den Bulbus des eigent-
lichen Flimmerhaares mit dem Fussstück. Die
Kraus e> üebersicht der Kenntnisse vom Bau der Retina.
9^
Cilien selbst oder ihr Schaft nebst spitzem Ende
Bind doppeltbrechend, sie färben sich nur mit Eosin
und sind sonst achromatophiL Die Fussstücke sind
offenbar den Innengliedem homolog, die Aussen-
glieder dem Schaftstüok einer Gilie. An der
Grenze zwischen Innenglied und Aussenglied be-
findet sich in ersterem das Stäbohen-Ellipsoid, bez.
Zapfenellipsoid, von mehr oder weniger länglich-
eUipsoidischer Gestalt Es ist stark chromatophil,
namentlich bei Anwendung von Carmin oder Hämat*
oxylin. M. Schnitze (15) nannte es Fadenapparat,
W. Müller (19) empfindilichen KOrper und yiel-
hch hat man darin eine Nervenfaser, die sogen.
Bitter'sche Faser, endigen lassen, die in der Achse
des Innengliedes verlaufen sollte. Sie haben sich
beim Huhn als dioptrische Körper, lange Hyper-
boloide herausgestellt
Was nun die Aussenglieder anlangt, so zeigen
sie, wie man seit 1840 durch Hannover weiss,
one Querstreifung nach Wasserzusatz, die durch
H. Schnitze als eine Zusammensetzung aus
Pllttohen, analog einer Oeldrolle, gedeutet worden
wt So sicher es ist, dass man durch die ver-
scbiedensten Hülfsmittel isolirte PlAttchen darzu-
stellen vermag, so erkennt man doch bei stärkerer
VergrOssemng, dass der ringförmige, das PlAttchen
an seiner Aussenseite umgebende Gontour nicht
ganz geschlossen ist Eine ganz andere Deutung
vermag diesen umstand zu erklären. Man muss
die Aassenglieder als grosse Cilien oder zusammen-
geklebte schlanke Bflschel von solchen betrachten,,
die den Flimmerhaaren des embryonalen Gentral-
bnales wie gesagt homolog sind. Nimmt man
die Dimensionen eines Froschstäbchens als örund-
lage an, so kann man sich ein tausendfach ver-
grössertes Aussenglied denken wie eine meterlange,
3 mm dicke spiralig gedrehte Locke von Frauen-
baar, oder wie mehrere solche von geringerem
Doitihmesser, die korkzieherförmig in einander ge-
dreht wären. Wird eine solche Locke durch Torsion
in der Sichtung ihrer Längsachse zu einem cylin-
diischen Wulst von 5 cm Länge oomprimirt und
ZQ^ch in eine glasshelle Orundsubstanz ein-
gebettet gedacht, so erhält man die relativen Dimen-
sionen eines Stäbchen-Aussengliedes vom Frosch.
IHeses würde also nichts weiter sein, als ein Büschel
M zahlreichen, ca. 1 mm langen, 0.0003 mm dicken
FUmmerhaaren, zusammengepresst auf 0.06 mm
Unge des ganzen Aussengliedes. Die Pressung hätte
man sich vorzustellen wie eine Hemmung der Er-
Btrecbmg der gegen die Pigmentschicht hin aus-
^achsenden Gilienbüschel durch eine vom Flimmer-
z^Donkörper ausgesonderte glashelle, aber zähe Sub-
s^B, in weldie die Gilien oder früher sogenannten
^'^^tttchen jedenfalls eingebettet liegen und welche
^^dsobstanz so viele Beobachter zur Annahme
ttner besonderen Hülle der Stäbchen- Aussenglieder
veranlasst hat, weil sie am Bande des Gylinders
«i Atbar hervortritt
Vit diesen Annahmen würden folgende That«
Sachen gut übereinstimmen. Die Aussenglieder
ändern durch Lichteinwirkung unzweifelhaft ihre
Form, sie sind aber nicht aktiv contraktiL Dagegen
sind dies die Innenglieder der Stäbchen und Zapfen,
was Engel mann (21) für die Taube und den
Frosch unzweifelhaft nachgewiesen hat unter
dem Einfluss des Lichtes contrahiren, im Dunkeln
verlängern sie sich. Die Differenz kommt allein
auf Bechnung des eigentlichen Innengliedes, weder
die Aussenglieder, noch die Zapfenellipsoide sind
dabei aktiv betheiligt ; die eigentliche, oontraktile
Masse desinnengliedkörpers ist daher als „Myoid^'
bezeichnet worden.
Die Bewegungsursache ist in einem durch das
Nervensystem, insofern Beflexe vom entgegen-
gesetzten Auge, sowie von der äusseren Haut, wenn
sie vom Licht bestrahlt werden, durch die reiiruh
molarischen Feuern des N. opticus vermittelt wer-
den, herbeigeführten Contraktionzustande des
eigentlichen Innengliedes zu suchen. Die Zapfen-
innenglieder können sich mithin sehr erheblich
verlängern, so dass sie fadenförmig erscheinen,
wenn die Frösche hinlänglich lange, mindestens
4 Stunden, im Dunkeln aufbewahrt werden. Die
Messungen in BetreflF der physiologisch, für die
Theorien über Farbenempflndung nicht unwichtigen
Dicke der Netzhautschichten bei verschiedenen
Thieren, können also nur dann als zuverlässig er-
achtet werden, wenn kein Aufenthalt im Dunkeln
vorherging.
Wenn nun die Innenglieder sich im Lichte con-
trahiren, so ist ihre Bückkehr zu dem verlängerten
Znstand im Dunkeln einer Elasticität der Aussen-
glieder zuzuschreiben, die sich als Gegenwirkung
gegen den im Dunkeln nachlassenden Zug der con-
traktilen Innenglieder darstellt, gerade wie einer
zusammengepressten Haarlocke eine solche Elasti-
cität innewohnen würde. Löst man durch Säuren
die heUe Zwischensubstanz des Aussengliedee, so
erscheint die Spiralstruktur der Locke nach Art
quer- oder schräglaufender Linien ; die Oberfläche
ist ebenfalls spiralig gestreift, wobei die Furchen
bekanntlich von den Pigmentfortsätzen in die spira-
lige Oberfläche eingegraben werden. Es ist voll-
kommen begreiflich, dass an der Cylinderperipherie,
wo die Drähte einer Drahtrolle scharf S-förmig um-
gebogen sein können, die Trennung am leichtesten
erfolgt, wenn einmal der Draht oder das ursprüng-
liche Flimmerhaar durch chemische Agentien
brüchig geworden ist, wie es die Aussenglieder
in 1 — 2proc. üeberosmiumsäure werden. Ein
solches Bruchstück einer Drahtrolle ist natürlicher
Weise eben so wenig vollständig ringförmig ge-
schlossen, wie ein sogen. Plättchen. Denn nicht
die Erscheinung der Plättchenstruktur wird zu be-
streiten sein, sondern nur ihre Präexistenz. Femer
würden sich jene spiraligen Drehungen erklären,
wenn sich die frischen Aussenglieder, nach Zusatz
von kaustischem Alkali, wie kleine Würmer durch
das Cteeichtsfeld schlängela, Sie zeigen dabei eine
100
Krause, Debersicht der Kenntnisse vom Bau der Retina.
homogene Beschaffenheit, insofern der unterschied
in den Brechungsindlces der Orund- und der Plätt-
chensubstanz ausgeglichen wird, nebenbei aber hier
und da eine feine L&ngsstreckung, entsprechend einer
zu supponirenden Längsstreckung des Flimmerhaar-
büschels. Aehnlich würde sich auch die radiäre
Zerklüftung auf der Flächenansicht isolirter Plätt-
ohen deuten lassen. Zuweilen sieht man in der
Längsansicht eines Stäbchens benachbarte schein-
bare Plättchen am Bande eines Aussengliedes in
einander umbiegen, entsprechend dem obigen Ver-
gleich mit einer Drahtrolle. Oefters zeigt sich
eine Berührung oder scheinbare Kreuzung benach-
barter Plättchen nahe der Längsachse des Aussen-
gliedes, so dass man den Eindruck erhält, als seien
die Büschel von Flimmerhaaren wie etwa zwei
Korkzieher in einander gewunden.
Alle diese Erscheinungen vermag die Piättchen-
theorie entweder gar nicht, oder nur durch be-
sonders zu diesem Zweck construirte Hülfshypo-
thesen zu erklären. In optischer Beziehung sind
natürlich die Umbiegungstellen am Rande der
Aussenglieder das Wesentliche. Hier erscheinen
nämlich, sowie auch am vergrösserten Modell, Punkt-
durchschnitte von glashellen Spiralfäden. Eine Rolle
aus Olas gegossener Thalerstücke oder ähnlich ge-
formter Plättchen kann aber niemals kleine Kreise
oder Punkte am Rande jedes Plättchens darbieten.
Für die ganze bisherige Auseinandersetzung war
die Frage nur von sekundärem Interesse, wie vid
Flimmerhaare wohl auf eine Sehzelle zu rechnen
seien. Aber in physiologischer Hinsicht könnte
sie von Interesse werden und, je nachdem man mit
Helmboltz drei oder mit Hering vier Farben
als Orundempfindungen annimmt, k(^nnte man in
den Aussengliedem drei oder vier Flimmerhaare
vermuthen, m(^gen das nun Nervenfasern sein oder
nicht
Beim Frosch sieht es allerdings so aus, das
Gleiche mag für Salamander und Tritonen gelten.
Anders stellte sich unerwarteter Weise die Sache
bei den Haifischen (5). Mit Hülfe der neuerdings
vielfach benutzten lOproc. Lysollösung lässt sich
mit Sicherheit für Acanthias vulgaris, Oaleuscanis,
ferner für die Nordseerochen Rajadavata undRaja
batis nachweisen, dass nur eine Spiralfaser das
ganze Stäbchenaussenglied durchzieht und seine an-
scheinende Plättchenstruktur durch ihre scharfen
Umbiegungen veranlasst. Dasselbe gilt für die
Zapfen von Scardinius erythrophthalmus (23) und
Rana esculenta, während die Stäbchenaussenglieder
des letztgenannten Frosches 3 — 4 Spiralfasem ent-
halten. Dies gilt für die violettrothen Stäbchen
des Frosches ; wie es sich damit bei den grünen
Stäbchen verhält, ist noch nicht ermittelt. Bekannt-
lich besitzen der Frosch und einige andere Am-
phibien, wie der Laubfrosch, mehrere Kröten,
Tritonen, nicht aber Salamandra maculosa, ausser
den Sehpurpur führenden violettrothen, zahlreiche
Stäbchen mit kürzeren Äuseengliedern, die an der
frischen Retina eines im Dunkeln aufbewahrt ge-
wesenen Thieres sich durch ihre am Licht vergSng-
liche, stark grasgrüne Farbe auszeichnen. Im oberen
Theil der Retina sind sie, bei Rana fusca wenigsteoB,
relativ häufiger, nach der Ora s^rrata hin seltener;
sie enthalten Sehgrün. Nun ist es für den Sehpurpur
unzweifelhaft, dass er eine am Licht zersetzliche
Substanz, nicht etwa eine Interferenzerschdnung
darstellt, welche Yermuthung schon die bei der
Betrachtung mit aufMiendem oder mit durchfallen-
dem Licht sich gleichbleibende Farbennüanoe wider-
legt. Die chemische Darstellung des Sehpurpnrs
ist freilich noch nicht auf eine reinliche Weise ge-
glückt und wenn man die Aussenglieder in gallen-
sauren Salzen aufzulösen glaubt, so gehen wobl-
erhaltene Plättchen mit durch das Filter. Die Anzahl
der grünen Stäbchen wird verschieden angegeben
und ist von verschiedenen Beobachtern mit ver-
schiedenen Methoden bestimmt worden; wenn man
nur den Haupttheil der Retina ins Auge fasst, mag
ein grünes auf 10 — 15 rothe als Mittelzahl an-
zunehmen sein. Die Haifische haben keine grOnen
Stäbchen und nur sehr sparsame Zapfen ; es ist, da
es sich bei der Zersetzung des Sehpurpurs stets
um die Wirkung der oomplementären Farbe handelt,
nicht unwahrscheinlich, dass ihnen die ganze Welt
in dem grflnlichblauen Lichte desOceanserscheini
Die scheinbar wenig interessante Frage nadi don
Mengenverhältniss der grünen und rothen Stäb-
chen führt auf eine damit zusammenhängende
Frage. Die grünen Stäbchen mit langen Innen-
gliedern und den kurzen Aussengliedem könnten
entweder gedehnte sein, da die Innenglieder beim
Nachlass ihrer Contraktion im Dunkeln sich dnrdL
den elastischen Zug der Aussenglieder, wie oben
gesagt, verlängern : die grüne Farbe würde etwa
nur einem physiologischen Ausruhen einzdner
Stäbchen entsprechen. Oder die grünen Stäbchen
wären jüngere Elemente, wobei es gleichgültig ist,
ob man Verlängerung spiralig zusammengerollter
Flimmerhaare durch Längen waohsthum oder sekun-
däre Ausscheidung neugebildeter Plättchen nadi
der älteren Theorie zu Orunde legt JedenfoUs
handelt es sich um die Vorfrage, ob überhaupt
in der Retina während des Lebens eineElrneuerung
von Formelementen stattfindet, oder ob z. B. die
Zapfen und Stäbchen so alt werden wiederMenscIi
selbst
Für alle Thiere gleichmässig ist diese Frage
nicht zu beantworten, denn z.B. der Frosch wächst
immer noch, bis er schliesslich gefangen wird, und
in der Retina der Amphibien wie mancher anderen
Thiere lassen sich die zuerst von Landolt(2<3)
bei Triton gesehenen Kolben nachweisen. ,Es sind
kolbenförmige, von einem äusseren Korn diorio-
ideawärts hervorwachsende Gtebilde, sehr deatlidi
z. B. bei der Schildkröte {24), Dies könnten Br-
satzelemente für die Stäbchen oder Zapfen sein.
Aber bei den höheren Wirbelthieren und namentlich
in den übri^n Betinasobiobten fehlen alle Spuren
Krause, üebersicht der Kenntnisse vom Bau der Retina.
101
einer Neubildung von Elementen, unbedingt
mflsste man Theüungserscheinungen , besonders
Eernfiguren in den Kernen der äusseren und
inneren KOmerschicbten erwarten, woselbst sie
bei jedem Embryo so deutlich sind. Davon zeigt
lieh keine Spur und es sind äusserst zweifelhafte,
dnrdi Kunstprodukte, ünkenntniss der beiThieren
hiofiger und in mannigfaltigen Formen vorkommen*
den Ek^pel- oder Zwillingszapfen getrfibte Angaben,
die s. B. beim Huhn eine Theilung nicht der Zapfen-
sellen selbst oder ihrer ZapfenkGmer, sondern nur
ihrer Ausläufer, nämlich der Innenglieder nach-
veieen zu k6nnen glaubten. Sonach bleibt nichts
flbrig als anzunehmen, dass die Stäbchen und
Zapfen so alt werden, wie ihr Träger, der Mensch,
selbet
Wenn man dieLiohtempfindung oder zunächst
die Zersetzung des Sehpurpurs durch Licht näher
erOrtem will, so muss vor Allem daran erinnert
werden, dass in den optischen Apparaten Wirbel-
loser violettrothe Substanzen verschiedener Art
vorkommen, die aber meistens, z. B. bei der Fliege,
Bo gut wie lichtbeständig sind. Die einfachste
Form eines Sehapparates wären die sogen. Augen-
flecken und es fragt sich, ob auch das Lancett-
fiachchen einen solchen besitzt
Was den jimpMoxti« betrifft, so hat Albreoht
darauf hingewiesen, die einzige Stelle, an der das
centrale Nervensystem der Vertebraten direkten
ingriffen der Aussenwelt ausgesetzt ist, sei das
Ange. Denn die Retina ist eine Ausstülpung des
dritten Ventrikels, ein Theil des Orosshirnes. Beim
AmphioxuB ist es anders. Dieses Thier ist ein
Hachtthier und wenn es in seinem Bassin durch
pKKzliches Erhellen erschreckt wird, verbirgt es
aich im Sande, so dass nur die Kopfspitze hervor-
aieht MerkwQrdiger Weise besteht hierüber seit
1842 ein Streit, indem andere Beobachter angeben,
es sei die Schwanzspitze, die hervorsieht; beide
8|ntien sind für das unbewaffnete Auge schwer
in unterscheiden. Wahrscheinlich verbirgt sich
das Thier mit dem Kopfende voran und lugt nach
einiger Zeit mit diesem wieder aus dem Sande
kervor. Nun sitzt am vorderen Ende des Gentrkl-
kanales des Rückenmarkes, der daselbst eine kleine
Erweiterung, homolog einem Hirnventrikel besitzt,
ein Äugmfleek, bedingt durch eine Anhäufung
brauner krystallinischer Pigmentkömehen in den
Spithelialzellen dieses Ventrikels. Merkwürdiger
Weise giebt es auch hier eine Controverse, ob der
Angenfleck paarig oder unpaar sei ; ersteres fanden
BetziuB, Joh. Müller, Külliker, letzteres
behaupten Leuckart, Stieda, W. Müller;
nach Marcusen kommt Beides vor, doch dürfte
die paarige BeschafiFenheit viel seltener sein. Am
caudalen Ende des Rückenmarkes befindet sich ein
yentrieuhu ierminaUs.
Nun kann der Augenfleck, abgesehen von seiner
l^npaarheit, unmöglich einem Wirbelthierauge ent-
aprechen, so wenig wie die sogen. Biechgrube de«
Amphioxus, die ebenfalls unpaar ist, einer Nasen-
anlage. Denn der am meisten craniale Himnerv
dieses Thieres ist der N. trigeminus oder genauer
gesagt, der N. nasociliaris ; alle Augenmuskelnerven,
wie die Augen selbst und Orosshimhemisphären
fehlen, es kann das Thier also unmöglich einen
Bulbus olfactorius besessen haben, von dem die in
der Riechgrube endigenden Nerven ausgegangen
wären.
In Wahrheit entspricht wahrscheinlich diese
sogen. Riechgrube^ entweder dem Neuroporus an-
terior oder einer Anlage, sei es einer Oehim-
Epiphyse (Zirbel) oder Paraphyse, Recessus sub-
vaginalis u. dergl. Der Augenfleck aber könnte
ein unpaares Pariäalauge darstellen, wie es bei so
vielen Reptilien und sogar bei vorweltlichen, ver-
möge der charakteristischen Lücke in den Scheitel-
beinen nachgewiesen ist. Das Parietalauge ist
stets in der Medianebene gelegen und unpaar.
Ohne Zweifel ist der Amphioxus ein Rücken-
marksthier; er hat keinen prächordalen Oehim-
abschnitt, keine Augen, kein Riechorgan, kein Ge-
hörorgan, nichts als einen Augenfleck, der ungefähr
einem unpaaren Parietalauge entspricht Jedes
Metamer, deren beim Embryo 14 vorhanden sind,
während das erwachsene Thier 61 — 63 damit nicht
etwa zu verwechselnde Muskelabsohnitte , Myo-
commata zählt, wiederholt die Funktionen des Oe-
sammtthieres. Etwa am Anfang des 15. Myo-
comma, bis wohin die Kömer reichen, liegt die
Grenze zwischen Rückenmark und Medulla oblon-
gata. Längs des ganzen Rückenmarkes, aber mit
Ausnahme des Schwanzes, zieht sich die braune
Pigmentirung, die den Augenfleck kennzeichnet
Isolirte Pigmentkörnchen sehen bei durchfallendem
Licht indigoblau aus, interessanter ist die stark blaue
Färbung, die der Farbstoff, wie W. Müller (25)
entdeckt hat, durch Behandlung mit Alkalien
längs des Rückenmarkes annimmt Man wird
glauben dürfen, dass dem Pigment, das man als
Sehblau nach Analogie des Sehpurpurs bezeichnen
könnte, eine wesentlichere Rolle zukommt, als die,
nur als ein Fangschirm für diffuses Licht zu dienen.
Vielmehr scheint der Amphioxus seinen Beitrag
zur Stütze der Hypothese zu liefern, dass die Fig-
mentzeWen Photästhesin, nämlich eine im Licht sich
zersetzende farblose oder farbige Substanz erzeugen,
welche die nervösen Elemente der Retina erregt,
die Innenglieder zu Contraktion veranlasst u. s. w.
Denn in belichteten Augen werden, wie oben er-
wähnt, die der Zapfen, nach Gradenigo (25)
auch die der Stäbchen, dicker und kürzer, als sie
es in Dunkelaugen sind, was sich beim Frosch
leicht bestätigen lässt
Im Amphioxus liegt wahrscheinlich die ur-
sprünglichste Form vor, die nach den Voraus-
setzungen der Descendenztheorie der Sehapparat
der Wirbelthiere gehabt hat Um so auffallender
ist es, dass pigmeniirie OanglienxeUen im Central-
organ der übrigen Vertebraten fehlen und stellen-
102 Neumeister. — Heitzmann. — Henle. — Rosau.Toldt-< Eis u. Spalteholz.
weise ganz unvermittelt beim Menschen und nur
bei diesem wieder auftreten. Als Reste des Parie-
talauges oder Augenfleckes wAren nämlich die
schwarzpigmentirten Ganglienzellengruppen der
Substantia nigra und des Locus caeruleus anzu-
sehen. Beide erscheinen beim Menschen erst im
fünften Schwangerschaftsmonat, liegen ventral-
wSrts vom Centralkanal ungefähr in derselben, auf
letzterem senkrechten Ebene. Dass diese Ganglien-
zellengruppen durch weite Entfernung von einander
getrennt sind, kann bei der enormen Entwickelung,
die so viele Nervenfaserzüge gerade im Gehirn des
Menschen nehmen, nicht auffallen. Beiden, der
Substantia nigra und dem Locus caeruleus ist auch
gemeinsam, dass die Achsencylinderfortsätze ihrer
Ganglienzellen sehr leicht zu sehen sind, leider
aber audi, dass man über den Verbleib dieser Fort-
sätze und somit über die Funktionen dieser Pig-
mentflecke keine ausreichende Eenntniss besitzt
Diejenigen des Locus caeruleus sollten sich den
Fasern des N. trochlearis oder der absteigenden
Wurzel des N. trigeminus beimischen. Die Zellen
der Substantia nigra sollen ihre Fortsätze aufwärts
in die Corona radiata oder denNudeus lentiformis,
abwärts in die medialen und mittleren Bündel des
Pes pedunculi cerebri entsenden. Indessen kommt
ein starker Fasciculus retroflezus aus dem Nudeos
habenulae, biegt rechtwinkelig in das vorderste
mediale Haubenbündel um und endigt pinselförmig
ausstrahlend in der Nähe der Substantia nigra.
Man kann wenigstens vermuthen, dass die beiden
schwarzen Zellengruppen funktionslos gewordene
Budimente eines früheren Zustandes darstellen.
(Sohlnss folgt)
G. Bücheranzeigen.
1. Lebrbnoh der physiologitohen Chemie,
mitBerüoksiohtigimg der patliDlogiiohan
Verh<niMe. Zweiter Theil: Die thierieeken
Gewebe und Flüeeigkeiien ; von Richard
Neumeister. Jena 1895. Gustav Fischer.
Gr. 8. Xu. 420 S. (8 Mk. 50 Pf.)
Der vorliegende zweite Theil des N.'schen Lehr-
buches, der in gleicher Weise, wie der erste, die
Ernährung behandelnde Theil, alle neueren Arbei-
ten kritisch berücksichtigt, zerfällt in die Haupt-
abschnitte über Muskeln, Stützgewebe, Nerven-
system, Haut, drüsige Organe, Eier und Sperma,
Blut und Lymphe, Milch, Harn. Die Darstellung
zeichnet sich wieder durch üebersichtlichkeit aus.
Als besonders klare Auseinandersetzungen dürften
die Abschnitte über die Fibrinbildung nach neueren
Untersuchungen, sowie die über den Diabetes
hervorzuheben sein. Die Literatur ist in den An-
merkungen mit grosser Ausführlichkeit angegeben.
Y. Lehmann (Berlin).
2. 1) Die deskriptiye und topographisohe
Anatomie desMeiiBöhen in785theilwei8e
mehrfiEurbigen Abbildungen mit erklären-
dem Texte; von Dr. C. Heitzmann.
8. wesentlich vermehrte u. verbesserte Aufl.
1. u.2.Lief. Wien u. Leipzig 1896. Wilhelm
Braumüller. (Je 3 Mk.)
2) Anatomischer Handatlas zum Gebranoh
imBedrBaal; von Dr. J. Henle. 1. — S.Heft.
3. Aufl. Braunschweig 1895. Friedr. Yieweg
u. Sohn. (6 Mk. 60 Pf.)
8) Anatomisoher Atlas für Studirende and
Aente. Unter Mitwirkung von Prof. A.
Dalla Bosa herausgegeben von Prof. Carl
Toldt in Wien. 1. u. 2. Lief. Wien o.
Leipzig 1 896. ürban u. Schwarzenberg. Gr. 8.
(Je 5 Mk.)
4) Handatlas der Anatomie des Mensohen
in 760 theila farbigen Abbiidiingen mit
Text. Mit Unterstützung von Prof. WilL
His, bearbeitetvon Prof. Werner Spalte-
holz in Leipzig. 1. Abth. Leipzig 1895.
S. Hirzel. (10 Mk.)
In den letzten Monaten sind die ersten Liefe-
rungen von 4 anatomischen Atlanten erschienen;
zwei von ihnen sind alte Bekannte, die zum 8., bez.
zum 3. Male neu aufgelegt worden sind, zwei
Atlanten erscheinen zum 1. Male. Von der H e i t z -
mann 'sehen descriptiven und topographischen
Anatomie des Menschen, die in 8., wesentlich
vermehrter und verbesserter Auflage vorliegt, sind
bisher die 1. und 2. Lieferung (Enodien, Gelenke
und Bänder) erschienen. Der Atlas, der mit dieser
Auflage das 25jähr. Jubilftum seines ersten Er-
scheinens feiert, soll mit seinen 6 Lieferungen his
Februar 1896 vollständig vorliegen. Die Holz-
schnitte sind um 135 neue Figuren vermehrt, die
neue anatomische Nomenclatur ist vollständig be-
rücksiditigt worden. Der Preis des ganzen Werkes
wird auf 25 Mark zu stehen kommen.
Weniger verbreitet als der „H e i t z m a n n" ist
der jetzt in 3. Auflage vorliegende Henle 'sehe
anatomische Handatlas. Bisher sind 3 li^erungra :
Knochen, Bänder, Muskeln, erschienen, deren Preis
sich zusammen auf 6 Mark 60 Pfennige stellt Did
Figuren sind in sehr sorgfältigem Holzschnitt aus-
geführt, ihre Klarhdt wird durch Anwendung von
3 Farben erhöht Dem Atlas ist kein Text bei-
gegeben, da er einen Theil ^ea von Merkel
Hermann ü. BüdeL — v. Eahlden.
103
hentuBgegebenen Henle 'sehen Grundrisses der
Anatomie des Menschen bildet
Der Wiener Anatom Toldt hat unter Mitwir«
knDgTonA.Dalla Bosa einen anatomischen Atlas
herausgegeben, von dem bisher die 1. und 2. Lie-
ferang (Die Oegenden des menschlichen Körpers und
die Knochenlehre) Torliegen. Die Abbildungen sind
in feinen, theil weise mehrfarbigen Holzschnitten
hergestellt ; die neue anatomische Nomenclatur ist
in dem knappen erläuternden Texte streng durch-
geführt worden. Die beiden Lieferungen, denen
ein genaues Begister beigegeben ist, kosten zu*
flammen 10 Mark, das ganze Werk soll binnen
2 Jahren vollständig vorliegen.
Fast gleichzeitig mit dem Toi dt 'sehen Atlas
ist der mit Unterstützung von W.His vonSpalte-
holz bearbeitete Handatlas der Anatomie des
Menschen erschienen, und zwar zunächst die erste,
Knochen, Gelenke und Bänder umfassende Abthei-
long. Die 2. Abtheilung (Muskeln, Fasden, Herz,
Geftsse) soll im Frühjahr, die 3. (Qehirn, Nerven,
Sinnesorgane, Eingeweide) voraussichtlich Ende
1896 erscheinen. Der Preis des ganzen Atlasses
iflt auf 30 Mark berechnet Für die Wiedergabe
der Abbildungen haben Vf. und Verleger die ein-
nnd mehrfarbige Autotypie gewählt, weil sie der
Ansicht sind, daas dieses mechanische Verfahren
die Originale in weit grosserer Naturtreue wieder-
fiebt, als es der Holzschnitt vermag. Die in der
bekannten Eunstanstalt von Meisenbach, ßiffarih
IL Oo. hergestellten Abbildungen sind allerdings
ganz vorzüglich gelungen. Für die Namen im Text
nnd an den Abbildungen ist durchweg die neue
anatomische Nomenclatur zu Grunde gelegt wor-
den; der Text selbst giebt eine klare Beschreibung
der Formen und zugleich eine Erklärung sämmt-
licher in den Figuren gebrauchten Bezeiclmungen.
Wir werden auf die verschiedenen Atlanten
nochmals zu sprechen kommen, wenn sie vollstän-
dig vorliegen. P. Wagner (Leipzig).
3. Die lAge der Bauoheingeweide. An einer
Serie von JF^ostachniUen dargestellt von Prof.
F. Hermann und Cand. med. 0. Büdel
in Erlangen. Erlangen 1895. Th. Bläsing's
Üniv.-Buchh. 4. 35 Taf. nüt Text (5 Mk.)
Das vorliegende Büchlein verdankt seine Ent-
BtAnng einem Wunsche der Zuhörer H.'s, die
Serie von Frostschnitten, die er in seinen Vor-
lesungen ausgiebig gebraucht, in einer passenden
^d vor allen Dingen billigen Nachbildung zu be-
litiea. Ein körperliches Bild der Topographie der
Organe gewinnt man am besten durch die Be-
nntzong einex lückenlosen Schnittserie. Um dies
2Q erleichtern, hat sich H. nicht auf die Dar-
steUimg von Transversalschnitten allein beschränkt,
undem aus diesen noch sehr genaue Projektionen
auf Frontal- und Sagittalebenen ausgeführt und
einige Projektionen auf die Oberfläche des mensch-
lichen Bumpfes beigefügt Es wird so möglich,
an ein und demselben Individuum einen Einblick
in die Lageverhältnisse der Eingeweideorgane nach
den drei Sichtungen des Baumes zu gewinnen.
Die sehr klaren und deutlichen Bilder sind auf
photographischem Wege gewonnene Verkleinerun-
gen von Wandtafeln, die Cand. Büdel mit grösster
Gewissenhaftigkeit angefertigt hatte. Den Tafeln
ist eine kurze Texterklärung beigegeben.
Hoffentlich verschafft der billige Preis diesem
sehr empfehlenswerthenBüchelchen eine recht weite
Verbreitung, vor Allem unter den Studirenden.
P. W a g n e r (Leipzig).
4. TeohnikderhistologisohenUntersachang
pathologisoh-anatomiaoher Präparate. Für
Studirendeund Äerxte; von Prof. v.Eahlden.
4., vermehrte u. verbesserte Aufl. Jena 1895.
ö. Fischer. Gr. 8. VIH u. 134 S. (2 Mk. 50 Pf.)
Der neuen Auflage der Z i e g 1 e r 'sehen Patho-
logie ist in gewohnter Weise diejenige der v. K a h 1-
den 'sehen Technik gefolgt, die sich ähnlicher Be-
liebtheit und Verbreitung wie jenes Werk erfreut
und beides unzweifelhaft verdient Die neue
Auflage enthält gegen die früheren (vgL Jahrbb.
GCXXXVI. p. 87) erhebliche Zusätze, so nament-
lich eine Darstellung des gesammten bakterio-
logischen Färbungs- und Züchtungsverfahrens, wo-
durch das Buch sehr gewonnen hat; die Einzel-
methoden der Färbungen für die verschiedenen
Organe sind mit grosser Zuverlässigkeit zusammen-
getragen ; wir bedauern dabei nur, dass die Literatur-
angaben fehlen ; mit dem Namen des Autors ist oft
wenig gedient, und die Aufsuchung des Originals
einer in irgend einer Arbeit versteckten Methode
hat bisweilen Schwierigkeiten, die durch ein Werk
wie das Eahlden 'sehe mit Leichtigkeit erspart
werden könnten. Sehr schade ist es, dass das
Buch gerade gleichzeitig mit Weigert's Neuro-
gliastudien und ihren bedeutungsvollen Angaben
über die Oliafärbungen erschien, so dass diese
nicht mehr aufgenommen wurden.
Wir können diese Ankündigung nicht schliessen,
ohne noch einmal auf unsere frühere, leider von
V. K. völlig imbeachtet gelassene Ansicht über die
Benutzung des Gefriermikrotoms zurückzukommen.
V. K. benutzt dasselbe nur zu gehärteten, bez. ein-
gebetteten (Celloidin) Präparaten, hält aber den
frischen Gewebeschnitt für geschädigt und untaug-
lich zur feineren Untersuchung. Ich habe in letz-
ter Zeit aus verschiedenen Ursachen viel mit
frischen Gewebeschnitten gearbeitet (mit oder ohne
Formolhärtung, die übrigens dabei von grossem
Vortheil sein kann, weil sie auch den zartesten
Schnitten eine vorzügliche Cohärenz und Steifigkeit
verleiht, eine Thatsache, auf die für Alkohol-Formol-
präparate kürzlich auch Benda hinwies) und
muss, so unzeitgemäss es klingen mag, sagen, dass
ich dabei im Ganzen, namentlich bei der regel-
mässigen Verwendung der Oelimmersion , mehr
Details gesehen und kennen gelernt habe, als mit
104 Langerhans, Grundriss der patholog. Anatomie. — Qeigel u. Yoit, LehrbttcL
den Bchtosten Iftrbungen. Nat&rlich sind die letz-
teren ja in zahllosen Beziehungen unentbehrlich ;
aber die dominirende Stellung, welche die gewebe-
schädigenden HartuDgs- und Färbungsmethoden
zur Zeit gegenüber den einfachen, naturwahren,
frischen Bildern einnehmen, scheint mir nach
meinen Erfahrungen zu einseitig. Möchte die
5. Auflage der v. K.'schen Technik auch in dieser
Bichtung würdigen, was die Würdigung verdient.
Wir bemerken noch, dass ▼. E.'s Buch in
3 Sprachen übersetzt ist
B e n e k e (BrÄunschweig).
5. Ghrimdriss der pathologiaohen Anatomie«
Für StucUrende und Aerxte; von Prof. R
Langerhans. 2. vermehrte u. verbesserte
Aufl. Berlin 1896. S. Karger. Gr. 8. 564 S.
mit 136 Abbildungen. (12 Mk.)
Das neu erschienene Werk stellt eine Um-
gestaltung des„Compendium^' vom Jahre 1891 dar
(vgl. Jahrbb. CCXXXVIU. p. 105) und, wie wir
mit Freude anerkennen wollen, eine entschiedene
Verbesserung in mehifacber Hinsicht. Manche
Capitel sind ganz neu bearbeitet (Auge, Ohr), andere
sehr verändert worden, der Text wird durch ein-
fache, aber meistens recht brauchbare Abbildungen
erläutert. So ist das Ganze zu einem Lehrbuch
geworden und hat den früher zu ausgeprägten
Charakter eines schablonenhaften Compendium
verloren, gewiss zum Yortheil der Leser, speciell
deijenigen, denen Liebe und Begeisterung ffir die
Wissenschaft in's Herz gesenkt werden soll, und
die sich so oft mit der Aufzählung trockener
Ezamenweisheit begnügen müssen. Ueber den
Inhalt des Werkes im Einzelnen zu sprechen,
würde hier zu weit führen; die Mängel, die es
früher unseres Erachtens noch aufwies, haben wir
auch in der 2. Auflage vielfach wiedergefunden
und können nur sagen, dass dieser Ausdruck der
Anschauungen der Berliner pathologischen Schule
unseren Widerspruch bei der Lektüre oft genug
herausgefordert hat Ueber wissenschaftliche
Grundanschauungen ist schwer zu streiten, mag
die Zeit lehren, wie vieles in dem L. 'sehen Werke
in 10 Jahren veraltet erscheinen wird. Von dauern-
dem Werthe ist jedenfalls das überall hervortretende
Bestreben, die vorhandenen Begriffe möglichst klar
und übersichtlich zu gruppiren; wir verspüren
bisweilen den Hauch Vir che w 'scher Dialektik,
aber auch die Gefahr, durch zu viel Begriffe zu
verwirren, scheint uns nicht überall vermieden.
Yor Allem hätten wir eine schärfere ätiologische
Gruppirung mancher Thatsachen, mit besonderer
Würdigung der grossen, hier entschieden viel zu
wenig hervorgehobenen bakteriologischenErrungen-
schaften, erwartet Wir mochten wünschen, dass
auch betreffs dieser Würdigung der Wahlspruch
der Firma, der das Titelblatt des Werkes ziert,
„allzeit voran I*^ für die Berliner Pathologen Gel-
tung gewinnen und dadurch nicht nur der be-
kannte Streit gemildert, sondern auch die wiaaea-
Bchaftliche Auffassung im 'ganzen Beiche einheit-
licher gestaltet werden möchte.
B e n e k e (Braunachweig).
6. Lehrbuch der klinischen Untenraohungs-
methoden; von Dr. Richard Geigel
und Dr. Fritz Voit Stuttgart 1895. Feri
Enke. Gr. 8. XII u. 470 S. (12 Mk.)
Das Buch ist auf Aufforderung des Verlegen
zur Yervollständigung der „Bibliothek des Arztes*^
entstanden und wenn es auch nicht gerade einem
dringenden Bedürfnisse entspricht, so wird es
sicherlich neben den ähnlichen Büchern mit Ehren
bestehen. Die Eintheilung des Stoffes ist so etwi
die übliche; der 1. Theil: physikalische Unte^
suchungsmethoden , stammt von Geigel, der
2. Theil: chemische und mikroskopische ünte^
suchungsmethoden, stammt von Voit
Bei der Besprechung der Anamnese würden
wir noch etwas mehr Gewicht auf die Vererbung
von Krankheiten und Anlagen legen. Bei der In-
spektion und Palpation ist der Hals unseres Er-
achtens nicht genügend berücksichtigt. Aufgefallen
ist uns, dass Geigel Manches der allgemeinen
Eintheilung zu liebe auseinander nimmt, was kli-
nisch unbedingt zusammen gehört Bei der Be-
sprechung des Emphysems vermisst man z. B. eine
Schilderung der äusserst wichtigen Herzverände-
rungen, die sich in wenigen Worten geben lint
und die das ganze Erankheitsbild doch erst voll-
ständig macht Bei der Besprechung der einzelnen
Herzfehler beginnt G. mit der Auskultation! Uns
scheint es wichtig, den Studenten stets darauf hin-
zuweisen, dass er den üblichen Gang der ünt^
suchung : Inspektion, Palpation, Perkussion, Aos-
kultation, möglichst unter allen umständen ein-
hält Jedes Abweichen davon führt leicht zur
Flüchtigkeit und zum üebersehen. üebrigens ist
Manches, was G. über die Erscheinungen am H€^
zen sagt, von dem Ueblichen abweichend und zeigt
uns, wie Vieles wir auf diesem wichtigen Gebiete
noch nicht sicher wissen. Dass die ganz genaue
Bestimmung eines Herzfehlers für die Praxis meist
keine allzugrosse Wichtigkeit hat, bedarf wohl
keiner besonderen Betonung, gegenüber unserem
therapeutischen Können genügt Das, was wir zur
Zeit wissen, meist vollkommen. Etwas genauer
hätte G. auf die „Pseudogeräusche^^ eingeben
können ; wer viel gesunde Menschen, z. B. fOr die
Lebensversicherung, untersucht, weiss, wie oft
Geräusche bei zweifellos gesundem Herzen za
hören sind. Die Leber ist im „spedellen Theil^
doch etwas zu kurz weggekommen; die Leu be'-
sche Aufzählung scheint uns für den AnfSnger
nicht genügend. Bei der Untersuchung des Nerven-
systems ist uns die im Gegensatz zu manchem
knapp Behandelten sehr ausführliche Elektro-
diagnostik aufgefallen und endlich hätten wir im
Anschlüsse an die Untersuchung des Kehlkopfes»
Liebreich. — Ziehen. — Lahr. — Hirsch.
i05
des Rachens und der Nase auch noch eine kurze
Anleitung zur Ohrenuntersuchung gewünscht Wir
sehen nicht recht ein, weshalb diese mit Yorliebe
einiach weggelassen wird.
Die Sprache des Buches ist klar. Die Abbil-
dangen sind meist alte gute Bekannte. Die Aus-
stattung Iftsst nichts zu wünschen übrig.
D i p p e.
7. Snoyklop&die der Therapie; herausgegeben
Ton Prof. Oscar Liebreich, unter Mit-
wirkung Ton Dr. Martin Mendelsohn
u. Dr. Arthur Würzburg. LBd. l.Abth.
Berlin 1895. Aug. Hirschwald. Qr.S. 304 S.
(8 Mk.)
Diese Encyklop&die soll vermuthlich das unserer
Ansicht nach entschieden nicht ganz gelungene
„Therapeutische Lexikon^^ verdrängen und dazu
scheint sie uns wohl geeignet Sie macht schon
in ihrer ersten Lieferung einen wesentlich gün-
stigeren Eindruck als jenes und die Namen der
Mitarbeiter verbürgen einen guten Fortgang. Be-
sonderen Werth hat der Herausgeber augenschein-
lieh auf möglichste YoUst&ndigkeit gelegt. In den
sdir zahlreichen Stichworten sind alle einzelnen
Krankheiten, alle Medikamente, alle therapeutischen
Maassnahmen, alle Kurorte und noch manches
Andere berücksichtigt; Manches vielleicht zu Un-
recht, der Abschnitt „Amyloid^' z. B. gehört eigent-
lich nicht in eine „Encyklopftdie der Therapie*'.
Auch bei den einzelnen Krankheiten nehmen die
Erörterungen über Ursache, Erscheinungen, Ver-
lauf etwas viel Platz ein, bei der „Arthritis defor-
mans^ z. B. ist dem gegenüber die Therapie viel
ra kürz abgethan. Ueber „Arteriosklerose** giebt
68 erst einen über eine halbe Seite langen patho-
logisch-anatomischen Artikel von Hansemann,
dann kommt das Klinische, etwa ebenso lang und
nur zur Hfilfte therapeutisch. Ueber die zweifellos
sehr wichtige Prophylaxe, d. h. darüber, wie ein
hereditär zu Arteriosklerose beanlagter Mensch
leben soll, damit die Krankheit bei ihm möglichst
BiAt zum Ausdruck kommt, findet sich gar nichts.
Manche Artikel machen — auch in ihrer Sprache —
den Eindruck, als wenn sie etwas flüchtig hin-
geworfen wären.
Wir kommen bei den für bald in Aussicht ge-
stellten weiteren Lieferungen auf das Werk zurück.
Dippe.
8. Leitfiiden der phywiologiiohen Psycho-
logie; von Prof. Th. Ziehen. 3. Aufl.
Jena 1896. Gustav Fischer. Gr. 8. 288 S.
(4 Mk. 50 Pf.)
Da ist schon die 8. Auflage von Ziehen's
Psydiologie. Das Buch findet also andauernd
Beifall Der, der auf einem anderen Standpunkte
Btdit alsZ. und dem die„Associationspsychologie'S
wie BieZ.vortrftgt, hOchat unbefriedigend, jawider-
wlrtig ersdLeint, muss sich fragen, wie kann eine
iK> platte Lehre allgemeine Qunst finden. 'Es liegt
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hit. 1.
wohl daran, dass die „Associationspsychologie'' so
recht eigentlich die Psychologie des Materialismus
ist Die jungen Leute, die von der Chemie, von
der Naturwissenschaft überhaupt herkommen, denen
das Seelenleben als etwas Fremdes erscheint, be-
freunden sich am leichtesten mit einer Lehre, die
man als Yorstellungschemie bezeichnen kann. Sie
bleiben dabei in ihren Denkgewohnheiten, sind
nicht genOthigt, umzulernen und durch die enge
Pforte des philosophischen Gedankens ein neues
Land zu betreten. Eigentlich ist es mit der
„empirischen" Psychologie überhaupt nichts. Soll
die Psychologie wirklich empirisch sein, so wird
sie zu einem unerfreulichen Anh&ngsel der Physio-
logie und ihr Inhalt wird, abgesehen von physio-
logischen Messungen u. dgl., Wortkram. Ver-
nünftiger Weise muss die Erkenntnisslehre der
Psychologie vorausgehen, denn man kann nicht
mit Einsicht von der Beziehung zwischen Gehirn
und Seele sprechen, ehe man nicht weiss, wie
man zu den Begriffen gekommen ist Wenn aber
die Psychologie erst auf erkenntnisstheoretischer
Grundlage erbaut wird, so kann Niemand mehr,
der überhaupt nachdenkt, sich mit einer Psycho-
logie, wie die Z.'s ist, zufrieden geben. Ohne
Hypothesen geht es freilich nicht, aber die sind
bei Z. und Genossen auch da, sie stecken hier eben
in den materialistischen Yoraussetzungen, die der
Leser unbesehen hinnimmt M ö b i u s.
9. Die literator dorPsyehiatrie, Neurologie
and Psychologie im 18. Jahrhundert; von
Dr. H. Lahr. 2. Auflage. Festschrift zum
50jähr. Jubil&um der Prov.-Heilanstalt Niet-
leben bei Halle a. S. Berlin 1895. G. Reimer,
FoL 213 S. (7Mk. 50Pf.)
Die neue Auflage der Schrift des verdienten
Yfs. legt wiederum Zeugniss von seinem gewissen-
haften Fleisse ab. Die geschichtlicher Studien Be«
flissenen besonders sind dem Vf. zu grossem Danke
verpflichtet und alle Neurologen werden gelegent-
lich Nutzen von seiner mühsamen Arbeit haben.
Die Autoren sind nach Jahrgängen geordnet, durch
Namen- und Sach-Register wird die Auffindung
erleichtert. MObius.
10. Wm iBt Saggeetion und Hypnotismuef
Mna psychologiadh-kUnische Studie; von Dr.
William Hirsch in New York. Berlin,
1896. S. Karger. Gr. 8. 56 S. (lMk.20Pf.)
Mit Recht fordert H., dass man den BegrüüF
Suggestion definiren und von dem der Beeinflus«
sung unterscheiden müsse. Seine Definition lautet:
„Suggestion ist die Erzeugung von Empfindungen,
Stimmungen und Vorstellungen, welche sich zu
ihren physiologischen Erregern in einem inadftqua«
ten [im Original steht fälschlich „adäquaten"] Ver^
hältniss befinden." H. meint damit, dass die sug-
gerirten* Empfindungen, Wahrnehmungen nicht
durch 'Veränderungen der Aussen weit, -sondern
U
106 Hirsch, Die menschliche YerantwortUohkeit ils. w. ~- Schaffer, Suggestion a.Reflez.
durch Yorstellungen verursacht sind, dass die
suggerirten Stimmungen, Yorstellungen, ürtheile
nicht motivirt sind, sondern dem Bewusstsein als
Fremdlinge unbekannter Entstehung entgegen-
treten. Es besteht eine Parallelität zwischen den
Sinnestäuschungen, den Wahnvorstellungen des
Oeisteekranken und den suggerirten Yorgftngen
[freilich mit dem unterschiede, den EL nicht ge-
nügend betont, dass die suggerirten Yorgftnge doch
psychologisch vermittelt sind, die Wahnbildungen
des GMsteskranken im gewöhnlichen Sinne des
Wortes aber nicht]. In ganz ähnlicher Weise habe
ich früher (Jahrbb. CCXXXYIL p. 66, NeuroL
Beitr. I. p. 103) den Begriff der Suggestion defi-
nirt, indem ich sagte : „Bei der Suggestion finden
wir ein Handeln, dessen Motiv nicht bewusst ist,
Yorstellungen, die den Zusammenhang der Asso-
ciation durchbrechen, Empfindungen und Wahr-
nehmungen, die nicht durch äussere Beize, son-
dern sozusagen auf umgekehrtem Wege durch
Yorstellungen hervorgerufen sind; oder aber es
fallen Handlungen, Yorstellungen, Empfindungen,
die wir erwarten sollten, aus^^ Man hat auf meine
Ausführungen nicht geachtet und auch H scheint
sie nicht zu kennen, da er nur von der absurden
Definition Bernheim 's spricht Zuviel darf man
freilich von der richtigen Definition auch nicht
erwarten, da doch durch sie die Wirklichkeit nicht
erschöpft wird, da bewusste und unbewusste Yor-
gänge durcheinander laufen können, Mischformen
vorkommen, Ürtheile, in die suggestive Bestand-
theile eingeschlossen sind, u. s. w.
Da die Suggestion im Wachen ein Yorgang
wider die Regel ist, meint H., dass die Grösse der
Suggestibilität im umgekehrten Yerhältnisse stehe
zur geistigen Oesundheit, dass daher das Bestreben
des Arztes dahin gerichtet sein müsse, die Sug-
gestibilität zu verringern, nicht zu steigern« Die
Suggestionstherapie habe daher insofern Berech-
tigung, als es sich um die Beseitigung störender,
krankmachender Suggestionen, um Deeuggestio-
nirung handle. Man thue recht daran, suggerirte
Lähmungen, suggerirte Schmerzen u. s. w. durch
Suggestion zu bekämpfen, es sei aber tadelnswerth,
organische Schmerzen, z. B. bei Ischias, so zu be-
handeln, denn man nehme dem Kranken nicht
seine Krankheit, sondern nur den physiologischen
Wächter, den Schmerz und steigere zugleich die
Suggestibilität des Kranken, verschlechtere also
seinen geistigen Zustand. Es ist die Suggestion
den Narcoticis zu vergleichen, wie diese, wirkt sie
nur symptomatisch und man ist zu ihrer Anwen-
dung nur da berechtigt, wo wir auf andere Weise
nicht helfen können und gezwungen sind, w^en
grösserer üebel kleinere in Kauf zu nehmen. So
schroff die Behauptungen des Yfs. klingen, in der
Hauptsache hat er Becht Allerdings kommen
recht arge Debertreibungen vor. Z. B. kann man
nicht sagen, dass durch jede Suggeftionsbehand-
lung die Suggestibilität gesteigert werde, wie d^r
Yf. zu glauben sdieint Nebenbei bemerkt, ist
seine Yerwerthung des Begriffes der Bewegong»-
vorstellungen , dieses traurigen Produktes einer
falschen Psychologie, recht misslungen.
Der 2. Theil der Abhandlung, der über Hypno-
tismus handelt, sticht ungünstig gegen den ersten
ab, ist unklar und behauptet, ohne zu beweisen.
In der Hauptsache läuft die Erörterung daraof
hinaus, dass die Symptome der Hysterischen und
die dtux^h Suggestion bewirkten ähnlichen ZustSnde
verschiedener Art seien. Dort handle es sich am
krankhafte Yorgänge in verschiedenen Theilen des
Nervensystems und die Symptome werden durch
Suggestion nur ausgelöst, können auch durch phy-
sikalisch wirkende Mittel h^vorgerufen werden.
Das ist leicht zu behaupten, doch jeder Beweis
fehlt Auch lässt sich dieser Mangel durch Zu-
versichtlichkeit nicht ersetzen. M ö b i u a.
1 1 . Die mensohliche Verantwortlichkeit nnd
die moderne Snggestionslehre; von Dr. W.
Hirsch. Berlin 1896. S. Karger. Gr. 8.
55 S. (1 Mk. 20 Pf.)
In seiner 2. Abhandlung wendet sichH gegoi
die Aerzte, die in foro suggerirte Yerbredien Dach«
gewiesen zu haben glauben. Auch hi^ ist das
Wesentliche die Yerwechselung von Suggestion
und Beeinflussung, denn die angebliche Suggestion
ist in Wahrheit eine Beeinflussung Schwachsiniuger
gewesen. So waren Oabriele Bompard, die Freün
Zedlitz, die Frau von Porta Schwachsinnige, die
der üeberredung, bez. Yerführung nachgaben. Das
kann man zugestehen und auch die Behauptung
H's, dass die UebertraguDg eines fremden Willens
mit geistiger Oesundheit unvereinbar sei, ist rich-
tig. Aber mit alledem ist über die Möglichkeit
suggerirter Yerbrechen nichts entschieden. Es
kann doch vorkommen, dass Personen mit grosser
Suggeetibiliti4; durch Suggestionen zu strafbaren
Handlungen veranlasst werden. BechtschaffeDO
zwar werden Widerstand leisten, aber es kömien
auch Moralisch-Zweifelhafte oder Indifferente in
Betracht kommen und es wird nicht ihre MoiaUtitt
zu beurtheüen sein, sondern die Frage, ob sie die
That ohne Suggestion begangen hatten oder nickt
Auch das macht nichts aus, dass grosse Suggeeti-
büitftt etwas Abnormes ist, denn man kann sehr
suggestibel sein, ohne dass doch der § 51 des
Str.-Q.-B. anwendbar wäre. M ö b i u s.
12. SncgMliQnL und Beflez. Sine krüi$ck
experimmMk l^udie über dieüiflesgMmoniene
des Bypnoiiemua; von Dr. Schaff er. Jena
1895. 0. Fischer. Gr. 8. YII u. 113 S.
(6 Mk. 50 Pf.)
Kaoh Seh. treten bei Hypnotisirten allerhand
„Reflexe" auf; die vorliegende Untersuchung soll
erörtern, ob diese physischen oder psychischen
Ursprungs sind. Qharcot hielt bekanntlich an
der wahren „Beflcxnatur*' dieser Erscheinungea
fest, wihrend Sernbeim pe aos^chUeBslich auf
V. Erafft-Ebing. — Lombroso. — Landerer.
107
d«m Wege der Suggestion ku Stande kommen Usst
Seh. bekämpft die Auffassong der Schule von
Nancy, aber, wie dem Bef . scheint, nicht mit Glfick,
denn seine Yersucfasanordnungen lassen eine gegen-
thetlige Deutung zu. Wurde z. B. neben das linke
Ohr der Versuchsperson eine Stimmgabel gehalten,
so bewirkte diese eme ünkseitige Hemicontraktur,
auf Beizung der rechten Zungenhftlfte hin entstand
eine rechtseitige Hemicontraktur. Dann wurde der
Versuchsperson suggerirt, dass sie auf dem linken
Obre taub oder auf der rechten ZungenhfiUte ge-
sohmackstaub sei, und siehe da, die erwähnte
Befiexoontraktur kam nicht zu Stande. Wurde
nun wieder die oben beschriebene Taubheit oder
Zongenempfindungslosigkeit wegsuggerirt, so löste
die Stimmgabel am rechten Ohre eine prompt er-
scheinende rechtseitige, das auf die Zunge ge-
streute Salz eine linkseitige Hemicontraktur aus.
Ref. glaubt, dass Bernheim diese Experi-
mente ohne Weiteres fOr seine Theorie in Anspruch
nehmen kann, denn sie zeigen doch zu deutlich
den psychischen Ursprung der motorischen Ver-
änderung, derContraktur, und beweisen nicht, dass
es sich um einen ,4ntrahypnotischen Heflex han-
delt, welcher auf dem Wege des cortikalen Mecha-
nimue entsteht**.
Die Versuche Sch.'8 sind an 2 Hyftterischen
angestellt ; die grosse Suggestibilität dieser dres-
sirten Versuchspersonen, die zu allen möglichen
rfiicAeoiea^^ tu bringen waren, hat Seh. offenbar
auf Irrwege verleitet und setnunbefSuigenesUrtheil
getrübt Lührmann (Dresden).
1 3. Der Oontrftraexuale yor dem Btrafiriöhter ;
eine Denkschrift von Prof. Freiherr R von
Erafft-Bbing. 2. venn. Auflage. Leipzig
u. Wien 1895. Fr. Deuticke. Or. 8. 112 S.
(3 Hk.)
Die „Denkschrift'* richtet sich hauptsächlich
an die Gesetzgeber, sie legt von Neuem dar, dass
durch das deutsche Strafgesetzbuch und ähnliche
Beeümmungen den „Gonträrsexualen'' unrecht ge-
schieht, sie schlägt vor, durch welche Fassung man
die bisherigen üebelstände vermeiden könnte. Als
Anhang enthält die Denkschrift eine Reihe neuer
Beobachtungen des Vfs. Hoffentlich gelingt es
dieeem mit der Zeit, die juristischen Vorurtheile
zu überwinden. Ist erst dieses Ziel erreicht, so
wird es von Seiten der Aerzte nicht mehr nöthig
sein, die Abweichungen des Oeschlechtstriebes bei
Entarteten so oft zu bespredien, wie es jetzt ge-
schieht Möbius.
14. Der Verbreoher. m. Band. Atlas. Von
Cesare Lombroso. Deutsche Bearbeitung
von H. Eurella. Hamburg 1896. Verlags-
anstalt A.-0. Or. 8. 64 Taf^ mit Text
(15 Hk.)
Der Atlas Ia's mithält theils schematische Dar-
stellungen, theils Abbildungen von Verbrechern,
ihren Schriften, Zeichnungen u. s. w. Am über«
zeugendsten und werthvollsten dürften die Mörder-
typen sein, besonders die F er ri 'sehen Tafeln
machen einen unauslöschlichen Eindruck und müs-
sen auch dem hartköpfigsten Theoretiker darthun,
dass hier etwas Besonders vorliegt Manche Bilder
sind wegen ihrer Eleinheit und mangelhaften Aus-
fQhrung wenig brauchbar, z. B. sind die „Porträts
deutscher Verbrecher*', bei denen überdem die
Typen durcheinander gemischt sind, recht nichts-
sagend. Die Tättowirungen sind wohl mit mehr
Sorgfalt behandelt, als sie es verdienen.
Auf jeden Fall sollte man nicht Lombröso's
Buch ohne seine Abbildungen vornehmen, dran
diese unterstützen den Text sehr kräftig. Viel-
leicht wäre es am besten gewesen, eine Auswahl
der besten Tafeln gleich mit dem I.Bande zu ver-
binden. Möbius.
15. Ohlrorgiaohe Diagnostik für praktUohe
Aente und Stadirende; von Dr. A. Lan-
derer, a. 0. Prof. d. Chir. u. chir. Oberarzt
am Garl-Olga-Erankenhause in Stuttgart. Wien
XL Leipzig 1895. Urban u. Schwarzenberg.
8. 300 S. mit 194 Holzschnitten. (7 Mk.)
L., dem wir bereits ein ausgezeichnetes Hand-
buch der allgemeinen chirurgischen Pathologie und
Therapie verdanken, hat eine chirurgische Dia-
gnostik für praktische Aerzte und Studirende ge-
schrieben, der wir im Interesse dieser eine recht
weite Verbreitung wünschen möchten.
L. hat im vorliegenden Buche aUe die Erfith-
rungen verwerthet, die er als flrüherer Universitäts-
lehrer in seinen Vorlesungen über ohirurgische
Propädeutik gewonnen hat Li Hinblick auf die
praktische Brauchbarkeit der chirurgischen Dia-
gnostik hat er besonders auf die Besprechung häu-
figer und alltäglicher Krankheiten Bücksicht ge-
nommen, manche Einzelheiten aber nur dann er-
wähnt, wenn sie pathognomonische und vollkommen
zuverlässige Symptome bilden.
Das Buch zerfällt in einen allgemeinen und in
einen besonderen TheiL Der erstere enthält die
allgemeinen Qrundzüge für die Stellung einer chir-
urgischen Diagnose ; nach einander werden die all-
gemeinen diagnostischen Merkmale der verschie-
denen Verletzungen und ihrer Ck>mplikationen, der
Entzündungen und der Neubildungen besprochen.
Der 2. Theil enthält die specielle Diagnostik der
chirurgischen Erkrankungen nach den Körper-
regionen geordnet
üeberall hat L. darauf Rücksicht genommen,
praktisch besonders wichtige und häufiger vor-
kommende Erkrankungen und Erkrankungsgruppen
in ihr^ diagnostischen Merkmalen und Besonder-
heiten ausführlicher zu besprechen als seltener
vorkommende Krankheitsbilder.
Eine grosse Reihe von meist vortrefflich aus- j
gewählten und ausgeführten Holzschnitten dienj;^
zur nothwMidigen Erläuterung des Textes; ein gi^
108
Kocher u, Tavel. — KlauBsner. — HelfericL' — ErerBbusch.
Baues Begister erleichtert den Gebrauch dee Buches, mehr bei den Studirenden und Aerzten einbüzgora
das von der bekannten Verlagsbuchhandlung vor- wird; das Buch verdient es nach jeder Richtung bin.
stlglich ausgestattet ist P. W a g n e r (Leipzig). P. Wagner (Leipzig).
16. Vorlesungen übw chiroigitohe Infek-
tionskrankheiten; von Prof. Th. Kocher
und Prof. KTavel in Bern. l.TheiL Basel
u. Leipzig 1895. G. Sallmann. 8. 225 8.
mit zaidreichen Abbild, im Text u. 2 Farben-
tafeki. (8 Mk.)
Die gemeinsame Abhaltung von Vorlesungen
fiber chirurgische Infektionskrankheiten hat in K«
und T. den Wunsch rege gemacht, einem weiteren
ftrztlichen Publicum das Resultat gemeinsamer Er-
forschung dieses wichtigen Tbeils chirurgischer
Pathologie vom bakteriologischen und klinischen
Standpunkte zugänglich zu machen. K. u. T. haben
sich in der Weise in die Arbeit getheilt, dass der
eine von ihnen (Tavel) den bakteriologischen,
der andere (Kocher) den klinischen Theil be-
arbeitet hat
Der 1., bisher vorliegende Theil handelt von
den entzündungerregenden Mikroorganismen, und
zwar zunAchst von den Staphylokokkenerkrankun-
gen, deren klinischer Theil unter vorzugsweiser
Berücksichtigung der Osteomyelitis bearbeitet ist.
K. u. T. haben es für zweckmässig erachtet, die
StaphylokokkenerkrankuDgen unter einem gemein-
samen Titel, demjenigen der Stapkylomykosis, zu-
sammen zu fassen.
Wir können das nach jeder Richtung hin lehr-
reiche Buch nur dringend zum genauen Studium
empfehlen; ganz eigenartig ist die durch sche-
matiscbe Zeichnungen illustrirte Darstellung des
Hechanismus der Infektion.
Sobald die Vorlesungen vollständig vorliegen,
werden wir nochmals auf sie zurückkommen.
P. W ag n e r (Leipzig).
17. Verbandlehre für Studirende und Aerste ;
von Prof. Ferd. Klaussner in München.
2. umgearb. u. verm. Aufl. München 1896.
M. Rieger'sche üniversitätsbuchhandlung. 8.
296 S. mit 250 Abbild. (6 Mk.)
In diesen Jahrbüchern (CCXXXV. p. 102) haben
wir die 1. Auflage der Klaussner'schen Ver-
•bandlehre kurz angezeigt und Studirenden und
.Aerzten warm empfohlen. Nach verhältnissmässig
kurzer Zeit ist eine 2. Auflage des Buches nöthig
geworden; diese ist vielfach umgearbeitet, wie
namentlich das Capitel über die Wundbehandlung
beweist, und um 100 Druckseiten und weit über
100 Abbildungen vermehrt worden. Ein kleiner
Abschnitt über Krankenlagerung und Lagerungs-
apparate wurde neu eingefügt Bei allen diesen
Verbesserungen ist der Preis des Buches nur um
1 Mark gestiegen, wofür der Verlagsbuchhandlung
in Anbetracht der vorzüglichen Ausstattung des
Werkes Dank gebührt. Wir hoffen, dass sich die
ElauBsner'sche Verbandlehre immer mehr und
18. Atl«a und GrondrlM der traamattsohsn
Frakturen und Lnzationen; von Prof. E
Helfe rieh in Oreifswald. 2. verm. Ani
München 1896. J.F.Lehmann. KL 8. 172 S.
a
mit 166 Abbild, nach Originalzeichnimgw
von Dr. J. Trumpp und Dr. J. Anders.
(8 Mk.)
In diesen Jahrbüchern (GGXLVL p. 104) haben
wir die I.Auflage des Helferich'schenAÜaseeB
angezeigt und dessen ausserordentlich grosse Vor-
züge gebührend hervorgehoben. Welche Anerken-
nuDg das Buch gefunden hat, beweist seine Debe^
Setzung in 9 verschiedene Sprachen , sowie der
Umstand, dass die deutsche Ausgabe trotz der sehr
hohen Auflage innerhalb Jahresfrist vergriffen im.
In der neuen Auflage sind die Tafeln unverändert
gebliebeu, während der Text und die Abbildung«!
des Grundrisses in jeder Hinsicht bereichert wor-
den sind.
Möge der vortreffliche AÜas immer weitere
Freunde finden. P. W a g n e r (Leipzig).
19. Behandlung der bei Infektionskrank-
heiten Torkommenden Brknmkangen dei
Sehorgana; von Prof. 0; Eversbusch in
Erlangen. (Sond.- Abdr. aus d. Handbuche i
spec. Therapie innerer Krankheiten p. 605.)
Jena 1895. Oust Fischer.
Wie fdr den Arzt die Infektionskrankheiten
schon wegen ihrer Häufigkeit von besonderer Wich-
tigkeit sind, so gilt dies auch fQr die dabei vor-
kommenden Augenkrankheiten, denn bei allen In-
fektionskrankheiten werden auch Erkrankungendes
Auges, oft in sehr bedeutendem örade, angetroffen.
Ausgehend von den Erkrankungen des Augenlides
hat E. alle Erkrankungen der einzelnen Theile des
Auges bei und nach Infektionskrankheiten in der
ihm eigenen klaren, auch dem mit der spedelleii
Augenheilkunde weniger vertrauten Arzte leicht
verständlichen Art besprochen und bei der Be-
handlung besondere BQcksicht darauf genommeDf
nur die Heilmethoden anzugeben, die auch jeder
Arzt anwenden kann. Zur Freude des Ref. ist in
dieser Abhandlung der neulich erwähnte zu ans-
gedehnte Oebrauch von kleinem Druck fast gass
aufgegeben worden. Lamhofer (Leipzig)*
20. Behandlung der bei Vergiftungen v(^
kommenden IBrkranknngen desSehorgaoi;
von Prof. 0. Eversbusch in Erlangen.
(Sond.-Abdr. aus d. Handbuche d. spec. The-
rapie innerer Krankheiten 11. p. 441.) 'eoA
1895. Gust Fischer.
E. bespricht die Intoxikation- Amblyopien nod
die Erkrankungen des Augenhintergrundes nach
akuter und chronischer Vergiftung und führt be-
sonders die Tabakvergiftung und ihre Folg^ aqs-
Ohlemann. — Czermak. — BräansoLweig. — Joseph. — Lang.
109
fOhrlich an, ferner die Brkranlningen der Augen-
nerven, Muskeln und übrigen Theile des Auges.
Ein eigenes Capitel ist der Prophylaxis und der
Behandlungderlntoxücation-Amblyopien gewidmet
Im 4. Capitel f&hrt E. eine Reihe von hftufig Ter-
ordneten Arzneimitteln an, die bei empfftnglichen
Personen oft schon in geringster Menge Entzün-
dungen an den einzelnen Theilen des Auges, ja
selbst schwere Yergiftungerscheinungen bewirken
können. Besonders gef&hrlich sind hier die Mydria-
tioa, bei deren Anwendung in einer geringen Menge,
die kaum eine besondere Erweiterung der Pupille
macht, schon Olaukom oder schwere allgemeine
StSrangen beobachtet wurden.
Lamhofer (Leipzig).
21. Augenftntliohe Therapie für Aerzie und
SMtkrende; von Dr. M. Ohlemann, Augen-
arzt in Minden. Wiesbaden 1896. J.F. Berg-
mann. Gr. 8. 166 S. (3 Mk.)
Das Buch O.'s soll kein Lehrbuch der Augen-
heilkunde sein, da nur die Behandlung der ein-
zelnen Augenkrankheiten in ihm enthalten ist
Diese ist aber vollkommen erschöpfend, sehr über-
sichtlich zusammengesteUt Es ist die mechanische,
thermische, diemische, elektrische und allgemeine
Behandlung berücksichtigt, die optische und ope-
rative nur kurz angedeutet Den praktischen Arzt
wird der grosse Beichthum an Secepten besonders
befriedigen. Druck und Ausstattung des Buches
sind musterhaft Lamhofer (Leipzig).
22. AngenftrstUohe ünterriohtstafeln; von
Prof. Magnus. Die tqpographMien Bezie-
künden der Augenhöhle xu den umgebenden
Bohlen und Gruben des Schädels; von Prof.
W. Czermak in Prag. Breslau. 1895. J.ü.
Eem's Verlag (Max Müller). Gr. 8. (9 Mk.)
Qleich den Mber erschienenen und von uns
besprochenen Lieferungen der „augenftrztlichen
Unterrichtstafeln« (vgL Jahrbb. CCXLVU. p. 110
und früher) sind auch die 14 Tafeln der vorliegen-
den Lieferung, die die Bilder von Oefrierschnitten
durch das Auge und die nächste Umgebung dar-
stellen, zum Selbstunterricht und Unterricht Anderer
auf das Wärmste zu empfehlen. Die gleichmässige
Fftrbung der einzelnen Theile der Präparate auf
den verschiedenen Tafeln wflrde auch ohne den
genauen Text eine rasche Erkennung und Ueber-
sicht ermöglichen. Die einzelnen Schnitte wurden
in frontaler, sagittaler und horizontaler Richtung
angelegt Lamhofer (Leipzig).
23. Stereoskopisoher medioinisoher Atlas;
von Prof. Dr. A. Neisser. 5. Lief.: Oph-
thalmologie; von Dr. Braunschweig in
Halle. Kassel 1896. Th. Q. Fischer u. Co.
(4 ML)
Die vorliegenden 12 stereoskopischen Tafeln
enthalten in vortrefflicher photographischer Aus-
fOhrung die Bilder von : Ptosis congenita, Entro-
pium der Unterlider, frischer Plastik am Unterlide,
Ektasie des Thrftnensacks , plexiformem Neurom
der Lider, Exophthalmus und Enophthalmus, Sta-
phylom der Cornea, Pemphigus und Augen bei
maligner Leukämie. Für jedes Bild liegt eine
ganz kurze, genügende ErkiSrung bei.
Lamhofer (Leipzig).
24. Lehrbnoh der Hautkrankheiten. FUr
AerxkundStudirende; von Dr. Hax Joseph
in Berlin. 2. venu. Auflage. Leipzig 1895.
Georg Thieme. Or. 8. X u. 3 1 9 S. mit 36 Ab-
bild, im Text u. 3 Photogravüren auf 1 Tafel.
(6 Mk.)
Die beifällige Aufnahme, die das Lehrbuch
Joseph 's gefunden hat, veranlasste die Heraus-
gabe einer 2. Auflaga Der Plan und die Anord-
nung des Buches sind im Wesentlichen dieselben,
doch hat J. nicht verfehlt, „die mannigfachen
Hftngel, auf welche er von Seiten der Kritik und
seiner Freunde aufmerksam gemacht wurde, soweit
als irgend möglich abzustellen^^ 3 neue Abbildun-
gen (Acne vulgaris, Angiokeratom und Molluscum
contagiosum) sind hinzugekommen.
Nach alledem wird die 2. Auflage des hand-
lichen Compendium, wie es auch schon die 1. ge-
than, ihren Weg finden und sich Freunde erwerben.
W e r m a n n (Dresden).
25. Vorlesungen ftber Pathologie und Ther
rspie der Syphilis; von Prof. Eduard
Lang in Wien. 1. Abtheilung. 2. umgearb.
u. erweiterte Auflage. Wiesbaden 1895. J.F.
Bergmann. Gr. 8. XV u. 512 S. mit 84 Ab-
bUd. (14 Mk.)
L. giebt in der 1. Abtheilung der 2. Auflage
seiner Vorlesungen in einem allgemeinen Theile
eine ausfQhrliche Darstellung zuerst der Geschichte
der venerischen Krankheiten, zweitens der gegen-
wärtigen Lehre von der Syphilis und drittens eine
allgemeine Uebersicht über die durch das Syphilis-
oontagium gesetzten pathologischen Veränderungen
und die Syphilisinfektion. Der specielle Theil
enthält die Pathologie der erworbenen Syphilis, und
zwar die Schilderung 1) des Schankers und der
begleitenden LymphdrQsenanschwellungen, 2) der
constitutionellen Syphilis. Die einzelnen Capitel
enthalten die Beschreibung der Hautsyphilide, der
syphilitischen Erkrankungen derVerdauungsorganCi
des Athmungsapparates, des Blutgefässsystems,
Veränderungen des Blutes im Verlaufe der Syphilis,
syphilitische Erkrankungen des Lymphapparates,
der Milz, Thymus, Schilddrüse, der Nebennieren und
der Glandula pinealis, der Üro-Genitalorgane, der
Knochen, Gelenke, Muskeln, Sehnen, Schleimbeutel
und Fascien. Eine Reihe guter Holzschnitte unter-
stfltzt das Verständniss der vortrefflichen Darstel-
lung. Es wird auf diese Weise ein Bild der viel-
gestaltigen Krankheit entrollt und alle Fragen, die
unsere Zeit auf diesem Gebiete aufgeworfen hat,
werden einer Erörterung unterzogen. Das Studium
110
Gärtner. — WAlteriL Gittner. — Ostertag.
des Buches ist Jedem za empfehlen, der sich mit
derSyphilidologie eingehender zu beschäftigen be-
absichtigt; aber auch fOr den praktischen Arzt
dflrfte es Ton grossem Interesse sein, auf Grund
des Buches tiefer in dieEenntnissderintesessanten
Krankheit einzudringen, die in unserem socialen
Leben eine so grosse Rolle spielt Wir kOnnen
nur wünschen, dass "die 3. Abtheilung recht bald
die Vollendung des Werkes bringen mOge, das so-
wohl dem Lernenden, wie dem weiter Fortgeschrit-
tenen willkommen sein wird.
W er m a n n (Dreeden).
26. Leitfiiden der Hygiene; yonFrof.A.Gärt-
ner. 2. Aufl. Berlin 1896. S. Karger. Gr. 8.
(7 Mk.)
Der Gärtner 'sehe Leitfaden der Bygieine hat
in seiner 2. Auflage eine ausgiebige Umarbeitung
einzelner Abschnitte erfahren, so sind z. B. ^die
Capitel über Wärmeregulation, Wasserversorgung,
Wohnungen und Städteanlagen, Gewerbehygieine
und über Infektionskrankheiten einer Neubearbei-
tung unterzogen worden. Die letztere Abhandlung
hat einen Anhang „üeber Hospitäler*' erhalten. In
den Text sind ausser den zahlreichen früheren Ab-
bildungen 40 neue eingeschaltet Wenn trotz dieser
Zusätze und Veränderungen der frühere Umfang
des Buches nicht wesentlich überschritten wurde,
60 geschah dies, damit der Charakter gewahrt bleibe :
es soll als kurzgeftisste Einführung in dieHygieine
dienen, und dass es als solche seinen Zweck er-
füllt, beweist die Aufnahme, die die firühere Auf-
lage im Inlande gefunden hat, und der umstand,
dass es in's Französische und Italienische übersetzt
wuMe. F i c k e r (Breslau).
2 7. Tiemann-GHbrtner'a Himdbaoh der Unter-
ancihaiig und Beartheilong der Wäaser ;
bearb. von Dr. G.Walter u. Dr. A.Gärtner.
4. Aufl. Braunschweig 1895. Vieweg u.
Sohn. Gr. 8. XXXVI u. 841 S. (24 Mk.)
Bei dem Wandel, den die Beurtheilung des
Trink- und Brauchwassers in Folge der Forschungs-
ergebnisse der neueren Hygieine erfahren hat, war
es vorauszusehen, dass in einer Neuauflage des
Tiemann-Gärtner'schen Werkes die veralteten
Anschauungen, namentlich über die Infektions-
gefahr eines Wassers immer mehr bei Seite ge-
worfen werden würden. Dies ist denn auch ge-
schehen und somit die Frage nach der Infektions-
verdächtigkeit eines Wassers an die Stelle ver-
wiesen, von der sie allein beantwortet werden
kann. In anderer Beziehung ist aber der chemisdien
Untersuchung noch eine verhältnissmässig hohe
Bedeutung beigelegt, über die sich vielleicht streiten
liesse, doch ist hier nicht der Ort, kritisch darauf
einzugehen.
In der vorliegenden 4. Auflage des bekannten
Werkes ist das Material erheblich vermehrt worden.
^ ist nicht nur den neueren Sigebnissen der For-
schung hinsichtlich der Untersuchung und Be-
urtheilung der THnhoäsier Rechnung getragen,
sondern es ist auch die Prüfung undBegutachtoog
der natürlichen und künstlichen MinetahBOMMr, 4$t
XU geumUichen Zwecken dienenden Wäsier, ebr
Fiaehwäsaer und der durch Abumaer verunremigtm
Flusee berücksichtigt worden. Bei der Auswahl
der anzuführenden Methoden wurden diejenigen
bevorzugt, die „nach den mittelst vogleichender
Bestimmungen gewonnenen eigenen Erfahrungen in
Bezug auf Einfachheit der Ausführung und Qe-
nauigkeit der Resultate den Zwecken der prak-
tischen Wasseranalyse am meisten zu entspreohen
schienen^^ Der Eintheilungsplan des Stoffes ist
im Anfange der gleiche geblieben. Der ereU Umi^
dessen Bearbeitung Herrn Dr. G.Walter in Frei-
burg L B. übertragen wurde, enthält Alles, was m
chemieeher und physikaliaeker Hinsiehi in Betracht
kommt Dann folgt der mikroskopisch *bakten(h
logische Theil, der auch die neuesten Methoden und
Erfahrungen berücksichtigt Die BeurtheOmg iet
Wässer bildet den driUen 1%eU, dem für den mit
Wasseruntersuchungen weniger Vertrauten eine
kurze Anleitung zum Nachweis grüberer Yenm-
reinigungen des Wassers angefügt ist
Ficker(Biedau).
28. Handimoh der Fleisöhbesoluia für 2Mr-
är%U, Aerxte und Siehter; von Prof. Robert
Ostertag in Berlin. 2. Aufl. Stuttgart
1895. Ferd. Bnke. Gr. 8. 733 8. mit 161
in d. Text gedruckten Abbildungen. (16 Mk.)
Die 2. Auflage des zuerst 1892 erschieneDen
Buches enthält neu eine Geschichte der Sleisoh-
besohau, Musterverordnungen für die Einführung
der Fleischbeschau, die Klassifikation des Fieisohes
der verschiedenen Sohlachtthiere, femer Beschrei-
bung einiger, neuerdings mehr in den Vordergmnd
getretenen Krankheiten, wieTezasseuohe undrothe
Ruhr des Rindviehes. Weiter findet sich das Widi-
tigste über üeberwachung des Verkehres mit
Büchsenfleisch, Schweineschmalz, Fischen, Gavisr,
Krebsen, Austern und Miesmuscheln. Hierbei ist
die Literatur im Allgemeinen bis zum 1. Oct 1894
berücksichtigt Besondere Verzeichnisse sind den
Capiteln nicht beigefügt, sollen vielmehr sp&ter
gesondert herausgegeben werden.
Da die 1. Auflage des Buches hier noch nicht
besprochen ist, so mag über die Einrichtung und
den Plan des bedeutungsvollen Werkes Folgendes
gesagt sein. 0. hat seinen Stoff in 17 Capitel ge-
theilt Zunächst sind allgemeine Vorbemerkungen
über Wesen und Aufgaben, sowie Geediiohte und
derzeitigen Stand der Fleischbeschau, auch bezüg-
lich ihrer praktischen Durchführung, in Sdilacht-
hOfen und auf dem Lande gegeben, dabei auch die
Frage der Abdeckerei, der Freibänke, Sdüacht-
Versicherungen gestreift, endlich die üeberwaohong
des Fleischverkehres durch wissenschaftU^die und
empirische Fleischbeschauer er5rtert
Fuchs, Bippokrates.
111
Das 2. Gapitel bespricht auf 67 Seiten die
mcksgmtdidim Orundloffm des Fleischverkehres,
QewerbeordnuBg, Strafgesetzbuch, Viehseuchen-,
Nthrungsmittelgesetz und die hierbei einschläg-
liche wichtige Judikatur (durch die z. B. auch das
ekelerregende Fleisch als verdorbenes erklärt wurde),
Aber die Begriffe der Minderwerthigkeit, Qesund-
heitsohfidliohkeit und Verfälschung, wobei auch
nebenbei die unschädliche Beseitigung des gesund«
heitsohädlichen Fleisches besprochen und der Miss-
bnttch, es als Hundefutter zuzulassen, entsprechend
gekennzeichnet wird. Ein Anhang beschäftigt sich
mit dem preussischen Gesetze über die Errichtung
öffBatUcher Schlachthäuser, das näher besprochen
wird, mit dem preussischen Gesetze über die Polizei-
verwaltnng von 1850 und der Polizei Verordnung
fOr die Provinz Hessen-Nassau, betreffend ünter-
BQchung dea Schlachtviehes, von 1892. Bezüglich
der weiteren Gesetzgebung wird auf das in gleichem
DmfaDge wie Oster tag 's Buch und in gleichem
Verlage 1892 erschienene vortreffliche Werk von
WilL Schlampp über die Fieiachsehau-Oesetz-
gimg hingewiesen.
Das 3. Capitel enthält die eigentliche Sehlaekt"
bmds einschliesslich der Besichtigung der Thiere
TOT dem Schlachten, Schlachtmethoden unter Ab-
bildimg verschiedener Schlachtapparate (Masken,
Schtkase, Bolzen) ; Zerlegung der Thiera Es folgen
Capitel über üniersuehung der Thiere, Fleischkunde,
vobei die Verfälschungen, z. B. die Unterschiebung
von Pferdefleisch u. dgl., berücksichtigt werden,
weiter über mm der Norm abumchmdephysioJogisehe
Verhältnisse, allgemeine Pathologie und besonders
erw&hnenswerthe Organkrankheiten, Blutanomalien,
über die Vergiftungen der Schlachtthiere , z. B.
durch Genuas von Giftpflanzen oder irrationelle
Dureichnng starker oder aromatischer, somit den
Reisehgemoh beeinträchtigender Medikamente, wie
Aether, Kampher, Terpentinöl, Petroleum u. s. w.
Bnd über die Autointoxikationen, weiter über die
Merüdien und pflanzlichen Päragiten, zwei überaus
widitige und durch zahlreiche HLustrationen aus-
geseiohnete Capitel. Hier sind auch die auf den
Menaohen übertragbaren Zoonosen wie Milzbrand,
Aphthen, Hotz, Pocken, Tollwuth, Tuberkulose,
letztere ganz besonders eingehend, Aktinomykose,
Botiyomykose, weiter die auf den Menschen nicht
Alieigehenden Affiektionen, wie Lungenseuche,
^weinepeet, Muskelstrahlpilze, in einem An-
liioge auch die Geflügeldiolera und -Diphtherie
litVrochen.
Nicht geringere Wichtigkeit besitzt das folgende
Cipitd über NothßehlacMungen wegen eehiwerer in»
fMoter tirkranhungen und Fleieehvergiflungen.
BierM wird besonders der Massen-Fleisdivergif-
^gen gedacht, deren 0. aus der Literatur der
letzten 15 Jahre allein 55 mit 2700 Erkrankungen
s^ttunmenzustellen vermochte. Die letzten Gapitel
bäomdehi die pwdmorkden Veränderungen des
fleiadies, wobei auch die Wurstvergiftung erörtert
wird, femer die Fragen des MMxueatxea zu Würsten,
des Färbens und Aufblasens, weiter der Oanser-
virung des Fleisches, wobei auch der modernen, mit
Kühlvorrichtungen versebenen Eisenbahnwagen
und der Kühlanlagen näher gedacht ist Im Schiusa-
capitel wird unter Abbildung der entsprechenden,
von einer verständnissvollen Technik neu erson-
neuen Apparate über Kochen, Dan^feterüieaUan und
unschädliche Beseitigung des nicht bankwürdigen,
bez. gesundheitsohädlichen Fleisches abgehandelt
Das mit einem alphabetischen Sachregister ver-
sehene, übrigens vortrefiOich ausgestattete Buch ist
allen betheiligten Kreisen sehr zu empfehlen.
B. W e h m e r (Coblenz).
29. HippokrateSy sämmüiche Werke. Ins Deut-
sche übersetzt und ausführlich commentirt
vonDr.Robert Fuchs. LBand. München
1895. H. Lüneburg. Gr. 8. VIH 526 S.
(8 Mk. 40 Pf.)
Wenn wir kürzlich ein unternehmen freudig
begrüssen konnten, das als „Bibliothek medid-
nischer Klassiker^' es sich zur Aufgabe machte, den
Schatz alter medicinischer Weisheit unserer heutigen
ärztlichen Welt in guten üebersetzungen zugäng-
licher zu machen, so gehört dieses neue Werk vor
allen in diesen Rahmen. Stellt doch das Hippo-
k r a t i sehe Corpus den kostbarsten Schatz unserer
Geschichte dar. Ist doch eindringende Kenntniss-
nähme von seinem Inhalte für Jeden erstes Er-
fordemiss, der die Geschichte der Medicin an der
Quelle kennen lernen will, und gerade zu dieser
ewig jungen, klarsprudelnden Quelle griechischer
Heilkunde mangelte es seit langem an einem guten
deutschen Führer. So heissen wir ihn denn herz-
lich willkommen ! EinedeutscheHippokrates-
' Uebersetzung war wirklich ein Bedürf niss ; in einem
dreibändigen Werke soll sie uns hier geboten
werden.
Ein Philologe hat sich mit jugendlichem Eifer
allein daran gemacht, uns Aerzten die ehrwürdige
Titanengestalt unserer Geschichte in modernem
Gewände näher zu rücken und ausder Alterthums-
kunde heraus einen Gommentar zu liefern. Doch
derUebersetzer wollte noch mehr bieten; er wollte
uns auch das eigentlich Medicinische durch An-
merkungen verständlicher machen, und zwar nidit
nur durch archäologische. Er beruft sich darauf,
dass er „um jeher mit Vorliebe den verworrenen
Wegen nachging, die von der alten, klassischen
Medicin zu der neueren hinüberführen^^ Auch der
wohlgesinnte Leser, der den Eifer des Bearbeiters
durchaus anerkennt, kann sich eines Lächelns nicht
enthalten, wenn er dann in den Anmerkungen er-
fährt, dass die Doctordissertation des Uebersetzera
über ErasistratuB erst 1892 erschien und
einige Arbeiten verwandten Inhaltes 1892 — 1894
in klassiach-philologisohen Zeitschriften. Etwas
jugendliche Eile muss man Fuchs schon zu gute
halten. Doch kann man nicht sagen, dass man bei
112
Fnohs, Hippokratei
ihm den Willen für dieThat nehmen müsste, seine
Hippokrates-Üebersetsnng ist doch eine wirk-
lich tüchtige Leistung.
Die üebersetzung selbst ist im Ganzen wohl-
gelungen, sie liest sich gut und entfernt sich doch
nicht zu sehr von dem Original Manchmal frei-
lich muthet uns die gewählte Ausdruoksweise doch
fast etwas zu modern an ; so möchte man doch ab
und zu den Kopf schütteln, wenn man immer
wieder yon „Patienten^* liest oder von ,jungen
Damen'S Ton „distinkten Schmerzen", vom „Par-
tus", von „dominiren", „prävaliren" und dergleichen.
Auch die Anmerkungen bringen viel Schfttzens-
werthes und werden den in der Geschichte der
Medioin, der Philosophie und der Naturwissen-
schaften unbewanderten recht nützlich sein. So-
weit sie der Begründung seiner Auffassung des
überlieferten Textes dienen, Gonjekturen bringen,
sich mit anderen Herausgebern abfinden, erregen
sie keinerlei Bedenken ; ebenso wenn sie zur Ein-
führung des Lesers in die Verhältnisse des grie-
chischen Lebens oder in griechische Anschauungen
bestimmt sind. Doch lässt sich dec Bearbeiter
manchmal verführen, mehr zu geben, als in seinem
Wissen und Künnra steht, wenn er z. B. über das
Alter der Syphilis sich ein ürtheil gestattet, oder
wenn er die homöopathische Chininerkrankung
uns Aerzten gegenüber nach eigenen Erfahrungen
vertheidigen zu müssen glaubt Besonders hat er
sich bei der Gommentirung der Aphorismen dazu
verführen lassen, mancherlei beizubringen, was er
der Lektüre anderer Commentare verdankt, was
aber kaum dahingehört und nicht nur in einem
vom Philologen verfassten, fürMediciner bestimm-
ten Buche Befremden erregt Dass Servet und
Helmont noch in's Mittelalter gerechnet werden,
dass Uvula und Epiglottis verwechselt werden und
Aehnliches wollen wir ihm nicht weiter anrechnen,
aber mit dem Hinweise, dass man die „Ophthalmia
neonatorum" nach homöopathischer Ansicht auch
ohne Abführmittel heilen könne, hätte er uns wohl
verschonen dürfen, sintemal das jeder Arzt ohne-
hin weis und an Laxantien hier gar nicht mehr
denkt Dagegen wäre es vielen Lesern erwünscht
gewesen, griechische Gitate in den Anmerkungen
auch in deutscher üebersetzung angeführt zu
finden. Wo so manche unbedeutendere ältere
Schrift zur Hippokrates-Eklärung genannt
wird, muss man sich wundem, dass bei der Schrift
nsgl tixvfig die schöne Arbeit von Gomperz gar
nicht erwähnt wird.
Die Anordnung der Bücher schliesst sich voll-
ständig an Häser's Vorschläge an. Sie beginnt
mit den Schriften allgemeinen Inhalts: Eid, Gesetz,
über die Kunst, alte Medicin, Arzt, über den
Anstand, Vorschriften und Aphorismen. Dann
schliessen sich die Schriften zur Anatomie mid
Physiologie (9 — 16): die Anatomie, das Herz, du
Fleisch, die Drüsen, die Natur der Knochen, die
Natur des Menschen, der Samen und die Ent-
stehung des Kindes, die Nahrung. Darauf folgen
die Schriften zur Diätetik und Hygieine und an-
schliessend die allgemein pathologischen (19—24) :
über Luft, Wasser und Oertlichkeit, über die Säfte,
die Krisen, die kritischen Tage, die Wochen, die
Winde, endlich noch das Buch der Prognosen (35)
und die beiden Bücher derYorhersagungen (26 u. 27)l
Damit schliesst der erste Band, leider ist er aus
Versehen ohne Inhaltsverzeichniss in die Welt
gegangen. Wenn wir es auch verstehen können,
dass Fuchs die alten, in der Geschichte der
Medicin ehrwürdig gewordenen lateinischen Titel
in seine saubere deutsche Üebersetzung nicht auf-
nehmen wollte, so möchten wir doch rathen, die-
selben in den Inhaltsübersichten der eimseLoen
Bände beisetzen zu lassen.
Auch darin können wir dem Bearbeiter nidit
beistimmen, dass er biographische Notizen, sovie
Untersuchungen über den Ursprung und die Chrono-
logie der Schriften des Corpus, weil sie streng
philologischer Natur sein müssten, ganz weggelaseea
hat. Auch darüber wünscht der Leser einige Be-
lehrung. Der Herausgeber arbeitet sich bei der
üebersetzung immer tiefer in seinen Hippo-
krates hinein. Wir hoffen, dass er uns im let^
ten Bande neben einer Lebensskizze des grosaen
Asklepiaden auch eine abgerundete Darlegung dee
augenblicklichen Standes der Forschung über die
Entstehung des Hippokrates-Corpus und die
„Echtheit^' und Zeitfolge der einzelnen Schriften
nicht versagen wird.
Wenn wir hier auf so viele Einzelheiten hin-
weisen, so mögen Herausgeber und Verlege da-
durch nicht den Eindruck gewinnen, als wenn vir
an der Arbeit keinen Gefallen gefanden hätten,
ganz im Oegentheil. Es ist recht Tüchtiges ge-
leistet worden und wir stehen dem Versuche des
üebersetzers mit herzlicher Freude gegenüber und
wünschen nur, dass dieser deutsche Hippokrates
ein recht brauchbares Buch werde, das der Freond
der Oeschichte der Heilkunde immer wieder gern
zur Hand nimmt, aus dessen kostbarem Schatze er
sich geistige Erfrischung schöpfen mOge. Aber
wir werden auch auf Jahrzehnte hinaus mit dieser
Üebersetzung auskommen müssen, darum wünsdien
wir ihr die grösste erreichbare Vollkommenheit
Zu den Fähigkeiten des Bearbeiters haben wir ein
gutes Vertrauen gewonnen, er wird es bei ruhigem
Ausreifen nicht zu Schanden werden lassen.
E. Sudhoff (HochdaU).
JAHRBÜCHER
der
in- ond auslilndlscIieD gesammten Medkin«
SStgeSBlBttBa
Bd. 249.
ttsaaetttt
aaHfle
1896.
^ 8.
<mätmm
A. Auszüge.
I. Medlolniscbe Physik, Chemie und Botanik.
177. Uab«r Xanthinkdrper im Harn des
LenUaiken; von St Bondzynski und R
Oottlieb. (Aich. f. experim. PathoL u. Pharma-
kd XXXVL 1 u. 2. p. 127. 1895.)
In einem Falle von lymphatiBoh-lienaler und
myelogener Leukftmie bestimmten B. und 0. quanti-
tativ die im Hain ausgeschiedenen Xanthinbasen.
Sie waren dauernd und sehr auffallend vermehrt,
ihre Ausscheidung erreichte h&ufig fast den Werth
der Hams&ureausscheidung. Im Verhältniss zum
Oesonden war bei dem untersuchten Leukftmie-
fainkon eine Steigerung derXanthinkOrper bis auf
das 3- und 4liaohe des normalen Werthes vorhanden.
Ss ergab sich die weitere Frage, ob an dem
vermehrten Auftreten der Xanthinbasen im Harn
▼ieUeioht schuld sei eine verminderte F&higkeit
des leutilmischen Organismus, die XanthinkOrper
«18 der Nahrung in normaler Weise zu zerstören.
Zu diesem Zwecke erhielt der Kranke Theobromin
(Dimetfaylzantbin) in Gaben von lg, 2.5g; davon
erschien im Harn eben so viel unverändert und
eben so viel in Form von Methylxanthin wieder
wie beim Oesnnden und eine merkliche Zunahme
derXanthinkOrper war nicht nachzuweisen. Da also
«of einer Stoifwechselanomalie, nftmlich einer be*
lünderten Zerstörung der XanthinkOrper, die ge-
steigerte Ausscheidung nicht beruht, stammt das
Pins von dem Eemzerfall der Leukocyten im
iQrper her ; die aus diesem Zerfall hervorgehenden
IttrtfainkOrper verhalten sidi offenber ganz anders,
als die vom Darme aus resorbirten.
Aus dem gegenseitigen Yerhfiltniss, in dem
die Hamsfture su den XanthinkOrpem und die
Sunme beider bu dem Oeeammtstickstoff stand,
Kidiessen B. und 0., daas die Xanthinbasen an
Stelle der Harnsäure auftreten und als ihre Vor-
stufen im Harn bei Leukftmie anzusehen sind;
Med. Jihrbb. Bd. 349. Hft. 2.
wahrscheinlicfa ist daran eine HerabaetaUDg der
Oxydation in den Gheweben schuld, wofür auch
das Auftreten grosser Mengen von flüchtigen Fett-
säuren im Harne sprach. H. Dreser (Bonn).
178. Unterflvohtiiigrsfn über die Kynorwi-
säurebildung Im Ocganlsnma; von A. Sauser.
(Arch. f. experim. Pathel. und PharmakdL XXXVL
1 u. 2. p. 1. 1895.)
Aus den Ergebnissen mehrerer Untersucher
über die Xynurensfturebildung im S^Orper geht
hervor, dass sie mit derEiweisaaufnhr in einer be-
stimmten Beziehung steht H. prüfte, ob die Zu-
fuhr des Thfrosins als eines Spaltungproduktes des
Eiweisses die Eynurensäureausscheidung steigert
Der zweimalige Ffltterungsversuch mit Tyrosin
bei einem durch eiweissfreie Nahrung kymuren-
säureirei gemachten Hunde verlief indessen voll-
ständig negativ. Vielleicht gelangt die Eynuren-
säure nur bei überschüssiger Eiweisszufuhr zur
Ausscheidung, wird aber bei mangelnder Zufuhr
selbst weiter verändert, wie aus 2 weiteren, bei
letzterer Ernährungsweise angestellten Versuchen
mit Darreichung von Eynurensäure hervorzugehen
scheint, wobei die eingegebene Menge keineswegs
vollständig wiedergefunden werden konnta
Im menschlichen Eärper^ der keine Eynuren-
säure zu bilden vermag, wird, wie H. in mehreren
Selbstversuchen feststellte, die eingenommem Kynur-
reneäure vollständig oder nahezu vollständig xer'
setxt, ohne dass im Harne irgendwie auffällige
Produkte dieser Zersetzung zu finden wären.
H. Dreser (Bonn).
179. Ueber den Wnfln— des Siweiaaier-
lUles anf die Aneaoheirtwng des Beatralen
Schwefels ; von Dr. N. S a v e 1 i e f f. ( Virohow*a
Arch. CXXXVL 1. p. 195. 1894.)
15
114
L Hedicinisclie Physik, Chemie und Botanik.
WBhrend bei Versuchen im Beagenzgks sich
Tide Substanzen in alkalischer Lösung leichter
oxydiren lassen, trifft dies beim Thierexperiment
nicht zu, wie unter Anderem für den Schwefel von
T a n i g u t i festgestellt wurde : die Alkalien hemm-
ten sogar die Oxydation. Auch die BinfQhrung
von Chloroformwasser, die den Eiweisszerfall stei-
gert, hemmt die Schwefeloxydation, d. h., es wird
verhältnissmftssig mehr neutraler Schwefel aus-
geschieden. Diese von Buden ko beobachtete
Thatsache konnte S. durch seine Untersuchung
bestätigen. V. Lehmann (Berlin).
180. Comparaiion entreraotionbiolosique
respeotiye de PaUoxaney de Talloxanthine et
jdo Padde parabanique ; par le Dr. Valerie
Lusini. (Arch. itaL de BioL XXIV. 1. p. 12.
1895.)
AUoxan, Allozanthin und Parabansättre sind mit
einander verwandt; sie bissen sich am besten vom
Harnstoff ableiten. Die Constitationsfonneln sind dann
für AUoxan: CXK^hZ^O^^^'
00 — N 00— NH
fürAlloxanthin: CH.OH.OO^C CO + H,0,
(k) — i!r io— ]!rH
für Parabansäore:
CO— NH.
CO— NH
>C0.
IhreAehnlichkeiten und Unterschiede sprechen sich auch
in der Art ihrer Wirkung aus.
Sie wirken alle drei auf das Centralnervensystem,
und zwar lassen sich ein Exdtationstadiam und ein Läh-
mongstadium unterscheiden. Oertlich auf Haut und
.Gewebe gebracht, wirken Alioxan und Alloxanthin rei-
zend, letzteres stärker als ersteres; Parabansänre reizt
nicht. Umgekehrt erregt AUoxan das Muskel- und
Nervensystem stärker, ids das Alloxanthin, während
Parabansänre schnell lähmend wirkt Um Vergiftungs-
erscheinungen zu bewirken, mnss die Parabansänre in
der grössten, das Alioxan in der geringsten Menge ge-
geben werden. AUoxan wird im Körper zum grossen
Theile zerstört, zum TheU findet es sioh im Harn als
AUoxanthin und ds Parabansänre. Auch AUoxanthin
wird zum grössten Theile zerstört, in Spuren findet es
sich als Diiüursänre, Parabansänre und Murexid im Harn.
Parabansänre geht in ganz geringen Spuren in den Harn
'über. y. Lehmann (Berlin).
181. Bas Verhalten der Alloxorkörper im
pathologlaohen Harne. Nach Untersuchungen
von Dr. Rudolf Eolisch und Hermann
B 0 s t a 1. Mitgetheilt von Dr. K o 1 i s c h. (Wien.
Idin. Wchnschr. Vm. 24. 1895.)
Seitdem man die im Harne ausgeschiedenen
AUoxurkörper (Harnsäure, Xanthin, Hypoxanthin,
Quanin, Carnin, Heteroxanthin u. s. w.) chemisch
näher kennen gelernt hat, haben sich auch Anhalte-
punkte für die klinische Yerwerthung ihrer Aus-
scheidungsverhältnisse ergeben. E. und D. unter-
scheiden 2 klinische Gnippen : 1) Vermehrung der
Menge der AlloxurkOrper in toto. 2) Normale
Menge der AlloxurkOrper, aber die Menge der
Basen auf Kosten der EDsumsäure vermehrt
D^ erste Fall findet sich bei der LeukAmie,
Tro er sich leicht durch den Zerfall der vermehrten
Leukocyten erklärt, undbeideruratischenDiaÜiese
wo er uns vorläufig noch unverständlich bleibt
Den zweiten Fall haben E. und D. bei schwerer
Anämie mit raschem BlutzerfaU, sowie bei allen
Nephritiden beobachtet Bei dem raschen Blut-
zerfall erklärt sich die verminderte Hamsäure-
menge durch ungenfigende Oxydation, bei der
Nephritis soll sie sich dadurch erklären, dass im
Nierengewebe Hamsäurebildung stattfindet Der
Hambefund bei der Nephritis kann differential-
diagnostisch gegen Stauungsniere und andere Albu-
minurien verwendet werden.
y. Lehmann (Berlin).
183. Bine Metliode d«r HamatolTbeatiffl-
nmng in thierisohen Organen und Flfltsig-
ketten; von Dr. Bernhard SchOndorff.
(Arch. f. d. ges. Physiol. LEU. 1 u. 2. p. 1. 1895.)
Der Hamstoffgehalt des Harnes, wie des Blutes
lässt sich gut ermitteln, wenn man mit Phosphor-
wolframsäure ■■ Salzsäure erst die anderen stick-
. stofflialtigen Extraktivstoffe fällt Im Filtrat lässfc
sich dann durch Erhitzen mit Phosphorsäure und
nachfolgende Destillation des gebildeten Ammo-
niaks in titrirte Schwefelsäure der Stickstoffgehalt
bestimmen, und durch Erhitzen mit alkalischer
ChlorbaryumlOsung im zugeechmolzenen Bohre nach
Bunsen lässt sich die Kohlensäure bestimmen.
Auf ein Molekül Kohlensäure müssen zwei Mole-
küle Ammoniak gefunden werden.
Bei Hamstoffbestimmung in Organen lässt sieh
diese Methode, wie Seh. fand, nicht ohne Weiteres
anwenden, weil da stickstoffhaltige Extraktivstoffe
(Amidosäuren und Körper der Hamsäuregrappe)
vorkommen, die durch Phosphorwolframsäure nM
gefällt werden und zum Theil sich bei der Be-
handlung mit Phosphorsäure oder beim £rhitzen
mit Chlorbaryum ebenso verhalten wie Harnstoff.
Für Untersuchung Ton Organen giebt Seh. folgen-
den Weg an: Eine gewogene^ möglichst grosse Menge
des zerkleinerten Organa wird mit der 5fachen Menge
Alkohol 48 Stunden lang extrahirt, der Rückstand noch
einige Male mit Alkohol verrieben. Die vereinigten,
etwas mit Essigsäure angesäuerten Extrakte werden bei
50—60^ bis zur Syrapdicke eingedampft DerRückstud
wird mit absolutem Alkohol atSj^nommen, dann wieder
eingedampft Dieser Rückstand, m warmem Wasser anf-
gODommen, wird mit Phosphorwolframsäure ■■ Salzsiaie
gefiOlt (Vs—l Volum Sftoremischung). Nach 24 Stundeo
wird abnltrirt In diesem FUtrate kann dann der Harn*
8to%ehalt durch Erhitzen mit Phosphorsäure aof 150*
oder durch Eohlensäurebestimmong nach Bunsen er-
mittelt werden. V. Lehmann (Berlin).
183. Ueber die denaimetrisohe Bestimmung
des Traabensaokers im Harne; von Dr. phii.
Th. Lohnstein. (Arch. f. d. ges. Physiol. LXU.
1 u. 2. p. 82. 1895.)
L. zeist, dass die Methode von Roberts, den
Traubenzuckergehalt des Harns ans derYerändenxng des
specifischen Gewichtes nach der Oährong lu bestimmeo,
einfach und genau ist, auch tat Traube&zuokeiproooDte
unter 0.5. Der Roberts'sche Faktor ist allerdings
keine Constante, seine Schwankungen sind indessen voa
geringem Einflasse auf das Endresultat
y . L e h m a n n (Berlin).
n. Anatomie und Physiologiei
115
il. Anatomie und Physiologie.
184. üeber Anordnung und Bndlgmig»-
weise der Kerven Im Ovarinm ; von Dr. L n d •>
w i g M a n d 1 in Wien. ( Aroh. f. Qyn&kol. XLVIIL
2. p. 376. 1895.)
Die Angabe früherer Autoren, dass das Ova-
rinm allenthalben in reichstem Haasse von Nerven
durchzogen ist, wird durch vorliegende Unter-
Buchungen aufs Neue bestätigt Das von Riese
und von Her ff gesehene Eindringen von Nerven-
fasern zwischen das Granulosaepithel der Follikel
konnte dagegen trotz sorgftltigster Untersuchung
nie beobachtet werden und es wird an die Möglich-
keit einer optischen Täuschung gedacht, die beider
Feinheit des Objektes leicht zu entschuldigen wäre.
Die meisten Nerven sind als Oeßssnerven anzu-
sehen ; daneben giebt es andere FaserzQge, die weder
anOefössen, noch an muskulären Elementen enden,
sondern direkt bis unter das Oberflächenepithel
ziehen oder in der subepithelialen Zone der Ober-
fläche des Ovarium parallel verlaufen, diesen ist
die Bedeutung sensibler Nerven nicht abzusprechen.
Bros in (Dresden).
186. Der Weg dea Lnflatromea dnroh die
Hiie; von Dr. P. Scheff. (Elin. Zeit- u. Streit-
fragen IX. 2. Wien 1895. HSlder.)
Seh. hatte Oelegenheit, an der Leiche Yerw
suche über den Weg des Luftstromes durch die
Nase anzustellen. Die tracheotomirte LuftrOhre
wurde mit einer Spritze, die Luft durch die Nase
visaugte, in Verbindung gesetzt. Wurde nun die
Luft vor dem Naseneingang mit Joddämpfen ver-
mischt, so konnte nach Bestreichen der Nasen-
schleimhaut mit Eleisterlösung an der mehr oder
minder starken Blaufärbung der Weg, den der
Luftstrom genommen hatte, gesehen werden. Die
ui 10 Leichen vorgenommenen Untersuchungen
ergaben, dass der Hauptweg des Luftstromes der
mittlere Nasengang ist und nur einige Schleifen
durch den oberen und unteren Nasengang gehen,
die Nebenhöhlen aber ganz frei bleiben. Dieses
Beeultat findet seine Erklärung in der grösseren
Wate des mittleren Nasenganges, die Seh. auch
s& mit Metall (Zinn-Wismuth) hergestellten Aus-
fiasea der Nasenhöhlen nachweisen konnte.
Richter (Altenburg).
186. üeber die am Bande des wahren
Stioimbandes vorkommenden Sohleimhaut-
Witen; von Dr. P. Hey mann. (Wien. klin.
Bondschau IX. 29. 1896.)
üeber das Vorkommen von Papillen in der
Schleimhaut des Kehlkopfes gingen bis vor Kurzem
die Meinungen sehr auseinander. Erst B. F r ä n -
^el fiel es aber auf, dass man an Frontalsohnitten
i^gebnfissig vom freien Bande des Stimmbandes
nadi abwftrts Papillen sieht, während sie auf Hori-
zontalschnitten, parallel dem Stimmbandrande ge-
fdhrt, ganz fehlen oder nur andeutungsweise hervor-
treten. Diese auffallende Thatsaohe wurde durch
die Annahme von Sohl^mhauÜeisten am Bande des
Stimmbandes erklfirt
H. hat jetzt zusammen mit C. Ben da Unter-
suchungen dieser VerhUtnisse in der Weise vor-
genommen, dass sie durch Maceration des Kehl-
kopfes in verdünnter Essigsäure das Epithel zur
Ablösung brachten und auf diese Weise Unter-
flächenansichten erhielten. An diesen zeigt sich
nun sehr deutlich ein System von parallel dem
Stimmbandrande verlaufenden Leisten besonders
auf der unteren Fläche des Stimmbandes, in ge-
ringerem Grade aber auch an der oberen Fläche.
In der Gegend des Proc. vocalis convergiren die
Leisten, kreuzen sich mehrfach, so dass hier ein
unregelmäasiges Netzwerk entsteht
Budolf Hey mann (Leipzig).
187. üeber die Balgdrfisen (aogenannten
MMana^flohen) in der normalen Coz^Qi^otiva
des Menaohen; von Dr. T. Theodoroff in
Moskau. (Gentr.-BL f. prakt Augenhkde. XIK.
p. 267. Sept 1895.)
Die von Manz im Jahre 1859 beschriebenen
Balgdrüsen in der Bindehaut des Schweines, die
Stromeyer auch in der des Menschen fand,
wurden später von verschiedenen Untersuchen!
vergeblich gesucht. T h. berichtet, dass er sie in
der flächenartig ausgespannten und gefärbten Binde-
haut von Embryonen und erwachsenen Menschen
stets und leicht finde. Sie sind, 18 — 30 auf jedem
Augenlide, von den Henle'schen tubulösen Drüsen
streng zu unterscheiden. Sie stellen verschieden
grosse, eigenthümliche, scharf umgrenzte Körper-
chen dar, von runder oder ovaler Form mit centra-
ler Oefifnung von glänzend weisser Farbe. Sie
sind entweder paarweise oder unregelmässig an-
geordnet in allen Theilen der Bindehaut, besonders
im tarsalen ; ganz am Bande der Hornhaut sind sie
am seltensten. An Querschnitten stellen sie eine
sackartige Höhle im Bindehautgewebe unmittelbar
unter dem Epithel dar, die mit einem kurzen
Halse an der Epitheloberfläche endet. Balg und
Hals werden aus einer glasartigen Membran ge-
bildet mit mehrfach geschichtetem Cylinderepithel.
Den Inhalt bilden freie Zellen und eine Menge
ZerfaUstofife. Lamhofer (Leipzig).
188. Qnels sont lea rayons du speotre,
dont Tezoitation aar la rätine des enfanta est
la plus intenseP par le Dr. M. Schuyten.
(Belgique m6d. IL 38. p. 357. Sept 26. 1895.)
Wenn man einend Kinde eine Reihe von Farben»
alle unter gleichen Bedingungen, vorlagt, so wird
es die auswählen, deren Anblick ihm die grösste
Freude verursacht ; es wird das die sein, die eine
vorwiegende Erregung seiner Netzhaut bewirkt.
11«
IL Automie und Fbyaiologia
Seh. prüfte daraufhin 4242 Kinder, Knaben und
Uftdohen vom 4. bis 15. Jahre, jedes Kind eiBBeln
und unabh&ngig vom anderen. Das Ergebniss war
folgende Farbenreihe, geordnet vom stärksten sum
Boh wachsten Eindruck: blan, roth, violett, gelb,
grftn, orange. In den Pubertttqahien rfiokt dann
das Roth mehr nach Blau. Lam hof er (Leipsig).
189. Kur Kenntnisa deraogenstnntenDop«
pelempflndungen ; von Dr. R Hilbert in Sens-
burg. (AroL t Augenhkde. XXXI. 1. p.44. 1895.)
Unter Doppelempfindungen (Sekundärempfin-
dung, audition color^, colour audition) versteht
man bekanntlich Empfindungen, die in Folge von
(adäquater) Beizung eines Sinnesnerven entstehend,
nicht auf diesen beschränkt bleiben, sondern gleich-
zeitig Empfindungen im Oebiete eines zweiten
Sinnesnerven hervorrufen. Je nach den betheilig-
ten Sinnesnerven spricht man von Schallphotismen,
Lichtphotismen , Qeruchsphotismen, Oeschmacks-
photismen, Photismen der Hautsensibilität und
Formphotismen. Allen Doppelempfindungen ist
gemeinsam, dass sie stets in gleicher Weise auf-
treten und um so stärker, je weniger die Person
darauf Acht giebt
Für das Zustandekommen dieser Doppelempfin-
dungen wurde eine Hiterregung eines Centrum
durch ein benachbartes, oder ein Uebergang anes
Sinnesreizes von einer Nervenbahn auf eine be>
nachbarte , oder eine wirkliche Vermischung von
Nervenfasern verschiedener Sinne, oder schliess-
lich Atavismus angenommen, da bei gewissen,
relativ niedrig stehenden Organismen ein Nerven-
oentrum die Empfindung mehrerer Sinnesorgane ver-
mittelt Ffir letztere Erklärung spricht ausser der
ausgesprochenen Yererblichkeit, dass die Doppel-
empfindungen bei jüngeren Individuen, sowie bei
Nichtbeachtung stärker hervortreten, oder mit ande-
ren Worten : je mehr die Differenzirung und Arbeits-
theilung des Oehims (Kind — Erwachsttier, träu-
mender — wachender Mensch) zunimmt, um so
mehr nimmt die Intensität der Doppelempfin-
dung ab. H. häh daher die Doppelempfindungen
ffir Reste der ehemaligen Doppelleistnng des frühe-
ren Oesammt-Sinnescentrum unserer Vorfahren im
atavistischen Sinne nach Darwin's Theorien [!].
Er selbst machte folgende Beobaohtang: Ein 22;jfthr.,
gesmider, kräftiger, inteUi^enter Herr luit Zeit seines
Lebens beim Eioachlafen bei Tag und Abend, aber aaoh
nur dann, die Empfindung eines schön rosa geförbten,
stets eine bestimmte Rich^ng einnehmenden Flammen-
kegels von etwa 1 Foss Länge, wenn während dieses
H^bschlafes znfiiUig die Wanduhr zu schlagen begann.
Das Flammenbild erweiterte sich mit jedem Olocken-
schhige. Andere Boppelemj^dungen waren nicht vor-
handen. Lamhofer (Leipag).
190. Du meoaniame oortioal des phino-
BienearMezes; parE. Fand i, Budapest (Paris
1896. 8tei»keU.)
Auf Gfrund eigener Untersuchungen, sowie sehr
umfassender literarischer Studien kommt P. sa
folgenden Schlüssen: 1) Es giebt keine physio-
logisohe oder pathologisohe Tbatsache, die die no^
male Existenz subcortikalerBeflexe beweist 3) Alle '
Reaktionen der Binde sind die für denOiganisBiiiB
zweckentsprechendsten. 3) Es ist ein physiologi-
sches Gesetz, dass bei allen mit Nervensystem be-
gabten Thieren die üebertragung des Beises am
leichtesten in dem bestentwickelten Theile dieses
Systems vor sich geht 4) Alle in der Physiologie,
wie Pathologie so genannten Beflexe sind cortikale
Beaktionen. 6) Die subcortikalen Antheile dea
Nervensystems besitzen keine eigene Funktion, die
von der des Gehirns unabhängig oder ihr gar ent-
gegengerichtet wAre. Sie leiten die Err^gnng
durch das Gehirn zu den vorderen Wurzeln. 6)Na(di
vOUiger Leitungsunterbrechung in den cortikalen
Bahnen übernehmen die peripherischen Bahnen
alle Funktionen des Gehirns, complicirte wie ele-
mentare. Ihre Leistungsfähigkeit erreidit jedoch
nie die der Binde.
Bezüglich der Begründung dieser Sätze mu88
auf das Original verwiesen werden.
Marthen (Eberswalde).
191. Abaoriitloii flrom thebladd^r, nrethn
and ▼agina, wifh aonae notea on abaorivtlOB
from macona membraaea in generalandsome
«zperimenta on the alllsota of pseaaiire ontha
bladder; by Joseph Walsh. (Univers, mei
Mag. Vn. 12. 1895.)
Die praktisch wichtigen Ergebnisse der experi-
mentellen Untersuchungen W.'s sind folgende:
1) Die Blase absorbirt die eingeführten Stoffe etwas
langsam, aber sie hat ein wirkliches Absorptions-
vermögen. 2) Die flüssigen und festen Bars-
bestandtheile werden in einer gewissen Menge von
der Blase wieder aufgesaugt, wenn sie eine be-
stimmte Zeit lang in ihr verweilen künnen. 3)0»
vordere Hamrührenpartie absorbirt besser und
rascher, als die Blase; die hintere Hamrührenpartio
verhält sich wie die Blase. 4) Die Vagina aba(V-
birt die eingeführten StoiVe sehr rasch.
P. Wagner (Leipzig).
192. üebac die phyalologiaoiM Wirkung
der Kebennieranazlrakte ; von Prof. L. AGlu-
ziüski. (Wien. klin. Wohnschr. YIIL 14. 1895.)
Ol. fand, dass das Olycerin ans den Neben-
nieren einen ganz besonders giftigen Stoff hsnna-
zieht, der bei Thieren namentlich das verUngarts
Mark und das Bückenmark angreift und doidi
Lungenödem den Tod herbeiführt
Welche Bedeutung dieser, wahrscheinlich vos
der Nebenniere gebildete Stoff hat, müssen weiteis
Unteranehungen lehren. Dippai
m. Allgemeine PaÜiologie und patiidogiBche Anatomie.
117
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
198. ü^ber die dhemieohe Wirkung der
liektrelyse auf toziaclie und Immiinieirende
Bakteriennbeteaaen; von Dr. S. Krüger.
(Dratsohe med. Wohnsohr. ^XI. 21. 1895.)
K. setzt znnfichst auseinander, dase der con-
Btante elektrische Strom nnter möglichstem Aus-
Bobluss der chemischen Wirkung der Ionen mittels
der nnpolarisirbaren Elektroden zur Anwendung
gebracht, die Bakterien in ihrem Wachsthum voll-
stftndig aufzuhalten vermag, ohne sie abzutOdten.
Wird der constante Strom dagegen unter Mitwir-
kung der Ionen zur Anwendung gebracht, so wer-
den bei genügender Stärke, Dichte und Dauer die
Bakterien und ihre Dauerformen abgetOdtet. Zu
dieser Wirkung bedarf es um so geringerer Strom-
stärke, je länger die Zeit der Einwirkung ist
Durch zweckmässige elektrolytische Behand-
lung von Bakterienculturen mittels polarisirbarer
Elektroden suchte K. die chemischen Vorgänge im
ThierkOrper nachzuahmen, durch welche die gif-
tigen Substanzen injicirter Bakterienculturen in so
Tollkommener Weise zerstört werden, ohne die
Impfschutz verleihende Kraft der Gultoren zu be-
eintrSchtigen. E. liess , da die chemischen Vor-
ige im ThierkOrper hauptsächlich auf Beduktion
imd Oxydation beruhen, die oxydirende und redu-
drende Kraft des elektrischen Stromes auf die
Coltoren einwirken.
Sowohl das Produkt der Kathoden-, wie das-
jenige der Anodeneinwirkung auf Diphtheriecultur,
die, auf Agar gezüchtet, dann abgeschabt und in
Iproa Kochsalzlösung vertheilt, dem elektrischen
Strome ausgesetzt worden war, erwies sich nach
genügender elektrolytischer Vorbehandlung als
derart immunisirend, dass durch die intravenöse
lojektiaa soloher Aufschwemmung eine sonst in
3 Tagen zum Tode führende Diphtherieinfektion
eines Kaninchens zur Heilung gebradit wurde.
Nach K. ist eine solche Heilung wohl als eine
Schnellimmmiisimng anzusehen, wobei der inficirte
KOrper gewissermaassen mit stark immunisirenden
Substanzen überschwemmt wird, so dass die In-
fektion sofort unterdrückt wird. Diese so vorzüg-
Heh immunisirende Lösung stellt sich als eine
Mlose, vollkommen klare Flüssigkeit von schwach
alkalischer Reaktion dar. Eiweiss ist darin nur
ia Spuren enthalten, K. vermuthet deshalb, dass
die immunisirenden Substanzen niefU an Biweiss
gebunden sind. Am Menschen wurden mit diesen
Losungen vorläufig Heilversuche noch nicht an-
geetelli H. Dreser (Bonn).
194. 8tir las phtoomines provoquia imt
n&oeolaitfen dea baolMdiea oharbonneaaea
•nr la comie dea animaux reüraotairea et dea
snhnam aenslblea; par J. Liakhovetsky.
(Ax^ dea ao. UoL IV. 1. p. 42. 1895.)
Die Injektion von Milzbrandbadllen wurde an
den Augen von 56 Kaninchen und 22 Hunden vor-
genommen. Blosse Inoision der Hornhaut und
Impfung der Wunde genügten nicht, da durch die
Thränenflüssigkeit die Bakterien weggeschwemmt
werden. Die Hornhäute wurden in verschiedener
Zeit nach der Einimpfung ausgeschnitten und
mikroskopisch untersucht. Ueber diese verschie-
denen Befunde berichtet L. ganz genau (2 Tafeln).
Sowohl bei den Kaninchen, als bei den für
Milzbrandgift nicht empfänglichen Hunden konnte
die chemotaktische Wirkung des Giftes auf die
Leukocyten, deren wallartige Anhäufung am Ent-
zündungsh^e, sowie die Wirkung der Phagocytose
genau verfolgt werden. Dazu kommt dann noch
die Reaktion des umgebenden Gewebes ; sie war
bei den Kaninchen, die am Leben blieben, viel
stärker, als bei denen, die zu Grunde gingen. Bei
den Versuchen an Hunden war jede Form der
Reaktion schwächer, als bei den Kaninchen. Die
Versuche wurden dann von L. geändert; es wur-
den Milzbrandbacillen in sterilisirter physiologi-
scher Kochsalzlösung und sterile Bouilloncnlturen
eingeimpft Bei Einimpfung nicht virulenter Bak-
terien ist die Ansammlung von Leukocyten gering;
die Bakterien werden rasch durch den Lymph-
strom fortgeschwemmt Bei Einbringimg von phy-
siologischer Kochsalzlösung, allein oder mit chine-
sischer Tusche, entsteht eine heftige Entzündung
mit starker Betheiligimg der Bindehautzellen in
der Nähe der Wunda
Eine so wichtige Rolle die Phagocytoee auch
bei Infektion der Hornhaut spielt und wie sehr
auch die Leukocyten als Wall gegen die Weiter-
verbreitung der Bakterien in den Homhautlamellen
dienen, so vrürde beides doch nicht genügen im
Kampfe gegen die eingedrungenen Gifte; von
grosser Wichtigkeit ist die entzündliche Rektion
des Nachbargewebes und die von L. stets vor-
geftindene Vermehrung der weissen Blutkörperchen
in dem Blute der Thiere. Dass die Bakterien
schon an Ort und Stelle mit der Zeit an Giftigkeit
abnehmen, wurde dadurch bestätigt, dass die All-
gemeinvergiftung von Kaninchen um so schwächer
wurde, je später nach der Impfung von Hornhäuten
von diesen wiederum auf sie übergeimpft wurde.
Bd immun gemachten Kaninehen überwog die
lokale Entzündung über die Phagocytose.
L a m h o f er (Leipzig^
195. SSnr Kenntniaa der AapergiUaamyko-
aen im mensehliohen Beapirationaapparat ;
von Dr. M. Podack. (Virchow's Arch. GXXXIX.
2. p. 260. 1895.)
Nach kurzem Ueberblick über das Vorkommen
des AspergiUuspilzes im menschlichen Körper be-
schreibt P. einen Fall von Bronchomyooaia asper-
gillina.
118
in. Allgemdne Pathologie lind pafhologisohe Anatomie.
Bei einer 38jähr. Frau warde die Diagnose auf Pleu-
ritis et Pneumonia chronica, Bronchiectasis oyliadrica et
sacciformis, Mycosis aspergillina oavernarum, Hyper-
trophia et dilat oordis, Anasarcauad Gavemomata hepatis
gestellt. Nie wurden Tuberkelbadllen, dagegen elastische
Fasern im Sputum gefunden. Tod. Bei der Sektion fand
sich in einer Caveme ein tiefgreifendes Geschwür und in
ihm Aspergillus fumigatus.
P. ist geneigt, in diesem Falle den Pilz rein
als saprophyten anzusehen. Er unterzieht zum
Schluss die in der Literatur niedergelegten Fälle
von Aspergillusmykosen des Respirationsapparates
einer Sichtung und gelangt zur Aufstellung einer
sekundären und einer primären Form.
R. Klien (München).
196. Sin Fall von multiplen paendomela-
notisdhen G^absoesaen der Haut naoh Ery*
slpel. /. Kliniseher Theü; von Prof. Zell er.
//. Anatomischer Theü; von Prof. Arnold. (Vir-
Ghow's Arch. CXXXIX. 2. p. 233. 1896.)
Bei einem 23jähr. Mädchen bildeten sich im Ansohluss
an ein recidivirendes Gesichtserysipel unter dem Bilde
einer schweren septischen Infektion im Verlaufe von
IVs Jahren 650 Abscesse über fast die gesammte Körper-
oberfläche vertheilt. Die Abscesse zeigten Gasbildung
und Schwarzfärbung. Sie wurden geöffnet und schliess-
lich trat Heilung ein. A. fasst die Abscesse als embo-
lische, mit Hämorrhagien verbundene nekrotisirende und
gangränesdrende Entzündungsherde auf. Die schwarze
Färbung beruhe wahrscheinlich auf einer Pseudomelanose,
d. h. einer Färbung der Gewebe durch Schwefeleisen, das
durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf das Eisen
des Hämosideiins und Ferroalbuminats entsteht. Die
Heilung der Abscesse mit weissen Narben lasse auf ein
wenigstens partielles Verschwinden dieses Farbstoffes
schhessen. Zeichen von Ochronose waren nicht festzu-
stellen. R. Klien (München).
197. neber Paraaiten im ütemacaroinom ;
von Vitalis Müller in Petersburg. (Arch. f.
Gynäkol. XLVm. 2. p. 361. 1895.)
Neben zahllosen Zelleinschlüssen, die als degenerirte
Epithelzellen oder als Blutzellen zu deuten waren, fanden
sich in Schnitten von Uteruskrebs andere, bei denen es
sich auch nach dem Urtheil von Botanikern und Zoologen
um parasitäre Zellen handelte. Es waren dies GebUde
verschiedener Art, erstens vereinzelte Cysten mit heller,
doppellichtbrechender Membran, die als incystirte Proto*
zoen gedeutet werden, zweitens kleinere, extracellular
gelegene Cysten und Kapseln solcher, die den Dauer-
cysten mancher Protozoen äusserst ähnlich waren, drittens
nicht incystirte intracellulare Gebilde von verschiedener
Form und Grösse, aus Plasma und Kemsubstanz be«
stehend. Welche Bedeutung diese Parasiten för das Car-
cinom haben , bleibt unentschieden. B r o s i n (Dresden).
198. Zur Morphologie dea Eitera veraohie-
denen Ursprungs; von Dr. W. Janowski.
(Arch. f. experim. Pathol. u. PharmakoL XXXVL
1 u. 2. p. 8. 1895.)
Zur aseptischen Erzeugung von Eiter spritzte
J. melaUiaohes QueeksUber (0.5 — 0.7) Hunden und
Kaninchen unter die Haut, femer Terpentin,
OroUmöl, Oreolin (in reinem Zustande oder in
Spirituslösung), SüberecUpeter in 5proc. wässeriger
Lösung. Die duroh diese sehr verschiedenen
chemischen Agentien erzeugten Eiterarten unter-
schieden sich imPrincip keineswegs von einander.
Noch gleichm&ssiger war der Befund bei den glei-
chen Färbungsyersudien an Eiter parasitären Ur-
sprungs, wie er gewöhnlich klinisch zur Beobach-
tung kommt Aus den Thierversuchen ergab sich,
dass jede Eiterung mit der Aneammhmg mono-
nuckärer Zellen an der BeixeteUe beginnt. Diese
gehen, wie besonders gut bei den Quecksilber-
injektionen zu beobachten war, theils in den ge-
schftdigten Geweben, theils schon im Eiter selbst
in polynudefire Zellen Aber. Aus diesem Orunde
enthält jeder Eiter anfange monanueleäre Zellen in
der Mehrzahl, später aber fast nur noch polynueleärt.
Dieser üebergang der einen Zellen in die anderen
vollzieht sich im Laufe weniger Tage um so rascher,
je stärker der Eitererreger auf dieLeukocyten ein-
wirkt Ausser der Vennehrung der Eernzahl be-
merkt man in den Eiterzellen auch eine Zunahme
des Protoplasma, wie auch von letzterem abstam-
mende, meist neutrophile, nur selten eosinophile
Granulationen.
Die weiteren Metamorphosen der Eiterkörper-
chen bestehen in dem allmählichen Verschwinden
der Granulationen und dem Zerfall des Kernes und
des Protoplasma. Als Resultat der Zerstörung
des ersteren treten im alten Eiter die Ghromatin-
kügelchen auf.
Diese Veränderungen kommen im Eiter para-
sitären Ursprungs binnen einiger oder mehrerer
Wochen zu Stande, bei dem durch chemische
Agentien hervorgerufenen Eiter dagegen weit
rascher; in letzterem Falle enthält das Eiterserum
die schädlichen chemischen Stoffe noch in solcher
Menge, dass die Gewebeelemente dadurch zerstört
werden, unter den untersuchten Mitteln wirkten
am stärksten auf die Gewebe: Quecksilber, Creolin
und Höllenstein, denn der durch sie hervorgebrachte
Eiter wies am frühesten und stärksten Zerfalls-
erscheinungen auf. H. D r e s e r (Bonn).
199. Eine neue Form der Zellentartnog.
Sekretoriaohe , faolurinophile Degeneration ;
von Prof. JohannPrusin Lemberg. (Centr.-BL
f. allg. PathoL u. pathoL Anat VI 18. 1895.)
In hämorrhagischen Herden der Darmwand bei
Pferdetyphns fand P. durch die Rass einsehe Färbung
eigentiitimliche rothgefarbte Bildungen, die grossen mooo-
nucleären Zellen, wahrscheinlich jüngeren MastzeUen,
anlagen. Die Form jener fnchsinophilen Bildungen di&-
lirt ebenso wie ihre Grösse, welche die Hälfte einer Zelle
übertreffen kann. Die Bildungen sind homogen, oder
aus mehreren Kugeln zusammengesetzt, einzeln, oder zu
mehreren in einer Zelle. Meist liegen sie ausserhalb,
manchmal aber auoh im Innern des Protoplasma. Die
Färbung ist verschieden stark, manche der Ballen sind
auch g^inlich. Die Ballen stellen Produkte der degene-
rirenden Mastzellen vor; wahrscheinlich sind sie anfangs
flüssig (diffuse Zellfarbunff) und daher wohl als Sekret
aufzufassen. Mucinös sind sie nioht. Mit Hyalin haben
sie manche Aehnliohkeit in der Färbung, werden aber
mitSafiranin orange, nach van Oieson hellgelb oder
gar nicht, niemals roth gefilrbt; P. bezeichnet sie des-
halb als mit der hyalinen nicht identische sekretorische
fuchsinophile Degenerationy welche vielleicht eine Vor-
stufe der hyalinen Degeneration vorstellt
Beneke (Brauosohweig}»
HL Allgemoinid Pathologie and ^fholögische Anatomie^
119
200. Sin ]M1 von f pftt eingetretenem Tod
nach Ohlorafonninhalationen , nebst Bemer*
klingen bot Eragmentetio myooardii; ¥on Dr.
W. AmbrosiuB in Hanau. (Virohow's Arch.
CXXXVni. p. 193. SuppL-Heft 1895.)
Eine 4S|]Slur. fettreiche Frau. Laparotomie (beider«
seitige Hydroealpinx) ; dstüncL Narkoea, 190 ocm Chloro-
form, O.Ol Morphium. Sehr guter Verlauf der Narkose.
Nach der Operation Apathie, 4 V« Std. nachher ein vorüber-
gehender Oollaps; in der späteren Zeit, trotz abnehmender
sonstiger Beschwerden (Leibschmerz, Aufstosssen u. s. w.),
zunehmende Schwäche, 90 Std. post operat Tod.
Keine Peritonitis. Herzmuskeln schlaff, weich, eelb-
lichbraun, tFÜbe. Milz derb dunkel. Fettleber, sehr
trübe Nierensubstanz (fettige Degeneration und ausge-
breiteter Eemsohwund der Epithelien, namentlich der
Tub. oontorti).
Die Herzmuskelfasem erschienen beim Zerzapfen
meist in kurzen Bruchstücken, sie waren stark feinkörnig
getrübt, zum Theil fettig degenerirt. Im Schnitt (F le m -
m i n g - I'räparate) war die Verfettung ungleich vertheilt,
stellenweise erreichte sie sehr hohe Orade, die Muskel-
fasern erschienen dann verbreitert Weitaus die meisten
Fasern waren in Bruchstücke xerfctÜen; die Bruchlinien
verliefen immer parallel der QuerstreiAmg in wechseln-
den Abständen vom Kerne; wo die Enden schon weiter
aus einander gerückt waren, erschienen die Bruchflächen
gefranst Die beiden Bruchenden können ganz erheb-
uche Differenzen in Bezug auf die Fettmenge aufweisen ;
die Fragmentirung findet sich auch an nicht fettig dege*
nerirten Fasern. Kerne stellenweise gebläht
unter den in Frage stehenden Giftstoffen, die bei der
Operation zur Verwendung kamen (Subhmat, Carbol,
Jodoform, Morphium, Chloroform), kann nur das Chloro-
form die schweren Organschädigungen veranlasst haben,
da sonstige charakteristische Intoxikationsymptome fehl-
ten und der Chloroformverbrauch relativ sehr gross war.
Wahrscheinlich erfolgte gleichzeitig eine Schädigung des
Athemoentmm (ruhige oberflächliche Athmung bei zu-
nehmender Cyanose).
Die eigenthümliche Beziehung des Querzerfalles der
Muskelfasern zur Verfettung deutet A. dahin, dass die
Segmentation an physiologisch präformirten Stellen (nicht
den KitÜeisten) geschehe. Den Eintritt der Segmentation
verlegt er in die letzten agonalen Contraktionen.
B e n e k e (Braunschweig).
201. Endooarditevegetantetrioaspidienne
d'origine paerperale. Bmbolies palmonalres.
Mort; par Macaigne et Schmid. (Bull, de
la See. anat de Paris LXX. 10. p. 402. 1895.)
M. und Seh. fuhren 3 Fälle von Endokarditis der
Tricuspidalis im Puerperium an, 1 nach Pneumonie, je
1 nach Phlebitis der Achselvenen und der des Proc.
raastoideus. In ihrem Falle handelte es sich um eine
Frühgeburt im 4. Monate, in deren Verlauf der Uterus
xurettirt wurde. Die Kruikheitsdauer betrug 2 Monate.
Die feineren Aeste der Lungenarterien waren embolisch
verstopft, auch bestand ein hämorrhagischer Infarkt im
Ünterlappen der einen Lunge. Der Streptococcus wurde
als Ursache nachgewiesen. Das subakute Fieber hatte
sich stets unter 39® C. gehalten. B. Klien (München).
202. Fünf Fälle TonAnearyama disaeeana;
y(m F. Fischer. (Inaug.-Diss. Marburg 1894.)
F. giebt die makro- imd mikroskopische Besohrei-
bong von 5 Fällen von Aneurysma dissecans der Aorta
asoendens, die zum Theil bereits von Marchand in
Eulen burg^s Bealotcyklopädie kurz angeführt sind.
Zweimal handelt es sich um ein sogen, ausgeheiltes Aneu-
rysma dissecans. Von einem dieser Fälle ist auch die
Krankengeschichte ausführlich mitgetheilt.
R. K 1 i e n (München).
203. üeber experimentelle Bnengong von
Bmboiien der Blutgeftase im Innern des Angea ;
von Dr. J. Herrnheiser in Prag. (Elin. Mon.-
BL f. Augenhkde. XXXTTT. p. 319. Sept 1895.)
H. spritzte nach der Methode Singer 's
Kobaltblau oder Asphaltlack in die innere Carotis
von Kaninchen. Fast unmittelbar nach der Injek-
tion sind die Hauptarterien verschlossen und sieht
die Papille blutleer, cadaverOs aus, sie bekommt
aber meist nach einer Viertelstmide, wenn die
Massen in den Arterien sich weiter verschoben
haben, wieder röthlichen Farbenton. Die in die
arteridlen Gef&sse gelangenden Pfropfe werden
bis in die feineren Endästchen weitergeschoben.
Manchmal bleiben grössere Massen stecken und
man kann dann deutlich eine Art von Krampf det
Oefftaswände beobachten, die den Fremdkörper zu
beiden Seiten einschnüren wid an den Enden zu-
spitzen. Aeusaerlich sind fast regelmässig gleich
nach der Injektion eine starke Verengerung der
Pupille der betroffenen Seite und st&rkere Thränen-
absonderung wahrzunehmen. Einige Male trat
auch eine Keratitis neuroparalytica auf. Noch sei
erwähnt, dass es H. gelang, einen Uebergang der
Pfropfe aus den Arterien der Netzhaut in die
Venen der Markstrahlen des Kaninchenauges zu
beobachten. Lamhofer (Leipzig).
204. üeber das Vorkommen eigenthüm*
Hoher homogener Qebilde mit Amyloidreak-
tion in Homhautnarben ; von Dr. Eugenvon
Hippel in Heidelberg. (Arch. f. Ophthalmol.
XLL 3. p. 13. 1895.)
V. H. fand in Homhautnarben eigenthümliche
homogene, stark glänzende organische Gebilde, die
zum Theil nur bei starker Vergrösserung sichtbar
waren, zum Theil etwa 0.1 mm grosse Tropf en und
Schollen bildeten. Sie waren meist an der Ober-
fläche derHomhautnarbe zu finden, aber auch ein-
mal an der Hinteriläche der Hornhaut Die gelbe
Farbe gewisser Leukome rührt von diesen Ein-
lagerungen her, die wohl aus umgewandelten Blut-
körperchen herrühren. Dass nicht alle diese ein-
gelagerten Qebilde den verschiedenen Beagentien
gegenüber das gleiche Verhalten zeigten, weist
auf eine verschiedene chemische Zusammensetzung
hin. Auch die Jodreaktion ist nicht bei allen vor-
handen, während wiederum diese Einlagerungen
eine schöne Färbung mit Carbolfuchsin annahmen,
die bei echtem Amyloid nicht gelang.
Lamhofer (Leipzig).
205. Ueber belThieren experimentell her-
vorgerafenea Amyloid; von Dr. N. P. Kraw-
k o w in Petersburg. ((]lentr.-Bl. f. allg. PathoL u.
pathoL Anat VL 9. 1895.)
K. ist es gelungen, bei Kaninchen, Tauben und
Hühnern durch länger fortgesetzte Einspritzungen
Ton Staphylococcus-pyog.-aureu8-Culturen,wodurch
andauernde Abscesse bewirkt wurden, amyloide
Degeneration in der Milz, dem Magen-Darmkanale,
126
BI ABgemeine Pathologie und pathologiBdie Axuttomie.
der LebeTi den Kieroi, den Speicheldrfisen, dagegen
nicht in dem Knochenmarice» dem periphetieohen
und centralen Nervensysteme und dem Blute her-
Torzurufen. Nicht gelang die Erzeugung bei Hun-
den, Eine durch wiederholte Terpentinöl -Ein-
spritzungen erzeugte chronische Eiterung rief auch
bei Kaninchen und Vögeln kein Amyloid hervor.
E. ist der Ansicht, dass das Amyloid ein Produkt
der Lebenstiiätigkeit dw Mikroben sei, die den
Organismus fortwährend vergiften und heruntw-
bringen. Die Abscesse bieten nur die Herde fQr
die Mikrobengifta Auch mit Fftulnissbakterien
erzeugte K. bei Hühnern Amyl<Hd, dagegen nicht
mit Bacillus pyocyaneus und dem Cholerabacillus.
Darüber, ob der Tubwkelbaoillns allein und das
Syphilisgift im Stande sind, Amyloid zu erzeugen,
sind Untersuchungen im Gange. K. ist geneigt,
in derartigen Fällen Mischinfektion mit Staphylo-
kokken, bez. Fäulnisskeimen anzunehmen.
R. Klien (München).
206. Beiträge mr Kenntnisa des Bleidins
in normaler und pathologisch veränderter
Haut; von Dr. Max Dreysel und Dr. Paul
Oppler. Mit 1 TafeL (Arch. f. Dermatol. u.
SyphiL XXX. 1. p. 63. 1895.)
Auf Anregung Jadassohn's hin stellten
D. u. 0. Untersuchungen über das Eleidin an, das,
obwohl von dem Eeratohyalin durchaus verschieden,
doch häufig mit diesem verwechselt wird. Üeberdie
Beziehungen beider Körper zu einander ist bisher
nichts bekannt, nur das ist festgestellt, dass beide
in einem Zusammenhang mit der Yerhomung
stehen. Nachdem D. u. 0. die Yertheilung des
Eleidins im normalen menschlichen Körper fest-
gestellt hatten, untersuchten sie die erkrankte
Haut, und zwar bei Roseola syphilitica, Erythema
exsudativum multiforme, Eczema acutum und chro-
nicum squamoBum, Psoriasis, papulösem und pustu-
lösem Syphilid, Tuberculosis verrucosa cutis, Scro-
phuloderma, Impetigo, Pityriasis sicca capitis,
Pityriasis tabescentium, Pityriasis versicolor, Con-
dylomata acuminata, Verrucae, Molluscum con-
tagiosum, Cancroid, Clavus, Cholesteatom, Sclero-
dermie, Pityriasis alba atrophicans. D. u. 0. kom-
men zu folgenden Schlüssen :
1) Das Eleidin ist, der Beschreibung Buzzi's
entsprechend, eine Substanz von zähflüssiger Be-
schaffenheit, die sich überall im Stratum lucidum
der menschlichen Haut, in der Begrenzung der
Haarbälge und an den die Homschicht durch-
setzenden Partien der SchweissdrüsenausfÜhrungs-
gänge, in Gestalt von feinen Tropfen und Tröpf-
chen und grösseren Lachen findet. In den Schleim-
häuten ist das Eleidin nur an den üebergangstellen
zur Haut und auch da nur in ganz geringer Menge
zu finden. 2) Kurze Alkoholhärtung hat auf die
Färbbarkeit und Consistenz des Eleidins keinen
wesentlichen Einfluss. Seine Darstellung ist in
alkoholgehärteter Haut demnach am einfachsten.
Die Eärbung gelingt am besten iä FiknMittniii-
ammoQiakviidsulphoBauremNigroraL DsdEWdii
wird durch die lärbung gewiasermaassfla ixiit
und zeigt * danach gewissen chemisdieB Sawk-
kungen gegenüber eine weeenflidi vermetete IPider-
standsfälugkeit. 3) Der Oehalt der B^iderans u
Eleidin ist nicht immer proportional dem an Eetato-
hyalin ; an normaler Haut ist er im Allgemeinei
abhängig von der Dicke der Homsdiicht und vi
daher am grössten an den Fusssohlen und an den
Fingerbeeren. 4) Aus den zahlreichen U&tB^
suchungen an pathologisch veränderter Haut IM
sich schliessen, dass bei reinen Hyperkeratosea
eine Vermehrung des Meidins, wie des Kecito-
hyalins, vorhanden ist Bei Krankheiten, die
wesentlich mit Yerhomung einhergehen (Pan-
keratosen), geht das Eleidin vollständiger und im-
tiger zu Qrunde, als das Kerstohyalin und ist nie
gefunden worden, wenn die Kerne im Stratam
comeum ihre Färbbarkeit bewahrt haben, aodi
wenn Keratohyalin an solchen StelloL nachweisbir
war. Im Molluscum contagiosum ist auch das
Eleidin, wie das Keratohyalin, und zwar zwiacheii
keratohyalinhaltiger und eigentlicher Homschidit
sehr stark vermehrt Wermann (Dresden).
207. Determination de latozioiteduBeram
aangoin ohaa lea ohiena thyroideotomiMi; pv
E. Gley. (Aich. de PhysioL XXVIL 4. p. 771
1895.)
Die Annahme, dass die SchilddrOse einen Gift-
stoff im Körper unschfldlidu madie, und daas iän
Exstirpation daher durch Anhäufung dieses 8tQi8B
die bekannten Erscheinungen der Cachexia stromi-
priva hervorrufe, suchte G. experimentell daduiti
zu beweisen, dass er die Wirkung normale HiuMie-
serams mit derjenigen des Serum von Htmte
verglich, denen die Schilddrüse exstirpirt war.
Er experimentirte an Fröschen, Meersdiwein-
chen und Kaninchen. Es zeigte sich, daas im
Orade der Giftigkeit zwischen beiden Arten y(Ri
Serum kein sehr bedeutender Unterschied besteht,
dagegen wohl in den hervorgebrachten Erschein
nungen. Bei Injektionen von Serum der tiiyreoid-
ektomirten Hunde zeigten sich beim Frosche viel
stärkere Lfthmungserscheinungen, ausserdem Goa-
trakturen; beim Meerschweinchen traten starke
Gonvulsionen auf; beim Kaninchen zeigt sididie
Wirkung in starken fibrillftren Contraktionen fast
aller Muskelgrupp^i. Y. Lehmann (Berlin).
208. Beitrag aar Lehre fiber die Funktion
dir Sohilddrüae; von Dr. E. Formänek und
Dr. L. HaSkovec. (Klin. Zeit- u. Streittrag«
IX. 3 u. 4. Wien 1895.)
Die Yfif. ziehen aus ihren Beobaditungea an
Thieren ohne Schilddrüse folgende Schlüsse :
1) In der thyreopriven Kachexie findet eine
systematische Abnahme der Zahl der rotiien Bltit-
kOrperchen statt Zugleich erscheinen im Blata
Mikrocyten und die Zahl der Leukocyten nimmt so.
IIL AUgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
121
2) Der Trockenrückstand des Blutes, sowie die
Menge des Eisens, bez. Hämoglobins ist kleiner
als de norma.
3) Geht der Hund in einem tetanischen Anfalle
SU Grunde, oder befindet er sich in dem tetanischen
Zustande, so nimmt die Zahl der rothen Blut-
körperchen, sowie auch Trockenrückstand und
Eisengehalt des Blutes, nicht ab; ja, man beob-
achtet sogar eine Steigerung durch Dichterwerden
des Blutes bei den Krämpfen (Control- Versuche
mit Strychnin).
4) Das durch den Zerfall der rothen Blut-
körperchen freigewordene Eisen lagert sich in den
Organen, besonders in Milz und Lymphdrüsen, ab.
5) Vermöge der Verminderung des Hämo-
globins werden Athmung und Puls beschleunigt.
6) Die Schilddrüse ist ein an der Blutbildung
betheiligtes Organ.
7) Nach Einspritzung von Schilddrüsen-Extrakt
werden bei Thieren ohne Schilddrüse Blutzusam-
mensetzung und allgemeiner Zustand besser, nimmt
die Zahl der Blutkörperchen zu.
8) £s ist möglich, dass die Verschlechterung
des Blutes der Bildung giftiger Stoffwechsel-
Produkte Vorschub leistet Redaktion.
209. La leaion medollaire de Poatäite
deformante de Paget; par Gilles de la Tou-
rette et Marinesco. (Nouv. Iconogr. de la
Salpötriöre Vm. 4. p. 205. 1895.)
Die Vff. haben in 2 Fällen der nach Paget
genannten Enochenkrankheit dieselbe Erkrankung
des Rückenmarkes gefunden. Es waren die Hinter-
stränge besonders im Brustmarke verändert, die
Nervenfasern vermindert, das Gliagewebe ver-
m^urt Am meisten waren der mediane Theil der
Hinterstränge und die hintere Wurzelzone betroffen.
Die Wurzeln waren normal In einem Falle konn-
ten die Vff. auch die Nerven untersuchen und fan-
den sie verdickt, ihr Zwischengewebe vermehrt
Möbius.
210. Myelopathia poatneotitioa; von Dr. J.
Feinberg in Eowno (Russland). (Ztschr. f. klin.
Med. XKV. 1 u. 2. p. 64. 1894.)
Bei 2 Kaninchen berieselte F. den blossgeleg-
ten Ischiadicus mit dein Schwefelätherspray 5 Min.
lang, bei einem dritten mit eiskalter, gesättigter
Kochsalzlösung. Es wurde zunächst Hyperästhesie
an den Hinterbeinen bei erhöhten Sehnen- und
Hautreflexen beobachtet. Allmählich nahm dann
die Sensibilität ab, bis zur Anästhesie ; die Sehnen-
reflexe verschwanden. In diesem Stadium wurden
2 Kaninchen nach 6 — 7 Wochen getödtet, das
letzte ging nach 8 Monaten unter paraplegischen
Ersdieinungen mit Incontinentia vesicae et alvi zu
Grunde. Mikroskopisch fand man in aUen 3 Fällen
parenchymatöse Degeneration vieler Nervenfasern,
jedoch in allen Graden, viele Fasern auch voll-
kommen intakt, im Verlaufe einer Faser manchmal
audi alle Grade der Degeneration. Bemerkens-
Msd. Jahibb. Bd. 249. Hft. 2.
werth war nun, dass diese degenerative Neuritis
auf das Rückenmark fibergriff, und zwar haupt-
sächlich auf die hinteren Wurzelfasem, die Hinter-
homzellen und die Clarke'schen Säulen, in gerin-
gerem Grade aber auch auf andere Zellen und
Fasersysteme. Am meisten war immer das Lumbal-
mark befallen. In den Muskeln und Terminal-
verästelungen der Ischiadici fand man nichts Ab-
normes. Auch für die menschliche Pathologie sind
diese Resultate nicht ohne Interesse. Möglicher-
weise handelt es sich auch bei der akuten Polio-
myelitis nur um eine rapide Progression der Noxe
von der Peripherie in's Centrum.
E. Hüf 1er (Chemnitz).
211. Ueber sekundäre Veränderungen im
Büokenmark nach Oberarmexartiknlationen ;
von Hermann Wille. (Arch. f. Psychiatrie
XXVn. 2. p. 554. 1895.)
Nach einem kurzen Ueberblicke über unsere
jetzig«! Anschauungen vom Aufbau des Rücken-
marks, geht W. auf die Befunde ein, die er bei
(Gelegenheit der Untersuchung dreier Amputations-
rückenmarke machte. Zweimal handelte es sich
um Exartikulation im linken Schultergelenke, wo-
bei in dem einen Falle nach 10, im anderen nach
40 Jahren der Tod eingetreten war; im 3. Falle
war vor 4 Jahren die Amputation des rechten
Oberarms ausgeführt worden. Nach Schilderung
seiner Befunde bringt W. eine Zusammenstellung
der in der Literatur beschriebenen fthnlichen F&lie,
sowie der einschlägigen experimentellen Unter-
suchungen. Die Resultate seiner eigenen und die
Ergebnisse der in der Literatur niedergelegten
Untersuchungen fasst W. in folgende Sätze zu-
sammen : 1) Nach Durschneidung eines periphe-
rischen gemischten Nerven finden sich im Bücken-
marke primäre Veränderungen von degenerativ-
atrophischem Charakter; 2) die Veränderungen
machen sich im ganzen Gebiete des sensibeln imd
motorischen Neuron geltend und scheinen sich
gleichzeitig über beide Neuronen auszubreiten.
Die motorischen Qanglienzellen sind sicher am
Processe betheiligt, für die Spinalganglienzellen
fehlt uns noch der sichere Nachweis; 3)dasUeber-
greifen der Veränderungen von einem direkten
Neuron auf das indirekte ist eine Möglichkeit und
würde im Einklänge stehen mit gewissen Bücken-
markskrankheiten. E. H ü f 1 e r (Chemnitz).
212. Die Gliose bei Epilepsie; von Dr.
Bleuler. (Münchn. med. Wchnschr. XLII. 33.
1895.)
Bl. hat 80 Gehirne an über 900 Stellen auf
Sklerose untersucht, darunter 26 Epileptiker-
gehime. An diesen letzteren fand er stets eine*
deutliche Hypertrophie der zwisehen der Pia und
den äussersten tangentialen Nervenfasern gelegenen
Gliafasem. Diese waren vermehrt, verdickt und
anscheinend auch verlängert, dazu meist der Ober-
16
122
IT. Pharmakologie und Toxikologie.
flidie parallel angeoicbiet imd soheinbar banpt-
sflcfaüch qoer au den WiDdungeaverianfeiid ; jedoch
bestand auch ein lebhafter Austauaoh Ton 01i»-
fasem zwiaohen den oberflflchliohsten und den
tieferen Schichten der Rinde. Diese, aocfa schon
von Chaslin 1891 beschriebene OberflAchen-
gliose war mdst über den ganzen Himmantel ver»
breitet, zn weilen war aoch in fthnlioher Weise,
jedoch in geringerem Orade, das Kleinhirn betroffen.
Alle Eranken hatten an ziemlich starkem bis sehr
starkem epileptischen Blödsinn gelitten. Die In-
tensität des gliGsen Prooesses entsprach im All-
gemeinen der Stärke dex Yerblödnng, nioht der
Dauer der Epilepsie.
Bei den übrigen 54 Gehirnen anderweiter
Kranker, meist primär oder sekundär Dementer, war
die Gliose überhaupt nur ISmal nachweisbflr, xaA
selbst in diesen Fällen viel weniger auagedehnt, oft
nur in wenig Schnitten zu finden; die Anordnungai
der Gliafasem war lockerer und nicht parallel
An den Gehirnen der Epileptiker fand BL
ansser der Oberflächengliose nichts gerade Herror-
stediendes; die Gliazellen waren häufig etwas ge-
schrumpft, Ganglienzdlen Öfter, Gefässe selten ab-
nonn. Die Pia war nie mit dem Gehirn yerwach86&;
bei Tod im Stalus epilepticus war sie piall Öde-
matOs. In den meisten Fällen war das Hintw-
ha^ptsloch abnorm eng.
BL hält es für mO^ch und für berechtigt, aos
der beschriebenen Oberflfichengliose die „esaea-
tieUd" Epilepsie anatomisch zu diagnostidren.
Boettiger (Hambuxg).
IV. Pbamiakoiogle und Toxikologie.
' 213. De Paotipyrese par «otioii propuMTe ;
parle Prof. Henri Soulier, Ly<m, (Lyon m6d.
XXVn. 34. 1895.)
Nach einleitenden Bemerkungen über die Ent^
stehung und das Wesen des Fiebers bespricht S.
die einzelnen Methoden und Mittel, die bei B^iand*
lung der Krankheiten überhaupt in Betracht kom-
men. Er unterscheidet dreierlei Methoden, und
zwar:
LDieJntipyrese. Hier hat man die beetehoide
Hyperthermie und heiabgesetzte Bmäfarung in Be-
traoht zu ziehen. A. Die Hyperthermie kann herab^
gesetzt werden : 1) indem man den Wärmeverlust
an der Peripherie vermdirt, und zwar durch Er-
weiterung der Hautgefilase (zu welchem Zwecke
die benzolartigen Antipyretica, Antifebrin, Phenace-
tin, Antipyrin und die kalten Bäder geeignet sind);
2) indem man die Wärmebüdung yermindert, und
zwar direkt durch eine speoifiiache Wirkung auf die
organische Zelle und womöglich auf die Mikrobe
(hier Chinin, besonders in die Vene gespritzt), oder
indirekt durch centrale Wirkung (hier vielleicht
auch Chinin); 3) durch Mittel, die zugleich den
Wärmeverlust zu vermehren und die Wännehildung
zu vermindern scheinen : Salicylsäure, Antifebrin,
Phenacetin, Antipyrin, äueisere Anwendung (Badi-
geonage) von Guajacol und Spartein, endlich das
kalte Bad, das nach Boque und Weil zugleich
die Ausscheidung der Toxine befördert. B. Die
beim Fieber herabgesetzte, bez. gestörte Eknährung
erfordert solche antithermische Mittel, die nicht in
dem Sinne wie das Fieber selbst denutritiv wirken,
sondern, obgleich sie die Ernährung etwas herab-
setzen, sie doch andererseits reguUren und die An-
eignung befördern. Hierher gehören das kalte Bad
und das Chinin, wogegen die neueren aromatischen
Antipyretica auf die Ernährung alle mehr oder
weniger nachtheilig wirken.
IL Propuisive Methode, J^optdsion. Bei ihr wer-
den Mittel zur Anwendung gebracht, die auf dem
Wege der Nerven ihre Wirkung äussern. Hierher
gehören Gegenreize (durch Yeratrin-, Aconitin-
einreibung und Yesikatore), Elektricität, Metallo-
therapie, Hypnotismus, Suggestion, Transfert,
Magnetismus, Shock, Nervendehnung. Der Erfolg
tritt, wofern er überhaupt eintritt, sehr rasch ein.
in. Propubwe AfUipyreae. Hier handelt essicii
gleichfalls um Mittel, die eine von einer Besorption
unabhängige centripetale (Nerven-) Wirkung aofi-
üben, welche letztere jedoch ganz besonders die
Nerveneentren trifft; es gehören hierher die äussera
Anwendung (Badigeonage) des Ouajaeol und Spar-
tein, desgleidien das kalte Bad und theil weise auch
die örüichß Anwendung von Kälte (Eisbeutel). S. ist
also, was das Guajacol und Spartein anlangt an-
derer als der gewöhnlichen Ansicht, nach welcher
diese Mittel lediglich durch Resorption wirken,
und weist zur Begründung der seinigen auf die Ve^
suche von Guinard und Geley hin (Jahrbb.
CCXLV. p. 129), nach denen besonders das Sportm,
doch auch Cocain, Heüeborem, Solanin, äasseriich
angewendet, lediglich auf reflektorischem W^gedie
Hyperthermie herabsetzen und eine Begulirung der
Wärmebildung bewirken» Es würde diese Art der
Wirkung zu vergleichen sein, mit deijenigen, die
(gleichfalls auf refl^torischem Wege) auch der Eälte-
reiz auf Gefässe und thermische Centren ausübt
0. Naumann (Leipzig).
214. Ueber das Verhalten des Stoffv^eohsela
bei der Schilddrüsentherapie ; von Dr. A. Den-
n i g in Tübingen. (Münchn. med. Wchnschr. XLH
17. 1895.)
D. hat sich die Aufgabe gestellt, zu ermitteln,
ob durch Schilddrüsenfütterung der StofihirechBel
Noth leidet, namentlioh ob Eiweisszerfall in be-
deutenderem Grade statthat Beruht die schnelle
Gewichtsabnahme, dermitSchilddrüsendarreichung
behandelten Myxödematösen u. s. w» nur auf Wasser-
entziehung und Fettverbrennung, so schaden wir
in keinem Falle mit derThyreoidinbehandlung; ist
aber damit vermehrte StiokstofTausscheidung bei
IT. Pharmakdogie und Toxikologie.
123
gleichbleibender Zufuhr verbunden, so hat man
alle Ursache, auf der Hut zu sein.
Die von D. vorgenomm«aen üntersuchuDgen
eretrecken sidi auf 3 Personen ; hierzu kommt noch
eine 4. Beobachtung, die D. in Nr. 20. der Mün-
chener med. Wochenschrift mittheilt Aus diesen
Untersuchungen geht harvor, dasa bei der Sckild*
drüsm/utterung individiieUe Untersdiiede fmKörper^
haushaUe bestehen, dass der Stoffwechsel des Einen
sehr bedeutend beeinflusst vokd, tväkrend ein Änderer
das Mittel unbeschadet in grösseren Dosen «u sich
wkmen kann.
Zu den unerwünschten NAenerscheinungen bei
Thyreoideabehandlung rechnet man noch das Auf-
treten von BXweiss und Zucker tm Harn, Ersteres
ist bis jetzt nur in geringen Mengen gefanden und
verschwand beim Aussetzen des Mittels rasch wie-
der. St&rkere MeUiturie könnte D. bei einem Er.
und bei sich selbst nach mehrwöchigem Ge-
brauche von Schilddrüsentabletten beobachten. Der
Zockeigehalt des Urins war so stark, dass auch
die Ifoduktionsproben ausgesprochene Reaktion er-
gaben. P. W a g. n e r (Leipzig).
215. StofEN^veohselversaoli beiSohilddrüsen*
füttemng; von DDr. L. Bleibtreu u. H. Wen-
delstadt in Cöln. (Deutsche med. Wchnschr.
XXL 22. 1895.)
Bl, und W. suchten bei ihrem Stoff wechsel-
Terauche hauptsächlich die Frage zu entscheiden,
ob bei der Fütterung von Schilddrüsenbestandtheil^
der zur Beobachtung kömmende Oewiohtsverlust,
nor auf Wa88en^)gabe und Schwund des Fett-
gewebes berubt, oder auch auf Abgabe von Eiweiss-
Babstanz.
Das Resultat des an einem der YfF. selbst an-
gestellten Versuches war nun in der That ein,
▼«m auoh nicht sehr starker Zerfedl von Eörper-
eiweiss, der sich, entgegen den bisherigen Erfahrun-
gen bei Stoifwediselversuchen durch eine grossere
Zufuhr stickstofffreier Nahrungsmittel nicht auf-
balten Hess.
Die eiwdsssparende Wirkung von Fett und
Kohlehydraten trat dagegen sofort zu Tage, als die
Person keine Thyreoideatabletten mehr einnahm.
P. Wagner (Leipzig).
216. Zur Behandlung des Erebaea mit
Srebsaeram; von Dr. Freymuth. (Deutsche
mei Wchnschr. XXI. 21. 1895.)
Gelegentlich eines therapeutischen Versuches
nüt dem Erysipelserum bei einem an sarkomatGser
Spolis operirten Herrn erkrankte dessen Frau, als
^ Pseudoerysipel bei dem Manne in der Blüthe
8t^d, an Schüttelfrost, schmerzhafter Schwellung
^ rechten Leistendrüsen und einem Erysipel, das
von einem kleinen alten Ulcus cruris über dem
Fofisgelenke ausgehend sich längs des Unter-
tt^kelB bis über das Knie hinaufsog. Fr. ver-
mnihel;, das asepHsche Erysipel in Folge des beson-
ders heilkräftigen Serum sei geHegenÜidi anscheinend
infektiös. Besondere Vorsicht auch rücksichtlich
d«: Umgebung des Er. sei dahw nüthig. Ueber die
Heilwirkung auf das Carcinom selbst äussert sich
F r. sehr befriedigt. H. D r e s e r (Bonn).
317. EliniaolieB über Dioretin; von Dr.
S. Askanazy. (Deutsches Arch. f. klin. Med.
LVI. 3 u. 4. p. 209. 1895.)
Die Mittheilung stammt aus der med. Eünik
zu Königsberg. Dort wurde das Diuretin Knoü
in zahlreichen Fällen angewandt und erwies sich
bei Erkrankungen des Herzens und der Oefässe als
ausserordentlich zuverlässig wirkendes Diureticum.
Bei Nierenleiden war seine Wirkung oft auch sehr
gut, aber doch nicht so sicher. 3 — 4 g pro Tag
düi^n als höchste Dosis anzusehen sein , bei
grösseren Gaben treten CoUapse ein, denen 3 Kr.
(chronische Nephritis, Dilatatio cordis idiopathicai
Arteriosklerose) erlagen. Sehr auffallend war die
schnelle günstige Wirkung des Mittels in einigen
Fällen von Asthma cardiale, Angina pectoris und
chronischer kardialer Dyspnoe. A. meint, dass hier
eine Einwirkung auf das Herz eine wichtige Bolle
spiele und sieht in seinen Beobachtungen eine
Stütze der Anschauung von Parry- Traube: die
Angina pectoris beruht auf einer plötzlichen Zu«
nähme der vorhandenen Herzschwäche ; die Blut-
.Überfüllung spannt die Herzwände an und reizt
die in ihnen gelegenen motorischen und sensibelen
Nervenelemente. Dippe.
218. Ueber Kdaotozin» einen wirkaamen
Beatandtheil der Xlorea Koso; von M. Hand-
mann. (Arch. f. experim. PathoL u. PharmakoL
XXXYL 1 u. 2. p. 138. 1895.)
In dem Laboratorium von Prof. Böhm hatte
Leichsenring eine wirklich wirksame Substanz
aus den Kosoblüthen dargestellt als einen amor«
phen , gelblich weissen Körp^, der bei 80^ C. schmolzi
von der Zusammensetzung Ci^HgiOi^. Das bisher
bekannte „Koein^* stellt nach Leichsenring
jedenfalls keinen pr&formirten Beetandtheil der
Kosoblüthen dar, auch erwies es sich als ungiftig,
während aUe bisher genauer untersuchten wirk-
samen Bestandth^e von Bandwurmmitteln sich
auch insbesondere für Frösche als giftig erwiesen.
Das neue „KosoUmn'' von Leichsenring löst
sich in Alkohol, Aether und Chlorof(»rm und kohlen-
sauren Alkalien. Die von H. sehr eingehend durch-
geführten Untersuchungen zeigten, dass am Frosche
das Centralnervensystem nur wenig beeinflusst
wurde, htrvorraj^ind dagegen das Muskelsystem,
denn es wurden sowohl die motorischen Nerven-
endigungen im Muskel, wie auch die Muskelfibrilleu
selbst gelähmt. Auch die diastolische Erweiterung
des Herzmuskels beruht ebenfalls wohl auf einer
solchen Muskelwirkung. Bei Säug^thieren wird
diese Lähmung durch Ausserkrafttreten der Bespi^
ratiousmuskeln zur Todesurs^^obe.
124
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
Ein völlig negatives Besultat lieferten einige
Yersuche, bei Katzen, in deren Fäoes Tänieneier
nachgewiesen waren, durch Dosen von 0.1 Eoso-
tozin, in Pulver oder Pillen gegeben, Bandwürmer
abzutreiben.
Das Eosotoxin ist ähnlich der aus Rhizoma
Pannae isolirten Pannasäure ein starkes Muskelgift
und beide beeinflussen das Centralnervensystem
nur wenig, während von anderen Bandwurmmitteln
die Filixsäure und die Polystichumsäure vorwiegend
das centrale Nervensystem lähmen.
H. Dreser (Bonn).
219. Aotion de la morphine aar le perl*
■taltisme intestinal; par L. Ouinard. (Lyon
m§d. XXVn. 30. p. 419. 1895.)
Besonders nach kleinen Morphingaben sah ö.
mit ziemlicher Regelmässigkeit eine bald vorüber-
gehende Anregung der Darmperistaltik mit eventuell
einmaliger Eothentleerung, der alsbald mit dem
Eintritte der narkotischen Wirkung auch die Darm-
trägheit nachfolgt G. fand dieses Verhalten nicht
nur beim Menschen, sondern auch beim Hunde,
Pferde, Ochsen, Schwein, Hammel und bei der Eatze«
Er fasst diese Morphinwirkung als eine anfängliche
Beizung der motorischen Nervenelemente in der
glatten Darmmuskulatur auf, ein flüchtiger Er^
regungzustand, wie er auch bei manchen anderen
lähmend wirkenden Arzneistoffen der hauptsäch-
lichen Lähmungswirkung voraufgehi G. erinnert'
an die Empfehlung Eupffer's, Morphin in kleinen
Gaben anzuwenden bei Insufficienz der Uterus-
contraktionen, die dadurch angeregt würden.
H. Dreser (Bonn).
220. Sor Petat nans^enx et lea vomisae*
menta provoqaea par la morphine; parL.Gui-
n a r d. (Lyon m§d. XXVH. 36. 1895.)
Für das nach Morphiumgenuss bekanntlich gar
nicht selten eintretende Erbrechen sind seither
verschiedene Erklärungen versucht worden; G.
machte es sich zur Aufgabe, diese auf ihren Werth
zu prüfen, und stellte hierauf bezügliche Yersuche
an, die zugleich die Frage des zwischen Morphium
und Atropin angeblich bestehenden Antagonismus
berührten. Er fand zunächst, dass von den Haus-
säugethieren nur Hunde und Eatzen vor dem Ein-
schlafen erbrachen, und zwar erstere zu 60, letz-
tere zu 370/0; das Schwein erbrach nicht einmal
auf Apomorphin. Diesen Stoff will P i e r c e auch
für das Erbrechen nach Morphium verantwortlich
machen, indem er eine theilweise intraorgane Um-
wandlung des Morphium in Apomorphin annimmt,
und die angeblich grössere Leichtigkeit, mit der
Erbrechen nach Gebrauch alter, vermuthlich schon
mit Apomorphin beladener, bez. leichter in solches
zersetzbarer Morphium-LGsungen entstehen soll,
schien diese Annahme zu unterstützen. Für eine
solche Umwandlung innerhalb des EOrpers liegt
aber gar kein Grund vor und ebenso erwies es sich
hinsichtlich der Häufigkeit des Erbrediens als ganz
gleichgültig, ob G. frische oder mehrere Jahre alte
Lösungen (bei Hunden) angewendet hatte.
Auch die Annahme einer VerdauungstGmng
und hierdurch bewirkter mechanischer Beiziuig
des Magens durdi die nicht verdauten Stoffe, die
sich auf CL Bernard 's Beobachtung gründete,
dass nach Einspritzen von Morphium in den Eropf
der Yögel die Verdauung längere Zeit ganz stÜl
stehe, erklärt nicht die Raschheit des Erbrechens
nach subcutaner Einspritzung; ja es ist nachO.
überhaupt ein jeder reflektorische Brechreiz durch
Morphium so ziemlich auszuschliessen, wie dies
noch aus folgenden Yersuchen hervorzugehen
scheint: Einigen Hunden wurde der Magen heraus-
geschnitten, anderen wurden nach gemachter
Tracheotomie die NN. pneumogastr. durchschnitten
und beiderlei Yersuchsthieren nachher subcutan
Morphium eingespritzt Nichtsdestoweniger 6^
folgten auch hier in dem ersten FaUe Nausea and
Brechbewegungen, in dem letzteren Nausea und
Erbrechen. Alles bisher Gesagte, sowie die Be-
obachtung, dass gerade bei raschester Wirkung des
Morphium, nach venöser Einspritzung, ein E^
bredien nur ausnahmeweise erfolgt, das Gegentheil
aber um so häufiger eintritt, je langsamer das
Morphium wirken konnte, berechtigt zu der An-
nahme, dass dieses Erbrechen durch Beizung der
Brechcentren , ähnlich wie nach Apomorphin, be-
wirkt wird. Ist aber einmal eine Paralyse d6^
selben erfolgt, so rufen, wie G. an Hunden bestätigt
fand, auch keine späteren starken Morphiumgaben,
nicht einmal Apomorphin, Erbrechen mehr hervor.
Das Atropin, das ja schon an und für sich Er-
brechen, und zwar angesichts des schnellen Ein-
trittes durch centrale Reizung bewirken kann,
beugt bekanntlich, dem Morphium zugegeben, in
hohem Maasse dem Erbrechen vor, doch ist dies
nach G. nur oder wenigstens nur in auffalliger
Weise beim Menschen der Fall ; bei Hunden und
Katzen bewirkten diese Alkaloide, moditen sie
gleichzeitig (z. B. 0.05 Morphium und 0.005 Atropin
auf 10 kg Thier) oder das Morphium erst hinterher
eingespritzt worden sein, niditsdestoweniger Er-
brechen. Hieraus ist nach G. zu schliessen, dass
eine Vergesellschaftung von Morphium und Atro-
pin, die beim Menschen in so günstiger Weise anti-
vomitiv wirkt, diese Wirkung nicht einem angeb-
lichen Antagonismus, sondern eher einer, die Reiz-
wirkung überwindenden Synergie dieser Alkaloide
verdankt Für Thiere hat eine solche Vergesell-
schaftung nicht entfernt den gleichen Werth.
0. Naumann (Leipzig).
221. A propoa del'aotionezolto-aeoretoire
de la morphine aar loa glandea aalivairef et
audoriparea; par L. Guinard. (Lyon m^
XXVn. 35. 1895.)
G. prüfte bei verschiedenen Thieren die Wir-
kung des Morphium auf die Speichel- und Seh weiss-
drOsen und kam hierbei zu folgenden Ergebnissen:
IV, Phannakologie liad Toxikologie.
125
1) Beim Hund tritt die Salivation sogleich beim
Beginn der Morphinmwirkung ein und hält um so
Unger an, je kleiner die Gabe gewesen war, schwin-
det aber wShrend der Schlafperiode. 2) Bei dem
Bind, der Ziege, dem Schaf, dem Schwein und der
Katze ist die Steigerung der Speichelabsonderung
die hervorragendste Erscheinung der Morphium-
Wirkung; sie hält w&hrend der ganzen Dauer der
Wirkung an, zuweilen mit ganz ausserordentlicher
Sttrke, und tritt um so mehr hervor, je stärker die
Gabe war. Ganz besonders ist dies beim Rind
der Fall; die Speichelung tritt hier etwa 20 Min.
nach der subcutanen Einspritzung ein und zeigt
sieh bei einigermaassen starken Gaben nicht ge-
ringer, als nach Pilocarpin. 3) Bei Einhufern,
Pferd, Esel, tritt constant statt des Speichelflusses
ein fibermässiges Schwitzen ein, also ähnlich wie
beim Menschen, zumal wenn man das Morphium
in starken Gaben eingespritzt hatte (wie schon
Kaufmann und Fr5hner gesehen hatten).
Es ist kein Zweifel, dass diese Steigerung der er-
wihnten Absonderungen zum bei Weitem grossten Theile
doich centrale Reizung, zum geringsten, wenn überhaupt,
duch Contakt- Wirkung des Morphium auf das Drüsen-
^ibe bedingt wird. Es wird dies dadurch bewiesen^
wenn man (beim Hund) die eine Chorda tympam
Tor der Morphiumeinspritzung durchschnitten hat, eine
Sekretion der Glandula submaxillaris auf dieser Seite
mcM eintritt, wohl aber auf der gesunden, und dass man,
nach Anlesen von Parotisfisteln, ein ganz gleiches Ver-
Mten auoh an diesen Drüsen wahrnimmt, sobald man
mäüg den Sekretionsnerven durchsohnitten hat Auoh
in Bezog auf die Sohweissabsonderung beobaohtete G. an
dem Fiusballen einer Katze eine ganz entsprechende
Wirhmg des Morphium, d. h. die Sekretion blieb aus,
nohdem vor der Einspritzung der betr. N. isohiadious
durchschnitten worden war.
Diese centrale Wirkrmg, die nach G. ganz ähnlich
derdesApocodein ist, tritt (bei Hunden) um so deutlicher
Qod om 80 rascher hervor, je länger die Thiere unter dem
Emflosse des Morphium gehalten werden, so dass sc^on
luch wenigen Tagen die Speichelung durch psychische
Wirknng eintritt, sobald das Thier nur merkt, dass die
fiospritzung erfolgen solL O.Naumann (Leipzig).
222. Bericht fiber tozikologisohe Arbeiten
aus den Jahren 1884 — 96 ; von Privatdocent Dr.
ArthurHeffterin Leipzig. (Fortsetzung ; vgl.
Jahrbb. CCXUX. p. 19.)
Vn. Arsenik.
24) ^tr Symptomatologie und IHfferentialdiagnosB
iar Arsmikläkmung ; von Franz Müller. (Wien,
oei Presse XXXV. 15. 16. 1894.)
25) Ckronieal arseniecUpoisoning ; by W i 1 1 i a m 6.
Hills. (Boston med. and surg. Joum. CXXXI. 19. 20.
Unter den 9 Fftllen von Arsenikvergiftung, die
'agerlund (1) beschreibt, waren 4 Morde und
i Selbstmorde ; eine Vergiftung kam aus Versehen
^or. Nur in einem Falle ist weisses Arsenik zur
Verwendung gekommen, in allen übrigen Schwein-
Wolter Qrfln. Stets trat der Tod ein. Zweimal
hmto in der Leiche Arsen nicht nachgewiesen
werden. Die pathologischen Veränderungen boten
nichts Besonderes.
Fr. Müller (24) lenkt die Aufmerksamkeit
der Aerzte auf dieJruniklähmung, die nach seinen
Erfahrungen (in Steiermark gesammelt) zu den
häufigsten Formen der Polyneuritis gehGrt In
allen ausgebildeten Fällen beobachtet man folgende
Symptome: Bei akuter und subakuter Vergiftung
folgt auf das ausserordentlich schmerzhafte choleri-
forme Stadium entweder Heilung oder nach 5 bis
14 Tagen das Stadium der Lähmung. Die ersten
Zeichen sind Beizerscheinungen: Hyperästhesien
(besonders auf der Volarfläche der Ebnd), Par-
ästhesien, heftige Schmerzen. Sehr rasch wird die
Muskelsensibilität gestOrt, besonders ist die Druck«
empfindlichkeit der Waden- und Peronäalmuskeln
ausgeprägt Gleichzeitig entwickelt sich Tetra«
ataxie, bez. Parataxie. Dann beginnen atrophische,
schlaffe Paralysen. Die bilaterale Lähmung setzt
genau symmetrisch im Extensor halluc. long, und
den Interossei extern, und intern, der Füsse ein.
Später erst werden der Extensor digitor. communu
und der TibiaL antic. gelähmt. Die Flexoren sind
stets weniger ergriffen. An den Händen beginnt
die mit Ataxie verbundene Lähmung an den MM.
opponentes, interossei intern, und extemi. Die
Er. sind nicht im Stande, die Fingerkuppen mit den
gestreckten Endphalangen in Berührung zu bringen.
M. giebt Abbildungen der Arsenikhand. Die gal-
vanische und faradische Erregbarkeit ist herab-
gesetzt. Nur ausnahmeweise findet sich partielle
Entartungsreaktion. Die Muskelatrophie tritt im
Gegensätze zu der scharf umschriebenen motorischen
Lähmung diffus auf und schreitet in schweren
Fällen rasch vor. Daneben bestehen die bekannten
trophischen Haut- und Nägelerkrankungen.
Der Harn enthält gewöhnlich nur in der ersten
Zeit Arsenik. Der chemische Nachweis ist nur
dann wichtig, wenn eine vorangegangene Arsenik-
behandlung mit Sicherheit auszuschliessen ist,
und ergiebt die Untersuchung des Harnes nichts,
so spricht das auch nicht gegen Arseniklähmung,
weil das Gift den XOrper bereits verlassen haben
kann. Die Diagnose ist nach M.'s Ansicht bei dem
eigenthümlichen Symptomencomplex ohne Harn-
analyse sofort de visu zu stellen. Bei chronischer
Arsenvergiftung fehlt natürlich der choleriforme
Beginn, dagegen bestehen allgemeine Ernährung-
Störungen, Ekzem, Conjunctivitis, Bronchialkatarrh.
Hills (25) hat bei 180 Kranken den Urin auf
Arsenik untersucht und bei 135(75%) mit Erfolg.
Bei wie vielen wirklich Symptome der Vergiftung
bestanden, wird nicht angegeben, sondern nur ge-
sagt, dass in manchen Fällen das Vorkommen von
Arsen ohne Zusammenhang mit den Erankheit-
symptomen war. Die Arsenmengen wurden quan-
titativ bestimmt; leider wird über die Methode
nichts angegeben. Die Mengen schwankten von
0.003 mg [! I Ref.] bis 0.3 mg im Liter. Als Ur-
sprung des Giftes führt H. neben arsenhaltigen
Tapeten, Kleiderstoffen besonders arsenhaltige Ge-
müse, femer Dampf von arsenhaltiger Kohle und
daraus bereitetes Leuchtgas an«
126
IV. Pharmakologie imd Toxikologie.
In einigen Fällen, in denen die aroenikhaltige
SchAdlichkeit bekannt war und aus der Umgebung
der Kranken entfernt wurde, ist die Dauer der
Arsenikausscheidung von diesem Zeitpunkte an b^
stimmt worden. Die ZahloL schwanken zwisdien
23 und 80 Tagen.
VUL Chlorsaures Kalium,
26) Ein Fall von Kali ehlorieum-Veraiflung; von
BennoMarkwald. (Centr.-Bl. f. innere Med. XV. 28.
p. 641. 1894.)
Ein SSjahr. Mann hatte, statt der vom Arcte an-
f^egebenen, eine selbstbereitete Losnng yqd chlorsanrem
Kalium zum Gorgebi verwendet, so (Uss im Laufe eines
Tages 100 g in 3 Liter Wasser gelöst verbraucht wurden.
In der Nacht traten heftige Schmerzen im Leibe , Er-
brechen und Durchfall ein. GesichtsfiEU-be bleich, Augen-
lider und Lippen livid verfärbt, Puls klein und stark be-
schleunigt Der Eam enthielt reichlich Hämoglobin,
an geformten Bestandtheilen Nierenepithelien , hyaline
Cyünder zum Theil mit braunen Kömern besetzt und
äimoglobinschollen. Die Untersuchung des ^utes er-
gab : wenig Neigung zu Geldrollenbildung, geringe Poikilo-
cytose, aber zahlreiche Schatten. Da8'^^rhanden8ein der
letzteren liess sich noch am 12. Tage feststellen.
Behandlung : Excitantien ; Eispillen, Opiate in kleinen
Dosen gegen das Erbrechen. An den folgenden Tagen
reichliches Trinken von Fachinger Wasser zur Beschleu-
nigung der Hämoglobinausschoidung. Am 2. Tage trat
massig starker Ikterus auf, der 4 Tage andauerte. Fäces
am 2. und 3. Tage von ganz schwarzer Farbe. Am
12. Tage Allgemeinbefinden wieder annähernd normal.
3f . glaubt, dass eine Idiosynkrasie vor]a|;, da der Kranke
bereits früher beim Gurgeln mit Kali chloricum un-
angenehme Erscheinungen gehabt hatte.
IX* Chromsäure und ihre Salze,
27) Fall von Ckromsäurevergiftung nach Aetxung
eines inoperablen üieruseareinoms ; von Odo Betz.
(Memorabilien XXXIX. 3. p. 157. 1895.)
Fagerlund(l) berichtet van 6 Todesfällen
durch doppeltchromsaures Kalium (Kai. bichromic).
In einem Falle war die Lösung des Salzes ver-
sehentlich getrunken worden, 5 Personen haben es
absichtlich genommen. Ob aber alle zu Selbstmord-
zwecken, ist fraglich, da sich darunter 2 schwan-
gere Weiber befanden. Wie schon von früheren
Beobachtern hervorgehoben worden ist, wird das
Salz nicht selten als Abortivum benutzt Ueber
die Giftmengen werden keine Angaben gemacht
Die Dauer der Vergiftung betrug in einem Falle
„einige^S in einem anderen 14 Stunden.
Betz (27) hatte ein veijauchtes Carcinom des Cor-
pus uteri mit öOproc. Chromsäure mittels Wattebäusch-
chen geätzt Auf der Fahrt nach Hause bekam die Kr.
heftige Diarrhöen und verfiel Dann traten Delirien und
wiederholtes Erbrechen auf. Es wurden reichlich Ana-
leptica gegeben und Klysmata mit Natr. bicarbonic. an-
gewandt iNach und nach kehrte das Bewusstsein zurück.
X Alaun.
Die bisher bekannten seltenen Vergiftungen >) mit
Alaun sind durch einen 1886 in Finland vorgekommenen
Fidl vermehrt worden (1). Ein 14 Tage altes Kind wurde
von seiner Mutter mit Alaun vergiftet und starb am fol-
genden Tage. Bei der Sektion^ die erst 17 Tage später
stattfand, waren weder in Mund und Rachen, noch auf
>) Boehm (Handbuch der Intoxikationen) zählt
6 Alaunvergiftungen mit todtUchem Ausgang aull
Magen- und Darmschleimhaut auffaUende VeEändsrangeü
zu bemerken. Bei der chemischen üntersnchiiDg dci
Mi^ns und Darmes wurde «viel*^ Alaun gefonden, Aer
niont quantitativ bestimmt
XL Kupfer.
28) Beiträge xmt Lehre von der akuten und dm*
nischen Kupfervergiftung; von Wilhelm Flieh ne.
(Deutsche med. Wohnschr. XXI. 19. 1895.)
F. greift in den Streit Aber die Giftigkeit da
per OS eingeführten Eupferverbindungen, die von
E. F. Lehmann und theilweise auch voa W.
Tschirch verneint wird, ein und will zugleieh
die viel umstrittene Frage, ob eine chronisd»
Eupfervergiftung mOglich sei, beantworten.
Da sidi weinsaures Kupferkalium bildet, wem
Traubensaft, Most oder Wein mit Eupfer in Be-
rührung kommt, vielleicht auch, wenn gekupf^
Trauben zur Mostgewinnung verarbeitet werden,
so hat F. zunftchst die giftigen Eigenschaften des
Ealiumsalzes mit denen des von Harnack schoi
früher untersuchten weinsauren Eupfematrinn
verglichen. Hierbei zeigte sich ein höchst auf-
fallender unterschied: die Eaninchen vertragen
pw OS doppelt so grosse Qaben an Eupfer in Fora
der Ealiumverbindung, wie im Natriumsalz. Die
DifiFusibilitftt des Ealiumsalzes ist bedeutend grosser,
aber dennoch wird es langsamer und geringfOgiger
rescH'birt und der grössere Theil wird imEoth toi-
geschieden. Bei Einspriteung in die Venen ist die
Giftigkeit beider Salze nahezu gleich.
Die tödtliohe Wirkung des Eupfematriom-
tartrats ist meistens auf Muskellahmung (Herzstill-
stand) bezogen worden. Nach F. 's Be^jacbtungen
bewirkt das Eupfer analog den anderen Sdiwa<-
metallen auch Schädigung des Blutes, fettigen Ze^
fall der Leberzellen, Wucherung des LeberUiide-
gewebes, zuweilen mit Ikterus ^), Degeneration der
Zellen in den Nierenkanftlchen und Stauung in der
Grenzschicht. Bei länger fortgesetzter innerlicher
Darreichung zeigt sich im Westtitüchen das 6l6icli&
Besonders auffallend ist die starke Anämie sämmfc-
licher Gewebe. Die Leber zeigt biliäre Cirrhoee
oder Atrophie neben fettigem Zerfall.
Auch bei einem Hunde konnten durch monnta-
lange Darreichung kleiner Eupfergaben (ohne ein«
tretendes Erbrechen) ähnliche Erscheinungen ii
Leber und Nieren hervorgerufen werden. Danack
scheint es bewiesen, dass durch die Eupferdoppel-
salze eine echte c^ronüc^ri^^/lun^ zu erzielen is^
Zum Schluss hebt F. noch hervor, dass im Weiil
nur das nicht „masMrte*' Eupfer (durch SchweM^
Wasserstoff fiÜUbar) hygieinisch bedenklich ist
Xn, Quecksilber, J
29) Untersuchungen über den Stoffwechsel beiakui^^
Queckstlbervergifiung ; vonGuttenberg midOfirbeln
(MünchD. med. Wchnschr. XIII. 1. 18950 '
dO)EinFaüvonSublimatpergiftung; vonDemutU
(Yer.-Bl. d. pfälz. Aerzte XI. 6. p. 122. 1895.) ,
Sl)Chronische Quecksilbervergiftung in den Edison*,
>) Ikterus ist übrigens schon früher bei Hundea nofl
Menschen nach Kupfervergiftung beobachtet worden, m
IV. Fhaimakologie und Toxikologie.
127
$ehm GUikkunpenfabrihm; von Julius Donath.
(Wien. med. Wolmschr. XLIV. 20. 1894.)
In seiiier Dissertation (Würzburg 1893) hat
ESchröder Mittheilung gemacht von der ausser-
ordentKch grossen Herabsetzung der Stickstoifaus-
Scheidung, die die Sublimatvergiftung bei Kanin-
chen hervorbringt. Später hat Werthmann
(Inang.-Di8a. WQrzbiirgl894) beobachtet, dassder
SiveissumsatB des Kaninchens im Sommer, in dem
Sehr, seine Versuche anstellte, vielmals grösser
ist, als im Winter. Durch diesen Befund ver-
aalasst haben Quttenberg und Gürber (29)
diese Yersaohe, besonders für den Winter, fort-
gesetzt Danadi scheiden innerhalb von 3 Tagen
die Thiere pro kg aus :
im Sommer nicht vergiftet 3.646 N, vergiftet 1.189 N
im Winter , „ 1.458 N, „ 0.676 N
Ausserdem wurde der Stickstoffgehalt des „ent-
dweissten^ Blutes bestimmt, wobei sich bei den
YeEgifteten höhere Zahlen, als bei den gesunden
Thieren ergaben. Hieraus Iftsst sich der £iweiss-
Umsatz der Versuchskaninchen berechnen und es
ergiebt sich, dass er durch die Vergiftung im
Sommer um 47.38%, im Winter um 20.390/o ver-
lingert wird.
Von Stiblimatvergiftung zählt Fagerlund (1)
6 Me (3 Morde und 3 Selbstmorde) auf. Zu
lordzwecken wurde das öift gegen kleine Kinder
benutzt In der Mehrzahl der Fälle war das Oift
nicht in Lösung, sondern in Pulverform angewandt
worden. In dieser Form kaufen es die finnischen
fitnem unter dem Namen „markkuli^' von hausi-
renden Schleichhändlern. Die Sektionsprotokolle
l^eachreiben das hinlänglich bekannte Bild derVer-
Itznngen in den ersten Wegen, Entzündung und
Oefichwürsbildung in Ileum und Colon. Einmal
wurden auch im Magen in der Pylorusgegend zwei
runde, trichterförmige, bis zur Serosa dringende
Oeechwüre gefunden.
Einen seiner Entstehung nach recht ungewöhnlichen
Fall von 8nblimatver^ftang beschreibt Demuth (30).
1b handrite sich um em 15^r. Mädchen, dem sein Lieb-
hhetf um sich vor Ansteckung zu sohützen^ ante coitom
«ne Sabhmatpastille (1.0 Hydrarg. bichlorat) in die
Yapoa eingeschoben hatte. Als bald darauf heftige
fidunerzan eintraten, spritzte der Mann Milch in die
"^t^soL Am nächsten Tage wurde ärztliche Hülfe nach-
pncfat: Blasse Oesichtstobe, eingefallene Augen, leich-
te Zittern am ganzen Körper, Leib kahnförmig ein-
SHSsken. An den Genitalien ragten die kleinen Labien
Mc geschwellt hervor. Beim Auseinanderziehen eut-
Itnte sich eine serös-eiterige gelbe Flüssigkeit Der
^^Mt vaginae zeigte auf f iäfmariLStüokgrossem, bläu-
lich-aohwarzem Untergründe einen schmutzig -gelben
^itngen Belag ; die in der Umgebung befindliche Haut
W leickt abziehbar. Mundhöfale frei, mit leichter Sali-
'vohoo. DniBt, S(^uckbesohwerden ^ unstillbares £r-
^vsthes, meist von kaffeebrauner Flüssigkeit Starke
XflÜkiehinenen. Am 3. Tage diphtherieähnlioher Belag
Mf der TBchten Mandel bis zur Uvula, dann allmählich
fi^onttit olceroea. In den ersten Tagen Anurie , dann
Alhominiuie, Nephritis. Vom 8. Tage ab Gollapserschet-
AQogGD, die Temperatur sank bis 34.3^. Das Sensorium
hheb frei Ins zum Ende, das am 10. Tage erfolgte.
Ans dem Sektiousbefund sei erwähnt: Anf der
hwniUche der Unterlippe mehrere seichte Geschwüre.
Gaumen stark verschwollen, zum Theil exooriM tmd mit
Blut bedeckt Im rechten Gaumensegel ein kiisohkem-
grosser geschwüriger Defekt. Schleimhaut des Magens
stark geschwollen, sammtartig hochroth mit oberfläch-
lichen Defekten. Z)feAx2ar9ii-Schleimhaut gequollen und
geröthet, besonders im Colon ascendens und der rechten
Curvatnr. Hier auch verschiedene mndliohe und streifen-
förmige Schleimhantdefekte. Im Dünndarm Schwellung
der SolitSrfollikel, spärliche Schleimhautdefekte. Nieren
vererössert, ödematös. Grenze zwischen Mark und Rinde
tbeüweise verschwommen, an vielen Stellen die Ham-
kanälchen als feinste, opakweisse Streifchen sichtbar
[Ealkablagenmgen ? Ref.]. Kleine Labien ödematös, auf
der Innenseite eine oben zusammenhängende Geschwürs-
fläche mit grauem Belag. Die Scheidenschleimhaut zeigte
ihrer ganzen Länge nach eine graaweissliche Yerschor-
fnng. Die vordere Muttermundslippe theils gescbwürig,
theUs mit einem Schorf bedeckt.
In den Genitalorganen und am After war kein Queck-
silber mehr nachweisbar. Dagegen konnten aus den
übrigen Organen (Leber, Magen u. s. w.) einige Zehntel
Mill^ramme erhalten werden.
Zu den verschiedenen Industrien, wie Spiegel-,
Thermometer-, Fiizhutfabrikation u. A. m. , bei
denen die Gesundheit der Arbeiter durch chro-
nische Quecksilbervergiftung bedroht ist, gesellt
sich nach Demuth (30) noch eine neue : die Fabri-
kation Edison'scher Olühlampen, jener evacuirten
Glasbirnen, die den zum Glühen dienenden Kohlen-
faden enthalten. Das Evacuiren dieser Glaskugeln
geschieht mit Quecksilberluftpumpen, in dem auf
eine fünfzinkige gläserne Gabel fünf Lampen an-
geschmolzen und mit einer Pumpe zugleich leer-
gepumpt werden. Die aus Glas gefertigten Pum-
pen, von denen es in der Budapester Fabrik 80
giebt, zerbrechen bisweilen, das Quecksilber be-
spritzt die Arbeiter oder garath in die Gabel und,
wenn auf diese wieder Lampen angeschmolzen
werden, in den Mund des Arbeiters. D. behandelte
innerhalb von 14 Tagen 5 an Merkurialkachexie
leidende Arbeiter. Die Erscheinungen waren die
bekannten: Salivation, Stomatitis, Tremor. Der
Fabrikleitung wurden folgende prophylaktische
Maassregeln empfohlen: Grosse Reinlichkeit der
Arbeiter, Waschen der Hände und des Gesichts
nach der Arbeit, wöchentlich ein warmes Bad.
Strenges Verbot des Essens w&hrend der Arbeit,
Abwechselung bei der Arbeit im Pumpenraume.
XUI. Blei.
32) Atvelenamenio eronieo da piombo ; per B. A n -
nino. (Ann. di Chim. e di Farmacol. Xa. 1. p. 59.
1894.)
33) Äwelenamento cronico da piombo per tuo di
oipria; per Quarguali e Albertoni. (Ibidem XIX.
5. p. 257. 1894.)
34) Akuie Bleivergiflimg bei Ekxem nach Behandlung
mit Dtachylonsdlbe; von Hans Pässler. (Münohn.
med. Wcbnschr. XU. 5. 1894.)
35) JnUxßioaiion par U chramaie de phmb; par
Roque et Linossier. (Lyon med. XXYl. 25. p. 269.
1894.)
36) Contribution ä Vetude des manifestaiions paro-
iidisnnes du satumisme; par J. Yves Thielemans.
(These de Paris 1895. 80 pp.)
37) Bleivergiflungen in Folge von Verwendung von
gesehmolxenem Bleixueker xum Ausbessern eines Mühl-
steins; von Pritzkow. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektions-
krankh. XYH. 1. p. X64. 1894.)
128
IV. Pharmakologie imd Toxikologie.
38) Sur un eas de eSeüS wusaghre eanaicutive ä
rintooneaUon scUumine ; par H. G h. L o m b a r d. (Heyne
med. de la Suisse rom. XIY. 3. p. 188. 1894.)
39) Loodvergiftiging door LeidingstctUer ; door F o k -
ker. (Nederl. Tijdschr. yoor Qeneeäk. Nr. 25. 1895.)
Annino hat sich experimentell mit der chro-
nischer» Batvergiftung beschäftigt und ans zahl-
reichen Versuchen eine lange Reihe von Sohluss-
folgerungen gezogen, von denen hier nur einige an-
geführt werden sollen. DieVersudisthiere (Hunde,
Kaninchen, Ratten, Mäuse) zeigten eine verschiedene
Widerstandsfähigkeit gegen die Bleiwirkung, das
gilt auch für Thiere derselben Gattung. Im Harne
der Hunde fanden sich bedeutende Mengen Blei.
Ei Weissspuren wurden nur einige Male beobachtet.
Die Entwickelung der F5ten beim Kaninchen wird
gehemmt Die chemische Untersuchung ergab die
Gegenwart von Blei in ihnen. Hierdurch erklärt
sich der häufig vorkommende Abort bei Frauen,
die an Satumismus leiden. In den Brustdrüsen
lagern sich ansehnliche Mengen von Blei ab.
Die mit Blei vergifteten Thiere magern stark
ab. Die bei ihnen erzeugten Lähmungen sind
nicht peripherischen, sondern centralen Ursprungs.
Weder Muskeln, noch peripherische Nerven wur-
den histologisch verändert gefunden.
In den verschiedenen Geweben bewirkt das
Blei verschiedene Veränderungen : Trübe Schwel-
lung, fettige Entartung, Vacuolenbildung und kör-
nige Atrophie des Protoplasma, hyaline Degene-
ration des Kerns; als Reaktion in zweiter Linie
Neubildung von Bindegewebe. Kemtheüungsfigoren
sind niemals wahrzunehmen. Das Blei bewirkt
eine grosse Neigung zu Blutungen, femer End-
arteriitis bis zur Obliteration. Man beobachtet
fettige Degeneration derMuscularis und der CapiUar-
endothelien. In der Milz und im Knochenmarke
lagern sich zahlreiche Pigmentschollen ab.
Die Versuche wurden mit Bleiacetat angestellt,
das per os gegeben wurde. Die Thiere blieben
ungefähr 5 Monate am Leben.
Pritzkow (37) berichtet über eine Anzahl
von Bleivergiftungen in Hessen, bei denen zuerst
der Verdacht auf Wasser und Kochgeschirr fiel.
Da sämmtliche betroffene Familien ihren Mehl-
bedarf in derselben Mühle deckten, wurde das
Mehl und Brot untersucht unter 15 Proben fan-
den sich 7 Mehl- und 3 Brotproben bleihaltig. Bei
drei quantitativen Bestimmungen ergab sich der
Bleigehalt im Mehl zu 0.055 im Brot I zu 0.013
imd im Brot II zu O.OeS^'/o. Es handelte sich um
ein in Wasser lösliches Bleisalz. Bei weiterem
Nachforschen fand man, dass die im beweglichen
Mühlsteine durch die jahrelange Abnutzung ent-
standenen Vertiefungen mit einer Masse ausgegos-
sen waren, die aue fast reinem Bleizucker bestand.
Wahrscheinlich lag eine Verwechselung mit Alaun
vor, der gewöhnlich zur Ausbesserung beschädigter
Mühlsteine benutzt wird.
Interessant ist ein von Quarguali und
Albertoni (33) beschriebener Fall durch dieArt,
wie die Vergiftung zu Stande kam.
Es handelte sich um eine 45jähr. Dame, die seit
6 Jahren an anfallsweise auftretenden EolikschmeneD
mit Erbrechen and Yerstopfang litt Sie wurde nf
Gallensteiakolik behandelt Plötzlich traten an beiden
Händen Badialislähmung and Muskelatrophie anf, gleich-
zeitig wurde ein Bleisaum bemerkt Bei genauer Nach-
forschung stellte sich heraas, dass der Rider, den die
Dame seit mehreren Jahren täglich sehr veischwenderiKh
benutzte, Bleiweiss enthielt Solcher Bleicarbonat ent-
haltender Puder ist deswegen besonders beliebt, weil er
fest auf der Haut haftet und ihr eine besonders schöo
weisse Färbang giebt Die Kr. wurde in einigen MooateQ
durch Jodkalium und Mekthcität wieder hergestallt
Dass durch äusserliche Anwendung von Bleipiipi-
raten auf Wanden, Oeschwüren a. s. w. Bleiveraftong
erzeugt wurde, ist einige Male vorgekommen. Pass-
ier (34) theilt einen neuen Fall dieser Art mit, indem
durch Behandlung eines über den ganzen Körper ver-
breiteten chronisd^en Ekzems mit Eehra^aohsr Salbe bei
einem Kinde Symptome der Bleivergiftung anftratfio.
Am 3. Tage bekam das Kind Stomatitis mit heftigem
Ptyalismus und eine akute hämorrhagische Nephritis mit
anfönglicher Verminderung der Hamsekretion, staiism
Anasarka und geringen urämischen Erscheinungen. Nach
Entfernung des Salbenverbandes heilten Nephritis ood
Stomatitis glatt ab. Blei war im Harne nicht nachweisbar.
Auffallend selten kommen Bleivergiftungen
bei der häufigen Anwendung von BleirOhren m
Wasserleitungen vor. Man hat das dadurch e^
klärt, dass ein kalkhaltiges „hartes^* Wasser kein
Blei auflöst, weil die Innenseite der BGhren sich
mit einer unlöslichen Schicht von Blei- und Cal-
ciumcarbonat überziehe. Fokker (39) machtttim
auf Grund eines Falles von Bleiarthralgie darauf
auftnerksam, dass ein Wasser mit 22 mg CaO im
Liter, das bei gewöhnlicher Temperatur kein Blei
aus der Röhre aufnahm, bei 35 — 40® in einigen
Stunden mehrere Milligramme Blei per Liter auf-
löste. Li dem angegebenen Falle war das Wasse^
leitungswasser zeitweilig bleihaltig, weU das Lei-
tungsrohr nahe am Herde gelegen war, wodarch
die Gelegenheit ziu: Erwärmung und Aufnahme von
Blei gegeben wurde.
Roque und LinoBsier (35) berichten überÖEKlle
von Bleikolik bei Arbeiterinnen in einer Fabrik, in der
mit Bleickromat gefärbte Baumwolle verarbeitet wurde.
Der Farbstoff war schlecht fixirt und gab viel Staub ib.
8o enthielt der vom Fassboden gesammelte Staub 40'/i
Bleichromat Die £r. boten das gewöhnliche Bild der
Bleikolik und Anftmie. Einige Symptome (Erbrschtti
Schmerzen im Epigastriom) wollen R undL. derGbrom-
sänre zuschreiben, nach Ansicht des Ref. sind sie aber
häufig genug bei reiner Bleiintozikation beobachtet wordeiL
Emen Fall von Bleiamaurose beschreibt Lom-^
bard (38), der insofern von dem Gewöhnlichen abwädi^
als das Leiden sehr rapid ohne die sonstigen SymptoiM
der Encephalopathia satom. einsetzte. D^ Kr., in ooflc«
Bleirohr&brik beschäftigt, litt 2 Tage an Versto^oDgr
Schmerzen in der Nabelsegend, drückendem Kopf-
schmerz in der Stimgegend. Darauf trat plötzlich Er^
blindong ein: Pupillen weit und ohne jede BeaUioiw
Bleisaum. Die Sensibilität war etwas veimindeit Nack
2 Tagen kehrte das Sehvermögen zurück und aach di«
übrigen Erscheinungen bessexten sich rasch.
Einem bisher wenig beachteten Symptome dei
chronischen Saturnismus, der Erkrankung der
Parotis, hat Thiele man 8(36)au8fahrlicheU&ter<
lY. Pharmakologie tind Toxikologie.
129
Bochongen gewidmet Auf Grund von 12 eigenen
und 1 8 fremden Beobachtungen — C a m b y (France
mM. 1881), Pari 80t (Revue m6d. de rEstl885)
and Valence (Th^se de Nancy 1888) — wird
zanSohst festgestellt, dass die Parotitis satumina
ätiologisch denselben Bedingungen folgt wie jede
andere Bleierkrankung. Sie erscheint spät, 12 bis
16 Jahre nach Beginn des Satnmismus überhaupt.
Sie ist nicht allzu häufig. Jene 12 Fälle sind aus
50 Bleivergiftungen gesammelt Die Dauer ist
schwer zu bestimmen. Das Auftreten der Erkran-
kung ist unabhängig von dem Bestehen anderer
Vo^ftungsymptome. Der Bleisaum fehlt selten,
Kolik und Lähmungserscheinungen gehen meist
Toraus.
Hinsichtlich der Pathogenese kommt TL zu
dem Schlüsse, dass einestheils die Ausscheidung
des Giftes im Speichel Schuld sei, andererseits
auch die Erkrankung des Gefasssystems. Die
patholi^sch-anatomischen Veränderungen der er-
krankten Parotis hat Th. nicht selbst beobachten
kennen. Wie P a r i s o t und Valence mittheilen,
besteht eine Proliferation des Bindegewebes be-
sonders um die intralobulären AusfUhrungskanäle,
das sich zwischen die Acini hineinschiebt. Gleiche
Bindegewebewucherungen sind schon frOher an
anderen Organen beobachtet worden : an der Sub-
mucosa des Magens und Darms (Kussmaul), an
der Leber (Barbe und Duplaix) und den Nieren
(Charcot und Gombault).
Die Entwickelung der Parotitis satumina ist
in den meisten Fällen schleichend, ohne dass der
Kranke etwas wahrnimmt, selten bestehen Schmer-
zen in den Kiefern und Beschwerden beim Kauen.
Ist die Parotitis ausgebildet, so sieht man eine
Anschwellung ohne abnorme Färbung der Haut
Häufig ist die Affektion beiderseitig und auch ganz
symmetrisch, oft auch auf der einen Seite mehr
ausgeprägt Auch erstreckt sie sich bisweilen
nicht gleichmässig über die ganze Drüse, sondern
ist nur theil weise ausgebildet, im Kieferwinkel,
am Ohrläppchen u. s. w. Bei der Palpation fühlt
sich die Haut nicht heiss an und ist verschiebbar.
Die Consistenz der Parotis ist nicht verändert
Schmerzhaftigkeit fehlt fast immer, daher das Lei-
den auch so lange unbemerkt bleibt Die Saliva-
tion ist wechselnd vermehrt, normal oder vermin-
dert Sehr häufig sind auch die Sublingualdrüsen
▼on der gleichen Schwellung befallen.
Die Diagnose ist im Allgemeinen nicht schwierig
w^n des fehlenden Schmerzes und bei den gleich-
zeitig bestehenden übrigen Symptomen der Blei-
vergiftung. Eine besondere Therapie ist nicht
QGthig.
XIV. Aether, Chloroform, Sulfonal
ttwd Verwandtes.
40) Benxinwer^fkmg und BenxmmiBsbraueh ; von
Ernst RosenthaL (Centr.-Bl. f. innere Med. XV. 13.
1894.)
41) Sur im eas de mort patr VÜher; par Yallas.
iled. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 2.
(Lyon med. XXTT. 95. p. 258. 1894.) (Aethernarkose,
Bespirationstillstand.)
42) Ün cos de mort par le ehloroforfne ehex un
enfant de six moü ; par B r i q u e t. (Ibidem 30. p. 425.
1894.) (PhiraosenoperatioD in Chloroformnarkose. Nach
8—10 Tropfen Chloroform Cyanose, Verschwinden des
Pulses, Beepirationstülstand.)
43) Ein Faü von Gkloroformintoarikaiion durch
innerlieh genommenes Chloroform; von Hirsch. (Zeit-
sohr, f. klin. Med. XXIV. 1 u. 2. p. 190. 1894.)
44) Ä chemieal antidote for ehhral poieoning ; by
John DongalL (Glasgow med. Joum. XTJTT. 2. p.95.
1895.) (Ein pharmakologisohes Curiosum: D. sohlagt
vor, beiChloralvergiftong Liquor Ealii caastici zu geben,
um das Chloralhydrat im Körper in Chloroform und
ameisensanres Kalium zu verwandeln ! I)
45) Sur un ecu de mort par le bromure d'Sthyle;
par Suarez de Mendoza. (BolL de FAoad. de Med«
3. S. XXXI. p. 620. 1894.)
46) Sui dieturhi prodotti dal atdfonali; per A. 0 i a -
nelli. (Bif. med. X. 65. p. 770. 1894.)
47) Ueber Nierenveränderungen bei Sulfonalvergif^
tu/ng; von R Stern. (Deutsohe med. Wohnaohr. XX.
10. 1894.)
48) Zur Anatomie der Sulfonalvergiflung; von 0.
Marthen. (Münchn. med. Wohnschr. XlH. 18. 1895.)
49) Ein FaU von akuter Stäfonal-lntoxikationf von
Hirsch. (Therap. Monatsh. IX. 1. p. 49. 1895.)
50) Ein FaU von ehroniaeher Monahergiflung ;
von H. Rei nicke. (Deutsche med. Wchnsohr. XXL
13. 1895.)
Zq den seltenen Vergiftungen gehören solche
mit Benzin. K o b e r t (Intoxikationen p. 592) führt
11 Fälle von Benzinvergiftung an. Es- ist indessen
fraglich, ob sich diese Fälle alle auf das Petroleum«
benzin (Petroleumftther) beziehen, da Kobert
dieses mit dem Benzol oder Steinkohlenbenzin zu-
sammenwirft, obwohl es sich um zwei vOlIig ver«
schiedene Substanzen handelt. Wahrend Benzol
eine einheitliche chemische Verbindung C^He dar-
stellt, ist das Benzin oder der Petroleumäther ein
Oemenge verschiedener Kohlenwasserstoffe, die die
leichtsiedenden Bestandtheile des Petroleum dar-
stellen. Von diesem letzteren soll hier allein die
Redesein. EsveranlasstenachBosenthars (40)
Mittheilung eine Vergiftung bei einem l^/ajährigen
Mädchen, das ungefähr einen EsslOffel davon ver-
schluckt hatte.
Die nach 15 Min. eintretenden Symptome bestanden
in Betäubung, schneller, etwas rasselnder Athmong,
Meteorismns. Bei der vorgenommenen Magenspülung
fanden sich in der ilüssigkeit blutige Sohldmflocken,
ebenso auch im Stahlgange. Dies spricht für einen ent-
zündongerregenden Einfluss des Benzins auf die Schleim-
häute des Verdauangstraotos. Auch bei Thieren läsat
sich doroh innerliche Verabreichung von Benzin eine
Gastroenteritis hervorrufen.
R. berichtet femer von einem Manne, der an Stelle
desAlkoholgenusses, dem er früher sehr ergeben sewesen
war, habituell Einathmungen von Benzindämpren vor-
nahm. Diese Inhalationen ersetzten ihm den Alkohol
vollständig und bewirkten ein Gefühl der Beruhigung und
angenehme Träume.
Dass bei Handschuhwäscherinnen ein ähnlicher
BenzinmisBbrauch vorkommt, geht aas einer Angabe in
Kobert 's Lehrbuohe hervor.
Während die Zahl der Todesfälle während und
nach Einathmung von Chloroform sehr gross ist,
sind Vergiftungen durch innerlich genommenea
17
130
IT. Piuinna&ologie und Toxikologie.
Chloroform recht selten. Hirsch (43) hat im
Anschlüsse an den von ihm beobachteten Fall
20 Chloroformvergiftungen ausffihrlioh zusammen-
gestellt, die sammtlich filteren Datums (bis 1887)
sind. 7 endeten mit dem Tode.
H. selbst berichtet über fblgenden Fall : Ein 36jähr.
Mann trank in Folge von Arzneiverwechselnng ein Quantum
Chloroformliniment, das ungefähr 18 g Chloroform ent-
hielt Nach 2—3 Minuten trat Bewnsstlosigkeit ein, die
8 Stunden andauerte. BemerkenswerÜi war das Fehlen
eines Ezcitationzustandes (der Mann war Potator) und
starke Stauung in den oberflfichhchen Hautvenen. An
der Unterlippe waren weisse nekrotische Schleimhaut-
fetten zu erkennen und später machten sich auch eine
Oesophagitis und Gastritis (in Folge der lokiden Wirkung
des Chloroforms) durch Brennen im Halse, heftige Schmer-
zen in der Magengegend bemerkbar. Der Harn enthielt
kein Eiweiss und keinen Zucker, aber eine reducirende
Substanz, die nicht optisch aktiv war. Die Behandlung
bestand in Magenspülung, Aderlass und Aetherinjektionen.
Die vöUige Oenesung wurde verzögert durch eine be-
stehende Pleuropneumonie, auf die das Chloroform ent-
schieden einen schädhchen länfluss hatte.
Das Bromäthyl, das für kurzdauernde Narkosen
seit einiger Zeit viel im Qebrauche ist, hat bisher
erst zu einem Todesfalle Veranlassung gegeben,
der sich in derBillroth'schen Klinik zutrug und
Ton Gleich (Jahrbb. CCXXXVIL p. 272) ver-
öffentlicht worden ist. Suarez de Mendoza(45)
hat eine Bromftthylnarkose mit tOdtliöhem Aus-
gange beobachtet, nachdem er mehr als 200mal
sich dieses Narkoticum ohne den geringsten Zwi-
schenfall bedient hatte. Das verwendete Bromftthyl
war, wie die chemische Analyse später ergab, voll-
kommen rein.
Es handelte sich um eine 31jähr. Frau mit gesunden
Lungen und gesundem Herzen, bei der eine Auskratzung
des Uterus vorgenommen werden sollte. S. d e M. goss
ca. 8 g Bromäthyl auf ein zusammengefaltetes Taschen-
tuch und Hess die Dämpfe einathmen. Nach 3 Inspira-
tionen folgten 1 oder 2 stertoröse Athemzüge, der Körper
wurde durch einen leichten klonischen Krampf erschüttert
und Lunge und Herz standen plötzlich still. Dies trug
sich innerhalb von 10 Sek. zu. Das Gesicht war cyano-
tisch, die Bulbi waren prominirend, die Pupillen waren weit.
Alle Mittel: rhythmische Lungenbewegungen, künst-
liche Respiration, Hautreize waren ohne Erfolg.
Ueber /Su//b/ia/vergiftung ist bereite so viel ge-
schrieben worden i), dass es genügt, die uns vor-
liegenden Mittheilungen ganz kurz zu erwähnen.
Gianelli ^6) beschreibt eine leichte akute Ver-
giftimg nach 2.0Sulfonal (Cyanose, kleiner arhythmischer
Puls, herabgesetzte Reflexe, Coordinationstörungen) mid
eine chronische Vergiftung nach im Ganzen circa 300.0
Snlfonal (Obstipation, Oligurie, Hämatoporphyrinurie,
Schwäche und Coordinationstörungen, die sich bis zur
Ataxie steigerten, Delirien, Convulsionen). Eäne akute
Vergiftung mit 25g wird von Hirsch (49) geschildert
Somnolenz bestend 2 volle Tage, sodann nodi grosse
Schlafsucht 4 Tage hindurch. Heftige Magenschmerzen
und sehr hartnäckige Verstopfung. Der Harn enthielt
kein Hämatoporphyrin, dagegen Eiweiss, Oylinder, rothe
nnd weisse Blutkörperchen. Das Nervensystem zeigte
ausser sterker Anästhesie und Analgesie keine Erschei-
nungen. Das Herz war sehr geschwächt Als bisher
>) Vgl. die Uebersicht über die SulfonaUiteratur von
Bichard Friedländer. (Therap. Monateh. Vm. p. 193.
1894). Darin sind 18 Todesfälle (17 Frauen) aufgezählt,
von denen 16 auf chronische Vergiftungen fulen.
noch nicht beobachtetes Symptom wird Nystagmus, eist
am 5. Tage auftretend, erwähnt
Die bisherigen Sektionen hatten nichts Besonderes
an pathologischen Veränderungen ergeben. Stern (47)
hat nun in HinbUck darauf, dass bei den Thiervenadieii
Nierenveränderungen festzustellen waren, und dass bei
Sulfonalvergiftung öfters Eiweiss und Gylinder im Hane
auf ^treten sind, die Nieren einer mikroskopischen Unter-
suchung unterzogen. Die an Psychose leidende Er. war
zu Grunde gegangen, nachdem sie in 5 Mon. 150 g Sal-
fonal bekommen hatte. St. fsrnd in den Nieren, abgesehen
von verschiedenen, auf das Alter der Fat zuruckziJuhren-
den Veränderungen, eine ausgedehnte Nekrose der Harn-
kanälehen, am stärksten in den Tnbuli contorti und dmm
in den auteteigenden Schenkeln der Henle*schen Schleifen,
also das Bild einer toxischen Nephritis. Diesen Befund
konnte Marthen (48) bei einer in einem paralytischen
Anfalle verstorbenen SSjähr. Fat bestätigen. In diesem
Falle waren in 2VsMon. 66gSulfonal verbraucht worden.
Es fand sich eine ausgedehnte Erkrankung des seoemiren-
den Epithels der eewundenenHarnkanälchen und der auf-
steigenden Henle sehen Schleifen, bestehend in Unregel-
mässigkeiten des Protoplasma und Neigung, sich vom
Lumen her aufzulösen.
Ganz ahnliche Erscheinungen , wie sie die l&ngere
Darreichung des Sulfonals erzeugt, hat man auch
bei der chronischen THonoivergiftung beobachtet i).
Der von Reinicke (50) mitgetheilte Fall unter-
scheidet sich von den bisher bekannt gewordenen, durch
sehr vorsichtige Verabreichung des Mittels (in 107 Tagen
mit grösseren Faosen jeden 2. Tag l.OTrional, im (Ganzen
40 g) und ein etwas abweichendes Vergiftuugsbild. Es
handelte sich um eine 26jähr., an hallncinatorischer Ver-
rücktheit leidende, körperlich gesunde Kranke. Das Ver-
giftungsbild setzte sich zusammen aus nervösen Störungen
(Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Augenflimmem), eigen-
thümliohen gastiischen Symptomen (stett der sonst be-
obachteten Obstipation blutige, fleisch wasserfarbene Diar-
rhöen, die mit Aussetzen des Mittels sofort verschwan-
den) und den bekannten Urin Veränderungen (rother Farb-
stoff, rothe und weisse Blutkörperchen, hyaline und
granulirte Gylinder).
XV. Blausäure, Cyankalium, Ferro-
eyankalium.
51) Zur Therapie der OyanvergifUmgen ; von J.
K 6 s s a. (CJentr.-Bl. f. d. med. Wissensch. Nr. 17. p. 289.
1894.)
52) Ueber ein chemisches Oegenmittel bei Oym-
Vergiftungen; von J. Kössa. (Ungar. Arch. f. Med. ü.
1. p. 12. 1893.)
53) Neuere Beiträge zum chemischen Äntc^onismus
xwiscken Oyankalium. und Kalium hypertnanganieunt;
von J. Kössa. (Ebenda in. 1. p. 57. 1894.)
54) On antidotes for hydroeyanieaeid; by John 6.
Spenzer. (Cleveland med. Gaz. X. 8. p. 353. 1895.)
55) Experimentelle Untersuchungen xur Therapie
der Oyanvergiftungen; von Joh. Autal. (Physiol.
Studien aus Inst. d. Univ. Budapest. Wiesbaden 1895.
p. 117.)
56) Ueber Oyanvergiftung ; von Max Richter.
(Prag. med. Wchnschr. XIX. 9—11. 1894.)
57) Selbstmord durch Vergiftung müielst des ^wi-
giftigen*^ Ferrocyankalium ; von Schlichte. (Med.
CJorr.-BL d. wurttemb. ärztl. Landesver. LXV. 4. 1895.)
Die überwiegende Mehrzahl der über Blausfture-
vergiftung vorliegenden Arbeiten beschäftigt sieh
mit der Behandlung. K 6 s s a (5 1. 52) hat wesent-
lich den ersten Anstoss dazu gegeben. Wahrwd
*) Vgl. R. Friedländer 's Zusammenstellung (The-
rap. Monatsh. VIII. p. 370. 1894).
Iv . Fbarmakologie und Toxikologie.
131
bei sehr Welen, besonders cisidiüichen Blausfinre-
rergiftnngen wegen des sehr raschen Verlaufes die
Behandlung machtlos ist, hat man bei verzögerten
Veigütungen theils Atropin, theils Wasserstoff-
superoxyd als Antidote empfohlen, üeber das
letztere liegen keine praktischen Erfahrungen vor,
wfthrend bezüglich des Atropins sich besonders
R. Boehm gegen den angebÖchen Antagonismus
ausgesprochen hat. E. geht von der Ansicht aus,
dass das fQrden KOrper kaum schädliche Kalium^
permanganai die Blausäure und deren Salze zu
Cyansäure und deren Verbindungen ozydirt. Die
cyansauren Salze sind ungiftig. In derThat zeigte
sich auch Kaliumpermanganat als ein direktes che-
misch wirkendes Gegengift gegen Cyankalium und
Blausäure. Wird es gleichzeitig mit dem öifte oder
kurz nachher gegeben, so ertragen Kaninchen die
tätliche Dosis (1 cg Cyankalium) ohne Nachtheil.
Bei sehr grossen Oiftmengen (20fache letale Dosis)
lAsst sich der Tod zwar verzGgem, aber nicht ver-
hüten. Hierbei findet offenbar, ehe das Kalium-
permanganat Alles oxydirt hat, doch Resorption
einer genügenden Menge von Blausäure statt.
Für Vergiftungen beim Menschen empfiehlt K.
die schleunige Darreichung von 3 — 500 ccm einer
O.Sproc. Lösung von Kaliumpermanganat
In einer neueren Abhandlung (63) beschäftigt
sich E. mit der chemischen Begründung seiner
Theorie und zeigt, dass das Cyankalium thatsäch-
lieh durch Oxydation mit Kaliumpermanganat in
cjansanres Kalium übergeführt wird.
Indessen kann das übermangansaure Kalium
als echtes Blausäureantidot nicht angesehen wer-
den, da es nur das im Magen enthaltene, aber nicht
das in'sBlut übergegangene Oift unwirksam macht
Antal (55) glaubt, im OobdUoxydulniirai ein ge-
eigneteres Gegengift gefunden zu haben, das auch
die im Blute befindliche Blausäure angreift. Be-
züglich der Giftigkeit des Kobaltnitrats wird an-
gegeben, dass sie ausschliesslich von der Concen-
tration der Losung abhänge. 100 ccm einer Iproo.
Lösung sind für 1 Kaninchen ohne jede schädliche
Wirkung, wfthrend 20 ccm einer 5proc. Lösung
innerhalb 7 Std. den Tod herbeiführen. Die Kobalt-
salze werden sehr rasch ausgeschieden und sind
schon nach 2 Std. im Harn nachweisbar. Die Wir-
kung des Kobaltnitrats besteht darin, dass es mit
Cyankalium Kaliumnitrat und unlösliches Kobalt-
cyuud bildet A. theilt 40 Versuche an Kaninchen
und Hunden mit Zu jedem Versuche wurden
2 Thiere verwendet, von denen das eine zur Con-
tiole diente. Die Controlthiere starben sämmtlich,
^"^ährend die mit Kobaltnitrat behandelten am Leben
blieben. Die Vergiftungserscheinungen traten auch
dann nicht auf, wenn per os vergiftete Thiere mit
Einspritzungen behandelt wurden, oder wenn €Kft
und Oegengift an verschiedenen KGrperstellen
eingespritzt wurden. A. schlägt vor, bei Blau-
8äarovergiftungen 20 bis 30 ccm einer ^/jproc.
£obaltnitratl58ung unter die Haut zu spritzen und
einige Gläser voll dersdben Lösung innerlich zu
geben.
Indessen wird dieses Antidot für die Ptaxis
kaum irgend welche Bedeutung gewinnen, da es
nur in Ausnahmefällen rasch zu beschaffoL sein
wird. Dass das Kobaltnitrat geeignet ist, die
toxische Wirkung der Blausäure zu beseitigen,
wird auch von Spenzer (54) bestätigt, der aber,
wie nicht anders zu erwarten, lokale Entzün-
dungserscheinungen an der Injektionstelle wahr-
nahm. Andere Metallsalze (Eisenchlorid, Eisensulfat,
Nickelnitrat u. A.) sind nach Sp. bei Blausäure^
Vergiftung ohne Wirkung, dagegen zeigte sich
Wasserstoffisuperozyd beiKaninchen ganz brauchbar;
Mit dem gerichiMchrchemisehen Nachweise der
Blausäure beschäftigt sich die Arbeit von Rich-
ter (56). Aus den beiden SektionsprotokoUen nach
2 Vergiftungen, die mitgetheilt werden, ist hervor-
zuheben, dass die Todtenflecke dunkelviolett, das
Blut dunkel gefärbt waren, dass Blausäuregeruch
in Schädel- und Körperhöhlen fehlte und nur bei
der einen Leiche auf der Bachenschleimhaut wahr-
genommen wurde. Auf dem Perikard und der
Darmschleimhaut sah man in beiden Fällen reich-
liche Ekchymosen. Im Mageninhalte war Blau-
säure wahrzunehmen. Ausser der bekannten Ber-
linerblauprobe benutzte R noch die von Vort-
mann angegebene Reaktion, die auf der üeber-
führung des Cyankalium in Nitroprussidnatrium
beruht
Man versetzt das zu prüfende Destillat mit einigen
Tropfen Kaliomnitritlösung, 2—3 Tropfen Eisenohlorid-
lösmig und soviel verdünnter Sohwefelsfture, dass die
gelbbraune Farbe in eine hellgelbe übergeht, erhitzt zum
[ochen, flUlt nach dem Abkühlen alles überschüssige
Eisen mit etwas Ammoniak, filtrirt und prüft das Filtrat
mit verdünntem Sohwefelammonium auf Nitroprossid-
kalium. Ist Blausäure vorhanden, so tritt VioletÖärbung
ein. Diese Reaktion ist sehr empJBbadlioh und gelingt noch
in einer Verdünnung von 1 : 300000. Die Robert *8ohe
CyanmethSmoglobin-Beaktion (Lehrbuch der Intoxikatio-
nen p. 518) hiQt R. nur in der Modifikation für geeignet,
wenn sie nicht mit dem Leichenblut, sondern mit dem
blausänrehaltigen Dmtillat und einer Meth&moglobin-
lösung angestält wird. Im ersteren Falle kann sie im
Stiche lassen. B. hält übrigens K o b e r t 's Cyanmethftmo-
^obin für identisch mit dem von Hoppe-Seyler,
rreyer und v. Hofmann beschriebenen Cyanhämatin.
Ueber einen Fall von Vergiftung durch Ferro«
cyankalium (gelbes Blutlaugensalz) berichtet
Schlichte (57). Dieses Salz wird meistens als
ungiftig beschrieben, doch sindFäUe bekannt, in
denen es mit Säuren zugleich eingenommen, eine
Blausäurevergiftung entstehen Hess.
Bei der Sektion des Vergifteten (eines öSjähr. Tage-
löhners) fanden sidi alle typischen Zeichen der Blausäure-
vergiftong : kirschrothes, flüssiges Blut, starker Blausäore-
gemch an Gehirn, Blnt und Mageninhalt Im Magen
wurden Krystalle von Ferrocyankalinm gefanden. Im
flüssigen Mageninhalte selbst war neben FerrocyankaUam
Blansäure, bez. CyankaUum nachzuweisen.
Ferrocyankahum entwickelt beim Erhitzen mit Säuren
und auch schon in der Kälte Blausäure. Dass die geringe
Menge der im Magen vorhandenen freien Säure in diesent
Falle die offenbar sehr erheblichen Mengen von Blausäure
erzeug hat, ist dem Bei sehr wenig wahrscheinlich. £a
id2
lY. Pharmakologie und Toxikologie.
liegt näher, anzunehmen^ dass der Selbstmörder zugleich
mit dem Salze irgend eine Säore zn sich genommen nahe.
XVL Carbolsäure, Lysol, Kreosot,
Ouajaeol und Verwandtes.
58) J. ewrifms eeue of carholic oM poisoning ; by
W. H. Brown. (Lancet I. 9. p. 543. 1895.)
59) üeber Veräm/derungen der Äthmungsorgane in
Folge von Carbolsäurevergiftung ; von L. Wachholz.
(Dentsche med. Wchnschr. XXI. 9. 1895.)
60) Ueber Vergiftimg durch Lysol; von Alb in
Haberda. (Wien. klin. Wchnschr. YIEL 16. 17. 1895.)
61) üeber Intoxikationen durch Lysol und Carbol-
säure; von Friedeberg. (Centr.-Bl. f. innere Med.
XV. 9. p. 185. 1894.)
62) Ueber die auffäüige Äehnliehkeü der Lysol-
Vergiftung mit der akutesten Vergiftungsform dktreh
Carbolsäure; von G. J. C. Müller. (AerzÜ. Prakt
Nr. 1.1895.) 8ond.-Abdr.
63) Ein Faü von akuter Vergiftung mit Heildosen
des Kreosots ; von Joseph ZawadzkL (Centr.-Bl. f.
innere Med. XY. 18. p. 401. 1894.)
64) üeber Ouq^'acolvergiftung ; von 0. Wyss.
(Dentsche med. Wchnschr. XX. 13. 14. 1894.)
65) IntoxiecUion par lesaloladministriärinterieur
ä la dose de dgrammes. ErythMnes scarlatiniforme et
rubeoliforme. Urines noires; par M. Josias. (Bull,
de Ther. CXXYI. 15. p. 96. 1894.) (Ansser den an Ge-
sicht und Oberschenkel auftretenden Ausschlfigen keine
Erscheinun^n.)
66) Em Faü von akuter Vergiftung nc^ gleich'
Mitiger externer Anwendung von Tannin und KaUum-
permanganat ; von E. H a r n a c k. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXI. 10. 1895.)
Unter den sieben Carbolsäurevergiftungen, die
Fagerlund (1) aus Finland mittheilt, waren
2 Selbstmorde und 5 zufUlige Vergiftungen. Ueber
die eingenommene Menge ist nur Imal etwas an-
gegeben: Ein Mann nahm einen EsslGffel reiner
Garbols&ure per os, erkrankte an Krämpfen und
starb 3 8td. später.
Einen Fall, in dem durch äusserliohe Anwendung
(reine Carbolsäure wurde statt Carbolöl auf die Kopfhaut ge-
rieben) eine Vergiftung eintrat, veröffentlicht Brown (58).
Das 3jähr.Kind verlor in 5 Min. das Bewusstsein, das erst
nach 5 Std. zurückkehrte.
Auch eine Veigiftung vom Mastdarm aus wird be-
schrieben (Friede berg [66]). Die Kr. hatte 1 liter
2.5proc. äurbolsäure statt zur Scheidenausspülung als
Klysma verwendet 5 Min. nachher Bewusstlosigkeit
Cyanose, klonische Zuckungen in den Händen. Therapie :
Klysma von Aqua Galeis, Kamphereinspritzungen und
8ol. Natr. sulfnric. 10:100. Nach 47, Std. kehrte das
Bewusstsein zurück, die Kr. genas.
In den von Fagerlund (1) mitgetheilten
Sektionsprotokollen findet sich Bmal starke Injek-
tion der Schleimhäute im Larjmx, der Trachea
und den Bronchen notirt. Vor einiger Zeit ist von
Langerhans (Jahrbb. CCXL. p. 229) darauf
hingewiesen worden, dass die bei Carbols&ure-
vergifteten häufigen Veränderungen der Athmungs-
orgäne nicht auf der örtlichen, sondern auf der
Allgemdnwirkung des Giftes beruhen dürften, also
nicht als Folge von Aspiration anzusehen seien.
Auch bei 2 Sektionen von Wachholz (59)^) fan-
den sich starke Veränderungen der Athmungs-
I) 2 Selbstmorde. Hervozuheben ist, dass beide
Male keine Krämpfe auftraten.
Organe: die Schleimhaut der Athmungswege war
stark gelockert und gerOthet, mit reichlichonii
zähem und glasigem Schleim bedeckt, nirgends,
mit Ausnahme des oberen Kehldeckels in einem
Falle, verätzt Somit war keine Veranlassung,
diese Veränderungen als Folge einer direkten Ein-
wirkung von aspirirter Carbolsäure anzusehen.
W. hat, um die Wirkung des Qiftes auf die Bespi-
rationsorgane genauer zu studiren , Versuche an
Katzen und Kaninchen angestellt, denen er öproa
Carbolsäure in den hinteren Oberschenkel ein-
spritzte. Bei einer Katze, die innerhalb 7 Stunden
fast 2 g reiner Carbolsäure erhalten hatte, fuidach
bei der Sektion das Bild einer frischen Broncho-
pneumonie. Im oondensirten Dampf da: Aoa-
athmung war Carbolsäure nicht nadizuweisen.
Bei der Destillation der zerschnittenen Bespi-
rationsorgane mit verdünnter Schwefelsäure erhielt
W. stets ein Carbolsäure haltiges Destillat [Wenn
daraus geschlossen wird, dass die Carbolsäure sich
ausser im Harn in den Respirationsorganen aus-
scheidet und dort Läsionen verursacht, die ab
Laryngotracheobronchitis oder sogar als Broncho-
pneumonie auftreten, so ist der erste Schluss zu-
nächst nicht bewiesen. Hätte W. bei DestiUation
der Organe mit Essigsäurezusatz Carbolreaktionen
erhalten, so wäre sein Schluss richtig. Bei der
Destillation mit Schwefelsäure aber wird die Phenol-
ätherschwefelsäure gespalten, in welche Verbin-
dung bekanntlich die Carbolsäure im K5rper übe^
gefOhrt wird. Diese Aetherschwefelsäure wiifl
wahrscheinlich in den untersuchten Organen vor-
handen gewesen sein. Ob sie für die Verän-
derungen der Respirationsorgane verantwortlich su
machen ist, müssten weitere Versuche lehren. Ref.]
Das seit ungefähr 6 Jahren im Handel befind-
liche Desinfektionsmittel Lysol ist eine neutrale
Losung von freiem Kresol in Seife, die 60^1^ Kre-
sole enthält Es wurde von Anfang an hervor-
gehoben, dass das Lysol den grossen Vorzug hätte,
relativ ungiftig zu sein. Dennoch kamen bald
Berichte iXher Lysolvergiftungen. In den Jahren
1892—93 wurden 5 Fälle mitgetheüt (Liteiatar
bei Haberda [60]), von denen 2 durch Apphka-
tion auf die Haut veranlasst waren. 2 Vergif-
tungen, die kleine Kinder betrafen, endigten mit
dem Tode. Einen 6. Fall fügt Friedeberg (61)
hinzu, der ein Ijähr. Kind behandelte, das 10 g
reinen Lysols ge^nken hatte.
Nach 2Vs Stunden in das Spital gebracht, zeigte das
Kind Cyanose und Somnolenz, Verätzungspuren am Kimi
und Mundwinkel. Respiration 48. Puls schwach, 140-
Nach Mer Magenausspülung trat Erbrechen ein. Du
Bewusstsein kehrte am Nachmittag wieder und das Kind
genas allmählich.
Diese 6 Vergiftungen waren zufällige. Ueber
den Selbstmord einer erwachsenen Person berich-
tet Fagerlund (1).
Eine 34jähr. geisteskranke Frau hatte Abends eine
unbekannte Menge (gegen 100 g) Lysol eetrunken xaA
wurde am Morgen bewnsstlos am Boden liegend gefan-
den. Sie starb Naohmittags 5 Uhr.
IV. PharmalLologid und Toxikologie.
1S3
Koch neueren Datums sind 2 Lysolveiigiftantfen mit
töddichem Ausgange, von denen Haberda (60) oerich-
tei Die erste befiaf ein 27] Jahre altes Mädchen, das
von seiner Mutter vergiftet worden war, die zweite kam
bd einem 8 Tage alten Säugling vor, durch Verwechslune.
Das Kind erhielt etwa einen Theelöffol voll Lysol und starb
voter Erlahmen der Herzthäti^keit 27 Stunden später.
Die Sektionsproiokolle dieser 3 Fälle ergeben als
gemeinsame Befände: Verätzungen der Lippen, der
Wingenhaut Die Schleimhaut der Mundhöhle, des
Bachens, auch bisweilen des Kehlkopfe trübe, rothbraun,
leicht abstreifbar. In Oesophagus und Magen mehr oder
weniffer deutliche Gon-osionen mit Ablösung derMucosa.
In emem Falle Haberda 's, in dem verdünntes
Lysol senommen worden war, war die Magenschleimhaut
gequolW und gelockert, ähnlich wie bm Cyankalium-
Vergiftung, Veränderungen, die sich durch die Wirkung
des Alkali der Seife im Lysol erklären. Auch in den Respi-
ntionsorganen können sich Aetzungserscheinungen finden.
Dass die Lysolvergiftung eine grosse Aehnlich-
keit mit der aknten CarbolsHurevergiftung hat, ist
bei der qualitativ gleichen Wirkung der Carbol-
säore und der Kresole selbstverständlich. Die
letzteren wirken in concentrirtem Zustande ebenso
coagolirend auf die EiweisskOrper der thierischen
Oevebe, wie das PhenoL Aach die Besorptions-
wirkungen, die bei Thierversuchen und bei den
Vergiftungen am Menschen beobachtet worden
sind, äussern sich, wie bei der Carbolvergiftung,
m Erscheinungen von Seiten des Centralnerven-
systems : Basch auftretende Bewusstlosigkeit, sel-
ten allgemeine Krämpfe, Störungen der Athem-
imd Herzthätigkeit. Der Puls wird als klein und
nnterdrflckbar, bald verlangsamt, bald beschleunigt
angegeben.
Die tOdtliche Dosis des Lysols beträgt nach
Haas (Deutsches Arch. f. klin. Med. 1894) bei
Kininchen 2.45 g pro Kilogramm. Die für den
Menschen tOdtliche Oiftmenge lAsst sich nach den
vorliegenden Angaben nicht bestimmen. Einmal
tOdtete ein EanderUffel Lysol ein lOmonat. Kind.
Ein Ijähr. Kind überwand 10 g, ein 4 Jahre alter
Knabe sogar 25 g Lysol, doch war in diesen Fällen
die ärztliche Behandlung rasch eingetreten. Sicher-
lich steht das Lysol in der Stärke seiner lokalen
und allgemeinen Wirkungen der Carbolsäure nach.
Doch hat Haberda ganz sicher Recht, wenn er
empfiehlt, es dem Publicum nicht in grösserer
Henge und nicht concentrirt in die Hand zu geben.
Auch Müller (62) weist auf die grosse Aehn-
Mkeit der Lysolvergiftung mit der akutesten
Form der Carbolvergiftung hin. Wenn in seinem
Anftatze aUe jene Fälle, in denen nach Applikation
der Qifte auf die Haut Bewusstlosigkeit eintrat,
nur auf die reflektorische Wirkung des lokalen
Beizes, nicht aber auf Besorption zurückgeführt
werden, so dürfte sich M. mit der grössten Mehr-
xahl der Pharmakologen im Widerspruch befinden.
Deb^ eine tüdtlich ausgehende Vergiftung mit
Kreosot berichtet Zawadzki (63).
Eine 42jiUir. Frau bekam gegen Husten vom Arzte
Kreosot verordnet, 3mal tfiglioh 6 Tropfen. Nachdem
ne 3 Dosen in 24 Stunden genommen, traten Schluck-
bwchwerden, Heiserkeit, Magenschmerzen, Erbrechmi,
Diarrhöe und quälender Hustenreiz auf. Es bestand
grosse Schwäche, und es erfolgte Aufnahme in das
Krankenhans. In der Mundhöhle Geruch nach Kreosot,
einige verätzte Stellen auf der Schleimhaut. Lähmung
des weichen Gaumens und der Stimmbänder. Anästhesie
und Analgesie der Zungenwurzel, der hinteren Bachen*
wand und des weichen Gaumens. Analgesie des ganzen
linken Arms, der Unken Hüfte und der äusseren Seite
des Unterschenkels. Puls 80. Im Harn Eiweiss und
Hamcylinder. Unter zunehmender Schwäche trat am
6. Tage nach der Vergiftung der Tod ein.
Die Sektion ergab Ulcerationen im Oesophagus, am
Pylorus, Injektion und Hämorrhagien der Schleimhaut
des Magens und Duodenum. Neplmtis acuta.
Die beobachteten Symptome und vor Allem der
Sektionsbefund stimmen mit den älteren Mittheilungen
recht gut überein. Die tödtUche Dosis ist dagegen eine
ausserordentlich geringe. In einem früheren Falle betrug
sie 8.0 g, in einem anderen (bei einem 2jähr. Knaben)
20—30 Tropfen einer stärkeren Kreoeotlösun^. Es mag
in dem oben berichteten Falle wohl eine Idiosynkrasie
vorgelegen haben. Jedenfalls geht aber die Lehre daraus
hervor, Kreosot niemals rein zu verordnen, sondern in
Pillen oder in schleimigen Vehikeln.
An. Stelle dee Kreosots wird jetzt vielfach das
Ottajacöl verordnet, das einen Bestandtheil des
ersteren ausmacht und in vorzüglicher Reinheit
dargestellt wird. Eine gleichfalls tOdtlich endende
Vergiftung mit Ouajaool, die durch Arzneiverwecfas-
lung herbeigeführt wurde, theilt W y s s (64) mit.
Ein Ojähr. Mädchen erhielt per os 5 com Guigacol.
15 Minuten nachher traten plötzlich Somnolenz undCya-
nose auf, und die Kr. erbrach stark. Während die Cya-
nose nach 3 — 4 Stunden verschwand, blieb die Schlaf-
sucht bestehen. Es zeigten sich Schluckbeschwerden.
An den Armen und Beinen traten Blutungen bis Erbsen-
grösse auf. Die mikroskopische Untersuchung des Blutes
ergab Poikilocytose, ovale und eckige Hämoglobinkömer.
Pms 112, weich und regelmässig. Am 2. Tage massige
Albuminurie, auch Nierenepithelien und Cylinder im
Harn. Am 3. Tage trat Ikterus auf. Gesteigerte Tem-
peratur, 39.1*. Puls 160, diorot, regelmiissig. Im Harn
Hämoglobin und Gallenfarbstoffe. Am Beginn des 4. Tages
heftige Dyspnoe. Der Puls nicht mehr fühlbar. Die
Therapie bestand im Wesentlichen in Magenspülung und
Injektionen von Kampheräther.
Die Sektion ergab leichte Glossitis und Pharyngitis.
Akute follikuläre Gastritis mit kleinen Ezooriationen.
Enteritis des Dünndarms. Milztumor. Akute hämorrha-
gische Nephritis mit Hämaturie und Hämoglobinurie.
Ekchymosen auf den serösen Häuten.
Der in der BUse befindHche Harn enthielt Hämo-
globin, Oylinder, Epithelien, rothe Blutkörperchen und
sehr reichliche mattglänzende Kügelchen, in Wasser,
Alkohol, Aether, Chloroform und Natronlauge nicht, da-
gegen löslioh in Guajaool, Kj'eosot und Schwefelsäure.
Die chemische Untersuchung ergab, dass dieses Ham-
sediment Substanzen enthielt, die die Phenolreaktionen
zeigten. Carbolsäure war nicht vorhanden, eben so wenig
liess sich unverändertes Guajaool mit Sicherheit nach-
weisen.
Das Auffallendste in dem Falle sind die Ver«
änderungen im Bluta Während die Erscheinungen
von Seiten des Centralnervensystems und der Ath-
muttg mit den Symptomen der Carbolsäurevergif-
tung, wie ja nach den vorliegenden Thierversuchen
zu erwarten war, grosse Aehnlichkeit zeigen, deu-
ten die Veränderungen des Blutes, der Ikterus
eher auf eine Analogie mit der Pyrogallolwirkung
hin. In sehr vereinzelten E^len ist allerdings
auch bei CarbolsäuroYorgiftung Hämoglobinurie
134
IV. Phaimakologie und Toxikologie.
beobachtet worden (zurNieden [Berl. klin.Wo-
chenschr. Nr. 48. 1881]). Femer ist das Fehlen
aller Aetzerscheinungen auffallend.
SüneA sehr eigenthünüicheii Y ergiftun^siall , der
durch die unvorsichtigste ADwenduiig zweier an sich
nogiftiger Arzneimittel zu Stande kam, Teröffentlicht
Harnaok (66). Ein l^jähr. Mfidchen, das an immer
reddiyirendem, universellem Ekzem htt, erhielt ümsohliige
mit concentrirten Tanninlösungen und gleichzeitig Bäder
mit Kaliumpermanganat (Vs—lV«>)- merauf traten eine
sehr heftige Hautentzündung auf, Fieber von &st 41* und
starke Durchfälle. Nach Weglassung des Tannins dauer-
ten die schweren Erscheinungen noch 3 Tage und ver-
loren sich im Verlaufe von 8 Tagen.
H. vermuthet, dass es sich um eine Yergiftang durch
ein aromatisches Oxydationsprodukt des Tannins gehan-
delt hat, das an der Applikationstelle durch das Kalium-
permanganat entstanden und in das Blut übergegangen
sein musste. Besonders war an i^Yj^o^^- Vergiftung
zu denken, wofür die heftige Hautentzündung, das Fieber
und die Durchfälle sprachen. Im Harn waren Hämo-
globinderivate allerdings nicht mit Sicherheit nachzu-
weisen, dagegen konnte eine Substanz daraus gewonnen
werden, die die Reaktionen des Pyrogallols ^b. Wenn
hierdurch auch der Nachweis noch nicht mit Sicherheit
geführt ist, da auch Gallussäure und Homogentisinsäure
dieselben Reaktionen geben, so ist doch nach H.'s Ansicht
die Bildung von Pyrogallol auch aus chemischen Grün-
den das Wahrscheinlichste. Schliesslich wird zur Vor-
sicht gemahnt bei gleichzeitiger Anwendung zweier an
sich ungiftiger Heilmittel.
XVIL Nitrobenzol Exalgin,
67) Ein easuistiseher Beitrag mit Lehre von der
Nürobemohergiftung ; von MazimilianBondi. (Frag,
med. Wchnschr. XIX. 11. 12. 1894.)
68) Ein Fall von Nitrobeniu>hergiflung mit eigen-
artigen BkUverändenmgen ; von £ h 1 i c h. (Wien. med.
Presse XXXV. 45. 1894.)
69) Un eaeo di awelenamento per essenxa di mir-
bano; per Graselli e Giaroli. (Ann. di Chim. e di
Farmaool. XIX. 3. p. 176. 1894.)
70) Sechs Fäüe von NitrobenxohergifluM; von
Walther Schild. (Berl. klin. Wchnschr. yxYn 9.
1895.)
7 l)Poi8oningby exalgin; byF. Graham Crooks-
h an k. (Lanoet I. p. 1307. May 25. 1895.)
Das Nitrobenzol (Mirbanöl, künstliches Bitter-
mandelöl) ist wegen seiner vidfachen Verwendung
in der Technik (Seifen- und Farbenindustrie) dem
Publicum leicht zugänglich. Leider wird aber
diese giftige Substanz auch nicht selten zur Her-
stellung von Oenussmitteln (Liqueuren, Marci-
pan u. 8. w.) verwendet, ein Unfug, gegen den die
Behörden strenger als bisher vorgehen sollten.
Seine Giftigkeit ist durchaus nicht unbedeutend.
In einem Fall betrug die tödtliche Dosis 8 bis
9 Tropfen (Letheby). In den nachfolgenden
Fällen sind über die eingeführte Menge nirgends
genaue Angaben gemacht (Esslöffel, Tassenkopf).
Dagegen ist dem Referenten ein kürzlich vorgekom-
mener Vergiftungsfall mitgetheilt worden, in dem
ca. 10 ccm eines Liqueurs mit 7.5^/0 Nitrobenzol,
also 0.75 g, den Tod herbeiführten.
Was die Veranlassung zu den 9 Vergiftungen
anlangt, über die hier berichtet werden soll, so
handelt es sich in den 2 Fällen von Bondi (67)
und Grasselli und C^iaroli (69) um den Oe-
nuss nitrobenzolhaltiger Liqueure. E h 1 i 0 h (68)
theilt über die Veranlassung nichts mit Die
6 Fälle Schild 's (70) betreffen Personen weib-
lichen Geschlechts, von denen 2 zu Selbstmoid-
zwecken, 4 zum Zwecke der Fruditabtreibong das
Oift nahmen. In der That traten in 3 F&Uen Abort,
bez. die Menses ein.
Von Symptomen sind ausser den allgemein
bekannten (Kopfschmerz, Oeruch des Athems und
Harns nach Nitrobenzol, Cyanose, Dyspnoe, Sopor
u. A.) besonders zu erwähnen : Trismus und Teta-
nus bei einem Kranken von Schild, der aoch
dreimal vorüberg^ende Steigerung dar Patellar-
reflexe und des Fussclonus beobachtete. Einmal (67)
traten an beiden Fersenhöckem kreisrunde nekro-
tische Stellen auf.
Das Verhalten des ^uies ist leider nur eeltea
genauer beachtet worden. Abgesehen von den
allgemeinen Angaben über Braunfärbung ((%oko-
lade- und Kastanienfarbe) des Blutes ist Folgendes
zu erwähnen. Eh lieh konnte Methämoglobin
nachweisen, daneben auch eigenthümliche histo-
logische Veränderungen. 6 Tage nach der Ver-
giftung traten grosse Mengen kernhaltiger Erythro-
cyten verschiedenster Grösse auf, daneben Leoko-
cytose. Die Zahl der kernhaltigen Erytiinx^ten
verminderte sich in den folgenden Tagen, so dass
kurz vor dem Tode, abgesehen von massiger Lenko-
cytose, der Blutbefund normal war. Ebenfalls
genauer untersucht wurde das Blut in dem Falle
von Bondi. Hier waren weder Methämoglobin,
noch histologische Abweichungen zu bemerktti.
[In der That ist bis jetzt ausser von Eh lieh beim
Menschen nachNitrobenzolvergiftung nodi niemals
Methämoglobin im Blute nachgewiesen worden,
während bei Hunden der Nachweis leicht gelingt
Nach den Versuchen Dittrich's (vgl. Jahrbb.
CCXXXIV. p. 24) wird auch in vitro das Hunde-
blut vom Nitrobenzol viel leichter verändert, als
Menschenblut Daher dürfte der Befund E h 1 i c h's
etwas skeptisch aufzufassen sein. Ref.]
Dass das Nitrobenzol sehr deletär auf die Blut-
körperchen wirkt, dafür scheint ein sonst nidit
beschriebenes Symptom, das Schild beobachtete,
zu sprechen. In 3 Fällen trat am 3. bis 4. Tage
nach der Vergiftung ein mit Fieber und Albumin-
urie verbundener Ikterus ein. Seine Entstehong
dürfte auf die in Folge des Blutkörperchenzerfalls
überreichliche Oallenproduktion zurückzufahren
sein.
Der Harn war in allen Fällen braunroth gefärbt
Auf die nach Nitrobenzolgenuss auftretende redu-
cirende Substanz (Olycuronsäure) wurde nur tob
Bondi geachtet Die Aetherschwefelsäuren ma-
den stark vermehrt gefunden. Münz er und
Palma (5) fanden bei dem gleichen Kr. leidit
gesteigerte Ammoniak- und Acetonausscheidong.
Am 4. Tage nach der Vergiftung gelang es, eine
alimentäre Olykosurie hervorzurufen, woraus her-
vorgeht, dass duroll 4i^ NitrobensolYer^un^ 4iQ
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
135
AssimMonagrenze für Kohlehydrate herabgesetzt
wird.
Der Verlauf der Vergiftungen war meistens
günstig, nur 2 Todesfälle werden beschrieben.
Die Behandlung bestand zunächst aus Magen-
BpQlungen und Brechmitteln, Einspritzungen von
Eampher, Aether, Coffein. Schild empfiehlt
besonders ein Bad mit kalten Uebergiessungen.
Das in ähnlicher Weise auf das Blut schädlich
wirkende EhxUgin (Orthomethylacetanilid) hat zu
einer Vergiftung Veranlassung gegeben , von der
Crookahank (71) berichtet.
Eine wegen Asthma und Schlaflosigkeit behandelte
Fnm erhielt 0.3 g Exalgin. 20 Minuten nachher traten
Bewnsstlosigkeit, starke Cyanose, Kfilte der Glieder eio.
Bespiiation flach und aussetzend. Pupillen stark erwei-
tert Puls schwach, 95 in der Minute. Patellarreflexe
fehlten. Apomorphin subcutan bewirkte kein Erbrechen.
Dorch Anwendung von Hautreizen, künstlioher Respira-
tkm, Brandy nnd Kaffee wurde die Athmung gebessert
md die Cyanose nach 3 Standen zum Schwinden ge-
Incht Einige Zeit bestand noch Herzschwäche, die
dorch Aetherinjektionen beseitigt wurde.
XVIIL Älkaloide,
72) Ä case of quinine poüonmg; by Isham G.
Btrris. (New York med.Eecord XLV. 5. p. 138.1894.)
73) Un caso ctintossieaxume ehiniea in individuo
^Khrieo seguüa da morte per ureniia ; perGaetano
Miociche. (Rif. med. X. 14. 15. 1894.)
74) A ccae of poUoning by siratmmium seeds ; by
Bichard Gaton. (Lancet I. 26. p. 1641. 1895.)
75) Vergifttiftg mit Samen der Datura Stramonium ;
von E. Wehrli. (Corr.-Bl. f. Schweizer Aerzte Nr. 6.
1895.)
76) Rapid supervention of Symptoms of poisoning
foOowing the application of a Mladonna plaster; by
V m. J. H 0 w a r t h. (Lancet I. 4. p. 204. 1894.)
77) A ease of eolehietim-poisoning ; by Harold N.
Ifoyer. (Med. News LXTV. 17. p. 457. 1894.)
78) Kali hypermanganicum cUs chemisches Antidot
sW^ organischer OifU; von JohannAutal. (Ungar,
lith. f. Med. a 3. 4. p. 248. 1894.)
79) A ease of eocaine- poisoning; by Nelson
^eter. (Therap. Gaz. XIX. p. 11. 1895.)
80) Ueber die Veränderungen des Centralnerven-
|»tow nach chronischer Vergiftung mit Brom [soll
tonsen : Bromiden, ^f Oi Oocain, Nicotin und Antipyrifi ;
% Koloman PÄndi. (Ungar. Arch. f. Med. IL 3. 4.
1 257. 1894.)
81) Zur Kenntniss der chronischen Nicotin- und
^^olvergiftung ; von Friedrich Vas. (Arch. f.
»periin. Pathol. u. Pharmakol. XXXIII. 2. 3. p. 141.
i^)DreiFäüevonOytisinvergiftung;\(my(.^9isXe.
ueutsche med. Wchnschr. XXL 23. 1895.)
B3) 2kir Casuistik der Ergotingangrän ; von A c h i 1 -
eiNordmann. (C!orr.-Bl. f. Schweizer Aerzte 1894.>
fc«L-Abdr.
B4) Ol» the wüue of repeatedly washing out the sto-
■^ iU Short intervals in cases ofopium or morphine
fitmng; by L. P. Hamburger. (Johns Hopkins
% BnlL V. 42. p. 94. 1894.)
, 86) Four eases of optum-poisoning in which potas-
*•"» fermanganats was administered ; by L. Walter
yle. (Med. News LXIV. 19. p. 514. 1894.)
86) Permanganate of potassium as an antidote for
JorpWne; by William Moor. (New York med.
«CMd XLV. 7. p. 200. 1894.)
87) KtüiMnKperfnanganaJte ofpotash. The neuf anti-
^ for morphine poisoning from a chemieal point of
wf; by LA. Harding. (Ibid. XLV. 15. p.459. 1894.)
88) An experiment with permanganate ofpotash as
an antidote for morphine poisoning; by Joseph M.
R e c 1 0 r. (Ibid. p. 460. 1894.)
89) R^ort of cases of opium poisoning suecessfuÜy
treated by permanga/naie of potassium ; by W i 11 i a m
Moor. (Ibid. XLVH. 9. p. 266. 1895.)
90) The new antidote for opium poisoning ; by W i 1 -
1 i a m M 0 0 r. (Brit med. Joum. June 22. p. 1369. 1895.)
91) Potassium permanganate a rdiable antidote to
Opium' poisoning; by J. Str. Carpenter. (Therap.
Gaz. XIX. p. 162. 1895.)
92) Opium-poisoning treated with potassium per-
manganate ;byMortonDowns. (Ibid. p. 447. 1895.)
Die von Harris (72) mitgetheilten 2 Fälle
von CAtmnvergiftung (nur einer ist selbst be-
obachtet) sind einander sehr ähnlich. Beide Male
handelte es sich um Frauen, die 0.12g, bez. 0.3 g
Chinin erhalten hatten.
Es zeigten sich Prickeln und Stechen in den Fingern
und Zehen, später in allen Gliedern und über den ganzen
Körper. Lippen nnd Zunge schwollen an. INsuin traten
starke Absonderung der Nasenschleimhaut nnd Thränen-
drüsen und leichte Conjunctivitis auf. 3, bez. 5 Std. nach
der Verabfolgung des Chinins erschien unter heftigem
Jucken ein stark rothes soharlachartiges Exanthem, in
dem einen Falle mit nagelkopfgrossen Papeln. Der Aus-
schlag war am nächsten Tage schon wieder verschwun-
den. Bei beiden Frauen, die sonst regelmässige Menses
hatten, traten frühzeitige menstruelle Blutungen ein.
Micciche (73) berichtet von einer Chimnvergiftung
mit tödtliohem Ausgange durch Urämie. Sie betnfft ein
13jähr. Mädchen, d^ bei einem früheren Malaria- Anfall
40 g Chinin innerhalb von 4 Mon. erhalten hatte und seit-
dem eine Intoleranz gegen dieses Mittel auch in kleinen
Dosen zeigte. Stets traten Erbrechen, Fieber und Hämat-
urie ein. Als ihr von einem Arzte, der diese Intoleranz
nicht kannte, 0.5 g Chinin, hydrochloric. unter die Haut
gespritzt wurde, traten nach 15 Min. starke Leibschmerzen
und heftiges Erbrechen auf. Nach und nach entwickelten
sich folgende Symptome : Blässe der Haut und der sicht-
baren Schleimhäute, kleiner frequenterPuls, hohes Fieber
mit starken Schüttelfrösten, schwere nervöse Depression,
die in Sopor überging, Ikterus, Hämaturie, Anurie, bis
unter Delirien und Dyspnoe am 7. Tage der Tod folgte.
Der Harn enthielt während der ganzen Zeit rothe Blut-
körperchen, Nieren- und BlasenepitheUen , Hämoglobin
und Gallenbestandtheile. Die Untersuchung des Blutes
während des Lebens ergab einen stark vermmderten Qe-
halt an rothen Blutkörperchen , gelöstes Hämoglobin,
zahlreiche Schatten und einen Hämoglobingehart von
40«/o(Fleischl).
Bei der Sektion war vor Allem auffallend die starke
Anämie sämmtlicher Organe. Leber und Milz waren sehr
vergrössert, letztere um das Vierfache. Die Nieren eben-
falls vergrössert und stark fettig degenerirt. Das Blut
war flüssig, von rubinrother Farbe und ohne jede Gerin-
nung.
Bei der Besprechung der Pathogenese des Falles
weist M. zunächst die Ursache zurück, diesen und
ähnliche Fälle als periodische Hämoglobinurie oder
als Malariahämoglobinurie mit Ikterus zu deuten,
da hier Ursache und Folge zu deutlich sind. Uebri-
gens konnten auch im Blute Malariaparasiten trotz
wiederholter Untersuchung nicht gefunden werden.
Der vorliegende Fall ist deswegen besonders inter-
essant, weil hier so schwere Erscheinungen auf-
traten, wie man sie sonst nur bei fortdauernder
Chinindarreichung beobachtet hat. Das Chinin
wirkt in gewissen Fällen schädigend auf das Blut,
in welcher Weise, ist uns unbekannt Es findet
136
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
eine schnelle Zerstörung rother Blutkörperchen
statt und daraus entstehen die ausgeprftgte Anämie
und die Hämoglobinämie. Aus diesen beiden
Schädigungen glaubt M. alles Andere ableiten zu
dürfen: Das Erbrechen, die Milz- und Leber-
schwellung, den Ikterus, die schweren nervOsen
Störungen, den frequenten Puls und die zur Anurie
führenden Veränderungen der Niere.
Deber Atropinvergiflungen liegen 3 Berichte
vor, die sich auf 4 Fälle beziehen. Sämmtliche
Vergiftungen endigten gut und kamen durch Zufall
zu Stande.
Der Fall Caton*s (74) betrifft einen geistig be-
schränkten Mann Ton 29 Jahren, der Stechapfeimmen
mit Whisky aufgesetzt hatte and diese Mischung trank.
Der stark komatöse Fat hatte dilatirte Papillen, sehr
frequenten Puls (130), trockne Haut, Muskelzuckungen
in Armen und Beinen. Zuletzt traten Dehnen auf. Die
flamentleerang war erschwert Die Therapie bestand in
Apomorphin- und Pilocarpininjektionen and Eisblase auf
den Kopf. Die völlige Wiederherstellang dauerte 3 Tage,
zuletzt verschwand die Dilatation der Papillen.
Ebenfalls durch Semen Stramonü veranlasst war die
von Wehrli (75) beobachtete Vergiftung, die sich auf
2 Mädchen von 6 und 14 Jahren bezieht Die erstere
hatte Samen und Fruchtfleisch von 3, die andere von 2
grünen Daturafrüchten verzehrt. Zuerst traten Muskel-
zuckungen, starker Durst auf, bald darauf lebhafte moto-
rische Unruhe mit schwerer Bewusstseinstörung , Illu-
sionen und Hallucinationen des Gesichts und Gehörs (bei
der älteren mit einem Anstrich des Erotischen). Pupillen
stark erweitert und reaktionslos. Puls nicht wesenthch
beschleunigt. Merkwürdiger Weise wurde keine Magen-
spülung vorgenommen, auch wurden weder Brech-
noch Abführmittel gereicht, sondern Morphium, Tannin,
schwarzer Kaffee. Aai 2. Tage Erbrechen mit 8 — 10 Samen,
am 3. Tage erst Stuhle mit massenhaften Daturasamen.
Von allen Symptomen bestand die Pupillenerweiterung
wieder am längsten, bis zum 3. Tage.
Dass Atropinvergiftungen durch äusserlichen
Gebrauch pharmaceuticher Präparate vorkommen,
ist nicht selten beobachtet worden. Hierher ge-
hört der von Howarth(76) mitgetheilte Fall. Die
Vergiftung kam zu Stande durch Applikation eines
150 qcm grossen Belladonnapflasters auf die un-
verletzte Haut an einer Stelle, die durch vorherige
Einreibung mit einem hautreizenden Oele etwas
hyperämisch geworden war.
Der 57jähr. Er. zei^ alle schon geschilderten Er-
scheinungen, ausserdem jagende Respiration. Auffallend
war aber das rasche Auftreten. Sofort nach Auflegen des
Pflasters machte der Er. sich auf den Heimweg. Bereits
nach ^U Std. wurde ihm der Mund trocken und die Zunge
schwoll an. Dann bemerkte er an Häoden und Füssen
eine Art Taubheitsgefühl, so dass er kaum merkte, wenn
seine Fasse den Boden berührten. Nach V4Std. zu Hanse
angekommen, taumelnd und verwirrt, erbrach er und
veäel in Bewusstlosigkeit.
Die Therapie bestand in Entfernung des Pflasters
gründlicher Reinigung der Haut und Injektionen von
Extractum physostigmatis. Genesung in 24 Std., nur die
Mydriasis blieb wieder 3 Tage lang bestehen.
Ebenfalls durch therapeutische Anwendung
kam die von Moyer (77) beschriebene Colducum"
Vergiftung zu Stande.
Eine 22|jähr. Frau erhielt vom Arzt als Abführmittel
Yinom Colchici. Das Präparat war nicht ganz zuver-
lässig, da es mehrere MoDate schlecht verkorkt in der
Ofßcin des Arztes gestanden hatte, also durch Ver-
dunstung möglicher Weise etwas oonoentririer gewtudea
war. Bezüglich der Menge machte der Arzt die Angabe,
dass es ungefllhr 1 Theelöffel voll gewesen sei, aber er
hatte das Medikameot, ohne zu messen (!), direkt ans der
Flasche in ein Trinkglas gegossen. Die ersten Yergiftiuiga-
erscheinungen traten nach ungefähr 2Vt Std. aaf. Zo-
nächst heftige Schüttelfröste, dann Erbrechen und sehr
heftige Eolikschmerzen. Puls und Respiration wordeii
schwach.
Aus dem Sektionsbefnnde ist als wesentlich herror-
zuheben, dass sich im Herzfleische sehr zahlreiche kleine
Blutungen fanden. Die Schleimhäute des Intestioal-
traktus zeigten keine Veränderungen.
Die Behandlung war eine rein symptomatische
gewesen und wir besitzen bisher in der That kein ,
Mittel, um die Colchicinwirkung direkt zu be-j
kämpfen.
Neuerdings hat Autal (78) durch Thierver-
suche gezeigt, dass es gelingt, ein mit 0.05 gCol-
chicin per es vergiftetes Thier durch Kaliom-
permanganat (25ccm einer Vsproc Lösung) 15 Hi]u|
später gegeben, am Leben zu erhalten. Colchic
wird durch Kaliumpennanganat sehr rasch zu
giftigen Stoffen oxydirt Ghmz gleiche und ebenso]
erfolgreiche Versuche hat A. mit Muacarin, StryA*\
nin, Ol, Sabinae und Oxalsäure angestellt, nur er^
folgte die Eingabe der Ealiumperoianganatl^
gleich hinter dem Gifte her. Es ergiebt sich
diesen Beobachtungen, dass die rasch oxydirei
Wirkung des rechtzeitig angewendeten übermanf
sauren Kalium nicht nur bei der Blausäure (s.obeD)
sondern auch bei anderen organischen Giften
werthbar ist
Leichte Yergiftungserscheinungen bei medii
mentöser Anwendung des Cocains sind Mufig
obachtet worden. Einen neuen Beitrag dazu liefe
der Fall Tee t er 's (79).
Einem kräftigen Manne wurden zur At
einer kleinen Operation 20 Tropfen einer Gproc.
lösung eingespritzt. Kurz nach Entfernung der
traten plötäich Collaps, Dilatation der PupiUen ad
mum, sehr beschleunigte Athmung, unregelmässige He
thätigkeit und Steigerung der Pulsfrequenz auf 160
Durch sofortige Anwendung von Analepticis worden
schwersten Symptome schnell beseitigt und nach
Zeit erfolgte völlige Wiederherstellung.
Fagerlund (1) berichtet über einen Selbsbooc
durch Cocain. Ein Schenkmädchen nahm einen Ki'
löffel voll Cocain in einem Olase Bier, unter
Schmerzen starb sie nach Vi Stunde.
Bei der Sektion (nach 2 Tagen) fand sich
Leicheastarre. Die Meningen waren stark gerotbe
Hirnsubstanz, Pens und MeduUa oblongata sehr blal
reich, in den Seiten Ventrikeln röthhches Serum.
Magen dunkelrothe schleimige Flüssigkeit (mitdeudich^
Co<^nreaktion) , die Schleimhaut sterk iigioirt; Lebel
Nieren und Milz sehr blutreich.
Ebenso wie beim Menschen durch habituc
Cocainzufuhr eine chronische Vergiftung entst
Iftsst sich beim Kaninchen der vollständige Syi
ptomencomplex des Coeainism'us chronicus erz(
indem man täglich kleine Dosen unter die Hai
spritzt Fändi (80) hat derartige Versuche ai
gestellt, um die durch das Gift im Centialne
System hervorgebrachten Yerftnderungen zu 8t
diren, und zwar bediente er sich der werthvollc
tV. Pharmakologie und Toxikologie.
137
Hissl'schen Methode, die schon beim Studium
Tosohiedener ohronisdier Vergiftungen (Arsen,
Blei, Phosphor, Antimon) erfolgreich angewendet
ifurde. Die beiden Versuchsthiere erhielten wäh-
lend 18 und 24 Tagen 0.36, bez. 1.03 Cocain.
Den einzelnen Einspritzungen folgte eine Bet&u-
bmig, während deren eine erhöhte Reizbarkeit be-
stand. Es traten Hallucinationen und Parästhesien
aof, später entwickelten sich Paresen undContrak-
tnren. Bei dem einen Thiere sah P. typische,
epileptiforme Anfälle. Nur das Cocain verlieh
den Thieren in den letzten Tagen einige Kraft,
fionst lagen sie hülf los am Boden. Die beobachte-
ten Veränderungen an Nervenzellen und Nerven-
fasern werden von P.SO gekennzeichnet: die Zellen,
sowohl wie die Fasern entarten im ganzen Nerven-
system. Das Chromatin zerfUlt in einzelne Theil-
dien. Die Zellen verblassen und schwellen an.
Kern und Eemkörperchen sind geschrumpft, der
Band der kOmig degenerirten Zellen ist hart und
brüchig. Die sklerotische Atrophie bildet die
zweite Form der Entartung. Charakteristisch ist
femer die schmutzige dunkle Färbung einzelner
NerTenfasem. An manchen Stellen erscheint der
Achsencylinder atrophisch, gegenüber anderen
Achsenoylindem, die eine nnregelmässige Schwel-
lung zeigen. Eine lokalisirte oder inself^rmige
Erbankung ist nicht nachzuweisen.
Obwohl eigentlich nicht hierher gehörig, mögen auch
die dnroh cMvnischen Bromismua (Yergiftang mit
firomnatrinm) ond durch ehronisehe AnOpyrinvergif"
iung im Nervensystem gesetzten Yerändenmgen hier an-
geiahrt sein, wie sie P. beobachtet hat.
Die mit Bromnatrinm vergifteten Thiere zeigten
starke Kachexie, Lähmungen und Contrakturen. Die
loatomische Untersnohnng ergab eine, an verschiedenen
Stellen ungleich weit vorgeschrittene Veränderung des
NenreDsystems. Das Chromatin der Zellen ist entweder
in Kömchen aufgelöst oder bildet vieleckige Stücke mit
^Snzender Oberfläche und tiefer Färbung. Eine dritte
Form ist die sklerotische Atrophie mit tief gefiirbtem
IWplasma und ebensolchem Kerne. Diese Zellen sind
überall neben den beiden anderen Formen verstreut
Die chronische AntLpyrinvergiftung erzeugt bei den
Kaninohen nur eine allgemeine Schwäche und Hinfälli^-
keii Die Zellen waren stark geschwollen, das Chromatin
seiftllt in sehr feine staubartige Theilchen. In der Zelle
treten homogene Massen auf. Der Achsencylinder hyper-
trophirt
P. hat schliesslich noch die i\%x><m-Wirkung
in der angegebenen Weise studiri Die Symptome
der chronischen Yergiftung bei Kaninchen waren
abnorme Lebhaftigkeit, dann starkes Zittern und
Kiämpfe, sp&ter Abmagerung, Steifigkeit der Qlied-
loaassen und Betäubung. Unter den anatomischen
Teiftnderungen des Nervensystems sind charakte-
nstisch die starke Färbung des ZellkOrpers und
dessen sklerotische Yeränderung. Eine weit-
gehendere Erkrankung erleidet die weisse Sub-
stanz; in den Hintersträngen tritt eine System-
degeneration auf.
Wenn es nun nach P.'s Beobachtungen scheinen
sollte, als ob bei diesen chronischen Yergiftungen
das Nervensystem den einzelnen Qiften ent-
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft 2.
sprechende, verschiedene Formen anafemischer
Veränderungen erleidet, so ist dieser Schluss jeden-
falls nur mit grosser Vorsicht aufzunehmen. Denn
nach den Untersuchungen von Vas (81) sind z.B.
die Veränderungen, die durch chronische Nicotin-
und Alkoholvergiftung an den grossen Vorderhom-
zellen des Rückenmarkes und den Zellen der spi-
nalen und sympathischen Ganglien erzeugt werden^
in jeder Beziehung einander gleich. Sie machen
sich bemerkbar im Homogenwerden der Chromatin-
struktur. Da aber die gleichen Veränderungen
nach künstlich erzeugter Myelitis und nach Phos-
phor- und Bleivergiftung beobachtet worden sind,
so sind sie nach V. nicht einem Gifte oder einem
Eingriffe als specifisch zuzuschreiben, sondern
müssen als Folgezustand einer allgemeinen Stö-
rung der Ernährung im ganzen Körper aufge&sst
werden.
Ueber die Zuscmmensäxung des TahakrawAes^
speciell über das Vorkommen von Nicotin in ihm,
lagen bisher widersprechende Angaben vor. V. hat
sich mit der Untersuchung der Verbrennungspro-
dukte des Tabaks beschäftigt Bei Durchleiten
des Rauches durch angesäuertes Wasser wurden
darin Alkaloide zurückgehalten, die zum aller-
grössten Theil aus Nicotin bestanden, das durch
die chemische Analyse und den physiologischen
Versuch festgestellt wurde. Es ist somit eine be-
wiesene Thatsache, dass unter den im Tabakrauch
enthaltenen Basen das Nicotin in toxischer Hin-
sicht allein in Betracht kommt und dass der grösste
Theil der Symptome der chronischen TabcJcvergif-
tung auf Rechnung dieses Alkaloids zu setzen ist.
V. hat an Kaninchen die Blutveränderungen
bei der chronischen Nicotinvergiftung genauer
untersucht und nach denselben Gesichtspunkten
über die chronische Alkoholvergiftung einige Ver-
suche angestellt Es ergaben sich dabei folgende
Thatsachen: Die Trockensubstanz des Blutes bleibt
nach beiden Giften annähernd gleich. Sowohl
durch Nicotin, wie durch Alkohol wird der Hämo-
globingehalt des Blutes beträchtlich herabgesetzt
Während die Zahl der rothen und der weissen
Blutkörperchen durch Alkohol nicht verändert wird,
fällt bei der Nicotinvergiftung die Zahl der rothen
Blutkörperchen und steigt die der weissen. Alko-
hol übt auch auf die Blutalkalescenz keinen
Einfluss, durch Nicotin erfährt sie eine nicht un-
beträchtliche Abnahme. Das Gewicht der Ver-
suchsthiere nimmt bei beiden Vergiftungen schliess-
lich ab, durch Alkohol wird es nur anfangs ge-
steigert.
Drei durch den Genuss der Früchte des Gold-
regens (Cytisus Labumum) hervorgerufene Ver«
giftungen hat Saake (82) beobachtet
Es handelte sich in allen Fällen um Kinder von
3 mid 4 Jahren. Als auffällig ist zunächst hervorzu-
heben, dass die Symptome sehr spät, 14—24 Stunden
nach Genuss des Giftes eintraten. E& zeigte sich ein akut
einsetzender, sehr intensiver Brechdurchfall mit Ab-
stossung des Epithels des unteren Colon und des Rec-
18
133
IT. Fhannakologid und Toxikologie.
inmj yerbuaden mit TBmperatarsteiA^nmg (bis 40.8®),
klonischen, den erössten Theil der ^örpermnskeln in
Mitleidenschaft ziehenden Krämpfen nnd Pupillenerweite-
mng, danach auffallender Schwand der Oliedermosknla-
tor. !Femer bestand Anurie, bez. Oligurie. Während
in dem einen Falle der Tod 22 Stunden nach Auftreten
des eisten Erbrechens eintrat (Asphyzie im Erampf-
anfall), dauerten in dem anderen Falle die Krämpfe einen
Tag, die Diarrhöen 6 Tage. Das dritte Kind hatte 5 Tage
lang Krämpfe und die mit starkem TenesmusTerbundenen
Durchfälle hielten 12 Tage an. Schon am 3. Tage stellte
sich Prolapsus ani ein.
Die Therapie bestand m allen ¥Wen aus einem
Emeticnm, Bicinusol, Acid. tannicum, Tinct. opü, Exci-
tantien.
Am Sektionsbefund waren am auflaUendsten die
verhältnissmässig geringsn Veränderungen deslntestinal-
tractus (Injektion der Schleimhäute, vereinzelte punkt-
förmige Blutungen ; im Colon Abstossun^ des Epithels).
Der Magendarmkanal war ausserordentlich anämisch, die
Kopfhöhle dagegen stark hyperämisch.
Die chemische Untersuchung wies in den Leichen-
theUen ein Alkaloid nach, das nicht mit Bestimmtheit als
Gytisin erkannt werden konnte. Dagegen konnte im
Stuhl Cytisin nachgewiesen werden.
Hehrliftoh sind bei arzneilicher Anwendung des
MuUerkoma Nekrosen beobachtet worden nach
kleineren und nach grosseren Dosen, bisweilen erst
lange Zeit nach dem Aussetzen des Mittels.
Nordmann (83) beschreibt einen Fall, in dem bei
einer anämischen, aber sonst gesunden Erstgebärenden
nach der Injektion von Iticm ^gotinum fluidum Denzel
am 3. Tage des Wochenbettes eine akute Nekrose der
Haut der Kreuzbeiogegend auftrat Es war eine streng
umschriebene trockene Gangrän der Haut, die unter der
gewöhnUohen Demarkation zur Gesohwür- und Narben-
bildung führte. Nach Ausschluss aller sonstigen äüo-
logisohen Momente kann N. den Fall nur als akute Ergotin-
gangrän auffassen und nimmt eine individuell geringe
Widerstandskraft gegen Mutterkorn an. Der bedeutende,
der Einspritzung vorhergegangene Blutverlust kann zur
Entstdiong der Nekrose beige&agen haben.
An Thieren ist wiederholt festgestellt worden,
dass Morphin auch nach Einspritzung unter die
Haut durch die Schleimhaut in den Magen hinein
abgeschieden wird. Hamburger (84) hat diese
Thatsache auch am Mensdien bestätigen kOnnen.
Ein Chinese hatte 10 g Opium genonunen. 7 Vi Std.
nach der Veii^ung, als der Vergiftete ganz komatös
war, wurde der Magen längere Zeit ausgespült Die
Spülflüssigkeit war rothbraun und hatte deutlichen
Opiumgemch. Die chemische Untersuchung ergab Mecon-
säure und reichliche Alkaloide. Aus dem zur gleichen
Zeit mit Katheter entleerten Harne konnte Morphin mit
Harnstoff verunreiniget gewonnen werden, das aUe typi-
schen Reaktionen zeigte. 10 und 13Vs Stunden nach der
Vergiftung wurden wieder Magenspülungen vorgenommen.
Die Spülflüssigkeit war klar und geruchlos, sie enthielt
keine Meconsäure mehr, ein Beweis dafcLr, dass das
Opium durch die erste Ausspülung entfernt worden war.
Dagegen konnte jedesmal Morphin darin nachgewiesen
werden. Dieses Morphin musste aus dem Blute durch
die Schleimhaut in den Magen hinein ausgeschieden
worden sein.
Diese Beobachtungen zeigen, dass bei reich-
licher Zufuhr ein kleiner Theil des Qiftes zwar im
Harne erscheint, der grössere aber in den Magen
ausgesdiieden wird. Durch Alfs Versuche ist
schon früher dargelegt worden, dass Hunde, denen
mit kurzen Zwischenzeiten der Magen ausgespQlt
wird, tödtliche Dosen von Morphin ungefllhrdet
ertragen. H. rftth deshalb, bei Opiumvergiftungen
so bald als möglich den Magen auszuspülen und
dies möglichst oft zu wiederholen. In seinem
Falle war diese Behandlung nicht erfolgreich (der
Tod trat bald nach der 3. Magenspülung ein), weS
sie erst lange Zeit nach der Vergiftung einsetsta
In verschiedenen Aufsätzen tritt Moor (86<
89. 90) sehr warm für die Verwendung des Kalium-
permanganats bei der Cjptuin* und MorpUn-let-'
giftung ein. Seine Beobachtungen über die rasche
Oxydhrbarkeit des Morphins sind interessant Es
geht aus ihnen hervor, dass Morphinsalze inwSfise-
riger Lösung axtch in Oogenwart von Eiweiss oder
Pepton durch Zusatz von Ealiumpermanganat-
lösung in kürzester Zeit zerstört weiden. Somit
scheint in der That Kaliumpermanganat, wenn es
bei Morphiumvergiftung per os nicht allzuhusge
Zeit nach der Aufnahme des Giftes in den Magen
gebracht wird, eine günstige Wirkung entfalten xu
können. M. hat an sich selbst Versuche in Gegen-
wart von Aerzten vorgenomm^, die in Amerika,
wie es scheint, grosses Aufsehen gemacht haben.
Er nahm 0.18g und ein anderes Mal 0.3 g Morphin.
Bulfur. ein und trank hinterher eine Lösung von
0.24, bez. 0.48 g KaL hjpermanganic in ^/4 Liter
Wasser, ohne eine narkotische Wiri[ung zu spüren.
M. geht aber noch weiter und glaubt, durch sub-
cutane Anwendung des Antidots das in das Blut
aufgenommene Morphin zerstören zu können, eine
Ansicht, die er durch einige mit ungenOgenden
Morphindosen angestellte Thiorversuche zu be-
grfinden sich bemüht Harding (87) und Rec-
tor (88) weisen auf die Mängel seiner Beweis-
führung und die ganz unmöglichen Voraussetsiin-
gen hin. Das eingespritzte Kaliumpennanganat
giebt natürlich schon im ünterhautzeÜgewebe sei-
nen Sauerstoff ab, ehe es in'sBlut gelangt und mit
dem Morphin zusammentrifft.
Dass trotzdem von günstigen Erfolgen bei Opiiuu<»
Vergiftung mit dem neuen Antidot gemeldet wird, darf
uns nicht wundem. Die 4 Kranken r y 1 e *8 (85) wurden
nur mit S^aliumpermanganatlösung per os behandelt nnd,
da bei dreien <fie Behandlung sehr bald nach der Ver-
giftang einsetzte, ist ein therapeutischer £ffekt nicht un-
möglich . Die übrigen Fälle von Moor (89), C a r p e n -
ter (91) und Downs (92) mit subcutaner Ii^jektion der
KaliumpermanganatiöBong (5-— 10 Tropfen I) liefen eben-
falls höohst glücklich aus.
Bei allen diesen Vergiftungen Utot sich schwer bo-
urtheilen, was geholfen hat, da ausser dem neuen iüti-
dot noch Atropin- und Strychnininjektionen, künstliche
Respiration, Hautreize und andere Mittel angewendet
wurden. Ausserdem ist der Verlauf einer Morphinver-
giftung von vornherein besonders schwierig zu beuithälen
und das post hoc ergo propter hoc wird 1^1 einem neuen
Mittel besonders gern angewendet werden.
(Schluss folgt.)
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
139
V. Neuropathologle und Psychiatrie.
223. üeber Morbas BasedowiL (Vgl. Jahrbb.
CCXLVn. p. 22.)
H. Ditisheim (Ueber Morboa Baaedowii.
Züricher Inang.-Disaertation. Basel 1895) theilt
17 Krankengeschichten ans der Züricher med.
Klinik mit, darunter 1 Fall von schwerem Hör-
boB Baaedowii bei einem 28jfthr. Lehrer, in dem
ein ausführlicher Sektionsbericht gegeben werden
konnte. Bemerkenswerth sind genaue Angaben
über die Herzbefunde, der Nachweis, dass in der
Hehrzahl der Falle schon vor dem Morbus Base-
dowii Struma bestanden hatte, 2 Fälle yoü Augen-
müskellähmung, 8 Fälle von Sklerodermie, die
meist an den Unterschenkeln, auch im Oesicht be-
obachtet wurde, 2 Fälle von mehrfacher Fussnagel-
Eiterang, 4 Fälle von umschriebenem Muskel*
Schwunde. Am merkwün^jgsten ist die Häufigkeit
sklerotischer Hautveränderungen ; man sollte mei-
nen, sie wSre gar zu gross, auch vermisst man in
den Krankengeschichten zum Theil entsprechende
Angaben.
Die theoretischen Erörterungen D.'s sind dürftig.
W.Scholz (Ueber den Einflass der Schild-
drüsenbehandlung auf den Stoffwechsel des Men-
schen, insbesondere bei Morbus Basedowii. Centr.-
Blf. innere Med. XVI. 43. 44. 1895) hat an einer
Basedow-Kranken genaue Stoffwechsel-Prüfungen
aosgeführt Wegen des Einzelnen muss auf das
Original verwiesen werden. Seh. bestätigt die
Angabe Fr. Müller 's, dass bei Morbus Basedowii
die Nahrung vollständig ausgenützt wird, üeber-
mtefiiger Eiweisszerfall bestand bei der Kranken
sur Zeit des Versuches nicht. Die Schilddrüsen-
Tabletten (von Borroughs, Wellcome u, Co.) hatten
keinen wesentlichen Einfluss. Die Diurese wuchs
ein wenig, die N-Ausscheidung im Harn kaum
merklich. DieBasedow-Eranke verhielt sich gegen
das Thjreoidin wie eine Gesunde. Seh. glaubt
aondimen zu sollen, dass die Schilddrüse „einen
gewichtigen Einfluss auf den Phosphorsäureetoff-
wechsel^^ äussere, da die geringe PiOg- Ausfuhr
der Kranken durch die Tabletten beträchtlich an-
wndis.
A. Magnus Levy (üeber den respiratori-
Khen Qaswechsel unter dem Einflüsse der Thy-
i^dea, sowie unter verschiedenen pathologischen
Zuständen. BerL klin. Wchnschr. VXXir 30. 1895)
li*t bei 3 Basedow-Kranken Stoffwechselversuche
Stacht „Der Ghisweohsel, pro Kilo und Minute
^is^hnet, ergab hierWerthe, die die bei gesunden
Controlpersonen ähnlicher GrGsse und Gewichts
euuK wesentlich übertrafen.^' In 2 Fällen von
ng^eiltem^' Morbus Basedowii fand L. normale
VerhUtnisse; darunter war der von Behn wegen
eines sehr schweren Morbus Basedowii operirte
Kranke. L. stellt weitere Versuche in Aussicht
C. y. Noorden (Beiträge zur Theorio uad
Praxis der Schilddrüsentheorie bei Fettleibigkeit
und Morbus Basedowii. Ztsdir^ f. prakt Aerzte
V. 1. p. 3. 1896) weist auf diö unter seiner Lei-
tung ausgefOhrten Versuche Magnus Levy's
hin, auf weitere Versuche Stuve's und auf die
Ergebnisse Fr. Müller 's, die er selbst bestätigen
kann. Es handelt sich beim Morbus Basedowii
um eine wahre Steigerung der Oxydationsprocesse
im Körper, die unabhängig von Muskel- und Drüsen-
arbeit ausgelost wird. Die alimentäre Qlykosurie
der Basedow -Kranken findet ihr Gegenstück in
einer Qlykosurie, die zuweilen bei Fettleibigen durch
Fütterung mit Schilddrüse verursacht wird.
Die Arbeit von Walter Edmunds (vgL
Jahrbb. CCXLVHI. p. 26) ist ausführlich erschienen
(Observations and experiments on the pathology
of Oraves' disease. Transact. of the pathol. Soa
of London XLVL p. 224. 1896). Sie ist reich an
MittheUungen über allerhand Thierversuche und
an etwas confusen Ansichten; offenbar schützen
jene in keiner Weise vor diesen.
Zuerst giebt R Aufsohluss über Histologie und
Bedeutung der Nebenschilddrüsen bei Thieren.
Dann folgen allerhand Einwände gegen die
Sohilddrüsentheorie der Basedow'schen Krankheit
Abnorme Sohilddrüsensekretion mache keinen Ex«
ophthalmus. Morbus Basedowii sei ein Gegen-
stück zum chronischen Myxödem, ähnele aber dem
akuten Myxödem bei Thieren. Morbus Basedowii
und Myxödem können zusammen vorkommen.
Eingeben von Schilddrüse schade bei Morbus Base-
dowii nicht immer. Thiere ohne Schilddrüse kön-
nen durch Schilddrüsenfütterung nicht gerettet
werden. Die Ckxsainwirkung (bei Affen) erinnere
an Morbus Basedowii, soweit die Augen verändert
werden. Die Cocain- Augensymptome können durch
Durchschneidung desHalssympathicus aufgehoben
werden. Man kann Affen mit Cocain umbringen«
Qiebt man zugleich Schilddrüse, so bleibt die Sache
dieselbe, ü. s. w.
Dazwischen läuft ein Bericht über einen Fall
von Besserung des Morbus Basedowii durch Resek-
tion. E. macht die verständige Bemerkung, dass
nicht nur das Wegschneiden eines Drüsenstückes,
sondern auch die Schrumpfung des Bestes in Be-
tracht komme. Einige schöne Tafeln enthalten
histologische Befunde bei demBasedow-Kropfeund
andere Kropf-Präparate.
John Hill Abram (Exophthalmic goitre«
Lancet Nov. 16. 1895) ist der Meinung, der
Morbus Basedowii sei eine Krankheit der Schild-
drüse. Er hat 2 mal die anatomische Untersuchung
machen können und beide Male die Schilddrüse in
der Weise erkrankt gefunden, wie esQreenfield
und Andere beschrieben haben. Von einem Gefass-
kropfe war gar keine Rede, vielmehr war das Ge-
webe blutarm, bestand aus vielen kleinen, mit
140
Y. Neuropathologie und Pqrohiatrie.
Zellen erfüllten Bläschen ohne Colloid. In einem
Falle (bei akutem Morbus Basedowii) war der ISn«
tritt der Arterien von Massen von Leukocyten um-
«geben.
In klinischer Hinsicht betont A., dass in 5 FUlen
niemals Pulsation der Struma selbst vorhanden war.
Gh. Bonne (Examen par la m6thode deOolgi
des nerfs intra«thyroIdiens dans un cas de gottre
exophthalmique. Revue neuroL m. 18. 1895) hat
in einem Falle (Jaboulay hatte die Drüse exstir-
pirt) die Nerven der Schilddrüse bei Morbus Base-
dowii untersucht und sie schienen normal zu sein.
Max Steinlechner (üeber das gleichzeitige
Vorkommen von Morbus Basedowii und Tetanie
bei einem Individuum. Wien. klin. Wchnschr. IX.
1. 1896) erzfthlt von einer Basedow-Kranken, die
an Tetanie gelitten hatte, einem bekanntlich auf-
fallend seltenen Zusammentreffen.
Die 20}Shi. Er. stammte aas gesunder Familie, nur
trank der Vater. Im 10. Jahre hatte sich eine Struma
entwickelt Vor einem Jahre hatte die Er. Tetanie-
krämpfe der Arme gehabt Nach einem kalten Bade
waren Amenorrhoe, Aufgeregtheit, Herzklopfen, Exoph-
thalmus aufgetreten. Die Strama wuchs, machte Athem-
noth. Später kamen heftige Durchfälle.
Der derb elastische Kropf (mit Schwirren) druckte
die Luftröhre von beiden Seiten zusammen. Ausser dea
Symptomen des Morbus Basedowii wurden auch im
Krankenhause die Tetaniekrämpfe beobachtet
Wegen zunehmender Athemnoth wurde dieTracheo-
tomie gemacht Die Kr. bekam eine eiterige Bronchitis,
Erbrechen und Durchfall kamen dazu und nach einigen
Wochen trat der Tod im Koma ein.
Aus dem Sektionsberichte ist zu erwähnen, dass eine
auffallend grosse Thymus gefunden wurde, dass bei
mikroskopischer Untersuchung der auf dem Durch-
schnitte feinkörnige graugelbe derbe Kropf als einfache
Hypertrophie der Schilddrüse erschien und dünnflüssiges
Colloid in den erweiterten Hohlräumen enthielt, dass
Nephritis gefunden wurde, dass endlich auf der Gross-
hirniinde ein eingekapselter Cysticercus lag.
AI. Marina (Deber multiple Augenmuskel-
lähmungen u. s. w. Wien 1896. Fr. Deutioke.
p.217) hat die Augenmuskellflhmungen bei Morbus
Basedowii besprochen und eine merkwürdige Be-
obachtung von früh entstandenem Morbus Basedowii
mitgetheilt
Die Mutter der löjähr. Kr. gab an, die Familie sei
gesund, die Augen der Fat seien von Anfang an vor-
stehend eewesen, seit dem 10. Jahre aber stärker.
M. fand starken Exophthalmus, Stellwag's Zeichen,
massige Struma, Tachykardie (120 — 140), Zittern der
Finger. Es bestand Sbabismus convergens und beide
Extemi waren gelähmt. Auch die Drehung des Auges
nach oben war, besonders rechts, gehemmt Der Augen-
arzt fand „Chorioiditis centralis*^, Amblyopie, Einschrän-
kung des Gesichtsfeldes. Besserung bei galvanischer Be-
handlung.
Jessop (Three oases of exophthalmic goitre
with severe ocular lesions. Lancet Nov. 23. 1895)
berichtete in der Ophthalmologen-Oesellschaft in
London über 3 F&lle schwerer Augenerkrankung
bei Morbus Basedowii.
I. Bei einer 49jähr. Frau wurde wegen des sehr
starken Exophthalmus die partielle Tarsorhaphie aus-
feführt Nach 4 Tagen Schwellung der Bindehaut und
Flcus corneae. Beide Augen gingen zu Grunde.
IL Ulcus corneae utriusque bei einer 35iihr. Fna
mit sehr starkem Exophthalmus. Entfernung des rechten
Auges wegen heftiger Schmerzen. Geisteskruil^heii M
nL Sehr starker Exophthalmus bei einer 24jlhr.
Frau. Durchbruoh der rechten Hornhaut Entfernung
des rechten Auges. links wiederholte Geschwürsbüdtmg.
unter 25 EUlen von Homhauterkrankung bei
Morbus Basedowii waren nach J. 7 Mftnner, 18 Wei-
ber; 4 Mftnner starben, 2 Weiber starben und 10
verloren beide Augen. In 3 Fällen von Tarsoiliaphie
bei Weibern trat 2mal Zerst(brung beider Augen,
Imal Heilung ein.
In der Verhandlung beschrieb Mo Eenzie DaTid-
son einen Fall von gesohwurigem Zerfall beider Horn-
häute; Fat wurde geisteskrank, starb aber nicht In
einem anderen Falle hat er die Tarsorhaphie ausgefohit
und die Honhfiute gerettet In einem 3. Falle ging die
Hornhaut zu Grunde.
Lang hat Imal operirt, aber die Nähte gaben niok
und das Auge ging verloren.
Johnson Taylor meinte, man solle den ganzen
Band vernähen und nicht zu spät operiren.
Lawford hat Imal niit gutem Erfolge bei Ver-
schwärung beider Hornhäute die lider in der Mitte yer-
einigt.
£. Nettleship hat 5mal Ulcus corneae bei Mor-
bus Basedowii gesehen. Man solle die lider festj mit
Draht, zusammennähen, unvollständige VereinigQB|
fährte zu schlechten Erfolgen. Einmal gelang es, bei
einem 5^ähr. Manne mit sehr starkem Ezophthalmns
und Geschwür einer Hornhaut die Augen zu retten.
J. Favre (Les troubles psychiques dans le
gottre exophthalmique. Th^ de Toulouse 1895)
schliesst sich der Meinung von Raymond und
S6rieux an, er meint, die bei Morbus Basedowii
beobachteten seelischen Störungen seien jenem
coordinirt, gehen wie er aus der ererbten Anlage
hervor, und demnach leugnet F. ein Basedow-In^
sein. In der That handelt es sich bei den meisten
der von F. mitgetheilten Beobachtungen um Ent-
artete, bei denen die seelischen Störungen endogener
Art, vielleicht durch den Morbus Basedowii ge-
fordert waren.
1. Bei einer 49!jähr., von jeher aufgeregten und
wunderlichen Fnu waren die Basedow -Symptome im
40. Jahre nach einem schweren Aerger aufgetreten. Die
Kr. war zommüthig, traurig verstimmt, bigott; es aohie-
neu einzelne Wahnvorstellungen zu bestehen.
IL Morbus Basedowii . und „neurasthenische" Be-
schwerden bei einer 39jähr. Frau. Aufgeregtheit, Un-
ruhe, auffallende Gedäohtmsssohwäohe.
in. Ein 5^ähr. Bauer, der aus einer kropfigen Fi-
milie stammte, dem Trünke ergeben war, hatte nach dem
Verluste seines Yermögens geistige Störungen eeseigt
und bei dem Versuche der CohabiUtion Herälopron be-
kommen. Ausser den Zeichen des Morbus Basedowii
bestanden Aufregung, Zanksucht; der Er. hatte setoe
Frau bedroht und sich selbst tödten wollen, hatte zu-
sammenhanglose und unanständige Beden geführt h
der Anstalt scheint er sich rasch beruhij^ zu haben imd
nur melancholisch -hypochondrische Shounung, sowie
einen massigen Schwachsinn gezeigt zu haben.
IV. Geistige Stumpfheit und langsame Sprache bei
einer 48jähr. Basedow-Kranken.
V. Eine von jeher höchst aufgeregte Person war mit
33 Jahren nach einer heftigen Gemuthsbewegung for
4 Wochen melancholisch geworden. Dann waren Zittern.
Herzklopfen und Struma aufgetreten. Im 38. Jahre war
die Er. sehr reizbar, verstimmt, weinerUcL Es bestand
die Basedow-Paiaparese.
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
Ul
VI TL Vn. Am interessaDtesten sind 2 Fälle, über
die Dr. Baylac am 1. Juli 1895 der med. Gesellficlii^
in Toulouse berichtet hat.
Die 4Qjähr. Toohter nerven-, bez. geisteskranker
EKem, die von jeher zommüthig und unerträglich ge-
wesen war, litt seit dem 30. Jalue an Zittern, war mit
35 Jahren nach aufregender Krankenpflege an Exoph-
thalmus erkrankt
Ausser den anderen Basedow-Symptomen bestanden
(bei nur reohtseitigem Exophthalmus) Lähmung der Stirn-
mnakeln , beiderseits starkes Thränenträufeln , schmerz-
hafte Grampi der Beine, örtUohe Schweisse, krankhaftes
Kältegefühl, Dupuytren's Contraktur. Ausser der ge-
radezu unglaublichen Zanksucht hatte die Kr. Migräne,
Schwindel, Zwangsvorstellungen, Furchtzustände.
Die 26jähr. Toohter der 4Qjähr. Kranken war mit
19 Jahren nach Typhus an Morbus Basedowü erkrankt
Sie war sehr empfindhch, weinerlich, dabei apathisch,
nnfthig, sich zu wehren, dämmerte in unthätiger Traurig-
keit diüiin. Es bestand ausgeprägte Paraparese, die Kr.
-war zuweilen unfähig, zu gehen und zu stehen; die
Beflexe waren sehr schwach.
Der Rßfermt schliesst hier eine ihm freund-
lieh mitgetheilte Beobachtung aus Ganser 's An-
stalt an.
Eine 15jähr. Fabrikarbeiterin, deren Grossmutter sich
ertrankt hatte, deren Vetter schwachsinnig war, die selbst
Ins auf Athembeschwerden durch Enge der Nase vorher
gesund gewesen war, sich immer still und gutmüthig ge-
sei^ hatte, war vor 6 Tagen dadurch angefallen, dass
sie sich oft reckte und dehnte, die Aufträge falsch aus-
führte, sich am Tage in's Bett legte. Dann waren Zuokun-
cen aufgetreten, die Kr. hatte über Kopfschmerzen se-
klagt, war nachts unruhig gewesen. Wegen zunehmender
Unruhe wurde sie in die Anstalt gebracht
Hier war sie sehr erregt und ängstlich. Sie rutschte
bestSndig seufzend und jammernd in ihrem Bette auf
imd ab, richtete sich auf, verliess das Bett, rannte mit
ingetlicli-wehmüthigem Gesichtsausdrucke stöhnend im
Zimmer umher, während der Befragung gab die Kr.
nur kurze, aber richtige Antworten, konnte zu zusammen-
hängender Erzählung nicht veranlasst werden, richtete
ihre Aufmerksamkeit zwischendurch auf allerhand (gol-
dene Uhrkette, schöner Bing, runder Knopf u. s. w.),
jammerte und schrie zeitweise laut, wurde dann ganz
unzugänglich, klammerte sich in Angst an die Pflegerin
oder lief mit dem wiederholten Ausrufe l „ach Gott, ja*^
auf und ab. Sie verwechselte die Personen, hielt eine
Kr. für ihre Mutter. Zu manchen Zeiten war sie ge-
schlechtlich erregt, sang unanständige Lieder, schwatzte
Ton einem Geliebten, entblösste sich und masturbirte sich,
Stnnestfiuschun^n waren niemals nachweisbar. In der
Nacht schlief die Kr. ziemlich ruhig.
Sie war mittel^oss, dürftig entwickelt, blass, noch
nicht menstmirt Beiderseits Exophthalmus. Gänseei-
noflse Struma. Die Herzdämpfung war verbreitert, der
Herzstoss ausgedehnt, auch jenseits der MammiUarUnie
wahrnehmbar. Ueber der Herzbasis ein systolisches Ge-
xtasch. 120 Pulse. Kein Fieber. Harn normid.
Angst und Unruhe dauerten etwa 8 Tage an. Später
beruhigte sich die Kr., wurde klar und schien dann, bis
auf die körperhohen Störungen, gesund zu sein.
B. ElOgel (Ueber den Morbus Basedowii und
seine Beziehungen zur Epilepsie. Inaug.-Diss.
Berlin 1896) beobachtete unter Mendel Morbus
Basedowü bei einer Epileptischen.
Die 55jähr. Kr., deren Mutter geisteskrank gewesen
war, htt seit dem 9. Lebensjahre an epileptischen An-
^Olen. In den letzten 5. Jahren waren die Anfalle immer
s^tener geworden, seit 3 Jahren verschwunden, dagegen
hatten sich allmählich die Zeichen des Morbus Basedowii
eingefsteiit
Scanes Spicer(Aca8eofincompleteOrave's
disease associated with nasal polypi. Transaot
of the Clin. Soc. of London XXVIU. p. 265. 1895)
fand bei einem ITjfthr. MSdohen Morbus Basedowü
und Verstopfung der Nase durch Polypen. Der
Morbus Basedowii verschwand zum TheU, als die
Polypen entfernt worden waren.
Das Mädchen hatte Morbus Basedowii sowohl als die
Verstopfung der Nase angeblich seit 3 Jahren. Es be«
standen Struma, Tachykardie ohne Herzklopfen, Zittern,
etwas Exophthidmos. Die Polypen wurden nach (Docain-
Anwendung mit der kalten Schlinge in mehreren Sitzungen
entfernt In dem Grade als die Nase freier wurde, ver-
schwanden die Symptome des Morbus Basedowii, d. h.
Zittern und Exophthalmus verschwanden, die Struma
wurde kleiner, die Tachykardie nahm ab. Die letztere
betrug auch nach den Operationen 120 — 130, also von
Heilung ist gar keine Rede.
A. Pfibram (Zur Prognose des Morbus Base-
dowü. Prag. med. Wchnschr. XX. 46. 1895) be-
tont, dass in vielen FSJlen von Morbus Basedowü
bei guter Pflege eine an Heilung grenzende Besse-
rung eintritt, vor der die durch Operation erreich-
bare Besserung vielleicht nur die Geschwindigkeit
des Eintrittes voraus hat Er hat in mehr als
30 Jahren in der Klinik nur 3 Todesfalle an Mor-
bus Basedowii beobachtet, unter den Privatkranken
nur 1 und in diesem fahrte der neben dem Morbus
Basedowii bestehende Diabetes meUitus den Tod
herbei Bei der Mehrzahl der Kranken trat all-
mähliche Besserung ein, die Kranken wurden wie-
der arbeitsfähig und blieben es 10, 15, 20 Jahre.
Es handelte sich dabei zum Theil um schweren
Morbus Basedowü.
Pf. erwähnt als Beispiel eine Kr. mit schwerem
Herzfehler, bei der trotz ausgebreiteter Hautgangrün an
den Beinen, trotz Erysipel, Pneumonie und Parotitis in
IVs J- eine solche Rückbildung eintrat, dass alle Zeichen
des Morbus Basedowü verschwanden und nur eine com-
pensirte Mitralinsufficienz zurückblieb. Pf. beobachtete
die Pat 10 Jahre lang.
Eine zur Zeit 65jähr. Frau war vor etwa 20 Jahren
plötzüch an schwerem Morbus Basedowii erkrankt Sie
kam von St Moritz in elendem Zustande zurück mit
,;enormem&ophthidmus, enormer Abmagerung, Tremor,
Hydrops u. s. w.^. Sie bekam Pleuritis, Erysipel, Paro-
titis, Pneumonie, Stauungs- Albuminurie, genas aber bei
sorgfälti^r Pflege in Vt Jahre bis auf etwas Exophthal-
mus, Reizbarkeit des Herzens und des Gemüthes, wurde
in 2 Jahren ganz leistungsfähig, überstand Anstrengungen
und Kummer, bUeb 20 Jahre lang gesund und behielt nur
eine knollige Struma.
Pf. führt noch mehrere solche Beispiele an.
Mit Recht legt Vf. das Hauptgewicht bei der
Behandlung der Basedow-Kranken auf die Pflege.
Gelingt es, den Kr. Buhe zu schaffen, so wendet
sich gewöhnUch die Krankheit zum Besseren.
Vf. meint gegen die Auffassung der Basedow-
Krankheit als einer Vergiftung spreche die Einseitig-
keit mancher Symptome. [Warum? Andere Krank-
heitsgifte wirken doch auch örtUch ein, nicht immer
symmetrisch.] Auch dass eine junge Pat nach
einem Schwimm-Bade plötzlich an Morbus Base-
dowü erkrankt, sei durch Autointoxikation nicht
zu erklären [die Basedow- Veränderung der Schild-
drüse besta&d eben schon vorher].
142
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
Bob. Bartliolow (Cases illustrative of tfae
oharacter and treatment of ezophthalmiogoitreand
its congeners. Med. News LXVH 20; Nov. 16.
1895) theilt 3 Beobachtungen mit (20jUir. Frau
mit Morbus Basedowii und Herzfehler nach P0I7-
arthritis, 36jfthr. Frau mit Morbus Basedowii, deren
Struma in der Schwangerschaft entstanden war,
42jfthr. Frau mit unbestimmter Diagnose, vielleicht
unvollständigem Morbus Basedowii) und rühmt die
Erfolge der „centralen Oalvano-Faradisation". Bei
der 1 Er. trat nach Ij&hr. Behandlung eine wesent-
liche Besserung ein, die Vf. als Heilung bezeichnet
Morin (Zur Schilddrüsentherapie. Therap.
Monatsh. IX. 11. p. 593. 1895) hat in 2 Fällen
sehr gute Wirkung von dem Oebrauche der Hammel-
schilddrüse gesehen (Ruhigwerden des Herzens,
Abnahme des Kropfes, des Exophthalmus u. s. w.).
MObius.
224. Die diagnostisohe and prognostiBOhe
Bedentang des Emeph&nomens ; von Dr. A. C r a*
mer. (Münchn. med. Wchnschr.XLII. 46.47. 1895.)
C r. berichtete dem Vereine deutscher Irrenärzte
über Prüfung des Eniephänomens an mehr als
2000 Geistes- und Nervenkranken. Er fand natür-
lich, dass das Kniephftuom am häufigsten bei pro-
gressiver Paralyse fehlt Im Debrigen fand er ein
lebhaftes Kniephänom relativ oft da, wo „noch ein
aktiver psychischer Process stattfindet^^ Diffe-
rentialdiagnostische Bedeutung hat die Lebhaftig-
keit des Eniephänomens kaum. Sie kann aber
nach Cr. unter umständen zur Unterscheidung von
Manie und Aufregung bei Paranoia und „akuter
Paranoia" dienen, insofern als das Kniephänomen
bei Manie selten sehr lebhaft, bei der akuten Para-
noia aber (hallucinatorische Verwirrtheit u. Aehnl.)
recht oft gesteigert sein soll, ebenso bei Aufregung
in chronischer Paranoia, wo die Steigerung das
Herannahen einer Exacerbation ankündigen kann.
Pie Angaben über das Fehlen des Eniephänomens
bei Manie, bei hallucinatorischer Verwirrtheit
u. s. w. beruhen wohl noch nicht auf sicheren
Unterlagen. Fehlen des Eniephänomens bei Paralyse
lässt eher auf einen langsamen Verlauf schliessen,
als Steigerung.
In der auf G r.'s Vortrag folgenden Verhandlang sagte
Mendel (AUg. Ztschr. f. Psych. LU. 4. p. 845. 1895), es
sei „längst vor MÖbins*^ bekannt gewesen, dass im
höheren Alter das Ejiiephänomen fehlen könne. Dass
Mendel es gewusst hat, geht ja ans dieser Mittheilung
hervor. Aber Niemand hat gewnsst, dass er es gewnsst
hat. Oder wo sollte es veröffentlioht sein ? M Ö b i u s.
225. Weitere Mittheilnngen über dieftank-
tioneUen Geslohtafeldanomalien mit beson«
derer Berüoksichtigang der Beftinde an nor-
malen Mensohen ; von Dr. W i 1 h. K ö n i g. (Deut-
sche Ztschr. f. Nervenhkde. Vn. p. 263. 1895.)
IL hat es im weiteren Verfolge seiner bekannten
Arbeiten über die funktionellen Oesichtsfeldano-
malien, besonders die Gesichtsfeldermüdung, die er
jetzt Untersuchungseinschrftnkung (U. £.) nennt
und die ooncentrische Oesichtsfeldeinengung (C. K),
für nOthig gefunden, auch eine Anzahl oionbsr
nenrengesunder Individuen auf das etwaige Vor-
kommen dieser Ersdieinungen zu untersuchen, be-
sonders mit Sflcksicht auf die früher schon be-
sprochenen Arbeiten von Peters undSalomon-
s 0 h n. Die Arbeit zerfUlt in 4 Theile. In dem
ersten wird genaue Mittheilung über die verschie-
denen Oesichtsfeldanomalien in lOEUlen sdiwonr
Neurosen (meist Hysterie) gemacht Besonders
interessant ist hier ein Fall von einseitiger Ein-
schränkung mit oscillatorischem Gesichtsfelds lof
der anderen Seite, in dem beim Transfert audi die
Einengung des Gesichtsfeldes fibersprang. Im
2. Theile wird summarisch über 216 voraussidit-
lich nicht Nervenkranke berichtet, nur bei einem
dieser Kranken, der früher ausgeprägte Hysterie
dargeboten hatte, fand sich C. G. R mit U. K,
häufiger finden sich aus Unaufmerksamkeit zuerst
falsche Angaben. Man muss deshalb immer mdir-
mala untersuchen.
Ueber die Bedeutung der funktionellen Gesichta-
feldanomalien ist E. zu Ansichten gekommen, die
ganz denen gleichen, die Ref. stets vertreten und
die er zumTheil aus den eigenen früheren ArbeiteiL
E.'s geschöpft hat. Er hält die G. G. E. fßr ein
hysterisches Symptom, für ein Stigma der Hysterie,
ebenso wie die cutanen Anästhesien und ebenso fllr
rein psychisch bedingt, wie die ganzen Symptome
der Hysterie überhaupt Sie kann als einziges
Zeichen einer vorhandenen Hysterie bestehen. Die
Ermüdungs-(Untersuchungs-)ein8chränkung ist eine
der C. G. E. sehr nahe verwandte Erschdniug;
vielleicht ist sie ein leichterer Ghrad der letzteren.
Bei gesunden Leuten mit völlig intaktem Nerveih
System kommt ü. E. nicht vor, abgesehen von Auf-
merksamkeitsfehlem und vielleicht von dem um-
stände, dass hier wie anderswo sich fliessenda
üebergänge zwischen Gesundheit und Krankheit
finden können. Wichtig ist, dass ü. R auch bei
Gesichtsfelddefekten vorkommt, die organisch be-
dingt sind, so besonders auch bei derHemianopeio»
[Ebenso konunt dabei C. G. E. vor. Bef.] U. &
und C. R sind cum grano salis objektive Sym-
ptome, sie weisen auf das Vorhandensein eines
allgemein nervösen Zustandes hin.
Der letzte Theil der Arbeit beschäftigt sidi mit
der Kritik der Arbeiten von Peters undSslo-
m 0 n s 0 h n. Auf Einzelheiten der Kritik hier ein-
zugehen, ist nicht möglich, dem Referenten schei"
nen aber die Argumente K.'s, z. B. gegen die An«
gaben von Peters über das häufige Vorkommen
von ü. R bei (Gesunden, schlagend zu sein. Uebri-
gens stimmt ja Peters in wichtigeren Dingen mit
K. fiberein, er glaubt z.B., dass der Verschiebungs-
typus nicht zu simuliren ist, und dass auch kleine
C. E. von Bedeutung sind, wenn sie sioh constant
finden. Das ist doch schon immerhin etwas, s. B.
gegenüber Schmidt-Bimpler.
L. B r u n s (Hannover),
V. Neuropaihologie und Psychiatrie.
143
226. Trftnsitoirisohe HemianopBie und oon-
eentrisohe Qesiohtsfeld-Einsohrftnkimg bei
einem Falle von cerebraler Kinderl&hmung;
Ton Dr. Wilhelm König in Dalldorf. (Arch.
1 Psych. XXVn. 3. p. 937. 1895.)
Bei einem 12jfi]ir., an Epilepsie und rechtseitigerun-
ToIIstSndieer Kinderlähmung (isolirter Parese des rechten
Mondhusifuis) leidenden Mädchen trat nach gehäuften An-
Qllen plötzlich eine Sehstörung auf, die sich darin äusserte,
dass die Kr., um einen Gegenstand sehen zu können, den
Kopf nach rechts und seitwärts wenden musste. Noch
nach 14 Tagen war diese Störung als eine in der Rück-
bfldiing hegriffene rechtseitige Hemianopsie mit ooncen-
tiischer Einengung des erhidtenen Gesichtsfeldes zu er-
kennen. Allmählich bildete sich die Hemianopsie zurück,
ebenso stieg die Sehschärfe, die Vs gewesen war, bis zur
Weite des eingeschränkten Gesicntsfeldes, das erst dann
ach erweiterte.
Dauernde Hemianopsie wurde bei der cere-
bralen Kinderlfthmung schon beobachtet, transi-
torifiche noch nicht. K. fasst auch die Anfälle von
Zuckungen als Bindenanfälle auf, nicht als rein
epileptische, so dass also die Hemianopsie dadurch
itt Stande kam, dass statt der linken motorischen
Zone der linke Oooipitallappen befallen war. Die
eonoentrische Einengung war wohl funktionell.
KHüfler (Chemnitz).
227. Hemiplegie cör6brale infiantiley röveil
de l'affeoUon 50 axiB apres le d^but; par M.
Lannois et R Pauly. (Lyon m6d. XXYII. 51.
I)6c. 22. 1895.)
Es ist bekannt, dass bei Leuten, die in der
findheit an Poliomyelitis acuta erkrankt gewesen
und, sich zuweilen im reifen Alter fortschreiten-
der Muskelschwund entwickelt Die Yff. glauben,
di88 auch in den durch die Kinder-Encephalitis
terursachten Herden der Process später wieder
nfleben könne. Sie meinen im KOrper kreisende
Gifte dafür verantwortlich machen zu sollen. Ausser
eüugen fremden Beobachtungen ziehen sie eine
ägenean.
Ein 66jähr.Mann hatte mit 2 J. eine Oehimkrankheit
durchgemacht, die eine linkseitige Hemiparese hinter-
liSBen hatte. Die Unken Glieder waren schwach und
aBgeschickt, waren im Waohsthum etwas zorückgeblie-
^, doch hatte der Kr. sich ihrer leidlich bedienen
können nnd war Schneider geworden. Mit 16 J. hatte
o epileptische AnMle bekommen ; sie waren selten ge-
bmmen nnd hatten nach dem 40. Jahre ganz aufgehört.
Mit 56 J. hatte der Er. einen Sohlaganfall erlitten und
aadi diesem war Hnkseitige yollständige Hemiplegie mit
OoDtraktor zurückgeblieben.
Der Kr. starb im Hospitale an Longentuberkoloso
nad Bian fand bei der Sektion einen porencephalischen
^fekt der rechten Hemisphäre, der der aufsteigenden
^nietalwindung, dem Scheitellappen und einem Theile
dar Unken SchSfenwindung entsprach, in dessen Nach-
linehaft die Windungen verkleinert waren und in dessen
Grande die Art fossae Sylvii yerUef . M ö b i u s.
228. Die Hemiplegie bei der tuberkulösen
Kaningitie; von Dr. JuL Zappert (Jahrb. f.
Ißaderhkde. XL. 2 u. 3. p. 170. 1895.)
Z. theilt 4 Fttlle tub^kulöser Meningitis mit,
ia denen Halbaeitenlfihmunjg auftrat,* die entweder
iMch Tor&berging, oder während der ganzen Krank-
heit anhielt, in einem Falle sogar das Haupt*
Symptom des ganzen Zustandes bildete. Die Sek-
tion ergab in einem Falle einseitig stark aus-
geprägte Convexitäts- , in einem anderen stark
ausgeprägte Basalmeningitis ; in einem Falle zeigte
sich eine Erweichung in den Centralganglien mit
sichtbarer Arterienthrombose, in einem, vierten die-
selbe Erweichung ohne nachweisbare Arterien-
Veränderung. Der ungleiche Exsudatdruck auf die
Hemisphären kann also nicht immer der Orund
der Hemiplegie sein.
Die Arbeit enthält sehr genaue und ausführ-
liche Besprechungen der einschlägigen Literatur.
Windscheid (Leipzig).
229. Ueber cerebrale spastische Lähmun-
gen im Kindesalter; von F. Ganghofner.
(Jahrb. f. Einderhkde. XL. 2 u. 3. p. 219. 1895.)
0. theilt Bunäohst 8 Fälle von Hydrooephalus
internus mit, die im Leben das Bild der spastischen
Lähmung dargeboten hatten, ohne dass die Dia-
gnose des Hydrooephalus m(^lich war.
Ein iVtJähr. Mädohen, litt seit der frühesten Kind-
heit an Motilitätstorongen. Schädel nicht vergrössert
Fast alle Muskeln spastisch, das Kind konnte nicht allein
sitzen, noch gehen oder stehen. Bedeutende Erhöhung
der Sehnenreflexe, Fussclonus. Tod an Diphtherie. Die
Sektion ergab chron. Hydrooephalus internus mittleren
Grades; alle Ventrikel stark erweitert Im Rückenmarke
mikroskopisch vielleicht eine Verringerung der Fasern in
den Pyramidenstrangbahnen.
£^ 17 Monate alter Knabe zeigte ebenfalls seit der
Geburt Motilitätstorongen. Sohädel im Horizontalomfang
41cm. Demenz. Arme in Bengecontraktor , Beine im
Hüft- und Kniegelenke stark contrakturüt ; beträchtliche
ßteigerung der Sehnenreflexe, Fussclonus. Tod an Gastro-
enteritis. Sektion: starker Hydrocephalus internus, statt
der beiden Hirnhemisphären zwei grosse Cysten.
Ein lljähr. Mädohen, dessen Mutter während der
Gravidität an Tuberkulose litt und später starb, war ids
Kind immer sehr schwach, lernte erst mit 9 Jahren am
Stocke gehen; Hände und Arme sehr kraftlos. Kindisches
Wesen. Schädel normal gross ; lebhafte Steigeruog aller
Sehnen- und Periostreflexe ; beim Gehen trat das Kind
nur mit den Fussspitzen und mit übereinandergekreuzten
Füssen auf. Tod an Diphtherie. Sektion: Verkümmerung
des linken Traotus olfactorius, leichter Hydrocephalus
internus mit Verdickung des Ventrikelependyms, Hydro-
myelus vom unteren Halsmarke bis zum Saonümarke mit
Verdickung der Substantia gelatinosa; graue und weisse
Substanz, sowie Nervenwurzeln völlig intakt
In einem weiteren Falle von spastischer Lähmung
ergab die Sektion ein negatives Resultat:
Ein ^ähr. Mädchen bekam am 8. Lsbenstage Krampf-
anfalle, die bis in die letzten Tage dauerten. Stimfonta-
nelle noch offen, Tibien stark gekrünmit; horizontaler
SohädelumfAog 45.5 cm. Aktive Bewe|pmgen der Arme
ausführbar, aber sehr unsicher und eigenthümlich , an
Chorea erinnernd. Bei psychischer Erregung leicht
Streckkrämpfe der Arme und Beine. Versuche zu stehen
oder zu gehen wurden gar nicht unternonunen. Lebhafte
Sehnenredüexe. Tod an Masempneumonie; die Sektion
ergab makroskopisoh an Hirn und Rückenmark normale
Verhältnisse, (Ue mikroskopische Untersuchung steht
noch ans.
Ausserdem hatG. noch einen Fall von akuter hämor-
rhagischer Encephalitis beobachtet:
Ein 3 Monate altes Kind erkrankte plötzlioh unter
Fieber und Steifigkeit der Hals- und Gliedermuskeln,
Kopf und Augen nach links gewendet Der Kopf konnte
lU
y. Neuropafhologie und Psychiatria.
nicht ans dieser Lage gebracht werden. Die linke lid-
spalte war enger als die reohte; beim Beklopfen des
hoken Masseter starke Znokong desselben, rechts nicht.
Der linke Arm im Ellenbogengelenk gebeugt, der rechte
gestreckt; die Beine in allen Gelenken gestreckt, ganz
steif; Starrheit der Rompfmnskeln. Tiefer Sopor. Im
weiteren Verlaufe Tremor des ganzen rechten Armes,
der linke Bulbus nach abwärts gerichtet, beide Arme in
starker Contraktur im Ellenbogengelenke. Tod nach
lOtägiger Krankheit. Die Sektion ergab ein weiches Oe-
him von normaler Grösse, im Pens, in derMedulla oblon-
gata und den Himstielen, dann in den unteren Hälften
beider linsenkeme war die Gehimsubstanz succulent,
gelblichbraun und zeigte viele frische bis erbsengrosse
Blutungen. Am Rückenmarke makroskopisch nichts.
Mikroskopisch zeigten die erwähnten Himtheile starke
Infiltration mit Leukocyten, besonders um die Gefisse
herum, fettige Degeneration vieler Nervenzellen, Ver-
kalkung von Ganglienzellen und Nervenüasem, viele Blu-
tungen. Keine Bakterien. Windsoheid (Leipzig).
230. Zar Eenntnifls der versohiedenen
Formen der diplegisohen Paralyse im Kindes-
alter; von Wladimir Muratoff in Moskau.
(Deutsche Ztschr. f. Nervenbkde. Vn. 1 u. 2. p. 84.
1895.)
M. beschreibt 6 Fälle von diplegischer Paralyse bei
Kindern, 2 mit Autopsie. Diese beiden Fälle waren
jedoch sowohl im klinischen, wie anatomischen Befund
verschieden.
Im 1. Falle handelte es sich um einen doppelseitigen
Erweichungsherd, der klioisch Lähmung der 4 Glieder,
Idiotismus und athetoide Bewegungen verursacht hatte.
Nebenbei bestanden spastische Erscheinungen, Contraktur
der rechten Hand, verbunden mit Muskelatrophie.
Der 2. Fall betraf einen Idioten, mit totaler, anschei-
nend schlaffer T«ähmung aller Glieder. Hier fand sich
eine wahrscheinlich in Folge vorausgegangener Entzün-
dung aufgetretene Atrophie der Centralwindungen, mit
sekundärer, auch an Atrophie erinnernder Alteration der
Pyramidenbahnen .
Jedenfalls ist noch eine weitere Zergliederung der
verschiedenen Formen der diplegischen kindlichen Para-
lyse möglich. E. H ü f 1 e r (Chemnitz).
231. The morbid anatomy of a oase of in-
fantile paralysis; by E. F. Trevelyan. (Brain
LXX— LXXI. p. 248. Summer and autumn 1895.)
Ein 6jähr. Mädchen erkrankte mit Fieber und Er-
brechen; am 2. Tage Lähmung aller 4 Glieder. Während
die Lähmung der Arme sich besserte, bestand an den
Beinen die Paraplegie weiter und es bildeten sich an den
Wadenmuskeln Contrakturen aus. Plantar- und Knie-
reflexe fehlten. Keine sichere Entartungsreaktion, Sen-
sibilität normal. 11 Monate nach der Erkrankung Tod
durch intercurrente Ursachen.
Die Sektion ergab eine leichte Nephritis mit Ver-
fettung der Glomeruli. Am Rückenmark und Gehirn
makroskopisch keine Veränderungen.
Mikroskopisch konnten in derMedullaoblongata, der
Brücke, den Himschenkeln, der inneren Kapsel und den
Gentridwindungen keine pathologischen Zustände nach-
gewiesen werden. Dagegen fand man solche an verschie-
denen Theilen des Kückenmarks. Die Ganglienzellen
waren besonders im oberen Hals- und unteren Brust-
marke, sowie in den Clarke'schen Säulen verändert. Zum
Theil waren sie in formlose Massen zerfallen, zum Theil
ganz verschwunden, so dass nur die leeren Zellenräume
noch vorhanden waren. Der Zellenkem war aber meistens
auch in den formlosen Massen noch scharf zu tmter-
scheiden. Die Nervenfasern in der grauen Substanz
waren meistens ganz verschwunden oder zu feinen, oft
yaricösen Linien verändert, besonders in der vorderen
Gommissur. Die vorderen Wurzeln waren dünnet ab
normal und weniger an Zahl, an einigen Stellen nch
degenerirt. Hintere Wurzeln normal. An einigen Sckdt-
ten aus der Hals- und Lendenanschwellung erschieoea
in der grauen Substanz helle Felder, die sidi mikrosko-
pisch ab Wucherung der Neuroglia erwiesen, als reich-
haltiges Netzwerk von dicken Fasern mit zahlreiche&
Spinnenzellen, deren Fortsätze bis in das Netzwerk hinein
verfolgt werden konnten. Der Centralkanal wir nbenll
erhalten, in seiner Nachbarschaft fanden sich an eini{;eD
Stellen breite epithelartige Zellen. Die Gefässe übenll
sehr vermehrt, die Lymphscheiden mit runden Zelleo
ausgefüUt In der mitüeren Cervikalregion beträchtliche
Zellenvermehrung. Es handelte sich um runde Zellen
mit sehr breitem Kerne und um Deiters*sche oder am
Spinnenzellen mit vielen Fortsätzen. Die Infiltration wv
entweder herdweise vorhanden und schloss sich dum
mit VorHebe den Gelassen an, oder mehr diflPos. Andi
um den Centralkanal bestand eine Anhäufung von hreäee
unregelmässigen Zellen, die zum Theil in ihn hinein-
drangen. In der weissen Substanz weniger dentiiclie
Veränderungen ; die Neuroglia in der Nähe der erkmk-
ten Homer verdickt mit weniger Zellen als normal G^
legentlich herdförmige Infiltrationen, an einer Stelle der
Best einer alten Blutung.
Diese Veränderungen betrafen das ganze Mark tob
Sacraltheile an bis zur Pyramidenkreuzung. Am stiit-
sten traten sie im unteren Halsmarke ai]3, von wo na
nach oben zu abnahmen. Dann wieder sehr stark in dar
Lendenregion.
Klinisch war in dem Falle auffallend das Fehlen im
Atrophie. Windscheid (Leipzig).
232. Ueber den L&hmangstypiiB bei dtf
cerebralen Hemiplegie; von Dr. Mann, (toi
Volkmann 's Samnü. klin. Vortr. N. F. Nr. 132.
Aug. 1895.)
Der Hauptinhalt der Arbeit ist: Die Hemi'
plegie Ifthmt nicht einzelne Mnskeln, sondern gans«
Huskelcomplexe, die funktionell zusammengdiArei
und daher eine „physiologische Bewegungseinheif
darstellen. Aber auch unter diesen findet eiM
Auswahl statt : einzelne bleiben dauernd geUhn^
andere rollständig intakt Dauernd geUhmt bl^
ben vorwiegend die Muskelcomplexe, die der Oeff* |
nung der Hand und der Auswftrtsrollang dei'
Armes dienen, dauernd intakt die, von denen die
Schliessung der Hand und die Einwftrtsrollung des
Armes abhängt An den Beinen bleibt daaeind
gelähmt der der Verkürzung des Beines beim
GFange dienende Muskelcomplex, während der der
Verlängerung dienende gewöhnlich intakt bleibt.
Zu den ersteren gehören die Beuger der ünta^
Schenkel und die Extensoren des Fusaee, zu den
letzteren die Strecker der Unterschenkel und die
Flexoren des Fusses. Windscheid (Leipsig)'
233. Ueber die schwere Form derArteii»'
Sklerose im Gentralnervensystem ; von Dr. J*
Jacobsohn. (Arch. f. Psych. XXVIL 8. p. 831.
1895.)
Zur schweren Form der Arteriosklerose rechnet
J. die Fälle, in denen es durch die Veränderonga
an den OeÄssen zu einer schweren- lokalen Sdil*
digung des von dem erkrankten Gefisse veraoigtea
Nervengebietes kommt Dies geschieht erateoi^
durch thrombotische oder embolisohe Yerstopfaogl
y. Netiropafhologie und Psychiatrie.
145
des yetengten GelBsses, dann dnrch Reissen des-
selben und Austritt von Blut in das Qewebe, end-
lich durch aneurysmatisohe Erweiterungen, die
auf das umgebende Nervengewebe einen Druck
ansQben. Als Lieblingstellen der Artericsklerose
lassen sich einmal die grossen Ghmglien mit ihrer
Umgebung bei Blutungen, sodann Pons und Medulla
oblongata bei Thrombosen bezeichnen. Alle an-
deren Himbezirke treten gegen diese Stellen zu-
rück. Die Ursache dieser Bevorzugung bestimmter
Stellen ist in der Oefässvertheilung zu suchen. Es
and die Arterien der grossen Ganglien und die
medialen des Hirnstammes Endarterien und sie
stehen, da sie als kleine Gefässchen senkrecht von
grossen Oefössstämmen abgehen, unter hohem
Drucke. Dieser Lokalisation entsprechen nun die
Uimschen Folgezustände, die demnach auch zwei
Qrappen bilden mfissen. Einmal die Apoplexia
sanguinea, sodann die akute Bulbftrparalyse und
die Pseudobulbärparalyse. Das Bild der Apoplexie
ist bekannt Das BUd der chronischen Bulbftr-
paralyse als Analogen der spinalen Muskelatrophie
oder der amyotrophischen Lateralsklerose ist ja
auch feststehend. Anders verhält es sich mit den
wechselnden Formen der akuten Bulbärparalyse
und der Pseudobulbärparalyse. Sobald als ihre
Grundlage arteriosklerotische Gefässerkrankungen
in Betracht kommen, ist der Symptomenoomplex
sehr wechselnd. Es liegt dies daran, dass der
Process auch im fibrigen Gehirn mehr oder weniger
grosse Zerstörungen gesetzt hat. In diesen Fällen
ist eben die Bulbärerkrankung nur eine Theil-
erecheinung der Erkrankung des ganzen Gehirns.
Eb dflrfte sich empfehlen, diese Mischformen als
mub^fe Erweichungen zu bezeichnen. J. berichtet
nun über einen derartigen Fall.
Ein 58jähr. Potator hatte im Verlaufe von 4 Jahren
mehrere apoplektische AnfiUle mit sehr wechselnden
Symptomen, und zwar bulbären Symptomen, Lähmung
der Gesichtsmuskeln, der Zunge, des weichen Gaumens,
der Stimmbänder, der Glieder, erhöhte Puls- und Athem-
frequenz ; jedoch fanden sich auoh Störungen der Augen-
bewegtichkeit. Anatomisch fand man über das ganze
CentndnervensyBtem zerstreut Blutungen, Erweichungen,
hauptBäohlich im basalen Fonstheil, auch in den ^^rossen
Oan^iea und der Bmde, und sekundäre Degeneration der
Pynuniden- und Quer&sem des Pons.
E. Hfif 1er (Chemnitz).
234. lieber periodiBohe Schwankungen
der Himiindenftiiiktionen; von Dr. Biohard
Stern. (Arch. f. Psych. XXVIL 3. p. 850. 1895.)
In 2 Fällen v(m traumatischer Neurose gelang es
8i, ausser den dauernden Symptomen auch intermitti-
rend auftretende negative Schwankungen derEQmrinden-
fanktionen nachzuweisen. Und zwar handelte es sich
nur um mehrere Sekunden lange Abnahme der Sensi-
VflitSt auf allen Sinnesgebieten, Parese mit gleichzeitiger
Ataxie der willknrlichen Muskulatur und Abnahme der
intellektuellen Leistungsfähigkeit Im Laufe der Be-
obachtungen konnte au<üi noch ein dritter Fall ermittelt
werden, in dem sich ähnliche Schwankungen zeigten.
In beiden Ffillen handelte es sieb zunächst um moto-
rische Beizerscheinungen, die im Axischlusse an Kopf-
verletzungen sich eingestellt hatten und die von Zeit zu
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 2.
Zeit auftraten. Von dauernden Symptomen fand man
im ersten Fiüle nur Ausfallserscheinunffen : Parese der
rechtseitigen Körpermuskulatur, Hypästhesie hauptsäch-
lich der rechten Körperhälfte, starke beiderseitige Herab-
setzung des Geruchs und des Geschmacks, massig starke
des Gehörs, concentrische Einengung des Gesichtefeldes,
Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit, psychische
Depression. Von intermittirenden Störungen fonden sich
im Anfang der Erkrankung rechtseitige , späterhin all-
gemeine Ck^nvulsionen vom Charakter der Jaokson'schen
Epilepsie, verbunden mit Bewusstlosigkeit, daneben dann
die noch zu beschreibenden periodischen Schwankungen.
Auoh der zweite Fall zeigte, wenn auch nicht so aus-
gesprochen, neben den motorischen Reizersohemungen
die periodischen Schwankungen.
Diese Schwankungen liessen sich, wie erwähnt, auf
sensiblem, motorischem und psychischem Gebiete nach-
weisen, und zwar stete gleichzeitig. Im Allgemeinen
dauerten die Schwankungen 3 — 12, die Zwischenzeiten
2 — 10 Sekunden ; natürlich kamen auch Differenzen vor.
Auf sensiblem Gebiete liessen sich die Schwankungen
nachweisen für dieBeruhrungs- undSohmerzempfindung,
die elektrocutane Sensibilität, dieTemperaturempfindnng,
den Orteinn. So' trat die erste Schmerzempfindung auf
in der Zwischenzeit bei einem Bollenabstande von 106
auf dem Handrücken, in der Schwankung erst bei 10.
Ebenso zeigten sich die Schwankungen in der centralen
Sehschärfe, ebenso auch in der Grösse des Gesichtefeldes,
und zwar bestand Einengung sowohl für Weiss, wie für
Farben. Dasselbe Hess sich am Gehör constatiren ; z. B.
wurde das Schlagen der Kirchthurmglocke gehört, die
Stundenschläge konnten aber nicht gezählt werden, weü
die auf die Schwankungen fallenden nicht gehört wurden.
Audi Geruch und Geschmack liessen die Schwankungen
erkennen. Sehr deutliche Schwankungen zeigten auch
manche Beflexe, so der Würg- und die Plantarreflexe.
Die Patellareflexe verhielten sich oft umgekehrt, mög-
licher Weise wesen Nachlassens reflexhemmender Ein-
flüsse vom Gros^im.
Auf motorischem Gebiete liess sich eine intermitti-
rende Ataxie und intermittirendes Born berg'sches Phäno-
men beobachten. Auch die Kraft schwankte bedeutend.
Besonders bemerkenswerth war, dass bei dem einen
Kranken, der überhaupt alle diese Erscheinungen in viel
höherem Maasse darbot, auch ein Athmungstypus be-
obachtet wurde, der mit dem Cheyne-Stokes sehen Phä«
nomen viel Aehnlichkeit hatte.
Auch auf psychischem Gebiete waren die Schwan-
kungen nachweisbar. So betrug die Beaktionzeit für
Gehörseindrücke in den Schwankungen 0.537, in den
Zwischenzeiten 0.19 (normalerweise etwaO.13) Sekunden.
Ebenso fand man intermittirende Störungen der Sprache
und der Schrift, sowie des Gedächtnisses und der Intelli-
genz im Allgemeinen, soweit dies beim schnellen Ablaufe
der Schwankungen geprüft werden konnte.
Gerade die letzterwähnten Beobachtungen zeigen,
dass die Grosshimrinde mindestens mitbetheiligt sein
muss. Si möchte an die Möglichkeit denken, dass Blut-
druckschwankuneen der Hirnrinde die Ursache der Stö-
rung seien. {Ret. sah in einem Falle von dorsaler Myeli-
tis in ähnlichen Zeiträumen periodisch auftretende trSfe
Zuckungen der Beine, die wohl auoh auf die Blutdrucx-
schwankungen zu beziehen waren.]
E. Hüfler (Chenmitz).
235. Zar Casuistik der Eleinhimerkran-
kimgen; von Dr. Emil Bedlioh. (Wien. med.
Wchnschr. XLV. 19. 1896.)
Für die Annahme, dass zwisohen der Fried-
reich'schen £[rankheit und der H6r6doatazie c6r6-
belleuse üebergänge existiren, bringt R einen
neuen Beweis.
Der mit 52 Jahren von ihm untersuchte Kranke
hatte im Alter von 2 Jahren eine Art von Schlaganfall er-t
19
146
Y. Neuropafhologie und Psychiatrie.
litten, war danach ^dxunm'^ gebHoben und mofiste ver-
sorgt werden. Die üntersnchting ergab bei normaler
PnpiUenreaktion rechts Strabismus oonvergens, bei Angen-
bewegnngBn deutlichen horizontalen Nystagmus; daneben
bestand leichter allgemeiner Tremor ; keine ausgesproobene
Sprachstörung. Sonst fand man an den Gliedern keine
weiteren Störungen, weder der Motilität, noch der Sensi-
bilität Die Fatellarefiexe waren lebhaft Nur bestand
in ausgesprochenem Maasse das Romberg*sche Symptom,
der Gang war schwankend, cerebellar-atätisoh. Blasen-
störungen fehlten.
Zweifellos sprechen die Ataxie, der Nystagmus, der
Strabismus, der Tremor fiir die Friedreich'sche Krank-
heit; jedoch die Art der Gleichgewichtstörung, das lange
vollkommene Freibleiben der Arme, die gesteigerten
Patellarefleze sprechen dagegen, ebenso das akute Ein-
setzen der Krankheit in so firdhem Alter. Auch mit der
Heredo-ataxie cerebelleuse ergebcoi sich verschiedene
Berührungspunkte. Nach Marie sollen dabei vorhan-
den sein : exquisite Heredität, Beginn mit 20—30 Jahren
durch Unsicherheit in den Beinen, die sich zu starkem
cerebeUaren Schwanken steigert, leichte Unsicherheit in
den Händen, gesteigerte Beflexe, Zittern der Hände, ex-
plosive Sprache, Nysta^us, Strabismus, Deooloiation
der Papille, Chorioideitis, Gesichtfeldeinengung. Die
Aehnlichkeit der Bilder in vielen Punkten leuchtet ein.
Der Mangel des hereditär-familüü*en Charakters und der
akute frühe Beginn sprechen jedoch dagegen. R. ist ^-
neigt, seinen Fall als Atrophie und SUerose des Klem-
hims anzusehen, eine Auffassung, die durch ähnliche
Krankengeschichten mit positivem Sektionsbefund ihre
Stütze findet £. H ü f 1 e r (Chemnitz).
236. Ueber Faohymeningitia oervioalia
hypertrophioa ; von Dr. M. KOppen. (Arch. f.
Psych. XXVn. 3. p. 918. 1895.)
Für die pathologisch-anatomische Stdlung und
die Aetiologie der Pachymeningitis cervicalis hyper-
trophica bringt Koppen durch die Mittheilung
zweier Krankengeschichten einen sch&tzenswerthen
Beitrag.
Bei einem 43jähr. Manne, der Lues durchgemacht
hatte, entwickelte sich zunächst Lähmung des rechten,
dann des linken Armes und endlich auch der Beine. Die
Lähmung der Beine war spastisch, an den Armen war
Atrophie mit Entartungsreaktion nachweisbar. Auch die
Sbreckmuskeln waren betheiligt, so dass es also nicht
zu der von Charcot beschriebenen Stellung kam.
Ausserdem bestand Herabsetzung der Schmerzempfind-
lichkeit und, was auch abweichend von der Norm ist,
Incontinentia vesicae et idvi, sowie eine, an multiple
Sklerose erinnernde Sprachstörung. Schmerzen als Ini-
tialsymptom hatten vollkommen gefehlt.
Anatomisch fand man von der Basis der Brücke an
bis zum untersten Lendenmarke die weichen Häute ver-
dickt und mit Kernen infiltrirt ; am Halsmarke war davon
auch die Dura betroffen. Jedoch auch im Sückenmarke
fanden sich Veränderungen, die nicht blos durch die ver-
dickten Häute, etwa durch Compression, verursacht sein
konnten. Höchstens wäre die Banddegeneration so zu
deuten. Auch in den übrigen Rückenmarkstheilen be-
standen Veränderungen , die, wie es schien, immer zu-
nächst am Bindegewebe und den darin verlaufenden Ge-
f&ssen einsetzten und erst sekundär das Nervengewebe
in Mitleidenschaft zogen. Es handelte sich um die
gewöhnliche, chronische, diffuse, syphilitische Entzün-
dung, die durch Keminfiltration, Bindegewebewucherung,
sowie Endarteriitis und Periarteriitis charakterisirt ist
In den Häuten , sowohl, als auch im Rückenmarke be-
stand derselbe Process.
Im zweiten Falle handelte es sich um eine 51 jähr.
Frau, die 3 Jahre vor ihrer Aufnahme mit Beissen im
linken Arme, Gefühllosigkeit der linken Backe und des
rechten Beines erkrankt war. 5 Monate vor der Auf-
nahme wurden die Arme und die Beine kraftlos und un-
sicher. Ausserdem waren Schmerzen in den Gliedern
und Steifigkeit im Nacken zu beobachten. Die Sprache
war durch Athemstömngen mühsam, gleichsam zerhackt.
Wiesen diese Symptome auf eine Erkrankung des Hals-
markes hin, so deutete eine ophthalmosk(^asch nach-
weisbare Opticusatrophie auf eine Betheiligung des Oe-
hims, und eine Druckempfindlichkeit der Wirbelsäule,
sowie Betentio urinae auf eine Betheiligung auch des
übrigen Bückenmarkes. Muskelatrophie fand man nicht
Auch hier bestand die Verwachsung der Häute und
ihre Verdickimg zu einem derbfaserigen Gewebe yoq
beträchtlichem Kemreichthum. Das Kückenmark war,
besonders oben, abgeplattet. Auch die Gefasse wsfbd
erkrankt Nur liess sich überall erkennen, dass in die-
sem Falle der Process in mehr langsamer und schleichen-
der Weise verlaufen war. Auch hier war, wie im ersten
Falle, das Rückenmark mit betheiligt Lues war in
diesem Falle nicht nachweisbar, jedoch wahrscheinlich
auch als Ursache anzunehmen.
K. mochte die Bezeichnung Pachymeningitis
cervicalis hypertrophica durch den Namen Myeio-
meningitia chronica, bez. Meningomyelitis ersetzt
wissen. E. H ü f I e r (Chemnitz).
237. Ueber BröflOnug des Wirbelkanales
bei Spondylitis and Compressionsmyelitis;
von Prof. Fürstner in Strassburg i. E. (ArcL
f. Psych. XXVn. 3. p. 757. 1895.)
In einem Falle von traumatischer Spondylitis, die
sich auf das Gebiet des 8. bis 10. Brustwirbels lokali-
siren liess, wurde in dieser Gegend auf der Höhe des vor-
handenen Gibbus das Rückenmark freigelegt und die
Dura gespalten. Etwas irgendwie Abnormes konnte nicht
gefunden werden; nur pulsirte das Mark nicht Die
Wunde wurde deshalb wieder verschlossen und war nach
3 Wochen verheilt. Während vor der Operation totale
spastische Paraplegia inferior mit Anästhesie bis an den
Spinae ant supp. und Incontinentia veaicae bestanden
hatten, besserte sich nachher der Zustand. Der üiin
konnte gehalten werden, auch die Sensibilität wurde in
den nächsten 3 Wochen fast normal. Jedoch die Lfih-
mung der Beine blieb vollkommen unverändert. Ein
schon vorher vorhandener Decubitus wurde immer grösser
und die Kranke ging schliesslich 6 Wochen nach der
Operation maraatisch zu Grunde.
Man fand im Wirb^anal in der Gegend des 9. Brost-
wirbels eine knöcherne Prominenz mit aufgelagerten
käsigen Massen, und zwar an der hinteren Seite des
Wirbelkörpers. Das Rückenmark zeigte auch eine ent-
sprechende Einschnürung. Ausserdem fand sioh ein
vom 6. Brustwirbel bis zum 1. Lendenwirbel rächender
Abscess, in dessen Grunde der Körper des 12. Brust-
wirbels frd lag. Der 10. Brustwirbel war voUkonmien
eiterig geschmolzen. Der Befund bei der Operation war
also von dem bei der Obduktion ganz verschieden. Ent-
weder bestanden die Veränderungen, wie sie gefunden wur-
den, bei der Operation überhaupt noch nicht oder sie hatten
sich der Beobachtung entzogen. Dass Veränderungen,
die eineDrucksteigerung verursachten, vorhanden waren,
dafür sprach der klinische Befund. Einmal nun war es
bei der Operation nicht möglich, die vordere FUohe des
Wirbelkanales abzutasten, und dann konnten ja durch
die cariösen Herde in den Wirbein Oirktüationstörungen
entstehen , die wohl geeignet waren , die Wirkung der
Compression hervorzurufen. Die fehlende Pulsation des
Markes ist vielleicht von Bedeutung. Jedenfalls ivird
es oft kaum möglich sein, bei der Operation ein klares
Bild von dem Ziutande des Markes zu erhalten, bez. von
der Ausdehnung des destruktiven Prooesses.
F. bespricht sodann die Befunde, die die mikro-
skopische Untersuchung des Rückenmarkes ergab, haupt-
Y. Neuropafhologie und Psychiatrie.
147
filkshlich die sekundär auf- und absteigende Degeneration,
die Tor Allem die Pyramidenbahnen betraf, lud zwar in
solcher St&rke, dass sie wohl schon zur Zeit der Opera-
tion bflstasden haben mochte. £. H ü f 1 e r (Chemnitz).
238. Zur Eenntniss der Thomsen'sohen
Krankheit (MyoUmia congenita [ineunte motu])]
Tonl^. Adolf Süsshand in E5ben a.0. (Zeit-
8dir. f. klin. Med. XXY. 1 u. 2. p. 91. 1894.)
Es handelt sich bei Thomsen'scher Krankheit
um jugendliche Individuen, meist mit hereditärer
Belastung; bei denen ein eigenthümlioher Znstand
von Muskelspannung und Steifigkeit auftritt, und
zwar im Beginn gewollter Bewegungen. Die Fran-
zosen bezeichnen die Krankheit deshalb ala spasme
mnscolaire au dUnä des mouvements volontaires.
Die Störung madit sich am meisten nach l&ngerer
Bobe und bei qualitativer Aendemng der Bewegung
bemerklich, Mrt aber bei Fortsetzung gleichartiger
Bewegung auf. Es werden alle willkürlichen
Huskeln im Beginne ihrer willkürlichen Zusammen-
Eiehung in einen leichten, nachdauemden Tetanus
▼enetst; im weiteren Verlaufe der Muskelaktionen
aber setzen sich diese nachdauemden Ck)ntraktionen
in kurzdauernde um. Nun kann sich der Spasmus
aber auch gleich auf die Antagonisten mit er-
strecken, und zwar dann, wenn neben dem Willens-
impuise noch reflektorische Beize psychischer oder
somatischer Natur wirksam sind. Es kann in
folge eines Schreckens, eines Fehltrittes beim
Gehen, auch in Folge einer freudigen Erregung
eine so allgemeine Contraktion sftmmtlicher Muskeln
eintreten, dass der Kranke wie ein Stock umfällt.
Biese bei den Kranken vorhandene „spastische
Disposition" ist nun in ihrer Stärke schwankend.
Heitere Stimmung, Sättigungsgefühl , Alkohol-
genuss, Wärme vermindern, Verstimmung, Hunger,
Anstrengung, Kälte, Strychnin, auch die Anwesen-
heit irgend eines Krankheitstoües im KOrper er-
höhen die Disposition.
Sensible Störungen bestehen meist nicht ; auch
xeigen die Nerven im Allgemeinen keine elektri-
schen Abnormitäten. Die Muskeln jedoch zeigen
hetiSchtliche Abweichungen. Die mechanische Er-
legbarkeit ist gesteigert, die Contraktion ist eine
hnge nachdauemde. Bei schwachen faradischen
StrGmen sind die Contraktionen kurz, werden je-
doch mit der wachsenden Stromstärke träger. Ein-
lebe, auch noch so starke Oeffhungsohläge geben
sber stets nur kurze Zuckungen. Auch die galva^
lüsche Erregbarkeit ist quantitativ erhöht, quali-
tstiv stark verändert Die Zuckung ist trag und
i^schdauemd, trag schon bei minimalen AnS-Reizen,
^ stärkeren KaS-Beizen; nachdauernd wird sie
erst bei stärkeren Beizen. Ausserdem treten vom
>^egativen zum positiven Pol hinlaufende weUen-
'^ge Contraktionen auf. Den Complex dieser
Abnonnitäten bezeichnet num als „myotonisohe
fieaktion''.
Auf Quersdinitten erscheinen die einzelnen
librülen durch weitere Zwischenrilume getrennt
S. geht auf die Krankheiten ein, dieditFerential-
diagnostisch in Betracht kommen könnten; zu-
nächst die Tetanie, diePseudohypertrophie, sodann
die spastische Spinalparalyse, die von Eulen -
bürg beschriebene Paramyotonia congenita.
Darauf folgen eine genaue Krankengeschichte
und einige im Auszug aus der Literatur zusammen-
gestellte Fälle.
Das Wesen der Krankheit erscheint als an-
geborene, funktionelle Anomalie des willkürlichen
Muskelsystems, die in der abnorm gesteigerten
Erregbarkeit besteht Sie ist bedingt durch Vermeh-
rung, Verkleinerung und dichte Lagerung der
Muskelelemente in der Primitivfibrille, bei Locke-
rung der einzelnen Fibrillen von einander. Ala
Name für die Krankheit schlägt S. vor : Myotonia
congenita ineunte motu. B. Hü f 1er (Chemnitz).
239. Bar KenntniM der Paramyotonia;
von Dr. V. S öl der. (Wien. klin. Wchnschr. VTIL
6. 7. 1895.)
V. S. berichtet zunächst über zwei an Eulen-
burg'scher Paramyotonia erkrankte Brüder.
1) F. W., 52jähr. Fabrikarbeiter, schon seit Jugend
krank, ebenso wie seine Mutter und 5 Stiefgeschwister
(Söhne eines anderen Vaters). Er wurde schon als Kind
in Folge von Kälte am ganzen Körper unbeweglich, konnte
später nur in warmen Bäumen (22—24* K.) arbeiten.
Befand im Januar 1893: grosse Nervenstämme auf Druck
empfindlich, spontane Farftsthesieeu der Hände. An allen
Muskeln geringer Tonus. Bei Temperatur von lö— 16*R.
konnten ule Muskeln aktiv gut bewegt werden mit Aus-
nahme der Zehen; jede rasche Bewegung war dagegen
unmöglich. Die Kraft war überall stark herabgesetzt,
links mehr als rechts ; die Kraft erlahmte völlig, wenn
man Widerstandsbewegungen ausführen Uess: nach
1—2 Contraktionen trat schlaffe Lähmung des Muskels
ein und Pat gerieth in allgemeinen Schweiss und Zittern.
Langsame Bewegungen erfolgten prompt, bei raschen
trat nach einigen Contraktionen eme Dauercontraktion
ein, die Pat willkürlich nicht zu lösen vermochte und
die bis zu 40 Sekunden dauerte ; erneute Versuche führten
allmählich zu einer völligen Lähmung, so dass für einige
Zeit jede Contraktion unmöglich war. Diese Erscheinun-
gen fanden sich an den Quedem (am stärksten an den
Armen), aber auch am Gesicht: hier trat z.B. nach meh-
reren Wiederholungen des Augenlidsohlasses tonische
Contraktion des Scmiessmuskels ein, so dass der Pat. bis
zu 1 Minute das Auge geschlossen halten musste. Wenn
sich Pat bei 0* eine Viertelstunde im Freien aufhielt, so
bestand nach der Rückkehr in ein Zinuner von 15<* R.
ein noch längere Zeit anhaltendes intensives Kältegefühl^
das sich namentlich in Zähneklappem äusserte. Alle be^
schriebenen Muskelstörungen hatten sehr zugenommen.
Nach noch grösserer Kälteeinwirkung konnte Pat nicht
mehr die Blickrichtung ändern, nur sehr schwer kauen,
sprechen und schlingen; krampfhafte Stellungen der
I^ger, Stttfigkeit der Ajrme, die in Pronationstellung
fixirt waren, Einkrallung der Zehen vervollständigten
das Bild. Die mechanische Erregbarkeit der Muskeln an
Qliedem und Stamm war sehr gesteigert, es. entstand
auf Beklopfen ein Wulst Durch Kbpfen auf die moto-
rischen Nerven waren ebenfalls Zuckungen auszulösen.
Sehnenrefleze überall sehr gesteigert Elektrisch war
vom Nerven aus die faradische Erregbarkeit normal, die
galvanische etwas herabgesetzt, vom Muskel aus fara-
disohe Erregbarkeit etwas verringert, die Zuckungen
waren träge, die Dauer der Reizung bis zu 30 Sekunden
dauernd, an einigen Muskeln, besonders am Gesicht, nor-
male Verhältnisse; (;alvanisoh im Wesentlichen sehr
148
Y. Keuropathologie und Fsydiiatrie.
herabgeeetzie Erregbarkeit, in einigen MüBkeln ebenfalls
trfige Znckang mit tonischer Nadidaaer, Neigong zu
STe an der Kathode.
An einem ans den Waden exstirpirten Mnskelstüok-
chen zeigte die mikroskopische üntersnohnng ganz den
Befand wie bei Myotonia congenita.
2) H.H., Stiefbmder des Vorigen, litt ebenfaUs schon
seit der Jugend an Schwäche und Steifigkeit nach Efilte,
nur weniger intensiv. Die Muskulatur der Oheder war
bei ihm überall voluminös, die Muskeln selbst aber waren
schlaff, die Kraft gering, willkürliche Bewegungen er-
folgten prompt, keine Naäioontraktion. Elektrisch folgten
den faradischen Nervenreizungen langsame Zuckungen,
galvanische und normale; Muskelreizung zeigte öfters
AnS>KS, bei stärkeren Strömen STe.
In einem 3. Falle, den v. S. mittheilt, handelte es
sich um einen löjähr. Goldarbeiter, der ebenfidls von
Jusend an nach Kälteeinwirkxmg Steifigkeit und grosse
Schwäche der Muskulatur zeigte, besonders im O^cht,
wo auch eine Nachdauer der Contraktionen vorhanden
war, die die lidspalte für einige Zeit verengte. Elek-
trisch fand sich nach Kälteeinwirkung eine bedeutende
quantitative Herabsetzung der Reaktion von Nerv und
Muskel für beide Stromesarten, aber keine Nachdauer
der Contraktionen.
V. S. behauptet, dass die Hälfte aller bisher
beschriebenen Fälle von „Paramyotonie^' Compli-
kationen mit echter Myotonie darstellten; das allen
Gemeinsame ist nur die Herabsetzung der Muskel-
erregbarkeit gegen Willens- und elektrische Reize
durch Kftlteeinwirkung. um über die Kftlteein-
wirkung in's Klare zu kommen, stellte v. S. Ver-
suche in der Art an, dass bei einem kräftigen
Manne zuerst im warmen Zimmer die Kraft der
Hand mit dem Dynamometer gemessen und der
Grenzwerth fOr die Reizung des Elxtensor digit
oomm. festgestellt und graphisch aufgeschrieben
wurde ; nachdem der Arm eine Viertelstunde lang
in Eiswasser getaucht gewesen war, fand man die
Dynamometerkraft um die Hftlfte vermindert, die
faradische Erregbarkeit des Muskels zeigte keine
quantitativen Abweichungen, nur erschien die Curve
im absteigenden Schenkel etwas länger als vor der
Kältewirkung, galvanisch erschien nur eine Herab-
setzung der Ihregbarkeit. Es bestanden also beim
gesunden dieselben Symptome wie beim paramyo-
tonischen Muskel, nur in geringerer Intensität
Die Pathologie der Paramyotonie wird daher von
der Kältewirkung auf die Muskeln auszugehen
haben. Den Kälteersclieinungen wird wahrschein-
lich eine reflektorische Verengerung der Muskel-
gefftsse zu Grunde liegen.
Windscheid (Leipzig).
240. Sin Fall Ton Myotonia oongenita mit
Paramyotonie; von Dr. Hlawaczek. (Wien.
Jahrb. t Psych. XIV. 1 u. 2. p. 92. 1895.)
Ein 17jahr. Mann, der mit anderen Eamiliengliedem
an Thomsen*8cher Krankheit litt, bot ausserdem noch
andere bemerkenswerthe Störungen dar. unter dem
Einflüsse des Kältereizes nämlich trat an den Augen-
lidern, den Lippen und den Händen eine vollständige
Hemmung der Bewegungen ein, die den Kältereiz noch
einige Zeit überdauerte. Diese Erscheinung erinnert an
Das, was Eulenburg als Paramyotonie beschrieben
hat H. xiimmt an, dass sowohl die Myotonie, als die
Paramyotonie nur graduelle Verschiedenheiten desselben
Prooesses seien.
Ein dem M. bioeps des Kr. entnommenes MaBkei-
stuck zeigte bei der mikroskopischen üntersochiuig
Hypertrophie der Fasern und Kemvermehrung.
Lührmann (Dresden).
241. On to-oalled Moongenital^ ohorea; by
Johnson. (Amer.Joum. ofmed.Sc.GZ.4.p.377.
Oct 1895.)
J. erörtert die Frage, ob es wirklich one rein cod-
genitide Qiorea sdebt, auf Omnd folgenden Falles.
Der l^ähr.l[nabe beftuid sich seit seiner im üebrigeo
völlig normalen Geburt im Zustande einer unausgesetzten
unfreiwilligen motonschen Aktion: er zuckte mit d«
Extremitäten, verzog das Gesicht, sohmatzte mit deo
Lippen und gele^ntüch zeigten sich auch krampfhafte
Inspirationen. Die Bewegongen waren zwar beiderseiiig,
die linke Sdte überwog aber; im Schlafe hörten sie TöUig
auf. Im Uebrigen am ganzen Nervensysteme voUkomma
normaler Befund, Herz frei. Ab und zu ,»rhenmstiflohe'
Schmerzen in der Schulter.
J. hatte den Fall immer als eine richtige congenitiie
Chorea aufgefasst; als er das Kind aber in der LoodoMr
medicinischen Gesellschaft vorsteUte, machten die Be-
wegungen der Finger, der Zehen und der lippen bei
dieser Gelegenheit absolut den Eindruck einer Athetoee.
J. glaubt däier, dass man zwischen beiden Krankheita
keine schüfe Grenze ziehen könne und dass derselbe
Pat einmal als dioreatisoh, ein anderes Mal ak tfte-
totisch bezeichnet werden müsse, dass aber jedenfiDs
die bisher veröffentlichten Fälle von congenitaler Choni
als doppelseitige Athetose choreatischer Form bezeichnet
werden sollten. Es folgt eine ausführliche Mittheiltiiif
und Besprechung der einschlägigen Literatur.
Windscheid (Leipzig
242. Beitrag rar Erbliohkeitastatiatik der
Geiateakranken im Caaton Zürich; Veiglei-
ohimg deraelben mit der erbliohen BeUstang
gesunder Menaohen durch OeiateMtöraogen
n. dgL; vou Jenny Koller. (Arch. f. P^
XXVn. p. 268. 1895.)
Die Verfasserin kommt auf Ghrund ihrer statisti-
schen Untersuchung an einer grossen Zahl von
Geisteskranken und von Qeistesgesond^ haupt^
sächlich zu folgenden Resultaten :
1) Die erbliche Belastung der Gtesunden ist eise
viel grossere, als gemeinhin angenommen wird.
2) Apoplexie, Dementia seniUs und jedenfills
ein grosser Theil der sogen. Nervenkrankheiteä
erweisen sich allem Anscheine nach als vGlüg un-
erheblich in der Belastungsfrage.
3) Die stftrksten Belastnngsmomente sindOeistes-
stOrungen und auffallende Charaktere.
4) Was endlich die Thinksuehi anlangt, so zei-
gen zwar die für die Belastung der öeistesgesond^i
und der Geisteskranken gefundenen ProoentzaUen
keine erhebliche Differenz; bei näherer Asaljse
indessen ergiebt sich, dass die Vererbung Seitane
der Eütem bei den Geisteskranken eine doppelt so
grosse ist als bei den Geistesgesunden. Die Tabellea
zeigen nämlich, dass bei Letzteren vorwieg^d
in den Seitenlinien getrunken wurde, was natflr-
lieh bei dieser Art erblicher Belastung sehr wenig
erheblich ist. Lührmann (Dresden).
TL Innere Medioin.
149
243. Veraaohe über die Einwirkung kfinst-
lioh enengten Fiebers bei Fsyehoeen ; von Dr.
R Boeck. (Wien. Jahrbb. f. Psych. XIV. 2. p. 199.
1895.)
Eb ist bekannt, dass Geisteskrankheiten manch-
mal durch intercurrente akute Krankheiten zu völ-
liger Heilung gelangen können. Nach den vor-
liegenden klinischen Erfahrungen wirken in dieser
Hinsicht am günstigsten das Erysipel und ESte-
nmgsprocesse. um dieses Naturexperiment nach-
znahmen, wurde bereits früher von v. Wagner
und dann in dieser Versuchsreihe Tuberkulin in
Einspritzungen verwandt, in einzehien F&llen kamen
anoh die Culturen von Baa pyocyaneus zur An-
wendung. Bei sehr zahlreichen Tuberkulin-ESn-
spritzungen trat nur einmal eine umschriebene
Lungeninfiltration auf, die übrigen hatten keine
üble Nachwirkung, während die Einspritzungen
mit den Pyocyaneusculturen bei 3 Kranken be-
denkliche Collapse bewirkten.
B. berichtet über einen erheblichen Procent-
Satz von Heilerfolgen nach Versuchen mit Tuber-
kulin an 33 Individuen. Am günstigsten war die
Snwirkung ersichtlich bei Personen im Alter von
20—30 Jahren, die an „Amentia" litten. Im Hin-
blicke auf die in vielen Etilen bald eintretende
Heilung oder doch Besserung und die Zunahme
dee Körpergewichts konnte eine Spontanheilung
augenscheinlich ausgeschlossen werden.
Lührmann (Dresden).
244. neber die Beiiehaxigen swisdhen
Xelandholie und Verrüoktheit; von Dr. H.
Schlöss. (Wien. Jahrbb. f. Psych. XIV. 1 u. 2.
p. 114. 1895.)
Einige „äusserUohe" Beziehungen zwischen
Melancholie und Verrücktheit sind dadurch ge-
geben, dass sich innerhalb des Verlaufs einer Para-
noia melancholische Zustande entwickeln können
und 4<^8 andererseits der Melancholiker im An-
schlüsse an seine Wahnideen andere Wahnideen
deduoirt, die an den Verfolgungswahn des Para-
noikers erinnern. In zweifelhaften Fällen hat man
den ganzen Verlauf und das Vorhandensein anderer
als depressiver Wahnideen , namentlich das Auf-
treten von GrÖBsenideen, zur Sicherung der Diffe-
rentialdiagnose zwischen Melancholie und Verrückt-
heit herangezogen. Jedoch auch im Verlaufe ein-
zelner FUle von Melancholie (meint Schi.) stellen
sich Wechsel der Stimmung, Heiterkeit und mani-
scher Charakter der Ideen ein. Einen solchen Fall
theilt Schi, mit [ob es sich nicht um eine perio-
dische oder drkulftre Form handelte?].
Die nahen Beziehungen der Melancholie zur
Verrücktheit sollen auch dadurch zum Ausdruck
kommen, dass jede der beiden Formen sich an die
andere anschiiessen, die eine aus der anderen sich
entwickeln könne; 2 Fälle dieser Art werden mit-
getheilt
Endlich ist eine Differenzirung der Melan-
cholie von den depressiven Formen der akuten
Verrücktheit wohl nur dann möglich, wenn man
die HaUucinationen aus dem Symptomencomplex
der Melancholie ausscheidet
Lührmann (Dresden).
VI. Innere Medicin.
245. Ueber Diphtherie. (Schluss ; vgl. Jahrbb.
CCXUX. p. 38.)
VAer die Beziehungen des sogenannten MtMem^
cnmps und der im Gefolge von Diphiherie auftretenden
Erkrankungen des Mittelohres xum Klebs-Löffler'-
fchen DiphtheriebaeiUus ; von Dr. Max Pollack.
(Deutsches Arch. f. klin. Med. LVI. 1 u. 2. p. 34. 1895.)
P. vermochte bei 3 an sogen. Masemcroup Lei-
denden, die sämmtlich starben, in der Pseudo-
membran des Kehlkopfes Elebs-Löffler'sche
Bacillen nachzuweisen, Imal nur im Ausstrich-
priparate, 2mal mit Hülfe des Culturverfahrens.
fr ist geneigt , jeden Fall von Masemcroup für
«nen echt diphtherischen zu halten. Vor der Hand
empfiehlt er, wie er es für die Bhinitis fibrinosa
mit 0er b er bereits gethan hat, folgende Einthei-
loDg: Laryngitis pseudomembranacea nach Masern
t) mit Diphtheriebadllen, b) mit Streptokokken.
Bei 2 der Kranken bestand ausserdem noch eitrige
Hittelohrentzündung mit Perforation des Trommel-
fells. Bei beiden Kranken wurden im Ohreneiter
Diphtheriebacillen nachgewiesen. Während es in
dem einen Falle nicht zur Bildung von Pseudo-
membranen im Mittelohre kam und es auch aus
anderen Qr&nden unentschieden gelassen werden
musste, ob eine primäre Diphtherie des Mittelohres
vorlag, war dies im 2. Falle zweifellos der FalL
Es hatte hier vor der Erkrankung bereits eine
chronische, granulirende Entzündung der Pauken-
schleimhaut bestanden. P. will auch hier ganz
allgemein von einer „Otitis media pseudomembra-
nacea mit Kleb s-Lö ff 1er 'sehen Diphtherie-
baciUen^* sprechen. Zum Schlüsse macht er darauf
aufmerksam, dass das Mittelohr einen Schlupf-
winkel für die Diphtheriebadllen bilden kann, von
wo aus diese in den Rachen desselben Menschen
oder nach erfolgter Perforation auch leicht nach
aussen gelangen können. Es können auf diese
Weise in der Umgebung des Kranken weitere diph-
therische Infektionen zu Stande kommen.
Laryngite stridideuse et diphthie; par le Dr.
Bonain. (Bevae de Laryngol. XVI. 9. 1895.)
B. beschreibt 2 Kinder im Alter von 2 und 6 Jahren,
die dieEh^oheinoDgen des Pseadocroup darboten. B.ver-
moohte in beiden Fällen im Rachen Diphtheriebacillen
durch das Colturverfahren nachzuweisen. Beide Kinder
genasen ohne eine eingreifendere Behandlung. Thier-
versuche stellte B. nicht an. Er will in jedem Falle von
Laryngitis die bakteriologische Untersaohong ausgeführt
wissen, damit durch Serombehandlung (die bei seinen Kr.
imterblieb) schwere Zufälle verhütet werden können.
1
150
YL Innere HediciiL
Ueber BhinUia fibrinosa; von Dr. Tr eitel u. Dr.
Koppel in Berlin. (Arch. f. Kindeilikde. XVin. 5 iL 6.
p. 107. 1895.)
Tr. und E. beeohreiben 2 Kr., die an Rhinitüi fibri-
nosa litten. In beiden FäUen worden virulente Diphtberie-
bacfllen gefanden. Die Kr. hatten weder Fieber, noch
eine Störung des Allgemeinbefindens. Bei dem einen Kr.
war die Affektion einseitig. BadUen worden daselbst noch
55 Tage nach Beginn der Erkrankung nachgewiesen. Sie
fanden sich auch in der eesunden Nasenhälfte, wo sie sich
jedoch nicht so lange hielten. Bei der anderen Er. waren
zunächst beide Nasenhälften befallen. Alsdann ging die
Erkrankung auch auf den Rachen über. Die Krankheit
war hier nicht so hartnäckig. Die Kr. scheint ein ^ähr.
Mädchen mit typischer Bachendiphtherie inficirt zu haben.
Es müssen daher dieselben prophylaktischen Maassregeln
für die Rhinitis fibrinosa wie bei der Rachendiphtherie
gefordert werden.
De V angine diphiSrique ä forme herpSHque; par M.
Dieolaf oy. (BoU. del'Aoad. de Med. UX. 23. 26. 1895.)
D. bringt Belege dafür, dass die Diphtherie sich
klinisch onter dem Bilde einer Angina herpetica dar-
stellen kann. Die Ünterscheidong beider Krankhmten
wird aosschliesslich dorch die biäcteriologische Unter-
sochung ermöglicht, die in jedem Falle aufführt werden
soll. In der Academie de medecine zu Faris, wo über
den Gegenstand yerhandelt wurde, theilte D. weiterhin
Beobachtungen von K e I s c h , Huohard, Roche und
Martin mit, die die bereits von Trousseao aus-
gesprochene Ansicht, dass nämlich tödtlich verlaofende
Diphtherie unter dem Bilde einer Angina herpetica be-
ginnen könne, theilweise bestätigen. Nur meilweise.
&enn in den bBobachteten Fällen tet Genesone ein. D.
fuhrt des Weiteren aus, dass das, was er für (ue Angina
herpetica festgestellt hatte, für (äU Formen der Mandel-
entzündung gut. Es wurde in der Sitzung der Akademie
auf den Antri^YonCadet de Gassicourt der Wunsch
ausgesprochen, dass in Kürze öffentliche baktsriologisohe
Lal^ratorien unter fachmännisdier Leitung eröffnet wer-
den möchten.
Diphtherie und Croup nach Tonsiüoiomie, — Be-
richt evnee Falles, mit Vorsehlägen xur Verhütung ähn-
licher schwerer Chmplihationen; Yon Dr. Aogost
Caille. (New Yorker med. Mon.-SGhr. YIL. 3. 1895.)
C. entfernte einem Knaben, der mehrere cariöse Zähne
hatte, beide hypertrophischen Mandeln. Am nächsten Tage
erkrankte das Kind an Diphtherie mit sich anschliessen-
dem Kehlkopfcroup, so dass sich die Intubation noth-
wendig machte. Zur Verhütung solcher unangenehmen
Zußille empfiehlt C. vor der Tonsillotomie etwaige cariöse
Zähne zu entfernen, bez. zu füllen, bei Anwesemieit ade-
noider Wucherungen den Nasenrachenraum 1 Woche vor
der Operation 3mal täglich zu reinigen. „Ergiebt die
bakteriologische Untersuchung Diphtheriebacillen, so ist
die Immunisirung des Kranken durch Antitoxin vor der
Operation angezei^.'' Die „Nasenraohentoilette^ ist an-
gezeigt für afie, die der Infektion ausgesetzt sind. Sie ist
neben dem Antitoxin der wichtigste Faktor in der Be-
handlung der Dii)htherie.
Prtmary diphtheria of ihe Ups and gums; by
SimonFlexner. (Johns Hopkins Hosp. Bull. VI. 47.
1895.)
Bei 2 chronisch Kranken (Lebercirrhose, bez. Morbus
Brightii) entwickelte sich kurz vor dem Tode an der Lippe
und am Zahnfleisch ein mit missfarbigem Belage ver-
sehenes Geschwür. Fl. konnte darin Diphtheriebacillen
nachweisen. Bei dem einen Kr. lieesen sich auch Diph-
theriebacillen aus dem eitrigen Belage der entzündeten
Magenschleimhaut züchten. Die beiden Beobachtungen
erinnern an die von H e u b n e r besohriebenen Fälle von
„larvirter^ Diphtherie bei chronisch erkrankten Kindern.
Ein FaU von Wunddiphtherie mit Diphtheriebacillen
bei gleichzeitigem Vorhandensein von DiphtheriebaeiUen
im gesunden Bachen; von Dr. Hugo Schottmüller.
(Deutsche med. Wohnschr, XZI. 17. 1895.)
Seh. konnte aus dem Wundbelage und dem Bachen-
schleim eines 14monat Kindes, dessen älteres Geschwister
an Diphtherie verstorben war, vollvirulente Diphtherie-
bacillen züchten. Der Bachen bot dabei keine faank-
haften Erscheinungen dar, während die Wunde, dis öeh
das Kind durch Kratzen selbst beigebradit hatte, von
einem missfarbigen, grau -weissen Belag bedeckt wir.
Seh. ist der Ansicht, dass die Diphtheriebacillen zonfichrt
im Rachen des Kindes hafteten und von hier auf die
Wunde übertragen worden. Unter einem nach Beini-
gung mit Sublimatlösung angelegten Jodoformverband,
den S c h. für ähnliche Fule empfiehlt, heilte die Wände
rasch ab. Nach 9 Tagen war das Kind frei von Diphtherie-
bacillen.
Notes on fifly-eight eases of haemorrhagic d^-
theria; by Harold Austern and Harry CogilL
(Brit. med. Journ. March 30. 1895.)
A. und C. beobachteten innerhalb des Zdt-
raums von 2 Jahren 58 Fälle von sogen, hftmonfaa-
gischer Diphtherie, die durchweg schwere Erkran-
kungen darstellten und mit einer Ausnahme tOdt-
lich endeten. In den meisten Fällen erfolgten
Blutungen im Rachen. Die Hautblutungen stelltea
sich theils alsEkchymosen dar (an Gesicht, Burnp^
Gliedern, namentlich den Streckaeiten), theils als
Purpuraflecke (meist am Rumpf, femer an den
Beugeseiten der Glieder, Imal im Gesicht). Beide
Arten kamen öfter zusammen vor. Die Blutungen
setzten zwischen dem 3. und 15. Tage ein. Nasen-
bluten wurde wiederholt beobachtet, ebenso Blut-
erbrechen, Melaena (2mal). Hämaturie kam dagegen
nicht vor. Im Verlaufe der Krankheit trat die
schwere Vergiftung in den Vordergrund. Der Tod
erfolgte in allen FWen an Herzschwächa In der
Leiche fand man zumeist auch innere BlutungeD.
In 1 1 Fällen wurde mit Erfolg auf Bacillen ge-
fahndet 12mal wurde die Serumbehandlung aus-
geführt, in der Hälfte der Fälle von vom herein
ohne Aussicht auf Erfolg. 6mal trat soheinbare
Besserung ein.
Zur Prognose und Diagnose der Diphtherie; von
Dr. L. Bernhard. (Arch. f. Kinderhkde. XIK. 1 o. 2.
p. 88. 1895.)
B. kommt naoh seinen in Baginsky 's Klinik '
angestellten Beobachtungen, deren er einige mit-
theilt, zu folgenden Schlüssen. Es richtet sich:
„1) Die Prognose der Diphtherie nach dem Ve^ '
hältniss zwischen bestehender Disposition und Viru-
lenz der Bacillen. 2) Dies Verh<niss wird offenbar
durch das Sekret der Nieren, deren geringere oder
stärkere Verletzbarkeit einen Schluss gestattetaach
auf die WiderstandsfiUügkeit der anderen Organe.
3) Daher ist die Untersuchung desHamsedimwtes
das beste Mittel, um die Schwere des einzehiea
Falles zu beurtheilen. 4) Albuminurie ist ein un-
sicheres Moment und für die Prognose wenig gut!
zu verwerthen. 5) Zeigt das Sediment schon iia
An£ange der Erkrankung die charakteristisoheiL
morphotischen Bestandtheile in reichlicher Menge,]
so ist die Voraussage ungünstig zu stellen. Es wird
entweder Exitus eintreten oder im günstigsten FaUer
erst nach langem Krankenlager, nach schweren,
Herz- und Lähmungsersoheinungen die (Jenesang.
6) Tritt das Sediment erst in der 2, Woche derSr*'
Yl Innere UfedicuL
151
hanlnmg auf, so wird die Prognose etwas günstiger,
doch werden auch hier häufig Lähmungen und oft
genug der Tod eintreten. 7) Die Diphtherie-
nephritis ist eine spedfisch toxische Erkrankung,
die nur vom Diphtherievirus erzeugt werden kann,
daher ist ihre Klinik diagnostisch wichtig, sie kann
differential- diagnostisch von Bedeutung werden.
8) Sofern man die Serumtherapie zur Bekämpfung
der Diphtherie anwendet, muss man bei frisch auf-
tretenden reichlichen morphotischen Bestandtheilen
des flams selbst bei gering entwickelten Belägen
grosse Dosen des Heilmittels gebrauchen.*^
Ud)er die persönliche Disposition und die Pro-
fkylMe gegen Diphtherie; von Dr. A. Wassermann.
(Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. XIX. 3. p. 406. 1895.)
Gegen die ausschliessliche Bedeutung eines
speeifischen Krankheitserregers im Anfange und
des LGffl er 'sehen Bacillus bei der Ausbreitung
der Diphtherie im Besonderen schien die Erfahrung
zu stechen, dass viele Personen, die der An-
stechung ausgesetzt waren, nicht erkrankten, sowie
dass der spedfische Erreger sich bei Gesunden fand.
Man sah sich daher zu der Annahme einer persön-
bchen Disposition genöthigt. Nun geht aus den
Dntersuchungen von Flügge hervor, dass die
Disposition zur Diphtherie keine sehr weitverbrei-
tete ist, auch nicht im Kindesalter. W. vermochte
festzustellen, „dass eine sehr grosse Anzahl
bdividuen, die niemals in ihrem Leben an einer
badiweisbaren Hals- oder BachenafFektion gelitten
Ilaben, schon im frühesten Kindesalter in ihrem
Serum ausgesprochene Diphtheriegift zerstörende
Eigenschaften besitzen, während andere wiederum
Keae völlig vermissen lassen". Die Mehrzahl der
m W. üntersttchten (17 Kinder und 34 Erwach-
ens) hatten sogar „sehr stark schützende Kräfte
l^genüber dem Diphtheriegift in ihrem Serum",
rihrend diese bei manchen gänzlich fehlten. W.
erechnet, dass ein Individuum dauernd in seinem
lemm 200 ccm einfachen Normalantitoxins besitzen
ann, das fortwährend gebildet wird. Erwachsene
cheinen häufiger ein antitoxisches Serum zu be-
iben als Kinder. So wichtig W. das erwähnte
^erhalten des Blutserum für die Erklärung der
mönlichen Disposition hält, so lässt er es den-
och vor der Hand unentschieden, ob nicht andere
hnstände bei ihrem Zustandekommen im Spiele
bd. Die kOnstliche Immunisirung ist trotz der
lefnndenen Thatsachen nicht überflüssig, da man
in Voraus nicht wissen kann, ob Jemand anti-
nxisches Serum besitzt, bez. ob die ihm zur Yer-
Iguog stehende Antitoxinmenge zum Schutze hin-
gehend ist. W. weist an den Arbeiten von Feer
od Flügge nach, dass sich die gefundenen That-
ieboi mit den epidemiologischen Erfahrungen über
feTerbreitungsweise der Diphtherie ungezwungen
1 TSn^iai^g bringen lassen, üeber die Entstehung
er aatitoxischen Kraft des Blutserum äussert er
di nodi sehr zurückhaltend. Jedenfalls ist sie
ine während des Lebens erworbene Eigenschaft.
Ob sie bei Gesunden durch die Wirkung von Diph-
theriebaciUen oder aus anderen Ursachen zu Stande
kommt, lässt sich zur Zeit nicht entscheiden. W.
wünscht, dass die Prophylaxe der Diphtherie auf
Grund der bakteriologischen Untersuchung durch-
geführt werde (die er dem praktischen Arzte nicht
aufgebürdet wissen will), dass diese sich nicht nur
auf die Erkrankten, sondern cmch auf die scheinbar
Gesunden xu beziehen habe. Gesunde, die Diphtherie-
bacillen bei^n, sind zu isoliren. Die Desinfektion
der Wohnung ist zu wiederholen, nachdem die
bakteriologische Untersuchung erwiesen hat, dass
alle Familienmitglieder, die erkrankt gewesenen
und die scheinbar gesund gebliebenen, frei von
Bacillen sind.
Die Diphiheriesterhliehkeit in den grosseren Stadien
Deutschlands und in Wien während der Jahre 1883 bis
1893 ; von Dr. RudolfHecker. (Münohn. med. Wo-
chenschr. XIH. 18. 1895.)
H.'s statistische Erhebungen sind gerade jetzt,
wo die Frage nach der Wirksamkeit des Behring'-
schen Heilserum alle Fachleute lebhaft beschäftigt,
in hohem Grade willkommen. H. stellt zunächst
die absolute Anzahl der Diphtherietodes^e mit
den jeweiligen BevOlkerungziffern, sodann die auf
10000 lebende Einwohner kommende Zahl der
Todesfälle mit der BevOlkerungzifFer der 15
grOssten Städte Deutschlands, sowie von Wien zu-
sammen. Werden aus den gewonnenen Zahlen
Gurven construirt, so ergiebt sich, dass sich die
Städte in 3 Gruppen theilen lassen : 1) Solche ohne
auffallende Zunahme oder Abnahme : Breslau und
Elberfeld. 2) Solche mit erheblicher Zunahme der
Sterblichkeit (Wien, Cöln, Magdeburg, Stuttgart,
Chemnitz), die ausser bei Wien und Stuttgart im
Jahre 1889 beginnt Wien zeigt eine stete Steige-
rung seit 1883, eine steileZunahme im Jahre 1891
(Einverleibung der Vororte). 8) Solche, die eine
deutliche Abnahme der Diphtheriemortalität er-
kennen lassen, die bei München seit 1889, bei
Frankfurt seit 1890 beginnt und eine stetige ist,
während sie bei Berlin, Hamburg, Leipzig, Dresden
und Altena früher b^innt, um im Jahre 1892 einer
kleinen Steigerung zu weichen. Diese setzt in
Nürnberg erst im Jahre 1893 ein.
Werden die Gurven aller Städte zusammen-
gefasst, so erhält man eine von 1883 — 1891 fast
gleichmässig ansteigende, von da an wieder ab-
steigende Linie. Die höchste Durchschnittssterb-
lichkeit an Diphtherie hatte Nürnberg (12.9 auf
10000 Einwohner), die niedrigste Elberfeld (6.74).
Schliesslich hat H. noch Tabellen angefertigt,
in denen neben der Diphtheriesterblichkeit auch
die Bewegung der Bevölkerungziffer angegeben ist
H. zieht aus seinen Untersuchungen den Schluss,
dass die St^blichkeit an Diphtherie in den grösseren
Städten Deutschlands im Grossen und Ganzen im
Abnehmen begriffen ist
Die Diphtherie in Wien seit ihrem Beginne im
Jahre 1862 bis Schluss 1893, insbesondere in Hinsicht
auf die Bedeutung der Intubation 0' Dwyer's, an der
152
YI. Inaere Hedidn.
Klinik des St. ÄnneH-Kinderspitals ; von Widerhof er
in Wien. (VerhandL d. 11. YerBamml. d. Oes. f. Kinder-
hkde. Wiesbaden 1895. Bergmann.)
Im Jahre 1862 beobachtete W. zum 1. Haie ia
Wien am St Annenspitale die Laryngitis crouposa.
Im Jahre 1865 Änderte sich das Bild der bis dahin
verhältnissmfissig gutartigen Krankheit, in dem die
schweren Yergiftungsersoheinungen u. s. w. zur
Beobachtung kamen. Nun wurden die bis dahin
äusserst günstigen Ergebnisse der Tracheotomie
schlechter. Ausserordentlich steigerte sich die
Morbidität in Wien vom Jahre 1875 an, und zwar
fortlaufend bis zum Jahre 1893. Dabei wurde
auch der Charakter der Erankheit ein anderer. Es
wurden auffallend mehr jüngere und schwächlichere
Kinder ergriffen. Die Gesammtsterblichkeit von
1862—1888 betrug (3683 Er.) 43<»/o, diejenige
der Tracheotomirten (1415 Er.) 59.30/^. Seit Ende
1889 wurde die Intubation eingeführt, der W. in
der Regel eine Inunktionskur vorausschickt Durch
diese allein kamen in den Jahren 1891 — 1893
5.7 — 13.5*/o der Eranken zur Heilung. Versagte
die Schmierkur, so wurde nach 1 — 2 Tagen die
Intubation ausgeführt in denjenigen Fällen, in denen
die Stenose das Erankheitsbild in erster Linie be-
herrschte. W. übt die unterbrochene Intubation,
die unter umständen 4 Tage lang fortgesetzt und,
falls die Stenose noch nicht behoben ist, durch die
Tracheotomie ersetzt wird. Von 694 Er. genasen
15.1 ^lo mit 1 maliger, 24 Std. währender Intubation.
Im Ganzen ergab die Intubation eine Heilungziffer
von 58.2— 63.8Va- Decubitus wurde bei 301 Lei-
chen 81mal gefunden, und zwar 59mal Decubitus
I.Grades, 15mal 2. Grades, 7mal 3. Grades. Auch
bei der Intubation wächst die Genesungziffer mit
dem Alter.
Zum Schlüsse betont W. das beständige Wachsen
der Morbidität in Wien, sowie die geringfügige, im
Spitale beobachtete Contagiosität der Diphtherie.
Die Diphtfieriebewegung im Ejonigreich Saekeen,
Nach BeobachtoDgen innerhalb und ausserhalb derEran-
kenhäaser ; von Dr.MaxSpenglerin Dresden. (Jahrb.
f. Einderhkde. XL. 4. 1895.)
Sp. stützt sich bei seinen Mittheilungen auf
die in der Dtakonissenanstalt zu Dresden gesam-
melten 12jähr. Erfahrungen. Er sucht den Nach-
weis zu führen, „wie die Statistik der Diphtherie
selbst in engerem Rahmen dasselbe Bild in mannig-
fachen charakteristischen Schwankungen wieder-
spiegelt, wodurch sich der Verlauf der Seuche
während der letzten Jahrzehnte nicht nur in unserer
Stadt (Dresden), sondern im ganzen Lande (Sachsen)
gekennzeichnet hat^S
Yom Jahre 1862 bis zum Jahre 1877 war die
Anzahl der alljährlich in die Diakonissenanstalt
aufge^ommenen Diphtheriekranken eine ganz ge-
ringe. Von diesem Zeitpunkte an macht sich eine
erhebliche Steigerung der Morbidität geltend, die
im Jahre 1884 ihren Höhepunkt erreicht, um als-
dann rasch wieder abzufallen. Yom Jahre 1887
an beginnt eine neue langsamere Steigerung. Letz-
tere bezieht S p. nicht ausschliesslich, wie die Zfh
nähme bis zum Jahre 1884, auf die weitere Aus-
breitung der Krankheit, sondern zumTheil mit auf
das wachsende Zutrauen der Bevülkerong zur
Erankenhausbehandlung. Die Morbiditätscurve der
Diakonissenanstalt stimmt auffallend mit derjenigen
der gesammten sächsischen Erankenhäuserüberon.
Die Aufgenommenen waren meist schwer erkranh
Ueber die Hälfte musste tracheotomirt weriea
(1059). Die Sterblichkeit der Tracheotomirten be-
betrug 59Va« Wiederholte Erkrankung an Diph-
therie wurde mehrfach beobachtet. Von den 2182
in den Jahren 1862 — 1893 aufgenommenen Diph-
theriekranken gehörten 93<^/o dem Eindesalter aiL
Gering ist die Betheiligung des 1. Lebensjahra,
während das 2. und das 3. Lebensjahr die höchsten
Erkrankungziffem liefern. Von hier fällt die Morbi-
ditätscurve bis zum 14. Lebensjahre untmterbrochet
ab. Es erkrankten im Ganzen mehr Mädchen als
Enaben. Uebertragung der Erankheit auf die
Pflegenden kam recht selten vor. (In den Jahren
1884—1893 0.3«/o Morbidität) Hausinfektionei
der Einder kamen in der Höhe von 1% vor, be-
sonders häufig bei tuberkulösen Eindem. Was du
Verhältniss des primären und des sekundären Croi9
(nach Masern, Scharkch, Typhus) anlangt, so kia
auf 10 Dtphtheriekranke 1 Croupkranker. Die
Eranken mit sekundärem Croup starben sämmtüdii
während von denjenigen mit primärem Croup 55.2*/i
geheilt wurden. Von 1835 Diphtheriekindem8ta^
ben 755 «» 41.10/o. Davon wurden nicht operiik
929 (23. l<)/o Mortalität), tracheotomirt 906 (59.3«'
Mortalität). Bei den Eindem mit primärem Croi
betrug die Sterblichkeit 9.3®/o ohne Operation, beiij
55.3% nach der Tracheotomie. In diese
sindcUle, auch die sterbend B)ingeUe fetten eingerechML
In ganz Sachsen sind in den Jahren 1873^1B9i
81851 Menschen an Diphtherie verstorben (80911
Einder). In Bezug auf die einzelnen Alterskliisa^
ergiebt sich ungefähr dasselbe Verhältniss, wie o^
die Hospitalstatistik lehrt Vergleicht man £^
innerhalb der einzelnen Altersklassen an Diphtheo^
Verstorbenen mit den in diesen Elassen Lebendfl^
80 ergiebt sich nach dem 24. Jahresb. des Landet^
Med.-ColL, dass „die Wahrscheinlichkeit an Di^
therie zu sterben (Sachsen) im 2. bis 6. LebM
jähre um das Dreifache grOsser gewesen ist als fiU
das 1. Lebensjahr; während der Schulzeit bleiH
die SterbegrOsse eine hohe^^ Der Gang derEra&k«
heit lässt in dem Zeiträume von 1873 — 1893 e
kennen, dass die Diphtherie in Abschnitten ^oi
mehreren Jahren anwächst und wieder zurückgeU
Die Diphtheriebewegung erwies sich als unabhfinpi
von der steten Bevölkerungzunahme. Zieht mal
das Verhältniss der Diphtheriesterblichkeit zurOf
sammtsterblichkeit in Betracht, so ergeben sich dia
selben Schwankungen, wie sie die SterblichkeitB
curve der Diphtherie zeigt Der Verlauf in d«
einzelnen Ereishauptmannschaften bot dasselbe BiU
wie es die Diphtheriebewegung im gesammt«
71. Innere DlediciiL
153
iCnigreiche und im Hospitale darstellte. Was das
Verh<niss der Stadt- und Landbevölkerung an-
kngt, 80 hat sich ^.die Diphtheriesterblichkeit (von
je 1 00 Todesfällen) bis Anfang der achtziger Jahre in
den gr^Jsseren St&dten verdreifacht, auf dem platten
Lande aber vervierfacht^^ Bezüglich des Verhaltens
der Diphtherie zu den Jahreszeiten ergiebt sich,
dass die Monatschwankungen {Minimum im Juli,
Haxirnnm im November) wie überall, so auch in
Badisen zum Ausdrucke kommen. Für afypideke
DijphiherüsehtiHmküngen komUe Sp. nach dem Stu-
dium der Wetterkarten der meteorologisehen Station
XU Dresden aperiodische Witterungsvergänge nach-
weisen.
Üeber Pathogenese und Behandlung der Diphtherie;
Ton Dr. D. W e i 8 8. (Frag. med. Wahnsohr. XX. 12-^14
1895.)
W. verwahrt sich dagegen, dass der Begriff der
Diphtherie zu einem bakteriologischen gemacht
werde, umsomehr, als er bezüglich der ätiologischen
Bedentang des LOff 1er 'sehen Bacillus noch so
manchen Zweifel hegt Ebenso verh< sich W. der
Semmbehandlung der Diphtherie gegenüber sehr
SDTÜckhaltend , wenngleich er sie weiter geübt
▼iaaen wilL Er warnt vor frühzeitigem Bnthusias-
ms trotz günstiger statistischer Ergebnisse, die
trfigetisch sind. W. redet einer milden örtlichen
Behandlong das Wort
Die Diphtheriebehandlung an der Strcusburger
ümersitätS' Kinder- Klinik und ihre Besultate von
1889-1894; von Dr. F. Siegert. (Therap. Monatsh.
K. 3. 1895.)
Die günstigen Erfolge der Strassburger Kinder-
klinik unter Kohts bei der Behandlung derDiph-
fterie haben daselbst der Intubation und Serum-
' Behandlung gegenüber zu einer gewissen Zurück-
kaltong geführt. Die geübte Behandlung ist erstens
|äne örtliche. Sie besteht in der Anwendung der
jliscrayatte, Schlucken von Eisstückchen und in
: der Entfernung der Belage, Desinfektion der Krank-
l^tsprodukte durch Pinseln mit lOproaPapayotin-
jlOBttng unter Zusatz von 5o/o Carbolsäure (1 bis
'2 Standen alle 5 Minuten lang). Ist die Nase
|ttgriffen, so wird sie ebenfalls OrÜich behandelt
^tb das Auge eignen sich am besten Eiscompressen
I tud Hollenstein (l<»/o). Oeht der Prooess auf die
^lAftwege über, so wird eine Lösung von 0.75*/o
iltCl und 25«/o Glycerin in Wasser rerdampft
! ^ eingeathmet Bei behinderter Athmung durch
^^iJJiXBtsnoee oder Tracheal- und Bronchialcroup
c^Mgt dieTracheotomie mit nachfolgender mecha-
liadier Entfernung der erreichbaren Membranen,
i Knträufelung von Papayotin. Durch die Intuba-
tion ist man im Stande, Larynxcroup vom Croup
der LnftrOhre und der Bronchen vor der Traoheo-
^omiezQ unterscheiden. Die allgemeine Behandlung
tittteht in der üeberemährung und in sorgfUtig-
Bter Wannhaltung. Innerliche Medikation unter-
Ueibt
Diese Behandlung hat K o h t s ausserordentlich
günstige Besultate ergeben. Von 658 Kindern
Med. Jahrbb. Bd. 240. Eft 2.
starben 214-^32.5^/0. Davon waren 397tracheo-
tomirt mit 44.3% Mortalität, 261 nicht operirt
mit 14.6% Mortalität. Aus der Durchsicht der
Todesfälle ergiebt sich, dass kein Todesfall bei
uncomplicirtei' Diphtherie des Nasenrachenraumes
in Folge sekundärer Allgemeinvergiftung erfolgte.
In den einzelnen Jahren kamen grosse Schwan-
kungen in der Sterblichkeit bei Operirten und
nicht Operirten vor.
Bei der Durchsicht von lOOTracheotomiefällen
ergiebt es sich, dass die Erfolge um so besser waren,
je frühzeitiger die Behandlung begann. Das Alter
verhielt sich etwa proportional dem Erfolg. Ent-
sprechend der Körpertemperatur stieg die durch-
schnittliche Mortalität Herzaffektionen wurden
3mal, Gbumenlähmungen 33mal, Albuminurie
27mal beobachtet Akute Nephritis wurde 3mal
bei der Sektion gefunden, in 10 mit Albuminurie
verlaufenen Fällen dagegen vermisst Imal fand
sich Thrombose der Nierenarterie. 12mal bestand
Complikation mit anderen Infektionskrankheiten.
5mal wurden Exantheme, abgesehen von Scarla-
tina und Masern, beobachtet.
Die Behandlung der Diphiheritis in der vorbakteriel-
ten Zeit ; von San.-R. Dr. B i a s c h k o. (Therap. Monatsh.
IX. 7. 1895.)
B. will vor der Hand die Serumbehandlung
noch in die Spitäler gebannt wissen. Jedenfalls
soll man sich bei Anwendung des Serum nicht auf
dieses allein verlassen. Die von B. geübte Behand-»
lung, die ihm eine Mortalität von 5*/« ergab, be^
stand in der Anwendung der Kälte, in der Inhala-
tion von Eucalyptusthee mit Terpmtinöl, in öur-
gelungen mit chlorsaurem Kalium oder Borsäure
(2%%), in Pinselungen (Ac. carbol., Liqu. fern
ana 1.0, Aqu. dest, Syr. bstls. Peruv. ana 25.0), in
der inneren Verabreichung von Quecksilbercyanat
Dabei wurde reichlich Wein, Beef-tea und Eismilch
gegeben.
Die Behandlung der Diphtherie an der Baseier all^
gemeinen Poliklinik; von Dr. F. Eg^er. (Sond.-Abdr.
aas dem Jahresbericht der „Allgememen Poliklinik^^ in
Basel. Basel 1895.)
E. berichtet über 240 in den Jahren 1891 bis
1895 in Basel in der Distriktspoliklinik behandelte
Diphtheriekranke. Er weist auf den Werth seiner
in Krankengeschichten niedergelegten Beobach-
tungen hin. Es werden dadurch Fehler in Folge
irrthümlicher Anmeldungen vermieden. Eine bak-
teriologische Untersuchung, die in 40 Fällen aus-
geführt wurde, ergab Diphtheriebacillen in 77.5%,
d. h. etwa in demselben Yerhältniss, wie sie auch
sonst gefunden vmrden. Fehler, die durch Ein-
rechnen der Kokkendiphtherien entstehen, scheinen
also bei dem verarbeiteten Material nicht grOsser
zu sein, als bei Krankenhausstatistiken.
Die meisten Kranken entfielen auf das Alter
vom 2. bis 10. Lebensjahre, was auch Fe er in
seiner die Jahre 1875 bis 1891 umfassenden Zu-
sammenstellung fand. Bis zum 10. Jahre über-
wog das männliche, von da an das weibliche Qe^
20
164
YL Innere Medioia.
jschlecht Vom 20. Lebensjahre ab nahm die
Anzahl der Erkrankungen stark ab im Gt^gensatze
zu den Erfahrungen Feer's, in dessen nach den
amtlichen Anmeldungen verarbeitetem Materials
vielleicht mehr Anginen irrthümlicherweise ein-
gerechnet sind.
E. tritt warm fQr die Behandlung der Diph*
therie mit Liqu. ferri sesquiohlorati ein. Von
seinen 240 Kranken wurden 54 in Erankenhaus-
pfLege übergeführt, 186 poliklinisch behandelt.
Yon diesen starben nur 7. Ton den 54 im Spital
Behandelten hatten 43 Croup (23 TodesflUle), der
sich nur in ganz wenigen Fällen während der Eisen-
chloridbehandlung einstellte. Die Gesammtsterb-
lichkeit der 240 Kranken betrug 12.5Vo* ^^
Basel wurden vor Einführung der Serumbehand-
lung 157 Kranke mit 12.1^/0 Sterblichkeit klinisch
behandelt, seit der Verwendung des Heilserum 83
mit 13.6<^/o Sterblichkeit Zieht man nur die San-
der in Beträcht, so ergiebt sich für die Behandlung
ohne Serum 45.5<^/o, für die Behandlung mit Serum
38.1®/o Mortalität Während der Serumperiode wur-
den verhältnissm&ssig mehr Kinder in die Spitäler
aufgenommen (25.3^/0 gegen sonst 21.1%).
E. hält ee nach seinen Erfahrungen zur Zeit
nicht für zwingend, die Serumbehandlung in der
Poliklinik einzuführen. Denn die schwer Kran-
ken müssen ohnehin in ein Spital geschalR; wer-
den. Die Todesfälle in den übrig bleibenden Er-
krankungen hätten aber durch das Serum kaum
verhütet werden können.
Zur Behandlung der Diphtherie mit LiqtL ferri
sesquiehtorati; von Dr. 8 1 r a h 1 e r. (Therap. Monatsh.
IX. 9. 1895.)
Die Eisenohloridbehandlung wurde bereits im
Jahre 1867 von dem Wundarzt Kennemann in
der Provinz Posen geübt Str. ist ein Anhänger
der örtlichen Diphtheriebehandlung (auch mit an-
deren Aetzmitteln) und will sie auch bei Anwen-
dung von Heilserum nicht missen.
Diphtheria in tenements, — Seven years' reetdts;
by William L. Stowell. (New Tork med. Record
XLVII. 18; Maroh 4. 1895.)
S. berichtet über die Behandlung von 177 Diph-
theriekranken aus der Praxis pauperum. Von den
innerhalb eines Zeitraumes von 7 Jahren behan-
delten Kranken starben 24 «- 13.77^/0. In der-
selben Zeit vnirden 551 Kranke mit Handelentzün-
dungen bebandelt, die sämmtlich genasen. Schaltet
man noch 5 von vornherein hoffnungslos Erkrankte
aus, so ergiebt sich eine Sterblichkeit von nur
IOJS^Iq. Die Behandlung war eine örtliche (Carbol-
säure, Kalkwasser, später Wasserstoffsuperoxyd).
Innerlich wurde anfangs Calomel in kleinen Qaben,
sodann Eisenchlorid verabreicht. Alkohol wurde
nicht allgemein angewendet Im Willard Parker
Hospital betrug die Diphtheriesterblichkeit 1889
bis 1892 23.780/0, i893 18«/0, 1894 270/0.
S. sclüiesst aus den Zahlen, dass die Serum-
bebandlung bei einer längeren Beobachtungsreihe
k^ne besseren Besultate giebt, als andere Behand«
lungsmethoden auch.
The vcdue of ihe etomaeh^tube in feeding öfter m-
tubation, hcaed upon twenty-eight eases; aiso tfo tue«
past-diphtheritie paralysia; by W. Alex. Morrison.
(Boston med. and sorg. Joum. LXXXYII. 6. 1895.)
U. tritt für die Ernährung mit der Schlnnd-
sende bei Diphtheriekranken ein in allen IWen,
in denen das Schlucken und damit die Emähroog
Schwierigkeiten macht, d. h. nach der Intubation,
bei starker Schwellung der Bachentheile, bd der
Oaumenlähmung. Er hat die Sondenemährus^
bei 28 Kindern im Alter von 1 bis zu 7 Jahren
durchgeführt, 12mal mit Erfolg.
Brückner (Dresden).
246. Veoare Arbeitexi ftber Pliysiolcgie
und Pathologie der Verdaanngaorgazie. (?(»(•
Setzung; vgL Jahrbb. GCXLIX. p. 41.)
11) Diagnostik und Therapie der MagenkranIMtm;
von Dr. J. Boas. ü. Theil. 2. gSnzlich umgearb. Auf*
läge. Leipzig 1895. OeorgThieme. Gr. 8. YIa.287&
18} Vorlesungen über Magen- undDamdcranMlm;
voQ Dr. Alois Pick. I. TheU: Magenkrankkeites.
Leipzig XX. Wien 1895. Franz Deaticke. Gr. 8. IV o.
202 8.
19) The vcUue of the modern diagnosüe nuthoäs k
diseases of the stomaeh; by Morris Mangea (Nef
York med. Record XLVn. 5 ; Febr. 2. 1895.)
20) On the diagnosis of chronic disorders of h
stomaeh; hjE,Bec)L. (Ibid. XLVIL 22; Jmiel.ldDS.)
21a) Zur Untersuchung der SäuresOaretiondaWit
^ens; von 8. Talma in Utrecht (Beil. klin. Wchosciir.
[. 36. 1895.)
21b) Zur auantitativen Bestimmung der Salxsäm
im menschlichen Magensaft; von Dr. Hermasi
Strauss. (Dentsches Arch. f. klin. Med. LYI IilI
p. 87. 1895.}
22) Üeoer die klinische Brauchbarkeit dergattohiF
metrischen Salxsäurebestimmung im Magensafts; vA
Dr. Hugo Wiener. (Centr.-BL f. innere Med-IVl
12. 1895.)
23) The use ofthe resorein test for the deteetionasi
quantitative estimation of the free hydrochlorie aeHtf
ihe gastrie juiee; by Julias Friedenwald. (NeV;
Tork med. Beoord XLVI. 14; Oct 6. 1894.)
24) Some observations coneeming a neu test fortif
deteetion and quantitative estimation 0 f free hgdrocMori»
aeid in the gastric ßiiee ; by Julius Friedenwali»
(Ibid. XLVU. 14 ; Apni 6. 1895.)
25) Becherehes sur les rapports de VaMUega^
que et de Vaeidite urinaire au cours de la digesiu»^
fetat normal et chex les dyspeptiques ; par Albert
Mathieu et Ch. Treheux. (Arch. g6a. deMed. Kfff-
1895. p. 526.)
26) Die diagnostische Bedeutung der MütMmm
bestimmung nach J. Boas; von Dr. Albert Seelifl
(Berl. klin. Wchnschr. XXXH. 5. 1895.) 1
21) Bemerkungen %iir diagnosHsehenBedeiäimg^f^
xum Nachweis der Oährungsmikhsäure im lugt^
ifihalte; von Dr. J. Boas. (Ebenda 9.) J
28) Bemerkung «ur Milchsäure frage; too Dr. M
Bial. (Ebenda 6. 10.) 1
29) Die Bedeutung der Milchsäure für dieDiagfioM
des Mageneareinoms; YonQ,K\em per er. (DeratscM
med. Wchnschr. XXL 14. 1895.) I
30) IMer einige operativ behandelte MagenkrmuM
nebst Bemerkungen über Milchsäuregährung ; von D4
Th. Rosenheim. (Ebenda 16. 17.) J
31) Ueber Milehsäurebildung im Magen; m Dftl
Th. Rosenheim u. Dr. F. F. Richter. (2i8cbr. U
klin. Med. XXVm. 5 u. 6. p. 505. 1895.) 1
VI. Innere MedidiL
15ä
32) üeb^r die Abkä/ngigheU der Müehsäureffährung
wm Sü-OtkaH des Magensaftes; von Dr. Hermann
StraassiLDr. Franz Bialooour. (Ebenda p. 567.)
33a) Uefter einen mileksäurebüdendenBaoükts und
sein Vorkommen im Magensafte; von Dr. Wilhelm
Schlesinger xl Badolf Kaufmann (Wien. klin.
Rondfioluni IX. 15. 1895.)
^b) Beitrag »ur Bakterioloaieder Magmgähnmgen ;
▼on Br. J. E a u f m a n n. (Berl. klin. Wchnschr. ^XX.
6. 7. 1893.)
34) Veber das Vorkommen ton Aceton im Magen*
Mibattß hei Erkrankungen des Magens; von Nicolas
Savelief f. (Ebenda XXXI. 33. 1894.)
35) lieber das Verkalten der meehaniseken Aktion
du Magens; von Dr. Max Einhorn. (Ztsohr. f. klin.
Ked. XXVn. 3 u. 4. 1895.)
36) MagendurMatektungen, ühtersuehungen über
Grösee, Lage und BeweglieUteü des gesunden und des
kranken Magens ; Ton C. A. M e 1 1 z i n g. (EbendaXXVII.
5 n. 6. p. 411. 1895.)
37) Ud>er Or'dssey Lage und Beweglichkeit des ge-
Imiden und kranken mensMiehen M/Mens; von Prof.
f. Martins in Bostock. (Wien. med. Wchnschr. XLY.
7. 1895.)
2S) Zur Frage von der diagnostischen Verwerih-
harieit der Mageniurehleuehtung ; von Dr. Meinert in
Drasden. (Centr.-Bl. f. innere Med. XVI. 44. 1895.)
39) üeber die vfissensekaftliehe Verwerthbarkeü der
Magendurchkuektunf ; von F. M a r t i u s. (Ebenda 49.)
40) De Doorsch^ing von de maag; door A. J. y an
derWeijde. (Nederl. Weekbl. Nr. 12. Sept 21. 1895.)
41) Ueber die Besichtigung der OardiOf nd>st Be-
mttkmgen Ober Qasiroskdpie; von Dr. Th. Rosen-
keim. (Deutsche med. Wchnschr. XXI. 45. 1895.)
42) lieber die Loslösung eines Stückes der PyhruS'
iMmhaut mit der Magensonde: von Wilhelm Eb-
stein in G5ttingen. (Berl. klin. Wchnschr. XXXII. 4.
1895.)
Das Buch von B o a s (1 7) war Iftngere Zeit ver-
griffen, das Erscheinen der 2. Auflage verzögerte
ich in Folge der gründlichen Durcharbeitung, der
6 sämmtliche Capitel der ersten unterzogen hat
Bestellung B.'8 gegenüber den Magenkrankheiten
id bekannt genug, er hat seine Ansichten Wieder-
kit in Einzelmittheilungen dargethan. Bei der
Ittpreohung der chronischen Gastritis legt er be-
Mmderen Werth auf die F&lle mit normaler oder
Ipxteigerter Salzsftureabscheidung : (Gastritis acida,
foAi zu verwechseln mit dem Magensaftflass, zu
fan auch Jaworski's „saurer Magenkatarrh'' und
Biyem's „gastrite hyperpeptique'' gehören. Die
Mheren Capitel Atonie und Ektasie hat B. jetzt
v&ter „mechanische Insufficienz'' zusammenge&sst
Den Anhang hierzu bildet der früher zu den
Ueoroeen gezählte „Hagensaftfluss'S der nach B,
M8t nur Symptom eines anderen Magenleidens
^ durchaus nicht so häufig ist, wie Diejenigen
tunehmen, die dem Yorkommen von Magensaft im
Bitefatemen Magen eine zu grosse Bedeutung bei-
iBcnen. unter den nervösen Magenleiden führt B.
^ neu die „schmerzhafte Magenleere (Oastalgo-
Immy an: 1 — 2 Std. nach dem Essen, zuweilen
iBOBer nach gewissen Speisen oder Getränken, zu-
▼älsa nach Erregungen tritt ein äusserst hefldger
linick in der Magengrube auf, der nie mit demGe-
flbl von Heisshunger verbunden ist, aber nach Ge-
äw Ton etwas MUchi Gakea oder Aehnl sofort
aufhört B. meint, dass dabei gegen das Ende der
Verdauung zu starke Fyloruscontraktionen ein-
treten, die durch Zufuhr neuer Speisen gemildert
werden. — Im üebrigen bietet diese 2. Auflage die
Vorzüge der ersten. (Vgl. Jahrbb. CCXLI. p. 214.)
Pick (18) veröffentlicht den Inhalt seiner
„Gurse Über Magen- und Darmkrankheiten*' mit der
besonderen Absicht, den Bedürfhissen der Praxis
Rechnung zu tragen. Nach einigen Capiteln über
Anatomie, Physiologie und üntersuchungsmethoden
spricht er die einzelnen Magenkrankheiten durch.
Von einem chronischen Katarrh glaubt P. nur dann
sprechen zu dürfen, „wenn thatsächlich reichliche
Produktion von Schleim, sowie Herabsetzung oder
totaler Verlust des Gehaltes an freier Salzsäure,
Pepsinogen und LAbferment im Mageninhalte nach-
gewiesen werden kann'^ Als bestes Beispiel führt
er die Alkoholgastritis an. Die Prognose soll „auf
Grund der chemischen Untersuchung des Magen-
inhaltes^' gestellt werden, P. fügt aber selbst hinzu,
dass der Körper auch bei weit vorgeschrittener
Atrophie der Magendrüsen in guter Ernährung blei-
ben kann, „wenn der Darm normal funktionirt"
und, muss man wohl hinzufügen, wenn der Magen
motorisch kräftig bleibt Die Magenatonie be-
trachtet P. als selbständiges Leiden. Sie unter-
scheidet sich von der Magenerweiterung namentlich
dadurch, dass der Magen bei ihr in leerem Zustande
durchaus nicht abnorm gross zu sein braucht. Sie
wird hervorgerufen durch Alles, was den intra-
abdominellen Druck herabsetzt (Schwäche der
Bauchmuskulatur), oder die Magenmuskulatur
schädigt (ungenügende Nahrung, nervöse Einflüsse,
Mangel an Bewegung). Sie kann Folge, aber wohl
sicherlich auch Ursache der Chlorose sein (Auto-
intoidkation). Von der Magendilatation sagt P., sie
sei selten primär, als selbständiges Leiden, er
spricht sie ausführlich durch und bringt dann erst
wesentlich später ein kurzes Capitel: Die Stenose
des Pylorus. Hyperacidität und Hypersekretion
(„Reichmann'sche Krankheit^') rechnet P. zu den
Sekretionsneurosen. Das letzte Capitel ist „Die
Enteroptose", wobei P. die bekannten Anschauungen
von G16nard wiedergiebt und seinerseits auf das
häufige Zusammen vorkommen mit der Magenatonie
aufmerksam macht — Das ganze Buch ist an«
genehm geschrieben. Mit der empfohlenen Therapie
sind wir nicht allenthalben einverstanden. In einer
neuen Auflage wird P. die Magenchirurgie wohl
etwas mehr berücksichtigen müssen, die auch für
den inneren Arzt mehr und mehr an Bedeutung
gewinnt
Mangos (19) und Beck (20) geben kurze
üeberblicke über das Wichtigste aus der modernen
MagencUa^^noBtik. Beide betonen, dass man neben
den chemischen Vorgängen auch sorgfUtig auf die
motorische Leistungsfähigkeit des Magens achten
muss.
Talma (21a) bespricht kurz die Mängel der
9ur Zeit üblioben Untersuobnngen anf 8alx8äur$^
156
TL Lmere DledidiL
Da dieThätigkeit des Magens duroh allerlei Äussere
Einwirkungen sehr wesentlich beeinfLusst wird,
muss man darauf achten, dass der zu untersuchende
sich ruhig gehalten hat, dass er nicht geraucht, sich
nicht erregt, nichts Alkoholisches getrunken hat
u. s. w., man muss stets in den Morgenstunden
untersuchen und man muss nicht eine feste Probe-
mahlzeit geben, sondern eine FlQssigkeit, „deren
Acidität durch Gfthrung sich nicht verändern kann,
welche jede Quantität zugefügter Säuren durch
eine .übereinstimmende Erhöhung der Acidität zu
erkennen giebt, welche keine Säuren bindet, weder
chemisch, noch mechanisch, welche im Allgemeinen
gute Sekretion erweckt und deren Bereitung und
Behandlung wenig Zeit und Mühe koetet^^ Als
solche Flüssigkeit verwendet T. 1 Liter Wasser von
Körpertemperatur, in dem 3 g lAebig^Bßhen Fleisch-
extraktes gelöst sind; vollkommen neutralisirt
Bei Gesunden zeigt diese Flüssigkeit nach 1 Stunde
Aufenthalt im Magen IVooHCl (Indikator: Phenol-
phthalein), Abweichungen in der Säureabscheidung
zeigt sie genau an.
Töpfer hatte (vgl. unsere letzte Zusammen-
stellung) vorgeschlagen, die Oesammtacidität des
Mageninhaltes mit Phenolphtalein, die Oesammt-
acidität mit Ausschluss der locker (an Eiweiss-
körper) gebundenen Salzsäure mit Alizarin und die
freie HCl mit O.öproc. alkoholischer Lösung von
Dimeihylamidoaxobenxol zu bestimmen. S t r a u s s
(21b) hat dieses letztere Reagens gründlich nach-
geprüft und hat es namentlich mit einer Iproc.
wässrigen Gongolösung (Tüpfelmethode) verglichen.
Beide Mittel sind leicht zu gebrauchen, sind schärfer
alsOünzburg's Reagens oder Gongopapier, ihre
Beaktionsgrenze ist nicht recht scharf, soweit Salz-
säure in Betracht kommt, reagiren sie augenschein-
lich wirklich nur auf die freie, aber saure Phosphat-
lösungen in einer Goncentration von ^l%^lo und
darüber geben eine Farbenveränderung, die der
durch ganz geringe Mengen freier Säure erzeugten
zum Verwechseln ähnlich ist, und organische Säuren,
namentlich Milchsäure, geben in Goncentrationen,
wie sie im kranken Magen sehr wohl vorkommen
können, mit beiden Mitteln positive Reaktion. Die
Gongolösung zeigt die angeführten Vorzüge und
Fehler noch stärker als das Dimethylamidoazo-
benaoL Das hält Str. für zweifellos, dass wir aus
der Bestimmung der Oesammtacidität in Verbin-
dung mit der der freien HGl das beste Urtheil über
die sekretorische Leistungsfihigkeit des Magens
gewinnen.
Wiener (22) hat eine von Mierzynski angege-
bene „gasvolnmetrische^^ quantitative Salzsäurebestim-
mvLUR in der Klinik von v. Jak seh nachgeprüft, er findet
die Methode gut, aber doch auch viel zu umständlich, als
dass sie in £e allgemeine Pnois Eingang finden könnte.
Frieden wald empfiehlt in seiner ersten Mitthei-
Inng (23) zar Bestimmung der freien Salzsäure das
Besorcin, das vor dem Phloroglucin u. A. den Vorzug der
besseren Haltbarkeit und des geringeren Preises hat In
seiner zweiten Arbeit (24) lobt er besonders mit Dimethyl-
aoüdoazobenzol getränktes Papier.
Mathieu und Tröheux (25) glauben fest-
gestellt zu haben, dass zwischen der Sänrebildimg
im Magen und der Säureausscheidung durch die
Nieren ein ganz festes zuverlässiges Verhältniss
besteht. Je mehr Säure im Magen gebildet wird,
desto saurer wird der Harn und umgekehrt und
man kann aus der Harnuntersuchung einen siche-
ren Rückschluss auf dieSäureverhältnisseimHageD
machen. M. und Tr. führen diesen Oedanken
weiter aus. Zu einer Probemahlzeit darf man nie-
mals Milch verwenden , da die reichlidie Hüoh-
säurebildung zu einer sehr starken Säureausschei-
dung durch den Harn Anläse giebt —
Wir haben in unserer letzten ZusammenstalloBg
die Entdeckung von Boas besprochen, dass sidi
bei dem Magenkrebs in einer grossen Zahl toi
Fällen imUagen MUehsäure bildet, und haben heute
eine Anzahl von Arbeiten hierüber vor uns, aos
denen wir kurz das Wichtigste wiedergeben wollei.
Seelig (26) stimmt Boas in der Hauptsad»
in seinen Ergebnissen zu, hält aber die MethodeOf
die Boas zur Bestimmung der Milchsäure an-
gegeben hat, für unzuverlässig. Boas (27) weist
diese Einwände zurück. Die Methoden sind got,
namentlich der Nachweis des Aldehyd durch aih-
lische Jodlösung, denSeelig falsch angestellt htt,
ist vollkommen sicher. B. geht dann nocfamab
auf die wichtigsten Punkte seiner Entdeckung ein,
stellt die controllirenden Ergebnisse Anderer so-
sammen und bleibt dabei, dass die Milchsäars-
bildung, eine dem Carcinom augenscheinlich eigen*
thümliche, diagnostisch wichtige Erscheinung eeL
Sie kann fehlen bei vorhandenem Krebs, sie M
aber bei allen anderen Krankheiten augensdiein-
lich so selten, dass ihr Vorhandensein — neben
anderen Erscheinungen — mit grosser Wahrschdn-
lichkeit für Krebs spricht
Bial (28) hat in einem Falle von Hagen-
geschwür Milchsäurebildung im Magen festgestelit
und vertheidigt diesen Befund deuAnzweifaloogen
von Boas gegenüber. Auch Klemperer (29)
sucht unter Anführung einiger Fälle die diagno-
stische Bedeutung der Milchsäurebildung einxo-
schränken, sie fehlt zuweilen bei Krebs und sie
kommt auch bei anderen Magenleiden vor, aller-
dings bei dem Magencarcinom weitaus am hbh
figsten.
Auf einem ganz ähnlichen Standpunkt steht
Rosenheim (30). Er bezweifelt mit Seelig
den besonderen Werth der Boas'schen Beak«
tionen, er giebt zu, dass dieMüohsäuregährung bei
Krebs — wenigstens in vorgeschrittenen Fällen —
sehr häufig ist, aber er glaubt nicht, dass sie niit
dem Sjebs als solchem etwas zu thun hat Sie
verschwindet trotz Fortbestehens des Krebses Ton
selbst, ohne erkennbaren Orund, oder in Folge
fleissiger Ausspülung des Magens oder nach opera-
tiver Beseitigung des durch den Krebs gebildete
Hindernisses für die Magenentleerung und sie findet
sich zweifellos auch bei anderen Magenkrankheiten,
YL Inttere Medidn.
t57
bei denen die Entleerung des Magens geetOrt ist
und die freie Salzsäure fehlt, wofQr S. Beispiele
anfuhrt B. hat mit Bichter (31) zusammen die
Milchsfturebüdung im Magen genauer studirt und
hat auch hierbei nichts gefunden, was für ein spe-
dfisches Yerh<niss zwischen ihr und dem Magen-
bebe sprechen könnte. Im kranken, aber auch im
gesunden Magen finden sich reichlich kräftige
Milchsäurebildner, namentlich das Bacterium lactis
aSrogenes, und grosse gekrümmte Bacillen, denen
man yielleicht besondere Beziehungen zum Krebs
tuBpreohen könnte. Das ist aber nicht richtig.
Diese langen Bacillen scheinen im carcinomatösen
Hagensaft ganz besonders gut zu gedeihen, aber
fiie können auch bei vorhandenem Krebs fehlen
und sie können auch bei anderen Magenleiden mit
Verengerung des Pylorus und Stauung des Magen-
inhaltes vorhanden sein und Milchsäure bilden.
Auch das kann R nicht zugeben, dass sie lediglich
in milchsäurehaltigem, salzsäurefreiem Magensafte
Torkommen.
Strauss und Bialocour (32) haben im
Besonderen geprüft, wie sich die Milchsäuregährung
rar Salzsäure verhält, und haben gefunden, dass
«ntore bei demjenigen HCl -Gehalte des Magen-
inhaltes aufhört, bez. nicht aufkommen kann, bei
dem auch die Fermentwirkung des Speichels auf-
iM. Strauss bespricht dann noch genauer die
erwähnten langen Bacillen, deren Züchtung ihm
ebenso, wie Schlesinger und Kauf mann(33a)
gelungen ist und deren Vorhandensein nichts Wei-
teres beweist, wie die Milchsäure auch: das gleich-
zeitige Bestehen von Stagnation und Subacidität
Auch Str. sah diese Bacillen bei vorhandener
frder HCl gut gedeihen.
J Kaufmann (33b) hatdieMagengährungen
eingehend studirt und glaubt, dass sie doch nicht
so lediglich von der Salzsäure abhängen, als man
vielfach annimmt; man vermisst sie nicht selten
bei dauerndem Fehlen der HCl und man findet sie
in ganz bedeutendem umfange bei vorhandener,
sogar übermässig reichlich vorhandener Salzsäure.
Augenscheinlich spielen hier noch andere umstände
eine wichtige Bolle und unter ihnen spielt viel-
leicht die wichtigste die motorische Kraft des
Magens. K. bespricht ausführlich einen Fall aus
der N a u n 7 n 'sehen Klinik in Strassburg, der be-
weisen soll, „dass es keineswegs der ausgebildeten
Kagenerweiterung mit Stagnation bedarf, um trotz
Anwesenheit von reichlichen Salzsäuremengen Gäh-
rasgen möglich zu machen, dass dazu vielmehr
8<^n weit geringere Orade von Motilitätstörungen
aoareichen'S
Von verschiedenen Seiten ist in den letzten
lahren angegeben worden, dass AeeUm im Magen
durchaus nicht selten vorkomme und dass man
sua seinemKachweis gewisse diagnostische Schlüsse
liehen könne. Savelieff (34) hat diese An-
gaben an den Magenkranken der Senator'schen
PoliUimk nachgeprüft und nicht bewährt gefunden.
Er hält, ebenso wie Penzoldt, Aceton im Magen
für sehr selten und für diagnostisch belanglos. —
üeber die Prüfung der motoriaohm LMiunga-
fähigkeii des Magens liegt uns nur eine Mittheilung
von Einhorn (35) vor. E. hat einen Apparat
gebaut, der die Magenbewegungen auf eine roti-
rende Trommel überträgt, etwas irgend wesent-
liches Neues hat aber dieser „Qastrograph" bisher
nicht zu Tage gefördert
Meltzing(36) hat in der Klinik von Mar-
ti u s ausgedehnte Versuche mit der Magendurch-
leuchtung durch eine eingeführte Glühlampe an-
gestellt und glaubt mit dieser Methode — die
übrigens vielfach angezweifelt wird — ganz wesent-
liche Thatsachen festgestellt zu haben.
Wir wollen kurz Das wiedergeben, was Mar-
tins (37) bei der 66. Naturforscherversammlung
als das Wichtigste aufstellte : „1) Die untere Grenze
des gesunden Magens liegt wesentlich tiefer, als
namentlich auf Grund der Leichenbefunde an-
genommen wurde. Der leere Magen erreicht fast
ausnahmelos den Nabel, der mit Wasser angefüllte
steht noch wesentlich tiefer. Sein tiefster Punkt
erreicht eine Linie, die die höchsten Punkte der
Cristae ilei mit einander verbindet 2) Die untere
Grenze des mit Wasser belasteten Magens ver-
schiebt sich beim Aufistehen des zuvor liegenden
untersuchten zugleich mit der unteren Lebergrenze
um 4 — 1 1 cm nach abwärts. 3) Die respiratorische
Yerschiebbarkeit des Lichtbildes ist gross beim
liegenden, sehr gering beim stehenden Individuum.
Dieser unterschied ist bedeutender und klinisch
wichtiger, als der von Kuttner hervorgehobene
zwischen dem ektatischen und gastrophotischen
Magen. 4) Die Vergrösserung des Lichtbildes
beim wassergefüllten gegenüber dem leeren Magen
erfolgt wesentlich nach rechts hin. 5) Es giebt,
wenn man danach sucht, offenbar gar nicht selten
Magen von enormem ümüeinge, die objektiv völlig
normal funktioniren und keinerlei Beschwerden
machen (Megalogastrie von Ewald und Riegel).
Die Diagnose Gastrektasie als eines pathologischen
Zustandes auf Grund eines Befundes eines Tief-
standes der grossen Curvatur ist unstatthaft
Pathologisch ist lediglich die durch Funktions-
prüfung festgestellte motorische Lisufftcienz, gleich-
gültig, ob der Magen gross oder klein ist 6) Car-
cinome mit Hülfe der Gastrodiaphanoskopie früher
festzustellen, als es auf dem anderen Wege (Milch-
säurenachweis u. s. w.) möglich ist, ist uns nicht
gelungen. Dagegen kann bei fühlbarem Tumor
die Durchleuchtung ein wesentliches Hülfsmittel
zur Feststellung des Sitzes desselben sein."
Mein er t (38) hält diese Ergebnisse von
Martins für recht zweifelhaft, er glaubt fest-
gestellt zu haben, dass das Lichtbild leicht wesent-
lich tiefer steht, als der Magen, und hält den dia-
gnostischen Werth der Durchleuchtung zunächst
noch für recht gering. Sie kann Milzverlagerungen
und Mil^schwülste aufdecken, sie kann auch Auf-
158
TL Inneare KedicÜL
sdüuss über die Lage fühlbarer Hagentumoren
geben, viel mehr kann sie aber nicht. Mar-
tins (39) weist diese Einwftnde entschieden zu-
rück. Heltzing hat die untere Magengrenze
durch Einführung eines Elektromagneten in den
Magen genau bestimmt und M. hat Gelegenheit
gehabt, die Durchleuchtung unmittelbar vor der
Laparotomie vorzunehmen, stets bestätigten sich
die mit ihrer Hülfe festgestellten Grenzen. Beh<
Martins in diesem Streite Recht, dann dürften
allerdings die bekannten Angaben von Mein er t
über die Bedeutung des Magentiefstandes bei der
Chlorose nicht mehr allzu viel Werth haben.
Yan der Weijde (40) h< namentlich die
Durchleuchtung des leeren Magens für sehr werth-
voll, bei gefülltem Magen scheinen ihm die Er-
gebnisse unsicherer. Das Fehlen jedes Lichtbildes
kann die Vermuthung eines düfnsen Krebses zur
Gewissheit machen.
Rosenheim (41) bespricht als Fortsetzung
seiner unter 1) erw&hnten Arbeit über Oesophago-
skopie die Baichiigung des Magemnnsren, die er
bei fast allen Menschen für ohne Gefahr und ohne
zu grosse Belästigung ausführbar hält
Endlich sei die Mittheilung von Ebstein (42)
erwähnt, dem bei einer Magenausspülnng (Dilata-
tion in Folge Magen und Duodenum verengender
peritonitischer Verwachsungen) ein Schleimhaut-
stück von 1.8:0.9 cm in dem Sondenfenster hängen
blieb. Dieses unliebsame Ereigniss ist zweifellos
häufiger, als man nach den spärlichen Mitthei-
lungen annehmen sollte. Meist scheint es ohne
üble Folgen zu bleiben, zu befürchten sind solche
unter allen Umständen.
43) Lea signes obfeettfs des affeeiions stomacales;
par G. Lion. (Arch. gen. de Med. Aoüi, Sept, Oot,
Nov. 1895.)
44) üeber den klinisehen Werth des Chemismus des
Magens; von Prof. Bourget in Lausanne. (Therap.
Monatsh. IX. 5. 6. 1895.)
45) Trauma ijmdMa^enerhramkuingenmühesimde^
Rüekstchtnakme attfdas ünfaÜversiehertmgsgesebf,; von
Wilhelm Ebstein in Göttingen. (Deutsches Aroh. f.
klin. Med. LIV. 4 u. 5. p. 442. 1895.)
46) üeber Magenblutungen und besonders über deren
Bexdekung xur Menstruation; vonDr.Leopold Kutt-
ner. (Berl. klin. Wohnschr. XXXU. 7—9. 1895.)
47) Zur Aetiologie des Magengeschwürs; von Dr.
du Mesnil de Roohemont in Altona. (Miinchn.
med. Wchnschr. XLI. 50. 1894.)
48) Das Verhalten der Verdauungsleukoeytose bei
Ulcus rotundum und Carcinoma venirieuli; von Dr.
Joseph Schneyer. (Zt8chr.f.klin.Med.XXVn.5u.6.
p. 475. 1895.)
49) 2kir Eenntniss des Mageneareinoms ; von Dr.
Albert Hammersohlag. (Wien. klin. Bondsohau
IX. 23—26. 1895.)
50) Beiträge %/wr Diagnostik des Mageneareinoms;
von Dr. A. Schule. (Münchn. med. Wchnschr. XLL
38. 1894)
51) Zur Diagnose der Pylorustumoren; von Th.
Bosenheim. (Deutsche med. Wohnschr. XX. 30. 1894.)
52) Two cases of gastrie uleer treated bu laparotomg ;
by L. A. Dünn. (Transact of the olin. Soc. of London
XXVm. p. 204. 1894.)
53) Aeo eases of perforated gastrie uleer: in one
ease exeision ofedges of uleer and »uiurCi death; in ik
other formaüon of repmraitiee adhesions, taparotomy aad
drainage, recovery; by A. Quarry SilcoeL (Dnd.
p. 213.)
54) Oetstroenterostomie wegen sehmerxhaften Magsfh
gesehwürs ohne Stenoseners^einungen; von Dr. A Cths.
(Berl. klin. Wohnschr. XXXTT. 28. 1895.)
55) Des stenoses pyloriques; par L. £. Dnpay.
(Aroh. gen. de Med. D^. 1895. p. 641.)
56) Die JErJcennung und Behancttung der FSflonu-
Stenose; von Dr. Max Einhorn in New York. (Ztschr.
f. klin. Med. XXVDI. 1 n. 2. p. 10. 1895. Vgl. a. New
Tork med. Becord XLTm Jan. 19. 1895.)
57) Üeber Magenerweiterung; von Dr. H. Uli mann
in Beriin. (Munohn. med. Wohnschr. XLIL 19. 1895.)
58) Ä fatal form oftetany assodated wiih ehrwie
dilatation of the stomach; by W. Soltau Fenwiok.
(Transact of the olin. Soc. of London XXVm. p. 13.
1895.)
59) üeber den Inhalt des gesunden nüehtemm
Magens und den eonÜnuirliehen Magensaftfktss; von
Prof. F. Martins. (Deutsche med. Wohnschr. XX 32.
1894.)
60) Der LihaU des nüehtemen Magens; von Dr.
A. 8 c h ü l e. (Berl. klin. Wohnschr. XXXn. 51. 1895.)
61) 2Sur Lehre vom chronischen Magensaftfluss; von
Dr. J. Boas. (Berl. kUn. Wohnsohr. XXXTT. 46. 1895.)
62) Ein FaU von chronischer y eoniinmrlicher MagesF^
saftsekretion ; von Dr. C. C h r i s t i a n i in Königsbergi Fr.
(Therap. Monatsh. IX. 9. 1895.)
63) Nervous duapepsia; by H. Illoway. (New 1
Yoik med. Seoord XLVÜI. Jan. 5. 1895.)
64) Coniribution ä Väude du m^rgeisme eka
rhomme et en partiotdier de sonmScanisme;^ parO.Le-
meine et 6. Linossier. (Bevae de Med. XIY. 3.
p. 177. 1894.)
65) üeber Sanduhrmagen; von Dr. Karl Hirsch.
(Virchow's Arch. CXL. 3. p. 177. 1894.)
66) Mn Fall von MagenschJeimhautairophie, fiebH \
Bemerkungen über die sogenannte ^sMeimige Degens- \
ration der DrüsenxeUen des Magens*^; von Dr. Adolf
Schmidt (Deutsche med. Wohnschr. XXL 1 9. 1895.)
67) Contribution ä l'Stude de la linite plasiiqye.
Faüs nouveaux tendant äprouver sa nature caneSreuse
^|M^ta/0;par J. Bretet J. Pavioi (BevuedeMei
XIV. 5. 1894.-
Lion (43) giebt den wesentlichen Inhalt der
Vortrüge von Hajem übet Magenkrankheiten wie-
der. Nach sehr ausführlichen ErÜrterungen über
die verschiedensten Untersuchungsmethoden und
ihren Werth stellt er folgendes Schema zur Unter-
scheidung der verschiedenen Formen von „ Oattrüi^'
auf: I. Die Magenentleerung ist 5e8eMettii^<; l)bei
Verminderung der Saftabscheidung (Oastrite mixte
atrophique. Transformation muqueuse) ; 2) bei b-
sufüdenz desPylorus. DL Die BiagenenÜeerong ist
verzögert: A. ohne Dilatation bei der parenchyma-
tösen Gastritis ; B. mit Dilatation ; 1) in Folge von
Emährungstürungen (formes diverses de lägastrite
parenchymateuse) ; 2) in Folge vonAtonie (gastrite
andenne ä tendanoe atrophique; gastro-n^vroee);
3) in Folge mechanischer Ursachen (Behinderong
durch die Kleidung; primftre und sekund&re Ente-
roptose, Pylorusverengerung).
Bourget (44) berichtet Über seine Beobach-
tungen an 240 Magenkranken, und meint, dass der
chemischen Untersuchung des Hageninhaltes eine
zu grosse Bedeutung beigemessen wird. Abgesehen
von der permanenten Hypersekretion (Beichma&o -
TL Ibrnjea^
159
flöhe Ennkheit) könne man kein einziges Hagen-
Ididen allein aus der chemisohen Untersuchung er-
kenneo, der Hauptwerth dieser Ifige in den Finger-
zeigen, die sie uns für die Therapie giebt B. meint,
dass namentUch bei Weibern die Störungen der
Hagenrerdauung wesentlich häufiger mechanischen
als chemischen Ursprunges seien. Unter 120
wegen der verschiedensten Magenstörungen auf-
genommenen Weibern stand bei 97 die untere
Grenze des aufgeblasenen Magens unterhalb des
Nabels unter 120 magenkranken Männern nur
bei 34. Hier sind Störungen des Chemismus das
Hänfigere.
Ebstein (45) erörtert unter Anführung von
Beispielen den mannigfachen Zusammenhang xtai-
stkm Magenerkrankungen, namentlich Magenblutun-
gen und Magengeschwür und Traumen. Blutungen
können auftreten bei sehr grossen körperlichen An-
strengungen (schwerem Heben u. s. w.) nach Trau-
men, die den ganzen Körper treffen (allgemeine
Erschütterungen), und nach Traumen, die die Magen-
gegend treffen. E. meint, dass in dem letztgenannten
Falle nicht nur eine direkte Schädigung der Magen-
schleimhaut in Frage komme, sondern, „dass die
in Rede stehenden Magensymptome vom Nerven-
system aus, beziehungsweise in Folge der von ihm
veranlassten Girkulationstörungen veranlasst wer-
den können*'.
Nach Euttner's (46) reicher Erfahrung in
der E w a 1 d 'sehen Abtheilung des Augustahospitals
lind Magenblutungen wesentlich h&ufiger und durch-
ans nicht immer von so grosser Bedeutung als man
gemeinhin annimmt Man muss nur nicht Magen-
Untongen und Bluterbrechen verwechseln, bez. zu-
sammenwerfen, man muss auf die Beschaffenheit
des Stuhles achten und in zweifelhaften Fallen
(geringe Blutmengen geben dem Mageninhalte
durchaus keine charakteristische F&rbung) den
Hageninhalt chemisch, spektroskopisoh und mikro-
skopisch untersuchen. „Die Untersuchung des ver-
dMtigen Mageninhaltes mit concentrirter Essig-
sfture und Aether und die Behandlung des auf diese
^eise gewonnenen Aetherextraktes mit Ghiajak-
tinktur und Terpentin gestattet den schnellsten
nnd dabei sichersten Nachweis von Blutbeimen-
gnngen zum Mageninhalt.*^
Sehr häufig sind nach E. menstrueUe, d. h. mit
der Menstruation in irgend einem Zusammenhange
Beende Magenblutungen und gerade bei ihnen
soll man vorsichtig sein und nicht sofort mit Sicher-
hät ein Magengeschwür annehmen; man soll daran
denken, man soll daraufhin seine Therapie ein-
riditen, aber gerade deren Nutzlosigkeit zeigt oft,
dass keinOeschwür vorliegt; dass sich die Blutun-
gen beim Magengeschwüre auch oft an den Men-
stmationtennin halten, ist bekannt E. meint, dass
man die bei Amenorrhoe eintretenden Magenblu-
tongen nicht als „vicariirende" d. h. als physiolo-
giscben Ersatz der Oenitalblutung ansehen dürfe.
da Mesnil (47) fand bei einer 38jähr. Frau
neben einem Kagenicreb« ein iypiscfaes Kagen-
gesdhwür. Da der Erebs augenscheinlich das
filtere L^den war und da er die Magenthätigkeit
erheblich herabgesetzt hatte, so kann man aus
diesem Falle schliessen, dass bei der nöthigen
Cirkulaüonstörung (das thrombosirte Oefäss war in
der Tiefe des Geschwüres nachweisbar) ein Magen-
geschwür auch dann entsteht, wenn der Magensaft
sehr mangelhaft ist und nur Spuren von Salzsäure
enthält
Schneyer (48) hat in der 1. med. Elinik zu
Wien an zahlreichen Magenkranken das Verhalten
der physiologiBchen Verdcamngleukoeiifiose geprüft
und hat gefunden, dass diese bei dem Magenkrebs
ausbleibt, bei Magengeschwür und gutartiger Pylorus-
verengerung dagegen fast immer auftritt Dieser
Unterschied scheint so regelmässig zu sein, dass
man ihn diagnostisch wird verwerthen dürfen, nur
wird man aus dem Fehlen der Leukocytose allein
nie und nimmer einen Magenkrebs dit^osticiren
dürfen, da es bei Eacheküschen, ja sogar bei Oe-
Bunden nicht so selten beobachtet ist
Auch Hammerschlag (49) beschäftigt sich
vorwi^^nd mit der Frühdiagnose des Magenkrebses
und kommt speciell in Betreff der bekannten Yer-
änderungen des Chemismus zu dem Ergebnisse,
dass sie bei dem Erebs, ebenso wie bei dem Magen-
geschwüre lediglich Ausdruck der sekundären Er-
krankung der Magenschleinohaut sind. Man wird
sie also nicht gar zu früh erwarten dürfen und
damit schrumpft ihr diagnostischer Werth beträcht-
lich ein.
Schule (50) verarbeitet 198 Fälle von Magen-
krebs aus der Heidelberger med. Elinik zu einer
kurzen diagnostischen Erörterung. Nur in 30<>/q
der Fälle bestand eine ausgesprochene Eachexie.
Tumor und Magenblutung sind verhältnissmässig
selten vorhanden und oft von zweifelhaftem Werth.
Eine ausgesprochene motorische Störung bestand
unter 53 Er. nur bei 7 ; bei einigen schien eher
eine gewisse „HypermotUität^^ vorzuliegen. An
Verstopfung litten etwa TO^/o der Eranken. Die
freie HCl fehlte bei 83<»/o. Das Salzsäuredeficit,
bestimmt durch Zusatz von Normalsalzsäure bis
zum Auftreten freier HCl, war oft auffallend gross,
bis über 50%. Milchsäure wurde, so oft danach
gesucht wurde, gefunden, bei gutartiger Fylorusr
Verengerung nicht 77% der Eranken hatten
früher nie am Magen gelitten, 6 hatten Geschwüre
gehabt, die anderen einen „schwachen'^ Magen.
Heredität spielte keine grosse RoUe. Die meisten
Eranken standen zwischen 40 und 60 Jahren,
einer war 24, ein anderer 25 Jahre alt
Bosenheim (51) berichtet zunächst über
2 Er.y denen Hahn mit bestem Erfolge Pylorus-
krebse herausgeschnitten hat — bei beiden sind der
Verschluss nach dem Darm zu und die motorische
Eraft des Magens vortrefflich, die Saftabscheidung
liegt bei der einen gänzlich danieder, bei der an-
deren ist sie leidlich — und bespricht dann ein-
ieö
Tl. Innere Medidn.
gehend das recht wechselnde Verhalten der Pyloras-
tumoren. Bei dem aufgebl&hten Magen ist es char
rakteristisch, dass er ein etwa yiereokiges Luft-
kissen bildet und dass der Tumor an der rechten
oberen Ecke sitzt. Ist der Tumor mit der Leber
verwachsen, dann nimmt er auch an deren respira-
torischen Verschiebungen nach oben und unten
theü, geht er nur bei der ESnathmung mit nach
unten, Iftsst sich aber an dem Wiederhinaufgehen
verhindern, so ist er nicht fest verwachsen. Das
Verhalten bei der Athmung ist unter umständen
das beste Unterscheidungsmerkmal von Qeschwfll-
sten anderer Bauchorgane.
Dünn (52) und Silcook (53) liefern Bei-
träge für chirurg%8che8 Eingreifen bei dem Magere
geeehfvür. Gähn (54) hält es unter AnfQhrung
eines Falles bei dem chronischen Magengeschwür
für erlaubt, auch dann zu operiren, d. h. den Magen
durch eine Oastroenterostomie zu entlasten, wenn
weder Perforation, noch Narbenschrumpfung direkt
dazu zwingt, vorausgesetzt, dass die Beschwerden
gar zu heftig sind und allen anderen Mitteln wider-
stehen.
Dupuy (55) unterscheidet 3 Formen von
FylonuMrtenose. Die Stenose anatomique ou
fibreuse in Folge von Verbrennung oder Verätzung
des Magens, nach schrumpfenden Geschwüren und
nach schweren chronischen Katarrhen der Pylorus-
gegend ; die St6nose spasmodique, die, abgesehen
von der Hysterie, wohl immer nur im Gefolge
der fibrösen Stenose auftritt und deren Erschei-
nungen verstärkt; und die Stenose n6oplasiqu&
Die Schilderungen D.'s enthalten nichts wesentlich
Neues. Therapie: in letzter Linie Operation. Der
innere Arzt hat vor Allem die Aufgabe, den rich-
tigen Zeitpunkt hierfür zu bestimmen.
Einhorn (56) stellt als wichtigstes Zeichen
der Pylorusstenose das abnorm lange Verweilen
von Speisen im Magen hin. Eine solche ,Jscho-
chymie^^ kommt auch bei der Magenatonie, ja bei
dem chronischen Katarrh vor. Hier ist sie aber
lange nicht so ausgeprägt und meist leicht zu
beseitigen. Da dem Kranken in der grossen Mehr-
zahl der Fälle nur durch eine Operation zu helfen
ist und diese um so einfacher ist, je früher sie
ausgeführt wird, wäre es recht wünschenswerth,
die Verengerung schon zu erkennen, ehe noch eine
ausgeprägte Ischochymie besteht, aber hier tappen
wir recht oft im Dunkeln ; Schmerzanfälle mit und
ohne Erbrechen sind gar zu unbestimmte Erschei-
nungen. E. meint, dass es bei zeitigem Operiren
manchen Morphinisten weniger in der Welt geben
mochte.
Ullmann(57) eifert gegen den Missbrauch,
der mit dem Wort und dem Begriff: Magenenoei-
terung getrieben wird. Es kommt gar nicht darauf
an, ob der Magen etwas grösser oder kleiner ist,
sondern es kommt darauf an, ob er seinen Dienst
verrichtet, und das kann er, auch wenn er durch
irgend einen Umstand zu sehr ausgereckt ist Die
Ausführungen ü.'s scheinen uns recht beaditeos-
werth zu sein.
Soltau Fenwiok(58) berichtet über 2 Nie m
schweren nervÖeeoErsoheinungeafKrämpfeii) belMagw-
erweiteroog in Folge vernarbter Oeschwüre. Der eme
Kr. starb. Die Sektion bestätigte die Diagnose; Gehin,
Nieren und die anderen Eingewäde waren gesund. Als
Ursache der Krämpfe md man wohl im Mtgen eotstu-
dene Qifte annehmen müssen.
Wenden wir uns zum MagensaftfluM, so
haben wir zunächst eine Arbeit von Martins (59)
aus dem Jahre 1894 nachzuholen. M. hat 16 ge-
sunde Soldaten mit aller Vorsicht untOBucht und
hat bei ihnen im nüchternen Magen stete 3 biso
bis 30ccm schleimiger, salzsänrehaltiger Flüssig-
keit gefunden. Er steht in dem bekannten Streite
also auf der Seite Sohreiber's und der Hagen-
saftfluss, gleichgültig, ob er Symptom eines be-
kannten Magenleidens (oder Nervenleidens) ist,
oder ob er als scheinbar selbständiges Leiden auf-
tritt, ist ihm nur die pathologische Steigerung eines
physiologischen Vorganges.
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kam Sohflle
(60). „Im nüchternen Magen gesunder Personen
findet man fast regelmässig kleine Mengen vtm
flüssigem Inhalt, welchem Sekret der Magendrflsoi
beigemengt ist'^ Seh. meint, man dürfe erst
dann von einem krankhaften Zustande sprechen,
wenn diese Mengen abnorm sauer sind, oder wenn
sie mehr als 50 bis höchstens 100 ocm betngen.
Boas (61) spricht die bekannten Erscheinnn-
gen des chronischen conimuirUdiien Magensaft*
flusses : Sodbrennen, saures Auf stossen, stark saures
Erbrechen, Heisshunger, vermehrter Durst, Stohl-
verstopfungy Kachexie durch und hebt auchseine^
seits ganz besonders hervor, dass es sich in den
meisten Fällen ganz sicher nicht um ein selbstfn-
diges Leiden, sondern um Begleite und Folge-
erscheinungen anderer Krankheiten handelt Aof-
üdlend häufig sei der Magensaftfiuss Folge einer
motorischen Insuffioienz, mit deren Beseitigang er
auch sofort aufhört, ebenso wie er bald schwindet,
wenn eine ihn bedingende Pylorusstenose fort-
geschafft wird.
B. sucht dann in dem Streit darüber, wann
man überhaupt von Magensaftfiuss reden dflrfo
und ob dieses Leiden sehr selten oder sehr hftufig
sei, zu vermitteln. Sicher ist, dass der nüchterne
Magen Qesunder oft ganz beträchtliche Hassen
Magensaft enthält, und sehr zu beachten ist, dass
der Arzt z. B. durch abendliche Ausspülungen nn-
beabsichtigt einen künstlichen Magensaftfiuss her-
vorrufen kann. Die Diagnose darf sich nicht allein
auf den Saftnaoh weis im nüchternen Magen stfltien.
Christiani (62) hält den Fall, den er mittheilt,
für einen primären chronischen Magensaftfloss, die tot-
handene motorisohe Insnffioienz soU sich erst naohtrig«
lioh dazu gesellt haben. Besserung durch Alkahen.
Illoway (63) giebt eine Besprechung der
nervösen Dyspepsie, die kaum etwas wesentlioli
Neues enthält und sich zum Referat nicht eignet
Dasselbe gilt von der umfangreichen Arbeit von
T. Innere Hedicin.
161
Lemoine und Linossier (64) über iBsWieder^
iäuefk Vff. unterscheiden das einfache Wieder-
käuen und das krankhafte. Das letztere auf ner-
vOser Grundlage, oder mit Dyspepsie, aber von ihr
nicht abhängig, d. h. nicht mit ihr verschwindend.
Das Wiederkäuen entsteht r^ektorisoh in Folge
einer angeborenen oder erworbenen übermässigen
Empfindlichkeit der Ifagenschleimhaut. Durch
einen Krampf des Zwerchfells und der Einathmung-
muskeln wird der Druck im Thorax vermindert,
der Oesophagus streckt und erweitert sich und die
Bauchmuskeln drücken den Magen zusammen.
Zum Schlüsse einige Arbeiten pathologisoh
anatomisohen Inhaltes.
Hirsch (65) spricht über den Sanduhrmagen
und meint, dass dieses Leiden doch wohl nicht ganz
fio selten, als man gemeinhin annimmt, angebaren
▼orkomme. Er führt ein Beispiel an. Die Defor*
mitftt wurde zufällig in der Leiche einer an akuter
Sepsis gestorbenen 67jähr. Frau gefunden.
Der Fall, den Schmidt (66) aus der Bonner
med. Klinik mittheilt, ist durch die Beobachtung
über 3 Jahre und die genaue Untersuchung beson-
ders werthvolL
Ein 49jähr. Zinngiesser bekam im Anschlüsse an
einen kalten Trunk einen akuten Magenkatarrh mit HOl-
XangeL In 5 Wochen Besserung, doch blieben zeitweilig
nftretende heftige Magenschmerzen mit Erbrechen za-
räck, die sich aumählich zu Tage und Wochen laneen
AnMIen mit Erbrechen alles Genossenen steigerten. Im
Ihgeninfaalt: Fehlen von ü'eier Salzsäure und Pepsin,
gerioge Mengen gebundener HCl and Schleim, Milch-
tfure ohne Versetzung des Mageninhaltes. Motorisch
verhielt sich der Magen n(Hrmal, d. h. kräftig. Der Er.
wnrde stetig elender und erlag einer hinzutretenden
Phthise. I^&ion : Atrophie der Magenacfdeimhaut. Die
Mosknlatmr war gut
Schm. geht genauer auf die anatomischen
Verhältnisse ein und widerlegt namentlich die An-
nahme von «iner schleimigen Umwandlung der
Drüsenzellen als Beginn der Atrophie. Man findet
in solch' atrophischen Magenschleimhäuten Schleim-
drfisen, das sind aber nur die auch im gesunden
Hagen vorhandenen, die der Zerstörung ganz be-
sonders lange widerstehen.
[Die von Brinton „Linite plastique'^ be-
nannte Erkrankung des Magens, die durch Ver-
Ueinerung des Organs unter gleichzeitiger Yer-
^ckung seiner Wände ausgezeichnet ist, findet
sich unter den verschiedensten Bezeichnungen be-
schrieben (Magensklerose, cirrhotische Yerklei-
Boung des Magens, Sderosis ventriculi, Magen-
atraphie, Magenphthise u. s. w.). Gar r et hat
zuerst darauf hingewiesen, dass das Leiden nicht
entzündlicher Natur ist, sondern dass es sich dabei
mn eine krebsartige Neubildung handelt. Er be-
zeichnet die Veränderung als „Cancer conjonctif
aoQs^mouqueux de l'estomac"» Bret u.Paviot
(67) theilen eine einschlagende Beobachtung von
Dubajadouz und 2 Fälle aus der eigenen Thätig-
keit mit. Aus den anatomischen Untersuchungen
geht hervor, dass ee sich um ein echtes Carcinom
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 2.
mit überwiegendem Stroma handelt, bei dem die
Oeschwulstzellen nur wenig entwickelt sind. Die
Neubildung verbreitet sich weniger mit dem
Lymphstrom, als per continuitatem. Klinisch
kann man 2 Stadien unterscheiden : a) Phase sto-
macale pure, ausgezeichnet durch das Vorhanden-
sein einer harten, cylindrischen Geschwulst, die
im linken Hypochondrium gelegen ist Die £ran«
ken magern ab. Bluterbrechen ist nicht vorhan«
den. Die Störungen der Motilit&t sind überwie-
gend, b) Phase d'eztension ou de g^n^ralisation.
Häufig stellt sich Ascites ein. Die Abmagerung
nimmt zu. Wird das Colon transversum ergriffen^
so können Erscheinungen von Darmverschluss auf-
treten. Pathologisch-anatomisch kann man unter-
scheiden a) die umschriel)ene Form, b) die diffuse
Form mit peritonitischen Processen in der Um-
gebung, c) den Uebergang auf andere Organe, auf
das Colon transversum, das Mesenterium u. s, w.
Bei der mikroskopischen Untersuchung findet man
anfänglich eine Hyperplasie der Drüsen, keine ent-
zündliche Beaktion des umgebenden Gewebes. Die
Submucosa erscheint in ihrem bindegewebigen und
lymphatischen Theile hyperplastisch. In den Meta-
stasen lässt sich am deutlichsten die carcinomatöse
Natur der Neubildung erkennen.
BriLckner (Dresden).]
(Schloss folgt)
247. Kasenleiden bei Infektionskrankliei-
ten; von Dr. Ziem in Danzig. (Münchn. med«
Wchnschr. XLL 49. 1894.)
Die Wichtigkeit der Nasenbehandlung bei allen
auf dem Wege durch den Bespirationskanal ein-
dringenden Infektionen wird in vorliegender Arbeit
von Z. besprochen. Im Speciellen behandelt er
von diesem Gesichtspunkt aus Masern, Scharlachi
Influenza, Intermittens, Abdominaltyphus, gelbes
Fieber, epidemische Meningitis, Parotitis, Erysipel,
Keuchhusten, Lungenphthise und besonders aus-
führlich Diphtherie. Die hier in Frage kommende
Nasenbehandlung ist höchst einfach und hat haupt-
sächlich in Ausspülungen der Nase und des Nasen-
rachenraumes mit physiologischer Kochsalzlösung
zu bestehen, wobei man am zweckmässigsten die
Z^'ttner'sche Druckpumpe benutzt, bei der unbeab-
sichtigter Zutritt von Luft zum Spritz wasser gänz-
lich ausgeschlossen und somit auch keine Gefahr
für das Mittelohr vorhanden ist. Nach 1^/^'ähriger
Erfahrung hat Z. keine unerwünschten Nebenwir-
kungen beobachtet Richter (Altenburg).
248. Btude Bur l'etiologie et la pathogenie
da ooryaa ooseeoz; par le Dr. Beausoleil|
Boi^eaux. (Revue de LaryngoL XV. 24. 1894«
XVL 1. 2. 1896.)
Im Gegensatze zu den deutschen, zeigen einige
französische Rhinologen Neigung, eine Ansammlung
käsiger Massen in der Nase unter dem Namen
„coryza cas6eux" als besondere Krankheit aufzu-
fassen. B. unternimmt es, diese Auffassung auf
21
m
YL Innere Ueäidn.
1
• • • -
ihre Begründung eingehend zu prüfen und weist
Bie als ganz xmbereohtigt zurQck.
Die Ansammlung kftsiger Massen stellt nur ein
Symptom dar und findet sich sowohl bei chro-
nischen Nebenhöhleneiterungen und bei sonstigen
alten eitrigen Processen, wie bei Fremdkörpern
oder Verlegung der Nasengfinge durch Schwel-
lungen oder Anomalien im Bau des NasengerQstes.
Die Arbeit, aus der Klinik des bekannten tüchtigen
Rhinologen Dr. Moure in Bordeaux stammend,
zeigt Fleiss und Gründlichkeit, hat aber für uns in
Deutschland weniger Interesse, da das wunder-
liche, klinische Bild einer genuinen, kftsigen Rhi-
nitis hier überhaupt von Niemand vertheidigtwird.
R i c h t e r (Altenburg).
249. Ueber Kosenpoljnpon ; ▼on Siegfried
.Goldstein. (Inaug.-Diss. Königsberg i. Pr. 1 894.
Erlatis. 8. 67 pp.)
Im Anschluss an eine ausführliche Inhalts-
Übersicht der hauptsächlichsten neueren Arbeiten
über Nasenpolypen beschreibt G. 5 Fälle von Nasen-
polypen und 2 von polypoiden Hyperplasien bei
Kindern unter 16 Jahren (aus dem Gerb er 'sehen
Ambulatorium in Königsberg), um damit die An-
sicht zu stützen, „dass Schkimpolypen im Alter
unter 16 Jahren kerne seltene Erscheinung sind''.
Zu der wichtigen Frage der Aetiologie der Nasen-
polypen wird wegen Mangelhaftigkeit der benutz-
ten Joumalnotizen keine Stellung genommen. Zwei
Bchleimpolypen und ein Papillom wurden mikro-
skopisch untersucht Richter (Altenburg).
250. Die Anwendung der Elektrolyse
bei Verkrümmungen und Verdickungen der
ZTasensoheidewand, sowie bei Schwellung der
Nasenschleimhaut; von Dr. M. Bresgen in
Frankfurt a. M. (Wien. med. Wchnschr. XLIY. 46.
1894.)
Br. spricht sich dagegen aus, dass die Elektro-
lyse berufen sei, in der Behandlung der Nasen-
leiden allgemeine Anwendung zu finden, er will
sie beschränkt wissen auf die Fälle, in denen eine
langsame, aber weniger eingreifende Behandlung
besonders gewünscht wird oder, wie hei schwäch-
lichen und sonst kranken Personen, aus ärztlichen
(Gründen wünschenswerth ist, und hält günstige
Resultate nur bei Anwendung durch sachkundige
Specialärzte für wahrscheinlich. Des Weiteren
wird sodann die mehr technische Seite des Ver-
fahrens vorgeführt Erforderlich ist stets gute
Cocainisirung der kranken Stelle in der Nase und
genaue Dosirung der Stromstärke. Dauer jeder
Sitzung etwa ^/^ Stunde. B r. verwendet einfache
oder Doppelnadeln, gerade oder gekrümmte, je
nach Erfordemiss. Richter (Altenburg).
251. Zur Behandlung der Verbiegungen
der Kasensoheidewand ; von G. Z i e m in Danzig.
(Mon.-Schr. f. Ohrenhkde. XXVH. 7. p. 220. 1894.)
l Z. empfiehlt zur Beseitigung von Ekchondrosen,
Exostosen oder Yerbiegongen der Nasenscheidewand
eine mit einer Rotationsmaschine in Yerbindosg gesdtzte
Stiohsflge, die, in Bewegong gesetzt, im Maximum onen
Aosschhig von 18 nun giebt. Die Operation kann in
einem Zuge vollendet werden, wenn man unter den zn
entfernenden Yorsprung eine schmale Metallplatte schielyt,
auf die man dann lossSgen kum. Richter (Altenbnig).
252. Ostfome des fosaes naaalea; oriset
epUeptiformes ; abaiBsement da nea ; ablation
de la tamenr; gueriaon; par le Dr. Adenot,
Lyon. (Lyon möd. XXVIL 17. 18. 1895.)
Ein 27jfthr.£r. litt seit etwa 5 Jahren an nächtUchen
epileptiformen Antillen mit klonischen und tonischen
Krämpfen. Keine hereditäre Belastung. Keine LoeB.
Brombehandlung erwies sich als unwirksam, k der
rechten Nase ein auf dem Boden breit aufsitzender, halb*
kugeliger, 3 cm vom Eingang der Nasenhöhle nach hinten
sich erstreckender, knochenharter Tumor. Nach querer
Durchtrennung und Vorklappung der Nase, Spaltung der
Schleimhaut über dem Tumor, Entfernung des letzteren
mit Hammer und Meiasel. Vemähung der Wunden.
Verband. Unmittelbar nach der Operation blieben die
An&lle etwa 1 Monat lang aus, um dann, allerdings in
bedeutend abgeschwächter Form, wiederzukehren. Es
handelte sich um ein aussen elfenbeinhartes, innen spoo-
giöses Osteom, das, mit breiter Basis aufsitzend, ohne
bemerkbare Orenze in das Knochengewebe des Nasee-
höhlenbodens überging. Richter (Altenbur^j.
253. Bäflezes amygdallenB ; parle Dr. JoaL
(Revue de Laryngol. XV. 15. 1894.)
Zwei seltene F&lle von Beflexnearoee, und
zwar einen Fall von Oesophagismus und einen Fall
von Intercostalneuralgie , beide von hypertrophi-
schen Gaumenmandeln ausgelöst, theilt J. mit
l)Bei einer nervösen 25jähr. Frao, die durch 3 rasdi
aufeinanderfolgende Schwangerschaften und gemüthliche
Aufregungen geschwächt war, zeigten sich kurz nach einer
heftigen akuten Angina die Empmidung, als ob der Hals
zugeschnürt wäre, und Schmerz zwischen den Schulter-
blättern. Bald stellten sich Auistossen und E^brecheo
ein. Zuerst war nur das Schlucken fester Nahrung er-
schwert, schliesslich vermochte sie nicht einmal Flüssig-
keiten zu schlucken. Die Schluckbeschwerden besserten
und verschhnmierten sich in Zwischenräumen von 3 bis
4 Tagen ohne nachweisbare Ursachen. Als die Kranke
in Behandlung kam, hatte sie schon über 3 Woohen keine
feste Nahrung mehr genommen. Bei der Untersuchung
zeigte sich die linke Tonsille stark vergrössert Die
Sondirung des Oesophagus ergab bei Anwendung einer
mittelstarken Olive im oberen Abschnitte der Speiseröhre
einen zu verschiedenen Zeiten verschieden grossen Wider-
stand. Ourgelungen mit Cocainlösung be&»erten die Be-
schwerden in 3 Tagen. Hierauf wurde die Tonsille mit
demOalvanokauter tief gestichelt, worauf nach 4 Stunden
eine heftige Steigerung der geschilderten Beschwerden
folgte. Es wurde nun die Diagnose auf durch die hyper-
trophische Tonsille reflektorisch ausgelösten Oesophagis-
mus gestellt und die Tonsille mit dem Tonsillotom zb-
getragen. Es fol^e während der nächsten 2 T^e sehr
starker Oesophagismus, der aber mit fortschreitender
Heilung der Wunde mehr und mehr abnahm und schliess-
lich ganz und dauernd verschwand.
2) Ein sehr empfindlicher junger Mann mit grosser
Neigung zu Halsentzündungen erkrankte im Juli 1892 im
Anschluss an eine Erkältung der Füsse an einer fieber-
haften Halsentzündung. Am 3. Tage erreichte diese
ihren Höhepunkt und gleichzeitig stellte sich ein heftiger
Schmerz in der linken Brustseite ein, ohne dass die
physikalische Untersuchung eine Erkrankung der Pleura
oder Lunge nachweisen konnte. Druckempfindlichkeit
der Haut im Bereiche des 5. und 6. linken Intercostal-
Tl. Innere Mediom.
lea
oerreo. Diese Schmerzen gingen etwas langsamer zn-«
rück, als die Halsentzündnng. Im Winter 1892—1893
machie der Kranke mehrfache Halsentzündongen durch
und hatte dabei auch mehrfach wieder Schmerzen in der
Man Brustseite. Im An^st 1893 sollten die sehr ver-
grofiserten Tonsillen durch Kauterisation verkleinert wer-
den, fis wurden zuerst die oberen und mittleren Ab-
schnitte der linken Tonsille gestichelt, wonach nur ge-
linge lokale Beaktion eintrat Nach Stichelung aes
luteren Abschnittes der linken Tonsille aber zeigte
sich nach 6 Stunden wieder die Interoostalneuralgie und
hielt, trotz Anwendung aller m^lioher Antineuralgica,
8 Tage an. Rudolf Hey mann (Leipzig).
254. Les hemonrhagies laryngees; par le
Dr. a Gevaert (Belgique m6d. IL 42. 1895.)
Die Blutungen im Kehlkopfe sind sehi selten,
6. theilt sie ein in Blutungen im Anschluss an
pathologische Yerftndeningen der Kehlkopfschleim-
hant, in Blutungen, die sich an oonetitutionelle
Krankheiten oder an Krankheiten des Blutes an-
schliessen, und Blutungen, die durch wiederholte
Hyperftmien unter dem Einfluss funktioneller An-
strengungen veranlasst werden. Die letzteren be-
zeichnet er als Laryngitis haemorrhagica und theilt
als Beispiel einen Fall seiner Beobachtung mit :
Eine Dame litt seit 8 Tagen an Heiserkmt, die in den
letzten Tagen sioh zur Aphonie gesteigert hatte. Sie gab
an, dass sie bei einem Schrei, um Jemand herbeizurufen,
^ Oefohl gehabt habe, als ob ein Riss im Hals erfolge.
Dcf Kehlkopf war diffus eeröthet, das linke Stimmbuid
pechwollen und blutnntenaufen. Der Bluterguss wurde
m Laufe von 8 Tagen resorbirt.
Ausserdem beschreibt Q. einen Fall von Variola
Ittemorrfaagica mit Bluterguss im Kehlkopf, den
er während der Pookenepidemie in Sand 1890 be»
obachtet hat :
Bei einem 6Qjähr. Manne stellte sich 48 Standen
ttch seiner Erkrankung an Pocken starke Athemnoth
ein. Der Kr. zeigte ausgedehnte Blutergüsse in der
Kant, blutigen Urin. Da der Zustand sehr schwer war,
Wde der Kr. nicht laryngoekopirt. Bei der Sektion
fMiden sich grosse Blutergüsse in den aryepiglottischen
Mten. Rudolf Heymann (Leipzig).
255. Dermatologisohe MlttheUniigen ; von
Prof. J. Hoffmann. (Httnchn. med. Wchnschr.
lUL 3. 4. 1895.)
1) Barediiäre Neigung zu traumaÜBcher Elasen-
Udufi^ (Epidermolysis bullosa hereditaria £5bner).
Eon 2Qjähr. Glaser erschien in der medidnischen
^ik (Prof. Erb) in Heidelberg mit bläulich rothen, mit
haeo- bis lO-Ffennigstuckgrossen Blasen bedeckten
Binden, der Inhalt der Blasen war zum Theil serös, zum
Ibeil Üutig gefärbt Nägel verkrüppelt, abblätternd.
Sfirke Schweissabsonderung. Das gleiche Bild boten
die Fü88e des im Uebngen gesunden und kräftigen Men-
§cheQ dar. Die Blasenbildung soll sich zuerst im 2. Lebens-
J^ eingestellt haben und hat dauernd bis jetzt bestan-
^'i das Stossen gegen irgend einen Gegenstand, das
Beiben eines harten Handwerkszeuges ruft Blasenbildung
l^or; an den Füssen kann der Kr. nur Stiefel von sehr
ireichem Leder tragen. Im Gesicht traten namentlich
vArend der Schuljahre BLuen auf.
Ein 4wöchiger Nichtgebrauch der Hände zu der
gewöhnlichen Arbeit und gleichzeitige Anwendung von
Chromsäurelöeung bewirkten, dass Blasen nur selten auf-
Men und die Haut der Hände abblasste; bald nach der
EotlassQog war aber der Znstand wie früher.
Ein Nachjgeschwisterkind, ein jetzt 37jähr. Land-
wirth, bietet dieselben Erscheinungen dar.
2) Hereditäre Anlage tm traumoHscher Hasen"
bildung oder hereditärer ehraniaeher Pemphigus ?
Ein 36jähr. Mann leidet nach Aussage der Hebamme
seit Geburt an Blasenaussohlag. Die Blasen sollen bald
von Linsen- bis Erbsen- bisTaubeneigrösse gewesen sein;
$ie entwickelten sich fieber- und schmerzlos ; sie waren
mit heller Flüssigkeit gefüllt, die später trübe oder auch
blutig wurde ; sie heilten ohne Narben. Keine Stelle des
Körpers blieb freL Mit 3 Jahren lernte der Kr. gehen ;>
er blieb stete schwächlich. 1883 wurden die Arme
dünner und schwächer, 1885 kam eine Schwäche der
Beine hinzu; seit 1886 konnte er nur noch mit Unter-
stützung gehen. Bei der Untersuchung in der medioini-
sehen Klinik (Prof. Erb) erschien der Kr. zum Skelet
abgemagert; am ganzen Körper mit weisslichen und
etwas pigmentirten Hautpartien von Linsen- bis Mark-'
stüokgrösse. Dazwischen halb gefüllte, schlaffe und prall
gefüllte, ebenso grosse Blasen mit serösem, serös-eitengem
oder auch blutig gefärbtem Inhalte, sowie eine Anzahl,
nässender Stellen. Auch auf der rechten Wangen-
Schleimhaut 2 Blasen. SämmtUche Zehennägel fehlten ;
die Nägel der Finger waren verkrüppelt Innere Organe
Siund. Körpergewicht 33i/i kg. Kopfhaar snärUch.
ichte Ptosis, Bewegungen der Augäpfel besonränkt
Gesichtemuskulatur etwas steif. Pronationscontraktur
beider Vorderarme, Beugeoontraktur in den Handgelenken ;
Atrophie der Körpermuskulatur. Normale Sensibilität
Keine Entartunffsreaktion; herabgesetzte elektrische Er-
regbarkeit der Nerven und Muskeln, leichte LösUchkeit
der obersten Epidermissohioht beim Anfassen, wie bei
der elektrischen Untersuchung. Während des Aufent-
haltes im Krankenhause traten täglich neue Blasen auf.
Das Körpergewicht hob sich auf 39 k^.
Der Kr. gab an, dass 4 Geschwister, die naoh ihoi
geboren waren, ebenfalls mit einem ähnlichen Ausschlage
zur Welt gekommen wären und daran gelitten hätten bis
SU dem im 2. und 3. Jahre erfolgten Tode. Der Kr.
starb später, 43 Jahre alt, in Karlsnihe, vermnthlioh an
Phthise.
Das Leiden ist als chronischer Pemphigus auf erb-,
lieber Grundlage zu betrachten ; da Alles für Pemphigus
spricht, kann <ue Erkrankung nicht wegen der hereditären
Verhältnisse als EpidermdysiB hereditaria aufgefasst
werden. Die starke Muskelatrophie, die Ankylosen sind
Begleit- und Folgeerscheinungen der starken Abmagerung.
H. sohlieest sich den Bemerkungen E a p o s i 's
über den heutigen Stand der Lehre vom Pemphigus
an; manche Fälle sind neurotischen Ursprungs»
andere sicher nicht; der Pemphigus mit dem
typischen Verlauf ist als Morbus sui generis fest-
zuhalten ; über seine Ursachen wissen wir nichts.
Li vorliegendem Falle ist neben der Hereditftt
die lange Dauer (43 Jahre) besonders bemerkens-
werth. W e r m a n n (Dresden).
256. Zur Aetiologie des Femphigas vul-
garis; von Dr. Du Mesnil. Mit 1 Tafel (Arch.
f. Dermatol. u. Syph. XXX. 2. p. 163. 1895.)
Du Mesnil rechnet auf Orund von 5 mit-
getheüten F&Uen von Pemphigus vulgaris, von
denen 2 tödtlich endeten, den Pemphigus su den
Dermatoneurosen, ohne einen vasomotorischen oder
trophischen Charakter zu prftjudiciren. Auch die
Untersuchung anderer Pemphiguskranker auf ihr
Nervensystem ergab in jedem Falle Anzeichen
dafür, dass die Erkrankung auf einer Funktions-
anomalie des Nervensystems beruhe, sei ee auf
164
Tl. Innere HedioiiL
einer angeborenen oder erworbenen. Oefters wurde
das Wiederausbrechen eines Pemphigus nach star-
ken psychischen Erregungen beobachtet (eine ge-
heilte Kranke bekam 2 Tage nach der Apoplexie
ihres Mannes einen neuen Pemphigusausbruch über
den ganzen Körper). Die Hysterischen stellen ein
grosses Contingent der Pemphiguskranken, ebenso
Personen, deren Widerstandskraft durch Alkohol-
oder sonstige Oiftein Wirkung gelitten hat
W e r m a n n (Dresden).
257. Beitrag aar Kanntniss dea FapUloma
nenropathiciun ; von Dr. H. Albers in SchGn-
berg. Mit 1 Abbildung. (Deutsche med. Wochen-
Bchr. XXI. 22. 1895.)
Bei einem 20jähr. Mftdohen^ die in der Leipziger
UniyerBitätsfrauenklinik entbunden wurde, hatten sich
im 7. Lebensjahre im Anschioss an eine Lnngenentzön-
dang kleine punktförmige Geschwülste auf derBrusthaut
gezeigt, die, in den folgenden Jahren allm&hlich wachsend,
die jetzige Ausdehnung einnahmen : Auf der die mediale
Fläche der rechten Mamma bedeckenden Haut, oberhalb
des M. pectoralis von der Mittellinie des Stemum in der
Höhe des Ansatzes der 2. bis 5. Rippe ausgehend, fand
sich im Gebiet der Bami perforantc« anteriores eine bis
in die Gegend der Achselhöhle sich erstreckende An-
häufung warziger Erkrescenzen von Linsen- bis Bohnen-
f rosse und brauner Färbung, die zum Theil zu breiteren
lachen oonfluirt waren. Li der Achselhöhle fand sich
ein weiterer, nach dem Oberarm ausstrahlender Zag
papillomatöser Wucherungen, entsprechend dem Gebiete
des N. cataneus medius des Plexus braohialis und dem
lateralen Hautast des 2. Intercostalnerven. In der Linea
alba und um den Nabel hemm ähnliche Wucheningen
(N. cutanei pectoris und abdominis); desgleichen auf der
Bauchhaut (N. cutanei laterales) und in Dreieckform über
der Leistengegend (Ramus hypogastricus und üeo-
ingoinalis), sowie auf der Aussenseite des rechten Ober-
schenkels (N. cutaneus femoris eztemus).
Es handelte sich demnach um einen halbseitigen
Naevus linearis. Die mikroskopische Untersuchung eines
excidirten Stückchens gab keinen Anhalt über den Aus-
gangspunkt der Neubildung, Mitosen waren nicht nach-
zuweisen. Die Färbung war durch die Schwangerschaft
nicht verändert worden. W e r m a n n (Dresden).
258. Zar Kenntnisfl der Darier'achen Krank-
heit; von Prof. Jarisch. Mit 2 Tafeln. (Arch.
f. Dermatol. u. Syph. XXXL 1. p. 163. 1895.)
J. theilt einen Fall von Darier'scher Krank-
heit mit, der die Anfangstadien der Erkrankung
aufwies, in dem die klinisch hervorstechendsten
Erscheinungen, nämlich die Homkegel, noch fehl-
ten. Trbtzdem war es durch die Eigenartigkeit
des Erankheitsbildes möglich, die Diagnose zu
stellen; die Wirkung der Behandlung war eine
befriedigenda
Ein Sljähr. Schuhmacher bemerkte in den letzten
3 Wochen eine rasch sich entwickelnde auffällige Ver-
dickung der Haut beider Handteller, die jede Arbeit un-
möglich machte; dieser Erscheinung ging eine scharf
umschriebene Böthang voraus. Gleichzeitig traten ähn-
liche Röthungen in den EUenbeugen, den Achselhöhlen,
der Leistengegend und der Gegend um den Nabel auf, in
den nächsten 8 Tagen kam es zu massiger Schuppen-
bildung und zu der charakteristischen Braunförbung der
Haut an diesen Stellen. Bei der Aufnahme fand sich am
Bauche ein handbreiter, unregelmässig begrenzter, brau-
ner, an den Bandpartien noch roth gefiirbter, quer über
den Bauch ziehender und den Nabel einschüessendor
Streifen; an der Oberfläche schilferte die Haut in der
Mitte des Streifens deutlich, und es gelang, bräunlich ge-
färbte Lamellen gegen die Peripherie zu, wo kliniaxsfa
noch keine Schuppung naohweisbEu: war, abzuziehen. In
den Leisten fanden sich zerstreute Flecke gleicher Art
Die inneren Schenkelflächen, soweit ihnen das Scrotora
anlag, sowie die Haut in der Bima ani im Bereiche der
Stellen, an denen sich die Backen berühren, waren eben-
falls braunroth verfärbt; am Anus drüsige weiche un<l
überhäutete Wucherungen. Aehnliche Veränderungen
fanden sich an den ooen bereits angefahrten SteUen,
sowie in der Gegend der Kniekehlen , wos^bst sich
5 cm lange braune Streifen ^ mit warzigen Homauflage-
rungen zeigten. Die Fasssohlen wiesen m gleicherweise,
wie die Handteller, starke Schwielenbildung auf. Anf
der Schleimhaut beider Wangen massige Leukoplakie.
Trockene Seborrhöe des behaarten Kopfes.
Unter Einreibang von Solutio Vlemingkz, folgenden
Istündigen Bädern, tüchtiger Seifenwaschung und Bor-
lanolinsalbe gingen sämmtliche Erscheinungen innerhalb
einer Zeit von 5 Wochen zurück. Die Haut war weich,
nicht schuppend, zum Theil aber noch braun gefärbt ; die
Handteller und Fusssohlen waren weich und ^att, jedoch
war an diesen Stellen eine starke Hyperidrosis zu Tage
getreten. Ein Stück Bauchhaut wurde mikro6k<^Hsdi
untersucht
Auf Grund seiner Befunde und der bisher ver-
Qffentlichten Mittheilungen über die Krankheit
kommt J. zu folgendem Ergebniss : Die Darier'ache
Krankheit sitzt an Hautstellen, die leicht und
stark schwitzen. Es liegt ihr eine Entzündung
im Bereiche der Papülarschicht zu Gründe, in
deren Gefolge es zu einer Wucherung der Stachel-
schicht (Akanthosis) kommt mit folgender Hyper-
keratose. Parallel mit diesen Veränderungen er-
folgt eine Zunahme des Oberhaut- und Gutis-
pigments. Des Weiteren entwickelt eich neben
der Hyperkeratose eine Parakeratose (Verhomung
mit Erhaltung der Zellenkeme, ohne verausgehende
Keratohyalinausscheidung), es tritt theilweise eine
Entartung der Betezellen und Lacunenbildang ein.
Die von Darier als Psorospermien angesproche-
nen Gebilde sind Degenerationformen der Kerne
der Epithelzellen, die in der Homschioht meist firei
liegen, imRete aber meist innerhalb desreducirten
oder hyalin entarteten (Unna) Zellenleibes ein-
geschlossen sind. Die in fast allen Fällen be-
obachtete Seborrhöe des behaarten Kopfee scheint
zu der Krankheit in Beziehung zu stehen. Bei
der Behandlung dürfte der Schwefel am wirk-
samsten sein. W e r m a n n (Dresden).
259. Ein histologisoher Beitarag rar Kennt*
nias des gesunden nnd kranken Nagels ; toq
Emilio Echeverria in Costa Rica. (IConatsh.
f. prakt. DermatoL XX. 2. p. 78. 1895.)
E. untersuchte im Unna 'sehen Laboratorium
zu Hamburg NAgelabschnitte, die in Gelloidin ein-
gebettet, in 80proc. Alkohol eingelegt und nach
drei Methoden gefärbt waren : 1) Oentiana- Anilin-
Jod, 2) Eosin-Oentiana- Anilin-Jod mit EntArbong
durch Pikro- Anilin, 3) Oentiana -Alaun -Jod mit
derselben Entfärbung. Die Ergebnisse der Unter-
suchungen waren folgende.
YL Innere HedidiL
165
Qumier Nagel: 1) Die normale Nagelplatte
Itot 4 versohiedene Schichten erkennen, die sich
durch Verschiedenheiten in der GrOsse der Nagel-
sellen, in ihren Rändern, den Kernen und der Em-
pftoglichkeit fOr Farbstoffe kennzeichnen. 2) Der
Terbomte Streifen unter dem Nagel zeigt immer
eine deutliche Abgrenzung gegen die Nagelplatte
und seine Zellen sind von denen der letzteren so-
wohl in Bezug auf Grösse, wie auf ihre grossere
Empfänglichkeit für basische Färbemittel ver-
Bchieden. 3) An schmutzigen Nägeln nimmt dieser
Streifen Farben immer viel stärker an, als das bei
reinen Nägeln der Fall ist 4) Organismen finden
8ich am normalen reinen Nagel nicht und nur
einige wenige sind an dem subungualen Bande
bei schmutzigen Nägeln vorhanden. Dies ist selbst
dann der Fall, wenn eine durch Bakterien be-
dingte Hautkrankheit zur Zeit besteht (Ekzem,
Psoriasis).
Rranke Nägd: 1) Bei den abnorm weichen
Nigeln (Ekzem, Psoriasis, Leukonychie, Stauungs-
nlgel) sind die Zellen der Nagelplatte grOsser und
behalten Farbstoffe gegenüber Entfärbungsmitteln
besser bei als unter normalen Yerhältnissen ; sie
zeigen sehr deutliche Gontouren und Kerne und
haben auch Neigung, sich abzulesen und tiefe Ein-
risse zu bilden. Der subunguale Streifen ist in
Folge der Beseitigung des normalen Drucks Seitens
der Nagelplatte meistens hypertrophisch, gewöhn-
lich weich und von ausgesprochen wellenförmiger
Struktur, welches Verhalten manchmal von einer
fimlichen, aber geringfQgigeren Verlagerung der
Zellen der Nagelplatte begleitet ist. Mikroorga-
nismen sind oft in grosser Anzahl vorhanden und
dringen auch tief in die Hornsubstanz ein, was
namentlich von dem Subungualstreifen gilt. 2) Bei
den harten Nägeln (Verhärtung, Skleronychia) zeigt
die Nagelplatte nicht die vier normalen Schichten,
Sondern sieht wie eine homogene Masse aus mit
nndeatlicfaen Zellrändem und Kernen und diese
gehen sehr frühzeitig zu Grunde. Es besteht keine
Neigung zu grösserer Wellenbildung oder zu früh-
zeitiger Aufsplitterung und die Spaltenbildung,
^enn sie überhaupt eintritt, beschränkt sich auf
die oberflächlichen Schichten. Die subunguale
leiste ist mdstentheils spärlich entwickelt (ein
Zeichen von stärkerem Druck Seitens der Nagel-
platte) und ist nicht in besonders stark wellen-
i5rmigen Lagen angeordnet Mikroorganismen sind
Bpftrlich vertreten, greifen nicht tief in's Innere
des Nagels ein, selbst wenn eine durch Bak-
terien bedingte Hautkrankheit (Psoriasis) vorhan-
den ist
E. spricht zum Schlüsse sich dahin aus, dass
der Subungualstreifen als die erste Stufe zur AU-
gemeininfektion des Nagels anzusehen sei, da Bak-
terien dort häufig genug angetroffen werden und
daselbst einen für ihre Entwickelung ausserordent-
lidi geeigneten Boden vorfinden.
Wermann (Dresden).
260. üeber Syphilis. (Fortsetzung; vgl.
Jahrbb. CCXLIX. p. 48.)
7) Le ehanere de Vamygdale; par le Prof. Diea-
lafoy. (Semaine med. XV. 17. p. 137. 1895.)
8) Utber Syphilis der Pcirotis und der Glandula
aubHngualie; von Prof. L Neu mann. (Arch. f. Der-
matol. u. Syph. XXIX. 1. p. 3. 1894.)
9) Mne besondere Farm von eyphiÜiiseher Oranula-
tionsgesehwuUt im Rachen; vonDr.Erecke. (liänchn.
med. Wchnschr. XLL 47. 1894.)
10) Ein Fall von syphilitischen Oummata der La-
rynxmuskeln; von Dr. Anton Elsenberg. (Arch. f.
Dermatol. u. Svph. XXIX. 1. p. 57. 1894.)
11) Die glatte Atrophie der Zungenwurxel und ihr
VerhäUniss zur Syphilis; von Prof. G. Lewin u. Dr.
Jalins Heller. Mit 2 Tafeln. (Yirchow's Arch.
CXXXVin. 1. p. 1. 1894.)
12) ünterstichungen über die Residuen reeenter
Syphilis bei Weibern bezüglich ihrer Häufigkeit und
ihrer diagnostischen Bedeutung; von Dr. Palm er.
Peutsche med. Wohnsbr. XXI. 3. p. 76. 1895.)
13) Ueber Ikterus im tVühstadium der Si/philis;
von Joseph. (Aroh. f. Dermatol. n. Syph. XXIX. 3.
p. 383. 1894.)
14) Üeber gummöse Lymphome; von Dr. W. G u 1 1 -
mann. (Deutsche med. Wchnschr. XX. 47. 1894.)
15) üeber Syphilis und Aortenaneurysma; von P.
Hampeln. (Berl. klin. Wchnschr. XXäI. 44. 45. 47.
1894.)
16) Sur Vanevrysme syphilitique de Vaorte; par
N. Ealindero u. V. Babes.. (Roomanie med. 11. 5.
p. 129. 1894.)
11) Dela mastite syphilitique diffuse ehezThamme;
par Bouanet. (Mercredi med. Nr. 7. p. 73. 1895.)
18) RetrSeissements syphilitigues de VurHhre; par
le Dr. AI bar ran. (Semaine med. XIY. 61. p. 489.
1894.)
19) Note on Psoriasis pcUmaris ; by H.S.Pnrdon.
(DabL Journ. of med. So. Jan. 1895. p. 35.)
20) A report on some reeent eases of y^malignant^
Indian syphilis ireated wüh thyroid extraet ; by J. D a n -
canMenzies. (Brit. med. Joom. July 7. 1894. p. 12.)
7) Der Schanker der Mandel wird nach Dieu-
laf oy häufig nicht diagnosticirt, da er ein durch-
aus anderes Aussehen darbietet als der Gtenital-
schanker. Er erscheint bald als flaches Geschwür
mit gerOthetem und leicht ödematösem Hofe ; bis-
weilen sitzt er auf stark gerötheter und geschwol-
lener Mandel ; in anderen Fällen wieder macht er
einen diphtherieartigen Eindruck oder er bildet
ein tiefes Qeschwfir, das ein Gummi oder Gangrän
vortäuschen kann; endlich kann er das Aussehen
des Carcinoma darbieten. Die Induration ist bis-
weilen nur gering; den Ausschlag giebt die be-
gleitende Drflsenschwellung. Ein üebersehen der
Erkrankung von Seiten des Patienten, wie es beim
Sitze des Schankers am Genitale namentlich der
Frau m(yglich ist, kommt nicht vor, da sie lebhafte
Schmerzen besonders beim Schlingen verursacht;
dabei besteht schlechtes Allgemeinbefinden, Ab-
geechlagenheit, bisweilen Fieber. Die Differential-
diagnose der Diphtherie wird durch das Cultur-
verfahren gestellt; am schwierigsten ist die Diffe-
rentialdiagnose gegenüber dem Carcinom. Bei
dem letzteren tritt die Drüsenschwellung später
auf; das Carcinom hat die Neigung, sich auszu-
breiten, während der Schanker die Neigung z\a
160
TL Iniiere Medioin.
Heilung hat; die AIIgemeinerscheinüBgen sind
durchaus verschieden.
8) Neumann theilt 6 Beobachtungen mit von
doppelseitiger syphilitischer Erkrankung der Parotis
und eine von Syphilis der rechten Glandula sub-
ungualis und der Nuhn'schen Drüse (im Zungen-
fleische in der Nähe der Spitze gelegen).
Die ersteren Patienten, 4 Frauen und 1 Mann, stan-
den im I.Jahre der syphiütischen Erkrankung und hatten
Exantheme. Schling- und Kanbewegnngen waren er-
schwert; dabei bestand starker Speichelfloss. Die Drüse
bildete eine derbe, plattninde, unversohieblicbe Ge-
schwulst ; die Praeauricnlardrüsen waren gleichfalls ver-
grössert Die darüber befindliche Haut war geröthet und
geschwellt. Langsamer Verlauf. In 2 Fällen vereiterten
die Praeauriculardrüsen. Im 6. Falle bestand an der
Zungenspitze eine haselnussgrosse Geschwulst ; der Aus-
führnngsgang der Drüse war erweitert und für eine Sonde
durchgängig. Die Glandula subungualis war gummös in-
filtrirt und an der Oberfläche in ein Geschwür verwandelt,
aus dem Speichel in grosser Menge floss; diesyphihtische
Infektion war in diesem Falle vor 4 Jahren erfolgt
9) Ein 53jähr. Mann, im 24. Jahre syphilitisch in-
ficirt, erkrankte im folgenden Jahre mit Schlmgbesoh wer-
den und Geschwürsbiidung im Rachen. Nach Jodkaüum-
gebrauch und Höllensteinpinselungen trat Besserung ein,
doch kehrten die Beschwerden von Zeit zu Zeit wieder
und Hessen nach Jodkalium wieder nach. Im Ganzen
hat der Er. in den letzten 25 Jahren 4—500 Flaschen
Jodkalinm eingenommen. Im September 1893 klagte Pat
über heftige Schling- und Athembesch werden ; an der
hinteren Baohenwand zeigten sich zwei rundliche, sehr
harte Geschwülste von Taubeneigrösse und darüber ; die
untere legte sich, wie man mit dem eingeführten Fineer
nachweisen konnte, breit auf den Kehlkopfeingang. Die
Oberfläche der Tomoren war glatt, grangelblioh und er-
schien wie eine dicke festhaftende diphtherische Mem-
bran. Massige Schwellung der ünterkieferdrüsen. In
der linken ifasenhälfte fand Schech eine vom Septum
ausgehende ähnUche Neubildung. Die mikroskopische
Untersuchung ergab eine aus Bundzellen bestehende Gra-
nulationsgeschwulst; keine Spur von einer Neigung zum
Zerfalle. Unter Jodkalinm und Pinselungen mit Methylen-
blau begannen die Tumoren schon nach einigen Tilgen
sich zu verkleinern; im Mai 1894 waren sie bis auf
Erbsen- und Bohnengröese zurückgegangen. Da eine
maligne Neubildung auszuschliessen war, wurde Syphilis
als £e Ursache der Geschwulstbildung angesehen, eine
Anschauung, die durch den Erfolg der antisyphilitischen
Behandlung bestätigt wurde.
10) Ein 19jähr. Schneider von kachektischem Aus-
sehen wurde am 10. Aug. 1893 wegen starker Dyspnoe
in Behandlung genommen. Seit 1 Jahre litt er an ver-
schiedenen Erkrankungen der Haut und der Gelenke. Die
Nase war eingesunken, Uvula und Gaumenbögen waren
zerstört. Im Gesichte und an den Gliedern viele, zum
Theil ulcerirte Gnmmigesohwülste. Das rechte Ellen-
bogen- und das linke Kniegelenk geschwellt, Gelenkenden
be&ächtlich verdickt; Tibia stark diffus verdickt und mit
einem teubeneigrossen Enochenvorsprunge versehen. Zu
beiden Seiten des Kehlkopfes und der Luftröhre eine
grosse Anzahl harter, zum Theil geschwürig zerfallener
Knoten, die in der Tiefe mit dem Kehlkopfe und der
Trachea verbunden waren. Epiglottis und falsche Stimm-
bänder nicht verändert, wahre Stimmbänder stark ge-
röthet und geschwellt, darunter ragten zwei starke Wülste
hervor, die die Glottis stark verengerten. Leber ver-
grössert, uneben und mit Knoten durchsetzt.
Die syphilitische Infektion des Kr. war wahrschein-
lich in den frühesten Kinderjahren erfolgt. Eine vor-
sichtig eingeleitete Schmierkur verschlimmerte den Zu-
stand. Unter Zunahme der Dys(»nöe erfolgte am 2. Oci
der Tod.
Die Sektion ergab, dass die obere Trachea und dsr
Larynx fast völlig von der Geschwulst xungeben waren^
die, im Unterhautbindegewebe beginnend, auf dieLarynx-
muskeln' und den M. stemocleidomastoideus übergeguma
war; die Muskeln waren vollständig degenenrt Die Ge-
schwulst bestand aus einer grossen Menge haseko»-
grosser und grösserer Knoten, zwischen denen sich Beste
von Fascien und degenerirten Muskelfuem be&adeii.
Die Knorpel waren ^i, die Glottis sehr stark vereng
Die MM. crico-arythaenoidei, crico-thyreoidei waren
schlaff, atrophisch, doch ohne gummöse Infiltrate. Die
Leber zeigte zahlreiche Gummigeschwülste.
Bei der mikroskopischen Untersuchung ergab ndi,
dass die Gununigeschwülste aus reichlich kleinzellig in-
filtrirtem fibrösen Gewebe bestanden, und zwar in ihrer
ganzen Masse entgegen dem gewöhnlichen Befunde, der
nur in dem peripherischen Theile fibröses Gewebe auf-
wies. £. nimmt an, dass in diesem Falle das syphi-
litische Virus, das Bindegewebe nur zur Hypertrophie
anregte und aus jungem Bindegewebe bestehende Herde
hervorbrachte; er beobachtete ein gleiches Verhalten bei
kachektischen Individuen mit vemaohlässigtor und oicbi
behandelter Syphilis. Die Veränderungen an den Ge-
lassen waren sekundär.
11) Nach Virchow besteht bei der Häufig-
keit der glatten Atrophie der Zungenworsel bei
Leuten, die unzweifelhafte Zeichen der Syphilis
darbieten, ein Zusammenhang beider Leiden, bes.
eine Abhängigkeit der Atrophie von der Lues.
Le-win Iheilt, da die klinische Bedeutung der
Symptome nicht allgemein bekannt ist, seine Er-
fahrungen, die er als dirigirender Arzt der Syphihs-
abtheilung der Charit^ über diese Erkrankung ge-
sammelt hat, mit; die Durchsicht der Sektione-
protokolle des Berliner pathologischen Listituts und
die mikroskopische Untersuchung hat Heller mit
Dr. Franke übernommen.
Es wurden die Sektionen der Jahre 1884 — 86
und 1889—92, im Ganzen 6583 Sektionen, für
die Untersuchung verwerthet Syphilis wurde ia
3% dieser Leichen anatomisch festgestellt In
73^^/0 der SyphilisflUle handelte es sich um e^
worbene, constitutionelle Syphilis; in 45*/« dies«
Fälle wurde glatte Atrophie der Zungenwurzel ge-
funden. In über >/, (— 69%) der Fälle mit glatter
Atrophie bestand gleic^eitig Syphilis, doch ist
diese Zahl viel zu gering, da in einer Beihe von
Fällen Syphilis zwar nicht constatirt wurde, aber
nach den pathologischen Befunden nicht unwah^
Bcheinlich war. Die Yermuthung Seiferts,
dass Phthise für die Entwickelung der glatten
Atrophie prftdisponire, wurde durch das Hatenil
nicht gestützt Die Erkrankung gehört zu den
Späterscheinungen der Lues; sie tritt bei Frauen
auffällig hAufiger auf. Die interstitielle Entzün-
dung ruft die eigentliche Atrophie, die ulcerosa
gummöse die narbigen Processe hervor. In den
Sektionsprotokollen ist neben typischer Atrophie
der Zungenbasis Hypertrophie einzelner Follikel
erwähnt ; es entspricht dies ähnlichen Verhältnissen
in der Leber.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass bei
der glatten Atrophie nur 1 — 3 Balgdrüsen sich nachweisen
liessen, während normal 5—12 vorhanden sind; der
normaler Weise 2— 4 nun betragende Durchmesser wies
eine Dicke von nur 1mm ai^ oder es blieb von der giu«
YL Innere Medioin.
ie?
MD Drüse nnr ein Häufchen Rnndzellen übrig, das dicht
Qoter em« kleinen Delle im Epithel lag. Die Zahl der
Dröseofollikel ging von 10— -15 auf 1—2 heronter; die
sdiarf abgegrenzte Faserhülle verlor sioh, so dass die
l^dräse diffos in das snbmoköse Bindegewebe über-
gine. Die normale Zange enthält 5— 7m^ so viel ade-
noides Gewebe als eine atrophische. Die Scbleimhant
wies bei der glatten Atrophie eine dünnere Epithelsohicht
anf mit Ausnahme der Einsenknn^ in die Balgdrüsen;
die Zellen wurden flacher. Die Papillen waren in schwe-
ren Fällen gänzlich geschwunden. Vielleicht nahm auch
die Moskolator an der Atrophie Theil. Die Schleimdrüsen
blieben dagegen von der Erkrankung völlig unbeeüiflasst
Klinisch giebt die Palpation die verthvoUsten
fiesultate; bei vorgeatreokter und festgehaltener
ZuBge wird mit dem Zeigefinger der Zangengrand
abgetastet. Es ist dabei auf die Zahl, die Ver-
theiluig, dieConsiatenz und Grösse der Balgdrüsen
XQ achten. Bisweilen fehlen die Drfisen nur im
mittleren Theile des Zungengrandes. Subjektive
Beschwerden macht die Erkrankung nicht. Die
Beobachtang Seifert 's, der in einer verhältniBs«
massig groBsen Zahl von Fallen frischer Syphilis
hankhafte specifische Processe auf dem Zungen»
gnrnde sah, konnten L. und H. nicht bestätigen.
Mehrere Krankengeschichten von glatter Atrophie,
die zum Theile der Privatpraxis L.'8 entstammen,
Verden mitgetheilt. In den Syphiliskliniken kommt
die glatte Atrophie relativ selten vor, da die syphi-
litischen Kranken späterer Stadien den inneren
Diniken zugetheilt werden, wenn sie nicht Er-
scheinungen auf der Haut darbieten. Klinisch
htten.sich folgende Stadien der glatten Atrophie
Intstellen: 1) aUgemeine Verringerung der Drfisen
Bach Zahl und QrOsse, 2) völliges Fehlen der Drfi-
iea im centralen Theile des Zungengrundes, Yor-
handenaein einiger kleinen und harten Drfisen
tn den Seitenrftndem, 3) fast völliges Fehlen der
Balgdrflsen überhaupt.
' üeber die Weiterentwickelung des Processes
f^en alle Erfahrungen ; wahrscheinlich bleibt er
itnf einer gewissen Entwickelungshöhe stehen.
Ke klinische Constatirung der glatten Atrophie
hat eine hohe praktische Bedeutung ; so lange das
ipedfiache Virus der Syphilis nicht bekannt ist,
U1188 jedes Symptom der bestehenden oder ab-
KdanfeDen Erkrankung ffir die Diagnose verwerthet
irerden.
12) Die Untersuchung von 600 Weibern beim
^^ge aus dem Hamburger allgemeinen Kranken-
hQfie(Engel-Beimer8), deren Syphilis, sowie
^^ der Begel auch die Zeit ihrer Infektion fest-
stand, ergab folgendes Resultat. Wfthrend der
^ivten 2 Jahre nach der Ansteckung fand man bei
den niöht wie die Puellae regelmässig und gründ-
lich behandelten Weibern sehr charakteristische
^dnen recenter Syphilis, imd zwar Chlorose in
80*/| der Fälle, DrttsenschwellunginTGö/o, Schild-
frößenvergrösserung in 45*/o, hypertrophische,
But gitterartigen Narben versehene Tonsillen in
^0% areollre Alopecie in 35*/o, Leukoderma in
?0*/t, Pigmentflecke ahs Residuen von Exanthemen
in 65% t Narben von breiten Condylomen und
hypertrophische Perianalfalten in öOVo* Qegen
Ende des zweiten Jahres aber blieb von allen diesen
Erscheinungen ffir die folgende Zeit nur noch das
Leukoderma fibrig, während in 8^1^ der Fälle die
Plaques opalines hinzukamen. Findet sich daher
jene Gruppe von Residuen, so handelt es sich um
eine Syphilis, die nicht älter ist als zwei Jahre; je
jfinger die Syphilis ist und deshalb je gemein-
gefährlicher, desto vollständiger ist dieses Oesammt-
bild vorhanden. W e r m a n n (Dresden).
13)1. Fall, l^fthr. Dienstmädchen. Im März 1893
ülc. darum. Im Juni Inunktionen. 20 Tage naoh Be-
ginn derselben Ikterus, bei gleichzeitiger Psoriasis syph.
Ealm. und plant, Tonsillitis papulosa, Leukoderma und
ymphademtis universalis. Leber etwas vergrössert.
s^ter auch die Milz. Pols 112, Temperatur 38^ Nach
2—3 Wochen Iktems, Exanthem und Enanthem ver-
schwunden.
2. Fall. 26jähr. Büffetier. Im November 1893 Ulc.
dumm. Im December Beginn der Inunktionen. Im
Februar 1894 graupapulöses Sjrphilid und bedeutender
Ikterus, der einige l^ige vorher unter Erbrechen, Appetit-
losigkeit und Verstopfung begonnen hatte. Lober und
Milz vergrössert, erstere schmerzhaft Heilung durch
Laxantien und Fortsetzung der Inunktionen.
3. Fall. 21jähr. Schlosser. Im Deoember 1893 Ulcus.
Im März 1894 Exanthem und Inunktionen. Im April
Stomatitis s^ph. und Ikterus, gleichzeitig Erbrechen,
Mattigkeit, Fieber, Verstopfung, Leber- und Milzanschwel-
lung. Heilung in einigen Wochen.
Im Einverständniss mit Anderen hält Joseph
Ikterus ffir einen Ausdruck der AUgemeinerkran-
kung des Körpers. Meist scheint er mit dem Auf-
treten des ersten Exanthems zusammenzufallen.
Maassgebend ist ffir J. die palpable Yergrösserung
der Leber. Vom katarrhalischen scheint sich der
frfihsyphilitische Ikterus durch schnellere Rfick-
bildung zu unterscheiden. Qu b 1er (Oaz. de Par.
1854) vermuthete Schwellung und Verschluss der
Oallengänge in Folge Enanthems auf der Schleim-
haut; Lancereaux (1868)undCornil nahmen
Schwellung portaler Lymphdrfisen als Grund an.
Engel-Reimers (1892) konnte diese letztere
Ansicht durch Sektionsergebnisse stfitzen, seine
Befunde können aber nicht auf alle Fälle von gut-
artigem Ikterus fibertragen werden. Senator
(1893) machte darauf aufmerksam, dass Drfisen-
packete, die den Ductus choledochus comprimiren,
auch auf die Vena portar. einen Druck ausfiben
mfissten, was klinisch zu bestätigen wäre, femer,
dass Drfisentumoren unter dem Einflüsse des Queck-
silbers nicht so rasch abzunehmen pflegen, wie
der Ikterus in der That abnimmt Mauria o
nimmt eine akute interstitielle Hepatitis an, die
durch Toxine bedingt wird und eine Funktion-
Störung der Leberzellen zur Folge hat
Werther (Dresden).
14) Ghuttmann theilt 4 Fälle von gummösen
Lymphomen aus Dr. J o s e p h 's Poliklinik mit.
1) Ein 25jfthr., vor 3 Jahren syphilitisch inficirter
Schlosser zeigte in der rechten Leistengegend eine 12 cm
lange harte unempfindUche Geschwulst; die Haut darüber
war geröthet. Nach Gebrauch von 40.0 g Jodkalium und
168
71. Innere HedioixL
90.0 g TJngi ob. AbschwelluDg der Gesohwolst bis auf
Waluinssgrosse innerhalb 4 Wochen ; bald darauf yoU*
ständige Zurückbildung.
2) Ein 51 jähr., 1873 syphilitisch erkrankter Handels-
mann bemerkte vor 1 Jahre auf der rechten Brusthälfte
eine Anschwellung, die sich nach der rechten Halsseite
zu fortsetzte. Diese yersch wand auf der Brust nach einem
halben Jahre ohne Behandlung, trat alsdann aber auf der
linken Seite auf. Die Untersuchung ergab kleinhasel-
nussgrosse Gummata der Cervikaldrüsen, ein apfelgrosses
Gummi periostale des rechten Processus mastoideus und
Muskelgummata beider Steroo-cleido-mastoidei. Unter
Jodkaliumgebrauch völlige Rückbildung innerhalb einiger
Monate.
3) Ein 25jähr. Schuhmacher; syphilitische Ansteckung
bestritten. 10 cm lange Geschwulst in der linken Leisten*
gegeod, allgemeine Drüsenanschwellung. Unter anti-
syphilitischer Behandlung Rückgang der Geschwidst
Fat. entzog sich vor völliger Heilung der Behandlung.
4) Ein 25jähr. Maler, vor 7 Jahren infidrt, mit 10 cm
langem Bube gummosus der rechten Seite, welcher sich
im Anschluss an eine Contusion entwickelt hatte. Schon
nach dem Gebrauche von 8.0 g Jodkalium Kleinerwerden
der Geschwulst.
Die späte Zeit ihrer Entstehung und ihr cha-
rakteristisches Verhalten kennzeichnen die gum-
mösen Lymphome gegenüber den sekundären
Drüsenschwellungen. Hftufig wird die Diagnose
erst durch die Wirkung der antisyphilitischen Be-
handlung gesichert; die mikroskopische Unter-
suchung der Tumoren giebt keine sicheren An-
haltepunkte. Ananmestisch sind die Infektions-
krankheiten Scharlach, Typhus, Milzbrand aus-
zuschliessen ; ausserdem hat die Differentialdiagnose
auf Tuberkulose, maligne Neubildungen, die meist
schmerzhaft sind, leukämische Tumoren, bei denen
die BlutuntersuchuDg Aufschluss giebt, Rücksicht
zu nehmen. Maligne Lymphome ergreifen meist
fast alle Lymphdrüsen und die Milz.
15) Für die syphilitische Infektion als wesent-
liche Ursache des zuweilen bereits in der Jugend,
vorwiegend im kräftigen Mannesalter entstehenden
umschriebenen , artertoskkroiischen Bupturaneur
rysma zum Unterschiede von der mehr diffusen,
aus ganz anderen Gründen entstehenden Aorten-
erweiterung sprechjdn nach Hampeln: 1) die be-
gründete Annahme von der entzündlichen und somit
wahrscheinlich infektiösen Natur der Arterioskle-
rose; 2) das Fehlen jeder anderen Ursache; die
ganze Art des Verlaufes ; 4) die Thatsache syphi-
litischer Antecedentien in den meisten Aneurysma-
fällen. Es bedarf dabei einer sorgfältigen Ana^
mnese, einer geschickten, jedes Missverständniss
ausschliessenden Fragestellung. Unter den 50 Fällen
H.'s bleibt die Frage nach vorausgegangener Syphilis
in der Hälfte der Fälle unentschieden, weil in ihnen,
namentlich in den früheren Jahren, die Anamnese
nicht mit der genügenden Gründlichkeit erhoben
worden war ; in der anderen Hälfte, theils aus der
Privatpraxis, theils aus der Hospitalpraxis der
letzten Jahre, lagen genaue Angaben vor. Diese
ergaben nun ein so auffallendes Zeugniss für den
Zusammenhang zwischen Syphilis und Aorten*
aneurysma, dass es B. völlig berechtigt erscheint,
daraus auf denselben Zusammenhang in den meiBtea
Fällen mit fehlender oder unsicherer Anamnese la
schliessen und das n^;ative Ergebniss Mherar
Jahre wesentlich auf Rechnung einer mangelhaflea
Examination zu setzen.
Das Material H.'s umfasst 50 Fälle, 17 aus der
Privatpraxis, 33 aus der Hospitalpraxis; vondiesoi
Kranken waren 41 männlichen, 9 weiblichen Ge-
schlechts, von letzteren 7 verheirathet, bez. Ye^
wittwet, 2 ledig. Eine Frau stand im 3. Lebens-
decennium, 6 Er. (5 M., 1 W.) standen im 4., 22
(20 M., 2 W.) im 5., 15 (11 M., 4 W.) im 6. und
3 Männer im 7. Decennium. In den 17 Fällen ans
der Privatpraxis hatte die Anamnese 7mal ooa-
stitutionelle Syphilis vor 8 — 20 Jahren ^geben,
6mal, ebenfalls vor 7 — 20 Jahren, hatte ein DlcoB
allein oder mit Gonorrhöe bestanden ; Imal wir
nur Gonorrhoe festzustellen gewesen; 2 Yrum
hatten abortirt. In den 33 Fällen der Hospital-
praxis hatten 6mal Syphilis, 2mal Dlcns, 2iDal
€K>norrhOe bestanden. Bei der Verwerthung dieses
Zahlenmaterials sind die bekannten Dinge, Ver«
borgenbleiben und Verschweigen der Lues zu be*
riicksichtigen. „Es erscheint daher die gewonnene
positive Zahl der an Syphilis Erkrankten oder dodi
der Syphilis Verdächtigen gross genug, um schoa
allein als Zeugniss für die Syphilis als Ursache des
Aneurysma und gegen ein blos zufällig Zo*
sammentrefPen beider zu gelten.^' Die neuo^ fi^
fahrungen haben gezeigt, dass ein sicher diagnosti«
cirtes umschriebenes Aneurysma den fast nie tarflgea*
den Rückschluss auf eine vor 8 — 20 Jahren vorans*
gegangene Syphilis gestattet, besonders bei Kranken
im 4. bis 6. Lebensdecennium. Andererseits kaoiH
falls Syphilis sowohl in ihrer nuuiifesten, als ia
latenter Form mit Sicherheit ausgeschlossen we^
den kann, was bei sorgfältiger Anamnese dooh oft
gelingt, ein eigentliches Aneurysma trotz veidäck*
tiger Symptome nicht angenommen werden.
Die Principien der Aneurysmenbehandlung we^
den trotz dieses Sachverhaltes wohl immer weseni*
lieh hygieinische und mechanische bleiben ; erwiid
aber zu neuen Anstrengungen erfolgreicher Abwehr
dieser schlimmen Menschenseuche Anregung gebea.
16) Ealind6ro und Babes berichten übet
3 Fälle (darunter einen von Hertz) von syphiü*
tischem Aortenaneurysma (2 Frauen im Alter von
50 und 34 Jahren und 1 junger Arzt von 29 Jahren)|
in denen die Sektion und die mikroskopische Dnte^
suchung der erkrankten Aorta gemacht wurden.
Es handelt sich dabei um kleine umschriebene
Aneurysmen, die in Folge gummöser Erkrankung
der Gefässwand entstehen ; sie sind von den auf
Arteriitis syphilitica der Aorta beruhenden Anen«
rysmen zu unterscheiden. Sie zeigen sich bei
jungen Personen, die keinen anderen organischai
Fehler aufweisen. Der Sitz ist gewöhnlich dia
Concavität der Aorta; bisweilen bestehen. daneben
syphilitische Veränderungen der Aorta oder der
benachbarten Organe. Das Gummi der Aorten«
YIL Gebnrtdiülfe, I!niue&- imd Einderheillninde»
169
wand erwacht und bildet einen Punkt yerminderten
Widerstandes ; es neigt zur Perforation. Bisweilen
wird die Intiima durch das Ghimmi uloerirt und
sekirndfir mit Eitererregern infidrt. Die histolo*
g;i8che Untersuchung der Aortenwand zeigt die
ohantkteristisohe syphilitische Sklerose der Yasa
Tasoram, die bis zur Obliteration fahren kann.
17) 1. Ein 22Ysjähr. Pat., seit 3 Jahren sypbilitiscli
and ungenügend behandelt, mit multipeln Drüsenschwel-
loDgeo, zeigte im Mai 1894 die linke Brustdrüse ge-
sohwollen, empfindlich, auf der Unterlage yerschieblich.
Ende Juli Aaltreten eines Gummi in der Unterkiefer-
gegend. Unter Jodkaliumbehandlung langsame Besse-
rung; Drüse geheilt im Januar 1895.
2. Ein 52jähr. Mann, im 20. Leben^ahre syphilitisch
erkrinkt, litt im Jahre 1870 an Gummen und Iritis, 1885
ao einer anderweitigen Augenerkrankung. Seit 1 Jahre
hit er am linken Mlenbogen mehrere nussgrosse Gum-
mata; an allen GUedem die Spuren früherer syphilitischer
Erkrankungen. Seit Februar 1894 rechtseitige Mastitis
TOD der Grösse eines grossen Eies, links trat im April eine
Bchwellung der Brustdrüse auf. Schmierkar. Anfang
Mai fast vöUige Resorption der Gummata am Ellenbogen ;
nor geringe Verkleinerung der Brustdrüsensoh wellungen.
3. SQjähr. Typograph mit ausgedehnter Geschwürs-
VOdung am Süsseren rechten Augenwinkel (Primär-
tthanker) und Hals- und Unterkieferdrüsenschwellungen,
die in 14 Tagen unter Einreibungen nahezu geheilt waren.
4Mon. später sekundäre Erscheinungen; linkerseits harte
Schwellung der Brustdrüse von Nussgrosse, vollkommen
schmerzlos. Lokal Quecksilbersalbe, innerlich Jodkalium.
Lugsamer Bückgang der Schwellung.
Aus diesen Beobachtungen ergiebt sich, daas
sowohl in der sekundären, wie in der tertiären
Periode der Syphilis beim Manne dififnse Mastitis
beobachtet wird ; sie ist bisweilen der specifischen
Behandlang unzugänglich oder nur unter grossen
Schwierigkeiten zur Heilung zu bringen.
18) Nach einer Statistik von Jullien fanden
sieh unter 1773 Schankem 89 an der Mündung
der HamrOhre, in der Urethra selbst nur 17. Der
Schanker der Harnröhre kann mehr oder weniger
weit vom Orifidum entfernt sitzen (7 cm in einem
Falle) und Strikturerscheinungen verursachen, die
mit der Heilung des Schankers verschwinden, oder
es bleiben wirkliche Narbenstrikturen zurück, die
der Dilatation grossen Widerstand entgegenstellen
können. Eine zweite Ursache der Strikturen bil-
den die tertiären syphilitischen Geschwüre und
Gummata der HamrOhre. Diese können vom Bin*
gange der HamrOhre ausgehen und sich in sie
Unein fortsetzen oder umgekehrt vom Innern aus-
gehend nach der Mündung zu sich ausbreiten. Diese
tertiären Erkrankungen können zwischen dem 2,
^ 15. Jahre nach der Infektion auftreten; es
bilden sich meist ausgedehnte Infiltrate, die an
einzelnen Stellen sich erweichen und zur Fistel-
bildung Anlass geben. Die Untersuchung des
eitrigen, mitunter blutigen Ausflusses ergiebt die Ab-
wesenheit von Gonokokken und die endoskopische
Untersuchung lässt die Geschwüre im Kanäle er-
kennen, vorausgesetzt, dass die Stenose die Ein-
führung ' des Tubus nicht verhindert Die anti-
syphilitische Behandlung mit Jod und Quecksilber
bringt schnelle Besserung, aber keine völlige Hei-
lung der Stenose, sei es, dass der Kranke an einer
alten, bisher unbemerkt gebliebenen, blennorrhoi-
schen Striktur leidet, sei es, dass es zu einer Skle-
rose der Schwellkörper gekommen ist, oder die
Yemarbung des zerstörten Gewebes die Striktur ver-
ursacht. Die Differentialdiagnose gegenüber dem
Carcinom kann auf Schwierigkeiten stossen. Das
primftre Epitheliom der Harnröhre beginnt meist an
der Basis des Gliedes ; von Anfang an besteht ein
hftufig blutig gefärbter, eiteriger Ausfluss; nach
Instrumentaluntersuchung treten oft reichliche
Blutungen auf; die harte Infiltration wächst schnell,
und es kommt zur Fistelbildung, während unter-
dessen die Leistendrüsen sich verhärten und die
Diagnose erleichtem ; endlich giebt die mikrosko-
pische Untersuchung Aufschluss und event. die
Wirkungslosigkeit einer eingeleiteten antisyphili-
tischen Behandlung.
19) Pnrdon empfiehlt gegen die so schwierig zu
heileode Psoriasis palmaris innerlich die von Dr. Neli«
g a n angegebene Lösung :
Jodi 0.24
KaLjodat 0.96
Sol. Fowleri Ott. . . 80
Syrap. Aurant . . 60.0
S. 2~3mal täglich einen Theelöffel.
Die örtliche Behandlung findet statt mittels eines
Salicyl-Firnisses :
Spirit. reotif 20.0
Aether snlf. 12.0
Misoe, adde Mastix ... 1.5
Dissolve, adde Acid. salicyl. 3.75
An Stelle der Salicylsäiire kann Chrysarobin treten.
Zum Waschen empfiehlt sich anstatt der Seife Qoilliga-
rinde mit heissem Wasser. Eine sehr hartnäckige Psoriasis
heilte unter der Anwendung vonCochleaiia officinaUs, die
innerlich als Thee genommen und äusserlich in Form von
Breinmschlfigen angewendet worden war.
20) Menzies behandelte auf der Heimreise von
Bombay einige Kr. mit schwerer Syphilis, die complioirt
war mit Malaria, Verdaunngstörungen u. A. mittels des
Schilddrüsenextrakts. Es handelte sich um Rupiaformen,
ulceröse Syphilis der Nase, Onmmata der Wade ; in allen
Fällen beträchtliche Kachexie ; Misserfolg der bisherigen,
aosschliesshchen Quecksilber- und Jodbehandlong.
Der Erfolg der Behandlung bestand in der Ein-
trocknung xmd Vemarbnng der Geschwüre und wesent*
lieber Besserung des Kräftezustandes. M. hält demnach
das Schilddrüsenextrakt für ein wirksames Hauttonicum
und Unterstützungsmittel der Quecksilberkur.
W ermann (Dresden).
VIK Qeburtshfllfe, Frauen- und Kinderhellkunde.
261. Zur Kafsage naoh Thnre Brandt ; von Bei Retroflexio fixata gelang es H. bei fiist allen
Dr. Hertzsohin Zwickau i. S. (Mon.-Schr. f. von ihm behandelten 64 Frauen, den Uterus durch
Qeburtsh« n. OynäkoL L 3. p. 252. 1895.) Massage aus seinen Adhäsionen zu lösen; die
H. glaubt, dass die Massage in Deutschland Massagebehandlung leitete H. übrigens nur dann
nodi nicht genügende Verbreitung gefunden habe, ein, wenn die vorher versuchte gewaltsame Treu«
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 2. 22
170
TIL Geburtahfilfe, Frauen* und Kinderheilkunde.
nung in Narkose nach6.Schultze erfolglos war.
Hure Hauptaufgabe erfQUt nach H. die Massage bei
parametritischen Exsudaten. Er meint, dass sie
auf diesem Gebiete durch nichts ersetzt werden
kann. Schliesslich berichtet H. noch, dass er von
3 Goccygodynien 2 durch Massage geheilt habe.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
262. Die Therapie der Betroflezio uteri ;
von Dr. Theilhaber in München. (Mon.-Schr.
f. Oeburtsh. u. QynäkoL IL 4; Oct. 1895.)
T h. stellt ein Bedürfniss nach einer Methode
der Badikalheilung für die Betroflexio uteri im
Allgemeinen auf Grund seiner Erfahrungen in Ab-
rede und behauptet, die Symptome, wegen deren
die Frauen alsRetroflexiokränke behandelt werden,
seien vielmehr bedingt durch anderweitige Er-
krankungen, die mit der Retroflexio in gar keinem
Zusammenhangestehen: Darmatonie, Neurasthenie,
Endometritis, Metritis. Durch die orthopädische
Behandlung konnte Th. einerseits keine Besserung
erzielen, andererseits trat Besserung nach sympto-
matischer Behandlung ein, ohne Reposition des
retroflektirten Uterus. Auch ist Th. nicht der
Ansicht, dass durch die Retroflexion Stauung ent-
stünde. Er hat 95 Frauen ohne Reposition be-
handelt Meist bestand gleichzeitig Atonia coli.
Nur in 2 F&llen vermochte er keine Heilung herbei-
zuführen. Th. sucht femer zu beweisen, dass
nervöse Beschwerden und Metrorrhagien nicht
durch die Verlagerung bedingt seien, dass aber die
Frauen mit Retroflexio uteri ohne Blutungen und
Fluor nicht zum Arzt kftmen. Er wendet sich
schliesslich gegen die häufige Vaginofixation und
erkennt deren Noth wendigkeit nur beim Prolaps an.
Glaeser (Danzig).
263. Eritisohe Bemerkungen über Vagino-
fixation und Kolpooöliotomie in Besiehung m
JBohwangersohaffcandQebart; vonA.Macken-
rodt in Berlin. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynä-
koLIL5;Nov. 1895.)
M. hat mehrfach Störungen nach Vaginofixation
gesehen und zieht auchStrassmann's Fall hier
heran. Auf Grund der gewonnenen Erfahrungen
stellt er Folgendes mit Bezug auf die ar/n]y9entonäa^
Vaginofixation des Fundus uteri fest: 1) Die sich
zwischen Scheide und Uterus bildenden Adhäsionen
sind narbiger Natur, meist sehr fest und wenig oder
gar nicht dehnbar. 2) Sie halten den Uterus häufig
in pathologischer Anteflexion, die durdi eine
dauernde Verschiebung der Blase auf die hintere
Uterinwand complicirt ist 3) Normale Schwanger-
schaft und Geburt ist nur nach spontaner oder ge-
waltsamer Trennung der Adhäsionen des Uterus
möglich. Anderenfalls erfolgt Abort oder lebens-
gefährliche Behinderung des Geburtsverlaufes, com-
plicirt durch Zerreissung der Scheide und Uterus-
ruptur. 4) Reddive der Retroflexion ohne Schwan-
gerschaft kommen vor, nach normaler Schwanger-
schaft und Gtoburt sind sie sehr wahrscheinlich.
5) Die Tuben werden durch fordrte Anteflexioit
des Uterus und Ueberlagerung der Blase nach
hinten abgeknickt, häufig fixirt, dadurch wird die
Conception behindert 6) Die fixirte Betroflexion
wird besser durch Ventrofixation behandelt, weil
die Lösung der Verwachsungen nach va^naler
Cöliotomie schwierig ist, geOhrlidie Blutungen
veranlasst und weil das Hervorziehen des Uteros
unvermeidliche Infektionsgefahr mit späterem
Siechthum oder tödtlicher Sepsis mit sich bringt
Die Vaginofixation durch die Excavation hin*
durch hat Folgendes fOr sich : 1) Die Adhäsionen
sind peritonäal, genügend fest, um den ütem
dauernd vom zu halten. Die Verschieblidikeit
des Blasenperitonaeum gestattet dem Uterus ohne
Verletzung der Adhäsionen genögende Dislokation»-
fähigkeit 2) Die Lage des Uterus ist normal, der
Situs der Blase nur anfänglich verschoben, bald
wieder normal. 3) Normaler Verlauf von Schwanger-
schaft und Geburt ist ohne Trennung oder Deh-
nung der Adhäsionen möglich. 4) Becidive ohne
oder nach Wochenbett kommen nur ausnahme-
weise vor und lassen sich durch zeitweilige Peesar-
behandlung nach dem Wochenbett meist ganz re^
hüten [? Ref.]. 5) Die Conceptionsfähigkeit wird
angesichts der normalen Lage aller Theile nicht
behindert, sondern erhöht 6) Für die fixirte
Betroflexion eignet sidi die Methode nicht
M. empfiehlt nur die von ihm (BerL klin. Wo-
chenschr. XXXI. 31. 1894) geschilderte Methode
der völligen Verschliessung der Excavation, nnd
zwar mit fortlaufender Catgutnaht Eine Annähung
des Darms, wie sie Wertheim passirte, U&sst
sidi vermeiden, indem man dasPeritonaeum öifhet,
nachfühlt und dann erst bis zum Fundus uteri
vernäht Glaeser (Danzig).
264. Ueber schwere Oeburtsstörongen in
Folge YonVaginofizatio ateii; von M. Graefe
in Halle a. S. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynäkd.
n. 6;Dec. 1895.)
Im Anschluss an dieFäUe vonYe}de und St rass-
mann theilt Gr. eine SchwaDgerschaft und Gebort mit
nach Vaginofixation -Maokenrodt ohne Eröffnung der
Plica vesico-uterina. Einen Monat nach dem Endtermin
stand der Uterus handbreit über dem Nabel, das Abdomoi
stark in die Breite gedehnt, Querlage, Kopf rechts. Poitio
hoch im Kreuzbein liegend, mit den Fingern iamn zn
erreichen. Das untere Uterinsegment wölbte sich nich
der Scheide wie eine gespannte Blase vor. Die änssen
Wendung misslang, z eklamptisohe AnfiÜie (DrittgeU-
rende !). Sectio caesarea. Die Blase ging sehr hoch am
Uterus in die Höhe.
In 150/0 der nach Vaginofixation beobachteten
Geburten sind schwere Störungen beobachtet worden.
Wenn auch der Procentsatz vielleicht ein zu hoher ist,
so ist man doch nicht mehr berechtigt, die Operation
als gefahrlos in Rücksicht auf eine spätere Schwan-
gerschaft und Geburt anzusehen* 0 r. will deshalb
die Vaginofixation nur bei Frauen im klimakteri-
schen Alter ausfahren, sonst aber der Ventrofixatio
oder der Alexander'-Adams'schen Operation
den Vorzug geben. Glaeser (Danzig).
(
Vn. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunda
171
265. Zar Technik der Alezandar^Alqni^-
lohen Operation; von Dr. J. Fabriciue in
Wien. (Gentr.-BL f. OynAkoL XIX. 29. 1895.)
¥. macht diese Operation ebenso wie Eustner,
Gelpke und Werth nur in den Fällen, in denen der
ütems frei beweglich und leicht aofrichtbar ist, und nnr
laoh vergeblichem oder aohmerzvoUem Tragen eines
FtasarB. Er trennt Haat und Fascia snperfic. vom
Tab. 088. pnb. entsprechend dem Verlaufe des lig. Pou-
IMffiü 8— 9 cm gegen die Spina anter. sup. oss. il. bis zor
Aponenrose des Muse, obliq. ezternns. An der Insertion
dos lig. Poupartii am Tab. oss. pub. zeigt sich der Leisten-
kauQ, ein Spalt mit Fettgewebe. Indem man die Haut-
i&Qder mit Haken zurückhalten lässt, fahrt man darch
don Schhtz des ftusseren Leistenrin^ unter die Apo-
oevoee des M. obl. ext 6 — 7 cm eme Hohlsonde und
darchtrennt diese Fascie so weit gegen die Spin. ant. sup.
hin. Um den unteren Antheil der durchtrennten Apo-
neorose yoUkommen frei za machen und amlegen zn
können, darchtrennt man diese vom oberen Wundrand
schrig aaf das lAg, Poupartii, etwa 2 — 2 Vi cm, klappt
dann den unteren Antheil der Aponeurose am nach
LosQog vom Muse. oU. ext bis zam weissglänzenden
Bande des Lig. Poapartii. Man hebt nun im äasseren
Leistenringe das Fettklumpchen , in dem sich das hier
zarte Ug. rotund. befindet, empor und isolirt das liga-
fflentam, eventaell präparatorisch vorgehend. Anziehen,
\m 1— 2 cm vom Peritonäalfortsatz abpräpariren ; daraaf
durchsticht man mit stark gekrümmter Nadel den inneren
Band des lig. Poapartii in der Höhe der Austiittstelle
des lig. rot aas der Baachhöhle, ungefähr über der Art.
crnr., das vorgezogene Lig. rot. and endlich die äfaohe
Baochmoskelschicht Dann werden das ganze lig. Poa-
partii, lig. rot and Muskelschicht vom oberen Wund-
vinkel bis zum Tab. oss. pub. vernäht Knüpfen, Besek-
ti« des überschüssigen Lig. rotandum. Die durohtrennte
Aponeorose des M. obL ext. wird umgeklappt, vernäht;
schliesslich Hautknopfiiähte. G 1 a e s e r (Danzig).
266. ZnrTedhnik der Alexander- Operation;
Ton Dr. S. Stocker in Luzern. (Centr.-Bl. f.
öynäkoL XIX. 29. 1895.)
Im Oegensatze zuFabricius vermeidet St, wenn
n^ch, ein weiteres Trennen der vorderen Leistenkanal-
viod, trennt höchstens 1 cm aaf. Er fixirt so, dass er
4 Nadeln durch den einen Schenkel des Leistenringes
ein-, durch das Band hindarch- und am anderen Schenkel
hinaoastösst darüber die Haut vernäht. Er operirte so
Mch bei 7 fixirten Büokwärtsla^erongen, nar eine Frau
leigte später ein vollständiges Becidiv. Glaes er (Danzig).
267, Die Colpotomia anterior ; von A. M a r -
titt in Berlin. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh. u. OynftkoL
n. 2. 1895.)
M. berichtet über seine, an 98 Kranken ge-
wonnenen Erfahrongen. Er schildert die Technik
engehend. In allen Fällen endet die Golpotomie
iQit einer Yaginofixur. 15mal wurde die Colpo-
tomie wegen Myom ausgeführt, einmal die Salpingo-
BtomieangeBohlossen. Myome über Faustgrösser&th
IL nicht mehr per vaginam nach Golpotomie zu
entfernen. Das Bett der Geschwulst, bez. die In-
cisionstelle vernäht M. in Etagen mit fortlaufendem
Catgutfaden. Bei Eröffnung des Oavum uteri
Bchliesst die erste Etage die Wunde der Mucosa,
bez. Submucosa, eine 2. und 3. Etage vereinen die
Muskulatur, eine 3. und 4. die Serosa. 14mal
Ausführung der Golpotomie wegen mobiler Betro-
ilexion, 8mal bei Prolapsus vaginae und beweg-
licher Betroflexion. 43mal wurde Heilung peri-
metritischer Verwachsungen durch die Golpotomie
erstrebt. Diese Operationen waren zum Theil
recht schwierig. Durch allmähliches Hervorziehen
der Tuben mit der Eomzange wurde meistens
eine Lösung der Adnexe ermöglicht und gelang
nur bei flächenhaften Verwachsungen nicht. In
7 Fällen gaben vergrösserte Ovarien die Indikation
zur Operation und in 6 Fällen tubare Geschwulst-
bildungen. Ausser bei grossen Geschwülsten zieht
M. die Göliotomie der Golpotomie vor bei Verwach-
sungen der Adnexe im Bereich der hinteren Wand
des Douglas'schen Baumes und besonders im Be-
reich der hinteren Peripherie der Linea innominata.
Glaeser (Danzig).
268. The treatment of flbro-myomatoas
uteri requicing liysteraolomy by a oombined
Tagino-abdominal matkod of enuoleation with
individaal ligaüon of blaeding veaaela only;
by J. Goplin Stinson, Hamilton (Ontario).
(New Tork med. Reoord XLVin. 3 ; July 20. 1895.)
St. empfiehlt die Methode für alleFibromyome,
die operirt werden müssen, mit Ausnahme der
Geschwülste, die nicht in das Becken entwickelt
sind und den Gebärmutterhals hoch in die Hohe
gezogen haben. Diese sind nach St nur vom
Bauche aus zu operiren.
Die Methode besteht in Umschneidung des Qebär-
mutterhalses nach Eröfifoung des Douglas'schen Baumes
und möglichst auch Eröffnung der vorderen Bauchfell-
tasche. Diese ebenso, wie die Trennung des unteren
Theiles der breiten Matterbänder gesclueht von der
Scheide aus, Entfernung der Eileiter and Eierstöcke, Ab-
trennung des Bestes der breiten Matterbänder, Loslösung
der Blase und AaslÖsong der ganzen Oebärmatter nach
Eröffnung der Baachhöhle. Dabei sollen keine Massen-
onterbindungen gemacht werden, sondern es soll nach
Pratt jedes blntende Gefäss einzeln gefasst und mit
Gatgut unterbunden, bez. umstechen werden. Die Blu-
tung wird sehr vermindert, wenn man sich sanz nahe an
Eileiter und Eierstöcke, bez. Gebärmutter hält, da es sich
dann meist um kleine Arterien oder Oapillaren handelt
Das Bauchfell wird geschlossen oder, wenn nöthig,
drainirt. J. P r ä g e r (Ghemnitz).
269. Sor an prooedi dellnitif d'hyst^r-
eotomie abdominale totale ponr Abronotea nie«
rins; par L.-G. Riohelot (Ann. d'Gyn6ooL
XLin. Mai 1895.)
B.*s ^^definitives* Verfahren der vollständigen Ent-
femang der Gebärmutter von der Baachhöhle aus wegen
Myom besteht in der Anwendung seiner Klammern. Die
Scheide wird vorher gründlich desinficirt Nach dem
Bauchschnitt wird die Geschwalet entwickelt; dann wird
vom ein Bauohfelllappen mit der Blase losgelöst und auf
dem in die Scheide eingeführten Finger das vordere
Scheidengewölbe eröffnet Die Scheide wird beiderseits
bis zum Ansatz der breiten Matterbänder abgetrennt.
Dann werden die letzteren mit der einen Hand gefasst
und mit je einer grossen, in die Scheide eingemhrten
Klemmzaoge abgeklemmt Darauf werden die Bänder
abgelöst and zum Schluss die Scheide hinten abgetrennt
In die Scheidenöffnuug wird Jodoformgaze von oben her
eingeführt
R hat die Operation in dieser Art nur Smal aus-
geführt, rühmt aber ihre Leichtigkeit und Schnelligkeit
Die Kranken wurden geheilt J. Präger (Chemnitz).
172
yn. GdburtshQlfe, Frauen- und Einderheilkunda
270. Die abdominale Totalezstirpatlon des
my omatösen Utema und deren Vorgeaohiohte ;
Ton Dr. L. Kessler. (Petersb. med. Wchnschr.
XX. 36. 1895.)
Nach einer historischen Einleitung über die
verschiedenen Methoden der Totalexstirpation wegen
üterusmyom bespricht E. ausführlich die M a o k e n -
r od t 'sehe Methode und berichtet über 2 nach
dieser mit gutem Erfolge ausgeführte Operationen.
Als Vorzüge der von Mackenrodt angegebe-
nen typischen, glatten, abdominalen Totalexstirpa-
tion des unzerstückelten Uterus hebt E. Folgendes
hervor : Die grosse Sicherheit vor Blutverlust, da
nichts durchschnitten wird, was nicht vorher unter-
bunden ist, femer die möglichste Sicherung gegen
Infektion, und zwar sowohl gegen die prim&re, da
die Oebärmutterhöhle nicht eröffnet wird, als auch
gegen eine etwaige sekundäre, da durchaus kein
Gewebe zurückbleibt, das inficiren könnte, und
schliesslich die glatte Beconvalesoenz und das
Fehlen jeglicher Beschwerden, wie sie bei zurück-
gelassenem Stumpfe öfters als von diesem aus-
gehend noch längere Zeit hindurch beobachtet wer-
den. Weitere Vorzüge der Methode bestehen nach
E. noch darin, dass eine Verletzung oder Untere
bindung der üreteren ausgeschlossen ist, dass das
Verfahren auch bezüglich der Möglichkeit von
Recidiven radikal ist, und dass es auch in den
technisch schwierigsten Fällen anwendbar und
ausreichend ist Art h. Hoffmann (Darmstadt).
271. Ueber die Totalexstirpation des nayo-
matösen Uterus per laparotomiam ; von W.
Beckmann in Petersburg. (Petersb. med. Wo-
chenschr. XX. 41. 1895.)
Im Obuchow-Hospital wurde von Wasten
und seinen Assistenten die Totalexstirpation per
laparotomiam 8mal ausgeführt, ohne einen Todes-
falL Es wurden dabei die Umschneidung des
Scheidentheilee, die Loslösimg der Blase und Er-
öffnung des Douglas'schen Baumes von unten her
gemacht, die übrige Operation von der Bauchhöhle
aus vollendet Den Hauptvorzug der Methode
sieht B. in dem reaktionslosen Verlauf nach der
Operation. Zum Schluss berichtet er über die
beiden, von ihm selbst operirten Frauen.
J. Präger (Chemnitz).
272. Ablation des flbromes de Patents
par la laparotoniie d'apres la methode de
Doyen; par Sn^guireff, Moscou. (Ann. de
GynßcoL XLIIL Mai 1895.)
Seit März 1894 operirte 8. 23mal Myome mit voll-
ständiger Entfernung der Gebärmutter von der Bauoh-
höhle ans nach der Methode Doyen 's; nur hat er nach
den ersten 10 Fällen es aufgegeben, nach Vorschrift
Doyen 's auf einer in die Scheide eingeführten Klemme
zuerst das hintere Scheidengewölbe zu eröffnen. Er trennt
vielmehr zuerst die mit Catgut unterbundenen breiten
Mntterbänder (wenige Unterbindungen!) ab, löst dann
mit dem Finger das Bauchfell und die Blase von der
vorderen Wand ab, unterbindet die Uterinae und eröffnet
dann das Soheidengewölbe. Hierauf entfernt erEierBtock
und Eileiter und leitet die Ligaturen in die Scheide. Den
Schluss bildet der Abschluss der Bauchhöhle dnrchNaht
des Bauchfells. Nur bei ausgedehnten Bauchfelldefekteii
tamponirt er nach Mikulicz. Sämmtliche 23 Operiite
gmasen, darunter auch eine, bei der am 5. Tage nach der
peration wegen drohenden Darmyerschlusses der Bauch
wieder geöffnet werden musste; es fanden sich dabei
Dänndarmsohlingen mit den Stümpfen der breiten Mntter-
bänder verklebt
Im Ganzen hat S. gegen 200 Myomotomiea
gemacht; davon hat er 120 mit Befestigung des
mit Bauchfell fiberkleideten Stumpfes am Bauchfell
der vorderen Bauchwand ausgeführt mit U*/«
Sterblichkeit Die Misserfolge führt 8. hauptsäch-
lich auf Infektionen vom zurückgebliebenen Hals-
kanal aus zurück. Wesentlich dieser Orund fQhrt
ihn zur Annahme der oben geschilderten Methode.
J. Präger (Chemnitz).
273. Stanapfbehandlung nach snpravagi-
naler Amputation des ütems ; von Prof. Runge
in Göttingen. (Centr.-Bl. f. Oynäkol. XIX. 49.
1895.)
R. operirt im Wesentliohen nach Schröder, der
Stampf wird möglichst klein, die Cervikalschleiinhut
tief ausgeschnitten. Der Trichter wird dann gut duick
Terrasseimähte geschlossen. Auf eine Yereinigong des
Peritonaeum über dem Stumpf wird kein besonderer WerÜi
felegt, insbesondere wird keine Peritonäalnaht gemacht
[auptprinoip bleibt völlige BlutstUlong. Erfahnuig über
27 Fälle. Eme Frau starb an Pneumonie. R desinficute
^früher^ den Oervikalkanal ; jetzt beschränkt er sich uf
Desinfektion der Scheide und deren Ausfällung mit Jodo-
formgaze. Gl ae 8 e r (Danzig).
274. Zur Stielyersorgiing beiMyomopera-
tionen ; von M. Hofmeier, Würzburg. (Centr.-
BL f. Gynäkol. XIX. 44. 1895.)
H. macht darauf Anspruch, schon früher als Ohio -
bak, die üebemähung des Stumpfes mit Peritonaeum
vorgeschlagen zu haben. Er bildet vom und hinten
einen Peritonäallappen, unterbindet dann ausser demiig.
lat jederseits die Art uteriim, legt noch einmal unterhalb
derselben eine Catgut- oder Seidenunterbindung durch
die Cervix, um die unterhalb abgehenden A^te der
Uterina zu fassen, lässt aber die Cervikalhöhle offon,
näht also nicht transversal wie Zweifel. Auf die Trea-
nung mit dem Thermokauter verzichtet H., um die Lebens-
fähigkeit des Gewebes nicht herabzusetzen , legt aber
einen um so grösseren Nachdruck auf die primäre Des-
infektion der Scheide, der Cervix und des Uterus, indem
er die letzten Tage vor der Operation mit der Bram'-
sehen Uterusspritze reichliche Mengen einer starken
alkohoUschen CarbolsäurelÖsung unter gleichzeitiger Be-
rieselung der Scheide in das Uteroscavum injicirt, soviel,
dass das ganze Cavum damit angefüllt ist. Intoxikation
hat H. nie gesehen. Eine Blutung des durchschnittenen
Cervixstumpfes tritt nach guter Unterbindung der Ge-
fässe nicht ein. Schliesslich näht H. die beiden Peii-
tonäallappen doppelt über den Stumpf. Unter 13 fUlen
Imal Sepsis durch Anstechen eines Darmes.
Glaeser (Danzig).
275. Bzperimenteller Beitrag sorFHge der
Stompfbehandlnng belMyomohyatereklomie;
von Dr. M. Walthard in Bern. (Centr.-BL l
GynÄkol. XIX. 1. 1895.)
W. hat an zahlreichen Eaninohen die Frage n
lOsen versucht, ob die ABeptik des abgeechnfirtea
Yn. Gebortshülfe, Frauen- und Einderheilkuiid^
17«
Cervizstumpfes unter allen umständen als gesichert
zu betrachten ist, vorausgesetzt, dass sie während
der Operation gewahrt wurde. Er kommt zu dem
Besultat, dass dies der Fall ist Somit fallen die
theoretischen Bedenken weg, die gegennber der
einfachen Versorgung des Cervixstumpfes nach
Art der Ovarialstümpfe erhoben worden sind, ein
Operationsmodus, der sich in verschiedener Form
(Zweifel, Kocher, Leopold) praktisch schon
längst der Sehr Od er 'sehen Methode als weit
fiberlegen erwiesen hat 0 1 a e s e r (Danzig).
276. Ueber die Verftndernng der ütems-
■ehleimhaat bei Fibromyomen imZusammen-
hange mit ütemsblatnngeii ; von Dr. A. B o r i s -
soff in Petersburg. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh. u.
Gynäkol. 11. 5 ; Nov. 1895.)
B. untersuchte in 21 Fällen aus Lebedeff 's
Klinik mikroskopisch. Die Präparate boten alle
Varietäten der Endometritis, meist mit Vorherr-
schen des interstitiellen Processes unter verein-
zelter gleichzeitiger Drüsen Wucherung, gewöhnlich
aber waren die Drüsen wie gedrückt oder heraus-
gedrängt, völlig atrophisch. Die Blutgefässe in
den oberflächlichsten Schleimhautschichten zum
grossen Theile erweitert und strotzend gefQUt,
auch Blnteztravasate und Klaffen der Qefässe auf
der Oberfläche der atrophischen Schleimhaut kamen
vor. Das Epithel fehlte meistens vollständig und
war nur in einzelnen Fällen theüweise oder ganz
erhalten. B. schliesst, dass das Myom, noch bevor
es tastbare Grösse erreicht hat, einen Reiz ausübt,
der eine beständige Hyperämie im Uteruskörper
unterhält Hierbei sind zu berücksichtigen ent-
zündliche Veränderungen in Parenchym und
Ovarien, Erkrankungen der Ovariennerven, später
bei erhöhtem Wachsthum Stauung, deren Folge
wiederum Gelässveränderungen sind und Extra-
vasate. Diese heben das Deckepithel und die ober-
flächlichen Schleimhautschichten ab und öffnen
dadurch neue Qef&sslumina. Schwieriger ist das
Fehlen von Blutungen bei gewissen Myomen zu
erklären, man muss dabei an den hemmenden Ein-
flass anderer Momente denken (Ovarienerkrankung,
Blutarmuth, schwache Entwickelung der Oefässe,
idige des Tumor u. s. w.). Olaeser (Danzig).
277. Sinige allgemeinere Bemerkungen sor
intrauterinen Diagnostik nnd Therapie; von
Sigmund Oottschalk in Berlin. (BerL Klinik
Heft 79. Jan. 1895.)
O. betrachtet es als Hauptursaohe der so häufig
in Folge intrauteriner Eingriffe beobachteten In-
fektionen, dass der Beinhaltung der äusseren Geni-
talien und des Dammes vor Beginn und während
der Dauer der Behandlung zu wenig Beachtung
geschenkt wird. Ein weiteres Mittel, den Gefahren
der intrauterinen Eingriffe erfolgreich zu begegnen,
erblickt O. in einer strengeren Indikationstellung
sanächst ffir die Sondirung, die nur da erlaubt iat|
wo sie als diagnostisches oder therapeutisches
Mittel unbedingt von Werth ist und nicht durch
minder gefährliche Maassnahmen ersetzt werden
kann.
Nach G. besteht ein ungefährlicherer und im
Erfolg sicherer Weg der Diagnosenstellung darin,
in allen Fällen, in denen die Anamnese eine bös-
artige Neubildung der Körperhöhle vermuthen lässt
und der Halskanal wie gewöhnlich undurchgängig
ist, letzteren sofort so zu erweitem, dass der Finger
darchdringen und die Eörperwandung gründlich
abtasten kann.
G. warnt vor der Aufrichtung des retrovertirten
Uterus mit Hülfe der Sonde. Entzündliche Zu-
stände in der Nachbarschaft des Uterus contra-
indidren ferner nach G. jede intrauterine Aetzung.
Er räth, jede Form des sogen. Gebärmutterkatarrhs,
die nicht unzweideutig eine Mitbetheiligung der
Eörperschleimhaut in der Art des Sekretes, Blu-
tungen, Empfindlichkeit des Corpus uteri erkennen
lässt, in therapeutischer Hinsicht zunächst nur als
eine Gervikalerkrankung zu betrachten und dem-
entsprechend nur die Cervixschleimhaut zu be-
handeln. In den ersten 3 — 4 Wochen nach einer
Auskratzung muss nach G. das Cavum uteri für
Einspritzungen und Aetzungen ein Noli me tangere
sein. Art h. Hoffmann (Darmstadt).
278. Zar Behandlang gewisser Fälle von
Hetritis ohronica; von Dr. M. Wiederhold in
Wilhelmshöhe. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. GynäkoL
I. 4. p. 354. 1895.)
In einem Falle, in dem nioht nur als Vorboten, im
Verlauf und als Nach wehen der Menses, sondern auch
zwischen 2 Menstruationen mehrere Tage lang die hef-
tigsten Migräneanfälle auftraten und chronische Metritis
mit bedeutender Vergrösserung des Uterus, sowie Gervir-
und Vaginalkatarrh vorlagen, wandte W, mit gutem Er-
folg den galvanischen Strom an. Die Empfindlichkeit
der Genitalorgane war so gross, dass schon durch heisse
Vaginalausspülungen Migräneanfölle ausgelöst wurden.
Oberhalb der Symphyse wurde eine 12Vs cm breite
Bauohdeckenelektrode aufgesetzt, während die andere,
besonders construirte Elektrode in die Scheide eingeführt
wurde, wobei die Gewebe durch Glyoerin vor der direkten
metallischen Berührune geschützt wurden. W. wandte
zuletzt 5 — 6 M.-A. 5 Sunuten lang an.
Sehr auffallend war die Einwirkung auf das Hinaus-
schieben der Menses. W. empfiehlt die elektrische Be-
handlung zuoächst da, wo eine Metritis chronica mit
so starken Erregungzustäoden im Nervensystem vorhan-
den ist, dass eine rein gynäkologische Behandlung zur
Zeit nicht zum Ziele führen würde und andererseits eine
Erhöhung der Kraft und Widerstandsfähigkeit der Er.
bei dem bestehenden Leiden auch durch anderweite
Kuren nioht erzielt werden kann.
A r t h. H 0 f f m a n n (Darmstadt).
279. üeber Hetritis gonorrhoioa; von Dr.
M. Madlenerin München. (Centr.-BL f. OynäkoL
XTK. 50. 1895.)
Bisher war es nicht gelungen, die Gonokokken im
Uterusgewebe selbst nachzuweisen. Wertheim konnte
sie in 18 Fällen nur in der Schleimhaut auffinden.
M. berichtet über eine Üterus-Totalexstirpation 7 Wochen
post partum. 3 Wochen ante partum hatte starker gelber
Ausfiuss begonnen.. Färbung nach W^rtheim (abge^
174
Vn. Qeburtflhülfe, Flauen- und KinderheÜkunde.
ftnderte Gram 'sehe Ffirbung, Nachfärben mit Methylen-
blau), Bnmm und Touton. Die klarsten Bilder gab
die Färbung B u m m 's« Im Fundus starke Anhäufung von
fiund£ellen, nicht nur um die Gefässe, sondern auch
Zwischen die Muskelbündel hinein. Die Gonokokken
sassen hauptsächlich in den entzündlichen Herden,
manche intracellul&r, jedoch immer nur ein Eokkenpaar
in einer Zelle, häufiger jedoch extraoellulär, oft in Ge-
"webespalten in mehreren Exemplaren beisammen. Sie
Sassen in allen Tiefen der Muskulatur, von der Mucosa
bis zur Serosa. Im Allgemeinen waren mehrere Gesichts-
felder zu durchmustern, ehe ein Gonokokkenpaar sichtbar
wurde. Im linken üterushom erbsengrosser gonorrhoi-
scher Abscess mit vielen intracellulären Gonokokken.
Bechts und links Pyosalpinz gononh., im subepithelialen
Stratum Infiltration, spärliche Gonokokken. Endometritis
interstitialis. In der hinteren Uteruswand &nd M. die
Gonokokken häufiger als vom und fuhrt hierauf die häu-
figere Peiimetritis-posterior-Infektion durch die hintere
Uteruswand zurück. G 1 a e s e r (Danzig).
280. Snr la rapiditi de reprodnotion de la
maqueuse de l'atems ohes la femme apres )e
raolage; par le Prof. L. M. Bossi. (Aroh. ital.
de BioL XXIV. 1. p. 51. 1895.)
B. &nd in 2 Fällen , in denen er 25 , bez.
27 Tage nach dem Curettement den Uterus wegen
entzündlicher Tubenerkrankungen herausnahm, die
üterusschleimhaut vollatAndig regenerirt; in einem
3. Fall zeigten sich nach 15 Tagen nur noch ge-
ringe Oberflfichenepitheldefekte. In 7 gut beob-
achteten Fällen trat 25 — 29 Tage nach dem Curet-
tement Schwangerschaft ein, die ungestört verlief.
Ueberhaupt sah B. bei 150 Frauen kürzere oder
Iftngere Zeit nach dem Curettement Conception
eintreten. Er betont, gleich den deutschen Autoren,
die ünvollkommenheit der Zerstörung der Schleim-
haut durch das Currettement, die dieses einerseits
relativ gefahrlos mache (Nichteintreten von Obli-
teration der Uterushöhle), andererseits aber auch
die häufigen Becidive der Endometritis erkläre.
R. Elien (München).
281. üeber Zeratönmg desBadometriams
naohAaskratiang; von J.Yeit in Berlin. (Centr.-
Bl. f. GynäkoL XIX. 36. 1895.)
y. hat mehrfach Uterusobliteration gesehen. Doch
kam diese ausserhalb des Puerperium schwer zu Stande,
80 einmal nach Anwendung des galvano - kaustischen
Porcellanbrenners im Uteruskörper, auch einige Male
nach Anwendung von DumonipcUlter*schen CMorzink-
stiften, jedoch nicht immer. Nach einer Auskratzung
3 Tage nach einem Abort entstand eine 1 cm lange Obli-
teration, die sich durch einen Quellmeissel dehnen Hess.
Die Menstruation trat danach wieder ein.
Glaeser (Danzig).
282. Zur Teohnik der Ansaobabang; von
H. Löhlein. (Centr.-Bl. f. GynÄkoL XIX, 14.
1895.)
Da die Curette am Fundus und den Tubenwinkeln
nicht die Schleimhaut zu entfernen im Stande ist, empfiehlt
L., an diesen Stellen den Swnan-Sekröder'aßhen scharfen
Löffel zu gebrauchen. Glaeser (Danzig).
283. Partielle üterasobliteration nach Aus-
achabang and Methode operativer Beseitigang
des Leidens; von Otto Eüstner in Breslau.
(Centr.-BL f. GynttoL XIX. 30. X896.)
E.*sFall ist der gleiche wieFritsch's (TgLJahxi^k
CCXLVn. p. 257). Auch hier wurde im Puerperium
eine Ausschabung gemacht, diesmal 6 Wochen nach der
Geburt Seitdem Amenorrhoe und Schmerzen. Der Ver-
such, in den Uterus die 4mm-Sonde zu bringen, schei-
terte bereits 1 cm hinter dem äusseren Muttermond.
Operation : Querschnitt zur Eröffnung des Douglaa'schea
Raumes, beiderseits eine weitgreifende Massenligator
durch die hintere Partie der Ligg. lat., AbtrenneD des
Uterus von diesem Abschnitt. Dadurch konnte der Uten»
nach hinten durch die Oeffnung durchgezogen worden.
Mediane Spaltung, im Uterus eine 3 cm lange Höhle, toq
da 3 cm lange obliterirte Partie, die unterste (1 cm) wie-
der wegsam. Curettement der gewucherten Schleimhaut
Darauf wieder Vemähun^ der obersten Partie, wShrend
unter der obliterirten Stelle jede Seite für sich ge-
näht wurde, so dass eine neue Verwachsung unmd^oh
wurde, vielmehr ein hochgehendes Laoerationsektropiom
entstand. Reposition des Uterus, die Wunde des Donglis'-
schen Raumes blieb offen. Nach 14 Tagen war der
Uterus 7 cm lang bequem zu sondiren. Für später soll
noch die gespaltene Cerviz genSht werden. [Einfacher
wäre vielleicht die Colpotomia anterior (Martin) zu dem
Zwecke gewesen. Ref.] Glaeser (Danzig).
284. Ein operatives Verflahren lar Heiiaog
partieUer üterasobliteration; von E. Wert-
heim in Wien. (Centr.-Bl. f. GynÄkol. XIX. 40.
1895.)
4 Wochen nach einer Entbindung Auskratzung. Da-
nach Aufhören der vorher vorhandenen Blutungen, nur
4wÖchentlich Uteruskoliken. Die Sonde drang nur 2 cm
vor. Corpus verdickt und sehr druckempfindlich. Colpo-
tomia anterior. Bei der Spaltung des Uteras war w
2Vsoni langes Cavum vorhanden, das etwas altes Blot
enthielt. Die obliterirte Stelle betrug 2VsCm. Zur Offen-
haltung der verwachsenen Stelle nähte W. die Scheideo-
schleimhaut beiderseits an die Mucosa uteri, abwirts
wieder Vereinigung der Uteruewundränder miteinandiv.
Jodoformgazestreifen vom Fundus zum Orificium ezter-
num. Die Fistel zum vorderen Scheidengewölbe ist,
wenn sie nicht spontan heilt, später zu schliessen. W.
macht darauf aufmerksam, dass Yeit*s Ansicht nicht
immer zutrifft, dass vielmehr wie hier wohl öAen
HAmatometra nach partieller Uterusobliteration entsteht,
und warnt deshalb auch vor den Dumontpaüier'st^w
Chlorzinkstiften. Glaeser (Danzig).
285. üeber Endometritis in der GraviditSt
(Ztschr. f. Qeburtsh. u. Gyn&kol. XXXII. 1. p. 98.
1895.)
Erster Theü: Bakieriohgiacher Befund in einem
weiteren Fall von Endometritis in der SehuKmgtf'
Schaft; von Emannel und Wittkowsky.
Die Er. abortirte vor 2^1 Jahren ohne äussere Ver-
anlassung in Folge entzündhcher Verfinderungen in der
Deoidua vera; damals wurden deutlich intraoellallr
gelegene Kokken nachgewiesen. Mitte Juli 1894 sachte
sie wiederum ärztliche Hülfe, weil sie, im 4. Schwanger-
sohaftmonat stehend, zeitweise Blutabgang aus denOeni-
talien hatte. Innerlich untersucht war sie niemals wor-
den. 2 Tage später Abort Die entfernte Plaoenta und
Decidua zeigten schon makroskopisch schwere krankhalte
Veränderungen, besonders Deoidua vera und rofleza,
über die eine stark gelbe Farbe verbreitet war. Histo-
logisch ergab sich ais Ursache dieser Veränderongea
hauptsächhch Infiltration des decidualen Gewebes mit
kleinen, Eiterkörperchen völlig identischen Rundaelleo.
In diesen Infiltrationsherden waren zahlreiche BacUlea
nachzuweisen, die immer zwischen den Zellen lagen and
streng auf die Stellen der kleinzelh'^n Infiltration be-
schränkt waren. Die gefundenen Mikroorganismea be-
trachtet E. als Ursache der Endometritis in der Schwan«
YH Oeburtshfllfe, Frauen- und Einderheilkunde.
175
tfenohaft. E. nimmt ferner an, dass die Einbettong des
Eies bei Eintritt der neuen Schwangerschaft mit Sicher-
heit in eine kranke Schleimhaut staHgefonden hat.
W. fknd bei der bakteriologischen Untersuchung,
dass der gefundene Bacillus bis je&t noch nicht beschrie-
1)60 ist, aber grosse Aehnlichkeit mit dem Baoterium coli
oommime hat
Zwtikr Tkeü: Aügemeinea über die Äetiohgie
dar Endometrüis in der Oravidiiäi; von J. Veit
V. hebt hervor, dass der von E. u. W. geführte
Nachweis der Mikroorganismen und insbesondere
die Thatsaohe, dass diese aus der Deoidua lebens-
fthig auf die Nfthrböden gelangen können, jeden-
Ma neu sind. Nadi V. muss man die glandu-^
liren Formen der Endometritis streng von den
interstitiellen Formen trennen, nicht allein wegen
der Verschiedenheit ihrer Symptome, sondern auch
wegen ihrer fttiologischen Verschiedenheit. V. hat
den Eindruck, dass die glanduläre Endometritis
sehr viel mehr zur Sterilität führe, als die inter-
stitielle Form.
V. hält es nach den Beobachtungen von
E 0. W. für feststehend, dass die Endometritis in
der Schwangerschaft auf die vorher bestehende
Endometritis zurückzuführen ist Als wichtig be-
tont er femer, dass man nunmehr eine ganze Reihe
Ton anatomischen Veränderungen am Ei und kli-
nischen Störungen im Schwangerschaftsverlauf
auf Endometritis zurückführen muss.
ArtlL Hoffmann (Darmstadt).
286. Die diagnostische Bedeutung der
Knktnation im graviden Uterus; von Dr.
Alexander Eeilmann. (Mon.-Schr. f. Ge-
Wtsh. u. QynäkoL L 5. p. 438. 1895.)
Nach E. ist für die Diagnostik der mit Hydr-
unnion, mriirfachen Früchten und Ascites, even-
toell auch mit Tumoren verbundenen Schwanger-
Bchaft die genaue Bestimmung der Fluktuation
unter allen Umständen werthvoU. „Wenn sich am
graviden Uterus ein Gebiet abgrenzen lässt, in
welchem die Fluktuation durchweg schwächer ist,
nk in einem anderen, oder wenn in zwei verschie-
denen Gebieten sich gleich starke Fluktuation
fflblen läset, die Welle jedoch nicht von dem einen
in das andere übergeht, so hat die Diagnose „Hydr-
ftmnion bei einfacher Gravidität^^ keine Berech-
tigung und müssen zwei Eihöhlen angenommen
werden. Eine dritte Möglichkeit ist, dass in einem
^1 des Uterus Fluktuation zu fühlen ist, in
^em anderen annähernd ebenso grossen aber
teine erzeugt werden kann ; in solchem Falle ist
einfaches Hydramnion gleichfalls ausgeschlossen ;
die Diagnose „Zwillinge^^ jedoch muss, wenn auch
nur durch ein Hülfssymptom gestützt sein — sei
es auch nur durch die nicht im Verhältniss zur
Schwangenchaftsdauer stehende Ausdehnung des
Abdomens.^
Zum Schlüsse bespricht E. die allgemeine Be-
dentong der Fluktuation für die Diagnose der
Schwangerschaft Nach der Art der Vertheilung
der Fluktuation konnte er gewöhnlich schnell und
leicht Längslage und Rückenstellung bestimmen.
Arth. Hof f mann (Darmstadt).
287. üeber das Verhalten der Patellar-
reflexe beim schwangeren Weibe; von Dr.
Naumann. (Gentr.-Bl. f. GynäkoL XIX. 8. 1 895.)
N.'s BeobachtuDgen sind insbesondere von physio-
logischem Interesse, indem man aus dem Verhalten der
Sehnenrefleze während der Gebart schliessen kann, in
welcher Weise der reflektorische Vorgang der Wehen-
thätigkeit abläuft. N., der an 500 Frauen die Sehnen-
reflexe geprüft hat, fand bei vielen Schwangeren den
Patellasehnenreflex erhöht, und zwar scheint die Stei-
gerung besonders in der 2. Hälfte der Schwangerschaft
stattzufinden. Bei Gebärenden mit kräftigen Wehen fand
N. den Patellasehnenreflex regelmässig lebhaft gesteigert,
so zwar, dass die Steigerung während der Austreibungs-
periode ihren Höhepunkt erreichte. Erst im Wochen-
bett, am 3. und 4. Tage kehrte die Steigerung zur Norm
zurück, blieb aber oft auch länger, oder ging zurück beim
Verlassen des Bettes. Da nach Gowers dem Patella-
reflexe die 2. bis 4. Lendeonervenwurzel entspricht und
das die Utemsthätigkeit beherrschende Centrum mit
Wahrscheinlichkeit im Lendenmarke liegt, so ist bei der
Nähe des Centrum für den Patellasehnenreflex eine Mit-
erregung desselben leicht möglich. Bekannt ist die Er-
scheinung der Miterregnng anderer Centren während der
Geburt, die Mitwirkung der Bauohpresse, die Mitbewegung
der Blase, das Erbrechen u. s. w. Nach alledem befindet
sich das Centralnervensystem beim schwangeren Weibe
und besonders während der Geburt in einem Zustande
erhöhter Reizbarkeit Die Steigenmg sämmtlicher, auch
entfernter Reflexe während der 2. Geourtsperiode beruht
aber gewiss auch auf der psvchischen Erregung und
stellt somit auch eine cortikale Bahnung der Reflex-
centra dar. Ist die Erregbarkeit des centralen Nerven-
systems eine geringere, oder sind die Wehen schwach, so
kann die Erhöhung der Reflexe ausbleiben.
Glaeser (Danzig).
288. Die Baute von Miobaelia; von G. B.
S t r a t z. (Ztschr. f. Geburtsh. u. GynäkoL TTTTTT,
1. p. 94. 1895.)
„Betraohtet man den entbUssten Bficken einer
sohöngebauten Frau, so bemerkt man im KreAze
zwei weiche Grübchen, die etwa 5 cm jederseits
von der Mittellinie entfernt sind. Sie bilden die
äussersten Ecken eines Vierecks, dessen unterer
Winkel in den Yerbindungspunkt der beiden Hin-
terbacken fällt und das nach oben begr»izt wird
durch das Grübchen unterhalb des letzten Lenden-
wirbelfortsatzes. Dieses Viereck ist die Raute von
Michaelis."
Auf Ghmnd seiner anatomisdien Untersuchun-
gen nimmt Str. an, dass unter normalen Verhält-
nissen die Michaelis 'sehe Raute beim Weibe in
Form von einem mehr oder weniger regelmässigen
Quadrat stets zu finden ist, während beim Manne
sich auf dem Rücken ein mehr spitzwinkliges
Dreieck abzeichnet, von dessen nach oben gerich-
teter Basis jederseits längs den Darmfortsätzen
ein langer convergirender Muskelbauch nach oben
emporsteigt Die Michaelis 'sehe Raute ist dem-
nach als ein charakteristisches Merkmal des weib-
lichen Geschlechtes anzusehen.
Str. weist nun zunächst unter Bezugnahme
17«
YH Oeburiehülfe, Frauen- tuid Einderheilbmda
auf eine Beihe bildlicher Darstellungen von Star
tuen nach, dasa die Michaelis'sche Raute von
der Kunst schon lange gekannt ist ; in der Gynä-
kologie wandte ihr zuerst Band elocque seine
Aufmerksamkeit zu.
Zur praktischen Yerwerthung fQr die Geburts-
hülfe macht Str. darauf aufmerksam, dass die
Längsachse der Michaelis 'sehen Raute wesent-
lich von der Stellung des Kreuzbeins zur horizon-
talen Achse abhängt. Je länger die Längsachse
der Raute ist, desto weniger springt das Promon«
torium vor. Auf die Veränderung der Gestalt der
Raute bei Rhachitis hat schon Schröder hin-
gewiesen; auf diejenige bei Spondylolisthesis
F. L. Neugebauer. Str. hofPt, dass seine Ab-
handlung Veranlassung geben wird zu weiteren
Arbeiten über die Frage, welchen absoluten Werth
. für die Diagnostik, in Zahlen ausgedrückt, die In-
spektion, Palpation und Messung der Michaelis '-
sehen Raute an der Lebenden hat
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
289. Eine neue Methode der Beokenaus-
gangsmeasang ; von Dr. R. Klien in München.
(Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. GynäkoL II. 3 ; Sept
1895.)
K. bespricht zunächst die Breisky'sche und einige
andere Methoden der Beckenausgangsmessung. Er be-
nntzt für die Messung der Conjugata der Beckenenge die
B r e i 8 k y 'sehe Methode als die beste. Zur Bestimmung
der Distantia tuberum ischii hat er ein Instrument con-
struirt, dessen Einrichtung im Original eingesehen werden
muss käuflich bei H. FaUer u. Sohn in München, Kreuz-
strasse. Preis 15 — 20 Mk). Zur Messung ist nöthig ex-
treme Kreuzrückenlage mit erhöhtem Steisslager. Man
palpirt die hervorspringendsten SteUen der Tu^ra ischü,
gleitet mit den Daumen an die Innenfläche der Tubera
und schiebt die Daumen horixantal vor, nicht in der
Richtung der Schambogenschenkel. In dLie gefundenen
Ebenen presst man nun die Scheiben ^«e/' hinein und liest
ab. Die zwischen Scheiben und Knochen liegenden
Weichtheile schätzt man und zieht sie ab (bei mittlerem
Panniculus jederseits auf 0.5 cm). Durch Drehung des
Zirkels lassen sich auch die Distanzen von der Mitte der
Distantia tub. ischii nach dem Lig. arc. und der Kreuz-
beinspitze messen. In Rücksicht auf die Berechnung der
Graduirung des Zirkels muss man bei der ersteren Mes-
sung 1cm ab-, bei der letzteren 1cm zuzählen. Die
Methode ist auch zur Diagnose schräg verengter Becken
gut zu verwenden, wie K. an einem Falle zeigte.
Olaeser (Danzig).
290. üeber eine neue Methode der Be-
handlung der onxeitigen Gebarten; von A.
Dührssen in Berlin, (v. Yolkmann's SammL
klin. Vortr. N. F. Nr. 131. Juü 1895.)
Das Verfahren D.'s besteht darin, „dass man in
allen Fällen, wo man den schwangeren Uterus in
den ersten 7 Monaten entleeren will (mag in dem-
selben noch das ganze Ei, Placenta, Eihfillen und
Frucht oder nur die Placenta nebst Eihäuten ent-
halten, mag der Muttermund geöffnet oder ge-
schlosssen sein), die üterushöhle mit so viel Jodo-
formgaze ausfüllt, als nur hineingeht, und daran
eine feste Scheidentamponade mit Salicylwatte an-
Bchliesst Der Verlauf gestaltet sich dann so, dass
binnen wenigen Stunden kräftige Wehen äntretoü,
die nach einiger Zeit wie abgeschnitten aufhOrai,
worauf in manchen F&llen Blutung nach ausaea
auftritt Mit dem Aufhören der Wehen ist der
richtige Zeitpunkt für die Herausnahme des tarn-
ponirenden Materials gekommen. Untersucht man
jetzt, so findet man, dass Tampon, Frucht und
Placenta in der Scheide oder bei kleinerem Ei in
der ballonförmig aufgetriebenen Cervix liegen,
während der innere Muttermund sich bereits wieder
fest zusammengezogen hat. In einzelnen Fällen
kommt man überhaupt gar nicht zu einer solchen
Untersuchung, weil die Wehen so stürmisch ein-
setzen, dass der ganze Uterusinhalt nicht nur zum
Uterus, sondern auch aus der Scheide ausgetrieben
wird. In der kleinsten Zahl der Ellle kommt ei
binnen 24 Stunden nur zur Dilatation des Uterus,
die aber so gross ist, dass man bequem mit dem
Finger ausräumen kann". In jedem Falle empfiehlt
sich nach D. gleichzeitige Darreichung von Seoale.
D. berichtet über 19 eigene Beobachtungen.
Bei einer Schwangerschaft von 6 Wochen und einer
solchen von 3^/^ Monaten hatte die Tamponade gar
keine Wirkung, in 5 Fällen aus dem 2. bis 3. Monate
wurde der Cervikalkanal für den Finger durdi-
gängig; bei sämmtlichen Fehlgeburten aus dem
4. bis 6. Monat führte die Tamponade dageg^ za
kräftigen Wehen, bez. zur Ausstossung des Uterus-
inhalts. D. empfiehlt sein Verhalten für diejenigen
Fälle von Aborten und Fehlgeburten mit geschlos-
senem Muttermunde, in denen wogen Blutungen
oder Zersetzung in utero die Indikation besteht,
den Uterus zu entleeren. [Bei der immerhin un-
sicheren Wirkung der Methode D.'s dürften die
meisten Aerzte gerade in solchen FiÜlen, nament-
lich bei Schwangerschaften der ersten Monate,
wohl vorerst noch dem seither üblichen bewährten
Verfahren (Entfernung des Eies mit dem Finger
oder der Ourette nach eventueller Erweiterung
der Cervix etwa mit JSSsM^or'schen Stiften) treu
bleiben. Ref.]
Zur Uterustamponade empfiehlt D. auch hier
die nach seinen Angaben in Blechbüchsen käuf-
liche sterilisirte Jodoformgaze. |
Auf einen wohl leicht zu beseitigenden Missstand |
dieser sonst sehr zweckmässigen Blechbüchsen möchta I
Ref. bei dieser Gelegenheit hinweisen. DerznmAbreissen '
des Blech verschlusses dienende Metallring ist nämlich
öfters so schwach und so mangelhaft .befestigt, dass er
sich leicht vom Blechstreifen loslöst Es ist dem fiot
schon vorgekommen, dass sich im kritischen Moment die
Büchse in Folge davon einfach nicht öffiien Hess und eist
ein besonderes Instrument zum Oeffnen herbeigeschafft
werden musste. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
291. Bin Beitrag mr Behandlung des Abor-
tes; von Dr. J. Jacub in Moskau. (Mon.-Schr. f.
Oeburtsh. u. Oynäkol. IL 3 ; Sept. 1895.)
Nach kritischer Schilderang der zu verschie-
denen Zeiten herrschenden Behandlungsmethoden
und ihrer Vor- und Nachtheile schlägt J. vor:
1) Bei drohendem Abort ruhige Lage, Opium und
Yn. Gebitrtsltfllfe, Frauen- und Einderlieilknnde.
177
Extr. fl. Tib. prunifoL 2) Bei stärkerer Blutung
und völlig geschlossenem Muttermunde Scheiden-
tamponade mit Jodoformgaze oder aseptischer
Watte. 3) Bei Blutung und für einen Finger
durchgängigem Muttermunde sofortige Ablösung
des Eies, Beförderung nach aussen, einmalige
Uterus- und Scheidenausspülung mit irgend einem
Desinficiens. 4) Bei starker Blutung und weniger
geöfinetem Muttermunde vorsichtige Dilatation mit
dem Finger und Yerfahren wie bei 3. 5) In vielen
Men die Austreibung des Eies den Naturkräften
zu überlassen. 6) Nach der Entfernung den Wöch-
nerinnen in der 1. Woche täglich Seeale com. zu
verabreichen (J. giebt 5 g täglich, am 1. Tage 10 g
auf einmal). 7) Den scharfen Löffel als unnöthig
und gefährlich nicht zu benutzen. 8) Scheiden-
Irrigationen nur bei besonderen Indikationen an-
zuwenden. G 1 a e s e r (Danzig).
292. Da ourettage oommemethoded'avorte-
ment artifioiel; parP.Puech, Montpellier. (Ann.
de Gynöcol. XLIV. Aoüt 1895.)
Die Auslöffelung der schwangeren Gebärmutter
empfiehlt P. als schnelles, blutsparendes Yerfahren
bei künstlicher Fehlgeburt in den drei ersten
Schwangerschaftsmonaten. Selbstverständlich ist
eine vorhergehende Erweiterung des Gebärmutter-
halses mit Laminaria oder schnelle Erweiterung
mit Stiften oder anderen Instrumenten noth wendig.
Besonders angezeigt sei die Methode bei unstill-
btrem Erbrechen. J. P r ä g e r (Chemnitz).
293. Die Entwlokelongsbedingiixigeii der
Flaeenta praevia; von AlexanderEeilmann
in Breslau. (Ztschr. f. Geburtsh. u. GynäkoL
XXXm. 1. pi 21. 1895.)
Der erste Anstoss zur Entwickelung einer
Placenta praevia geht nach E. von der Insertion
der Allantois aus, diese ist die Causa proxima
und von ihrem Sitze hängt es ab, ob das Gentrum
der entstehenden Placenta am oberen oder unteren
Pole des Eies sich entwickelt Die umgebenden
Verhältnisse, sowie die weiteren Schwangerschafts-
^eränderungen beeinflussen dann die Entwickelung
nach dieser oder jener Richtung, wodurch keine
wesentlichen, sondern nur graduelle Unterschiede
Vi Stande kommen.
Ohne eine allmähliche Entfaltung des Collum
in der Schwangerschaft anzunehmen, kann nachE.
die Placenta praevia weder entwickelungsgeechicht-
^, noch anatomisch, noch auch klinisch ver-
standen werden. Die erste Anregung für die Aus-
hildnng einer tiefen oder vorliegenden Placenta ist
dieselbe wie für jede normal sitzende Placenta und
^n die Besonderheit der Cervix macht sie zu
einer scheinbar für sich allein dastehenden Form.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
294. Bin nenes Verfahren sur Behandlung
derPlaoenta praevia centralis; von Dr. Nij-
lioff in Amsterdam. (Centr.-BL f. Oynäkol. XIX.
8. 1895.)
Hed. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 2.
Auf Grand eines glücklich verlaufenen Falles em-
pfiehlt N. folgende Methode: Sobald der innere Matter-
mond fdr 1—2 Finger durchgängig ist, durchbohre man
die Placenta vorsichtig, damit nicht das Amnion gleich-
zeitig mit durchbohrt wird. Man löse jetzt mit einem
oder mehr Fingern das Amnion so weit wie möglich von
der fötalen Seite der Placenta ab. Bei einer durch sanftes
Beiben des Fundus uteri mit der äusseren Hand ver-
ursachten Contraktion wird 8i9h dann die aus dem Amnion
bestehende Blase in den Riss hervorwölben. Hiemach
warte man weiter ab, nachdem man unter aseptischen
Cautelen die Scheide ziemlich fest mit Jodoformgaze aus-
gestopft hat. Wird unverhofft das Amnion gleich durch-
bohrt, dann soll daran die combinirte Wendung auf einen
Fuss und das Herableiten der Hüfte in das untere üterin-
segment angeschlossen werden. 0 1 a e s e r (Danzig).
295. Zur
von Dr. P. Baumm in Breslau. (Centr.-BL f.
öynäkd. XIX. 39. 1895.)
B. empfiehlt auf Grund einer ausgedehnten Erfah-
rung anstatt der combinirten Wendung für den weniger
Geiibten die frühe äussere Wendung. Sie ist so leicht
und hat B. so gute Resultate gegeben, dass er sie auch
den Hebammen lehrt Tamponirt wird nur so lange, bis
der Muttermund für 2 Finger durchgängig ist. Das Ver-
fahren, auch die nothwendig werdende Extraktion er-
fordern keine Narkose. G 1 a e s e r (Danzig).
296. Des oonseqnenoes tardives de la
retention partielle on totale da placenta (efidO'
mSirüe dSciduale hSmorrhagique ; placenta sclSreux;
deoidtwme hinin ; mole kydati forme ; sarcoma chorio-
ceüuiairej; par EL Hartmann et P. Toupet
(Ann. de GynöeoL XLIEL p. 285. Avril 1895.)
H. u. T. geben einen üeberblick über die Er-
krankungen, die sich an das Zurückbleiben von
Nachgeburtresten in der Gebärmutter ansohliessen,
und erläutern die einzelnen selteneren Erankheits-
formen durch eigene Beobachtungen.
1) Die häufigste Erkrankung ist die Endometritis
decidualis ; ihre hervorstechendste Erscheinung sind
Blutungen, die durch Ausschabung beseitigt werden.
In den ausgeschabten Stücken findet man Chorion-
zotten.
2) Bei Zurückbleiben grösserer Beste des Frucht«
kuchens kann es zur Sklerosirung, bindegewebigen
Schrumpfung des mit der Gebärmutterwand ver^
waohsenen Restes kommen.
3) In einzelnen Fällen wuchert der Frucht«
kuchenreet in Form eines Polypen. Die Wuche«
rangen können bis zum inneren Muttermunde, in
seltenen Fällen bis in die Scheide hinabreichen.
Diese Form wird als gutartiges Dedduom bezeichnet
H. u. T. beobachteten einen solchen FalL
Eine Frau, welche bereits 2mal abortirt hatte, hatte
Mitte August 1893 wieder eine Fehlgeburt mit Abgang
der Frucht, während die Nachgeburt erst Ende September
zum Vorschein kam. Seit dieser Zeit blutete die Pat
ununterbrochen. Bei der Aufnahme am 25. Oot fand
man aus dem erweiterten Muttermunde eine weiche, zum
Theil brandige Masse hervorragen. Bei der vorgenom*
menen Ausschabung fühlte man, dass diese weiche zer«
reissliohe Masse vom grössten Theile der Innenwand der
Körperhöhle ausging; doch liess sie sich vollständig ent-
fernen. Die Pat war nach 18 Monaten ohne jeden Kück*
fall. In der in Wucherung befindlichen Geschwulst fan-
den sich Deciduazellen und Zotten von regelmässiger
23
!
178
YIL Oeburtshfllfe, Frauen- und Einderheilkunde.
Form. Eb handelte sich thatsächlich um eine Geschwulst,
-aber gutartiger Natur, welche nicht in die Oebärmutter-
wand hinein wucherte.
4) Weiter kann es zur Bildung einer Ihmben-
mole kommen. Nach dem mikroskopischen Be-
funde nehmen auch H. u. T. an, dass es sich um
eine myxomatOse YerSnderung der Chorionzotten
handelt. Meist genügt zur Heilung die Ausscha-
bung. In den seltenen Fällen, in denen die Mole
die Oebärmutterwand selbst zerstört, ist die Ent-
fernung der Gebärmutter der einzig rettendeEingriff.
5) Die bösartigste Form dieser Erkrankungen
ist das Scarcoma ehorio-celhUare, bez. das bösartige
Deciduom. Hier bildet sich statt eines langsam
sich entwickelnden Schleimgewebes, welches nur
ausnahmeweise in die Muskulatur der Gebärmutter
dringt, ein junges Gewebe, das Muskulatur und
Oefässe durchsetzt und sich auf letzterem Wege
▼erbreitet Die einzige Behandlung ist die Ent-
fernung der Gebärmutter. H. u. T. beobachteten
folgenden FalL
Eine 25jähr. Frau hatte einmal, vor 18 Monaten, ge-
boren. Am 15. Sept 1892 heftige Stfijnge Blutung; bis
zum März 1893 geringer hlutiger Ausuuss. Zu Anfang
Mai wieder starke Blutungen und Fröste, Bei der Auf-
nahme wurde an eine Endometritis post abortum ge-
dacht, der Gebärmutterbalskanal erweitert und die Aus^
schabnng vorgenommen, die placeutare Massen zum Vor-
schein brachte. Eintritt von Fieber, his 40<* C. Bald
traten wieder heftige Blutungen auf. Die Gebärmutter
erwies sich als vergrössert ; neben ihr eine Geschwulst, die
bis zur Darmbeingrube herauf reichte. Eine Gperation
von der Scheide aus wurde beschlossen ; bevor diese aber
ausgeführt werden konnte, trat Erbrechen und heftige
Blutung ein und die Er. ging zu Grunde.
Bei der Leichenöf&iun^, die auf das Becken be-
schränkt war, fand sich bereits ein Eitersack des Eileiters.
Die Gebärmutter war vergrössert Am Grunde und der
hinteren Fläche sprangen zwei wallnussgrosse blasse
Knoten hervor. Von diesen Knoten durchzog das Ge-
Bchwulstffewebe in T-Form die Gebärmutterwand bis zur
Innenfläche der Höhle. An dieser Stelle fand sich eine
röthlich schwärzliche Auflagerung, die placentarem Ge-
webe ähnhch war. Das Geschwulstgewebe bestand aus
nebeneinander liegenden Wucherungen mit centralen Ge-
ffissen; um die letzteren herum junge Bindegewebezellen.
An der Oberfläche der Wucherungen grosse vielkemige Ge-
webebestandtheile, oft ohne deutliche Zellenbegrenzung.
Von da strahlten stachelartige Fortsätze in die ÜmgebuDg
aus. An verschiedenen Steuen fand man Blutungen im
Geschwulstgewebe. Auch war das Eindringen vonZotten
io die Gefasse deuthch zu beobachten.
J. Präger (Chemnitz).
297. üeber die Deoapitation und die Gmnd-
aätse der Wendung bei doraoposterioren Quer-
lagen; von P. Zweifel (Centr.-BL f. GynäkoL
XIX. 20. 18950
Zw. hat schon vor längerer Zeit den ^atm'schen
Schlüsselhaken verändert und empfiehlt jetzt zum leich-
teren Zerbrechen der Wirbelsäule ein Instrument, das
aus 2 nebeneinanderstehenden Haken besteht Die Haken
sind um die Längsachse des Instruments drehbar. Zw.
nennt das Instnunent „Traohelorhekter'^. Die Deoapi-
tation beginnt mit Einführung der deckenden Hand. Die
ganze Ejuid kommt in die Scheide, mit Zeige- und Mittel-
finger wird der Hals des Kindes von hinten, mit dem
Daumen von vorn her umfasst. Die andere Hand fixirt
das Kind von aussen oder zieht am vorgefallenen Arme.
Die Wahl der Hand ist gleichgültig. Dann nach richtiger
Deckung Einführung des Instruments zwischen Sym-
physe und Hals des Kindes ; Drehung über den Hals imd
erster Zug am Instrumente, so dass dessen Knöpfe in dia
Weich theile des Halses eindringen und die Haken auf der
Halswirbelsäule reiten. Die nebeneinandersteheadai
Haken werden nach Lösung einer Schraube von einander
entfernt, indem jede Hand an einen Griff fasst, so dau
also keine dauernde Deckung besteht Nach IxuatioD
der Wirbeisäule wird der geschlossene £UÜLen unter er-
neuter Deckung durch die linke Hand in gleichem Sinne
zur Zerreissung der Weichtheile herumgedreht Aock
muss zu diesem Zwecke das Instrument nochmals ein-
geführt werden. Z w. hat das Instrument in 4 Ffillea be-
nutzt, eine Frau starb in Folge von Cervixzerreissnng.
Der Assistent hatte nicht den Hals des Kindes sorgfaltig
umfiasst und mit dem Zeige- und MittelfLneer die abge-
rundeten Enden des Hakens nicht aufgesudit, ehe er n
drehen begann, darin liegt die einzige Gefahr. Schlieaslick
bespricht Z w. noch auf Grund eines Falles das VorgeheB
bei dorso- posteriorer Querlage und fordert bei jjeidi-
zeitigem Armvorftdle das Herunterholen des unierm
Fusses, da der obere, wie sein Fall lehrt, leicht zur Sn-
klemmung führen kann. G 1 a e s e r (Danzig).
298. Ueber die Anwendung des Carl Braun*-
■ohen Schlüaselhakena ; von Doc. Dr. E. A. Hers-
feld in Wien. (Centr.-BL f. GynÄkoL XIX. 28.
1895.)
H. wendet sich gegen Zweifel und seinen „Tracbe-
lorhekter*^. Er führt aus, dass bei der Anwendung des
Schlüsselhakens, wie sie von Braun vorgeschrieben ist,
kein Unglück passiren kann, dass insbesondere eine Bi^tiir
der gedehnten Gerviz durch einfaches Hinabziehen nickt
erfolgen könne. Der Hauptvorwurf, den H. dem Zwei-
feTschen Instrumente macht, ist der, dass es innerhalb
des Genitalsohlauches ohne stete Controle durch die Hand
arbeitet Diese Gefahr ist eine so grosse, dass sie die An-
wendung des Doppeihakens als unrathsam erscheinen
ISsst, wuirend mit dem Brotm'schen Haken bei richtiger
Anwendung ein Schaden kaum entstehen könne.
Glaeser (Danzig).
299. Zur Behandlung versohleppter Qae^
lagen ; von A. Mermannin Mannheim. (Centr.-
BL f. GynäkoL XIX. 30. 1895.)
M. betont mit Hecht, dass bei verschleppten Quer-
lagen der Hals des Kindes meist nicht in der lütte liege
und deshalb schwer zu erreichen sei, weil der ödematöae
Arm und die angeschwollene Sohulter im Wege seien.
Die deckende Hand muss sehr weit unter der eingepresstan
Schulter in die Höhe geschoben werden, so dass der untere
Uterusabschnitt sehr stark gedehnt wird. M. empfiehlt
im Gegensatze dazu die Evisceration mit der LiebokF-
sehen Scheere. Die linke Hand kann genau controliren,
wo die Scheere schneidet Unter dem vorgefdlenea
Arme wird in den Bippenraum ein Loch geschnitten, so
dass erst die halbe, dann die ganze Hand eingehen kann;
nach Entfernung des Inhaltes geht die Hana durch das
Zwerchfell und entleert die Bauchhöhle. Dadurch wird
derXindskörper so zusammenklappbar, dass man ihn mit
der Hand in seinem Innern wenden kann, oder man macht
die Spondylotomie. Häufig kommt die IVucht durch Ein-
haken der Finger in die Oeffnung oonduplicato corpore. M.
führt 5 Fälle an und erwähnt, dass auch Fritsch diese
Methode vorgeschlagen habe, auch zur Deoapitation die
LiebokPache Scheere verwende. [Ref. hat ahs F r i t s o h *s
Schüler nie das Bedürfniss nach einem anderen Instrn-
ment gehabt. Man braucht zur Deoapitation nur ein
kleines Loch in der Haut und ,knipst*^ bei jedem Schm'tte,
besonders von der Wirbelsäule nur wenig ab. So kommt
man am schnellsten vorwärts. Die Weichtheile, die
übrig bleiben, lassen sich zuletzt leicht durchschneiden.]
Glaeser (Danaig).
Vn. Gebnrtshülfe, Erauen- und KinderheUkunda
17»
300. Zur Behandlung der Bklampele* J%-
rM über 129 beobatAUie Fälle ; vonProf.Z weifel
in Leipzig. (Centr.-Bl. f. Gynäkol. XIX. 46--48.
1895.)
Die Zahl der Fälle theilt sich in die Zeit vom
I.April 1887 bis Anfang 1892: exspektativesYer-
Idiren, vom 1. Jan. 1892: möglichst aktives Ver-
fahren. Die Mortalität bei der exspektativen Be-
handlung betrug 32.6<»/o, bei der aktiven 15^/o. Es
nflBsen aber die sterbend Eingelieferten und ohne
Behandlung Gestorbenen abgezogen werden, bleiben
28.5«/o: 11.25«/o. Alle übrigen Todesfälle rechnet
Zw. mit Recht hinein und hebt dabei hervor, wie
sehr Infektionen die Fortdauer der Anfälle unter-
halten. Auch die Pneumonien sind zum Sektions-
befonde der Eklampsie zu rechnen, ebenso die
Apoplexien. Was nun das Aufhören der Anfälle
Bach völliger Entleerung des Uterus anlangt (nach
Dfihrssen in 89 — 93<>/o), so hörten nach Abzug
der puerperalen Anfälle, obwohl diese erst recht
mitzuzählen wären, die Krämpfe auf in 52<^/o, in
48*/i nicht War beim Eintritte die Indikation für
eine typische Operation erfüllt, so dass eine künst-
liche blutige Erweiterung unterblieb, so blieben die
Anfille ans in 66% in 84^« nicht Z w. hält die
Ansicht für nicht ganz ungerechtfertigt, dass da,
▼0 die Entbindung besonders eingreifend war, die
gesetzten Reize mehr Anfälle nach der Gtoburt be-
^ÜDgten als bei schonender Entbindung. Durch
die Forderung Dührssen's femer, gleich nach
dem 1. Anfalle zu entbinden, kommen Täuschungen
IQ Stande. Denn es giebt viele EUampsien, die
liberhaupt nur 1 Anfall aufweisen. Immerhin lässt
sich annehmen, dass solche Fälle bei den verschie-
denen Behandlungsmethoden gleich vertheilt sind,
so dass die Vorzüge der aktiven Behandlungsweise
bestehen bleiben. Jedenfalls begünstigt die voll-
kommene Entleerung des Uterus den Nadilass der
eUamptischen An£Ule um so mehr, je schonender
diese EbÜeerung hat geschehen können. Eine ganz
Site Wahrheit Ausserdem hebt Zw. noch ver-
schiedene Punkte, wie Yerdauungstörungen, Wir«
famg des Aderlasses, wie er wohl unbeabsichtigt
^tos auch bei den Dührssen'chen Gervix-
M^mitten vorkommt, hervor, bespricht das Wesen
^ die wahrscheinliche Ursache der EklampsiCi
vnd kommt auf Grund seiner Erfahrungen zu
folgenden Schlüssen : 1) Während der Geburt ist
die Entbindung sobald als möglich unter Narkose
IQ vollenden, auch wenn der Muttermund noch eng
ist nnd eine entbindende Operation nicht ohne
Weiteres zulässt 2) Ist die Cervix schon entfaltet,
80 dass der Widerstand nur noch vom äusseren
Muttermund ausgeht, so reicht man in der Regel
loit schonender Dehnung durch durchzuziehende
Oummiblasen (Tracheleurynter, Colpeurynter) aus,
lAihsteos braucht man noch kleine Schnitte, die
wenig bluten. 3) Bei erhaltener Portio, dickem
^^^^▼ixwnlst müssen die Schnitte ungleidi grösser
wsfsUen, 6B ist deshalb auf starke Nachblutung zu
rechnen. Die dehnenden Blasen werden wie in 2)
angewandt Die Blutung erfolgt erst nach der Ge-
burt Z w. empfiehlt das Darüberlegen von Bül-
rath*wken Klemmen und festes Andrücken von
sterilen Wattebäuschen nach vorheriger Uterus-*
tamponade mit steriler Gaze. 4) Da man nie weiss,
wie viel Blut bei dieser Entbindung verloren g^t,
halte man mit Blutentziehungen vor der Entleerung
des Uterus zurück. Dagegen kommt ein Aderlass
bis 500 g zur Anwendung, wenn die Eklampsie
weitere Anfälle macht, wenn der Puls stark ge^
spannt ist und in Fällen wie unter 3) vor der Ent-
bindung. Zuweilen erweitert sich dann der Mutter^
mund sehr rasch. 5) Bei bewusstlosen Kranken
ausschliesslich Ernährung mit der Schlundsondei
Der Magen ist auszuspülen, wenn Yerdauung-
störungen angenommen werden können. In den
Magen schütte man Getränke aus Citronensäure,
Wein- oder Essigsäure. 6) Als Narkoticum, doch
nur während der operativen Entbindung, ist Chloro-
form und Aether zu gebrauchen. 7) Die strengste
Asepsis ist um so mehr geboten, als Infektionen
die Fortdauer der Anfälle unterhalten.
Zum Sdüusse werden sämmtliche Kranken-
geschichten kurz mitgetheilt G 1 a e s e r (Danzig),
301. Intermediäre StoflWedhaelproditkte
alBürsaolie derBklttmpaie; von W. N. Massin
in Petersburg. (Gentr.-Bl. f. GynäkoL XIK. 42.
1895.)
Durch Untersuchungen über künstliche Carb-
aminsäurevergiftung bei beschränkter Leberfunk-
tion gewann M. die Ueberzeugung, der Leber als
einem vorwiegend oxydirenden Organe komme eine
ausschlaggebende Rolle bei der Entstehung der
eklamptischen Anfälle zu. DieCarbaminsäure ent-
steht durch unvollständige Oxydation stickstoff-
haltiger Substanzen und bringt, ein dem eklam-
ptischen Anfalle sehr ähnliches Vergiftungsbild
hervor. Da M. nun schwere Veränderungen der
Leber und Yeränderungen anderer parenchymatöser
Organe (Nieren) wie sie bei schwerer allgemeiner
Vergiftung auftreten, fand, so schloss er zunächst:
Die Eklampsie beruht auf einer Störung im regel«
massigen Ablaufe derOxydationprocesse im Körper
der Schwangeren und auf einer Vergiftung mit den
Produkten der mangelhaften Oxydation, wahr-
scheinlich mit Carbaminsäure. Im Harn wurde
jedoch keine quantitative Abweichung der Carb-
aminsäure von der Norm gefunden; aber die Menge
der Leukomaine war im Harne vor dem eklampti-
schen Anfalle gegen die Norm (ca. 0.5 g) um das
2'/s — 3fache gesteigert, um nach dem Anfalle, bei
beginnender Beconvalescenz, rapid zu sinken. An
Hunden, die mit einer Fistel der Pfortader und
unteren Hohlvene behaftet waren, war nun die
Menge der im Körper kreisenden Carbaminsäure
erhöht ; aber erst psychische Beize verschiedener
Art lösten einen ausgesprochenen Anfall von Carb-
aminsäurevergiftung, der ESUampsie sehr ähnlich,
leo
YIL Oeburtahülfe, Frauen- und KLndorheilkunde.
aus. Weitere Untersuchungen ergaben im weib-
lichen Kö^r während der Schwangerschaft eine
grossere Anhäufung von Leukomainen. Auf Orund
aller dieser Versuche stellt nun M. folgende Hypo-
these auf: Im E5rper der Schwangeren, besonders
gegen Ende der Gravidität, kreist eine grosse
Menge mangelhaft oxydirter, pathologischer Stoff-
wechselprodukte (Leukomaine), die unter umstän-
den, bei mangelhafter Funktion der Leber und conse>
kutiver Erkrankung der Niere, im EOrper zurück-
gehalten werden können. Aber diese „Sättigung^
des Organismus mit Oift setzt noch keine aus-
gesprochene Vergiftung, so lange nicht das be-
troffene Individuum durch irgend welche Ursache
eine Störung seines psychischen Oleichgewichtes
erleidet. Alles, was die Empfänglichkeit und Reiz-
barkeit des Nervensystems erhöht, was eine starke
und andauernde Schmerzempfindung hervorruft,
kann in solchen Fällen verhängnissvoll werden, so
die erste Schwangerschaft überhaupt Auch wird es
verständlich, warum die mit Eklampsie verlaufen-
den Geburten sich so häufig mit übermässig langer
Oeburtsdauer, engem Becken, Hydramnios, Zwil-
lingen, krampfhaften und empfindlichen Schmerzen
vergesellschaftet zeigten. 0 1 a e s e r (Danzig).
302. Tonische Hiuk^oontraktar bei todt-
geborenem firühseitigem Kinde einer BUam-
ptiachen. Sectio oaesarea post mortem ; von
Prof. R Dohrn in Königsberg. (Centr.-BL f.
OynäkoL XIX. 19. 1895.)
2>/i Min. nach dem letzten Athemznge der Mutter
Extraktion des Kindes. Flektirte, ganz starre Glieder,
Finger wie Yogelkrallen. Kein Herzschlag. Die Glieder
kehrten nach gewaltsamer Losonf der Starre in ihren
Contraktorzostand zurück, es lag also ietn« Leichenstarre
vor. Die Steifheit löste sich erst im Laufe des folgenden
Tages zu gewöhnlicher Leichenerschlaffung. Die Sektion
ergab einige epidurale und subarachnoideale Blutergusse
ül^r der linken Grosshimhemisphäre. G 1 a e s e r (Danzig).
303. Fötaler kloniaoher Zwerchfellkrampf;
von Dr. A. Hink in Wien. (Centr.-BL f. OynäkoL
XIX. 5. 1895.)
Mehrfach konnte H. an Schwangeren die auch von
Anderen beobachteten und beschriebenen rythmischen
Fötalbewegungen beobachten. Er fand die bewefl;un^n
unter 750 Geburten 7mal, in Pausen von 4 Sek. sich
wiederholend. H. konnte ferner das eigenthümliche
^Schlucksen^ in 2 F&llen, Imal intra partum nach voll-
endeter Wendung, das zweite Mal an einem tief asphyk-
tischen Kinde direkt beobachten und so erkennen, dass
eine Art „Schlucksen' vorkommt, ohne dass Luft dazu
nöthig wäre. Dieses Schlucksen ruft kein derartiges Ge-
räusch hervor, wie wir es beim gewöhnlichen Siogultus
wahrnehmen. Was man hört, ist vielmehr nach Ansicht
H/s ein Zucken des Kindes in Folge eines klonischen
Zwerchfellkrampfes, der, sich in der Ge^nd der Schultern
am meisten bemerkbar machend, wie jede andere Fötai-
bewegung gegen die Bauchwand fortgeleitet wird und
weil es eben ein Zucken ist, als ein kurzer Ton gehört
wird. Glaeser (Danzig).
304. Traitement des premiersaooidentBd«
y Ophthalmie pamlentedeanoaveaa-nes; parle
Dr. Wal lieh. (Revue prat d'0bst6tr. et de paed.
Vni. 91. p. 193. Joillet 1895.)
W. bespricht die Prophylaxis und dieThenpie
der Augenentzündung der Neugeborenen. BeHii-
gung der Scheide der Mutter vor der Geburt, Bäni-
gung der Augen des Kindes unmitielbar nach der
Geburt seien die beste Prophylaxis. Die beste Be-
handlung sei die Ausspülung des BindehautsackeB
mit einer lauen LiGsung von Kalium hypermangani-
cum 1 : 5000. Arg. nitrioum wirdiweder als Pio-
phylacticum nach Cred6, noch zur Behandlung
verwendet Mehrere Krankengeschichten dieaen
als Beispiele für den guten Brfolg.
Lamhofer (Leipzig).
305. L'arthropathie blennorrhagiiiae ohei
Penüuit; par le Dr. Viguaudou. (Revue mens,
des Mal de l'Enf. XIIL Mai 1895.)
Y. hat 23 Beobachtungen (3 eigene) von Tripper- '
rheumatismus bei Kindern zusammengestellt, auf
(Jrund deren er die Pathologie dieses Leidens beim
Kinde bespricht Gonorrhoische Gelenkentzündim*
gen treten bei Kindern im Verlaufe sowohl der|
Yulvo-vaginitis als auch der Conjunctivitis blennor«
rhoioa auf. H&ufig werden dieKnieebe&llen, sQcii|
bei Kindern, die noch nicht laufen. CJonstitatioi
Alter, Heftigkeit des Ausflusses scheinen keine Dis>|
Position zu schaffen. Von vorausgehenden Krank-
heiten werden in 3 Fällen Masern erwShnt
2 F&llen konnte im (jtolenkeiter der Gon<
nachgewiesen werden. Der Eintritt des Trippe^
rheumatismus ist an keine bestimmte Zeit gebun-
den. Er kann nach Abheilung der Scheiden- oder
Augenentzündung erfolgen. Am häufigsten iriid
das Knie ergriffen, alsdann das Sprunggelenk, das
Handgelenk, seltener kommen die kleinen Finge^
und Fussgelenke daran. In der Mehrzahl derRlle
wird nur ein Gtolenk befallen. Neben den (Gelenken
erkranken auch die Sehnenscheiden. Erkrankungen
von Schleimbeuteln und Nerven wurden nicht be-
obachtet Die Krankheitserscheinungen sind theüA
OrtUche, theils allgemeine. Yen den letzteren ifit
das Fieber nicht regelmässig. Es bestehen keine
Beziehungen zwischen der HOhe des Fiebers und
der Schwere der (Jelenkerkrankung. Die Diner
der Krankheit schwankt zwischen 5 und 10 Tagen.
Ankylosen bleiben nicht zurück. Bückfälle sind
bis jetzt noch nicht bekannt geworden. Als Folgen
wurden beobachtet Vereiterung der Qelenke und
Atrophie der befallenen Glieder.
Zum Schlüsse bespricht V. noch die Diagnose,
die Prognose der Krankheit, die fast stets günstig
ist, sowie die Behandlung. Brückner (Dresden).
306. Zar Kenntniss der h&morrhagisohen
Perikarditis und Pleuritis imEindesalter; Ton
Dr. V. Starek. (Jahrb. f. Kinderhkde. XL 1.
p. 70. 1895.)
Hftmorrhagische Exsudate des Perikards und
der Pleuren kommen bei Kindern ebenso wie bei
Erwachsenen vor 1) bei sogen, hftmorrhagischer
Diathese, 2) bei Tuberkulose, 3) wenn eine neue
ym. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
181
Entzündong in einem bereits in bindegewebige
Organisation eingetretenen Exudate Platz greift.
8ie sind bei Kindern im Allgemeinen selten, v. St
hat in der letzten Zeit 3 Fftlle beobachtet, in denen
hAmorrhagische Pleuritis und Perikarditis als Com-
plikation des akuten Oelenkrheumatismus auftrat ;
einer endete in Genesung, zwei mit dem Tode,
üeber die ätiologischen Verhältnisse macht y. S t
keine Angaben. Baron (Dresden).
307. Di« lifhiaals des KindoMltera in Un-
garn; TonDr. JoL Bökai. (Jahrb. f. Einderhkde.
XL 1. p. 32. 1896.)
In einzelnen Gegenden Ungarns ist die Ham-
fiteinbildung bei Kindern relativ häufig. B. hat
deshalb im Jahre 1894 an sämmtliöhe 3400 prakti-
cirenden Aerzte dieses Landes Fragebogen versandt
und von 1621 HamsteinfUlen Bericht erhalten.
Betreffs der Yertheilung dieser Fälle auf die ein-
zeben Comitate ergiebt sich aus der Tabelle und
der beigefügten Karte, dass hauptsächlich in den
Gegenden an der Donau und Theiss auffallend
häufig Hamsteinerkrankungen vorkommen, in Ober-
nngam dagegen selten. In grOsster Anzahl kam die
lithiasis im Kindesalter im Pester Comitate vor
(384 Fälle) und in den diesem südlich, östlich und
▼estlich gelegenen Comitaten (B&cs-Bodiog 143,
Fehör 70, Tolna 73 u. s. w.).
Was die eigentliche Ursache dieser ungleichen
Yerbreitimg ist, war nicht zu bestimmen, doch
fioheinen iKreder Trinkwasser oder Klima, noch
tellorisohe oder atmosphärische Verhälnisse von
besonderem Einflüsse zu sein. B. vermuthet aber
in der Lebensweise, und zwar besonders in un-
iweokmässiger Ernährung, eine Ursache. Hinsicht-
lich des Alters entfällt der grOsste Theil auf das
2. bis 7. Lebensjahr; die meisten Fälle betrafen
Kinder von 3 und 4 Jahren (225, bez. 234 Fälle).
Unter den 1621 Fällen sind 1150 Blasen- und
471 Hamr5hrensteine. Bezüglich des G^eschlechts
waren unter 1621Elllen nur 62 Mädchen, d.h. nur
4«/o aller Fälle.
unter den ätiologischen Momenten der Ham-
steinbildung spielt die Phimose eine grosse Bolle,
unter 636 Kindern, bei denen die Religion notirt
war, fanden sich nur 19 Israeliten, d. h. bei be«»
schnittenen Knaben kam die Lithiasis eben so selten
(3^/0) zur Beobachtung, wie bei Mädchen (4^/o).
Auffälliger Weise fand sich unter allen 1621 Kin-
dern keine mit Hypospadie, einer nach B. in Ungarn
ziemlich häufigen Entwicklungshemmung.
Baron (Dresden).
308. La airrhose hypertrophique aveo totere
ohronique ohes Penfant; par A. Gilbert et
L. Fournier. (Revue mens, des Mal de TEnf,
Xm. p. 309. JuiUet 1895.)
Bisher nahm man an, dass die biliäre hyper-
trophische Cirrhose fast ausschliesslich beim männ-
lichen Oeschlechte im Alter von 20 — 25 Jahren vor-
komme. Aber auch das Kindee- und das Jünglings-
alter sind davon nicht frei. Wenn man erwägt,
dass die Krankheit lange unbemerkt bleiben kann,
und dass viele Cirrhosen des späteren Alters schon
aus früherer Zeit datiren, kann man sogar für die
biliäre hypertrophische Cirrhose des Kindesalters
eine ziemliche Häufigkeit annehmen.
Das Krankheitsbild selbst bietet im kindlichen
Alter keine wesentlichen Verschiedenheiten gegen-
über dem Mannesalter. Man findet ebenso Yer-
grOsserung der Leber und der Milz, Ikterus u. s. w.
Ascites fehlt, der Appetit bleibt lange gut Als
Eigenthümlichkeit der Krankheit im Kindesalter
bezeichnen dagegen 0. und F. die in keinem Ver-
hältnisse zur Leberhypertrophie stehende Ver-
grösserung der Milz, sowie gewisse Veränderungen
des Skeletts (Trommelschlägelfonn der Endphalan-
gen der Finger und der grossen Zehe, Anschwel-
lungen und Schmerzhaftigkeit der unteren Femur-
nnd Tibiaenden). Schliesslich wird auch das
Wachsthum der Kinder durch die Erkrankung sehr
hintangehalten (Zierlichkeit der Figur, spärliche
Entwiokelung der Behaarung, infantiles Aussehen
auch in späteren Jahren). Mehrere mitgetheilte
Krankengeschichten bilden die Grundlage zu diesen
Angaben. Baron (Dresden).
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
309. Zur ITftrkotisirtings-Statistik (5. J%-
ridd, 1894—1895) ; von B. G u r 1 1 in Berlin. (Arch.
f. klin. Chir. LL 1. p. 91. 1895.)
Der 5. Bericht über die dieNarkotisirungsfrage
betr. Sammelforschung umfasst 55395 Narkosen,
Dämlich 34412 mit Chloroform (25 gestorben und
8 weitere zweifelhafte); 15821 mit Aether (5 ge-
storben und 2 zweifelhafte); 2148 mit Chloroform
tmd Aether; 1554 mit der jßiUro^A'schen Mischung;
1426 mit Bromäthyl ; 34 mit Pental ; im Ganzen
also 30 Todesf&lle (nebst 10 zweifelhaften) oder
1 : 1846.
Fasst man das in den bisher seit 1891 er-
statteten 5 Berichten enthaltene Gesammtmaterial
von 268869 chirurgischen Narkosen zusammen,
so findet man 102 Todesfälle, also 1 : 2633. Da-
runter ist die Proportion beim Chloroform 1 : 2286 ;
beim Aether 1 : 6020 ; bei gemischter Chloroform-
und Aethemarkose 1:10162; bei der Biüroth-
Mischung 1 : 5744; beim BromAthyl 1 : 4483; beim
Pental 1:213. Die Aetherstatistik ist also gün-
stiger, als die des Chloroforms. Der Aethemarkose
folgten aber häufig Pneumonien und von 30 solchen
waren 15 tOdtlich. Bei diesen 30 Pneumonikem
handelte es sich wenigstens 13mal (mit 9 Todes-
fällen) um Bauchoperationen. Dies erklärt sich
dadurch, dass diese Pat durch den Schmerz, den
sie bei jedem Hustenstoss empfinden, eine gehörige
183
VilL Chiruigie, Augen- und Olirenheilkunde.
Expektoration des sich ansammelnden Schleimes
rermeiden. ,^ scheint hieraus also die Lehre
sich zu ergeben, dass man hei BauehopercUionen die
Aßihemarkose mit besonderer Vorsiehi anwenden soll/'
P. Wagner (Leipzig).
310. Heilversaöhe mit Bakteriengiften bei
inoperablen bösartigen Nenbildongen ; von
Stabsarzt Dr. Fried rieh in Leipzig. (Arch. f.
klin. Chir. L. 4. p. 709. 1895.)
Fr. berichtet über Heikersuehe mit Bakterien-
giften bei inoperablen bösartigen Neubildungen, die
er in der Klinik von Thiersch angestellt hat
Sie bezweckten eine Nachprüfung der von Coley
ausgeführten Versuche, der in 5 f^len von Sarkom
definitive Heilung erzielt haben will Coley ver-
leibte bekanntlich Streptokokkenculturfiltrate oder
Sterilisate oder ebensolche von Streptokokken-
mischculturen mit Bac. prodigiosus dem kranken
Körper am Orte der Erkrankung oder subcutan
fern von diesem ein. Fr. hat sich zunfiohst genau
an die von Coley gegebenen Vorschriften der
Herstellung der Bakterieugiftpräparate, sowie der
Applikationsweise gehalten und 13 echte Epithelial-
carcinome und 4 Sarkome der Behandlung unter-
stellt
Die Ergebnisse dieser Heilversuche lassen sich
in folgenden SAtzen zusammenlassen: Mit den
Streptokokken- und Mischcultur-Sterilisaten und
Filträten ist bei der Injektion in das Oeschwulst-
gewebe weder bei Cardnom, noch bei Sarkom Hei-
lung erzielt worden. Mehrfach zeitlich mit der
eingeleiteten Behandlung zusammenfallende, vor-
übergehende, subjektive Besserungen sind als zu-
fällige aufzufassen. Ob es sich bestätigen wird,
dass eine Verzögerung des Krankheitsverlaufes bei
Sarkomen in Beziehung zu den Injektionen zu
bringen ist, steht noch dahin. Die örtlich sichtbaren
Veränderungen bestanden vorerst in Infiltration,
später mehrfach in Nekrose und Schwund der
Oeschwulsttheile.
Die Einverleibung der angewandten Oiftkörper
in das Geschwulstgewebe empfiehlt sich bei Carci-
nom sicher nicht; hinsichtlich der Beeinflussung
der sarkomatösen Geschwülste muss mit Bücksicht
auf die kleine Zahl von beobachteten Fällen das
Endurtheil noch ausstehen.
Die Culturpräparate, insbesondere die Misch-
culturpräparate, haben einen vorübergehenden star-
ken und daher nicht zu unterschätzenden schädi-
genden Einfluss auf das Allgemeinbefinden.
Die Untersuchungen Fr.'s machen es im hohen
Grade wahrscheinlich, dass ein specifischer Anta-
gonismus zwischen Streptokokkenculturgiften und
Neubildung nicht besteht Fr. möchte vielmehr
der Annahme Ausdruck geben, dass bei den
wenigen Heilungen anatomisch wirklich als bös-
artig erkannter Neubildungen der aktive In-
fektionsvorgang des Erysipels mit allen reaktiven
^tzündungen des befallenen Körpers es ist, der
zur Geschwulsteliminirung und Heilung gefOhzt
hat Die örtlichen und allgemeinen Folgen der
Coley 'sehen Giftapplikationen aber sind nicht
entfernt dem Infektionsinsulte mit lebenden Kei-
men gleich zu erachten. P. Wagner (Leipzig).
311. Beiträge zur Osteomyelitis mit Immu-
nidrangsversnohen ; von Dr. Canon in Berlin.
(Deutsche Ztschr. f. Chir. XUI. 1 u. 2. p. 135.
1895.)
C. hat aus der chirurgischen Abtheilung des
Krankenhauses Moabit 63 Fälle von Osteom^iUHs
zusammengestellt, darunter 25 im akuten Stadium,
5, in denen die Krankheit während des chronischen
Stadium plötzlich wieder akut wurde, und 33 Falle
von chronischer Osteomyelitis. Die akuten FUle
kamen wesentlich in der Entwickelungsperiode
vor. Die Krankheitsdauer in den akuten Fällen,
von den ersten Symptomen an gerechnet bis zur
vollendeten Eiterung, schwankte von 4 Tagen bis
4 Wochen. In den 30 akuten Fällen waren 16mal
Gelenkerkrankungen vorhanden. In den geeamm-
ten 63 FäUen werden 20mal GelegenheitsursaclLen
erwähnt (Fall, Stoss und dergl., Imal Erkältung).
Nur in 6 Fällen konnten aus der Anamnese Schlüsse
auf die Eingangspforte des osteomyelitischen Virus
gezogen werden. C. schliesst sich der Ansidit
Jordan 's U.A. an, dass die primäre Osteomyelitu
nur scheinbar eine primäre Erkrankung ist und in
"Wirklichkeit auf eine sekundäre Kokkianststio-
nirung s^urückgeführt werden muss, also eine
Fyämie ist
Die Art der ersten Operation in den frischen
Fällen war verschieden. Meist wurde anfänglich
nur inddirt und drainirt; eine frühzeitige Anf-
meisselung und Ausräumung des Knochens wurde
nur in 6 besonders schweren Fällen vorgenommen;
5 von diesen Kranken starben, der 6. musste am-
putirt werden.
Die bakteriologische Eüenmtersut^tmg ergab m.
bedeutendes üeberwiegen der Staphylokokken-
Osteomyelitis (21 Fälle) gegenüber der Strepto-
kokken-Osteomyelitis (4 Fälle). Von diesen letz-
teren war eigentlich keiner ein Fall von typischer
Osteomyelitis.
In 12 Fällen, in denen schwere Allgemein-
erscheinungen vorhanden waren, wurde auch das
Blut bakteriologisch uniersucht, 9mal mit positivem
Erfolge. 6mal fanden sich Staphylo-, bez. Diplo-
kokken, 3mal Streptokokken allein oder mit Sta-
phylokokken. Die Gegenwart von Streptokokken
beim osteomyelitischen Process ist als besond^
gefährlich anzusehen.
Im Wesentlichen ist die Osteomyelitis }eäenfdiüs
als eine Staphylokokkenpyämie der Elntwickeliung»'
periode aufzufassen.
Für die Annahme, dass gerade die Staphylo-
kokken besonders leicht Eiterung im Knochen-
marke hervorrufen, spricht auch der Ausfall der
von C. vorgenommenen Thierversuche. Es gelang,
VlH. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
183
bei ju&g^ Eaninohen durch Injektion einer ge-
eigneten Dosis von Staphylokokken in's Blut aus-
nahmeloB, osteomyelitische Erscheinungen hervor-
furofen; durch Injektion von Streptokokken da-
gegen oder anderen Mikroorganismen seltener oder
gar nicht. Versuche, Osteomyelitis vom Magen-
Darmkanale aus hervorzurufen, misslangen.
Schliesslich hat C. eine kleine Anzahl von Ver-
SDchen angestellt, aus denen hervorgeht, dass es
mQglich ist, Thiere gegen eine Staphylokokkeninfek-
iion XU immunisiren mit dem Blutserum von Men-
adien, die eben eine Staphyhhokkenerkrankung über-
ikmden haben. Freilich erfolgt diese Immuni-
sirung durchaus nicht so sicher und gleichm&ssig,
wie 2. B. die gegen die Choleraintoxikation durch
das Blutserum von Gholerareconvalescenten.
P. Wagner (Leipzig).
312. neber die Begeneratlon des seretöv-
ten Knoohenmarkes und ihre BeeinfluMimg
durohJodoform; vonDr.F.Haasler inHaIlea.S.
(Ansh. f. klin. Ghir. L. 1. p. 75. 1895.)
H. untersuchte zunächst in einer Reihe von
Versuchen die Erscheinungen der Knochenmark-
ngeturation nach iraumaiischer Zerstörung und
▼andte sich dann in weiteren experimentellen
Untersuchungen der Frage der Jodoformwirkung
ixufdas verletzte, im üebrigenjedoch normale Knochen-
rmkzxx,
1) Die Begeneration des Knochenmarkes,
H. stellte seine Versuche an jungen Kaninchen
an, denen er im oberen Drittel der Tibiadiaphyse
die Markhöhle durch temporäre Resektion eines
Penost-Corticalislappens eröffnete. Dann wurde
das Knochenmark mit einem kleinen scharfen
Löffel in der gewünschten Ausdehnung entfernt
nnd der Periost-Knochenlappen wieder an seinen
alten Platz eingefügt Die Thiere wurden nach
▼erschieden langer Zeit (1 — 56 Tage) getödtet und
das Knochenmark dann genau untersucht.
Nach diesen Untersuchungen vollzieht sich die
Begeneration in anderer Weise, als nach den bis-
kerigen Arbeiten anzunehmen war. An der Grenze
des durch Blut ausgefüllten Knochenmarkdefektes
bildet sich auf Kosten der Knochenmarkzellen, die
in dieser Begion untergehen, durch Wucherung
(indirekte Zelltheilung) der retikulären und peri-
vaskulären Bindegewebezellen ein Keimgewebe,
^ sich allmählich in den Blutherd vorschiebt
und ihn ersetzt Man findet an den eigentlichen
Xnochenmarkzellen zunächst nicht Erscheinungen
der Proliferation, sondern der Degeneration. Das
eztravasirte Blut wird in seinen peripherischen
&hiohten durch interceUulare Cirkulation beseitigt
Weiter im Inneren wird ein Theil des Sxtra-
TBsatee zu Pigment umgewandelt Eine Bethei-
ligong Ton Riesenzellen an der Fortschaffung des
Gerinnsels findet nicht statt Das Bindegewebe
wandelt sich bald in gallertiges Bindegewebe um.
In Spalträumen dieses Gewebes wandern, von der
Peripherie beginnend, die kleinen Knochenmark-
zellen ein ; die kernhaltigen rothen Blutkörperchen
vermehren sich lebhaft, die Leukocyten wachsen
zum Theil zu Markzellen und Riesenzellen aus.
Indem nun die Spalträume immer grösser, die sie
ausfüllenden Knochenmarkzellen immer reicher an
Zahl und Formen werden, nimmt das Gewebe mehr
und mehr das Aussehen des rothen Knochenmarkes
an, das gallertige Bindegewebe wird zu retikulärem.
So wird der Knochenmarkdefekt nach kurzer Zeit
wieder von funktionirendem Knochenmarke aus-
gefüllt Eine Bildung von Knochen und Knorpel
findet bei der Regeneration des Knochenmarkes
nur gelegentlich statt Diese Gewebe sind zudem
nur von kurzem Bestände und fallen bald der
Resorption anheim.
2) Die Beeinflussung des verletzten Knoehen-
markgewebes dur6h Jodoform.
H. ging hier in derselben Weise, wie bei seinen
ersten Versuchen vor. Statt aber, wie vorher, den
Defekt sich mit Blut füllen zu lassen, brachte er
keimfreie Jodoformkrystalle in ihn ein. Es fand
sich nach T5dtung der Thiere in verschiedenen
Zwischenräumen, dass im Knochenmarke unter
dem Einflüsse des Jodoforms oder seiner Zer-
setzungsprodukte ganz ähnliche Bildungen zu
Stande kommen, wie wir sie dort antreffen, wo
tuberkidöse Processe zum Stillstand oder zur Aus-
heilung kommen. Es kommt zunächst zu einer
starken Ansammlung von Leukocyten, die bald
degenerative und regressive Formen aufweisen;
dann entsteht eine reichliche Bindegewebeneubil-
dung, die den Jodoformherd concentrisch umfasst
und die Leukocytenschicht allmählich verdrängt.
Gleichzeitig tritt eine auf Jodoformumwandlung
beruhende Pigmentbildung auf. Das Bindegewebe,
das nach mehreren Wochen nur eine schmale Zone
einnimmt, erscheint ausserordentlich geeignet, das
hinter ihm gelegene Knochenmark zu schützen : in
den Spätstadien stellt es einen Schutzwall aus den
widerstandfähigsten Geweben dar, wir finden
straffes fibrilläres oder sklerotisches Bindegewebe,
hier und da von Knochenbildungen durchsetzt, da-
neben, an der Stelle der geschwundenen Jodoform-
krystalle, reichliche Ablagerung von phosphor-
saurem Kalk.
Es fragt sich nun, ob diese Veränderungen
lediglich als Jodoformwirkung anzusehen sind, ob
nicht andere Fremdkörper innerhalb, der Markhöhle
ganz ähnliche Erscheinungen hervorrufen. Dass
dies im Allgemeinen nicht der Fall ist, kann man
durch Controlversuche (Einlegen von Silberdraht,
von Catgutföden, von Borsäurekrystallen in die
Markhöhle) leicht feststellen. Dagegen ist es
durchaus wahrscheinlich, dass ein Fremdkörper,
der die gleichen chemotaktischen Eigenschaften
hat, dabei annähernd dieselben Bedingungen für
die Zersetzung und Resorption bietet, auch ganz
ähnliche histologische Vorgänge veranlassen wird.
P. Wagner (Leipzig).
184
YUL Chirurgie, Augen- und Ohrenheillninde.
313. Zur Behandlung von erworbenen
Sohadelknoohendef ekten ; von Prof. A. v. E 1 s e 1 s -
b e r g in Utrecht ( Arch. f. klin. Ghir. L. 4. p. 845.
1895.)
Die erworbenen Schädelknochendefekte ent-
stehen durch Trauma, Bakterieneinwirkung oder
Neoplasmen, meist durch Combination der beiden
erst erwähnten Ursachen. Diese Schädeldefekte
sind für den Träger nachtheilig, selbst wenn die
unmittelbaren Oefahren des Trauma oder der flori-
den Entzündung abgeklungen sind ; ihre operative
Deckung ist deshalb wünschenswerth, um den Er.
Tom Tragen einer Pelotte unabhängig zu machen.
Von Operationen kommen in Betracht : die Atäo-
plasiik und die Beieropkutik.
Die Ätäqplastik kann in zweierlei Weise aus-
geführt werden : 1) Deckung des Defektes durch
einen gestielten Lappen, der aus der Umgebung
gebildet wird, und Haut, Periost und Tabula
externa enthält (Müller-König); 2) Ausfül-
lung des Defektes durch Knochen, der demselben
Individuum, z. B. aus der Tibia, entnommen ist
(Seydel).
Bei der Heieroplasiik, der Ausfüllung des Defek-
tes durch todtes Material , eignet sich am besten
die Methode von Alex. Fraenkel mittels
Celluloid.
V. E. berichtet über 8 Kranke, die er noch in
Billroth 's Klinik zu operiren Gelegenheit hatte,
5mal wurde der Defekt mittels Autoplastik nach
Müller-König, 3mal mittels Heteroplastik nach
A. Fraenkel gedeckt
In allen Fällen von ÄtäoplasHk erfolgte reaktion-
lose Heilung und der Lappen erwies sich, als die
Kr. das Spital verliessen, als knochenhart 2mal
konnte noch nach Jahren (Imal durch die 2^/4 Jahre
später erfolgte Sektion) die Festigkeit des Lappens
erwiesen werden. In den Fällen von BBteraplasUk
erfolgte 2mal eine reaktionlose Heilung der Wunde
über der Platte, diese sass fest und erfüllte ihren
Zweck noch vollkommen nach 4^49 bez. 2^/4 Jahren.
Im 3. Falle musste die Platte nadi einigen Wochen
entfernt werden.
Beim Vergleiche beider Methoden ist zu er-
wähnen, dass von vornherein lebendes Material dem
todten vorzuziehen ist Gegen die Heteroplastik
spricht die akute Gefahr (Eiterung, die stets einen
Misserfolg bedingt, selbst wenn sie nur gering ist)
und die latente Gefahr (sekundäre Eiterung um
einen Fremdkörper). Für die Heteroplastik spricht
eine Reihe von Umständen : 1) der Eingriff ist bei
Schwachen viel geringer und mit weniger Blut-
verlust verbunden ; 2) er ist auch bei jugendlichem
dünnem Schädel gut ausführbar; 3) durch das
Celluloid wird die Verwachsung von Dura mit
Knochen unmöglich gemacht
Bemerkungen über die Technik der Operation
schliessen die mit einer Tafel Abbildungen ver-
sehene Arbeit P. Wagner (Leipzig).
314. Eine operaÜT behandelte HiniejfBlie
(cysiiach entartetes PeritheUarkam) ; von Prof. IL
Gras er in Erlangen. (Arch. f. klin. Chir. L 4.
p. 901. 1895.)
Ein 45jähr. Werkmeister bemerkte plötzlich bei d»
Arbeit, dass er den rechten kleinen und den Ringfinger nicht
mehr bewegen konnte. Nach 4 Wochen war der ganze
rechte Arm gelähmt ; in der 3. Woche traten auch Knmpf-
anfälle, zuerst ohne, dann mit Störung des Bewnsstsoos
ein. Stauunffspapille. Diagnose: fiimtomor im mitt-
leren und oberen Theile der vorderen linken Centnd-
windang. Bei der Ih^epanatton fand sich eine wailnoss-
grosse, ganz glattwand^, mit klarer, seröser Flüssigkeit
gefällte Himcyste ; ein excidirtes Stück der Gysteninuul
ergab nur wenig veränderte Himsabstanz als Ümgebong
der Cyste. Breite EröfiEnunff und Tamponade der Cyste.
Nach der Operation waren aUe Störungen beseitigt Aber
schon nach 5 Tagen stellte sich die lAhmung wieder ein,
auch kehrten die Anfälle wieder. An der wieder frei-
gelegten Cyste üand sich nichts Abnormes. Wegen der
Steigerung der Störungen wurde der ScbfidellappeD
dauernd zurückgeklappt; hierdurch kam es zum Hun-
Erolaps. Durch diesen eigenthümUchen klinischen Yer-
vad wurde man zu der Annahme gedrängt, daas nodi
ein zweiter ähnlicher Erkrankungsherd vorhanden sein
müsse. Bei der Sektion (4 Wochen nach der Operation)
fand sich eine zweite, etwas grössere Cyste im rechten
Stimlappen mit ganz glatten Bändern. Im Cystengnmde
Reste einer alten Blutung. Bei der genauen mitosko-
pisehen Untersuchung entdeckte man am Cystengnmde
Beste einer eigenartigen Geschwulstbildung, die jeden-
falls in die Gruppe der von Arnold so genannten
Perithelsarkome zu rechnen war.
P. W a gn e r (Leipzig).
316. Zur retrobuooalen Methode der IM-
legong des 8. Astes des V. trIgeminiiB; tqh
Prof. Erönlein in Zürich. (Beitr. z. klin. Chir.
XIV. 3. p. 725. 1895.)
E. berichtet über 2 Kranke, die er nach seiner
1892 angegebenen retrobucoakn Methode der Yvsf
legung des 3. Astes des N. tngeminus ziun Zwecke
der Neurektomie, bez. der Nervenevulsion operirt
hat Bei beiden Kranken trat Heilung ein. Die
Methode ist einfach und gefahrlos (vgL Jahrbbi
GCXXXV. p. 158). Ueber ihre Leistungsf&higkeit
eröffnete namentlich der 2. Fall sehr günstige Aus-
sichten, insofern, als es hier gelang, mit Benutzung
der Nervenauf rollung nach T h i e r s c h den Stnog
des N. inframaxillaris noch in seinem intracninielle&
Verlaufe durch das Ganglion Qasseri und sogar
noch mit einem Theile des letzteren zu entfearDen.
£. zieht dann einen kurzen Vergleich zwischen
den intracraniellen und den extracraniellen Metho-
den der Neurektomie und hebt hervor, dass anolL
die letzteren in verzweifelten Fällen noch günstige
Resultate ergeben, jedenfalls aber weit weniger
gefährlich sind als die intracraniellen.
P. Wagner (Leipzig).
316. Ueber akute Osteomyelitis d0r^inil)el-
sftale; von Dr. W. Müller inAachen. (Deutscbe
Ztschr. f. Ghir. XLL 6.'p. 445. 1895.)
M. theilt folgende eigene Beobachtung von
akuier Osteomyelitis der Brustioirbelsäule mit
Ein l^ähr. Mädchen erkrankte plötzUch mit Frost,
hohem Fieber n. s. w., sowie heftigen Buckensdunozeik
^^ 9
Ym. Chirurgie, Atigen- lind Ohrenheilkunde.
185
Letztere wurden immer stärker; dazu traten Schmerzen
in den Fassen und Beinen. Nach 5 Tagen Lfihmung,
die innerhalb eines Tages die ganze untere Eörperhälfte
bis zu den Brustwarzen einnahm (motorische und sen-
sible Lähmung und Harnverhaltung). Diagnose: Lan-
dry'sche LBhmung. 3 Wochen nach Beginn der Erkran-
kung deutliche Abscessbildung der Gegend über den drei
oberen Brustwirbeln. Indsion, Entleerung bräunlichen,
Tiel Fetttröpfchen enthaltenden Eiters; Rückenmuskeln
nun Theil zu zunderartigen Massen zerfallen. In der
liefe der AbsoesshÖhle gefiingte man auf entblösste Kno-
choitheile: linke Bogenhälfto des 2. Brustwirbels total
nekrotisch, desgleichen ein Theil des Domfortsatzes.
Rechte Bogenhäfte an der Innenfläche ebenfalls von
Periost entblösst; Entfernung der beiden Bogen. Rücken-
mark nirgends oomprimirt ; nirgends käsige Massen. Offen-
lassen der Wunde, Drainage, JodoformgazeUmponade.
In dem Eiter der Gfewebefetoen u. s. w. keine Tuberkel-
bacüien, dagegen zahlreiche Eokkenhäufchen. Nach der
Operation Aufhören von Fieber und Sohmerzen; ^te
Onnulirung der Wunde. Lähmungen unverändert; jau-
cJiige Gystitis , Decubitus. Tod 3 Wochen post opera-
tionenu Es war nur eine beschränkte Sektion möglich.
Dora-mater im Bereiche des 2. Brustwirbels ganz morsch
erweicht, ebenso der dahinter liegende Abschnitt des
Rückenmarks.
Die in diesem Falle so stürmisch eing^etretenen Gom-
preesionsersoheinungen können Mangels jeder Knoohen-
dislokation wohl nur durch ein in Folge des Druckes im
Kanal rasch entstandenes Oedem des Bückenmarks er-
klärt werden.
M. hat in der Literatur noch 7 Fälle von akuter
Osteomyelitis der Wirbelsäule auffinden können;
die Arbeit von Hahn über denselben Gegenstand
erschien erst während des Druckes der vorliegen-
den Mittheilung (s. Referat in diesen Jahrbüchern
CCXLVm. p. 56). P. W a g n e r (Leipzig).
317. Ueber die Brfblge der Ezteiudon
bei apondylltisoher Oompreeeionelfthmnng des
Säokenmarks ; von Dr. E. S e i n e r t in Tübingen.
(Beitr. z. kUn. Chir. XIY. 2. p. 447. 1895.)
Die überraschend günstigen Erfolge, die R
flowohl in der medicinischen, als auch in der
chirurgischen Klinik in Tübingen bei einer Reihe
▼onspondylitisdien Rückenmarkscompressionen mit
Anwendung der Extension zu beobachten Gelegen-
heit hatte, gaben ihm Yeranlassung , diese und
frohere Erfahrungen auf dem vorliegenden Qebiete
XU sammeln und zu verarbeiten. R beschränkt
sich hierbei auf die durch Spondylitis bedingte
^»tkenmarkB-0(mipresaion oder Bückenmarka-Läh-
muti^, wobei der letztere Ausdruck den höheren
und höchsten Graden der Compression entsprechen
▼fiide.
Die Erfolge der Mheren ezspektativen , bez.
ahlatenden Behandlung sind bei leichter und mittel-
schwerer Compression nicht so ungünstig, bei
achwerer Compression aber sehr gering. Von
23 Kranken mit schwerer spondylitischer Com-
pression, die 1871—1892 in der Tübinger med.
Binik ohne Extension behandelt wurden, können
8 als „geheilt'^ betrachtet werden. 14 Kr. starben.
Im Anschlüsse hieran berichtet R. über 13
schwere spondylitische RückenoQLarks-Compresaio-
nen, die in der Tübinger med. und chirurg. Klinik
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 2.
mit Eximsion behandelt wurden. Ton diesen
13 Fällen hat bisher nur einer tödtlich geendet;
9 Kr. können als geheilt betrachtet werden ; 3 Kr.
befinden sich auf dem Wege der Besserung.
R bespricht dann noch die Wirkungsweise und
die Form und Anwendung der Extension an der
Wirbelsäule, um schliesslich die Bedeutung der
Extension eingehender zu würdigen.
Worauf in den FUlen von vollständiger Hei-
lung nach lange bestandener Lähmung die Wieder-
herstellung der Funktion zurückzuführen ist, ist
noch zweifelhaft Jedenfalls ist die Thatsache,
dass auch nach Monate und Jahre lang dauernder
Compression mit schwerer Lähmung doch noch
eine vollständige Heilung erzielt werden kann, als
solche von der höchsten Bedeutung. Zur Errei-
chung dieses Erfolges ist die Extension ein ebenso
unschädliches, leicht anwendbares, wie überaus
wirksames Mittel, in den meisten Fällen von spon-
dylitischer Compression wohl das beste, das wir
kennen.
Der Arbeit ist ein 87 Nummern umfassendes
Literaturverzeichniss beigegeben.
P. Wagner (Leipzig).
318. Beitrag lurKtantniM der Halswirbel-
brüohe; von Dr. 0. Faisst in Tübingen. (Beitr.
z. klin. Chir. XIV. 2. p. 639. 1895.)
F. theilt aus der Tübinger Chirurg. Klinik einen
genau beobachteten und diagnosticirten Fall von
F¥aktt4r des 4. Haiswirhds mit, in dem trotz volU
ständiger motorischer und sensibler Lähmung der
cheren und unleren Extremitäten Heilung eintrtU.
Der 25jähr. Kr. Überschlag sich beim Bockspringen
nnd stürzte kopfüber auf die Erde. Keine Bewusstlosig-
keit, nnr zeitweise starker Schwindel unmittelbar nach
dem Sturze waren sämmtliohe Glieder, sowie Brost und
Bauch vollständig gelähmt gewesen ; Priapismos, Blasen-
lähmang. Am 5. Ta^e Üeberführang in die Tübinger
Chirurg. Klinik, gut fixirender Kopf-Rumpfverband. Die
Untersuchung in der Klinik ergab eine fast vollständige
motorische und sensible Lähmong an Armen, Beinen und
am ganzen Rumpfe. SohUngen etwas erschwert; Ath-
mang rein diaphragmatisch, keine Thätigkeit der Hülfs-
athemmuskeln. Blasen- und Darmlähmung nicht ganz
vollständig. Die örtliche Untersuchung der Wirbelsäule
zeigte auf der Höhe des 4. Halswirbels einen mfissigen,
ciroumscripten Druckschmerz. Keine sichtbare Schwel-
lung, kein Bluterguss. Zwischen den Domfortsätsen des
4. und 5. Halswirbels bestand ein etwas grösserer Zwi-
schenraum als sonst; ausserdem war der Froc. spinosus
des 4. Wirbels etwas eingesunken. Bei der Untersuchung
der vorderen Halswirbeläule per os fühlte man den Kör-
per des 4. Halswirbels stumpf vorspringend mit ziemlich
scharfem Absatz gegen den 5., der sich an normaler Stelle
befand. Vorsichtige Drehbewegungen konnten bei ex-
tendirter Halswirbelsäule ausgeführt werden; bei Rüok-
wärtsbewegungen lebhafter Schmerz in der Höhe des
4. Halswirbels. Keine Crepitation. Horizontale Lagerung
des Kr., Extension der HalswirbelBäule mittels Glisson^-
scher Schlinge (2 kg), die 6 Wochen lang lie^n bUeb.
8 Monate nach der Verletzung vollkommene neilung bis
auf eine geringe Herabsetzung der groben Kraft im lin-
ken Arme. An der Wirbelsäule war ausser einer eben
noch fühlbaren Calluswucherung am 4. Halswirbel nichts
Abnormes zu finden. P. W a g n e r (Leipzig).
24
188
Ym. ChiiDTgie, Augen- und Ohrenheilbuide.
319. 2cir AntitoBiie der Skoliose; von Prof.
S. A 1 b e r t (Wien. klin. Bondsohau IX. 33—35.
1895.)
A. hat die Drehungsverh<nisse der Bogen zu
den Körpern skoliotischer Wirbel genauer studirt,
nnd zwar in den verschiedenen Projektionen des
Knochens (horizontal, frontal, sagittal). Er ist zu
der merkwürdigen Erkenntniss gelangt, dass an
den Brustwirbeln die Bogen nach der Seite der
Goncavit&t gedreht sind, und zwar um eine sagittale
Achse, am Lendentiieile nach der Seite der Con«
vexität Es sind also alle Bogen gleichsinnig ab-
gelenkt
A. nimmt als Grund dieser Differenz zwischen
Brust- und Lendensegment die verschiedene antero-
posteriore Krümmung beider Abschnitte an, die
bei Entwicklung der seitlichen Ausbiegung be-
kanntlich schwindet, wodurch die Spannungsver-
h<nisse innerhalb der Bogenreihe geändert werden.
Er kommt damit auf die von Meyer schon be-
gonnene getrennte Betrachtung der Körper- und
Bogenreihe zurück. A. stellte nun Messungen der
Bogenreihe an und kam durch Yergleichung der
Längenverhftltnisse an der normalen und an der
skoliotischen Wirbelsaule zu dem Schlüsse, dass
die Skoliose durch die Verkürzung des Bogen-
systems geradezu charakterisirt ist.
Yulpius (Heidelberg).
320. Contralaterale Torsion bei Skoliose;
von Dr. 0. Yulpius. (Ztschr. f. orthopftd. Chir.
lY. 1. 1895.) Autoneferat
Y. berichtet über einige Fftlle von Skoliose, die
von dem gewohnten Schema insofern abweichen,
als die Yorwölbusg der Rippenwinkel nicht auf
der Seite der Convexität liegt, sondern auf der
concaven Seite. Wenn auch Ähnliche Beobachtun-
gen bisher nicht vorliegen, so glaubt Y. doch das
Yorkommen dieser contralateralen Torsion weiter-
hin bestätigt zu sehen, so unwahrscheinlich der
Befund zunächst erscheint
(In der That ist seitdem bereits eine entspre-
chende Mittheilung von Kirmissonin der Revue
d'Orthop6die 1895 erschieneiL)
321. Bin Fall von altemirender Sooliosis
nenropathioa ; von Dr. 0. Y u 1 p i u s. (Ztschr. f.
Orthopäd. Chir. lY. 1895.) Autorreferat
Neben der heterologen und der homologen Form
der Ischias scoliotica giebt es eine anscheinend
seltene Yariation des Leidens, wobei ein Uebergehen
der heterologen in die homologe Neigung der
Wirbelsäule beobachtet wird.
Einen solchen Fall beschreibt Y. und er glaubt,
dass es sich hierbei um Muskelspasmen handle,
welche durch die bei diesem Kranken doppel-
seitige Ischias hervorgerufen werden. Die von dorn
Patienten willkürlich gewählten beiden Haltungs-
anomalien sind, wie den beigegebenen Abbildungen
zu entnehmen ist, recht stark.
322. Ueber Sooliosis nenropafhioft; von Dr.
0. Yulpius. (Deutsche med. Wchnschr. XXL
36. 1895). Autorreferat
Es werden zunächst die Krankengeschichtea
von 6 Fällen der als Ischias scoliotica bezeichneten
Wirbelsäulendeformität gegebeo, unter denen »eh
alle bisher bekannten Yarietäten des Leidens, die
heterologe, homologe und altemirende Form, findeD.
Es werden weiterhin die bereits zahlreichen An-
sichten über die Entstehungsursache dieser Sko-
liose besprochen und ihre Richtigkeit wird aof
Grund der eigenen Beobachtungen geprüft.
Y. gelangt zu der Meinung, dass nur die Com-
bination von Ischias und Lumbalnervenaffektion,
eventuell auch letztere allein, die typische Rumpf-
verbiegung veranlassen kann. Das Charakteristicum
derselben besteht in seitlicher Neigung der Wirbel-
säule, die durch halbseitige reflektorische Rücken-
muskelcontrakturen erzeugt wird.
Die Prognose ist im Ganzen günstig, da die
Deformirung der Knochen nur sehr langsam eintritt
323. The employment of meohanloal foroe
in treatment of lateral ourvatoxe; by E. E
Bradf ord and E. G. Brackett (Boston med.
and surg. Journ. CXXXIIL 15; Oct 10. 1895.)
YfF. empfehlen, jeder Apparatbehandlung bei
fixirter Skoliose eine Mobilisation voranzuschickeiL
Zu diesem Zwecke verwenden sie verschiedene
Apparate, die zum Theil Modifikationen europäischer
Erfindungen darstellen, so die Detorsionslagenmg
von Zander, den H o f f a 'sehen Detorsionsrahmen
mit voirtellbarMi Pelotten und Kopfextension.
Kranke, die die Suspension nicht ertragen,
werden entweder in einem Stuhle an Beinen und
Schultern fixirt und mit einer dorsal verschiebbaren
Pelotte behandelt Oder es wird die Entlastung
der Wirbelsäule durch Bauchlage in einem horizon-
talen Rahmen erzielt, wobei der Pelottendruck von
oben, bez. oben und seitlich auf den Bücken ein-
wirkt. Yulpius (Heidelberg).
324. Bine seltene Form von angeborener
Wirbeleiialte; vonDr.O.Joachimsthal. (Yi^
chow's Arch. CXLI. 3. p. 505. 1895.)
Die bei einem 9jfihr. Knaben beobachtete Spina bifida
occnlta, vom 3. bis 5. Lendenwirbel reichend, ist deshalb
besonders interessant, weil die seitlich gelegene Spalte
am 4. Lendenwirbel von einer Knochenspange überbrnckt
war. J. ^aubt diese entstanden ans der einsdtigen
Bogenanlage, die durch Fehlen des Gegendmoks über
die Mittellinie hinaas gewachsen war und damit eine par-
tielle Spontanheilung herbeifährte.
Y u 1 p i u 8 (Heidelberg).
325. Ein Fall von Besektion des Oeso-
phagaa bei Caroinom; von Dr. 6. Mar w edel
in Heidelberg. (Beitr. z. klin. Chir. XIY. 3. p. 730.
1895.)
M. berichtet über eine 35jähr. Er. derCzerny'-
scben Klinik, bei der sich seit 9 Jahren ganz alloifihlioh
eine Stenose des oberen Theiles des Oesophagus ausgebildet
hatte, die klinisch als syphilitische narbige Strikter an-
gesehen wurde. Oesophagotomie. Die mikroskopische
VUL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilhinde.
187
Üntersachaiig eines excidiiten Bandstüekchens ergab
cbanktehstischen Plaitenepitkelkrebs, Besektüm des
Oaophagiu, Ee blieb eine Diastase von 4 cm zurück, so
dass das untere Pharynxende mit dem oberen Oesophagus-
nnd nur durch 2 Cätgutnähte befestigt werden konnte.
Schloodsonde als Dauerkanüle. Heilung, Die Resektion-
stelle zeigt noch immer grosse Neigung, sich zu ver-
eogern, so dass sich die Er. weiche Oiunmiröhren ein*
fokren muss. Kein Becidiv nachweisbar.
P. W a g n e r (Leipzig).
326. Zur Behandlang der narbigen Speise-
röbrenTerengemng ; von Prof. F. Petersen in
Kiel. (Arch. f. klin. Chir. L. 3. p. 626. 1895.)
P. berichtet über einen jetzt 2Qjälir. Er., der vor
5 Jahren aus Versehen Kalilauge getrunken und sich da-
durch 2 Verengerungen der Speiseröhre zugezogen hatte.
Die eine, in der Gegend der Gabelung der Luftröhre, sass
excentiisob, die andere, oberhalb der Eu^lia, war sehr
eD^ und setzte den Erweiterungsversuohen den grössten
Widerstand entgegen. Endlich gelang es aber doch aU-
mihlich Heilung herbeizuführen, und zwar besonders
duch das Kraske'sche Verfahren, das darin besteht,
dua man an einen durch die Speiseröhre in den Magen
und aas diesem durch die Magenfistel herausgeführten
Faden Elfenbeinoliven befestigt und von unten her durch
die Speiseröhre zieht P. W a g n e r (Leipzig).
327. MlttheUiing über MagenfietelbUdung ;
▼on Prof. F. Fischer in Straasburg. (Arch. f.
Uin. Chir. L. 3. p. 562. 1895.)
Da die Witzel'sche und die Frank'sche
Methode zum Anlegen einer Magenfistel nicht in
allen Fallen ausführbar ist, so hat F. in 4 Fällen von
O^wphagusstenose (1 Carcinom-, 3 Narbenstrik-
turen), in denen der Magen so stark geschrumpft
^ dass er sich nicht vor die Bauch wunde bringen
Hess, die Magenfistel in folgender Weise angelegt.
Nach Fixation des Magens in der Bauchwiude wur-
den die Kr. in den ersten 3 Tagen nach der Operation
dorch Nährklystire ernährt, erst vom 3. Tage ab wurde
ttit der Ernährung' vom Magen aus begonnen. Die Nah-
nmg wird durch eine dünne Prara^t^sche Hohlnadel, die
durch Gummischlauch mit einer Spritze verbunden ist,
m den Magen gebracht Die nicht zu lange, recht scharfe
"^itze der Hohlnadel wird in der Mitte der angenähten
imwand schräg aufgesetzt und durch vorsichtige
drehende Bewegungen die Ma^enwand durchbohrt. Dass
die Spitze der Hohlnadel sich m der Magenhöhle befindet,
ist daran zu erkennen, dass die Nadel naoh allen Bioh-
^^pKi hin sich leicht hin- und herbewegen lässt Die
Nadel wird, nachdem 50— 60 g Flüssigkeit in den Magen
gebracht sind, wieder herausgezogen; der Stichkanal
KUiesst vollkommen. Nach 3—5 Std. wird die Nadel
*B derselben Stelle der Magenwand wieder eingeführt ,
uoh 5--6 Taeen wird eine stärkere Hohlnadel in den
'^gen eingefimrt, durch die sich breiige Nahrung ein-
flitzen läsBt Dadurch, dass die Hohlniulel stets an der-
s^ben Stelle eingeführt wird, bildet sich in der Magen-
^d ein schräg verlaufender Kanal, so dass in einem
Falle nach 8 Wochen eine Hartkautsohukkanüle ein-
Bährt werden konnte. Die Wandungen dieses Kanals
en nach Zurückziehen der Hartkautschukkanüle zu-
ttmmen, so dass nicht das Geringste der eingeführten
i^ahnmg aus dem Magen abfliessi
Wird die Oesophagusstriktur wieder durch«
SB&gig, Bo schlieest sich die Magenfistel von selbst,
^6 F. bei 2 seiner Kranken beobachtete. Die aus«
fttbliohen Krankengeschichten werden am Schlüsse
nuigeüieUt P. Wagner (Leipzig).
338. Bericht über 108 Operationen am
Magen ; von Prof. Mikulicz in Breslau. (Arch.
f. klin. Chir. LL 1. p. 9. 1895.)
M. berichtet über 103 MagenopercUionen , die
zum grOssten Theile von ihm, zum kleineren Theile
von seinen Assistenten an 102 Kr. ausgeführt wor-
den sind. Von diesen starben 24 -» 23.d<^/o im
Anschlüsse an die Operation, üebereinstimmend
mit den Erfahrungen anderer Chirurgen kann M.
feststellen, dass sich mit zunehmender Erfahrung
und Vervollkommnung der Technik die operativen
Besultate wesentlich gebessert haben. Sehr ver-
schieden ist das Mortalit&tsverhältniss nach der Art
des die Operation bedingenden Leidens. Am
günstigsten ist das Resultat bei nicht carcinomatösen
Processen ohne schwere Complikationen (narbige
Stenose des Oesophagus oder Pylorus, Ulcus ven-
triculi, Duodenalverschluss durch QaUensteine).
Von 24 Kr. dieser Kategorie sind nur 2 ■» 8.8<>/0
an den Folgen der Operation gestorben. Von 73
toegen Gardnoms Operirten starben 17 -»■ 23.3%
im Anschlüsse an die Operation. Nach Operation
wegen schwerer Complikation des Ulcus ventriculi
(Perforation, Magen- oder Duodenalblutung) sind
von 6 Operirten 5 — 83% gestorben. Die vor-
stehenden Zahlen zeigen, was bisher zu wenig
hervorgehoben worden ist, dass die Gefahr des
Eingriffs nicht sowohl von der Operationsmethodei
als vielmehr von dem primfiren Leiden abhängt.
Die Todesursache in den ungünstig verlaufenen
Fällen, war 8mal Collaps, 4mal Pneumonie, 3mal
akute Infektion; 9mal bestanden andere Todes-
ursachen (darunter 2mal Inanition.)
Die Dauererfolge bei nicht camnomaiösen Pro-
cessen sind bekanntlich so ausserordentlich günstig,
dass über den therapeutischen Werth der Opera-
tionen nicht diskutirt werden kann. Das Urtheil
über die Bedeutung der operativen Behandlung des
Speiseröhren- und Magenkrebses kann heute noch
nicht als abgeschlossen betrachtet werden; ins-
besondere nicht über die Oastrostomie und Oastro-
enterostomie, die beide nur ein palliatives Hülfs-
mittel darstellen. Durch die Ocuirostomie hei Oeso*
phaguscardnom wurde das Leben der Kr. durch-
schnittlich um 4Va — & ^^^' verlängert Seit wir
durch die WitzerscheMethode in der Lage sind,
eine vollkommen schlussfähige Magenfistel anzu-
legen, wird die Operation von den Kr. als grosse
Wohlthat empfunden, da ihnen die Qualen des
Hungertodes erspart bleiben. Die durchschnittliche
Lebensdauer nach der Oastroenterostomie ufegen
Pyhruscarcinoms betrug 9^/^ Monate. Nach der
PylorusresekÜon lebten die Kr. durchschnittlich
16% Mon. ; die Ueberlebenden sind 24, 18, 5, 5 Mon.
recidivfrei. Die Pylorusresektion verdient demnach
in allen Fällen von Pyloruscarcinom, in denen sie
leicht durchführbar ist, vor der Gastroenterostomie
den Vorzug.
Was die TMmik der vermihiedenen Magenopeia-
tionen betrifft, so bat K. die CMroelomie mitweni«
188
TBL Chirurgie, Augen- und Ohrenheillninde.
gen Ausnahmen nach der Witzerschen Methode
gemacht Die Oastromterostamie wurde in der
Begel nach der von Hacker modifioirten Methode
ausgeführt; nur da, wo die hintere Magenwand
schwer zugänglich, oder durch das Carcinom weit-
hin infiltrirt war, fand das ursprüngliche Wolf-
1er 'sehe Verfahren Anwendung. Bei derPylorus-
resektion hat sich M. bisher ausschlieeslidi an die
von Billroth ausgebildete Methode gehalten. In
keinem Falle Ton Magenresektion, Qastroentero-
Btomie und Fyloroplastik hat die Naht versagt
P. Wagner (Leipzig).
329. Die neuerdings an der Heidelberger
eblrorgiflohen Blilnik anagefOhrten Operatio-
nen am Magen; von Dr. Mündler in Heidel-
berg. (Beitr. z. klin. Chir. XIV. 2. p. 293. 1895.)
Im Anschlüsse an die Arbeiten von Czerny-
Rindfleisch und Dreydorff (vgl. Jahrbb.
CCXXXVI. p. 244. und GCXLIII. p. 66) berichtet
M. über die von Februar 1893 an, bis jetzt in der
Heidelberger chirurgischen Klinik ausgeführten
Magenoperationen. Diese wurden an 39 Kr. ge-
macht und theilen sich in 4 Resektionen des Pylo-
rus, 4 Pyloroplastiken , 21 Gastroenterostomien,
2 Oastrotomien wegen Fremdkörpers, 1 Magen-
iind Lebemaht nach Stichverletzung und 8 Ezplo-
rativincisionen. Von den 4 Pylonuiresekiionen
endeten 2 im Anschlüsse an die Operation, eine
61/^ Mon. später durch Recidiv tfidtlich. Von den
Pyloroplastiken endete eine 13 Tage nach der Ope-
ration mit dem Tode. Die Oastroenierostomie war
veranlasst 12mal durch Pyloruscarcinom , 2mal
durch eine Hftrte des Pylorus nicht zu bestim-
mender Art, Imal durch eine Duodenalgeschwnlst,
Imal durch ein altes Ulcus duodeni, 5mal durch
Narbenstenose des Pylorus. 3 Kr. starben im An-
schlüsse an die Operation. Die Kr. mit Oasiro-
tomie und Magen-Lebemahi genasen ; von den Probe-
incisionen endeten 2 im Anschlüsse an die Opera-
tion tOdtlich.
M. hat dann weiterhin von Kr. der beiden
früheren, oben erwähnten VerGfTentliohungen Nach-
richten eingezogen: 1 Kr. mit Pylorusresektion
wegen Carcinom lebt 4 Jahre nach der Operation
gesund und ohne Beschwerden ; 1 Kr. mit Pylor-
ektomie wegen stenosirenden Magengeschwürs
befindet sich über 12 Jahre danach ausgezeichnet
u. s. w. Nach Weglassung der Explorativincisio-
nen, Oastrotomien, Gastrostomien u. s. w. beträgt
die Zahl der Magenoperationen in der G z e r n y '-
sehen Klinik bisher 75, und zwar theilen diese sich
in 24 Resektionen, 7 Pyloroplastiken und 44 Gastro-
enterostomien. Die Arbeit M.'s enthält noch be-
merkenswerthe Mittheilungen über die Diagnose,
die Art des operativen Eingriffes und der Nach-
behandlung bei den chirurgischen Magenleiden.
P. W a g n e r (Leipzig).
330. Zur ohirorgiadhen Behandlung der
Stenoaen des Magendarmkanala ; von Dr. C.
Lauenstein in Hamburg. (Deutsche mei Wo-
chenschr. XXL 36. 1895.)
L. berichtet über folgende Fälle.
1) 54j&hr. Frau. MoffinreteHion vfegen ÜZmm «oi-
trieuli an der kleinen Corvatar, das die Symptome der
Pylorusstenose vemrsaoht hatte. Um die YereogBrang
SU heben, musste einBtaok des Magens ans seinem ganna
umfange entfernt werden. EMung.
2) GSIjähr. Frao. PyhrturetMUm wegen stuta
eareinomaiöBer Stenose. HeUung» 6 Mon. nach det
Operation kein BüokfalL
3) 53jähr. Frau. Besektion eines 13 cm lanfen
Stückes des Quereolona wegen CaroinomB, HBÜlimg.
6 Mon. reoidivfrei.
4) 35jähr. Er. Anlegung einer Magendümidam-
fistel nach W ö 1 f 1 e r wegen gutartiger Stenose desPfflO'
rtiSf die untrennbar mit der unteren Leberfläche for-
wachsen war. Heilung, Seit der Operation sind 14 Mon.
verflossen. P. Wagner (LeipB^.
331. Ueber Amaehaltnng inoperabler Py*
lomattriktoren« nebat Bemerkungen über die
Jejanoatomie ; von Prof. A. v. Eiseisberg in
Utrecht (Arch. f. klin. Chir. L. 4. p. 919. 1895.]
Wenige Operationen haben sich am Magen*
darmkanale so rasch eingebürgert, wie die Gastro-
enterostomie W ö 1 f 1 e r 's. Sie wird entweder in da
nrsprünglichen Art oder in modificirter Weise aus-
geführt Die Modifikationen waren hauptsflohlicii
durch dreierlei Arten von Misserfolgen bedingt:
1) Compression des Queroolons durch die an den
Magen genähte Dünndarmschlinge. 2) üngeafl-
gender Abfluss des Mageninhaltes in das abfOhreode
Stück, bez. Abfluss in das zuführende JejunumstQck,
wodurch sogar tOdtlicher Ileus zu Stande kam.
3) Wahl einer zu sehr cOkalwftrts gel^;enenlleam-
Bchlinge zur Fistelbildung, wodurch Lianitions-
erscheinungen auftreten künnen.
Zur Vermeidung der Compression des Quer-
Colons hat v. Hacker die Fistelbildung hinter
dem Quercolon ausgeführt ( OastroerUerostomia retro-
eoUoa)j während v. Bramann und Brenner die
Vorzüge dieser Oastroenterostomia retrooohoa mit
der Leichtigkeit in der Ausführang der Oastro-
enterostomia antecolica combinirten, indem sie
durch eine Lücke imLig. gastro-colicnm undMeso-
colon transversum die Dünndarmschlinge vonogea
und an die vordere Magenwand inserirten {Oastro-
enterostomia retroooliea anterior), um den Bflck-
fluss des Mageninhaltes in das zufOhrende Stiick
zu vermeiden, hat schon W ö 1 f 1 e r eine etwas com-
plicirte Methode vorgeschlagen, die darin besteht,
dass der Dünndarm quer durchtrennt, das ab-
führende Stück in den Magen implantirt und das
zuführende Stück seitlich in das abführende ein-
gesetzt wird ( Oastroenterometarrhapkie nach Voigt).
Weitere Modifikationen sind dann von Lauen-
stein, Braun, Jaboulay,Chapat, Kocher,
Lücke u. A. angegeben worden, v. K verfügt
über 26 eigene Gastroenterostomien mit 7 Todes-
fällen im direkten Anschlüsse an die Operation.
Die Indikation für die Operation war stets ein
inoperabler Pylorustumor} meist Carcinom.
Ym. Chirargie, Augen- und Ohrenheilkunde.
189
y. IL möchte dort, wo sie leioht ausfahrbar ist,
die y. Hacker'sohe Oaatroenteragtomia reiroeolica
(eTentaeill die nach v. Bramann und Brenner)
gb die zweckm&ssigste empfehlen; für alle FSlle
aber, in denen wegen ausgedehnter Infiltration der
hinteren Magenwand das Umdrehen des Uagens
unmöglich ist, oder eine besonders rasche Vol«
lendong der Operation erwünscht ist, die W5lf-
1er 'sehe Methode vorziehen. Durch die Oastro-
enterostomie werden immer die Stenosensymptome
gehoben, auch der Tumor kann im Wachsthum
stehen bleiben, doch kommt nach wie vor etwas
Kagenbrei, wenn auch viel weniger als früher, zum
Tumor und kann ihn reizen. Dadurch erklfirt sich
T. E. die in 2 FUlen trotz Operation fortdauernden
landnirenden Schmerzen bei Er., die sich sonst
zusehends erholten. Diese Beobachtungen führten
▼. K dazu, analog der von Salz er zuerst für den
Dann empfohlenen Ausschaltung, auch die Aus-
Bchaltong des Pylorus zu machen. In der zuerst
von Billroth später wiederholt von Kocher
geübten Gombination von Magenresektion m it Gastro»
enterostomie war die Operationsweise klar vor*
geadchnet J9ie(%mMmt<fanvcmG'a«^()eni0r(>«(om»0
mU IhfbrusatissehaUung gestaltet sieh demnaeh 90,
dasebeiinaperablen Ih^hrushimoren ruhen der Oaeirth
mUroeiomie noch der Magen proximal vom Tumor
imMrennt wird und diese 2 SehniUfläAen in sieh
9^ bHnd vernäht werden. Der Tumor ist dadurch
Tor einer direkten BerQhrung mit dem Magen-
Inhalte bewahrt, ohne dass der Oallenabfluss be-
eintrflchtigt wird. v. E. hat diese Operation an
2 Männern von 56 und 62 Jahren mit Erfolg aus-
geführt Der eine hatte nach 3 Mon. um 8, der
andere um 40 kg zugenommen. Beide hatten durch
lahre hindurch an heftigen Magenschmerzen ge-
litten, bis der wachsende Tumor die Operation er-
fordert hatte. Durch diese wurden- beide Fat voll-
kommen schmerzfrei.
Die vorgeschlagene Modifikation stellt eine
Complikation dar, scheint jedoch bei inoperablen
Tumoren, die starke Schmerzen oder Blutungen
bedingen, angezeigt, falls der Iftnger dauernde Ein-
griff zu rechtfertigen ist.
In 3 Fällen, in denen sich nach der Eröffnung
des Peritonaeum die Gastroenterostomie als unaus-
führbar erwies, hat v. E. die oberste Jejunum-
Khlmge aufgesucht, diese sagittal gelagert, so dass
^ Peristaltik von oben nach unten verlaufen
nmsate, und nun an einer, gegenüber dem Mesen-
terialansatze gelegenen Stelle des Jejunum nach
der bekannten, von Witzel für den Magen an-
gegebenen Methode, eine Fistelbildung fJejuno-
fiomie) vorgenommen. In allen 3 Fällen funktio-
lurte die Ilstel vortrefflich ; die eine Er. lebt noch
11 Hon. nach der Operation und hat 20 kg zu-
genonunen Dieser letztere Fall erscheint über-
haupt in mehrfacher Hinsicht interessant. Zunächst
^egen der eigenthümUchen Gombination der Magen-
ttkiankong (Kardia- und Pyloruskrebs). Femer
wegen der vorzüglichen Besserung der durch diese
Tumoren bedingten Stenose nach mehrmonatiger
Ausschaltung von der Berührung mit Speisen, so
dass dieStriktur hierauf nicht nur wieder schmerz-
frei für die Nahrung passirbar war, sondern über-
haupt verschwunden zu sein schien, derart, dass
die Jejunostomie kaum mehr gebraucht wurde.
P. Wagner (Leipzig).
332. Bur Behandlung des fireiindieBanoh-
höble perforirten Uloua ventrionli; von Dr.
0. P a r i s e r in Berlin. (Deutsche med. Wchnschr.
XXL 28. 29. 1895.)
P. hat aus der Literatur 43 Fälle von frei in
die Bauchhöhle perforirtem TTlcus ventricuU zu-
sammengestellt, in denen operativ eingegriffen
wurde: von 43 Er. genasen 10.
Von ausschlaggebendem Einflüsse auf den Er-
folg der Operation sind neben dem frühen Zeü-
punkte (bis 12 Std. nach der Perforation) noch
folgende Umstände : die schnelle und gute Erreich-
barkeit des perforirten Geschwürs, der FfUlungs-
zustand des Magens und das Verhalten seines In-
haltes in Bezug auf Zersetzungen. Man sei femer
stets eingedenk, dass in einer relativ grossen An-
zahl von Fällen es sich um doppelte Qeschwüre
handelt; es können beide zugleich perforirt sein
und eine Perforation wird dann leicht übersehen.
Die Perforation eines Ulcus ventriculi droht
bei weiblichen Er. von vornherein in einem viel
grösseren Procentsatze der Fälle als bei männlichen.
Der Lieblingsitz der Perforation ist die vordere
Wand, namentlich ihr EardiatheiL Bei völliger
Leere des Magens zur Zeit der Perforation kann
auch ohne Operation Heilung eintreten, wie 15
von P. zusammengestellte Beobachtungen, darunter
eine eigene, beweisen. Die Behandlung besteht
hier in unveränderlicher Bückenlage, völliger Ab-
stinenz per OS u. s. w. Wenn irgend ein Zweifel
darüber herrscht, ob der Magen zur Zeit der Per-
foration leer war, lasse man unbedingt operiren.
Ohne Operation ist bei nichtleerem Magen der Er.
sicher verloren. Soll die Operation Aussicht haben,
so muss sie innerhalb der ersten 10 Std. vor-
genommen werden. P. W a g n e r (Leipzig).
333. Die Behandlung der doroh randes
Kagengeeohwür veranlassten Ferforationsperi-
tonitis; von Dr. E. Schuchardt in Stettin.
(Arch. f. klin. Chir. L. 3. p. 615. 1895.)
Unter 16 hierhergehörigen, bekannt gewordenen
Fällen ist es nur Imal gelungen, eine Perforativ-
peritonitis durch Laparotomie und Naht des Magen-
loches zu heilen (Fall von Eriege-Heusner).
In diesem Falle war zur Zeit des Eingriffes noch
keine allgemeine Peritonitis vorhanden, nur in der
nächsten Umgebung des Magenloches fanden sich
leichte fibrinöse Beläge.
Seh. hat innerhalb von 14 Tagen die Operation
2mal ausgeführt und in einem dieser Fälle trotz
vorgeschrittener diffuser Bauchfelleiterung Heilung
190
vui. Chirurgie, Aogea- und Ohrenheilkunde.
eintreten sehen. Beide Haie handelte es sich um
junge Mädchen von 21, bez. 16 Jahren, die niemals
Aber Hagenbeschwerden zu klagen gehabt hatten,
80 dass die Laparotomie nur unter der Diagnose:
Peritonitis des oberen Bauchraumes unternommen
vurda Die 1. Er. starb 18 Std. nach der Ope-
ration ; die 3. Er., bei der sich im Oberbauohraume
Luft und f&kulent riechender Eiter befanden, genas.
In der Epikrise zu seinen beiden nOlen macht
Seh. darauf aufinerksam, dass die Bauchfellentzün«
dusg bei Hagenperforation lange Zeit auf den Baum
zwischen Zwerchfellkuppel und Colon transversum
beschränkt bleibt Eine Excision des Oeschwürs
empfiehlt Seh. nicht, da sie die Operation sehr er-
schweren würde. P. W a g n e r (Leipzig).
334. Einiges über SohuMverletiangen des
Magens ; von Dr. P. S c h r o e t e r in Pabianice.
(Aroh. f. Hin. Chir. LL 1. p. 169. 1895.)
Sehr, berichtet über eine penetrirende Sehuss'
verletxung des Bauches bei einem 17jfthr. Er., bei dem
574 Std. nach stattgehabter Verletzoog zur Laparotomie
geschritten wurde. In der vorderen Magen wand zwei
ciroa 1cm entfernt liegende Wunden mit prolabirter
Schleimhaut In der Fehtonäalhöhle kein Mageninhalt,
kein Blut. Resektion der unebenen Wundränder, Ni^t
Genaue Untersuchung der hervorgeholten Därme. Sie
waren unverletzt. Sohluss der Bauchwunde; Hethmg.
Die Verletzung war in der Weise zu Stande gekommen,
dass eine mit Schwefel und EaU chloiio. geladene Pistole
explodirte und 2 Stücke des Fistolenlaiäes absprengte.
Diese wurden 18 Tage nach der Verletzung per anum
entleert. Die Stücke waren 2, bez. Sem lang, IVsCm
breit. Der Er. hatte IStd. vor der Verletzung ate Mittags-
mahl Kartoffeln und Hering genossen, dabei nichts ge-
trunken.
Im Anschlüsse hieran hat Sehr, die bekannt
gewordenen sicheren Fälle von Magenschussverleixun-
gen zusammengestellt 1) FäUe mit Laparotomie:
6 uncomplicirte mit 4 Heilungen und 2 Todes-
fallen; 26 complicirte F&lle mit 10 günstigen und
16 übelen Aus^ngen. Unter 10 Fällen, in denen
die Laparotomie später als 6 Std. nach der Ver-
letzung ausgeführt wurde, finden sich 8 mit letalem
und 2 mit günstigem Ausgange; dagegen finden
sich unter 10 Fällen, in denen die Laparotomie
6 Std. und früher nach der Verletzung vorgenom-
men wurde, 3 mit letalem und 7 mit günstigem
Ausgange. 2) FäUe ohne Laparotomie : 4 uncom-
plicirte, 9 complicirte. Hierzu kommen noch 21
xweifelhafte FäUe, die zwar als Schussverletzungen
des Magens publicirt worden sind, deren Art der
Verletzung jedoch weder durch den Bauohschnitt
festgestellt wurde, noch durch Sektion nachgewiesen
werden konnte.
Nachdem Sehr, dann einige experimentelle
Arbeiten kurz angeführt hat, sucht er auf Orund
der vorliegenden Casuistik das Erankheitsbild der
Schussverletzungen des Magens genauer festzu-
stellen. Leider berechtigt das vorhandene Mate-
rial noch nicht zu einigermaassen feststehenden
Schlüssen, namentlich für die wichtige Frage über
4ie Behandlungsweise dieser Verletzungen. Ein-
mal ist die Zahl der F&lle noch viel zu gering, und
dann müssen, um einigermaassen begründete Ye^
gleiche anstdlen zu können, noch genauere An-
gaben über die Erscheinungen, den Verlauf, die
Behandlungsweise u. s. w. vorliegen. Sehr, fordert
deshalb auf, alle einschlägigen Fälle möglichst
genau nach einem bestimmten Schema (& Original)
mitsutbeilen. P. W a g n e r (Leipzig).
ä 3 5 . Ue ber die Spontanheilung rhaoUtiiohtf
Verkrümmungen; von Dr. W. Veit in München.
(Arch. f. klin. Chin L. 1. p. 130. 1895.)
Auf Orund des grossen Materiales der Ber-
liner Chirurg. Universitätsklinik sucht V. die Frage
zu beantworten : Welche rhoMiische FerArümfmm-
gen heilen spontan aus und welche nicht ? Die Be-
obachtung der Er. erstreckte sich über 3 Jahre;
die Kinder wurden bei der ersten Dntersuchong
und dann nach 2 — 3 Jahren wieder photogra{^iit
Durch eine Vergleichung dieser Photographien wird
in der objektivesten Weise der Satz bewiesen: Alle,
auch schwere rhachitische Verkrümmungen der
Qliedmaassen können spontan sich strecken, wenn
die Tendenz zum Wachsthume, bez. zur Entwicke-
lung des ganzen Skelets besteht Auf das Wadis-
thum des ganzen Körpers ist der Hauptnachdmck
zu legen; entwickelt sich ein rhachitisdi ver-
krümmtesKind heraus aus jener bekannten unpio>
portionirten rhachitischen Kürperform, so streck
sich auch seine krummen Glieder; thnt es du
nicht, so bleibt es krumm. Alle jene Kinder, die
im Verlaufe der Behandlung grösser geworden sind,
als der Durchschnittsgrösse ihres Lebensjahres ent-
spricht, sind auch diejenigen, bei denen die Ver-
krümmungen in der idealsten Weise ausgeglichea
worden sind. Alle diejenigen Kinder, welche die
ihrem Lebensalter entsprechende Durchschnitte-
grösse nicht oder nicht ganz erreichten, und in
ihrer körperlichen Entwickelung nicht so sdmell
vorschritten, diese sind zwar gebessert, aber von
ihren Verkrümmungen noch nicht völlig geheilt
worden.
Schwere rhachitisohe Verkrümmungen kömiea
bis zum 6. Lebensjahre völlig spontan verschwun-
den sein, bis dahin ist also Abwarten, d. h. unter-
lassen der orthop&dischen Behandlung das Richtige,
Sind jedoch Kinder nach dem 6. bis 7. Lebensjahre
noch erheblich krumm, so bleiben sie es auch und
hier tritt jetzt die Chirurgie in ihre Bechte.
Es muss für uns von der grössten Bedeutung
sein, schon vor dem 6. Lebensjahre zu wissen, dass
in gewissen Fällen die Aussichten auf eine Spontan*
heilung nicht bestehen oder gering sind, so dass
man einerseits nicht vergeblich hofft, und anderer-
seits auch früher schon orthopädische Maassnahmen
ergreift Hierher gehören die Fftlle von rhachiti-
schem Zwergwuchs und manche Fälle von O-Betnen.
Der sehr interessanten Arbeit ist eine grössere
Anzahl von Abbildungen beigegeben.
P. Wagner (Leipzig)«
Vm. Chinugie, Augen- und Ohienheillnuide.
191
' 336. üeber die Operation der Ellenbogen-
gelenksankylose ; von Prof. J. Wolff in Berlin.
(BerL kUn. Wchnschr. XXXn. 43. 44. 1895.)
Die Mehrzahl der Chirurgen hält sich der
Operation der Ellenbogengelenkankylose gegen-
über sehr zurQck, weil der Erfolg gar zu häufig
wieder eine Ankylose oder, was noch schlimmer,
ein Schlottergelenk ist Da aber jede Ellenbogen-
gelenkankylose auch in der günstigsten Stellung
doa Arm ausserordentlich unbeholfen macht, so
Tersachte W. bereits 1887 in einem Falle von
tkaff fibröser Ankylose durch Durohtrennung aller
die Bewegung hindernden Stränge und Brücken,
in offener Wunde, ohne Resektion der Qelenk-
enden, eine ausgedehntere Beweglichkeit zu er-
zielen. Diese als Jrtkrolysia eubiii zu bezeich-
nende Operation hat er dann auch noch in einem
2. Falle von straff fibrOser Ankylose mit günstigem
Erfolge ausgeführt Diese Erfolge legten W. den
Gedanken nahe, zu versuchen, ob nicht auch bei
biöckemer Jnkyhse ein ähnliches Verfahren zum
Ziele fähren könne. In 4 Fällen von knöcherner
Ankylose hat W. Humerus und Ulna in der Linie
der ursprünglichen Qelenkspalte von einander ge-
trennt, ohne irgend welche Resektion der Oelenk-
eoden. In 2 Fällen wurde die Herstellung eines
gut beweglichen Oelenkes erreicht ; in den beiden
loderen Fällen trat wegen ungünstiger äusserer
%hftltnisse aufs Neue Ankylose ein. Die Ent-
stellung eines Schlottergelenkes ist bei der Arthro-
lyiifl ausgeschlossen. P. W a g n e r (Leipzig).
337. Irreponible Luxationen im Knie-
gelenk; von Dr. E. Pagenstecher in Wies-
Wen. (Beitr. z. klin. Chir. XIV. 3. p. 697.
1895.)
Im Anschlüsse an eine von Oarrd operirte
irr^^onibk Kniegeknkliaxaiion hat P. aus der Lite-
ntnr noch 8 solche Fälle zusammengestellt und
bezüglich ihres Entstehungsmechanismus und Aus-
ganges genauer analysirt Seine Ergebnisse fasst
er in folgenden Sätzen zusammen : Luxationen im
£»6 können irrqxmibd sein. Als Hindemisse der
&posüion wurden bis jetzt gefunden : der Enopf-
lodimechanismus, bez. zu enger Eapselriss, Inter-
poBition von abgerissenen Menisken und solche von
^genthflmlich gespannten Eapseltheilen. Speciell
in letzterer Hinsicht Hess sich ein Mechanismus
ausfindig machen, der in der eigenartigen Lage
der Patella innerhalb der Eniegelenkkapsel seinen
Qrund hat, in Erscheinung tritt bei bestimmter
Form oder Lage des Eapselrisses und ausgelöst
^nrd durch die bei gewissen Luxationen vorkom-
mende Verschiebung der E[nie8cheibe aus ihrem
normalen Bette auf den äusseren Condyl. femoris.
Die Ineponibilität einer Enieluxation bedingt die
^intige Reposition. Hierzu empfiehlt sich ein
I^gsschnitt auf der Seite, auf der man die grösste
Zerstörung des Qelenkapparates anzunehmen hat
P. Wagner (Leipzig).
338. Centrales BiesenieUensarkom des Oal-
oanena; von Dr. W. Fahlenbock in Würzburg.
(Deutsche Ztschr. f. klin. Chir. XLIL 1 u. 2. p. 176.
1895.)
F. berichtet ans derSohönborn 'sehen Klinik über
einen Fall von cenirakm Riesenxeüensarkom des Caica^
neus bei einer SOjähr. Frau. Resektion des ganzen, voll-
kommen erweichten Oalcaneos. BeiUing. 2Jahrerecidiv-
freL Gute Funktion des Fusses. Die mikroskopiseke
Untersuehting ergab ein myelogenes Riesenxellensarkom,
P. Wagner (Leipzig).
339. TranmaÜaehe Loxationsformen der
kleineren FaBSWonelknoohen; von Ferdinand
Bahr in Hannover, (v. Volkmann's SammL
klin. Vortr. N. F. Nr. 136. 1895.)
„Verletzungen des Fusses sind nach den Sta-
tistiken relativ selten, sie sind aber um so häufiger
in den mittleren Lebensjahren, verdienen ein
grösseres Interesse wegen der öfteren späteren
Funktionstörungen, dies namentlich bei der Hehr-
zahl der arbeitenden Klasse, imd diese praktische
Bedeutung muss auch den Maassstab abgeben für
den Orad der Beachtung.^' Dieses letztere gilt
namentlich auch für die iraumeUischen LuxaUonen
der kleineren FusewurzeUenochen, deren verhältniss-
mässig wenig zahlreiche Gasuistik B. einer kri-
tischen Durchsicht unterzieht, indem er zugleich
drei eigene einschlägige Beobachtungen mittheilt
(Subluxation im Oalcaneo-Cuboidgelenk nach oben ;
Subluxation des Os cuboideum nach oben; par-
tielle Subluxation im Kahnbein-Keilbeingelenk nach
oben). Diese Verletzungen kommen durch direkte
Gewalt oder durch indirekte Qewalteinwirkung zu
Stande; bei der letzteren Bntstehungsweise sind
verschiedene Möglichkeiten gegeben, die von B.
genauer erörtert werden. Häufig ist die Luxation
von einer Distorsion im Fussgelenke begleitet,
die zu Beginn die Aufmerksamkeit für sich allein
in Anspruch nehmen kann.
Die Therapie wird zunächst dahin zu streben
haben, die Schwellung des Fusses durch Hochlegen
und Massage zu beseitigen, schon im Interesse
einer genauer zu stellenden Diagnose. Ist diese
sicher, so hat ein Repositionsversuch zu erfolgen.
Es kann hier der Fundamentalsatz aufgestellt wer-
den, bei der Beposition mit allen Mitteln eine
Vergrösserung der Lücke anzustreben, aus welcher
der Knochen herausgetreten ist Man wird unter
Berücksichtigung der Form und der gegenseitigen
Lage der Knochen leicht das richtige Verfahren
wählen. Gelingt die Beposition durch geeignete
Manöver nicht, so muss das operative Verfahren
in Kraft treten, und jedenfalls sollte man erst den
Versuch machen, den Knochen in seine Lage zu-
rückzubringen und durch Knochennaht mit den
übrigen fest zu verbinden, ehe man sich zur Ex-
stirpation entschliesst Bei veralteten Luxationen
kommt die Exstirpation, eventuell in Verbindung
mit zweckentsprechender Resektion in Betracht,
natürlich nur da, wo die Funktion des Fusses er-.
id2
ym. Ghirargie, Augen- und OhrenheOkimd«.
heblioh geetOrt ist Man wird hier bestrebt sein
müssen, bei einer Operation wegen des späteren
funktionellen Resultates möglichst conservativ vor-
zugehen. Bei veralteter Subluxation muss man
durch besonderes Schuhwerk möglichst Erleich-
terung zu schaffen suchen. P. W a g n e r (Leipzig).
340. Zur Aetiologie und Behandlung des
Plattfdases; von Dr. A. Hoffa in Warzburg.
(Arch. f. klin. Chir. LI. 1. p. 40. 1896.)
Wenn, wie H. eingehend begründet, der Platt-
fu8s dadurch entsteht, dass bei juogen Leuten mit
besonderer Disposition des Skelets, die sich einen
Gang mit nach auswärts gestellten Füssen an-
gewöhnt haben, und die Tag über bei der Arbeit
mit auswärts gestellten Füssen und gebeugten
Knieen stehen, die Eörperschwere zunächst die
Widerstände überwindet, die den Gewölbebogen
des Fusses erhalten, und dass sie dann dem Talus
eine Yaiguslage mittheilt, die zur ümlegung des
inneren Fussgewölbes führt, so ergeben sich uns
für die Prophylaxe und Therapie des beginnenden
Plait fusses folgende Indikationen : 1) Alle Leute,
die zur Plattfussbildung neigen, sollen nicht mit
auswärts gestellten Füssen gehen; 2) durch all-
gemeine diätetische Maassnahmen (Phosphorleber-
thran, Arsenik) ist gegen die abnorme Weichheit
des Skelets anzukämpfen ; 3) die Muskeln, die das
Fussgewölbe vorzugsweise zu erhalten bestimmt
sind, sind durch täglich 2malige Massage, Gymna-
stik, forarte Bedressianen u. s. w. nach Möglichkeit
zu kräftigen; 4) die den Plattfuss veranlassende
Yaiguslage des Talus ist womöglich in eineYarus-
lage umzukehren. Dies erreichen wir durch eine
passende Unterstützung des Fusses mittels PlatU
fusssehuh, oder noch besser mittels der vonH.con-
struirten Piatifusseinlagen. Diese stellen gewisser-
maassen das Schema eines normalen Fusses dar
und zwingen den ganzen Fuss aufeiner Art schiefer
Ebene aufzutreten. Die Erfolge, die durch eine
mehrwöchige Behandlung erzielt werden, sind
die, dass der ursprünglich unbrauchbare, schmerz-
hafte Plattfuss wieder völlig schmerzfrei und funk-
tionstüchtig wird. Bei längerem Tragen der Ein-
lagen stellt sich sogar, wie sich an einer ganzen
Beihe von Fussabdrücken, die vor und nach der
Behandlung genommen wurden, sehr gut sehen
lässt, wieder ein annähernd normales Fussgewölbe
her, und zwar selbst in sehr schweren Fällen.
Handelt es sich um einen fixirten Piattfuss, so
muss er mittels in Narkose ausgeführten forcirten
Bedressements beweglich gemacht werden. Die
Weiterbehandlung geschieht dann in der eben mit-
getheilten Weise. P. W a g n e r (Leipzig).
341. Eine Modifikation des Qleioh'aohen
Operationaverfahren beim Plattftus; von Prof.
Obalinski in Erakau. (Wien. med. Presse
XXX VL 41. 1895.)
Gleich hat 1893 ein neues Operationsverfahren
heim Plattfosse mitgetheüt; er bildete einen ausreichen-
den Fassbogen dadaroh, dass dr, nach subcuiaaertBDO-
tomie der Achillessehne, das Fersenbein von onteii nieh
oben and von vorne nach hinten durchsägte and die hin-
tere Hälfte nach anten and innen versohob. Nach dieser
Methode ist von v. Eiseisberg and Brenner opeiiit
worden.
Einen weiteren Ki, hat nnn 0. mit günstigem Erfolge
operirt. Um aber die Narbe nicht an die Fosssohie zu
bekommen, legte er anstatt desPirogoff 'sehen Bügel-
Schnittes den Weichtheilsohnitt umgekehrt in Gestilt
eines n an, so dass der Bogen nach oben, die Schenkel
dagegen nach unten gerichtet waren. Yon demadben
Schnitte aus wurde auch die Tenotomie der Achillessehne
ausgeführt. Die hintere Fersenbeinhfilfte wurde durch
mehrere Oatgutn&hte in der gewünschten Steilong fixiii
Das funktionelle Resultat war 3 Mon. nach der Openöcn
ausgezeichnet P. W a g n e r (Leipag).
342. Zar Behandlung derBindehaatkataiihe;
von Dr. A. Peters. (Elin. Hon.-BL f. Angenhkde.
XXXm. p. 370. Oct 1895.)
In solchen Fftllen, wo ein hartnickiger Binde-
hantkatarrh mit einem Haatekzem zugleich seinen
Anfang nahm, oder noch bestand, als das letztere
schon abgeheilt war, femer bei Blepharitis angu-
laris hat P. sehr gute Erfolge durch Einstreichea
folgender Salbe in den Bindehantsack, bei Vermei-
dung von kalten Aufschlägen, gehabt: Ichthyol
ammon« 0.2 — 0.5, Amyl. tritic, Zinc. flor. ana 10.0,
Yaselin. Americ. 25.0. Eupferstift, Zink, Höllen-
stein und die verschiedenen Antiseptica letsten
weniger. Am ehesten wirksam ist noch die sonst
doch schwach antiseptische Borlösung.
Lamhofer (Leipzig).
343. Binige Unteranohnngen über Atropm-
CoQJimotiyitiB ; von Dr. Q. A h 1 s t r ö m in Qothen-
burg. (Elin. Mon.-BL f. Augenhkde. ^ymn
p. 437. Dec. 1895.)
Die Untersuchungen A.'s zeigen, dass es wirk-
lieh eine Atropin-Conjunctivitis giebt [Bef. hat
bisher noch keine gesehen und, offen gestanden,
nie sicher daran geglaubt] Bei 2 Er. traten stets
nach Atropin - Einträuflung Bindehautschweliung
und starke Absonderung auf, trotzdem dass die
Atropinlösung vorher auf das Oenaueste auf ihn
Eeimfreiheit geprüft worden war, und es war audi
gleichgiltig, ob das Auge unter strengem Verbände
oder offen war. Die gleiche Atropinlösung be-
wirkte bei anderen Eranken keine Entzündung.
Wurde bei den beiden Eranken Atropin ausgesetit
und ein anderes Mydriaticum gebraucht, so ging
die Entzündung sofort zurück.
Lamhofer (Leipzig).
344. Da danger des lotions au sablime et
des attouchements an nltrate d*argent comms
methode prophylaotique chei les prematoret.
Conjonotivite flbrinenae d*origine chimiqas;
Qaeriaon; par le Dr. van den Bergh. (Presse
m§d. Beige XLVn. 41. p. 325. Oct 13. 1895.)
Bei einem neugeborenen, etwas schwfichlicheo Ens«
ben war das linke obere Lid in Folge des Dmckes d&
Zange ein wenig geschwollen ; Homhant und Bindebant
sahen normal aas. Der Vater, ein junger Aag«nant,
machte auf beiden Augen eine ansgiebige Ansspülaiig des
TTn. Chirurgie, Angen- und Ohrenheilkunde.
193
BindeliantBaokes mitSnblimat 1 : 1000. Darauf schwollen
die lider stark an, sowie deren Bindehaut, und röthete
sich die Bindehaut des Augapfels. Ans der Lidspalte
floss dtronengelbe Flüssigkeit In seiner Angst ,, wendete
er nun die Methode von C r e d e energisch an ; nach Üm-
stülpong der Lider ätzte er die ganze Bindehaut des
linken Auges mit einem in 2proc. Argentum nitricl:^n-
Losnng getauchten Pinsel*^. Am anderen Tage war die
ganze linke Hornhaut getrübt, unempfindlich, und auch
rechts bildete sich eine kleine Hornhauttrübung. Der zu
Rathe gezogene van den B. verordnete Ausspülung und
Umschläge mit warmer Borlösung, £inträi]drelung von
EBerin und Methylenblau und Bestreichung der Binde-
haut mit Citronensaft. Als die Untersuchung der fibri-
nösen Auf- und Einlagerung der Bindehaut die Abwesen-
heit jeglicher Mikroben feststellte, wurde auoh der
Citronensaft weggelassen. Die Entzündung ging zurück,
die rechte und sogar die linke Hornhaut hellten sich
immer mehr auf, nachdem die citronengelbe Absonderung
vom 6. Tage an eitrig geworden war. Leider starb das
Kind bald darauf an Enteritis.
V a n d e n B. knüpft an diese Krankengeschichte
die Bemerkung, dass die Bindehaut mit ihrer fibri-
nösen Auflagerung ganz gleich aussehe, ob es sich
um die Entzündung bei einem Neugeborenen, oder
nach Einwirkung des Diphtheriegiftes oder starker
diemischer Reize handelt Im vorliegenden Falle
sind Verletzung des Hornhautepithels und schädi-
gende Einwirkung des Sublimats, verstärkt durch die
des Höllensteins anzunehmen. Wenn van den B.
ausdrücklich vor Aetzungen und vor dem viel-
gebrauchten HGUenstein warnt, so stimmen wir
ihm vollständig bei, soweit es sich um die Behand-
lung der Blennorrhoe handelt Prophylaktisch aber
nützt das Yerfahren von Cred6 sicher. Ein
Tropfen Höllenstein in den Bindehautsack des nicht
entzündeten Auges eines Neugeborenen unmittel-
bar nach der Geburt gebracht, wird schädlich auf
die Kokken selbst einwirken, sowie deren Eindrin-
gen in die Bindehaut erschweren. Was aber bei
diesem Kinde geschehen ist, das kann man doch
nicht mehr C r e d 6 'sches Yerfahren nennen. Wo
einmal Fibrinauflagerung, Absonderung citronen-
gelber Flüssigkeit vorhanden ist, da haben wir be-
leits das 1. Stadium der Krankheit selbst. Hier
schadet jede Heizung, ob durch Arg. nitric. oder
eüi anderes Mittel, direkt Lamhofer (Leipzig).
345. WIrdnaoh auboonjunotiyalan Sublimat-
h^ektionen Quecksilber In's Auge resorbirt;
von Dr. 0. Stuelp in Mühlheim a. Rh. (Arch. f.
Augenhkde. XXXL 4. p. 329. 1895.)
Die Untersuchungen St 's zeigen, dass es weder
auf chemischem, noch elektrolytischem, noch auf
mikrochemischem Wege an Schnittpräparaten mög-
lich ist, auch nur eine Spur von Quecksilber im
Augeninnem nachzuweisen, wenn vorher in der
Üblichen Weise Sublimatlösung unter die Binde-
haut gespritzt worden war. Die Wirkung solcher
Injektionen muss daher darin bestehen, dass durch
sie ein Reiz gesetzt wird. So lässt es sich auch
erklären, dass 2proc. Kochsalzlösung eben so wirk-
sam gefunden wurde und dass die Wirkung der
Injektionen als besonders günstig in chronischen
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft 2.
Fällen hervortrat St fand noch, dass auch Alaun-
Hämatoxylin, Borax-Carmin und selbst das leicht
diffundirbare neutrale Garmin sich nur auf der
Sklera, nie in das Innere des Auges verbreiteten,
wenn die Injektion mit diesen Farbstoffen gleich
denen mit Sublimatlösung gemacht wurde.
Lamhofer (Leipzig).
346. Des isjeotioiis 80u8*ooDjonotivale8 de
8ublim6 danB la myopieaveo lisionsdesmem-
branes profondes de Toeil ; par le Dr. d e B o u r •
gon. (Ann. d'Oculist CXIV. 4. p. 270. 1895.)
Bei 6 Kranken mit angeborener Eurzsichtig-
keit hohen Grades, von denen 3 Glaskörpertrübung
hatten, machte B. Sublimat-Injektionen. Bei 2 von
den Kranken war eine plötzliche starke Zunahme
der Kurzsichtigkeit vorhergegangen, während sie
bei den anderen allmählich fortschreitend war. Der
Erfolg der Behandlung war wenig befriedigend,
indem der Zustand der Augen nach den Einspritzun-
gen genau so wie vorher war. Nur eine Kranke
meinte, dass der Nebel vor den Augen nicht mehr
so dicht sei.
B., der den Yorschriften von Darier ganz
streng gefolgt war, glaubt, dass bei den Kranken,
über die von anderen Aerzten so günstige Erfolge
nach Sublimat-Injektionen berichtet worden sind,
wohl die Ruhe und Schonung der Augen den
wesentlichsten Einfluss ausgeübt habe.
Lamhofer (Leipzig).
347. Ueber suboonjunotivale Sublimat-
Injektionen; von Dr. Seggel in München. (Klin.
Hon.-Bl. f. Augenhkde. XXXni. p. 397. Nov. 1895.)
S. hat bei rasch auftretender Entzündung nach
einer Staarextraktion, bei einer inficirten Spreng-
wunde der Hornhaut mit Iris- und Glaskörpervor-
fall, bei einer Orbitalphlegmone (und gleichzeitiger
Periostitis des zweiten Mittelfussknochens) und bei
einer schweren plastischen Iritis oder vielmehr
Iridocyklitis Sublimat-Injektionen unter die Binde-*
haut des Auges nahe der Uebergangsfalte gemacht
und in diesen 4 Fällen eine günstige Einwirkung
der Sublimat-Injektionen auf die Augenkrankheit
und keine schädigende Einwirkung auf die Binde-
haut (Anätzung oder Verlöthung) wahrgenommen«
Die 4 Krankengeschichten sind ausführlich mit-
getheilt Lamhofer (Leipzig).
348. Llmportanoe relative des affSeotions
labsrrinthiques et ooulaires dans Tötiologie du
▼artige ; par A. B o y e r , New York. (Ann. d'Oculist
CXIV. 5. p. 348. Nov. 1895.)
B. sucht in einer längeren Abhandlung aus-
einander zu setzen, dass beim Schwindel viel mehr
an Störungen des Auges gedacht werden müsse
als des Labyrinths und führt mehrere recht wunder-
bare Krankengeschichten an, aus denen zu ersehen
ist, dass nach jahrelangem Bestehen von sehr
schweren Schwinde]anfällen die Durchschneidung
eines Augenmuskels schnelle und dauernde Hei-
lung gebracht hat. Lamhofer (Leipzig).
25
191
7IIL Chirurgie, Augen- aUd OhrenlieilkuiLde.
349. Bin Fall von beideneitigerStawings-
Papille und einseitiger AbduoenalShmong bei
otitiaoher Meningitis; von Dr. Bakowioz in
Dresden. (Klin. Hon.-BL f. Augenhkde. XXXTÜ,
p. 163. Mai 1895.)
Ein lljähr. Knabe, der an starkem eitrigen Ausflösse
aus dem rechten Ohre litt, sah plötzlioh doppelt Es be-
stand vollständige AbdacenslShmnng nnd beiderseits
Stauungspapille bei normalem Sehvermögen. Die Ope-
ration am Ohre nach Stacke-Schwartze hatte zur
Folge, dass schon am nächsten Tage das Doppeltsehen
und 6 Tage darauf die StanungspapiUe verschwand. Die
Augenerkrankun^ ist nach R. auf intracraniellen Druck
durch entzundhche vermehrte Arachnoidealflüssigkeit
zurückzufuhren. Lamhofer (Leipzig).
350. Zar Frage über die nasale Hemi-
anopsie; von Dr. Rakowicz in Dresden. (Klin.
Mon.-Bl. f. Augenhkde. XXXTTT. p.431.Dec. 1895.)
Eine reohtseitige oder linkseitige oder eine tempo-
rale Hemianopsie l&sst sich aus der partiellen Kreuzung
der Nervenfasern im Chiasma ziemhch leicht erklären.
Es erfordert aber schon die Annahme ganz besonders
eigenartig vertheiiter Krankheitsherde, wenn man eine
nasale Hemianopsie erklären will. Zudem wurde, wie
von Anderen, so auch von R. ein geschlossenes Bündel
ungekreuzter Fasern an den seitlichen Chiasmawinkeln
nicht gefunden. Wo daher doch nasale Hemianopsie ge-
fanden wird, soll man nach dem Bathe von R. lieber
eine Erkrankung des Sehnerven selbst annehmen. Dies
thatR. selbst, als er bei einer Kranken nasale Hemianopsie
mit geradezu typischem Gesichtsfelde fand. Der weitere
Verlauf der Knmkheit bestätigte die Diagnose. Die Atro-
phie der Sehnerven nahm zu. Die Papil&n wurden blass
und das Sehvermögen erlosch auf beiden Augen.
Lamhofer (Leipzig).
351. Hämatome da nerf optique dans
lliimorrhagie cerebrale; par le Dr. L. Bou-
veret (Revue de M6d. XV. 7. p. 537. 1895.)
Eine ungefähr 50 Jahr alte, wohlgenährte Arbeiter-
frau wurde bewnsstlos auf der Strasse aufgefonden und
in die Klinik gebracht NaohlOStonden starb sie. Wäh-
rend dieser Zeit lag sie schwer athmend, komatös da, die
erhobenen Arme und Beine fielen schlaff herab. Die
Temperatur im Rectum war 84.6*. Die Pupillen waren
unbeweglich, die rechte war erweitert, die linke verengt
Die Kr. liess eine grosse Menge Urin, der etwas Eiweiss
und sehr viel Zucker enthielt. Bei der Sektion fand man
einen grossen hämorrhagischen Herd in der rechten
Hemisphäre, Zerstörung des Corpus striatum und der
inneren Kapsel, grosse Blutungen in den Seitenventrikeln
und im subarachnoidealen J&ume an der Basis. Der
4. Ventrikel war durch einen grossen Blutklumpen ganz
ausgefüllt Der ganze Scheidenraum der Sehnerven war
bis an die Lamina mit unvollständig geronnenem Blute
angefüllt und am Ende stark ausgedehnt. Li der Netz-
haut beiderseits waren mehrere %lutunffen ; die Papille
war nicht vergrössert. Die meisten Oehimnerven, be-
sonders der N. acusticus, waren von Blut umgeben. Die
unteren Lungenlappen zeifien starke Congestion und
einige Blutungen. Niere, Leoer, Milz waren zwar stärker
hyperämisch, aber sonst gesund. Wegen Hornhauttrübung
konnte der Augenhintergrund der Kr. während des Lebens
nicht gesehen werden.
B. fand in der Literatur nur 2 F&lle, wo wie
hier ein Hämatom der Sehnerven nadi einem
Schlaganfalle gefunden worden war. Möglicher-
weise dürfte dies doch häufiger sein, wenn bei
ausgedehnteren basalen Blutungen stets auch die
Nervi optici in der Orbita untersucht würden. Dasr
keine Stauungpapille gefunden wurde, ist durch
die Schnelligkeit des Todes zu erklären. Die Blu-
tungen in der Netzhaut sind als Stauungserschei-
nnngen aufzufassen, da die Nieren keine Entzfin-
dung zeigten. Die grosse Menge Urin in den let^
ten Stunden und ihr auffallend hoher Zuckergekit
(10%) sind auf die Verletzung des 4. Ventrikels
zurückzuführen. Durch die Sektion ist auch die
Frage, ob der Subvaginalraum mit dem Subdunl-,
d.h.Arachnoidealraume oder dem Subarachnoideal-
räume direkt zusammenhänge, für letztere Ansicht
entschieden. Nach vom aber ist der Subyaginal-
räum fest geschlossen und es besteht durch die
Lamina cribrosa keine Verbindung mit den orbitalen
Lymphräumen. Stauungspapille nach Schhiganfall
spricht für Hämatom der Sehnerven und grosse
Blutung im Oehirn und an der Basis und ist als
sehr ungünstig aufzufassen.
Lamhofer (Leipzig).
352. Beitrag inr Diagnose nnd sur Be-
handlung der Stannngapapille ; von Prof. E
Burchardt. (Charit^- Annalen XX. p. 303. 1895.)
B., der in der Stauungspapille die ausschliess-
liche Folge einer Druckerhühung im Schädelraume
mit Ansammlung gespannter Flüssigkeit innerhalb
der sogen. Durascheide des Sehnerven sieht, htt
bei 3 Kranken mit Stauungspapille beider Aug«i
die Flüssigkeit abgelassen. Bei den beiden ersten
Kranken, bei denen er einmal mit einer Scheere,
das andere Mal mit einem Messer die Sehnerven-
scheide anschnitt , war der Erfolg der , dass dss
Sehvermögen sehr rasch ganz erlosch. Bei einer
3. Kranken machte Heubner den Quincke'-
schen Stich zwischen 3. und 4. Lendenwirbel; es
wurden 45 ccm sehr eiweissarmer Flüssigkeit ab-
gelassen. Unmittelbar darauf trat eine Abflachung
der Papillen und eine Aufsaugung der Netzhaut-
blutung ein, aber das Sehvermögen kehrte nicht
zurück. B. glaubt, dass in diesem Falle die Ope-
ration wohl genützt hätte, wenn sie um 1 Woche
früher gemacht worden wäre.
Lamhofer (Leipzig).
363. Heilung von Ketshantablöanng; Ton
Dr. Frank el in Chemnitz. (Klin. Mon.-BL f.
Augenhkde. XXXIU. p. 411. Nov. 1895.)
Fr. fand im Jahre 1881 bei einem 27jahr. Pastor
doppelseitige Netzhautablösnng, die sich in der nSchstea
Zeit unter strenger Behandlung (Bückenlage, Verband,
Pilocarpin) nicht besserte. Im Jahre 1892 faiDdFr. die
Netzhaut auf beiden Augen vollständig angelegt ; ao der
Stelle der früheren Ablösung waren streifige Pigmoit-
anhäufungen und helle Flecke wahrzunehmen. Der Kr.
hatte zwar entsprechende Gesichtsfeldeinachränktuig,
aber das linke Auge fonktionirte wie ein normales ; rechts
war stärkere Herabsetzung des Sehvermö^s mit Meti-
morphopsie. Der gleiche Befund wurde im Jahre 1895
aufgenommen. Da der Kr. seit 1881 nicht mehr in
Behandlung stand, auch seine Augen nicht besonders
schonte, liegt hier ein äusserst glückucherFall von spoo-
taner dauernder Heilung einer Netzhautablösung vor.
Lamhofer (Leipzig;.
IX. Hygieine und Staatsarzneikonde.
195
354. üeberOesiohtBfeldennüdiiiig andQe-
fiohl0feldeineiigiing mitBerfloksiohtigiiDg der
fibnnlatdon; von Prof. H. Schmidt-Rimpler
in Oöttingen. (Wien. med. Wohnschr. XLy.*43.
1896.)
Schm.-R führte in seinem Tor der 67. Ver-
Bammlung deutscher Natorforsoher und Aerzte ge-
haltenen Vortrage nochmals die Gründe an, warum
die 8ogen. Oeeichtafeldermüdung nicht als Erkran-
kung der Netzhaut ansusehen ist, oder als wich-
tiges Symptom für eine bestimmte Krankheit ver«
werthet werden kann. Nach seiner Erfahrung und
den Untersuchungen seines Schülers Y oges fand
sich diä Ermüdungserscheinung sehr häufig auch
bei Gesunden ; bei Insassen der QOttinger Irren-
heilanstalt dagegen nur bei der geringeren Anzahl.
Das Gesichtsfeld wechselt während der ünter^
Buchung; es kdtnen sich die Grenzen während der
Untersuchung sogar erweitem. Ausnahmeloe wurde
das durch „Ermüdungstouren^^ eingeengte Gesichts-
feld weiter, wenn der Untersuchte energisch auf-
gefordert wurde, genau aufzupassen. Bei den Be-
wohnern der Irrenklinik mag gerade die Unter-
Bodiung als Abwechselung ein grosseres Interesse
und grossere Aufmerksamkeit bewirkt haben. Bei
Sofg< des Untersuchers und Aufmerksamkeit des
Untersuchten wird die concentrische Einengung
des Gesichtsfeldes auch in den meisten Fällen von
»tnnmatischer Neurose", für die die Einengung
geradezu charakteristisch sein soll, sich als irrig
herausstellen. Bei Hysterischen oder solchen, die
eine Einengung simuliren, ist darauf zu achten,
ob die Angaben stimmen, wenn bei der campi-
metrischen Untersuchung die Person in yerschie-
dener Entfernung geprüft wird. Bei Hysterischen
können ja die Angaben auch auf Lüge beruhen oder
auf Autosuggestion, wenn Jemand bei Hysterischen
nicht von Lüge sprechen will [I]. Bei der Simu-
lation ist das zu bedenken, dass die physiologischen
Grenzen des Gesichtsfeldes etwas schwankend sind.
L a m h 0 f e r (Leipzig).
355. Die Ermüdung des Oesiöhtsfeldes ;
von C.Y oges. (Gekrönte Preisschrift Güttingen
1 895. Univ.-Buchdruokerei.)
Die Arbeit enthält eine ausführliche Kritik der
von anderen Autoren aufgestellten Theorien über
die Ermüdungserscheinungen, femer die genauen
Angaben über die perimetrische Untersuchung an
zahlreichen Kranken der Poliklinik der Güttinger
Universität und der Irrenanstalt und an anderen
Personen. Die Ansicht von Y. über Ermüdungs-
erscheinung deckt sich natürlich vollständig mit
der von Sohmidt-Rimpler. Die Ermüdungs-
einschränkung ist als Mangel oder Schwäche der
Aufmerksamkeit aufzufassen, daher auch bei Kin-
dern und Weibern häufiger. Y. stellte zuerst fest,
dass die Ermüdungseinschränkung auch im ver-
tikalen Meridian, und zwar mehr in der unteren
Gesichtsfeldhälfte, beobachtet wird.
Lamhofer (Leipzig).
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
356. Festsohrift rar Feier der 50. Con-
teeni des Vereins der Medioinalbeamten des
B«g.-fie8. Düsseldorf am 19. Cht, 1895. (Düssel-
dorf 1895. Fr. Dietz. Gr. 8. 248 S.)
Seit 1870 besteht der vorbezeiohnete Verein,
der unter dem Vorsitze der Begierungs- nnd Medi-
ciiuüräthe (bisher Beyer, Weiss und zur Zeit
Michelsen) in der Kegel 2mal jährlich zur Be-
sprechung der für die Medicinalbeamten beson-
ders wichtigen wissenschaftlichen und praktischen
Sonderfragen zusammentritt Die vorliegende Fest-
schrift wurde bei der mit besonderer Feierlichkeit
lisgaogenen 50. Conferenz herausgegeben und ent-
hält ausser einer kurzen Vereinsgeschichte eine
Beihe wichtiger Vereinsvorträge der letzten Zeit,
die von dem in den Sitzungen herrschenden regen
wissenschaftlichen Geiste ein beredtes Zeugniss
ablegen.
Le Liane (Opladen) sprach über die Abwehr
^^/^fkekender Krankheiten durch Isolirung und Des-
infdaion, wobei er u. A. deren Wichtigkeit betonte
^d die von Henius gegen die Berliner Einrich-
tungen erhobenen Bedenken bekämpfte.
Ciaren (Crefeld) besprach die deutschen
^'HnJbercu^ und ihre Leistungen, wobei u. A. der
^g^l an genügenden entsprechenden gesetzlichen
Bestimmungen in Deutschland im Gegensatze zu
Skandinavien und HolUnd, England und der
Schweiz betont wurde.
Hofacker (Düsseldorf) berichtete über die
HUlfsschfäe für Schwachbegabte in Düsseldorf und
ihre Zöglinge, Sehr uff (Neuss) sprach über die
Ineubaiionedauer bei Masern (10 — 15 Tage) und
empfahl mit Bücksicht auf die während des katar-
rhalischen Stadium erfolgende Ansteckung aUe
mit Husten behafteten Kinder während des Herr-
schens von Masernepidemien vom Schulbesuche
auszuschliessen. Moritz (Solingen) hielt Über
die Tagesheleuchtung der Schidzimmer einen physi-
kalisoh-mathematischen Vortrag, zu dessen Erläu-
terung neben zahlreichen Formeln aus der höheren
Mathematik einige stereometrisohe Figurentafeln
dienen.
Paffrath (Cranenburg) verbreitete sich über
die sanitären Verhältnisse der KunsÜnUterfabriken
des Kreises Cleve mit besonderer Berücksichtigung
der Abwässerfrage, Offenberg (Wickrath) lieferte
einen Beitrag zur Wirkung des ElüxechHaga auf den
menschlichen Körper auf Grund 8 von ihm bei
Einschlagen eines Blitzes in eine gefüllte Kirche
beobachteten FäUen. Schrakamp(Kempena.Rh.)
erörterte eine Tgphusepidemie (33 Fälle), Aen^or-
gerufen durch den Oenuss infMrter Müeh; die
Milchkannen eines Bauernhofes waren mit Wasser
196
IX. Hygieine und StaatsarzneOcunde.
eines Bronnens gespült, der von dem die Typhus»
abg&nge einiger Hofbewohner aufnehmenden Mist-
haufen unreine Zuflüsse erhielt. Racine (Essen)
besprach die Gefahren des Wassergcutes und ihre
Verhütung, Bauer (Moers) theilte seine Beobach*
tungen über die Einwirkung der Dämpfe der
niedrigsten Ckcydationetufen des Stickstoffes in einer
Anilinfabrik auf die Athmungsorgane mit
Ausser dieser letzten Arbeit sind noch folgende
gerichtsärxtliehe Aufsätze in der Festschrift ent*
halten: yon Carp (Wesel) über einen Bruch der
Wirbels&ule, ob Tod oder Unglücksfall, von Glos-
set ein Vorschlag zur Verminderung der FiUo^-
vergiflungen, der in der Empfehlung des De(^. rad.
punic. Granati gipfelt, von HansFlatten (Düs-
seldorf) zur Pathologie der Branckialdrüsen und
Über Beziehungen derselben zu infektiösen Erkran-
kungen. Von Schlegtendal (damals Lennep,
jetzt Aachen) wurde ein Fall primärer Verrückt-
heit, von Strauss (Barmen) ein Fall mitgetheilt,
in dem der Vater des Mordes, die Mutter der fahr-
lässigen Tödtung ihres Kindes für schuldig er-
kannt waren.
Der letzte Aufsatz von Herm. Wolff (Elber-
feld) über den Werth der Lungenschioimmprobe ist
insofern bemerkenswerth, als in ihm ein Obergut-
achten der Preussischen Wissenschaftliehen Depu-
tation für das Medieinahvesen über einen Fall an-
geführt wird, in dem die Lungenschwimmprobe
völlig negativ ausfiel, obwohl das Kind, das dann
in einem Torfkanale ertränkt wurde, nach der Ge-
burt geschrieen und noch einige Male später „ge-
quarrt^^ hatte.
Hierbei wurde auch von der maassgebenden
preussischen Centralbehörde die Richtigkeit der
besonders von He gar (Bonn) in neuerer Zeit ver-
tretenen Ansicht anerkannt, dass Luft nachträglich
resorbirt werden könne, eine Vita minima also
stattgefunden haben könne, auch wenn nach dem
Tode keine Luft in den Lungen enthalten sei.
R. W e h m e r (Coblenz).
357. Die Aosführung der Haasentwässe-
rung mit Bücksioht auf die hygienisohe Be-
deutung der Xanalgase ; von A. Unna, Inge-
nieur in Köln. Mit 20 Abbildungen. (Centr.-Bl.
f. allg. Geshpfl. XIV. 10. 1895.)
U. fasst das Ergebniss der bei den letzten
hygieinischen Congressen und Versammlungen über
die Hausentwässerungsfrage gepflogenen Erörte-
rungen zusammen und stellt sich dabei entschieden
in die Reihen der Gegner des Trennungsystems
(„disconnecting System*^), die ja bekanntlich einen
Abschluss der Hausleitungen von den Strassen-
kanälen im Gegensatze namentlich zu engUsdien
Hygieinikem und Ingenieuren verwerfen. Da jedoch
die Einschaltung des Hauptwasserversohlusses in
verschiedenen Städten polizeilich vorgeschrieben
ist, werden Mittel zum möglichst guten Durch-
lüften der Eanalleitung angeführt Zum Schlüsse
tritt U. warm für die üeberwachung der Hsos-
entwässerungsanlagen ein und fordert einerseitB
die Errichtung von Gesundheitsämtern, deren
Arbeitsfeld unabhängig von der Gesundheitspolizd
sei, und andererseits eine bessere, hygieLoisdM
Ausbildung der Ingenieure. F i c k e r (Breslan).
368. Das PregelwaMer oberhalb, innerhalb
und unterhalb Königsbergs in bakteriolo-
glsoher nnd ohemisoherBesiehiiiig, sowie hin-
siohtlioh seiner Brauchbarkeit als Leitangi-
wasser, nebst einigen Bemerkungen über die SM-
reimgung der Flüsse und über die EinleUung van
Abuxissem in Fkud&ufe ; von Dr. Arthur Dräer.
(Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. XX. 3. p. 323.
1895.)
Die Untersuchungen erstreckten sich über ein
volles Jahr, ihre Veranlassung war das Projekt
einer zweiten Wasserleitung für Eönigsbei*g ans
dem Pregel und die Frage der ZulAssigkeit der
Einleitung aller stftdtischen Abwässer in dasfriBche
Haff unterhalb der Pregelmündung. Ghemiscli
erfährt das Pregelwasser auf der untersuditeD
Strecke keine wesentliche Yerändenmg. Die Chlo-
ride nehmen gegen die Mflndung hin zu, ihr Ve^
halten spricht gegen die Annahme, dass bei Westr
winden das salzreiche Haffwasser in die Stadt
gelangt Eben so wenig kommen VerunreinignngeD^
die der Pregel innerhalb der Stadt erföhrt, fluasr
aufwärts vor, und der Anlage einer mit guten Fiiten
versehenen Wasserleitung genügend weit oberhalb
der Stadt steht nichts im Wege.
Ueber die Grösse der Verunreinigungen des
Pregelwassers geben die bakteriologischen Unte^
suchungen Aufschluss, die Keimzahl wächst iD06^
halb der Stadt erheblich, ist weiter stromabw3rta
am grössten wegen der Verunreinigung durch die
hier ankernden Handelsschiffe und die Abwässer
von Fabrikanlagen, und nimmt gegen die Mündung
zu beträchtlich ab. Bei der Kürze der Strecke
(7 — 8 km) ist das weniger auf Selbstreinigung des
Flusses zurückzuführen, als auf Vermischung mit
dem keimfreien Haffwasser.
Die Ableitung der städtischen Abwässer soll
durch einen ca. 30 km langen Kanal geschehen,
der in der Fischhäuser Bucht mündet und aus den
unterwegs auch die anliegenden Territorien theil-
weise berieselt werden sollen. Die Einleitung in
den Pregel selbst ist nicht zulässig, da er nicht gün-
stige Bedingungen für die Selbstreinigung darlu^
sie könnte aber ohne Gefahr schon in grosserer
Nähe der Stadt, etwa bei Nantzwinkel, indasfinsdie
Haff geschehen. Woltemas (Diepholz).
359. Ueber die Freiwillige Eisenaussohei-
dang aus Qrondwasser und eine Enteisenung»
methode für Kesselbrunnen; von Dr. A. Lüb-
bert (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. XX
3. p. 397. 1895.)
Das im Grundwasser gelöst enthaltene Eisen-
ozydul wird beistehen an der Luft zu unlöslichem
IX. Hygieine und Staatsarzneikimde.
197
Sisenoxydhydrat oxydirt und fällt dann ans, im
Ortmdwafiser selbst geschieht diese Oxydation
trotz der Anwesenheit von freiem Sauerstoff nicht,
weil sie durch die Gegenwart gewisser Mengen
Ton EoUensäure yerhindert wird. Für die Ab-
ficheidung des Eisens aus dem Wasser ist daher
die Entfernung der Kohlensäure von Bedeutung,
und man kann sie dadurch erreichen, dass man
das Wasser durch ein Medium schickt, das die
Kohlensäure bindet Für Eesselbrunnen, auf die
manche Orte ja angewiesen sind, empfiehlt L. nach
einem dem Baumeister Steekel in Breslau ertheilten
Patent die Verwendung von Kalk: der Brunnen
"wird aus por(teen Ziegeln in 2 conoentrisohen Krei-
sen aufgemauert, der Zwischenraum der Brunnen-
mftntel mit Stücken von getrocknetem gelöschten
Kalk ausgefüllt und auch die Brunnensohle 10 cm
hoch damit bedeckt Das dem Brunnen entnom-
mene Wasser ist sofort eisenfrei und ist es in
einem seit 17 Jahren benutzten Brunnen dauernd
geblieben. In den ersten Tagen enthält das Wasser
freies Alkali und der Brunnen ist daher anfangs
mehrfach leerzupumpen. Später tritt kein freies
Alkali mehr auf, die Härte des Wasses ist für die
Daaer vermehrt, aber nicht in einem die Benutzung
hindernden Orade. Woltemas (Diepholz).
360. UnterBoohimgen über den Bakterien-
gehalt des FlnsBbodens in versofaiedener Tiefe ;
TOB Dr. Davids. ( Arch. f. Hyg. XXIV. 3 u. 4.
p.213. 1895.)
Zur Entnahme von Bodenproben aus verschie-
dener Tiefe benutzt D. nicht den BränkePsclien
Erdbohrer, der beim Arbeiten unter Wasser nicht
ZQ verwenden ist, sondern einen Yentilbohrer, den
er näher beschreibt. Untersucht wurden die Fluss-
bodenschichten und zum Vergleich auch die Ufer-
bodenschiohten des Flüsschens Schwentine bei
Eiel, mit dem Ergebnisse, dass auch im Fluss-
boden, ähnlich wie in dem nicht von Wasser be-
deckten Boden, die Zahl der Keime mit zunehmen-
der Tiefe abnimmt. Die Abnahme der Keime
seigte sich indess nicht allein von der Tiefe der
Bodenschichten, sondern auch wesentlich von deren
Art abhängig; in der an Nährmaterial reichen
Hoorerde nehmen die Keime langsamer ab und
gehen in grössere Tiefen als in Sand und Thon.
h den 5 — 7 m tiefen Bodenproben fanden sich
besonders nicht verflüssigende farbstoffbildende
Bakterien. Woltemas (Diepholz).
361. Ueber die thermophilen Bakterien;
^on Dr. Lydia Babinowitsch. (Ztschr. f.
Byg. n. Infektionskrankh. XX. 1. p. 154. 1895.)
B. züchtete thermophile Bakterien aus Erde,
frisch gefallenem Schnee, Spreewasser, den Exkre-
menten und dem Yerdauungstractus verschiedener
Thiere und aus Getreidekömem. Die Angabe, dass
die meisten Arten unter 50® nicht wachsen, fand
lie fOr die Kartoffel bestätigt, dagegen entwickeln
sie sich auf Agar, Blutserum und in Bouillon bei
Temperaturen bis zu 33® hinab, aber bedeutend
langsamer als bei erhöhter Wärme. Sie sind fakul*
tativ anagrob, nicht pathogen, die oberste Orenze
des Wachsthums fand sich bei 76®, ihre Sporen
sind gegen Hitze und Trockenheit sehr wider-
standsfähig. Woltemas (Diepholz).
362. Dangers des puits installes prös des
latrines et des ftimiers; par le Dr. Renard.
(Ann. d'Hyg. publ. etc. XXXU. 5. p. 401. 1894.)
B. weist an Beispielen nach, wie leicht der
Abdominaltyphus durch Brunnen verbreitet wird,
die nicht genügend abgesondert von Aborten und
Düngerhaufen liegen, und fordert eine bessere Con-
trole solcher Brunnen. Woltemas (Diepholz).
363. Die Vibrionen- und SpirillenfLora der
Düngerjauohe ; von Dr. Kutscher. (Ztschr. f.
Hyg. u. Infektionskrankh. XX. 1. p. 46. 1895.)
Ans Jancheproben einer Düngergrube konnte E. 8
gekrümmte Bakterien züchten, von denen er die flaoher
gekrümmten Vibrionen, die stärker gekrümmten Spirillen
nennt, darunter 3 noch nicht beschriebene Vibrionen.
Eeins dieser Bakterien scheint pathogen zu sein.
Woltemas (Diepholz).
364. Versnobe Aber das 'Verbalten der
Obolera- und Typbosbakterien im Torftnull;
von Prof. Carl Fränkel und Dr. Ernst Klip-
£rtein. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. XV.
2. p. 333. 1893.)
Bekanntlich besitzt der Torfmuli gewisse Eigen-
schaften, die ihn zur Beseitigung der menschlichen
Abfallsto£fe als sehr geeignet erscheinen lassen ; seine
ausgedehnte Anwendung scheiterte jedoch an dem
Widerspruche mancher Hygieiniker, die, wie z. B.
Flügge, in den mit Torf versetzten Fäkalien
einen fQr die Entwickelung oder wenigstens Er*
haltung der Infektionskeime günstigen Nährboden
erblicken. Die Deutsche Landwirthschaftliche Ge-
sellschaft veranlasste daher verschiedene hygiei-
nisohe Institute, festzustellen, ob die Zwischenstreu
von Torfmull im Stande ist, die AbtOdtung der in
Fäkalien enthaltenen Keime, besonders der Cholera
und des Typhus, sicher zu bewirken, und femer,
ob die etwa vorhandene keimtödtende Elrafl; des
Torfmulls durch Zusatz gewisser, dem Pflanzen-
wachsthum nicht schädlicher oder sogar nützlicher
Stoffe gesichert oder erhöht werden kann. Die in
Beantwortung dieser Fragen angestellten Unter-
suchungen von Fr. u. Kl. haben nun ergeben, dass
der Cholerakeim in Torfmull verschiedener Her-
kunft in wenigen Stunden abstirbt, dagegen bei
gleichzeitigem Zusatz von Harn und Stuhl Tage
lang erhalten bleibt Wurde jedoch durch Zusatz
von Schwefelsäure und von dem in derLandwirth-
schaft viel gebrauchten Superphosphat eine sauere
Reaktion des Gemisches gesich^ so gelang es,
den Cholerakeim auch in künstlichen Cholera-
stühlen innerhalb einiger Stunden sicher abzu-
tOdten. Per Typhuskeim erwies sich, wie zu
198
vm. Chiroigie, Augen- und Ohrenheillninde.
erwarten war, als viel widerstandsfähiger und ging
in dem erwähnten Oemiscb erst nach 24 — 48 Stun-
den zu Grunde. Wenn dieses Ergebniss auch noch
nicht allen Anforderungen entspricht, so wird sich
doch „die Anschauung von dem oonservirenden
Einfluss des Torfmulls auf die Infektionsstoffe
nicht länger aufrecht erhalten lassen und der Er-
kenntniss weichen mQssen, dass derselbe über eine
nicht unerhebliche Desinfektionskraft verfQgt, die
durch passende Zusätze weiter verstärkt und bis
zu recht ansehnlicher Höhe gesteigert werden
kann'S Die Torfmullstreuung darf daher da, wo
Schwemmkanalisation nicht einzurichten ist, zur
Beseitigung der Fäkalien in erster Linie empfohlen
werden. R o e t h e r (Offenbach a. M.).
865. Ist das linke oder das rechte Auge
bei den Berg- und Hütten-Arbeitern das ge-
fährdetere ? von Dr. N i e d e n in Bochum. (Centr.*
Bl. f. prakt Augenhkde. XIX. 6. p. 161. Juni 1896.)
Die Frage N.'s ist besonders wichtig für die
Abschätzung bei Unfallversicherungen. Im All-
gemeinen wird bei rechtshändigen Arbeitern, die
hämmern, meisseln unddergl., das linke Auge mehr
geföhrdet sein wegen der nach links abspringenden
Theile des Hateriales ; das rechte Auge wird ge-
schützter sein, weil der Kopf ausserdem gewöhn*
lieh bei diesen Arbeiten nach rechts gehalten wird.
Oeht zufällig das rechte Auge eines solchen Arbei-
ters verloren, so wird wegen der grosseren Oe^r-
düng des linken der Verlust des rechten hoher
anzuschlagen sein. Aus einer bevorstehendoi
grösseren Arbeit über die Augenkrankheiten der
Hütten- und Bergarbeiter veröffentlicht N. schon
jetzt in einem Auszuge seine in 10 Jahren (1884
bis 1894) gesammelten Erfahrungen. Bei 16987
augenkranken Bergleuten £and er 4975 Augen-
verletzungen, also 29.3<)/o. 2426 Verletzungen
— 48.80/0 gehörten dem linken, 2549 — 51.20/o
dem rechten Auge an. Unter den 560 ganz
schwerverletzten mit vollständigem Verluste eines
Auges gingen 222mal das rechte Auge =s 49.9<^/o
und 225mal ■» 50,1^1 o das linke Auge verloren,
lOSmal beide Augen. Für die Bergarbeit im All-
gemeinen besteht also ein wesentlicher Unterschied
des Vorwiegens von Augenverletzungen für eine
der beiden Seiten nicht.
Ganz andere Verhältnisse finden sich bei den
Eisen- und Hüttenarbeitern. Unter 5443 Augen-
kranken dieser Kategorie waren 3723 -» 68.4%
Verletzte, also an und für sich schon eine viel
höhere Quote von Verletzungen der Augen, als bei
den Bergarbeitern. Von diesen 3723 Verletzten
hatten 2085 »» 56% eine Verletzung des linken
und 1638 «■ 44^/o eine solche des rechten Auges.
Von 24 Arbeitern, die das eine Auge vollständig
verloren hatten, war es 17mal das linke, 7mal das
rechte ; das gäbe also 70.8 : 29.20/^.
N. führt noch die von Cohn, Trompetter
und Q 1 1 1 n g e r aufgestellten statistischen Tabellen
an, nach denen das linke zum rechten Auge »
nach der Häufigkeit der Verletzung verhSlt, m
66.6:33.30/0; 52.6:47.4Vo; 62.1 : 37.9«/|. Da
diese 3 Autoren zusammen 1441 Verletzte an-
führen, so giebt das mit den 3723 von Nieden
5164, und im Verhftltniss des linken zum reditea
Auge 59.35 : 40.65®/^ Lamhofer (Leipzig).
366. DieOesundheitaverhaltniBse derZiegel-
arbeiter; von H. Berger. (Deutsche Vjhrsciir.
f. öffena Geshpfl. XXVII. 1. p. 183. 1895.)
Berücksichtigt werden nur die Dampf ziegdeien.
Als Schädlichkeiten wirkten Witterungsunbilden,
Nässe, Ueberanstrengung, hohe TemperatnreD,
trockene Zugluft und Staub, dementsprechend über-
wiegen Erkältungskrankheiten, besonders Rheaou^
tismus, Lungenkrankheiten, Magendarmkatarrbe
und Augenerkrankungen. Die auf den Ziegeleien
wohnanden zugewanderten Arbeiter haben vieUaoh
unzureichende Schlafräume, femer läset dasTiiok-
Wasser meist zu wünschen übhg, und ee ist mehr
auf Hautpflege zu sehen. Besonders empfiehlt ncfa
die Anlfi^ eines Dampfbades, auch w^gen der
häufigen Rheumatismen. Infektionskrankh^ten
können bei den schlechten Wohnungsverhältnissen
sehr um sich greifen, die ersten Kranken sind
daher streng zu isoliren und ein kleines Lazareth
inüsste vorhanden sein. Woltemas (Diephoh).
367. Zar Oaraiatik der Oalasonkrankhett;
von Dr. Silberstein. (Wien. klin. Wchnscbi.
vm. 30. 1895.)
Beim Eintreten in die Schleusse treten in Folge
der Einziehung des Trommelfells Sausen und
Schmerzen im Ohr auf und das TastgefÜhl der
Hände wird durch den Luftdruck beeinträchtigt
Bewegungen der Zunge und der Lippen sind m^
erschwert Schwere Erscheinungen stellen sich
erst ein nach Verlassen des Caisson, und zwarnadi
V« — ^ Stunden, immer plötzlich: entweder der
Moniere 'sehe Symptomencomplex oder Symptome
von Seiten des Bew^^ngsapparates in Form Toa
Schmerzen in Armen und Beinen, schliesslich S^
scheinungen an Organen der Brust- und Bauch-
höhle. So zeigte ein von S. beobachteter Kranker
2 Stunden nach Verlassen des Caisson Brost-
beklemmung, starke Cyanose, grosse Puls- und
Sespirationsbeschleunigung. Mitunter wurde Auf-
treibung des Unterleibs beobachtet Rückenmarks-
erkrankungen, wie solche in der Literatur beschrie-
ben sind, konnte S. nicht beobachten. In einem
Falle sah er enorme Steigerung der Patellarefiexe
mit Fussclonus an dem sehr von Schmerzen heim-
gesuchten rechten Beine; am linken, ebenfalls
schmerzhaften Kniegelenke ergab die Palpation ein
Knistern, das S. auf Lufteintritt in das Zellgewebe
bezieht Mehrere Arbeiter klagten über Parästhe-
sien. In einem Falle bestanden sehr bedeutende
Oleichgewichtstörungen, so dass Pat im Zickzack
hin und her taumelte, und ausserdem beidersdt^
tS. Hjgieine und StaatsarzneUomde. 199
TÖllige Taubheit S. weist auf die psychischen Gebilde fehlt, so kommt es bei immer neuer Siaubzufuhr
Störungen der Caissonarbeiter hin, die forensisch zu sehr grossen derartigen Herden,
wichtig werden können. In einem FaUe konnte Woltemas (Diepholz).
S. noch 6 Wochen nach Beginn der Erkrankung 370. Salaataab als Ursache des üloas per-
bedeutende Schwerhörigkeit auf dem rechten Ohre, ft>wkns septi narium; von Dr. Paul Müller,
fast völlige Taubheit auf dem linken constatiren, (Vjhrschr. f. gerichtl. Med. X. 2. p. 381. 1895.)
am Trommelfell links Einziehung und Beste von In Stassfurt-Leopoldshall beobachtete M. bei
frfiheren Blutungen. Windscheid (Leipzig). einer grossen Anzahl der Arbeiter in den Chrom-
368. Vorianflge MittheUnng über Caisson- Fabriken einen Defekt der Nasenscheidewand, der
»rbeiter; von DDr. Heller, Mager und von «cl^ ^«i der starken Aetzwirkung der Chromsalze
Schrötter. (Wien. klin. Wchnschr. VIIL 26. »^^^^ ausbildet Es können aber auch andere
l^2b,) Salze (Eainit, Camallit, Kieserit, Sylvinit und
tJ. IT« .1 . j « 1^1 ^ . Steinsalz) das perforirende Geschwür der Nasen-
KT ^'% J:- 5^?*''^"'^^r Schleussenbauten in geheidewand verarsachen, besondere bei den Salz-
NuBsdorf bei Wien die Erknmkungen bei Caisson- ^^^^ ^^^ -Verladern, die häufig dem Salzstaub
«■beitem studu^ Die Arbeiter wurden vorher ausgesetzt sind. Von 165 solcher Leute hatten
genau auf ihren Gesundheitzustand untersucht ; es a }j hl * h f
handelte sich meist um ausserordentlich kraftige, Crh dw NwnsShl^haut '. .' ] ! ." 45
gut ernährte Leute. Bei einem Drucke unter frische Geschwüre an der Scheidewand . . 9
1.5 Atmosphären zeigten sich höchstens leichte alte PerforationeD, von denen ein Theil noch
Oelenkschmerzen und Ohrenbeschwerden ; wenn ^°^* vernarbt war 42
der Druck diese Höhe überstieg , traten ernstere I^ie Entwicklung des Ulcus ist bei diesen
Erscheinungen auf, die sich aber immer erst Salzen eine chronische, es beschränkt sich auf den
Vi— 1 Stunde nach dem Verlassen des Caisson knorpligen Theil der Scheidewand, in dem mit der
«eigten, und dann ganz plötzlich einsetzten. Es Zeit bei fortgesetzter Einwirkung des Salzstaubes
bandelt sich zunächst um sehr heftige Schmerzen Defekte von mehreren Centimetem Durchmesser
der Beine ohne nachweisbare Ursache ; die Nerven- entstehen können. Woltemas (Diepholz),
itämme waren dabei sehr druckempfindlich; die 371. Ueber die Argyrie bei Glasperlen-
Glieder schwollen an, in den Gelenken entwickelte yersUberern; von L. Schubert. (Ztschr. f.
sich Exsudat; dann traten die allerheftigsten Heilkde. XVI. 4. 1895.)
siechenden Schmerzen in den Kniegelenken auf, 2FällevonijgyriebeiMinnern, von denen der eine
ao dass der Kranke plötzlich zu Boden stürzte, nach 8jähr. Thätigkeit in seinem Berufe, der andere nach
Ausserdem bestand Vertaubung an den Beinen. 23jähr. Thätigkeit erst die ersten Zeichen der Krankheit
An den Ohren fand man ausser entotischen Ge- 5?T'^* ^^' • ^X^\ soU schon im 3. bis 4. Jahre um
«8n.»k^. "Dl i. •«• rp -w. 14? 11 j • \r'j^ 1 die Augenhder, m Gestalt blauschwarzer Hofe, eine Ver-
tuschen Blutungen im Trommelfell und im Mittel- ftTbunfeintreten, die an Ausdehnmig und Stärke dann
•BT, sowie den Moniere 'sehen Symptomencom- immer mehr zunimmt und namentlich bei dem einen der
plex. Fast immer bestand Herabsetzung des Hör- Kr. einen besonders hohen Grad erreicht hatte. Die Be-
tennögens. Alle diese Erscheinungen pfleirten »ohäftigung der Kr. hatte darin bestanden, in die Glas-
«•/.k orm^ • A u'j r\' perlen, die untereinander noch perlschnurartig zQsammen-
Mch 3—5 Tagen wieder zu verschwinden. Die ^^^gei, eine Süberlösung einzwängen. Dabei wird eine
schwersten Zustände zeigten sich in plötzlicher nur kurze Glasröhre (von 3—4 cm Länge) benutzt, so
Bewusstlosigkeit und in Dyspnoe mit bedeutender dass die Flüssigkeit leicht an die Lippen und in den Mund
Cyanose, mit Tod durch Collaps. In einem solchen ghmgen kann. Sohrundenbildung an den Lippen und am
n<A^«.f.ii u A' o^ux' Ol -.iiv *Aii j Munde, Angegnnenwerden und Ausfallen der Zähne smd
TodesfaUe ergab die Seküon Blutüberfüllung und ^^shalb auch die frühesten Symptome.
vedem der Langen. W indscheid (Leipzig). Weintraud (Berlin).
369. üeberVer&ndenmgen der Lange bei ^72. Ueber Verletaongen des Eniees in
Btainmetsen; von Dr. Arno Beck. (Vjhrschr. geriohtUch-medioiniaoher Besiehang; von Dr.
J.g8richtL Med. X. 2. p. 351. 1895.) Hob ein. (Vjhrschr. f. gerichtl Med. X. 2. p. 219.
fingehende Beschreibung der Lunge eines Stein- 1895.)
a»Uen, durch 8 mikroskopische Schnitte erläutert. An H. bespricht die für den Gerichtsarzt wich-
Ä^SSaSS fcKÄUlfnÄ ^^J-^- der Knieverletzungen. Der Tod kann
das interstitielle Gewebe waren hypertrophisch, besonders ^^^^ ^ Verblutung, Shock oder Fettembolie er-
inintedobären Bindegewebe fanden sich derbe Schwielen folgen, oder im Verlauf von Nachkrankheiten.
«Mt starker Hyperämie. Die Ablagerung der Staubtheil- Eine schwere Verletzung im gerichtlich-medici-
U?nn%'^T ^r>.'^^-^?^^^Ä « ^ ""^^ *l^'°°" nischen Sinne liegt vor, wenn sie zu Verlust des
JWung in den Schwielen erklärt B. auf Grund von ^ . ji_ax^- ai.i jrt
taenschnitten durch ObUteration von Lymphgefössen »«ines durch Amputation, zu Ankylose und Con-
^rcb Ikidothehibschilferung, hinter der verschlossenen traktur in ungünstiger Stellung, zur Entstehung
«efle Staat sich die Lymphe und bildet mit den degene- eines Schlottergelenks, zu Lahmung der Muskeln,
ST^kX-SÄ^ rXtf De?^Ä'S chronischen Gelenk- und Knocheneiterungen, ehre
^ Wwrkelbüdung imalog, da aber eine Infektion und mso^em Hydrops, Gelenkkörpern oder zu Aneurys-
ein daraus resultirender Zerfall der neu entstandenen men der Kniekehle geführt hat. Gangrän des
200
IX. Hygieine und Staatsarzneilnmd^«
Unterschenkels tritt nach Verletzung der Art. Popli-
tea auf; da sie auch unabhftugig von einer solchen
entstehen kann, ist die Feststellung oder Aus-
schliessung einer derartigen Verletzung wichtig.
Bei Gangrän in Folge von festen Verbänden fehlt
eine Thrombose der Art. poplitea.
Woltemas (Diepholz).
373. Ueber intrauterine Leiehenstarre; von
M. Lange in Königsberg i. Pr. (Centr.-Bl. f.
GynäkoL XVin. 48. 1894.)
3Vt Standen vor dem Austritte waren die Herztöne
des in I. Schädellage befindlichen Kindes nicht mehr zu
hören. Die Glieder zeigten sich nach der Gebart in
typischer intraatehner Btellang erstarrt. Die Kindes-
leiche, anangekleidet bei 12* R aufbewahrt, zeigte nach
4 Stunden keine Veränderung. 12 Standen später war
die Starre wesentlich geringer.
L. betrachtet den Eintritt der Leichenstarre
bei sämmtlichen intrauterin abgestorbenen Kindern
zwischen der 28. bis 40. Woche als einen physio-
logischen Vorgang. Er spielt sich bei den Kin-
dern, die genügend lange im Mutterleibe zurück-
gehalten werden, intrauterin ab. Nach physio-
logischen Erfahrungen tritt bei Warmblütern die
Todtenstarre um so schneller ein und wird um so
schneller gelOst, je höher die umgebende Tempera-
tur ist. Dass die Todtenstarre unter umständen
noch vor völligem Aufhören des Herzschlages ein-
treten kann, das sucht L. an einem Falle Dohrn's
nachzuweisen und er stützt sich auf einige genau
beobachtete Fälle aus der Literatur. Ausserdem
muss ein genügender Ernährung-, bez. Entwick-
lungzustand der Muskeln vorhanden sein, denn
Früchte vor der 28. Woche werden nicht starr.
Dass eine Erschwerung der Oeburt durch intra-
uterine Todtenstarre eintritt, sieht L. nicht als
erwiesen an. Auch für den Qerichtsarzt kann die
Frage der intrauterinen Todtenstarre von Bedeu-
tung sein, wie die Mittheilung von Parkinson
(Brit med. Joum. 1874. p. 772) beweist L. regt
zur Beobachtung aUer Todtgeburten und zu Ver-
suchen an trächtigen Thieren an.
Olaeser (Danzig).
374. Sin seltener Fall von kataleptischer
Todtenstarre; von Dr. Wahncau. (Vjhrschr.
f. gerichtl. Med. X. 2. p. 327. 1895.)
Die Leiche einer 43jähr. Frau wurde stehend auf-
gefunden, lose in einen Winkel angelehnt, die Arme über
den Leib gelegt. Die Sektion ergab chronische Nephritis,
wahrscheinlich hatte ein opisthotonischer Krampf, durch
einen akuten urämischen Anfall oder durch den chro-
nischen Alkoholismus bedingt, den Tod begleitet, und die
kataleptische Todtenstarre sich sofort an diese letzte
Zusammenziehung der Muskeln angeschlossen.
Woltemas (Diepholz).
375. Bin gelegentliohes Zeichen des Er-
trinkungstodes; von Reg.- u.Med.-R. Dr. Born-
trftger. (Vjhrschr. f. gerichtl Med. X. SuppL-
Heft p. 68. 1895.)
Bei einer im Wasser gefundenen Leiche fand sich
Mageninhalt in den Luftwegen und der Speiseröhre.
B. stellt noch einige ähnliche Fälle aus der Literatur
zusammen und erblickt in der Anwesenheit voo Ui^-
inhalt, besonders in den Bronchen und den Lungen, ein
werthvolles Zeichen dafär, dass der Tod durch Eirtrinkea
erfolgt, und nicht etwa die Leiche erst nachtrSglich in's
Wasser gelangt sei. Der Mageninhalt wird dnrch die
krampfartigen ExspirationstÖsse in der Dyspnoe aus-
getrieben und dann aspirirt Besonders bei alten Wasser-
eichen , bei denen etwa vorhanden gewesener Schaum
und Wasser aus den Lungen verschwanden ist, kann ein
derartiger Befand von diagnostischer Wichtigkeit sein.
Woltemas (Diepholz).
376. Ueber oriminelle LeioheiiBerstüoke-
Inng; von Dr. Eduard MicheL (Yjhrschr.f.
gerichtl Med. X. 2. p. 261. 1895.)
Die Arbeit giebt eine vollständige Zusammea-
stellung der zahlreichen Fälle von crimineller
Leichenzerstückelung. FQr den Qerichtsarzt kom-
men der Identitätsnachweis, die Angabe derTode»-
ursache, die Bestimmung der Zeit, die nach dem
Ableben verstrichen ist, und die AusscUiessung
zufälliger postmortaler Zerstückelung in Betracht,
zuv^eilen lassen sich aus der Art der Ausführaos
auch Schlüsse auf die Beschäftigung des Thaten
ziehen. Woltemas (Diepholz).
377. Determiniamos und Znreohnnfigi-
IShigkeit mit drei Gutachten überSzhibitios;
von Dr. Schäfer in Langerich. (Vjhrschr. 1
gericha Med. X. 1. p. 99. 1895.)
Im Anschluss an drei ausführlich mitgetheilts
Gutachten über Exhibitionisten, bei denen gsmifi*
derte Zurechnungsföhigkeit anzunehmen war, Ißgt
Seh. seinen Standpunkt in der Frage der Willens-
freiheit dar« Er ist entschiedener Determinist out
leitet die Strafe aus der Nothwendigkeit her, dM
Oemeinschaft zu schützen. Der Einzelne mflsM
sich den Forderungen des Lebens anpassen; dn
Art und Weise, wie er seiner ganzen persGnlicfaet
Beschaffenheit nach dazu befähigt sei, bedinge die
Zurechnung bei strafrechtlichen Vergehen. Der
Begriff der Schuld ändere sich in den der nioht
erfüllten Pflicht und der Schuldigkeit, die Stitfo
als Mittel der Besserung anzunehmen; auch der
sittliche Werth der Strafe bleibe bestehen.
Woltemas (Diepholz).
378. Qataehten über einen reinen EaU?o&
Irresein mit ZwangavonteUongen nnd Zwangt-
handlnngen; von Dr. G. Werner in Owinsk
(Vjhrschr. f. gericha Med. IX. 2. p. 326. 1895.)
Ein 24jähr. Verkäufer hatte eine grosse Mep|a
Schlipse, Tücher, Marken u. s. w. entwendet, aUe diese
Sachen fand man bei ihm sorgfältig geordnet mit Angabe
des Preises und des Tages der Entwendung, ebenso dtf
gestohlene haare Geld. Er gab an, dass ihm zeitweise
ein Trieb zum Stehlen gekommen sei, er hätte dann Angst
gehabt, die sich erst nach Ausführung des Diebstahls
beruhigte. Er war erblich stark belastet, war schon hinge
durch verändertes Wesen aufgefallen, klagte im Irrenhios
über Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, achtete heimlich
auf jede Stelle an seinem Korper, stellte energisch iu
Abrede, dass er geisteskrank sei, äusserte keine besoo-
deren Wahnideen. Die freie Willensbestimmung bei des
Diebstählen wurde als nicht vorhanden erachtet
Woltemas (Diepholz).
Krause, üebersioht der Eenntnisse vom Bau der Retina.
201
B. Originalabhandlungen
und
UebersicbteDe
n. üebendcht der Kenntnisse vom Bau der Retina
im Jahre 1895.^)
Yon Prof. W. Krause in BerlüL
MeoL uhd Fovea emiraUs. Beim M ensohen ist
die Qegend des besten Sehens durch die Macula
lutea charakterisirt und in deren Centrum findet
sich die seit Soemmering (1791) bekannte
Fovea centralis. Sie galt lange Zeit als spfoifisch
für das Auge des Menschen, bis sie von Al-
bers (30) beiderRiesensohildkrGte, yonKnoz(2^)
bei Lacerta und beim Chamaeleon, bei Elsdien von
Gulliver (27), W. Müller (19) und Car-
ri^re (28) aufgefunden wurde. Es schien eine
Zeit lang, als handele es sich um eine allen Wirbel-
thieren zukommende Bildung; es zeigte sich jedoch
neuerdings, dass dabei höchst merkwürdige Yer*
Mhiedenheiten vorkommen. So besitzt z. B. die
liaube zwei Foveae, das Huhn gar keina
Zunichst muss man unterscheiden zwischen
emer gelben Macula und einer farblosen Area cen-
tnlis, die im Wesentlichen den Bau der Macula
lutea des Menschen nachahmt und namentlich
durch eine dickere Ganglienzellenschicht, sowie
lelativ zahlreiche Zapfen sich kennzeichnet Säne
gelbe Fftrbung fehlt, letztere kommt ausser den
Menschen nur noch den Affen der alten Welt au,
die Area kann einen rundlichen Bleck im Hinter-
gründe des Auges bilden, wie die Macula des
Menschen; häufig ist sie aber in zweilange, nasal-
wftrts und temporalwirts divergir^de Streifen
ausgezogen. In der Mitte der Area findet sich
nanchmal, aber keineswegs immer, eine Fovea
ontnlis und manche Thiere, wie die schon er-
vfthnte Taube, besitzen ausserdem eine Fovea
lateralis, die dem bilateralen Sehen mit zwei Augen
dient; zuerst wurde eine solche von H.Mül 1er (2d)
bei Baubvfigehd aufgefunden. Hier kommt sie
nicht weiter in Frage, nur mag bemerkt werden,
dass sie entwickelungsgeschichtlich nicht mit der
Forea centralis zusammenhängt, so wenig, wie
ktztere selbst . mit der Spalte der sekundären
Augenblase. Die eine hätte dem vorderen, die
andere dem hinteren Ende dieser Spalte vielleicht
entsprechen und beide hätten gleichsam Beste der
letzteren beim Erwachsenen darstellen können.
Charakteristisch für diefbvsa oeniraUa ist stets
«) Sdünss; vgl. Jahrbb. OGXUX. 81.
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 2.
das Fehlen der nervOsw Bestandtheile in ihr.
Während in der Area, und am meisten am Bande
der Fovea, zwar die Nervenfaserschidit sich ver-
dünnt und aufhört, n^men die über einander
geschichteten Ganglienzellen an Zahl beträchtlich
zu, um sehr rasch wieder abzunehmen und im
Fundus der Fovea gftnzlich zu fehlen. Auch die
innere granulirte Schicht und die inneren Eümer
hüren ganz und gar auf und, wenn das für die
letzteren in einzelnen Abbildungen vom Menschen
anders aussieht, so rührt dies nur daher, dass der
Schnitt nicht das Centrum der Fovea getroffen
hatte. Die Schicht der Zapfenfasem zwischen den
beiden Eümerschichten nimmt einen schrSgen,
vom Centrum der Fovea in radiärer Bichtung aus-
strahlenden Verlauf an, und es bleiben im Fundus
der Fovea nur die äussere granulirte und äussere
Kümerschicht , letztere auch ziemlich verdünnt,
ausser der Zapfenschicht übrig. Da die Dicke der
äusseren Eömerschicht vom Dickendurohmesser
der Zapfen (bez. Stäbchen) abhängt und dieser in
der Fovea eher geringer ist, als in der Macula oder
Area, so sollte man eine Verdünnung der äusseren
Eömerschicht eigentlich nicht erwarten. Sie er-
klärt sich daraus, dass manche Zapfenkömer in
die schräg verlaufenden Zapfenfasem erst in
einiger Entfernung von der Fovea angelagert sind.
So entsteht eine Anordnung, die nicht nur die
Zapfenschicht in der Fovea erhält, sondern sie
auch voa allen vorgelagerten, den Gang der Licht-
strahlen störenden Schichten freimacht, und es ist
nicht zu rechtfertigen, wenn einige Autoren die
Foviea für eine funktionslose , atrophische oder
narbige Stelle der Betina ausgeben wollen. Allo'-
dings liegt gerade hinter ihr die Bhcq^he sderae
und von dieser nach hinten hervorragend in man-
chen Fällen ein kurzer, 0.2 mm dicker Binde*
gewebestrang, der Ftmieult4S sderae; beide können
aber mit der fötalen Augenblasenspalte, abgesehen
davon, dass letztere weiter abwärts und lateral-
wärts zu suchen sein würde, schon deshalb nichts
zu thun haben, weil die Sklera bekanntlich erst
nachträglich den Bulbus zu umhüllen anfängt
Manche Verschiedenheiten lassen sich im Bau
der Area eer^aUs nachweisen, wogegen die Fovea
26
202
Eraufie, üeberaicht der Eenntniate vom Bau der Beiin&i
lateralis die mehr gleichmSssige Ersoheinang einer
schwächer vertieften, im üebrigen analog gebauten
Orube darstellt Zunächst kann die Area vorhan-
den sein und die Fovea gänzlich fehlen, so wird
es z. B. fOr den Frosch angegeben. Wie schon
gesagt, kann die Area streifenförmig sein; sie
kann aber auch den ganzen Hintergrund des Auges
einnehmen, der beim Ghamaeleon, bei der See-
nadel, sowie beim Seepferdchen (Syngnathus,
Hippocampus) eine enorm grosse Area centralis
darstellt, die beim Chamaeleon noch dazu gefilrbt
ist. Allerdings nicht gelb, sondern hellbrftunlich,
auch hat diese eigentliche Macula nur 1.25 mm
Durchmesser, während der des Bulbus 8 mm
beträgt.
Was nun die Einzelheiten anlangt, so sind bei
manchen Amphibien und Reptilien Foveae und
Areae beschrieben, während andere nur die letz-
teren besitzen. Diese Angaben stammen von ver-
schiedenen Beobachtern aus sehr verschiedenen
ZeiQ>erioden und öfters tritt der Fall ein, dass ein
späterer, mit besseren Hülfsmitteln, speciell mit
der hierbei fast unentbehrlichen Methode des Ein-
legens in 2.5proc. Salpetersäure, ausgerOsteter
Forscher wohl die Area finden konnte, nicht aber
die Fovea. Da die letztere sehr klein und durch
die Söhnittführung zuföllig zerstört sein kann, so
sind solche n^ative Angaben nicht ohne Wei-
teres den positiven vorzuziehen. Immerhin bleibt
es möglich, dass eine eingehendere Untersuchung
die zur Zeit vorliegenden, anscheinend auffälligen
Differenzen verschwinden macht
So würden eine Fovea besitzen, und zwar
unter den Amphibien: Salamander und Triton,
nur eine Area : Frosch, Eröte, Laubfrosch. Unter
den Reptilien eine Fovea: die Rieeenschildkröte,
die griechisdie Schildkröte, das Chamaeleon, der
Alligator, das Crocodil, die Eidechse, und zwar
alle untersuchten Arten der letzteren, mit Aus-
nahme von Lacerta vivipara, die nur eine Area hat,
ftmer die Blindschleiche und die Ringelnatter.
Dagegen hat auch die Emys genannte europäische
Schildkröte nach Hulke (31) eine Fovea, nach
Chievitz (32) nur eine Aiea.
Bei den Vögeln liegt die Sache günstiger,
insofern fast alle Angaben von demselben Beob-
achter (33) herrühren. Auch hier finden sich
sehr merkwürdige Verschiedenheiten, auch ab-
gesehen von dem Vorkommen einer Area und
Fovea lateralis. Etwa 64 Arten sind unter-
sucht, sie besitzen last alle eine oder mehrere
Areae und Foveae, mit der Ausnahme, dass tem-
poralwärts bei einigen Schreit- und Schwimm-
vögeln nur eine Area, nicht eine Fovea lateralis
vorhanden ist Während aber die Taube, wie
schon erwähnt, eine Area und Fovea centralis
besitzt, haben sämmtliche Schwalben nur eine
Area und Fovea lateralis imd dem Huhn fehlt die
Fovea ganz, während der Pfau eine Andeutung
davon zeigt Man könnte annehmen, durch die
lange Domestikation und den Nichtgebrandi sei
dem Haushuhn die Fovea verloren g^angen, wo-
für sich sagen lieese, dass die Foveae bei der
zahmen Gans und Ente fl»ch sind, wobei die
Oanglienzellen auch an der tiefsten Stdle nicht
ganz fehlen. In Wahrheit dürfte die Sache jedoch
anders aufzufassen sein. Das Haushuhn erkennt
Raubvögel hoch am Himmel mit einer Schärfe und
Sicherheit, an die die menschliche Fovea bei Weitem
nicht heranreicht, und besitzt eine besonders oon-
struirte ausgezeichnete Stelle der Retina, die den
obetea lateralen Quadranten des Bulbus ganz und
gar einnimmt; sie ist orange&rbig. und bei der
Taube roth. Bei letzterer ist die Farbe wesent-
lich von einem rothen kömigen, in die Substanz
des Innengliedes, aber nicht in das Zapf enellipeoid,
infiltrirten Farbstoff abhängig, ausserdem sind hier
die Zapfen schlanker und enthalten einen grösseren,
auch stärker rothen Oeltropfen. Beim Huhn ist
ein dem roiken Fdde der Timbe homologes Orange'
feid an der entsprechenden Stelle vorhanden, aber
statt der rothen Innenglieder ezistiren zahkeiche
Doppdzapfen, von deren Hälften die kleinere ein
gelbes Zapfenellipsoid, die grössere einen Oel-
tropfen enthält ; die grünlichen Oeltropfen, die im
Ganzen häufiger sind als die rothen, orangefarbigen
und bläulichen zusammengenommen, fehlen in
einer Art von rundlicher Macula, die gerade am
Ende der optischen Augenachse liegt Man sieht
also, dass auch das Huhn eine besonders aue-
gezeichnete Stelle der Retina besitzt ; nur ist sie
anders differenzirt, als durch zahlreich»« Ganglien-
zellen und feinere Zapfen, wie man es von der
Macula lutea des Menschen her gewohnt war.
Leider ist die Bneflaube bisher nidit unte^
sucht worden. Ueber ihraufbllendesOrientirungs-
vermögen sind zu militärischen Zwecken zahlreiche
Experimente angestellt, aus denen sich so viei
ergab, dass die Tauben dressirt werden, indem
man sie erst über kürzere, dann über längere
Strecken zu ihrem Schlage sich zurückfinden läset
Sie orientirm sich nach Landmarken, im Nebel
geht ihnen diese Fähigkeit verloren. Jedenfalls
besitzen sie dne ausgezeichnete Sehschärfe und
diese ist ohne Zweifel in dem erwähnten rothen
Felde lokalisirt Homolog ist letzterem das Orange-
feld des Huhnes, sowie die Macula lutea des Cha-
maeleon.
Auch von zahlr^chen Säuffetkieren ist eine
Area und Fovea centralis (33) bekannt geworden.
Zuerst fand Ganser (34) bei der Ejttze eine Area
centralis auf, während die Macula lutea und Fovea
centralis der katarrhinen und namentlich der
anthropomorphen Affen schon bekannt waren.
Den amerikanischen Affon fehlen diese beiden
Einrichtungen. Unter den Fledermäusen hat Ves-
perugo pisistrellus eine Area und Fovea eentraÜB,
ebenso besitzen Tiger und Leopard eine Area,
femer das Hermelin, der Seehund und das Schwein.
Beim Kaninchen und Hasen bestehen besondre
Eranse, üebersloht dar Kenntnisse vom Bau der Betina.
203
EigeathUmlichkeiten. Nahe unterhalb der beiden
märihaltigen Nervenfftserbündel, in die der Nervus
opticas sich beim Eintritt in die Betina thdlt und
die in horizontaler Richtung die hintere HftUte des
Bulbus durchziehen, zieht sich eine im frisch
getOdtsten Thiere durch ihre Purpurfarbe aus-
gezeichnete Area hin, die etwas breiter ist, als die
erwfthnten weissen Nervenbündel. An dieser Stelle
sind die Aussenglieder der Stftbchen-Zapfenschicht
fast auf das Doppelte verlängert und die Ganglien-
sellenechicht nur wenig, die innere EGmerschicht
aber erheblich verdickt; doch beziehen sich die
letzteren Unterschiede nicht auf die ganze Breite
des Purpurstreifens, sondern nur auf eine scdima-
iere Stelle seiner Mittelachse.
Eine gut ausgebildete rundliche Area besitzen
die Wiederkäuer : Rind, Schaf, Reh und das zwei-
höckerige Eameel. Das Pferd hat eine streifen-
förmige Area. Wie man sieht, waren also eigent-
lidie Foveae bei den Säugern mit Ausnahme der
Primaten nicht bekannt Erst im laufenden Jahre
wurde eine kleine, 0.4 mm grosse Fovea centralis
bei der Katze abgebildet (12) und es ist keines-
wegs unwahrscheinlich, dass sie bei manchen der
mit Areae ausgestatteten Säugethiere bisher nur
übersehen worden ist
Zufolge der von Max Sohultze angeregten
Bichtung der Retinaforschung schien es plausibel,
dass grosse und tiefgreifende Differenzen im Bau
der Betina deren vergleichende Histologie beson«
ders interessant machen müssten. Konnte man
doch hier und da aus der Untersuchung der Retina
allein, nicht etwa nur die Klasse unzweideutig,
aondem sogar die Species, wie bei den Bulenarten
bestimmen. Mit der Lebensweise, insbesondere
bei den nädUlichen Thierm, schienen anatomische
Differenzen unvermödlioh verbunden sein zu müs-
tto, wie aus dem allgemein verbreiteten Qlauben
in das Fehlen der Zapfen bei jenen Thieren und
ih Consequenz die nicht weniger verbreitete
Iheorie von der Funktion der Zapfen als farben-
empflndender, der Stäbchen als nur lichtempfin-
dender Elemente hervorleuchtet Um tiefer in die
Bedeutung der Formelemente der Retina einzu-
diingen, schien es nur n6thig zu sein, eine mög-
lichst grosse Anzahl verschiedener Arten zu unter-
AMlien, unter Rücksicht auf ihre Lebensweise und
womfig^ch auf ihre experimentell zu prüfende
Vorliebe für bestimmte Farben, da wir doch sonst
mmeist gar nicht genau wissen, was die Thiere
eigeatUch sehen.
Letzterer Weg ist von Graber (35) beschrit-
ten und hat beispielsweise ergeben, dass der
Stieg^tz cyanophil und erythrophob ist : er zieht
das Blau dem Roth vor, wenn man Abtheüungen
Mines Käfigs mit verschiedenfarbigem Licht be-
lenditet Hiermit stimmt die Besohaifenheit seiner
Betina insofern überein, als die meisten Oeltropfen
seiner Zapfeninnenglieder blassblau in alltti Thei-
len der Retina sind. Von Max Schnitze war
seiner Zeit das Vorkommen von bläulichen Oel-
tropfen überhaupt bestritten, es ist aber seitdem
durch eine Reihe von Beobachtern (Dobror
wolsky, 1871,- Talma, 1873; Hoffmann,
1876; Ranvier, 1889) bestätigt worden. Der
Stieglitz ist also nicht gerade rothblind, aber die
Welt dürfte ihm doch den Eindruck machen, wie
uns, wenn wir sie durch eineblassbkugrüneBriUe
betrachten würden.
Mit den nächtlichen Thieren ist auch nichts
mehr anzufangen. Von den Neunaugen und Hai-
fischen an, denen die Zapfen, bis zu den Reptilien
und Vögeln, denen theilweise die Stäbchen fehlen
sollten, sind ganz ausnahmelos in der Thierreihe
zwei Arten von Sehzellen, Stäbchenzellen und
Zapfenzellen vorhanden und es ist nichts mehr als
ein Wortstreit, wenn man zwar zwei Sorten an-
erkennt, aber einer unrichtigen physiologischen
Vorstellung zu Liebe nun die schhmkeren nicht
Stäbchen, sondern schlanke Zapfen nennen und
die Zapfen nicht als solche, sondern als dickere
Stäbchen bezeichnen wollte. So unbegreiflich das
ersdieint, ist es doch in neuerer Zeit noch vor-
gekommen. Selbst die sogen. hUndm Tkure mit
rückgebildeten Augen, wie der Proteus, der Maul-
wurf, die als Parasit in der dunkeln Bauchhühle
von Fischen lebende Myxine glutinosa besitzen
zwei Arten von Sehzellen und namentlich auch
Zapfen. Nicht minder ist durch verschiedene Be-
obachter die Existenz von Zapfen bei nächtlichen
Säugethieren : Iltis, Igel, Hyäne, Maus, RattOi
Fiedermaus, Meerschweinchen, Kaninchen, selbst
für den im Dunkeln lebenden Schlammmolch (Coe-
oilia annulata) daigethan. Was die Eulen anlangt,
so ergaben direkte Zählungen {43)j dass die Eulen-
retina jedenfalls nicht weniger Zapfen auf das
Quadratmillimeter enthält als diejenige des Falken
(Falco buteo), während die im hellsten Sonnenlichte
Insekten fangenden Sdiwalben eine Retina be-
sitzen, deren farblose Oeltropfen der Eulenretina
vollständig gleichen.
Am entscheidendsten gegen die Zapfen-Farben-
theorie war die Auffindung des Sehpurpurs. Das
Experiment wies unmittelbar nach, dass die rothe
Farbe wohl durch blaugrünes Licht rasch ver-
ändert wird, nicht aber durch rothes. und dann
kam die Entdeckung der grünen Stäböhenanssen-
glieder beim Frosche und bei anderen Amphibien,
die unwiderleglich zeigte, dass die Stäbdien so oder
so doch wohl auch mit der Farbenempfindung zu
thun haben müssen.
Wer noch der alten Theorie anhängt, müsste
sich eigentlich wundem über die sehr zahlreichen
Zapfen, relativ so zahlreich wie in der Macula
lutea des Menschen, die in seiner ganzen Retina —
das Schwein besitzt Wozu in aller Welt braucht
dieses Thier wohl einen besonders ausgebildeten
Farbensinn?
204
Krause, üebersicht der Kenntnisse vom Bau der Retina.
Etwas musste aber der ganzen Sache doch zu
Grunde liegen. Max Sohultze ging yon der
phylogenetischen Hypothese aus, dass ursprünglich
nur eine Art von Sehzellen vorhanden gewesen
sei, die sich je nach den Lebensgewohnheiten der
Art entweder zu Stäbchen und Zapfen differenzirt
habe, oder auf dem Stadium der Einheitlichkeit
insofern stehen geblieben sei, dass entweder nur
Stftbchen (bei den Nachtthieren, Eulen, Maulwurf
u. s. w.), oder nur Zapfen (Reptilien, Eidechsen,
Schlangen) sich ausgebildet hätten.
Diese geistreiche Hypothese ist nun, wie oben
gezeigt, als definitiv widerlegt anzusehen, da selbst
der Maulwurf Zapfen besitzt, da Schlangen und
Reptilien in dunkleren Verstecken den grOssten
Theil ihres Lebens zubringen, als manche Naoht-
thiere, da selbst die Höhlentiiiere (Proteus) und
Parasiten (Myxine) Stäbchen und Zapfen aufweisen
und da andererseits jetzt Niemand mehr wird be-
haupten wollen, die purpurrothen und grOnen
Stäbchenaussenglieder des Frosches u. s. w. seien fdr
die Farbenempfindung ohne Bedeutung. Dennoch
ist so viel gewiss, dass es Thiere giebt, bei denen
die Stäbchen durch ihre Länge oder Grössenent-
wickelung prävaliren (Eulen, Maulwurf) und andere,
bei denen die Zapfen den Vorrang besitzen. Das
am leiditesten zugängliche Beispiel für letzteren
FaQ liefert die Eidechse. Vorwiegen der Zapfen,
kann man sagen, bedingt mehrfache Schichtung
der Ganglienzellen und inneren Körner, sowie
dichtere Anhäufung der Nervenfaserbflndel, ganz
wie in der Macula lutea des Menschen. Damit
braucht keineswegs eine Anordnung wie die der Area
centralis beim Chamäleon oder beim Seepferdchen
verbunden zu sein, denn Eidechsen, sowie Schlan-
gen besitzen keine besondere Zapfmfasenehkhi in
der äusseren Kömerschicht, worin ein wesentlicher
Unterschied g^enüber den genannten Thieren be-
gründet ist.
jyieFarbmemp findung ist, als es mit den Zapfen
nicht mehr gehen wollte, noch auf verschiedene
andere Weise zu erklären versucht worden. Dobro-
wolsky (36) untersuchte, ob vielleicht die sicht-
lich verschiedene Krümmung des der äusseren
Kömerschicht zugewendeten Endes der Zapfen-
ellipsoide mit der Farbe der zugehörigen Oeltropfen
bei den Vögeln u. s. w. in Zusammenhang stehe.
Die Ellipsoide haben jedenfalls einen höheren
Brechungsindez als die Substanz des Linengliedes
und die Theorie sagt, dass die Krümmung vom
rothen bis zum blauen Ende des Spectrum ab-
nehmen dürfe, weU die Brechbarkeit der Licht-
wellen in umgekehrtem Sinne zunimmt Folglich
wären stärkere Krümmungen bei denjenigen Ellip-
soiden zu erwarten, die in Zapfen mit rothen, bez.
gelben Oeltropfen sich befinden, die geringsten
Krümmungen aber bei denjenigen, an welchen
blaue Oeltropfen sitzen. Die Beobachtung bestätigt
nach Dobrowolsky die Aussage der Theorie,
doch ist die Sache nicht so zu verstehen, als ob
ausnahmelos jedes Ellipsoid mit ro&em Oeltropfai
eine stärkere Gonvexität zeigen müsste als ein
solches mit blauem oder grüngelbem Oeltropfen:
die Differenz gilt nur im Allgemeinen. ZugieiclL
fand sich ein unschwer zu verificirender üllte^
schied in der Länge der Aussenglieder. Die Zapfen
mit rothen Oeltropfen bei der Taube haben nänäüd
die längsten Aussengliedw , die mit blauen Od-
tropfen die kürzesten. Es darf dabei an die grOesere
Länge der Stäbchenaussenglieder hinter der purpur-
rothen Area des Kaninchens erinnert w^en.
Einen ganz anderen Weg hat Boll (37) ein-
geschlagen. Er sah die PigmentzeUen der Beim
für lichtempfindend an und verlegte die Empfin-
dung der am wenigsten brechbaren rothen IJcht-
wellen dahin. Ein zweiter, der concaven Innen-
fläche einer hohlen Halbkugel entsprechender Auf-
fangsschirm wäre durch die chohoidealen Ikiden
der Aussenglieder und ein dritter für die kun-
weUigen blauen Lichtstrahlen etwa in den Inneo-
gliedern gegeben.
In einigermaassen analoger Weise schrieb
König (38) den Zapfen die Eigenschaft zu, durch
ihre dioptrischen Wirkungen rotbes und grünes
licht auf die Pigmentzellen der Retina zu oon-
oentriren; die letzteren dienen dieser Empfindnngt
die Stäbdien, bez. deren Sehpurpur bei schwacher
Err^^g der farblosen Orau-, bei stärker«: der
Blau-Empfindung; die Fovea ist beim Menschen
blaublind, und zwar mindestens in der Ausd^ung
eines halben Örades (55 — 70 Bogenminuten), so
dass der durch ein blaues Olas gesehene Mond
darin verschwindet Die letzteren Aufstellungen,
mit denen übrigens andere Physiologen keineswegs
einverstanden sind, beziehen sich wohl mit auf die
Macula lutea und deren blaufeindliohe Pigmen-
tirung. Ausserdem, dass die PigmentzeUen Nerrah
fasem erhalten sollen, die freilich noch Niemand
gesehen hat, stfitzen sich obige Annahmen auf die
ebenfalls ganz unbewiesene Aimahme, dass der
Fovea wie den Zapfen überhaupt der Sehporpur
ganz fehlen sollte. Deim er braucht nur nodi eis
wenig lichtempfindlicher an diesen Stellen als
sonstwo zu sein, so verschwindet ec natOrfidi
gerade dann, wenn man ihn nachweisen will: im
Dunkeln kann man ihn leider weder sehen, nooh
fixiren. Für verschiedenes monochromatisoheB
Licht liegen in 0.8 mm Entfernung oberhalb der
Fovea centralis die lichtempfindlichen Schichten
in verschiedener Tiefe, allerdings sdiwanken die
Differenzen nur zwischen 0.36 — 0.44 mm. Bott
und Gelb werden in derselben Schicht empfunden,
sie wierden also nicht mittels derselben Substans
peroipirt und die Vierfarbentheorie von Hering
würde hiemach unrichtig sein.
Becht im Gegensätze zu dem oben Gesagten
steht die Ansicht von E n i e s (40), Dieser unte>
scheidet drei Zonen in der Retina:
a) Tetrachromatisch sind die schlankeren Zapfen
in der Fovea und Macula lutea des Menschen: es
Krause, Uebersicht der Kenntnisse vom Bau der Retina.
205
werden die vierOrundf&rben Roth, Oelb, Blau und
Violett empfanden.
b) Dichromatiflch ist der grOsste Theil der
Retina, wo Zapfen und St&bchen vorhanden sind;
die wahrgenommenen Orundfarben sind Gelb und
Bbu.
c) Achromatisch ist die äusserste Peripherie
der Retina an der Ora serrata. Hier fehlen die
Zapfen nach Knies ganz und es sind nur Stäb-
chen vorhanden. In Wahrheit sind die Stftbchen
in ungefähr gleicher Anzahl wie die Zapfen am
vordersten Ende der Ora serrata vorhanden, die
Zapfen also mithin zahlreicher als irgendwo, mit
Ausnahme der Macula lutea.
A. Fick (41) kennt im Gegensatze zu Knies
drei Orundfarben, von denen eine sicher fest-
gestellt ist Es ist Blau nahe an der Linie O nach
Fhin. Was die anderen betrifft, so ist das sogen,
ürroth von Hess ein violettliohes Roth und das
ürgrün ist bläulichgrfin, es liegt bei E nach F hin.
Bl&DÜchgrfin und Yiolettroth zu gleichen Theilen
gieht Gelb. Die drei Grundfarben würden also
Bein: Yiolettroth, BläulicbgrQn und Blau, abwei-
chend von den Oeltropfen der Yogelretina, die
evmoisinroth, orange, gelbgrfinlich und bläulich
in sein pflegen. Wie man sieht, geht die Theorie
der Farbenempfindungen fortwährend von verbrei-
teten Annahmen über den Bau der Retina aus, die
tifl absolut falsch zu bezeichnen sind. Sie lauten :
Die Zapfen dienen der Farbenempfindung, die
StSbchen der Lichtempfindung.
Hierfür wird angeführt:
a) Das Fehlen der Zapfen bei nächtlichen
Thieren. Aber in Wahrheit haben alle bisher
untersuchten nächtliohen Thiere, von den Eulen
angefangen, mindestens eben so viel Zapfen als
die Tagesthiere.
b) Allmähliches Abnehmen der Anzahl der
Zapfen von der Macula lutea nach der Ora serrata
hin. In Wahrheit sind im ganzen Haupttheile
der Retina von der Macula bis zum Aequator die
Zapfen und Stäbchen in genau gleichem Mengen-
verhältnisse vorhanden, was jeder Flächenschnitt
ohne Weiteres erkennen lässt
c) Nahe der Ora serrata fehlen die Zapfen gänz-
lich. In Wahrheit reichen sie bis unmittelbar an
fiePars ciliaris nicht nur beim Menschen, sondern
ndi bei den darauf untersuchten Wirbelthieren.
d) Der Sehpurpur dient nicht der Lichtempfin-
dong, sondern den Pupillarreflexen. Jedenfalls
Kt, seit der Sehpurpur und die grünen Stäbchen
b^nnt geworden sind, bei Thieren, die so reich-
hdie Zapfen haben wie der Frosch, eine Aus-
Klilieesnng der Stäbchen von der Farbenempfin-
dong unthunlidi geworden. Es kann kaum Wunder
B^un^, wenn die physiologische Theorie keine
Fortschritte aufzuweisen hat, so lange die einfachen
uid feststehenden, zugleich wesentlichen anatomi-
schen Thatsachen unberücksichtigt bleiben.
Betraditet man unbefangen die mannigfaltigen
Differenzen im Bau (ferJ&^tna verschiedener Thiere,
so zeigt sich jetzt, dass sie nicht so wesentlich
sind, als sie aussahen. Die verschieden gefärbten,
beim Stfir, bei Amphibien, Reptilien, Vögeln,
Schnabelthieren, Beutelthieren, sonst aber nirgends
vorhandenen Oeltropfen, das scheinbare Fehlen
von Stäbchen oder aber der Zapfen, die wechselnde
Ausbildung einer Area und Fovea centralis, die
rudimentären Augen der Blindthiere, das anschei-
nende Auftreten besonderer Strata, die aber in
verschleierter Form auch anderswo vorhanden sind,
in der inneren Eömerschicht bei Fischen, und ähn-
liche kleinere Differenzen, deren es noch eine
Menge giebt, Hessen vermuthen, eine genauere
Prüfung würde noch zahlreiche feinere Struktur-
verschiedenheiten aufdecken. In einer fortlaufen-
den Reihe von Aufsätzen (39\ die zusammen Alles
enthalten, was zur Zeit über die Retina bekannt
war, und zugleich möglichst viele, noch niemals
untersuchte Arten berücksichtigen sollten, liess
sich zeigen, dass zwar eine grosse Menge solcher
morphologischen Differenzen ezistirt, immer aber
waren sie erklärbar aus Differenzen der Anzahl,
der Orösse, der Anordnung derselben Elementar-
theile. Solchen mögen wohl physiologische Diffe-
renzen entsprechen, sie sind aber nirgends derart,
dass man daraus das Unbekannte,, das noch zu
Ermittelnde, nämlich die Bedeutung der Elementar-
theile erschliessen könnte. Sehr wenig untersuchte
stehen den zahlreichen bekannten, aber auf ihre
Retina nicht untersuchten Arten gegenüber, wie
sich aus der Tabelle ergiebt :
Untersucht Bekannt
FSsohd 40 9000
Amphibien 17 1000
Reptilien . 32 2500
Vögel . . 92 10000
Säuger . 49 2300
Summa 230 24800
Es ist also noch nicht l<^/o der bekannten
lebenden Arten, zum Theil noch dazu sehr flüchtig,
geprüft Am günstigsten gestaltet sich das Yer-
hältniss bei den Säugethieren : hier sind beinahe
2% untersucht! Trotzdem lässt sich jetzt mit
Qewissheit voraussagen, dass eine fernere Ver-
mehrung der Zahl untersuchter Arten keine wei-
teren Aufklärungen bringen werde, da sich immer
und überall zeigen liess, dass die beobachteten
Differenzen untergeordnete, weniger wohl auf phylo-
genetische Verschiedenheit, als auf solche der
Lebensweise, Ernährung u. dgl. zurückzuführen
sind. So weit sie bisher untersucht wurde, ist
jedenfalls der Bau der Beiina bei allen Wirbelthieren
im WesenÜichen dereeSbe.
Auf dieser Grundlage lässt sich nun um so
besser der Zusammenhang der Betina- Elemente
unter sich diskutiren, wozu die Silberchromat- und
die Methylenblau-Methoden die nächsten Handhaben
zu bieten schienen. Am klarsten sind die damit
erhaltenen Resultate wohl von Fla tau (42) aus-
einandergesetzt
206
Krause, üebersicht der EenntmsBe vom Bau der Retina.
Kamön y Cajal Usst das ganze Nerven-
system aus einer Kette von Neuronen bestehen,
die so zu denken ist, dass die Axonen eines Neu-
rons die Dendriten eines anderen umspinnen. Da
statt der Dendriten auch ungetheilte Protoplasma-
fortsätze und ebenso ungetheilte Axonen vorkom-
men, so schlägt Waldeyer vor, sie und die
Endbäumchen als Polstücke zu bezeichnen. Früher
hat man in der Retina sehr viele Schichten ge-
sucht, jetzt nimmt man nach RamönyCajal
und van Gebuchten an, dass sie nur aus drei
Neuronen besteht, abgesehen von der Neuroglia
und den amacrinen ZeUen von Ramön y Cajal,
die keine Achsenoylinderforts&tze besitzen und mit
denen vor Allem die Spongioblasten W. M fl 1 1 e r 's
identisch sind. Die Kette der drei Neuronen der
Retina setzt sich nun folgendermaassen zusammen.
Chorioideawftrts gerichtet befindet sich das
1. Neuron, die SehzeUe, die aus 3 Stücken be-
steht In der Mitte liegt der Zellenk(Srper, daran
sitzt der Protoplasmafortsatz, früher Stäbchen oder
Zapfen genannt, und der Achsencylinderfortsatz,
der in der Richtung gegen den Glaskörper hin ver-
läuft und sich frei verästelt. Dann folgt das 2. Neu-
ron, die bipolare Zelle, wiederum aus 3 Stücken
bestehend : in der Mitte der Zellenkörper oder das
Korn der inneren Kömersdiicht, dann die Dendriten,
die vom Endbäumchen des Achsencylinderfortsatzes,
d. h. der Stäbchen- oder Zapfenfaser des 1. Neuron
umsponnen werden, und das Axon, das vom Zellen-
körper zum 3. Neuron verläuft Letzteres ist die
Ganglienzelle, die aus einem Zellenkörper besteht,
deren Dendriten in der inneren granulirten Schicht
von den Verästelungen des Achsencylinderfortsatzes
des 2. Neuron umsponnen werden ; das Axon des
3. Neuron geht als Nervenfaser des N. opticus ent-
weder in das Corpus geniculatum laterale und den
CoUiculus superior der Eminentia quadrigemina
oder zur Grosshimrinde. Man sieht hieraus nach
Fla tau wie klar und vereinfacht unsere An-
schauungen geworden sind.
Einzuwenden wäre dabei zunächst, dass Stäb-
chen und Zapfen keine Protoplasmafortsätze sind,
sondern Flimmerhaare des embryonalen Central-
kanales. Abgesehen davon, dass die Entwickelungs-
geschichte die primäre Augenblase als eine von
Epithel ausgekleidete Ausstülpung des 3. Hirn-
ventrikels nachweist, kann man an der Retina selbst
bei blindgeborenen Thieren, wie beim Kaninchen
(43) noch in den ersten Lebenstagen die Cilien-
gleiche Beschaffenheit der Stäbchen und Zapfen
constatiren. Es sind feine Härchen mit Fussstücken,
üeber das nach dem Glaskörper hin gerichtete
Ende der Stäbchen- oder Zapfenfaser giebt es 2
oder 3 Anschauungen. Entweder hängt dieses in
einen Stäbchenfaserkegel oder Zapfenfaserkogel bei
allen Wirbelthieren verdickte Ende mit einem in
der äusseren granulirten Schicht verborgenen
Nervenfaserplexus zusammen, oder mit Binde-
gewebezellen. Nämlich mit den abgeplatteten, die
sogen, äusseren granulirten, mittels ihrer Auslftater
hauptsächlich zusammensetzenden Zellen (der sogen.
Membrana fenestrata, diese Jahrbb. CXXXDL
p. 169) und durch diese mit den bindegewebigen
Radialfasern oder direkt mit letzteren selbst
Die chorioideawärts gerichteten Fortsätze der
bipolaren eigentlichen inneren Kömer lässt man
nun von den Endbäumchen der Stäbchen- oder
Zapfenfasern umsponnen werden, früher liess man
beide direkt sich in einander fortsetzen. Der unter-
schied der Ansichten beruht also nur darauf, da»
die 3. Ansicht es definitiv aufgeben will, den aa
dieser Stelle so oft gesuchten anatomischen Zn-
sammenhang zwischen äusseren und inneren E0^
nem aufzuzeigen und dafür die ziemlich wilikiir-
liche Hypothese von der Nervenleitung dnreh
Contiguität einführt
Nicht besser steht es mit den vom 2. und
3. Neuron gebildeten Kettengliedern. Die Proto-
plasmafortsätze der Ganglienzellen sind mit Sicher-
heit bis an die innere Kürnerschicht zu verfolgen.
Hier liess die frühere Ansicht sie mit den sogen.
Komfasem, d. h. den Fasern, in welche die bipo-
laren eigentlichen inneren Kümer beiderseits übe^
gehen, zusammenhängen ; jetzt werden sie nur voa
letzteren, den verästelten Komfasem umsponnea
und die Verbindung wird abermals durch Conti-
guität hergestellt
Gehen wir weiter, so schickt unzweifelhaft
jede Ganglienzelle der Retina einen Achsenpylinder-
fortsatz nach dem Gehirn. Denn erstens ist die
Anzahl der Ganglienzellen und der Nervenfiuem
des N. opticus ungeAhr dieselbe ; sie beträgt beim
Menschen etwa eine Million, üebersieht man die
feineren marklosen Nervenfasern des Sehnerren
und rechnet sie nicht mit, so erhält man nur etva
eine halbe Million, wie es Salz er (1880) seiner
Zeit passirt ist Stäbchen und Zapfen giebt es aba
mindestens 100 auf jede Opticusfaser oder auf jede
Ganglienzelle. Da die 100 Neuronen oder Seh-
zellen nicht jedes unmittelbar an einer Gangliob
zelle sitzen können, so sind auf jedes zwischen*
geschobene innere Kom etwa anderthalb Stäbchen
oder Zapfen beim Menschen zu rechnen. Bekannt-
lich hängt die Anzahl der äusseren KOmer oder die
Dicke der äusseren Kömerschicht vom Dicken-
durchmesser der Stäbchen und Zapfen ab. Je feiner
sie sind, desto mehr stehen auf der gegebenen
Grundfläche und desto vielfacher müssen sich die
äusseren KOmer schichten, weil jede SehzeUe nur
ein einziges Flimmerhaar trägt, wie oben gezeigt
wurde. Einzelne Ausnahmen wie 6deDoppelxapfB^
bei Fischen, Reptilien und Vögeln kommen hierbei
nicht in Betracht Wie nun eine gesonderte Licht«
empfindung von der für den Menschen erreichten
Feinheit möglich ist, wenn jede OpticoBfaser mit
100 und mehr Stäbchen zusammenhängt, bleibt
bei der Neuronenkettentheorie genau so unkkr all
vor derselben, um von der Nervenleitung durch
Contiguität zu schifei^xu In der wichtigste^
Srause, Üebersiolit der Eenntoisse vom fiau der Betins.
§07
' physiologischen Hinsicht, nämlich in Betreff der
TunMion der einzelnen Retinabestandtheile hat also
dieSilberchromatperiode so wenig Licht verbreitet,
als 68 leider bei den früheren Perioden der Fall war.
Merkwürdiger Weise ändert sich die Dicke der
inneren Eömersohicht zwar in den verschiedenen
Thierklassen hier nnd da, aber viel weniger als die
Anzahl der äusseren Körner. Das mag daran liegen,
auch wenn man die Neuronenkette acoeptiren wollte,
dasa noch viele andere Elemente, und zwar bei
tuen Thierklassen zwischen die eigentlichen bipo-
laren EOmer eingeschoben sind. Schon sehr lange
(44) sind sie von Fischen bekannt, wo sie am auf-
fallendsten hervortreten. Mehr verschleiert, wie ge-
sagt, finden sie sich bei allen Wirbelthieren, bis zum
Menschen, obgleich eine oder die andere Zellenart
hier und da wenig ausgebildet sein mag. Diese
seiligen Bestandtheile sind folgende :
1) Die Badialfasem. Da sie bindegewebiger
Katur, mit trompeten- oder kolbenförmigen Ansätzen
an der Membrana limitans interna sind, kommen sie
hier nicht weiter in Betracht
2) Die zumeist vierkantigen, was bei Fischen
sehr deutlich ist, Zellen, die der äusseren granu-
lirten Schicht am nächsten liegen. Sie bilden nur
noe einzige Lage annähernd würfelförmiger Zel-
len, die von den Badialfasem durchsetzt wird,
hher der Name: Membrana per foraUtifiTdi^elAge,
Sie gleichen oft Qanglienzellen ausserordentlich.
3) Schlanke, glaskörperwärts von den letzt-
(enannten gelegene Zellen mit langen verästelten
Lnsläufem, die sich constant in der Ebene der
tetina ersti'ecken. Es ist dies das Stratum lacu-
losum von Max Schnitze, der diese Zellen bei
Sochen sah« Sie waren aber schon von H. Mül-
er {44) bei Fischen aufgefunden worden. Die
eme sind oft undeutlich oder scheinen zu fehlen.
4) SponguMasien oder Zellen, die in einer ein-
gen Lage an der Chorioideaseite der inneren
nmulirten Schicht sitzen, in welche sie ihre Aus-
Afer senden. Manchmal sind einzelne von ihnen
dir gross: die oben erwähnten Biesenspongio-
asten.
Alle diese Zellen haben das Oemeinsame, dass
e nichts besitzen, was einem Achsencylinderfort-
itze ähnlich sähe. Bamön y Cajal {46)j wie
nagt, nennt sie daher, oder die meisten von ihnen,
■D&dersdie Spongioblasten, mützenfOrmige, ama-
«K Zeäen, Sie schicken ihre Fortsätze entweder
ich allen Richtungen hin oder nur in der Betina-
bene parallelen horizontalen Ebenen oder Etagen.
I sie sich mit Silberchiromat oder Methylenblau
Aea lassen, nach der Contiguitätslehre ein Zu-
Dunenhang mit Nervenfasern so wie so nicht er-
iderlidi ist, so betrachtenBamön yCajal (46)
idDogiel (45) der in letzterer Hinsicht übrigens
derer Ansicht ist, sie IeJs nervös, als Oanglien-
Qen. Zugleich theilen sie ihren Fortsätzen die ür-
die der eigenthümlichen concentrischen Schich-
iig zu, welche die innere granulirte Schicht in
allen Thierklassen mehr oder weniger deutlich zdgt
und welche sich auch an tingirten Präparaten oft
sehr charakteristisch durch Farbendifferenzen zu
erkennen giebt, z. B. bei der Taube, Ente, dem
Falken, Huhne, Specht und dem Frosche.
Schon vor längerer Zeit hatte Tartuf eri (16)
ein mit Hülfe von Silberchromat erhaltenes Schema
vom Bau der Retina gegeben, welches von dem
oben summarisch erläuterten nicht unwesentlich
abweicht Danach hängen die Stäbchen- und Zapfen-
fasem direkt mit Fortsätzen der bipolaren inneren
Kömer zusammen. Der glaskörperwärts gerichtete
Fortsatz verzweigt sich in der Qegend der Oang-
lienzellenkörper noch innerhalb der inneren granu-
lirten Schicht, unabhängige, also amacrine, Zellen
finden sich sowohl an der nach der Ohorioidea hin,
als an der nach dem Olaskörper hin gelegenen
Grenze der inneren granulirten Schicht. Letztere
Zellen sind die sogen. Spongioblasten, die ersteren
entsprechen ungefähr dem Stratum lacunosum.
Wie man sieht, lässt auch dieses Schema vom Bau
der Retina die wesentlichsten Fragen über den Zu-
sammenhang der Retina-Elemente unter einander
durchweg unbeantwortet. Aber es ist hervorzu-
heben, dass Tartuferi noch ganz den alten Stand-
punkt festhält und wirkliche Anastomosen aller
der geschilderten nervösen Ausläufer unter einander
annimmt.
Dogiel (48) kam mit der Methylenblau-
methode und nachheriger Fixirung durch Ammo-
niumpikrat zu etwas anderen Resultaten. Unter
diesen umständen färben sich die Stäbchen und
Zapfen selbst nicht, wohl aber deren EUipsoide und
die Ersatzzellen, welche bei manchen Thieren nahe
der äusseren granulirten Schicht zwischen die Stäb-
chen- und Zapfenfaserkegel eingestreut liegen und ^
nach Dogiel multipolare, subepitheliale oder inter-
epitheliale Ganglienzellen darstellen. Sie senden
einen sich tingirenden Fortsatz zwischen die äusse-
ren Kömer hinein, der kolbenfSrmig endigt; solche
Kolben sind, wie gesagt, auch als Analogen junger,
nachwachsender Sehzellen bei niederen Wirbel-
thieren betrachtet worden. In der äusseren granu-
lirten Schicht färbt sich ein Fasemetz, das zum
Theil Ausläufern der zunächst an die äussere granu-
lirte Schicht anstossenden Lage innerer Körner,
bez. der oben erwähnten Membrana perforata an-
gehört. Die eigentlichen inneren Kömer senden
nach der Ohorioidea hin einen starken Fortsatz ab,
der, baumförmig sich verästelnd, als Dendrit zu
jenem Netze beiträgt. Der glaskörperwärts ge-
richtete Fortsatz ist dünner, reicht bis in die Nähe
der Ganglienzellenschicht und bildet noch inner-
halb der inneren granulirten Schicht ein in der
Ebene der Retina ausgebreitetes Fasemetz, mit
welchem die Dendriten der Ganglienzellen anasto-
mosiren. Die Fortsätze jener Dendriten sind es
auch, die in der inneren granulirten Schicht die
schon beschriebenen dunkleren chromatophilen
Streifen bilden. Alle diese Fortsätze, sowie die
208
Krause, üebersioht der EenninisBe vom Baa der Betüuu
Axonen in der NervenfaserschiohtfSrbeii sich durch
Methylenblau. Abweichend von and^i^en Beobach-
tern Iftsst Dogiel manche Axonen an den Gang-
lienzellen vorbeigehen und erst mit den sich in-
tensiv färbenden inneren EOmem zusammenh&ngen,
die unmittelbar an die innere granulirte Schicht
stossen. Dogiel betrachtet mithin auch diese
Spongioblasten als unzweifelhaft nervös.
Oolgi {50) hatte zu Folge seiner früher er-
schienenen Arbeiten über die Centralorgane des
Nervensystems dem Oesetze der isolirten Leitung
für das Funktioniren der Qanglienzellen und Nerven-
fasern jede anatomische Grundlage entzogen. Aber
erst Ramöny Cajal (49) machte die Anwendung
auf die Retina und bereitete den physiologisch ganz
unbegreiflichen Netzen nervöser Fortsätze an dieser
Stelle ein ohne Zweifel definitives Ende. Offenbar
nützt alle aufs Feinste durchgeführte Lokalisation
der Öesichtsempfindungen durch palissadenähnlich
aufgepflanzte Stäbchen und Zapfen gar nichts, wenn
sofort wieder Fortsätze unter einander anastomo-
siren und die Erregung durch Licht in der Retina
selbst schon sich in beliebige, anatomisch gar nicht
zu übersehende Bahnen fortpflanzt üeberein-
stimmend mit Tartuferi und Dogiel hält
Ramön y Cajal so ziemlich Alles für nervös,
was sich durch Silberchromat oder durch Methylen-
blau färben lässt Nun schwärzten sich mit ersterem
die Innenglieder, zumTheil auch die Aussenglieder
der Stäbchen und Zapfen, die äusseren Körner, die
Stäbchen- und Zapfenfaserkegel und deren Fort-
sätze, welche in der äusseren granulirten Schicht
zwar ein Netz zeigen, aber nicht wirklich anastomo-
siren. Femer schwärzten sich die Zellen der
Membrana perforata und die eigentlichen bipolaren,
inneren Kömer, sowie die beiden Fortsätze der
letzteren. Beide verlaufen schräg, der chorioidea-
wärts gerichtete ist dicker und verästelt sich zwi-
schen den Endbäumchen der Stäbchen- undZapfen-
fasem. Die nach dem Glaskörper hin verlaufenden
dringen in die innere granulirte Schicht und bil-
den, abweichend von Dogiel's Ansicht, hier die
dunkleren chromatophilen Streifen. Aber auch nach
Ramöny Cajal nehmen Fortsätze der Spongio-
blasten an letzterer Bildung Theil. Die chorioidea-
wärts gerichteten Fortsätze von manchen inneren
Eörnem lässt übrigens auch Ramön y Cajal in
den Kolben der äusseren Kömerschicht auHiören.
Endlich schwärzen sich die Axonen der Nerven-
faserschicht durch Silberchromat, nicht minder frei-
lich die unzweifelhaft bindegewebigen radialen
Stützfasem und die nadeiförmigen Anhänge oder
Nadeln der Membrana reticularis, die beim Maul-
wurf besonders entwickelt sind.
sehr wesentliche Irrthümer, wie z. B. das FeUen
der Zapfen bei nächtlichen Thieren, dadurch le^
stört worden sind — es lässt sich nicht verkennen,
dass die gemachten Fortschritte mehr scheinbir
als wesentlich sind, und dass es noch ganz nenei
Methoden bedürfen würde, um einen wirkMen
Einblick in die Funktion der einzelnen Elemente
der Retina zu gewinnen. Die wahre EndiguBg des
N. opticus ist heute so unbekannt, wie zur Zeit
von H. Müller und Kölliker. Die Yet^hr
chend-histologische, die chemische undtinktorielle,
selbst die experimentelle Methode sind sucoessiTe
gesdieitert; jetzt ist zunächst an die pathologiedie
zu denken, z. B. an die noch niemals zum Ziele
geführte anatomische Untersuchung eines farben-
blinden Auges.
Literatur,
1)H. Müller. Ztsohr. f. wiss. Zoologie IIL p. 234
Die hier gegebenen Betrachtungen sollten dem
Praktiker ein Bild davon geben, wie es auf dem
Oebiete der Retinaforschung gegenwärtig aussieht
So zahlreiche, oft sehr interessante Einzelheiten in
den l^zten Decennien aufgedeckt, so vielfache, oft
1851.
2) M. Schnitze. Arch. f. mikrosk. Anat L p. 30L
1865.
3) Tartuferi. Internat Mon.-Schr. £. Anst IV.
p. 421. 1887.
4) Benin. Bibliographie anatomiqne p. 110. 1891.
5) W. K r a n s e. £itemat Mon.-Schr. f. Anat III
p. 46. 1895. Taf. Vn. Fig. 48. Vgl. daselbst YIILp.4a
6) Cox. Nederl. Tgdsohr. voor Geneesk. XU 15.
p. 489. 1890.
7) Gort L Ztschr. f. wiss. Zoologie Y. p. 87. 1854.
8) H. M ü 1 1 e r. Würzb. Sitz-Ber. IL p. 216. I8öl.
9)8. Ramön y CajaL La retina de los batiüdos
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10) W.Krause. Internat Mon.-Schr. f. AnatYHl
8 n. 9. p. 414. 1891.
11) Borysiekiewitz. Untersuchungen über da
feineren Bau der Netzhaut Leipzig u. Wien 1887. p.59.
Fig. 90.
12) W. Krause. Internat Mon.-SGhr. L AnatHL
2. p. 158. 1895.
13) Ramön y CajaL La retine des vertebni
CeUole 1893. p. 121. Taf. IX.
14) W. K r a u 8 e. Internat Mon.-Sohr. f. Anat XL
2. 1894. Taf. IV. Fig. 18.
15) R am ö n y C aj al. Revista trimestral de histo*
logia normal y patolögica Nr. 1. p. 11. 1888.
16) Tartuferi. Internat Mon.-8chr. f. Amt IT.
p. 421. 1887. Mit 2 Taf.
17) Groom u. Loeb. Biolog. Centr.-BL X. p. 160l
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18) Max Schnitze. Arch. f. mikrosk. AnttV.
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19) W.Müller. I>ieStammeBentwickelongde68elh
Organs der Wirbelthiere. Leipzig 1875. FoL
20) W. K r a u 8 e. Aroh. 1 mikrosk. Anat XIL p. T^
1876.
21) Th. Engelmann. Bewe|pngen der kegeb mi
het netvhes onder den invloed van beht en dnister. Pio-
ces- verbal van der Afdelling Nataurkunde de EoninUykt
Akademie van Wetenschapen te Amsterdam Nr. 9. p- &
1884. — Arch. f. d. gea. Physiol. XXXV. p. 49a 1885.
22) Ritter. Internat Mon.-Schr. f. Anat VIE
p. 241. 1891.
23) Landolt Aroh. f. mikrosk. Anat YIL p.Sl.
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24) H 0 f f m a n n. Niederl. Arch. f. Zoologie UL p. 1*
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25) Gradenigo. Allg.^iener med. Zeitung llt. 28
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Hammarsten, Physiolog. Chemie. — Arthus, Physiologe Ghemie.
209
27) Gulliver. Jonm. of Anat. and Physid. n.
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28) Carriere. Die Sehorgane der Thiere 1885.
(Bei 8^gnathQ8.)
29) H. Müller. Würzb. natorwiss. Ztschr. II.
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32) Ohievitz. Arch. f. Anat u. Physiol. [Anai
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33) Ghievitz. Arch. f. Anat. u. Physiol. [Anat.
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34) Ganser. Ztschr. f. yergl. Augenhkde. p. 139.
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35) Grab er. Grundlinien zur Erforschung des
Helliskeits- u. Farbensinnes der Thiere. Prag 1884.
86) Dobrowolsky. Arch. f. Anat. u. I^ysioL
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37) Boll. Arch. f. Anat. u. Physiol. p. 1. 1881.
38) König. Sitz.-Ber. d. k. Akademie d. Wiss. zu
Berlin, Nr. 24 u. 25. p. 439; Nr. 30 u. 31. p. 577. 1894.
39) W. Krause. Internat. Mon.-Schr. t Anat I.
p. 8. 41. 1884; V. p. 48. 132. 1888; YI. p. 206. 250.
1889 ; Vm. p. 414. 1891 ; IX. p. 157. 197. 1892; X. p. 12.
33. 65. 1893; XI. p. 12. 33. 65. 1894; XH. p. 105. 1895.
(Im Ganzen ca. 37 Druckbogen mit 25 Tafeln; jedes Heft
ist einzeln im Buchhandel.)
40) K n i e s. Arch. f. Augenhkde. X Vm. p. 50. 1887.
41) A P i c k. Arch. f. d. ges. PhysioL XLVn. p. 274.
1890.
42) Fiat au. Deutsche med. Wchnschr. XXL 13.
1895.
43) W. Krause.' Die Membrana lenestrata der
Betina. 1868. Taf. n. Fig. 23 u. 24.
44) H. Müller. YerhandL d. phy8ikal.-med. Ges.
zu Würzburg n. p. 216 1851.
45) Dogiel. Aroh. f. mikrosk. Anat XXXVIIL
p. 317. 1891.
46) R a m 6 n y Ca j al. Cellule IX. 1. p. 121. 1892.
47) Waldeyer. Berl. klin. Wchnschr. XXVII.
28. p. 691. 1891. — Deutsche med. Wchnschr. XVn. 44,
1891.
48) Dogiel. Anatom. Anzeiger IIL p. 133. 1888.
— Arck f. mikrosk. Anat XXV. p. 622. 1895.
49) R a m 6 n y C a j a 1. Anatom. Anzeiger IV. p. 1 1 1.
1889.
50) Golgi. Anatom. Anzeiger V. p. 372. 423. 1890.
[Im Januar-Hefte, p. 100, Zeile 11 von unten lies:
22 statt 23.]
0. Bacheranzeigen.
30. Lehrbuoh der physiologiaohen Chemie ;
von Olof Hammarsten. 3., völlig um-
gearbeitete Aufl. Wiesbaden 1895. J.F.Berg-
mann. Gr. 8. X u. 646 S. (14 Mk. 60 Pf.)
Entsprechend den Fortschritten der physiologi-
schen Chemie ist das Werk in der vorliegenden
Auflage umfangreicher als früher. Die Kohle-
hydrate haben ein besonderes Capitel für sich er-
halten, in dem die neueren Forschungsergebnisse,
besonders die von E. Fischer, kurz und klar
dargelegt sind. Auch die Fette haben jetzt ein
eigenes CapiteL Die Chemie der Bespiration ist
selbständig abgehandelt, nicht, wie früher, mit
dem Blute zusammen.
In. der Lehre von der Blutgerinnung scheinen
dem Ref. die Theorien nicht klar und ausführlich
genug dargestellt, besonders nicht die von Lilien-
feld.
Das Bttoh enthält nunmehr folgende Abschnitte :
Anleitung. Die Proteinstoffe. Die Kohlehydrate.
Das Thierfett Die thiwische Zelle. Das Blut
Chylus, Lymphe, Transsudate und Exsudate. Die
Leber. Die Verdauung. Qewebe der Bindesub-
Btanzgruppe. Die Muskeln. Gehirn und Nerven.
Die Fortpflanzungsorgane. Die Milch. Der Harn.
Die Haut und ihre Ausscheidungen. Chemie der
Atfamung. Der Stoffwechsel bei verschiedener
Nabrong und der Bedarf des Menschen an Nah-
irmgatoffen. Y. Lehmann (Berlin).
31. Elemente der physiologiaohen Chemie ;
von Maurice Arthus. Deutsch bearbeitet
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft 2.
von Johannes Starke. Leipzig 1895.
Joh. AmbrosiuB Barth. Kl. 8. Yin u. 287 S.
(5Mk.)
A. sagt in seinem Vorworte, dass das vor-
liegende Werk eine Lücke ausfüllen soll : es soll
ein Buch sein, das alle die chemischen Kenntnisse
und Nichts als die chemischen Kenntnisse enth<,
die der Student in der Physiologie braucht Bef.
meint, dass eine solche Umgrenzung nicht ganz
richtig ist: der heutige Mediciner soll, wenn er
anders sich überhaupt auch nur etwas eingehender
mit Physiologie beschäftigt, thatsäohlich bedeutend
mehr von der Chemie wissen, als ihm das vor-
liegende Werk darbietet. Es ist entschieden nOthig,
dass er sich einigermaassen mit dem Lihalte eines
etwas ausführlicheren Buches (sei es Hoppe-
Seyler, sei es Hammarsten, sei es Neu-
meister u. s. w.) bekannt gemacht hat
Dann aber wird er mit Freude das A. 'sehe Buch
lesen und benutzen können. Denn es ist ungemein
übersichtlich, klar und bequem abgefasst Bei
dem geringen Umfange konnte allerdings auf strei-
tige Punkte nicht besonders eingegangen werden,
und so ist meist nur eine Ansicht als die einzig
richtige vorgetragen.
In der Uebertragung fielen dem Bef. manche
Ausdrücke unangenehm auf. Warum „Oxhydnl'^
statt des gebräuchlichen „Hydroxy^S warum „inter-
vertirter'' Zucker statt „invertirter''? „So inangu-
rirt man Seifenbildung^^ ist doch wohl kein Deutsch 1
V. Lehmann (Berlin),
27
21Ö
Hirsch, Die meohanische Bedeutung der Schienbeinfonn.
32. Bio meohanifloheBedeutiixig der Bohlen*
beinlbrm» mit besonderer Berüoksioh-
tigangderPlatyknemie. BinBeiiragxurBe^
gründung dss Oetetxss der funkHonellen Kno*
cAen^to/^; Yon H. Hirsch. Mit mnem Vor-
wort von R'of.B.Virohow. Berlin 1895. Jul.
Springer. Gr. 8. Xu.l29S.mit3Taf. (5Mk.)
Es ist ein Beweis von grosser Sachlichkeit H. 's,
dass er an die Spitze seiner Abhandlung ein von
hervorragender Stelle ausgehendes Vorwort gesetzt
hat, das neben voller Anerkennung des Werthes
der Arbeit auch fi[ritik und Widerspruch enthält
Dadurch erleidet das Buch gewiss keine Ein-
buBse, es erregt vielmehr erhöhtes und wohl ver-
dientes Interesse. Der. behandelte Gegenstand und
die Art der Behandlung, die glückliche Combina-
tion von Beobachtungen und Experimenten mit
theoretischen Erörterungen, der klare Gedanken-
gang und die trotz der Schwierigkeit d» Materie
anregende Schreibweise wirken zusammen, um
das Buch jedem Naturwissenschaftler empfehlen»-
werth zu machen.
Nur ungern beschrankt sich Ref. auf eine kurze
Inhaltsübersicht
Die Einküung führt zu der Hauptfrage : „Ist
die Gestalt der Knochen ausschliesshch von funk-
tionellen mechanischen Einflüssen abh&ngig, so
dass man sie schlechtweg als funktionell bezeich-
nen kann, oder wird dieselbe durch nicht funk-
tionelle Einflüsse, durch Druckwirkungen der an-
liegenden Weichtheile mitbestimmt?*
Der Begriff der fuMumeüen Knochengestali,
der formbildende Einfluss der Funktion auf Quan-
tität (Masse) und Qualität (Struktur) des Knochens
wird erörtert Daneben wird der Vererbung ge-
dacht, die nach H.'8 Meinung nur die groben Um-
risse des Knochens bestimmt, während die feineren
Eigenthümlidikeiten durch Anpassung an die indi-
viduelle Lebensweise entstehen.
Im ersten Tlieilevrird zunächst festgestellt, dass
weder bei dem Wachsthum der Muskeln, noch bei
deren Thätigkeit eine besondere Druckwirkung
gegen die Knochen stattfindet
Die Knochenform wird durch starke Druck-
wirkung (die sofort zertrümmernde ausgeschlossen)
nicht beeinflusst, die oft angeführten Druckusuren
beweisen, dass der Knochen schtüachenTynkok. nicht
ertragen kann, da er funktionell für starken Druck
eingerichtet ist umgekehrt verhält sich der
Muskel. Die Rinnen und Furchen der Knochen-
oberfläche sind nicht als Eindrücke aufzufassen,
sie entstehen vielmehr durch seiüiches Vortreten
des Knochenmaterials in Folge dort angreifender
Zugkräfte, was H. unter Anderem wenig glücklich
zu beweisen sucht durch eine Beobachtung von
einem Sulcus bicipitalis trotz congenitalen Defek-
tes der Bicepssehne. Hier müsste die Vererbung
berücksichtigt werden.
Die Sehnen üben meist keinen Druck auf den
Knochen aus, sie sind nur für Zugspannung ge-
schaffen. Da, wo sie Druck ausüben und aus-
halten, ändert sich ihre Struktur, an diesen Stelleii
finden wir Sesambeine. Also wo keine Sesam-
beine, da auch kein Druck.
Das Ergebniss dieses Theiles wird dahin zu«
sammengefasst: Wie es bei den gegebenen anato-
mischen Verhältnissen von vornherein mechanisch
nicht möglich ist, dass die vermeinüichen Druck-
wirkungen anliegender Weichtheile auf die KnoGlie&
stattfinden, so wäre es auch physikalisch und bio-
logisch gleich unerklärlich, wie solche, phTsiologi-
scher Weise, die Form der harten Knochen beeiu-
flussen sollten.
Im xtoeüen TheUe wird der Versuch gemacht,
die Formeigenthümlichkeiten des Schienbeines als
meehanisehe Nothwendigkeit aufzufassen.
Vorausgeschickt wird eine Analyse der media-
nisehen Beanspruchung der Tibia beim Stehen auf
einem gestreckten, auf einem gebeugten od^ auf
beiden gestreckten Beinen, sowie eine Brürtemng
der nothwendigen mechanischen Qrundbegriffe. Die
Ausführungen über Biegungsbeanspruchungen der
Tibia dürften, soweit H. deren Richtigkeit mit
Heranziehung der riiachitischen Deformitäten be-
weisen will, nicht durchweg zutreffend sein. Doch
soll hiermit nicht an der Deutung gerüttelt werden,
die H. für die Dreiecksform und für die proximale
Zunahme des Tiefendurchmessers aus mechanischen
Principien aufstellt
Die Experimente H.'s betr. die Biegungsfestig-
keit des Schienbeines in medialer und in lateraler
Richtung scheinen für die Richtigkeit seiner An-
sicht zu sprechen. Er sucht diese femer zu stützen
durch Beobachtung individ/udler Formänderung ent-
sprechend veränderter Inanspruchnahme des Kno-
chens. Hierher gehört auch die Erwähnung der
Form des kindlichen Schienbeines.
Sehr natürlich röiht sich hieran eine ausführ-
liche Besprechung der Fiatyknemie, die sich wesent-
lich durch auffallende Schmalheit des Schienbeines
in den oberen Theilen seines Schaftes charakterisirt
Den früheren Hypothesen über deren Zustande-
kommen, die er widerlegt, stellt er seine Erklärung
durch das Gesetz der funktionellen Enochengestalt
gegenüber. Da ein platyknemisches Schienbein be-
züglich seiner mechanischen LeistungsfiUiigkeit
der vermehrten sagittalen Biegungsbeanspniohung
angepasst ist, wie sie bei starkem Gehen, Laufen
und Springen in Betracht kommt, so glaubt H.,
aus der Form des Knochens auf diie Lebensweise
des Trägers Rückschlüsse ziehen zu dürfen. Ins-
besondere macht er auf die bei den in Frage kom-
menden niedrigen Volksstämmen üblichen forcirten,
täglich mehrmals wiederholten Tänze aufinerksam.
An dieses Capitel reiht sich eine kurse Be-
sprechung der spitzen Atrophie der nicht belasteten
Knochenstümpfe amputirter Qliedmaassen, die er
als Gebilde von gleichmässiger Zugfestigkeit be-
trachtet, wdche letztere hier allein in Betracht
kommt
Neugebauer. — Löwjr. — Bolliager. — Neisser.
211
In emem Schluci^ort AisstH. seine Eigebnisse
in Folgendem zusammen: f,Die Entstehung der
mechanisch funktionirenden Theile eines Organis-
mus ist durch die biologischen Gesetze der Ent-
viokelong (oder Vererbung) und Anpassung zu
erklftren, die Zweckmässigkeit der entstandenen
wird durch Anwendung der Oesetze der Physik
und Mechanik Terständlioh.'^
Vulpius (Heidelberg).
33. Zur Lehre von den angeborenen und
erworbenen Verwaohstingen and Ver-
engemngen der Soheide, sowie des an«
geborenen Scheidenmsngels , mit Aus-
iohliiss dar Müsi^Udiiiigoa ; Ton Dr. R L.
Neugebauer in Warschau. Berlin 1895.
8. Karger. Gn 8. IV u. 223 S. (6 Mk.)
Hit dem den Vf. auszeichnenden Fleisse hat er
in dem vorliegenden Werke ein überaus grosses
easuistisches Material zusammengetragen. Diese
Cttoistik umfasst nicht weniger als 1000 FAlle
▼on angeborener oder erworbener Scheidenverwach-
long, Verengerung und defekter Bildung; die ein-
leben FAUe vertheilen sich auf 928 fremde und
72 eigene Beobachtungen. Bin Theil der Fftlle
Itttspeciellgeburtshülfliches Interesse; inSSFUlen
vorde der Kaiserschnitt ausgefOhrt, in 246 Fällen
die Entbindung per vias naturales geleitet und bei
186 Frauen war die Scheidenrerwachsung, bez.
Verengerung im Puerperium entstanden.
N. behält sidi vor, diesem rein casuistischen
Theil einen weiteren Theil folgen zu lassen, und
die aus seiner Casuistik sich ergebenden Folge-
nrngen genau zu er(Srtern. Jedenfalls aber giebt
die zur 2Mt vorliegende Casuistik N.'s von Neuem
Zeagniss von der Gewissenhaftigkeit und Grflnd-
lichkeit, mit der er seine literarischen Studien be».
Mbt Arth. Hoffmann (Darmstadt).
34. ünterBaohnngen fiber dieBespirationnnd
Oirkiilation bei Aenderung des Druckes
und des Sauerstofl^ehaltes der Luft ; von
Dr. A. Löwy in Berlin. Berlin 1895. Aug.
Hirschwald. Gr. 8. 155 S. mit 5 Curven-
tafeln im Text. (4 Mk.)
L sucht durch seine Untersuchungen festzu-
iUlen, wie innerhalb der eine Schädigung des
Kfirpers nicht bewirkenden Breite eine Aenderung
der Sauerstoffzufuhr sich geltend macht Er stu-
diite zu diesem Zwecke das Verhalten der Ath-
ttung bei sauerstoffarmer Luft in Folge von Luft-
Tetdünnungi sowie bei einer unter nornuilem Druck
stehenden an Sauerstoff armen Luft Weiteirhin
•teilte L. Versuche an über die Blutcirkulation bei
lAftverdOnnung und Luftverdichtung, über den
ßttwechael bei Luftverdichtung, über dieAthmung
ia Bauerstoffreicher Luft Neben den eigenen Ver-
rohen, die interessante, sum Theil auch praktisch
vic^tige Ergebnisse lieferten, sind die einschlagen-
den Arbeiten Anderer in Form von Einleitungen
EU den verschiedenen 6 Abschnitten berücksichtigt
Die wichtigsten Ergebnisse, die manche unserer
bisherigen Anschauungen umzuwandeln berufen
sind, fasst L. in 12 Schlusssätzen zusammen.
Brückner (Dresden).
85. AUas ondOnmdrissderpathologisoheii
Anatomie [Lehmann's medicimaohe BanA'
aüanien. BdXL Heft 1]; von Prof. 0. Bel-
li ng er. Hünchen 1896. J. F. Lehmann.
Or.8. IV u. 64 S. mit 120 färb. Taf. (SWl)
Der langen Reibe der bereits ersduenenen
klinischen Handatlanten des Lehmann'scdien Ver-
lages, die so vielfach günstige Beurtheilung er-
fidffen haben, reiht sich auch ein pathologisch-
anatomischer in dem Sinne an, dass durch ihn die'
wesentlichsten makroskopischen Sektionstypen dar-
gestellt werden sollen. Aus der Malerstadt durfte
man mit Recht etwas Schönes erwarten, und that-
säohlich sind die unterBollinger'sLeitungvom
Haler A, SMimiiaan ausgeführten Bilder, soweit sie
bisher vorliegen, vorzüglich ausgefEdlen und in
ihrer Auswahl sehr instruktiv; Farbe und Form
gestatten die Diagnose meist auf den ersten Blick,
auch ohne Zuhülfenahme der jeder Abbildung bei-
gefügten spedellen Erläuterung. Jeder Pathologe
weiss die Schwierigkeiten zu schätzen, die die ge-
naue Wiedergabe der Sektionsbefnnde in Farben
macht, und wird daher dieser Leistung seine Ach-
tung nicht versagen können. Es ist nur zu be-
dauern, dass die Zahl der Bilder nicht noch grOsser
ist; 18 Tafeln und 5 Holzschnitte für die ganze
Pathologie des Cirkulationsapparates, inclusive Milz,
Lymphdrüsen und Schilddrüse, erscheint uns etwas
wenig, wenn ja allerdings auch eine Vermehrung
der Bilder andererseits den compendiOsen Charak-
ter des Buches beeinträchtigt haben würde und
saan jedenfalls für den geringen Preis (24 Hk, für
das Oesammtwerk, 3 Hk. für jedes Heft) nicht
mehr verlangen kann* Als Lehrmittel wird der
Adas eine vortreffliche Hülfe gewähren, zum Selbst-
studium, wie zur Demonstration im GoU^, wenn
gerade einmal frisches Haterial für die Erörterung
irgend eines Capitels fehlt; somit empfiehlt sich
die Anschaffung ftlr Studenten und Gerichtsärzte
nicht minder, als fQr pathologische und sonstige
Institute.
Den Abbildungen hat Bollinger einen selb-
ständigen fortlaufenden Text beigefügt, der in
knappster Form die Hauptsachen der pathologi-
schen Anatomie nach ihrem makroskopischen Ver-
halten sduldert und gleichzeitig einigeätiologiBohe
und diagnostische Winke enthält.
Beneke (Braunschweig).
36. Stereoskopisoher medidnisoher Atlas.
Sammlung photographiacher Bilder aus dem
Oesammigebiei der klinischen Medicin, der Ana-
tomie und der pathologischen Anaiomieu. s.w.;
herausgegeben unter der Mitwirkung zahl-
reicher Fachgenossen von Prof« A, N e i s s e r
212 Besnier u.8.w. — Liebreich q. Langgaard. — Seifert u. Hüller — Filatow.
in Bredan. HE. Lief. I.Folge der Abiheilung
Oyn&kologie. Cassel 1895. Th. 0. Fiaher
n. Co. Gr. 8. (4 Mk.)
Prof. Küstner in Breslau hat es unter-
nommen, in der vorliegenden, 12 Tafeln um&ssen-
den Lieferung mit der Zusammenstellung eines
geburtshülfUoh-gyn&kologisohen Atlas zu be^nnen.
Diese Lieferung bringt in ganz vorzüglichen photo-
graphischen Aufnahmen eine Reihe interessanter
Objekte, und zwar ohne jeden systematischen Zu-
sammenhang, wie sie das Material der Breslauer
Frauenklinik im Laufe von ein paarWoch^i gerade
bot. Die Tafeln stellen zum Theil durch Opera-
tion gewonnene Neubildungen dar, zum anderen
Theil geben sie an der Lebenden aufgenommene
Krankheiten wieder.
Es ist ganz überraschend, wie sehr diese photo-
graphisohen Aufiiahmen durch die stereoekopisohe
Betrachtung an Lebenswahrheit und Anschaulich-
keit gewinnen, und Bef. kann nur den Wunsch
aussprechen, dass auch die vorliegende Lieferung
des Neisser'schen Atlas bei Aerzten und Studi-
renden eine möglichst weite Verbreitung finden
möge. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
37. Lemuseedel'hdpitalSaint-LoaisaParia,
ioonograpkie des maladies cuianSes et syphili'
tigues avec Uxteexplioaiif; par Ernest Bes-
nier, A.Fournier, Tenneso n, Hallo-
peau, du Gastel, Henri Feulard,
L. J a q u e t Mit einem deutschen Vorworte
von Prof. A. Neisser. Leipzig 1895. Job.
Ambr. Barth. (Arthur Meiner). Fol. 1. Lief.
(1 Mk. 60 Pf.)
Wer die mit unvergleichlicher Künstlerschaft
ausgeführten Wachsmodelle Baretta's über Haut-
krankheiten und syphilitische Erkrankungen im
Museum des Hospital Saint-Louis in Paris gesehen
und bewundert hat, wird es mit Freuden begrüsaWy
dass sie in furbigen Abbildungen einem weiteren
Kreise zugfinglich gemacht werden sollen. Die
Namen der an der Spitze des Unternehmens ste-
hend^i Mftnner bürgen dafür, dass das Werk in
der ausgezeichnetsten Weise in Angriff genommen
ist und durchgeführt werden wird. Die vorliegende
1. Lieferung bestätigt denn auch unsere Erwar-
tungen ; sie enthält, mit einem deutschen Vorwort
von Neisser versehen, als 1. Tafel eine vorzüg-
liche Darstellung dnes „Lupus vulgaire du centre
de la face'* mit beschreibendem französischem Text
Das ganze Werk ist auf 50 Lieferungen berechnet,
die je eine Abbildung und 6 — 8 Seiten Text brin-
gen werden. Der verh<mssmässig geringe Preis
wird dem Unternehmen bei der vortrefflichen Aus-
führung eine um so grossere Verbreitung sichern.
Wermann (Dresden).
38. Oompendium der Arsneiverordnong ;
von Dr. Oscar Liebreich u. Dr. Alezan-
der Langgaard. 4. vollständig umgear-
beitete Auflage. Berlin 1896. Fischer's med.
Buchhandlung (H. Kornfeld.) 8. 762 S.
(10 Mk.)
Wir haben unseren früheren Anzeigen und
Empfehlungen des schnell beliebt gewordenea
Compendium nichts hinzu zu setzen (vgl. Jahrbl».
GCXXXIV. p. 104). Die neu aufgekommenen Hml-
mittel und der Nachtrag zur deutschen Phamn-
kopöe sind in der neuen Auflage berücksichtigt
worden, ohne dass das handliche Buch dadurch
umfangreicher geworden wära Von den 762 Seiteii
kommen 100 auf Sach- und KxankheitsrQgpster.
Dippe.
39. Iteohenbuohdermediabiiach-klinisdhen
Diagnostik; von Dr. Otto Seifert und
Prof. Fr. Müller. 9. Auflage. Wiesbaden
1896. J. F. Beigmann. EL 8. 220 S.
(2 Mk. 80 Pf.)
Die 9. Auflage des von uns oft angezeigten
Taschenbuches enthUt als neu eine kurze Zusam-
menstellung der wichtigsten Heilquellen. Zur kli-
nischen Diagnostik gehurt das eigentlich eben so
wenig wie die schon früher auijgeführten Maximal-
dosen und die LOslichkeittabelle; es erhöht aber
für Manchen den praktisch^i Werth des beUebien |
Büchleins. Dippe.
40. Vorlerangen über akute Infektions-
krankheiten im Kindesalter ; von Prof. Nil
F i 1 a 1 0 w in Moskau. Vom Verfasser ergSnzte
deutsche Ausgabe, übersetzt von Dr. L. Po-
lo nski. 1. Lief. Wien u. Leipzig 1895.
Josef Safälr.
Die erste vorliegende Lieferung des Werkes
umftisst die Diagnostik des Initialstadium bei flehen
haften Erkrankungen im Kindesalter.
Im ersten Theile wird der Untersuchungsgang
im Allgemeinen beschrieben. Die Temp6rata^
messung in ano wird als die zuverlässigste an-
gesehen und weiterhin dem Verfahren der Vorzog
gegeben, das Thermometer vorher bis über 43* in
erwärmen und dann einzuführen. Die fallende
Quecksilbersäule giebt dann die genaue Tempe-
ratur nach 2—3 Minuten an. [Die bei uns ziem-
lich verbreiteten Maximal -Minuten -Thermometer
erwähnt F. nicht. Ref.] Ist das Fieber nur durch
ein örtliches Leiden bedingt oder durch eine all-
gemeine Erkrankung? Das ist die Hauptfrage der
Untersuchung, deren Qang im Wesentlichen von
derjenigen der Erwachsenen nicht abweicht
Differential-diagnostisch werden als fieberiiafte
Hautkrankheiten gegenübergestellt : Urticaria, Eiy-
thema nodosum und Nodus scrofulosorum. Unter
letzterem versteht F. subcutane Knoten als chro-
nische Entaündungsprocesse im Unterhautzell*
gewebe. Dann wird die Purpura etwas näher be>
schrieben, die hämorrhagische Form der Blatten
besprochen und auf die fi^vreherpdtique eingegan*
gen, die als selbständige Infektionsbankheit aa*
B 0 1 h , Heralgia paraestlietica.
213
gesehen wiid. Ebenso wird der idiopathisohen
Entzündong der Lymphdrüsen am oberen Ansätze
des Stemodeidomastoideus eine selbständige Stel-
loog angewiesen. Bei allen fieberhaften Krank-
heiten ist besonders dem Ohre eine grosse Auf-
merksamkeit zu schenken. Hinter dem akuten
Schnupfen verbirgt sich nicht selten eine Nasen-
diphtherie, auch schwerer Scharlach oder Masern
können ähnliche Symptome aufweisen. Von Hund-
erkrankungen werden die aphtOse und die ulceröse
Stomatitis gegenübergestellt und die Inspektion
des Rachens wird aufs Dringendste empfohlen.
DieOastritis acuta und die subacuta werden gehörig
gewiürdigt und ihre Beziehungen zur Meningitis
(s. auch unten) und zur rheumatischen Erkrankung
der Bauchmuskeln beleuchtet, ebenso kurz der
Spondylitis und Typhlitis gedacht Daran schliesst
sich die sogenannte Barlow'sche Krankheit oder
Bhadiitis acuta. Ob sie überhaupt Bhachitis ist,
Usst F. imbeantwortet, räth aber dringend, besonders
hei Kindern im Alter bis zu 2 Jahren, diese Krank-
heit im Auge zu haben.
Der zweite Theil des ersten Abschnittes han-
delt über die Fehlerquellen bei der Diagnose fieber-
hafter Krankheiten, ist also im Wesentlichen DifTe-
rentialdiagnostik. Zunächst kann man die Sym-
ptome, die ein fieberndes Kind bietet, untersckäixen.
Hier kommen in erster Linie in Frage, besonders
hei Brustkindern, Meningitis oderCatarrhus gastro-
intestinalis. Für Meningitis sprechen: hartnäckiges
Erbrechen, Unregelmässigkeit der Fiebercurve,
normaler Stuhl, die gespannte Fontanelle ; f Qr eine
Bannafifektion : Erbrechen und schlechter Stuhl-
gang, geringe Temperatursteigerung, Fontanelle
eingesunken. Die Spitzenpneumonie verläuft bis-
weilen latent und wird besonders durch Dyspnoe,
schmerzhaften Husten, hohe Continua, Seiten-
schmerzen von anderen Affektionen unterschieden.
OAenchäizi werden in ihrer Wichtigkeit sehr oft
krampfiirtige Zustände. Diese haben bei kleinen
Kindern im Beginne fieberhafter Krankheiten fast
gar keine Bedeutung weder diagnostisch, noch pro-
gnostisch. Später leiten sie besonders auf Infek-
tionsezantheme, Pneumonie und Erkrankung der
Hirnhäute, zu den letzteren ist auch die schwer
zn diagnosticirende Erkrankung des Ohrlabyrinths
SU zählen. Gegen eine akute Gehimkrankheit
sprechen (mit Ausnahme der ganz foudroyanten
Alle) ein frühzeitiges Erscheinen der Krämpfe im
Verlaufe der ersten 4 — 12 Stunden des Fiebers,
ferner die geringe Stabilität der begleitenden Him-
^ptome, die immer schwächer werden, je deut-
licher die primäre Krankheit zu Tage tritt.
Bei cerebraler Affektion geht gewöhnlich ein
Initialstadium voraus, Unruhe, Kopfschmerzen,
dann setzen die eklamptischen An^e ein und
bleiben bis zum Tode, ebenso bleibt die Wölbung
und Pulsation der grossen Fontanelle, auch wenn
das Fieber nachlässt. Das sogen, sympathische
"ferbredien bei akuten Fiebern, Nephritis, Urämie
u. s. w. bekommt eine selbständige Stelle ein-
geräumt
Eine dritte Fehlerquelle können bilden die
Febrisephemera und dasErkSltungsfieber, letzteres
ist charakterisirt durch Schweissausbruch und Her-
pes labialis. Viertens erschwert die Diagnose ausser-
ordentlich die ungewöhnliche Form oder ein ver-
spätetes Erscheinen des Ausschlages bei akuten
Exanthemen, besonders bei Masern. Für die Diffe-
rentialdiagnose von Typhus und allgemeiner Tuber-
kulose wird auf spätere Capitel verwiesen ; offen
gelassen wird die Frage über das Bestehen eigent-
licher Nervenfieber. Man bezeichnet damit nach
Dr. Scherschewsky bei nervösen, reizbaren
Kindern fieberhafte Erscheinungen, die den Anti-
pyretiois trotzen, aber sehr gut durch Nervina be-
einflusst werden.
Obwohl F. in den Hauptzügen nicht von den
allgemeinen Anschauungen, die wir über die fieber-
haften Krankheiten im Eondesalter haben, abweicht,
so giebt es doch verschiedene Darlegungen, die
eine durchaus selbständige Stellung vertreten und
uns neue Gesichtspunkte eröffnen. Dieser Umstand
und die auf eine scharfe Beobachtungsgabe ge-
stützte Erfahrung P.'s lassen mit Bestimmtheit er-
warten, dass die folgenden Capitel, die sich spe-
ciell mit den einzelnen akuten Infektionskrank-
heiten befassen sollen, uns eineFüUe von anregen-
dem und interessantem Material bieten werden.
Flachs (Dresden).
■
41. Meralgia paraesthetioa; von Dr. Wla-
dimir K. Roth, a. 0. Prof. an der kaiserl.
Univ. zu Moskau. Berlin 1895. S. Karger.
24 S. (60 Pf.)
Unter einer Meralgia paraesthetica versteht S.
einen Symptomenoomplex, der sich in Schmerzen,
Farästhesien und auch theilweise in objektiv nach-
weisbaren Anästhesien an der Aussenseite des
Oberschenkels zeigt. Anatomisch handelt es sich
meistens um eine nur auf den N. cutaneus femo-
ris ezternus beschränkte Erkrankung, über deren
nähere Pathologie man noch nichts weiss; R weist
aber darauf hin, dass gerade dieser Nerv im Becken,
wie auch in seinem Verlaufe am Oberschenkel sehr
leicht traumatischen Einwirkungen ausgesetzt ist,
die vielleicht eine Alteration des Blutumlaufes und
durch fortgesetzten Beiz eine Art von Neuritis her-
beizuführen im Stande seien. Der Einfiuss dei^
Syphilis ist nicht sicher nachzuweisen. Männer
sind von der Krankheit bevorzugt, eine entschie-
dene Prädisposition li^ in einer sitzenden Lebens-
weise und in der Adipositas. Die Behandlung be-
steht in Einreibungen, Hautreizen, Massage. »Die
Prognose ist meistens günstig. [Es handelt sich
also um dasselbe Krankheitsbild, das Bernhardt
(Jahrbb. CCXLYII. p. 29) beschrieben hat Neuer-
dings haben mehrere Aerzte, die an der Bem-
hardt'schen Parästhesie litten, Autonosographien
geliefert] Windscheid (Leipzig),
214
Säglas, Le9on6 cliniques etc. — Hitzig, üeber den QuftrulantenwahasiniL
42. Xieoons oliniqnBs aar lea maladiea men*
talea et neryeii8ea(Salpdtridre 1887— 1 894);
par le Dr. J. S6glas. Becneilliea et publikes
par le Dr. Henry Meiga Paria 1895.
Asaelin et Houzeau. 836 pp.
Die geaammelteii Vorkaungen Ton S^glaa
bilden eine yorsflgliche BinfObrong in das Stadium
der Psychiatrie; sie stellen das beste prop&dea-
tisoheWerk dar, das wir bisher besitsen, undfQUen
damit eine oft empfundene Lüoke aus. Die Dar^
Stellung ist elementar, vfillig voraussetzungalos,
schreitet dabei aber doeh Tielfach bis au den fein-
sten Details vor. Die Anlage des Werkes ist keine
systematische, sondern xwangloe sind die einaelnen
Abhandlungen aneinander gereiht, wie aioh dies
aus ihrer Entstehung von selbst erklftrt. Dadurch
wird freilich eine gewisse üngleiohmAsai^eit in
der Behandlung dee Stofifes bedingt ; mandies ist
mit grosser Breite, anderes wieder etwas kurx dar«
gestellt und wichtige Abschnitte fehlen gans, im
Allgemeinen aber ist eine durchaus befriedigende
Orientirung über die psychiatrisohen Symptome
und ihreZusammenfQgung audistinkten klinischen
Typen erreicht
Auf den Inhalt im Einzelnen soll hier nicht
nfther eingegangen werden. Als besonders gelun-
gen erscheinen die Capitel, die von den verschie-
denen Hallucinationen, von den „obsessions^' und
von dem d§lire des ndgations bei der Melancholie
handeln. Sehr zweckmässig und gewiss einem
vielfach gefühlten Bedürfnisse entgegenkommend,
ist die Einfügung einer ausführlichen Anleitung
zur morphologischen Untersuchung des Geistes-
kranken und des Idioten.
Das Buch darf Studirenden und Aerzten zum
Stadium warm empfohlen werden; ea kann und
will aber seiner ganzen Anlage nach nicht ein
systematiaches Lehrbuch ersetzen.
Clemens Neisser (Leubus).
43. üeber den Qa&rulantenwahnsinn» seine
nosologiaolie Stellung and forenaiache Be-
deatang; von Prof. E. Hitzig. Leipzig 1895.
F. C. W. Vogel. Lex.-8. VI u. 146 S. (5 Mk.)
Die Bewegung, die sich unter der Leitung
politisch und social hervorragender Männer in den
letzten Jahren gegen die psychiatrische Wissen-
schaft erhoben hat, wählte bekanntlich zu ihrem
Angriffspunkt den ,4mmer häufiger entdeckten^'
Quärulantenwalinsinn. Viel ist darüber für und
wider geschrieben worden und es muss H. zum
Verdienste angerechnet werden, sich in der vor-
liegenden Studie der Mühe einer lichtvollen Dar-
stdlung des Qaärulantenwahns unterzogen zu
haben. In einigen kurzen einleitenden Bemer-
kungen führt H. aus, wie die maassgebenden Irren-
ärzte in der Auffassung des Quärulantenwahns,
wofür er übrigens den Namen „quärulirende Form
derVerrücktheit^' vorschlägt, als einer wohlcharak-
t^risirtenErankbeitsform durchaus übereinstimmen.
Qetheilt sind die Meinungen hingegen z. B. darüber,
ob die quärulirende Verrücktheit den Zastäadfin
geistiger Schwäche zuzuredmen sei oder nicht
Mendel, Eraepelin, Kirchhof f,Jastro*
witz u. A. stünden dieser Frage blähend gegan-
über, Westphal war und Ziehen ist andenr
Meinung. Gerade die Entscheidung hierüber ist
nicht ohne Bedeutung.
Nachdem H. die Schilderung dreier eigener
Beobachtungen vorausgeschickt hat, beginnt er
mit einer Besprechung der nosologischen Steiliuic
des Quärulantenwahnsinns. Danach unterscheidet
sich der letztere grundsätzlich nicht von dar Fan-
noia. „Quantitative Verschiedenheiten zwischen
den einzelnen Fällen des Leidens finden sich auch
bei den anderen Formen der chronischen Verrückt-
heit und berechtigen schon deshalb nicht zur Ab-
trennung einzelner Fälle der quärulirenden Ver-
rücktheit von der Qesammtgruppe. Am wenigsten
kann aus solchen Fällen die Berechtigung zur
Wiedererweckung der obsoleten Lehre von des
Monomanien entnommen werden. Vielmehr ist
die quärulirende, wie die chronische Verrücktheit
im Allgemeinen stets als ein Leiden der gesamm-
ten psychischen Persönlichkeit aufzufinaaen, auch
wenn im Einzelfalle nur intellektuelle StöruDgen
und nur solche beschränkten Umfange diagnosticirt
sein sollten.'^ Am entschiedensten wendet sich
H. gegen Wernicke, der sich zur Stütze seiner
den geltenden Grundanschauungen total zuwide^
laufenden Theorie von der circumscripten Qeistes-
störung einer Beihe von ihrem Wesen nach absolat
heterogenen Erankheitstypen bediene. Dabei greift
H. zurück auf daa Wesen der Paranoia und erlio-
tert es unter Gegenüberstellung äusaerlich an-
sdieinend verwandter Formen von OeistesstOrong
(Geiateastürung aus Zwangsvorstellungen, akuteB
hallucinatorisches Irresein u. A.). Als daa der Ent-
stehung der Paranoia zu Grunde liegende patho-
logische Moment bezeichnet EL in Anlehnung an
Westphal eine abnorme und itmerhch beding
Veränderung der Selbstempfindung. Die Zugrunde-
legung einer krankhafte Eigenbeziehung (ein Aus-
druck, den Neisser für den sonst üblichen „Be-
ziehungs- oder Beaohtungswahn^' vorgeacUagea
hat) beruht auf einer einseitigen Auffassung der
Genese der Paranoia. Veränderungen der Selbst-
empfindung, der Oemüthslage, der Reizbarkeit sind
bei der Mehrzahl der Paranoischen schon im An-
fang der Krankheit primär vorhanden und Aus-
gangspunkt von Wahnideen, auch wenn sie der
oberflächlichen Beobachtung entgehen. DU am
dem Auftreten abnormer Selbstempfindungen g^
xogenen wahnsinnigen Schlüsse könnten ohne w»
bereits vorhandene tiefgreifende Störung der Vtr-
standesthdtigkeit gar nicht gebildet u)erden. Von
hohem praktischen Interesse ist nun gerade die
Frage, welche intellektuellen Störungen man als
Schwäche des Geistes im psychiatriachen Sinne su
bezeichnen hat Als solche, d. L als Demeni
Hirsch, Jungfrau von Orleans. — Messner, Oesammelte Abliandlnngen u. s. w. 215
beniolniet H. intellelrtuelle Störungen, die einen
stationlreD oder progressiven, jedenfaUs unheil-
baren Zustand darstellen. Das Wesen des Schwach-
sinns in Armuth an Vorstellungen und associa-
tiven Verknüpfungen zu suchen, wie Ziehen es
thut, hJÜi H. für unzutrefTend. Acht, ziemlich ein-
gehend geschilderte Fälle eigener Beobachtung
führt E gegen diese Auffassung in's Feld. Die
Existenz einer „Pseudodemenz" (Ziehen) leugnet
H. aufs Entschiedenste und weist Widersprüche
nach, in denen sich Ziehen bei der Construktion
dieses Terminus teohnicus befindet DafQr, dass
mit grßsster Wahrscheinlichkeit auch in anato-
misdier Beziehung dielntelligenzstOrung derPltra-
ooiker ein Ausfallsymptom bedeutet, beruft sich
H. auf bekannte himanatomische Verhältnisse und
himphysiologische Voigänge: Ausschaltung ein-
selner oder vieler Himterritorien , weniger oder
^eler Ldtongswege beeinträchtigt die Fähigkeit
von Zellen- und Fasersystemen zu gemeinsehaft-
Uier Denkthfltigkeit und bedingt eine Herab-
iiiinderung der Zahl und Art der überhaupt mOg^
liehen Vorstellungen, also einen Znstand mehr
oder minder offenbarer geistiger Schwäche.
Was das Capitel über die forensische Bedeu-
tung des Quämlantenwahnsinns anlangt, so mag
finiges darin wohl dem Psychiater annehmbar
erscheinen und ist von Diesem und Jenem schon
iriederholt angestrebt worden. Nachdem aber der
Verein der deutschen Irrenärzte in seiner Sitzung
am 21. bis 22. Sept 1894 einstimmig seine Be-
friedigung darüber ausgesprochen hat, dass durch
die Beschlüsse der 11. Lesung des bürgerlichen
Gesetzbuches die Forderungen, die der Verein in
Bezug auf das Verhältniss der Geisteskranken zu
hn Beetimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches
IBsteUt hat, im Wesentlichen erfüllt worden sind,
iegt kein Grund vor, dass wir weitere, mit den
Insehairangen der Juristen coilidirende Forderun-
Sen aufstellen. Das lAsst sich bestimmt voraus*
■gen, dass der Wunsch H.'s, „der Bicht^ müge
hmdi seinen Studiengang in den Stand gesetzt
Verden, vorhandene Geistesstörung mehr als es
B8 jetzt zutrifft, zu vermuthen, und er müsse im
i^erfahren von den gleichen Qrundanschauungen
negehen wie sein medicinischer Berather'S bei
te ganzen Richterwelt keinen Anklang finden
nid. Die Wichtigkeit, die der Richter unserer
iadie beimisst, geht auch nicht so weit und kann
lach nicht so wdt gehen, dass er sich beständig mit
lern Gedanken trüge, ob er vidleicht einen Geistes-
raaken vor sich habe. Warum sollte man denn
reu dem Richter nicht auch in anderen Fächern,
«L Wissenschaften, ausser der medioinischen,
ne obligatofrische Vorbildung verlangen? Oder
tber, sollte der Jurist nicht auch bei dem Arzte
ÜB iTflnnfniaM joristischer Grundbegriffe wünschen,
renn er in einer medioinisohen Abhandlung, die
iristische Dinge berührt, arge Irrthümer findet?
is dürfte wohl l^kannt. sein, dass fundamentale
Schwierigkeifen dem Versuche entgegenstehen, in
dem hier in Bede stehenden Punkte Civil- und
Strafreoht in Uebereiustimmung zu bringen, ab«
gesehen davon, dass für die Praxis ein starrer
Gesetzesparagraph über die Zurechnung Entmün-
digter oder die Entmündigung Unzurechnungs-
fähiger, wie er von manchen Seiten gewünscht
worden ist, eher zu Härten und Bechtsunsicher-
heit führen könnte, als wenn die Entscheidung in
jedem einzelnen Falle dem durch das Gutachten
des Sachverständigen unterstützten Straf-, bez.Ent-
mündigungsrichter überlassen bleibt
Wenn wir nun auch (selbst abgesehen von
dem psjchiatrisch-forensischen Theil der Arbeit)
uns in einzelnen Punkten H. nicht anschliessen
(u. A. ist Hitzig der Frage, ob das Quäruliren als
Symptom auch bei anderen Erankheitsbildem als
der Paranoia, selbst solchen mit Ausgang in Hei-
lung, erscheint, nicht näher getreten), so müssen
wir dennoch das Buch als eine schätzenswerthe
Bereicherung der Literatur über den Quärulanten-
wahnsinn bezeichnen.
Bresler (Freiburg i. Schi.).
44. Betraohtnngen über die Joagfraa von
Orleans vom Standpunkte der Irrenheü*
künde; von Dr. W. Hirsch. Berlin 1895.
0. Coblentz. 8. 35 S. (75 Pf.)
H. unternimmt eine neue Prüfung der Frage,
ob Johanna von Orleans geisteskrank gewesen sei,
auf G^rund der von competenter Seite anerkannten
historischen Quellen, nämlich der in Paris im
Original erhaltenen und von Quicherat ver-
öffentlichten Akten. Schon früher haben manche
Irrenärzte über Johanna von Orleans geschrieben,
die Einen halten sie für geisteskrank, die Anderen
nicht Indem sich H. auf den Standpunkt Jener
stellt, versucht er zu zeigen, dass Johanna an
chronisch hallucinatorisoher Paranoia gelitten habe,
deren erste Anzeichen sich bis in's 13. Lebensjahr
zurückverfblgen lassen. Lührmann (Dresden).
45. Oesammelte Abhandlungen bakteriolo«
gisohen, anatomiaohen und ohirurgisohen
Inhalts; von Dr. Adolph Messner. Heraus-
gegeben von Hofrath Prof. Dr. J. M. Oertel
in Mündien. München 1896. J.F.Lehmann,
8. 72 S. (2Mk.)
Der leider so früh verstorbene Dr. A. Mess-
ner, früherer Assistent von v. Becklinghau-
sen und von v. Yolkmann, hat eine Anzahl
von kleineren Arbeiten hinterlassmi, die in ihrer
Auffassung und Durchführung den wirklichen For-
scher erkennen lassen, von dem wir nach dem
Ausspruche hervorragender Autoren noch die
besten Leistungen auf medidnisohem Oebiete hät-
ten erwarten dürfen.
Oertel hat sich der dankenswerthen Mühe
unterzogen, die kleinen, aber werthvollen Arbeiten
Messner's, die an den verschied^sten Stellen
216 Ihle, Eine neue Methode der Asepsis. — Eoenig, Spedelle TaberknlOBe tL s. W^
verOffenÜicht worden sind, zu sammeln und heraus-
zugeben. Das gut ausgestattete Heft hat folgen-
den Inhalt : 1) BeitrSge zur pathologischen Ana-
tomie des Nervensystems. 2) üeber Enochen-
veränderungen bei Pes calcaneus congenitus. 3) Ein
neuer Fall von Hermaphroditismus vems. 4) Wird
das Oeschoss durch die im Oewehrlauf stattfin-
dende Erhitzung sterilisirt? 5) üeber den Durch-
bruch kalter (tuberkulöser) Absoesse der Thorax-
Wandung in die Lungen, bez. Bronchen. 6) üeber
die Behandlung von Schenkelhalsfrakturen im Steh-
bett. 7) üeber das sogen. D^rangement interne
der Gelenke. 8) Plastik an der behaarten Kopf-
haut. 9) Experimentelle Studien über die Wund-
behandlung bei inficirten Wunden.
P. Wagner (Leipzig).
46. Bino nene Methode der ABepeia, welche
im Qegenaats la den bisherigen Metho-
den eine absolnte Keimfreiheit bei Ope-
rationen verbürgt andWsMerdampf-, bo-
wie Wasser - SteriliBstoren entbehrlich
macht; von Dr. Otto Ihle in Dresden.
Stuttgart 1895. F. Enka 8. 147 S. mit
36 AbbUdungen. (3 Mk. 60 Pf.)
Die kühnen Erwartungen, die man auf das
physikalische Eeimtödtungsveifahren gesetzt hat,
haben sich nicht in dem Maasse erfOllt, als dies
anfangs so sicher verbürgt zu sein schien. Diese
Misserfolge können nicht der ünzulftssigkeit der
physikalischen EeimtOdtungsmittel zur Last gelegt
werden, denn deren Sicherheit ist einwandfrei
festgestellt, vielmehr haben sie ihren Qrund in der
wenig sicheren und ungeheuer umständlichen
Methode der Asepsis, wie sie von der Mehrzahl
der Operateure geübt wird. L beschreibt genau
die von ihm zuerst angegebene und angewandte
Methode der Asepsis und sucht darznthun, „dass
dieselbe eine absolute Asepsis verbürgt und in
ihrer Anwendung eine ganz ausserordentlich ein-
lache ist, welcher keinerlei Umständlichkeit an-
haftet". Die Ihle 'sehe Methode der Asepsis, die
von ihrem Erfinder seit Januar 1893 ausschliess-
lich in Anwendung gezogen wurde, verursacht
nur ganz unerhebliche Geldkosten ; der Gebrauch
der theueren Wasserdampf- und Wassersterilisa-
toren ist überflüssig. Von besonderer Wichtigkeit
ist femer noch der umstand, dass auch bei schwie-
rigen Operationen ausser den Hftnden des Opera-
teurs nur noch die Hftnde einer einzigen weiteren
aseptischen Person nöthig sind. Der ganze Apparat
I.'s besteht aus einer Reihe emaillirter Schüsseln
mit Deckel und dem bekannten schon früher
beschriebenen Instrumentenkochgefftss; als asep-
tische Methode findet ausschliesslich und allein
das wenigstens 5 Minuten lang fortgesetzte Ab-
kochen im Wasser, das stärkste aller bisher be-
kannten Eeimtödtungsverfahren, Anwendung.
Alle Einzelheiten di€»es anscheinend sehr prak-
tischen und einfachen Verfahrens sind in dem mit
einer Reihe Abbildungen versehenen Bücydiat
nachzulesen. P. Wagner (Leipzig).
47. Die speoielle Tuberkulose der Knochen
und Gtolenke auf <3mnd der Baobaohtan-
gen der Göttinger Klinik. LDasKniegeUnk;
bearbeitet von Prof. Dr. F. E o e n i g. Der stati-
stische Theil ist bearbeitet von Dr. F. Uertens
undDr.W.Eoenig. Berlin 1896. AHirsch-
wald. 8. 186 S. mit 42 Holzschn. (5 Mk.)
£. beabsichtigt, eine „specielle Tuberkulös^' dsr
Körpergelenke, sowie einer Anzahl von Enooto
in einzelnen Lieferungen herauszugeben. Die»
Mittheilungen gründen sich auf eigene, in der
Oöttinger Klinik seit 20 Jahren gesammelte fir-
fahrungen. Den K v. Bergmann gewidmeten
Mittheilungen über das Ehiegeknk sollen solcbe
über das Hüftgelenk baldigst folg^L
Aus den statistischen Mittheilungen sei nur
hervorgehoben, dass die Oesammtzahl der ^odl
1. Oct 1875 bis l.Oct 1893 in der chirurgisdien
Klinik und in derPrivatklinik vonKoenig statio-
nfir behandelten Kranken mit Kniegelenktabe^
kulose 720 beträgt Seinen Standpunkt zu der
Frage der Bekämpfung der Tuberkulose des EDie>
gelenks üasst K. in folgenden Sätzen zusammen:
Es giebt eine Ausheilung der Kniegeilenktabe^
kulose bei conservattver Behandlung. Nur m i
Prooentsatz, und kein sehr grosser dieser Geheil-
ten behält ein vollkommen normal f unktionirendes
Kniegelenk. Hat die Krankheit einmal eine Ha-
gere Zeit gedauert, sind schwere Gontraktorei
eingetreten, so ist, auch wenn Heilung bä cxxf
servativer Behandlung eintritt, voUkonunene &*!
haltung der Funktion nicht mehr zu hoffen. Du
Knie wird melir oder weniger steif, oft andi
krumm. Bei der Mehrzahl, zumal der älteren, ui
Knietuberkulose leidenden Kranken ist es notb-
wendig aus wirthschaftlichen Gründen, dass mUi
nachdem die zuwartende Behandlung längere Zeil
versucht wurde, wenn es irgend geht, die Krank«
heit durch ein Heilverfahren in zu bestimmeoder
Zeit beseitigt Ob durch dieses Verfahren die
Bewegung des Kniegelenkes verloren gdit, iai
dabei vollkommen gleichgültig. Wäre doch das
Gelenk auch bei anderer, noch lange dauernder
Behandlung funktionell leistungsunAhiggebliebeii
d. h. steif geworden. Der in solchen YSUm ia
Frage kommende Eingriff ist bei Kmdem dk
ArihrMomU, bei Erwaehaenen die Resektion. Ii
den Fällen, in denen die Knochenerkrankang üb«
die Epiphyse hinausgeht, in denen atwgedeimta
Abscess- und Fistelbildung vorhanden ist, vieUeickl
complicirt mit Erkrankungen der Nieren und dei
Leber, kann nur durch die Entfernung deskrankai
Gelenkes und Gliedes Heilung erzielt werden.
Dem von der Verlagsbuchhandlung gut aus-
gestatteten Werke ist eine grossere Anaahl Tor
trefflicher Holzschnitte beigegeben.
P. Wagner (Leipzig).
Magnus. — Vössias. — Senn.
217
18. L^oaene. Son umU, ses UsionagänSratrices,
«m lroä0fiMn^; parle Dr. P.Tissier. Paris
1894. Beandelot 8. 86 pp.
In der yiel umstrittenen „Ozaenafrage^^ kommt
T. zu folgenden Resultaten: 1) Die Grundursache
der Ozaena besteht in einer Erkrankung des „systdme
ethmoIdal^S welches Siebbeinzellen, Eeilbein-Ober-
kiefer-Stimhöhle, mittlere und obere Nasenmuschel
umfasst, und tritt am h&ufigsten in Form einer
Enochenerkrankung der OberflAche des intranasalen
Siebbeines, der Nebenhöhlen, besonders h&ufig der
Keilbeinhöhle auf. 2) Diese Enochenerkrankungen
befinden sich in der bestSndig mit der Aussenluft
in Verbindung stehenden Nasenhöhle, sind also der
Einwirkung von Fäulnisserregern ausgesetzt Die
Ansscheidungsprodukte der letzteren bringen am
Schleimhautepithel und an den Drüsen tiefgehende
Umwandlungen (Metaplasie des Epithels und Dege-
neration der Drüsen) hervor, durch die wiederum
ein günstiger Nährboden für die Entwickelung
solcher Bakterien geliefert wird. 3) Wenn nun die
Ozaena eine gewisse Zeit bestanden hat, ist eine
Atrophie der Schleimhaut und eine Erweiterung der
Nasenhöhlen eingetreten, die eine Stagnation des
Sekretes und Xrustenbildung begünstigt und die
Veränderungen, welche die eingeathmete Luft nor-
maler Weise beim Durchstreichen durch die Nase
erleidet, unmöglich macht.
Ausführlich wird dann die Therapie besprochen.
Diese hat sich in erster Linie auf die Beseitigung
der Hauptursache, also etwa vorhandener Knochen-
erkrankungen, sodann auf die Beseitigung des
stagnirenden Sekretes und die Bekämpfung der be-
reits eingetretenen sekundären Veränderungen zu
liditen; chirurgische Eingrüfe, Spülungen und Mas-
sage sind es hauptsächlich, die diesem Zwecke dienen.
So verdienstvoll die vorliegende Arbeit des mit
dem Stoffe theoretisch und praktisch genau ver-
trauten Autors auch ist, und so bestechend die ge-
zogenen Schlussfolgerungen an und für sich auch
sein mögen, ein stichhaltiger Beweis für die auf-
gestellten Sätze ist darin nicht enthalten und wohl
wenig Anhänger der allein echten, genuinen Ozaena
▼erden dadurch überzeugt werden. Beweise für
die Richtigkeit dieser oder jener Ansicht können
(wie u. A. auch Orünwald ganz richtig betont)
Bur durch genaue Berichterstattung über sorgfältige
Bazelfaeobachtungen am Lebenden, event. mit Be-
rtcksichtigung der Befunde an der Leiche, geliefert
▼erden; allgemeine, oft recht scharfsinnige Er-
Qrtenmgen sind bereits zur Genüge angestellt wor-
den, ohne die Ozaenafrage wesentlich zu klären.
Immerhin kann die äusserst anregend und klar ge-
schriebene Arbeit nur empfohlen werden.
Richter (Altenburg).
49. Die Binftngii^eit in ihren Besiehnngen
BOT Xnrerballliigkeit ; von Prof. Hugo
Magnus in Breslau. Breslau 1895. J. U.
Kem'sYerlag (Max Müller). 8. 76 S. (2Mk.)
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 2.
In seinem „Leitfaden für Begutachtung und Be-
rechnung von ünfaUsbesohädigungen 1894^' (vgL
Jahrbb. GCXLV. p. 213) hat M. in bis jetzt noch
unübertroffener Weise die verschiedenen Werthe
für den partiellen Verlust des Sehvermögens nach
rein mathematischer Berechnung angegeben. Das
vorliegende Buch ist gewissermaassen die Praxis
zu jener Theorie. Durch Fragebogen, die er in
grössere Betriebstätten schickte, hat U. zu ermitteln
gesucht, in wie weit wirklich Einäugige in ihrem
Berufe gegenüber Zweiäugigen geschädigt sind, wie
sich die Arbeit- und Verdienstverhältnisse gestalten
bei solchen, die von Kindheit an einäugig waren,
die es ausser, und die es in ihrer Berufsthätigkeit
geworden sind, die nach dem Verluste eines Auges
bei ihrem Berufe bleiben, oder die einen neuen Be-
ruf erlernen. Wir sehen am Schlüsse des Buchee,
dass die theoretischen Erörterungen und Berech-
nungen im „Leitfaden 1894*^ sich fast vollständig
decken mit den direkt in den Berufstätten ge-
sammelten Erfahrungen. Wie wir den „Leitfaden"
bereits als die beste Arbeit über Beurtheilang der
Erwerbsunfähigkeit nach Augenverletzung drin-
gend zum Studium empfohlen haben, so können
wir dies auch ebenso mit dem vorliegenden Buche
thun, das für viele Aerzte noch den Vorzug hat,
nicht durch mathematische Formeln und Zeichen
im Voraus von dem Lesen des ungemein reichen
und nützlichen Inhaltes abzuschrecken.
Lamhofer (Leipzig).
50. Dm Staphylom der Oomea und Sklera;
von Prof. A. Vossiusin Giessen. [Augen-
änüiche UnterruAt8iafeln;heTBXxBgeg.Yon'BTot
Magnus.] Breslau 1895. J.Ü.Eern's Verlag
(Max Müller). 14 S. u. 8 färb. Taf. (7 Mk. 50 Pf.)
In gleich vorzüglicher Art wie die Tafeln der
7 vorhergehenden Liefenmgen sind hier die Bilder
der verschiedenen Staphylomformen des Auges ge-
malt. Der beigegebene Text enthält ausser der Er-
klärung der Abbildungen eine kurze Schilderung
der Staphylomerkrankung des Auges.
Lamhofer (Leipzig).
51. Beitrag au denFonktionaprüfiingen der
Netshantperipherie* Liohtslnnperimetrie ;
von Dr. Alb. Senn in Bern. Mit 10 lithogr.
Tafeln. MittheiL aus Elin. u. med. Inst der
Schweiz IL 12. p. 609. 1895.
Die Untersuchungen wurden an Kranken der
Univ. - Augenklinik in Bern vorgenommen. Es
zeigte sich dabei, dass die Prüfung des Lichtsinnes
der Netzhautperipherie für manche Krankheiten
geradezu von grosser diagnostischer Wichtigkeit
ist Bei Opticusleiden, besonders aber bei Glaukom,
bei Netzhaut- und Aderhautleiden ist der periph^
risohe lichtsinn stets gestört In vielen Fällen
von Erkrankung des Augengrundes, wo centrale
Sehschärfe und Farbensinn noch normal waren,
oder wenigstens mit unseren Hülfsmitteln keine
Beeinträchtigung nachgewiesen werden konnte» war
29
218
Erienes. — Üoldberg. t~ FrölloL
bereits Abnahme des peripheriaohen Lichtsinnes
festzustellen. Bei traunuitischer Nearose bestand
eine voUstftndig gleiche oonoentrische Einengung
für Weiss und für Qrau. Dies kann auoh zur Ent-
deckung Yon Simulation verwerthet werden, da
unwillkürlich ein Simulant die Grenzen fOr Qrau
kleiner anzugeben versucht ist als fOr Weiss [?].
Die Untersuchungen wurden mit dem /yfö^'schen
Perimeter mit grauem Orunde und mit kleinen
grauen Schäufelchen vorgenommen, üeber die
genaue Herstellung der grauen Farbennüance muss
das Nfthere im Originale nachgelesen werden.
Lamhofer (Leipzig).
52. UeberHemeralopiey epeoiell akute idio-
pathiaohe Hemeralopie ; von Stabsarzt Dr.
Hans Krienes in Breslau. Wiesbaden
1896. J.F.Bergmann. Or.8. 185 S. (7Uk.)
Er. hatte im Jahre 1893 und 1894 Gelegen-
heit, 34 an Hemeralopie Leidende länger zu be-
obachten. Davon litten 29 Personen, darunter
25 Soldaten, an akuter, 5 an chronischer Hemera-
lopie.
Das Hauptsymptom der Hemeralopie oder Nacht«
blindheit ist die unverhältnissmässig starke Yer-
schlechterung des Sehvermögens bei herabgesetzter
Beleuchtung sowohl in der Nacht, als auch bei
Tage. Kr. führt als „constante Symptome^^ an:
Massige Lichtscheu bei grosserer Helligkeit, ab-
norme Pupillenweite im Dunklen, Herabsetzung
des centralen quantitativen Farbensinns, besonders
des Blausinns bei Tageslicht (ohne Störung des
qualitativen Farbensinns), unverhAltniasmässiges
Sinken der Sehschärfe bei herabgesetzter Beleuch-
tung und Erhöhung der unteren Reizschwelle an
Förster^s Photometer, Erhöhung der unteren Beiz-
schwelle für Farben, besonders Blau (Blau ver-
schwindet vor Roth), Einengung der Farbengrenzen
bei Tageslicht, besonders der Blaugrenzen des Oe-
sichtsfeldes ; abnorme Einengung der Oesichtsfeld-
grenzen für Weiss und Farben bei zunehmender
Dunkelheit: Blau verschwindet bei einem gewissen
Dunkelheitgrade aus dem Gesichtsfelde, wenn Roth
noch empfunden wird. Als weniger stetige Sym-
ptome führt Er. an : Herabsetzung der Sehschärfe
bei Tageslicht, Einengung der Gesichtsfeldgrenzen
für Weiss bei Tageslicht, Conjunctivitis, Xerosis
und Erythropsie.
Zwischen den Symptomen der akuten und denen
der chronischen Hemeralopie besteht nur insofern
ein Unterschied, als bei letzterer alle Symptome
stärker ausgeprägt sind. Als besonders wichtig,
ja geradezu charakteristisch unter den Symptomen
der Hemeralopie hebt E r. die auffallende Störung
des Blausinns hervor.
Als Ursache der akuten Hemeralopie muss Blen-
dung angesehen werden ; die von Anderen ange-
führten Ursachen, wie EmährungstOrung, sind nur
als unterstützendes Moment aufzufassen. Für die
Blendung spricht auch, dass alle Endemien von
Hemeralopie in den Sommer, bez. in das Frühjahr
fallen, einzelne Eranke mit ohronisoher Heraenlopie
nur vom Frühjahre bis zum Herbste darunter leideD.
Bei den sonst gesunden Soldaten nimmt Er. als
Ursache an : 1) das lange Stillestehen in der Sonne
während des Exercirens ; 2) den eng anschliesaen-
den Sitz der Halsbinde und desEragens, besonders
auffallend bei den Rekruten.
Die EmährungstOrung kann lokal sein, wie bei
Aderhautleiden, oder allgemeiner Art So findet
man häufig Hemeralopie bei Scorbut, bei Leber-
leiden, bei Malaria. Häufig ist mit Hemeralopie
auch Xerosis der Bindehaut verbunden.
Das Wesen der Hemeralopie liegt in einer Stö-
rung der Adaption, und zwar ebensowohl der
centralen als der peripherischen Netzhauttheile. In
Augen, die von Geburt an an Pigmentmangel leiden,
oder durch Erkrankung, ungünstige Art derEmih-
nmg der Aderhaut dazu disponirt sind, wird nach
Blendung durch Dissimilirung rasch Sehroth ver-
braucht, während die Assimilation zu gleicher Zat
verlangsamt ist. Die Hemeralopie ist nicht, wie
bisher, zu den Funktionskrankheiten, sondern zu
denen der Aderhaut und Netzhaut zu zählen.
Die Behandlung kann sich auf 2 Dinge be-
schränken : die dissimilirenden Reize auszuschliee-
sen, was durch die Dunkeikur geschieht, und dai
Assimilirungsvorgang anzuregen durch entspre-
chende Ernährung. Es tritt dann rasche Heilung
der akuten Hemeralopie ein. Nachzutragen wäre
noch, dass Er. bei 4 Personen mit akuter Hemeral-
opie Netzhautodem um die Papille und stärkere
Füllung der Netzhautvenen beobachtet hat
Die Monographie, die von der Yerlagshandlung
vortrefflich ausgestattet ist, enthält zahlreiche
Erankengeschichten , Tabellen, Gesichtsfeld -Auf-
zeichnungen und ein genaues Literatur- Yerzeidmiss.
Lamhofer (Leipzig).
53. Die Funktiona- und BrwerbMtOmngen
nach Unfällen; von Dr. Ludwig Oold-
berg. Berlin 1896. Aug. Hirschwald. Gr. 8.
Vn u. 144 S. (3 Mk. 60 Pf.)
Nach einer kurzen Einleitung spricht G. der
Eeihe nach alle in Betracht kommenden Verletzun-
gen durch und schätzt ihren Einfluss auf die Er-
werbsf&higkeit ab. Es ist sein Wunsch, zu einer
Verringerung der Meinungsverschiedenheiten zvi-
Bchen Arzt und Behörden, sowie zwischen Aerzten
unter einander beizutragen, und es muss mit Dank
entgegen genommen werden, wenn ein erfahrener
Arzt uns seine Anschauungen als Richtschnur an
die Hand giebt D i p p &
54. Vortausohung yon Krankheiten ; von Dr.
H. FrOlich. Med. Bibliothek f. prakt
Aerzte Nr. 66. 67. Leipzig 1895. G.G.Naa-
mann. El. 8. 86 S. (1 Mk.)
Nach geschichtlichen und aUgemeinen Bemer-
kungen spricht Fr. die einzelnen Erankheitoi durch,
die bei der Yortäuschung in Betracht kommen
E r a 1 1 e r , Der Tod durch Elektrioität — Eppinger, Die Hademkrankheit
S19
UnneiL Aus dem ganzen Heftohen sprechen reiche
Erfahrung, sowie ein wohlwollender gerechter Sinn.
In der Hauptsache hat Fr. wohl militärische Yer«
htitnisse im Auge gehabt, für die Beurtheilung
UnMverletzter will Manches nicht recht passen.
Die Bemerkungen über traumatische Neurose 6ind
gar zu dürftig. Dippe.
55. Der Tod daroh Blöktrioitftt, eine fbren-
siseh-medicmisehe Studie auf experimenieUer
OmndJage; von Prof. Julius Eratter in
Graz. Leipzig u. Wien 1896. F. Deuticke.
Gr. 8. rV u, 159 S. (7 Mk.)
Die hochinteressante Monographie, die den
Physiologen, Pathologen und Medioinalbeamten
mit neuen und wenig bekannten Erscheinungen
vertraut macht, behandelt in ihrem ertim Theile
die Wirkungen der ElekHdtcU auf den lebenden
Organiemue und die paihologieohen Veränderungen
der Organe beim Tbde durch ElektrieüöL Der xweOe
Theil beleuchtet die geriehüich-^nediciniechen Qe-
nddepunkU und geht schliesslich auf die hygiemi'
idienMaasenahmen ein. In einem sehr lehrreichen
Capitel lernen wir die Ghrenzen und Bedingungen
der Gefährlichkeit elektrischer StrOme kennen. Da
neue Erscheinungsformen der industriellen Ent-
vickdung, wenn sie mit besonderen Gefahren ver-
Imnden sind, neue und besondere Maassnahmen
erheisoheni werden wir weiterhin darüber unter-
richtet, wie man in den verschiedenen Staaten zu
dieser Frage Stellung genommen hat, und wir er-
&hren dabei sowohl gesetzliche Bestimmungen, als
auch Entwürfe zu Sicherheitsvorschriften, wie sie
Ton Sachkundigen z. B. in Oesterreich und Deutsch-
land ausgearbeitet wurden. Danach fasst Er. das
Grundsätzliche der Sicherheitavorkehrungen gegen
elektrische Unfälle zusammen und bespricht einige
Bdiutzmaassregeln , über deren Brauchbarkeit er
sich zumeist durch Versuche überzeugte, die er
mitProf.v.Ettingshausenausführte. Schliess-
hch werden wir mit den Maassregeln vertraut ge-
nadit, die zur Rettung elektrisch Verunglückter zu
ergreifen sind. F i c k e r (Breslau).
56. Die Hademkrankheit, eine typiache In-
halations-MilBbrandinfektion beim Men-
sohen unter besonderer Berücksichtigung ihrer
pathologischen Anatomie und Pathogenesis auf
Orund eigener Beobachtungen dargestellt ; von
Prof.Hans Eppinger inOraz. Jena 1894.
Gustav Fischer. 4. 199 S. mit 1 lithograph.
TafeL (6 Mk.)
B. verstdit unter „Hademkrankheü^^ nicht die
verschiedenen, durdi Staubinhalation bedingten Zu-
ittnde der englischen WoUsortirer, sondern nur den
durch die Beschäftigung mit Hadern in Papier-
fabriken hervorgerufenen Inhalationsmilzbrand.
In der Einieitung giebt KMstorisehes über die
heaonders in Niederösterreich in den letzten 2 Jahr-
Mhntea beobachtete Krankheit, von der er 19 Fälle
aus SchlQglmühl, 13 aus Oberwaltendorf, 5 aus
Obereggendorf, 1 aus ^einneusiedel, sämmtliche
in NiederOsterreich, ferner aus Steiermark, 1 aus
Voitsberg, 2 aus Unterandritz, 36 von ihm selbst
beobachtete ausOratwein und 12au8Ligat, ausser-
dem 5 aus Bradfort in England anführt Die
Osterreichischen Fälle betrafen 4mal Aufsiohts-
beamte, sonst stets Hademsortirerinnen.
Als pathologisch-anatomischen Befund erhob E.
bei seinen eigenen Sektionen : „regelmässig pleuh-
tisohe und pneumonische Veränderungen, erstere
in Form entweder auffallend reichlicher, seröser,
rein gelber, klarer, seltener auch fibrinöser Exsudate,
meist linkseitig, oft genug auch beiderseits; letztere
in Form zumeist lobärer oder lobulärer Pneumonien,
sonst auch Gompressionsatelektasen oder entzünd-
lich-ödenaatöse Erweichungen des Lungengewebes«
Regelmftssig sind entzündliche Schwellung der
Bronchialdrüsen, parenchymatöse Degeneration der
Leber, Nieren und des Herzens, ein mehr oder
weniger beträchtlicher akuter Tumor der Milz und
katarrhalische Veränderungen des Pharynx, Laiynx,
Trachea und der Bronchen. In spärlichen Fällen
wurden gesehen: herd weise kleine Infiltrate der
Kehlkopf-, Trachea-, Bronchen- und Magenschleim-
haut; Blutungen der Pia, der Magen- und Duodeum-
schleimhaut".
Den kUnisehen Verlauf schildert E. nach ein-
gehenderen Specialberichten folgendermaassen :
„Bei Individuen, meist weiblichen Oeschlechts und
des verschiedensten Alters, die fabrikmässig mit
dem Zerzupfen, Zerreissen und Sortiren von Hadern
und thierischer WoUe beschäftigt sind, wird in be-
stimmten Jahreszeiten, dann und wann sdiubweise
auftretend, eine Krankheit beobachtet, die nur selten
unter prodromalen Symptomen, Unbehagen, Schwin-
del, Hinfälligkeit, Somnolenz, Coryza, Thränen der
Augen, trocknem Husten und Brustbeklemmung,
meistens aber plötzlich ausbricht In diesen meisten
und regelmässigeren Fällen geben sich sofort
schwere und bedrohliche allgemeine und lokale
Erscheinungen zu erkennen. Zu diesen gehören :
Frostanfall, auch Schüttelfrost, alsbaldiges Steigen
der Temperatur bis auf 40^, darauf Sinken auf
Collapstemperatur ; Kopfschmerz, quälendes Oppres-
sionsgefühl der Brust, Kurzathmigkeit , krampf-
artiger kurzer Husten und Seitenstechen; hoch-
gradige aUgemeine Schwäche und Hinfälligkeit.
Die objektiven Symptome sind: Cyanose von allem
Beginne an, pleuritische und pneumonische oder
nur pleuritische Zeichen, kleiner frequenter Puls
und rasch auftretende Herzschwäche, Kühlerwerden
der Extremitäten, Erhaltenbleiben des Bewusst-
Seins und auf fallendes Angstgefühl. Die Erkrankten
erliegen nach 1 — 2, längstens nach 5 — 6 Tagen
der Krankheit Die Oenesung erfolgt sehr selten
und dann unter sehr langsamer Beconvalescenz".
Aus der Besprechung der bakteriologischen Be-
funde sei hervorgehoben, dass E. in neun steirischen
Fällen den MUzbrandbaciUus reinzuzüohten ver*
220
Strassmann, Lehrbuch der gerichüiohen Hedicin.
mochte und ihn als Errege der Krankheit ansieht
Dies wird in einem Capitel Über pathologische
Anatomie und Bistogenese, sowie Aetiologie der
Hademkrankheit näher ausgeführt und dabei u. A.
hervorgehoben, was auch die beigefügten Abbil-
düngen ergeben, „dass die Bacillen im Innern der
interstitiellen zelligen und zellig -faserstoffigen
Exsudate (Lymphangoitis und Lymphadenitis) färb«
los und degenerirt, an der Peripherie derselben
f&rbbar, somit erhalten sind. Der Zusammenhang
dieser interstitiellen Exsudate in Form vonLymph-
angoitiden mit denen der Pleura ist in jedem Falle
constatirt worden. Nicht minder charakteristisch
ist Exsudation in den interstitiell befindlichen
Lymphknoten . • . (Lymphadenitis)*'.
Im Weiteren wird der Nachweis geführt, „dass
die Hademkrankheit eine Milzbrandallgemeininfek-
tion vorstellt, bei welcher die prim&re Milzbrand*
Infektion in der Lunge und Pleura stattfindet, in
Folge deren sich die interstitiellen und freien
serösen, serGs zeUigen, recht oft auch faserstoffigen
Exsudationen des Lungen- und Pleuragewebee und
in das Pleuracavum hinein als primäre lokale, in-
fektiöse Veränderungen entwickeln*^ Diese Er-
krankung wird durch die Inhalation derMilzbrand-
bacillen oder Sporen bedingt, üebrigens verhält
sich die Allgemeininfektion in anatomischer Hin-
sicht fast ebenso wie bei den nach Haut- oder
Darmmilzbrand, oder nach Impfung aufgetretenen
Erkrankungen. Eine üebertragung der Infektion
auf den Fötus konnte bei den bis zum 6. Monate
schwangeren Personen, die E. secirte, nicht nach-
gewiesen werden.
In der Fabrik ist die besonders geföhrliche
Beschäftigung die durch Arbeiterinnen erfolgende
trockene Zerkleinerung und Sortirung der Lumpen,
bei der viel Staub aufgewirbelt wird. Da man die
schon von Schauenstein Ende d^r 70er Jahre
empfohlene vorherige Desinfektion der Hadern aus
praktischen Gründen für unausführbar hielt, suchte
man in Oesterreich die Gefahren dadurch zu ver-
ringern, dass man die Hadern (am geföhrlichsten
waren die halbweissen zerrissenen Fusslappen der
Ungarn) seit dem Herbste 1886 in Hademdreseh'
maschinen (Trommeln mit schlagenden Stäben) vom
Staube befreite und den Staub mit Mist vermengt
als Dünger verwandte, ausserdem die Säle venti-
lirte, die Böden mit Carbolwasser mehrfach täglich
besprengte, auf besondere Kleidung und Reinlich-
keit der Arbeiter hielt, auch die Hadern in feuchtem
Zustande zerkleinern liess. In England wird der
Staub verbrannt. Ausserdem wird auf die Wichtig-
keit eines Einfuhrverbotes von Hadern aus notori-
schen Milzbrandgegenden und auf die Vernichtung,
bez. gründliche Desinfektion der Kleider contagiös
Erkrankter hingewiesen.
Schliesslich betont E. aber, dass, wenn auch
nach den gegenwärtigen Maassnahmen die Erkran-
kungen nur vereinzelt aufgetreten seien, jene doch
nicht genügten. Vielmehr sei eine gründliche Des«
Infektion erforderlich , die im Hinblicke auf die
Giftigkeit der chemischen Desinfektionsmittel und
auf die Feuersgefahr einer hohen trocknen Er-
hitzung durch strömenden Dampf zu bewirken seL
R Wehmer ((Toblenz).
57. Lehrbnoh der geriohtliohen Medioin; toq
Prof. Fritz Strassmann inBerlin. Stutt-
gart 1895. Ferd.Enka 4. 680 S. (1611k.)
Das neue Lehrbuch des Nachfolgers von Carl
Liman, dessen Andenken dasselbe gewidmet ist,
zerfUlt in einen aügevneinen und einen speddlm
Theil. Im ergterm werden zunächst geschichtlichd
Entwickelung und Unterricht, Amt und Th&tigkeit
des Gerichtsarztes auf Orund der deutschen Stnf-
processordnung, sowie Inhalt und Eintheiiung des
Faches besprochen. Eßerbei wird auch die Be-
urtheilung ärztlicher Liquidationen gestreift und auf
die Begutachtungen von Wohnimgen hingedeutet,
deren nähere Beschreibung sich Str. duidi den
Hinweis auf die wünschenswerthe Mitwirkung eines
bauteohnischen Sachverständigen ersparen zu ken-
nen glaubte. Diese mehr hjgieinischen, dem Ver-
fasser bei seiner Thätigkeit als eines gerichtlicheii
Physicus thatsächlich wohl femer liegenden, weil
von den PölixeiphjBikeni Berlins begutachteten
Verhältnisse sind etwas zu kurz behandelt
Im speeuUen Tkeile werden zunächst die zweaM-
haften geschlechtlichen Verhältnisse erörtert Ob
hier die phantastische Abbildung, wie man sich im
vorigen Jahrhunderte die Genitalien eines wirk-
lichen Hermaphroditen txjrsielUe, in ein praktisches
Lehrbuch hineinpasst, sei dahingestellt ImUebri-
gen ist gerade dieses Capitel durch die Abbildungen
besonders ausfOhrlich gehalten. Bei Beaohreibiing
der Vergehen gegen die Sittlichkeit wird die Be-
deutung einer Untersuchung auf Oonokokken ent-
sprechend gewürdigt, während fOr die Beechreibung
der Bedeutung des Hymen zum Nachweise der
Virginität die werthvoUe Liman 'sehe Sammlung
des Berliner Institutes für Abbildungen entspre-
chend wichtiges Material liefern konnte. Es folgt
ein Capitel über Nothzucht, wobei die Einwirkungen
von Drohungen, Schlaf, Trunkenheit und Hypnose
geschildert werden, femer über die widema^licb
sexualen Verbrechen und die oonträre Sexualität,
jiebst ähnlichen Vorkommnissen. Sodann kommen
Erörterungen über zweifelhafte Schwangerschaft
und Geburt, criminellen Abort u. dgL
Der folgende grössere Abschnitt behandelt die
gewaltsamen Todesarten, und zwar nach allgemeinen
Vorbemerkungen: Erstickung, Verbrennung, Ver-
giftung, Eindesmord, Kunstfehler (Kurpfascher) and
j^nicht tödüiehe" Körperverletzungen: Verletzungen
der Augen, Ohren, Spraohverlust, Hernien, Verfall
in Geisteskrankheit
Als besonders glücklich dürfte diese Bintheilang
oder wenigstens die letzte CapitelüberBohrift kaum
bezeichnet werden. Denn einmal können auch
diese letzteren Krankheiten gelegentlich siun Tode
S o 1 b r i g , Die hygien. Anforderungen ils. w. — Schuschny, Nervosität.
221
fahren ) andererseits würden niehi tOdtliche Ver-
letzungen doch nicht unter die gewaltsamen Ibdes-
arien gehören. Dodi sind dies AeusserUchkeiten,
die vielleicht bei einer neuen Auflage durch andere
Qrappirung des StofTes vermieden werden können«
Im dritten Äbsohniiie werden die zweifelhaften
Qeisteszustftnde besprochen.
ESn alphabetisches Sachregister ist dem in
seinen einzelnen Capiteln etwas ungleich ge-
arbeiteten Buche in üblicher Weise beigefügt. Die
&Q8sere Ausstattung ist vortrefflich.
R W e h m e r (Coblenz).
58. Die bygienlMhen Anforderungen an
ISndliohe Sohnlen. Nebst einem Anhange
über die hygimiaehen VerhäUnisae der länd-
Uehen Sekulen aus vier Kreisen des Begierungs^
hexirkes Liegnüx; von Dr. Solbrig in Lieg-
nitz. Frankfurt a. M. 1895. Joh. Alt 4.
103 S. (3Mk.)
S. hat seiner Arbeit die praktischen Erfahrun-
gen, die er theils persönlich machte, theils aus
Fragebogen an die Schullehrer in 4 Liegnitzer
EreiBen sammelte, zu Grunde gelegt. Diese be-
ziehen sich auf 206 Schulen der Kreise liegnitz,
Hirsofaberg, Orünberg und Hoyerswerda, über die
im 2. Theile der Arbeit näher berichtet wird.
ZunAchst erörtert S. unter Berücksichtigung
der einschlftglichen Literatur und der preussischen
Bestimmungen den Sehulbau im Allgemeinen und
in seinen Nebenanlagen, wobei u. A. der Schul-
gärten, Spielplätze, der Aborte mit ihren oft recht
bedenklichen Schwundgruben, der Brunnen und
Volksschulbäder gedacht wird. Ein weiterer Ab-
schnitt behandelt die innere Mnrickiung, insbeson-
dere die Schulzimmer, wobei u. A. auch einfache
VentUationsvorrichtungen und eingehender die
Sdinlbankfrage, Reinigung der Schulzimmer u.dgl.
besprochen werden. Unter Bygieine des ütUerriehts
▼erden abgehandelt: Schulpflicht, Oeschlechter-
trennung, Körperpflege und Kleidung, ünterrichts-
plan einschliesslich der Pausen, Turnunterricht mit
Spaziergängen und Tumfahrten, Singen, Schreiben,
wobei S. warm für die Steilschrift eintritt, femer
Ferien, Schalstrafen und die praktische Frage einer
Benutzung der Schulzimmer zu anderen Zwecken,
wie Andachten, zumal für die oft recht gefährlichen
Leichenandachten«
Weiter wird der Krankheitschutx besprochen :
Schulkrankheiten unter Beifügung statistischer
Tabellen über Emährungstörungen, Kopfschmerz,
Nasenbluten, Kyphose, Skoliose, Kurzsichtigkeit
^ dgl. Auch die hysterischen Epidemien werden
besehrieben. Bei Besprechung der ansteckenden
Krankheiten wird auch auf die Gefahren für das
Leidiengefolge bei ansteckenden Krankheiten und
die Unsitte einer Bewirthung der Kinder im Sterbe-
hanse hingewiesen.
üeber die schon von Peter Frank 1786 ge-
forderte ärztliche Schulaufsicht wird eine dankens-
werthe Debersicht, besonders bezüglich der ein«
zelnen deutschen Staaten gegeben.
Dabei hält auch S. zur angemessenen Durch-
führung schulhygieinischer Maassnahmen ein ge-
meinsames verständnissvoUes Zusammenwirken von
Arzt und Lehrer für unerlässlich.
Im folgenden speeieüen Theüe sind die hygiei-
nischen Zustände der zu Eingang erwähnten länd-
lichen Schulen unter Vorführung eingehender
statistischer TabeUen über Eintheilung und Schüler-
zahl der Klassen, über Baugrund, Bauzeit und
nähere Einrichtung der Häuser mit ihren Neben-
anlagen, Pissoirs und Aborten, Wasserversorgung
und Einrichtung der Schulzimmer dargelegt Hier-
bei wird auf Fenster, Ventilation, Luftbeschaffen-
heit, Subsellien, Reinigung näher eingegangen und
schliesslich auch die Frage des Weges zur Schule
und zum Gonfirmandenunterrioht behandelt.
Besonders erwähnt wird, dass in mehreren
Schulen die Kinder warmes Frühstück, in einer
auch die armen Schuhwerk im Wege der privaten
Wohlthätigkeit erhalten. B. Weh m er (Coblenz).
59. Uebor die Nervooit&t der Sohtüjngend ;
von Prof. Heinrich Schuschny in Buda-
pest Jena 1895. Qust Fischer. Or.8. 3 IS.
(75 Pf.)
Nach kurzer Einleitung über die Gründe der
Nervosität unseres Jahrhunderts weist Seh. im
1. Capitel darauf hin, wie die Frage, ob der Schüler
schon die nervöse Disposition mit in die Schule
bringe, bei der Schwierigkeit ordentliche ana-
mnestische Daten zu erhalten, sich nicht direkt be-
antworten lasse. Da er aber bei 49.5<^/o der Schüler
die bekannten Entartungsanzeichen an Schädel, Ge-
sicht u. s. w. fand, so dürfe man, wenn sich auch
beides nicht decke, doch eine ähnliche Zahl für die
nervöse Belastung annehmen. Von den Schülern
mitgebrachte Syn^tome der Nervosität, wie ab-
norme Pupillenweite, PupillendiflSerenz , mangel-
hafter Lidschluss, Steigerung des Patellarreflexes,
Sprachstörungen, Zittern der Hände, Kopfschmerzen
fand Soh. bei 51.7<^/o der Schüler, und zwar bei
46.4*/o der 4 unteren und bei 57o/o der 4 oberen
Klassen; Kopfschmerzen waren von jenen bei
18.4<>/o, von diesen bei 46.5^/^ habituell vorhanden.
[Haben hier die Schüler nicht auch übertrieben?
Bef.]
Erzeugt werden Disposition und Symptome
nach Sch.'s Ansicht, abgesehen von Heredität und
häuslicher verkehrter Erziehung (z. B. zu früh-
zeitigem Genuss von Alkoholicis), besonders durch
einen im Vergleiche zur Körperconstitution zu
frühen Beginn der Schulpflicht, durch unnöthige
Hausaufgaben und den hierdurch bedingten Mangel
an Bewegung in freier Luft In der Schule sei die zu
grosse Anzahl verschiedener Fachlehrer, von denen
jeder für sein Specialfach einseitig zu viel fordere,
femer die zu grosse Schüleranzahl der Klassen
nachtheilig. Auch hätten die Schüler zu wenig
222
Bettig, Neue Sobulbank. — Schlockow, Der preussische Pbysikus.
freie Zeit und der zur Erholung bestimmte Tum-
Unterricht sei meist verkehrt, daher bei den Schülern
unbeliebt und unhygieinisch. Es sei besonders auf
Jugendspiele WerÜi zu legen, um Kraft und Selbst-
vertrauen zu heben. Weiter wird auf die ungenü-
gende Schlafdauer, die Onanie und die missbrftuch-
liohe Darreichung geistiger Getränke „zur Kräf-
tigung^^ hingewiesen.
Zur Verkind&rung dar Nervosität verlangt Soh.
in näher angegebener Weise : rationelle Erziehung
und Ernährung, Abschaffung des Fachlehrersystems,
besonders in den unteren Klassen, Verminderung
der Hausarbeit, Verlängerung der Zwischenpausen,
Beform des Schulplanes für Mittelschulen ; femer
empfiehlt er zweckmässig geleitete Internate,
grossere Sorgfalt für Turnunterricht unter stärkerer
Betonung der Jngendspiele, des Schwimmens, der
Ausflüge und des Handfertigkeitsunterrichtes. An-
dererseits sei die Institution der Schulärzte zu
fördern. Unter die obligatorischen Lehrgegen-
stände der Mittelschule sei Hygieine aufzunehmen
und in das Examen für den höheren Lehrberuf
die Schulhyg^eiiie als Früfungsgegenstand einzu-
fügen. B. W e h m e r (Coblenz).
00. Nene Sohulbank; von W. Bett ig, städt.
Oberbaurath zu München. Leipzig 1895.
Leipziger Lehrmittelanstalt von Dr. Oscar
Schneider. 62 S.
Die neue, in einer Klasse des Eöllnischen Gymnasium
zu Berlin bereits eingeführte und bei P. Joh, MüUer^
Berlin W., Behrenstrasse 54 zu beziehende Schulbank ist
zweisitzig und hat keine beweglichen Tbeile, beansprucht
aber trote der vermehrten Zwischen^ge bei ihrer Auf-
stellung keine grössere Saaltiefe als die mehrsitzigen
B&nke. Sie ist am Boden mit besonderen, durch Schlüssel
leicht zu lösenden Klemmschrauben an ihrer vom Fenster
abgewendeten Seitenwand so befestigt, dass sie umgelegt,
und dass dadurch der Saalboden zum Zwecke seiner
Säuberung jederzeit freigelegt werden kann. Die Tinten-
fösser sind so construirt, dass sie bei diesem umlegen
der Tische nicht auslaufen. Dabei ist die Anordnung
derart, dass keine Buik ohne die vorhergehende umgelegt
werden, ihre Aufstellung also von Unbefugten nicht ge*
stört werden kann, üebrigens ist die Befestigung am
Fussboden so einfach, dass mit Leichtigkeit jede einzelne
Bank durch eine andere, z. B. von anderer Grösse ersetzt
werden kann. Die Bank hat ferner einen um 19.5 cm
gegen den Fussboden erhöhten durchbrochenen Rost aus
einem Stück für die Fasse der Schüler. Diese Erhöhung
des Rostes — und dementsprechend von Bank und Tisch
ermöglicht es, dass der Lehrer sich namentUch auch zu
den kleinsten Schülern nicht zu sehr herabzubüoken
braucht, und dass der für längere Zeit stehende und zu
diesem Behufe aus der Bank heraustretende Schüler
seinen Hintermann nicht verdeckt. Das ganze Subsellium
ist zusammenhängend gefertigt, Tisch mit dazu gehöriger
Bank, die ihre feste Lehne hat, durch den den Fussrost
tragenden Stollen fest verbunden, so dass jede Bank, im
Gegensatze zu den amerikanischen, als erste, letzte oder
mittlere benutzt werden kann. R.'s Subsellium hat femer
einen engen Lehnenabstand und eine dem ganzen Tische
panülelgehende, in fester Null- oder Minusdistanz ange-
brachte schmale Sitzbank, so dass die Schüler beim
Sitzen nicht vorrücken können.
Die neue Schulbank, über deren „schulische'', ge-
sundheitliche, bauUche und wirthschaftliche Vorzüge
44 Leitsätze näheres ergeben, wird in 10 Gröisen, von
denen aber praktisch wohl nur die 8 mitderen, und zwtr
für Schüler zwischen 109—181 cm in Betracht kommss,
zum Preise von 21 bis 22 Mk. 75 Pf. hergestellt
R Wehmer (Coblenz).
6 1 . Der preuBBiBOhe PhysikaB. ÄtUeäung mm
Physikataeocamen , zur Oesekäflsfukrung der
Medicinatbeamten und zur Saehversiändigerh
Thaiigkeü der Aerxte; von Scblockow.
Vierte vermehrte Auflage. Bearbeitet voa
Dr. E. Both in Oppeln und Dr. A. Lepp-
mann in Berlin. Berlin 1895. Ric^üd
Schoetz. Gr. 8. 2 Bände. 519 u. 311 S.
(22 Mk.)
Schon der Umstand, dass seit 1886 jetzt die
4. Auflage des vorliegenden Buches erforderlich
wurde, spricht für seine Beliebtheit und Yortreff-
lichkeit. Die Bearbeitung ist in denselben Hftnden,
in welche die der 8. Auflage nach Schlookow's
Tod gelegt wurde, geblieben. Auch die sonstige
bewährte Einrichtung des übersichtlich gehaltenen
Werkes blieb unverändert. Der 1. Band behandelt
die Thätigkeit des Physikus als Yerwaltungs-
beamten, der zweite die als G^ohtsarztes.
Im ersten Bande werden zunächst die Organi*
sation desMedicinalweBens von derCentralbehÖrde
an und die Medidnal- und Sanitätspolizei abge-
handelt, femer das Apotheken wesen , wobei den
durch den Hinisterialerlass vom 16. Deoember
1893 veränderten Bestimmungen besonders Rech-
nung getragen ist, femer die Drog^enhandlungen,
deren Besichtigungen am 1. Februar 1894 neu
geregelt wurden, weiter das Hebammenweeen,
Heildiener, Krankenhäuser, Oesundheitschntz der
Kinder (Schulhygieine) , Nahmngs- und Qenuss*
mittel. Bei dem Gapitel der Infektionskrank-
heiten haben gegen die 3. Auflage die zahlreichen
zur Abwehr der Cholera erlassenen Yerordnungen
entsprechend Berücksichtigung erfiahren; ebenso
sind auch die Vereinbamngen der internationalen
Sanitäts-Gonferenz zu Dresden hier angefahrt Im
Weiteren werden das Leichen- und Begräbnisa*
wesen und die gewerblichen und industriellea
Anlagen, einschliesslich Kranken- und ünfallver-
Sicherungsgesetz besprochen. In einer dieser Ab-
theilungen könnte bei einer neuen Auflage viel-
leicht das Abdeckereiwesen, zumal es doch nicht
eine rein veterinärpolizeiliche Angelegenheit ist,
etwas eingehender gewürdigt und eine beispiel*
gebende Folizeiverordnung angeführt werden kön-
nen. Endlich haben hier Wohnplätze und Woh-
nungen, Gast- und Schankwirthschaften , Kost-
und Quartiergängerwesen, Gefängnisse und die
verwaltungsreohtliche Seite des Irrenweaens Be-
rücksichtigung gefunden.
Der xumte Band behandelt die gerichtliche
Medicin und Psychiatrie.
Zur Erhöhung der praktischen Braudibarkeit
des Buches, zumal für die Yorbereitung der Phy*
sikatsexaminanden , dienen die jedem Bande in
einem Anhange beigefügten Beispide von Attesten,
Eyff. — Qrosse. — van Bebber.
223
(hiaohien, Berichten fQr die wichtigsten nnd am
häufigsten yorkommenden Einzelfälle. Ausserdem
ist jedem Theile ein alphabetisches Saehregisto',
dem xweiten anch ein mit dem 14. April 1895
abeddieesendes chronologisches Yerzeichniss der
geeetzÜGhen und ministeriellen Bestimmungen bei-
geÄgt
Das Yortreffliohe Buch wird weiter die ihm
gebflhrende Verbreitung finden.
R. W e h m e r (Coblenz).
62. Das Fhysikatsezamen. Gang der Prü-
fung und praktische EaihsMäge für dieselbe ;
von Dr. M. Eyff in Nimptsch in Schlesien.
Berlin 1895. Bichard Schötz. Gr. 8. 20 S.
(80 Pf.)
Wer wie der Referent oft in die Lage kam,
infragen über Bestimmungen und Gang des Physi-
katsexamens zu beantworten und die häufigen Brief-
lasteoanfragen hierüber in den ärztlichen Zeit-
schriften beachtet, wird ein Bedürfniss für eine
kleine Schrift wie die vorliegende gewiss zugeben.
Sie bringt in angemessener Weise die verschiedenen
Bestimmungen ihrem Wortlaute nach und führt
dem Ezamencandidaten an deren Hand den ganzen
Ton ihm zurückzulegenden Prüfungs weg vor. Hier-
bei wird der unerlässlich wichtigsten Lehrbücher,
untar Anderem auch der Wichtigkeit der Zusammen-
fitellongen unserer Jahrbücher, gedacht, andererseits
initfiecht darauf hingewiesen, wie wenig gewöhn-
lich die Literatur genügt, die einzelne Buchhand-
loBgen zur Bearbeitung der schriftlichen Themata
iie/ern. Weiter wird die Prüfung selbst auch in
ibren kleinen Aeusserüchkeiten zum Theil in an-
genehmem Plaudertone geschildert und werden
die wichtigsten Yorbereitungscurse in Berlin an-
gefahrt
[Um übrigens Missverständnisse zu verhüten,
lei hier bemerkt, dass «einmonatige Nachfristen
(S. 11) für Ablieferung der schriftlichen Arbeiten
&8t ms gewährt werden, sondern nur 2 — 3- und
höchstens 4monatige. Bef.]
R W e h m e r (Coblenz).
63. Die Be»tlminiiTigen der Beiohsgewerbe-
ordnaiii^ über die Ausübiing der Heil-
kimde. MüderiBekimfUma4!hungendesBundes*
raths, betreffend die ärxüdchen Prüfungen j sowie
emer. JSnt&äieidung des Beichsgerichis, heraus-
geg. u. er! von Dr. Joh.Gro8se in Dresden.
Mit ausfflhrL Sachregister. Leipzig 1895.
Alexander Edelmwn. Gr. 8. 49 S. (1 Mk.
50 Pf.)
Man sollte die vorliegende, anscheinend trockene
Zoammenstellung der einschläglichen Gesetzes-
bestimmungen und Reichsgerichtsurtheile Jedem
zur Warnung vorhalten, der jetzt noch den Muth
liat, Medicin zu studiren. Dabei sind die Eranken-
bnengesetze noch nicht einmal erwähnt, sondern
lediglich die allgemeinen Bestimmungen der Ge-
werbeordnung über Gewerbebetrieb, Taxen, Straf-
bestimmungen, ferner die Bekanntmachungen des
Bundesrathes über die ärztliche Prüfung. Von ganz
besonderer Wichtigkeit ist das am Schlüsse ange-
fügte Beichsgerichtserkenntniss vom 81. Mai 1894,
durch das ein Arzt wegen vorsätzlicher Körper-
verletzung bestraft wurde, der einem an tuber-
kulöser Vereiterung der Fusswurzelknochen leiden-
den Kinde gegen den Willen des Vaters den Fuss
amputirte.
Die Aerzte besitzen (S. 4) nach einem anderen
Erkenntnisse als einzigstes Privileg nur noch die
Impfung. Sonst stehen sie, von ihrem Titel ab-
gesehen, auf dem Gebiete der Krankenbehandlung
den Nichtärzten, die sich zur Mitwirkung berufen
fühlen, gleich. [Dies geht insofern etwas zu weit,
als die übergrosse Mehrzahl der deutschen Ver-
u'oftun^tfbehörden, auch jüngst der bayerische Ver-
waltungsgerichtshof, sich dahin erklärten, dass
unter der im Krankenkassengesetze vorgeschrie-
benen „ärziUeken Behandlung^' die Behandlung
„durch einen Arxi^' zu verstehen sei. Ausserdem
hätten die vielfachen Erkenntnisse über die ai*zt-
ähnlichen Titel (eine Crux für alle Kurpfuscherei
treibenden Personen) etwas näher angeführt werden
können. Ref.] B. W e h m e r (Coblenz).
64. Hygienische Meteorologie. Für Äerxie
und Naturforscher; von Prof. Dr. W. J. van
Bebber. Stuttgart 1895. Ferd.Enke. Gr. 8.
X u. 330 S. mit 42 in den Text gedruckten
Abbildungen. (8 Mk.)
van Bebber, ein Meteorolog von hervor-
ragender Bedeutung, hat es unternommen, die Be-
ziehungen der Meteorologie zur Hygieine, der
Witterungserscheinungen und des Klima zu den
Gesundheitsverhältnissen des Menschen in über-
sichtlicher Weise zusammengefasst darzustellen,
und hat seine Aufgabe in vorzüglicher Weise ge-
löst Naturgemäss liegt der Schwerpunkt des
Buches in dem meteorologischen Theile desselben,
der eine meisterhafte Darstellung der Meteorologie
enthält, wobei v. B. sich überall bemüht hat, die
meteorologischen Angaben nach Maassgabe des
vorhandenen Materials so viel als möglich den
Wünschen der Hygieiniker anzupassen. Die Dar-
stellung ist durchaus gründlich und übersichtlich ;
an manchen Stellen, so besonders bei der Be-
sprechung der physikalischen Eigenschaften und
der Bestandtheile der Luft, könnte es vielleicht
scheinen, als ob eine so gründliche Erörterung der
Grundelemente für den Leserkreis, für den das
Buch bestimmt ist, nicht nöthig gewesen wäre,
weil bei Aerzten und Naturforschem wohl die
elementaren physikalischen und chemischen Grund-
lagen als bekannt vorausgesetzt werden dürfen,
doch sind diese Angaben nicht durchaus über-
flüssig; besonders möchte Bef. in dieser Beziehung
das, was v. B. über den Nachweis und die Bedeu-
tung des Ozons sagt, als beherzigenswerth hervor*
heben.
224
B a a 8 , Die geschichÜlohe Entwiokelaiig dea ftrztllehen Standes.
Die einzelnen Capitel des Buches enthalten:
die physikalischen Eigenschaften der Luft, die Be*
standtheile der Luft (wobei auch der Staubgehalt
und die Mikroorganismen Berücksichtigung finden),
die Temperatur (strahlende Wärme, Luftwärme und
ihre Veränderungen und Yertheilung^ Bodentempe-
ratur), Niederschläge, Gewitter, Luftdruck und
Wind, Wetter und Klima (dabei eine Torzügliohe
und instruktive, durch gute Illustrationen erläu-
terte Darstellung der Zugstrassen der Depressionen)
und das Klima (Land-, See-, Höhenklima, Bedeu-
tung des Waldes, Klimazonen). Diesen einzelnen
Gapiteln sind anhangweise die hygieinischen Er-
(Jrterungen beigefügt, die die Respiration, die Be-
deutung der einzelnen Luftbestandtheile für den
Organismus, die hygieinische Bedeutung der
Wärmeerscheinungen (einschliesslich der Boden-
temperatur), der Niederschläge, der Luftbewegun-
gen und des Klimas behandeln. Sind auch die
Angaben v. B.'s über die Einwirkung der Wit-
terung und ihrer einzelnen Faktoren auf den
mensdilichen Organismus nicht durchaus einwand-
frei und keineswegs alle so feststehend, wie es
nach seiner Darstellung den Anschein gewinnen
könnte, so verdienen doch das Geschick und der
Fleiss, mit dem v. B., der selbst nicht Arzt ist und
deshalb ganz besondere Schwierigkeiten dabei zu
überwinden hatte, der die reichliche Fülle des seinen
Angaben zu Grunde liegenden Materials gesammelt,
geordnet und für seine Zwecke zu verwerthen ge-
wusst hat, volle Anerkennung und eine kritische
Sichtung und Erweiterung dieses Theiles des Arbeit
von berufener ärztlicher Seite, dürfte eine werth-
volle Bereidierung unserer Kenntnisse von der
Wirkung der Witterung auf den Menschen ver-
sprechen.
Jedenfalls ist das mit instruktiven Abbildungen
und Tabellen reichlich ausgestattete Buch nicht
blos dem Hygieiniker von Fach, sondern jedem
praktischen Arzte zu empfehlen, für den es einen
reichen Schatz von Interessantem und Wissens-
werthem enthält Walter Berger (Leipzig).
65. Die gesohiohtliohe Entwiokelnng des
ärstllohen Standes und der medioiniBohen
Wiasensohaften ; von Dr. J. Herrn. Baas.
BerHn 1896. Wreden. Gr. 8. (11 Mk.)
Gerade im letzten Jahrzehnt hört man so häufig
Klagen über Vernachlässigung des Studium der
Geschichte der Medicin von Seiten der Aerzte und
Stttdirenden. Verschiedene Gründe hat man für
diese betrübende Thatsache angeführt, in erster
Linie die üeberbürdung der Studirenden mit der
Unmasse praktischen Lernmaterials in unserer spe-
cialistischen Zeit. Das ist zweifellos richtig und
für den Kenner der heutigen Studienverhältnisse
durchaus einleuchten d. Man darf jedooh au<& nidit
übersehen, dass die Lehrmethode vieler Doosatea
dieses Faches, ebenso wie die Behandlung dieses
Gegenstandes in einzelnen Lehrbüchern in ihrer
Trockenheit und Einseitigkeit nichts weniger als
geeignet ist, die Jünger der Wissenschaft zu fesseln.
Letzteren Vorwurf kann man nun dem Autor unseres
Buches in keiner Weise machen. Seine genetisch-
culturgeschichtliche Auffassung, von der das ganze
Bach durchdrungen ist, hat ihn glücklicher Weise
davor bewahrt; die Erkenntniss, dass alle Erschei-
nungen auf dem Gebiete derGeisteswissenschafteQ
aus ihrer Zeit und deren Geist heraus erklärt und
beurtheilt werden müssen, hat ihn allenthalben
geleitet Das ist einer der Hauptvorzüge des YQ^
liegenden Werkes.
B. hat es femer gut verstanden, die Ergebnisse
der mannigfachen, in den letzten Jahrzehnten mäfllt
von Aerzten selbst unternommenen Forschungs-
reisen für die Geschichte der prähistorischen Medi-
cin, insbesondere der altegyptischen und vorde^
asiatischen, zu verwerthen. Es ist ja bekannt, in
welchem Maasse die Bedeutung der beiden letz-
teren im Vergleich zu der altgriechischen in Folge
der hochwichtigen Funde in Egypten und Vorde^
asien in unserer Zeit gewachsen ist
Da, wie B. in der Vorrede sagt, jede g^ebene
Entwickelungstufe einer Wissenschi^ bedingt ist
durch den erlangten Bildungsgrad, das Ansehen
und die materiellen Verhältnisse ihrer Vertreter,
so hat er (und wie man gern anerkennt, mit
Glück) der Betrachtung der einzelnen Epochen eine
Würdigung der jeweiligen Bildungsmittel und
jener äusseren Verhältnisse unseres Standes vonn-
gestellt
Es bedarf keiner Erwähnung, dass hierzu nur
eine gediegene Kenntniss der Geschichte der Ciri-
lisation der einzelnen Völker und der mannigfiuii-
sten Hülfswissenschaften befähigt. Dazu kommt
eine klare, Wichtiges von Nebensächlichem tren*
nende Darstellungs weise, welche dabei dnrcfaaas
nicht lehrhaft oder trocken wird.
So ist es B. geglückt, auf kleinem Batune etos
Universalgeschichte des ärztlichen Standes und
der medicinischen Wissenschaften zu schreibeB,
die den Aerzten und besonders auch den Stodiren*
den auf das Wärmste empfohlen sei.
Das Buch ist einem hervorragenden praktischea
Arzt, Prof. Biedert in Hagenau, gewidmet Und
das mit Recht Denn gerade unter den praktischea
Aerzten, die sich vor Jahren (1876) an dem treff-
lichen „Grundrisse^' des Vfs. erfreuen durften, ge-
niesst B. besonderes Ansehen. Sie sind ihm fOr
die vorliegende anregende Lektüre von Neuem zu
Dank verpflichtet
L. Auerbach (Frankfurt a. ILX
JAHKBOCHEß
der
In- und ausländischen gesammten Medicin.
Bd. 349.
1896.
j^ a
A. Auszüge.
I. Medicinische Physik, Chemie und Botanilc.
379. üeber die Eiweisskörper des Maskel-
plam*; YonDr.Otto v.Fürth. (Arch.f.experim.
Pathol. a. Pharmakol. XXXVI. 3 u. 4. p. 231. 1895.)
Zar Qewinnung des Huskelplasma wurdeii
ineist Eaninchen unter gleichzeitiger Infusion
Untwanner physiologischer Kochsalzlösung ent-
blutet und nach dem Tode wurden die Hinterbeine
T(m der Aorta ans vollständig mit Kochsalzlösung
Tom Blute befreit, die abgelösten Sf uskeln mit dem
Wiegemesser zerkleinert und mit O.Gproa ClNa-
liOsimg unter Zusatz von Bimsstein zerrieben,
daon ausgepresst.
Aus dieser Lösung gewann v. F. das j,P<xrar
mtmnoQen'' sowohl durch Dialyse, als auch durch
fiiktionirte Fällung mit Ammonsulphat. Beson-
ders hervorzuheben ist seine Tendenz, sich schon
bei gewöhnlicher Temperatur in eine fibrinfthnliche
Xodifikation, das „Myosinfibrin", das unlöslich ist,
unznwandeln. Nachdem durch Dialyse das Para*
Byosinogen abgeschieden und durch kurzes Er-
Idtzen auf 52® G. auch die noch in Lösung geblie*
beoen Beete durch Coagulation entfernt waren,
«Bthielt das Fitrat nur noch „Myosinogen'', das in
gelöstem Znstande sich zwar auch verändert, aber
licht wie das Paramyosinogen direkt in die unlös-
liche Fibrinmodiflkation übergeht, sondern in einen
Ifidichen Eiweisskörper, der schon bei 4S^ coagu-
liit, während die eigentliche Coagulationtemperatur
d« Myosinogens erst bei 55 — 66<> C. liegt Diese
bei 40® gerinnende Modifikation bezeichnet v. F.
^tJßMAeaMffogenfibrin''. Frische Froschmuskeln
enthalten meist erhebliche Mengen davon, während
es im Warmblütermuskel nur sehr spärlich vor-
kommt, denn es stieg kaum je über l®/o der Qe-
nmmteiweissmenge des Muskelplasma.
Die Umwandlung des Myosinogens zu Myogen-
ftbrm erfolgt bei höherer (30— 40*C.) Temperatur
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 3.
erst sehr rasch, dann immer langsamer. Der Um-
wandlung förderlich ist femer die Gegenwart von
Neutralsalzen. Für die Angabe Halliburton's,
dass bei der Bildung von Myogenfibrin Säure ent-
stehe, konnte v. F. in seinen Beobachtungen keinen
Anhaltepunkt finden. Das quantitative Yerhält-
niss, in dem Paramyosinogen zur Menge des Myo-
sinogens steht, ist annähernd wie 1:3 bis 1:4.
Zum Schlüsse betont v. F., dass das „Para-
myosinogen" Halliburton 's nichts Anderes als
das Myosin Kühne 's, das Globulin des Muskel-
plasma ist, das mit besonderer Neigung zur Um-
wandlung in eine unlösliche Modifikation begiU)t
ist Statt der Namen Halliburton's hält es
V. F. für rathsamer, den alten „Myosin" beizu-
behalten für das Globulin und „Myogen" zu nennen
die durch Dialyse nicht ausfallenden Biweiss-
bestandtheile des Muskelplasma. Die spontane
Gerinnung des Muskelplasma vollzieht sich also
nach folgendem Schema :
Myosin
I
Myogen
Myosinfibrin (unlöslich) Lösliches Myogenfibrin
Myogenfibrin (onlöslioh).
H. Dreser (Bonn).
380. Proteoses in seroas efifbsions; by
W. D. Halliburton and P. C. Colls. (Jounu
of Pathol. and Bacteriol. HI. 3 ; July 1895.)
Die Untersuchung einer grossen Anzahl von
serösen Flüssigkeiten hatte vor einigen Jahren
Halliburton zu dem Ergebniss geführt, dass
sie alle, mit Ausnahme der Cerebrospinalflüssig-
keit , weder Albumosen , noch Pepton enthielten.
DagegenbehauptetneuerdingsGillespie, beider
Untersuchung von 22 serösen Flüssigkeiten ver-
schiedener Herkunft (Pleura-, Ascites-, Oedem- und
Amnios- Flüssigkeit) jedesmal Albumosen und iu
29
226
L Hedidnische Physik, Chemie und BotaniL
17 von den 22 Fällen auch Pepton gefunden zu
haben, einige Male nur in Spuren, andere Male so
reichlich, dass er quantitative Bestimmungen aus-
itlhren konnta Er vermuthet, dass Albumosen
und Pepton der Wirkung proteolytischer Fermente
auf die Eiweisskörper der serOsen Flüssigkeit ihre
Entstehung verdanken ; da das einzigeproteolytische
Ferment, das man im Blute findet, das Pepsin,
jedoch nur in saurem Medium wirksam ist, so ist
diese Entstehung schon unwahrscheinlich. Eine
Nachprüfung der Versuche Öillespie's hat aber
ergeben, dass auch sein Befund von Albumosen
und Pepton auf einem Irrthum, ermöglicht durdi
Verwendung fehlerhafter und unzulässiger Metho-
den, beruht. Weder Devoto's Methode, noch
die Coagulation des Eiweisses durch Siedehitze
geben einwandfreie Resultate, allein die Coagula-
tion mit Alkohol und mit Trichloressigsfture führt
nicht zu gleichzeitiger Bildung von Albumosen und
Pepton und schützt so vor Versuchsfehlem. Mit
diesen Methoden aber untersucht, zeigten sich
Hydrocele-, Ascites- und Pleura-Flüssigkeiten in
der That frei von Albumosen und Pepton.
Weintraud (Breslau).
381. Ueber da« Vorkommen der Para-
milcha&iire in normaler Perikardialflüsaigkeit ;
von C. Külz. (Ztschr. f. BioL XXXII. 2. p. 252.
1895.)
Bei VerarbeituDg von oirca 8 litem Perikardial-
flüssigkeit (von 186 gesunden frisch geschlachteten Och-
sen) gewann E. dorch Aetherextraktion der enteiweissten
Flüssigkeit einen saueren Syrup, der bei Behandlung mit
Zinkcarbonat 1.7 g eines weissen Salzes lieferte. Die
Untersnchung der mehrfach umkrystallisirten Substanz
(polarimetrischeBestimmnng^EryBtall Wasserbestimmung,
Elementar -Analyse) erwies sie als fleischmiiohsaares
Zink. Weintraud (Breslau).
382. The iutravaaciüar ooagolation pro-
duoed by ayntheaised oolloida; byW. D. Hal-
liburton and J. W. Pickering. (Joum. of
Physiol. XVIin. 4. p. 285. 1895.)
Orimaux hatte künstlich drei colloide Sub-
stanzen dargestellt, die sich fast genau wie Eiweiss-
körper verhalten. Diese Substanzen waren durch
Wasserentziehung und Condensation aus Met-
amidobenzoSsäure , sowie durch Einwirkung von
Ammoniakgas auf Asparaginsäure- Anhydrid ent-
standen.
H. u. P. fanden, dass intravenöse Injektion
dieser Substanzen bei verschiedenen Thieren Blut-
gerinnung innerhalb der Gefässe hervorruft. Diese
Substanzen wirken aber weder zerstörend auf Oe-
ilüssendothelien, noch auf rothe Blutkörperchen ein.
In ganz geringen Dosen injicirt, verzögern diese
synthetischen Colloide die extravaskuläre Blut-
gerinnung (bei Hunden). Bei Eaninchenalbinos
bewirken sie überhaupt keine Blutgerinnung.
Kohlensäure, sowie lösliche Ealksalze begünstigen
die coagulirende Wirkung.
Die Wirkung dieser Substanzen kann nicht in
ihrer colloidalen Beschafifenheit liegen, sondern
muss in ihrer chemischen Constitution gesudit
werden. Denn Seifenlösung, wie Olyoerin, ob-
gleich Colloide, bewirken keine Gerinnung. Seife
und Glycerin bewirken bei ihrer Injektion Leuko-
lyse — also ist es unwahrscheinlich, dass die
coagulirende Wirkung der synthetischen Colloide
auf Leukolyse (und dadurch Freiwerden von
NucleoproteXden) zu beziehen ist
Die synthetischen Colloide zeigen in ihrer Wir-
kung grosse Aehnlichkeit mit den früher unter-
suchten Nucleoprotelden.
Y. Lehmann (Berlin).
383. Boroh welchen Bestandthaii der
lebendigen Zellen wird die TeUuraaure redn-
Birtf von J. L. Beyer. (Arch. f.Anat u«Phyttol.
[Physiol. Abth.] 3 u. 4. p. 225. 1895.)
Nach Einverleibung telluriger oder telluisani«r
Alkalien enthalten bei Hunden sftmmtliche Exkrete
das stark stinkende Tellurmethyl. Bei der Sektion
der Thiere finden sich zahlreiche Organe dorch
Einlagerung mikroskopisch feiner EGmchen, die
sich als metallisches Tellur erweisen, mehr oder
weniger tief geschwärzt Hofmeister hatnadi-
gewieeen, dass meist zuerst das Tellur metalÜBch
abgeschieden wird und dann erst die Methjl-
Verbindung entsteht. In ihrer Bef&higung tu
redudren, unterscheiden sich die verschiedenei
Organe; auch die Methylirung einzuleiten, sind
sie in verschiedenem Orade beAhigt
B. hat eine grössere Versuchsreihe an Hundea
und Kaninchen mit tellursaurem Natron angestelit
(in 7prom. Na01-L5sung intravenös in Doeen von
25 — 30 mg pro Kilogramm Hund). KaninoheD
sind viel empfindlicher gegen das Oift, offenbar
weil ihr Blut alsbald nach der Injektion lAckiarben
wird. Die Yergiftungserscheinungen , sowie die
Veränderungen des Urins sind im Original nach-
zulesen.
Die mikroskopische Untersuchung der Oigane,
der B. seine besondere Sorgfalt widmete, ergab:
1) Das aus der Natron Verbindung abgespaltene und
seines Sauerstoffs beraubte Tellur lagert sich mit
strenger Auswahl, unter Ausschluss aller fibrigen,
in speoifisch gebauten Elementarformen ab. 2) Von
einer grösseren Zahl gleichartiger, mit Tellur beleg-
ter,dicht zusammengelagerter Elementarformen sind
stets nur einzelne von dem Tellur betroffen worden,
andere davon frei geblieben. 3) Abgelagert ist das
Tellur auf beschränktem Gebiete innerhalb der
Kerne der Ganglien-, Leber-, Pankreas-, Lab-,
Krypten-, HamkanAlchen-, Sarkolemm-, Lymph-
und Knochenmarkzellen. 4) Das Protoplasma von
Zellen, in denen, dem physiologischen Verhalten
nach, ein lebendiger chemischer Umsatz anzuneh-
men ist, belegt sich reichlich mit Tellur; dahin
z&hlt das Protoplasma der Fundus- und Pankraas-
zellen, das der Leukocyten. Auch im I^vtafdama
der Zellen, deren Kern vom Tellur besetzt wiid,
findet sich das reducirte Metall, aber spfirüch und
n. Anatomie und FhjBiologia
227
meist fehlt es dort auch dann, wenn die Kerne er-^
ffdSea sind. 5) In und zwischen den Kernen der
quergestreiften Muskeln lagert sich das Tellur auf
engb^^nzte Orte ab. Unter Vermeidung der iso-
tropen lagert es sich auf die anisotropen Stoffe und
im Sarkoplasma nur auf die Granula AI tmann 's.
Bei Versuchen mit selenigsanrem Natron Hessen
sieh in den Organen, erst nachdem sie einige Wo-
chen in Alkohol gelegen hatten, NiederschlAge von
metallischem Selen nachweisen, und zwar an ana-
logen Stellen wie bei den Tellurversuohen.
Welche der in den Mementarformen enthaltenen
Molekflle dieTeUorsäure redudren, bleibt zunftchst
unbekannt; in erster Linie wird man die in den
lernen oithaltenen chemischen Molekflle in Be*
tracht zu ziehen haben. Weintraud (Breslau).
384. Ueber die Verarbeitung rabontan in-
jieirter Ajnmonaalae im Thierkdrper ; von E.
Hünzer u. H. Neustadtl. (Ztschr. f. Heilkde.
XVI. 4. p. 349. 1895.)
Wird kohlensaures Ammon per es in den Thier-
kOrper eingeführt, so wird das Ammoniak zu Harn-
stoff verarbeitet und als solcher durch den Harn
ausgeschieden. Von Ammonsalzen, die auf an-
derem Wege als per os in den Körper eingeführt
wurden, war es bisher noch unentschieden, in wel-
cher Weise sie zur Verarbeitung gelangen. Die Ver-
suche von M. und N. zeigen, dass beim Kaninchen
nach subcutaner und intraperitonäaler Injektion
von kohlensaurem Ammon trotz g^ter Resorption
der injicirten Flflssigkeit kein Ammoniak im Urin
auftritt, und dass auch in der Exspirationsluft und
in den Fftces das injicirte Ammoniak nicht nach-
zuweisen ist Der Kaninchenorganismus besitzt
also ein ausserordentlich weitreichendes Vermögen,
subcutan eingefOhrtes Ammoncarbonat weiter zu
verarbeiten. Da nach den Injektionen der Stick-
stoffgehalt des Harnes vermehrt war, so scheint es
wohl möglich und die Annahme naheliegend, dass
das injicirte Ammoniak als Harnstoff zur Ausschei-
dung gelangta Weintraud (Breslau).
II. Anatomie und Physiologie.
385. Ueber daa Waehathnm des Fett-
gewebes ; von M. 8 c h e i n. (Wien. klin. Wochen-
ichr. Vin. 35. 1895.)
Von der Thatsache ausgehend, dass die letzte
ümche des Fettgewebewachsthums eine lebhaftere
finährung des Fettgewebes ist, gelangt Seh. zu
dem Schlüsse, dass in einem fettgewebehaltigen
fiaume, der wechselndes Volumen und wechselnde
Spannung zeigt, das Fettgewebe proportional diesem
Wiechsel des Volumen und der Spannung zum
Vachethume gelangt; daher die besondere Neigung
gBviss« K^brperstell^i zur Fetthypertrophie, z. B.
te Bauchdeoken, d^ Qelenkbeugen, derSubserosa
fa Perikards. Ist ein solcher Wechsel des Volu-
men und der Spannung ausgeschlossen, so steht
das Wachsthnm des Fettgewebes still ; daher die
grosse Seltenheit der Fettgeschwulst an solchen
Kfirperstellen, z. B. der behaarten Kopfhaut, der
Mma manus und Planta pedis. Die lockeren
Mengeweberftume zwischen den Organen des
»e&schlichen Körpers und innerhalb derselben wer-
doD dadurch, dass Druck, Spannung, Schlag, Stoss
u* 8. w. hauptsächlich in ihnen zur Wirkung kom-
iKD, zu einem wichtigen Schutzmittel desKOrpers
sogen mechanische Einwirkungen.
Teichmann (Berlin).
386. 1) Ueber eigenthümliohe Waöhsthums-
n»glnge in den Mnakeln ; von J. G a u 1 e. (Deut-
Kke med. Wchnschr. XXI. 44. 1895.)
2) Der Einfloss des Nervensystems auf die
Wtdhsthnmserschelnnngen in den Mnskeln;
nmJ. Gaule. (Ebenda.)
1) Bei seinen zahlreichen Versuchenam M. biceps
to Kaninchens beobachtete Q. ein periodisch auf-
^releades yerindertes Ausgeben des Muskels, ver-
bunden mit grosser Zerreisslichkeit, aber ohne Stö-
run^n der Bewegungf&higkeit oder des sonstigen
gesunden Zustandes des Thieres. Der makrosko-
pischen Wahrnehmung entsprach der mikrosko-
pische Befund, indem solche Muskeln in grosser
Zahl die sonst nur vereinzelt vorkommenden Ver-
änderungen der Muskelfaser aufwiesen, als da sind:
Wellung der Faser unter Verlust der geradlinigen
Spannung, Varicositftt der Faser, Zerklüftung der
contraktilen Substanz, ZerfaU derselben in Schollen,
die vom Sarkolemm umschlossen bleiben, Zer*
reissung der Faser und endlich Verwandelung der
Faserreste in einen Zellenstrang. Das Gesetz-
mftssige dieses Vorganges wiesG. durch Wfigungen
des Muskels, des ganzen Thieres und anderer
einzelner Organe nach und fand danach als Er-
klärung, dass es sich um normale Wachsthums-
vorgänge nüt ihren regelmässigen Pausen handeln
müsse.
2) Aehnliche Schwankungen des Gewichts und
der mikroskopischen Zusammensetzung konnte G.
nach galvanischer Reizung des Ggl. cervicale in-
ferius N. sympath. feststellen, und zwar Perioden
der Zunahme, wie Perioden der Abnahme, ganz
entsprechend den Verhältnissen bei den Control-
thieren. Er erklärt dies daraus, dass das Ganglion
einen trophischen Einfluss auf das Wachsthum des
Muskels ausübe, der durch die galvanische Reizung
nur gesteigert werde und abwechselnd im Sinne
der (Gewichtszunahme und der Abnahme des Ge-
wichts im Verhältnisse zum Gesammtgewioht sich
geltend mache. Teiohmann (Berlin).
387. Mnskelarbeit nndOlykogenverbranoh;
von J. Seegen. (Arch. f. Anat u. Physiol. [phy*-
sioL Abth.] m. 4. p. 242. 1895.)
228
IL Anatomie und Physiologen
In unermüdlicher Arbeit 8cha£R;S. immer neaee
Beweismsterial fflr die seit langer Zeit von ilim
vertretene Anschauung, dass der Blutzucker nahezu
ausschliesslich das Brennmaterial ist, das dem Thier-
kOrper fdr Wärmeerzeugung und för medianische
Arbeitsleistung dient, und dass somit jeeie» Nähr-
material, das sich an der Bildung des Blutzuckers
zu betheiligen yermag, dem Körper Spannkraft zu-
führen muss. Gerade gegenüber E. Pflüger,
der in neuerer Zeit Liebig 's Anschauung, dass
der Muskel selbst die Quelle für die Arbeitsleistung
sei, wieder aufgenommen hat und in der Zersetzung
einer besonderen Art von lebendigem Eiweiss im
iluskel die unmittelbare Quelle der Muskelkraft
sieht, hält S. daran fest, dass die mechanische
Arbeitsleistung des Muskels gerade so wie die
Wärmebildung durdi Oxydation von Kohlehydraten
zu Stande kommt, und wirft sich allein die Frage
auf, in welcher Form die fQr die Arbeitsleistung
nGthige Kohle der Arbeitsmaschine, dem Muskel,
zugeführt wird.
Die Lösung dieser Frage begegnet den grössten
Schwierigkeiten. Bei dem Versuche durch Blut-
zuckerbestimmungen im Blute der zuführenden
Arterie und der abführenden Yene des ruhenden
und des arbeitenden Muskels zum Ziele zu gelangen,
haben Chauveau und Kauffmann Zahlen er-
halten, deren Un Wahrscheinlichkeit S. darthun
konnte. Der Umstand, dass die Arbeitsleistung
des Muskels, wenn sie wirklich auch den Blut-
zuckerverbrauch vermehrt, zugleich die Strömungs-
geschwindigkeit in hohem Maasse steigert und da-
durch (in Folge des kürzeren Verweilens des Blutes
im Muskel) der Zuckerverbrauch wieder beein-
trächtigt wird, lässt diesen Wog aussichtslos er-
scheinen.
S. fand bei seinen Versuchen zur Ermittelung
der Kraftquelle für die Leistungen des tetanisirten
Muskels, dass der Olykogengehalt im gereizten
Muskel stets erheblidi geringer war, als der in dem
entsprechenden nicht gereizten Muskel der anderen
Seite. Die Muskelcontraktion war also von Oly-
kogenverlust begleitet In überaus sorgfaltigen
und sinnreich angeordneten Versuchen suchte S.
alsdann das VerhUtniss zwischen Arbeitsleistung
und Olykc^^umsetzung im Muskel zu ermitteln.
Die Ergebnisse zeigten, dass zunächst der Glykogen-
verbrauch in dem gereizten Muskel mit Bücksicht
auf die von diesem Muskel geleistete Arbeit in den
weitesten Grenzen schwankt Einer Arbeitsleistung
von 74 kg entspricht einmal ein Glykogenverbrauch
von 0.694 g, ein anderosMal der ungefähr gleichen
Arbeitsleistung ein fast doppelt so grosser Glykogen-
verbrauch (1.218 g). Bei den meisten Versuchen
war der Glykogenverbrauch im Verhältnisse zu der
Arbeitsleistung ausserordentlich gross, so gross,
dass damit klar bewiesen ist, das im Körper an-
gehäufte Glykogen reiche auch nicht für einen
kleinen Bruchtheil der medianischen Arbeits-
leistung des Thierkörpers aus. Man muss deshalb
schon daran zweifeln, dass die Arbeitsleifitong
Überhaupt auf Kosten des Glykogenverbrauches
stattgdiabt hat Berechnet man den media-
nischen Arbeitswerth des verbrauchten Glykogem
(1 Calorie «>- 425 kg) und bringt ihn in Beziefaung
mit der wiiklich geleisteten Arbeit, so zeigt sioh,
dass nur 5 — 10% des zugeführten (in dem um-
gesetzten Glykogen enthaltenen) Eneiigievorrath«
in mechanisdie Arbeit umgesetzt wurden, wShiend
man nach anderen Beredmungen annehmen darf,
dass der Muskel als die ökonomischste von ilkn
Arbeitsmaschinen nahezu 25% des ihm zugeführtea
Brennmaterials für mechanische Arbeit verwerthet
Da nur ein so geringer TheU der indemverbrsocii-
ten Glykogen enthaltenen chemischen Energie in
mechanische Arbeit umgesetzt wurde, so muss der
weitaus grösste Theil (über 90%) also zur Wftrme-
bildung verwendet worden sein, vorausgesetzt, dass
das Glykogen vollkommen ozydiit wurde und
nicht Spaltungsprodukte (die noch oxydationsiähig)
daraus hervorgingen. Die Glykogenreserve, die in
den Muskeln vorhanden ist, hätte somit die Auf-
gabe, für erAöA/e TForm«M2A«fi^ bei stärkerer Arb^t»-
leistung aufzukommen. 'EHr^emeehanischeJrbeiU'
leistwig bleibt also von den beiden KohlehydiateDr
die dem Körper zur Verfügung stehen, dem Gly-
kogen und dem Blutzucker, nur der letztere als die
wichtigste Quelle. Die Differenz im Zuckergebalta
des arteriellen und venösen Blutes des arbeitenden
Muskels war schwankend. Die gesteigerte Str5-
mimgsgesch windigkeit sowohl wie eine Ausschwem-
mung von aus dem Glykogen entstandenem Zucker
können eine Uebercompensation des durch die
Arbeitsleistung hervorgerufenen Blutzucke^ve^
lustes herbeiführen. Weintraud (Breslau).
388. Ueber denBaa onddaBAtiibaiigmigi-
Tennögen des Peritona^um ; von Dr. 0-. M u 8 ca-
t e 1 1 0 in Turin. (Virohow's Arch. CXLEL 2. 1895.)
M. untersuchte die Besorptionsvorg&nge im
Paitonaeum nach Einspritzimg von Cannin- und
Tuschelöeungen bei Hunden und fand, dass die
Farbstoff kömehen ausschliesslich durch das Z werclk-
fell resorbirt und von hier in die retrostemaleo,
bez. mediastinalen Lymphdrüsen geschafft werden;
schon nach 6 — 7 Min. finden sie sich in den Lymph-
drüsen, und durch Senkung des Oberkörpers der
Thiere kann dieser Zeitraum sogar noch verkürzt
werden, während andererseits die umgekehite
Körperhaltung die Resorption verlangsamt, bez.
ganz vereitelt Aus den Lymphdrüsen gelangen
die Körnchen weiterhin rasch in das Blut und
mit diesem in die Organe, namentlich Leber und
Milz; hier liegen sie inner- oder ausserhalb der
CapiUaren und dringen in die zugehörigen Lymph-
drüsen rasch ein. So werden dann nach einer ge-
wissen 2ieit in den meisten der Abdominallymph-
drüsen Farbstoffpartikel gefunden ; doch darf diese
Erscheinung nicht, wie es Maff uoci gethan, snf
eine spät« auch an andere SteUön des Pen-
n. Anatomie tmd'Fhyfiiologiö.
äSd
tonaenm ausser dem ZwerohfeU eintretende Resorp-
tion bezogen werden, eine solche kommt nach H.
tbttsSchlich nicht vor. Nach 16 8td. sind die
Köniohen anch in den axillaren nnd poplitfialen
LymphdrOsen nachweisbar. Wahrscheinlich be-
fitahen im Baudiraume fortwährend Flüssigkeit^
BtrOme gegen das Zwerchfell hin.
Die Resorption der festen KOrperohen geschieht
durch Leukocyten, die mit grösster Oeschwindig-
kdt die KOmchen nmschliessen ; sie stammen zum
Theil ans dem Blute, zum Theil aus den omentalen
LymphfoUikeln und dringen mit ihren Fremd-
körpern zwischen den Endothelzellen durch die im
fiubendothelialen Bindegewebe (Membr. Umitans)
des Zwerchfells bestehenden gröberen Lücken in
^ie Lymphbahnen ein. Sehr kleine Fremdkörper
Unnen ihnen auf diesem Wege auch frei nach-
folgen, gröbere werden nur durch Leukocyten trans-
portirt, oft unter Zusammenfiiessen mehrerer Ezem-
pkre (Versuch mit Weizenkömem).
Von den Endothelzellen sagt M., dass sie nach
dem Bauchrsume zu Flimmerhaare und eine zarte
Membran bilden, deren Zellengrenzen überall glatt
aneinander stossen, ohne dass Stomata normaler
Weise vorhanden sind. Wo man solche findet, sind
ne entweder auf Zerrungen bei der Prftparation
oder auf kurz Torhergegangene Durehwanderung
Ton Leukocyten zu beziehen. Das Protoplasma der
Sndothelien dagegen schliesst sich nicht dicht zu-
ftfflmen, sondern die einzelnen Zellen stehen durch
leine, die Grenzlinien jener Membran senkrecht
ireuzende Brücken in Verbindung, ähnlich wie die
Protoplasmabrücken der Hautepithelien u. Aehnl.
Unterhalb des Endothels folgt die Membr. limitans,
die den Zellen entsprechend flache Einsenkungen
zeigt und aus feinen Fadennetzen besteht Ausser
ftm Zwerchfell hat sie nirgends im Peritonaenm
Oeffhungen; sie ist mit den tiefer liegenden Schich-
ten des Bindegewebes je nach dem betroffenen
Organe Terschieden fdst rerbunden : so z. B. selir
derb bei der Leber, etwas lockerer bei dem Magen,
pxii locker beim Darme u. s. w. Das Fehlen jener
Lücken ist als anatomischer Beleg für die physio-
h^Ksk erwiesene Thatsache, dass die Fremdkörper-
nsorption nirgends ausser am Zwerchfell statt-
findet, anzusehen. 6 e n e k e (Braunschweig).
389. Ueber den Durchtritt oorpoakal&rer
Cbbüde durch dasZwerchfisll; von Dr. M. Sul-
zer in Heidelberg. (Virchow's Arch. CXLIIL 2.
1896.)
Die Yersuche S.'s über die Resorption fester
Partikel (Qries) innerhalb der Bauchhöhle, die in
thnlicher Weise und gleichfalls auf Anregung
Arnold's wie diejenigen Muscatello's aus-
geführt wurden, ergaben einige Abweichungen
gegenüber den Angaben des Letzteren. Allerdings
6ah auch S. die Besorption hauptsächlich als eine
I^islung des ZwerehfeUs auftreten ; dagegen ver-
misste er die aktive Betheiligung der Leukocyten,
die Muscatello in den Vordergrund gestellt
hatte, glaubt vielmehr, dass grössere wie kleinere
Körnchen durch Stomata in die LymphwQge des
Zwerchfells eintreten und selbständig in letzteren
weiter geschwemmt werden können, bis sie in den
Ductus thoracicus gelangen. Die Lymphgeftoe
der thoracalen Seite des Zwerchfells erscheinen be-
reits nach 1 Std. spärlich, nach 24 Std. stark mit
den Kömern angefüllt.
Im Bauchraume fandS. regelmässig Fibrin und
Leukocytenbeläge um die das t^eritonaeum be-
deckenden Kömer herum, in späteren Stadien auch
Verwachsungen. B e n e k e (Braunschweig).
390. Ueber die Begelong der osmotiaohen
Spannkraft von Flüssigkeiten in Bauoh- und
Perikardialhdlüe. Ein Beitrag zur Kenniniss der
Besorption; von H. J. Hamburger. (Ardi. f.
Anat. u. Physiol. [physiol. Abth.] 3 u. 4. p. 281.
1895.)
Die Frage, ob thlerlsche Flüssigkeiten (Galle,
Ham, Milch, Humor aqueus, seröse Ergüssen, s.w.)
ihreZusammensetzuDg und insbesondere ihre osmo-
tische Spannkraft bei längerem Verweilen in ihren
Beservoirs bewahren oder verändern, veranlasste
EL zu umfangreichen experimentdien Unter-
suchungen, deren interessante Ergebnisse, soweit
sie die serösen Flüssigkeiten in Bcmh- und Peri-
kardialhoMe betreffen, in der vorliegenden Arbeit
mitgetheilt sind. Sie lauten :
1) Seröse Flüssigkeiten, von welcher Herkunft
auch, werden, nachdem sie in die Bauchhöhle ge-
bracht sind j darin resorbirt : a) Ist die angeführte
Flüssigkeit mit dem Blutplasma des Yersuohs-
thieres isotonisch, so bleibt sie es während der
ganzen Besorpüonsdauer; b) ist die eingeführte
Flüssigkeit mit dem Plasma des Versuchsthieres
nicht isotonisch, so wird sie es während des Resorp-
tionsprocesses und bleibt es, bis die Besorption
vollendet ist
2) Wenn also in einem pathologischen Falle
eine Ascitesflüssigkeit eine osmotische Spannkraft
besitzt, die über die des Blutserum des Versuchs-
thieres hinausgeht, so ist dafür der Aufenthalt der
Flüssigkeit in der Bauchhöhle nicht verantwortlich
zu machen. Ein derartiger Aufenthalt würde unter
normalen Umständen gerade das Oegentheil be-
wirken, d. h. eine bereits hyperisotonische Flüssig-
keit mit dem Blutserum isotonisch machen. Es
muss also in diesem Falle eine Kraft vorhanden
sein, die diesen Zustand der erhöhten osmotischen
Spannkraft der Ascitesflüssigkeit dauernd unterhält
3) Nicht seröse Flüssigkeiten (Salz- und Zucker-
lösungen) folgen genau den für die serösen Flüssig-
keiten genannten Regeln : a) Wenn z. B. das Blut-
plasma eines Versuchsthieres isotonisch ist mit
einer 0.92proc.NaCl-Lösung und man bringt diese
Jjösung in die Bauchhöhle, so wird während der
ganzen Resorptionsdauer ihre osmotische Spann-
kraft .unverändert bleiben« Injicirt man statt der
230
n.
und Physiologie.
0.92proc. NaCl-LOsung eine damit isotonische
Lösung von NajSOi 1.470/o, von KNO^ 1.55%,
von Rohrzucker 7.95%, so zeigt sioh genau das-
selbe, b) Bringt man dagegen in die Bauchhöhle
eine gegenüber dem Plasma des Yersuchsthieres
hyperisoUmisehe Lösung (z. B. 2% NaGl, 3.27%
Na^SOi, 3.45% ENOg) oder eine hypiaotomscke
Lösung (0.5% NaCl, 0.735% NagSO|, 0.77%
ENO|), so sinkt, bez. steigt während des Resorp-
tionsprooesses die osmotische Spannkraft der inji-
cirten Blflssigkeit auf die einer 0.92proa NaCl-
Lösung und es bleibt dieser Werth erhalten, bis die
Resorption vollendet ist
4) Wfthrend ihres Aufenthaltes in der Bauch-
höhle wechselt die intraperitonftale Flüssigkeit Be-
standtheile mit dem Blutplasma aus.
5) Nach der Unterbindung des Ductus thoraeieus
sieht man die Resorption und die Regelung der
osmotischen Spannkraft noch ebenso vollkommen
und rasch vor sich gehen, wie wenn der Lymph-
strom in normaler Weise unterhalten ist Hieraus
folgt schon per exdusionem, dass die Sutgeßsse,
wenn nicht ausschliessUoh, doch jedenfalls grössten-
theils dafür verantwortlich gemacht werden müssen.
Dass dem so ist, geht auch daraus hervor, dass
nach Unterbindung der Art renales die Regelung
der osmotischen Spannkraft und die Resorption
mangelhaft sind.
6) Durch osmotische Triebkräfte lässt sich die
Resorption in die Blutgefässe, die Aufnahme von
gegenüber dem Blutplasma isotonischen undhyper-
isotonischen Flüssigkeiten nicht erklären. Man
könnte, mit Heidenhain, an Lefreruerscheinun-
gen denken, aber dagegen spricht : a) dass, trotz
energischer Schädigung des Bauchfells mittels che-
mischer und thermischer Agentien, doch Absorption
und Regelung der osmotischen Spannkraft statt-
findet ; b) dass letzteres auch geschieht bei Thieren,
die seit änigen Minuten bis 24 Std. und darüber
todt sind.
7) Was beobachtet wird an derPeritonäalhöhle,
findet man auch bei der Perikardialhöhle. Diese
üebereinstimmung gilt beziehungsweise sowohl für
das todte, wie für das lebende Thier.
8) Für die Erklärung der beobachteten Erschei-
nungen, die man als Lebensäusserung aufzufassen
nicht das Recht hat, genügen die Begriffe : Imbihir
iion und osmoiistAe Triebkraft, Wenn man mit
Fick 1) molekulare Imbibition, d. h. Aufsaugung
von Flüssigkeiten in homogene Massen und 2) capil-
läre Imbibition, d. h. Aufsaugung von Flüssig-
keiten in die Poren poröser Massen unter-
scheidet, so muss man sich vorstellen, dass
durch molekulare Imbibition Flüssigkeit in die
homogene Eittsubstanz des Pentonäalendothels
aufgesogen wird ; femer dass das subendotheliale
Bindegewebe auch durch capilläre Imbibition die
Flüssigkeit weiter befördert und dass endlich die
Blutcapillaren sowohl mittels molekularer Imbibi-
tion (Aufiiahme in die Sittsubstanz des Capillar-
endothels), wie mittels capiUarer Imbibition (Auf«
nähme in das Lumen der feinsten Blutgefässe) di«
Aufsaugung aus der Bauchhöhle vollenden helfen
Neben den Blutgefässen führen, wenn auch in ge*
ringem Orade, die Lymphgefässe die imbibirten
Flüssigkeiten ab und unterstützen so deren Weiter*
beförderung. Zugleich findet während des Imbi-
bitionsprocesses eine osmotische Ausgleichung zwi-
schen der intraabdominalen und der CtowebeflQBsig«
keit statt, zu der man auch den flüssigen Inhalt
der Blutgeftsse des Peritonaeum zu rechnen bat
Bei todten Thieren, bei denen Blut- und Lymph-
strom fehlen, kann das Resorbirte, bez. Imbibirto
nicht entfernt werden. Es häuft sich an und in-
zwischen stellt sich ein osmotisches Gleichgewicht
her zwischen intra- und extraperitonäaler FlüBsigJ
keit Der Erfolg ist, dass die Resorption mangel-
haft bleibt und die osmotische Spannkraft der zur
Resorption dargebotenen Flüssigkeit die des ur-
sprünglichen Blutserum der Versuchsthiere nicht
erreicht Durchspülung der Blutgefässe des todtea
Thieres mit Mschem Serum beförderte deshalb
auch die Resorption und die Regelung der osmo-
tischen Spannkraft
9) Da auch mit künstlichen Membranen die*
selben Erscheinungen von Resorption und Rege-
lung der osmotischen Spannkraft zu erzielen sind,
so ist die Meinung, dass die Resorption von Flüssig«
keiten in serösen Höhlen als eine Lebensäusserimg
betrachtet werden muss, zu verwerfen. Die Ver-
suche lehren, dass es sich um rein physikalische
Erscheinungen handelt Weintraud (BresUn)i
391. Zur Lehre von der Iisrmphbüdung;
von H. J. Hamburger. (Aroh. f. Anat u. Phy-
siol. [physiol. Abth.] 3 u. 4. p. 364. 1895.)
OegenHeidenhain'sLehre, dass unter nor-
malen CirkulationsverhAltnissen bei der Lymph-
bildung sehretorisehe Vorgänge eine wesentliche
Rolle spielen, hat Starling Einwände erhoben
und auch die Beweiskraft einiger Versuche E's,
deren Ergebniss diesen Autor an der alten Filtra-
tionshypothese zu zweifeln veranlasst hatte, war
von Starling in Frage gestellt worden. H. hatte
beobachtet, dass, wenn ein Pferd mit ruhendem
Kopfe sich bewegt (wodurch der Blutdruck in der
Carotis sinkt), doch 3 — 5mal mehr Lymphe aaa
dem Halslymphgefllsse fliesst, als wenn das Pferd
ruhig steht Den Einwand Starling's, wena
der Blutdruck in der Carotis herabgesetzt sei,
brauche dies nicht in den CapiUaren der Fall zu
sein, entkräftet H. durch Wiederholung seines Ver-
suches mit gleichzeitiger Messung des Sutdrudaes
in der Vena jugularis. Auch dieser sinkt, wie der
Carotisdruck, ab, wenn das Pferd mit ruhendeia
£opfe sich bewegt Es ist also ausgesohlossen«
dass der Blutdruck in den CapiUaren nicht eben*
falls dabei absinkt Auch Starling's Kritik der
übrigen Einwände, die H. gegen die Fütratione*
hypothese erhoben h^tte: 1) dass di9 unter Ter«»
n. Anatomie tmd Physiologie.
631
tchiedenen physiologischenBedingongen abgeschie-
denen Lympharten Zusammensetzungen besitzen,
die in hohem Maasse von denen des Blutserum,
aus welchem die Lympharten entstehen, unabhängig
Bind, und 2) dass die osmotische Spannkraft der
aus dem Halslymphgefässe ausfliessenden Lymphe
grosser ist als die des Jugularisserum, weist H.
mit neuen Argumenten zurück. Schliesslich erhebt
E noch zwei neue Einwände gegen die Filtrations-
theorie, deren einen ihm das Studium der patholo-
gischen Lymphbildung geliefert hat : die osmotische
Spannkraft von Ascitesflüssigkeiten , namentlich
if&m die Ergüsse von dem Bact. lymphagogon
hervorgerufen waren, übertraf diejenige des be-
treffenden Blutserum. Zusammengenommen mit
den Ergebnissen der in der vorigen Abhandlung
mitgetheilten Versuche über das Verhalten der
serösen Flüssigkeiten in der PeritonäalhGhle führt
diese Beobachtung zu dem Schlüsse, dass SHUraiion
bei der Entstehung dieser Ascitesflüssigkeiten nicht
ttaassgebend gewesen sein kann.
Der zweite Einwand stützt sich auf die Be-
obachtungen von Besorption und gleichzeitiger
Belang der osmotischen Spannkraft, wozu es er-
forderlich ist, dass aus den Gewebespalten Flüssig-
keit in die Capillaren aufgesogen wird, während
vx gleicher Zeit in umgekehrter Richtung Flüssig-
keit aus den Capillaren in die Qewebespalten ge-
Jiesst wird. Weintraud (Breslau).
392. La resorption des liquides dans las
oafitte abdominale et pörioardiqae aveo one
double remarqoa au sujet de la transfUsion
üitrapiritonöale; par H.J.Hamburger. (Belg.
bM. n. 31. 32. 1895.)
Die Arbeit enth< zunächst eine Zusammen-
üusang der Resultate der Untersuchungen, die in
ier vorerwähnten Abhandlung ausführlich mit-
getheilt sind, und bringt sodann als Fortsetzung
dieser Untersuchungen den experimentellen Be-
weis, dass auch an künstlichen homogenen Mem-
^ifmen (Oelatinehäuten) die Erscheinungen der
Besorption und der Begelung der osmotischen
Spannkraft sich ebenso abspielen wie an Serösen.
Bn in einen weiteren Glascylinder eingeschobener
Hohlcylinder aus Gelatine, in welchem analog den
BhttcapiUaren Blutserum cirkulirte, diente zur
Demonstration des Phänomens.
Im Anschlüsse an seine Darlegungen über die
Hesorption aus der Bauchhöhle empfiehlt H., in
Nlea von akutem Blutverlust, in denen das Leben
1) durch ungenügende Füllung des G^fässsystems,
2) durch ungenügende Oxydation bedroht sei, diesen
MdeQ Indikationen so gerecht zu werden, dass
Httn entweder erst eine intraperitonftale Trans-
fasion mit Sahwaeser machen soll und nach einer
Stande eine solche mit Ekit folgen Ifisst, oder
gleichzeitig neben der intraperitonäalen Blut-
transfusion subcutane Salzwasser-Injektionen an
iK^^hreren Stellen macht. Weintraud (Breslau).
393. The anatomy of the Termif orm appen-
diz; by Bich. J. A. Berry. (Anatom. Anzeiger
X. 24. 1895.)
Untersuchungen an hundert Präparaten haben
B. folgende auch praktisch wichtige Resultate ge-
liefert: die Länge des Wurmfortsatzes beträgt
durchschnitüich 8.3 cm, bei Männern 8.6 und bei
Weibern 8.0 cm. Die grösste Länge findet sich
im Alter von 20 — 40 Jahren. Ein bestimmtes
Yerhältniss zur Länge des Coecum war nicht zu
ermitteln. Der Durchmeeeer beträgt durchschnitt-
lich an der Basis und in der Mitte 6 mm, an der
Spitze 5 mm, bei Männern 6, bei Weibern 5 mm ;
er ist im mittleren Lebensalter am grOssten. Die
Qerlach'sche Klappe betrachtet B. als inconstant
und in pathologischer Beziehung bedeutungslos.
Die Lage des Wurmfortsatzes ist sehr wechselnd,
bald im Becken, bald hinter dem Coecum, bald
medianwärts gerichtet Der Ursprung findet sich
in über 90^/o der Fälle an der hinteren und inneren
Fläche des Coecum, etwa 1.7cm unterhalb der
Einmündung des Dünndarms in den Dickdarm.
Die topographischen Beziehungen zur Abdominal-
wand sind sehr unsicher festzustellen. Die Peri-
ionäalbekleidung des Wurmfortsatzes ist meist eine
vollkommene, seine Obliteration ist in späteren
Lebensjahren eine reguläre, von B. als physiologisch
betrachtete Erscheinung. Teichmann (Berlin).
394. Ueber die Penistena des Ligamen-
tum hepato-oavoduodenale beim erwachsenen
Hensohen in Fällen vonHemm^ungsbildungen
des Sitoa peritonei; von H, Elaatsch. (Mor-
phol. Jahrb. XXIIL 2. p. 218. 1895.)
£. hat an einer Leiche einen Befand erhoben, der
seinen Ansohauangen über dieEntwiokelong des mensch-
hohen Situs pehtonaei zu den vergleichend anatomischen
aach eine gewissermaassen pathologisch -anatomische
Stütze gewährt. Freilich waren die vorgefundenen abnor-
men Mesenterialverhältnisse, deren wichtigstes das Be-
stehenbleiben des lig. hepatocavodttodenaie ist, nicht die
Folge eines Erankheitsprocesses, sondern eine Hemmongs-
bildong. Die Einzelheiten der Beobachtung sowohl, wie
auch der daran geknüpften Folgerungen haben nur ein
specielles Interesse und mögen im Originale nachgelesen
werden. Teichmann (BerUn).
395. BeitrSge lor Histologie des Dünn-
darms; von Dr. Alad&r Roszner. (Ungar.
Aich. f. Med. m. 3. 4. p. 336. 1895.)
Während die von Brücke zuerst in den.
Dünndarmzotten beschriebenen Muskelzellen, die
parallel zur Längsachse der Zotte verlaufen, von
allen Histologen anerkannt sind, sind die quer ver-
laufenden, von Moleschott entdeckten und von
Anderen bestätigten Muskelzellen der Zotte immer
noch angezweifelt Insbesondere werden sie für
gleichbedeutend mit den zahlreichen Spindelzellen
gehalten. B. hat nun mit Hülfe besonderer Fär-
bungen festgestellt, dass thatsächlich an der Peri-
pherie der Zotte zahlreiche quergestellte glatte
Muskelzellen vorkommen, die sich von ebenfalls
quergestellten und noch zahlreicheren Spindel-
233
nL Allgemeine Pathologie uad paÜiologisdie Anatomie.
Zellen deutlich untersdieiden. Im Innern der
Zotte dagegen finden sich keine quergestellten
H uskelzellen , wohl aber derartige Spindelzellen.
Bezüglich der Brücke'schen Längsmuskeln best&tigt
R. die Angabe von Mall, dass sie mit der Muscu-
laris mucosae in keiner Verbindung stehen, indem
sich zwischen beide Lager noch das Stratum fibro-
sum und das Stratum granulosum der Schleimhaut
einschiebt Teichmann (Berlin).
396. Ist der Dünndarm im Stande« Eohr-
zuoker lu invertirenf von K. Miura. (Ztschr.
f. Biol. XXXn. 2. p. 266. 1885.)
Die Untersuchungen, die zur Lösung der auf-
geworfenen Frage angestellt wurden, hatten fol-
gende Resultate : 1) Das Invertin des Dünndarms
braucht nicht aus der eingeführten Nahrung zu
stammen, wieLandois, Hoppe-Seyler und
Thierfelder vermuthen, denn es findet sich
auch im Dünndarme des Todtgeborenen. 2) Die
invertirende Kraft des Dünndarms beruht nidit in
der Thätigkeit von Darmbakterien, denn der Darm
von Neugeborenen gilt als bakterienfrei. 3) Die
invertirende Wirkung des Dünndarms kann nicht
in der Thätigkeit etwaiger verunreinigender Mikro-
ben beruhen ; es müssten dann Magen, Colon, Pan-
kreas gleich stark invertirende Wirkimg zeigen wie
der Dünndarm. 4) Magen und Dickdarm vom
I
Neugeborenen üben, wenn überhaupt, nurschw^die
inversive Wirkung aus, die sich nicht entfernt mit
derjenigen des Dünndarms vergleichen Uast Bb
ist daher im höchsten Orade unwahrscheinlich,
dass beim Lebenden die gesammte Inveitinmg im
Magen stattfindet (wie Seegen gemeint h^).
Weintraud (Breslau).
397. Ueber Gewinnung, Etgennchaften und
Wirlrangeii des Barmsaftes vom Sohaito; von
Dr. Fritz Pregl. (Arch. f. d. ges. PhysioL LXL
7 u. 8. p. 359. 1895.)
Der Darmsaft wurde vom Schafe durch eiod
Fistel gewonnen, deren Anlegung ausführlidi be-
schrieben wird. Der Darmsaft wird beim Schafe
bestftndig abgesondert, nach NahrungaaufiuhmA
einige Stunden in grösserer Menge, in den ersten
3 Stunden ca. 5 g pro Stunde. Er enth&LtNatrium-
earbonat, Serumalbumin, Serumglobulin, Albnmo-
sen, Mudn, Harnstoff, noch andere organiachB
Stoffe, Wasser. Auf Eiweisskürper übt er keine
verdauende Wirkung aus, Stärke verwandelt er in
Traubenzucker, ebenso wahrscheinlich OlykogsB.
Maltose und Rohrzucker werden gleichfalls in
Traubenzucker umgewandelt Auf Cellulose und
auf Milchzucker fibt der Saft keine länwirbyij
aus. Bben so wenig spaltet er Fette.
y. Lehmann (Berlin).
III. Allgemeine Pathologie und pvthplogische Anatomie.
398. Ttmnfinitftt und Heilmig im Uohte
der Physiologie und Biologie; von Stabsarzt Dr.
Buttersack. ( Virchow's Arch. CXTJL 2. 1895.)
Eine fesselnde Arbeit, die auf Qrnnd umfassender
Literaturkenntniss den gegenwärtigen Stand der
Frage, wie sich Heilung und Immunität mit den
Principien der Cellulartheorie vertragen, beleuchtet
B. steht im Wesentlichen auf dem Standpunkte
Virchow's, dass nämlich in letzter Linie alle
Heilungsvorgänge auf die Thätigkeit der Zellen
des Körpers, nicht aber auf die £ntwickelung be-
stimmter SchutzstofFe (Alezine, Buchner) zu«
rückzuführen seien. Das Wesen der Heilung, bez.
der Immunität beruht in der Bntwickelunge^em-
mung der Bakterien im Organismus ; je energischer
die Arbeit des Organismus in dieser Beziehung und
je mininuder die Anfänge der Symbiose betreffs
der Zahl der betheiligten Bakterien, um so klarer
tritt die Heilkraft des Organismus hervor. Wie
die Reizbarkeit der Zellen in verschiedenen Lebens-
altern, bei verschiedenen Individuen u. s. w. ver-
schieden ist, so ist es auch ihre physiologische
Beaktion gegen die Bakteriensymbiose. Diese
Beaktionsfähigkeit ist thatsächlich mitderBeizbar-
keit gegen andere Reize vOllig analog. Die Aus-
lösung der Reaktion bedeutet eine Aktion aller
vorhandenen, durch einen unendlich geringen Reiz
frei werdenden Spannkräfte; indem eine neue
Gleichgewichtslage der Kräfte geschaffen wird, be-
währt sich auch hier das Gesetz von dar ErhaltOBf
der Kraft Die Beaktion ist keineswegs iminer
vollkommen zweckmässig; wenn sie aueh meistens
dem Yortheile der Organe dient, so kann sie doch
über ihr Ziel hinausschiessen u. s. w.
Die Ausführung der Reaktion geschieht Seitens
aller Zellenverbände des Körpers unter besonderer
Beeinflussung Seitens des Nervensystems, desaes
Schwächung oder Erregung B. für die Art dei
Ablaufs einer Infektion besondere Wichtigkeit bei-
legt Für die Bedeutung des Nervensystems f&r
alle Organe spricht ihm auch die Thatsache, da»
dieses im Embryo zuerst angelegt wird.
Der Hauptpunkt der Ausführungen 11^ in
der Anschauung, dass durch keinen Beiji Erschei-
nungen oder Stoffe im Körper hervorgerufen we^
den, die qualitcUiv von den normalen physiologisdieit
Produkten verschieden wären. Die Elsistenz be-
stimmter Alexine bezweifelt B. deshalb, weil auch
kaum angenommen werden könne, dass diese
dauernd im Organismus unzersetzt verblieben oder
dass sie im Stadium der Immunität fortwährend
neugebildet würden. Nicht ihre O^genwart im
Blute selbst, sondern die Möglichkeit, dass sie
eventuell gebildet werden können, ist das Haass-
gebende in der Schutzkörpertheorie. Die Aui^gabe
der Therapie muss es sein, durch entsprechende
Methoden die Reaktions&higkeit des Körpers vor«
kommenden Falles zu verstärken.
m. Allgemeine Patliologie und pathologische Anatomie.
233
Sowohl durch einmalige heftige, als auch durch
mehrmalige schwächere Einwirkung der Bakterien*
reize kann die Reaktionsfähigkeit des KOrpers
dauernd bestimmt, bez. gekräftigt werden, so dass
hieritt eine Analogie zu anderen Gewöhnungs-, bez.
Yererbnngserscheinungen des organischen Lebens
lieget [In dieser Beziehung hätte B. wohl auf die
schon vor 16 Jahren ausgesprochenen gleichen
Anschauungen W. Roux's hinweisen können.
Bne positive Andeutung darüber, tme B. sich die
fieaition des Organismus gegen die Bakterien vor-
stellt, lAsst die Arbeit leider vermissen. Ref.]
B e n e k e (Braunschweig).
399. On looal and general immtmity: an
investigation based upon ezperimental ery*
ripelas in animals; by Louis Cobbett and
W. S. M e 1 8 0 m e. (Joum. of Bacteriol. and Pathol.
m. 1. p. 39. 1894.)
Die umfongreichen Untersuchungen, die die
Coltar und Virulenz der Erysipelkokken , sowie
deren Wirkung auf den thierischen Organismus be-
treffen, gipfeln in folgenden Schlüssen : 1) Culturen
von Erysipelkokken stellen nach 3 — 4 Tagen in
Bomllon ihr Wachsthum ein. Die Mehrzahl der
Kokken stirbt nach einigen Tagen ab, aber einige
wenige bleiben am Leben und sind befähigt, noch
90 Tage lang (und wahrscheinlich noch länger),
auf neue Nährmedien übergeimpft, eine neueOene-
ntion zu entwickeln. 2) Das Aufhören des Wach*
8609 auf Bouillon ist durch Erschöpfung des Nähr-
bodens, nicht durch die Entwickelung baktericider
Sobstanzen bedingt. 3) Auf festen Nährboden be-
irabien die Erysipelkokken- Culturen ihre Virulenz,
aber auf Bouillon schwächen sie sich rasch ab.
4) So abgeschwächte Culturen werden wieder viru-
]ait, wenn man sie Thiere passiren lässt 5) In-
jektion Ton Streptokokken oder von deren Produk-
ten in die Bauchhöhle von Thieren macht diese
immun gegen eine zweite Injektion von derselben
StSrka Durch Injektion einer Reihe von virulenten
Culturen erzielt man Immunität gegen dietödtliche
Dose. 6) Hauterysipel schützt die direkt befalle-
nen Theile gegen spätere Impfung mit dem Virus,
68 erzeugt also eine absolute lokaie Immunität,
ir&hrend es für den übrigen Körper eine weniger
eonstante allgemeine Immunität hervorbringt, die
iDanchmal vollkommen schützt, manchmal nur den
Verlauf der Krankheit mildert und manchmal ganz
anableibt 7) tntraabdominale Einspritzungen ab-
geschwächter Culturen rufen eine etwas vollstän-
digere allgemeine Immunität hervor. 8) Lokale,
wie allgemeine Immunität sind nur von kurzer
Dauer und verschwinden nach wenigen Wochen.
9) Werden Streptokokken auf ein Kaninchenohr
geimpft, das durch vorausgegangenes Erysipel ge-
aehfitzt ist, so erscheint rasch eine entzündliche
Beaktion, die bereits verschwunden ist, bevor die
&&tzQndung an einem Controlthier erhebliche Fort-
schritte gemacht hat 10) Die Schnelligkeit des
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 3.
Einsetzens und der Orad dieser entzündlichen
Reaktion sind an lokal immunen Ohren stärker
ausgeprägt, als bei allgemein (durch intraabdomi-
nale Injektion) immunisirten Thieren. Sie stehen
im Verhältniss zu dem Immunitätsgrade. 11) Ein
ähnlicher unterschied in der entzündlichen Reak-
tion an immunisirten und an normalen Stellen zeigt
sich, wenn die Immunität durch Injektion filtrirter
Culturen und todter Streptokokken erzielt wurde.
12) Diese Fähigkeit einer raschen Reaktion ist ein
bedeutsamer Faktor sowohl für die allgemeine, wie
für die lokale Immunität 13) Auch während der
Krankheit erlangt der Organismus diese Reaktions-
fähigkeit ; sie ist die Ursache der Heilung.
Weintraud (Breslau).
400. Stade d*ane nonvelle mncedlnee pyo-'
gene parasite de l*homme; par B. Auch 6 et
Le Dante c. (Arch. de MM. exp6rim. VL 6.
p. 853. 1894.)
A. und D. konnten aus dem Eiter zweier Absoesse,
die sich bei einem Diabetiker im Anschlosa an eine
Lymphangitis am Arme entwickelt hatten, eine Maoorart
züchten, die in Beincultar in dem weisslichen, etwas
colloiden Eiter enthalten war. Dieser umstand , sowie
eine, wenigstens bei den ersten Calturen sehr aasgespro-
chene Vorliebe für zuckerhaltige Nährböden legten die
Annahme nahe, dass der gefandene Pilz der Erreger der
Eitening bei dem Diabetiker gewesen sei. Er erwies sich
aU pathqren für das Kaninchen und erzeugte daselbst
ebenfalls Eiteransammlangen. Seinen Eigenschaften nach
fehört er zu der Orappe Botrytis. Er ist noch nie als
^arasit des Menschen beobachtet worden. Seine morpho-
logischen und coitarellen Eigenschaften werden genau
geschildert Weintraud (Breslau).
401. Thermophilio bacteria; by Allan
Macfadyen and Frank R. Blakall. (Joum.
of Bacteriol. and Pathol. III. 1. p. 87. Nov. 1894.)
M. und Bl. konnten aus Fäkalien von Mensch und
Thier, aus den Abwässern, aus dem Boden, aus Themse-
wasser und aus Zimmerstaub Bakterien züchten, die bei
60 — 65® C. nicht aliein wuchsen, sondern sogar ihr
Wacbsthnm-Optimum hatten. Sie fanden sich auch im
Schlamm des Bettes der Themse und im Erdboden noch
in 5 Fuss Tiefe. Alle diese thermophilen Mikroorganis-
men waren Bacillen. Es gelang, 20 verschiedene Arten
durch das Plattenculturverfahren zu isoliron. Durch die
SporenbilduDg Hessen sie sich in 4 Gruppen einordnen :
1) solche, bei welchen die Spore in der Mitte oder nahe
derselben sitzt; 2) solche mit grosser nindsr endständiger
Spore; 3) solche mit oviUer endständiger Spore; 4) solche
mit kleiner runder endständiger Spore, die die Dicke des
Stäbchens nicht übertrifft
Zum Theil zeigten die Bacillen Eigenbewegung, oft
noch in 3 Wochen alten Calturen. Sie gedeihen gut auf
allen Nähroöden, auf Kartoffeln zum Theil mit reich-
licher Pigmentent Wickelung. Einige Arten verflüssigen
Oelatine , einige coaguliren Milch. Bei 22® und 37« C.
wachsen sie nicht, dagegen ungemein rasch bei 60— 65*0.
Sie sind also obligaioriach thermophiL Die untere Waohs-
thumsgrenze liegt für sie ungefähr bei 50*, die obere bei
75* C. Gegen Hitze sind sie auffallend resistent. 10 Min.
langes Kochen tödtet sie nicht. Da das Wachsthums-
optimom weit über der Körpertemperator liegt, so kann
es sich nur um saprophytische , nicht um pathogeue
Mikroorganismen handeln. Schwer zu verstehen ist, wio
sie in den gemässigten Klimaten die Bedingungen für ihr
Fortkommen finden und dass sie eine so weite Verbrei-
tung dort haben. Weintraud (Breslau).
30
834
m. AUgemeLae Pathologie und pathologische Anatomie.
402. The myoologioäl prooeeeee of the
intestines; by Yincent Dormer Harris.
(Joum. ofBacterloI. andPathol. in. 3. p.310. July
1895.)
Die Thatsaohe, dass im Darmkanal eine grosse
Anzahl lebender Mikroorganismen sich findet und
dass daselbst an den Ingestis vielfach sich die-
selben fermentativen chemischen Umsetzungen ab-
spielen, die als Bakterien wirkuDg auch schon ausser-
halb des Körpers beobachtet sind, veranlasste H.,
aus dem Darm vom Menschen und von Thieren
eine grosse Anzahl von Mikroorganismen zu iso-
liren und ihre chemischen Wirkungen auf orga-
nisches Material ausserhalb des Körpers zu stu-
diren. Er arbeitete mit 20 verschiedenen Bakterien-
arten, gewonnen aus dem DQnndarm des Menschen,
des Meerschweinchens, der Katze, des Kaninchens
und der Batte, und prQfte: a) auf Bildung von
Indol in Pepton-Bouillon, b) auf Bildung von Leu-
ein und Tyrosin, c) auf die Fähigkeit, die Milch zu
coaguliren, d) auf die Fähigkeit, Stärke in Zucker
umzuwandeln, e) auf die Fähigkeit, Bohrzuoker zu
invertiren, f) auf die Bildung von organischen
Säuren, speciell Milchsäure.
Während die Indolbildung , Milchcoagulation
und Säurebildung bei einer grossen Anzahl der
untersuchten Bakterien gefunden wurde, waren Leu-
cin und Tyrosin niemals unter der Einwirkung der
betr. Bakterien aus den Nährsubstraten hervor-
gegangen, nur 2 Bakterienarten hatten diastatische,
3 invertirende Wirkung. Die morphologischen
und culturellen Eigenschaften der betr. Bakterien
sind im Originale einzusehen.
Weintraud (Breslau).
403. Nochmals über Bibberfs Theorie von
der Hiatogenese des Krebaes ; von Prof. G. H a u-
ser. (Virchow's Arch. CXLI. 3. 1895.)
Den ersten Einwendungen Hauser's(Jahrbb.
CCXLYU. p. 13) gegen seine Theorie hatte R.
entgegengehalten, dass sie nicht stichhaltig seien,
weil sie sich auf schon entwickelte Oarcinome und
nicht auf Anfangstadien beziehen. Demgegenüber
betont Hauser nunmehr, dass eine solche Unter-
scheidung wegen der vollkommenen histologischen
Identität früher und später Stadien des Krebses in
manchen Fällen gar nicht durchführbar sei, jeden-
falls nicht zu der Aufstellung principieller Unter-
schiede berechtige. Dagegen greift er R. im gleichen
Sinne wie Notthaft (Jahrbb. CCXLIX. p. 14)
an, indem er aus seiner Monographie über den
Cylinderzellenkrebs des Magens 2 Fälle beginnender
Oarcinome mittheilt und abbildet, in denen von den
Ri bb er t 'sehen Absprengungsbildem nichts zu
sehen war ; ohne jede Andeutung von Metastasirung
im Ribbert 'sehen Sinne erschienen hier die
Drüsenschläuche in die Muscularis vorgeschoben,
einfach durch das krebsige Wachsthum der Epi-
thelien. Hiernach kann eine etwaige Metastasirung
der Krebsepithelien nur als Folge, nicht aber als
Ursache der Krebswucherung der Epithelien an«
gesehen werden. Das eigentliche Wesen der E^
krankung beruht auf der Umwandlung des physio-
logischen Charakters der Epithelzellen, und füi
diese Umwandlung bestehen auch bei manchen
Krebsformen unzweifelhafte histologische Beweise,
die freilich R. nicht anerkennen will. Unbegreif-
lich sei dag^en die Kusche Annahme , dass die
einmal versprengten einzelnen Epithelzellen schran-
kenlos in Form von Carcinomsträngen weiter
wuchern können. B e n e k e (Braunschweig).
404. Beiträge bot Aetiologie der Utenii-
geaohwfilste; von Dr. Ricker in Zürich. (Tir-
chow's Aioh. CXLIL 2. p. 193. 1895.)
R. fQgt demjenigen Organ, dessen Oeschwolst-
bildungen die Hauptstütze fOr die Cohnheim'-
sche Theorie bisher abgegeben haben, der Niere,
als zweites, eben so wichtiges, den ZJUrtis bei Er
theilt 2 Befunde mit, in denen sich an der Yorder-
fläche des Corpus uteri, nahe der seitlichen Kante
und dem Fundus, ein gelbes, linsengrossesKOrper-
chen unter der Serosa fjGuid. Mikroskopisch bestand
es aus zum Theil frei in die Bauchhöhle münden-
den, mit Cylinderepithel ausgekleideten, parallel
liegenden Drüsenschläuchen, einigen oystisch er-
weiterten Qebildmi und einem bindegewebigen
Stroma. Dieses Gebilde üasst R. als das verlagerte
Paroophoron auf: einmal berechtigt ihn dazu die
normale Lage dieses Organs (nahe am Uterus) und
zweitens der histologische Bau. Dass in den be-
obachteten Fällen die Kanälchen zum Theil frei in
die Bauchhöhle mündeten, während die des norma-
len Paroophoron blind enden, erklärt R. dadurch,
dass die Verlagerung zu einer Zeit erfolgt sei, wann
die Kanälchen noch frei in die embryonale Leibes-
höhle münden. Er weist dann ferner darauf hin,
dass von dem derartig verlagerten Organ Cysten
des Corpus uteri, Adenofibrome (v.Rec kling-
hausen) und Oarcinome ausgehen könnten.
Erstere habe man früher zuerst vom WoUTschen
Gang abgeleitet, de facto könnten Geschwülste, die
von diesem ausgehen, aber nur in der Cervix, bez.
Vagina sich finden.
Indem sich R. dann zu der Frage nach der
Herkunft epithelialer Gebilde, speciell Cysten, in
Myomen wendet, beschreibt er zunächst 5 eigene
derartige Fälle, in denen sich in etwa kirschgrossen,
subperitonäalen, bez. oberflächlich intraparietalen
reinen Myomen epitheliale Cystchen und Stränge
fanden. Dass diese epithelialen Gebilde aus der
Uterusschleimhaut abstammen, weist R mit Recht
zurück. Aus dem Wolffschen Körper können nur
rein epitheliale, nicht aber epitheliale und musku-
läre Gebilde entstehen , wie in R.'s Fällen. Da-
gegen können aus den Müüer^sehen Gängen epi-
thelial-muskuläre Geschwülste hervorgehen, und
zwar zur Zeit ihrer Abtrennung von den WoUTschen
oder bei der späteren complicirten Entvricklung
der MQller'schen Gänge selbst. Wenn bisher in
m. Allgemeine Fafhologie imfl pafhologische Anatomie!
235
80 wenigen Myomen epitheliale Qebilde gefanden
worden sind (R. fand sie in 5 von 35 F&Uen !), so
liegt das zum Theil an der mangelhaften unter-
sochuDg, zum Theil daran, dass in vielen Myomen,
die degenerirt oder fibrOs geworden sind, die zar-
ten epithelialen Qebilde zu Orunde gegangen sind
(ähnlich wie beim Scirrhns). Jedenfalls sei es
hOchet wahrscheinlich, dass atte Myome auf einen
mbryonalm Ursprung zurfickznführen sind. End-
lich beschreibt R. einen Fall von Fibromyom, in
welchem das Bindegewebe zum Theil sarkomatös
degenerirt war, und zwar war das Sarkomgewebe
flberall deutlich von dem Myomgewebe getrennt
R bezweifelt im Anschluss hieran die Deutung
7. Eahlden's undPiok's von der sarkomatösen
Degeneration des eigentlichen Myomgewebes, der
Metaplasie von Muskel- in Sarkomzellen und will
alle Fälle von sarkomatOs degenerirten Myomen
auf die Umwandlung des in ihnen enthaltenen
Bindegewebes in Sarkomgewebe zurückgefQhrt
viBsen. R E 1 i e n (München).
405. Tameur fibreose diveloppee ans
depens des annexes; par Terrier et Rey-
mond. (Bull, de la Soa anat LXX. 11. p. 444.
1895.)
T. nnd R. beschreiben ein Ovarialkystom (bei einem
26jXhr. Mfidohen), in dessen Wand sich kleine, nach innen
prominirende, bis nnssgrosse Myome gebildet hatten.
b über bustgroBses Myom lag ansserhalb des Kystoms,
mit dessen Wand aber fest darch eine Art Stiel verbun-
^ der seinerseits die entsprechende Stelle der Cysten-
viod von innen nach aussen becherförmig ausgezogen
ittte. T. und R. leiten die Myome ab von den in der
Kystomwand belSndlichen glatten Muskelfasern.
K. Elien (München).
406. L'oeil dans las tamenn dermoides ;
par Dr. Van Duyse. (Flandre m6d. IL 15. 1895.)
Eine ältere Multipara stiess bei der Entbindung per
feotom ein oraogegrosses Dermoid aus, das weder vor-,
noch nachher Symptome machte. Der kurz gestielte
^or soll submucos in der Wand des Rectum gesessen
baben. Er enthielt ausser Haut, Haaren und Zähnen Oe-
lunmasse und ein rudimentäres Auge, wovon eine ge-
unere Beschreibung gegeben ist v a n D. sieht diesen
Tomor wie viele andere , Dermoide*^ als Teratom an,
1 h. als eine Doppelbildung. R. K 1 i e n (München).
407. Eine (iesohwalst der Nierengegend
ttU quergestreiften Muakelffewem ; von Dr. Q.
Brock. (Virohow's Aroh. CXL. 3. 1895.)
37ijähr. Knabe. Seit 2 Monaten bemerkten die
fiten Anschwellung des Leibes. Klinisch fand sich in
der Gegend der rechten Niere ein Tumor von bedeutender
^^wse, der so schnell wuchs, dass das Körpergewicht
Ü^'ch um circa 100 g zunahm. Tod am Ende des
3. Monates.
Stidion: Fettgewebe vollkommen geschwunden.
Oedeme unterhalb des Nabels bis zu den Füssen. Abdo-
BMn iast vollkommen ausgefüllt von einem län^ovalen,
12 Pfund schweren Tumor, 30 : 23 : 12 cm, dem die rechte
Kiere in gut erhaltener Form hinten fest verwachsen
nlag; Kapsel mid einige Partien der Rindensubstanz
pam auf den Tomor über. Die Oeschwuistmaase war
KBollig, markig, rothlich bis grauweiss ; Blutungen. Zahl-
niohe conmiunidrende bis kirschc^rosse Cysten. Von
dar ITieie war nur eine schmale Schale von Bindensub-
stanz erhalten, nur am unteren Pole ein einziger Mark«
kegel; den übrigen Theil der Niere ersetzte eine scharf
abgegrenzte knollige Oeschwuistmaase. Nierenvene
thrombosiri Der normal weite Ureter mündete in den
einzigen Calix der erhaltenen Papille.
In den markigen Theilen des Tumor fanden sich
überall in kemreichem Orundgewebe lange, bisweilen in
mehrere Bläschen auslaufende Drüsenkanäle ; je breiter
sie waren, um so zellärmer war das umgebende Gewebe.
Bisweilen wnrden sie von einer zarten Membran ab-
gegrenzt Die Drüsenzellen waren länglich cylindrisch,
bisweilen nicht von einander abgetrennt; der Kern füllte
*/a des Zellraumes. Das Grundgewebe hatte sehr wenig
Intercellularsubstanz, wo die Zdlen dichter lagen ; letz-
tere waren rund oder spindlig, mit grossen Kernen und
zartem Zellenleib ; einzelne, zu Gruppen und Zügen an-
geordnete waren erheblich grösser, mit Stäbchenkem;
in das Nierengewebe drang diese Zellenwucherune in
Form fingerförmiger Fortsätze vor. Die vordere Peri-
pherie des Tumor, sowie die cystisohen Theile zeigten
mehr faserigen Bau ; hier fanden sich Parallelf asem vom
Tjrpus quergestreifter Muskeln; die Querstreifnng war
verschieden stark ausgeprägt; manche Fasern waren hohl,
die Kerne lagen meist im Inneren der Faser. In manchen
Partien fanden sich Uebergänge zu quergestreiften Spindel-
zellen; andere Grappen zeigten voll ausgebildete quer-
gestreifte Muskeln mit Uebergängen zu Degenerations-
formen (feinkörnige Massen; Abla^mng sehr resistenter,
mit Jod blauschwarz färbbarer Kömer und Kugeln).
Femer fanden sich grössere kernhaltige, zum Theü con-
oentrisch gestreifte Bildungen (rudimentäre Muskelzellen;
Marchand). Auch in diesen Theilen kamen Drüsen -
kanäle, zum Theil erweiterte, vor. Der Venenthrombus
enthielt innerhalb des Tumor Geschwulstgewebe.
Der Tumor zeigte eine Anzahl hämorrhagisoh in-
filtrirter traabiger Anhänge, die Br. als bösarti^re Meta-
stasen auffasst. Die Geschwiilst entwickelte sich in der
„Gegend vor der Niere**, nicht innerhalb der Nieren-
kapml; die Entstehung ist auf einen embryonalen Keim
des Urogenitalkanals zurückzuführen.
Beneke (Braunsohweig).
408. Bin Fall von multiplem intravaakn«
lärem Bodotheliom in den geeanunten Knochen
des Skelets (Vyelom, Angioaarkom) ; von Dr.
Marckwald in Halla (Virohow's Aroh. CXLI.
1. 1895.)
Alter Mann. Seit circa einem Jahr Schmerzen in
Rücken, Brust und Gliedern; Kurzathmigkeit, Anämie,
Unregelmässige Fieberzustände, zunehmende Abmage-
rung. Allmimlich sank der Körper etwas zusammen,
so dass die Rippenbogen die Darmbeinschaufeln berührten.
Nach einem halben Jahr fand sich starke Druckempfind-
lichkeit sämmtlicher Knochen. Kyphoskoliosis der Wirbel-
säule mit Knickung zwischen 2. und 3. Brostwirbel.
Sternum an der Insertion der 4. Rippe in einem Winkel
von 40>vor^ebuchtet Thorax stark abgeflacht, Schnabei-
becken. Die Diagnose wurde auf Osteomalaoie gestellt
Krankheits verlauf sehr langsam. Stets leichte Somno-
lenz, wiederholt Bronchitis, später Schlingbeschwerden,
Cystitis, leichte Temperaturerhöhung. Tod ohne vor-
herige idarmirende Erscheinungen in plötzlichem Collaps.
SdUion : Starke Abmagerung, ICreuzbeindecubitus ;
Hypertrophie des linken Ventrikels. Aoitenklappen-
sUerose. Emphysem und Oedem der Lungen; stellen-
weise Pneumonie. Kleine weiche Milz, grosse Leber,
Gonkremente im rechten Nierenbeoken und rechtseitiga
Pyelitis. Cystitis mit Goncrementen, Prostatamyome.
Die Knochen waren sehr leicht zu durchsägen. Kegel-
förmige Deformation des Schädels. Zwischen Schädel-
dach und Dura eine Anzahl flacher bräunlicher Neu-
bildungen, die an zahlreichen Stellen von der Diploe aus
die Tabula vitrea durchbrachen. An der Peripherie
sandten sie unregelmässige Fortsätze aus, deren AuS'*
336
m. Allgemeine Patiiolo|jle und pathologische Anatomie.
Ifinfer sich von der Enoofaezispoiigiosa nicht deuÜidi
unterscheiden Hessen. Schnittfläche der Tumoren makro-
skopisch homogen, weich, blutreich. Derartige Tumoren
fanden sich in sämmtlichen Knochen des Körpers äusserst
zahlreich; sie begannen in der Spongiosa und drangen
erst spater in die Compacta vor. Bie schienen im All-
gemeinen ziemlich gleich alt
Mikroskopische ürUersuekung : Alle Präparate zeig-
ten unter einander völlige üebereinstimmung. Die Mark-
räume enthielten zum Theil Knochenmarkzellen, zum
Theil Tumoreiemente; die letzteren bildeten ^^/enAau/^n
von carcinomartigem Aussehen mit reichlichem Proto-
glasma und runden Kernen, die in capillarenreichem
troma von sehr geringer Entwickelung lagen. Zwischen
Reihen solcher Zellen fanden sich BUdräume, die sich
xmregelmässig erweiterten und verschmälerten und stellen-
weise die Tumorzellen an Ausdehnung weit übertrafen.
Nirgends fanden sich spindelzellige Endothelien zwischen
Tumorzellen und Bluträumen. Stellenweise begrenzte die
letzteren nur eine einzige Schicht cylindrischer Zellen.
Die Wucherung stellte hiemach ein EndotheUom der
kleinen Blutgefässe des Knochenmarkes dar. Die Ge-
schwulst entwickelte sich durchaus intravaskulär. Die
Knochenzerstörung erfolgte wahrscheinlich durch laou-
näre Resorption. Stellenweise, so namentlich an den
Röhrenknochen, zeigte sich auch starke Knochensklerose
in der Umgebung der Tumoren. Im Knochenmarke fand
sich in der Umgebung der Tumoren, nicht aber in ihren
Zellen selbst, Blutpigment Desgleichen in Leber und
Milz sehr reichlich. Wahrscheinlich stammte dasselbe
von innerhalb der Tumoren zerstörten Blutkörperchen ab.
Aus der Literaturzusammenstellung ergiebt sich,
dass das klinische Bild von Schmerzhaftigkeit, Anämie
mit remittirendem Fieber und Knochendeformitäten im
Anschlüsse an multiple Knochen tu moren wiederholt be-
obachtet wurde. Es handelt sich bald um kleinzellige
Rundzellensarkome (Buch, Grawitz, Runeberg,
Nothnagel, Hammer), bald um Tumoren ähnUchen
Baues wie inM.'8Falle(v.Ru8tizky, Zahn, Kahler,
Wieland, Kleb s). Beneke (Braunschweig).
409. üeber Knorpel- und Knoohenbildung
an den Tonailleo; von Dr. H. Deichert in
eottingen. (Yirchow's Arcb. CZLL 3. 1895.)
Im Göttinger pathologischen Institute kamen meh-
rere Fälle von Knorpel- und Knochenbildungen an den
Tonsillen zur BeobachtuDg, bei einem 2jähr. Kinde, einer
35jähr. Frau und 2 alten Männern. Der Befimd in allen
Fällen war ziemlich gleich, in der derben bindegewebigen
Basis der im Uebrigen wenig veränderten Tonsillen lagen
Knorpelinseln von der Grösse einiger zusammengelagerter
Zellen an bis zu erheblichen Platten, mit Uebergängen in
das anstossende Bindegewebe ; dergleichen lagen im Binde-
gewebe Knochenspangen, oder sie entwickelten sich (auch
schon bei dem Kinde) in physiologischer Weise aus dem
Knorpelgewebe und zeigten überhaupt die normalen Bilder
von Resorption und Apposition. Diese Knorpel-Knochen-
inseln zoffen sich weiterhm im Stroms der Drüsen nach
der Oberfläche zu, ohne diese aber jemals zu erreichen
oder in das follikuläre Gewebe einzudringen. In einem
Falle bestand gleichzeitig eine auffallende Knochenbildung
im Ug. stylohyoideum und am Proc. styloid. und Cornu
min. oss. hyoidei.
D. schliesst sich der Vermuthung Orth's an und
begründet sie genauer, dass es sich nämlich um ver-
sprengte Knorpelkeime des 2., zur Bildung des Proc.
styloideus u. s. w. bestimmten Kiemenbogens handle;
hierfür spreche namentlich schon die Beobachtung am
2jähr. Kinde, sowie die topographischen Beziehungen.
Möglicherweise können diese Versprengungen einnuu zu
wirklichen Geschwulstbildnngen Veranlassung geben,
obwohl solche Fälle noch nicht bekannt sind. Khnisch
veranlassen sie Kratzen und Reiben im Halse (Rosen -
baoh) und machen bei der Tonsillotomie eventuell
Schwierigkeiten. Beneke (Braunsohweig).
410. Beltns mr Qeaeee der eoageoitilfla
Oy etennieren ; von Dr. A. v. Mutach. (Vii-
chow's Arch. GXLIL 1. 1B95.)
I. Frühgeburt BeckU Niere grosser, ziUnicfae
Qysten verschiedener Grösse an der Oberfläche, die fläch
theils berührten, theils durch Scheidewände von lysmm
Breite getrennt waren. Hydronephrotisch erweitertes
Nierenbecken, in das sondirbare Papillargänge einmün-
deten, dilatirter Ureter. Linke Niere kidner, gleiohldb
mit Oberflächencysten bedeckt; der erweiterte Unter
theilte sich schon ausserhalb der Niere in eine Ansahl
hydronephrotischer Calices. üreteren beiderseits stark
erweitert und geschlängelt, Blase hypertrophisch, ünAn
in der Pars prostatioa sackförmig erweitert, der Best lo
einem feinen Spalt verengt, zuletzt ganz verschlossen.
Mikroskopische Untersuchung flinke Niere) : Moi-
substanz verbreitert, arm an Kanälchen, reich an 8tät^
Substanz. Tiefere Rindenpartie annähernd normal, ober-
flächliche oystisch \ nach der Oberfläche zu sind die (^ysteo
immer grosser ; die Septen zwischen ihnen enthalten Huii-
kanälchen.
Das stark entwickelte Stützgewebe der Marksnlstiiiz
ist lockeres oder dichtes Bindegewebe mit weiten Lymph-
spalten. Epithelien des Nierenbeckens abgeplattet Mem-
brana propria der Papillargänge und Sammelröhren nir-
gends verdickt; ihr Epithel mehrschichiig, mit zwei ler-
schiedenen Zellenformen („helle Zellen*^ und Schaltzelleo);
Lumen trotz der erhebUchen Weite der Membr. propra
daher nur gering. In den basalen Theilen der Sammel-
röhren wird das Epithel einschichtig; streckenweise asl
sie cylindrisch erweitert und zeigen ^eich falls sehrdeot-
lieh die genannten 2 Zellenformen mit ihren Uebergaog-
stufen. Die Marksubstanz enthält auoh Henle'wiß
Schleifen.
Die Stutzsub^tanz der Rinde ist ähnlich deijenigen dei
Markes. Die gewundenen Kanälchen unterscbeideD sich
nach der Reichlichkeit des Protoplasmas ihrer Epitheliei
als Kanälchen L und 11. Ordnung. Die Glomenili mi
meist gleich gross, mit normalem Epithel ; die Kapedwacd
stellenweise stark verdickt, am stärksten an der Eünaäe-
dungstelle des Hamkanälchens, dabei bisweilen erhebiiok
erweitert.
Die Chfsien zeigten bei kleineren Dimensionen oylifl-
drisches oder cubisches, bei grösseren mehr plattes Epi-
thel, eine verdickte Membrana propria; jede hing mit
einem einxigen, nie mit zwei Hamkanälchen zusamma
(an 41 Cysten nachgewiesen) und aus der Art der ab*
führenden Kanälchen, ferner aus der Natur der hersH
tretenden Gefässe und der Kapsel liess sich auch im
Üebrigeo der Schluss begründen, dass die Cysten nar ils
erweiterte Glomerulus-Kapseln zu deuten seien; auch fan-
den sich Uebergangsformen zwischen normalen und cysä-
schen Kapseln. Die ableitenden Hamkanälchen waiei
nur ausnahmeweise dilatirt
In diesem Falle lag weder in der AnfÜilon^
einiger Papillargftnge mit Zellen, noch in der Atro-
phie mancher in den Septen zwischen den Cystei
eingeklemmten Kanälchen, noch in der reichliohen
Bindegewebebildung, die jedenfalls nicht narbiger
Natur war, ein Erkl&mngsgrund für die Cysten-
bildung ; letztere ist daher auf die Hydronephrose,
bez. die Ursache der letzteren zurückzub^dien.
Allerdings steht dieser Annahme der experim^-
teile Befund an postfötalen Nieren entgegen, die
nach üreterverschluss keine Cysten, sondern Olome-
rulusatrophie aufweisen; indessen liegen nach v.X.
bei dem Fötus die Yerh<nisse insofern anders, ab
die erst in Entstehung begriffenen Glomerulos-
Kapseln leichter ausgedehnt und daher zu Cystea
verwandelt werden können. Thatsächlloh findea
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
237
sich die Cysten ja auch nur in der peripherieoheh
fiindenregion, also derjenigen Lage, wo dieOlome-
rtali entstehen.
n. Aoflgetragenes Kind , 30 8td. post partnm Tod.
JAnke Ntere : ein CyBteoooDglomerat von 2^% : 1 Vt ' 1 cm*
Totale Obtoration des Ureters 2 cm oberhaLb der Blasen-
müodaDg ; weiter oben starke Verengerung. Rechte Niere
glejchfidk oystiscb, 8:6:5 cm. Ureter ähnlich wie links.
Oberhalb der Obtnration bestand beiderseits keine Ureteren-
dilatation, desgleichen keine Nierenbeckenbildang. Bechter
Henventrikei stark hypertrophisch.
Die mikroskopische Untersuchung (Serienschnitte)
ergab fär die linke Niere eine Communikation des ver-
eogerten Ureters mit den PapillargSngen durch sehr feine,
die Stelle von Niereakelchen, bez. Nierenbecken ersetzende
][anilchen. Das Bindegewebe in deren Umgebung war
bedeutend vermehrt, auch die Marksubstanz besass hyper-
plastisches Bindegewebe, das Gruppen einkerniger leuko-
cytenartiger Zellen enthielt. Die Papillargänge und
ßammelrohren waren zumTheil buchtig dilatirt, ihreEpi-
thelzeUen zeigten wieder typische Gegensätze zwischen
hellen und Schaltzellen. Im locker fibrillären Binde-
Mwebe der Rinde fielen einige knorpelartige Inseln auf.
Die Malpighi*schen Körperchen waren alle normal, von
semliQh gleioher Grösse, desgleichen die Gestalt der ab-
gehenden Kanälchen. Die Cysten lagen vorwiegend an
der convexen Kante der Niere, waren rund oder zeigten
stärkere Aussackungen. Grösse und Form ihrer Epi-
tbelien wechselten sehr, auch hier fanden sich Schalt-
leUen wie in den normalen Harnkanälchen. Die meisten
Cysten communicirten mit 2 Eanälchen, stellten also eine
Kan&lchen-, nicht eine Glomerulusdilatation dar; wahr-
•cheinlioh entsprachen die Cysten der Lage nach meistens
den Tab. oontorti H. Ordnung.
Die reehie Niere zeigte an den Kanälohen zwischen
Papillargängen und Ureter mehrfach stärkere cystische
Dilatationen ; im üebrigen war die Niere der linken ähn-
lich. Einige Cysten zeieten sogar 3 Ausführungsgänge,
von denen einer blind endigte; andere Cysten besMsen gar
keinen Ausführungsgang, wieder andere einen oder zwei.
V. M. macht auf die Möglichkeit aufmerksam,
dass in manchen FAllen „totaler Papillenatresie"
KanAlchen zwischen dem Ureter und den Papillar-
gftngen, wie sie in seinem Falle bestanden, wegen
ihrer Feinheit übersehen worden sein könnten. Das
reichliche Bindegewebe an Stelle des Nierenbeckens
ist sicher nicht entzündlicher Natur, sondern ein
embryonales Gewebe, das auf einer bestimmten
Entwickelungstufe stehen blieb. Hiermit f&llt die
Anschauung (Virchow), dass derartige Cysten-
niere^ durch fötale schrumpfende Papillitis ent-
stehen ; V. M. glaubt, dass eine EfU%mckebmgdiem'
mung vorliege; die Cysten entstanden sekundär
durch Hamstauung (weshalb in Fall I die Glome-
rulus-Kapseln, in Fall U die Harnkanälchen sich
erweiterten, bleibt unerörtert). v. M. erwähnt auch
die neuere Theorie, dass derartige Cystennieren
Adenokystome vorstellen, fand aber in seinen Fällen
wenig Anhaltepunkte für diese Anschauung; viel-
leicht liesse sich das Vorkommen der reichlichen
Schaltzellen in dem Cystenepithel, sowie der
Knorpelinseln im Bindegewebe dafür verwerthen«
B e n e k e (Braunsohweig).
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
411. BeitrSge inrKenntniss yon der Phos*
phorwirkuDg ; von A. H a u s e r. ( Arch. f. experim.
PathoL u. PharmakoL XXX VL 3 u. 4. p. 165. 1895.)
Da die pathologisch-anatomischen und -histo-
bgiechen Veränderungen, die bei Phosphorvergif-
tongen beschrieben worden sind, sehr oft nicht in
solchem hohen Orade entwickelt waren, dass sie
als wirkliche Todesursache gelten konnten, spra-
chen Schultzen und Riess 1869 die Ver-
mnthung aus : der Phosphor wirke nach Art eines
Fermentes im Körper hemmend aufdieOzydations-
Torgänge, er sei ein exq^uisites „Stoffwechselgift^'.
H. benutzte statt des complicirten Säugethierkörpers
mehr elementare Lebensvorgänge, wie z. B. Fäul-
1Ü88 und Gährung und die oxydativen und synthe-
üfldien Vorgänge, die ausgeschnittene und künst-
lich durchblutete („überlebende'^ Organe noch zu
lasten vermögen. Rinderblut mit fein emulsio-
nirtem Phosphor imprägnirt unterlag aber der Fäul-
niss zeitUch, wie in jeder anderen Beziehung ganz
ebenso wie die Controlprobe ohne Phosphor ; eben
10 wenig hinderte Phosphor die Hefegährung. Die
Verdauung des Fibrins durch Pepsin und Salzsäure
wurde durch die Gegenwart des Phosphors keines-
wegs verlangsamt Nach den Versuchen über Oxy-
dation von BenzyMkohol und Salicylaldehyd in
Hberlsbenden Ordnen schien die Gegenwart des
Phosphors, der dem durchströmenden Blute zu-
gesetzt war, in keiner Weise die Oxydation zu
hemmen ; da diese Oxydationsvorgänge durch ein
in den Geweben enthaltenes Ferment aber nicht
durch lebende Zellen vermittelt werden, so be-
weisen die Versuche nur, dass der Phosphor auf
dieses Ferment keinen Einfluss ausübt.
Dagegen fand H. die Fähigkeit der Nieren, bei
künstlicher Durchblutung aus GlykocoU und benzoö*
saurem Natron Hippursäure zu synthetisiren, nach
dem Zusätze von Phosphor zu dem Durchströmungs-
blute stark herabgesetzt ; diese Wirkung des Phos-
phors erinnert an die Zellen vergiftende Wirkung
des Chinins bei gleichen Durchblutungsversuchen.
Zum Schlüsse wurde auch das ausgeschnittene
Froschherz am PTt^m^'schen Apparate mit phos-
phorhaltigem Blute durchspült; wenn auch die
eigentliche Arbeitsleistung des Herzens dabei nicht
gemessen wurde, so zeigte sich doch eine sehr
starke Abnahme des Pulsvolumens.
H. Dreser (Bonn).
412. Studien über Bntgiftiuigstherapie*
2) Die Wirkung der sehtvefekauren und der achweftig'
sauren Sähe, sowie anderer Sckwefelverbindungen
bei Hienolvergißung ; von S. Tauber. (Arch. f.
experim. Pathol. u. PharmakoL XXXVI. 3 u. 4.
p. 197. 1895.)
Baumann hatte auf Grund der von ihm ent-
deckten Thatsache, dass die Carbolsäure aus dem
KGrper in der Form einer Aetherschwefelsäure aus-
geschieden wird, welch' letztere nur noch eine sehr
238
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
geringfQgige OiftwirkuDg besitzt, vorgeechlagen,
schwefelsaure Salze, wie Olauber- oder Bittersalz
als Antidot bei Phenolvergiftung einnehmen zu
lassen, um dem entgiftenden, synthetischen Vor-
gänge innerhalb des Körpers nach Möglichkeit Vor-
schub zu leisten.
Die von T. ausgeführte methodische Nach-
prüfung dieser Empfehlung führte zu dem Resul-
tate, dass weder das Natriumsulfat, noch das Pyro-
sulfat, noch das Dithionat subcutan, intravenös oder
innerlich der Phenolvergiftimg bei Kaninchen ent-
gegenzuwirken vermochten. (Dosis letalis ^ 0.65 g
subcutan pro kg Kaninchen). Dagegen übten das
schwefligsaure Natron und die Verbindung des Aoet-
aldehyds mit saurem schwefligsaurem Natron bei
intravenöser Beibringimg eine unzweifelhafte Ent-
giftungswirkung auf subcutan beigebrachtes Phenol ;
bei Dosen, welche die letale auch nur einiger-
maassen überschritten, konnten die Thiere aber
nicht mehr durchgebraoht werden. Taurin und
Natriumthiosulfot erwiesen sich antidotarisch als
völlig unwirksam.
Da die Beibringung der schwefligsauren Salze
wegen deren Giftigkeit auf enge Grenzen beschr&nkt
bleiben musste, war es nur möglich, eine Ent-
giftung im Betrage von etwa lO^jo bis höchstens
20®/o der tödtliohen Phenolmenge zu bewirken. Da
femer das Sulflt im Körper sehr bald in das antido-
tarisch unwirksame Sulfat übergeht und es auch
sehr unwahrscheinlich ist, dass alle Sulfitmoleküle
einem Phenolmolekül im Organismus begegnen,
bevor sie weiter verftndert werden, so kann es nicht
befremden, dass das praktisch erzielbare Resultat
hinter dem nach chemischer Vorstellung möglichen
so erheblich zurückblieb.
Noch weniger günstig war der Erfolg in den
Versuchen, bei denen das Phenol per os (0.8 g pro
kg als sicher tödtliche Dosis), der praktisch am
häufigsten vorkommenden Form der Vergiftung,
beigebracht war. Für die Therapie der Carbol-
säurevergiftung beim Menschen würde man wegen
der relativen Giftigkeit der schwefligsauren Salze
bei der Anwendung dieses Antidots, das die bereits
resorbirte Garbolsäure im Blute und in den Ge-
webes&ften unschädlich machen soll, besondere Vor-
sicht nöthig haben. H. Dreser (Bonn).
413. üeber die Giftigkeit des Aoetylens ;
von Dr. Rudolf Rosemann. (Areh. f. exper.
Pathol. u. Pharmakol. XXXVL 3 u. 4, p. 179. 1895.)
Seitdem man dureh Zersetzung des Calcium-
carbides (CjCa) mit Wasser Acetylen (HC^CH) in
solchen Mengen gewinnen kann, dass es auch für
technische Zwecke andwendbar wird, hat die Frage
nach den etwaigen Giftwirkungen dieses Gases
ein praktisches Interesse bekommen« Aus R.'s
Untersuchungen geht hervor, dass auf das Blut
und den Blutfarbstoff das Acetylen nicht die Wir-
kung hat, die ihm von früheren Autoren zugeschrie-
ben war, nämlich eine lockere molekulare Ver-
bindung damit einzugehen« Das Acetylen wiid
vielmehr in den Lungen vom Blute aufgenommen,
ohne dieses direkt zu alteriren, und wirkt nan in
Körper kreisend auf den Organismus ein, und zwar
scheint das Nervensystem besondere seinem Em-
flusse zu unterstehen. Darauf weist zunSchst die
aufÜEÜlende Schläfrigkeit der Thiere (Katzen) hin,
aber auch das Erbrechen und die Veränderangai
in den Athembewegungen dürften auf central ¥i>
kende Einflüsse zurückzuführen sein. Charakte-
ristisch für das Acetylen ist die beruhigende, leicht
narkotisirende Beeinflussung des Nervensystems;
bei längerer Dauer schlägt diese jedoch in die ent-
gegengesetzte Wirkung, in Erregung um, die sich
dureh Unruhe, Brechbewegungen und dyspnoische
Anfälle zu erkennen giebt Dauert endlicfa die
Einwirkung des Acetylens noch länger, so erfolgt
zunächst leichte Parese der betroffenen Centra,
die sich besondere deutlich beim Athmungscentram
durch die unregelmässige Athmung zu erkenaen
giebt, und schliesslich völlige Lähmung, die dann
den Tod herbeiführt. Damit aber diese Erschei-
nungen beobachtet werden können, genügt nicht
etwa l^/o, wie ein früherer Autor irrthümlioh be-
hauptete, sondern es bedarf 20— 30^/o Aoetylen-
gases in der Athmungsluft
Besondere gefährlich wird das Acetylen in der
Technik schon aus dem Grunde nicht werdoi, weil
sein penetranter Geruch alsbald darauf aufmerk-
sam machen würde; bei längerem Arbeiten mit
dem Gase stumpft sich die GeruohsempfindnDg
allerdings ziemlich ab. In der Technik kommea
ausser dem Acetylen auch noch die dasselbe be-
gleitenden Verunreinigtmgen : Schwefelwasserstoff
und Phosphorwasseretoif in Betracht, die aus Ve^
unreinigungen in den bei der Herstellung des Gal*
ciumcarbids benutzten Kohlen heretamm^i.
H. Dreser (Bonn).
414. Btude histologfque aar les lesionf
produites dans les organes par le Formol e(
PAoide formique; par le Dr. A. H. Pilliet.
(Progrös möd. TL. 33 ; Aoüt 17. 1895.)
Zum Zwecke der Vergleichung der Oiftwirkon-
gen des Formaldehyds mit denjenigen der Garbol-
säure und des Sublimats spritzte P. den Aldehyd
in Form des Handelspräparetes „Formel^ (d. i eine
30 — 40proc. wässerige Lösung) bei 5 Hunden
unter die Haut, und zwar in der grossen Menge von
mindestens 4 g des Aldehyds. Die hauptsächlich
auf die mikroskopischen Veränderungen geriditete
Untereuchung von Nieren, Leber, Milz, Magen er-
gab starke Blutoongestionen, Zeichen von Beizung,
Zellenkerne, Vacuolenbildungen, aber weit weniger
totale Zellennekresen als bei den Torgenannten
Antiseptids ; auch kommen die Nekrosen nur ver*
einzelt vor. H. Dreser (Bonn).
415. Inflaensadi alonni üBimaol snUatoosi«
otta delle nrine; per il Dott P. G. Modinos.
(Arch. itaL di din. med. XXXIV. 2* 1895.)
IT. Pharmakologie tind Toxikologie.
S3»
Intravenös injicirter Ham hat bekanntlich gif-
tige Eigenschaften, deren Orad durch den „uro-
tozischen Co^fficienten*^ ausgedrückt wird. M.
prQfte nun verschiedene ArzneikOrper auf etwaige
antidotare Eigenschaften gegen die Giftsubstanzen
des Harns, indem er sie in passenden Mengen dem
Harne zusetzte und die Mischung injicirte; aus der
Zahl der nunmehr tödtlich wirkenden Cubikcenti-
meter ergab sich, ob die Substanz die Giftigkeit
des Harns erhöht oder vermindert hatte.
unter allen in dieser Bücksicht untersuchten
Stoffen (Chloralhydrat, Bromkalium, Coffein, Par-
aldehyd, Strychnin und Antipyrin) vermochte nur
das Antipyrin die Toxicitftt des Harns auf fast die
Hftlfte herunterzudrücken; die anderen EOrper
steigerten sie, am stärksten das Chloralhydrat, das
den Coefficienten von 1 auf 2.58 in die Höhe trieb.
H. Dreser (Bonn).
41 6. 1) Ueber 8 Fälle yon loteraa oatarrhalia
wihrend des Qebranohes von Laotophenin;
von Dr. Hermann Strauss. (Therap. Monatsh.
n. 9. 1895.)
2) IkteroB naoh Laotophenin ; von Dr. W e n -
xeL (C^tr.-BL f. innere Med. XVII. 6. 1896.)
Die beiden Mittheilungen lehren, dass das viel-
bd^ als ganz besonders harmlos gepriesene Lacto-
pbenin doch recht unangenehme Erscheinungen
Wbeiführen kann. Die 3 Kranken von Strauss
(Riegel 'sehe Klinik) hatten allerdings sehr grosse
fiaben 9, bez. 14 und 21 Tage lang 4.0 pro die
eriudten, der Kranke von Wenzel (städtische
Irankenanstalt Magdeburg -Sudenburg) hatte nur
U Tage lang 3mal täglich 0.3 bekommen. Der
Kteras war ziemlich stark und hartnäckig, mit
vollständiger Enterbung der Stühle. St fand,
dass das Laotophenin bei Kaninchen einen heftigen
Kagen-Duodenal-Katarrh hervorrufen kann, und
KJaubt hierauf den Ikterus zurückführen zu können.
T. ist eher geneigt, an eine üble Einwirkung des
Kittels auf das Blut zu denken. D i p p e.
417. Manifeatationa ooolairea da vaniUiame ;
parGu6rin. (Ann. d'Oculist. CXIV. 4. p. 284.
1896.)
0. beobachtete während eines mehijährigen
Aofenthaltee in Quadeloupe Vergiftungen durch
Vanille bei den Bewohnern sowohl bezüglich deren
iOgemeinbefindens, als besonders auch deren Seh-
TomOgens. Unter heftigen Schmerz- und Druck-
Empfindungen im Auge erweiterte sich die Pupille,
wde die Spannung des Auges erhöht und nahm
das Sehvermögen manchmal bis zur Erblindung
ab. Die Augen boten das Aussehen wie bei Olau-
coma Simplex. Die brechenden Medien blieben
aber klar und nur die Sehnervenpapille war stets
kyperämisch. Bei einigen Kranken sah 0. auch
Betinitis und Chorioretinitis. Bei geeigneter Be-
handlung gingen alle Zeichen dieser Krankheit,
die hauptsächlich Frauen befiel, wieder vollständig
xurtck. Lamhofer (Leipzig).
418. Bericht über tozikologiaohe Arbeiten
aus den Jahren 18M — 96 ; von Privatdocent Dr.
Arthur Heffter in Leipzig. (Schluss; vgl.
Jahrbb. CCXLE. p. 125.)
XfX, Verschiedene Pflanzengifte.
93) Die Pfeilgifte; von L. Lewin. Historische und
experimeDteile üntersachongen. (I. Theil. Yirohow's
Aroh. CXXXVL 1. p. 83. 1894. — n. Theil. Ebenda
p. 403. — in. Theü. Ebenda CXXXVIH. 2. p. 283. 1894.)
94) Bericht über einige im Augttst und Septernber
des Jahres 1894 in München vorgekommene Schwamm-
Vergiftungen; von H. Tappeiner. (Münohn. med.
Wchnschr. XLII. 7. 1895.)
95) Poiaoning by manchineale; by D. J. Oaddv.
(Brit. med. Joum. Jan. 19. p. 136. 1895.)
96) ToQoic effecia afler u^e ofoilmcäefem (ethereal)
for tapetoorm; by John Orant. (Boston med. and
sarg. Joum. CXXX. 14. p. 337. 1894.)
97) Studien über die FilioDamaurose und Amblyopie ;
von Katayama und 0 k a m o t o. (Yjhrschr. f. gerichtl.
Med. 3. F. Vm. Suppl, p. 148. 1894.)
98) Ueber die Bedeutung des Auftretens von Ikterus
naoh dem Oebrauehe von JEbstractidm Filieis aethereum;
von E. Gra Witz. (BerL klin. Wohnschr. XXXL 52.
1895.)
L. Lew in (93) behandelt die Pfeügifie in
einer längeren Arbeit, die eine derartige Fülle von
historischen, ohenuschen, pharmakologischen und
ethnographischen Thatsachen enthält, dass es un-
möglich ist, sie auszugsweise wiederzugeben. Nach
einem kurzen Ueberblioke über die allgemeine Qe-
schichte der Pfeilgifte werden die in Europa,
Afrika, Asien, Australien und Amerika früher ge-
bräuchlich gewesenen und jetzt noch verwendeten
Präparate ausführlich besprochen, theils an der
Hand der von Anderen beigebrachten Beobachtun-
gen, theils auf Grund eigener Untersuchungen, zu
denen das Material meistens aus dem Berliner
Museum für Völkerkunde stammt
Im August und Septembw kamen in München
18 Fälle schwerer Pilzvergiftungen vor, von denen
5 tOdtlich endeten. Die Art der genossenen Pilze
konnte leider in keinem Falle sicher festgestellt
werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte
es sich um den Knollenblätterpilz (Amanita phal-
loides s. bulbosa), der in der Umgebung Münchens
sehr häufig ist. Bei der geringen Eenntniss, die
wir über das Wesen der Knollenblätterpilzvergif-
tungen besitzen, ist es sehr werthvoll, dass Tap-
peiner (94) die ausführlichen Krankengeschichten
und die Sektionsprotokolle, soweit sie zugänglich
waren, wiedergiebt Besonders interessant und
am eingehendsten geschildert sind 5 Vergiftungen
vom 17. August Die Pilze waren als Suppe zu-
bereitet worden und so ist es vielleicht zu er-
klären, dass die Symptome, die beim Knollen-
blätterpilze sonst auffallend spät (nach 10 bis
24 Stunden) auftreten, sich in Folge der besseren
Losung des Oiftes nach 5, 8, 10 und 12 Stunden
einstellten. Sie scheiden sich, wie schon früher
beobachtet worden ist, scharf nach zwei Seiten
hin: entweder choleriformer Anfall (60 — 80 Stühle
in 24 Stunden) ohne bedeutende Himerscheinungen*
840
IT. Pharmakologie und Toxikologie.
mit Ausgang in Qeneanng oder Ueberwiegen der
Symptome von Seiten des Centralnervensystems
(Somnolenz , Muskelzuckungen , Mydriasis) mit
weniger deutlich ausgeprägten gastrointestinalen
Erscheinungen und Tod am 3. Tage.
Die Sektion ergiebt einige Blutungen auf Magen-
und Darmschleimhaut und eine so starke fettige
Degeneration und Infiltration der Leber, wie sie
bei Phosphorvergiftung gefunden wird.
Die beiden tödtlich verlaufenen Fälle vom
2. Sept. waren etwas anders. Schon 4 Stunden
nach dem Pilzgenusse traten choleriforme Sym-
ptome, dann tief komatOser Zustand mit stark ver-
langsamter Herzaktion und Anurie auf. Tod nach
45 und 48 Stunden. Der Sektionsbericht meldet
wiederum Ekchymosen in zahlreichen Organen und
stark fettig infiltrirte citronengelbe Leber.
Eobert hat als den giftigen Bestandtheil des
EnoUenblfltterpilzes eine eiweissartige Substanz,
PhaUifiy dargestellt Sie soll Auflösung der rothen
Blutkörperchen, Polycholie, Auftreten von Hämo-
globinämie und Hämoglobinurie hervorrufen. Wie
T. besonders betont, war unter den Symptomen,
die bei den Vergiftungen vom 17. Aug. beobachtet
wurden, kein einziges, das für die Wirkung eines
blutlGsenden Giftes zeugte: kein Ikterus, keine
Anurie, Harn von heller Farbe. In den tOdtlichen
Fällen vom 2. Sept bestand allerdings Anurie ; da
indessen kein Ikterus angegeben ist, so könnte
diese eben so gut mit den profusen Diarrhöen in
Zusammenhang stehen wie mit einer Blutverände-
mng.
Einige Arbeiten beschäftigen sich mit den Wir-
kungen chemisch noch nicht genauer gekannter
Pflanzengifte.
Der MaruhineUbaurn (Hippomane Mancinella L.)
enthält in seinen apfelfbrmigen , wohlriechenden
Früchten einen scharfen Milchsaft, dessen Oenuss
üble Folgen hat Eine Vergiftung, die sich in Car*
riacou (kleine Antillen) zutrug, erzählt C a d d y (95).
Ein 5jähr. Negerkind hatte einige Manchinelläpfel
Segessen und kam mit heftigen Schmerzen in Mund und
[agengegend nach Hause. Am folgenden Tage in das
Hospital aufgenommen, zeigte es folgende Symptome:
Collaps, Stirn mit kaltem Schweiss bedeckt, Puls nicht
fühlbar, Herztone kaum zu hören, Respiration flach, 30
in der Minute, Temperatur 35.7^ Die lippen waren
stark geschwollen und mit Blasen bedeckt, ebenso die
Zunge, auf der auch Erosionen sichtbar waren. Blasen
fanden sich auch auf der Innenfläche beider Hände. Die
Papillen waren stark erweitert. Zunächst wurde Aether
eingespritzt, worauf das Kind sich etwas erholte. Da
das Schlucken sehr erschwert war, wurden ernährende
Buppoeitorien eingeführt. Der reichliche Harn enthielt
Spuren von Eiweiss. Nach 4 Tagen wesentliche Besse-
rung und nach 2 Wochen völlige Herstellung.
Die therapeutische Anwendung des ätherischen
Extrakts von Bhixoma FUicis mar. hat schon
-wiederholt zu Vergiftungen geführt, von denen
4 einen tödtlichen Ausgang nahmen. Der von
Orant (96) mitgetheilte Fall ist leichterer Art.
Die eingenommene Dosis des Extrakts betrug 10 g
auf 2 Portionen. 77« Stunden nach der Einnahme colla-
birte der Er., wurde pnlslos und atbmeie obeiftIcliM.
Die Stimme war heiser, auf beiden Ohren bestand ySUife
Taubheit, während das Sehvermögen nicht gestött var.
Besonders klagte der Kr. über ein Gefühl desZosanunea-
gepresstseins beim Athmen, eine Erscheinung, die meh-
rere Stunden anhielt Therapie : Whiskey und Senftog
auf das Stemum. Qänzhche WiederhersteUung in ^Tigeo.
Ein besonderes Interesse erregen die bei det
Filixvergiftung auftretenden Sehstörungm, Amau-
rose und Amblyopie. Ihnen ist vor Eurzem to&
Katayama undOkamoto (97) eine eingehende
Untersuchung gewidmet worden. Die Yfif. geben
darin ausser einer Casuistik die Ergebnisse ihrer
zahlreichen Versuche an Hunden wieder. (An
Kanh%chen gelang es nicht, diirch Filixvergiftang
Amaurose zu erzeugen.) Wir müssen uns bei der
Fülle der interessanten Einzelheiten hier auf die
Wiedergabe der Schlussfolgerung beschiiUikeD.
Die Filixamaurose und -Amblyopie kann, m^m
aber nicht als Folge der Filixvergiftung entstehen.
Sie ist eine Intoxikationsamaurose (bez. -AmbW-
opie), die sich bei Anämischen und Schwftchlicfaen
anscheinend leichter entwickelt, als an sonst ge-
sunden Menschen und Thieren. Das Auftreten
der SehstOrungen steht bei Menschen und Händen
in gleichem Procentverhältniss. Die Amaurose tni
bei Menschen in 32.5^/o, bei Hunden in d5.7*/i
sämmtlicher Vergiftungen auf.
unter den leichteren Erscheinungen des Filii-
extraktes spielt der Ikterus eine ziemlich bedea-
tende Rolle. P a 1 1 a u f (1892) hat bezüglich seiner
Entstehung sich dahin ausgesprochen, dass nur in
einem Theil der F&lle eine katarrhalische Schwel-
lung der Duodenalschleimhaut die Ursache sd, in
anderen müsse an abnorme Zersetzungen im EOr-
per gedacht werden.
E. Qrawitz (98), der sich neuerdings mit
der Entstehung des Filixikterus beschäftigt hsk»
ist ebenfalls der Ansicht, dass nur bei einer kl^
nen Minderzahl katarrhalische Zustände als itio*
logisches Moment anzusehen seien. Durch Blut*
Untersuchungen an mehreren Kranken wurde fest-
gestellt, dass durch die Bandwurmkur eine erheb-
liche Abnahme des Trockenrückstandes des Biattf
hervorgebracht wird, die auf ein Zngrundegehea
von rothen Blutkörperchen zu beziehen ist Wie
die Serumuntersuchung ergab, findet die Auflfisoog
der Blutkörperchen nicht im strömenden Blote
statt, sondern wahrscheinlich in der Leber. 1^
Annahme, dass das Lebergewebe durch das FiiiX'
extrakt beeinflusst wird, wurde durch Beobai^-'
tungen an 4 Kranken unterstützt, bei denen nach
einer Bandwurmkur mit Extractum Filiois eios
schwere dauernde Schädigung des bereits erkrank-
ten und auch des vorher gesunden Leberparenchymi
zu beobachten war.
XX. Thiergifte.
99) Die Giftthiere und ihre Wirkung auf den ikn-
sehen. Ein Handbuch für Mediciner ; von 0 tto v. Lin-
st o w. Berlin 1894. Aogost Hirsch wald. IV n. 147 S.
mit 54 Holzschnitten.
IT. t^hannakologie uad Tozikolbgie.
24t
160) Die Vergiftungen dureh Sehlangen; von M.
Brenning. Mit einem Vorwort von Prof. L. Lewin.
Stuttgart 1895. Ferd. Enke. Vm u. 175 8.
101) Reekerehes eoppirimentales sur le venin de
ffipht. AUSnuation par le chdlewr et vacdncUion eontre
ee venin; parC. Phisalix et G. Bertrand. (Arch.
de Pbysiol. 5. 8er. VI. p. 567. 1894.)
102) PropriiUs antitoanques du sang des animaux
vaecinSs eontre le venin de vifere. CofUrwtäion ä l'etude
du mecanieme de la vaeeincUum eontre ee venin; par C.
Phisalix et G. Bertrand. (Ibid. p. 611.)
103) Sur le vemn de la vipire, ees prineipee aetifSf
latacemaHon eontre renvSmmation; par Kaufmann.
(Compi rend. de la Soc. de Biol. ^. 113. 1894.)
104) UimfmmisaiionartifUkelle des animaitx eontre
k venin des serpents et la therapeutique eacpMmentah
des morsures venimeuses; par A. Calmette. (Ibid.
p. 120.)
105) Au st^ de rattSnuation des vemns par le
ehauffage et de l'immunisation des animaux eontre
¥envenimation ; par A. Calmette. (Ibid. p. 204.)
106) The actum of rattUsnake venom t^pon the hak'
ierieidal power of the blood serum; by Charles B.
£ w i D g. (Lancet 1. 20. p. 1236. 1894. — Boston med. and
sorg. Joum. CXXX. 20. p. 487. 1894.)
(Dnrch Elapperschlangengift wird die keimtodtende
EigeDschaffc des Blatsemm aufgehoben und dadurch ist
die rasche Zersetzung an Sohlangenbiss gestorbener Men-
schen und Thiere zu erklären.)
107) The use of stryehnine in snake-bite; by
Maoher. (Therap. Gaz. XVm. 8. p. 517. 1894.)
108) A ease of snake-bite treated by injections of
8tryehnin ; by P e r c e ▼ a 1. (Lancet I. 12. p. 744. 1895.)
109) A ccue of oyster poisoning ; by Edwards
Casey. (Brit med. Journ. Maroh 3. p. 462. 1894.)
110) A ease of death from mussei poisoning; by
Edwarde. Hill. (Ibid. Febr. 9.)
Nicht nur fQr den Toxikologen und Pharma-
kologen ist es wichtig, die Giftthiere genauer zu
kennen, besonders werthvoll ist fQr den Schiffs-
und Colonialarzt eine sichere Kenntniss der gif-
tigen Meerfische und der gefährlichen giftigen
Landthiere der Tropen. Die grosseren Lehrbücher
der Toxikologie begnügen sich damit, die wichtig-
sten giftigen Thiere einfach mit dem Namen auf-
zuführen, ohne eine nähere Beschreibung zu geben
und an einem Werke, in dem sie eine eingehendere
fiehandlnng erfahren haben, hat es bisher gefehlt
0. von Linstow (99) hat in seinem kleinen
Bandbuche die Oiftträger des geeammten Thier-
reicheB zweckentsprechend zusammengestellt Die
einzelnen Bepräsentanten sind durch kurze (Ht-
tong- und Artdiagnosen genügend gekennzeichnet,
nicht selten auch durch Abbildung vorgeführt
Deber die chemische Beschaffenheit des Qiffces
finden sich genügende Angaben, sowie über die
ftacheinungen der Vergiftung, die meist durch
einige Krankengeschichten ausreichend illustrirt
werden. Des pathologischen Befundes wird eben-
foUs gedacht. Durch zahlreiche zoologische und*
toxikologische Literaturangaben ist das Werk auch
ein brauchbares Hülfsmittel bei wissenschaftlichen
Arbeiten.
Brenning (100) hat in seiner auf Anlass
und mit Unterstützung von L. Lewin yerfassten
Arbeit sich die Yergiftungen durch Schlangen zum
Thema gestellt und giebt eine zusammenfassende
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 3.
Darstellung von allem auf diesem Gebietie Bekann-
ten und Erforschten. Wir können nur kurz hervor-
heben, was an bisher unbekannten Thatsachen
mitgetheilt wird. Nach einer kurzen statistischen
und histologischen tJebersicht wird die Anatomie
und die Systematik besprochen. Hier finden sich
Angaben über die von B. durch eigene Messungen
an Spiritusexemplaren ermittelte L&nge der Gift-
zShne bei den wichtigsten Arten. Nachdem die
Natur des Giftes besprochen ist, wendet sich B.
zu dessen Wirkung und theilt Versuche mit, aus
denen hervorgeht, dass Bisse, die eine Kreuzotter
sich selbst beibringt, auf sie nicht tOdtlioh, aber
doch auffollend erschlaffend wirkten. Auch wer-
den Versuche angeführt, die zeigen, dass die an-
gebliche Immunität der Igel gegen Schlangenfgift
nicht besteht Ferner werden die Todesursi^en
und die pathologisch-anatomischen Veränderungen
beim Sohlangenbiss besprochen und schliesslich
wird der Behandlung ein besonders ausführliches
Capitel gewidmet, in dem die Th&tigkeit der
Schlangenbeschwörer, die operativen und mecha-
nischen, die thierischen, chemischen und pflanz-
lichen Mittel und die Impfungen mit Schlangenei
gift eingehend besprochen werden. —
Phisalix und Bertrand (101) untersuch-
ten die Wirkung der Wärme auf das Vipemgift
Während ältere Versuche ergaben, dass Schlangen-
gift durch Siedehitze an seiner Wirkung nichts
verliert, stellten P. u. B. fest, dass die Wirksam-
keit des Viperngiftes bereits durch Erhitzen auf
60— 70* stark vermindert wird. Erhitzen auf 80*
während 5 Minuten oder i/48tündigesEriiitzen auf
Ib^ hebt die tOdtliche Wirkung auf Meerschwein-
chen ganz auf. Lässt man das Gift 20 — 35 Sekun-
den lang sieden und wieder erkalten, so bewirkt
es keine Ortlichen Erscheinungen mehr und steigert
die Körpertemperatur, während das nicht erhitzte
Gift sie erniedrigt. P. u. B. nehmen im Gifte zwei
verschieden wirkende Stoffe an, einen entzündung-
erregenden („Echidnase") und einen allgemein-
wirkenden, Abfall der Körpertemperatur hervor-
bringenden („Echidnotoxin"). [Auch Kaufmann
(103) konnte durch Behandeln mit Chromsäure
oder Iproc. Kaliumpermanganatlösung das Vipern-
gift so verändern, dass die lokale Entzündung weg-
fiel, die allgemeinen Symptome bestehen blieben.]
Impft man das durch 5 Minuten langes Er-
hitzen auf 80<^ abgeschwächte Viperngift Meer-
schweinchen ein, so werden sie gegen eine tödt-
liche Dosis nicht erhitzten Giftes nach 2 Tagen
immun. Durch Erhitzen auf 100<^ wird die immu-
nisirende Kraft des Giftes aufgehoben.
WieP.u.B. in einer zweiten Abhandlung (102)
ausführen, tritt die Immunität der Meerschwein-
chen gegen Vipemgift erst eine bestimmte Zeit
nach der Impfung ein. Daraus muss man schliessen,
dass die Immunisirung nicht durch direkte Wir-
kung der eingeimpften Stoffe, sondern durch eine
Reaktion des Körpers hervorgebracht wird, indem
31
242
y. Neüropiitliologto und FayoliiaMe
der Giftstoff im Blute die Bildung eines Gegen*
gutes bewirkt. Das Blut der geimpften Thiere
vermag, anderen Thieren eingespritzt, diese eben-
falls immun zu machen. Es ist möglich, auf diese
Weise einen Schutz gegen ziemlich grosse Gift-
mengen zu erzielen.
Eine gewisse Immunität erhalten Thiere, wie
Kaufmann (103) fand, denen man sehr kleine
Doeen Yipemgift mehrmals wiederholt einspritzt
Calmette (104. 105) immunisirte Thiere durch
wiederholte Einspritzungen yon Schlangengift, das
mit Calcium- oder Natriumhypochlorit yersetzt
war, oder auch durch wiederholte Einspritzungen
von 6— 8 com ChlorkalkUSsung (1 : 60).
Die Behandlung des Schlangenbisses ist in
Australien nach den Berichten von Macher (107)
und Perceval (108) von sehr gQnstigem Erfolge
gekrönt Im J. 1887 beobachtete A. Müller,
dass das Gift der australischen Schlangen eine
lähmende Wirkung auf gewisse Theile des Central-
nervensystems besitzt Es ruft Paralyse, Sopor
und Koma hervor und lahmt schliesslich das Herz.
Gegen diesen, der Chloralhydratvergiftung sehr
fthnlichen Symptomcomplex empfahl Müller die
Einspritzung von Strychnin in ziemlich grosser
Dose (10 mg), die meist mehrmals wiederholt wer-
den muss. Die vorliegenden Berichte von M. und
P. enthalten 16 Fälle von Schlangenbissbehandlung
mit Strychnin. Mit Ausnahme eines einzigen, in
dem die Injektion erst nach 4 Stunden geschah,
Verliefen alle günstig.
Eine durch Austern bewirkte tödtliche Ver-
giftung erzählt Casey (109).
Ein SSyahr. Mann verzehrte am Abend 8 Austern,
von denen eine sohlecht schmeckte. (Andere Personen,
die von derselben Austemsendongassen, bemerkten keine
schädlichen Folgen.) Die Beschwerden traten ungefähr
14 Stunden später aof, bestanden in Eolikschmerzen und
Erbrechen. Am nächsten Tage wurde der Puls immer
schwächer, der Er. wurde oyanotisch und bekam Krämpfe
in den Armen. Der Tod erfolgte im asphyktischen An-
fall 41 Standen nach dem Verzehren der Austern. Die
Sektion ergab wenig, ausser einer Hyperämie der Magen-
mucosa keine Erscheinungen im Intestinaltractas.
Häufiger als Austern werden die Miessmuscheln
Veranlassung zu Vergiftungen.
Der von Hill (110) mitgetheilte Fall betrifft einen
49jähr., kräftigen Mann, der nach dem Oenusse von
Muscheln in weniger als 2 Standen während des Trans-
ports nach dem Hospital starb. Bald nach der Mahlzeit
hatte er über Jucken an Armen und Beinen geklagt und
dann bemerkt, er sei vergiftet und fühle aidi sehr
schkchi Die Sektion ergab starke Fällung der yeDm
in der Schädelhöhle. Die Organe waren sämmüich ge-
sund, nur die Leber war vergrössert und fettig iofiltrirt
Der Magen enthielt Muscheln und Milch. In den Loft-
wegen war kein Fremdkörper. Es handelte sich hier
ofiFenbar um die puralvtisohe Form derMuscheWergiftoog
mit einem bisher nie beobachteten schnellen Verlauf.
XXI. Fäulnissgifte.
111) üeber Käsevergiftung, speeiell über einen FoH
mit Ausgang in Erblindung ; von P f l ü g e r. (Württemb.
Corr.-Bl. Nr. 19. p. 145. 1894.)
Vergiftungen durch verdorb^ie Nahrungsmittel
sind in Deutschland verhflltnissmässig nicht häufig,
besonders selten sind aber Vergiftungen durch
Käse, die in Amerika z. B. recht oft vorgekommen
sind. Pflfiger(lll) berichtet von einer Kase-
vergiftung, durch die 11 Personen im Alter von
2 — 65 Jahren erkrankten. Die ersten Erschei-
nungen stellten sich nach 12 Stunden ein: Hef-
tige kolikartige Leibschmerzen, Erbrechen und
Diarrhöen mit heftigem Durst und grosser Schwächa
Das Erbrechen fehlte in einigen Fällen. Bei den
meisten dauerte die Erkrankung 2 — 3 Tage, einige
ältere Frauen zeigten die genannten Symptome
8 Tage und mehr, wodurch ein erheblicher Kräfte-
verfall entstand. Mehrere klagten Qber schlechteg
Sehen. Bei 3 Personen war deutliche Herab-
setzung der Sehschärfe nachweisbar.
Ein Fall (ISjähr. Dienstmagd) verlief besonders
schwer. Er zeichneto sich durch lange Dauer, Delirieo,
SehnenhüpfeD, starken Marasmus aus und bot das Büd
eines schweren Typhus. Nur das Fehlen einer dent-
liehen Milzschwellung und der Roseolen und eine gani
atypische Temperaturcurve widersprachen, abgesäen
vom plötzlichen Beginn und der Anamnese, dieser Dii-
gnose. Ein ganz bsMnderes Verhalten zeigten die Angeo.
Neben einer deutUchen Ptosis der lider war heftige In-
jektion der Bindehaut vorhanden. 14 Tage nach der
Vergiftung traten in Folge von Dmckgangrän (durch das
untere Lid bewirkt) beiderseits Geschwüre auf der Cornea
auf. Es folgten Hvpopyon, Perforation mit Irisprolaps
und beiderseitige Phthisis bulbi.
Der genossene Eftae war der im Hohenlohe'-
sohen und in Unterfranken beliebte saure Eftse, der
aus gesalzenem Quark durdi Gfihrung bei LuA-
abschluss hergestellt und dann durch Yermischea
mit Essig, Schnaps u. s. w. in eine streiohbare
Masse verwandelt wird. Ob im vorliegenden Falle
Mikroorganismen im Spiel waren, ist, da eine bak-
teriologische Untersuchung des Eftses unterblieb,
nicht mit Bestimmtheit zu sagen.
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
419. Ueber ICgriiie.
V. Eraf ft-Ebing (Ueber transitorische Geistes-
störung bei Hemicranie. Wien. klin. Rundschau
IX. 46. 1895) theilt eine Beobachtung mit, bei
der es sich um eine migränOse QeistesstGrung zu
handeln schien.
Ein ISjähr. Lehrling wurde von der Polizei in die
Klinik gebracht, weil er verwirrt auf den Strassen herum-
geirrt war. Ehr war sehr ängsüich , hörte sich rufen.
kannte Zeit und Ort nicht, gab verkehrte Antworteoi
wnsste nicht, wer er war u. s. w., klagte über Kmf-
schmerzen. Erst am 4. Tage hörte der ^umartige Za-
stand plötzlich auf. Der Er., der sich der vergangenen
Tage wie eines Traumes erinnerte, gab an, seine Muttsr
und seine Grossmutter Utten an Mi^ne, er selbst hitt»
seit der Kindheit häufige MigrfineanMle mit Flimmer-
skotom. Am Abend, als die Verwirrtheit begann, hatte
der Er. nach vomusgehenden Oemüthsbewegungen Flim-
merskotom und ungewöhnlioh heftige Kopfschmerzen be-
kommen. Br meinte, etwa Vs Stande später sei er ver-
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
249
irirrt geworden. Früher hatte er nie seelische StSrongen
bei seinen Anftllen gehabt.
Vf. glaubt „berechtigt zu sein, einen klinischen
Zusammenhang zwischen den beiden Symptomen-
grappen des Migräne- und des psychischen Insultes
anzunehmen. Am nahe liegendsten ist die Deu-
tung im Sinne der Fortentwickelung einer um-
Bchriebenen Störung in der Funktion der Hirnrinde
(Migräne) zu einer diffusen (Psychose) unter aller-
dings ausnahmeweise bestehenden besonderen Be-
dingungen".
In dem Referate des Neurol. Centr.-Bl. (XIV.
21. p. 955. 1895) über v. Kr.-B.*8 Vortrag ist
noch ein 2. Fall erwfthnt
Em 15jähr. Schüler, dessen Mtem beide an MigiSne
litten und der seit llJahieii Anfille hatte, sehr jfth^miff
war, bekam seit 6 Woohen alle paar Tage einen Anfal^
der mitFümmerskotom begann und in dem der Kr. tobte,
alles zerschlag und zeniss. Qmterher bestand Amnesie.
A.Bary (Zur Frage von den Aequivalenten der
Migräne. Neurol. Centr.-Bl. XIV. 6. 1895) glaubt
Hagenschmerzen als Aequivalent der Migräneanfälle
beobachtet zu haben.
Eine 51jfihr. Frau aus nenropathischer Familie litt
seit dem 9. Jahre an Migräne. Im J. 1891 traten Schmer-
len in der Magenge^d anf, die 1—2 Standen daaerton,
mit Anibtossen endigten, fast jeden Tag 3 Monate lang
wiederkehrten. Während dieser 3 Monate hatte die Er.
keine Migräneanßüle. Im J. 1893 hatte die Kr. wieder
2 Monate lang Magenbeschwerden nnd wieder hörten
vünend dieser Zeit die MigrineanfiOle anf.
Oaston Lyon (Lee migraines ophthalmique
e( ophthalmopl^que. Oaz. des Höp. LXvill. 56.
1895) giebt eine Schilderung der Augenmigrftne
Bod der wiederkehrenden Ocolomotoriusl&hmung,
ohne etwas Neues zu sagen. Nichts Bemerkens-
wttthes enthalt auch der Aufsatz ron W. Oakley
Hermanoe (The treatment of migrain. Philad.
Polydin. IV. 41. 1895).
H. C. W o o d (Epileptoid migraine. Med. News
liXV. 26 ; Deo. 29. 1894) berichtet Ober einen Fall
von Epilepeie, in dem die Augenmigrftne als Aura
tnftrai
Bei dem SOjfihr. Sjt. [Erblichkeit ?] waren seit einigen
JibrenGmppen von eigenthümliohen Anfällen beobachtet
worden, zwischen denen kleinere Anfölle aufgetreten
vtren nnd die dnrch mehrmonatige freie Zeiten getrennt
Wen. Seit 1 Jahre war der Kr. geistig schwach ge-
worden.
Der Anfall hatte damit begonnen, dass dem Er. rechts
eb heller Stern erschienen war. Nach mehreren Minuten
^doech der Stern und an seine Stelle trat ein dunkler,
▼en bewegten, wie elektrisches licht leuchtenden Zacken
lungebener Fleck, der sieh allmählich vergrösserte und
^hliesslich das ganze Oesichtsfeld einnahm. Nach etwa
Vt Stunde folgte heftiger Schläfenkopfischmerz [einsei-
%r?] mit Uebelkeit und allgemeiner Schwäche, der
^3 Stunden dauerte. Ihm aber ging eine minutenlange
Zdt auffallender geistiger Klarheit, in der dem Kr. alles
^eistandlich zu sein schien, voraus. Bei den grösseren
AniäUen kam es zu Bewusstlosigkeit [wann?], die der Kr.
henmiiahen fühlte und aus der er mit zerbissener Zunge
«rwachte. Mehrmals war der Kr. früh mit einem Schrei
erwacht und dann bewusstlos geworden. Es sohlen auch,
ib ob einige näohÜiche AnfäUe vorgekommen wären.
W. bespricht die Beziehungen zwischen Migräne
und Epilepeie. Er theilt mehrere Beobachtungen
schwerer Migrftne mit. Immerhin hat er ausser
dem beschriebenen nur 2 Fftlle gesehen, in denen
wirklich die Diagnose als zweifelhaft erscheinen
konnte. Im einen wechselten MigräneanfUle und
epileptisohe AnAlle, im anderen folgten auf eine
Augenmigräne Deürien und Bewusstlosigkeit In
diesem letzteren Falle hatte die Qrossmutter der
24jfthr. Er. die gleichen Anftlle gehabt, die Aura
bestand zuweilen in Megalopsie und in Todten«
Visionen. W. erwfthnt selbst, dass die Delirien
möglicherweise hysterische gewesen sein kennen.
In einer nach des Meisters Tode herausgegebe-
nen Vorlesung Charcot's fiber „Migraine oph«
thalmique et aphasie^ (Nouv. loonogr. de La Salp.
Vm. 1. 1895) wird ein SOjfthr.Mann mit Migraine
ophthalmique aocompagnde geschildert, bei dem
aphatische Störungen den Anfall begleiteten. Ch.
macht auf die diagnostische Bedeutung der yorflber-
gehenden Aphasie bei Migrftne aufmerksam.
A. Pick (Zur Symptomatologie der funktio-
nellen Aphasien, nebst Bemerkungen zur Migraine
ophthalmiqua Berl. klin. Wchnschr. XXXI. 47.
1894) schildert ebenfalls eingehend einen Fall von
Migraine ophthalmique aooompagn6e bei einem
2 7 jähr. Mediciner.
K Beyer (üeber Verlagerungen im Oesichts-
feld bei Flimmerskotom. Neurol. Centr.-BL XTV.
1. 1895) schildert seine eigene Augenmigrftne und
eigenthümUohe Gesichtstftuschungen, die er einmal
dabei erlebt hat
Er fing und hatte rechts neben sich Häuser, links
Feld und Bäume. Die Skotome stiegen von links unten
auf und breiteten sich aus. Flotzlioh erschienen im
Nebel links Bruohstücke yon Häusern und B. erkannte,
dass es Stücke der rechts wahrgenommenen Häuser
waren. Unter Anderem sah er lliucs oben einen blauen
Fleck, dieser entsprach einem blauen Briefkasten rechts
unten.
B. kommt zu der wunderlichen ErkUrung, dass
„die von der Retina kommenden Beize [in der
krankhaften Hinterlappenrinde] falsch zusammen-
gesetzt werden*^
[Casey A. Wood (A oase of temporary am-
blyopia from ohooolade. New Tork med. Beoord
XLVm. 24. 1895) berichtet über Ghokoladen-
Mig^rftne.
Ein 45jähr., gebildeter Mann, der wegen Gicht sehr
regelmässig lebte, bekam von Zeit zu Zeit, wöchentlich
oder in längeren Pausen , heftigste migräneartige Kopf-
sohmerzen. Diesen gineen stete Funkensehen und all-
mähliohe Verdunkelung des ganzen Gesiohtsfeldes voraus,
80 dass er selbst ganz grosse Gegenstände nicht mehr
unterscheiden konniB. Nach ungefähr einer Stunde war
das Sehvermögen wieder wie vorher. Durch genaue
Selbstbeobachtung fand der Er., dass er durch den Ge-
nuss von Ghokolaäe jedesmal sicher einen solchen Anfall
herbeiführen konnte. Da Vanille ohne Chokolade keine
schlimme Wirkung ausübte, schoben Arzt und Eraoker
die ganze Erscheinung auf eine Idios3mkrasie gegen das
in der Chokolade enthdtene Theobromin. Die Anfälle
blieben seit einem Jahre, seit der £[ranke Chokolade ängst-
lich mied, vollständig aus. Lamhofer (Leipzig)].
Anton Bum (Die mechanische Behandlung
der Hemicranie, Wien, med. Presse XXXVI, 20*
244
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
1895) wendet sich gegen den lUf, und seine Ge-
ringschätzung der Hechanotherapie bei Migräne.
Es gebe wirklich rheumatische, bez. gichtische
Migräne mit Muskelschwielen und er habe 17 solche
Fälle beobachtet Es handelte sich um 11 Männer
und 6 Weiber im Alter von 19 — 47 Jahren. Die
Muskelschwielen, die „dem tastenden Finger als
halbelastische, bald weichere, bald derbere, zumeist
rundliche, zuweilen längsovale, beiContraktion des
betreffenden Muskels deutlicher hervortretende,
stets sehr empfindliche, in das Muskelstroma ein-
gebettete Knoten imponiren*^, fanden sich am häu-
figsten im M. occipitalis, seltener in denMM.cucul-
laris, frontalis, temporalis, stemocleidom., im Pla-
tysma und in der Qalea aponeurotica. Mehrmals
waren Gichtanfälle vorausgegangen, 9mal bestand
vermehrte Harnsäureausscheidung. Die Behand-
lung bestand in Massage der Knoten und hatte
ISmal Erfolg: die Anfälle wurden seltener und
schwächer. 8 Kranke sind Jahre lang frei von
Anfällen geblieben. Die erfolgreiche Behandlung
dauerte 5 Wochen bis 4 Monate. Eine Beobach-
tung theilt B. ausführlich mit : Ein 40jähr. Mann,
der seit der Jugend an Migräne litt und bei dem
zuletzt ,gede ungewohnte rasche Bewegung des
Kopfes^^ einen Anfall hervorrief, hatte 4 erbsen-
grosse Knoten unter dem M. occipitalis und wurde
in mehr als 90 Sitzungen durch Wegkneten der
Knoten von seinen Anfallen befreit
B. glaubt nicht, „dass die m'yogeneHemicranie
sich klinisch von der neurogenen unterscheidet'^
Wie die Knoten die Migräne hervorrufen, das könne
man nicht sagen, aber sie thun es.
Die Technik besteht in Reibungen, Streichungen,
Erschütterungen, besonders in „Cirkelreibungen'^
mit den ersten 3 Fingern und in Streichungen längs
der Lymphgefässe, in Anwendung einer Schütter-
maschine, des „Vibrator^^ des Schweden Liedbeck.
Auch J. H 0 b b s (Note sur un cas de nodosit6s
cutan^es avec migraine concomitante apparaissant
ä chaque Periode menstruelle chez une arthritique.
Arch. din. de Bordeaux HI. 8. p. 380. 1894) hat
Hautknoten gefunden; er erzählt folgende Ge-
schichte.
Ein S^Shr. Mädchen, deren Mutter und Grossmutter
an Eopfsohmerzen gelitten hatten, bekam seit 15 Jahren
bei jeder Monatsregei einen Migräneanfall, der 3 Tage,
d. h. so lange wie jene dauerte. Der Schmerz war links.
Vor 11 Jahren war zuerst beim Anfalle eine Verdickung
in der linken Stimhaut (1:3cm) bemerkt worden, die
nachher verschwand, aber bei jedem Anfalle wiederkehrte.
Zu ihr gesellten sich 10 — 15 erbsengrosse Knoten in der
Kopfhaut. Bald entstanden auch über den Gelenken des
rechten Arms und später des rechten Beins schmerzhafte
Hautknötchen, die mit der Regel kamen und ^ngen. Ein
grösserer Ejaoten an der rechten Mamma bheb auch in
er Zwischenzeit bestehen. Vor 8 Jahren waren bei
einem Anfalle, bez. während einer Regel stäi'kere Schmer-
zen im rechten Arme, besonders in den Gelenken, auf-
getreten und es war Schwäche der geschwollenen Hand
znrückgeblieben.
H. fand den Knoten in der Haut der Mamma und bei
der Regel auch die übrigen Knoten. Alle waren schmerz-
haft, unter dem Finger beweglich. Die rechte Hand war
ulnarwärts ab^wichen, die Finger waren gekrümmt nod
ebenfalls seithch abgewichen, 3ire Haut war verdüiuit,
glänzend, oyanotisch, wenig empfindlich; inderHohlhand
^d man die Dupuytren'scäe Gontraktur.
Sigm. Freud (Wien. klin. Bundschau IX. 9.
1895) hat bei Besprechung der Arbeit des Bef. auf
3 Formen der Migrftne-Aequivalente aufmerksun
gemacht Er bezeichnet sie als Magen-, Riteken-,
Herz-Migrftna Die „Magenmigrftne^^ ist eigentlich
nur ein unvollstftndiger AnfialL Fr. erzfthlt Ton
einer Kranken, die 248tQndige AnfftUe von Debel-
keit mit Erbrechen, leLsem Stimdrncke und Em-
pfindlichkeit gegen Licht und Schall hatte. Die
Schwester, die in der Jugend an gewöhnlicher
Migrfine gelitten hatte, bekam, als aie hysterisch
geworden war, „Rückenmigrftne", d. h. AnMe yoü
Bückenschmerzen, die reifartig nach vom ausstrahl-
ten; dabei war der Rücken in der Zwiachenieit
analgetisch, die Kr. behauptete, die Bückenschmer-
zen glichen den früheren Kopfschmerzen, kimn
auf die gleichen Anlftsse hin wie diese, und sp&ter
kehrte dieKopfmigrftne wieder, die Bückenschmer^
zen liessen nach. In einem anderen Falle Fr.'s
bestanden Kopf- und Bückenschmerzen zugleich.
„Herzmigrftne*' glaubt Fr. bei einem 50jahr. Ante
beobachtet zu haben. Dieser hatte früher an ge>
wohnlicher Migrfine gelitten und bekam, ohnesosst
Herzstörungen zu haben, auf geringfü^ge Anlisss
hin 3 — 6 Stunden dauernde Anfiüle von Arrhyth-
mie mit Beklemmung und leichtem Drache in bei-
den Schlafen. Fr. giebt selbst zu, dass diese An-
gaben nicht ganz beweiskräftig sind.
A. Claus (Arthritisme, migraines et salophtea
Flandre mM. U. 2. p. 43. 1895. üebersetzt in:
Therap. Monatsh. IX. 1 1. p. 598. 1895) besprichtden
Oegeneatz zwischen der französischen Schule, difl
Gicht, Bheumatismus und Migr&ne für Verwandte
hält, und dem Eef,, der nichts davon wissen vüL
Man müsse die „arthritischeDiathese^^ im weiteren
Sinne fassen, als verlangsamte Ernährung. Dann
stimme es schon. Dafür sollen auch die Erfolge
der Behandlung der Migräne sprechen, der vege-
tarischen Lebensweise, der Yerabreiohung von
Salicylsäure, Antipyrin u. s. w. [Nebenbei gesagt,
es ist dem Bef. gar nicht eingefallen, die Wirkung
der vegetarischen Ernährung für blosse Suggestsoa
zu halten, was C 1. behauptet]
Auf Orund solcher Erwägungen wandte Gl
das Salophen bei Migräne an und in der Thnt half
es bei einer 5 2 jähr, dicken Dame und einem 69jikr.
diabetischen Herrn.
In einer früheren Arbeit (Les migraines.
Flandre m6d, I. 7. p. 218; 10. p. 309; 16. p.509.
1894) hat CL eine übersichtliche Besprechung der
verschiedenen Formen der Migräne, als deren Ü^
Sache er eine Intoxikation ansieht, und der Be-
handlung der Migräne gegeben.
(Vgl die Beobachtung Chabbert's von
Augenmuskellähmung durch Migräne in Jahrbb.
CCXLVni. p. 130.) Möbius.
V. Neuropathologie und Payotuatrle.
245
420. üeber die asthenisohe Bolbftrpara-
Ifie (Bnlbfirparalyse ohne anatomisohen Be-
fund, Myasthenia gravia pseadoparalytica);
▼00 Prof. A. Strümpell. (Deutsche Ztschr. f.
Nervenhkda Vm. 1 u. 2. p. 16. 1895.)
Str. iheilt eine neue Beobachtung der von ihm
sogen, asthenischen Bulbärparalyse mit und be-
spricht die eigenthümliche Krankheit, von der
biAher etwa 20 FftUe bekannt geworden sind.
Zumeist erkranken junge Leute (von 20 Er.
waren 15 jünger als 30 J., die jüngsten waren
12—15, die Uteeten 47, 55 Jahre). Das weibliche
Geschlecht überwiegt um ein Geringes. Die Ur-
sache der allmählich beginnenden Krankheit ist
ganz unbekannt Abgesehen von geringen Schmer-
len, von etwas Schwindel besteht das Leiden in
Schwache der Muskeln, die sich hauptsftchlich als
rasch eintretende Ermüdbarkeit zeigt. Zuerst er-
faanken gewöhnlich die von den Hirnnerven ver-
sorgten Muskeln, bald ist Ptosis, bald Doppelt-
sehen, bald Erschwerung des Eauens, Sprechens,
Schluckens das Ersta Etwas später werden die
Hals-, Bumpf-, Gliedermuskeln ergriffen. Die
Athemmuskeln bleiben lange. Dann und Blase
dauernd frei. Man muss unterscheiden Parese und
Ermüdbarkeit. Diese zeigt sich so, dass die ersten
Bewegungen normal ausgeführt werden, rasch aber
Ebnfldung eintritt, die bis zu völliger Bewegungs*
Unfähigkeit wächst Dauernde Parese wird am
Uofigsten an den Muskeln des Gesichtes (Lider-,
Lippen-, Kaumuskeln und andere) beobachtet, nach
Str. deshalb, weil diese Muskeln fast dauernd in
Th&tigkeit sein müssen. Parese und Ermüdbarkeit
werden im Yerlaufe der Krankheit immer grösser,
steigern sich anfallweisa Bald treten Remissionen
an, die sehr lange dauern können, bald führt das
Leiden direkt zum Tode , der plötzlich oder all-
mählich durch Erstickung eintritt Die anatomische
Untersuchung ergiebt nichts. Als Ursache ist ein
Bift zu vermuthen, das entweder das gesammte
motorische System oder nur dessen peripherische
Abschnitte, vielleicht nur die Muskeln schädigt.
Die Kr. Str.'s war ein 2Qjähr. Bauermädchen, das
ans gesoDder Familie stammte und bis zu der Erkran-
koog krftfäg und gesnnd gewesen war. Im Februar 1S93
waren die Angeiuider sdiwer geworden und hatte das
fipechen Mühe gemacht Im Mai ermüdeten die Glieder
laseh, waren Kauen nnd Schlacken schwierig. Yorüber-
gBhend war Doppeltsehen aufgetreten.
Im December 1S93 bestanden Ptosis, Facialisparese,
Pueae der Kaumuskeln, des Gaumens ; nirgends Atrophie ;
die Reflexe waren lebhaft. Das Auffallendste war die
grosse Ermüdbarkeit Die ersten Worte waren gut ver-
Sttadlich, nach etwa 20 Worten wurde die Spnushe un-
deothch und schliesslich hörte man nur ein unverständ-
Behes Lallen. Nur wenige Schluckbewegungen waren
nhne Anstrengunff mögÜch. Eine Treppe ging die Er.
pit, nach wiäerhoitem Steigen schleppte sie die Beine
tmd wurde bald, wie es ihr bei der Feldarbeit begegnet
war, zusammengebrochen sein. Bei wiederholter Hervor-
mfnng des Kniephänomens war eine deutliche Ermüdung
ks Quadriceps nicht wahrzunehmen, auch auf galvanische
Beixung des N. rad. folgten immer kräftige Zuckungen.
Dia Ermüdung durch Faradisation wurd^ nicht geprüft
Im Januar 1894 traten Anfiille grosser Mattigkeit mit
Athemnoth und Ansammlung von l^hleim im Munde ein.
Die Schwäche wurde auch an den besseren Tagen sehr
gross. Im Februar wurden die Anfälle häufiger. Im
März andauernde Athemnoth und schliesslich plötz-
licher Tod.
Die makro- und mikroskopische Untersuchung des
Gehirns, der Oblongata, der Nerven und Muskdn ergab
normale Verhältnisse. M ö b i u s.
421. Faralysie lablo-glosso-laryngäe d'orl«
gine oortloale ; par le Dr. Bouchaud. (Revue
de M6d. XV. 6 et 7. p. 482. 559. 1895.)
Ein 28jähr. Mann litt von jeher an epileptischen
Krämpfen, konnte weder sprechen, noch pfeifen, noch
blasen, noch lachen, konnte nur grinsen und grunzen,
sich jedoch zum Theil durah Gesten verständigen. Der
Mund stand weit offen (Speichelfiuss), konnte jedoch ge-
schlossen werden. Die 2kinge von normaler Gestalt,
konnte nicht willkürlich bewegt werden, schob sich
jedoch bei manchen Schluckbewegungen zwischen die
Zähne. Der Kr. konnte nicht kauen, die Kraft des
Kieferschlusses war herabgesetzt. Beim Schlucken wurde
das Meiste wieder ausgeworfen, auch gerieth häufig ein
llieü in Kehlkopf oder Nase. Baohenroflex herabgesetzt,
Schluckreflex ziemlich erhalten. Elektrische Exregbar-
keit ohne Störung. Der linke Arm verkürzt und leicht
contrahirt Die Krankheit war wahrscheinlich angeboren ,
blieb stationär. Tod an Tuberkulose. Die Sektion er-
Sab beiderseits Hypoplasie der unteren Hälfte der vor-
eren Centralwindung, der eanzen hinteren Gentralwin-
dung (reohts stärker als links) und einzelner Abschnitte
im unteren Theüe der Parietallappen, Hypertrophie be-
nachbarter Windungsabschnitte. Die Oblongatakeme
waron normaL
B. betrachtet .den Befund als den einer Ent-
Wickelungshemmung, vergleicht seinen Fall aus-
fQhrlich mitBulbftr- und Pseudobulbärparalyse und
mit anderen aphatischen Zuständen.
Marthen (Eberswalde).
422. Zar Pathologie und Therapie der
progreaaiven Bolb&rparalyae ; von E. Bemak,
(Berl. klin. Wchnschr. XXXTT. 2. 1895.)
Von Charcotist die Ansicht aufgestellt wor-
den, dass die Mitbetheiligung des oberen Facialis-
astes bei der progressiven Bulbärparalyse charak-
teristisch sei für eine besonders bei Kindern vor-
kommende familiäre Form der Krankheit, die von
V. Strümpell für eine sogen, asthenische Form
ohne anatomischen Befund erklärt wurde.
R weist durch seine Beobachtung nach, dass
beide Annahmen nicht richtig sein können.
Es handelt sich um eine Sljähr. Frau ohne Lues,
die im September 1JB94 mit Sprach-, Schluck- und Schling-
beschwerden erkrankte. Die Untersuchung ergab eine
maskenartige Starrheit des Oesichts, fibrilläro Zuckuneea
der Muskeln am Kinn, sow^ der Kau- und Stimmusku-
latur; beiderseits bestand Ptosis, die Stirn war ganz glatt,
Runzelung unmöglich, die Zunge konnte nur mit Mühe
bis über die Zahnreihen hinausgeschoben werden und
ihre seitlichen Bewegungen waron ganz aufgehoben,
Sprache sehr undeutuch und näselnd; beim Trinken
Begurgitetion. Die Zunge war ausserdem atrophisch,
reajnrte elektrisch sehr wenig; am Frontalis eine träge
AnSZ. Damit ist die Annahme einer asthenischen funk-
tionellen Störung hinfUlig.
Der Zustand der Kr. besserte sich ^z wesentlich
duroh eine Oalvanisirung des Halses, die die Sohluok-
l&hmung fast beseitigte. B. tritt daher warm für diese
Therapie ein. Wind scheid (Leipzig)« .
246
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
423. Brei versohiedene Formen Ton pro-
^esBiver Maskelatrophie ; von Dr. N. La ehr.
(Charitö-Aimalen XX. p. 730. 1894.)
Es handelt sich in allen 3 BtUlenL.'8 um neuro-
pathische Atrophie. Fall 1 ist ein neues Beispiel
von progressiver spinaler Muskelatrophie bei einem
Kranken, der in früher Jugend spinale Kinder-
l&hmung erlitten hatte. Diese hatte zu sdüaffer
Lähmung des rechten Beins geführt. Später kam
dann typische spinale progressive Muskelatrophie
in der rechten Hand hinzu. Da Fat. Schneider war
und wegen der Lähmung des rechten Beins rechts
eine Krücke führte, kommen neben der spinalen
Kinderlähmung vielleicht üeberanstrengung der
rechten Hand und Krückendruok in Betracht
Fall 2 nimmt eine Mittelstellung zwischen einer
subakuten Poliomyelitis anterior und einer spinalen
progressiven Muskelatrophie ein. Sehr interessant
ist hier der Beginn in der Region des cervikalen
Accessoriuskems (Stemocleidomastoideus , Guoul-
laris). Daneben bestand noch Zwerohfellparese
und es breitete sich die Krankheit von da nach
unten und oben aus.
Fall 3 gehört zur neuralen Muskelatrophie
Hoffmann 's. Hier ausgesprochen Beginn in
den Händen und deutliche Sensibilitätstörungen.
In Fall 2 u. 3 kommen ebenfalls üeberanstren-
gungen in Betracht; in Fall 2 Tragen schwerer
Lasten auf den Schultern, Beginn der Atrophie in
der Schultermuskulatur ; in Fall 3 Steinsetzerarbeit,
Beginn der Atrophie m der Hand.
Bruns (Hannover).
424. Folynevrite oonsecutiTe i la groMorae
et a raoooaohement, paralyde des qoatre
membres ; par C h. V i n a y. (Lyon m6d. XXVIL
51; Dec. 22. 1895.)
Eine BSjfihr. Frau, die 6 Kinder ffeboren und 2mal
Fehlgebarten hatte, erlitt während der ersten Monate
einer neuen Schwangerschaft häufige Blutverluste und
erbrach sich während der letzten 2 Monate sehr oft In
den Monaten vor der Geburt fühlte sie Schmerzen in den
Waden, Kribbeln in Händen und Fassen, ermüdete sie
leicht
Die Gebart war leicht, das Kind gesund. Am 3. und
4. Tage des Wochenbettes bestanden Fiebererscheinangen.
Am 4. Tage wollte die Frau aufstehen, sie sank aber zu-
Bammen und bemerkte, dass auch ihre Arme som Theü
gelähmt waren, denn sie konnte die Hand nicht zum
Kopfe führen, die Nadel nicht halten. In den Gliedern
fühlte sie stechende Schmerzen undKribbehi, die Glieder*
moskeln magerten rasch ab. Doch fühlte die Kr. im
Debrigen sich nicht schlecht und nährte 4 Wochen lang
ihr Kind.
Einen Monat nach der Gebart trat sie in das Kranken-
haus ein. Arme und Beine waren paretisch. pie Strecker
der Hand, des Vorderarms, die Deltoidei, die kleinen
Handmaskeln waren besonders schwach, am Beine waren
der Qaadriceps und die Addaktoren am stärksten be-
trofifen, die Kr. konnte die Fense nicht von der Unterlage
abheben. Die Glieder waren abgemagert Anästhesie
bestand nicht Stechen und Kribbeln empfand die Kr.
besonders in den Waden and den Zehen, frtUi am meisten.
Aus den Angaben über die elektrische Erregbarkeit ist
nur zu entnehmen, dass sie in einem Theile der Glieder-
^Luskslp vermind^ war.
In den nächsten Monaten langsame, aber stetige
Besserung. Nach SVt Monaten konnte die Er. als im
Wesentlichen genesen entlassen werden. Die Behand-
lung hat in Ergotin-Einspritzungen and in elektmcheD
Bädern bestanden. Möbius.
425. Bin unter dem Bilde der Lftndry'ioheii
Paralyse tödtlioh verlaufender Fall von akuter
multipler Neuritis ; von Dr. V r a n j i c a n. (Wien.
kHn. Wohnschr. VIU. 27. 28. 1895.)
Eine 53jähr. Kr. , die firuher im WesenÜichen ge-
sund, aber immer von etwas mürrischem Tempenmeat
gewesen war, litt 10 Tage vor ihrer Aofiuhme in dai
Knmkenhaas an gastrischen StÖrongen. Im Spttale klagte
sie nar über üebelkeit and Erbredien, fiel aber insBer-
dem durch ihre grosse Aufgeregtheit und Aengstlichkeit
auf. Objektiv fand sich zuerst nur eine grosse Schmen-
haftigkeit im Epigastriom auf Druck und das Srbreeh«
dauerte unverändert fort Das Erbrochene bot nie etw»
Abnormes, hi^ aber auch niemals eine saure Beaktioo;
der Appetit war dabei immer gut Die Zunge war nie
belegt Nachdem der Zustand etwa 6 Wochen so ge-
bUe^n war, klagte Pat über abnorme Empfindangm an
den Beinen , aal denen sie sich auch nioht mehr fest
fohlte. Beiderseits bis zu den Knieen war die Sensi-
bilität in jeder Form herabgesetzt, links mehr sIs rechts.
Von den Knieen an aufwärts allmähliches Nachlassen
der Gefohlsstörung. Die Motilität der Beine sehr ver-
mindert; die Pat konnte nur mit Muhe einige Sefantte
fehen. Patellarreflexe sehr vermindert; fast alle Mos-
ein auf Druck sehr schmerzhaft Blase und Mastdnm
normal. Elektrisch an den Unterschenkeln ganz tnf-
gehobene, an den Oberschenkeln sehr herabgesetzte Er-
regbarkeit Die Lähmung und die Anästhesie der BeiM
wurden vollständig. Spracherschwerong in Form von
erschwerter Aiükmation ; Lähmung des linken Abduceos,
allmähUch völlige äussere und innere Ophthalmoplegie,
Delirium, Tod.
Die Sektion ergab am Gehirn nichts Abnonnes.
Beide N. ischiadici dagegen waren sehr verändert, um
das Sechsfache verdickt, stark geschwollen, serös durch-
tränkt und geröthet Das Oleiche in allen Verzweigun-
gen. Mikroskopisoh fimd man starke Quellong der Nerren«
bündel, ausgetretene Myelintropfen, Verdickung der
Aohsencylinder, Vermehrung des Binde^webes. Bai
Bückenmark und andere Nerven der Beine konnten nicht
untersucht werden.
V. glaubt, dass es sich hier um eine akate Vergiftnng
handeln müsse, und erinnert daran, dass zur Zeit der
Erkrankung der Pat in.Dalmatien gerade eine aehi
schwere Malaria-Epidemie geherrscht habe, zu der riel-
leioht der mitgetheilte FaU in Beziehung zu bringen
sein dürfte. Wind scheid (Leipzig).
426. De rorigine inüsotieue de U pa»"
lysie Moeadante wägaU on meladie da Landry ;
par les DDrs. Oettinger et Marineseo.
(Semaine m6d. XV. 6. 1895.)
Oe. u. M. beobachteten bei einem 20jälir. SokUtoo,
der an einer leichten Variola erkrankt war, am Id Tag»
nach Ausbruch dieser Krankheit eine Betentio nrioMi
darauf in den nächsten l^igen eine schlaffe Lähmang ent
der unteren, dann der olwren Glieder, der HalsmuBkaitt
und schliesslich der Bespirationsmuskehi. Tod nnttf
tiefem Koma nach 4 Tagen.
Die Sektion ergab am Rückenmarke eine sehr gioa»
Blutüberfüllung der Pia-mater; das Mark sdbst im Be-
reiche des Doraal- und Lendentheils war in eine weiche
Masse verwandelt, aus der beim Durchschneiden eis blu-
tiger Saft herausrann. Der Oervikaltheü war etwas fester,
MeduUa oblongata und Gehirn waren auch weicher als
normal. An der Peripherie der Milz ein frischer lofuit
Sonst makroskopisch keine Veränderoogan aaden iaaorea
T. Nearopafhdlogie und Psyduairfe^
Si7
OigmoD. Die peripherisohen Nerven der unteren Glieder
erwiesen sich als völlig normal. Im Küokenmarke fand
man im Dorsal- und Lenden marke vorwiegend Yerände-
rofigen in der grauen Substanz, weniger in der weissen,
die in inniger Beziehung zu den Arterien standen. Es
iumdelt sieh vor Allem um eine Infiltration der Wände
Yon kleineren Arterien und Venen durch Leukocyten
mit einem oder mehreren Kernen , deren Protoplasma
in manchen Stellen durch basophile Granulationen aus-
gefüllt war. Andere Leukocyten waren gefüllt mit
Mroben in der Form von Diplokokken, mitunter so
dicht, dass nicht mehr zwischen Kern und Protoplasma
unterschieden werden konnte. An einigen Zellen starke
Vacnolisirang. Ausserdem fand man in den Gefäss-
wfinden oder im Innern der Gefässe eigenthümliohe Ge-
bilde, in deren Innern sich ein bläschenförmiger Körper
ohne Protoplasma fand und die sich nicht mit Anilin för-
ben liessen. An einigen Capillaren hatten die Geföss-
TeriLodeniDgen zu einem Durchbruche der Wandungen
und damit zu freien Blutaustritten in das umgebende
Gewebe gefuhrt Alle diese Erkrankungen der Gefäss-
irindangen waren am stärksten an den aus der Fissura
anterior kommenden und an den Commissurgefässen,
sowie an den Gefässen, die die Fortsätze der Pia-mater
io die weisse Substanz hinein begleiten.
Femer fand man Veränderungen an den Ganglien-
lellen. Der Körper war meist im Zustande der trüben
Schwellung, die ohromatophilen Elemente waren vermin-
dert, der Kern vergrössert mit verwaschenen Grenzen.
die Pliotoplasmaforteätze und der Achsencylinderfortsatz
waren oft durchtrennt, in zwei Theile getheilt Im peri-
celloliren Räume immer eine Anzahl von mono- oder
poiynacleären Zellen. Einige Ganglienzellen befanden
ach im Zustande einer wahren Atrophie. Alle Yerände-
hngen bezogen sich in fast gleicher Weise auf Vorder-
«nd Hinterhömer. Im Cervikalmarke waren alle Abnor-
intiten schon viel weniger ausgesprochen und fast nur
ae den Yorderhömem nachzuweisen. In der Medulla
Dbloogata, der Brücke und im Gehirne fanden sich kleine
Entzündungsherde um xmd in den Gefässen ; an den ner-
^n Bestandtheilen keine Veränderungen. Der Central-
:anal zeigte überall sehr verdickte Wandungen und ent-
lielt eine grosse Anzahl von Mikroben, hauptsächlich
Streptokokken, eingebettet in eine albuminöse Masse.
Oe. u. M. ziehen aus ihrer Beobachtung fei-
ende Schlüsse : Die Landry'sche Paralyse ist ein
•^ptomencomplex, der hervorgerufen wird durch
ie Ansiedeluiig eines Mikroben im Nervensystem.
is können aber verschiedene Mikroorganismen
ierbei in's Spiel kommen, so dass man direkt von
i&er Landiy'schen Paralyse nach Typhus, nach
ariola u. s. w. sprechen kann und diese Form als
ne Beknndftre Infektion im Yerlaufe der primären
kfektionskrankheit betrachten muss. Daneben giebt
) allerdings anch Formen, bei denen man die In-
äction des Nervensystems als primär bezeichnen
iuss, oder zum mindesten über den Ort der In-
iktion nichts inreiss.
In Bezug auf den Sitz der Krankheit unter-
hdden Oe. u. M. einen spinalen, einen neuri-
idien und einen gemischten Typus ; der spinale
rpus kann sich durch Uebergreifen auf Medulla
löngata und Oehim bedeutend erweitern, so dass
im die cerebrospinale Form entsteht.
Windscheid (Leipzig).
427. laead-palsy in ohildren; by Dr. Leo
ewmark. (Med. News LX7L 19; May 1895.)
ISn Sjlihr., sonst gesundes Mädchen war schon meh-
re Male an ^brechen und Durchfällen erkrank^ deren
Ursache unbekannt war. Im November 1893 wieder
eine solche Yerdauungstörung , im Deoember starke
Aphthen im Munde; das Kind blieb einige Wochen im
Bett und als es wieder aufstehen wollte, konnte es
weder gehen noch stehen ; ausserdem zeigten die Hände
Schwäche beim Zugreifen. Die nähere Untersuchung
ergab, dass das Bett des Kindes im Herbst 1892 mit einer
Bleifarbe gestrichen, aber nicht lackirt worden war; die
Farbe war sehr langsam getrocknet und das Kind hatte
die Gewohnheit, mit den Fingernägeln am Bett zu kratzen.
Im Januar 1894 fand N. einen deutlichen Bleisaum,
beide Hände in Beugestellung; rechts waren alle Radialis-»
muskeln, ausgenommen Triceps und Sapinator longus^
gelähmt, links waren Triceps, Sapinator longus und
Abdnctor poUicis longus erhalten. An beiden Armen
starker Tremor. Die betroffenen Muskeln zeigten com-
plete Entartungsreaktion. Sensibilität intakt. An den
Beinen beiderseits Eqninusstellung des Fasses, die letzten
Zehenphalangen konnten gestreckt werden, sonst keine
Bewegung der Extensoren möglich. Fiezoren völlig ge*
lähmt. Patellarreflexe normal. An allen betroffenen
Muskeln ebenfalls Entartungsreaktion. Mitte Aprü 1894
allmähliche Beeeemng der Arme, seit Juni auch der
Beine, bei Absohluss der Beobachtung noch keine völlige
Wiederherstellung.
N. macht auf die Bewegungsmöglichkeit der
letzten Zehenphalangen aufmerksam, die abhängt
von der normalen Funktion des kurzen £xtensor
digitorum, eines Muskels, der sonst regelmässig
bei Bleilähmungen der Beine mit zu erkranken
pflegt. Eine Entscheidung, ob zuerst die unteren
oder die oberen Extremitäten ron der Lähmung
ergriffen wurden, lässt sich im obigen Falle nicht
treffen, da das Kind zum Beginne der motorischen
Erkrankung im Bett gehalten wurde, eine Erkran*
kung der Beine also leicht übersehen werden
konnte. N. glaubt aber, dass bei der Bleilähmung
der Kinder meistens die Beine zuerst erkranken.
Auffallend war, dass die Besserung sich zuerst an
den Armen, dann erst an den Beinen zeigte.
Windscheid (Leipzig).
428. Arsenioal multiple neuritis following
the appUoation of a oanoer oore ; by A. R. Par-
sons. (Dubl. Joum. 3. S. CCLXXXV. p. 199.
Sept 1895.)
Eine 28jähr. Wäscherin bemerkte zu Weihnachten
1893 eine Schwellung an der rechten Brust, wahrschein-*
höh in Folge eines Schlages durch die Wäscherolle. Im
Juli 1894 hatte die Schwellung smgenommen, die Pat.
suchte eine alte Frau auf, die behauptete, dass es sich
um einen Krebs handele, und ihn durch eine «Kur*^ zu
beseitigen versprach. Am 1. August 1894 wurde ein
Pflaster auf die Schwellung gelegt, das einige Tage nach-
her, da es erfolglos gebUel^n war, durch ein Fliegen-
pflasier ersetzt wurde. Es bildeten sich viele Blasen, die
aufgestochen wurden, dann wurde auf die offene Wunde
das erste Pflaster nochmals aufgelegt Einige Stunden
darauf fühlte sich die Pat sehr schlecht, bekam Schwindel
und Doppeltsehen, Ohrensausen, dann sehr heftiges Er^
brechen und Durchfall. Am 7. August Aufnahme in das
Spital. Das Erbrechen und der Durchfall liessen all-
mählich nach, dann erschienen Schmerzen im Mund und
auf der Brust, Zuckungen im Gesicht und grosse Schwäche
in den Beinen. Nach 10 Tagen heftigste Schmerzanfälle
von bohrendem Charakter in den Gliedern, grosse Unruho
des ganzen Körpers, zunehmende Schwäche der Hände
und Füsse, so dass Pat. keinen Gegenstand mehr halten
und nicht mehr gehen konnte, heföge Parästhesien und
Schwitzen der Glieder, Verlust der Plantar- und Knie-
248
y. Neurotyafliologie tind Psyehiatrie.
refleze, geringe Atropliie der HandmiiBkeln. So blieb
der ZuaiSnd bis Ende September 1894, dium trat lang-
same Besserung ein, indem die Kraft der Hände und
Füsse allmählich zurückkehrte, während sich an beiden
Ataxie zeigte. Im November verschwanden die Schmer-
zen und die Parästhesien. Um diese Zeit zeigte sich ein
bedeutender Haarausfall. Da die Uloeration der Brust
nicht heilen wollte und die Axillardrüsen beträohtiioh
geschwollen waren, wurden im März 1895 die Brust und
die Drüsen entfernt Die mikroskopische Untersuchung
ergab ein Gardnom. Im Mai 1895 waren die lühmungs-
erscheinungen hat verschwunden und die Pat wurde
geheilt entlassen.
Es gelang dem Vf., etwas von dem Pulver zu erhal-
ten, das auf das Brustpflaster gestrichen worden war. Es
bestand aus Erähenfussen , SafiEran und Schwefel, mit
ungefähr 30 Orain [1.924 g] Arsenik.
Somit war der unzweifelhafte Nachweis einer Arsenik-
vergiftung, die sich in Form einer peripherischen Neuritis
zeigte, erbracht Windscheid (Leipzig).
429. Alooholio peripheral neuritis in ad-
▼anoed age; by A. Maude. (Brain, Summerand
Automn LXX— LXXL p. 315. 1895.)
Ein 75jähr. Säufer zeigte seit einigen Monaten Anfälle
von Schwachsinn, Schwäche der Qliäer und Schmerzen
im Gebiete des linken N. tibialis. Oedem an Händen und
Füssen. Kniereflexe beiderseits verschwunden, Pupillen-
reaktion aufgehoben, schwache Herzaktion, grosse Dys-
pnoe. Zunehmendes Oedem der Finger und des Hand-
rückens mit blauer Verfärbung. Plötzlicher Tod nach
kurzer starker Dyspnoe. Sektion nicht gestattet
M. sohliesst aus dem Oedem und der lokalen Asphyxie
auf das Vorhandensein einer Neuritis, die in Hinsicht auf
die Qewohnheiten des alten Herrn nur eine alkoholische
sein konnte. [Beweise für seine Annahme der Neuritis
führt M. allerdings nicht an, so dass diese mehr als
zweifelhaft erscheinen muss. Ref.]
Windscheid (Leipzig).
430. On diphtheritio paralyBia ; by E. W.
0 o 0 d a 1 L (Brain, Summer and Autamn LXX —
LXXI. p. 282. 1895.)
0. hat bei den 1071 Diphtheriekranken, die
er in den Jahren 1892 und 1893 gesehen hat,
125 Lähmungen beobachtet, von denen 17 zum
Tode führten. Von den 125 waren 55 männliche
und 70 weibliche Patienten. Das Alter schwankte
zwischen 1 und 43 Jahren, 96 waren unter
10 Jahren, meist zwischen 5 und 8 Jahren. In
101 Fällen Hess sich der Beginn der Lähmung
feststellen, der 7. Tag war der früheste, der 49.
der späteste Termin. Mit Ausnahme Yon 10 Fällen
hatten sich immer zur Zeit des Einsetzens der
Lähmung die Membranen schon losgestofisen. Die
zuerst ergriffenen Muskeln waren in 83 Fällen der
weiche Oaumen, in 20 der Ciliarmuskel, in 5 der
Oaumen und der Ciliarmuskel, in 4 Gaumen und
Beinmuskeln, in 3 die letzteren allein, in 2 der
Pharynx und in 2 die Athemmuskeln. In 6 Fällen
waren noch andere Combinationen vorhanden. In
28 Fällen blieb die Lähmung auf den Gaumen
beschränkt, in 17 auf den Ciliarmuskel, in 11 auf
Gaumen und Ciliarmuskel, in 6 auf Gaumen und
Beine, in 3 auf Gaumen und einen oder mehrere
Augenmuskeln, in 1 auf die Athem- und Larynx-
muskeln. Im Allgemeinen kamen 102 Fälle auf
den Gaumen, 56 auf den Ciliarmuskel, 52 auf die
Beine, 26 auf einen oder mehi^re Znngeiuntukeln,
21 auf die Arme, 11 auf den Larynx. Yond»
26 Augenmuskellähmungen zeigten sich 14 nur
durch Schielen ; von den übrigen 12 betrafea 7
einen Rectus extemus, 3 beide Recti extonl,
2 mehrere Augenmuskeln, 9 die Recti interni
In 10 Fällen bestand eine ZwerchfeUlfihmuiig,
4 davon verliefen tOdtlich. In 4 Fällen handelte
ee sich um eine Adduktorenlähmung der Stimm-
bänder, 5 davon mit lethalem Ausgang ; inSMeii
waren die Abduktoren gelähmt. In 29 Fällen winde
Irr^ularität des Herzschlages mit Besohleonigang
beobachtet, in 4 Fällen unregelmässige Athmung.
Yon sensorischen Störungen erwähnt G. dieHiufig-
keit der Parästhesien an Händen und Füssen.
13mal musste der Tod auf die Lähmung be-
zogen werden: 6 Kr. starben an Herzschi^he,
4 an Respirationslähmung, 2 an andauerndem &- |
brechen und 1 an Krämpfen. Nur 2mal war die
Schwere der primären Diphtherie Todesursache,
im 3. Falle war es ein Recidiv derselben wihre&d i
der Lähmung.
In 122 von den 125 Fällen wurde auf Albu-
minurie untersucht. Nur in 12 Fällen hsd ^
kein Eiweiss.
In Bezug auf die Dauer ist hervorzuhebeo,
dass die meisten Fälle (21) 7 — 8 Wochen dauerten,
1 Fall 14 Wochen. In 8 Fällen war die Lähmun;
unheilbar geworden. Windscheid (Leipug)^
431. Eiziigea über die Kake in Japan; voa
Dr. Franz Kronecker. (Centr.-Bl. f.d. med.
Wissensch. Nr. 40. 1895.)
Kr. hält die Kake ffir eine miasmatische {[rank^
heit, da sehr häufig in Werkstätten, bei Neabas*
ten u. & w. ganze Epidemien vorkommen. Bero^
zugt werden die höheren Stände, namentlich bei
sitzender Lebensweise; hauptsächlich beginnt dia
Krankheit im Juli und August. Wahrsdieinlick
erfolgt die Aufnahme der Toxine durch das VcpH
dauungsrohr. Anatomisch handelt es sich um eüMJ
Neuritis, die aber meist nur nach Härtung dtfi
Nerven in Müüer^Bcher Flüssigkeit nachgewiefieaj
werden kann, fast niemals am frischen Frftpan^
Daa Neurilemm ist schollig zerfall^i und M^^
degenerirt, später erweicht und verschwindet
völlig. Am Herzen sind beide Ventrikel,
ders der rechte dilatirt, die Muskulatur seh
makroskopisch als fettig entartet erkennbar. Vi
den Muskeln sind oft die Wadenmuskeln betreff
es finden sich hier Wucherungen und Yerdickn
des intramuskulären Bindegewebes mit K
zunähme.
Klinisch unterscheiden die japanischen A
die trockene und die Gdematfise Fonn. Beiden
gemeinsam der Anfang mit Dyspnoe und Q
angst, wozu sich mitunter eine tödtliche Q
lähmung gesellen kann. Dann tritt eine
tende Erschlaffung derOeftsswände ein mit
ämie im venösen Kreislaufe, so dass mitunter
y. NenropaÜiologie und Psychiatrie.
U9
der Sektion die Yenenstftmme beim Anschneiden
spritzen.
Die trockene Form beginnt mit Parftsthesieen
SB den Beinen, denen Parese oder Paralyse folgt
Die Oastrocnemii, die Adduktoren and der Muse,
qoadrioeps sind sehr oft geschwollen und schmerz-
haft Der Patellareflex erlischt völlig. Entartungs-
reaktion soll nachgewiesen worden sein.
Bei der Odematösen Form beherrschen die Er-
scheinungen von Seiten des Herzens und der Ge-
fitose dauernd das Bild : das Oedem wird allgemein,
es entstehen Anasarca, seröse Ergüsse in Pleura,
Abdomen und Perikardium. Der Patellareflez ist
bei dieser Form immer deutlich gesteigert
Die Prognose des Leidens ist in Japan besser
als in Niederl&ndisch-Indien ; die trockene Form
f erläuft gOnstiger als die Odematöse.
Man verordnet in Japan anfangs mit Erfolg
salinische Abführmittel. Bei der trockenen Form
wendet man dann Pilocarpin an, täglich 3mal
O.Ol, femer Chinin und Eisen. Bei der Odema-
tOsen Form empfiehlt sich eine strenge Milchdiflt
Gegen die OefässerschlafFung hat Baelz grosse
Gaben von Ei^tin (bis 0.9 täglich) empfohlen,
ausserdem Cocain. Digitalis und Strophanthus
scheinen keine grossen Wirkungen zu haben.
Nach Verschwinden des akuten Stadium ist
ein Landaufenthalt anzurathen; Er. warnt aber
▼or zu grosser Bewegung im Freien, besonders vor
dem Bergsteigen wfihrend der ersten Wochen.
Windscheid (Leipzig).
432. A report of foorteen oases of dU-
looaüon of the ulnar nenre at the elbow; by
Wharton. (Amer. Joum. of med. sciences CX.
Oct 1895.)
Ein 15jfihr. Knabe wnrde beim Spiele von einem
Stack Holz an die Innenseite des rechten Ellenbogens
getroffen und empfand sofort ein schmerzhaftes Prickeln
an der inneren Seite des Vorderamis and im 5. und
4. Finger. Die lokale Schwellang am Ellenbogen wioh
•ehr bald auf kalte Umschläge; 4 Tage nach demTraama
fauidYf. einen Strang am inneren Condylas, dorch dessen
Compression Schmerzen and Parftsthesieen am 4. und
5. Imger ausgelöst werden konnten. Der Nerv warde
ia seine richtige Lage zorüokgebraoht und dorch einen
Schienenyerband dann gehalten; aber nooh nach längerer
Zeit konnte festgestellt werden, dass jedesmal beim
Beugen des Vorderarms der Nerv vor den inneren Con-
^08 ratschte, während er beim Aasstrecken des Arms
Aiinter zu liegen kam. Der Dislokation folgten immer
die beschriebenen Parästhesieen.
Wh. theilt noch 13 andere Fälle aus der Lite-
tatar von traumatischer Dislokation des ülnaris
mit, und bespridit die Therapie, die wesentlich
chirurgisch ist. Windscheid (Leipzig).
433. Ueber paralyüaohe Frübaymptome,
welche dem Anabmohe der Paralyse bis m
80 Jahren ▼omnsgeben; von Dr. Thomsen in
Bonn. (AUg. Ztschr. f. Psych. LDL 5. p. 889. 1896.)
Th. macht darauf aufmerksam, dass Sprach«
Störungen, paralytische Anfälle, Augenmuskel-
Ifthmungen, reflektorische Pupillenstarre und an-
Mod. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 3.
dere Symptome oft Jahre lang bestehen, ehe „die
Paralyse ausbricht'S d. h. wohl, ehe der Kranke
auch dem Laien als krank erscheint. Das ist alles
freilich dem Sachverständigen sehr wohl bekannt,
aber es muss doch wohl nicht nur den praktischen
Aerzten gegenüber, sondern auch den Anstalts*
firzten gegenüber nöthig sein, auf solche elemen«
tare Dinge hinzuweisen, da sonst die thörichte
Angabe, die Paralyse dauere 2 — 8 Jahre, nicht
immer wiederkehren könnte. M 0 b i u s.
434. Die Aetiologie der progreaalven Para-
lyse; von Dr. J. A HirschL (Jahrb. f. Psy-
chiatrie XIV. 3. p. 321. 1896.)
H. hat Erafft-Ebing's klinisches Material
bearbeitet und hat gefunden, dass von 175 männ-
lichen Paralytischen 56*/o sicher, 25*/o wahr*
scheinlich Syphilis gehabt hatten, dass erbliche
Belastung, seelische Ueberanstrengung, Strapatzen,
akute Infektionkrankheiten, Alkohol und Blei als
Ursachen nicht in Betracht kommen, dass Ver-
letzungen in seltenen Fällen als Gelegenheit-
ursachen wirken kOnnen. Am interessantesten ist
in der sehr ausfOhrlichen und sorgfUtigen Arbeit
H.'s der Abschnitt über den Nachweis der Syphilis.
H. erwähnt, dass von 63 Kranken Lang 's mit
tertiärer Syphilis, bei denen die Anamnese mit
aller Sorg< aufgenommen worden war, nur bei
34, d. h. 54<^/o, die Infektion sicher nachgewiesen
worden konnte; 6mal war die Infektion wahrschein-
lich zu machen, 23mal aber liess sich gar kein.
Anhaltepunkt auffinden. Aus diesen Angaben geht
hervor, dass der Nachweis der Infektion bei Oummi-
bildungen nicht einmal eben so oft geführt werden
konnte, wie bei progressiver Paralyse. Unter An-
führung der Gründe, die fftr eine einheitliche Ur-
sache der Paralyse sprechen, schliesst H. mit
Becht, dass man vollkommen berechtigt ist, voraus-
gegangene Syphilis in allen Fällen von progres-
siver Paralyse anzunehmen.
Die weiteren Ausführungen H.'s bringen ihn
dahin, die Paralyse als „Spätform der Syphilis",
als „Encephalitis syphilitica der Bindensubstanz^'
zu bezeichnen. Dabei sind besonders 2 Irrthümer
untergelaufen : 1) Die Paralyse darf deshalb nicht
mit den Gummibildungen gleichgestellt werden,
weil sie eine parenchymatöse Erkrankung ist (was
Wernicke in der auf H.'s Vortrag folgenden
Verhandlung betonte). 2) Sie verläuft anders als ter-
tiäre Syphilis, denn sie ist durch Jod und Hg nicht
zum Stillstande zu bringen (H* besitzt nur wenig
eigene therapeutische Erfahrungen und verlässt
sich auf fremde Angaben über Erfolge der Schmier-
kur bei Paralyse).
Recht zweifelhaft sind H.'8 Angaben über Para-
lyse bei Juden und bei Bauern. Er glaubt gefun-
den zu haben, dass eine Familiendisposition fQr
Syphilis existire, dass in Familien, die noch nie
mit ihr in Berührung gekommen sind, die Syphilis,
besonders schwere Formen annehme ; deshalb beob-
32
S50
YC Innei^ Medicin.
achte man bei inficirten Juden und Landleuten die
Paralyse relativ oft und oft in der claasischen
Form. H. vermuthet auch eine Disposition zur
Paralyse bei den Völkern, bei denen die Syphilis
eine neue Krankheit ist Das sind wohl nidit
genügend begrOndete Hypothesen, wenn auch ui
der Existenz einer ^miliaren Anlage etwas Wahns
sein mag. MObius.
VI. Innere Medicin.
435. Neuere Arbeiten über Physiologie ond
Pathologie der Verdaaungsorgane. (Schluss;
vgl Jahrbb. CCXUX. p. 154.)
68) Dr. med. WieTs dMelisekes Eoehbueh für
Gesunde und Kranke. Neu bearbeitet von Franz
I n e i c h e n. 7. Aufl. Freiburg i. Br. 1896. Fr. Wagneri-
sche UniTers.-Bachh. Or. 8. XX u. 291 S.
69) Diätetik und Kochbuch für Magen- und Darm-
kranke; von Prof. Ph. Biedert and Dr. E. Langer-
mann. Stuttgart 1895. Ferd.£nke. Gr. 8. Xu u. 1808.
70) Die physikalische und medikamentöse Behand^
lung der Magen' und Darmerkrankungen ; von Dr. Karl
AVegele. Jena 1895. Gustav Fischer. Gr. 8. VIIIu.
2408.
71) Die Wirkung des Quassins und Oolumbins auf
die Magendrüsen; von Prof. A. BökaL (Ungar. Arch.
f. Med. n. 3 u. 4. p. 295. 1894.)
72) Pepsin- und Trypsinverdauung in Oegemcart
bitterer Stoffe; von FriedrichReuss. (Ebenda p. 303.)
73) Die Wirkung einiger bitteren Arxneisioffe auf
die Peristaltik; von A. Huber. (Ebenda p. 319.)
74) ünierstichunaen über die antibakterielle ttnd
antifermentative Wirkung einiger Bitterstoffe; von Dr.
Bernhard Yas. (Ebenda p. 315.)
75) lieber den Einfktss der Bittermittel auf die
Darmfäulnise ; von Dr. GeyzaGara. (Ebenda p. 322.)
76) Influenxa degU amari e degU aromatiei sulla
aeerexione gastriea e sulla digestione; pel Dott R. Ja-
o o n t i n i. (Rif. med. XI. 174. 1895.)
77) Ueber den direkten Einfluss des doppettkohlen-
sauren Natrons auf die Magensaftsekretion; von Dr.
N. Reichmann in Warschau. (Therap. Monatsh. IX.
3. 1895.)
78) Recherehes de M. Reiehmann sur l'influence du
bicarbonate de eoude sur la sierition etomaeale; par
Albert Mathieu. (Gaz. desHop. LXVIII. 105. 1895.)
79) Ein klinischer Beitrag xur Kenntniss und Be-
handlung der ^Erosionen des Magens^ ; von Dr. Max
Einhorn. (Berl. klin. Wchnschr. XXXH. 20. 21. 1895.)
80) Beitrag xur Oreaeinbehandlung ; von Dr. Holm.
(Therap. Monatsh. X. 1. 1896.)
81) Ueffet de la somatose dans le traitement de
Vuiehre ei du Cancer de Vestomac; par le Dr. H. Taube,
Madrid. (Belgique med. H. 48. 1895.)
82) Klinischer Beürag xur Physiologie des Magens ;
von Dr. A. Schule. (Berl. klin. Wchnschr. XXXU. 50.
1895.)
83) Eine neue Methode xur Behandlung der sauren
Dyspepsie ; von Dr. J. B e r g m a n n. (Ebenda 6.)
84) Weitere Erfahrungen über die direkU Elektri-
sation des Magens; von Dr. M. Einhorn. (Ztschr. f.
ilin. Med. XXfil. 3 u. 4. 1894.)
85) üeber den Einfluss der Elektricität auf den ge-
sunden und kranken menschliehen Magen; von Dr.
Eduard Goldschmidt. (Deutsches Arch. f. khn.
Med. LVI. 3 u, 4. p. 295. 1895.)
86) Ueber direkte Oalvanisaiion des Magens und
Darms; von Dr. W. Brock. (Therap. Monatsh. IX. 6.
1895.)
87) Ueber die hydropfdhische Behandlung einiger
pathokyischen Magenaffeläionen ; von Dr. H. W e n d r i -
ner. (Bl. f. klin. Hydrother. V. 1. 1895.)
88) Ueber Diagnostik und Hydrotherapie der Magen-
krankheiten ; von Dr. A 1 0 i 8 8 1 r a s 8 e r. (Ebenda 5.)
89) Die Massage des voüen Magens; von Dr.
JohannCseri. (Wien. med. Wchnschr. XUY. 46—48.
1894.)
90) Ud)er die chirurgische Behandlung der Magoh
krankheiten, tom therapeutischen Standpunkte aus 6^
urtheiU; von Dr. S. Mintz. (Ztschr. f. klin. Med. UV.
1 u. 2. p. 123. 1894)
91) Ueber die chirurgische Behandlung der Magat-
krankheiten ; von Dr. Th. R o s e n h e i m. (Deutsche med.
Wchnschr. XXI. 1—3. 1895.)
92) Die Indikationen xu Magenoperationen; tqq
S. Talma in Utrecht. (BerL klin. Wchnschr. XXXIL
25. 26. 1895.)
93) Indikationen xur Pyloraplastik , Pylorektonm
und Oasiroenterostomie; von Dr. J. Grundzaoh ia
Warschau. (Therap. Monatsh. IX. 3. 1895.)
Das bekannte Wiel'sche Kochbuch ist nach
lOjähr. Pause in neuer durchgearbeiteter Auflage
erschienen (68). Von 1871—1881 gab Wiel
selbst 5 Auflagen heraus, 1885 erschien die 6^
von F. Ineichen bearbeitet, dem Nachfolger
Wiel 's auch in der bekannten Anstalt fOr Magen-
kranke zu Zürich. Die meisten, etwas äLteres
Aerzte werden das Buch kennen. Der 1. Theil
handelt von der Küche, dem Küchengeschirr, dem
Herd und Brennmaterial. Der 2. Theil spricht die
einzelnen Speisen und Getränke durch ; der 3. Theil
enthält eine stattliche Anzahl von Speisezetteln für
die verschiedenen krankhaften, bez. eine besondere
Diät erfordernden Zustände; den Schluss bilden
zwei Tischgespräche über Sparsamkeit in der
Küche und hygieinische Ess- und Trinkregeln.
Wir können Ineichen nur dankbar sein dafOr,
dass er uns das seiner Zeit sehr beliebte Buch
wieder zeitgemäss zurechtgestutzt hat, hoffentlich
streicht er nicht zu viel von der origineUen fnachen
Sprache weg.
Das Biedert'sche Buch (69) beginnt mit
einem Abschnitt : „Meine Krankengeschichte'^ K
ist Jahre lang schwer magen- und darmkrank ge-
wesen und hat am eigenen Leibe nach mancherlä
Irrungen erfahren, wie wichtig und wohlthätig eine
passende Kost sein kann. Das, was er erfahieo,
was er in sorgsamer Beobachtung erprobt hat, ent-
hält zu aller Nutzen das vorliegende Buch. Bs
zerfällt in einen medicinischen Theil : Krankheits-
bilder, physikalische und chemische Untersuchung,
Behandlung im Allgemeinen; einen diätetischen
Theil mit allgemeinen und besonderen, den ver^
schiedenen Krankheiten angepassten Diätvorschrif-
ten ; ein Kochbuch mit zahlreichen Kochreeepten,
denen Nährwerthbereohnungen angefügt sind ; und
einen letzten Theil: Krankengeschichten. Wir
sind überzeugt, dass auch dieses Buch schnell
Anerkennung und Verbreitung finden wird.
Wegele (70) hat vor 2 Jahren ein Buch über
die diätetische Behandlung der Magen-Darmkrank-
VI. Innere MedidiL
85 t
heiten herausgegeben (Jahrbb. CCXLI. p. 261) und
giebt jetzt als Ergänzung dazu die physikalische
nnd medikamentöse Behandlung. Der l.Theil der
Bauen Schrift giebt Allgemeines Aber physikalische
Behandlungsmethoden j medikamentöse Therapie,
chirargische Eingriffe und unterstützende Euren,
der 2. Theil spricht die einzelnen Krankheiten der
Beihe nach durch. W. ist wohl ein Schüler von
Biegel, dem er sein Buch widmet, und Inhaber
einer Anstalt für Magenkranke, Überall empfindet
nutn, dass er auf eigener Erfahrung fusst und dass
er mit der einschlfigigen Literatur wohl vertraut ist.
Die Arbeiten 71 — 75 stammen aus dem phar-
makologischen Institute zu Budapest Bökai
glanbt, durch Versuche an Thieren und durch ana-
tomische Untersuchungen festgestellt 2u haben,
dass Quassin und Columbin die Uagenzellen wirk-
lich zu einer stärkeren Saftbildung anregen. Yer-
muthlich haben dann auch andere Bütermütel die-
lelbe Wirkung. Reusz hat verschiedene Amara
bei künstlicher Verdauung hinzugefügt und hat
gefanden, dass sie hier auch in kleinen Mengen
hinderlich, stOrend sind, namentlich bei der künst-
liehen Magenverdauung ; die ThAtigkeit des Tryp-
sin wurde durch Erythrocentaurin, Quassin, Gon-
dorangin, namentlich aber durch kleine Oaben
Absinthin etwas gefördert. Huber prüfte die
Üinwirkung einiger Bittermittel auf den Darm.
Am stärksten wirkt Absinthin, es erregt Hyperämie
und gesteigerte Peristaltik wie ein Abführmittel,
schwächer wirken Getrarin und Columbin, fast
ohne Wirkung ist Quassin. Vas stellte fest, dass
Absinthin, Getrarin, Golumbin, Gondurangin und
Qoassin keinerlei antiseptische Eigenschaften be-
sitzen, dass aber Quassin und Golumbin, vielleicht
auch noch Getrarin gährunghemmend wirken. Oara
endlich fand, dass Gondurangin, Golumbin und Ab-
finthin die gepaarte Schwefelsäure im Harn ver-
nngerten, also hemmend auf die Darmfäulniss
wirkten, während Getrarin und Quassin das nicht
Jacontini (76) fieuid, dass die Ämara, die
Aromatiea und die ExoüanHen die Absonderung
eines reichlichen kräftigen Magensaftes anregen
und damit die Verdauung wesentlich fördern.
üeber die Wirkung der Alkalien im Magen und
vif den Magen ist viel geschrieben und gestritten
worden. Im Allgemeinen hatte man sich jetzt
dthin geeinigt, dass sie, wenigstens in kleinen
Xengen, die Saftabsonderung anregen. Beich-
mann (77) tritt dem entgegen. Er hat mit
doppeltkohlensaurem Natron mannigfaltige Ver-
mhe gemacht und ist der Deberzeugung, dass
dieses niemals, weder im leeren, noch im vollen
Xagen, weder in grossen, noch in kleinen Oaben
einen Einfluss auf die Saftabscheidung ausübt, es
^kt mer auf den abgesonderten Saft, indem es
to gesammten Mageninhalt je nach seiner Menge
neatralisirt, bez. alkaUsirt
Hathieu (78) hält diese Angaben Reich-
mann's für ungenügend bewiesen und bleibt zu-f
nächst dabei, dass das doppeltkohlensaure NatroUi
namentlich eine Stunde vor der Mahlzeit gegeben,
den Magen zu grösseren Leistungen anregt.
Einhorn (79) macht auf gewisse Fälle auf-*
merksam, in denen sich auf Ghrund eines Magen-
katarrhs Erosionen der Schleimhaut bilden. Das
sehr langn^rierige Leiden äussert sich vorzüglich
durch Schmerzen, Abmagerung, Schwächegefühl.
So oft man den nüchternen Magen ausspült, findet
man im Spülwasser kleine rüthliche Schleimhaut«
Stückchen. Therapie: Besprühen der Magenschleim-
haut mit einer EoUmskiinlöaung (1 — 2^/00).
Holm (80) hat in der Kieler med. Poliklinik
ziemlich gute Erfolge von dem Orexm gesehen.
Von 33 Leuten, deren Mägen aus verschiedenen
Gründen nicht mehr recht mitthun wollten, be-
kamen doch 21 besseren Appetit
Taube (81) hat mit der Somatose, von der er
überhaupt sehr eingenommen ist, bei Magen-
geschwür und Magenkrebs gute Wirkungen erzielt.
Schule (82) beobachtete bei einem gesunden
Menschen den Magen während des Schlafes und
fand, dass der Magensaft besonders sauer und die
motorische Leistung des Magens auffallend gering
waren. Man wird also Magenkranke, namentlich
solche mit Hyperchlorhydrie, nach dem Essen
nicht schlafen lassen.
Bergmann (83) schlägt vor, übermässige
Magensäure durch Speichel zu binden und diesen
dadurch in genügender Menge herbeizuschaffen,
dass man die Kranken während der ganzen Ver-
dauung kauen ISsst Er hat Magen-Kautabletten
anfertigen lassen, die etwas Radix zingiberis und
R. calami, sowie etwas Magnesia zur Erhöhung der
Alkalicität enthalten.
Einhorn (84) ist ein begeisterter Anhänger
der direkten Elekiriaaiion des Magens. Er glaubt
folgende Sätze aufstellen zu kOnnen : die Oastro-
faradisation erhöht gewöhnlich die sekretorische
Thätigkeit des Magens. Oalvanisation und Faradi-
sation beschleunigen erheblich die Resorption aus
dem Magen. Die Faradisation ist besonders nütz-
lich bei Magendilatation und Enteroptose, bei ato-
nischen Zuständen der Cardia und des Magens, bei
Gastritis chron. glandularis. Die Gastrogalvanisation
ist „ein beinahe souveränes Mittel" g^en Qastralgie,
gleichgültig, ob sie rein nervOser Natur ist oder
auf einer Oeschwürnarbe beruht, sie hilft auch „bei
manchen Herzaffektionen, welche mit Gastralgien
vergesellschaftet sind".
Ooldschmidt (85) kann den ersten Sätzen
E i n h 0 r n 's ganz und gar nicht zustimmen. Nach
seinen Versuchen in der üniversitätspoliklinik zu
München haben die direkte Galvanisation und
die Faradisation auch bei starken Strumen auf die
motorische Thätigkeit des Magens vielleicht einen
ganz geringen unzuverlässigen Einfluss, auf die
sekretorische sicher gar keinen. Therapeutisch
hmt auch G. die Magenelektrisation für werthvoll,
262
Tl. Innere ICadiofai.
namentlich gegen nervOae Magenleiden, aber auch
gegen andere. „Ein deutlioher Untersohied zwi-
Bohen der Wirkung derEndogalvaniaation und der-
jenigen der Endofaradiaation ist nicht vorhanden,
doch empfiehlt sich immerhin die Endogalvanisation
(An im Magen) mehr fQr die schmerzhaften, die
Endofaradiaation mehr für die funktionellen Stö-
rungen des Magens/^ Bei der Galvanisation muas
man wegen der kaustischen Wirkung vorsichtig
sein. „Die Art und Weise der Wirkung der Elek-
tricit&t bei den Krankheiten des Magens ist noch
dunkel" !
Brock (86), der die Magenelektrisation in der
Poliklinik von Senator erprobte, sdir&nkt ihre
Wirksamkeit noch mehr ein, indem sie sich nur
bei nervösen Magenleiden bewährte und auch hier
durchaus nicht in allen FUlen. Gute Erfolge sah
Br. von der Mastdarmgalvanisation bei chronischer
"Verstopfung.
Wendriner (87) singt dem Heisswasser-
schlauch von Winternitz ein Loblied bei ver-
schiedenen Magenkrankheiten und Strasser (88)
stimmt kräftig mit ein. Cs^ri (89) hat mit vor-
sichtiger Massage des vollen Magens (2 — 3 Stunden
nach der Hauptmahlzeit) bei Atonie und Dilatation,
sekretorischer Insuffidenz und nervöser Dyspepsie
gute Erfolge erzielt.
Die vier letzten Arbeiten über die chirurgische
Behandlung der Magenkrankheiten eignen sich nicht
zu einer kurzen Besprechung, es ist auf diesem
wichtigen Gebiete noch kaum viel PrScises zu sagen.
Seit wir wissen, wie gute Erfolge, namentlich nach
frühzeitigem Eingreifen, erzielt werden können, wie
sich auch ein anscheinend schwer kranker Magen,
z. B. nach Fortschaffung einer Pylorusverengerung
oder Anlegung einer Magen-Darmfistel, schnell und
sehr vollkommen wieder erholen kann, wird sich
jeder gewissenhafte Arzt von Fall zu Fall fragen,
ist hier an eine Operation zu denken. Je grösser
die allgemeine Erfahrung wird, um so seltener wird
hoffentlich der richtige Moment verpasst, oder aber
ohne genügende Unterlage unnütz drauflos operirt
werden.
Wegen der von den Chirurgen erzielten Er-
folge verweisen wir unter Anderem auch auf die
Referate in diesem Bande der Jahrbb. (p. 187 ff.).
Eine vortreffliche Bearbeitung hat die ganze Frage
in dem grossen Handbuch der speciellen The-
rapie innerer Krankheiten von Penzoldt und
Stintzing durch Heinecke in Erlangen er-
fahren. Wir kommen hierauf, sowie auf die vor-
zügliche Darstellung der Magentherapie von Pen-
zoldt an anderer Stelle zurück.
Barm.
Ö4) Ueber Danntnnervaiian ; von Dr. J. P a 1. (Wien,
klin. Wchnßchr. Vm. 29. 30. 1895.)
95) Ueber das VerhaUen des Darmepühels bei Darm"
krankheüen der Säuglinge, insbesondere bei Cholera in-
fantum ; von 0. H e u b n e r. (Ztschr. f. klin. Med. XXIX.
a u. 2. p. 1. 1896.)
96) Du Cancer prinnHf du duodinum; pu kAmn
Pic. (Revue de Med. XTV. 12. 1894; XV. 1. 1895.)
97) UAer die Paihohgie und Therapie der T^
Hden, (Verhandl. des XTTT. Congr. f. innere Med. Wus-
baden 1895. J. F. Bergmann, p. 194.)
98) Ueber Beus; vonB. Nannyn. (MittkoiL ». d.
Grenzgebieten d. Med. u. Chir. 1. 1. p. 98. 1895.)
99) Ueber Heus, verursacht durch den persislirm-
den Ductus omphalo'mes€uraicu8 ; vonDr.Maz Jordss.
(Berl. klin. Wohnschr. XXXUL 2. 1896.)
100) ZurCasudstikdereongenitalcnDarmoeebum;
von Dr. Hans Hammer. (Prag. med. Wchnschr. II.
34. 1895.)
101) Oasuistiseher Beitrag »ur Diagnose der U-
häsion des Colons an die Leber; von Dr. Georg Eei-
ling in Dresden. (8ond.-Abdr. a. d. ▲loh.f.yerdurang»-
krankh.)
102) Beitrag xur ätiologischen Diagnose des KaA-
erbrechens; von Dr. 0. Thiele. (Ztschr. f. klin. Med.
XXVn. 5 o. 6. p. 563. 1895.)
103) Ein Faü von MoeimaUger Erkrankung wi
Koihbrechen und Ausgang in Genesung; von H. Sena-
te r. (Charite-Annalen XIX. p. 212. 1894.)
104) RHridssemerUs oylindriques durectum, (fori-
gine tuberculeuse; par G. Sonrdille. (Arch. gen. dA
Med. Mai, Jnin, JuiUet 1895.)
105) Ueber strikturirende Mastdarmgescfmüre; toq
Dr. Eugen Fränkel. (Münohn. med. Wchnschr. XUL
24. 1895.)
106) Zur Frage der Desinfektion des Darfnkomak;
von Dr. Albert Alba. (Berl. klin. Wchnschr. XXIII
44. 1895.)
107) Ueber die interne Wirkung der isomeren En-
sole, besonders des Enterol; von Dr. Foss in Potsdan.
(Deutsche med. Wchnsohr. XXI. 47. 1895.)
108) Ueber die Behandlung der chronischen Vef-
stopfung durch grosse Oelkly stire; von Dr. Carl Ber-
ger. rEbendaSO.)
109) Verlässliche Methode der arxneilosen Behatd-
hing der chronischen Obstipation; von Dr. J. Schrei«
b e r in Anssee-Meran. (Wien. med. Ptesae XXXVL 21.
22. 1895.)
110) Zur Frage der ÄntiperistaUik; von Dr. Aot
A. Ghristomanos. (Wien. klin. Rundschau IX. 12. 13.
1895.)
111) Ueber die Wirkung von EbchsalxklwäireniSif
den Darm; vonDr.Danber. (Deutsche med. WcbnsdiL
XXI. 34. 1895.)
112) Nachprüfung der Orütxner* sehen Verssdn
über das Schicksal von BeetalinjMionen an Menseks
undThieren; von Dr. Joseph Swiefinski. (ßkesr
da 32.)
113) Ueber Besorption vom Mastdarme aus; ▼ob
Prof. 0. P 0 8 n e r. (V erhandl. d. XIIL Gongr. t inofln
Med. Wiesbaden 1895. J.F.Bergmann, p. 47a)
114) Die Indikationen xur ÄMSschoMung der Er-
nährung durch den Magen; von Dr. Herrn an n Schle-
singer. (Wien. klin. Wchnschr. VITL 19. 21. 1895.) ^
115) ün malade alünentS exchtsivement par la «u
rectale peui^Ü conserver son poids pendani pHuskm
semaines? par B. Lepine. (Semaine med. XV. 38.
1895.)
116) IVcntemeni de Vintolerance stomacale par k
diite absolue et les lavements cUimentaires ; par le I^*
Mannel Vioente. (Gaz. des Hdp. LXVHL 102. 189&)
117) Ulc^e simple de Vestomac; alimaMien
rectale: une cause de son inSffictteiti. (Lyon med. XXYIL
43. 1895.)
Die Versuche, die P a 1 (94) an Hunden und
Kaninchen anstellte, haben ex^eben, dasaderTagos
nicht nur Magen, DQnndarm und oberes Drittel des
Colon innervirt, sondern der bewegende Nerr Ar
den ganzen Dann bis zum After hin ist; ferner,
YI. Imiere MedioIxL
263
dass 68 im Büdkenmarke verschiedene Hemmung-
oentren fOr den Darm giebt, deren eines das
Splanchnicusoentrum ist und die vicarürend fQr
einander eintreten können.
Henbner (95) hat Gelegenheit gehabt, bei
mebreren an Verdauungstantngen gestorbenen Säug-
Ungen den Darm früh genug mikroskopisch zu
uniernuAm und hat dabei werthyoUe Befände
fiber die Epühdien, von deren Erkrankungen wir
nooh reoht wenig wissen, erhalten.
In 3 Fällen von aiuhakuUer Verdauungstörung
var wenig zu sehen. Im Dickdarm, in 2 FUlen
snch im Dünndarm, waren zahlreiche Epithelien
verschleimt, ohne dass deutliche anderweite Zeichen
von Katarrh zu finden waren. Auch bei chro-
nischer Dyspepsie, die unter dem Bilde der Enteritis
follicularis zum Tode führte (nach schwankendem
Verlauf, ziemlich rasch starker Qewichtverlust,
Kräfteverfall — Atrophie), fand sich nichts, was
die schweren Erscheinungen während des Lebens
hfttte erklären können. Positiver waren schon die
Befände in jenen Fällen von chronischer Dys-
pepsie, die unter choleraartigen Erscheinungen,
▼Sssrigen Entleerungen ausgegangen waren. Hier
Bdiien das Protoplasma der Epithelien mit erkrankt
lu sein und sehr deutlich Hess sich dies in aus-
gedehntem Haasse nach der eigentlichen, schwer
akut einsetzenden Cholera infantum nachweisen,
bei der die Magenepithelien ausserordentlich stark
verschleimt und die Dünndarmepithelien sowohl
an Zotten, wie an Drüsen bis zur Unkenntlichkeit
verändert waren.
H. führt zum Schlüsse aus, wie diese Befunde
eigentlich nur durch die Annahme eines gelösten
Giftes erklärt werden können und wie es nahe
liegt, auch die anderen „Verdauungstörungen^^ der
SSuglinge auf Vergiftung zurückzuführen.
Die ausführliche Arbeit von Pic (96) über den
Duodenalkrebs enthält kaum etwas Neues. Die
uhkeichen Beispiele zeigen, wie verschieden die
ISrscheinungen, je nach dem Sitze der Geschwulst,
sein können.
Bei dem letzten Congresse für innere Medicin
wurde sehr eingehend über Pathologie und Thera-
pie der JkfphJäis, bez. Perityphlitis verhandelt (97).
Der 1. Referent, Prof. Sahli-Bern, legte
in eingehender Weise seine in der Hauptsache
bereits bekannten, durch Klarheit und Ein&chheit
viel&ch bestrickenden Anschauungen nieder. Die
ahberfihmte Typhlitis stercoralis ist unhaltbar, sie
kommt wahrscheinlich gar nicht, oder doch nur
äusserst selten vor. Alle, oder doch fast alle
nTyphlitiden" und „Perityphlitiden'^ gehen vom
Wurmfortsätze aus, sind Appendidtiden, bez. Peri-
sppendidtiden. Ihren Mittelpunkt bildet stets ein
Bterherd, der sehr klein sein, innerhalb oder
ausserhalb des Wurmfortsatzes liegen kann. Das
letztere ist das häufigere. Der oft recht grosse,
fühlbare Tumor entsteht, abgesehen von grossen
Abecessen, durch Verdickung der Darmwand, des
Peritonaeu^i, der Fasoia transversa, vielleicht auch
der Bauchmuskeln. Eine Eothstauung kann dabei
mit im Spiele sein. „Die legendenhafte Annahme
grösserer serofibrinöser Exsudate" müssen wir
fallen lassen. Bei der häufigen Heilung des Lei-
dens ohne Operation handelt es sich zuweüen wohl
um Resorption des spärlichen Eiters, häufiger um
Durchbruch in den Darm. S. hat durch eine Um-
frage bei den Schweizer Aerzten 7213 Fälle von
Perityphlitis ermittelt 473 Kranke wurden ope-
rirt, davon starben 101 ■■ 21^ Jq, genasen 372 ■■
78.7^1^ 6740 wurden nicht operirt, davon starben
591 •» 8.80/0, genasen 6149 •»91.2^0* Behand-
lung : Buhe, Opium in genügender, aber nicht zu
grosser Menge, Eis oder warme Umschläge, Blut-
egel, Stillung des Hungers und des Durstes vom
Mastdarme her. Tritt in etwa 3 — 8 Tagen nicht
eine ganz wesentliche Besserung aller Erschei-
nungen ein, dann muss operirt, d. h. vor AUem
der Eiter abgelassen werden. Die Operation kann
durch besondere umstände auch viel früher nöthig
werden ; hier gQt es individualisiren, aufpassen.
Der 2. Referent, Prof. Helferich-Oreifs-
wald, ging zunächst ausführlich auf die Entstehung
der Typhlitis und Perityphlitis ein. Auch seiner
Ansicht nach ist der Wurmfortsatz fast immer der
schuldige Theil und sehr häufig sind es Eothsteine,
die ihn zur schweren Entzündung veranlassen.
H. hält serofibrinöse Entzündungen nicht für so
selten, er ist der Operation gegenüber zurück-
haltender als Sah IL Unbedingt geboten scheint
sie ihm erst dann, wenn man mit Sicherheit eine
Eitening annehmen kann.
Als Dritter sprach Sonnenburg-Berlin, der
früher auch der Ansicht huldigte, dass jede Peri-
typhlitis mit Eiterung einhergehe und dass je
früher, desto besser operirt werde. 15 Operationen
(die Krankengeschichten werden ausführlich mit-
getheilt) haben ihm bewiesen, dass es auch eine
gutartige Form des Leidens giebt, die man als
Appendicitis simplex catarrhalis bezeichnen kann,
die man bei einiger Erfahrung ihren leichten Er-
scheinungen nach diagnosticiren kann und bei der
nicht operirt werden soll. Sie bildet die Vorstufe
der schweren Perityphlitis, Uebergänge jeder Art
kommen vor.
Die Verhandlung fügte dem Gesagten kaum
etwas Wesentliches hinzu. Die serofibrinöse Peri-
typhlitis wurde Sahli gegenüber vielfach in
Schutz genommen. Ueber die Opiumbehandlung
herrschte volle Einmüthigkeit Heubner- Berlin
machte dem grossen Vertrauen auf unser Wissen
und Können gegenüber mit Recht auf jene (nament-
lich bei Kindern) doch nicht so gar seltenen Fälle
aufmerksam, in denen das Qanze leicht und gut-
artig beginnt und verläuft, in denen jede Operation
unnöthig erscheint, bis plötzlich die achwersten
Erscheinungen (Peritonitis) auftreten und schnell
zum Tode führen.
Naunyn (98) sucht auf Qrund der Literatur
251
Tl. In&ere MediciiL
und seiner eigenen Erfahrung brauchbare Regeln
fQr die IntUkaiiansteUung xur Operaiion hei Ileus
aufzustellen. Wir könn^ aus der umfangreichen
Arbeit nur Einiges Inirz herausheben.
Die Statistik ergiebt, dass die Laparotomie nur
am 1. und 2. Tage wesentlich bessere Resultate
aufweist als später. Von 288 Operirten genasen
41<'/o, darunter von den am 1. Tage Operirten
67%, von den am 2. Tage Operirten 770/o, dann
sinkt der Procentsatz am 3. Tage auf 34% und
bleibt bis zum 20. Tage und weiter ziemlich gleidi.
Besonders günstig liegen die Verhältnisse fOr die
Operation überall da, wo eine Inguinal-, Grund-
oder Nabelhernie besteht oder bestanden hat (die
offenbaren gewöhnlichen Brucheinklemmungen sind
nicht mitgerechnet). Hier giebt es 72% Hei-
lungen. Verwechselungen zwischen Peritonitis mit
Ileuserscheinungen und primärem Ileus lassen
sich vermeiden. Im ersteren FaUe entscheidet die
Peritonitis, ob operirt werden soll oder nicht. Hat
sich der Ileus aus einer chronischen Darmenge
entwickelt, so hat es mit der Operation keine zu
grosse Eile. Der Sitz des Hindernisses lässt sich
meist nur dann bestimmen, wenn das Duodenum,
das 8 Romanum oder das Colon descendens be-
troffen ist, in allen anderen Fällen tappt man mehr
oder weniger im Dunkeln, unter den Ursachen
des Verschlusses ist die Strangulation oft ziemlich
sicher zu erkennen und erheischt frühzeitige Opera-
tion. Nimmt man Fremdkörper (Oallensteine) an,
so operire man nur bei besonders drohenden Er-
scheinungen. Ebenso warte man bei dem Volvulus
des 8 Romanum so lange wie möglich ; während
die Intussusception dem Chirurgen gehört
Dem inneren Arzte giebt N. folgende Regeln
an die Hand: Abführmittel sind zu vermeiden,
Wassereingiessungen (bis zu 3 Liter) oder Oel-
klystire (200 — 500 ccm) leisten oft gute Dienste,
eher als die Lufteinblasungen. Opiate sind per os
nur mit Vorsicht anzuwenden, da sie während des
Dens ganz ungleichmässig resorbirt werden, vom
Mastdarm aus ist ihre Wirkung recht ungleich und
unsicher. Morphiumeinspritzungen sind oft nicht
zu vermeiden. Dringend zu empfehlen sind Magen-
ausspülungen. Vorsichtigste Ernährung. Der Durst
wird durch Wasserklystire gestillt Die Punktion
des Darmes und das Eingehen mit der Hand in
den Darm hält N. für äusserst bedenkliche und
unsichere Mittel.
Jordan (99) berichtet über einen jener seltenen
Fälle von vollständig erhoUenem Duetua omphalomeaa'
rateus beim Erwachsenen. Der Heus trat sehr stürmisch
aof. Pat kam erst am 4. Tage zur Operation und starb
bald danach.
Hammer (100) fand bei einem am 3. Lebenstage
gestorbenen Kinde ausser dem Fehlen des Afters einen
vollständigen Versehlnss Moischen Magen und Darm
und berichtet über ein Seitenstück zu dieser letzteren
Missbildung aus der Sammlung des Prager pathologischen
Institutes.
K eil in g (101) bespricht auf Onmd einer eigenen
Peobachtang die I^heinungen, die durch Verwaonsun-
gen des Dickdarms mit der Leber entstehen. AoIm
zu derartigen Verwachsuneen geben meist Galleosteiiie,
seltener Verletzungen, Typhus, Ruhr u. s. w. Mao du!
sie diagnosticiren , wenn yor dem Stuhlgange ziehsoda
reissende Schmerzen in der Lebergegend aaftretoD, die
nach hintan und namentlich nach der rechten Schulter
zu ausstrahlen, und wenn man eine krankhafte BedsliBDx
in der Lebergegend fohlt Prognose bedenklich, Behand-
lung: bei sem: starken Beschwerden Operation.
Thiele (102) sah bei einer 56jähr., sehr elenden Kr.
Kotherbre6hen ohne Erscheinungen yon Darmverschlasa.
Die Sektion ergab einen Dickdarmkrebs, der in das Dtko-
denum und den Magen durchgebrochen war.
Sie Er. von Senator (103) bekam 2mal aemhdi
bald nach einander Katherbrechen ohne andere üeos-
ersoheinungen. Auch in diesem Falle dürfte einelCagoD-
Darmfistel vorgelegen haben, die aber gutartiger Natu
war und sich augenscheinlich nur vom Darme nach dem
Magen zu öffnete, umgekehrt nicht
Sourdille (104) fQhrt eine Reihe von Bei-
spielen dafür an, dass es eine klinisch und ana-
tomisch wohl charakterisirte tuberkulöse Bedimr
Verengerung giebt. Das Leiden betrifft junge,
zur Tuberkulose auch sonst geneigte Leute, ist
zuweilen primär, zuweilen sekundfir, zerMt kli-
nisch in drei Stadien : Stadium der Rectitis, Sta-
dium der Latenz , Stadium der Striktur, und er-
fordert unter umständen operative Behandlung.
Fränkel (105) besprach im ärztlichen Vereii
zu Hamburg eine Anzahl anatomischer Pr&pante
von strikturirenden Mastdarmgesdiwikren, Diese
Geschwüre sitzen im ampuUären Theile des Masfc*
darms 3 — 4 cm über dem After, sie zerstören die
Schleimhaut vollständig, haben einen scharfea
Band und glatten Grund und führen nicht selten
duroh Perforation zu ausgedehnten Verjauchungen
der Umgebung, die nur unter starker Narben-
Schrumpfung ausheilen. Fr. ist der Ansicht, dass
diese Geschwüre stets syphilitischer Natur sind;
dass sie fast ausschliesslich bei Frauen vorkommen,
glaubt er auf die bei diesen häufige Eothstaunn;
im Mastdarm zurückführen zu können. Behand-
lung: gründliche Exstirpation.
Albu (106) spricht ausführlich die bisherigen
vergeblichen Versuche, den Dcarmkanal unrktm
XU desinfidren, durch und die grossen, wohl kanm
zu überwindenden Schwierigkeiten, die sich diesem
oft erstrebten Ziele entgegenstellen. Theoretisck
erscheint es am richtigsten, den Darm durch Ab-
führmittel gründlich zu reinigen und dann nur
sterilisirte Nahrung zu geben.
Foss (107) glaubt in. äemEnierol, einer Nach*
ahmung der Darmkresole, der „natürlichen Darm-
antiseptica'S ein sehr wirksames Mittel zur Des-
infektion des Darmes gefunden zu haben, das mdit
nur bei den verschiedensten Darmkrankheiten sehr
günstig wirken, sondern auch die Brscheinuiign
der bei Verstopfung häufigen Selbstvergiftung, vor
Allem die „Unterleibshypoohondrie" fortachaffea
soll. Man kann Erwachsenen 1 — 5 g tiglich ohnd
Gefahr geben.
Berger (108) ist nach seinen Erfahmngai
in Dr. Kadner's Sanatorium mit der AAoiitf-
TL Innere UedidiL
S85
img der chronisehen Verstopfung durch Oeleinläufe
(Fl ein er) ausaerordentlidi zufriedeiL Er läset
ICftnneni 500, Frauen 400 ocm erw&rmten Oeies in
Knie-EUenbogenlage langsam (20 — 30 Minuten)
einlaufen imd die Kranken dann noch mit erhöhtem
Becken '/i Stunde auf der linken, ^/^ Stunde auf
der rechten Seite liegen. Schon der erste Einlauf
wirkt oft fOr Tage und Wochen sehr gfinstig, die
Frooedor braucht erst wiederholt zu werden, wenn
die Wirkung aufhört
So h reib er 's (109) „verl&ssliche'' Behand-
kmg der Verstopfung besteht ausser in Regelung
der DiAt in kr&ftiger Bauohmassage.
Als Letztes wollen wir einige Arbeiten über
Ernährung vom After her zusammenstellen.
In unserer letzten Zusammenstellung führten
wir kurz eine Arbeit von Grützner an, deren
Ergebnisse Aufsehen erregen mussten. Gr. gab
an, dass kleine Partikelchen yerschiedener Art,
wenn sie mit einer Kochsalzlösung angefeuchtet
Bind, durch AntiperiaiaÜik vom Mastdarm bis in
fen Magen hinauf geschafft werden. Christo-
inanos (110) hat in der Klinik von Nothnagel
b'e Orützn er 'sehen Versuche an Thieren und
Henachen nachgemacht und glaubt, dass Grütz-
aer das Opfer eines Irrthums geworden ist, indem
Kine Thiere einen Theil des in den After Gespritz-
tes aufleckten und verschluckten. Schaltet man
tae Möglichkeit sicher aus, bez. bindet man die
G^Kiseröhre ab, dann findet man den Magen stets
^. In das Bectum eingespritzte Partikel ge-
angen durch einfaches Hinauffliessen oder durch
lie normalen Darmbewegungen eine kurze Strecke
lüutuf. Die von Grützner angenommene weit-
lehende Antiperistaltik giebt es nicht. Dass man mit
ahr grossen Flüssigkeitsmengen den ganzen Dick-
arm anfüllen, die Bauhinische Klappe überwinden
Bd wohl auch bis in den Magen gelangen kann,
^ Chr. zugeben, obwohl auch das ganz gewiss
icht 80 leicht ist, wie Manche glauben.
Zu ganz gleichen Ergebnisssen wie Christo-
lanos kam Dauber (111), der in dem phar-
iADl(^8Chen Institute zu Würzburg an Thieren
Kperimentirte. Auch er sah bei zuverlAssigen
^orsichtsmaassregeln niemals etwas von dem Ein-
spritzten hoch hinauf, etwa über die Bauhini-
clie Klappe hinaus, wandern und hAlt Grützner 's
Jitiperistaltik für unbewiesen.
Oanz anders Swie2y6ski (112), der in der
iegel 'sehen Klinik an Hunden und Menschen
eSrgebnisseOrützner's voUauf bestätigt fand.
r kilt einen Irrthum für ausgeschlossen und meint,
laa die Misserfolge von Christomanus auf
I grosse Yoraioht, auf das Fesseln der Thiere,
M Unterbinden des Oesophagus, das Anlegen der
aolkiemme u. A. m. zurückzuführen sein möchten,
an kann wohl gespannt darauf sein, wie dieser
iditige Zwiespalt der Meinungen sich lösen wird.
Posner (113) hat bei entsprechenden Ver-
Khen gefunden, dass das Bectum wässerige Farb-
stofflösungen sehr gut aufsaugt, aber mit Auswahl,
die einen schnell, die anderen sehr viel langsamer,
manche gar nicht Man wird diese „elektive Thä-
tigkeit der Darmschleimhaut" namenüich bei Medi-
kamenten in Betracht ziehen müssen.
Schlesinger (114) meint, dass die Ernäh-
rung durch den Darm viel zu wenig benutzt werde.
Man soll sie nicht nur dann in Anspruch nehmen,
wenn die Ernährung durch den Mund unmöglich
oder zu gefährlich ist, sondern auch dann, wenn
der Magen aus irgend einem Grunde eine Zeit lang
besonderer Schonung bedarf, z. B. bei der Magen-
dilatation.
Auch Lupine (115) ist ein grosser Verehrer
der Bectalemährung und führt 3 Beispiele dafür
an, dass man Kranke damit Wochen lang auf ihrem
Körpergewicht halten oder auch etwas schwerer
machen kann.
'Vicente(116) berichtet über 5 Kr. mit ^unstill-
barem Erbreohen*^, 4 wurden durch vollständige Scho-
nung des Maffens gerettet.
Endlich oerichtet Pic (117) in der med. Gesellschaft
zu Lyon von einer Kr. mit Magengeschwür, die nicht
per rectum ernährt werden konnte, weil sie die Kiystire
nach einiger Zeit wieder ausbraeh [!]. D i p p e.
436. Sin Fall ▼onrabphrenisohemAbscess;
von Prof. Ernst Jendrässik. (Deutsche med.
Wchnschr. XXI. 40. 1895.)
Der Fall bot kaum etwas Besonderes dar. Ent-
stehung wahrscheinlich im Anschlüsse an Dys-
enterie. Heilung durch Operation. Die Diagnose
wurde wesentlich dadurch gestützt, dass die Däm-
pfung erst ufUer der Ausbreitung des Litten'-
schen Zwerchfellphänomens begann.
J. glaubt, dieses Phänomen entstände so, dass
da, wo der Complementärraum sich durch die Zu-
sammenziehung des Zwerchfells öffnet, ehe die
Lunge hereintritt, ein „negativerer Druck'^ als im
übrigen Thoraxraume zu Stande kommt Es kenn-
zeichnet sich bei der Einathmung als ein Wellen-
thal, das von oben nach unten herunterzieht
Dippe.
437. UeberTrichocephalia8is;vonDr. Moos-
bruggerin Leutkirch. (Münchn. med. Wchnschr«
XLIL 47. 1895.)
Ein SVtJähr. Mädchen, das leidenschaftlich gern
Erde ass, litt seit Vt Jshre an zähem , gallertigem Ab-
weichen, zuweilen mit blutigen Beimengungen, und war
in der letzten Zeit sehr blass, appetitlos und hinfällig ge-
worden. Ausser stärkster Anämie wurde nichts Krank-
haftes gefunden. Der Stuhl enthielt zahlreiche Tricho-
cephaluseier, nach den Zählangen von Prof. Leichten-
stern 1650 Eier in 1 com, was nach der Gleichung z ^
•=- (x die Zahl der Weibchen, a die Zahl der Eier in
1 com Fäces), ca. 235 Weibchen im Darmkanal entsprach.
Der Mastdarm trat nicht selten heraus und zeigte sich
mit Würmern bedeckt, die mit dem, 7t ^^^ Körperlänge
umfassenden hinteren, dickeren Körperende frei hervor-
ragten und mit dem dünneren Halstheile in der Schleim-
haut eingegraben lagen. Da die ursächliche Behandlung
ohne Erfolg war, wurde nur Chinawein und herber Tyroler
Wein gegeben, worauf die Durchfälle etwas schwächer
e56
YI. Innere HeduaiL
worden und das Kind sich langsam erholte, wenn es auch
nooh lange Zeit reoht leidend und schwächlich anssah.
Als Ursache der Krankheit mnssto hier, wie in einem
früher von M. mitgetheilten Falle, das IddenschafÜiche
Erdeessen angesehen werden. Dass die Eier in der Erde
sich weiter entwickeln, hat M. durch Züchtongsversuche
erwiesen. Ist einmal eine grossere Menge Würmer in
den Darm gelangt, dann ist eine unversiegbare Qnelle
neaer Infektion gegeben, da ein einziges geschlechtsreifes
Weibchen in 24 Standen über 1000 keimfähige Eier er-
zengt, die sich xmzweifelhaft direkt, ohne Zwischenwirth,
weiter entwickeln können.
Der Parasit lebt wahrscheinlich nicht vom
menschlichen Blute, da das enge Oeaophagusrohr
nach Leuckart keine rothen Blutkörperchen
passiren lässt, auch nicht von den Füoea, da der
Wurm sich mit dem fadenförmigen Yorderleib tief
in die Darmschleimhaut einbohrt, sondern wohl
nur vom Zelleninhalt oder von der die Zellen um*
spülenden Flfissigkeit Der chronische Darm-
iätarrh, den er hervorruft, beruht jedenfalls auf
den fortwährenden mechanischen Insult^i, die
einen reflektorischen Reiz im Dünndarm bis zum
Magen ausüben, so dass der Darm in fortwährender
Bewegung bleibt und die eingefQhrten Speisen
nicht ausnutzen kann. Nicht selten entstehen auch
Darmgeschwüre. Therapeutisch versagen die Wurm-
mittel fast immer ; am weitesten kommt man mit
guter Pflege und Roborantien.
H. Meissner (Leipzig).
438. Tfae larva (Eohinocoooas) of taenia
eohinooocoQB ; by J o s. M. M a 1 1 h e w s. (Amer.
Pract. and News XIX. p. 238. Febr. 9. 1895.)
Die 57jähr. Xi. litt seit 1889 an den heftigsten
Schmerzen in der Inguinalgegend und im Nacken, sowie
an grosser Schwäche. Es wurden von verschiedenen
Aerztenintercostalneuralgie mit Malaria, chronische Peri-
tonitis, Colonstriktur u. s. w. diagnosticirt und die ver-
schiedensten Mittel ohne Erfolg angewendet Später setzte
sich der Schmerz über dem Colon fest und es zeigte sich
eine fast eigrosse Geschwulst in der Gegend der Flexura
iUaca. Nachdem M. mit einem langen Specolum etwa
6 — 8 Zoll [15—20 cm] oberhalb der Anusöffnung eine starke
Entzündung der Darmschleimhaut erkannt und Monate
lang ohne Erfolg tiefe Einspritzungen mit Höllenstein,
Borsäure u. s. w. vorgenommen hatte, entleerten sich
plötzlich zahlreiche erbsen- bis nussgrosse Blasen (im
Ganzen 75 — 100 Stück) mit klarem Inhalt, die sich als
Echinococcus ergaben. H. Meissner (Leipzig).
439. Gonsiderasioni soi rimedii oontro le
tenie intestinali e sopraaltriparticolaririguar*
danti le tenie delPaomo; del Dott Prospero
S 0 n 8 i n o , Pisa. (Sperimentale XLIX. 26 ; Sett 1 1.
1895.)
Zur Beseitigung der Taenia nana, solium und
mediocanellata, sowie des Anchylostomum, genügt
in der Regel das Extr. filic. mar. aeth., das jedoch
schon in Dosen von 20 g pro die in hohem Grade
giftig, nicht selten sogar tödtlich wirkt und häufig
von schlechter Beschaffenheit ist, so dass jedes
Mittel von annähernd gleicher Wirksamkeit, das
nicht so leicht verdirbt und nicht so giftig ist, den
Torzug verdient. Vom Naphthalin, das zuerst von
Dr. Corrandes in Samarkand empfohlen wurde,
ist wegen seiner unsicheren Wirkung entsöhieded
abzusehen. Ebenso ist das Thymol ein Haupt*
mittel gegen Anchylostomum, in seiner Wiikong
gegen Bandwurm unzuverlässig. Als bestes E^
Satzmittel für das Extr. filic. mar. ist das allerdiogs
recht theuere Pelletierin zu betrachten. Am wirk-
samsten und zugleich wenig oder gar nicht giftig
ist das Pelletierin von Tanret, dodi hat S. du
billigere und gleichfalls wenig giftige schwefel-
saure Pelletierin von Merck (40 cg mit 50 Qg
Tannin und 100 g Zuckerwasser, in2QabenbimieD
Yf Stunde zu nehmen, und darauf nach V| Stunde
BicinusOl mit Pfeffennünzwasser, und Calomd)
gleichfalls wiederholt mit gutem Erfolge ai-
gewendet
Ans den mitgetheilten Fflllen ergebt sich, dass aacl
da, wo vorher duroh ein anderes Mittel der Wurm nn I
pössten Theil, aber ohne Kopf, beseitigt worden war, dia !
Behandlung mit Felletieiin erfolgreich ist, dass es abo !
nur auf Vomrtheil beroht, wenn man glaubt, mit einer 1
Wiederholung der Knr mindesteDS 3 Monate bis znr
wiedererlangten Beife der OÜeder warten zu rn^auL
Femer bestätigt der Fall eines 17jähr. Mädoheos nit
Longenaffektion xmd Fieber, bei dem die Proglottida
ohne Erbrechen durch den Mund abgingen, die Angabe
von Demateis n. A., dass das Fieber den Baadwan
veranlassen kann , seinen gewöhnlichen Aufenthalt fl |
wechseln und den Körper durch den Mund oder Ann |
zu verlassen.
Endlich wurden noch an den unreifen Gliedem eiatf
12 cm langen Bandwnrmketto zahlreiche grössere üi
kleinere, zxun Theü noch unvollständige, blinde Oeffirnngea
beobachtet, die 8. als Fenestratura scalariformis At
intraanoularis (im Gegensatz zu der Fenestr. intorcalana
oder interannularis Blanchard) bezeichnet Als UnadM
dieser Fenstonmg ist er geneigt, mit Küchenmeister
die Einwirkung des Verdanungsaftes auf die darok
Trauma oder sonstige Krankheit veränderte Oaticolar«
Schicht des Wurmes anzunehmen. Das Bersten det
Glieder in Folge von übermässiger Ausdehnung durch dil
massenhaften Eier ist hier bei dem unreifen Zustande dif
Glieder ausgeschlossen; für die Einwirkung von Bak«
terien fehlen alle Beweise, ebenso für eine ursprangüote
teratologische Missbildung oder für die Annahme eintf
fettigen Entartung der subcnticularen Bchichten. i
H. Meissner (Leipzig), i
440. Die aulenoideiii Tumoren als Hhflihj
ersoheinung der E^yperplasie des lymphatl^
sehen Baohenringes und in ihren Beadehongeij
Bom Abrigen Körper; von Hopmann. (SamoLj
zwangL Abhandl., herausgeg. von Bresgen Hetft 5a.6b'
Halle a. S. 1895. Marhold.)
Die hyperplastischen Zustände finden sA.
meist im ganzen lymphatischen Bachenringe QDd
sind der Ausdruck einer lymphatischen Gonstita-
tion, die das typische Bild der Drüeeneorofalc
giebt, sich vererbt und als Degenerationaeic
(vgL Anomalien des Gaumens und der Ol
anzusehen ist In erschöpfender Darstellung
gründet H. diese Sfttze, indem er sich über
Begriff der Hyperplasie des Mandelgewebes,
Störungen und Ursachen der Hyperplasie
breitet Bei der operativen Behandlang legt
das Hauptgewicht auf einzeitige gründliche
femung eftmmtlicher Hypertrophien und stOrenc
Vt. Innere ICedidn.
857
Aomnalien in Nase und Bachen. Er empfiehlt:
Narloee, Abziehen des Yelum und Operation der
Tegetationen unter Finger-, bez. Sonden-Gontrole
mit OoüsUm^ßdhem Ringmesser und einer ab-
geänderten Siörk^Bcheü, bez. €b^*'8chen Ghoanal-
zange. In einem historischen üeberblicke schildert
H. zum Schlüsse sämmtliche seit Yoltolini an-
gegebenen Operationen. Friedrich (Leipzig).
441. Der ohroniBOheBaohenkatfurrh, seine
Ursachen und seine B^liandliing; von Fink.
(Klin. Vortr. aus d. Gebiete d. OtoL u. Pharyngo-
RhinoL, herausgeg. von Haug Bd. I. Heft 5. Jena
1895. Gustav Fischer.)
F. behandelt zunächst die Aetiologie des chro-
nischen Rachenkatarrhs, woran er eine Schilde-
mog der anatomischen Yerftnderungen fQgt. Er
folgt in der Eintheilung der in Rede stehenden £r-
kfiiDkung folgender Uebersioht: I. Hypertrophie
der Rachenschleimhaut mit 4 ünterabtheilungen :
die allgemeine Hypertrophie, die hypertrophischen
Veränderungen am Rachendach, die an derHinter-
▼and (Pharyngitis granulosa) und die an der
Seitenwand (Pharyngitis lateralis). II. Atrophie
der Schleimhaut Weshalb F. b« der eingehenden
Besprechung der einzelnen Theile beständig für
Hypertrophie Hyperplasie sagt, dafür f^lt die Er-
Uärosg. Eine besonders genaue Darstellung er-
fthrt die Tomwaldf sehe Krankheit. Auffällig er-
scheint es, dass die Nasenaffektionen für die Aetio-
kgie mit nur wenigen, bei der Therapie mit keinem
Worte erwähnt werden. Symptomatologie und
Therapie, Prognose und Diagnose werden mehr
oder weniger erschöpfend besprochen.
Friedrich (Leipzig).
442. The inllaotioup natnre of 1aonn»r ton-
riUitla. 63. annual meeting oftheBritmed. Asso-
eiaticu). Section of liaryngology. (Brit med.Joum.
Oct 26. 1895-)
Fränkel als 1. Ref. giebt eine klinische und
tnatomische Schilderung der Tonsillitis und ver-
breitet sich vor Allem über eine Form von infek-
tiöser lacunärer Tonsillitis, die er oft nach Nasen-
operationen, besonders nach Galvanokaustik, be-
obachtete. Eine direkte üebertragung der Brkran-
bmg von Person zu Person hat er öfters gesehen.
Ke erkrankten hypertrophischen Tonsillen exetir-
pirte Fr., ohne danach eine Beeinträchtigung der
Heilung zu sehen. Die mikroskopische Dnter-
aachnng jener Tonsillen ergab eine Massenaus-
^vanderung von Leukocyten aus den Follikeln, was
Fr. als den Ausdruck einer genuinen parenchyma-
tSsen Entzündung der Tonsille auffasst Die
gleiche Verhältnisse fanden sich an den übrigen
Bebilden des lymphatischen Rachenrings. Alle
ton Fr. hier besprochenen Fälle waren reine
laea&äre XonsilUtiden , alle Formen mit Pseudo-
membranen oder Löff 1er 'sehen Bacillen sind
zugeschlossen. — In seinem Correferat erOrtert
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 3.
Macintyre die Frage, wie weit es beredxtigt ist,
die lacunäre Tonsillitis als eine speoifische Er-
krankung anzusehen, und bespricht die bakterio^
logische Seite, indem er sow<^l die grosse Unklar-
heit in der Nomenclatur der verschiedenen Anginen,
als auch die Schwierigkeit der Entscheidung der
Frage nach etwaigen specifischen Krankheits-
erregern darlegt Was die letztere Frage anlangt,
so sind bakteriologisch bei akuter Tonsillitis keine
anderen Mikroorganismen aufzufinden, als die stets
in der Mundhöhle vorhandenen. Der Befund von
pathogenen Organismen, die auch sonst im Körper
septische Infektionen veranlassen können, genügt
noch nicht für die Annahme ihrer Ursächlichkeit.
Vielleicht können unter gewissen Verhältnissen
nichtpathogene zu pathogenen Keimen werden.
Die Schwierigkeiten für die Annahme eines bakte-
riellen Ursprungs der Erkrankung wachsen noch
durch die verschiedenen ätiologischen Momente,
wie Kälte, Feuchtigkeit, besondere Disposition oder
Diathese. M. hofft, dass die Zeit nicht mehr fem
ist, wo man die lacunäre Tonsillitis als eine akute
Infektionskrankheit specifischen Ursprungs an-
sehen kann. Friedrich (Leipzig).
443. De raoiFsdaUte laoonaire ploerenao
aiga# ; par M o u r e. (Revue de LaryngoL, d'Otol.
et de Rhinol. XVL 18. 1895.)
J)9 Vamygdalite oloäreoae ohancrifpgqne;
par Mendel. (Ebenda.)
Moure und Mendel beiqpiie((äie& dieseiba
Form von Qeschwürsbildung an den ToDBÜleQ, Ulr
die sie die im Titel genannten Namen angeben.
Moure geht sehr ausführlich die Literatur
durch und kommt zu dem Resultate, dass die von
ihm beobachtete Qeschwürsbildung an den Tonsillen
zwar beobachtet, jedoch noch nicht ausführlich be-
schrieben ist. Die Patienten erkranken ohne Fieber,
ohne Drüsenschwellung oder sonstige Allgemein-
erscheinungen ; sie klagen über Schluckbeschwer-
den, als deren Ursache man eine Ulceration an der
Tonsille vorfindet, deren Anfangstadium wegen des
symptomlosen Entstehens nicht zur Beobachtung
kam. Auf der wenig oder nicht hypertrophischen
Tonsille sieht man ein oder mehrere Ulcera mit
graugelbem Belage, die nie confluiren; die Qe-
schwürsränder sind glatt, roth entzündet, ohne be-
merkenswerthe Schwellung. Da auch die Tonsille
wenig entzündet ist, handelt es sich um einen rein
lokalen Process, der, äusserst gutartig, in wenigen
Tagen abheilt Diese Symptome geben die Dia-
gnose, bei der differentiell vor Allem Lues in Be-
tracht kommt, von selbst Die Erkrankung, die
besonders zwischen dem 20. und 30. Lebensjahre
vorkommt und besonders oft im Frühjahr und
Herbst beobachtet wurde, beruht vermuthUch auf
Mikroben, deren Natur noch nicht zu ermitteln war.
Die Therapie besteht in Reinigung des Geschwürs
mit in Ghlorzinklösung getränkten Tupfern, sowie
in Quigelungen.
33
258
71. Lmore M^didiL
Hendel weicht nur in Bezug auf die Aetio-
logie der Erkrankung von M eure 's Schilderung
ab, indem er vennuthet, dass es sich um herpe-
tische Geschwüre der Tonsillen handeln könne.
Friedrich (Leipzig).
444. De ramygdalite follioolaire uloeree ;
par le Br. Delie. (Revue de LaryngoL, d'Otol.
et de Ehinol. XVI. 20. 1895.)
D. beschreibt 3 Fälle einer Form von ulceröser
Amygdalitis, die Möure in gründlicher Weise als
amygdalite lacunaire ulc6reuse aiguS beschrieben
hat Auf der wenig entzündeten Tonsille findet
sich ein tiefes Geschwür mit zackigen Rändern,
von höckeriger, mit Schleim und Eiter bedeckter
Oberfläche. Das Leiden ist stets einseitig be-
obachtet, doch können auf derselben Tonsille meh-
rere Geschwüre auftreten. Die Erkrankung ver-
läuft, abgesehen von Schluckbeschwerden, ohne
allgemeine Symptome, ohne Fieber und Drüsen-
schwellung. Bei indifferenter Therapie heilten die
Geschwüre schnell, wodurch, falls Zweifel bestan-
den, die Differentialdiagnose von Schanker und zer-
fallenem Gummi gesichert wird.
Friedrich (Leipzig).
445. On the probable pathologioalidentity
of thevariouB form« of acute eeptio inflamma-
tiona of the ihroat and neok hitherto desoribed
as acute oedema of the larynx, oedematouB
laryngitiSy erysipelaa of the pharynz and
larynz, phlegmon of the pharynz and larynx,
and anginaLudo viel; byFelix Semon. (Med.-
chir. Transact of London LXXYIII. p. 181. 1895.)
S. beklagt, unter Anführung der Literatur, dass
in Bezug auf die in der Ueberschrift erwähnten
Erkrankungen keine Klarheit besteht, so dass zwi-
schen den verschiedenen Formen kein^ deutliche
Trennung gemacht werden kann. Wie es schon
K u 1 1 n e r empfohlen hat, fasst er alle diese Krank-
heiten als verschiedene Formen einer akuten sep-
tischen Entzündung auf, die, pathologisch gleich,
an Heftigkeit des Auftretens und Lokalisation ver-
schieden sind.
Die Erkrankungen sind äusserst selten, so dass
es S. trotz seines grossen Materials nicht gelang,
mehr als 14 Fälle anzuführen, die er nach der
Schwere ihres Auftretens, mit den milderen For-
men beginnend, geordnet hat Während aUe Fälle
durch denselben Process septischer Entzündung
mit ödematöser Infiltration charakterisirt waren,
waren sie verschieden an Intensität, primärer
Lokalisation, Ausdehnung und Art der Exsudation
(serös, eiterig, fibrinös), wofür die Ursache in der
Verschiedenheit der Virulenz , der Quantität und
der Eingangspforte der Mikroorganismen zu suchen
ist Weiterhin bespricht S. ausführlich die Sym-
ptomatologie und die verschiedenen Formen der
Erkrankung. Die Prognose der eiterigen Formen
ist infaust, die der serösen Infiltration günstig,
letztere geht meist in 1 — 2 Tagen zurück, so dass
nur noch eine runzelige Oberfläche der Schlmmliant
auf die noch kurz vorher bedeutende AnschveUimg
hinweist. Der Process kann sich weiter ansdehnen,
er greift auf die Drüsen über, auf den äusseren
Hals, Nase und Kachen, sekundär auf andere Organe,
besonders auf die serösen Häute (Pleuritis, Peri-
karditis, Peritonitis). Selten scheint das Centnl-
nervensystem ergriffen zusein, wassichinepilepti-
formen Krämpfen, Delirien, Irregularität des Pulses
äussert Um etwaigeu Einwänden gegen seine
Ansicht von der Einheit aller in Betracht kommen-
den Processe vorzubeugen, weist S. nach: 1) dass
die milden Fälle in der That septische und nicht
blos einfach katarrhalische Entzündungen gewesen
seien ; 2) dass die verschiedene primäre Lokalisa-
tion im Pharynx, Larynx u. s. w. nicht g^gen ihre
Identität sprächen ; 3) dass die Verschiedenheiten
des Fieberverlaufes nicht gegen einen einheitlichen
Process sprächen, eben so wenig wie 4) die Te^
schiedenen Formen der Exsudation. Für den ersten
Punkt sprechen der klinische Verlauf und das sofor-
tige Einsetzen der Oedeme, die bei katarrhalischen
Entzündungen erst auf der Höhe der Erkrankung
beginnen. Bakteriologische Nachweise konnte S.
leider nicht erbringen.
Dass die primäre Lokalisation am haiifigsta
im Pharynx stattfindet, erklärt sich durch die An-
schauung, dass die Tonsillen die Eingangspforte
für die Mikroorganismen bilden, während andeio^
seits von jeder Stelle des Bachens oder Kehlkopfes
aus, wo eine Schädigung der oberen Epithellagen
besteht, die primäre Infektion erfolgen kann.
Eigenthümlich ist die Neigung des Processes, sidi
nach abwärts auszudehnen, denn inS.'8 Fällen var
niemals die Nase oder der Nasenrachenraum e^
griffen; dagegen hat Stein einen Fall mit der
Ausbreitung nach der Nase berichtet, in dem es
zum Tode durch Meningitis kam. Die Angina
Ludovici ist nicht als eigene Erkrankung anzusehen,
sondern im Rahmen der septischen Processe als
eine primäre Lokalisation im Bindegewebe des
Halses zu betrachten. Die Verschiedenheit der
Fiebersteigerung hängt von der Quantität und Viro-
lenz der Infektion, der Art der Entzündung, d. h.
ob eiterig oder serös, und wahrscheinlich von der
primären Lokalisation ab. Was den letzten Ponkt,
die wechselnden Formen der Entzündung, betrifl^
führt S. die heutigen Ansichten über die eite^
erregenden Kokken an und stützt sich dabei be-
sonders auf Jordan, wenn er sagt, dass die Art
der Exsudation nur vom Grade der Infektion und
dem Zustande der befallenen Gewebe abhänge, so
dass, ob eiterig oder serös, kein Kriterium für die
Klassifikation von Erkrankungen abgeben könna
Von der sehr bemerkenswerthen Arbeit konnte nnr
das Wichtigste mitgetheilt werden.
Friedrich (Leipzig).
446. Ueber die Qrondiüge der JBkfem-
behandlong; von Prof. 0. Las aar. (D^matoL
Ztschr. n. 6. p. 566. 1896.)
YL Inneie Medidn.
259
Die Behandlang der Ekzeme hat zunäohst die
Ursache des Leidens und die daraus entstandenen
Folgezustände zu berüoksichtigen. Die durch die
Eisadation beechfidigte natürliche Schutzdecke der
Haut bedarf bis zur Regeneration des Epithels eines
Ersatzes. Zuerst ist eine gründliche Säuberung
der von leicht zersetzlichen Elementen überzogenen
Oberfläche erforderlich; diese geschieht im Bade
Ton etwa 40^ C, das in den meisten Fällen äusserst
▼ohlthnend wirkt und zum Schlüsse etwas ab-
gekehlt werden kann. Sehr günstig wirkt eine
im Bade vorgenommene Theerpinselung , die in
iurzer Zeit ein nässendes Ekzem in ein trockenes
reizloses Ekzem verwandelt. Fast alle sonst haut-
reizenden Mittel werden im Bade vertragen. Ist
die Haut gereinigt, so dient eine reichliche Ein-
poderung, am besten mit Talcum, dazu, alle äusse-
ren Schädlichkeiten von der entzündeten Haut ab-
zuhalten, so lange die Epidermis noch mangelhaft
ist Das Epithel bildet sich unter dieser trockenen
Schorfschicht wieder an, ohne durch Borken und
Krusten gehindert zu sein. Durch öfteres Abbaden
▼ird Sekretverhaltungen vorgebeugt. Bleibt unter
dem indifferenten Schutzverbande der Beizzustand
in Gestalt weiterer Nachschübe bestehen, handelt
es sich um eine lymphangitische Infektion, so
leistet die 2proc. Salicjlpaste aus Amylum-Zink
imd Yaselin zu gleichen Theilen vortreffliche
Dienste; sie vereinigt die absaugende Wirkung
des Streupulvers mit der erweichenden, die Sprödig-
leit ausgleichenden eines unzersetzlichen, keinerlei
nuizige Fettsäuren abspaltenden Mineralfettes ; ähn-
lich wirkt das Zinköl (60 : 40), das in sehr dünner
Schicht haftet und sich leichter entfernen lässt.
hr Beschleunigung des Heilverfahrens ist die
Dnterstützung durch Theer immer erwünscht; jede
lockende, hyperämische Infiltration der Haut wird
im Bade mit Theer bepinselt und naoli dem Bade
i^en die zu behandelnden Hautpartien erst mit
theerpasten (die TFiüb'naon'sche Salbe aus Yaselin,
^e, Kreide, BirkenQl und Schwefel ist besonders
n empfehlen) dünn überstrichen und dann mit den
EWenverbänden bedeckt Günstig wirken ausser-
bm Schwitzkuren auf die Beseitigung der Infiltrate.
W e r m a n n (Dresden).
.447. Ueber Purpora senilis; von P. G.
Unna. (Wien. med. Presse XXXVI. 40. 1895.)
Die zuerst von Bateman beschriebene Pmv
iura senilis erscheint in Form von auf einander
olgenden, unregelmässig gestalteten Ekchymosen
on verschiedener QrOsse an der Aussenseite der
Vorderarme älterer Frauen; nach 10 — 12 Tagen
{t derBluterguss resorbirt, danach blabt aber eine
tiime Färbung zurück. Die Krankheit, über die
iifiere neueren Lehrbücher nichts berichten, scheint
1 Vergessenheit gerathen zu sein. 6 Fälle an
labenden und 4 Leichen kamen ü. zu Gesicht
^ veranlassten Um, die histologisdie ünter-
VdiQDg voncunebmen. Die tief dunkle Farbe der
Flecke erklärte sich durch das gleichzeitige Vor-
handensein von Ekchymosen und Pigment im Epi-
thel und der Cutis, das durch die periodisch an
derselben Region sich wiederholenden Blutaustritte
veranlasst wird. Die auch klinisch deutliche Atro-
phie und Degeneration der Haut kennzeichnet sich
mikroskopisch durch allgemeine Verdünnung aller
Hautschichten, den Schwund der Haarbälge, Klein-
heit der Zellen und zahlreiche „saure Eerne^^ Es
handelt sich dabei nicht um eigentliche Alters^
Veränderung der Haut, sondern um eine Art Ver-
witterung der Haut, die an der Witterung preis-
gegebenen Stellen auftritt. Die Kranken ü.'s wohn-
ten auf dem Lande und trugen ihre mit Flecken
besetzten Unterarme bloss. Vermuthlich entsteht
die Blutung in der Mehrzahl der Fälle durch Dia-
pedesis, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass bei
schon stark degenerirter Haut und Hinzukommen
eines leichten Trauma (Kratzen) auch einmal eine
Rhexis vorkommen kann. Es scheinen demnach
Blutung und Degeneration CoefTekte derselben Ur-
sache zu sein oder die Blutungen helfen sogar die
Degeneration befördern. W e r m a n n (Dresden).
448. Sarlapluralitedaflayns; par Eugene
Bodin. (Ann. de DermatoL et de Syph. V. 11.
p. 1220. 1894.)
B. legte seinen Untersuchungen 50 Fälle von
Favus zu Grunde, die vom Februar 1893 bis August
1894 in der Poliklinik Besnier's zur Beobach- -
tung gekommen waren. Er fasst das Resultat
seiner Studien wie folgt zusammen.
Der Favus wird am häufigsten auf den Men-
schen von einem Favuskranken übertragen, seltener
findet die Ansteckung durch ein favuskrankes
Thier statt. Vielleicht existirt das Achorion im
Zustande des Saprophyten; alsdann könnte der
Favuskeim frei in der Natur sich vorfinden und
die Erkrankung erzeugen. Trotz mannigfacher
Verschiedenheiten ist das klinische Bild des Favus
stets dasselbe. Eben so wenig kann die mikro-
skopische Untersuchung eine Verschiedenheit des
Favus nachweisen. Dagegen ergab das Gultur-
verfahren (als bester Nährboden erwies sich eine
5proc. Peptonlösung) in den 50 Fällen 5 verschie-
dene Formen des Pilzes, und zwar nach der Häufig-
keit ihres Auftretens geordnet: 1) das Achorion
Schoenleinii nach der Beschreibung von Kral,
2) und 3) 2 noch nicht beschriebene Pilzformen,
4) das Achorion enthytrix Unna , 5) das Achorion
atacton Unna. Diesen 5 verschiedenen Pilzen ent-
sprachen aber nicht verschiedene klinische Krank-
heitsbilder. Da die Fruktifikation des Achorion
bis jetzt noch unbekannt ist, ist der Platz des
Pilzes in der Naturgeschichte noch festzustellen.
W ermann (Dresden).
449. Une dpid^mie de teigne tondsnte &
rasileLambreoht; par Louis Wickham. (Ann,
de DerQiatol et 4e Syph, V. 6. p. 629. 1894.)
260
YL Inaecf
W. buchtet über eine Epidemie von Herpes ton-
Burans des behaarten Kopfes, die 48 Ton 70 Kindern des
Lambrechts- Asyls befiel. Bei den meisten fanden sich
nur bei genauester Untersnchnng die sehr kleinen Er-
krankungsherde zwischen dem gesunden Haar. W. liees
das Asyl leer stellen und gründlich desinfioiren ; die er-
krankten Kinder wurden im Spital behandelt und erst
nach ihrer Heilung wieder in das Asyl aufgenommen.
"W*. fasst seine Erfahrungen wie folgt zusammen.
Die durch das Trichophyton herrorgernfene
Erkrankung ist sehr hartnäckig und kann lAnger
als 2 Jahre dauern. Die Behandlung muss sich
auf mindestens 8 Monate erstrecken und ihr muss
eine lange Beobachtung folgen. Die letzten Beste
der Erkrankung, die sich auf wenige kranke Haare
beschränken, müssen durch Elektrolyse, den Gal-
vanokauter und Crotonöl zerstört werden.
Wermann (Dresden).
450. Trichophytie d'origine aTiaire; par
Sabouraud. (Ann. de Dermatol. et Syph. Y. 7.
p. 807. 1894.)
S. demonstrirte der Gesellschaft für Dermatologie
und Syphiligraphie den Kopf und Hals einer Henne, die
an Trichophytie erkrankt war; die Federn waren aus-
gefallen nnd an der Stelle ihrer Einpflanzung fand sich
ein Epidermiskegel, der bei der mikroskopischen Unter-
suchung eine Unzahl Myoelf&den und Sporen enthielt
Der vorgefundene Pilz entsprach der Art, welche die
Hosaculturen bildet, und war seit 2 Jahren 3mal im Barte
erkrankter Männer von S. gefunden worden. Er ver-
ursacht eine trockene Sycosis nach Art der Ichthyosis
pilaris. Fast immer liess sich bei dieser Form der Sycosis
die Ansteckung von einem Vogel herleiten.
Wermann (Dresden).
451. tTn oas de triohophytie palpäbnüe;
par W. Dubreuilh. (Arch. clin. de Bord. IV.
10. p. 479. 1895.)
Ein 12jähr. Knabe, der seit Juni mehrere gerothete,
mit Schuppen bedeckte und von Triohophytonsporen ent-
haltenden Haarstnmpfen besetzte Stellen auf der Kopf-
haut aufwies, erkrankte im September auch am rechten
oberen Augenlide. Die Lidhaare waren sehr spärlich,
fehlten in der Mitte ganz, andere wieder waren dioht
über der Hautoberfläcne abgebrochen ; der freie lichrand
war leicht geröthet ohne Sohuppung. Die mikroskopisohe
Untersuchung ergab das Vorhandensein des Filzes in
den Haarstümpfen.
Das Leiden ist sehr selten ; 2 Fälle sind von M i b e 1 1 i
beschrieben, in denen sich starke entzündliche Erschei-
nungen vorfanden; 1 Fall von Pellizari weist wie der
vorliegende nur geringe Entzünduneserscheinungen auf.
Die Heilung erfolgte spontan; das kranke Haar wurde
durch den gereizten Follikel ausgestossen. Mibelli
opiliite und wandte theils Sublimatwasohungen (1 : 5000),
theils Salicylschwefelsalbe (2, bez. 3%) an.
Wermann (Dresden).
452. Das Vorhandensein des Dnorey-Üima'*
flohen Baoilliifl im Bubo des Ulcus simplez
vor Auftreten des Biters; von Prof. Audry.
(Monatsh. f. prakt DermatoL XX. 5. p. 267. 1895.)
Eine wallnussgrosse Leistendrüse, die behufs schnel-
lerer Heilung des Kr. und, um die Bildung eines Abscesses
zu verhindern, exstirpirt worden war, zeigte auf dem
Durchschnitte weder Hämorrhagien, noch Abscedirung.
Die mikroskopische Untersuchung ergab dagegen die
charakteristischen Bacillen. Die drainirte "Wunde zerfiel
in der Umgebung der Drainröhrenöf&iung und der da^
selbst abgesonderte seröse £iter erzeugte übeiimpft oha-
rakteristisohe Pusteln, in deren Inhalt sich dw BsdQitg
einzeln und in Form von Ketten nachweisen liess.
Der Bubo war demnach virulent, bevor noch dk
Eiterung eingetreten war; der Bacillus war auBscUieK-
Höh in den Lymphwegen vorhanden.
Wermann (Dresden).
453. Zur Boliaadlting des wi^ben Bdisa-
kora bei Vraoon; von Prof. v. Herff. (Monatsh.
t Geburtsh. u. aynftkoL I. 6. p. 577. 1895.)
v. H. berichtet über die günstigen Erfolge, die
er bei über 100 kranken Frauen und einigen Ißih
nern mit der Behandlung des weichen Schanken
mittels concentrirter Carbolsäure gehabt hat Nacii
Borgf<iger Reinigung der Genitalien wurden die
einzelnen Geschwüre, die oft zu 30 — 40 vorhanden
waren, nach einander eingeetellt, mit Watte g^
trocknet und mit Acid. carboL liquefaotnm leidit
bestrichen. Der Schmerz war in der Regel gering-
fügig und kurz dauernd ; nur beim Sitze der Ge-
schwüre in der Nähe der Klitoris und der Hara-
rOhrenmündung empfiehlt es sich, vorher zu cocii-
nisiren. Die Nachbehandlung bestand in der
einfachen Reinigung durch Sitzbäder und Ausspü-
lungen. Nach 4 — 5 Tagen wurden die Geschwtln
nachgesehen, die dann fast alle sich gereinigt
hatten und in Yemarbung begriffen waren. Nor
in wenigen Fällen war eine 2. Aetzung nötfaig.
Ein ferneres Versagen der Behandlung giebt eis
ganz sicheres, manchmal sehr werthvoUes Krite-
rium ab für die syphilitische Natur des Leidens
schon zu einer Zeit, in der eine DifferentialdiagnoBa
sonst nicht mOglich gewesen wäre. Bereits er-
krankte benachbarte Lymphdrüsen bildeten äA
gewöhnlich in kürzester Zeit zurück.
Wermann (Dresden).
454. Zur Behaadlimg dea Ulmia mollo ; v<a
Dn Ernst Feibes. (DermatoL Ztschr. IL h,
p. 469. 1895.)
F. wandte in über 100 Fällen von Ulcus molle^
von denen er 2 als besdnders schwere näher be-
schreibt, die von Petersen angegebene iio*
kratzung des Geschwürs mit dem scharfen LOM
an nach vorheriger gründlicher Waschung mü
Iprom. Sublimat. Seine weitere Behandlung, die
in allen Fällen relativ rasch zur Heilung fOiutei
bestand in der energischen Einreibung einer
^n^erer'schen Sublimatpastille auf die Wunde, die
hierauf mit Ung. leniens bedeckt wurde. Es bildet
sich ein festhaftender grauer Schorf. Einige Stan-
den später wird die von Fr ick empfohlene Salbe;
Arg. nitr. . . . 0.2—0.5
Bals. peruv 4.0
üngt Zinc. Wilson. . 15.0
aufgelegt und aller 3—4 Stunden der Verband er-
neuert Der Aetzschorf stGsst sich meist sohon
am 1. Tage ab und es zeigt sich eine reine, raadi
granulirende Wunde, die unter dem Fortgehraock
der Salbe zur Heilung gelangt Vor der Aetumg
empfiehlt es sich, die Wunde durch Cocain an*
empfindlich zu ma^^en^ Wermann (Dzesdei^
yn. QeburtshOlfe, Frauen- uad KindfirkeiUniade.
261
466. Tnitem&nt dts IniboiM p*» Im injeo-
tioat da ▼•— Hut iodaimaie; par BttUier.
(Aroh. de MM. et de Pharm, milii ZXV. 3, p. 209.
Kam 1895.)
R. empfiehlt bei der Behandlung der Bubonen folgen-
des von Fon tan im J. 1889 angegebene Verfahren, das
er IQ vielen F&llen mit gutem Erfolge anwandte: Nach
cändlioher Reinigung der bedeckenden EEaut wird der
Bnbo mit kleinem Schnitt eröffnet an der Stelle der deut-
lidurten Fluktuation und der Eiter voUständis ausge-
drückt Hierauf Auswaschen der Höhle mit Sublimat
1:1000, Stillung einer etwaigen Blutung durch Einlegen
«B66 ItoipoBB. Alsdann Einspritsen des im Wasserbad
von 50* fiüssie gemachten JodoformTaselins bis zur Aus«
fuUuog der Höhle, in der es nach der Einbringung ge-
rinnt Verband mit Sublimatwatte und Binde.
Die Folgen der Operation sind sehr süns^; der
Schmerz verschwindet vom 1. Tage ab una die Heilung
erfolgt in durchschnittlich 8 Tagen ohne Hinterlassung
einer Narbe. Ist das Ausdrucken des Bubo nicht voll-
standig vorgenommen worden und treten aus der kleinen
Wunde noch einige Tropfen Eiter hervor, so wird am
3., eventuell noch am 5. Tage eine 2. und 3. Iigektion
nöthig, und die Heilung verzögert sich um 8 Tage. Das
VerfiSuren ist nur dann nicht mehr anwendbar, wenn die
Haut schon zu sehr unterminirt und verdünnt ist und
entfernt werden muss. W e r m a n n (Dresden).
VII. Qebiirt8hOlfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
456. Uobar hystariaolM Sohmenan und
dimi BAaadliug; von Dr. Windsoheid in
Leipzig. (Monatsb. f. Geburtsh. u. Oyn&kol. U. 6 ;
Dea 1896.)
Nach Ansieht W.'a ist auf die Schmerzen bei
der Diagnose der Hysterie mehr Werth zu legen,
ab es geechieht Nach Lohalisirung der Schmer-
len hat man, um eine organische Erkrankung aus-
SQschlieesen, sorgfältig zu untersuchen (diagnosti-
iehe unterschiede). Doch kann man aus den
Schmerzen allein die Diagnose nicht mit Sicherheit
stellen. Es mfissen neben den Schmerzen vor-
lianden sein, wenigstens theilweise: 1) objektiv
nachweisbare Störungen der Sensibilität, 2) Yer^
laderungen der Beflexe, 3) eine oder mehrere
bifsterogene Zonen.
Die Behandlung ist eine suggeetive, auch die
elektrische wirkt suggestiv. W. empfiehlt wegen
des grosseren Bindruekes die Faradisation haupt-
licUioh. Hydrotherapie, Bider, Hautreize, Ein-
leibuigen u. s. w. Glaeser (Danzig).
457. Ueber dM rnnde Oeaohwfir der
floheide, Beobachtung an einer lebenden Fhm ; von
Dr. W. V. Skowronski in Tamo w. (Centr.-BL
f. QynftkoL ZIX. 10. 1896.)
Bas nmde phagedinische Oesoh wür darker's war von
4er Oitese eines halben Kreuzers und sass in der Mitte
4sr vorderen Vaginalwand. Entfernung.
Olaeser (Danzig).
458. Hoöhgrsdige Narbenatenoee der
Meide, weraalaast durch einen Fremdkörper;
^n Dr. B. W i n t e r n i t z. (Centr.-Bl. f. Oynäkol.
HX. 24. 1895.)
DieFSUe von län^rem Verweilen von Fremdkörpern
h der Vagina sind moht mehr so selten. Hier handelte
« lieh um ein 26jähr. Mädchen, das sich vor 6 Jahren
ZQ masturbatorischen Zwecken eine FadenroUe (Länge
45em, l^eripberie 11, bez. 9.5cm) in die Scheide führte.
Vor der Fadentolle hatte sich eme starke Striktur der
Soheide gebildet, ausserdem Infiltration des Douglas'schen
Baumes und des linken Parametrium. Heilung. W.
konnte noch weitere 5 Fälle aus der Literatur anführen.
Glaeser (Danzig).
459. Cyaüo tmnors of the yaginal Tanlt,
with report xii two oaaea; by Fred. Holme
Wiggin, New York. (New York med. Joum.
laly 13. 1896.)
1) Eine 26jähr. Pat bemerkte nach einer Fehlgeburt
eine Schwellung der vorderen Scheidenwand. Sie ilagte
über Ziehen nach unten und starken weissen Fluss. Die
Untersuchung ergab eine Geschwulst in der vorderen
Scheiden wand, die nicht mit der Blase in Zusammen-
hang stand. Sie wurde ohne Schwierigkeit ausgeschält
und erwies sich als eine C^ste mit glasigem halbdurch-
scheinendem Inhalt. Mikroskopisch zeigte die dysten-
wand fibrösen Bau und Audcleidung mit Epithelialzellen.
2) Eine 2^ähr. Frau, die noch nicht geboren hatte,
bemerkte zuerst im März 1895 nach Smonat Ausbleiben
der Periode bräunlichen Ausfiuss aus der Harnröhre,
dann eine Schwellung, die bis zur Operation im Mai au
Grösse nicht zunahm. W. fand eine 3*/4 cm lange, 2Vs om
breite Geschwulst, die dicht hinter dem Hamröhrenwulst
begann. Die Geschwulst hatte eine Oeffnung nach der
Harnröhre, durch die sich der Inhalt theilweise aus-
drücken Hess. Die Ausschälungdes Sackes war schwierig.
Catgutnaht Dauerkatheter. Heilung.
W. hält beide Cysten für angeboren, für Cysten des
Gärtnerischen Ganges; die CHrstenbildun^ führt er in bei-
den Fällen auf die erhöhte Ernährung der Gesohlechts-
werkzeuge durch die Schwangerschaft zurück.
J. Praeger (Chemnitz).
460. Beitrag snr Oaeoietik 4m Himato-
kolpoa; von Fritz Langer. (Wien. med. Wo-
ohenschr. XLV. 23. 1895.)
Ein 15jähr. Mädchwi, das die fie^el aooh nicht ge-
habt hatte, bekam vor 4 Wochen herage Schmerzen im
Unterleib, 3 Wochen anhaltend. Seit 14 Tagen bemerkte
sie ein Vortreten der ünterbauchgegend. Vor S Tagen
Harnverhaltung.
Bei ihrer Aufnahme in Schauta's Klinik fand sich
eine rundliche Geschwulst, die nach oben bis 2 Qaor-
finger unterhalb des Nabels reichte. Vorihreinhühnerei-
grosser Körper, der beweglich war, aber immer in seine
alte Lage zurückschnellte. Im unteren Drittel der Scheide
ein dünnes bläuliches Segel, das die Scheide verschloss.
Scheide gegen den Mastdarm vorgewölbt Fluktuation.
Nach Spaltung des Segels entleerten sich 500 g theer-
artiger Flüssigkeit Bei der späteren Untersuchung zeigte
sich, dass die Geschwulst gebildet gewesen war durch
Scheide und Gebärmutterhalskanal bis zum inneren
Muttermund, während der hühnereigrosse bewegliche
Körper den Gebärmutterkörper, dessen Verbindung mit
dem Hals lang ausgezogen war, darstellte.
Für diese Fälle empfiehlt L. die Bezeichnung Hämato-
kolpos und Hämatotrachelos. J. Praeger (Chemnitz).
461. Ueber Himatometra in der yeraohloe-
aenen tmyoUkommen entwickelten Hälfte einea
Uterna biloonlaria ; von R W e r t h in KieL ( Arch.
f. GynÄkol, XLVIII. 3. p. 422. 1895.)
Zu 4 Fällen der Literatur fugt W. einen 5. Fall, der
ein 21jähr. Mädchen betraf. Auch hier hatte die Hämato-
262
TU GeburtehtOfe, Frauen- und SÖnderiieilkunde.
metra erst nach mehijälirigem ungestörtem Verlaufe der
Menstruation Besohwerden verursacht, deren Anfang auf
eine Üeberanstrengung hezogen wurde. Sie bestanden in
ziehenden Schmerzen in der linken Weiche und setzten
unabhängig von den Menses ein. Die Untersuchung er-
gab das Vorhandensein eines harten Knotens links im
Uterus. Nach dessen Ezcision vom Abdomen aus Hei*
lun^. Der Knoten bestand aus der bluterföllten link-
seitigen Üterushälfte, deren Höhle von einem Endometrium
mit Cylinderepithel und fötalen Drusen ausgekleidet war.
Eine Communikation mit der rechtseitigen normal men-
struirenden üterushäUte war nicht aufzufinden.
Bros in (Dresden).
462. Billige Worte über Gyetooelenopera-
tionen; von Dr. B. B. Hadra in San Antonio
(Texas). (Centr.-Bl. f. QynäkoL XIX. 26. 1895.)
H. weist darauf hin, dass die Cystocelenoperationen
gar nicht die Ursachen der Scheidenrelazation berück-
sichtigen. Da meistens durch den vordräogenden Kinds-
kopf die Scheidenwand auch an der Portio von ihrer
Unterlage abgedrückt wird, so muss auf diesen Umstand
geachtet werden. Der Kopf schiebt die Scheide vor sich
und zieht die Cervizbedeckung hinter sich her. Meistens
findet nun wohl wieder eine Anlöthung an die physio-
logische Unterlage statt Bleibt sie aus, so kann dies
ganz (Prolaps) oder theilweise blos vom (Gystocele) oder
hinten (Bectocele) geschehen. FreiÜch ist dabei das
Bersten und Abreissen der Fasden nicht ausser Acht zu
lassen. Ein Beweis für diese Annahme ist das Verschwin-*
den der Portio und ihr Wiederersoheinen beim Herunter-
ziehen, die Vaginalwand legt sich dann glatt an. Diesem
Ideengange folgend, näht H. die Vagina der Gervix wie
eine losgegangene Tapete wieder an mit Hülfe eines
bogenförmigen Schnittes, durch den Scheidenschleimhaut
nach vom abgehoben werden kann. Eventuell Resektion
eines Stückes Soheidenwand, Empordrängung der Blase
und Befestigung der Scheidenwand auf die Gervix mit
Silkworm durch 1 oder 2 Reihen Matratzennähte. Auch
ein fibnliches Vorgehen wird im Bedarfefalle für den hin-
teren Fomiz vorgeschlagen. Doch scheint H. darüber
kme -Srliahrung zu besit^an; Der Erfolg bei Cystocelen-
operationen [wieviel Fälle?] war ein guter.
Glaeser (Danzig).
463. Bin Tall Ton Hydxooele muliebrie;
von Dr. W. Li ermann. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XX. 46. 1894.)
Eine 28jähr. Näherin bemerkte zuerst vor 3 Jahren
eine etwa haselnussgrosse Anschwellung in der rechten
Leistengegend. Seit 5 Mon. machte diese Geschwulst
Beschwerden ; sie war hühnereigross geworden und Hess
^ich jetzt nicht mehr in die Bauchhöhle zurückschieben.
Da ausser den Schmerzen üebelkeit, Erbrechen und Ver-
stopfung aufgetreten waren, wurde die Er. wegen incar-
cenrter Darm-, bez. Netzhemie in das Hospital gebracht.
Bei der alsbald vorgenommenen Operation erwies sich
der Tumor als mit hellgelber Flüssigkeit gefüllte mehr-
fache Cyste. Die Cysten wurden mit der f apsel entfernt
und die Incisionswunde vernäht. Glatte HeUung.
Die beiden exstirpirten, sanduhrförmig nebeneinander-
gelagerten Geschwnlstsäcke hatten einen fibrösen Balg
mit einer 1 mm dicken Wandung, sowie eine seröse, mit
Piattenepithel ausgekleidete, nicht ganz glatte Innen-
fläche ; die beiden haselnussgrossen Cysten zeigten eine
durchsichtige, aus Bindegewebestroma bestehende Wan-
dung und waren mit Endothel ausgekleidet
Nach L. unterliegt es keinem Zweifel, dass die Ent-
stehung des Leidens auf die Persistenz desCamdisNuchü
zurückzuführen ist, der «ich innerhalb des Leistenkanals
völlig abgeschlossen hatte.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
464. An address on ovsrian hetniae and
the Protrusion of the appendsges fhroo^
raptare of the vaginal wsU; by John Ward
Cousins. (Brit. med. Joum. July 27. 1895.)
Der Eierstock kann verlagert sein: in die
Leistengegend, über oder unter das Ponpart'sche
Band, in den Sack eines Schenkelbruches, in den
Douglas'schen Raum, bei Zerreissungen der Schei-
denwand in die Scheide und selbst weiter nach
aussen.
Die angeborenen Eierstock-Leistenbrüdie ks-
sen sich nie zurückbringen, da der Processus vagin.
perit. oberhalb verGdet
Die erworbenen Eierstock-Leistenbrüche ent-
stehen gewöhnlich bald nadh Entbindungen, bei
starker Erschlaffung der Bauchdecken und breitoa
Mutterb&nder. Der verlagerte Eierstock entzündet
sich oft und ist manchmal cystisch oder sarko-
matös entartet Die Diagnose wird bisweilen, aber
nicht immer unterstützt durch Schwellung des
Eierstocks zur Zeit der Perioda C. widerrSth
jeden Versuch, einen Eierstock-Leistenbruch zu-
rückbringen zu wollen. Gelegentlich mag es in
frischen Fällen möglich sein, nach derHemiotomie
die Anhänge zurückzuschieben; bei Schmerzöl
und Schwellung des Eierstocks wird sich gewöhn«
lieh seine Entfernung nothwendig machen. C. be-
richtet über einen Eierstock-Leistenbruch, bei einer
34j&hr. Frau, die den Bruch seit 10 Jahren ohne
Beschwerden hatte. Erst seit der letzten Fehl*
geburt traten Schmerzen und YergrOsserung der
Geschwulst auf. G. entfernte den Eierstock.
Bei Yerlagerungen des Eierstocks in den Dou-
glas'schen Baum nützen gewöhnlich Bettrahe, Sorge
für regelmässige Darmentleerung und Binlegung
eines passenden Ringes.
Endlich berichtete, über einen selbst beobach-
teten seltenen Fall von äusserem Yorfall der An-
hänge.
Eine öOjähr. Frau, die an einem vollständigen Gebär-
mutter- und an Mastdarmvorfall litt, wurde wegen Melan-
cholie in die Irrenanstalt aufgenommen. Einige Wochen
naoh der Aufnahme bemerkte die Wärterin, dus während
der Naoht eine grosse Geschwulst zum Yorsohein ge-
kommen war. C. hinzugerufen, fand dioht hinter der
Gebärmutter Eierstock und Eileiter, die dnrch einen Bia
der Scheidenwand hervorgekonunen waren^ im Zustand
der Einklemmung. Pai klagte über starke Schmenen,
hatte Erbrechen, hohe Pulszahl C. trug die vorgefnlleneB
Anhänge ab, brachte die vorgefallenen Organe zur&ck
und tamponirte die Scheide. Der Verlauf war günstig.
Nach einigen Monaten war die Geb&rmutter noch in nor-
maler Lage. J. Praeger (Chenmitz).
465. Die leitenden Gtosichteptinkte für die
operative Behandlung der ehroniBoh entettn*
deten Adneza uteri und der Beokeneiterongea;
von Otto Eüstner in Breslau. (Deutsche med.
Wchnschr. XXL 12. 13. 1895.)
E. glauht, dass bei Weitem nioht alle entzünd-
lich erkrankten Aduexa, selbst bei starken Be-
schwerden, ep ipso EU entfernen seien, und schon
aus diesem Grunde wird naoh seinem Dafüihalteu
TEL Gebortshlltfe, Frauen- md Kmderhttlkunde.
ß63
die Ta|;isal6 Operati<Ai EänschrftnlniDgen erfahren
und die abdominale ein ziemlioh grosses Feld be-
haupten mfissen. Er fordert dementsprechend,
da88 den entzündlichen Adnexerkrankungen gegen-
über streng individualisirt wird, sowie dass das
flchematische Wegschneiden von Tuben und Ova-
rien, wenn sie nach erOffoetem Abdomen nicht
normal und entzündlich erkrankt angetroffen wer-
den, aufhört Anfänge zu dieser conservirenden
Bichtong sind nach E. bereits gemacht und die
Salpingoetomatoplastik z. B. ist eine Frucht der-
artiger Bestrebungen.
Diejenigen Adnexerkrankungen, die in der
Begel eine Schonung der Organe gestatten, sind
die sekundären Perisalpingitiden und Perioophori-
tiden, die gelegentlich bei der Adhäsivpelveoperi-
tonitis angetroffen werden, wie sie sich im Gefolge
der Lageveränderungen des Uterus findet, als
Folgezustände der mechanischen Pelveoperitonitis
retrofizans. In solchen Fällen ist die Haupt-
aufgabe der Operation, die Stränge zu beseitigen,
den Uterus normal zu lagern und in Normallage
zu fixiren. Die geeignetste Methode, Trennungs-
fSchen zu schaffen, die nicht wieder verlOthen, ist
die mittels des PaqueHh'Bohen Brenners.
Gelegentlich angetroffener FoUikelhydrops der
Ovarien lässt sich nachE. ebenfalls durch multiple
Punktion mit dem Brenner behandeln und ein
Uoser Tubenhydrops durch Salpingostomatoplastik
lieseitigen. Aehnlich conservirend können manche
fiesiduen von puerperalseptischer Erkrankung be-
kandelt werden, sowie eine ganze Reihe von längst
ausgeheilten Oonorrhöen, bei denen ebenfalls nur
die peritonitischen Yerbackungen und ihre Folge-
lustände beseitigt werden müssen.
E. fasst seine Anschauung im Folgenden zu-
aimmen : Allen den entzündlichen Affektionen des
Beckenperitonaeum und der Adnexa gegenüber,
bei denen es sich nicht mehr oder überhaupt nicht
tun Eiteransammlnngen handelt, lautet die Frage-
stellung weniger so, ob Adnexoperation oder
„Castration uterine", als: wie weit können wir
hier mit operativem oder nicht operativem, unter
Alien Umständen aber conservirendem Verfahren
lieben, was lässt sich damit erreichen. Wollen wir
aber erhalten, oder wenigstens erst während der
Operation entscheiden, ob wir erhalten können,
mU uns der erste Akt der Operation erst den noch
Bothwendigen anatomischen Einblick in die Be-
flchafifenheit der erkrankten Adnexa verschaffen,
den wir anf Qrund der Palpation, klinischer Beob-
Bchtnng und Anamnese noch entbehrten, dann
können wir nicht von der Vagina aus operiren,
Bondem dann führt nur die Operation vom Abdo-
laen aus zum erwünschten Ziel. Derartige Fälle
nnn, in denen es sich muthmaasslich oder mit
Bieherheit um Eiteransammlimgen handelt, sind
ea, die a priori schon eine Operation von unten,
von der Scheide aus als rationeller erscheinen
Uasen, sofern die durch die Operation angelegte
Wunde dem nachträglichen Eiterabfluss einen gün-
stigeren, natürlicheren Weg eröffnet Ist in Ova-
halabscessen , peritonäalen abgesackten Bäumen,
Pyosalpingen der Eiter sehr häufig steril, so ist er
es doch gelegentlich nicht und für diese Fälle
erscheint E. die Operation nach P6an-Segond
besonders geeignet Bei gewissen tiefen Eiterun-
gen im Abdomen, nämlich bei den sogenannten
Recidiven nach Adnexoperationen ist nach E. die
Pdan-Segond'sche üterusexstirpation beson-
ders angezeigt.
Die Leistungsfähigkeit der P6an-Segond'-
schen Operation mit oder ohne Landau 'sehe
Modifikation ist nach E. ganz bedeutend und for-
dert zu weiteren Versuchen auf. Als unbestrit-
tenen und positiven Gewinn betrachtet es E., dass
er durch dieses Verfahren gelernt hat, hochgelegene
intraperitonäale abgekapselte Eiterhöhlen, denen
sonst auf keine Weise beizukommen war, durch
Abpräpariren einer Uteruskante zu eröffnen und
ohne weitere Qenitalverstümmelungen zum schnel-
len Abheilen zu bringen, also eine äusserst con-
servirende Operation zu machen, die gerade das
Oegentheil der P6an-Segond-Landau'schen
Operation ist
E. bemerkt zum Schlüsse, dass er sich der
JUcheloVsohem Elammem und ähnlicher Instrur
mente bei seinen Operationen häufig bedient und
die Vorzüge dieser Instrumente schätzen gelernt
habe. Arth. Hoff mann (Darmstadt).
466. Ueber Entfernung der Adnexe und
ihrer Neubildungen yom hinteren Scheiden«
gewölbe aus {Oolpototnia poat); von Dr. P. J.
T e p 1 o f f in Easan. (Centr.-Bl. f. Qynäkol. XIX.
25. 1895.)
Auf Qrand von 36 Heilangen empfiehlt T., entgegen
der P e a n 'sehen und Dnhrssen 'sehen Operationsweise,
das alte Verfahren von Neuem. In Steinschnittlage wird
die Portio herabgezogen, durch einen Schnitt in der Mitte
des hinteren Soheidengewölbes der Douglas'sche Raum
eröffnet, nach beiden Seiten hin erweitert bis zu
2Vt Qaerfingern. Entgegendrücken der Adnexe mit der
linken Hand von den Baacndecken, Lösen von Adhäsionen,
Herabziehen in die Scheide, eventuell Punktionen von
Cystentuinoren. Besichtigang, eventuell Unterbindung
imd Entfernung oder Reposition. Di^ Ligaturenden wur-
den stets in die Scheide geleitet, der Douglas'sche Baum
wird eventuell tamponirt. Wenn seine Wände etwas
bluten, ein Paar Nähte. Die Stumpfnähte lassen sich
nach 14 Tagen durch Anziehen leicht entfernen.
01aeser(Danzig). •
467. Hydrosalpinxy its sorgioal and patho-
logioal aspeots» with a report of twenty-seTen
oaaes; by T. S. C allen. (Johns Hopkins Hosp.
Eep. IV. 7. 8. 1894.)
27 Fälle von Hydrosalpinx, darunter 11 mit
genauer pathologischer Untersuchung. Die Arbeit
ist mit einer Anzahl ausgezeichnet ausgeführter
Abbildungen ausgestattet Die Ergebnisse seiner
Arbeit fasst C. in Folgendem zusammen : Die seröse
Ansammlung im Eileiter ist selten über kindskopf-
gross. Die Wand ist gewöhnlich dünn und aussen
26^
TtL (JebmtshQlfe, TVaaen- nnd Einderheilkande.
1
mit Verwachsungen bedeckt Die Unslculatur kann
normal oder atrophisch sein ; die Schleimhaut ist
mit einer Lage Epithel bedeckt, welches ent-
sprechend dem Grad der Ausdehnung cylindrisch
oder cubisch ist. Bisweilen enthalten die Wftnde
Verkalkungen. C. unterscheidet 4 Oruppen von
Hydrosalpinx : 1) H. simplex. 2) H. profiuens; ist
verfaAltnissmassig selten. Das uterine Ende des
Eileiters ist bei dieser Form offen. 3) H. follicu-
laris. Selten von beträchtlicher Grösse, Musku-
latur oft atrophisch, von jungen Bindegewebesellen
durchsetzt Schleimhaut von honigwabenartigem
Aussehen. 4) Tubo-Ovarialcysten. Diese bestehen
aus dem erweiterten Eileiter und einer Bi^^tock-
Cyste, die mit einander communiciren. Der erwei-
terte Eileiter gleicht einer einfachen Hydrosalpinx,
nur sind die Fimbrien mit der Cyste verklebt;
diese kann ein- oder mehrkammerig sein. Die
bindegewebige Wand kann Eierstockgewebe, Graaf-
sche Follikel u. s. w. einschliessen. Die innere
Oberfläche kann mit cylindrischem, cubischem oder
plattem Epithel bedeckt sein.
Die Ursache der Hydrosalpinx ist wahrschein-
lich meist Infektion bei Entbindung oder Fehl-
geburt oder Gonorrhoe. Bei der 3. Form ist eine
Verklebnng der Schleimhautfalten durch Salpin-
gitis vorausgegangen.
Die Symptome der Hydrosalpinx sind sehr un-
bestimmte : Dumpfer, bisweilen bis zu den Enieen
ausstrahlender Schmerz im Becken. Bisweilen
schmerzhafter Stuhlgang oder schmerzhafter Bei-
schlaf. Die Menstruation ist zuweilen beeinflussti
zuweilen nicht. OftSterilit&t, häufig Fehlgeburten.
Die sichere Diagnose zuweilen nur bei Hydrops
tub. profiuens zu stellen.
Fflr die Behandlung kommt die Entfernung in
Betracht; meist ist, da die Erkrankung häufig
doppelseitig ist, diese beiderseitig nothwendig.
Bei starker Verwachsung mit dem Mastdarm soll
der Eileiter ganz am Ort belassen werden, oder
wenigstens der am Darm festgewachsene Theil.
J. Praeger (Chemnitz).
468. n]l0 von P ycMMlpinz ; von E. G.Len-
n ander in üpsala. (Wien. klin. Wchnsohr. Vn,
36. 37. 1894.)
L. hat nach der säenden Methode bei Pyosalpinx
4mal die erkrankten Anhänge der Qebärmntter entfernt
Zweimal benatzte er den Hcohenegg^schen Schnitt
mit Entfernung des Steissbeins und Spaltung der Scheide,
und Ewar handelte es sieh einmal um doppäaeitige Pyo-
salpinx nnd Abeeess im rechten Eierstocke, das andere
Mai um allseitig verwachsene Anh&nge mit kleiner Eiter-
ansammlung im rechten Eileiter. Im ersten Falle waren
die Raum Verhältnisse günstig, im zweiten bei enger
Scheide sohleohi Zangen mnssten an beiden Seiten der
Gebärmatter zorückbleiben.
Zweimal hat L. das Ereazbein resecirt, in einem
Falle nach Kraske-Hochenegg, im anderen zeit-
weiUg nach Schlange. Bei der 1. Kr. worden beide
Eileiter wegen Pyosupinz entfernt, sowie der rechte
Eierstock wegen eines grossen Absoesses, der in den
Hastdarm darchgebrochen war.
Die 4. Pat. starb am 41. Tage nadi der Operation.
Bei dieser gelang es nicht, den obersten fheildesSSdtn
zn entfernen. Bei der Operation nahm man PyosBlpux
an, es handelte sich jedoch am Taberkolose der Eüertei
nnd Miliartaberkalose des Baachfells.
In einem weiteren Falle von doppelseitiger Pyo-
salpinx and einem Abscess im linken Eierstock oder in
breiten Matterband (bei der Operation Üess sich keine
bestimmte Diagnose stellen) brachte L. aosser dem
üblichen Schnitt in der Mittellioie des Banches noch
einen weiteren längs des linken Poapart'schen Bandes vä
Abmeisselang des oberen Theües der Schamfnge in einer
der Sehne des M. rectas entsprechenden Aasdehnong nr
Anwendang. Er erzielte damit einen gaten Abschloa
der Baachhöhle vom Beckenraome ; er ^abt auch, dis
bei Drainage darch einen Einschnitt, der genta des
Poapart'schen Bande folgt, nachfolgende Baachbrücha
weniger za befürchten sind.
L. giebt za, dass die sacralen Voroperationen ko^
wierig and blatig sind, dass aach leicht Stonmgen in da
Hamorganen aaftreten können wegen langdanender
Betentio arinae. J. Praeger (Chemnitx).
469. UeberZerreiMniiig deslCMtdaioisbei
abdominaler Pyoaalpinzoperation und deven
Behandlung ; von M. S ft n g e r in Leipzig. (Centr.-
BL f. Gynakol. XIX. 47. 1895.)
Aaf Grand eines nach ICikalicz 'scher DninagB
günstig verlaafenen Falles rfith S., den Yersohliiss ein«
lEastdarmrisses stets von der Baachhöhle anxafltrebeB,
and zwar 1) dnrc^ anmittelbare Naht mit prophyU-
tischer Drainage nachlCikalicz oder 2) darch onnuttai-
bare Naht xmd Zwischenwandbildang mit Drainage dtt
dadarch abgekapselten Raomes; letzteres mag geschekei,
wenn keine Eile nöthig ist and der Versach nicht vi
Schwierigkeit stösst; 3) darch die Sigmoido-Proktostooii
nach Kelly, das ideidste Verfahren, da es den TÖlli|»
Schlass der Baachhöhle gestattet G 1 a e 8 e r (Danng).
470. Ueber die papillären Oeeohwaifltedei
Eieretockes« Änatomiache und ktinüche Vfiff'
9uehungm xur Klärung der Frage ihrer MaUgnüä;
von Dr. J. Pfannenstiel in Breslau. (AidtL
Gynikol. XLVIIL 3. p. 507. 1895.)
In das Ohaos der Meinungen über die Einthfik*
lung nnd die Bedeutung der papillftren Sierstocki*
gesch Wülste sucht P f. Klarheit zu bringen) indea
er 60 FftUe der Breslauer Frauenklinik auf Orfoi
des anatomischen und histologischen Befondei
klassificirt und das klinisehe Verhalten dar eiiud*
nen Chruppen bestimmt Sehen wir ab von dtf
Papillenbildung, die sich in seltenen Fällen in dff 1
Parovariencyste und imdilatirten6raarschffliFoUi'|
kel einstellt und die dasu berechtigt, diese Tnn^'
ren dann als Gystoma parovariale papilläre und ab \
Hydrops folliculi papillaris zu bezeichnen, sokfimMa
wir folgende Formen der papillären Ovaiialtumoiea
unterscheiden.
1) Adenoma papilläre paeudomuoinosum. Sm
Abart des glandulären proliferirendenKystomsodet
Pseudomudnkystoms , gewöhnlich ohne grOssen
Hauptcyste, meist breit gestielt und leicht su ope*
riien, häufig doppelseitig auftretend. Die Papüka
Sitten an der Wand von Cysten oder auf der
fläche des Tumor und können dann aas
Cysten oder aus dem Keimepithel primär h
gegangen sein. Den Tumoren wohnt g^geofii
dem Cystadenoma pseudomudn. simpl. eine herv<
TU QebTirtshtllfe, Frauen- and Einderheillrandd.
265
ngende FroliferationsfUugkeit, aber keine Maligni-
tft üme; achtbar überwiegt die Epithelneubildung
Aber das WaohBthum des Bindegewebes, die Spitzen
der PapiUen enthalten oft nur wenige Binde-
gubstanzzallen inmitten einer „mucin(teen^^ [„serG-
S8D?" Ref.] Grundsubstanz. Flimmerepithel und
PttmmomkOrper fehlen stets. Die papillären
Pseüdomucinkystome wachsen ebenso langsam und
relativ beschwerdelos, wie die einfachen Pseudo-
mncinkjatome ; sie haben keinerlei Neigung zur
Zerstörung des Nachbargewebes. Ascites und Peri-
ton&alimplantationen sind selten.
2) Adenoma papilläre simplez (Flimmerpapill&r-
kystom). Die Epithelien meist niedriger, als bei
der Torigen Art, denen derüterusschleimhaut ähn-
lich, durchweg einschichtig, meist flimmernd, der
Inhalt der Cysten frei von Pseudomucin, nicht
ooUoid, sondern serOs. Ealkconkremente fast stets
im Stroma, selten in der Epithellage. Das
Wachsthum der Geschwulst ist ein schnelleres,
als das der vorigen Art, wenigstens kommen die
Tumoren frQher und mit kleinerem umfange zur
Operation. Letzteres wotlj weil sie erheblich
mehr Beschwerden machen, einmal durch ihre
häufig intraligamentftreEntwickelung,sodann wegen
des durch sie hervorgerufenen Ascites. Implan-
tationen auf demPeritonaeum sind h&ufig. Gleich-
wohl sind die Tumoren als gutartige zu bezeichnen,
denn sie wachsen weder destruktiv in dieNachbar-
fewebe, noch erzeugen sie echte Metastasen, noch
rufen sie Kachexie hervor, noch endlich recidiviren
sie nach gründlicher Entfernung. In der Regel
bewahren sie diesen ihren gutartigen Charakter
dauernd, selten, vielleicht niemals, degeneriren sie
carcinomat5s.
3) Adenocarcinoma papilläre, gekennzeichnet
durch eine Atypie in GrOsse, Form und Anordnung
der Epithelien, sei es auf den Papillen, der Innen-
flSdie cystischer Hohlräume oder in der Wandung
der Geschwülste. Unter 43 papillären Neubil-
dungen 20 Fälle. Fast stets cystische Gebilde,
bäoflg auch an der Aussenfläche mit Papillen be-
setzt Der Cysteninhalt ein Transsudat Die
Papillen „markig^', doch auch die anscheinend soli-
den Zelleinlagerungen unter dem Mikroskop als
Drfisenwucherung zu erkennen. Die Entwickelung
bt vorwiegend doppelseitig. Neben peritonäalen
Implantationen finden sich häufig echte Metastasen.
Sie fOfaien bald zu Kachexie und recidiviren leicht,
sei es, dase im Stiele Keime zurüokblieben, dass
bereits bei der Operation Metastasen vorhanden
waren oder dass bei dieser Oeschwulstpartikel ver-
impft wurden.
4) Gyatadenoearoonia papilläre; eine äusserst
seltene Geschwulst (1 Fall), im Gewebe der Gysten-
wände Herde und Reihen grosser Bund- und
BpindelxeUen inmitten gef&ssreichen Bindegewebes
oder als mächtige Lager vereinigt.
Der Grundsatz, Ovariengeschwülste zu ope-
liren, sobald sie diagnosticirt sind, muss beibehalten
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 3.
werden. Bei allen papillären Tumoren sollte auch
das zweite Ovarium mit entfernt werden.
Brosin (Dresden).
471. Zar Gomplikation von Sohwanger-
aohaft und Qebort doroh Ovarialtumoren ; von
0. Staude in Hamburg. (Mon.-Schr. f. Geburtsh.
u. GynäkoL II. 4; Oct 1895.)
Bei Schwangerachafl empfiehlt Si möglichst
frühzeitiges Operiren, besonders bei verwachsenen
Tumoren; berficksiohtigt aber auch Fehling's
Ansicht, aus Rflcksicht auf das Kind möglichst
lange zu warten, da nach der Dsirne'sdien Sta-
tistik in ca. 1/5 der Fälle die Operation die Schwan-
gerschaft unterbricht. Ausschlaggebend werden
Sitz und Adhärenz des Tumor sein. Die Oompli«i
kaüon der Geburt duroh Ovarialtumoren wird vor
Allem dann bedenklich, wenn irreponible Tumoren
das kleine Becken verlegen. Einmal machte St
wegen intraligamentärer doppelseitiger Ovarial«
geschwulst die Sectio caesarea nach P or ro , in einem
anderen Falle gelang die vaginale Ovariotomie.
Die Technik dieser Operation, die in der Literatur
als schwierig geschildert wird, war hier durch
günstige Momente verhältnissmassig leicht In
jedem Falle muss der Tumor tief in das Becken
hineingedrängt und lang gestielt sein und Yer«
wachsungen müssen fehlen (Untersuchung per rec-
tum !). Dann ist die Punktion zu versuchen, bei
unschuldigem Inhalte und Verkleinerung des Ute-
rus Incision der gespannten Scheide, die beim
Hervorziehen leicht weiter reisst Mehrfache Um*
stechung des Stiels, der nach der Trennung schnell
zurückschlüpft Wenn möglich, nun sofort Naht
der Scheide, die in Fall 2 aber durch den schnell
tiefer tretenden Kopf nicht möglich war und später
erfolgte. Bei Adhärenz und kurzem Stiel würde
St eventuell die Ovariotomie unmittelbar nach der
Sectio caesarea machen, bei vorgeschrittener Geburt
und Hervorziehbarkeit des Tumor nur die Ovario-
tomie und die Geburt durch den Aasistenten per
vias naturales beendigen lassen.
Glaeser (Danzig).
472. Beitrag aar Gomplikation der Sohwan-
gersohalt und Gtobnrt mit O varialgeaohwülaten ;
von Prof. Bttbefika in Prag. <Mon«-Schr. f. Ge-
burtsh. u. Gynäkol. IL 3 ; Sept 1895.)
Auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt B.,
nicht nur frei bewegliche Tumoren, sondern auch
stark verwachsene möglichst zeitig zu entfernen,
die Schwangerschaft besteht weiter. Bei begin-
nender Geburt versuche man die Beposition, even-
tuell in Narkose. Ist dies nicht möglich, so inci-
dire man, entleere die Geschwulst und versuche sie
so bald als möglich, etwa eine Woche post partum,
durch oombinirte Scheidenbauchoperation zu ent-
fernen (Erweiterung der Soheidenwunde und mög-
lichst hohes Hinaufgehen, wenn möglich direktes
Abbinden von der Scheide aus, event Eröflhung der
Bauchhöhle von oben und Trennung von Stiel und
34
266
YTL Gaburtshülfe, Frauen- und Eindeibeilkanda
Adhärenzen mit neuem Instrumentarium , Durdi-
BtQlpen nach der Scheide, Drainage). Unter allen
ümstftnden muss dies bei Infektion des Cysten-
inhaltes geschehen. Eine Ovarialgeschwulst, die
bei der Geburt einem yiele Stunden dauernden
Drucke ausgesetzt war, ist möglichst bald post
partum zu exstirpiren, auch wenn keine andere
Indikation zur Operation (Infektion, Stieldrehung)
eingetreten ist. Glaeser (Danzig).
473. Ueber puerperale Bradykardie; von
Dr. L Neumann in Wien. (Mon.-Schr. f. Oe-
burtah. u. GynftkoL n. 4; Oct 1895.)
N. hält die schon ron Carl betonte ünregel*
mässigkeit des Pulses bei gleichzeitiger Herab«
Setzung der Schlagfolge fQr typisch. Sie verliert
sich allerdings bei starker Erhöhung der Puls-
frequenz. Was die Ursache der Bradyfairdie im
Wochenbett anlangt, so hatte Dehio gezeigt, dass
man bei Pulsverlangsamung durch Atropin ent-
sdieiden könne, ob es sich um Schädigung des
motorischen Apparats des Herzens oder um Beizung
der kardialen Hemmungsfasem des Yagus handele,
also ob eine kardiale oder eine extrakardiale Brady-
kardie vorliege, denn Atropin lähmt die Endigungen
der Yagusfasern im Herzen. Bei Einspritzung von
0.001 Atropin. sulf. wxu*de nun in allen Fällen von
Bradykardie ^/f — 1 Stunde später der Puls doppelt
so &equent und die Arrhythmie verschwand meist
völlig. Da nun entsprechende Erscheinungen von
Seiten des Athmungs- und Intestinaltraktes fehlen,
so nimmt N. eine Enegung der kardialen Hem-
mungsfasem des Vagus in seinem Centrum an.
N. konnte femer die Pulsverlangsamung schon wäh-
rend der Geburt, am häufigsten in der dritten Ge*
burtsperiode in den Wehenpausen constatiren, wo
verschiedene Stellen des Centralnervensystems auf
reflektorischem Wege in Erregung gesetzt werden
(Erbrechen, Wirkung der Bauchpresse, Antrieb zur
häufigen HamenÜeemng, Steigerung der Patella-
reflexe). N. kommt zu dem Schluss, dass die puer-
perale Bradykardie auf einer Reizung der kardialen
Hemmungsfasem beruht und in der Geburt durch
Erregung des Yaguscentrum entsteht.
Glaeser (Danzig).
474. BinfltiBBderAbtragaDgderBierstöoke
auf den Stoffwechsel; von Curätulo und Ta-
rulli in Rom. (Centr.-BL f. GynäkoL XIX. 21.
1895.)
C. und T. fanden an Hündinnen bei gleich«
bleibender Diät nach der Castration bereits am
6. Tage post operat. Abnahme in der Ausscheidung
von Phosphaten. Sie nehmen an, dass die Eier-
stöcke eine innere Sekretion haben, d. h. fortwäh-
rend ein Ausscheidungsprodukt in das Blut ab-
setzen, dessen chemische Zusammensetzung bis
jetzt noch unbekannt ist, das aber die Oxydation
der phosphorhaltigen Substanzen, die den Stoff zur
fialzebildung der Knochen liefem, zu begünstigen
fähig ist Den^ zu Folge wird durch die Entfernung
der Eierstocke eine grtfssere Zurückhidttmg' oig^-
nischen Phosphors hervorgemfen, die Bildung toh
Calcium- und Magnesiumphosphat und damit die
Wiederherstellung der normalen EnodienfeBtigkelt
bewirkt Vielleicht könnte in Rücksicht auf das
Fetterwerden nach der Castration dieser Qesichts-
punkt auch auf den Consum und die Yerbremrang
des Fettes ausgedehnt werden.
Glaeser (Danzig).
475. Weitere Beitrige aar Iiehre von der
Oateomalaoie ; von H. Fehling. (Arch. f.Oynä-
koL XLVm. 3. p. 472. 1895.)
F. hat in Basel im Ganzen 14mal wegeo
schwerer Osteomalacie castrirt ; von 12 Frauen, die
fQr den Dauererfolg in Betracht kommen, haben 10
2 — 7 J. dauernde Heilung aufzuweisen, 2 Frauen za-
gen einen unvoUstftnden Erfolg, können aber wieder
arbeiten und gehen. Von 6 durch P o r r o - Kaiser-
schnitt entbundenen Frauen erlag eine der Sepela,
die 5 anderen sind geheilt, nur eine ist etwas rQck-
fällig. Nach diesen Erfolgen ist nicht daran xa
zweifeln, dass es die pathologische ThStigkeit der
Ovarien ist, die die Ebrweichung der Knochen an-
regt Ueber die Ursache der Osteomalacie gaben
Harnanalysen keinen Aufschluss ; eine früher auch
von F. als bedeutsam angesehene Steigerung der
Phosphorsaure im Urin unmittelbar nach d^ Ope>
ration wird durch die Verminderung der Urinaoft-
Scheidung zwanglos erklftrt Wichtig dagegen
sind die fast stets zu beobachtende Hyperämie der
Adnexe und die hyaline Oeffissd^generation der
Ovarien« Daneben kommen gewisse Veränderungen
der Blutmischung, eine Verminderung der Alkale-
scenz und eine Vermehrung der eosinophilen Zellen
(Neusser)in Betracht
Nach Allem ist die Osteomalacie als eine doidi
Erkrankung der Ovarien hervorgerufene Tropho-
neurose des Enochensystems anzusehen, der bei
der Bedeutung des Knochenmarkes fOr die Zu-
sammensetzung des Blutes gewöhnlich eine all-
gemeine Veränderung der Blutzusammensetzung
folgt. Treten die ersten Erscheinungen der Osteo-
malacie in der Schwangerschaft oder im Wochen-
bett auf, so soll eine symptomatische Behandlung
Platz greifen, für schwere Fälle ist die Porro«
Operation, bez. die Castration angezeigt
Brösln (Dresden).
476. Anatomisohe Untersnohong der Ova-
rien in Fällen von Osteomalacie; vonDr.Gnii-
laume Bossier inLausanna (Arch. f. OynäkoL
XLVIIL 3. p. 606. 1896.)
Die Ovarien von 3 osteomalacisohen Frauen schieoea
hier and da vergrössert zu sein, stets fielen dieHilna-
gefdsse, die weitldaffend, zahlreich und deatlich vorlagen,
durch ihre Stärke auf. Das ganze Organ, oft von Uaa-
rother Farbe, war stark mit Blut injicirt IfikroskopüdL
fand sich die auch von Anderen beobaohtote hyalin«
Degeneration der Oefiisswand, daneb^ aber anoh eine
solche einzelner Stellen des Bindegewebes selbst Den
Anstoss zu dieser Degeneration dürften die Cirknlations-
veränderongen in den Ovarien geben. B r o s i n (Ditsdeo).
Vn. OeburtBhfllfe, Frauen- tmd EinderheiUmnde.
267
477. Die Ursachen der Abduktionflbebin-
donmg bei Osteomalaoie ; yon Dr. W. Latzko
in Wien. (Wien. klin. Rundschau IX. 25. 1895.)
L hat verschiedene Osteomalacische mit deut-
licher Abduktionsbehinderung narkotisirt und den
Onui der Abduktionsbehinderung vorher und in
der Narkose geprüft Die AbduktionsfShigkeit
fithm in allen Fällen in der Narkose ganz wesent*
lioh zu, so dass sie in einzelnen FftUen das
3— 4fache der ohne Narkose gefundenen betrug.
Nach L beweisen diese Yersudie, dass die bei
Osteomalaoie mit grosser Begelmissigkeit beobach-
tete Contraktur des Hüftgelenkes im Sinne der
Abduktion nicht auf mechanische Momente, son-
dern auf aktiven Muskel widerstand zurückzuführen
ist Für den in Narkose zurückbleibenden Beet
ron Abduktionsbesohrftnkuttg kommen die Yer-
ladenmgea in der Pfannenstellung, die Neigung
dee Schenkelhalses, die Eapselschrumpfong und
die bei dauernder Inaktivitftt sich entwickelnde
nutritive Verkürzung der Muskulatur in Betracht
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
478. neber einen Fall Ton langdanemder
Betentio otI in utero ; von Dr. 0 r 1 o f f. (Prag.
med. Wchnschr. XX. 22. 1895.)
43jfihr. Frau, letzte (10.) Niederkunft vor 5 Jahren.
Ja Novemlißr 1893 Ikterus, Ausbleiben der Menses. Im
lebniar 1894 heftiges Unwohlsein, Hämatemesis, Melaena.
Am 21. JaU Ton Neuem Hämatemesis nnd Melaena; von
di an \rergrö8senuig des Unterleibes. Wegen bedeuten-
dra Aedtes musste 3mal die Punktion des Abdomen
rajSODommen werden. Am 9. Nov. 1894 Tod. Die S^
Hon ergab Cirrhosis henatis und Ruptur eines Astes der
Tena ooronaria ventriouli in der Gegend der Cardia.
Im rechten Hom des Uterus sass ein kugeliges,
2^ cm im Durchmesser haltendes Eü, von dem nur mehr
diB Chorion mit seinen vielfach verkalkten Zotten vor-
banden war, wShrend das Amnion und der Embryo augen-
leheinlich dorch eine am unteren Ende des Eies b^nd-
inhe, 0.5 om weite Risslücke abgegangen waren. Das Ei
batte keinen organischen Zusammenhang mehr mit der
dieniswaad; nukroskopisoh liess sieh die Muooea audi
sende an der Stelle nachweisen, wo das Ei gesessen hatte.
Nach 0. handelt es sich im vorliegenden Falle um
Itetention eines geborstenen, nur noch durch den Chorion-
iek reprisentirten Eies. 0. vermnthet, dass das Ei un-
pAhr ein Jahr im Uterus verblieben war; nach der
nikroskopischen Untersuchung schätzt er das Entwicke-
nngsalter des Eies auf 2—3 Monate. Bemerkensworth
it, dass das Vorhandensein des retentirten geborstenen
Bm bei der Xranken keine Blutungen hervorgerufen
ittte. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
479. Vieijfthrige Betention des Skelettes
iner Im 7. IConate der Graviditftt abgestor-
lenen F^racsht; von Dr. 0. A. Resnikow in
üisabethgrad. (Centr.-BL f. Gyn&kol. XIX. 9.
895.)
Die Kr. hatte vorher 2mal, das letzte Mal Zwülinge,
Bborao. 7 Monate ^vid, bekam sie eine schwere fieber-
afte Krankheit, bei der Wehen auftraten, die aber bald
ofhörten. Eiterabganjr, iVöste. Keine Menstruation,
'ach 4 Jahren Dilatation des Uterus. Entfernung der
iiochen, Heilnng. R kennte noch 2 Ffille aus der lite-
iknr beibz^lgen. Glaeser (Danzig).
480. üeber den Bau der Blaaenmole ; von
F. Marohand in Marburg. (Ztchr. f. QeburtsL
n. Gynäkol. XXXII. 2. 1895.)
Eine 41 jähr. Frau, die Smal geboren hatte (1 mal Abor-
tus, Imal Blutung bei der Geburt), blutete seit 4 Wochen.
Seit 8 Tagen wurde der Leib dicker. Wegen starker
Blutung nach Tamponade Ueberfübrung in <üe geburts-
hulfliche Klinik, wo die Frau trotz Koohsalzinfnsion u. s. w.
starb, bevor ein Eingriff unternommen werden konnte.
Bei der Sektion wurde die Gebärmutter ganz ent-
fernt und erst nach völliger Härtung gründlich unter-
sucht Bire grösste lünge betrug ^om. Das Innere
der Höhle war von einer Masse beerenförmiger Zotten
eingenommen. Ein Theil der Zottenbäumchen hing mit
den Vorsprungen der kleinhöckengen vorderen Gebär-
mutterwand zusammen. Die kleineren Beeren waren
solid, die grosseren enthielten im Inneren einen Hohl-
raum. Im Inneren der Zottenmasse fanden sich auch
Beeren, die nur noch aus Häutchen bestanden. Der
untere Pol war von festem, braunem Gerinnsel eingenom-
men. Die zottige Masse stellte den colossal vergnäserten
Fruobtkuchen dar, der in grosser Ausdehnung der vorde-
ren Gebärmutterwand ansass und die ganze nöhle bis auf
einen schmalen Spaltraum ausfdUte. Der höckerige Theil
der Vorderfläche der Höhle bildete die Plaoentastelle, die
Decidua serotina. län Best einer Frucht war nicht mehr
zu entdecken.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass der
grösste Theil der grossen Zottenanschwellungen ganz
oder fast abgestorben und in Verflüssigung begriffen war.
An den kleinen Beeren konnte man noch deutlich 2 Epi-
thelsohiohten unterscheiden, die der Langhans'schen
Zellschioht und dem äusseren Syncytium des Chorion
entsprachen. Aber schon bei beginnender Entartung sah
man erhebliche Veränderungen des Syncytium, wie fibri-
nöse Umwandlung, Vaouolenbildung. Auch zur Quellung
der Zellschicht war es gekommen. An der Decidua sero-
tina liessen sich die der normalen Serotma entsprechen-
den Schichten unterscheiden: 1) die zelUge Schicht an
der Oberfläche, 2) die Fibrinschicht, 3) die oompakte
Schicht der Decidua, 4) die spongiöse Schicht der Decidua.
In der obersten Schicht fanden sich neben den Syn-
cytiummassen zahlreiche isolirte Zellen von vieleokiger,
rundlicher, keulenförmiger Gestalt, zum Theil von be-
trächtlicher Grösse, meist mit einem, aber auch mit meh-
reren Kernen. Ausserdem sah man auch dicht gedrängte,
kleinere, blasenförmige (vielleicht glykogenhalti^ ?) Zellen
mit deutlichen Kemtheilungsbildem. Durch Defekte in
der Fibrinschioht traten die ^ssen Zellen massenhaft in
die Tiefe und durchsetzten die Deciduaschicht; besonders
drangen sie in der nächsten Umgebung kleinerer und
grösserer GefSsse vor. Die ffrosskemigen Zellen drängten
sich sogar bis in die oberflächlichen Schichten der Musku-
latur. An einem ziemlich grossen Theile der Serotina
war die Fibrinschioht völlig zerstört, es fehlte femer die
oompakte und spongiöse Deciduaschicht; die lockeren
Zellenmassen lagen an der Oberfläche der freigelegten
Muskelschicht und drangen weit in diese ein, so dass
man von einer „epithelialen Uloeration^ sprechen konnte.
Hierdurch wurde den Haftzotten gewissermaassen der
Boden weggefressen, eine Zotte nach der anderen wurde
abgelöst und flottirte frei in dem intervillösen Baum.
M. bemerkt, dass diese Abkömmlinge des gewucher-
ten Chorionepithels auch in der normalen Plaoenta zu
jeder Zeit der Sdiwangerschaft in die Serotina einwan-
dern, obwohl lange nicht in dem Maasse, wie bei der
Blasenmole. Im normalen Zustande scheint die Aufgabe
dieser Zellen im Aulgehen in der festen Gerinnungs-
masse, die die Bedeutung einer widerstandsfläiigen Kitt"
und Stütansubstanz besitzt, ihren Abschluss erreicht zu
haben, während die tiefer gewucherten Massen eine
gewisse Bedeutung für die Be^eration nach der Geburt
zu besitzen scheinen.
Die Zotteperkraokung hält M« uicbt für myxomatös,
268
VIL GebixrtshOlfe, Frauen- und Eindarheillninde.
er sieht die Blasenzotten als BesnUat einer reeellosen
Waoberong mit hydropisoher QaeUang imd schSessliclL
Nekrose an. Die Nekrose der Zotten ist bedingt durch
die mangelhafte Ernährung von Seiten des mütterlichen
Blutes.
Die Ursache der frühzeitiger entstehenden allgemei-
nen Blasenmolen sieht M. in einer primfiren Erkrankung
des Eies, während bei den anderen Formen, besonder«
der partiellen Blasenmole, auch andere ürsaehen in
Grande liegen können. Znm Scfaluss macht M. darauf
auftnerksam, dass die Elemente der sogenannten bös-
artigen decidnalen Geschwülste, die sich ja nicht seltm
an Blasenmolen anschliessen, zumTheil alsSarkomMÜeo,
Biesenzellen bindegewebigen Ursprungs, anderentheilsalB
gewucherte Endothelzellen, als Ueberf^ge Yon glatten
Mask^fasem zu Sarkomzellen n. s. w. beschrieben, in
allen ihren Formen in den epithelialen Wanderzellen der
Serotina der Blasenmole wiederzufinden sind.
J. Praeger (Chemnitz).
481. Unttnuohangen über Temperatur«
▼erh<nlsee imd Sterbliohkeit der Neogebo*
reuen, Yemrsaoht dnreh Nebelerkrankung ;
von Dr. Hermes in Danzig. (Centr.-Bl. f. OynA-
kol. XIX. 17. 1895.)
Vor dem 3. Tage wurde kein Kind gemessen.
Die Behandlung der Kinder war den Yorschriften
des preussisofaen Hebammen-Lehrbuches entspre-
chend. Die Messungen fanden an 1000 Kindern
statt. Nur bei 2 Kindern fand H. am Tage des
Abfalles der Nabelschnur 37.8— 37.9^ Die Nabel-
schnur wird in der Danziger Hebammen - Lehr-
anstalt mit 4proc. Carbolvaselin behandelt In
Folge dessen fiel kein Nabelschnurrest vor dem
5. Tage ab , die meisten (24^/o) fielen am 8. ab.
Die Berechnung der Sterblichkeit in Folge von
Nabelerkrankung ist wegen zahlreicher üngenauig-
keiten unbrauchbar. 0 1 a e s e r (Danzig).
482. üeber Emfthnmgsrenraohe mit Gftrt-
ner'BOher Fettmiloh; von Dr. B. Popp. (Arch.
f. Kinderhkde. XIX. 3 u. 4. p. 223. 1895.)
P. emfihrte in Monti's Poliklinik 30 Kinder
mittels Oftrtn er 'scher Fettmilch. Von diesen
kommen nur 25 in Betracht, da 5 zu kurze Zeit
in Behandlung blieben. Yen 7 Kindern werden
ausffihrliche Krankengeschichten, von den übrigen
die Gewichte mitgetheilt Es ergiebt sich, dass
3 Kinder eine grössere, 22 eine geringere Zunahme
hatten, als der Norm (beim Brustkinde) entsprochen
hätte. Die Resultate waren demnach kaum bessere,
als sie mit den bisher üblichen Methoden der
künstlichen Ernährung erzielt wurden. 5 Kinder
starben, darunter 4 (2 Frühgeborene) an Yer-
dauungskrankheiten.
P. glaubt, dass die Fettmilch trotz der gleichen
procentischen Zusammensetzung doch der Mutter-
milch nicht gleich zu stellen ist Der unterschied
zwischen Menschen- und Kuhcasein bleibt be-
stehen. Die empirisch bewährte Verdünnung der
Kuhmilch je nach dem Alter des Kindes dürfte
richtiger sein. Femer wird die feine Vertheilung
des Fettes durch das Gentrifugiren zerstört, die
Jlilch ausgebuttert Brückner (Dresden).
483. Bin seltener KU ven beliuilie uaiw-
eeUem eageboreiien Itete^iffeiteiidMi Blana-
wnohe; von Dr. E. Jacobson. (VirchoVs Aid
CXXXIX. 1. p. 104. 1895.)
J. giebt die genaue Besohreibnng eines Yon ToIIkoBh
men gesunden Mtem stammenden Kindes, das bei dar
Gebnrt normal gross war nnd Makropodie zeigte. Im
Alter Ton 3 Jahren kam es zur Beobaohtong. Dn rechte
Kopfseite, die reohte Wange hatten einen grösseren Ua-
fang als die entsprechenden Theile linkersettB. Der
rechte Arm war im Ganzen grosser nnd voller als dar
linke, namentlich die Hand, und hier wieder yomehnlich
der Zeigefinger. Weiter waren vergrSssert das rechts
Labium majns, die linke 8eite des Bompfea, das linke
Bein, vor Allem der Obersohenkel , und in hödutoa
liaasse beide Füsse, besonders der Unke. Die Fälle too
Skreuztem Biesenwuchs sind aosserordentlich selteL
der literator finden sioh nur 2 deutliche BeBdue-
bungen, eine von Friedbere und eine vonLevin,
die J. mitthallt Brückner (Dreaden).
484. Ueber Oateoperioatitis defomaaa In
Volg« Syphilis horeditftria (twdA); von Dr.
C. Stamm. (Arch. f. Kinderhkde. XIX. 3 il4.
p. 170. 1895.)
Ein l^jihr. Mädchen, von syphilitischem Vater stam-
mend, hatte Ohrenlaufen nnd eine linkseitige Augen-
entzündung durchgemacht. Vor 8 Jahren Fall von cmei
Treppe. Danach V erbiegnng der Unterschenkel nach
vorn, starke Auftreibnng der üntersohenkelknocheL
Schliescdich starkes Wachsthum der Untencheokd, ]
namentlich rechts. Darauf Böthung der Haat mi \
Schmenen am rechten UntersohenkeL »
Befund: Blasses Kind. Oberhalb der Nasanwuiil
eine haaelnussgrosse Knoohenauftreibung. Sattelnan.
Perforation des linken Trommelfells. Rückstände «iM
abgelanfenen Keratitis parenchymatosa. EänkerbooieB
der Schneidezähne am freien Bande. Beide ünterBcheuel
nach vom stark oonvex in Folge von Knoohenanflageno-
gen an der vorderen Seite, die links gleiohmässig, rechts <
höokrig erschienen. Haut darüber r^terseits dünn und !
stark geröthet. Unterschenkel im Yerhältniss zum Ober» i
sdienkel zu lang. Nach Freilegnng der rechten TUM |
fanden sich netoi Verdickung des Periosts zahbeid«;
käsige Herde im Knochen, die in fingerdicker Schicht ib-
gemeisselt wurde. Nach Verabreichung von Jodkalion
wesentliche Besserung, Abnahme im Umfange derüoter-
schenkel. Nach einem Vierteljahr Geschwür am lechta
Unterschenkel, von einem nekrotischen Knooheaberi
ausgehend. Nach Säuberung und Jodkaliumkur schnelle
Heilung. Brückner (Dresdflo).
485. Die MÖUer*adhe Krankheit fSyntm.:
„Akute Bhachüis. Scorbut hei Kindern. Bca-loufsik
Krankheit. Cheadle-Barhw'mAe Krankheä u. 9.tp);
von Prof. H. Hirschsprung in Eopenhag«.
(Jahrb. f. Kinderhkde. XLI. 1. p. 1. 1895.)
H. bespricht zunächst die Geschichte des zuerst
von Möller beeohridjenen BymptomencomplexeB
und die Stellung der verschiedenen Autoren xv
Auffassung desselben als Scorbut oder als akute
Bhachitis. Weiterhin theilt H. 10 eigene Beobach-
tungen, darunter eine mit Sektionsbefund, mit uad
legt seine Auffassung über das Wesen des gerade
im letzten Jahrzehnt lebhaft besprocheuen Leideoa
dar. Er hält die Affektion, für die er bis auf Wei-
teres den Namen „Möller'sohe Krankheit*' bei«
behalten wissen will, weder für eine akute Bha-
chitis, noch für Scorbut Aber er betonti dass dia
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
269
Bbachitis die nothwendige Vorbedingung für die
Eotvickelung der Krankheit ist. Bhachitis acuta
in chronica mOchte er die Krankheit nennen, um
£0 kennzeichnen, dass es sich dabei um Bxacerba-
tionen des rhachitischen Prooesses handelt H.
weist onter Mittheilung eweier Krankengeschichten
anf die Beziehungen zwischen der bei der Moller'-
Bchen Krankheit beobachteten Zahnfleisehaffektion
nnd der Kieferrhachitis hin. In den beiden £Ulen
bestand die bekannte schmerzhafte Schwellung der
Oliederknochen und sehr erhebliche Kieferrhachitis,
aber ohne stärkere GKngivitis. Die MOller'sche
Krankheit hUt eben so wenig wie die gewöhnliche
Bhachitis immer einen ganz bestimmten Typus ein.
Brückner (Dresden).
486. Bin mi von Barlow'Boher Krankheit
(Boorbntna In&ntom); von Dr. A. Freuden-
berg. (Arch. f. Kinderhkde. XIX. 3 u. 4. p. 217.
1895.)
F. beobachtete die Entwickelang der Barlow'schen
KnDkheit bei einem 10monat.Mftdchen im unmittelbarea
Anachlnsse an Keuchhusten. Das Kind geoas schnell
nach der Yerabreichmig frischer Bierhefe (5mal täglich
1 Messerspitze bis 6mal täglich 1 Theelöffel). F. ver-
mathet, dass die Proletarierkinder seltener die Krankheit
erweriien, da sie frühzeitiger mit Kartoffehi geföttert
Verden. Da seine Fat Yor Auftreten der £iochen-
achwellangen Schmerz und -lähmnngsartige Sohwäche*^
ier Beine aufwies, wirft F. die Frage auf, ob neben der
üfoktion der Knoohen nicht auch eine schöbe der Nerven
vorhanden ist Brückner (Dresden).
487. L'arobilinuria nell'eta infuitUe ; osser-
vazioni cliniche; per il Dott. Qiarrö. (Speri-
mentale XLIX. 1. p. 99. 1895.)
unter physiologischen YerhJÜtnissen findet man
ürobilin im Urin von Kindern entweder gar nicht
oder nur in geringen Spuren. Es fehlt gftnzlich
bei Neugeborenen und bei Brustkindern. Bei kfinst-
lich emShrten kleinen Kindern kommt nicht selten
Stercobilin in den FSces vor.
Eine nicht unbedeutende Menge von ürobilin
findet man im Urin von Säuglingen, die an Pneu-
monie erkrankt sind, w&hrend eine entsprechende
Zunahme von Stercobilin in den Fäoes gewöhnlich
fehlt. Der Icterus neonatorum pflegt nicht mit
einer ürobilinausscheidung einherzugehen. Rührt
der DLterus von katarrhalischen Zuständen her, so
findet man bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen
ürobilin im Urin nur im Beginne und gegen Ende
der Krankheit; hat der Ikterus aber seinen Ur-
sprung in schweren Entartungen des Lebergewebes
(Amyloidleber) oder in dauernden Gallenstauungen,
so ist die ürobilinausscheidung auch bei Kindern
eine dauernde.
Bei den meisten Infektionskrankheiten der
Kinder entspricht der Hämolysis eine mehr oder
weniger starke Ausscheidung von ürobilin. Ganz
besonders ist das bei Diphtherie der Fall, weniger
stark tritt die ürobilinurie dagegen bei MorbiUen,
Typhus und Tuberkulose auf, etwas stärker bei
Scarlatina. Emanuel Fink (Hamburg).
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
488. neber maligne Tomoren der Ton-
•Dle; von Dr. B. Honsellin Heidelberg. (Beitr.
1 kfin. Chir. XIV. 3. p. 737. 1895.)
H. hat aus der Literatur 105 Fftlle von maUgnen
Tumoren der Tonsillen zusammengestellt, denen er
dann, ausser einem bereits von Braun veröffent-
lichten Falle, noch 16 Beobachtungen aus der
Heidelberger Chirurg. Klinik anfflgt : 7 Caroinome,
9 Sarkome. Bei diesen 16 Er. war das Leiden
bei der Aufnahme in die Klinik bereits so weit
vorgeschritten, dass nur in 7 Fällen noch eine
Bidikaloperation versudit werden konnte^ Von
fiesen 7 Kr. starb 1 im Anschluss an die Opera-
tion, 4 Kr. starben an Recidiv, 1 Kr. ist nach
1% Jahren, 1 Kr. seit mehr als 10 Jahren noch
^diyfrei (Lymphosarkom). Die Ergebnisse seiner
Untersuchungen fasst H. dahin zusammen, dass
lieh die malignen Tumoren der Tonsille als eine
[rankheit darstellen, „die pathologisch-anatomisch
ntweder den Sarkomen, vor Allem den Lympho-
arkomen oder den Epitheliomen, angehört, die
ich klinisch oharakterisirt durch eine intrabuccale
KTucherung und regionäre Drüsenschwellungen,
owie durch Schluckbeschwerden, Sprachstörung,
(Tentuell durch Athemnoth oder Schmersen, und
leren Bdiandlung durch operativen Eingriff zwar
nicht ungefährlich, nicht sicher ist im Erfolg, aber
doch die Chancen einer definitiven Heilung bietet ^
P. W a g n e r (Leipzig).
489. Bine Dermoidoyate der Zunge; von
Dr. D u m s t r e y. (Deutsche med. Wchnschr. XXL
35. 1895.)
D. entfernte einem 24jähr. Hanne eine unter der
Zunge gelegene f&ustgrosse Geschwulst, die er anfangs
für eine Banula hielt, die sich aber bei der Untersuchung
als eine Dermoidoyste erwies. Dermoidcysten der Zunge
sind nicht häufig beschrieben worden.
Brückner (Dresden).
490. A disouaalon on the medicationa for
early imdioal treatment of malignuit diseaae
of the larjnx; by Bryson Delavan. (Brit
med. Joum. Oot 26. 1895.)
Die radikale Operation von malignen Tumoren
hftngt ab von der frühen Diagnose, der Natur, dem
Sitze und Fortschreiten der Neubildung, von dem
körperlichen Zustande und dem Alter des Kranken,
sowie von der genügenden Fertigkeit des Arztes
zur Ausführung der Operation, endlich von der
Erfolglosigkeit einer weniger eingreifenden ört-
lichen Behandlung (besonders Alkoholbehandlung).
Allee dies wird auf das Ausführlichste begründet
und besonderer Wertb auf die Frühdiagnose ge*-
270
Tm. Ghinizgie, Augen.«- und OkreiüieObmde.
legt, die nach unfieren hentigen Erfahrangen, be-
sonders da die mikroskopische Bntscheidangh&nfig
versagt, eine ftnsserst schwierige ist Wo endo-
laryngeale Eingriffe die Diagnose nicht I5rdem,
ist eyentuell zur explorativen Thyreotomie zu schrei*
ten. Die Gefahren der Operation sind besonders
bezüglich der Lungencomplikation bedeutende, vor
Jodoform und anderen Antisepticis, die toxisch
wirken kOnnen, wird gewarnt.
Batlin will die Indikatioii Viel weitgehender ge-
fasst wissen, da er die Operation keineswegs als eine so
geffthrliohe anerkennen kann. Er giebt an, dass jede
maligne Neubildung, falls nicht direkte Contraindik&on
besteht, operirt weiden müsse, sowie dass bei jedem yer-
dächtigen Tomor die explorative Thyreotomie yorzuneh-
men sei. Friedrich (Leipzig).
491. The Operation of thyrotomy; by F.
de Santi. (Brit med. Joum. Oct 26. 1895.)
de S. berichtet über 17 im St Bartholomaeus-
Hospital und 11 in der Friyatpraxis yon Butlin
Operirte, die er tabellarisch geordnet hat. Er be-
spricht die Operation und die Nachbehandlung.
Es wurde ChloroformnariLose angewendet, nicht
Aether wegen der dabei stattfindenden stärkeren
Saliyation; nach dem Hautschnitte wurde die
Tracheotomie yorgenommen und die Hahn'Bohe
Schwammkanüle eingeführt, danach der Kehlkopf
eröfEnet. Vor Entfernung des Tumor wird die
Larynxschleimhaut mit 5proc. CocainlGsung an-
ästhesirt, um die Blutung zu yermindem. Nach
beendigter Operation wird das Eehlkopfinnere mit
Jodoform bestäubt, jedoch nicht tamponirt und die
Jäb^n^sche Kanüle entfernt, da sie, falls sie länger
liegen gelassen würde, leicht zu Sepsis führen
kann. Weiter werden für die Nachbehandlung
einige praktische Winke gegeben.
Friedrich (Leipzig).
492. Beitrag nr hiatologisoheii Eenntnisa
der aogenannten Gynäkomastle ; yon Dr. H.
Stieda in Tübingen. (Beitr. z. klin. Chir. XIV.
1. p. 179. 1895.)
Während die Geschwülste der männlichen Brust-
drüse nach den yerschiedensten Richtungen hin
genau untersucht sind, herrscht auf dem Oebiete
der entzündlichen Zustände der männliehen Brust-
drüse, der sogen. Oynäkamastie, noch eine gewisse
Unklarheit. Der Orund hierfür liegt in dem Mangel
histologischer Untersuchungen. In der Tübinger
Chirurg. Klinik kamen im Wintersemester 1894 — 95
2 Fälle zur Beobachtung, die in das Oebiet der
Oynäkomastie zu rechnen sind und in denen die
Exstirpation der Mamma angezeigt war. Beide
Male handelte es sich um gesunde 23jähr. Männer;
einmal war die Erkrankung einseitig, das andere
Mal doppelseitig. Die hypertrophischen Mammae
wurden namentlich auf Grund subjektiyer Be-
schwerden weggenommen.
Auf Grund yon 5 bisher bekannten histologisch
untersuchten Gynäkomastien und namentlich auf
Grund seiner eigenen beiden histologisch genau
untersuchten Fälle fasst St den heutigen Stud
der Lehre yon der sogen. Oynäkomastie folgender*
maassen zusammen : Der Name Oynäkonuuik hat
nur insoweit Berechtigung, als er sich auf die
äussere Form und die Volumenzunahme der mftzm-
lichen Brüst bezieht ; nicht aber darf er eine histo-
logische Uebereinstimmung oder nur Aehnlichkdt
solcher Brüste mit der funktionirenden weibUchen
Brust ausdrücken. Der genannte Zustand besteht
in einer Hyperplasie sämmtlicher Gewebebestand*
theile der normalen männlichen Mamma, in erslot
Linie des Bindegewebes, das sich in das umgebende
Fettgewebe hinein ausbreitet; doch nehm«iaiiciL
Fettgewebe und Drüsengewebe an der Hyperplasie
theiL An den tubulOsen Drüsengängen kommeo
kolbige Ausbuchtungen yor ; nicht jedoch in dem
Grade und der Zahl, dass man yon einem acinOeea
Charakter der Drüse, wie er der funktionirenden
weiblichen Mamma eigen ist, reden kann.
P. Wagner (Leipzig).
493. Bea kyatea simples de la mameüe.
Tnanffleanoe de la ponotion ei^loratioe poiir
lenr diagnostio; par A. Boiffin. (Gaz. de Ptt.
LXVL 42. 1895.)
B. weist an einigen Fällen die Nutzlosigkeit
einerseits, die Gefahr andererseits einer Probe-
punktion und nachfolgender Injektion von Medi-
kamenten in kleine cystische Tumoren derMammi
nach. Man kann durch die Punktion nicht fest-
stellen, ob sich nicht etwa die cystische Bildung
auf dem Boden eines malignen Neoplasma ent-
wickelt hat; andererseits kann jederzeit eine Dm^
tvandltmg einer gutartigen cystischen Geschwulst
in äne bösartige eintreten. Deshalb Incision und
Exstirpation wie bei Cysten anderer EOrperthefla
R Elien (München).
494. Bin Fall von Chondrom der Mammi;
von Dr. F r. H a p p e 1 in Strassburg. (Beitr. s. klin.
Chir. XIV. 3. p. 721. 1895.)
Mittheilung eines Falles von cysiisehem B^nehondrm
der Mamma bei einer S^jähr. Frau. Ablatio tnamm»;
Heilung. Am unteren Pole der Geschwolst war m
sekundär zur Bildung eines kleinen Sarkomknotens ge*
koDunen.
Pathologisch-anatomisoh ähnelt der Fall am menfiea
einer Yon L. Wacker aus der Rostocker pathologisohiaa
Bammlnng mitgetheilten Beobachtung, über die klinisclM
Notizen moht aufzufinden waren.
P. Wagner (Leipzig).
495. Flaatiaoher Braati der Braatdrfisa
doroh ein Lipom; von Prof. Czerny in Heidel»
borg. (Arch. f. klin. Chir. L. 3. p. 549. 1895.)
Eine dramatische Sängerin, die links intentitiette
Mastitis mit Adenofibrombildung hatte, musste sich d«r
Amputatio mammae onterziehen. Da sie beideiseits sehr
stark entwickelte Brüste nnd gleichzeitig in der rechten
Lumbaigegend ein über faustgrosses Lipom hatte, wurde
das Lipom an die Stelle der mit Schonung der Hut
herausgenommenen Bnistdrüse transpiantirt Die Eaat
worde bis anf kleine Drainlöcher geschlossen. Anfiuigt
secemirte die Wunde ziemlich stark, aber nach 8 TMgm
war die Hautwunde über demlipom ^eiheiit Daslipoa
heilte reaktionslos ein, bheb noch Va Jahr etwas empfind*
YtH Chinugie, Augea- und Ohrenlieilkimde.
S7i
Üoii, war aber nach Jahiesfinst weder gewaohsei^ noch
reBorbirt und bildete eine gute Form an Stelle der ent-
fernten Brustdrüse. P. W a g n e r (Leipzig).
496. üeber die Bntetehuxig von organischen
Henfehlem dnroh QaetBOhong des Henens;
▼onProf. L. Heidenbain in Oreifswald. (Deut-
80he Ztschr. f. Chir. XLI. 4 iL 6. p. 286. 1895.)
Die Yeranlassung zu der vorliegenden Arbeit
war ein von SL verlangtes Gutachten darüber, ob
ein schwerer organischer Herzfehler sich in Folge
einer Quetschung der Herzgegend durch stumpfe
Qewalt entwickelt haben könnte. H. hat darauf
hin Umschau in der Literatur gehalten und ist zu
folgenden Ergebnissen gekommen: 1) Durch anato-
mische Untersuchungen ist erwiesen, dass in sel-
tenen Fällen durch stumpf einwirkende äussere Qe-
wait, bei Fehlen einer Wunde, mögen Rippenbrüche
Torhanden sein oder nicht, leichte Quetschungen des
Myokards erzeugt werden, die an sich eine Fort-
dauer des Lebens gestatten. Es ist zu vermuthen,
dass in Folge solcher Herzquetschungen beim
Deberlebenden die Zeichen einer Herzinsufficienx
eitstehen können (Hochhaus). 2) Durch stumpf
wirkende äussere OewaU können, wie einige anato-
mische, sowie 4 sichere klinische Beobachtungen
und fernerhin Leichenversuche (Bari6) beweisen,
Bappenxerreissungen im linken Herzen hervor-
gerufen werden. Im rechten Herzen sind solche
lisher nicht beobachtet 3) Von den Elappen-
lerreissungen durch äussere Gewalt sind zu schei-
den die h&ofigeren, gelegentlich auch im rechten
Herzen sich ereignenden Rupturen duirch innere
QewaU, durch eine übermächtige Steigerung des
Uotdracks bei einer starken körperlichen An-
Mraigung. 4) Kk^ifpenxerreissungen an und für
Rch können nur eine Insuffidenx der Kkqipe her-
Nvrafen. 5) Die selteneren Fälle, in denen nach
üier Quetschung der Herzgegend eine Ektppen-
itoioK entstanden ist, lassen sich nur durch nach-
'dgende entzündliche Yeränderungen (schleichende
Endokarditis) an der Klappe erklären.
P. Wagner (Leipzig).
497. Thoraootomie et thoraooplastie. Her-
lie diapbragmatiqae guerie par la thoracM>-
plastie et la satore moscralaire; par le Dr.
ilobet (Revue de Chir. XY. 3. p. 242. 1895.)
£in öQjfihr. Soldat hatte vor 11 Jahren einen Messer-
tüh in den 8. linken Interoostalraom zwischen AxiUar-
nd Mamnullarlinie erhalten. Bald nach der Verletzung
ildete sich dann hier eine Geschwulst von Hühnerei-
lÜBse, die alle Zeichen einer traumaiisehen Zwerchfeü-
imie darbot L. legte sie frei, indem er einen grossen,
ta der 4. bis zur 11. Bippe und yon einer 2 cm vom
^«stbeinraDd entfernten Dnie bis zur Azillarlinie reichen-
eoHaut-Muskel-Knochenlappen bildete und diesen dann
urfickschlug. Die Hernie bestand aus Netz und einem
hflfl des Colon transyersum; ersteres wurde reseoirt,
ibtereB durch die ZwerchfeUöfhung zurückgeschoben
ad diese dann selbst mit Catgut yernäht Zurücllagenmg
M L^}peD8; genaue Knocnen-Muskel-Hautnaht. Vor
iSkgang eines Druckyerbandes wurde die in die Pleura-
9Ue eingedrungene Luft mittels Trokars ausgesaugt.
Die Heilung wurde durch ein leichtes serosanguino-
lentes, pleuritisdies Exsudat gestört
Das yon L. angewendete Verfahren gleicht am meisten
einer früher yon Postempski empfohlenen Methode
der Thon^oplastik bei Zwerchfellhermen.
P. Wagner (Leipzig).
498. üeber einen geheilten Fall von Stich-
verletitingdeBZwerofallellB; von Dr. A. Schoen-
werth in München. (Münchn. med. Wchnschr.
XLH. 35. 1895.)
Seh. berichtet uher eine Stichverleixung des Zwereh--
felis bei einem 24)fthr. Kranken. Die 3 cm lange, quer-
yerlaufende Wunde fand sich linkerseits zwischen 9. und
10. Rippe, in der hinteren AxillarUnie und war durch ein
8 cm langes Stück Netz yoUkommen yerschlossen. Link-
seitiger Pneumothorax. Laparotomie paralld zum Unken
Rippenbogen. Magen und Därme nicht yerletzt 4 cm
lange, von yomnacm hinten yerlaufende Zwerchfell wunde,
etwa eine Hand breit vom Ansätze des Zwerchfells ent-
fernt Die Wunde klaffte bei der Inspiration weit und
schloss sich bei der Exspiration. Naht der Zwerchfell-
und der äusseren Wunde. Heilung; normale Funktion
der Bauch- und Brustorgane. P. Wagner (Leipzig).
499. Mnltiple Folypenbüdnng im Traotos
intestinalis; von Dr. K. Port in Greifswald.
(Peutsche Ztschr. f. Chir. XLIL 1 u. 2. p. 181.
1895.)
Polypenwncherungen im Darm gehören nicht
zu den Seltenheiten. Meist sind es vOllig gutartige
Gebilde, die nur unschwer operativ zu behandeln
sind und oft nur als zuAllige Nebenbefunde bei
Sektionen yerzeichnet werden. Daneben sind jedoch
auch F&lle beobachtet worden, in denen sich die
Schleimhaut des Dickdarms in grosser Ausdehnung
polypös entartet zeigte. Solche F&Ue gehören zu
den grossen Seltenheiten, erfordern aber unsere
Beachtung besonders, weil sie sehr erhebliche Be-
schwerden machen und prognostisch recht ungün-
stig sind.
Einen solchen Fall yon Polyposis iniestini erassi
bei einem l^ähr. Kr. theiltP. aus der Hei ferich 'sehen
Klinik mit Hier hatte sich mitten unter den die ganze
Schleimhaut des Dickdarms einnehmenden polypösen
Wucherungen ein Carcinom entwickelt, das zu Meta-
stasen in denMesenterialdrüsen, der Leber und den Hais-
drüsen geführt hatte. Anlegung eines Anus praeter-
naturalis. TocL Mikroskopisch erwiesen sich die Poly-
pen als reine Adenome; das Carcinom war ein Cylinder-
zellenkrebs mit deutlich alyeolärem Bau.
In der Literatur hat P. noch 12 ähnliche Fälle
auffinden können. 8 von diesen Kranken starben,
und zwar 4 ebenfalls an Carcinom, 2 an Livagina-
tion, 2 an Verblutung. Bei einer Reihe von Kran-
ken zeigte sich dieselbe Erkrankung gleichzeitig
auch noch bei anderen Familienangehörigen; wahr-
scheinlich war bei diesen das Leiden angeboren.
P. W a g n e r (Leipzig).
500. Oontribution a l'itude pathoginique
et therapentique de l'^ppendioite nlcero-per-
forante et de ia petitonite sappnrie» looalisee
oa göniralisie oonseoative; par Ed. Loison.
(Reyue de Chir. XV. 1. p. 1. 1895.)
L. theilt 5 Fälle yon ulceröser AppendieUis mit
Abscessbildung mit, in denen operatiy eingeschrit-
278
VXn. .Chirurgie, Augen- und Ohrenheillnmde.
ten wurde. 4 Er. genasen, der eine allerdings
erst nach langem Bestehen einer FisteL 1 Fat
starb an einer bereits vorher eingetretenen allge-
meinen Peritonitis.
Aus der Epikrise zu diesen Fallen ist hervor-
zuheben, dass L. kein Freund einer Frobepunktion
zum Nachweise von Eiter ist. In den Fällen, in
denen Eiterherde wegen ihrer tiefen Lage nach
Eröffnung der Peritonäalhöble nicht sofort eröffnet
werden können, ist zunächst die Tamponade der
Wunde mit Jodoformgaze vorzunehmen.
P. Wagner (Leipzig).
501. Der sabphrenisohe Absoess im An-
Bohlasa an die perityphlitiaohe und perinephri-
tiaohe Eit^nuig; von Dr. W. Sachs in Mühl-
hausen i. Eis. (Arch. f. klin. Ghir. L. 1. p. 16. 1895.)
S. berichtet über mehrere Falle von aubpkr^
niaekem Jbseess, von denen 2 (1 nach Perityphlitis,
1 nach Perinephritis) seiner eigenen Praxis, 3 Fälle
perityphlitischen Ursprungs der Koch er 'sehen
chirui^. Klinik entstammen. Diesen Beobachtun-
gen reiht S. noch 12 weitere Fälle aus der Litera-
tur an, in denen die Eiterung cökalen, L e. peri-
typhlitischen Ursprungs war, sowie 3 Fälle, in
denen subphrenische Eiteransammlungen bei peri-
nephritischen Abscessen vorkamen.
Auf Grund dieses Materiales giebt S. eine ein-
gehende Besprechung dieses interessanten Ejrank-
heitsbildes, wobei er namentlich die bezüglich der
Prognose so wichtigen Unterschiede zwischen extra-
und intraperitonäalem subphrenischem Abscesse
hervorhebt Besonders bemerkenswerth ist, dass
die extraperitonäal gelagerten subphrenischen Al^
scesse mehr als doppelt so grosse Neigung haben,
nach dem Thorax durchzubrechen, als die intra-
peritonäalen.
Therapetäisch empfiehlt sich bei allen Formen
eine möglichst frühzeitige operative Entleerung des
Eiters. P. W a g n e r (Leipzig).
502. Zur BebandlüDg der Darminvagina-
tionen; von Prof. Rydygierin Krakan. (Deut-
sche Ztschr. f. Chir. XUI. 1 u. 2. p. 101. 1895.)
Angeregt durch mehrere interessante Fälle
eigener Beobachtung hat R. die Behandlung der
DarminvagincUianen einer erneuten Durchsicht
unterworfen und namentlich auch die von Braun
vor 10 Jahren aufgestellte Statistik von 66 Fällen
bis auf die neueste Zeit weitergeführt. R. hat aus
den letzten 10 Jahren 86 Fälle von Darmin vagina-
tion zusammensteilen können, so dass er im Gan-
zen über 152 Fälle verfügt. Zu seinen Schluss-
folgerungen hat er jedoch meist nur die neueren
Fälle benutzt, da die aus der Braun 'sehen Sta-
tistik in eine Zeit reichen, zu der unsere Technik
nnd Erfahrung bei der Darmoperation sich erst
entwickelte.
R. kommt zu folgenden Schlüssen :
1) Bei akuten DarminvagincUionen soll mög-
lichst früh zur Operation geschritten werden, so-
bald die unblutigen therapeutischen Haassregeti,
gehörig ausgeführt, ohne Erfolg geblieben sind.
2) Nach gemachter Laparotomie verdient vorAnem
die Desmvaginaiion den Vorzug, wenn sie ohne
besondere Schwierigkeiten auszuführen ist Sind
die Darmwände an einzelnen Stellen, namentM
den Umschlagstellen, verdächtig, so ist ein Jodo-
formgazestreifen dahin zu leiten oder die betr.
Stelle aus der Bauchhöhle auszuschliessen. 3) Wo
die Desinvagination nicht ausführbar ist, da ist die
Besektion des Invaginatum aüein, und zwar nacb
einer von R. genauer angegebenen Methode, das
am wenigsten eingreifende Verfahren. 4) Die Bb-
Sektion der ganzen InvaginaHon hat da Platz za
greifen, wo die invaginirende Scheide stärkere
Veränderung ihrer Wände zeigt und Perforation
droht. 5) Die Anlegung des Anus praeiematunk
und die Enteroanastomose können bei der akuten
Darminvagination für gewöhnlich keine Verw^-
dung finden ; nur bei sehr starkem CoUaps wire
das Anlegen des Anus praeternaturalis gestattet
6) Bei der chronischen Invaginaiion soll man zuerst
die unblutigen therapeutischen Mittel mit Kach-
druck und wiederholt anwenden, jedodi nicilit
wochenlang versuchen. 7) Oerade die anfallfirde
Zeit ist zur Ausübung der blutigen Operationen
behufs Beseitigung der Invagination am meisten
zu empfehlen. 8) Nach gemachter Laparotomia
ist auch bei der chronischen Invagination die Ds^
invaginoHon zu versuchen. Qelingt sie nicht, so
hat die Besektion des Invaginatum vor den anderen
Operationen einen Vorzug.
P. Wagner (Leipzig).
503. Zur Frage derBereohtiguns der tota-
len Dannaassohaltiing nait totalem VendUntf
dea anageaehalteten DArmatftoikeB ; von Dr. &
V. Barfcz in Lemberg. (Wien. klliL Wchns(iff«
VUI. 28. 1895.)
V. B. kommt auf Qrund der bisherigen Er£üh
rungen zu folgenden Sätzen : „1) Die totale Darm'
ausschaltung mit totalem Verschluss des ausgesM'
teten Darmstückes ist bei manchen krankfaaftea |
Processen des Ileocoecum und Colon ein angezeigt
ter und ungefährlicher Eingriff. Zu diesen FiR>*
cessen gehören: chronische Invagination mitbeden*
tenden Verwachsungen, welche die Darmresektioa
unmöglich machen (Fall des Vfs.); chronisdM
fibröse Peritonitis mit oonsekutiver Darmstenose
im Bereiche des Ueoooecum, wo ebenfalls wM
resecirt werden kann; ausnahmsweise auch ge-
sunde Colontheile (Fall Obaliüski). 2) IKb
totale Darmausschaltung mit totalem Verachlosa
des ausgeschalteten Darmstückes führt fast immcc
zur Schrumpfung und Verödung der atisgeeohal-
teten und versenkten Darmpartie. 3) Dieses Vo^
gehen hat den Vorzug vor der Ausschaltung mit
Belassung von Fisteln, da es den Kranken der
Unannehmlichkeiten einer langwierigen Darmfistel
enthebt und eine zweite Laparotomie häufig erspaii
Ym. Chirurgie, Augen- und OhrenheiOninde.
273
4) Vor dieser Operation muss der Darmkanal ent-
sprechend gründlich vorbereitet werden/^
P. Wagner (Leipzig).
504. 2or Casnistlk derBarmauasohaltong;
von Dr. B. F u n k e in Prag. (Prag. med. Wchnschr.
IX. 32. 33. 1895.)
F. behandelte einen 39jähr. Er. mit faustgrossem
abficediiendem Tnmor in der Gökal^end. Spaltung des
ibscesBes nnd EnÜeerung reichlioher Mengen dicken
phlegmonösen Eiters. 2 Tage später hatte sich eine
Ooeain^KothfisUi gebildei Cökalwand infiltriri, stellen-
weise böckerif an2sufühlen (Tuberknlose). Eröffnung der
Peiitonäalhöhle. Coecnm, sowie der grösste Theil des
Colon asoendens schwielig verdickt, sowohl an der vor-
deren Baaohwand, als auch am Darmbeinteller ver-
waohsen. DcuinaiHMehaUtHUf naeh Salxer. Doroh-
trennnng des Ilenm etwa lOom von der Banliin*sohen
Klappe, Versehlnss des abfahrenden Stüokes dnroh In-
Tigination, Dorohtrennnng des Colon transversom and
Verschloss beider Lumina doroh Livagination ; Implan«^
tation des Ileum seitlich in das Oolon transversom. Naht
der fiaachhöhle. Am 3. Tage Stnhlentleening. Eoth-
fistol noch nicht vollkommen geschlossen ; Aaswaschan-
geo, Iigektionen von Jodoformglyoeiin.
P. Wagner (Leipzig).
505. Ueber BnteroanMtomosen nebat ex-
perimentellen Beitragen aar Frage dea Mnr-
phy'achen Darmknopfea ; von Dr. 0. Marwe-
del in Heidelberg. (Beitr. z. klin. Ghir. XIII. 3.
p. 605. 1895.)
Nach kurzen geschichtlichen Bemerkungen Aber
die vonMaisonneuve in die chirurgische Praxis
9^i^ifilhti»Enkroanasiomo8e berichtet M. zunächst
über 9 derartige Operationen aus der Heidelberger
cbiruig. Klinik. Die Krankengeschichten^ die eine
Reihe interessanter Einzelheiten enthalten, müssen
im Original nachgelesen werden. 5 Kr. starben,
4 genasen. In allen Fällen handelte es sich um
ekfifachß Atuutomosenbildung, Die Vereinigung ge-
schah mit Lembert-Czerny 'sehen Seidennähten.
Dauer der Operation 20 — 25 Minuten. Ein be-
sonderes Oewicht wurde darauf gelegt, die OefF-
nung im Darm nicht zu klein zu machen; ihre
durohschnittliche Länge soll 5cm betragen, fQr
den Dickdarm eher mehr, als weniger.
Der 2. Theil der Arbeit beschäftigt sich mit
der Jnncendung des Murphy^schen Dcarmknopfes.
M. hat an einer Anzahl von Hunden 5 ein-
fache Enteroanastomosen, 4 Darmresektionen mit
Braun 'scher Anastomose, 3 quere Darmverei-
nigungen, 3 Yorbindungen der Oallenblase mit dem
Duodenum und eine Gastroenterostomie mittels des
Huyp^Knopfes ausgeführt
Die Ergebnisse seiner Thierversuche, zusam-
mengenommen mit den aus dem Studium der
Literatur gewonnenen Erfahrungen fasst er in fol-
genden Worten zusammen: Die Murphy 'sehe
Methode ist ohne Zweifel eine ganz geniale Erfin-
dung, die als solche uneingeschränkte Bewunderung
verdient Die Buttons stellen wohl das beste der
meohaniflchen Ersatzmittel dar, die bisher anstatt
der Darmnaht vorgeschlagen worden sind. Das
TerfiahrCTL ist einfach, sein Hauptvorzug besteht in
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft 3.
der Schnelligkeit, mit der es ausgeführt werden
kann. Bei genauer Befolgung der von Murphy
gegebenen Yorsohriften und bei exakter Gonstruk-
tion des Knopfes scheint der durch den letzteren
erzielte Yerschluss in der That ziemlich sicher zu
sein. Trotzdem haften der Methode so wichtige
und unberechenbare Nachtheile an, dass sich eine
aügemeine Einführung der Buttons an Stelle der
bisherigen erprobten Gzerny-Lembert'schen
Darmnaht verbieten muss. Nur in solchen Fällen,
in denen der Zustand des Pat eine raschere Been-
digung der Operation erfordert, wenn die üblen
Folgen, die durch den Knopf erwachsen können,
zurücktreten vor der Gefahr eines unmittelbar oder
später drohenden OoUapses: bei schweren Yer-
letzungen, bei Darmgangrän, bei Heus u. s. w.,
wird man in Zukunft vielleicht mit Yortheil seine
Zuflucht zu dem Murphy 'sehen Anastomasis^
buiUm nehmen dürfen. P. Wagner (Leipzig).
506. Die Bildung der aeitliohen Darm-
anaatomoae (fintero-anaatomoaia lateralis) mit-
telat Kartoffelplatten ; von Prof. Basumowsky
in Kasan. (Arch. f. kUn. Ghir. L. 4. p. 747. 1895.)
R. hat bei einem 35jähr. tobsüchtigen Geisteskranken
mit eingeklemmtem Leistenbruche den Bauchschnitt ge-
macht und eine der Oangr&n verdächtige Darmpartie
resecirt. Um die Operation möglichst rasch zu beenden,
und femer, weU in den Diametern der ab- und aufsteigen-
den Darmstumpfe ein grosser Unterschied war, machte B.
nicht die Sjreisnaht, sondern bildete mittels Kartoffel-
platten eine seitliche Darmanastomose. Radikaloperation
des Bruches ; reaktionslose Heilung.
Der Ersatz der Senn 'sehen Knochenplatten durch
vegetabilische Platten ist zuerst von Dawbarn und
dann unabhängig von diesem von v. Baracz empfohlen
und von letzterem auch zum 1. Male pmuctisoh erprobt
worden (Gastroenterostomie mit Kohlrübenplatten). Im
Ganzen sind bisher am Dannkanal nach der S e n n 'sehen
Methode mit resorbirbaren Platten 26 seitliche Darm-
anastomosen mit 7 ■» 27% Todesfällen ausgeführt worden.
P. Wagner (Leipzig).
507. Ueber die Technik der Barmnaht;
von Dr. R. V. Frey in Graz. (Beitr. z. klin. Ohir
XIY. 1. p. 1. 1895,)
Im 1. Theile seiner Arbeit giebt v. Fr. einen
kurzen Ueberblick über die bisher veröffentlichten
verschiedenen Methoden der Darmnaht ; unter Bei-
gabe von 93 Abbildungen wird über' mehr als 70
verschiedene Darmnähte berichtet
Im experimentellen Theile berichtet v.Fr. über
Y^suche an Hunden, Schweinen und Kaninchen,
die sich erstreckten auf die obkuläre Darmnaht
nach Kummer, die cirkuläre Naht über einge-
legten Knocbenröhren nach Neuber, dieoirkuläre
Darmnaht und Enteroanastomose mittels der Mw"
l?%'schen Knöpfe, die Enteroanastomose nach
S e n n , die Enteroanastomose statt cirkulärer Darm-
naht nach Braun und endlich auf eine von v. Fr.
modificirte Art der Kummer 'sehen Darmnaht.
Alle diese Methoden haben, mit Ausnahme dea
Neuber 'sehen Yerfahrens, v. Fr. gute Resultate
ergobel, ganz besonders gilt dies auch von dem
üfuij^A^Knopfe.
35
274
TUI. Chiraigie, Augen- und Ohronlieilbuida
Für die beste und sicherste Darmvereinigong
hftlt y. Fr. gegenwärtig die Enieramasiomose nach
Darmresektian. P. W a g n e r (Leipzig).
508. üeber die Basektion des Mastdarms
bei den striktorirenden Geseliwüren dessel-
ben; von Dr. M. Schede in Hamburg. (Arch. f.
klin. Chir. L. 4. p. 835. 1895.)
Seh. hat in den letzten 13 Jahren unter rund
88000 Kr., die in die chirurgische und syphili«
tische Abtheilung des Hamburger Krankenhauses
aufgenommen wurden, 54 Fälle von sirüUurirmden
Maatdarmgeadiwüren beobachtet, die sftmmtlich das
weibliche Geschlecht betrafen. FQr die Beurthei-
lung der Besektüm kommt von diesem Material
indess nur einBruchtheil(14Kr.)zurYerwerthuDg,
da erst 1889 nach hinreichenden anderweitigen
Er&hrungen mit der Kraske 'sehen Operation,
die 1. Resektion eines nicht oarcinomatösen Rectum
gewagt wurde. Bei 9 von diesen 14 Kr. wurde
die Resektion des Mastdarms ausgeführt; alle
9 Kr. genasen, 8 davon endgültig. Hierzu kom-
men noch 6 weitere Pat. aus der syphilitischen
Abtheilung von Engel-Reimers, die ebenfalls
sämmtlich mit bestem Erfolge und endgültig durch
die Resektion von ihrem Leiden befreit wurden.
Von den Operirten standen 14 im Alter von 21
bis 39 Jahren ; der 15. Fall betraf ein 6jähr. Mäd-
dien mit angeborener Lues.
Die operativen Schwierigkeiten sind meist
grösser, als bei Mastdarmcarcinomen, wegen der
Morschheit und Zerreisslichkeit des Mastdarmes
selbst, wegen der weitgehenden Betheiligung des
perirectalen Gewebes u. s. w. Sicher können ge-
legentiich auch Fälle mit unterlaufen, in denen
6ich die operativen Schwierigkeiten nicht besiegen
lassen und in denen man zur Golotomie übergehen
muss. Die Länge des resecirten Stückes betrug
5 — 20 cm ; die Funktion des Sphinkters ist 5 —
6mal tadellos geworden. P. Wagner (Leipzig).
509. Zurlhrage derBlasennaht beim hohen
Steinsohnitte; von Dr. 0. Kukula in Prag. (Wien,
med. Wchnschr. XLV. 26. 27. 1895.)
Nach einem kurzen Rückblick auf die Ge-
schichte der Blasennaht berichtet K. über die Er-
fahrungen May dl 's in der böhm. Chirurg. Klinik
in Prag. Maydl empfiehlt in günstigen Fällen
eine vollständige, in weniger günstigen eine unvoll-
ständige Blasennaht Als Hauptkriterium der für die
vollkommene Blasennaht geeigneten und ungeeig-
neten Fälle dient die Beschaffenheit des Harns und
die €h*össe des Steines. Wenn der Harn rein oder
blos unbedeutend katarrhalisch verändert ist, und
:wenn bei der Steinextraktion nach Erweiterung
der Wunde mit dem Messer, keine Quetschung
oder Zerreissung der Blasenwände erfolgte, wird
die Blase vollständig, die äussere Wunde bis auf
einen kleinen Rest im unteren Winkel genäht.
Wenn dagegen die Menge und der Inhalt des Sedi-
mentes, sowie auch dessen chemische und mifath
skopische Untersuchung für eine starke Cjstitis
spricht, noch mehr aber, wenn die Blasenwände
pathologisch verändert sind, wird die Blase theil-
weise genäht, drainirt und zeitweilig audi aus-
gespült P. W a g n e r (Leipzig).
510. Contribution.a P^tade de« mjomei
de la voMle; parF.Terrier et H. Hartmann.
(Revue de Chir. XV. 3. p. 181. 1895.)
T. und H. berichten zunächst über eine eigene Be-
obachtung von Bktsenmyom bei einer OQjihr. Frau, bä
der eine klinisch als Fibrom, pathologisch-anatomiscli
aber als reines Myom festgestellte Blaseügeschwiüst
innerhalb nicht ganz 2 Jidirsn 3mal von einer Sectio
hypo^trioa aus entfernt wnrde. Nach jeder Opetatüm
recidivirte die Geschwulst. Mehrere Monate nach dem
letzten Eingr^ starb die Kr. und die Sekiüm ergab ein
uloerös zeifalienes Myom, das die Blasenwand peiforirt
hatte und in die Bauchhöhle hineingewuohert wau*. Die
Mittheüang eines 2. Falles von Blasenmyom verdankea
T. nndH. Oerard Marchant, der bei einem 36jihr.
Er. eine gestielte Blasengeschwnlst von einem hohea
Blasenschnitto ans entfernte. Die 6 cm lange, 4--5Gm
breite und 2 cm dicke Geschwulst erwies sich als ein
reines Leiomyom. 6 Monate nach der Operation starb
der Er. an Paralyse. In der Blasenwand zeigte sich eine
Narbe ohne jede Spur eines Recidivs.
Im Anschluss an diese beiden Beobachtungea
haben T. undH. noch 14 FäUe von sicherem Blasen-
myom aus der Literatur zusammengestellt Vo&
im Ganzen 15 Fällen liegen klinische Einzelheitea
vor: 7 Er. gehörten dem weiblichen, 8 dem männ-
lichen Geechlechte an; das Alter schwankte von
1 2 — 74 Jahren. Pathologisch-anatomisch haben die
reinen Blasenmyome die grösste Aehnliohkeit mit
den Fibromyomen des Uterus ; sie entwickeln sich
in der Muskelschicht der Blase und wachsen ent-
weder rasch nach der Schleimhautseite (eavUän
Myome) oder in der Richtung des perivesikalen
Gewebes (exeenirische Myome), In den zusamm^-
gestellten 16 Fällen handelte es sich lOmal um
cavitäre, 4mal um excentrische, Imal um ein in-
filtrirtes Myom ; in 1 Falle bestand eine Combina-
tion von cavitärer und excentrischer Geschwulst
In 6 Fällen sass die Geschwulst am Fundus, 3mal
an der vorderen Wand, 2mal am Blasenscheitd
u. s. w. Die Grösse der Geschwülste schwankte
von Nuss- bis über Mannskopfgröss^ ; meist waren
es gelappte Tumoren, die entweder gestielt waren
oder breitbasig auf sassen. Häufig finden sich neben
den Myomen mehr oder weniger schwere entzünd-
liche Zustände der Blasenschleimhaut
Die klinischen Symptome hängen von dem Sitze
der Geschwülste, von der Art ihrer weiteren Ent-
wickelung u. & w. ab.
Die operative Behandlung der Blasenmyome ist
verschieden, je nachdem es sich um excentrische
oder um cavitäre Tumoren handelt
F. Wagner (Leipzig).
511. Zur Frage der Prostatektomie; vob
Dr. E. Nienhaus in Basel. (Beitr. z. klin. Chir.
XIV. 2. p. 418. 1895.)
vm. Chirorgie, Augen- und Ohienheülnmde.
275
N. stellt die bisherigen Erfahrungen über die
ciperaiix» Ikdikalbehandlung der ProstaiaJnfpertropkie
zuBammen und unterwirft sie einer kritischen
Sichtung.
Je nach dem Wege, auf dem man der rer-
grSeserten Yorsteherdrüse beizukommen sucht, kön-
nen wir die Operationen unterscheiden in rectale,
unänrale, euprapubisehe und permäale, mit oder
oiine Er^fibiung des prostatisohen Theiles der
üiethia. Die Operation, die bis jetzt wohl am
JiMgsten zur Entfernung von Prostatatumoren
aosgeführt wurde, ist die suprapubieehe Prostat"
ektome, von der Eigenbrodt ca. 80 Fftlle zu-
sammeDgeetellt hat Nach N.'s Ansicht ist die
m^pTopMacihe ProetatMomie nur dann angezeigt,
wenn man es mit stark entwickeltem, das Orif. int
nrethr. verlegendem Mittellappen oder mit stark in
das Blaseninnere prominirenden Seitenlappen zu
thtin hat, zwei im Oanzen seltene Fftlle. Ist da-
g^n das Haupthindemiss für die ürinentleerung
in der YergrOsserung der Seitenlappen gelegen, so
wird diese Operation nicht zum Ziele führen. Die
fvinSak ProstaieHdomie ist in den meisten Fällen
nnr eine Palliativoperation. 1890 hat v. Dittel
die sogen. Prostaiectomia lateralis empfohlen : Er-
5ffiiuDg der Ezcavatio ischio-rectalis, stumpfe
LSsnng desBectumvon der Prostata, so dass deren
hintere FlAche fOr Finger und Auge völlig zugftng-
lich gemacht werden kann und beliebig grosse,
läppen- oder keilförmige Stücke aus der Prostata
entfernt werden können.
So ein hat dieses Verfahren, etwas modificirt,
bisher 5mal angewendet, hierzu kommen je 3 Fftlle
Ton Schede und Küster, so dassN. im Oanzen
fiber 11 Beobachtungen von lateraler I^ostatMomie
TerfQgt
3 Operirte starben, doch fBllt kein Todesfall
der Operation selbst zur Liast 1 Pat starb 2 Jahre
post operat an abundanten Blasenblutungen ; 2 Er.
starben an Carcinomrecidiven, doch war es vor und
bei der Operation nicht möglich gewesen, die Dia-
gnose auf Garcinom zu stellen.
Bei allen Operirten haben sich wieder spon-
tane Kiktionen eingestellt und es ist dieser günstige
Zustand mit Ausnahme eines Falles auch von Dauer
geblieben. Immerhin können nur 6 Er. als vo^
imnmen geheiU betrachtet werden, da sich bei den
fibrigen bleibende Fisteln gebildet haben, die meist
von unfreiwilligen Verletzungen der Harnröhre
ond des Hastdarmes bei der Operation herrühren.
tHese so lästigen Nebenverletzungen liessen sich
rielldcht vermeiden, wenn die Er. in einem Sta-
üam zur Operation kämen, in dem der Prostata-
tomor noch nicht mit dem ihn umgebenden Gewebe
rerwachsen ist und so eine Differenzirung der ver-
schiedenen Gewebe fast zur Unmöglichkeit wird.
Die I^vstaiectamia lateralis ist dann angezeigt,
^enn die Behinderung des ürinabflusses durch
rergrösserte Seitenlappen der Prostata oder durch
Im gleidunftssig allgemein vergrOsserte Yorsteher-
drüse bewirkt wird. Die Operation soll womöglich
gemacht werden, bevor die Blasenschleimhaut der
Sitz tiefgreifender, katarrhalisch-entzündlicher Pro-
cesse geworden und bevor der Tonus der Blasen-
muskulatur vollständig verschwunden ist
P. Wagner (Leipzig).
512. Zar Behandlong der Froatatahyper-
trophie durch die Oastration ; von Dr. 0. F a i s s t
in Tübingen. (Beitr. z. klin. Chir. XIV. 3. p. 789.
1895.)
F. berichtet über einen 6^ähr. Prostatiker ans der
Br ans 'sehen Frivatpraxis, der sich seit </i Jahre tfigiich
3— 4malkatheterisir6nmaB8te. Doppelseitige Oastraiian,
„Vom 7. Tage nach der Operation bis heute (nach 4 Hon.)
hat Pat. nie mehr einen Katheter anzuwenden nöthig ge-
habt, er uiinirt in grossen Pausen, ist vollständig ohne
Beschwerden und versieht wieder ohne Anstrengung
seinen Dienst*^ Die vor der Operation gänseeigrosse,
derbe Prostata war 8 fage nach der Operation um fast
Va kleiner und weicher geworden.
P. Wagner (Leipzig).
513. üeber die Behandlung der Hydro«
odle mit Punktion und Injektion oonoentrirter
Carbols&nre ; von Dr. H. Bach in Tübingen.
(Beitr. z. klin. Chir. XTV. 3. p. 795. 1895.)
In der Bruns 'sehen Klinik sind seit 1890
47 Hydrocelen nach der Methode von Levis mit
Injektion coneentrirter Carbolsäure behandelt worden.
Nach Entleerung der Hydrooelenflüssigkeit mittels
Troikarts werden 1 — 4, gewöhnlich 2ocni reiner
Carbolsäure, die durch 5 — 10% Wasser oder
Glycerin flüssig erhalten werden, in den Hydro-
celensack injioirt und durch Massage vertheilt.
39 Er. konnten 1 — 5 Jahre nach der Injektion
nachuntersucht werden. 28 Er. waren nach ein*
maliger, 4 nach zweimaliger Injektion geheilt ge-
blieben.
Das Schlussergebniss B.'s geht dahin, dass der
Carbolinjektion der Vorzug vor der Injektion von
Jodtinktur gebührt, da erstere ein geringfügiger,
schmerzloser Eingriff ist, der nicht einmal die
Unterbrechung der gewohnten Th&tigkeit verlangt,
wfthrend die Jodtinktur anhaltende und heftige
Schmerzen verursacht und 1 — 2 Wochen Bettruhe,
bez. Arbeitsunfähigkeit nach sich zieht Aller-
dings steht die Carbolinjektion in Bezug auf die
Sicherheit der Wirkung der Jodbehandlung nach,
aber nur bei einmaliger Injektion. Es lehren ge-
rade die Erfahrungen der Tübinger Elinik, dass
die nach der 1. Injektion ungeheilt gebliebenen
Eranken beim 2. Male sämmtlioh geheilt sind.
Carbolvergiftung wurde niemals beobachtet
P. Wagner (Leipzig).
514. Bin Fall von einseitigem Desoensiui
teatioalorom (Ectopia testis transversa); von
Dr. M. Jordan in Heidelberg. (Deutsche med.
Wchnschr. XXL 33. 1895.)
J. fand bei einem 8jähr. Eoaben beide Hoden in der
linken Skrotalh&lfte, and zwar hatte jeder darin seine
eigene Bursa ingoinaUs. Die Yasa deferentia vereinigten
sich zu einem gemeinsamen Yas deferens, waren in ihrer
276
ym. Chirurgie, Augen- und Ohrenh^Unmde.
grössten Aasdehniing mit einander yerwsohsen. Die
Ursache des abnormen Befondes ist zn suchen in Ver-
wachsungen, die offenbar in sehr früher embryonaler
Zeit im Bereiche des Oenitalstranges stattgefunden haben.
Sie führten zu einer Vereinigung der beiderseitigen Wolff-
Bchen Gänge in ihrem disUlen Theile, d. h. gegen den
Sinus urogenitalis zu, während der gegen die Keimdrüsen
zu sich erstreckende Abschnitt frei blieb. Es trat also
hier abnormer Weise an den WoUTschen Gfiagen das ein,
was normaler Weise an den Müller'schen Gängen zur
TTterusbildung führt Diese Ereignisse lagen sicherlich
in einer Zeit fingst vor Beginn des Descensus. Als letz-
terer erfolgte, war bereite das Vas deferens commime
£Brtig und die Hoden konnten sich nicht mehr von einander
trennen ; der linke hatte das üebergewicht und nöthigte
den rechten mit in seine Bursa hinein, wo dann der rechte
sich selbständig eine solche entwickelte.
In der Literatur findet sich nur eine einzige ähnliche
Beobachtung, die von Lenhossek stammt
P. W a g n e r (Leipzig).
515. Zweiter Jahreeberioht der ortho-
pädischen Ambulao« In Heidelberg; von Dr.
0. Vulpius. (Ztschr. f. Orthopäd. Chir. IV.
1895.) Autorreferat
Die Frequenz des 1893 eröffneten Institutes
hat erheblich zugenommen, die Anzahl der Gon-
sultationen betrug 4700, die der Massagesitzimgen
4200. Es wurden 90 Operationen ausgeführt, 200
Gipsverbände angelegt, 250 orthopädische Appa-
rate ausgefertigt In einer Reihe von Abschnitten
werden die Krankheitsgruppen, die zur Beobach-
tung und Behandlung kamen, kurz besprochen.
516. Ueber Schienenhfllsenapparate und
ihre Verwendung in der Orthopädie ; von A.
Hof fa. (Deutsche med. Wchnschr. XXI. 16. 17.
1895.)
H. betont die Vorzüge der Hülsenappaiate
gegenüber den früher üblichen orthopädischen
Schienenapparaten, weil mittels einer nach den
Eörperformen gearbeiteten Modellhülse sowohl die
Befestigung am Körper, als auch die Heilwirkung
eine weit sicherere ist Nicht Hessing allein kann
solche Apparate herstellen, sondern jeder tüchtige,
mit einem sachverständigen Arzte zusammenarbei-
tende Mechaniker. Die Ausbildung der Aerzte in
dieser Richtung sollte durch Errichtung orthopä-
discher üni versitätsinstitute und damit verbundener
Werkstätten erleichtert werden. [Welche Klinik
verfügt über die nöthigen Mittel, um die Fat
mit Hessinf&chen Apparaten zu versehen? Bef.]
Die Vortheile der Behandlung mit Hülsenappa^
raten werden dann an einzelnen Beispielen erörtert
Es wird bei dieser Oelegenheit eine von H. im An-
schlüsse an die bekannte Schede^ache Schraube
construirte Schraubenvorrichtung zur Erzielung
von Abduktion und Adduktion im Hüftgelenk be-
schrieben und abgebildet, sowie die Verwendung
der Braatz^schen parabolischen Sektorenschienen
empfohlen zur Streckung von Kniecontrakturen.
Auch für Arthritis deformans empfiehlt H. die
Hülsenapparate. Unter ihrem distrahirenden und
entlastenden Einflüsse hat er schwere Verände-
rungen zurückgehen und das Bein wieder gehfiUg
werden sehen.
[Ref. ist hinsichtUoh der Werthsohätinng v(hi
Hülsenappaiaten im WesentUchen einer Meinung
mit H» und hält es für dringend wünschenswerth,
dass durch speciaüstische Aosbildung der Aerste
die Kurpfuscherei der Bandagisten, obenan E»-
smg% zurückgedrängt und unmöglich gemacht wir!
In der poliklinischenFraxis wird der einsig brauch-
bare „Hülsenapparat*' ein guter Qips- oder Hdz-
leimverband sein und bleiben müssen.]
Vulpius (Hädelberg).
517. NenerBleöhspangenapiMmt als ente
Hülfe und deflnitiTer G^hverband bel86huM-
frakturen und Beinbrücdien der unteren Bi-
tremitäten ; von Adolf Roth. (Budapest 1896.)
Der Apparat besteht ans einer Anssenschiene, die
verlängert und verkürzt werden kann, einer Stahlsohle,
gegen die der Fuss mittels KnöohelgamssdieheraBgezogea
wird, einer Innenschiene, die einen gepolsterten vom
Beckenring ausgehenden Perinäalgurt fest an das Tober
anpresst Daran ist nichts Neues.
Die genaue Anlegung an das Bein wird erzielt dnrdi
eine Menge dachsiegelförmig sich deckender Bleohstnsta,
die an der Aussenschiene drehbar angenietet sind, das
Glied umgeben und mittels Riemen fest angezogm wer«
den. Der Gehapparat kann durch einbohe Ümstellang
für beide Beine gebraucht werden.
Vulpius (Heidelbeig).
518. Heilung des KlnmpAuses dardh du
modellirende Bedreeaement; von Adolf Lo-
renz. Mit 24 lUustr. (Wiener EUnik 11. 12.
Wien 1895.)
Unter allen blutigen Behandlungsmethoden des
Elumpfusses erklärt L. die P hei ps 'sehe Operar
tion für die einsige rationelle, da sie das Skelet
schont, nur die Weiohtheile angreift L. vrüide
sie anwenden, wenn er mit dem von ihm schon
200mal geübten modellirenden Bedressement nidit
zum Ziele käme.
Das Verfahren verfolgt den Zweck, die ve^
schiedenen Componentoi der in Bede stehenden
Deformität (Adduktion, Inflezion, Spitzfoss und
Supination) nach einander in einer einzigen Nar-
kose zu beseitigen, und zwar durch immer und
immer wiederholten corhgirenden Händedruck, wo-
durch der Fuss seiner Elasticität beraubt wird.
Sind die Adduktion und der Hohlfuss beseitigt, bes.
überoorrigirt, so wird die subcutane Achilloteno-
tomie ausgeführt, dann die Ferse herabgeholt und
schliesslich diese und derVorderfuss pronirt Der
Erfolg muss der sein, dass sich mit Leichtigkeit
ein Pes calcaneo-valgus erzeugen lässt In dieser
Stellung wird ein genauer Gipsverband angelegt
der Monate lang getragen wird. Die Nachbehand-
lung besteht in Massage und Oymnastik, eines
orthopädischen Apparates bedarf es nicht
Bei Halbwüchsigen und Erwachsenen rüeht
die Händekraft nicht aus, um die Weichtheile zu
dehnen, man verwendet dann besser einen von L
schon früher zum Zweck der Osteoklaae und dei
Vlll. Chinirgie, Augen- und Ohrfinheilkunde.
277
intraartikullren Bedreaeement construirten und
verOffenÜicbten Apparat. Das langsame Anziehen
einer starken Schraube ermöglicht hierbei eine
sehr bedeutende Eraftentfialtung.
Bei Erwachsenen darf der definitive Verband
•^ eist nach einer Woche angelegt werden, wenn die
reaktive Schwellung verschwunden ist
Eine Reihe von Abbildungen veranschaulicht
die Methode sowohl, wie eine Anzahl von Erfolgen.
Ref. kann auf Grund eigener, bereits circa
IbOtächer Anwendung die beschriebene Methode
auf das Angelegentlichste empfehlen, da sie in der
That Erstaunliches zu leisten vermag.
V u 1 p i u s (Heidelberg).
619. Der PlattftuM, deMen Formen, sein
Sutammenhaxig mit dem SohwelsaftiM and der
ünfloss beider auf die Warti^fafShigkeit ond
Dienattanfl^ohkelt der Soldaten ; von A. E i o h e n -
wald. Hit 12 Abbüdungen. Vom k. k. MUitftr-
8anitto-Gonüt6 gekrönte Preissohrift (Wien 1896.)
Die Abhandlung soll keine neuen Funde über
Plattfoss und Sohweissfiiss aufdecken, wie E. in
derYorrede hervorhebt, sondern sie soll an der
Band der Literatur ein Bild dieser Krankheiten,
ihrer Combination insbesondere geben und femer
die den Militärarzt hauptsAchlich interessirenden
Oeaiohtspunkte erörtern. Die Abschnitte über
Formen, pathologische Anatomie, Theorie, Sym-
ptome und Complikationen des Plattfasses sind
das Resultat fleissiger Literaturstudien. Da sie
aber im Wesentlichen nur eine Aneinanderreihung
fremder Ansichten enthalten, so leidet die Einheit-
lichkeit der Darstellung tmd die üebersichtlichkeit
des Ganzen darunter beträchtlich.
unter den Complikationen desPlattfusses wer-
den aufgezählt und besprochen: unguis incama-
tos, Hallux valgus, Syndesmitis metatarsea und
Adiillodynie, Yaricen und Schweissfuss.
Letzteren betrachtet E. als Folge des Platt-
fosaes, indem entweder die durch das Einsinken
des Fttssgewölbes entstriiende * passive Hyperämie
oder mechanische Druckreizung der Schweiss-*
drftsen oder Zerrung der sekretorischen Nerven die
Hyperhidrosis veranlasse. Das beste Heilverfahren
bei Schweissfuss ist nach B. folgendes: Zuerst ein
grfindlichee Beinigungsbad mit Schmierseife und
warmem Wasser, nach gutem Abtrocknen der Füsse
Bnpudem mit Zinc. ozyd., Amyli pur. ana 25.0,
Add. salicjL 1.0. Die Füsse dürfen eine Zeit lang
nicht gebadet (1), sondern nur trocken abgerieben
werden. Die Einstäubung wird anfangs alle 4 bis
5 Tage wiederholt
An die Besprechung der Diagnose und Prognose
des Plattfasses reiht sich ein der Therapie gewid-
met» Abschnitt, der aber entschieden etwas stief-
mütteorliclL behandelt ist Speciell für den Militär«
arzt bestimmt sind die beiden letzten Gapitel, die
statjatisohe Nachweise über die bei Aushebungen
Uid Tmppenmitersuchungen coastatirte Bfta%keit
des Plattfusses, femer Vergleichendes über die
Beurtheilung des Plattfusses seitens der Militär-
behörden verschiedener Länder und schliesslich
eine kritische Untersuchung der militärischen Fuss-
beUeidung enthalten. Y u 1 p i u s (Heidelberg).
520. Luxation dorsale irr^dnotible da
L metataraien ; par L. Annequin. (Arch. de
M6d. et de Pharm, mil. XXVI. 7. p. 1. 1895.)
Die relativ seltene Luxation im 1. Tarsometatarsal-
gelenk wurde bei einem Beiter beobaohtst, dessen Fass
beim Star« anter das Pferd gerathen war. Alle Beposi-
tionsversuche waren vergeblich.
Sohliesslich wurde von dorsalem Längsschnitt aus
80 viel vom Geleokende des Metatarsale abgetragen, bis
die Einrichtung gelang. Nach vollendeter Heilung war
der Mann wieder diensttauglich.
y ulpius (Heidelberg).
521. Taberonloseopsenaejazta-artioaiaire;
par M6nard. (Revue d'Orthop6die Nr. 5. 1895.)
M. bespricht die Beziehung parartikulärer tuber-
kulöser Ostitis SU der tuberkulösen Arthritis der
Nachbargelenke. Er zeigt durch eine Beihe eigener
Krankengeschichten, dass die Tendenz zur Invasion
im Qelenk nicht immer vorhanden ist, dass viel-
mehr bei rechtzeitiger Ausräumung des Herdes das
Gelenk höchstens eine leichte Reizung aufweist,
die rasch zurückgeht im Gegensatz zur specifischen
Arthritis.
Die (Sefihrdung des Gelenkes hängt ab von
der Ausdehnung der Gelenkhöhle, das Hüftgelenk
z. B. ist bei Erkrankung des Collum femoris
äusserst bedroht, während bei Erkrankung des
Oleoranon das EUenbogengelenk häufig frei bleibt
Vulpius (Heidelberg).
522. üebor den plaatisdhen Braati der
Augenlider; von Dr. Max Jordan. (Deutsche
med. Wchnschr. XXL 45. 1895.)
Zum Ersätze der Augenlider, und zwar nicht
nur der äusseren, sondern auch der inneren Aus-
kleidung, empfiehlt J. ein sehr einfaches YerfiEÜiren,
das die üeberpflanzung von Schleimhaut auf einen
bereits übertragenen Hautlappen überflüssigmacht.
Er nimmt einen Hautlappen aus Stirn oder Schläfe,
schlägt den Randtfaeil um und verbindet diesen
Doppeltheil des Lappens durdi eine Matratzennaht,
sowie ausserdem durch Seide» und Catgutnähte
aussen und innen. Bei gleichzeitigem Defekt am
oberen und unteren Lide, z. B. nach Entfernung
einer cardnomatösen Stelle am äusseren Winkel,
wird der übergeschlagene Hautlappen der Lid-
spalte entsprechend in der Mitte eingeschnitten
und nach oben und unten der Randtheil des
Lappens nach innen geschlagen und befestigt Bei
drei in der chirurgischen Universitätsklinik in
Heidelberg nach oben gegebenen Vorschriften ope-
rirten Kranken war der Erfolg sehr befriedigend.
Lamhofer (Leipzig).
523. Zur Bleiiharoplaelik; von Dr. JuL
V. Siklössy jun. in Budapest (Arch. f. Augen-
bkde. XXXI. 2. p. 186. 1896.)
278
ym Cfairorgi«, Augen-^und OhranheiUnmde.
S. giebt 2 Methoden zur Deckung von grösse-
ren Defekten der Lider an, die nach den Kranken-
geschichten nnd photographisohen Bildern einen
vorzfiglichen Erfolg sichern. Die genaue Beschrei-
bung dieser Methoden, einer Modifikation des alten
Dieffenbach 'sehen Operationsverfahrens, muss
im Originale nachgesehen werden, wo auch zum
besseren Yerständniss die Zeichnungen dazu Tor-
handen sind. Lamhofer (Leipzig).
524. Beitrag rar filepharoplastik; von Prof.
W. ühthoff in Marburg. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXI. 30. p. 474. 1895.)
U. wendete bei einer Kranken, deren unteres Lid
wegen Garcinoms ganz entfernt werden xnusste, folgendes
Verfahren beim Ersätze des Lides an. Ein 1.8 om langer
und 1.3 cm hoher, dünner Hautlappen wurde Yom oberen
Lide Ins an den Lidrand abpräpazirt, schürzenformig um-
feschlagen und mit dem Reste der Bindehaut des unteren
rides vemfiht. Die Wxmdfläche lag also dabei nach
aussen. Darauf wurde ein von der Stamnasenwurzel-
gegend genommener IBb&utlappen gelegt, der Defekt am
oberen Lide und an der Stime mit Hautläppchen nach
Thiersoh bedeckt. Am 7. Tage wurde der herunter-
geschlagene Hautlappen unmittelbar unter dem Lidrande
durchti>snnt und so eine Lidspalte wieder hergestellt
Alles heilte gut; zwischen AugapM und unterem Lide
war ein tiefer Bindehautsaok, die Lider deckten das Auge
Yollständig (2 Monate nach der Operation).
Lamhofer (Leipzig).
525. Bin Beitrag in den Hauthömem der
Augenlider ; von Dr. C. A o h e n b a c h in Marburg.
(Centr.-Bl. f. prakt Augenhkde. XLK.p. 289. 1895.)
Von U h t h 0 f f wurde in der Marburger üniversitätS"
Augenklinik von dem unteren Lide einer 58jähr. Frau
eine 12— 13mm lange, an der Basis 7mm messende
homartige Geschwulst entfernt, die in einigen Monaten
angeblich aus einer kleinen Warze sich zu dieser Grosse
entwickelt hatte. A. fand bei der Untersuchung , dass
eine primJlre Zellenneubildung des Bete muoosum der
Epidermis, die gleichzeitig eine partielle Hypertrophie
der Papillen bewirkte, hier zu emem Comu cutaneum
geführt hat. Die gelinge Veränderung der Papillarschicht
kann nur als Folge der Beizung durch die wachsende
Epidermisschioht aufge&sst werden. Ueber die Genese
der Hauthömer herrscht noch keine üebereinstimmung
der Ansichten, da die Autoren einen papillären, folliku-
lären und epidermoidalen Ursprung annehmen.
L a m h 0 f e r (Leipzig).
526. Ueber Blepharodhalasis (Erschlaffung
der Lidhaiä)] von Prof. E. Fuchs. (Wien. klin.
Wchnschr. IX. 7. 1896.)
ünterBlepharochalasis(xa>lo<r»^dieErschlaffung)
versteht F. einen Zustand der oberen Lider, in dem
diese durch Atrophie der Haut und des ünterhaut-
zellgewebes und durch den Elasticitätsverlust derart
verändert werden, dass die Lidhaut schlaff herab-
hängt, ohne dass eigentlich Ptosis vorhanden ist,
wie bei der Ptosis atonica. Die Haut des Lides
zeigt zahlreiche erweiterte Venen, wie sie häufig
an den Wangen vorkommen. F. fand die Blepharo-
chalasis bei Personen verschiedensten Alters. Die
Ursache ist nicht in jedem Falle festzustellen ge-
wesen; doch trat der Zustand einige Male nach
vorübergehendem Oedem der Lider auf. Vorüber-
gehende Heilung i^t durch Ausi^chneidung eines
Hautstreifens in Verbindung mit der Hotz 'sehen
Operation erreicht worden.
Lamhofer (Leipzig).
527. üeber den Meohsnismiu de« Botro-
pion saroomatosnm; von Prof. E. v. Wolfring
in Warschau. (Arch. f. Augenhkde. XXTT, 4. p. 3 19.
1896.)
W. giebt eine genaue Beschreibung des Ve^
hältnisses der Zugwirkung zwischen dem Levator
palpebr. sup., dem Orbioularis und dem Becbu
superior im normalen Zustande und in dem der
Infiltration des Oberlides und der Erweichung des
Tarsus. Danach kann die mächtige Schwellung
der üebergangsfalte nicht ein Hauptgrund fär die
Entstehung des Ectropium sein, so lange der Tarsus
nicht in Mitleidenschaft gezogen ist W. macfat
audi auf die Veränderungen der in der üebergangs-
falte liegenden E[rause'sohen Drüsen und der von
ihm beschriebenen im Orbitalrande des Tarsus be-
findlichen tarsoconjunctivalen Drüsen aufmerksam.
Lamhofer (Leipzig).
528. üeber eine etnflMdie Methode der
Verödung dea Thrftnenaaokes ; von Dr. Dürr
in Hannover. (Arch. f. Augenhkde. XXXL 3. p. 195.
1895.)
D., der unter 41106 Augenkranken 1362 Er.
mit Thränenleiden in Behandlung hatte (3.3*/|),
macht einen 2.5 cm langen Schnitt durch das Ligar
mentum palpebrale mediale, durchtrennt ausgieUg
mit einem Messer alle Strikturen im Eanal, Ißgt
ein weizenkomgrosses , in Charpie gewickeltes
Stück Wiener Aetzpaste mSglichst tief in den
Thränenkanal und eins oben in den Thr&nensackf
lässt die Paste l'/^ Minuten liegen und nimmt sie
wieder heraus. Nur selten musste die Operatioa
wiederholt werden. Die knöcherne Wand wiid
durch das Aetzmittel nicht angegriffen. D. hatte
nur 4.6^/o Misserfolge. Lamhofer (Leipzig).
629. üeber die Verbreitang der igypti-
Bohen AngenentBÜndnng in der Bheinebene
Yind über die Mittel anr Bekämpfung derselben;
von Dr. PrObsting in GOln. (Oentr.-BL f. allg.
Geshpfl. XV. 1. p. 1. 1896.)
Die Abhandlung ist von besonderem Literesse
wegen der genauen Angaben über die jetzige Aus-
breitung des Trachoms in Deutschland, beeonden
in der Rheingegend. P. hat sich an die einzelnen
Augenärzte am Rheine um Auskunft gewendet
Das Trachom kommt in Süd- und MitteLdeutach-
land fast gar nicht vor, wohl aber imnordSstlidiea
Deutschland und in der Rheingogend. Im All"
gemeinen nimmt das Trachom vom Osten nach
dem Westen ab. , unter 1000 Soldaten feuidea
sich im Jahre 1888 in Tilsit 61, in Grandenz 24,
in Posen 7, in Breslau 2.6 und in Berlin 0.6 Tra-
chomkranke. Rählmann giebt an, dass 96%
seiner Augenkranken in der Universitätsklinik ia
Dorpat an Trachom leideiu Am Oberrhein, in des
Yin. Cltirui^e, Atl^n- xüld Ohr^nheflkuiide.
879
Schweiz kommt Trachom nicht ror. Auch bis
gegen Mainz ist es nur sporadisch. In Mainz selbst,
das 1818 eine sehr schwere Trachom -Epidemie
hatte, leidet jetzt l^j^ der Augenkranken an Tra*
choiiiy ebenso in Kreuznach und Wiesbaden; in
Frankfurt ist die Krankheit etwas hi&uflger. 5.86 —
6.8^1^ Trachomkranker werden von den Univer-
Bitätskliniken in Oiessen und Marburg angegeben.
NachLucanus leiden im Kreise Marburg, Bieden«
köpf, frankenbOTg, Kirchhain, Ziegenhain 0.1 —
2.0% aller Eänwohner an Trachom. Sehr selten
ist das Trachom um Coblenz, dagegen wieder bis
8% an der Eifel, im Wester wald und Siegthal.
Die üniyersitfttsklinik in Bonn hat ll^Trachoni-
kranke. In der Cölner Augenheilanstalt für Arme
waren nach Samelsohn 1880 — 83 9.96<^/o,
1891—93 nur 5.64Vo- In Düsseldorf fand Moo-
ren 7^/q. Yon da an nimmt die Krankheit wieder
ab. Elberfeld, Barmen, Crefeld, Remscheid haben
1%, Essen und Mühlheim a.Ruhr (mit vielen ein-
gewanderten polnischen Bergarbeitern) 2%, Wesel
5.5^/0, doch ist hier in den letzten Jahren eine
Abnahme eingetreten, Cleye hat nur 2^/^. Sehr
starke Zunahme findet in Holland , besonders an
der Küste, statt und unter der jüdischen Bevölke-
nmg. In Amsterdam waren 1893 in den Juden-
Bchulen 18 — 50<^/o Trachomat5se. Auch in Belgien
ist das Trachom stark verbreitet. Nach mehrjäh-
rigen Schuluntersuchungen leidet in Cöln l^/o der
Schulkinder an Trachom, diese Kranken gehören
meist ganz bestimmten Stadtvierteln an.
P. schlagt staatliche hygieinische MaassrQgeln
ßr Schulen, Waisenh&user u. dgl. vor, deren Be-
folgung sicher eine bedeutende Abnahme des Tra-
choms erzielen würde. Lamhofer (Leipzig).
530. Die epidemische Angenentsündung
InTeatsohneiireath; von Dr. Gelpke in E^arls-
nihe. (AerztL MittheiL aus Baden XLIX. 20. p. 156.
1895.)
G. berichtet über eine Augenerkrankung in
Feotschneureuth, die in der Kinderschule entstan-
ien war, unter dem Bilde des Schwellungskatarrhs
nftrat und während der heissen Jahreszeit bei der
jimglaublichen Indolenz" der Dorfbewohner eine
riebe Verbreitung annahm, dass die halbe Ein-
m^erschaft, 191 Personen, und zwar 158 Kinder
Dul 33 Erwachsene, davon ergriffen wurden.
lygiemische Maassregeln führten zur Besserung.
Lamhofer (Leipzig).
531. Contribntioii & Petnde de TetiLologie
i da diagnostio des ophthalmies pseadomem-
«anenaea. TVaUement de la diphthSrie octdaire par
I s6rum cmiüoocique; par le Dr. H. Coppez fils
k le Dr. H. Funck. (Joum. de Brux. IV. 4.
.411. 1895.)
Wie sehr die Ansichten über die Diphtherie
es /Luges auch jetzt noch v^ einander abweichen,
eigt C. an zahlreichen Beispielen. Auch die jetzt
gebr&uchlicfhen Lehrbücher enthalten gatiz ver-
schiedene Angaben. Nach 0. sind die Diphtherie
des Auges und die des Rachens in bakteriologischer
Hinsicht vollständig gleich. Der Orad der Er-
krankung ist nicht von wesentlicher Bedeutung,
der Löffler'sdie Bacillus kann eben so gut eine
oberflächliche croupöse, als eine tiefe Entzündung
erzeugen. Das gilt aber auch von anderen Bacillen
als denen LOffler's (z. B. denen von Weeks,
den Gonokokken, Streptokokken u. s. w.), nur dass
hier die Erzeugung von Pseudomembranen seltener,
nur in den schweren Fällen vorkommt Auch
diemische Mittel erzeugen Pseudomembranen. Auf
die G^;enwart, den Sitz, das Aussehen, das Fest-i
haften, die Consistenz der Pseudomembranen eine
wissenschaftliche Eintheilung aufzubauen, ist nicht
möglich. Die Entscheidung liefert nur die Bak-
teriologie, ob eine einfache Bindehautentzündung,
eine croup5se oder interstitielle Entzündung vor-
liege. Die Entzündung der Hornhaut wird nicht
durch den Lüffl er 'sehen Bacillus direkt ver-
anlasst, aber die durch die Pseudomembranen ober-
flächlich verletzte Hornhaut wird verschiedenen
Kokken leichter Eingang bieten. Die Behandlung
kann jetzt keine andere sein als die Einspritzung
von Behring 'schem Heilserum, auch dann, wenn
nur eine croupöse Entzündung vorliegt. C. führt
ausführlich die Krankengeschichten mit genauem
bakteriologischen Befunde während der ganzen
Krankheit von Kindern und Erwachsenen an, die
an schwerer Augenentzündung litten und von ihm
mit Serum - Einspritzungen erfolgreich behandelt
wurden. Lamhofer (Leipzig).
532. 1) Bnaoleation' nnd Sxenteratioa
(Bvisceration) ; von E. Pflüg er. (Corr.-Bl. f.
Schweizer Aerzte XXYL 1. 1896.)
2) Beitrag zur Casoistik der Bnnoieatio
bolbi panophthalmitiaoher Augen; von Dr. Fr.
Stocker in Luzem. (Ebenda.)
1) Die Ausführungen Pflüger 's, die eigent-
lich eine Entgegnung auf die Empfehlung der
Enudeation durch Dr. Pf ister (Ebenda 1. Sept.
1895) sind, gipfeln darin, dass die Enudeation
zwar die einzig richtige, weil einzig sichere Prä-
ventivoperation gegen sympathische Ophthalmie
sei, dass ihr aber dann, wenn bereits Panophthal-
mitis begonnen habe, die Evisceratio vorzuziehen
sei. Wenn Pf 1. auch selbst, obwohl er in früheren
Jahren die Enudeation bei Panophthalmitis aus-
geführt hat, nie einen Unglücksfall hatte, so
sdirecken ihn doch die Berichte Anderer über
Meningitis und Tod nach solchen Enudeationen
davon ab. Die Evisceration hat auch noch den
Vortheil, dass ein grösserer Stumpf zurückbleibt.
2) Stocker berichtet, dass er in 41 Fällen
zum Theil schwerster „fulminanter*' Panophthal-
mitis die Enudeation gemacht habe ohne einen
schlimmen Ausgang. Nach ihm hat gerade die
Enudeation vor der Evisceration den Vorzug.
280
Berichte der med. Geeellflcliaft bu Leipzig.
Denn sind die Kokken und die Bakterienprodokte
noch in der Augenkapeel eingesohlosaen, dann ist
die Enacleation sicherer, sind aber Bakterien und
Toxine schon in der Orbita, dann kann die Augen-
höhle Ton den infioirten Theilen bei der Evisoera-
tion leichter befreit und ausserdem drainirt werden.
Bei strengem antiseptischen Yerfahren sei keine
der Operationsart zur Last zu legende Entzündung
des Gehirns zu befOrchten.
[Die schon oft erörterte Streitfrage, obEnudea-
tion oder Evisoeration , dürfte nach der Ansiebt
des Ref. noch lange unentschieden bleiben. Wer
20 Eviscerationen gemacht hat, nach der 21. aber
sympathische Ophthalmie auftreten sah, wird das
32. Mal enudeiren. und wer nach mehnrai
glücklichen Bnudeationen in einem yidleioht in-
Boheineiid günstigen Falle von Panophthalmitis
einen Kranken an Meningitis verlor, der wird im
Evisoeration für die Zukunft neigen, ja vieUächt
sich mit der früher geübten Indsion des panopb-
thalmitischen Auges begnügen. Dass ein so er-
fahrener Kliniker wie Pflüger, nachdem er Jahre
lang die Enudeation bei PanophthalmitiB amgeQbt
hat, zur Evisoeration, als weniger gefährlichea
Operation, übergegangen ist, dürfte trotz der 41
günstig verlaufenen Enucleationen von Stocker
doch mehr für die Evisoeration sprechen.]
Lamhofer (Leipzig).
Berichte der medicinischen Oesellschaft zu Leipzig.
Sitnmg am 17. Deoember 1895.
Vorsitzender : BirchrEwschfeld,
Schriftführer: R Wagner.
Herr Thimm sprach: „Ueber die warzige
Form der HauUuberkuhee^^ mü Krankmvorsteüung
und DemonatraJtium mikroskopiecher I\x^paraie.
Nach Vorstellung des mit dieser Affektion an
der linken Hand behafteten Patienten erfolgt die
Beschreibung des Verlaufes und der klinischen
Symptome dieser Krankheit PrSdilektionstdle ist
die Haut des Hand- und Fingerrückens. Die Affek-
tion besteht in warzenf5rmigen Plaques, die in
frischen Stadien noch gewisse Entzündungserschei-
nungen zeigen, nämlich kleine Rhagaden und Ab-
scesschen zwischen den einzelnen papiU&ren Aus-
wüchsen. Der Verlauf ist sehr dm)ni8ch; die
Prognose günstig, da sdten eine wdtere Verbrei-
tung der tuberkulösen Erkrankung erfolgt.
Die mikroskopische Untersuchung ergiebt das
typische Bild der Tuberkulose, nftmlich: Riesen-
zellentuberkd mit spärlichen Bacillen. Eigenthüm-
lioh dieser Art der Tuberkulose, was zugldoh den
Unterschied von den anderen. tuberkulösen Haut-
erkrankungen, dem Lupus vulgaris, dem Scrofulo-
derma und der Tub. cutis propria bedingt, ist ein-
mal die Vergrösserung des Bete und der Papillen
und dann das Vorhandensein von Eiterkokken in
der Haut Diese Erkrankung beruht also auf einer
Mischinfektion.
In Beziehung auf die Therapie wird eines von
Waidheim angegebenen Verfahrens Erwähnung ge-
than, das darin besteht, dass Infektionskrankhdten
durch künstlich erzeugte Vermehrung der Lympho-
cyten mittds Pilocarpin geheilt werden sollen. Der
Vortragende berichtet über eine auf diese Weise
gdieilte Tuberculosis verrucosa cutis.
In der Verhamdhmg bemerkt Herr KoUtnaimy dass
die Ansicht von Unna über Taberculosis verrucosa cutis
verschieden ist von der RiM*9 and Paltctufs, tnch der
des Herrn Vortragenden in der Hauptsache. Vma bat
sich über diesen Punkt in seiner Histopathologie der flaut-
krankheiten mehrfach geäussert. DieTabenmloaiBYem-
cosa cutis ist danach dem Lupus der Haut viel eager ao-
zureihen, als dies bisher geschah. Sie stellt nach ihn
eiffentlioh nur eine Unterart des Lupus vor, die daick
setknndäre Processe erzeugt ist ; er nennt sie daher aach
Lupus verrucosus oder papillomatosus. Bei beträchtlicbflc
Ausbreitung und in der 2eit der Heflung kann man sidi
diesem Autor auch öfters nachweisen, wie der Ixp^
verrucosus in die Form des gewöhnlichen Lupus nodnlittt
übergeht. Bezuglich der Aetiologie der kleinen ISter^
herde weicht Unna'a Ansicht von der filteren ebeofilla
ab. Die Befunde von Staphylokokken hfilt er nur ßr
nebensächlich ; für viel wichtiger erachtet er die Gegen-
wart der Mikrokokken des Ekaems, die nach ihm in to
kleinen epitheliiüen und sabepithelialen Absoesaen nie-
mals fehlen.
Der Herr Vortragende erwähnte mehrere Ffille ans
der literatur, in denen die Erscheinungen der Krankhot
auch an anderen Körperstellen als an den Händen und
Armen lokalisirt waren. Ausser diesen Fällen sind R^
mann noch zwei andere bekannt. Der eine wurde t«
Jadaasokn in der Deutschen med. Wochenschrift (XL
12. 1894) ausführlich besprochen. Es handelte öA
hierbei um eine Patientin, die regelmässig seit etn
16 Jahren mit der beginnenden rauheren Witterung Beci-
dive der Krankheit bekam. Hier waren die i&<^
nuDgen hauptsächlich in den oberen Partien desRuckeos,
in derKreuzbeingegend und an der Innenfläche dealiata
Ellenbogens lokuisiri In dieser Veröffentlichung «Mst*
sokn's ist auch noch ein anderer Fall aus der Breelaatf
dermatologischen Klinik erwähnt, in dem die verroköM
Hauterknmkung am Fuss und am Oberschenkel 8tf&
Die Erscheinungen am Oberschenkel traten erat apite
aof, und zwar an Stollen, die dem Verlaufe der Ljnipk*
l^fässe enteprachen. Bs lag daher in diesem FiJle ^
Vermuthung nahe, dass eine Weitorverschleppung der
Erkrankung durch die Lymphbahnen erfolgt war luii
nicht eine £iokulation von aussen, z. B. durch denkiaMr
den Fingernagel. Besondere Aufmerksamkeit veidieiii
übrigens auch der von Jadassohn erwähnte Üffistandf
dass Tuberkuliniigektionen bei dieser HautorkFaaknsg
weder allgemeine, nooh lokale Wirkungen erseugen. Di
die Tuberculosis verrucosa cutis nach unserer heut^
Auffassung genau so wie der Lupus zunächst anf eber
Infektion mit tuberkulösem Virus beruht, so muas diesi
Indolenz gegenüber dem Tuberkulin doch recht aufUM
erscheinen. ^
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thume. [Khn. Vertr. L 5.1 Leipzig. F. a W. VogeL &
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S. a. n. Sergi. IV. 2. Andvoord, Döring,
Welch; 4. Brasseur; 9. Lepine. V. 1. Hum-
phrey, Mumford, Robson. IX. Meilhon. XI.
Boaldes. XUI. 2. Kohlstock. XVn. Habait
Kirohenberger. XIX. Küster.
C. Miscelle.
Xedioal Ubnurles, their dvreloiiment and
nie; by James R Chadwick. (Boston med.
and surg. Joum. CXXXIV. 5. p. 101. 1896.)
Die erste med. Bibliothek, die in America gegründet
wurde, ist die des Pennsylvania Hospital (1762), die
rasch anwuchs und zur Zeit 15007 B&nde umfasst Ihr
folgte die des College of Physicians in Philadelphia, die
im Jahre 1788 gegründet wurde; in der ersten Zeit
wuchs sie nur sdir langsam, im Jahre 1858 wurde die
Bibliothek durch Schenkung von 1265 Bänden durch
Dr. Thomas F. Betton, in den Jahren 1864 bis 1865
hauptsächlich durch die Schenkrmg yon 2500 Bänden
durch Dr. Samuel Lewis rasch bereichert und zur
Zeit enthält sie 49748 Bände und 28384 ungebundene
Schriften, Behchte und Verhandlungen.
Die Bibliothek des New York Hospital wurde im
Jahre 1796 gegründet, bis 1876 wuohs sie stetig, yon da
an, wie auch alle anderen Bibliotheken, rasoh, mr Zdt
enthält sie 22383 Bände.
Die Bibliothek des Surgeon-Generals Office wurde
1845 begründet. Sie wuchs anfangs langsam an und
Saoh^Begiflteif.
839
eoihielt 1865 nooh nicht 2000 Bände, von da an wnohs
sie rapid, so dass aie fleganwärtig die Zahl von 11^47
Binden and ldl5da Ueineran Sohiiften eAth&li Per
Xatidog dieaaiSibüothek, der seit 1880 aUmähUehheniiis-
gtgeb«a worden ist und in alf^betiseher Anordnung
aoner den Namen der Autoren nntor Beifagan^; der ein-
letaen Sehriften dwaelben noch die Inhahaangaben nach
den eiaaelnen StiohworteD geordnet m Form einer yoU-
Btimdigen Biblio^phie enthült nnd eine rödhhaltige
Fandgnibe fär hteranaohe Kaohweise bildet, ist neaer-
dingB vollendet und umfasst 16 Bände von gewaltigem
ünfange; ein Nachtrag von 5-^ Binden ist davon nooh
zu erwarten, der die seit dem Beginne des Sraeheinens
noch hinau^ommenen Bücher und Anfefitie enthaJten
8oU.] Das Verdienst, die BiUiothek anl eine so ansser-
Mdentliche Höhe erhoben zu haben, eebührt Dr. John
8. Billings, der im Jahie 1865 das BibUothekamt
übernahm.
Die Bibliothek der New York Aoademy of ICedioina
wurde 1847 begründet; auch ihre Yermehiung nahm
seit den Jahren 1876— -1877 einen enormen AufiBohwung;
sie enthält geeenwäiüg 3314Ü Bände und 13000 kleuiere
Schriften. — Bas medioal departmeat of Public library
of Boston wurde 1852 gegründet und enthält sur Zeit
19600 Bände. — Die Boston medioal Library Association
(deren Bibliothekar Chadwick seit ihrer Gründung im
Jahre 1875 ist) hat von Anfimg an eine sehr xasohe Zu-
nahme gezeigt (hauptsächlich durch Oesohenke und
Tausch); sie enthält gegenwärtig 26082 Bände und
23595 kleinere Schriften ; darunter befinden sieh nahezu
16000 Bände ZeitBohriften. ^
Unter kleineren Schriften (Pamphlets) versteht Ch.
nach der in der Washington libnury gdtanden Begel
ungebundene Schriften bis zu lOO Seiten und Sohiüten,
die weni^ als 30 Seiten enthalten, auch wenn sie ge-
bunden smd. W. B.
Sach - Begister«
Abdominaltyphus s. Typhus.
Abducens s. Nervus.
Abhandlungen, gesammelte, bakteriolog., anatom.
XL Chirurg. Inhalts (von Adolf Messner, herausgeg. von
/. M, Oertd) 215.
Aborte, Brunnen in d. Nähe solch. 197.
Abortus, durch CSiromsäure verursacht 126. — , Be-
handlung 176. — , durch Curettement hervorgerufen
177. — S. a. Fehlgeburt.
Abscess, d. Leber, Chirurg. Behandluap 65. — , sub-
phrenischer 265. 272. — S. a. Geschwulst
Abwässer, Aualeitung süs Häusern 196. — , Einleitung
in Flussläufe 196.
Aceton, Nachweis 4. — , Verhältniss d. Ausscheidung
ders. zur GesiunmtstickstoffiiQsscheidung 4. — , im
Magen 157.
Acetylen, Giftigkeit 238.
Acne, Behandlung 46. — , bei u. nach Influenza 47.
— , rosaoea, Behandlung 47. — , menti, menstruaüs 47.
— , fadei, Hautmassage 48.
Adenoidgesch Wülste d. Nasenrachenraums, Be-
zieh, zu Hyperplasie d. Lymphgefässe 256.
Adenoc ar einem a papilläre, d. Ovarium 265.
Adenoma papilläre, d. Ovarium 264.
Aderlass, Emfl. auf d. specif. Gewicht d. Blutes 13.
— , b. PuerperalekkMnpsie 58.
Aether, Vergiftung durch Inhalation 129. — 8. a.
Petroleumäther.
Aethernarkose, Statistik 181.
Aethylendiamin-Silberphosphat, Anwendung
b. libes dorsaüs 95.
Aetzung, Conjunctivitis fibrinosa ai|ch solch. 192. —
8. a. Kaniterisation.
After, angeb. Mangel 254. — , Ernährung von soleh.
ans 255.
Alaun, Vergiftung 126.
Albuminurie b. Fieber 11.
Albumosen, im Harne b. Fieber 11. — , in serdsen
Ergüssen 225.
Alexander's Operation wegen Betrodeviation des
Uterus 55. 171.
Alkohol, Messung d. Grades d. Giftigkeit 18. — , Ver-
gifloagl87.
Alkoholismus, Delirien u. Visionen b. solch. 35. — ,
^, peripher. Neuritis b. einem Greise 248.
Alopecia pityroides, Behandlung 47^
Alloxan, Alloxanthin, physiolog. Wirkung 114.
Älloxürkörper, Verhalten im pathoiog. Harne 114.
A m a n i t a f^iuloides, Vergiftung 289.
A m ar a , Wirkung auf d. Magen 251.
Amblyopie, temporäre durch Chokolade vei-ursacht
243.
Amerika, med. Bibliotheken 338.
Ammoniaksalze, subcutane I^iektion 221.
Amnesie, retroaktive nach Selbstmordversuchen 37,
— , nach Himersohütterung 37.
Amputation d.Uterus, supravaginale, Stielbehaadlung
172.
Amygdalitis s. Tonsillitis.
Amyffdophenin gegen Rheumatismus 17.
Amyloid, experimentelle Erzeugung 119. — , Mikro-
organismen als Urs. 120.
Amyloidreaktion, eigenthüml. Gebilde mit solch.
in Narben d. Cornea 119.
Amyotrophie, neurale 30.
Analgesie, d. Ülnaris b. Tabes dorsalis 89.
Anatomie, chimrg. d. Kindes 5. — , descripüve u.
topographische (von C HBÜxmamn, 8. Aufl., 1. u.
2. lief.) 102. — , pathologische, Grundzüge ders. (von
B. La$tgerhan8, 2. Aufl.) 104. — , Atlas u. Grundriss
ders. (von 0. Boüinger, 1. Heft) 211. -- a a. Atlas;
Handatlas.
Aneurysma d. Aorta (dissecans) 119. (Beziehung zu
Syphüis) 168.
Angina, diphtherische (Diagnose von d. nicht diphthe-
rischen) 40. (Behandlung) 40. (herpetische) 150. -— ,
Ludovici, Pathogenese 25o.
Angiosarkom in d. Knochen 235.
Ankylose, d. Hüftgelenks, Osteotomia subtrochanterica
67. — , d. EUenbogengelenks, Operation 191.
Antagonismus zwisdien Atropin u. Morphium 124.
Antipyrese, propulsive 122.
Antipyrin, chron. Vergiftung 137.
Aorta s. Arteria.
Aphasie b. Augenmigräne 243.
Apoplexie d. Gehirns mit Hämatom d. Opticus 194.
Apparat s. Blechspangen-, Schienenhülsenapparat.
Appendicitis, Ursachen u. BehandL 253. — , uloe-^
rose, Perforation 271.
Appendix s. Processus.
Arbeit, mechanische, Bedeutong d. Blutzuckers 228.
Argentamin, Anwendung b. Tabes dorsalis 95.
340
Sach-Be^iflter.
Argentam mtricom, Coi]jimotiviti8 nach Aetznngmit
solch. 192.
Argyrieb. GlasperleDversilberem 199.
Aromatica, Wirkmig auf d. ICagen 251.
Arsenik, Yergiftimg (Verhalten d. Harns) 125. (mul-
tiple Neuritis) 247. —, Lähmung 125. — , Yoikommen
in Kohle u. Leuchtgas 125.
Arteria, aorta (Deformation b. Malum Pottii) 63. (Er-
Innnkung b. Tabes dorsalis) 92. (Aneuryma disseoaas)
119. (Aneurysma syphilit Ursprungs) 168.
Arteriosklerose im Gentraineryensystem 144. — ,
d. Aorta b. Syphilis 168.
Aryknorpel, Verhalten bei einseitiger Becurrens-
lahmung 46.
Arsn ei mittel, Einfl. d. Hungems auf d. Wirkung 17.
Arzneiverordnung s. Gompendium.
Arztstand, gesohichtl. Entwicklung 224.
Ascites, Diagnose während d. Schwangersohalt 175.
Asepsis, eine neue Methode ders. (von OUo Ihle) 216.
Aspergillusmykose im Bespirationsapparat 117.
Athetose, doppelseitige mit choreai Form 148.
Athmungsor^ane s. Bespirationsorgane.
Atlas, anatomischer (von Carl Toldt u. DaUa Rasa,
1. u. 2. lief.) 102. — , u. Grundriss d. traumat. Frak-
turen u. Luxationen (von H. Helferich, 2. Aufl.) 108.
— , Stereoskop, med. ; von Ä, Neisser (5. Lief. : Oph-
thalmologie ; von Braunsekweig) 109. (3. Lief. : Gynä-
kologie; von Küstner) 211. 212. — , u. Grundriss d.
patholog. Anatomie (von 0. Boüinger, 1. Heft) 211.
Atrophie s. Dystrophie ; Muskelatrophie.
A t r 0 p i n , Antagonismus mit Morphium 124. — , G^n-
^t gegen Blausäure 131. — , Vergiftung 136. — , Con-
junctivitis durch solch, erzeugt 192.
Augapfel, Wachsthum 70. — , Ezenteration, Enuclea-
tion 279.
Auge, Flüssigkeitswechsel in d. vordem Kammer 69.
— , Entfernung von EisenspUttem aus d. Linem 70.
. — , Verhalten d. Hintergrunds b. Myopie 70. — , Wachs-
thum 70. — , experimentelle Erzeugung von Embolie
d. Blutgefässe im Innern 119. — , C^fiitolung b.Berg-
u. Hüttenarbeitern 198. — , rudimentäres in einer Der-
moidgeschwulst 235. — , Diphtherie 279. — S. a. Ein-
äugigkeit.
Aügenentzündung, sympathische 69. — , von der
Leber ausgehend 70. — , purulento (Behandlung mit
. Irrigationen) 70. (d. Neugebomen, Behandlung) 180.
— , ägyptische, Verbreitung 278. — , epidemische 279.
— S. a. PanOphthalmie.
Augenheilkunde s. Ophthalmologie.
Augenkrankheiten bei Infektionskrankheiten 108.
— , b. Vergiftungen 108. — , Schwindel b. solch. 193.
Augenlid, Beflex auf lichtreiz 8. — , oberes, Lipom
69. — , Trichophyton 260. — , plasi Ersatz 277. 278.
— , Hauthom278. — , Erschlaffung 278.— S. a. Entro-
pium.
Augenmigräne 243.
Augenmuskeln, Lähmung (b. Tabes dorsalis) 89. 94.
(b. Basedow'soher Krankheit) 140.
Augenwimpern, Trichophyton 260.
Ausschabung d. Uterus 174. 177.
Austern, Vergiftung durch solohe 242.
Autoinfektion durch Darmbakterien 10.
Autointoxikation b. Fuerperaleklampsie 56.
Axon87.
Bacillen, Befreiung d. Trinkwassers von solch, durch
Chlorkalk 75.
Bacillus, Klebs' Loeffler'sohßt^ Bezieh, zu Diphtherie
38. 39. 149. — , Vitalität u. Verhalten ausserhalb d.
Körpers 38. — , Besiehung zu Masemcroup u. Otitis
• media pseudomembranacea 149. — , b. Wunddiphtherie
150. — , thermophiler 233. — , Ducreif^ünna'Boher in
Bubonen 260. — 8. a. Typhusbaoillus.
Baoterium coli commune, Wirkung d. Seifenlösungen
auf solch. 75.
Bakterien, metachromat KÖrperchan^ Sporenbiiduiig,
Verzweigung, Kolben- u. Kapseibildung b. pathogenen
10. — , anaerobe, MÖ^ohkeit d. Existenz b. Gegenwait
von Saoerstofif 10. — , Wirkung d. Vaoaalsekiets nf
solche 58. — , im Genitalsekreto b. Schwängern 58.
— , im Vaginalsekreto b. Neugebomen 59. — , Verhalten
in sterilisSter Kuhmilch 60. — , Einwirkung d.Liohte8
auf solche 72. — , ehem. Wirkung d. ElektrdlyBe aof
toxische u. immumsirende Substanzen ders. 117. —,
Gehalt d. Bodens d. Flüsse an solch. 197. — , thermo-
phile 197. 233. — S. a. Darmbakterien.
Bakteriengifte, Störungen der Temperatur u. der
raapintor. Verbrennungen durch solohe 11. — , An-
wend. b. inoperablen bösartigen Neubildungen 182.
Balgdrüsen in d. normalen Ooinunctiva 115.
Bandwurm, Abtreibung (mit Kosotoxin) 124. (mit
Pelletierin) 256. — 8. a. Taenia.
Barlow'sche Krankheit 61. 268. 269.
Basedow'sche Krankheit, Schilddrüsentherapie
139. 142. — , psych. Störung b. solch. 110. — , Tetanie
140. — , Ophthalmoplegie 140. — , Nasenpolypen bei
solch. 141. — , BezieL zur Epilepsie 141. — , Prognose
141. — , Elektrotherapie 142.
Bauch, Operationen an solch. 76.
Baucheingeweide, d. Lage ders. (von F. Hermann
u. 0. BüM) 103.
B a u c h h ö h 1 e , Beselung d. osmoi Spannkraft d. Flüssig-
' keiton in ders. 229. — , Durchtritt corpusoulirer Ge-
bilde durch d. Zwerchfell 229.
Becken, verengtes, Einleitung d. Frühgeburt 56. — ,
Wirkung d. angeb. Hüftgelenksluxation auf dass. 80.
— , Messung d. Ausgangs 176.
Beckenhöhle, Eiterung in solch., operative Behandl
262.
Beitrag zu d. Funktionsstörungen d. Netzhautperipherie.
Lichtsmnperimetrie (von Älürt Smn) 217.
Beleuchtungsapparate, hygiein. Bedeutung der
Wärmestrahlung 72.
Benzin, Vergiftung 129.
Bergarbeiter, Gefährdung d. Augen b. solch. 196.
B e r i b 6 r i , Pathologie u. Therapie 248.
Bericht über d. 24. Versamnil. d. ophthalmolog. Ge-
sellschaft in Heidelberg 68.
Berichte d. med. Gesellschaft zu Leipzig 76. 280.
Bestimmungen d. Beiohsgewerbeordnung über die
Ausübung d. Heilkunde (von Joh, Grosse) 223.
Betrachtungen über d. Jungfirau von Orleans vom
Standpunkte d. Lrrenheilkunde (von W, Hirsch) 215.
Bevölkerung, physischer Bückgang in d. modernen
Culturstaaten 71.
Bewegungen, methodische, b. Behandl. d. Tabes 95.
Bibliotheken, med. in Amerika 338.
Bindehaut s. Ck)igunctiva ; C!oEy unctivitis.
Biologie, Bezieh, zur Pathologie 6.
Bittermittel, Wirkung auf d. Magen 251.
Blasenbildung auf d. Haut nach VerletzuDgen, erbL
Anlage 163.
Blasenmole, Bau 267.
Blasenstein b. Kindern in Ungarn 181.
Blausäure, Entgiftung 1 9. — , gerichtl.-chein. Nach-
weis 121. — , Vergiftung 130. — , Gegengifte 131. —
8. a. Cyankalium; Ferrocyankalium.
Blechspangenapparat f. Beinbrüche 276.
Blei, Vergiftung 127. —, Lähmung b. Kindern 247.
Blennorrhagie s. Perikarditis; Pleuritis.
Blepharoohalasis 278.
Blepharoplastik 277. 278.
Blindheit b. Käsevergiftung 242.
Blut, Wirkung auf Stärkekleistor 3. — , Fibrinfenn0nt4.
— , amylolytuohes Ferment 4. — , Wirkung d. Peptons
auf d. Gerinnbarkeit 11. 12. —, Einfluss d. Aderlasses
auf d. specif. Gewicht 13. — , Verhalten b .Vergiftungen
(Phosphor) 35. (Nitrobenzol) 134. — , intravaacnlaie
(}eiinnung durch CoUoidsabBtanzea 226,
r
SaohrBegiBter.
341
Blatcirknlation, Einfl. d. Draokes n. d. Saoeretoff-
gehaltee d. Luft 211.
Blatgefftsse, im Innern d. Anges, experimentelle Er-
zeugung von Embolie 119. — , Gerinnnng d. Blutes in
deo8.226.
Blatgesohwnlst s. Haematom.
Blntkörperohen, rothe, Formverfinderong in Salz-
losnng, Lymphe u. Serum 12. — , weisse, regenerative
Yermehrong 12. — 8. a. Erythiooyten ; Leokooytose.
Blutlangensalz s. Ferrooyankalium.
Blntsernm, Formveranderong d. rothen Blutkörper-
chen in Terdünntem 12. — , Giftigkeit (b. Paerpml-
eklampsie) 56. (nach Thyreoidektomie b. Hnnden) 120.
Blutnng, nach Traoheetomie bei Diphtherie 63. — , bei
Diphtherie 150. — , im Larynz 163. — , im Gehirn mit
fflbnatom d. Opticus 194. — S. a. Apoplexie; Magen-
blntnng.
Blatverlnst, intraperitonäale Transfasion 231.
Blntznoker, Bedentong f. d. Wärmeerzengang 228.
Bradykardie 32. 266.
Brand s. Ganofin.
Brom, chron. vergiftang 1 37.
Bromithyl, Vergiftung 130.
Bronchen, Caroinom ders. 16.
Bronchomyoosis aspergillina 117.
Brot, Verschimmeln 71. — , Einfluss d. menschl. Ver-
dauungssäfte auf altbackenes u. frisches 71.
Brunnen in d. Nähe von Misthaufen n. Aborten 197.
— 6. a. Kesselbrunnen.
Brustdrüse s. Mamma.
Brustwarze s. Mastitis.
Babo, 2>tierey- C^a'scher Bacillus in solch. 260. — ,
Behandlung durch Ix^ektion von Jodoform vaselin 261.
Bulbärparalyse, ohne anatom. Befund 31. 245. — ,
asthenische 245. — , progressive 245.
Butter s. Eunstbutter.
Caissonarbeiter, Erkrankung b. solch. 198. 199.
Caloanens, centrales Biesenzelfonsarkom 191.
Carbol säure, Vergiftung 75. 132. 238. — , Iiyektion
b. Hydiooele 275.
Caroinom, Iheorie 13. 234. — , Histogenese u. Waohs-
thum 13. 14 264. — , Aetiologie 14 62. — , primäres
d. Vagina, operative Behandlung 51. 52. — , d. Uterus
(synoytiales) 52. (d. Körpers) 52. 53. (operative Be-
handlung) 53. (Parasiten in solch.) 118. (Chromsäure-
ätzung, Vergiltung) 126. — , Erblichkeit 62. — , der
Kardia, Anlegung einer Magenfistel 76. — , d. Pylorus,
Resektion 76. — , Behandlung mit Bakterien^ften 182.
~, d. Oesophagus, Resektion 186. — S. a. fiomkrebs,
Eiebfl, Plattenepithelkrebs.
Cartilago arytaenoidea, Verhalten bei einseitiger
Recorrwislähmung 46.
Castrationb. Frostatahypertrophie 275.
Cellulartheorie, Vereinbarung mit d. Immunität u.
Heilung 232.
Celluloid, Heteroplastik mit solch, b. Sohädelknochen-
defekten 184.
Centralnervensystem, schwere Arteriosklerose
144
Cerebrallähmung bei Kindern (spastische) 143.
(transitofr. Hemianopsie b. solch.) 143.
Charakter, Perversität 36.
Chemie, physiolodsohe, Lehrbuch ders. (von Bu^
Nemneisier, 2. Theil) 102. (von Olof Hammaraten,
3. Aufl.) 209. — , Elemente ders. (von Mauriee ÄrtkuSf
deutsch von Johannes Starke) 209.
C h i a 8 m a nervorum optioorum, Kreuzung der Nerven-
te6m69.
Chinin, Vergiftung 135.
Chirurgie s. Diagnostik.
Chloralhydrat, Vergiftang 129.
Chi oral ose, Anwendung b. Delirium tremens 36.
Chlorkalk, Befreiung d. Trinkwassers von Keimen
durch solch. 73. — , Verwendung zu Desinf^tion von
Fäkalmassen 74.
Chloroform, Inhalation, spät nach dess. eintretender
Tod 119. — , Vergiftung (durch Inhalation) 129. (durch
innerL Anwendung) 129.
Chloroformnarkose, Statistik 181.
Chocolade, temporäre Aphasie durch solche ver-
ursacht 248.
Choleoystotomie, eztra-abdominaie 65.
Cholelithiasis, chirurg. Behandlung 65.76. — Ileus
b. solch. 66.
Cholerabacillen, Wirkung d. Torfmulls auf dies. 197.
Chondrom d. Mamma 270. <^
Chorea, congenitale 148.
Chromsäure, Vergiftung 126. — , als Fruchtabtrei-
bungsmittel 126.
CiliarkÖrper, Gummigesohwulst 70.
Ciliarnerven, vordere 70.
Cirkulation s. Blutoirkulation ; Lymphoirkulation.
Cirrhose, hypertroph, d. Leber b. Kindern 181.
Coagulation s. Gerinnung.
Cocain, Vergiftung 136. •— , Seibatmord 136.
Cocainismus 136.
Coffein, Ausscheidung im Harne 17. — , Methyl-
xanthin als Stoffweohselprodukt 18.
Colchicum, Vergiftung 136.
CoUoidsubstanzen, intimvasculare Blutgerinnung
durch solche 226.
Colpoooeliotomie, in Bezug auf Sohwangersohaft
XL Geburt 170.
Colpotomia anterior 171.
Compendium d. Arzneiverordnungslehre (von Oscar
LiAreieh u. Alexander Langgaard, 4 Aufl.) 212.
Compressionslähmung d. Rtiokenmarks, Extension
185.
Compressionsmyelitis b. Spondylitis, EröfiEhung
d. Wirbelsäule 146.
Conjunctiva, Prüfung d. Druck- u. Schmerzsinns 70.
— , Balgdräsen in d. normalen 115. — , Katarrh, Be-
handlung 192. — , Sublimatiigektion unter dies., Re-
sorption 193.
Conjunctivitis, petrifioans 68. — , fibrinosa, durch
Aetzung verursacht 192.
Co üt rar sexuale vor dem Strafrichter (von B. wm
&raffi'JS^nng, 2. Aufl.) 107.
Convulsionen, epileptiforme, in Folee von ausser-
ordenüioher Verlangsamung d. Pulses 32.
Cornea, Prüfung d. Druck- u. Sohmerzsinns 70. — ,
Geschwür (serpiginöses, Kauterisation) 70. (b. Base-
dow'soher Krankheit) 140. -— , Wirkui^ d. Müzbrand-
baoillen auf dies. 117. — , eigenthüml. Gebilde mit
Amvlddreaktion in Narben 119. — , Staphylom 217.
— S. a. Keratitis.
Coryza, Bedeutung b. Kindern 44. — , caseosa 161.
Coxalgie, Resektion d. Hüftgelenks wegen solch. 67.
Croup, Traoheotomie, Ursachen d. verzögerten Ent-
fernung d. Kanüle 63. -— , b. Masern, Bezieh, zum
Diphtheriebadllus 149. — , nach Tonsillotomie 150.
Culturstaaten, moderne, physischer Bückgang der
Bevölkerung 71.
Curettement, Zerstörung d. üterusschleimhaut durch
solch. 174. — , Regeneration d. üterusschleimhaut nach
solch. 174.
Cyankalium, Vergiftung 130.
Cyanuren säure, Bildung im Organismus 113.
Cyste, im Gehirn, Operation 184. — , d. Ovarium 235.
— , d. Mamma, Behandlung 270.
Cystenentartung, angebome d. Niere 236.
Cystooele b. Weibe, Operation 262.
Cytisus labumum, Vergiftung 137.
ampf , Desinfektion mittels solch. 74.
Darier'sche Krankheit 164.
Darm, Innervation d. Muskulatur 7. 252. — , Wirkung
d. Morphium auf d. Peristaltik 124. — , BsJiteriea iu
342
Saoh«Begiater.
dems. 234. -^, YerftiidenuigeQ b. Verdsatuigsrtonui-
gen 253. — , angeb. Veischloss 254. ->, Pol;^pen 271.
— , operttiveAnsBohaltong 272. 273. --, InvagiiatioD,
Belumdlaiig 272. — & a. Dnukdxrm; Gwtroeiituo-
tomie.
Darmanastomose, operative Bildung 273.
Darmbakterien, latoiniektioD dnrch solche 10.
Darmgifte, Glykosniie durch solche veniraaoht 11.
D arm k anal, Desinfektion 254.
Darmkatarrh, Anwendung d. Tannigeoa 17.
Darmkrankheiten, Difitetik 250.
Darmnaht, Technik 273.
Darmsaft, Wirkung airf^Stärkekleister 3. — , Gewin-
nung, Eigenschaften u. Wirkung soloh. vom 8ohalii 232.
Datura stramonium, Vergiftung durch d. Samen 136.
Dauermilch als Eindemahrung 61.
Deoanitation b. dorso-posteriorer Queriage 178.
Deciduom nach Betention d. naoenta 177. 178.
Degeneration, angebome moralisohe 36.
Delirium, ambulatorium 34. — ■, alcoholioum. tremeBS
35.36.
Dementia paralytioa (Torhanragangene F^ohoiBD) 36.
(Bezieh, zu Tabes dorsalis) 88. 89.
Dermatitis s. Fyodermitis.
Dermatoneurose, Fanphigos 163.
Dermoid cysto d. Zunge 269.
Dermoidgeschwulst, rudimentSres Auge in solch.
225.
Desinfektion, durch Dampf 74. — , d. Fftkmlmassen
74. — , mit Seifenlösungen 75. — , d. Darms 254.
Desinfektionsapparat 74.
Desinfektionsmittel, gesund heitsschädÜche Wir-
kung 75.
Determinismus u. Zurecfanungsfihigkeit 200.
Diabetes mellitus b. Tabes dorsalis 95.
Diätetik, b. Darmkrankheiten 250. ^ S. a. Kochbuch.
Diagnostik, chirurgische (von Ä. Landtrw) 107. — ,
intrauterine 173. — 8. a. Taschenbuch.
Diaphragma, klon. Krampf b. F5tiis 180. — , Durch-
tritt oorpuscularer Gebilde durch dass. 229. — , Ab-
scess unter dems. 265. 272.
Diastase s. H&modiastase.
Dickdarm, Krebs, Kotherbrechen b. solch. 254.
Di gi talin, Einfluss d. Hungems auf d. Wirkung 17.
Dimethylamidobenzol zum Nachweis d. SaLzsänre
im Magensaft 155.
D i p h t h e r i e , Bezieh, zum Jnefrf-Lo«9fZ0r'8chen Bacillus
38. 39. 140. — , Verhalten d. Körpertemperatur 38.
— , Beziehungen solch, b. Thieren u. Menschen 38. — ,
Diagnose (klinisohe) 39. 150. (bakteriologische) 39. — ,
Lihmung nach solch. (Veränderungen im Nerven-
system) 38. (d. Obern Luftweee) 45. (Häufigkeit) 248.
— , Incubationsdauer 39. — , Uebertragung dnrdi Ge-
sunde 39. — , Angina (Diagnose von d. einfachen) 40.
(Behandlung) 40. (Tracheotomie, Blutung nach solch.)
63. (Intubation) 151. 152. 153. (Erkrankung d. Mittel-
ohrs, Bezieh, zum Diphtheriebacillus) 149. — , Bezieh,
zu Laryngismus stridulus 149. — , Bezieh, zu Rhinitis
fibrinosa 150. — , nach Tonsillotomie 150. — , primäre
d. Lippen u. d. Zahnfleisches 150. — , hämorrhagische
150. -— , Prognose 150. — , persönl. Disposition 151.
— , Prophylaze 151. — , Sterbudikeit 151. — , in Wien
152. — , Behandlung (medikamentöse) 152. 153. 154.
(Schmierkur) 152. (Serumbehandlung) 153. — , im
Königreiche Sachsen 152. — , Pathogenese 153. — ,
Eniährung mit d. Schlundsonde 154. — , d. Auges 279.
— S. a. ijigina; Wunddiphtherie.
Diphtheriebacillus, Verhalten in d. Kälte 3a — ,
Dauer d. Lebensffthidceit in d. Menschen u. ausserhalb
dess. 38. 149. — , bezieh, zu Masemcroup u. Otitis
media pseudomembranaoea 140. — , b. Wunddiphtherie
150.
Diplegie b. Kindern 144.
Dislokation d. N. ulnaris 249.
Piuretin, therapeut Anwendung 123.
Divertikel, d. Magens 41. --*, d. Oesophagus (Duh
gnose) 42. (Anlegung einer Magenfisle!) 76. — 8. a.
PulaioB»', Traktionsdivertikel.
DoppelempfindttDgen 116.
Druck im normalen lugen 44.
Drucksinn, Prüfung and. Oimea u. Gonjunotiva 70.
Drüsen, d. Pylorus, Fettgranula in d. Zellen 42. — ,
%unner*sche, Fettgranula 42. — , N«hn*a(^e, syphüit
Erkrankung 166. — S. a. Balgdrüsen ; SpeichddiUMD;
Sublingualdrüse.
Ductus omphalo-mesaraious, Persistenz als Ursache
voD Heus 254.
Düngerhaufen, Brunnen in der Nähe solch. 197.
Düngerjauohe, Vibrionen u. ^üzillen in solch. 197.
Dünndarm, Histologie 231. -—, InversioQ von Bohr-
zucker in solch. 232.
Duodenum, Krebs 253.
Durchleuchtung d. Magens 77. 157.
Dyspepsie, nervöse 160. — , ohronisohe, Verhalten d«
Darms 253.
Dystrophie, progressive d. Muskeln 31«
Kohinocoocus der Mili, Splsnektomio 66. -^ 8. ti
Taenia.
Ectropium sarcomatosum 278.
Ei, lange Betention im Uterus 267.
Einäugigkeit in ihren Beziehungen zur Erwerbs-
thäti^eit (von Hugo Magnus) 217.
Eis, Anwendung b. Diphtherie 1 53.
Eisen, Indikationen u. Anwendung 16. — , im Grand«
wasser 196. — 6. a. Liquor.
Eisensplitter, Entfernung aus d. Innern d. Auges 70.
Eiter, versdiied. Ursprungs, morpholog. Unterschiede
118. — , solch, erzeugende Mucorart 22^.
Eiterung in d. Beckenhöhle, operative BehandL 262.
Ei weiss, solch, verdauendes Ferment, Wirkung auf d.
lebende Zelle 3. 42. — , Einfluss d. Zerfalls auf d. Aus-
scheidung d. neutralen Schwefels 113.
Ei Weisskörper d. Muskelplasma 225.
Eklampsie s. Puerperaleklampsie.
Ekzem, Behandlung 258.
El ei d in in d. Haut 120.
Elektricität, Reizbarkeit d. Rückenmarks 7. — , An-
wendung (b. Tabes dorsalis) 95. (b. Basedowscher
Krankheit) 142. (b. Magenkrankheiten) 251. 252. -,
Tod durch solche 219. — , Wirkung auf d. Magen 251.
Elektrolyse, Anwend. b. Verkrümmunfl;€ai d. Nasea-
scheidewand u. Schwellung d. Nasenschleimhaut 162.
— , ehem. Wirkung auf toxische u. immunisimde
Bakteriensubstanzen 117.
Elektromagnet, Entfernung von ISseaspIittem ans
d. Auge mit solch. 70.
Elemente d. physiolog. Ghemie (von MaurtM Afiku8,
deutsch von Johannes Starke) 209,
Ellenbogeneelenk, Ankylose, Operation 101.
Embolied. äutgefässe im Innern d. Auges, experimen*'
teile Erzeugung 119. '
Encyklopädie d. Therapie (herausgeg. von 0. Lm6-
reieh, I. 1) 105.
Endocarditis vegetans puerperalen Urspnmgs 119.
Endometritis, b. Schwangerschaft 174. — , Folge von
Flaoentaretention 177.
Endotheliom, intravasculäres in d. Knochen 235.
Entartung s. Degeneration.
Entbindung, Leitung nur durch äussere HandgriJfe 55«
—, Wirkung d. Vaginofizatio uteri auf dies. 170. — ,
Polyneuritis nach solch. 246. — , Ovariengeschwülste
als Gomplikation 265.
Enteroanastomose, Anlegung 273.
Enterol, Antisepticum f. d. Darm 254.
Entgiftungstherapie 19. 237.
Epidemie von spinaler Kinderlähmung 31 .
Epidermolysis bullosa hereditaria 163.
Epiglottis, Verhalten bei einseitiger Recuirensläh**
mung45.
Sach-Begiater.
343
Ipilepsid, Emfliiss interouttenter Krankheiten Auf
dies. 31. —, oortikale, Bedeutung f. d. Lokaldiagnodtik
d. Hirakrankheiten 32. — , senile 32, — , Jaokson'sohe
mit AnfiiUen yon Tachykardie 32. — , ohron. Paranoia
b. solch. 33. — , Behandlung 33. — , impuMye Akte b.
solch. 35. — , Beäeh. zu Basedow^scher Krankheit 141.
— , deis. fihnl. AnMle b. Osteom in d. Nasenhöhle 162.
— 8. a. Gonvulsionen; Migräne ; Status.
Erblichkeit, yon Form u. Orösse d. Schädels 5. — , d.
Syphilis 48. 49. 50. — , d. Carcinoms 62. — . d. Geistes-
stonmg 148. — , d. Neigpig zu Blasenbildung in d.
Haut 163. — •, d. Pemphigus 163. — , d. Knochen-
formen 210.
Erbrechen, Mechanismus 44. — , durch Morphium
hervorgerufen 124. —, unstillbares während d. Schwan-
gerschaft, Ausschabung d. Uterus 177.
Erdessen, üebertragung yon Trichocephalus durch
solch. 255.
Erhenken, psych. Störung nach Selbstmordversuch
durch solch. 36.
Ernährung, d. Säuglinge 9. 61. — , mit d. Schlund-
sonde b. Diphtherie 154. — , yom After aus 255.
Ertrinkungstod, Zeichen 200.
Erwerbsfähigkeit Einäugiger 217.
Brwerbsstörungen nach Unfällen 218.
Erysipel, pseudomelanot Gasabsoess d. Haut nach
solch. 119. — , experimentelle Erzeugung 233. — , d.
Pharynx u. Larynx, Pathogenese 258.
Erysipelserum, Behandl. d. Krebses mit solch. 123.
Erythrocyten, Pormveränd. in Salzlösung, Lymphe
n. Serum 12.
Erythropsie, Torkommen, Ursachen u. Symptome 68.
£ serin, Anwendung b. Glaukom 70.
Exartikulation d. Oberarms, sekundäre Veränderun-
gen im Rückenmark 121.
Excitantia, Wirkung auf d. Magen 251.
Exhibitionisten, Zurechnungsfiihigkeit 200.
Exsudat, seröses, Albumosen in solch. 225.
Extremitäten, untere, Blechspangenapparat f. Fi-ak-
toren 276.
Väkalmassen, Desinfektion 74
^aradisation s. Galyano-ftouiisation.
Farben, Empfindung in d. fietina 204.
Farrnkrant s. Pilix.
^avuspilz, verschied. Arten 259.
Fehlgeburt, Behandlung 176.
Ferment, proteolytisches, Wirkung auf d. lebende Zelle
3. 42. — , amylolytisches d. Blutes 4. — S. a. Pibrin-
feimeni
Ferratin, Absorption u. Wirkung 17.
Ferrocyankalium, Vergiftung 130. 131.
Ferrum sesquichloratum, Anwend. b. Diphtherie 154.
— S. a. Eisen.
Festschrift zur 50. Gonferenz d. Medicinalbeamten d.
BQg.-Bes. Düsseldorf 195.
Fett, Ausscheidung aus sterilisirter Milch 61.
Fettgewebe, Wachsthum dess. 227.
Fett^ranala in d^ Drusenzellen d. Pyloms 42.
Fibrinferment d. Blutes 4.
Fibrom, d. Uterus, Hysteiektomie 171.
Fibromyom d. Uterus (Operation mittels d. yagino-
abdomixuden Metiiode) 171 . (Veränderungen d. Sohleim-
hant) 173.
Fieber, Albuminurie b. soloh. 11. — , Behandlung 122.
— , künstL erzeugtes, Wirkung auf Psychosen 149.
Filix mas, Vergiftung 240.
Filtration durch Sand 73.
Finger, Fraktur, Behandlung 67.
Fistel 8. Magenfistel.
Fleischbeschau, Handbuch ders. {von Rob.Ostertag^
2. Aufl.) 110.
Flimmerjskotom b. Migräne 243.
Flüsse, BcdbBtnainigung 196. — , Bakteriengehalt im
Boden ders. 197.
Flüssigkeiten, Messung d. Grades d. Giftigkeit 18.
— , Weohael ders. in d. yordem Augenkanmier 69.
Foetus, intrauterine Leiohenstarre b. Puerperäleklam-
psie 57. 200. — , klon. Zwerchfellkrampf fo. soloh. 180.
— , lange Retention d. abgestorbenen im Uterus 267.
Formaldehyd, Formel, Giftwirkung 238.
F 0 y e a centralis retinae, Bau 201.
Fraktur, d. Trachea 63. — , d. Finger u. Zehen, Be-
handlung 67. — , d. Schädels ohne äussere Verietaung
XL ohne auffälligere Symptome 75. — , d. Halswirbel,
Heilung 185. — , d. unteren Extremitäten, Blebh-
spangenapparat 276. — 8. a. Atlas.
Fremdkörper, als Ursache von Narbenstenose d.
Vagina 261. — S. a. Eisensplitter.
Fruchtabtreibung s. Abortus.
Frühgeburt, Einleitung b. Beokenenge 56.
Fugue 34.
Punktione- u. Erwerbstörungen naoh Unfällen (von
lA4dwig Ooldberg) 218.
Fuss s. Plattfuss.
Fussschweiss, Entstehung u. Behandlung 217.
Fusswärmer alsUrsache yon Kohlenoxydvergiftnng 22.
Fusswurzel, Luxation d. kleinen Knochen 191.
et allen stein, chinug. Behandlung 65.76. —, Ileus
durch solch, yerursacht 66.
Gallenwege, Chirurg. Behandlung d. Krankheiten 65.
Galyanisation, Anwendung b. Tabes dorsalis 95. — ,
gegen Metritis chronica 173.
Galvano-Faradisation b. Basedow'soher Krank-
heit 142.
Gangraen, symmetrische, auf syphilii Basis 51.
Gas s. Kanalgase; Leuchtgas; Wassei^gas.
Gasabsoess, pseudomelanot. d. Haut nach Erysipel
118.
Gastalgokenese 155.
Gastrektasie, Begriff 160.
Gastroenterometarrhaphie 188.
Gastroenterostomie, Indikationen 187. — , Erfolge
188.
Gastrograph 157.
Gastrostomie, Indikationen 187.
Gaswechsel, respirator. b. Schilddrusentherapie 1 39.
Gaumensegel, lilhmung b. Diphtherie 45.
Gebärmutter, primärer Homkrebs d. Körpers 15.
— , Sarooma deciduocellulare 52. — , Betrodeviationen,
Behandlung 53. 54. 55. 170. — , Vaginofixation (Indi-
kationen) 53. 54. (Technik) 54. (Einfluss auf Schwan-
gerschaft u. Geburt) 170. — , Ventrofixation, Indika-
tionen 53. 54. — , Vesicofixation 54. — , Voilall, opera-
tive Behaadlui^ 54. 55. —, Bakterien im Sekrete
während d. Schwangerschaft 58. — , supravaginale
Amputation, Stidbehandlung 172. — , Fibrom, Hyster-
ektomie 171. — , Fibromyom (operative Behandlung)
171. (Veränderung d. Schleimhaut) 173. — , Myom
(Operation, Stielversorgung) 172. (Hysterektomie) 172.
— , therapeut. Eingriffe im Innern 173. — , Ausscha-
bung (Zerstörung d. Schleimhaut) 174. (Regeneration
d. »»hleimhaut) 174. — , partieiie Obliteration, Be-
handlung 174. — , diagnost. Bedeutung d. Fluktuation
während d. Schwangerschaft 175. — , Aetiologie d.
Geschwülste 234. — , Anhänge (Durchtritt durch einen
Riss in d. Vamna) 262. (chron. Entzündung, operative
Behandlung) 262. (Entfernung von d. Vagina aus) 263.
— , lange Ketention d. Foetus in ders. ^67. — S. a.
Endometritis; Foetus; Haematometra; Laparohystero-
pexie; Metritis.
Gebärmutterkrebs, d. Körpers (primärer) 15. (Ana-
tomie u. Behandl.) 52. (mit Hämatometra u. Hämato-
kolpos b. Atresia yaginae senilis) 53. — , syncytialer
52. — , operative Behandlung 53. — , Parasiten in solch.
118. — , Chromsäureyergiftung durch Aetzung 126.
Geburt, Leitung nur durch äussere' Handgriffe 55. — ,
unseitige, Behandlung 176. — S. a. Entbindung.
Geburtszange, Indikationen f. d. Anwendung .55.
344
Sach-Rögistet.
Oedfiohtniss s. Anmede.
Gehirn, Eisohüttenug, Amnesie nach solch. 37. — ,
peiiod. Schwankungen in d. Fonktionen d. Rinde 145.
— , kleines, Erkraimingen 145. — , Cyste, Operation
184. — , Blutung in solch., Hämatom d. Opticus 194.
— , Gliose b. Epilepsie 121. — 8. a. GentralnerTen-
system ; CerebraUähmung; Meningitis.
Oehirnkrankheiten, Bedeutn^ d. oortikalen Epi-
lepsie f. d. Diagnose 32.
Gehör, Störungen b. Tabes dorsalis 94. — , gleichzeii
Empfindungen b. Sehempfindungen 116.
Geistesschwäche, Beziehung zum Quärulanten-
Wahnsinn 35.
Geistesstörung, als Vorläufer von allgem. Paralyse
36. — , b. Nierenkrankheiten 36. — , nach Selbstmord-
versuch 36. — , b. Basedow'scher Krankheit 140. — ,
Erblichkeit, Statistik 148. — , Wirkung künstl. erzeug-
ten Fiebers 149. — , mit Zwangsvorstellungen u.
Zwangshandlungen 200. — , transitorisohe, b. Ifigräne
242. — S. a. Exhibitionisten; Le^ns; Paranoia; Quä-
rulantenwahn.
Gelenke, Tuberkulose 216. 277. — S. a. Ellenbogen-,
Hüft-, Knie-, Schultergelenk.
Gelenkkrankheiten b. Tabes dorsalis 92. 93.
Genitalien, b. Weibe, Bakterien im Sekrete während
d. Schwangerschaft 58.
Geophagie, üeberdvgung von Trichocephalus durch
solche 255.
Gerinnung d. Blutes (Wirkung d. Peptons auf solche)
11. 12. (b. akuter Phosphorvergiftung) 25. (in d. Ge-
fässen) 226.
Geruch, Anomalie b. Tabes dorsalis 94.
Geschichtliche Entwiokelung d. ärztL Standes
u. d. med. Wissenschaften (von J. Eerm, Baas) 224.
Geschwür, im Mund b. Tabes dorsalis 91. —, <L (Cor-
nea b. Basedow'scher Krankheit 140. — , perforirendes
d. Septum narium 199. — , rundes d. Vagina 261. — ,
Verengung d. Rectum durch solohes S^5. — S. a.
Magengeschwür; Ulcus.
Geschwulst s. Adenoidgeschwülste ; Adenom ; Carci-
nom; Cystocele; Dermoideeschwulst; Endotheliom;
Fibrom ; Fibromyom ; Granuhtionsgeschwulst ; Gummi;
Hämatom ; Hydrocele ; Lipom ; Myelom ; Myom ;
Niere; Osteom; PapiUoma; Pol3rp; Biesenzeilen-
sarkom; Rückenmark; Vagina.
Gesellschaft, ophthalmologisohe, 24. Versammlung
in Heidelberg 68. — , medioinische zu Leipzig, Be-
richte 76. 280.
Gesicht, Acne, Hautmassage b. solch. 48. — , Ver-
meidung d. Narben b. Operationen an solch. 62.
Gesichtsempfindung, b. Höreindrücken 116.
Gesichtsfeld, funktionelle Anomalien 142. — , Er-
müdung 195. — , Verhalten b. Migräne 244.
Gesichtswahrnehmung, subjektive 9.
Gicht, Bezieh, zu Migräne 244.
Giesskannenknorpel s. Aryknorpel.
Gift, Wirkung d. Abkühlung auf d. Absorption 18. — ,
in Flüssigkeiten, Messung d. Giftigkeit 18. — , Wir-
kung verschied. Organe auf solch. 18. — , Diffusion
aus d. Leiche 20. 21. — , im Blutserum nachThyredd-
ektomie b. Hunden 120. — S. a. Alkohol; Blausäure;
Darmgifte; Entgiftungstherapie ; Pfeilgifte; Pflanzen-
gifte; Schlangengift; TMergifte; Toxine.
Giftmord 75.
Giftthiere 240.
Glandula, subungualis, syphilit Erkrankung 166. —
S. a. Drüse.
Glasperlen, Argyrie durch Versilbern solch, verur-
sacht 199.
Glaukom, Excavation b. solch. 70. — , Behandlung mit
Eserin70.
G 1 i 0 s e , d. Gehirns b. Epilepsie 121 .
Glühlampen, Edison'sche, Quei^silbervergiftung b.
d. Fabrikation 127.
Glykogen, Bezieh, zur Muskelarbeit 227.
Glykosurie, durch Darmgifte verursacht 11. — , Ik
Herzfehler 18.
Goldregen s. Cytisus.
Gonorrhöe s. Tripper.
Gr an ulationsge schwulst, syphilit. im RacheDl66.
Greisenalter, Epilepsie in solch. 32. — , alkohd
Neuritis 248. —, Purpura 259.
Grundrissd. patholog. Anatomie (von R, LanaerhanSf
2. Aufl.) 104.
Grundwasser, Eisengehalt 196.
Guajakol, Vergiftung 133.
G u m m i , d. Ciliarkörpers 70. —, syphilit d. Kehlkopf-
muskeln 166. — S. a. Lymphom.
Gymnastik zur Behandi. d. Tabes dorsalis 95.
Gynäkologie, Stereoskop. Atlas (von Küstner) 212.
Gynäkomastie, anatom. Befund 270.
Hadernkrankheit, eine typische Milzbrandinfektion
b. Menschen (von Hans Ef^nger) 219.
Haematokolpos, b. seniler Atresie d. Vagina 53. — ,
Behandlung 261.
Haematom,d. Opticus b. Gehirnblutung 194.
Haematometra b. seniler Atresie d. Vagina 53. — ,
in d. unvollkommen entwickelten Hälfte eines ütenis
bilocularis 261.
Haemodiastase 4.
Haemoglobinurie b. einem Kinde 61.
Halluoinationen b. Verrücktheit 36.
Hals, Vermeidung d. Narben b. Operationen an solcL
62. — , Einheit verschied. Entzündungen an solch. 258.
Halsmark, Pachymeningitis hypertrophica 146.
Halswirbel, Fraktur, Heilung 185.
Hand, syphilit Psoriasis 169.
Handatlas, anatomischer (von J. Henle, 3. Aufl., 1. bis
3. Heft) 102. —, d. Anatomie (von Werner SpakdwUf
1. Abtheü.) 102. 103.
Handbuch, d. Untersuchung u. Beurtheilung d. Wiaser
(von G, Wolter u. A, Gärtner y 4. Aufl.) 110. — , d.
Fleischbeschau (von Robert Ostertag, 2. Aufl.) 110.
Harn, Ausscheidung (b. Neugebomen, Einfl. auf d. Er-
nährung) 9. (d. Coffein u. Theobromin) 17. — , Ver-
halten bei: Phosphorvergiftung 24. 26. Pueiperal-
eklampsie 56. d. Alloxurkörper im patholog. 114
b. Arsenikvergiftung 125. b. Nitrobenzolvergiftung 134.
b. Magenkrankheiten 156. — , Xanthinkörper in solch,
b. Leukämie 113. — , Bestimmung d. Traubenzuckers
in solch. 114. — , Wirkung von Arzneimitteln auf d.
Giftigkeit 238.
Harnblase, Absorption von ders. aus 1 16. — , Myora
274. — , Naht b. hohem Steinschnitt 274. — ä a.
Blasenstein ; Vesioofixation.
Harnleiter, doppelte Bildung 57.
Harnröhre, Absorption von ders. aus 1 16. — , ayphiUt.
Strikturen 169.
Harnsäure, Nachweis 4. — , Bezieh, d. Aussoheidang
zur Leukocytose 4.
Harnstoff, Bestimmunff 114.
Haus, Entwässerung 196.
Hausschwamm, hygiein. Bedeutung 73.
Haut, Empfindungsvermögen 8. — , Absorption von
Giften durch solche 18. — , subepidermale InoisioD vor
Vermeidung von Narben 62. — , pseudomelanot Gas-
absoess nach Erysipel 118. — , Eleidin in ders. 120.
—y erbliche Neigung zu Blasenbildung 163. — , Pqpal-
loma neuropathicum 164. — , Dariersche JECrankheit
164. — , Tuberkulose, warzige Form 280. — - S. a Der-
■ matoneurose; Pyodermitis.
Haut hörn am Augenlid 278.
Hautkrankheiten, Lehrbuch ders. {von Max Jotej^^
2. Aufl.) 109. — S. a. Iconographie.
Hautmassage b. Acne faciei 4iB.
Heilkunde, Bestimmungen über d. Ausübung 223.
Heilung vom Standpunäe d. Oellulartheorie 232.
Hemeralopie (von Bans Krienes) 218.
Sach^Register.
345
Hemianopsie, transitorische bei cerebraler Einder-
lihmimg 143. — , nasale 194.
Hemioranie s. Migräne.
Hemiplegie, b. tnoerknlöser Meningitis 143. — , cere-
brale (infantile) 143. (LShmongstypus) 144. *
Hemmungsbildungen, d. Sitae peritonaei, Ent-
stehong 231.
Hernie, d. Ovariom 262. — , diaphragmatische, Tho-
rakotomie 271.
Herz, Verhalten d. Ganglien b. Säurevergiftong 24. — ,
Stonmgen b. Tabes dorsaHs 92. — , Quetschung als
Ursache organ. Herzfehler 271. — S. a. Bradykardie;
Eodocarditis; Myokardium; Tachykardie.
Herzfehler, Glykosurie b. solch. 18.
Herzschwäche b. croupöser Pneumonie 79.
Hippokrates' sämmtl. Werke (übersetzt u. common-
tirt von Robert Fuehs) 111.
Hirnlähmung, infantile (transitor. Hemianopsie b.
solch.) 143. (spastische) 143.
Hirnrinde, periodische Schwankungen in d. Funk-
tionen 145.
Hode s. T^tikel.
Höllenstein, Conjunctivitis nach Aetzung mit solch.
192.
Hörn s. Hauthom; Hyperkeratose; Parakeratose.
Hornhaut s. Cornea; Keratitis.
Hornkrebs, primärer d. Corpus uteri 15.
Hüftgelenk, Luxation (paralytische) 67. (angebome)
67. 68. 79. 80. — , Resektion b. Coxalgie 67. — , fehler-
halte Ankylose ; Osteotomia subtrochanterica 67.
Hülfssohulen f. Schwachbegabte 195.
Hüttenarbeiter, Gefthrdung d. Augen b. solch. 198.
Hnmerus, Ezartikulation , sekundäre Yeränderungen
im Rückenmark 121.
Hungern s. Inanition.
Hyalin s. Eeratohyalin.
Hydramnion, Diagnose 175.
Hydrargyrum, Vergiftung 126. 127. — , bichloratum
(Conjunctivitis durch solch, verursacht) 192. (subcon-
junctivale Ii^ektion) 193. — , Einreibungskur gegen
Diphtherie 152.
Hydrocele, b. d. Frau 262. ~, Punktion u. Carbol-
injektion 275.
Hydrocephalus internus, spast. Lähmung b. solch«
143.
Hydrosalpinx, operative Behandlung 263.
H y d r 0 1 h e r a p i e d. Magenkrankheiten 252.
Hygieine, Leitfaden ders. (von Ä, Oärtner^ 2. Aufl.)
110.
Hygieinische Meteorologie (YonW.J.vanBebber)
Hyperkeratose, Bezieh, d. Eleidins zu solch. 120.
Hyperosmie b. Tabes dorsaüs 94.
Hypnotismus u. Suggestion (von Wiüiam Hirsch)
105.
Hysterektomie, abdominale (wegen Fibrom) 171.
(wegen Myom) 172. — , Stumpfbehandlung 172.
Hysterie, Sehschwache b. solch. 70. — , b. Tabes dor-
salis 95. — , Behandlung d. Schmerzen 261.
Jahresbericht d. Orthopäd. Ambulanz in Heidel-
berg 276.
Jauche s. Düngeijauche.
Iconographie des maladies cutanees et syphiliti-
ques 212.
IctuB laryngis b. Tabes dorsalis 91.
Jejunostomie 188.
Ikterus, im Frühstadium d. Syphilis 167. — -, katarrha-
lischer nach Anwendung von Laktophenin 239. — , b.
FUixver^tung 240.
Ileus in Folge von Gallensteinen 66. -9-, Entstehung
264. — , Behandlung (medikament.) 254. (operative)
254.
Immunität, Erzeugung b. Osteomalacie 182. — . u.
Heilung, Bezieh, zur (^ulartheorie 232. —, allge-
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 3.
meine u. lokale 233. — , gegen Schlangengift, Erzeu-
gung 241.
Impuls, unwiderstehlicher, b. Epileptikern 35.
Inanition, Einfluss auf d. Wirkung d. Arzneimittel 17.
Infektion durch Bakterien aus d. eigenen Körper 10.
Infektionskrankheiten, Bedeutung der Nasen-
rachenhöhle f. d. Entstehung 45. — , Lähmung d. obem
Luftwege b. solch. 45. — , chirurgische 108. — , Er-
krankungen d. Sehorgans b. solch. 106. — , Nasenleiden
b. solch. 161. — , Isolirung u. Desinfektion 195. — , b.
Kindern 212. — , Landry'sche Paralyse als solch. 246.
— , lacunäre Tonsillitis 257.
Influenza, Lähmung d. obem Luftwege b. solch. 45.
— , Pyodermitis, Seborrhöe u. Acne b. u. nach solch. 47.
Inhalation, von Infektionskeimen 44. — , von Aether
oder Chloroform, Vergiftung 129.
Innervation d. Yerdauungskanals 7. 252.
Intercostalneuralgie b. Mandelhypertrophie 162.
Intubation, b. Kehlkopfstenosen 63. — , b. Diphtherie
151. 152. 153.
Inunktionskur gegen Diphtherie 152.
Invagination d. Darms, Behandlung 272.
Jodkalium, Nutzen b. Epilepsie 33.
Jodoform, Regeneration d. ^ochenmarks durch solch.
183.
Jodoformgaze, Tamponade mit solch, gegen Fehl-
geburt 176.
Jodoformvaselin, Injektion in Bubonen 261.
Iris, einseitige Lähmung d. Sphinkters 69.
Irresein, b. Basedowscher Krankheit 140. ~ S. a.
Geisteestörung.
Irrigation, Anwendung b. purulenter Ophthalmie 70.
Ischochymie b. Pylorusstenose 160.
Isolation b. Desinfektionskrankheiten 195.
Jungfrau von Orleans, Geisteszustand 215.
Kälte, Einfluss auf d. Absorption von Giften 18. — ,
Wirkung auf d. Diphtheriebacillen 38.
K&se, Vergiftung 242.
Kaiserschnitt, nach d. Tode b.Puerpenüeklampsie 57.
Kakke in Japan 248.
Kalium, übermangansaures (Gegengift gegen Blausäure)
19. 131. (gleichzeitige Anwendung mit Tannizi, Ver-
giftung) 134. (Gegennft gegen Colchicin) 136. (Gegen-
gift gegen Opium) 13o. — , chlorsaures, Vergiftung 126.
— S. a. Cyankalimn ; Kupferkalium.
Kalk, Verwendung zur Entfernung von Eisen aus
Wasser 197.
Kalkofen, Vergiftungs^e durch solch. verursacht 22.
Kanalgase, hygiein. Bedeutung 196.
Kardia, Carcinom, Anlegung einer Magenfistel 76.
Kartoffelplatten, Anwendung b. seitL Darmanasto«
mose 278.
Katarrh, d. Ck)iyunctiva, Behandlung 192. — S. a«
Darmkatarrh.
Kauterisation b. Ulcus serpens 70.
Kehldeckel s. Epiglottis.
Kehlkopf s. Larynx.
Kehlkopfschwindel b. Tabes dorsalis 91.
Keratitis, eitrige, anatom. Veränderungen 68. ---,
parenchymatöse. Vorkommen 69.
Keratohyalin 120.
Kerntheilung, mehrfache indirekte 5.
Kesselbrunnen, Entfernung von Eisen aus d. Wasser
196.
Kind, Chirurg. Anatomie 5. — , Bedeutung d. Schnupfens
44. — , sterilisirte Kuhmilch als Nahnmg b. Krank*
heiten 60. — , Diabetes mellitus 61. — , Hämoglobin-
urie 61. — , wirksamste Spectralstrahlen auf d. Retina
115. — , Nasenpolypen 162. — , Tripperrheumatismua
180. — , blennorrhagische Perikarditis u. Pleuritis 180.
— , hypertroph. Lebercirrhose 181. — , Infektionskrank-
heiten 212. — , Bleilähmung 247. — , Scorbut 268. — ,
ürobilinurie 269. — , in geburtshiUfl, Bexiehunfff
44
UQ
Sach-Register.
. MnskelGontraktor b. läkmpsie d. Matter 180. — S. a.
Neugeborne; Säugling; Schulkinder.
Kinderlähmung, spinale, Epidemie 31. — , Hüft*
gelenksluzation b. solch. 67. — , cerebrale (transitor.
Hemianopsie b. solch.) 143. (spastische) 143. (diple-
gische) 144. — , anatom. Veränderungen 144.
Kleinhirn, Erkrankungen 145.
Kleister s. Stärkekleister.
Klumpfuss, modellirendes Redressement 276.
Knie, Verletzung in gerichtl.-med. Beziehung 199.
J£niegelenk, irreponible Luxation 191. — , Tuber-
kulose 216.
Kniephänomen, diagnosi u. prognost Bedeutung
142. — , Verhalten während d. Schwangerschaft 175.
Knochen, Deformitäten b. hereditärer Syphilis 51. — ,
Bezieh, d. Gestalt zur Funktion 210. — , Tuberkulose
216. 277. — , intravasculares Endotheliom 235. — ,
Bildung in d. Tonsillen 236. ~ S. a. Osteitis ; Schädel-
knochen.
Knochenkrankheiten b. Tabes dorsalis 92. 93.
Knochenmark, Regeneration durch Jodoform 183.
Knollenblätterpilz, Vergiftung 239.
Knopf, Murphy* 8 b. Darmoperationen 273.
Knorpel, Bildung in d. Tonsillen 236.
Kobaltoxydulnitrat, Gegengift gegen Blausäure
19. 131.
Kochsalz, Einfluss auf d. Magenrerdauxmg 43. — 6. a.
Salzlosung.
Kochbuch, diätetisches 250. — , f. Magen- u. Darm-
kranke 250.
Körpertemperatur, Störungen durch Bakterien-
toxine 11. — , Verhalten b. Diphtherie 38. — , b.Nabel-
' erkrankungen d. Neugebomen 268.
Kohle, Vorkommen von Arsenik in solch. 125.
Kohlenoxyd, Vergiftung 21 . 22. 37. —.Selbstmord 22.
Kosotoxin, wirksamer Bestandtheil d. Jlores Koso 1 23.
Kotherbrechen, b. Dickdarmkrebs 254. — , wieder-
. holte8 254.
Krampf, d. Sympathious b. Tabes doisaüa 88. — , d.
Schlundes b. Tabes dorsalis 91.
Krampfanfälle, epileptiforme b. Osteom in d. Nasen-
höhle 162.
Krebs, primärer d. Lunge 15. — , d. Bronchen 16. — ,
d. Oesophagus 41. — , Serumbehandlung 123. — , Ver-
giftung durch Anwend. ron Arsenik 247. — , d. Duo-
denum 253. — , d. Dickdarms, Kotherbrechen 254. —
S.a. Carcinom; Gebärmutterkrebs*, Homkrebs; Magen-
krebs ; Plattenepithelkrebs.
Kreosot, Vergiftung 133.
|[re8ol, Verwendung zur Desinfektion yon Jfäkal-
massen 74.
Krystallinse s. Linse.
Kuhmilch, sterilisirte (Gehalt an Bakterien) 60. (als
Nahrung f. kranke Kinder) 60. (Zubereitung) 61.
Kunstbutter, Fabrikation 195.
Kupfer, Vorkommen in organ. Substanzen 71. — ,
schwefelsaures, Verwendung zur De»nfektion von
Fäkalmassen 74. —, Vergiftung 126.
Kupferkalium, weinsaures, giftige Wirkung 126.
Kupfernatriumtartrat, giftige Wirkung 126.
Kurzsichtigkeit, operative Behandlung 68. — , Ver-
halten d. Augenhintergrundes 70. — -, subcox^unctivale
Subümatinjektion 193.
liaburnum, Vergiftung 137.
Labyrinth, Schwindel b. Affektionen dess. 193.
Lachgas s. Stiokstoffoxydul.
Lähmung, b. Kindern (spinale, Epidemie) 31 . (spastische
cerebrale) 143. (dipleguche) 144. — , nach Diphtherie
(Veränderungen im Nervensystem) 38. (Häufigkeit) 248.
— , in d. obem Luftwegen b. Lifektionskrankneiten 45.
— , einseitige d. Nervus recurrens, Verhalten d. Ary-
. knorpel b. solch. 46. — , b. Malum Pottii 63. — , ein-
seitige d. Sphincter iridis 69. — , b. Arsenikvergiftung
125. — , d. Augenmuskeln b. Basedow'scher Krankheit
140. — , d. Abduoens b. otitisoher Meningitis 191 — ;
Duchenne'sche, cortikalen Ursprungs 245. — , tUer
4 Glieder b. Polyneuritis 246. — , akut aufsteigende
(Symptome ders. b. tödtl. verlaufender Neuritis) 246.
(Infektion als Ursache) 246. -- 8. a. Blei; Cerobni-
lahmung; Gompressionslähmung; Hemiplegie; Kinder-
lähmung; Spinalparalyse.
Laktophenin, Icterus catarrhalis nach Anwend. dees.
239.
Landry'sche Paralyse 246.
Laparohysteropexie wegen Prolapsus u.Betroflerio
uteri 54.
Laparotomie, Totalexstiipationd. Uterus mittels soloh.
172. —, b. Ileus 254.
Laryngitis stridulosa. Bezieh, zur Diphtherie 149.
Larynx, Lähmung b. Infektionskrankheiten 45. — ,
Stenose, Behandl. mittels Intubation 63. 151. 152. 153.
— , Blutungen in dems. 163. — , Gummata d. Muskeln
166. — , Oedem, Pathogenese 258. -^, Phlegmone,
Pathogenese 258. — , bösartige Erkrankungen, Behand-
lung &9. — S. a. Epiglottis ; Kehlkopfschwindel.
Larynxkrisen b. l^bds dorsalis 91.
Leber, Bedeutung d. Lymphcirkulation in ders. f. d.
coagulationhemmende Wirkung d. Peptons 12. — ,
Kupfergehalt 72. — , hypertroph. Cirrhose b. Kindera
181. — S. a. Magen-Lebemahi
Leberabscess, chirurg. Behandlung 65.
Leberkrankheiten, Ophthalmie b. solch. 70.
Le9ons cliniques sur les maladies mentales et nerveuses
(par J. Seglas, recueillies par Henry Meige) 213.
Lehrbuch, d. physiolog. Chemie (von Riehard Neu-
m^is^, 2. Theil) 102. (yonOk>fHammarsten,3.Axi&.]
209. — , d. klin. Untersuchungsmethoden (von Richard
Oeigel u. FrüxVoit) 104. — , d. Hautkrankheiten (von
Max Joseph^ 2. Aufl.) 109. — , d. gerichtl. Mediän
(von Fritx Straesmann) 220.
Leiche, Diffusion von Giften aus solch. 20. 21. — , Zer-
stückelung 200.
Leichen flecke, Fehlen nach d. Verblutungstode 75.
Leichenstarre, intrauterine 57. 200. — , katoleptische
200.
Leitfaden, d. physiolog. Psychologie (von Th. 2Xehenf
3. Aufl.) 105. — , d. Hygieine (von Ä, Gärtner, 2. Auft.)
110.
Leuchtgas, Vergiftung 21. 23. — , arsenikhaltiges 125.
Leukämie, Xanthinkörper im Harne 113. — , Ver-
halten d. Alloxurkörper im Harne 114.
Leukocyten, regenerative Vermehrung 12.
Leukocytolyse 12.
Leukocytose, Bezieh, d. Hamsäureausscheidung zu
solch. 4. — , b. d. Verdauung 159.
Licht, Reflex d. Augenlides auf solch. 8. — , hygieio.
Bedeutung 72.
Lichtquellen, irdische, hygiein. Bedeutung d. Wärme-
strahlung 72.
Li cht sinn, Perimetrie 217.
Ligamentum, rotundum, operat. Verkürzung 55. 171.
— , hepato-cavoduodenale, Persistenz 231.
Linitis plastica 161.
Linse, Entfernung wegen Myopie 68.
Lipom, d. obem Augenlides 69. — , plasi Ersatz d.
Brustdrüse durch ein solch. 270.
Lippen, primäre Diphtherie 150.
Liquor ferri sesquichlorati, Anwend. b. Diphtherie 154.
Literatur, d. rsychiatrie, Neurologie u. Psychologie
im 18. Jahrhunderte (von H. Lahr, 2. Aufl.) 105.
Lithiasis b. Kindern in Ungarn 181.
Luft, Einfluss d. Sauerstoffgehalts auf d. BespiratioB jl
Cirkulation 211.
Luftdruck, Wirkung auf d. Organismus 198. 199. 211.
Luftröhre s. Traohea.
Luft Strom, Weg dess. durch d. Nase 115.
Luftwege, obere, Lähmung b. Infektionskrankheiten 45.
Lunge, primärer Krebs 15. — , Veränderungen b. Stein-
metzen 199.
Sach-Reg ister.
347
Lasgenentzündung, cronpöse Herzschwftohe bei
solch. 79.
Langenprobe, ünzuTerlSssigkat 196.
J^uzation, d. Hüftgelenks (pandytiBohe) 67. — , anee-
bome, Behandlung 79. (Wirkung auf d. Becken) 80.
— ) 4. Kniegelenks, irrepbnible 191. — , d. kleineren
Fosswurzelknoohen, traumatische 191. — , irreducible
d. 1. Hetatarsalknochens 277. — S. a. Atlas.
Lymphe, Cirkulation in d. Leber, Bedeutung f. d. coa-
golatiotthemmende Wirkung d. Peptcns 12. — , Form-
verSnderung d. rothen Blutkörperchen in solch. 12.
-, Bildung ders. 230.
Lymphgefässe d. Nasenrachenraums, Bezieh, zur
Entstehung von Adenoidgeschwülsten 256.
Lymphom, gummatöses 167.
Lysol, Verwendung zur Desinfektion von Fäkalmassen
74. —, Vergiftung 132. — , Selbstmord durch solch. 132.
Pyk
en, Divertikel 41. — , Fettgranula in d. Drüsen d.
Loras 42. — , Verdauung (im gesunden) 42. (Eäm-
flxifis d. Kochsalzes u. d. Rohrzuckers) 43. (Einfluss d.
Sensibilität) 44. — , normales Verhalten d. Balzsäure
43. — , motorische Thätigkeit 44. 157. — , Druck in
dems. 44. — , Durchleuchtung 77. 157. — , Morphium
in solch, nach subcutaner Injektion 138. — , Ausspü-
lung b. Opium Vergiftung 138. — , diagnost. Bedeutung
d. Milchsäure in dems. 156. — , Aceton in dems. 157.
— , Verletzung d. Schleimhaut b. Ausspülung 158. ~,
Erweiterung, Begriff 160. — , Atrophie d. Schleimhaut
161. — , Sklerose 161. — , Indikationen u. Methoden
d. Operationen an dems. 187. 188. — , Schussverletzung
190. — , Elektrisation 251. — 8.a. Gastroenterostomie;
Gastrostomie; Kardia; Pylorus; Sanduhrmagen.
Magenblutung, Bezieh, zur Menstruation 159. — , b.
Verletzungen 159.
Magendarm k anal, Behandlung d. Stenosen 188.
Magen fistel, operative Anlegung 76. 157.
Magengeschwür, neben Magenkrebs 159. — , Chirurg.
Behandlung 160.187. —, Perforation (Behandlung) 189.
(Peritonitis nach solch., Behandlung) 189.
Magenkrankheiten, Diagnose 154. 155. 156. 157.
15i3. — , Untersuchung d. Harns 156. — , Bezieh, zu
Verletzungen 159. — , Diätetik 250. — , Behandlung
(medikamentöse) 251. (hydropathische) 252.
Magenkrebs, in d. Pars pylorica, Resektion 76. — ,
diagnost. Bedeutung d. Müchsäure im Magensaft 156.
— , zeitige Diagnose 159.
Magenkrisen b. Tabes dorsalis 88.
Magen-Lebernaht 188.
Magensaft, Salzsäure in solch, (normales Verhalten) 43.
(Nachweis) 155. 156. — , Einwirkung auf altbackenes
u. frisches Brot 71. — , diagnost Bedeutung d. Milch-
säure in dems. 156. — , Verhalten während d. Schlafs
251.
Magensaftfluss 160.
Magensäure, Bindung durch d. Speichel 251. — S. a.
Magensaft
Magenschmerz als Aequivalent d. Migräne 243.
Magnet, Entfernung von Eisensplittem aus dem Auge
mittels dess. 70.
Malaria, mit Syphilis complicirt, Behandlung mit
Schüddrüsenextirakt 169.
Mal um, Pottii (Deformation d. Aorta b. solch.) 63.
(Paralyse b. solch.) 63. — , perforans b. Tabes dorsalis 89.
Mamma, Chondrom 270. — , plast Ersatz durch ein
Lipom 270. — , Behandlung d. Cysten 270. — S. a.
Oynäkomastie.
Manchinellbaum, Vergiftung durch d. Frilohte 240.
Man z* sehe Drüsen in d. Goi^unctiva 113.
Marschfahigkeit, Beeinträchtigung durch Plattfuss
277.
Masern s. Morbilli.
Massage, d. Haut b. Acne faciei 48. — , nach Thure
Brandt 169. —, gegen Migräne 244.
Mastdarm s. Bectom»
Mastitis, diffuse syphilit. b. Männern 169.
Medicin, gerichtliche, Lehrbuch ders. (von Frttx
Strcusmcmn) 220.
Melancholie, Bezieh, zu Verrücktheit 149.
Meningitis, tuberkulöse, Hemiplegie b. solch. 143.
— , nach Otitis, Stauungspapille u. Dlhmung d. Abdu-
cens 194. — S. a. Pachymeningitis.
Menstruation, Bezieh, zu Magenblutungen 159. — ,
Bezieh, zu Migräne 244.
Meral^ia paraesthetica (von Wladimir K RoÜi) 214.
Merycismus 161.
Metatarsus, irreducible Luxation d. I.Knochens 277.
Meteorologie, hygieinisch^ (von W,J, van Bebher)
223.
Methode, neue d. Asepsis (von Otto Ihle) 216.
Methylzanthin, Stoffwechselprodukt d. Ck>ffein u.
Theobromin 18.
M e t r i t i s , chronica, Behandlung 173. — , gonorrhoica
173.
Miessmuscheln, Vergiftung durch solche 242.
Miethwagen, Kohlenozydvergiftung durch Fuss-
wärmer in solch. 22.
M i g r ä n e , b. Metritis chronica 173. — , transitor. Geistes-
störung b. solch. 2^. — , Magenschmerz als Aequi-
valent 243. — , epileptoide 243. — , Verhalten d. (Ge-
sichtsfelds 243. — , aphat Anfälle b. solch. 243. — ,
Beziehung zur Menstruation 244. — , Gichtknoten in d.
Haut 244. — -, Wirkung d. Salophens 244. — , mechan.
Behandlung 244. — S. a. Augenmigräne.
Mikroorganismen, pathogene, Wirkung d. Seifen-
lösungen 75. — , als Ursache d. Amyloids 120.
Milch, Fettausscheidung aus sterilisirter 61. — , Ver-
breitung d. Typhus abdominalis durch solche 195. —
S. a. Dauermilch; Kuhmilch.
Milchsäure, im Magensaft, diagnost Bedeutung 156.
Milz, wandernde, Splenopexis 66. — , Echinococcus,
Splenektomie 66.
Milzbrand, Infektion b. Menschen 219.
Milzbrandbacillen, Wirkung auf d. Cornea 117.
Mineralsäuren, Vergiftung 23.
Mirbanöl, Vergiftung 134.
Mittelohr, Erkrankungen nach Diphtherie, Bezieh,
zum DiphtheriebaciUus 149.
Möller'sche Krankheit 268.
Morbilli, Group b. solch. ,* Bezieh, ziun Diphtherie-
baciUus 149. — , Inoubationsdauer 195.
Morbus s. Barlow'sohe, Basedow'sche Krankheit
Mord durch Gift 75.
Morphium, Wirkung auf d. Darmperistaltik 1 24. — ,
Erbrechen nach d. Aiiwendung 124. — , Antagonismus
mit Atropin 124. — , Wirkimg auf d. Speichel- u.
Schweissdrüsen 124. — , im Magen nach subcutaner
Injektion 138.
Mucedinee, pyogene 233.
Mund, Geschwüre b. Tabes dorsalis 91*
M u r p h y 's Anastomosenknopf 273.
Muscheln s. Mieesmusoheln.
Musculus sphinoter iridis, einseitige Lähmung 69.
Musee de Thopital St-Louis ä Paris (Iconographie des
maladies cutaneee et syphilitiques) 212.
Muskelarbeit, Bezieh, zum Glykogenverbrauch 227.
Muskelatrophie, progressive (spinale) 29. (anomale
Form) 31. (neuritische) 31. (verschied. Formen) 246.
— , neurale 30. — , patholog. Anatomie 31. — S. a.
Amyotrophie.
Muskelfasern, quergestreifte, in einer Geschwulst d.
Nierengegend 235.
Muskeln, Physiologie d. Gontraktion 7. — , d. Kehl-
kopfe, Gummata 166. — , (Kontraktur amFoetus in utero
b. Puerperaleklampsie ISO. — , Waohsthum (eigen-
thüml. Vorgänge) 227. (Einfluss d. Nervensystems) 227.
— 8. a. Myasthenia.
Muskelplasma, EiweisskÖrper dess. 225.
Muskelsinn, Verhalten b. Tabes dorsalis 88.
848
Sach-Begister.
Masknlatar d. Danns, Innervation 7.
Hatterkorn s. Seeale.
Myasthenia gravis p6eadoparal3rtioa 245.
Mvelitis durch Ck>mpre88ion, Eröfbung des Wirbel-
jcanals 146.
Myelomeningitis chronica 146.
Myelom, intravasctdäres in d. Knochen 235.
Myelopathiapost-neoritica 121.
Mykose s. A speijgillnsmykose.
Myokardium, Augmentation 119.
M y 0 m , d. Uterus (Hysterektomie) 172. (Operation, Stiel-
Versorgung) 172. — , d. Hamhlase 274. — S. a. Fibro-
myom.
Myopie, operative Behandlung 68. — , Verhalten des
Augenhintergrundes 70. — , subcoiyunctivaleSublimat-
ixgektion 193.
Myosinogen 225.
M y 0 1 0 n i a congenita (Vorkommen, Symptome, Diagnose)
147. (mit Paramyotonie) 148.
M abel, Erkrankung b. Neugebomen 268.
Nachtblindheit 218.
Naev US linearis 164.
Nagel, Extension an solch, b. Fmger- u. Zehenfrakturen
67. — , Histologie d. gesunden u. kranken 164.
Nahrungsmittel, Vorkommen von Kupfer in solch. 72.
Naht 8. Darmnaht; Harnblase; Magen-Lebemahi
Narben, Vermeidung b. Operationen an Oesioht u. Hals
62. — , d. Cornea, eigentiiüml. Gebilde mit Amyloid-
reaktion in solch. 119.
Narbenstriktur, d. Oesophagus, Behandlung 187.
— , d. Vagina durch einen Fremdkörper 261.
Narkose, durch Aether, Chloroform oder Bromftthyl,
Vergiftung 129. — , chirurgische, Statistik 181.
Nase, temporäre Resektion d. Knochen zur Freilegung
d. Oesichtssinus 62. — , Weg d. Luftstroms durch dies.
115. — , Ansamml. käsiger Massen in ders. 161. — ,
Osteom in ders., epileptiforme Anfälle 162. — , Schwel-
lung d. Schleimhaut, Elektrolyse 162. — S. a. Rhinitis.
Nasenkrankheiten, b. Schulkindern 44. — , b. In-
fektionskrankheiten 141.
Nasenpolyp, b. Basedow'soher Krankheit 141. — , b.
Kindern 162.
N a s e n r a c h e n h ö h 1 e , Aufiiahme von Infektionskeimen
durch dies. 45. — , AdenoidgeschwtQste, Entstehung 256.
Nasenscheidewand, Verkrümmungen u. Verbiegun-
gen (Elektrolyse) 162. (Operation) 162. — , perforirendes
Geschwür 199.
Natriumdiosulphat, Entgiftung d. Blausäure mittels
solch. 19.
Natron, benzoesaures, Anwendung bei Diphtherie 40.
— , schwefligsaures, Wirkung b. Phenol Vergiftung 238.
— , doppeltkohlensaures, Wirkung auf den Magen 251.
N a u s e a , durch Morphium erzeugt 124.
Nebenniere, physiolog. Wirkung d. Extraktes 116.
Nekrose, durch Seeale comutum verursacht 138.
Nerven, peripherische, Muskelatrophie von solch, aus-
gehend 30. — , Anordnung u. Endigung im Ovarium
115. —, d. Schilddrüse 140.
Nervenfasern, Kreuzung im Chiasma nervorum opti-
corum 69.
Nervenkrankheiten s. Lebens.
Nervensystem, Veränderungen in solch, b. diphther.
Lähmung 38. --, Einfluss auf d. Wachsthum d. Muskeln
227.
Nervenwurzeln, hintere, motor. Funktion 7.
Nervenzellen, Veränderungen durch d. Funktion 6.
Nervosität d. Schuiyugend (von Heinrieh Sekuachny)
221.
Nervus, abdueeru, Lähmung b. otitischer Meningitis
194. — , eHiaris, vordere Aeste 70. — , ctUanetis femo-
rts extemus, Parästhesie im Bereiche dess. 214. — ,
opticus (Kreuzung d. Fasern im Chiasma) 69. (Stauungs-
papille) 194. (Hämatom b. Hirnblutung) 194. — , reeur^
renMy einseitige Lähmung, Verhalten (d. Epiglottis) 45.
(d. Aryknorpd) 4^. — , tympathieus, Krampf b. TAß&
dorsalis 88. — , trigeminus^ Freüeguns d. 3. AsteslSi
— , ulnari8 (Analgesie b. Tabes dorsaus) 89. (Disbki-
tion) 249. — , vagus, Innervation d. VerdauungskanaU
durch solch. 252.
Netzhaut s. Retina.
Neubildungen, inoperable bösartige, Behandlung mit
Bakteriengiften 182.
Neugeborne, Hamsekretion b. solch. 9. — , Vorkommen
von Historien im Scheidensekret 59. — , Sterblichkeits-
verhältnisse 60. — , purulente Ophthalmie, Behaadlung
180. — , Behandlung d. Conjunctivitis 192. — , Erkran-
kungen d. Nabels 268.
Neuralgie, subdurale Resektion der hinteren Rücken-
markswurzeln b. solch. 65. — S. a. Interoostalneunügie.
Neurektomie d. 3. Astes d. Trigeminus 184.
Neuritis, Muskelatrophie b. solch. 30. 31. — ^ Bückea-
markserkrankung nach solch. 121. — , multiple (niek
Schwangerschafk u. Entbindung) 246. (tödtl. VerUraf
unter dem Bilde der Landry*schen Paralyse) 246. (bei
Arsenikvergiftung) 247. — , peiipherische alkohoL bei
einem Greise 248.
Neurologie s. Literatur.
Neurone 97.
Neurose, traumatische (period. Schwankungen in den
Funktionen d. Binde) 145. (Gresichtsfeldermüdung) 195.
— S. a. Dermatoneurose; Papilloma; Beflezneurose.
N i 0 0 1 i n , im Tabakrauch 137. — , Vergiftung 137.
Niere, Geschwulst mit quergestreiften Muskelfasern m,
d. Umgebung 235. — , angeb. Cystenentartnng 236.
Nierenlrankheiten, Geistesstörung b. solch. 36.
Nitrobenzol, Vergiftung 134.
Nuhn'sche Drüse, syphilit. Erkrankung 166.
Oberarm, Ezartikulation, sekundäre Verfinderongen
d. Rückenmarks nach solch. 121.
Oberschenkel, Parästhesie 214.
Oedem d. Kehlkopfs, Pathogenese 258.
Gel, Einlaufe gegen chron. Verstopfung 255.
Gesophagismus b. Hypertrophie d. Mandeln 162.
Oesophago skopie 41.
Oesophagus, Divertikel (Pulsionsdiv.) 41. (Traktions-
div.) 41. (tiefutzendes, Diagnoee) 42. (AnWnng einer
Magenfistel) 76. — , Untersuchung 41. — , Krebs 41. 186.
— , Narbenstriktur (Perforation in d. Pleurahöhle b. d.
Sondirun^) 42. (Behandlung) 187. — , Resektion 186.
Oesterreich-Üngarn, j^ysisoher Bückgang d. Be-
völkerung 71.
Ohrs. MiUelohr; Otitis.
Operation, Alexander' a 55. 171.
Ophthalmie, sympathische 69. — , von d. Leber aus-
gehend 70. — , purulente (Behandlung mitlrrigationeo)
70. (b. Neugebomen, Behandlung) 180. —, ägyptische,
Verbreitung 278. — , epidemische 279. — 8. a. Pm-
ophthalmie.
Ophthalmologie, Stereoskop. Atlas (von Bratm-
eehtceig) 109.
Ophthalmoplegie, b. Tabes dorsaus 89.94. — , b.
Basedow*8oher Krankheit 140.
Opium, Vergiftung, Behandlung 138.
Orcein, Wirkung b. Magenkrankheiten 251.
Orthopädie, bricht über d. Ambulanz f. solche in
Heidelberg 276. — , Verwendung d. Schienenhülsen-
apparate ^76.
Osmose s. Spannkraft
Osteitis deformans rBeschafifenh. d.Ejiochen) 80. (Ver-
änderungen im BücKenmark) 121.
Osteom, in d. Nasenhöhle als Urs. epileptiformer An-
fille 162.
Osteomalacie, b. Tabes dorsalis 90. — , Verlauf 266.
— , angebome, Verhalten d. Ovarium 266. — , Behinde-
rung d. Abduktion 267.
Osteomyelitis, Immunisirungsversuche 182. — , akute
d. Wirbelsäule 184.
Saoh-Begister.
349
Osteoperiosteitis deformans in Folge von Syphilis
268.
Osteotomia subtroohanieiioa bei Hüftgelenksanky-
1086 67.
Otitis, media Ofeningitis nach soloh.) 104. (psendo-
membranaoea, Bezieh, zum Diphtheriebaoillas) 149.
Ovariam, Anordnmig n. Endigang d. Nerven in dems.
115. — , Kystom 235. — , Hernie 262. — , papilläre Ge-
sohwülste 264. — , Gesohwnlst als Complikation der
Schwangerschaft 265. — , Verhalten b. angeb. Osteo-
malade 266. —, Abtragung, Einflnss auf d. Stoffwechsel
266.
Ozene (par Paul Tissier) 217.
Pachymeningitis cervicalis h3^rtrophica 146.
Pankreas, Wirkung d. Saftes auf Stärkekleister 3. — ,
Bau d. Drüsensellen 6. — , Banula 41.
Fan Ophthalmie, Enucleation d. Auges 279.
Papa in, lokale Anwendung b. Diphtherie 40.
Papilla nervi optici s. Stauungs^pille.
Papille ma, neuropathicum d. Haut 164. — , d. Ova-
rium264.
Parabansäure, physiolog. Wirkung 114.
Parästhesie am Oberschenkel 214.
Parakeratose, Bezieh, d. Eleidins zu solch. 120.
Paralyse, allgemeine progressive (vorhergegangene
Psychosen) 36. (Bezieh, zu Tabes dorsalis) 88. 89.
(ietiologie) 249. (frühzeitiffe Symptome) 249. — S. a.
Bulb&rparalyse; SpinalparaTyse.
Paralysis labio-glosso-laryngea, oortikaler Ursprung
245.
Paramilchsäure in normaler Perikardialflüssigkeit
226.
Paramyosinogen 225.
Paramyotonie, Wesen, Diagnose 147. — ,b.Myotonia
congenita 148.
Paranoia, chronische b. Epileptikern 33. — , Bezieh.
zu Quänüantenwahn 35.
Parasiten im Utemscarcinom 118.
Parotis, syphilit Erkrankung 166.
Patellareflex, Verhalten während der Schwanger-
schaft 175.
Pathologie, Bezieh, zur Biologie 6.
Pelletierin segen Bandwurm 256.
Pemphigus, hereditärer chronischer 163. — , vulgaris,
Aetiologie 163.
Pepsin, Wirkung 3.
Pepsinverdauung, künstliche 43.
Pepton, Wirkung auf d. Gerinnbarkeit d. Blutes 11. 12.
Perikardialhöhle, Paramilchsäure in d. normalen
Flüssigkeit 226. — , Regelung d. osmot. Spannkraft in
d. Flüssigkeiten 229.
Perikarditis, blennorrhag. b. Kindern 181.
Perimetrie d. lichtsinns 217.
Perinephritis, eiterige, subphren. Abscess 272.
Periostose d. Schädeldachs öO.
Peristaltik, d. Darms, Wirkung d. Morphium auf dies.
124.
Perithelsarkom im Gehirn 184.
Peritonaeum, Bauu. Aufsaugungsvermögen 228. — ,
Hemmungsbildungen 231.
Peritonitis nach Perforation von Magengeschwür,
Behandlung 189.
Perityphlitis, eiterige, subphren. Abscess 272.
Pes valgos, Aetiologie u. Behandlung 192. — , Operation
192.
Petroleamäther, Vergiftung 129.
Pfeil gifte 239.
Pflanzengifte 239.
Phallin 240.
Pharyngotherapie 44.
Pharynx, Lähmung in solch, bei Infektionskrankheiten
' 45. — , Krampf b. labes dorsalis 91. — , syphilit Granu-
lationageachwnlst 166. -— , chron. Katarrh, Ursachen
u. Behandlung 257. — , Erysipel, Pathogenese 258. — ,
Phlegmone, Pathogenese 258.
Phenol, Vergiftung, Wirkung d. Schwefelverbindungen
237.
Phlegmone d. Pharynx u. Laraix, Pathogenese 258.
Phosphor, Vergiftung (akute) 24. 25. (chronische) 26.
— , Wii'kung for^esetzter Anwendung kleiner Gaben 27.
— , Wirkung 237.
Phosphorismus, chronischer 26.
Phosphorsäure im Harne, Verhalten b. akuter Phos-
phQrvergiftung 25.
Physicus, d. preussische (von Schhekow, 4. Aufl.,
bearb. von E. Roth) 222.
Physikatsexamen (von M, Euff) 223.
Pilze, Vergiftung durch solche 239.
Pityriasis versicolor, Behandlung 48.
Placenta, Durchgängigkeit f. d. syphilit Virus 48.- 49.
— , praevia, Behandlung 177. — , Betention, Folgen 177.
— , Nekrose d. zurückbleibenden Beste 177.
Plattenepithelkrebs im Mastdarm 15.
Plattfuss, Aetiologie u. Behandlung 192.277. •—, Ope-
ration 192. —, Nachtheile 277.
Plattfussschuh 192.
Platyknemie210.
Pleuritis, blennorrhagische, b. Kindern 180.
Pocken s. Variola.
Polyneuritis, nach Schwangerschaft u. Entbindung
246. — , tödtl. Verlauf unter d. Bilde d. Landry*schen
Paralyse 246. — , b. Arsenikvergiftung 247.
Polyp in d. Nase (b. Basedow'scher Krankheit) 141.
(b. Kindern) 162. — , im Darm 271.
Pott'sches Wirbelleiden s. Malum.
Pregel, Untersuchung d. Wassers 196.
Processus vermiformis (Anatomie) 231. (Bezieh, zu
Typhlitis) 253. (ulceröse Entzündung, Perforation) 271.
Prostata, Hypertrophie, Behandlung (Prostatektomie)
275. (Gastiration) 275.
Proteosen in serösen Ergüssen 225.
Protoplasma, lebendes, Wirkung d. eiweiss verdauen«
den Fermente auf solch. 3. 42.
Protozoen im Utemscarcinom 118.
Psoriasis palmaris, syphilitische 169.
Psychiatrie s. Literatur.
Psychologie, Leitfaden der physiobgischen (von
m ZiOtm^ 3. Aufl.) 105. — S. a. Literatur.
Psychose s. Geistesstörung.
Puerperaleklampsie, Pathologie 56. — , patholog.
Anatomie 57. — , Ursachen 57. — , Verhalten d. Fötus
in utero (Leichenstarre) 57. (Muskelcontrakturen) 180.
— , Kaiserschnitt nach d. Tode 57. — , Behandlung 58.
80. 179. — , Stoftwechselprodukte als Ursache 179.
Puerperium, Endocarditis vegetans in Folge dess. 119.
— , Polyneuritis nach solch. 246.
Puls, VerlansMunung (als Urs. von epileptiformen Con-
vulsionen) 32. (im Wochenbette) 266.
Pulsionsdivertikel d. Oesophagus 41.
Purpura senilis 259.
P y ä m i e s. Staphylokokkenpyämie.
P y 1 0 r u s , Fettgranula in d. Drüsenzellen 42. — , Resek-
tion 76. 188. —, Striktur (operative Behandlung) 159.
188. (Formen) 160. (Ischochymie b. solch.) 160.
Pyloruskrebs, operative Behandlung 76. 159.
Pyodermitis bei u. nach Influenza 47.
Pyosalpinx, operative Behandlung 264.
Pyrogallol, Vergiftung 134.
Quaerulantenwahnsinn, Diagnose 35. —.seine
nosolog. Stellung u. forens. Bedeu^g (von E, Hüx4g)
214.
Quecksilber s. Hydrargyrum.
Querlage, verschleppte, Behandlung 178. — , dorso-
posteriore, Decapitation, Wendung 178.
Quetschung d. Herzens als Ursache von Herzfehlern
27L
350
Saoh-Beg ister.
R a n u 1 a pancreaiica 41 .
Baute von Miohaelis 175.
Bectum, Plattenepiüielkrebfi 15. — , taberkulose Yer-
engong 254. — , stenosirendes Geschwür 254. 274. — ,
Zerreissung b. Operation wegen Pyosalpinz 264.
Beflex b. Suggestion 106. — , oortikaler Mechanismus
116.
Beflexneurose in Folge von Hypertrophie d. Ton-
sillen 162.
Begenbogenhaut s. Iiis.
Beichsgewerbeordnung, Bestimmungen über die
Ausübung d. Heilkxmde 223.
Besektion, d. Nasengejüstes zur Freüegung d. Ge-
sichtssinns 62. — , subdurale d. hintern Bückenmarks-
worzeln 64. — , d. Hüftgelenks b. Goxalgie 67. — ,
d. Pylorus 76. 188. — , d. Oesophagus wegen Garcinom
186. — , d. Bectum wegen stonosirenden Gesofawüi's
274.
B e s 0 r 0 i n , Bestimmung d. freien Salzsfiure im Magen-
saft mit solch. 156.
Besorption d. Flüssigkeiten in d. Bauch- u. Peri-
kardialhöhle 229. 231.
Bespiration, Störung d. Verbrennung b. solch, durch
Bakterientozine 11. — , Gaswechsel b. Schilddrüsen-
therapie 139. — , Einfl. d. Aenderungen d. Drucks u.
d. SauerstofGsgehalts d. Luft 211.
Bespirationsorgane, Aspergillusmykosen in dens.
117. — , Yerftnderungen b. Carbols&urevergiftuug 132.
B e t i n a , Bau ders. 96 flg. 201 flg. — , wirksamste Strahlen
d. Speotrum auf dies. b. Kindern 115. — , Ablösung,
spontane Heilung 194. — , Farbenempfindung 2^. — ,
Fonktionsprüfungen d. Peripherie 217.
Bhachitis, Spontanheilxmg d. Verkrümmungen 190.
— , akute 268.
Bheumatismus. Anwendung des Amygdalophenins
17. — S. a. Tripperrheumatismus.
Bhinitis fibrinoea, Bezieh, zu Diphtherie 150.
Biesenwuchs, angebomer fortschreitender 268.
Biesenzellensarkom, centrales d. Calcaneus 191.
Bohrzucker, Einfluss auf d. Magenverdauung 43. — ,
Inversion im Dünndarme 232.
Bothsehen, Vorkommen, Ursachen u. Symptome 68.
Bückenmark, hintere Nervenwurzeln (motor. Funk-
tionen) 7. (subdurale Besektion) 64. — , elektr. Erreg-
barkeit 7. — , Geschwulst, Diagnose, operative Behand-
lung 27. 28. 29. 65. — , Muskelatropbie von solch,
ausgehend 29. — , bulbärer Symptomencomplex ohne
anatom. Befund 31. — , Verhalten d. Hinterstränge b.
Tabes dorsalis 92. — , Veränderungen b. Osteitis defor-
mans 121. — , Erkrankung nach Neuritis 121. — ,
sekundäre Veränderungen nach Exartikulation des
numerus 121. — , Pachymeningitis cervicalis hyper-
trophioal46. — , Compressionslähmung, Extension 185.
— S. a. Gentralnervensystem ; Myelitis ; Syiingomyelie.
Sachsen, Königreich, Diphtheriebewegung 152.
Säugling, Sterblichkeitsverhältnisse 60. ->, Ernäh-
rung 61.
Säure s. Mineralsäuren.
Salophen, gegen Migräne 244.
Salpetersäure, Vergiftung 24
Salz s. Kochsalz.
Salzlösung, Formveränderung d. rothen Blutkörper-
chen in solch. 12.
Salzsäure, Vergiftung 24. — , normales Verhalten im
Magen 43. — , Nachweis im Magensaft 155. 156.
Sand, Filtration durch solch. 73.
Sanduhrmagen 161.
Sarcoma, deciduocellulare d. Uterus 52. — , chorio-
cellulare nach Betention der Placenta 178. — , Be-
handlung mit Bakteriengiften 182. — S. a. Perithel-
aarkom.
Sauerstoff, Wirkung auf anaerobe Bakterien 10.
Schädel, Vererbung d. Grösse u. Form 5. — -, Trepa-
nation wegen Epilepsie 33. — , Periostose 80.
Schädelfraktur, ohne äussere Verletzung u. ohne
auffällige Symptome 75.
Schädelknocnen, Defekte, Behandlung 184.
Schanker d. Tonsille 165. — , weicher, Behandlung 260.
Scheide, zur Lehre von d. angebomen u. erworbenen
Verwachsungen u. Verengungen (von F. L. Ntiugebaiuer)
211.
Schienbeinform, die mechan. Bedeutung ders. (von
H. Hirsch) 210.
Schienenhülsenapparat, Anwendung in d. Ortho-
pädie 276.
Schilddrüse, Funktion 1 20. — , therapeut. Anwend.
(Stoffwechsel b. solch.) 122. 123. (b. Basedow'Bcher
Krankheit) 139. 142. (respirator. Gaswechsel b. solch.)
139. (b. maligner Syphilis mit Malaria) 169. — , Ner-
ven ders. 140. — S. a. Thvreoidektomie.
Schimmel s. Verschimmdb.
Schlaf, Verhalten ^d. Magensaftes während dess. 251.
Schlangengift, Wirkungen u. Eigenschaften 241.
— , Immimität gegen solch. 241. — , Abschwächung
durch Hitze 241. — , Strychnin als Gegenmittel 247.
Schleimhaut, Absorption von solch, aus 116. — 8.a.
Gebärmutter; Majgen; Nase.
Schleimhautleisten an d. Stimmbändern 105.
Schleimpolypen in d. Nase b. Kindern 162.
Schleussengase. hygiein. Bedeutung 196.
Schlundkrampf b. Tabes dorsalis 91.
Schlundsonde, Ernährung mit ders. b. Diphtherie
154.
Schmerz, hysterischer, Behandl. 261 . — S. a. Analgesie.
Schmerzsinn, Prüfung and. Cornea u.Cozijunctiva 70.
Schmierkur gegen Diphtherie 152.
Schnupfen, Bedeutung b. Kindern 44.
Schulbank, neue (von W, BeUig) 222.
Schulen, ländliche, hygiein. Anforderungen an solche
(von Solbrig) 221. — S. a. Hülfeschulen.
Schuljugend, Nervosität ders. 221.
Schulkinder, Nasenkrankheiten 44.
Schultergelenk, Exartikulation d. Oberarms, sekun-
däre Veränderungen d. Bückenmarks im Gefolge 121.
Schussverletzung d. Magens 190.
Schwachbegabte, Hülfisschulen f. solche 195.
Schwamm s. Hausschwamm.
Schwangerschaft, Bakterien im Genitalsekrete 58.
— , Wirkung vorher ausgeführter Vaginofixatio uteri
174. — , diagnost. Bedeutung d. Fluktuation d. Uteros
175. — , Verhalten d. PateUarreflexes 175. — , Poly-
neuritis nach solch. 246. — , Ovariengeschwulst ids
(Komplikation 265.
Schwefel, neutraler, Einfl. d. EiweisszerMls auf d.
Ausscheidung 113. — , Wirkung d. Verbindungen b.
Phenolvergütung 237.
Schwefelnatrium, Entgiftung der Blausäure mit
solch. 19.
Schwefelsäure, Vergiftung 23.
Schweflige Säure gegen Pityriasis versicolor 48.
Schwefligsäureanhydrit, Vergiftung 23.
Schweiss s. Fusssch weiss.
Schweissdrüsen, Wirkung d. Morphium auf dies.
124.
Schwindel, b. Erkrankungen d. Labyrinths u. d. Augen
193. — S. a. KehlkopfechwindeL
Scorbut, b. Kindern 263.
Seborrhöe, Behandl. 46. — , bei u. nach Infiuenaa 47.
Seeale comutum, Vergiftung 138.
Sectio, caesarea post mortem b. Puerperaleklampsie
57. — , alta, Blasennaht nach solch. 274.
Sehnenreflexe s. Kniephänomen.
Sehorgan, Behandl. der bei Infektionskrankheiten vor-
kommenden Erkrankungen dess. (von 0. EversbuKh)
108. — , Behandl. der bei Vergiftungen vorkomiaenden
Erkrankungen dess. (von 0. Miersbuseh) 108.
Sehschwache, hysterische 70.
Seh Störung b. Tabes dorsalis 93. — , nach Filixyer*
giftung 240. — , b. Käsevergiftung 242.
Sach-Begister.
351
Seife, Besinfekiionskrafi; d. Lösungeii 75.
Sekretion d. Zelleo, Bedeutung d. Kerns 6.
Selbstmord, durch Kohlenoxyd 22. — -, psych. Stö-
roDgen nach versuchtem 36. — , durch Lysol 132. — ,
dnrch Cocain 136.
Selbstverdauung, Verhütung ders. im Magen 42.
Sensibilität, d. Magens, Einnuss auf d. \^rdauung
44. », Störungen b. Tabes doisalis 89. 90. — S. a
Dmcksinn ; Schmerzsinn.
Septum narium, Yerkrümmungen u. Yerbiegungen
(Elektrolyse) 162. (operative Behandlung) 162. — , per-
forirendes Geschwür 199.
Sernm s. Blutserum; Erysipelserum ; Exsudat
Serumbehandlung, b. Krebs 123. — , d. Diphtherie
153.
Silber s. Argentum; Argyrie.
Simulation d. Oesichtsfeldermüdung 195. — 8.a. Yor-
tänschung.
Singultua, b. Fötus im Uterus 180.
Sinnesorgane, Störungen b. Tabes dorsalis 93. 94.
Sklera, Staphylom 217.
Sklerose d. Magens 161. — S. a. Arteriosklerose.
Skoliose, abnorme Torsion d. Wirbelsäule 63. — , alter-
nirende, neuropathische 186. — , mechan. Behandlung
186. — , anatom. Yeränderungen 186.
Skotom 8. Flimmerskotom.
Soldaten, Beeinträchtigung d. Marschföhigkeit durch
. PUttfosse 277.
Somatose, Anwendung 17. 251.
Sonde, Durchstossung d. verengten Oesophagus mit
ders. 42.
Spannkraft, osmotische d. Flüssigkeiten, Regelung in
Bauch- u. Perikardialhöhle 229.
Spectrum, wirksamste Strahlen auf d. Retina d. Kinder
115;
Speichel, Wirkung auf Stärkekleister 3. — , Einwir-
kung auf frisches u. altbackenes Brot 71. — , Bindung
d. Magensäure durch solch. 251.
Speicheldrüsen, Wirkung des Morphium auf dies.
124.
Speichel fluss b. Tabes dorsalis 91.
Speiseröhre s. Oesophagus.
Sphincter 8. Musculus.
Sp in al nerven, motorische Funktion d. hintern Wur-
zeln 7.
Spinalparalyse, infantile, Epidemie 31.
Spirillen in Düngeijauche 197.
Spien ektomie wegen Echinococcus d. Milz 66.
Splenopexis b. Wandermilz 66.
Spondylitis mit Compressionsmyelitis, Eröffnung d.
Wirbelkanals 146.
Staat 8. Colturstaaten.
Stärkekleister, Wirkung d. Speichels, d. Darm-
saftes, d. Pankreas u. d. Blutes auf solch. 3.
Staphylokokkenpyämie, Osteomyelitis als solche
182.
Staphylom, d. Cornea u. Sklera (von Ä, Vossit^)
217.
Statistik, d. Tabessymptome 90. — , d. Narkosen 181.
Status epilepticns 33.
Stauungspapille, mit Abducenslähmung bei otit
MeningitiB 149. — , Diagnose u. Behandlung 194.
Stechapfelsamen, Yergiftung 136.
Steinkrankheit b. Kindern in Ungarn 181.
Steinmetz, Yeränderungen d. Lunge 199.
Steinschnitt, hoher. Blasennaht b. solch. 274.
Stenose, d. Oesophagus 42. — , d. Larynx, Behandl.
mit Intubation 63. — , d. Pylorus, operative Behandl.
188. — , d. Magendarmkanals, Behandl. 188.
Sterblichkeit, d. Neugebornen u. Säuglinge 60. — ,
an Diphtherie 151. — , b. Nabelerkrankungen d. Neu-
gebomen 268.
Sterilisation d. Milch 61.
Stichverletzung d. Zwerchfells 271.
Stickstoff, Bezieh, d. gesammten Ausscheidung zur
Acetonausscheidung 4. — , Yerhalten d. Ausscheidung
b. Sublimatvergiftung 127.
Stickstoffozydul, Yergiftung 23.
Stillen, Einfl. auf d. Ernährung d. Neugebornen 9.
Stimmband, Schleimhautleisten am Rande 1 15.
Stoffwechsel, bei Eohlenoxyd Vergiftung 22. — , bei
Schiiddrüsentherapie 122. 123. — , Einfluss d. Abtra-
gung d. Ovarien 266.
Stoffwechselprodukte, als Ursache d. Puerperal-
eklampsie 179.
Strahlen d. Spectrum, wirksamste auf d. Hetina d.
Kinder 115. ^
Stramonium, Yergiftung 1;^.
Streptokokken, Züchtung 10.
Striktur s. Narbenstiiktur.
Strychninals Qegenmittel gegen Schlangengift 242.
Sublimat s. Hydrargyrum.
Suggestion, Anwendung b. Behandlung d. Tabes dor-
salis 95. •— , u. Hypnotismus (von William Hirsch)
105. — , u. Reflex (von Schaffer) 106. — S. a. Yer-
antwortlichkeit
Sulfonal, Yergiftung 130.
Suspension, Wirkung b. Tabes dorsalis 91.
Sykosis s. Trichophyton.
Sympathicus s. Nervus.
Syphilis, Yererbung 48. 49. 50. — , Durchgängigkeit
d. Flacenta f. d. Yirus 48. 49. 50. — , Knochendefor-
mitäten b. hereditärer 51. — , symmetr. Gangrän b.
solch. 51. — , Bezieh, zu Tabes dorsalis 81— o6. — ,
Yorlesungen über Pathologie u. Therapie ders. (von
Eduard Lang, 2. Aufl., 1. Abth.) 109. — , Beziehung
d. glatten Atrophie d. ZuDgenwurzel zu solch. 160. — ,
Granulationsgeschwulst im Rachen 166. — , Erkran-
kung d. Zungendrüsen 166. — , Erkrankung d. Parotis
166. — , Häufigkeit b. Weibern 167. — , Ikterus im
Frühstadium 167. — , Aortenaneurysma b. solch. 168.
— , mit Malaria complicirt, Behandlung mit Schild-
drüsenextrakt 169. — , Hamröhrenstriktur in Folge
solch. 169. — , Bezieh, zu allgem. progress. Paralyse
249. — , Osteoperiosteitis deformans in Folge solch. 268.
— S. a Iconographie; Gummi; Mastitis; Schanker.
Syringomyelie b. Tabes dorsalis 95.
Tabak, Yergiftung 137.
Tabak rauch, Zusammensetzung 137.
Tabes dorsalis, Aetiologie (Syplmis) 81 — 86. (Trauma)
83. — , pathol. Anatomie 86. 87. 92. ~, Theorie 86.
87. — , Symptomatologie (Ausfallen der Zähne) 88.
^Mnskelsinn) 88. (Magenkrisen) 88. (Malum perforans)
89. (Ophthalmoplegie) 89. 94. (Speichelfluss) 91. (Sta-
tistik d. Symptome) 90. (Sensibilitätsstörungen) 89. 90.
(Mundgeschwüre) 91. (Schlundkrampf) 91. (Kehlkopf-
schwindel, Kehlkopfkrisen) 91. (Herzstörungen) 92.
(Knochen- u. Gelenkleiden) 92. 93. (Sinnesorgane) 93.
94. — , b. Diabetes mellitus 88. 95. — , Bezieh, zu all-
gem. progress. Paralyse 88. 89. — , Osteomalacie 90.
— , Behandlung (Suspension) 91. (method. Bewegungen)
95. (Hodenextrakt) 95. (Suggestion) 95. (Elektricität)
95. (Argentamin) 95. — , Erkrankung d. Aorta b. solch.
92. — , Diagnose 94. 95. — , mit Hysterie 95. — , mit
Syringomyelie 95.
Tachykardie, Anfälle b. Jackson'scher Epilepsie 32.
T a e n i a , Abtreibung (nüt Kosotoxin) 124 (mit PeUetiehn)
256. — , echinococous b. Menschen 256.
Tamponade zur Behandlung d. Fehlgeburt 176«
Tann igen, Adstringens f. d. Darm 17.
Tannin, Yergiftung b. gleichzeitiger Anwendung von
Übermangans. Kali 134.
Tarsus, Luxation d. kleineren Knochen 191.
Taschenbuch d. med.-klin. Diagnostik (von Fr. Müller^
9. Aufl.) 212.
Technik d. histolog. Untersuchung patholog.-anatom.
Präparate (von v, &Mden) 103.
Tellursäure, Reduktion durch Zellen 226.
Testikel, Anwend. d. Extraktes b. Tabes dorsalis 95.
352
Sach-fiegiBte^
— , Exstirpation b. Prosiatahypertrophie 275. — ,
Ectopia transyersa 275.
Tetanie b. Basedow'soher Krankheit 140.
Tbeobromin, Ausscheidung im Harne 17. --, Methyl-
zanthin als Stoffwechselprodokt dess. 18.
Therapie, Encyklopftdie ders. (herausgeg. von Oscar
Liebreich I. 1.) 105. — , augen&rztliche (von M, Ofde^
mann) 109.
T h i e r e , Diphtherie b. solch. 38.
Thiergifte 240.
Thomsen*8 che Krankheit, Vorkommen, Symptome,
Diagnose 147. — , mit £aramyotonie 148.
Thorakoplastik271.
Thorakotomie wegen Hemia diaphragmatica 271.
Thränensack, Verödung 278.
Thyreoidektomie, CH&gkeit d. Blutserum nach ders.
b. Hunden 120.
Thyreoidin, therapeut Anwendung 139.
Thyreotomie, Indikationen 270.
Tibia, mechan. Bedeutung d. Form 210.
Tinea, tonsurans, Epidemie 259.
Tod, durch Verblutung, Fehlen d. Todienflecke 75. -— ,
später Eintritt nach Chloroforminhalation 119. — ,
durch Elektricität (von Jtdim Kratter) 219. — S. a.
Ertrinkungstod.
Todtenflecke, Fehlen nach Verblutung 75.
Todtenstarre, intrauterine 200. — , kataleptische 200.
Tonsillen, Hypertrophie, Reflezneurose b. solch. 162.
— , Schanker ders. 165. — , Knorpel- u. Knochenbildung
in solch. 236. — , maligne Tumoren 269.
Tonsillitis, lacunaris (infektiöser Ursprung) 257.
(acuta ulcerosa) 257. — , follicularis ulcerosa 258.
Tonsillotomie, Diphtherie u. Croup nach solch. 150.
Torfmull, Wirkung auf Cholera- u. Typhusbacilien
197.
Toxine von Bakterien, Störungen d. Temperatur u. d.
respirator. Verbrennung durch solche 11.
Trachea, Fraktur u. Ruptur 63.
Trachelorhekter 178.
Tracheotomie,d. Herausnahme d. Kanüle verzögernde
Ursachen 63. — , Blutung nach solch, b. Diphtherie 63.
Traktionsdivertikel d. Oesophagus 41.
Transfusion, intraperitonäale 231.
Transsud ation in d. Bauch- u. Perikardialhöhle 229.
Traubenmole nach Retention d. Plaoenta 178.
Traubenzucker, Bestimmung im Harne 114.
Trepanationd. Schftdels wegen Epilepsie 33.
Trichocephalus, üebertragnng durch Erdessen 255.
Trichophyton, Uebertragung durch Vögel 260. — ,
d. Augenlider 260.
Trigeminus s. Nervus.
Trinkerasyle in Deutschland 195.
Trinkwasser, Befreiung von Keimen durch Chlor-
kalk 78.
Trional, Vergiftung 130.
Tripper, Metritis b. solch. 173. — S. a. Perikarditis;
Pleuritis.
Tripperrheumatismus b. Kindern 180.
Tuba Fallopiae s. Pyosalpinx.
Tuberkulose, specielle d. Knochen u. Gelenke (von
J^. Koenig, F. Mertena u. W, Koenig^ I. Kniegelenk)
216. — , d. Knochen in d. Nähe d. Gelenke 277. — ,
warzige d. Haut 280. — S. a. Meningitis ; Rectum.
Typh litis, Ursachen u. Behandlung 253.
Typhus abdominalis (Lähmung d. oberen Luftwege b.
solch.) 45. (durch MUch verbreitet) 195.
Typhusbacilien, in d. Faeces, Wirkung d. Desinfek-
tionsmittel 75. — , Wirkung d. Torfmulls auf dies. 197.
Ulcus serpens corneae, Kauterisation 70.
Unfälle, Funktions- u. Erwerbsstörungen nach solch.
218.
Ungarn, lithiasis b. Kindern 181.
Unterleib, Operationen an solch. 76. — S. a. Bauch.
Unterleibstyphus s. Typhus.
Unterriohtstafeln, augenärztliche (von Magfm^,
topograph. Beziehungen d. Augenhöhle zu d. umgeben-
den Höhlen u. Gruben d. Schädels; von TT. Oxermai^
109.
Untersuchungen über d. Respiration o. Cirkolation
b. Aenderung d. Druckes u. d. Sauerstoffgehaltes d.
Luft (von A, Löwy) 211.
Untersuchungsmethoden, klinische, Lehrbuch
ders. (von Riehard Oeigel u. Früx VoO) 104.
Ureter, doppelter 57.
Urobilinurie b. Kindern 269.
W a g i n a , primäres Carcinom, operative Behandl. 51. 52.
— , Exstirpation 51. — , senue Atresie mit Hämato-
metra u. äunatokolpos 53. — , Wirkung d. Sekrets auf
Bakterien 58. — , Verhalten pathogener Keime in deis.
58. 59. — , Bakterien im Sekrete (während d. Schwan-
gerschaft) 58. (b. Neugebomen) 59. — , Absorption voa
ders. aus 116. — , angeb. Mangel 211. — , rundes Ge-
schwur 261. — , Narbenstenose durch einen Fremd-
körper 261. — , Geschwulst d. Gewölbes 261. — , Zer-
reissung, Austritt d. Uterusanhänge 262. — , Entfer-
nung d. Uterusanhänge von ders. aus 263. — S. &
Haematokolpos ; Kolpocöliotomie ; Scheide.
Vaginofixation, des Uterus ^dikationen) 53. 54.
(Technik) 54. (£influ8S auf Schwangerschait u. Ge-
burt) 170.
Vagus s. Nervus.
Vanille, Vergiftung 239.
Variola haemorrhagica mit Bluterguss im Kehlkopf 163.
Vaselin s. Jodoform vaselin.
Venaesektion, Einfl. auf d. specif. Gewicht d. Blutes
13. — S. a. Aderlass.
Ventrofixation, d. Uterus, Indikationen 53. 54.
Verantwortlichkeit, die menschl., u. d. moderne
Suggestionslehre (von W, Hirsch) 106.
Verbandlehre (von Ferd. Klaussner) 108.
Verblutung, Fehlen d. Todtenflecke nach solch. 75.
Verbrecher (von Ossäre Lombroso, deutsche Bearb.
von H, Kurella, m. Bd. Atlas) 107.
Verdauung, im Magen (normale) 42. (Einfl. d. Koch-
salzes u. d. Rohrzuckers) 43. — , Versuche mit kunstl.
43. ~, Einfl. d. Sensibilität d. Magens auf dies. 44.
— , physiolog. Leukocytose während ders. 159.
Verdauungskanal, Innervation 252.
Verdauungsorgane s. Magen.
Verdauungssäite, Einwirkung auf frisches u. alt-
backenes Brot 71.
Vererbung d. Knochenformen 210. — S. a. Erblichkeit
Vergiftungen, Statistik 20. — , Erkrankungen d.8eh
Organs b. solch. 108. — 8. a. Aether; Alaun; Anti
pyrin; Arsenik; Atropin; Austern; Benzin; Blausäure
Blei; Brom; Bromäthyl; Carbolsänre; Chinin; Chloral
hydrat; Chloroform; Chromsäure; Cocain; Colchicum
Cyankalium; Cytisus; Ferrocyankalium ; Filix; Gua
jflkol; Hydrargyrum; Käse; SLalium; Kohlenoxyd
Kreosot ; Kupfer ; Leuchtgas ; Lysol ; ManchineUbaum
MiessmuBoheln ; Mineralsäuren; Mirbanöl; Nikotin
Nitrobenzol; Opium; Petroleumäther; Phenol; Phos-
phor; Pilze; Pyrogallol; Salpetersäure; Salzsäure
Schwefelsäure; schweflige Säure; Seeale; Stickstoff-
oxydul; Stramonium; Sidfonal; Tabak; Tannin ;TriO'
nal; Vanille.
Verkrümmung, rhachitische, Spontanheiliuig 190.
Verletzung, Bezieh, zur Enistehung von Tabes dor-
salis 83. — , Bezieh, d. Magenkrankheiten za solch. 159«
— , Blasenbildung in d. Haut nach solch. 163. — S. a*
Knie ; Schussverletzung.
Verrücktheit, Bezieh, zu Melancholie 149.
Verschimmeln, d. Brotes 71.
Verstopfung, chronische, Behandlung 255.
Verwirrtheit, hallucinatorische 86.
Vesicofixation d. Uterus 54.
Visionen b. Alkoholismus 35.
J
Nanxen-Begister.
353
Vibrionen, in Düngeijanohe 197.
Virus d. Syphilis, DurchgSngigkeit d. Plaoenta f. solch.
48. 49. 50.
Vögel , Uebertragxmg von Trichophyton durch solch. 260.
V 0 r 1 e 8 u n g e n , über Chirurg. IniektioDskraokheiteD (von
Th, Kocher u. E, Tavel, 1. Theil) 108. — , über Patho-
logie u. Therapie d. Syphilis (von Eduard Lang^ 2. Aufl.,
1. Abth.) 109. — , über akute Infektionskrankheiten
im Eindesalter (von NilFüaiow, übers, von L. Pohnskit
1. lief.) 212.
Vortiuschung von Krankheiten (von H, Frölick) 218.
Wärme, strahlende irdischer Lichtquellen, hygiein.
Bedeutung 72. — , Abschwächung d. Schlangengiftes
durch solch. 241.
Wäsche, Desinfektion durch Seifenlösungen 75.
Wandermilz, Splenopezis b. solch. 66.
Warze s. Haut
Wasser, Untersuchung u. Beurtheilung 110. — , im
Pregel b. Königsberg, Beschaffenheit 196. — S. a. Ab-
wässer; Grundwasser; Trinkwasser.
Wassergas, Oefiihrlichkeit 196.
Wasserleitung, Bleivergiftung durch solche 128.
Wasserstoffsuperoxyd, Gegengift gegenBlausäure
19. 121.
Wehen seh wache, Indikation für die Anlegung der
Zange 55.
Weib, Häufigkeit d. Syphilis 167. — , Behandlung d.
weichen Schankers 261. — , Hydrocele 262.
Wendung b. dorsoposteriorer Querlage 178.
Wiederkäuen b. Menschen 161.
Wien, Diphtherie das. 151.
Wirbel, angeb. Spalte 186. — S. a. Halswirbel; Spon-
dylitis.
Wirbelkanal, ErÖfbung b. Spondylitis u. Compree-
sionsmyelitis 146.
Wirbelsäule, akute Osteomyelitis 184. — S.a. Malum
Pottii ; Skoliose.
Wissenschaften, medicinische, geschichtliche Ent«
Wicklung 224.
Woche nhett, Pdsverlangsamung während dess. 266.
Wunddiphtherie, Bacillen b. solch. 150.
Wurmfortsatz, Anatomie 231.
X.anthinkörper im Harne b. Leukämie 113.
Kähne, Ausfallen b. Tabes dorsaüs 88. 89.
Zahnfleisch, primäre Diphtherie 150.
Zange s. Geburtszange.
Zehe, Fraktur, Behandlung»67.
Zellen, Wirkung eiweissverdauender Fermente auf
lebende 3. 42. — , mehrfache indirekte Kemtheilung 5.
— , Bedeutung d. Kerns f. d. Sekretion 6. — , d. Pan-
kreas, Bau 6. — , d. Pylorusdrüsen , Fettgranula in
dens. 42. — , sekretorische, fuchsinophile Degeneration
118. — , Reduktion d. Tellursäure durch solche 226. -^
S. a. Nervenzellen.
Ziegelarbeiter, Gesundheits Verhältnisse 198.
Zucker s. Rohrzucker; Traubenzucker.
Zunge, Dermoidoyste 269.
Zungendrüsen, Erkrankung b. Syphilis 166.
Zungenwurzel, glatte Atrophie, Bezieh, zu Syphilis
166.
Zurechnungsfähigkeit, Beurtheilung 200.
Zwangshandlungen, b. Epileptikern 35. — , U
Geisteskranken 200.
Zwangsvorstellungen 200.
Zwerchfell, Uon. Krampf b. Fötus 180. — , Dorchr
tritt oorpusculärer Gebilde durch dass. 229. — , Abscess
unter dems. 255. 272. — , Hernie, Thoraootomie 27L
— , Stichverletzung 272.
Zwillinge, Diagnose während d. Schwangerschaft 175.
Zymogen d. Fibrinfermentes d. Blutes 4.
Namen-Begister.
Abel 38.
Abelous, J. E., 18.
Ahram, John Hill, 139.
Achenbach, C, 278.
Ackermann 23.
Adamkiewicz, Albert, 81 .
Adams, John, 23.
Adenot 162.
Ahlstrom, G., 192.
Albarran 165. 169.
Albers, H., 164. 201. 209.
Albert, £., 186.
Albertoni 127. 128.
Albu, Albert, 252. 254.
Alexander 33.
Alt, Konrad, 33.
Ambrosias, W., 119.
Anders, J. M., 87.
Annequin, L., 277.
Annino, B., 127. 128.
Ansiau 24. 25.
Antai, Joh., 130. 131. 135. 136.
Appel, R, 67.
Arkawin, J., 42. 44.
Arloing, S., 11.
Arnold 118.
Arthus, Maarice, 209*.
* bedeutet Büoheraiizeigen.
Med. Jahrbb. Bd. 249. Hft. 3.
Ascherl 93.
Askanazy, S., 123.
Auche, B., 233.
Audrv 260.
Auerbach, S., 36.
Ausset, £., 94.
Austern, £[2ux)ld, 150.
Axenfeld 70.
Baas, J. Hermann, 224*.
Babes, V., 10. 165. 168.
Bach, H., 275.
Bach, L., 69.
Bahr, Ferdinand, 191.
Baginsky, Adolf, 61.
Baüey, Pearce, 87.
Baracz, E. von, 272.
Bartholow. Robert, 142.
Bary, A., 243.
Bandet 88.
Baumm, P., 177.
Beausoleil 161.
Bebber, W. J. van, 223*.
Bechterew, W. von, 95.
Beck, Arno, 199.
Beck, C. (Chicago), 62.
Beck, H., 154. 156.
Beckhaus, £., 31.
Beckmann, W., 172.
Benedict, Moriz, 90.
Bereni, Ange, 81. 82.
Berger, Carl, 252. 254.
Berger, £., 93.
Berger, H., 198.
Bergmann, J., 250. 251.
Berülon 95.
Bemard 81.
Bernhard, L., 150.
Bernhardt, M., 81. 93. 94.
Berry, Richard J. A., 231.
Bertrand, G., 241.
Besnier, Ernest, 212*.
Betz, Odo, 126.
Beuthner, Oscar, 56.
Beyer, J. £., 36. 226. 243.
Bial, M., 154. 156.
Bialacour, Franz, 155. 157.
Biedert, Ph., 250.
Biemacki, £., 88. 90.
Blackford, J. V., 88.
Blakall, Frank R., 233.
Blaschko 153.
Bleibtreu, L., 123.
Bleuler 121.
Bloch, G., 65.
Blocq, Paul, 88.
Blondel, R, 95.
Boas, J., 154. 155. 156. 158. 160.
45
§54
Bodin, Eugene, 259.
Boeck, E., 149.
Borger, Heinrich, 81.
Böhm 15.
Boiffin, A., 270.
Bokai, A., 250. 251.
Bokai, Joh., 63. 181.
BoU 204. 209.
BoUinger, 0., 211*.
Bondi, Madmilian, 134.
Bondzyüaki, St, 18. 113.
Bonne, Gh., 140.
ßorgherini, Alessandro, 8 h 82.
Bori8So£E, A., 173.
Bomträger 200.
Borysiekiewicz 206.
Bossi, L. M., 174.
Botkin, E., 12.
Boachaconrt 63.
Boachaad 245.
Bonain 149.
Booin 97. 206.
Bonrget 158.
de Bourgon 193.
Bouveret, L., 194.
Bowlby, A. Anthony, 92.
Boyer, A., 193.
Brackett, E. G., 186.
Bradford, R H., 186.
Braunsohweig 109*.
Brenning, M., 241.
Bresgen, Maximilian, 44. 162.
Bret, J., 158. 161.
Brigel, 0., 63.
Briqnet 129.
Brissaud, E., 88. 92. 93.
Bristowe, J. S., 32.
Broca, A., 67.
Brock, G., 235.
Brock, W., 250. 252.
Bronardel, P., 21. 22,
Brown, W. H., 132.
Brunner, W. E., 93.
Buchholz, Albert, 33.
Buchholz, F., 63.
Bum, Anton, 243.
Bunge (Basel) 15.
Burchardt, M., 194.
Buss, 0., 41. 42.
Buttersack 232.
Bychowsky, J., 41.
Caddy, D. J., 239. 240.
Cahn^ A., 158. 160.
CaUle, Aug., 150.
Calmette, A., 241. 242.
Galot 63.
Canon 182.
Cardarelli 81.
Oarpenter, J. St, 135.
Garriere 201. 209.
Carstens 39.
Casey, Edwards, 241. 242.
Castellino, P. F., 4.
Cathelineau 88.
Caton, Richard, 135. 136.
Cauquil, Joseph, 88. 91.
Chabbert, L., 88.
Chadwick, James B., 338.
Chambrelent 56.
Charcot, J. B., 29. 93.
Charcot, J. M., 243.
Chevallereau, A., 95.
Chieyitz 202. 209.
Chipault, A., 5. 64. 95.
Namen-Begister.
Chlumsky 75.
Cbristiani, C, 158. 160.
Ghristomanus, A., 252. 255.
Ciaren 195.
Clark, L. Pierce, 81. 89.
aaus, A., 81. 244.
Oiopf (Nürnberg) 61.
Cobbett, Louis, 233.
Coghill, Harry, 150.
CoUet, J., 93. 94.
Collins, Joseph, 88.
CoUs, P. C, 225.
Contejean, Ch., 11.
Coppez fils, H., 279.
Corin 24. 25.
Corti 97. 98. 208,
Coormont, J., 38. 88. 91.
Cousins, John Ward, 262.
Cox 97. 208.
CraigSl.
Cramer, A., 31. 88. 142.
Crooqfil8 38.
Crookshank, F. Graham, 134. 135.
CuUen, T. 8., 263.
Curätulo266.
Cseri, Johann, 250. 252.
Czermak, W., 109.
Czemy, Yinoenz, 270.
Daleine 5.
Dalla Eosa 102*.
D'Amore 24. 27.
Dauber 252. 255.
Davids 197.
Davidson, Mo Eenzie, 140.
De Bück, D., 17. 31.
Dehio, K., 32.
Deichert, H., 236.
Deierine, J., 95.
D^van, Bryson, 269.
Delie 258.
Demoulin 64.
Demuth 126. 127.
Dennig, A., 122.
Desooust 22.
Deuoher, P., 29.
Dieulafoy, G., 150. 165.
Diller, Theodor, 88.
Ditisheim, M., 139.
Dobrowolsky 204. 209.
Döderlein, A., 59. 80.
Dogiel 207. 209.
Dohrn, B., 180.
Dolega 79.
Donith, Julius, 71. 126. 127.
Dostal, Hermann, 114.
Dougidl, John, 129.
Doumer, E., 95.
Downs, Morton, 135.
Doyen 38.
Drfier, Arthur, 196.
Dreysel, Max, 120.
Dubreuilh, W., 260.
Du Castel 212*.
Dührssen, A., 51. 176.
Düring, E. von, 48. 49.
Dürr (Hannover) 278.
Du Mesnü 163.
Du Mesnil de Rochemont 158. 159.
Dumstrey 269.
Dünn, L. A., 158. 160.
Dupuy, L. E., 158. 160.
Eaton, W. B., 88.
Ebstein, Wilhelm, 155. 158. 159.
Eoheverria, Emilio, 164.
Eckhard, d., 8.
Edinger, L., 81.
Edmunds, Walter, 139.
Egger, F., 153.
EhrUch 134.
Ehrle 75.
Eichenwald, A., 277.
Einhorn, Max, 155. 157. 158. 160.
250. 251.
Eiselsbeig, A. von, 184. 188.
Elschnig 70.
Elsenberg, Anton, 165. 166.
Emanuel 174.
Engelien 24.
Engelmann, Th., 99. 208.
Eppinger, Hans, 219*.
Erb, Wilhelm, 90.
Eröss, Julius, 60.
Eversbusch, 0., 108*.
Ewing, Charles B., 241.
Eyff, M., 223*.
Vabricius, J., 171.
Fugerlund, L. W., 19. 20. 22. 23. 25.
125. 126. 127. 132. 136.
Fahlenbock, W., 191.
Faisst, 0., 185. 275.
Faloone 24. 27.
Favre, A., 57.
Favre, J., 140.
Fehling, H., 266.
Feibes, Ernst, 260.
Feinberg, J., 121.
Fenwick, W. SolUu, 158. 160.
Fermi, Claudio, 3. 42.
Feulard, Henri, 212*.
Fiok, A., 7. 205. 209.
Füatow, Nil, 212*.
FUehne, Wilhelm, 126.
Fink, Emanuel, 44. 257.
Fisoher, F., 119. 187.
Flaischlen, N., 15.
Flatau 205. 209.
Flexner, W. Simon, 38. 150.
Fokker 128.
Formänek, E., 120.
Foss (Potsdam) 252. 254.
Foumier, Alfred, 81. 88. 212*.
Foumier, L., 181.
Fraenkel, A., 82. 257.
Frftnkel, Carl, 39. 191.
Frftnkel, Eugen, 252. 254.
Fifinkel (Chemnitz) 194.
Frenkel 95.
Freud, Sigm., 244.
Freudenberg, A., 269.
Frey, A., 92.
Frey, M. von, 8.
Frey, R. von, 273.
Freymuth 123.
Freysz, Moritz, 88.
Frick 92.
Friedeberg 132.
Friedenwäd, Julius, 154. 156.
Friedländer, Richard, 130.
Friedrich (Leipzig) 182.
Frölich, H., 218*.
Fuchs, Ernst, 68. 278.
Fuchs, Robert, 111*.
Fürstner 146.
Fürth, Otto, 225.
Funck, M., 279.
Funke, R., 273.
Oärtner, A., 110*.
Galezowskif Xavier, 93.
Oaüez, LeoD, 38.
Ganghofner, F., 143.
0«D86r 141. 202. 209.
Gart, Oeyza, 250. 251.
Gaacher, E., 92.
Ganle, J., 227.
Gantier, A., 22.
Geigel, Bichard, 104*.
Gerhardt, C, 81. 82.
Gelpke (Karlsruhe) 279.
Gerlaoh (Königslutter) 35.
Gevaert, C, 63. 163.
Gianelli 129. 130.
GiaroU134.
Giane 269.
Gilbert, A., 181.
Gübert, W. H., 95.
Gilles de la Toiuette 121.
Gley, E., 12. 120.
Glorieux, Z., 92.
Glnziiski, L. A., 116.
Goeoner, Alfred, 5.
Goepel 76.
Goldberg, Ludwig, 218*.
Goldschmidt, Eduard, 250. 251.
Goldstein, Siegfried, 162.
Golgi, Gamillo, 208. 209.
Goodall, E. W., 248.
Gotschlich, R, 73.
Gottlieb, R., 18. 113.
Gottschalk, Sigmund, 173.
Giaber 202. 209.
Giabower 88.
Giadenigo, G., 101. 208.
Graefe, Max, 55. 170.
Graf (Meiningen) 62.
Giant, John, 239. 240.
Graselli 134.
Gnaer, E., 184
Gnwitz, E., 239. 240.
Giigorescu, G., 95.
Glimm 81.
Groenouw 70.
Groom208.
Grosse, Joh., 223*.
Grabe, Karl, 95.
Gnmdzach, J., 250.
Gabaroff, A. von, 58.
Gürber 126. 127.
GQerin239.
GmUery 93. 94.
Gmnard, L., 124.
GTdliyer 201. 209.
Gwlt, E., 181.
Gmsenbauer, A., 62.
Gntmann, G., 82.
Guttenberg 126. 127.
Guttmann, W., 165. 167.
Haab, 0., 68. 70.
Haasler, F., 183.
Haberda, Allnin, 132.
Hadra, B. £., 262.
Hahn, Eugen, 66.
Halliburton, W. D., 225. 226.
HaUopeau 212*.
Hamburger, Carl, 3.
Hamburger, H. J., 12. 229. 230. 231.
Hamburger, L. P., 136. 138.
Hammarsten, Olof, 209*.
Hammer, Hans, 252. 254.
Hammerschlag, Albert, 158. 159.
Hampeln, P., 165. 168.
Handmann, M., 123.
Hauiion, H., 88.
Namen-Register.
Happel, Fr., 270.
Harding, L. A., 135. 138.
Hamadk, Erich, 132. 134.
Harris, Isham G., 135.
Harris, Vincent Dormer, 234.
Hartmann, Henri, 177. 274.
Haskovec, L., 36. 120.
Hang, Bud., 98.
Hauser, A., 113. 237.
Hauser, G., 234.
Hawkins, Fr., 88.
Hayem, G^rges, 158.
Hecker, Jacob, 95.
Hecker, BudoU, 151.
Heffter, Arthur, 19. 125. 239.
Hep^er 22.
Heidenhain, L., 271.
Heitzmann, C, 1()2*.
Helferich, H., 108*.
Heiler A. 44»
Heller,' Julius* 165. 166. 199.
Heule. J., 102*.
von H.erff 250.
Hermann, F.. 103*.
Hermes ^erlin) 65.
Hermes (Danzig) 268.
Herms, F., 88.
Hermheiser, J., 119.
Hertzsch 169.
Herzfeld, K. A., 178.
Hess, W., 68.
Heubel, Heinrich, 41.
Heubner, 0., 252. 253.
Heusing, H., 9.
Hewetson 21. 23.
Heymann, P., 115.
Higier, H., 95.
Hilbert, R, 116.
HiU, Edward B., 241. 242.
Hills, WiUiam B., 125.
Hink, A., 180.
Hippel, A. von, 68.
Hippel, Eugen von, 69. 119.
Hirsch 129. 130.
Hirsch, H., 210*.
Hirsch, Karl, 158. 161.
Hirsch, William, 105*. 106*. 215*
Hirschberg, Bubens, 88.
Hirschl, J. A., 249.
Hirschsprung, H., 268.
Hitzig, Eduard, 81. 83. 214*.
Hlawaczek 148.
Hobbs, J., 244.
Hobein 199.
Hoohe, A., 7.
Hofaoker 195.
Hoffa, Albert, 192. 276.
Hoffinann, Arthur, 61.
Hoffinann, F. A., 80.
Hoffmann, J., 163.
HofEmann 208.
Hofmeier. M., 52. 172.
Holm 250. 251.
HonseU, B., 269.
Hopmann 256.
Hori 70.
Howarth, Wm. J., 135. 136.
Huber, A., 250. 251.
Hüfler, Emil, 86.
Hughünes Jackson, J., 88.
Hulke, J. W., 92. 202. 209.
JFackson, J. Hughlings, 88.
Jacobsohn, J., 144.
Jacobson, D. S,, 86. 8$,
356
Jacobson, E., 268.
Jaoontini, R, 250. 251.
Jacub, J., 176.
Janowski, W., 118.
Jaquet, L., 212*.
Jarisoh 164.
Jellinek, Emü Otto, 86. 87.
Jenart, D., 93.
Jendr&Bsik, Ernst, 255.
Jessop 140.
Ihle, Otto, 216*.
nioway, H., 158. 160.
Bleichen', I^z, 250.
Joachimsthal, G., 48. 51. 186.
Joal 162.
Joffroy, A., 19. 88.
Johnston 148.
JoUes, Max, 75.
Jordan, Max, 252. 254. 275. 277.
Jordan, Th., 17.
Joseph, Max, 109*. 165. 167.
Josias, M., 132.
Isaao, H., 81.
Israel, 0., 6.
Jungmann, Eugen, 71.
Kabrhel, Gustav, 73.
Kahane, Max, 13.
von Kahlden 103*.
Kalindero, N., 165. 168.
Kalischer, Siegfried, 88.
Kalt (Paris) 70.
Kant 71.
Katayama 239. 240.
Kaufinann, J., 155. 157. 241. 242.
Kaufmann, Budolf, 155. 157.
Kazowsky, A. D., 23. 24.
Kedrowsky, W., 10.
Keilmann, Alexander, 175. 177.
KeUing, Georg, 41. 42. 252. 254.
Kern, Geza, 55.
Kessler, L., 172.
Kinnisson63.
Kirstein, A., 19. 21.
Klaatsch, H., 231.
Klaussner, Ferd., 106*.
Klemm, Paul, 92.
Klemperer, G., 41. 154. 156.
Klien, B., 176.
Klipstein, Ernst, 197.
Klug, Ferd., 42. 43.
Km^ 8., 89.
Knies 204. 209.
Knox 201. 208.
Kooh 81.
Kocher, Th., 106*.
Kockel 80.
Kögel, B., 141.
Köni^ 204. 209.
Koemg, Franz, 216*.
Koenig, W., 216*.
König, Wilhelm, 142. 143.
Koppen, M., 146.
Kohts 153.
Kolisch, Budolf, 114.
Koller, Jenny, 148.
Kollmann, .^ihur, 280.
Koppel 150.
Kdssa, J. von, 18. 130.
Kossmann, R, 52.
Krafift-Ebing, R von, 107*. 242.
Kratter, Julius, 219*.
Krause, W., 96. 201. 206. 209.
Krawkow, N. P., 119.
Kreole 165. 166.
856
Namen-Begister.
Erehl, L., 11.
Krienes, Hans, 218*.
Erisowski^., 48. 51.
Erönlein, ü., 184.
Erompecher, Edmund, 5.
Kroneoker, Franz, 248.
Erückmann 70.
Erüger, 8., 117.
Eroae, W., 72.
Eülz, C, 226.
Eüstner, Otto, 55. 174. 212*. 262.
Eoh, Sydney, 86.
Euhnau, W., 4.
Enkula, 0., 274.
Eurella, H., 107*.
Eutscher 197.
Euttner, Leopold, 158. 159.
Iiaborde, Simon, 95.
Lahr, H., 105*.
Lahr, M., 89. 90.
Laehr, N., 246.
Lafitte, Ad., 89.
Lagondaky 81.
Lamton 63.
Lambotte, A., 67.
Landerer, A., 107*.
Landolt 100. 208.
Lang, J., 19. 71. 140.
Lang, Eduard, 109*.
Lange, M., 200.
Langer, Fritz, 261.
Langerhans 77.
Langerhans, R., 104*.
Langermann 250.
Langgaard, Alezander, 212*.
Lannois 143.
Lassar, 0., 258.
Latzko, W., 267.
Lauenstein, C, 51. 188.
Laulanie, F., 11.
Lawford 140.
Leber, Th., 68. 69.
Le Blanc 195.
Le Dantec 233.
Legnani, Torquato, 89.
Lehmann, E. B., 71.
Leimbach, R., 89. 90.
Leistikow, Leo, 48.
Leloir, H., 47.
Lemoine, G., 89. 158. 161.
Lennander, E. G., 264.
Lenoble 86.
Lepine, B., 89. 92. 252. 255.
Leppmann, A., 222*.
Letulle 89.
Leusden, Fels, 57.
Levi, Leop., 89. 95.
Levy, A. Magnus, 139.
Lewin, Georg, 82. 165. 166.
Lewin, L., 239. 241.
Leyden, E., 24. 26. 86. 87.
liakovetsky, J., 117.
Liebreich, Oscar, 105*. 212*.
Liermann, W., 2Q2.
liepmann, W., 35.
Linossier, G., 127. 128. 158. 161.
Linstow, Otto von, 240. 241.
Laon, G., 158.
Llobet 271.
Lloyd, James Hendrick, 92.
Lobstein, E., 66.
Lode, Alois, 73.
Loeb206.
Löhlein, H., 174.
Lowenstein (Trier) 65.
Lowy, A., 211*.
Lohnstein, Th., 114.
Loison, Ed., 271.
Lombard, H. Oh., 128.
Lombroso, Gesare, 107*.
Lorenz, Adolf, 276.
Lublinski, W., 45.
Ludwig, Heinrich, 66.
Lübbert, A., 196.
Lührmann, F., 89.
Lugaro, E., 6.
Lusini, Valerio, 114.
Lyon, Gaston, 243.
Hlacaigne 119.
Macfadyen, Allan, 233.
Macher 241. 242.
Macintyre 257.
Mackenrodt, A., 170.
Madiener, M., 173.
Mager 199.
Magitot, E., 24. 26.
Magnan89.
Mapus, Hugo, 109*. 217*.
Malerba 4.
Mandl, Ludwig, 115.
Mangos, Morris, 154. 156.
Mann 144.
Marchand, F., 267.
Marckwald (Halle) 235.
Mt^echal 95.
Marfori, Pio, 17.
Marie, F., 81.
Marina, AL, 94. 14a
Marineaco, G., 30. 93. 121. 246.
Markwald, Benno, 126.
Marthen, G., 129.
Martin, A., 171.
Martius, F., 155. 157. 158. 160.
Marwedel, G., 186. 273.
Massin, W. N., 179.
Mathewson, Georg, 48. 50.
Mathieu, Albert, 93. 154. 156. 250.
251.
Matthes, M., 11.
Matthews, Jos. M., 256.
Maude, A., 248.
Mayer, Carl, 86.
Meige, Henry, 213*.
Meinert (Dresden) 155. 157.
Melsome, W. S., 233.
Meltzing, C. A., 155. 157.
Mendel 257. 258.
Mendel, E., 81. 82. 89.
Mendelsohn, Martin, 105*.
Menge, E., 58.
Menzies, J. Dunoan, 165. 169.
Mermann, A., 178.
Mortons, F., 216*.
Messner, Adolph, 215*.
Micciche, Gaetano, 135.
Michaelis, M., 86.
Michel, Eduard, 200.
Michel, L., 69.
Mickle, W. Julius, 81.
MikuUoz 187.
Mills 89.
Mintz, S., 250.
Mitchell, J. E., 89.
Miura, E., 232.
Mock 71.
Modinos, P. C, 238.
Möbius, P. J., 81.
Moisseau, Henri, 21. 22.
Monro, T. E., 86.
Montesano, Giuseppe, 31.
Moor, William, 135. 138.
Moosbrugger 255.
Morin 142.
Morison, W. Alezander, 154.
Moritz (München) 42. 44.
Moritz (Solingen) 195.
Motet 21. 22.
Mouret, J., 6.
Moyer, Harold N., 135. 136.
Muchin, N., 93.
MüUer, F., 212*.
Müller, Franz, 125.
Müller, G. J. C, 132. 133.
Müller, Heinrich, 96. 207. 208. 209.
Müller, P., 54. 199.
Müller, Yitalis, lia
MüUer, W., 99. 184. 201. 208.
Mündler 188.
Münzer, Egmont, 21. 22. 24. 89. 92.
227.
Muratoff, Wladimir, 144.
Muscatello, G., 228.
Mutaoh, A. von, 236.
Vageotte 86. 87.
Naumann 175.
Naunyn, B., 252. 253.
Nauwelaers 40.
Negro94.
NeiBser, A., 94. 109*. 211*. 212*.
Neisser, GL, 36.
NetÜeship, £., 140.
Neufeld, J., 74.
Neugebauer, F. L., 211*.
Neumann, Isidor, 165. 166. 266.
Neumann, Julius, 18.
Neumeister, Richard, 102*.
NeustadÜ, H., 227.
Newmark, Leo, 89. 247.
Nicolaides, R., 42.
Nieden, A., 198.
Nienhaus, K, 274.
van Niessen 12.
Nyhoff 177.
Nolder, A., 95.
Noorden, C. von^ 139.
Nordmann, Aohüles, 135. 138.
Nordmann, Benoit, 89. 92.
Notthaft, A., 14
Noyes, William B., 93.
Nugent, G. P. L., 93.
Obalinski 192.
Obersteiner, H., 86. 87.
Oertel, J. M., 215*.
Oettinger 246.
Offenberg 195.
Ogier22.
Ohlemann, M., 109*.
Okamoto 239. 240.
Olshausen, R., 51. 53.
Oppenheim, H., 87. 89. 94.
Oppler, Paul, 120.
Orloflf 267.
Orschansky 89.
Oatertag, Robert, 110*.
Ostwalt, F., 58. 70.
Otto 70.
Fachen, V., 12.
Pässler, Hans, 127.
Paf&ath 195.
Pagenstecher, E., 191.
Pid, J., 95. 262.
Namen-Registei.
367
Palma, Paul, 4. 21. 22.
Palmer 75. 165. 167.
Panas 94.
Pandi, Koloman, 116. 135. 136.
Panoca4.
Bmmt, Victor, 35.
Pariser, C, 189.
Fuiaat 129.
Parmentier, E., 42. 44.
Parsons, A. B., 247.
Panly, B., 143.
Piviot, J., 158. 161.
Pearoe, Savary F., 89.
Pel, P. K., 89.
Perceval 241. 242.
Pernioe, B., 38.
PeroD, A., 23.
Peters, A., 192.
Petenen, F., 187.
Petnm95.
Pfumenstiel, J., 264.
Pflüger, E., 242. 279.
Pfyffer, G., 57.
PhMMÜix, C, 241.
Pic, Adrien, 252. 253. 255.
Piok, Alois, 154. 155. 243.
Pick, Herbert, 39.
Pickering, J. W., 226.
Pieraooim 31.
Pieiret 63.
PiUiet, A. H., 238.
Pinelefi, F., 31. 89.
Pitres, A., 32.
Flathner, Friedr., 89.
Plaut, H. C, 39.
Plücker (Cöb) 6^.
Podack, M., 117.
Pollack, Max, 149.
Polonski, L., 212*.
Popp, B., 268.
Port, K., 271.
Posner, C, 10.
Pospelow 48.
Pregl, Fritz, 232.
P¥ibram, A., 141.
Prinoe, Morton, 81.
Pritzkow 127. 128.
Twhetins 278.
Pros, Johann, 118.
Pryor, William B., 54.
Puech, P., 177.
Poidon, H. S., 165. 169.
Pyle, L. Walter, 135. 138.
fnargaH 127. 128.
Quincke, H., 16.
Rabinowitsoh, Lydia, 197.
Badne 196.
Buchline, A., 89.
Bakowicz (Dresden) 194.
B4mon y Cajal 98. 206. 207. 208. 209.
BauBomowsky 273.
Baymond, F., 34. 82.
Bector, Joseph M., 135. 138.
BedUch, Emü, 86. 145.
Baichel, O., 24. 26.
Befchmann, N., 250. 251.
Beinert, £., 185.
Beinicke, H., 129. 130.
Bemak, £., 245.
Benard 197.
Benk61.
Beanikow, O. A., 267.
Bettig, W., 222^.
Bflnaing, H., 9.
Bensz, Friedrich, 250. 251.
Beymond 235.
Bibberi; 13.
Bichardiere 21. 22.
Bichelot, L. G., 171.
Bichter, Ed., 22.
Bichter, Max, 130. 131.
Bichter, P. F., 154 157.
Bicker (Zürich) 234.
Bios, Emil, 53.
Bindfleisch 69.
Bitter, Carl, 41. 208.
Bivin^n, W., 93.
Boemisch 45. 46.
Bomberg 79. 80.
Boqne 127. 128.
Bosemann, Bndolf, 238.
Bosenbaum, Georg, 95.
Bosenheim, Th., 41. 154. 155. 156.
158. 159. 250.
BosenthaL, Ernst, 129.
Bosinski, B., 48.
Bossier, Gnillaome, 266.
Best, £., 17.
Boszner, Alad&r, 231.
Both, Adolf, 276.
Both, E., 222*.
Both, Wladimir K., 214*.
Bouanet 165. 168.
Booffilange, Alexandre Henry, 95.
Bubegka 265.
Bubner, W., 72.
Büdel, 0., 103*.
Baffini, Angelo, 87.
Bahemann, Konrad, 95.
BoUier 261.
Bnnge 172.
Bydygier 272.
Saake, W., 135. 137.
Sabonrand 260.
Sachs, B., 82.
Sachs, W., 272.
Sacki, 8., 31.
Sänger, Max, 80. 264.
SahU, 0., 39. 253.
Sainton 67.
Santi, F. de, 270.
Sattler, H., 68.
Savas, C, 42.
SaveUeff, Nicolas, 113. 155. 157.
Savor, Bndolf, 56.
Scagliosi, G., 38.
Schäfer (Lengerich) 200.
Schaffer 106*.
Schede, M., 274.
Scheff, P., 115.
Schein, M., 227.
Schick, Bich., 55.
Schiele, W., 42. 43.
Schüd, Walther, 134. 135.
Schlesinger, Hermann, 89. 91. 95. 252.
255.
Schlesinger, Wilhelm, 155. 157.
SchUchte 130. 131.
Schlockow 222*.
Schlöss, H., 149.
Schmid 119.
Schmidt, Adolf, 158. 161.
Schmidt, M., 67.
Schmidtmann 74.
Schmidt-Bimpler 195.
Schneyer 158. 159.
Schöndorff, Bernhard, 114.
Sohoenwerth, A., 271.
Scholz, W., 139.
Sohoonheid, P. H., 93. 96.
Schottmüller, Hugo, 150.
Schrakamp 195.
Schramm, Jnstus, 55.
Schreiber, J., 252. 255.
Schreiber, L. E., 57.
Schröder, H., 127.
Schroeter, P., 190.
von Schrötter 199.
Schroff 195.
Schubert, L., 199.
Schnchardt, E., 189.
Schule, A., 42. 158. 159. 250. 251.
Schütz, J., 46.
Schütz, Bob., 82.
Schnitze, Fr., 89.
Schnitze, Max, 96. 99. 208.
Schnitzen 89.
Schumpert, T. E., 89.
Schnschny, Heinrich, 221*.
Schnster 96.
Schnyten, M., 115.
Schwarz, 0., 70.
Schweigger 68.
Scott, J. A., 93.
Seegen, J., 227.
Seelig, Albert, 154. 156.
Segale, G. B., 54.
Seggel 193.
Sep«, J., 213*.
Seifert, Otto, 212*.
Semon, Felix, 258.
Senator, H., 82. 252. 254.
Senn, Albert, 217*.
Serveanx, R, 19.
Siegert, F., 153.
Süberstein 198.
Siklössy, JuL von, 277.
Sücock, A. Qnarry, 158. 160.
Skowronski, W. von, 261.
Snegireff 172.
von Sölder 147.
Solbrig 221*.
SoUier, Panl, 42. 44.
Sondheimer, J., 53.
Sonnenbnrg, H., 253.
Sonsino, Prospero, 256.
Sonlier, Henn, 122.
Soupanlt, Maurice, 89.
Souques, A., 93.
Sonrdille, G., 252. 254.
Spalteholz, Werner, 102*. 103*.
Spencer, John G., 130. 131.
Spengler, Max, 152.
Spicer, Scanes, 141.
Stamm, C, 268.
von Starek, 180.
Starke, Johannes, 209*.
Starr, Allen, 27.
Staude, 0., 265.
Steffen, Wilhelm, 61.
Steinach, E., 7.
von Steinbüchel 57.
Steinlechner, Max, 140.
Stern, BichuxL, 89. 129. 145.
Stewart, B. S., 89.
Stieda, H., 270.
Stinson, J. €k>plin, 171.
Stocker, Fr., 279.
Stocker, S., 171.
Storbeck, August, 82. 83.
StoweU, Willum L., 154.
Strahler 154.
Strasser, Alois, 250. 252.
358
Namen-Begister.
8tras8maim, Fritz, 19. 21. 220*.
Stratz, C. H., 175.
Btrauss, Hermann, 154. 155. 157. 239.
Ströbe 87.
Strümpell, Adolf von, 245.
Stählen, J., 75.
Stnelp, 0., 193.
ßtuve, R., 17.
Soarez de Mendoza 129. 130.
Snchannek 41. 42.
Süsskand, Adolf, 147.
Snlzer, M., 229.
8wielii&8ki, Joseph, 252. 259!
Sympson, Mansel, 32.
Syms, P., 93.
Talma, S., 154. 156. 250.
Tappeiner, H., 239.
Tartnferi, B., 96. 98. 207. 206.
Tarnlli 266.
Tanbe, H., 250. 251.
Tanber, 8., 237.
Tavel, E., 108*.
Taylor, James, 88. 89.
Taylor, Johnson, 140.
Tcherevkoff, A., 4.
Teeter, Nelson, 135. 136.
Tenneson 212*.
Teploff, P. J., 263.
Terrier, F., 235. 274.
Terson, A., 94.
Theilhaber 170.
Theodoroff, T., 115.
Thiele, 0., 252. 254.
Thielemanns, J. Tves, 127. 128.
Thimm (Leipäg) 280.
Thier 68.
Thomalla 17.
Thomson 249.
Thom, W., 52.
Tiling, Th., 36.
Tillmanns, H., 14.
Tissier, PanL 217*.
Tobeitz, Adolf, 48. 50.
Toepfer, G., 11.
Toldt, Carl, 102*.
Toupet, B., 177.
Trambusti, A., 6.
Trehenx, Üh., 154. 156.
Treitel 150.
Trevelyan, £. F., 89. 144.
Troitzky, J. "W., 60.
Tscherewkoff^ A., 4.
Turro, E., 10.
Chthoff, W., 68. 278.
Ullmann, H., 158. 160.
Unna, A., 196.
Unna, P. G., 259.
Vahle 59.
Yalence 129.
Yallas 129.
Van den Bergh 192.
Yanderlinden 31.
Van der Weijde, A. J., 155. 158.
Van Duyse 235.
Van Gehnohten, A., 92.
Vas, Bernhard, 250. 251.
Vas, Friedrich, 135. 137.
Veit, J., 174. 175.
Veit, W., 190.
Verrier, E., 96.
Vioente, Manuel, 252. 255.
Vigoandon 180.
Vinay, Gh., 246.
Vinoent, H., 74.
Virohow, Bad., 82.
Vogel 74.
Voges, C., 196.
Voit, Fritz, 104*.
Vossins, A., 69. 217*.
Vranjican 246.
Va4etic, Maria, geb. Prita, 82. 89.
Vulpins, 0., 186. 276.
ITachholz, L., 132.
Wagenmann, A., 94.
Wahncan 200.
Waldeyer, W., 97. 209.
Waldo, Henry, 93.
WaUich 180.
Walsh, Joseph, 116.
Walthard, Max, 58. 172.
Walter, 0., 110*.
Wassermann, A., 151.
Weber, L., 96.
Wegele, Karl, 250.
Wehrli, E., 135. 136.
Weü, M., 87.
Weiamayr, A. von, 90.
Weiss, D., 70. 153.
Weiss, Heinrich, 90.
Weisz, Eduard, 95.
Weite, Eugen, 71.
Wendelstadt, H., 123.
Wendriner, H., 250. 252.
Wenzel 239.
Werbitzky, M., 96.
Werner, C., 200.
Werth, B., 261.
Wertheim, E., 54. 174.
Westenhoeffer, Max, 82. 83.
Westphal 93.
Westphalen, Fr., 54.
Wharton 249.
Wickham, Louis, 90. 91. 259.
Widerhofer 152.
Wiederhold, M., 173.
Wiel 250.
Wiener, Hugo, 7. 154. 156.
Wiegin, Fred. Holme, 261.
WiUard, De Forest, 96.
Wille, Hermann, 121.
Wiüett, A., 93.
Windscheid, F., 261.
Wintemitz, E., 261.
Witkowski, A., 96. 174.
Wolf, Kurt, 15.
Wolff, Hermann, 196.
Wolff, J., 191.
Wolfnng, F. von, 278.
Wollenberg, B, 36.
Wood, Gasey A., 243.
Wood, H. C., 243.
Wröblewski, Augustin, 3.
Wtirzburg, Arthur, 105*.
Wyss, 0., 132. 133.
Sappert, Jul., 143.
Zawatzki, Joseph, 132. 133.
Zehender, W. von, 9. 68.
ZeUer 118.
Zenker, Eonrad, 41.
Ziegelroth 13.
Ziehen, Th., 105*.
Ziem, Gonstantin, 161. 162.
Zimmermann, W., 69. 70.
Zweifel, P., 80. 178. 179.
Leipzig, Walter Wigand's Buchdruckerei,
SCHMIDTS
• •
JAHRBUCHER
DER
m- UND AüSLlNDISCHEN
GESAMMTEN MEDICIN.
UNTER MITWIRKUNG VON
PEOP. DE. ADOLF WUfTER
REDIGIRT
VON
DE. P. J. MÖBIUS UND DE. E DIFFE
ZV LEIPZIG.
JAHRGANG 1896.
ZWEIHUNDERTUNDFÜNFZIOSTER BAND.
LEIPZIG, 1896.
VERLAG VON OTTO W16AHD.
JAHKBOCHER
der
in- und ausländischen gesammten Medicin.
Bd. 250.
1896.
M 1.
A. Auszöge.
I. Medicinteche Physik, Chemie und Botanik.
1. Ueber das nonnale Vorkommen von
Jod im Thierkörper; von E. Baumann. LMit-
ÜMÜnng. (Zt8chr.f.phy«ioLGhemieXXI.4.p.319.
1895.)
B. hat anter Hitwirkung von Boos den wiii:-
aamen Beetandtheil der Söhilddrüse dargestellt,
der annfthemd ebenso wirksam ist, wie die ent-
spreohende Menge frischer Schilddrüse. Diese
Substanz (Thyrojodin genannt) enthUt nun auf-
fallender Weise Jod in nicht unbedeutender Menge.
Der Jodgehalt wurde bei weiterer Beinigung der
Substanz immer betrSohtlicher, er beträgt nicht
nnter Q.S*/«. Es wurde nachgewiesen, dass das
Jod sich in organischer Bindung befindet Auch
BiflDschliche Schilddrüsen enthalten deutliche Men-
gen von Jod — weniger schien in einem GoUoid-
kropf enthalten zu sein. Y. Lehmann (Berlin).
2. Kommt im filnt TnmbeiiBaoker vor?
T(Mi E. Miura. (Ztschr. f. BioL XXXIL 2. p. 279.
1895.)
Zur Lösung dieser Frage, die übrigens bereits
▼. Jaksch und Piokardt in bejahendem Sinne
beantwortet hatten, enteiweissteM. 500 com Rinds-
blutsemm mit Alkohol Das Filtrat, vom Alkohol
befreit, lieferte ein Phenylglykosazon vom Schmelz-
punkt 204 — 205* (nach mehrfeushem ümkrystalli-
siren). Mit Rindsblut wiederholt, ergab der Ver-
sach das gleiche Osazon. Weintraud (Breslau).
3. Beitrage mr slimentiren Qlykoaurie ;
von E. Miura. (Ztschr. f. BioL XXXU.2. p.28L
1895.)
M. hat an sich selbst und an Hunden die Assi-
milationsgrenze für verschiedene Kohlehydrate be-
stimmt. Seinen Versuchsergebnissen sind zudem
diejenigen einiger älteren Untersuchungen von
Eülz, die noch nicht ver5ffentlicht waren, bei-
gefügt
Nach 1240 g mit Wasser gekochten Reis
(■» 400 g lufttrockenen Reis «■ 308 g wasser-
und aschefreie Stärke), auf einmal verzehrt, trat
keine Glykosurie bei M. auf. Von 345 g luft-
trockenen Traubenzuckers (302 g wasserfreien und
aschefreien Traubenzuckers) wurden in den näch-
sten 6 Stunden nach der Einnahme 0.769 g «■
0.254% im Urin wieder ausgeschieden. Das
Maximum fiel procentisch und absolut in die erste
Stunde. In einem anderen Versuch am Menschen
(Eülz) waren bei Einnahme von 430g Trauben-
zucker (in 5 Portionen innerhalb 3 Stunden)
0.267^^/0 im Urin erschienen. Bei ein^n Hunde
schwankten die Zahlen zwischen 0.57 und 5.12*/o
des eingeführten Traubenzuckers (80 g).
Nach Einverleibung von reiner, aus Inulin dar-
gestellter Lävulose erschien nur solche im Urin
wieder, und zwar beim Menschen 0.59*/o, beim
Hunde 0.9 — 2.75*/o der einverleibten Menge.
Auf 80 g wasserfreier Maltose schied eine
14 kg schwere Hündin davon 2A2^j^ im Urin
wieder aus (durch den Schmelzpunkt des Osazons
als Maltose charakterisirt). Bierwürze, die neben
Dextrin reichlich Maltose enthält, verursachte bei
dem gleichen Versuchsthier jedoch Dextrosurie,
beim Menschen nur starke Diureee, keine Aus-
scheidung reducirender Substanzen.
Nach 320 g Rohrzucker erschienen bei der
einen Versuchsperson 1.08%, nach 400 g bei
einer anderen Versuchsperson einmal 2.51, ein
anderes Mal 1.82%, imd zwar als Rohrzucker
wieder im Urin. Bei Hunden traten nach Rohr-
zuckerfütterungen wechselnd grosse Mengen von
Invertzucker neben dem Rohrzucker im Urin auf.
Nach Verabreichung von Milchzucker war
1
L Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
solcher bei Thier und Mensoh im Urin zu finden.
Von 400 g wurden von der Yersuohsperson 0.132^1^
wahrend der 2. bis 8. Stande nach der Einnahme
wieder ausgeschieden, das Maximum fiel in die
6. Stunde. Im Urin der 14 kg schweren Hündin
fanden sich nach 80 g Milchzucker 1.65 g und
3.6 g nach 2 Liter Kuhmilch (mit 4.6*/o Milch-
zuckergehalt «■92 g Milchzucker) 3.16 g und
1.42g Milchzucker vor. Weintraud (Breslau).
4. Wird dnroh Zufuhr von Innliii beim
PflansenfresBer die Olykogenbüduig in der
Leber gesteigert P von E. Miura. (Ztschr. f.
Biol. XXXn. 2. p. 255. 1895.)
Unter 19 Kaninchen, denen (10 — 25 g) reines
Jnulin in Wasser gelOst mittels Schlundsonde ein-
verleibt worden war, zeigten (12 Stunden nach
der letzten Injektion) 6 keinen vermehrten Gly«
kogengehalt der Leber im Vergleich zu Gontröl-
thieren, die eben so lange (6 Tage) gehungert
hatten. In einigen Yersuchen erreichte der Oly-
kogengehalt der Leber indessen 5—6®/«. Wenn
nur 15 g Inulin verabreicht worden waren, Hess
.sich im Darmkanal des getOdteten Thieres kein
Inulin, auch keine reducirende Substanz auffinden,
wohl aber, wenn grössere Inulinmengen gegeben
wurden. Magen-, Dünndarm-, Blinddarm- und
Dickdarminhalt wurden dann getrennt auf Lftvu-
iose und auf Inulin quantitativ untersucht und
nicht unbeträchtliche Mengen von Inulin, nament-
lich im Blinddarm, gelegentlich nodi wieder-
gefunden. Es scheint, als ob das Inulin nur un-
voUstfindig oder zu langsam im Darmkanal in
Lävulose (auch solche fand sich daselbst) umge-
wandelt würde, als dass die resorbirten Frucht-
zuckermengen eine Olykogeuanh&ufüng in der
Leber bewirken könnten; vielleicht erkl&rt sich
auch so die Inconstanz der Versuchsresultate.
Weintraud (Breshtu).
5. On the pigmentation of urio aoid ory-
stalJi depoBited flrom urine; by Archibald E.
Oarrod. (Joum. of Pathol. and Bacteriol. m. 1.
p. 100. Nov. 1894.)
Es ist eine bekannte Thatsache, dass die ham-
sauren Sedimente des Urins fast stets gefärbt aus^
fallen, üeber die Natur des Pigmentes der aus
dem Urin ausfallenden Harnsäurekrystalle ist in-
dessen noch kaum etwas bekannt Die Unter-
suchungen O.'s stellten sich die Aufgabe, sowohl
diese Frage zu lösen, als auch festzustellen, wel-
chen Einfluss die Anwesenheit der Hampigmente
Itusübt auf die Form, in der die Harnsäure aus-
krystallisirt Es zeigte sich, dass von den nor-
malen Harnpigmenten nur der gelbe Farbstoff
(Urochrom) und das Uroerythrin die Fähigkeit
besitzen, die auskrystallisirenden Hamsäuresedi-
inente zu färben. Der gelbe Farbstoff, der ein
regelmässiger Bestandtheil des Drins ist, giebt den
Erystallen immer ihre Qpmdforbe und bestimmt
wesentlich ihre Form. Er veranlasst die Bildung
der Wetzsteinf ormen. Meistens enthalten die Harn-
säurekxy stalle, wenn sie spontan und wemi sie
rasch aus dem Drin ausgefallen sind, auch Uro-
erythrin. Dieses ist es, was den Sedimenten, in
dichter Schicht gesehen, die rothe Farbe giebt; je
nach dem Mengenverhältniss , in dem urochrom
und uroerythrin in den Erystallen enthalten sind,
erscheinen diese gelb, orange oder roth. Uro-
erythrin ist niemals allein als Pigment in den
Sedimenten enthalten. Die kleinen Mengen von
Eisen, die man in den üratsedimenten findet, ge-
hören weder dem Urochrom, noch dem uroerythrin
an. Von anderen Farbstoffen, die gelegentlich im
Urin vorkommen und zur Färbung der Sedimente
mit beitragen, sind zu erwähnen die braunen Pig-
mente, die bei Behandlung des Urins mit Mineral-
säuren entstehen, femer die Oxydationsprodokte
des Phenols (Garbolham) und die Oallenpigmente.
Urobilin und Hämatoporphyrin betheiligen sich
dagegen nicht an der Färbung der Hamsänre-
krystalle. Weintraud (Breslau).
6. Ueber Vooleoalliiiiiiln im nnftnaohMnhen
Ham; von Prof. Adolf Ott (Ztschr. f. Heilkda
XVI. 2 u. 3. p. 177. 1895.)
Das Nudeoalbumin des Harnes lässt sich nadi
0. am besten so nachweisen, dass man den Ham
mit einem gleichen Volumen gesättigter Kochsals-
lösung versetzt und dann mit ullmen'scherTannin-
lOsung (5 com 50proc. Essigsäure, 5 g Tannin in
200 g 40— 50proo. Alkohol) ausfällt
Die vielen Harne von Oesunden und Kranken,
die 0. untersuchte, enthielten stets mehr oder
weniger Nudeoalbumin. Die Isolirung dieser Sub-
stanz gelang nicht, wohl weil sie sehr empfindlidi
ist und sich leicht in Eiweiss und Nudein spaltet
• V. Lehmann (Berlm).
7. Ittne empflndlidhePvobe Bomiraohweii
vonAlbuinin imHame; vonDr.Adolf Jolles.
(Ztschr. f. physioL Chemie XXL 4. p. 306. 1895.)
Als sehr empfindliches, farbloses Reagens, welches,
unabhängig von der Zusammensetzung des Harnes, die
geringsten Eiweissspüren im Harne nooh zu differenziiea
gestattet, empfiehlt J. folgende Zusammensetzung:
Hydrarg. bichlor. ooiros. 10.0
Aoid. succinio. . . . 20.0
Natr. chlorati .... 10.0
Aq. dest 500.0
Man säuert 4^5ocm des vorher filtiirten Harnes
mit 1 com SOproo. Essigsäure an, fogt 4 com des BeageDS
hinzu und schüttelt. In einer zweiten Ebmprobe setzt
man statt des BcAgens destillirtes Wasser hinzu. Dnrdi
Vergleiohnng beider Proben lassen sich noch mit ffioher-
heit Eiweissspüren nachweisen, die dnrch Essigsänre
und Ferrooyankalium nicht mehr erkennbar sind.
V, Lehmann (Berlin).
n, Anatomie und Physiologie
II. Anatomie und Physiologie.
8. SMlenstudien; von ö. Niessing. (Aroh.
f. mikroskop. Anat. XLTL 1. p. 147. 1895.)
Die Arbeit beschäftigt sioh kritisch mit den
Torschangen nnd Anschauungen M. Heiden-
liain's Ober die CentralkOrperohen. Im Gegen-
satze zu diesen nimmt N. als einziges untrügliches
Merkmal fOr ein CentralkOrperchen seine Stellung
als Hittelpunkt einer Protoplasmastrahlung an.
Teichmann (Berlin).
9. T-a-t*ü des oellulee plasmatiques (Plaa-
maiellen) dana las organes hömatopoiötiqaea
normaux de rhomme ? Contribution a l'etude
des granda lenoocytea mononuoleairea ; par
Menahem Hodara. (Ann. de Dermatol. 3. S.
VL 10. p. 856. 1895.)
Die im Titel der Arbeit aufgeworfene Frage
beantwortet H. mit nein. Er hat 14mal die blut-
bildenden Organe (Milz, Lymphdrüsen und Knochen-
mark) auf das Vorkommen von Unna'schen Plasma-
zellen, wie es von Jadassohn u. Marschalko
behauptet wird, untersucht und dabei lOmal keine
einzige wirkliche PlasmazeUe gefunden. Iif 2 Fäl-
len, in denen er sie fand, bestanden pathologische
YerhlQtnisse, Hypertrophie, ausgedehnte hämorrha-
gische Herde. In 2 anderen Fällen fand er Zellen,
die zwar im Allgemeinen die morphologischen
Charaktere der ünna'schen Zelle zeigten, aber sich
durch ihr auffallend blasses Protoplasma deutlich
von den Plasmazellen mit ihrem stark färbbaren
Zellenleibe unterschieden. Dagegen fand er in
allen Fällen Zellen, die durch stark gefärbten Kern
imd Zellenleib auffielen und an die Plasmazellen
erinnerten, die er aber nach ihren sonstigen Cha-
rakteren zu der grossen Form der mononudeären
Leakocyten, von ihm Polyeidocyten genannt,
rechnen muss. Die ünna'sche Plasmazelle hält
er für ein pathologisches Produkt, hervorgegangen
Bei es aus einer Bindegewebezelle oder aus einem
Lymphocyten und seinen Uebergangsformen.
Teichmann (Berlin).
10. Normale und pathologische Hiatologie
des ünterhautfettgewebes ; von Dr. Louis
Heitzmann. Mit 6 Abbildungen. (Arch. f.
DermatoL u. SypL XXXTT. 3. p. 349. 1895.)
H. studirte den Bau der Fettkugeln an der
&tot stark abgemagerter Menschen, sowie die Ent-
zündung des Fettgewebes an der Brusthaut eines
Kranken, der eine von einer nekrotischen Rippe
ausgehende Fistel aufwies. Er gelangte zu folgen-
den Ergebnissen.
*^ Die Fettkugel ist keine Zelle, sondern aus einer
grossen Anzahl indifferenter Protoplasmakörper
aufgebaut; der Kern liegt in der einhQllenden
EapseL Diese ist als eine elastische Schicht leim-
gebender Qnmdsubstanz zu betrachten, analog den
^ den Qienaen der Territorien des Knochen- und
Enorpelgewebes auftretenden elastischen Schichten.
Das Fettgewebe ist als eine Varietät von myxoma?
tösem Qewebe aufzufassen, fthnlich dem Lymph-
gewebe. In der Fettkugel bildet sich ein ver«
zweigter ProtoplasmakOrper aus, ähnlich den ver«
zweigten ProtoplasmakOrpern des Faserknorpelst
imd des Knochens. Dieser verzweigte Protoplasma-
körper wird erst sichtbar nach raschem Verschwin-
den des Fettes bei rapider Abmagerung. Bei all-
mählicher Abmagerung werden daneben noch kern-
haltige Körper sichtbar, die die Maschenräume des
verzweigten Körpers ausfüllen und identisch sind
mit jenen, aus denen die Fettkugel bei ihrer Ent-
wickelung aufgebaut worden ist Fettkugeln sind
nicht immer zu einem Oewebe vereinigt, sondern
treten auch isolirt oder in kleinen Gruppen inner-
halb des fibrösen Bindegewebes auf. Die Mast-
zellen' stellen höchstwahrscheinlich den Uebergang
von Protoplasma zu Fett dar, indem die Knoten-
punkte des Netzwerkes der lebenden Materie un-
mittelbar zu Fett umgewandelt werden. Bei der
Entzündung werden die die Fettkugeln aufbauenden
Protoplasmakörper durch Proliferation ihrer leben-
den Materie zu Entzündungskörpem umgewandelt,
aus denen bei der formativen Entzündung myxo-
matöses und myxofibröses Gewebe entsteht. Wenn
die aus der Fettkugel hervorgegangenen Entzün-
dungskörper aus dem gegenseitigen Zusammen-
hange gerissen werden, entsteht aus der ehemaligen
Fettkugel ein Haufen von Eiterkörpem.
Wermann (Dresden).
1 1. The Amotion of the laryngeal ▼en.tricles
and ventrioular bands; by Alex. Hodgkin-
son. (Brit. med. Joum. Oot 26. 1895.)
H. fasst die Ventrikel des Larynx als Reser-
voirs für Schleim und Staub auf, der von den
Stimmbändern aus während ihrer Schwingungen
dorthin gebracht ist Er begründet dies durch
eine ausführliche Darlegung seiner Ansicht über
die Eliminirung von Staub- u. s. w. Partikeln aus
den oberen Luftwegen bei gesunder und bei kranker
Schleimhaut Die Taschenbänder sollen dreierlei
Funktionen haben, nämlich als innere Begrenzung
der Ventrikel zu dienen, den Kehlkopf, abgesehen
von der hinteren Apertur, während des Schling-
aktes abzuschliessen und endlich dadurch, dass
sie beim Schlingen sich den Stimmbändern bis zur
Berührung nähern, zur Entfernung von den Stimm-
bändern anhaftenden Fremdkörpern beizutragen.
Friedrich (Leipzig).
1 3. Nene üntenmohimgen über das Nieren-
epithel und sein Verhalten beiderHarnabaon«
derung; von H. Sauer. (Arch« f. mikrosk. Anat
XLVL 1. p. 109. 1895.)
Während die Heidenhain'sohen Stäbchen des
Nierenepithels von ihrem Entdecker noch in^mer
6
n. Anatomie und Phjsiologia
als pr&fonnirte Bildungen der Zelle betrachtet
werden, fasst sie derYerfasser dieser im Hei den -
hain 'sehen Institut entstandenen Arbeit als Bil-
dungen aus zwei parallelen, mit EOmchen besetzten
ProtoplasmafMen auf, die durch einen Eiweiss-
niederschlag mit einander verklebt sind. Bezüglich
des Einflusses der Sekretion auf die Protoplasma*
struktur in den gewundenen HamkanUchen kommt
8. im Gegensatze zu Disse zu dem Ergebnisse,
dass in allen Phasen der Sekretion die Stäbchen
und BfirstenbesAtze das gleidie Aussehen zeigen
und auch die Zellkerne niemals ihre Lage ändern.
Sekretorische Veränderungen sind nurandenLioh-
tungen der gewundenen EanKlchen zu bemerken ;
diese zeigen bei minimaler Hamabsonderung an
Längs- und Querschnitten als Lumen eine enge
Spalte, die einzelnen Zellen sind hervorgewölbt
und hoch. Bei maximaler Sekretion ist das Lumen
weit, die einzelnen Zellen sind abgeflacht und
niedrig. Mit Bezug auf den BOrstenbeeatz ist S.
nach seinen Präparaten geneigt, einen Zusammen-
hang der Härchen mit den Heidenhain'sohen Stäb-
chen anzunehmen. Teichmann (Berlin).
1 3. Beoherohes physiologiqnes et ohimiques
Bur une aabBtanoe toziqae eztraite des oap*
sules sarrinalea; par le Dr. D. Oourfein.
(Revue mM. de la Suisse rom. XV. 10. p. 513.
1895.)
Die Nebennieren enthalten einen in Alkohol
löslichen Giftstoff, der durch Hitze nicht angegriffen
wird. Unter die Haut injicirt, zeigt diese Substanz
hauptsächlich Wirkungen auf das Gentralnerven-
system. Beim Frosche tritt allgemeine Schwäche
und der Tod ^/| — 1 Stunde nach der Injektion auf.
Beim Säugethiere allgemeine Schwache bei freiem
Sensorium, progressive DyspnOe. Bei künstlicher
Respiration tritt der Tod später , durch Herzläh-
mung, ein. V. Lehmann (Berlin).
14. üntenmohiugen über denBinfluas des
▼asomotorisohen Nervensystema auf den Stoff-
wechsel; von Prof. F. Tangl. L TheiL (Arch.
f. d. gee. Physiol. VL 11 u. 12. p. 563. 1895.)
Durch Heidenhain ist eine temperatur-
regulirende Wirkung der vasomotorischen Nerven
entdeckt worden. Durch ihre Reizung (im Eopf-
oder Halsmark) sinkt die Temperatur des EOrper-
innern, während die Hauttemperatur steigt Wäh-
rend nämlich die Hautgefässe sich in Folge der
Vasomotorenreizung gar nicht oder sehr wenig
zusammenziehen, findet besonders im (Jefössgebiete
des Splanehnicus OontrakHon statt Wenn aber
durch Reizung der vasomotorischen Nerven die
Geschwindigkeit des Blutstromes und die. Blut-
vertheilung verändert werden, so müsste nach den
Untersuchungen der Ludwig 'sehen Schule auch
die Intensität der Oxydationprocesse in den Drüsen
und damit die Wärmebildung beeinflusst werden
imd^ da im Innern der Blutstrom eine Beechleu«
nigung erfährt, müsste auch erhöhte Wärmebildung
stattfinden. Es war hiemach interessanti zu unter-
suchen, wie sich bei Reizung des gesammten vaso-
motorischen Nervensystems die OzydationprocesBe
nun wirklich vertialten würden.
In den vorliegenden Versuchen hat T. bei
Kaninchen nach Curarisirung und Tracdieotomie
das Halsmark durchschnitten und elektrisch ge-
reizt Der Qaswecbsel wurde vor der Durch-
schneidung, während und nach der Reizung ge-
messen. Aus den Versuchen ging hervor, dass
durch Reizung des Halsmarkes ein bedeutender
Ausfall im Sauerstoffverbrauch imd in derEohlen-
säureproduktion verursacht wird. Es sinkt also
in Folge von Vasomotorenreizung nicht nur die
Wärmeabgabe, sondern auch die Wärmeerzeugung.
V. Lehmann (Berlin).
15. The efflsot of variationB In eztemal
temperatore npon the ontput of oarbonioaoid
and the temperatnre of yoong animals; by
M. S. P e m b r e y. (Joum. of Physiol. XVm. 4.
p. 363. 1895.)
In Bezug auf die Regulirung der Körperwarme
und der hiermit in Verbindung stehenden Abgabe
von Kohlensäure lassen sich nach der vorliegenden
Untersuchung die ganz jungen Thiere in 2 Gruppen
eintheilen. P. hat junge Mäuse, Ratten, Täubohen,
Hühnchen, Meerschweinchen untersucht Junge
Mäuse, Ratten, Tauben werden vollkommen nackt,
blind und hülflos geboren. Sie verhalten sich
gegen Aenderungen der Aussentemperatur etwa
wie Kaltblüter ; Gaswechsel und Eigenwärme ver-
ändern sich bei ihnen in derselben Richtung wie
die Aussenwärme. Diese Thiere können also ihre
Temperatur noch nicht reguliren. Meerschwein-
chen und Hühndien befinden sich in anderer Lage.
Sie werden sehend und mit Schutzdecke (Härchen,
Federn) geboren. Sie kOnnen ihre Temperatur
innerhalb gewisser Grenzen constant halten. Junge
Mäuse haben die Regulation der Eigenwärme am
10. Tage, junge Tauben etwa am 15. Tage erlangt
Bei den beiden Gruppen ist auch der Einfluss
der Aussentemperatur auf die Muskelthätigkeit ein
verschiedener. Meerschweinchen und Hühner wer-
den beweglicher bei erniedrigter Aussentemperatur
(wie erwachsene Thiere), Mäuse, Ratten undTanbon
dagegen eher bei erhöhter Temperatur.
V. Lehmann (Berlin).
16. Zur Lehre von den Wirkungen der
Abkühlung des Warmbldterorganiamus; von
Philipp Knoll. (Arch. f. experim. PathoL xl,
Pharmakol. XXXVI 3 u. 4. p. 305. 1895.)
E. beschreibt die bisher nur unvollkommea
ermittelten Veränderungen im Blutkreislaufe und
der Athmung bis in's Einzelne. Die Abkühlung <
bewirkte er durch intravenOse Infusion auf 0* CL ,
abgekühlter Kochsalzlösung, wodurch er den Vor*
gang der Erkältung nachahmte, wie er nach
J. RosenthaldurohplOtzlicheZusammenzielLiu^
HL Allgememe Patiholog^e und paüidogische Anatomie.
der Bantgefltese und Zurückdrängen des in den
vorher erweiterten Hautgeßssen stark abgekühlten
Blutes nach den inneren Eörperorganen erfolgen
0OIL
Das ProoentverhÜtniss der inf undirten eiskalten
Kochsalzlösung zum Körpergewicht, wonach der
Tod eintrat, schwankte zwischen 18 und 4t4t^lo. In
keinem dieser Fftlle trat die regulatorische Ham-
abaondenmg ein, die bei den Versuchen mit In-
fusion blutwarmer Kochsalzlösung das überfüllte
Oeässsystem wieder entlastet hatte. Trotz des
Stockens der Nierenth&tigkeit traten aber Trans-
radate in den serOsen Höhlen und wässerige Aus-
Boheidnng^i in d«i Darm und regelmässig Lungen-
Odem bald in grösserem, bald in geringerem
Maaaseauf.
Unter den Veränderungen im EhUkreislaufe
war die auffälligste das Sinken der Herzschläge,
swar nicht um den gleichen Betrag in allen Ver-
suchen, femer die gedehntere Systole, so dass so-
wohl an den Puls-, als an den Ventrikelcurven
nicht selten eine anakrote, zuweilen erheblich
unterhalb des Curvengipfels liegende Zacke auf-
tritt Der Herzvagus, bez. seine Endigungen wur-
den erst gegen das Lebensende, wenn die Bectum-
temperatur auf 27<> C. gefallen war, für den fara-
discben Strom unerregbar.
Der Blutdruck stieg nur bei den ersten Infu-
sionen, sogar bei sehr ausgeprägter primärer Ver-
minderung der Schlagzahl des Herzens; bei den
späteren Infusionen fiel er allmählich. Das Vaso-
motorencentrum reagirte aber bis kurz vor dem
Lebensende noch auf den Erstickungsreiz mit Blut-
drucksteigerung.
Das Einströmen kalter Kochsalzlösung in das
Oefässsystem rief regelmässig eineBeschleimigung
und Abflachung der Aihmung hervor, nach vor-
heriger Durchschneidung der beiden Halsvagi blieb
diese Erscheinung aus. Mit zunehmender Abküh-
lung trat ein Seltenerwerden der Athembewegun-
gen bei fortschreitender Abdachung ein. Ob etwa
die Nieren der auf solche Weise abgekühlten
Thiere histologische Veränderungen aufweisen, die
als Erkältongswirkung anzusehen wären, darüber
stellt K. weitere Mittheilungen in Aussicht
H. Dreser (Bonn).
17. Bemerktingenzurlnftuiionblatwarmer
phjsiologisolierKoolisalzlösang in dasQefäss-
Byitem; von Philipp KnolL ( Arch. f. experim.
Pathol. u. PharmakoL XXXVI. 3 u. 4. p. 293. 1895.)
Kn. injicirte Kaninchen blutwarme physio-
logische Kochsalzlösung bis zu 3.5 com pro kg und
Minute in die Vene, wonach er bei Begistrirung
der Venendruckschwankungen sehr schön die durch
Athmung und Herzschlag bedingten Schwankungen
ersichtlich machen konnte, sowie das Ansteigen
des Druckes beim Husten und bei leichtem Druck
auf das Abdomen, femer die spontanen Blutdruck-
schwankungen von viel langsamerem Rhythmus,
etwa 10 — 14 Athemschwankungen einschliessend.
K n. beabsichtigte festzustellen, wie viel Procente
des Körpergewichts an physiologischer, blutwarmer
Kochsalzlösung den Kaninchen injicirt werden
mussten, damit der Tod eintrat; individuell zeigten
sich grosse Verschiedenheiten, deim ein Thier starb
schon nach Infusion von SS^/^y andere von wenig
über 50®/o und noch andere sogar erst nach 93 bis
115<>/o des Körpergewichtes. Bei den letztgenann-
ten Versuchen hatten eine reichliche Sekretion der
Nieren und anderer Drüsen, femer reichliche
Transsudate in die serösen Häute und auch in die
Unterhaut das Blutgefässsystem von Flüssigkeit
entlastet, während diese Vorgänge in den Ver-
suchen mit nur geringer Infusionsmenge zu lang-
sam und zu schwach einsetzten.
Bei derartigen individuellen Verschiedenheiten
ging es natürlich nicht an, einen Grenzwerth
schematisch, wie es von anderer Seite geschehen
war, anzugeben, bis zu dem die Infusion unschäd-
lich bleibt H. Dreser (Bonn).
18. Einige Versuche über den ffinflosB von
Blutentziehangen auf den Lymphstrom im
DuotuB thoraoioos; von A. Tscherewkow.
(Arch. f. d. ges. FhysioL TiXTT. 6 u. 7. p. 304. 1895.)
Ueber die Ursache des Durchthttes von Stoffen
aus dem Blute in die Lymphräume bestehen
zweierlei Anschauungen. Die eine Partei nimmt
nur Filtration und Diffusion in Anspmch, während
die andere auf Mitwirkung von Triebkräften hin-
weist, die in der Capillar wand selbst ihren ürsprang
nehmen sollen.
T. versuchte zur Aufklärang der Frage durch
Erniedrigung des Blutdruckes vermittelst Blut-
entziehungen beizutragen.
Von 21 an Hunden angestellten Versuchen
liessen 10 keinen Einfluss der Blutentziehung
(Dmckerniedrigung) auf die, aus einer Brustgang-
fistel gewonnenen Lymphmengen erkennen, wäh-
rend in 11 Versuchen eine Verminderung der
Lymphmenge eintrat Es dürfte nach diesen
Besultaten schwer sein, zu behaupten, dass der
Blutdmck der einzige für die Lymphbildung in
Betracht kommende Faktor sei.
V. Lehmann (Berlin).
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
19. Benun aatiofaarboimeaz ; par K Mar-
chouz. (Ann. de Tlnst Pasteur IX. 11. 1895.)
M. hat Versuche über die Frage angestellt, ob
das Blutserum von Thieren, die gegen sehr viru-
lente Milzbrandculturen immun gemacht worden
waren, vorbeugende und heilende Wirkungen zu
äussern vermöge. Er immunisirte Kaninchen und
Schafe dadurch, dass er ihnen, mit kleinen Quanti-
5
nL Allgemeiae Pafhologie tmd paüiologiache AiiAtomie.
täten beginnend, von 12 zu 12 Tagen immer
grössere Dosen einer Hilzbrandcultor einspritzte
und sie dann, wenn sie keine Reaktion mehr zeig-
ten, mit einer sehr grossen Menge einer virulenten
Gultur prüfte. Dabei machte M. die Erfahrung,
dass Thiere, die auf subcutan eingebrachte grosse
Dosen nicht reagirten, einer viel geringeren intra-
venösen Injektion erlagen. Das Senim der auf
diese Weise immunisirten Thiere übte die stärkste
Wirkung aus, wenn es zwischen 14 Tagen und
3 Wochen nach der letzten Impfung entnommen
worden war. Einmal erhalten bewahrte es seine
baktericide Kraft sehr gut Um zu ergründen, ob
dieses Serum andere Thiere vor Milzbrand schützt,
spritzte M. 2 — 15 com davon ein und liess nach
24 Stunden eine virulente Milzbrandbouilloncultur
folgen. Der Erfolg war, dass kleine Dosen den
Tod gegenüber dem Controlthier nicht unerheblich
verzögerten, grosse ihn verhüteten.
Was die heilende Kraft des Serum anbetrifft,
so überlebten die Yersuohsthiere stets die Gontrol-
thiere ; grössere Mengen von Serum erhielten sie am
Leben. Diejenigen, bei denen Cultur und Serum
fast gleichzeitig injicirt wurden, verhielten sich nicht
immun gegen eine erneute spätere Impfung ; die-
jenigen Thiere aber, bei denen die Seruminjektion
der Bacilleninjektion 7 — 24 Stunden nachfolgte,
ertrugen eine erneute Injektion noch 12 Tage
nachher. Sobald schon Oedem vorhanden war,
rettete die Serumapplikation nicht mehr das Leben,
wenn auch öfters das Oedem nachliess oder selbst
verschwand.
Die Wirkung des Serum erklärt M. durch die
Phagocytose: injicirt man Serum in das Ferito-
naeum, so sieht man nach kurzer Zeit, wie die
vorher klare Peiitonäalflüssigkeit sich durch Ein-
wanderung von Leukocyten trübt; bringt man in
die getrübte Flüssigkeit Milzbrandbacillen, so be-
mächtigen sich die Leukocyten der Bacillen. Diese
letzteren nehmen an Zahl immer mehr ab und ver-
schwinden schliesslich ganz, einProcess, der durch
Plattenculturen controlirt wurde. Sporenhaltiges
Material widerstand der Phagocytose und tödtete
die Thiere stets. Wolf (Dresden).
20. Becherohea aur le pneumobaoille de
Friedlfinder. Premier mömoire: etude des
fermentationa provoquees par oet organiame ;
par L. Grimbert (Ann. de Tlnst Pasteur IX.
11. 1895.)
Frankland hatte durch seine Unteisuchangen ge-
funden, dass der Friedländer 'sehe Pneomoniebacilhis
Qlycerin und Dalcit nicht in Oährong versetzt, and dass
die Oährangsprodukte dieses Bacillus in Zuokerarten
lediglich Aethylalkohol und Essigsäure mit geringen
Sparen von Ameisen- und Bemsteinsäure seien. Im
Qegensatze hierzu stehen die Versuche G r.'s, die zeigen,
dass durch den Friedländer 'sehen PneumoniebacUlas
nicht nar Dextrose, Saccharose, Maltose, Lactose, Baffi-
nose, Dextrin und Mannit vergohren werden, sondern
auch das dem letzteren isomere Dalcit und Qlycerin. Als
Gährungsprodukte finden sich Aethylalkohol, Essigsäure,
links drehende MUcb säure und Bemsteinsäure. Von
diesen tritt aber bei jeder Oahrung nur die Essigsämo
auf, und zwar in reinem Zustande, ohne Beimischung von
Ameisen- und Propionsäure. Der Aethylalkohol fehlt bei
der Oährung der Arabinose und der der Kartoffel ganz
und tritt nur in Sparen auf bei der der Glykose, der
Saccharose und der Maltose. Die Milchsäure ist Tor-
handen bei der Gähmng der Glykose, Galactose, Arabi-
nose, des Mannit und Glycerin ; Bemsteinsäure und Milch-
säure bei Saccharose, Lactose und Maltose und Bemstein-
säure allein bei der Gährong von Dulcit, Dextrin und
Kartoffeln. Bemerkenswerth hierbei ist, dass die beiden
isomeren Körper Mannit und Dalcit sich bei dieser durch
den Pneumoniebacillus hervorgerufenen Gährong ver-
schieden verhalten. Wolf (Dresden).
21. Szperimentelle Untenrachangen über
die Bedeatong des FneumonieooooiiB in der
Pathologie des Aogee; von Dr. L. Bach in
Wfirzburg. (Arch. f. Augenhkde. XXXL 3. p. 198.
1895.)
Da Oasparini und Basso auf die Häufig-
keit des Vorkommens ^on Pneumoniekokken bei
Augenleiden, überhaupt im Bindehautsacke auf-
merksam machten und diesen Coccus als die ge-
wöhnliche Ursache derHypopyonkeratitis hinstell-
ten, achtete B. bei seinen Untersuchungen besonders
auf diesen Diplococcus. Er fand ihn zwar oft im
Bindehautsacke, aber nie in Beinculturen. Die
Einimpfung in die Hornhaut erzeugte kein typiadies
Ulcus progrediens, wie dies durch Einimpfung yon
Staphylokokken und Streptokokken geschieht Ein-
impfung in die vordere Kammer erzeugt Irido-
cyklitis oder Panophthalmitis, Einimpfung in den
QlaskOrper macht OlaskOrperabscess oder Panoph-
thalmitis, Einimpfung in die Orbita und den
Tenon'schen Raum Phlegmona
Lamhofer (Leipzig).
22. Etude aar Fentäro-hipatite uuppjuie
endemique; par Y.Babes etV.Zigura. (Arch.
de M6d. exp^rim. YL 6. p. 862. 1894.)
Als „Ent6ro-h6patite suppurde^' bezeichnen B.
und Z. einen Symptomencomplex , der ^ch in
grossen Leberabscessen und in ganz besondereoi
auf das Colon ascendens beschränkten Darm-
geschwüren ftussert. Die Krankheit tritt in RumS-
nien ziemlich häufig, und zwar epidemisch anH
Die Leberabscesse unterscheiden sich von den im
westlichen Europa zu beobachtenden und &h»fJn
mehr denen der heissen Lander. Sie sind aber
nicht, wie diese, von richtiger Dysenterie begleitet,
sondern von der oben erwähnten geschwürigen Er-
krankung des Colon ascendens, die sich durch ihre
Lokalisation am Anfang des Colon, durch ihren
Beginn unter der Form einer phlegmonösen In-
filtration, durch die Abwesenheit einer düfdaea
oberflächlichen Nekrose, durch die Form der Ge*
schwüre u. s. w. von der Dysenterie unterscheidet
In 2 der 15 Fälle, deren Beobachtung und Uxt-
theilung der Publikation zu Grunde liegt, hatte
sich diese Enteritis in typischer Weise, ausgebend
von alten tuberkulösen Darmgeschwüren entwickelt«
Auf den üicerationen fanden sich die verschiedenstea
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
9
IGboorganismen, doch alle ohne pathogene Wir-
hing. Nur Imal fanden sich Amöben bei der
Untersuchung der Geschwüre.
Die Leberaifektion ist immer jflnger als die
Dannerkrankung. Die Abscesse unterscheiden sich
von pylephlebitischen, biliftren und gewöhnlichen
pyftmiechen Absceesen durch gewisse charakte-
ristische Eigenschaften, auf die im Referat nicht
näher eingegangen werden kann. In Abscesswand
und ESter fanden sich öfters pathogene Mikroben,
in einer Anzahl von F&llen ein sehr feiner, nur
schwer zu züchtender Bacillus. Oebilde, wie die,
welche von anderen Autoren als Amöben der
Dysenterie bezeichnet worden sind, fanden sich
such gelegentlich, doch schliessen B. und Z. es
nicht aus, dass es gequollene, mit Vaouolen durch-
setzte Zdlen waren. In einigen Fällen waren
▼eder diese Gebilde, nodi Mikroben zu sehen. B.
und Z. glauben, dass die bezeichnete Krankheit in
numohen EWen durch einen bestimmten Mikro-
oiganismus, in anderen durch ein noch unbekanntes
Vims hervorgerufen sei, und sie betonen, wenn sie
ihren Befunden von amöbenartigen Gebilden auch
keine Bedeutung beilegen wollen, dass doch eine
bemerkenswerthe Analogie zwischen der Entero-
h6patite snppur^e und der tropischen Dysenterie,
bei der die Amöbenbefunde so häufig sind, besteht
Weintraud (Breslau).
23. De la fkoUite dusurmenagehepatiqae;
par K CassaSt et C. Mongour. (Arch. din.
de Bord. IH 11. p. 485. 1894.)
Weil die Bildung desHamstoffis undderGallen-
fiSnren, sowie die ümwandelung des Nahrung-
zuckers in Glykogen Funktionen der normalen
Leberzelle sind, so soll nach G. und M. 1) ver-
minderte Hamstoffausscheidung im Urin eine
Fnnktionstömng der Leberzelle anzeigen; 2) der
Befund von OaUensfturen im Urin ein Zeichen
krankhaft vermehrter Gallensfturenbildung in der
Leberzelle sein ; 3) die alimentäre Glykosurie auf
eine Insofficienz der glykogenen Funktion der
Leber hinweisen. Mit solchen Gesichtspunkten
suchten C. und M. durch Untersuchung des Urins
über die Leistungsfähigkeit der Leber bei den ver-
fldiiedensten krankhaften Zuständen Aufschluss zu
gewinnen (akute Nephritis, allgemeine Paralyse,
fieberhafter Magenkatarrh, akuter Gelenkrheumatis-
mos, Malaria, Tuberc. pulm., Alkoholismus). Sie
fimden stets Gallensäuren im Urin, oft in grosser
Menge (?) (Probe nachUdranski mit Furfnrol-
wasser), b^egneten oft einer Harnstoffverminde-
nmg und nach 200 g Zucker auch zuweilen alimen-
tärer Glykosurie und sie glauben, dass bei allen
genannten Krankheiten das Studium der Leber-
fonktion auf diesem Wege für den Arzt doch sehr
rathsam und wichtig sei, damit er nidit von dem
Eintritte schwerer Folgeerscheimmgen der Leber-
insufficienz eines Tages überrascht werde.
Weintraud (Breshtu).
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
24. The aotion oftolnylendiamin; aoontri-
bution to the pathology of jaundioe ; by W i 1 -
liams Hunter. (Joum. of PathoL andBaoterioL
HLS; July 1895.)
Stadelmann war bei seinen Untersuchungen
über die Wirkungen des Toluylendiamins , des
Arsenwasserstoffs und des Phosphors zu der An-
sicht gelangt, dass der Ikterus, der bei diesen In-
toxikationen regelmässig auftritt, als bedingt dimk
die Pölyehromie der OaUe anzusehen ist, indem in
Folge der Wirkung der Gifte auf Blut und auf
Leberzelle eine vermehrte Gallen/br6«<o;^roduktion
eintritt, die eine höhere Concentration und dadurch
einen sohlechteren Abfluss der Galle nach sich
zieht H. glaubt, dass nicht der vermehrte FarlH
sioffjgehUt der Galle, sondern ein vermehrter
SehMmgehaU, hervorgerufen durch einen Katarrh
der GaUenwege, die erhöhte Viskosität der Galle
verursacht, dass der Ikterus, bez. der behinderte
Abfluss der Galle also nicht auf der Pölyehromie,
sondern auf einem Katarrh der Gallengänge beruht
Er fand bei seinen Yersnchen, bei denen er Hunden
Tduylendiamin subcutan beibrachte, im Duo-
denum abwärts von der Einmündungstelle des
Gallenganges regelmässig eine starke katarrhalische
Schwellung der Schleimhaut, wenn starker Ikterus
eingetreten war. Die Lokalisation der Schwellung
daselbst (am stärksten an der Einmündungstelle
des Gallenganges und stets nur abwärts davon)
deutete darauf hin, dass in der Oaile eine reizende,
den Schleimhautkatarrh verursachende Substanz
enthalten sein müsse. In der That bestätigten
darauf hin unternommene Untersuchungen an
Gallenfistelhunden die Yermuthung, dass das sub-
cutan applicirte Toluylendiamin durch die Galle
als solches und in Form von reizend wirkenden
Derivaten wieder ausgeschieden wird. Viel mehr
als im Duodenum (so darf man danach annehmen)
wird die mit irritirend wirkenden Stoffen beladene
QuJhd in den Oaüengängen bis aufwärts zu den
Wurzeln der Gallenwege einen Katarrh hervor-
rufen, der zu vermehrter Schleimproduktion fuhrt
Ja man kann sich denken, dass bei schwächerer
Wirkung nur an den Oaüengängen, deren Wandung
das Gtift ja zuerst trifft, dieser Katarrh hervor-
gerufen wird und dass er bei der Sektion derThiere
übersehen werden kann, weil er nicht auf das
Duodenum übergegriffen hat Gerade das Fehlen
des Duodenalkatarrhes aber hatte Stadelmann
veranlasst, fOr den Ikterus andere den Abfluss der
Galle störende Momente (Eindickung durch ver-
mehrten Farbstoffgehalt) verantwortlich zu machen.
H. bestreitet weiterhin, dass Hämoglobinämie allein
dadurch, dass sie der Leber zur Gallenfarbstoff-
bereitung vermehrtes Material biete, Ursache eines
Ikterus werden kOnne. Bei Versuchen an Hunden
lasse sich durchaus kein constantes Verhältniss
zwischen dem Grade einer durch Hämoglobin-
injektionen erzeugten Hämoglobinämie und dem
darauffolgenden Ikterus feststellen, beim Kaninchen
2
10
in. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
gelinge es überhaupt nur selten auf diesem Wege
Gelbsucht hervorzurufen. Die Anwesenheit von
gelöstem BlutforbstofF und die vermehrte Gallen-
farbstoffbildung kOnnen also nicht die alleinige Ur-
sache des Ikterus sein ; auch bei Yergiftungen mit
ArsenwasserstofF und Toluylendiamin u. s. w. gehen
Hämoglobinftmie und Ikterus nicht parallel Es
hängt von der Art der Einwirkung der Oifte auf
die rothen Blutkörperchen ab, ob die durch deren
Zerstörung hervorgerufene Hämoglobinftmie Hftmo-
' glohinune oder Ikterus oder beides zur Folge hat.
Da für das Zustandekommen des Mems stets ein
durch die Wirkuog des Oifles hervorgerufener
Katarrh der Gallenwege nöthig ist, der Ausdruck
„katarrhalischer Ikterus^' aber in anderem Sinne
schon vergeben ist, so schlägt H. vor, den nach
Toluylendiamin und anderen Giften einsetzenden
Ikterus als „toxämischen^* zu bezeichnen, indem er
Stadelmann's Bezeichnung ,Jkterus in Folge
von Polychromie der Galle" als unzutreffend ver-
wirft. Weintraud (Breslau).
25. Experimentelle Untenmohongen über
den EinflosB der Ligatur der Gallenwege auf
die biliare Infektion; von Prof. E. A. Hom6n
in Helsingfors. (Centr.-61. f. allgem. Pathol. u.
pathol. Anat V. 19. p. 825. 1894.)
H. kommt zu dem Resultate, dass eine asep-
tische Liigatur der grossen Gallenwege bei Kanin-
chen eine aufsteigende biliäre Infektion durch Bac-
terium coli und Typhusbacillen nicht verhindert,
vielmehr begünstigt. R. El i e n (München).
26. A note on the presenoe of iron in the
liver in ankylOBtomiasia ; by Beaven Rake.
(Joum. of Pathol. andBaoteriol. HE. 1. p. 107. Nov.
1894.)
R. hat in 5 von ihm beobachteten Fällen von
Ankylostomiasis Leber und Milz quantitativ auf
Eisen untersuchen lassen, wobei sich herausstellte,
dass die Leber bei dieser Affektion weniger Eisen
enthält, als bei anderen Krankheiten, namentlich
auch weniger als bei pemiciöser Anämie, obwohl
die Ankylostomiasis klinisch das Bild schwerster
Anämie bietet Der Eisengehalt der Milz ist kaum
beeinflusst. Die ausgesprochene Anämie, mit der die
Ankylostomiasis einhergeht, ist deshalb wahrschein-
lich durch wiederholte Blutverluste, in Folge von
Darm Verletzungen durch die Parasiten, hervor-
gerufen und nicht durch den Untergang von rothen
Blutkörperchen in der Blutbahn' und ihre Ver-
arbeitung in der Leber. Weintraud (Breslau).
2 7 . Die minohwelliing bei LeberoirrhoM ;
von Dr. R. Oestreich in Berlin. (Virchow's
Arch. CXLIL 2. 1895.)
Auf Grund mehrerer Fälle von LebercinrhoBe ver-
schiedener Stadien sucht 0. die bereits wiederholt aus-
gesprochene Ansicht zu beweisen, dass die Milzvergrösee-
ruDg bei jener Erkrankung nicht von Stauungen im
Ffortaderkreislaufe abhänge, sondern der Ausdruck irri-
tativer Wucherung der Pulpazellen sei. Diese Wuche-
rungen, die an ähnlichen Yorgängen in Magen und Dom
ihre Analogie finden, sind mit Bindegewebevermehrung
nicht oombinirt und finden sich bereits in den frühesten
Stadien derCirrhose; sie hängen wahrscheinlich von einer
Reizung der Gewebe durch das arterielle Blut, nicht duch
das Pfortaderblut, ab ; in späteren Stadien kann eine ehe-
mals hypertrophische Pulpa wieder atrophisch werden.
üeber die Ursachen der Erkrankung lässt sich 0. nicht aas.
Die Arbeit enthält sehr viel Unzulänglichkeiten. Ab-
gesehen von der Abgrenzung des Begriffes der Gniiose
(0. bezeichnet Fälle mit Bundzelleninfiltration der Leber
ohne Bindegewebebildung schon als Fruhstadien der (Ir-
rhose) erscheint die histologische Darstellung derMilz-
befunde, die sich meist auf die Angabe «zellenreiche
Pulpa^ und AehnL beschränkt, nicht ausreichend, um eine
Verwerthung des mitgetheilten Materials zu gestatten;
die epikritischen Bemerkungen 0.*s sind ebenfalls wenig
einleuchtend. Obwohl wir im Princip die Anschauung
O.'s, dass die Milz bei Cirrhose keine Stauungsmilc
(wenigstens wie sie beim Herzfehler u. Aehnl. vorkommt)
ist, theilen, verzichten wir daher auf ein eingehenderes
Beferat seiner Begründung und verweisen etwa dafür
interessirte Leser auf das Original.
B e n e k e (Braunschweig).
28. üeber die Mitose mehrkemiger Zellen
und die Besielmiig iwiaohen Mitose und Ami-
tose; von Dr. Erompecher in Budapest (Vir-
chow's Arch. CXLII. 3. 1895.)
Kr. studirte an einem in Memming^Boher LOsung
fixirten Osteosarkom die mehrkemigen Zellen in
Bezug auf die an ihnen auftretenden Eemtheilungs-
bilder und beschftfügt sich demjgemftss hauptsäch-
lich mit der Frage, ob die Mitose das einzige pro-
gressive Theilungsphänomen sei, oder ob die Ami-
tose, die sich in der Form einfacher Abschnümngen
von Eemtheilen häufig bemerklich mache, auch als
solches aufeufassen sei, bez. zu jener in einer be-
stinunten Beziehung stehe. Nach einer Darstdlung
der in der Literatur hierüber niedergelegten Mei-
nungsverschiedenheiten wendet sich Er. auf(}rand
seiner Untersuchungen gegen Arnold 's Lehren;
zunächst leugnet er die Existenz einer „indirekten
Fragmentirung'^ und deutet derartige Bilder als
Zerrformen. Das Yorkonunen gleichzeitiger mito-
tischer Theilung der Kerne einer mehrkemigen Zelle
konnte er nur selten constatiren, fand dagegen
häufiger, dass neben ruhenden Kernen eine Mitose
in derselben Zelle lag. Derartige Bilder sind zum
Theile InvagincUionen, d. h. eine einfach mitotische
Zelle drückt sidi von der Seite her in eine ruhende
mehrkemige Zelle ein und täuscht so jenes Bild
der ungleichzeitigen Mitose vor. Weiterhin aber
beschreibt K r. auch Bilder von mehrkemigen ZeUen,
die neben mitotischen Toohterkemen auch ami-
totisch von letzteren abgelöste Stücke entiüelteB.
Die Gelegenheit hierzu bieten solche Zellenkeme,
deren Mitose während des Ablaufes durch Stehen-
bleiben von Chromatinfäden zwischen den Tochter-
kemen gehenunt wird. Aus dem Nebeneinander-
stehen der mitotischen und der amitotischen Thei-
lung derselben Kemsubstanz ist nun nach Kr. zu
schliessen, dass beide Vorgänge zusammengehören,
nicht aber einander principiell gegenüberstehen.
Hierzu kommt, dass die amitotisch abgeschnürten
in. AUgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
11
Stücke meistens als der Nekrose verfallen erschienen.
Den Hauptnachdruck legt E r. aber darauf, dass es
undenkbar sei, dass derselbe £em gleichzeitig, bez.
in unmittelbarer Aufeinanderfolge sich nach zwei
pnneipiell ganz verschiedenen Theilungsmodi thei-
len könne. Demnach könne die Amitose nur als
Zerfidlserscheinung, und die Mitose allein als
wirklich progressiver Theilungsmodus angesehen
▼erden. B e n e k e (Braunschweig).
29. Zur Frage der meningealenCholeateA»
tome; von Prosektor Dr. Beneke in Braun-
Bchweig. (Virohow's Aroh. CXLII. 3. 1895.)
Autorreferat
Betreffs der Natur der die meningealen Chole*
Bteatome bildenden epithelähnlichen platten Zellen
bestehen gegenwärtig noch ganz dilferente An-
Bchauuigen, die eine definitive Einreihung dieser
Tumoren in eine bestimmte Gruppe der Geschwülste
noch nicht erlaubten. Von der einen Seite wird,
nach y i r c h o w 's Vorgang, ihre epitheliale Natur
behauptet und dem entsprechend entweder eine
Entwickelung epithelialer Zellen aus endothelialen
(Virchow), oder eine Versprengung epithelialer
Keime in die Meninx (Z i e g 1 e r) angenommen ; von
der anderen Seite werden die betreffenden Zellen
als endotheliale und als einfache Abkömmlinge der
Zodothelien der Meningen aufgefasst (Elebs).
Dass wirkliche Versprengungen vorkommen, be-
weist eine Anzahl bisher bekannt gewordener haar-
nnd talgdrüsenhaltiger meningealer Geschwulst-
bft]ge; für die Mehrzahl der FäUe aber, die solche
Elemente nicht enthalten, steht die Frage nach
ihrer Histogenese noch offen. Zu deren Lösung
sind die Formen der Zellen und des Stroma, auf
dem sie wachsen, nicht verwendbar; dagegen
konnte B. in einem sehr ausgeprägten Falle von
typischer Perlgeschwulst nachweisen, dass die
Zdlen und namentlich auch ihre bereits zu trockenen
Schüppchen verwandelten Beste die charakte-
ristische Silberreaktion der Endotheiien sehr voll-
kommen gaben. Yergleiche mit abgestossenen
und lebenden Plattenepithelien verschiedener Pro-
venienz, namentlich aus Atheromen und von der
Baut der Nengeborenen (Vernix caseosa) ergaben,
dass diesen Elementen jene Reaktion nicht zu-
kommt B. glaubt daher auf die Silberreaktion
ils beweiskräftiges Unterscheidungsmerkmal hin-
weisen zu dürfen, und trennt demnach die „Chole-
steatome^, unter Yerwerfang dieser ungenauen
Collektivbezeichnung, in meninffecUe EndoiheUome
md fnemngeeUe Dermoide (eventuell Epidermoide)«
bstere sind echte „Blastome'S Gtosohwülste im
nigeren Sinne, letztere einfache physiologische an
mrechter Stelle wadisende Gewebe.
Die Arbeit enthält noch einige Bemerkungen
kber die nothwendige Abtrennung jener eben ge-
kannten Geschwülste (im weiteren Sinne) behufs
Abgrenzung eines klaren „Blastomb^griffes^S sowie
Vbet die Yerwertfating der endothelialen Natur der
fraglidien Tumoren gegenüber der ehemals gerade
auf sie gestützten V i r c h o w 'sehen Caroinomlehre,
d. h. der Lehre von der Entwickelung epithelialer
Elemente aus Bindegewebe.
30. Bin Sarkom der Pia mater; von Dr.
V. Janssen. (Virchow's Arch. CXXXIX. 2.
p. 213. 1895.)
J. beschreibt genau die histologische Zusammen-
setzung des Tumor, einer üebergangsform zwischen
alveolär und einfach fiisoiknlflr gebaaten Sarkomen. Die
Neubildong ging zum Tkeile von jenen Zellen ans, die
die BindegewelMbälkohen der Pia und des Subarach-
noidealgewebes bedecken, zmn Theile von den Perithel-
zellen der GefSsse. Die Pia selbst war der Sitz einer
ausgedehnten sarkomatösen Neubildung nnd ausserdem
noch weithin hyperplasirt, so auch an dem deshalb Band-
degenerationen aufweisenden Büokenmarke. Den durch
den Tumor veranlassten SSerstomngen im Centndnerven-
systeme entsprachen im Leben die klinischen Erschei-
nungen. Marthen (Sbenwalde). .
31. üeber endofheliale Hautwanen und
ihre Beiiehungen nun Sarkom; von C. Bauer
in Zürich. (Tirchow's Aroh. CXLII. 8. 1895.)
unter Ribbert's Leitung untersuchte B. eine
Anzahl weicher Hautwarzen (Naevi), sowie 4 aus
solchen hervorgegangene bOsartige Tumoren. Der
wesentliche Bestandtheil waren Zellenstrftnge, die
vorwiegend in den tieferen Schichten des Gorium
lagen, aber auch in die vergrüsserten Papillen vor-
drangen, vom Epithel selbst aber meist durch eine
schmale Schicht gewöhnlichen Bindegewebes ge-
trennt wurden. Letzteres drang auch von allen
Seiten in zarten netzartigen Anordnungen zwischen
den Zellensträngen ein und enthielt in der Peripherie
der Tumoren, namentlich an der Basis, isolirte
Zellen von der Art der eigentlichen Tumorzellen.
Die letzteren sind von verschiedener Form, je nach
den auf ihnen lastenden Druckwirkungen, und
entsprechen nach der schon von v. Reckling-
hausen angenommenen und von B. wiederholten
Anschauung den Endotheiien der Saftspalten. Im
Gegensatze zu v. Becklinghausen, der die
Tumoren deshalb als Lymphangiofibrome bezeich-
nete, wählt B. den Ausdruck EndotheUome, weil
eine direkte Beziehung zu den eigentlichen Lymph-
gefässen nicht leicht nachweisbar und der fibro-
matüse Charakter vielfach ganz zurücktretend ist
Die Qeschwulstzellen enthalten häufig Pigment.
Dieses entsteht wahrscheinlich durch eine speci-
fische Funktion der Zellen in ihnen, stammt aber
nicht etwa vom Blutfarbstoff ab, wie von anderer
Seite angenommen wird. Eine Beziehung der
Zellen Wucherungen zu den Blutgefässen lehnt B.
ab, wenn auch die Betheiligung der adventitiellen
Scheiden derselben oft deutlidi hervortritt Ebenso
streitet er gegen Unna's Angabe, dass die Zellen
Abkömmlinge der Epithelien der Haut seien. Die
üebeigangsbilder, die Unna hierfOr anführte, hält
B., nach Eenntnissnahme der Unna 'sehen Ori-
ginalpräparate, für Täusohungsbilder (sehr dichtes
Neben-, bez. UebereinanderUegen der beiden Zellen«
12
m. Allgemeine Pathologie und paühologisohe Anatomie.
arten), auch fehlen den Qeschwulstzellen die Cha*
rakteristica der Epithelien, so namentlich die
Epithelfaserung; ihr Protopbama ist im Gegen-
theile viel heller als das der Epithelien.
Für die endotheliale Natur der Zellen fOhrt B.
noch als Beweis die Beobachtung an, dass sie bis-
weilen ein lymphspaltenartiges Lumen umschliessen
[die beigegebene Abbildung ist wenig überzeugend.
Bef.]. Die epithelialen Hautelemente, sowie ihre
Nerven sind in den fraglichen Tumoren normal;
höchstens bilden die Epithelien bisweilen sehr
lange, zwischen die vergrösserten Papillen vordrin-
gende Zapfen.
In 4 Fällen konnte B. weiterhin die ja schon
oft festgestellte Thatsache, dass solche weiche
Warzen maligne werden können, bestätigen. Die
Tumoren stellen dann meist stark pigmenthaltige
„Alveolarrarfoma'^^ nicht „Naevocarcinome" (Unna)
dar. B e n e k e (Braunschweig).
33. Zwei nue Ton Bndothciioma tabe-
roram eoUoides (Iiymphaiigioma tuberoeom
moltiplezEapoii) nebst einigen Bemerkungen
üb«r die IiymphgefSsae der Catia ; von Dr. B.
Kromayer. (Yirchow's Arch. CXXXIX. 2. p. 282.
1895.)
An Injektionsprftparaten weist E. nach, dass
die als Capillaren bezeichneten Lymphkanftle der
Cutis keine geschlossene Wandung, keine Endothel*
auskleiduDg besitzen, sondern nach allen Richtun*
gen hin mit den Bindegewebespalt^i communi-
ciren, solche selbst sind. Daher der obige Name.
B. Elien (Hünchen).
33. Btode histologiqae rar les epitheliomea
du testioole; par le Dr. A. H. Pilliet et le Dr.
C 0 s t e 8. (Revue de Chir. XV. 8. 1 895.)
P.U.C. haben 8 BodenepUheUome pathologisch-
anatomisch genau untersucht und 3 versdüedene
Arten gefunden, die nur das eine gemeinsam haben,
dass sie sich von dem Corpus Highmori aus ent-
wickeln und h&ufig entzündliche und nekrotische
Vorgänge zeigen. Die 3 Arten sind : EpithSUome
siminißre; Epühdliame wolffien; EpühSliome ä
iissus mtditples. Wegen aller Einzelheiten muss
auf die mit Abbildungen versehene Originalarbeit
verwiesen werden. P. Wagner (Leipzig).
34. Ueber Adenome des Verdanongs*
kanales; von Dr. demente Calzavara in
Padua. (Virchow's Arch. CXLL 2. 1895.)
1) Adenom des Choledoehua: In der Papille eine
erbsengrosse, nioht scharf begrenzte Anschwcdlnng , in
deren Mitte der Kanal mündet. Keine Galienstauong.
Mikroskopisch findet sich in den Knoten zwischen
Macosa und Moscularis fibröses und elastisches kern-
reiches Bindegewebe, in dessen Mitte zahlreiche regellos
verzweigte Höhlungen liegen, die sich gegen ihr h&ndes
Ende zu allmählich erweitem. Das Epithel der letzteren
ist einschichtig cylindrisch.
2) Jifyoadenom des Choledochua: Im Leben kein
Ikterus. In der Leiche deutliche Anzeichen einer Qallea-
stanuog. Der Ductus choledochus an der Papille ge-
schwnbtartig verdickt Schleimhaut über dem Tumor
atrophisch. Zwischen den Mnskelschichten Adenom-
sohlänche mit flachem Cylinderepithel, gegen das Ende
zu erweitert Um die Drusengänge herum reichlich ge-
wacherte Muskelfasern.
In beiden Fällen hatte sich der Tumor aus den
Schleimdrüsen des Choledochus entwickelt, wie die
röhnge Form und bimförmige EndaDSchwellnng ihrer
Drüseneänge bewies. Die Veranlassung zur Wacheniog
gab vieUeicht chronische Entzündune.
3) Fibroadenom des Pylorus : TOjähr. Frau. Starker
Magenkatarrh. 3 cm vor dem Pyloms entsprang ein
II cm langer, 2 cm breiter Tumor, der sich in das Doo-
denum hineinzog. Mikroskopisch bestand er aus epithel-
bekleideten Hohlräumen, die an der Oberfläche grosser
als im Centrum des Knotens waren und durch lockern
Bindegewebe von einander getrennt wurden. C. erwägt
die Möghchkeit, ob es sich um versprengte Pankreas-
oder Duodenalkeime handeln könnte, entscheidet sich
aber für die Diagnose eines aus chronischem Katarrh
entstandenen Pylonis- Adenoms.
6 e n e k e (Braunsohweig).
35. Uebar einen Fall von Lymphoyste
innerhalb dea Ligamentom hepatogastrioom;
von Dr. A. Tilgen (Virchow's Arch. CXYYTX.
2. p. 288. 1895.)
Bei einer 7^'ähr. Frau fand sich eine einkammerige
Cyste von 40 mm Durchmesser im genannten ligamentom,
deren flbröse Wand auf der Innenfläche zum Theil ver-
kalkte Tuberkel tmg. Auf Orand des ausführlich mit-
Setheilten mikroskopischen Befundes sieht T. die Ursache
er Cystenbüdung in einer chronischen desquamativeii
Lymphangitis. R Klien (München).
36. üeber die Adenomyome des ütems
nnd der Tuba; vonProf. v.Recklinghausen.
(Sitz.-Ber. d. naturwiss.-med. Yer. in Strassburg
S. 12. 1895.)
Vor 2 Jahren theilte v. R mit, dass in Uterus-
myomen nicht selten drQsenartige Bildungen vor-
kommen, die er geneigt sei, auf die in der Uterus-
wand persistirenden Reste des Wolff*s(dien K(k-
pers zurückzuführen. An einem grossen inzwieohen
untersuchten Materiale liess sich diese Anschauung
weiterhin bestätigen, namentlich auf Grund der
morphologischen Aehnlichkeiten dw fragL Drüaen-
und Cystenbildungen mit den KanSlen des Far*
ovarium und Epiophoron, sowie des Nachweises
pseudoglomerulusartiger Bildungen (entsprechend
den Olomeruli der Umiere) in einigen FftUan. Für
jene Anschauung spricht femer die Lage der Tumo-
ren an der Rückwand des Uterus und des Tuben-
winkels, entsprechend der analogen Lage des
WolfTschen Körpers zum Müller'schen Gange.
Wenn einmal eine direkte Verbindung der Tumor*
drüs^Di mit der Uterusschleimhaut vorlag, so liess
sich nachweisen, dass ein Durchbruch der ersteren
in die letztere erfolgt war, nicht aber etwa die
Tumordrüsen ursprünglich von den Schleimhaut*
drüsen aus sich entwickelt hatten.
Derartige Drüsenbildungen fanden sieh am
Tubenwinkel auch ohne Myombildung; sie kOnnen
zu Adenomformen nach deml^us der WolfTachen
Eantle auswachsen. B e n e k e (Braunachweigji
»
m. Allgemeine Pafbologie und |>athologiBche Anatomie.
13
37. üeber die primär oareinomatöBe De-
genttstlon TonDermoidoysten ; von Dr. E. T a u f -
fer. (Virohow's Arch. OXLII. 3. 1895.)
DieMitiheflangT.'B bereichert die spärliche Oasoistik
oaidnomatöe degenerirter Oyarialdermoide un einen
Deoen FbIL Dieser betrifft eine 4^jähr. Frao, bei der
im Leben eine oaroinomatöse Ovari^cyste diagnosticirt
wurde und die an den Folgen eines Diirchbnicns in das
Peritönaeam, bez. Rectum starb. Der Tomor erwies
sich als kinderkopfgroeses Dermoid mit einem alyeolar-
Bitigen, einen Zahn enthaltenden Knoohenanhang. Es
wsr an einer kinderhandbreiten Stelle nlcerirt und bildete
einen hühnereigrossen Tumor, sowie feste geschwulst-
irtige Verbindungen mit dem Rectum ; das Cavum des
Deimoids commnnicirte direkt mit dem Lumen des letz-
teren und war dementsprechend veijauoht Mikroskopisch
erwies sich der Tumor als typischer, Epitiielperlen bil-
dender Homkrebs, der sich an einer, nur eine dünne
Epithellage tragenden Stelle der Dermoidwandung ent-
wickelte.
T. stellt die bisher mitgetheilten 5 ähnlichen Fälle
zusammen und hebt besonders die Thatsache hervor,
dass es sich immer um Plattenepithelkrebse, nie um
Drüsenkrebse handelte. Er vermuthet, dass die Talg-
drosen durch Hypoplasie und starken Gegendruck am
bösartigen Wachstiiume gehindert würden, während das
innere Epithel des Sackes durch die Resorption der
Inhaltsmassen entlastet und eventuell durch Zersetzungen
des Inhalts zur Gesohwulstbildung gereizt würde.
B e n e k e (Braunschweig).
38. Zur Histologie des Parovariums und der
CTtten des Ligamentam latam; von C. Ampt
in Berlin. (Centr.-Bl. f. Gynäkol. XIX. 34. 1896.)
A. konnte mit der Tinktionsmethode von £. Ret-
terer, die im Orinnale nachzusehen ist, beweisen, dass
die Kanälchen des Farovarium bestimmt von einer Tunica
propria mnscularis umgeben sind. Doch ist die Anord-
nong der Züge der glatten Muskulatur bei Erwachsenen
keine sehr regelmässige. Auf die Herkunft der Cysten
Ifisst sich ans der Beschaffenheit ihrer Wandung kein
Bchluss ziehen ; A. fand an drei Cysten in der eigenüichen
"Wand nur Bindegewebe, die parametrale Lamelle ent-
hielt viel glatte Muskulatur. Die Cysten gehen wahr-
scheinlich ans den häufig im lig. befindlichen kleinen
Qystchen hervor, welche letztere wohl selten Ektasien
eines Parovarialschlauches sind, sondern wahrscheinlich
von Nebentnben abstammen. Zu dieser Annahme führt
der Vergleich des Epithels der Cysten mit dem Epithel
der in demselben L^^amentum vorhandenen Parovarial-
schläuche. 6 1 a e s e r (Danzig).
39. Üeber Porenoephalie; von Dr. C. von
Kahl den. Aus dem pathol. Institut der Univ.
Fieiburg 1. B. (Beitr. z. pathol. Anat u. allg. Pa-
thoL XVm. 3. 1895.)
V. E. unterscheidet zwischen congenitaler und
erworbener Porencephalie. Erworbene Porenoe-
phalie, bez. eine dieser ähnliche Hohlraumbildung
kann durch entzündliche Processe, durch Trauma
oder durch Embolie bedingt sein. Erworbene Por-
enoephalie ist im Allgemeinen sehr selten. Qm-
gemUdß Porencephalie ist durch eine ziemlich
constante Lokalisation ausgezeichnet ; gewöhnlich
fehlen der nntere Theil einer oder beider Central-
windmigen nnd der hintere Abschnitt der an diese
Theile angrenzenden Stirn Windungen ; oft fehlt
ausserdem ganz oder theilweise die InseL In diesen
»tjpiachen Illlen^' ist der Defekt von trichter-
förmiger Gestalt, wird nach aussen durch Arach-
noidea abgeschlossen und communioirt innen sehr
häufig mit dem Ventrikel ; zuweilen wird er von
letzterem durch eine dünne Schicht von Mark-
substanz abgetrennt Der Defekt kann sich aber
auch an anderen Stellen des Qrosshirns finden,
z. B. an der medialen Fläche der Hemisphftre,
im Scheitellappen, fiintarhauptslappen, Schlafen-
läppen. Die Porencephalie kommt einseitig, häu-
figer doppelseitig vor. Oft liegen doppelseitige
Defekte symmetrisch. Bei einseitiger Porencephalie
wird verhältnissmässig häufig eine Missbildung der
Windungen auf der anderen Seite beobachtet
Nicht selten findet sich bei Porencephalie partielle
Mikrogyrie. Die Wand des Defekts ist zuweilen
in ein Convolut von mehr oder weniger grossen
oystischen Hohlräumen umgewandelt Vielfach
sind die Windungen in der Umgebung des por-
encephalischen Defekts radiär gerichtet und fallen
steil ab. Nur selten findet sich Pigmentirung des
Defekts und seiner Nachbarschaft Auch in ganz
verdünnten^ blasig aussehenden Theilen der Defekt-
wand können noch Oanglienzellen und Nerven-
fasern vorhanden sein, wenn auch in stark ver-
minderter Zahl und in veränderter Form und
gegenseitiger Lagerung. Die basalen Ganglien
sind meist nur durch sekundäre Degenerationen,
bez. durch Dmckatrophie in Folge von Hydrops
in Mitleidenschaft gezogen.
Am Büekmmarke findet man totale oder par-
tielle Agenesie der Pyramidenbahn, Verschmäle-
rung von Rückenmarksträngen, die in keiner Be-
ziehung zum defekten Bindenbezirke stehen, allerlei
andere Missbildungen (partielle Doppelbildung des
Rückenmarks, Absprengung eines Vorderhoms,
Verlagerung von Ganglienzellen in die weisse
Substanz, Abnormitäten der Commissiir) neben
vollständig normalen Verhältnissen.
Der Schädel ist gewöhnlich ohne Besonderheiten,
manchmal vergrössert, manchmal verkleinert, zu-
weilen asymmetrisch, und zwar ist sowohl eine
stärkere Wölbung, wie eine stärkere Einziehung
auf der kranken Seite gefunden worden. Defekte
im Schädel oder in der Dura sind selten und spre-
chen für traumatische, erworbene Porencephalie.
Der einzige veröffentlichte Fall einer Porencephalie
des Kleinhirns war traumatischen Ursprungs.
Die grosse Mehrzahl der Fälle von Porencephalie
fQhrt V. K. auf eine Enttoicklungstörtmg des Ge-
hirns zurücL Die zugleich vorkommenden anderen
Missbildungen an Hirn und Rückenmark benutzt
er zur Stütze dieser Ansicht Er erklärt die Krank-
heit durch einen Stillstand des Diokenwachsthums
bestimmter Gehimtheile; die Marksubstanz scheint
stärker an der Entwicklungshemmung betheiligt
zu sein als die Rinde. Der sekundär sich ein-
stellende Hydrops ventriculi und das üeberwuchern
der normal weiterwachsenden, benachbarten Ge-
himtheile betheiligen sich an der Formänderung
des Hima
t4
IT. Pharmakologie und Toxikologie.
V. E, hat seine Monographie auf Grund um-
fangreioher Literaturstudien und 10 eigener Be-
obachtungen zusammengestellt 4 wohlgelungene
Tafeln und 5 Abbildungen im Text yeransohau-
liehen seine Schilderungen.
Georg Ilberg (Sonnenstein).
40. üeber einen Fall von HöhlenbUdnng
im embryonalen Büokenmark; von Dr. M.
Jacoby in Berlin. (Virchow's Arch. CXU. 2.
1895.)
J. fand bei einem Schweineembryo von 4om Länge
im vorderen Quadranten des Halsmarkes einen röhron-
förmigen, mit vereinzelten endothelartigen Zellen aus-
gekleideten Hohlraum, der keinerlei Bexitkung xu dem
CentraikaneUe zeigte. Die Ürsaohe dieser an Syringo-
myelie erinnernden Bildung blieb zweifelhaft; die Beob-
aohtung bestätig Ley den 's Anschauung von der oon-
genitalen Entwicklung der SynngomyeUe, widerspricht
aber der Annahme desselben Autors, dass es sich dabei
ursprüngUch um Hydromyelie handle.
B e n e k e (Braunschweig).
41. üeber die topographieohe Verftheilnng
der endonenralen Wuohenmgen in den perl«
pherieohen Nerven des Menschen ; von Dr. H o -
wald in Bern. (Virchow's Arch. CXLL 2. 1895.)
Im CCXLm. Bande der Jahrbücher (p. 123)
wurde über eine Reihe von Arbeiten berichtet, die
unter Langhans' Leitung entstanden und dem
Studium eigenthümlicher Bildungen an den peri-
pherischen Nerven gewidmet waren, wie sie sich
zuerst bei Strumakranken , dann aber auch b^
Gesunden gefunden hatten. Die H.'8che Arbeit
bezieht sich auf den gleichen Gegenstand und ent-
hält die an dem gesammten peripherischen Nerven-
system eines strumösen Cretins, sowie eines ge-
sunden Menschen erhobenen Befunde. Die histo-
logisohen Verhältnisse erwiesen sich im Weeent-
lichen als übereinstimmend mit den früher von
Langhans und seinen Schülern gelieferten Be-
schreibungen. Es fanden sich : 1) Enoeiterungen
des subperineurahnLympkraumes. Sie waren htdb-
mondfSrmig, wobei das Perineurium seine kreis-
runde Form beibehielt; sie waren meist mehrere
Gentimeter lang, sehr verschieden breit und ent-
hielten vielfach durchflochtene Fibrillenbündel,
sowie Blasenzellen. Gewöhnlich waren die Er-
weiterungen alle nach der gleichen Seite der Ner-
ven gerichtet, die Zahl der Nervenfasern war auch
neben den grosseren Lymphspalten unverändert
Entsprechend den letzteren fanden sich rogelmitesig
Verbreiterung und Auflockerung der vom Peri-
neurium aus in den Nerv eindringenden Septs.
2) Verdickung der Oeßsewände der Oapiäarm imd
der grosseren Gefässe durch eine glänzende kera^
lose subendotheliale Schicht 3) Vardiekung iu
Endoneurtum, inselfOrmig oder gleichmässig, er-
steres häufiger und hauptsächlich an dengrOeseran
Nervenbündeln. 4) langhan^eehe ISoMmst/äkiij
sowie Vorstufen dieser, nämlich kleinere Zellen
mit dünner Zellenmembran und plattem, ihr an-
liegendem Kern und einem von letzterem durch
eine Spalte getrennten homogenen kugeligen Proto-
plasmakörper.
Wahrscheinlich stellen diese Zellen die üeber-
gänge zwischen Zellen des Endoneiuium und den
Blasenzellen dar. Die Blasenzellen fanden sich
in spindelförmigen, ooncentrisch geschichteten
Herden des Perineurium und der von ihm aus-
gehenden Septa. Manche solcher Herde zeigten
vorwiegend bindegewebigen Charakter und nor
vereinzelte zertreute Blasenzellen, diese sind dann
wohl als die ältesten anzusehen.
In topographischer Beziehung ergab die Unter-
suchung, dass die Wucherungen niemals glndi-
mässig in der Länge der Nerven verbreitet and,
sondern immer gruppenweise liegen. Die Zahl
der Herde an verschiedenen EOrperstellen war bei
den beiden Untersuchten sehr verschieden, beson-
ders an den Beinen ; der gesunde Mann hatte im
Allgemeinen mehr Herde als der Gretin.
Li Bezug auf die Bedeutung der feag^chen
Bildungen glaubt H., dass sie mit einer bestimmten
Krankheit nicht in Beziehung stehen; aucb das
Alter der Lidividuen ist nicht allein maassgebend,
nur scheinen bei Kindern die zellenreicheren Herde
anZahl zu überwiegen. Renaut hatte die Theorie
aufgestellt, dass es sich um mechanische Sohutz-
organe für die Nerven handele ; hiergegen spricht
die Lioonstanz und Regellosigkeit ihrer Verbrei-
tung, andererseits machten gewisse Prftdüektion-
stellen der Herde, namentlich an den Armen
(Ulnaris) die Theorie wahrscheinlich.
Li einem Nervenbündel des Ulnaria fand E
ein Pacini'sches KOrperchen innerhalb des Nerven-
bündels selbst, nicht, wie es bisher ausschliesslidi
bekannt war, im Epineurium gelegen.
Beneke (Braunsohweig).
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
42. üeber die Besorbirbarkeit der Bisen-
■alBe; von H. W. F. G. Woltering. (Ztschr. f.
physiol. Chemie XXI. 2 u. 3. p. 1'86. 1895.)
Die Eisensalze sollen nach der Meinung ver-
schiedener Forscher im Magendarmkamd nicht
resorbirt werden; das in den KOrper aufgenom-
mene Eisen soll nur von organischen Eäsen Verbin-
dungen geliefert werden, in denen das Metall
besonders fest gebunden ist. Der Nutzen ein*
gegebener Eisensalze soll nach Bunge darin
bestehen, dass das organische Eisen vor Umwan-
delung in unresorbirbares Schwefeleisen im Darme
geschützt wird.
Dass die Eisensalze nicht resorbirt würdas,
hat man besonders daraus geschlossen, dass sie
im Harne nicht wieder zum Vorschein konunen.
Neuerdings aber ist es ziemlich sicher bewieseii>
dass das Eisen durch die Darmwand »us^esohiedea
ly. Fhannakologie und Toxikologie.
15
wild. Eunkel hat dann die Frage untersnoht,
wo das per 08 dargereichte Eisen abgelagert wird.
Er fand, dass dies hauptsftchlich in der Leber
geschidit, und W.'s Versuche bestätigen dies
doichaiis. Die organische Form, in der das Eisen
gebunden ist, scheint verschiedenartig zu sein.
Ferratin undHepatin sind als solche Verbindungen
bereits bekannt ; W. weist noch besonders auf ein
eisenhaltiges Nucleoproteid hin.
W. zeigt femer, dass die Theorie von der
schützenden Wirkung der Eisensalze nicht auf-
recht zu halten ist Da das Mangan eben so leicht
in Schwefehnangan übergefQhrt wird, wie das
Eisen in Schwefeleisen, so müsste auch durch
Mangangaben eine Eisenanhäufang in der Leber
bewirkt werden können; dies war aber in den
angestellten Versuchen nicht der Fall.
Weiter wurde gezeigt, dass das in der Leber
deponirte Eisen thatsächlich für den EOrper nutz-
bar gemacht wird : nach Darreichung von Eisen-
salzen stiegen Blutkörperchenzahl und Hämoglobin-
gehalt, und die Leber zeigte stärkere Eisenreaktion.
V. Lehmann (Berlin).
43. Traitement abortif da r&rysipdle par
la mMiode de Jnliel Bteoy, la tranmatioine
de nohihyol; par lee DDr. Juhel B6noy et
AL Bolognesi. (Bull, de Th6r. LXIV. 4. 6. 8.
1895.)
Vff. machten es sich zur Aufgabe, die Methode
Ton J. Klein und J. R6noy, das Erysipel mit
ichthyolhaltigem Traumaticin zu behandeln, auf
ihren Werth gegenüber den zahlreichen anderen
Behandlungsweisen nfther zu prüfen, zu welchem
Zwecke ihnen das reiche Material des Hospitales
zu Anbervillers hinreichende Gelegenheit bot Sie
heben ausdrfioklich hervor, dass sie nur reine,
hinsichüidi ihrer Entstehung und Beschaffenheit
mit einander vergleichbare Fälle behufs Gewinnung
eines ürtheils benutzt hätten, und messen dem
umstand, dass solche Auswahl sehr häufig unter-
lassen worden ist, hauptsächlich die Verschieden-
heit der erhaltenen Werthe bei. Sie haben die
terschiedensten Mittel — Natron benzoicum. Aco-
nitin, Phenylsäure subcutan (Hu et er), Chloro-
phenol, Bromophenol, Creolin, Borsäure, Ichthyol
II. 8. w., endlich Ichthyolfimiss (Unna), CoUodium,
Tianmaticin mit oder ohne Adjuvantien (Jod, Ste-
nsol, Lysol, Sublimat, Ichthyol) — in Anwendung
Kebracht Alle diese Mittel erwiesen sich jedoch als
ttinderwerthiff und keinenfalls abortiv gegenüber
dem ichthyoinaltigen Traumaticin; insbesondere
forden auch die durch das Collodium und die
Inamaticine (mit Ausnahme des ichthyolhaltigen)
temichten Abgrenzungen von dem Erysipel recht
iiänfig überechritten.
Nach Vff. ist also von der Behandlung des
Aysipel mit lohthyoltraumaticin der meiste Er-
Mg zu erwasrten. Es werden 10 Theile Trauma-
ticiii (aus 9 — lOTheilen Chloroform und STheüen
Ichthyol bestehend) gemischt und daä Ifrysipel
wird unter sorgfältigem Aufpinseln dieser Mischung
mit einem Streifen von etwa 2 cm Breite umzogen,
die Aufpinselung am nächsten Tage erneuert, bez.
der Streifen etwas verbreitert und dieses Verfahren
je nach Bedürfhiss wiederholt ; bei grosserer Aus-
dehnung, besonders der Wanderrose, ist der Strei-
fen 3 — 4 cm breit zu nehmen. Unter Umständen,
besonders wenn das Erysipel nicht leicht zu um-
ziehen ist, wie am behaarten Eopftheil, empfehlen
Vff. die ergriffene Stelle noch mit einer aus glei-
chen Theilen Ichthyol und Vaselin bestehenden
Salbe zu bedecken, wodurch in wohlthätiger Weise
die durch das Exanthem bewirkte Spannung und
die Schmerzen gemildert werden. Der Schmerz
beim Auftragen des Traumaticins ist erträglich
und rasch vorübergehend, nur muss man mit
etwaiger Bedeckung der betr. Stelle so lange
warten, bis das Chloroform hinreichend verdunstet
ist ; der schützende Traumaticingürtel wurde weit
weniger häufig als eineCoUodiumumgrenzung vom
Erysipel durchbrochen, die Apyrexie trat in der
Regel 3 — 4 Tage nach Beginn der Behandlung
ein. Der Erfolg ist in der gleichzeitig comprimi-
renden und eigenthümlich baktericiden Wirkung
des Mittels zu suchen.
VfL glauben, die Fälle, in denen sie eine Be-
grenzung und Heilung des Erysipels erzielten, auf
mindestens 60<^/o beziffern zu dürfen ; das Ergeb-
niss würde jedoch noch erheblich günstiger lauten,
wenn sie auch die leichteren, bez. recidiven,
gleichfalls mit lohthyoltraumaticin behandelten
Erysipele hätten mit in Rechnung bringen wollen.
0. Naumann (Leipzig).
44. Zur Behandlung der Lebercirrhose.
Harnstoff als Bioretioam; von Q. Klemperer.
(BerL kUn. Wchnschr. XXXTTL 1. 1896.)
EL wandte den Harnstoff — wie er später
berichten will, mit gutem Erfolg — bei Nephro-
lithiasis an und fand dabei in ihm ein vortreff-
liches Dkiretieum, das sich bei Herzkranken und
namentlich in 2 Fällen von Lebercirrhose als sehr
wirksam und nützlich erwies. Man giebt zu An-
fang: Ureae purae 10.0, Aq. destillatae 200.0
stündlich 1 Esslöffel und steigt bis zu 15 und 20 g
pro die, welche Menge man ohne allen Nachtheil
Wochen lang nehmen lassen kann. Den hässlichen
Geschmack verdeckt am besten Milch. Die che-
mische Fabrik von Kahlbaum liefert 100 g Harn-
stoff für 2 Mark 50 Pfennige. Dippe.
45. üeber interne Anwendung der iso-
meren Kreaoley resp. des nBnterol**; von Dr.
Foss in Potsdam. (Deutsches Arch. f. klin. Med.
LVL 1 u. 2. p. 126. 1895.)
Wir haben bereits eine Mittheilung F.'s über
das Enierol kurz angeführt (Jahrbb. CCXLIX. p. 254).
Das „Darm51^' „besteht aus derjenigen Mischung
der chemisch reinen Isomeren, welche nach den
bisherigen Forschungen übereinstimmt mit der im
16
lY. Pharmakologie und Toxikologie.
menschlichen Dann als physiologisches Darmantir
septicum hergestellten Eresolmischnng^. Das En-
terol ist ans der Oranienapotheke in Berlin als
goldgelbes Enterolum externum nnd als weisses
Enterolum internum znr äusseren und inneren
Desinfektion zu beziehen. Letztere soll bei den
verschiedensten Krankheiten des Darmes und der
Hamwege, wahrscheinlich aber auch bei allen
Infektionskrankheiten von grossem Nutzen sein.
Dippe.
46. üeber die Wirkung versohiedener
Ghininderivate auf Infusorien ; von Dr. G u s t a v
Orethe. (Deutsches Arch. f. Uin. Med. LVL
1 u. 2. p. 189. 1895.)
0. suchte die Frage zu beantworten, von wel-
chem Atomencomplexe im Moleküle des Chinins
die starke Wirkung dieses Alkaloids auf Infusorien
(Paramäcien) ausgeht, und kam durch seine Ver-
suche im pharmakologischen Institute zu MClnchen
zu folgenden Ergebnissen: „Die Wirkung geht
zum Theil von dem sogenannten I. Reste (der
Chinolingruppe) aus. Der an ihr in )r- Stellung
hängende sogenannte 11. Best vermag dieselbe unter
Umständen wesentlich zu erhöhen. Ganz losgelöst
und in ein Pyridinderlvat übergeführt (als Mero-
chinin) ist er wirkungslos, in der noch unbekannten
Form, wie er sich in Chinin befindet, verstärkt er
die Wirkung erheblich, zur Phenylgruppe zu-
sammengeschlossen (als y-Fhenylchinolin) über-
trifft er die Wirkung des Chinins um das Viel-
fache^.
Entsprechende Versuche mit Malariaparasiten
hat 0 r. noch nicht anstellen können. Dippe.
47. Ueber jodhaltige Organismen und deren
armeiliohe Anwendung; von Prof. Erich Har-
nack in Halle. (Münchn. med. Wchnschr. XLIIL
9. 1896.)
Im Anschlüsse an die überaus wichtige Ent-
deckung Bau mann 's, dass die Schilddrüse des
Warmblüters eine zugleich auch physiologisch wirk-
same organische Substanz beherbergt, die min-
destens 10% Jod in ungemein fester Bindung
enthält (vgl. CCL. p. 3), erinnert H. daran, dass
schon lange Zeit jodhaltige, thierische und pflanz-
liche Organismen, bez. deren Ausscheidungen zu
Heilzwecken, namentlich zur Behandlung des
Kropfes verwandt worden sind. Hierher gehört
die aus dem gemeinen Badeschwamme bereitete
Schwammkohle, die noch heute in der französischen
imd in der griechischen Pharmakopoe enthalten ist
und die schon zu Ende des 13. Jahrhunderts von
ArnoldusBacchuoneem pfohlen wurde. Hier-
her gehören ferner die Häringslake, derLeberthran,
der durch Verkohlen von Seetang hergestellte
Aethiops vegetabilis, die Tabaksasche, Schwamm-
steine.
„Von der Anwendung des Jodes in Organismen
ist vor 600 Jahren die Heilkunde ausgegangen und
in unseren Tagen wieder zu derselben zurück-
gekehrt, nur dass es damals niedere Organismea
waren, heutzutage hochorganisirte sind." Dippe.
48. Stadien über Wundheilong mit be8on«
derer Berüoksiohtigang der Jodpr¶te; von
Prof. N. Zuntz u. Dr. Ernst R. W. PranL
Mit 4 Abbildungen. (DermatoL Ztschr. IT. p. 305.
Juni 1895.)
Z. und Fr. untersuchten die Wirkung des Jodo-
forms, Dermatols, Europhens oder Aristols und dea
Nosophens auf frische Wunden der Kaninchenhaat
Das Nosophen ist ein TetrajodphenolphtaleLn, ein
gelbliches in Wasser, Alkohol undS&uren unlösliches,
in Aether leicht lösliches geruchloses Pulver. Nach
3 Tagen wurde der Watteverband entfernt und die
mit Nosophen behandelten Wunden waren fast ge-
heilt Unter dem Jodoform waren die Wunden
weit offen geblieben, der Grund war mit Sekret be-
deckt, das Oasblasen enthielt ; der Rand war rnftssig
infiltrirt, zum Theil ödematOs, die Umgebung stark
injicirt. Unter demDermatol war die Heilung noch
weiter zurück; das Europhen hatte eine genn^
Verkleinerung der Wunden bewirkt; das Aristo!
hatte die Wunden nicht verkleinert, die Umgebung
war roth und inflltrirt Inficirte Wunden (Scari-
fikationswunden am Ohr der Kaninchen mit Bacillas
prodigiosus geimpft) wurden zum Theil mit Noeo-
phenpulver bestreut, zum Theil ohne dieses Polfei
offen gelassen. Während nach 3 Tagen in all^
Wimden noch der Bacillus sich nachweisen Hess,
waren die mit Nosophen behandelten Wunden fast
geheilt und gänzlich trocken, während die anderen
in tiefe eitrige Geschwüre verwandelt waren. Die
mikroskopische Untersuchung der 24 Std. nach
Auftragung der Mittel herausgeschnittenen Wunden
ergab für das Nosophen nur eine ganz unbedeutende
Exsudation, während unter dem Jodoform, wie auch
dem Dermatol eine ausserordentlich reichliche Ex«
sudation, Oedem des Unterhautzellengewebes und
Infiltration mit Rundzellen sich gebildet hatten.
Unter der Einwirkung des Nosophens gleicht dem-
nach der Heilungsvorgang an der Eaninchenhant
fast ganz demjenigen, der ohne jede Behandlang
unter dem Wundschorf von Statten geht, während
die übrigen Präparate stets eine mehr oder weniger
starke Beizung der Wunde verursachen. Bei infi-
cirten Wunden hatte das Nosophen trotz der nadi-
weisbaren Gegenwart von pathogenen Bakterien im
Gewebe gute Wundheilung erzielt. Die Erfahrungen
der Praxis sprechen für die Gültigkeit deramThier
gewonnenen Beobachtungen auch beim Menschen.
Völlige Geruchlosigkeit und das %hlen gifdg«^
Eigenschaften sind ein weiterer Yorzug des MittelB.
Wermann (Dresden).
49. Ueber Airol, ein neues Braatimittel dsf
Jodoforms, und ähnliche anti8epti80heP1Ü▼a^
mittel; von Dr. C. S. Haegler in Basel (Beitr.
z. klin. Ghir. XV. 1. p. 266. 1895.)
Die Sehnsucht nach einem Jödoformermäx ist
begründet durch die verschiedenen üblen Neben«
IV. Phannakologie und Toxikologie.
17
dgensohaften des Mittels. Die Anforderungen an
ein Bolohes Ersatzmittel können nach dem, was über
die Wirkungsweise des Jodoforms bekannt ist, genau
gestallt werden: 1) Das Mittel soll weniger giftig
Bein als Jodoform ; 2) es soll nicht riechen ; 3) es
soll die Haut nicht reizen; 4) es soll eine genflgende
Qoantittt von Jod oder einem anderen, ebenso wirk-
samen Stoff besitzen, den es unter denselben Be-
dingungen abgiebt, wie Jodoform, es soll also im
Ganzen schwer lOslich sein.
Yen den Ersatzmitteln des Jodoforms hat sich
in den letzten Jahren namentlich äwDermcUol ein-
gebürgert, dasbasisoh-gallussaureeWismuthistund
eine bedeutende antiseptische, zweifelhafte anti-
toberkulöse, jedenfalls aber ausserordentlich aus-
trocknende Wirkung besitzt Der Chemiker Dr.
Lfldj nun hatte die gute Idee, in dieses basisch-
gallnssaure Wismuth Jod einzuführen, und er
stellte auf diese Weise eine basische Wismnth-
oxyjodidverbindung dar, Airol genannt, die, wie er
hoffte, die heilungbef5rdemde Wirkung des Der-
matols mit der antiseptischen Wirkung des Jodo-
forms verbinden sollte. Das Airol ist ein grau-
grOnes, feines, voluminöses Pulrer, das geruch-
nnd geschmacklos und YoUstftndig lichtbestftndig ist
Um eine sichere Yergleichung zu ermöglichen,
hatH. eingehende Untersuchungen gleichzeitig mit
Dermatol, Airol und Jodoform angestellt. Das Airol
ist relativ ungiftig (die Giftwirkung ist auf das
Wismuth zurückzuführen), ist geruchlos und reizt
die gesunde Haut nicht
H. hat das Airol bei ca. 2000 poliklinischen Er.
angewendet; seiner Meinung nach entspricht es
den Forderungen, „die wir an solche Pulveranti-
septica stellen, am vollständigsten von den bisher
bekannten ähnlichen Mitteln; es darf dem Jodo-
form, was seine Wirksamkat betrifft, wohl an die
Seite gestellt werden, übertrifft dieselbe sogar in
einigen Beziehungen, ohne die üblen Eigenschaften
des Jodoforms zu haben''. Ueber die antituber-
knlOse Wirkung des Airols iSsst sich noch nichts
Sicheres sagen.
H. wendet das Airol meist mittels Pulverbl&sers
an ; daneben gebraucht er 10 und 20proc. Airolgaze,
lOproc. Airolcollodium und eine lOproc. Airol-
Qlycerinemtdsion. P. W a g n e r (Leipzig).
50. Ueber die antibakterielle Wirkung der
Salben mit besonderer BerüokBiohtigang des
Bnfloaees der Oonstitaentien auf den Des-
infekttonswerth ; von E. Breslauer. (Ztschr.
f. Hyg. u. Infektionskrankh. XX. 2. p. 165. 1895.)
Eine besondere technische Schwierigkeit bot
die gleichmSssigeVertheilung derjenigen Bakterien,
die der Einwirkung der auf ihre antiseptischen
Eigenschaften zu prüfenden Salben und Salben-
bestandthelle ausgesetzt werden sollten. Br. ver-
fahr in der Weise, dass er der durch Glaswolle
filtrirten Bakteriensuspension, die mikroskopisch
auf gleichmSssige Yertheilung der Keime geprüft
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
war, Eieselguhr oder Talk zusetzte und das Ge-
misch auf der Oör/ner'schen Gentrifuge ausschleu-
derte ; das getrocknete, mit Bakterien durchsetzte
Pulver verrieb er dann mit der zu untersuchenden
Salbe. Nach verschieden langer Einwirkung wurde
die Lebensfähigkeit der Bakterien durch Eintragen
sehr geringer Mengen der Salbenmischung in
verhältnissm&ssig grosse Quantitäten erwärmter
Bouillon geprüft Die zu Testobjekten dienenden
Bakterien waren ein Saprophyt, Bacillus prodigiosus,
und ein pathogenes Bacterium, Staphylococcus
pyogenes aureus. Die untersuchten Salbenoonsti-
tuentien waren : Adeps suillus, Yaselinum flavum,
Lanolinum anhydricum, das ofüdnelle Lanolin
(mit etwa 20<^/o Wasser), üngt leniens und das
neueResorbin; soweit es ölige Lösungen gab, wur-
den auch diese benutzt Die als Antiseptica ge-
prüften Substanzen waren Carbolsäure b^j^ Subli-
mat l%o, Resorcin 5<^/o, Borsäure 10%, Salicyl-
sfture 5<)/o, Silbersalpeter l^j^ Chrysarobin 3%,
Ungt Zinci, üngt einer, und Ungt praecipitat«
album.
Bezüglich der Constituentien ergab sich, dass
die Lanolin oder Ungt leniens als Constituens ent-
haltenden Salben stets den übrigen mit Adeps
suillus u. s. w. als Grundlage weit überlegen waren,
denn sie tödteten die als Testobjekt verwandten
Mikroorganismen stets in viel kürzerer Zeit als die
anderen, die Vaselin-, Fett- und Lanolin-anhydri-
cum- Salben. Carbolöl zeigte gar keine desinü-
cirende Kraft
Die an weissen Mäusen mit sporenhaltigen Milz-
brandbacillen als Testobjekt gegenüber den ver-
schiedenen Salben ausgeführten Yersuche gaben
mit den Culturversuchen völlig übereinstimmende
Resultate ; auch hier besassen Lanolin und Ungt
leniens in Verbindung mitDesinficientiep den weit-
aus grössten Desinfektionswerth.
Es zeigte sich, dass die Wahl des Constituens
für den antibakteriellen Werth einer Salbe von der
höchsten Wichtigkeit ist; das beachtenswertheste
Resultat war, dass die iDasserhaUigen Salben (Lano-
lin und Ungt. leniens) die Wirksamkeit der Des-
infektionsmittel am meisten zur OeUung kommen
lassen, H. D r e s e r (Bonn).
51. üeber Salbenstifte; von Prof. Audry in
Toulouse. (Monatsh. f. prakt Dermatol. XX. 10.
p. 549. 1895.)
A. empfiehlt eine neue Form der Z/mia'schen Salben-
stifte, und zwar:
durchsohnittiich
Caoaobntter . . . 70*/o
Paraffin 10
OUvenöl 10
Dazu : Medikamentöse Substanz 2.5 — 15<>/o.
Das Paraffin wird in einem Porcellamnorser mit etwas
Cacaobatter geschmolzen, dann der Rest der letzteren
hinzngefägt and bei geringer Hitze verflüssigt W&hrend
dessen verrührt man in einem erwärmten Mörser die
medikamentöse Substanz mit dem Oel und mischt sie
dann mit der geschmolzenea Masse. Die Salbenstifte
wurden in mit Gel bestrichenen Qlasröhren geformt, in
3
18
IV. Pharmakologie und Tozikdogia
Stanniol oder Seidenpapier gewickelt und in Glasröhren
aufbewahrt
Die Verhältnisse zwischen Oel, Fiaraffin und Gacao-
bntter wechseln etwas, je nach dem Medikament:
Chrysarobin 10; Re8orcinl5; Sublimat 2.5; Schwefell5
Olivenöl 5 ,, 15 , 2.5 , 15
Paraffin 10 ,. 10 ,, 15 ^ 10
Cacaobutter 75 , 60 , 80 ,55
W ermann (Dresden).
52. Bleiwaflaerliniment in der Hauttherapio ;
von Prof. C. Boeck in Christiania. (Monatsh. f.
prakt DermatoL XXI. 3. p. 120. 1895.)
B. empfiehlt bei der Behandlang verschiedener
entzündlicher, stark juckender, nicht nässender
HauÜeiden folgendes Liniment :
Talcipulv.
Amyliana .... 100.0
Qlycerini .... 40.0
Aq. Plumfai q. s. . . (200.0)
ut fiat linimentom.
Ruft bei sehr empfindlicher Hant das Mittel ein
leichtes Brennen hervor, so kann die eine H&lfte
des Bleiwassers durch l<>/o Borwasser ersetzt wer-
den. Zum Oebrauche wird das Liniment umgerfihrt
und mit so viel kaltem Wasser (gewöhnlich der
doppelten Menge) versetzt, dass es dünnflüssig wird ;
es wird hierauf mit Watte oder einem Pinsel auf-
getragen. Nach einigen Minuten ist der dünne
Ueberzug eingetrocknet, und es ist keinerlei Ver-
band weiter nöthig. Wenigstens eine halbe Stunde
lang besteht ein angenehmes kühlendes Gefühl, das
selbst das stärkste Jucken vertreibt; das Verfahren
kann, so oft es erforderlich ist, wiederholt werden.
Es verbindet eine kühle Waschung der Haut mit
gelinder Einpuderung; in Folge des Bleiwasser-
gehaltes wirkt das Mittel adstringirend und anti-
septisch. Besonders geeignet ist es bei akuten,
papulösen, sich schnell verbreitenden Ekzemen, bei
gewissen mehr chronischen trockenen Ekzemen,
bei Ekzemen um den After und die Genitalien, bei
stark juckendem Liehen ruber, diffuser, stark ent-
zündlicher Psoriasis; bei nSssenden Hautkrank-
heiten ist es schädlich. Wer mann (Dresden).
53. Zur Behandlung der Bkieme mitMyr*
tUlextrakt (Myrtillin Wintemits); von Dr. E a r 1
Ullmann. (Wien. med. Wchnschr. XLV. 41. 42.
1895.)
ü. berichtet über die Erfahrungen, die in der
H. V. Bebra 'sehen Pdiklinik an etwa 100 Er.
mit der Behandlung mittels zur Syrupconsistenz
eingedickten Heidelbeersaftes, dem etwas Salicyl-
s&ure (1 — 2^1^) zugefügt wird, gemacht wurden.
Das Extrakt wurde mit einem Pinsel aufgetragen,
darüber kam eine dünne Watteechicht und eine
Binde ; bei nftssenden Oesichtsekzemen wurde die
eingepinselte Haut mit Puder bedeckt. Unter den
Behandelten befanden sich etwa 70 Ekzemkranke,
die übrigen litten an juckenden Hauterkrankungen,
Urticaria, Prurigo, Pruritus, femer wurden einige
Hyperkeratosen, Psoriasis, Schwielenbildungen und
3 Eranke mit Verbrennungen 1. und 2. Grades der
Behandlung unterzogen, ü.fasst seine Erbhrungea
wie folgt zusammen : 1) Das Myrtillinextrakt ist
kein Arzneimittel im Sinne eines Specificum gegen
Ekzem. 2) Es ist von Vortheil nur bei den mit
B6thung, Schuppung, schwieliger Epithelverdickung
einhergehenden Stadien chronischer Ekzeme Er-
wachsener, an unbehaarten EGrpertheilen. Bei
seborrhoischem Ekzem kleiner Einder wirkt es
ebenfalls heilend. 3) Die sogenannten Hautmykosen
im engeren Sinne, sowie die mykotischen Ekzeme
wurden durch das Mittel nicht mit Sicheiteit ge-
heilt 4) Erankhafte epidermoidale Verdickungen
werden erweicht 5) Bei juckenden Hauterkran-
kungen mit Ausschluss des Ekzems ist die Wirkung
des Mittels unbeständig und unverlässlich. 6) Eine
auffallend gute, ja überraschend schnelle und dabei
angenehme, schmerzstillende Heilwirkung übte das
Mittel bei Verbrennungen 1. und 2. Orades aua.
7) Der wirksame Bestandtheil des BeerenextxakteSf
wahrscheinlich ein gerbaäurehaltiger Pflanzenstoff,
besitzt zweifellos antizymotische Eigenschaften, die
wohl nicht ausreichen, um schon bestehende bak-
terielle Eiterung zu beseitigen, wohl aber hemmend
einwirken. 8) Ausserdem kommt dem Präparate
ein gewisser Orad von adstringirender, kerato-
plasliBcher, gesunde Epidermisbildung fördernder
Eraft zu. 9) Dem Präparate fehlen jederlei reizende
oder giftige Eigenschaften.
Wermann (Dresden).
54. Zar Behandlung mit Steinkohlentheer ;
von Dr. Leo Leistikow. (Monatsh. f. prakt
DermatoL XIX. 8. p. 421. 1894.)
L. empfiehlt den Steinkohlentheer in Form der
Tinktur :
Ol. lithanthraois 3 partes
8piritQs95« . 2 ,
Aether solf. . 1 «
(M. S. ünet lithanthracis. Pinsel im Koik.)
als jttckatillender, in die Tiefe und nachhaltiger
wirkend als die übrigen Theerpräparate; nur eignet
er sich nicht für allgemeines Ekzem. Er ist angezeigt
bei: 1) trockenem Ekzem des behaarten Eopfes ond
des Nackens, 2) Psoriasis, in Verbindung mit 2*/f
Chrysarobin, 3) bei Prurigo, 4) bei Trichophytia
Die Eintrocknung erfolgt sofort nach dem Aufpin-
seln und die Entfernung geschieht durch Oüvea^L
Wermann (Dresden).
55. Bin Froatmittel; von Prof. C. Boeck
in Christiania. (Monatsh. f. prakt DermatoL XXL
4.p. 171. 1895.)
Gegen Frostknoten, sowie diffuse GdematM
Schwellung der Hände und Finger in Folge von
Frost hat B. folgende Einpinselung bew&hrt ge-
funden :
Ichthyoli
Resorcini
Tannini ana 1.0
Aqoae 5.0
Zur Vermeidung von Rhagadenbildnng ist ei
zweckmässig, die Finger, Hände oder POsae nach
IV. Phannakologie und Toxikologie.
19
der Einpinselang mit Salbenmull dnzuwickeln.
Will man die durch das Mittel entstehende Sohwarz-
Arbung vennoiden, so kann man sich des sehr
wirksamen Besordns allein bedienen in folgender
Form:
Besoiüini . . . .2.0
Mucilag. gommi arab.
Aquae ana ... 5.0
Talcipulv. ... 1.0
(Einpinselung).
Auch gegen „schuppende Lippen" leistet das
Mittel bei langer Anwendung gute Dienste.
W e r m a n n (Dresden).
56. Zur Fluormakologie des Brom&thyls;
Ton Prof. H. Dreser. (Aroh. f. experim. PathoL
0. PharmakoL XXZVL 3 u. 4. p. 235. 1895.) Autor-
referat
D. weist an wässen Batten und Kaninchen,
die mit Hülfe genau doairter Mischungen von Brom«
ithyidftmpfeB mit Luft narkotisirl wurden, nach,
dass besonders leicht die Ratten, nachdem sie sich
von der Narkose bereits vollkommen erholt hatten,
in der Begel an Nachwirkungen zu Grunde gingen,
die oa. 8 Stunden später sich zu zeigen begannen.
Selbst \m Einathmung d^ Bromftthyldämpfe in
solchen geringen Concentrationen, dass dabei eine
vollkommene Narkose überhaupt nicht mehr ein-
trat, erfolgte nach der 1 Stunde dauernden Inhala-
tion die Wiedererholung zwar schnell und voU-
8tftndig, aber in der folgenden Nacht trat trotz
inehrstündiger Euphorie der Tod ein. Dies l^gte
dieVermuthung nahe, dass daseingeathmeteBrom-
Uhyl TieUeiGht nicht vollständig durch die Lungen
wieder aus dem E5rper ausgeathmet worden sei,
und dass bei seiner späteren 2^rlegung oder Um-
wandlung intensiver wirkende Produkte resultiren,
die sich erst während der Euphorie bilden und
tUmählich so zunehmen, dass schliesslich der Tod
erfolgt unter starker Abnahme der Körpertempe-
ntor. Aooh die Casuistik der Bromäthyl-Intoxi-
kationen am Menschen weist ähnliche, wenn auch
nicht tOdtlioh verlaufene FUle auf.
Der Beweis dafür, dass wirklich Bromäthyl im
Kflrper zurückgeblieben war, war die Anwesenheit
▼CO Brom im Harne, das in der unter Sodazusatz
angefertigten Hamasohe nachdem von Berglund
fBr die quantitative Bestimmung von Brom neben
Chlor angegebenemVerfahren ermittelt wurde. Aber
iiidit nur in dem Harne der narkotisirten Kaninchen,
•ondem auch in dem Harne von 7 narkotisirten Kr.
wnrde Brom nachgewiesen. So entleerte ein Fat
bis zum folgenden Morgen ^/g g BrooL Die Reten-
äon von Bromäthyl im Körper ist sonach sicher.
Die Disposition zu den Nachwirkungen war, da
bei jedem Pat. Brom im Harne war, auch bei jedem
rorhanden.
Andererseits zeigten gerade die Thierversuche,
dasa selbst das vorsichtigste und genaueste aller
Rarkoseverfahren, nämlich die Methode der dosirten
Qomsdie, bei einem Narkotioum, is^ wi9 da9
Bromäthyl zum Theil im Organismus zurückbleibt
und dann in giftige Produkte übergeht, keineswegs
vor den heimtückischen Nachwirkungen zu schützen
vermag.
5 7. Ueber Chloroform- und Aethemarkose.
Eine Ejoperimentalunterauchung ; von Dr. H. K i o n k a
in Breslau. (Arch. f. klin. Chir. L. 2. p. 339. 1895.)
K. hat bei Kaninchen Versuche darüber an-
gestellt, wie hoch die narkotisirende Dosis für
Chloroform und für Aether liegt und wie sich die
wichtigsten Lebensfünktionen (Athmung und Gir-
kulation) bei der Darreichung von so dosirtem
Chloroform und Aether verhalten.
Die Resultate seiner Untersuchungen fasst K.
iblgenderweise zusammen :
„1) Omneinaohaftliieh fw GhHaroform und für
ÄBiher: Die narkotisirende Dosis liegt sowohl für
Chloroform, wie für Aether sehr niedrig undvarürt
bei den verschiedenen Thieren. Bs kommen ausser-
ordentlich grosse individuelle Verschiedenheiten
bei den einzelnen Thieren in der Empfindlichkeit
gegen Chloroform, wie gegen Aether vor. Diese
Schwankungen sind so gross, dass unter Umständen
eine bestimmte Dosis für das eine Thier noch nicht
zum Herbeiführen der Narkose ausreicht, die für
ein anderes bereits gefiUu*lioh ist
2) Unter schiede xtoiaohm Chkroformuni AeOur :
Aether besitzt eine breitere Narkotisirungszone
als Chloroform, d. h. die geringste Aethermenge,
die zur Narkose ausreicht, darf sogar relativ er-
heblich überschritten werden, ohne dass lebens-
geföhrliohe Complikationen eintreten. Mit der-
selben Aetherdosis kann man längere Zeit hin-
durch oontinuirlich narkotisiren , mit Chloroform
nur intermittirend, sonst stirbt das Thier. Ausser-
dem kann man die Aethemarkose, wenn sie erst
einmal eingetreten ist, dann durch eine kleinere
Dosis weiter unterhalten, die vorher nicht genügte,
um das Thier in Narkose zu versetzen. Chloroform
wirkt von vornherein schon vor Eintritt der Nar-
kose ungünstig auf Cirkulation und Athmung und
führt rasch zu Athmungs* und weiterhin Herzstill-
stand. Aether hingegen iässt Respiration und Cir-
kulation intakt, reizt aber die Schleimhaut, auch
solche, auf welche der Aetherdampf nicht direkt
trifft, zu verstärkter Sekretion an.^^
P. Wagner (Leipzig).
58. Zur Statistik der Aethemaritose ; von
C. Mertens in München. (Münchn. med. Wo-
chenschr. XLIL 45. 1895.)
In der Münchener Frauenklinik ist die Aether-
narkose bei gynäkologischen Operationen erst seit
Januar 1894 in allgemttner Anwendung, dann aber
auch in mehr als ^s <^^f Fälle, bis auf die, in
denen schwere Lungenaffektionen, wie Phthise oder
embolische Erscheinungen, Chloroform mehr an-
gezeigt erscheinen Hessen, oder die Kranken dies
drin^d wüuscbteu. Ueber 180 Aetbemarkosen
20
lY. Pharmakologie und Toxikologie.
liegen genauere Aufzeichnungen vor; die Mehrzahl
nahm den bekannten typischen Yerlauf. lu 45 VJSl-
len wurden Gomplikatlonen oonstatirt, „die nach
ihrer Intensität von Fall zu Fall wechselten, so dass
bald trotz ihrer die Narkose noch als „sonst un-
gestört, sonst ruhig** bezeichnet werden konnte,
bald Eingriffe angezeigt erschienen, wenn nicht
das Leben gefährdet sein sollte*'. In 5 fällen
musste künstliche Bespiration eingeleitet werden.
Nachträgliche Gomplikationen betrafen 58mal den
Darmkanal (Erbrechen!), dauerten aber nur in
4 Fallen mehrere Tage. 15mal zeigte sich eine
gelinde oder stärkere Bronchialaffektion von im
Maximum 8 Tagen Dauer. 3mal zeigten sich Collaps*
ersoheinungen, die in 2 Fällen den Tod herbei-
führten. In 6 Fällen von Herzaffektion trat nie-
mals, in 15 Fällen von Herz- und Lungenaffek-
tionen verschiedenen Qrades 3mal nach der Nar-
kose eine Verschlimmerung ein. Bei 2 in Folge
der Operation zu Grunde gegangenen Kranken fand
sich am 6., bez. am 10. Tage eine eitrige Füllung
der Bronchen. P. W a g n e r (Leipzig).
59. Ueber Spättodesfälle naoh Il'arkose;
von Dr. W. v. Zoege-ManteuffeL (Petersb.
med. Wchnschr. XX. 49. 1895.)
V. Z.-M. hat seit 1886 6 Todesfälle beobachtet,
die er als Chloroformtodesfälle aufzufassen ge-
nöthigt ist Bezüglich der üblen Zufälle bei und
nach der Ghloroformnarkose kommt er zu folgen-
den Schlüssen :
1) Die primäre Synkope ist eine so seltene
Erscheinung, die sich zudem vielleicht ganz ver-
meiden lässt, dass wir ihretwegen die Chloroform-
narkose nicht verwerfen werden. 2) Die sekundäre
Synkope ist sehr viel häufiger und wenn sie auch
in der Mehrzahl der Fälle in ihren Folgen zu be-
seitigen ist, so gelingt das doch nicht immer.
3) Die durch Nekrämie und Degeneration der
Organe verursadite nachträgliche Gefährdung des
Lebens ist weder vorauszusehen, noch zu besei-
tigen.
Nach V. Z.-M.'8 Erfahrungen ist der Aether bei
Weitem das ungefährlichere Narkotioum, und zwar
namentlich deshalb, „weil man die Contraindika-
tionen gegen seine Applikation prSoise stellen kann,
was beim Chloroform in ähnlicher Weise nicht
möglich ist*'. P. W a g n e r (Leipzig).
60. Hambeftinde nach Chloroformnarko-
■en ; von Dr. F r. N a c h o d in Prag. ( Arch. f. klin.
Chir. LL 8. p. 646. 1895.)
N. hat an 57 Kindern im Alter von 1 bis
15 Jahren systematische Harnunlersuchungen noßh
Chloroformnarhosen vorgenommen. Auf Grund
seiner eigenen und mit Berücksichtigung fremder
Erfahrungen kommt er zu folgenden Ergebnissen :
Im Anschlüsse an die Ghloroformnarkose kommt
es beim Menschen durch direkte Einwirkung des
Chloroforms auf die Nieren zu einer mehr oder
minder stark ausgebreiteten parenchymatösen D^e-
nerationderHamkanäldienepithelien beiFreihlabea
der Glomeruli. Für die Annahme einer EQt£\l&-
düng fehlen bisher noch alle Anhaltepunkte. Als
Folge dieser Nierenveränderungen erscheinen im
Harne Serumeiweiss, Nudeoalbumin und Cylinder,
wobei das Zusammenvorkommen der letzten zwei
fast constant zu sein scheint Menge und Dauer
dieser Ausscheidungen hangen von der Intensitiit
der NierenafiFektion ab und diese ist bei intakter
Niere flüchtiger Art, bei krankem Organe sehr
stark, langdauernd und führt mitunter zu schwe-
reren Erscheinungen.
Der Harn nach Ghloroformnarkose zeigt erhöhte
Reducirungsl&higkeit, herrührend einestheils von
dem durch die Niere ausgeschiedenen Chloroform,
dann von der ürochloralsäure, dem Kreatinin,
Aceton und der Acetessigsäure. Dass auch Qly-
koeurie die Reduktion mit verschuld^i kann, ist
nach dem heutigen Stande der Untersuchung kanm
in Abrede zu stellen ; es müsste von Fall zu Fall
entschieden werden, welche von diesen Körpern
vorhanden sind. Diabetische Glykosorie kann ge-
steigert, latenter Diabetes florid gemacht werden
und durch Koma zum Tode führen.
Als weitere Produkte gesteigerten Oewebe-
zerfalles erscheinen im Harne Aceton, Aoeteesig^
saure, sowie Kreatinin. Die vermehrte Ausschei-
dung des letzteren rührt her vom Zerfalle der Huakei-
substanz ; die Acetessigsäure scheint bei Erwach-
senen selten, für das Kindesalter spedfisoh zuseiB.
Das im Harne nach Ghloroformnarkose gefan-
dene ürobilin könnte auf den Zerfall der lothea
Blutkörperchen zurückzuführen sön; ob es auch
zur Ausscheidung von Gallenfarbstoff kommt, be*
darf für den Menschen noch weiter» genauer
Untersuchung.
Mit Ausschluss protrahirter, Stunden dauernder
Narkosen ist das Auftreten der genannten Baror
befunde weder von der Dauer der Narkose, noch
von der verbrauchten Chloroformmenge abhingigi
sondern lediglich von der indivlduellea Dispositk»
des Kranken. P. W a g n e r (Leipzig).
61. Biceroa e determinasione dal doro-
formio nelle urine ; per il Dott. F r a n o. S cal*
fati. (Rif. med. XL 50. 1895.)
In dem Destillate des Harns Chloroformiite
wies S. mit Hülfe sehr empfindlicher Beaktionei
(Vitali'sche u. a.) qualitativ Chloroform nacb
Unter besonderen Yorsichtsmaassregeln gelang aud
eine quantitative Bestimmung des Chloroforms ü
nach 2 — 2^/9 Stimd^ nach der Narkose gelassenefl
Harne. Die Chloroformmenge war stets nur ftussan
geringfügig und betrug im höchsten Falle 0.00057 g
H. Dreser (Bonn).
Y. Neuropathologie und Psychiatrie,
21
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
62. üeber veraohiedene Angenmnskel-
itdnmgen. (Vgl. Jahrbb. CCXLVni. p. 128.)
AI. Marina (üeber multiple Augenmuskel-
iShmnngen und ihre Beziehungen zu den bedingen-
den, vorzugsweise nervösen, Krankheiten. Wien
1896. Fr. Deuticke. Or. 8. 359 S.) hat eine
Uebersicht über die verschiedenen Formen der
Ophthalmoplegie gegeben. Er beginnt mit den an-
geborenen Augenmuskellähmungen. Seine eigenen
Beobachtungen betreffen angeborene Ptosis [Fall 11
könnte ererbte Syphilis sein], angeborene Abdu-
censIAhmung, angeborene Ophthalmoplegia exterior,
eben solche „mit Starrheit des Gesichts".
TL Das 7jähr. Kind hatte gesunde Eltern, war
normal geboren, hatte von Gebart an Strabismus con-
Tergens, hatte nie geweint oder gelacht.
Massige Ptosis. Vollständige Unbewegliohkeit der
AugSpfel bei normaler Papillenreaktion, ÜnbewegUchkeit
des glatten Gesichtes, Offenstehen des Mundes. Immer-
hin waren die Lippen nicht ganz ctelähmt Bei galva-
nischer Reizung tiiige Zuckungen im Orbicularis oculi.
Am übrigen Körper keine Störungen.
Im Anschlüsse an die angeborenen Augen-
niuskellähmungen bespricht M. die bei Dystrophia
musculomm. Er meint, eine Gruppe der ange-
borenen Augenmuskellähmungen beruhe auf Aplasie
des Neuron und des Muskels, eine andere Gruppe
auf Missbildung und fehlerhafter Anheftung der
Muskeln.
Es folgen die Augenmuskellihmungen bei den
verschiedenen Formen der Bulbärparalyse. Als
obere BulbArparalyse bezeichnet M. die „erworbene
Ophthalmoplegia extema''(2 eigeneBeobachtungen :
VIL Wahrscheinlich in der Jugend entstandene
Ophthalmoplegia externa bei einer 31 jähr. Frau,
Vin. Tabische Ophthalmoplegie). Femer schildert
K. „einseitige Ophthalmoplegia exterior'^ (IX. Oph-
thalmoplegia exterior dextra bei Lymphosarkom
am Halse), „Poliencephalomyelitis*^ (X. Augen-
muskellähmung und anderweiter Muskelschwund
bei Tabes), die Augenmuskellfthmungen bei mul-
tipler Sklerose, bei Syringomyelie, bei Vergiftungen
(durch Eohlenoxyd, Blei, verdorbenes Fleisch), bei
Diabetes, bei Infektionskrankheiten (Masern?, Diph-
therie, Pneumonie, Typhus, Influenza), bei primärer
akuter Polymyositis, bei Polyneuritis (XIII. un-
klarer Fall einer rasch tödtenden Infektionskrank-
heit mit Liebererkrankung und Augenmuskellfth-
mungen; negativer Befund bei mikroskopischer
Üntersuchnng des Nervensystems), bei cerebraler
Einderlfihmung, bei Wernicke's akuter Poli-
encephalitis (XIY. Akute bulbäre Erkrankung bei
einem Syphilitischen ; Heilung), bei Alkoholismus
(XV. Vorübergehende Ophthalmoplegie bei einem
wahrscheinlich tabischen Säufer), bei Syphilis
(XVL Fall von Tabes mit anatomischer Unter-
suchung, XVn. Tabes, XVm. Tabes, XIX. Tabes,
XX. Lfthmiing aUec rechten Augenmuskeln, XXT.
Tabes), bei Tabes (vgl. Jahrbb. GGXLIX. p. 94),
bei progressiver Paralyse, bei Morbus Basedowii
(vgl. Jahrbb. GGXLIX. p. 140), bei Hysterie (lauter
zweifelhafte Fälle), die wiederkehrenden Augen-*
muskellähmungen (unter Schmerzen in der rechten
Gesichtshälfte eintretende Lähmung des rechten
Oculomotorius 2 Tage nach der Entbindung bei
einer 40jähr. Frau mit Tabessymptomen ; Heilung
des Auges; nach 3 Jahren Wiederkehr der Läh-
mung im Wochenbette), die alternirenden Augen-
muskellähmungen (XXIX. Tabes), die Augenmuskel-
lähmungen bei Erkrankungen der Brücke, der Vier-
hfigel(XXXI— XXXIÜ. Eigene Beobachtungen mit
Sektionsbefund), des Kleinhirns, des Mittelhims
(XXXrV. Interessante Beobachtung von Gliom bei-
der SehhQgel mit Erweichung der Brücke), nach
Kopfverletzungen, bei Meningitis (XXXV. Merk-
würdige Beobachtung: Bild eines Hirntumor,
schliessliche Heilung), bei Aneurysmen der Basal-
arterien.
XXXVI. Eän 41jShr., an der Gicht leidender Kauf-
mann klagte über Kopfschmerzen, Doppeltsehon, Schling-
beschweiden, starke Sohweisse.
Es bestanden etwas Exophthalmus, links 6raefe*s
Zeichen und Externuslähmung, Tachykardie (100—110),
Steigerung der Sehnonreflexe, Neigung, rückwärts zu
gehen, geringe Albuminurie.
Später: Neuroretinitis, Dysarthrie, Parese des linken
Facialis, des Gaumens, Zittern der Finger, cerebeliare
Ataxie.
Zunahme der Kopfischmerzen , häufig Erbrechen,
linkseitige Lähmung, Tod.
Erweiterung und Schlängelung aller Gehimarterien,
Aneurysma der Basilaris, das die Umgebung gedrückt
hatte.
[Dieser Fall ist wegen der Beziehungen zum Morbus
Basedowii höchst interessant; offenbar sind Exophthal-
mus und Graefe's Zeichen Wirkung der Erweiterung der
Hirnarterien. Bef,]
Den Schluss nuiohen die Augenmuskellfthmun-
gen bei Geschwülsten der Gehirnbasis (XXXVIL
Sarkom des Keilbeins) und eine Abhandlung über
„die Frage der PnpiÜenreaktionen'^ Das Ergeb-
niss der letzteren ist, dass „das hauptsfiohliche
Centnim für die Verengerung der Pupille nicht
central, sondern peripheriewärts vom Oculomo-
toriusstamme sich befindet, also im Ganglion
ciliare".
Bei jedem Capitel giebt der Vf. in Tabellen-
form eine Auswahl von Beispielen, die er der
Literatur entnommen hat Dann folgen die eigenen
Beobachtungen und die zusammenfassende Be-
sprechung des Krankheitsbildes. Natürlich fühlt
sich der Leser oft zu kritischen Betrachtungen
angeregt, doch kann auf diese hier nicht ein-
gegangen werden. Es ist schade, dass Vf. offen-
bar unsere Jahrbücher nicht liest
In formeller Beziehung sei bemerkt, dass Vf.
bei seinen deutschen Arbeiten Jemandem die Cor-
rektur übertragen sollte; die Schreibweise der
22
y. Neuropathologie und Psychiatrie.
Termini und der Eigennamen ist vielfach nicht
richtig.
Gust Pacetti (Sopra il nucleo di origine
del nervus abduoens. Bicerohe fatte nel labora-
torio del anatomia eta di Borna Y. 2. 1 896. Estratto.)
hat in einem Falle tm^di&r&Mr Abduomalähmung
ausgeprägten Eemsckwund nachgewiesen.
Bei einem GOjähr. GeisteskraDkea mit angeboreDer
Lähmong des rechten M. extemos oenli (and sekimdärer
IntemoscoDtraktar) waren der rechte N. abducens, seine
Wurzelbnndel nnd sein Kern in hohem Grade atrophisch.
Die Eernzellen fehlten z. Th. ganz, waren z. Th. nnkennt-
Jich geworden, die intranuclearen Nervenfasern waren
geschwunden. Auch eine kleine 2^11engrappe ventral-
wärts von dem eigentlichen Abducenskeme, an dem auf-
steigenden Theile der Facialisschlinge, die Vf. als acces-
sorischen Abdacenskern auffasst, war atrophisch. Die
Zellen des linken Kerns waren normal gestaltet, aber auf-
fallend klein.
Vf. schliesst sich der Auffassung des Eef. an,
meint aber, der Eemschwund sei als Zeichen der
Entartung bei dem erblich belasteten Kranken an-
zusehen.
Karl Kunn (Wien. klin. Wchnschr. IX. 10. p. 178.
1896) stellte einen 25jähr. Juriston vor, der aus gesunder
Familie stammte und früher immer gesund gewesen war,
bei dem sich aber ohne nachweisbare Ursache allmählich
Ptosis und Schielen eingestellt hatten. Am auffallendsten
war bei der ungleichmässigen doppelseitigen Ophthalmo-
plegia exterior, dass der Grad der Lähmung wechselte,
dass sie früh geringer war als abends und durch Er-
müdung gesteigert wurde. K. meint, es kämen der pro-
gressive Kemsch wund und die asthenische Bulbärparalyse
in Frage. Es war aber bei dem Kranken die übrige Mus-
kulatur nicht abnorm ermüdbar, bis auf eine während
der Beobachtung sich einstellende Schwäche des M.
frontalis.
JeanDuclos (IJn cas de paralysie syphilitique da
moteur oculaire externe droit et du facial jauche. Arch.
Clin, de Bordeaux Y. 2. p.90. 1896) sah bei einem 38jähr.
Manne, der seit 3 Mon. syphilitisch und noch nicht be-
handelt war, neben sekxmdären Symptomen Lähmung
des rechton M. extornus oouli und der linken Gesichte-
hälfte. Die Lähmungen verschwanden bei energischer
Behandlung nach mehreren Wochen. Der Kr. war 7s J-
früher durch Schläge auf die linke Schläfe bewussüos
geworden und hatte Blut aus dem Ohre verloren, war
aber anscheinend rasch geheilt worden.
0. K a i 8 e r (Zur Eenntniss der Poliencephalo-
myelitis acuta. Deutsche Ztschr. f. Nervenhkde.
YII. 5 u. 6. p. 359. 1895) beobachtete eine akute
Erkrankung der Hirnnervenkeme unbekannter Art
Ein 20jähr. Tischler erkrankte mit Kopfschmerzen,
Augenmuskel- n. Facialislähmung. Später traten Schwin-
delanfälle, Schlingbeschwerden, scandirende Sprache,
Hypästhesie im Trigeminusgebiete , teumolnder Gang
hinzu. Nach etwa 4 Wochen war der Kr. somnolent,
die Mehrzahl der äusseren Augenmuskeln war gelähmt,
ebenso die linke Gesiohtehälfte, der Kr. konnte nicht
schlucken. In den Tagen vor dem Tode war der rechte
Arm ganz gelähmt Nach 5— 6wöcfaiger Krankheit starb
der Fat im Koma.
Die anatomische üntorsuohung ergab Hämorrhagien,
krankhafte Veränderungen der Blutgefässe, Schwund
vieler Nervenfasern und eines Theiles der Zellen in fol-
genden Gebieten. Beiderseite waren fast vöUig zerstört
die Hypoglossus- , Vagus-, Glossopharyngeuskeme und
der Abducenskem, links der Nucleus ambiguus, einTheil
des Acosticuskerns, der Facialiskern, der sensorische und
der motorische Trigeminuskem. Die Trochleariskeme
^d die Gcolomotoriuskeme mit Ausnahme der vcrdiei-
sten Theile der letzteren waren auch bddersats erkraoh.
Femer waren betroffen die aufsteigende Tiigemious-
wnnel nad andere tief^ gelegene Theile. Im Büokea-
marke hatte ein Herd das rechte Vorderhom der Ha!s-
ansohweliimg beschiktigt
Die AugenmuskeUfthmung fing in K-'s ttjk
mit Abducenslfthmung an, später waren Unks auch
die MM. rectus internus, inferior, levator palp.,
rectus sup., obliquus inf. und rechts der M. rectus
internus gelähmt, noch später wurde audi die Be-
wegung nach unten rechts unmöglich, während
die nach oben und die Hebung des Lides nor ver-
mindert waren. Vf. meint, dieser Gang der LUi-
mung entspreche mehr dem Schema Sah 1er 'b,
als dem von Hensen und Volkers.
E. vergleicht seine Beobachtung ausführlich
mit den anderweiten Mittheilungen fiber „Poli-
encephalitis superior'^
Otto Wiener (Deber einen Fall vonPolio-
encephalitis haemorrhagica superior. Prag, mei
Wchnschr. XX. 40. 1895) beobachtete bei A. Pick
einen Alkoholdeliranten mit subakuter Ophthalmo-
pl^ie.
Der 4Qjähr. Fat war vor 5 Wochen erkrankt mit
Eopfsohmerzen , Schwindel, Erbrechen, SchleohtBeheo.
Er wurde delirirend eingebracht Es bestanden Lähmung
der Extemi, Parese des rechten Internus. Später waren
alle äusseren Augenmuskeln paretisoh, bestanden oack
allen Richtungen hin nysta^usartige Zuckungen bä
Drehung der Augäpfel. Ausserdem rechte Faoial^Miesa,
streifenförmige Netzhautblutungen. Nach einigen Wochen
Besserung. Die Lähmung schwand allmählich, die Blu-
tungen wurden aufgesaugt und bis auf Zuckungen dei
Augen in den Endstellungen war nach 4 Wochen der Fit
genesen.
J. Herrnheiser (Wien. med. Presse XXXVI. 44.
1895) hat genauer über den Augenspiegelbefand berichtet
Er fand in der Umgebung der Paj^ille yiele kreisronde
Blutungen, ausserdem streifenförmige längs der Veneo.
Das Bild ^ch dem bei Sepsis.
F. Raymond (Ophthalmoplegie externe bilatartb
et hemiplegie droite, consecutifs ä la rougeole. Noav.
iconogr. de la Salpetriere Vm. 5. p. 265. 1895) steUte
einen Sjähr., von jeher kränklichen Knaben vor, bei dem
während der Masern ohne Insult eine rechtseitige Heoi-
parese und Lähmung beider Augen entetanden warn.
Die inneren Augenmuskeln waren frei. Rechte war du
Auge nach aussen abgewichen, konnte weder nach oben,
noch seitlich, wohl al^r nach unten gedreht werden. Bas
linke Auge sah geradeaus, konnte nach oben nnd unteoi
nicht seiüich gedU-eht werden. Beiderseite massige Ptosis.
Ausserdem cerebellares Taumeln. Später fand man noch
Nystagmus beim Sehen nach oben, 2Sittem der etwas atro-
phischen rechten Hand bei Willkarbewegungen. Die
Augenlähmung nahm mit der Zeit etwas ab, nur die Dr»-
hung nach oben und links die AbduktLon waren noch be-
hindert
R. setzt natürlich auseinander, dass eine Läsion an-
genommen werden müsse, die den linken Himsdieakel
und die Eemgegend an dem Aquädukt beschädigte. Er
meint, es werde sich wohl nm eine Arterienernankong
gehandelt haben. [Die MögUohkeit eines Tuberkels hätte
doch wenigstens erwähnt werden müssen.]
M. Mann (Zur Lehre von der Ophthalmoplegia
nudearis. Wien. med. Wchnschr. XLY. 48. 1895) bat
bei einem Manne mit Ptosis auf beiden Augen AnfiLlle
,iCorticaler Epilepsie^ beobachtet und meint, die Ptosis
müsse auch cortikal sein.
JuliusZappert (üeber isolirtes Yorkommen voa
AngenmnskeUfth mnngen idsSpäteymptomdarliereditirai
T. Keuropatfaologie und PByoliiatrie.
23
Ldm. Azch. f. Xinderlütde. XIX. 3 o. 4. p. 161. 1895)
sah LShmnng des linken Oonlomotoiius bei einem 5jfihr.
syphilitischen Kinde, die mit Erbrechen und Kopfschmerz
lich Sti^gi^r Krankheit eingetreten war. Wänrend der
antisyphüibschen Behandlung ging die Lähmung zurück
QDd nach 3 Mon. war sie beseitigt.
Howard F. Hansell (Loss of oonjugate
divergenoe or paralysis of extemal rotatioii of the
ejes. Hed.NewB LXYII. 13; Sept 28. 1895) sah
bei einem 17jfihr. M&dchen, das lange an Ohren-
eitenmg gelitten hatte, Lähmung der Seitwärts-
Wender bei Möglichkeit der Convergenx. Die Augen
waren geradeaus gerichtet, konnten nach oben und
unten gut bewegt werden. Der Augenhintergrund
war normal. Es bestand cerebellare Ataxie. Das
Kniq)hänomen war gesteigert
Ormerod und Holmes Spicer (A case of
recurrent paralysis of the tbird nerve with migraine.
Lancet II. 25. p. 1580. Dec.21. 1895) stellten der
ophthalmoL Gesellschaft in London einen Knaben
mit wiederkehrender Oculomotoriuslähmung vor.
Der 15jähr. Pat. hatte den 1. Anfall im 2. Lebens-
jahre gehabt 8eit dem 8. Jahre war alle 9 — 10 Mon. ein
Anfall aufgetreten. Dazwischen kamen Migräne- Anfälle
Qod die Augenmuskellähmung folgte immer auf einen
schweren Migräne - Anfall. Stets waren Lähmung und
iopftchmerz links. ^Es bestand etwas Atrophie des Buken
Sehnerren und einige der gelähmten Muskeln waren nie
wieder frei geworden.*^ Zur Zeit war der Anfall im Zu-
rückgehen, es waren aber alle vom linken N. oculomot
?er80tgten Muskeln noch gelähmt
Auch O. deSohweinitz (Recurrent oculo-
ffiotor palsj with a case. Boston med. and surg.
Joom. CXXXTTT. 14. 1895) bat wiederkehrende
Ocolomotorioslähmung beobachtet
Eine dQjähr. Cigarrenarbeiterin war als l'/ajähr. Kind
toerst mit Krämpfen, Erbrechen, Abweichen des rechten
Aages nach aussen und Ptosis des rechten Auges erkrankt
Steh 6 Wochen wardie Augenlähmung wieder vergangen,
fieitdem hatte die Kr. an ähnlichen Anfällen gelitten, nur
zuweilen war trotz des Schmerzes und des Erbrechens
die AugenllUimung ausgeblieben. In der Kindheit hatte
ik Kr. oft Schmerz gehabt, 2 — 3mal wöchentlich [?].
Später waren 5 — 6 Anfälle auf das Jahr gekommen, oft
war die Kr. 6 Mon. und länger frei geblieben. Bei ander-
weiten Erknmkungen (Keuchhusten, Masern, Scharlach,
lofluenza) war immer ein heftiger Anfall eingetreten. Seit
dem 5. Lebensjahre war das rechte Auge dauernd nach
Missen gedreht Seit 1889 war auch die Ptosis beständig
iiäd 6 yerhmtnissmässig milde Anfälle waren seitdem auf-
S^treten, ohne an dem Auge etwas zu ändern.
Die Kr. beschrieb den Anfall als Schwindel, Gefühl
tOB Völle und Schwellung um das Auge, Schmerz, der
in Auge beginne und von da nach dem Hinterkopfe ziehe,
librechen, das mit dem Schmerze beginne, 12 — 24 Std.
^kasre und zu erosser Erschöpfung führe.
bn December 1894 fand Vf. vollständige Lähmung
ivi rechten Oculomotorius.
J.P.Earplus (Zur Eenntniss der periodischen
Ocobmotoriaslähmung. Wien. klin. Wchnsohr.
VIIL50.51. 52. 1895) theilt 2 Beobachtungen von
(snodiadierOculoaiotohuslfthmungmit, darunter 1
SAtkmsbefiind.
I. Sine 37jähr. Frau, von deren Verwandten Niemand
Aa Migräne g^tten hatte, litt seit dem 8. Lebensjahre an
Anfallen von rechtseitiger Migräne mit Oculomotorius-
lUnDung. Sie war </i Jahr vor dem 1. Anfalle mit einem
i^ieschflegel auf die rechte Schläfe geschlagen worden.
Die Anfälle hatten im Anfänge etwa 1 Woche gedauert,
waren nach 3—6 Mon. zurückgekehrt, hatten stets mit
Kopfschmerz und Erbrechen begonnen. Seit dem 1 6. Jahre
waren sie alle 3 Mon. gekommen und heftiger geworden.
Während im Anfange <he Zwischenzeiten ganz n^i waren,
war in der letzten Zeit die Ptosis nie mehr ganz ver-
schwunden. Während der 3 Schwangerschaften der Pat
war nie ein Anfall eingetreten.
Vf. fand im Anfalle vollständige Oculomotorius-
lähmung rechts, empfindliche Ttigeminus-Druokpnnkte,
gelegenüich auch (vorübergehende) Hypästhesie im Be-
reiche des 1. rechten Trigeminusastes. Ausserhalb des
Anfalles bestand Parese der äusseren, Paralyse der inneren
OcidomotoriusmQskeln. Während der Antipyrinbehand-
lung trat zum 1. Male ein Migräneanfali ohne Steigerung
der Augenmuskellähmung ein.
n. Eine 43jähr. Frau mit progressiver Paralyse, in
deren Familie Migräne nicht vor^kommen war, hatte als
Vijähr. Kind den 1. Anfall von Kopfschmerz, Erbrechen
und Ptosis rechts gehabt Die Anfälle waren alle 2 bis
4 Wochen wiedergekehrt imd hatten 5 — 6 Tage gedauert
Mit 18 Jahren war die Kr. syphilitisch geworden. Seit
dem 20. Jahre war auch zwischen den Anfällen Ptosis
vorhanden, war die Pupille weit und das Auge nach aussen
abgelenkt geblieben.
Bei der Aufnahme bestand rechts Oculomotorius-
parese, links träge Pupillenreaktion. Im Anfalle wurde die
rechtseitige LähmuDg vollständig und während 1 Jahres
konnten die Anfälle alle 3—4 Wochen in der Klinik
Krafft-Ebing's beobachtet werden: 2-~3!Dage heftige
Kopfschmerzen, Erbrechen, dann ZuDallen des Auges, das
2—3 Tage geschlossen blieb.
Nach dem Tode wurde ein Neurofibrom des rechten
N. oculomotorius gefunden, das die Fasern des Nerven aus-
einandergedrftDgt und zum grossen Theile zum Schwunde
gebracht hatte. Die Geschwulst sass an der Dura. Der
Nerv war unterhalb und oberhalb entartet, wenn auch hier
weniger. Im HirDSchenkel waren die Wurzelbündel des
Nerven rechts dünner und weniger zahlreich als links.
^Das Kemgerfist enthielt rechts weniger Fasern als Unks.
An den Ganglienzellen der Kerne war zwischen rechts
und links durchaus keine Difierenz zu sehen.*'
Während Vf. mit Recht die Fälle von G u b 1 e r
und von Weiss von der Betrachtung ausschliesst,
stellt er seinen 2. Fall mit dem von Riohter-
Thomsen zusammen, in dem ein Fibrochondrom
des Oculomotorius gefunden worden ist Er meint,
dass in beiden Fällen der Tumor an der Basis die
Ursache der partiellen Oculomotoriuslähmung ge-
wesen sei, und führt alle Gründe an, die dafür
sprechen, dass überhaupt eine basale Läsion als
Ursache der partiellen Oculomotoriuslähmung an-
zunehmen sei. Bef. gesteht gern zu, dass die
übereinstimmenden Befunde vom Yf. und von
Bichter-Thomsen, sowie die Argumentation
des Vfs. Eindruck machen. Immerhin bleibt es
wunderbar, dass ein anscheinend zufälliges Er-
eigniss, wie ein angeborener Tumor im Stamme
des Oculomotorius es ist, einem doch nicht allzu
seltenen typischen Krankheitsbilde entsprechen solL
Teacher CoUins (Lancet II. 25. p. 1580.
Dec. 21. 1895) beschrieb Lähmung beider IntemL
Ein 2^iUir. Mann hatte seit 5 Tagen Lähmung beider
Intemi ; sowohl beim SeitwSrtssehen, als beim Con vergiren
versagten diese ganz. Dabei bestanden Kopfsohmerz,
unsicherer Gang, Romberg's Zeichen, Steigwung des
Kniephänomens.
[Nach Alfred Gräfe (Die neuropathische
Natur des Nystagmos. Arch. f. OphthalmoL XLL
24
Y. Keuropaihölogie und Psydiiairi^
3. p. 123. 1895) fheilte man bisher den Nystagmus
gewöhnlich in zwei grosse Gruppen : den angebo-
renen und den erworbenen. Fflr die angeborenen
oder in der frühesten Lebenszeit entstandenen
Nystagmus -Erkrankungen nahm man allgemein
„mangelhaftes Sehen^^ als Ursache an. Der er-
worbene Nystagmus muss im Gegensatze dazu als
neuropathisch angesehen werden. Rählmann
(Arch. f. OphthalmoL XXIV. 4) läset die man-
gelnde Sehschärfe nicht als Ursache gelten, son-
dern hält beide Störungen für zwei von einander
unabhängige verschiedene Zeichen da'selben neuro-
pathischen Ursache, erklärt hiermit den Nystagmus
immer für eine Neuropathie.
Wenn nun auch bei Kranken mit angeborenem
Nystagmus, sowie bei Albinos in einer sehr grossen
Anzahl Anomalien im Nervensystem vorkommen,
so ist das doch sicher nicht bei AUen der Fall ; es
kann daher der NystagiQus nicht stets aus vorher
schon bestandenen oder gleichzeitig mit dem
Nystagmus vorhandenen neuropathischen Erkran-
kungen abgeleitet werden. Da nun aber doch bei
Nystagmus Alles dahin drängt, „die Mitwirkung
eines neuropathischen Momentes'* anzunehmen, so
giebt Q r. folgende Erklärung : durch die Sehhinder-
nisse am Auge entstehen nur minder werthige Reize
und Erregungen, deren funktioneller Ausdruck
eben die dem Willen entzogenen tremorartigen
Bewegungen sind. So würde also durch das
mangelhafte Sehen der erste Anstoss zu jener Ver-
änderung der motorischen Centren gegeben, die
bei steter Dauer der Wirkung den typischen Nystag-
mus bedingt. In solchem Sinne kann der Nystag-
mus als neuropathisch bezeichnet werden. Wäh-
rend also Rählmann in einer schon vorhandenen
neuropathischen Läsion das wirkende pathogene-
tische Princip erblickt, vermuthet Gr. in der zum
Nystagmus führenden Anomalie der motorischen
Centren einen in vorgedachter Weise erst ent-
wickelten Folgezustand. Das Gleiche könnte für
den erworbenen Nystagmus gelten, wo ebenfalls
Undeutlichkeit der Netzhautbilder eine wichtige
Rolle spielt. Dass die Kranken die Gesichtsfelder
als ruhende sehen, dass sie die durch die Augen-
bewegungen veranlassten Störungen nicht empfin-
den, das ist nach Gr. ein Produkt und Triumph
empiristischer Erziehung der Sinnesthätigkeit.
Lamhofer (Leipzig).]
F. Schanz (3 Fälle einseitiger reflektorischer
Pupillenstarre. Arch. f. Augenhkde. XXXI. 3.
p. 259. 1895) beschreibt einseitige reflektorische
Pupillenstarre bei 3 Tabeskranken. In- den zwei
ersten Fällen bestand diese so, wie Bef. sie be-
schrieben hat, im 3. Falle war die rechte Pupille
weit und ganz starr, die linke war eng und reflek-
torisch starr, erweiterte sich aber, wenn der Kr.
in die Feme sah, d. h. gar nicht convergirte.
W. V. Bechterew (Ueber die willkürliche
Erweiterung der Pupille. Deutsche Ztschr. f. Ner-
venhkde. VII. 5 u. 6. p. 478. 1895) beobachtete
eine Kranke, die ihre rechte Pupille ansdieinend
willkürlich erweitem konnte.
Die 37jähr. Fran hatte vor 5 J. Schmerzen um das
rechte Auge gehabt, dann war aus dem rechten Nasen-
loche ein Polyp entfernt worden und die Schmerzen hatten
aufgehört Seit dieser Zeit war die rechte Papille bei
angestrengtem Sehen und in den Tagen vor der Meo-
stiiaation weiter geworden. Zugleich hatte die Ki. be-
merkt, dass sie durch ihren Willen die Pupille erweitem
konnte. Dabei hatte sie das Gefiihl, als dränge sie das
rechte Auge vor. Die beträchtlich erweiterte Papille
blieb eine Zeit lang weit, konnte aber durch wiederholtes
kräftiges Schliessen der lider wieder enge gemaoht
werden.
Yf. kommt nach Besprechung der Pupillen-
Physiologie zu dem Schlüsse, dass in seinem Falle
„nur die Voraussetzung übrig bleibt, dass die
Kranke durch willkürliche, resp. Willens-Anstren-
guDgen die sympathischen, pupillenerweitemdea
Nervenfasern in einen aktiven Zustand zu veraetzen
vermag**.
Mübius.
63. Deoz oaa d'atrophie masoulaire pro-
gresaive typeAran-Daohenneparpoliomyelite
ohronique saivis d'autopaie; par J. Dejeriaei
(Comptes rend. de laSoc. de Biol.de Paris Man 16.
1895.)
1) Ein 65jähr. Mann, der früher Lues gehabt hatte,
litt seit seinem 47. Jahre an Muskelatrophie vom Typos
Aran-Duchenne. Die Arme waren schliesslich fiist
vollkommen funktionsunfähig, an den Beinen war da-
gegen die Atrophie sehr wenig ausgesprochen; die Sehnen*
reflexe verhielten sich entsprechend; das Gesicht war
nicht befallen, Sensibilität und Sphinkteron waren intakt.
Frühere fibrilläre Zuckungen waren später geschwunden,
dazu bestanden ausgeprägte faradische und galvanische
ZuckungsanomaUen. Di» lange Dauer der Krankheit
Hess zwischen der Annahme einer myopathischen oder
einer myelopathischen Atrophie schwanken. Nach dem
Tode (durch Suicid) ergab die Autopsie eine einfache
chronische Poliomyelitis ; die Y orderhomzelien waren im
Cervikalmarke fast ganz geschwunden, die Vorderwunehi
stark afficirt; in der Lendenanschwellung war dieZeUeo-
atrophie viel geringer. Die weisse Rückenmarksubstana
und die Meningen waren normal. Die Gefäase zeigten
nur Altersveränderungen. Die Erkrankung der Muskel-
nerven entsprach der der Vorderwuraeln.
2) Bei einem 38jähr. Manne hatte dieselbe Krank-
heit vor 10 Jahren ohne vorherige Infektion oder Intoxi-
kation in der linken Hand begonnen, war nach 2 Jahrea
auf die rechte fortgeschritten und führte allmählich lu
Funktionsunfähigkeit der Arme; Gesichts-, Zungen- uod
Kehlkopf muskeln blieben normal, während die Beine mit
befallen wurden. Es bestanden fibrilläre Zuckungen und
ausgedehnte Störungen der galvanischen und farautiscbes
Erregbarkeit ohne JMitartungsreaktion ; die Sehnenrefleid
fohlten. Schliesslich schwand jede Spur aktiver Motilität
in Rumpf und Gliedern, während sie im Gesichte normal
blieb. Die Autopsie ergab ausserordentÜche Atrophie
der vorderen Wurzeln und Schwund der Vorderhom-
ganglienzellen im ganzen Rückenmarke bis auf einige ge-
schrumpfte und pigmentirte Zellenroste. Gefösse und
weisse Substanz waren normal.
Die 2 Fälle unterscheiden sich durch das Ye^
halten der weissen Substanz von den in den letzten
Jahren anderweit veröffentlichten, die Yer&nde-
rungen in den Yorderseitenstrftngen darboten. D
hält es für möglich, dass bei der langen Dauer dei
Krankheit in seinen Fällen die etwa degenerirtei
Fasern völlig verschwunden . seien , ohne eiiH
V. K'europaäiologie und Psychiatrie.
25
Neuroglia-Beizang und -Yermehrung zu bedingen.
Auch die graue Substanz bot keine Hyperplasie
derNeuroglia. Es bestand also einfache chronische
Poliomyelitis unbekannter Aetiologie, denn im
ersten Falle hatte die Sektion auch keinerlei An-
zeichen von etwaigen syphilitischen Processen er-
geben. A. Boettiger (Hamburg).
64. Beitrag bot CasuiBtik atypischer Formen
derSyringomyelie; vonDr. Rudolf Hatschek.
(Wien. med. Wchnschr. XXXVL 19—26. 1895.)
Der 1. Fall betrifft eine 24jfthr. Magd, bei der die
Krankheit mit reissenden Schmerzen links in derRücken-
hälfte, in Schalter und Arm begann, wozu sich all-
mlhlich zunehmende Oefühllosigkeit der linken Hand
lud starkes Schwitzen der ganzen linken Körperseite ge-
sellten. Beide Hände wurden roth xmd kalt, auch in den
Füssen bestanden Kälte and stechende Schmerzen. Zu-
weilen hatte die Kr. Olobasgefühl. Die Untersachang
ergab ein auffallendes üeber wiegen der Krankheits-
erscheinungen auf der linken Körperseite, Ataxie, sowie
Lagegefahls- und Mnskelsinnstörungen bestanden nar
liiÜLS, die Atrophien und die seasiblen Lähmungs- und
Beizerscheinongen waren links ausgedehnter, der Patella-
reflex war links gesteigert. Bei der Obduktion fand man
als Nebenbefand ein haselnussgrosses Sarkom der Dura-
mater; femer waren der unterste Theil der Obloogata
QDd das Rückenmark seiner ganzen Länge nach durch-
setzt von einem graugelblichen, schleimiff-gallertigen,
darchscheinenden Myzogliom, besonders in den centralen
Partien und dem linken Hinterhom. In der Höhe des
5. bis 7. Halsnerven fand sich eine centrale Häroorrhagie.
In der nachfolgenden Epikrise betont H. die üeber-
einstimmung zwischen klinischer Beobachtung and ana-
iomischem Befunde, bespricht ferner in differential-
diagnostischer Beziehung die hysterischen Sensibilität-
stönmgen und das Zusammenvorkomraen von Hysterie
und Syringomyelie und erwähnt das bei intrameduUären
Rückenmarkstumoren öfter beobachtete Eintreten be-
deutender Remissionen.
Im 2. Falle steht die Diagnose SyringomyeUe auf
ganz ausserordentlich schwachen Füssen, um nicht zu
tagen, sie ist unberechtigt Im Anschlüsse an den Fall,
in dessen Aetiologie ein Trauma eine Rolle spielt, be-
spricht H. die Traumen in ihrer Bedeutung für die Ent-
stehung von SyringomyeUe. Dabei vermengt er mit den
echten Syringomyelien, den primären Oliosen, die hämor-
rhagischen und Erweichungcysten mit ihren in ihrer
Umgebung so gewöhnlichen, sekundär - entzündlichen
Ghawacherungen und berichtet über einen Theil der
hierher gehörigen Casuistik. H. glaubt, dass zwar das
tranma in einzelnen Fällen von Syringomyelie mehr als
eine blosse Gelegenheitsursache sei, dass man aber in
Bücksicht auf <£e ^prosse Mehrzahl von nicht trauma-
tischen Syringomyehen annehmen müsse, dass auch die
nach Traomen entstehenden Oliosen vielleicht schon eine
logeborene Abnormität aufgewiesen haben, auf deren
Boden dann das Trauma die Syringomyelie hervorrufen
konnte.
Im 3. Falle handelte es sioh um eine Combination
von Syringomyelie mit Pseudoleukämie ; man fand post
mortem im Verhältnisse zu der Intensität der Krank-
hettaerscheinungen auffallend ausgedehnte pathologische
Processe im Rückenmarke und in der MeduUa oblongata
mit vielfachen sekundären Degenerationen, Qefässverän-
denmgen und gliösen Zerfallsprodukten.
A. Boettiger (Hamburg).
65. Die Monran'sche Krankheit, ihr Vor*
hHtniBfl mar Syringomyelie nnd Lepra ; von Prof.
Xohann Prus in Lemberg. (Arch. f. Psych.
XXVIL 3. p. 771. 1895.)
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
' Nachdem von M o r v a n das Erankhti&bild der
Par^soanalg^sie des extr6mit6B sap^rieures auf-
gestellt worden war, wurde es von verschiedenen
Seiten als zur Gruppe der Syringomyelie gehörig
bezeichnet, ja in neuerer Zeit hat man hehauptet,
die Morvan'sche Krankheit sei nur eine Form der
Lepra. Als Beitrag zur Klärung dieser streitigen
Fragen theiltPr. eine Krankengeschichte mit. Aus
ihr sei Folgendes kurz hervorgehoben.
Eine 46jähr. Frau erkrankte 8 Jahre vor ihrer Auf-
nahme-mit zunehmender Schwäche in den Schulter-
muskeln der rechten Seite; dazu kamen neuralgische
Schmerzen im rechten Arme und ein dem Mal perforant
ähnUches Geschwür am inneren Knöchel des Unken Fasses,
dann ebenso ein Geschwür am äusseren Knöchel des
rechten Fn^es und wenig schmerzhafte Panaritien an
den Fingerspitzen beider Hände. Dann verlor die Kr.
allmählich das Empfindungsvermögen an den Ungern, litt
oft an Brennen und Schmerzen in den Armen und im
Nacken, wobei sich manchmal Steifigkeit und Voiüber-
gehende Parese der Nackenmuskeln einstellten. Vorüber-
gehend trat auch Gefühllosigkeit in der Zunge mit er-
schwerter Aussprache, und Ausfallen der Zähne ein. Dann
traten Schmerzen in der Unken grossen Zehe auf, und die
Endphalangen der kleinen und vierten Zehe fingen an,
ohne Geschwürbildung sich zu verkleinem. Durch die
fortwährenden Panaritien kam es zu zunehmender Ver-
unstaltung der Finger, ausserdem zu Ankylose in den
Interphalangeal- , Mittelhand- und EUenbogengelenken.
Die Untersuchung ergab an den Armen Verkürzung und
partieUe Atrophie der Phalangen, Hypertrophie der Kno-
chenenden der Mittelhand, ünbeweglichkeit sehr vieler
Gelenke, weisse Flecke auf dem Handrücken, in Folge
von Atrophie der PapiUen, Oedem daselbst, Atrophie der
Fingernägel und der Extensoren der Finger und der Arm-
muskeln, mit partieUer Entartungsreaktion. Das Tast-
gefnhl war normal, die Tastkreise jedoch waren vergrös-
sert; sodann bestanden ausgesprochene Thermoanästhesie
und Analgesie, Störungen im Bewegungsgefühle der Haut,
bei gleichzeitigem Erhaltensein des Druck- und Muskel-
sinns. An den Beinen fand man vasomotorische Störungen,
Qs^anose des rechten Fusses, weniger des linken, ebenso
Oedem des rechten Fusses und Unterschenkels, das eben-
falls Unks nicht so stark ausgesprochen war. Der Gang
war erschwert, die Patellarrefiexe waren abgeschwächt,
ebenso die Hautrefleze.
Pr. geht auf die Frage ein, ob dieser Fall in
der That zur Morvan'schen Krankheit zuzurechnen
sei, oder ob für die DifTerentialdiagnose andere
Affektionen noch in Betracht kommen. Zunächst
erörtert er die Sklerodaktylie, bez. ihre 3 unter«
arten, wie sie von französischen Autoren beschrie-
ben worden sind. Einmal die scl6rodermie hyper-
trophique diffuse oder oed§mateuse, bei der es haupt-
sächlich zu Veränderungen der Haut, so im Oe-
sichte zur Bildung der masque scl^rodermique
kommt ; die 2. Form, die scl^rodermie en plaquea
kommt wohl weniger in Betracht; viel eher die
8ol6rodermie mutilante, die Panaritien, Blasen, Ge-
schwüre und grobe sekundäre Deformitäten der
Arme, seltener der Beine bewirkt Jedoch die Em-
pfindungstörungen und der mitEntartungsreaktioa
verbundene Muskelschwund lassen die Sklerodak-*
tylie nicht in Betracht kommen. Auch die Ray-
naud'sche Krankheit, die Pachymeningitis cervicalis
hypertrophica lassen sich leicht ausschliessen,
ebenso auch die Myelitis cervicalis. Jedenfalls kauQ
4
26
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
das geschilderte Symptomenbild nur sur Morvan'-
sehen Krankheit gerechnet werden. Wie steht es
nun mit der Beziehung derselben zur Lepra? Durch
Zambaco ist die Identität der Morvan'schen
Krankheit mit der Lepra festgestellt worden. Pr.
bespricht kurz die Symptomatologie der verschie-
denen Formen der Lepra, und weist auf die ausser-
ordentliche Aehnlichkeit des vorliegenden Falles
hin, den er als Lepra anaesthetica mutilans be-
zeichnen mochte.
Da nur die bakteriologische Untersuchung volle
Sicherheit geben konnte, wurde das Blut mikro-
skopisch untersucht, und es liessen sich darin mit
Sicherheit Leprabadllen nachweisen. Somit ist
bewiesen, dass die Morvan'sche Krankheit zur Lepra
gehört. Da nun fast alle Autoren die Horvan'sche
Krankheit zur Syringomyelie rechnen, so liegt die
Frage nahe, ob die Syringomyelie überhaupt zur
Lepra gehört, und ob vielleicht die H(ttilenbildung
im Rückenmarke sich unter diesem neuen Gesicht-
punkte erklären läset Pr. sucht dies dadurch zu
erklären, dass die Bacillen von den peripherischen
Nervenscheiden aus centralwärts wandern bis zum
Bückenmarke, wo sie erst gliomatOse Wucherung,
dann Zerfall verursachen. Damit soll nicht gesagt
sein, dass jeder Fall von Syringomyelie zur Lepra
gehöre. Immerhin aber dürfte diese Beobachtung
den Anlass zu ausgedehnteren Untersuchungen
bieten, E. H ü f 1 e r (Chemnitz).
66. Ueber einige seltenere Formen der
Tetanie; von Dr. J. Blaii^ek, (Wien. Uin.
Wchnschr, VII. 44. 45. 1894.)
Bl. hat folgende 3 Tetanieerkrankungen (mit
Sektionsbefunden) beobachtet
I. Eine 43jähr. Pat litt seit lange an Magendilatation
mit starker Zersetzung im Magen und vielem Erbrechen.
10 Tage vor der Aufnahme in das Krankenhaus bekam sie
eine halbe Stunde nach dem Erbrechen einen sehr schmerz-
haften Krampf in beiden Händen und Armen von der
Dauer einer halben Stande. Solche Anfälle traten in den
nächsten Tagen immer häufiger und immer länger dauernd
auf; Imal verlor Pat. während eines solchen Anfalles die
Sprache, mitunter trat auch in den Beinen Krampf auf.
Der Facialis zeigte sich sehr übererregbar ; an Mund und
Stirn spontane tonische Zuckungen. An den Armen
Tronsseau's Phänomen. Die Erregbarkeit der Nerven war
sehr erhöht, auch an den Beinen. Die Krampfanfälle
konnten durch regelmässige Magenausspülungen sehr ge-
mildert werden, verschwanden sogar einige Tage lang
ganz ; traten aber nach 10 Tagen sehr stark wieder auf,
und dauerten bis zum Tode der Pat. an. Die Krampf-
Stellung der Glieder ging unmittelbar in die Todtenstarre
über. Die Sektion ergab Dilatation des Magens in Folge
einer Compression des Duodenum durch ^ erweiterte,
stark mit Conkrementen gefüllte Gallenblase. Im Central-
nervensystem makroskopisch und mikroskopisch keine
Veränderungen.
II. Eine 34jähr. Pat erkrankte einen Tag vor ihrer
Aufnahme in's Spital mit sehr schmerzhaften Krämpfen
an Armen und Beinen. Es fanden sich am Kopfe eine auf-
fallende Vertiefung beider Nasolabialfalten , bedeutende
Spracherschwerung, zeitweilig tonischer Krampf des
unteren Facialis. Die Arme wurden an den Kopf an-
gepresst, die Daumen in die Vola eingeschlagen, die Finger
in typischer Geburtshelferstellung. Druck auf den Plexus
brachialis vermehrte den Krampf. Elektrische üeber«
erregbarkeit war wegen der Contraktur der Arme nicht
nachweisbar. Nachmittags traten auch an den Beinen
KrampfanfSlle ein; Fuss in Equinovarusstellung, Ben-
sorium benommen, Pupillen ohne Reaktion, unter Glottis-
krampf Tod am selben Abend ; unmittelbarer Uebeigaog
der Krampfstellung in die Todtenstarre. Die Sektüm er-
gab einen infiltrirenden Scirrhus des Pylorus mit Stenose
des letzteren und Dilatation und Katarrh des Magens. Am
Centralnervensystem auch hier weder makroskopisch,
noch mikroskopisch irgend welche Veränderungen.
in. Eine 18jähr. Pat litt seit lange an Magendarm-
katarrh, wegen dessen sie das Spital aufsuchte. Eier
klagte sie nadi einigen Wochen, nachdem Erbrechen nnd
Duitihfall etwas besser geworden waren, plötzlich über
heftige Schmerzen im Abdomen, die 1 Std. anhielten.
Dann stellte sich plötzlich ein Krampf aller 4 Glieder ein:
Arme im Schultereelenke adducirt, Vorderarme pronirt,
Hand in typischer Krampfstellung. Beine im Kniegelenke
gestreckt, Zehen extendirt In allen Gliedern ausser-
ordentlich heftige Schmerzen. Beim Beklopfen des Facialis
sehr starke Zuckungen der Gesichtsmuskeln ; die Glieder-
nerven waren mechanisch so erregbar, dass leises Strei-
chen der Haut über ihnen Zuckungen auslöste. Ebenso
waren die sensiblen Nerven sehr übererregbar : leichtes
Streichen an der Indsura supraorbitalis bewirkte heftige
Parästhesien im ganzen Trigeminusgebiete. Der Anfall
dauerte 15 Min., ohne sich dann zu wiederholen, doch
konnte später durch Druck auf die Gefösse des Oberanns
Krampfstellung der Hände hervorgerufen werden. Im
Abdomen fand sich in der Magengegend eine kindskopf-
grosse Vorwölbung, unter Coluips in den nächsten Tagen
starkes Erbrechen, Tod. Die Sektion ergab eine Inragi«
nation des Jejunum und des Ileum mit Achsendrehang
des ganzen Dünndarms. Windscheid (Leipzig).
67. Bin VbXL Ton Tetanie; von Dr. Wick.
(Wien. klin. Wchnschr. VIEL 37. 1895.)
Ein 25iähr. Sanitätsoldat litt seit 2 Jahren anfalls-
weise an Schmerzen und Krämpfen in Händen und Füssen.
Die Zehen wurden dabei stark flektirt, die Waden hart
und empfindlich, wenn Pat. arbeitete; an den Händen
traten beim Anfassen und Tragen von Gegenständen
Krämpfe auf, dasselbe war auch an den Bauchmuskela
der FaU, wenn Pat sich längere Zeit im Rumpfe gebeugt
halten musste. Am Munde zeigte sich schon bei leiser
Beklopfung Zucken der Mundwinkel, an den Armen
tonischer Krampf der Finger nach ümschnümng des Ober-
arms mit einer Aderpresse. Die galvanische Erregbar-
keit des N. facialis und der Gliedemerven war beträcht-
lich erhöht; der Opticus reagirte bei 0.06 M.-A. auf KaS2
mit Lichterscheinung , der galvanische Pinsel rief am
Oberschenkel bei 0.05 M.-A. KSZ eine Empfindung hervor.
Nach einer Reihe von Tagen, die Pat ganz ruhig im
Bette zubrachte, verschwand das Trousseau'sche Phlno*
men, die Erregbarkeit der Nerven sank, spontane Krämpfe
traten nicht mehr auf. Der Pat that einige l^ge wieder
Dienst, wurde dann aber wieder in*8 Spital gebracht, weU
er nicht mehr ordentlich sprechen konnte. Er klagte über
Behinderung der Sprache an der unteren Zunge ; an den
Lddem, den Masseteren und einem Theile der Gedchts-
muskeln bestanden lebhafte fibrilläre Zuckungen, sehr
starke Reizbarkeit des N. facialis. Spontane Krämpfe an
beiden Händen, umschnüren der Arme oder der Beine
rief Tonus der Hände und Füsse hervor, Erregbarkeit der
Nerven galvanisch sehr erhöht Zurückgang aller Er*
scheinungen nach völliger Ruhe.
W. schliesst aus dem zeitweiligen völligen Fehlen
der Hauptsymptome der Tetanie und ihrem piötalichen
Auftreten nach einer Schädlichkeit (in diesem F^le der
Wiederaufnahme des Dienstes), dass es sich nur um ein
Verschwinden der Symptome, nicht aber des ganzen krank*
haften Zustandes handelte. Es blieb eine nicht näher z«
erkennende und daher auch nicht nachweisbare Verände-
y. Keuropathologie und Psychiatrie.
27
rang zurück, ähnlich wie bei der Epilepsie oder der Hemi-
iranie. Schwierig stellte sich die BeurtheiluDg eines
solchen Falles in dienstlicher Beziehung. W. weist darauf
hin, dass man sich in solchen Fällen vor der voreiligen
innahme von Simulation hüten müsse.
Windsoheid (Leipzig).
68. Soldrodermie aveo hemiatrophie lin-
guale ayant debnte par le Syndrome de la
maladie deBaynand; parA.Chauffard. (Gaz*.
des Höp. LXVm. 82. 1895.)
Eine 5S!jähr. nervöse Frau bemerkte im November
1893 plötzlich ein Absterben mehrerer Fin^r und Zehen
nnter heftigen Schmerzen. Der Anfall ging nach Ein-
tauchen der Glieder in heisses Wasser wieder vorüber,
wiederholte sich aber, sobald sich die Fat der Ehalte aus-
setzte. Im Februar 1894 stellte sioh gleich zu Beginn des
in/alles eine beträchtliche Cyanose der letzten 3 Finger
ein, die unter heftigen Parästhesien und Schmerzen in
eine rosenrothe Ftirbun^ überging. Es bestanden tro-
phische Störungen der Fmgemägel beider Hände, Di£for-
mitäten, Zerklüftung imd Verfärbung, in verschiedener
Stärke an den verschiedenen Fingern. An den Zehen-
nägeln keine Veränderungen. Die Haut der Finger war
etwas verdickt, ohne Sensibüitätstörungen. Seit 2 Mon.
»igte die Er. auffallende Steifigkeit der Gesichtszüge;
Sprechen und Lachen waren erschwert; die Fat rieb sich
oft das Gesicht, um die Muskeln etwas geschmeidig zu
machen. Die Zunge konnte nur soweit vorgestreckt wer-
den, dass die Spitze die Unterlippe berührte, die rechte
Hüfte war stark atrophisch und zitternd, die linke völlig
nonnal. Die Schmerzempfindung und der Geschmack
waren auf der rechten Zungenhälfto sehr stark vermindert
Xaaen und Schlucken sehr erschwert Hörvermögen auf
beiden Seiten herabgesetzt, besonders rechts. Auf der
ganzen rechten Körperhälfte bestand Verminderung des
Tist- und Schmerzgefühls. Ausserdem fand man Ver-
änderungen der Haut: Auf der Brust, dem Bauch, dem
Kucken und der Lendengegend ein trockenes squamöees
l&zem, an einigen Stellen an Psoriasis, an anderen an
Liehen erinnernd, daneben viele Vitiligoflecke mit leichter
Pigmentirong an der Peripherie. Diese Flecke waren
nicht anäathetisch, ebenso hatte das Gesicht, mit Ausnahme
einer Stelle auf der rechten Hälfte, normale Sensibilität
£io6 antilnetische £ur blieb auf die Hautveränderungen
ohne Eänfluss.
Ch. betrachtet den Fall als eine Sklerodermie mit
initialen vasomotorischen Störungen, wie sie von einigen
Autoren schon beschrieben worden sind. Sehr selten ist
bei der Sklerodermie die Zungenatrophie. C h. fuhrt sie
auf einen myopatbischen Process zurück. Bemerkens-
weitii ist, dass, wie eine spätere Anamnese ergab, die Fat
nicht weniger als 26mal, meist im Anschlüsse an die
MenstmatioD, ein Gesiohtserysipel durchgemacht hatte,
das sehr gut die Basis für die jetzt vorhandene Sklero-
dermie des Gesichts bilden kann.
Die Behandlung bestand in der Darreichung von
frischer Schilddrüse, täglich 1— 2mal 10 cg. Der Erfolg
zagte sich nur darin, dass die Cyanose der Hände auf-
borte, schmerzhaft zu sein. Ch. hat dieses Besultat auch
bei einem Kr. erreicht, der mit der reinen Raynaud'schen
Krankheit behaftet war. Windscheid (Leipzig).
69. Zam Wesen der Myoklonie (Paramyo'
donus muUiphx); von Dr. A. Boettiger. (BerL
klin. Wchnschr. XXXm. 7. 1896.)
B. sucht nachzuweisen, dass „die vonUnver-
rieht unter dem Namen Myoklonie beschriebenen
FUle kein eigenartiges Erankheitsbild darstellen,
sondern sich mit dem bekannten Bilde der Chorea
chronica progressiva decken^^ und dass, da die
flbrigen ESlle von Myokloni^ tbeito zur Hysterie,
theils sni anderen Nervenkrankheiten gehören, es
angezeigt erscheint, „den Namen Paramyodonus
multiplex (Myoklonie) als Krankheit sui generis
überhaupt fallen zu lassen^'. M ö b i u s.
70. Ueber eine wenig bekannte Form der
BeachAftigunganeuralgie ; von Prof. M. Bern-
hardt (NeuroL Centr.-BL XX. 1. 1896.)
B. hat wiederholt Schmerzhaftigkeit des rechten
Epicondylus lateralis humeri beobachtet, bei Leuten,
die wfthrend der Arbeit über Schmerzen an der
Streckseite des Vorderarmes, der Hand und der
Finger klagten. B. berichtet von 30 Patienten;
27 waren Männer, und zwar waren die verschie-
densten Berufe vertreten ; 20 Er. klagten über die
rechte Hand, 5 über die linke und von den letzteren
hatten mehrere die linke Hand besonders ange-
strengt. Ausser der Anstrengung schienen Ver-
letzungen (Fall u. A.), vielleicht auch Erkältungen
von Bedeutung zu sein. Meist trat bei zweck-
mässigem Verhalten bald Besserung ein.
Höbius.
71. De Torigine epileptiqne de Pantoma-
tisme ambulatoire; parleDr. Dez warte. (Pro-
grte m6d. 3. S. II. 46. 1895.)
Automatismus ambulatorius kann auftreten:
1) bei Epilepsie, 2) bei Hysterie, 3) bei Trauma-
tismus, 4) beim spontanen oder künstlich hervor-
gerufenen Somnambulismus, Oft ist man geneigt,
dieses Symptom der Hysterie oder dem spontanen
Somnambulismus zuzuschreiben, wo eine genauere
Erforschung oder der weitere Verlauf des Falles
eine epileptische Grundlage zu Tage fSrdert Die
folgenden 3 Fälle sollen ein Beleg dafür sein.
I. 29jähr. Mann; nicht belastet; kein Alkohohsmus,
keine Lues ; Mastorbant Mit 8 Jahren Oommotio cerebri ;
seitdem häufige Kopfschmerzen. Er hatte in der Jagend
viel vagabondirt und war in Folge dessen öfter internirt,
bis man schliesslich seinen Wandertrieb als pathologisch
erkannte. Mehrere Tage vor dem Eintritte einer Wander-
periode stellten sich Mstimmte prämonitorische Erschei-
nungen ein : Depression, Schweigsamkeit, Stumpfheit, hef-
tige Kopfschmerzen, unruhiger Schlaf, profuse Seh weisse,
gesteigerte Masturbation, Ohrensausen, allgemeiner Tre-
mor, zeitweilig Hallucinationen. Aus dem Traume er-
wachend oder im Anschlüsse an eine Hailucination brach
der Kranke plötzlich auf und suchte, nicht Hxmger, Kälte
oder Unwetter fürchtend, das Ziel seines Wandertriebes
zu erreichen ; unterwegs wurde er oft für betrunken oder
für einen Idioten gehalten. Dr. T i s s i e , der ihn zuerst
längere Zeit in Beobachtung hatte, hielt ihn für einen
Hysterischen, D. hält ihn für einen Epileptiker auf Grund
des erlittenen Kopftrauma, der Amnosie, der Gleich-
mässigkeit der Vorboten, mit denen das Symptom jedes-
mal fl^ub. Letztere Diagnose wurde bald bestätig als
man bei dem Fat epileptische Anfälle mit halbseitigen
Krämpfen, ähnlich der Jackson*schen Epilepsie, beobach-
tete. Die Anfälle häuften sich allmählich ; auch wurde
nachgewiesen, dass Fat in der Hypnose den Verlauf einer
solchen Wanderung, wie oben erwähnt, reproduoirte,
während er sich im normalen Bewusstsein daran nicht
erinnerte. Einmal trat in der Hypnose ein klassischer
epileptischer Anfall ein [?].
n. 27jähr. Mann (von Fit res beobachtet). Mutter
nervös. Mit 4 Jahren in Folge von Verletzung Eiterung
des linken Ohrs, die erst mit 32 Jahren aufhörte. Seit
28
y. NeuropkÜiologie und PsychiAtrie.
dem 10. Lebenejalire wiederholt langdanernde Wände*
rangen, später mit alkoholischen und sexuellen Excessen
zasammenhängend. unterwegs vollständige Indifferenz
gegenüber jeglichen Beschwerden; mangelndes Er-
müdongs^efahl ; vereinzelte Hallucinationen ; der Er. gab
an, er sei während der Wanderung wie geistesabwesend.
Epileptische Anfälle wurden nicht beobachtet.
III. 4^ähr. Mann; Mutter nervös, Vater Trinker.
Der Fat war zu wiederholten Malen gestiirzt (dabei einige
Male auf den Kopf), so dass die Annahme nahe lag, es
handele sich um Vertigo. Stilles, äusserst reiKbares
Wesen. Alkoholintoleranz; nach geringem Alkohol-
genusse Oehörshallucinationen; vereinzelte Verfolgungs-
ideen. Absencen mit Tremor. Im Anschlüsse an Alkohol-
genuss häufig triebartige, auf viele Meilen sich er-
streckende Wanderungen, ohne Nahrungsaufnahme, ohne
jegliohe üeberlegong, „comme un drole^. Der Er. ge-
wann unterwegs plötzlich die geistige Elarheit wieder,
kehrte zurück und bUeb einige Zeit niedergeschlagen.
Die Erinnerung war erheblich getrübt
D. glaubt, dass es sich auch in den beiden letzten
Fällen um epileptische Aequivalente , bez. um larviite
Epilepsie, gehandelt habe. B r e s 1 e r (Freiburg i. Schi.).
72. Die Frühfbrm der allgemeinen pro-
gresBiven Paralyse ; von Dr. A 1 z h e i m e r. ( Allg.
Ztschr. f. Psych. LH. 3. p. 534. 1895.)
A. giebt eine recht aYischauliche tabellarische
Uebersicht von 38 Fällen jugendlicher progressiver
Paralyse und reiht ihr die genaue Schilderung und
den Sektionabefund (auch den mikroskopischen)
dreier von ihm beobachteten Fälle an. Die Ergeb-
nisse der Zusammenstellung sind: Beide Ge-
schlecliter werden in gleicher Häufigkeit von der
Krankheit befallen. Der Beginn des Leidens reicht
bis in's 9. Lebensjahr zurück ; der Beginn der ver-
hältnissmässig grössten Anzahl der F&Ue liegt im
15. und 16. Lebensjahre; gegen das 21. und
22. Jahr werden die Fälle wieder seltener. In
23 Fällen der Statistik, d. h. den zur Zeit der Ab-
fassung der Arbeit bereits durch den Tod abgelau-
fenen, dauerte die Krankheit nie weniger als 2 Jahre,
in einem Drittel dieser Fälle mehr als 5 Jahre, in
5 Fällen über 7 Jahre ; die durchschnittliche Krank-
lieitsdauer ist also wesentlich länger, als bei der
progressiven Paralyse der Erwachsenen [?]. Der
Procentsatz der erblichen Belastung ist sehr hoch ;
häufig fand sich auch Paralyse beim Vater ; here-
ditäre Lues ist ebenfalls sehr häufig. 19 Kranke
wurden als vor der Erkrankung gut beanlagt be-
zeichnet, 3 als schwachsinnig, 5 als schwach, 6 als
nuttelmässig. Die progressive Paralyse verläuft in
der Jugend meist in der Form einfacher Demenz ohne
'Wahnideen. Remissionen sind selten. Die para-
lytischen Anfalle sind sehr häufig ; die körperlichen
Lähmungserscheinungen (oft halbseitig) herrschen
von Anfang an vor und geben oft zu diagnostischen
Irrthümem Anlass. In 5 Fällen Opticusatrophie,
2mal bei fehlenden, 3mal bei gesteigerten Patella-
sehnenreflexen. Ueber letztere fehlten in 19 Fällen
die Angaben ; in 7 Fällen fehlte der Patellareflex,
in 15 war er gesteigert und 4mal mit Fussclonus
vereinigt Die Jugendparalyse hält die weitere
Entwickelung des Körpers wesentlich auf; die
Menses, wenn sie achon eingetreten sind^ bleibeu
aus. In 2 der von A. beobachteten Fälle waren
starke atrophische Veränderungen der Stamm-
ganglien vorhanden. Die übrigen Befunde im Ge-
hirn, makroskopische wie mikroskopische, ent-
sprechen denen der progressiven Paralyse des
reifen Alters. B r e s 1 e r (Freiburg i. Sohl).
73. Ueber alkoholiaöhe Paeadoparalyse;
•von Dr. Klewe. (AUg. Ztschr. f. Psych. LU. 3.
p. 595. 1895.)
Mittheilung von 6 Fallen alkoholischer Pseudo-
paralyse, darunter einer, der der Psychoeis poly-
neuritica Korsako w's entspricht Die Heilbarkeit,
bez. sehr weitgehende Besserungsfahigkeit, unter-
scheidet auch diese 6 Fälle von der eigentlichen
progressiven Paralyse. Die frühzeitige Differeolial-
diagnose hat daher hier eine besondere Wichtig-
keit. Allerdings treffen die differential-diagnosti-
schen Merkmale, die v. Kraf ft-Ebing u. A an-
geben, nicht immer zu ; z. B. beobachtete K L nur
in einem Falle und auch da nur selten epilepti-
forme Anfälle, die bei alkoholischer Pseudoparalyse
sonst häufig sind. In 2 Fällen entwickelte sich
nach einem Stadium, das mit dem Bilde der pro-
gressiven Paralyse die grOsste Aehnlichkeit besass,
eine ausgesprochene Verrücktheit Der eine der
beiden Kranken kehrte nach 8jähr. Krankheit ge-
heilt in's Leben zurück.
Bresler (Freiburg i. Schi).
74. Ueber Dementia aenilis ; von L N 5 1 z 1 i.
(Mittheil. a. Kliniken u. med. Instituten d. Schweiz
m. 4. 1895.)
An 70 FäUen von Dementia senilis mit Sek-
tionsbefund aus Forel's Klinik versucht N. eine
Klassifikation dieser Krankheitsform durchzuführen.
Anatomisch trennt er sie in s&tile Ptychosen okn$
Herdsymptome und ohne Himkerde und senäe I^
chosen mU Himkerden. Letztere Qruppe lässt sich
aus rein klinischen Gründen wieder in 2 Unter-
abtheilungen auflösen, nämlich a) Fälle von Demen-
tia senilis, deren Herde symptomatisch vollkommen
latent sind, oder in denen im ruhigen Verlaufe der
Krankheit oder erst gegen das Ende hin Symptome
von Himherden auftreten ; b) Fälle von DementiA
senilis, die akut mit Schlaganfällen oder anderen
Herdsymptomen beginnen. Da aber nicht jeder
Hirnherd Symptome macht, so stehen sich auch
die beiden Hauptgruppen klinisch nicht scharf ge-
trennt und ohne Uebergänge gegenüber. Die erste
Gruppe umfasst eine ziemlich grosse Anzahl von
,Jnitialpsychosen und Varietäten^^ der Dementi«
senilis, bei denen das Terminalstadium, die toll-
ständige Demenz, nicht zur Entwickelung kam,
weil intercurrente Krankheiten dem Leben der
Patienten ein Ziel setzen. Bei der 2. Gruppe tritt
die Demenz bei Weitem rascher auf. Forel ist
der Ansicht, dass ein zu Psychosen nicht disponir«
ter Mensch im Alter einfach „still blöde^^ wird,
während sich im entgegengesetzten Falle die be*
(Eanntezi Alterspsychosen entwickeln. Entepredieai
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
29
der obigen Eintheilung werden nun die hervor-
stechendsten FSUe genauer mitgeiheilt. Das Durch-
schnittsgewicht der 70 Qehime betrug um mehr
ÜB 200 g weniger, als das normaler Gehirna Der
Hiromantel büsst am meisten ein.
B resl er (Freiburg i. Schi.).
75. Falle von Simulation; von Dr. J.Sa lg 6,
(iüg. Ztsohr. f. Psych. LIL 5. 1895.)
Bei der Natur des Gegenstandes ist es nicht mög-
lich, die beiden hier mitgetheilten Fälle so, wie es er-
wünscht wäre, im Beferate wiederzugeben ; um so mehr
empfehlen wir, namentlich bezüglich des ersteren, das
Onginal nachzulesen. £s handelt sich zunächst um
einen Fall, in dem die psychiatrische Diagnose, „von der
Bifflolation der Geistesstörung ausgehend, durch den
Nachweis schiiverer Epilepsie mit consekutivem, unheil-
barem Blödsinn hindurch wieder zur anfänglichen Simu-
iaüoo zurüokkehrt'^. Durch Vorstellungen in der Klinik
eignete sich der Mann allmählich die Pathologie der Epi-
lepsie an, simulirte Reflexepilepsie, indem er dabei eine
am oberen Augenrande vorhandene Narbe verwerthete.
Durch 7 Jahre hindurch beschäftigte er die Sachverstän-
digen mit Beobachtungen und Gutachten. Im 2. Fidle
wurde Demenz in ziemuch ungeschickter Weise simnUrt;
aber auch hier nicht ohne geflissentliche Verwerthung
des während der Beobachtung in der Anstalt Gesehenen
und Gehörten.
8. weist darauf hin, dass „die Entlarvung des
ISimulanten durch den Nachweis, dass das simulirte
Krankheitsbild keiner bekannten Form entspreche, bei
der unvollständigen Eenotniss der psychiatrischen Er-
krankungsformen sehr prekär sei*^ (gerade auf dem Ge-
biete der forensischen Psychiatrie erweist sich unsere
diagnostische Nomenclatur als wenig zuverlässig), „wäh-
rend allerdings andererseits eine deisteskranUieit, die
nicht bekannt ist, die man nicht kennt, auch nicht er-
kannt und nicht diagnosticirt werden kann*^.
B r e s 1 e r (Freiburg i. Bchl.).
76. Bin Fall von Simolation von Geiates«
ktankheit bei einem Geisteskranken. Gut-
achten von Direktor Dr. Stöver. (Irrenfreund
9 u. 10. 1895.)
Der Kranke (religiöser Wahn) war bereits früher
einnud aus der Strafanstalt, wohin er wegen Todtschla^s
verbracht worden* war, als geisteskrank entlassen und m
einelrrenaostalt übergeführt worden; da er hier als nicht
gemein^fährlich erschien, schickte man ihn alsungeheilt
in die Familie zurück. 5 Monate nach der Entlassung
ans der Anstalt, während er von seiner Umgebung als
gesund betrachtet wurde, beging er einen zweiten
Mord ; ia der Untersuchungshaft erschien sein Auftreten
viederum als verdächtig, und da man ihn für einen Simu-
lien hielt, wurde er der Irrenanstalt zur Beobachtung
überwiesen. Das Gutachten führte aus, dass die Krankr
heit, auch während Fat. sich auf freiem Fusse befand,
veiter bestanden habe, dass sie auch jetzt noch bestehe,
dass aber ausserdem allerdings verschiedene Momente
im Auftreten des Kranken als durch Simulation bedingt
betrachtet werden müssen. Der Eaanke hatte, wenn
aach, wie bei Paranoikern selbstverständlich, ohne Ein-
8idit in seine Krankheit, nach der ersten Aufhebung des
Strafvollzugs die Erfahrung gewonnen, dass sein von
Anderen behauptetes Geisteskranksein ihm von Nutzen
gevesen war. Er simulirte deshalb zu der ihm nicht be-
wussten Geisteskrankheit noch Symptome hinzu, theils
solche dnftMsher Gedächtnissschwäche oder solche, die
er bei Anderen beobachtet hatte (Hallucinationen) , die
aber den Sachverständigen wegen der Art, wie sie zu
Tage traten, keinen Zweifel an Simulation Uessen. Der
Xnnke gehörte also in gewissem Sinne zu den Simulan-
ten, die nicht nöthig haben, zu simuliren; Dass der In-*
halt der Simulation mit dem Wahn in enger Beziehung
stand, spricht für eine solche ; im anderen Falle würde
ja eine Dissimulation zu Stande gekommen sein.
Bresler (Freiburg i. Sohl.).
77. Sor la diaaioinlation ohes loa alienes ;
par le Dr. Larroussinie. (Progr^ m6d. 3. S.
II. 28. 1895.)
Bekanntlich werden gewöhnlich Verfolgüngs-
ideen von Geisteskranken dissimulirt und es er-
giebt sich aus diesem Umstände von selbst die
schwere Verantwortlichkeit des Irrenarztes gegen-
über solchen Kranken. Andererseits pflegen gerade
die Klagen des Publicum über ungerechtfertigte
Zurückhaltung angeblich Geistesgesunder in der
Anstalt an solche Fälle anzuknüpfen. L. theilthier
einige interessante Beobachtungen mit (darunter
auch Dissimulation von Grössenideen).
1) Ein imbecilles Mädchen leugnete hartnäckig ihre
wahnhafte Heirathsidoe und beklagte sich bitter über
den sie explorirenden Arzt, der ihr solche Gedanken im-
putire. Auf einem Spaziergange steckte sie heimlich
einen Brief in den Postkasten ; er kam mit der Aufoohrift
„Adressat unbekannt^ zurück und brachte genügende
Aufklärung über ihre Wahnideen.
2) Einie Kr. mit schmerzhaften Hallucinationen ia
der Genitalsphäre leugnete diese vollständig, indessen sie
unter die Matratze ihres und ihrer Tochter Bettes Bretter
legte, um dem elektrischen Attentate ihrer Verfolger zu
entgehen. Durch die Tochter erhielt man Kenntniss
davon.
3) Eine Melancholische gab in der Reconvalescenz
zu, durch Hallucinationen zum Selbstmorde aufgefordert
worden zu sein, während sie im Verlaufe der Krankheit
ihren Suicidversuch mit Kummer und Sorgen motivirte,
über die sie Niemandem Rechenschaft zu geben brauche.
4) Eine Kr. mit Verfolgungs- und Grössenwahn und
adäquaten H^lucinationen leugnete erst lange Sioit sämmt-
liche Symptome ; endlich, nachdem sie glaubte, in ihrem
Arzte einen Vertrauten erblicken zu dürfen, offenbarte
sie ihr ganzes System, bestritt aber hartnäckig die
Existenz von Sinnestäuschungen, die doch in ihrem Ver-
halten deutlich zum Ausdruck kamen.
5) Ein Kr. wusste so geschickt seine Wahnideen zu
verbergen und seine strafbaren Handlungen auf so ver-
schmitzte, den Verdacht auf Geistesstörung ausschlies-
sende Weise zu motiviren, dass es schliessUch nur auf
Grund seiner schriftlichen Aufzeichnungen, die allerdings
mehr als genügendes Material boten, gelang, ihn für un-
zurechnungsfähig zu erklären.
6) Ein Kr., dessen Versuch, zum Zwecke der Ent-
lassung seine Hallucinationen zu dissimuUren, missglückt
war, vermochte einen anderen Kranken mit solchem Er-
folge zur Dissimulation zu bewegen, dass letzterer zur
Entlassung kam. Einer zwischen beiden getroffenen
Vereinbarung gemäss begab sich der Entlassene vor Ge-
richt, um den Arzt wegen gewaltsamer Festhaltung Jenes
zu verklagen ; hier entpuppte er sich wieder als geistes-
krank und wurde alsbald zurückgeführt
7) Ein Kr., der in der Freiheit seine vermeintlichen
Verfolger mit dem Revolver bedroht hatte, spottete in der
Anstalt über seine früheren Hallucinationen und Wahn-
ideen, um seine Freiheit wieder zu erlangen.
8) Ein Kr., der wegen angeblicher Nachstellungen,
die ihm die eigene Mutter bereitete, diese durch einen
Flintenschuss verletzt hatte, wurde auf Grund seines
durch 2 Jahre lang ruhigen Verhaltens und auf den
Wunsch seiner Mul^r und das Zeugniss mehrerer nicht
speciaUstischer Aerzte hin aus der Anstalt entlassen. In
der ersten Nacht nach der Heimkehr tödtete er seine
Mutter und stellte sich selbst den Behörden, um ihnen
30
TL Innere Medicin.
dafür za danken, dass sie ihm Gelegenheit gegeben, diesen
Akt der Gerechtigkeit zu vollziehen.
9) Ein Mann, der im Eifersuchtswahne (mit lebhaften
Hallacinationen) seine Frau bedroht hatte, versicherte in
der Anstalt, dass er nur im Wahne gehandelt habe and
das Krankhafte desselben einsehe ; aiä Wunsch der An-
gehörigen wurde er entlassen, gab am ersten Abend nach
seiner Ankunft im Familienkreise ein grosses Souper und
verübte in der darauffolgenden Nacht an seiner Frau
einen grauenvollen Mord (Zerstückelung).
B r e s 1 e r (Freiburg 1. Schi.).
78. Sollen wir ieolirenP von Dr. Watten-
berg. (AUg. Ztßchr. f. Psychiatrie LIL 5. 1895.)
W. tritt mit dem grössten Enthusiasmus und
vollster üeberzeugung fQr die gänzliche Beseitigung
des „Isolirens^^ in den Irrenanstalten ein, d. h. für
die Abschaffung des Gebrauchs, tobsüchtige Qeistes-
kranke, welcher Art sie auch angehören mögen, in
Zellen oder, wie der schönere Name lautet, in
Isolirzimmem auf dem Strohsacke oder im Seegras
sich selbst zu überlassen. Man müsse die Wach-
abtheiluDgen vergrössern, die Zahl des Warteper*
sonals vermehren und es vor Allem besser aus-
bilden. Die Bettbehandlung müsse überall zur
Qeltung kommen, auch die hydropathischen Pro-
ceduren, nasse Einpackungen, denen W. besonders
das Wort redet. Die Irrenanstalt gewinne alsdann
in Wirklichkeit das Aussehen und die Qualitit
eines Krankenhauses; man erziele durch Bett-
behandlung und nasse Einpackungen die besten
therapeutischen Erfolge und auch die ökonomische
Frage komme dabei gut weg. In einem Hinweise
auf die Vergangenheit der psychiatrischen Zwangs*
mittel zeigt W., wie allmählich von diesen eins
nach dem anderen verschwunden sei ; dieser Zelt-
punkt sei nun auch für die „Zellen*' gekommen.
Wenn in den jährlichen Anstaltsberichten mit-
getheilt wird, dass die Isolirung nur in so und so
wenigen Fällen angewandt worden, warum nidit
ganz und gar mit diesem Systeme brechen? (Für
die geisteskranken Verbrecher will W. die Zellen
noch beibehalten wissen.) Im Interesse des Fort-
schrittes der Irrenpflege ist es mit Freuden zu be»
grüBsen, dass W. diesen Standpunkt so angelegent-
lich vertritt B r e 8 1 e r (Freiburg L SchL);
VI. Innere Medicin.
79. UeberInflaenM; Zusammenstellung von
Dr. Heinrich Schmidt in Leipzig. (Vgl.
Jahrbb. CCXXXni. p. 241.)
Allgemeines,
1) Die Influenza in der Schweix in den Jakren
1889—1894. Auf Grund amtlicher Berichte u. sonstigen
Materials dargestellt voa Dr. F. Schmid, Direktor d.
Schweiz. Gesundheitsamtes in Bern. (Bern 1895. Schmid,
Francke u. Co.)
2) Tßte reeent pandemie of inflMienxa : iie place of
origin and nwde of epread; by Frank Clemow.
(Lanoet l. Jao. 20 ; Febr. 10. 1894.)
3) Notes on epidemic influenxa ; by Mao Dowel
Cosgrave. (Dubl. Joum. July 1892.)
4) üeber die Infliuenxa; von Dr. Warth. (AerztL
Mittheü. aus Baden XLVUI. 6. 1894.)
5) Die Influenxa; von Hennrici. (Festschrift zur
Feier d. 50jähr. Jubiläum d. Ver. d. Aerzte d. Reg.-Bez.
Düsseldorf. Wiesbaden 1894. J. F. Bergmann, p. 104.)
6) Die Influenxa-Epidemie 1889—90 ; von H e r m.
Bieder. (Ann. d. städt allg. Krankenhäuser zu Mün-
chen p. 45. 1893.)
7) Observation on the present epidemie of grippe;
byAndrewBmith. (New York med. Becord Febr. 23.
1895.)
8) An adress on influenxa; by Samuel West
(Lancet l. April 28. 1894.)
9) Influenxa ; byJamesTyson. (ünivers. med.
Mag. Vn. 8. p. 555. 1895.)
10) Beobachtungen über die Infl/uenxa-Epidemie des
Winters 1891—92 in Qrax; von Jos. Herzog. (Arch.
f. Kinderhkde. XIV. 6. p. 401. 1892.)
11) Zur Influenxa-Epidemie des Jahres 1893; von
D e m u t h. (Ver.-Bl. d. pfälz. Aerzte X. Febr., März 1894.)
12) On ihe distribuiion of the martality from in-
fluenxa in England and Wales during reeent years; by
Franklin Parsons. (Lanoet I. May 26. 1894.)
13) InflMienxa in 1775; by Prichard. (Lancet I.
Jan. 20. 1895.)
Der vom schweizerischen Gesundheitsamte
}ierau8gegebene Bericht über die Influenxa in der
Schweiz (1) bietet in einem stattlichen Foliobande
eine Darstellung der 5 Epidemien, die von 1889
bis 1894 in der Schweiz geherrscht haben. Wlh-
rend die klinischen Erscheinungen der Krankheit
nur kurz besprochen werden, findet die Epidemio-
logie der Seuche eine sehr eingehende und sorg-
faltige Bearbeitung. Zahlreiche Karten, Tabellea
und Curven erläutern Entstehung und Ausbreitung
der verschiedenen Epidemien und die durch sie
bedingte Morbidität und Sterblichkeit Yon be-
sonderem Interesse sind begreiflicher Weise die
Berichte aus dem Winter 1889—90. Viele Einiel-
beobachtungen beweisen die Wirkung der direkten
Ansteckung. Nachdem die Krankheit im (Tanten
Neuenburg zuerst schweizer Boden betreten hatte,
setzte sie sich, den grossen Verkehrswegen folgend,
zunächst in den grosseren Städten fest und breitete
sich von da radiär auf die Nachbarschaft aus.
Abgelegene Thäler und Weiler und die Hospize
auf dem St Ootthard und grossen St Bernhard
blieben lange verschont und wurden erst ergriffen,
nachdem sie mit verseuchten Ortschaften in Ve^
bindung getreten waren. In einzelnen Fällen
schien die Uebertragung durch gesunde MittelB-
Personen, bez. durch ihre Kleider stattzufinden.
Auch Strafanstalten und Klöster zeigten anfänglich
eine scheinbare Immunität Die Infektion fand
schliesslich immer durch das Dienstpersonal statt;
in den Anstalten mit Einzelhaft war die Zahl der
Erkrankten vielfach eine auffallend niedrige. Be-
züglich der überaus reichhaltigen statistischen E^
gebnisse muss auf das Original verwiesen werden.
Ueber den eigentlichen Ursprung der ersten
grossen Influenza- Pandemie schwebte bekanntlich
bisher immer noch ein tiefes Dunkel Ohne ge*
YI. Innere Medicin.
3t
nfigende Beweise hatte man allgemein angenom-
men, daas die Krankheit aus dem östlichsten
Theile Asiens durch Sibirien und Russland zu uns
gekommen sei. Manche sahen in dem überschwemm-
ten üferlande der grossen chinesischen Ströme die
Brntstätte des Influenzagiftes, Frank Glemow,
der in einem früheren Berichte (Jahrbb. CCXXV.
p. 243) ähnliche Anschauungen vertrat, ist auf
Grand weiterer Studien anderer Ansicht geworden
und giebt jetzt eine Darstellung von der Entste-
hung der ersten Epidemie (2), die sich durchweg
anf amtliches Material stützt und manche bisher
räthselhafte Erscheinung ungezwungen erkUrt
Zunächst oonstatirt CL, dass die Grippe schon
seit 1887 an vielen Orten des russischen Reiches
epidemisch in den wöchentlichen Erankheitsberich-
ten, wenn auch mit bescheidenen Zahlen, so doch
Kiemlich regelmässig vertreten war. Aus bisher
unbekannten Ursachen zeigte die Krankheit im
September und October 1889 im östlichen Theile
Ton Russland und in den angrenzenden westlichen
sibirischen Gouvernements eine ganz auffällige
Steigerung ihrer Häufigkeit und eine vorher nicht
beobachtete Neigung zur Ausbreitung. Ihr Zug ging
aber nicht, wie man bisher glaubte, nur nach Westen,
sondern auch in südlicher und östlicher Richtung, so
dass im November ausser dem europäischen Russ-
land einestheils Uralsk, Turkestan und Trans-
caspien, anderntheils auch Tobolsk, Akmolinsk
nnd Semipalatinsk inficirt wurden. Auch in den
folgenden Monaten wanderte die Seuche in Sibirien
durchaus nach Osten in der Weise, dass sie im
December nach Transbaikalien, im Februar 1890
nach Jakutsk, im März in das Amurgebiet und erst
im Mai an die Ostküste und nach Sachalin ge-
langte. Also nicht in China hätte man die Ge-
burtsstätte der Influenza zu suchen, sondern im
südlichen üralgebiete, im Besondem, wie Cl. an-
nimmt, in den Städten Petropawlowsk und Tschelia-
binak. Man darf vermuthen, dass kein anderer
Ort ihnen diesen Ruhm streitig machen wird.
Die Weiterverbreitung der Krankheit hatte sidh
Cl. früher durch ein Miasma erklärt Auch von
dieser Ansicht ist er zurückgekommen und er führt
eine Reihe von Beobachtungen an, die sich nur
durch die Annahme eines Contagium verstehen
lassen. Bei genauer Prüfung bestätigt es sich
nicht, dass die Grippe schneller marsohirte als der
menschliche Verkehr. Sie hielt sich zunächst
streng an die verkehrsreichen Poststrassen und
Bsenbahnlinien und breitete sich erst von da auf
das umliegende Land aus, wobei sie oft bedeutende
Omwege machte. Wladiwostok und die Insel
Sachalin wurden erst befallen, nachdem im Früh-
jahre 1890 die SchifiEfahrt eröffnet worden war,
Bnd die ersten Kranken waren an beiden Orten
Katrosen. Auf weitere Einzelheiten hier einzu-
gehen, mflssen wir uns leider versagen.
Die anderen oben genannten Arbeiten enthalten
Beschreibungen einzelner Epidemien.
Klinisches.
14) Sore-throcUs in influenxa ; the tongtte as cm aid
to diagnosis; the diffieulties of differential diagnoais;
by J. Terrey. (Lancet II. Oct. 12. 1895.)
1 5) Ueber die gasiro-ifdeatinaie Form der Influenxa ;
von Jos. Fröhlich. (Wien. med. Wchnschr. XLII.
8. 9. 1892.)
16) Bme lokale Epidemie von Infltienxa typhoaa;
von Wörner. {Münchn. med. Wchnschr. XIJ. 7— 9.
1894.)
17) Gases of influenxa simidcUing typhoid fever
and cerebro'spinalmeningitis ; by D a C o 8 1 a. (ünivers.
med. Mag. VI. Febr. 1894.)
18) Zur pathologischen Anatomie der Grippe; von
N, Kuskow. (Virchow's Arch. CXXXIX. 2. p, 406.
1895.)
19) lieber iniermittirende Influenxa ; von 0. Kom-
bi um. (Ztschr. f. klin. Med. XX. 1 u. 2. p. 160. 1892.)
20) Influenxa in an infanty complicatedv>iih hyper»
pyrexia; by Mo Caw. (Brit. med. Journ. April 6. 1895.)
21) Etttde clinique sur la demüre Epidemie degrippe
quiasMeä Aihenes ; par Spiridion Kanellis. (Pro-
gres med. I. 25. 1895.)
21a) RMdives suceessipes et ä hrh>e ieheanee dans
lagrippe; par Thiboudet (Gaz. med. LXV. 35. 1894.)
JohnTerry(l4) beschreibt unter dem Namen
„Influenza-Zunge" einige Erscheinungen, die er ffir
so charakteristisch hält, dass er auch bei Abwesen-
heit anderer Symptome die Diagnose auf Influenza
stellt In akuten Fällen zeigen sich auf der Zunge
kleine dunkelrothe Flecke oder Erhebungen, die
an den Rändern und nach der Spitze zu dichter
stehen als auf dem Zungenrücken. Ist die Zunge
frei von Belag, so kann sie dadurch das Aussehen
einer „Erdbeerzunge" annehmen. In einem späteren
Stadium verwandeln sich die Flecke und Papeln
in blassröthliche, gallertartige Bläschen, die beim
Anstechen keine Flüssigkeit austreten lassen. Diese
werden weiterhin grösser, durchsichtig und weiss.
Mitunter finden sich ganz ähnliche Efflorescenzen
an Mimdschleimhaut, Mandeln und Qaumen. unter
1500 Fällen waren diese Erscheinungen stets vor-
handen.
Weiterhin beschreibt T. eine membranöse An-
gina, die mitunter der Diphtherie vollständig gleicht,
nach ihrem Verlaufe und dem Zungenbefunde aber
als zur Influenza gehörig von ihm angesehen wird.
Er Hess die abgekratzten oder ausgehusteten Mem-
branen wiederholt bakteriologisch untersuchen, aber
nur ein einziges Mal wurden mit Sicherheit Diph-
theriebacillen nachgewiesen und dieser Fall zeigte
starke Adynamie, Albuminurie und diphtherische
Lähmung, während diese Erscheinungen in den
übrigen Fällen fehlten.
Fröhlich (15) sah 2 Fälle, die ganz unter
dem Bilde eines ernsten Typhus mit Benommen-
heit, hohem Fieber, Diarrhöen und Milzschwellung
verliefen, nach Anamnese, plötzlichem Beginne
u. 8» w. aber nur Influenza sein konnten.
Wörner (16) in Hechingen beschreibt eine
ganze Epidemie von „Influenza typhosa^S die bin-
nen wenigen Tagen 68<^/o der Mannschaften der
auf der Burg Hohenzollem liegenden Compagnie
beflel. Die 13 am schwersten Erkrankten kamen
32
YI. Innere Meäicin.
im Hospitale in seine Behandlung. Bisi allen war
der Erankheitsb^inn ein akuter, mit Frieren oder
ausgesprochenem Schüttelfrost Immer bestanden
starke HinWligkeit, Kopf- und Qliederschmerz,
Katarrh der Athmungsorgane, in einigen Fällen
Erbrechen und starker Durchfall Ein Kranker
hatte Herpes, 6 hatten einen roseolaartigen Aus-
schlag. Das Fieber war beträchtlich, zu Anfang
am stärksten und hielt 7 — 18 Tage, im Durch-
schnitte 13.5 Tage an. Als Complikation fanden
sich Imal Pneumonie und eiterige Mittelohr-
entzündung, als Nachkrankheit Imal Pleuropneu-
monie, 2mal Pleuritis exsudativa. Ein Pat starb
unter den Ei*scheinungen der hämorrhagischen
Diathese (Epistaxis, Darmblutungen). Die Obduk-
tion ergab grosse Extravasate am rechten Arme
und Oberschenkel, punktförmige Petechien an den
Unterschenkeln, Blutungen in der Schleimhaut
des Magens, des Darmes, des einen Nierenbeckens,
der Uvula, des Kehlkopfes und der Luftröhre.
Eine ähnliche lokale Epidemie ist von Justi
(Deutsche med. Wchnschr. XVL 34. 1890) be-
schrieben worden.
Da Costa (17) bespricht 2 Fälle, von denen
der eine vollkommen einem Abdominaltyphus, der
andare einer Meningitis glich. Beide Kranke ge-
nasen.
Aus den sehr weitläufigen Mittheilungen von
Kttskow (18) in Petersburg seien nur einige
Fälle von „hämorrhagischer Orippe^* hier wieder-
gegeben.
Eine 35jähr.Daine erkrankte in der Nacht ganz akut
mit Uebelkeit, Erbrechen und unerträglichem Kopf-
schmerz. Die Unke Kopfhälfte, am meisten die Schläfen-
gegend, war äusserst empfindlich, das linke Äuge ge-
schlossen und vollkommen blind mit weiter Papille.
Gegen Morgen schwand auoh das Sehvermögen rechts.
Schlucken und Athmen waren erschwert. Nachmittags
2 Ühr trat der Tod ein. Die Sektion ergab blutige Dnrch-
tränknng des linken Schläfen muskels , des Felsenbeins^
der linken Augenhöhle und der Dura in der mittleren
Schädelgrabe, namentlich links und in der Gegend des
Türkensattels. Pia über den Scliläfenlappen ebenfalls
blutig imbibirt, im üebrigen hyperämisch, Gehirnsabstanz
leicht teigig, blatreich. In Lunge, Leber, Nieren massen-
hafte kleine, mit Eiterherdchen durchsetzte Hämon-ha-
gien und Nekrosen.
Ein 38jähr. Potator litt an einer Krankheit, die mit
hohem Fieber, Kopfschmerz, hellgelben DarchfUllen, Be-
nommenheit and Delirien vedief und den Eindruck eines
Typhus machte. In der G. Krankheitswoohe trat im
rechten Hypochondrium eine Geschwulst auf, die von der
Mittellinie- bis zur Lendengegend reichte und von 2
grossen Haut- Extravasaten bedeckt war. Bei der Sektion
fand man ein Hämatom in der Haut und Muskulatur des
Bauches, kleinere Blutungen in der Schleimhaut des
Magens, des Duodenum und Ileum, Schwellung eines
Peyer*schen Haufens und ein qucrgestelltes Geschwür
im Dünndarm mit Schwellung der Mesenterialdrüsen
[Typhus?!].
In einem 3. Falle fanden sich Blutungen in Endo-'
und Perikardium, Brostfell und Magenschleimhaut
0. Kornblum (19) will auf Orund von
7 Fällen eine „intermittirende Influenza^' unter«
scheiden. Bei seinen Kranken bestand vom dritten
Krankheitstage an ein intermittirender Fiebertypus,
in der Weise, dasis die Horgentemperatur horottt
war, während am Abende Fieber von 39—40*
bestand. Der Anstieg wurde oft mit FrOstela ein-
geleitet. Die Dauer dieses Stadium schwankte
zwischen 5 und 9 Tagen. Alle Kranken genasen,
obwohl der Allgemeinzustand oft recht ungQn-
stig war.
Mo Gaw (20) stellte bei einem 4monatigen Kinde,
das an Influenza mit Krämpfen erkrankt war, eine Mast-
darmtemperatur von 107.6« F. (— 42.0« C.) fest, die in
einem kühlen Bade binnen 25 Minuten auf 37.0* C sanL
Im Verlaufe desselben Tages wurden noch Temperatoren
von 105.6« und 106.0» F. (— 41.0» und 41.5« C.) beob-
achtet Am Abende trat der Tod ein. Erscheinnogen
einer Lungenentzündung oder eines Himleidens bestan-
den nicht
Complikationen und NaehkrankheiiefL
A. Nervensystem und Sinnesorgane.
22) Beiträge xur Syfnptomatologie und Therapie der
nerröeen Formen der Influenza; von A. Hennig.
(Müttohn. med. Wchnschr. XUI. 36. 1895.)
23) Lee ntanifestations douioureusee de l'inftuenxa,
Paihoginie ei traiiement ; par A. C 1 a u s. (Flandre med.
n. 9. 1895.)
24) Bilateral faeial palsy as a sequenee ofinfUunxa ;
by B a r k a s. (Lancet I ; Jan. 26. 1895.)
25) ün cos de paralysie post-grippale du voüe du
palais^ du pharynx et du larynx; par Ouement
(Annal. de la Policlin. de Bordeaux IV. 30. 1896.)
26) Ein Fall von progressiver Bulbärparalgse naeh
Influenza; von L. Stern bo. (Petersb. med. Wchnschr.
XIX. 19. 1894.)
27) Mn Fall von motoriseJter Aphasie naeh In-
fluenza; von Kohan u. Stembo. (Ebenda.)
28) Sur un eas de meningite grippale; par Cornil
et Dur ante. (Bull, de TAcad. de Med. XXXIII. 18.
1895.)
29) Influenza und Encephalitis; von Nauwerck.
(Deutsche med. Wchnschr. XXI. 25. 1895.)
30) MSningo-encSphcUopathie de nature grippale;
par Trouillet et Esprit (Semaine m6d. XV. 21.
1895.)
31) ii propos d*un cos de delire apyretique surven»
eJiex un eonvalescent de grippe ; par Hagopoff. (Gas.
de Par, LXVI. 7. 1895.)
32) Influenza • Epidemie in der Provinzial-Irrtn"
anstatt xu O'ötlingen; von Mucha. (BerL klin. Wo^
chenschr. XXIX. 26. 1892.)
33) Three cases ofparosmia ; by Herbert Tilley.
(Lancet II; Oct 12. 1895.)
34) lieber Neuroretinitis naeh Influenza; von
Hirschmann. (Festschr. z. Feier d. 5Qjähr. JnbUfinnis
d. Vereins d. Aerzte d. Reg.-Bez. Düsseldorf. WiesbaAeo
1894. J. F. Bergmann, p. 340.)
35) Augenerkrankungen im Oe folge der Influenxa;
von Hessberg. (Ebenda p. 327.)
Unter den nervösen Störungen nach Inflaenu
beschreibt A. H e n n i g (22) neben der ProBtntion,
den Kopf- und Oliederschmerzen, den Neuralgien
als ein verhäitnissmfissig seltenes Symptom einen
l&stigen Pruritus, der entweder ailgemeia ist, oder
sich auf Handteller und Fussaohlen beachr&akU
Er kann den ohnehin schon erschöpften Krankea
durch Schlaflosigkeit und geistige Depresdon
ausserordentlich herunterbringen. In keinem dieser
F&lle konnte H. im Harne Zucker nachweisen,
obwohl Diabetes als Nachkrankheit dar Influenza
nicht selten zu finden war.
VI. Innere Median.
33
Claus (23) konnte bei den Kranken mit
Inflnenza-Nenralgie niemals eine erbliche Anlage
nachweisen, wohl aber meist eine „rheumatische,
urtiiritische oder gichtische Diathese'^ Er erklärt
sich daraus die günstige Wirkung der Salicylsfiure
und der salicylhaltigen Medikamente, namentlich
des Salophens.
Barkas (24) behandelte einen 36jähr. Arzt, der
4 Wochen nach einer ziemlich schweren Grippe binnen
2 Tagen lühmung beider Faciales bekam« Die lAhmmig
schwand hnks in 2, reohis erst in 6 Wochen.
Gaement (25) beschreibt eine Lähman^ des
weichen Gaumens, Rachens und Kehlkopfes, die bei
eioem 55jähr. Bauern etwa 3 Wochen nadi der Influenza
aaftrat Das Ganmensegel war gelähmt, namentlich der
lochte Gamnenbogen, der Gaumenreflex aufgehoben, das
linke Stimmband in Abduktionstellung unbeweglich, das
rechte erreichte beim Versuche zu fntoniren nicht die
Mittellinie, das Schlingen war erschwert. Die Sensibilität
der gelähmtes Theile war dabei unverändert. Einige
Wochen später üand sich vollständige UnbewegUchkeit
heider Stimmbänder und oomplete Lähmung des weichen
Gaumens, die Dysphagie war unverändert, die Stimme
ToUkommen klanglos. Im Verlaufe der nächsten Monate
trat allmählich Heilung ein bis auf leichte Versohleierung
der Stimme.
0. hält die Influenza für die Ursache der genannten
Lähmung. Erscheinungen von Diphtherie sollen nie be-
standen haben.
S t e m b 0 (26. 27) sah als Naohkrankheiten pro-
gressive Bulbarparalyse nnd motorische Aphasie.
1) Eine vollkommen gesunde, nicht syphilitische
Frau bemerkte 4 Wochen nach einer ziemlich leichten
Influenza, dass ihre Sprache schwerfällig wurde und
flössige Speisen durch die Nase zurückflössen. Zugleich
entwickelte sich Heiserkeit. Einen Monat später fand man :
Zippen dünn, können nioht gespitzt werden, Lippenlaute
undeutlich. Zunge zitternd, mit seichten Längsfnrchen.
Zäpfchen nach links verzogen, deutliche Schwäche des
Constrictor pharyngis, Lähmung des linken Grico-ary-
taei^oideus {HDsticus. Gefühl der Haut und Schleimhäute
normal.
2) Eine vorher gesunde Frau erkrankte kurz nach
der Influenza an einer schmerzhaften Halsaffektion, die
nach einigen Pinselungen rasch verging. Nach 3 Wochen
kehrten die Schmerzen wieder und es zeigte sich Heiser-
keit. 4 Wochen nach Beginn der Erkrankung trat plötz«
heb Schwäche des rechten Armes ein und vollkommenes
Unvermögen zusprechen. Die Untersuchung ergab jetzt:
Mund nach links verzogen, Zunge weicht etwas nach
rechts ab, die Uvula dagegen nach links. Laryngosko-
pisch fand man eine „Wunde*^ zwischen beiden Giess-
beckenknorpeln und liihmung des linken Stimmbandes.
Oeluhl an der rechten Seite des Gesichts und an dem
paretischen rechten Arme etwas herabgesetzt; Augen und
nbnge Sinne normaL Pai konnte nicht ein einziges Wort
hervorbringen, auch nioht nachsprechen und schreiben,
verstand äei AUes und konnte Geschriebenes und Ge-
drucktes lesen. Schon nach einigen Tagen besserte sich
die Beweglichkeit von Mund tmd Zunge, auch die Sprache
kam rasch wieder, nur bestand einige Zeit noch üterale
Paraphasie. Erst nach einigen weiteren Ti^en erhielt die
Kr. das Vermögen, Gehörtes nachzusprechen, wieder.
Der Zustmd des Stimmbandes änderte sich viel langsamer.
Als Ursache dieser Erscheinungen nimmt S t 2 ver-
aohiedene Läsionen an : 1) eine Laryngitis ulcerosa mit
peripherischer Lfihmtmg des Astes des N. laryngeus inf.,
der zum M. crico-arytaenoideus postious geht; 2) eine
Gehimblatong, die die Aphasie und die Lähmung des Ge-
sichts und Arnes zur Folge hatte. Für beide Störungen
ist die Influenza verantwortlich zu machen. Dass die
nach der Influenza aufgetretene Halsentzündung Diph-
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
therie gewesen sein könne, erscheint ihm unwahrschein-
lich. Hysterie hält er für ausgeschlossen.
Cornil (28) bekam im Hötel-Dieu 4 Fälle von
Influenza-Meningitis bei Frauen zur Beobachtung.
Von diesen 4 Er. genasen 2, eine war noch in Be»
handlung, die 4. starb.
Diese war am 10. April an typischer Influenza er-
krankt. Als sie am 17. in's Hospital kam, war sie sehr
aufgeregt, unklar und klagte über unerträghchen Stim-
kopfschmerz. In den folgenden Tagen wurde sie somno-
lent und zeigte Lähmung des linken unteren Facialis. Am
22. April bestand Lähmung des rechten Beines und Armes
imd des rechten oberen Facialis, nebst Hemianästhesie
der rechten Körperseite. Pupillen gleich, Harn und Stuhl
in's Bett Am 24. trat der Tod ein.
Es fanden sich eiterige Infiltration der Pia über beiden
Hemisphären, Erweiterung der Ventrikel durch Fltissig-
keitserguss und 2 kleine hämorrhagische Herde in der
Rinde des rechten Grosshims.
Die Mittheilung Nau wer ck^s (29) über In-
fluenza und Encephalitis hat dadurch ein besonderes
Interesse, dass es N. gelang, in der Ventrikelflüssig«
keit eines an akuter hämorrhagischer Encephalitis
verstorbenen Mädchens durch dieCultor (Blutagar)
Bacillen nachzuweisen, die auch nach dem Urtheile
verschiedener anderer Sachverständiger nur In-
fluenzabacillen sein konnten. Auch in der Um-»
gebung des in der rechten Eleinhimhemisphäre ge-
legenen encephalitischen Herdes fanden sich die-
selben Stäbchen. Sie lagen stets frei, nicht im
Inneren von ZeUen und niemals im Inneren von
Blutgefässen. Dagegen fanden sie sich an 3 verschie-
denen Stellen in den perivaskulären Lymphräumea
kleiner Blutgefässe. Streptokokken, Staphylo-
kokken oder Pneumokokken waren nicht vorhanden.
In einem 2. Falle von akuter Encephalitis nach
Influenza, der erst nach 14 Tagen mit dem Tode
endete, konnten in den zahlreichen Erweichungs-
herden überhaupt keine Mikroorganismen nach-
gewiesen werden. N. hält es aber für wahrschein-
lich, dass auch hier Influenzakeime örtlich wirksam
gewesen, bei der Untersuchung aber bereits zu
Grunde gegangen waren. Eine toxische Femwir-
kung ist er nicht geneigt anzunehmen.
Ueber die Baoillenbefunde, die Pfuhl (78. 79)
bei mehreren unter den Erscheinungen der akutei^
Cerebrospinalmeningitia verstorbenen Influenza-
kranken erheben konnte, wird weiter unten be-
richtet werden.
Trouillet und Esprit (30) fassen die im
Verlaufe der Influenza vorkommenden nervösen
Stönmgen unter dem Namen M6ningo-enc6phalo-
pathie grippale zusammen und unterscheiden nach
der Schwere der Erscheinungen 3 verschiedene
Formen. Die leichte Form besteht meist nur in
heftigem Kopf- und Rückenschmerz, Schlaflosigkeit
und Unruhe. Doch können auch Neuralgien, leichte
paretische Erscheinungen und Tachykardie hinzu-
treten. Die Kranken sind sehr abgeschlagen, fieber-
haft und haben stets (?) beträchtliche Albuminurie.
Bei der mittelschweren Form sind alle diese Stö-
rungen in verstärktem Maasse vorhanden. Ausser-
dem finden sich Delirien, Contrakturen der Glieder
5
d4
YL Innere HedioÜL
und der Halswirbels&ule, epileptische AnfBlle, vor-
übergehende Lähmungen, Retention oder Inoonti-
nenz yon Harn und Stuhl und kahnförmige Ein-
ziehung des Bauches.
Bei der 3. Form finden sich anfangs dieselben
Symptome, nur ist die Steifigkeit der Wirbelsäule
noch mehr ausgesprocheh. Nach einigen Tagen
stellt sich aber Koma ein, das mit seltenen Unter-
brechungen bis zum Tode anhält. Lähmungen ein-
zelner Nerven oder ganzer Glieder nach Art der
Hemiplegie oder Päraplogie sind fast stets vorhan-
den, die Pupillen sind meist weit und starr. Der
Tod erfolgt unter wachsender Cyanose und zu-
nehmender Beschleunigung des Pulses und der
Athmung am 2. bis 6. Tage nach Eintritt der
schweren Erscheinungen.
Yon 65 Fällen, die T r. und E. beobachteten,
gehörten 31 zur ersten, 14 zur zweiten und 20 zur
dritten Form: 11 Fälle verliefen tOdtlich. Die
Unterscheidung dieser Erkrankungen von anderen
Arten von Meningitis ist nicht immer leicht, wird
aber nach der Meinung T r.'s u. E.'b ermöglicht durch
den plötzlichen Anfang, die Abwesenheit verdädi-
tiger Anteoedentien, die Albuminurie und die Be-
schleunigung des Pulses, der bei Hirnhautentzün-
dung anderer Aetiologie verlangsamt und oft unr^el-
mässig ist. Vollkommen sicher wird die Diagnose
durch den Nachweis der beweglichen Inflaenza-
bacillen im frischen Blute, derTr. undE. in jedem
Falle gelang.
Bei der Sektion fanden sich Hyperämie und
gelatinöse oder eiterige Durchtränkung der Hirn-
häute, leichte Auflockerung derGehimsubstanz mit
punktförmigen Blutungen und Erweiterung der
Yentrikel durch einen trüben Flüssigkeitserguss.
Einigemale lag eine richtige Abscessbildung vor.
Aus der Gerebrospinalflüssigkeit Hessen sich Rein-
culturen von InfiuenzabaciUen gewinnen, die für
Meerschweinchen virulent waren. In einzelnen
Fällen fanden sich daneben Eiterkokken und sogar
mitunter Tuberkelbacillen.
Für die Behandlung empfehlen Tr. und E.
dringend prolongirte laue Bäder (25 — 30* C.) und
Ohloral mit Antipyrin. Ausserdem ist natürlich
'symptomatisch zu verfahren. Bei andauernder
Albuminurie schien sich das Strontium lacticum in
Tagesgaben von 4.0 — 5.0 zu bewähren.
Hagopoff (31) sah ein akates Delirinm bei einem
jungen Manne, der psychopathisch beanlagt war. Die
ErankheitserBoheinuDpen bestanden anfangs in nervöser
Beizbarkeit, Schlaflosigkeit und Schwindelanfällen. Dann
traten allgemeine Krämpfe auf und es entwickelte sich
rasch ein maniakalischei' Zustand, der die Ueberführong
des Er. in eine Irrenanstalt nothwendig machte.
In der Irrenanstalt zuOöttingen (32) herrschte
Anfang des Jahres 1892 eine Influenzaepidemie,
die 15.3% der männlichen und 33.3^/o der weib-
lichen Oeisteskranken befiel Yon 102 Erkrankten
starben nur 3 (alle an Pleuropneumonie), obwohl
die reichliche Hälfte über 40 Jahre alt war. Ein
Einfluss auf die Psychosen wurde weder nach der
günstigen , noch nach der ungünstigen Seite be-
obachtet
Unter den 3 FUlen von ftero^mte, über die Tilley
(33) berichtet, befindet sich auch einer, der in derBecoo-
valescenz nach Influenza aufgetreten war. Der38jähr.
Mann hatte beständig den subjektiven Gerach von Ammo-
niak, der so stark war, dass er sich von allem Verkehr
zurückzog, da er überzeugt war, seiner Umgebang nn«
erträghch zu sein. Unter dem Oebrauche von StrjchniD
und eines NasenSpray trat Genesung ein.
Hirschmann (34) sah 4mal die Ekitwicke-
lung von Ntwronltiin^is im Anschlüsse anlnfloenia.
Der eine Fall war mit Abducensparese oombiniit,
ein anderer mit Trübung der Hornhaut und des
OlaskOrpere. Der Verlauf war stets gutartig.
Sehr verschiedenartige AugenstOrungen be-
obachtete Hessberg (35) im Gefolge der Grippe:
einen Lidabaoesa, einen Orbitalabsoess, zahlreiche
Conjunctiviten und Keiutiten mit und ohne Hjpo-
pyonbildung, ferner Iritis, Glaukom, Neuroretinitis,
Imal plützlich auftretende homonyme Hemianopsie,
3mal Lähmung der Aocommodation (das eine Mal
mit leiditer OaumenpareBe)> 3mal AbduoenBlähmung
und 2mal Nystagmus (beide Fälle betrafen Beif-
leute) mit starken Schwindelerscheinungen.
B. Athemwerkxeuge.
36) Äctäe inflaimmation ofthe left antrum ofEigh-
mom after influema; by Felix Semon. (Brit med.
Jonm. Febr. 3. 1894)
37) Dissemindtie FibrininfiUration des Bachen» m
Folge vcn Infmenxa; von L. Rethi. (Wien. kUn. Wo-
chensohr. VIL 1. 1894.)
38) Einige seiiene Kehlkopf' und Raehenaffdäionen
in Folge der htfluenoM; von L Rethi. (Ebenda VIL
48. 1894.)
39) Zur Kenntniea der Infkitnxapneumonien; toq
Alb. Albu. (Deutsche med. Wchnschr. XX. 7. 1894.)
40) lieber die Ltflttenxapneumome; von M. Beck.
(Charite-Annalen XVH. p. 857. 1892.)
41) Remarka on ihe rdoHonehip of influenxa and
epMfem«epn«fifm)n»a,'byBrodieOraickshank. (Brit
med. Journ. Febr. 16. 1895.)
42) Pneumonia after influenxa; by G. Rankin.
(Lanoet I. Aug. 24. 1895.)
43) Que^uee partidäarttee diniques des braneho^
pneunumies grippales ehex (es enfanls; par Clement«
Ferreira. (Kevue mens, des Mal. de TEnf . XIII. Man
1895.)
44) Einige Beobachtungen über Influenxa und h*
fluenxapneumome; von Jos. 0 mein er. (Prag. med.
Wohnschr. XIX. 36—42. 1894.)
45) Notes on eases of a severe type of infktenxa; by
JohnBursess. (Dubi. Jouro. Juy 1894.)
46) Inflttenxttbaciüen bei Lungmabsoess ; von TL
Hitzig. (Münchn. med. Wchnschr. XLH. 35. 1895.)
47) Lungengcmgrän nach Influenxa; von E. Rhy*
n e r. (Münchn. med. Wchnschr. XLU. 9. 10. 1895.)
48) Deux eas de grippe ä forme pseudo-phymvfse;
par Ghatin et Ooilet (Lyon med. XXVI. 41. 1894.)
Felix Semon (36) bekam selbst eine aknte
EntzQndung der linken HighmorshOhle, als er, von
der Influenza kaum genesen, eine Reise unter-
nehmen musste. DieSofaraenen wai^en sehr heftig,
beschränkten sich aber streng auf die Oberkieflar-
gegend und schwanden sehr rasch, nachdem sich
der dünn-eiterige Inhalt derH5hle von s^bst durch
die Nase entleert hatta
YI. Iimore Medicm.
35
Derartige akute Fälle sind nach den Erfahrungen
S/s im Gegensätze zu den chronischen Empyemen
der Highmorshöble äusserst selten und scheinen
nur bei Influenza vorzukommen.
Einige seltene Kehlkopf- undRachenafPektionen
in Folge der Influenza beschreibt L. R 6 1 h i (37. 38).
Zunächst 2 Fälle von Posiiouslähmungj die beide
Utere Personen betrafen. Da es sich nur um ein«
seitige Erkrankungen handelte, so waren Athem«
beschwerden nicht vorhanden.
Bei einem ISjähr. Manne entwickelte sich am 5. Tage
einer schweren Inflaenza an der Vorderseite des Halses
eine schmerzhafte Ansohwellong. Die Schleimhant des
ganzen Kehlkopfes war stark geröthet, am stärksten an
den Taschenbändem und unterhalb der Stimmbänder an
der vorderen Ck)mmi8snr. Es handelte sich also um eine
Penehondritis tkyreotdea beider Platten. Die Geschwulst
war sehr hartnäckig und zeigte erst nach 7 — 8 Wochen
Neigung sich zu zertheilen. Bis zur vollständigen Oe*
nesung bedurfte es 3 Monate.
Bei einem 33jähr. Manne fand sich am 6. Tage nach
Beginn der Erkrankung ein fast haselnussgrosser, halb-
kogeliger Tumor auf der oberen (vorderen) Kehldeckel-
flache. Die Seitenränder der Bpiglottis und ein Tfaeil der
aryepidottisohen Falten waren ödematös geschwollen.
Unt^Kataplasmen und warmen Gurgelungen barst der
Äbieeas nach etwa 18 Std. und das nun vorhandene Ge»
schvrür heilte nach etwa 3 Wochen.
In 6 weiteren Fällen sah B. am weichen Gau-
men oder im Rachen kleine Uloerationen, die durch
Zerfall von hirsekom- bis halberbsengrossen geh
rötheten Infiltraten entstanden waren. Yielleioht
standen diese mit den Drüsen der Schleimhaut in
gewissem Zusammenhang. Sie waren sehr schmerz-
haft, heilten aber stets binnen etwa 10 Tagen voll-
kommen ab.
Aach einen Fall von fibrinöser Mandelentzündung,
an die sich nach einigen Tagen ein Erythema nodosum
Wider Unterschenkel ansohloss, glaubt R. auf Bechnung
der Influenza setzen zu müssen, obwohl nach der mi^
gBthaüten Krankengeschichte eine zwingende Yeran«»
laasang zu dieser Diagnose wohl kaum vorzmiegen scheint
Au den abgdösten Belägen konnten Diphtheriebacillon
nicht gezüchtet werden.
&dhoh beobachtete R. bei einem Kinde, das an ade-
Boiden Vesetationen litt, im Anschlüsse an Influenza eine
ganz anfÜBUende Verkleinerung der geschwollenen Rachen-'
BuudeL
Nach Albu (39) kann es keine Frage sein,
dass der Influenza eine besondere Form der Pneu-
monie zukommt Sie charakterisirt sich klinisch
durch folgende Eigenthümlichkeiten: 1) Sie wird
durch die bekannten Influenza-Erscheinungen ein-
g^tet 2) Die Dämpfung über dem entzündeten
Longenbezirk kann ganz fehlen (centraler Sitz)
oder ist nur schwach und vorübei^ehend vorhan*
den oder sie tritt nach kurzer Zeit an einer anderen
Stelle auf nach Art der Pneumonia migrans, 3) Der
Auswurf ist niemals rostfarben, nur im Beginne
öfters gelblich, meist schleimig-schaumig. 4) Das
I'ieber setzt meist ohne Schüttelfrost ein, steigt
nur allmählich und nur zu geringer Hohe und
^et lytisch. 5) Der Verlauf ist weniger akut,
>h bei der croupOsen Pneumonie. Die Verdich-
tungen lOsen sich nur langsam, dieReconvalescenz
ist lang und schwierig. 6) Die Pneumonie ist
häufiger mit Pleuritis complicirt, als die genuine
Form, der Uebergang in einen eiterigen Erguss
findet aber seltener statt und nur dann, wenn sich
Streptokokken vorfinden.
Die anatomischen Unterschiede sind folgende:
1) Die Infiltration ist nur lobulär, kann aber durch
Zusammenfliessen mehrerer Herde eine lobäre Ent-
zündung vortäuschen. 2) Die Schnittfläche der
Lunge ist mehr glatt, nicht deutlich gekörnt, ihre
Farbe ist hell, mehr rosa. 3) Das Infiltrat ist
weich, arm an Fibrin, aber zellenreich, so dass es
zuweilen den Eindruck einer eiterigen Flüssigkeit
macht
In Folge dessen kommt es leichter zu einem
nekrotischen Zerfall der infiltrirten Herde und im
weiteren Verlaufe zur Entwickelung von Abscess
und Gangrän, Ereignisse, die bei der croupöseu
Pneumonie bekanntlich sehr selten sind. Beicht
ein solcher nekrotischer Herd bis zur Lungenober-
fläche, so kann ein Pneumothorax auftreten, wie
dies von Mosler, Dräsche und Fürbringer
beschrieben worden ist Auch A. beobachtete
einen derartigen FalL
Ein junges, kräftiges Mädchen erkrankte am 24 Nov.
an Influenza. Am 27. fand sich eine umschriebene Ver-
dichtung im rechten ünterlappen. Der Auswurf war
grangelb und enthielt Influenzabacillen fast in Reincultur,
keine F r ä n k e 1 *sohen Diplokokken. Am 30. Nov. Pleu-
ritis dextra. Die Probepunktion ergab eine klare, seröse
Flüssigkeit mit Streptokokken in Reinoultur. Am l.Dec
trat unter Zunahme der Athemnoth und Cyanose Peri-
karditis hinzu. In der Nacht zum 5. Dec. entwickelte
sich plötzlich rechts ein Pneumothorax, Während sich
inzwischen linkerseits an umschriebener Stelle pleuri^
tisohes Beiben zeigte, verminderte sich der Luftgenalt in
der rechten Brusthälfte, der Fltissigkeitserguss wuchs
dagegen und ging am 15. Dec. bis zum Schlüsselbein.
Die Punktion ergab jetzt Eiter und wieder eineBeincultur
von Kettenkokken. Wegen des schlechten Allgemein-
befindens wurde von einer Operation zunächst abgesehen,
am 2. Januar brach das Empyem in die Lunge durch,
worauf rasche Heüung erfolgte.
Natürlich kommen bei Influenzakranken auch
echte croupQse Pneumonien vor. Diese beruhen
auf einer Sekundftr-Infektion mit Frank eTschen
Diplokokken, die offenbar durch den vorhandenen
Bronchialkatarrh begünstigt wird.
M. Beck (40) entwirft nach den im Institute
für Infektionskrankheiten beobachteten Fällen fol-
gendes Bild von der Influenza-Pneumonie: Die
Patienten erkranken plötzlich, h&ufig mit Schüttel-
frost, und machen meist den Eindruck von Schwer-
kranken. Die Temperatur ist hoch, zeigt aber am
Morgen oft tiefe Remissionen. Am Lungenbefund
soll das regelmässige Vorhandensein von bronchi-
tischen Oeräuschen charakteristisch sein. Der
Auswurf ist reichlich, niemals rostfarbig, sondern
gelblich oder gelbgrün und enthält auf der Höhe
der Erkrankung Influenzabacillen in Reincultur,
nie Frank eTsche Diplobacillen. Bei dem Sek-
tionsbefund ist die Abwesenheit von Fibrin auf-
fällig, immer war die Infiltration aus zahlreichen
kleinen lobulären Herd^a zusammengesetzt. Nicht
36
YL Innere Hedicin.
selten ist ein üebergang in Gangrän oder Yer-
kasung.
In dem l&ndlichen Bezirke von Nairnshire, in
dem Cruickshank (41) prakticirte, war die
Lungenentzündung vor dem Auftreten der Influenza
eine sehr seltene Krankheit. Wahrend der 1. Epi-
demie, im Herbste 1891, kamen schon mehrere
Pneumonien vor, sie häuften sich aber ganz be-
deutend während der 2. Epidemie im Winter 1893
auf 1894, so dass Cr. 64 Kranke in Behandlung
bekam, von denen 15 starben. Drei dieser Pneu-
moniker bekamen eine Hemiplegie, darunter ein
kräftiger Mann in den besten Jahren, der ebenso,
wie die beiden anderen, seinem Leiden erlag.
Hehrere Beobaditungen sprachen für die Conta-
giosität der Pneumonie. Mehrfach erkrankten in
einer Familie 2 und mdu* Olieder nach einander.
Ein Mann starb an doppelseitiger Lungenentzün-
dung, 3 Wochen später erkrankten 5 von seinen
Kindern an Pneumonie, kamen aber mit dem Leben
davon. In einer Familie, die aus einem Vater und
4 Kindern bestand, erkrankten alle mit Ausnahme
einer Tochter an Pneumonie. Dagegen sah C r. in
einem benachbarten Oamisonplatze unter einigen
60 Influenza-Erkrankungen keinen Fall von Pneu-
monie. Er spricht sich deshalb für das Isoliren
der Kranken und das Desinficiren ihrer Sputa aus.
K a n k i n (42) beobachtete im Frühjahr 1895
eine Epidemie, die fast alle 150 Insassen einer
Anstalt befleL unter diesen waren 17 schwer
erkrankt, 5 bekamen eine Pneumonie von un-
gewöhnlichem Verlaufe. Die Yerdichtungserschet-
nungen auf den Lungen traten sehr langsam auf,
waren immer nur wenig ausgeprägt und ver-
schwanden auffallend rasch. Husten und Auswurf
waren gering und contrastirten in merkwürdiger
Weise mit der starken Kurzathmigkeit Die Puls-
zahlen blieben auch bei hohem Fieber stets relativ
niedrig. Nur ein einziger Pneumoniker, der an
Herzfehler litt, erlag.
Nach Ferreira (43) kamen in Rio de Janeiro
Influenza-Pneumonien ungewöhnlich häufig bei
kleinen Kindern vor. Der Verlauf dieser Erkran-
kungen zeigte mehrere Eigenthümlichkeiten : 1) Das
Fehlen jeder Fieberbewegung. Dieses Symptom ist
das Zeichen einer Lähmung der Wärmecentren und
darf nicht zu falschen diagnostischen und prognosti-
schen Schlüssen verleiten. 2) Die Neigung zur
„Bronchoplegie". Diese besteht in einer Sensi-
bilitäts-Lähmung der Bronchialschleimhaut und
äussert sich klinisch in Abschwächung des Athem-
geräusches und Nachlass des Hustens. So kommt
es zum Stocken des Auswurfs und in Folge des
mangelhaften Gasaustausches zu wachsender Kurz-
athmigkeit und Cyanose. 3) Den schleppenden
Verlauf der Bronchitiden und Bronchopneumo-
nien.
F. meint, dass die Entwickelung der Broncho-
plegie durch Brechmittel imd Antimon-Präparate
nur befördert werde, und warnt deshalb bei der-
artigen Zuständen vor der Anwendung dieser
Mittel.
J. Gmeiner (44), der ausschliesslioh unter
der Arbeiterschaft eines Hüttenwerkes thätig war,
sah 1893—1894 unter 403 Influenzafällen 90 Pneu-
monien (■« 22.3Vo)* ^OQ diesen kamen 58
(» 64.4*/o) auf Männer, 13 (— 14.4%) auf Weiber
und 19 (— 21.2%) auf Kinder unter 10 Jahren.
25 verliefen tödüich. Auffallend viele Erknn-
kungs- und Todesfälle kamen auf Parterre- Woh-
nungen.
Die Pneumonien zeigten häufig einen unregelr
massigen Fieberverlauf und endigten nicht selten
Ijtisoh. Bei einzelnen Kranken bestand eine ganz
ungewöhnliche Neigung zu Schweissen. Die In-
filtration war häufig lobulär und hatte Neigung
zum Wandern. Der Auswurf war stets aus-
gesprochen rostfarben. Er enthielt mehrmals einen
DiplococcuB, der dem Frank el'schen Liancett-
coocus zu gleichen schien. Influenzabacillen konn-
ten nie nachgewiesen werden.
Unter dea schweren Langen-ComplikatioDeD, die
B u r g e 8 8 (46) nach Influenza beobachtete, befanden sich
auoh ein Fall von Lnngengangr&n mit wiederholten star-
ken Hämoptysen und ein Longenabsoess, der dorch den
Mund zur Entleerung kam. Beide Kranke genasen.
Nach der Beobachtung von Hitzig (46) schei-
nen die Influenzabacillen allein auch Lungmabsoea
bewirken zu kOnnen.
Eine 55jähr. Frau erkrankte im Januar 1895 an In-
fluenza. Sie hatte sich von dieser noch nicht ganz erholt^
als sie Mitte April ohne äussere Veranlassung Bmst-
stechen, Fieber xmd von Neuem reichlichen Auswatf
bekam. Bei der Aufnahme fanden sich dieESraoheinungen
einer rechtseitigen Pneumonie, die in den folgenden Tagen
zunahm. Etwa 14 Tage später traten die 2ieichen von
Höhlenbildung im rechten Unterlappen auf, der Auswurf
nahm an Menge zu, enthielt elastische Fasern, Alveohr-
epithehen und fiämatoidinkrystalle. Der Verlauf war ein
günstiger. H. untersuchte binnen 5 Wochen das Sputom
8md ^teriologisch und fand jedesmal typische Influenza-
bacillen, niemals Strepto-, Staphylo- oder Kapsd-Diplo-
kokken. Die Abscessbildnng in der Lunge soheint dem-
nach lediglich durch die Influenza-Infektion bewirkt woi^
den zu sein.
Khyner (47) beschreibt 3 Fälle von Lungen-
forand, die in Zürich während der Influenza-Epi-
demie von 1893 auf 1894 vorkamen. Jedesmal
entwickelte sich die Gangrän aus einer fibrinOeea
Pneumonie. In dem 1. Falle trat der Tod ein, ia
den beiden anderen, bei denen es durch Perfora-
tion des brandigen Herdes in die Pleura zu dnem
jauchigen Pyopneumothorax kam, wurde durch
Einschnitt und Rippenresektion Heilung ersielti
das eine Hai allerdings mit Zurückbleiben einer
secemirenden Fistel
unter dem Namen „Grippe ä forme pseudo-
phymique'* beschreiben C h a t i n und C o 1 1 e t (48)
2 Fälle von Influenza, die unter dem Bilde einer
akuten Lungentuberkulose verliefen.
Der 1. Kranke, ein 20jähr., kräftiger und unbeUateter
Mensch, war akut erkrankt und hatte eine ausgelneitste
Bronchitis mit Cyanose und schwerer Athemnoth, inter-
mittirendem Fieber und reichlichem, eiterigem, münzen-
förmigem Auswuf, dernieTuberkelbacillea enthielt Di»
vi. Innere Medioin.
37
SAiion er^ab Lungenödem mit Congestion beider Longen-
spitzen, kerne Taberknlose.
Der 2. Erwke, 27 Jahre alt, ebenfalls ohne erbliche
BelastoDg, zeigte Dämpfunesersoheinangen in beiden
Spftien uid Ünterlappen. Si der Fol^ traten in beiden
Oberlappen Cayemensymptome an! mit reichlichen, ge-
tfillteo, eiterigen Spntis. Obwohl die Höhlenbildnng
ofiiaDbar Fortschritte machte, besserte sich das Allgemein-
liefinden wesentlich, so dass Pat in „excellentem*^ Zu-
stande entlassen werden konnte, ohne dass je Taberkel-
baciOen gefanden worden wären.
Hehrere lUmliche Fftlle sind von Teissier
(La grippe-influenza. Paris 1893. Bailli^re) be-
schrieben wordtti.
C Oeßsagysiem.
49) Some effeds ofinfluenxa on ihe keart; by J. L.
H e f f r 0 n. (Med. News Jone 8. 1895.)
50) Influenxa toxaemia of 1895 tctth special refc"
renae io üs eardiac manifestations andptdmonary com"
fiiieaUons; by Arthur Ward. (Lanoet L May 11.
1895.)
51) lieber plötzlichen Qefaseverschkus hei Influenxa ;
TonCathomas. (Münchn. med. Wchnschr. XLII. 27.
1895.)
52) Ueber einen Fall von Ärtenenihrombose nach
hfintenxa tnit Bemerkungen ; von £. Le y d e n. (Charite-
Anoalen XYIL p. 127. 1892.)
Hef f ron (49) sah 5mal im Verlaufe der In-
fluenza Störungen am Herzen auftreten. In dem
emen Falle entwickelte sich ein Mitralfehler, in
2 anderen eine akute Myokarditis, während 2 andere
Kranke in der BeconTaleeoenz die Zeichen einer
nervösen HerzstOrung darboten. Diese bestanden
in dem einen Falle in einer zunehmenden Verlang-
samung der Herzth&tigkeit bis auf 46 Schläge in
der Minute, in dem anderen in starker Tachykardie
(bis 174 Pulse), die etwa 1 Woche anhielt und
dann rasch sich besserte (bis auf 78 Pulse). Der
2. Fall (Myokarditis bei einer 60j&hr. Frau) endete
tOdtlich.
Auch Arthur Ward (50) beschreibt nicht
vemger als 9 Fälle von Erkrankung des Herzens
im Anschltiss an Influenza. Die Mehrzahl davon
betraf Frauen. Die klinischen Erscheinungen waren
entweder die der einfachen Herzschwäche mit Dila-
tation oder die eines richtigen Klappenfehlers.
Wiederholt wurde eine Abnahme der Pulszahl auf
64 — 50 beobachtet Ein Todesfall kam nicht vor.
Cathomas (51) beschreibt 2Fälle von plötz«
Uchem Oefftssveraohluss.
Eine 64iähr. Frau erkrankte in der Züridier Klinik
an Influenza mit Bronchopneomonie. Im Verlaufe der-
selben wurde plötzlich tuiter heftigen Schmerzen der
ganze rechte Arm kalt, waohsgelb und gefühllos und der
Pols blieb in dw Arteria radialis, axillaris and subclavia
aus. £s entwickelte sich Gangrän der Hand tmd eines
Theiles des Vorderarmes und am 11. Tage nach der Kata-
strophe trat unter den Erscheinungen der Herzschwäche
der Tod ein. Man hatte wegen des raschen Beginnes
eine Embolie der rechten Snbclavia angenommen, die
Sektion eingab aber Atherom der Aorta mit Thromben-
bildnng und Thrombose der rechten Arteria anonyma.
In einem 2. Falle trat bei einem 4Qjfihr. kräftigen
Manne, der aoeben Influenza mit leichter Pneumonie ül^r-
standen hatte, mit einem Male während eines Husten-
anfalls unter überwältigenden Schmerzen Kälte und Em-
pfindungslosigkeit beider Füsse und Unterschenkel ein.
Auch hier kam es zu brandigem-AbsWben der ischämi-
schen Theile, die zu Sepsis und am 12. Tage zum Tode
führte. Eine Autopsie wurde nicht vorgenommen.
Der 1. Fall von Arterienthrombose nach Influenza,
den Leyden (52) beobachtete, betraf ein 20jähr. Mäd-
chen, das 8 Tage nach einem Influenza- Recidive eines
Morgens mit stechenden Schmerzen in der linken Hand
erwachte. Die Hand war bläulich verfärbt > leicht ge-
schwollen, kühl und paretisch. Der Radialpuls fehlte,
oberhalb des Ellenbogens war an der Innenseite des Ober-
armes ein federkieldicker Thrombus zu fühlen. Es er-
folgte langsame Genesung, der Gefässverschluss blieb
aber unverändert
In einem anderen Falle kam es bei einem 52jähr.
Manne zur Gangrän eines ganzen Beines. Durch Ampu-
tation wurde das Leben erhalten.
D. Weitere QytnplikcUionen.
54) üeber die Erkrankung der Knochen, Oelenke
und Bänder bei der Influenxa ; von F. F r a n k e. ( Arch.
f. klin. Chir. XUX. 3. p. 487. 1895.)
55) Quelfues eonsidSraliona eur la grippe poeU
operatoire; par Feilet. (Gaz. de Par. LXVI.13. 1895.)
56) Eine Influenxadiagnose ; von A. Högerstedt.
(Petersb. med. Wchnschr. XX. 14. 1895.)
57) Grippe et iethre, congestion hSpatique (Torigine
infeetieuse au eoure <fune e^edioneardiaqueancienne;
par Ren du. (Semaine med. XV. 32. 1895.)
58) De rorefnte grippale i par Fiessinger. (Gaz.
de Par. LXIV. 5. 1893.)
59) Influenxa unih acute nepkritia; by James
Fräser. (Lanoet I. June 27. 1891 .)
60) OgeÜtie chronica ganorrhotea geheilt dureh In^
flu^ixa; von Goldberg. (Centr.-BL f. innere Med.
XVI. 26. 1895.)
61) Der Verlauf des Scharlachs dureh die Grippe
(Influenxa) complioirt;rwFhilipotf. (Arch. f. Kinder-
hkde. XIV. 6. 1892.)
62) De la coesoistenee de la grippe epid^ique aveo
la rougeole et la searlaline, etdela presence simultan^
de la rougeole et de la searlatine chex un grand nombre
de sufets; par V. Foulet (Bull. gen. de Ther. LXIL
30; Aout 1893.)
F. Franke (54) bespricht die Erkrankungen,
die er im Anschluss an Influenza an den Knoohen,
Gelenken und Bändern beobachtet hat
Die Erkrankung des Bandapparates betraf steta
die Fascia plantaris. Die entzflndete Fasoie ist
druckempfindlich und verdickt, namentlich am
inneren Rande. In schweren FtlUen ist sie als
ein bretthartes Polster, zuweilen mit knoten-
förmigen Verdickungen zu fflhlen« Schmerzen
fehlen in der Ruhe häufig ganz, sind aber beim
Stehen und Oehen sehr lebhaft. Vielleicht handelt
es sich in der von Albert beschriebenen Achillo-
dynie um einen ganz ähnlichen Zustand. Thera«
peutisch bewährten sich Antipyrin, feuchtwarme
Umschläge und Ruhe. Massage wurde meist nicht
vertragen.
Weniger häufig kamen Qelenkerkrankungen im
Gefolge der Influenza vor. Fr. beschreibt nur
2 Fälle von akuter Entzündung des Knie- und
Fussgelenks, die beide Male nicht in Eiterung über-
ging-
Die Erkrankungen am Enochensystem traten
unter dem Bilde der subakuten Periostitis und
Ostitis auf, am häufigsten an der Tibia und an
einzelnen Fussknochen, aber auch an Femur, Ulna^
88
YI. Innere Medicin.
Rippen und Darbbeinkamm. Die funktionellen
Störungen waren fast immer recht bedeutend, doch
kam es nur TerhÜtnissmässig selten zur Absoe-
dirung. In einem Falle, in dem keine Eiterung
bestand, wegen der grosse subjektiven Beschwer«
den aber doch incidirt wurde, fand sich das Periost
der Tibia gerGthet und verdickt, aber ohne Eiter-
herde, auf dem Schienbein hatte sich eine 2 mm
dicke Schicht neuen Knochens gebildet Bakterio-
logische Untersuchungen kcmnte Fr. nicht vor-
nehmen, er glaubt aber, dass diese Entzündungen
durch die Influenzabacillen selbst, mit und ohne
Mischinfektionen, hervorgerufen werden, dass man
sie also nicht als Nachkrankheiten, sondern als
wirkliche Complikationen auffassen müsse. Bei
der Langwierigkeit der Processe wurde natürlich
manches versucht, am nützlichsten zeigten sich in
frischen Fällen Salioylsfture oder Antipyrin und
feuchte oder trockene Wftrme, in späteren Stadien
vorsichtige Massage und Ichthyolsalbe. Eine Ope-
ration hat natürlich nur dann einen Zweck, wenn
Fluktuation besteht oder der begründete Verdacht
eines tieferliegenden Knochenherdes vorliegt
Wir fOgen hier die Arbeit Follet's an, da sie
auch eine chirurgische Frage behandelt
A. Feilet (55) theilt mit, dass nach den
Beobachtungen, die Dr. Qnönu im Hospital
Cochin machte, Operationen, namentlich Laparo-
tomien und ähnliche Eingriffe, eine entschiedene
Prädisposition für Influenza schaffen. In dem
Pavillon Pasteur befanden sich vom Deoember
1894 bis Februar 1895 16 Wärterinnen und 115
(weibliche) Kranke. Yon diesen wurden 40 von
der Influenza ergriffen, und zwar 31 Kranke und
9 vom Personal. Von den 31 Patienten waren 17
nicht operirt und 14 operirt worden. Von den
14 Operirten erkrankten 10 unmittelbar nach der
Operation, 4 längere Zeit danach. F. hält es für
ausgeschlossen, dass etwa eine Erkältung während
der Operation an diesem Verhalten Schuld sein
könne, sondern meint, dass einestheils der chir-
urgische Eingriff die Widerstandsfähigkeit des
Körpers herabsetzt, anderentheils das Chloroform
die Athemwege reize und damit die Wucherung
der Influenzakeime begünstige. In 3 Fällen schien
die Grippe die Heilung der Operationswunden zu
verzögern, doch nicht direkt, sondern nur dadurch,
dass durch die Hustenstösse die angelegten Nähte
gelockert wurden.
Einen äusserst bösartig verlaufenden Fall von
Influenza beschreibt Högerstedt(56).
Ein öljäbr. kräftiger Maon war am 24. Nov. nach
einer Erkältung mit Schmerzen im Rücken, Schnupfen
und Schüttelfrost erkrankt Am 28. Nev. kam er in sehr
üblem AUgemeinzastand und mit den Zeichen grösster
Athemnoth in*8 Hospital. Ausser Fieber und grosser
Empfindlichkeit der Rücken- nnd oberen Bauchmuskeln
fand sich eine Dämpfung über den unteren Theilen beider
Lungen und eine vollkommene Aulhebung jeder Zwerch-
fellsbewegung. Eine Erklärung dieser Erscheinung war
nicht möglich, speciell war eine Perikarditis, die zur
JLühmung beider Phrenici hätte fiUuen können, nicht
nachzuweisen. Der Zustand verschlimmerte sich rasch,
Nachmittags trat Bewnsstlosigkeit auf und am felgenden
Mittag erfolgte der Tod^ ohne dass meoingitische Sym-
ptome je deutlich geworden wären.
Bei der ÄuU^ie fand man Emphysem der Longen,
Atheromatose der Aorta, geringe Vegetationen an don
Aortenklappen, Girrhosis hepatis hypertrophioa, Pleoritis
exsudativa duplex praecipue sinistra, Menin^tis cerebro-
spinalis suppurativa, Oedem des Gehirns. Die Pleohtia
hatte zu einer festen Verklebung zwischen dem puhno-
nalen und perikardialen Blatte des Brustfelles und so zur
Compressiott der Phrenici und ZwerchfeMähmung ge-
führt Die bidcteriologische Untersuchung ergab in deo
verschiedenen Exsudaten den Pfeiffer^hen BacQl«
fast in Beincultur. F r fi n k e 1 *8che Diplokokken wurde»
nicht vorgefunden.
Ren du (57) spricht über Ikterus bei Influenza.
Ein 59jähr. Mann, der 14 Tage zuvor an Inflnenu
erkrankt war, zeigte bei seiner Aufbahme in's Hospital
Neck er folgende Erankhmtserscheinungen : AllgemeiDea
Ikterus, massige Bronchitis, Hypertrophie des Herzens
mit Erweiterung der Aorta und einem leisen Mitnd-
geräusch, bedeutende Vergrösserung der Leber und Ao-
schwdlung der Beine ohne Albuminurie.
In einer eingehenden Epikrise erklArt Rendn
die Veränderongeii des Herzens und der Leber fOr
Affektionen alten Datums, den Ikterus für einen
infektiösen, herrührend von der frischen Influenza.
Dass diese Ikterus bewirken kann, zeig:ten 2
andere Kranke derselben Station. Br tritt wahr-
■oheinlioh um so leichter auf, wenn die Leiber
schon vorher nicht ganz gesund war. Bei dem
zuerst genannten Patienten war Potatorium mit
Sicherheit nachzuweisen.
Eine merkwürdige Beobachtung machte Gold-
borg (60). Er sah eine chron. Tripper-Cystitis
w&hrend eines Influenza -Anfalls plötzlich ver-
schwinden.
Der Er. hatte im Januar 1894 Tripper mit Blasen«
katarrh erworben und war trotz mannigfaoher Kor-
versuohe (seit dem August 1894 stand er in Behandlung
Q.*8) nicht eeheilt worden. Im März 1895 erkrankte er
mit SchütteUrost und hohem Fieber an Influenza. Als
er naoh einigen Tagen das Bett verlassen konnte, be-
merkte er zu seinem Erstaunen, dass der früher stete
eiterig getrübte Harn vollkonunen kUu* war. AuoJi wah-
rend der nftohsten Monate konnte von G. im Urin nis
wieder Eiter nachgewiesen werden.
Da die plötzliche Spontanheilung eines chro-
nischen Blasenkatarrhs wohl nie vorkommt, so
nimmt G. an, dass die mit dem Harne ausgeschie-
denen Influenza -Toxine entwickelungshemmend
auf die eitererregenden Mikroorganismen der poet-
gonorrhoischen Cystitis gewirkt haben. Bin Ana-
logen bietet das Absterben der Gonokokken bd
akuten Infektionen, wie Pneumonie und Abdonünal-
typhua. Einen Ähnlichen heilenden Einfluss der
Grippe beschreibt H. Lamarque bei Kranken
mit intermittirender Albuminurie (AnnaL des MaL
des org« g6nito-urinaires Sepi 1894).
Fiessinger (58) beobachtete einen Fall vmi
Orchitis bei Influenza.
Der 9jähr. Knabe bekam am IL Tage einer «typhö-
sen*^ Grippe eine sehr schmerzhafte Anschwellung des
einen Hodens mit akuter Hydrocele. Nach 5 Tagen gingen
diese Erscheinungen zurück, kehrten aber noch 2mal
wieder. Der Ne&nho4e blieb hart und ([eschwoUen^
yi. Innere Medicin.
39
B^rFallFraser's (59) von akuter hämorrhagischer
Niphritis nadi Influenza seichnete sich dadurch ans,
da« trotz hohen Eiweissgiehaltes und sehr geringer Harn-
mengen Oedeme vollkommen ausbUehea. Die bakterio-
logischo Untersuchung des Harnes ergab auf Pepton-
Gelatineplatten nur einen verflüssigenden Coccus, der mit
demMikrocoocns ureae identisch zu sein schien. Pneumo-
kokkea wuchsen nicht
In Moskau traf 1890 und 1891 die Influenza
mit einer ziemlich b^^aartigen Scharlachepidemie
zoflammen und Philipoff (61) beobachtete
16mal beide Krankheiten zugleich bei derselben
Person. OewOhnlich war der Verlauf der, dass
unter Fieber und Abgeechlagenheit sich zunichst
die Erscheinungen der Influenza entwickelten und
am 3. oder 4. Tage unter erneutem Anstieg der
Temperatur Angina und Scharlachauasdüag hinzu-
kamen. Der weitere Verlauf zeigte nichts Beson-
deres. Daas man es mit echter Scarlatina zu thun
hatte, zeigte die charakteristiBche Abachuppung.
Alle Fälle verliefen günstig, während von 29 Fällen
reinen Scharlachs, die Ph. gleichzeitig behandelte,
10 sehr schwer waren und weitere 4 tödtlich
endeten. Man muss also annehmen, dass beide
Xrankheiten aufeinander einen mildernden Einfluss
ausgeübt haben.
V. Foulet (62) berichtet über das Zusammen«
treffen einer leichten Qrippe-Epidemie mit epide-
misch auftretenden Hasern- und Scharlacherkran-
kungen. Ueber besondere Eigenthümlichkeiten des
Verlaufs wird nichts gesagt, doch war auch hier
der Charakter der Erkrankungen auffallend mild.
Bakteriologischea.
63) Weitere Mittheüungen über den Erreger der In»
fuensca; von R. Pfeiffer u.Beck. (Deutsche med.
Wchnschr. XVm. 21. 1892.)
64) Die Äetiologve derinfluenxa; von R. Pfeiffer.
(Ztachr. f. Hyg. Xül. 3. p. 357. 1893.)
65) Beitrag xwr Aetiologie tmd paihologischen Ana^
tomie der Influenxa; von Weichselbaum. (Wien.
Win. Wchnschr. V. 32. 33. 1892.)
66) Ueber die differentieÜe Diagnostik von entünd-
hehen Lungenaffektionen ; von Wassermann. (Deut-
Khe med. Wchnschr. XIX. 47. 1893.)
67) Beobaehiungen über das Vorkommen des Pfe if-
fe r 'sehen Influenxabacilltis ; von Borchardt (Beil.
Bin. Wchnsdir. XXXI. 2. 1094.)
68) Zuir Bakteriologie der Infhtenxa : von C h i a r i.
(Prag. med. Wchnschr. XVm. 52. 1893.)
69) Ü eiber die Influenxabctcillen bei Otitis media;
tOD S c h e i b e. (Münchn. med. Wchnschr. XXXIX. 14.
1892.)
70) 8ur le mierobe de Vinftuenxa; par Oornil et
Ckantemesse* (Ball. m6d. 1892. d. 133.)
71) InftuenxabaciUen bei Lungenabseess ; von Hitzig.
(Münchn. med. Wchnschr. XLU. 35. 1895.)
72) Ueber den Mikroorganisntus der Influenxa und
^ bakteriologis^' klinische Diagnose dieser Erkran"
hmg; von Nastiukow. (Wratsoh. Nr. 30. 32. 33.
1893; ref. im Centr.-Bl. f. BakterioL u. Parasitenkde.
XIV. 24. 1893.)
73) Ueh&r den Inft/uenxahaeiUus ; von Buber.
(Ztschr. f. Hyg. XV. 3. p. 454. 1893.)
74) Zur Aetiotogie der Influenxa; von M. Richter.
(Wien. klin. Wchnschr. VH. 29. 30. 1894.)
75) Zur Aetiologie und Diagnose der Influenxa; yoia
'^'.Kruse. (Deutsche med. Wchnschr. XX. 24. 1894.)
76) Beobaehtungen und Untersuehungen über In-
fiuenxa und den Erreger dieser Erkrankung; von 0.
V 0 g e 8. (Berl. klin. Wchnschr. XXXI. 38. 1894.)
77) Bakteriologisehe Befunde bei schweren Erkran^
hungen des Centrtänervensystems im Verlaufe von In-
fluenxa; von A. Pf nhl. (Berl. klin. Wchnschr. XXtX.
39. 40. 1892.)
78) Beobachtungen über Influenxa; von A. Pfuhl.
(Deutsche mil.-ärztl. Ztschr. XXIY. 3. 1895.)
79) Untersuchungen und Beobachtungen über die
Aetiologie und Pathologie der Influenxa, nAst therapeu^
tischen Bemerkungen; von L. Letserich. (Ztschr. f.
kUn. Med. XXVU. 3. 4 p. 343. 1895.)
In unserer letzten Zusammenstellung (Jahrbb.
GGXXXÜL p. 246) konnten wir nur kurz die vor-
lAufige Mittheilung Pfeiffer 's Über den Erreger
der Influenza referiren. Seitdem sind von ihm
2 weitere Arbeiten (63. 64) erschienen, die das
damals Gesagte in allen Punkten aufrecht erhalten
und noch wesentlich erweitem. Der Influenza-
badllus ist ein kurzes Stäbchen, nicht ganz von dem
Dickendurchmeeser des Mäuseseptikftmiebactllus.
Er ist meist nur 2 — 3mal so lang, als breit, an den
Enden abgerundet, besitzt keine Kapsel und im
hängenden Tropfen keine Eigenbewegung. Sehr
häufig findet man 2 besonders kurze Bacillen dicht
an einander gelagert, so dass man sie leicht mit
Diplokokken verwechseln könnte. In älteren Bein-
cnlturen treten zuweilen ganz lange Scheinf&den
auf. Die Stäbchen nehmen Tarbstofife ziemlich
schwer an, namentlich in ihrem mittleren TheUe.
Am meisten eignen sich noch dieLtf/ffer'sche alka-
lische MethylenblaulOsung und verdünntes Carbol-
fuchsin. Der Gram 'sehen Färbung sind sie nicht
zugänglich«
Die Bacillen gedeihen auf Agar, lassen sich aber
auf diesem nur weiterzüchten, wenn etwas Blut
vorhanden ist. Am günstigsten erwies sich Tauben-
blut, doch ist solches vom Menschen, Meerschwein-
chen und Kaninchen, ja sogar Fischblut ebenfalls
brauchbar. Wie Versuche lehrten, ist es das Hämo-
globin, dessen Anwesenheit unbedingt erforderlich
ist, und zwar wirkt dieses nicht in seiner Eigen-
schaft als SauerstofFträger, sondern lediglich durch
seinen Eisengehalt. Versuche mit künstlich her-
gestelltem Eisenalbuminat blieben jedoch erfolglos.
Das Wachsthum der Grippeerreger auf Blutagar
ist sehr charakteristisch. Nach 24 Std. entstehen
feine, wasserklare Tröpfchen, die nur geringe Nei*
gung haben zusammenzufliessen. Auch grössere
Colonien behalten stets eine aufßdlige, glasartige
Transparenz. Die zulässigen Temperaturgrenzen
liegen bei 26 und 42^ G. Bei gewöhnlicher Zimmer-
wärme trat nie eine Spur von Entwickelung auf.
Die Influenzabacillen sind streng a^rob. Sie gehen
in Trinkwasser in 1 — 2 Tagen zu Grunde, in
Bouillon halten sie sich über 14 Tage und in
feuchtem Sputum wahrscheinlich eben so lange.
Gegen Austrocknung sind sie sehr empfindlich,
eine Dauerform scheinen sie nicht zu besitzen.
Bei Influenzakranken finden sie sich im Nasen«
schleime und im Bronchialsputum in ungeheuren
40
YI. Innere Medicin.
Mengen, an&ngs in der schleimigen Grundsubstanz,
später Yorwiegend im Innern der Eiterzellen. Die
Dauer ihrer Anwesenheit beläuft sich auf Tage bis
viele Wochen. Im Blute sind sie, seltene Aus-
nahmen abgerechnet, nicht vorhanden ; die gegen-
theiligen Befunde C an on 's (vgl. Jahrbb. OCXXXm.
p. 246) haben sich nachträglich alsirrthümer heraus-
gestellt. Künstliche Infektionen gelangen nur bei
Affen, bei anderen Thieren kam es regelmässig nur
zu den Erscheinungen der Vergiftung, eine Ver-
mehrung der eingeführten Bacillen liess sich nie
nachweisen.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass Pfeiffer
in 3 Fällen von Brondiopneumonie bei diphtherie-
kranken Kindern einen Bacillus fand, der mikro-
skopisch und tinktoriell mit dem Influenzaerreger
die grOsste Aehnliohkeit hatte. Beim Wachsthume
auf menschlichem Blutagar ergaben sich aber doch
deutliche Unterschiede, indem dieser „Pseudo-
influenza-Badllus'^ nach 24 Std. erheblich grosser
war als der echte, und eine Neigung zur Bildung
langer Scheiniftden zeigte, die bei diesem in dem
gleichen Entwickelungstadium meist vollständig
fehlen.
Wenn man bedenkt, dass die Grippe seit 1892
fast niemals vollständig erloschen ist und andauernd
im Vordergrunde des ärztlichen Interesses gestan-
den hat, so erscheint die Zahl derer, die sich mit
ihrer bakteriologischen Erforschung beschäftigt
haben, verhältnissmässig gering. Dafür liefern aber
die vorliegenden Veröffentlichungen fast ausnahme-
los eine Bestätigung der von Pfeiffer gemachten
Angaben, zum Theil erweitern sie unsere Kennt-
niss über das Verhalten des Qrippeerregers ausser-
halb und innerhalb des menschlichen Körpers.
Weichselbaum (65) fand bei 5 Sektionen von
Influenzapneumonie die Pfeiffer 'sehen Bacillen,
und zwar fast immer in Reincultur. Ganz ähnlich
waren die Befunde Wassermann's (66) bei In-
fluenzapneumonie. Auch Borchardt (67) und
Chiari (68) konnten in der Epidemie des Jahres
1893 den Lifluenzabacillus ziemlich regelmässig
bei Grippekranken nachweisen. Scheibe (69)
• fand ihn im eiterigen Exsudat bei Otitis media,
Hitzig (71) in einem Lungenabscesse (das Nähere
vgL oben Nr. 46). Gornil und Chantemesse
(70) glauben ihn aus dem Blute eines Kaninchens
gezüchtet zu haben, dem sie Blut eines Influenza-
kranken intravenös beigebracht hatten.
Huber (73) konnte die Pfeiffer 'sehen
Bacillen zwar nicht in allen Fällen, die sich klinisch
als Influenza darstellten, nachweisen, im Uebrigen
kam er aber mit seinen Untersuchungen zu Resul-
taten, die sich mit denen Pfeiffer 's vollständig
decken. Der Nachweis von Bacillen im Blute ge-
lang ihm niemals. Da die Verwendung des von
Pfeiffer empfohlenen Blutagar gewisse Unbe-
quemlichkeiten hat, so versuchte er das frische Blut
durch Bommel^s Hämatogen zu ersetzen. Bei Zu-
satz von Kalilauge lässt sich dieses ohne Coagu-
lation sterilisiren und bildet mit Agar einen dorch-
sichtig«! Nährboden, auf dem InfluenzabaciUen gut
gedeihen und sich durch mehrere Generationen fort-
züchten lassen. Sie wachsen allerdings erheblich
langsamer als auf Blutagar, haben aber dafür eine
bedeutend grossere Lebensdauer als auf diesem, ao
dass noch nach 40 Tagen Weiterimpfnngen mit
Erfolg vorgenommen werden konnten. In Stich*
culturen waren sie sogar noch nach 67 Tagen fort-
pflanzungsfähig. Da Oxyhämoglobin in Hämatogen-
agar spektroskopisch nicht nachweisbar ist, so kann
das Hämoglobin nicht als Sauerstoffträger, sondern
wohl nur in Folge seines Eisengehaltes das Wacha-
thum der InfluenzabaciUen ermöglichen.
Auch M. Richter (74) fand die Pfeiffer'-
sehen Bacillen nur in etwa der H&lfte der auf In-
fluenza verdächtigen SWe, bezweifelt aber ihre
Specifität deshalb nicht Er versuchte sie andi
auf anderen Nährböden zu züchten, hatte aber mit
sterilisirtem Sputum, steriler Galle, ESigelb kdne
befriedigenden Resultate, eben so wenig auf einem
Agar, der mit Sckmiedeberg^sVerrBLÜn versetzt war.
Für unumgänglich nöthig hält er eine genügende
Alkaleecenz des Nährbodens.
Kruse (75) vermieste dagegen die Bacillen bei
den von ihm untersuchten 18 Kranken niemals im
Sputum. Die Dauer ihrw Anwesenheit war sehr
verschieden und schwankte zwischen einigen Tagen
und mehreren Monaten. Häufig bemerkt man bä
der Abnahme der Bacillen an ihnen Zeichen der
Degeneration: unregelmässige, plumpere Formen,
mangelhafte Färbbarkeit, zuweilen tritt zugleich
eine neue Bakterienart auf den Schauplatz, z. B.
Streptokokken. Diese Dauerhaftigkeit der Inflaenza-
keime im Sputum ist offenbar ftir die ^tstehung
neuer Epidemien von grOsster Bedeutung. Die Vor-
stellung, dass neue Infektionen durch den Luftstaub
erfolgen können, ist unbegründet, da die Lebens-
fähigkeit der Bacillen im getrockneten Zustande
schon nach 24 Std. erlischt.
Yoges (76) isolirte die InfluenzabaciUen in
15 Fällen aus dem Auswurfe, in einigen andren
Fällen fand er nur Streptokokken oder Diplokokken.
2 Fälle, die unter dem Bilde der Grippe verlaiif«^
waren, aber keine Bacillen aufgewiesen hatten, ent-
puppten sich post mortem als Sepsis. Im Blots
waren die Bacillen niemals nachweisbar, obwohl
immer grössere Mengen Blut zur Aussaat kamen.
Infektionsversuche an Thieren blieben stets a>
gebnisslos. Allerdings bekamen Kaninchen und
Meerschweinchen bei peritonäaler Impfung von
Agarculturen Mattigkeit, Schwäche der Hinterbeine
und starke Durchfälle, die Organe der veratorbenea
Thiere waren aber stets frei von Bacillen, und bei
Verwendung von abgetOdteten Culturen traten gani
dieselben Erscheinungen auf, so dass man es also
nicht mit einer wirklichen Infektion, sondern nor
mit einer Vergiftung zu thun hatte.
Nastiukow (72) hatte angegeben, dass sich
der Pfeiffer 'sehe Bacillus gut auf einem Agar
TL Innere UediciiL
41
sflchfen lasse, der mit Eigelb versetzt undmitNatr.
cansticum alkalisch gemacht war. Er nahm an,
dass das im Dotter vorhandene Lutein, eine dem
Hämoglobin nahestehende Eisenverbindung, ge-
eignet sei, dieses zu ersetzen. Die Versuche, die
Voges mit diesem N&hrboden vornahm, schlugen
jedoch ^mmtlich fehl, und Kruse und Richter
(vgl. oben) wissen auch nur über Misserfolge damit
zu berichten«
Pfuhl (77. 78) hatte schon vor der 1. Ver-
öffentlichung Pfeiffer ^s aus dem Auswurfe von
Orippekranken einen Bacillus gewonnen, der sich
naehtr&glich als mit dem P fei ff er 'sehen Influenza-
bacillus identisch erwies. Im April 1892 bot sich
ihm Gelegenheit, seine Kenntnisse über diesen
Gegenstand zu erweitem. Er erhielt zur Begut-
achtung die Leichentheile von 5 Soldaten zugesandt,
die anter den Erscheinungen einer typischen Gere-
brospinalmeningitis gestorben waren und deren
Sektionsbefund diese Diagnose zu bestiltfgen schien.
In dem einen FaUe fand sich ausserdem in der rech-
ten Kleinhimh&lfte ein umfangreicher Abscess. Die
bakteriologische Untersuchung ergab nun ausnahme-
los in der Cerebrospinalflüssigkeit, im Kammer-
wasser, im Eiter des Abscesses und in den Exsu-
daten der Hirnhäute massenhafte InflnenzabaciUen,
daneben in geringer Menge kapsellose Kokken. In
Schnitten aus den gehärteten Gehirn- und Rücken-
markstQcken lagen die Bacillen stets innerhalb der
Geftsse, meist vereinzelt oder unregelmftssig ver-
streut. In 2 FUlen fanden sich regelrechte Gefäss-
thrombosen, die'entweder nur aus Influenzastftbchen
oder aus diesen und einem kapsellosen Coccus
bestanden. Namentlich die Capillaren der Qross-
himrinde waren reich daran. Die Ganglien und
Qliazellen waren dagegen durchweg frei von
Bacillen.
Wir erinnern hier an den oben (29) mitgetheilten
Befand Nauwerck's von Influenzakeimen bei
h&morrhagischer Encephalitis und an die ganz
Ahnliöhen Beobachtungen von Trouillet und
Esprit (30).
Lietzerich (79) erinnert daran, dass er be-
leits 1876 die Erreger der Influenza im Blute von
Grippekranken nachgewiesen und 1880 beschrieben
habe. Er züchtete sie in Glaskammem auf steriler
Eansenblase, die mit frischem Blute beschickt waren,
und bekam grosse, unregelmässige Colonien, die
aus feinen Mikroben in dichter Anordnung bestan-
den. Da er mit ungenügenden YergrQsserungen
arbeitete, so hielt er die Mikroorganismen für Kokken
und bezeichnete sie als Micrococcus influenzae. Erst
BjAter konnte er sich von ihrer Stäbchengestalt
überzeugen.
Nachdem dieMittheilungPfeiffer's über den
Inflnenzabadllus erschienen war, bediente sich L.
KU Cnltorzwecken mit Vorliebe der Kartoffel und
Iconnte auch auf diesem Nährboden die Mikroben
aus dem Blute imd dem ürine von Influenzakranken
zum Wachsthume bringen.
|ied. Jabrbb. Bd. 250. Hft. 1.
Prophylaxe und Behandlung',
81) Ueber Chinin und Influenza; von Oraeser.
(Deutsche med. Wohnschr. XIX. 61. 1893.)
82) The Prophylaxis of influenxa; by Sinclair
Gogh i 11. (Brit. med. Jouro. April 6. 1895.)
83) Recherches experimerüales et cliniques sur Vin-
fluenxa; par A. Messe. (Revue de Med. XV. 3. p. 185.
1895.)
84) Zur Behandlung der nervösen Form der In^
fluenx4». mit Scdophen; yod R. Drews. (Centr.-Bl. f.
innere Med. XVI. 47. 1895.)
85) Influenxa; von Adae mn. (Württemb. Corr.-
Bl. LXIV. 35. 1894.)
C. Gräser (81) hatte bereits 1889 den Vor-
schlag gemacht, als Prophylakticum bei drohender
Influenza Chinin zu geben, da er mit diesem Mittel
bei der Malaria sehr gute Erfolge gehabt hatte und
nach den klinischen Erscheinungen eine nahe
Verwandtschaft zwischen dem Intermittens- und
dem Influenzagifte annehmen zu müssen glaubte
(vgl. Jahrbb. CCXXV. p. 255). Er fand nun Gelegen-
heit, die prophylaktische Wirksamkeit des Chinins
im Grossen experimentell zu prüfen, da ihm wäh-
rend einer Influenza-Epidemie die 2. Schwadron
des Bonner Husarenregiments zur VerfQgung ge-
stellt wurde. Die Mannschaft dieses Truppentheils
erhielt 22 Tage lang täglich 0.5 Chinin, mur. in
15 g Genever gelöst um das nachträgliche Aus-
spucken der Lösung zu verhüten, musste direkt
nach dem Einnehmen ein Stück Bret gekaut werden.
Von dieser Schwadron erkrankten nun während
der genannten Zeit nur 7 Mann, davon 3 am 1. Tage
des Versuchs, 2 am 4. und je 1 am 5. und 6. Ver-
suchstage. Bei den übrigen Schwadrenen, die kein
Chinin bekommen hatten, war die Zahl der Er-
krankten 22, 19, 42 und 32. Eine günstige Wir-
kung war also nicht zu verkennen. Um diese zu
erzielen, ist es nach G.'s Meinung wichtig, das
Mittel in genügender Dosis, einmaliger täglicher
Gabe und gelöst zu verabreichen.
Sinclair Coghill (82) hatte bei einem ähn-
lichen Massenvarsuche ebenfalls gute Resultate.
Er gab in einem Pensionate, als die Influenza gras-
sirte, jedem Mädchen täglich nach dem Frühstücke
0.3 g Chinin. Alle blieben gesund, obwohl durch
eine Dienstmagd die Ejrankheit sogar in's Haus
gebracht wurde. In einer späteren Epidemie zeigte
sich dieselbe Immunität der mit Chinin behandelten
jungen Damen. Dagegen erkrankte eine Lehrerin,
die kein Chinin hatte nehmen dürfen. Ebenso
blieb der aus 14 Personen bestehende Hausstand
C.'s bei regelmässigem Gebrauche des Mittels von
der Seuche verschont. Nur C. erkrankte an In-
fluenza und schwerer Pneumonie, als er im Drange
der Berufsgeschäfte mit dem Chinin einige Zeit
ausgesetzt hatte.
Auch die Versuche an Thieren, die M o s s 6 (83)
in Toulouse vornahm, sprachen für eine prophylak-
tische Wirkung des Chinins. Er spritzte Kanin-
chen Blut von Influenzakranken, später Aufschwem-
mungen von Pfeiffer'schen Bacillen in die Ohr-
vene. Der eineTheil dieser Thiere hatte ^J^SXxvoAq
6
42
YL Innere Medicin.
vorher 0.05 g Chinin intravenös und eben so viel
per OS bekommen. Diese blieben gesund, wäh-
rend die nicht mit Chinin behandelten mit Fieber,
Appetitlosigkeit und Schwäche der Hinterbeine er-
krankten und unter umständen erlagen.
Wie den meisten anderen üntersuchem gelang
es M. fast niemals, im Blute von influenzakranken
Menschen und im Blute von solchen Thieren, die
mit menschlichem Infiuenzablute inficirt waren,
Bacillen nachzuweisen. Dagegen konnte er wieder-
holt aus dem Blute solcher Thiere, die intravenös
mit Influenzaculturen geimpft waren, noch am
5. Tage nach der Injektion typischePfeiff er 'sehe
Stäbchen züchten; diese hatten aber regelmässig
so viel von ihrer Lebensfähigkeit und Virulenz
verloren, dass sie zu weiteren Infektionen unbrauch-
bar vraren. Besonders spärlich und hinfällig waren
die Bacillen, die aus dem Blute der mit Chinin be-
handelten Thiere stammten.
Das Chinin verschlechtert also den Nährboden
der Influenzaerreger und eignet sich deshalb mehr
als jedes andere Mittel zur Prophylaxe und Be-
handlung der Grippe. Bei Erwachsenen hält M.
zu ersterem Zwecke 0.5 — 0.8 für die richtige
Tagesgabe; ist die Krankheit bereits ausgebrochen,
so wird man bis zu 1.0 oder 1.25 täglich steigen
müssen. Da der Magen derartige Dosen nicht
immer vertragt, so empfiehlt M. sehr die subcutane
Anwendung.
Sonst ist in therapeutischer Beziehimg nicht
Yiel zu berichten. D r e w s (84) ist vom Salophen
(täglich 3.0 — 6.0 bei Erwachsenen) „aufs höchste
befriedigte^ A d a e jun. (85) empfidlilt heisse Bäder
(bis 42<> C), Abführmittel, den constanten Strom
und kleine Gbben von Chinin, tannicum.
80. 1) Ueber Lumbalpunktion; von Dr.
Hermann Bieken. (Deutsches Arch. f. klin.
Med. LVI. 1 u. 2. p. 1. 1895.)
2) Ueber den diagnostiaohen und thera-
peutisohen Werth der Lumbalpunktion ; von
Prof. H. Lenhartz. (Münchn. med. Wchnschr.
XLEI. 8. 9. 1896.)
8) Plötsliohe Todesfälle nach Lumbalpunk-
tion; von P. Fürbringerin Berlin. (Centr.-Bl.
f. innere Med. XVn. 1. 1896.)
1) Bieken stellt 33 F. aus der Kieler med. Klinik
zusammen und sucht damit die üngeffthrlichkeit
und den Werth der Lumbalpunktion zu beweisen.
Diagnostisch wichtig ist zunächst der Druck, unter
dem die Flüssigkeit steht, man kann 40 — 60 mm
etwa als die Norm, 150 mm sicher als krankhaft
ansehen und man kann sagen, dass massige Druck-
steigerung mit schweren Druckerscheinungen auf
eine akute, starke Drucksteigerung mit geringen
Druckerscheinungen auf eine chronische Erkran-
kung schliessen lässt Wichtig ist femer der
Eiweissgehalt, der in der Norm etwa 0.5 — 1%«
beträgt, bei Stauung (Hirntumoren) und Entzün-
dung (tuberkulöse Meningitis) auf 2 und mehr pro
Mille steigt Wichtig ist endlidi das Aufisehen,
der Flüssigkeit, vor Allem ihr Gehalt an Zellen.
Nach Bakterien wurde nur einige Male, speciell
nach Tuberkelbacillen gar nicht gesucht
Ueber die iherapenäisehen Erfolge spricht R
sich noch recht vorsichtig aus, hofft aber von der
Zukunft das Beste. Zum Schlüsse bescfar^bt er
genau die Technik.
2) Lenhartz hat im allgem. Krankenhause
zu Hamburg-St Georg an 85 Kranken über 150
Lumbalpunktionen ausgeführt und hält diesen ge-
fahrlosen Eingriff für sehr werthvoll. Er punktirt
im 3. oder 4. Lendenwirbelzwischenraume genau
in der Mittellinie.
A. Tuberkulöse Meningüis. 14 Fälle, in 12
wurde Exsudat erhalten. Auffallend waren die
grossen Mengen (bis zu 100 com), die unter star-
kem Drucke (bis zu 500 mm) abflössen. Spec.
Gewicht 1005—1008; Eiweissgehalt 2— 3Voe
(einmal 9<^/ao)* Tuberkelbacillen wurden nur in
einem einzigen Falle gefunden. Therapeutisdi:
nur vorübergehende Besserungen.
B. Himiuinoren. 4 FSUe. 1 Kranker spürte
eine vorübergehende Besserung, 1 starb 7 Stunden
nach der Punktion. Es liefen grossere Mengen
bis zu 75 com aus. Einmal betrug der Eiweisfi-
gehalt 2^lJ^l^i Zucker konnte nie nachgewiesen
werden. Die Stauungspapille blieb unverändert
In einem Falle von Pachymeningüis haanor-
rhagica flössen 100 com reinen Blutes aus. Bei
einer schweren Verletzung der Halswirbelsftule and
des Halsmarkes 100 ccm innig mit Blut gemischten
Liquors.
C. .^ifopleode im chronischen Stadium. 1 1 Falle.
BeichUche Entleerung. Spec. Gewicht 1006—
1007, Eiweiss: Spuren bis 2V4*/oo- Druck: 60—
80 mm, aber auch höher bis zu 280 mm. Keine
Besserung der Beschwerden (Kopfschmerzen, Qhe-
derschmerzen).
D. Chronische seröse Meningitis, 3 nicht gani
klare und noch nicht abgelaufene Fftlle. YgL Ori-
ginal.
K Akute nicht tuberkulöse Cerebro^nalmemn'
gitis. F. Bimreixerscheinungen bei cutdenveilen
Erkrankungen. G. Chlorose. Hier f ührt L. ein-
zelne Beobachtungen ausführlich an, die zum Thetl
eine sehr günstige Wirkung der Punktion auf-
weisen. Bei der Chlorose mit schweren Him-
erscheinungen wird man stets an Sinusthrombosen
denken müssen.
L. meint zum Schlüsse, dass man die Lumbal-
punktion zunächst nur als „eine wichtige Grtese
in die diagnostische Wahrscheinlichkeitsrechnung''
einfügen könne, erwartet aber therapeutisch von ihr
da, wo die Herabsetzung des krankhaften Druckes
in der Gehim-BückenmarkhOhle überhaupt nützen
kann, gute Erfolge.
3) Fürbringer hat in kurzer Zeit 5 Kranke
bald nach der mit aUer Vorsicht ausgeführten
Lumbalpunktion sterben sehen. 2 Kranke waren
YL Innere MedidiL
43
urämiflch, 3 hatten Hirngeschwülste. Bei diesen
3 trat nach der Punktion vorübergehend eine deut-
liche Besserung ein, dann nahmen die Beschwerden
wieder zu, die Kopfschmerzen wurden äusserst
heftig und die Kranken starben schnell. Nach
seinen Beobachtungen und nach einem ganz ähn-
liehen Falle von Lichtheim ist F. geneigt, den
schnellen Tod als eine Folge der Punktion anzu-
sehen. Man kann sich denken, dass in Folge
der entstehenden starken Druckverschiedenheit die
Himmasse gegen die harten Bänder des Hinter-
hauptloches angepresst wird (Stadelmann-
Hirsch) und dass dabei die in nächster Nähe
gelegenen Centra schwer geschädigt werden. Jeden-
ialls ist Vorsicht geboten. D i p p e.
81. Der primäre Tradhealkrebs ; von Dr.
ROestreich. (Ztschr. f. kUn. Med. XXVIH
5 u. 6. p. 383. 1895.)
Oe. berichtet aus dem pathologisch-anatomi-
schen Institute zu Berlin über 3 Fälle dieser selte-
nen Erkrankung.
Der 1. Fall betraf eine 28jähr. Frau, bei der sich
oach and nach eine Yerengerong der Trachea ausbildete,
ohne dass man mit Sicherheit deren Grund hätte fest-
stellen können. Das Leiden dauerte 6 Monate. Im
2. Falle, 54jähr. Frau, konnte man die höckerige Ge-
schwulst im Kehlkopfspiegel sehen und nach der Tracheo-
tooiie auch fühlen. Im 3. Falle, GStjähr. Mann, trat der
Tod sehr frühzeitig ein, indem die enge Stelle durch
grossere Schleimmassen verlegt wurde. Die Diagnose
blieb zweifelhaft, namentlich auch in Folge einer ^cur-
Tensiahmnng, die unter Anderem die Untersuchung der
Tnchea sehr beeinträchtigte.
Zum Schlüsse seiner Arbeit stellt Oa 20 Fälle
von pnmSrem Tracheakrebs kurz zusammen.
Scheuer (Inaug.-Diss. München 1893) zählte
Uiter 81 primären Tracheageschwülsten 18 Krebse.
Der Krebs kommt, wie Fall.l zeigt, schon in ver-
Ultnissmässig frühen Jahren vor imd entsteht fast
immer ohne bekannte Ursache. Er tritt, wie der
Kagenkrebs, als fläohenartige Infiltration oder mehr
umschrieben, knollig, warzig oder frühzeitig zer-
^iülend auf^ bevorzugt keine Stelle der LuftrOhre
uui zeigt eine auffallend geringe Neigung zur
Metastasenbildung. Eine sichere Diagnose ist nur
dann möglich, wenn man die Geschwulst sehen
oder fühlen kann, oder wenn das Debergreifen auf
die Nachbaroigane zu sehr charakteristischen Er-
scheinungen führt Sonst wird man sich unter
Ausschluss aller anderen Tracheaverengerungen
mit einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose begnügen
i&üssen. Dippe.
82. Ueber den Polymorphismaa der Krebs«
ges^Aiwülste und die klinische Bedeatnng der
Temperatur bei Caroinomen innerer Organe ;
▼on Prof. S. Wassiljeff in Juijeflf (Dorpat).
(VerhandL d. Xm. Congr. f. innere Med. Wies-'
Wen 1895. J. F. Bergmann, p. 579.)
W. macht darauf aufmerksam, dass wir den
Krebs klintsch gemeinhin viel zu oberflächlich
ftbthon, und zieht einen interessanten Vergleich
zwischen Krebs und Tuberkulose. Hier wie dort
3 Formen des Verlaufes: 1) die akute miliare
Form ; 2) die chronische, Ortlich beschränkte, fieber-
lose Form ; 3) als Mittelding die chronische oder
subakute Form mit unbestimmten Fiebersteige-
rungen, entsprechend den von Zeit zu Zeit er-
folgenden Neuablagerungen von Krebselementen
in der nächsten Umgebung der primären Ge-
schwulst oder weiter von ihr entfernt. W. hält
den Krebs unbedingt für eine Infektionskrankheit
und berichtet kurz über Harnuntersuchungen von
Prof. Afanassjeff, die diese Ansicht stützen.
Die Niere kann durch zweierlei Giftstoffe geschä-
digt werden: während der Krebs flott wächst, durch
die Stoffwechselprodukte der Carcinomparasiten,
während er zerfällt, durch die dabei frei werdenden
Gifte. Man wird nur einen solchen Krebs ganz
aus dem Körper entfernen können, der sich chro-
nisch, ohne Fieber entwickelt hat. Tritt Fieber
auf, so haben wir es nicht mehr mit einem um-
grenzten Knoten zu thun und die Heilung durch
Operation wird zweifelhaft.
Die mit Krankengeschichten belegte Arbeit
scheint uns recht beachtenswerth zu sein. Dippe.
83. Die Behandlang der Pyelitis mit Nie-
renbecken-Ansspülnngen per yias natnrales;
von Dr. Leopold Gasper in Berlin. (Therap.
Monatsh. IX. 10. 1895.)
C. hat diese Behandlung in 2 Fällen angewandt Im
1. Falle handelte es sich um einen 34jähr. Mann mit
schwerer gonorrhoischer Cystitis und Pyelitis beiderseits.
Die länfährung von Kathetern in dieüreteren gelang mit
Hülfe des Cystoskop in der Narkose sehr leicht Das
stärker erkrankte linke Nierenbecken wurde durch einen
Yerweilkatheter mit Borsäure- und 1 — 2proc. Höllenstein-
lösung wiederholt ausgespritzt, in das rechte wurden nur
einmiQ 10 com einer 2proc. Höllensteinlösung eingespritzt
Der Erfolg sohlen recht gut zu sein.
Im 2. Falle (28jähr. Mann) wurde das chronisch ent-
zündete und etwas erweiterte linke Nierenbecken in
Zwischenräumen von 4 Tagen 6mal mit schwacher Höllen-
steinlösung ausgespritzt, auch hier mit Nutzen.
Ein 3. Fall stammt von Howard A. Kelly.
Dippe.
84. NephrolithiaalBimAnsolilaBBanBreeh«
dnrohfiill ; von Prof. H. Eiehhorst (Deutsche
med. Wchnschr. XXI. 48. 1895.)
E. sah bei seinem ebenen lOjähr. Sohne unmittelbar
nach einem heftigen Brechdurchfall unter lebhaften
Schmerzen Harnsäuresteine abgehen, die sich augen-
scheinlich in wenigen Tagen gebildet hatten und nach
deren Entleerung sehr bald Alles wieder gut war.
Als Seitenstück berichtet E. über 2 Herren, die
wiederholt bald nach dem Oenuss von Weisswein Harn-
steine entleert haben. Dippe.
85. Ueber die diagnostisohe Bedeutung
der alimentären Glykoeurie ; von Prof. B. v o n
Jak seh. (Yerhandl. d. XIIL Congr. f. innere
Med. Wiesbaden 1895. J.F.Bergmann, p. 535.)
V. J. hat alimentäre ölykosurie — das Unver-
mögen, 100 g ehemisch reinen Traubenzuckers
vollständig verarbeiten zu können — neuerdings
beobachtet bei Schwangeren, bei Pbosphorvergif-
44
YL Innere MedioiiL
1
tung und bei Neurosen, namentlich auch bei der
traumatischen Neurose. D i p p &
86. Die gatartigen Tamoren der Zangen-
basis ; von W. M ü 11 e r. (Inaug.-Diss. Würzburg
1895. Boegler.)
Die Arbeit ist aus dem Sei fort 'sehen Ambu«
latorium hervorgegangen und grOndet sich auf
dort beobachtete Fälle. Zur Schilderung der ein-
gangs gegebenen Symptomatologie der gutartigen
Tumoren benutzt M. die Erscheinungen , wie sie
bei hypertrophischer Zungentonsille beobachtet
sind, da je nach Grösse und Ausdehnung der
Wucherungen hier dieselben Störungen entstehen.
In der Schilderung der verschiedenen Neubildun-
gen folgt M. der Böse nb er g 'sehen Zusammen-
stellung der Zungentumoren und bespricht zuerst
die Papillome, von denen 10 Fälle in Seifert 's
Ambulatorium zur Beobachtung kamen. Die Ge-
schwülste waren erbsen-, linsen-, haselnussgross.
Die Differentialdiagnose von syphilitischen Ge-
schwülsten muss dabei stets beobachtet werden.
Yen fibrösen Tumoren wurde nur ein Fall be-
obachtet, in dem nahe der Mittellinie der Zungen-
basis ^/jcm hinter den Pap. circumvallatae ein
lappiger, blassrother, derber, breit aufsitzender
Tumor von l^/^cm Höhe sass. Lipome sind
äusserst seltene, langsam wachsende, durch ihren
gelblichen Schimmer leicht diagnosticirbare Tumo-
ren, während Adenome häufiger vorkommen, für
die Diagnose jedoch mehr Schwierigkeiten bereiten.
Chondrome, Angiome, Dermoide, die in Dermoid-
cysten und Dermoidtumoren zu trennen sind, und
Thyreoidtumoren werden durch Anführung von
Krankengeschichten aus der Literatur iUustrirt.
Weiter werden die Cysten besprochen, die nach
Bosenberg in Betentioncysten von Schleim-
drüsen , in aus dem etwa vorhandenen düatirten
Duct excretor. entstandene Cysten und in aus
Besten der Halskiemenfisteln entstandene Cysten
eingetheilt werden; für die 1. Gruppe werden
9 eigene Beobachtungen angeführt Zum Schlüsse
giebtM. einen Fall von Lingua aocessoria, beobach-
tet von Herzfeld, und einen solchen von Amy-
loidtumoren bei einem syphilitischen Individuum,
beschrieben von Z i e g 1 e r , wieder.
Friedrich (Leipzig).
87. Angiome da pharynz; par Licht-
witz. (Gaz. hebd. Nr. 14. Avril 7. 1895.)
Als gelegentlichen Befand bei einem 16jähr. Mädchen
fand L. hinter der hypertrophischen linken Tonsille einen
dunkelbraunen, zum Theil bläulichen Tumor, der, 3Vscm
lang, VI%om breit, zwischen Tonsille und hinterem
Gaumenbogen lag. Nach oben endigte er etwa ^/fCm
hinter und imter dem unteren Rande der Tube, nach
unten reichte er bis zur unteren Grenze der Tonsille.
Per Tumor sass breit auf, hatte unregelmässig höckerige
Oberfläche, keine Palsation. Vom unteren Thoile begab
feich eine Fortsetzung des Tumor zur hinteren Raohen-
wand, wo sie einen schwarzen unregelmässigen Fleck mit
glattem Epithelüberzug bildete, der nicht vorsprang. An
der Mitte der hinteren Wand befand sich ein ähiuicher
Fleck, der indessen grosser war und von einer grossea
erweiterten Vene durchzogen wurde. Das Mädchen hstte
keine Beschwerden von diesem vaskulären Tomor ond
hatte nie an Blutongen aus dem Munde geütten. Im
Gesichte hatte sie einige pigmentirte Naevi, am übiigen \
Körper keine, eben sowenig fanden sich Male beiandorea
Faoulienmitgliedem. Behandlung erfolgte nicht Nor bei
M. 8 chmidt fand L. Angaben über ännliohe l%lle.
Friedrich (Leipzig).
88. Snr deoz om de polypös bilobes soiif-
glottiqnes; par le Dr. Wagnier, Lille. (Bevoe
deLaryngoL, d'OtoL et de Rhinol XVI. 20. 1895.)
Zwei Smie von zweilappigen Eehlkopftumoren, die
ihren Ursprung einmal unterhalb des linken, das andere
Mal unterhalb des rechten Stinunbandes nahmen. Bei
beiden sass einer grosseren breitbasigen Geschwulst eine
kleinere, kugelige, bei der Phonation sich zwisohen die
Glottis drängende gestielt auf, die während der Besp-
ration unter das Niveau der Glottis zurücksank. Die
Exstirpation gelang leicht mit Sohlinge und Störk'sdißt
Guillotine. Friedrioh (Leipag).
89. Fibroine Yolnminenx du larynx deve-
loppe daiiB Pespaoe interaryth^noidien; par le
Dr. Ch. Gevaert (Belgique in§d. IL 43. 1895.)
Eine 52jähr.Pai hatte, bei sonst gutem Gesundhats-
zustand , seit Vs Jahre allmählich zunehmende Atfaem-
beschwerden. Zuerst war die Athmung nur Nachts ge-
räuschvoll, zuletzt auch am Tage keuchend ; die Stimme
klang hohl und fem. Beständiges Druckgefühl im Hal&
Bei der Spiegel Untersuchung zeigte sich ein grosser,
runder, elatter, rothlicher Tumor, der den Kehlkopf-
eingang überragte und die Aryknorpel auseinander drängte.
Der Tunor, den 8. wegen seiner langsamen EntwickeJnng
für ein Fibrom hielt, wurde mit der galvanokaustischea
Schlinge abgetragen, wobei er sich als sehr hart erwies.
Sofort nach der Operation war die Athmung frei, die
Stimme gut Die Maasse des Tumor waren 2 : 1 */s • 1 cm.
Der Fall ist bemerkenswerth sowohl wegen der Grösse
des Tumor, als auch durch den ungewöhnlichen Sitz in
der Regio interarytaenoidea.
Rudolf Heymann (Leipzig).
90. The senaory tfaroat neiuoBOs of the
olimaotexio period; by Felix Semozu (Brit
med. Joum. Jan. 5. 1895.)
Die Sensationen, die am häufigsten im Klimak-
terium auftreten, äussern sidi als Parftsthedeu
und Neuralgien, niemals als Anfisthesieii oder moto-
rische Neurosen. Den Namen Halsneuroarai, nicht
Bachen« undLarynxneurosen giebt ihnen 8. wegen
der Unmöglichkeit der bestimmten Lokalisation
von Sensationen im Halse seitens der B[ranken.
Die Neuralgien sitzen an einer Seite des Halses,
strahlen zuweilen nach dem Ohre aus, selten sind
sie blitzartig beiderseits wechselnd, ihre St&rke ist
äusserst verschieden. Das Einsetzen der Sym-
ptome erfolgt mit Beginn des Elimakteriiuiiy zu-
weilen vor Beginn 4er Menstruationsanomalie. Die
Prognose ist im Allgemeinen günstig, soltau dftofirt
die Neurose langer als 3 Jahre; zuweilaii ver-
schwindet sie, um anderen Neurosen oder Nenr-
•algien Platz zu machen. Bei Besprechung der
Diagnose warnt S. nachdrücklich vor der beliebten
Uebertreibung, die geringsten scheinbarea Ab-
normitäten der oberen LuftwQge für alle möglichea
nervQsen Störungen verantwortUcb zu macbefli
YL Ipneoe U^diQm.
46
wShiend andeirerseits natürlich wirklich vorhan-
dene Stfinmgen, besonders anoh die mit der Ent-
wickelüng Ton malignen Tumoren im Zusammen-
hang stehenden, nicht übersehen werden dürfen.
FQr die Behandlung wird die Anwendung von
Medikamenten, besonders der Narkotica, verworfen,
am ehesten sind indifferente Mittel, wie Menthol-
,wpt^i od^r Tonica, zu empfehlen, eventuell auch
milde Xuren in Karlsbad, Marienbad u. s. w. Den
Hauptnutzen verspricht sich S. von der psychischen
Beeinflussung. Die Erfolge der Elektricität sind
zweifelhaft Friedrich (Leipzig).
91. Pio 31^tuBgen der oberen Luftwege
In ibicfla aUgemeinen und besonderen Be-
■Sehnngen; von Dr. L. R^thi. (Samml. zwang-
loser Abhandl., herausgeg. von B res gen Heft 4.
Halle a. S. 1895. Marhold. — Vgl. a. Wien. klin.
SondsQhau IX. 52. 1895.)
Aetiologie, Symptome und Befunde bei Blu-
tungen der oberen Luftwege werden in den ersten
drei Abschnitten ausführlich besprochen, daran
Bobliesst sich ein Gapitd über die mikroskopischen
Befände bei durch katarrhalische Entzündung be-
dingten Blutungen. B. fand in der katarrhalisch
jifßcicten Schleimhaut „neben einem grossen Reich-
tham von öefftssen, sdhr ausgedehnten Yenen und
CapiBaren stellenweise nicht nur dicht unter dem
Epithel, sondern namentlich auch in den tieferen
Schichten grossere Haufen kömigen Pigmentes,
offenbar Residuen von vorangegangenen Hämor-
rhagien'^ Diese per rhexin entstandenen HAmor«
rhagüen sind der Ausdruck einer geringen Wider-
qtandsflUiigkeit der QefKsse, die bei geringfügiger
Congestion oder mechanischem Insult zu einet
Ruptur und somit zu einer Blutung führen kann.
Es sind das die gleichen Verhältnisse, wie sie
Znckerkandl am Septum cartilag. nasi als
Xanthose der Schleimhaut bezeichnete. Auf Grund
seiner Befunde hSlt S. die Bezeichnung einer
I^iyngit oder Pharyngit haemorrhag. für völlig
unzulässig. Die Diagnose, besonders die ünter-
sch^dung von Lungen- und Magenblutungen, wird
ebenso wie Prognose und Therapie im weiteren
Verlaufe 4er sehr gründlichen Abhandlung be-
sprochen. Friedrich (Leipzig).
92. Sin Fall von Naevua linearis (lohtbyo-
•ia linearis nnina lateris; von Dr. A. Alexan-
der. Mit 1 Tafel und 5 Abbildungen. (Dermatol.
Ztsdir. IL p. 343. 1895.)
län 7j$hr. gesunder Knabe zeigte voq Geburt an auf
eii^m abgogrenzien Haut^ebiete einen gelbbraunen, in
eigßathüinlichen BogenlimeD angeordneten Naevus von
isolier Oberfläche. Dieses Gebiet befand sich auf der
rechten Eörperh&lffce vom von der Brustwarze bis zum
oberen Drittel des Oberschenkels, hinten vomlntercostal-
nnme zwischen 11. und 12. Rippe bis zur Mitte der
Nates. Die Bogenlinien begannen hinten 4— 5 cm von
der Wirbelsäule entfernt; die 1. oberste Linie erschien
als ein schmaler, wie mit dem Lineal gezogener, im
iotercostalniume zwischen 11. und 12. Rippe verlaufender
und den Rippen paralleler Streifen; die 2. Linie stellte
eine 1—2 cm breite Papillarhyperirophie dar, die hinten
mit einem nach unten offenen Haken begann, der 1. Linie
parallel verlief und sich 1—1 »/i cm von ihr entfernte. Die
3. Linie bestand aus einem bis 6 cm breiten Streifen
hypertrophischer flautpapillen und lief mit ihrem oberen
lUnde den Darmbeinkamm begrenzend mit diesem den
Linien 1 und 2 parallel. Die 4. Linie verlief wieder strich-
förmig schräg abwärts nach der Mitte der äusseren
Fläche des Oberschenkels. Auf der Vorderfläohe des
Leibes bildeten die Linien einen eigenthümUchen Bogen-
verlauf in spitzem, nach unten offenem Winkel, an den
sich noch ein zweiter aufsteigender Schenkel anschloss.
Es handelt sich nach dieser Schilderung im
vorliegenden Falle um einen Naevus linearis unius
lateris. Für dieses Leiden stellte 1863v. Bären-
sprung zuerst die Hypothese auf, dass seine
Ursache in einer Erkrankung gewisser Theile des
Nervensystems zu suchen sei, und zwar deshalb,
weil die Erkrankung stets halbseitig sei, die Linien
dem peripherischen Verbreitungsgebiete eines oder
gleichzeitig mehrerer Hautnerven entsprächen, und
endlich die Degeneration der Haut in einer Hyper-
trophie der Papillen, der Gebilde, in denen die
peripherischen Nerven endigten, bestände. Die
Thatsachen widerlegten indessen bald diese Hypo-
these ; es kamen Fälle zur Beobachtung, in denen
das Leiden ausgesprochen doppelseitig war, femer
solche, in denen die Mittellinie mehr oder weniger
überschritten wurde ; ausserdem wurden die Ver-
breitungsbezirke der Hautnerven von den Naevis
nicht berücksichtigt und es fanden sich auch Naevi,
bei denen eine Hypertrophie der Hautdrüsen und
der Haare vorhanden war. Aber auch noch eine
Anzahl anderer Gründe spricht gegen diese Hypo-
these.
Eine andere Hypothese stellte Philippson
auf, der annahm, dass die Nervennaevi an den
.Grenzen der Verästelungsbezirke der Hautnerven,
entsprechend den Voigt'schen Grenzlinien, ver-
liefen. Er musste indess selbst schon Einschrän-
kungen dieser Erklärung machen. Philippson
gab aber den Voigt'schen Grenzlinien noch eine
andere Deutung ; er sah in ihnen Linien, in denen
während der Entwickelimgsperiode der Haut ver-
schieden gerichtete Wachsthumrlchtungen auf ein-
ander gestossen sind ; es wären alsdann diese Be-
zirke der Haut für Entwickelungsanomalien ge-
wissermaassen prädisponirt
Für den vorliegenden Fall ergiebt sich nun
weder eine dem Nervenverlaufe entsprechende
Anordnung, noch auch eine solche, die dem Ver-
laufe der GeOsse entspräche (Man che t). Nur
die Medianlinie, an der entlang ein Theil der Strei-
fen links und rechts verläuft, wäre die einzige, die
als Voigt'sche Grenzlinie anzusprechen wäre.
Auch mit den Spaltungsrichtungen der Haut
(Simon) stimmt der Verlauf des Naevus nicht
überein, wenigstens was die Vorderfiäche des Kör-
pers anlangt Auf dem Rücken ist der Verlauf
der Naevusstreifen ein so gerader, dass er allen
diesen Linien, Nerven, Gefässen, Spaltbarkeits-
richtungen entsprechen kCnnte. Kaposi h^t
46
YL Innere MedioiiL
endlich den spiralförmigen Verlauf der Naerus-
linien, wie man ihn öfters an den Gliedern be-
obachtet, durch das beim Wachsthume der Orga-
nismen obwaltende Drehungsgesetz erklftrt: indem
beim Embryo der Qliedstumpf wächst und die ihm
entsprechende Spiralrichtung nach vom und innen
einschlfigt, bekommen Papillen, Nerven, Gef)&sse,
Bindegewebezüge und Haare dieselbe Richtung und
es ist begreiflich, dass jede durch Gestalt und Farbe
anfällige Alteration dieser Gewebeformen auch
diese Richtung einhält Der Verlauf des 4. Strei-
fens und der dem Oberschenkel entsprechende
Theil des 3. Streifens lassen sich in der von
Kaposi angegebenen Weise deuten. Hingegen
Iftsst sich für die Entstehung der eigenartigen
Bogenlinien desNaevus nur schwer eine Erklärung
abgeben. Nach den heutigen Anschauungen ver-
legt man die Ursache für die Entstehung derNaevi
in den Papillarkörper selbst Die Hautpapillen
sind als Endorgane der Tastnerven in bestimmt ge-
formten Bogenlinien angeordnet, die während des
KOrperwachsthums eine Veränderung ihrer Form
erleiden können.
Auf diese Erfahrungen gründet sich eine Hypo-
these, die Blaschko in „Bemerkungen zu vor-
stehendem AufscUxe*' (Ebenda p. 361) kundgiebt.
Als B. den Er. zuerst sah, fiel ihm sofort in die
Augen 1) die streng halbseitige Lokalisation der Streifen,
2) üire lineare Anordnung und 3) die deutliche Metamerie,
die in dem Parallelismus der Streifen sich kund gab.
Offenbar handelte es sich um einen Bildnngsfehler. Die
mikroskopische Untersuchung des Naevus ergab eine be-
deutende Hyperplasie und Hyperkeratose der Epidermis,
die auf hohen Papillen sich zu mächtigen Exkrescenzen
erhob, ähnlich wie bei der Ichthyosis hysthx. Diese ein-
zelnen Wärzchen sind nun als übermässig verhornte
Haatfelder zu betrachten. Die ursprüngliche Richtung
der Streifen muss in der ursprüngUchen Richtung der
Leisten gegeben sein, die die Oberhaut an diesen Stellen
gegen die Cutis vortreibt. Die Richtung der Leisten ent-
spricht meist den Haarströmen. Im vorliegenden Falle
bilden die Streifen einen eigenthümlichen Bogen an der
vorderen Bauchwand, der doch wohl in einer gleich-
laufenden Richtung der Epithelleisten begründet sein
muss. B. fand nun in mehreren Fällen in der Mammillar-
linie einen typischen Divergenzstreifen, in einem Falle
sogar eine vollkonunene Uebereinstimmung der beiden
von dem Streifen nach abwärts gehenden Haarströme
mit den beiden Schenkeln des Bogens im vorliegenden
Falle, so dass er für einzelne Menschen eine entsprechende
Anlage der Epithelleisten vermuthet. Wie kommt es
nun aber, dass der Naevus mehrere parallel verlaufende
Streifen bildet, die durch gesunde Hautpartien von ein-
ander getrennt sind? Um dies zu erklären, weist B. auf
die etappenweise Differenzirung der Epithelleisten im
Bereiche verschiedener Wachsthumsbezirke hin, inner-
halb deren die Differenzirung von einzelnen Punkten aus-
gehend ganz allmählich nur über den Bezirk fortschreitet
Beginnt diese Differenzirung an den Grenzen der ein-
zelnen gegen einander wachsenden Hautbezirke, so ist es
erklärlich, dass bei Eintritt einer Störung in der normalen
Entwickelung dieser Gebilde gerade die Grenzlinien mit
Vorliebe der Sitz solcher Störungen werden. Auch der
vorliegende Fall giebt keine klare Entscheidung für diese
Annamne; während der in der Medianlinie verlaufende
Streifen sehr wohl der Grenzlinie zweier Wachsthums-
bezirke entsprechen könnte, sind der 2. und 3. Streifen
80 brei^ dass sie sich über mehrere Wachsthums-, bez.
Di£ferenziruDgsbezirke hinweg erstrecken. Nur ein um-
fangreiches casuistisches Material wird im Stande sein,
diese schwierigen Fragen, die sich an die Entstehung der
Naevi knüpfen, zu losen. W e r m a n n (Dresden).
93. Ueber Naeyas YerraooBos ; von Dr. P.
Meissner. Mit 1 TafeL (DermatoL Ztschr. IL
5. p. 478. 1895.)
Ein 1 SJjähr. Mädchen der L a s s a r 'sehen Klinik zeigte
einen von der Badialseite des linken Handrückens bis
2 cm über die Gelenkspalte des Handgelenks, alsdann toh
der Mitte des Unterarms auf der radialen GrenzUme
zwischen Streck- und Beugeseite bis znmCapitulumradii,
femer auf dem oberen Drittel des Oberarms in kurzer
Linie, endlich über das Schulterblatt hakenförmig zum
Dornfortsatze des 6. Brustwirbels verlaufenden Naevus
verrucosus. DieSensibilität war normal Die Mosknlator
des Armes und Beines schien etwas schwächer wie redits,
die rohe Erafk des linken Armes war erheblich herab-
gesetzt. Links leichte Facialisparese. ' Sehschärfe nnd
Gehör linkerseits herabgesetzt
Die histologische Untersuchung eines ausgeschnit-
tenen Stückes der veränderten Haut ergab das Sld einer
entzündhchen, von den GefSssen ausgehenden Wucherong.
Der Fall beweist, wie noch 11 andere in der Lite-
ratur beschriebene, den Zusammenhang der Erkranknng
mit anderweitigen centralen Störungen. Vermuthlioa
handelt es sich in diesen Fällen um eine angeborene oder
erworbene Störung der vasomotorischen (^ntealorgane,
und zwar höchst wahrscheinlich um Entwickelxmg^em-
mungen. Aus diesem Grunde ist der Nachweis derselben
in späteren Jahren meist unmöglich, indem solche Defekte
vicarürend von Gentren der anderen Grosshimhemisphäre
gedeckt werden, oder die Störung ist so gering, dass sie
wegen mangelnder Beobachtung übersehen winl. Es soll
mit diesen Erwägungen keine neue Hypothese über die
Entstehung der Nfaevi geschaffen werden, sondern nur
der Versuch gemacht werden, die nervöse und dievaskn-
läre Theorie zu vereinigen. Indem man vom Yerlaofe
der peripherischen Nerven und den eigenen Formen der
Warzenlinien absieht und im Centralorgane die ätio-
logische Ursache sucht, wird man vielleicht eher in der
Lage sein, alle Fälle einheitlich zu beurtheilen, was bei
den bisherigen Auffassungen nicht wohl möglich war.
W ermann (Dresden).
94. Ueber einen Fall von TXbbvub sab*
outaneus (Virohow) mit hochgradiger Hyper-
plasie der Knäaeldrüsen ; von Dr. EmilBeier.
(Arch. f. DermatoL u. Syph. XXXL3.p.337. 1895.)
Einl7jähr., imUebri^n gesundes kräftiges Mädchen
wurde in die dermatologische Klinik des ProL Pick in
Prag aufgenommen behufs Entfernung einer derben wall-
nussgrossen Geschwulst über der 1. Phalanx des 4. E^-
gers der linken Hand. Die Qeschwulst bestand seit der
Geburt und war bis vor Kurzem um die Hälfte kleiner
gewesen ; sie wuchs dann plötzlich, wurde druckempfind-
lich und die darüber befindUche Haut röthete sich etwas.
Die Haut soll an dieser Stelle stets stark geschwitzt
haben ; sie war verschieblich, livid gefärbt und mit reich-
hohen dunklen Härchen besetzt Aus den deutlich sicht-
baren Schweissdrüsenöffiiungen liessen sich Schweiss-
tröpfchen ausdrücken. Der herausgeschnittene Tumor
erwies sich bei der mikroskopischen Untersuchung als in
der Hauptsache aus subcutanem Binde-, bez. Fietteewebe
bestehend; die Enäueldrüsen zeigten eine beträchtliche
lokale Vermehrung und reine Hypertrophie und Hyper-
plasie, verbunden mit starker Erweiterung der Lumina.
Die durch Corium und Epidermis verlaufenden Aus-
führungsgänge waren normaJ. Ein eigenthümliches Ver-
halten bot das Gefässsystem des subcutanen Gewebes
dar; es bildete unterhalb der Enäueldrüsenscfajcht, zum
Theil in diese hineinragend, eine Art von oavemösofflGe^
VI. Imiere Medicin.
47
ifebe, dessen Hänme völlig mit Blut gefüllt waren; theils
bmdelte es sich dabei um erweiterte Venen, tiieils um
starlc erweiterte Gewebespalten. Aehnliche Befunde
machte Unna an exddirten HautsttLcken bei starken
üntersclienkelTarioen; die Schweissdrüsen waren dabei
ebonfalls stark verändert. W e r m a n n (Dresden).
95. üeber Follioulitia (Syoosis) nuchae
80lerotioan8 und ihre Behandlang, nebst Be»
merkongenüberHaargrappenbUdimg; von Dr.
S. Bhrmann. Mit 2 Abbildungen. (Aroh. f.
DermatoL n. Syph. XXXIL 3. p. 323. 1895.)
Bei einem Manne traten nach Abheilung eines Furun-
kels des Nackens zahlreiche eiternde Stellen auf der
Nackenhaut auf, die im Verlaufe weniger Jahre zu einer
schmerzhaften Anschwellung der ganzen Nackenhaut
fahrten. Sie war glatt, glänzend, dunkelroth und von
msserardentlicher Härte. Eine Menge eiternder Punkte
liess schon bei leichtem Drucke Eitertropfen austreten,
und zwar kam dieser Eiter aus präformirton Oeffiaungen,
ans denen festsitzende Haarbüschel emporragten; ge-
streckt, nur an einer narbig veränderten Stelle gewunden.
£iDe eingeführte Sonde gelangte an der narbigen Stelle
in onregelmässige , mit einander zum Theil communi-
drende Gänge, in denen man deutlich die aus den Mün-
dnngen hervorstehenden Haare in der Tiefe abtasten
konnte; an den anderen Stellen hingegen drang die Sonde
nur in einer Richtung, der der Haai'bündel, in die Tiefe.
Die einzelnen Haartaschen eines jeden Bündels liessen
durch einen gemeinschaftlichen Gang ihre Haare hervor-
treten. Der grosste Theil der Haare auf der normalen
Kopfhaut des Pat war gleichfalls zu Gruppen angeordnet,
deren jede aus einem gemeinsamen Haartrichter hervor-
kam. Als Eitererreger des Leidens stellte sich der Sta-
Slyloooccus pyogenes aureus und albus heraus, dessen
ratstätte die gemeinsamen Haartaschen und die Hohl-
«Snge bildeten. Die BehaodluDg bestand in der elektro-
lytisohen Zerstörung der Haarbälge und der Hohlgänge
und war nach 4 Monaten beendet.
Ein 2. Fall betriSt einen 26jähr. Bäcker, der nach
onem Absoess des Nackens eine guldenstüokgrosse in-
filtrirte, mit Eiterpunkten besetzte Anschwdlnne unter-
liilb des rechten Proc. mastoideus bekam ; es fanden sich
Oeffnungen mit Haarbüscheln von 2—10 Haaren vor.
Die ganze Stelle wurde exstirpirt.
Die geschilderten Fälle sind als Folliculitis (der
Baarbftlge) oder Sycosis zu bezeichnen, erzeugt
durch Staphylokokken, die zu einer tiefgreifenden
sklerosirenden Entzündung der Naekenhaut führ-
ten, weil die Haarfollikel vermöge ihrer anatomi-
schen Beschaffenheit sehr weit und tief in's Unter-
liautzellgewebe reichten. Die bei beiden Kranken
lieobachtete Haargruppenbildung, die bei einigen
S&ugethieren (Hermelin, Hasen, Marder, Ratten,
Wiesel , Eichhörnchen u. A. m.) vorkommt, wird
aadi beim Menschen nicht selten, besonders an den
Gliedern gefunden.
Ob die von Hebra unter dem Namen Sycosis
frunboeaiformis, sowie die von Kaposi als Der-
ouititis papillomatosa capillitii beschriebenen Er-
krankungen mit der geschilderten Krankheit ver-
wandt sind, dürfte noch unentschieden sein. In
den Etilen von Dermatitis papillomatosa capillitii,
ü denen es zu tiefgehenden Eiterungen gekommen
War, dürften beide Processe aber neben einander
l^estanden haben. Sicher kommen beide Formen
getrennt an verBchiedenen Individuen vor, bei dem
^jnen die Dermatitis papillomatosa capillitii, bei
dem andern eine bakterielle Folliculitis neben an-
geborener Haargruppirung: die Folliculitis oder
Sycosis nuchae sderoticans.
Wermann (Dresden).
96. Ueber die doroh die elektrolytiBohe
Epilation hervorgerufenen hiatologisohen Ver-
änderungen; von Prof. S. Giovannini. Mit
5 Tafeln. (Arch. f. DermatoL u. Syph. XXXII. 1.
p. 3. 1895.)
0. untersuchte die in den Haarbälgen sowohl
während der elektrolytischen EpUation auftreten-
den, als auch die später danach zu Tage tretenden
Yeränderungen. Es ergab sich Folgendes :
Die elektrolytische Nadel gelangt nur in etwa
der Hälfte der Fälle in dieHaarmatrix, in der anderen
Hälfte weicht sie mehr oder weniger nax^h aussen
ab. Die grösste Widerstandsfähigkeit g^en die
Elektrolyse zeigen das Fasergewebe und die Hom-
schicht; besonders empfindlich sind dagegen die
Epithel- und Endothelzellen, die vollständig zer-
fallen können. Das Fett in der Nähe der Nadel
zerstreut sich und es kommt zu Bildung von Hohl-
räumen. Die Wirkung der Elektrolyse erstreckt
sich auf die Umgebung der Nadel, die Talgdrüsen,
das Derma, die Epidermis, die Schweissdrüsen;
nicht selten werden audi zunächst gelegene kleine
Haare mit ihren Talgdrüsen zerstört Es kann
daher die Zerstörung der Haarpapille und der
Matrix auch dann erfolgen, wenn die Nadel durch
diese Theile nicht direkt hindurchgeht, sondern
sich ihnen nur nähert
In den verletzten Theilen tritt bald nach er-
folgter Elektrolyse der Haarfollikel eine leichte
Entzündung auf, die innerhalb weniger Tage vor«
sdivrindet Am 16. Tage nach der Epilation ist
.der grösste Theil der nekrosirten Gewebe aus-
gestossen und es bleiben nur noch Bruchstücke
verhornter Theile übrig ; bis zum 58. Tage nach
der Epilation können sichHomzellenhaufen mitten
im Derma eingeschlossen finden. Einen Tag nach
der Epilation beginnt in der Nähe der zerstörten
Theile eine Wucherung der Bindegewebe- und Epi-
thelzellen. Das Endresultat ist die Bildung eines
Narbengewebes, das in den Fällen gelungener Epi-
lation die Haarfollikel ganz oder theilweiae ver-
schliesst; an Stelle der Haarbälge bleiben flache
Einsenkimgen zurück. Die von der Elektrolyse
betroffenen Talgdrüsen bleiben dauernd zerstört,
die Drüsenhöhlen verschwinden oder werden mit
Epidermis ausgekleidet; die Schweissdrüsen blei-
ben zuweilen zum Theil zerstört oder atrophisch.
Die Haarbälge, bei denen die Epilation nicht ge-
lungen ist, bleiben trotzdem ohne Talgdrüsen und
auch die Wurzelscheiden bleiben zum Theile zer-
stört
Zur Zerstörung von Haaren, die nicht über 4 cm
lang und 0.09 mm dick sind, muss die Nadel wenig-
stens 5 mm tief eingeführt werden. Ein 30 Sek.
einwirkender Strom von 0.8 — 1.2 M.*A. vermag
48
YIL Qeburtslifilfe, Frauen- nnd Eiaderheilkunde.
zuwefleh aticli in der Umgebung gelegene kleine
Haare zu zerstören.
Die Zerstörung der Matrix kann auch statt-
gefunden haben, wenn nach der Elektrolyse die
ausgezogenen Baare ihrer Wurzelsöhöiden erman-
geln ; umgekehrt darf das Vorhandensein der Wur-
zelscheiden rddät als Zeichen* einer gelungenen Epi-
lation betrachtet werden. W e r m a n n (Dresden).
VIk Geinirtshaife, Fftiuen- untf Kfrt«torh«illciintfe.
97. Ueber die Ursachen der normalen
und pathologischen Lagen des Uterus; von
A. Mackenrodt in Berlin. (Arch. f. Oynäkol.
XLVm. 3. p. 393. 1895.)
Die Ligg. rotunda üben im normalen Zustande
auf den Uterus kaum eine antevertirende Wirkung
aus , man kann sie durchtrennen , ohne dass die
künstlich erzeugte Retroflexio bestehen bleibt.
Auch die Ligg. lata sind lediglich als Periton&al-
Duplikaturen zu betrachten, die für die Lage des
Uterus im Sinne der Anteflexio-Versio nicht in
Betracht kommen. Die Ursache für die Normal-
lage des Uterus ist vielmehr in der eigenartigen
Befestigung des Collum an seinem der Fascia
pelvis entsprungenen Bandapparat zu suchen. Be-
sonders wird das Collum in seiner Lage durch die
Ligg. transversaliae colli erhalten. Diese gehen
von derBeekenfascie aus und inseriren seitlich am
Collum. Nach oben grenzen sie an die Ligg. lata
und führen hi^ in ihrem Rande die Artt. uterinae.
Vom Lig. transversum gehen Faserzüge in Form
eines die Scheide umschliessenden Schlauches zum
Damme herab. Die vordere Wand dieses Schlau-
ches, das Sept. vesico-vaginale, inserirt am Arcus
tendineus und bildet eine feste Unterlage der Blase
und des auf ihr liegenden Corpus uteri. Im Verein
mit den Ligg. transvers. bestimmen die Ligg. sacro-
uterina und die pubico-vesico-uterina die Lage
des Collum, und zwieut ist dieses in seinem Band-
apparat in der Richtung der nach vom concaven
embryonalen Anlage des Qeschlechtstranges be-
festigt, nämlich so, dass der oberste Abschnitt der
Cervixachse im Gegensätze zu ihrem unteren Theile
einen nach der Symphyse zu gerichteten Verlauf
hat Die normale Anteversio-Flejdo kommt durch
die Umbeugung des Collum zu Stande, in dem
wesentlich unterhalb des inneren Muttermundes
der Flexionswinkel liegt; das Corpus uteri selbst
ist nicht über seine vordere Fläche gebeugt, sondern
nur nach vom geneigt, seine Achse verläuft ge-
streckt und als Fortsetzung des obersten Theiles
der Cervixachse. Der Uteruskörper wird demnach
nicht durch seine Ligamente in Anteversion ge-
halten, sondern er verhält sich passiv, folgt der
Richtung, die ihm der obere Theil des Collum
giebt, und behält seine Lage durch die eigene
Schwere und den intraabdominalen Dmck.
Die Änteflexio uteri kommt häufig angeboren
vor und hat ihren Orund in der Entwicklung eines
abnorm langen, schlaffen Uteras bei weitem Becken.
Die Anieversio und Retroversio entstehen, wenn der
Uterus in Folge von Metritis eine gestreckte Ge-
stalt annimtnt, und zwar erstere bei intaktem.
letztere bei erschlafftem Bandapparat Die Beinh
iorsio, d. h. Drehung des Uterus in toto um seine
quere Achse mit dem Fundus nach hinten, wird
begünstigt durch Verkürzung der Scheide und ve^
anlasst durch den Einfluss der gefüllten Blase ofld
des Rectum. Die ReirofUxio entsteht bei Erschlaf-
fung des Utenis und der des Bandapparates des
Collum, der Deseensus endlich wird durch Deh-
nung und Atrophie der Bänder des Collum und
der Scheide, sowie Atrophie der inneren BeckeD-
muskulatur herbeigeführt B r o s i n (Dresden).
98. Noaveau pessaire 4 retroflezion; par
Bourcart, Qen^ve. (Ann. de Oyn^ooL XLIY.
Aoüt 1893.)
Der neue von B. angegebene Mutterring hatWiegen-
form. Der hintere Bügel fehlt vollständig, statt dessen
endet der Ring in 2 gefensterten Löffeln. Dnrch die
Elasticität der Feder, die bestrebt ist, beide Enden von
einander zu entfernen, hält sich der Bing an seinem Platz.
B. hält das Einlegen seines Ringes für angeaeigt, wenn
die bisherigen Ringe wegen ansserordentücher Beweg-
lichkeit der Gebärmutter, Erschlaffung der Scheide, Var-
lagemng der Eierstöcke u. s. w. versagen. Auch behin-
dert der Ring in Folge Fehlens des hinteren Bügels den
Stuhlgang nicht J. Praeger (Chemnitz).
99. Einiges über Pathologie und Therapie
der Betrofleido uteri; von B. S. Schnitze in
Jena. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u. Oyn&koL HL 1«
p. 1. 1896.)
Seh. macht die Arbeit Theilhaber's (Jah^
bücher CGXLIX. p. 170) zum Gfegenstand einer
eingehenden Kritik und Widerlegung. Nach TL
sollten die Hauptbeschwerden der Hetrofiexio*
kranken mit der Betroflexio in gar keinem Zn-
sammenhang stehen.
Eine nur vorübergehend gelungene Beposition
kann genügen, um die Rückbildung des vergrOsser-
ten Uterus so günstig zu beeinflussen, dass hier-
durch allein die Beschwerden auf gewisse Zeit
verschwinden. Von der Retroflexio nicht unmittel-
bar abhängige krankhafte Symptome am Nerv^*
System, wie sie solche Ejanke hftufig zeigen,
werden auch nach Beseitigung der Retroflexio
fortbestehen können. Die von gleichzeitiger Endo-
metritis herrührende Sekretion wird nach der
Reposition nur dann verschwinden, wenn der ent-
zündliche Process des Endometrium noch nidit
auf die üterussubstanz oder gar nodi weiter über-
gegriffen hat, bez. dauernde Gewebeveränderanges
noch nicht zu Stande gekommen sind. Endo-
metritis, die mit der Retroflexio in gar kdnefm
Zusammenhang steht, wird auch durch eine Bead-
tigung letzteren Leidens nicht beeinflusst werden«
Yn. Oeburtshülfe, Frauen- und Einderheilbmde.
49
Der firfolg cfer Reposition anf die Bluttmgen
\9t meistens prompt, oft eclatant Wiedereintritt
der Begel bei einer stillenden Frau muss den Yer-
dadkt auf eingetretene Retroflexio erwecken, ein
iricktiger Fingerzeig fflr die Praxis! Nach als-
Mdiger Reposition bleiben dann häufig dieHensee
wieder weg bis nach beendigtem Stillgeech&ft.
Die erhebliche Yolumenverminderung des Ter-
grOsserten retrofiektirten Uterus nach der Repo-
sition beweist die Aufhebung einer TOi^her bestan-
denen StauuDg, an sich schon eine Indikation fQr
die Reposition. Die Beseitigung der Stuhlver-
stopfttng empfinden Retroflexiokranke als beson-
dere Erleichterung. Die pathologische Bedeutung
einer weiter bestehenden Retroflexio wird natür-
lich hierdurch nicht beeinflusst
Die Abhängigkeit gewisser nerröser Symptome
▼on der Retroflexio ist ein feststehendes Ergebniss
der Erfahrung. Die Annahme eines rein sugge-
stiven Einflusses auf das Verschwinden dieser
Symptome ist hinflUlig.
Schliesslich wiederholt Seh. seine bereits Tor
24 Jahren gegebene Motivirung fQr die Indikation
der mechanischen Behandlung einer Retroversio
oder Retroflexio, eine Indikation, die auch heute
noch von den Gynäkologen ala allgemein gültig
anerkannt wird. Sondheimer (Frankfurt a.M.).
100. Ueber die Operationsmethoden bei
Betroflezionteri; von Dr. Friedrich Merkel
in Nürnberg. (Münchn. med. Wchnschr. XLII. 33.
1895.)
Auf Orund eines während 15 Jahren beobach-
tetea grOeseren Materials berechnet M. als absolut
heilbar durch Peesarbehandlung 30—40% der
Setroflexionen, relativ nach 2 — 3 Jahren des Tra-
gens von Pessaren, bei Fortgebrauch derselben
eben so viel Die übrigen 20% vertheilen sich
tkeils auf fixirte Retrodeviationen, von denen etwa
8^/t noch der Behandlung zugftngig sind ; der Rest
ist zum Theil nur schwer einer Besserung fähig,
Bum Theil unheilbar.
Bezüglich der YeDtrofixation und Vaginofixa-
tion kommt M. zu folgendem Schlüsse: „DieVentro-
fixation wird geübt werden bei all' den Lageverän-
dennigen, bei welefaen wegen anderweitiger Ein-
griffe (Oyanotomie, Myomotomie, Adnexoperatioaen
n. B. w») ohnedies die Bauchhöhle geöffnet wurde.
Sie wird ihr Recht behalten bei Mftdchen und
Frauen, die an mobiler Retroflexio leiden, bei
dsaen sich eine Ringbehandlung wegen enger
Vagina und voraussichtlich langer Dauer, wegen
psychischer GMnde und dergleichen verbietet
Die Vaginofixation (Dührssen) wird geübt wer-
tei bei mobiler Retroflexio, auch fixirter Retro-
üexio bei Frauen, die eine weite Scheide haben,
bei denen Eolporrhaphien, Portio-Operationen und
Perinaeoplastiken mit vereinigt werden können
und sollen. Eäne bisher manchmal geübte Com-
bination von Ventrofixation und Yaginaloperation
MecL Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
(Eolporrhaphie u. s. w.) wird in der Mehraahl dar
Fälle dann zu umgehen sein."
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
101. Remarques sur quelque oaa dliystero-
pexie d'apres les observations reoaeilliea k la
oUnique ohirargioale deLaasaime; par C. Pol-
te w i c z. (Revue m6d. de la Suisse rem. XV. 1. 3.
1895.)
Bouz bedient sich zur Anheftung der Gebärmutter
an der vorderen Bauch wand des C z er ny 'sehen Ver-
fahrens. Als Nahtmaterial verwendet er Seide. Die
Bauch wunde wird mit Etagennaht geschlossen. 12mal
wurde die Operation wegen einer Verlagerung der Gebär-
mutter nach hinten, 8mal we^n Vorfalls vorgenommen
(darunter 4mal mit ^eichxeiüger Herstellung des Dam-
mes u. 8. w.). Die Fälle verliefen sämmüich glatt, mit
Ausnahme eines, in dem sich die Entfernung der ver-
eiterten Eileiter noth wendig machte; doch genas auch
diese Kranke. In einem Falle trat 6 Wochen nach der
Operation eine Fehlgeburt von 2 Monaten ein« 3 andere
Frauen wurden schwanger; von diesen ist eine in der
Matemite zu Lausanne durch den Kaiserschnitt entbun-
den worden, 2 gebaren normal. Bei 3 Frauen miiohte
sich nach einer leichten Zangenentbindung das Tragen
eines Ringes mit Bandage wegen der bestehenden Cysto-
oele nothwendi^. (Bei der Operation nur Dammbüdung
nach Tait, kerne vordere Scheidennaht 1) Auch in 2
weiteren Fällen ist das Weiterbestehen der Scheiden-
senkung erwähnt
Interessant ist ein Fall, in dem sich später die Ent-
fernung der Gebärmutter wegen beginnenden Körper-
kiebses nothwendig machte. Bei der Operation von der
Scheide aus zeigte sich der Gebärmuttergrund so fest mit
der vorderen äiuchwand verlöthet, dass eine Loslösung
erst nach Oeffnung der Bauchhöhle von oben ^lang.
Zum Schlnss sei noch bemerkt dass R. eme Kranke
aus Furcht vor einem Darmverschluss durch Darmträg-
heit bereits am 3. Tage nach der Operation au&tehen
liess, ohne Schaden für die Kranke.
J. Praeger (Chemnitz).
102. üeber Vaginofixation des Uterus;
von Friedrich Merkel inNümberg. (MQuchn«
med. Wchnschr. XLIL 36. 1895.)
Kurzer Bericht über 10 Fälle von Vaginofixation des
Uterus wegen RückwftrtBknickung nach Dührssen 's
Methode. Zum Theil wurden andere Operationen damit
verbunden (Scheiden verengong, Dammbildung, Naht von
Gebärmutterhalsrissen u. s. w.). Die £rfolge waren vor-
läufig befriedigend, allerdings stammen die Fälle erst aus
der Zeit von August 1894 bis August 1895.
J. Praeger (Oiemnitz).
103. Treatment of uterine displatiements
by Yagino-flxation ; by Fred. H. Wiggin,
(Repr. from the New England med. Monthly, Oct
1896.)
W. berichtet über 4 Fälle von intraperitonäaler
Vaginofixation der (}ebärmutt^, die glatt verliefen und
mit gntem Dauererfolg. In einem Fall wurden beide
^etwas*^ verwachsene und cystisoh entartete Eierstöcke,
in einem zweiten die verdickten rechtseitigen Anhänge
entfernt. W. hflH nach seiner Erfahrung bei beider*
seitiger Erkrankung der Gebarmutteranhänge die gleich-
zeitige Entfernung der Gebärmutter für die richtigere
Operation. J. Praeger ((^emnitz).
104. Vene Methoden der vaginalen Ante*
flxatio nteri; von iLWertheimin Wien. (Ceutr.'*
BL f. Qynftkol. XX. 10. 1896.)
so
Vn. Oebürtshfilfe, Frauen- und Einderheilkande.
Um dfe Gebnttstonäigen nach derMaokenrodt'-
schen oder der D üb rasen 'sehen Operation zu Termei-
den , empfiehlt W. folgende , bereits erprobte Methode :
1) Fireilegung und möglichst breite quere Eröffnung der
Plica vesico-uterina. 2) Antevertirung des Uterus, Sicht-
barmachung der ligg. rot und Ansohlingung derselben,
zunächst auf der einen, dann auf der anderen Seite. Zur
Antevertirung 8oh\pbt man die Portio nach hinten und
drückt eventuell vom Bauche entgegen. Haken und Zügel
sind überflüssig. 3) Fixirung der angeschlungenen ligg.
roiund die Wund Versorgung. Entweder Annähen der ligg.
rot an die Plica (reinperitonäale Fixation), oder be^er,
Weil sicherer, an die Scheidenwunde. Bei letzterem Vor-
gehen wurde allerdings die Blase nicht an ihren Platz
zurückgelangen.
In einem Falle wurde folgendermaassen vorgegangen.
Beiderseits wurde das lig. rot unmittelbar an der Stolle
seines Abganges vomUtenis mit einer 7 — 9 cm entfernten
Stelle vereinigt durch Yemähung der hierbei gebildeton
Schlinge mittels Silkwormgut, also eine Art vaginaler
Alexander-Adams'sche Operation. Diese Art des
Vorgehens zeigto wesentliche Vorzüge und verdient be-
sondere Beachtung. 6 1 a e s e r (Danzig).
105. Bin Fall von Yaginaler Ventroflzatioii
deBÜtems'jVonDr.GuentherinDessan. (Centr.-
Bl. f. GynäkoL XX. 8. 1896.)
28jähr. Frau mit Retroflexio und gut mannesfaust-
grossem Tumor im vorderen Scheidengewölbe. Colpo-
tomia anterior, Eröffiiung des Tumor und Entfernung des
leeren Sackes durch den Vaginaschlitz. Nach Lösung
von Adhäsionen schlug G. folgendes Verfahren ein. AiS
beiden Seiten, etwa 1 cm von der Utoruskanto entfernt,
wurde eine Nadel mit Seidenfaden in das lig. rot ein-
und etwa 3 cm entfernt in dem Ligamentum wieder aus-
gestochen, die Enden wurden in je einer PSan^schen
Klemme gefasst Darauf wurde der Utonis in die Bauch-
höhle zurückgedrfingt 0. ging nun mit den Fingern der
rechten Hand ein, um die blase herum bis an die perito-
näale Bauchwand innen am Pecton ossis pubis, die Fäden
jeder Seite wurden in eine Zweifel* sohea Schiebemadel
gelegt und in der Gegend des Tuberc. os. pubis nach
aussen und median wärts durchgestossen. DiePerforations-
öfifnungen standen kaum 2 cm von einander entfernt Die
innere Hand blieb zum Schutze gegen Netz und Därme
so lange liegen, bis die Fäden aussen festgezogen und ge-
knotet waren. Das Bauchfell und die Blase wurden an
ihrem normalen Ort vernäht Entfernung der Fixirungs-
nähto am 10. Tage; Entlassung 2 Tase später. Der Uterus
lag gut 0. empfiehlt sein Verfa^n als einfach und
voraussichtlich für spätere Geburten gefahrlos. Ueber
den Dauererfolg läast sich noch nichts sagen.
Gl aeser (Danzig).
106. VentriflzatiQii des Uterus, Sohwanger-
sohaft und Querlage des Kindes; von J. Mi-
lan der in Jurjew (Dorpat). (Ztschr. f. Geburtsh.
u. Gyn&koL XXXTIL 3. p. 464. 1895.)
M. will die Aufmerksamkeit darauf lenken,
„dass dieVentrifixation desDterus bei eintretender
Schwangerschaft und Geburt ernste Complikationen
durch pathologische Lagen der Frucht herbeifQhren
kann, oft aber es zu thun nicht braucht".
M. stellt 74 Schwangerschaften nach Ventro-
fixatio uteri, darunter 2 eigene Beobachtungen, zu-
sammen. 6 Schwangerschaften endigten als Aborte,
3 als Frühgeburten, 54 verliefen rechtzeitig, 10
waren zur Zeit der Mittheilung noch nicht ab-
gelaufen und eine Schwangere starb. Eine zweite
Qraviditftt trat in 8, eine dritte in 3 Fällen ein«
unter den Eindeelagen kamen 3 Querlagen, l^b-
läge und 1 Fnsslage vor ; das üebrige waren SchSdd-
lagen. 1 1 mal wurde Eunsthülfe geleistet und 2mal
Wehenschwftche beobachtet Unter den 11 Mlen
von Eunsthfilfe sind 4 Zangengeburten, 2 Eaiaer-
Bohnitte, 2 Wendungen vom Kopfe auf die FQsse,
2 Wendungen aus der Qu^lage und eine Elxtiak-
tion an den FOssen. Als Ursache der Querlagen
betrachtet M. in den gegeb«ien Fällen nur das
Fixirtsein des Fundus uteri an der vorderen Bauch-
wand. Der Fundus konnte wegen der Fixationea
nicht unter den Rippenbogen gelangen, weshalb
sich der Uterus mehr in der queren Richtung aua-
dehnte.
M. weist zum Schlüsse darauf hin, dass durch An-
wendung der Gzerny-Leopold'schenMethode
zu breite Adhäsionen mit der Bauchwand zustande
kommen; zur Vermeidung abnormer Eindesiagen,
empfiehlt sich diejenige Methode, diedieBewegUcb-
keit des Uterus am wenigsten hindert und dodi
den Uterus in Anteversion hält Von den intra-
peritonäalen Methoden wird dies nachM. am besten
erreicht durch die Methode von Olshausen.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
107. Ueber Verlauf von Gtobort und Schwan-
gersohaft bei vaginoflzirtem Utema; von R
Wertheim in Wien. (Centr.-Bl. f. Gynäkol. XX.
2. 1896.)
W. berichtet über eine Geburtstönmg nach eztn-
peritonäaler Vaginofization. Die FixatJonstdle des Uterus
hatte sich trichterförmig in die Höhe gezogen. Portio
nicht mehr zu erreichen mit 2 Fingern, nur mit der ganzen
Hand. Frucht in Querlage. Insertion der ligg. rotundi
unterhalb des Nabels. Uterus sehr breit »u heftigm
Wehen Muttermund nach 7 Std. knapp für 2 Finger durch*
gängig. Wendung nach Braxton-Hicks schwer in
tiefer Narkose und bei stehender Blase. Massiger Zug
am Fusse. Nach 3 Std. mit manueller Hülfe Geburt einer
3900 g schweren lebenden Frucht. Die sofortige Unter-
suchung des Uterus ergab die hintere Uteruswand enorin
verdünnt, intakt Nach W. kommen im Gänsen auf
22 Schwangerschaften nach Vaginofixation 4 schwere Ge-
burten -* ISVo- Gb dieVesicofixatio Mackenrodt*s ge-
eignet ist, die schädlichen Folgen bei genügender Sicher-
heit des Verfahrens zu vermeiden, erscheint W. fra^ich.
Vielleicht bietet eine Fixation der Ligg. rot nach der
Vagina, ebenso wie die Antrofixatio nach Olshausen
geeigneten Ersatz. G 1 a e s e r (Danzig).
108. üeber die Behandlung der Oebnrts-
stömngen nach vaginaler Fixation; von Dr.
W. Bühl in Eibaoh-Dilienbnrg. (Gentr..BL t
Gyn&koL XX. 6. 1896.)
R. hat die Vaginofixation 235mal (!) ausgefohrt
lOmal trat danach Schwangerschaft und Geburt ein, 7mal
spontane Entbindung, 3mal Wendung auf den Fuss mit <
rstigem Ausgange für Mutter und Kind. In 2 Fallen,
R. beschreibt, war eine Wendung nicht möglich, der
Muttermund stand hinten über der lin.innominata. Unter
grossen Schwierigkeiten Perforation, doch gelang auch die
Extraktion erst, nachdem B. die narbige Partie vor dem
Muttennunde durch eine Incision von 5.5 cm L&nge nach
vom durch die Vaginawand und die ihr aohfingende.
Üteruswand durchtrennt und die Blutung durch Catgut-
suturen gestillt hatte. Ebenso verfahr K. im 2. Falle.
Freflegung desGperationsfeldes mitSpeonlnm undS^tan*
yn. Qeburtsbülf e, Frauen- und Sünderlieilkunde.
51
hebeltf. Festes Anziehen des den .vorderen Muttermond-
raod umgebenden ^harten Gürtels*^ mittels starker ge*
Mmmter Mozeux, Einhaken mit 4 Fingern der linken
Hand, Längsinoision durch vordere Vagina- imd üterus-
waod von 8om, sofort seitliche ümstechung des 1cm
diokeD Gewebes mittek Gatgat, also Yereinigang der
üttfuswand mit der Vaginawand. Zange. Die PuK)enta
tolgtß spontan. Die Incision wurde unter liegenlassen
der Oa^tnähte quer vereinigt Heilung. R empfiehlt
die Indsion partienweise zu machen (je 2 cm) und immer
sofort zu umsteohen. Das Hindemiss bei der Entbindung
ist in allen Fällen dnrch den harten, zuweilen ausser*
ordentlich unnachgiebigen Ring [wohl richtiger Halbring.
M] vor dem Muttermunde bedingt Dieser Narbenring
sitzt om so tiefer und ist um so unnao^^biger, je tiefer
der Sitz der Blase vor Ausführung der Vaginofizatio war.
DieStSnmgen derOeburt werden sich zum grossen Theüe
Tenneiden lassen durch geeignetere Fixation (der Fundus
uteri darf niemals fixirt werden) und Verhütung des
Narbenringes andererseits. B. stellt eine neue verbesserte
Methode in Aussicht Olaeser (Danzig). .
109. üeber Frolapsoperationen derZürioher
ftanenkllxiik aua den Jahren 1888—1881; von
Dr. Ida Schmidt (Aroh. f. Gynäkol. XLVIII.
3.p. 435. 1895.) •
Deber 237 Operationen bei 229 Frauen wird
eine staüatische Uebersicht gegeben, die bis Ende
1893 reicht Zur Benrtheilung des Dauererfolges
kommen 1280perirte der oben genannten Jahre in
Betracht Nur von 72 liess sich Auskunft erhalten
ond bei diesen standen 58 Heilungen 14Beoidiven
gegenüber. Die Operation wurde zum Theil nach
Hegar, zum Theil nach Lawson Tait aus-
geflihrt Ausschliesslich wurden Enopfu&hte ge-
legt und als Material Catg^t und Seide verwendet
Dia totale Bxstirpation des prolabirten Uterus wurde
6mal vorgenommen ; in den 3 Fällen, die sich ver-
/oigen Hessen, trat ein Recidiv ein. Von den aus-
fUfflich mitgetheilten Krankengeschichten betriffi
Nr. 1 eine Complikation mit Tetanus, der am
14. Tage nach der Operation einsetzte und binnen
6 Tagen znm Tode führte. Bei Nr. 2 handelte es
sich um eine 63jfthr. Frau, die im Anschlüsse an
die Operation an Dementia paralytica acutissima
erkrankte. B r o s i n (Dresden).
110. Brflahrangen Aber die Frolaiwoperation
inittelsDralitaohnüniaht; von Dr. H. Oaertig.
(Centr.-BL f. GynÄkol. XIX. 22. 1895.)
6. veröffentlicht 7 Operationen nach Freund. Der
aopoblickliche Erfolg war tadellos. Was den Dauer-
erfolg betrifft^ 80 sind in 2 Fällen nach einem Jahre Reoi«
luve aufgetreten. Schmerzen waren nicht oder nur wenig
vorhanden, Narkose lucht nöthig. 2tägige Bettruhe ge-
engt G 1 a e s e r (Danzig).
111. Ueber eine nene Operation bot Be^
Mltlgmig des ütemaYorfiillea ; von Prof. A. v o n
Bubarof f in Dorpat (Gentr.-BL f. GynAkoLXX:
i. 1896.)
In 3 Fallen hat v. G. folgendes YerMren erprobt
Er sticht mit gerader Nadel, die mit einem starken Silk-
^ormfaden armirt ist, seitlich unter der Vaginaschleim*
Ittot, swischeo ihr und der Blase entlang in der Länesrich-
^, daim aus, an derselben Stelle wieder ein und quer,
mäi aof der anderen Seite wieder längs und quer bis
Bim Anflingspunkte zurück, so dass einfieohteok umteat
wird. Beim Zusammenziehen des Fadens entsteht ein der
Colomna ähnliches Gebilde, das Halt giebt. Dasselbe
kann vom und hinten gemacht werden. Mn Vortheil
dieses Verfahrens ist, dass dadurch einGeburtshindemiss
nicht entsteht, da die seitlichen Vaginawände frei bleiben.
Glaeser (Danzig).
112. Lea flbromea uterina ; par le Dr. P 6 a n.
(Ann. de Gynöcol. XLIV. Nov. 1895.)
F., der über ein erstaunliches Material verfügti
hat vom Januar 1890 — 1895 nicht weniger s\A
368 Myomoperationen ausgefOhrt, davon 244 von
der Scheide aus mit 4 Todesfällen, 120 allein vom
Bauche aus oder vom Bauche und der Scheide aus
zugleich, mit 7 Todesfällen.
Die folgenden Sätze geben sdne gegenwärtigen
Anschauungen über die Myomoperation wieder:
1) Die Entfernung der Gebärmutter vom Bauche
aus ist nur bei mittleren und grossen Fibromen an-
zuwenden. 2) Die Operation von der Scheide aus
ist bestimmt für Myome von der OrOsse eines
Kopfes eines ausgetragenen Kindes, bez. solcher
Geschwülste, die nicht merklich diie Nabelhohe
überragen. 3) Die gemischte Methode ist weit
leichter, als die Operation vom Bauche aus allein.
4) Die Erfolge der Operation von der Scheide aus
sind sehr zuMedenstellend (Mortalität 1 — 3<>/o).
5) Die Operation vom Bauchraume aus und die ge-
mischte Methode geben ziemlich dieselben Erfolge
(6Vo Sterblichkeit). Die Sterblichkeitsziffer hängt
weniger von der mehr oder weniger grossen Qe*
schicklichkeit des Operateurs ab, als von den Ver-
hältnissen, in denen die Kranken sich befinden,
wenn sie zur Operation kommen. 6) Deswegen
erscheint ein rechtzeitiger Eingriff blondere an-
gezeigt J. Praeger (Chemnitz).
113. Des plna gros flbromea joatidablea de
ITiyatereotomie vaginale; par Paul Sagend,
(Ann. de GynöooL XLIV. Nov. 1895.)
Bei den Verhandlungendes letzten französischen
Ghirurgencongresses(1895) über die neueren Metho-
den der Myomoperation kamen die berufensten
Vertreter der verschiedenen Richtungen zum Wort.
S. ist ausgesprochener Anhänger der Entfernung
der Gebärmutter auf dem Scheidenwege durch Zer-
stückelung („par morcellemenf 0) vorausgesetzt, dass
die Geschwulstmasse die HOhe des Nabels nicht über-
schreitet Seine 66 Operationen ergaben 59 Hei-
lungen und 7 TodesffiUa 3 der Kranken starben
in den eraten 3 Tagen nach der Operation an Bauch-
fellentzündung, 2 kurz nach der Operation an Shock,
1 an Darmverschluss am 15. Tage nach der Ope-
ration. Hervorzuheben ist endlich, dass auch eine
Openrte an Blutung im Anschlüsse an Abnahme
der Klemmen starb, während 3 andere ebenfalls
danach Nachblutungen bekamen, aber doch geheilt
wurden. S. betont, dass die 7 Gestorbenen, wenn
sie nicht operirt worden wären, jedenfalls nur noch
eine kurze Lebenszeit vor sich gehabt hätten.
Die Operation mittels Zerstückelung ist schon
«n sieb eine langdauemde, 16 von den 59 günstig
52
Yn. Geburtshülfe, Frauen- und Sinderheülnmde.
ausgegangenen Operationen dauerten über 1 Stunde.
In 3 Fällen mit tOdtUchem Ausgange hatte die
Operation 3 Std. gedauert S. Mit es daher für
besser, da, vo sich voraussehen Iftsst, dass die Ope-
ration mittels Zerstückelung eine sehr langwierige
-werden wird, davon abzuadian, so z. B. bei sehr
zahlreichen Oeschwülsten, grosser Enge der Scheide,
Enge und Hochstand des Gebärmutterhalses, aber
er giebt selbst zu, dass sich dies oft nicht voraus-
sehen lAsst Es ist jedoch dann immer noch mög-
lich, nach dem Beginne der Operation von der
Scheide aus zum Baudischnitte überzugehen.
J. Praeger (Chemnitz).
114. De Peztirpation des flbromea des
ligaments larges ; parVautrin, Nancy. (Ann.
de OynöcoL XUV. Nov. 1895.)
Die Zahl der im breiten Mutterband entwickel-
ten Fibrome ist nicht gross. Y. konnte im Ganzen
42 Fälle zusammoistellen , zum grossen Theile
Leichenbeobachtungen. Bei der starken Gefäss-
entwickelung erreichen die Geschwülste häufig
eine bedeutende Grösse (bis 18 kg), besonders wenn
sie sich im tieferen Theile des Bandes entwickeln.
Im eigenen Falle konnte Y. nachweisen, dass jeder
Zusammenhang mit der Muskulatur der Gebär-
mutter fehlte. Schwierigkeiten bei der Operation
entstehen bisweilen durch ausgedehnte Yerwach-
Bungen; so musste Billroth die Niere derselben
Seite mit entfernen.
Gestielte Myome des breiten Mutterbandes
sind 6mal beobachtet worden. Sie wurden 5mal
mit Unterbindung des Stieles und Entfernung der
Geschwulst behandelt Trotz dieser einfachen
Operation genasen nur 2 Fat ohne Zwischenfall,
während 3mal Störungen eintraten (Pelviperitonitis,
Nachblutung mit folgender Beckeneiterung, Schwel-
lung am Stumpf). Die Fibrome mittlerer Grösse,
die ein Gewicht von nicht über 2 — 3 kg haben,
sind am zahlreichsten. Die einfachste Art der
Entfernung dieser Geschwulst ist der Bauchschnitt
mit folgender Aussohälung. Für die Operation
von der Scheide her und auf paraperitonäalem
Wege von oben kann sich Y. nicht erwärmen.
Ist die entstandene Wundfläche zu gross, um
eine Yereinigung der Bänder zuzulassen, so em«
pflehlt Y. die Einnähung in den unteren Winkel
der Bauchwunde und Drainaga
Yiel aohwieriger ist die Operation der ausser-
gewöhnlich grossen GtosdiwülBte. Auf 9 Opera-
tionen kommen 6 Todesfälle. Um bedeutenden
Blutverlust zu vermeiden und die Aussohälung zu
vereinfachen, empfiehlt Y. aufs Dringendste, die
Gebärmutter mitsammt der Geschwulst zu ent-
fernen. Dieser Methode glaubt er den günstigen
Ausgang Beinee eigenen Falles (Geeohwulat von
7 kg, dabei grosser Nabelbruch) zuschreiben zu
müssen. Bei der Operation wurde die hocdtgezogene
Blase 2mal verletzt üeber der genähten Blase
vnrde der hintere Bauchfelllappen an der vorderen
Baochwand festgenäht, darunter und von der
Scheide aus je ein Drainrohr eingelegt Der Ver-
lauf zeigte die Berechtigung dieses Yerfitüuens; in
den ersten 7 — 8 Tagen floss wenig Urin durch
das Scheidenrohr. Pat genas trotz eines sdiwe-
ren ei)»rigen Blasenkatairhs. Später bildete nch
an der Nahtstelle ein Stein, den Y. zertrümmerte.
J. Praeger (Chemnitz).
115. Hyatereotomie ftbdomiiiale toMepir
ligatureB; par Le Bea (Ann. deGyn^ooL XUV.
Nov. 1896.)
Die Opentioosmethode Le Beo's ist fol^eode:
Ekitwiokelung der Oesohwulst Unlsrbüidvog der Van
epematioa teideiseits, Abtrenowig des breitea Muttor-
bandes, Untorbindmig der beiden runden Muttorbindv.
Ablösung eines vorderen Bauohfelllappeos vom libTom
und Ablösung der Blase bis zum Gebirmatterhals. Bei
besonderer Grösse der Oesohwulst kann man sie jetit
über einem Schlauch entfernen, im anderen Falle nnter-
bleibt dies. Nun wird auf einer in die Soheide do-
gefuhrten Klemme das hintere Soheideogewäbe eröiiet,
danach in gleicher Weise das vordere. Mit der in der
Scheide liegenden Klenune wird dann dnrch das hintere
Scheidengewölbe ein Faden erfasst und durch das vordeie
wieder in die Bauchhöhle zurückgefuhri Dieser Faden
unterbindet die Yasa uterina. Das Gleiche wird auf bei-
den Seiten ausgeführt Nun wird der Schlauch gefok,
bez. die Geschwulst über den ünterbindungsfUden ab-
getrennt, dann wird der Rest des Gebftnnutteriialses
dnn^sohnitten und gekürzt, aber so viel Gewebe über
den Ligaturen gelaneo, dass ein Abgleiten nmnögüch iit
Zum SohlusB Yereinigung des Bauchfells mit fortiaafeDder
Catgutnaht Bauchoaht Einführung eines T-fiohrs in
den Wundtrichter der Scheide.
Die Bauchfellnaht wird unterlassen bei gleichnÜReer
Beokeneiterung oder wenn in Folge Lösung «asgedehotor
Yerwachsungen ein grösserer Erguss im BanchfeUranm
zu erwarten steht
Nach dieser Methode hat Le Bec 19mal opeiiTt
16 Frauen genasen, eine Pat starb an einer Naohbkrtvg
einer Scheidenatterie, eine 2. an Yersiterung der Stömirfi
und Septikämie, eine 3. einen Monat nach der Opentin
an Enteritis. J. Praeger (Qiemnitz).
116. Hyatireotomie va^ino-AbdOBiiBalt
totale pour groeaea tnmeiiBa ntefinea; par
A. Moulonguet (Ann. de Gyn6ooL JIä^>
Nov. 1895.)
M. bedient sich zur Totalexstirpation der Myome
folgenden Yerfahrens : UmsohneidunK des Gebärmotter*
halses, Eröfihung der vorderen und ninterai BaaohfeÜ*
tasche von der Scheide aus und Abklenunang der untEna
Theile des breiten Mutterbandes von unten. Dann e^
neute Desinfektion der Hände und YoUendnne der Opa»
ration nach Eröffnung der Bauchhöhle von oben. Bai
die Bauchfelltaschen noch nicht von unten geöffnet, dani
geschieht dies von oben zwischen den nach oben gedrio|-
ten Klemmen. Die Klemmen werden, naohdem dia
Ligamente mit der Hand umCasst sind, geöffoet und dal
ganze Ligament wird ^fas^ zur Sicheruag kommt daoa
auf jede Seite eine weitere Klemme; die Scheide wird m^
Jodoformgaze tamponirt
Yon 4 auf diese 'Weise Operirten starb eine aä
12. Tage nach der Operation an BauchfeUentsnadutl
Bemerkt sei noch, daas M. die rein v^inale Sutfem
der Gebärmutter wegen verschiedenster Krankheiten $9i
ohne Todesfall ausgeführt hat J. Praeger (Chem
117. L^hyaterectomie abdominale toi
par L. G. Rieheloi (Ann. de Qjn^oot
Nov. 1895.)
Vn. Geburtehülfe, Frauen- und Eindexheilkuude.
53
Der erste wesentUohe Schritt des Riebe! ot'schen
Verfahraos der abdominalen Totalexstirpation der Gebi^-
m&Her wegen Myom besteht in der Ausschälung der Ge-
schwülste, dann folgt die Bildung eines vorderen Bauoh-
fefflappena mit Zaniokscbiebang der Blase undEröffiiving
dfls vwdMieD ScbeidsD^wolbes unter Leitung des in die
^ennficirte Scheide emgeführten Fingers. Daran an-
schliessend wird mit einer stumpfen Soneere ein Loch an
der Basis des breiten Mutterbandes dicht neben dem Oe-
Mnautteriials gebohrt Das Motterband wird mit der
Meo Hand geftuat und nun mit der zechten Ton der
Scheide aus dnroh den Schlitz im Torderen Gewölbe eine
Klemme eingeführt und das Band abgeklemmt. Nach-
dem dies auf beiden Seiten geschehen, wird die Gebär-
mnttor von den breiten Mutterbündem abgetrennt und
xoletst die hintere Anheftung der Scheide abgraohnitten.
Die dabei entstehende Blutung wird durch kleinere, von
der fiolMide aus einoeföhrte Klemmen gestillt Die
Scheide wird mit Jodofeimwatte tampoairt
J. Praeger (Chemnitz).
118. üaber die Totalezatirpatioii den myo-
matöaen üterua per laparotomiam ; von W.
Bechmann in Petersburg. (Petersb. med. Wo-
chenschr. XX. 41. 1895.)
Nach einem XJeberblick über die verschiedenen
Methoden der Myomoperation schildert B. das im
Obaohows^tal ^übte Verfahren der Totalexstirpatioo,
das in Ümsohneidung des Gebärmutterhalses, EröfEhung
der hinteren und eventuell auch der vorderen Bauchfell-
falte von nnten, Vollendung der Operation von oben be-
steht Im Ganzen wurde 8mal ohne Todesfall nach dieser
Methode openrt, B. selbst operirte 2 Frauen, worüber er
aisffihcUch berichtet J. Praeger (Chemnitz).
119. Demien rietiltats del'hystereotomie
taglniüe; parL.O.Richelot (Ann. deOyn6col.
ILIV. p. 422. D6o. 1895.)
R. vergleicht seine Resultate der vaginalen
Hjsterektomie der letzten beiden Jahre mit seiner
ifrüheren Statistik:. Ende 1893 konnte er über
274 F&Ue berichten, die betrafen :
44 Gebärmutterkrebse . . mit 3 Todesfällen
61 Beckeneitemngen ... , 5 ,
126 nichteitrige Erkrankungen „5 ,,
43 Fibroide „1 „
Seit Ende 1893 hat R. in weiteren 202 Fällen
openrt, nftmlich :
14 Gebärmutterkrebse . . mit 3 Todesföllen
66 Beckeneiteruneen ... „3 „
126 nioMeitrige Enraakungen ,2 ,,
33 Fibroide ,2 ,
Ein Vergleich der Mortalität in beiden Opera-
tionserien ergiebt:
erste Serie zweite Berie
Geeammtmortalität . . . bÄO^U 4.95%
Bei Abzug der Caroinome 4.78 3.72
Kckeneiteruttgen . 8.0 4.54
Uebiige Rrknmkungen . 3.96 2.24
Besonders anfCallend war der Erfolg in 36 Fällen,
hl denen vorher ohne Erfolg von R. oder von
taderer Seite die Adnexe durch Laparotomie ent-
fernt w»ren. Erst die vaginale Totalexstirpation
bradite den Kranken Heilung. Bei der „Oastra-
tion ntörine^ sollen womöglich die Adnexe mit
entfernt werden; jedodb. hat R von ihrer theü-
^eiaen oder vollständige Zurttcklassong, au der
er in nahezu der Hälfte der Fälle gezwungen war,
keine nennenswerthen Nachtheile gesehen.
Dringend empfiehlt R die uterine Castration
für die „schweren Beckennenralgien^S gegen die die
Castration allein wirkungslos sei. Unter 12 der-
artigen Fällen erzielte er in 11 vollständige Hei-
lung durch die uterine Castration.
Sondheimer (Frankfurt a. M.).
120. üeber die liponiaoe» dnroh Gto-
sohwfUflte bedingte GebärmattemmstfilpuBg ;
von Dr. S. Oottschalk in Berlin. (Arch. f.
Gynäkol. XLVIII. 2. p. 324. 1895.)
Entgegen der bisher fast allgemein verbreiteten
Lehre, dass eine durch Oeschwülste bedingte In-
versio uteri nur unter B^'htUfe von Oebärmutter-
contraktionen entstehen k()nne, weist Qt. nach, dass
dieses keineswegs der Fall ist, ja dass Contrak-
tionen einer Dmstülpung eher hinderlich sein
müssen. Bei den relativ häufigen Inversionen des
Uterus der Greisinnen ist das leicht verständlich ;
aber auch für j fingere Frauen wird durch eine
mathematisch-physikalische Beweisführung fest-
gestellt, dass üteruscontraktionen dem Tiefertreten
der Geschwülste und damit der Umstülpung direkt
entgegen arbeiten. Das Eigengewicht der Ge-
schwulst ist die erste Ursache, eine abnorme
Schlaffheit der Utemswandung die unerläasliche
Yoraussetzung, jede intraabdominale Drucksteige-
rung, wie die Anwendung der Bauchpresse, ein
förderndes Moment der anfänglichen DeUenbildung
bis herab aum vollständigen Vorfall des invertirten
Uterus. Bei der supracervikalen Abtragung des
invertirten Uteruskörpers, die G. bei einer 63jähr«
Yirgo ausführte, wird besonderes Gewicht auf die
Bildung und Vereinigung möglichst, breiter Peri-
tonäallappen gelegt, da nur hierdurch ein sicherer
Verschluss der Cervixhöhle erzielt werden kann.
Brosin (Dresden).
121. The mortality nnder the oaeaarean
Operation in QreatBritaln dnring the last eiipht
yeara ; and the enoonragenoient ofEbred tot the
introdaotion of symphyaiotomy an a anbatitate
for oraniotomy; by Bob. P. Harris, Phila-
delphia. (Lanoet I. 20; Bfay 19. 1894.)
In England und Schottland wurden vom 1. Nov.
1886 ab 60 Fälle von Eaisersdinitt veröfifentUcht
19 Frauen starben, fast 32*/o. Die Erfolge in Be-
2ug auf das kindliche Leben sind nur von 40 Ope-
rationen bekannt ; dabei wurden 9 Sander verloren.
In den Vereinigten Staaten waren die Erfolge
nicht besser; von 1882 ab konnte H. 100 Opera-
tionen mit 38 Todesfallen zusammenstellen. Dem
gegenüber sprechen die Erfolge des Schamfugen-
schnittes in dem letzteren Lande (Sterblichkeit der
Frauen bei 44 Operationen llViiVo g^snüber
einer Sterblichkeit von 27*/||^/o bei den letzten
44 Kaiserschnitten) mehr für die Ausbreitung
dieser Operation. J. Praeger (Chemnitz).
54 yn. Qeburtsbttlfe, Frauen* und Kinder heilkunda
122. Operations oesariennesmultiijlefl; par Er kam hierbei zu dem Schlüsse, dass das Corpus
Gu^niot (BulL de TAcad. de MM. LVUL 27, luteum in der Schwangerschaft ein lebensfrischeB
1894.) neugebildetes Gebilde ist, das erst nach ihrem Ab-
6. beiiohtet über 2 Personen, bd denen er je 2mal laufe einer immer weiter greifenden Degeneration
den Kaiserschnitt mit glücklichem Erfolge ausgeführt hat anheimÜllt, die vom Centrum ihren Ausgang neh-
l«.!ü!^'*Ä° ^^f^ ""• ^''^ pT ^^*^^^^^«'. "^^^ mend nach der Peripherie fortschreitei Die Qe-
verengte Becken, bei der emen Pat., emer Zwergin von i_iii.-xjv . ai »^
1.15 m Körperlänge, war die Gonj. vera nur 4 cm gross, ßchwulst scheint daher aus einem Corpus luteum
Als Zeitpunkt der Operation wählt G. das Ende der henrorgegangen zu sein. „Die Form und Gitoo
Schwangerschaft, ohne jedoch den Eintritt der Wehen der Zellen, ihre Anordnung zu' den Oeftssen, der
fc'!f5!'"!;*?Ä^Kt'^^f''t^^^^ Reichthum an Capükreo, die vom Centrum aus^
Kaiserschnitt aus, geschehe sie durch die Operation nach ij. i.jV».i..*_^i.-xj j l
Porro oder durch Unterbindung der Tuben; der con- gebende, nach der Peripherie fortschreitende, durch
servative Kaiserschnitt ist den verstümmehden Opera- Blutung verursachte Degeneration macht dies wahr*
tionen entschieden überlegen. scheinlich." B r o s i n (Dresden).
Arth. Hoffmann parx^siadt).
123. Seotio oaesarea bei übemlMig ent- ^^^' ^*® lAparotomien und Symphyaeo*
wiokelter, todifkoler Eruoht ; von Dr. H. L u d - *^"'**^'^ ^ ^«^ Franenabtheünng dea Biga«li6hen
wiginWien. (Centr.-BLf.GynÄkol. XX.3. 1896.) f^!^^!^'^"''* l T J^"' *^
Die Frucht wog ca. 7700g Wegen grosser Zar- ^^^^^' °^^- ^^«^^- ^' ^^' ^895.)
reisshchkeit der kindlichen Gewebe war eine Extraktion Tr. berichtet über 100 im Zeiträume von
SSeÄn^'Sl^lfJl^^^^^ ö Jahren ausgeführte Operationen. Unter den
Glae8er(Dan2dg). 97 Laparotomien waren :
124. Seotio caesarea in mortoa, lebendes l bei.ektopischer Schwangerschaft, mit 4 TödesfiUea
tri j -^« ru. A 4.1.« TT «* • T\_ 2 Kaiserschnitte, darunter 1 nach fwTo - 1 TodesfiEUi
mnd; von Dr. Arthur Hoff mann in Darm- is Laparomyomotomien ' ÖTodesfiOlen
Stadt (Centr.-Bl. f. GynÄkoL XIX. 50. 1895.) le Adnexoperationen ,,1 Todesfall
Autorreferat. 10 Yentro&cationen ^0 Todesfall
36jähr., vorher vöUig gesunde, im 8. Monate ihwr ^ Gvariotomien •••••••» 3 !R>desfimeii.
4. Schwan^rsohaft stehende Frau. Am 1. Juni 1895, ^^^ Gesammtmortahtät betrug demnach 15»/o.
JA teÄ?hrerri''ÄS:L'^^ , „«mal wn«ie die Symphyeeotomie ausgeführt;
dem letzten Athemzuge Sectio caesarea. Lebende, dem ^ Mütter kamen schon inficirt zur OperatiCMi und
8. Bchwangerschaftmonate entsprechende, männhche fieberten längere Zeit Alle Mütter wurden achliesfr»
Frucht; stiess bald wimmernde Schreie aus, starb aber lieh gesund entlassen; von den Kindern starb 1
nach 25 Stunden in Folge von Lebenssohwäche. ^^^^^ Minuten nach der Extraktion , die beiden
125. Fall von Kaiaeraohnitt nach Porro in andren blieben am Leben. Interessant ist derBe-
der Sohwangeraohalt wegen malignen Ovarial- fund bei einer Symph3r8eotomirten, die 16 Mon.
tmnora, nebat Beitrag snr Pathologie des Cor- nach der Operation an Dysenterie starb; die Sym-
pna Intetim; von Dr. MaxYoigt in Hamburg, physe war fest oonsolidirt und zeigte „ein eigen*
(Arch. f. Gyn&kol. XLIX. 1. p. 43. 1895.) artiges, wunderbar festes Gelenk'^
Im Abdomen einer schwangeren Frau fand sich neben Nach T r.'s Ansicht ist die Symphyseotomie in
dem Uterus, derZwillingsfrüchte 9. Monats enthielt, ein mit erster Linie dazu berufen, auch dem praktiscdien
der Umgebung verw^ner, mannskopfgrosser splider ^j^^ ^^ MögUchkdt zu geben, in schwierigen
Ovanentumor. Die Entfernung gelang nur schwieng: „.„ j** ,., ° a- n ^ x^ j
dabei kam die Geburt in Gang und es machte die Blut^ VbIIqu, in denen bisher nur die Perforaüon des
Stillung eine Abtrage des Uterus nöthig; nachdem durch lebenden Kindes oder der Kaiserschnitt indicirt
Kaiserschnitt die eme Frucht todt, die andere sterbend ent« schien, mit den grossen Kliniken zu concurriren in
wickelt war. Der leere Raum wurde gegen die Intestina g^zug auf Erhaltung des Lebens der Mutter und
durch Fixirung des Netzes an die hintere Beckenwand , rr- j m iI.iaj- r\ j^ • uxm t
abgeschlossen und tamponirt Tod nach 9 Tagen an Blu- ^^ Kindes. Tr. hält die Operation nicht für aohwer ;
tung aus einem Magengeschwür. die oft sehr grosse Blutung sei mit Jodoformgaze-
Der Tumor besteht aus einer äusseren Schicht nor- Tamponade zu stillen, und die Knochennaht sei bei
malen Gvarialgewebes. Eine mittiere Schicht enthält in Einhaltung der Seitenlage entbehrlich,
emem Netzwerke von Bmdegewebe und Gefässen sehr ^ . xiTict ** /rk ^ j^\
grosse grosskemige ZeUen, die zu grösseren Haufen, zu ^^^'^ Hof f mann (Darmatadt).
2eUenzü|en und ZeUensträngen wigeordnet sind und die i27. Symphyaiotomie, aoooadhement pre-
verschieden weit m den centralen Kern hineinragen. . .* ^äJTV a. x J ' ^ i
Dieser centrale Gesohwulstkem selbst ist degenerirt, nur ™««>^ artlflolel et op6ratlon oeaarienne ; par le
peripherisch heben sich in ihm grössere und kleinere Dr. Simon Frederic (]^. (Belg. m§d« IL ^9. 50.
Zellenhaufen und Zellenstrfinge ab, die von einander durch 1895.)
bluterfullte rundlich gestaltete, mit einem Endothel aus- -ni^i.- a-uxx - m i j «-
gekleidete Hohlräume geschieden werden, die den Ein- ^^' **88* seme Ansicht etwam folgendem Satze
druck von erweiterten Oapülaren machen. zusammen : Die Einleitung der künstlich^i Früh-
Da der Tumor in seinem ganzen Aufbau, nament« geburt wird, abgesehen von Ausnahmefällen, in
lieh auch durch die Form und das Aussehen der demselben Maasse aus der Geburtshülfe vecdrSngt
grossen Zellen an ein Corpus luteum erinnerte, so werden, als Kaiserschnitt undSymphyseotoaüeTer«
untersuchte V. auch eine Anzahl dieser letzteren, yoUkommnet werden. Fr.betn^dltetdießinleitang
VliL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
85
Ha Unsüiohen Frflhg^buH; zwar nicht als' ver-
kappten Eindesmord („infantioide deguisd")) ver-
wirft aber diese Operation wegen der ersohreoken-
den Eindersterblichkeit unter allen umständen für
die Zeit vor Ablauf der 34. Woche. Der Eaiser-
sohnitt hat seine Probe längst bestanden und besitzt
sahlreiche treue Anhänger. Je einlacher sich das
YerMuen nodi gestalten wird, desto mehr wird er
weiteren Eingang finden. Für die Symphyseotomie
fehlt es zunädist noch an der genauen und sorg«
iUtigen Indikationst^ung. Erst, wenn diese er^
reicht ist und die Methode sich zu weiterer YoU-
tommenheit entwickelt hat, wird die Symphyseo-
tomie den ihr gebührenden, wenn auch vielleicht
jbescheidenen Platz an der Seite der anderen in
Betracht kommenden Verfahren behaupten.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
128. Caauistlsoher Beitrag enrSymphyseo-
tomieihige ; von Dr. G. W o y e r in Wien. (Centr.-
Bl. f. QynäkoL XX. 4. 1896.)
W/s Fall ist insofern bemerkenswerth, als durch die
Symphyseotomie eine dauernde Erwoitorung der Becken-
weite'geschaffen wurde. T6r def Sybiphyseotodiie ^aren
die Maasse: Spin. 27, Crist 27, Ttoch. 29.5, Coig. diag*
10.5, Conj. Vera nach SkutschS cm. Bei der nächstmi
Entbindung fand W. : Spin. 27.5, Crist. 29.5, Troch. 33,
Conj. diag. 11.75, Conj. vera nach S kutsch 8.9cm.
Die Symphyse war gut oonsolidirt. G 1 a e s e r (Danzig).
129. üeber den osteoplaatiflohen Versohlaas
eines nach Symphyseotomie bestehen geblie*
benen Symphysenspaltes ; von Dr. Geuer in
Cöln. (Centr.-Bl. f. Gynäkol. XIX. 43. 1895.)
Bei einer Symphyseotomie, die von Frank aus-
geführt wurde, bUeb die Prima intentio aus, und die Sym-
physe klaffte nach 2 Mon. noch um 2 cm. Es wurde die
Narbe breit excidirt und über dem linken Schambeinaste
ein viereckiger Hautlappen gebildet, der seinen Stiel unten
hatte. Der schnitt drang bis auf den queren Schambein-
ast, dessen oberer Theil 3 cm breit abgemeisselt wurde.
Der Hautknochenlappen wurde nach Anfrischung der
beiden Enden des Schambeinspaltes so in den Defekt ein-
genäht, dass das Enochenstück den Spalt und die Haut
■den oberen Defekt deckte. Heilung per primam. Die
Conj. vera war um IViom vergrössert Es war nur
Seidennaht angewandt worden. Am besten wäre es natura
lieh, die Symphyseoplastik gleichzeitig mit der Symphyseo-
tomie zu machen, wie es von Frank später 3mal mit
Erfolg ausgeführt wurde. Q 1 a e s e r (Danzig).
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
I 130. Ueber den diagnoatiBohenWerth der
1 elektrischen Surohleuohtung menaohlicher
' Körperhöhlen; von Wilh. S c h w a r t z in Rostock.
. (Beitr. z. klin. Chir. XIV. 3. p. 615. 1895.)
I In der vorliegenden Arbeit, die von der med.
! takultät zuRostook mit einem Preise gekrönt wor-
I den ist, bespricht 3chw. zunächst die Durehleuch-
tunffgverhäünisse normaler Qewebe, sowie dieTrans-
Jttienz solcher paihologtaehen Produkte, die überall
vorkommen kOmien. Sodann untersuchte Seh vr.
die DurchleuchtungsverhSltnisse an den verschie-
denen Körperhohlen in normalem und pathologi-
schem Zustande. Die mit Abbildungen und einem ge-
nauen Literaturverzeichniss versehene Arbeit eignet
sich nicht zu einem kurzen Referate. Im Allge-
meinen äussert sich Seh w. über den diagnostischen
.Werth der Durchleuchtung menschlicher KOrper-
hOhlon dahin, dass derselbe bei einigen HOhlen nicht
VL verkennen ist „Vielfach ist die Diaphanoskopie
IQr die Diärese von Einfluss, oft entscheidend,
Sie verdient es nicht, wie das heute vielfach gethan
irird, als unndthige Spielerei aufgefasst zu werden;
im Qegentheil, . sie ist einer allgemeineren Beachtung
imd Anerkennung wohl wertb.^^
P. Wagner (Leipzig).
131. Heber eine neue Form aatiaeptifloher
iFondbeliiUidlung; von Dr. C. L. Schleich in
Berlin. (Therap. Monatsh. X. 2. 1896.)
»
Durch ausgedehnte Versuche hat Schi, gefun-
den, dass wir in der J^bma/«7i^6/a^n« in Pulverform
üi Mütei 1)6Sit2en, im Contakt mit nicht inficirtem
Bewebe ohne jede andere Desinfektion einen festen
R^uadschorf in wenigen Stunden zu erzeugen, wo-
divch primär genahte Wunden in kürzester Frist zu
nicht mehr inficirbaren Schorfen verhärtet werden
können. Die Formalingelatine vermag bei aktiver
Zellenthätigkeit durch molekulare Antisepsis die in
den Geweben anwesenden Bakterien mit grösster
Sicherheit abzutOdten und ermöglicht den Qewebe-
zellen, ihrer mit Leichtigkeit Herr zu werden. Die
Formalingelatine sistirt mit grösster Sicherheit akut
purulente Processe, sofern nach Incision und Auf-
pulverung die Oewebeproduktion und Formalin-
dampfentwickelung ungestört von Statten gehen;
bei Anwesenheit reichlichen, nekrotischen Mate-
riales kann die Zellenthätigkeit durch Pepsinsalz-
säure-Verdauung unterstützt werden.
P. Wagner (Leipzig).
132. Die Ueberhftutung von Wundfläohen
und Wundhöhlen durch Epithelaussat , eine
neue Methode der Transplantation; von Dr.
F. V. Mangoldt in Dresden. (Deutsche med.
Wchnschr. XXI. 48. 1895.)
V. M. hat mit günstigem Erfolge versucht, Wund-
fläohen u|Ld Wundhöhlen durch „Epithelaussaat^
zur üeberhäutung zu bringen. Diese Epithelaussaat
geschieht auf einfachste Weise.
Von einer beliebigen Stelle derEörperoberfläche, am
zweokmSssigsten vielleicht von der Aussen- oder Innen-
seite der Ol^rarme, wird nach vorangegangener Rasirung
und gründlicher Desinfektion derfiaatpartie mittels eines
senkrecht zur Hautfläche gerichteten, sterilisirten scharfen
Rasirmessers bd Spannung der Haut die Haut in leichten
Zügen bis auf den PapillarkÖrper abgeschabt und der
dadurch gewonnene, mit Blut untermischte Epithelbrei
auf die frische oder auf die vorher sorgfältig desinficirte,
und von Granulationen befreite, nicht mehr blutende
Wundfläche durch Spatel oder Myrtenblatt ziemlich fest
aufgestrichen, aufgesät Die Epithelblutmasse gerinnt
66
ym. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
rasch «nf der Wunde, haftet fest und überzieht sie mit
einem ziegelrothen Belag duroh das beim Schaben defibri-
nirte Blut Der Verband ist der denkbar einfachste. Er
besteht an der Hautentnahmestelle in Aufpudemng von
Bermatol, Bedeckune mitsterilistrterOaze, Binde; ander
HautübertragnngstelTe in Bedeckung der Wnndfläohe mit
sterilisirten Protektivstreifen. Die Hautentnahmestelle
ist nach wenigen Tkgen vöUiff geheilt, fast unbemerkbar,
höchstens für einige Zeit noch etwas geröthet Die Epi-
thelaussat auf der Wimdfl&ohe ist in den eraten Tagen
kaum sichtbar. Die Wunde macht beim Verband wec^l
durch das aus dem Blute ausgeschiedene Fibrin den Ein-
druck, als ob sie croupös belegt wäre. Am 5. bis 7. Tage
beginnt das Fibrin zu schwinden, die Wundfläche ist wie
Yon einem blänlich-rosa Hauch überzogen, der aufj^egan-
genen Epithelsaat. Mitte oder Ende der 3. Woche ist die
Ueberhäutung vollendet Die überhäutete Fläche Uldet
nur ein mikroskopisch feines Mosaik, das für das freie
Auge den Eindruck einer glatten ebenen Fläche macht
P. Wagner (Leipzig).
133. 2iir Behandlung des Lnpue mit Haat-
ezoiaion nnd Thienoh'BOher Hautrerpflan-
Bong; von Dr. H. Stieda in Freiburg. (Beitr. z.
klin. Chir. XV. 1. p. 147. 1895.)
St berichtet über die ansgeseichneten Erfolge,
die in der Brun s 'sehen Klinik in mehreren FSllen
Ton ausgedehntem Gesichtslupus, sowie in einem
Falle weit verbreiteter Tubercolosis vermcoea an
Hand und Vorderarm mittels der Methode von
Thiersch, der Hautexcision und nachfolgenden
Hautverpflanzung, erzielt worden sind. Ganz be-
sonders war auch das kosmetische Resultat vorzüg-
lich, sogar in einem Falle, in dem beinahe das ganze
Gesicht abgehäutet war.
An dem Arme bewährte sich die Methode von
Thiersch ausser in kosmetischer, namentlich noch
in funktioneller Hinsicht : in Folge der Elasticität
und Verschieblichkeit, welche die fast gar nicht
geschrumpften transplantirten Lappen gewannen,
traten keine Narbencontrakturen an den Fingern
ein. Letztere blieben vollständig beweglich und
der Fat wurde dadurch ihre volle Arbeitsfähigkeit
erhalten.
Als Verband fflr die transplantirten Stellen wird
ein dick mit Vaseline bestrichener Lappen benutzt,
in den etwas Jodoformpalver eingerieben ist Der
1. Verband wird am 3. Tage gewechselt
P. Wagner (Leipzig.)
134. üeber Cephalhydroeele tranmatloa;
von Dr. F. de Quervain in Chaux de Fonds.
(Arch. f. klin. Chir. LL 3. p. 459. 1895.)
Fälle von traumatischer Gephalhydroode finden
sich in der Literatur 32 mitgetheilt mit 10 Sektions-
berichten. Zu diesen Fällen kann de Qu. 3 weitere
Beobachtungen fügen, von denen die eine als Sek-
tionsfall, die anderen wegen der langen Beobach-
tungsdauer (6 Jahre) von Interesse sind.
Zum Schlüsse fasst de Qu. die Ansichten
kurz zusammen, die in Bestätigung und Erweite-
rung des bisher Bekannten durch die 3 mitgetheilten
Fälle und durch den Vergleich mit der bisherigen
Literatur nahe gelegt werden.
Jeiiologie. Die Cephalhydroeele tnattaGöa bal
zur Bedingung : 1) einen mangelhaft oder garniett
geheilten Schädribruch bei erhaltenen Haittd6(A€D;
2) eine Verletzung dee SohAdelinneren, besteheDd
in einer Zerreieaung der Himhinte, meist vobaa-
den mit Qoetsdrang der Hirnrinde bis zum Seitsn-
ventnkel. Oeflsrs kommt ee zur ErOftLimg dieses
direkt oder naehträglich durch Erweiohong (triu-
matisohePorenoephalie). DieFraktorheilangbkibt
in dieeen FWen aus wegen grosser Diastase der
Enochenränder,oder wegenlnterposition vonWeiok-
theilen oderwegenErkrankungdesEnoeheasysteoM.
Weiterer Verlauf, 1) Bezüglich der iTnoeken-
lücke : a) Bei gesunden Kindern bleibt der Knochen*
defekt stationär, oder er weitet sich durch dea
Druck des wachsenden Qehims in massigem Oiade
aus, eventuell mit Ausbildung von Schädelasym«
metrie. Die Händer künnen durch beschränkte
Enocbenresorption und Neubildung etwas nivelliit
werden. Der Defekt schUesst sieh mit der Zeit
durch eine mehr oder weniger resistente Membran,
b) Bei bestehender Shackitis kann ohne weitere
mechanische Momente aus einer einfachen Fissur
in kurzer Zeit durch Resorption ein ausgedehnter
Defekt entstehen. Die Sorption vollzieht sich
auch, ohne dass Dura und Periost abgelüst und,
zwischen den beiden Membranen. Diese konunea
dadurch zur Vereinigung und können deia Defekt
theilweise schliessen. 2) Bezüglich der Oephd-
kydroeek selbst Bei spontaner Heilung kommen
in Betracht: Verminderung der Produktion von
Liquor; Abnahme der durch Sofareien bedingten
maximalen Drucksteigerungen; Betaraktion and
Stärker werden der bedeck^iden Galea; als Bnd*
resnltat: Verengerung und Obliteratioa oder Com»
munikation mit dem Schädeliniieren.
Thenqne. 1) In fiieehen FSUen: Blevation von
eingedrückten Stücken und Knochennaht mit den
nöthigenCautelen wegen Himdruckes. 2)IniWfaa
mü Tendenz xur Sporäanheüung : Sc^utzphrtte.
3) In P&üen mit Stationärbleiben oder IVogreeskn:
v(}llige und dauernde Reposition durch Druckpelotte,
um die Betraktion der Oalea zu begünstigen ; Jod-
injektion zum gleichen Zwecke und um die Pinh
duktion von Liquor zu vermindern; Ventrikel«
drainage in allen mit Epilepsie combinirten mieoi
femer bei bestehender Rhachitis und bei sdu
grossem Knochendefekt; plastische Operation nack
König bei F^en von Epilepsie und Rhachitis
bei massig grossem Knodiendefekt
Prognose, Die Spontanheilung der Gephslr
hydrooele ist wahrscheinlich, die der Knodienlücki
unwahrscheinlich; die Gefahr der Epilepsie uai
der metastatischen Meningitis ist stets Torhandei
Rhachitis erschwert die Prognose wegen der Nei
gung zu Progression. P. Wagner (Leipzig).
135. Zar Bahandliing der BeMMaiaeinisi
wunden; von Dr. Tilmann inBerlin. (Devtscb
milit-ärzU. Ztschr. XXV. 1. 1896.)
Vm. Chiroigie, Augen- und Ohrenheilbmde.
67
Sn der y. Bardeleben'schen Chirurg. Klinik
worden in den letzten 8 Jahren 38 Schftdelsohüsse
beobachtet, die alle nach denselben Orundsätzen
und in gleicher Weise behandelt wurden. 21 Er.
genasen, 17 starben. Bei 16 konnte eine Eröff-
nung der Schädelhohle nicht mit Sicherheit nach-
gewiesen werden ; sie wurden sämmtlich geheilt.
Bei 22 war das Qeschoss in die Schädelhohle ein-
getreten ; von diesen wurden 5 geheilt» Die be-
merkenswerthesten Krankengeschichten werden
Jcorz niit^getheilt
T. kommt zu dem Schlüsse, dass die primäre
Kepanation bei SehAdelschüssen nur angezeigt ist
behufs Stillung Ton arteriellen Blutungen und bei
schon vorhandenen nachweisbaren contralateralen
Lähmungen oder Krämpfen. Sonst ist die exspek-
tative Behandlung die beste. Später sind Trepa-
nationen meist veranlasst durch eintretendes Fieber,
durch oontralaterale Hemiplegien und durch den
Nachweis der im Knochen des Einschusses haften-
den KugeL P. W a g n e r (Leipzig).
136. Ueber oollaterale (angekreuzte) Hemi-
plegien; von Prof. Ledderhose in Strassburg.
(ArcL f. klin. Chir. LI. 2. p. 316. 1895.)
L. hält es auf Orund der in der Literatur
medergelegten, von ihm kurz angeführten Beob-
achtungen fOr erwiesen, dass bei allen Liäsionen
des Qehims, Blutungen, Absceesen, Erweichungs-
herden, Tumoren, ausnahmeweise gleichseitige, col-
kUerole Hemiplegie zu Stande kommen kann.
& beobachtete folgenden FaU.
Ein 38jähr. Mann erUtt schwere MisshaDdlungen,
wurde zur Erde oiedeiq^eworfea und erhielt Schläge und
Fosstritte gegen den Kopf. Vorübergehende Bewusst-
losigkeit Am nächsten Tage heftige Kopfschmerzen und
Schwäche ; verändertes apathisches Wesen. Vom 9. Tage
an ausgesprochene Zeichen von Himdruck. L. sah den
Verletzten 12 Tage nach der Verletzung : tiefes Koma,
ttertoröse Athmung, Fehlen des Coigunctivalreflexes;
Pupillen mittelwei^ fast reaktionslos, Pols 80, unregel-
mtaig. Ausserdem bestand seit 2 Tagen auasesproohene
Parese des rechten Facialis und rechtseitige Hemiplegie.
Die Untersuchung des Kopfes und der Ohren ergab
keinerlei Besiduen der erlittenen Verletzungen. In der
Annahme, dass es sich um ein Hämatom der Art menin-
gea med. handelte, wurde links, also an der der Lähmung
entgegengesetzten Seite, an den Kroenlein'schen Stellen
trepanirt, aber kein angesammeltes Blut gefunden. Ihd
am Tage darauf. Die Sektion ergab keine Weichtheil-
liad KnochenTerletzung; auf der rechton, der der Hemi-
plegie entepreohenden Seite des Gehirns ein grosses intra-
donles Bluteztravasai
Nachdem L. die verschiedenen Entetehungs*
m^lichkeiten einer ungekreuzten Hemiplegie kurz
berührt hat, kommt er zu folgenden Schlüssen:
1) Bei allen Arten von Läsion des Qehims mit
nadifolgender Hemiplegie kann ausnahmeweise
die T^hmiiTig eine angekreuzte, oollaterale sein.
2) ^Weiterung der Papille oder — mit grösserer
Berechtignng — einseitige SteuungspapiUe auf der
Seite einer vorhandenen Hemiplegie kann zur Dia-
gnose ein,er eoUateralen Oehimläsion, bez. -Blutung
Ähren. 3) Wenn bei intracraniellem Blaterguss
Hed. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
die Indikation zur Trepanation vorliegt, so l^nn
es anter Umständen, wenn die ad 2 genannton
Bedingungen gegeben sind, oder wenn die Blut-
ansammlung auf der der yorhandenen Hemiplegie
entgegengesetzten Seite nicht gefunden wurde,
angezeigt sein, auf der Seite der Lähmung zu
trepaniren. P. Wagner (Leipzig).
137. Zar operativen Chirargie der Him-
gesohwiUate; von Prof. Er oen lein in Zürich.
(Beitr. z. klin. Chir. XV. 1. p. 251. 1895.)
Die Zahl der operativ behandelten Himtvberkel
beträgt bisher 14. Die Besaitete sind folgende:
geheilt 4 Er., vorübergehend gebessert 2 Er., unbe-
kannter Ausgang bei 1 Er., Tumor nicht gefunden
bei 4 Er., gestorben an der Operation 3 Eranke.
Er. berichtet über einen 15. Fall. 43jähr. Er. mit
hühnereigrossem Conelomerattuberkel im unteren und
mittleren Drittel der unkseitigen CeDtralwindungen, den
Cortex und die angrenzenden suboortikalen Himpartien
einnehmend. Jaolffion'sche Epilepsie, vom rechten Vor-
derarme ausgehend ; osteoplastische Trepanation undEx-
stirpation des Tumor. Heilung bis 3Vs Monate nach der
Operation festgestellt. Der Tumor hatte sich genau ent-
sprechend dem Sitz einer vor 11 Jahren erlittenen Eopf-
verletzung entwickelt. Vater und Schwester des Er.
waren an Tuberkulose gestorben; bei dem Er. selbst
waren keine Zeichen anderweitiger Tuberkulose nach-
weisbar. P. W a g n e r (Leipzig).
138. Zur Pathologie uncl Therapie ^v
Schoaaverletiungen des Magens und Darmes;
von P* Elemm in Biga. (v. Volkmann 'a
Samml. klin. Vortr. N. F. Nr. 142. 1896.)
EL hat versucht, durch das Studium der ein«
echlAgigen Literatur, sowie durch eigene experi-
mentelle Untersuchungen der Frage n&her zu treten,
wie sich der Arzt zu den Schussverletzungen des
Magens und Darmes zu verhalten habe ; er kommt
dabei zu folgenden Schlusssätzen :
1) Bei der bei Weitem grOssten Mehrzahl per«
forirender Bauchschüsse sind Eingeweide verletzt
2) Am häufigsten ist der Magen-Darmtractus be-
troffen. 3) Die Wunden sind meist multipel*
4) Ihre Or5sse ist unabhängig von der Grösse und
dem Bau des Oeschosses ; sie wird bestimmt von
dem TrefPwinkel der Eugel. 5) Ein Verschluss
der Wunden durch einen Sc^eimhautpfropf findet
nur in den seltensten Fällen stett 6) Es tritt fast
immer Eoth aus. 7) Die Folge des Eotba^strittes
ist Infektion des Hämatoms und septische Intozi*
kation. 8) Bei exspektetiver Behandlung ist die
Begel der Ausgang in Tod. 9) Bei jeder Schuss«
verletzung des Abdomens, wenn Verdacht auf
Läsion von Eingeweiden besteht, ist die Spaltung
der Bauohdecken bis aufs Peritonaeum im Be-
reiche des Einschusses angezeigt 10) Ist das
Bauchfell perforirt, so soll die Laparotomie in der
Linea alba folgen. 11) Je nach der Ausdehnung
und Beschaffenheit der Wunden werden diese ein-
fach vernäht, oder es muss die Resektion eines
Stückes des Darmes vorgenommen werden. 1 2) Eine
schon bestehende Peritonitis ist keine Contraindi^
8
58
ym. Chirorgie, Aiigen- und OhrenheiUninda
kation gegen den Eingriff. 13) Dieser ist aber ver-
boten bei schwerem Verfall des Kranken, bedingt
durch septische Intoxikation oder primären Wund-
shock. 14) Die Operation soll nur unter aus-
reichenden äusseren Verhältnissen, von kundiger
Hand unter genügender Assistenz ausgeführt wer-
den. P. W a g n e r (Leipzig).
139. Zur operaüTen Behandlung desUloiiB
Tentrionli; vonDr.F. Hofmeister in Tübingen*
(Beitr. z. klin. Chir. XV. 2. p. 351. 1896.)
Die Gründe, die heim Magengeschwür einop^u-
tivee Eingreifen berechtigt und nothwendig er-
scheinen lassen, liegen in gewissen Folgezustän-
den, die mit dem Ulcus ventriculi zwar nicht
nothwendig verknüpft sind, aber doch nicht eben
selten zur Beobachtung kommen. Zu diesen Folge-
zuständen gehören 1) Stenosen des Magenschlau-
ches, namentlich in der Pylorusgegend ; 2) Per-
forationen des Geschwürs in die freie Bauchhöhle ;
3) unstillbare oder wiederholte Blutungen aus dem
Geschwür; 4) narbige Verwachsungen des Magens
mit der Nachbarschaft. Diese perigastritischen
Verwachsungen treten meist in Form Ton Bändern
Und Strängen auf; in anderen SWen kommt es zu
breiten, flächenhaften Verlöthungen der vorderen
Magenwand mit den Bauchdecken und hierdurch
bewirkte ausgedehnte tumorartige Infiltration der
letzteren.
H. theilt eine solche Beobaohtong bei einer 34jahr.
Frau mit; die schwieligen Neabüdongen gingen hier auch
munittelbar auf Milz uid Lebeo* über. Die Kr. war
aosserordentUch abgemagert und hatte an schweren
Schmerzanfiillen zu leiden Laparotomie. Resektion der
erkrankte^ Magenpartie, sowie der etwas ausgezogenen
Milzspitze und eines nussgrofisen Leberstüdkes. Quere
Vemähung des Magendefektes. Heilung,
Zwei diesem Falle ganz ähnliche Beobach-
tungen sind aus der Billroth'schen und der
Mikulicz 'sehen Klinik mitgetheilt worden. Auch
bei diesen beiden Er. trat durch die Operation
vollkommene Heilung ein.
P. Wagner (Leipzig).
140. Chinugiaohe BrlUmmgen über das
Magenoaroinom ; von Prof. Kroenlein in
Zürich. (Beitr. z. klin. Chir. XV. 2. p.311. 1896.)
Er. versucht, von seinen eigenen Er&hrungen
auf dem Gebiete des Mageneareinoms rückhaltlos
Bechenschaft abzulegen.
67 Er. im Alter von 21 — 70 Jahren wurden
ihm mit der Diagnose „Magencardnom^* zur Opera-
tion überwiesen; von diesen wurden 26 Er. nidd
operirt, theils weil sie die Operation ablehnten
(7 Er.), theils weil sie nach einer mehrtägigen,
genaueren Beobachtung für inoperabel erklärt wer-
den mussten (19 Er.). Bei 22 Er. wurde nur eine
Probek^parotomie vorgenommen. In 4 Fällen wurde
die Oaetro-Enieroetomie gemacht. Die geringe Zahl
äieser Operationen erklärt sich aus dem von An-
deren etwas abweichenden Standpunkte Er. 's. Er
l^ünscht die Indikation für die Gastroenterostomie
beschränkt zu sehen auf diejenigen unexstirpirbana
Pyloruscaroinome, die wirkliche Stenosenerschei-
nungen machen. Wo dagegen solche fehlen, und
solche Fälle kommen nicht allzu selten vor, scheint
es Er. am gerathensten, es bei der Probelaparotomie
bewenden zu lassen. Wo endlich die Existirpation
des Cardnoms möglich ist, soll diese ausgeführt
werden. Yen den 4 Oastrooiterostomirten starben
3 bald nach der Operation; nur 1 Pat lebte noch
3 Monate lang.
Magenresekiionen hat Er. bei 16 Eranken vo^
genommen. 4 Er. starben im Anschlnss an die
Operation; 2 starben an intercurrenten Erank-
heiten, 4 erlagen 488 — 794 Tage nach der Opera-
tion einem Reoidiv. 6 Er. leben noch und sind
frei von Becidiv (1 V^ Jahre bis 4 Monate nach der
Operation).
Was die TBchnik der IS/loruereedUiim anlangt,
so ist Er. in allen seinen Fällen der B illroth-
Wulf 1er 'sehen Methode treu geblieben. Ganz
besonders gilt dies von der Art und Weise, wie
nach der Exstirpation des carcinomatOsenPylorus-
Magenstückes die beiden Lumina aneinandogefQgt
wurden. Gegen die angeblichen Vorzüge der
E 0 c h e r 'sehen Gastro-Duodenostomie verhält sich
Er. ablehnend.
Die Erankengeschichten mit Pylomsresektion
werden am Schlüsse mitgetheilt
P. Wagner (Leipzig).
141. Zar Naohbehandlang nach Lq;iaro-
tomien; vonDr.P.Reichel in Würzbarg. (Arch.
f. klin. Chir. L. 2. p. 430. 1896.)
Während bezüglich der Technik der Laparo-
tamie in den Hauptpunkten nahezu üebereinstim-
mnng unter allen Chinugen besteht, stehen sich
die Ansichten über die i\^xeftbehandlang' scharf
gegenüber. R bespricht namentlich 2 Punkte der
Nachbehandlung.
1) üfUer toekhen umständen ist nadi hofore-
iomien eine Opiumiherapie am PkUxe? R. stdlt
hierfür folgende Sätze auf: Von wenigen lallea
von Darmresektion und jenen Laparotomien, die
einen Infektionsherd zurücklassen, abgeBohen, ist
im Allgemeinen für die Nachbehandlung, so lange
Störungen fem bleiben, Fortlassen des Opium zu
empfehlen. Es ist nicht nur zwecklos, sondern
kann schaden. Vielmehr suche man von Anfiuig
an, eventuell schon vom Tage der Operation die
Peristaltik durch leichte Abführmittel (aaUnische
Wässer) anzuregen, und mindestens am 2. ha
3. Tage Stuhlgang zu erzielen. Treten Zeichen
von subakutem, mit Wahrscheinlichkeit auf Ver-
wachsungen zurückzuführendem Ileus aof, so ver-
suche man bei Enthaltung von jeder Nahrung,
selbst einfachen Wassers per os, durch in kurzen
Zwischenräumen zu wiederholende Magenaoaspü-
lungen und Opiiun als Suppositor die StOnmg zu
beseitigen. Abführmittel sind zu vermeiden. Bes-
sern sich die Erscheinungen, so verabfolge man
Yni. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
59
dann hohe Wassereinlaufe in den Mastdarm, even-
tuell mit Qlycerinzusatz. Tritt binnen 24, lang-
Btens 48 Stunden keine deutliche Besserung ein,
80 erwftge man die Wiedereröffnung des Leibes.
Bei Verdacht auf akute mechanische Darmocclu-
sion, wie beim Auftreten peritonitisdier Symptome
sind Abführmittel streng verboten.
2) Welche Indikationen erfordern ein Wieder-
eröffiien der Bauchhöhle ? Treten bei völlig fieber-
Ireiem Verlaufe und Fehlen auffallender Puls-
l)80clileunigiuig anhaltende Ileussymptome auf, so
entsdüiesse man sidi zur Wiedereröfßiung des
Leibes, und zwar : bei akutem Einsetzen der Er*
scheinungen gleich nach der Laparotomie, oder
sp&tor, 1 — 2 Wochen danach, möglichst früh, da
es sidi in diesen Fällen erfahrungsgemäss fast
immer um mechanischen Verschluss handelt Eine
24— 48stündige Beobachtung dürfte, falls man
sich nicht durch Opium das Bild verschleiert,
zum Nachweis objektiver Symptome und Sicherung
der Diagnose meist ausreichen. Bei subakutem,
sich in der Bogel einige Tage nach der Operation
entwickelndem Heus versuche man zunächst M agen-
Bosspülungen und Opium, halte sich aber jeder Zeit
bereit zur neuen lAparotomie, iaüs nicht rasch^
dorohschnittlich binnen 1 — 2 Tagen Besserung
erfolgt
Bei zeitweise oder dauernd fieberhaftem Ver-
lauf erfordern die Zeichen einer Peritonitis, wie
Giner Darmooclusion immer zunächst Opium in
grossen Qaben. Geht der Heus nicht zurück,
vfthrend doch die nachweisbare Peristaltik eine
diffuse Darmlähmung ausschliessen lässt, so muss
das Hindemiss auch mit dem Messer aufgesucht
Verden, insbesondere ist nicht zu zögern, wenn
die Palpaüon eines druckschmerzhaften Tumor das
Vorliegen eines Abscesses wahrscheinlich macht,
oder ein langsames Fortschreiten der Entzündung
£Q beobachten ist
Zeichen septischer Allgemeininfektion, wie
difltaser Darmlähmung sind Anzeigen gegen jeden
Engriff. P. Wagner (Leipzig).
142. Sllnlaohe tmd topographi8oh*aaato*
i&iMhe Beiträge snr Chirurgie des Penkrees;
▼w Prof. Eroenlein in Zürich. (Beitr. z. klin.
Chir. XIV. 3. p. 663. 1895.)
Die operaifoe Chirurgie des Pankreas hat sich
jetzt nach 3 Sichtungen hin zu entwickeln be-
gonnen : 1) so weit es sich um Oystentumoren hau«
delt; 2) bei gewissen zu Eiterung und Nekrose
fBhrenden Entzündungen; 3) bei festen Tumoren
des Pankreas. Das letztgenannte Feld hat bisher
fast Töllig brach gelegen, namentlich deshalb, weil
die festen Geschwülste des Pankreas sehr selten
ond ausserordentlich schwer zu diagnosticiren
sind. Von Ebcstirpation eines primären Pankreas^
tar&noms liegt bisher nur eine einzige Beobach-
tung vor (Ruggi 1889); der Fall endete günstig.
Noch viel seltener als die C^Qinoi^e des Pan-
kreas sind die Sarkome, Ein solches primäres
Angiosarkom beobachtete und exstirpirte Er. im
vergangenen Jahre am Eopf des Pankreas, und er
theilt die Erankheits- und Operationsgeschichte
dieses 1. Falles von operirtem Pankreassarkom
mit Die 63jahr. Er. starb 7 Tage nach der Operation,
und zwar ergab die Sektion als einzige Todes-
ursache eine scharf begrenzte Q'an^oßna coli trans-
versi in bedeutender Ausdehnung. Dieses Ereig^
niss veranlasste Er. der Ursache der Dickdarm-
gangr&n genauer nachzugehen und er konnte fest-
stellen, dass diese auf die Ckmiinuitätsunterbindung
der Art. eoUea med., nahe ihrem Abgange aus der
Art mesenterica sup. zurückgefQhrt werden musste.
Litten hat bereits 1875 nachgewiesen, dass die
Art mesenterica sup. eine Endarterie, zwar nicht
im anatomischen Sinne, wohl aber nadi ihrer funk-
tionellen Bedeutung sei.
Des Weiteren nimmt Er. Bezug auf die frühe-
ren Beobachtungen von Colongangrän nachUagen-
Pylorusresektionen (Lauenstein, Molitor,
Czerny, Eüster u. A.).
Im Anschluss an seine Beobachtung bespricht
er endlich die topographischronatomisohen VerJUUt^
nisse des Pankreas vom Standpunkte des Chirurgen
aus und speciell für die Bedürfnisse der operativen
Chirurgie. Eine Anzahl ausgezeichnet ausgeführ-
ter Tafeln erleichtert das Verständniss dieser in
einem kurzen Beferate nicht wiederzugebenden
Verhältnisse. P. W a g n e r (Leipzig).
143. Die Apoplexie des Pankreas; von Dr.
Sarfert in Berlin. (Deutsche Ztschr. f. Chir.
XLn. 1 u. 2. p. 125. 1895.)
S. hatte Gelegenheit, in kurzer Aufeinander-
folge 3 Falle von hämorrhagischer Pankreatins,
Pankreasnekrose oder Pankreasapoplexie zu beob-
achten, von denen ein Er. von Sonnenburg
operirt wurde, während die beiden anderen in der
inneren Abtheilung von Benvers in Behandlung
waren.
Im 1. Falle handelte es sich um einen 39jähr. Er.,
massigen- Potator, der, seit mehreren Jahren ^magen-
leidend'*, nach Heben einer schweren Last mit plötz-
lichen Schmerzen in der linken Unterbaaohgegend, üebel-
keit, Brechreiz erkrankte. Schwerstes Joankheitsbild.
Wahrscheinlichkeitdiagnose: Bens; innere Einklemmung.
Laparotomie: Darmschlin^n bis zur Deocökalklappe
schwarzblau verfärbt, blnüg sugillirt, stark aufgebläht;
kein einschnürender Bing, keine Achsendrehong. In der
Bauchhöhle massige wässerig-blutige Flüssigkeit Tod
direkt nach der Operation. Die Sektion ergao das Pan-
kreas in eine blutie infiltrirte, dem Milzgewebe ähnliche
Masse umgewandelt, ziemhch um das Doppelte seines
Volomen vergrössert. Ausserdem verstreut über das
Mesenterium des Darms und diesen selbst, über Zwerch-
feU, Netz, peritonätdes Fettgewebe, äusserst zahlreiche
weiss-opäke, hanfkom- bis linsengrosse Flecke — Fett^
nekrosen. Der Leichenurin enthielt 1% Zucker.
2) 24jähr., äusserst fettreiche Frau. PlötzUohe Er-
krankung mit heftigen Leibschmerzen, Erbrechen u. s. w.
Eeine abgegrenzte, nachweisbare Resistenz am Abdomen.
Urin normal. Nach 14 Tagen Tod. Bei der Sektion fand
sich die ganze Bauchhöhle mit einer gelbeitrigen Masse
erfäUt, in der zahlreiobe waohsgelbe, bröcklig-kömige
BO
ym. Chirurgie, Axigea- und Ohreoheilkunde.
Körper schwammen. Därme aufgetrieben, unter einander
verklebt, nirgends eine Perforation. Das Pankreas lag
als schwarzbraune, fetzij^, von Eiter umspülte Masse,
der SchWanztheil freiflottirend, hinter dem Magen. Am
Mesenterium und Netz linsengrosse Fdtnekrosen,
3) 40!jäbr. Er. mit geringen Magendarmstörungen.
Handbreite Dämpfung in der Masengegend. Tod an
Phthisis pulmonalis. Sektion : Pankreas bis zur Dimen-
sion einer Weinflasche vererössert, in eine blutig durch-
tränkte, fleischig-derbe Masse verwandelt, ziuilreiche
Fettnekrosen im Bubperitonäalen Fettgewebe des Pan-
selbei
Als ürsadie der primfiren isolirtea Pankreas^
wifophxM wird angenommen 1) das Answandem
von Dannbakterien durch den Dnct. Wirsungianns
in das Pankreas und der dadurch gesetzte EntzUn-
dongsreiz; 2) ein Trauma. Freilich ist eine direkte
Verletzung des Pankreas bei seiner äusserst ge-
schätzten Lage zwischen Fetthfillen und hinter
elastischen Organen wenig wahrsdieinlich. Syphi-
lis, Arteriosklerose, Potatorium, starke Fettsucht
sollen zur Pankreasapoplexie disponiren.
Abgesehen von jenen F&Uen, in denen die Zer-
reissung eines grösseren Qefftsses, eine profuse
Blutung direkt den Tod verursaehi, hat man den
Tod durch eine Shockwirkung, durch Reizung des
in der Nähe des Pankreas liegenden Plexus solaris
erklärt Diese Auffassung erklärt aber nicht die
vielen Fälle, in denen der Tod nicht unmittelbar
imAnschluss an die Shockwirkung eintrat, sondern
die Kranken erst nach mehreren Tagen unter Er-
scheinungen, wie sie sich bei Incarceration von
Dannpartien oder bei Peritonitis finden, zu Grunde
gingen. Hier kann die Todesursache nur darin
zu suchen sein, wie auch durch eine Beihe experi-
menteller Untersuchungen wahrscheinlich gemacht
wird, dass bei der Erkrankung des Pankreas
Pankreassaft in die Bauchhöhle austritt und da-
selbst eine direkt ätzende Wirkung auf die
Bauchorgane ausübt. Der dadurch in seinen Cir-
kulationverhältnissen schwer geschädigte Darm
leistet dann einmal abnormer Aufsaugung von
Toxinen Vorschub, andererseits bietet er auch
dem Durchdringen von Mikroorganismen durch
seine Wand in die Peritonäalhöhle keinen Wider-
stand. Die bakteriologische Untersuchung des blutig
tingirten Transsudates in der Bauchhöhle in dem
äusserst akut verlaufenden 1. Falle ergab einen in
feinen, vielgliedrigen Ketten angeordneten Coccus ;
in dem in dem 2. Falle in der freien Bauchhöhle
vorgefundenen Eiter fand sich das Bact coli com-
mune allein in Beincultur.
Die sehr häufig gleichzeitig mit der Erkran-
kung des Pankreas beobachteten Fsttnekrosen wer-
den nach den Untersuchungen von Langerhans
und Hildebrand durch die direkte Berührung
des Fettes mit dem Pankreassekret hervorgerufen.
Die sich in den nekrotischen Stellen vorfindenden
rundlich-scholligen Körper sind nach den Unter-
suchungen S.'s nicht fettsaurer Kalk, sondern eine
Katrhimverbindung von Fettsäuren.
Die akut verlaufende Pankreasapoplexie, kann
als solche nicht Gegenstand eines chirurgischen
Eingriffes werden. Etwas günstiger stellt Btck
die Ihrognose für die aus dem akuten in ein ekro-
nisf^iee Stadium übergehenden Fälle, in deren Ver-
laufe sich mitunter eine umschriebene Eitenug
einstellt Werthvoll für die Stellung der Diagnoee
ist hierbei das Entstehen einer tumorähnÜchen
Besistenz im linken Epigastrium.
P. Wagner (Leipzig).
144. üeber die Behandlimg der Wand«*
Hüls mit Splenopexie; von W. Sykoff in
Hoskau. (Arch. f. klin. Ghir. LL 3. p. 637. 1895.)
S. hat auf Anregung seines Lehrers, v. Lew-
schi n, bei Thieren Versuche angestellt, dieHih
in ein Netz aus sterilisirtem Catgut zu hüllen und
das letztere mit Nähten an die Bauchdecken anxo-
ziehen. Auf Orund seiner, allerdings noch wenig
zahlreichen Versuche kommt er zn folgenden
Schlüssen : 1) Mit Hülfe der Gatgutnaht kann die
Milz recht fest und sicher an der Bauchwand
fixirt werden. 2) Für diese Fixation ist es ge-
nügend, die Hälfte oder den mittleren Theil der
Milz anzunähen. 3) Die Milz wird in Folge der
Zusammenziehung der neugebildeten Oewebezüge
etwas im Umfang verkleinert 4) Die angenShte
Milz setzt ihre Funktion fort 6) Die Hauptrolle
bei Fixation der Milz spielen die Fäden von Catgut,
neben denen sich Oewebestränge bilden. 6) Jede
Art von Reiz und Nekrotisirung der Ob^rfiäohe ta
dem Zwecke, festere Verwachsungen hervorzurofen,
ist nicht am Platze, weil überflüssige Verwadi-
sungen mit dem Darm entstehen kOnnen und weil
im Falle der unvollkommenen Asepük das Catgot
leicht eine Eiterung hervorrufen kann.
Auf Grund der physiologischen Funktion der
Milz zieht S. dann noch folgende Schlussfolgerangen
in Bezug auf die MUxeocsHrpaiion : 1) DieExstirpa-
tion der Milz unter sonst günstigen Bedingungen
ist nur bei ganz normalem Zustande anderer blut*
bereitender Organe möglich. 2) Statt der Spien«
ektomie bei örtlichem Leiden der Milz muss mtf
die Resektion der Milz unternehmen. 3) Ke
Splenektomie ist angezeigt, wenn die patiidogisdi
veränderte Milz nicht ein sekundäres, sondern ebi
primäres Leiden vorstellt, das sich auf den Köipei
verbreiten kann , und endlich dann , wenn mii
nicht hoffen kann, dass die pathologisch ver&ndertc
Milz ihre physiologische Bestimmung erfüllen ^viii
4) Die Wandermilz muss und kann fixirt werdet
5) Die mit Gatgutnaht fixirte Müz funktionU
6) Die angenähte Milz nimmt an ümfiang ab, v«
bei ihrer Hypertrophie sehr vortheilhaft ist 7) Bei
vorgefallener Milz soll ein Versuch gemacht vei^
den, sie wieder zu reponiren und zu fixiren.
P. Wagner (Leipzig).
145. Die Behandlung der WandermllidtrMl
Splenopezia; von Dr. Kouwer in Haarien
(Wien. kUn. Wchnschr. VIIL 43. 1895.)
*
vill. Cliirargie, Augen* und Ohrenheilkunde.
6l
K. hat bereits vor 4 Jahren in 2 Fällen von yer-
gTÖBserter Wandermüz die Splenopeaeis Torgenommen.
Die Milz wurde nach Eröfhung des Peiitonaeam durch
einen grossen Jodoformgasetampon unter und etwas nach
aosseo von der Niere fixirt Im 1. Falle ist das Resultat
vorzfif^ch ; die Frau ist seit 4 Jahren arbeitsfähig und
hat keine Wsndermik mehr. Im 2. FaUe misslang die
Opention, da der Tampon wegen einer drohenden Darm-
abinickung viel zu früh fortgenommen werden musste.
P. Wagner (Leipzig).
146. Three auooeaaAü spleneotomies ; by
Bland Sutton. (Lanoet U. p. 974. 1895.)
S. hat innerhalb 6 Woohen 3 Splenektomien mit
goostigem Erfolge ausgeführt. 2mal handelte es sich
tun eine stark vergrösserte Milz mit Erscheinungen von
recurrirender Gelbsucht, bez. Anämie, im 3. Falle bestand
eine Wandermils.
üeber das weitere Schicksal der Kr. QTjähr. und
5j2hr. Madchen, 32tjähr. Frau) soll später berichtet werden.
F. W a g n e r (Leipzig).
147. Ueber den gegenwärtigen Stand der
J34diftalbehfmdlting derProatatahypertrophie,
inabesondere mittels Castration; von Prof.
P. Brans in Tübingen. (Mittheil, ans d. Grenz-
gebieten d. Med. XL Chir. L 1. 1896.)
Die Bestrebungen, die Frostatahypertrophie
ladibd, dnrch Herbeiführung einer Schrumpfung
des ganzen Organs zu heilen, haben neuerdings zu
folgmiden Operationen geführt: 1) Unterbindung
der Artt. iliaeae intemae ; 2) doppelseitige Castra^
tion; 3) einseitige Gastration; 4) Resektion der
Ductus deferentes.
Br. bespricht diese Hetboden der Reihe nach
nnd legt hierbei das vorhandene Material möglichst
ToUstftndig vor, um dem Leser ein selbständiges
DrÖieil zu ermögliohen.
Die Erfahrungen lehren, dass die doppelt
ieüige Oasiraium bei Frostatahypertrophie im All-
gemeinen gute Aussichten, wenn nicht auf Heilung,
80 doch auf wesentliche Besserung des Zustandes
hat Einschliesslich 4 eigener EWe, die genauer
mitgetheilt werden, verfügt Br. über 148 doppel-
f^itige Castrationen wegen Prostatahypertrophie.
^3 Er. sind gestorben, allerdings zum Theil erst
3 — 8 Wochen nach der Operation, nachdem die
Ürinbeschwerden sich bereits gebessert hatten.
Unter 93 FUlen, in denen bestimmte Angaben über
das Verhalten der Prostata vorliegen, ist 77mal
(®9Ve) ^^^ Verkleinwung eingetreten.
Die einseitige Castration ist in ihren Erfolgen
zu unsicher, dasselbe gilt von der Unterbindung
der Artt. iliaeae intemae, die überdies einen ver-
kaitnissnoSssig schweren Eingriff darstellt üeber
die Resektion der Ductus deferentes müssen noch
wdtere Erfahrungen gesammelt werden ; die bis-
herigen Erfolge sind sehr aufmunternd.
F. Wagner (Leipzig).
148. SSnr Castration bei Hypertrophie der
Prostata; von Dr. Th. Rovsing in Kopenhagen.
(Cmtr.-BL f. Chir. XXUI. 2. 1896.)
B. sah bei einem 85jähr. Er., der fast 11 Jahre hin-
lurch nicht eineü Tropfen Urin mit eigener Hülfe heraus-
gepresst hatte, schon 2 Monate nach der doppelseitig^^
Castration den Harn schmerzlos und ohne Beschwerde
in normaler Häofigkeit abgehen, wobei die Blase so gut
geleert wurde, dass der Rasidnalham in 24 Standen nur
30 com betrag. Die Prostata war aof die halbe Grösse
geschrampft
Die vorliegende Beobachtung versetzt nicht
nur der Ouyon 'sehen Lehre von dem auf Arterie-»
Sklerose beruhenden Prostatismus einen harten
8to8s, sondern sie ist auch schwer in Einklang zd
bringen mit der rein mechanischen Elrkl&rung,, wo-
nach die primär gesunde Blase nach und nach im
Kampfe gegen das Hinderniss, das die Prostata-
geschwulst der Harnentleerung entgegenstellt, er-
mattet) indem die Muskulatur nach einer vorüber-
gehenden Hypertrophie zu atrophiren beginnt^
worauf dann unvollständige Entleerung des Urins,
Distension und zuletzt vollkommen^ Paralyse an-
tritt F. Wagner (Leipzig). '
149. Ueber die äesektion derSamenleiteil
als ein Heilmittel bei Prostatahypertrpphie :
von Prof. Helferich in Oreif s wald. (Deutsche
med. Wchnschr. XXTL 2. 1896.) ^
Es kann heute keinem Zweifel mehr unter-
liegen, dass die doppelseitige Castration bei Prosta^
tikem häufig eine nachweisbare Verkleinerung deif
vorher vergrösserten Vorsteherdrüse und in der,
grossen Hehrzahl der Fälle eine ausserordentliche,
Verbesserung der Blasenfunktion und Linderung;
der Beschwerden zur Folge hat Ist auch dlQ
doppelseitige Castration, oorrekt ausgefOhrt, wenig
eingreifend, so kann doch dienothwendigeNarkosQ
und das noch so kurze Krankenlager den meist;
alten £r. gefährlich werden. ^
H. hat deshalb bei bisher 10 Prostatikem einsi
noch viel leichtere Operation, die keiner Narkose
und keines Krankenlagers bedarf, ausgeführt: dia
doppelseitige Besekiion von Stücken des Vas deferens^
Diese Operation kann bei einiger Qeschicklichkeit
beiderseits in wenigen Minuten vollendet werden ;
irgend eine besondere Schonung ist unnSthig.
Wenn auch eine nachweisbare Verkleinerung
der vorher abnorm grossen Prostata nach diesec
Operation bisher nur in wenigen Fällen festgestellt
werden konnte, so waren die funktionellen Erfolge
in der Mehrzahl der Fälle sehr günstig. Wird,
durch den Eingriff ein genügender Erfolg nicht
erzielt, so kann später die Castration angesohlossenr
werden. F. W a g n e r (Leipzig).
160. Die snboutane Bardhtrenmuig des*
Vas deferens sur Behandlang der Pröstata-
hypertropbie ; von Dr. C.Lauen stein inHam»'
bürg. (Centr.-Bl. f. Chir. XXm. 7. 1896.)
L. berichtet zanfichst über einen Sljähr. Prostatiker,'
bei dem er mit günstigem Erfolge for die Bksenfank-:
tion die Samenstrangdorchsohneidong vorgenommen hatr
14 Tage später massten die gesohwollenen und hämor-
rhagisch infarcirten Testikel entfernt werden.
Die günstigen Ergebnisse, die Helf erich mit
der Resektion eines Stückes des Vas deferens bei
Prostatahypertrophie erzielt hat, bewogen L.; nocbT
62
Vili. Chiroigie, Augen- und Okrenheilkunde«
einen Schritt weiter in der Vereinfachung der
Operation zngehenxmddiesubmkmeDurchirennung
des Satnenganges zu versuchen. Diese Ifisst sich
an dem auseinandergezogenen platten Scrotum
leicht ausführen. L. hat diese Operation bisher
erst Imal bei einem Prostatiker vornehmen können ;
der alte, schon sehr elende Er. starb aber leider
einige Tage spater, unabhängig von dem geringen
Eingriffe. P. W a g n e r (Leipzig).
151. Ueber die Festigkeit und Elastioität
der Harnblase mit Berfioksiohtignng der iso-
lirten tranmatlsolien Hamblasenzerreissnsg.
ExperimenleUß Uniersußhungen von Dr. Ludwig
V. Stubenrauch in München. (Arch. f. klin.
Chir. LL 2. p. 386. 1895.)
Die. Einzelheiten der experimentellen Unter«
Buchungen, die v. S t angestellt hat, eignen sich
nicht zu einem kurzen Referate. Wir begnügen
uns deshalb damit, die Schlussfolgerungen anzu-
führen:
1) Zur Entstehung einer (isolirten trauma-
tischen) Hamblasenzerreissung ist zunächst nöthig,
dass eine Kraft mit genügender Stärke auf die
Blase wirkt 2) Dieser Kraft muss ein gewisser
f üllungsgrad des Organs gegenüberstehen, wenn
die Gewalt die Ruptur herbeifQhren soll. 3) Für
das Zustandekommen einer Blasenzerreissung ist
im Allgemeinen die Art der Gewalt von unter-
geordneter Bedeutung, ebenso der Ort der Gewalt-
wirkung. Die Kraft kann in der Blasengegend
selbst, wie auch entfernt von dieser angreifen (Fall
auf den Rücken, das Geeäss, Sturz auf die Füsse),
also sekundär die Blase treffen. 4) Die Berstung
der Blase erfolgt in den allermeisten Fällen durch
üeberdehnung des mit Flüssigkeit gefüllten Organs ;
nur in wenigen Fällen wird auch eine Zerreissung
der Organ Wandung in der Nähe gewisser Fixations-
punkte (Ligg. pubo-prostatica u. s. w.) in Folge
direkter Eraftwirkung entstehen kOnnen. 5) Die
Zerreissung der Harnblase wird stets an deren
schwächster Stelle erfolgen; dabei ist es aber nicht
nöthig, dass die schwädiste Stelle des Organs im
anatomischen Sinne auch die schwächste im phy-
sikalischen Sinne ist Die Erfahrung hat gelehrt,
dass die hintere obere Wand vorwiegend zur Ruptur
neigt 6) Als Ursache für das üeberwiegen der
hinteren Risse ist weder der Druck des Promon-
torium, noch die Längsfaserung der Muskulatur
der Hinterwand anzusehen; gewisse anatomische
Verhältnisse der Blase, wie deren Umgebung,
Lückenbildung zwischen den Längsmuakeln u.8.w.
scheinen die Widerstandsfähigkeit des oberen Theils
der Hinterwand wesentlich zu verringern. Wäh-
rend die vordere Blasenwand, wie auch der un-
tere Theil der Hinterwand Schutz von der Um-
gebung (Bauchdecken, Symphyse, Wirbelsäule, ge-
fülltes Rectum) erfahren können, entbehrt die hin-
tere obere Wand dieses Vortheils. 7) Die Berstung
kann mehrere Stellen der Blase gleichzeitig treffen.
8) Form und Richtung der Risse sind von der An-
ordnung der Muskulatur, nicht von einem bestimm-
ten Modus der Gewaltwirkung abhängig. 9) Die
Blasenrisse können vollständige und unvollständige
sein. Die im Versuche häufiger als am Lebenden be-
obachteten unvollständigen (subperitonäalen) Risse
sind auf die langsamere Gewaltwirknng im Experi-
mente zurückzuführen. 10) Diese unvollständigen
Rupturen, wie auch die mehrfachen sind Beweise
dafür, dass die Zerreissung des Organs von innen
nach aussen erfolgt, dass somit zuerst die Schleim-
haut, dann die Muscularis und schliesslich das
Peritonaeum einreissi In einer Tabelle theiltv.St
154 Fälle von Blasenrupturen mit
P. Wagner (Leipzig).
152. Baptor der hinteren Blaaenwand,
Naht. Heilung; von Dr. Degen in Fürth.
(Münchn. med. Wchnschr. XLIII. 4. 1896.)
Genaue Beschreibung eines nüt Erfolg operir-
ten iiüraperiUmäaLen Biasenrisses. Die bemerken»-
werthen Einzelheiten seines einen 31 jähr. Er. be-
treffenden Falles fasst D. in folgenden, selbstver-
ständlich nicht allgemein gültigen Sätzen zusam-
men: Selbst stark mit Blut vermischter ürin, der
aus einer Blasenruptur in die Peritonäalhühle
strömt, wirkt auch nach 48 Std. noch nicht septisch,
vorausgesetzt, dass zu häufiges Manipuüren mit
dem Katheter unterlassen wird. Laparotomie und
Blasennaht sollten deshalb auch nach dieser Zeit
noch versucht werden, wenn auch der Kranke schon
stark collabirt ist : nur wäre in letzterem Falle die
Narkose mit Aether vorzuziehen. Hält die Naht
nur etwa eine Woche, so ist die PeritonäalhShle
durch Yerklebungen vor dem wieder austretenden
ürin geschützt Es kann auch bei Wiederaufgehen
der Naht, wobei sich der gesammie Drin in den
Raum hinter die Blase ergiesst, vollkommene Hei-
lung eintreten, über deren Art sich nur Yermuthun-
gen aufstellen lassen. P. W a g n e r (Leipzig).
153. Ponotio veaioae abdominalis lateralis
obliqua mit Muskel- nnd Ventilvera6hlass ;
von Dr. Schopf in Wien. (Wien. klin. Wchnschr.
Vm 46. 1895.)
Tom anatomischen Standpunkte aus ist die
sicherste und leichteste Stelle für die Punktion der
ausgedehnten Blase die Linea alba oberhalb der
Symphyse. Leider findet aber bei den an dieser
Stelle vorgenommenen Punktionen kein festes An-
liegen der Fistelwandungen an die Kanüle statt,
vielmehr geben diese bald nach, so dass Harn
neben dem Katheter oder der Kanüle vorbeiaickert
Um nun einen festen Huskelverschluss der Fistel-
üffhung zu bekommen, empfiehlt Seh., die Punk-
tion 2 — 3 cm rechts oder links von der Median-
linie knapp oberhalb des Schambeinbogens vorzu-
nehmen. Der Trokar dringt dann durch die Muskel-
bündel des Rectus, eventuell auch des Pyramidalls,
die sich an die Kanüle anschmiegen und das Aus*
fiiessen von Flüssigkeit daneben verhindern. Um
Vill. Cliirurgie, Augen- und Ohrenbeilkunde.
G3
aber den YerBchlass noch weiter zu versichern,
soll der Einstich nicht gerade von vom nach hin-
ten, sondern schief von vom, lateralwArts oben
nach hinten, medianwftrts unten gefOhrt werden.
Die bisherigen Erfahrungen sprechen sehr für
diese Methoda P. Wagner (Leipzig).
154. ZnrPnnotio vesioae abdominalis late-
nüis obliqna nach Primariaa Dr. Sohopf ; von
Hofirath Dr. v. Dittel in Wien. (Wien. klin. Wo-
cbenschr. Ym. 48. 1895.)
V. D., der bereits 1891 die Punotio vesioae
snpia-pnbica lOOmal ausgeführt hat, hftlt bei dieser
Operation jede unbeabsichtigte Nebenverletzung
fltar aufgeschlossen. Wenn der JVUo^on'sche Katheter
liditig befestigt wird, so ist der Austritt von Drin
neben ihm eben so sicher ausgeschlossen, als wenn
man eine Sphinkterenbildung anstrebt
Qegen die Schopf 'sehe Methode der Punk-
tion, die V. D. für einen „guten Einfall^' hält, muss
er, abgesehen davon, dass es durch Weglassen des
Katheters zu Schrumpfung des Stichkanals kommt,
der durch nächtliches Einlegen von Drainröhren
n. 8. w. erweitert eriialten werden muss, aus ana-
tomischen Gründen einige Bedenken aussprechen»
f.D. hat bei anatomischen Untersuchungen gefun-
den, dass die Fossa ing. int und med. und ext bei
manchen Menschen ziemlich tief sein kann durch
starke Entwickelung der die Gruben bildenden,
bez. sie einschliessenden Stränge (üeberreste des
Ürachus, derNabelgefässe und der Art epigastrica).
Bne noch so volle Blase kann das Vordringen von
Ottmschlingen in die innere Leistengrube nicht
Undem, so dass keine oder nur eine sehr kleine
Stelle an der vorder^i Wand der Blase frei vom
Pentonaeum bleibt Wenn man unglücklicher Weise
in einem solchen Falle 2 — 3 cm lateralwftrts von
der Linea alba die Punktion machen würde, müsste
der Trokar das Peritonaeum 2mal durchbohren.
Bne soldie Beobachtung mit tOdtlichem Ausgange
in Folge Darmverletsung theilt v. D. mit
P. Wagner (Leipzig).
155. Ueber den Katheteriamua posterior;
von Dr. 0. Kukulla in Prag. (Klin. Zeit- u.
Btieitfr. IX. 5. 6. 1895.)
K. beschreibt den retrograden Katheterismus
Kuf folgende Weise : Der retrograde Katheterismus
ist dn Verfahren, das nach missglückter Eztra-
iuethrotomie bei impermeablen Strikturen und
banu^hrenzerreissungen als Ultima ratio ange-
irendet wird, um das centrale Ende der HamrOhre
r<m hinten her aufzufinden und dann wo mOglich
iormale Verhältnisse zu schaffen. Behufs dessen
vird heutzutage in der grOssten Zahl der Fälle als
^otoperation der hohe Blasenschnitt ausgeführt;
&an kann dieses Verfahren passend als Qxtheteris-
^NM retrovesicalis benennen. In äusserst günstigen
ffüesL wird der häutige iheü der Harnröhre zum
lagrifTspunkte genommen: Oatheterismus reiro-
irelkralis (v. Dittel). Die Methode des Oathe-
terismus posterior durch die Blasenpunktion ist
jetzt vollkommen verlassen worden.
Ausser 5 der May dl 'sehen Klinik entstam-
menden IWen hatK. in der Literatur noch 40 Fälle
von mittels Sectio alta durchgeführtem retrograden
Eatheterismus gefunden. In fast drei Viertel der
Fälle war es ein Trauma, Dammquetschung, Becken-
fraktur, das entweder sofort oder später durch
seine Folgen den Oatheterismus post erforderlich
machte. In allen diesen Fällen war die Behandlung
von Erfolg. P. W a g n e r (Leipzig).
156. Zur operativen Behandlang irrepo«
nibler Luxationen; von Dr. H. Beerink in
Freiburg. (Beitr. z. klin. Ohir. XV. 2. p. 375.
1896.)
In der Freiburger chirurg. Klinik sind im Laufe
der letzten Jahre 7 irreponible traumatische Luxa-
iionen operativ behandelt worden, und zwar 2 der
Schulter, 1 der Hüfte, 2 des Ellenbogens, 1 Lux.
sub. talo und 1 Lux. poUicis. Diese Fälle im Ver-
eine mit der am Schlüsse der Arbeit aufgeführten
Literatur bilden den Grund zu der vorliegenden
Abhandlung. „Dieselbe soU den Versuch machen,
unseren heutigen Standpunkt der operativen Be-
handlung bei irreponiblen Luxationen festzustellen.''
1) SchuUergelenk. Nur in den seltensten Fällen
wird die Irreponibilität durch einfache, wenn auch
sehr starke bindegewebige Verwachsungen des
Humeruskopfes in seiner pathologischen Stellung
herbeigeführt Mehr Aufmerksamkeit verdienen
sowohl die pathologisch veränderte Pfanne, als
namentlich die Kapsel, bei der es durch Oomplika-
tionen in Gestalt von Frakturen am Humerushalse
oder Abrissfrakturen der Tubercula und hierdurch
bewirkte knöcherne Wucherungen sowohl zur ab-
soluten Verengerung des ursprünglichen Kapsel-
risses, als namentlich zu starken Schrumpfungen
der intakt gebUebenen Kapseltheile kommen kann.
Als therapeutische operative Eingriffe kommen in
Frage ; die subcutane Durchsägung des Humerus-
halses : die subcutane Durchschneidung der binde-
gewebigen Verwachsungen; die Arthrotomie; die
Besektion. Zur Zeit kommen nur noch die beiden
letzteren Eingriffe in Betracht, und zwar für ge-
wöhnlich die Arthrotomie in frischeren, die Resek-
tion in älteren Fällen.
2) Hüftgelenk. Die Irreponibilität einer Hüft-
luxation kann bedingt sein : a) durch Veränderungen
der alten Gelenkpfanne, die, sei es durch Ausfüllung
ihrer Vertiefong mit bindegewebigen oder gar ver-
knöcherten Wucherungen, sei es durch absolute
Verkleinerung ihres Durchmessers, dem Kopfe den
Rücktritt nicht mehr gestattet ; b) äurch die Muskeln,
die sich deckelartig über die Pfanne logen u. A. m.;
c) durch Interposition von Kapseltheilen. Als ope-
rative Eingriffe kommen in Frage : die Osteotomie
des Femur, die Arthrotomie, die Resektion des
Femurkopfes. In erster Linie ist stets die Arthro-
tomie zu versuchen.
p*
Ym. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
i 3) 'WerJbogengdenk. Für alle frischen lUle von
irreponibler Luxation, sowie fOr alle Fälle des
jugendlichen Lebensalters empfiehlt R die Ärthro-
tomü, Lässt sie im vereinzelten Falle im Stiche,
90 wird durch partielle oder auch vollfitändige
Besektion unter Anschluss baldiger methodischer
Uebungen immerhin noch ein leidlich gutes Resultat
für dieOebrauchsfähigkeit des Armes erreicht wer-
ben können. Bei lange Zeit bestehender Luxation
wird die Besektion von vornherein indicirt sein.
4) Kniegelenk. Bei den wenigen, in der Lite-
ratur bekannt gegebenen Fällen ist es nicht leicht,
bestimmte Hegeln für operative Eingriffe fest-
zustellen; In frischen, nicht complicirten FAllen
muss qian die Arthrotomie versuchen. Bei ver*
alteten, im üebrigen uncomplicirten Verrenkungen
^heint die Besektion die beste Methode zu sein.
In den mit schweren Weichtheilverletzungen oom-
plicirt€;n Fällen wird öfters die Amputatio femor.
nicht zu umgehen sein.
5) Meiaecarpo'Phalangealgelenk des Daumene.
pas Bepositionshindemiss kann durch das Verhalten
^er Sehne des Flexor pollic. long., sowie durch
Interposition der zerrissenen Kapsel gegeben sein.
t)ie Operation besteht in der Arthrotomie,
i Am Schlüsse seiner sehr lesenswerthen Arbeit
^bt R. hervor, dass die Berechtigung operativer
Eingriffe bei irreponiblen Luxationen wohl über-
haupt nicht mehr bestritten werden dürfte. Hierbei
wird Alles darauf ankommen, die bisher doch noch
^ehr oft eingetretene Eiterung hintanzuhalten, die
iprima intentio zu erzielen. Bei Erreichung dieses
Zieles werden auch dieBesultate bei einer späteren
Kasuistik die jetzigen noch bedeutend übertreffen,
^benso ^ie dabei sicher der einfachen Eröffnung
des Gel^kes mit Entfernung der Hindemisse, also
^er Arthrotomie, noch bedeutend weitere Ziele, als
^ bisher der Fall war, werden gesteckt werden
können. P. W a g n e r (Leipzig).
' 157. Ueber die operative Behandlung der
Atatiaohen Sohenkelhalaverbiegung; von Prof.
Kraske in Freiburg. (Centr.-Bl. f. Chir. XXIIL
e. 1896.)
Da aus den vorliegenden anatomischen Präpa-
raten mit Sicherheit hervorgeht, dass die gewöhn-
lich als Cooca vara bezeichnete statische Yerbiegung
im Sehenkelhalse ihren Sitz hat, so kann als die
ifationellste Operation auch nur die Osteotomie des
Schenkelhalses angesehen werden. „Sie fasst das
tJebel m(^lichst an der Wurzel und vermag eine
ll^irkliche Correktur der abnormen Stellung zu
i|chaffen. Nimmt man aus dem Schenkelhalse einen
ICeil, dessen Basis nach oben und vom liegt, so
muss die Adduktions- und Auswärtsrotationstellung
desFemur leicht beseitigt werden können, und was
die Torsion betrifft, so kann auch sie corrigirt wer-
clen, wenn man das Bein in einer gegen den Schenkel-
hals leicht flektirten Stellung wieder anheilen lässt.^'
Qegen die Osteotomie des Schenkelhalses Hesse sich
nur das einwenden, dass sie nidit extraar^ikpllr
auszuführen sei und dadiirc^ die Gtefidiren der Oe-
lenkankylose und Pseudarthrose hervorriefe. Oanz
abgesehen davon, dass sich diese Oefahren durch
strengste Asepsis u. s. w. vermeiden lassen, )uuui
man wohl auch annehmen, dass sich die Eapeel-
insertion bei der Schenkelhalsverbiegun^ wesent-
lich anders und für die Operation günstiger verhält,
als im normalen Zustande. „Yermuthlich rückt in
Folge der beträchtlichen Verlängerung die der Hals
bei der Deformität namentlich an der Vorderseite
erfährt, der Ansatz der Kapsel von der Linea inter-
trochanterica weiter nach dem Kopfe zu.*^ Die
Biohtigkeit dieser Erwägungen fand K. in einem
Falle von statischer Sohenkelhalsverbiegang be-
stätigt : er konnte in der That eine extraarükulän
Osteotomie des Schenkelhalses mit gutem funktio-
nellem Besultate ausführen.
Die Bezeichnung „Ooxa varaf' hältR nicht für
ganz zutreffend. „Das Einzige, was allen Formen
und Combinationen der im Waohsthumsalter vor-
kommenden Schenkelhalsverbiegung gemeinsam zu
sein scheint, ist ihre Ursache. Zweifellos sind es
statische Momente, die bei ihrer Entstehung von
Bedeutung sind, und darum ist es vorläufig viel-
leidit das Bichtigste, wenn man die Deformität als
statische Süienkelhalsverbiegung bezeichnet^
P. Wagner (Leipzig).
158. Festaohrilt sur Feier des 70. Geburts-
tages des Herrn Prol Förster in BreaUuL
(ArcL f. Augenhkd. XXXI. Erg.-Heft Nov. 1895.)
Der Inhalt der Abhandlungen von Sokülem
FGrster's kann nur ganz kurz angedeutet werden«
Asmus (Düsseldorf) berichtet über neaere Er-
fahrungen bei dem Gebrauche des von ihm an-
gegebenen Sideroskopes. Unter 95 Er. mit Augen*
Verletzungen kam es auch nicht*lmal vor, dass bei
der Prüfung mit dem Sideroskop ein Eisensplitter
ausgeschlossen und nachträglich doch ein solcher
gefunden worden wäre. 0. Bär (Hirsohberg) zeigt
an mehreren Krankengeschichten, wie schwierig es
in forensischer Beziehung ist, den ZusamnoLenhang
von Sehnervenlähmungen und Schädeloontasioneiiii
Verletzungen des CanaUs opticus, sicher feetsn-
stellen. Magnus (Breslau) beschreibt dea voa
ihm angegebenen Loupenspiegel; er betont desseB
Werth für die Diagnose der beginnenden Katarskt
und für die Erforschung der Staarbildung über-
haupt Trompetter (Cleve) veröffentlicht ^int
Zusammenstellung praktischer hygieinischer Bath^
schlage, die er jedem seiner kleinen kurzsiobtigeft
Kranken gedruckt mitzugeben pflegt. A. Groe*
nouw (Breslau) bespricht die verschiedenen For»
men der Qesichtsfeldschemata und erklärt das von
Förster für das theoretisch und praktisch beetoi
Femer beschreibt er einen von ihm con8trairtB%
Lidhalter, bei dem durch ein Schraubengewinde:
eine parallele Bewegung der Arme enid% im^
dadurch das schmerzhafte Federn und ungleichA
VIH. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
65
Haffen der Arme vermieden ^v^ird. Wilbrand
(Hamburg) zeigt, dass aus der Elrankengeschichte
und dem Sektionsbefunde jenes Kranken mit doppel-
•eitiger homonymer Hemianopsie, über den FOrster
belamitlich einen genauen Bericht gegeben hat,
sidier hervorgehe, dass eine Doppelversorgung der
Macula lutea anzunehmen sei. A. B. Fick (Zürich)
jfiebt eine Iftngere Abhandlung über die Aooommo-
dation der Uebersichtigen für Nähe und Feme, femer
fiber weitere Untersuchungen von Personen mit
ungleicher Acoommodation und über dieAooommo-
dation der Astigmatiker. K r i e n e s (Breslau) giebt
einen Nachtrag mit Krankengeschichten zu seinem
jQngst veröffentlichten Werke über Hemeralopie
(7gL Jahrbb. CCXLIX. p. 2 18). C o h n (Breslau) hat
an normalsichtigen Eindem in Schreiberhau bei
Tageslicht und an Studenten u. s. w. in Breslau bei
Ifinstiicher, genau gemessener Beleuchtung die Ab-
idngigkeit der Sehschärfe von der Helligkeit zu
ermitteln gesucht. Wenn bei letzteren Unter-
suchungen die Schwankungen auch nicht so gross
waren, als die von anderen Forschem angegebenen,
80 war es ihm doch auch nicht möglich, das Yer-
hAltnlss von Sehschärfe und Helligkeit durch eine
bestimmte mathematische Formel festzustellen.
L am ho f er (Leipzig).
159. Die orotipöse Copjonotivitia und ihre
Beiiehmigen war Diphtherie ; von Prof. A. V o s -
bIus in Qiessen. (SammL zwangloser AbhandL
aus d. Gebiete d. Augenhkde. Heft 1. 1896.)
Nach den jüngsten, von V. zusammengestellten
Veröffentlichungen verschiedener Autoren und nach
seiner eigenen Erfahmng bei der Behandlung von
22 Er. mit Conj. crouposa erklärt V. die bisher
nooh oft für gefahrlos gehaltene Conj. crouposa für
eine diphtherische Erkrankung der Bindehaut Wie
Coppes ist audh Y. der Ansicht, dass die Diph-
therie am Auge mit Faserstoffexsudation in das
Gewebe oder Bildung von Pseudomembranen auf
dem Gewebe verlaufen könne. Doch können auch
Pneumokokken, Streptokokken, Staphylokokken
Pseudomembranen veranlassen. Nothwendig ist die
IsoUrungjedesKrankenmitBindehauteroup. Die Be-
handlung besteht in kühlen Umschlägen mit Subli-
laat (1 : 5000) oder Hydrarg. oxyocyanat (1 : 1000),
im blennorrhoischen Stadium in Pinselungen mit
Arg. nitricum. Lamhofer (Leipzig).
160. Srfiahrangen über die Behandlung
des chroniaehen Trachoms und seiner Folge-
BQttinde; von Prof. 0. Eversbusch in Erlangen.
(Klin. Mon.-Bl. f. Augenhkde. XXXIV. p. 1 ; Jan.
1895.)
B. nimmt bei der Behandlung des chronischen
Trachoms von jedem eingreifenden, die Schleim«
kant leicht zerstörenden Verfahren Abstand. Nur
trird die Eanthoplastik ausgefOhrt und die Binde-
haut an derlnoisionstelle mit 6 — 8 Nfihten vereint.
Von dar Jequirity-Maoeration sah E. ganz vorzüg-
liche Erfolge und niemals einen Schaden, wenn
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
sie in schwacher Concentration verwendet wurde.
Einen jeder anderen Methode gleichwerthigen und
gleich schnell eintretenden Erfolg in der Behand-
lung des Trachoms findet jetzt K in der Öfter
wiederholten Auftrftufelung (nicht Aufpinselung)
von 5proc. oder in hartnäckigen Fällen selbst
lOproc. Argentum»nitricum-LOsung auf die Binde-
haut der umgestülpten Lider bei strengem Schutze
der Hornhaut und der Bindehaut des Auges. Bei
Pannus tupft er mit einem feinen Malerpinsel Jod-
tinktur 2 — 3 mm von der pannösen Hornhautstelle
entfernt auf die Bindehaut Lässt die Argentum-*
Behandlung doch manchmal in ihrer Wirksamkeit
nach, so wendet B. abwechselnd wieder Jequirity
und Cuprum an. Lamhofer (Leipzig).
161. Bine neue Behandlung der Hypopyon*
keratitia; von Dr. Ed. Zirm in Olmütz. (Wien,
klin. Wchnschr. VIIL 44. 47. 1895.)
Z. hält die jetzt üblichen Behandlungsarten bei
Hypopyonkeratitis, wie Spaltung der Hornhaut,
galvanokaustische Behandlung, insofern für schäd-
lich, als dadurch nur grössere Narben der Horn-
haut erzeugt werden. Nach seiner Erfahrung (er
führt mehrere Krankengeschichten an) ist es das
Beste, die Bindehaut der Lider mit 2proa Argent-
nitric-Lüsung zu bestreichen. Dadurch werden die
schädlichen Keime im Bindehautsacke vernichtet
und die Bildung neuer und deren Einwanderung
in die Hornhaut verhindert ; das Hypopyon saugt
sich dann schon von selbst auf und die Hornhaut
heilt mit oft ganz kleiner Trübung.
Lamhofer (Leipzig).
162. A olinioal and ezperimental study of
the so-oalled oyster ahucker'a keratitia; by
Dr. Bandolph. (Bull, of the Johns Hopkins
Hosp. IL 56— 57.*p. 150. Nov.— Dec 1895.)
BeiAustembrechem findet man öfter Hornhaut^
Verletzungen, die sich scharf von anderen Ver-
letzungen durch die Reaktion der Hornhaut unter-
scheiden. Durch den Hammer abgeschlagene, kleine,
kaum sichtbare Theilchen der Austernschale dringen
in die Hornhaut, worauf sofort eine stärkere Ent-
zündung der Hornhaut, wie nach dem Eindringen
von Stahlsplittem , auftritt und ein anfallend
weisser Hof um den Fremdkörper sich bildet. Der-
artige Theilchen verursachen, wenn sie durch die
Hornhaut dringen, fast stets den Verlust des Auges,
Genaue bakteriologische Untersuchungen undThier-
versuche führten zu dem Ergebnisse, dass nicht
Bakterien die Erreger der Entzündung sind, sondern
dass der kohlensaure Kalk, der Hauptbestandtheil
der Anstemschalen, die Wirkung im Auge oder in
der Hornhaut hervorruft Lamhofer (Leipzig).
163. Phlegmonaderorbite; oomplioationa
de Mnflaensa; par Ed. Pergens, Bruxelles.
(Ann. d'Ooulist CXIV. 4. p. 279. 1895.)
Bei 3 Kranken, die nie vorher eine Erkrankung der
Augen oder deren Umgebuog gehabt hatten, trat wäh-
rend eines Inflaenzsanfalles phlegmonöse Entzündung
9
sc
" DT. Hygieine und StaataarzneUninda
des Orbita-Inhaltes höchsten Grades anf. Zwei Kranke
starben. Bei einem Kranken wurde die Sektion gemacht
Man fand ausgedehnte Caries der Orbitalknochen, reich-
liche Eiteransammlung in den benachbarten Sinus und
im linken Stimlappen mehrere Absoesse. Bei allen
3 Kr. ging die Entzündung vom linken Auge aus.
Lamhof er (Leipzig).
1 64. Ein seltener Fall von laetisoher AfTek-
üon der Augenhöhlen ; von Dr. M. Mandel-
stamm in Kiew. (Centr.-Bl. f. prakt. Augenhkd&
XIX. p. 298. 1895.)
Ein 55jähr. Mann, der vor 20 Jahren luetisch er-
krankt war und vor 6 Wochen nach einem heissen Bade
sich erkältet hatte, bot folgendes Knmkheitsbild. Beider-
seits starker Exophthalmus, Oedem der Bindehaut des
Auges und der unteren lider und der Haut der Wangen,
die in Säcken herabhing; das obere lid war schwer be-
jnreglich, blieb beim Blicke nach unten zurück. Es war
keine Geschwulst in der Augenhöhle zu fühlen. Ausser
dem Fehlen der Patellareflexe konnte am ganzen Körper
nichts Krankhaftes ^funden werden. Die Behandlung
war erst ^mptomatisch , die Entzündung nahm zu ; es
wurde 2 Wocnen lang Quecksilbersalbe eingerieben, der
Zustand verschlechterte sich bedeutend; die rechte Horn-
haut vereiterte, die linse trat aus. Es wurden Brei-
umschläge gemacht, es wurde Jodkalium innerlich ge-
geben und dann wieder zur Quecksilberbehandlunc zu-
rückgekehrt, und zwar zu Irgektionen von Hg sahcyücum
bei innerlichem Gebrauche von Jodkalium. Nun gingen
bndlich im Verlaufe von Monaten Entzündung und
Schwellung allmählich zurück. Das rechte Auge blieb
verloren, das linke hatte normales Sehvermögen. Der
Augenhintergrund war vom Anfange an normal gewesen.
W^end der ersten Monate wai'en 4 Schüttelfröste mit
hoher Temperatursteigerung aufgetreten.
M. glaubt, dass es sich hier doch um derbe luetische
Ablagerungen in der Fissur. orbitaL super., der Durch-
gangspforte der Venen und Nerven, gehandelt habe ; eine
energische antiluetische Kur gleich vom Anfange an
hätte wohl auch das rechte Auge vor Erblindung bewahrt
L a m h 0 f e r (Leipzig).
165. Bin Fall von Prim&raflbkt am Ober-
lid; von Dr. Velhagen in^Chemnitz. (Klin.
Mon.-Bl. f. Augenhkde. XXXIY. p. 59. Febr. 1896.)
Die Krankengeschichte eines Mannes mit primärem
Geschwür am oberen lide ist weniger dieser Erkrankung,
füs der begleitenden Umstände wegen von Interesse.
Der sonst kräftige gesunde Mann hatte 4 Jahre mit seiner
kranken Frau, einer früheren Prostituirten, zusammen-
gelebt, ohne angesteckt zu werden. Die Frau wurde nach
4jähr. Ehe im Stadtkrankenhause wegen eines Geschwüres
an der Urethra, breiten Condylomen und Fluor albus be-
handelt In den ersten 4 Jiüiren hatte sie 2 Kinder ge-
boren, von denen eines an Masern und Bräune VU Jahre
alt starb , das andere am Leben bheb. Nach der Ent-
lassung aus der antiluetischen Behandlung gebar sie nodi
zwei anscheinend gesimde Kinder und 4 Jahre nach der
Spitalentlassung Zwillinge, von denen da» ungemeia
frische und kräftige Mädchen gesund blieb, während der
im elendesten Zustande befindliche Knabe bald nach der
Geburt mit den Zeichen der Syphilis starb. Die Mutter
war zu der Zeit mit Ausnahme geringer Anschwellung
der Lvmphdrüsen von Syphiliszeichen freL Von dem
gestorbenen Zwillingskinde war das 9jähr. Mädchen an-
gesteckt worden, das mit dem Vater wegen Primäraffekt
an der Lippe gleichzeitig behandelt wurde und das den
Vater vorher angesteckt hatte. Bei Vater und Tochter
war die Syphiliserkrankung allgemein und sehr schwer
geworden. Lamhofer (Leipzig).
166. Der seitliohe Verlauf bei aypbiUtiMihen
Brkrankiingen deaSehnenren naoh 150mien;
Ton Dr. M. Januszkiewicz ans Warschau.
(Centr.-BL f. Augenhkde. XIX. p. 358. Deo. 1895.)
J. unterscheidet nicht entzündliche und ent-
zündliche Erkrankungen des Sehnerven. Unter
den 150 Kranken aus der Poliklinik Hirsch-
berg's waren 107 oder 71.3% mit nicht ent-
zündlichen Erkrankungen des Sehnerven, und zwar
45 oder 30% mit genuinerund 62 oder 41.3% mit
spinaler Atrophie; femer 26 oder 17.3% mit aJniter
l^tzündung und 17 oder 11.3<^/o mit entzündlicher
Atrophie : der Zeit nach trat Neuritis hauptsach-
lich 1 — 5 Jahre, Atrophie des Sehnerven 5 bis
10 Jahre und noch länger nach der Infektion anf.
Im Einzelnen: Oenuine ÄtropkU 6 Monate bis
30 Jahre, am häufigsten 5 — 10 Jahre. Amaorose
in 6 Monaten bis 5 Jahren. (Geschlecht: 28.8%
Frauen, 71.2% Männer. Tabische Airophien 2 bis
30 Jahre, in den meisten Fällen 5 — 20 Jahre.
Amaurose 1—8 Jahre. 16.1% Frauen, 83.9%
Männer. Akute apecifisehe Neurüiden 2% Monate
bis 28 Jahre; meist 1 — 5 Jahre nach der Infektion;
Bei 11 von 26 mit Quecksilber behandelten- Per-
sonen trat bedeutende Besserung ein, und zwar
dann besonders, wenn die Sehnerven-Brkianknng
bald nach der Infektion sich gezeigt hatta In
4 Fällen ist der akute Process in Atrophie über-
gegangen. Neuritisehe Atrophie, Die im Znstande
der neuritischen Atrophie zur Beobachtung gelang-
ten Kranken sind meistens spät nadi der Infektion
erkrankt ; die kürzeste Zeit, in der schon deutliche
Atrophie beobachtet wurde, beträgt 2, die längste
28 Jahre, meist 5 — 15 Jahre. Die Sehschärfe
sank bei allen ; Besserung fand nicht statt, wenn
es auch in der Zeit der Beobachtung nicht zur voll-
ständigen Amaurose kam. 39.5% Frauen, 60.5*/^
Männer. Lamhofer (Leipzig).
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
167. 1) Das WänneleltnngaTermögen der
Grundstoffe nnaerer Kleidung; von Prof. Bub-
her. (Arck f. Hyg. XXIV. 3 u. 4. p. 265. 1895.)
2) Das Wärmeleitungsvermögen der Qetoebe unserer
Kleidung ; voo Demselben. (Ebenda p. 346.)
3) Luflbewegung und Wärmedurchgang bei Ktei-
dungsstoffen; von Demselben. (Ebendia XXV. 1. p. 1.
1895.)
4) Einfluss der Feuchtigkeit auf das Wärmeleitwtgs^
vermögender Kleidungsstoffe; von Demselben. (Ebenda
p. 29.)
. 5) Die äusseren Bedingungen der Wärmeabgabe von
feuchten Kleidungsstoffen ; von Demselben. (Ebenda
p. 70.)
6) Ueber den Wärmesehutx durch trockene Klei^
dungsstoffe naoh Versuchen a$n menschlichen Arme ^
von Demselben. (Ebenda 3. p. 252.)
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
67
7) Einflusa des Stärkens von BaumtooUenstoff auf
die Wärmedurchläesigkeü ; von DemselboD. (Ebenda
p. 286.)
8) Calorimeirüehe Vergliche am tnensehlichen Arme
kifuuHr Kleidung; von Demselben. (Ebenda p. 294.)
1) u. 2) Die Angaben der bisherigen Forscher
über das W&rmeleitungsvermögen der Rohstoffe
und Gewebe sind sehr verschieden, am verbrei«
telBten ist die Schuster 'sehe Ansicht, dass das
LeitungsvermOgen der Oewebe aus verschiedenen
Qrundstoffen bei gleicher Dicke der (}ewebe iden-
tiflch ist R kam bei seinen eingehenden Dnter-
fiuchongen zu wesentlich anderen Ergebnissen.
Alle Qrnndstoffe sind bessere Wärmeleiter als Luft,
anter sich sind sie spedfisch verschieden, und zwar
ist Wolle der schlechteste Leiter, dann folgt Seide
nnd die besten Leiter sind Baumwolle und Leinen ;
^Q einzelnen Sorten dieser Stoffe stimmen gut mit
einander fiberein. Ausser von der Grundsubstanz
iiAogt das Wftrmeleitungsvermögen eines Gewebes
von den Mengungsverhältnissen zwischen Luft und
Grundstoff ab, dieses findet seinen Ausdruck im
Bpecifischen (Gewichte der Stoffe und die Aende-
rungen des LeitungsvermOgens gehen letzterem
proportional.
Durch den Process des Webens entstehen im
Wesentlichen zwei verschiedene Arten von Stoffen,
Bolche mit Faserrichtung in 3 Ebenen und solche,
deren F&den zu den deckenden Stoffen parallel
liegen. Die Webeweise ist von grossem Einflüsse
uf das Wirmeleitungsvermögen und dieses Ifisst
sich bei den Geweben daher nicht allein aus den
ßnmdstoffen und dem specifischen Gewichte ab-
leiten, sondern ist experimentell zu prüfen. Alle
Oewebe mit alleiniger Ausnahme der Tricotseide
sind schlechtere W&rmeleiter als die Grundstoffe,
tos denen sie hergestellt werden. Die Tricot-
gewebe leiten besser als die glatten Stoffe, haben
iber den Yortheil der Lockerheit und des besseren
Loftdurchtrittes. Die Tuch- und Lodensorten leiten
ttm ein Geringes besser als der Wollflanell, viel-
leicht kommt dieser Unterschied blos auf Bech-
nnng der Färbung. Von gleichartig hergestellten
Seweben leiten Wollstoffe am schlechtesten. Baum-
volle und Leinen am besten, Seide steht dazwischen,
lieben dem LieitungsvermQgen kommt auch noch
hs specifische Gewicht der Stoffe in Betracht,
brner die Dicke der Kleidung, die ein zu gutes
tieitungavennOgen ausgleichen kann.
Einen vorzüglichen Schutz gegen die E<e ge-
währen die Pelze, ihr haariger Theil enthält nur
1.2— 2.7«/o feste Substanz und 97.3— 98.8«/o Luft,
lest^t also fast nur aus Luft, welche durch die
Baare in ihrer Bewegung gehemmt ist
Das LeitungsvermOgen von Geweben aus ge-
iiischtem Grundstoff lässt sich aus dem Mischungs-
rediUtnisse ableiten. W o 1 1 e m a s (Diepholz).
3) Hinsichtlich der Art der Bewegung der Luft
Q derEleidang kommen zwei principielle Möglich-
Edten in Betracht: 1) kann 4ie Luft in den Elei-
dungstoffen cirkuliren, ohne nach aussen zu ge-
langen, also eine OirkuMionheixung (die bisherigen
Versuche R's hatten in dieser Richtung statt-
gefunden), 2) aber ist zu erwägen eine Eßixung
mit VenHiaHon, bei der die erwärmte Luft abzieht
und durch nachstrOmende kühle Luft ersetzt wird.
Die in dieser Hinsicht angestellten Versuche be-
stätigten unter Anderem die specifischen Differen-
zen im Leitungvermögen der einzelnen Stoffe, wenn
auch bei den ersteren Versuchen etwas stärkere
Ausschläge erhalten wurden. Bei grösserer Luft-
bewegung wird bei den lockeren Stoffen mehr
Wärme nach aussen transportirt, die Temperatur
der Wärme abgebenden Fläche wird also höher
werden. Bei stärkerem Erwärmen und damit bei
grösserer Luftdrkulation werden die unterschiede
von Stoffen, die sonst verschieden leiten, bedeutend
geringer (z. B. Baumwolle und Wollflanell).
Um ein ürtheil über die Veränderung des
Wärmeleitungvermögens je nach den äusseren Be-
dingungen zu erhalten, wird ausser der Kenntniss
des WärmeleitungverinOgens die Abhängigkeü der
PermeabüUät der Stoffe van ihrer StrtMur festzu-
stellen sein. Es weotKen zunächst Versuche an-
geführt, in wie weit Luftbewegungen durch Varia^
tum der DiMe der Stoffe, die am besten durch das
spec. Gewicht der Stoffe ausgedrückt wird, beein-
flusst werden, dabeiwaren Druck und Dicke gleich.
Hierbei zeigte sich, dass dichtere Kleidung nicht
nur weniger Luft, sondern auch eine weit schwerer
bewegliche Luft enthält In Flanell ist die Luft
nahezu 8mal so beweglich wie in einem glatten
Gewebe. Die lockeren Stoffe sind nach diesen
Versuchen ein Material, das durch die grosse Ven-
tilation mehr Wärme verliert, als man auf Grund
ihres Luftgehaltes (Luft ist ein schlechterer Wärme-
leiter als die Stoffgrundsubstanz) erwarten sollte.
Bei Variation des Druehea zeigte sich, dass auch
bei den kleinsten angewendeten Druckwerthen, die
den thermischen Druckwerthen nahe konunen, die
Luft den Widerstand der Enge der Poren in der
Kleidung überwindet und beweglich bleibt, sowohl
in Flanell, als auch bei der dichten Leinwand.
Mit zunehmendem Drucke nehmen die Widerstände
in allen Fällen zu ; geringer Druck hat aber inso-
fern Vortheile, als er verhältnissmässig am meisten
leistet, so dass also eine Curve, welche die Ab-
hängigkeit der Permeabilität vom Drucke darstellt,
anfangs rasch ansteigt später nur langsam.
Versuche mit verschieden dieken Stoffen er-
gaben, dass bei dichten Geweben der Widerstand
mit der Dicke rasch zunimmt und die durchtreten-
den Luftmengen rasch sinken. Lockerer Stoff,
wie Flanell bietet bei schwachen Luftströmen in
dickeren Lagen kein Hindemiss für die Luft-
bewegung. Dichte Stoffe halten in mehreren Lagen
zwar wärmer, ebenso wie die lockeren bei wach-
sender Dicke, aber sie erschweren sehr bald die
Luftcirkulation erheblich. Man verwendet ja auch
nur in den seltensten FUlen glattgewebte Stoffe-
68
IX. Hygieine und Staatsarzneibinde.
in mehrfacher Lage, eben weil diese Hemmung so
bedeutend ist Der Hauptvortheil der porösen
Stoffe ist unter allen Umständen die grosse und
mächtige Yentilation. R kommt zu dem Schlüsse,
dass die Kleidungstoffe kein festes Yerhältniss der
Wärmeleitung zu einander haben, sondern dass
dies vielmehr von den Zuständen der Lufteirkula-
tion mit abhängt. Wenn das geringe Leitungs-
vermögen der Luft einerseits die Wahl poröser
Stoffe herbeiführe, so wird andererseits der An-
wendung dieser eine Schranke durch die lebhafte
Yentilation gesetzt, die unter Umständen zu starker
Abkühlung unserer Haut führen kann. Dem Wärme-
verluste durch sehr dicke poröse Stoffe vorzubeugen,
hat keinen erheblichen Werth, weil mit fallender
Yentilation solche Kleider zu warm werden müssten.
Sonach bleibt zur Beseitigung des Missstandes, wie
man ja empirisch weiss, die Aenderung der Dich-
tigkeit des Gewebes. E. glaubt, dass auch lockerere
Gewebe, als man gewöhnlich trägt, zureichenden
Windschutz gewähren.
4) Das Wasser leitet die Wärme eben so gut
wie die Pflanzenfaser, aber besser als Seide und
Wolle. Gemenge von Wasser und Luft können
eben so gut warm halten wie Kleidungstoffe (Schnee
ist ein wärmendes Kleid für die Erde). Die An-
nahme, dass die Aenderung des Wärmeleitimgs-
vermögens durch Einlagerung von Feuchtigkeit
dem quantitativen Yerhältnisse der Wassereinlage-
rung entspricht, würde ein falsches Ergebniss her-
beiführen. Was zunächst die hygroskopisch feuch-
ten Stoffe anlangt, so zeigen sie einen wesentlichen
Unterschied im Leitungvermögen. Die Wolle mit
dem kleinsten Wärmeleitungvermögen nimmt die
grösste, Baumwolle mit dem grössten Wärme-
leitungvermögen nimmt die kleinste Menge an
Wasserdampf auf. Der Zuwachs an Leitungver-
mögen wird aber von Grundsubstanz und Dichte
des Gewebes abhängen. Früher war schon von
B. der Einfluss der Luftfeuchtigkeit an Thieren
studirt worden, wobei er zu dem Schlüsse kam,
dass die Zunahme der Luftfeuchtigkeit bei mitt-
lerer Temperatur eine Yerminderung der Wasser-
dampfabgabe und eine Yermehrung der Wärme-
abgabe durch Leitung und Strahlung herbeiführe.
Diese Thatsache muss auch für die Kleidung
gelten. Für die Praxis ist aber auf den Umstand
hinzuweisen, dass die Wolle ja lockerer und stoff-
ärmer ist sla gleichartiges Gewebe aus anderen
Grundstoffen : so wird das anscheinend ungünstige
Yerhalten der Wollstoffe, die mehr hygroskopische
Feuchtigkeit als die anderen einschliessen, beseitigt
Das ztvischengelagerte Wasser in der Kleidung
erhöht die Wärmeleitung um das Doppelte, unter
Umständen sogar um das Dreifache. Stoffe glei-
cher Raumfüllung mit Wasser und feste Stoffe,
aber ungleicher Grundsubstanz, zeigen deutlich
doch noch einen Unterschied des Leitungvermögens.
Manchmal kehrt sich durch die Befeuchtung die
lleihenfolge im Wärmehaltungsvennögen bei trocke-
nen und feuchten Stoffen um (Flanell leitet trocken,
Caschmir durchnässt besser). Die Zunahme des
Leitungvermögens mit wachsendem Wassergehalt
ist im Grossen und Ganzen eine ähnliche bei allen
Stoffen. Flanell verhält sich im trockenen und
feuchten Zustande am gleichmässigsten. Da die
Stoffe bei natürlicher Befeuchtung nur selten mekr
Wasser enthalten, als der minimalsten Wasser-
capacitilt entspricht, so zeigen uns die Werthe des
Leitungvermögens in trockenem Zustande und im
Zustande minimalster Wassercapacität, innerhalb
welcher Grenzen bei den einzelnen Stoffen in praxi
das Leitungvermögen schwanken kann : je giösser
die Schwankungen, um so unbehaglicher ist eine
solche Kleidung, z. B. beim Schwitzen. Die ge-
ringsten Schwankungen zeigt der WollflaneU, indm«
trocken und feucht, der Wärmedurchgang nur um
50^/0 schwankt Ungünstiger gestalten sich Tuch
aus Kammwolle, Wolltrioot, noch schlechter Loden
und Caschmir, glattgewebte Seide, femer Battist
und am schlechtesten der glatte Hemdenstoff mit
239% Zuwachs an Leitungvermögen. Wenn auch
im täglichen Leben nicht Stoffe gleicher Dicke Ter-
glichen werden, so gewinnt doch die minimalste
Wassercapacität für den Wärmedurchgang an Be-
deutung : soll z. B. eine Kleidung häufiger Dnrch-
netzung mit Schweiss ausgesetzt sein und doch
warm halten, so würde ein Stoff zu wählen sein,
dessen minimalste Wassercapacität keine sehr grosse
ist Die Eigenschaft der meisten Wollgewebe, sich
nur wenig mit Wasser zu beladen, als eine un-
günstige zu bezeichnen, ist unzutreffend: dienatOr-
liche Benetzbarkeit gewährt uns eine Or^ize f&r
das Anwachsen des Leitungvermögens. Li Folge
der Hautabsonderungen kommt die Kleidung mit
verschiedenen Substanzen in Berührung, die Wärme
besser leiten als Luft. Daher verlieren getragene
und nicht gereinigte Stoffe an Wärmesparong-
vermögen.
5) Die äusseren Bedingungen der Wärmeabgabe
von feuchten Kleidungstoflien sind : Wftrmeverlast
durch Strahlung, durch Yerdunstung, dnrdi Loft-
berührung. Letztere ist jedoch für den Menschen
direkt nicht zu bestimmen : die complicirle Form
der menschlichen Oberfläche bildet das Hindemiss.
Die Wärmestrahlung benetzter Stoffe kann kleiner,
eben so gross und auch grösser sein als die toe
trockenen Stoffen. Die Verdunstungsgrösse ist ab-
hängig von der Menge des in dem Stoffe enthaltenen
Wassers, während die Natur des wasserabgebeaden
Stoffes erst in 2. Linie steht, so dass also z. 6. das
starke Kältegefühl, das man in nass gewordener
Leinwand empfindet, nicht darauf zurüGksufOhron
ist, dass eben Leinwand rascher den Wasserdampf
abgiebt als Wolle, sondern es hängt dies mit anderen
Umständen, mit der Wassofüllung und femer z.&
auch mit dem Nachlasse an Elasticität im benetzten
Zustande zusammen. Wie für das Leitungvermögen,
so gewinnt auch hinsichtlich der Yerdunstung die
minimalste Wassercapacität an Bedeutung indem
IX. Hygieiiie und Staatsarzneikuiide.
69
sie für die Qrösee d«r Wasser^erdunstung mit be-
BÜmmeDd ist Zum Sohlusse folgen Versuche über
die V^theilung der Feuchtigkeit in der S^leidung.
Diese wird eine ungleichmftssige sein, da ja die
Temperaturen an den Begrenzungsflächen von Klei-
dungstoffen, welche durchnflsst einem warmen Kör-
per aafUegen, ungleiche sind. Das Wasser geht
nach den kühleren Theilen, so dass also der
Körper bald von einer trockenen Kleidun^hioht
umgeben wird. Das Schwanken der Feuchtigkeits-
zostände in der Kleidung richtet sich nach dem
Grade der Benetzung der einzelnen Theile und
danach, wie weit Stofflagen sich mit hygroskopischer
Feuchtigkeit beladen haben. F i c k e r (Breslau).
6) Die Wirkung der Kleidung auf den Körper
Usst sich nicht allein nach physikalischen Ein-
flüssen beurtheilen, es kann auch ein specifisch
▼erschiedener Hautreiz bei Geweben aus verschie-
dener Orundsubstanz in Betracht kommen. Zum
Theil kommt es dabei auf die verschiedene Web*
weise an (glatte und rftuhe Stoffe), zum Theil auf
Eigenschaften der Chrundsubstanz, die Feinheit und
GlAtte der Faser oder das Vorhandensein feiner
Hfirohen. Dass die Hautsekretion nicht specifisch
beeinfluest wird, hatte früher schon Cramer
festgestellt (Arch. f. Hyg. X. p. 231. 1890), die
Verh<nisse der Wärmeabgabe wurden von R
im Armcalorimeter geprüft Von grossem Bin-
fluss auf den Wftrmeverlust ist dabei die Yentila-
tien^geschwindigkeit, weniger durch Wasserver-
dampfting, als durch Leitung. Schwache Luft-
strömungen, die unmittelbar für das Gefühl nicht
wahrnehmbar sind und unterhalb der Reizschwelle
to wftrmeregulatorischen Apparates liegen, ent-
ziehen besonders reichlich Wftrme und führen zu
abnormer Abkühlung. Sehr viel kommt auch auf
das lockere oder feste Anliegen der Stoffe an, bei
ersterem ist der WArmeschutz grösser wogen der
ISnschaltung von luftgefüllten Hohlräumen. Einen
Anlass zur Annahme specifischer Wirkungen ver-
schiedener Gewebe auf die Haut ergaben die Unter-
suchungen dagegen nicht. Dickerer Stoff lasst
weniger Wftrme durch als dünnerer ; beim Baum-
woUentricot fiel der Wärmeverlust bei doppelter
Dicke des Stoffes gegenüber der einfachen Dicke
um 7*/o.
7) Gtoetfirkte Stoffe lassen, wenn überhaupt, nur
die allemiinimalsten Luftmengen durch. Die Er-
gebnisse der Versuche mit ihnen fasst R dahin
zusammen, dass sie bei niedriger Lufttemperatur
eine gewisse Wftrmesparung erzielen, mit zu-
nehmender Temperatur aber sehr unzweckmftssig
werden. Das Wasser wird unter ihnen zurück-
gehalten und sie werden feucht, so dass im Arm-
calorimeter bei Bekleidung des Armes mit einem
gestärkten Baumwdlenftrmel mehr Wftrme nach
aussen abgegeben wurde, als von dem trockenen
unbekleideten Arme.
8) Wird die Wftrmeabgabe des unbekleideten
Arnes «-" IQO gesetzt, so ist die Wftrmeabgabe. bei:
Wollflanell . .
WoUontrioot
Seidentricot . .
BaumwoUentrioot
Glatte Baumwolle
trockener nasser
Bekleidung Bekleidung
. 80.8 131.7
. 79.8 124.0
. 83.0 134.7
. 83.0 144.4
. 83.3 157.0
Bei den trockenen Stoffen sind die Differenzen
also gering, bei den feuchten dagegen gross. Die
Versuche wurden bei 18 — 24^ G. angestellt, ent-
sprechen also den Bedingungen, bei denen leicht
die Durchnftssung der Kleider mit Schweiss ein-
tritt, und ergeben für diese Bedingungen die
Zweckmässigkeit besonders der Wollentrioots. Von
grossem Einfluss auf die Wftrmeabgabe ist die Ver-
dunstung; bei einer Steigerung der Ventiktion auf
das Zehnfoche sti^ die Wärmeabgabe um 47<^/o.
Woltemas (Diepholz).
168. Der Verkehr mit Lampen vom sani-
tfttspoliseiliohen Standpunkt; von Dr. Eyff.
(Ztschr. f. Hyg. u.Infektionskrankh. XXI. 2.p. 170.
1896.)
In seinem Grundriss der Hygieine weist
Flügge immer wieder darauf hin, dass die Lum-
pen entschieden einer strengeren sanitären üeber-
wachung als bisher bedürfen; denn dass vor Allem
Lumpensortirerinnen, Lumpensammler und Trödler
der Ansteckung durch menschliche Contagien aus-
gesetzt sind, ist ohne Weiteres klar.
E. beschäftigt sich nfther mit dieser Frage. Er
schildert uns zunächst die iMmpenmdusirie und
weist dann auf deren OesundheUadiädigungen und
sonstige Gefahren hin. Was die Einwirkung des
Lumpenstaubea anlangt, so ist es erwiesen, dass
Hademarbeiter häufiger an Respirationskvankheiten,
und zwar besonders an akuten LuftrOhrenkatarrhen
leiden. Von Infektionskrankheiten sind Fftlle der
Debertragung der sogenannten Hademkrankheit,
des Mikbrandes, der Poeken durch Lumpen zweifel-
los erwiesen, fraglich sind Fftlle von T^kue, BoA"
lauf und Peet» Was Cholera betrifft, so ist deren
Verschleppung durch Lumpen theoretischen üeber-
legungen gemäss unwahrscheinlich, da ja die
Choleravibrionen gegen Austrocknen sehr em-
pfindlich sind, die bisherigen Erfahrungen und
statistischen Nachforschungen sprechen nicht gegen
diese Ansicht. Schliesslich kommen noch die
gasförmigen Venmreimgungen der Luft durch Lum-
pen, sowie die bei der Verarbeüung der Lumpen
den Ärbeüem drohenden Gefahren in Betrachi.
In einem weiteren, der Prophylaxe gewidmeten
Capitel verlangt E., dass der Lumpenstaub durch
Waschen der Lumpen vor dem Verkauf an den
Hftndler entfernt oder durch zweckmässiges Ent-
stauben durch unter und über den Sortirtischen
angebrachte Staubabsaugevorrichtungen während
der Verarbeitung beseitigt werde, um die bei der
Lagerung und Verarbeitung entstehenden üblen
Gerüche zu entfernen, die Lumpen zu trocknen
und Selbstentzündung %m verhüteui soll für künst«
70
IX. Hygieine und Staatsarzneüninde.
liehe oder natürliche regulationsfahige Ventilation
Sorge getragen werden. Die Lumpendepots müssen
geräumig und trocken sein. Die Lumpenhand-
lungen sollen zur Vermeidung übler, die Nachbar-
schaft belästigender Gerüche an der Peripherie der
Städte liegen, Papier- und EunstwoUfabriken auf
dem Lande. Um die Infektionsge£Eihr zu beseitigen
[oder besser zu vermindern] wäre die Anordnung
zu treffen, dass nur vorher gekochte Lumpen in
den Handel gebracht werden dürfen, denn sind die
Lumpen einmal in grossen Mengen gesammelt, so
ist es schwer, die in ihnen enthaltenen Krankheits-
erreger durch Desinfektion zu beseitigen. Die
Waare wird geschädigt, das Material vertheuert,
der Handel beeinträchtigt Da die Oefahren, die
die Lumpen durch Verschleppung von Infektions-
krankheiten bringen, verhältnissmässig geringe
sind , so ist die Desinfektion aller zum Versandt
oder zur Verarbeitung gelangenden Lumpenballen
nicht erforderlich.
[WennE. meint, dass wir dieVermittelung von
Erankheitskeimen durch die Lumpen als möglich
anerkennen müssen, dass aber dieser Einfluss nicht
60 bedeutend sei, übergrosse Vorsicht walten zu
lassen, so ist zuzugeben, dass die Reihe der bisher
sicher erwiesenen Fälle der üebertragung von In-
fektionskeimoi durdi die Lumpen allerdings keines-
wegs eine sehr bedeutende ist, andererseits aber
liegen für einzelne parasitäre Krankheiten (z. B.
Tuberkulose, Diphtherie) noch gar keine oder nur
spärliche Untersuchungen in dieser Hinsicht vor^
und doch ist das Ausstreuen und Verbreiten der
Keime gerade dieser Infektionskrankheiten in Folge
der Eigenthümlichkeit derEeimarten und mit Hin-
blick auf die Herkunft der Lumpen keinesÜBÜls von
der Hand zu weisen.]
Da bisher Erkrankungen durch auf dem Trans-
port befindliche Lumpen nicht beobachtet worden
sind, so ist auch von einer Desinfektion der Um-
hüUungen abzusehen. Dagegen sollen die Ballen
festschliessende, nicht zerrissene Umhüllungen er-
halten. Eine Musterentnahme auf den Zwischen-
stationen ist zu verbieten. In Epidemiezeiten
ist nur für den Import aus inficirten Gegenden
der Lumpenhandel zu untersagen. Schliesslich
sind Verordnungen zu treffen, welche geeignet
sind, Erkrankungen der Arbeiter in den Fabriken
zu verhüten und Verletzungen zu vermeiden.
Ficker (Breslau).
169. Die Gerinnung derAlbnminstoffe des
ileisohes beim Erhitsen; von J. H. Milroy.
(Arch. f. Hyg. XXV, 2. p. 154. 1895.)
Die Fleischproben wurden eine Stunde lang auf
dem Wasserbad auf die bestimmten Temperaturen
(50—100^) erhitzt und dann wurde die Menge der
nicht ooagttlirten, inNH|Cl löslichen Albuminstoffe
bestimmt. Bei fruehem Rindfleisch waren bei 50<^
40 — 50^/o der durch NH|C1 extrahirbaren Eiweiss-
Btoffe ooagulirt, bei 60* 65—70%, bei 70« circa
90Vo» bei 800 circa 98— 99%, bei 90 und 100«
und im Autodaven bei 120^ 100%. Bei SMnkm
waren die Resultate nur unwesentlich anders, bei
eingesaizmem Rindfleisch konnten bei allen Tempe-
raturen nur geringere Mengen eztrahirt werden,
ebenso in saurem FleisdL In KaXbMm sind die
durch NH|G1 extrahirbaren Mengen säur gering,
beim Erhitzen erfahren sie eme verhftltnissmäasig
grössere Verminderung, als die des Bindfleisches.
Woltemas (Diepholz).
170. Bakteriologiaohe und ohenüBohe Unter-
auobongen über die spontane Milohgerinnang;
von Dr. C. Günther und Dr. H. Thierfelder.
(Arch. f. Hyg. XXV. 2. p. 164. 1895.)
In spontan sauer gewordener Mildi fanden 0.
und Th. oonstant eine, und zwar nur eine, be-
stimmte Bakterienart, die sterile Milch unter star-
ker Säuerung zur Qerinnung bringt^ Zu ihrer
Isolirung bewfthrte sich der von Bey erinck an-
gegebene Zusatz von Calciumcarbonat zur Milch-
zuckergelatine. Dieses trflbt die Gelatine, wird
aber an den Stellen, wo sich die sfturebildeDden
Colonien entwickeln, aufgeKtot und zeigt diese da-
durch ohne Weiteres an. Wahrscheinlich ist der
speciflsche Organismus mit dem Lister'sdi^
Bacterium lactis und dem Hueppe 'sehen Bacillus
acidi lactici identisch. Die bei der Cultor in
Milch producirte Säure ist in allen Fällen reine
Rechtsmilchsäure, während sich in spontan ge-
ronnener Milch gewöhnlich inaktive Milchsinre
oder eine Mischung von dieser und Bechtamiloh-
säure, sehr selten die letztere alldn findet; eine
Erklärung fOr diese auffallende Thatsaohe kann
vorläufig nicht gegeben werden.
Woltemas (Diepholz).
171. Die Methoden des Nadhweises von
Mutterkorn in Mehl and Brot; von Prof. Max
Gruber. (Arch. f. Hyg. XXIV. 3 u. 4. p. 228.
1895.)
G r. empfiehlt besonders den' mikroskopischen'
Nachweis des Mutterkorns, der ebenso empfindlich
ist, wie die besten Farbenreaktionen, sich rascher
und einfacher ausfahren läset und auch auf Brot
anwendbar ist, bei dem die chemisdien Methoden
versagen. Seine Methode ist folgende:
Einige Milligramme des Hehles oder einige Biot-
krtimeloben werden in einigen Tropfen Wasser auf dem
Objektglas vertheilt, ein Deckglas wird aofgelegt und
dann über der Flamme bis zum Aufkochen erhitzt Die
Stärke ist dann so weit verquollen, dass die charakte-
ristisohen Formelemente des Mutterkorns hervortrsteo.
Ist die Verquellung der Stärke noch nicht genügend, so
lässt man am Rimde des DeokglAschens noch einiee
^pfen Wasser zutreten und kocht zum zweiten Male
auf. Am besten durchmustert man das Präparat zuerst
bei 100 — 120facher Vererösserung und untersucht ver-
dächtige Mutterkompartikelchen bei 300— 400&oherYer-
grösserung genauer. In Mischungen mit bekanntem
Frocentgehalt an Mutterkorn fanden sich bei einem Ge*
halt von 0.1*/o noch 1—2 Mutterkompartikelchen ia
jedem Präparat, erst bei einem Oehalt von nur 0.05*/«
war nicht mehr in jedemi sondern don^hschnitüich an»
X. Medicin'im AUgemeinenr
71
•ih Jedem ^. Piftparate ein sicher als solches erkennhäres
Bnichstüok des Mutterkorns zu finden.
Woltemas (Diepholz).
172. Ueber die Bestimmnng des Feaoh-
tigkeftttgradee der Luft fürpbysiologisoheimd
hygieniflohe Zwecke; yodN. P.Sohierbeck in
Kopenhagen. (Arch. f. Hyg. XXV. 2. p. 1 96. 1 895.)
Bei der Beurtheilung der austrocknenden Wir-
kung der Lnft ist das Hauptgewicht auf die Ge-
schwindigkeit der Verdampfung zulegen, diese ist
proportional der Quadratwurzel der Qeschwindlg-
keit des Windes. Das Spannungsdeflcit dagegen
giebt keinen Maassstab der Verdampfungsgeschwin-
digkeit ab, nur bei der nämlichen Temperatur sind
beide einander proportional. Es wird dann nocb
eine Formel für die austrocknende Wirkung eines
Klima entwickelt, auf die hier nicht eingegangen
werden kann. Woltemas (Diepholz).
X. Medicin im Allgemeinen.
173. Verraohe rar Featatellimg der Ver-
werthbarkeitBöntgen'soher Strahlen fürmedi-
otniaoh-ohimrgiaohe Zwecke angesteüi im Verein
mä der pkysikalisch-iechnischen Beichsanstalt und
miigeiheiU von der Medicim^Miheiliung des königU
yreu88. SHegsmvnsteriums. (Berlin 1896. Aug.
Hirschwald. 8«. 45 S. mit 21 Tafeln.)
Die vorliegende Arbeit, die das 10. Heft der
von der Medicinal- Abtheilung des kOnigl. preuss.
Kriegsministeriums herausgegebenen Veröffent-
lichungen aus dem Qebiete dee Militär-Sanitäts-
wesens bildet, enthält nach einer kurzen Einleitung
eine Beschreibung der Anstellung der Versuche,
sowie der mittels Böntgen'scher Strahlen er-
tielten photographischen Aufnahmen. Es folgen
dann Abschnitte über die bildliche Darstellung des
XSrperinneren u. s. w. durch die Röntgen 'sehen
Strahlen, fiber die Durchlässigkeit der Gewebe fQr
X-Strahlen und über den Nachweis von Fremd-
terpem im Eörperinnem durch B5nt gen 'sehe
Strahlen.
Aus den Schiusafolgerungen über die diagnostische
ymoerihbarkeü der Rönigen^schen Strahlen für
ifiedieMsek-ekirurgische Zwecke sei Folgendes er-
Geahnt: Die Strahlen sind im Stande, Theile von
einer Dichtigkeit, welche die durchschnittliche
Dichtigkeit der Weichtheile um ein Wesentliches
fibertrüR, nach Lage, Ghrösse, Form, (^taltung der
Oberfläche und nach ihrer verhältnissmässigen
Sichte in der Tiefe der Weichtheile durch die in-
takte Haut hindurch bis zu einem bestimmten
Orenawerth der summarischen Dichte der durch-
leuchteten Schichten für unser Auge zur Darstel-
lung zu bringen. In erster Reihe sind als ge-
langen zu bezeichnen die dem Nachweise von
Metall- oder Qlassplittem, Geechosstheilen, Nadeln
^ 8. w. dienenden Bilder ; sodann verdienen her-
toigehoben zu werden die topographisdi-anato-
misehen Darstellungen einzelner Theile des Ske-
ktts, insbesondere die Enochengelenkverbindungen
nmerhalb der Weichtheile, sowohl beim Lebenden,
^ an Präparaten. Femer sind hierher zu rech-
nen Abbfldungen von Olieddeformitäten, Knochen-
defekten am Bxtremitätenskelett, Luxationen der
Gelenke, frischen und in vorgeschrittener Callus-
bildong begriffenen Enochenfissuren und Enocben-
fraktaren; von Gomplikationen von Luxationen
und Frakturen an den Qelenkenden ; von Gtelenk-
erkrankungeu auf der Grundlage von Erkrankungen
des Centralnervensystems , von Pseudarthrosen,
Ankylosen, Hyper-, Pen- und Exostosen; von Ver-
dichtungen von Knochensubstanz in Folge von
aklerosirendw Ostitis, von osteomalacischen Er-
weichungen u. s. w. Auch lassen sich darstellen
das Weichbleiben und die Verbreiterung der Ver-
knOcherungszonen bei Rhachitis, ihre Verbreitenmg
und Zackung bei hereditärer Lues, die cariösen
Zerstörungen der Oelenke, die Oelenkveränderun-
gen bei Arthritis ; das Ergriffensein der Knochen
von Geschwülsten und dergleichen mehr. Allerdings
bedarf es stets einer sorgfältigen, sachgemässen
Durchmusterung und einer vorsichtigen Deutung
des Bildes ; erst mit Hülfe unserer sonstigen be-
währten alten diagnostischen Methoden wird es
möglich sein, das richtige Verständniss für den
Krankheitsfall zu erhalten, und kaum jemals wird
bei den verschiedenen Knoohenerkrankungen das
Schattenbild aüem uns endgültigen Aufschluss
und Aufklärung über die Erkrankung gewähren«
Die Bedeutung der Röntgen -Strahlen für die
Kriegschirurgie besteht einmal in dem Nachweis
steckengebliebener Fremdkörper und Geschosse,
die starke Beschwerden verursachen und deshalb
entfernt werden müssen, sowie femer darin, bei
den Invaliden die Anweeoiheit und den Sitz eines
steckengebliebenen Geschosses zu bestimmen. „Be-
züglich solcher ruhender Fremdkörper, welche
keine oder erträgliche Beschwerden und Schä-
digungen machen, soll im Allgemeinen selbst-
verständlich auch hier die Errungenaehaft derChir^
urgie „des mkig süxen Lassens'^ keine Antastung
erfahren ; und Aufgabe des Arztes wird es in dieser
Richtung besonders jetzt sein, den durch die neue
Entdeckung erregten und an seine alte Kugel
erinnerten Invaliden zu beruhigen und vor der
Operation zu bewahren."
Im Anschluss an diese sehr lesenswerthe, mit
ausgezeichneten Tafeln versehene Arbeit mögen
noch folgende ,^öntgen' Mittheilungen" kurze
Erwähnung finden :
Die Röntgen^sehen Experimente mit Kathoden'
strahlen und ihre diagnostische Vencerthungj von Dr.
M. Jastrowitzin Berlin. (Oeutsohe med. Wohnschr.
XXn. 5. 1896.)
Erstes Beispiel einer Verwerthung der nenenRönt-
72
X. Medicin im Allgemeinen.
gen'sohen Metliode für die )>aüiolo|pBcbe Diagnostik:
Nachweis eines Olassplitters am Gelenk des linken Mittel-
fingers bei einem Arbeiter, der vor Jahren beim Zer-
brechen einer Flasche eine Verwundung erlitten hatte.
AuffmdMng eines metaUieehen PremäcSrpere im
Daumenbaüen mit Hülfe der Ron igen* ecken StraMen;
von Dr. Hammer. (Deutsche med. Wohnschr. XXIL
8. 1896.)
Nachweis eines abgebrochenen Nadelstückes in der
Tiefe des Danmenballens.
The diseovery ofa buüei lost in the wrist by means
ofEoentgenrays; by R Jones and 0. Lodge. (Lanoet
I. p. 476. 1896.)
Nachweis der Engel im Handgelenk. Extraktion.
Ein Beispiel für die Verwendbarkeit der Röntgen'-
sehen Entdeckung m der Chirurgie; von Dr. H. von
Bnrckhardtin Stuttgart fWürttemb. Corr.-Bl. XLVI.
7. 1896.)
Nachweis einer 5 mm Revolverkugel an der Grund*
phalanz des 4. Fingers. Extraktion.
Vencendung der Röntgen* sehen StraJden xur Ent-
fernung einer Pistolenkugel aus der Hand; von Dr.
W e n d e 1 in Tübingen. (Beitr. z. klin. Chir. XY. 3. p. 849.
1896.)
Nachweis einer 6 mm Terzerolkngel innerhalb der
Basis des 5. Mittelhandknochens. Extraktion.
Eine praktische Verwendung der Röntgen 'sehen
Photographie; Ton Dr. K. Biesalski in Berlin. (Deut-
sche med. Wohnschr. XXII. 13. 1896.)
Nachweis der Lage und Richtung einer in den
Daumenballen eingestochenen, abgebrochenen Nähnadel.
Die Bedeutung der Durchleuchtung (Röntgen)
für die Diagnose der Knochenkrankheiten; von Prof.
F. K ö n i g in Berlin. (Deutsche med. Wohnschr. XXII.
8. 1896.)
Bei einer 46jähr. Dame mit Sarkom in der Tibia
machte K. die Ablatio femoris. 2 Tage nach der Ampu-
tation Durchleuchtung des Prfiparates nach Röntgen.
Durch diese wurden nachgewiesen : 1) Die Grenzen der
Zerstörung der Tibia und deren Substitution durch eine
eigenthümliche Geschwulst, sowie dasWaohsthum dieser
Geschwulst über die Grenzen des Knochens hinaus.
2) Der C]!harakter der Geschwulst Entsprechend dem
Präparate zeigte das Bild etwas eigenthümlich wolken-
artiges, so, ds wenn sich eine Anzahl dicker Wolken
neben einander lagern. Man kann das Bild auch als ein
lappiges bezeichnen. Am Oberschenkeltheil zeigte das
photographische Bild in der Umgebung des Epicondylus
lateral, eine etwa markstüokgrosse, eigenthümlich dnnkel-
conturirte Figur. Entsprechend derselben fand sich
mitten in der Spongiosa des Epiphysentheils ein etwa
welsohnussgrosses Enchondrom, das sich aus der Spon-
giosa herausheben Hess, wie die Nuss aus der Schale.
Ein aeheiÜer FaU von akuter Osteomyelitis der lin-
ken ffanJL Heilungsresultate nach 6 Jahren controlirt
durch die Röntgen' sehen Strahlen; vonDr. H.Stern -
f eld in München. (Münchn. med. Wohnschr. XLHI. 9.
18960
Es hatte sich um einen sehr ausgedehnten osteo-
myelitischen Process der Hand und des Vorderarms ge-
handelt; ausgedehnte Nekrosenbildung. Die Funkton
der Hand hatte sich yerbfiltnissmüssig gut wieder her-
gestellt Die 6 Jahre nach der Erkrankung aufgenom-
mene Röntgen- Photographie der Hand ergab, dass
sich der damals eliminirteMetacarpus des kleinen Fingers
wieder vollkommen ersetzt hatte ; beim Metacarpus des
Zeigefingers war der Ersatz unvollkommen geblieben: die
sich entgegenwacbsenden Knochen bildeten dne FlM^
artiirose.
Radiiusfraktur f nach Prof, Röntgen photogrth
jMri; von Dr. Fessler in München. (Münchn. med.
Wohnschr. XLHI. 9. 1896.)
Die Photogra^e veranschaulicht die für Brüche am
unteren Ende des Kadius typische Dislokattoti derBraoh-
enden.
Uther die Röntgen'sehe Photographie als Häifs-
mittel %um Studium normaler und pathologischer Ossi-
fikationsvorgänge; von Prof. G. Gaertner in Wien.
(Wien. klin. Rundschan X. 10. 1896.)
Die Röntgen 'sohe Photographie kann auch zur
Diagnose des Vorhandenseins und zum Studium des Ab-
laufes krankhafter Processe, in erster Linie derRhachitis,
benutzt werden.
Zur Verwerihung der Röntgen* Strahlen im Qe-
biete der inneren Madiein; von Dr. Huber in Baiiin.
(Deutsche med. Wohnschr. XXIL 12. 1896.)
Röntgen'sehe Aufnahmen von mit verschiedenea
Oelenkerkrankungen (akutem Gelenkrheumatismus, chro-
nischer Arthritis, Gicht u. s. w.) behafteten Hdoden.
Misaibüdung eines HSmdekms in Röntg en'eehtf
Beleuchtung; von Dr. £. Müller in Hagen. (Deutsch«
med. Wchnschr. XXIL 12. 1896.)
Bei einer Missbildung des rechten HlndeheDS dncs
3monat Kindes, wo wegen der diokfleischigen Besohaffen-
heit der Handwurzelgegend eine genaue Abtastung der
Handwurzelknochen unmöglich war, ergab die Photo-
graphie nach Röntgen, dass überhaupt keine Hsad-
wurzelknoohen vorhanden waren, dass der 3. und 4. Meta-
carpus fehlten und dass auch der 2., 3., 4. und 5. Finger
nur 2 Phalanf^n besessen.
üeber die voraussichtliche Bedeutung der Kathoden*
straMenfiir die innere Mediein; von Prof. H. Leo in
Bonn. (Berl. klin. Wchnschr. XXXHL 8. 1896.)
Während sich die Gallensteine fast ebenso durch-
lässig für die Kathodenstrahlen erwiesen haben, wie das
umliegende Gewebe, sind alle Harnsteine^ speciell auch
die aus freier Hamsfture und die aus Cystin bestehenden
undurchlfissig , erscheinen also im Bilde. Mit venuit-
wortiich für diese Verschiedenheit zwischen GaUensteinen
und Harnsteinen ist jedenfalls das specifische Gewicht
der Steine : die Harnsteine sind simmtlich specifisch er-
heblich schwerer, als die Gallensteine.
Zur Amoenäung des Röntgen'sehen Verfahrene
in der Mediein; von Dr. W.Becherin Berlin. (Deut*
sehe med. Wchnschr. XXH. 13. 1896.)
Um Hohlorgane des thierischen, bez. menschlichea
Körpers vermittelst des Röntgen'sehen VerfiihrBna
photographisoh aufzunehmen, hat man nur nöthig, in das
Hohlorsan die Lösung eines Metallsalzes in solcher Menge
einzuf^'on, dass die Wände des Hohlorgans etwas ge-
spannt werden. Die Aufnahme z. B. eines mensohUchea
Magens in vivo nach Röntgen hat zur Voraussetzung,
dass man eine Lösung, die 2 Eigenschaften sugleiofa bat»
ausmittelt: man muss sie, ohne Schaden zu stiften, in den
menschlichen Magen einbringen können, zugleich aber
muss sie noch für Röntgen'sehe Strahlen undurch«!
lassig sein.
La Photographie a trofeers les eorps apaquee
nen des nouveaux rayons de Roentgen; par le
e N 0 be 1 e. (Belgique med. IH. 8. 1 896.)
Roentgen^s discovery; byArthur Goodspeei
(Med. News LXYIIL 7. 1896.)
Roentgen's dieeovery Hs applieatian •»
eine; by Henry Cassell. (Med. News LXVlil.
1896.) P. W a g n e r (Leipxig).
Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Qebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 73
B. Originalabhandlimgen
und
Ueberslchteoe
UL Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und
Pathologie des Blutes.
Zusammengestellt von Dr. Max Brückner in Dresden.
/. üniersuehungamethoden.
1) Lederer, Max, Zur Methodik der Blutuntern
suchnng. Ztsohr. f. Heilkde. XVL 2. 3. p. 107. 1895.
2) Linsley, J.H., Some suegestions concemingthe
ezaminatioii of blood. New York med. Reoord XLVIII.
Nov. 16. 1895.
3) BarjoQ J., et C. Regand, Des procedes de
Domeration des globales blaocs du sang basessarremploi
de Serums artifioiels coloree. Lyon med. XVII. 38. 1»95.
4) Marschner^ D., Beiti^ zur Methodik der Blut-
körperchenzfthlimg. Prag. med. Wchnschr. XX. 34. 1895.
5) Co we, W. Y., Improved means for the haema-
tocrit of blood examination. New York med. Record
XLVin. Auff. 17. 1895.
6) Elzholz, Adolf, Nene Methode zur Bestim-
mung der absoluten Zahlenwertbe der einzelnen Leuko-
cytenarten im CubikmiUimeter Blut. Wien. klin. Wo-
chmschr. Vn. 32. 1895.
7) Maurel, £., Description et prinoipales api)li-
cations de la methode de Timmersion. Aren, de Med.
eiperim. 1. S. VII. 2. 1895.
8) Ssohbaum, Fr., Ueber die Zersetzung von
todtem Blut duroh käufliches destUlirtes Wasser. Deut-
sche med. Wchnschr. XXI. 7. 1895.
9) Lackschewitz, Th., Zur quantitativen Blut-
analyse nebst einer Antwort an Herrn M, Bleibtreu in
Bonn in Betreff der Wasseraufoahmefllhigkeit der roüien
Kutkörperchen. Aroh. f. Physiol. UX. 1 u. 2. 1895.
10) Bleibtreu, Max, Bemerkungen zu der vor-
stehenden Abhandlung von Th, Laekaehemtx, Ebenda
p. 91.
11) £ 1 j k m an n , C, Die Bieibtreiisohe Methode zur
Bestimmung des Volumens der körperlichen Momente im
Blute. Arch. f. Physiol. LX. 7. 1895.
12) H e d i n , S. G., üeber d. Brauchbarkeit d. Centri-
fogalkraft f. quantit Blutuntersuchun^n. Ebenda p. 360.
13) Bleibtreu, Max, Die £Sfet6/r6u'sche Methode
der Blntkörperohenvolumbestimmung. Antwort auf die
beiden vorhergehenden Abhandlungen. Ebenda p. 405.
14) Löwy, A., Untersuchungen zurAlkalescenzdes
Blutes. Arch. f. Physiol. LVni. 9 u. 10. 1894.
15) Schultz - Sohultzenstein, Carl, Vor-
Iftnfi^e Mittheilung über eine neue klinische Methode zur
BestiDunung der Alkalescenz des Blutes. Centr.-Bl. f.
d. med. Wias. 17. Nov. 1894.
16) Schultz - Sohultzenstein , üeber eine
neue klinische Methode zur Bestimmung der Alkalescenz
des Blutes, sowie über die Darstellung der /f-Oxybutter-
siure aus diabetischem Harn. Inaug.-Diss. Oöttingen
1895.
17) T. Ziemssen, Werth u. Methode klinischer
Blutdruckmessungen. Münchn. med. Wchnschr. XU.
43.1894.
18) H 0 g e r s t e d t , A., Zur Technik der Blutdruck-
messung mit V. Baseh's Sphygmomanometer. Petersb.
»ed. Wchnschr. XIX. 41. 1895.
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
Bei vergleichender Prüfung von Instrumenten,
die zur Blutuntersnchung dienen, kam Lederer (1)
in der Klinik von v. Jaks oh zu dem Ergebnisse,
dass das Hämometer v. FkidcMa dem O'cm^r^'schen
Hämoglobinometer vorzuziehen ist Femer steht
der BIutk5rperchenzfthlapparat von Thoma-Zeua
dem Miescher'sohen nicht nach. Der Hämatokrit
von BUx-Eßdin ist zum Nachweise quantitativer
Blutveränderungen nicht ganz geeignet, abgesehen
von Demonstrationzwecken. Hing^en wird er mit
Yortheil verwendet bei der qualitativen Blutunter-
suchung zum Studium der verschiedenen Arten
weisser BlQtk(kperohen. Diese werden mit HtQfe
des Instrumentes auf einen kleinen Banm zu-
sammengedrängt, sodass man nur 1 — 2 Deckglas-
präparate anzufertigen braucht, um die verschiedenen
Leukocytenformen festzustellen. Auch Mikroorga-
nismen, die sich central vom Leukocytenfiaden an-
sammeln, vermag man mit dem Apparate leicht
nachzuweisen.
Linslej (2) beschäftigt sich mit dem Nach-
weise menschlichen Blutes in Blutflecken. Er
kommt nach Besprechung der verschiedenen Unter-
suchungsmethoden zu dem Ergebnisse, dass die
Untersuchung nicht mit Sicherheit feststellen kann,
ob ein Blutfleck von Menschenblut herrührt Die
Unterscheidung des menschlichen Blutes von dem-
jenigen der Hausthiere mit Ausnahme des Schafes
und der Ziege ist nicht möglich. Man kann nur
feststellen, dass eine Blutprobe vom Säugethiere
stammt (abgesehen von der FamiUe der Kamele),
und dass sie eventuell, bezüglich der Grösse der
rothen Blutkörperchen mit dem Menschenblute
übereinstimmt Zur Feststellung der Grösse rother
Blutkörperchen sind mindestens 3 — 400 Messun-
gen nothwendig.
Bar Jon und Regaud(3) empfehlen zur Zäh-
lung der weissen Blutkörperchen folgende Misch-
flüssigkeit, die die Leukocyten färbt, während
sie die rothen Blutkörperchen Unverändert lässt:
Künstliches Serum nach Malassez 50 com, dem
5 Tropfen einer alkoholischen öproc. Qentiana«
Violettlösung zugesetzt werden.
Nach den Erfahrungen Marschner's (4) be-
währt sich die vonMaget angegebene Mischungs«
10
74 Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Cfebiete der Physiologie und Pathologie des Blutea
flüssigkeit bei der Z&hlung der Blutkörperchen nicht,
da leicht Gerinnung und Klumpenbildung eintritt
Zur Zählung der rothen Blutkörperchen empfiehlt
sich die Tbison'sche Hischung (Aq. dest. 160.0,
Glycerin 30.0, Natr. sulfur. 8.0, Natr. chlor. 1.6,
Methylyiolett 0.025), zur Zählung der weissen Ele-
mente die von v. Jak seh angegebene VtP'^c«
Essigsäure. Die Tbison'sche Flüssigkeit ist der von
V. Jaksch verwendeten 2^/sproc. Lösung von
Natriumbichromat vorzuziehen.
Cowe (5) bedient sich bei der Untersuchung
mit dem Hämatokrit einer Lösung von 2 g des oxal-
saurenNatron und lOgEochsalz in 1000g Wasser.
Diese Flüssigkeit verhütet die Gerinnung, ohne die
rothen Blutkörperchen zu verändern. Ein nach An-
gabe C.'s verbesserter Hämatokrit (Verschluss des
centrifugalen Endes der Böhrchen, Gradeintheilung,
weiteres Lumen u. A. m.) ist von Bohrheck und
Luhme in Berlin zu beziehen.
Bei der quantitativen Bestimmung der Leuko-
cyten hat Elzholz (6) folgendes Yer&hren er-
probt
Im 2%oma'schen Mischer wird Blut bis ztun Theil-
strich 1 oder '/« angesogen, mit OlyoerineosinlÖsiuig
(2proc. wäBsnge Eosialösung 7.0^ Glyoerin 45.0, Aq. dest
55.0, bis zur Hälfte des Mischgefässes gemengt, 3— 4 Mio.
lang geschüttelt und alsdann bis zur Marke 11 mit Gen-
tianaviolettlösung (15ocm Wasser, 5—6 Tropfen concen-
trirte wässrige G^ntianaviolettlösong, 1 Tropfen absoluter
Alkohol) gemischt. Bierauf wird in der Zeiss'schen
Kammer, die mitYortheil vonZappert und noch weiter
von £. verändert wurde, gezählt Zuweilen ist es besser,
den Apparat vorher 15 Mm. stehen zu lassen.
Vorzüge des YerfiEÜirens sind : 1) OleichmSssige
und znverlflssige Ergebnisse bei der Bestimmung
der LeukocytenzahL 2) Bequeme (vorläufig einzige)
Methode zur direkten Bestimmung der absoluten
Zahlenwerthe von a) polynudefiren, neutrophilen ;
b) eosinophilen ; c) einkernigen Zellen ohne Granu-
lationen. 3) Oeringer Zeitaufwand. Dahingegen
ist die Trennung der grossen Lymphoc3rten von den
mononucleftren Zellen und dieser von den Ueber-
gangsformen nicht so leicht mOglich, als nach der
Ehrlich 'sehen Methoda Wo es darauf ankommt,
deren Yerhältniss zu einander festzustellen, ist das
Trockenpr¶t, dessen Bilder auch schöner aus-
fallen, vorzuziehen.
Maurel (7) beschreibt ausfOhrlich das von
ihm nach Banvier's Vorgang ausgebildete Ver-
fahren der Wasserimmersion zur Untersuchung von
Blut bei Körpertemperatur, seine VortheUe und die
Anwendungsweise.
In todtem Blute, das mit käuflichem destillirten
Wasser behandelt war, konnte Eschbaum (8)
nach einiger Zeit Methämoglobin nachweisen. In-
dem er die in Betracht kommenden Verhältnisse
prüfte, kam er zu der Vermuthung, dass Wasser,
das in Kupferkesseln destillirt wird, Kupferoxyd
in gelöster Form aufnimmt Dieses kann im Wasser
aktivirten Sauerstoff bilden, der die Blutverände-
rung bewirkt Wasser, das in Glas oder verzinnten
Gelassen destillirt wurde, hatte die erwähnte Eig^i-
Schaft nicht. Das käufliche destillirte Wasser verlor
sie durch Aufkochen, erlangte sie aber nach einiger
Zeit wieder. Auch das gewöhnliche (Berliner)
Leitungswasser bewirkte Methämoglobinbildung,
aber langsamer, erst nach 36 Std., während sie durch
käufliches destillirtes Wasser schon nach 6 Std. zu
Stande kam.
Zur quantitativen Blutanalyse empfiehlt Lack-
schewitz(9) folgende, von Alexander Schmidt
und seinen Schülern ausgearbeitete Methoda
2 — 3 g Blut und eben so viel Serum werden zunächst
auf dem Dampfbade eingedampft und dann im Heisslafl-
badd getrocknet. HieraiS werden von einer kleinen Blat-
menge (4 — 6 g) die Körperchen isolirt, indem das Blat
mit 2 — 2'/iproc. NajS04-Lo8ung durchgerührt und- oen-
trifugirt wird. Das Serum wird abgegossen und der
Eörperchenbrei mit destillirtem Wasser versetzt Von
der entstehenden Lösung wird ein Theil zur Bestimmung
des Trockenrückstandes, ein anderer zur Bestimmung der
NatSO^-Menge verwendet Bedeutet T das Oewicht des
Trockenrückstandes von 100 Theilen Blut, t das Oewicht
des Trockenrückstandes von 100 Theilen Serum, r das Oe-
wicht der in 100 Theilen Blut enthaltenen Blutkörperchen,
8 das Gewicht des in 100 Theilen Blut enthaltenen Serum,
so verhält sich
100 : 8 -» t : T— r
oder s — 100 (T— r)
t
Dann ist b (Gewicht der in 100 Theilen Blut enthaltenen
Körperchen) ■• 100 — s und R ((Doncenti'ation der rothen
Blutkörperchen) ■— — r-—.
L. bestimmte ausserdem nodi die Absorption-
coefßcienten und den Stroms- und Hämoglobin-
gehalt Wenn diese Werthe auch mit einem con-
stanten Fehler behaftet sind (das Absorptionverfaait-
niss des Hämoglobins ändert sich mit jedesmaligem
ümkrystallisiren), so kOnnen sie trotzdem boiutxt
werden, da es sich nur darum handelt, Aenderungen
im Verhältnisse dieser Bestandtheile zum Ausdrucke
zu bringen. Im 2. Theiie der Arbeit wendet sich
K gegen Bleibtreu, der die von L. behauptete
Wasseraufnahme der rothen Blutkörperchen bei
tn^avaskulärer Einspritzung physiologischer Eochr
Salzlösung bestritten hat Bleibtreu stütztesich
dabei auf einen Versuch von L., der die Verhältnisse
ausserhalb des Körpers behandelt L. muss zugeben,
dass in diesem Falle ein Bechenfehler untergelaufen
ist, beharrt aber auf seinem Standpunkt, den er in
folgenden Sätzen darlegt :
„1) Die rothen Blutkörperchen besitzen inner-
halb des Organismus bei Verdünnung des Blutes
durch intravaskuläre Infusion physiologischer Koch-
salzlösung in hohem Maasse die Fähigkeit, Wasser
aufzunehmen, d. h. zu quellen. Ebenso nac^ starken
Aderlässen, wobei die Verdünnung durch Oewebe-
flüssigkeiten stattfindet 2) Ausserhalb des Körpers
verlieren sie nach dem Qerinnungsprocesse dieee
Fähigkeit, deren Vorhandensein im ungeronneaaen
Blute auch extra corpus noch erkennbar ist^
B leib treu (lO)legt Lack sehe witz gegen-
über gerade auf den Reagenzglasversuch Wertii mtd
macht eine Beihe von Einwänden, die er folgender-
maassen zusammenfasst : „1) Die früher Yon Ia
Br üc^n er ^ Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 75
aufgestellte Behauptung, dass die Blutkörperchen
auch im defibrinirten Blute die Eigenschaft besässen,
bei Yermischung mit physiologischer Kochsalz-
lösung grosse Mengen Wasser aufzunehmen, hat L«
Bicht aufrecht erhalten können. 2) Die nunmehr von
L vertretene Ansicht, dass im defibrinirten Blute
in Folge der Beimischung von physiologischer Eoch-
BalzlQsung die Blutkörperchen umgekehrt Wasser
und feste Substanzen an die Zwischenflüssigkeit
abgeben, also schrumpfen, kann durch die Versuche
L's nicht als bewiesen anerkannt werden. 3) Die
Behauptung, dass in Folge der bei AdorUssen
eintretenden Verdünnung des Blutes eine starke
Wasseraufnahme von Seiten der Blutkörperchen
atattfindet, stützt sich nur auf einen Versuch L.'s
und konnte durch einen zweiten Versuch nicht be-
stätigt werden. 4) Die Frage, ob innerhalb des
Organismus den Blutkörperchen die von L. an-
genommene Fähigkeit der Wasseraufnahme zu-
kommt, lasse ich vorläufig unentschieden.^'
Eijkmann(ll)undHed in (12)erheben Ein-
wände gegen die von Bleib treu angegebene
Methode zur Bestimmung des Volumen der Blut-
Iförperchen. Ersterer meint, die Methode gebe zu
niedrige Werthe, da die dabei verwendete O.Gproc.
Xochsalzlösung denjenigen Blutsorten gegenüber,
die Bleibtreu damit untersucht hat, hypisoto-
nisch ist Die Blutkörperchen nehmen daher Wasser
ao^ und es f&llt das specifische Gewicht der Misch-
flüssigkeit zu hoch, das Volumen der körperlichen
Elemente zu niedrig aus. H. vermag Bleibtreu
nicht ohne Weiteres Recht zu geben, der die Cen-
trifugirmethode verwarf, da sie mit seinem, zur
Bestimmung des Blutkörperchenvolumen ange-
gebenen Verfahren in den gewonnenen Werthen
nicht übereinstimmte. H. sagt: „Die Ueberein-
stimmung der Resultate, wodurch die Methode
(Bleibtreu's) sich selbst controliren sollte, hat
weder Biernacki noch ich finden können. Auch
wenn diese üebereinstimmung vorhanden wäre, so
wäre dadurch nicht bewiesen, dass die 0.6proc.
Kochsalzlösung in Bezug auf das Volumen der Blut-
k&perchen indifferent ist^' H. sucht den Nach-
weis zu führen, dass bei der Vermengung von Blut
mit 0.6proc. und höher concentrirter NaCl-LÖsung
eme Wanderung von Eiweisskörpem in die Blut-
körperchen stattfinden kann.
Demgegenüber meintBleibtreu(13), Eij k-
mann nehme die Versuchsfehler seiner Methode
KU hoch an. Er muss zugeben, dass er bei Ver-
wendung isotonischer Kochsalzlösung höhere Werthe
erhielt, als bei Verwendung 0.6proa NaCl-Lösung,
obwohl die ConüK^e mit der Hoppe-Seyler'-
schen Methode übereinstimmende Resultate lieferte.
Bn üebergang von Eiweisskörpem in die rothen
Blntkörperchen bei Anwendung isotonischer Lösun-
gen, wie ihn Hedin beschrieb, ist BL nicht wahr-
scheinlich, wenn gleich die Erfahrung, diass seine
Methode unter einander gut übereinstimmende Re-
sultate gab, nicht absolut beweisend ist, Eine c^nd^rQ
einwandfreie Methode zur Nachprüfung giebt es
aber nicht Mindestens kann die Gentrifugihnethode
nicht zur Entscheidung herangezogen werden.
Die Titration deckfarbigen Blutes ergiebt nach
L ö w y (14) unsichere, schwankende Resultate. Sie
wird beeinflusst durch die Schnelligkeit und die
Temperatur, mit, bez« bei der die Titration aus-
geführt wird. Titrirt man bei niederer Temperatur
(1 — 2<)C.), so erhält man niedrigere, aber stabilere
Werthe, als bei höherer Temperatur. Benutzt man
laekfarbenes Blut, so sind dje Ergebnisse fast ganz
unabhängig von der Temperatur. Wenn der Be-
ginn der sauren Reaktion erreicht ist, so tritt keine
alkalische Reaktion wieder auf. Die erreichten
Alkalescenzwerthe sind höher, als sich mit den
gewöhnlichen Methoden bei deckfarbenem Blute
ergiebt. Diese Methode ist daher die sichere.
Sehr langsame Titration bei Körpertemperatur er-
giebt bei deckfarbenem Blute ungefähr dieselben
Werthe, wie sie bei lacklkrbigem Blute bei jeder
Temperatur gefunden werden. Die Ursache dieser
Unterschiede sind die rothen Blutkörperchen, die
das in ihnen enthaltene Alkali nur sehr langsam
mit der Säure sich verbinden lassen. Alkali und
Säure kommen nur unvollkommen in Berührung,
Femer ist das Alkali in den Körperchen fester
gebunden, in ooncentrirtem Zustande in dissocür-
baren Verbindungen enthalten. An einer Reihe
von Versuchen erläutert L. diese Auffassung. Der
Begriff der Alkalescenz ist demnach ein unbe-
stimmter. Die Methode von Löwy giebt die
b^ten vei^leichbaren Resultate.
Eine klinische Methode zur Bestimmung des
Alkalescenzgehaltes des Blutes hat Schultz-
Schultzenstein (15 u. 16) unter der Leitung
Ebstein 's ausgearbeitet. Sie ist mit geringen
Blutmengen ausführbar und für klinische Zwecke
hinreichend genau. Es wird ein Capillarröhrchen
von 7.5 mg (wie sie dem v. FleisMaohen Hämo-
meter beigegeben sind) voll Blut gesaugt. Diese
Blutmenge wird mit 12 — 15 com neutralen destil-
lirten Wassers (in Olas destUlirtes Wasser reagirt
alkalisch und muss erst neutralisirt werden) ver-
dünnt Alsdann werden 1.5 com "/«oe HjiSOi und
5 — 6 com ätherische Erythrosinlösung zugesetzt.
Hierauf wird ^J^^ Kalilauge zugefügt bis zur
deutlichen Rosafärbung und ^J^^ Hf SO4 so lange,
bis die Rosafärbung eben wieder verschwindet
Seh. fand bei gesunden Männern 3 — 4 Stunden
nach der Mahlzeit eine Alkalescenz von 0.62 g
NaOH auf 100 g Blut Er hat die Alkalescenz
des Blutes auch bei 20 Kranken bestimmt Am
Schlüsse seiner Arbeit beschreibt Seh. ein von
ToUens angegebenes Verfahren zur Bestimmung
der /7-Oxybuttersäüre auf Grund einer selbst aus-
geführten Untersuchung diabetischen Harns.
Die Blutdruckmessung wird nach der Voraus-
sage von V. Ziemssen (17) sich eine dauernde
Stellung in der klinischen Diagnostik erwerben.
V. Z, rätbi zur Einengung von Fehlerquellen sich
76 Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Qebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
bei der Untersuchung der Art temporalis und der
Art radialis zu bedienen. Die Messungen sollen
immer an derselben Stelle, zu derselben Zeit in
Bückenlage des Ejranken ausgeführt werden. Das
Sphygmometer soll vor der Indienststellung durch
ein Quecksilbermanometer controlirt werden. Ver-
gleichende Untersuchungen, die v. Z. mit dem
Queoksilbermanometer und dem Sphygmometer
anstellte, ergaben nur geringfügige Unterschiede.
An einer Beihe von Beispielen erläutert v. Z. den
hohen Werth der Methode.
Um das Ermüden der Finger beim Drucken auf die
GummipeLotte des Sphygmomanometers Ton v. Bosch
zu verhüten, wodoroh die Genauigkeit der Untersuchung
vermindert wird, hat Högerstedt (18) diese Pelotte
mit einer Metallhülse umgeben. In dieser wird ein Stempel
mit Hülfe eines Schraubengewindes auf- und abwirts
bewegt, der den Druck auf die Pelotte ausübt Mano«
meter und Pelotte werden auf die Beugeseite des Unter-
arms aufgeschnallt.
n. Physiologie.
19) En gel, C. S. (Berlin), Zur Genese u. Regenera-
tion des Blutes. Wien. med. Presse XXXY. 51. 1894
20) Laudenbach, J., Ueber die Betheiligmie der
Müz bei der Blutbildung. Centr.-Bl. f. PhysioL IX. 1.
1895.
21)Botazzi, FiL, Contributo alla fisioiogia della
miba. Sperimentale XLTX. 3. 1895.
22) Danilewsky, Prof.B., Ueber die blutbUdende
Eigenschaft der Milz u. des Knochenmarks nach Ver-
suchen von M, Sdenshß. Arch. f. Physiol. LXI. 4 u. 5.
1895.
23) Bebustello, Giuseppe, Influenoe de l'aug-
mentation de la masse sanguine sur le pouvoir hemato-
poetique de la moelle osseuse. Etüde experimentale.
Arch. ital. de Biol. XXII. 1. 1894.
24) Geelmuyden, H. Chr., Von einigen Folgen
übergrosser Blutfalle. Aroh. f. Anat. u. Physim. [physioL
Abth.] 5 u. 6. 1892.
25) 8 0 u t h g a t e , F. H., Blood absorption from the
peritoneal cavity. New York med. Record Aug. 17. 1895.
26) Niessen, C. van, Ueber regenerative Ver-
mehrung mensohl. Blutzellen. Virchows Arch. CXU.
2. 1895.
27) Timofejewsky, Zur Frage über die Regene-
ration der rothen Blutkörperchen. Centr.-Bl. f. allg.
Pathol. u. pathol. Anat. VI. 3 u. 4. 1895.
28)Zenoni, C, Ueber das Auftreten kernhaltiger
rother Blulkörperchen im cirkulirenden Blute. Virchow's
Arch. CXXXTX. 1. 1895.
29) Viola, Giacinto, et Giuseppe Jona,
Becherches experünentales sur quelques alterations du
sang apres la saignee. Arch. de Physiol. Janv. 1895. —
Arch. ital. de Bid. XXIV. 2. 1895.
30] Koppe, H., Blutbefunde nach Aderlass. Nach
Versuchen an Kaninchen. Münchn. med. Wchnschr.
XLn. 39. 1895.
31) Ziegelroth, Einfluss des Adexiasses auf das
spedüsche Gewicht des Blutes. Virohow's Arch. CXLI.
2. 1895.
32) Botazzi, FiL, Ricerche sul metabolismo dei
corpuscoH rossi del sangue. Sperimentale XLIX. 3. 1895.
33) Botazzi, Ph., Sur quelques alterations des
globules rouges du sang ä la suite de la thyreoidectomie.
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34) Duccheschi, Virgilio, Sagli albuminoidi
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39) Grawitz, £., Ueber die Einwirkung des Höhen-
klimas auf die ZusanunensetEung des Blutes. Beil klin.
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Anat u. Physiol. [Physiol. Abth.] 5 u. 6. 1892.
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trSge znr Blutlehre. Wiesbaden 1895. J. F. Bergmann.
Gr. 8. XVinu.2ö0 8.
Engel (19) machte bei der Untersuchung
embryonalen Blutes (Mäuse und Menschen) fol-
gende Erfahrungen : Das jüngste embryonale Blut
enthfllt grosse hftmoglobinhaltige Zellen von Kugel-
form mit grossem Kern. Diese sind in Theilnng
begriffen. Nach wenigen Tagen sind sie sehr
spftrlich geworden ; ihre Kerne sind klein. Jetzt
findet man zahlreiche kernhaltige Blutkörperchen,
kemloae rothe Blutkörperchen, einige wdsse Blut-
körperchen und Blutplättchen. Die Kugelformen
nämlich, die sogen. Metroqyten, theilen sich. Die
Metrocyten zweiter Generation, die einen kleineren
Kern besitzen, wiederum theilen sich ohne Seg-
mentirong in ein kernloses und ein kernhaltiges
Toihes Blutkörperchen. Die kernlosen Formen
Ueiben bestehen, während die kernhaltigen bis
zur Gebort des Thieres allmählich verschwinden.
Aus fieobachtungen an embryonalem, sowie an
pathologischem Blute ergiebt sidi weiterhin, dass
die kernhaltigen rothen Blutkörperchen sich ent-
weder in einen kernhaltigen Theil mit wenig
hämoglobinireiem Protoplasma und in einen kern-
losen hftmoglobinhaltigen Theil trennen, der sich
im Blute auflöst, oder aber, dass nur ein Kern mit
einem lappenartigen Best hämoglobinhaltigen Proto*
plaama übrig bleibt, während sich das übrige Proto-
plasma im Blute auflöst Wenn ein Blut kern*
haltige rothe Blutkörperdien von der Art der
sogen. Normoblasten enthält, so ist es noch nicht
pemidös. Wenn aber bei weiterem Wachsthum
die Trennung von Kern und Protoplasma ausbleibt,
wenn die sogen. Megaloblasten entstdien, die keine
embryonalen Blutkörperchen darstellen, so wird
das Blut pemiciös. Aus den Kernen der kern-
haltigen rothen Blutkörperchen können in patho-
logischen Fällen Lymphocyten hervorgehen. Im
pathologischen Blute kommen sogenannte Blut-
kugeln vor, die kernhaltigen rothen Blutkörper-
chen entsprechen. Sie können platzen und es
kann dann ein weisses Blutkörperchen, ein Blut-
plättohenhaufen oder eine Zwischenstufe austreten.
Aus der geplatzten Blutkugel entsteht das rotlie
Blutkörperchen mit der Delle, für deren Entstehung
nun eine Erklärung gegeben ist Der Ort, wo die
kernhaltigen rothen Blutkörperchen sich in Blut-
kugeln umwandeln, ist nicht bekannt Beim Hühn-
chen bleiben die kernhaltigen Körperchen bestehen,
während die kernlosen zu Ghnmde gehen. Aus den
Kernen der rothen Blutkörperchen gehen nach
Schwund des Protoplasma die weissen Körperohen
hervor. Blutkugeln werden beim Hühnchen nicht
beobachtet
In der Milz scheinen nur die Metroblasten,
bez. beim erwachsenen Thiere die Normobhisten
gebildet zu werden, während die weitere Entwicke-
lung im strömenden Blute vor sich geht
Nach Laudenbach's (20) Versuchen an
Hunden, denen die Milz entfernt wurde, muss
dieses Organ bei der Bildung von Hämoglobin und
rothen Blutkörperchen betheiligt sein, da nach der
Milzexstirpation diese beiden Blutbestandtheile
sich bedeutend vermindern. Diese Veränderungen
beginnen erst eine gewisse Zeit nach der Operation
und erreichen ihren Höhepunkt nach 2 — 3 Monaten,
um dann allmählich zu schwinden. Es müssen
demnach im Körper Vorrichtungen vorhanden seiui
die die ausgefallene Thätigkeit der Milz über-
nehmen. Dieser Ausgleich ist aber, wie aus den
eben erwähnten Veränderungen, sowie aus der
Verlängerung der Begenerationzeit nach Blut-
entaiehungen hervorgeht, nicht immer ein voll-
ständiger. Es kann die Compensationstörung eine
so schwere werden, dass der Tod des Thieres unter
den Erscheinungen stari^er Hydrämie eintritt Be-
ständige Veränderungen im Sinne gesteigerter
Blutbildung sind nach der Milzentfernung im Kno-
chenmarke wahrzunehmen.
Botazzi (21) beobachtete bei entmilzten Hun-
den in der ersten 2ieit (40 — 50 Tage) Verminderung
des procentualen Stickstoffgehaltes der rothen Blut-
körperchen, Verminderung des Trockenrückstandes
der rothen Körperchen, des Qesammtblutes und
des Serum, Abnahme des Körpergewichts. Später
wurden die normalen Werthe wieder erreicht, ja
sogar überschritten.
Wie Danilewsky (22) berichtet, gelang es
dem verstorbenen Selen^ky, bei Kaninchen und
'8 Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Qebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
Hunden eine erheblidie Steigerung der Anzahl
der rothen Blutkörperchen und des Hftmoglobin-
gehaltes dnrdi Einspritzung ron Infasen der Hils
und des rothen Knochenmarkes zu erzielen. Die
Einspritzungen wurden in die Bauchhöhle gemacht
Auch die subcutane Einverleibung von Lecithin
vermag ähnliche Wirkungen hervorzubringen. D.
vermuthet, dass die Wirkung auf der Oegenwart
Bpeciflsoher Stoffe beruht, von denen wir bis jetzt
nur wissen, dass sie durch die Hitze nicht zerstört
und gefällt werden.
Rebustello (23) spritzte Hunden und Meer-
schweinchen gleichartiges Blut in die Baudihöhle
ein und untersuchte das Verhalten des Knochen«
markes danach. Er fand, dass der Ueberfluss
rother Blutkörperchen die Bildung neuer vermin*
dert, unter Umständen ganz aufhebt Sofern die
Milz mit blutbildender Kraft ausgestattet ist, wird
diese regelmässig aufgehoben. Der Orad der Wir«
kung auf die blutbildende Kraft des Markes steht
in direkter Beziehung zu der Dauer der BlutfQlla
Bei den Meerschweinchen besitzt das Mark noch
unter den gegebenen Bedingungen die Fähigkeit,
die rothen Blutkörperchen zu zerstören, ebenso wie
die Milz. Im Marke des Hundes ist diese Funktion
selbst unter normalen Bedingungen fast oonstant
Oeelmuyden(24) machte imLudwig'schen
Laboratorium Transfusionsversuohe an Hunden,
aus denen im Wesentlichen hervorgeht, dass die
Thiere die Einspritzung grosserer Blutmengen gut
vertragen. Sie schieden in den nächsten Tagen
mehr N aus, als der Nahrung entsprach. Diese
vermehrte N- Ausscheidung dauerte um so länger,
je grosser die eingespritzte Blutmenge war. Im
Anfange wurde der von der Nahrung abhängige
Umsatz der Eiweisestoffe durch die künstliche
BlntfCÜle nicht verändert Nur mit Rücksicht auf
einen Yersuch muss angenommen werden, dass
ein beträohtliches Mehr an Blut den N-Umsatz
steigern kann. Einen Beitrag zu den überschüssigen,
durch den Harn ausgeschiedenen N-Mengen liefert
das eingeführte Blut Denn nach derUeberfüllung
des Blutes steigt zunächst der prooentuale O^alt
an Farbstoff, Stroma und Stickstoff an bis zu einem
gewissen Höhepunkte, um dann allmählidi wieder
abzufallen. Das Ansteigen des Farbstoffes erklärt
sich daraus, dass das flüssige, im Plasma gelOete
Eiweiss rascher als das geformte aus dem Blute
verschwindet Die allmähliche Abnahme des Farb-
stoffs und des Stroma wird erklärlich, wenn man
annimmt, dass Neubildung und Lebensdauer der
Blutkörperchen sich in den überfüllten Gelassen
ebenso wie in den normalen verhalten. Entspre-
chend der grosseren Zahl in den blutreicheren Ge-
fässen muss der Umfang des Zerfalls denjenigen
der Neubildung so lange überwiegen, bis das
ursprüngliche Gleichgewicht wieder hergestellt ist
Die mikroskopischen Untersuchungen weisen darauf
hin, dass der Zerfall im Innern des Qefässrohres
lelbst stattfindet Nirgends fanden sich Blutaua-
tritte. In Leber, Milz und Knochenmark fanden
sich nirgends Formen, die als Trümmer oder ältere
Stufen von Blutkörperchen aufgefasst werden
durften*
Southgate (25) stellte durch Thlerversuche
fest, dass die direkte Transfusion von arteriellem
Blute von einem Thiere in den Peritonäalsack eines
anderen Thieres derselben Art keinen Schaden
bringt Homogenes, nicht defibrinirtes Blut wird
schnell resorbirt, namentlich von den Lymph-
gefässen des Zwerchfells, die in der Rogel nicht
mit dem Ductus thoraoious in Verbindung st^en.
Homogenes Blut, das vom Peritonäalsacke absorbirt
wird, bringt keine Hämoglobinurie hervor, sondern
scheint als normales Blut zu drkuliren. Nach
einem massigen Blutverluste tritt Absorption schnell
ein, aber je grOsser der Verlust war, um so lang-
samer ist die Absorption. Nach einfachen Hämor-
rhagien ist der relative Gehalt des Blutes an festea
Bestandtheilen vermindert Nach Hämorrhagien
ändert sich an der allgemeinen Cirkulation wenig
oder nichts, wenn Compensation durch Transfusion
in die PeritonäalhOhle vorhanden ist Einfache
intraperitonäale Transfusion von Blut bereidiert
das empfangende Thier. Der Zuwachs an körper-
lichen Elementen erreicht seinen Höhepunkt in
der 3. Stunde. Transfusion von fremdem oder hetero-
genem Blute in die PeritonäalhOhle von Kaninchen
führt zu Hämoglobinurie und zum Tode derThio^
V. Niessen (26) fand bei den menschlichen
Blutzellen folgende zwei Arten der Fortpflanzung :
1) DerZellenkOrper platzt wie eine reife Samenkapsel
und das frei gewordene, scheinbar strukturlose
Protoplasma bildet sich zu neuen voUwerthigea
Blutzetlen aus (Ctoneratio metamorphotica quasi
epontanea). 2) Das Zellenprotoplasma ballt sich bei
unversehrtem Zellenleib kugelförmig zusanunen au
den Tochtergebilden, die nach Auflösung der Zell^i-
hüUe beim Freiwerden sich von einander trennea
und zu neuen Zell^L fortentwickeln (Conglobulatio).
Der Unterschied zwischen den beiden Arten der
Fortpflanzung ist ein zeitlicher. Er ist ausserdem
bedingt durch die Temperatur, durch mechamsohe
und toxische Beize, sowie „durch die normalea
generativen Entwickelungsvorgänge des Proto-
plasmareifens^^
Nachdem Neumann in der Milz eines an
Septikämie Verstorbenen kernhaltige rothe Blnt-
kOrperohen gefunden hatte, suchte Timofe-
jewsky (27) die Ursache dieser Erscheimuii^
zu ergründen, indem er Hunden und Kaninchen
faulende Nageh'Bdbe Flüssigkeit in die Venen ein*
spritzte. Er £Euid sofort nach dem Eingriffe die
Anzahl der Leukocyten sehr beträchtlich herab-
gesetzt (bis auf ein Drittel und mehr). Nac^ 5
bis 6 Stunden war die alte Zahl erreicht, nmfät
12 Stunden war ausgeprägte Leukocytose vor-
handen. Ferner traten, zahlreicher beim Hunde
als beim Kaninchen, kernhaltige rothe BlutkOrpeiw
ohen auf. Ihre Zahl war zuweilen 2 — 3aul
Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 79
gttsser als diejenige der Leukocyten. Die kern-
Mügea rothen Blutkörperohen erschienen schnell,
tmter Umstanden schon nach Hinuten. Nach Ab-
kuf einer Stunde waren sie in allen Versuchen
Torhanden. Nach 2 Stunden war (beim Hunde)
das Maximum vorhanden, das 5 — 6 Stunden an-
hielt Nach 12 Stunden zeigte sich eine erhebliche
Abnahme. In Bezug auf die Grösse und den Kern
wiesen die Gebilde betrftchtliche Yerschiedenheiten
auf (ruhende Kerne: netzartige und homogene,
f erntheilungsfiguren, direkte Theilung, freie Kerne).
T. nimmt an, dass unter den Yersuchsbedin*
gongen eine Eindickung des Blutes erfolgt, indem
das Blut bestrebt ist, sich von dem Gifte auf dem
Wege des Magen -Darmkanals zu befreien. Ob
KOrperchen dabei zu Grunde gehen, iässt sich
ans den Versuchen nicht schliessen.
Nach Zenoni's (28) Versuchen an Meer-
schweinchen, Hunden und Kaninchen enthält das
Blut wenige Stunden nach einem leichten Aderlasse
kmihaltige rothe Blutkörperchen. Die Schnellig-
keit, mit der diese auftreten, Iftsst die Annahme
einer hAmopoStischen Eeaktion nicht zu. Man
mitss nach Z. in der posthämorrhagischen Periode
zwei Momente unterscheiden : l)denUebergangvon
fifissigkeit und Zellenelementen in den Blutstrom,
2) die nach einigen Tagen eintretende hämopo^tische
fieaktion, die gekennzeichnet ist durch die grosse
Anzahl von Karyokinesen und junger Elemente im
loochenmarke. Bei Thieren, denen wiederholte
Aderlfisse gemacht worden sind, gelangt aus dem
Knochenmarke eine grosse Anzahl junger kern-
haltiger rother KOrperchen mit dem Blutstrome
lunächst in die Milz, wo sie sich festsetzen und
▼ermehren. So erklärt sich die wiedererwachmde
Untbüdende Thätigkeit der Milz in Folge wieder-
holter Blutentziehungen.
Viola und Jona (29) fanden, dass die Alka-
litftt des Blutes nach dem Aderlasse schnell ab«
nimmt, aber nach einem Tage (in ver8chied>enen
HBUen schon nach eihigen Stunden) die Norm
wieder erreicht, ja sie zuweilen in der nächsten
Zeit flberschreitet (Versuche an Hunden). Die
mittlere und namentlich die minimale Resistenz
der rothen BlutkOrpwchen ist stark vermindert
Letzt^^ steigt wieder an, wenn die Alkalescenz
die Norm erreicht, während erstere verschieden
lange Z^t, nach der Rückkehr zur Norm sich
wieder hebt. Diese Erscheinung ist auf eine Neu«
bildung von rothen Blutkörperchen zu beziehen.
Wenn sich die Zusammensetzung des Plasma
faidert, so müssen die verschiedenen Gruppen rother
Körperchen (mit minimaler, mittlerer und maxi-
maler Resistenz) parallele Schwankungen in der
(sotonie zeigen. Wenn aber das Plasma unver-
bidert bleibt, wfthrend sich die Thätigkeit der
blntbüdenden oder blutzerstörenden Organe ändert,
10 mnss die Art, wie sich die Isotonie zeigt, un-
Mftngig werden. Wird die Thätigkeit der blut-
Mldenden Organe vermehrt oder vermindert, so
muss sich ausschliesslich die Widerstandsfähigkeit
der jungen Formen vermehren oder vermindern
und umgekehrt bei veränderter Thätigkeit derblut-
zerstörenden Organe. Die Hyperisotonie geht in
ihren Schwankungen parallel der Alkalität Die
Isotonie ist abhängig von der Stärke der Lymph-
ströme, die in das Blut übei^hen, und giebt die
dadurch hervorgerufenen Blutveränderungen an.
Eöppe(30) prüfte £[aninchenblut nach dem
Aderlasse. Br stellte fest, dass die Anzahl der
rothen Blutkörperchen sinkt, nach verschieden
langer Zeit ein Minimum erreicht und sich allmäh-
lich wieder zur Norm erhebt Mit der Abnahme
der rothen Körperchen sinkt der Hämoglobingehalt,
um mit ihrer Zunahme wieder anzusteigen. Indessen
erreicht er die Norm später. Mit dem niedrigsten
Stande der Blutkörperchenzahl ftUt zusammen das
Auftreten kernhaltiger rother Eörperchen, die zuerst
20 Stunden, in reichlicher Menge 48 Stunden nach
dem Aderlasse gefunden wurden. Die Abnahme
des Hämoglobingehaltee war stärker als die Ab-
nahme der Bluikörperchenanzahl, wie übereinstim-
mend mit Otto festgestellt wurde. Es fanden
sich im Trockenpräparate Schisto- und Mikrocyten
neben eosinophilen Zellen. Sobald eine Vermeh-
rang der rothen Körperohen durch Abschnürung
auftritt, geht der Hämoglobingehalt im gesunden
Blute nicht mehr parallel der Blutkörperohenzahl.
Das spedfische Gewicht des Blutes nimmt, wie
Ziegelroth (31) angiebt, nach dem Aderlasse ab.
Nach 6 Stunden ist es höher und nach weiteren
12 Stunden ist der ursprüngliche Werth wieder
erreicht. Bs wird zunächst Gewebeflüssigkeit an-
gesaugt Alsdann beginnt die Begeneration, die
anfangs über die Norm hinausschiesst, um sich
alsbald in's Gleidigewicht zu setzen.
Als eine Folgeerscheinung grosser Aderlässe
fand Botazzi (32) eine Wasserabgabe und zu-
nehmende Conoentration der rothen Blutkörperchen.
Audi der procentuale StickstofTgehalt nahm ein
wenig zu. Nach beträchtlichen Einspritzungen
O.Tproc. Kochsalzlösung wird die Hauptmasse der
einverleibten Flüssigkeit von den rothen Blutkörper-
chen aufgenommen. Ihre Conoentration nimmt ab,
der procentuale Stickstoffgehalt ebenfalls ein klein
wenig. Bei Untersuchungen über Anämie nach
Aderlass ergab sich, dass die rothen Blutkörperchen
so lange Stickstoff abgaben , als man Blutentzie-
hungen machte, und dass sie an N wieder zu-
nahmen, sobald das Yersuchsthier sich selbst über-
lassen wurde, auch theilweise ohne reichliche Er-
nährung. Die Abnahme des Stickstoffes ist der
Ausdruck des Debergangs junger Blutkörperchen
in den Kreislauf. Die allmähliche Zunahme kann
nur der Anhäufung von Blutfarbstoff zugeschrieben
wer<^en. Im Hungerzustande nimmt der Stickstoff-
gehalt der rothen Körperohen fortschreitend ab,
während ihre Conoentration zunimmt Bei Hun-
den, denen die Schilddrüse ausgeschnitten war,
ftinden sich eine unvermuthete Yerminderung des
80 Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Pliysiologie und Pathologie des Blateä.
Stiekstoffgehaltes und Abnahme der Resistenz an
den rothen Eörperchen, die zusammenfielen mit
dem Auftreten von Krämpfen. (B. hat sich bei
seinen Untersuchungen zur Trennung der rothen
Blutkörperchen vom Plasma einer eigenen Methode
bedient) Sie sind wahrscheinlich der Ausdruck
der Oiftwirkung, die auch die Krämpfe bedingt
Vielleicht werden sie auch, wie Botazzi (33)
weiterhin angiebt, mit durch die vermehrte Muskel-
anstrengung im eklamptischen Stadium hervor-
gerufen. Dieses Krampfstadium tritt auch bei
den seit einigen Tagen hungernden Thieren, aber
weniger stark auf. Die nervösen Erscheinungen
schwinden unmittelbar, aber nur vorübergehend
nach intravenöser Kochsalzanspritzung.
Duccheschi (34) fand nach der Thyrektomie
2 Perioden ausgesprochen. In der ersten (Beginn
der Krämpfe) war das Cüobulin vermindert, das
Serumalbumin vermehrt, in der zweiten war das
Qegentheil der FalL D. glaubt, dass die erste
Periode der reine Ausdruck der Ausfallserschei-
nungen sei. Auch die 2. Periode scheint ihm eine
Folge der ausfallenden Schilddrüsenth&tigkeit zu
sein. Doch tritt dabei auch eine Reihe von Er-
scheinungen auf, die ihrerseits allein schon im
Stande sind, Yerftnderungen im Blute zu erzeugen.
Sie geben dem ursprünglichen Resultate ein anderes
Ansehen.
Die folgenden Untersuchungen beschäftigen sich
mit dem Einflüsse des Höhenklimas auf das Blut
Koppe (35) stellte fest, dass die Blut-
körperchenzahl bei den in Reiboldsgrün Wohnen-
den constant erhöht war. Bei täglichen Unter-
suchungen an Leuten, die aus der Ebene nach
Reiboldsgrün kamen, ergab sich, dass die Zahl der
rothen Körperchen in den ersten Tagen grossem^
Schwankungen unterworfen war, dass aber schon
am ersten Tage der Körperchengehalt des Blutes
ein sehr hoher war. Dabei bestand zunächst eine
Abnahme (was schon Meroier fand), später eine
mit der Blutkörperchenzahl nicht gleichlaufende
Zunahme des Hämoglobingehaltes. Es wurde dem-
nach eine Neubildung von rothen Blutkörperchen
im rothen Knochenmark angenommen und auf kern-
haltige rothe Blutkörperchen gefahndet, die sich
aber nicht fanden. Denmach musste eine Blut-
bildung im Sinne von Bizzozero und Neu-
mann ausgeschlossen werden. K. fand dagegen
Mikrocyten in auffallender Anzahl, sowie Poikilo-
cyten, bez. Schistocyten in allen Stadien. Letztere
waren gerade dann vorhanden, wenn die Zählung
einen niedrigen Werth, am folgenden Tage dagegen
eine beträchtliche Zunahme ergab. Eosinophile
Zellen waren häufig in grosser Anzahl vorhanden.
Zuweilen fand K. „Piasmafärbung^S ^i^ ^i^ m<^t
selten an den Randstellen normaler Präparate auf-
tritt In einem derartigen Falle war das Blut in
der Zählpipette geklumpt und sedimentirte im
Hämatokrit langsam.
Die Vermehrung der rothen Blutkörperchen
durch Abschnürung erklärt ihre rasche Zunahme
beim Uebergang in Höhenklima, die mdit gleidi-
laufende Zunahme des Hämoglobingehaltea, sowie
das Absinken des Volumens der in 1 ocm enthalte-
nen rothen Körperchen. Die beobachtete Art der
Vermehrung erscheint zweckmässig, wenn sich die
Anpassung an ein plötzUohesodervorübergdiendes
Bedfirfniss nothwendig madit Sie ist nur ein
Nothbehelf. Später tritt dann die Neubildung im
Knochenmarke ein.
Jaruntowsky undSchröder (36) stellten
in Qörbersdorf ebenfalls Zunahme der rothen Blut-
körperchen bei Gesunden und Kranken (Phthisikem)
fest (Bezüglich der Zahlenangaben vergleiche das
Original) In 2 — 3 Wochen war der Ausglich
bewerkstelligt Die Betrachtung des Blutes lehrte,
dass namentlich in der erst^i Woche nicht nur
eine Neubildung, sondern auch ein Unteigang
rother Blutkörperchen stattfand. J. und Sehr,
erklären mit Miescher die Reaktion des Blutea
aus der geringeren Spannung des Sauerstoffs, der
unvollkommenen Sättigung des Capillarblutea in
den weniger gut ventilirten Theilen der Lunge, die
eine compensatorische Neubildung von rothen
Körperohen und Hämoglobin bedingen. Daher ist,
wie J. und Sehr, nachgewiesen haben, bei den
leicht erkrankten Phthisikern die Reaktion eine
grössere als bei Gesunden, während sie bei Schwer-
kranken nicht so bedeutend ist Hier ist der AU-
gemeinzustand nicht günstig genug. Bei der Rück-
kehr in die Ebene nehmen Blutkörpendienzahl und
Hämoglobingehalt wieder ab (Befund bei einem
Kranken und bei Versuchsthieren). In der Zeit
der Reaktion, d. h. in den ersten 3 Wochen des
Höhenaufenthaltes, sind bestimmte Störung^i, wie
Schlaflosigkeit, Herzklopfen, nervöse Unruhe, Kurz-
athmigkeit häufig vorhanden.
Siegfried (37) fasst das Ergebniss seiner in
Rippoldsau gemachten Erfahrungen wie folgt zu-
sammen: Eine Höhe von 650 m genügt, um eine
starke Vermehrung des Volumens und der ge-
sammten U^ge der rothen Blutkörperchen hervor-
zurufen. Wird dem Körper gleichzeitig Eisen
durch innerlichen Gebrauch von Eisenqudlan zu«
gefQhrt, so entsteht eine weitere Vergrösserung des
Volumen, welche die erstere um das 3 — 4fache
übertrifft. Es ist anzunehmen, dass durch den
mächtigen Anstoss, den die Blutbildung durch dea.
verminderten Sauerstoff-Partialdruck der Höhenluft
erhält, die analoge Wirkimg des Eisenverbraujdia
vorbereitet, erleichtert, beträchtlich verstärkt wird.
Hemmungen, die aus unbekannten Ursachen bei
starker Anämie die Auslösung der in der Höhenluft
reflektorisch auftretenden Blutneubildung, sowie
die Wirkung des Eisengebrauchs verhindern, können
durch Aderlass und heisse Bäder beseitigt werden.
Die durch die Eindickung der Höhenluft bedingte
Vergrösswung der Athmungscapacität stellt die
Steigerung eines heilsamen physiologischen und
durch die Therapie zu erstrebenden Vorganges dar
Brückner, Neuere Arbeiten ang dem Gebiete der Phy£dologie und Pathologie des Blate& 81
und ist daher bei der ISsenbehandlong der Chlo-
rose nnd Anämie als wichtiges Hülfsmittel zn be-
trachten und in Anwendung zu sieben.
IMe BrUärang von Egger undMiesoher,
dass die Zunahme der rothen E()rperchen an hoch
gelegenen Orten wesentlich auf einer Anpassung
an den yerminderten Partialdruck des Sauerstoffs
beruht, findet nach Reinert (38) eine Stütze in
gewissen pathologischen Veränderungen. Bei Herz-
und Lungmkrankheiten , die mit Dyspnoe und
Cyanose einhergehen, ist die Versorgung der Ge-
webe mit Sauerstoff eine maagelbafle. Diese kann
ansgeglichen werden: 1) durcdi Vermehrung der
Atbemzüge; 2) durch Vermehrung der Herz-»
oontraktionen ; 3) durch Vermehrung der rothen
Blutk5rperchen, nicht in so hohem Qrade durch
Vennehrnng des Hämoglobingebaltee. Bei lieber-
gang in Höhenklima kommen zunächst die ersten
beiden Faktoren in Betracht Wenn sich die An-
passung des Blutes vollzogen hat, werden Puls und
Atfamung normal. (Die Zunahme der rothen Blut-
körperchen, namentlich im kleinen Kreisläufe, ist
Tielleioht die Ursache der günstigen Wirkung des
Höhenklima.) Bei den Herzfehlerkranken mit un-
behobener Compensation ist die Anzahl der reihen
£örpOTchen Termehrt, derHämoglobing^ialt herab-
gesetzt, wie R an 8 eigenen Beobachtungen nach-
weist Die vorhandene Hämoglobinmenge wird
auf eine möglichst grosse Oberfläche vertheilt Eis
ist das ein Ausgletcbsversuch für die durch die
Cirkolationstörung verlangsamte innere Athmung.
Die meohanisohe Auffassung Gohnheim's ver-
mag nicht die Verminderung des Hämoglobins zu
erklären. Vielleicht sind beide Momente, das bio-
logische unddasmechanische> im Spiele, wie Raus
der Untersuchung eines Kranken mit Verschluss
der Vena cava sup. zu folgern geneigt ist Es
erscheint demnach wichtig, Herzfehleriminkai^
aoch wenn sie nicht durch anämisches Aussehen
auffaUen, Eisen zu verabreichen. Es erklärt sich
nun auch, dass Herzfehleri[ranke massige Höhen
(500 — 1000 m) gut vertragen. Es ist zu unter-
suchen, ob die Vermehrung der rothen Blutkörper-
chen bei Bückkehr in das Tiefland anhält Zu
grosse H(äien dürfen von vornherein nicht ge-
nommen werden, da sonst die nothwendige Ver-
m^irung der rodien Blutkörperchen ihre obere
Grenze erreicht Es ist für Herzkranke ein ge-
wiflsee Höhenoptimum anszuprobiien. Adteie
Leate und stark Anämische werden nicht sehr
grosse Höhen vertragen, was auch die Er&hrung
beetfttigt
Grawitz (39) hält es nicht für möglich, dass
die mehrftdi erwähnten Blutveränderungen beim
üebergang in höher gelegene Orte eine Folge des
venninderten 0-Partialdruckes sind. Denn gegen
diese Anfßassung sprechen die Versuche von
A. Frftnkel und J.Oeppert an Hunden (Herab-
setsnng des Blutdruckes bis 410mm Hg, was
eifi^ H5he von 4900 m entspricht, ohne dass eine
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft 1.
mangelhafte Sättigung des Blutes mit 0 eintrat).
Nach der Berechnung Gr. 's müssten bei einem
üebergang in massige Höhen (Beiboldsgrün) in
24 — 36 Standen 5 Billionen rother Blutkörperchen
gebüdet werden. Dann müsste aber auch, was
eben im Anfang nicht der Fall ist, der Hämoglobin-
gehalt gesteigert sein. Wenn auch das Plasma
an der Neubildung Thal nähme, so müssten, da
etwa 1 liter Bhit neu gebildet würde, doch ple-
thorische Zustände eintreten. Femer könnte eine
so oobssale Neubildung von Zellen kaum ohne
jede Reaktion vor sich gehen. (Die Bergkrankheit
beruht zum grössten Theile auf den körperlichen
Anstrengungen, den Folgen der Insolation u. s. w.)
Im Blute sind beim üebergang in höhere Orte als
Beweis für eine Blutneubildung nur Uikrooyten,
nicht kernhaltige rothe Blutkörperchen gefunden
worden. Wdterhin spricht gegra die bisher auf-
gestellte Theorie ganz und gar die an Haschen
und Thieroi gemachte Beobachtung, dass bei der
Bückkdur in die Ebene die Anzahl der rothen Blut-
körperchen s(^eU abnimmt, mit einer Geschwin-
digkeit, die nach den sonstigen Er£EÜirungen zu
Ikterus oder Hämoglobinurie führen müsste. Das
ist aber bis jetzt noch in keinem Falle bekannt ge-
worden. Qr. sucht die Ursache der Blutverände-
rung in der vermehrten Wasserabgabe in den
höheren Regionen. Er hat Kaninchen bei einem
Luftdruck von 430 — 470 mm Hg athmen lassen.
Blutuntersuchungen ergaben, dass meist nach
24 Stunden, immer nach 48 Stunden eine Ver-
mehrung der Trockenrückstände, die zwischen 1 bis
3^1^ schwankte, eintrat Nach Ablauf der Ver-
suche (5 Tage) war binnen 24 Stunden wieder die
Norm erreidit Die Eindickung des Blutes bezog
sidi auch auf das Serum. Gr. vermuthet, dass
die Verkleinerung der rothen Blutkörperchen (die
Mikrocyten der Autoren) auf Wasserverlust zurück-
zuführen ist Diese Vermuthung wird unterstützt
durdi die Beobachtung von Manassöin und
Murestang über die Eindickung des Blutes bei
Erhöhung der Aussenwärme des Körpers.
Fick (40) dagegen wirft die Frage auf, ob
die gefundene Vermehrung der rothen Blutkörper-
chen nicht vielldcht auf einer vermehrten Lebens-
dauer beruht. Er meint, die Blutkörperchen wür-
den sich vielleicht bei der langsameren 0-Auf-
nähme nicht so schnell abnützen. Man müsste
dann weiter annehmen, dass die rothen Körperchen
in dem späteren Lebensabschnitte etwas von ihrem
Hämoglobin einbüssten. Diese Einbusse müsste
gerade in der ersten Zeit am grössten sein. Wenn
diese Hypothese richtig wäre, müsste die tägliche
GaUenfarbstofifmenge auf der Höhe dieselbe sein,
wie im Tieflande.
Den Einfluss des tropischen Klima auf das Blut
untersuchten Glogner (41) und Grijns (42)«
Ersterer bestimmte bei 95 Europäern und 60 Ein-
geborenen in Sumatra den Hämc^lobingehalt, bei
einem Theil der Beobachteten auch die Blut*
11
82 Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
körperchenzahl und das specifische Gewicht des
Blutes. Er fand bei einem gewissen Prooentsatz
der im Alter zwischen 18 und 48 Jahren stehenden
eingewanderten Europaer die Zahl der rothen
EOrperohen und den Hämoglobingehalt im Yer-
gleich zu gesunden in Europa Lebenden leicht
vermindert Dieselben Werthe lagen bei den Ein-
geborenen niedriger, als bei den in den Tropen leben-
den Europäern. Nach Gr. 's Auffiusung werden
die Lungenvagusäste in den Bronchen in unserem
Klima mehr gereizt, da die Summe der thermischen
Beize eine grossere ist, als in den Tropen. Da-
durch wird aber eine häufigere Erweiterung der
Hautgefässe in den Wangen erzielt In den Tropen,
wo diese Beize mehr oder weniger wegfallen, er-
scheint daher die Gesichtsfarbe blasser und täuscht
die Tropenanämie vor.
Grijns bestimmte das spedfisohe Gewicht
von Personen, die eben in Java eingetroffen waren,
und von solchen, die längere oder kürzere Zeit im
tropischen EKima gelebt hatten. Er bediente sich
der Methode von Hammerschlag, beobachtete
dabei gewisse Yorsichtsmaassregeln (Correkturen
der Temperaturdifferenz u. A.). Die gefundenen
Zahlen stimmten mit den von Hammerschlag
und Grawitz gefundenen überein und betrugen
im Mittel 1059Vf (bez. 1029Vf für Plasma) bei
neu Eingetroffenen, 1060.7 (lOSOVi) bei solchen,
die schon längere Zeit in den Tropen lebten und
IO59S/4 (1030) bei Leuten, die Vt— ^ Monate
dem heissen Klima ausgesetzt waren. Die von
Eijkmann gefundenen Werthe sind niedriger,
jedenfalls wegen der abweichenden Untersuchungs«
methode (Pyknometer). Auch Glogner, der
nach derselben Methode wie Gr. arbeitete, erhielt
niedrigere Werthe, wahrsdieinlich weil er die von
Gr. beobachteten Yorsichtsmaassregeln ausser Acht
liess.
Hamburger (43) studirte die Formverände-
nmgen, die die rothen Blutkörperchen in Salz«
lösungen, Lymphe und verdünntem Blutserum ein-
gehen. Er schliesst aus seinen Versuchen, „dass,
in welche LOsung man die Blutkörperchen auch
bringt, es mOgen sein isotonische, hyperisotonische
oder hypisotonische Salz- oder Zuckerlösungen, es
möge sein mit Wasser verdünntes Serum oder nor-
male oder pathologische Lymphe, stets die rothen
Blutzellen die biconcave Gestalt verlieren und dabei
eine Yerkleinerung des geraden Durchmessers er-
fahren. Bleibend sind diese Veränderungen nicht;
denn wenn man die Blutkörperchen aus den Salz-
lösungen wieder in ihr eigenes Serum zurückbringt,
so bekommen sie auch wieder ihre biconcave Ge-
stalt und legen sich sogar wieder in Geldrollen zu-
sammen^^ Man darf nicht, wie es Biernacki
thut, aus der Verkleinerung des Durchmessers
ohne Weiteres auf eine Verringerung des Volumen
Bchliessen.
Botazzi (44) fand, dass die rothen Blut-
körperchen in der Asphyxie N-haltige Substanz
verlieren. Hämoglobin geht dabei nicht in das
Plasma über. Entweder spaltet sich, was wah^
scheinlich ist, vom EQbnoglobin eine Menge des
achromatischen Theiles ab oder die BlutscheibeQ
verlieren Ei weiss von ihrem Stroma. Der Trocken-
rückstand der asphyktisoben rothen Blutsoheibeii
ist stets beträchtlich kleiner als der normala Das
Volumen der in 100 com enthaltenen rothen Eor«
perdien ist im asphyktisohen Zustande fast immer
grösser als das normale. Die V^ ringerung des
Trockenrückstandes anscheint grösser, als die Ver-
ringerung des Eiweisagehaltes, da in der Asphyxie
eine deutliche Wasseraufnahme von Seiten der
rothen Blutkörperchen stattfindet Die Differenx
ist der hämatokritisohen Methode zur Last zu legen.
An den rothen Blutkörperchen von Säiige-
thieren und Menschen konnte Cavazzani (45),
wenn er das Blut in physiologischer Kochsala-
lÖBung mit einem Zusatz von 1^/^ Fernx^an-
kalium auffing, cilienartige Fortsätze beobachten.
Mit Hülfe dieser Fortsätze können die Blutkörper^
chen in eine rollende Bewegung versetzt werden.
Je nachdem diese Fortsätze weiter oder weniger
weit ausgestreckt werden, ändert sich die Schnellig-
keit der Bewegung. Cocain lässt die Fortsätze
verschwinden. Wäscht man es aus, so erscheinen
sie wieder. Es handelt sich also um einen aktiven
Vorgang. Bei Vögeln und Fröschen fehlt die Con*
traktilität der rothen Körperchen, die C. beim
lebenden Säugethier innerhalb der Capülare be-
obachten konnte. In frischen (nach Altmann
gehärteten) Präparaten von Milz und Knochenmark
fand G. Blutkörperchen mit Cilien und er vermuthet,
dass die neu gebildeten Elemente sich mit Hülfe
der Fortsätze aus den blutbildenden Organen frei
machen, während die alten, die ihre Oilien oder
besser die Fähigkeit der Gontraktilität verlorea
haben, daselbst festgehalten und zerstört werden.
Diese Hypothese wird gestützt durch die Befundei
die er im Verein mit Goen Porto am Blute von
Kranken erhob. Bei Krankheiten, die mit Mils-
Schwellung einhergingen (akute Infektionen), liees
sich eine Vermindemg der Gontraktilität feststeilen.
Die Fragmentation der rothen Blutsdieibeo,
die nach Marigliano der Ausdruck der Nekre-
biose ist, kommt unter den verschiedensten Ein-
flüssen zu Stande, unter Anderem auch, ^wie
Gumprecht (46) durch Thierversuofae und Be-
obachtungen an 23 Kranken feststellte, dordtt Be-
rührung mit eaneenMrien Hamstoiflösungen. Die ;
im ersten Stadium dieses Vorganges auftretende
amöboide Beweglichkeit ist nicht der Auadmck
eines vitalen Prooesses. Wie G. feststellte , tritt
die Fragmentation der rothen Körperchen erst ein
bei einem Harnstoffgehalt von Sf^j^ und darüber.
Tritt Blut in der Niere aus, so wird es bei der
Berührung mit den durch einen hohen Hamatoff-
gehalt ausgezeichneten Nierenepithelien in der an».
gegebenen Weise verändert Es können demnadi |
renale Hämaturien von Blasenblutungen durch da» |
Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der PhyBiologie und Pathologie des Blutes. 83
Auftreten der Blutk^rperohen-FragmentatiiMi kli-
fliflch ontersdiieden werden.
Die Hämoglobinurie, die nach körperlichen
Anstrengungen auftritt, kann die Folge sein einer
Terminderten Widerstandsfähigkeit der rothen Blut-
scheiben oder einer Veränderung des Plasma, das
seine Kraft, dieEörpercdien zu erhalten, etngebüsst
bat Manca (47) suchte die Frage experimentell
SU lOeen. Er konnte bei seinen Yersuohsthieren
keine Yerminderung der Widerstandsfähigkeit fest«
Stollen. Es gelang allerdings auch nicht, bei den
Thieren (Hunde) durch körperliche Arbeit Hämo-
globinurie zu erzeugen. Dahingegen konnte DL
durch anderweite Versuche feststellen (48), dass
Cocain die Widerstandsfähigkeit der rothen Blut-
körperchen vermindert
Heller, Mayer und v. SchrOtter (49)
haben bei 100 gesunden Männern den Hämoglobin«
gehalt und das specifische Oevricht des Blutes be-
stimmt Die hauptsächlichsten Ergebnisse folgen
aus beifolgender Uebersicht:
HibnoglobiDgehalt
Spec. Oewiont:
Hämoglobinsehalt
fSpec. Gewidat:
1 Hämoglobingehalt
Spec. Gewicht:
I GUmoglobingehalt
}8pec. Oewiont:
iHSmofi^obingehalt
Speo. Gewicht :
{Himoglobingehalt
Speo. Gewicht:
50 60
1062 1053—1065
65 70
1045-1060 1050—1064
75 80
1047—1071 1047—1060
85 90
1052—1063 1053—1073
95 100
1059—1060 1060—1062
105 110
1062 1075
Busch und Korr (50), die unter der Leitung
ton Williams arbeiteten, fanden, dass der ^/q-
Gehalt an Hämoglobin im Blute in den meisten
mien erschlossen werden kann aus dem speci-
Bachen Gewichte, und zwar mit einer für klinische
Zwecke hinreichenden Ctenauigkeit FteisMs
Bftmometer ist einer Fehlergrenze von 10% ftus-
gesetzt Das Instrummit von Oowers giebt noch
pOesere Fehler. Die Yersuchsfehler sind bei der
Bestimmung des spedfischen Gewichtes nach der
feChode vonHammerschlag sehrklein. Wenn
Dan eine fortlaufende Beobachtung mit dem FleischT'
oben oder Oou^er^'schen Instrument durchfährt,
0 werden sehr trügerische Schlüsse gezogen. Binen
!^ flauen die Bestimmungen um 5% zu niedrig,
inen anderen um 10*/o zu hoch aus. Führt man
ie Beobachtungen mit Hülfe der Bestimmung des
pedfischen Gewichtes durch, so sind die Irrthümer
Bringer. Selbst wenn man danach den absoluten
femoglobingehalt in % nicht bestimmen könnte,
> könnte doch danach ein reUtiver Zuwachs und
ne relative Abnahme genau geschätzt werden.
% die Hammerschlag'sche Tabelle auf Be-
ünmungen mit dem i^^ucATschenHämometer be-
llt, ist aie nur annähernd genau.
Die osmotiache Spannkraft des Blutes erhält
dl, wie auB Yersuchen von Hamburger (51)
rvorg^t, während der ganzen Verblutung un«
lindert Dieser Befund steht in direktem Wider*
Spruche mit den Angaben Heidenhain^s. H.
wandte die Methode der GtoMerpunktbeetimmung an.
Mittels einer eigenen Difüusionmethode ver-
mochten Löwy undZuntz (62) nachzuweisen,
dass sich in den Blutkörperchen in grösserer, im
Serum in kleinerer Menge nicht diffusible, schwach
saure Körper finden, die sehr viel Alkali in Form
einer durch 00« zersetzbaren Verbindung enthalten.
Ein solcher Eöiper ist u. A. das Hämoglobin. Das
war bisher nur für die rothen Blutkörperchen, nicht
aber für das Serum erwiesen.
Für die Kohlensäure hatte Hamburger (53)
bereits nachgewieeen, dass sie die Permeabilität der
rothen Blutkörperchen verändert Er suchte nun
zu erforschen, ob diese Wirkung eine Eigenthüm-
lichkeit der Kohlensäure ist, oder ob sie allen Säuren
zukommt Aus den Untersuchungen ergiebt sich :
1) Durch die Einwirkung von Säuren und Alkalien
auf deftbrinirtes Blut findet eine Auswechselung
statt zwischen den Bestandtheilen von Blutkörper-
chen und Serum. 2) Trotz der bedeutenden Aus-
wechselung bleibt das Wasser anziehende Ver-
mögen des Serum und folglich auch der Blutkörper«
chen unverändert, was zu dem Schlüsse berechtigt,
dass die Wirkung von Alkali und Säure auf defi-
brinirtes Blut auf einer Aenderung in der Permea-
bilität der rothen Blutkörperchen beruht 3) Die
mit Säure oder Alkali behandelten Blutkörperchen
folgen bezüglich des Austrittes von Farbstoff durch
Salzlösungen den Gesetzen der isotonischen Coefü-
denten. Die Permeabilität hat also auf die letzteren
keinen Einfluss gehabt 4) Säure und Alkali ändern
die. Permeabilität in entgegengesetztem Sinna Der
Einfluss, den die Kohlensäure auf diePermeabilität
der Blutkörperchen ausübt, ist nicht specifisch für
diese Säure, sondern wird auch bei der Einwirkung
anderer Säuren wieder gefunden. 6) Der Einfluss,
den Alkali auf das Blut ausübt, wird vollkommen
aufgehoben durch Hinzufügung einer äquivalenten
Menge Säure und umgekehrt 7) Die Empfindlich-
keit der Blutkörperchen für Alkali und Säure ist
sehr gross. Die Aenderung der Permeabilität ist noch
zu beobachten bei einer Verdünnung von 1 KOH
auf 12400 Blut und von IHCl auf 40000 Blut,
d. h. bei 0.007 75% KOH u. 0.0025 HCl 8) Alkali
schützt die Blutkörperchen gegen die Einwirkung
von gallensauren Salzen, von GaUe und Chlor-
ammonium insoweit diese Stoffe das Vermögen be-
sitzen, Farbstoff aus den Blutkörperchen austreten
zu lassen.
In Verbindung mit Löwy prüfte Zuntz (64)
an laekfarbigem Blute die von ihm gefondeneThat-
sache nach, dass die Alkalescenz in den ersten
Minuten nach dem Verlassen der Ader abnimmt,
und fand sie bestätigt Auch im peptonisirten un-
gerinnbaren Blute fand sich diese Abnahme, schien
hier aber geringer zu sein als im gerinnungsfähigen
Bluta Es wird zu erweisen sein, bis zu welchem
Grade die nach dem Verlassen der Ader eintretende
Säurebildung an die (j^erinnung gebunden ist
84 Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Qebieto der Physiologie und Pathologie dee Blutes.
Aus den ausgedehnten Untersuchungen Leh-*
mann 's (55) über die Alkalescenz deist Blutes und
die Einwirkung der Kohlensäure auf sie ergiebt
sich Folgendes: 1) Der üebergang von Alkali aus
den rothen Blutkörperchen in das Serum durch
Einwirkung von CO^ hat sich bestätigt 2) Diese
Alkalescenzversdiiebung kommt zum Theildaduidi
2u Stande, dass Alkali ans den Kdrperchen austritt
und Cl aus dem Serum in die Kteperchen eintritt
Doch wirken auch noch organische Yerbindungeii
dabei mit 3) Durch CO|-Athmung wird das arte*
rielle Blut an alkalisdien Affinitäten ftrtner. 4) Diese
Verarmung erklärt sich aus dem Uebertritt von
Alkali in das Plasma, in die Gtowebe und endlich
in die Sekrete. 5) Die Alkalesoenzbestimmnng des
Blutes durch Titration und durch die Fähigkeit
GOf zu binden ergiebt verschiedene Werthe. 6) Beim
Titriren werden durch die Säure aus den Eiweiss^
Stoffen des Blutes, namentlich aas den EOrperchen
alkalische Affinitäten frei gemacht, die der schwa«
oben COf, besonders bei niederer Spannung nicht,
bez. nicht sofort zur Verfügung stehen. Die Titra-
tion ergiebt demnach, besonders in den Körperchen
höhere Alkalescenz. 7) Soweit die Alkalescenz auf
Anwesenheit fixer Alkalien beruht, wie im Serum,
wird sie in Folge von Bicarbonatbildung bei Bestim-
mung der chemischen Bindung der Kohlensäure
etwas zu hoch gefunden. Es giebtdemnacdi die Titra-
tion im Serum allein niedrigere Werthe. 8) Steht
Blut lange Zeit unter der Einwirkung reiner Kohlen-
säure, so scheint auch diese aus den Ei weisskörpem
alkalische Affinitäten frei machen zu köimen, so
dass in diesem Blute eine grössere Bindungsfflhig-
keit fürCO| gefunden werden kann als in Blut das
vorher mit SauerstofTgesättigt worden war. 9) Diese
frei gemachten Alkalitäten sind jedenfalls sehr
labiler Natur. Sie können nur nachgewiesen wer-
den, wenn unter voller Spannung derCOt die Blut-
körperchen vom Serum geschieden werden und in
jeder Portion für sich die Bindungsffthigkeit für
GOf bestimmt wird. Bleiben Körperohen und Serum
UDgetrennt, so tritt zwischen beiden bei starker Er-
niedrigung der Kohlensäurespannung bAi schnell
eine Wechselwirkung ein, weiche zu einer Ver-
minderung von alkalischen Affiiiitäten führt, die
die Summe der letzteren sogar noch unter die Zahl
erniedrigt, welche in vorher mit 0 gesättigtem Blute
durch seine Fähigkeit COt zu binden gefunden wird.
10) Die durch CO^ vom Atmosphärendruck hervor-
gerufenen Umsetzungen und Veränderungen im Ge-
sammtblute, das nicht in Körperchen und Serum
geschieden wird, betreffen so schwache chemische
Affinitäten, dass dadurch das Verhalten des Blutes
gegen stärkere Säuren beim Titriren nicht ver-
ändert wird.
Nach gemeinsamen Untersuchungen an Hunden,
denen eine Eck'sohe Fistel angelegt worden war,
hatten Hahn, Massen, Nencki und Pavlow
behauptet, dass nach der Operation bei Unterbin-
dung der Leb«rarterie die Absonderung des Harn-
stoffes sich verndadere. Hingegen war W den
Thieren der Ammoniakgehalt des Urins vermehrt
Sie vermochten auf Kosten von Gatbaminsänre k^en
Hamstoflf zu bilden und zeigten nach reiohlioher
Fleischnahrung oder N-haltiger Kost VergiflnDga-
erscheiBungen. Die im Urin abgeschiedene Harn-
säure war vermehrt Pick, Lieblein, MAazer
hatten nun gegen diese Befunde verschkdeae Bio-
wände erhoben, denen Nenoki, Pavlow und
Zales]Ei (56) ia einer gemeinsamen Arbeit be-
gegnen. Sie zeigen, dass der Gehalt des arterieUen
Hundeblutee an Ammoniak bei Fleischkost ziemlich
oonstant ist Di^gegeo bestehen grössere Schwan-
kungen im Pfortederblute. Ammoniak, bes. Garb-
aminsäure wird in der Leber festgehalten und in
Harnstoff umgesetzt Das Blut der Venae pancrea-
tioo-duodenalis, mesenterica, gastrica ist noch viel
reicher an NH4, wird nur durch Mischung mit dem
Hilzvenenblute verdünnt Versuche an jungen
Hunden lehrten den grossen Einfluss der Nahrang.
Hungernde Hunde hatten wenig Ammoniak im
arteriellen und im Pf ortaderblute, vid dagegen in
der Vena cava inferior. Hunde, die mit Milch und
Brod gefuttert wurden, hatten wenig AmmonnÜL in
den Organen, viel im arteriellen Blute. Aus Ver-
suchen an Hunden mit Eck'scher Fistel geht her-
vor, dass die nach gevrisser Zeit auftretenden Yer-
giftungserscheinungen die Folge der üeberladung
des Blutes und der Organe mit Carbaminsäure sind.
Unter physiologischen Bedingungen bewahrt die
Leber die Camivoren unaufhörlich vor der Ver-
giftung mit Carbaminsäure, bez. mit Ammoniak und
seinen Abkömmlingen. Das Oleiche gilt für die
im Verdauungskanale resorbirten vegetabilischen
Alkaloide und Bakteriengifte. Es lässt sich nicht
leugnen, dass beim Säugethiere die Bildung von
Harnstoff ausserhalb der Leber möglich ist Der
grössteTheil des in der Nahrung enthaltenen Stick-
stoffes wird aber in den Organen ozydirt zu Carb-
aminsäure, die in der Hauptsache in der Leber zu
Harnstoff umgesetzt wird.
Nach Bock und Hoff mann schwindet nach
vollständiger Ausschaltung der Leber der Zucker
aus dem Blute, während er bei unvollständiger Aus-
schaltung kaum verringert ist TanglondHar-
ley (57) fanden nach Unterbindung der 3 Darm-
arterien eine bedeutende Abnahme des Blutzuckers.
Es wird durch den Eingriff die Cirkulation in der
Leber ^cht ganz ausgeschaltet, aber herabgesetzt
Die gefundene Thatsache ist eine weitere Stdtae
für die Annahme einer Zuckerbildung in der Leber.
Den Oegensatz zwischen ihren und den von Bock
und Hoffmann whaltenen Resultaten erklaren
T. und H. aus der längeren Lebensdauer ihrer Ver-
Buchsthiere, bei denen der Qehalt an Blutsmoker
schon vor der Operation ein geringer war, viellä<dit
in Folge der starken Abkühlung oder einer Ver-
letzung der Nervi splanchnici bei der Operation.
Die Löpine'sohe Diabetestheorie wurde von
Spitzer (58) einer Nachprüfungunterworfen. ft
Brückner, Neuere Arbeitea aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 85
hnd, dass Thier- und Hensohenblut in geringer
Menge die Eigensohaft besitzt, schon ausserhalb
der Blutgeftsse Traubenzucker zu zerstören. Das
Blut diabetisch gemachter Thiere (PUoridzin) und
menschlicher Diabetiker virkt, entgegen der Be»
hauptungL 6pi ne's, nloU stirker. Ebensowenig
konnte 8 p. eine Verstärkung des diastatisohenFer«
mentee bei Diabeükem naohwdsen. Die zucker-
lerstörende Kraft ist aber nach den Untersuchungen
8 p. 's nicht nur eine Btgansdiaft des Blutes, sondern
eine aUgiemeine Eigenschaft des Protoplasma, die
nicht an das Leben der Zellen gebunden ist Zur
ZerstArung ron Traubenzucker ist die Anwesen-
keit Ton Sauerstoff unumgänglich nothwendig. Es
scheint sich bei derOIykolyse um einen Oxydation*
Torgang zu handeln, der auf dem Wege der Sauer-
stoffQbertragung au Stande kommt, um abwechselnde
Oxydation- undBeduktionTorginge, nicht aber, wie
Lupine annimmt, um eioeFermentwirknng, d. h.
um eine Zerlegung unter Wasseraufnahme ohne
gleiohzeitige Oxydation« Oewebe und Blut flben
auch anderweit Oxydationen aus. (Oxydation von
Salieylaldehyd nach Salkowsky, Jaquetund
Schmiedeberg.)
AbelöUB und Biarn^s (69) hingegen blei-
ben bei der Annahme, dass die oxydirende Eialt
des Blutes und der Gewebe auf der Gegenwart eines
Femitfites beruht Es soll nach den Studien A.'s
und B.'s namentlich im Blute junger Thiere vor-
kommen und ungleichmassig im EOrper rertheiit
seia. Am stärksten soll es in der Leber, Lunge
und Milz rertreten sein.
Nach der AngabeChabri6's soll im mensch-
lichen Blutserum ein Biweisskörper vorkommen, der
weder ein Albumin, noch ein Globulin ist und den
er Albumon nannte. Brunn er (60) prüfte in
Drechsel's Laboratorium dieseAngabe nach und
kam dabei zu folgenden Söhlfissen: „l)D6rEiwei88-
kOrper, den 0 h a b r 1 6 aus menschlichem Blutserum
dai^eetellt und unter dem Kamen Albumon be-
schrieben hat, kann auch aus Rinderserum dar-
geetellt werden ; 2) das Albumon aus Rinderserum
ist nicht als solches im Serum vorgebildet oder ent-
halten, sondern 3) dasselbe entsteht bei derCoagu-
lation des Serum durch Hitze aus den beiden, schon
längst bekannten Biweissk(^rpem des Serum, dem
Albumin und dem Paraglobulin als Spaltungs-
piodakt'^ Das aus Rinderserum dargestelite Albu-
moti stimmt vollkommen flberein mit dem von
Mensohenserum stammenden. Diesesentsteht jeden-
falls auch bei der Coagulation nach der Methode
von Chabri^ aus Albumin und Paraglobulin als
Spaltungsprodukt
Die quantitativen Beziehungen der Componenten
des Serum (Globulin und Serumalbumin) spiegeln
Baoh Frassineto (61) die Stellung des Organis-
mus in Bezug auf dieEntwickelungsreihe deslndi<»
vidmim und der Art wieder. Der Eiweissgehalt
nimmt sti, je hdher wir in der zoologischen Skala
Der Stickstoffgehalt der rothen Blutkörperchen,
den Botazzi (62) nach eigener Methode bei ver-
schiedenen Thieren bestimmte, wechselt ebenfalls
mit ilirer zoologischen Stellung. Er ist im An-
ÜEmge bei Sftugethieren höher, als bei anderen
Wirbelthieren , bei den Winterschlaf haltenden
Eroten geringer, als bei den aufgewachten (in
Folge des Fastens). Beim trftohtigen Kaninchen
und der schwangeren Frau liegt der N-Gehalt
unter dem Durchschnitt, während er normaler
Weise bei den Weibern grösser ist, als bei den
Hftnnem. Neugeborene (Hunde) haben in ihren
Blutscheiben einen geringen N-Gehalt, wahrsdiein-
lieh in Folge der geringen vorhandenen H&mo-
globinmenge. Das Rind hat einen viel grösseren
N-(3ehalt, als alle anderen Thiere, jedenfalls in
Folge der geringen Grösse der rothen Blutkörper-
chen. In Bezug auf das Hämoglobin ergab sich,
dass die überwinternden Kröten mehr besasseUi
als die aufgewachten, die Fleischfresser mehr als
die Pflanzenfresser unter den Säugethieren. Im
An&nge nimmt der Hämoglobingehalt mit der
höheren zoologischen Stellung aUmähüch zu. Nur
zwischen Vögeln uhd Säugethieren ist ein schroffer
Uebergaag voriianden. Die Unterschiede im Hämo-
globingehalte sind bei den Thieren mit kernlosen
Körperohen unter sich und denen mit kernhaltigen
Körp^^hen unter sich geringer, als zwischen bei-
den Gattungen.
WiePagano(63) fand, ist das unveränderte
Blutserum des Hundes, des Triton, der Kröte fOr
die Spermatozoon desselben Thieres und derselben
Art giftig. Diese Eigenschaft kommt der Lymphe
des Ductus thoraoicus zu und wird durch Vt^tün-
diges Eihitzen auf 50 — 56^ und durch Verwesung
zerstört Es können also nicht alle Stoffe, die im
Blutplasma enthalten sind, in die Gewebeflüssig«
keit übergehen.
Pugliese (64) üuid, dass das in den Speichel-
drüsen der Kröten enthaltene Gift Methämoglobin-
bildung im Blute hervorruft Im ctrkulirenden
Blute war kein Methämoglobin vorhanden. Das
Qift scheint nur auf das aufgelöste, nicht auf das
in den rothen Körperchen enthaltene Hämoglobin
zu wirken. Weiterhin konnte P. (65) im Blute
von sdilecht genährten Laboratorium -Fröschen,
daa eine chokdadenbraune Farbe besass, Methämo-
globin nachweisen.
Interessante Untersuchungen stellten Fi lehne
und Eionka (66) an Thieren über die Blutgase
Normaler und Morphinisirter in Buhe imdMuskel-
thätigkeit an. Es ist erwiesen, dass bei Muskel-
arbeit mehr 0 aufgenommen und mehr 00^ ver-
braucht, das Aortenblut besser arterialisirt wird.
Nach der bisherigen Auffassung sollte diese Er-
scheinung beruhen auf einer Erregung des Athem-
centmm durch „Schlacken^S ^^ üi arbeitenden
Muskel entstehen. F. u. K. zeigen nun, dass, wenn
man bei solchen Versuchen die Muskelnerven
durchtiennt, die Athemgrösse zwar zu-, aber im
86 Brflckner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und FaÜiologie des Blutes.
Aortenblut der Sauerstoff abnimmt Es sorgen
demnach die Nerven reflektorisch filr Sauerstoff
während der Arbeit, ehe das Himblut an 0 ein-
gebüsst hat Eine Erregung des Athemcentrum
durch Schlacken ist nicht wahrscheinlich. In
Bezug auf die weiteren interessanten und geist-
reichen Ausführungen von F. u. E. über die Be-
deutung des Lungenyagus und der oentripetalen
Muskelnerven für den Arterialisationsgrad des
Aortenblutes muss auf das Original verwiesen
werden. Bei morphinisirten Thieren mit nervOs
isolirten Muskeln stieg der 0-Gehalt des Blutes,
dessen Ruhewerth vermindert war, nach Einleitung
des Tetanus an, während die C0|, deren Ruhe-
werth erhöht war, sich wenig änderta Die 0-Zu-
nahme ist eine passive. Je grOsser der absolute
Werth der 00«, um so gr()s8er ist der 0-Zuwaohs.
In Bezug auf die periodische Athmung nach Mor-
phium sagen F. u. E., dass die Blutgase nicht ihre
unmittelbare Ursache sein können. Es muss sich
da ein Vorgang einschieben, der am Schlüsse der
Athempause durch 0-Mangel oderbesiehentlichCOt-
Anhäufung ausgelöst wird. Vielleicht handelt es
sich um eine Erregung der vasomotorischen Gen-
tren. Eine Ermüdung des Athemcentrum kann
nicht die Ursache der periodischen Athmung sein.
Könnte man sich zu obiger Auffassung mcSbi be-
kennen, so müBsten die Begriffe „Schlaf des Athem-
centrum^^ durch Morphium, Erwecken durch die
Höhe des Athemreizes physiologisch fest abge-
grenzt und. durch Versuche brauchbar entwickelt
werden.
Mit dem Studium der weissen Blutkörperchen
beschäftigt sich eine ArbeitvonMarqu^vitch(67).
M. prüfte die Veränderungen, die im Blute ein-
treten, wenn man einen Theil des Kreislaufes von
den blutbildenden Organen abtrennt Er untere
band zu diesem Zwecke bei seinen Versuchsthieren
beide Garotiden, die Artt subolaviae, den Aorten-
bogen und verband die rechte Art und die V. sub-
clavia vermittelst eines V-fÖrmigen Olasrohrea.
Das Studium des im kleinen Kreislauf befindlichen,
von den hämopoötiachen Organen jetzt vollständig
abgesperrten Blutes ergab folgende Befunde : Die
weissen Körpercdien, die in die Blutgefässe als
Lymphocyten eintreten, bilden sich dort fort-
schreitend um in eine mehrkemige Form und
enden in dieser Form ihren Entwickelungsgang,
indem sie sich im Blute auflösen. Der durch die
Athmung aufgenommene Sauerstoff beschleunigt
die Umbildung der reifen Leukocsrten in die poly-
nudeäre Form. Ebenso wirkt Tuberkulin, wenn
es in das Blut eingebracht wird. Erhöhung der
Temperatur des Thieres um \^ hat keinen Ein-
fluss auf die Reifung und Auflösung der Leuko-
cyten. Das Ghloroform unterdrückt die Reifung
und vermindert, wie es scheint, die Auflösung der
polynudeären Elemente. Es hat eine positive
chemotaktische Wirkung.
V. Marschalko u. Jadassohn behaupten.
dass in den blutbildenden Organen FlasmazeUeii
vorkommen, was Unna in Abrede stellt Ha-
dara (68) untersuchte 14 blutbildende Organe
(Milz, Knochenmark, Lormphdrüsen) und konnte
darin lOmal keine Plasmazellen nachweisen. 2nud
waren sie vorhanden in pathologisch veränderten
Organen. 2mal fEmden sich Gebilde, die den
Pksmazellen in der Gestalt glichen, aber ein sehr
blasses Protoplasma besassen. In sämmtüchea
Organen stellte H. die Anwesenheit von Zelkn
mit stark geftrbtem Kern und Protoplasma fest,
die er Polyeidocyten nennt Sie können zu Ver-
wechselungen mit echten Plasmazellen Ankn
geben. H. hält nach alledem die PlasmaEeUen fSir
krankhafte Erzeugnisse.
Untersuchungen über fötales Blut liegen zfet
vor. Eider und Hutchinson (69) verglichen
das aus dem durchschnittenen Nabelstrange des
Neugeborenen stammende mit dem mütterliohen
Blute aus dem Ohrläppchen. Das Blut des Neo-
geboren war reicher an rothen Körperchen (850000
bis 500000 mehr auf 1 ocm). In Folge einer ein-
tretenden Verdichtung des Blutes scheint die Zahl
bis 2 Tage nach der Oeburt noch zuzunehmen.
Dann sinkt sie ab. Bei der Oeburt finden sich
zahlreiche kernhaltige rothe Körperchen. Die
kernhaltigen Körperohen nehmen im fötalen Blnte
Tom 6. Monat ab bis zur Oeburt schnell ab und
schwinden wenige Tage nach der Oeburt Du
Blut des Neugeborenen im Oanzen sowohl, als
auch das einzelne Körperchen ist reicher an Hämo-
globin, als beim Erwachsenen. Dagegen ist das
Blut der Mutter zu dieser Zeit arm an Körperchen
und noch ärmer an Hämoglobin. Mutter ondNea-
gebocner haben mehr Leukocyten als normale
Erwaohsena Das kindliche Blut enthielt mehr
Lymphocyten und weniger neutrophile Leuko-
<^^ten, als das des Erwachsenen. Die eosinophilen
Zellen scheinen flEtst zu fehlen. Die Anzahl der
Lymphoc^yten ist im 6. Monat des intrauterinen
Lebens noch grösser, als zur Zeit der Oeburt
Nach der Geburt nimmt die Anzahl der weissen
Blutkörperchen bei der Mutter in wenigen Tagen
deutlich ab.
Jona (70) &nd, dass während der Entwick-
lung des Embryo bis zur Geburt die Resistenz
durch eine viel ausgedehntere Scala als beim Er-
wachsenen dargestellt wird. Das Minimum und
die mittlere Resistenz liegen sehr niedrig. Fnr
jede Art (bei Thieren) giebt es ein Maximum, das
höher liegt als beim mütterlichen Blute. Vom
Augenblicke der Geburt an erhöhen sich das Mini-
mum und die mittlere Resistenz, um schliesshok
höhere Werthe zu erreichen, als beim Srwaohaenen
gefunden werden. Die geringe WiderstandsQUii^
keit beim Foetus ist jedenfalls eine Folge des
grossen Wassergehaltes des Blutes. Der pU(taliohe
Anstieg der minimalen Resistenz zur Zeit der Ge-
burt erklärt sich aus dem Untergang der weniger
widerstandsfähigen Blutscheiben. Das Austeigea
Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 87
der minimalen und mittleren Besistenz ist die
Folge der zunehmenden Eindiokung des Plusma.
Alezander Schmidt (71), der rühmlich
bekannte bahnbrechende Forscher auf dem Gebiete
der Physiologie des Blutes, hat eine Reihe von
Abhandlungen als „Weitere Beiträge zur Blut-
lehre^ hinterlassen, die Prof. Dehio mit einer
einleitenden Darstellung der Blutlehre des Heisters
Tersehen und herausgegeben hat. Es werden in
dem Buche abgehandelt der colloidale Faserstoff,
die Abspaltung des Thrombins vom Prothrombin
und die Beeinflussung dieses Vorganges durch die
Neutralsalze der Alkalien und Erdalkalien, die
(angeblich spedfische) Bedeutung der Ealksalze
fUr die Faserstoffgerinnung, die Abhängigkeit der
Mengen des Faserstoffes von gewissen äusseren,
die Gerinnung beeinflussenden Einwirkungen, Bei-
träge zur Kenntniss des Protoplasma und seiner
DeriTate. Es muss der Hinweis auf das bedeut-
same Werk des verstorbenen, bekannten Gelehrten
hier genügen.
lU. Allgemeine Pathologie.
72) Pfeiffer, Th., üeberd.E^etMreM'sche Methode
der BestimmTiiig des Volimiens der körperlichen Ele-,
mente im Blute u. die Anwendbarkeit derselben auf das
Blut gesunder u. kranker (insbesondere fiebernder) Men-
schen. Centr.-BL f. innere Med. XVI. 4. 1895.
73) Ziegler, Ueber die Wirkung der erhöhten
Ilgenw&rme auf das Blut u. auf die Gewebe nach Unter-
such angen von Dr. Werhofaky, Verhandl. d. XIII. Congr.
L innere Med. Wiesbaden 1895. Bergmann, p. 345.
74) Stintzing u. Oumprecht, Wassergehalt u.
Trockensubstanz des Blutes beim gesunden u. kranken
Menschen. Deutsches Aroh. f. klin. Med. LTTT. 3 u. 4.
1894.
75) Grawitz, E., üeber die Yeränderungen der
Blutmischung in Folge von Cirkulationsstörungen. Ebenda
UV. ö u. 6. 1895.
76) G r a w i t z , E., üeber den Einfluss ungenügender
Emähmng auf die Zusammensetzung des menschlichen
Blutes. Berl. klin. Wchnschr. XXXII. 48. 1895.
77) Maxon, Ernst, Untersuchungen über den
Wasser- u. Mweissgehalt des Blutes bei kranken Men-
schen. Deutsches Arch. f. klin. Med. Uli. 3 u. 4. 1894.
78) Berggrün, Emil, üeber den Fibringehalt des
Blutes bei Krimkheiten der Kinder. Verhandl. d. 1 1 . Vers.
d. Ges. f. Kinderhkde. in Wien 1894. Wiesbaden 1895.
Bergmann, p. 230.
79) Monti, Ueber Veränderungen der Blutdichte
bei Kindern. Ebenda p. 206.
80) Löwy, A., Üeber die Alkalescenzverhältnisse
des menschlichen Blutes in Krankheiten. Gentr.-Bl. f. d.
med. Wiss. Nov. 10. 1894.
81) Limbeok u. L. Steindler, Ueber die Alka-
kseeszabnahme des Blutes im Fieber. Oentr.-Bl.f. innere
Med. Joü 6. 1895.
82) Strasser, A^ u. Kuthy, Üeber Alkalität des
Blotee n. Acidiiät des Harns bei thermischen Einwirkun-
gen. BL f. klin. Hydiother. VI. 1. 1896.
83) Biernacki,£., Zur Lehre von den Oasmengen
das pathologischen Menschenblutes. Centr.-Bl. f. innere
Med. XVI. 14. 1895.
84) Liyierato, E., Untersuchungen über die
Sehwaokiingen des Olykogengehaltes im Blute gesunder
a. kranker Individuen. Deutsches Aroh. f. klin. Med.
iUL 3 tu 4. 1894.
85) Leos, üeber die Veränderungen der morpho-
n Bestandtheile des Blutes bei verschiedenen
Krankheiten der Kinder. Verhandl. d. 11. Vers. d. Ges.
f. Kinderhkde. in Wien. Wiesbaden 1895. Bergmann,
p. 188.
86) GoldscHeider u. Paul Jacob, Üeber die
Variationen der Leukocy tose. Ztschr. f. klin. Med. XXV.
5 u. 6. 1894.
87) Müller, Franz. üeber das Verhalten der
Leukocytose nach Bakterien -Izijektionen. Inaug.-Diss.
Berlin 1894.
88) Semakine, J., Contribution ä Tetude de la
distribution inegale des globules blaues au sein des vais-
seaux sangoins. Aroh. des sc. biol. Petersb. IV. 2. 1895.
89) Koncagliolo, Enrico, La leucositosi da
ergotina. Arch. ital. di Clin. med. XXXIV. 3 e 4. 1895.
90)Billings, John, The leukocyts in croupous
pneumonia. Johns Hopkins Hosp. Bull. Nov. 1894.
91) Morse, John Lovett, A clinioal and experi-
mental study of the leucooytosis of diphthena. Boston
med. and sure. Joum. March 7. 1895.
92) 8 c hl e s i n g e r , E., Die Leukocytose bei Diph-
therie. Arch. f. Kinderhkde. XX. 5 u. 6. 1896.
93) Waldstein, Louis, Beobachtungen an Leuko-
cyten, sowie über einige therapeutische Versuche mit
Pilocarpin bei der (? Diphtherie) Streptokokken- Angina,
Lymphdrüsenerkrankungen, Tuberkulose u. Lupus. Berl.
klin. Wchnschr. XXXII. 17. 18. 1895.
94) Härtung, Henry, üntersudiungen d. Blutes
von Krebskranken mit besonderer Berücksichtigung der
Verdauungsleukocytose. Wien. klin. Wchnschr. vin.
40 u. 41. 1895.
95)Botkin, E., Leukocytolyse. Virchow's Arch.
CXU. 2. 1895.
96) Hahn, M., üeber die Beziehungen der Leuko-
oyten zur baktericiden Wirkung des Blutes. Arch. f.
Hyg. XXV. 2. 1895.
97) Sittmann, G., Bakterioskopische Blutunter-
suchungen nebst experimentellen Untersuchungen über
die AuMoheidung der Staphylokokken durch die Nieren.
Deutsches Arch. f. khn. Med. LIH. 3 u. 4. 1894.
98) Barlow u. Sittmann, Ueber einen Befund
von Baoterium coli commune im lebenden Blute. Ebenda
LH. 3 u. 4. 1894.
99)Righi, Italo, Sulla preeenca del diplococoo
del Fraenkel nel sangue, nelle urine e nelle feci degU
ammalati di meningite oerebrospinale epidemica. Rif.
med. XI. 146. 1895.
100) Beinert, Emil, Anämie u. Neurosen. Mün-
chener med. Wchnschr. XLII. 14. 1895.
Pfeiffer (72), der das Bleibtren'sche
Verfahren auf Grand eigener Erfahrungen für besser
hält als die Sedimentirungsmethode (üntersohiede
von 2 — 3% liegen naoh seinen Angaben noch
innerhalb der Fehlergrenzen, während Bleibtreu
nur l^^/o angiebt), hat klinische Untersuchungen
über das Volumen der Blutkörperchen bei 13 ge-
sunden und 12 kranken, fiebernden Menschen an-
gestellt Er verdünnt das Blut mit EiQiumoxalat
(15 : 400). Dieses verhütet die Gerinnung, bringt
aber die E6rpercben nicht zur Schrumpfung, wie
besondere Untersuchungen ergaben. Unter Zu-
hülfenahme des 7%oma-ZnM'8chen Zählapparates
versuchte Pf. auch das Volumen des einzelnen
Blutkörperchens zu bestimmen. Das Verfahren
von Bleibtreu giebt auch die Concentration des
Plasmas an, lässt also etwaige Lymphbewegungen
erkennen. Weiterhin kann es dazu dienen, das
specifisohe Gewicht der rothen Blutkörperchen zu
bestimmen. Nach Pf. 's Befunden schwankte das
Oesammtvolumen der rothen Eörperohen beim Oe^
88 Brückner, Neuere Arbeiten aufi dem Gebiete der Physiologie und Patbolog^ie dee Blnte&
sunden zwischen 34.5 und 55.8*/o, betrug im Mittd
44.2% (Milnner 49.1, Frauen 41.5«/o). Das Vo-
lumen des einzelnen rothen EOrperchens betrug
nach 11 Berechnungen im Durchschnitt 86 |i'
(Männer 88jU>, Frauen 84 ju^. Die das Gesammt-
Yolumen betreffenden Zahlen stimmen etwa mit
den durch den Hämatokrit gefundenen fiberein.
Welcker und C. Francke fanden nach ihren
Methoden Werthe, die kleiner waren als alle anderen
im Durchschnitte. Das Yolumen des einzelnen Blut-
körperchens wurde vonWelcker, C. Francke,
Friedheim und Herz etwa eben so gross ge-
gefunden wie von Pfeiffer. Bei jfiGranA:^ wurde
das Gesammtvolumen im Allgemeinen auch bei
den Fiebernden innerhalb der normalen Grenzen
schwankend gefunden. Eine Aenderung der Con-
centration bei der Entfieberung kannte nicht fest-
gestellt werden. Das Yolumen des einzelnen KOr-
perchens war bei 10 Fiebernden 7mal gleich dem-
jenigen von Nichtfiebemden. Abweichend ver-
hielten sich 2 Kranke mit Anämie (fOr die das
Bleib treu 'sehe Yerfahrra unsuTerlässig ist).
Yergleichende Untersuchungen an ein und dem-
selben Kranken Hessen eine QueUung der rothen
Körperchen, wie sie von Herz behauptet wird,
nicht erkennen.
Ziegler (73) studirte die Wirkung der er-
höhten Eigenwärme an Kaninchen und fand, dass
eine gleichmässige länger anhaltende Temperatur-
steigerung um 2 — 3^ die Anzahl der rothen Blut-
körperchen und den Hämoglobingehalt des Blutes
herabsetzt Im Knochenmark und in der Milz fand
sich eine Zunahme des Hämosiderins, in den übri-
gen Organen Yerfettung. Eine Uebertragung der
Befunde auf den fiebernden Menschen hält Z. zu-
nächst nicht für zulässig.
Hygrämomeirie benennt Stintzing eine für
klinische Zwecke ausreichend genaue und einfiache
Methode zur Bestimmung der Trockensubstanz des
Blutes (0.2—0.3 g Blut — 5 Tropfen werden durch
Einstich in den Finger mittels lianzette gewonnen,
gewogen, 24 Stunden bei 65 — 70^ getrocknet
und abermals gewogen). Aus den in (Gemeinschaft
mit Oumprecht (74) ausgeführten Untersuchun-
gen geht hervor, dass der Gehalt an Trocken-
substanz beim Manne 21.6, beim Weibe 19.8^/^
beträgt. Bei schweren Anämien sinkt er bis auf
8.50/0. Bei der Chlorose ist der Oehalt an Trocken-
substanz in höherem Grade herabgesetzt kls die
Anzahl der rothad Körperohen. Bei Chlorose mitt-
leren Grades ist er höher als bei Anämie mit glei-
chem Hämoglobingehalt, entsprechend der grOssereii
Anzahl der rothen Blutkörperchen. Es giebt eine
Oligämie, die besteht in der Yerminderung der
Blutmenge bei normaler Zusammensetzung des
Blutes. Bei leukämischem Blute ist der Werth
der Trockensubstanz hoch, der Hämoglobingehalt
dagegen niedrig. Bei Diabetes fand sich keine
Aenderung im Gehalte der Trockensubstanz. Com-
pensationstörungen des Kreislaufs und Erkrankun-
gen der Niere fähren zu Hydrämie. Bei rsM
oompensirten Hersfehlem ist der Wassergehalt des
Blutes höher als bei oompensirten. Wenn sich die
Compensation wiedertieritellt, sinkt der Waaser-
gehalt Am allgemeinen Hydrops nimmt auch daa
Blut th^ Es giebt also auoh einen Hydrops san-
guinis, eine Plethora serosa. Die blnteindlckeiide
Wirkung von Wasser- und Säfteverlusten faum
durch den blutTerwässemden Binfioss sunehmsad«
allgmneiner Eraährungstömngsn verdeckt werden,
wie sieh nach der Punktion seröser Höhlen sei^
Orawitz (75) untersuchte die Blutvecände-
mngen bei Cirkulationstörungen. Er beetimmta
den Gehalt an Trookensubstanz im Blut und Serum,
das speo. Gewicht des Gesammtblutes und des
Serum, den Hämoglobingehalt und den Stickstoff-
gehalt des Blutes. G. entnahm das Blut eiaer
oberflächlichen Armvene. Er fand im Gegenai^za
zu Oertel, dass das venöse Blut nicht eingedidrt
war. Die erste Yoränderung, die das Blut mit
dem Eintritte der Compensationstörung erlitt, war
eine Zunahme an Wasser, die vorwiegend die Con-
centration des Serum und damit des Gesammt-
blutes herabsetzte. Dies ist die Folge des ver-
minderten Blutdrucks, der eine Erschlaffung der
feinsten Gefässe und damit einen Eintritt von Oe-
webeflQssigkeit in sie veranlasst Bei ohroniRchen
Stauungszuständen sind die Yerhältnisse sehr ver-
wickelt Gewöhnlich ist das Blut wasserarm und
reich an rothen Blutkörperchen. Diese Conoen-
tration ist im Capillarbezirke grösser als im venösen
Bezirke. Sie kommt wahrscheinlich im Lungen-
kreisläufe zu Stande. Die Zunahme der rothen
Eörperchen beruht nicht auf einer vermehrten Neu-
bildung, wie Pierre Marie und Beinert an-
nehmen. In den eben erwähnten Zuständoi ist
das Hämoglobin nur sehr lose gebunden. Die
rothen Blutkörperchen sind wenig widerstands-
fähig. Ein süürker Zerfall dieser Gebilde in der
Leber könnte eine VB*mehrte Qallenbild«ng her-
vorrufen und vielleicht die Ursache des Ikterus
der Herzfehlerkranken bilden.
Der Einfluss einer ungenügenden Bmährung
auf das Blut ist, wie Grawitz (76) hervoiiiebt^
bisher fast ausschliesslich am Thiere studirt worden.
Man hatte festgestellt, dass bei vollkommener In-
anition das Blut ebenfalls atrophisch wird. Beim
Menschen hatten die Beobachtungen ergeben, dass
im Hunger die Anzahl der rothen Körperohea und
der Hämoglobingehalt leicht ansteigen. AqcIi dei
Einfluss einer quantitativ und qualitativ ungenü-
genden Ernährung ist vorwiegend an Thieren ato-
dirt worden. Gr. unlersudite diese YertiAUnisH
an 4 Menschen unter Analysirung der HVahrung,
der ausgeschiedenen Stoffe und der Beetünmoai
des Eörpergewichts. In 2 Yersuchen wurde unter
sucht der Binfluss eiweissarmer und aia Bi^^m.
werth ungenfigender Nahrung beim stark arbet
tenden und beim ruhenden Menschen, in 2 wei
teren Yersuchen der Einfluss äner Naliran^ mh
Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 89
geafigendem Brennwerthe, aber geringem Eiweiss-
gehalt In allen FSllen ergab sich eine Herab-
setsung des Eiweissgehaltes im Serum. So weit
die Versuche einen Schluss gestatten, meint Qr.
diese Veränderung namentlich in den ersten Yer-
BQchen auf eine Wasseraufnahme bezieben zu dürfen.
Diese ist vielleicht einerseits als eine Theilerschei-
nnng einer aligemeinen Wasserzunahme des Kör-
pers, andererseits aber sicher als Folge einer Ver-
ringerung des Eiweissbestandes im Plasma aufzu-
fassen. Die gewonnenen Erfahrungen bilden eine
Stütze der frfiher von ör. vertretenen und von
Dun in (102) falsch aufgefassten Ansicht, dass
beim Eiaürüt anämischer Zustande zun&chst der
Eäweissgehalt des Blutes mehr alsderHftmoglobin-
gehalt verringert wird. Es werden sich dabei
jedenfalls auch die rothen Eörperchen ver&ndem.
Weiterhin ergiebt sich, dass die ungenügende, spe-
ciell eiweissarme Nahrung eine anämische Blut-
beschaflfenheit bewirkt
Aus Maxon's (77) zumTheil mit Quth aus*
geführten Untersuchungen über den Eiweiss- und
Wassergebalt des Blutes beim kranken lllenschen
geht Folgendes hervor. „Der Qehalt an Trocken-
substanz, Eiweiss und Hämoglobin des Gesammt-
blates steigt gleichmässig auf und ab, so dass man
aus der QrQsse des einen auf die ÖrGsse des andern
Mbliessen kann. Femer hat sich in Ueberein-
stimmung mit den übrigen Autoren ergeben, dass
bei Herzleidenden der Wassergehalt des Blutes
nicht vermehrt ist, sondern eher etwas unter der
'Sonn, bleibt. Nur bei Anämie und Chlorose ist
der Eiweissgehalt herabgesetzt, bez. der Wasser-
gehalt des Qeeammtblutes vermehrt und wir finden
auch hier wieder das constante Verbältniss zwi-
schen Hftmoglobingehalt und Eiweissgehalt Die
Bestimmung des Hämogbbingehaltes giebt uns
demnach zugleich an, inwieweitdieEiweisskörper
des Blutes bei den verschiedenen Krankheiten eine
Verminderung eingegangen sind."
Den Fibringehalt des Blutes bestimmte Berg-
grün (78) nach der von ihm etwas geänderten
Methode Alex. Schmidt's an 30 gesunden und
44 kranken Kindern. B. zieht aus seinen Unter-
suchungen folgende Schlüsse. L Nortnak Kinder:
i,Das Kinderblut ist charakterisirt 1) durch reich-
lichere Ausscheidung von Fibrin , 2) durch hohe
Irockenrückstände und geringen Wa8sei:gehalt,
3) durch eine erhöhte Qewichtsmenge der rothen
Blatkörperchen. 4) Die gewonnenen Mittelzahlen
nähern sich im Allgemeinen jenen, welche A r r o n e t
in seinen Analysen des defibrinirten Blutes männ-
licher Erwachsener gefunden hat, und übersteigen
doich die Hübe der Trookenrückstände die Mittel-
sahlen Schneider's für das Blut gesunder Er-
wachsener. 5) Während der Yerdauung fand ich
nM)en der Zunahme der Trockenrückstände eine
Yermehrang der Fibrinaussoheidung." IL Kranke
Kinder: Die quantitative Fibrinbestimmung giebt
für eine Reihe von Krankheiten mehr oder weniger
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft 1.
charakteristische Abweichungen, wobei das Alter
des Kindes zu berücksichtigen ist Im Verlaufe einer
Krankheit muss die Bestimmung mehrmals wieder-
holt werden, wenn man diagnostische Schlüsse
ziehen will, denn der Fibringehalt Ist ein schwan-
kender. Die Kenntniss der Trockenrückstände ist
von Werth für die Bestimmung der Schwere einer
|]rkrankuDg. Die Herabsetzung der Trockenrück-
stände ist nicht für eine besondere Erkrankung
charakteristisch. Am bedeutendsten ist sie bei
schweren Anämien und verzehrenden Krankheiten.
Die von B. angewandte Schmidt 'sehe Methode
ist wogen der geringen Blutmengen, die sie be-
ansprucht, auch in schweren Krankheitsfällen aus-
führbar.
Nach Hammerschlag'sMethode bestimmte
Monti (79) das specifische Öe wicht des Blutes
bei Kindern. Er meint, dass man keine bestimm-
ten Werthe für die einzelnen Lebensjahre angeben
kann (Abhängigkeit vom Körpergewicht, von der
Ernährung und Lebensweise). Durchschnittszahlen
sind für den Neugeborenen 1060, für die 2. bis
4. Lebenswoche 1057, für den 12. Monat 1050,
für das 2. bis 10. Jahr 1052. Bei kranken Kindern
fand M. 1) normales spec. Qewicht und herab-
gesetzten Hämoglobingehalt (Chlorose, leichte An-
ämien, Herzfehler mit Anämie, Tuberkulose mit
abendlichen Fiebersteigerungen), 2) erhöhtes spec.
Gewicht und normalen Hämoglobingehalt (Ent-
wickelungstadium akuter fieberhafter Krankheiten),
3) erhöhtes spec. Gewicht und herabgesetzten Hämo-
globingehalt (akute und chronische, längere Zeit
anhaltende Krankheiten, die zur Consumption des
Körpers führen, z. B. Tuberkulose zur Zeit hohen
Fiebers), 4) vermindertes spec Gewicht und nor-
malen Hämoglobingehalt (akute Nephritis mit Hy-
drops), 5) bedeutend vermindertes spec. Gewicht
und noch mehr verminderten Hämoglobingehalt
(Leukämie, pemiciöse Anämie) oder geringe Yer-
minderung des spec. Gewichtes und starken Hämo-
globinmangel (schwere Chlorose und Anämie).
Die Alkalesoenz fand Lö wy (80) durch Titra-
tion lackfarbenen Blutes bei 1 1 Kranken (Diabetes,
chronische Nephritis, Gicht, Pneumonie, akuter
Gelenkrheumatismus, Chlorose) gegen den Durch-
schnitt (447— 508 mg NaOH für 100 com Blut)
erhöht Der Begriff der Alkalescenz ist kein ein-
heitlicher. Er richtet sich nach der Methode. Der
üeberschuss, den man bei der Titration gegenüber
der CO|-Messung und Bestimmung der Blutasche
bekommt, stammt von Eiweisskörpem und deren
Abkömmlingen (subacide Stoffe nach Jaquet).
Während man früher annahm, dass bei fieber-
haften Infektionskrankheiten eine Säurevergiftung
vorliege, fanden Limbeck und Steindler (81),
dass bei Fieber jedenfalls nicht immer eine Ver-
minderung der Alkalescenz eintritt. Dieser Gegen-
satz erklärt sich aus der Verschiedenheit der an-
gewendeten Methoden. Frühere Untersucher, wie
Landois, v. Jaksch, Kraus, die nur die
12
90 Brückner, Neuere Arbeiten ans dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
Alkalesoenz des Serum bestimmten, konnten keine
richtigen Werthe erhalten, da 1) die Menge des
untersuchten Serum unbekannt blieb ; 2) durch die
Behandlung der Blutkörperchen mit Salzlösungen
Alkalien aus diesen in das Senim übertraten.
Strasser und Kuthy (82) schliessen aus
Versuchen an Hunden und Menschen, die noch
fortgesetzt werden sollen , dass kalte Proceduren
(Bäder, Duschen u.s.w.) die Alkalesoenz des Blutes
erhöhen und gleichzeitig die Acidit&t des Urins
herabsetzen, während warme, bez. heisse Proce-
duren im Blute und im Harn eine Säuerung be-
wirken.
Biernacki(83) bestimmte die auspumpbaren
0-Mengen im Blute Gesunder (2) und Kranker (10).
Bei Verwendung nicht defibrinirten Blutes fieinden
sich nur bei 2 Kranken mit sehr starker Hämo-
globinarmuth (Carcinom und Leukämie) deutlich
kleinere Werthe als sonst 5 Kranke mit zur
Hälfte herabgesetztem Hämoglobingehalt Hessen
im Vergleich zu den Gesunden keine merklichen
Unterschiede erkennen. Das defibrinirte Blut lie-
ferte bei hämoglobinarmen Menschen meist weniger
Sauerstoff, als entsprechende UDgeronnene Blut-
proben. Die 0- Werthe waren dabei dem Eisen-
gehalte ziemlich proportional. Vielleicht hat die
Abnahme der Alkalesoenz im defibrinirten Blate
einen Antheil an dieser Erscheinung. Defibrinirtes
Blut lieferte weiterhin bei Kranken häufiger viel
Stickstoff, als nicht defibrinirtes. 2mal fanden
sich sehr geringe Stickstoffmengen , wiederholt
grosse 0-Mengen. Auch das Gegentheil wurde
beobachtet. Hoher N-Gehalt trat stets auf bei der
Untersuchung des mit reinem 0 gesättigten Blutes.
Die Blutproben, die bei frischer Entgasung viel N
lieferten, waren gewöhnlich N-ärmer bei späterer
Untersuchung und umgekehrt.
Die Schwankungen des Olykogengehaltes im
Blute gesunder und kranker Menschen studirte
Livierato (84). Er fand, dass Glykogen bei
Gesunden meist im Blute, aber niemals intracellulär
Torkommt. Bei Kranken nimmt der Gehalt an
Glykogen zu, wenn fieberhafte Krankheiten, die an
einen aktiven örtlichen Vorgang gebunden sind,
auftreten (Croup, Pneumonie, Albuminurie, Pep-
tonurie). Die Zunahme des Glykogens tritt dann
gleichzeitig mit der Leakocytose auf. Intracellu-
lare Reaktion war in solchen FäUen oft und stark
vorhanden. Es scheint da eine Neubildung von
Zellen stattzufinden. Denn das Glykogen ist ein
normaler Bestandtheil des Protoplasma aktiver,
besonders junger Zellen und schwindet rasch bei
deren Absterben. Da das Glykogen nach Ein-
spritzungen von Pepton (nicht nach innerer Ver-
abreichung von Syrup und Pepton) auftrat, ver-
muthet L., dass es aus den peptonisirbaren Stoffen
des entzündlichen Exsudates gebildet wird. Bei
Schwangeren wächst der Glykogengehalt des Blutes
in der 2. Hälfte des 9. Monates mit dem Eintritt
mehr oder weniger ausgeprägter Leukoey tose. Bei
Wöchnerinnen findet man es in den erstoi i bis
5 Tagen der Milchabsonderung ; in den folgenden
Tagen nimmt es ab, um schliesslich zu schwinden.
Bei der Naturforscherversammlung zu Lübeck
berichtete Leos (85) über die Veränderungen der
morphologischen Bestandtheile des kindlichen Blu-
tes bei Krankheiten. Er schliesst aus seinen Er-
fahrungen, dass man aus dem Blntbefunde allein
die Diagnose auf eine bestimmte Form der Anämie
nicht stellen kann. Man soll die Anämien DAch
ihrer Entstehungsursache eintheilen und überall
da, wo eine zweifellose Ursache in Forin einer
Grundkrankheit besteht, von sekundärer Anämie
sprechen. (Anämien bei gleichzeitiger Tuberkulose,
Malaria, Rhachitis, Lues, Sepsis, Nephritis, bei
chronischen Darmkatarrhen u. a. m.) Als selbstän-
dige Gruppen blieben bestehen Chlorose, pemi-
ciöse Anämie, Anaemia infantum pseudoleucaemica,
von welcher letzteren die Anaemia splenica bis jetzt
nicht als selbständige Form abgetrennt w^^
kann.
Eine «gross angelegte Arbeit über Lenkocytose
liegt von Goldscheider und Jacob (86) vor.
Sie bezeichnen bei ihren an Kaninchen ausgeführ-
ten Untersuchungen mit Leukocytose den normalen
Zustand, mit Hypoleukocytose die Verminderung,
mit Hyperleukocytose die Vermehrung der Leuko-
cyten. Im Gegensatze zu Löwit fanden sie,
dass die Fesselung der Versuchsthiere allein
keine Hypoleukocytose erzeugt, sondern nur im
Verein mit der damit verbundenen Abkühlung.
Durch Shock kann, wie auch Löwit fand, eine
Hypoleukocytose erzeugt werden. Auf diese folgt
dann eine geringfügige Hyperleukocytose. Die
weiteren Untersuchungen erstrecken sich auf die
Blutveränderung, die nach der subcutanen Injek-
tion von Organextrakten (Milz, Thymus, Knochen-
mark) eintrat. Sie bestand in einer Hyperleuko-
cytose, der stets eine Hypoleukocytose vorausging.
Dieselbe Erscheinung trat ein nach Einspritzangen
von Hemialbuminose , Nucleinsäure, Aufschwem-
mungen von Staphylokokken und Bacillus pyo-
oyaneus. Sie blieb aus bei der Verwendung d^
Extrakte von Nieren, Leber, Schilddrüse, Pankreas.
Die Theorie von Schulz lehnen G. und J. ab-
Um die Richtigkeit der Löwit 'sehen Theorie,
deren Urheber auch die Beziehungen von Hypo-
und Hyperleukocytose feststellte, zu prüfen, unter-
suchten sie die Organe ihrer Versuchsthiere mikro-
skopisch. Bei Thieren, die Einspritzungen ia die
Vena jugularis erhalten hatten, fand sich in den
Lungen im Stadium der Hypoleukocytose keine
Verminderung, sondern eine starke Vermehrung
der weissen Blutkörperchen. Diese blieb aus bei
der durch Shock und Abkühlung erzeugten Hypo-
leukocytose. Eben so wenig traten Zerfallserschei-
nungen an den Leukocyten auf. Im Stadium der
Hyperleukocytose fanden sie die GefSsse der Lunge,
viel weniger diejenigen der Leber und Niere, mit
weissen Körperchen vollgepfropft. Bei länger be*
Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 91
siehender Hyperleokocytose Hessen sich Zerfalls-
erscheinungen an den in den Lungengefassen
befindlichen Leukocyten nachweisen. Nach der
intravenösen Einspritzung von Bakterienaufschwem-
mungen fanden sich colossale Leukocytenanhäu«
fnngen in den Lungen. Yon den Ergebnissen, die
G. und J. durch die Verbindung differenter Ein-
spritzungen erhielten, sei nur erwähnt, daas es
durch gewisse Kunstgriffe (Anwendung kleiner
Gaben in kurzen Zwischenräumen) gelang, die
Hypoleukocytose fast vollkommen zu vermeiden,
dagegen eine bedeutende Hyperleukocytose zu er-
zeugen. Auf Grund ihrer Untersuchungen haben
sich G. und J. folgende Ansicht über die Leuko-
cy tose gebildet : Die Hypoleukocytose beruht auf
der Anhäufung der polynucleären Leukocyten in
den Capillaren bestimmter Organe. Die Zerstörung
von weissen Blutkörperchen spielt dabei eine nur
geringe Rolle. Die Hyperleukocytose kommt zu
Stande durch einen vermehrten Transport weisser
Zellen in das Blut, der durch bestimmte, in die
Lymphbahnen eintretende Stoffe veranlasst wird.
Eine beträchtliche Neubildung findet jedenfalls
nicht statt Die durch Shock und Abkühlung ent-
stehende Hypoleukocytose erklärt sich anders:
Ein Theil der Leukocyten hält sich in den stark
angefüllten kleinsten Gefässen auf. Die darauf
folgende Hyperleukocytose geringen Grades ist die
Folge von Beizzuständen, die durch die Anhäufung
der Leukocyten erzeugt werden.
G. und J. lehnen demnach die Theorien von
Schulz, V. Limbeck und Bömer ab. Ebenso
fäUt die Theorie von Löwit mit dem Nachweis,
dass kein wesentlicher Zerfall von Leukocyten
stattfindet, dass es gelingt, Hyperleukocytose ohne
vorausgehende Hypoleukocytose zu erzeugen. Das
Bhrgebniss der Untersuchungen spricht für die
Chemotaxis. Der Einfluss der Organextrakte er-
klärt sich, wie G. und J. ausführen, aus der An-
nahme eines Schwellen werthes. Zum Schluss fügen
6. und J. noch einige Worte über die Leukocytose-
änderangen in klinischen Fällen bei.
Zu ähnlichen Ergebnissen kam Franz Müller
(87), der unter Goldscheider's Leitung das
Verhalten der Leukocytose nach intravenöser Ein-
spritzung von Bakterienaufschwemmungen studirte.
In allen Fällen stellte sich im Anschluss an die
Bnepritzung eine Hypoleukocytose ein. Die Leuko-
cyten fanden sich in den Capillaren der Lunge an-
gehäuft Hier werden die im Blute enthaltenen
Bakterien gewissermaassen abfiltrirt und von den
Leukocyten mechanisch festgehalten. Die Bak-
terien kleben an den Leukocyten fest oder sind von
ihnen eingeschlossen. Ein „aktives Fressen" der
Leukocyten ist nicht erwiesen. Die Ursache der
Hypo- und Hyperleukocytose ist eine chemische
(Bakterienproteine).
S6makine (88) unterwarf die Angabe von
Schultz und Rieder, dass die Leukocytose
^uf einer ungleichen Yertheilung der Leukocyten
in den verschiedenen Gefässgebieten beruhe, einer
experimentellen Nachprüfung. Er folgert aus seinen
Versuchen Nachstehendes: 1) Die weissen Blut-
körperchen sind, wenigstens in den verhältniss-
mässig grösseren Gefässen, gleichmässig vertheilt,
so dass man aus dem Verhältniss in den periphe-
rischen Geissen auf das Innere schliessen kann.
2) Die Erscheinungen der Leukocytose und Hypo-
leukocytose sind thatsächlich der Ausdruck einer
Vermehrung oder Verminderung der Gesammt-
summe der weissen Blutkörperchen sowohl in der
Peripherie, als auch im Inneren des Körpers. Man
muss nur die Versuchsthiere unter Bedingungen
setzen, die den normalen Verhältnissen gleich-
kommen. 3) Das Kaninchen antwortet sehr leicht
auf vasomotorische Beize. Die am Kaninchen ge-
sammelten Erfohrungen gestatten keine allgemei-
nen Schlüsse. 4) Die ungleiche Vertheilung der
weissen Blutkörperchen hält sich an die Eröffnung
der Bauchhöhle, die veränderte Versuchsbedingim-
gen schafft 5) Schultz hat, als er die ungleiche
Vertheilung der Leukocyten feststellte, gewisse
Vorsichtsmaassregeln ausser Acht gelassen. 6) Die
Verschiedenheiten in seinen TabeUen sind der
Ausdruck von Erscheinungen, die sich erst nach
dem Tode ausgebildet haben.
Beim Menschen bewirkt, wie Boncagliolo
(89) fand, die subcutane Einspritzung von Ergotin
eine Vermehrung der weissen Blutkörperchen im
Blute. Diese ist 2 — 3 Stunden nach der Einver-
leibung am grössten und schwindet rasch nach
5 Stunden. Der Vermehrung geht stets eine Ver-
minderung der Leukocyten voraus. Zählungen,
die an Capillarblut und an venösem Blut angestellt
wurden, ergaben die gleichen Resultate. Die Er-
scheinung beruht jedenfalls auf einer chemotak-
tischen Wirkung, nicht auf ungleicher Vertheüung
der Leukocyten im Blute.
Aus den Untersuchungen von Billings (90)
über das Verhalten der Leukocytose bei croupöser
Pneumonie geht Folgendes hervor: 1) In Fällen
mit günstigem Verlauf ist in der B^el eine be-
trächtliche Vermehrung der Leukocyten während
des Fiebers vorhanden. Die Leukocytose beginnt
mit dem Frost und ist nach einigen Stunden aus-
gesprochen. Es besteht kein festes Verhältniss
zwischen der Höhe der Temperatur und der Curve
der Leukocytosa 2) Fällt die Temperatur kritisch
ab, so beginnt die Leukocytencurve gleichzeitig zu
fallen, erreicht aber die Norm in der Regel 48 Stun-
den später als die Temperatur. Bei lytischem
Ausgang fallen beide Curven zusammen, indem die
Temperatur immer die Norm zuerst erreicht Bei
verzögerter Resolution bleibt die Zahl der Leuko-
cyten Tage lang eine hohe. 3) In einer grossen
Anzahl von Fällen erhebt sich die Leukocytencurve
während der TemperaturabfSlle und kann hier
ihren Höhepunkt erreichen. Dieser Anstieg ist
nur vorübergehend. 4) Sind beide Lungen in
weiter Ausdehnung befallen, so erreicht die Leuko«
92 Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Qebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
cytose leicht einen sehr hohen Grad und um-
gekehrt Doch sind diese Beziehungen sehr un-
gleichmässige. 5) In den tOdtiich verlaufenden
Fallen ist entweder Leukocytose vorhanden oder
nicht Bei fehlender Leukocytose ist die Todes-
ursache nicht die bakterielle Vergiftung. 6) Bei
dauerndem Uangel der Leukocytose ist die Prognose
eine ungünstige. Meist ist die Leukocytose zu irgend
einem Zeitpunkte vorhanden. Bei aussergewQhn-
licher Milde der Krankheit kann sie möglicher
Weise fehlen. 7) Die Leukocytose bei croupüser
Pneumonie ist eine reine ; sie beruht nur auf der
Zunahme der vielkemigen Zellen. 8) Die An- oder
Abwesenheit der Leukocytose ist nur einMaass für
die Stärke des bakteriellen Giftes. Sie bestimmt
die Prognose nicht allein.
Mit dem Verhalten der Leukocytose bei der
Diphtherie beschäftigen sich die Arbeiten von
Morse (91), Schlesinger (92) und Wald-
stein (93). Ersterer fand bei 30 Kranken, die
dem kindlichen Alter angehörten, stets bedeutende
Hyperleukocytose, mit der Intensität der Krankheit
wechselnd und bis zu einem gewissen Grade in
einem bestimmten Verhältniss zum Entstehen und
Schwinden der Beläge stehend. Zwischen der
Stärke der Drüsenschwellung und der Leukozytose
bestand kein festes Verhältniss. Die Fälle von
Sepsis mit starker Drüsenschwellung waren durch
erhebliche Hyperleukocytose ausgezeichnet, die
allerdings auch in einzelnen leichten Fällen ohne
starke Vergrösserung der Drüsen vorhanden war.
Der Zustand der Lungen und Nieren war nidit
maassgebend für Vermehrung der weissen Zellen.
Es ist demnach die Hyperleukocytose allein der
Ausdruck der Giftaufmüime. Der Zuwachs betraf
vorwiegend die vielkemigen neutrophilen Zellen.
Die Anzahl der rothen Blutkörperchen war immer
etwas erhöht Die Blutuntersuchung allein vermag
keine prognostischen Anhaltepunkte zu geben. Die
Thierversuche M's führten zu Ergebnissen, die mit
den von Jacob und Goldsoheider erhaltenen
übereinstimmen und die chemotaktische Theorie
bekräftigen.
Schlesinger führte seine Untersuchungen
an 24 Kindern in Baginsky's Klinik aus. Es
handelte sich um 11 leicht und mittelschwer, 13
schwer Erkrankte. (Keine rein septischen Fälle.)
Sohl, nahm Zählungen vor: 1) vor der Serum-
einspritzung (3 Ausnahmen); 2) 12 — 20 Stunden
später; 3) weiterhin täglich oder einen um den
anderen Tag.
Es ergab sich, dass die die Diphtherie beglei-
tende Hyperleukocytose (die in einem mittel-
schweren und 2 schweren Fällen fehlte) bei un-
günstigem Ausgange bestehen blieb, bei günstigem
Ausgange abnahm. In */| der Fälle folgte auf die
Hyperleukocytose Hypoleukocytose, und erst am
8. bis 12. Tage stellten sich normale Verhältnisse
ein. In 7 Fällen blieb die Hypoleukocytose am
Ende der 1. und Anfang der 2. Woche aus, während
die Beläge geschwunden waren. Hier lag Smal
Nephritis vor. Nach der Einspritzung von Heu-
Serum nahm die Hyperleukocytose schnell ab, um
dann wieder, jedoch nicht bis zur ursprflnglidien
Höhe anzusteigen. Dadurch wirkt das Serum g^stig,
dass es die Abnahme der Hyperleukocytose anregt
und beschleunigt
Wald stein endlich, der sich zur Erleichtanng
der Zählung einer besonderen färbenden Misch-
flüssigkeit bediente, fond, dass vorderEinspritzoDg
von Serum und auf der Höhe der Erkrankung die
vielkemigen Leukocyten vermehrt, die Lympho-
cyten vermindert waren. Mit dem Eintritte der
Besserung erreichten die ersteren die Norm, wSh-
rend die letzteren zunahmen. Trat keine Besse-
rung ein, so nahmen die Lymphocyten zu, ohne
dass die vielkemigen Leukocyten abnahmen. (Bei
der Sektion fand W. häufig Schwellung derPeyer'-
schen Plaques, der Hesenterialdrüsen, disseminiite
Miliartuberkulose.) Im Pilocarpin fand W. ein
Mittel, das die Vermehrung der Lymphocyten im
Blute anregt Es wirkte günstig ein auf Drüeen-
Bchwellungen nach Masern und Scharlach (2Vt°>S
subcutan). Bei Phthisikem bewirkt es eine flhn-
lidie Reaktion wie das Tuberkulin (2 Sektions-
befnnde). Günstige Wirkung vom Pilocarpin sah
W. in einem Falle von Lupus, in 5 FäUen von
Streptokokken-Angina. In einem Falle von echter
Diphtherie dagegen versagte es. W. empfiehlt das
Pilocarpin als ein prognostisches Httlfsmittel bei
tuberkulösen Erkrankungen der Lymphdrüsen, als
Heilmittel gegen Pseudoleukämie und gegen Diph-
therie bei gleichzeitiger Streptokokkeninfektion.
Zum Stadium der GraDolationen härtet W. die Kat-
präparate daroh Osmiamdämpfe und &rbt mit Garbol-
fachsin and Methylgrün (Formeln siehe im Original). £r
fand, dass auch die feineren Veränderungen der Leoko-
cyten (Abnahme grobgranalirter Zellen \m Zunahme der
Besserung), die nicht gleichen Sohritt mit der Temperatar-
abnahme halten, prognostische Anhaltepunkte gewahren.
Härtung (04) konnte bei der Untersachimg
von 10 Krebskranken, die in der Neusser'schea
Klinik lagen, die interessante, schon von Hüller,
Rieder und Schneyer gefundene Thatsache
bestätigen, dass bei Magenkrebs die Verdauongs-
leukocytose ausbleibt Er legt mit Schneyer
dieser Erscheinung eine diagnostische Bedeutung
bei. Sie beruht auf der Abnahme der Verdauungs-
kraft für Eiweiss und auf dem Mangel der Magen-
schleimhaut an resorbirender Kraft Diese Herab-
setzung der physiologisdien Leistung am Mag»
findet sich nach Fenwick auch bei Garcinom an-
derer Organe, nicht nur des Magens. In der Tfaat
konnte H. den Mangel der Verdauungsleukopytoae
auch bei 6 Krebskranken finden, bei denen der
Magen nicht der Sitz der Erkrankung war. Doc^
will er aus der geringen Zahl der Beobachtungen
keine bindenden Schlüsse ziehen.
B 0 1 k i n (95) studirte eingehend das Absterbea
der Leukocyten ausserhalb des Körpers and komml
zu der Ansicht, dass dieser Tod das Ei^gebniss einei
Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Qebietö der Physiologie und Pathologie des Blutes. 93
verwickelten physikalischen und chemischen, sich
zwischen Plasma und Leukocyten abspielenden
Prooesses ist Wahrscheinlich ist die Leukolyse
Löwit's eine Leukocytolyse, die nach den Be-
schreibungen verschiedener Forscher auch im leben-
den Blute vor sich zu gehen scheint Durch die
chemisch - physikalischen Beziehungen zwischen
Leukocyten und Blutplasma scheint der lebende
Körper seine Immunität gegen eine oder die andere
Intoxikation, das Serum seine immunisirenden und
heilenden Wirkungen zu gewinnen. Leukocytose
und Leukocytolyse müssen gleichzeitig studirt
werden.
Interessante Versuche stellte Hahn (06) an,
um Beweismaterial für die Alexintheorie zu ge-
winnen. Er fand, dass künstlich erzeugtes Pleura-
exsudat (gewonnen durdi Einspritzung von Aleu-
ronat-Stärkeaufschwemmung, Olutencasein-Stftrke-
aufschwemmung, Glutencasein-Oummi) gegenüber
Staphylokokken und Typhusbacillen eine stärker
baktericide Kraft besass, als deübrinirtes Blut und
Blutserum desselben Thieres. Da in dem Exsudate
die Leukocyten durch Gefrieren abgetOdtet wären,
so ist eine Phagocytose ausgeschlossen. Diese
baktericide Wirkung ging durch Erwärmen auf 55^
verloren. Sie kann also auch nicht auf einem
Mangel an Nährstoffen beruhen. Der Zusatz von
ausgepresster Leukocytenflüssigkeit verstärkte die
baktericide Kraft des Serum. Auch Leukocyten-
KochsalzlOsung hatte eine starke baktericide Kraft,
war aber erst nach doppelt so langer Zeit wirksam
als das Serum. Das erhitzte Serum konnte durch
aktives Serum oder Leukocyten - Kochsalzlösung
nicht reaktivirt werden. Die baktericiden Stoffe
l5sen sich jedenfalls am besten in aktivem unver-
ändertem Serum. Bei Yersuchen mit Gholera-
baciUen mussten andere chemotaktische Mittel be-
nutzt werden (zimmtsaures Natron, Papayotin), da
eine Beimengung von Aleuronat die Entwickelung
der Kommabacillen begünstigt Das Serum an und
für sich ist kein geeigneter Nährboden für die
CholerabaciUen. Bei Verwendung von Aleuronat
gelang die Abtödtung der Kommabacillen nicht mit
Leukocytenflüssigkeit, wohl aber durch Serum und
Mischung aktiven und inaktiven Serum. Histon-
blut hatte die gleiche baktericide Ejraft wie das
iSerum und das defibrinirte Blut desselben Thieres.
Nach diesen Yersudien ist es. wahrscheinlich, dass
die baktericide Kraft des Blutes von Sekretions-
produkten der lebenden Leukocyten herstammt
Ss ist die Hoffnung vorhanden, dass diese Stoffe,
d.h. die Alexinmenge, durch Erzeugung einer Leuko-
cytose künstlich gesteigert werden können.
Auf den Gehalt an Mikroorganismen unter-
suchte Sittmann (97) das Blut von 53 Kr., die an
verschiedenen Infektionskrankheiten litten, mittels
des Culturverfahrens. Er betont, dass man bei der-
artigen Untersuchungen grössere Blutmengen, als
man bisher gewohnt war, verwenden müsse. Er
untersuchte : 1) Primäre Sepiikopyämie, 9 FSUe
von kryptogenetischer Septikämie : 4mal Strepto-
kokken, 4mal Staphylokokken und Bacterium coli
(2 Kr., bei denen Staphylokokken gefunden würden,
genasen). Bei 3 von der Leber ausgehenden Er-
krankungen waren 2mal Staphylokokken, Imal
Staphylokokken und Bact coli anwesend. 2 Fälle
von akuter gelber Leberatrophie ergaben negatives
Besultat, ebenso 10 Fälle croupöser Pneumonie,
während in 6 änderen Fällen Pneumokokken vor-
handen waren. Der positive Erfolg der Blutunter-
sudiung \sk hier ein ungünstiges Zeichen. 2) Sekun-
däre Septikopyämie : 4 Fälle von Typhus, darunter
2 mit Staphylokokken. (Der Ablauf der Tempe-
ratur beim Typhus kann bedingt sein durck den
specifiachen Charakter der Infektion selbst Ent-
zündliche Infektionen im Verlaufe des Typhus
können hervorgehen aus den primären Infektions-
erregern und aus eingewanderten Eitererregem.)
4 Fälle von Tuberkulose, darunter 3 mit Staphylo-
kokken. (Im 4. Falle, wo die Untersuchung negativ
ausfiel, war hektisches Fieber vorhanden. Dieses
kann also der Ausdruck der Intoxikation sein,
braucht nicht auf Allgemeininfektion zu beruhen.)
Die bei Oelenkrheumatismus , Scharlach, lilasern
und Uakria ausgeführten Untersuchungen fielen
negativ aus. Aus Thierversuchen S.'s geht hervor,
dass im Blute cirkulirende Staphylokokken durch
den Urin ausgeschieden werden können, ohne dass
eine bedeutende Schädigung der Nieren eintritt
Man soll daher bei Septikopyämie die Thätigkeit
der Nieren anregen. Die Ausscheidung der Kokken
erfolgte bei schweren Infektionen von der 8. Std.
an bis zum Tode, bei leichten von der 5. Std. an
14 oder 16 Std. lang.
Sittmann und Barlow (98) fanden 11 Std.
vor dem Tode bei einem an Septikopyämie Leiden-
den (Striktur der Harnröhre, Cystopyelonephritis)
Bacterium coli im Blute. In den Nieren liessen
sich nach dem Tode Stäbchen nachweisen, die den
im Blute vorhandenen morphologisch glichen. Für
Kaninchen waren sie nur pathogen bei Infektion
auf dem Blutwege.
Righi (99) konnte bei 3 Kr., die an epide-
mischer Genickstarre litten, F r ä ü k e 1 'sehe Diplo-
kokken nachweisen. Sie waren bei dem 1. und
2. Kr., soweit sie aus dem Blute stammten, nicht
virulent, wohl aber soweit sie aus dem Urin
stammten. Bei dem 3. Kr. wurden aus Blut und
Fäces virulente, aus dem Urin nicht virulenteKokken
gezüditet
Es wird fast allgemein aiigenommen, dass die
Anämie die Disposition zu den verschiedensten
Neurosen abgiebt Reinert(lOO) wirft die Frage
auf, ob nicht umgekehrt eine Neurose die Grund-
lage für die Anämie abgeben kann. Er fordert
dazu auf, in jedem Falle einer Neurose zunächst
eine Blutuntersuchung anzustellen und eine etwa
bestehende Anämie zu behandeln. Hydx^therapeu-
tische Kuren sind bei bestehender Anämie nicht
angezeigt. Die Hausärzte sollen dei: Entstehung
94 Brückner, Neuere Arbeits aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
von Neurosen vorbeugen, indem sie jede geringe
Störung der Blutmischung, namentlich bei Mädchen
in den Entwickelungsjahren, energisch bekämpfen.
IV. Specielle Pathologie.
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Diagnose u. Then^ie betrachtet Wien. klin. Rundschau
IX. 21. 1894.
123) Babes, Sur le bothriocephale et l'anemie
bothriocephalique en Roumanie. Bull, de TAcad. de Med.
XXXIV. 32; Aoüt 13. 1895.
Nachdem Taylor (101) die bisher bekannten
Rückenmarkserkrankungen im Verlaufe schwerer
Anämien zusammengestellt hat, berichtet er über
2 hierhergehörige Fälle mit Sektionsbefund. Bei
beiden Kranken war Sklerose vorhanden, die im
Hals- und Bückenmarke einen Theil der Seiten-,
Vorder- und Hinterstrftnge, im Lendenmarke nur
die Seiten- und Hinterstrftnge betraf. T. glaubt,
dass die Veränderungen zu Stande kommen : 1) ia
Folge einer Oiftwirkung des veränderten Blutes;
2) durch Blutungen und herdweise Entzündung.
Da die Veränderungen im Rückenmarke bei schwe«
ren Anftmien vorwi^;end die Hinterstrftnge be»
treffen, wird auch als feststehendestes Erankheita-
zeichen Ataxie gefunden. Es sind weiterhin die
Beziehungen der beschriebenen Krankheit zur atak-
tischen Paraplegie und zur chronischen Myelitis zu
erforschen.
Dunin (102) betrachtet in kritischer Weise
die chemischen und morphologischen Verftnderun-
gen des Blutes bei anämischen Zuständen auf Orund
der neueren Arbeiten. Er sucht den Mechanis-
mus der Entstehung der Anftmien zu erSrtem und
kommt zu dem Schluss, dass uns das Wesen der
Anftmie noch nicht enthüllt ist D. ist geneigt,
die Chlorose als eine in Folge von Blutverlusten
entstehende Anftmie aufzufassen. Nur für die per-
niciöse Anftmie erkennt er einigermaassen patho-
gnostische Kennzeichen an.
In der v. Ziemssen'schen Klinik hat Bih-
ler (103) Blutdruckmessungen bei Chlorotischen
mit dem Sphygmomanometer von v. Basch ange-
stellt Es ergab sich, dass der Blutdruck um so
niedriger war, je stftrker die Erscheinungen am
Herzen ausgeprftgt waren. Bei gleichzeitigem
Lungenspitzenkatarrh war der Blutdruck auch b^
unverftndertem Herzen herabgesetzt, bei Neigung
zuEmbolie, beiAorteninsuffidenz mit Hypertrophie
des linken Ventrikels gesteigert DerHftmoglobin-
gehalt des Blutes betrug beim Eintritt durch-
schnittlich 58^/a, beim Austritt 94^0) ^^^ Blut-
druck 77, bez. 86 mm Hg (beim Gründen 90 bis
120 mm Hg). Dieser Befund stimmt überein mit
den Angaben von v. Basch, steht im Gegeosatze
zu den Erfahrungen von Immermann. Fast
stets fand B. Verbreiterung des Herzens nach
rechts, Verstftrkung des 2. Pulmonaltons, systo-
lisches Qeräusch an der Spitze. Er glaubt dem-
nach, dass das letztere in einer grossen Anzahl
von iFftllen beruht auf einer durch Dilatation be-
dingten sekundären Klappeninsufficienz. Diese
betrifft vielleicht eher die Tricuspidalis als die
Mitralis. Diese Auffassung wird von Leyden,
Oermain-S6e befürwortet, von Bamberger,
Jürgensen, Eichhorst, Strümpell ab-
gelehnt.
Nach Martin (104) kommen auch bei Mfta-
nern Zustftnde vor, die man als Chlorose bezeich*
nen kann. M. theilt 4 derartige Beobachtungen
mit Die Kranken standen im Alter von 24 bis
27 Jahren imd besserten sich nach der Verab-
reichung von Elisen und Arsen.
Ha ig (105) madit darauf aufmerksam, dass
gewisse Blutverftnderungen (paroxysmale Hfimo-
Brückner, lif euere Arbeiten aas dem Gebiete der t^hysiologie und Pathologie des Blutes. 95
globinurie, Anaemia splenica, Chlorose) abhängig
sind von einem hohen Hamsäuregehalt des Blutes.
Er sucht nachzuweisen, dass Eisen und andere
Mittel der „Blutarmuth^^ gegenüber sich nützlich
erweisen dadurch, dass sie das Blut von Harnsäure
befreien y dass sie unwirksam bleiben, wenn das
Blut überreich an Harnsäure ist üeber das Zu-
standekommen der Chlorose hat H. folgende An«
sieht: Die Mädchen wachsen im 13. Jahre sehr
schnell und nehmen an Gewicht zu. Dann nimmt
die Entwicklung rasch ab. Im 18. Jahre ist das
Wachsthum fast »» 0. In der Zeit des raschen
Wachsthums ist das Blut niedrig alkalisch, der
Urin stark sauer. Mit dem Stillstande des Wachs-
thums fällt die Hamsäurebildung ab. Das höher
alkalische Blut lOst die aufgestapelte Harnsäure
auf, die nun schnell ausgeschieden wird. Die
Folge davon ist die Entwickhmg der Chlorose.
Bei den Knaben geht die Entwicklung später und
langsamer vor sich. Daraus erklärt sich deren
geringere Neigung zur Chlorose, die noch herab-
gesetzt wird durch die grössere, einer Anhäufung
von Harnsäure nicht förderliche Bewegungsfreiheit
Um der Chlorose vorzubeugen, empfiehlt H. den
Mädchen im 13. Lebensjahre eine an Hamsäure-
bildnem arme Diät (ohne Bouillon, Beaf-tea,
Fleiflchextrakt, Kaffee). Femer sollen sich die
Mädchen auch im Pubertätsalter ausgiebig Be-
wegung machen. Ist die Chlorose ausgebrochen,
80 soll man das Blut von Harnsäure befreien!
Wenn Eisen u. s. w. versagen, soll man zur Salicyl-
säure greifen.
G u i te ra s (106) fand im Knochenmarke eines
an Leukämie Verstorbenen 4 verschiedene Arten
von Zellen, von denen er meint, dass sie sich eine
aus der anderen entwickeln. Er weist auf das
Yorkommen fadenförmiger Knospen an den Erythro-
blasten hin, die die Endothelwand der Milzcapil-
laren durchdringen und jedenfalls mit der Neu-
bildung der rothen Körperchen in Zusammen-
hang stehen. Er fand diese Bildungen auch
in der Milz von Ratten und Kaninchen nach Blut-
rerlusten.
Käst (107) beschreibt 2 Kranke mit Leukämie, die
Besonderheiteu darboten. Der 1. Pat wurde 2 Monate
gepeinigt durch quälenden, jeder Behandlung trotzenden
Priapiamus, dessen Ursache, wie sich bei der Sektion
ergab, eine örtliche war. In den Schweilkörpern der
liamröhre und des Gliedes fanden sich weisse Thromben.
Das Endothel der cavemösen Räume war unverletzt. Die
Thromben enthielten wenig Fibrin. (Spricht für L i 1 i e n -
f eld *8 Auffossuog der Oerinnung.)
Der andere Kr. K«'s hatte nervöse Störungen, recht-
aetttge Facialisparese, erhebliche Herabsetzung der Hör-
Bobftrfo, vollkommene Pupillenstarre. Dazu trat nach
Bni^er Zeit linkseitige Facialislähmung. Bei der Sektion
fauid sich als Ursache dieser Störungen in der Medulia
ri>loiigata, in der Gegend der stärksten Entwicklung des
[>liTenkern8, eine deutliche, gleichmässig verbreitete Ver-
minderung der markhaltigen Nervenfasern. Die meisten
Pteem waren aufgetrieben, gequollen. Dazwischen fan-
lan sich atrophische Fasern, Schollen untergehender
lla^rksubstanz. Die Veränderungen in der Kernregion
les Hypoglossus, Olossopharyngeus , Vagus, Acusticus
und Facialis betrafen auch die Ganglienzellen, die zum
Theil verkleinert, stark gekörnt und pigmenthaltig waren.
Georgiewsky (108) theilt den Blutbefund eines
50jähr. Leukämie - Kranken mit Das Verhältniss der
weissen zu den rothen Zellen betrug 1 : 14 bis 1:6
(4965000 : 348000, 2896000 : 464000). Meist waren vor-
handen einkernige neutrophile „Markzellen*^, daneben
durchsichtige vielkernige Leukocyten. In grosser Zahl
fanden sich eosinophile Zellen, in der flauptsaohe Knochen-
markzellen. Die durchsichtigen Zellen, deren Proto-
plasma sich nicht färbte, sind zuerst von Tschisto- '
witsch im Blute gefunden worden in einer Menge von
0.5 — O.OVo* Bei dem Kranken G.'s machte ihre Menge
60®/o ans. U s k o w fasst die Zellen als zerfallende Leuko-
cyten auf.
Die akute Leukämie ist mehrfach Gegenstand
des wissenschaftlichen Interesses geworden.
Seelig (109) beschreibt einen 11 jähr. Knaben, der
wegen aussetzender Kopfschmerzen, Müzschwellung und
Albuminurie in Behandlung kam. Nach 2 Wochen trat
dazu Vergrösserung der Leber, leukämische Veränderung
des Blutes. (Kein Fieber;) Nach 5 Wochen Knochen-
schmerzen, Blutungen, Drüsenschwellungen, Knötdien
in der Haut Wenige Tage vor dem Tode Fieber, Blut-
erbrechen, Koma. Sektion: Lymphome derEÖaut, Pe-
techien. Milz- und Lebertumor, grosse Thymus. Lym-
phomknötchen am Herzen. Schwellung der Mesenterial-
drüsen. An der Oberiläche der Nieren weisse Knötchen.
Stecknadelkopfgrosse Blutungen der Magenschleimhaut
Prominente Follikel, mit Blutungen auf der Höhe. Drüsen-
schwellung an der Leberpforte. Längs der Pfortaderzweige
weisse Punkte und Streifen. Knochenmark (Tibia) ro£.
Bkä. 1) Während des Lehens : Viele grosse einkernige
Leukocyten, Markzellen, daneben spärliche Lymphocyten,
noch weniger vielkemige Leukocyten, ganz vereinzelte
kernhaltige rothe Blutkörperchen. 2) LeiehenbltU : Vor-
wiegend Lymphocyten, wenig Markzellen und vielkemige
Leukocyten. Im Knochenmark zahlreiche Markzellen
und Gebilde lymphocytären Charakters. Anzahl der
rothen kernhaltigen Blutkörperchen vermindert. In der
Milz meist Lymphocyten, wenig Markzellen. Auffallend
ist der schnelle Uebergang des mit Markzellen über-
schwemmten Blutes in lymphämisches Blut
Askanazy (110) theilt ausführlich die Kranken-
f)8chichte und den Sektionsbefund einer nach 2monatiger
rankheit an akuter Leukämie verstorbenen Schwangeren
mit Als bemerkenswerth hervorzuheben ist Folgendes :
1) Eü fanden sich geschwürige Prooesse am Zahnfleisch,
in der Rachenhöhle und im Dünndarm, die aus lympha-
tischen Infiltraten durch Oberflächennekrose hervor-
gegangen waren. 2) Das Knochenmark war im Humerus
roth und hyperplastisch ohne Regenerationsvorgänge.
Im Marke der Rippen keine kernhaltigen rothen Körper-
chen. Es handelt sich also um reine myelogene Leuk-
ämie. 3) Die bakteriologische Untersuchung fiel negativ
aus. 4) Die Untersuchung des todt und leicht macerirt
zur Welt gekommenen Kindes ergab Blutungen und
hydropische Erscheinungen, aber keinerlei leukämische
Erkrankung. Die Noxe der Leukämie kann demnach
keine im Blute gelöste Substanz sein. Die Untersuchung
des Blutes der noch nicht gelösten Placenta (die Mutter
starb kurze Zeit nach der Geburt im Collaps) ergab, dass
die intervillösen Räume „mütterliche Blutsinus capillärer
Dignität darstellen'^.
In zusammenfassender Darstellung behandelt
A. Frank el (111) aufOrund von 8 eigenen Beob-
achtungen die Frage der akuten Leukämie. Die
Blutuntersuchung ergab übereinstimmende Befunde,
die von den bei chronischer Leukämie gefundenen
abweichen. Nach Besprechung der übrigen kli-
nischen Erscheinungen (es kommt bei der Bezeich-
nung „akute Leukämie^^ weniger auf die Dauer der
96 BrQckner, Heuere Arbeiten aus dem Qebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes.
Krankheit, als auf den plötzlichen Beginn an),
beschäftigt sich fr. ausführlich mit dem Blut-
befund. Er fand, dass ausschliesslich eine Zu-
nahme der grossen einkernigen Elemente mit
bläschenförmigem, chromatinarmem Eem statt-
findet. Daneben kommen in geringerer Zahl auch
kleine einzellige Formen vor. Auffallend gering
ist die Zahl der Yielkemigen Zellen. Die meisten
weissen Blutkörperchen zeigten keine amöboide
Bewegung. Kernhaltige rothe Eörpercben waren
an Zahl gering. Fr. fiasst die beschriebenen über-
wiegenden Zellen als junge Formen auf, betont,
dass ein gewisser Polymorphismus dieser Zellen
charakteristisch ist, und bezeichnet den ganzen
Zustand als Lymphämie, bez. LymphocyÜiftmie. Er
bemerkt dabei, dass Lymphocyten aus allen Orten
des blutbildenden Apparates, nicht nur aus den
Drüsen stammen können. Die Lymphocythftmie
tritt ein, wenn die Vermehrung der weissen Blut-
körperchen eine besonders rege ist und die neu-
gebildeten Zellen schnell in das Blut übeigehen.
Die yielkemigen Zellen sind gegenüber dem nor-
malen und chronisch leukämischen Blute an Zahl
ausserordentlich gering. Die jungen Leukocyten
sind gehindert, in die vielkemigen Formen über-
zugehen.
Die Aetiologie der akuten und chronischen
Leukämie ist jedenfalls eine einheitliche. Viel-
leicht kommen Uebergangsformen vor, die durch
die Blutbeschaffenheit ausgezeichnet sind. Wir
dürfen yermuthen, dass die Leukämie eine Infek-
tionskrankheit ist. Pie bisherigen Befunde in
dieser Richtung sind nicht eindeutig. In 2 von
F.'s Fällen fand Eohn das Blut nach der Methode
von Sittmann keimfrei. Bei 2 Kranken beob-
achtete F. die Rückbildung des leukämischen Pro-
cesses unter dem Einfiuss einer septischen Infek-
tion. Jedenfalls handelt es sich dabei um eine
echte Leukolyse im Blute und in den blutbildenden
Organen. Dafür sprechen gewisse Blutbefhnde, die
Verschlechterung des AllgemeinbeQndens (Ferment-
intoxikation), die mit der Abnahme der weissen
Körperchen einhergehende Zunahme der Harn*
säureabscheidung (nach Analysen von Magnus-
Lewy) bei einem Kranken. Rücksichtlich der
Heilung der Leukämie durch bakterielle Infektion
sind in der Literatur 3 verwerthbare Fälle von
chronischer Leukämie vorhanden. In diesen Fällen
ging die Leukämie in Leukocytose über, während
bei den von F. beobachteten Kranken der Schwund
alle Formen der weissen Eörperdien betraf. Bei
der Heilung der Leukämie kommt es darauf an,
die in den Bildungstätten lagernden, sowie die
daselbst neu erzeugten Elemente in normalerweise
in vielkemige umzuwandeln. Die bisher ange-
stellten Versuche mit Organextrakten und Zimmt-
säure haben noch keine zuverlässigen Ergebnisse
gefördert
Askanazy(112) kann sich nicht damit ein-
verstanden erklären, dass Fränkel grosse ein-
kernige Zellen mit chromatinarmem Kern Lympho-
cyten und die leukämische Blutmischung, bei der
jene Formen vorwiegen, Lymphämie benennt Er
hat grosse einkernige Zellen ohne specifische Gra-
nulationen als Markzellen bezeichnet, was ihm
Fränkel mit dem Hinweise zum Vorwurf ge-
macht haben soll, nach Müller seien die Mark-
zellen nicht nur durch Grösse undKernbeschaffen*
heit, sondern auch durch die protoplasmatische
^ömelung ausgezeichnet Nach A. findet sich
dafür bei Müller kein Anhalt Im Uebrigen legt
er auf die Bezeichnung „Markzellen^^ keinen Werth.
Die lymphämische Blutbeschaffenheit im Sinne
Fränkel 's kann A. nicht als charakteristisch fOr
akute Leukämie anerkennen. Lymphämie kommt
auch als chronischer Zustand vor, wie er A. Frän-
kel gegenüber behauptet Eine einschlägige Beob-
achtung wird gegenwärtig in Königsberg gemacht.
In seiner Entgegnung auf die Einwände Aska-
nazy 's sagt Fränkel (113), es gebe grosse nnd
kleine Lymphocyten. Die ersteren seien diejungea
Formen. Nicht das Vorherrschen dieser Zellen
allein, sondern ihre Vielgestaltigkeit und die feh-
lende Vermehrung der vielkemigen Zellen sei
kennzeichnend für die akute Leukämie. Die Vor-
würfe A.'s bezüglich der Markzellen weist F. als
unbegründet zurück. Er wiederholt, dass in der
Literatur keine Beobachtung von ohron. Lymph-
ämie bekannt sei. Der von A. zur Zeit beobach-
tete Fall müsste vor Allem ausführlich mitgetheilt
werden.
Hintze (114) Iheilt die EraDkengeschichte and den
Sektioosbefund eines 16jAhr. Knaben mit, der unter lenk-
ftmifichen Symptomen nach 2monatiger Krankheit starb.
Im Blute fanden sich die einxelligen Momente mit groasem
Kern vermehrt Aus dem Blute und den Organen konnte
H. Kokken züchten, die morphologisch Streptokokken
Shnelten, cultureU vielüach Berührungspunkte mit den
Staphylokokken zeigten. Leukämische Veränderungea
konnten mit den wenig virulenten Kokken beimThieie
nioht erzeugt werden.
In der Literatur überwiegen die Angaben von nm-
tivem bakterioWischen Befund bei der Leukämie. Die
Frage, ob es sich bei seinem Kranken um eine Infektion
mit leukämischen Symptomen oder umgekehrt um eine
Leukämie auf infektiöser Grundlage handelte, entscheidet
H. zu Gunsten der letzteren Auffassung.
Auf Grund theoretischer Erwägungen stellt H.
folgende Eintheilung auf: 1) Infektionskrankheiten
mit vorübergehender Leukocytose. 2) Chionisdie
Infektionskrankheiten mit länger dauernder Leuko-
cytose und Zerstörung rother Blutkörperchen.
3) Akute Leukämie (fieberhafte Krankheiten mit
Leukocytose und Lymphdrüsensch wellnng) ; a) bak-
terielle Form; b) toxische Form. 4) Ohroniadie
Leukämie (acido- und neutrophile Zellengranali-
rung). 5) Lymphosarcomatosis universalis (acido-
neutrophile Zeliengranulirung und Leukoqytofie).
6) Lymphosarcomatosis universalis (keine Zelien-
granulirung und Leukocytose), sogenannte Pseado-
leukftmie. In allen Fällen würde es aioh um
Krankheiten handeln, die auf bakterielle Infektioa
zurückzuführen sind. Die Dauer und die Krank-
Brflekner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 97
heitserscheinungen würden abh&ngen von der
Menge und Stärke des bakteriellen Giftes, sowie
Ton der Dauer, in der dieses Qift im E6rper vor-
handen ist
Hindenburg (115) untersuchte mikrosko-
pisch die Organe von 3 an Leukämie Verstorbenen.
Er fand, dass die Leukocytenbildung durch Mitose
in denEeimcentren nicht gesteigert, sondern unter
die Norm gesunken war. Ebenso fanden sich im
Blutstrom, abgesehen von der Leber, nur vereinzelte
Mitosen, während solche zahlreich in den Lymph-
wegen der lymphoiden Organe, sowie in den Leber-
capillarei^ vorhanden waren. H. versucht nachzu-
weisen, dass gerade diejenigen Formen der weissen
Blutkörperchen in den Organen in lebhafter Thei-
lung standen, die im jeweiligen Falle den Blut-
befnnd beherrschten. Er hat folgende Auffassung
vom leukämischen Process: Bei der Leukämie wird
durch eine Noxe unbekannter Art der physiologische
Vorgang der selbständigen mitotischen Vermehrung
i]]gend einer Leukocytenform gesteigert. Das be-
trifft meist die Markzellen. Ebenso können ver-
mehrt werden grosse einkernige Zellen mit grossen
Pseudonucleolen und Lymphocyten. Weshalb ein-
mal diese, einmal jene Form betroffen wird, steht
dahin. Die wechselnde, wie es scheint, in gewissem
Zusammenhang mit dem Blutbefund stehende
Lokalisation des leukämischen Processes dürfte
davon abhängen, dass bestimmte Leukocytenarten
bestimmte Theile des lymphatischen Apparates zur
Theilung bevorzugen. Aus diesen gelangen die
neugebildeten Zellen theils durch die Lymphwege,
theils, wo die Blutbahn in offener Verbindung mit
dem Parenohym steht (Milz, Knochenmark), direkt
in das Blut Durch Einführung dieser Elemente
in das Blut, durch ihre Vermehrung daselbst
kommt die leukämische Blutbeschaffenheit zu
Stande.
L0wit(116) wendet sich gegen H.F.Müller,
der die Virchow-Neumann'sche Lehre von
der Leukämie im Gegensatz zu Löwit vertritt
Er hält diese Lehre nicht für vollkommen gestützt
Auch in normalem Znstande sind in den blut-
bildenden Organen lebhafte Neubildungsvorgänge
hänfig vorhanden. Eine Steigerung bei der Leuk-
ämie ist nicht erwiesen. Von der Abwesenheit
der divisio indirecta per granula sieht L. hierbei
ab. Wenn Müller behauptet, die Gegenwart der
MarkzeUen spreche gegen die Theorie von L., so
wendet dieser ein, dass die sogen. Markzellen als
sichere Abkömmlinge des Knochenmarkes bis jetzt
noch nicht angesehen werden können. Die in
akirten Fällen fehlende Vergrösserung der blut-
bildenden Organe ist wohl mit der Theorie von L.
verunbar, nicht aber mit derjenigen von Vir-
chow-Neumann. Das Auftreten kernhaltiger
rother Blutkörperchen lässt sich mindestens nach
der Aufüassung L.'s nicht ungezwungener erklären,
als nach der gegnerischen. Diese ist nicht mit
der Thatsache vereinbar, dass bei der Lymphämie
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
auch kernhaltige rothe Blutkörperchen auftreten
und dass bei der Myelämie die Anzahl solcher Ele-
mente verhältnissmässig zu klein ist Nach L.
entstehen durch die Ablagerung derLeukocyten in
den blutbildenden Organen Störungen in der Bil-
dung der rothen Blutkörperchen, die die Erschei-
nung erklären.
In einem Anhang bespricht L. eine Arbeit von
Jacob, der nach Einspritzung von Milzextrakt bei
einem Kranken mit Uenaler Leukämie zunächst Abnahme
derLeukocyten erzielte. DieLeukocyten nahmen hierauf
wieder zu, ohne aber den ursprünglichen hohen Werth
zu erreichen. Diese Beobachtung spricht kaum für eine
gesteigerte Neubildung von Leukocvten. An der Arbeit
von Hindenburg (115) bemfingeltL., dass dieser die
Bezeichnung „Markzeilen*^ in einem Umfange anwende,
der bisher nicht übUch war. Es hat daher der Nach»
weis solcher Markzellen und ihrer zahlreichen Mitosen
in den Organen für die Auffassung der Leukämie keinen
Werth.
Matthes (117) untersuchte das Blut zweier Leuk-
ämischer auf Pepton und Albumose. Das Verfahren voa
Schmidt-Mühlheim und dasjenige von Devoto
zur ^Enteiweissung^ eignet sich nicht zu solchen Unter-
suchungen. Bei ersterem können echte Albumosen mit
niedergerissen werden; bei letzterem können gewisse
Proteine Spaltungen erfahren und so zu Irrthümern
führen. M. bediente sich der Methode von Alexander
Schmidt (Fällung durch Alkohol nach Aussalzen mittels
Ammoniumsulphat) und fand bei seinen beiden Kranken
kein Pepton, wohl aber im Blut und im Blutserum Deutero-
albumose. Das Blut des einen Kranken enthielt reichlich
gelöstes, wohl aus zerfallenen Blutkörperchen hervor-
gegangenes Nudeoalbumin. lu beiden Fällen war die
amsäureabscheidung nur unbedeutend gesteigert.
Lannois und Regaud (118) theilen die Kranken-
geschichte und den Sektionsbefund mit histologischer und
bakteriologischer Untersuchung einer 58jähr. Frau mit,
die an Carcinoma uteri, Lymphdrüsenschwellungen^ Milz-
und Leberschwellung Utt. Im Blute bestand Leukocyth-
ämie. L. und R. fassen das Krankheitsbild auf als eine
(Kombination von Leukocyth&mie, Lymphadenie und Car«
cinoma uteri. Das Yerhältniss der rothen zu den weissea
Körperohen betrug 25:1. Der Tod erfolgte anStrepto-*
kokkeninfektion.
S h a r p (1 19) bespickt die makroskopischen und histo-
logischen Merkmale der Lymphdrüsen bei der Hodgkin*-*
sehen Krankheit, ihre Unterschiede vom Lymphom und
Lymphosarkom.
Eisenmenger (120) beschreibt ein 23jähr. Mftd-
chen, das das typische Bild der Pseudoleukämie darbot
Nur der vordere Abschnitt des linken Halsdrüsenpackets
zeigte das Bild des Lymphosarkoms. Die dazu gehörigea
Drüsen waren zu einer höckerigen Geschwulst verschmol-*
zen, so dass die einzelnen Drüsen nicht abgegrenzt wer-
den konnten. Die darüber gelegene Haut liess sich nicht
in Falten abheben. Die Uautvenen waren erweitert
Ueber der Mitte des Manubr. stemi befanden sichLymph-
angiektasien. Der Hämoglobingehalt betrug 3.5% i die
Anzahl der rothen Kdrperchen 3828000, diejenige der
weissen 90000 (1 : 42). Keine Poikiiooytose, keine kern-*
hidtigen rothen Körperchen, keine Vermehrung der
eosinophilen Zellen. Ueberwiegende Vermehrung der
irielkemigen Leukocyten. Nach £. hat das Halsdrüsen-*
packet den Charakter des Lymphosarkoms angenommen.
Die Lymphstauung erklärt sich aus dem Zosohwellen der
glandulären Lymphwege durch die Wucherung (die Be->
obachtung stützt die Anschauung von Birch-Hirsch-*
feld). In der ans den erweiterten Lymphgef&ssen stam-
menden Flüssigkeit fanden sich spärliche rothe Blnt«
körperchen, einkernige weisse Zellen, eosinophile Zellen.
Das spricht gegen die Annahme Ooldmann's, dass die
eosinophilen Zellen bei der Pseudoleukämie aas den Blut«
13
98 Brückner, Neuere Arbeiten ans dem Gebiete der Physiologie und Paüiologie des Blutes.
gefSssen ausgetreten sind. Man moss vielmehr annehmen,
dass sie andere woher stammen, dass die Drüsen nur als
Filter wirken und die eosinophilen Zellen anstauen, wäh-
rend sie sie bei leukämischer Erkrankung dorohlassen.
Die genaue Beschreibung des Blutes, das von
einem an „pseudo-pemiciöser AnAmie'^ leidenden
Kinde stammte, giebt Engel (121). In Bezug
auf die Einzelheiten muss das Original eingesehen
werden. E. zieht aus der Beobachtung den Schluss,
„dass in den pemiciösen Formen der Kinder- Anämie
die Entstehung der Lymphocyten durch Austritt
aus den Normoblasten häufiger ist, als durch
Herausplatzen aus den Blutkugeln. Es spricht
dies für eine mangelhaftere Entwicklung der
Lymphocyten bei An&mie, da ja die Blutkugeln auf
einer höheren Entwickelungstufe stehen, als die
kernhaltigen rothen Blutkörperchen*'. Nach der
Darreichung von Arsen stieg die Zahl der jüngsten
Blutkörperchen, d. h. der Hyelooyten und der un-
entwickelten kernhaltigen rothen Blutkörperchen,
während die Zahl dei* ausgebildeten Blutkörperchen
(polynucleäre Lymphocyten und Normoblasten)
geringer wurde. (Ygl. auch Nr. 19.)
Falcone (122) macht Jnstus den Yorwnrf, er
habe bei der VeröffentUchong seiner Untersuchungen über
den Einfloss der Quecksilberbehandlung bei Syphilis auf
den Hämoglobingehalt des Blutes die in dieser Richtong
grandlegenden Arbeiten Semmola's wissentlich ver-
schwiegen.
Bothriocephalas latus ist im Gebiete der unteren
Donau sehr selten. B ab e s (123) konnte 2mal in Leichen
Eier dieses Parasiten finden. Im Darme einer Frau, die
unter den Erscheinungen einer schweren Anämie zu
Grunde gegangen war, entdeckte er 1 Taenie und 2 Exem-
plare von Sot£iocephalus latus.
V. Therapie.
124) Mendelsohn, M., Krankenpflege u. all-
gemeine Behandlung der Bluterkrankungen. Sond.-Abdr.
aus d. Handbuch d. spec. Therapie innerer Krankheiten,
heransgeg. von PenxokU u. StirUxing,
125) Kunkel, Blutbildung aus anorganischem Eisen.
Mit experimenteller Beihülfe des Herrn Dr. An sei m
ausgeführt. Arch. f. Physiol. LXI. 11 u. 12. 1895.
126) Schürmayer, üeber die Wirkung des Liquor
ferro-mangani saccharati normalis. Ein Beitrag zur Eisen-
therapie u. Blutuntersuchung. Deutsche med. Wochen-
schr. XXI. 42. 1895.
127) Kost er, H., Zur Therapie der Anaemia sple-
nica. Centr.-Bl. f. innere Med. XVII. 4. 1896.
128) Fräser, R, Bone-manx>w in the treatment of
pemioious anaemia. Brit med. Joum. June 2. 1894.
129) Stockman, Ralph, Bemarks on nature and
treatment of pemicious anaemia. Brit. med. Joum. May
1895.
130) Katzenstein, M., Heilung eines Falles von
Pseudoleukämie (Hodgkin'sche Krankheit) durch sub-
cutane Arseniigektion. Deutsches Arch. f. klin. Med. LVI.
1 u. 2. p. 121. 1895.
131) Y. Ziemssen, Zur Methode der subcutanen
Anwendung des Arsens. Ebenda p. 124.
132) Ewald, C. A., üeber eine unmittelbar lebens-
rettende Transfasion bei schwerster chronischer Anämie.
Berl. klin. Wchnschr. XXXTT. 45. 1895.
133) Y. Z i e m s 8 e n , Bluttransfusion oder Salzwasser-
infusion. Münchn. med. Wchnschr. XLII. 14. 1895.
1 34) F e i s , 0., Experimentelles u. Casuistisches über
den Werth der Koch salz wasserinfusion bei akuter Anämie.
Virchow's Arch. CXXXVIII. 1. 1895.
135) Wrigh t, E., On ihe treatment of the haeiBOi>
rhages and urticarias which are associated with defident
blood coagulability. Lancet Jan. 18. 1896.
136) Taube, H., De quelques cas d'anemie secon-
daire et de cachexie et de leur traitement au moyea de
la somatose. Belgique med. UI. 2. 1896.
137) Gaste llino, üeber die Behandlung der durch
Hämolyse bedingten Anämien. Klin. Zeit- u. Streitfragea
Vin. 7. Wien 1894. Alfred Holder.
Im Handbuche der speciellen Therapie, das yoü
Penzoldt u. Stintzing herausgegeben wiid,
bespricht Mendelsohn(l 24) diejenigen Gesichts-
punkte, welche bei der Behandlung der Blutkrank-
heiten, insbesondere der Chlorose, in Betracht
kommen, die Kraukenpflege, die Beseitigung ge-
sellschaftlicher Missstfinde, die Ernährung u. a. m.
Wir haben die Abhandlung bereits an anderer
Stelle besprochen.
Kunkel stellte im Verein mit A n sei m (125)
Untersuchungen über die Blutbildung aus anorga-
nischem Eisen an. Er fQtterte 2 junge Hunde tou
ungefUr gleichem Gewicht mit Milch, also eisen-
armer Nahrung. Das eine Thier bekam dazu
täglich eine gewisse Menge Liqu. fern album.
Wöchentlich wurde jedem Hunde durch Aderlass
etwa 7i seiner Blutmenge entzogen. Dies wurde
7 mal wiederholt. Bei der Blutuntersuchung zeigte
sich, dass der nur mit Milch genährte Hund ausser-
ordentlich stark anämisch war, dass der Eisen-
gehalt seines Blutes erheblich abgenommen hatte.
Bei dem anderen Yersuchsthiere dagegen, das noch
etwas mehr Blut verloren hatte, stellten sich keine
Anzeichen von Anämie ein. Der Eisengehalt seines
Blutes hatte nur wenig abgenommen. Er musste
also von dem eingegebenen Eisenalbuminat Eisen
aufgenommen und zur Blutbildung verwendet
haben. Nach der Tödtung der Hunde wurde das
Blut ausgespült und man unterwarf die einzelnen
Organe einer Untersuchung auf den Eisengehalt
Auch hierbei wurden Ergebnisse erhalten, die nur
in dem Sinne einer Eisenresorption zu deuten sind.
Schürmayer (126) hat in 60 Fällen von
primärer Anämie und Chlorose Liquor ferro-man-
gani saccharati normalis mit Erfolg verabreicht
Er tritt für die Eisenbehandlung ein, nach der er
Zunahme des Hämoglobingehaltes und des Volu-
mens der rothen Blutkörperchen feststellte.
Köster (127) Hess einen an Anaemia splenica
leidenden Kranken mit Erfolg SauerstofT inhaliren
(4 Liter täglich). Das Gas wurde mittels ganz ein-
facher Vorrichtungen, die jeder Apotheker zusam-
menstellen kann, gewonnen. Der Erfolg war gün-
stig. Die rothen Eörperchen nahmen an Zahl zu.
Milztumor und Dyspnoe verminderten sich.
Einem 60jähr. Kr. mit pemiciöser AnSmie brachte
die tägliche Verabreichung von Rindermark nach der
Verordnung F r a 6 e r 's (128) weeenthohe Besserung. Vor-
her waren Eiaen und Arsen ohne Erfolg genommen wor-
den. Anfangs wurden neben dem Sjiochenmarke Anea
und Salol gegeben, schliesslich aber ohne BeeiotrSch-
tigung der Wirkung weggelassen. Der H&noglobin-
gehalt stieg von 18«/» auf 78Vo> die Zahl der rotheo- Kor-
perchen von 843000 auf 3900000. Auch das Allgemein-
Brückner, Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Physiologie und Pathologie des Blutes. 99
befinden and die noch vorhandenen schweren Krankheits-
erscheinungen besserten sich.
Stock man (129) hält die perniciOse AnSmie
fOr keine besondere Krankheit Sie ist die Folge
zahhreicher erschöpfender Krankheiten, die zunächst
einen gewissen Zustand von Anämie erzeugen, in
dessen Verlauf es zu degenerativen Processen in
den Gefässen und in Folge davon zu capUlftren
Hfimorrhagien kommt Einige Fälle sind auch die
Folge äusserer Blutungen. Diese Hämorrhagien
geben Rechenschaft von allen charakteristischen
Symptomen und Sektionsbefunden. Die Behand-
lung dieser Zustände muss sich auf ätiologischer
Grundlage aufbauen.
Eatzenstein (130) heilte einen 37jähr., an Pseado-
lenkämie leidenden Mann durch 100 subcutane Ein-
spritzongen von Sol. Fowleri. Anf&nghch wurde 0.1 ge-
geben und jeden 3. Tag um 0.05 gesteigert, bis schliess-
lich eine Gabe von 1.0 erreicht warde. Alle 2 Wochen
wurde eine mehrtägige Pause gemacht Endlich bekam
der Er. 2 volle Spritzen. Dann wurde allmählich mit
der Gabe zurückgegangen«
Y. Ziemssen (131), auf dessen Anrathen die
Kur ausgefQhrt wurde, giebt folgende Rathschläge
für die Herstellung subcutan zu verwendender
Arsenlösung :1g Aoid. arsen. wird in 5 com Natron-
lauge gel(}8t, auf 100 g verdünnt und flltrirt Mit
dem Filtrat werden kleine Gläschen von 2 com
Inhalt angefüllt und sterilisirt Von dieser Iproo.
Losung giebt man zunächst Imal täglich 0.25,
dann 2mal 0.25 bis zu 2mal täglich 1.0. Die An-
wendung solcher grosser Gaben ist nur bei sub-
cutane XSnspritzung längere Zeit hindurch möglich.
Ewald (132) hat bei einem an einer schweren,
jedenfalls pemiciösen Anämie leidenden Kr., der sich in
schwerstem Gollapszustande befand, eine intravenöse
Transfusion von 88 ccm defibrinirten Menschenblutes ge-
macht Der Er. erholte sich danach, da auch nebenher
kiiftige Analeptica verabreicht wurden, und besserte sich
stetig. Derartige schwere Zustände, die bei pemiciöser
Anämie vorkommen, sind vielleicht die Folge von Auto-
intoxikationen (nach Untersuchungen von Hunter,
Wiltschuru. A.)« Das eingespritzte gesunde Blut kann
mö^cher Weise die im Körper kreisenden Gifte neutra-
li^iBD, bez. sohneil cerstören.
Auch V. Ziemssen (133) tritt für die (von
ihm angegebene) Methode der intravenösen Trans-
tvoAon defibrinirten Blutes von Arm zu Arm ein.
Die Salzwasser-Infusion hat nur eine Berechtigung
bei akuten Blutverlusten und wirkt auch hier meist
nur vorübergehend. Man soll ihr nicht spftter als
12 Stunden eine Transfusion folgen lassen. Zur
K-lftaterang dieses Bathsehlags theilt v. Z. ^e
einschUgige Erankengesohiohte mit
Um den Werth der Infusion experimentell zu
prüfen, hat Maydl vorgeschlagen, bei den Ver-
anchsthieren erst die Blutmenge zu bestimmen, die
das Thier sicher tOdtet. F e i s (1 34), der fthnliche
Untersuchungen anstellte, fand, dass bei Kaninchen
der tOdtliche Blutverlust 3^/o des Körpergewichts
betraga Zu ähnlichen Angaben waren audi
Schwarz und Maydl gekommen, welcher Letz-
tere den allgemeinen Schluss zog, dass bei Blut-
Tedosten von Ober 3% ^^ Körpergewichts die
Infusion werthlos sei, dass sie bei Verlusten von
unter 3^/o unnütz sei, da sich die Thiere davon
von selbst erholen. Bei Versuchen an Hunden
fand F., dass Verluste von 5.18% im An&nge
nicht tödtlich, solche von über 5.4<^/o sicher tödt-
lioh sind. Nun schwankt aber der Blutgehalt beim
Hunde ausserordentlich. Man muss daher zur
Bestimmung der Lebensgefahr ausser der ver-
lorenen Blutmenge noch andere Kriterien zu Hülfe
nehmen, was bis jetzt noch kein Beobachter gethan
hat F. hielt sich an den Blutdruck und die Art
der Respiration, nach deren Beschaffenheit er eine
bestehende Lebensgefahr nach einem gewissen
Blutverluste feststellte, und von denen er die
Vornahme einer Infusion abhängig machte. Nur
die Bespiration ergab prognostische Anhalte-
punkte. Beim Kaninchen kann man während
der Verblutung 3 Phasen der Athmung feststellen:
1) Tiefe, aber nicht häufigere Athemzüge. 2) Be-
schleunigung und Verflachung der Athemzflge,
3) vereinzelte, immer flacher werdende Athem-
züge bis zum vollständigen Stillstande der Ath-
mung. Ausgehend von seinen üeberlQgungen machte
nun F. an 9 Hunden und 8 Kaninchen Infusions-
versucha Er konnte, wenn wirklich Todesgefahr
bestand, d. h. wenn die Athmung stillstand, keinen
lebensrettenden Einfluss der Infusion feststellen.
War die Athmung terminal, so wurden die
Thiere durch die Infusion nur vorübergehend be-
lebt (Gegensatz zu K r o n e c k e r). 3) fi[aninchen,
bei welchen die Infusion im hypokinetischen (2.)
Stadium gemacht wurde, blieben am Leben, ebenso
wie 2 Hunde und 1 Kaninchen, bei denen die Ent-
blutung in diesem Stadium unterbrochen wurde,
ohne dass man eine Infusion folgen Hess. Aus
den vorliegenden Erfahrungen am Menschen, welche
günstig lauten und von denen F. 56 aus der Lite-
ratur zusammenstellen konnte, lässt sich ein sicherer
Schluss auf die lebensrettende Wirkung der Infu-
sion nicht ziehen, deren belebende Wirkung sowohl
aus den Erfahrungen am Menschen, als auch nach
den Thierversuchen feststeht
Wright (135) weist auf seine Erfahrungen
hin, nach welchen die Qerinnungsfähigkeit des
Blutes bei Hämophilie durch die Verabreichung
von Kalksalzen (CaClf), die Inhalation von Kohlen-
säure und durch die örtliche Anwendung von
Nudeo- Albuminen (gewonnen aus Aufschwemmun-
gen von Schilddrüse, Hoden, Magenschleimhaut)
gesteigert wird. Es gelang ihm, mit Hülfe der
drei erwähnten Maassregeln schwere Blutungen
bei Blutern zu stillen. Urticariaformen, welche
mit mangelhafter Blutgerinnung einhergehen (dazu
gehört unter Umständen die Urticaria nach Diph-
therieserumeinspritzungen) werden ebenso erfolg-
reich behandelt. Wein setzt die Gerinnungsfähig-
keit des Blutes herab und muss in solchen Fällen
vermieden werden.
Von der Verabreichung von Somatose sah
Taube (136) günstige Erfolge bei sekundärer
100
Roux, Oesammelte Abhandlungen über Entwioklungemechanik der Organismen.
An&mie (2 Kranke). Bei einer Wöchnerin wurde
die zurückgehende Milchabsonderung durch Soma-
tose wieder angeregt
Die Behandlung der mit Hämolyse einher-
gehenden Anämien, bei denen die Resistenz der
rothen Blutkörperdien herabgesetzt ist, bespricht
Gastellino (136). Er hat 10 solcher FlUle be*
arbeitet und theilt von 3 die Ergebnisse der Blut-
iind Harnuntersuchung ausführlich mit C. schliesat
aus seinen Untersuchungen, dasss&mmtliche Stoffe,
die eine Zerstörung des Blutes veranlassen, auch
die Qualität des Urins verändern, indem sie die
Harnsäure vermehren, den Harnstoff vermindern,
den Gehalt an P1O5 und ürobüin, die Acidität, du
toxische Vermögen erhöhen. Sublimat in hohen
Gaben unter die Haut gespritzt, ist bei den mit
Hämolyse einhergehenden Anämien nützlich. Es
erhöht die Resistenz des Blutes, vermindert die
Menge des im Serum aufgelösten Hämoglobin, er-
höht die Alkalescenz des Plasma, verlangsamt die
Zerstörung der rothen Blutkörperchen, vermindert
den Hamsäuregehalt des Harns, vermehrt dieHam-
stoffmenge, vermindert den Additätsgrad, die Menge
des Urobilin, derP^Os und die Giftigkeit des Urins.
C. Bücheranzeigen.
1. OeMmmelte AbhandluDgen über Ent*
wtokelungameohanik der Organiamen ; von
Prof. W. Roux. 2 Bände. Leipzig 1895.
Engelmann. Gr. 8. (48 Mk.)
Mit besonderer Freude erfüllt Ref. den Auftrag,
den Lesern dieser Zeitschrift das vorliegende Werk
anzukündigen. Der Inhalt ist nicht neu; aber doch
nur Wenigen unter den praktischen Aerzten möchte
bekannt sein, was die medidnische Wissenschaft
durch die hier gesammelten, in einem Zeiträume
von 16 Jahren ausgeführten Arbeiten R.'s, an bio-
logischer Erkenntniss, an Verständniss für die Be*
Ziehungen zwischen Lebensthätigkeit und Formen-
bildung und damit auch an praktischen Resultaten
gewonnen hat, und in die Literatur ist bisher auch
nur wenig davon übergegangen. Aber auch für
den, der sie bereits kannte, wirken die einzelnen
Arbeiten in dieser Zusammenstellung zum einheit-
lichen Gesammtbilde wieder wie neu ; erst durch
den erleichterten Ueberblick über die bisher theils
selbständig erschienenen, theik in Zeitschriften
zerstreuten Artikel gewinnt man ein Bild von dem
vonAnfiang an so ungewöhnlich zielbewussten Vor-
gehen, von der überall zur Geltung gelangten logi-
schen Schärfe und dem unermüdlich und unverzagt
bis zu dem letzten der Lösung zugänglichen Pro-
blem vordringenden Eifer des Yerfossers, sowie von
dem Umfange des Arbeitsgebietes, das er durch die
systematische Anwendung klarer Principien auf-
gehellt hat. und auch dadurch hat weiterhin die
Sammlung der Aufsätze den Werth eines neuen
Werkes bekommen, dass R. sich nicht mit dem
einfachen Abdrucke begnügt, sondern überall durch
parenthetisch eingeschobene Zusätze und Anmer-
kungen verschiedener Art die frühere Arbeit zu
dem gegenwärtig erreichten Standpunkte vervoll-
kommt und gleichzeitig einen kurzen Ueberblick
über die Schicksale seiner Lehren seit ihrem ersten
Hervortreten gegeben hat Die grossen Gedanken,
die vor 40 Jahren Darwin der Welt entwickelte,
sind im Wesentlichen in die moderne wissenschaft-
liche Ueberzeugung eingedrungen. Nicht mit eo
glänzendem äusseren Erfolge wie der grosse Vor-
gänger (von dessen „Entstehung der Arten" be-
kanntlich am 1. Tage des Erscheinens die ganze
1 . Auflage verkauft wurde), aber mit nicht geringerer
überzeugender Klarheit hat B. die Probleme, die
jener offen liess, speciell in der Frage nadi dem
genetisdien Zusammenhange der Form desKörpen
und aller seiner Theile mit seinen Leistungen, sowie
in der Frage derYererbung, aufgefasst und erklärt
Die „gesammelten Abhandlungen^* geben ein
Bild von der ganzen Kette der Beweisführung fOr
das „Gesetz der funktionellen Anpassung^S auf dem,
wie R. mit Recht sagen darf, thatsächlich alle Ein-
richtungen unseres Körpers und Geistes und daher
auch unsere Cultur beruhen. Nicht nur für den
Anatomen ist dieses Werk von grosser Bedeu-
tung: jeder Naturforscher wird aus ihm An-
regungen in Fülle schöpfen, vor Allem aber der
Pathologe und der Kliniker. Wir glauben, dass ffir
das Verständniss der Krankheiten verschiedeasler
Art, sowohl der pathologischen Waohsthumsvor-
gänge, als der durch den Kampf mit dw Aussen weit
veranlassten Reaktionen des Körpers einsohliesslick
deir Infektionskrankheiten durch die Arbeiten R*a
eine neue Richtung angebahnt wurde, die sich in
nicht zu langer Zeit siegreich durchkämpfen wird.
Auch bezieht sich ja naturgemäss ein grossorThail
des vorgebrachten Materiales auf patiiologische Ob-
jekte. Aus eigener Erfahrung darf Ref. wohl sagen,
dass pathologisch biologische Yerhältnisse aller
Art sich ihm durch den seit Jahren durchgefOhrtsa
Versuch, sie auf die R'schen Lehren zu bendueO)
erschlossen haben; und so sieht er es als eine
Dankespfiicht an für den Nutzen, den erpersönhch
bisher aus jener Lehre gewonnen hat, und fär die
reiche, wahrhaft erfreuende Anregung, wddie die
Rouz, Oesammelte Abhandlungen über Entwicklungsmechanik der Organismen. 101
nnn wiederholte Lektüre der „Gesammelten Ab-
handlnngen*' ihm gebracht hat, an dieser Stelle den
Inhalt der letzteren kurz zu skizziren, in der Ab-
sicht, dem Werke auch in dem engeren Kreise der
medidmschen Fachgenossen eine möglichst weite
Verbreitung und die Aufmerksamkeit zu verschaffen,
die es verdient
Die Abhandlungen zerlallen in 2 Bftnde, von
denen der erste die Frage der „funktioneilen An-
passung'* in 11 (ausserdem enthüt er noch eine Ab-
handlung „über eine im Knochen lebende Gruppe
▼on Fadenpilzen, Mycelites ossifragus'' 1887), der
sweite die Entwickelungsmechanik dea Embryo in
20 EinzelaufsStzen behandelt Der erste Band ent-
spricht bezüglich des Entwickelung8gangesR.'s im
Wesenfliohen der ersten, der zweite der zweiten
Periode sdnee bisherigen Schaffens. Beiden BAnden
sind in kurzer Zusammenfassung die für die ent-
sprechenden Gebiete gewonnenen „Regeln** hinzu-
gefügt worden.
Band I beginnt mit der Inaugural-Dissertation
„über die Verzweigungen der Blutgefässe des Men-
schen** (1878); eine überraschende, vollkommen
selbständige Leistung, in der nicht ein Anfänger,
sondern ein fertiger Oelehrter mit Klarheit undGe-
dankenreichthum dem Lieser sich zeigt Der (Grund-
gedanke der Arbeit, die sich auf genaue Messungen
von Corrosionspräparaten von Blutgefässen aufbaut,
besteht darin, dass die Form der Blutgefässe im aus-
gebildeten Zustande sowohl, wie schon im frühesten
embryonalen Leben genau übereinstimmt mit der-
jenigen Form der Blutsäule, die entstehen würde,
wenn das Blut aus dem HauptgeAsse an der entspre-
chenden Stelle frei entspringen würde: mit anderen
Worten also, dass das Nuigeßss dem BhUsirome
ungepassi ist, nicht seinerseits durch selbständige
Anlage den letzteren bestimmt Ein Gedanke,
der für die Pathologie von gr6s8ter Bedeutung
ist; wir erinnern nur an die eing^enden, bisher,
wie es scheint, zu wenig gewürdigten Arbeiten
R. Thoma's über die Arteriosklerose u. Aehnl.,
deren Beeultate sich unseres Erachtens auf dieselbe
Grundlage zurückführen lassen, wenn auch Thema
selbst ihnen eine etwas abweichende Erklärung ge-
geben und die Heranziehung der R'schen Befunde,
wie Letzterer selbst in einer Anmerkung hervorhebt,
nnterlasaen hat So wird z. B. Jeder, der die von
R. dargelegten Gesetze der Form des Ursprungs-
kegels der abgehenden Gefässe, namentlich der
relativ kleinen Aeste, liest, speciell bei der Be-
schreibung der Lage. des „en face Minimum^^ und
des „Profilminimum*' sofort das so charakteristische
Bild der Skleroseherde am Abgange etwa derlnter-
oostalarterien aus der Aorta vor Augen haben. Die
Darlegung der Beziehungen dieser Erkrankung zu
jenen Gesetzen hat wenig Schwierigkeiten ; merk-
würdig genug, dass noch 18 Jahre nach dem Er-
scheinen jener Arbeit die Sklerose der Arterien so
Tielftich als „chronische Entzündung'* charakterisirt
wird I Wir können die zahlreichen interessanten
Einzelheiten der Arbeit hier nicht wiedergeben*
Die Erklärung R/s für das festgestellte Princip
gründet sich auf die Thatsache, dass die Gefäss-
wand sich an der Stelle des geringsten Reibimgs-
widerstandes ent^dckelt, also eine Anpassung der
lebenden Substanz an die wirksamen hydratMsohen
Kräfte vorliegen müsse. Dass diese Anpassung eine
Reaktion auf Druckwirkungen sei, ist in der ersten
Abhandlung noch nicht in der Weise wie in der
zweiten „über die Bedeutung der Ablenkung des
Arterienstammes bei der Astabgabe, 1879^^, die
eine Fortsetzung und genauere Ausführung einiger
Punkte der Dissertation enthäft, ausgeführt; das
Wesen dieser speciüschen Druckwirkung bleibt frei-
lich verschlossen wie das Wesen anderer specifischer
Leistungen, z. B. des Nervensjrstems auch. Für
die Blutgefässe ergiebt sich, dass ihre Gestalt ihrer
Funktion : das Blut auf dem einfachsten Wege und
unter geringstem Verbrauche von lebendiger Kraft
den Organen zuzuführen, vollkommen angepasst
erscheint. Das Möglichste wird mit dem Minimum
von Kraft zu leisten erstrebt ; hieraus ergiebt sich
der schon in Nr. 2 ausgesprochene Gedanke des
Kampfes der Theile im Organismus^ der sofort auf
die Zelleuelemente selbst übertragen wird: „die
Zelle erhält die G^talt, welche die Gesammtheit
der am stärksten funktionirenden Theile besitzt^S
weil die Funktion auch die Insubstantiation anregt
und somit Form und Grüsse bestimmt
Der Ausführung des grundlegenden Darwin'-
schen Gedankens, dass die Vervollkommnung der
Generationen durch den dieeinzelnen Kräfte stärken-
den Kampf um 's Dasein veranlasst sd, für den Auf-
bau aller organischen Bildungen bis zum letzten
diskutirbaren Endglied sind die 3 folgend^i Arbeiten
(Nr. 3 : üeber die Leistungsfähigkeit derPrincipien
der Descendenzlehre zur Erklärung der Zweck-
mässigkeit des thierischen Organismus. Habil.-
Schr. 1880.) Nr. 4: Der züchtende Kampf der Theile
oder die „Theilauslese'' im Organismus, zugleich
eine Theorie der funktionellen Anpassung. 1881
(früherer Titel : Der Kampf der Theile im Organis-
mus). Nr. 5 : Autoreferat über Nr. 4 (enthält einige
weitere Ausführungen) gewidmet, die mit kühnem
GrifTe das ganze theoretisohe Gebäude auf einer
breiten Grundlage von Thatsachen ziemlich fertig
aufrichten. Manchem Leser mögen sie, vielleicht,
namentlich zur Zeit ihres Erscheinens, wegen ihres
vielfach spekulativen Charakters missfallen haben,
wie auch aus einigen Kritiken aus jener Zeit her-
vorgeht Doch trägt die Theorie das Gepräge der
Wahrheit an der Stirn, und durch die später
angeschlossenen Specialstudien [Nr. 7: Struktur
eines hochdifferenzirten bindegewebigen Organes
(Schwanzflosse des Delphin) 1883. Nr. 8: üeber
die Selbstregulation der morphologischen Länge der
Skeletmuskeln des Menschen. 1883. Nr. 9: Be-
schreibung und Erläuterung einer kn(k)hernen Knie-
gelenksankylose. 1885] hat R. für ihre thatsäch-
Uche Begründung weiterhin Sorge getragen. Wir
102
Koux, Gesammelte Abhandlungea über EntwicklungBmeclianik der Organismen.
glauben, dass heute das Werk „Der Kampf der Theile
im Organismus^^ als ein Eckstein der neuen biolo-
gischen Forschung bezeichnet werden muss und
ähnliche Bedeutung für die Ontogenese wie etwa
„die Entstehung der Arten" für die Phylogenese
besitzt
Der Grundgedanke besteht in der weitesten
Ausführung des (ronDarwin schon anerkannten,
aber nur ganz kurz behandelten) Princips der
Aktivitfttshypertrophie und Inaktivitätsatrophie,
oder nach R's Bezeichnung, der funkiümeüen An-
passung — jener Erscheinung, die in so zahllosen
Varianten dem Niaturforscher und spedell dem
Pathologen immer wieder vor Augen kommt. Die
Grundlage dieser Erscheinungen besteht in der
dem lebenden Substrat zukommenden Kraft der
Assimilation, die nicht nur Verbrauchtes zu er-
setzen vermag, sondern, wenn durch die Funktion
der Beservefond von Leistungskraften angegriffen
wurde, diesen naohtrftglich vergrOssert Hierdurch
entsteht die Vermehrung der Masse einerseits, die
Steigerung der qualitativen Beschaffenheit des
Funktionsvermögens andererseits. Den Reiz zu
solcher Steigerung der Eigenschaften der orga-
nischen Materie giebt die Funktion ab; sie stellt
(für das ausgebildete, z. Th. auch für das wach-
sende Gewebe) den trophisehen RßU dar, lOst die
Vorgänge der Assimilation und Dissimilation aus ;
indem je nach dem Grade der Funktion das Ge-
webe wächst oder schwindet, und zwar genau in
der specifischen Richtung der Funktionsbean-
spruchung, entwickelt sich die funktionelie Anpas-
sung: die Gewebe erhalten allmählich das Ver-
mögen, auch höheren Anforderungen gerecht zu
werden, sie vervollkommnen sich, wenn auch in
mehr oder weniger einseitiger Richtung und dem-
gemäss eventuell unter Bildung morphologisch
oder chemisch neuer Charaktere. Die funktionelle
Anpassung ist die Gnmdlage jedes Fortschrittes
und daher ein integrirender Bestandtheil dessen,
was wir Leben nennen; das „Leben" selbst be-
trachtet R als den Ausdruck der Wirksamkeit
dreier Hauptkräfte, der Assimilation, üebercompen-
sation und Selbstregulaüoni und nimmt an, dass
auch diese Eigenschaften selbst allmählich heran-
gezüchtet seien.
Je grösser nun zufallig die Fähigkeit eines
Theiles zu funktioneller Anpassung bei gleicher
Beanspruchung aller Theile, oder je grösser die
Beanspruchung eines Theiles im Gegensatze zu
den anderen (z. B. je nach der Stelle, wo ein Reiz
einsetzt) ist, um so starker muss die Massen-
zunahme des bevorzugten Theiles werden. Da
nun aber der dem Gesammtorganismus (wieder
aus Gründen des Kampfes um's Dasein) zukom-
mende Raum ein beschränkter ist, wie ja auch für
die Einzelzelle eine gewisse Norm der GMsse
herangezüchtet wurde, so muss es unter jenen
Umständen (welche die Regel bilden) zu einem
fortdauernden Kampfe der Einzeltheile um den
Raum kommen, wobei die kräftigeren Elemente
ihn behaupten müssen, während die sc^wädierea
durch den Gewebedruck allmählich schwinden. la
gleicher Weise bildet sich ein Kampf um die Nah-
rung und den Reiz selbst aus, bei dem wieder die
besseren Elemente si^en und also den anderen
das nothwendige Lebenselement entziehen. 80
findet eine fortwährende Auswahl der besten Ele-
mente statt nach dem alten grausamen, aber
wahren und nothwendigen Principe: „wer da
hat, dem wird gegeben, wer aber nicht hat,
dem wird noch genommen was er hat^^ Diese
Auswahl, auf der die Ausbildung aller specifisch
differenzirten Bildungen beruht, betrifft die Theile
einer 2^11e, die Zellen eines Qrganes, die Organe
eines Körpers; spedell für die Ausbildung der
Form der letzteren ist deren Bedeutung für dea
Organismus, d. L also ihre Beanspruchung, in
ihrem gegenseitigen Kampfe um den Raum bis rar
Ausbildung eines morphologischen Oleiehgeunchiee
von grösster Wichtigkeit. Natürlich kommt bei
der erstmaligen Anlage gewisser Form- und Lage-
verhältnisse die erbliche Ueberiragung in maass-
gebender Weise neben jener Kraft der funktio-
nellen Anpassung zur Geltung ; hierdurch wird die
Reihe der Vorgänge, namentlich wenn eine ganze
Anzahl von Gewebetheilen an einer specifischen
Beanspruchung und deren Folgen theilnehmcn,
naturgemäss sehr oomplicirt und schwerer in ihre
Grundbedingungen aufzulösen. Das Wesentliche
aber bleibt in jedem Falle, dass die funktioneUen
Elemente je nach ihrer Leistungskraft sich selbst
bestimmen, das Problem der Formausbildung also
die lebende Substanz selbst, nicht die äusseren Be-
dingungen betrifft Letztere sind nur nebensäch-
licher Natur, wenn auch z.Th. von grosser Bedeu-
tung, bez. für das Eintreten der funktioneilen
Anpassung unentbehrlich, wie z. B. die Regelung
der BeschafFung der zum Wachsthum erforder-
lichen Stoffe. Durch einfache Anwes^iheit über-
reichlicher Nahrung kann kein übermässiges Wachs»
thum oder enger gefasst, durch Hffperämiß keine
Hypertrophie erzeugt werden, wenn nicht glodi-
zeitig die übrigen Bedingungen zur Hypertrophie
in Thätigkeit treten : ein für den Pathologen und
Kliniker tief einschneidender Grundsatz, alt gemig
zwar (schon Y ircho w lehrte, dass die Zelle siA
selbst ernährt)^ aber noch immer nicht allgemdn
anerkannt Wie oft liest man heute noch, irgend
eine Wucherung sei durch stärkere Emfthning,
Hyperände \l Aehnl. veranlasst worden ! Der Be-
weisführung in dieser Angelegenheit widm^ R,
ihrer Wichtigkeit entsprechend, einen grösseren
Abschnitt; wir führen nur einige seiner Haupt-
gründe an: Hyperämie ruft weder die Fi
hervor, noch wird sie selbst durch diese immc
veranlasst; grössere Nahrungzufuhr bedingt ni
bis zu einem gewissen Grade Gewebeansatz,
manchen Fällen bleibt chronische Hyperämie gaai
erfolglos ; das differente Wachsthum der
Boux, Gesammelte Abhandlungen über Entwicklongsmechanik der Organismen.
103
TbeOe im Embryo kann nicht auf vorher vorhan-
deDd Seftssanlagen, sondern muss auf die Zellen
gelbst zurückgeführt werden ; derartiges lehrtauch
die Pathologie bei den Erscheinungen der ange«
boienen Hyperplasie und Hypoplasie; die Weite
der Oe&se ist von der Funktion der Organe ab-
hSngig u. s. w. (natürlich kommen auch für die
Qefösaanlagen gewisse ererbte Verhältnisse in Be-
tn^iht, das wesentlich Maassgebende aber liegt im
Charakter ihrer Funktion). Natürlich gilt das
gleiohe Verhältniss für die causale Beziehung
nrischen Atrophie und Anämie; letztere ist die
Folge, nicht die Ursache der ersteren; so kann
z. B. eine Bückenmarksatrophie unmöglich aus ein-
hoher Anämie erklärt werden.
Die „funktionelle Anpassung^' in Verbindung
jDJt der Lehre vom Kampfe um's Dasein ist ein
rein naturwissenschaftliches Princip, dem jeder
teleologiBohe Beigescdimack fem liegt Das Verhält-
niss zur Darwin 'sehen Theorie der geschlecht-
lichen Zuchtwahl lässt sich unzweifelhaft dahin
hezeichnen, dass letztere nur einen allerdings be-
aonders complicirten Fall jenes grösseren, Alles
umfassenden Princips darstellt Der Kampf der
Individuen im D a r w i n 'sehen Sinne züchtet Eigen-
schaften, die dem Oesammtwohle des Organismus
zu Qute kommen ; so zielt er auf dasselbe hinaus
wie der Kampf der Theile, letzterer aber ist die
Grundbedingung der Existenz jedes Einzelindivi-
duQffl und als solche unbedingt nothwendig, wäh-
rend jener nur bestimmten Vorgängen der Ver-
roUkommnung dient (Auffallender Weise und
tos dem Bef. nicht ganz verständlichen Gründen
hetont R. an zahlreichen Stellen seiner Arbeiten
den gegentäixitchen Charakter seiner Lehre zu
Dar w i n 's Selektionsprincip.)
Wir müssen es uns leider versagen, auf die
Einzelheiten der in der Hauptarbeit sowohl, wie
in den üef eindringenden, methodisch musterhaften
Specialstudien niedergelegten Begründung einzu-
gehen, und können an dieser Stelle nur einige für
die Pathologie besonders wichtige Punkte kurz
indeuten. Bierher gehört z. B. die eingehende
Darstellung der Lehre von den trophischen Nerven,
Üe R durch diejenige von dem trophischen Reize
ler Funktion sehr glücklich ersetzt. Die Bedeu-
timg der Ganglienzellen für die peripherischen
Hervenfasem wird nach den Erfahrungen der kli-
lischen und experimentellen Pathologie erörtert;
be Wichtigkeit des funktionellen Reizes auch für
vadisende Memente, die also noch relativ viel
'On der treibenden Kraft der embryonalen Wachs-
hnmsenergie besitzen, wird an dem Beispiele der
pinalen Kinderlähmung mit ihrer consekutiven
fuskelatrophie erwiesen. Bei derlft<«&efepannung
ritt das Gesetz der dvmensionalen Anpassung be-
cmders Uar hervor ; die Muskelfasern verdünnen
nd verdicken, verlängern und verkürzen sich je
«dl der erforderten Leistung (Hubhöhe, bez. Ex-
oraion des zu bewegenden Gliedes), wobei die
Länge von der Dicke absolut unabhängig ist Die
Grundlage der Veränderungen bildet das von R.
durch mühsame zahlreiche Messungen an normalen
Muskdn festgestellte Gesetz der Congruenz der
Muskelfasern eines Muskels, das durch die Erfah-
rungen über Muskel Varietäten einerseits, patho-
logische Veränderungen der Muskeln im Anschlüsse
an Gelenkerkrankungen mit Veränderung der Ex-
kursion andererseits weitere Begründung findet.
Die Erklärung dieser Verhältnisse sucht R. in der
Ausführung, dass eine funktionelle Auslese der
Muskelprismen bildenden Elemente je nach der
den vorhandenen Elementen innewohnenden Tüch-
tigkeit einerseits und dem Orte der Funktions-
gelegenheit, der Stelle, bez. der Kraft der Reiz-
zufuhr andererseits eintritt Die Geeetze der
ÄnocAenf ormationen werden im Sinne der G a 1 m a n -
Wolff-v.Meyer'schen bekannten ErüeJirungen
Über die Anordnung der Spongiosabälkchen u. s.w.
dargestellt, und zwar vollständig umfassend, mit
Berücksichtigung aller mathematisch denkbaren
Verhältnisse ; die möglichen und thatsächlich vor-
handenen Enochenstrukturen werden in einem
übersichüichen Systeme zusammengestellt Das
Ausgangsmaterial für die Untersuchung bietet eine
knöcherne Eniegelenksankylose der Würzburger
patholog. Sammlung (die auch in J. W o 1 f f 's Atlas
abgebildet wurde). Die praktischen Folgerungen, die
sich aus der Lehre von der funktionellen Anpassung
für die Knochenstruktur ergeben, hat bekanntlich
J. Wolff in der Ent Wickelung des Gedankens der
„funktionellen Orthopädie'' gezogen. Die über
dessen grosses Werk von R. verfasste Kritik
(Nr. 10) ist wegen des darin gekennzeichneten Zu-
sammengehens und Auseinanderweichens beider
Forscher in vielen Punkten (so z. B. in der Frage
der teleologischen Bedeutung der Anpassung) wohl
nicht der geringfügigste Theil der „Gesammelten
Abhandlungen". Von besonderem Interesse war
unzweifelhaft der Nachweis der Gültigkeit jenes
Gesetzes für das Bindegewebe, dessen Beanspru-
chungen in so verschiedenen Richtungen für die
meisten Fälle grosse Schwierigkeiten der kritischen
Analyse des jeweiligen Baues veranlassen. R. hat
diesen Nachweis in glänzender Weise an einem
ganz vorwiegend bindegewebigen Organe, dessen
Beanspruchungen sich mathematisch klar aus-
drücken und berechnen lassen, nämlich an der
Schwanzflosse des Delphin, geliefert ; in der Ge-
schichte der Lehre vom Bindegewebe und seiner
funktionellen Struktur wird diese Arbeit unseres
Erachtens für alle Zeiten eine grundlegende Stel-
lung einnehmen, namentlich auch wegen der Fest-
legung der Nomendatur der in Frage kommenden
mechanisch-biologischen Momente.
Von Gegenständen, die dem ärztlichen Inter-
esse näher stehen, erwähnen wir noch die An-
schauung R.'s über die Immunüäl gegen Infek-
tionen. Sie ruht auf der Thatsache der Heran-
züchtung chemiseher Charaktere, die genau in
104
Hupp er t, Üeber die Erhaltung der Arteigejischaften.
gleicherweise wie diejenige morphologischer Cha-
raktere erfolgt Die funktionelle Anpassung der
Qewebe an Infektionsgifte in Gtestalt der Ausbil*
düng giftwidriger Stoffe, die eventuell erblich über-
tragbar ist, erkl&rt die Erscheinung, dass eine
Immunität herangezüchtet werden kann, ein Ge-
danke, der mit einer so breiten physiologischen
Grundlage wohl noch von Niemandem vorgetragen
ist Betreffs der GeschwtUsibüdung huldigt S. der
Eeimversprengungstheorie im Gohnheim 'sehen
Sinne, besonders seitdem ihm neuerdings der Nach-
weis gelungen war, dass experimentell Furchungs-
zellen im sich weiter entwickelnden Embryo an
der physiologischen Ausbildung gehemmt werden
imd dann isolirt im Gewebe nachweisbar sind, so
wie man sich die Keime zukünftiger Geschwülste
wohl vorstellen dürfte. Eine eigentliche Erörte-
rung dieser mehr nebensächlich erwähnten An-
schauung und der ihr entgegenstehenden Momente
[wobei es namentlich auf den Begriff der „Ge-
schwulst^^ ankommt ! Jene Furchungszellen könn-
ten wohl zu Dermoiden, weichen Naevi u. Aehnl.,
aber nicht ohne Weiteres zu echten Tumoren mit
progressivem Wachsthume sich entwickeln. Ref.]
liegt indessen nicht vor.
Ein wesentlicher Theil der Ausführungen R's
betrifft naturgemäss die Frage der Vererbung ; das
„kritische Beferat über H. Spitzer 's Beiträge
zur Descendenzlehre'^ 1886 (Nr. 6) behandelt dies
Problem fast ausschliesslich. R bekämpft dabei das
biogenetische Grundgesetz Haeckel's, schliesst
sich dagegen im Wesentlichen den Ansichten
Weismann 's über die Gontinuität des Eeim-
plasma an. Wir beabsichtigen, die hierher ge-
hörigen Anschauungen R.'s im Zusammenhange
mit der später folgenden Besprechung des II. Bandes,
der sich vorwiegend auf Probleme der Yererbung
bezieht, zu erörtern.
Im Yorstehenden konnten nur einige Haupt-
züge der R'schen Lehren über funktionelle An-
passung wiedergegeben werden. Von grossem
Interesse sind die Streiflichter, die R auf Grund
seiner Anschauungen auf das Wesen des Lebens,
auf die Entwickelung des geistigen Lebens u. s. w.
wirft, vielfach unter dem Bilde origineller Ver-
gleiche; wir empfehlen in dieser Beziehung das
Werk auch als einen Beitrag zu einer befrie-
digenden abschliessenden philosophischen Welt-
anschauung.
Dass in einem so Vieles umfassenden Buche
manche Gedanken sich finden werden, die dem
Einen oder Anderen nicht zusagen, bez. der Er-
weiterung oder Berichtigung bedürfen, ist natür-
lich. Ueber diese Dinge, die den grossen Grundzug
des Werkes nicht beeinträchtigen können, lässtsich
rechten. Jedenfalls kann es hier nicht des Bef.
Aufgabe sein, auf diejenigen Punkte näher einzu-
gehen, die ihm selbst nicht ausreichend (wie z. B.
die Erörterungen über die Art, wie Erhöhung des
Gewebedruckes zum Gewebeschwund, Verminde-
rung des Druckes zur Wucherung fOhien kum;
oder über die Differ^z der Wirkung periodiadi
wiederiiolten und andauernd wirksamen Druckes)
oder nicht zutreffend dargestellt zu sein soheiiieiL
Wir haben unseren Zweck erfüllt, wenn wir zum
Lesen des Buches auch in den ärztlichen Kreisen,
deren letztes Ideal doch immer die naturwiesen-
schaftliche Forschung bleiben soll, Anregung ge-
geben haben. Wir wünschten den pessimistischai
Worten B.'s den Boden zu entziehen, mit denen er
die 2. Ausgabe des „Kampfes derTheile^* schUeest:
„Langsam nur verbreitet sich ein neuer, den ge-
wohnten Anschauungen fremdartiger Gedanke; und
ein Buch, welches in seinem Titel oder im Anfange
seines Textes verräth, dass sein Inhalt über die
Grenzen eines der Speoialgebiete hinausgeht, in
welche die Biologie gegenwärtig zerlegt ist, wird
um dieser Eigenschaft willen schon fast von keinem
Vertreter eines der betheiligten Gebiete mehr ge-
lesen. Nur wenige Forscher haben heutzutage
noch das universeUe Bestreben der Biologen der
Mitte dieses Jahrhunderts, einen Ueberblick über
die Lebensvorgänge im Ganzen zu gewinnen."
Beneke (Braunschweig).
2. üeber die Brhaltang der ArteigenAOhaf-
ten. Vortrag, gehalten bei der Installatioa
des Rektors d. k. k. deutschen Carl-Ferdinands-
Dniversität in Prag am 16. November 1895
vonProf. Hupp ort. Prag 1896. J.G.Calve'-
sche Hofbuchh. Gr. 8. 23 S. (80 Pf.)
H. sucht dem Problem der Vererbung von der
chemischen Seite her näher zu kommen. Man
könne annehmen, dass die Keime verschiedener
Thierarten bereits verschiedene chemische Stoffe
enthielten und ein verschiedenes chemisches Reak-
tionsvermögen besässen, wenn der Nachweis ge-
lingt, dass die erwachsenen Individuen der ver-
schiedenen Thierarten aus eigenartigen chemiaohen
Stoffen aufgebaut sind und dass sie, in Abhängigkeit
hiervon, ein eigenartiges chemisches Leben führen.
Das wird an bekannten Beispielen erläutert:
verschiedene Hämoglobine bei verschieden«! Thie-
ren, daher auch verschiedene Biweissstoffe; ver*
Bchiedene Gallensäuren als Beispiel verschieden
gestalteter Stoffwechselvorgänge; Bildung ver-
schiedenartiger Eörperfette, leichte Zerstörbarkät
fremder Fette; Bildung derEynurensäure nur beim
Hunde, der Thioschwefelsänre nur bei Hund und
Katze. Femer wird hingewiesen auf die verschie-
dene Reaktion verschiedener Thierkörpar dem-
selben Gifte gegenüber, endlich auf die Immunitäfc
gewisser Thiere gegen bestimmte liikroorganismen,
die sich durch die specifische Verschiedenheit der
Nährböden erklärt.
Aus der Umwandlung des Pflanzeneiweifiaea iB
das specielle thierisohe Eiweiss geht schlieaaücii
hervor, dass der Körper über Einrichtungea ver-
fügt, die ihn befUiigen, sich selbst in seiner ganiea
Eigenart zu erhalten.
Kothn&gel, Specielle Pathologie und Therapie.
105
Erstreckt sich nun diese Continuit&t der Eigen-
art des Individuum durch alle Entwickelungstufen
TorwSrts, so muss man annehmen, dass diese Con-
tinuität schon im Keime begann und dieser sie
wieder dem Mutterboden entlehnt hat.
Y. Lehmann (Berlin).
3. Speoielle Pathologie und Therapie; heraus-
gegeben von Prof. Hermann Nothnagel.
Wien 1896. Alfred Holder.
Das gross angelegte Werk ist augenscheinlich
dazu berufen, das in vielen Theilen etwas alters-
schwach gewordene Handbuch von v. Ziemssen
zu ersetzen und wenn es diesem an Bedeutung
wohl nicht gleichkommen dürfte, so können wir
nach dem, was wir bis jetzt gesehen haben, mit
dem Ersatz doch zufrieden sein. Ein Mangel, der
uns bei ähnlichen Werken schon oft aufgefallen
ist, macht sich auch hier recht bemerkbar, das
Fehlen einer gewissen 01eichf5rmigkeit der ein-
zelnen Theile. Selbstverständlich sind bei einem
Werke, an dem so viele verschiedene EOpfe und
B&nde thätig sind, Ungleichmässigkeiten in der
Bearbdtung nicht zu vermeiden, aber die äussere
Form konnte doch etwas genauer vorgeschrieben
und eingehalten werden. So wie die Sache ge-
wöhnlich gemacht wird, erhält der Leser eine An-
zahl von Büchern, die, abgesehen von dem gleich-
artigen Umschlag, keinerlei Zusammengehörigkeit
verrathen und wenn die Bücher alle gut sind, kann
er in der Hauptsache zufrieden sein. Besser wäre
es aber doch wohl, wenn das Ganze von dem
Herausgeber etwas gleichförmiger gestaltet würde.
Es macht doch einen eigenthümlichen Eindruck,
wenn z. B. der eine Band mit einer schönen histo-
rischen Einleitung beginnt, während sich in ver-
schiedenen anderen Bänden hiervon gar nichts
findet, oder wenn einige besonders fleisaige Mit-
arbeiter musterhafte Literaturzusammenstellungen
geben, während andere sich mit ein Paar über den
Text verstreuten Citaten begnügen und gar Man-
cher wird den Kopf schütteln, wenn er in dem
Prospekt liest, dass der akute Gelenkrheumatismus
und der Tetanus so viel Platz bekommen sollen,
wie Typhus abdom., T. exanthemat, T. recurrens,
Ephemera, die septischen Erkrankungen, Erysipel,
Malaria, Parotitis zusammen, dass Tuberkulose und
Scrofulose etwa gleich lang werden sollen, dass
die „Seekrankheit" ein eigenes stattliches Buch
wird u. s. w.
Wir haben die Bearbeitung der Migräne (Jahrbb.
CCXLY. p. 211) und des umschriebenen Gesichts-
schwundes (Ebenda GCXLVI. p. 213) bereits be-
sprochen und werden auch auf die anderen Theile
nach und nach näher eingehen. —
Den 1. Theil des YII. Bandes bUdet:
Bhaehiiis und Osteomalaeie; von Prof.
0. Vierordt Qr.8. 147S. mit 12 Abbüd.
(4 Mk. 80 Pf., für Abonnenten 3 Mk. 20 Pf.)
Y. wird seiner Aufgabe, uns die beiden Erank-
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 1.
heiten in eingehender Schilderung vorzuführen,
gerecht, vielleicht hätte er sich in sein Thema
noch etwas mehr vertiefen können.
Die Bkachüia nimmt den grösseren Theil des
Buches ein. „Fötale" und „tardive" Rhachitis
erscheinen Y. recht zweifelhaft, ebenso will er
von der „akuten" Bhachitis nicht viel wissen,
üeber die Rückbildung der Knochenverkrüm-
mungen spricht er sich etwas kurz aus. Als Er-
gänzung kann hier u. A. die Arbeit von Yeit
(Jahrbb. GCXLIX. p. 190) dienen. Auch die Er-
klärung des Milztumor (p. 72) scheint uns nicht
ganz erschöpfend. Die Barlow'sche Krankheit hält
Y. für etwas Besonderes. Sie kommt häufig bei
Rhachitis vor, aber ist weder mit dieser, noch mit
dem Scorbut einfach zu identificiren. Eine be-
stimmte Erklärung für das Wesen der Rhachitis
giebt es zur Zeit noch nicht „Mangelhafte Kalk-
cirkulation als Wesen und unmittelbare Ursache
der Krankheit ist unmöglich; Girkulation einer
Säure, beziehungswdse verminderte Blutalkaleeoenz
ist als Ursache nidit denkbar. G-leiohwohl handelt
es sich um eine Allgemeinkrankheit. Dieselbe
muss in einer Stoffwechselveränderung (eventuell
in der Cirkulation einer Substanz) bestehen, in
deren Gefolge an den Stellen des Knochenwachs-
thums örtiüche Störungen des Oewebsstoffwechsels
erzeugt werden, die zu verminderter Anlagerung
von Kalk (vielleicht auch gesteigerter Resorption
oder Auslaugtmg?) führen.'* Eine infektiöse Ur-
sache — der Erreger müsste dem der Malaria nahe
stehen — kann „nicht völlig von der Hand ge-
wiesen werden'^ Ueber den Phosphorleberthran
spricht sich Y. vielleicht etwas zu kühl aus. Nach
unseren Erfahrungen hilft er auch ohne hygiei-
nische Maassnahmen und kann mit Yorsicht auch
bei bestehendem Darmkatarrh gegeben werden.
Das Wesen der OsteomaiacM ist ebenfalls in
Dunkel gehüllt Y. meint, dass man hier vor
Allem an „intermediäre Stoffwechselprodukte dar
Ovarien** denken müsse, „durch welche die um-
setzungsprocesse im Knochen beeinflusst werden*^
Der Phosphor sei hier in seiner Wirkung recht
zweifelhaft, den grössten Werth legt Y. auf eine
„durchgeführte Bäderbehandlung**, üeber die
Castration führt er zum Schluss das Bekannteste
kurz an. —
Ganz besonders gelungen scheint unsXin.Bd.
3. Theil 1. AbtheUung:
Die Krankheiten der Bronchien; von
Prof. Friedrich Albin Hoffmann in
Leipzig. YI u. 231 S. (8 Mk. 50 Pf., für
Abonnenten 6 ML 60 Pf.)
Es ist nicht nur die eigenthümliche frische,
oft wohlthuend derbe SchreibweiBe H.'s (die nur
durch einige recht entbehrUohe Fremdworte beein-
trächtigt wird), es ist nicht nur seine ungewöhn-
liche Beherrschung der Literatur (zuweilen über-
wuchern die Citate das Eägene etwas), die das
14
106
Nothnagel, Specielle Pathologie und Therapie.
L&B0Ol seines Buches so angenehm machen, sondern
es ist namentlich die Entschiedenheit, mit der er
allen Dingen auf den Orund zu gehen sucht Er
lAsst nichts von den durch ihr Alter geheiligten
Qemeinplatzen ohne Weiteres gelten, sondern prüft
eingehend, was wirklich richtig ist und was immer
nur so nachgeplappert wird. Das regt zum eigenen
Nachdenken an und es ist gar zu wohlthuend,
wenn man liest, dass etwas, an das man selbst
schon lange nicht mehr recht hat glauben wollen,
dummes Zeug ist.
Weitaus am besten scheint uns die Bearbeitung
deTBrondiüis und besonders hervorheben möchten
wir hier aus vielem Gleichguten die Erklärung der
„Erkältung^S ^^ Erörterungen Über den „Schnaps-
katarrh", die kräftigen Seitenhiebe gegen „Bäder^S
Kurorte und unsere Balneologie. Dass H. vielen
weit berühmten und beliebten Arzneimitteln sehr
zweifelnd gegoiübersteht , ist schon aus seinen
früheren Büchern, namentlich seiner allgemeinen
Therapie, bekannt, auch heute will er von den
Expektorantien noch nicht viel wissen und schilt
herzhaft auf die „überflüssige Medikamenten-
schmiererei^^ Als das Beste bei der Behandlung
der Bronchitis erscheinen ihm zweckmässige hydro-
therapeutische Maassnahmen, Umschläge, Bäder,
üebergiessungen, femer Einathmung physiolo-
gischer Kochsalzlösung, etwas Pilocarpin, wenn
nöthig Narcotica und BeizmitteL
In dem Abschnitt Branehdektasie sind wir mit
manchem nicht ganz einverstanden, namentlich
nicht mit der Erklärung der Osteoarthropathie
hypertrophiante pneumique. Dass hier lediglich
oder auch nur in der Hauptsache die Blutstauung
Schuld sein soll, scheint uns nicht richtig.
Das Asthma erklärt H. als eine „Neurose im
Gebiete der Respirationsnerven, welche in Anfällen
von Athemnoth mit eigenthümlicher Sekretion und
Lungenblähung einhergeht^S und meint, dass so-
wohl die Bronchialmuskeln, als die Inspiration-
muskeln, namentlich das Zwerchfell betroffen wer-
den, wozu noch vasomotorische und sekretorische
Beizerscheinungen hinzutreten. Die Asthmaspira^
len entstehen aus dem specifischen Asthmakatarrh
und haben ihre eigenthümliche Form, weil die
Bronchen gewunden sind. Vermisst haben wir
eine Erörterung der Prognose des Asthma, nament-
lich des doch ziemlich häufigen Kinderasthma; und
bei der überhaupt etwas kurz gerathenen Therapie
scheint uns die klimatische Behandlung nicht ge-
nügend gewürdigt Daves z. B. ist überhaupt gar
nicht angeführt und doch wird es H. bekannt sein,
dass z. B. das dortige Ifriedericianum ausser von
scrofulösen und tuberkulösen gerade auch von
asthmatischen Knaben besucht wird.
Den Schluss des Buches bildet die farbige
Wiedergabe zweier Brustduichschnitte. —
lY. Band 3. Theil 1. Abtheilnng
Akute Exantheme, Einleäung; Masern;
von Prof. Theodor von Jürgensen in
Tübingen. Vn u. 168 S. (5 Mk. 60 Pf., für
Abonnenten 4 Mk. 20 Pf.)
In der EMeUung geht v. J. auf das Wesen der
akuten Exantheme ein, führt aus, weshalb wir sie
als selbständige Krankheiten ansehen müssen und
nicht etwa auf einen gemeinsamen Erreger zurück-
führen dürfen, führt Beispiele für das gleichzeitige
Auftreten zweier akuter Exantheme bei ein nnd
demselben Menschen und für die „Recurrensform^
der Masern und des Scharlach an und bespricht
die allgemeine Prophylaxe, wobei er sich an die
Auffassung von von Kerschensteiner an-
schliesst: Masern, Scharlach, Pocken werden durch
Gesunde nicht oder nur ganz ausnahmeweise über-
tragen, so dass z. B. die Absperrung der gesunden
Geschwister eines an Masern, Scharlach oder Pocken
erkrankten Kindes von der Schule Unsinn ist
Mit S. 33 beginnt die Besprechung derMasemf
die wir wegen ihrer ausserordentlichen Gründlich-
keit und wegen der durch grosse eigene Erfahrung
fest gegründeten Anschauungen v. J.'s für gani
vortrefflich halten möchten. Mit grösstem Fleisae
hat V. J. Alles zusammengetragen, was wir über
die Masern wissen, interessante Zahlenzusammen-
stellungen, lehrreiche Krankengeschichten sind
dem Texte vielfach eingefügt ; auch wer sich über
die selteneren und seltensten Yorkommnisse bei
den Masern unterrichten will, wird diese neueste
Bearbeitung nicht vergeblich zur Hand nehmen.
Vielleicht hätte v. J. uns noch etwas mehr über
die Nachkrankheiten der Masern (namentlich andi
bei Erwachsenen), über ihr VerhältniBS zur Scrafd-
lose und Tuberkulose sagen können, sonst hätten
wir, einschliesslich der Therapie, kaum einen
Wunsch auszusprechen und sind überzeugt, dass
V. J. viele zufriedene Leser finden wird. —
Einen ganz eigenthümlichen , aber nicht an-
genehmen Eindruck macht XIII. Band 1. Theil :
Die Erkrankungen der Nase, des
Rachens und des Kehlkopfes; von
Prof. Karl Stoerk in Wien. VI u. 334 a
(11 Mk. 40 Pf., für Abonnenten 8 Mk. 60 Pf.)
Eigenthümlich namentlich durch die unüber-
sichtliche Anordnung und die ungleiche BerQck-
sichtigung der verschiedenen Krankheiten. Es
scheint, als wenn St nur auf das genauer ein-
gegangen ist, was ihn persönlich intei^essirt und
alles Andere absichtlich gar nicht oder nur mit
kurzen Worten nebenbei erwähnt, das entspricht
aber doch wohl nicht dem Plane und der Aufgabe
des Werkes, für das er gearbeitet hat
Nach einer eingehenden Besprechung der
Nasenabsonderung in der Gesundheit und bei Krank-
heiten und nach sehr kurzen Abschnitten über
Anämie und ^fperämie der Nasenschleimhaut folgt
der akute Nasenkatarrh. Hier würden wir und
wohl viele Andere bei der Entstehung die Infek-
tion vomanstellen, Erkältungen und Aehnliches
nur als Unterstützung dieser anfQhren. Die kli«^
nisohe Beschreibung ist viel zu kurz, auf den
Penzoldtu. Stintzing, Handbuch der speciellen Therapie innerer Krankheiten. 107
Schnupfen als Beginn z. B. der Masern, auf den
Schnupfen nach Medikamenten hätte genflgend
Rficksicht genommen werden müssen, ebenso auf
die Folgen, z. B. den gar nidit erwähnten üeber-
gang auf das Ohr. Bei der Behandlung ist das
Chmin, das sicher oft gute Dienste leistet, ver-
gessen, die Biechmittel sind zu unrecht als vollkom-
men unnütz hingestellt Den Anhang hierzu bilden
eine Erwähnung des „EBufidterg^' auf einer halben
Seite und eine ganz ungenügende, übrigens audi
gar nicht heigehürige Besprechung der Influenza.
Bei Nr. Y, dem ehroniachen NasenhcUarrh, sind
die Einflüsse der Constitution kaum erwähnt, von
Scrofnlose ist nichts zu finden. Die wichtigen
Hiterkrankungen der Nachbarhöhlen fehlen ganz
(Ohr) oder sind nachträglich ohne rechten Zu-
sammenhang angeführt Das Asthma ist nur ganz
nebensächlich erwähnt, bei der Behandlung geht
St mit grosser Ausführlichkeit auf die verschie-
denen örtlichen Maassnahmen (das Beste sind Watte-
bougies mit Höllensteinlösung) und Operationen
ein. Dass allgemeine Pflege, gute Luft, Wasser,
passende Kost, Leberthran u. s. w. oft sehr viel
wichtiger sind, kann der Leser sich dazu' denken.
YL OxaenafoeUdaairophicans. Hier bekommen
wir eine recht eingehende Besprechung der Ent-
stehung, die nach St fast immer von ererbter
Lues ausgeht, aber so gut wie nichts über Er-
scheinungen, Yerlauf, Behandlung.
YII. Phlegmone der Naaeneehleimhatä. YIIL
Buhmffen aus der Nase: ganz dürftig mit un-
genügender Betonung namentlich auch der dia-
gnostischen Bedeutung und ungenügenden Angaben
Ar Torsichtige Behandlung.
IX bilden die Erkrankungen des Backens in
geradezu überraschender Kürze. Wenn sich der
chronische Baohenkatairh in der Praxis doch auch
mit solch ein paar hingeworfenen Worten abmachen
liesseü
X. Die Siörk'sche Blennorrhoe, XI. ifttno-
sklerom wieder so gut wie ohne jede klinische
Schilderung. Als Ersatz dafür giebt es 25 tabella»
riscfa zusammengestellte Krankengeschichten und
eine ganze Anzahl von guten Abbildungen. XH. GW-
ariige NeubUdungen der Nase* XIII. Adenoide Vege--
iaüonen, etwa in der Art des chronischen Rachen-
katarrhs behandelt XIY. Maligne Neubildungen
der Nase, bei denen der Krebs auf einer Seite, das
Lymphosarkom auf 18 Seiten abgehandelt ist,
letzteres mit sehr ausführlichen Krankengesohich-
tea und Abbildungen mikroskopischer Präparate,
die. ganz zu unrecht Platz fortnehmen.
XY. Erkrankungen der StirrOiöhle, XYL der
KeUbeinhöhle, XVII. des Siebbeins, auffallend um-
faag^ch, X VnL Lordose der Balstoirbelsäule*
Nun kommen mehrere Seiten mit Nasen^ und
KMkopf-Instrumenien, 4 anatomische Tafeln und
den ganzen Rest bilden Erörterungen über Tbier-
kuloee, die so merkwürdig sind wie das ganze
Buch. S t bespricht recht kurz die Tuberkulose des
Kehlkopfes, die seiner Ansicht nach stets sekundär
und stets von den Blut- oder Lymphbahnen aus
entstanden ist, und die der Nase, giebt uns dann
aber ausführlicher seine Anschauungen über die
Yererbung und die Behandlung der Tuberkulose
im Allgemeinen kund. Zuletzt kommt ein äusserst
dürftiges „Literaturverzeichniss für Tuberkulose'^
und damit ist das Buch zu Ende. Wer noch
etwas über die Entzündung des Kehlkopfes wissen
möchte, wird sich wohl anderswo Rath holen
müssen, denn
Xm. Band, 2. Theil, von Prof. Gerhardt in
Berlin bearbeitet, enthält nur noch
Kehlkopfgesehwülsie und Bewegung S'
Störungen der Stimmbänder. 71 S.
(2 Mk., für Abonnenten 1 Mk. 60 Pf.)
0. führt das Nothwendigste in kurzer Form
an, derart, dass auch dieser 2. Theil des XTTT. Bandes
mit den gründlichen erschöpfenden Durcharbeitun-
gen anderer Bände nicht recht übereinstimmt
Weshalb gerade hier Abbildungen fortgelassen sind,
ist uns nicht recht verständlich —
Siehe noch p. 111 Möbius. Dippe.
4. Handbnoh der spedellen Therapie Innerer
Krankheiten; herausgeg. von Dr. F. Pen -
zoldt in Erlangen und Dr. R. Stintzing
in Jena. 6Bända Qr.8. Jena 1895. Gustav
Fischer. (Vgl Jahrbb. COXLV. p. 208 und
CCXLVI. p. 100.)
ILBand. Vergiftungen, Stoffwechsel-,
Blut' und Lymphkrankheiten. Abth. III.
Behandlung der Erkrankungen des
Lymphsystems; von Dr. Ph. Biedert in
Hagenau und Dr. 0. Angererin München.
1) Behandlung der Scrofulose; von Dr. Th.
Biedert unter Mitwirkung von A. Hoch.
Die eigenthümliche Stellung der Scrofulose in
der Pathologie veranlasste B. u. H., eingehender,
als es sonst in dem Plane des Handbuches vor*
gesehen ist, die Entstehung und Ursache dieser
Krankheit zu beleuchten, den Begriff der „Scro-
fulose*^ festzustellen, die pathologische Anatomie
der Krankheit zu sdüldem und Symptomatologie,
Yerlauf und Diagnose zu besprechen. Bei der
Behandlung legen B. u. H. mit Recht grossen
Werth auf eine richtige Prophylaxe, die schon bei
den Ehegatten beginnen muss, aber besonders bei
den Kindern nicht versäumt werden darf. Durch
zweckmässige Ernährung, sorgfältige Hautpflege,
Abhärtung, Bedachtnahme auf gesunde Wohnung
und gute Luft kann selbst bei ausgesprochener
erblicher Anlage prophylaktisch gewiss Viel ge-
leistet werden. Das Gleiche gilt auch für die
eigentliche Behandlung, zu der sich als werth-
vollster Genosse der diätetischen AUgemeinbehand-
lung der Leberthran gesellt Dieser und seine
vielen Ersatzmittel, wie das Lipanin, der Jod« und
Jodeisenleberthran, das Malzextrakt, Rahm, femer
die Eisenpräparate, das Kreosot, das Solveol und
108 Penzoldt u. Stintzing, Handbuch der speciellen Therapie innerer Krankheiten.
vorzüglich auch die Schmierseife sind für die Be-
handlung der Sorofalose werthvolle, die di&te>
tischen und klimatischen Euren unterstützende
Mittel. Luftkurorte, Soolbäder und Seebftder zei-
gen erftihrungsgem&ss die besten Besultate und
werden ausführlich beschrieben. Eine kurze Dar-
stellung der Behandlung der Lokalaffektionen an
der Nase, den Ohren, Lymphdrüsen, Knochen und
Gelenken besohlieest diesen ausserordentlich gründ-
lichen und lesenswerthen Abschnitt des Hand-
buches. Ihm schliesst sich an :
2) Behandlung der Krankheüm der Lymph"
ffeßase und der Lymphdrüsen ; von Prof. Anger er
in Hünchen.
Nach kurzen anatomisch -physiologischen Be-
merkungen und einer Schilderung der chirurgisch
wichtigsten Lymphdrüsengruppen bespricht A.
die akute und die chronische Lymphangitis, die
L3rmphangiekta8ien , Elephantiasis und Lymph-
angioma. Er beschränkt sich hierbei nicht nur
auf die Darstellung der Behandlungsmethoden,
sondern schickt jeweils werthvolle orientirende
Darstellungen der Aetiologie und Symptomatologie
voraus, ebenso wie bei den nachfolgenden Capiteln
über die Erkrankungen der Lymphdrüsen. Diese
unterscheidet A. in die akute und chronische (ein-
fache und specifische) Lymphadenitis. Bei der
Behandlung der letzteren befürwortet er auf das
W&rmste die frühzeitige Exstirpation scrofulüser
Lymphome und stützt sich hierbei auf seine eigenen
Erfahrungen, wie das Ergebniss der Statistik ver-
schiedener Kliniken. YonOeschwülsten der Lymph-
drüsen werden besonders das benigne und das
maligne Lymphom und das Sarkom hervorgehoben
und die chirurgische Behandlung, die Exstirpation
der Lymphome wird eingehend geschildert
4) Chirurgische Behandlung der Erkrankungen
der Müx; von Prof. Schönborn in Würzburg.
Seh. giebt uns eine orientirende Debersicht
über die heutige Milzchirurgie. Chirurgische Ein-
griffe an der Milz wurden bislang ausgeführt wegen
Bupturen der Milz, Vorfall der Milz, Wandermilz,
MUzabscessen und Milztumoren. Die Berechtigung
und derWerth der Splenektomie bei diesen krank-
haften Verftnderungen der Milz wird für jeden
einzelnen Fall kurz dargestellt und ebenso werden
die wesentlichsten Punkte für die technische Aus-
führung der Milzoperationen (Splenopexis, Punk-
tion und Incision der Milz, Besektion der Milz und
Splenektomie) angeführt und Prognose und Verlauf
der Operation geschildert
Anhang : Behandlung der bei Stopvechselr, Mu^
und Lymphkrankheikn vorkommenden Ohrerkran-
hingen; von Dr. K. Bürkner in Qöttingen.
Hier werden kurz die bei Gicht, Diabetes melli-
tus bei An&mien und Leukftmie vorkommenden
Ohrerkrankungen und ihre mit der Behandlung
der Gmndkrankheit zusammenfiedlende Therapie
geschildert Ausführlichere Besprechung erfahren
die bei Scrofulose vorkommenden Erkraakangea,
wie Granulationen und Polypen der PaukenhShle,
cariöse Proceese daselbst, die Periostitis und Ostitis
des Warzenfortsatzes und die Otitis media taber-
culosa.
In Ähnlicher Weise behandelt in dem Anhange:
Behandlung der bei Vergiftungen vorkommend/m
Erkrankungen des SsAor^afw Prof. Eversbusoh
in Erlangen die Intoxikations^ Amblyopien, die bei
akuten und chronischen Vergiftungen vorkommM-
den Erkrankungen der Augennerven und -muskaln,
der Lider, Bindehaut, Hornhaut und Linse, sowie
die beim Gebrauche von Arzneimitteln am Auge
auftretenden Erscheinungen (vgL Jahrbb. CCXUX.
p. 100).
m. Band. Erkrankungen der Äth-
mungsorgane und der Kreislaufstörun-
gen» Abth. IV. Behandlung der Erkran*
kungen der Athmungsorgane. Allge-
meiner TheiL
1) Prophylaxe und aügemeine Behandlung der
Erkrankungen der Athmungsorgane ; von Dr. TL
V. Jürgensen in Tübingen.
Nach einleitenden Bemerkungen über die Be-
ziehungen zwischen Athmung, Kreislauf, Blat und
Nerven, sowie über die SchAdlichkeiten, denen die
Athmungswerkzeuge von aussen her durch Staub
und Gase ausgesetzt sind, schildert v. J. die natür-
lichen Schutzmittel, die dem Körper in dem Bau
der Luftwege, den Wanderzellen, den Flimmer-
zellen der Schleimhautoberflfiehe und in gewissen
Baflexbewegungen (Niesen, Husten) zur Verfügung
stehen. Bei der allgemeinen Behandlung der hier-
her gehörenden Krankheiten spielt die Prophylaxe
eine grosse Bolle. Sie richtet ihr Augenm^ k zu-
nächst auf die Beschaffung hygieinisch tadeUoser
Wohnungen und Fürsorge für frische Luft, sodann
auf die Verhütung von Erkältung, auf die zwecdi-
massige Beschaffenheit der Kleidung und die An-
wendung des Wassers im Sinne der Abhärtung.
Alle diese einzelnen Punkte werden ganz ausführ-
lich kritisch beleuchtet und im Anschlüsse dann
wird auch der Einfluss des Klimas und der Er-
nährung bei Erkrankungen der Athmungsoi^gane
berührt. An den Anfang und den Schluss seiner
Arbeit stellt v. J. das gewiss berechtigte Wort:
„dass nur Der die Erkrankungen der Athmungs-
werkzeuge zu behandeln vermag, welcher den
innigen Zusammenhang zwischen ihnen und den
Organen des Kreislaufs stets vor Augen hat".
2) InhaUdums- und pneumatische Behandlung
der Erkrankungen der Aikmungsorgane ; von J>r.
Adolf Schmidt in BeichenhalL
Einer der besten Vertreter der Inhalatäfinfr»
therapie führt uns die sämmtlichenHethodeD dieser
Behandlungsweise in Wort und Bild vor, so weit
sie sich in der Praxis bewährt haben, und ak
Unterstützungsmittel bei der Therapie einer BeüM
von Erkrankungen des Bespirationstractus schw«
entbehrliche Mittel unseres Handelns gewordatt
Fenzoldtu. Stintzing, Handbuch der speciellen Therapie innerer Krankheiten. 109
eiod. Hierher gehören die Inhalationen von flüch-
tigen Stoffen und Dämpfen, die Räucherungen,
Oafi-Inhalationen, femer die Inhalationen mit zer-
stäubten Flüfleigkeiten , wie sie in den grossen
Inhalatoren mancher Kurorte (Ems, Reichenhall,
Kissingen, Kirchberg u. a. a. 0.) geübt werden.
Die verschiedenen Systeme und Apparate sind ein-
gehend beschrieben, abgebildet und in ihrer Wirk-
tamkeit kritisch beleuchtet. Auch die Methoden,
die durch Veränderung der Temperatur der Aussen-
luft wirken sollen, werden beschrieben, femer die
Anwendungsweise der Inhalationsapparate und die
wichtigsten Mittel, die zu Inhalationen zu empfeh-
len sind. Mit besonderer Wärme wird alsdann
die pneumatische Behandlung der Erkrankungen
der Athmungsorgane dargesteUt und die Einrich-
tang des pneumatischen Cabinets und der trans-
portablen Apparate, ihre Wirkung auf die Respi-
ntionundCirkulation, ihre therapeutische Wirkung
und Verwendung geschildert Zahlreiche Abbil-
dungen erläutern die Anwendungsweise dieser Heil-
methoden und machen dadurch gerade dieses Capitel
dem praktischen Arzte ausserordentlich anziehend
und belehrend.
Abtb. IV. Behandlung der Erkran-
kungen der Athmungsorgane. SpedeUer
7%eiL
1) Behandlung der Erkrankungen der Nasen-
und Bachenhöhle; von Dr. W. Kiesselbach in
Eklangen.
K. giebt in seiner Einleitung eine kurze Dar-
stellung der anatomischen Verhältnisse, der Unter-
Buchungsmethoden, der Prophylaxe der Nasen- und
Ibu^enerkrankungen und bespricht danach zu-
nädiet die allgemeinen Behandlungsmethoden, Ent-
fernung von Sekreten aus der Nase durch den
Lttftstrom und die Nasendusche, die Applikation von
Medikamenten in flüssiger oder fester Form, die
Aetzung, Oalvanokaustik,Inhalationstherapie u. s. w.
Im speciellen Theile behandelt er eingehend die
Formfehler der Nase, den akuten und chronischen
Nasenkatarrh, die Phlegmone und Gangrän der
Nasenschleimbaut, Tuberkulose, Geschwülste,
Fremdkörper, Parasiten, Blutungen und die nervösen
Störungen. Eine Uebersicht über die Behandlung
der NebenhShlenerkrankungen bildet den Ueber-
gang zu den Krankheiten des Nasenrachenraums.
Unter diesen erfahren die adenoiden Wucherungen
die ihrer Bedeutung entsprechende Würdigung.
Von den eigentlichen Erkrankungen der Rachen-
organe werden die verschiedenen Formen der An-
gina und Pharyngitis, die Hypertrophie der Ton-
sillen, die Tuberkulose, Neubildungen, Strikturen,
der Retropharyngealabscess und die nervösen Stö-
rungen geschildert
2) Behandlung der Erkrankungen des Kehlkopfes;
von Dr. Ph. Sohech und Dr. 0. Angerer in
Mündien.
Schach giebt zunächst einen Ueberblick über
Prophylaxe, Hygieine und Diätetik, über den Werth
und die Bedeutung der klimatischen Kurorte, der
Mineralbnmnen und schildert die zur Anwendung
kommenden örtlichen Behandlungsmethoden, Um-
schläge, Massage, Elektricität, Qurgelungen, In-
halationen, femer die lokaltherapeutischen Proce-
duren mit Sonden und verschiedenen Arzneisto£Fen
in fester, flüssiger und Pulverform, Aetzmittel,
Galvanokaustik und Elektrolyse, um sodann im
speciellen Theile eingehend die akuten und chro-
nischen Kehlkopfkatarrhe, die membranösen Pro-
cesse, das Qlottisödem, Phlegmone, Abscess, Ery-
sipel , die Perichondritis , Stenosen , Tuberkulose,
Lupus, Syphilis, Neubildungen, Fremdkörper und
Neurosen zu behandeln.
A n g e r e r bespricht die drei chirurgischen in
Betracht kommenden Eingriffe am Kehlkopf, näm-
lich die Tracheotomie, die Ijaryngotomie und die
Exstirpation des Kehlkopfes, und giebt eine sorg-
fältige Darstellung der Technik der Methoden, der
Nachbehandlung, der Prognose und der Resultate
dieser Operationen.
S) Behandlung der Lu ftröhrenerkrankungen ; von
Dr. Th. V. Jürgensen in Tübingen.
Für die Behandlung und Beurtheilung der
vielerlei entzündlichen Erkrankungen der Schleim-*
haut der Luftrohre ist ausserordentlich wichtig die
Entstehungsursache; sie beherrscht das Oesammt*
bild der Krankheit und giebt dem Arzt den ersten
Fingerzeig. Bei der eigentlichen Behandlung des
Katarrhs der Luftröhre und der gröberen Bronchen
ist die örtliche Diaphorese oft von coupirender
Wirkung; neben ihr sind dann unter Umständen
noch Arzneimittel, Opiate u. A. am Platze. Ernster
ist die Bronchitis capillaris, für die das Wasser in
Form von Bädern, Einwickelungen, Duschen u. s. w.
dringend empfohlen wird. Streng zu unter-
scheiden für die Behandlung sind die verschiede-
nen Formen der chronischen Bronchitis, der trockene
Katarrh, die bronchorrhoische und bronchoblennor-
rhoische Form, die putride Bronchitis, und von
diesen Formen ist wieder verschieden die selten
auftretende fibrinöse Bronchitis. Besonders ge-
würdigt werden zum Schlüsse noch das Asthma
bronchiale und der Kropf, bei dessen Behandlung
die moderne Schilddrüsentherapie noch nicht be*
rücksichtigt wurde.
4) Behandlung der Lungentuberkulose; von Dr.
F. Penzoldt in Erlangen.
Die Bearbeitung dieses schwierigen und wich-
tigen Capitels der Pathologie hat der eine Heraus-
geber des Handbuches selbst und damit einer der
besten Kenner der Tuberkulose übernommen und
in einer Weise durchgeführt, die die Bewunderung
und Freude eines Jeden erwecken muss, der sich
zur Lektüre dieses Abschnittes anschickt. Nach
einem allgemeinen Theile, in dem die Krankheits-
ursachen, die Diagnose der Krankheit in den ver-
schiedenen Stadien und Formen dargestellt werden,
sind besondere Capitel zunächst den Verhütungs-
maassregeln gewidmet. Hiw werden dieMaass«
IIÖ Real-Encyklopftdie. — Monro, A hifitory of the chronic degeneraÜTe diseases etc.
regeln zur Einschränkung der Infektionserreger,
vor Allem die Behandlung des Sputum und des
tuberkulösen Eiters, die Maassregeln, die von Seiten
der Behörden gegen die von den tuberkulösen
Menschen und den tuberkulösen Thieren drohen-
den Oefahren gerichtet werden müssen, eingehend
besprochen. Dem schliessen sich an die Schutz-
maassregeln fQr das einzelne Individuum, die Mittel,
die ererbte Disposition einzuschränken durch rich-
tige Pflege und Ernährung, gute Luft, Abhärtung,
richtige Wahl des Berufes und danach eine Be-
sprechung der Schutzmaassrogeln bei erworbener
Disposition, die verschieden sein müssen, je nach-
dem die Ursache in aUgemeinen Emährungstörun-
gen, in nicht tuberkulösen Erkrankungen der Ath-
mungsorgane und in tuberkulösen Affektionen
anderer Gewebe zu suchen ist Bei der Be-
sprechung der eigentlichen Behandlungsmethoden
stellt P. obenan den Satz : „die Lungentuberkulose
kann heilen^S Wenn es auch kein specifisches
Heilverfahren für diese Krankheit giebt, so haben
wir doch in der hygieinisch- diätetischen Heil-
methode die Aussicht auf ein befriedigendes Resul-
tat der Behandlung. Die beste Möglichkeit einer
richtigen Durchführung dieser Methode ist in den
geschlossenen Anstalten gegeben. In diesen spie-
len die zweckmässige Ernährung und die gute
Luft im Freien die grösste Bolle. Eingehend
werden die Elimatotherapie , die Bedeutung von
Ruhe und Bewegung, Abhärtung und Schonung
und die psychische Beeinflussung gewürdigt und
danach werden noch der Werth der Arzneibehand-
lung, sowie die Behandlung mit Bakterienprodukten
(Tuberkulin) und physikalischen Heilmitteln, sowie
die operative Behandlung besprochen. Besondere
Berücksichtigung finden dann noch die einzelnen
Symptome der Krankheit und ihre Complikationen
und zum Schlüsse die stillstehende Tuberkulose
(Verhütung von Rückfällen).
5) Behandlung der Lungenkrankheüen (oim-
sehliesslich Lungenkiberkulose) ; von Dr. Th. von
Jürgensenin Tübingen, mit einem chirurgischen
Beitrag von Dr. E. Sonnenburg in Berlin.
In diesem Abschnitte kommen die verschiede-
nen Formen der Lungenentzündung und ihrer
Folgezustände und Complikationen, femer die
hypostatischen Vorgänge in den Lungen, Embolie
und Thrombose der Lungenarterien, der hämor-
rhagische Infarkt und der Absoess, Lungenbrand
und Lungenödem, die Neubildungen der Lunge,
sowie das Emphysem und damit verwandte Zu-
stände zur ausführlichen Darstellung.
Besonders eingehend wird die Behandlung der
genuinen Pneumonie besprochen und v. J. nimmt
hier Veranlassung, seine Anschauungen über den
Werth der früheren Behandlungsmethoden (Blut-
entziehungen, medikamentöse Behandlung u. s. w.)
gegenüber der von ihm ganz besonders in die The-
rapie der Lungenentzündung eingeführten Wasser-
behandlung darzulegen,
Anhangsweise giebt Sonnenburg ein Bild
des gegenwärtigen Standes der operativen Behand-
lung der Lungenerkrankungen, hauptsächlich des
Lungenabscesses, der Lungengangrän, der tuberku-
lösen und bronchiektatischen Ca vemen, der Lungen-
echinokokken, der Aktinomykose und der Lungeo-
geschwülste.
6) Behandlung der Erkrankungen des BruMfdk
und MütelfeUraumes ; von Dr. B. Stintzing in
Jena und Dr. M. Schede in Hamburg.
Eine vortreffliche und das Thema vollkommen
erschöpfendeSpecialarbeit bildet der von Stintzing
bearbeitete Abschnitt der Behandlung der Erkran-
kungen des Brustfells und des Mittelfellraumes.
Ihrer Bedeutiuig entsprechend hat die Pleuritis
die ausführlichste Darstellung erfahren und hier
ist wiederum die operative Behandlung, die Ent-
leerung des pleuritischen EIxsudates mit ganz be-
sonderer Sorgfalt behandelt worden. Denmächst
wird die Behandlung des Pneumothorax, desHydro-
thoraz, Chylothorax und Hämatothorax, der Peri-
pleuritis, des Echinococcus der Pleura, sowie der
bösartigen (Geschwülste der Pleura und des Mediasti-
num besprochen und zum Schlüsse werden an-
hangsweise noch einige seltenere Erkrankungen
(Mediastinitis, Aktinomykosis und subpleurales
Emphysem) der Vollständigkeit halber erwähnt
In zweckmässiger Ergänzung dieses Abschnittes
giebt Schede eine klassische Darstellung der
Behandlung des Empyems mit Brustsofanitt und
Rippenresektion, der eine soldie der Behandlung
der Geschwülste der Pleura und der Krankheitoi
des Mediastinum sich anschliesst Ihr folgt eine
kurze Schilderung der bei Erkrankimgen der Ath-
mungsorgane vorkommenden Ohrenkrankheiten und
deren Behandlung diux;h Dr. K. Bürkner in
Göttingen. Qoldschmidt (Nürnberg).
5. Beal-Encyklopädle der gesammten Heil-
kunde. 3. Aufl. VnL EL Wien u. Leipzig
1895 — 96. Urban u. Schwarzenberg. (Jr. 8.
(Je 15 Mk.)
Im 8. und im 9. Bande der rasch vorwärts
schreitenden 3. Auflage „des Eulen burg^' sind
verschiedene grössere Aufsatze besonders bemer-
kenswerth. So die Arbeit Gad 's über das Gehirn,
die L. B r u n s' über Gehimkrankheiten, die R i e s s'
über Gicht, die verschiedenen „Eläma^'- Artikel u. A.
Viele Artikel sind ganz neu bearbeitet Manche,
z. B. der Aufsatz über fortschreitenden (^esichts-
schwund, sind allerdings nicht ganz au fait
Möbius.
6. A hUtory of the olironio degenemtive
diseases of the oentral nervooi System;
by Th. K. Monro. Glasgow 1895. Gr.8.
82 pp.
Das Hauptstück ist die (beschichte der Leiire
von der Tabes. Die anderen geschichtUofaen Er-
örterungen (über die Formen des HuskeLschwuii-
des, über multiple Sklerose u. A.) sind sehr kun
MöbiuEL — V. Dflring. — Neisser. — Bayer.
111
gehalten. Das BÜdil^ ist vortrefflich ausge-
stattet Möbius.
7. Die Basedow'aohe Krankheit; von Dr.
P. J. Möbius. [,,Specielle Pathologie u.
Therapie^, herausgeg. von H. Nothnagel.
Bd. XXn.] Wien 1896. A. Holder. Gr. 8.
n u. 121 S. (3 Mk. 20 Pf.)
Die Basedow'sche Krankheit wird nach der
zuerst vom Vf. der vorliegenden Abhandlung aus-
gesprochenen Theorie fast aUgemein als eine Er-
krankung der Schilddrüse aufgefasst. Dem um-
stand, dass dies in der That die jetzt am besten
bQgrQndete und am stärksten vertretene An-
schauung ist, hat der Herausgeber des Sammel-
werkes dadurch Rechnung getragen , dass er die
vorUegende Bearbeitung der Basedow'sohen Krank-
heit mit der von Ewald verfassten Schilderung
der „Erkrankungen derSchilddrflse, Myxödem und
Cretinismus" in einem Bande vereinigte, anstatt
dem Leiden, wie es bisher allgemein üblich war,
einen Platz unter den Nervenkrankheiten einzu-
räumen.
In einer kurzen geschichtUchen Einleitung, in
der wir Parry als den Entdecker der Krankheit
bezeichnet finden, führt Vf. die Fortschritte an, die
wir den neueren Untersuchungen verdanken, n&m-
lich die Bereicherung der klinischen Kenntniss,
das Yerständniss der Natur des Leidens und die
Behandlung durch Operationen, und kritisirt die
sonstigen, über die Ei'krankung aufgestellten Hypo-
thesen.
Ein Yerständniss für das Wesen der Krankheit
war erst möglich, als man die Bedeutung der Schild-
drüse erkannt hatte. Nachdem man eingesehen
hatte, dass Ausfall der chemischen Thätigkeit der
Schilddrüse Myxödem bewirke, also ein Leiden,
das das Gegenstück zum Morbus Basedowii bildet,
und dass dort eine Atrophie, hier eine Hypertrophie
der Schilddrüse vorliege, ergab sich der Schluss,
dass die Basedow'sche Krankheit eine Folge von
krankhaft gesteigerter Thätigkeit der Drüse sei, ein
Schluss, den bekanntlich Vf. zuerst zog.
Die Basedow'sche Krankheit lässt sich daher
definiren als eine Vergiftung des Körpers durch
krankhaft gesteigerte Thätigkeit der Schilddrüse.
Worin das Wesen dieser krankhaften Thätigkeit
besteht, lässt sich bei dem dermaligen unvollstän-
digen Wissen von der Thätigkeit der Schilddrüse
noch nicht sagen, nur so viel steht fest, dass es
sich um eine eigenartige Veränderung, eine „Base-
dow-Veränderung*', handeln muss und dass nicht
jede beliebige Schilddrüsenerkrankung zum Morbus
Basedowii führt
Aus dem Abschnitt über die Aetiologie wäre
die Ansicht des Vfs. hervorzuheben, dass man die
Bedeutung der besonders von französischer Seite
so betonten neuropathischen Belastung überschätzt
habe, und dass man nur sagen könne, neuro-
pathische Menschen hätten mehr Anlage zu der
Krankheit, bez. diese komme bei erblich Entarteten
relativ häufig vor.
Auf den Abschnitt über die Ursachen folgen
die über die sehr ausführlich behandelte Sympto-
matologie, über die Complikationen , über Form,
Verlauf und Ausgang, Diagnose und Prognose und
endlich das eingehende Capitel über die Behandlung.
Hervorzuheben ist, dass der Abhandlung ein
32 eng bedruckte Seiten umfassendes Literatur-
verzeichniss beigegeben ist.
K. Orube (Neuenahr).
8. Klinische Vorlesungen über Syphilis;
von Dr. K v. Düring in Konstantinopel.
Hamburg u. Leipzig 1895. Leopold Voss.
Gr. 8. XVI u. 320 S. (6 Mk.)
In 22 Vorlesungen, die v. D. als Orundlage
für den klinischen Unterricht an der kaiserlichen
Medicinschule in Konstantinopel bestimmt hat,
giebt er in klarer und anschaulicher Darstellung
eine Uebersicht über die Erscheinungen und die
Behandlung der Syphilis. Das Buch steht voll-
kommen auf dem Standpunkte der modernen An-
schauungen und geht, so weit es bei dem be-
schränkten Räume möglich ist, auf alle einschlä-
gigen Fragen ein. Das praktisch Wichtigste ist
in den Vordergrund gestellt und namentlich die
Capitel über die Behandlung der Syphilis, die Art,
die Methode, die Dauer derselben sind eingehend
und gründlich behandelt Eignet sich demnach
das Buch vortrefflich zur Einführung in das Stu-
dium der Syphilis, so wird es auch der auf diesem
Gebiete Bewanderte mit Interesse und Vergnügen
lesen. W e r m a n n (Dresden).
9. Stereotkopiaoher medioiniaoher Atlas;
herausgegeben von Prof. A. Neisser in
Breslau. VI. u. VII. Lieferung. 3. u. 4. Folge
der Abtheilung: Dermatologie u. Syphilis.
Cassel 1895. Th. 0. Fisher u. Co. Kl. 8.
(Lief. 4 Mk.)
Die vorliegenden Lieferungen enthalten in glei-
cher vorzüglicher Ausführung wie die vorangegan-
genen Aufnahmen : Condylomata acuminata , Ich-
thyosis, Lepra, Sycosis trichophytina, Bromexan-
them, Eczema chronicum, Psoriasis, Dermatitis
herpetiformis (D u h r i n g), Ulcera tuberculosa cruris,
Lupus faciei, Ulcera tuberculosa im Anschlüsse an
Bubo suppurativus (nach Ulcus molle), Mycosis
fungoides, Sklerodaktylie, Lupus mutilans, Tumor
der Orbita, Papillome der Glans penis, Clou de
Biskra.
Auch diese Bilder geben, mit einer kurzen er-
klärenden Beschreibung versehen, eine äusserst
anschauliche Dai*stellung der Krankheitserschei-
nungen und können aufs Wärmste empfohlen
werden. W e r m a n n (Dresden).
1 0. Die Chirurgie in der Landprazis. Kurz-
gefaasUs Nachschlagebuch fürprakiisehe Aerxte ;
von Prof. CarlBayerin Prag. 2. Auflage,
112
Wolzendorff. — Schmidt. — Braun von Fernwali
Berlin u. Prag 1896. Fiseher's möd. Buch-
handlung. EL 8. YIII u. 147 S. mit 24 Ab-
bild, im Text. (3 Mk.)
Die vor 4 Jahren erschienene I.Auflage dieses
Buches haben wir im CCXXXIV. Bande dieser
Jahrbb. p. 215 eingehend besprochen. Die 2. Auf-
lage ist um eine Reihe von Abbildungen, sowie um
circa 40 Seiten Text vermehrt; sie wird sich jeden-
falls viele neue Freunde erwerben.
P. Wagner (Leipzig).
11. Handbuch der kleinen Chirurgie fOr
praktisoheAersta; von Dr.Oust Wolzen-
dorff. 3. vermehrte u. verbesserte Auflage.
I. Band. Wien u. Leipzig 1896. Urban u.
Schwarzenberg. 8. 488 S. mit 356 Holz-
schnitten. (7 Mk.)
Der vor 7 Jahren erschienenen 2. Auflage ist
jetzt der 1. Band der 3. Auflage der „Kleinen
Chirurgie" gefolgt. Wir haben das Buch früher
ausführlich besprochen (vgl. Jahrbb. CCXXII. p. 99.)
und werden, wenn auch der 2. Theil vorliegt, der
noch im Laufe dieses Jahres erscheinen soll, noch-
mals auf das ganze Werk zu sprechen kommen.
P. Wagner (Leipzig).
1 2. FestBchrift für Professor Br. med. Benno
Schmidt; vonDr. med.Oeorg B.Schmidt
inHeidelberg, Dr. jur.Arthur B. Schmidt
in Qiessen, Dr. med. Martin B. Schmidt
in Strassburg. Jena 1896. 0. Fischer. 8.
148 S. mit 1 litograph. Tafel. (4 Mk. 50 Pf.)
Zum 70. Geburtstage des bekannten Leipziger
Chirurgen Benno Schmidt haben seine drei
ältesten Söhne eine Festschrift verfaaat und ihrem
Yater gewidmet
Oeorg B. Schmidt giebt in seinen i^i^o^en
%wr OcMenbloMnehinurgie zunächst einen kurzen
Ueberblick über Untersuchung, Diagnostik und
Lokalisation der Gallensteine, sowie über die ver-
schiedenen Indikationen und Methoden der Ope-
ration. Vf. selbst hat 9mal Gallenblasenoperationen
ausgeführt: 2 Lacisionen bei pericystitischen Ab-
scessen unter der Bauchhaut; 2 einzeitige Cysto-
stomien bei Hydrops der Gallenblase, Cysticus- und
Choledochussteinen ; 1 Cholecystostomie mit pri-
märer Naht und Versenkung; 1 Exstirpation der
steinhaltigen Gallenblase bei Atrophie und Chole-
dochusstein; 1 Exstirpation der tuberkulösen Gallen-
blase; 1 LeberabsoesserOffnung im Gefolge von
Cholelithiasis ; 1 Operation bei abgelaufener Chole-
lithiasis mit Durchbruch des Steines in den Darm,
Darmabknickung, Gastroenterostomie. Nur in die-
sem letzteren Falle, in dem bereits im letzten
Stadium der Kräfte operirt werden musste, nahm
die Operation einen tödlichen Ausgang ; die übrigen
Operirten wurden vollkommen geheilt.
Arthur B. Schmidt giebt in seiner Arbeit;
Medißimschea aus deutschen Beehisquellen einen
rechtshistorischen Beitrag über die verschiedenen
Formen der Körperverletzung und das dafQr im
Mittelalter geltende Bussensystem.
Martin B. Schmidt bespricht die fT^itmer-
cyslen der Zungenwurxel und die drüsigen Ankanst
des Ductus ihyreoghssus und kommt dabei zn dem
Schlüsse, dass die solitären, die multiplen und die
multilokularen flimmernden und nicht flimmernden
Schleimcysten der Zungenwurzel aus den ^the-
lialen Sprossen des Ductus lingualis entstehen, and
zwar zum grössten Theile aus den Ausführungs-
gängen der Schleimdrüsen. Dieser Arbeit ist eine
Tafel mit Abbildungen beigegeben.
P. Wagner (Leipzig).
13. Der Kaisorsolmitt bei engem Beoken;
von Dr. Richard Braun von Fern wald
in Wien. Wien 1894. Josef Safiüf. Or.8.
104 S. (3Mk.)
Die ungünstigen Resultate, die man in der
Braun 'sehen Klinik mit der Symphyseotomie
erzielte, gaben Veranlassung dazu, dass seit October
1893 keine Symphyseotomie mehr dort ausgeführt
wurde und die Sectio caesarea aus relativer bidika-
tion wieder ganz in den Vordergrund trat
Als obere Grenze für die Sectio caesarea ans
absoluter Indikation nimmt B r. beim platten Becken
eine Conj. vera von 6 cm, beim allgemein verengten
Becken eine Conj. vera von ß^J^cm an. Die obere
Grenze der Sectio caesarea aus relativer Indikation
anzugeben, erscheint nach Br. nicht recht mög-
lich, da bei der Beurtheilung eine ganze Reihe von
ümst&nden in Rechnung zu ziehen ist Bei der
Entscheidung, ob die Kraniotomie oder die Sectio
caesarea zu w&hlen ist, muss nach Br. die socials
Stellung der Mutter in Betracht gezogen werden.
Die Gesichtspunkte, die im einzelnen Falle ffir
den conservativen Kaiserschnitt, den Kaiserschnitt
nach Porro oder die Kraniotomie den Aussdüag
geben, werden von B r. genau erOrtert Das in dar
Braun 'sehen Klinik geübte Verfahren beim Kaiser-
schnitt wird eingehend geschildert Als Naht«
material wurde stets Seide benutzt Gegenübecj
der Symphyseotomie sieht Br. im Kaiserachnitl
das elegantere und schonendere Entbindungsver-
fahren. Auch ausserhalb der Klinik würde sick
B r. bei normaler Temperatur der Gebftrenden
getrauen, eine Sectio caesarea conservativa, als
Symphyseotomie auszuführen.
Schliesslich berichtet Br. über 32
schnitte in 5 Jahren unter 16000 Geburten ; 12
wurde die oonservative Methode und 20inal di<
jenige von Porro angewandt Nach Aosschali
einer schon vor der Operation Septischen ist
31 operirten Frauen nur 1 «■ 3.22*/o gestor
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
JAHRBÜCHER
der
io- und ausiaDdischea gesammten Medicia.
Bd. 250.
1896.
jif 2.
A. Auszüge.
I. Medicinische Physik, Chemie und Botaniic.
174. Bio wirksame Sabttois der Schild-
drfise. VorlAttflge Notiz; von E. Drechsel.
(Centr.-BL f. PhysioL IX. 24. p. 705. 1896.)
In D r.'s Laboratorium wurden aus Schweine-
schilddrüsen zwei wirksame krystallinische Sub-
stanzen auf folgendem Wege gewonnen. Die zer-
kleinerten Drüsen wurden mit Wasser von 35^
ausgezogen, die Auszüge enteiweisst Aus dem
eingedampften Filtrate scheidet sich beim Stehen-
lassen ein Niederschlag ab. Das Mltrat hiervon
wird mit Phosphorwolframsäure ausgefüllt, der
chlorfrei gewaschene Niederschlag wiederholt mit
Wasser ausgekocht Der lösliche und der ungelöste
Theil des Niederschlages werden mit Baryt zer-
setzt, die mit Schwefelsäure neutralisirten Filtrate
eingedampft. Die Rückstände krystallisiren und
sind beide wirksam.
Es scheinen in der Schilddrüse also mehrere
wirksame Stoffe vorzukommen.
y. Lehmann (Berlin).
175. Ueber das Vorkommen yon Jod im
mediflohliohen Organismoa; von E. Drechsel.
(Centr.-BL f. Physich IX. 24. p. 704. 1896.)
Dr. hatte im hornigen Achsenskelett einer Oor-
gonia viel Jod, zum Theil organisch gebundenes,
gefunden und vermuthete daher, dass auch in
menschlichen Eeratingebilden sich Jod ablagere.
Die Untersuchung der Haare von mit Jodkalium
bdiandelten Syphilitikern bestätigte diese Ver-
muthung. Organisch gebundenes Jod konnte aUer-
dings in den Haaren nicht nachgewiesen werden.
Y. Lehmann (Berlin).
176. StoffwechselnntersQoliiuis bei einem
mit Thjrrojodin behandelten Falle; von Dr.
G. Treupel. (Münchn. med. Wchnschr. XUn.
6. 1896.)
XMä^A T^U.LU "D^ OrA XXC4. O
Bei einem mit dem Aiumann'schen Thyrojodin
angestellten Stoffwechselversuche fand Tr. die
Harnstoffausscheidung stark vermehrt Es stimmt
dies mit den meisten Resultaten der bei Schild-
drüsen-Therapie angestellten Stoffwechselunter-
suchungen überein.
Zucker, der einige Male nach Schilddrüsen-
darreichung im Harne gefunden war, trat nach
Thyrojodin nicht auf. V. Lehmann (Berlin).
177. Ueber den Binfluas nnoleinhaltiger
Nahrung auf die Hamaäurebildong; von F.
Umher. (Ztschr. f. klin. Med. XXIX. 1 u. 2. p. 1 74.
1896.)
Die Versuche, die U. in der I. med. Klinik zu
Berlin anstellte, bestätigen die jetzt wohl allgemein
getheilte Annahme, dass die Hamsäurebildung mit
denNudeinstoffen in nahem Zusammenhange steht
Bei dem täglichen Qenusse von 500 g Thymus war
die Harnsäureausscheidung gegenüber täglich 500 g
Fleisch beträchtlich vermehrt Bei 300 g war der
Unterschied nicht so wesentlich. 500 g Leber täg-
lich wirkten bei einer Person stark Harnsäure ver-
mehrend, bei einer anderen weniger. Ealbsniere
undEalbshim gaben annähernd dieselbe Harnsäure-
ausscheidung wie Fleisch. Bei vorwiegender Milch-
nahrung war die Hamsäureausscheidung beträcht-
lich geringer wie bei Fleischkost Die Menge der
ausgeschiedenen Xanihinbasen schwankt bei Ge-
sunden in weiten Grenzen ; sie wird durch Alkali-
zufuhr und Milchnahrung vergrössert D i p p e.
178. lainiaohe und experimentelle Unter«
suohongen über die Bildung nndAuascheidung
von Ammoniak ; von T h. R u m p f. (Yirchow's
Arch. CXLin. 1. p. 1. 1896.)
Nachdem R. bei Gesimden die Ammoniakaus-
scheidung im Harne bei eiweissreicher und bei
114
n. Anatomie und Physiologie.
eiweissarmerEost verfolgt und gesehen hatte, dass
im Allgemeinen eiweissreiche Kost die Ammoniak-
menge steigert, eiweissarme sie vermindert, studirte
er die Ammoniakausscheidung bei verschiedenen
Infektionskrankheiten, wie croupOser Pneumonie,
akutem Gelenkrheumatismus, Abdominaltyphus, In-
fluenza, Cholera. Er fand, dass im Fieberstadium
die NH|- Ausscheidung betrSchtlich gesteigert war,
und dass sich diese Steigerung meist noch weit in
die Eeoonvalesoenz hinein erstreckte.
Die Ausscheidung des Oesammtstickstolb steigt
aber nicht parallel derNH|-Ausscheidung, sondern
bleibt hinter dieser zurück.
R. legte sich nun die Frage vor, ob vielleicht
vermehrte Ammoniakbüdung durch die Infektions-
erreger veranlasst sei, und untersuchte, ob Gho-
lerabadllen , Pneumokokken, Diphtheriebacillen,
Streptokokken, Staphylokokken, Typhusbacillen
auf künstlichen N&hrböden Ammoniak bilden. Es
konnte dies nur von Cholerabadllen, Streptokokken
und Staphylokokken festgestellt werden.
Im Allgemeinen wird also Ammoniak nicht als
BakterienstofFwechselprodukt zu betrachten sein.
V. Lehmann (Berlin).
179. 1) Ueber die Alloxarkörperanssohel-
dnng im Harn bei Nephritis; von Dr. Q. Z ü 1 z e r.
(BerL klin. Wchnschr. XXXTTT. 4. 1896.)
2) Ueber Verhalten der Alloziirkörper im
HambaiNephritlB; vonDr.REolisch. (Wien,
med. EL Nr. 8. 1896.) Sond.-Abdr.
1) Zülzer wendet sich gegen die von Ko-
lisch aufgestellte Behauptung, dass die Niere der
Ort der Hamsäurebildung sei. Kolisch schloss
dies daraus, dass bei Nierenkranken die Summe der
AlloxurkOrper (Harnsäure und Basen) normal bliebe,
während das Verhältniss zwischen Harnsäure und
Alloxurbasen so versdioben sei, dass die AUoxur-
basenmenge auf Kosten der Harnsäure vermehrt
sei, letztere also in verringerter Menge ausgeschie-
den werde. Auf Ghrund von Beobachtungen von
Noordens und eigener Beobachtungen wird nach-
gewiesen, dass bei Nephritis meist ganz normale
Hamsauremengen ausgeschieden werden, allerdings
die Alloxurbasenmenge relativ vermehrt sein kann.
2) Kolisch beanstandet die Schlüsse, wdchd
Zülzer aus seinen Fällen zieht, und behauptet,
wie früher, die Vermehrung der AUoxurbaaen auf
Kosten der Harnsäure bei Nephritis.
y. Lehmann (Berlin).
180. Ueber diePentorarie, eine neue Ano-
malie das StoflWeohseLi ; von Prof. E. Sal-
kowski. (BerL klin. Wchnschr. XXXH. 17.
1895.)
S. hat sdion vor 3 Jahren mit M. Jastro-
witz in einem stark reduoirenden , aber nicht
gährungsffthigen Harne Pentose nachgewiesen. Er
hat jetzt 2 andere Fälle von Pentosurie aufgefim-
den ; in dem einen dieser Fälle enthielt der Harn
ausserdem Traubenzucker. Zur Feststellung des
Pentosegehaltes kann die T o 1 1 e n s 'sdie Reaktion
dienen: Man löst etwas Phloroglucin unter Er-
wärmen in 5 com rauchender Salzsäure, so dass
etwas ungelüst bleibt, theilt die Lösung in 2 Hälften,
setzt zu der einen Hälfte ca. ^^ ccm des fraglichen
Haines, zu der anderen (zum Vergleiche) normalen
Harn. Die Beagensgläser werden in siedendes
Wasser gestellt: in wenigen Augenblicken zeigt
der pentosehaltige Harn einen intensiv rothen oberen
Saum.
Die Pentose stammt wahrscheinUoh aus dem
Nucleoproteid des Pankreas, einem Körper, der tot
Kurzem durch Hammarsten entdeckt wurda
Y. Lehmann (Berlin).
181. Ueber die BiweiMkörper de« lenkimi-
flohen Harnes mit besonderer Beräoksiohti-
gang dosHifltonfl; von Dr. Bud. Kolisch n.
Dr. Rieh. Buriän. (Ztschr. f. klin. Med. XXIX.
3 u. 4. p. 374. 1896.)
In einem Falle von Leukämie wurde im Harne
das LUienfM^wAkQ Histon (aus Nucleohiston ab-
gespalten) constant nachgewiesen. Der starke Kem-
zerfall allein kann diesen Befund nicht erklären,
denn die Menge der AUozurkOrper war kaum ver-
mehrt Man muss daher annehmen, dass die Zer-
störung des freigewordenen Histons aus irgend
einem Grunde mangelhaft war.
Y. Lehmann (Berlin).
II. Anatomie und Physiologie.
182. Ueber dieQrannlationen in den Zellen ;
Ton G. Galeotti. (Internat. Mon.-Schr. f. Anat
u. PhysioL XH. 10. 12. 1895.)
Im Gegensatze zur Auffassung Ehrlich 's,
dass bei den specifischen F&rbungen der Granula-
tionen und anderer Zellenbestandtheile chemische
Processe nach Art der Doppelsalzbildung sich ab-
spielen, spricht sich G. dahin aus, dass es sich
dabei um die physikalische Beschaffenheit der zu
fiürbenden Elemente handelt, sei es ihre ursprüng-
liche oder eine ihnen durch die vorhergehende Be-
handlung künstlich ertheilte (durch Beize u. s. w.).
Auf dieser Anschauung hat er seine Fftrbungs*
methode zur Darstellung der Zellengranulationen
aufgebaut und damit die Granula 1) in nicht seoer-
nirenden Zellen, 2) in Sekretionszellen und 3) in
pathologisch afiücirten Zellen (trübe Sohweliimg)'
untersucht Die Einzelheiten seiner Eigebnisse
entziehen sich der kurzen Wiedergabe; nur im All-
gemeinen sei bemerkt, dass er auch bei der Bildung
der Granula eine aktive Betheiligung der Keni-
substanz und das Bestehen lebhafter Wechsel-
beziehungen zwischen Kern und Protoplasma be-
obachtet hat Teichmann (Berlin).
n. Anatomie und Physiologie.
115
183. Btnde tur les modifloations des oel-
Inles dans lenrmortlente; par A.Eot8oysky.
(Arch. des sdences BioL de St. Pötersburg IV. 1.
p. 95. 1895-)
Die Yersuchsanordnung war derart getroffen,
dass die frisch entnommenen Oewebestücke, yor
Ralniss und Austrocknung geschQtzt, einem nor-
malen Absterben ohne Zutritt pathologischer Pro-
oesse fiberlassen wurden. Als Besultat ergab sich
Folgendes : Die Zellen Andern ihre Oestalt, trennen
sich von mnander oder bleiben hier und dadurdi feine
Fortsitze mit einander yerbunden. Die fuchsino-
philen Granulationen verlieren die Fähigkeit, das
Fuchsin festzuhalten, nur wenige bewahren noch
fOr längere Zeit ihr Fftrbungsverm5gen. Die Kerne
beginnen, nadi der Altmann'schenMethode sich
roth zu färben, ihre Gontouren bleiben lange Zeit
deutlich. Allmählich wird das an Fett arme Oe-
webe sehr fettreich, indem sich Fett nicht nur im
Zellenleibe und Zellenkerne, sondern auch ausser-
halb der 2Selle ablagert Auf diesem Wege kommt
es schliesslich zur Auflösung des organischen Zu-
sammenhanges. Die Fettansammlung führt E. auf
die auch in der „überlebenden" Zelle noch statt-
findenden chemischen Umsetzungen zurück.
Teichmann (Berlin).
184. Ueber vaoaoliairte Kerne der Fett-
seilen mit besonderer Berüoktiohtigung des
ünterhautfettgewebes des Menschen ; von Dr.
ArnoldSack. (Arch. f. mikrosk. Anat XLYl. 3.
p. 431. 1895.)
Was Unna als „Lochkeme^^ des Fettgewebes
bezeichnet und als atrophische Erscheinung auf-
fasst, nennt S. vacuolisirte Kerne, die aber nur bei
gut ausgebildeten, keineswegs bei atrophischen
Fettzellen beobachtet werden. Die ruhenden Kerne
der meisten Fettzellen enthalten scharf umschrie-
bene, sphärische oder ellipsoide Yacuolen, deren
Inhalt fettfreie, wahrscheinlich alkalische Flüssig-
keit ist Die Yacuolen entstehen dicht am Kem-
körpeichen als winzige Bläschen inmitten der Kern-
snbetanz, vergrössem sich durch eigenes Wachs-
fhum oder durch Verschmelzung mit benachbarten
Yacuolen desselben Kernes, überschreiten schliess-
lich die Kemconturen und entweichen dann in
den Binnenraum der Fettzelle. Nach dem Aus-
tritte der Yacuole aus dem Kerne bleibt die von
ihr zurückgelassene napff5rmige Depression der
Kemoontonr oder auch der lochf5rmige Durch-
bruch des ganzen Kerns eine Zeit lang bestehen.
Inzwischen beginnt eine neue Yacuole im Innern
des Kerns denselben Yorgang der Auswanderung.
Zur Erklärung des ganzen Vorgangs verweist S.
auf die Kemabplattung der Fettzelle in Folge des
Druckes des Fetttropfens ; dieser Druck verhindere
den continuirlichen Saftstrom vom Kern zum Zell-
leib) so komme es zu einer Flüssigkeitsansamm-
Inng im Kerne, welche erst bei genügend hoher
Spannung den von aussen auf dem Kerne la9ten-
den Druck überwindet und in den Zellleib ent«
weicht Teichmann (Berlin).
185. Ueber die sogenannten Epithelkörper
(Qlandülae parathyreoideae) in der seitliehen
Naohbarsohaft der Schilddrüse und der Um-
gebung der Arteria carotis der Sänger und des
Menschen; von Dr. Alfred Schaper. (Arch.
f. mikrosk. Anat XLYII. 2. p. 239. 1895.)
Die Schlussfolgerungen über das Wesen und
die Bedeutung der Glandulae parathyreoideae, zu
denen Seh. am Ende seiner lesenswerthen Unter-
suchungen gelangt, verdienen wegen ihres hohen
Interesses auch für die praktische Medicin eine
etwas ausführlichere Wiedergabe. Die äusseren
Epithelkörperchen sind abgesprengte, auf gewissen
Stadien der embryonalen Entwickelung zurück-
gebliebene Partikel der lateralen Schilddrüsen-
aulage. Die Epithelkörper verharren für gewöhn-
lich in ihrem mehr oder weniger indifferenten,
funktionslosen Zustande; unter gewissen, vorläufig
noch unbekannten Bedingungen aber können sie
sich weiter entwickeln, und zwar nach der Rich-
tung des typischen Schilddrüsengewebes hin. In
der Regel wird nicht das ganze Organ, sondern
nur ein beschränkter Theil in einen derartigen
Fortbildungsprocess einbezogen, der grössere Theil
bleibt auf embryonaler Stufe. Der erste Schritt
zu solcher ümwandelung besteht darin, dass einige
Epithelien eich zu secemirenden Zellen differen-
ziren. Die Ausscheidungsprodukte gelangen zu-
nächst direkt in die benachbarten Gapillaren. Erst
wenn mehrere Zellen sich zu gleicher Funktion
differenzirt haben und so grössere Mengen von
Sekret gebildet werden, kommt es zur Ablagerung
desselben zwischen die einzelnen Zellen und hier-
durch zur Bildung eigentlicher Drüsenalveden.
In solchen Uebergangstadien entwickelt sich nun
entweder typisches Schilddrüsengewebe mit colloid-
haltigen Acinis oder es kommt zu einer patho-
logiechen cystischen Degeneration. Die erstere
ümwandelung hat für gewöhnlich kaum eine funk-
tionelle Bedeutung, wohl aber könnte sie unter
Umständen sehr wichtig werden, wenn die Funk-
tion der Schilddrüse durch Operationen u. s. w.
ausgeschaltet ist Durch die Befunde ScL's an
dem inneren Epithelkörperchen beim Menschen ist
es ausser Zweifel gestellt, dass dieses befähigt
ist, colloidhaltige Alveolen, kurz funktionirendes
Schilddrüsengewebe zu bilden. Durch die in-
nigere Beziehung zur Schilddrüse kann diese'
Funktion eine etwas andere Bedeutung gewinnen
als bei den äusseren Epithelkörpern. Man kann
darin entweder eine direkte Yermehrung oder
einen beständigen Ersatz etwa zu Qrunde gehenden
Schilddrüsengewebes erblicken. Im Uebrigen sind
innere und äussere Epithelkörperchen völlig gleich-
werthig ; sie sind vermuthlich aus einzelnen Zell-
complexen hervorgegangen, die auf dem Wege, den
diQ SphilddrüsQ w|hreiid ihr^r Entwickelung zur-
116
IL Anatomie und Physiologie.
Brlangong ihrer definitiven Lage dorchlftoft, den
Zusammenhang mit ihr verloren haben und durch
gleichzeitigen Verlust der zu ihrer typischen Weiter-
entwiokelung nöthigen Correlationen auf ihrer
jeweiligen embryonalen Entwickelungstufe stehen
geblieben sind. Teichmann (Berlin).
186. üeber den Bau der Airterienwand ;
von Prof. Bonnet (Deutsche med. Wchnschr.
XXIL 1. 1896.)
B. wendet sich gegen die gebi^uchliohe Ein-
theilung der Arterienwand in die bekannten drei
Schichten : Intima, Media und Adventitia. Er geht
Ton den sechs Schichten aus, die Henle zuerst
unterscheiden lehrte : 1) Endothelrohr, 2) Längs-
faserhaut, 3) Membrana fenestrata s. Elastica in-
terna, 4) Ringfaserschicht s. Media dei: neuereu
Autoren, 5) Elastica externa und 6) Adventitia.
Mittels der Orceinf&rbung der elastischen Fasern
konnte er nun nachweisen, dass die Elastica in-
terna und externa nichts anderes sind als wechselnd
stark entwickelte Grenzlamellen der die „Media** in
grosser Zahl durchsetzenden elastischen Lamellen-
systeme. Die Elastica interna und externa dürfen
also weder der Intima, noch der Adventitia zu-
gerechnet werden, sondern gehören beide der Media
an. Damit stimmen auch die Ergebnisse der Ent-
wickelongsgeschiohte der Arterienwand und der
elastischen Substanz überein.
Teichmann (Berlin).
187. Studien über die Stroktnr des Eno-
ohengewebes; von N. Matschin sky. (Arch.
f. mikrosk. Anat XLYL 3. p. 290. 1895.)
M. bat die schon früher von ihm empfohlene
Silberimprftgnationsmethode an feinen Knochen-
Bchliffen zum Studium des Aufbaues der Eno-
ohengrundsubstanz angewendet Seine Resultate
bestätigen im Wesentiichen die Angaben E b n e r 's,
besonders die vonEdlliker und Brösike be-
strittene Anastomosenbildung der FaserbündeL
Teiohmann (Berlin).
188. Stade et reoherohee ezp^rimentalee
BOT l'impermSabilite phyeiologique de Pepl-
thelium yesioal taln; par J. Boyer et L. Gui-
nard. (Arch. de MM. exp6rim. et d^anat. pathol.
VL 6. p. 883. 1894.)
Gegenüber der von Einigen noch neuerdings
wieder vertretenen Anschauung, dass in die Blase
eingeführte Substanzen daraus rasch und vollstän-
dig resorbirt würden, beweisen B. u. 0. durch ihre
Versuche, dass das normale intakte Epithel der
Blase die Besorption entweder vollständig aus-
schliesst oder doch nur in solchem Um&nge zu-
lasst, dass von den stSrksten Giften nur unschäd-
liche Spuren in den Organismus aufgenommen
werden. Die Yersuche sind an Hunden angestellt
Yersucht wurden Injektionen von Stryohnin, Atro-
pin, Eserin, Cocain u. s. w. stets in vielfach tOdt-
licher Dosis. Die Giftlösungen wurden eiitweder
mittels weichen EAtheters eingebracht oder nach
Eröffnung der Bauchhöhle und Unterbindung der
Ureteren und des Blasenhalses mit der Pravax^Bäim
Spritze injicirt. Die entgegengesetzt lautenden
Resultate anderer Autoren erklären sich damit,
dass sie Substanzen wählten, die die Blasenschleim-
haut reizten und sie in erheblicher Concentration,
oft sogar in die vorher entleerte Blase einspritzten.
Weintraud (Breslau).
189. Zur Innervation der Iris; von Dr.
F. Schenok und Cand. med. E. Fuss. (Arch.
f. d. ges. PhysioL LXH 10. 11. p. 494. 1896.)
Die im physiologischen Institute in Würzbug
ausgeführten Arbeiten Soh.'8 u. F.'s sind Nach-
untersuchungen der von Dogiel verOfFenÜichten
Befände. Nach Dogiel soll Reizung des Hals-
sympathicus einer Seite bei Hunden, Katzen, Kanin-
chen nicht nur Erweiterung der Pupille der gefeil-
ten Seite, sondern auch Verengerung der Pupille der
anderen Seite hervorbringen, es soll also ein phy-
siologischer Zusammenhang des Sympathicus mit
dem pupillenerweitemden Gentrum der einen nnd
dem pupillenverengemden Gentrum der anderen
Seite auf noch unbekannten Bahnen bestehen.
Seh. u. F. fanden weder bei Hunden und Katzen,
noch bei Kaninchen, bei denen keine oonsensnelle
Pupillenreaktion besteht, eine Verengerung, wenn
der Versuch so angestellt wurde, dass das Tages-
licht nicht in die erweiterte Pupille der einen Seite
fallen konnte.
Oegen die Befunde von Dogiel über denEin-
fluss der centralen Stümpfe durchschnittener sen-
sibler Nerven auf die Iris stellten Soh. u. F. fest,
dass bei der chloroformirten Katze gleich grosse
Erweiterung beider Pupillen nach Vagusreizusg
eintrat, wenn der Halssympathious auf beid^i Sei-
ten unverletzt war ; dagegen waren bei der chlorth
formirten Katze und dem morphinisirten Hunde
beide Pupillen verschieden, wenn Torher der eine
Halssympathious durchschnitten war.
Lamhof er (Leipzig).
190. Ueber das Augenmaaet derteitliohen
Netahanttheile ; von Dr. Guillery in Gän.
(Ztschr. f. Psychol. u. PhysioL d. Sinnesorgane X.
p. 83. 1896.)
Der Aufsatz enthUt eine kritische Vergleicfaang
der von Anderen bei ihren Arbeiten über das
gleiche Thema gefundenen Ergebnisse. 0. selbst
stellte seine Versuche an einem Sckweigger^aclaßn.
Perimeter an. Es wurde zunächst, indem immer
ein Auge verbunden war, die äussere Grenzlinie
eines sicheren Erkennens von Linien festgestellt,
dann bei immer gleichem mittleren Abstände von
35^ eine senkrechte oder wagerechte Linie fizirt
und versucht, eine zweite, der ersteren paialleL
verlaufende, dieser gleich zu machen. Es wurden
1920 Vergleichungen in den 4 Hauptmeridianen
angestellt Die Fehler der Schätzungen wuchsen
durchaus nicht proportioual de» Pistanaeui aondem
n. Anatomie und Fhyaiologie.
117
in viel geringerem Grade. Die genauen Maasse
smd in Tabellen zusammengestellt Einen Wech-
sel Ton Zu- und Abnahme in bestimmten Grenzen
nach Chodin und Higier konnte Q. nicht be-
obachten. Nach 0. folgt, dass das Augenmaass in
den peripherischen Theilen des Sehfeldes keine
wesentlichen Abweichungen zeigt gegenüber den
mitüeren, dass vielmehr bestimmte Eigenthümlich-
kdten, z. B. die üntersoh&tzung horizontaler Distan-
sen, für die Peripherie ebenfalls gelten. Das
Weber 'sehe Gesetz erweist sich nicht als zu-
treifend.
Lamhofer (Leipzig).
191. A ihale foetns, ahowing reptilianoha-
raotera in fhe aeznal duots; by Samuel G.
Shattock. (Joum. of. PathoL and Bacteriol. III.
3;July 1895.)
Es handelt sich zunächst tun Ectopia vesicae mit
Vorfidl des Dünndarms, leerem Scrotom und nidimen-
tirem epiq>adiärem Penis. Der Anns fehlt, die rechte
Niere ist stark yergrössert, die Hoden hegen beiderseits
im unteren Theile der Baadüiöhle und sind gut ans-
gebildet, mit Nebenhoden und Samenstrang. Der linke
eamenstrang mündet in den Ureter etwa 1.4 cm ober-
halb des äusseren Orifidum desselben. Der rechte Samen-
stiang liegt in seinem unteren Theile dicht neben dem
oorresponmrenden Ureter, ohne in ihn zu münden; er
verliert sich vielmehr im subperitonäalen Gewebe. Die
MüUer'schen Gänge sind erhalten und liegen, längsver-
lanfend, zu beiden Seiten der Mittellinie. Ihre oberen
Enden sind scharf nach Tom und unten auf sich selbst
m umgebogen und endigen blind. Das obere Ende des
rechten Ganges berührt das untere Ende der rechten
Kiere. Unten münden die Gänge nach aussen, und zwar
median und etwas nach hinten von den üreteren ; zwischen
ihren beiden Mündungen ist ein Zwischenraum von 1 cm.
Im oberen Theile shid sie von reichlichen marklosen
fierveniaaem versorgt Nahe bei den Mündungen der
MüDer'schen Gänge, etwas vor ihnen, münden zwei
andere von kleinerem Durchmesser, welche sich 1.7 om
weit nach innen verfolgen lassen xmd dann blind endigen.
Ihre mikroskopische Untersuchung erweist sie als Analoga
der Analtasohen bei den Reptilien.
Teichmann (Berlin).
192. üeber einen Fall von aooeaiorisohen
Hebennieren in den beiden Samenatrftngen
bei gleiohseitigem Conflox des Ureters und
das Vas deferens der rechten Seite ; von Dr.
Franz Friedland in Prag. (Frag. med. Wo-
ehensohr. XX. 14. 1895.)
Ausgetragenes Neugeborenes. linke Nebenniere,
Kieie, Ureter, Samenblase, Vas deferens und Hode nor-
mal. Rechte Nebenniere normal gelagert, rechte Niere
k^hnengross, vor der Art ihaca gelegen, mikroskopisch
nnvoUkommen entwickelt; besitzt stefien weise Glomeruli
und Tab. contorti, stellenweise aber auch nur Binde-
gewebe mit eingelagerten Gystchen; am oberen Rande
ene grossere Cy^. Der Ureter verbindet sich 2 cm unter-
kalb der Niere mit dem Vas deferens, der Kanal wird
nndnrchgän^g und mündet 3 mm tiefer als der linke
Ureter in die Blase. Rechte Samenblase fehlt, Hoden
nod Nebenhoden normal. An beiden Samensträngen, kurz
vor den Nebenhoden, liegt je ein erbsengrosses Stack aus
den 3 physiologischen Schichten bestehender Neben-
nierennnde.
In einem 2. Falle fand sich ein sehr kleines Neben-
DieieDrindenstückchen zwischen linkem Hoden und Neben-
hoden bei einem Neugeborenen.
F. giebt eine Zusanomenstollong der hauptsächlichen
litenitarangabea über diQ genannten BUdongsfehler^voa
denen die Verbindung des Ureters mit dem Vas deferens
eine Seltenheit ist. B e n e k e (Braunschweig).
193. üeber angeborene Verdoppelang des
Penis; von Dr. H. Eüttner in Tübingen. (Beitr.
z. klin. Chir. XV. 2. p. 364. 1896.)
K. kennt bisher nur einen einzigen sicheren Fall von
Duplteität des Penis ^ nämlich den von Acten und
V e 1 p e a u beschriebenen. Diese Beobachtung hat aber
einen Mangel: es wurde nur der äussere Befund am
Lebenden aufgenommen, während die wichtige Frage, ob
es sich zugleich um eine Verdoppelung der Blase han-
delte, femer wie das Lageverhältniss der Urethrae zu
einander und zur Blase war, nur vermuthungsweise ent-
schieden werden konnte.
Von um so grösserem Interesse ist die von K. ge-
gebene Beschreibung eines anatomischen Präparates von
Penis duplex bei einem neugeborenen Kinde. Das Prä-
parat entetammt der Sammlung der B r u n s *8chen Klinik.
Die Verdoppelung betraf die äusseren Geschlechtsorgane
in allen ihren Theilen, während alle inneren Harn- und
Geschlechtsorgane normal entwickelt waren.
[Am 27. Nov. 1894 hat M. Lange in der Leipziger
medicinischen Gesellschaffc das Präparat eines 14tägigen
Kindes mit Duplicitas penis, Vesica urinaria septa und
Atresia ani demonstrirt Beide Glieder waren in allen
ihren Theilen völlig wohl- und ausgebildet und führton
jedes in die entopreohende Hälfte der durch eine mediane
senkrechto Falto in zwei fast gleiche Theile geschiedenen
Harnblase, die äusserUch keine Theilung erkennen liess
und nur einen Urachusrest aufwies. Jahrbb. GCXLV,
p. 215. Ref.] P. Wagner (Leipzig).
194. üeber angeborene Defekte langer
Böhrenknochen ; von Dr. O. Joachimsthal
in Berlin. (Deutsche med. Wchnsohr. XXI. 52.
1895.)
J. berichtet über einen Fall von angeborenem tota«
lem Fibuladefekt, weiterhin über 2 Beobachtungen von
totalem, eine solche von partiellem Defekto des Radius
und beschreibt endUch einen lOjähr. Knaben mit voll-
ständigem Mangel des rechten Oberarmes und theil-
weisem Mangel des dazu gehörenden Vorderarmes bei
vollständiger Ausbildung der Hand. Auch zur Erklärung
des Zustandekommens dieser bisher einzig dastehenden
Vorbildung dürfte die Annahme, dass wälurend der Ent-
wiokelung des Gliedes ein breites amniotisohes Band
mögUcher Weise die Ausbildung des ursprüngUch an-
gelegten Ober- und Vorderarmes gehindert habe, einen
gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit besitzen.
P. W agn e r (Leipzig).
195. Anatomiaohe ünteranehnng eine«
Kindes mit Polydaktjrlie aller vier Bztreml«
t&ten und anderweitigen Miaabildangen ; von
Levin. (Inaug.-Diss. Berlin 1895.)
Ausser einer ulnaren, bez. fibularen Polydaktylie
zeigte das Kind eine Encephalocele , Offenbleiben des
Wirbelkanals im Bereiche des Atlas und Epistropheus,
ungleichmässiee Gesiobtsbildune und Verkrümmung der
Glieder. L. führt diese Missbildungen auf einen ab-
normen Druck durch das Amnion bei geringer Menee von
Fruchtwasser zurück. Von den vorher geborenen 8 Kin-
dern derselben Mutter hatte das eine Encephalocele, zwei
andere hatten Polydaktylie, davon das eine noch Schief-
stand des Unterkiefers, Hydrocephalus und andere Miss-
bildungen. Die erstgeborenen 3 Kinder waren normal.
Bezügfich der specieUen Beschreibung der anatomischen
Verhältnisse im Falle L.*s und der aus ihnen und den
vorhandenen Beobachtungen anderer Autoren abgeleiteten
Gesetze für das Verhalten der Sehnen, Muskeln, G^fässe
und Nerven an überzähligen GUedem sei auf dasOriginiA
Y^rwiesen,. Ieiohmann(^Un)(
118
m. Allgemdne Pathologie und pathologisclie Anatomie.
196. üeber die anatomischen VerhSltniMO
übers&hliger kleiner Finger und Zehen; von
Dr. E. Levin in Berlin. (Virchow's Arch. CXLIL
2. 1895.)
L. unterscheidet 3 Arten überzähliger Digiti minimi:
mit Artikulation auf eigenem Metacarpos (-üiraas) oder
auf dem Metacarpos (-tarsns) des Dig. V oder mit band-
förmiger Fixation am 5. Finger. Im ersteren Falle finden
sich stets eigene Sehnen, im zweiten bisweilen, im letzteo
nie. Lnmbrioalmnskeln finden sich in den 2 erstena
Füllen bisweilen, Gefiisse hat regelmSssig; bei band«
förmiger Verbindung fehlen MuskeUi und Gheflsse. Ner-
ven sind fast immer vorhanden, wenn auch selten in
normaler ZahL Da die Sehnen eine selbstSndige Be-
wegung nicht gestatten, so ist die frühzeitige Entfer-
nung der überz&ligen Finger geboten.
B e n e k e (Braunschweig).
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
197. Ueber Antttozlne und Tozine; von
Prof. Brieger und Dr. Boer. (Ztsohr. f.Hyg. u.
infektionskrankh. XXI. 2. p. 259. 1895.)
Bisher sind alle Versuche, aus dem Blutserum
immunisirter Thiere die wirksamen Sohutzstoffe
möglichst quantitativ und frei von den übrigen
Blutbestandtheilen abzuscheiden, geecheitert. Die
Schwierigkeit liegt bogreiflicher Weise in der
Methodik. Durch mühsame Untersuchungen ist es
nun B r. undB. gelungen, auf diesem Gebiete einen
bedeutenden Schritt weiter zu gehen, und es scheint
ein bisher noch nicht beachteter Darstellungsmodus
der Antitoxine und Toxine am ehesten geeignet zu
sein, eine BeindarsteUung zu ermöglichen. Die
Untersuchungen erstreckten sich auf das Blut-
serum von gegen Tetanus und Diphtherie immuni-
sirten Thieren.
Wir erfahren zun&chst die Resultate von Ver-
suchen, durch mechanische Fäüungsmethoden der
Antitoxine habhaft zu werden. Bei Ifingerer Ein-
wirkung von Temperaturen von 30 — 37<^ G. schei-
det Kochsalz in Verbindung mit Chlorkalium und
Unter Umst&nden auch mit Jodkalium die Anti-
toxine aus dem Blutserum und auch aus der Milch
vollständig quantitativ aus. Jedoch stellen sich
auf diesem Wege noch nicht zu beseitigende
Schwierigkeiten derEliminirung der die Antitoxine
umhüllenden Eiweisssubstanzen entgegen. Br.
und B. wandten sich daher zu einer anderen
Methoda Sie suchten 1) die Antitooane tnii irgend
welchen Chemikalien zu paaren, so xtoar, dass eine
Minie Doppekerbindung geschaffen wird, von der
nun die anhaftenden Eiweisssubsianxen leicht aJth
gespüU werden können, 2) suMen sie diese Doppel'
Verbindungen in ihre Componenten xu zerlegen^ wo-
l^iai natürlich die specifische Kraft der Antitoxine
nicht gestört werden darf. Sie schenkten vor
Allem den Salzen der Schwermetalle eine grossere
Beachtung und fanden, dass gewisse Zinksahe,
Zmksulphai, sowie ZinkMorid die Antitoadne aus
defn Heilserum völlig quantitativ niederztuehlagen
im Stande waren. Die schwierige Aufgabe, die
Zinkverbindungen der Antitoxine von den Begleit-
substanzen abzutrennen, ist beiden Forschem bis
zu einem gewissen Grade geglückt, es gelang
ihnen nach dieser Methode, aus 10 com Diphtherie-
oder Tetanus-Heilserum ca. 0.1g eines in Wasser
leicht löslichen Pulvers zu erhalten, das quantitativ
die JnMpxine in siok birgt und allerdings noch
letzte Spuren von Zink und hartnäckig anhaftende
geringe Beimengungen von Eiweiss. und Zucker
enthält.
Sie wandten femer ihre Methode auf die Dar-
stellung der Toxine an und vermochten aus filtnr-
ter Diphtherie- oder Tetanusbouillon das Diph-
therie- und Tetanustoxin quantitativ mit Qneck-
Silberchlorid, Zinksulphat oder noch besser mit
Zinkchlorid auszufällen. Die gereinigte Zink-
doppelverbindung der Toxine enthielt keine Spur
von Eiweiss oder Peptonen mehr, es Hegt alaojeden'
falls in den Toxinen der Diphtherie und des Tetanus
ein Eiweissderivai im landläufigen Sinne nicht vor.
Ein Liter Diphtherie- oder Tetanusbouillon gab
ca. 3.0 g der getrockneten Zinkdoppelverbindung,
gleich ca. 0.3g organischer Substanz, die die
Gesammtmenge der Toxine umfasst Freilidi
haftefi diesen in Freiheit gesetzten Toxinen noch
Spuren von recht hartnäckigen anoi^niscdien Sub-
stanzen an. Ficker (Breslau).
198. Contribution i Petude des Tenina,
des tozinea et des sänuns antitoziqaes; par
le Dr. A. Calmette. (Ann. de Tlnst Paateur
IX. 4. p. 225. 1895.)
Das Semm von Thieren, die mit Schlangengift
geimpft wurden, besitzt bei der Mischung in vitro
antitoxische Kraft. Will man eine Schatz- od«
Heilwirkung des Serum erzielen, so ist eine längere
Vorbehandlung der blutspendenden Thiere noth-
wendig. Das Gift aller untersuchten Schlangen-
arten wird unwirksam gemacht durch unterdüorig-
saures Calcium und Ooldchlorür. Ersteren Stoff
(in LSsung 1 : 60) empfiehlt G. bei der Behandlung
von Schlangenbissen in Form von Umschlägen und
subcutanen Einspritzungen. Wenn es die VerfaSlt-
nisse erlauben, boU dazu eine Einspritzung mit
Heilserum gefügt werden. Das Oift des SoorpioDS
verhält sich ähnlich wie die Schlangengifte. Das
Blut der Schlangen ist ohne Unterschied giftig»,
während die eigentlichen Schlangengifte unter sich
erheblich verschieden wirksam sind. Das im
Blute enthaltene Oift kann nicht verdünntes, aof-
gelöstes Drüsensekret sein. Denn die Qiftwirkung
des Blutes wird durch Erhitzung nicht aufgehoben.
Im Blute scheint ein „diastatisches Principe ent*
halten zu sein, das bei der Bildung des Schlangen-
giftes betheiligt ist Thiere, die vorher Blut er-
halten hatten, ohne zu erkranken, vertrugen grtaeie
Qiftgaben als sonst Thiere, die gegen Schlangelt
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
119
gift unempftnglich gemaoht waren, vertrugen hin-
gegen nicht eben so leicht Blut Ichneumonarten,
Yon den Antillen stammend, erwiesen sichverhält-
fiissmässig als sehr immun gegen Schlangengift
Ihr Serum war ein wenig antitoxisch, aber nicht
hinreichend, um sie zu schützen. Das Serum
anderer Thiere erwies sich, mit Ausnahme von
2 Hunden, Schlangengift gegenüber als unwirksam.
Vielleicht hatten die beiden Thiere früher einmal
eine Krankheit überstanden, die ihrem Blute anti-
foxische Eigenschaften verlieh.
Das Serum von Thieren, die gegen Schlangen-
gift unempfänglich gemacht waren, war dem Diph-
theriegift, dem Tetanusgift, dem Ricin gegenüber
hä der Mengung im Reagenzglase unwirksam.
Dagegen verzögerte oder verhinderte es die Yer-
giftoDg mit Abrin. Diphtherieserum war (in vitro)
unwirksam gegen Schlangengift, Tetanusgift, Abrin,
Bicin. Tetanusserum war sehr wirksam gegen
Schlangengift in vitro. Aber bei getrennter Ein-
spritzung unterlagen die Thiere, obwohl ihr Serum
in 2 Versuchen antitoxische Kraft besass. Serum
▼OD Thieren, die unempfänglich gemacht waren
gegen Abrin, hob die Wirkung des Schlangengiftes
ebenfalls nur bei der Mischung auf. Ebenso ver-
hielt es sich gegenüber Diphtheriegift und Ricin,
während es auf das Tetanusgift keine Wirkung
ausübte. Kaninchen, die gegen Abrin geschützt
waren, waren es auch gegen Milzbrand, während
ihr Serum in vitro Milzbrand gegenüber nicht
wirksam war und umgekehrt Erysipelserum zer-
stört Schlangengift, aber nicht die anderen erwähn-
ten Gifte. Choleraserum erwies sich nur als
schwach wirksam, während das Serum von Thie-
ren, die wiederholt Bacillus prodigiosus, Bact coli,
Bac subtilis erhalten hatten, ohne jeden Einfluss
war. Lyssaserum zerstörte Schlangengift, ver-
sagte gegenüber Diphtherie- und Tetanusgift, sowie
gegenüber Abrin und Ricin. Zwei Proben von
Xenschenserum zeigten eine Wirkung nur gegen
Diphtherie und Ricin.
Aus allen den erwähnten Yersuchen lässt sich
sieht ohne Weiteres der Schluss ziehen, dass den
verschiedenen Arten von antitoxischem Serum eine
Bpecifität nicht zuionunt Brückner (Dresden).
199. Borne oonaiderationa on different
tjypes of exsudative inflammation ; by Charles
ff. Dow d. (New York med. Record XL VI. 10.
>. 289. Sept 8. 1894.)
Nach der bakteriologischen Untersuchung in
135 verschiedenen Fällen glaubt D., 5 verschie-
lene Typen von Eiterung aufstellen zu können,
ind zwar 1) heftige Entzündung mit Tendenz zur
Lnsbreitung^, bedingt durch den Streptococcus pyo-
Bnes^ 2) starke, aber lokalisirte Eiterung, ver-
xaacht durch den Staphylococcuspyogenes aureus;
} Eiterung; mit mildem Charakter, hervorgerufen
urch den Staphylococcus pyogenes, bez. cutaneus
Ibos oder Staphylococcus oitreus ; 4) langsam fort-
schreitende Eiterung ohne die gewöhnlichen pyo-
genen Kokken, z. B. kalte Abscesse; 5) Eiterungen,
bei denen der ursprüngliche Infektionserreger ver-
drängt ward durch sekundär eingewanderte Mikro-
organismen, wie z. B. den Bac. pyocyaneus.
Marwedel (Heidelberg).
200. Lesiona osteomyelitiques ezpörimen-
talea provoqnöea par le baoterinm coli oom-
mone; par le Dr. J. H. Akerman. (Arch. de
M§d. expörim. IV. 3. p. 331. Mai 1895.)
Die Versuche^ wurden mit Bouillonculturen von
Bact coli commune angestellt, deren Virulenz JL
verstärkte, indem er sie mehrmals durch den
ThierkOrper (Meerschweinchen) hindurchschickte.
Jungen, 4 — 9 Wochen alten Kaninchen wurde die
jeweils frische Cultur direkt in eine Ohrvene in-
jicirt Bei der Sektion konnte A. stets die BadUen
in Reincultur im Blut, sowie im Knochenmark
nachweisen und fand ausserdem deutliche Ver-
änderungen im Mark der Epi-, bez. Diaphyse, die
von der Entwickelung diffuser Hämorrhagien bis
zur Bildung kleinerer oder grösserer eiteriger Er-
weichungsherde gingen und bald das Bild mehr
akuter, bald das der chronischen Osteomyelitis
darboten. Die Markveränderungen traten auf, auch
ohne dass der Knochen einem Trauma (Ligatur des
Qliedes, subcutane Fraktur) unterworfen wor-
den war.
Die Resultate stimmen im grossen Oanzen mit
den Untersuchungen über experimentelle Staphylo-
kokken-Osteomyelitis überein, nur mussten 3 — 4mal
grössere Mengen von Bact coli injicirt werden,
wie von pyogenen Kokken , da die Wirkung des
Bact coli eine viel langsamere und weniger
starke ist Marwedel (Heidelberg).
201. TJeber die pathogene Wirkung der
Blaatomyoeten; von Prof. Sanfelicein Cagliari.
(Ztschr. f. Hyg. u.Infektionskrankh. XXL 1. p.32.
1895.)
S. giebt dem von ihm untersuchten Blasto-
myceten wegen der Veränderungen, die er bei den
Versuchsthieren hervorruft, den Beinamen neofor-
mans, er gehört zum Qenus saccharomyces und
hat grosse Aehnlichkeit mit den von Busse und
von Maffucci und Sirleo beschriebenen Arten.
Er gedeiht gut auf den gewöhnlichen Nährböden
und besteht aus runden oder elliptischen Zellen,
die von einer feinen, doppelt oonturirten Membran
umgeben sind. Das Protoplasma erscheint bei den
kleineren Zellen homogen, in den grösseren wird
das Centrum von einer hyalinen Masse eingenom-
men. Viele Zellen enthalten ein oder mehrere
stark lichtbrechende Körnchen, die nicht als Spo-
ren anzusehen sind. Die Vermehrung erfolgt durch
Knospimg.
Bei Meerschweinchen, die subcutan in die
Hoden, die Leber und in das Abdomen geimpft
wurden, erfolgte eine allgemeine Infektion, die
120
m Allgemdne Pathologie und pathologische Anatomid.
nach 20 — 30 Tagen zam Tode fOhrte, während
die durch Fütterung inficirten Thiere am Leben
blieben. An den Impfstellen, in den Lymph-
drüsen und in den Organen des Abdomens und des
Thorax entstehen Geschwülste, die ein Netz von
jungem Bindegewebe haben, in der Hauptsache
aber aus Parasiten bestehen, von denen einige in
Leukocyten eingeschlossen sind, die meisten aber
frei liegen. Die Verbreitung erfolgt vermittelst
der Lymphbahnen und der Blutgefässe, eine ent-
zündliche Reaktion der Oewebe wird nicht hervor-
gerufen. Im Thierorganismus sind die Blasto-
myceten von einer lichtbrechenden und einer
hyalinen Membran umgeben, zuweilen bilden sich
Hyphen und die lichtbrechenden Körnchen sind
häufiger, als in den Culturen ; an sehr jungen For-
men sieht man keine Spur einer Membran. Als
Degenerationzustand erscheint eine Auflösung in
einzelne Sektoren, concentrische Kreise oder in
gleichgrosse Körnchen.
S. ist der Ansicht, dass die in den bösartigen
Geschwülsten beim Menschen gefundenen, als zu
den Coccidien gehörig angesehenen Gebilde keine
Sporozoen sind, sondern zu den Blastomyceten ge-
hören ; sie haben die grösste Aehnlichkeit mit den
in den Geweben des Meerschweinchens beobach-
teten Formen der Blastomyceten.
Woltemas (Diei^olz).
202. Die Aetiologie der Osaena; von Dr.
B. Abel. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.
XXI. 1. p. 89. 1895.)
Das Specifiische für die Ozaena ist die Bildung
eines eigenartigen, schleimig-eiterigen, schnell zu
Borken eintrocknenden Sekretes, zunächst aus iso-
lirten kleinen Herden, die sich mit der Zeit ver-
grössem und schliesslich ausgedehnte Partien der
Nasenschleimhaut einnehmen können. Mit der Aus-
breitung der Herde entwickeln sich Veränderungen
der Schleimhaut, die schliesslich zu einer Atrophie
führen. Der unangenehme Geruch ist ein incon-
stantes und nebensächliches Symptom, er tritt nur
in einer Beihe von Fällen durch Zersetzung der
sich bildenden Borken ein.
Der Erreger der Ozaena ist der näher beschrie-
bene Bacillus mucosus ozaenae, der als eine be-
sondere Art aus der Gruppe derPneumoniebacillen
zu betrachten ist. Er findet sich in jedem Stadium
der Krankheit in dem eigenartigen Sekrete, kommt
bei anderen Affektionen der Nase nicht vor und
verschwindet mit dem Abheilen der Ozaena. Im
Schleimhautgewebe selbst findet sich der Bacillus
nicht ; die sich ausbildende Atrophie ist zum Theil
eine Druckatrophie durch den Beiz der Borken und
verhornten Plattenepithelien, zum Theil eine ent-
zündliche Atrophie in Folge eines chronischen Reizes
durch die Giftstoffe der an der Schleimhautober-
fiäche wuchernden Bacillen. Die fötide Zersetzung
des Sekretes wird nicht durch den Bacillus mucosus
verursacht, sondern durch sekundäre Ansiedelung
von Mikroorganismen. Für die Auffassung der
Ozaena als Infektionskrankheit spricht der um-
stand, dass sich häufig fem von dem PrimSrsitz
in der Nase Krankheitsherdchen in Trachea imd
Larynx bilden, und das häufige Yorkommen der
Krankheit bei mehreren Mitgliedern einer Familie.
In einem Falle gelang auch die experimentelle
üebertragung durch Einstreichen einer kleinea
Menge von Ozaenacultur in die gesunde Nase eines
Phthisikers. Woltemas (Diepholz).
203. Beiträge snr Kenntnias des Baeülm
der Babonenpest ; von Prof. Z e 1 1 n o w. (Ztsohr.
f. Hyg. u. Infektionskrankh. XXL 2. p. 165. 1895.)
Die im Jahre 1894 von KitasatoaDdYersiiieDt-
deckten BacdUen der Buhonenpest waren ans bisher nur
durch kurze Mittheilungen der genannten Forscher be-
kannt Z. beschreibt in seiner Arbeit Yersuche, die er in
den Koch 'sehen Arbeitsräomen mit den Bacillen ansteUfe.
Hervorzuheben ist, dass Z. die auf 6ständigea Glyoeiin-
Agarkulturen gewachsenen Bacillen von einer völlig nach
Art der Geissein färbbaren Hülle umgeben fand^ die er als
Plasma der Bakterienzelle aulfasst Im geheizten Mikro-
skop gelang es ihm, die Theilong eines Individuum zu
verfolgen. Im Gegensatze zu den beiden Entdeckern fimd
er niemals, dass die Bacillen Kapseln zeigten. Es wird
dann noch das Wachsthum auf Glycerin-Gelatine im
Stich und auf der Platte, sowie die Gestalt der Bacfllea
in der Beincuitur beschrieben. Neun in Kupferätzmig
ausgeführte Reproduktionen von auf ErythrosiniiUtten
angefertigten Photogrammen lassen an Yorzügllchkeit
und Deuuichkeit nichts zu wünschen übrig, unter ihnen
finden sich auch drei von Kitas ato von menschlichea
Pestleichen in Hongkong angefiertigto Präparate.
Fioker(Breslan).
204. ZorBotadiagnose; von Dr. Kutscher
in Giessen. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionakiankh.
XXI. 1. p. 156. 1895.)
Bei der bakteriologischen Untersuchung des Nasen-
sekretes eines rotzveidächtigen Pferdes fand K. neben
echten ßotzbacillen eine bisher unbekannte pathogene
Bacillenart, die morphologisch ganz mit den RotzbacUlen
übereinstimmt und bei Meerschweinchen nach intaperi-
tonäaler Injektion auch die Erscheinungen der 8 trau s*-
sehen Rotzreaktion hervorrief, d. h. Schwellung der
Hoden in Folge von Erkrankung der Hodenhäute. Nach
den culturellen, farberischen und thierpathogenen Kgeo-
schaf ton unterscheidet sie sich aber von den RotzbaciUea
und die 6 1 r a u s 'sehe Methode der Botzdiagnose veriiert
damit an Sicherheit Woltemas (Diepholz).
205. Zar Aetiologie und Pathologie der
Anginen, der Stomatitia aphthosa und daf
Soors; von Dr. Max Stooss in Bern. (MittheiL
aus Kliniken u. med. Inst. d. Schweiz IIL 1. Basel
1895. Carl Sallmann.)
S t hat zunächst eine Anzahl von Anginen bak-
teriologisch untersucht. Es fanden sich : in 12 FU-
len vorwiegend Streptokokken, in 9 F&llen zahl-
reiche Streptokokken und Coccus conglomeratus,
in 24 Fällen vorwiegend Coccus conglomeratus, in
5 F&llen vorwiegend Staphylokokken, in 3 Fällen
vorwiegend Pneumokokken, in 1 Falle Fried-
länder'sehe Pneumoniebacillen, in 1 Falle vor-
wiegend Micrococcus tetragenus, in 5 FUlen vo^
wiegend Leptothrix, in 4 Fällen Spirillen, in 1 Falk
der Soorpilz, in 2 Fällen Löff 1er 'sehe BacUleD,'
m. AllgemeLae Pathologie und pathologisclie Anatomie.
121
endlich in 6 TonaiUarabscessen lediglich Strepto-
ooocns pyogenes« Es handelt sich also lediglich
nm Bakterien, die auch im Munde des Gründen
vorkommen und die entweder durch grosse Menge,
durch erhöhte Virulenz oder durch yerminderte
Widerstandsfähigkeit der Qewebe in Thfttigkeit
treten. Die schwersten Anginen erregen die Strepto-
kokken, die namentlich auch bei der Scharlach-
angma fast allein getroffen werden. Mittelschwere
Anginen erregen Staphylokokken mit Strepto-
kokken, alles Andere waren leichte Fftlle.
S t hat femer 1 2 aphthöse Stomatiten untersucht
und kommt zu dem Schlüsse, dass als Erreger dieser
Krankheit, der weder bei Qeeunden, noch bei Angina
za findende grosse Diplo-Streptococcus anzusehen
igt Ein Zusammenhang der FUle mit Maul- und
Klauenseuche war nicht zu erweisen.
Und S t hat endlich eingehende Untersuchungen
fiber Soor angestellt, aus denen Folgendes hervor-
geht Die Hefezellen überwiegen über die Mycel-
flden. Der Pilz wfichst nicht nur auf sauren, son-
dern auch auf neutralen und leicht alkalischen
Nährböden, bildet aber nur auf ersteren Hefeformen.
Der Soorpilz ist stets von anderen Mikroorganismen,
mid zwar von Mikrokokken, Streptokokken und
Staphylokokken begleitet, die ihn augenscheinlich
nnterstützen, ihm den Boden zur Ansiedelung zu-
leoht machen und ihn auch weiterhin beeinflussen.
Soormetastasen entstehen nur, wenn der Soor in
die Yenen gelangt, durch Einspritzungen unter die
Haut lassen sie sich nicht hervorbringen. D i p p e.
206. lieber die Wirkung der erhöhtenEigen-
wärme auf dam Blnt und auf die Gewebe ; von
Prof. Z i e g 1 e r. (YerhandL d. XUI. Congr. f. innere
Med. p. 345. Wiesbaden 1895. J. F. Bergmann.)
Z. berichtet über Versuche, die Dr. Wer-
howsky an Kaninchen angestellt hat und die zu
etwas anderen Ergebnissen führten, als ähnliche
Versuche von Naunyn und Litten. Erhöht
man die Eigenwärme der Thiere längere Zeit um
2 — 3^ ohne Unterbrechung, so leidet zuerst das
Blut, sein Hämoglobingehalt und die Zahl der rothen
Blutkörperchen nehmen mehr und mehr ab. Erst
später zeigt sich eine deutliche Schädigung, Ver-
fettung, der Leber, noch später auch der Nieren
und des Herzens. Ob die Organveränderungen
lediglich auf die Wärme oder auch auf Sauerstoff-
mangel zurückzuführen sind, lässt sich noch nicht
sagen. Dippe.
207. Versaohe über den Zasanunenhang
örtUoher Befswirkong mit Lenkoosrtose ; von
Dr. Budolf Winternitz. (Arch. f. ezperim.
PathoL u. Pharmakol. XXXVL 3 u. 4. p. 212. 1895.)
Durch Injektion von gereinigtem Terpentinöl
in den Ballen oder Pfotenrücken von kräftigen
Hunden wurde ein Entzündungsherd geschaffen.
W. verglioh nun die Menge und Beschaffenheit der
Lymphe, die er imter consequenten passiven Be-
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft 2.
wegungen im Kniegelenke aus dem zugehörigen
Lymphgefässe der Leiste, (zwischen Cruralarterie
und Cruralvene) auffing, mit der vor derEtablirung
des Entzündungsherdes gewonnenen. Dabei be-
obachtete W. Folgendes : 1) Unmittelbar nach der
Lijektion des Terpentinöls in die Pfote wird die
Lymphmenge messbar kleiner; in der2.und3.Std«
nach der Injektion ist ein allmähliches Ansteigen
bis zur Höhe vor der Injektion zu beobachten und
kann sogar noch weiter in den folgenden Stunden
auf das Doppelte der ursprünglichen Menge und
darüber steigen. 2) Das Gerinnungsvermögen der
Lymphe nimmt in den ersten Versuchsstunden ab,
vorher wasserklar, wird sie durch Blutkörperchen-!
beimengung röthlich, später missfarbig röthlich-
grau. 3) Der Zellengehalt der Lymphe nimmt nach
der Terpentininjektion oft bis zum 20fachen des
ursprünglichen Betrages zu. 4) In der Beschaffen-
heit der Lymphkörperchen ändert sich das Aus-
sehen. Nach der 4. Std. kommen zu den vorher vor-
handenen, kleinen, einkernigen Lymphkörperchen
immer m^r polymorphkernige Körperchen bis
zum 3fachen Betrage der mononudeären. 5) Der
Trockenrückstand der Lymphe, insbesondere an
organischer Substanz, nimmt zu. 6) Während der
Zunahme der Lymphkörperchen in der Lymphe, die
vom Entzündungsherde stammt, kann die Zahl der
weissen Blutkörperchen im Blutstrome entweder
gar nicht oder aber bis um 65^/o ihres normalen
Betrages vermehrt sein. Durch Ueberschlagsrech«
nung kommt W. zu dem Ergebnisse, dass der Zu-
wachs, den das Blut vom Entzündungsherde aus
erfahren kann, nicht ausreicht, umdenLeukoqyten-
Zuwachs in der gesammten Blutmasse zu deckeni
zumal die LymphzeUenvermehrung in der Lymphe
der dem Entzündungsherde nicht zugehörigen
Eörperbezirke vermisst wurde.
Die G^esammtlymphe, die aus dem Ductus thora-
cicus während der Entwickelung eines Entzün-*
dungsherdes an dem Beine entle^ wird, war sofort
vermehrt, in Folge der Allgemeinwirkung des
Terpentinöls als Lymphagogum; die vermehrten
Lymphzellen in der Lymphe des Ductus waren nur
einkernig.
Dass die Leukocytenvermehrung im Blute sich
in voller Stärke ohne Zuthun des Lymphgefäss-
systems zu entwickeln vermag, erhellt besonders
daraus, dass selbst die Unterbindung des Ductus
thoracicus die BluÜeukocytose nicht hindert Den
Weg, auf dem die farblosen Elemente bei ver-
schlossener Lymphbahn in's Blut gelangen, aufzu-
klären, muss späteren Untersuchungen überlassen
bleiben. H. D r e s e r (Bonn).
208. üeber die ezsadativen Vorgänge bei
der Taberkeibildang; von Otto Falk. (Vir-
chow's Arch. CXXXIX. 2. p. 319. 1895.)
Nach kritischer Berücksichtigung der einschlä-
gigen Literatur theilt F. seine Befunde mit Er
fand in den Tuberkeln der verschiedensten Organe
16
122
m Allgemeiae Pathologie und pathologische Anatomie.
mittda der W e i g e r t 'sehen nrbung h&ufig, wenn
auch nicht immer, fftdiges Fibrin in wechselnder
Menge, das er ausschliesslich auf die Wirkung
der Tuberkelbacülen zurückführt Das Fehlen des
Fibrins sei von verschiedenen Umständen abhängig,
vor Allem von dem Yirulenzgrade der Tuberkel-
baciUen (Thierezperimente).
F. zieht aus seinen Beobachtungen den Schluss,
dass der von Orth behauptete DuaUannu der Tuber-
kulose (produktive Tuberkelbildung und exsudative
käsige Entzündimg) im Sinne einer morphologischen
MuÜ^Ueitäi zu erweitern seL(Lu bar seh), sozwar,
dass von den exsudativen bis zu den produktiven
alle Zwischenformen der Entzündung bei der Tuber^
kulose vorkommen. Ein qualitativer Unterschied
zwischen miliarem Tuberkd und miliarer käsiger
Pneumonie bestehe nicht. R K 1 i e n (München).
209. lieber Anssoheidiingataberkaloae der
Nieren; von Dr. E. Meyer. (Yirchow's Arch.
CXLI. 1. 1895.)
Die von Orth und seinen Schülern begrün-
deten Anschauungen über die Entstehung infek-
tiöser Herde in der Niere durch Ausscheidung der
Bakterien seitens der Glomeruli, und darauffolgen-
des Anhalten, bez. Weiterwuchem innerhalb der
Hamkanälchen, spedell der Henle'schen Schleifen,
befestigt M. durch die Mittheilung einer Reihe von
im OOttinger Institute untersuchten Fällen von
hämatogener Nierentuberkulose. Das Gemeinsame
der Befunde besteht in dem Nachweise, dass
in Markkanälchen, vorwiegend Schleifenschenkehi,
aber auch SammelrOhren, mehr oder weniger bedeu-
tende Ansammlungen von Tuberkelbacillen gefun-
den wurden; das Epithel in ihrer Umgebung war
entweder intakt oder nekrotisch (käsig, Riesenzellen
aus Epithellen, wie sie Arnold beschrieb, fandM.
nicht, wahrscheinlich weil die toxische Wirkung
der BaciUen zu stark war) ; femer war bisweilen
auch die Nekrose um die betroffenen Hamkanäl-
chen hemm im Gewebe in Form eines typischen
Miliartuberkels weitergeschritten, das primär infi-
cirte Eanälchen war dann an seiner Tunica propria
zu erkennen; das ganze Bild erschien analog den
bei septischen Herden nicht seltenen Befunden.
Während derartige Herde die Möglichkeit einer
Ausscheidung von Tuberkelbacillen in die Ham-
kanälchen und einer Entstehung eines Tuberkels
von da aus darthun, fianden sich in anderen Fällen
Hamkanälchen, die von bacillengefüllten Gefftssen
oder auch schon tuberkulösem Oranulationsgewebe
umgeben waren, intakt, so dass geschlossen wer-
den musste, dass die Eanälchen einem direkten
Einbruch der Bacillen von aussen einen erheblichen
Widerstand entgegensetzen. M. verlegt den Ort
der Bacillenausscheidung demgemäss nicht in be-
reits vorhandene Rindentuberkel, sondern glaubt,
dass die Ausscheidung im Glomerulus erfolge;
dieser kann dabei nicht ganz normal sein, da nach
W y 8 s 0 k 0 w i 1 8 c h normale Glomeruli keine Bak-
terien durchlassen, aber er darf auch nicht soka
käsig sein, da in solchem Zustande überhaupt keine
Sekretion mehr erfolgt M. nimmt einen Zustand
der Auflockemng an, in dem unter der Wirkung
des BlutdmckeB die Bacillen die Eittsubstanz der
Glomeruli durchdringen (Filtration) können. U^
Sachen solcher Auflockerungen bestehen wahr*
scheinlich in verschiedensten Störungen.
Auf Grund dieser Anschauungen widerspricht
M.denjenigenBorrel's, der keine Aussoheidung»-
tuberkulose experimentell erzeugen konnte.
B e n e k e (Braunschweig).
210. üeber die in der Ni«re dnreh Chlor-
natriom henroigebraohten Alterationen; Ex-
perimentaluntersuchungen vonGiuseppe Levi,
mitgetheilt von Prof. A. Lustig. (Gentr.-BL f.
allg. PathoL u. pathoL Anat YL 12. 13. p. 469.
1895.)
Schon 24 Std. nach subcutaner Einspritzung
einer starken Dosis NaCl sieht man in der Niere
des Kaninchens die Epithelien der gewundenen
Hamkanälchen mit uniegelmftssigen Umrissen, biB-
weilen schon eine Verschmelzung der Zellen mit
unversehrten Kernen in eine kömige Massa Die
Glomeruli sind hyperftmisch, die Kerne ihres Aqb-
kleidungepithels und desjenigen der Kapseln stark
angeschwollen.
Bei Ifinger dauernder Vergiftung (5 — 15 Tage
lang 1 — 4 g pro kg Körpergewicht per os eingefDhrt)
beobachtet man bei Hunden und Kaninchen in <kn
Tubuli contorti körnige Nekrose, Schwellung und
Abschuppung des Epithels der Glomeruli und der
Kapseln. Bei langsamer, langdauemderYergiftong
(22 — 70 Tage) noch schwerere Alterationen : hya-
line Entartung der Gefässe, Sklerosen, Blutungen.
Weintraud (Breslau).
211. ZorBegeneration derüterasaohleim-
hanty insbesondere derüterosdrüaennaohder
Gebort; von P. Rathcke. (Virchow's Arch.
CXUI. 3. p. 474. 1895.)
Nachdem R. den graviden Uterus der weissen
Maus genauer beschrieb^i und dabei nachgewiesen
hat, dass die Dterusdrüsen nur einfsohe Epitfael-
taschen sind, deren Bestimmung es ist, in der
Gravidität zur Vergrösserung derSchleimhautober-
flfiohe verwandt zu werden, geht er zu der Be-
schreibung der pueqjfercUen Veränderungen der
üterusschleimhaut über, auf Grund von 10 Präpa-
raten. BeeuUaie: Unmittelbar post partum besteht
ein Epitheldefekt nur an den 1 — 2 mm im Durch-
messer betragenden Placentastellen. Die Regene-
ration wird damit eingeleitet, dass die Peripherie
dieser Defekte und die an sie grenzenden Partien
des Epithels sich in Form einer Falte auf die
PlaoentaoberflAchen legen und einen Theil derselben
decken. Alsdann schiebt sich das Epithel dieser
Falten von allen Seiten über die einzelnen Plaooita-
stellen hinüber. Der grOsste Theil des Oterus-
epithels degenerirt unter den Erscheinungen der
m. Allgemeine Pathologie und pathologisohe Anatomie.
123
Amitose (welchen Vorgang B. eben als degene-
rativen auffasst), Yacuolenbildnng , EemTerlage-
rung n. s. w. Die Lymphzellen der Muoosa wan-
dern zom gröBSten TheU durch das Epithel und
gehen im Lumen zu Orunde. Der persiatirende
Rest derEpithelien vermehrt sich durch mitotische
Theilnng und kleidet als neues Epithel das Lumen
tos. Durch vieliache Ausstülpungen des Epithels
werden neueDrflsen gebildet Die Untersuchungen
tm Menschen beziehen sich zunSchst auf 4 gravide
Uteri. Li sftmmtlichen konnte R Drüsen nach-
weisen, auch an der Plaoentastelle. In einem 4 Mon.
graviden Uterus fanden sich in den Drüsen und
deren Ausführungagftngeo, sowie zwischen Reflexa
und Decidua vera zahlreichste „Flemming'sche
tingible EOrperchen'S bez. ^^uss^'ache Fuchsin-
iOrperchen^S auf deren nähere Deutung, abgesehen
von ihrer hyalinen Natur, R. verzichtet. Bezüglich
der Regenerationserscheinimgen der puerperalen
Uterusschleimhaut enthalten die Angaben, wie R.
selbst sagt, nichts wesentlich Neues.
R Elien (München).
212. Zur Lehre vom Myoma aaroomatosiim
and über die sogenannten Bndotheliome der
Oebtanatter; von Dr. Ludwig Pick inBerlin.
(Arch. f. Gynftkol. XLEX. 1. p. 1. 1895.)
Der wegen Blutung entfernte Uterus (Dührssen)
einer 52jähr. Frau, die ihre Menses vor 4 Jahren verloren
hatte, enthielt einen polypösen Tumor von 6 :5cm Grösse.
Dieser Tumor war gegen die ütemswand durch eine
Bindegewebekapsel begrenzt; er bestand zum Theil aus
Myom-, zum Th&l aus Sarkomgewebe. Die Zellen des
Jitzteren waren bald klein und rund, bald stäbohenförmie,
Ittld waren sie auffallend gross nach Art ein- oder viel-
kemiger Hiesenzellen. Sicher Hess sich nachweisen, dass
diese polymorphen SarkomzeUen nicht den spärlichen
Bindegowebezügen des Myoms entstammten, sondern dass
Be unmittelbar aus den Myomzellen hervorgegangen
Das Endometrium im Allgemeinen war senil atro-
phisch, über dem Tumor jedoch schwoll es zu einer
Dicke von 4 mm an. Dies beruhte auf der epithelialen
ÜBiformung und Wucherung der endothelialen Ausklei-
dung seiner I>mphcapillaren und Saftkanälchon. Die
neogebiideten Zellen lagen theils zwischen Bindegewebe-
fibnuen in Fanülelketten, theils lagen sie frei inKanfilen,
theils bildeten sie wie beün Carcinom solide Stränge.
Venngleioh die Abstammung dieser Zellen auf das Endo-
thel und somit auf das Bindegewebe hinweist, so ist doch
ihre Anordnung dem Carcinom entsprechend und die
Neubildung als Garoinosarooma intravasculare mucosae
uteri zu bezeichnen. B r o s i n (Dresden).
213. 8arkom,Caroinom» Myom und Bohleim-
polypen an ein und demselben Utenifl; von
Dr. E. Niebergall in Basel. (Arch. f. Gynftkol.
L 1. p. 129. 1895.)
Andern vonBumm ezstirpirten Uterus einer 62jähr.
Frau fand sioh im Cervikalkanal ein erbsengrosser Blasen-
polyp, in der rechten Tubenecke ein Unsengrosser Schleim-
haa^)olyp, dicht daneben ein erbsengrosses submuköses
Myom, m der linken Tubenecke ein haselnussgrosser
Zottenkrebs. Letzterer zeigte an der Obei^äche papilläre
Exkiesoenzen, die mit einer, meist aber mehreren Schich-
ten von keuLenformigen und platten Zellen bekleidet waren,
wihread die schwammigen tiefen Oeschwulstmassen sich
aas einem (Gerüst von fuerigen Balken zusammensetzten,
in deren Maschen Nester und Zapfen dicht gedrängter
polymorpher Zellen lagen. Das Wunderbare an dem
Falle ist, dass einige Tage vor der Totalezstirpation ein
gänseeigrosser Tumor spontan ausgestossen war, der deut-
üch 8arkomcharakter trug. Sein Sitz war anscheinend
an einer Stelle des Uterus gewesen, wo nicht weit von
dem Carcinom das Präparat emen Defekt des Endometrium
zeigte. Dieser Tumor war sehr gefässreich und bestand
aus kleinen und erossen spindli^n Zellen, die in einer
faserigen Grundsimstanz eingelagert waren, in der auch
Ztige von Muskelzellen auftraten. Der Uterus vereinigte
denmach ein Carc. epitheliale papilläre and ein Fibro-
sarcoma reticulo-cellulare polyposum.
Brosin (Dresden).
214. üeber Drfleenbüdtmg in Myomen;
von Dr. M. Voigt in Novares-Neuendorf. (Mon.-
Schr. f. Geburtsh. u. QynftkoL III. 1. p. 9. 1896.)
y. beschreibt auf Grund makroskopischer und
mikroskopischer Präparate (unterstützt durcn eine Tafel)
Drüsen- und Cystenbildungen in Myomen. Für einen
Fall, in dem das Myom sich in der Gegend des Orificium
intemum entwickelt hatte, nimmt er als Ausgangspunkt
der genannten Bildungen Reste der WolfTschen Gänge an,
die beiden anderen FäUe sprechen für den Ursprung aus
Resten des WoUfschen Körpers (Recklinghausen).
V. glaubt, dass diese Drüsenbildnngen in Myomen durch
maUgne Degeneration zu Carcinom führen können.
Sondheimer (Frankfurt a. M.).
215. Ueber die Folgen künatlloher Lungen-
embolie bei Kaninchen; von Dr. 0. Gsell.
(Mittheil, aus Kliniken u. med. Inst d. Schweiz
m. 3. 1895.)
In der Einleitung bespricht 0. die verschiedenen
Ansichten über die Entstehung hämorrhagischer
Infarkte der Lungen. Die älteren Erklärer, denen
sich unter den Neueren Grawitz anschliesst^
stützen sich auf das Fehlschlagen experimenteller
Versuche beim Hunde, durch Einführung von
blanden Pfrüpfen Lungeninfarkte hervorzurufen.
Deshalb glauben sie, dass Infarkte nie in normalem
Gewebe vorkommen können, sondern namentlich
bei interstitieller Pneumonie, Herzfehlerinduration
und chronischer Bronchitis, die zur Peribronchitis
vasculosa führen. Aus den bei diesem Prooesse
neugebildeten Oefässen stammen die Hämorrhagien ;
die Pfropfe sind dabei nicht Emboli, sondern Throm-
ben. G. schliesstsichder Ansicht von Beckling-
hausen und Willgerodt an, dass die mensch-
lichen Lungeninfarkte embolisch entstehen. Das
Fehlschlagen des Experiments wird durch die gün-
stigen Compensationsvorrichtungen beim Hunde
erklärt Die erste Versuchsreihe stellte Q. mit
frisch erzeugten Thromben an. Diese gewann er
durch Abbindung und Quetschung der Vena jug,
ext. eines Kaninchens. Die nach Verlauf von
1 — 3 Tagen entstandenen Thromben wurden einem
zweiten Kaninchen in die Jugularis eingebracht
Die Resultate dieser ersten Versuchsreihe unter-
scheiden sich nicht von denen der zweiten, bei
der li/j — 2 Vi cm lange, 2 — 4 mm dicke Paraffin-
pfröpfe eingeführt wurden. G. fiand bei sämmt-
lichen 29 im Originale genau beschriebenen Ver-
suchen (mit Ausnahme von zweien, bei denen der
Pfropf im rechten Ventrikel stecken geblieben
124
m. Allgemeine Pathologie und pafhdogiscbe Anatomie.
war) mehr oder weniger starke YerAndeningen im
Lungengewebe. Theilweise wurde gleichzeitig
mit der Einführung des Pfropfes ein künstlicher
Pneumothorax angelegt Zweimal fanden sich
dabei auf der gleichen Seite der Lunge vom Embolus
herrührende schwere Yeränderungen. Wenn sich
auch hier und da ein typischer hämorrhagischer
Infiirkt nachweisen liess, so herrschten doch im
Allgemeinen Verftndemngen vor, die als Yorstadium
des Infarkts zu betrachten sind, ohne dass es durch
Zunahme der Blutung und durch auf diese folgende
Nekrose zum ausgebildeten klassischen hämorrha-
gischen Lifarkt kommt Yielmehr tritt gewöhnlich
Tor Ueberhandnahme der Hämorrhagie die Nekrose
ein und gelangt zu dominirender Ausbreitung.
„Es fehlt also unseren künstlichen Lungeninfarkten
an der gehörigen Dosis Blutung.'' 0. kommt zu
dem Schlüsse, „dass bei der Bildung des mensch-
lichen Lungeninfarktes ausser dem arteriellen
Yerschlusse noch ein Adjuvans mitwirken muss,
welches spedell das Entstehen der Blutung be*
günstigt oder auslösbar machf '. Wolf (Dresden).
216. Wie erfolgt die Infektion der Lungen f
▼on Dr. Buttersack in Hanau. (Ztschr. f. klin.
Med. XXIX. 5 u. 6. p. 411. 1896.)
Die vielfach übliche Annahme, dass die Lungen
durch mit der Luft hineingelangte Keime erkranken,
ist nach B. nicht richtig. So einfach liegt die
Sache schon deshalb nicht, weil die Binathmungs-
luft gar nicht richtig in die Lunge hineinkommt
Sie bleibt in den grösseren Luftwegen und geht
von dort einen Gasaustausch mit der „Residual-
luft** ein. Die in ihr enthaltenen körperlichen Be-
standtheile werden für gewöhnlich zum grössten
Theile an den feuchten Wänden der Nase fest-
gehalten, der Nasenschleim wimmelt von Mikro-
organismen aller Art Das, was hindurchgeht oder
was durch den Mund mit eingezogen wird, bleibt
im Bachen hängen, wird wieder hinausgeschafft,
bez. verschluckt oder gelangt in das hier reichlich
vorhandene adenoide Gewebe, vor Allem in die
Mandeln. Dort werden die meisten Keime ge-
tödtet, was lebendig bleibt, kommt durch die Ly mph-
gefässe in die Lymphdrüsen und sucht nun von
hier aus sich im Körper auszubreiten. B. ist über-
zeugt davon, dass der Lungenphthise eine Bron-
chialdrüsentuberkulose ausserordentlich oft lange
vorausgeht. Meist machen sich die Tuberkel-
bacillen, wie bekannt, zuerst in den Halsdrüsen
bemerkbar, dann kommen sie in die Bronchial-
drüsen, wo man oft lange nichts von ihnen sieht
und hört, bis es ihnen gelingt, auszubrechen, wobei
häufig zuerst die Pleura betroffen wird. D i p p e.
217. Zur Lehre vom Pneumothorax ; von
Dr. Sackur. (Ztschr. f. klin. Med. XXIX. 1 u. 2.
p. 25. 1896.)
S. hat im pharmakologischen Institut zu Breslau
Versuche darüber angestellt, in welcher Weis^ der
Körper die durch den Pneumothorax bedingtea
schweren Veränderungen ausgleicht, und hat ge-
funden, dass sofort nach Erzeugung eines offenea
Pneumothorax die gute Lunge ohne Weiteres für
die zusammengefaUene eintritt, d. h. eben so viel
athmet wie vorher beide zusammen. Der Anreiz
hierzu geht nicht durch die Nerven, die Durch-
schneidung der Vagi ändert an dem Vorgange
nichts, er kommt mit dem Blute zum Gehirn, nicht
durch Veränderung des Blutdruckes, isondem durch
ein beträchtliches Heruntergehen der Sauecstoff-
menge im arteriellen Bluta D i p p e.
218. üeber die Stmktnr, das Vorkommen
und die Entstehung der Sandkörper; vonCand.
med. S. Meyer. Berl. Preisschrift (Virchov's
Arch. CXLm. 1. 1896.)
H. unterscheidet scharf zwischen zwei ver-
schiedenen Arten der physiologischen Sandk5rpe^
chen. Die in der ZirbMrüse gebildeten sind immer
maulbeerförmig und bestehen aus zartesten, um
einen Kern herum concentrisch angeordneten, immer
verkalkten Lamellen, an denen Zellen, b^. Zell-
keme nie sichtbar sind. M. fasst diese Bildungen
als echte Conkretionen ohne Zellbetheiligung anf
und stellt ihnen die in Sandgeschwülsten des gan-
zen Körpers, ausser den Psammomen der Plexns
chorioidei, gefundenen Sandbildungen zur Seite.
Die in den Plexus chorioidei gefundenen EQiper-
chen sind dagegen vorwiegend rund, grob ge-
schichtet und haben um einen verkalkten Kern
herum eine hyaline unverkalkte Schicht Dieeen
Eörperchen liegen regelmässig platte ZeUen aaf,
deren Beste sich auch innerhalb der einzelnen
Schichten noch nachweisen lassen. Sie können
bisweilen direkt in spiessförmige Bindegewebe-
verkalkungen tibergehen, die principiell gleich
gebaut sind. Diese Ghruppe von Sandkörperchen,
die auch in den Psammomen der Plexus gefonden
wird, entsteht in besonderen zelligen Lamellen
der Plexus, und zwar in der Weise, dass eine Zelle
hyalin entartet, kugelig wird und nunmehr anderen
Zellen zur Anlagerung dient, die gleichfalls hyalin
entarten. Zuletzt erfolgt centrale Verkalkung. Die
Eörperdien wachsen immer weiter, sie finden sich
schon vom 3. bis 4. Lebensjahre an, ihre Zahl undJ
Ausbildung ist individuell verschieden. Mit den
CapiUaren bringt M. sie nicht in Beziehung, doch
beschreibt er Ealkplattchen , die jenen bisweilen
von aussen anliegen.
Einen weiteren Unterschied der beiden Artea
von Sandkörperchen ergiebt die Färbung nutSäore-|
fuchsin nach Ernst: die ersteren reagiren in ver-;
schiedenem Orade, die letzteren regelmftssig mit
der typischen tiefen Hyalinfärbung.
Beneke (Braunschweig).
219. Contributlon a Petade de 1a rtguni^
ration osseoae ; par Albert Crickx et J. vtft
Engelen. (JouriL de M6d. et de Chir. et de
Pharm. IIL 3. 1894.)
m. Allgemeine Pathologie und patiiologische Anatomie.
125
Bei jungen Kaninchen, bei denen C. u. van E.
BubperioBtal dieTibia in der Diaphyse auf meisselten
und duiüh länträufeln von verschiedenen leicht
fitzenden LSsungen einen günstigen Beiz auf die
Regeneration derEnoohenhöhle auszuüben suchten,
tmt fast regelmfissig Nekrose und Eiterung ein.
Des Weiteren suchten sie an Kaninchen verschie-
dene Fremdkörper in Enochendefekte einzuheilen,
z. B. grosse Enochenstücke oder kleinere Splitter
Ton demselben oder einem anderen Kaninchen,
Periostlappen, entkalkte Knochen, sterilisirte
Schwftmme, Seide, Catgut, Elfenbeinstücke, Eisen-
ipfine, Sublimatwatte u. s. w. Am besten bewährte
sich im Thierexperiment die Implantation von gan-
zen Enoohenstücken, dann von Knochensplittern,
Ton denen G. u. van £. glauben, dass sie ihre
Vitalität beibehalten und so einheilen. Auch Par^
tikel von sterilisirten Schwämmen bewirkten an-
geblich eine rasche Begeneration des Knochens,
während sie selbst allmählich resorbirt wurden;
ähnliche Wirkung zeigte, wenn auch schon weniger
gfinstig, die Implantation von entkalktem Knochen.
In 6 Fällen von Garies bei Menschen, in denen
C. u. van E. nach Besektion von tuberkulös er-
hanktem Knochen den entstandenen Defekt mit
Bterilisirten Schwamm- oder entkalkten Knochen^
Btfloken ausfüllten, scheint fast stets Eiterung ein-
getreten und der Versuch misslungen zu sein.
Harwedel (Heidelberg).
220. Ueber Knodhenerweichong doroh
Atrophie ; von Dr. W. S t o e 1 1 z n e r. (Virchow's
Arch. GXLm. 3. 1895.)
Bei rhachitischen Kindern wurde durch W i c h -
mann eine auffallende Folgeerscheinung vertikaler
Extensionsverbände nach Frakturen beobachtet,
nämlich eine besondere Weichheit der Knochen
der betr. Extremität W. hielt sie für eine lokale
Steigerung des rhachitischen Processes. St. hatte
Gelegenheit, die Knochen eines 1jährigen rhachi-
tischen Knaben, der 3 Wochen wegen einer link-
seitigen Oberschenkelfraktur im Extensionsverbande
gelegen hatte und 1 Woche darauf starb, zu unter-
Buchen und im Wesentlichen festzustellen, dass
jene Annahme einer Zunahme des rhachitischen
Processes nicht den Thatsachen entsprach.
Während die endostalen Knochenknorpelgrenzen in
boidea ObeischenkelknoGhen gleiohmässig, namentlich
auch in Bezug auf die Dicke der chanÜLteristisohen
l^norpelzellwnoherangszone, entwickelt waren, erschien
die I&tphyse linkerseits erheblich anders als rechts. Die
ihaohitisohen kalklosen Gewebemassen, die rechts in ge-
wöhnlicher Weise die verkalkten Knochenbälkohen ÜMr-
logen, fehlten zum grossen Theile anf der linken Seite;
hier lagen die kalkhaltigen Bälkohen, die ausserdem noch
dumer als auf der anderen Seite erschienen, der Mark-
sabstanz meist direkt an oder sie wnrden nur von einer
dönnen kalklosen SSone bedeckt, deren Entwickelun^ St
auf die kurze Zeit zwischen der Abnahme des Extensions-
verbandes und dem Tode des Patienten beziehen zu dür-
fen daubt. Auch im Periost waren die Knochenmassen
erheblich zu Qrmsten der Gambiomzelllagen znrück-
gebfldet, es fanden sich überall Ueber^ge von Knochen-
gewebe in fibröses, bez. in zellretohes Markgewebe. Dem
entsprechend zeigte letzteres eine erhebliche relative
Verbreiterung, üeberall lagen den Knochen- und Osteoid-
bälkchen reichliche grosse, aber immer nur einkernige,,
oft spindelförmige O^oblasten an.
S t hält hiemach den ganzen Prooess für eind
concentrische Knochenatrophie, bedingt sowohl
durch Stillstand der Apposition, als durch Steige-
rung der Besorption ; von einer Zunahme des rha-
chitischen Processes war nichts zu sehen, die auf-
fallende Weichheit des linken Knochens gegenüber
dem rechten beruhte nur auf der allgemeinen Osteo-
porosa Die Ursache der Atrophie sieht St in der
durch die langdauemde vertikale Suspension ver-
anlassten Anämie und stützt diese Anschauung mit
dem Hinweise einerseits auf die von Nasse durch
Ischiadicusdurchschneidung (mit consekutiver An-
ämie) erzielte Osteoporose, andererseits auf die
von Helferich und Schüller erwiesene That-
sache, dass durch künstliche Hyperämie (Stauung
durch locker angelegte Oummibinde) eine deut-
liche Verstärkung des Knochenwachsthums zu er-;
reichen ist B e n e k e (Braunsohweig).
221. Ueber experimentelle Phlebitia; von
M. Freudweiler in Zürich. (Virchow's Arch.
CXLI. 3. 1895.)
Unter Bibbert's Leitung übertrug Fr. Bib-
bert's frühere üntersuchungsmethode (Injektion
von I/u^orscher Lösung in Arterien mit conseku-
tiver Endarteriiüs) auf die Venen und erzielte durch
Injektion in abgebundene Oefässstückchen, auf die
die LSsung einige Minuten einwirkte, eine deut-
liche Beaktion (die betr. Stelle wurde nachher
wieder der freien Cirkulation zugänglich gemacht).
In kurzer Zeit entwickelte sich erstens eineLeuko-
cytenein Wanderung von den Gefässen der Adventitia
aus gegen die inneren Schichten (nicht umgekehrt);
daran schloss sich eine VergrOsserung der Endo-
thelien derintima, femer der Lymphbahnen inner-
halb der Media und Adventitia, die Zellen ver-
mehrten sich mitotisch, erst nach ca. 14 Tagen
waren die alten Verhältnisse wieder erreicht Wäh-
rend die Muskelelemente der Media wenig reagirten,
zeigte sich im Bindegewebe eine Verdickung und
Zunahme der Fibrillen bis zur Bildung jener binde-
gewebigen Membranen. Die Möglichkeit der ex-
perimentellen Erzeugung einer Phlebitis vom Lumen
aus war hierdurch erwiesen. [Fr. hat, wie es
scheint, auf die Spannungsverhältnisse der Oefäss-
wand und die durch deren Veiänderung bedingte
Aenderung der histologischen Bilder wenig ge-
achtet Bef.] Beneke (Braunschweig).
222. Beitrag rar Kenntniaa der Charoot'-
BOhen und Böttoher'sohen KrystaUe ; von Dr.
Theodor Cohn. (Deutsches Arch. f. klin. Med.
LIV. 4 u. 5. p. 515. 1895.)
C. giebt eine sehr genaue „krystaUographische'^
Beschreibung der genannten KrystaUe und kommt
zu dem Ergebnisse, dass die Charcot-Neu-
mann^Leyden^'scben KrystaUe, wo sie auch
126
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
immer gefunden werden, die gleichen sind, dass
aber die Böttcher 'sehen Spermakrystalle augen-
scheinlich etwas Anderes darstellen. D i p p e.
223. Bin Beitrag nur Lehre von der Ge-
himersofaüttemng; von Dr. E. Büdinger in
Wien. (Deutsche Ztschr. f. Chir. XLI. 6. p. 433.
1895.)
Bei dem 4Qjähr. Er. , der 15 Stunden nach einem
Sturze an schwerer Commotio cerebri zu Gnmde ge-
gangen war (alle anderweitigen Verletzmigen des Gehirns
l^hlten), ergab die mikroskopische Untersuchung des in
Alkohol gehärteten und mit Ammoniakcarmin gefärbten
Gehirnes folgendes: Die Gelasse sind durchweg sehr
stark mit Blut gefüllt, die kleineren und kleinsten liegen
in einem von der abgehobenen Gefässscheide gebildeten
weiten Bohre. Dieser Baum ist stellenweise, namentlich
im Hinterhauptlappen, so weit, dass auf dem Längs-
durchschnitte kleinere GefSsse schmäler erscheinen, als
das zu beiden Seiten liegende Band des Lymphraumes.
Die erweiterten Lymphsäcke sind in vielen Prfiparaten
leer, in einer Beihe von anderen liegen in ihnen einzelne
oder kleine Haufen von Leukocyten, deren Herkunft aus
den Gef&Bsen leicht festgestellt werden kann, indem man
sie hier und da im Momente ihres Austrittes aus der
Gefässwand beobachten kann. Die Infiltration beschrankt
sich aber nicht nur auf die Geässscheide, die übrigens
nirgends ganz ausgefällt ist, sondern man kann auch
beooachten, dass sie durch diese hindurch in die Hirn«
Substanz übereeht, wo kleine Häufchen von einigen Bund-
zellen in der Nähe derGe&se zu sehen sind. Ausserdem
zeigen sich im ganzen Gehirne viele, zum grössten Theile
dem freien Auge unsichtbare oder nur als kleine dunkle
Punkte erkennbare Zerreissungen der Gefösse mit Blut-
austritt.
Weder um die Ganglienzellen, noch um die Nerven-
fasern ist eine Erweiterung des Lymphraumes zu sehen ;
die Fortsätze der Ganglienzellen zeigen keine Abnormi-
täten. Dagegen zeigen viele Ganglienzellen, besonders
die der grauen Lager um die Ventrikel, Degeneration des
ProtoplaiBma.
Analoge Veränderungen an den Oanglienzellen
sind bisher nicht beschrieben worden; in Bezug
auf das Gefässsystem zeigt der Fall grosse Aehn-
lichkeit mit einer Beobachtung von Friedmann.
Eine starke Erweiterung und Füllung der Oefftsse
wurde auch in den F&llen von Obersteiner,
Sperling und Eronthal und in den Qehimen
der Versuchsthiere beobachtet. „BezQglich der
Erweiterung der Gefässscheide kann bisher noch
keine Erklärung gegeben werden. Gegen die An-
nahme einer Bückstauung des Liquor cerebro-
spinaL spricht, dass um die Nerven und Ganglien-
zellen, welche doch in derselben Weise von gleich-
artigen Rftumen umgeben sind, keine Ausdehnung
EU finden ist Eher könnte man an eine plötzliche
Ausdehnung der Gefässe denken, welche nach
ihrem Bückgang die Lumina der Gefässscheiden
so weit ausgedehnt lässt, dass dieselben nun nicht
mehr ihre frühere Form annehmen können. Im
Momente der Erweiterung müssen dann auch die
grösseren und kleineren Zerreissungen derGefftsse,
resp. diejenige Alteration ihrer Wand zu Stande
kommen, die den Austritt der weissen Blutkörper-
chen möglich macht^^
Der Arbeit ist eine Tafel mit Abbildungen bei-
gegeben. P. W a g n e r (Leipzig).
224. ünteraachiiog des Centralnerven-
ayatema eines daroh elektrischen Sohlag ge>
tj^dteten Mensehen; von Dr. Parkas. (Ungar.
Arch. f. Med. m. p. 330. 1895.)
F. bediente sich in seinem Falle der Methode
NissTs und fand damit in den grossen sogon.
Wurzelzellen der Vorderhömer und des hinteren
Theils der Hinterhömer nur in einem Theile der-
selben noch eine regelmässige Anordnung des
Chromatins in Stäbchen; in vielen Zellen waren
die Stäbchen granulös zerfoUen. Immer bestand
eine sehr grosse Ausbreitung des gelben Pigment-
fleckes der Zell& Er bildete oft den vierten ISieU
der Zellensubstanz und floss oft mit der Umgebung
zusammen. Im Eemkörperchen höckerige Er-
habenheiten, meistens nur zwei; manchmal bil-
deten diese richtige Nebenkerne.
Diese Veränderungen finden sidi aber auch in
normalen Zellen, besonders nach Färbung mitBM-
cfenAotn'schem Eisenlackhämatoxylin und ausser-
dem konnte sie F. im Rückenmark von Menschen
nachweisen, die nicht gewaltsam getödtet worden
waren. Sie dürfen also nicht als diaraktenstisoh
für die Tödtung durch elektrische Schlage auf-
gefasst werden. Jedenfalls aber ist sicher, dass
die Funktion der Zelle mit der Veränderung der
Chromatinsubstanz zusammenhängt, indem wäh-
rend der Funktion der Zellen das Chromatin ver-
braucht wird. Bei Vergiftungen kann den ZeUen
die Fähigkeit fehlen, das aufgebrauchte Chromatin
wieder zu ersetzen. Die durch die NissTscbe
Methode nachgewiesenen Chromatinstäbchen hält
F. aber wegen der eintretenden Gerinnung für
Eunstprodukte. Windscheid (Leipzig).
225. A oontribntion to the stady (tf oal»
careous oonoretions of the bvain; by F. B.
Mallory. (Joum. ofPathoL and BaoterioL IH
1. p. 110. Nov. 1894.)
Die mikroskopische Untersuohung eines Gehirns,
bei dessen Sektion eine starke Verkallung der kleinen
Arterien der weissen Substanz aufgefallen war, liess eine
aasgedehate Ablagerung coUoider (hyaliner) Sabstans in
den Wandungen der Blutgefiisse (bei den grösseren Arte-
rien am stfinsten und frühsten in der Media) und eine
grosse Neigung dieser colloiden Ablagerungen zur Ver-
kalkung erkennen. In gewissen Partien des Gehirns, so
an den basalen Ganglien in der grauen Substanz der
Rinde, im Nucleus dentatus u. s. w., zeigte auch das
Capillametz Golloid-Infiltration mit VeriraBnmg und in
Folge davon Atrophie der eingeschlossenen Nerven-
elemente und Bildung sandartiger und steinartiger Oon-
kretionen.
Die Untersuchung des Gehirns in 2 wdteren fttlen
ergab den gleichen Befund. Weintraud (Breslan).
226. üeber einen Fall vonFettemboliedai
Gehirns; von Giovanni PomattL (Inaug.-
Diss. Zürich 1895.)
Im Anschluss an drei früher vonBibbert beschrie-
bene Fälle von Fettembolie im Gehirn nach Lungen-
fettembolie berichtet P. über einen vierten von Bibbert
beobachteten derartigen Fidl. Bei einem 27jähr. Usna
folgte einer dnroh einen fallenden Stein veranlasstaa
UnterschenkeUn^tur ein schwerer, mit Iiismus an4
IV. Fhannakologie und Toxikologie.
127
Ibianns oomplicurterErankheiisziistaDd und nach 3 Tagen
der Tod. Das zur üntersachung eingeschiokte Gebim
zeigte allgemeine Hyperämie, Trockenheit und sehr zahl-
reiche, bis stecknadelkopfgrosse £kchymo8en, vorwiegend
in der weissen Substanz der Orosshirnhemisphären, dann
aber auch in den grossen Ganglien der Hirnrinde, dem
Kleinhirn und am spärlichsten in Pons und Medulla. Im
CeDtram dieser Blutungen fand sich regelmässig eine
Fettembolie, in deren Umgebung in einzelnen Fällen noch
Fettkömchenku^eln vorhanden waren. Femer Hand sich
sehr verbreitet m den Gelassen eine Fibrinausscheidung,
die F. als thrombotisch auffasst. Die Fibrinföden waren
dabei häufig sternförmig angeordnet, ohne dass sich in-
dessen, wie es Hauser bei der Pneumonie beschrieb,
im Centrum dieser Sterne eine Zelle gefunden hätte.
P. glaubt, dass diese Gerinnungen den Verlauf des Falles
erschwert hätten. Bezüglich der Entstehung der schweren
Gehimfottembolie , der eine noch schwerere Lungen-
embolie vorangegangen sein musste, schliesst sich P. der
Anschauung Ribbert'san, dass schon einfache Knochen-
markerschtltteruDgen ohne Fraktur Fettembolie erzeugen
können, so dass auch bei scheinbar unbedeutenden Frak-
turen schwere Folgezustände entstehen können.
B e n e k e (Braunschweig).
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
227. 1) üeber den Gebranoh des Tanni-
gen« gegen Durchfälle; von Dr. Q. Bachus.
(MQnchn. med. Wchnschr. XLIII. 11. 1896.)
2) Ueber ein neues Tanninpräparat vor
Adstringining des Darms; von Dr. R. Gott-
lieb. (Deutsche med. Wchnschr. XXII. 1 1. 1896.)
8) Therapeutische Erfahrungen über die
Anwendung des Tannalbin als Darmadstrin-
gans; von Dr. R. y. EngeL (Ebenda.)
1) Bachus schliesst sich nach seinen Erfah-
roogen in der med. Poliklinik zu Jena der allge-
meinen Empfehlung des Tannigen vollkommen an.
& gab Erwachsenen 3mal täglich eine gute Messer-
spitze, Kindern ebenso oft etwa 0.25 g, sah niemals
unangenehme Wirkungen und Misserfolge nur bei
Darmtuberkulose. Qanz besonders bewährte sich
auch ihm das Mittel bei dem Brechdurchfall der
Säuglinge.
Bekanntlich liegt der grosse Vorzug des Tanni-
gens gegenüber dem Tannin darin, dass es den
Magen unverändert passirt und erst im Darm ge-
löst wird und in Wirksamkeit tritt Dasselbe thut
sin neues von Gottlieb (2) hergestelltes Mittel,
ias Tbnnalbm, die Eiweissverbindung des Tannin,
die durch Erhitzen fOr den Magensaft unangreifbar
gemacht ist und sich erst im Darm langsam zer-
astzt, wobei das etwa 50®/o ausmachende Tannin
nach und nach frei wird.
▼. Engel (3) hat dieses neueste Darmadstrin-
fefBB in der mährischen Landeskrankenanstalt in
BrQnn in 40 Fällen angewandt und ist mit seinen
frfolgen sehr zufrieden. Elr rühmt dem geschmack-
losen, leicht zu nehmenden Mittel, das man mehr-
mals tfiglich zu 0.5 — 1.0 g giebt, dieselben guten
Bigenschaften nach, wie sie vom Tannigen bekannt
und. Dippe.
228. I>a8Styplioin(Cotamin.hydroohlorio.)
M üebfirmutterblutnngen ; von Dr. S i g m u n d
}ott8chalk. (Therap. Monatsh. IX. 12. p. 646.
1895.)
Q. stellte mit dem von E. Merck in Darmstadt
a den Handel gebrachten, von M. Freund als
Styptkun'* bezeichneten Präparat verschiedene
renrache an. Nach Q. ist das Mittel auch für
iagwen Gebrauch geeignet und hat vor dem
lecale und der Hydrast Canadens. den grossen
^orzug einer gleichzeitigen sedativen Wirkung.
Bei Blutungen in Folge von reiner Subinvolutio
uteri puerperalis hat das Mittel stets prompt ge-
wirkt Bei fungöser Endometritis, bez. bei Blu-
tungen oophorogenen Ursprungs hat G. ebenfalls
Gutes gesehen, namentlich nach dem Curettement
und nach intrauterinen Aetzungen. Ebenso lässt
sich Stypticin bei Myomen, bei klimakterischen
Blutungen und bei Menorrhagien rein congestiver
Natur ohne pathologisch-anatomische Substrate mit
Vortheil anwenden. Ohnmächtig ist das Mittel bei
üteruspolypen, verboten bei drohendem Abort, so
lange er noch aufgehalten werden kann, ebenso
bei Blutungen in der Gravidität „Die Wirkung
ist eine weit sicherere, wenn man schon 4 — 6 Tage
vor der zu erwartenden Regel das Mittel nehmen
lässt, allerdings genügen hier unter Umständen
kleinere Dosen, etwa 4mal täglich 0.025 g; sobald
sich das Blut zeigt, verordne man für die Dauer
der Menstruation die doppelte Dosis, also 4 — 5mal
täglich 0.05 g. Werden wir erst auf der Höhe
einer menstruellen Blutung um Rath angegangen,
so injicire man gleich 0.2 g subcutan in [über?
Ref.] die Glutäalmuskeln ; diese Dosis lässt sich
in mehreren auf einander folgenden Tagen ohne
schädliche Nebenwirkung wiederholen.^*
G. hat den Eindruck, als ob die subcutane An-
wendung mehr Erfolg verspräche, als die inner-
liche. Neben der subcutanen Darreichung bevor-
zugt er die innerliche in Pulverform; für die
bessere Praxis empfehlen sich Gelatineperlen zu
0.05 g (100 Stück Perles Stypticin zu 0.05 g
kosten zur Zeit bei E. Merck 6 Mk.)
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
229. Beiträge aumStudium derBesorptiona-
und Auasoheidungsverhältniase dea Gu^jaoola
und Quijaooloarbonata ; von Dr. E s c h 1 e. (Zeit-
schr. f. klin. Med. XXIX. 3 u. 4. p. 197. 1896.)
Die im Bau mann 'sehen Laboratorium in
Freiburg angestellten Versuche ergaben in der
Hauptsache Folgendes: Reines Guajacol ist schon
wenige Stunden nach der Einnahme im Harne
nachzuweisen, der grösste Theil wird innerhalb
24 Stunden ausgeschieden. Aehnlich verhält sich
die Ausscheidung des Guajacolcarbonates. Das
Guajacolcarbonat wii<d nur durch Darmfäulniss
zerspalten und resorptionsAhig gemacht. Bei län-
gerer Darreichung von Guajacol, wie von Guajacol-,
128
lY. Pharmakologie und Toxikologie.
carbonat in gleichmftssigen iSaben zeigt die Zu-
nahme der Aetherschwefelsfturen auf Kosten der
Sulphatschwefels&ure eine oonstante Orösse. Der
grOsste Theil des Quajacols verlftsst den KOrper
in Form der Aetherschwefels&uren , beim reinen
Guajaool (in therapeutischen (}aben) etwa zu SO^'/o,
vom Ouajaool des Carbonates 22 — 66^0* Die Aus-
nutzung des Ouajacx>lcarbonate8 ist desto besser,
in je kleineren Dosen und je häufiger es verab-
reicht wird. Es erklärt sich dies dadurch, dass
grossere Dosen dieDarmfaulniss, die die Zerlegung
des Carbonates vermittelt, beschränken. Von dem
nicht als Aetherschwefelsäure ausgeschiedenen
Quajacol wird ein grosser Theil als gepaarte Glyk-
uronsäure ausgeschieden. Brenzcatechin wird selbst
nach sehr grossen Quajacolgaben nicht gebildet
y. Lehmann (Berlin).
230. De rabaorptlon de raoide salioyllqne
parle peau; par O.Linossier et M. Lannois.
(Lyon m6d. XXVIL 25. 1895.)
Nach L. u. L. tritt bei der Salicylsäure schon
unterhalb der normalen Blutwärme eine deutlich
nachweisbare Yerflüchtigung ein. Hatten sie näm-
lich unter einer Glocke etwas Salicylsäure über
eine AlkalilOsung gebracht, so konnte man nach
Verlauf einiger Stunden und bei gewöhnlicher
Temperatur keine Säure in der LOsung auffinden,
doch konnte man sich von deren Vorhandensein
in der Lösung überzeugen, wenn man die Olocke
einige Stunden hindurch bei einer Temperatur von
35^ gehalten hatte; in solchem Falle nahm ein
mit Eisenchlorid getränktes, unter der Salicylsäure
befindliches Papier die charakteristische violette
Färbung an, mochte die Salicylsäure in Wasser
oder Alkohol gelöst, oder mit Fett oder Vaselin
verrieben gewesen sein. Da dieses Verhalten der
Salicylsäure von Wichtigkeit zur Erklärung ihrer
therapeutischen Wirkung bei äusserer Anwendung
sein konnte, so stellten L. u. L. Versuche an
einigen Kranken (Aorteninsufficienz) in der Weise
an, dass sie den einen Vorderarm mit einer luft-
dichten, muffartigen Hülle umschlossen, die so
eingerichtet war, dass das Sallcylsäurepräparat auf
keine Weise mit dem Arm in unmittelbare Be-
rührung kommen konnte. Der erste, 24 Stunden
währende Versuch, für den die Hülle mit 50ccm
einer gesättigten alkoholischen Salicylsäurelösung
getränkt worden war, verlief negativ, wohl, wie
sich später ergab, deshalb, weil der Er. bei kalter
äusserer Temperatur umhergegangen war. Bei
einem zweiten, in gleicher Weise wie der erste
angestellten Versuche jedoch, bei dem die Salicyl-
säurelösung nur noch durch 50 ocm Alkohol ver-
dünnt worden war, während dessen aber der Er.
(Aorteninsufficienz mit Rheumatismus) im Bett
gelegen hatte und der Arm warm gehalten worden
war, zeigte nach 24stündiger Dauer der Harn nach
Ausziehen durch Aether deutliche Spuren von
Salicylsäure. Ein gleiches Ergebniss, nur etwas
weniger hervortretend, hatte ein anderer Yemi
bei dem die Salicylsäure, in Vaselin (10:40)ein<
gehüllt, angewendet worden war.
L. u. L. schliessen aus ihren Versuchen, im
die Salicylsäure von der Haut aus weaigtei
theilweise in Dunstform aufgenommen und d«
die Aufnahmefähigkeit dieser Säure taxdt A
bekannte keratolytische Wirkung des Mittela Bod
verstärkt wird. 0. Naumann (Leipzig
231. Contribution a Petade da Vutkm
phyaiologiqae des ohlorhydrates dlijdMii
et dliydrastinine ; par le Dr. J. De Vo& (Frau
m6d. XLVn. 33. 1895.)
De V. stellte eine Anzahl von Venndmal
den Präparaten der Hydrastis nanadensifl u «I
kam hierbei zu folgenden Ergebniaaen: 1)M
gegen den an Fröschen gemachten Beobadit8«(fl
findet bei Säugethieren nach Genuas vonHydiMÜi
oder Hydrastinin eine Acoumulation der Wirfcm
nicht statt 2) Im CFegentheil zdgen diese Dm
eineGewöhnung an die Stoffe. 3)WederHydiMli^
noch Hydrastinin sindEmmenagoga. 4) Die'
denen man täglich medioinisdie Gaben
Stoffe reicht, nehmen die gleiche Menge
und mit gewöhnlicher Schnelligkeit zu sioii
es werden Appetit und Verdauung in keiner
theiligen Weise beeinflusst 5) Die Stühle
während solcher arzeneilichen Behandlung
normalen Charakter, doch werden sie etwas!
eine reizende Wirkung auf die Magen-]
haut findet nicht statt 6) Die Zusami
des Harns bleibt ziemlich unverändert;
urie tritt nicht ein. Demnach haben die
Stoffe keine sichtliche Wirkung auf den h
nischen Stoffwechsel, auf die Assimilatioa
Desassimüation, wie dies schon das oonstaat
bende Körpergewicht der Thiere erkennen
7) Giftige Gaben bewirken einigermaaasen Ap|
losigkeit, zuw.eilen Durchfall, keine
aber eine qualitative und quantitative V<
des Harns, die jedoch auf die Verdaut
zurückzuführen ist 8) Bei der Sektion nadi
nischer Vergiftung findet man nichts von
tung: keine Entartung, keine Verändtfungisi
Nieren oder sonst wo, selbst keine Abscki
der Magen-Darmschleimhaut, nur eine leicfatei
gestion der Baucheingeweide.
Zur Erklärung der Wirkung der Hydiaslif j
man wohl mit Recht eine Znsammen wfha<
Gefässe, die sie veranlasst und die auch
kung auf andere als uterine Blutungen (]
mesis, Bpistads u. s. w.), sowie die
Erhöhung des Blutdrudcee erklären wflide,
nehmen; ausserdem ist nach De V. und
Beobachtern der Hydrastis eine allgemeine
rende Wirkung, besonders auch in
Verdauungsorgane, nicht abzuspreohea.
'0. Naumann (Lei|i#l
Bezug arf^
Y. Nenropathologie nnd Psychiatrie.
129
232. Kade ezi^erimentale de raotion de
lA spartiine et de rezyapartelne dans Tan*
esiheiie ohlorofonniqae ; par P. Langlois et
G. Maurange. (Arch. de PhysioL XXVII. 4.
p. 692. 1895.)
Auf Grund von Versuchen an Thieren und
Menschen, empfehlen L. u. M. ^/^ — 1 Stunde vor
Beginn der Chloroformnarkose 3 — 4og Oxyspar-
tein und 1 cg Morphin zu injiciren. Man soll so
eine rasch eintretende Narkose mit sehr geringem
Chloiofonnverbrauch erhalten, bei der die Herz-
bewegungen regelm&ssig bleiben, selbst wenn die
Atbmung ganz oberflfichlich wird.
V. Lehmann (Berlin).
233. Wird Plumbam aoetioam mit der
Mitoh aiMgeaohieden und geht dasselbe in so
grossen Mengen in die Kilch über, dass lets-
tere gesnndbeitssoh&dlich wirdP von Dr. Baum
und Dr. Seliger. (Arch. f. wissensch. u. prakt
Thierhkde. XXI. 4 u. 5. 1895.)
Der Uebergang des Bleies in die Milch war
bisher wenig (aber nicht wie B. u. S. zu glauben
scheinen, gar nichtX untersucht B. u. S. experi-
mentirten an einer Kuh und an einer Ziege. Sie
kommen zu dem Resultat, dass das Blei, dem
ThierkOrper in kleinen Mengen zugeführt, auch
mit der Milch, nach 2 — 3 Tagen, ausgeschieden
wird. Die ausgeschiedene Menge betrug 0.0009
bis 0.002®/o der eingegebenen Tagesmenge. Auch
wenn die Bleidarreichung einige Tage ausgesetzt
wurde, war der Bleigehalt der Milch derselbe. Die
Milch von diesen Thieren, die chronisch Blei auf-
nehmen, schadet beim Qenusse anderen Thieren,
auch Säuglingen, nicht Während bei der Ziege
eine 14 Tage lang wiederholte tägliche Oabe von
1.0 g Plumbum aceticum den Tod herbeiführte,
vertrug die Euh längere Zeit liindurch eine täg-
liche Dosis von 10 — 15 g ohne Störung des Allge-
meinbefindens.
Das Blei wurde bei beiden Thieren, wie bereits
bekannt, in allen Organen und Sekreten gefunden.
Y. Lehmann (Berlin).
234. Die Oxydation der arsenigen S&ore
dnroh Organsäfte; von C. Binz. (Arch. f. ex-
perlm. Pathol. u. PharmakoL XXXVI. 3 u. 4. p. 275.
1895.)
In einer früheren mit H. Schulz gemein*
schaftlich veröffentlichten Arbeit hatte B. gezeigt,
dass von der arsenigen Säure ein Theil durch
Digestion in einer lebenden Darmschlinge oder in
Berührung mit frischem Organbrei in Arsensäure
umgewandelt wird, und umgekehrt wird von der
als solche eingeführten oder zugesetzten Arsen-
säure ein Theil zu arseniger Säure reducirt In
der vorliegenden Mittheilung beschreibt B. das von
ihm benutzte Verfahren zum sicheren qualitativen
Nachweis der entstandenen Arsensäure, femer die
Controlversuche und ermittelt näher die Bedin-
gungen der Umwandlung der arsenigen Säure.
Jeden&lls waren die gekochten Organe mit Lösung
von arsenigsaurem Natrium zerrieben zu der Ozy-
dationswirkung nicht mehr befähigt Waren die
Zellen des Organbreies aber durch Zerreiben in
Chloroformwasser zuerst abgetödtet worden, so
vollzog sich die Oxydation in noch immerhin
nennenswerthem Maassstabe, was die Vermuthung
nahe legt, dass in ihr der Einfluss eines oxydiren*
den Fermentes zu erblicken sei.
Besonders stark war der Einfluss des Organ-
breies der frischen Leber auf die arsenige Säure
in schwach alkalischer Lösung, indem 25<^/o des in
das Dialysat übergegangenen Arsens als Arsensäure
vorhanden waren; schwächer als die Leber wirkten
Dünndarmsaft und Milz. H. Dreser (Bonn).
V. Neuropathologle und Psychiatrie.
285. Ueber Morbus Baaedowü (Vgl. Jahrbb.
CCXLIX. p. 139.)
E. Farn er (Beiträge zur pathologischen Ana-
tomie des Morbus Basedowii mit besonderer Be-
rQcksichtigung der Struma. Yirchow's Arch.
CXLni. 3. p. 509. 1896) berichtet über die ana-
tomischen Befunde, die in Bern neuerdings theils
bei Sektionen von Basedow-Leichen, theils duroh
Untersuchung der exstirpirten Struma gewonnen
worden sind.
Die Sektionsberichte enthalten nichts Beson-
deres. In 1 Falle ergab die mikroskopische Prü-
fung, dass das vermehrte Pigment hauptsächlich
m den tieferen Schichten der Epidermis sitzt, nur
einzelne Körnchen im Corium liegen. Yergrösse-
rung der Lymphdrüsen wurde 3mal gefunden.
Qenau berichtet F. über die Veränderungen der
Eierstöcke der einen Leiche. Die untersuchten
Nerven (Armnerven, Vagus) waren normal. In
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
Oehim und Rückenmark wurde nichts Wesentliches
gefunden, nur einmal kleine frische Blutungen in
der Oblongata und im Mittelhim.
Die Hauptsache ist die Beschreibung der Stru«
men. F. unterscheidet verschiedene Gruppen.
Um diffuse Struma handelt es sich 8mal, um kno-
tige Struma 2mal. Unter jenen 8 waren wieder
3 Formen anzunehmen. Drei Strumen standen
der normalen Schilddrüse und auch der Struma
colloides am nächsten : schmale Stromabalken inner-
halb der Läppchen, stärkere zwischen den Läpp-
chen, verschieden grosse, aber durchschnittlich
relativ grosse (bis 3 mm), mit CoUoid gefüllte
Alveolen, in den breiteren Septis coUoide Streifen.
Wegen der sehr genauen Beschreibung der einzel-
nen Bestandtheile muss auf das Original verwiesen
werden. Vier Strumen hatten im Qanzen kleinere
Follikel, die zum Theil länglich waren, cylindrisches
Epithel enthielten, von blassem Colloid erfüllt
17
130
y. Neuropatholog^e und Psychiatrie.
-waren. Im Gegensätze zu dem spfirlichen Colloid
in den Follikeln stand die unverhAltnissmAssig
grosse Menge davon in den Lymphgefässen. Eine
Struma zeichnete sich dadurch aus, dass sie ausser
den coUoidhaltigen Follikeln solide Zellenmassen
von rundlicher oder strangförmiger Gestalt enthielt
Die beiden Strumae nodosae boten natürlich je
nach dem Orte viel wechselndere Bilder, stark ver-
grGsserte und comprimirte Läppchen, Colloid-An-
häufungen, solide Zellenstrftnge , coUoidhaltige
Büidegewebestreifen und Anderes.
Die erste Gruppe F.'s bietet nach dem Vf. „das
Bild der Hypersekretion'S Bei der 2. Gruppe
handle es sich offenbar sowohl um eine qualitative,
als um eine quantitative YerSnderung der Sekre-
tion. In der Hauptsache sei bei Morbus Basedowii
die Schilddrüsenthätigkeit gleichzeitig gesteigert
und krankhaft verändert
Eine Beziehung zwischen den Verschieden-
heiten der Struma und dem klinischen Bilde liess
sich nicht erkennen.
Gegen Benaut erwähnt F., dass die intra-
lobulären Lymphgefässe auf jeden Fall zum Theil
vorhanden seien und dass er wesentliche Unter-
schiede zwischen den peripherischen und den cen-
tralen Bläschen nicht gefunden habe.
Der Arbeit ist eine Tafel mit farbigen Ab-
bildimgen beigegeben.
R von Hoesslin (Neues zur Pathologie des
Morbus Basedowii. MQnchn.med.Wchn8chr.XLiin.
2. 1896) sind bei einem Basedow-Kranken 5 Sachen
aufgefallen, nämlich 1) rhythmische Schwankungen
der Pulsfrequenz, 2) paroxysmale Tachykardie,
3) Schwankungen der HerzgrOsse, 4) Beziehungen
zwischen der Struma und den tachykardischen An-
fällen, 5) Leucoplacia linguae.
ad 1 j Je rascher der Pols war, um so mehr über-
stieg die Frequenz am Morgen die am Abend.
ad 2) Die Anfälle dauerten Stunden bis Wochen.
Der Puls stieg plötzlich etwa von 130 auf 230, dabei trat
Angst ein. Der Anfall hörte eben so plötzlioh auf, ,mit
einem Bück, der dem Kranken auch in Form einer un-
geheuer heftigen Herzcontraktion zum Bewusstsein kam^.
ad 3) Es trat allmählich eine beträchtliche Yer-
grösserung des Herzens mit systolischen Oeräuschen ein
und sie nahm mit den übrigen Symptomen wieder ab, so
dass schliesslich die Herzdämpfung normal wurde und
die Geräusche verschwanden. Bei tachykardischen An-
fällen wurde das Herz grösser.
ad 4) Je schwerer und länger der tachykardische
Anfall war, um so kleiner wurde die Struma.
ad 5) Je schlechter der Zustand des Er. war, um so
deutlicher trat die Leukoplaoie auf, mit der fortschreiten-
den Besserung verschwand sie ganz.
Bei der 6jähi-. Behandlung schien die vegetananische
Kost von günstigem Einflüsse zu sein. Bei den Anföllen
bewährten sich mehrfache Clysmata mit 20—30 Tropfen
Tinct. Opü simpliois.
B o u c h a u d (G Ol tre exophthalmique et tremblement
hereditaire. Journ. des sc. med. de l2lle Dec. 7. 1895.
Hef. in Gaz. hebd. XLIU. 12. 1896) sah bei einer 35jähr.
Kranken Struma, Herzklopfen, Zittern der Hände, Er-
scheinungen, die seit der Jugend bestanden. Da das
Zittern auf die Hände beschränkt war und da eine
Schwester es auch hatte, meint B., es handle sich um
hereditäres Zittern.
Etwas wunderlich ist eine Beobachtung Ar thnr
Fox well 's (A oase of ezophthalmic gottre. BriL
med. Journ. Jan. 18. 1896. p. 144).
Eine 41jähr. Frau, die seit *U Jahre am liorbos
Basedowii Utt, ging an unstillbarem ^brechen zuGmode.
Man fand Verhärtung des Wurmes im Kleinhin
(the vermiform process of the cerebellum had undergooe
fibrous change), partielle Erweichung und Sklerose der
Thalami optici, Sklerose des 4. Yentiäels, die die Ken»
des zarten Stranges und des Keilstranges, sowie die des
Vagus ergriffen luitte.
Norman J. M'Kie (Thymus treatment of exoph-
thalmic goitre. Brit. med. Journ. Maroh 14. 1896) sah
bei einer 3^ähr. Lehrerin mit Morbus Basedowii sehr
gute Wirkung der Thymus-Tabletten. Als diese vq&'
gesetzt wurden, nahm der Exophthalmus gleich wieder
zu ; dem neuerlichen Gebrauche folgte wieder Besserung.
Rob. T. Edes (Exophthalmic goitre treated wiüi
animal extracts, and especially extract of thymus.
Boston med. and snrg. Journ. GXXXIV. 4; Jan. 23. 1896)
behandelte eine Basedow-Kranke erfol^os mitThyieoidio
und dann mit Nuclein (Milz-Extrakt), während Thymos-
Extrakt Besseiimg herbeizuführen schien.
E. Mattiesen (Ein Beitrag zur Pathologie
u. s. w. des Morbus Basedowii. Inaug.-Diss. Erkn-
gen 1896) berichtet über 2 Operationen bei Morbus
Basedowii, denen der Tod folgte.
L Einem 2^fihr. Mädchen, bei dem seit einigen
Monaten der Morbus Basedowii ohne bekannte ÜrBiche
aufgetreten war und dessen Schwester an der g^cheo
Krankheit leiden sollte, wurden von Hein ecke ein
medialer Kropfknotini und die rechte Hälfte der Strama
weggenoounen. Während der Narkose wurde der Pols
ruhiger. Danach traten Erbrechen und Pulsbeschleo-
nigun^ ein. Li der Nacht ausserordentliche ünnke,
stürmisohe Herzthätigkeit, Tod.
Man fand ^katarrhalische Pneumonie^, eine grosse
Thymus. Die Acini der Struma waren ausgedehnt durch
glasiges Colloid, zwischen ihnen lagen Haufen von Zellen.
n. Eine 18jähr. Magd, die aus einer Kropfeegead
stammte und bei der der Morbus Basedowii sich allmäh-
lich entwickelt hatte, wurde operirt, als sie durch die
Krankheit schon sehr geschwächt war. Wegen des
schlechten Pulses sah man von der Narkose ab. Nach
der Resektion des rechten Lappens (bei geringer Blutung)
grosse Hinfälligkeit und l'/i Stunden später Tod.
Grosse Thymus. Yergrösserte Lymphdrüsen. An
den übrigen Organen keine Veränderungen von beson-
derem Interesse. Die Struma war derb^ blutarm, Ton
dicken Bindegewebewänden durchzogen. An manchen
Stellen zeigte das Mikn^op das Bild der Hyperplasie,
an anderen sah man zapfenf[)rmige, hirschgeweihähnliche
Neubildungen, die hohes Cylmderepithei trugen und
deren Lumen von krümeligem Inhalte erfüllt war.
In einem 3. Falle war der Erfolg der Operation
sehr gut
Eine 22jähr. Magd, bei der sich allmählich der Mor-
bus Basedowii entwickelt hatte, hatte ausser anderen
Symptomen geschwollene Lymphdrüsen am Halse, An-
fälle von Dyspnoe (110 Athemzüge in der Minute). Tetaoie-
Anfälle. Nach langer Beobachtung wurde die Strum-
ektomie ausgeführt. Nach der Operation ooUabirte die
Kr. und schien einen Tag lang in Lebensgefahr zu sein.
Dann erholte sie sich; Zittern, Schwitzen, Athemnoth
hörten auf, das Herz wurde ruhiger, das Köipergewicht
nahm zu, die Pat. fühlte sich wohl. Nach einem Jahre
bestand nur noch etwas Exophthalmus.
M. stellt die bisherigen Operationen (117) zu-
sammen, findet 52 Heilungen, 37 Beeserangen,
21 Misserfolge.
H. S t a b e 1 (Zur Schilddr&sentherapie. BerL
y. NetiropaÜLologie und Psychiatrie.
131
Uin. Wchnschr. XXXTTL 5. 1896), dei" Aber die
Erfahrungen in v. Bergmannes Klinik berichtet,
enfthlt, dass 3 Basedow-Eranke mit frischer $child-
drftse behandelt wurden.
yZwei davon blieben nach kürzester Zeit ans, weil
ach bei emer hochgradigen Steigeiling der Pulsfreqnenz
die nervösen Erscheinungen in hohem Maasse vermehr-
ten. Die eine von diesen Patientinnen bekam nnter voU-
sttndiger Prostration 8 Tage anhaltendes Erbrechen ; fast
ebenso starke nervöse ZaßQle traten auf, als 8 Monate
später ein Versnob mit Thyreoidintabletten gemacht
worde. Die andere Patientin suchte in ihrer Yersweif-
Inng die Klinik des Herrn Prof. Mikulicz auf, wo sie
mit Thymusdrüsen gefüttert wurde^ bis eine hochgradige
Psydiose bei ihr auftrat, mitWahmdeengesohlechtliohen
Inhaltes und starken maniakaüschen Anfielen, so dass
ae nach Berlin zurückbefördert werden musste. Die
3. Patientin erhielt 3 Monate lang nur sehr kleine Dosen ;
BQSser einer Steigerung der Pulsfrequenz schon bei 3 und
4 g Drüsensubstanz wöchentlich zweimal konnte keine
Aenderung beobachtet werden, obwohl sie subjektiv
Besserung der nervösen Beschwerden angab. '^
Mit Tabletten wurden 7 Basedow-Kranke be-
handelt „Selbst bei den frühesten Stadien (3 Fälle)
war nicht der geringste Heilerfolg zu bemerken,
bei allen trat eine deutliche, zumTheühodigradige
und beängstigende Pulsbeschleunigung ein bis auf
160, bei den älteren ausgesprochenen Fällen mit
hochgradigem Exophthalmus eher eine Steigerung,
wie eine Abnahme der nervOsen Erscheinungen.
Der Bxoi^thalmus liess nicht nach und gerade die
Struma bei Basedow verhielt sich auffallend neutral
gi^n das Thyreoidin/^
St erzählt am Schlüsse die G^eschichte einer
5(]|jähr. Kranken, die mit Struma, Herzklopfen und
Eurzathmigkeit erkrankt war, bei der die Unter«
sndiung eine Basedow-Struma, im Uebrigen aber
die Symptome des Myxödems nachwies, die
durdi Schilddrüsenbehandlung wesentlich gebessert
wurde.
In der Verhandlung über Stabel's Vortrag
berichteten auch Andere von schlechten Erfolgen
der Schilddrüsenbehandlung bei Morbus Basedowii.
Ewald hat „nur negative Resultate*^ gehabt In
einem Falle schien Besserung eingetreten zu sein,
als aber der Morbus Basedowii sich wieder ver-
schlimmerte, waren die Tabletten ganz erfolglos.
K betont mit Becht, dass zuweilen die Diagnose
mischen Morbus Basedowii und gewöhnlichem
Kröpfe schwer sei.
M e n d e 1 hat 10 Basedow-Eranke mit Tabletten
behandelt, niemals trat Besserung ein, mehrmals
musste die Behandlung wegen Steigerung der
Mpitationen und der Abmagerung abgebrochen
werden.
Senator hat ebenfalls keine Besserung er-
eielt, echlimme Wirkungen aber auch nicht; dies
rielleicht deshalb, weil die Behandlung vorher
mterbrocfaen wurde. Einmal trat Olykosurie nach
lem Thyreoidingebrauche ein.
SpAter berichtete Silez (BerL klin. Wchnschr.
gXXlH- 6. p. 130. 1896) im Gegensätze zu den
vwähnten Autoren über einen Fall von an Heilung
grenzender Besserung des Morbus Basedowii durch
Thyreoidintabletten.
Einer 40jähr. Er. mit schwerem Morbus Basedowii
waren 120 l^bletten geschenkt worden. Sie nahm täg-
lich 6 davon ein und Struma, Exophthalmus, 2Sittem,
Palpitationen nahmen ab. Das Rausohen in der Schild-
drüse verschwand. Die Ki, wurde wieder arbeitfiUiig.
Jaboulay (La regeneration du goitre extirpe dans
la nudadie de Basedow et la section du sympathique cer-
vical dans cette maiadie. Lyon med. AXVin. 12;
Mars 22. 1896) hat bei einer Basedow-Kranken 5 Kropf-
operationen gemacht: wiederholte Ezothyreopexie, Resek-
tion erst des rechten, dann des linken Lappens. Jedes-
mal trat Besserung ein, aber nach einigen Monaten kehr-
ten die Symptome zurück und zugleich vergrösserte sich
der Kropf, bez. der Drüsenrest wieder. Ztuetzt war der
Isthmus zu einem oraneengrossen Kröpfe geworden.
J. durchschnitt nun den Halssympathicus zwischen dem
oberen und dem mittleren Ganglion [auf beiden Seiten ?].
Auch dieser Operation folgte Besserung, Exoi^thalmus,
Herzklopfen, Zittern nahmen ab. Nach 4 Wodlen traten
die letzteren 2 Symptome wieder auf und der &opf
wuchs. Möbius.
236. Zur IdinisohenBedeatniif der spina-
len Punktion; von P.Fürbringer. (BerL klin«
Wchnschr. XXXTT. 13. 1895.)
Nach einer kurzen üebersicht über die Erfah-
rungen anderer Autoren mit der Lumbalpunktion,
die in therapeutischer Hinsicht ganz absprechend,
nur in diagnostischer Beziehung etwas zuversicht-
licher lauten, legt F. das Ergebniss seiner eigenen,
an 86 Kranken mit mehr als hundert Punktionen
gesammelten Erfahrungen dar. Auch er stellt die
diagnostische Bedeutung der Operation obenan,
vornehmlich in Beziehung auf den Nachweis von
TuberkelbadUen und EiterkOrperohen, ebenso von
Blut, als Beweis des Durohbmohs von HAmor^
rhagien in die YentrikeL Den therapeutischen
Nutze]} schlägt auch er gering an.
E. Hflfler (Chemnitz).
237. Zur Diagnose der Meningitis; von Prof.
Lichtheim. (Berl. klin. Wchnschr. XXXTT. 13.
1895.)
Oanz abgesehen von dem therapeutischen
Werthe, über den man zweifelhaft sein kann, hat
die Q u i n c k e 'sehe Punktion des Subarachnoideal-
raumes grosses diagnostisches Interesse, und zwar
für die Feststellung der eitrigen Meningitis. Da
die Communikation der Subarachnoidealräume den
Austausch der Entzündungserreger vermittelt, so
giebt es rein spinale oder rein cerebrale Menin-
gitiden nicht Man kann also fiimabsoess, Sinus-
thrombose, Meningitis allein durch die Punktion
des Wirbelkanals aus einander halten. Das posi-
tive Ergebniss ist unbedingt sicher; derWerth der
negativ ausgefallenen Punktion ist etwas einzu-
schränken, indem in einem besonders schnell ver-
laufenden Falle von traumatischer Meningitis die
Infektion der Cerebrospinalflüssigkeit ausblieb;
freilich zeigte sie doch IVübung durch polynudeftre
Leukocyten. Auch bei tuberkulüeer Meningitis
zeigte diePunktionsfiüssigkeit, die fast immer klar
war, stets Tuberkelbacillen und es Uess sich in eineuL
132
Y. NeuTopathologie irnd PsyehiAtrie.
Falle durch ihren Nachweis die Heilbarkeit der
tuberkulösen Meningitis sicherstellen. Die Bacillen
sind sehr spärlich ; am ehesten findet man sie noch
in den sich bildenden fibrinösen Gerinnseln der
Funktionsflüssigkeit. Diese Gerinnsel bilden sich
stets in der Punktionsflüssigkeit eitriger und tuber-
kulöser Meningitiden, während sie bei Abscessen
und Tumoren fast stets fehlen. Irgend welche
OefiJir besteht bei der Punktion nicht, nur muss
man sich hüten, den anfänglich bestehenden posi-
tiven Druck bis auf 0 sinken zu lassen, da die
plötzliche Himdrucksohwankung doch üble Zufälle
zur Folge haben kann. E. Hüfler (Chemnitz).
238. Bin Fall von primirer BnoephalitU
aonta mnltiplex anter dem Bilde der Menia-
gitlB aonta Terlanfend; von Prof. R y. Jaksch.
(Prager med. Wchnschr. XX. 40. 1895.)
y. J.'s Fall war unter dem Bilde einer akuten
Meningitis yerlaufen; es handelte sich aber um
eine akute hämorrhagische Encephalitis, wie sie
von Strümpell besdirieben word^i ist v.J.
schlägt yor, derartige Fälle, die er den yon Oppen-
heim erwähnten langsamer verlaufenden nicht
gleichstellen möchte, als Encephalitis haemorrhagica
multiplex acutissima zu bezeichnen. Differential-
diagnostisch käme nach y. J. hauptsächlich der
Nachweis des Peptons im Urin in Betracht, das bei
eitriger Meningitis sich immer findet
E. Hüfler (Chemnitz).
239. Three caaee of Friedreioli'a dieeeae,
heredltery atazy, aaeoeiated with genetoaa
idiooy; by J. Nolan. (DubL Joum. of med. Sa
3. 8. CGLXXXL p. 869. 1895.)
Der Vater der 3 Krankea war yon Jagend, an ein
Trankenbold, die Matter gesund. 8 Geschwister, 3 davon,
die das Thema der Arbeit bilden, waren ataktisch ; 2 star-
ben anScharlaoh, waren aber vorher gesund, die 3 anderen
waren körperHch and geistig normal. Bei 3 Kindern
wurde die Krankheit fast unmittelbar nach der Geburt
bemerkt.
1) Elisabeth M., zur Zeit der Beobaohtang 22 Jahre
alt. Idiotischer Gesichtsaasdrock. Strabismus oonverg.
und Nystagmus horizontalis leichten Grades; die Bulbi
konnten in keiner Richtung ruhig fixirt werden. Vor dem
Sprechen ausgeprägte fibrilläre Contraktionen der Ge-
sichtsmuskeln, dieSpradie selbst war gestossen, holperig,
die Aussprache sehr unvollkommen. Die Schilddrüse
gleiohmässig in geringem Grade vergrössert Die Sensi-
bilität an einigen Stellen der Beine und am Bumpfe
sehr herabgesetzt Die mittlere Brustwirbelsiole auf
Druck empfindhch, Skoliosis der unteren Brust- xmd
oberen Lendenwirbelsäule mit Gonvezität nach rechts.
Sexuelle Unentwickeltheit: rudimentäre Brüste, keine
Pubes, äussere Genitidien unentwickelt, noch keine Men-
struation. An den Armen fortwährende Ünrahe, Ataxie
bei intendirten Bewegungen. Feinere Bewegungen mit
den Händen unmöglich, einzelne athetoide Bewegungen ;
Atrophie des Daumenballens und der Interossei, be-
ginnende Klauenhand. Aufrechte Haitang ohne Unter-
stützung unmöglich. Der ataktische Gang erfolgte im
Zickzack, Kopf and Rumpf wurden dabei nach vorwärts
gebeugt imd die Hände ausgestreckt Bomberg's Zeichen.
Die Kniereflexe fehlten iMiderseits vollkommen. Tro-
pische Störungen in Form von livider Färbung lud
Kälte an den Füssen.
2) Robert M., 15 Jahre zur Zeit der Beobacktong,
sehr idiotisch, leicht geneigt zum Lachen. Leichter Stz»-
bismus; coordinirte Bulbusbewegungen konnten nicht
lange ausgeführt werden, die Atexie trat beim faöma
sofort ein. Sehr starke fibriUäre Zuckungen der Mond-,
Dppen- imd Zungenmuskeln vor dem Sprechen, scu-
dirende Sprache, unvollkommene Artikulation. Weich«
Gaumen sehr schlafif. Sehr bedeutende Vergrössemog der
Schilddrüse, starke Gefössgeränsche darüber; Schwitun
an Händen und Füssen, ion ganzen Körper herdfönnin
Analgesien, an den Gliedern mehr als am Rumpfe. Seznal-
system normal entwick^t, aber ohne Trieb. An den
Armen starke Ataxie. Atrophie der Handmuskeln, athe-
toide Bewegungen der Finger. An den Beinen so starke
Ataxie, dass eine aktive Bewegunff nicht gemacht weidaa
konnte. Aufreohtstehen ohne Hülfe unmöglich. Gtof
sehr ataktisoh, starkes Romberg'sches Zeichen. Knie-
reflexe erhöht, leichter Fussclonus.
3) Thomas IL, 10 Jahre alt, mit idiotischem Geeichts-
ausdruoke, Strabismus, Nystagmus, Unmöglichkeit, mit
den Balbis coordinirte Bewegungen auszuführen. Bei
der Sprache erschien auch eine Ataxie der Stimmbänder,
die sich durch Veränderung in der Stimmhöhe und eigeo-
thümhche Geräusche kundgab. Starke Ataxie der Arme;
Hände fortwährend in Bewegung; Atrophie der Hand-
muskeln; Gang sehr ataktisch, starkes Rombeig'scbes
Zeichen, keine Kniereflexe.
Die Eiffenthümlichkeit der 3 mitgetheilten Fälle be-
ruht vor Allem in der Verbindung der Ataxie und der
sonstigen Symptome der Friedreioh'schen Krankheit mit
der I(hotie. M. weist darauf hin, dass diese mögüdur
Weise auf einer cerebrospinalen GUomatosis borahea
könne. Windscheid (Leipzig).
240. OerebraleDiplegie der Kinder, Fried-
reidh*aohe Krankheit und multiple Sklerose;
von Dr. Wilhelm König in Dalldorf. (Beri.
klin. Wchnschr. XXXTT, 33. 1896.)
Es handelt sich um einen 7 Vijähr. Knaben, der wolil
schon von Geburt an nicht normal war; wenigstens wnide
er schon in seinem 2. Jahre als Idiot bezeichnet Di»
einzige noch am Leben befindliche Schwester war ge*
sund ; hereditäre Belastung lag nicht vor. Die Spiadii
blieb inmier langsam und der Gang unsicher. Bä
Untersuchung ergab nun deutliche Ataxie und Heiab-
setzung der Kraft in den Beinen, besondets rechts. Bis
Reflexe waren vorhanden, Sensibilitätstörungen fehte
Die Arme boten ähnliche, jedoch weniger ansgesprochM
Störungen dar, eine Mischform von Intentionzittem ooi
Ataxie, ebenso Herabsetzung der Kraft, besonders reduk
Die Papillenreaktion war ungestört, auch zei^ 8i<^ M
Gebiete des Facialis eine gewisse Ataxie. Die SpnoM
war langsam, scandirend, die Artikulation verschwomoui
Da das Leiden angeboren und nicht progressiv iA
so kann es sich wohl um Friedreich'sche Krankheit jom
handeln. Da die Geburt der Kinder sehr protrahirt «üj
so käme dies vielleicht ätiologisch in Betnu>ht, und i«i
für die Annahme der cerebralen Diparese, derlittle'sdul
Krankheit. Li der That kommen alle oben angeföhrta
Symptome manchmal bei dieser Krankheit vor, ^
auch selten ; so die Störungen der Sprache und der
dination. Anatomisch wiürde man am ehesten an
zu beiden Seiten der Medianspalte lokalisirte Menii
hämorrhagie, die zu sekundärer Sklerose oder
bildung geführt haben könnte, denken müssen. VieÜc
darf man auch einen ähnlichen Prooess der beobadit
Ataxie wegen über dem Kleinhirne vermuthen.
£. Hüfler (Chemniti)
241. De l'influenoe ^tiologiqae de llierec
■yphilia aur la adleroae en plaqaea dhei
enfanta; par le Dr. Moncorvo. (Revue
des mal de l'Enf. Sept 1896.)
Y. Neuropathologiö und Payohiatrie.
133
M. weist darauf hin, dass die angeborene
Syphilis zu Veränderungen im Centralnerven-
system, zu multipler Sklerose fQhren kann. Er
fSgt seinen früheren Beobachtungen 3 neue hinzu.
Dnger, Nolda, Westphal haben multiple
Sklerose naoh Ablauf verschiedener Infektions*
krankheiten beobachtet Pierre Marie legt der
Syphilis keine Bedeutung bei der Entstehung der
multiplen Sklerose bei. H ad den hat dargelegt,
dass die Eklampsie sicher zuweilen sich auf syphi«
litisoher Qrundlage entwickelt, ebenso wie gewisse
Formen Ton Basilarmeningitis, von angeborener
Hemiplegie. Erlenmeyer erkennt Beziehungen
der Syphilis zur cerebralen EinderUhmung an.
Brückner (Dresden).
242. Cur Symptomatologie der Kleinhirn-
erkranknngen; von Dr.W.Friedeberg. (Berl.
klin. Wchnschr. XXXH. 33. 1895.)
Gans kurz berichtet F. sunftohst über die Resul-
iste L u c i a n i 's, denen zu Folge das Kleinhirn als
ein in seiner Funktion selbständiges und unabhän-
giges Organ aufzufassen ist, dessen Ausschaltung
weder Paralyse der Sinne, noch der Bewegungen,
weder des Denkens, noch des Wollens erzeugt
Des Weiteren ist das Kleinhirn ein Organ, an dem
jeder Theil die Funktion des Qanzen besitzt, also
such oompensirt werden kann, wenn er ausfällt
Da bei Kleinhimausfall besonders asthenische,
itonische nnd astatiache Erscheinungen auftreten,
80 meint Luciani, dass das Kleinhirn auch
dreierlei Thätigkeiten ausübe, eine sthenische, die
Kraft der NervenmuSkelapparate erhöhende, eine
tonische, die während der Funktionspausen wirkt,
und eine statisdie, gleichsam regulirende Thätig«
keit Endlich soll es noch trophische Wirkungen
haben. F. geht dann zur Aufzählung von 9 eigenen
Fällen mit Sektionsbefund über. Eine Analyse der
Symptome stimmt im Wesentlichen mit L u c i a n i 's
Seobachtnngen überein. In 8 von den 9 Fällen
fand sich als diagnostisch werthvolles Symptom
Binterhauptkopfschmerz, und zwar als Initial-
(Qrmptom. Auch fand man sehr oft Steifigkeit
fies Nackens, Erbrechen, femer Schwindelgefühl,
Monders beim Aufrichten und Gehen. Ebenso
kannte mehrmals eine eigenthümliche Abmagerung
Dachgewiesen werden, eine Beobachtung, die viel-
^cht mit den trophischen Funktionen des Klein-
jums in Znsammenhang zu bringen ist; Decubitus
\nt niemals au£ Gerebellare Ataxie konnte nur
Bi 2 FBlleB nachgewiesen werden. Zwangsbewe-
nmgen wurden nicht beobachtet, eine eigenthüm-
Sdiie Zwangslage nur einmaL In einem Falle
imrde eine zeitweise auftretende krampfartige
Bandstellnng beobachtet, die an die bei Pachy-
neningitis cervicalis hypertrophiea erinnerte.
E. Hüf 1er (Chemnitz).
243. tr^er Karkoaenlähmongen ; von Fer-
linand Krumm, (v. Yolkmann's Samml.
tlin. Vortr, N. F. 139; Chir, 38. 1895 )
K. schliesst sich der Ansicht Büdinger's
an, dass nämlich die Plexuswurzeln, und zwar zu-
nächst die oberen, zwischen der Vorderfläche der
1. Bippe und der bei der Hochführung des Armes
sich um ihre Längsachse drehenden Clavikel ein-
geklemmt werden, und zwar besonders dann, wenn
die Plexusstämme schon vor der Hoohführung
des Armes durch Hinüberziehen des Kopfes naoh
der entgegengesetzten Seite oder durch Hintenüber-
neigen stark angespannt sind, unter gewissen
umständen ist es auch möglich, dass Einklemmung
zwischen Querfortsatz und Clavikel zu Stande
kommt. Der Druck findet statt an der Stelle, wo
der 5. und der 6. Cervikalnerv aus der Scalenus-
lücke heraustreten. Narkosenlähmungen können
aber auch dadurch zu Stande kommen, dass der Arm
an die Kante des Operationstisches gedrückt wird
oder durch sein eigenes Gewicht drückt oder durch
zu feste ümschnürung mit Schlauch oder Binde.
K. berichtet über 4 eigene Beobachtungen und be-
spricht dann genauer das Symptomenbild der Nar-
kosenlähmung. Am häufigsten ist die Lähmung
der MM. deltoidei, brachialis internus, biceps und
supinator longus. Es können aber auch die Mus-
keln desSchultergürtels mit betheiligt sein, ebenso
wie die übrigen Oberarmmuskeln ; so MM. triceps,
peotoralis major, latissimus dorsi, spinati, rhom-
boideus. Sind die unteren Wurzeln mit betroffen,
so treten Lähmungen des Vorderarms, der Finger-
und Handmuskulatur hinzu, die jedoch selten
schwerer Natur sind, ebenso beobachtet man MyosiSi
Verengung der Lidspalte, Retraktion des Bulbus,
Abflachung der Wange durch Mitbetheiligung des
Ramus communicans aus dem 1. Dorsalnerven«
Schwerere sensible Störungen bei Betheiligung
nur der oberen Aeste sind selten, höchstens Par-
ästhesien werden beobachtet; bei tiefen, bez. totalen
Plexuslähmungen kommen Störungen im Gebiete
der Hautäste der NN. ulnaris, cutaneus brach, int,
medianus und radialis vor. Wichtig ist der Nach-
weis von Druckpunkten, so am Halse hinter der
Clavikel, und Druckschmerzhaf tigkeit der gelähmten
Muskeln, und zwar für die Unterscheidung peri-
pherischer und centraler Narkosenlähmungen. Die
elektrischen Veränderungen sind je nach der
Schwere der Affektion verschieden stark, bald nur
quantitative, bald auch qualitative. Die ümschnü-
rungslähmungen stellen theils isolirte Lähmungen
der NN. radialis, ulnaris, medianus dar, theils
Mischformen. Die Prognose ist im Allgemeinen gut,
wenn auch die vollständige Heilung oft lange auf
sidi warten lässt Prophylaktisch ist Hochschlagen
der Arme bei Laparotomie zu vermeiden und auf
gehörige Lagerung des Kopfes zu achten.
Viel seltener sind die centralen Narkosenläh-
mungen und es ist ihre Entstehung noch unklar.
Zunächst bietet schon die Abgrenzung dieses Be-
griffes Schwierigkeiten. Es ist wohl am richtigsten,
jede Lähmung, die im Verlaufe oder Gefolge der
Narkose auftritt, also auch die typische Apoplexie
134
y • Neoropaihologie und Psyofaiatrie.
als Narkosenlähmung zu bezeichnen, da wir LUi-
mungen durch das Narkoticum an sich nicht kennen.
Von allen Erkl&rungen über das Zustandekommen
der centralen NarkosenUhmungen scheint die An-
nahme am meisten Beachtung zu verdienen, wonach
hämorrhagische, bez. ischämische Erweichungs-
herde im Oehim die Ursache sind. Möglicher
Weise könnte auch manchmal eine rein funktionelle
Störung, eine Art hysterischer Lähmung in Frage
kommen. Das Symptomenbild selbst bietet, wie
zu erwarten, Hemiplegien, Hemiparesen, Sensi-
bilitätstörungen, Aphonie, Aphasie in den ver*
schiedensten Combinationen.
ELHüf 1er (Chemnitz).
244. The oonneotion of the gemmnlea or
lateral bnda of the eortioal neorodendron in
■ome forma of inasnity; by Berkley. (BulL
of the Johns Hopkins Hosp. April 1896.)>''
B. hat in den Ghinglienzellen des Oehims bei
chronischen Alkohdisten und bei Dementen, sowie
auch bei Kaninchen, denen eine vergiftende Por-
tion Alkohol zugeführt worden war, Veränderungen
an den sogen, seitlichen Zellenknospen nach-
gewiesen, indem er sich einer Färbung mit Phos-
phor-Molybdän-Silber in freier Silbemitratlösung
bediente. Die Veränderungen bestanden in einer
Verminderung der seitlichen Knospen bis zu einem
vollkommenen Verschwinden der kurzen seitlichen
Fortsätze und betrafen sowohl die grossen Pyra-
midenzellen, als auch die schmäleren und unregel-
mässigen Zellengebilde. Daneben fand er immer
eine Verminderung des Protoplasma des Den-
dron.
B. knüpft an diese vorläufige Mittheilung die
HofEkiung, dass diese neu gefundenen Veränderun-
gen einen Fingerzeig für das anatomische Substrat
verschiedener Geisteskrankheiten geben werden.
Windscheid (Leipzig).
245. üeber »aeiiile Epilepsie^ und das
Grieainger'aohe Symptom der Basilarthrom-
boae; von B. Naunyn in Strassburg i. E. (Zeit-
schrift f. klin.Med. XXVm, 3 u.4. p.217. 1895.)
N. ist geneigt, die sogen, senile Epilepsie auf
CirkuIation8t(^ngen zu beziehen, die durch Herz-
oder Qelässerkrankungen hervorgerufen werden,
und zwar auf anämische Zustände. Es gelang
ihm auch, durch Compression beider Garotiden
ganz analoge Anfalle zu erzeugen. Er warnt nach-
drücklich vor dieser Manipulation, da sich in einem
Falle bei Bewusstlosigkeit und Athemstockung die
Einleitung der künstlichen Athmung nöthig machte.
Diagnostisch ist die Carotidencompression nicht
zu verwerthen, da eben auch ohne Basilarthrom-
bose bei Arteriosklerose der übrigen Himgeiässe
die Krämpfe eintreten können, ebenso auch bei
Herzschwäche. Für die Therapie käme haupt-
sächlich Digitalis in Frage.
£.Hüf 1er (Chemnitz).
246. üeber die Imitationakrankheiten dar
Kinder; von Dr. Eoloman SzegÖ. (Jahrb. L
Kinderiikde. XLI. 2. p. 133. 1896.)
Die Nachahmungssucht ist eine Art indadrter
Psychose. Sie kommt jetzt meist in Form von
Institutsendemien zur Beobachtung, wieS. an zwei
eigenen Beobachtungen erläutert Im G^^gensatie
zu der unbewussten Imitation, die eine gewisse
Disposition voraussetzt, steht die bewusste, die
Simulation, die, wie aus dner Reihe vonBeispielea
hervorgeht, auch bei Kindern nicht selten ist Die
1. Form heilt am besten ab unter Isolirung der
Kranken; bei der zweiten ist das Haupl^wickt
auf die Erlangung eines Selbstbekenntnisses vom
Kranken zu legen. Oft nicht leicht davon zu unter-
scheiden sind hysterische Erkrankungen, die einer
psychischen Behandlimg bedürfen.
Brückner (Dresden).
247. Cor Fayohopathologie der öhroniaohen
Paranoia; von B. Sandberg. (Allg. Ztsohr. t
Psych. LH. 3. p. 619. 1896.)
Die HypothesenWestphal's und Schüle's
über die Entstehung der Wahnideen bei der chro-
nischen Paranoia einander gegenüberstellend, glaubt
S., dass eine oonsequenteYerwerthungderersteren
allein ausreiche zu einer natürlichen, ungezwun-
genen Orientirung über Bildung und Wesen der
Wahnideen und anderer Symptome der primAren
chronischen Verrücktheit Die von Westphal
offen gelassene Frage, was eigentlidi in der Psyche
des Kranken primär verändert sei, finde ihre Be-
antwortung, wenn man mit Wer nicke eine Ter-
änderung der Erinnerungsbilder oder der Elemente
annimmt, in denen die bewussten Wahrnehmungen
stattfinden und die wahrgenommenen Bilder sich
aufstapeln [!]. Den Angelpunkt der weiteren Er-
örterungen S.'s bildet die Frage, ob das Bestehen
einer pathologischen Intelligenzschwäche als Vor-
bedingung für das Zustandekommen der paranoi-
schen Wahnideen erforderlich seL S. verneint dies:
denn, wie er sagt, nicht die ürtheüsbildang, nicht
die Association, sondern das Material derselben, die
Wahrnehmungen sind verändert, oder mit W er-
nicke's Worten: die erforderliclie Congruenz der
Erinnerungsbilder mit den altgewohntoi Ein-
drücken der Aussenwelt ist zerstört Diese Ver-
änderung bewirkt das Misstrauen, den für die
Verrücktheit charakteristischen Affekt, wie es die
Depression für Melancholie, die Euphorie für Manie
ist Die unter Anwendung der (nadi S. unge-
schwächten) Kritik auf die neuen Wahrnehmungen»
auf die pathologisch veränderten Erinnerungsbilder
zu Tage tretenden Qedankenprodukte sind die Wahn-
ideen. Pathologisch verändert ist nur die bewusste
Wahrnehmung und daraus entwickelten sidi die
Wahnideen rein psychologisch, d. h. mittels der
ungeschwächten Intelligenz, Kritik und Asaooialtan.
Schliesslich merkt aber do<diS., dass mit d«: Kritik
etwas vor sich gegangen sein mussi und 90 kommt
Tl. Innere Hedicin.
135
er denn zn der Schlussfolgerang, die Kritik sei
nicht geschwächt, sondern beeinflusst. „Die Kritik
wild gleichsam bei der ümwiAzung der Dinge zum
Ueberlftufer/' Man hat bei öfterem Durchlesen der
Arbeit den ESndruck, als ob S. sich hier die Be-
griffe Intelligenz, Kritik, Associationen imter dem
Gesichtspunkte eines schablonenhaften Denkmecha-
sismus Torstelle, in dem beim Paranoischen die
krankhaft gemischten Erinnerungsbilder wie einst
die gesanden hin- und hergleiten, wie die flden
verscliiedener Stoffe im Webstuhle. Dann hätte er
allerdings Recht, von dem Mangel einer Intelligenz-
and Eritikschwftche bei der chronischen Paranoia
tu reden. Gemeinhin verbindet man aber mit dem
BegriSe der Intelligenz und Kritik die Yoraus-
setzimg des klaren, gesunden Bewusstseins und
wenn S. eine psychologische Analyse vornahm, so
moflste er auch diese psychologischen Bezeichnun-
gen in ihrer Integrität verwenden. Die Sache läuft
eben da hinaus: Im psychiatrischen Sinne weist
ein Theil der Paranoiker keine Kritikschwäche auf,
d. L im Vergleiche mit den Dementen und Imbe»
ollen, eben so wenig wie viele Melancholiker und
Kaniaci, dagegen muss man sie im empirisch-
peychologischen Sinne als der Kritik und vor Allem
der Selbstkritik beraubt oder als hierin geschwächt
ftuffassen. „Zur Hauptsache kommend" sagt S.,
das Ponotum saliens sei das fehlende Krankheits-
bewusstsein ; „die fehlende Kritik des eigenen Oe-
^mx/uatandes hat mit einer Schwächung der Kritik
d« Aussenwelt nichts zu thun" [!]. So wird denn
Iiitik bald in diesem, bald in jenem Sinne ge-
kommen und die Darstellung dreht sich im E^reise
Warn. Die Behauptung aber, dass das Krankheits-
bewusstsein fehle, weil dasBewusstseinsorgan selbst
krank sei, ist nicht neu. Dass auf Orund der von
S. behaupteten Zufälligkeit der einzelnen Wahn-
ideen eine Eintheilung der Formen der primären
Yerrücktheit nach dem Inhalte derselben, z. B. die
Krafft-Ebing'sche (religiöse, erotische u. s. w.
Paranoia) selbstverständlich unzulässig sei, möchte
Ref. noch widerlegen. Bei einem Menschen z. B.,
in dessen Gefühlsphäre religiöse Empfindungen in
gesunden Tagen eine grosse Rolle spielten, werden
im Verlaufe der krankhaften Veränderung der das
Ich ausmachenden Eigenempfindung, wenn wir uns
diese als aus Einzelgefdhlen zusammengesetzt
denken, jene religiösen Empfindungen die Oberhand
behalten (während die anderen in den Hintergrund
treten), und die sich auf dieser veränderten Selbst-
empfindung aufbauenden krankhaften Schlüsse,
d. h. Wahnideen, den diesen Gefühlen im normalen
Leben congruenten Vorstellungen adäquat sein.
Nun ordnen sich aber empirisch unsere zusammen-
gesetzten Gefühle in einzelne B]auptgruppen: reli-
giöse, politische, rechtliche, erotische; kein Wunder
also, dass nach dem Worte l'homme machine, das
S. selbst citirt, sich in der Sphäre des Anormalen
diese Eintheilung von selbst aufdrängt. Diese
Eintheilung Krafft-Ebing's bezeichnet ja auch
keine Krankheitsklassen, sondern nur Spielarten
einer Gattung; sie ist überhaupt nicht auf den
Wahninhalt des einzelnen Falles begründet, nicht
auf eine Methode, der S. die Talpo-, Mimo-, Metro-
nome- u. s. w. -Folie Guislain's zur Seite stellen
zu müssen glaubt, sondern auf Elementarthatsachen
der psychologischen Empirie.
Bresler (Freiburg L Schi.).
VI. Innere Medicin.
248. Ueber Tuberkulose. (Vgl. Jahrbücher
CCXLVn. p. 31.)
Tuberiadose hei Thieren.
1) Aude 8ur la differeneiation anatomo - pcUholo-
PVe de la tubereulose de Vhonwne et des mammifh-es
faeee la Hibereulose amaire; par A. Leray. (Aroh. de
Med. ezpdrim. VH. 5. p. 636. 1895.)
2) Mn eigentkümlieher Fall van Tuberkulose heim
^«cfe; Ton Johne u. Dr. Frothingham. (Deutsche
itechr. f. Thiermed. XXI. 6. p. 438. 1895.)
3) Die Verwendung des Tuberkulina in dem Kampfe
Kdie Tuberhdoee des Bindmehs ; von Prof. B. B a n g.
da XXn. 1. p. 1. 1895.)
4) Sur la vmeur diagnoetique de la maUeine ei de
^ tubereuline; par £. Semmer. (Arch. des sc. biol.
^ Petersbourg HI. 2. 1894.)
5) La tti&reuline dans de diagnostie de la iuber-
■N^M bovine; par Nocard. (Oaz. de Par. LXVI. 49.
)eo. 7. 1895.)
6) Sur la propagation de la ttibereuloee du hoeuf
ttr Im matiires ßeales; par Cadeac et Bournay.
Lyon med. XXVIL 48. 1895.)
Wir haben bereits wiederholt über französische
irbeiteu berichtet, die sich mit den Untersekieden
vtackat» der Tuberkuloee der Säugethiere und der
br Vögel beschäftigten. Leray (1) hat einige
Kaninchen mit dieser, andere mit jener Tuber-
kiüose geimpft und b^chreibt ausführlich die da-
nach in Leber Milz und Lungen eintretenden patho-
logisch-anatomischen Veränderungen. In den Lun-
gen bildet die Säugethiertuberkulose zahlreiche
Knoten mit verkäster Mitte, umgeben von epithe-
lioiden Zellen und Lymphocyten ; die benachbarten
Alveolen sind entzündlich infiltrirt, die Gapillaren
erweitert ; die Knoten enthalten in den abgestor-
benen Theilen zahlreiche Bacillen meist frei, ohne
bestimmte Anordnung hier und da in Leukocyten
eingeschlossen. Die Vogeltuberkulose bildet nur,
selten Knoten, die aus grossen Zellen mit hellem
Kerne und einzelnen Lymphocyten zusammengesetzt
sind ; die benachbarten Alveolen sind meist ganz
frei, die Capillaren unverändert; Bacillen finden
sich nur in Zellen eingeschlossen, stellenweise sehr
zahlreich und in eigenthümlicher kranzförmiger
Anordnung.
In dem Falle, über den Johne und Fro-
thingham (2) aus der thierärztlichen Hochschule
in Dresden berichten, fand sich bei einem Rinde
eine ganz eigenthümliche Form der Darmtuber-
128
lY. Pharmakologie und Toxikologie.
carbonat in gleichmSssigen (hbea zeigt die Zu-
nähme der Aetherschwefelsäuren auf Kosten der
Sulphatsohwefelafture eine constante GMese. Der
grOsste Theil des Ghiajacols verlflsst den Körper
in Form der Aetherschwefelsäuren, beim reinen
Quajacol (in therapeutischen Gaben) etwa zu 50®/o,
vom Guajaool des Carbonates 22 — 66 Vo* Die Aus-
nutzung des Guajaoolcarbonates ist desto besser,
in je kleineren Dosen und je häufiger es verab-
reicht wird. Es erklärt sich dies dadurch, dass
grössere Dosen dieDarmfäulniss, die die Zerlegung
des Carbonates vermittelt, beschränken. Von dem
nicht als Aetherschwefelsäure ausgeschiedenen
Guajacol wird ein grosser Theil als gepaarte Glyk-
uronsäure ausgeschieden. Brenzcatechin wird selbst
nach sehr grossen Guajacolgaben nicht gebildet
Y. Lehmann (Berlin).
230. De Tabflorptfon de raoide ealicylique
parle peau; par G. Linossier et M. Lannois.
(Lyon mM. XXVn. 25. 1895.)
Nach L. u. L. tritt bei der Salicylsaure schon
unterhalb der normalen Blutwärme eine deutlich
nachweisbare Verflüchtigung ein. Hatten sie näm-
lich unter einer Glocke etwas Salicylsaure über
eine Alkalilösung gebracht, so konnte man nach
Verlauf einiger Stunden und bei gewöhnlicher
Temperatur keine Säure in der Lösung auffinden,
doch konnte man sich von deren Vorhandensein
in der Lösung überzeugen, wenn man die Glocke
einige Stunden hindurch bei einer Temperatur von
35^ gehalten hatte; in solchem Falle nahm ein
mit Eisenchlorid getränktes, unter der Salicylsaure
befindliches Papier die charakteristische violette
Färbung an, mochte die Salicylsaure in Wasser
oder Alkohol gelöst, oder mit Fett oder Vaselin
verrieben gewesen sein. Da dieses Verhalten der
Salicylsaure von Wichtigkeit zur Erklärung ihrer
therapeutischen Wirkung bei äusserer Anwendimg
sein konnte, so stellten L. u. L. Versuche an
einigen Kranken (Aorteninsufficienz) in der Weise
an, dass sie den einen Vorderarm mit einer luft-
dichten, muffartigen Hülle umschlossen, die so
eingerichtet war, dass das Salicylsäurepräparat auf
keine Weise mit dem Arm in unmittelbare Be-
rührung kommen konnte. Der erste, 24 Stunden
währende Versuch, für den die Hülle mit 50 ocm
einer gesättigten alkoholischen Salicylsäurelösung
getränkt worden war, verlief negativ, wohl, wie
sich später ergab, deshalb, weil der Kr. bei kalter
äusserer Temperatur umhergegangen war. Bei
einem zweiten, in gleicher Weise wie der erste
angestellten Versuche jedoch, bei dem die Salicyl-
säurelösung nur noch durch 50 com Alkohol ver-
dünnt worden war, während dessen aber der Kr.
(Aorteninsufficienz mit Rheumatismus) im Bett
gelegen hatte und der Arm warm gehalten worden
war, zeigte nach 24stündiger Dauer der Harn nach
Ausziehen durch Aether deutliche Spuren von
Salicylsaure. Ein gleiches Ergebniss, nur etwas
weniger hervortretend, hatte ein anderer Venacb,
bei dem die Salicylsaure, in Vaselin (10 : 40) ein-
gehüllt, angewendet worden war.
L. u. L. schliessen aus ihren Versuchen, daas
die Salicylsaure von der Haut aus wenigsteDS
theilweise in Dunstform aufgenommen und dass
die Au&iahmefähigkeit dieser Säure durch die
bekannte keratolytische Wirkung des Mittels noch
verstärkt wird. 0. Naumann (Leipzig).
231. Contribuüon a Petnde de Paetion
phyaiologiqae dea ohlorhydratea dliydxastin
etd'hydrastiiiine; par leDr. J. De Vos. (Piease
mM. XLVn. 33. 1895.)
D e V. stellte eine Anzahl von Versuchen mit
den Präparaten der Hydrastis oanad^isis an und
kam hierbei zu folgenden Ergebnissen: 1) Ent-
gegen den an Fröschen gemachten Beobaditungen
findet bei Säugethieren nach Genuas vonHydrastin
oder Hydrastinin eine Acoumulation der Wirkung
nicht statt 2) Im Gegentheil zeigen diese Thiere
eine Gewöhnung an die Stoffe. 3) WederHydrastin,
noch Hydrastinin sind Emmenagoga. 4) Die Thiere,
denen man täglich medidnische Gaben dieser
Stoffe reicht, nehmen die gleiche Menge Futter
und mit gewöhnlicher Schnelligkeit zu sich und
es werden Appetit und Verdauung in keiner nach-
theiligen Weise beeinflusst 5) Die Stühle behalten
während solcher arzeneilichen Behandlung ihren
normalen Charakter, doch werden sie etwas blasser;
eine reizende Wirkung auf die Magen-DanascUeim-
haut findet nicht statt 6) Die Zusammensetzung
des Harns bleibt ziemlich unverändert; Albumin-
urie tritt nicht ein. Demnach haben die fraglichen
Stoffe keine sichtliche Wirkung auf den intraorga-
nisohen Stoffwechsel, auf die Assimilation und
Desassimilation, wie dies schon das oonstant blei-
bende Körpergewicht der Thiere erkennen Hast.
7) Giftige Gkiben bewirken einigermaassen Appetit-
losigkeit, zuweilen Durchfall, keine Albaminurie,
aber eine qualitative und quantitative Veränderung
des Harns, die jedoch auf die VerdauungstOrungen
zurückzuführen ist. 8) Bei der Sektion nach diro-
nischer Vergiftung findet man nichts von Bedeu-
tung : keine Entartung, keine Veränderung in den
Nieren oder sonst wo, selbst keine Abschuppung
der Hagen-Darmschleimhaut, nur eine leichte Con-
gestion der Baucheingeweide.
Zur Erklärung der Wirkung der Hydrastis hat
man wohl mit Recht eine Zusammenziehung der
Gefässe, die sie veranlasst und die auch ihre Wir-
kung auf andere als uterine Blutungen (Ettmate-
mesis, Epistaxis u. & w.), sowie die nachgewiesene
Erhöhung des Blutdruckes erklSien würde, anzu-
nehmen; ausserdem ist nach De V. und anderen
Beobachtern der Hydrastis eine allgemeine tonisi-
rende Wirkung, besonders auch in Bezug auf die
Verdauungsorgane, nicht abzuspredien.
' 0. Naumann (Leipzig).
y. Neuropaihologie und Psychiatrie.
129
232. sende experime&tale de Taetion de
la apartiine et de roiKysparteine dana Tan*
eatheaie ohlorof ormique ; par P. Langlois et
G. Hanrange. (Arch. de PhysioL XXVII. 4.
p. 892. 1895.)
Anf Onind von Yersachen an Thieren nnd
Menschen, empfehlen L. o. M. ^/^ — 1 Stande vor
Beginn der Chloroformnarkose 3 — 4eg Oxyspar-
tein nnd 1 cg Morphin zn injiciren. Man soll so
eine rasch eintretende Narkose mit sehr geringem
Chloroformrerbrauch erhalten, bei der die Herz-
bewegnngen regelmftssig bleiben, selbst wenn die
Atiimung ganz oberflftchlioh wird.
V. Lehmann (Berlin).
233. Wird Plambnm aoetioum mit der
mioh aoflgeachieden und geht daaaelbe in ao
groaeen Mengen in die KUoh über, daaa leta-
tere geanndheltaach&dlloh wirdP von Dr. Baum
nnd Dr. Seliger. (Arch. f. wissensch. u. prakt
Thierhkde. XXI. 4 u. 5. 1895.)
Der Uebergang des Bleies in die Milch war
bisher wenig (aber nicht wie B. u. S. zu glauben
seheinen, gar nichtX untersucht B. u. S. experi-
mentirten an einer Kuh und an einer Zi^ge. Sie
kommen zu dem Resultat, dass das Blei, dem
ThierkOrper in kleinen Mengen zugeführt, auch
mit der Milch, nach 2 — 3 Tagen, ausgeschieden
wird. Die ausgeschiedene Menge betrug 0.0009
bis 0.002®/o der eingegebenen Tagesmenge. Auch
wenn die Bleidarreichung einige Tage ausgesetzt
wurde, war der Bleigehalt der Milch derselbe. Die
Milch von diesen Thieren, die chronisch Blei auf-
nehmen, schadet beim Qenusse anderen Thieren,
auch S&uglingen, nicht Während bei der Ziege
eine 14 Tage lang wiederholte tägliche Öabe von
1.0 g Plumbum aceticum den Tod herbeiführte,
vertrug die Euh längere Zeit hindurch eine täg-
liche Dosis von 10 — 15 g ohne StSrung des Allge-
meinbefindens.
Das Blei wurde bei beiden Thieren, wie bereits
bekannt, in allen Organen und Sekreten gefunden.
y. Lehmann (Berlin).
234. Die Oxydation der araenigen S&ore
dnroh Organaäfte; von C. Binz. (Arch. f. ex-
perim. Pathol. u. PharmakoL XXXVI. 3 u. 4. p. 275.
1895.)
In einer früheren mit H. Schulz gemein-
schaftlich veröffentlichten Arbeit hatte B. gezeigt,
dass von der arsenigen Säure ein Theil durch
Digestion in einer lebenden Darmschlinge oder in
Berührung mit frischem Organl»ei in Arsensäure
umgewandelt wird, und umgekehrt wird von der
als solche eingeführten oder zugesetzten Arsen-
säure ein Theil zu arseniger Säure reducirt In
der vorliegenden Mittheilung beschreibt B. das von
ihm benutzte Verfahren zum sicheren qualitativen
Nachweis der entstandenen Arsensäure, femer die
Gontrolversuche und ermittelt näher die Bedin-
gungen der Umwandlung der arsenigen Säure.
Jedenfolls waren die gekochten Organe mit Lösung
von arsenigsaurem Natrium zerrieben zu der Oxy-
dationswirkung nicht mehr befähigt Waren die
Zellen des Organbreies aber durch Zerreiben in
Chloroformwasser zuerst abgetOdtet worden, so
vollzog sich die Oxydation in noch immerhin
nennenswerthem Maassstabe, was die Vermuthung
nahe legt, dass in ihr der Einfluss eines oxydiren-
den Fermentes zu erblicken sei.
Besonders stark war der Einfluss des Organ-
breies der frischen Leber auf die arsenige Säure
in schwach alkalischer Lösung, indem 25<^/o des in
das Dialysat übergegangenen Arsens als Arsensäure
vorhanden waren; schwächer als die Leber wirkten
Dünndarmsaft und Milz. H. D res er (Bonn).
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
235. UeberMorbuaBaaedowü« (VgLJahrbb.
CCXLIX. p. 139.)
E. Farn er (Beiträge zur pathologischen Ana-
tomie des Morbus Basedowii mit besonderer Be-
rücksichtigung der Struma. Virchow's Arch.
CXLni. 3. p. 509. 1896) berichtet über die ana-
tomischen Befunde, die in Bern neuerdings theils
hei Sektionen von Basedow-Leichen, theils duroh
Untersuchung der exstirpirten Struma gewonnen
worden sind.
Die Sektionsberichte enthalten nichts Beson-
deres. In 1 Falle ergab die mikroskopische Prü-
fung, dass das vermehrte Pigment hauptsächlich
in den tieferen Schichten der Epidermis sitzt, nur
einzelne Körnchen im Corium liegen. VergrGsse-
rung der Lymphdrüsen wurde 3mal gefunden.
Qenau berichtet F. über die Veränderungen der
Eierstöcke der einen Leiche. Die untersuchten
Nerven (Armnerven, Vagus) waren normal. In
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
Qehim und Rückenmark wurde nichts Wesentlichea
gefunden, nur einmal kleine frische Blutungen in
der Oblongata und im Mittelhirn.
Die Hauptsache ist die Beschreibung der Stru-
men. F. unterscheidet verschiedene Gruppen.
Um diffuse Struma handelt es sich 8mal, um kno-
tige Struma 2mal. unter jenen 8 waren wieder
3 Formen anzunehmen. Drei Strumen standen
der normalen Schilddrüse und auch der Struma
colloides am nächsten : schmale Stromabalken inner-
halb der Läppchen, stärkere zwischen den Läpp-
chen, verschieden grosse, aber durchschnittlich
relativ grosse (bis 3 mm), mit Colloid gefOUte
Alveolen, in den breiteren Septis colloide Streifen.
Wegen der sehr genauen Beschreibung der einzel-
nen Bestandtheile muss auf das Original verwiesen
werden. Vier Strumen hatten im Oanzen kleinere
Follikel, die zum Theil länglich waren, cylindrisches
Epithel enthielten, von blassem Colloid erfüllt
17
130
y. Neuropathologie und PqrchiAtrie.
waren. Im Gegensätze zu dem sp&rlichen Colloid
in den Follikeln stand die unverhUtnissmässig
grosse Menge davon in den Lymphgefässen. Eine
Struma zeichnete sich dadurch aus, dass sie ausser
den coUoidhaltigen Follikeln solide Zellenmassen
von rundlicher oder strangförmigerOestalt enthielt
Die beiden Strumae nodosae boten natürlich je
nach dem Orte viel wechselndere Bilder, stark ver-
grösserte und comprimirte Läppchen, Colloid-An-
häufungen, solide Zellenstränge , colloidhaltige
Bindegewebeetreifen und Anderes.
Die erste Oruppe F.'s bietet nach dem Yf. „das
Bild der Hypersekretion'^ Bei der 2. Gruppe
handle es sidi offenbar sowohl um eine qualitative,
als um eine quantitative Veränderung der Sekre-
tion. In der Hauptsache sei bei Morbus Basedowii
die Schilddrüsenthätigkeit gleichzeitig gesteigert
und krankhaft verändert.
Eine Beziehung zwischen den Verschieden-
heiten der Struma und dem klinischen Bilde liess
sich nicht erkennen.
Gegen Benaut erwähnt F., dass die intra-
lobulftren Lymphgefässe auf jeden Fall zum Theil
vorhanden seien und dass er wesentliche Unter-
schiede zwischen den peripherischen und den cen-
tralen Bläschen nidit gefunden habe.
Der Arbeit ist eine Tafel mit farbigen Ab«
bildungen beigegeben.
R von Hoesslin (Neues zur Pathologie des
Morbus Basedowii. Munchn.med.Wchnschr.XLni.
2. 1896) sind bei einem Basedow-Kranken 5 Sachen
aufgefollen, nämlich 1) rhythmische Schwankungen
der Pulsfrequenz, 2) paroxysmale Tachykardie,
3) Schwankungen der HerzgrGsse, 4) Beziehungen
zwischen der Struma und den tachykardisdien An-
fällen, 5) Leucoplacia linguae.
ad 1) Je rasoher der Puls war, um so mehr über-
stieg die Frequenz am Morgen die am Abend.
ad 2) Die Anfälle dauerten Stunden bis Wochen.
Der Puls stieg plötzlich etwa von 130 auf 230, dabei trat
Angst ein. Der Anfall hörte eben so plötzlich auf^ «mit
einem Ruck, der dem Kranken auch in Form einer un-
geheuer heftigen Herzoontraktion zum Bewusstsein kam*^.
ad 3) Es trat allmählich eine beträchtliche Ver-
gröBserung des Herzens mit systolischen Geräuschen ein
und sie nsJim mit den übrigen Symptomen wieder ab, so
dass schliesslich die Herzdämpfung normal wurde und
die Oeräusche verschwanden. Bei tachykardischen An-
fällen wurde das Herz grösser.
ad 4) Je schwerer und länger der tachykardische
Anfall war, um so kleiner wurde die Struma.
ad 5) Je schlechter der Zustand des Er. war, um so
deutlicher trat dieLeukoplaoie auf, mit der fortschreiten-
den Besserung verschwand sie ganz.
Bei der 6jähr. Behandlung schien die vegetarianische
Kost von günstigem Einflüsse zu sein. Bei den Anfällen
bewährten sich mehrfache Clysmata mit 20— -30 Tropfen
Tinct. Opü simpliois.
Bouchaud (Goitre exophthalmique et tremblement
hereditaire. Joiu'n. des sc. med. de l2lle Dec. 7. 1895.
Hef. in Gaz. hebd. XLIH. 12. 1896) sah bei einer 35jähr.
Kranken Struma, Herzklopfen, Zittern der Hände, Er-
scheinungen, die seit der Jugend bestanden. Da das
Zittern auf die Hände beschränkt war tmd da eine
Schwester es auch hatte, meint B., es handle sich um
hereditäres Zittern,
Etwas wunderlich ist eine Beobaditung A r t h u r
Foxwell's (A oase of ezophthalmic gottre. Brit
med. Joum. Jan. 18. 1896. p. 144).
Eine 41jähr. Frau, die seit ^U Jahre am Morbus
Basedowii Utt, ging an unstillbarem Erbrechen zu Gnmde.
Man fand Verhärtung des Wurmes im Eleinhiin
(the vermiform process of the cerebellum had undergone
fibrous change), partielle Erweichung und Sklerose der
Thalami optici, Sklerose des 4. Ventruels, die die Kerne
des zarten Stranges und des Keilstranges, sowie die des
Vagus ergriffen mitte.
Norman J. M'Kie (Thymus treatment of exoph-
thaimic goitre. Brit. med. Journ. March 14. 1896) uh
bei einer SSjähr. Lehrerin mit Morbus Basedowii sehr
gute Wirkung der Thymus-Tabletten. Als diese aus-
gesetzt wurden, nahm der Exophthalmus gleich wieder
zu ; dem neuerlichen Gebrauche folgte wieder Besserung.
Rob. T. Edes (Exophthalmic goitre treated with
animal extracts, and especially extract of thymns.
Boston med. and surg. Joum. GXXXIV. 4; Jan. 23. 1896)
behandelte eine Basedow-Kranke erfol^os mitThyreoidiu
und dann mit Nudein (Milz-Extrakt), während Thymoa-
Extnüct Besserung herbeizuführen schien.
E. Mattiesen (Ein Beitrag zur Pathologie
u. s. w. des Morbus Basedowii. Inaug.-Diss. Erlan-
gen 1896) berichtet über 2 Operationen bei Morbus
Basedowii, denen der Tod folgte.
I. Einem 22jfihr. Mädchen, bei dem seit einigen
Monaten der Morbus Basedowii ohne bekannte Ursache
aufgetreten war und dessen Schwester an der gleichen
Krankheit leiden sdlte, wurden von Hein ecke ein
medialer Kropfknoten xmd die rechte Hälfte der Struma
weggenommen. Während der Narkose wurde der Pols
ruhiger. Danach traten Erbrechen und Pulsbeschleu-
nigun^ ein. In der Nacht ausserordentliche Unruhe,
stürmische Herzthätigkeit, Tod.
Man fand „katan-halische Pneumonie*^, eine grosse
Thymus. Die Acini der Struma waren ausgedehnt durch
glasiges Colloid, zwischen ihnen lagen Haufen von Zellen,
n. Eine I8jähr. Magd, die aus einer Kropfgegend
stammte und bei der der Morbus Basedowii sich <ulmäh-
lioh entwickelt hatte, wurde operirt, als sie durch die
Krankheit schon sehr geschwächt war. Wegen des
schlechten Pulses sah man von der Narkose ab. Nach
der Resektion des rechten Lappens (bei geringer Blutung)
grosse HiniäUigkeit und V/t Stunden später Tod.
Orosse Thymus. Vergrösserte Lymphdrüsen. An
den übrigen Organen keine Veränderungen von beson-
derem Interesse. Die Struma war derb^ blutarm, von
dicken Bindegewebewänden durchzogen. An manchen
Stellen zeigte das Mikroskop das Bild der Hyperplasie,
an anderen sah man zapfenformige, hirschgeweihähnliche
Neubildungen, die hohes Gylmderepithel trugen und
deren Lumen von krümeligem Inhalte erfüllt war.
In einem S.Falle war der Erfolg der Operation
sehr gut
Eine 22jähr. Magd, bei der sich allmählich der Mor-
bus Basedowii entwickelt hatte, hatte ausser anderon
Symptomen geschwollene Lymphdrüsen am Halse, An-
fälle von Dyspnoe (110 Athemzüge in der Minute). Tetanie-
Anfalle. Nach langer Beobachtung wurde ^e Strum-
ektomie ausgeführt. Nach der Operation collabirte die
Kr. und schien einen Tag lang in Lebensgefahr zu sein.
Dann erholte sie sich; Zittern, Schwitzen, Athemnoth
hörten auf, das Herz wurde ruhiger, das Körpergewicht
nahm zu, die Pat. fühlte sich wohl. Nach einem Jahre
bestand nur noch etwas Exophthalmus.
M. stellt die bisherigen Operationen (117) zu-
sammen, findet 52 Heilungen, 87 Besserungen,
21 Misserfolga
H. Stabe 1 (Zuir Schilddrüsen therapie. BerL
y . Neuropaihologie und Psyohiatrie.
131
Uin. Wchnschr. XXXIII. 5. 1896), dei' über die
Erfahrungen in ▼. Bergmann's Klinik berichtet,
erzählt, dass 3 Basedow-Eranke mit frischer Schild-
drflse bdiandelt wurden.
,iZwei davon blieben nach kürzester Zeit aus, weil
sich bei einer hochgradigen Steigerang der Pulsfrequenz
die nervösen Erscheinungen in hohem ICaasse vermehr-
ten. Die eine von diesen Patientinnen bekam unter voll-
sündiger Prostration 8 Tage anhaltendes Erbrechen ; fast
ebenso starke nervöse ZuföUe traten auf, als 3 Monate
später ein Versuch mit Thyreoidintabletten gemacht
wurde. Die andere Patientin suchte in ihrer Verzweif-
lung die Eünik des Herrn Prof. Mikulicz auf, wo sie
mit Thymusdrüsen gefüttert wurde^ bis eine hochgradige
Psychose bei ihr auftrat, mit Wahnideen geschlechtlichen
Inhaltes xmd starken maniakalischen AnflQlen, so dass
sie nach Berlin zurückbefördert werden musste. Die
3. Patientin erhielt 3 Monate lang nur sehr kleine Dosen ;
ausser einer Steigerung der Pulsfrequenz schon bei 3 und
4 g Brnsensubstanz wöchentlich zweimal konnte keine
Aenderung beobachtet werden, obwohl sie subjektiv
Besserung der nervösen Beschwerden angab.**
Mit Tabletten wurden 7 Baaedow-Eranke be-
handelt ,;3elbet bei den frühesten Stadien (3 Fälle)
war nicht der geringste Heilerfolg zu bemerken,
hei allen trat eine deutliche, zumTheilhodigradige
und beängstigende Polsbeschleunigung ein bis auf
160, bei den älteren ausgesproohenen Fällen mit
hochgradigem Exophthalmus eher eine Steigerung,
wie eine Abnahme der nervOsen Erscheinungen.
Der Exophthalmus liess nicht nach und gerade die
Stroma bei Basedow verhielt sich auffallend neutral
gegen das Thyreoidin/'
S t. erzählt am Schlüsse die Geschichte einer
50jAhr. Kranken, die mit Struma, Herzklopfen und
Eurzathmigkeit erkrankt war, bei der die Unter-
suchung eine Basedow-Struma, im üebrigen aber
die Symptome des Myxödems nachwies, die
durch Schilddrüsenbehandlung wesentlich gebessert
wnide.
In der Verhandlung über Stabel's Yortrag
berichteten auch Andere von schlechten Erfolgen
der Schilddrfisenbehandlung bei Morbus Basedowii.
Ewald hat „nur negative Besultate*' gehabt In
einem Falle schien Besserung eingetreten zu sein,
als aber der Morbus Basedowii sich wieder ver-
schlimmerte, waren die Tabletten ganz erfolglos.
K betont mit Becht, dass zuweilen die Diagnose
zwischen Morbus Basedowii und gewöhnlichem
Kröpfe schwer sei.
Hendel hat 10 Basedow- Kranke mit Tabletten
behandelt, niemals trat Besserung ein, mehrmals
musste die Behandlung wegen Steigerung der
Palpitationen und der Abmagerung abgebrochen
werden.
Senator hat ebenfalls keine Besserung er-
zielt, schlimme Wirkungen aber auch nicht; dies
▼ieUeicht deshalb, weil die Behandlung vorher
unterbrochen wurde. Einmal trat Olykosurie nach
dem Thyreoidingebrauche ein.
Später berichtete Silex (Berl. klin. Wchnsohr.
inrYTn. a. p. 130. 1896) im Gegensätze zu den
erwähnten Autoren über einen Fall von an Heilung
grenzender Besserung des Morbus Basedowii durch
Thyreoidintabletten.
Einer 40jähr. Kr. mit sohwerem Morbus Basedowii
waren 120 Tabletten geschenkt worden. Sie nahm täg-
lich 6 davon ein und Stroma, Exophthalmus, Zittern,
Palpitationen nahmen ab. Das Ranschen in der Schild-
drüse verschwand. Die Er. wmrde wieder arbeitfiUug.
Jabonlay (La regeneration du goitre extirpe dans
la maladie de äisedow et la section da sympathique cer-
vical dans cetto maladie. Lyon med. XXVUI. 12;
Mars 22. 1896) hat bei einer Basedow-Kranken 5 Kropf-
operationen gemacht: wiederholte Ezothyreopexie, Resek-
tion erst des rechten, dann des linken Lappens. Jedes-
mal trat Besserung ein, aber nach einigen Monaten kehr-
ten die Symptome zurück und zugleich vergrösserte sich
der Kropf, l^z. der Drüsenrest wieder. Ziüetzt war der
Isthmus zu einem orangengrossen Kröpfe geworden.
J. durchschnitt nun den Halssympathicus zwischen dem
oberen und dem mittleren Ganglion [auf beiden Seiten ?].
Auch dieser Operation folgte Besserung, Exophthalmus,
Herzklopfen, Zittern nahmen ab. Nach 4 Wochen traten
die letzteren 2 Symptome wieder auf und der &opf
wuchs. Mob ins.
236. Zur klinisohen Bedeatung der spini-
len Punktion; von P.Fürbringer. (BerL klin.
Wchnsohr. XXXII. 13. 1896.)
Nach einer kurzen üebersicht über die Erfah-
rungen anderer Autoren mit der Lumbalpunktion,
die in therapeutischer Hinsicht ganz absprechend,
nur in diagnostischer Beziehung etwas zuversicht-
licher lauten, legt F. das Ergebniss seiner eigenen,
an 86 Kranken mit mehr als hundert Punktionen
gesammelten Erfahrungen dar. Auch er stellt die
diagnostische Bedeutung der Operation obenan,
Tomehmlich in Beziehung auf den Nachweis von
Tuberkelbaoillen und EiterkGrperchen, ebenso von
Blut, als Beweis des Durohbruohs von Hftmor^
rhagien in die YentrikeL Den therapeutischen
Nutze^ sdiUgt auch er gering an.
E.Hüfl er (Chemnitz).
237. Zur Diagnose der Meningitis; von Prof.
Lichtheim. (Berl. kUn. Wchnsohr. XXZIL 13.
1895.)
Oanz abgesehen von dem therapeutischen
Werthe, über den man zweifelhaft sein kann, hat
die Q u i n c k e 'sehe Punktion des Subarachnoideal-
raumes grosses diagnostisches Interesse, und 2war
für die Feststellung der eitrigen Meningitis. Da
die Communikation der Subarachnoidealräume den
Austausch der Entzündungserr^er vermittelt, so
giebt es rein spinale oder rein cerebrale Menin«
gitiden nicht. Man kann also Himabscess, Sinus-
thrombose, Meningitis allein durch die Punktion
des Wirbelkanals aus einander halten. Das posi-
tive Ergebniss ist unbedingt sicher ; der Werth der
negativ ausgefallenen Punktion ist etwas einzu-
schränken, indem in einem besonders schnell ver-
laufenden Falle von traumatischer Meningitis die
Infektion der Cerebrospinalflüssigkeit ausblieb;
freilidi zeigte sie doch IMbung durch polynudeäre
Leukocyten. Auch bei tuberkulöser Meningitis
zeigte die Punktionsflüssigkeit, die fast immer klar
war, stets Tuberkelbaoillen und ee Uess sioh in einem
132
Y. NeuTopathologie und PsydiiAtrie.
Falle durch ihren Nachweis die Heilbarkeit der
tuberkulösen Meningitis sicherstellen. Die Bacillen
sind sehr sp&rlioh ; am ehesten findet man sie noch
in den sich bildenden fibrinösen Gerinnseln der
Fttnktionsfifissigkeit. Diese Gerinnsel bilden sich
stets in der Punktionsflüssigkeit eitriger und tuber-
kulöser Meningitiden, während sie bei Abscessen
und Tumoren fast stets fehlen. Irgend welche
Gefahr besteht bei der Punktion nicht, nur muss
man sich hüten, den anf&nglich bestehenden posi-
tiven Druck bis auf 0 sinken zu lassen, da die
plötzliche Himdrucksohwankung doch üble Zufälle
zur Folge haben kann. E. Hüfler (Chemnitz).
238. Bin Fall von primärer BnoephalitU
aonta multiplex anter dem Bilde der Menia-
gitlB aonta verlanfend; von Prof. R. y. Jaksch.
(Prager med. Wchnschr. XX. 40. 1895.)
y. J.'s Fall war unter dem Bilde einer akuten
Meningitis verlaufen; es handelte sich aber um
eine akute hämorrhagische Encephalitis, wie sie
von Strümpell besdirieben worden ist v.J.
schlägt vor, derartige Fälle, die er den von Oppen-
heim erwähnten langsamer verlaufenden nicht
gleichstellen möchte, als Encephalitis haemorrhagica
multiplex acutissima zu bezeichnen. Differential-
diagnostisch käme nach v. J. hauptsächlich der
Nachweis des Peptons im Urin in Betracht, das bei
eitriger Meningitis sich immer findet
E. Hüfler (Chemnitz).
239. Three caeee of Friedreioh'e dieeeae,
heredltsry atezy, aeeoeiated with genetoaa
idiocy; by J. Nolan. (Dubl. Joum. of med. Sa
3. S. CCLXXXI. p. 869. 1895.)
Der Vater der 3 Krankea war von Jugend an ein
Trankenbold, die Matter gesxmd. 8 Geschwister, i davon,
die das Thema der Arbeit bilden, waren ataktisch; 2 star-
ben an Scharlach, waren aber vorher gesund, die 3 anderen
waren körperlich and geistig normal. Bei 3 Kindern
wurde die Krankheit fast unmittelbar nach der Geburt
bemerkt.
1) Elisabeth M., zur Zeit der Beobachtung 22 Jahre
alt. Idiotisoher Gesichtsausdruck. Strabismus oonverg.
und Nystagmus horizontaUs leichten Grades ; die Bulbi
konnten in keiner Richtung ruhig fizirt werden. Vor dem
Sprechen ausgeprägte fibrilläi-e Contraktionen der Ge-
sichtsmuskeln, die Sprache selbst war gestossen, holperig,
die Aussprache sehr unvollkommen. Die Schilddrüse
fleichmässig in geringem Grade vergrössert. Die Sensi-
iÜt&t an einigen Stellen der Beine und am Bumpfe
sehr herabgesetzt. Die mittlere Brustwirbelsäule auf
Druck empfindlich, Skoliosis der unteren Brust- xmd
oberen Lendenwirbelsänle mit Convexität nach rechts.
Sexuelle ünentwickeltheit: rudimentäre Brüste, keine
Pubes, äussere Genitalien unentwickelt, noch keine Men-
struation. An den Armen fortwährende Unruhe, Ataxie
bei intendirten Bewegungen. Feinere Bewegungen mit
den Händen unmöglich, einzelne athetoide Bewegungen ;
Atrophie des Daumenballens und der Interossei, be-
ginnende Klauenhand. Aufrechte Haltung ohne Unter-
stützung unmöglich. Der ataktische Gang erfolgte im
Zickzack, Kopf und Rumpf wurden dabei nach vorwärts
gebeugt und die Hände ausgestreckt. Bomberg's Zeichen.
Die Kniereflexe fehlten Miderseits vollkonunen. Tro-
phische Störungen in Form von livider Färbung und
Kälte an den Füssen.
2) Robert M., 15 Jahre zur Zeit der Beobachton^
sehr idiotisch, leicht geneigt zum Lachen. Leichter Sti»-
bismus; coordinirte Bulbusbewegungen konnten nicht
lange ausgeführt werden, die Ataxie trat beim Fixiren
sofort ein. Sehr starke fibriUäre Zuckungen der Mund-,
Lippen- und Zungenmuskeln vor dem Sprechen, scan-
dirende Sprache, unvoUkommene Artikulation. Weicher
Gaumen sehr sdUafif. Sehr bedeutende Vergrössemn^ der
Schilddrüse, starke Gefässgeräusche darüber; Schwitun
an Händen und Füssen, ijn ganzen Körper herdförmige
Analgesien, an den Gliedern mehr als am Rumpfe. Sexoal-
system normal entwickelt, aber ohne Trieb. An den
Armen starke Ataxie. Atrophie der Handmuskeln, athe-
toide Bewegungen der Finger. An den Beinen so starke
Ataxie, dass eine aktive Bewegonff nicht gemacht werden
konnte. Aufrechtstehen ohne Emlfe unmöglich. Gaag
sehr ataktisoh, starkes Romberg'sches Zeichen. Knie-
reflexe erhöht, leiohter Fussclonus.
3) Thomas IL, 10 Jahre alt, mit idiotischem Gesichts-
ausdruoke, Strabismus, Nystagmus, Unmöglichkeit, mit
den Bulbis coordinirte Bewegungen auszuführen. Bei
der Sprache erschien auch eine Ataxie der Stimmbänder,
die sich durch Veränderung in der Stimmhöhe und eigen-
thümliche Geräusche kundgab. Starke Ataxie der Arme;
Hände fortwährend in Bewegung; Atrophie der Hand-
muskeln; Gang sehr ataktisoh, starkes Romberg'scbes
Zeichen, keine Kniereflexe.
Die Eieenthümlichkeit der 3 mitgetheilten Fälle be-
ruht vor Allem in der Verbindung der Ataxie und der
sonstigen Symptome der Friedreich'schen Krankheit mit
der Iiüotie. M. weist darauf hin, dass diese möglicher
Weise auf einer cerebrospinalen GliomatosiB bwahea
könne. Windscheid (Leipzig).
240. Oerebrale Biplegie der Sünder, Fried-
reidh'tohe Krankheit und multiple Skleroaa;
von Dr. Wilhelm König in Dalldorf. (BerL
klin. Wohnschr. XXXTT, 33. 1896.)
Es handelt sich um einen 7 Vijähr. Knaben, der wohl
schon von Geburt an nicht normal war; wenigstens wurde
er schon in seinem 2. Jahre als Idiot bezeichnet Die
einzige noch am Leben befindliche Schwester war ge-
sund; hereditäre Belastung lag nicht vor. Die Sprache
bUeb immer langsam und der Gang imsicher. Die
Untersuchung ergab nun deutliche Ataxie nnd Herab-
setzung der Kraft in den Beinen, beeondeis rechts. Die
Reflexe waren vorhanden, Sensibilitätstörungea fehKan.
Die Arme boten ähnliche, jedoch weniger ausgeaprcoheDe
Störungen dar, eine Mischform von Intentionzittem und
Ataxie, ebenso Herabsetzung der Kraft, besonders rechts.
Die Pnpillenreaktion war ungestört, auoh zei^ sich im
Gebiete des Facialis eine gewisse Ataxie. Die Sprache
war langsam, scandirend, die Artikulation verschwommen.
Da das Leiden angeboren und nicht progressiv ist,
80 kann es sich wohl um Friedreich*sche Krankheit nidit
handeln. Da die Geburt der Kinder sehr protrahirt war,
so käme dies vielleicht ätiologisch in Betracht, und zwar
für die Annahme der cerebralen Diparese, derXittie'schen
Krankheit Li der That kommen alle oben angeführten
Symptome manchmal bei dieser Krankheit vor, wenn
auch selten; so die Störungen der Sprache und der Goor-
dination. Anatomisch würde man am ehesten an eise
zu beiden Seiten der Medianspalte lokalisirte Meningeal-
hämorrhagie, die zu sekundärer Sklerose oder Cystaa'
bildung geführt haben könnte, denken müssen. Vielleicht
darf man auch einen ähnlichen Prooess der beobachteten
Ataxie wegen über dem Kleinhirne vermuthen.
£. Hüfler (Chemnitz).
241. De llnfluenoe etiologique de l'heredo-
■ypbilii eur la sidäroae en plaqaea dhes lea
eniiants; par le Dr. Moncorvo. (Revue mens,
des mal de l'Enf. Sept 1895.)
Y. Neuropathologiö und Psychiatrie.
133
M. weist darauf hin, dass die angeborene
Syphilis zu Veränderungen im Centralnerven-
system, zu multipler Sklerose fOhren kann. Er
Agt seinen Mheren Beobachtungen 3 neue hinzu.
Unger, Nolda, Westphal haben multiple
Sklerose nach AUauf verschiedener Infektions-
krankheiten beobachtet. Pierre Marie legt der
Syphilis keine Bedeutung bei der Entstehung der
multiplen Sklerose beL H ad den hat dargelegt,
dasa die Eklampsie sicher zuweilen sich auf syphi-
litischer Qrundlage entwickelt, ebenso wie gewisse
Formen von Basilarmeningitis, von angeborener
Hemiplegie. Erlenmey er erkennt Beziehungen
der Syphilis zur cerebralen EinderUhmung an.
Brückner (Dresden).
242. Cur Symptomatologie der Kleinhirn-
«rknuürangen ; von Dr.W.Friedeberg. (Berl.
klin. Wchnschr. XXXTT. 33. 1895.)
Gana kurz berichtet F. sunflolist über die Resul-
tate Luciani's, denen zu Folge das Kleinhirn als
ein in seiner Funktion selbst&ndiges und unabhän-
^ges Organ aufzufassen ist, dessen Ausschaltung
weder Paralyse der Sinne, noch der Bewegungen,
weder des Denkens, noch des Wollene erzeugt
Des Weiteren ist das Kleinhirn ein Organ, an dem
jeder Theil die Funktion des Qanzen besitzt, also
watdh oompensirt werden kann, wenn er ausfällt
Da bei Kleinhimausfall besonders asthenische,
atonische und astatiache Erscheinungen auftreten,
80 meint Luciani, dass das Kleinhirn auch
dreierlei Thfttigkeiten ausübe, eine sthenische, die
Kraft der NervenmuSkelapparate erhöhende, eine
tonische, die während der Funktionspausen wirkt,
und eine atatisdie, gleichsam regulirende Thätig«
keit. Endlich soll es noch trophische Wirkungen
haben. F. geht dann zur Aufzählung von 9 eigenen
Fällen mit Sektionsbefund über. Eine Analyse der
Symptome stimmt im Wesentlichen mit L u c i a n i 's
Beobachtungen überein. In 8 von den 9 Fällen
fand sich als diagnostisch werthvolles Symptom
Hinterhauptkopfsdimerz, und zwar als Initial-
fltymptom. Auch fand man sehr oft Steifigkeit
des Nackens, Erbrechen, femer Schwindelgefühl,
besonders beim Aufrichten und Oehen. Ebenso
konnte mehrmals eine eigenthümliche Abmagerung
nachgewiesen werden, eine Beobachtung, die viel-
laicht mit den trophischen Funktionen des Klein-
hirns in Zusammenhang zu bringen ist; Decubitus
trat niemals au£ Gerebellare Ataxie konnte nur
in 2 Fällen nachgewiesen werden. Zwangsbewe-
gnngen wurden nicht beobachtet, eine eigenthüm-
liche Zwangslage nur einmal In einem Falle
wurde eine zeitweise auftretende krampfartige
Handstellung beobachtet, die an die bei Pachy-
meningitis cervicalis hypertrophica erinnerte.
E. Hüf 1er (Chemnitz).
243. U^erKarkoaenlähmongen; von Fer-
dinand Krumm, (v. Yolkmann's Samml.
Uin. Vortr. N. F. 139; Chir. 38. 1895.)
K. sohliesst sich der Ansicht Büdinger's
an, dass liämlich die Plexuswurzeln, und zwar zu-
nSchst die oberen, zwischen der Vorderflfiche der
1. Bippe und der bei der Hochführung des Armes
sich um ihre L&ngsachse drehenden Clavikel ein-
geklemmt werden, und zwar besonders dann, wenn
die Plexusstftmme schon vor der Hochführung
des Armes durch Hinüberziehen des Kopfes nach
der entgegengesetzten Seite oder durch Hintenüber-
neigen stark angespannt sind, unter gewissen
Umständen ist es auch möglich, dass Einklemmung
zwischen Querfortsatz und Clavikel zu Stande
kommt. Der Druck findet statt an der Stelle, wo
der 5. und der 6. Cervikalnerv aus der Scalenus-
lücke heraustreten. Narkosenlähmungen können
aber auch dadurch zu Stande kommen, dass der Arm
an die Kante des Operationstisches gedrückt wird
oder durch sein eigenes Gewicht drückt oder durch
zu feste ümschnürung mit Schlauch oder Binde.
K. berichtet über 4 eigene Beobachtungen und be-
spricht dann genauer das Symptomenbild der Nar-
kosenlähmung. Am häufigsten ist die Lähmung
der MM. deltoidei, brachialis internus, biceps und
Bupinator longus. Es können aber auch die Mus-
keln des Schultergürtels mit betheiligt sein, ebenso
wie die übrigen Oberarmmuskeln ; so MM. triceps,
pectoralis major, latissimus dorsi, spinati, rhom-
boideus. Sind die unteren Wurzeln mit betroffen,
so treten Lähmungen des Vorderarms, der Finger-
und Handmuskulatur hinzu, die jedoch selten
schwerer Natur sind, ebenso beobachtet man Myosis,
Verengung der Lidspalte, Betraktion des Bulbus,
Abflachung der Wange durch Mitbetheiligung des
Ramus communicans aus dem 1. Dorsalnerven.
Schwerere sensible Störungen bei Betheilignng
nur der oberen Aeste sind selten, höchstens Par-
ästhesien werden beobachtet; bei tiefen, bez. totalen
Plexuslähmungen kommen Störungen im Gebiete
der Hautäste der NN. ulnaris, cutaneus brach, int,
medianus und radialis vor. Wichtig ist der Nach-
weis von Druckpunkten, so am Halse hinter der
Clavikel, und Druckschmerzhaf tigkeit der gelähmten
Muskeln, und zwar für die Unterscheidung peri-
pherischer und centraler Narkosenlähmungen. Die
elektrisdien Veränderungen sind je nach der
Schwere der Affektion verschieden stark, bald nur
quantitative, bald auch qualitative. Die ümschnü-
rungslähmungen stellen tiieils isolirte Lähmungen
der NN. radialis, ulnaris, medianus dar, theils
Mischformen. Die Prognose ist im Allgemeinen gut,
wenn auch die vollständige Heilung oft lange auf
sich warten lässt Prophylaktisch ist Hochschlagen
der Arme bei Laparotomie zu vermeiden und auf
gehörige Lagerung des Kopfes zu achten.
Viel seltener sind die centralen Narkosenlah-
mungen und es ist ihre Entstehung noch unklar.
Zunächst bietet schon die Abgrenzung dieses Be-
griffes Schwierigkeiten. Es ist wohl am richtigsten,
jede Lähmung, die im Verlaufe oder (befolge der
Narkose auftritt, also auch die typische Apoplexie
134
y. Neuropaihologie und PByofaiatrie.
als NarkoBenlAhmung zu bezeichnen, da wir LUi-
mungen durch das Narkoticum an sidi nicht kennen.
Von allen ErklArungen über das Zustandekommen
der centralen NarkosenUhmungen scheint die An-
nahme am meisten Beachtung zu verdienen, wonach
hämorrhagische, bez. ischämische Erweichungs-
herde im Oehim die Ursache sind. Möglicher
Weise kGnnte auch manchmal eine rein funktionelle
Störung, eine Art hysterischer Lähmung in Frage
kommen. Das Symptomenbild selbst bietet, wie
SU erwarten^ Hemiplegien, Hemiparesen, Sensi-
bilitatstörungen , Aphonie, Aphasie in den ver-
schiedensten Combinationen.
ELHüf 1er (Chemnitz).
244. The oonneotion of the gemmoles or
lateral buda of the eortioal neorodendron in
■ome forma of inaanity; by Berkley, (BulL
of the Johns Hopkins Hosp. April 1896.) f
B. hat in den Ganglienzellen des Oehims bei
chronischen Alkohdisten und bei Dementen, sowie
auch bei Kaninchen, denen eine vergiftende Por-
tion Alkohol zugeführt worden war, Veränderungen
an den sogen, seitlichen Zellenknospen nach-
gewiesen, indem er sich einer Färbung mit Phos-
phor-Molybdän-Silber in freier Silbemitratlösung
bedienta Die Veränderungen bestanden in einer
Verminderung der seitlichen Knospen bis zu einem
vollkommenen Verschwinden der kurzen seitlichen
Fortsätze und betrafen sowohl die grossen Pyra-
midenzellen, als auch die schmäleren und unregel-
mässigen Zellengebilda Daneben fand er immer
eine Verminderung des Protoplasma des Den-
dron.
B. knüpft an diese vorläufige Mittheilung die
HofEkiung, dass diese neu gefundenen Veränderun-
gen einen Fingerzeig für das anatomische Substrat
verschiedener Geisteskrankheiten geben werden.
Windscheid (Leipzig).
245. üeber „aenfle Epilepsie^ und daa
Orieainger'aohe Symptom der Baailarthrom-
boae; von B. Naunyn in Strassburg i. E. (Zeit-
schrift f. Hin. Med. XXVIIL 3 u.4. p.217. 1895.)
N. ist geneigt, die sogen, senile Epilepsie auf
Girkulationstörungen zu beziehen, die durch Herz-
oder Qefasserkrankungen hervorgerufen werden,
und zwar auf anämische Zustände. Es gelang
ihm auch, durch Compression beider Carotiden
ganz analoge Anfälle zu erzeugen. Er warnt nach-
drücklich vor dieser Manipulation, da sich in einem
Falle bei Bewusstlosigkeit und Athemstockung die
Einleitung der künstlichen Athmung nüthig machte.
Diagnostisch ist die Carotidenoompression nicht
zu verwerthen, da eben auch ohne Basilarthrom-
bose bei Arteriosklerose der übrigen Himgefässe
die Krämpfe eintreten können, ebenso auch bei
Herzschwäche. Für die Therapie käme haupt-
i^äohlioh Digitalis in Frage.
E. Hü f 1er (Chemnitz).
246. üeber die ImitftUoiiakrankheiten dar
Kinder; von Dr. Eoloman SzegO. (Jahrb. f.
Einderiikde. XLI. 2. p. 133. 1895.)
Die Nachahmimgssuoht ist eine Art inducirter
Psychose. Sie kommt jetzt meist in Form von
Institutsendemien zur Beobachtung, wieS. an zwei
eigenen Beobachtungen erläutert Im O^genaatze
zu der unbewussten Imitation, die eine gewisse
Disposition voraussetzt, steht die bewusste, die
Simulation, die, wie aus einer Reihe von Beispielen
hervorgeht, auch bei Kindern nicht selten ist Die
1. Form heilt am besten ab unter Isolinmg der
Kranken; bei der zweiten ist das Hauptgewicht
auf die Erlangung eines Selbstbekenntnisses vom
Kranken zu legen. Oft nicht leicht davon zu unter-
scheiden sind hysterische Erkrankungen, die einer
psychischen Behandlung bedürfen.
Brückner (Dresden).
247. Zur Fayohopathologie der ohroDiMdieii
Paranoia; von B. Sandberg. (Allg. Ztedhr. f.
Psych. LII. 3. p. 619. 1895.)
Die HypothesenWestphal's und Schüle'a
über die Entstehung der Wahnideen bei der chro-
nischen Paranoia einander gegenüberstellend, glaubt
S., dass eine oonsequenteYerwerthungderersteren
allein ausreiche zu einer natürlichen, ungezwun-
genen Orientirung über Bildung und Wesen der
Wahnideen und anderer Symptome der primären
chronischen Verrücktheit. Die von Westphal
offen gelassene Frage, was eigentlich in der Psyche
des Kranken primär verändert sei, finde ihre Be-
antwortung, wenn man mit Wernicke eine Ver-
änderung der Erinnerungsbilder oder der Elemente
annimmt, in denen die bewussten Wahrnehmungen
stattfinden und die wahrgenommenen Bilder sich
aufstapebi [!]. Den Angelpunkt der weiteren Er-
örterungen S.'s bildet die Frage, ob das Bestehen
einer pathologischen Intelligenzschwäche als Vor-
bedingung für das Zustandekommen der paranoi-
schen Wahnideen erforderlich sei. S. verneint dies :
denn, wie er sagt, nicht die ürtheilsbildung, nicht
die Association, sondern das Material derselben, die
Wahrnehmungen sind verändert, oder mit W er-
nick e 's Worten : die erforderliche Gongruenz der
Erinnerungsbilder mit den altgewohnten Ein-
drücken der Aussenwelt ist zerstört Diese Ver-
änderung bewirkt das Misstrauen, den für die
Verrücktheit charakteristischen Affekt, wie es die
Depression für Melancholie, die Euphorie für Manie
ist Die unter Anwendung der (nadi S. unge-
schwächten) Kritik auf die neuen Wahrnehmungen,
auf die pathologisch veränderten Erinnerungsbilder
zu Tage tretenden GMankenprodukte sind die Wahn-
ideen. Pathologisch verändert ist nurdiebewuaste
Wahrnehmung und daraus entwickelten sich die
Wahnideen rein psychologisch, d. h. mittels der
ungeschwächten Intelligenz, Kritik und Association«
Schliesslich merkt aber dodti S., dass mit der Kritik
etwas vor sich gegangen sein mussi und 90 kommt
Tl. Innere Hedicin.
135
er denn zu der Sohlnssfolgemng, die Kritik sei
Dicht geschwächt, sondern beeinflusst. „Die Kritik
vird gleichsam bei der Umwälzung der Dinge zum
UeberlAufer/' Man hat bei öfterem Durchlesen der
Arbeit den ISndruck, als ob S. sich hier die Be-
g;riffe Intelligenz, Kritik, Associationen unter dem
Gesichtspunkte eines schablonenhaften Denkmeoha*
niemns yorstelle, in dem beim Paranoischen die
krankhaft gemischten Erinnerungsbilder wie einst
die gesunden hin* und hergleiten, wie die Fäden
verschiedener Stoffe im Webstuhle. Dann hätte er
allerdings Recht, von dem Mangel einer Intelligenz-
nnd Kritikschwftche bei der chronischen Paranoia
zu reden. Gemeinhin verbindet man aber mit dem
Begriffe der Intelligenz und Kritik die Voraus^
Setzung des klaren, gesunden Bewusstseins und
wenn S. eine psychologische Analyse vornahm, so
muflste er auch diese psychologischen Bezeichnun-
gen in ihrer Integrität verwenden. Die Sache läuft
eben da hinaus: Im psychiatrischen Sinne weist
ein Theil der Paianoiker keine Kritikschwäche auf,
d. L im Vergleiche mit den Dementen und Imbe»
cillen, eben so wenig wie viele Melancholiker und
Kaniaci, dag^;en muss man sie im empirisch-
psychologischen Sinne als der Kritik und vor Allem
der Selbstkritik beraubt oder als hierin geschwächt
auffassen. „Zur Hauptsache kommend^' sagt S.,
das Pmictam saliens sei das fehlende Krankheits-
bewusstsein ; „die fehlende Kritik des eigenen Oe-
Vtmxusiandes hat mit einer Schwächimg der Kritik
dtt Aussenwelt nichts zu thun'^ [!]. So wird denn
Iiitik bald in diesem, bald in jenem Sinne ge-
nommen und die Darstellung dreht sich im E^reise
kemm. Die Behauptung aber, dass das Krankheits-
bewusstsein fehle, weil dasBewusstseinsorgan selbst
krank sei, ist nicht neu. Dass auf Grund der von
S. behaupteten Zufälligkeit der einzelnen Wahn-
ideen eine Eintheilung der Formen der primären
Verrücktheit nach dem Inhalte derselben, z. B. die
Krafft-Ebing'sche (religiöse, erotische u. s. w.
Paranoia) selbstverständlich unzulässig sei, möchte
Ref. noch widerlegen. Bei einem Menschen z. B.,
in dessen Gefühlsphäre religiöse Empfindungen in
gesunden Tagen eine grosse Rolle spielten, werden
im Verlaufe der krankhaften Veränderung der das
Ich ausmachenden Eigenempfindung, wenn wir uns
diese als aus Einzelgefühlen zusammengesetzt
denken, jene religiösen Empfindungen die Oberhand
behalten (während die anderen in den Hintergrund
treten), und die sich auf dieser veränderten Selbst-
empfindung aufbauenden krankhaften Schlüsse,
d. h. Wahnideen, den diesen Gefühlen im normalen
Leben congruenten Vorstellungen adäquat sein.
Nun ordnen sich aber empirisch unsere zusammen-
gesetzten Gefühle in einzelne Hauptgrnppen: reli-
giöse, politische, rechtliche, erotische; kein Wunder
also, dass nach dem Worte l'homme machine, das
S. selbst oitirt, sich in der Sphäre des Anormalen
diese Eintheilung von selbst aufdrängt Diese
Eintheilung Krafft-Ebing's bezeichnet ja auch
keine Krankheitsklassen, sondern nur Spielarten
einer Gattung; sie ist überhaupt nicht auf den
Wahninhalt des einzelnen Falles begründet, nicht
auf eine Methode, der S. die Talpo-, Mimo-, Metro-
nome- u. s. w. -Folie G u i s 1 a i n 's zur Seite stellen
zu müssen glaubt, sondern auf Elementarthatsachen
der psychologischen Empirie.
Bresler (Preiburg i. Schi.).
VI. Innere Medicin.
248. Ueber Tuberkulose. (Vgl. Jahrbücher
CCXLVn. p. 31.)
Tuberkuloae bei Thieren.
1) &ude sur la differeneioHcn afiatomo - pathoh'
9^ de la tubereuloae de Vhonwne et des mammißree
foBee la tubereulose annaire; par A. Leray. (Arch. de
Hed. exp4rim. Vn. 5. p. 636. 1895.)
2) Bin eigentkünüieher Fall van Tuberkulose heim
Sinde; von Johne u. Dr. Frothingham. (Deutsche
Ztschr. f. Thiermed. XXI. 6. p. 438. 1895.)
3) Die Verwendung des Iktberkulins in dem Kampfe
9gm die Tuberkulose des Bindfmhs ; von Prof. B. B a n g.
(««nda XXn. 1. p. 1. 1895.)
4) Sur la valeur diagnostique de la maUSine ei de
^ iubereuline; par E. Semmer. (Aroh. des sc. biol.
Bt Petersbourg m. 2. 1894.)
5) La ttsüreuline dans de diagnostie de la ivber-
f^dose bovine; par Nocard. (Gaz. de Par. LXVI. 49.
Dec. 7. 1895.)
6) Sur la propageUion de la iübereidose du boeuf
f» les maiüres fieales; par Cadeac et Bournay.
(Lyon med. XXYn. 48. 1895.)
Wir haben bereits wiederholt über französische
Arbeiten berichtet, die sich mit den Untersehiedm
>VM6feen der TkAerkulose der Säugethiere und der
itr Vögel beschäftigten. Leray (1) hat einige
Kaninchen mit dieser, andere mit jener Tuber-
kulose geimpft und beschreibt ausführlich die da-
nach in Leber Milz und Lungen eintretenden patho-
logisch-anatomischen Veränderungen. In den Lun-
gen bildet die Säugethiertuberkulose zahlreiche
Knoten mit verkäster Mitte, umgeben von epithe-
lioiden Zellen und Lymphocyten ; die benachbarten
Alveolen sind entzündlich infiltrirt, die Capillaren
erweitert ; die Knoten enthalten in den abgestor-
benen Theilen zahlreiche Bacillen meist frei, ohne
bestimmte Anordnung hier und da in Leukocyten
eingeschlossen. Die Vogeltuberkulose bildet nur.
selten Knoten, die aus grossen Zellen mit hellem
Kerne und einzelnen Lymphocyten zusammengesetzt
sind ; die benachbarten Alveolen sind meist ganz
frei, die Capillaren unverändert; Bacillen finden
sich nur in Zellen eingeschlossen, stellenweise sehr
zahlreich und in eigenthümlicher kranzförmiger
Anordnung.
In dem Falle, über den Johne und Fro-
thingham (2) aus der thierärztlichen Hochschule
in Dresden berichten, fand sich bei einem Binde
eine ganz eigenthümliche Form der Darmtuber-
138
71. Iiuiere Medidn.
kulo9$ mit ausgedehnter Infiltration ohne Qeschwüre-
bildung. J. und Fr. halten es nicht für aus-
geschlossen, dass es sich um eine Infektion
mit Hühnertnberkulose gehandelt habe. Jeden-
falls beweist auch dieser Fall, dass die Tuber-
kulose der Rinder unter ausserordentlich verschie-
denen Bildern verlaufen kann, und J. und Fr.
meinen, dass sie in jenen seltenen Fällen, in denen
angeblich eine Tuberkulinreaktion ohne Tuberkulose
auftrat, übersehen oder nicht als solche erkannt
sein dürfte. Auch in ihrem Falle war Tuberkulin-
reaktion eingetreten und makroskopisch hätte das
Darmleiden wohl kaum Jemand für tuberkulös ge-
halten.
üeber den grossen Werth des TSsberkuUns für
die frühzeitige Erkennung und damit für die J%-
kämpfung der Rinderiüberkuloee ist man sich jetzt
wohl allseitig einig. B a n g (3) schildert ausführ-
lich die einschlägigen Verhältnisse in Dänemark,
wo sich auf seine Anregung hin die Begierung der
Sache kräftig angenommen hat und wo es in der
That zu gelingen scheint, durch Femhalten der
kranken Thiere von den gesunden die weit verbrei-
tete Rindertuberkulose ganz erheblich einzuschrän-
ken. Semmer (4) und Nocard (5) führen Be-
läge für die Zuverlässigkeit des Tuberkulins an.
Nocard spritzte a. A. 2 Kühen Tuberkulin ein. Die
eine, die ihrem Aussehen and den Erscheinungen nach
Jedermann für tuberkulös halten mosste, reagirte nicht
Sektion: zahlreiche Hydatidencysten in Langen und
Leber, keine Tuberkulose. Die andere, die vollständig ge-
sund und kräftig erschien, reagirte. Sektion: miliare
Tuberkulose in den Langen und im ünterleibe.
Die Acad6mie de M§d. zu Paris hatte zur Prü-
fung des Tuberkulins als Diagnosticum der Rinder-
tuberkulose eine Commission eingesetzt, bestehend
ausdenHerrenChauveau, Leblanc, M^gnin,
Nocard, Straus, Trasbot und Weber. In
der Sitzung am 25. Febr. 1896 (Bull, de TAcad.
LX. 8. 1896) fasste der Berichterstatter sein ür-
theil dahin zusammen, dass das Tuberkulin ein
zuverlässiges und äusserst werthvoUes Mittel wäre.
Cad^ac und Bournay (6) haben Rinder
tuberkulüse Massen fressen lassen und haben dann
in den Ausleerungen virulente TuberkelbacUlen ge-
funden. Sie schliessen daraus, dass alle tuber-
kulösen Thiere, die ihren Auswurf verschlucken,
für ihre Umgebung gefährlich sind.
AUgemeines. Aetiologie, Bakteriohgie. Paiho-
logieehe Anatomie.
7) Ueber den Baeillengehalt der OesehleehtsdrOeen
und des Sperma tuberkulöser Individuen; von Dr.
A. Jäckh. (Virohow*s Arch. CXLII. 1. p. 101. 1895.)
8) L'heridite dans la tuberculoee ; par le Dr. A.-F,
P 1 i c q u e. (Gaz. des H6p. LXVIII. 133. 1895.)
9) 7%« influenee of keredity in phtkisie ; b j J. £ d -
ward Squire. (Med.-ohir. Transact of London p. 67.
1895.)
10) Ein FaU von Fütterungstuberkulose bei einem
erwachsenen Menschen, mit Ausgang in MiHartuber-
kulose; von Dr. W. Zinn. (Münchn. med. Wchnschr.
XUI. 37. 1895.)
11) Three eases of inocutaHon of tubereulosis from
iattooing; by D. W. Collings. (Biü med. Jeam.
Jone 1. 1895.)
12) Uetier Ooniusianstuberkulose; von Dr. Gg.
Becker in Grünstadt. (Ver.-Bl. d. pfäb. Aente XL
11. 12. 1895.)
13) Die traumatische Knochen'^ und Oetenktuber-
kulose in ihren Beziehungen xur Unfaüpraads ; toq Dr.
C. Kaufmann in Zürich. (Mon.-Schr. f. UnfalUikde.
U. 6. 1895.)
14) Ein FaU von Lungensehwindsuehi, dessen Ent'
siehung ursäehlieh mit einer durch Trauma hervor-
gerufenen Lohütuberkulose xusatnmenhängt ; von Dr.
A. Wagner in Mühlheim a. M. (Vjhrschr. f. gerichtl.
Med. X. 2. p. 385. 1895.)
15) Trauma und Tuberkulose ; von Dr. E. Schiffer
in Darmstadt (Ebenda X. 1. p. 29. 1895.)
16) Ueber die Beziehungen der Meningitis tuber-
eulosa XU Traumen des Sehädeis; von Dr. F. SchilÜDg
in Nnmberg. (Münchn. med. Wchnschr. TT.TT. 46. 1896.)
17) Sur Forigine hospUalihre de la phOUaie wdmxh
naire; par Jaccoud. (Bull, de TAcad. de Med. IJ[.
4—7. 1896.)
18) Beobachtungen über Tuberkulose in Oeßiig-
niesen; von Dr. Kolb. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektions-
krankh. XIX. 3. p. 484. 1895.)
19) Die Verbreitung der Lungensehwindsueht in
Wien ; von Dr. L. W i c k. (Wien. klin. Wchnachr. TIIL
29—34. 1895.)
20) Die Lungensehwindsuehi im Orossherxegthum
Baden in dem Zeiträume von 1882 bis 1891 inebisise;
von Dr. Max Wertheimer. (AerzÜ. MitthdL vos o.
far Baden XLIX. 11. 12. 1895.)
21) Ein Beitrag xur Pleomorphie der Tuberhet-
baeillen ; von Dr. H a y o B r u n s. (Gentr.-61. f. BiürterioL
u. Parasitenkde. XVII. 23. 1895. Inaug.-Din. Sdass-
burg L £. Druckerei W. Friedrich.)
22) n bacillo tubercolosi nel sangue; pel Prof.
G. Lipari e Dott G. Lodato. (La Tubercoloei ÜI.
1—2. 1895.)
23) ü^wr das Verhalten der elastischen Fasern in
tuberkulösen Lungenherden; von Dr. Hans Schmaus
in München. (VerhandL d. XUL Congr. 1 izmeie Med.
Wiesbaden 1895. J. F. Bei^gnuun. p. 374.)
24) Zur Frage der Leuhoeytose bei tuberkulösen IVo*
cessen; von Dr. Conrad Stein u. Gottfried Srb-
m a n n. (Deutsches Arch. f. klin. Med. LVI. 3 o. 4. p. 321
1895.)
25) 7%6 eondiiion of the nose in phthisiealpatients;
by J. Payson Clark. (Boston med. and s\m, JonnL*
CXXXin. 14; Oct 3. 1895.)
26) Ursächliches Verhälinüs der Lungenkatarrhe
xur baeillären Ikiberkulose; von Dr. H. Frdlioh ia
Leipzig. (Wien. med. Presse XXXVI. 50. 1895.)
27) Deua: eas de tubereulose puknonaere ekromq^
ayant debutS par un aecis d^aathme; par le Dr. L. Be-j
Don. (Meroredi med. Nr. 41. Oct 3. 1895.)
28) DSbut de la phthisie pulmonaire; par le Div
y. H a n 0 1. (Semaine med. XV. 50. 1895.)
29) Ueber die diagnostische und prognosHsehe Be^
deutung des Zahnfieischsaumes bei der Lue^gentuhtf^
kulose; von Dr. A. Andreesen in Jalta. (Peteiib«
med. Wchnschr. XX. 10. 1895.)
30) De VaXbuminurie prStuberculeuse; par le Profi
T e i s 8 i e r. (Semaine med. XVI. 2. 1896.)
31) Ueber die prognostische Bedeutmig der DioM*
Reaktion bei Phihisikem; von Dr. Max Beok. {Om
rite-Annalen XIX. p. 583. 1894.) J
32) The imporUmce of freguent obeervaitiom m
temperature in the diagnosis of ehrome tstbereuiosis
by Walter Channing. (Boston med. and surg. Jonni
CXXXin. 25 ; Dec. 19. 1895.)
33) The first Symptom of pulmonary tubereulosi
and its detection by the fever thermometer; by Charlei
Wilson Ingraham. (New York med. Reoord XLTH
18 ; May 4. 1895.)
TL Innere Mddidn.
137
34) DemonsiraHon von Entfieberungaourpen hei
ekroniseh-fieberhafler Lunffentuberhuhse ; von Dr. T u r -
ban in Davos. (Verhandl. d. XUL. Congr. f. innere Med.
Wiesbaden 1895. J. F. Bergmann, p. 372.)
35) Reeherehes mr la tubernäoae s6n4k; par Er-
nest Barie. (Bevue de Med. XV. 10. p. 793. 1895;
XVI. 1. p. 17. 1896.)
36) Signifieanöe of pleurisy, and some poUüa in
üs ireaimenl; by Egbert Le Fe vre. (New York med.
Becord XLIX. 6 ; Febr. 8. 1896.)
37) Chronic and tubercular pleurisy ; bv Alezan-
der James. (Edinb. med. Jonm. Sept. 1895. p. 201.)
38) Ueber die Bexdehtmgen xwisehen seröser Pku-
rüis und Ikiberkulose; von Prof. Hermann Eioh-
horst, (Schweizer Corr.-Bl. XXV. 13. 1895.)
39) Erfahrungen über operative Heilung der Bauch-
feüiuberkulose ; von Prof. J. Israel. (Dentsohe med.
Wohnsohr. XXII. 1. 1896.)
40) ZurKenntniss der tuberkulösen Kehlkopflumoren
hekn Menschen und Rinde; von Dr. L. Jores in Bonn.
(Centr.-Bl. f. allgem. Pathol. a. pathol. Anat. VI. 11. 1895.)
41) Spontanheilung vonLarynasgesehwüren beiTuber'
tulose ; von Dr. C o n r a d C 1 a r. (Wien. klin. Wohnschr.
X. 4. 1896.)
42) U^)er die Affektionen des Herzens mit Tuber-
kulase ; von Prof. E. L e y d e n. (Deutsche med. Woohen-
schr. XXn. 1. 2. 1896.)
43) De la tuberculose rhude primitipe; par le Dr.
A.Ponsson. (Gaz. hebd. XTiTT. 24. 1895.)
44) Lebensgefahrliche Hämaturie als erstes Zeichen
beginnender Niereniuberkulose; von Dr. A. Tranten-
roth. (Mittheil, ans d. Orenzgebieten d. Med. u. Ghir.
L 1. p. 136. 1895.)
45) Ueber seltenere Lokalisaiionen der Tuberkulose;
von Dr. Eng. Fraenkel. (Münohn. med. Wohnschr.
XLin. 2. 1896.)
[Die Frage, wie weit die Qeschlechtsprodukte
Taberknlöeer, so lange die Geschlechtsorgane selbst
nicht tuberknlös sind, tuberkelbacillenhaltig, bez.
infelctiOs sind, ist vielfach verschieden beantwortet
Der bekannten Arbeit Jani's, der in Hoden und
Sperma mikroskopisch Bacillen gefunden hatte,
liess sich entgegenhalten, dass die Bacillen ab-
gestorben gewesen sein könnten ; demgemftss musste
das Impfexperiment herangezogen werden, das
bald positive, bald negative Resultate ergab. Durch
Maffucci und Birch-Hirschfeld wurde
aas diesen Ergebnissen der Schluss gewonnen,
dass die Hoden nicht infektiös seien, sondern erst
in den samenleitenden Wegen Bacillen dem Sperma
beigemengt werden könnten. J ft c k h (7) ezperi-
mentirte in dem pathologischen Institute zu Göttin-
gen, um neues Material herbeizubringen, mit dem
stets spermatozoenhaltigen Samenblaseninhalt, so-
wie mit Hoden und Ovarien Tuberkulöser, indem
er die betr. Objekte Meerschweinchen und Kanin-
chen in die Bauchhöhle brachte. Dabei ergab sich,
dass alle Kaninchen gesund blieben, während bei
Meerschweinchen bei den Injektionen von Samen-
blaseninhalt 3mal (in 5 Fällen) positive Resultate
erzielt wurden (weitaus die stärksten in einem Fall
Ton Prostatatuberkulose, in dem die Samenblase
aber ganz normal war, doch auch in den beiden
anderen Fällen unzweifelhafte AUgemeintuberkn-
losenX Nor einmal gelang eine Infektion durch
Hoden-, bez. Ovarialsubstanz, in anderen Fällen,
auch bei allgemeiner Miliartuberkulose, blieb sie
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
ans (bei letzterer erzielte auch der Samenblasen-
inhalt keine positiven Besultate). Die Injektion
des Samenblaseninhaltes eines tuberkulösen Meer-
schweinchens, der allerdings spermatozoenfrei war,
erzeugte keine Tuberkulose. J. neigt nach diesen
Ergebnissen zu der Annahme Maffucci 's (siehe
oben) und hebt hervor, dass sein positiver Erfolg
mit dem einen Hoden auch auf die dabei gleich-
zeitig erfolgte üebertragung von Blutbestand-
theilen bezogen werden könnte, also nicht direkt
gegen jene Annahme beweiskräftig sei. Trotz des
Nachweises der Infektiosität des Sperma in relativ
vielen Fällen steht J. der Möglichkeit einer üeber-
tragung der Tuberkulose vom Vater auf die Frucht
(;'*urch das Sperma doch offenbar skeptisch gegen-
'"ber, wenn er dieser Frage auch nur wenige Worte
widmet
Eine üebertragung der Tuberkulose von tuber«
kulösen Mutterthieren auf die Früchte wurde in
mehreren Fällen regelmässig durch das negative
Resultat der Impfungen mitFruchttheilen unwahr«
scheinlioh; nur eine Impfung mit Eihauttheilen
erzielte ein positives Resultat in einem solchen
Falle. B e n e k e (Braansohweig)].
Plicque (8) meint, dass die ErbUchkeit bei
der Tuberkulose vielfach übersdiätzt würde. Bei
der Vererbung der Anlage berücksichtige man nicht
genügend, dass die Kinder sich denselben Schäd-
lichkeiten aussetzen, die auch ihre Eltern krank
gemacht haben; die Vererbung der Krankheit
selbst sei selten, eine tuberculose h6r6ditaire
tardive sei recht zweifelhaft Es sei nützlicher,
sich mit der Verbesserung der allgemeinen Qe-
simdheit und der Bekämpfung der Ansteckung zu
beschäftigen, als über die Vererbung zu reden.
Squire (9) meint, die Kinder tuberkulöser Eltern
böten nichts ganz Besonderes dar; sie säen nur
im Allgemeinen schwächlich und zu Ansteckungen
geneigt und erkrankten so häufig (etwa zu 9 vom
Hundert öfter als nicht belastete) an Tuberkulose,
weil sie gerade zu dieser Infektion von ihren
Eltern her die beste Gelegenheit haben.
Zinn (10) berichtet aus dem allgemeineD Kranken-
haose zu Nürnberg über einen Kranken, der innerhalb
9 Wochen an Milifuiuberkolose starb und bei dem man
nur in den Mesenterialdrüsen ältere Taberkolose fknd.
Z. glaubt, seinen Fall mit Sicherheit als primäre Darm-
taberkulose TfFütterungstuberkulose^ bei dem Menschen
auffassen zu dürfen.
Collings(ll) erzählt von 3 jungen Leuten, die von
einem Schwindsüchtigen mit Speicheleinreibung tätowirt
'wiu'den xmd danach an Hauttuberkolose erkrai±ten.
Becker (12) und Kaufmann (13) sprechen
die Beziehungen zwischen Verletzungen und Tuber»
kulose unter AnfOhrung von Beispielen ausführlich
durch. Diese Beziehungen haben durch das Unfall«
Yersicherung-Gesetz eine ganz besondere Wichtig-
keit erlangt Wobei zu beachten ist, dass der Kr.
auch dann Anspruch auf Entschädigung hat, wenn
der ünfaU auch nur den Ausbruch einer vielleicht
verborgen vorhandenen oder drohenden Tuber-
kulose bewirkte, bez. beschleunigta
18
138
YL Innere Medic&L
Der Er. von Wagner (14) verletste sich 1886 am
fUlenbogen und bekam dort eine Taberkniose, die später auf
die Lxmgen übergriff. Vf. führt dieLnngenschwindsaoht,
der der Er. 1895 erlag, in einem umfangreichen Gut-
achten aof den ün&ll von 1886 zurück.
[Der 34jfthr., tuberkulös nicht belastete Eranke von
Schaff er (15) war vom Wagen auf die linke Eörper-
seite geschleudert worden, m Anschluss danm waren
Symptome einer chronischen Entzündimg der Rücken-
markshäute im Dorsaltheil aufgetreten. 5 Jahre später
exsudative Pleuritis, 9 Jahre nach dem Unfall erfolgte
der Tod an Lxmgentuberkulose. Seh. hielt es für wahr-
scheinlich, dass es sich xun eine tuberkulöse Erkrankung
der Rückenmarkshäute handelte, die später auf Pleura
und Lunge übergriff. Woltemas (Diepholz)].
Schilling (16) endlich erzählt von einem Enaben,
der im Anschluss an einen schweren Fall eine tuber-
kulöse Menin^^tis bekam. In derartigen Füllen sitzt die
Tuberkulose vielleicht schon lange im Körper (in Drüsen),
wird durch das Trauma mobil gemacht und äussert sich
mit Vorliebe in dem verletzten (geschwächten) Eörper-
theil.
Auch die 4Fftlle, von denen Jaccond (17) in
seinem Vortrage über die Krankenhaustuberkuhae
ausgeht, gehören zur traumatischen Phthise. Alle
3 Er. waren bis dahin gesunde Männer, ertitten
Verletzungen der Brust, kamen deswegen in das
Erankenhaus und wurden dort tuberkulös. Bei
2 konnte J. den üebergang der traumatischen
Pneumonie in die Tuberkulose verfolgen. Die
Sektionen ergaben durchaus keine filteren Tuberkel-
herde, so dass man die Annahme einer Ansteckung
im Erankenhause nicht von der Hand weisen kann.
Der Vortrag von J, hat eine sehr ausgedehnte
Diskussion darüber zur Folge gehabt, wie gross die
Oefahr der Erankenhaustuberkulose sei und was
man mit Isoliren der Schwindsüchtigen, mit pein-
licher Sauberkeit, Desinfektion u. s. w. gegen sie
thun könna Augenscheinlich sind die Zustände
in manchen Pariser Spitälern hygieinisch nicht
gerade mustergültig. Manches von dem, was dort
für die Zukunft gefordert wird, gilt in unseren
grosseren Erankenhäusem seit lange als selbstver-
ständlich.
Eolb (18) bespricht die Oeßngmsgitiberkubse
auf Orund seiner langjährigen Erfahrungen in der
Strafanstalt zu Eaiserslautem. Er giebt die üblichen
Zahlenzusammenstellungen, bespricht Werth und
Schwierigkeiten einer genügenden Reinlichkeit und
Desinfektion, sowie die Bedeutung einer guten
Eo6t und macht besonders noch darauf aufmerk-
sam, dass man bei allen derartigen Betrachtungen
die zeitweilig gesteigerte Virulenz der Tuberkel-
bacillen mit in Betracht ziehen müsse.
Die ausführliche Arbeit von W ick (19) über
die Lunffenackwind8ueht m Wien bestätigt nur Be-
kanntes. Die Zahlen ergeben, dass die Tuberku-
lose in den grossen Städten häufiger ist, als auf
dem Lande und dass sie Leute, die in geschlosse-
nen Bäumen staubige Arbeit verrichten, mit Vor-
liebe befällt Sie ergeben aber auch, dass die
Schwindsucht in den letzten Jahren al^ienommen
hat W. führt aus, wie diese Abnahme auf die
verbesserte Hygieine zu beziehen ist und wie diese
Bestrebungen noch wesentlich versbhärft und ganz
besonders auf den Schutz und die Pflege der Einder
gerichtet werden müssen.
Wertheimer (20) bringt Bekanntes mid
spricht sich zum Schlüsse dringend für die Er-
richtung von Volksheilstätten aus. —
Bruns (21) fand in einigen 5 — 6 Monate
alten Cultoren Tuberkelbacülen , die zu langen,
stellenweise kolbig verdickten, stellenweise auch
mehrfach verzweigten Gebilden ausgewachsen
waren. Worauf diese Pkomorphie der Tkdferkd-
baeiüen, von der in zahlreichen anderen, zumTheü
viel älteren Culturen nichts zu sehen war, beraht,
läset sich noch nicht sicher sagen. (VgL C/oppen
J 0 n e s , Nr. 3 1 unserer letzten ZusammensteUung.)
Lipari und Lodato (22) bestätigen, dan
man im BhUe TiAerkidoaer keine Tuberkelbaeükn
findet, ausgenommen vielleicht unmittelbar nach-
dem sie in grosser Anzahl in das Blut gelangt
sind. Bei Thieren findet man sie auch nach intra-
venöser Injektion nicht Sie verlassen möglichst
sdinell das ihnen durchaus nicht zusagende Blut
lind siedeln sich in verschiedenen Organen an.
Schmaus (23) hat das Verhalten der ekuti-
ecken Fasern in tuberkulösen Lungenherden mittels
der Orceinfärbung untersucht Die alte Begel:
ist in einem käsigen tuberkulösen Herde die alveo-
läre Struktur erhalten, so handelt es sich um käsige
Pneumonie, ist sie nicht mehr erhalten, sind die
elastischen Fasern zu Grunde gegangen oder bei
Seite gedrängt, so liegt ein Tuberkel, d. h. eine
umschriebene reine Neubildung vor, ist nicht rich-
tig. SchuL fand auch in hämatogenen Miliar-
tuberkeln ein mehr oder weniger vollkommenes
elastisches Qerüst, verschieden gestaltet, je nach
Sitz und Entwickelung des EnOtchens. Er spricht
die verschiedenen Bilder ausführlich durch und
kommt zu dem Ergebnisse, dass ein principieUer
Unterschied zwischen miliaren Tuberkeln und den
kleinen umschriebenen Eruptionen der chronischen
Tuberkulose nicht besteht Bei letzteren treten
die Zellwucherungen zurück und die Erscheinung^
derEzsudation überwiegen, aber es giebt Zwischen-
formen, üebergänge genug und auch der weitere
Verlauf: Verkäsung, Zerfttll, bez. Verkalkung ist
bei beiden derselbe.
Stein und Erbmann (24) fanden bei be-
ginnender Phthise und hei vorgeschrittener Phthise
ohne Zerfall normale Zahlen weisser Blutkörper-
chen ; nach Hämoptysen eine vorübergehendeXetUo-
cytose; anhaltende Vermehrung der Leukozyten:
1) bei Cavemenbildttng, 2) bei chronischen Eite-
rungen als Folge cariüser Proceese, 3) bei ternÜT
nalen exsudativen Entzündungen, 4) bei Hyper'
plasie der Lymphdrüsen in IWen, die ohne weit-
gediehenen Zerfall verliefen.
„Von besonderer Wichtigkeit erscheinen hier
die unter Nr. 1 gehörigen Fälle. Sie berechtigen
uns durch ihren Verlauf zu folgenden Schloss*
TL Innere MediciiL
139
Iblgerangen: a) Wenn bei einem tuberkulösen Indi-
viduum — bei welchem keine chronische Eiterung
oder kein exsudativer Entzündungsprooess be-
steht — eine Vermehrung der Leukozyten ge-
funden wird, 60 kann das Vorhandensein eines
nlcerOsen Zerfalles in der Lunge, d. L eine
Cavemenbildung, als erwiesen betrachtet werden,
b) Ergeben sich bei einem tuberkulösen Indivi-
duum, bei dem durch Iftngere Zeit Zählungen vor-^
genommen und normale Leukocytenzahlen beobach-
tet wurden, von einem gewissen Zeitpunkte an
höhere Zahlenwerthe, so muss man darin den Be-
ginn eines ZerfaUsprocesses erblicken, c) Finden
steh bei tuberkulösen Individuen normale Leuko-
cytenzahlen, so kann in den meisten Fällen das
Bestehen und die Bildung einer Caveme aus-
geschlossen werden, die irgend welche erheb-
lichere Ausdehnung hätte.
Die Ursache der Leukocytose bildet nicht das
tuberkulöse Virus als solches, sondern eine zur
Einschmelzung des Lungengewebes führende sekun-
däre Infektion — ein septikämischer Process, der
als Folge einer Thätigkeit verschiedener hochviru-
lenter Bakterien- und Eokkenarten auftritt/' —
Clark (25) macht auf das Verhauen der Nase
hei Phihisikem aufmerksam und meint, dass Nasen-
krankheiten oft der Tuberkulose vorausgingen, ihr
Entstehen begünstigten.
Frölich (26) giebt eine Statistik über die
Lungenkrankheiten in 3 sächsischen Infanterie-
regimentem während 11 Jahren und zieht daraus
den Schluss: ,,Es ist nicht bewiesen und nicht
wahrscheinlich, dass gutartige Erkrankungen der
Athmungswege, insbesondere Lungenkatarrhe, die
Entstehung bacillärer Lungentuberkulose begün-
stigen.^' Die durch Fremdkörper (Staub) hervor-
gerufenen gutartigen Lungenerkrankungen wird
F. wohl als Ausnahmen von seiner zu allgemein
gehaltenen Regel gelten lassen müssen.
Die beiden Fälle von B6non (27) sind gute
Bei^iele für das Zueammenwrkommen von Asthma
und TSAerkidose,
1) Unbelasteter Mensch. 1885 der erste heftige
AgfhP'y^^^^^ in der Naoht beginnend und nach einigen
Stunden endend, mit reichlichem Auswurf und einer
starken Hämoptyse. Seitdem Hnsten oft mit blutigem
Auswarf, Eorzathmigkeit, 2mal ähnliche Anfälle. 1892
wieder reichliche Blutung : Massig vorgesohiittene Tuber-
kulose beider Lungen bei leidlichem Allgemeinbefinden ;
dabei etwas Emphysem, diffuse trockene Bronchitis,
asthmatisches Athmen. Seit 1892 Behandlung mit Arse-
nik und Jodkalium — Fat hat einen Anfall von Migraine
ophthahnique gehabt, sich sonst aber sehr wohl gefühlt,
iJles ist gebesMrt Der Auswurf enthält nur vereinzelte
Tuberkelbacillen.
Der 2. Fall ist ähnlich, mit weiter vorgeschrittener
Phthise, reichlichen Bacillen. R konnte einen typischen
Asthmaanfall selbst beobachten.
Der gutartige Verlauf, die grosse Neigung zu
Blutungen gehören augenscheinlich zu dieser sel-
tenen Form der Phthise.
Hanot (28) bespricht in einem klinischoE
Vortrage die Erscheinungen der Pkthisis indpiens.
Diagnostisch weitaus für am wichtigsten hüt er
Veränderungen des Athemgerftusches in einer
Lungenspitze (Abschw&chung , Rauhwerden) und
den Nachweis von Tuberkelbacillen im Auswurf.
Sticker hat im J. 1888 an den Frederioq-
Thompson'schen Zaknfleischsaufn der Phthisiker
erinnert: roth bei akuter Krankheit, bläulich bei
chronischer, weiss bei Sorofulose. Andree-i
sen (29) fand diesen Saum bei der grossen Mehr-
zahl seiner Tuberkulösen. Da, wo er ihn nicht
fand, nahm das Leiden einen auffallend gutartigen
Verlauf.
Die Franzosen halten eine leichte intermit^
tirende Albuminurie für eine nicht gar seltene
VorlmferersfheiimMg der Tuberkulose, Nach Tei s-
sier (30), der sie genauer beschreibt, kommt sie
namentlich bei erblich bebsteten jungen Männern
vor, während die andere, „modalit6 de l'infection
tuberculeuse h6r6ditaire'S die Mitralinsufficienz,
häufiger bei jungen Mädchen ist
Beck (31) hat im Berliner Institut ffir Infek-
tionskrankheiten die Angaben Ehrlich 's über
den Werth der Diaxoreaküon im Harn nachgeprQft
und ist derüeberzeugung, dass der Werth nament-
lich für die Prognose sehr beträchtlich ist Das
Auftreten der Diazoreaktion macht die Prognose
der Phthise ungünstig, ihr längeres Bestehen kün-
digt den baldigen Tod an.
Channing (32) u. Ingraham (33) machen
auf den diagnostischen Werth genauer Temperatur-
messungen aufmerksanL Turban (34) legte in
Wiesbaden Curven von Phthisikem vor, die auch
nach ihrer Aufnahme noch Monate lang fieberten
und dann doch noch wider Erwarten, entgegen
dem gewöhnlichen Verlaufe, ganz allmählich fieber-
frei wurden, womit sich die örtlichen und die all-
gemeinen Erscheinungen entsprechend besserten.
Die umfangreiche, u. A. mit 75 Kranken-
geschichten ausgestattete Arbeit Bari 6 's (35)
über Tkiberkulose im OreisenaUer stützt sich auf
ein ungewöhnlich grosses MateriaL In den 10
grossen Hospitälern von Paris starben 1884 — 1893
unter 92141 Todesfällen überhaupt 2202 Leute
(1604 Männer, 598 Frauen) von 60—92 Jahren
an Tuberkulose (2.293®/o). Pathologisch -anato-
misch sind, wenigstens bei chronischem Verlauf,
die ausgedehnten Heilungsbestrebungen, die Bil-
dung von narbigem Gewebe charakteristisch. Als
akute Formen kommen die Miliartuberkulose und
die tuberkulöse Pneumonie in Betracht. Aetiolo-
gisch trennt B. die FäUe, in denen augenschein-
lich die Tuberkulose früher schon vorhanden ge-
wesen ist, aber vielleicht lange keine Erschei-
nungen mehr gemacht hat, von jenen Fällen, ia
denen ein bis dahin nicht nachweislich inficirt
gewesener alter Mensch tuberkulös wird. Hier in
diesem letzteren Falle spielen Erblichkeit, schlechte
äussere Verhältnisse, Alkohol und oft sicher auch
Anßteckung eine wichtige Rolle. Klinisch scheidet
140
TL Innere Hedioin.
B. : L Chronischer Verlauf. 1) Bronchitische Form ;
2) latente Form (die Kr. sterben unter unbestimm-
ten Erscheinungen, die Tuberkulose wird bä der
Sektion gefunden) ; 3) gewöhnliche Form mit Zer-
fall (doch die häufigste) ; 4) emphysematöse, fibröse
Form ; 5) hämorrhagische Form. ü. Akuter Ver-
lauf. 1) Miliartuberkulose, häufig unerkannt, zu-
weilen unter dem Bilde einer Pneumonie oder wie
ein Typhus verlaufend ; 2) galoppirende Phthise,
bronchopneumonische Form.
Etwas wesentlich Neues enthält die gut ge-
schriebene Arbeit nicht
Im Lyon med. (XXVH. 43. p. 303. 1895) wird von
einem Manne erzählt, der 103 Jahre alt starb und bei
dem sich eine wohl 50 Jahre bestehende Phthise £and.
Die beiden englischen Arbeiten über Pleu-
ritis (36. 37) enthalten nichts Neues.
Eiehhorst (38) suchte der wichtigen, viel
umstrittenen Frage, wie oft die seröse Pleuritis
tuberkulöser Natur ist, dadurch beizukommen, dass
er in jedem Falle etwas von dem Exsudate Meer-
schweinchen in die Bauchhöhle spritzta Anfangs,
so lange E. mit zu kleinen Exsudatmengen arbei-
tete, erhielt er auffallend geringe, augenscheinlich
falsche Zahlen, als er grössere Mengen (etwa
15 com) verwandte, stellte es sich heraus, dass
mindestens xtoei Driäd der geprüften Exsudate
tuberkulös waren. Die grosse Verwunderung K's
über dieses Ergebniss, ist uns nicht ganz verständ-
lich. Für die Praxis bestätigt es die alte Regel,
jede „primäre*^ Pleuritis als verdächtig anzusehen.
Dr. A. Aschoff hat das Material der inneren
Abtheüung im städt Erankenhause am Urban be-
nutzt, um ebenfalls einen Beitrag „xur Aeüohgis
der serösen Pleuritis'' zu liefern (Ztschr. f. klin.
Med. XXIX. 5 u. 6. p. 440. 1896). Er sucht
3 Fragen zu beantworten. 1) Giebt es seröse
Pleuritiden ohne nachweisbare Ursache die nicht
tuberkulös sind? Antwort: „Die sogenannten idio-
pathischen Ei^sse beruhen fast alle auf Tuber-
kulose. Dieselben können aber ausheilen.^^ 2) Giebt
es eine akute isolirte „rheumatische*^ Pleuritis?
Antwort: wahrscheinlich nicht „Die bei der
Arthritis acuta entstehenden Ergüsse in die Pleura-
höhle sind fast ausnahmslos mit Affektionen des
Herzens verbunden. Der Salicylbehandlung kann
kein besonderer Werth in der Therapie der pleuri-
tischen Ergüsse zuerkannt werden.'* 3) Giebt es
seröse Exsudate, die Eitererreger enthalten und
doch nicht eitrig werden? Antwort: Abgesehen
vielleicht von den Pneumokokkenexsudaten, nein I
Die serösen Ergüsse sind fast immer frei von Eiter-
erregem, enthalten sie wirklich welche, dann wer-
den sie über kurz oder lang auch eitrig ; können
aber trotzdem ohne Operation heilen.
Israel (39) berichtet über 3 Fälle von schnel-
ler Heilung BXii^eielmteic Bauch feüUiberkuhse nach
einfacher Eröffnung des Bauchfelles. Die Fälle
betrafen Kinder. I. scfaliesst aus ihnen, dass der
nun hinlänglich bekannte Wundererfolg der Liapa^
rotomie nicht auf die Entleerung der Flüssigkeit
bezogen werden darf, denn bei zweien seiner
Kranken war so gut wie gar kein Erguss vorhan-
den, bei dem dritten liefen etwa 200 ccm ab ; dass
die Anwesenheit tuberkulöser DarmgesohwQre
eben so wenig gegen die Operation spricht, wie
hohes Fieber; dass alle, selbst kirschkemgrosse
Tuberkel in 36 Tagen nach der Operation voll-
ständig versdiwunden sein können.
Besonders merkwürdig istein 4.FallIsraer8.
2Qjähr. ICädohen, phthisisch belastet Seit dem
13. Jahre zeitweise Leibsohmerzen und Erbrechen. 1894
steigein sieh die Erscheinongen bis znm Ileas. Man
findet reohts im Leibe einen Tomor, macht am 25. Oct
1894 den Leib auf, getraut sich aber nicht, die grosse
verwachsene Geschwulst dos Blinddarmes anzorührea.
Der Leib wird wieder geschlossen, die schweren Erschd-
nangen dauern an. Am 10. Ifoi 1895 macht I. die Lapa-
rotomie und findet neben dem Tumor eine aosgedelmte
miliare Taberknlose des Bauchfelles. Er schaltet durch
eine Yereinigang von Dünn- und Dickdarm den Tumor
aus, näht den Leib zu. Seitdem sind alle Beschwerden
verschwunden, die Er. erholt sich mehr und mehr, der
Tomor wird langsam kleiner.
Jores (40) beschreibt einen jener seltenen Falle
von htberhäösen QesekwiÜsten 4m Eehücopf (der Kehl-
kopf wurde der 38jähr. Kranken herausgeschnitten, die
Lunge schien frei zu sein) und vergleicht ihn mit ähn-
lichen Veränderungen, die beim Rinde gefunden wurden.
Augenscheinlich ist hier manches für Tuberkulose ang^
sehen worden, was ganz etwas Anderes war.
Clar (41) beobachtete bei einem Kr., der einer gut-
artigen Phthise wegen von Zeit zu Zeit Gleichenberg
besuchte, die allmähliohe vollständige Heilung einer
ziemlich ausgedehnten Kehlkopftuberkulose.
Leyden(42) erörtert erst kurz, in weldier
Weise das Herz bei der Lungenphthise durch St6-
rungen im Kreislauf und durch die Infektion in
Mitleidenschaft gezogen werden kann, geht auf
die Annahme eines zu kleinen Herzens als Ursache
der Schwindsucht ein, spricht darüber, ob Hers-
fehler und Stauungen im kleinen Kreislauf die
Phthise ausschliessen (im Allgemeinen ja! Ver-
gleiche die Erfolge der Bier 'sehen Tuberkulose-
behandlung) und kommt dann auf die Tuberkdoss
des Herzens selbst Diese zeigt sich, abgeeehen
▼on der tuberkulösen Perikarditis, in 3 Formen.
1) Kommen namentlich bei allgemeiner Miliar-
tuberkulose zuweilen einzelne Tuberkel im Herz-
fleische vor, die der Immunität der übrigen Musku-
latur gegenüber von Interesse sind, sonst aber
wohl kaum eine Bedeutung haben. 2) Giebt es
eine tuberkulöse Endokarditis, die in Üblicher
Weise die Herzklappen befällt und zu Herzfehlern
führt L. hat 4 solche Fälle in nicht zu langer
Zeit gesehen. Die Diagnose kann nur durch den
Nachweis der Bacillen gesichert werden. In einem
5. Falle L.'s von Herzfehler, bei Phthise entstan-
den, enthielten die kranken Stellen nur Strepto-
kokken — Mischinfektion. 3) Sind wiederholt
Tuberkelbacillen und tuberkulöse Massen in wäh-
rend des Lebens entstandenen Herzthiomben(Hen-
polypen) gefunden worden. Auch hier ver^gt L
über eine eigene Beobachtung und er &nd hier
ebenso wie bei der taberkolöeen Endokarditia, die
TL Innere Medicin.
lil
Bacillen mehrfach zu vielen in einer Zelle liegen.
Angensoheinlich waren sie mit Hülfe dieser Zelle,
die sie nicht etwa gefressen hatten, sondern in der
sie sich sehr wohl zu fOhlen und sich vermehrt
zu haben schienen, in das Herz gelangt. Das
Einwandern tuberkelbacillenhaltiger Zellen in die
fibrinösen Thromben giebt uns einen Anhalt dafür,
wie unter ümsISnden auch eine fibrinöse Pneu-
monie tuberkuU^s werden kann.
Einen Beitrag zu der alten Frage, wie sich
Herzfehler und Lungenphthise zu einander ver-
halten, liefert auch Dr. Alexander R. v. Weis-
mayr ausderv.SchrStter'schenOnikinWien
(Wien. Hin. Wchnschr. IX. 8. 9. 1896). Er führt
6 lUle an, in denen beide Krankheiten neben
einander bestanden und kommt zu der üeber-
zeugnng, dass Rokitansky nach wie vor Recht
hat Geht ein Herzfehler mit betrSchtlicher Stau-
ung im kleinen Ereislaufe einher, so ist eine tuber-
kulöse Infektion der Lunge sehr selten und ver-
läuft, wenn sie doch eintritt, matt, sehr chronisch.
Pon88on(43) berichtet über einen 25jähr., nicht
belasteten Er., der länger als 7 Monate an starkem Bkä-
hamen litt, ohne dass der Harn sonst etwas Erankhaftos
enthielt, ohne Blasenstömngen, ohne Nierentamor. Später
wandelte sich die Hämaturie in eine Pynrie um und es
entwickelte sich auch eine Tuherkulose der Prostata und
der Samenbläschen.
Der Fall von Trantenroth (44) ist ganz ähnlich.
24 jähr. Mädchen, bis dahin leidlich gesund. Am 11. Juni
1895 plötzlich H&maiurie, die so stark war nnd so an-
hielt, dass schon am 27. Juni die rechte Niere heraus-
genommen werden musste, sie war taberkulös. Anfangs
gonstiger, dann schlechter Verlauf, weil auch die andere
Niere nicht mehr gesund war.
Fraenkel (45) endlich beschreibt je einen Fall von
dissemiDirter knotiger iS|peweröAren<tt^Ä»^^a (unerwar-
teter Sektionsbefimd. Vgl. a. Jahrbb. CGXLIX. p. 41)
und von papillärer Cervütviberkulose,
Vorbeugung tmd Behandhing.
46)JBugimeandtubenndö$t8; by Seneca Egbert.
(Med. News LXYI. 12; March 23. 1895.)
47) On tke preverUion of phtkisia; by James
N i T e n. rLancet I. 6 ; Aug. 10. 1895.)
48) Tke sanüary supervisien of tvhereulosü <u
mraeiised by ihe New York oüf board of heaüh; by
H e rm an n M. B iggs. (Amer. Joum. of med. 8c. CIX«
1 ; Jml 1895.)
49) Prevemum and treatment of pulmonary tuber-
etdoeis ; by T. B. G r e e n 1 e y. (Amer. pract. and News
XX. Oct. 5. 1895.)
50) Der Kampf gegen die Tuberkulose; von Dr.
RBenekein Braunschweig. (Monatsh. f. öff. Geshpfl.
Nr. 9. 1895.)
51) Beeent meaeures for the preveniion and treeU-
meni of iubereulosis ; by Guy Hinsdale. (Med. News
LXVn. 8 ; Aug. 24 1895.)
52) Von der Freüuflbehandlung der Lungensektoind-
eueht und der Errichtung von Heilstätten fitr mittellose
Ikiberkütöse. (Elinische Vorträge von Prof. H. v. Z i e m s -
sen. n. 4 Leipzig 1895. F. C. W. Vogel.)
53) Anstaltsbehandlung Lungenkranker und Ver-
MiehertawsansiaU Baden ; von Med.-Rath. E r Ö 1 1 in Lahr.
(Aerztl. Mittheil, aus u. für Baden XLIX. 23. 1895.)
54k)DieEBÜan8taUinÄlland; von Prof. Schrotte r.
(Wien, kliii. Wchnschr. IX. 3. 1896.)
55) Die neue Heilstätte für unbemittelte Lungen-
kranke XU Eujmertshain im Taunus; von Dr. Nahm.
(Ztscbr. t Erankenpfl. Nr. 2. 1896.)
56) Ueber die ärztliche TMiigkeii in Volksheilstätten;
von Dr. N. Nahm. (Ebenda Nr. 10. 1895.)
57) Ueber die Auswahl der Lungenkranken für die
Volkssanatorien; von Dr. Doli in Earlsmhe. (AerztL
Mittheil, aus u. für Baden L 1. 1895.)
58) Sind Lungenheilanstalien eine Gefahr für die
Umgebung ? von Dr. N a h m. (Münchn. med. Wchnschr.
XLÜ. 40. 1895.)
59) Les sanatoria, Traitement et prophylazie de la
phthisie pulmonaire; par le Dr. S. A. Enopf. (Paris
1895. Georges Carre. Gr. 8. 206 8.)
60) Die geschlossenen Heilanstalten für Lungen^'
kranke und die Behandlung in denselben; von Dr.
Arthur v. Jaruntowsky. (Berlin 1896. S. Earger.
Gr. 8. 48 S.)
61) Ueber Winterkuren Lungenkranker im Gebirge,
nebst Jahresbericht der Heilanstalt für Lungenkranke in
SehÖmberg; von Dr. Band ach. (Aerztl. Mittheil. aus
u. für Baden XLIX. 16—18. 1895.)
62) On the sending of phthisical patients abroad;
by Samuel West (Lanoet II. 18; Nov. 2. 1895.)
63) Where shall our eoneumptwe patients be sent ?
by William B. Berry. (New York med. Beoord
XLVm. 2;Julyl3. 1895.)
64) The most stUtable American elinutte for eonr
sumptives; by A. H. Stewart (Amer. pract. and
News XX. Oct 5. 1895.)
65) Clvmatie eonditions in the rocky mountains for
the treatment of phthisis and allied affections; by A 1 -
f r e d M a n n. (New York med. News LXVm. 8 ; Febr. 22.
1896.)
66) De la valeur du traitement marin contre les
tubercuhses ; par Dr. Calot (Revue mens, des malad,
de FEnf. XIH. Acut 1895.)
67) Importance of fresh air and exereise in the
treatment of tubercuhsis ; by A. H.Stewart (New
York med. Record XLVin. 16 ; Oct 19. 1895.)
68) Diet and systematie muscular eacercise in the
treatment of tubercuhsis ; by T. J. Mc Gilliguddy.
(Ibid. 19 ; Nov. 9. 1895.)
69) Ueber die Uebertreibungen bei der heutigen
Behandlung der Lungenschwindmcht ; von VoUand.
(Therap. Monatsh. IX. 1895.)
70) Kritische Bemerkungen xu dem vorstehenden
Aufsatxe; von Dr. Felix Blumenfeld, n. Arzt d.
Heilanstalt Falkenstein. (Ebenda X. 1. 1896.)
71) Ueber die Ernährung Lungenkrarücer ; von Dr.
J. Gabrilowitsch. (Wien. med. Wchnschr. XLV. 46.
47. 1895.)
72) Ueber die fragliche Einudrkung des Tuherhdins
auf StreptokokkeninfMionen ; von Dr. J. Petruschky.
(Ztschr. f. Hyg. XIX. 3. p. 450. 1895.)
73) Antiphthisin; by Charles Denison. (New
York med. Record XLVm. 3 ; July 20. 1895.)
74) A chemical andeocperimentcUresearchonj^Antp'
phthisin"' (Klebs's); by E. L. Trudeau and E. R.
Balduin. (Ibid. 25 ; Dec. 2L 1895.)
75) Antiphthisin in tuberculosis ; by 0. P. A m b 1 e r.
(Ibid. XLIX. 6; Febr. 8. 1896.)
7 6) Antiphthisin : by Llewellyn P. Barbour.
(New York med. News LXVm. 8 ; Febr. 22. 1896.)
77) Clinical results from the use of tuberculin and
its modification antiphthisin (Klebs) in pulmonary
consumption; by H. Longstreet Taylor. (Medicine
I. 7. Oct 1895.)
78) Die Behandlung der Tuherkulose mit Zimmt-
säure; von Prof. A. Landerer. (Württemb. Corr.-Bl.
LXV. 12. 1895 u. LXVL 11. 1896.)
79) La siero - terapia nella tuber colosi; del Prof.
E. Maragliano. (Rif. mod. XII. 18. 19. 1896.)
80) Gli accidenti cutanei che si possono avere nella
sierO'terapia della tubercolosi; pel Prof. £. Mara-
gliano. (Ibid. XL 288. 1895.)
81) SulVaxdone ddsiero Maragliano; del Prof.
Errico de Benzi. (Ibid. XII. 8. 1896.)
142
TL Innere HedidiL
82) Ikibereolost laringo-poimonare eurata eol stero
Maragliano; pel Dott S. Cresoimanno. ^id^
Xn. 67. 1896.)
83) Un easo di iubereolosipolmonare eurcUo eol
siero Maragliano; del Dott Italiano AndreolL
(Gaz. degli Osped. XYII. 38. 1896.)
84) Gas de hibereulose pulmonaire traue gar le
serum du profeaseur Maragliano; par le Dr. H.
B 1 a i 8 e. (Gaz. hebd. XTJTT. 6 ; Jaav. 19. 1896.)
85) üssai de aSrothirapie de la tubereuloee puimo'
naire (mUhode Ma ragliano); par le Dr. L.-R. R e g -
Hier. (Progres med. m. 6 ; Fevr. 8. 1896.)
86) Dr. Maragliano'a anU-hiberculoua serum;
by Giovanni Bandiera. (Boston med. and sorg.
Jonm. CXXXIV. 1 ; Jan. 2. 1895.)
87) ExperimenieUe Untersuchungen über die Serum"
iherapie beider Tuberkelinfekiion; von Prof. A. M af f nc c i
n. Prof. A. diVestea. (Gentr.-Bl. f. Bakteriol. u. Para-
sitenkde. XIX. 6. 7. 1896.)
88) Üeiber Immunität gegen Tuberkulose und Tuber-
hdoseantitooDin ; von Dr. F. N i e m a n n. (Ebenda.)
^%) Zur Behandlung fiebernder Phikisiker. (CSiarite-
Annalen XIX. p. 561. 1894.)
90) Large medieinal injeetions through the larynx;
by Colin CampbelL (]iied.-ohir. Transact London
1895. p. 39.)
91) La eriosote dans la tubereulose pulmonaire;
par le Dr. £. Guiter, (Cannes. (Gaz. hebd. XUn. 17«
Fevr. 27. 1896.)
92) Trcntemeni de la phthisie et des affections pul-
monaires; par le Dr. E. Lasniee. (Gaz. des Hop.
LXrX. 7. 1896.)
93) Oreosote earbonate in the ireatment of pulnuh-
fiary <t«60refi/bM9; by William H. Duke man. (Med.
News LXVn. 24; Dec. 14. 1895.)
94) Traitement de la tuber cuhse; par le Dr. F.
L a c r 0 i X. (Gaz. des H6p. LXIX. 34. 1896.) (Papain !)
95) Die eombinirte Galomelbehandlung xur Be-
kämpfung der Jhbereulosis pulmonum indpiens; von
Dr. Sigismnnd Edelheit (Wien. Klinik 10. Heft
Cot. 1895.)
96) The treatment of pulmonary tubereulosis by
hypodermie injeetions of nuclein; by Reynold "W.
W i 1 0 0 X. (Therap. Gaz. XTX. 8 ; Aug. 15. 1895.)
97) Die Behandlung der Lungeniuberkulose mitleh"
thyol ; von Dr. L. Guido Scarpa. (8ond.-Abdr. aus
Therap. Wchnschr. Nr. 17. 1895.)
98) Permanganale of potassium in the treatment
of pulmonary tubereulosis; by H. B. Gasner and J. B.
Le e s 0 n. (New Tork med. Becord XUX. 8 ; Febr. 22.
1896.)
99) Ä rational treatment for phihisis pulmonalis ;
by C y r u 8 E d s 0 n. (Ibid. 6 ; Febr. 8. 1896). (Phenol ;
Pilocarpin!)
100) Le parachlorophSnol, comme euralif localdans
les affections tubereuleuses du larynx et eommedesinfee^
tant des euÜures pures de baeiUes tubereuleux et des
crachats phthisiques; par A. Spengler. (Arch. des
80. biol. de 8t. Petersbourg 1895. p. 1.)
101) üeber die Anwendung des Aristols in stibeu-
tonen Injektionen xur Behandlung der Tuberkulose; von
Dr. S. S. Grus die ff. (Sond.-Abdr. aus Therap. Wo-
chenschr. Nr. 35. 1895.)
102^ Sur la curabüiti de la tuberculose pulmonaire
et sur reffet favorable des inhakUions de menthol; par
Dr.Ed.Aronson. (Frankfurt a.M. 1896. Johannes Alt.)
103) Vorläufige Mittheilungen über die Wirkung
von Lignosulfitinhalationen bei Kehlkopf und Lungen-
tuberhUose; von Dr. Adalbert Hein dl. (Wien. klin.
Wchnschr. VEI. 39. 40. 1895.)
Ein langes Literatnrverzeiohniss, ans dem aber
nicht allzuviel besonders Erwfthnenswerthes hervor-
zuheben ist.
Prophylakliadh beschfiftigt man sich in üblicher
Weise mit dem Schutze vor der Ansteckung u&d
mit der Erflftigung der Gefährdeten und zählt mit
besonderem Stolze Das auf, was in ersterer Bezie-
hung geschehen ist oder doch wenigstens verordnet
ist (47. 48).
Beneke (50), Hinsdale (51), v. Ziems-
sen (52) treten mit warmen Worten fOr die Be-
strebungen zur Oründung von Beüaiäüen für wh
bemütelte Tiiberkulöse &IL. Beneke macht beson-
ders auf die Hospize an der deutschen Seekösta
aufmerksam und verlangt zu ihrer Yergrösserung
und Yermehrung die Unterstützung des Staates.
V. Ziemssen fasst kurz zusammen, was bishec
in Deutschland geschehen, und beriditet nament-
lich über die Absicht der hanseatischen InvaliditSts-
und Altersversicherunganstalt ihre versicherten
Tuberkulosen in einem eigenen Krankenhause zu
behandeln, eine Absicht, der sich die gleiche An-
stalt für Baden sofort angeschlossen hat SchrOt-
ter (54) schildert eingehend eine Anstalt für etwa
300 Kr., die ein Wiener Verein in AUand bauen
will. Nahm (55. 56) beschreibt die von nns be-
reits mehrfach erwähnte, von Frankfurt a. H. aus
gerundete Anstalt zuBuppertshain und wiederli^
in einer 3. Mittheilung (58) auf ChnndderBeobadi-
tungen in Falkenstein die immer wieder auf-
tauchende Besorgniss, die Tuberkuloseheilstättea
könnten den Orten, in denen sie gegründet werden,
gefährlich sein.
Sehr ausführlich behandelt Knopf (59) diese
ganze Frage. Die Tuberkulose ist heilbar, aber nur
in eigens für ihre Behandlung eingerichteten An-
stalten. Dieser Satz steht seiner Ansicht nach fest
und er legt dem Binzelnen und der (Sesammtheit
unbedingt die Pflicht auf, dafür zu sorgen, dass
möglichst jeder Tuberkulöse in solch einer Anstalt
untergebracht werde. Man darf Niemanden zurück-
weisen, weil er xu krank ist, denn erstens kann er
vielleicht doch noch geheilt werden (auch der
klügste Arzt kann keine absolut sichere Prognose
stellen), zweitens wird er mindestens unschädlich
gemacht Man soll 2 Sorten von Sanatorien grün-
den. In der Nähe der grösseren Städte solche, in
denen zunächst alle Tuberkulösen untergebrachi
werden, ohne Auswahl, dann an geeigneten Orten
solche, die durch ihre gute Lage für bestimmtB
Kranke ganz besonders günstige Heilungsbedingun-
gen darbieten. Als drittes wären Colonien für Oe-
heilte oder Verdächtige sehr zu empfehlen. Daas
die Zusammenhäufung von Schwindsüchtigen be-
sonders gefährlich sein soll, ist Unsinn. Oefähr-
lich ist ihr freies Herumlaufen und ihre Unter-
bringung in die allgemeinen Krankenhäuser. Kn.
hat die Sanatorien zu Canigou (Pyrenäen), Craig-
leith (bei Edinburg), Daves, Falkenstein, Görbers-
dorf , Hohenhonnef , Leysin, Reiboldsgrün, St Blamen,
Yentnor und das Adirondack Oottage Sanitorium
im Staate New York selbst besucht Er giebt von
Allen kurze Schilderungen mit mehreren AbbU-
yi. Innere Medloin.
Ui
düngen tind fasst dann das Beste von dem, was er
dort gesehen hat, in einem Capitel zusammen:
,J)e8Gription d'un Sanatorium id6al". — Das inhalt-
reiche Buch scheint uns recht beachtenswerth.
Jaruntowsky (60) giebt in der Hauptsache
Das wieder, was er als Assistent der Brehmer'-
sehen Heilanstalt gesehen und erfahren hat, die
anderen deutschen Anstalten werden nur kurz zum
Vergleiche angeführt Baudach(61)berichtetüber
die guten Erfolge in seiner Anstalt zu Schömberg.
Aus den Arbeiten über KUmaioiherapie mOchten
wir nur das grosse Lob hervorheben, dasCalot(66)
in voller üebereinstimmung mit deutschen Aerzten
dem Aufenthalte an der See der Scrofulose gegen-
über spendet Dass auch hier, wie überhaupt bei
der Elimatotherapie der Phthise, mit ein paar
Wochen nicht viel gethan ist, darf jetzt als selbst-
verständlich angenommen werden.
Darüber, ob Phthiaiker Buhe halten oder sich
Bewegung machen sollen, gehen die Ansichten immer
noch etwas auseinander. Eine Zeit lang hiess es :
möglichst viel Bewegung und damals ist sicherlich
Tiel geschadet worden, namentlich in Daves, wo
die tSgUche Besteigung der Schatzalp in grossem
Ansehen stand. Yolland (69) hat die üeber-
treibungen lange mit angesehen imd es ist ganz
erklftrlioh, dass er bei ihrer Bekämpfung etwas über
das Ziel hinausschiesst Die Wahrheit liegt in der
Hitte und das Richtige muss von Fall zu Fall be-
stünint werden. ImOanzeni8tBlumenfeld(70)
wohl darin beizustimmen, dass in vielen Fällen
eine vorsichtige Uebung neben der gehangen Scho-
nung von Vortheü ist Auch in dem, was BL
gegenfiber Yolland zu Ounsten einer gewissen
„Ueberemährung^^ sagt, mOchten wir ihm beistim-
men, unter ausdrücklicher Yerwerfüng der von
T. mit vollem Becht getadelten häufigen üeber-
ireibiiiigen und Yerallgemeinerungen. Die Dusche,
die B L als Drittes in Schutz nimmt, ist sicher ein
zweischneidiges und im Ganzen ziemlich werth-
losee Heilmittel.
Oabrilowitsch (71) ist sehr für üeber-
emfihmng. Er führt Beispiele dafür an, dass es
Phthisikem sehr gut thut, wenn man ihnen etwa
noch einmal so viel zu essen und zu trinken giebt,
als der gesunde Mensch braucht
Ueber das Thiberkulin liegt uns nur eine deutsche
Arbeit «ns dem Institut für Infektionskrankheiten
rat. Fetruschky (72) stellte fest, dass das
Mittel bei Kaninchen gegen Streptokokkeninfek-
tioneii unwirksam ist, und wünscht damit zu ver-
iundem, „dass die Einwirkung des Tuberkulins
auf sekundäre Streptokokkeninfektionen bei tuber-
kulösen Menschen als Ursache der Tuberkulin-
wirknng aufgefasst werden künne'^
Der Concnrrent des Tuberkulin das Jni^hthi'
am ▼on Elebs ist, wie es scheint, in grosseren
Ifiassen nach Amerika exportirt worden. Die Be-
jidstB klingen gut und schlecht, jedenfalls nicht
3ehr Terlockend.
Landerer (78) berichtet über seine neueren
Erfolge mit der Zimmtsäure, die den früheren nicht
nachstehen sollen. Es ist zu erwarten, dass er über
seine im Olga-Hospitale zu Stuttgart an einem kli-
nischen Materiale gewonnenen Erfahrungen noch
Genaueres kund geben wird.
Wegen des „Heiilserumf^ von Maragliano
können wir uns auch heute auf Das beschränken, was
wir in unserer letzten Zusammenstellung darüber
gesagt haben. Die neuen Berichte haben eine be-
denkliche Aehnlichkeit mit den seligen Tuberkulin-
arbeiten, nur dass sie in Anbetracht der allgemeinen
Yorsicht auf wesentlich kleineren Erfiährungen
ruhen. Dass das Maragliano'sch^ (80) Serum
dieselben Hauterscheinungen hervorrufen kann, wie
anderes Serum auch, wird wohl Niemanden über-
raschen. Maf fucci und di Yestea (87) haben
durch „Tuberkulinisieren'* von Schafen ein Serum
gewonnen, das bei Meerschweinchen die Tuber-
kulose aufhält und verändert; zu Yersuchen an
Menschen haben sie sich noch nicht entschliessen
können. Niemann (88) glaubt festgestellt zu
haben, dass man für Tuberkulose empftngliche
Thiere durch Tuberkulin immun machen kann, und
dass man in ihrem Blute (namentlich wohl in dem
der schwach empfänglichen Thiere z. B. junger
Ziagen) durch geschwächte Tuberkelbacillen oder
durch Tuberkulin ein Antituberkulin (also Mara-
gliano's Heilserum) erzeugen kann.
In dem E och 'sehen Institut fOr Infektions-
krankheiten werden die Yersuche mit dem Tuber-
kulin stetig fortgesetzt um die störende Misch-
infektion zu beseitigen, sind daneben seit lange
Inhalationen angewandt worden und hierbei soU
sich namentlich der Kampheräther bis zu einem ge-
wissen Ghrade bewährt haben (89). Schweflige
Säure und Formaldehyd, die mehrfetch empfohlen
sind, nützten gar nichts. Als ganz unbrauchbar
erwiesen sich bei genauerer Prüfung auch die
Einpinselungen mit Ouajakol, die eine Zeit lang,
namentlich in Frankreich, grosses Aufsehen er-
regten. Sie setzen die Temperatur zweifellos her-
unter, aber nur ganz vorübergehend, in einer sehr
unangenehmen Art und ohnejeden weiteren Nutzen.
Bei den übrigen Arbeiten genügen die Titel
Dippe.
249. Ueber die Biagnose maligner Limgen-
tumoren warn dem Sputum; von Erasmus
Betschart (Yirchow's Arch. CXLH 1. p. 86.
1895.)
Hampeln hat je einen Fall von Lungen-
sarkom und Lungencarcinom, Eichhorst (durch
A. Hub er) einen Fall von Lungensarkom be-
schrieben, in dem durch den Nachweis von Qe-
schwulsttheilchen im Auswurfe eine vollkommen
sichere Diagnose gestellt werden konnte. Diesen
3 Fällen reiht B. einen 4. ebenffdls aus der Eich-
horst 'sehen Klinik an. Es handelte sich um ein
diffuses Garcinom der rechten Lunge. Das rOth-
144
YL Innere MedidiL
liehe und tOihlichbratme Sputum liees gelatinöse
Klümpchen erkennen, die frisch, untersnoht Folgen-
des darboten.
«Ausser einer grossen Anzahl von in fernes Netz
von Fibrin eingelagerten rothen Blutkörperchen zeigen
sich reichliche freie Fetttropfchen^ daneben kleine fein-
kömige Bundzellen und viele Eömohenzellen. Vor allen
Dingen aber fällen in grosser Anzahl thdls freiliegende,
meist aber in Verbänden nahe an einander gelagerte
grosse rundliche Zellen auf, die entweder nur einen
grossen Kern oder deren mehrere, bis 3 und 4, besitzen.
Jeder Kern enthält 1 — 4 Eemkörperchen. Die Form der
Zellen ist meistens rund, andere sind länglich oder rund-
lich ecldg. Manche sind von erstaunlicher Grösse. Solche
Zellen liegen entweder einzeln in der schleimigen Grund-
substanz zerstreut oder sie bilden grössere Complexe und
Zellengruppen. ^
BeiCaroinom sind immernnr kleine millimeter-
grosse Klümpchen zu erwarten, bei Sarkom kom-
men grossere centimeterlange St&cke im ins*
Würfe vor. Dippe,
250. Ueber Pneamotomie ; von H. Quincke
in KieL (BüttheiL ans d. Grenzgebieten d. Hei
u. Chir. L 1. p. 1. 1895.)
Die umfangreiche und werthvoUe Arbeit, die
die neue Zeitschrift in bester Weise eiiifühit,
zeigt, wie häufig Qu. die Pneumotomie an-
wendet und soll aur Nachahmung dieees BeLspids
anregen«
Qu. giebt 17 eigene Krankengeschichten, stellt
die seit 1887 anderweit bekannt gewordene lUle
in grossen Tabellen zusammen und kommt zum
Schlosse zu der beistehenden kleinen Qesammt-
überaicht
Zahl
1
1
s
•f
i
S
Unvollkom-
mener Erfolg
Lage der Höhle
•1
1
1
1
S
1
I. a) Akute ein&che Abscesse ....
I. b) Akute gangränöse Abscesse . . .
n. a) Chronische einfache Abscesse und
Bronchiektasien
II. b) 1. Chronische putride Abscesse . .
n. b) 2. Putride Bronchiektasien . . .
111. Putaide Processe mit Fremdkörpern .
7
13
8
9
10
7
1
6
2
3
5
3
6
7
1
4
2
1
2
4
2
3
2
1
1
2
1
1
2
6
11
8
5
9
7
3
8
2
5
3
6
4
5
6
4
7
1
54
20
37V«
20
37%
3
11
20o/o
5
3
46
27
27
jliti/e Fälle (I. a und I. b) allein . . . .
Chronische Fälle (ü. und ITT.) allein . .
20
34
7
35«/.
13
38%
13
65%
20*/o
3
11
32*/o
Unter diesen 17 eigene Fälle:
La)
Lb)
ILa)
11. b) 1.
11. b) 2.
UL
2
1
4
2
6
2
2
3
2
1
1
1
1
3
2
1
17
5
5
1
6
Danach kann man seines Erachtens sagen^ die
Prognose ist bei akuter Erkrankung so gut, dass
hier die Operation möglichst oft gemacht werden
sollte, auch auf die Gefahr hin, dass sie in diesem
oder jenem Falle doch vielleicht nicht nGthig ge-
wesen wäre. Bei chronischer Erkrankung liegt
die Sache wesentlich ungünstiger. Hier wird man
sich neben Anderem auch nach dem Sitze des
Herdes richten müssen. Bei den HGhlen in den
Oberlappen kommt es weniger auf die künstliche
Entleerung, mehr auf das Nachgiebigmachen der
Umgebung an, man wird bei ihnen mit ausgedehnter
Bippenresektion oft Nutzen schaffen, während bei
Höhlen in den Unterlappen vor Allem Bröffiinng
und Sekretableitung angezeigt sind. Je übler der
Inhalt der Höhle, desto eher entschliesse man sich
zur Operation.
Zur Diagnose vermag auch Qu. kaum etwas
Neues beizutragen. Da weitaus die meisten Höhlen
hinten unten sitzen, wird die Eröffnung in der
Regel unterhalb des Sohulterblattwinkels zu ge*
schoben haben. Probepunktionen sind gefährlich
und nicht viel werth.
Bei der Operation selbst, die Q u. geiiau schil-
dort, hftlt er sichere Pleuraverwachsungen für die
unerlftsssliohe Yorbedingung. Dippe.
251. IiB distomatose pulmonaire par la
douve du foie; par H. de Qou vea. (Thdee de
Paris 1895. — Joum. de M6d., de Chir. et de
Pharm. Lm. 20; Mai 18. 1895.)
Ein Seeofficier, der in Brasilien und auf deo Antilleo
gewesen war, erkrankte mit Fieber und tic^chem Blut-
spuoken und wurde einer antituberkulösea Behaudliuig
unterzogen. Später bekam er ein Expektorans (ein Brech-
mittel mit Morphium) und hustete einige Tüge daianf
etwasBlut und mn enorm grosses Distoma aus. Basselbe
war 27«om lang und durch seine grössere Länge und
YL Innere Hedidn.
14S
den stiirker herfortretenden ventralen Saognapf von der
eoropfiischen Form nntersohieden.
de G. erklfirt das Vorkommen des Leberegels ia der
Lonm durch EmfühniDg der Liffve als Ceroaria in den
Yerdaannplranal, Ton wo er mit dem Blute in die Lnnge
gelangt sei. Die Diagnose ist nur durch den Befund von
liem im Auswurfe möglich. H. Meissner (Leipzig).
252. Gontributo all» iiatcdogUi del morbo
di Addison; per i Dott G. Oioffredi ed A.
Zinno. (Bif. med. XL 88. 89. 1895.)
Eine 22jähr., tuberkidös belastete Frau, die als Kind
Eenchhusten und vor 2 Jahren einen Abort überstanden
b&tte, Utt seit dieser Zeit an Husten, abendlichem Fieber,
Nachtschweisaen und anderen Erscheinungen der Tuber-
kulose und bekam im Mai 1894 in Folge heftiger Ge-
müthserregung und schwerer Sorgen fast plötzlich, binnen
8 Tagen, eine dunklere Hautfärbung und rasche Ver-
achiimmerung der Lungenersoheinungen, so dass sie am
5. JoU in das Krankenhaus aufgenommen werden musste.
Sie erschien wie eine Mulattin mit ausgesprochener
Bronzeiarbung der Haut, besonders im Gesicht, an den
Handrücken und den Hautfalten, und mit Pigmentflecken
an der Mundschleimhaut. In beiden Lungenspitzen wur-
den ausgebreitete Cavemen, im Auswurfe Tuberkel-
lacillen nachgewiesen. Die Diagnose der Addison^schen
Krankheit und deren Zusammen^ng mit der Tuberkulose
waren unzweifelhaft. Am 2. Aug. erfolgte der Tod.
Die Sektion ergab Lungentu^rkulose mit ausgebrei-
teten Cavemen und diffuser käsiger Pneumonie, akute
hämorrhagische Nephritis und fibrös -käsige Entartung
beider Nebennieren , die histologische Untersuchung der
letzteren ausgesprochene Tuberkulose mit vielkernigen
Riesenzellen; der Plexus coeliacus, der Sympathicus und
die pericapsulären Ganglien waren normal.
Bemerkenswerth waren in diesem Falle der
auffällige Einfluss der Oemüthserr^ung auf die
Entstehung d^ Bronzehaut und das fast plötzliohe
Auftreten dieser binnen 8 Tagen, besonders aber
der Zusammenhang der Addison'schen Krankheit
mit Tuberkulose der Nebenniere ohne Mitleiden-
Bchaft des Syinpathicu& Den scheinbaren Wider-
spruch, dass Addison'sche Krankheit bald mit Ver-
änderung der Nebennieren, aber ohne Störung des
Bauchsympathicus, bald ohne jene, aber mit dieser
verbunden beobachtet wird, erklflxt 0. durch die
Annahme, dass im letzteren FaUe doch eine funk-
tionelle nervöse StOmng der Nebennieren zu Grunde
liegt; das Vorkommen von Nebennierenleiden ohne
Bronzehaut erklart er dagegen damit, dass die
Thitigkeit der Organe durch noch erhaltenes ge-
sundes Qewebe fortgesetzt wird.
Versuche an Thieren zeigten, dass der Urin
bei der Addison'schen Krankheit stärker giftig ist
als sonst H. Meissner (Leipzig).
253. Myooflis ftmgoldes und Morbus Addi-
ionii; von Dr. Oustav Biehl in Wien. (Wien.
klin. Wc^aachr. VIEL 5. 1895.)
Ein 47]ähr. Tagelöhner, mit Ausnahme eines Gelenk-
rheumatismus früher immer gesund gewesen, erkrankte
im Jahre 18d0 mit Geschwmsten an den Füssen und
Unterschenkeln, die nach längerem Bestände eitrig zer-
fielen and langsam mit Hinteriassung von Narben heilten.
Im Jufi 1892 zeigten sich wieder Geschwülste an der
rechten Patalla, an der rechten Wade und am rechten
äusseren Knöchel. Bei der Aufnahme im September 1892
erschien die Haut ziemlich pigmentirt, im Gesicht, an
den Vorderarmen und Unterschenkeln stark gebräunt,
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
am Rücken und an den Gliedern mit einigen kleinen
Narben. Am rechten Gondyl. ext hum. ein Fistelgang,
durch den man beim Sondiren auf rauhen Knochen stiess ;
diese Fistel war angeblich von einer vor 2 Jahren ope-
rirten und verheilten, aber vor 4 Monaten wieder auf-
ffebroohenen Gelenkvereiterung surüokgeblieben. An bei-
den Unterschenkeln zeigten sich 1 — 3 cm im Durchmesser
haltende weisse, mit der Haut versohiebliohe Narben und
zahlreiche haselnuss- bis taubeneigrosse, bräunÜchrotfae
hervorragende Tumoren von versdiiedenem Alter. Die
jüngeren waren hart oder an der Kuppe teigig weiche
isohrt, rundlich oder zu grösseren Paoketen oonfluirt, die
älteren in der Mitte eingesunken oder erweicht und ulce-
rirt , ein dünnes trübes Sekret liefernd. Die Insuinal-
drüsen waren geschwollen. Die histologische iJnter-
suohung eines ausgeschnittenen Knotens ergab Mycosis
fungoides nicht ieukämisdien Charakters, Bmdegewebe-
neubildung ohne Entzündung, ohne Transsu(&it, mit
Infiltration von Rundzellen, beeonders in der Nachbar-
schaft der Gefässe, jedoch ohne Veränderung der Gefäss-
wandungen. In der Folgezeit wuchsen und vermehrten
sich die Tumoren und zerfielen in solcher Ausdehnung,
dass der vorübergehend entlassene Kr. am 27. Jan. 1893
wieder in das Krankenhaus aufgpenommen werden musste.
Die grösste Geschwulst sass in der Mitte der rechten
Wade, war 11 cm lang, 8— 9 cm breit, lom hoch, nut
einem schwarzen, fest anhaftenden Schorfe bedeckt, der
nur an den Rändern jauchige, stinkende Flüssigkeit aus-
sickern liess. Die Geschwüre vergrösserten sidi, es ent-
standen neue Tumoren. Der Kr. wurde hinfiillig, magerte
ab, verlor den Appetit, bekam Diarrhöe, Meteorismus,
Druckempfindlichkeit des Leibes; die Haut wurde immer
dunkler, mit ziüilreiohen braunen, Sommersprossen ähn-
lichen Pigmentflecken; auch an der Fusssohle, der Lip-
pen- und Wangenschleimhant zeigten sich grössere braune
Pigmentflecke und imter zunehmender Kachexie, Ab-
nahme der Temperatur und Verfall der Kräfte erfolgte
der Tod am 22. März. Wenige Tage zuvor hatte der
Meteorismus nachgelassen und fühlte man ia der Tiefe
des Abdomens, den Lendenwirbeln au&itzend, höckerige
Tumoren. Klinische Diagnose : Mycosis fungoides.
Die SMion ergab ausser den schon bemerkten Pig-
mentirungen und Knotenbildungen der Haut in den Lun-
gen zahlreiche Knoten, die rundhch, scharf begrenzt,
massig hart, auf der Schnittfläche blass, grauröthUch bis
ziemlich dunkelroth gefiürbt erschienen ; die Mesenterial-
drüsen waren zu einem 5 — 6 cm im Durchschnitte halten-
den Packete angeschwollen, ebenso die retroperitonäalen
Lymphdrüsen. In der rechten Nebenniere ein erbsen-
grosser, die ganze Dicke durchsetsender, grauer Knoten,
in der Rinde der linken ein ähnlicher husekomgrosser
Knoten. Die histologiBche Untersuchung der Knoten in
den inneren Onnuen ergab den gleichen fiau, wie ihn die
Knoten in der Haat zeigen. H. Meissner (Leipzig).
254. Gontribntion a l'etnde de laoisrliOBe
pigmentaire et dn diabete bronse; parMossd
et Dan nie, Toulouse. (Gaz. hebd. XLII. 28;
JuiUet 13. 1895.)
Seitdem Hanot und Chanffard zuerst auf
den Zusammenhang der melanodermischen Zucker-
hamruhr mit Pigmentcirrhose der Leber aufm^ k-
sam gemacht haben, sind bis jetzt 8 F&Ue dieser
Art bekannt geworden. Der vorliegende reiht sich
als 9. an.
Der Sfijähr., dem Trünke ergebene Kranke, früher
mit Ausnahme leichter rheumatischer Anfälle immer ge-
stmd, litt seit 1 Jahre an Polyurie, gesteigertem Hunger
und Durst, mit gleichzeitiger Kräfteabiiahme und zu-
nehmendem Dnnklerwerden der Hautfärbunf . Am 1. Oct.
1894 bekam er heftige Durchfälle und Erbrechen, die
zwar bald wieder schwanden, aber so grosse Schwäche
19
346
YL Inftere Hedidit
hinterlieflsen, daas er am 4. Oci in das EiankenhaaB auf*
gmommen wurde. Am 17. Oci erschien er in hohem
rade abgema^rt, die Haut war i^leichmftsflag schwfirz*
lieh brann, die Wangen- nnd Lippensohleimhaat nur
wenig dnnkler als normal, der Appetit erhalten. Der Er.
klagte über heftige Schmerzen im rechten Hypochondrinm
nnd in der Nabelgegend, besonders bei Druck, doch waren
keine Härten nachweisbar; auf der Brost etwas Rasseln,
sonst gesunde innere Organe. Urin klar, sehr vermehrt,
4 bis über 5 Liter täglich, mit reichlichem Zucker- und
Hamstof^^ialt Der Kr. wurde stetig schwächer und
starb am 28. October.
Die Sektion ergab starke Abmagerung, die Haut
gleichmässig dunkelbraun, hart, gespannt, eigenthümlich
trocken ; die Schleimhäute ohne die angeUich charakte-
ristischen Pigmentflecke und ohne submuköse Hämor-
riiagien. Die Leber vergrössert, 1800g schwer, dunkel-
roth, an der Oberfläche granulirt, im Durchschnitt hart,
deutlich sklerosirt, mit starken Bindegewebeetreifen
durchsetzt, hier imd da mit glasig durchscheinenden,
4 mm langen und 2 — 3 mm breiten Herden, ohne Amy-
loidreaktion, die sich als glykogene Infiltrationen erwiesen ;
Nieren etwas verkleinert, mit glatter Oberfläche und
graulich gefärbter Bindensubetanz; Milz stark vergrossert,
sehr fettreich, die Qlomeruli Maipighi vergrösMrt, die
Pulpa normal gefärbt, mit weisslichen Bindegewebe-
strängen und Netzen aurchsetzt. Das Pankreas etwas
gelblicher als hormal, fest, schwach sklerosirt, die Neben-
nieren anscheinend normal, im Durchschnitt an der Peri-
pherie gelblich gefärbt
Die mikroskopische Untersuchung er^b die Leber
bei schwacher Vergrösserung mit starken Bindegewebe-
zügen durchsetzt, die die yerschiedenen Läppchen und
Inselchen mit einzelnen Leberzellen abtrennten, ähnlich
wie bei der Hanof sehen Cärrhose; meist zeigte sich hyper-
trophische, seltener atrophische Girrhose mit Sklerosen
Ringen und zwischen den Balken einzelne neue Gallen-
kanälchen mit Pigmentmasse erfüllt und feinste Zweige
der Leberarterie imd der Pfortader mit verdickten Wan-
dungen. Bei starker Yergrösserung erschienen die Bal-
ken mit Pigmentgranulationen erfüllt, die, meist von der
Grösse der Leberzellen, den Eindruck machten, als ob sie
durch Pigmentinfiltration und durch den cirrhotischen
Prooess entartete Epithelzellen wären.
Die Leberzellen in der Nachbarschaft der fibrösen
Balken waren in der Regel sehr verändert, comprimirt,
mit Pigment infiltrirt und stellenweise in Pigmentschollen
verwandelt ; entfernter von den Sklerosen Zügen waren
die Veränderungen in den Zellen geringer, das Proto-
plasma weniger pigmentirt, anscheinend noch funktions-
fähig. Hier und da zeigten sich grössere Zellenhaufen,
in denen die Zellen farblos, geschwollen und anfflillig
durchscheinend waren und mit Gummi jodatum (nach
Morel) die charakteristische dunkelgelbe Färbung der
glykogenen Infiltration zeigten. Das Pankreas wies
gleichfalls starke pigmentäre CiirboBe auf. Die Nieren
zeigten diffuse Nephritis mit geringer P^^entirung, die
Kanäle waren vielfach vom Epithel entblösst, erweitert
und mit hyalinen oder kömig fettigen Cylindem erfüllt,
durch BindegewebesträDge von den verdickten Bowman'-
«chen Eapsdn getiiennt, die oberflächlichen Zellen der
Rindenzone geschwollen, durchscheinender als normal,
anscheinend gleichMs glykogen infiltrirt Die Neben-
nieren waren stark pigmentirt, besonders in der Rinde,
wo die Zellen zum Theil ganz geschwunden und durch
Pigmentschollen ersetzt, zum Theil mit Pigmentmasse
inätrirt waren. Die Milz war wenig pigmentirt, im
Uebrigen vergröesert und fibrös. Die Haut zeigte in der
Dermis das Pigment, besonders in den feineren arteriellen
Verzweigungen, zum Theil in einzelnen, den Blutlauf
nicht hemmenden Fragmenten, zum Theil so dicht ge-
drängt, dass die Gefässe stark erweitert und selbst ganz
verstopft waren ; ausserdem war das Pigment in das be-
nachbarte Zellengewebe infiltrirt und hier und da in
meinen Schollen zwischen den Fettkömohen und Binde-
gewebebalken abgdageri In der Epidermis fuid sidi
das Pigment nur in der tiefsten, unmittelbar auf dea
Dermispapillen aufiützenden Cylinderzellensohicht des
Stratum Malpi|^hi, ähnlich wie bei der Addison'schen
Krankheit, sowie besonders in den dazwischen veriaafen-
den Gefässen.
Der Ursprung des Pigments liegt in diesen Flllea
nach Hauet und Ghauffard in einer Emähnug-
stomng der Leberzellen, die zu Hypergiykämie, Ittat-
veränderung und diabetischer Arteriitis mit Kreislanf-
störungen Veranlassung giebt und zu einer Hypergeoeae
oder vielmehr Dysgenese des Pigments führt Das in
der Leber übermäßig gebildete pathologische Figmeot
wird resorbirt und auf embolischem Wege durch den
ganzen Körper verbreitet Letulle schreibt dagegen
die Pigmentbildung einer Entartung des Hämoglobins des
Blutes zu unter dem primären Einfluss der Hypeiglykämie,
besonders, wenn gleichzeitig die Ldfler durch ärrhose
zerstört ist M. und D. neigen sich der letzteren Ansicht
zu. Nach ihnen ist die Pigmentimprägnirung der Leber
nur sekundär und der embolische Process spielt bei der
allgemeinen Melanose nur eine untergeordnete Rolle. Die
Ablagerung des Pigments in der tieferen Schicht des
Corpus Maipighi und die Menge desselben in den feineren
Gefässen der Dermis, sowie sein Eisengehalt sprechen für
eine Entstehung des Pigments aus dem veränderten nnd
zerfallenen Hämoglobin. Es bildet sich hiemach in allen
Körpertheilen, wo das zersetzte Hämoglobin extravasiren
kann, besonders aber an den Stellen, die als Herde der
Bildung, Ansammlung und Umwandlung des Hämodobutt
bekannt sind, d. h. im Blut, in der Leber, den Imkeln
u. s. w. Zu der Hypergiykämie gesellt sich also noch
eine physikalische und chemische Veränderung des Blutes.
Die Beziehungen der Lebercirrhose, der Melanimie
und der Rgmentirung zu einander erklären M. undD.
in der Weise, dass in gewissen Fällen von Diabetes meUi-
tus die Coexistenz derMelanämie und der Hypergiykämie
diese Cirrhose zur Folge hat Die allgemeine Imprägna-
tion der blntbereitenden und blutreinigenden Organe
(Leber, Milz, Pankreas, Nieren und Nebennieren) mit
Pigment erzeugt eine peri- und intralobuläre oderadnöse
Sklerose dieser Organe und funktionelle Störung, die eine
zunehmende Autointoxikation und raschen KiäJleverlall
zur Folge hat Dass vidfach nur einePigmentanhäufong
in der Leber, nicht auch in 4®n anderen Organen er-
wähnt wird, erklärt sich leicht aus der mangelhaften
Untersuchung; auch in dem vorliegenden Falle würde
das Pigment im Pankreas und in den Nebennieren über-
sehen worden sein, wenn keine mikroskopische Unter-
sachung stattgefunden hätte.
Der hohe Grad der Pigmentcirrhose in Leber und
Pankreas, die zusammen den zuckerbildenden Apparat
darstellen, verglichen mit den viel geringeren entsprechen-
den Veränderungen in Nieren und Milz, weist darauf hin,
dass die Hypergiykämie oder vielmehr die Funktion-
Störung in dem ^lykosebildenden Apparat, welche die
Hyoer^ykämie beim Diabetes zur Folge hat, eine höchst
wichtige Ursache der Pigmentcirrhose von Hanot-
Chauffard bildet
Die Veränderung der Nebennieren, die im voriiegen-
den Falle für das bu)sse Auge nicht auffällig, nher doch
histologisch ganz beträchtlich war, liess an eine Compli-
kation der Zuckerhamrahr mit Addison^scher Krankheit
denken. Doch ist man bei der Uebereinstimmung dee
klinischen und anatomischen Befundes mit den anderen
beobachteten Fällen genöthigt, den Fall als ein Beispiel
von Bronzehamruhr mit Pigmentcirrhose der Leber nnd
des Pankreas zu betrachten.
Die Annahme einer primären Stönmg des Nerven-
systems, besonders des Sympathicus abdominalis, wie
bei der Addison'schen Krankheit, hat bei dem rapiden
Verlauf mancher Fälle von Diabetes und deren Comnlika-
tion mit Melanoderma Manches für sich und vieUeicbt
düifte die Pankreasstörung die primäre Bolle in dem
YL Innere Medidn.
14?
pazonKrankheitsbilde spielen; dooh fehlen leidei hierauf
bezägliohe genauere üntersuchunffen.
H. Meissner (Leipzig).
255. Ueber suboutane Brnfthrung; von
Prof. W. Leube. (Verhandl. d. Xin. Congr. f.
innere Med. Wiesbaden 1895. J. F. Bergmann,
p. 418.)
Die interessanten Versuche, die L. an Hunden
anstellte, fOhrten fQrEiweiss in verschiedener Form
und för Zucker lediglidi zu Misserfolgen. Zur
Aufnahme, bez. Verarbeitung dieser Stoffe eignet
sich das Unterhautgewebe entschieden nicht. An-
ders liegt die Sache mit dem Fat Es ergab sich,
dass unter die Haut gespritztem Fett (Butter) als
solches angesetzt und im Stoffwedisel vollständig
Terbrauoht werden kann. Es gelang, einen fettlos
gewordenen Hund durch Buttereinspritzungen
wieder fett zu machen. Dippe.
256. Ueber Nasentuberkulose ; von Dr.
Hans Koschier. (Wien. klin. Wchnschr. Vm.
36—42. 1895.)
Genaue Krankengeschichten von 16 Pat mit
Tuberkulose und 6 mit Lupus der Nase aus der
S törk 'sehen KUnik.
E. unterscheidet 3 Formen der Tuberkulose:
1) Die geschwürige Form, die complicirt mitLungen-
und Eehlkopftuberkulose auftritt und den tuber*
kolOsen Eehlkopfgeschwüren histologisch, bakte-
riologisch, sowie dem klinischen Verlauf nach ent^
spricht Der Process wird als ein sekundärer,
durch Infektion mit dem Auswurf entstandener
angesehen. Die 2. Form äussert sich in grosseren,
breitbasig aufsitzenden, weichen, leicht blutenden,
glatten oder hOckerigen Tumoren, meist am knorpe-
ligen Septum, ein- oder beiderseitig, seltener am
hinteren Theile des Septum gegen den Choanal-
land zu, von wo aus der Tumor einmal fast den
ganzen Nasenrachenraum ausfüllte, einmal sass er
am Bachendacb. Es besteht geringe Neigung zum
Zerfall, erst an älteren Tumoren kommt es zu
üloorationen. Histologisch betrachtet nimmt der
Process seinen Anfang inderSdüeimhaut, in ihrem
adenoiden Gewebe; neben der Tuberkelbildung
kommt es zu bedeutender Hyperplasie des adenoi-
den Gewebes der Schleimhaut, wodurch sich grosse
Tumoren bilden können. Der Process greift später
auf den Knorpel über, es kommt zu Nekrose und
Verkäsung und in Folge dessen zur Bildung von
grosseren kraterförmigen Geschwüren. Der Pro-
cess erinnert in seinem Verlaufe und durch die
Häufigkeit seines Vorkommens bei Leuten, die
Bonst keine Erscheinungen von Tuberkulose zeig-
ten, an die tuberkulös-scrofulOsen Lymphoma Die
3. Form nimmt ihren Ausgang vom knöchernen,
bez. knorpeligen Nasengerüste und entspricht den
tuberkulösen Knochenerkrankungen.
Die 6 Fälle von Lupus bieten das typische Bild
des Schleimhautlupus dar. Der Process erstreckte
ach nie auf Knorpel od^ Enochen, sondern war
streng in der Schleimhaut begrenzt Grosse tiefe
Geschwüre wurden niemals gefunden.
Therapie: gründliche Entfernung des erkrank-
ten Gewebes mit nachfolgender Milchsäurebehand-
lung. Am ungünstigsten waren die Erfolge bei
der geschwürig^ Form, in keinem Falle wurde
eine üebemarbung der gesetzten Wunde er-
zielt, sondern man konnte im Gegentheil eine
Ausbreitung des Processes beobachten. Besser
sind die Resultate bei der tumorartigen Form, wo-
bei jedoch der Lungenbefund wichtig für die
Prognose ist. Bei gesunden oder nur wenig er-
krankten Lungen erfolgte gute Heilung und in
3 Fällen war nach 1 Jahre kein Becidiv aufgetreten,
bei ausgebreiteter Lungentuberkulose erfolgte die
Heilung der durch die Operation gesetzten Wunden
bedeutend langsamer. Bei den lupüsen Erkran-
kungen war kein Dauererfolg zu erzielen, es trat
fast bei jedem Kranken nach einiger Zeit ein Beci-
div auf. Friedrich (Leipzig).
257. Bemerkimgen sur ohinugisohen Be-
handlimg der Kehlkopftuberknlose ; von Dr.
L. B 6 1 h i. (Wien. klin. Wchnschr. VIII. 42. 1895.)
B. warnt vor der chirurgischen Behandlung der
Eehlkopftuberkulose bei florider Lungenerkran-
kung, bei Fieber und bei ausgedehnter Kehlkopf-
erkrankung mit grossen Infiltraten und Geschwü-
ren, wo es nach der Operation zu rapidem Zerfall
und Fortschreiten des Processes kommt Bei um«
schriebenen Infiltraten, kleinen Geschwüren, tumor-
artig^i Ezkreeoenzen, verbunden mit wenig aus-
gebreiteter, bez. stationärer Lungentuberkulose, ist
die Operation zu empfehlen.
Friedrich (Leipzig).
258. Die Nase und ihre Nebenrfiame m
Oypsmoddien natürlicher Grösse; von Dr. Odo
Betz in Heilbronn a« N. (Memorabilien XXXlX.
4. p. 194. 1895.)
Beschreibung und Erläutemng von Gipsmodellen,
die B. nach Spiritaspräparaten hat anfertigen lassen.
Ueber die Brauchbarkeit dieser Gipsmodelle kann Mancels
eigener Anschauung hier kein Urtheil abgegeben werden,
das aber muss im Allgemeinen betont werden: Gips-
modelle können nie Spiritus- oder Trockenprl^arate er-
setzen, wie B. meint, sie bleiben immer ein, wenn auch
recht bequemes, so dooh unvollkommenes Surrogat
Immerhin sind sie zur oberflächlichen Informimng besser
als nichts. Nooh weniger können wir der Verwendung
der Modele als Demonstrationsobjekte für den Kr. das
Wort reden, wie es B. in folgenden Sätzen thut : «Häufig
ist es von Wichtigkeit, einen Patienten über den Ort und
die Umgebung seiner Erkrankung aufzuklären, besonders,
wo die Krankheitserkenntniss ids Sporn zu nehmen ist,
im Fortsetzen einer oft ermüdenden Therapie. '^ Wenn
der Arzt das Vertrauen des Er. auf diesem Weee er-
kaufen muss, steht es schlimm. Richter (Altenburg).
259. Die Besiehmigen der Nase und ihrer
Nebenrftume mm übrigen Oiganismos; von
Gerber. (Akadem. Antrittsvorlesung. Berlin
1896. Karger.)
Die Schrift giebt im Bahmen einer Vorlesung
in (mscbauUcber, fesseliider Weise eine aUgemeiu
148
TL lüAeM.Hedicin.
gehaltene Darstellung der Beziehungen der Nase
zum allgemeinen Organismus. Bei der ftusseren
Nase wird begonnen, ihre Form und Physiognomik
betrachtet; darauf ausfOhrlich die Funktion der
Nase behandelt Die Beziehungen der Nase zum
Bespirations- und Digestionstractus , zum Ohre,
Auge, Oehim und übrigen Nervensystem, zum
Girkulations-undQenitalsystem, zur äusseren Haut,
sowie das Verhalten bei verschied wen Krankheiten
werd^i, ohne etwas Neues zu bringen, unter hAu-
flger Anführung von Literatur behandelt
Friedrich (Leipzig).
260. UeberEiterangenderSiebtMinaellen;
von Dr. E. Baumgarten in Budapest (Wien,
med. Fresse XXXYL 5. 6. 1895.)
B. berichtet über seine eigenen Beobachtungen
bei Erkrankung des Siebbeinlabyrinthes, die sich
im Wesentlichen mit denen Anderer decken. Er
theilt die Eiterungen der Siebbeinzellen ein in:
1) einfache chronische Eiterungen ; 2) Eiterungen
mit einem Eitersacke; 3) Eiterungen mit Polypen-
bildung; 4) Eiterungen mit osteophytisoher Bil-
dung, und bemerkt, dass fttiologisch Lues und
einige akute Infektionskrankheiteu , wie Typhus,
Scharlach, Diphtherie und Erysipel haupts&ohlidi
in Betracht kommen. Verlauf und Symptome
sind sehr mannigfaltig; die Diagnose kann nur
aus Inspektion und Sondenuntersuchung gestellt
werden. Die Therapie besteht in Freilegung des
Krankheitsherdes und Schaffung freien Eiter-
abflussee. B i c h t e r (Altenburg).
261. 87 mie von seröser Brkrankiing der
Oberkieferhöhle; von Dr. H. Noltenius in
Bremen. (Mon.-Sch^. f. Ohrenhkda XXIX. 4.
p. 114. 1895.)
N. beschreibt eine Erkrankung der Highmors-
höhle, die in Ansammlung einer serösen, schwach
bernsteingelben Flüssigkeit, zuweilen mit Bei-
mengung von Gholestearinkrystallen, besteht Die
subjektiven Beschwerden sind, wie ja auch häufig
bei eitrigen Ansammlungen, meist recht unbe-
stimmter Natur. Kopfschmerzen, Yerschleimung
und Verstopfung der Nase, schlechter Qesohmack
und Geruch, plötzlich auftretender und rasch wie-
der verschwindender Schnupfen waren die gewöhn-
lichen Erscheinungen, die Probepunktion war das
Mittel, mit dem die Erkrankung festgestellt wurde.
N. nimmt die Probepunktion vom unteren Nasen-
gange aus in bekannter W^se vor und schliesst
hieran bei Nachweis von Flüssigkeit die Eröffnung
der Höhle mittels eines dem Krause^Bchen ähn-
lichen Troikarts. In der ersten Zeit behandelte
N. diese Kranken erfolgreich mit ein- oder mehr-
maligen Ausspülungen, später fand er, dass sie
auch lediglich nach Äbxapfm der FlÜ9sigkeit schnell
genasen.
Zur weiteren Erläuterung werden einige Kran-
kengeschichten vorgeführt.
B i c h t e r (Altenburg).
262. Dn diagnostio de lA anppormtioii da
■inos mazillaire; par le Dr. Burger. (Bevue
de LaryngoL, d'OtoL et de BhinoL XV. 1. 1894.)
B. hat Gelegenheit gehabt, 2mal Eiterung der
linken Highmorshöhle zu sehen, mit Krustenbildung
im hinteren Abschnitt der rechten Nase. Die
Krusten entstehen dadurch, dass Nachts beim
Liegen auf der rechten, gesunden Seite der Eäter
aus dem kranken Sinus in die andere Nasenaeits
hinüberfliesst, wo er liegen bleibt und eintrocknet
In jedem Falle von einseitiger Rhinitis muss man
also die Höglidikett einer Eiterung des Sinus
maxillaris der anderen Seite im Auge haben.
Die Durchleuchtung der Highmorshöhlen hält
B. für ein gutes diagnostisches Mittel Er legt
aber nicht so grossen Werth auf die Durchleudi-
tung der Wangen, als auf die Durchleuchtung der
Augen. Hier erscheint ihm aber auch die sub-
jektive Ltichtempfindung, die die Patienten dabei
haben, werthvoÜer, als das von Davidsohn an-
gegebene Bothwerden, bez. Dunkelbleiben der
Pupille. Das Rothwerden der Pupille hat B. un-
gefthr bei der Hälfte der von ihm daraufhin unter-
suchten Personen mit gesunden Kieferhöhlen ver-
misst, während eine subjektive Lichtempfindung
bei allen Untersuchten mit gesunden Kieferhöhlen
beiderseits vorhanden war.
Rudolf Hey mann (Leipzig).
263. Dürfen die therapeutiBohenBingtiflis,
welche rar Behandlang einer Oberkieferhöh-
len-BitemDg als knnstgereohte in Frage kom-
men können, auch bei der gleichen Brkranknng
des Siniia flrontalia angewandt werden? von
Dr. Ernst Winckler in Bremen. (Mon.-Schr.
f. Ohrenhkde. u. s. w. XXVm. 2 u. 3. 1894.)
Ebenso wie es bei Behandlung von Oberkiefer-
höhleneiterungen gerechtfertigt ist, die Höhle erst
von der Nase aus zu trepaniren und zu versuchen,
ob man von hier aus die Eiterung beseitigen kann,
ehe man die Höhle von der Fossa canina aus l^eit
eröffiiet, ist es bei Eiterungen in der Stirnhöhle
erlaubt, erst eine Behandlung von der Nase aus au
versuchen, ehe man die Höhle von aussen auf-
meisselt. Wo der natürliche Ausführungsgang zur
Behandlung nicht ausreicht, kann man die Punk-
tion der Stirnhöhle von der Nase, und zwar sowohl
lateral, als medial vom vorderen Ende der mittleren
Muschel versuchen. Der beste Weg, lateral von
der mittleren Muschel, ist nicht immer ohne Ver-
letzung des Siebbeins oder der Orbita passirbar.
Der Weg medial von der mittleren Muschd ist
zuerst von Sch&ffer eingeschlagen worden.
Diesen Weg zu wählen, ist nur oontraindicirti
wenn die Palpation in der Pars frontalis das
Nasendacbes dicken, harten £nochen ergiebt, oder
wenn durch Anomalien im Auf hau der Nase die
Pars frontalis des Nasendaches überhaupt ftir In-
strumente unzugänglich ist Der nasale Abschnitt
des Stimhöhlenbodens hAt einen sagittfUm Dorch?
YL Inaeie MedicixL
149
Bieseer von mindestens 1 om und ist 5 cm oberhalb
der Spina septi gelegen. Ist die Sinusschleimhaut
durch ttnger bestehende I&terung degeneiirt und
mit Orannlationen bedeckt, so ist znr HerbeifQhrnng
der HeQnng ein grOndliches Auskratzen der Höhle
nöthig, was von der Nase aus nicht mOglieh ist
In soloben F&llen und wenn schon cerebrale Er-
sohdnnngen bestehen, ist die breite Eröffnung der
Höhle mit dem Heissel, als dem zuverlfissigsten
Instroment, nOthig. Mitunter liegen aber die
Höhlen nicht übereinander, sondern hintereinander,
wie W. an Abbildungen Ton anatomischen Prä-
paraten zeigt Bei solcher Lage kann unter Um-
st&iden die zu eröffnende HOhle nicht von der
vorderen Wand her erreicht werden, sondern nur
von unten vom inneren Augenwinkel her.
Rudolf Heymann (Leipzig).
264. Bin Fall von Bnipyem der Keilbein-
hohle mit bedrohlichen Stanongsersoheinan«
gen, endonasale Operation, nebst einigen Be-
merknngen über Diagnose nnd Therapie dee
Keilbeinhöhleneinp jems ; von H a j e k. (Wien,
med. Wchnschr. XLV. 32. 33. 1895.)
Auf Orund mnes Falles, in dem die Diagnose
anf Empyem der EeilbeinhOhle erst nach längerer
Behandlungsdauer gestellt wurde, empfiehlt H. zur
Diagnose der Nebenhöhlenaterungen dem Eiter
auf chirurgischem Wege nachzugehen und Alles zu
entfernen, was den Zugang zum Eiterherd behin-
derL Auf diese Weise allein kann man sich vor
Lrrthümem hüten, die durch eine rein schematische
Befolgung der Angaben Aber die Lokalisation des
isters in der Nase bei den verschiedenen Neben-
höhlenerkrankungen entstehen könnten. Zu dem
Zwecke verwirft H. die Probepunktion der Keil-
beinhohle als unsicher und empfiehlt, sobald man
eine Eiterung in ihr vermuthet, zunächst durch
Freil^ping derFissura olfact, eventuell durch Ent-
fernung der mittleren Muschel sich den Anblick
der vorderen Wand der Eeilbeinhöhle zu ver-
schaffen, um dann durch direkte Sondirung oder
Probeausspritzung durch die natürliche Oefihung
der Höhle eine sichere Diagnose stellen zu können.
Nach den subjektiven Beschwerden des Kranken,
nacdi dem Schwindel, Kopfschmerz oder Hämmern
im ]^opfe lässt sich eine Diagnose wegen der In-
conetanz dieser Symptome nicht stellen.
Zwecks Ausführung der Behandlung, die in
Ausspritzung mit 3proa Borlösung und später in
Injektionen von 3 — öproa Lapislösung besteht,
wird erst eine genügende Oeffhung in der vorderen
Wand der Keilbeinhöhle durch Ausbrechen kleiner
Knochenstückchen mit einem von Hajek con-
etroirten Haken angelegt H. warnt vor Aus-
kratzen und weist auf die Gefahr einer Meningitis
hin, die leicht eintreten kann, da die obere Wand
der Höhle sehr dünn ist und es seitlich an ihr
nidit selten Knochendefekte giebt
Friedlich (Leip;ug)« ^
265. üeber Syphilis.
1) Nouveaux faiü» de 9yphü%8 por taiouage; par
G. Bergässe. (Aroh. de Med. et de rharm. milit. XXV.
3. p. 203. Mars 1895.)
2) üeber y^BubanuU syphüUici'^; von Dr. Franz
Koch. Mit2Tafehi. (Arch. f. Dermatol. a. Syphil. XXX.
3. p. 343. 1895.)
3) Sypkilitisehe SeMeimpapein der Oonfuneüva;
von Dr. A. 8 1 a e 1 i n. (Monat^. f. prakt Dermatol. XX.
1. p. 20. 1895.)
4) Ein Faü vonPancreatüis sypkÜüiea induratwa
et gummosa (tequwUa; von Dr. F. bchlagenhauf er.
(Aroh. f. Dermatol. o. Syphil. XXXI. 1. p. 43. 1895.)
5) On stfphilitie nodose periarierUis ; by Alexan-
derBrnce. Mit 2 Tafehi. (Transact of the med.-chir.
8oc. of Edinb. XTTT. p. 190. 1893—94.)
6) üeber die durch Syphilis bedingten Btutverän-
derungen in Hinsieht naieh ihrer diagnostischen und
therapeutisehen Bedeutung; von Dr. Jacob Justus.
(VirchoVs Aroh. CXL. 1. p. 91. 1895.)
7) Beüräge xur Äetiologie der tertiären Lues, ins-'
besondere Ober den Emßuss der Queeksilberbehandhmg
auf das Auftreten tertiärer Symptome; von Dr. Tho-
mas von Marschalko. (Aroh. f. Dermatol. a. Syphil.
XXIX. 2. p. 225. 1894.)
8) üeber Vorbauung der venerischen Krankheiten;
von Ftof. Eduard Lan ^. (Wiener Klinik I. Jan. 1894.)
9) üeber die ßeeisum des syphilitischen Initial»
affektes ; von Dr. ErnstFinger. (Wien. med. Presse
XXXVI. 2. 3. 1895.)
10) Der Einfluss der friihxeitigen antUuetis^hen
Behandkmg auf das Nerpensystem; von Deutsch.
(Aroh. 1 DermatoL u. Syphü. XXVm. 2. p. 223. 1894.)
11) Essais de sSroth^apie dans la sy^hilis; par
A. Gilbert u. L. Fournier. (Semaine med. XV. 22.
p. 181. 1895.)
12) UAer die modernen Bestrebungen in der Syphilis-
therapie mit besonderer Berücksiehti^tmg des Heüwerthes
der Schicefelthermen ; von Prof. E. F i n g e r. (Wien. med.
Presse XXXVI. 21. 22. 24. 1895.)
13) Ein Beitrag xur Frage über den gleichzeitigen
Oebraueh der Schwefelbäder und der Inunktionskur,
nebst experimefUeÜen üniersuehungen ; von Dr. J. D.
Grabowski. (Arch. f. DermatoL n. Syphil. XXXI. 2.
p. 187. 1895.)
14) üeber die Behandlung der Syphilis mit SOproc»
Oleum cinereum ; von Dr. G 1 a e s s e n. (Therap. Monatsh.
Vm. 10. 1894.)
15) Üeber intravenöse SubUmatif^fektionen bei Sy-
phüis; von A. Blaschko. (Berl. klin. Wchnschr.
XXXI. 45. 1894.)
16) Zur Behandlung der Syphilis mittels hoch-
dosirter h^ektionen von Sublimat; von Dr. Georg J.
Müller. (Dermatol. Ztschr. IL 1. p. 35. 1895.)
17) Üeber die lokalen Veränderungen nach intrct-
muskuiärer Injektion unlöslicher Quecksüberpräparate;
von Dr. M a X W 0 1 1 e r 8. Mit 1 Tafel. (Aroh. f. Derma-
tol. n. Syphü. XXXI. 1. 2. p. 149. 1895.)
18) Einige Bemerkungen über VeränderunMn der
Haut naeh QueeksHbergebrtnteh und über einen fall von
DigitaHe-ße&nihem ; von Dr. F r i e d h e i m. (Denisohe
med. Wchnschr. XXI. 11. 1895.)
1) Bergasse theilt 7 Fälle mit, in denen die
Syphilis durch Tfttowirung übertragen wurde. Sie
betreffen Soldaten der algerischen Armee, die
sämmtlich von einem Kameraden, der syphilitische
Plaques in der Mundhöhle hatte, tätovirt waren.
Die z. Th. multiplen Primäraffekte sassen am Prä-
putium, an den Extremitäten, an der Brust, am
Kücken. Die üebertragung hatte durch die mit
dem Speichel angefeuchtete Tätowimadel statt«
gefunden.
150
TL Innere MedicixL
B. weist noch auf 5 von Petry mitgetheilte
Fälle hin, in denen die Syphilis durch das mit
dem Blnte des ersten Tätowirten, der syphilitisch
war, inficirte Instrument auf die übrigen über-
tragen worden war.
2) Koch theilt 3 Fälle mit, in deren einem im pri-
mären Stadinm^ in den zwei anderen im sekundären Sta-
dium im Anschluss an eine tnitiakkleroee ohne nach-
weisbare Mischinfektion mit Ulcus moUe, Knoten unter
der Haut des Penis sich bildeten in einem syphilitisch
infiltrirten Lymphstrang; diese Knoten erweichten ohne
Entzündung allmählich und brachen durch. Es handelt
sich hierbei um etwas sehr Seltenes. Die Erweichung
musste direkt auf die Einwirkung des Syphilisgiftes
bezogen werden; wenngleich im Allgemeinen Vereite-
rungen rein syphilitischer EntziLndungsprodukte als der
Spätperiode anc^hörig anzusehen sind. Die histologische
Untersuchung stand damit im Einklang; ein massiges
Infiltrat, das wesentlich aus Bundzellen bestand und im
Centrum einer Degeneration anheimgefallen war, hatte
zur Bildung des ^fl.üssigen, eiterartigen Produkts ge-
führt Dieser Degeneration gin^ eine ei^nthümliche
Umwandlung des zelli^en Materials in epithdoide und
Riesenzellen voraus. Die Massenhaftigkeit des Infiltrates
und eine starke Betheiligung der GeAsse bildeten yer-
muthlich die Ursache, weshalb diese Ebrweichung schon
im Frühstadium auftrat. In derartigen Fällen scheinen
auch die spedfisch erkrankten Leistendrüsen eine beson-
dere Neigung zu theilweiser Erweichung, ebenfalls ohne
entzündliche Erscheinungen, zu haben.
3) Staelin berichtet über 21 Fälle von
Schleimpapeln derConjunctiva, die sich unter 200
sekundär syphilitisch Kranken der Dr. Engel-
B e i m e r s 'sehen Abtheilung des alten Hamburger
Krankenhauses vorfanden «> 10.5<>/o. Die Erkran-
kung ist demnach nicht so selten, wie man bisher
angenommen hat; in 19 Fällen waren gleichzeitig
Papeln an anderen Stellen vorhanden. In den
2 Fällen, in denen die Schleimpapeln der Gon-
junctiva allein beobachtet wurden, konnte man
bezüglich der Diagnose im Zweifel sein, ob es sich
nicht umChalazion oder eine Neubildung handelte;
Entscheidung brachte der Erfolg der antisyphili-
tischen Behandlung. Die Papel der Conjunctiva
war Stecknadelkopf- bis erbsengross, halbkugelig,
ohne Neigung zum Zerfall; die Unterlider und hier
wieder die üebergangsfalte zeigten sich besonders
befallen. Die übrige Conjunctiva war meist völlig
normal; in Folge dessen bestanden auch keine
Schmerzen oder sonstige Beizerscheinungen.
4) Bei dem 43jähr. Er. Schlagenhaufer's, der
an einer Lobulärpneumonie gestorben war, ergab die
iSelUian ausser diesem Befunde beiderseits chronische
interstitieUe Pneumonie mit Bronchiektasien, syphilitische
Narben in der Leber, syphilitische Induration beider Hoden
und Nebenhoden mit Oummata im rechten Hoden, sowie
eine syphilitische Narbe am Präputium. Das Pankreas
wies eine Oummigeschwulst und eine indurirende syphi-
litische Prankreatitis auf. Der Kopf des Pankreas war
ungemein derb und hart und zeigte eine starke Verbrei-
terung des interacinösen Bindegewebes mit Atrophie der
Acini. Das Gummi enthielt ein käsig nekrotisches Cen-
trum von einer breiten Zone von Bundzellen umgeben ;
an diese schloss sich, das Drüsenparenchym völlig ver-
drängend, ein reichliches Bindegewebe an mit zahlreichen
miliaren Gummata. Starke Verengerung der Gefässe
durch TVuchening der Intima ; die Adventitia von zahl-
reichen kleinen RundzeUenwuchemngen durchsetzt Der
Schweif 4ss Pankreas war nonnal
Der Harn hatte beiliohem spedfischen Gewicht eine
reducirende Substanz enthalten.
5) Bruce berichtet über 2FftUe von bietikher
Oeßss&rkrankung.
1) Ein 37jähr. Krankenwärter starb ziemlich pdotzUch
innerhalb 68td., nachdem tonische und klonische KrSmi^
bald der einen, bald der anderen Eörperseite voms-
gegangen waren. Vor 2—3 Jahren syphilitische InfektioB ;
schwere sekundäre Erscheinungen mit PastelausscUag;
l'/i Jahre nach der Infektion tertiäre Symptome tob
Seiten des Nervensystems : theilweise Lahmung der rechiea
Seite, die unter Jodkalium zurückging; danach TiShmnng
beider Beine und Sprachstörung (Anarthrie?), Doppelt
sehen und Augenmuskellähmune. Abermalige Bessenuig
unter Jodkalium gebrauch. Alsdann neuerdings Doppelt-
sehen ; Erweiterung und Starrheit der linken Pupille.
Die Sektion ergab eine leichte obliterirende Eod-
arteritis der Geftsse an der Himbasis mit starker, theil-
weise Sjioten bildender Verdickung der Adventitia; ao
einigen Stellen beginnende Verkäsung der Infiltratioo.
Die Muscularis war grÖsstentheUs intät, das elastische
Gewebe normal. Pia nicht erkrankt Die Cmra oerebri
längs des Arterien Verlaufes erweicht, ebenso derNadeos
des Nerv, oculomotorius.
2) Eine 35jähr. Wärterin wies Lähmung der Extre-
mitäten und eine eigenthümliche Sprachstörung auf^ sowie
leichte Contrakturen an den Armen und an den Zehen.
Kniereflexe gesteigert. Verminderung der fsradisdieD
Erregbarkeit ; Hauteensibilität normal Die Kr. £ing binfien
3 Tagen am 21. Sept. 1892 unter Ansteigen der Tompe-
ratur auf 40*, der Bespiration auf 60 zu Grunde, nach-
dem noch lühmung des Nackens und der Zunge hinzu-
getreten war.
Die syphilitische Infektion hatte im December 1891
stattgefmiden, und die Kr. war im März und April 1892
einer Gwöch. Schmierkur unterzogen worden. 3 Wochen
später Lähmung des linken Armes, Sprachstörung, Be-
nommensein, Parese der rechten Gesichtshälfte uid des
rechten Armes, Schwäche der Nacken- und Rnmpf-
muskulatur, Lähmung der Beine mit stärkerem BeMen-
sein der linken Seite. Psoriasis syphilitica über den
ganzen Körper, Ülceration beider Tonsillen. Im Juni
beiderseits Neuritis N. optici. Rasche Besserung und
Wiederherstellung am 18. August
Die Sektion ergab deutlidie, zum ThaQ knotige Pen*
arteriitis der Basilar- und Vertebralarteiien, keine Ver-
käsung der Infiltrate ; leichte Infiltration der Muscularis,
leichte obliterirende Endarteriitis. MeduUa und Pods
zeigten deutliche Degeneration. Dura normal; Ha im Be-
reiche der Medulla und des Pons beträchtlich infiltrirt
Br. geht auf die fibrigen, noch YerSfrentlichtea
Fälle ein. Es lassen sich 3 Formen der Periarteriitis
unterscheiden : 1) Infiltration der Adventitia ohne
Degeneration ; 2) Infiltration mit beginnender Ver-
käsung; 3) dilfuse Periarteriitis, verbunden mitBil*
düng verkäsender Oummata. In der Hehrzahl der
F&Ile begann die Krankheit sehr frühzeitig naoh
der syphilitischen Infektion; 4 Jahre war der
längste Zeitraum, der zwischen der Infektion uod
dem Ausbruch der Xrankheit beobachtet wurde.
Die Symptome sind sehr verschieden; der Verlauf
schnell oder Wochen- und Monate lang dauernd.
Einige Fälle wiesen unter spedfischer Behandlung
bedeutende Besserung auf; doch erfolgten Rück*
fälle, die rasch tödüich verliefen. Die Kranken*
geschichten lassen eine lange antisyphilitische Be-
handlung nach Verschwinden frOh aufgetretener
Symptome von Seiten des Nervensystems dringend
geboteA erscheinen.
Vt. Innere Medi(^.
f6l
6) Auf Anregung Prof. Sohwimmer's unter-
saohte Jastns über 100 Syphilitisohe in Bezug
auf den Hämoglobingehalt des Blutes während
der specifischen Kur und gelangte zu folgenden
Schlflssen:
Die niohtbehandelte Syphilis vermindert den
fl&moglobingehalt des Blutes mehr oder weniger,
und zwar entsprechend der Schwere der Erkran-
loflg auf längere oder kürzere Zeit Mit dem
spontanen Bückgange der Symptome verschwindet
diese Verminderung des Hämoglobingehaltes wie-
do* langsanL Bei einer einmaligen Einfuhr einer
gi^taseren Menge Quecksilbers zeigt der Pigment-
gehalt des Blutes ein bedeutendes plötzliches Sinken.
Dieser Abfall wird je nach der Schwere der vor-
handenen Erscheinungen und nach dem Zustande
der Ernährung in kürzerer oder längerer Zeit aus-
geliehen. Bei Fortsetzung der Quecksilberkur
steigt der Pigmentgehalt, und zwar wird er be-
deutend grosser, als er vor der Behandlung war ;
sobald der Hämoglobingehalt zu steigen beginnt,
fangen auch die vorhandenen Syphiliserscheinungen
an abzuheilen. Es wird demnach durch die Syphilis
der wichtigste Bestandtheil des Blutes krank und
darch die specifische Behandlung geheilt, un-
mittelbar nach Erkrankung der regionären Lymph-
drOsen erkrankt das Blut; die Zeichen der Heilung
der Syphiliserscheinungen zeigen sich auch zuerst
im Bluta Die specifische Behandlung bringt
schnelle Heilung. Das charakteristische Sinken
des Hämoglobingehaltes wenige Stunden nach der
1. Injektion oder Einreibung kann ein wichtiges
flülfsmittel bei der Diagnoeenstellung bilden ; fällt
die Reaktion positiv aus, so spricht sie immer für
Syphilis ; sie wird nur vermisst in solchen Fällen,
in denen die sichtbaren Symptome ihre Akme schon
fiberschritten haben, gleichviel, ob spontan oder in
Folge einer Behandlung.
7) y.Marschalkö stellte die in der Breslauer
dmnatologischen Klinik und Poliklinik in den
Jahren 1882—1892 beobachteten tertiären Lues-*
^e, sowie die in derselben Zeit inNeisser's
irad seiner eigenen Praxis vorgekommenen Privat-
fille zusanimen. Es waren dies im Ganzen 673 Fälle
tertiärer Syphilis (319 aus der Klinik und Poli-
Uinik; 344 aus derPrivatpraxisNeisser's; 110
■na der Praxis v. M.'s). Es wurden nur die Fälle
verwerthet, in denen ganz genaue anamnestische
An^EeicAniuigen über die Behandlung der Syphilis
in der FrQhperiode vorhanden waren. Die sich er-
gebenden Schlüsse waren folgende: Die tertiäre
Syphilis kommt ungefähr in 7.4^/0 aller Syphilis-
Üte vor, wahrscheinlich aber etwas häufiger ; sie
fcitt meist zwischen dem 20. und dem 45. Jahre
nf. Schon im I.Jahre nach der Ansteckung, ziem-
lich häufig, erzeugt sie die meisten Erkrankungen
im 2. und 3. Jahre ; alsdann nimmt sie bis zum
S. Jahre etwas ab, tritt nach dem 25. Jahre bereits
sdten und nach dem 30. Jahre nur noch vereinzelt
auf. Die Qualität der Frühsyphili» und die Häufig-
keit der Recidive geben keinen Anhalt, für den
weiteren Verlauf. Die tertiäre Syphilis tritt haupt-
sächlich auf nach mangelnder oder ungenügender
Queoksilberbehandlung in der Frühperiode. Eine
lange Zeit fortgesetzte, intermittente Quecksilber-
behandlung bietet den besten Schutz; die ener-
gische Durchführung der allerersten Kur scheint
am wichtigsten zu sein. Am häufigsten kommen
die tertiären Hautaffektionen vor, alsdann folgen
die Erkrankungen der Knochen; das Nervensystem
ist bei den Patienten der Privatpraxis häufiger er-
krankt, als bei den Kranken des Hospitals, bei
denen die Schleimhautaffektionen häufiger sind.
In mehr als ^/g der EWe kommt die tertiäre Syphilis
nur Imal vor. Den Vorzug bei der Behandlung
der tertiären Lues verdient die gemischte Queck-
silberjodkur.
8) Lang stellt folgende Thesen auf: 1) Trotz
anerkannter Schwierigkeiten, die sich den prophy-
laktischen Maassnahmen entgegenstellen, sind die
Behörden verpflichtet, der Weiterverbreitung der
venerischen Krankheiten nach Möglichkeit entgegen
zu treten. 2) Für Arme und Unbemittelte ist un-
entgeltiiche Behandlung und kostenfreier Bezug der
Medikamente, sei es in der Behausung, sei es in
Ambiüatorien oder Krankenanstalten anzustreben.
3) Venerische Kranke müssen auf ihren Wunsch
bedingungslos Aufnahme in öffentlichen Heil-
anstalten finden. 4) Es sind demnach die bestehen-
den Abtheilungen für venerisch Kranke zu erweitern,
bez. neue Abtheilungen zu gründen. 5) Für vene-
risch Kranke aus der Beamten weit und dem Mittel-
stande sind in den öffentUchen Krankenhäusern
passende Zahlabtheilungen zu errichten, bez. die
bestehenden zu erweitem und allgemein zugänglich
zu machen. 6) Errichtung von Krankenanstalten
mit ausschliesfilicher Bestimmung fOr venerisch
Kranke sind nicht zu empfehlen. 7) venerisch
Kranke dürfen keine Zurücksetzung in ihrer Stel-
lung, noch eine materielle Schädigung bei Vereinen
u. s. w. erfahren. 8) Verbreitung einer gemeinver-
ständlichen Darstellung der gesammten Hygieine,
die auch über die Oefahren der Infektion mit veneri-
schen Krankheiten belehren soll, ist empfehlens-
werth. 9) Die Gewerbebehörden haben im Vereine
mit ärztlichen Funktionären auf Verhütung von
Syphilisinfektionen bei gewissen Berufsarten hin-
zuarbeiten. 1 0) Das Ammenverhältniss ist sanitäts-
behördlich zu überwachen und der Gesundheits-
zustand der Amme und ihrer Familie (zum min-
desten ihrer Kinder), sowie des Säuglings und
seiner Eltern den beiden interessirten Parteien
bekannt zu geben. 11) Für die Verbreitung der
venerischen Krankheiten giebt die sogenannte ge-
heime Prostitution wegen Unmöglichkeit einer
sanitären Controle die gefährlichste Quelle ab«
12) Nicht registrirte Prostituirte, die nachweislich'
venerische Infektionen beigebracht haben, sind einer
obligatorischen Behandlung im Sinne der Thesen
16 und 17 zuzuführen. 13) Männer, von deneit
IBt
YI. Innere Medidn.
nachwmslioh venerisobe Infektionen ausgingen,
sind anzuhalten, ihre Krankheit regelrecht behan-
deln zu lassen und überdiess gerichtlich zu ver-
folgen, wenn sie sich ihrer Krankheit bewusst
waren. 14) Die sanitftre Gontrole ist nur bei be-
hördlich registnrtenProstituirten möglich. 15)0ert-
liehe Verhftltnisse sollen dafQr bestimmend sein^
ob fOr die registrirte Prostitntion die Errichtung
geschlossener Etablissements zu gestatten ist
16)Prostituirte, die venerisch krank befunden wur-
den, sind sofort in eine öffentliche Heilanstalt ab-
zugeben. 17) Eine noth wendige Ergänzung der
hjgieinischen Maassnahmen bilden unter Controle
befindliche Beconvalescentenhäuser, in denen die
aus der öffentlichen Krankenanstalt als „geheilt^*
entlassenen Puellae durch einige Wochen oder
Monate die Consolidirung ihrer Gesundheit abzu-
warten haben.
9) In der Mehrzahl der veröffentlichten Fftlle, in
denen die Excision des syphilitischen Primftraffektes
von Erfolg begleitet war, ist der Beweis, dass es
sich wirklich um syphilitische Sklerose handelte,
nicht erbracht worden. Am Sulcus coronarius und
am Präputiahrande sitzende Geschwüre, Herpes
u. s. w., weisen besonder^ häufig eine sklerosen-
ähnliche Derbheit auf. Erst die charakteristische
indolente Drüsenschwellung der Leiste sichert die
Diagnose Syphilis und die Excision ist in solchen
Fällen nach Pick stets erfolglos. Es giebt aber
auch Fälle, in denen auf zweifellose typische Skle-
rosen auch ohne Excision Allgemeinerscheinungen
nicht folgen ; 2 einschlägUche Fälle Üieilt Finger
aus seiner Praxis mit. Ob aber damit der Verlauf
der Syphilis abgeschlossen ist, das ist eine andere
Frage. Bei der oongenitalen Syphilis setzt die Er-
krankung sofort mit dem sekundären Stadium ein ;
ebenso giebt es Fälle, in denen die Syphilis unter
Auslassung des primären und sekundären Stadium
tertiär auftritt: die tertiäre Syphilis der Mütter bei
hereditär syphilitischen Kindern, sowie die tertiäre
hereditäre Syphilis mancher Kinder bei der Geburt
oder wenige Wochen danach. F. konnte 3 Fälle
beobachten, in denen nach der Excision des Primär-
affektes das sekundäre Stadium ausblieb, aber nach
Jahren tertiäre Erscheinungen auftraten. Es be-
steht also auch nach dem Ausbleiben sekundärer
Symptome die Möglichkeit des Auftretens tertiärer
Syphilis. Die Ursache, warum die Excision des
Primäraffektes meist negativ ausfällt, liegt darin,
dass, wie Taylor nachwies, die syphilitische Er-
krankung der Blutgefässe räumlich sich wesenüich
weiter erstreckt als die tastbare Sklerose.
10) Wie die Untersuchungen Finger 's er-
gaben, tritt vor und zur Zeit des Ausbruches des
syphilitischen Exanthems eine mitunter sehr be-
deutende Steigerung der Haut- und Sehnenreflex-
erregbarkeit auf; die Erregbarkeit sinkt hierauf oft
tief unter die Norm und steigt alsdann nur langsam
und allmählich wieder zur normalen Höhe an. In
einer ziemlichen Anzahl der Fälle jedoch (unter
50 Fällen der Schwimmer'sdien ünlv^itittts-
klinik in Budapest ISmal) konnte Deutsch sine
typische Abnahme der Beflexerregbai^t nicht be-
obachten; sie blieb vielmehr eine gesteigerte in
einem Falle 6 Mon. lang, in einem zweiten 4 Mon.
und in 14 FUlen 21/^ — 3 Mon. lang, obgleich das
Exanthem schon geschwunden war. Die Hyper-
ämie des Nervensystems hatte sich demnach stabi-
lisirt Bei 121 frühzeitig, d. h. vor Ausbrach der
sekundären Erscheinungen, behandelten Syphili*
tikem dagegen Hessen sich keine Yerändeningen
im Nervensystem beobachten, wie sie sonst zwischen
der 9. und 12. Woche aufzutreten pflegen. Auch
bestanden bei den Reddiven nach der frfihzeitigea
Behandlung nie Erscheinung^, die auf eine Hyper-
ämie des centralen Nervensystems zu beziehen ge-
wesen wären. Andererseits zeigten soldie Kranke,
die erst nach Ausbruch der sekundären Symptome
mit Quecksilber behandelt worden waren, Verände-
rungen im Nervensystem. Eine frühzeitige Be-
handlung scheint demnach den Ausbrudi der ner-
vösen Zufälle und eine eventuelle PrSdisposition
des Nervensystems zu organischen Veränderungen
zu verhindern. Man kann daher auch in jenen
Fällen von Tabes, die erwiesenermaassen auf Syphilis
zurückzuführen sind, die späte oder verspätete, nicht
aber die frühzeitige Behandlung beschuldigen.
11) Oilbert und Fournier wiederholten
dieVersuchePellizzari's, der das Serum tertiär-
syphilitischer Personen Kranken mit primärer oder
sekundärer Syphilis injicirte. EinTabiker mit alter
Lues von gutem Ernährungszustande und ein an
Gummata leidender Syphilitiker lieferten das Senon;
es wurde in Dosen von 25 — 45 com (im Ganzen
304 com in 20 Tagen) einem Kranken indieBaodi-
haut eingespritzt, der an 2 typischen Sklerosen,
doppelseitiger Leistendrüsensch wellung, ausgebrei-
tetem maculo-papulösen Syphilid, heftigen Kopf-,
Knochen- undGelenk8chmerzen,abendIicheni Fieber
und ausgesprochener Anämie litt. Die Allgemein-
ersoheinungen gingen schnell zurück, der iTi-^ayilMi
erholte sich, bekam Appetit, schlief gut, die Skle-
rosen heilten, jedoch der Ausschlag verpdhwand
nicht vollständig, er war nodi sichtbar, als slohdsi
Kranke 8 Tage nach der Entlassung wieder seigta
Des Weiteren wurden Yersuche angestellt miJ
dem Serum von Thieren, denen Blut von Syphili-
tikern der sekundären Periode injicirt wordetn war
17 Kr. wurde dieses Serum eingespritzt; 7 davoi
wurden gleichzeitig der Sohmierkur unterwoiCea
Bei diesen schien die Serumbehandlung eine Besäe*
rung hervorzurufen, und zwar trat in 2 £lUeii auf-
fällige Besserung ein, nachdem die Queckailbokm
bis dahin erfolglos geblieben war. Bei d^i aw
schliesslich mit Senimiiy ektionoi behandeLtem Bjnm-
ken schien nur in einigen Fällen eine ^fknst^
Wirkung hervorzutreten. Es ergab sich denotnaol
aus diesen Versuchen, dass in gewissen laUen durch
die Serumbehandlung eine Besserung erzielt wurden
insofern, als das Allgemeinbefinden sich hob^ uo4
TL Innere Medicin.
153
die Erschdnnngen auf der Haut und Schleimhaut
zorQckgingen ; häufiger aber war mehr oder weniger
einMisserfolg zu verzeichnen. Ein abschliessendes
Urtheil ist vor der Hand noch nicht abzugeben,
zumal in Betracht gezogen werden muss, dass auch
die Injektion von Serum nicht geimpfter Thiere
nicht ohne Einfluss auf Syphilitiker ist
12) Finger ist Anh&iger der chronisch-inter-
mittirenden Behandlung der Syphilis mittels ener-
gischer (Hauptkuren N e i s s e r 's) und abwechselnd
milder (Nebenkuren N e i s s e r 's) Kuren. Die erste
Kur, die sofort nach Constatimng der constitu-
tionellen Syphilis begonnen wird, besteht in Ein-
reibungen oder intramuskulftren Injektionen, sie
soll 80 lange fortgefOhrt werden, bis alle Zeichen
manifester Syphilis verschwunden sind, und dann
noch die Hälfte der Behandlungszeit darüber.
Nach 6 — SwOchiger Pause wird, gleichgültig, ob
sich neue Syphiliserscheinungen zeigen oder nicht,
eine milde 4 — 6 wöchige Quecksilberkur vorgenom-
men. Nach einer zweiten 6 — SwGchigen Pause
neue milde Kur, so dass der Kranke im 1. Jahre
eine energische und 2 — 3 milde Kuren durch-
macht Am Ende des 1. oder Anfang des 2. Jahres
nach der Infektion folgt eine Hauptkur, an die
sich in 2 — 3monat Zwischenzeiten wieder milde
Quecksilberkuren von 4 — 6 wöchiger Dauer aü-
schliessen. Daneben soll aber jeder Quecksilber-
kur eine 4 — 6wöchige Jodkur folgen. Das Jod
befördert die Ausscheidung des Quecksilbers aus
dem Körper; es hält es in Cirkulation, besei-
tigt auf diese Weise den Theil des Quecksilbers,
der im Körper fixe Verbindungen eingegangen und
latent geworden ist, und bringt ihn noch zur Wir-
kung.
Die Dauer dieser Behandlung der Syphilis soll
1 Jahr über das letzte constatirbare Eecidiv be-
tragen. Auf diese Weise wird der Kr. am besten
vor der tertiären Erkrankung geschützt
Neben dem Quecksilber und Jod dienen noch
als Heilmittel gegen die Syphilis die Holztränke,
die Badekuren in Jod-, Sool- und Schwefelbädern.
Die Schwefelbäder erhöhen den Stoffumsatz im
Kßrper und wirken anregend auf ihn ein. Sie
sind angezeigt als Probekur bei älterer Syphilis,
um zu unterscheiden, ob der Kranke noch latent
syphilitisch oder schon geheilt ist; häufig wird
nämlich eine ältere latente Syphilis unter dem
Einflüsse der Schwefelbäder wieder deutlich. Eine
combinirte Behandlung mit Quecksilber- und
Schwefelbädern ist besonders erfolgreich wegen
der Einwirkung der letzteren auf die Resorption,
Cirkulation und Elimination des Quecksilbers. Die
Schwefelbäder dienen 1) als Nachkur nach voraus-
gegangenen Quecksilberkuren in jedem Stadium
der Syphilis , 2) zur Erhöhung der Quecksilber-
kur, die, wenn eine energische merkurielle Wir-
kung gewünscht wird, in Form von intramuskulären
Injektionen, bei Erzielung milderer Wirkung, intern
öder subcutan vorzunehmen ist Die gleichzeitige
ited. Jahrbb. ßd. 250. Uft. 2.
Vornahme von Schwefelbädern und Einreibungen
mit grauer Salbe ist contraindicirt, da das ent-
stehende unlösliche Schwefelquecksilber die Re-
sorption des Quecksilbers herabsetzt
13) Bei dem gleichzeitigen Gebrauche der
Schwefelbäder und der Einreibungen mit grauer
Salbe bildet sich Schwefelquecksilber. Elsen-
berg sprach die Ansicht aus, dass dieses Queck-
silbersulphid nicht zur Resorption gelange und
dadurch die Wirkung der Einreibungskur in Frage
gestellt werde. Um diese Verhältnisse zu kläreui
liess Orabowski Hydrarg. snlfur. nigrum, das
bis 45^/o Schwefel enthält, 4 Kranken einreiben
und konnte nach kurzer Zeit im Harne das Queck-
silber nachweisen und auch Herkurialstomatitia
beobachten. Ebenso ergab die intramuskuläre In-
jektion einer Oel- Emulsion des Präparates bei
Katzen, dass eine Resorption stattfand. Die Wir-
kung des Schwefelquecksilbers war indessen eine
mildere als die der grauen Salbe, es trat im Harne
später auf und die Erscheinungen des Herkurialis-
mus waren geringer. Hingegen beweisen die That-
sachen, dass die Einreibungen in Schwefelbädera
trotz der Quecksilbersulfidbildung eine kräftige Wir-
kung hervorrufen. 0. glaubt, die so verschiedenen
Ansichten über die Bedeutung der Schwefelbäder
bei der Behandlung der Syphilis würden sich bald
einigen, wenn 1) die Bedingung^i der Einreibungen
überall die gleichen wären und 2) die Pause zwi-
schen Einreibung und Bad auf 15 — 20 Stunden
festgesetzt würde. Alsdann würde man die Bil-
dung des Schwefelquecksilbers nicht mehr fürch-
ten. G. sieht in der combinirten Behandlung den
Vortheil einer besseren Ausführung der Einrei-
bungen durch geschultes Personal, einer regeren
Resorption des Quecksilbers, Anregung des Stoff-
wechsels und des Aufenthalts im Kurorte. Man
habe die Möglichkeit, grössere Quecksilbermengen
dem Körper einzuverleiben. Sind gleichzeitig mit
der Syphilis allgemeine Stoff Wechselanomalien ver-
bunden, wie Scrofulose, Arthritis, arthritische Dia-
these, so wird die Kur in Schwefelbädern bessere
Erfolge haben als eine ohne diese durchgeführte
Behandlung.
14) Ciaessen berichtet über die bei 205
Frauen und 100 Männern der syphilitischen Ab-
tbeilung von Prof. Leichtenstern in Aachen
vorgenommene Behandlung mit 50proc. Oleum
cinereum nach Lang. Es wurden in die Muskeln
gespritzt: in der 1. Woche 2mal je 0.1 com des
grauen Oelee, in der 2. Woche in den schwereren
Fällen noch einmal 0.1 com, alsdann wöchentlich
0.06 com, bis die Symptome geschwunden waren.
Im Ganzen waren bis zu 0.9 com nöthig. Das
50proo. graue Oel erwies sich als sicher und prompt
wirkendes Mittel; strengste Antisepsis, peinliche
Mund- und Zahnpflege und einfache, den Darm-
tractus nicht irritirende Lebensweise von Seiten
des Kranken sind dabei erforderlich. Abscesse
kamen 2mal vor; Infiltrationen in den meisten
20
lU
TL IiULeFe Medioin»
Fällen. C. faUt die Behandlung mit dem 50proo.
grauen Oel für den besten Ersatz der Schmierkur,
wenn diese nicht durchführbar ist. Die Zahl.der
Recidive ist danach gering. Das SOproc. graue
.Oel bedingt eine längere Behandlungsdauer. Das
H jdrargyrnm salicylicum steht an letzter Stelle ;
seine Wirkung ist zwar schnell und sicher, aber
von geringer Nachhaltigkeit
15)Bla8chko benditet über die Resultate,
die er mit demBaccelli'schenVerfahrenineiner
Beihe meist frischer Syphilisfälle erhalten hat Er
benutzte eine etwas stärKere Lösung :
Sublimat ... 0.3
Katr, chloiat 0.6
Aq; bis destiU. ad 100.0
Davon injicirte er das 1. Mal eine yiertel, das
2. Mal eine halbe, später eine ganze oder auch
zwei je 5ocm enthaltende Spritzen «- 1.5 — 12 mg
Sublimat pro dosi; bei einer Kur von 30 — 36 Ein-
apritzungen im Ganzen also 0.015 — 0.02 Sublimat
Es ist dies eine ausserordentlich geringe Menge
im Yergleidie zu den Dosen Quecksilber, die sub-
cutan oder intramuskulär injicirt wanden.
Die Yortheile der Methode sind: l)dieSchmerz-
losigkeit der Injektionen, sofern diese wirklich in
die Venen gelangen, 2) die geringen Mengen Queck-
silber, mit denen ein Heilerfolg erzielt wird, 3) die
genaue Dosirung des Medikaments, 4) die That-
sache, dass die ganze einverleibte Menge auch
wirklich zur Resorption gehmgt, 5) das Fehlen
aller unangenehmen Begleit- und Intoxikations-
erscheinungen.
Dem gegenüber sind als NachtheUe zu ver-
zeichnen, dass die Methode sich nur für die kli-
nische Behandlung eignet wegen der technisdien
Schwierigkeiten, die in vielen Fällen die Kur nicht
bis zu Ende durchführen lassen. Auch scheint
die Methode an Kraft und Nachhaltigkeit der Wir-
kung den anderen Methoden, insbesondere der
Schmierkur und der Injektion unlöslicher Präparate,
nachzustehen. Das Verfahren stellt offenbar eine
milde Kur dar, die anzuwenden ist bei Phthi-
sikem, herabgekommenen und nervösen Personen,
die grössere Quecksilbermengen nicht vertragen.
Per Qauptwerth liegt aber in der theoretischen
Bedeutung der Methoda Sie lehrt, mit wie ge-
ringen Mengen Quecksilber unter umständen die
Erscheinungen der Syphilis zu beseitigen sind,
und macht es wahrscheinlich, dass bei den anderen
Methoden nur ein kleiner Theil des einverleib-
ten Quecksilbers zur Resorption und Wirkung ge-
langt.
Vielleicht lassen sich auch andere Medikamente
(lirekt in das Venensystem einführen. B. hat
Arsen, das vom Magen aus ja häufig nicht ver-
tragen wird und subcutan injicirt recht schmerz-
haft ist, in einzelnen Fällen von Psoriasis und
Liehen planus intravenös eingespritzt
16) Müller empfiehlt die BehandluDg der Syphilis
jpaii Injektionen von : ^
Hydrarg. bichlorai 40
Natr. cmorat pur. 25.0
Aq. dest. ad . . 50.0
Er injicirte idler 5— 7 Tage Vt Spritze dieser Lösung
(0.04 Sublimat), im Ganzen umfasste eine volle Kor
15 Einspritzungen, bei 104 Kranken (80 Männern nnd
24 Frauen) intramuskulär mit Ck>mpression der Gewebe
zu beiden Sdien des Stiohkanals uher der rasch heraus-
gezogenen Nadel, mn ein Regurgitiren der Flüssigkeit za.
verhüten, was Anlass zu Infiltratbildung hätte geben
können. Die Erfolge waren sehr zufriedenstellend',
Primäraffekte und sekundäre Syphilide erforderten zn
ihrem Schwinden durchschnittlich 4.5 Einspritzungen,
tertiäre und schwere sekundäre Erkrankungen 7 — 9 In-
jektionen. Die hohe Concentration des Sublimats be-
wirkt eine starke Coagulation, wobei die entstehenden
schwer löslichen Albxuninate eine cumulative Wirkung
verhindern, aber doch das Mittel nachhaltig wirken
lassen. Stärker auftretende Albuminurie, beeoignisa-
erregende Darmerscheinungen, Stomatitiden und Kachexie
blieS^n aus. Die Methode, die bei Frauen, deren meist
stärker ausgebildeter Panniculus adiposus die Technik
erschwert, gewisse Einschränkungen erfordert, ist auch
bei Männern mit besonderer Schmerzempfindlichkeit oder
mangelnder Toleranz gegen das kräftig wirkende Mittd
contnundicirt In idlen anderen Fallen, besonders in der
poliklinischen und in der Eassenpraxis , bildet sie den
besten Ersatz für die Schmierkur.
17) Wolters untersuchte an der Leiche einer Er.,
die von August 1889 bis December 1892 in der Doutre-
lepont 'sehen Klinik in Bonn wegen Syphilis 62 intra-
muskuläre Einspritzungen von Salicylquecksilber (je
0.06 Hg in Parafnnum liquidum suspendirt) erhalten hatte
und im Januar 1895 an Phthisis pulmonum gestorbea
war, die intra vitam als Knoten fühlbar gewesenen Infil-
trationen an den Iqjektionstellen in den Glutä«i. Es
fanden sich eigenthümliche spindelförmige Herde, die, in
der Längsrichtung der Muskelfasern verlaufend, bis zu
10 cm lang und etwa bleistiftdick waren. Sie waren von
gelblich brauner Färbung und derber, fast sehniger Oon-
sistenz. Die mikroskopische Untersuchung zeigte dne
Atrophie der Muskulatur mit stellenweisem Zei^üle der
Substanz und Ersatz durch Fettgewebe, analog der Atro-
phia musculorum lipomatosa.
In Verbindung mit den bisher in der Literatur nieder-
gelegten Befunden, die dem Processe in derEntwickeüLung
entsprechen (spätestens 2 Monate nach der Einspritzung)
dürfte sich der Vorgang wie folgt gestalten: Die Ein-
spritzung ruft eine Zerreissung von Muskelfasern und
OeßEssen hervor, durch den Tonus des Qewebes, die Be-
wegung der Muskulatur werden Theile der Iigektioii-
masse mechanisch in die lockeren Muskelzwischenräume
cedrängt Dem durch die Injektion verursachten Insult
folgt Hyperämie und Transsudation, die an der Peripherie
des primären Herdes und in den Muskelinterstitien, wo
die GeflSsse intakt blieben, am stärksten sein wird. Das
sich bildende Sublimat nekrotisirt die benachbarten
Theile; die Detritusmassen werden durch die Lymph-
bahnen unter Beihülfe des in diese hineinwuchemden
Bindegewebes und der Bindegewebespalten fortgeschle]»pt
Der Defekt wird ausgefällt von dem stark prouferirenden
Fettbindegewebe der Nachbarschaft. Im uentrum bildet
sich nach und nach eine feste Narbe aus. Auf diese
Weise behält die Muskulatur im Allgemeinen ihr Volumen,
nicht aber ihre Oontraktilität, ihren Tuigor; aus den
straffen festen Glutäen bilden sich mehr hängende sohlafiSff
Mnskelmassen.
18) Fried he im endlich berichtet über 2 Fälle, in
denen 2, bez. 3 Tage nach Injektion von 0.04 H^drarg,
salicyl. Oedeme der Handrücken, der linken SchlSfen-
gegend, ein urticariaähnlic|^er Ausschlag und Petechiea
am Stamme und an den Beinen auftraten. In dem einen
Falle waren vorher gleiche Injektionen gut vertragen
worden. Nach 4 und 8 Tagen waren die Erscheinungen
Vn. OeburtehtOfe, I^uen- imd Emderhellbmde.
155
wieder zarückgegaogen. In 3 anderen Fällen beobach-
tete F. bei Kranken, denen anfErosionen und Geschwüren
an den Genitalien Galomel aafgepudert worden war, das
Auftreten grossfleckiger Exantheme und ausgedehnter
Erytheme, die nach Aussetzen des Mittels in wenigen
Tagen wieder verschwanden. Vielleicht besteht in solchen
FäSen eine Idiosynkrasie gegen Quecksilber.
egen <
Fat,
Endlich erkrankte ein Fat, der über 1 Woche lang
3mal täglich 1 Theelöffel von Tinct. Distal, aether. 15.0^
Tinci Valerian. 45.0 wegen eigenthümlicher Erscheinun-
gen .des Pulses genommen hatte, mit kreisförmig in
Oruppen angeordneten kleinen mattrothen, papulösea
Efflorescenzen am Stamme, die nach Aussetzen des Medi-
kaments in 14 Tagen wieder zurückgingen. Die Haut war
sehJT gereizt und mit Furunkeln besetzt, der Urin normal.
Wer mann (Dresden). .
VII. GeburtshOlfe, Frauen- und Kinderhellkunde.
266. üeber Stomatitüi und Vulvitis aph-
thoM; von Dr. Otto Christlieb. (Inaug.-Diss.
Wönbui^ 1895.)
Nach ausführlicher Beschreibung der Symptoma-'
tologie und des Verlaufis der Stomatitis aphthosa erörtert
Chr. den Modus der üebertragung vom Vieh auf den
Menschen, sei es durch den Oenuss der Milch oder durch
direkte Berührung an Maul- und Klauenseuche erkrank-
ter Thiere, sei es durch Zwischenträger, als welcher am
hinfigsten der Mensch fun^irt
Mit der Stomatitis aphthosa ätiologisch identisch ist
die zuerst von Neumann beschriebene, sehr seltene
Vulvitis aphthosa. Chr. theilt einen derartigen Fall mit
ans der Syphilis- Abtheüung des Juliusspitals in Würz-
borg. Zur Differentialdiagnose gegen Lues ist zu achten
auf die ausserordentliche Druckempfindlichkeit, die Be-
schränkung des begleitenden Exanthems auf die Schenkel
imd das Ausbleibäi eines schankerösen Geschwürs bei
Uebeiimpfung des Geschwürsekrets auf gesunde Haut.
Chr. ist geneigt, die Aphthosis für eine Infektions-
bankheit zu halten, obgleich der exakte bakteriologische
Nachweis hierfür noch fehlt
S 0 n d h e i m e r (Frankfurt a. M.).
267. Bin Beitrag snr pathologisohen Ana-
tomie der Bartholin'sohen Drüse; von Lud-
wig Klein Wächter. (Ztschr. f. Oeburtsh. u.
GynIkoL XXXIL 2. p. 206. 1895.)
Bei einer 35jähr. Frau entfernte El. eine kleinfaust-
posse Geschwulst, die die Fat. seit 10 Jahren bemerkt
oatte. Die Geschwulst bestand aus einer grossen vorde-
ren HSlfte, die sich in der Soharalippe bis in die Gegend
des Kitzlers ausbreitete, und einer Hälfte, die sich in die
Tiefe gegen den Mastdarm zu entwickelt hatte. Der
Kuppe der ersteren sass eine kleinere kirschgrosse Ge-
Bofafwulst auf. Die Entfernung war schwierig. Die Ge-
schwulst erwies sich als eine (^ste mit 2 Eins<3mürungen.
Der Inhalt war eine thonfarbige, atheromartige Schmiere.
Die bindegewebige Wand der Cyste trug kein Epithel.
Hier und da fanden sich stark zusammengedrückte Drüsen-
BoUftuche im hinteren Theile der Cyste.
KL nimmt an, dass der vordere Theil der Geschwulst
der stark erweiterte Ausfdhrungs^g war« während die
hintere Hälfte der eigenÜichen fiartholini^schen Drüse
entsprach. Statt der vöUigen Ausschneidung würde £1.
in einem anderen Falle sich mit Entfemxmg eines Iheiles
der Vorderwand der Cyste begnügen, um eine dauernde
Yeronstaltong der äusseren Geschlechtstheile zu ver-
meiden. J. Praeger (Chenmitz).
268. Striktoren der weibUohen Urethra;,
▼on Prof. Ludwig Eleinwftchter. (Wien,
ned. Presse XXXVI. 46. 1895.)
Als Ergänzung dreier früher (Jahrbb. GCXUL
p. 252) mitgetheilter Fälle berichtet E 1. über wei*
tere 3 Beobachtungen von Striktaren der weib-
lichen Urethra.
Der erste Fall betraf eine 2^jähr. Frau mit rudimen-
täre! Eutwickelung des gesammten Sezualsystems ; die.
Crethia war ihrer ganzen Länge nach aufbllend yerengt
und gestattete nur die Einführung eines ffe^ar'schen
Dilatators Nr. 5, auch die Hamröhrenmündung war auf-
fallend verengt
Der zweite Fall war durch eine Verletzung während
des Geburtsaktes entstanden; die umschriebene Ver-
engerung der Urethra war durch eine Narbe in der
vorderen Vaginalwand verursacht
Der dritte Fall war auf gonorrhoische Urethritis
zurückzuführen. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
269. Zu den Striktoren der weiblichen
Harnröhre ; von Dr.J.Fiscberin Wien. (Centr.-
Bi. f. Qynäkol. XIX. 39. 1895.)
F. theilt 3 Fälle mit Diagnose: ^Blasenkatarrh''.
Nur ein Fall (44jähr. Frau) konnte tfieüeicht als gonor-
rhoischen Ursprungs angesehen werden. Gegen Her-!
man 's Ansicht von einer „senilen^ Striktor glaubt sicli^
F. bei den beiden anderen, die allerdings ältere Frauen
betrafen, aussprechen zu müssen und muss die Ursache
unaufgeklärt lassen, da die Frauen auch nie geboren
hatten. Ein Schwund von eUstisohem Gewebe bei alten
Frauen kommt jedenfaUs, wie F. sich an mikroskopischen
Präparaten überzeugt hat, nicht vor. Dilatation bewirkte
schnelle und dauernde Heilung. G 1 a e s e r (Danzig).
270. Das bnllöae Oedem der weibUohen
Blase; von Dr. G. Eolischer. (Centr.-BL t
Oynftkol. XIX. 27. 1895.)
E. hat endoskopiBoh bei Genitalexsudaten in der
Nähe der Blase, sowie bei Anlöthung einer Pyosalpinx an
die Vesica an der Blasenschleimhaut ein Oedem beobach-
tet, das in einer ganz bestimmten Form auftrat Es er-,
scheinen circumscripte Partien mit hirsekom- bis erbsen-
grossen wasserhellen Bläschen besetzt ; dazwischen weiss-
liohe Fetzen, wahrscheinlich die Reste geplatzter Bläschen.
Die übrige Schleimhaut ist normal. In manchen I^leii-
ist die Blasenbildung colossal, wie ein Stück einer Blasen-
mole oder ein proliferirendes Neoplasma. Die Beschwer-
den sind Schmerzen beim Uriniren, liäufiger Harndrang,
Gefühl von Druck und Schwere, Abgehen von Stückchen
und Fetzen. Durch die Blasenbildung und den Mangel
an Verfärbung und stärkerer Gefässii^ektion der übrigen
Schleimhaut ist dies Oedem scharf zu trennen von dem
mechanischen. Fieber ist gewöhnlich voriianden. Bei
Heilung des Grundleidens, Ablassen des Eiters ver-
schwindet das Oedem schnell und voUständigohne jede
Behandlung. G 1 a e s e r (Danzig);
271. üeber Sdheidenmy kosen {Oo^is
myooiica acuta); von Otto von Herff in Halle:
(v. V 0 1 k m a n n 's SammL klin. Vortr. N. F. Nr. 137.
1895.)
unter 13283 poliklinisch behandelten Frauen
fanden sich 24 mit Golpitis mycotica acuta. 15mal
handelte es sich um Momlia (albicans ?), 3mal um
Monilia Candida, je Imal nm Leptothrix vaginalis
und um einen hefeartigen Sprosspilz ; in 3 F&llen
fehlten nähere Angaben. „Die Golpitis mycotica'
ist eine aus^sprochene Erkrankung der Schwanger«^
156
TU. Gtoburtehülfe, Frauen- und Kinderheilkuixda
Schaft, Bowie der äommermonate und befSllt mit
Vorliebe Verheirathete."
Wie unter Anderen Haussmann und Ton
Win ekel fand auch v. H. als vornehmstes Sym-
ptom Klagen über mehr oder weniger heftiges
Brennen, Jucken und Hitzegef&hl in den äusseren
Genitalien ; andere Frauen litten hauptsächlich an
einem unangenehmen OefGhl des Vollseins, des
Druckes und des Drängens nach abwärts. Die
Schleimhautentzündung an sich bot nichts Ab-
weichendes gegenüber anderen Edpitisformen dar.
Charakteristisch allein waren die Pilzrasen, die sich
in Gestalt von zahlreichen Stippchen und flöokchen
durch ihre weisse Farbe von dem tiefrothen Unter-
grunde scharf abhoben und häufig dem Vorhofe
und der Scheide das Aussehen gaben, als ob sie
mit Mehl überstreut worden seien.
Die Prognose der Cdpitis mycotica ist nach
V. H. günstig; das vorzüglichste Heilmittel sind
Ausspülungen mit Sublimatl5sungen 1:5000 bis
1 : 1000. V. H. hat mit Sublimat in allen Fällen
iimerhalb weniger Tage Heilung erzielt ; wie wieder-
holte Abimpfungen lehrten, waren alle Pilze
dauernd vernichtet
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
272. lieber die Cysten der Scheide; von
Dr. M. Zweigbaum in Warschau. (Mon.-Schr.
f. Oeburth. u. OynäkoL m. 1. p. 21. 1896.)
Zw. hat 3 Scheidencysten selbst beobachtet,
2 histologisch untersucht und erörtert die Frage
nach dem anatomischen Ursprung dieser Gebilde.
Wenigstens für den einen der 3 Fälle hält Z w. die
Entstehung der Cyste aus Resten der WolfPschen
Gänge (Gärtner'sche Kanäle) für das Wahrschein-
lichste. Therapeutisch gebe die vollständige Ex-
fitirpation der Cysten den besten Erfolg.
Sondheimer (Frankfurt a.M.).
273. lieber das maligne Adenom derCer-
▼Izdrtteen ; von C.Gebhard. (Ztschr. f. Geburtsh.
u. GynäkoL XX^TTT. 3. p. 443. 1895.)
Das maligne Adenom und Adenocarcinom des
Uterus kommt in seiner typischen Gestalt so gut
wie ausschliesslich im Corpus vor, maligne Drüsen-
wucherungen, die den Namen Adenom verdienen
und von Cervix- oder Erosionsdrüsen ausgehen,
sind noch sehr wenig bekannt G. hat nur 6 sichere
Fälle von malignem Cervixadenom in der Literatur
auffinden können: je 2 Fälle von Ruge-Yeit
und Williams und je einen Fall von Livius
Fürst und BrOse.
Während mehrjähriger Thätigkeit als patho-
logischer Anatom an der köo. Universitäts-Frauen-
klinik in Berlin hat G. 2 hierhergehörige Fälle
untersucht Bei den 52, bez. 54 Jahre alten Frauen
wurde die Totalexstirpation des Uterus vorgenom-
men ; die eine Pat starb am 3. Tage nach der Ope-
ration, bei der anderen wurde 8 Monate nach der
Operation einBecidiv im Yaginalge wölbe und Para-
metrium gefunden.
6. ^ebt eine eineeheDde Beschreibung des lusio-
logischen Befundes. Ms gemeinsame EigenSiümliGhkeit
ergab sich der rein adenoifiatöse Bau der Neubildung,
deren Ursprung aus Cervixdriisen aus dem Sitz der Er-
krankung und aus der feineren histologischen Struktur
zweifellos hervorging. Die Bösartigkeit der Erkrankung
war im Hinblick auf die Ananmese und den kUnischeo
Befund in beiden Fällen kaum in Zweifel zu ziehen;
anders stand es um die Frage, ob beide Geschwülste auch
histologisch als maligne erkannt werden konnten. Ver-
gliohen mit dem Adenoma malignum corporis uteri ei^b
sich keinerlei Anhaltepunkt, um die histologische Struktur
für bösartig zu erklären. Beim malignen Corpusadenom
haben wir das unentwirrbare Labyrinth gewucherter,
dichtgedrängter Drusen mit nahezu vöUie geschwundener
interglanduläror Substanz ; hier fand mch allerdings auch
ein grosser Dräsenreiohthum , aber dabei doch immer
eine Anordnung, bei der die einzelne Drüse als solche
von der bmiaohbarten durch eine mehr oder weniger
breite Lage Bindegewebe getrennt ist
Bezeichnend für die Malignität der Neubildung war
das Zugrundegehen der ursprünglichen GervizsuMtanz
zu Gunsten der Neubildung. Die spärlichen Beste des
Wandungsgewebes zeigten die Spuren der fortsohietten-
den Usur durch die neugebildeten Drüsen, so dass die
Diagnose Adenoma malignum cerviois auch histologisch
begründet war. A r t h. H o f f m a n n (Darmstadt).
274. üeber die gutartigen Verlademngen
des Endometrium, ein Beürag zur Anaiomie,
Ätiologie und SymptamaMogie; von A.Pinkuss.
(Ztschr. f. Geburtsh. u. GynAkol. XXXTTT. 2. p. 221.
1895.)
P. hat im Verlaufe eines Jahres 115 Frauen
der J. Veit 'sehen Privatpraxis und Poliklinik
untersucht Das bei der Abrasio gewonnene Mate-
rial wurde sofort mikroskopisch untersucht, über
die einzelnen Anamnesen und die Krankheita-
erscheinungen wurden Erhebungen angestellt, dies
Alles wurde im Einzelnen rabridrt und schlieBS-
lieh zusammengestellt Auf Qrund seiner mikro-
skopischen Untersuchungen ist P. zu der üeber-
zeug^g gekommen, dass man die glandulären
Formen der Schleimhautveränderung streng von
den interstitiellen trennen muss, dass aber zu einer
glandulären Veränderung eine interstitielle hinzu-
treten kann.
P. fasst das Resultat seiner Untersuchungen
schliesslich im Folgenden zusammen: „ESs giebt
pathologische Processe der Muoosa uteri, die mit
einer wahren Entzündung nichts zu thun haben,
sondern, durch indirekte Beize verursacht, das Bild
der glandulären Hyperplasie bieten; da in der
Schleimhaut die Drüsen den wesentlichen Beetand-
theil bilden, so können wir hier von einer forma-
tiven, funktionellen Störung des Parenchjms
sprechen. Ihnen entsprechen bestimmte fttiologi-
sehe Momente. Es besteht bei ihnen unter den
auftretenden Symptomen eine besondere Disposi-
tion zur Dysmenorrhöe und schleimigem Fluor."
„Im Gegensatz dazu zeigt die wahre Bntzündong
des Endometrium die verschiedenen, sich abetuJen-
den Bilder der interstitiellen Endometritis. Als
direkte ätiologische Momente kommen bei ihr
Infektionserreger in Betracht ; als indirekte solc^
welche die Gelegenheit zur Infektion darbieten.
Yn. GeburtBhülfe, Frauen* und Einderheilkunde.
157
Unter den Symptomen überwiegt das Auftreten von
Blutongen, das in Bezug auf Art, Qrad und Zeit-
dauer Unterschiede aufweist^' „Das anatomische
BUd der reinen glandulären Hypertrophie kann oft
daroh das Auftreten eines lokalen interstitiellen
Frooessee verwischt und dann allmählich durch
das Bild der interstitiellen Endometritis verdr&ngt
werden; dementsprechend ftndem sich die sich
geltend machenden Symptome«^^ „Für die Sym-
ptome imSpecieUen ergiebt sich Folgendes: Wahre
Dysmenorrhöe zeigt das Bild der glandulären Form.
Wahre Dysmenorrhöe und schleimiger Fluor zeigt
das Bild der glandulären Form. Wahre Dysmenor-
rhoe und länger sich hinziehende Blutung, ohne
stark zu sein, zeigt das Bild der glandulären Form.
Bteriger Fluor zeigt das Bild der interstitiellen
Form. Eiteriger Fluor und Blutung zeigt das Bild
der interstitiellen Form. Abundante, atypische
Blutung ohne Fluor zeigt das Bild der weit vor-
geschrittenen interstitiellen Form (Schrumpfung,
Atrophie). Bei allen Formen der Endometritis
interstitialis kann als Symptom Schmerz auftreten;
dieser rührt aber von der eventuell als Complika-
tion entstandenen Beckenperitonitis her, hat also
mit der wahren Dysmenorrhöe durchaus nichts zu
thun.^ Arth. Hoff mann (Darmstadt).
275. Beitrag rar AetiLologie und rarNator
der Bndometritia ; von 0. A. Boije in Helsing-
fors. (Centr.-BL f. Gynäkol. XX. 10. 1896.)
B. untersuchte in 30 FSUen (16 Virgines), in denen
septische, tuberkulöse oder p)norrhoi8ohe Inf^tion aus-
znschliessen war. Es fanden sich 16mal Endometritis inter-
stitialis, darunter 13mal mit Bakterien, 8mal Endom.
gland., darunter 2mal mit Bakterien, 6mal Misohformen,
4 mit Bakterien. In zahlreichen Fällen von Endometritis
interstitialis fanden sich Epitheldefekte, Zellenprolifera-
tion, kleinzellige Infiltrationen, die demEinfloss der Bak-
terien zuzascli^iben sind, während bei der Endometritis
glandularis andere ätiologische Momente zu Qrunde liegen.
Glaeser (Danzig).
276. Ueber sekundäre Verwaohsvngen sab*
mukÖBer Iflyome mit den umgebenden Wand-
paitieii des Genitaltraotus ; von OttoEüstner.
(Ztsehr. f. Oeburtsh. u. GynäkoL XXXIII. 2. p. 338.
1895.)
X. berichtet aus der Breslauer Frauenklinik über
einen Fall von Totalexstirpation wegen Utemsmyom bei
einer 51 jähr. Frau. Es handelte sich um sehr eigenthüm-
liche Insertionsverhältnisse eines grossen Myoms. Aus
dem .unzweideutigen Corpus uteri ragte, von der hinteren
Wand, ein '^pischer, 2 cm dicker Stiel und lief bald breit
in die Maximalciroumferenz der Geschwulst aus. Die
Geschwulst lag aber nicht frei in der Vagina oder in der
Oorrix, sondern war in ganzer Circumferenz, und zwar in
ungeheuer breiter Zone mit dem Oenitalsohlauch ver-
wachsen. Diese Zone war hinten 12cm, vom 3cm breit;
oberhalb nnd unterhalb dieser zonaren Verwachsung war
der GenitaLschlauch wegsam. Nach X. sind die Bedin-
Smgen, die eine derartige cirkuläre Verwachsung eines
yoms mit seiner Umgebung, Scheide oder ütenis, zu
Stande kommen lassen, durch den vorliegenden Fall gut
erläutert. Die ungeheuere Dehnung und der ausserordent-
lich starke Druck, beides zusammen, führte zu einer völli-
gen Nekrose der Vaginaschleinihaut, die letztere zur
Nekrose der Schleimhaut auf der Tumoroberfiäche. Ist
aber das Epithel und sind besonders alle drüsigen, also
wenn auch noch so wenig secemirenden Elemente ver-
loren gegangen, so kann oder muss, das Fortbestehen des
die O&rflächen einander nähernden Druckes weiter vor-«
ausgesetzt, die Verwachsung erfolgen.
Eine weitere Beobachtung X.'s betrifft ein subseröses
üterusmyom; die Verwachsung erstreckte sich an der
ganzen Peripherie der Insertion des in das Cavum promi-
nirenden Myoms entlaus in der Ausdehnung einer be-
trächtlichen Anzahl von Quadratcentimetern. Es handelte
sich um absoluten Schleimhautschwund und Verheilung
der entblössten Muskelilächen.
X. bemerkt, dass derartige Verwachsungen zu den
seltenen Beobachtungen gehören; ein hierhergehöriger
Fall mit Operation vonLöhlein wurde vonLeydeD
(Jahrbb. GCXL. p. 169) veröffentUohi
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
277. Bin Fall toii Sarooma uteri deeiduo«
oellnlare; von Dr. Tannen in Hannover. (Arch.
f. Oynftkol. XLIX. 1. p. 94. 1895.)
Nach einer normalen Entbindung und einem Abort
im 6. Mon. hatte die 23jähr. Frau eine Blasenmole ge-
boren. Nach s/4 Jahren traten Blutungen auf, die trotz
wiederholter Ausschabung nicht standen und die Xr. auf
das Aeusserste schwächten. Der nunmehr exstirpirta
Uterus enthielt im Fundus eine (}esohwulst, die aus
Dedduazellen bestand, die an der Basis im Verein mit
vielkemigen Riesenzellen zwischen die Muskelfasern vor-
drangen. Fat ist vorläufig als genesen zu betrachten.
Brösln (Dresden).
278. Bin Beitrag rar Lehre der Sterilität;
von Ludwig Xleinwftchter. (Ztsehr. f. Oe«
burtsh. u. GynftkoL XXXIII. 2. p. 269. 1895.)
XL hat im Verlaufe der letzten 10 — 11 Jahre
eine grössere Anzahl von sterilen Frauen beobachtet
und gruppirt sein 648 FäUe umfassendes Material
je nach dem anatomischen Befunde: 1) defekter,
rudimentärer und missgebildeter Uterus 15 Fälle,
2) Missbildungen und Anomalien der Yagina 6 Fälle,
3) Verkleinerung des Uterus 116 fWe (71 mal
hypoplastischer Uterus im engeren Sinne des Wortes
und 45mal fötaler oder infantiler Uterus), 4) konisch
verlängerte Vaginaportion 47 FUlle, 5) Stenose des
äusseren Muttermundes 36 Fälle, 6) schürzen-
förmige Verlängerung der vorderen Muttermunds-
lippe 5 Fälle, 7) Verlagerungen des Uterus 82 Fälle
(28mal Retroflexio uteri, 27mal Betroversio uteri,
27malIjateroversio und Lateroflexio uteri), 8) chro-
nische Endometritis 24 Fälle, 9) Blennorrhoea viru-
lente uteri et vaginae 26 Fälle, 10) entzündliche
Affektionen der Adnexe, der Parametrien, des
Beckenperitonaeum 54 Fälle (27mal entzündliche
Affektionen der Adnexe, 27mal Parametritis, Peri-
metritis, Beckenperitonitis und Folgezustände dieser
entzündlichen Processe), 11) massiger, derbei*,
namentlich im Fundus verbreiterter Uterus 5 Fälle,
12) Fibromyome des Uterus 32 Fälle, 13) Ver-
gröBserung der Ovarien ohne gleichzeitige Entzün-
dungen der Adnexe oder des Uterus 10 FäUe,
14) Ovarialtumoren 19 FäUe, 15) Atrophie des
Uterus und der Ovarien 12 FUle, 16) Vaginismus
4 FäUe, 17) Leiden ohne Zusammenhang mit der
bestehenden Sterilität 3 Fälle, 18) normale Geni-
t^en, vorausgegangene Discission dea äusseren
158
Vn. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde.
Muttermundes 13 Fälle, 19) normaler oder nahezu
normaler Genitalbefund, der die Sterilität nicht er-
klärte, 138 Fälle.
Diese 648 Fälle entstammen einer (Jesammt-
zahl von 4309 gynäkologischen FäUen, machen
also 15.03^/o ^us- ^^^ relativ grosse Zahl der
Sterilen erklärt sich aus dem Umstände, dass das
Material El. 's zu ca. 90% aus orthodoxen Jüdinnen
besteht, die aus religiösen und socialen Qrtlnden
ganz besonderen Werth auf Eindersegen legen.
E 1. betrachtet hierbei nur solche Frauen als steril,
bei denen die sterile Ehe mindestens 3 Jahre währte.
Unter den 648 Fällen fand El. höchstens einige
wenige über 80, in denen entweder eine Gonorrhöe
existirte oder Veränderungen bestanden, die nahezu
mit absoluter Sicheiiieit auf eine frühere Oonorrhöe
zurückzuführen waren. Bezüglich der Männer war
die Untersuchung aus äusseren Gründen nur selten
vorzunehmen ; 96 Frauen bezeichneten ihre Gatten
als sexuell schwach, bei 31 Spermauntersuchungen
wurde nur lOmal ein normaler Befund erhoben.
Arth. Hoffmann (Darmstadt).
279. üeber puerperale OsteomaUoie ; von
Dr. Guillaume Rossier. (Therap. Monatsh.
IX. 12. p. 653. 1895.)
Nach B. ist über das Wesen der Osteomalacie
Folgendes festgestellt : Destruktion der Enochen-
substanz, hyaline Degeneration der Ovärialgefässe,
Zunahme der eosinophilen Zellen und Abnahme
der Blutalkalesoenz, auffallender Zusammenhang
zwischen Ovulation, Schwangerschaft, Wochenbett
und Osteomalacie.
Diese Besultate führen nach B. auf den wich-
tigen Punkt der Heilung der Osteomalacie durch
die Entfernung der Ovarien. Vorher hält R den
"Versuch einer Heilung durch Phosphordarreichung
für geboten. Die Erfolge, die man bei gewissen
Blutkrankheiten mitEnochenmark erzielt hat, ver-
anlassen B. schliesslich, diese Behandlungsmethode
auch bei Osteomalacie versuchsweise zu empfehlen.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
280. Die in den Jahren 1890— M in der
Frauenklinik an OOtUngen operirten Pälle
von Osteomalacie; von Dr. W. Frh. von dem
Bussche in Haddenhausen. (Arch. f . GynäkoL
XLDC. 1. p. 100. 1895.)
Von den 6 Fällen, deren Erankengeschichte
ausfQhrlich mitgetheilt wird, sind 2 bereits an an-
derer Stelle verOffentiicht Die Frauen stammten
aus dem Harz und dessen näheren oder ferneren
Umgebungen. Die Erkrankung begann stets mit
Schmerzen indenOliedem, vorzüglich den unteren^
in den Rippen und im Becken, die nach und nach
eine solche Höhe erreichten, dass dieEranken bett-
lägerig wurden. Leberthran und Phosphor waren
ohne Erfolg gegeben worden. Von den entfernten
Ovarien zeigten nur in einem Falle die Anhänge
des einen stark erweiterte und geschlängelte Venen.
Die Castration fahrte stets eine aufiEallende Besse-
rung herbei, besonders in Bezug auf die Schmerzen,
vermochte aber nicht die Skelettveränderungen zu
beseitigen. So wurde auch in einem der schwersten
Fälle das Oehverm(^n nicht wieder hergestellt, da
die Becken- und Schenkelknochenverbiegung eine
mechanische Hemmung bildete. Wenngleich die
günstige Einwirkung der Gastration auf die Osteo-
malacie noch nicht erklärt ist, so ist ihr Erfolg doch
ein zweifellose. Sie ist deshalb bald anzuwenden,
nachdem eine energische Phosphor- und SoolkAder-
kur nicht zum Ziele führte. Brosin (Dresden).
281. Die Heilung der Osteomalaoie mittelst
Castration; von Dr. Emil Polgär in Budapest
(Arch. f. Gynäkol. XLIX. 1. p. 30. 1895.)
Ueber 7 Fälle wird ausführlich berichtet, in
denen v. E6zmärszky die Castration ausfOfarte,
darunter Imal bei einer Yirgo. Der Elrfolg war
stets ein guter, wenn nicht Heilung, so trat doch
stets wesentliche Besserung ein. Letzteres auch
bei einer Pat (Fall 5), bei der die Krankheit schon
seit 13 Jahren bestanden hatte.
Brosin (Dresden).
282. Zwei Fälle von Tetanie gravidarum;
von Dr. Julius Neumann in Wien. (Arch.L
GynäkoL XLVm. 3. p. 499. 1895.)
Von der seltenen Erkrankung kamen in der
Klinik Schauta's fast gleichzeitig 2 lUle zuc
Beobachtimg.
1) 37jähr. EUtgebärende. In den letzten Schwanger-
schaften traten von der Zeit ab, in der die Kindesbewe-
gungen bemerkt wurden, Krämpfe in den Händen aof,
die bis nach der Geburt des Kindes andauerten. In der
jetzigen Schwangerschaft stellten sich die Krämpfe erst
im vorletzten Monate ein, befielen nun aber ausser den
Händen auch die Füsse und die Kehlkopfmuskeln. Die
Hände befanden sich in einer Stellung wie die des Ge-
burtshelfers beim Fassiren der Vagina (Trousseau's Phl-
nomen). Bei der Geburt verbreiteten sich die tonischen
Krämpfe über das Zwerchfell und die Bauchmuskeln, sie
steigerten sich bei jeder Wehe und beim Eindringen des
Singers in die Cerviz und verschwanden mit der Ans-
stossung der todtfaulen Frucht.
2) 3Qjähr. Siebendgebärende. In der 1. Schwanger-
schaft und im 3. Wochenbette EjlUnpfe in den Händen,
bez. den Händen und Füssen. Seit 2 Mon. wieder leichtsr
Krämpfe in den Händen, die sich während der Gebart
steigerten und auch im Wochenbette erschienen, sobald
die Frau ihr Kind säugte.
Die Tetania gravidarum wiederholt sich meist'
in mehreren Schwangerschaften und compücirt
insbesondere den Oeburtsakt Die Gravidität ist
demnach als prftdisponirendes Moment anzusehen,
während das Wesen der Krankheit in einer üeber-
erregbarkeit gewisser Nerven besteht, über die man
noch nichts Näheres weiss. Neu in den beschrie-
benen mien ist das Zusammentreffen der Tetanie^
krämpfe mit den üteruscontraktionen. Dass der
Uterus mit seinen Contraktionen den Beiz auslöst,
geht auch daraus hervor, dass die Krftmpfe sidi
meist zu einer Zeit einstellen, wo sich der üteros
bereits zu contrahiren beginnt, und dass sie mit
den Contraktionen verschwinden.
Brosin (Dresden), .
. 283. Tetuy In pregnancy; by H. M. Tho-
maa. (Johns Hopkins Hosp. Bull. YL 50. 51.
May— June 1895.)
YH Gfeburlshülfe, Franen- und Einclerlieillnmde.
159
May— June 1895.)
Es handelte sich am ausgesprochene Tetanie (klo-
nische Krämpfe, an Händen nnd Füssen beginnend und
sich auf den übrigen Körper ausbreitend), die seit 12 Jahren
bestand. Während dieser Zeit war die Frau 6mal schwan-
ger. Jedes Mal war sie 5 Mon. lang wohl ^ dann begannen
die Krämpfe und dauerten meist bis 3---4 Wochen vor
der Sntbindung an. Anfälle während der Entbindung hatte
sie nur Imal, dagegen 5mal am 9. Tage des Wochenbetts.
So lange die Frau ihre Kinder nährte, war sie gewöhnlich
frei von Krämpfen, mit Eintritt der Begel jedoch traten
im Winter die Anfälle zur Zeit der Regel wieder auf,
während sie im Sommer ausblieben. Das Trousseau^sche
Zeichen (willkürliche Hervorbringung des Anfalles durch
Brack auf die grösseren Arterien- und Nervenstämme des
Armes) war bei der Fftt ausgesprochen vorhanden.
Als wahrscheinlichste Ursache der Tetanie nimmt
TL Veränderungen der Schilddrüse an.
J. P r a e g e r ' (Chemnitz).
284. Zwei FSUe von Frnohttod im lotsten
Sohwangerscliaftsmonat in Folge stumpfer Qe»
walteinwirkang; von Dr. F. Westphalen in
Kiel. (Mon.-Schr. f. Oeburtsh. u. Oynftkol. 11. 3.
Sepi 1895.)
Fall I: 10 — 14 Tage ante partum Aufschlagen mit
der linken ünterleibseite auf einen Treppenstein, in den
nichsten 3 Tagen heftige Schmerzen an der gestossenen
Stalle, Bettrahe, nur einige Male Kindsbewegungen, nach
3Tigen nicht mehr, ünn ohne Eiweiss. Unter der Flacenta
faa^&i sich ein 5-markstückgrosses , flaches, altes, am
Binde einige kleine Coagula. 10 — 12 cm vom Fötus
spindelförmige Auffcreibung der Nabelschnurscheide auf
Toehlich Fingerdicke, es entleerte sich schwarzes Blut-
gerinnsel, Berstung der Nabelvene, Arterien intakt
Fall 11: 14 Tage ante terminxmi heftiger Stoss eines
Waschbrettes gegen den Unterleib; sofort starke Schmer-
len, Ohnmacht. Keine Kindsbewegungen, andauernde
wehenartige Schmerzen, geringer Biutabgang. Am näch-
ttsn Tage spontane Geburt eines frischtodten Kindes. Mit
^Nachgeburt kamen V/t lAtei röthlich - schwarzer,
^«ster, unzweifelhaft älterer Blutgerinnsel. Aeussere Fläche
^Plaoenta dellenförmig eingedrückt In der nach unten
gdagenen Bandpartie war das Plaoentagewebe mit ge-
lomienem Blute dicht durchsetzt, auch aussen feste
(^Mgola auf der Serotina. Also totale Placentaablösung
mit starker innerer und geringer äusserer Blutung. Man
Istte bei der äusseren Untersuchung den Bluterguss ge-
fihlt, die Plaoenta saas also an der vom Stoss direkt ge-
^t(maBü Stelle. 6 lae s e r (Danzig).
285. mn Vau von Selbstentwioklnng bei
iiiner FHmipftra ; von Dr. Qrasemann inOera.
itr.-BL f. GynäkoL XIX. 43. 1895.)
Coiq. Ter. 9*/4 cm. Querlage IIb. Bechter Arm vor-
Schulter fest eingekeilt Nach Tiefertreten der
^keilten Schulter fiel hinter dem Bücken her auch
der linke Arm vor die Vulva. Im Uebrigen war die
itwickelxmg die gewöhnliche. G 1 a e s e r (Danzig).
286. BaptareepontanöepänötrantedeFat^
pendant raoooaohement. Laparotomie.
itesbn ; par M u r e t , Lausanne. (Be vue m^d.
la Soieae rom. XV. 3. 1895.)
Eine^S^'Shr. Frau, die 3mal grosse Kinder ohne
athülfe leicht geboren hatte, bekam am Ende der
Schwangerschaft am 23. Oct 1894, Abends 8Vs Uhr,
Tehen. 9 Uhr Blasensprung und Vorfall eines Arms.
"iUhr viSUige Erweiterung des Muttermundes. 1 1 Vi Uhr
'^Ite der vom Hausarzt herbeigezogene M. eine zweite
Schulterlage mit Vorfall des rechten Armes fest.' Beckon-
maasse: Spin. 28, Grist 31, Troch. 35, Coi^'. ext. 20.5 cm.
Bei innerer Untersuchung in Narkose fand M. einen Bisa
der hinteren Gebärmutter wand. Der grösste Theü des kind-
lichen Körpers befand sich ausserhalb der Gebärmutter-
höhle. M. eröffnete zunächst die Bauchhöhle des Kindes
und entfernte Brust- und Baucheingeweide, holte dann
den Steiss herab und entwickelte so das Kind ohne Mühe.
1^ wog ohne Eingeweide 4 kg, die Länge betrug 58 cm.
Bei der folgenden Untersuchung fand M. einen 5 cm lan-
gen Längsriss der hinteren Gebärmutterwand, der bis
zum linken Scheidengewölbe reichte. Nach Ausstopfung
des Bisses mit Jodoformgaze Ueberführung in die Klinik
Gruchon, wo M. zur Eröffnung der Bauchhöhle
schritt. Das Bauchfell zeigte sich nur am obmen Ende
des Bisses eröffnet ; in der Bauchhöhle fanden sich ein-
zelne Gerinnsel, etwas flüssiges Blut und Kindspech.
Der Biss wurde genäht Nach Beinigung der Bauch-
höhle Sohluss ohne Drainage. Der Verlauf war gut
Bemerkenswerth ist in diesem Falle die kurze Dauer
der Geburt bis zum Eintritte der Zerreissung.
P r a e g e r (Chemnitz).
287. Intraaterinea Weinen (Vagitoa nte^
rinns) bei Beckenendlage; von Dr. Wilhelm
B r ü 1 1 in D6es. (Wien. klin. Wchnschr. VIIL 39.
1895.)
Zwillingsgeburt Nach 2tägiger Wehendauer hatte
die Hebamme behufs Extraktion des in Beckenendlage
sich zuerst einstellenden Zwillingskindes mehrfach die
Hand in den Utenis eingeführt B., welcher hinzugerufen
worden war, hörte, „in das Zimmer eintretend, ein in
weiter Entfernung wahrnehmbares Weinen aus dem
Uterus der kreissenden Frau heraustönen '^. Die Heb-
amme berichtete, dass dieses Weinen mit ziemlichen
Unterbrechungen seit über 3 Stunden andauere. Extrak-
tion des asphyktischen , später wiederbelebten Kindes.
Das 2. Kind war in der Entwickelung wesentlich zurück-
geblieben und wurde todt extrahirt
Als Bedingungen für die Möglichkeit des'
Yagitus uterinus stellt B. auf: Unterbrechung des
Placentakreislaufes , Lufteintritt in die Gebär-,
mutterhöhle und mangelndes oder in Bezug auf die
Respirationsöffnongen günstig vertheiltes Frucht-
wasser. B. hebt besonders die gerichtsärztUche
Bedeutung des Phänomens hervor.
[S. Fla tau (Centr.-Bl. f. Gynäkol. XX. 11. 1896)
weist gelegenüich der Mittheilung einer eigenen Beobach-
tung von Yagitus uterinus die Beobachtung B.'s als nicht
einwandfrei zurück, „da der Vf. allen Ernstes erzählt,
dass das Eand 3 Stunden in utero geweint habe*^. Ab-
gesehen davon, dass FL ungenau citirt und die von ihm
in „ '^ gegebenen Worte nirgends bei B. zu finden sind,
erscheint diese Zurückweisung auch um deswillen un-
begriindet, weil unter dem von B. gehörten „Weinen^^
sicher nur das Ausstossen weinerlicher Laute verstanden
werden soll und kann. Ref.]
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
288. Ueber die ersten Vorgange bei der
phyeiologieohen Löeung der Plaoente; von,
F. Ahlfeld. (Ztschr. f. Oeburtsh. u. QynäkoL'
XXXm. 3. p. 419. 1895.)
Die Duncan-Fehling'eche Lehre, ein Zug
an der Nabelschnur sei die Ursache der primären
Inversion der Plaoenta, der Schnitze 'sehe Modus
somit ein Eunstprodukt und daher pathologisch,
ist nachA. vollständig zu verwerfen, denn 1) findet
bei normalen Geburten überhaupt kein Zug an der
Einsenkungstelle der Nabelschnur an der Placenta
icd
Tu. Geburtshfilfe} Frauen- und Emderheükunde.
statt, 2) ist zu einer Zeit, wo dieser Zug statt-
finden soll, die primäre Inversion bereits entstanden
und 3) ist aus physikalischen Qründen die Ab-
lösung des allseitig noch anhaftenden Kuchens
durch Zug einer im Centrum wirkenden Kraft
nicht möglich und dies um so weniger, wenn,
wie bei Ansitzen des Kuchens an der vorderen
Oebärmutterwand, der Zug in einem ganz spitzen
"Winkel im Centrum der Kuchenflftche ausgeübt
würde. Wenn Duncan seine Theorie auf die
Art und Weise stützt, wie die Placenta aus der
Schamspalte austritt, so hÄlt A. dem die Beobach-
tungen anderer Autoren entgegen, die besagen,
dass die Placenta meist mit der fötalen Fläche
voran, die Eihäute nach der uterinen Seite um-
geschlagen, durch die Schamspalte durchtrete.
Ebenso weist A. die Ansicht Duncan 's, bei dem
von ihm beschriebenen Loslösungsmechanismus
erfolge nur eine minimale Blutung, sowie das
Argument F e h 1 i n g 's , der Uterus zeige nach Aus-
tritt des Kindes Wetzsteinform, als irrthümlich
zurück.
Für die Baudelocque - Schultze'sche
Lehre, nach der die Placenta sich schon in der
Qebärmutter umstülpt und sich in ihrem Trichter
ein Bluterguss bildet, fehlte es nach A. bis jetzt
noch an der theoretischen und der durch Beobach-
tungen gestützten Begründung. Als besonders
gute Stütze für sie theilt A. jetzt eine Beobach-
tung mit, die er in der Sä nger'schen Privatklinik
gel^entUch einer Sectio caesarea machen konnte.
Sofort nach Wegnahme des Kindes wölbte sich die
an der hinteren Wand der Gebärmutter sitzende
Placenta buckelförmig vor, ohne dass Blut aus der
•Gebärmutter austrat Es Hess sich sicher con-
statiren, dass die Placenta ohne Loslösung ihres
Bandes sich im Centrum abgehoben hatte, und
unter der Abhebung sass das retroplacentare
Hämatom.
Die Placentaperipherie ist nach A. nicht nur
in Folge der Bildung eines Beflexawalles, sondern
auch weil sie in engem Zusammenhange mit den
durch Contraktionen der Gebärmutter sich nicht
lösenden Eihäuten steht, nicht so leicht in der
Lage, von der Gebärmutterwand sich abzuheben
wie das Centrum.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
289. Ueber Sztraaterfnachwaagenoluift.
Zur Mechanik des Tuhefuiboris ; von L. Pro-
chownick. (Arch. f. GynäkoL XLIX. 2. p. 177.
1895.)
Im Gegensatze zu den stabilen Verhältnissen
sin der schwangeren (Gebärmutter bieten die mecha-
nischen Faktoren beim Tubenabort so viele Ver-
schiedenheiten, dass ein gesetzmässiger oder gar
einheitlich mechanischer Vorgang seines Verlaufes
nicht abgeleitet werden kann. Die beiden wich-
tigsten Faktoren sind der Ort der Einiederlassung
und die Beschaffenheit des Eileiters, besonders
seiner Muskulatur. Erst in dritter Linie treten
die mechanische Einwirkung des Eies selbst und
diejenige accidenteller Traumen hinzu ; beide sind
für den Verlauf des Tubenabortes nur von gerin-
gem mechanischen Werthe, denn nicht das wach-
sende Ei sprengt den Fruchthalter, sondern stets
ist der Abort die primäre mechanische Ursache
der ge&hrbringenden Vorgänge. Der Abort wird
vorbereitet durch mangelhafte Deciduabildung; die
Zerreissung der zarten neugebildeten Gefässe dieser
Schicht bildet den primären zur LOsung ab ortu
führenden Vorgang. Erst jetzt reagirt der Eileiter
gegen den zum Fremdkörper gewordenen Inhalt
und führt zu den verschiedenen weiteren Verlaufs-
formen. Auch den Rupturen gehen abortive Loa-
lOsungsvorgänge voraus.
Diese Anschauungen begründet P. durch eine
Anzahl genau untersuchter Fälle. Die Präparate
wurden der Lebenden möglichst schonend ent*
nommen, eingebettet und erst dann zerlegt Atn
bildungen sind beigegeben. Dem Sitze nach wer-
den zunächst ampulläre Tubenaborte beschrieben.
Das centrale Tubenstück pflegt unbetheiligt au
sein, eigentliche Strukturveränderungen spielen
sich nur an dem der Eihaftstelle nächsten Stacke
der Tube, das zum Fruchthalter wird, ab. Der
den Fruchthalter bildende Tubenabschnitt, die
Ampulle, ist namentlich an der EünsertLonstelle
so verdünnt und von Blutungen durchsetzt, dass
er eine aktive Bolle beim Abort nidit spielen kann.
Dagegen erscheint der centrale Tubeniheil viel-
fach geschlängelt, wohl in Folge von Contraktionen,
in denen die austreibenden Kräfte su suchen sind.
Je weiter nach innen die Einiederlassung rückt,
um so complicirter gestaltet sich der mechanische
Verlauf; es ist hier noch der Widerstand des abdo-
minalen Tubenstückes zu überwinden. Bei den
beschriebenen Präparaten dieser Art erweckt die
Wanddurchblutnng die Vorstellung, dass ohne
Dazwischentreten der Operation eine Sackruptur
eher zu gewärtigen stand als eine zur A^usstossung
genügende Erweiterung des noch übrigen abdo-
minalen Eileiterabschnittes. Die abortive Lteung
beginnt vorwiegend an der am meisten nterinwärta
gelegenen Haftstelle und führt zur ZerstOnmg dei
Eies und zur Durchblutung der Sackwand. Hiei
liegt naturgemäss die grOsste Bissneigung vor.
Die zweite Stelle geringsten Widerstaades bikM
der basale, durch die Blutmole gedehnte, von
Bauchfell nicht bekleidete Theil der BUeiterwan-
düng. Ein Stehenbleiben des ganzen Yoigang«
ohne Biss als unvollständiger Abort mit tubarer
allmählich sich aufsaugender Mole ist in solche!
IWen vermuthlich nicht selten.
Unter den Tubenaborten mit Buptnr ist be
sonders ein Fall interessant, in demdieBchwangen
Tube am üterinrande serös-eitrige Flüssigkeit mit
Gonokokken führte. Die eitrige Salpingitis iai
demnach kein Hindomiss für Einnistung des Gm*
lum in die Tube. Für die Bisse in das freie Bauck;'
YtL GebürtäiOfe; Frauea- und Slnä^iMlInuia^
t61
feA ist das Fdilen grSsseren filutergnsses aus dem
Mmbrienende typisch, bei den Rissen in abgekap-
selte Bäume besteht gewöhnlich zugleich Hftma-
tooele am Ostium abdominale. Bei der interliga-
mentSren Ruptur sitzt die Eihaft-, bez. Plaoenta-
stelle auf der unteren, vom Bauchfell nicht Über-
Ueideten Tubenwand.
Weder mit partieller Ausstossung des Eies,
noch mit dem Aufhören klinischer Erscheinungen
darf ein tubarer Abort jedesmal als abgeschlossen
betivchtet werden, Verjauchung wurde noch nach
langer Zeit beobachtet. Solche Fälle weisen darauf
hin, dass auch beim Tubenabort ein operatives
zeitiges Vorgehen nicht zu verurtheilen ist
Bros in (Dresden).
Beiträge zur ExtrauimngravidUät ; von Her-
mann Thomson. (Ztschr. f. Qeburtsh. u. Oynä*
bl. XXXn. 1. p. 166. 1895.)
Th. theUt 5 Fälle von Extrauteringravidität
mit, die etwa im Verlaufe eines Jahres im evan-
gelischen Hospital zu Odessa beobachtet wurden.
1) Tod der Fmcht im 6. Monat, beginnender Durch-
brach in die Scheide, Incision mid Extraktion der Fracht
Debst Placenta und Eihautresten , Heilang. 2) Extra-
Qteiinschwangerschaft; im letzten Monat, Durchbrach
diirch die Bauchdecken, Dünndannbauohwandfistel, Lapa-
rotomie, gate Heilung. 3) Rechtseitige Tubengravidität,
laparotomie, Heilung. 4) Linkseitige Tubengravidität,
Bdsorption, Heilung. 5) Beohtseitige Tabenschwanger-
achaft, Striktor der Scheide, Resorption, Heilung.
Bezüglich der Therapie kommt Th. zu folgen-
dem Schlussergebniss : „Wenn auch jetzt die
allgemeine klinische Erfahrung (Olshausen,
Schauta, A. Martin u. A.) entschieden fdr ein
sofortiges aktives, operatives, möglichst radikales
Vorgehen bei dieser Anomalie spricht, so scheint
68 dennoch, dass wir mit der Zeit lernen werden,
auch hier mehr zi| individualisiren und in ein-
lelnen Fällen berechtigt sein werden, exspektativ
2tt verfahren. So können und sollen wir uns für's
Erste abwartend verhalten, wenn nach Ruptur sieh
eine Hämatocele ausbildet oder auch, wenn der
fruchtsack kleiner und härter wird ohne Hämato-
eelenbildung. Wenn der Fruohtsack zwischen die
BlAtter des Lig. latum rupturirt, so sind jedenfalls
die Aussichten für einen günstigen spontanen Ver-
lauf durchaus vorhanden.^^
Arthur Hoff mann (Darmstadt).
Orassesse extrauUrine, diagno8liqu6e au sixieme
mois, operSe ä une ipoque rtipproch6e du terms, —
Exlraetian d'un enfant vivant; suites heureusespour
la mire et pour VenfanL; par A. Pinard. (Annal.
de Gynöool. XLIV. Acut 1895.)
SGjähr.Frau. Letzte Regel im JuÜ 1894. ImOotober
fterst Schmerzen im Leib, die bald nachliessen, um im
November heftiger, besonders auch bdm Btahl^^g und
IKTasserlassen , aufzutreten. Die behandelnden Aerzte
stellten die Diagnose auf eine drohende Fehlgeburt, bez.
spiter auf ein Fibrom der Qebärmutter. Bis zum Febraar
war die Frau bettlägerig. In diesem Monate untersuchte
rie Pinard zum 1. Mal und fand eine extrauterine
86hwanger8chaft von 6Vt Monaten mit lebendem Kind
bei der sehr herabgekommenen Frau, die eine starke
Bchwellung der Beine hatte. Auf Bettruhe und ent-
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
spreohende Behandlung ging tetttere zurftok; Dfe'Herz*
töne der Fracht wurden täglich beobachtete So ent-
wickelte sich ohne weiteren Zwischenfall die Schwanger-
schaft weiter bis Ende April. Am 2. Mai entfernte P.
durch den Bauchschnitt einen Knaben von 2730 g Ge-
wicht und 47 cm Länge, der trotz sehr schneller £nt-
wickelung einige Minuten Störungen in der Athmung
zeigte. Der eröffnete Sack wurde in die Bauchwunde
eingenäht, die Höhle mit Jod<tfonn- und Salolgaze aus-
gestopft. Im Wochenbett erhob sich die Körperwärme
nicht über 38«. Vom 13. Mai ab alle 3 Tage Ausspülung
der Höhle und Ausstopfang mit Salolgaze. Am 25. Mai
stiess sich das erste Ktück des Fruchtkuchens los, am
0. Juni das letzte. Am 43. Tage verliess die Frau das
Bett Die Höhle war aasgefüUt, die C^stenwand auf-
gesaugt, die Gebärmutter in ihrer normalen Lage.
Das Kind zeigte eine leichte Ungleichheit beider
Gesichtshälften und eine Vertiefung am Unterkiefer, die
dadurch entstanden war, dass der Kopf durch die Sack-
wandnng gegen die linke Schalter gepreest wurde. Das
Kind gedien ausgezeichnet —
Gegenüber der These Werth's: Jede Extra-*
Uterinschwangerschaft muss als bösartige Oe«
schwulst behandelt werden, stellt P. den Satz auf:
Jede erkannte Eztrauterinschwangerschaft erfor*
dort einen chirurgischen Eingriff. Er erkennt da-
mit die Nothwendigkeit eines sofortigen EingrifiPs
in der ersten Hälfte der Schwangerschaft oder bei
seit 2 Monaten abgestorbener Frucht an, dagegen
hält er es bei lebendem Kind in späteren Monaten
für geboten, zu warten, bis das Kind wirklich
lebensfähig ist, jedenfalls nicht einzugreifen vor
YoUi^dung des 8. Monats. Dabei ist vollständige
Bettruhe geboten. Allerdings ist das Verfahren
F.'s unter 3 Fällen nur in einem von günstigem
Erfolg begleitet gewesen, da zweimal das Kind
abstarb.
Bezüglich der Operationstechnik ist P. ent«
schiedener Gegner der Entfernung des Sackes, die
ihm viel zu gefährlich erscheint In 16 lUlen, in
denen er wie oben beschrieben verfuhr, hatte er
nie einen schwereren Zwischenfall durch das Zu*
rückbleiben des Fruchtkuchens.
P. zählt zum Schlüsse die häufigen in der
Literatur veröffentlichten Missbildungen der extra*
uterin entwickelten Früchte auf.
Exirauimine pregnancy ; four reoentcasea; by
David Barrow. (Amer. Pract. and News XX.
4. p. 127. Aug. 24. 1895.)
4 in den letzten 5 Monaten vor der Yeröffentlichung
beobachtete Fftlle von Eileiterschwangerschaft :
1) 34jahr. Frau. 2 Kinder, jüngstes 9 Jahre alt
Schwangerschaft in der 7. Woche im äusseren Drittel des
rechten Eileiters. Freies Blut in der Bauchhöhle. Blas
im Eileiter. Genesung nach der Operation.
2) 28jähr. Frau, läne Oeburt vor 7 Jahren, eine
Fehlgeburt vor 5 Jahren. In den letzten Jahren inuner
Schmerzen im Unterleib. Linkseitige Eileiterschwanger-
schaft im 2. bis 3. Monat Operation nach Riss des Ei-
leiters und starker innerer Blutung im Zustand höchster
Sohwiche. Erholung nach der Operation. Vom 10. Tage
ab Fieber. Bildung eines Abscesses, der sich durch den
Darm enÜeerte. Genesung.
3) dOjähr.Frau; 3 En&indungen, letzte vor 4 Jahren.
Vor 2 Jahren geringe Beckenbeschwerden. Rechtseitige
Eileiterschwangerschaft im 2. Monat Tubarer Abort.
Bildong einer Hämatocele. Glatte Heilung nach de^
Operation.
21
Ui
Vn. Oeburtshülfe, Frauen- und Einderheilhinda
4) 2Sjlttir. Fhiu; 2 Fehleebnrton. Seitdem Schmer-
zen im Becken. Linkseitige EikiterschwaiigerBdiaft von
3 Monaten. Tubarer Abort Aboidliche Steigerungen
der Eorperwlrme. Bei der Operation fanden sich freies
Blnt in der Bauchhöhle, starke Verwachsungen. Frucht-
kuohen noch am BQeiter und am Darm haftend, Fötus
tief im Becken. 8V«cm lang. Auch die rechtseitigen
erkrankten Anhinge wurden entfernt Gebärmutter stark
veigrössert, weich, deshalb wurde auch eine intrauterine
Schwangerschaft angenommen. Genesung.
ZurOamistik der EjctratUerin-Oravidiiäien ; von
W. Knüpffer. Aus der Diaconissenanstalt zu
BevaL (Petersb. med. Wohnschr. XIX. 48. 1894.)
£n. beriohtet über 2 Fälle von ektopischer
Schwangerschaft; die eine Frau wurde operirt und
genas, die andere wurde nicht operirt und starb.
1) Pat hatte 3mal Fehlgeburten durchgemacht, war
^egen Ruckwärtsknickung behandelt wonlen; später
wegen Endometritis. Ausschabung und Ampvtatio por-
taonis. Am 10. April 18d3 3 Tage lang heftige Schmer-
zen im Unterleib, Ohnmacht u. s. w. Am 4. Tage, über
4 Wochen nach der letzten Regel, Beginn Ttägiger Blu-
tung mit Abgang von Hautstücken. Dann leidliches Wohl-
befinden bis 14. Mai ; darauf wieder ünterieibeschmerzen
mit Ofanmaofaten.
Am 15. Mai fand E. äusserlich eine Besistenz bis
zur Nabelhöhe, grosse Schmerzhaf tigkeit. Innerlich eine
das kleine Becken fast völlig ausfallende prallelastische
Geschwulst Scheidentheil nach rechts verschoben. Am
17. Juni Bauchschnitt. Die Ideine kindskopfgrosse, rings
mitD&rmen verwachsene Geschwulst wurde onne Schwie-
rigkeit entfernt Der linke Eileiter ging in sie über, der
Eierstock sass ihr platt auf. Der Inhalt der Geschwulst
war theils frisches, theils geronnenes Blut ; eine Frucht
war nicht zu finden, dagegen konnte E. Chorionzotten
imd Dedduazellen nachweisen.
2) 29jähr. Frau, die 3mal geboren hatte. Ende
November 1892 nach l'/tmonatiger Regelpause starke
Blutung mit Abgang von Qewebefetzen. E. fand die
Gebärmutter stark vergrössert; mit ihr rechts in Zu-
sammenhang stehend eine prallelastische, das kleine
Becken ausfallende Geschwulst, die in den folgenden
Wochen an Grösse zunahm. Schmerzen und Blutungen
dauerten bis Ende Januar. Von Ende März ab wurde durch
Massage die Geschwulst bis aofDoppelfaustgrösse verklei-
nert Ende Mai nach schwerem Heben Blutung, Leib-
schmerz, Aufixeibung des Leibes, Erbrechen, Ohnmächten.
Im Anschluss daran schwere, langsam verlaufende Bauch-
fellentzündung, der Pat erst im Juli erlag.
Tküo cases of eoctrcmterine gestcAion operaied on
afUr mpinre cU the fourth numth} by J. Halli-
dayCroom. (Edinb. med. Joum. XL. 1 0. p. 889.
April 1895.)
A. hat im Ganzen in 8 Fällen von Schwanger-
schaft ausserhalb der Gebarmutter operirt mit
2 Todesfällen«
1) Die Pat. war seit 2 Jahren verheirathet und regel-
mässig menstruirt bis Februar 1894. Im April 1894 nach
Swöchiger Begelpause Blutungen und Schmerzen in der
linken unteren Bauchseite. Cr. fand eine Geschwulst,
die die Gebärmutter bis über die Schamfuge empor-
gedrängt hatte und nach oben bis fast zum Nabel reichte.
Am 11. Juni Ueberfuhrung nach Edinburg. Bei der
Operation blutete es sehr stark beim Einsohneiden der
Sackwand [keine vorherige Unterbindung der zuführen-
den Gefässe! Bef.]. Cr. entfernte den Fmchtkuchen
aus dem Sacke und gelangte durch eine kleine OeShung
in eine 2. Höhle, die nur Blut enthielt Die Frucht
wurde nicht gefunden. Beide Höhlen wurden aus-
gewaschen, die Sackwand an der Bauch wand befestigt
und die Hohlräume ausgestopft. Die Pat genas.
'~ 2) 32jähr. Frau. 4 Geburten, 2 Fehkeburten. Am
22. Oct 1894 fohlte Pat, nachdem die Regel 2 Monate
ausgesetzt hatte, beim Heben einer schweren Last, dass
etwas im Leibe zersprang. 2 Tage später 8chmeR«B,
Ohnmacht, geringer Blutabgang. Bis aar AufBahu»
(23. Nov.) 2 weitere Anfälle. Bei der Aufnahme fand
sich eine Geschwulst, die 5 cm über das Hnke Pouparf -
sehe Band reichte und den Douglas'schen Raum aus-
füllte. Am 2. Dec. Abgang einer Deddua. Am 21. Dec.
wieder Ohnmacht mit Blutung. Dabei rasches Wachsen
der Geschwulst, die bis 2cm über den Nabel reichte.
Bei der Operation am 27. Dec. fand man die vordere
Sackwand mit dem Bauchfelle der vorderen Bauchwand
veriöthet Der Sack wurde geöffnet und na<^ Entfernung
einer S'/t — i Mon. alten Frucht und des FruchtkodieBS
ausgestopft und eingrabt Die ganze Operation wurde
extraperitonäal ausgeführt Der Oidk wurde vom 28. Dec
an Bstündlich mit schwacher Sublimatlösung ausgespült
Am 29. Dec. Abends Tod. Bei OefEhung der Leiche
wurde ein Bluteiiguss im Douf^'sohen Baum gefunden ;
Cr. sieht die Blutung als Todesursache an.
Qroasease extrauUrine ; UÜiqpSdion datani de
troi8ana;kyMmfi(miiie,guäri8(m;'ps^
(Ann. de Gyn^coL XLn. Nov. 1894.)
Die Kr. hatte vor 3 Jahren aUe Zeichen einer nor-
malen Schwangerschaft durchgemacht, hatte Wehen am
Ende der Schwangerschaft gehabt, ohne zu gebären, er-
krankte dabei aber mit leichten Erscheinungen von Bauch-
fellentzündung. Der Bauchumfang verkleinerte sich in
der Folge.
Mim fühlte äusserlich eine unterhalb des Nabels ge-
legene, harte, runde Geschwulst Innerlich: Gebärmutter-
hius in die Höhe gezogen, Gebärmutter beweglich; vom
vorderen Scheidengewöibe aus fühlte man eine harte
kmdskopteosse Geschwulst Am 10. Sept Bauchschnitt
Die Geschwulst nahm den linken und unteren Ab-
schnitt der Bauchhöhle ein und war stark mit Netz md
Därmen verwadison. D. schnitt die Cyste ein und ent-
fernte die Frucht Die Entfernung des Sackes machte
Schwierigkeiten und D. musste einen Theil der Wsnd an
den Därmen sitzen lassen. Pat genas ohne ZwischenfiaU.
üeberektopisckeSchtvangerschafl; vonKTuaz-
kai in Budapest (Wien. med. Wchnscbr. XLV.
28. 1895.)
Im ersten Falle handelte es sich um eine 37jShr.
Frau, die vor 10—12 Monaten mit Schmemn in der
linken Leistengegend erkrankt war.
Sie hatte lai^ Zeit gefiebert, mit zeitweisen Schüttel-
frösten (die Krankheit war als Typhus abdominalis be-
handelt worden). Zu T. kam sie mit stinkendem, eite-
rigem Ausfluss aus der Scheide. Durch Erweiteruiig einer
kleinen Oefhung im Scheidengewöibe entleerten siä un-
gemein viel Eiter und mehrere Knochenstücke \ die Ge-
bärmutter war vergrössert, die Schleimhaut verdickt
Zur mikroskopischen Untersuchung entfernte T. die ober-
flächlichsten Schichten. Er fand in der ausgeschabten
Schleimhaut Deciduaschicht^ auch Drüsen mit schönem
Epithel. T. lässt es dahingestdlt sein, ob nicht auch in
der Gebärmutter eine Schwangerschaft gewesen und
durch Fehlgeburt abgelaufen sei.
Im 2. Falle hatte die 34jähr. Frau 2mal, zuletst vor
7 Jahren, geboren, kurz darauf abortirt Seitdem Ent-
zündungen. Im Februar 1895 trat die Begel nach
2maligem Ausbieiben sehr heftig auf. Am 20. Februar
heftige Schmwzen. Von da ab bemerkte die Frau eine
rasch wachsende Geschwulst im Unterleib. T. £uid
äusserlich eine kindskopfgrosse, mehr nach links gelegene
Geschwulst Innerlich war die MastdMinscheidenwaQd
wulstförmig vorgewölbt, das ganze kleine Becken war
von einer elastischen Geschwulst ausgefällt Am mfioh-
sten Tage erfolgte durch Scheide und Mastdarm ein
Durchbruch einer grossen Menge hellrother Flüssigkeit,
die weisse Blutkörperchen, sehr feine TVoUhärchen uu4
Vn. Oebtirtaahülfe, Frauen- und Einderheilkund«.
163
«Dzelne Jdeina durchsichtige Membnmen enthielt. T:
schabte auch diesmal die Oebärmutter ans und fand
niikroekopisoh eine Deciduasohicht mit erweiterten ver-
mehrtaBGapillaren, was nach Dobbert für Extrauterin-
schwangenchaft charakteristisch sein soll.
J. Praeger (Chemnitz).
Ein Fall von gkichxeüiger Eadror und Intror
uteringravidUiU bei Uterus subeepku; von Hein-
rich Walther. (Ztschr. f. Qeburtsh. u. Gynftkol.
XXXm. 3. p. 389. 1895.)
Eine 35jlUur. Frau suchte irefen kolikartiger ünter-
kibsaelunerzeii und unregelmässigen Biutabganges die
XHmk auf, hatte Mher 3mal geboren, jetzt waren die
Ifanaes mehrere Wochen ansgeblieben. Uterus dem
3. Monate entsprechend vergröeaert, rechts von ihm eine
weiche, eystisohe, etwa faustgrosse Qeschwnlst, im rech^
ten Sd&eidengewölbe deutliche Polsation. In der Nacht
■ach der genauen Exploration und üteniasondiiung
aosserat heftige Sohmerzen, die bestimmt auf eine Ver-
inderttag der bestehenden ektopisohen Schwangerschaft
hinwiesen. Deshalb Laparotomie und Entfernung der
Unken Anhänge. Die Laparotomie ergab das Yorhanden-
sein eines Uterus biooniis, bes. duplex, wahrscheinlich
mit Schwangerschaft im rechten Hörn, bes. der rechten
Utemshfilfte und ausserdem ein hühnereigroeses Häma-
tom der linken Tube, wahrscheinlich nach abgelaufener
linkseitiger Tubenschwangersohaft entstanden (mit Aus-
gang in Tubenabort und Hämatooele). In der Nacht vom
2. zum 3. Tage trat starke Blutung auf, so dass der be«
reits ei&getretone, unvollkommene Abort beendet werden
muaate« Sorgfältige Ausräumung des durch ein fast bis
über den inneren Muttermund reichendes Septum in
2 Hilften getbeilten Uterus ; in der rechten Hälfte waren
Flacenta, Nab^bchnur imd die Eihäute, in der linken
dagefen nur eine äusserst dicke Deoidua. Normales
Fterpcnum.
w. berichtet eingehend über die genaue mikrosko-
pische Untersuchung der bei der Laparotomie und der
Utamsausräumung gewonnenen Präparate; hierbei be-
währte sich ihm die von Blum empfohlene Formalfixa-
tion auf das Beste. Durch die mikroekopisohe Unter-
suchung konnte W. mit aller Sicherheit den Beweis
erbringen, dass es sich um eine abgelaufene tubare
Schwangerschaft und nicht etwa um eine einfache Hbnato-
sdpin^^tis handelte, wie sie sich auf entzündlicher Basis
oder im Ansdiluss an Gynatresien mitunter zu bilden
pflegt Ausserdem war festzustellen, dass beide Schwan-
jhaften zeitlich nicht sehr weit von einander entfernt
I, ao dass thatsächlich eine gleichzeitige extra- und
mteiine Schwangerschaft besbmd.
W. fasst zum Schluss die klinisch, wie anato-
■liflch bemerienawerthen Punkte seiner Beobach-
toDg im Folgenden zusammen: Bestehen einer
gleichzeitigen intrauterinen und extrauterinen
Sohwangersohaft Dabei Verdoppelung des UteruSi
bes. ütema aubaeptua mit Schwangerschaft in der
rechten Uterushälfte und mächtiger Dedduaent-
Wickelung in der nicht schwangeren linken. Yor-
aeitige Unterbrechung der linkseitigen tubaren
Sohwangeracbaft mit Ausgang in protrahirten Abort
und Hämatocelenbildung. Frischer Schub der
HSmatocele im Anschluss an die Sondirong des
Utonia. Arthur Hoff mann (Darmstadt).
Ueber fxxgindk KSlioUmie bei cfswei FäUen von
Jiibensehwangerschaft ; von A. Dührssen in
Berlin. (Centr.-Bl. f. GynftkoL XIX. 15. 1896.)
Nachdem D. smne Methode zur Entfernung kleiner
Myome, erkrankter Adnexe, fixirter Betroflexionen schon
froher empIMilen hat, besohrwbt er nochmds geni^u die
Tedmik und räth besonders zur Unterbindung Silkworm-
^t zu nehmen. Kein anderes Material verhindert so
sicher eine Nachblutung. Recht unangenehm sind die
blutenden Wunden des Uterus, entstanden durch das
Ausreissen der Kugelzangen. In solchem Falle legt D.
provisorische Suturen an. Ref. kann hier zurBlutstifiung
die Anwendung von Wasserdampf empfehlen.
Glaeser (Danzig).
Die Behandlung der ektqpiseken Schwangereehaft
mü Morphiilumeinspriizimgen nach v, Winckel;
von L.Prochownick inHamburg, (BerLElinik
Heft 88. Oct 1895.)
Pr. theilt 6 eigene hierhergehörige Beobach-
tungen mit und fasst sein Urtheil im Folgenden
zusammen : „Es geht ans alledem hervor, daaa ich
imPrincip fQr die ersten 3 Monate der ektopiacfaen
Schwangerschaft mit v. Winckel vereint fQr die
Morphiumeinspiitzung als eine möglichst conserva«
tive Behandlung eintrete, ao lange mit einiger
Sicherheit auf lebenden Bmbiyo und intaktes Ei
geschlossen werden darf. Nur in einzelnen Punk-
ten der Auffassung und der AusfOhrung bestehen
Yerschiedenheiten, die sich aber ohne Schwierig«»
keiten QberbrQcken lassen und mit der fortschrei*
tenden anatomischen Erkenntniss von selbst aus*
gleichen werden.^^ „Sobald die 12. Woche über-
schritten ist, soll man nicht injiciren ; sowie der
Abortua schon einige Zeit im Gang, B[ftmatomeoder
Hftmatocelen vorhanden oder die Deoidua ab-
gegangen ist, fUlt dieselbe aus der Therapie aus.
Denn ihre HauptbegrOndung , das Ei, bez. den
Embryo zu vernichten, besteht nicht mehr.'^ „Aus-
geführt soll sie thunliobst nur von der Scheide aua
werden, möglichst nur einmal; Dosis 0.03 — 0.04
Morphium in 1 — Boom Wasser gelöst; eine Spritze
mit kräftiger g^nder oder gebogener Nadel ohne
Gummizwischenstück zwischen Spritze und Kanüle
verbürgt am besten die Asepsis, fdr die natürlich
in üblicher Weise sonst zu sorgen ist Narkose
ist nur bei sehr erregten Frauen nöthig; ein leich-
ter Jodoformgazetampon bleibt 24 Stunden nach
dem Eingriff liegen. Bei kurz vorher perimetri-
tisch erkrankt gewesenen oder gonorrhoischen
Frauen muss man auf Beizerscheinungen gefosst
sein, bez. vom Eingriff abstehen.^^
Die Aueeohabung bei ektopieeher Schwanger"
Schaft; von H. Löhlein. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXL 23. 1895.)
2 Fälle vonCorettement bei bestehender ektopischer
Sohwangersohaft In beiden Füllen gaben Uterusbluton-
gen, die sich an Störungen der normalen Menses an-
sohlossen, den Anlass zur ersten Ausschabung. Beide
Male folgte dem ersten Eingriff die Ausstossung der Deoi-
dua und weiterhin die AuBoildnne einer Hämatooele, bez.
dieYergrösseiung einer bestehenden. Beide Maie bestand
nach der ersten Abrasio der die Hämatooele er&hiungs-
femiss häufig begleitende blutige Ausflnss aus dem
fterus weiter und gab Veranlassung zu einer zweiten
AbrasLO, die beide ]£je den natürliohen Heilungsprooess
unterbraoh und zn sehr ernsten Folgen führte. Im ersten
Falle kam es dnrch erneute Blutcug und weitere Aus-
breitung peritonitisoher Prooeese znm Tode ; im zweiten
Falle kam es zur Yeijauchung der mächtig|en Blut-
geschwulst, deren sohwere Geüfthren dnroh die zeitige
Erofiiung noch glücklioh abgewondet wurden.
16i
TU <}eburtehülf6, Frauen- und EmderiieiUnuide.
L. weist auf die grosse Gefahr des Curette-
ments hio, wenn es bei bestehender ektopischer
Schwangerschaft oder deren Folgezustftnden , die
nicht beachtet oder nicht richtig erkannt wurden,
voi^genommen wird. Auch vor der Anwendung
des Curettements als diagnostischen HtUfsmittelB^
um die Zweifel zu heben, die bezüglich eines sus-
pekten parauterinen Tumor bestehen, warnt L.
eindringlidi im Gegensatz zu der Empfehlung
Wy der's. Arth. Hoffmann (Darmstadt).
Beiträge xw Anatomie der üUruseehkimhatU
bei ekiopiacker Schtüongerachaft; von Dr.Th. Dob-
bert in Petersburg. (Arch. f. QynäkoL XLYIL 2.
p. 224. 1894.)
PräpareU 1, Utenu bei Tubenschwangerschaft der
4. bis 5. Woche. Die Decidua besteht aus 3 Schichten.
Die oberste ist ans Deddnazellen in verschiedenen Bta-
dien ihrer Entwiclcelang und aus bindegewebigen Rnnd-
Bellen aufgebaut An Stelle der Drüsen : Lüoken ohne
Epitheibesatz. Eine mittlere Schicht, in der die Trennung
erfolgt, enthält der Obeifl&cbe parallel gestellte Räume
mit BoBten der Drüsenepithelien. Die basale Schicht be-
steht aus wenig verändeitem Stromagewebe mit relativ
unveränderten Drusen. Präparat 2, Uterus bei 2'/« bis
3 Monate alter Tubenschwangerschaft Die Umwände-
luDg des Endometrium in Deoiaua ist trotz höheren Alters
weniger vorgeschritten, als im vorigen Präparate, wohl
weil die Insertion des Eies in der Tube eine vom Uterus
entferntere war, als im vorigen Falle (hier äusseres, dort
inneres Drittel der Tube!). Vollständig ausgebildete
DedduazeUen sind nicht vorhanden, nur langgestreckte
Spindelformen. Die Drüsen in der mittleren Sohicht sind
etwas erweitert und zeieen hier wie in der oberen Sohioht
EpitheUen in versohiedenen Degenerationstufen. Prä^
foreU 3, 4 und 5. 3, bez. 2 und 2Vs Monate nach der
letzten Menstruation ausgestoss^ne Membranen, bestehend
aus grossen Deciduazellen, im basalen Theile von Rund-
zellen reichlich durchsetzt Reichliche Blutaustritte.
Drüsen, bez. Drüsenepitheheaniohtnachweisbar. Präpiy'
rat 6 und 7. Zwei Uteri extrauteriner Graviditäten, bei
denen noch zu Lebzeiten der Pat. eine Ausstossung der
Decidua stattgefunden hatte. Die Mucosaschicht sehr
dünn. Das interglanduläre Gewebe besteht aus wenig
veränderten Stromazellen. Nur die zwischen den Muskel-
bündeln gelegenen Drüsenabschnitte besitzen noch ein
unverändertes Cylinderepithel.
Die Veränderungen des Endometrium bei extra-
uteriner Gravidität sind denen bei Bntwickelung
des Eies im Uterus ganz gleich. Ein Oberflächen-
epithel fehlte an den spontan ausgestossenen Ded-
duen ganz ; an den in utero befindlichen war es
ausschliesslich noch in der Nähe der Drüsen-
jnündungen bisweilen erhalten. Wichtig ist das
Yerhalten der Blutgefässe. Aus den Arterien und
Venen gehen in der oberen Schicht weite Endotbel-
rOhren hervor, die für eine Gravidität charakte-
ristisch sind und eine Unterscheidung von den
Membranen der Endom. exfoliativa gestatten, die
nach v.Franqu6 stark erweiterte Gefässe mit reich
entwickelter Muscularis führen. Die Entwickelung
derartiger endothelumkleideter Blutbahnen findet
sich wie in der Decidua so auch in der Serosa des
Peritonaeum bei Bauchhöhlenschwangerschaft und
ist fflr diese charakteristisch. B r o s i n (Dresden).
Ein FaU van Sareoma uteri deciduoeellulare bei
Tubeneehwangeracbafl; von F. Ah\feld jn Mar*
bürg. (Hon.-8chr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. I. 3.
p. 209. 1895.)
Ein 17jähr. Mädchen wurde wegen langdauemder
und heftiger uteriner Blutungen am 14. Juni 1894 in die
Klinik aufgenommen. Die Untersuchung ergab hinter der
Symphyse einen etwa hühnereigrossen, auf Druck etwas
schmersbaften Tumor, der von der vordeten Scheiden-
wand ausging; der Finger drang am Hamzöhrenwalst in
diesen Tumor ein und lam in eme kleine, mit weichen
polypösen Massen ausgefüllte, sofort blutende Höhle.
iFterus normal. Die Höhle wurde ausgeschabt und mit
Jodoformgaze tamponirt Die ausgeschabten Massen wur-
den von Marchand untersucht, der mikroskopisch eine
groBse Aehnlichkeit mit der von Gott seh alk(Jahrbb.
GGXXXVin. p. 53) als Sarkom der Chorionxotten be-
schriebenen Gesohwulstform fiand. Am 20. Juni wurde
die Gesohwulsthöhle nochmals ausceschabt und kauteri-
sirt, ebenso ein unterdessen auf der linken Hälfte des
Hamröhrenwulstee entstandener zweiter Tumor. Am
21. Juni plötzlich hohes Fieber (40.6«»— 134). Am 3. JuH
Incision eines Absoeeses der Schulter. Der über der
Symphyse liegende Tumor war nicht mehr als pnller
Tumor zu füMen, die ganze Gegend erschien ^Ais in-
filtrirt. Der hinteren Uteruswand lag ein walzenförmiger,
nicht auffallend harter Tumor an. Auf Omnd dieses Be-
fundes und des Verlaufes sprach A. den Verdacht aus,
es handele «teft um ein nuUignee Deeiduom, das in der
Sekleimhaut einer schwangeren Tube sieh entwiekeU und
Metastasen nach der Scheide und vielleiehl auch in an-
dere Organe gebildet habe. Am 4. Juli erfolgte der Tod
unter den Brscheinungen einer schweren PeritonitiB ; der
Versuch, durch Laparotomie dem Eiter Abfluss zu schaffBB
und so den Tod aufzuhalten, war vergebüch.
Der Sektionsbefnnd wird vonMarchand eingehend
erörtert Auch der vorUegende Fall bestätigt die An-
schauung Sänger*s, dass sich die Sntwiekelung des
Sareoma uteri deciduoeellulare ausschliesshch an eine
stattgehabte Schwangerschaft anschliesst
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
üther die sogenannten „decidualen^* Oesdkwiilste
im AnechlusB an normale Oeburtj Abort, Elasenmcie
und Extrauterinsehwangersehaft ; von F. Mar*
chand in Marburg. (Mon.-Schr. f. Oebnrtah. n.
GynÄkol. L 5. 6. 1895.)
Zunächst berichtet M. über 2 eigene Beobachtmigen :
1) In diesem von Ahlfeld veröffentlich ten Falle
(vgl von^tehendes Beferat) wurden von M. Geschwulst-
massen, die durch Auskratzung aus einer Geschwulst der
vorderen Scheidenwand entfernt worden waren, mikro-
skopisch untersucht Das erhaltene Bild war ein so un-
gewöhnliches, dass erst die Sektion völlig klaren Auf-
sohluss gab. £s fand sidi bei der an Sepsis zu Omode
gegangenen Frau eine frühzeitig zum Abschluss gekom-
mene linkseitiffe EileiterschwangerschalL Die Infektion
des Eileitersaiäes hatte von der zerfallenen Scheiden-
Schwulst aus stattgefunden. Durch Einriss des Sackes
m Folge einer Untrasuohung war Banchfollentsändimg
eingetreten.
In 4or£ileiterschwul8t sowohl, wie in der Scheiden-
metastase fanden sich im Wesentlichen 2 Qeweheformen,
vielkemige, verästelte balkenförm^e Protoplasmamasseo,
femer vieleckige epithelähnliohe &llen mit hohem Guy*
kogengehalte.
2) Eine 34jähr. Frau hatte 9mal .geboren, zuletzt im
November 1893. 3 Wochen später stu-ke Blutung. Viele
Blutgerinnsel und Gewebefetsen wurden entfernt Yora
\, April 1894 an traten die Blutungen wieder stark aa£. Der
Arzt entfernte 2 Fäuste voll Gewebemassen aus der Gebär-
mutter, dann wiederholt kleinere Stücke. Am 20. April
wurde von Dr. Everke im evangelischen Erankenhanae
zu Boohum in Narkose eine Gesohwulst desGebärmnttMr-
grundes festgestellt Beim Yersuohe, die naoh rüokwJiits
Terlagerti^ Gebärmutter .mit der 9on4e auf^oiidUen^ Idi^h
Tn. GteburtshtUf e, Frauen- und Einderliälkunde.
165
^-1
«in Theil der Geschwulst an der hinteren Beckenwand,
Bit der sie fest yerwaohsen war, sitzen, so dass in der
hinteren Oehfo-rnntterwand ein 5-mark8täckgrosses Loch
entstand. Darauf Entfernung der Gebärmutter durch
die Scheide und Loslösung des sitzen gebliebenen Ge-
echwulstrestes mit den Fingern. Verlauf iieberlos. Im
Kai 1895 Befinden gut
Die mikroskopische Untersuchung 6i|;ab, dass es
sich, wie im 1. Falle, um eine epitheliale Neubildung
handelte, und zwar wesentlich aus dreierlei Gewebeformen
bestehend: 1) grossen, unregelmfissig rundlichen und
polyedrisohen Zellen mit grossen, bisweilen auch läne-
neben dunkdgefSrbten Kernen, femer 2) grossen viei-
lernigen Protoplasmamassen (Syncytium) und 3) meist
aof dem Grundgewebe aufliegenden heUen polyedrischen
Zellen mit verhiQtnissmässig grossen, länglich runden
oder runden Kernen und grossen Kemkörperchen. Ded-
dnazellea landen sich nirgends.
Im 2. Theile seiner Arbeit unterwirft M. die
bisher TeröffentUohten Fälle von (bösartigen) Oe-
flohwulstbildungen im Anschlüsse an die paerpe*
nden Verftnderungen der Oeb&rmutter einer ein-
gehenden Besprechung. Im Ganzen findet er 28
siohereBeobachtungen, Ton denen sich nicht weniger
als 13 an eine vorausgegangene Blasenmolen-
sdiwangerschaft anschliessen, in 8 Fällen an eine
normale Geburt, in 6 Fällen an einen Abort, in
einem an eine frühzeitig unterbrochene EUeiter-
sehwangersohaft 24 Fälle verliefen tödtlich. Die
Entfernung der OebSrmutter wurde 7mal vor-
genommen ; 3 Frauen wurden geheilt In 12 Fällen
waren Metastasen in der Scheide (und mehrmals
in der Naehbarsdiaft), in 13 lUlen zahlreiche
Knoten in der Lunge zurEntwickelung gekommen,
mehrmals in anderen Eingeweiden, Knochen u. s. w,
Die Schlüsse, die M. aus seiner Arbeit zieht, sind
folgende: „1) SämmtUche Fälle sind im Wesent-
lichen einheitlicher Natur, wenn auch erhebliche
Verschiedenheiten in ihrer Zusammensetzung vor-
kommen. 2) Die Geschwülste sind der Hauptsache
nach epiihdiai, und zwar betheiligen sich am Auf-
bau erstens das Syncytium, d. h. die uterine Epi-
thelschicht des Ghorion, zweitens die Elemente der
sogenannten Zellensohicht, des ektodermalen Epi-
thels des Ghorion. 3) Beide bilden einen normalen
Bestandtheil der Deoidna serotina und kennen da-
durch Veranlassung zur Entstehung bösartiger
Wucherungen werden, in wdch^i beide Epithel-
formen in ähnlicher inniger Verbindung auftreten,
wie an den Ghorionzotten. 4) Die Abkömmlinge
des Syncytium treten entweder in Form sehr grosser
Zellen mit grossem chromatinreichen Kern auf, oder
in Gestalt vielkemiger Protoplasmaklumpen oder
als zusammenhängende balken- und netzförmige
yielkemige Gebilde, welche Bluträume einschliessen,
XU denen sie sich ähnlich verhalten, wie das Syn-
^um zu den intravillösen Bäumen. Die Kerne
Erreichen nicht selten eine bedeutende Grösse und
vermehren sich (stets?) durch direkte Theilung
(Abschnürung). 5) Die Elemente der Zellenschicht
treten mdst in Form polyedrischer, heller, stark
glykogenhaltiger Zellen auf und vermehren sich
durch indirekte Kemäieilung. Die Grösse der
Zellen ist sehr verschieden, meist sind sie Jedoch
kleiner als die isolirten Elemente des Syncytium.
6) Die Blasenmolenschwangersdhaft begünstigt das
Auftreten der bösartigen Neubildungen, da bei ihr
das Hineinwuchem der epithelialen Elemente in
die Serotina in sehr viel höherem Maasse stattfindet
als in der normalen Schwangerschaft 7) Die
eigentlichen Deciduazellen betheiligen sich an der
bösartigen Neubildung nicht oder nur in beschränk-
tem Maasse am Orte der primären Entstehung«
6) Eine Betheiligung des Ghorionbindegewebes bei
der bösartigen Neubildung ist bis jetzt noch nicht
nachgewiesen. 9) Die Metastasenbildung kommt
bei diesen Geschwülsten fast stets auf dem Blut-
wege zu Stande.^^
M. hält es nicht für richtig, diese eigenartige
Neubildimg, die nur unter ganz bestimmten Lebens-
bedingungen entstehen kann, als Krebs zu bezeich-
nen. Auch verhält sich der Krebs anders, weil er
sich in erster Linie in den Lymphspalten verbreitet,
während diese Neubildungen frühzeitig in dieBlut-
babnen eindringen. Der Name „dedduale Ge-
schwulst*^ ist nicht zutreffend, da die bindegewebige
Deoiduazelle keine Bolle bei der Neubildung spielt;
passender würde die Bezeichnung „serotinale Ge-
schwulst*' sein. J. Praeger (Chemnitz).
290. Snapeniion in the resusoitation of the
new-bom ; by Dr. IL K n a p p , New York. (New
York med. Becord XLIX. 3 ; Jan. 18. 1896.)
Ein Kind wurde pulslos und oyanotisch geboren (um-
schlingung der Nabelschnur), heisses und kaltes Wasser
waren nutzlos. Das Kind wurde warm eingepackt und an
den Füssen gehalten, Kopf nach unten (empfohlen durch
Dr. B i s s e 1 , New York med. Record XLVin. Nov. 1895).
Sofort machten sich einige Athemzüge bemerkhar, der in
den Mund eingeführte Fhiger reizte das Kind zum Saugen
und Schreien, Bewegungen des Kopfes nach und vom
Stemum unterstützten dies wirksam. Das Kind bUeb in
der Suspension 40—50 Min. [I ? Ref.] bis es kräftig schrie
und erfreute sioh dann des besten Befindens.
Flachs presden).
291. lieber dieMB6hw«rrerdaii]iohk6it**dep
Knhmüöh im Siaglingaalter; von Dr. Wachs-
mut h. (Jahrb. f. Kinderhkde. XLL 2. 1895.)
Muttermilch imd Kuhmilch unterscheiden sich :
1) hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung;
2) hinsichtlich des Keimgehaltes. Nach dem W.
diese hinreichend bekannten Thatsachen auf Orund
von Literaturangaben ausgefOhrt hat, weist er auf
die namentlich von Bunge betonte desinüoirende
Wirkung der Magensalzsfture, sowie auf die von
Müller gefundene Thatsache hin, dass Kuhmilch
mehr Salzsäure bindet als Muttermilch. Demnach
kann die ohnehin im Sftuglingsmagen in geringer
Menge enthaltene HCl bei Kuhmilchemährung erst
recht wenig desinficirend wirken. Daraus erklären
sich zum Theil die zahlreicheren Erkrankungen des
Verdauungskanals bei Kindern, die mit Kuhmilch
genährt werden. Man muss nach Mitteln suchen,
die die Abscheidung der Magensalzsäure begün-
stigen. Ein solches Mittel ist vielleicht das Chlor«
natrium. Brückner (Dresden);
166
YII. Oeburtahülfe, Fraueu- und KinderheiUnmde.
292. Barlow'Bohe Kmikh#it und steriUiirte
Hiloli; von ProL v. Starck in EieL (Mfinchn.
med. Wchnsohr. XUL 42. 1895.)
Die Ursache der Barlow'schen Krankheit ist
eine fehlerhafte EmAhrung, vor Allem mit einer
lAngwe Zeit auf 100^ und darüber erhitzten Milch,
namentlich mit Danermilch, unsere Kenntnisse
▼on den Veränderungen, die die Milch beim Steri-
lisiren erleidet, sind noch sehr mangelhafL Steri<»
lisirte Milch, namentlich Danermilch, soll nicht
lange Zeit hinter einander verwendet werden. Sie
ist nur am Hatze wfthrend der heissen Sommer»
monate. Sonst ist als Ersatz der Menschenmilch
frische Kuhmilch zu verwenden. Würde man im
Stande sein, während der warmen Jahreszeit den
Armeren Kindern sterüisirte Milch für den Preis
der rohen Milch zu liefern, so würde wahrschein-
lich die Säuglingsterblichkeit in den grossen Städten
geringer werden. Hier hat die private und 9ffent*
liehe Wohlthätigkeit einzusetzen.
Brückner (Dresden).
293. Anregung sur Diaknatton über die
Krankheiten der Zähnung; von Max Kasso-
witz. (Verhandl. d. 11. Yersamml. d. Ges. f.
Kinderhkde. in Wien 1894. Wiesbaden 1895.
Bergmann, p. 198.)
K. läugnet das Vorkommen einer Dentitio difü-
cilis. Nach ihm muss die Zahnung jederzeit ohne
krankhafte Störungen verlaufen und vermag weder
direkt, noch indirekt den Anlass zu einer ander-
weiten Erkrankung zu geben.
B r ü c k n e r (Dresden).
294. Nephritis of the newly bom ; by Dn
A. Jacob i, New York. (New York med. Joum.
LXm. 3 ; Jan. 18. 1896.)
Die Bedeutung und die Wichtigkeit der Nieren
für den ganzen Organismus ist von grösstem Inter-
esse. Nicht allein bei Scharlach, sondern auch bei
den anderen Infektionskrankheiten finden wir dieses
Organ ergriffen, ja auch bei ander^i Erkrankungen
nicht specifisch infektiöser Natur. Für die Ent-
stehung von Nierenerkrankungen in den ersten
Lebenstagen sind zuerst Störungen im Yerdauungs-
kanale heranzuziehen. Als Ursachen werden an-
geführt: mangelhafte Muskelthätigkeit (die Qase
bleiben zu lange im Darme), der unveifaältniss^
massig lange Darmtractus, die langen und zahl-
reichen Darmzotten, alles dies ermöglicht eine
leichte Besorption von Toxinen. Es folgen Fälle
von Typhus, von Vergiftung durch Kali chloricum,
von Diphtherie, von Yaccination, sämmtliche mit
wohlcharakterisirten nephritischen Erscheinungen.
Die letzteren sind zu bemerken bei Einwirkung von
grosser Kälte (Bad, Begen, Erkältung im Allge-
meinen) oder Hitze (Bad), bei ungenügender Blut^
cirkulation (Asphyxie der Neugeborenen, Herz-
krankheiten, Paralyse der Beine). Die Aenderung
der Druckverhältnisse im Qefässsystem bei der Ge-
burt giebt Ursache zu Blutungen in den verschie-
densten Organen, so auch in den Nieren. Solche
beobachtete J. bei parenchymatösen Hämorrhagiea
und bei Malaena, bei Infarkten mit Harnsäure,
mit Hämatoidin, mit phosphorsaurem, und kohlea-
saurem Kalk. Diese letzteren Kalkverbinduagea
scheiden aus dem Blute bei gehinderter Blntdrku-
lation (Rhachitis der Bpiphysen, HerzkrmnkheiteD,
Schwächezustände) aus. Daher auch die Häufigkeit
von Hamgries und Steinbildung in der frühesten
Lebenszeit (von 40 Leichen zeigten 6 Nierensteine)»
daher auch nicht selten Dysurie und Sedimente ia
den Windeln mit Spuren von Blut. Als Sohluss-
folgerung für die Ernährung des Säuglings ergiebt
sich daraus : Zufuhr von Wasser in den erst^i Tsgeoi
d. h. grosse Verdünnung der zugeführten Nahrang
(1 Müch : 4—5 Wasser).
Ikterus, bedingt das Auftreten von Biürubia
durch Zersetzung von Blutkörperchen entstehend
und durch den Ductus venosusArantii derBIutinha
zugeführt, führt unter Umständen sicher zu einer
Beizung des Nierengewebes, die sich bei schlecht
genährten Säuglingen bis zu Hämorriiagien steigeni
kann.
Der Umstand, dass nadi den Beobachtungen
J.'s die Art renalis an Qrösse mehr zunimmt, als
die GapiUaren in der Niere, bedingt auch einen ge-
steigerten Druck in diesem Organe und somit giebt
auch dieses anatomische Missverhältniss eine neue
Disposition zuNierenerkiankungen imKindesalten
Vom ätiologischen Standpunkte lassen sich die-
selben in folgender Waise zusammensteUen : L Cb»-
ffesHve Form (schwache Cirkulation, Asphyxie, Ein-
wirkung zu niederer Temperatur). II. ObsiruÜwe
Form (rasche Zersetzung der Blutkörperchen, Bil-
dung von Hämatoidin — Bilirubin, Ikterus, Bil-
dung von Methämoglobin durch chemische Gifte
[KaL chloric.] oder durch grosse Hitze, Blut in den
Harnkanälchen). m. ItrikUwe Form (Infarkte,
interstitielle Hämorrhagien, Mikroben, Toxine).
Flachs (Dresden).
295. Vaoeination ondNephritla; von FaN
kenheim in Königsberg. (Yerhandl. d. ll.Yers.
d. Ges. f. Kinderhkde. Wiesbaden 1895. Berg-
mann.)
In Folge der Veröffentlichung P e r 1 's, der nach
der Impfung mit animaler Lymphe einmal eine
akute Nierenentzündung beobachtete, hat F. bei
187 männlichen Impflingen ürinuntersuchtingen
vorgenommen. Nephritis wurde nicht festgestellt
In den Fällen, in denen dauernde Albuminurie be-
stand, wurde diese nach der Impfang mdtkt ge-
steigert In einer Beihe von Fällen vnirden auch
im Ürine vom 1. Tage Spuren von ES weiss nach-
gewiesen. Wie weit diese mit der Yaccine in
Verbindung zu bringen sind, muss einstweQen
unentschieden bleiben. Brückner (Dresden).
296. Ein Beitrag snr Aetiologie der Ham-
retention; von Dr. Wilh« Knöpfelmaoher.
(Jahrb. f. Kinderhde. XU. 2. p. 129. 1895.)
TU QeburtshÜlf e/ Frauen- und EinderlieiUrande.
167
k&Dnfin nach Engliscli die ür-
nche der Harnverhaltung bilden: Missbildungen
tmd Defekte, angeborene Verengerungen der Harn-
wege, S<AMmhantMten der Hamwege, übersohüs-
ttge Harnsäure , Entsündungsprooesse der Harn-
Organe und ihrer Umgebung, Betention<qr8tan in
den Schleimdrasen der Harnröhre, Verschluss des
Sinns pocnlaris, Schwellung der Papillen, Fremd-
körper und Neubildungen in den Harnorganen.
Dain kommen nach Bokai: Vorfall der Biasen-
BoUeimhaut, Strikturen, lokale Atonie und Parese
der Bkse, Sopor bei Jbif^tionskrankheiten, Oe-
bim- und Rüdienmarkskrankheiten. E. macht
darauf aufmetksam, dass auch Neubildungen in
der Umgebung der faamleitenden Organe Ham-
v€rikaltong eneugea können, wie er an einem
dmonat Ifidöhen beobachtete. Bei diesem fahrte
ein vom I[reu£beine ausgehendes Sarkom zur Com-
preesioB des Mastdarms und der Harnblase. Der
Tod trat in Folge einer akuten Pyelonephritis ein.
Aehnliche Beobachtungen machten Smith und
Sidney Jones. Schliesslioh können noch zur
Himveriialtung fuhren: Neubildungen der Oe-
Mhlechtsorgane bei Mädchen (polypöse Sarkome)
ud (nach Davies) die Atresia hymenalis.
Brückner (Dresden).
297. Ueber öhronische interstitielle Hepa^
litis; von A. Steffen. (Jahrb. f. Einderhkde.
MJ. 2. p. 160. 1895.)
S t sammelte 53 Fälle von chronischer inter-
stitieller Hepatitis bei Kindern, von denen 5 auf
das Siettiaer Einderspital kommen. Die Ursache
var lömal unbekannt, 13mal Alkoholmissbrauch,
Jlfflal Syphilia 3mal war Tuberkulose voraus-
gegangen. Bei 2 S[ranken entwickelte sich der
Prooess nach akutem Gelenkrheumatismus mit
nachfolgender Mitralinsufficienz, b^ 4 anderen auf
Oitmd mangelhafter Entwickelung der AusfQh-
rungsgftnge der Gallen wege. Je Imal war Bachen-
<hj4therie, Chorea, Idiotie (Erweichungsh^e in
t^Iinsenkemen undderBrüeke) vorauc^gegangen.
Die primäre Cirrhose ist sehr selten. Meist ist
eine Hypertrophie der Leber vorhanden, die in
Cirrhose übeigehen kann. S t geht auf die Sym-
ptomatologie der Zustände ein und berichtet, dass
Ton den 53 gesammelten FäUen 26 dem hyper-
trophischen Stadium angehörten (1 Imal Lues, 4mal
AÜK^olismus). Dctems war dabei 9mal, Milz-
Mhwelking 13mal, Ascites 8mal, Oedem 2mal,
Nq^tis Imal voirtianden. Blutungen traten 5mal
ftaf. Im Stadium der Cirrhose waren 27 Kranke,
▼<m denen 8 Ikterus, 13 Milzschwellung, 5 Nephri-
te 15 Ascites, 6 Blutungen hatten. Alkoholismus
lag taial, Lues in keinem Falle vor. Als seltene
SfmpUmte fanden sich 2mal Trommelschlägelfinger,
3mtl sdiwere Augenleiden, als Gomplikation 6mal
Tuberkulose. Was den Verlauf betrifft, so kann
das hypertrophische Stadium jahrelang dauern.
IHe Kranken sterben (selten) an Cholämie, häufiger
in Folge von Erschöpfung, zuweilen an liinzu-
getretenen Krankheited. Der üebergang in Cirrhose
findet sich seltener b^ Lues, häufig bei Alkoho-
lismus. Bei theilweiser oder sich langsam ent-
wickelnder Cirrhose kann das Leben lange erhalten
bleiben. Der Tod erfolgt dann in Folge hinzu-
getretener Krankheiten, namentlich Tuberkulose
des Feritonaeum oder in Folge des Ascites. Die
Krankengeschichten der selbst Beobachteten giebt
St kurz wieder. Im Anhange theilt er noch vier
fremde Beobachtungen mit (2malLues, Imal Alko-
holismus, Imal unbekannte Ursache).
Brückner (Dresden).
298. Btude snr la rate ohes les enfimts
tuberculeux ; par le Dr. M a n i c a t i d e. (Revue
mens, des mal. de TBnf. XIV. F6vr. 1896.)
Von 12 verstorbenen tuberkulösen Kindern
hatten 10 tuberkulöse Prooesse in der Milz. 8mal
war die Tuberkulose mit blossem Auge erkennbar,
2mal erst bei mikroskopischer Untersuchung. Die
Tuberkulose der Milz ist demnach viel häufiger,
als man gemeinhin annimmt In allen Fällen war
die Milz vergrössert, was klinisch von Wichtigkeit
ist. M. bespricht alsdann die makroskopische Dia-
gnose der Milztuberkulose, die zuweilen schwierig
sein kann. Ist die Entwickelung eine schnelle
gewesen, so findet man graue harte Knötchen in
Verbindung mit Hyperämie des Organs, im ent«
gegengeeetzten Falle, bei älteren Kindern, verkäste
Herde in Verbindung mit Sklerose. Mikroskopisch
zeigen sich viele BiesenieUen, wenig Bacillen. Im
Gegensätze zu Bezan^on behauptet M., dass die
Tuberkel sich nicht imm&t im Innern der Mal-
pighi'sehen Körperchen, sondern oft genug, wie
auch Ziegler angiebt, in der Pulpa, im inter-
stitiellen Gewebe, in der Umgebung der Venen, ja
in der Kapsel entwickeln. Femer sind die Mal-
pighi'schen Körperchen eher zahlreicher und grösser
als normaler Weise. Auch die Zahl der makro-
phagen Zellen ist sicher nicht vermindert Die
epitheloiden Zellen, die Riesenzellen gehen aus
ikidothelien hervor. Brückner (Dresden).
299. ÜeberSprachstörangen in derPaber-
tätaentwlcdcelung; von Dr. Hermann Gutz-
mann. (Arch. f. Kinderhkde. XIX. 5 u. 6. 1896.)
Die während der Pubertät vor sich gehenden
Veränderungen an den Organen, die der Sprache
dienen, vollziehen sich beim Knaben stürmischer
und in grösserem Umfange als beim Mädchen«
Daher treten in der Pubertätsentwickelnng bei
Knaben, worauf G. wohl als der Erste hinweist,
Sprachstörungen häufig auf. P. bespricht die
Momente, die der Entstehung dieser Sprachstörun-
gen günstig sind, und theilt 7 interessante ein-
schlägige Beobachtungen mit. Die Prognose der
Zustände ist gut. Betreffs der Einzelheiten muss
auf das Original verwiesen werden.
Brückner (Dresden).
169
Tnt. Clurargiel Augen- und OhrenheiUninde.
3Ö0. Die klinisohe Diagnoitik der Brofi'«
bhialdrfiflenerkrankting ; von G. Seit z in Mün*
chen. (Yerhandl. d. 11. Yers. d. Ges. f. Einder-
bkde, in Wien 1894. Wiesbaden 1895. Berg-
mann, p. 63.)
Nacb einleitenden anatomischen Bemerkungen
bespricbt S. die Symptomatologie der Bronchial*
drQsenansohwellungen. Die diagnostisch verwerth-
baren Erscheinungen theilt er ein in a) funktio-
nelle Störungen, die hervorgerufen werden durch
den Druck der vergrösserten Drüsen auf die be-
nachbarten Luftwege, Oefässe und Nerven, b) phy-
sikalisch nachweisbare Veränderungen: Schwel-
lungen oberfläcblich gelegener Drüsen am Thorax
und Hals, umschriebene Dämpfung in der oberen
Brustbeingegend imd deren Umgebung, im Inter-
scapularraume in der HOhe des 3. bis 5. Hals-
wirbels, lautes Bronchialathmen daselbst, c) Durch-
bruchserscheinungen. Kein einzelnes der verschie-
denen Zeichen ist pathognomonisch. Aber das
Zusammentreffen verschiedener funktioneller Stö-
rungen in Verbindung mit geringen Ortlichen Er-
scheinungen unter Berücksichtigung des Allgemein-
zustandes und der Anamnese ermöglicht in einer
Beihe von Fällen eine ziemlich sichere Diagnose.
Brückner (Dresden).
301. Ueber GMsteskrankheiten im Eindes-
alter; von Dr. Hermann Conrad. (Arch. f.
Einderhkde. XIX. 3 u. 4. p. 175. 1895.)
Aus den statistischen Angaben G.'s geht hw-
vor, dass wir auf dem Qebiete der Einderpsychosen
tioch ausgedehnter Erhebungen bedürfen. So viel
steht fest, dass Erwachsene leichter (z. B. nach der
Volkszählung von 1871 in Prenssen 15mAl so
leicht) erkranken als Kinder. Die Erkrankung»"
gefahr wächst mit zunehmendem Alter rasch. Von
den Ursachen der kindlichen Psychosen werden
erwähnt Heredität, fehlerhafte Erziehung, Ueber-
arbeitnng und unzweckmässige Behandlung in der
Schule (üeberarbeitung in der Schule allein führt
wohl selten zu einer Psychose), psychisdie Motive,
wie Scham, Kummer, Schreck, religiöse üebungen.
„Religiöse Ueberspanntheiten** und hysterische
Störungen kommen bei Kindern auch epidemisch
vor. Der Einfluss der Onanie ist vTelfach Über«
schätzt worden.
unter den somatischen Ursachen sind vor
Allem zu nennen die Reeonvaleacenz nach akuten
Infektionskrankheiten (entweder BrsohOpfungs*
zustände oder Spätsymptome der Infektion). In
seltenen Fällen kann die Psychose eine Inf ektion»»
krankheit einleiten. Weiter kommen in Betracht
Kopfverletzungen, anderweite Organerkrankungen
(Dentition, Erkrankungen der Nase, des Naaea-
rachenraums,Mittelohree,Helminthenu.B.w.). Zahl-
reiche Störungen sind Reflexpsyohosen. Sdüiess-
lieh kommen noch in Betracht Vergiftungen, vor
Allem mit Opium und Alkohol Die Hauptrolle
in der Aetiologie fällt der erblichen Disposition zUi
G. bespricht dann die bei Kindern vorkommen-
den geistigen Störungen, die er in 2 grosse Grop^
pen theilt, nämlich : 1) reine Psychosen, 2) Psy-
chosen als Eolgeerscheinung einer Neurose, und
berührt schliesslich noch die Behandlung, nament-
lich die Prophylaxa
Zum Schlüsse stellt er folgende Fordemngeii
auf: 1) Wir bedürfen einer Statistik durch Rund?
frage bei sämmtlidien Aerzten des Landes nach
der Zahl der zur Kenntniss gekommenen geistigen
Störungen bei Kindern. 2) Wir brauchen An-
gaben der Hausärzte über die Recidivirung^;e&hr.
3) Wir müssen besondere Anstalten für geistes;
kranke Kinder errichten. 4) Der Ldirer muss mit
den Geistesstörungen der Kinder bekannt sein. Die
Schule muss auf geistig minderwerthif^ Kinder
grossere Rücksicht n^men.
Brückner (Dresden).
302. On pioa or dirt-eaüng in ohildren;
by John Thomson. (Bdinb. Bep. lEL p« 81.
1896.)
Th. beschreibt 11 Kinder, die die Gewohnheit hatten,
absonderliche, zum Theil ekelhafte Dinge za essen. Die
Kinder waren nur zum Theil vernachläaBigt Bei einigan
bestand Darmkatarrh. Die meisten waren gesund. Geistig
erschienen alle Kinder normal. Die Gewohnheit wurde
meist snerst bemerkt zwischen dem 4. und 18. Monate
i)nd schwand häufig ge^n das 3. Lebeo^jahr hin. Solche
Kinder sollen sogar emen charakteristischen Oeachts-
ausdruck haben. Sohlimme Folgen hatte die Unart nicht.
Die Behandlung ist theils eine allgemeine roborirende,
theils eine pädagogische. Brückner (Dresden).
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
303. Beitrag mr Behandlung der obir-
nrgiachen Tuberkalose im Kindesalter mit
Jodoformixgektioiien ; von Dr. K Wieland in
Basel. (Deutsche Ztschr. f. Chir. XLI. 4—5. p. 378.
1895.)
Auf Orund der im Baseler Kinderhospital ge-
maohten Erfiahrungen hebt W. hervor, dass die
Jodoformhehandlung , unterstützt durch orthopft«
dische Maassnahmen (fixirende Yerbftade, Gips^
hetten, Corsets), durch kleine operative Eingriffe
und vor Allem durch fortwährende Sorge für Stär-
kung des Allgemeinbefindens (kräftige Nahrung,
frische Luft, anhaltender Ouajakol- oder I[reoaot-
gebrauch) im Eindesalter gute Besultate giebt Es
ist dieses Ergebniss um so erfreulicher, als gerade
im Kindesalter ein schonendes Vorgehen wegen
des Waohsthnms von Wichtigkeit ist und die ope-
rative Badikalbehandlung die Heilung fast aii»*
nahmelos mit schwerer FunktionstOrung erkauft
Die Ergebnisse derJodofornibebandlun^toberknldser
Enoohenleiden im Baseler Eondetspitsl smd folgende:
Von 21 conservativ (Punktion mit Jodofonniigektionj be-
handeltsQ Senkungs- und paraartiknläreu Abaoefisen
wurden 16 geheilt, 4 gebessert, 1 blieb ungeheilt. Too
12 mit Jodoförmiigelrtionen behandelten Oelecikleidea
Ym. Chkurgie, Augen- und Ohienheilkunde.
16»
Vnrden 9 geheut, 3 gebesiferL Von 9 nach vorher-
giDgigem Yenuch mit der oonservatiyen Methode ope-
nÜT behandelten Senkungsabsoessen und tuberkulösen
Oelenkerloankimgen wurden 4 geheilt, 3 nicht geheilt,
2ElDder starben. Von 2ß erst operativ, dann conser-
vatiy mit Jodoformiigektionen behandelten tuberkulösen
Knochenaffektionen wurden 25 geheüi
r. Wagner (Leipzig).
304. Behandlung der Gtolenktuberknlose
mit Staunngshyper&mie ; von Dr. A. Bier in
KieL (Berl. KUnik Nr. 89. Nov. 1895.)
B. beriohtet über seine ausgedehnten Er&h-
rangen, die er bei der Behandlung von weit über
200 Tuberkulosen mit Stauungskyperämie erzielt
hat; er meint, „daas dies Mittel eins der aus-
gezeichnetsten ist, welches wir gegen Tuberkulose
besitzen, und dedialb auch mehr Beachtung ver-
dient, als ihm bisher geschenkt zu sein scheint
Wer einmal gesehen hat, wie ein schmerzhaftes
imd unbrauchbares Oelenk unter diesem Mittel in
wenigen Tagen funktionsfähig wird und sich fort-
dauernd bessert, wird kaum daran zweifeln'^ In
einem Punkte ist die Stauungshyperämie allen
anderen Mitteln weit überlegen : sie verschafft den
Oelenken, die sie überhaupt zur Heilung bringt,
die denkbar beste Funktion.
P. Wagner (Leipzig).
305. Die Beiakörperohen in tuberkolöii
erkrankten Synovialsäoken ; von Dr. H. Riese
in Würzburg. Peutsche Ztschr. f. Chir. XLIL
1 u. 2. p. 1. 1895.)
In seiner ausführlichen, mit mehreren Abbil-
dungen und Tafeln versehenen Arbeit giebt R zu-
nächst einen üeberblick über die bisherigen ünter-
suchungsergebnisse, über Natur und Entstehung
der sogen. Beiskärperchen, Hieran schliesst er die
genauen mikroskopischen Untersuchungen, die er
in 10 Fällen von Qelenktuberkulose angestellt
hat, von denen sich 9 als typische BeiskOrperohen-
tuberknlose erwiesen.
Bezüglich der Oesammtergebnisse seiner Unter-
suchungen schliesst sidi R vollkommen der An-
sicht KOnig's, Landow's und ihrer Vorläufer
an, dass sämmtliche Beiskörperchen in tuberkulösen
Gelenken, Sehnenscheiden und Schleimbeuteln in
letzter Linie Derivate einer Fibringerinnung sind.
Die eine Hauptgruppe entsteht aus Gerinnseln, die
sich in der SynovialfLüssigkeit selbst bilden, die
andere Hauptgruppe aber geht aus Niederschlägen
hervor, die auf die Wand der SynovialhOhle ab-
gelagert und deren Zellen zum Theil organi-
sirt worden sind. Dass man es bei der Beis-
kOrperchenerkrankung nicht mit einer mehr gut-
artigen oder abgeschwächten Form der Tuber-
kulose zu thxm hat, wie z. B. Goldmann meint,
beweisen die Impfergebnisse R's, der schon mit
einer ganz geringen Zahl vonBeisk5rperchen beim
ImpfÜiier eine ausgedehnte Tuberkulose erzengen
konnte. Demnach muss die Forderung aufgestellt
werden, bei der BeiskOrperohenerkrankung ebenso
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
energisch vorzugehen, wie bei jeder anderen Tuber-
kulose. P. W a g n er (Leipzig).
306. 1) The treatment of inoperable ma-
Ugnant ttunon with the tozins of erysipelaa
and baoiUaa prodlgiosaa; by William B. Ge-
le y. (New York med. Becord XLYm. Jan. 19.
1895.)
2) Erysipelaa tozins and erysipelaa serum
in the treatment of inoperable malignant ta-
mors, ftirther observations ; by. William B.
C 0 1 e y. Ofbid. May 1 8. 1895.)
1) Im Anschluss an einen früheren Bericht
(vgl Jahrbb. CCXLYL p. 251) theUt C. seine Er-
fahrungen über 24 weitere inoperable Tumoren
mit, die er mit Erysipel- und Prodigiosustoxinen
behandelt hat. Die Bereitung der letzteren er-
folgte derart, dass Bouillonfläschchen mitErysipel-
kokken beschickt und a Wochen bei 30— 35® C.
gehalten wurden; dieselben FUschchen wurden
dann mit Prodigiosus geimpft und 10 — 12 Tage
bei Zimmertemperatur aufbewahrt Damach wer-
den die Culturen mit der Bouillon in sterilisirte
01asge£ftsse eingefüllt, 1 Stunde lang auf 50 bis
600 0. erhitzt und damit abgetOdtet, worauf ohne
weitere Filtration die so sterilisirte Bouillon zur
Verwendung kommt
Eine direkte, sch&dliche Folge von den Injek-
tionen, die mit ganz minimalen Dosen begonnen
und einen über den anderen Tag mit langsam stei-
gender Dosis wiederholt werden (Injektion direkt
in den Tumor), sah G. nie, doch reagiren die
Kranken sehr verschieden darauf. Nach Ablauf
von 2 Wochen Ifisst sich ungeföhr erkennen, ob
ein Erfolg oder eine Besserung zu erwarten ist
oder nicht
Von den neuerdings behandelten 24 Er. litten
13 an Sarkom und 11 an Carcinom ; bei letzteren
wurde wohl durch die Injektionen für eine Zeit
lang die Krankheit gehemmt [?], aber nirgends eine
Heilung erzielt Dagegen gelang es, 3 Sarkome
zum völligen Verschwinden ,zu bringen , so dass
mit den früheren Erfolgen (s. L c.) zusammen C.
von 38 Sarkomen 9 geheilt zu haben glaubt
V(m den kurz mitgetheilten Krankengeschichten sei
zum Schloss nur eine, die interessanteste, erwähnt, die
einen Fall von Spindelzellensarkom betrifft, das fast die
ganze linke Bmstwand bei einem 16jähr. M&dohen ein-
nahm, von der davicola bis zur letzten Bippe and vom
Sternom bis fast zur Wirbelsäule reichend. Die Diagnose
Sarkom war durch die mikroskopische üntersuchong be-
stätigt Beginn der Behandlmig am 25. Jmii 1894; in der
2. HiUfte des October war von der Geschwulst keine
Spar mehr nachzuweisen, sie war dorchBesorption lang-
sam geschwanden , ohne dass sie an einer Stelle aof^
gebrochen wäre.
2) Zu den Heilresultaten bei Sarkomen gesellen
sich nach der 2. Mittheilung auch solche bei Car-
cinomen. G. beschreibt 2 Krebse, die er mit In«
jektionen geheilt und einen anderen, den er be-
deutend gebessert habe, und zwar durch Einspritzen
von Blutserum von Pferden, die 6 Wochen lang
22
i7d
Vtn. Chirui^e, Augen- und Ohrenheillnmda
mit steigenden Dosen vonBrysipelkokken undBac.
prodigiofius geimpft und immunisirt waren.
Harwedel (Heidelberg).
307. Uebar einige nciit E^rebflsenun b«-
handelte FUle von Krebtf nnd Sarleom; von
Prof. R Emmerich undDr.M.Zimmermaniu
(Deutsche med. Wchnschr. XXI. 43. 1895.)
B. und Z. berichten über weitere alte, ,,inopeiable*
FttUe, in denen das Xrebssenun Stillstand im WaohsthTun
der Tumoren, Verkleinerung oder vollständiges Ver-
schwinden, sowie namentlich auch die vollkommene Be-
seitigung der oontinuirHchen oder zeitweise aufgetretenen
heftigen Schmerzen erzielt hat Von einer wirklichen,
anhaUenden Heilung kann noch in keinem Falle ge-
sprochen werden.
In emer grösseren Anzahl von Krebsflllen haben
E. und Z. absiohtlioh erysipdkokkmhaUigeB Serum in«
jicirt und dabei viel augenfälligere und namentlich
raschere Heilwirkun^n beobachtet, als bei Serum, das
durch eine eigenartige Filtration oder durch Desinfek-
tionsmittel sicher von lebenden Kokken befreit war.
Höchst merkwürdig aber ist es, dass in keinem dieser
Fälle irgend welche bedrohhchen oder auch nur ernste-
ren Erscneinungen auftraten. P. W a g n e r (Leipzig).
308. Ueber die Besiehungen derTrsomen
na den malignen Gesohwfilaten ; yon P. Z i e g -
1er. (Münohn. med. Wchnschr. XUL 27. 28.
1895.)
Nach einem allgemeinen Ueberblick ttber die
Theorien derOeschwulstbildong und über denEän-
fluss, den die verschiedenen Forsdier dabei dem
Trauma einräumen, giebt Z. eine statistische Zu-
sammenstellung über 499 maligne (Geschwülste,
die in der Angerer 'sehen Xlinik zu München
beobachtet wurden. Bei 328 Carcinomen war
55mal ein einmaliges Trauma vorausgegangen,
92mal hatten chronische Beizzustftnde (Bzcoria-
tionen, Entzündungen, Warzenbildungen) eine Bolle
gespielt Unter 171 Sarkomen fand sich 35mal
ein Mheree Trauma als angebliche Ursache notirt,
32mal waren Beizungen chronischer Art voraus-
gegangen. Yon Interesse ist, dass Z. den grösse-
ren Procentsatz von Lippencardnomen bei den
Männern von der Gewohnheit des regelmftssigen
Basirens und der Öfters dabei stattfindenden Ver-
letzungen herleitet. Mit Beoht macht Z. zum
Schlüsse auf die Wichtigkeit der ganzen Frage für
unsere heutige Unfallgeeetzgebung aufmerksam.
Marwedel (Heidelberg).
309. Ueber Traoheooele und Blfthkroiif;
Von Prof. F. Klaussner in München. (Münchn.
med. Wchnschr. XTiTT. 43. 1895.)
E 1. berichtet über einen SljShr. Kr. mit recbtaeitiger,
welschnussgrosser, wenig verschieblicher Struma. Larynx
ohne Abnormitäten. Wenn Pal bei geschlossener Nase
und geschlossenem Munde presst, Uäht sich der nor-
malerweise 36 cm Umfang aufweisende Hals mit Blitzes-
schnelle auf 42 cm auf, mn mit Nachlass des Druckes
eben so schnell wieder zur Norm zurückzukehren. Diese
plötzlich auftretende Geschwulst breitet sich sowohl auf
der rechten, wie auf der linken Halsseito ans ; Qeräusohe
sind während des Aufblähens nicht wahrzunehmen, die
Perkussion ergiebt gedämpften SchalL Beim Einstich
f iner Hohlnadel entweicht keine Lufk, nur etwas Blut.
Orossmutier und Muttor des Er. sdüen mit Smpf
behaftet gewesen sein; von seinen 3 Eindem hat eins
Eropf, ein andeotes, Ojähr., seit 3 Jahren einen ähnlichen
Zustand, wie der Vater.
In der Epikrise zu dieser interessanten Be-
obachtung geht El. auf die Symptome der Trtuheth
eele oder besser Aeroeek und des Blähkropfes ge-
nauer ein und hebt die Schwierigkeiten einer
klinischen Difierentialdiagnose zwischen diesen
beiden Zuständen hervor. EL neigt in seinem
Falle mehr zur Diagnose einer ixukuiären Struma,
eines Sähkropfes, da hereditäre Anlage zur Struma
vorhanden ist und audi 2 der Einder des Er. mit
Eropf behaftet sind. Dass bei der Perkussion ge-
dämpfter und nicht tympanitischer Schall vorhan-
den ist, dass bei der Punktion des geblähten Tumor
keine Luft entwich, dürfte ebenfiEdls gegen Tracheo-
ode sprechen. P. Wagner (Leipzig).
310. Die operative Behandlung der Struma
congenita; von Dr. E. Lugenbühl in Strass-
burg. (Beitr. z. klin. Chir. XIV. 3. p. 713. 1895.)
Eine 2Qjähr., aus einer mit Eropf stark belasteten
Familie stammende Frau, die selbst während der Puber-
tätszeit und 1. Schwangerschaft an Eropf gelittsn nnd
deren 1. Eind ebenftUs mit Eropf, der nach 3 Woohen
von selbst verschwand, zur Welt gekommen war, kam
zum 2. Male mit einem ausgetragenen Einde nieder, das
eine ausgesprochene gleicmnäsuge Yergrösserung der
Sohilddr^ zeigte. Der Eopf wurde stark flektirt nadi
hinten gebalten; dabei bestand Stridor bei der Inspiration.
Am 2. Tage während der ümlagerung plötzlich sdiwerer,
anhaltender, asphyktischer AnmlL
Operation (Prof . M a d e 1 u n g) : Traoheotonüe, Resek-
tion des Isthmus und retrosternalen Schilddrüsentheüs,
sowie grosserer Stücke von den beiden seitiichen Lippen.
Tod 6 Tage post operai an Pneumonie.
In da: Literatur hatL. nur 3mal Angaben über
operative Behandlung der Struma congenita gefun-
den (Malgaigne, Bach, Schimmelbuecb).
Nur der Er. des letztgenannten Autors genas, wohl
namentlich deshalb, weil der Eingriff ohne Tracheo-
tomie voi^enommen werden konnte.
P. Wagner (Leipzig).
311. Ueber Strama oongenita; von L.
S oh ay er in Berlin. (Inaug.-Diss. Berlin 1896.)
Seh. hat die in der Literatur zerstreuten FUle
zusammengestellt und berichtet dann genauer tlber
einen in derv.Bergmann'achenElinik beobadi-
teten Fall von angeborenem Eropfe, der zugleich
die erste mit glücklichem Ausgange gleich nach
der Oeburt aufgeführte Operation darstellt
Es handelte sich bei dem Mädchen, dam 14. KiBds
kropffreier Eltern, um eine angeborene, kleincyatiadis
Oescbwulst, ausgegangen von der gesammten mittlem
Schilddrüsenanlage, ihrem Isthmus sowohl wie ihrem
zum Theil persistent gebliebenen Ductus thyreoideus, in
Verbindung mit Enorpelgewebe, das wahrsoheinlioh von
Resten der Zungenbeinanlage seinen Ausgangspunkt ge-
nommen hatte. P. W a g n e r (Leipzig).
312. Znr operatiTenBehandlnngdeaKropAsa;
von W. Eranz in Eönigsberg. (Inang^-Dtss.
Eönigsberg 1895.)
Er. berichtet über 41 von Braun wAkrend
dar Jahre 1886—18^5 ausgeführte Eropfopera>
Ym. Ghinurgie, Augen- und OhrenheiUnuide.
171
tionen. llmal handelte es siob um maligne
Kröpfe; bei 4 wurde die Exstirpation des erkrank-
ten Lappens ausgeführt, Imal wurde die Traoheo-
tomie gemacht; 6 Er. wurden nach kurzer B^
obaohtong entlassen, entsprechend dem von Braun
Tortretenen Standpunkt, dass zur Badikalbehand-
long nur solche Fälle geeignet sind, in denen der
Tamor beweglich, abgekapselt und frei von Meta-
slasenist
Bei den 30 gutartigen Strumen wurde Imal
Indsion einer Cyste, 7mal Enudeation , 14mal
halbseitige Exstirpation mit Durchtrennung des
bthmus, Smal Besdction, 5mal Exstirpation eines
umschriebenen, mit dem übrigen Schilddrüsen-
gewebe nicht in Verbindung stehenden Tumor vor-
genommen. Von diesen 30 F&llen verlief einer
3 Wochen nach der Operation tOdtUch ; es giebt
das 3 Vi Vo MorUUtftt P. W a g n e r (Leipzig).
313. üeber die Behandlung des Kropfes
mit Schilddrüsensaft; von Prof. Angerer in
Mönchen. (Münchn. med. Wchnschr. XTjTTT. 4.
1896.)
Auf Grund des E. Bau mann gelungenen
Nachweises von Jod in der Hammelschilddrüse
(Thyrojodin) müssen wir jetzt den günstigen Ein-
ilnss der Schilddrüsenfütterung beim Kropf als
eine Jodwirkung auffassen. Aber es ist zweifdlos,
to diese speciüsche organische Jodverbindung,
die in der Schilddrüse vorhanden ist, auf den
menschlichen Körper eine viel günstigere Wirkung
aosübt, als es die bisher angewendeten Jodpräpa-
nte thun. üebereinstimmend wird von Allen, die
die Thyreoidinbehandlung versuchten, bestätigt,
daas die Wirkung auf den Kropf rascher eintritty
ab bei der Jodbehandlung.
Seit November 1894 hat A. nahezu 100 Kr.
der Schilddrüsentherapie unterzogen, darunter
78 Kropfkranke ; meist Hess er rohe, fein gewiegte
Sdiafiechilddrüse einnehmen, da die rohe Schild-
drüse alle Trockenprftparate an Wirksamkeit Über-
trifft Bei der grossen Mehrzahl der Kropf kranken
wirkte das Schilddrüsenmittel in bekannter Weise.
Subjektive Besserung zeigte sich schon nach den
ersten Gaben, während eine Abnahme des Kropfes
meist erst später zu beobachten war. Die derben,
festen KrCpfe blieben vollkommen unbeeinflusst
Die meisten Kr. bekamen leichte Symptome von
Thyieoidismus, die nach Aussetzen des Mittels
rasdi wieder schwanden. Die Anfangsdosis betrug
3g, dann wurde allmählich bis zu 10 g in der
Woche gestiegen.
Die mit der Schilddrüsenfütterung erzielten
günstigen Besultate sind nicht in allen FäUen
dauernd geblieben ; die Kur schützt jedenfalls nicht
^or Becidiven.
AnfUlend ist bei den mit Thyreoidin behan-
delten Kr. die Herzschwäche während der Narkose
^ besonders nach der Operation. A. verlor auf
Aim Weiae eine Kranke. F* W a g n e r (Leipzig).
314. Zur Sohilddrttaeatherapie ; von Dr.
H. Stabel in Berlin. (BerL klin. Wchnschr.
XXXm. 5. 18960
YomOotober 1894 an wurden in der v. Berg-
mann'sehen Poliklinik 83 Strumen der Sdbild-
drüsentheiapie unterworfen, zum Theil wurden
frische Schilddrüsen von Kälbern und Hammeln,
zum Theil Thyreoideatabletten aus der Dresdener
Hofapotheke gegeben. Mit den Tabletten konnte
nicht das gleiche günstige Resultat erzielt werden,
wie mit der Machen Drüse, die bei 25 Kr. mit
uncomplicirter Struma stets ein positives Resultat
erzielte. Fast immer handelte es sich nur um
eine, wenn auch bedeutende Besserung. Heilung
trat nur in 4 Fällen ein ; in 2 Fällen kann man
sogar von Oauerheilung sprechen. S t glaubt des-
halb sagen zu können, „dass wir im Allgemeinen
mit der Schilddrüsentherapie keine Beüung des
OruntUeidens erreichen kennen, sondern nur eine
gestörte Jkmktion xu ersetzen vermögen, so dass
dadurch eine Rückbildung der vergrösserten Thy-
reoidea ermöglicht wird, die bei Aussetzen der
Fütterung sistirt und schliesslich wieder in das
Oegentheil umschlägt'S Je schneller sich eine
Struma zurückbildete, um so schneller wächst sie
wieder, wenn die Fütterung in den ersten Wochen
ausgesetzt wird. Eine massige Steigerung der
Pulsfrequenz während der Fütterung trat fast
constant auch bei Kranken ein, die vorher norma-
len Puls hatten. P. Wagner (Leipzig).
315. Brploratory plenrotomy and reaeotlon
of oostal Pleura ; by Carl Beck. (New York
med. Joum. June 15. 1895.)
Beschreibung eines Falles, in dem die Diagnose auf
reohtseitigen Pyothorax nach Pleuropneumonie gestellt
war, in dem aber mehrfache Puiktion keinen läter
ergeben hatte. B. führte die Thorakotomie ans imd fand
blos ausgedehnte Sohwartenbüdung der Pleura costalis
ohne Exsudat- oder Käsemassen. Nach Resektion von
3 Rippen entfernte er das freigelegte Stück der degene-
rirten Pleura. Die Wunde heute rasch zu, das Fieber,
das vorher bestanden hatte, versdiwand und der Kr.
erholte sich rasch, wihrend die oomprimirte Lunge sich
wieder axisdehnte. B. empfiehlt daher auch lür solche
und diagnostisch zweifelhafte Fälle die Thorakotomie als
gefahrlosen Eingriflf. Marwedel (Heidelberg)
316. Absoee da poiunon. Pnevmotomie;
par Paul Walton. (Belg. m6d. Nr. 44. 1805.)
IdEjShr. Junge, der vor 2 Jahren an Pneumonie des
rechten Untarlappens erkrankt war. Nach einigen Wochen
Heilung, allein 6 Monate später Auftreten von übel-
riechendem eitrigen Auswurf mit discontinuirlichem
Fieber. Im Eiter rneumokokken, keine Tuberkelbaoillen.
Rechts hinten unten Dämpfung mit abgeschwächtem
Athmen. Im Ootober 1894 fährte Colson eine Re-
sektion der 7. Ins 9. Rippe rechts aus in der Länge
von 9 cm; Eröffnung der intakten Reura, die Lungen-
oberfläche sah normä aus. Nahtumsäumung der Pleura
pulmonalis an die Pleura parietalis und moision der
Lunge mit dem Ihermokauter, bis in der Tiefe ein hühnerei-
f rosser jauchiger Abscess eröffnet wurde. Drainage mit
odoformgaze. Der weitere Verlauf, die ersten Tage durch
subcutanes Emphysem der rechten ThoraxBeite gestört,
sdüen anfangs günstig, die Siterang nahm ab, Fieber mu
172
Vm Chirurgie, Angaii- und OkrenheOkonde.
geriog. Trottdem irai am 20. Tage naoh der Operation
nnter zunehmender Schwäche der Tod ein. Sektiona-
befond nicht erwähnt
Den Sohlufls der Arbeit bildet eine übersiohtliche
Beapreohnng der Indikationen zur Fneomotomie und
ihrer Ansfahrong. Marwedel (Heidelberg).
317. Zar Frage der Laparotomis exglcn^
toria; von Stabsarzt Dr. Tilmann in Berlin.
(DeutBohe med. Wchnsohr. XXL 49. 1895.)
Ueber die Laparoiomia e3q)hraioria, d. h. über
die ErOfhung der Bauchhöhle, bei der das Weitere
Vorgehen erst von dem Befunde abhflngig gemacht
werden soll, der sich nach der ErGflhung heraus-
Btellt, urtheUt T. folgendermaassen : „Die explorar
torische Laparotomie ist selbst bei absolut sicherer
Asepsis und bei sorgfUtiger Schichtnaht der Bauch-
wand ein nicht ganz ungeffthrlicher Eingriff. Durch
die Fortschritte der chirurgischen Technik sind
ihre Qe&hren zwar erheblich vermindert, jedoch
noch nicht als ganz beseitigt anzusehen. Sie darf
deshalb nur nach vSlliger Erschöpfung aller sonst
zur YerfCLgung stehenden Untersuchungsmethoden
nur dann ausgefOhrt werden, wenn sie eine Vor-
Operation für eventuelles weiteres Eingreifen sein
solL Den sehr nothwendigen Fortschritt in der
Erkennung der Krankheiten der Bauchhöhle müs-
sen wir nicht in der vermehrten Anwendung der
Probelaparotomie, sondern in dem sorgfältigen
Studium der ftusserlich erkennbaren Kranken-
symptbme suchen. Die Bauchfelltuberkulose kann
durch den einfachen Bauchschnitt geheilt werden
und scheint die Annahme gerechtfertigt, dass die
durch den Eingriff bedingte starke Hyp^rftmie des
Peritonaeum das wirksame Agens darstellt Auch
beiOesohwülsten der Bauchhöhle sind Besserungen
nach der Laparotomia exploratoria beobachtet
— T. theilt 4 interessante FUle mit — , jedenfalls
ist es nicht bewiesen, dass dieselbe bei malignen
Geschwülsten der Bauchhöhle den Tod in allen
FäUen beschleunigt" P. W a g n e r (Leipzig).
318. Beitrag aar Frage der Bntstehtiiig
daa iuaaeron Leiatenbmdhea ; von Dr. B. Frank
in Wien. (Wien. klin. Wchnschr. VnL 39. 40.
1896.)
unter 63 wogen äusserer Leistenhernie operirten
Kr. konnte Fr. bei 24 (38.1 Vo) eine eonffenüale
JfHaffe »iw Brudibiidung nachweisen. Es fand sidi
nftmlich bei 5 Er. der Proc vaginalis offen (2mal
Betentio testis in inguine); bei 6 Er. war eine
lypische Hemia colli proc. vaginal aperti, bei 3
weiteren Er. waren analoge, in dieselbe Eategorie
einzureihende Befunde vorhanden, bei 4 Kr. war
der Bruchsaok mit anhftngenderHydrooele funiculi
verbunden. Hierzu kommen endlich 6 FUle, in
denen sich ein congenitales subserOses Lipom im
'Leistenkanale fand. P. W a g n e r (Leipzig).
319. The operative treatment of hemia in
ohildren, with a report of one hnndred and
thirty-three oaaes; by William B. Coley.
(Amer. Joum. of med. So. CIX 6. p. 487..May 1895.)
Die Hemiotomie beiEindem ist indioirt 1) bei
angewachsenem Netz, 2) bei Gomplikation mit
Hydrocele communicans, 3) bei Incaroeration,
4) wenn die kleinen Patienten nicht diezurBruoh-
bandbehandlung nothwendige Pflege und Aufsicht
haben und 5) wenn das mehijährige Tragen eines
Bruchbandes erfolglos war.
unter den 133 Brüchen, die C. operirte, waren
6 Schenkelbrüche, 4 Nabelbrüche und der Best
Inguinalhemien (10 Uftdchen, 114 Enaben). Von
den 1 24 Leistenbrüchen vmrden 10 nach Gzerny
operirt, und zwar 2 mit versenkten CatgutnShten
(1 Becidiv nach 3 Hon. trotz Bruchband, 2. Fall
reddivfrei nach 3 J.), 1 mit versenkten Seiden-
nähten (Eiterung; Beddiv nach 3 Mon.), 4 mit
Ghromsäurecatgut (reddivfrei nach 2*/« J.), 3 mit
Eänguruhsehnen (reddivfrei sdt 2 ^/^ J., bez. 8 Mon.;
3. Fall unbekannt). Die übrigen 114 wurden nach
Bassini operirt, und zwar je 1 mit versenlcten
Seidennahten (läterung und Beddiv nach 3 Hon.)
und mit Ghromsäurecatgut (später Eiterung) ; die
übrigen 112 mit Eänguruhsdmen. Letzteres soll
vor Seide, Silkworm und Silber den Vorzug haben
nicht als reizender Fremdkörper zu wirken und
wird ausserdem viel langsamer resorbirt wie Cat-
gut, nämlich erst in 2 — 3 Honaten, einer Zeit, die
gerade zur festen Yerheilung von Fasdengewebe
nothwendig ist Bei den 112 Bassini-Openr
tionen mitEänguruhsehnen trat blos3mal Eiterung
ein, sonst Heilung per primam.
Was im Allgemeinen die Zdt des Auftretens
von Beddiven nach Bruchoperationen betrifft, so
stellte G. zur Bntschddung dieser Frage 250Iime
von Beddiven nach Hemiotomie zusammen und
fand, dass die Brüche wieder auftraten in :
70.0*/t inneriialb des 1. Halbjahns
15.8*/t innerhalb des 2. HattQahres
5.8*/t naoh 1 Jahr
8.4% nach 2 Jahren.
Von den 112 oben erwähnten Eranken konnte
G. 110 später wieder untersudien und fand angeb-
lich kein einziges Becidiv; Bruchband wurde keines
getragen. Allerdings erstreckte sich die Beobach-
tungszdt nur in 49 Fällen über Jahresfrist und in
20 über ^I^Uhr, Dauer, in allen anderen war die
Operation erst ^/^ Jahr vorher gemacht werden.
Harwedel (Hddelberg).
320. Die Badikalopention der Iietsten-
brficdie bei Kindern; von Dr. Albert Schön-
feld. (Arch. f. Einderhkde. "^TT. 1 u. 2. p. 6&
1895.)
Die Badikaloperation der Ldstenbrflche soll
bd Eindem ausgeführt werden, wenn der Bruch
durch ein Brudiband nicht behandelt werden kann.
Die Gefahr der septischen Lifektion, die früher
bd kleinen, den Verband beschmutzenden Ein* <
dem sehr gefürchtet wurde, ist bd dem von;
Earewsky angegebenen Verfahren erheUidi;
herabgemindert Earewsky'sHetfaode (Ligatn
des Bruchsadm und nacbherige Tamponade derl
YIIL Ghinifgie, Augen- und OhrenheOkunda
173
BruohhGhle) giebt bei gering^ Heilnngsdauer der
Wunde gute und zuverUssige Resultate. Jenseits
des 6. Lebensjahres soll die Operation naoh den
Angaben Eooher's und Henry O'Hara's ge-
macht werden. Das Tragen eines Bruchbandes
nach der Badikaloperation ist zu verwerfen. S o h.
stellt in einer Tabelle 146 Badikaloperationen von
Leistenbrüchen bei Kindern zusammen. Bei 16 Er.
Karewsky's betrug die durohsobnitUidie Hei-
Inngsdauer 10 Tage. 10 waren über 1 J. reddiv-
freL Brückner (Dresden).
321. La onre radioale dea hemiea öhea
l'enUmt; par A. Brooa. (Revue des Mal. de
l'Enl Xm. p. 426. Sept 1895.)
Nabelbrüche der Säuglinge heilen zumeist
trnter dem Gebrauche einer Bandage. Wenn bei
aorgfUtiger Anigrendung einer soldien die Heilung
sich bis zum 2. oder 3. Jahre verzOgert, soll man
die Badikaloperation vornehmen, die Br. 16mal
mit Erfolg ausführte, umgekehrt heilen Leisten-
brüche bei Sondern nur selten naoh Anwendung
eines Bruchbandes. Rückfälle sind da sehr h&ufig,
weshalb Br. gern die Radikaloperation ausführt
Unter 461 F&llen ist ihm nur ein Todesfall in
uxmd. A. Badikaloperationen bis kindskopfgrosser
Brüche der vorderen Bauchwand: 13 FUle.
B. Radikaloperationen über kindskopfgrosser Brüche
der vorderen Bauohwand : 10 FUle.
Die statistischen Erhebungen K.'s ergeben,
dass eine verhältnissmässig grosse Anzahl von
erwachsenen Operirten, sowohl nach aseptischem
Wundverlauf, wie auch nach Heilung mit läterung,
seit länger als einem und eine fast ebenso beträcht-
liche über 2 Jahre ohne Recidiv und frei von Be-
schwerden geblieben ist. So waren von 77 später
nachuntersuchten Pat. der Oruppen A. 37 seit
mehr als 1 und davon 26 seit über 2 Jahren reci-
divfreL Von 49 nachträglicdi untersuchten Operir-
ten der Ghruppen B. waren 26 seit über 1 und da-
von 18 seit über 2 Jahren ohne Recidiv. TyieEnd-
sind demnach in Anbetracht der Schwere
des/ zur Operation kommenden Leidens als relativ
Lstig zu bezeichnen, um so mehr, als sich fast
stets die Möglichkeit, einen wiederkehrenden Bruch
durch ein Bruchband zurückhalten zu kennen, nach
der Operation wesentlich bessert
Unter im Oanzen 240 Operationen solcher
gvesser Brüche ereigneten sich 24 TodesfUle,
darunter 17 durch Wundinfektion bedingt Jeden-
Folge der Operation (Peritonitis) vorgekommenP'liaiLls ist die Radikaloperation der besonders grossen
Dagegen sterben Säuglinge im Hospital leicht an
Bronchopneumonie und Darmkatarrhen. Br. schiebt
daher bei Hospitalkranken die Operation lieber bis
in's 2. Iiebensjahr hinaus und lässt vorher ein
Bruchband anlegen. In der Privatpraxis giebt die
fiadikaloperation der Leistenbrüche auch bei ganz
jungen Kindern gute Resultate. Bei eingeklemm-
ten Brüdien ist unter allen Umständen die Radikal-
operation vorzunehmen. Yon 250 Kranken Br.'s
bekamen 2 ein Recidiv. Zum Schlüsse beschreibt
Br. die Operation. Brückner (Dresden).
322. Ueber die Bemütote und die Anafüh-
rung der Bedikaloperation besondera groaaer
ühterleibatoflolie ; von Dr. W. Kram er in
eiogau. (Arch. f. klin. Chir. L. 1. p. 188. 1895.)
K. bat aus der Literatur die Fälle von Badikal-
opmüion besonders grosser UnierJeibsbrüehe zusam-
mengestellt, und zwar nur diejenigen, die seit
1879, d. h. seit der allgemeinen Durchführung
der Anti-, bez. Asepsis bekannt geworden sind«
Darunter befinden sich auch 6 von K. ausgeführte
Badikaloperationen besonders grosser Brüche (aus
einer Geeammtzahl von 56 ohne Todesfall unter-
nommenen Radikaloperationen).
/. Leistenbrüche, A. Radikaloperationen zwei-
nannafanst- bis kindskopfgrosser Leistenhernien,
a) Bei Erwachsenen : 98 Fälle, b) Bei Kindern :
22 Fälle. B. Radikaloperationen über kinds- bis
mannakopfgrosser Leistenbrüche Erwachsener :
64 Fälle. H. Oruralbruehe. A. Radikaloperationen
bis kindskopfgrosser Schenkelbrüche: 9 Fälle.
B. Radikaloperationen über kindskopfgrosser Schen-
kelbrüche: 7 Fälle, in. Brücke der vorderen Baw^
Beniien als ein Eingriff anzusehen, der mit einer
nicht geringen, sich mit der OrOsse des Bruches
steigernden Lebensgefahr verbunden sein kann.
Die Ausdehnung der angelegten Wunden, die
Manipulationen und Repositionsversuche an einer
grossen Masse von Eingeweiden geben die Erklä-
rung hierfür. Durch eine strengere Auswahl der
Fälle werden sich in Zukunft die Oefahren der
Operation vermindern lassen. AUe mit ander-
weitigen C!omplikationen (Krankheiten der Ath-
mungs-, Cirkulations- und Hamorgane, Fettsucht,
Alkoholismus u. 8. w.) einhergehenden Fälle, ebenso
enorm grosse, veraltete Brüche, förmliche Even-
trationen, sind von der Operation womöglich aus-
zuschliessen. Hohes Alter bildet keine Gegen-
anzeige, falls die Leute sonst gesund, kräftig und
in günstigem Ernährungszustände sind.
Eingehende Bemerkungen über die Operations-
technik, Nachbehandlung u. s. w. beschliessen die
Arbeit P. Wagner (Leipzig).
•
323. Zur Badikalopevation derünterleiba-
br&dhe; von Dr. A. Müller in Altena. (Münchn.
med. Wchnschr. XLH 42. 1896.)
Trotz der Zweckmässigkeit und der günstigen
Resultate der von Macewen und von Bassini
angegebenen Methoden zur Radikaloperation der
ünterleibsbrüche, haftet ihnen doch der Nachtheil
an, dass sie allzu oomplicirt sind. Von verschie-
denenAutoren, so vonKocher und vonKüster,
sind deshalb neuerdings einfachere Methoden der
Radikaloperation (einfacher, fester Pfortenverschluss
durch versenkte Seidennähte, Kanalnaht) angegeben
und mit gl^chfalls sehr günstigen Enderfolgen
174
Ym Chirurgie, Augen- und OhienheObinda
ausgeführt worden, ünabh&ngig von Kocher und
Küster hat Krause seit 1892 eine Methode an-
gewandt, die in den weeentliohsten Punkten mit
den von ersteren Autoren geübten Verfahren übei>
einstimmt und eben&lls den Vorzug technischer
Einfachheit besitat,
Bei dieser Methode wird der Bmcbsack zonfichst
von unten bis oben gänzlich freigelegt und dann erst der
Unge nach eröfihei Bei nicht eingälemmten, gut repo-
niblen Brüchen wird der Broohinhalt vor Eroffirang des
Brochsackes ia die Bauchhöhle geschoben. Der Ver-
schluss der Brachpforte wird dann in folgender Weise
ausgeführt: Der linke Zei^[efinger oder bei weiter Bruch-
pforte 2—3 Finger werden wmerhaib des eröffiaeten Bruch-
sackes in die Bruchpforte eingeführt, um die Bauoh-
eingeweide zurückzuhalten; der freigelegte Bruohsack
wird dann mit der rechten Hand stan heruntergezogen
und vom Assistenten über den eingeführten Fingern mit
einem dicken Seidenfiaden abgebunden. Der Bruchsack
wird ca. 1cm unter dieser Ligatur abgesdmitten und, um
deren Abgleiten zu verhüten, mit dem Unterbindungsfaden
übemäht Nachdem der Stumpf des Bruchsackes in die
Bauchhöhle zurückgeschoben ist, erfolgt der Verschluss
der Bruchpforte durch mehrere versenkte Seidenknopf-
nähte, die bei Leistenbrüchen durdi die gsnzen Wan-
dungen des Leistenkanales und durch die diesen rechts
und links begrenzenden Bauohwanduneen geführt werden.
Nach Anlegen sämmtlicher 3 — 12 Fäden werden sie der
Beihe nach fest angezogen, ^knotet und ganz kurz ab-
geschnitten, damit sie aseptisch einheilen und dauernd
hegen bleiben. Der untere Winkel der Brudhpforte bleibt
so weit offen, dass der Samenstrang oben noch durchtreten
kann. Beim Schenkelbruche wird das Lig. Foupartii mit
der Fascia pectinea in derselben Weise durch Seiden-
knopfeähte vereinigt
In dieser Weise wurden bisher 50 Kr. operirt,
▼on denen 1 an hypostatischer Pneumonie u. s. w.
starb. 39 Kr. machten eine glatte Heilung per
prinL intent durch ; nur bei 10 Kr. zeigten sich
leichte StSrungen im Wundverlaufe. 39 Kr. konnten
2 Monate bis 2^« Jahre nach der Operation naoh-
untersuoht werden. dSuHxrenvoUhcmnnenrßeidivfrm.
P. Wagner (Leipzig).
324. Statiatisohe BrgebnisBe von 276 in-
oaroerirten Hernien, die von 1881 — 94 in der
ohinurgischen Klinik an Zfirioh behandelt^ resp.
operirt worden sind; von Dr.O.Hengeller in
Zürich. (Beitr. z. klin. Chir. XV. 1. p. 1. 1895.)
H. giebt zunächst einen Ueb^blick über die in
den letzten Jahren von verschiedenen Seiten ver-
öffentlichten Statistiken über die Resultate derHer-
niotomie bei eingeklemmten Hernien und schliesst
daran eine tabellarisdie Uebersicht Ton 276 in-
carcerirten Hernien, die 1881 — 94 in der Züricher
Klinik behandelt worden sind. Am hftufigsten wurde
der Bruchachnitt bei eingeklemmtem Schenkelbruch
ausgeführt, dann kam der Leistenbruch. Angebo-
rene Brüche sind llmal erwfihnt Was den Bruch-
inhalt anlangt, so fanden sich 122 Enterooelen,
13 Bpiplocelen, 71 Entero-Epiplocelen. In 6.2%
der Fälle wurde Dickdarm, in 2% wnrden Theile
der weiblichen Genitalien als Bruchinhalt gefunden.
In ca. 60 Fällen zeigte der Bruchinhalt ein mehr
oder weniger suspektes Aussehen oder es war schon
^ur Nekrose oder Perforation gekommen« Die Menge
des Brudiwasaera war ausserordentlich verschiedea
und betrug bis über 1 Liter. 4mal fand sich Ruptar
des Bruchsackes in Folge roher Taxisyersncfae. Ia
9<^/o der Fllle fand sich lipombildung erwähnt
Was die fifiAaiuSun^ der eingeklemmten Hernien
betraf, so wurde bei 3 Pat, die in extremis im
Spitale anlangten, von jedweder operatiTen Yo^
nähme abgesehen. 18mal führten schonende TIbm-
tersucfcs zum Ziele, namentlich unter Beihülfe des
warmen Bades und der Narkose. Die HemiolomU
externa fiuid nur in 2 Fällen Anwendung; sonst
wurde immer zur HBmiotomia iniema gesdiritten
und diese nach den allgemon giltigen Regeln aus-
geführt Seit 1892 wurde jeder Herniotomie die
Bassini'sche Radikaloperation angeeohlosssn.
Ein Anus praäerfuduraHa wurde in 15 lUlen an-
gelegt und in 2 Fällen der künstliche After nachher
zum Schlüsse gebracht; die übrigen 13 Kr. starben
bald nach der Operation. In 12 Fallen wurde die
bereits gangränüse oder gangränTerdächtige Barmr
partie reaeoir^ und nachher die JDkrmiiaA^ansgeßUirt
4 Kr. genasen, 8 starben. Mit BinsohluBS der 3 Fille,
in denen nicht mehr operirt werden konnte, betrog
die Oesammtmortalität 23.2^/o ; die der nnoompli-
cirten Hemiotomien 15.5%. Am stärksten wurde
die Sterblichkeit durch die Dauer der Incaroeration,
sowie durch das Alter der Kranken beeinflusst
Die häufigste Todesursache bestand in Darmgangila
und Peritonitis. P. Wagner (Leipzig).
325. üeber Hernien der Unes alba; von
Dr. Bernhard Niehues. (BerL Klinik Heft 80.
Febr. 1895.)
Auf Qrund ¥on 1 1 Hedianhemien, die im ttarien-
krankenhause zu Hamburg Ton Kümmell operirt
wurden, und 27 weiteren FäUen, die aua der Lite-
ratur zusammengestellt werden, bespricht N. Aetio-
logie, Symptomatologie und Therapie des bekannten
Krankheitsbildes.
unter den 11 Fällen waren 7 Netzheraien,
4 kleine, sobserGse Lipome. 1 Kr. mit inoaroeriiter
Netzhemie starb in Folge Platzens der Bauch-
naht an Peritonitis, 1 anderer bekam später wieder
die alten Beschweiden (Beddiv), die übrigen Uiebea
geheilt Harwedel (Heidelbecg).
326. Hemiea ombUloalea des noavesa-nfa
et deaenfluitB; par le Dr. Gahier. (Revue de
Chir. XV. 4. p. 273. 1895.)
In der Torliegenden Arbeit, die einen Aussog
einer von der Pariser Chirurg. Qesellschaft preis-
gekrünten Abhandlung über die Nabdhemim der
Neugeborenen und Kinder bildet, stellt C. folgende
Indikationen für die operaiive Behandlung dieser
Hernien auf: Bei Neugeborenen sollen sie openit
werden, wenn sie Einklemmungerscheinungon oder I
aufandereWeise nicht zu beseitigendegastro-intesti- |
nale Störungen veranlassen. Bei Kindern von 2 hif
7 Jahren unter denselben Bedingungen, sowie anok
dann, wenn dieKinder w^gen ungünstiger tossenr
Vni. Chirnrgie, Augen- und Ohrenlieillamde.
175
torhSltnisse keine gutsitzenden Nabelblnchban-
dagen erhalten kennen, oder wenn nach 1 bis
l^/i Jahren keine Verkleinerung der Bruchpforte
oAgetreten ist Bei über 7 Jahre alten Kindern
8(dl dann operirt werden, wenn die Brüche sich
vkkt zurückhalten lassen oder nicht zu reponiren
and, wenn sie sich vergrOesem, wenn die Haut-
bedeckung uloerirt, wenn die Er. keiner Beschftf-
tipng nachgehen können, wenn der Bruchring sehr
weit ist, wenn Einklemmung- und Entzündung-
ttsoheinungen auftreten, sowie endlich dann, wenn
duofa gastrorintestinale St(^rungen die Entwicke-
long des Kindes gehemmt wird.
Nach der Badikaloperation rftth C. die ersten
8—10 Tage einen leichten Oipsverband um den
Leib zu legen ; um die Bauchpresse ausser Thfttig-
iät zu setzen, ist es gut, die Kinder nach dem Vor*
Bchlage Ton O'Neill während der ersten beiden
Verbandwechsel zu narkotisiren.
P« Wagner (Leipzig).
327. Bakteriologisohe Bmohwasseninter-/
inohungen mit Büoksioht auf die die Brach-
efnUemoEiang oomplioirende Pneamonie ; von
Dr. H. Schloff er in Prag. (Beitr. z. klin. Chir.
UV. 3. p. 813. 1895.)
SchL hat es sich zur Aufgabe gemacht, bei
den in der Prager Klinik zur Hemiotomie kom-
menden eingeklemmten Brüchen das Bmchwasser
ao/ seinen Bakteriengehalt zu prüfen und hierbei
namentlich dem Diplococcus pneumoniae sein
iogenmerk zu schenken. Weiterhin hat er dann
auch bei Thieren künstliche Darmeinklemmungen
eneugt
Die Ergebnisse der Untersuchungen waren fol-
gende: Das Bruchwasser menschlicher Hernien
▼ar fast stets steril (Einklemmungdauer bis zu
5 Tagen). Beim Thierversuche fanden sich frü-
hestens nach Ablauf einer 78tündigenIncarceration
Bakterien im Bruchwasser. Bei längerer Incarce-
ration nimmt die Zahl der Fälle mit bakterien-
baltigem Bruchwasser beständig zu. Aber selbst
nach 2- und Stfigiger Einklemmung hat SchL in
einzelnen Fällen noch steriles Bruchwasser bei
Kaninchenhemien gefunden. Bakterienhaltiges
Brudiwasser findet sich auch bei völlig funktions-
tflchtiger DarmschliDge, während andererseits auch
bei schwerer Emährungstörung des Darmes noch
ateriles Bruchwasser beobachtet werden kann. Sind
einmal Bakterien im Bruchwasser aufgetreten, so
vermehrt sich ihre Zahl im weiteren Yerlaufe der
Incarceration in den meisten Fällen, bald rasch,
bald langsam; in Ausnahmefällen kann aber die
Kenge der Bakterien auch bedeutend abndimen.
Das Brackwasser besitzt eine mitunter erhebliche
battmcide Kraft Diese erlischt aber nach einiger
Zeit und dann finden die Bakterien in dem Bruch-
irassinr meist einen guten Nährboden.
Die baktericide ESgenschaft des Bruchwassers
bedingt eine AbtOdtung der ersten aus dem Darme
übergehenden Keime und verdeckt uns bei bakterio-
logischen Untersuchungen oft eine bereits eingetre-
tene Durchlässigkeit der Darmwand für Bakterien.
Schalten wir die Eiinwirkung des Bruchwassers auf
die den Darm verlassenden Keime aus, so können
wir uns überzeugen, dass schon früher Bakterien
den Darm verlassen, als sie im Bruchwasser nach-
zuweisen sind.
Es kann beim Menschen auch gelegentlich der
Diplococcus pneumoniaeFraenkel- Weich sei -
bäum aus dem Darme in das Bruchwasser über-
treten. Es stellt dieser Befund den Zusammenhang
her zwischen der Brucheinklemmung und den hierbei
zu beobachtenden Pneumonien, deren Entstehung
wir uns auf dem Wege einer embolisch septischen
Infektion imSinnederÖussenbauer-Pietrzi-
kowsky'schen Lehre zu denken haben.
F. Wagner (Leipzig).
328. üeber die Tuberkulose der Hernien;
von Dr. H.Tenderichia Greifswald. (Deutsche
Ztschr. f. Chir. XLL 1—3. p. 220. 1895.)
Im Ganzen sind bisher 19 Fälle von Tuber-
kulose der Hernien beschrieben worden. 3 weitere
hierhergehOrige FUle theiltT. aus der Greif swalder
Chirurg. Klinik mit.
1) Brachsacktaberkalose bei einem Sjahr. Ejiaben.
Operation mit günstigem Erfolge. Nach mehreren Jahren
Tod an Lnngentaberkiilose.
2) Bnichsacktuberknlose bei einem 7Jähr. Knaben.
Operation mit günstigem Erfolge und lülmfihUch her-
gestelltem Wohlbefinden.
3) Braad%er Sohenkelbmoh bei einer 54jähr. Frau.
Bei der Operation und bei der späteren Darmresektion
zeigte sich der Dünndarm mit Tuberkeln besäet Günstiger
Erfolg.
m den beiden ersten, fast völlig übereinstimmenden
Fällen fanden sieh augleich mitderFeritonäAltuberknlose
Tuberkel in einem angeborenen Ideren Leistenbmchsaoke
vor; durch die Füllung des Bruchsaokes mit Flüssi^eit
wuixle eine dem Leistenbruche ähnliche Geschwulst vor-
getäuscht. In dem 2. Falle wurde die Diagnose vor der
Operation richtig gestellt Im 3. Falle war eine Diagnose
auf tuberkulöse Erkrankung des Bmohinhaltes nicht la
machen.
T. schliesst sich der Bruns 'sehen Ansicht an,
dass die Tuberkulose der Hernien als primäre Er-
krankung auftreten kann, dass sie aber in der Regel
Theilerscheinung einer allgemeinen Bauchfelltuber-
kulose ist Für die TWopte ergiebt sich hieraus,
dass ein operativer Eingriff die Entfernung der
kranken Theile ermöglicht, und somit lediglich die
Exstirpation radikale Heilung bringen kann. Aber
auch in Fällen, in denen eine vOllige Entfernung
der kranken Theile nicht mQglich ist, in denen
Bauchfelltuberkulose besteht, wird die Entfernung
des erkrankten Bruchsackes, da hierbei doch das
Peritonaeum erOf&iet wird, durch jene wunderbare
Wirkung, die erfahrungsgemäss die Laparotomie
auf die Peritonäaltuberkulose ausübt, einen Erfolg
erzielen können. Die Tuberkulose der Hernien ist
in den meisten FäUen nicht sicher zu dia^nosUcirm;
nur in denjenigen Fällen waren bestimmte dia-
gnostische Symptome vorhanden, in denen nur der
176
ym Chlniigie, Augen- und OhraiheOkunde.
Brudisaok allein tuberkulös erkrankt war. Doch
kann auch hier die Verdickung des Bruchsackes
derartig sein, dass ein angewachsener Bruchinhalt
vorgetftuscht wird. Ist letzteres aber nicht der Fall,
sind dazu nodi Anzeichen von Bauchfelltuberkulose,
ist reponibler flüssiger Inhalt im Bruohsacke vor-
handen, so ist eine richtige Diagnose mOglidi.
P. Wagner (Leipzig).
329. üeber den Heüungsrorgang bei der
Peritonitis taberoulosm naoh Laparotomie; von
Dr. M. Jordan in Heidelberg. (Beitr. z. klin.
Chir. Xm. 3. p. 760. 1895.)
J. berichtet zonäohst über einen Fall Yon Peritonitia
Hdbereuloaa sicca in einem linkseitigen, iireponiblen,
kindskopfgrossen äusseren Z>M(e9i6ru«£ bei einem 55jälir.
Kr. PtobSnoiaum. Da bei den ausgedehnten Yerwach-
songen der intraheiniös gelegenen Dannsohlingen, sowie
bei der oolossalen schwartigen Yerdicknng des Brach-
sackes von einer Entwickelnng der Bmohgeschwnlst keine
Bede sein konnte, die Reposition also technisch onans-
fohrbar erschien, verfahr J. nach den für die allgemeine
Peritonäaltaberkolose feststehenden Grandsfttzen, d. h. er
beschränkte sich aof die firöfihang des Brachsackes and
schloss die Inoisionswande wieder vollständig. Die Dia-
gnose : „Taberkolose^ war auch mikroskopisch bestätigt
worden. Die üntersuchonff des Er. nach Jahresfrist
ergab nun, dass dieser ein&die Eingriff zu einer Sbüung
der lokalen PerUonüia im weitgehendsten Sinne geführt
hatte. Der Brach war reponil^l geworden, ein Beweis
dafür, dass die Lösung ans^ehnterDarmverwachsangen
mit dem Brachsacke, die Resorption fingerdicker, die
Brachpforte geschwulstartig umgebender Schwarten und
endlich das Verschwinden zaUreicher Lymphdrüsen-
knoten eingetreten sein musste.
Diel^Bge nach den anaiomisohen Vorgängenbei
der EMung der fuberkuiösen PieräoniHs kann geUtet
werden durch direkte Betrachtung der Peritonflal*
Veränderungen einige Zeit nach der aufgeführten
Laparotomie, wie sie mOglioh ist: 1) bei Sektionen,
2) bei wiederholten Laparotomien. Bei der Wichtig-
keit dieses Punktes hat J. die gesammte Literatur
durchmustert und hat im Qanzen 4 Leichenbefunde
und 10 Besichtigungen in vivo verzeichnet gefun-
den. In 10 eiehergeeUüien Müen von FeriioniÜa
iubere, exaudat. hatte eine voüeiändige BeetiitUio ad
integrum stattgefunden; in 9 dieser FUle war keine
Spur von Adhäsionen vorhanden.
Diesen Fällen reiht J. einen weiteren Fall von
xweUer Laparotomie bei exsudativer tuberkulöser
Peritonitis an.
Bei einem früher stets gesunden, keinerlei Zeichen
von Taberkulose darbietenden und normal menstroirten
ISjähr. Mädchen entmckelte sich in ziemlich akuter Weise
eine Peritonäaltaberkalose mit beträchtlicher seröser
Exsadation und fibrinösen Yerklebangen der Därme. Sie
nahm ihren Ausgang von den Tuben, die den Zustand
akuteiteriger Entzündung darboten. Bei dem jagend-
lichen Alter und der gaten Allgemeinconstitation der Kr.
wurde eine conservative Behandlang versucht und wur-
den die Taben nach EnÜeerang ihras Inhaltes zurück-
Silassen. Nach der Laparotomie erfolgte vollständige
eilung, die bezügUoh der Bauchfellerkrankung bei dem
Fehlen jeglicher S^ptome als d^nitiv angesehen wer-
den musste. Als mdessen 2Vi Jahre nach der Operation
wegen fortgeschrittener Tabenerkrankung die Bauchhöhle
wiäerum eröffnet wurde, fiuid sich die Miliartaberkulose
des Peritonaeam in gleicher Weise wie bei der I.Laparo-
tomie besfahend, dagegen fehlten das Exsudat und <tio
fibrinösen Yerklebangen, und auöh die sonst übliohMi
Yerwaohsungen an der Bauchnarbe waren nicht vor-
handen.
Aus dem in der Litecator niedergelegten Mate-
riale, sowie aus seinen beiden eigenen Beobach-
tQDgen stellt J. folgende Sitze aof : l)DaBBftthflel
derHeUnng der Peritonitis tuberoolosa duroliLq»-
rotomie ist ungelöst Von den zahlreichen Theorien
ist keine bewiesen« 2) Es giebt eine Heilung im
anatomischen Sinne, d. h. es kann naoh dem ein-
fachen Baucfascfanitte eine vollständige Bflckkehr
des Bauchfelles zur Norm erfolgen. 3) Diese Etasti-
tutio ad integrum ist das Besultat einer B&ckbil-
dung der Tuberkel 4) Yerwachsongen sind zum
Zustandekommen der Heilung nicht nothwendig;
sie werden in den meisten lUlen vermisst 5) Die
klinische Heilung ist nicht immer gleichbedeutend
mit der anatomischen (s. 2. Fall J.'s). 6) Yon einer
endgültigen Heilung darf man jedenüalla erst
Ifingere Zeit (Jahre) nach der Operation sprechen.
7) Auch die Peritonitis sicca ist der Aosheünng
durch einfache BrOf&iung zugänglich, letztere führt
dabei zu einer Lösung bestehender Verwachsungen
und zur Besorption der Schwarten (a. 1. IUI J.'s).
P. Wagner (Leipzig).
330. Ueber tuberkulöse Infiltration des
SBellgewebes in der Umgebung der TomUhat'
drflse und Blase; von Prof. J. Englisch in
Wien. (Wien. Klinik 1. 1896.)
Die Arbeit stützt sich auf eigene Beobaohtungenf
die Krankengeschichten werden am Schlüsse mit-
getheilt Entzündliche Yorgftnge an oder in der
Umgebung derHamwege bei tuberkulös Belasteten
lassen immer die Möglichkeit der Umwandlung in
Tuberkulose annehmen, und zwar um so eher, je
fortgeschrittener die Dyskrasie im Allgemeinen ist
Jüngere Individuen zeigen grössere Widerstands-
föhigkeit, während bei filteren namentlich die tuber«
kulösen Processe um die Prostata eine ungünstige
Prognose geben. Bezüglich der Diagnose muas
hervorgehoben werden, dass in der weitaus grössten
Mehrzahl der F&lle Tuberkelbacillen sidi imLebeai
nicht nachweisen liessen, während die späten
Leichenuntersuchung Tuberkulose ausser Zweifol
stellte. Neben der unter umständen sehr sdiwie«
rigen Lokalbehandlung ist namentlich für eine all^
gemeine „dyskrasische" Therapie zu sorgen.
P. Wagner (Leipzig).
331. üeber die Häufigkeit darLokaltab
kulose des Auges, die Besiehungen derTub
kulose des Auges sur Tuberkulose dar ÜJ
Organe, nebst Bemerkungen über die
und Prognose; von Dr. B. Denig. (ArcL
Augenhkde. XXXL 4. p. 359. 1895,)
D. hat alle bekannten FäUe von Tubeikul«
des Auges gesammelt und je nachdem das A
allein oder gleichzeitig oder später auoh
Theile des Körpers erkrankt waren, in ein
Tabellen zusammengestellt, ausserdem die Kranki
Vm. Chirurgie, Augen- und Öhrenheilkunde.
\17
geschiohte und den Augenspiegelbefund von 5 Er.,
die unter 90 Lungenkranken oder Tuberkulösen
an Tuberkulose des Auges litten, kurz angegeben.
W. besteht darauf, dass eine primäre Lokaltuber-
kulose des Auges angenommen werden müsse. Bei
der Diagnose ist das klinische Bild entscheidend,
denn sowohl der Tuberkel , als die Bacillen , als
auch die Impfung können bei der Diagnose der
Tuberkulose im Stiche lassen. Die Prognose quoad
vitam ist bei der Lokaltuberkulose des Auges um
so besser, je älter die Person ist Am Auge kön-
nen übrigens alle Stadien der tuberkulösen Infek-
tion beobachtet werden. Lamhofer (Leipzig).
332. Ueber «inige tuberkulÖM Bntsündnn*
gen des Auges; von Prof. W. Manz. (Münchn.
med. Wchnschr. XLII. 4^. 1895.)
M. macht auf die chronischen Entzündungen
der Hornhaut, Sklera und Iris, die unter Enötchen-
bildung einhergehen, aufmerksam. Sie sind oft
tuberkulösen Ursprungs und heilen bei antituber-
kolöeer Behandlung vollständig aus, während
antiluetische Behandlung, zu der die Aehnlichkeit
dieser Entzündungsform mit wirklich luetischer
leicht verleitet, keine Besserung bewirkt. Auch
dann, wenn in den excidirten Irisknötchen keine
Tuberkelbaoillen nachweisbar sind, ist die Diagnose
auf Tuberkulose des Auges noch nicht aufzugeben
und Kreosot u. dgl. anzuwenden. Die ausführliche
Geschichte einer 30jähr. Krankenschwester aus
phthisischer Familie zeigt, wie selbst bei schwerer
tuberkulöser Erkrankung des Auges und wieder-
holten Bückfällen schliesslich noch ein gutes Seh-
vermögen erreicht werden kann.
Lamhofer (Leipzig).
333. Ueber einige wichtige Yerletiangen
des Sehorgans und ihre rationelle Therapie;
von Dr. 0. Outmann in Berlin. (Berl. klin.
Wchnschr. XXXn. 51. 52. 1895.)
In einem lehrreichen Vortrage bespricht 0. die
hftofigsten Verletzungen des Auges (Contusionen,
Verletzungen mit scharfen Körpern, Aetzungen
und Verbrennungen). Ein grosser Theil dieser
Verletzungen erfordert die Behandlung durch einen
Augenarzt, ein grosser Theil wird aber von jedem
Arzte behandelt werden müssen. Einzelne Kran-
kengeschichten dienen als Beweis dafür, dass
manchmal schwer inficirte verwundete Augen noch
unerwartet gut bei möglichst antiseptischer Be-
handlung heilen. Lamhofer (Leipzig).
334. Znr Casnistik der tranmatisohen L&-
lionen des Anges und der Augenhöhle; von
Dr. J. Hoene in Kieff. (Klin. Mon.-Bl. f. Augen-
hkde. XXXIV. p. 34. Febr. 1896.)
Einem löjähr. Schüler, der beim Schreiben an den
Arm gestossen worde, drang die Stahlfeder in das Auge.
Nach unten innen 2.5 mm lange Risswnnde der Hornhaats
ia der Iris und Blutgerinnsel lagen ; am obern ßande der
Iris^ hart an der CiTiaranheftung, quere Stichwunde der
Iris und dicht darüber Yortreibung und schwärzliche
Med. Jahrbb. Bd. 250. flft. 2.
Verfärbung der Bindehaut. Einzelne Ixisfeisen an der
Hornhautwunde wurden entfernt. Nach 6 W. dauernder
Kerato-Iritis war das Auge reizlos, die Sehkraft ^^/w
Nach lV4Jährigem ungestörten Schulbesuche empfand der
Er. wieder Schmerzen am Auge. Üeber dem oberen
Skleralrande in der verdickten Bindehaut ein schwarzer
Fremdkörper. Nach der Incision wurden 2 leicht ver-
rostete 13 mm lange Stahlfederspitzen entfernt. Heilang
in ein paar Tagen. Das Sehvermögen bei ungetrübter
linse nach 6 Jahren noch wie oben angegeben.
Bei einem 40jähr. Bauer, der sich 2 Jahre vorher
beim Durchfahren durch einen Wald verletzt hatte, wurde
ein der inneren Augenhöhlenwand ganz anliegender,
4cm ianger, 5 — 8mm dicker, noch ganz frisch aus-
sehender Weidenzweig entfernt, fieiiung in kurzer Zeit;
Die Beweglichkeit des Auges war nie besduränkt gewesen«
Lamhofer (Leipzig).
335. 1) Blutung swisohen Netshaut und
Olaskörper in der Maoulagegend. 2) Trau-*
matisohe Buptur von Ciliararterisn. 8) Ex«
perimentelle üntersuohungen über den Ver*
breitungsbeairk und über die Möglichkeit
gegenseitiger Vioarürung der Cüiararterien
beim Kaninchen ; von Dr. A. S i e g r i s t iu Basel.
(Mittheil, aus Kliniken u. med. Instituten d. Schweiz
in. 9. p. 547. 1895.)
Bei einem 42jähr. Trinker, der sich beim Posaunen-
blasen stark anstrengte, trat plötzlich ein rother Nebel
vor dem linken Auge auf. Bei der ophthalmoskopischen
Untersuchung fand S. eine Blutung an der Vena nasaUs
SUD., von der aus eine feine Blutschicht zu einer grossen
halbmondförmigen Blutansammlung zwischen Papille
und Macula zog. Nach vollständiger Aufeaugung des
Blutes war die ganze Stelle weiss (Fibrinausscheidung),
doch verkleinerte sich der weisse Fleck nach Monaten
und die darunter befindlichen normalen Netzhautgefässe
wurden immer mehr sichtbar. Das Blut lag zwischen
Netzhaut und Membrana hyaloidea.
Bei 4 jugendlichen Personen mit enunetropisohen
Augen, die alle einen Schlag auf das Auge erlitten hatten^
trat an der Papille gelbliche Verfärbung des Augenhinter-
grundes mit Pigmentirung auf, zugleich mit grossem
Skotom* Bei einem Kr., der keine Verletzung erlitten
hatte, sah S. rings um die Papille Verfärbung des Augen-
hintergrundes und deutlich die obliterirten Chorioideal-
gefässe [Lues?]. Die Bilder des Augenhintergrundes bei
den einzelnen Kranken haben eine grosse Aehnlichkeit
mit den von Wagenmaun beschriebenen Bildern nach
Dorchschneidung der einzelnen Ciliararterien und es wird
wohl auch hier durch die stumpf einwirkende Gewalt
eine Ciliararterie durchrissen worden sein.
Bei lojektionsversuchen an menschlichen Leichen
imd an Kaninchen fand S., dass jede Art ciUaria longa
das ihr benachbarte Drittel der Chorioidea und des Cor-
pus ciliare versorgt, dazu die Hälfte der Iris; dass die
hinteren kurzen CUiargefässe das mittlere Drittel der
Chorioidea und des Ciliarkörpers versorgen. Was die
Unabhängigkeit der einzelnen Gefässbezirke betrifft, so
sind die Art cihares longae wenigstens in ihren Aesten,
die die Chorioidea und den Ciliarkörper versorgen, ald
Endarterien zu betrachten. In der Iris hängen sie nicht
mit den Endverzweigungen der gegenüberliegenden Art.
longa zusammen, sondern nur mit den Aesten der vor-
deren Ciliararterien. Die hinteren kurzen Ciliararterien
sind in ihrer Gesammtheit als Endarterien aufzufassen,
da sie nicht im Stande sind, irgend welche Injektion-
flüssigkeit in die benachbarten 2 Dritttheile durchzulassen.
Dia von S. dargestellten 9 farbigen ausgezeichneten
Abbildungen des Augenhintergrundes der erwähnten
Kranken verdienen eine ganz besondere Erwähnung.
Lamhofer (Leipzig),
23
J78
Vm. Chirurgie, Augen- und Ohrenheillnmde.
336. üeber läinflentrütmngen in ihraa Be*
■iehungen wa Allgemeinerkrankimgen ; von
Prof. C. Hess in Leipzig. (Samml. zwangloser
AbhandL a. d. Gebiete d. Augenhkde. 1. 2. Halle a. S.
1896. EarlMarhold.)
H. hat die Ursachen der pathologischen Befunde
lind die Behandlung der wichtigsten Arten von
Linsentrübung nach dem jetzigen Stande der For-
schungen kurz und klar beschrieben. In den ersten
Gapiteln sind physiologische Bemerkungen über
die Ernährung der gesunden Linse und die phy-
siologischen Veränderungen der Linse im Alter
enthalten. Daran reihen sich die Besprechungen
jener Staarformen, bei denen ein direkter Zu-
jBammenhang mit constitutionellen Erkrankungen
ziemlich oder ganz sicher ist: Alterstaar, dia-
betischer Staar, Mehrzahl der angeborenen Staar-
formen, Schichtstaar,Eem8taar,Ergotin-undNaph-
thalinstaar und einige seltenere in der Literatur
angegebene, bei verschiedenen Krankheiten auf-
tretende Staarformen. Dann folgen jene mehr
lokalen Staarformen, wie: hinterer Polarstaar bei
Betinitis pigmentosa und der sogen. Chorioideal-
staar und die Cataracta complicata nach Irido-
cyklitis. Die Abhandlung H.'s, der selbst mehrere
werthvoUe Untersuchungen über Linsentrübungen
veröffentlicht hat, bietet in leicht verständlicher
Form auch demNichtspecialisten mehr als manche
dicke Monographie über diese Augenkrankheit
Lamhof er (Leipzig).
337. üeber die Filtration ans der vorderen
Kammer bei normalen nnd glankomatöeen
Augen; von Dr. Chr. F. Bentzen in Kopen-
hagen und Prof. T h. L e b e r in Heidelberg. (Arch.
f. Ophthalmol. XLL 3. p. 208. 1895.)
Die Art der von B. u. L. angestellten Versuche,
die dabei gebrauchten Instrumente, die Zahlen der
manometrischen Messungen, der mikroskopische
Befund sind in der vorliegenden Abhandlung aus-
führlich angegeben. Das Oesammtergebniss der
Tersuche ist, dass in allen Fällen von Qlaukom,
sowohl bei primärem Ölaukom (akut oder chronisch
entstanden), als )pei Hydrophthalmus anterior, als
bei sekundärem Glaukom verschiedenen Ursprungs
eine beträchtliche Yerminderung der Filtration aus
der vorderen Kammer gegenüb«* dem normalen
Auge festzustellen war. Als Ursache war fast
immer eine Yerlegung oder Verwachsung des
Kammerwinkels (zuweilen in Verbindung mit
Pupillarverschluss) nachzuweisen ; wo sie, wie bei
Hydrophthalmus anterior, ausnahmeweise fehlte,
bleibt die Ursache des Filtrationshindemisses noch
aufzuklären. Mit diesen Ergebnissen scheint den
Autoren die Betentionstheorie des Glaukoms eine
.wesentliche Stütze erhalten zu haben.
Lamhofer (Leipzig).
338. Glauooma malignum; von Prof.
Schweigger in Berlin. (Arch. f. Augenhkde.
XXXIL l^Dec. 1895.)
unter Glaucoma malignum versteht man jene
nicht scharf abzugrenzenden Fälle von Glaukom,
in denen das Sehvermögen durch die Iridektomie
nicht gebessert wird, sondern im Gegentheile unter
oft stürmischer Entzündung (Blutungen in das
Innere des Auges) schnell verloren geht Dieser
schlimme Ausgang ist nicht der Iridektomie zur
Last zu logen, sondern er tritt auch nach der
Sklerotomie ein. Es bleibt daher nichts übrig, als
bei Eintritt von Glaukomanföllen auf dem zweiten
Auge das Sehvermögen dieses Auges durch Eserin-
und Pilocarpinbehandlung möglichst lange zu er-
halten. Bei Glaukom nach Netzhautblutungen,
ebenso bei Hydrophthalmus im kindlichen Alter
ist die Prognose nicht so sohlecht, wie gewOhnlidi
angenommen wird. Im üebrigen bleibt die Irid-
ektomie bei Glaukom das einzige Hülfsmitt^
während die Sklerotomie als unzuverlässiges Ve^
fahren angesehen werden muss. Wo Regenbogen-
farbensehen und Abnahme des Sehvermögens auf-
treten, soll man nicht lange mit der Eserinbehand-
lung Zeit versäumen, sondern die Iridektomie
machen. Sc hw. belegt diese Erfahrungsätze dureh
einige Beispiele aus seiner Praxis.
Lamhofer (Leipzig).
339. Ueber glaukomatöse Atrophie dar
Papille in Form der tabisohen Atrophie und
ihre Heilung durch vordere Sklerotomien ; von
Dr. Galezowski in Paris. (Wien. klin. Rund*
schau X. 5. 6. 1896.)
G. macht darauf aufmerksam, dass ee eine
Atrophie der Papille giebt, die der tabischen Atro-
phie zum Verwechseln ähnlich ist, in Wirklichkeit
aber nichts anderes darstellt, als eine glaukomatöse
Atrophie oder eine besondere Art von Glauooma
Simplex ohne Ezcavation. Die Ursache ist eine
Lymphangitis, eine Behinderung der Lymphcirktt-
lation; die Lymphe staut sich am Sehnerv an.
Bei nachgiebigem Bindegewebe kann es aucdi zu
geringer Ehicavation kommen. Die charakteristi-
sehen Zeichen dieser Krankheit sind : Weiaslicdie
Verfärbung der Papille, besonders der äuaseren
Hälfte, Verbreiterung der im Üebrigen dünnen
Gentralvenen am PapUlarrande, zuweilen Venen-,
aber kein Arterienpuls, weite, unregelmässige, ataire
Pupille, Erhaltung der äusseren Gesichtafeldhfilfte,
geringe Farbenstörung.
G. führt mehrere Kranke an, die trota der
verschiedensten Behandlungsweisen fast erblindet
waren, deren Sehvermögen aber sich nach wiedei^
holten Sklerotomien bedeutend besserte.
Lamhofer (Leipzig^
340. Pathognomoniaohe Kennaeiolieii der
eongenitalen Lues; von Dr. P. Sil ex. (BerL
klin. Wchnschr. XXXm. 7. 8. 1896.)
In einem ausfdhrlichen Vortrage bespricht S.
die bisher als charakteristisch fdr angeborene Lues
aufgestellten Kennzeichen. Nach ihm gehört die
Keratitis profunda nicht hierher, sondera nur die
YCL Chirurgie, Augen- und Ohrenheillninde.
179
Chorloideitis areolaris. Ausser diesem einzigen
Augensymptome sind noch als pathognomon auf-
zufassen die sicheUSrmigen Defekte der inneren
oberen Schneidezahne, womit vielfach die rhachi-
tischen Zahndefekte vermengt wurden, und die
Falten (nicht Narben) an den Lippen, die manch-
mal weit in das Gesicht ausstrahlen kOnnen. An
den Vortrag schloss sich eine sehr lange Verhand-
lung an, in der die erfahrensten Kliniker fllr
Augen-, Hautkrankheiten u. s. w. ihre zum Theil
von S. abweichenden Ansichten darlegten.
L a m h 0 fe r (Leipzig).
341. Ueber GtottMverSiidoniiigen bei 0jplii«
Mltofliien Angenerkrankungen ; von Dr. Alexan-
der in Aachen. (BerL Klinik, Heft 90. Dea 1895.)
A. führt aus, welche wichtige Rolle bei den
luetischen Erknmltungen des Auges die Oeftes-
verftndemngen spielen. Dies gilt fQr den ganzen
Uvealtraotus, die Iritis plastica, papulosa, gummosa
und fQr das Olaucoma syphiliticum, wo dieGefftss-
erkranbungen fast die einzige Erklärung ab-
geben. Auch bei vielen Retinaerkrankungen, be-
sonders den hfiuflg wiederkehrenden, femer bei der
gummOflen Sehnervenentzündung, sowie bei der
luetischen Erkrankung der Hornhaut findet man
eine bedeutende Veränderung der Geftsse. Ob
alle luetischen Erkrankungen des Sehorganes von
Oefässver&nderungen herrühren, kann erst durch
weitere Untersuchungen entschieden werden.
Lamhofer (Leipzig).
342. De la oorreotion operatoire de la
myopie forte; par le Dr. Eperon, Lausanne.
(Eztrait des Arch. d'Ophthalmol. D6c. 1895.)
In den letzten Jahren, in denen bei Kurzsichtig-
keit hc^en Grades die Entfemuug der Linse h&ufig
vorgenommen wurde, wurde von verschiedenen
Aenten die auffallende Beobachtung gemacht, dasa
nach der Entfernung der Linse das Auge eine
Btirkere Abnahme der Brechung zeigte, als man
nach der vor der Operation gefundenen Kurzsichtig-
keit Tormuthen konnte. Man hat hierfür verschie-
dene Erklärungen versucht, audi angenommen,
dasB die Linse im kurzsichtigen Auge eine stärkere
Brechkraft besitze, als im normalen Auge. Die
früher angegebenen Berechnungen, z. B. die von
Maothner, waren sehr einfach. Danach wurde
ein aphakisches, früher normales Auge übersich-
tig 10 D. War vorher das Auge etwa kurzsichtig
12 D, 80 behielt es nach Entfernung der Linse
noch eine Kurzsichtigkeit von 2 D. Dass das ein
Irrthum ist, nach dem man auch annehmen müsste,
dass die Linse direkt der. Hornhaut anliege, zeigt
£. und stellt zur Berechnung der wirklichen
Brechung folgende Formel auf. Die Achse eines
normalen Auges ^^ 24 mm ; jedes Millimeter Länge
entspricht einer Brechung von 3 D. Ein Auge von
12
12 D hat also eine optische Achse von 24 + -^
mm 28 mm« Nach der Entfernung der I4nse bleibt
die Hornhaut mit einem Krümmungsradius von
7.7 mm und einer Brechkraft von 32.5 D , bei
einer optischen Achse von 28 mm. Damit das
Auge emmetropisch werde, müsste die Hornhaut
1000
-55- eine Brechkraft von 35.7 D besitzen. Das
Auge wird also in der That 35.7 — 32.5 über-
sichtig 3.2 D sein.
Li der Formel R* —
1000
— 32.5 D oder
R> —
300Ö
24 + R»
3
32.5 D stellt der Minuend die
72 + R«
Brechkraft oder die Dioptrien dar, die nöthig sind,
damit das neue optische System ein emmetropi-
sches werde, der Subtrahend 32.5 D die Brech-
kraffc, die es wirklich besitzt; die Differenz ist
gleich dem Brechnngsgrad im aphakischen Auge.
Man kann nun leicht finden, dass in den meisten
Fällen von Kurzsichtigkeit diese Differenz positiv
ist, dass bis zu Kurzsichtigkeit von 20 D noch
Gonvexgläser zur Gorrektion für das aphakische
Auge nothwendig sind. Hierfür und zum Ver-
gleiche seiner Berechnung mit den von verschie-
denen Augenärzten nach der Staaroperation kurz^^
sichtiger Augen gefundenen Werthen hat El mehr
rere Tabellen zusammengestellt, auf die wir ver-
weisen. Li der Mehrzahl der lUle besteht zwischen
den klinisch gefundenen Werthen und den nach
der E. 'sehen Formel berechneten gar kein oder
ein so kleiner Unterschied, dass er unbeachtet ge-
lassen werden kann, um so mehr, als kleine Fehler-
quellen bei der Bestimmung der Refraktion vor
und nach der Operation, Aenderung der Homhaut-
krümmung und vielleicht auch Verkürzung der
optischen Achse durch Verkleinerung des ganzen
Augapfels nach der Entfernung der Linse sich
geltend machen künnen.
Nach den Schlussfolgerungen E.'s kann mit
seiner Formel der optische Effekt der entfernten
Linse genau berechnet werden, besonders, wenn
vor der Operation, wie das zu empfehlen ist, die
Krümmung der Hornhaut genau bestimmt worden
war. Oewühnlich beruht die grosse Kurzsichtig-
keit auf einer Verlängerung der optischen Achse.
Die angebliche stärkere Brechkraft der Linse im
kurzsichtigen Auge ist irrthümlich. Bei der sogen«
Krümmungsmyopie (im Gegensätze zur Achsen-
myopie) spielt wohl eine stärkere Brechkraft der
Hornhaut die Hauptrolle. Lamhofer (Leipzig).
343. Pathoginie de la myopie; par Ö4
B i t z 0 s. (Ann. d'Oculist CXIV. 4. p. 247. 1895.)
In einer längeren Abhandlung über das Wesen
der Myopie und die damit verbundenen Verände-
rungen am Auge kommt B. zu dem Schlüsse, dasa
nur zwei Ursachen ein kurzsichtiges Auge sdiaffen
künnen, nämlich eine geringere (angeborene oder
durch schwere Krankheiten erworbene) Elastidtät
der Sklera und eine Vermehrung des intraocularen
Druckes. Beide Ursachen müssen aber gleichzeitig
tbätig vorhanden sein. Leider lässt sich eine
aso
IX. Hjgieine und Staatsarzneilnmde.
Ursache, der erhöhte Druck, der doch wieder erst
die Folge vermehrter Nahearbeit ist, in den meisten
Yerhftltnissen nicht ausschalten.
Lamhof er (Leipzig).
344. Aooommodation im erblindeten Auge ;
von Dr. RGreeffin Berlin. (Klin. Mon.-BL f.
Augenhkde. XXXTIT. p. 322. Sept 1895.)
0. zeigt durch folgende physiologische Be-
obachtung, dass die Aooommodation auf beiden
Augen ganz gleich ist, wenn auch wegen Aniso-
metropie oder wegen Erblindung eines Auges
kein Interesse für ein gleichmässiges Wirken des
Muskels vorhanden ist
Bei einem Knaben, dessen eines Auge wahrschein-
lich durch eine Sehnervengeschwolst ganz erblindet,
dessen anderes sehtüohtiir war, konnte mit Hülfe der
Skiaskopie leicht fest^estefit werden, dass bei allen Fixa-
tionen in der Nähe die Refraktion sich auf beiden Augen
in gleiohmftssiger Weise änderte, so dass z. B., wenn ein
Funkt 25 cm vor den Augen fixirt wurde, auch rechts
eine Myopie von etwa 4.0 D sich einstellte.
Lamhofer (Leipzig).
345. Bemerkungen inr Aooommodation
im erblindeten und aohielenden Ange ; von Dr.
Th. Axenfeld in Marburg. (Klin. Mon.-BL f.
Augenhkde. XXXm. p. 445. Dec. 1895.)
A. konnte bei einer SQjähr. Frau mit weisser Atrophie
des Sehnerven und Strabismus divergens des rechten
Auges und bei einem 20jähr. Manne, dessen linkes, nach
aussen abweichendes Auge schon seit 7 Jahren erblindet
war, skiaskopisoh feststellen, dass in der ganzen Aocommo-
datioDsbreite die Acoommodation des erblindeten Angei
vollkommen mit der des sehenden übereinstimmte.
Lamhofer (Leipzig).
346. 160 nile von poetdiphtheritischer
Aeeommodational&hmnng ; von Dr. A. MolL
(Centr.-Bl. f. Augenhkde. XX. p. 2. Jan. 1896.)
Im Jahre 1886 (Gentr.-Bl. f. Augenhkde. Jnni
1886) hat Remak Ober 100 F&Ue postdiphthe-
rischer Aooommodationlfthmung, die in den Jahren
1883 und 1884 wShrend einer Epidemie in Berlin
in der Augenklinik von Hirschberg vorkamen,
berichtet Die jetzt von M. zusammengeatellten
150 Fälle vertheilen sich auf die letzten 10 Jahre,
in denen die Diphtherie in Berlin nach H e u b n er's
Statistik abgenommen hat Nur bei 3 von den
150 Kranken konnte Diphtherie nicht ganz sicher
anamnestisch nachgewiesen werden. Die mittlere
Dauer der Halsdiphtherie wurde auf 2 Wodien
angegeben, die mittlere Dauer derLfihmung betrog
4 Wochen. Dabei verschwand sie nach schwerster
Diphtherie oft sehr schnell und dauerte lange bei
Kranken, die kaum etwas über Halsschmerzen ge-
klagt hatten. Der Grad der Lfthmung war auf
beiden Augen stets gleich. Andere StSmngen,
wie Pupillenstarre, Neuritis, wurden nie beobaditet ;
aber 16mal war ausser der Aocommodationsparese
und diese fiberdauemd, noch doppelseitige Ab-
ducensparese, 3mal einseitige, Imal doppelseitige
Ptosis aufgetreten. Lamhofer (Leipzig).
IX. Hygleine und Staatsarzneikunde.
347. Die Bohr in Tilsit 1898; von Kreisphysi-
cus Dr. W 0 1 f f b e r g. (Gentr.-Bl. f. allg. Oeshpfl.
XUI. 3 u. 4. p. 84. 1894.)
In seiner durch einen Plan von Tilsit und eine
Anzahl von Zahlenübersichten erlftuterten Arbeit
schildert W. die vom Juli bis October in Tilsit mit
25538 Einwohnern (darunter 1 250 Milit&rpersonen)
und seiner Umgebung herrschende Buhrepidemie.
Sie begann mit vereinzelten FUlen im letzen Juli-
drittel bei der Civilbev5lkerung und in stärkerer
Ausdehnung in der Dragonerkaseme. Von hier aus
erkrankte, besonders in der zweiten Augusthälfte
die Civilbev5lkerung in der näheren Umgebung der
Kaserne und dann in den weiter angrenzenden
Strassen, darunter auch mehrere Insassen des Ge-
fängnisses. Von der Civilbevölkerung erkrankten
im Oanzen 180 Personen «■ 7.4^/o«. Von ihnen
starben 22 i— 12.2<^/o der Erkrankten, und zwar
18 im Stadtbezirke, darunter 5 Gefangene, sonst
meist Kinder und alte Leute und 4 Personen in der
Stadthaide. An der Verbreitung der Ruhr waren das
Leüungswas^er nicht betheiligt, möglicher Weise
gelegentlich von oben specifisch verunreinigte
Brunnen. Die sonstige Verbreitung geschah durch
direkte oder indirekte Ansteckung, vielleicht auch
durch Gesunde im Verkehr. Auch nach ausserhalb
wurde die Seuche verschleppt, breitete sich aber
nur in ^em Dorfe ( Alt- Weynothen) stärker aus. In
dieser Gegend erkrankten 66, von denen 20 starben.
Vom Dragonerregiment erkrankten 109, ferner 7 An-
gehörige der verheiratheten Mannschaften, 6 von
anderen Truppentheilen. Von der Civilbevölkerung
des ganzen Kreises (24300 in der Stadt, 46643 auf
dem Lande) erkrankten 276 ^^ 3.9%o der Ein-
wohner mit einer Sterblichkeit von 17.4<^/o der Er-
krankten (48).
Als Maassnahmen xur Verhütung der epide-
mischen Ruhr, deren Erreger oder Giftstoff noch
unbekannt ist, bezeichnet Wolffberg: „1) un-
bedingte Anzeigepflicht in jedem Falle von Buhr.
2) Thunlichste Absonderung der Ruhrkranken. Zu-
ziehung des Medicinalbeamten auch zu den soge-
nannten sporadischen Fällen. Schaffung von Seuohe-
Krankenhäusern für das Land und für die Stadt
3) Zeitige Vorbereitung und Sicherung des Des-
infektionsdienstes. — Sodann als Theile einer ent*
femteren Prophylaxe. 4) Versorgung der Ort-
schaften mit gutem Wasser. 5) Energische Inan^
griffnahme eines umfassenden Planes, um dei
ärmeren Bevölkerung von Land und Stadt gesund!
Wohnungen zu schaffen.^' W e h m e r (Coblenz). ;
348. Zar Prophylaxe der Masern ; von
physicus R Caspar. (Vjhrschr. f. ger. Med.
2. p. 395. 1895.)
C. ist für einen prophylaktischen Schulsohli
Vei der Ersterkrankung eines Schulkindes an
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
181
bis sich herausstellt, wie viele Kinder inficirt sind,
dann sind diese auszusohliessen, die anderen können
die Schule wieder besuchen. Gelingt das Be-
schrftnken der Epidemie dadurch nicht, so ist auf
ihrer Höhe die Schule wieder zu schliessen, mit
Bficksicht auf die Nachkrankheiten der Kinder.
Woltemas (Diepholz).
349. Ueber dieNntiloBlgkeit derübliohea
Desinfektion der Baame bei der Prophylaxe
der Diphtheritia; von Schlichter in Wien.
(VerhandL d. 11. Vers. d. Oes. f. Kinderhkde. in
Wien 1894. p. 185. Wiesbaden 1895. Bergmann.)
Schi, hat in der Findelanstalt zu Wien die Er-
fahrung machen können, dass die behördlich vor-
geschriebene Desinfektion der B&ume, in denen Diph-
theriekranke gelegen hatten, das baldige Wieder-
auftreten der Krankheit daselbst nicht zu verhüten
vermochte, wfihrend umgekehrt nicht desinficirte
Bftume lange Zeit verschont blieben. Die jetzige
Form der Desinfektion ist demnach zur Verhütung
der Ausbreitung der Diphtherie wirkungslos.
Brückner (Dresden).
350. Ueber das Zustandekommen der Ath-
mung beim Neugeborenen und die Mittel sur
Wiederbelebung Aephyktifloher; von Prof.
N. Zuntz u. Dr. P. Strassmann. (Berl. klin.
Wchnschr. XXXIL 17. 1895.)
Z. und Str. wenden sichgegenOlshäusen's
Aneicht, dass das Durchschlüpfen des Thorax durch
die Vulva wie eine künstliche Athmung wirke
(Jahrbb. CCXLYII. p. 56); nach dem Aufhören der
Compression kehrten nur die verdrftngten Theile
in ihre alte Lage zurück, zu einer Ansaugung von
Luft, in eine vorher luftleere Lunge, könne es da-
gegen nicht kommen. Zum Beweise wurden die
Tracheae von todt geborenen, sicher atelektatischen
Föten mit einem Manometer verbunden und dessen
Schwingungen beobachtet : bei einfacher Compres-
Bion des Thorax erfolgte gar kein Ausschlag, war
dagegen die Lunge durch vorheriges Einblasen luft^
haltig gemacht, so waren die Ausschläge nach jeder
Clompression erheblich.
Hit Hülfe dieser Methode wurden die verschie-
denen Wiederbelebungsproceduren untersucht; es
zeigte sich, dass alle Compressionmethoden , die
nur mit Exspiration operiren, wirkungslos sind, die
Methoden dagegen, die den Thorax zu erweitem
streben (Silvester 'sehe Methode, Schultze'sche
Schwingungen), erhebliche Wirkungen haben, unter
Dmetanden empfiehlt sich auch Lufteinblasen.
Woltemas (Diepholz).
351. Zur Lehre der SSretiokungsekohy-
moeen; von Dr. 0. Cor in. (Vjhrschr. f. gerichtl.
Med. XL 1. p. 9. 1896.)
C. fand bei seinen Versuchen, dass in derThat,
wie ▼• Hofmann annimmt (Jahrbb. CCXLVIL
p. 72), bei der Erstickung eine durch die krampfhafte
ZTmmmqnzi^uTig des Zwerchfells bedingte Com-
pression der Aorta stattfindet, ist aber nicht der
Ansicht, dass diese vonEinfluss auf die Entstehung
der subpleuralen Ekchy mosen ist Die Ekchymosen
entstehen durch Erhöhung des Blutdruckes und
durch einen mehr oder weniger dauernden Still-
stand der Athmung; die Compression der Aorta
durch den Zwerchfellkrampf genügt aber nicht, um
eine BlutdruckerhOhung herbeisuffihren. Die Läh-
mung des Zwerchfells durch Sektion derlüK.phro^
nici hindert die Entstehung der Erstickungekchy-»
mosen nicht Misst man in der Carotis und Femoralis
eines Hundes den Blutdruck bei der Erstickung,
so bleiben beide Curven während des Todeskampfes
parallel, was nicht geschehen könnte, wenn durch
die Compression der Aorta eine Zurückstauung des
Blutes erfolgte. Woltemas (Diepholz).
352. üeber den Eintritt des Todes nach
Stiähverletsungen des Henens; von Dr. Max
R i c h t e r in Wien. (Vjhrschr. f. gerichtl. Med. XL
1. p. 16. 1896.)
Bekanntlich kGnnen nach Stichwunden des
Herzens Stunden und selbst Tage bis zum Eintritte
des Todes vergehen, es kann sogar Heilung ein-
treten. Der Tod durch Verblutung erfolgt bei ihnen
relativ viel später, als bei Verblutung aus einem
der grossen Qefässe, da das Ventrikelblut bei den
Widerständen in dem engen Wundkanale nur zum
geringeren Theile nach aussen tritt und in der
Hauptsache in das Oefässsystem gelangt Die
Tamponade des Herzbeutels durch das austretende
Blut kommt nicht in dem Maasse in Betracht, wie
bei einer Herzruptur, da durch die Stichwunde in
der Regel eine der Pleurahöhlen er6fifoet ist und
das Blut in diese abfliesst Ferner wirkt die häufige
Complikation mit einem gleichzeitig entstandenen
Pneumothorax dem schnellen Ausströmen des Blutes
entgegen. Lage, Richtung, Form und Orösse der
Wunde scheinen keinen Einfluss auf den lang-
sameren oder schnelleren Eintritt des Todes zu
haben. Woltemas (Diepholz).
353. Bin mit Bzitua letalis nach Kopfver-
letmng beendeter Fall von Hirntumor (Neuro-
gliom); von Dr. Carrara in Turin. (Vjhrschr.
f. gerichtL Med. XI. 1. p. 89. 1896.)
Ein 39jähr. Mann bekam am 3. Febraar bei einer
Prügelei eine Wnnde der Kopfhaut auf der linken hinteren
Parietalgegend. Nach Heilung der Wunde klagte er über
Schwindel und Ohrenschmerzen, allmählich kam es zu
Unkseitiger Hemiparese und unter zunehmenden Him-
symptomen erfolgte am 17. Juni der Tod. Es fand sich
ein weiter Hohlraum in der weissen Sub^nz der rechten
Hemisphäre, der eine fast farblose, durch Fibrinflocken
getrübte Flüssigkeit enthielt, nach der Struktur der Wan-
dung handelte es sich um ein Neurogliom mit centraler
Erweichung. Hämorrhagien oder von solchen herrüh-
rende Pigmentirungen bestanden nirgends. C. nahm an,
dass der Tumor zur Zeit der Verletzung schon bestanden
hatte, dass diese aber die centrale Nekrose hervorrief.
Woltemas (Diepholz).
354. Ueber die geriohtaäntllohe B^nrthei-
long von Fettembolien ; von Dr. Wintritz.
(Vjhrachr. f. gerichti. Med. XL 1. p. 47. 1896.) .
182
IX. Hygieine und Staatsarzneikünde.
Nach Verletzungen fetthaltigen Körpergewebes
können die Fettembolien bei massenhafter Verbrei-
tung in den Lungen allein oder daneben in Nieren,
Herz und Qehim durch die schwere Cirkulation-*
Störung zum Tode f&hren, im Wesentlichen durch
Blutüberfüllung des rechten Herzens, der Lunge
und durch Lungenödem. Auch bei massiger Ver-
breitung kann bei verminderter Widerstandsfähig-
keit des Körpers der Tod erfolgen; der Befund von
Lungenödem unterstützt dann die Annahme der
Embolien als Todesursache. Sie entstehen haupt*
sachlich nach Verletzungen des Knochenmarks,
unter umständen auch nach Verletzung fetthaltiger
Weichtheile. Woltemas (Diepholz).
355. A atady of gunshot-wounds with regard
to the oanaation of unoonaoioaaiiess ; by J. N.
Hall. (Med. News LXVH. 18. p. 477. 1895.)
H. hat auf Orund von Beobachtungen auf der
Jagd, von Berichten über Unglücksfalle und von
Untersuchungen über Verbrechen Erfahrungen be-
treffs der für forensische Zwecke wichtigen Frage
gesammelt, ob ein von einem Schusse Oetroffener
sofort bewusstlos wird, bez. stirbt, oder ob er direkt
n^h der Verletzung noch freiwillige Handlungen
vorzunehmen vermag. H. kommt zu folgender An-
sicht: Bewirkte ein Qeschoss eine ausgedehnte Zer-
störung des Gehirns, eine Verletzung der grossen
Basalganglien, der Medulla, des oberen Halsmarks
oder des Herzens an seiner Basis, so tritt die Be-
wussüosigkeit so schnell ein, dass keinerlei Hand-
lung mehr möglich ist Auch Zerstörung der grossen
Oanglien des Sympathicus, z. B. des Plexus solaris,
Beizung des Herznervenmechanismus u. dgL führen
zu sofortigem Tode. Oing eine Kugel durch die
Brust- und die Bauchhöhle eines Thieres oder eines
Menschen, so stirbt das betroffene Individuum eben-
falls sofort durch Verletzung des sympathischen
Nervensystems. Drang das Geschoss nur in eine
dieser Körperhöhlen ein, so braucht es nicht sofort
zuBewusstlosigkeit zu kommen, wenn Herz, Bück-
grat und die grossen Blutgefässe intakt blieben.
Nach Wunden in derPräcordialgegend, ja nach dem
Stoss auf die präcordialeBegion, den die Entladung
einer nur mit Pulver geladenen Pistole bewirkt,
kann unter Umständen jede freiwillige Handlung
unmöglich sein. Der Anprall einer Kugel an den
Schädel kann BewussÜosigkeit erzeugen, besonders
wenn direktes Auftreffen stattfand. Bei Zerstörung
eines oder mehrerer Glieder muss es eben sowenig
zu sofortiger BewussÜosigkeit kommen, wie bei
Wunden durch die unteren Theile des Herzens.
Eine kleine Kugel im vorderen Theile des Gehirns
hindert einen Selbstmörder nicht, sich eine zweite
Kugel beizubringen. Je grösser das Geschoss ist,
je bedeutender seine (Geschwindigkeit ist, um so
wahrscheinlicher erzeugt es Bewusstlosigkeit ; Hirn-
verletzungen durch Kugeln von massiger Grösse
und geringer Geschwindigkeit sind unter Umstän-
den nur von temporärem Bewusstseinsverlust be-
gleitet Mensdien, die im Zustande grosser En
regung eine sehr schwere Verletzung erlitten, haben
davon Minuten lang nichts bemerkt.
Georg II her g (Sonnenstein).
356. üntersaohongen über die Veronreini-
gang der Gmndwasaerbnumen von unten her;
von Prof. E. P f u h 1. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektions-
krankh. XXL 1. p. 1. 1895.)
Entnimmt man bei der Anlage eines Brunnens
das Wasser erst unterhalb einer undurchlässigen
Schicht, so ist man vor einer Verunreinigung von
unten her geschützt. Vielfach fehlt aber eine solche
undurchlässige Schicht, so liegt bei Strassburg über
dem stark durchlässigen GbröU eine alluviale Sand-
schicht von nur 0.2 — 2 m Dicke, die das imGerQU
befindliche Grundwasser daher nicht vor Verun-
reinigung bewahren kann. Haben die Brunnen
wasserdichte Wandungen und lassen das Wasser
erst aus den tieferen bakterienfreien Schichten des
Grundwassers zutreten, so erscheint in der Regel
der Schutz vor Infektionsgefahr als ausreichend,
bei stärkerer Wasserentnahme senkt sich aber das
Grundwasser, wird also auch aus den oberen Schich-
ten angesogen. Auch Bakterien können auf diese
Weise aus den oberen Bodenschichten angesogen
werden und von unten her in den Boden eintreteni
wie Pf. durch Laboratoriumversuche mit Prodi-
giosus feststellte. Diese Verhältnisse gelten natür-
lich nur für den stark durchlässigen Oeröllboden^
nicht für besser filtrirende Bodenarten ; in ersteren
sind die Brunnen so tief einzusenken, dass auch
beim stärksten Pumpen von oben her kein bak-
terienhaltiges Wasser mehr angesogen wird, oder
noch besser, an solchen Stellen anzulegen, wo
die oberste Grundwasserschicht überhaupt nicht
mit Bakterien verunreinigt wird.
Woltemas (Diepholz).
357. Die WaMerversorgnng und die Be-
Beitigtizig der Abwässer grOMorer Kranken«
anstalten unter besonderer Berüokaiohtignng
der Irrenanstalten; von Dr. Pollitz in Brieg.
(Vjhrschr. f. gerichtL Med. X. SuppL-Heft p. 103.
1895; XI. 1. p. 147. 1896.)
In seiner sehr ausführlich gehaltenen Arbeit
führt P. aus, dass die Wasserversorgung am bestea
durch eine sorgfUtig angelegte Grundwasserleitong
geschieht. Im Nothfalle kann auch flltrirtes Ober-
fi&ohen Wasser gestattet werden, das aber fortgesetzt
bakteriologisch zu oontroliren ist Pro Kopf und
Tag sind in einer Krankenanstalt 500 Liter xu
rechnen.
Für die Beseitigung der Abwässer werden
Gruben- und Tonnensysteme verworfen und in
erster Linie Kanalisation mit Anlage von Riesel-
feldem empfohlen. Wo letztere nicht angelegt
werden können, sind die Methoden der künstlichoa
Reinigung der Abwftsser heranzuziehen.
Woltemas (Diepholz)« .
IX. Hygieine und Staatsarzneikunde.
183
358. üeber Mag^rmilohbrod und seine
▲nnnitiiuig im memohliohen Darm; von Dr.
phiL H. Rehsteiner und Dr. med. W. Spirig
in St Gallen. (Schweizer Corr.-Bl. XXV. 22. 1 895.)
Die Busse Magermilch^ die bei der Butterberei-
tong übrig bleibt, wird theils zu Magerkftse ver-
arbeitet, theils an Schweine verfüttert Um den
grossen Nfihrwerth, den sie besitzt, firmeren Men-
ttfaen zu Oute kommen zu lassen, hat man in
St Oallen diese Magermilch statt des Wassers zur
Brotbereitung verwandt und R u. S. haben durch
BorgiUtige Versuche festgestellt^ dass dieses sehr
wohlschmeckende „Magermilohbrod^' vom Darme
T(Mrzfiglich ausgenutzt wird. D i p p e.
359. Ueber die Verdaoliohkeit dee Kefirs ;
von Dr. R i c h a r d M a y. (Annalen d. stfidt. allg.
£rankenh&u8er zu München. München 1895. J. F.
Lehmann, p. 170.)
Der Versuch wurde an einem 26jähr. Nieren-
kranken ausgeführt und ergab, dass Eefir in der
That kieht verdaulich ist, leichter augenscheinlich
als Milch. Dippe.
360. The inflaenoe of thebioyole inhealth
•ad in disease; by öraeme M. Uammond.
(New York med. Kecord XLVIL 5. p. 129. 1895.)
Bei langjährigen Radfahrern fand H. gute
Mnskelausbildung, ungewöhnliche Ausdehnungs-
ilhigkeit des Brustkorbes und leichte Herzver-
grOssemng. Letztere hält er für einen sehr er-
wünschten Zustand und träumt von einer Zukunft
besserer EOrperentwickelung, in der alle Herzen
grtsaer sind und die jetzt als normal geltenden
für degenerirt angesehen werden. Bei professio-
nellen Radfahrern dagegen, die sich übermässige
Anstrengungen aufeiiegten, fand sich häufig ver-
minderte Ausdehnungsfähigkeit der Lunge; der-
artige Anstrengungen, besonders die Wettftihrten
ftuf weite Entfernungen, sind zu verwerfen, da sie
Moht zu Herzdegeneration führen. Bei Krank-
lieiten ist vorsichtiges Radfahren oft von Vortheil,
selbst bei leichten Herzfehlem, dann bei manchen
Nervenkrankheiten, bei Oicht und Verdauungs-
stOnmgen, auch zwei Diabetiker wurden günstig
bednflusst Woltemas (Diepholz).
361. Die Gtowerbekrankheiten der Nase
und Hundraohenhöhle ; von Seifert (Elin.
Voitr. a. d. Oebiete d. OtoL u. Phar.-RhinoL, herausg.
Ton Hang 1895.)
unter den gewerblichen Erkrankungen gebührt
den«i der Nase und der Mundrachenh5hle keine
geringe Wichtigkeit, weshalb S. in erschöpfender
Veise eine Zusammenstellung der in den verschie-
AsDsten gewerblichen Betrieben auftretenden Qe-
foadheitschädigungen giebt Indifferent gegen das
lobende Qewebe verhält sich Qraphitstaub , der
fitaob bei Zwimfabrikation, sowie Erappwurzel-,
iCichorienwurzel- und Mehlstaub; letztere Ansicht
Iteht im Gegensätze zu Beobachtungen Schech's
und Moldenhauer's. In geringerem Orade
reizend wirkt der animalische, vegetabilische und
mineralische Staub. Weiter folgen die in jeder
einigermaassen erheblichen Menge verletzenden
Staubarten, bei denen zuerst organischer, dann
anorganischer Staub abgehandelt wird. Besonders
untersucht sind die Arbeiter in Cementfabriken,
bei denen nach früheren Untersuchungen häufig
Bhinolithiasis und Perforation des Septum cartilag.
nachgewiesen war. S. konnte dies nicht bestätigen ;
mOglich, dass die vortrefflichen hygieinischen Vor-
schriften gewisser Fabriken dieses widersprechende
Resultat erklären.
Weiterhin folgt in der Besprechung der durch
Einathmung oder Verschlucken chemisch wirkende
Staub, vor Allem Blei- und Tabakstaub fallen unter
diese Kategorie. An nächster Stelle werden die
Gesundheitschädigungen durch Einathmung gas-
förmiger Produkte abgehandelt ; hier erfahren die
Störungen, die durch die Dämpfe der Salzsäure,
schwefligen Säure, des Phosphors, Arsens und
Quecksilbers veranlasst werden, eine ausführliche
Darstellung. Eine Aufzählung der übrigen inter-
essanten und wichtigen Thatsachen, die S. anführt,
würde das Referat ungebührlich anschwellen lassen,
für die Einzelheiten sei daher auf die Lektüre des
kleinen 36 Seiten starken Heftchens verwiesen.
Ein Literaturverzeichniss von 118 Nummern ist
der Abhandlung angefügt, jedoch finden sich im
Texte nirgends Hinweise darauf.
Friedrich (Leipzig).
362. Welchen witsensohaftllohen Wertli
haben dieBesoltate derKohlenaänre-MeBenn»
gen naoh der Kethode von Dr. H. WolpertP
von E. Qillert (Ztschr. f. Hyg. u. Infektions-*
krankh. XXL 2. p. 282. 1895.)
0. hat in Berliner Gtomeindeschulen längere Zeit
CO^'Messtmgm mit dem Luftprüfer von H. Wol-
pert vorgenommen und führt uns die Nachtheile,
die sich theils auf die Construktion des Apparates,
theils auf die LuftprüfungslOsung erstrecken, vor
Augen, Nachtheile, durch welche die Resultate an
ihrem wissenschaftlichen WertheEinbusse erleiden.
Vorausgesetzt, dass der Apparat tadellos funktionirt
und die VersuohslOsung gut ist, wird der Apparat
nur gute Dienste leisten, wenn es darauf ankommt,
dass der augenblickliche GOs-Qehalt eines Ver-
sammlungraumes rasch ermittelt werden soll und
wenn man dabei von einer wissenschaftlichen Ge-
nauigkeit absieht F i c k e r (Breslau).
363. Witterung und Krankheit; von Dr.
F. Jessen. (Ztschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.
XXI. 2. p. 287. 1895.)
Bekanntlich hat ein Einblick in die Beziehimgen
zwischen Erankhdten und Witterungsverhältnissen
bisher deswegen nur äusserst mangelhaft stattfinden
können, weil sowohl die meteorologischen Daten
nicht zweckmässig registrirt wurden, als auch weil
eine genauere Statistik über die einzelnen Krank-
isl
BC. Hygieine und Siaatsarzneikiinde.
heiten nur selten Torhanden und brauchbar war. Die
älteren Arbeiten haben daher nur einen geringen
Werth, zumal sie den Einfluss der Witterung zu
überschätzen pflegten und die Schwankungen gern
ausnutzten, um ursächliche Verbindungen mit ge-
wissen Krankheiten herzustellen. Und bis in die
letzte Zeit hat es nicht an Forschem gefehlt, die
dem Wetter den Haupteinfluss auf die Entstehung
von Krankheiten zuschreiben (M a g e 1 s s e n). Wie
wenig begründet diese Anschauung ist, erhellt aus
der Jessen 'sehen Arbeit. J. hat für Hamburg,
das über eine vorzQgliche Medicinalstatistik und
genaue meteorologische Daten verfügt, im Ocmxen
für 14 Jahre das Auftreten von Masern-, Oraup- und
Diphtherie-, Typhus-, Cholerine-MorbidaätundPneU"
monie-, Phthise- und KinderdurchfaU-MortaUtäi
neben dem Verlaufe der monatlichen Mittel von
Windrichtung, Windstärke, Temperaiur und SäUi-
gungsdeficit (das ja nach Flügge weit besser die
verdunstende Kraft der Luft kennzeichnet als die
relative Feuchtigkeit), sowie der monatlichen Summe
der Niederschläge übersichtlich aufgezeichnet
Die Curve der Mortalitäi an akuten Entzündungen
der Äthmungsorgane zeigt regelmässig das Minimum
im Spätsommer und Herbst, dann steigt die Curve,
die 5mal im Mai, 4mal im April, 3mal im März
und je 1 mal im Januar und Juni ihr Maximum findet.
Starke Winde scheinen keinen wesentlichen Einfluss
zu haben, dagegen scheint die Windrichtung von
Bedeutung, indem meistens zur Zeit des Maximum
Ostliche, bez. nördliche Winde, zur Zeit des Mini-
mum westliche Winde herrschen. In der warmen
Jahreszeit liegen immer die Abfälle der Mortalität,
doch entspricht das Minimum nicht der absolut
höchsten Jahrestemperatur. Besonders grosse Mor-
talitätshöhen im Frühjahre finden sich stets nicht
nur mit absolut kalten, sondern auch mit relativ,
kühlen Temperaturen zusammen. Der Einfluss der
Niederschlagmengen und der Luftfeuchtigkeit ist
nur ein geringer, da vereinzelt direkt entgegen-
gesetzte Verhältnisse vorliegen.
Parallel mit der Mortalitätcurve der akuten Ent-
zündungen der Äthmungsorgane läuft die HUhisis-
tnortalität. Auch hier glaubt J., dass die Tempe-
ratur der Luft von Einfluss sei, ebenso die Richtung
der Winde und bis zu einem gewissen Orade die
Feuchtigkeit der Luft und des Bodens, insofern die
Mortalität um so niedriger liegt, je feuchter es ist
Die Curven der Kindersterblichkeit anDurehfaU
und Brechdurchfall und der Cholerineerkrankung
laufen parallel. Das Maximum liegt stets in den
Monaten Juli, August, September, also in der heissen
Jahreszeit. Auch wenn, was vereinzelt vorkommt,
die Frühjahrsmonate Steigerungen über die Mittel-
werthe zeigen, ist die Temperatur relativ warm,
d. h. liegt über dem Monatsmittel. DasSättigungs-
deficit der Luft ist stets zur Zeit der Maxima sehr
hoch. Für die Cholera lässt J. höchstens einen be-
dingten Einfluss der Temperatur zu, die anderen
Faktoren sind ohne Bedeutung.
Der Typhus trat in Hamburg vorherrschend in
der kalten Jahreszeit auf, nur 2mal lag das Maxi-
mum im August, der in diesen Jahren relativ kühl
war. Das Minimum vertheilte sich gleiohmässig
auf die Monate Mai bis Juni, bez. März bis ApriL
Oroup und Diphtherie kommen in grossen Ziffern
wesentlich zur Zeit kalter, bez. kühler Temperatur
vor. Das Minimum trifft fast stets mit warmen
Temperaturen zusammen. Entgegengesetzt der
sonst herrschenden Ansicht, wo viel Regen, da viel
Diphtherie, war für Hamburg zu constatiren, dass
grosse Diphtheriezahlen mit wenig Regen vereint
waren. Fast constant treffen hohe Croup- und Diph-
theriezahlen mit niedrigem Sättigungsdeficit zu-
sammen.
Was schliesslich Masern anlangt, so fallen sie
in den untersuchten 14 Jahren 12mal in die kalte
Jahreszeit, nur 2mal finden sich grosse Zahlen in
den warmen Sommermonaten, deren Temperatur
dann aber auch unter dem Mittel lag. Das ^tü-
gungsdeficit war meistens niedrig, wenn reichlich
Masern vorhanden waren.
J. kommt zu dem Schlüsse, dass die Lufitempe^
ratur durchaus der wesentliche meteorologiache
Faktor ist Mit Recht weist er auch noch beson*
ders darauf hin, dass bei der ganzen Frage dodi
sehr eine indirekte Einwirkung, nämlich die des
„künstlichen KUmas*' in Betracht zu ziehen sei,
indem ja bei kaltem und regnerischem Wetter durch
das innige Zusammenleben der Menschen in den
Wohnungen ganz andere hygieinische Einflüsse
geschaffen werden. J. erwähnt schliesslich, dass
er auch angefangen habe, in einzelnen Monaten die
Tagesschwankungen der meteorologischen Faktoren
zu bestimmen. In der That wird man hiervon
interessante hygieinische Beziehungen zu erwart^i
haben, Flügge weist schon darauf hin, daas die
Monatsschwankungen für uns nur von sehr ge-
ringem Interesse sind, und dass weit wichtiger die
Veränderlichkeit z. B. der Temperatur im Laufe
des Tages und die Veränderlichkeit von Tag zu Tag
erscheinen. Es sei dem Ref. gestattet, nochmals
darauf hinzuweisen, wie auch hier wieder in der
evidentesten Weise der Einfluss der Temperatur
auf die Kindersterblichkeit an Durchfall sich geltend
macht, indem in den heissen Monaten die üfortalität
rapid ansteigt. Eine gewisse Höhe der Lufttempe-
ratur ist also Bedingung für das Umsichgreifen
dieser Krankheit, aber andererseits ist klar, dass
bestimmte Lebensgewohnheiten ihre Verbreitung
befördern. Bedenken wir, welchen Segen eine ver-
nünftige Behandlung der Milch mit sich bringt, 86
ist es unverkennbar, dass diese Krankhmtwesentlicli
durch abnorme, in Folge Temperaturerhöhung her-
beigeführte Veränderungen der Marktmilch, hervor^
gerufen wird. Die praktische Hygieine weiss diesem
Uebelstande aus dem Wege zu gehen und so wird
trotz Qleichbleibens der Witterung jene Hebung der
Curve ausgeglichen werden kOnnen.
Fi ck er (Breslau).
B 0 e t h e r , Bericht fiber den Typhus.
185
B. Oi%malabhandlimgen
und
Uebersichten.
IV. Bericht aber den Typhus.^)
Von Dr. Otto Roether in Offenbach a« M.
/. Epidemiologie und Äetiologie.
1) V i r c h 0 w , R, Ueber die Eraeugung von Typhns
Q. anderen Darmafiektionen daroh RieselwSaser. BerL
klin. Wohnsohr. XXX. 7. 12. 1893.
2) Schuster, A., Die Abnahme des Tvphus in den
Münchener Kasernen. Arch. f. Hyg. XVII. p. 497. 1893.
8) Eisenlohr, Ludwig, u. L. Pfeiffer, Die
Typhufimorbidit&t in München während der Jahre 1888
bis 1892. Aroh. f. Hyg. XVII. p. 647. 1893.
4) Di Mattei, Eugenio, Das Trinkwasser der
Reitana u. der Typhus inCatania von 1887—1892. Arch.
f. Hyg. XX. 1. p. 78. 1894.
5) Manouvries, A., Conditions hygieniques de la
▼ilie de Valenciennee dans lenrs rapports aveo la fievre
typhoide. Bull, de l'Acad. de Med. 3. S. XXXI. 17.
p. 424. 1894.
6)6rouardel,P., L*6tiologie de la fievro typhoide
an Havre. Bull, de TAoad. de Med. 3. 8. XXXI. 16.
p. 376. 1894. — Ann. d'Hyg. publ. 3. S. XXXI. 5. p.427.
1894.
7) Aigre, D., Marche de la fievre typhoide ä Bou-
logoe-Bur-mer de 1873—1893. Ann. d'Hyg. publ. 3. 8.
XXXn. 2. p. 141. 1894.
8) D u b r u 1 le , A., La ievre typhoide dans la gami-
80D de Bourg. Arch. de Med. etc. milit.XXV.1.2. 1895.
9) Osler, William, Typhoid fever in Baltimore.
Johns Hopkins Hosp. Bep. IV. 1. p. 159. 1894.
10) G or e , A 1 b e r t A., Observationa on the preva-
heaee of typhoid fever in the garrisons of lower E!gypt
Lancet L 14. p. 790. 1893.
11) Ch ante messe, A., L'eau de rivieraetlafidvra
typhoide k Paris. Semaine med. XIV. 16. p. 122. 1894.
12) Lanoereaux, £tude comparative des epide-
mifis d^ fievre typhoide observees dans Paris depuia
r'aonee 1876. Gaz. des HÖp. LXVII. 55. p. 506. 1894. —
Bull, de r Acad. de Med. 3. 8. XXXI. 19. 1894.
13) Buoquoy, Sur l'origine de Tepid^mie de fievre
typhoide des villes de Paris et de Bens, en fevrier 1894»
BoU. de TAoad. de Med. 3. 8. XXXI. 10. 11. 18. 1894.
14) Dujardin - Beaumetz, Sur Tepidemie de
fievre typhoide. Bull, de r Acad. de Med. 3. 8. XXXL
12. p. 289. 1894.
15) Senard, Lepidemie de fievre typhoide de Mau*
beoge en 1893—1894 (origine hydrique). Arch. de Med.
et de Pharoa. mil. XXV. 4. p. 265. 1895.
16) Vincent et Leon Massol, Note sar une
epidemie de fievre typhoide dae k Teau potable. Revue
mad. de la Suisse rom. XIV. 11. p. 597. 1894.
17) Bre wster, J. D., The reoent typhoid epidemio
at Windsor, Vt New York med. Becord XLVL 21.
p. 647. 1894.
18) Ray, C. A., Epidemie of typhoid fever. New
Y<»^k med. Beoord XLVII. 20. p. 615. 1895.
19) Maupetit, £., Epidemie typhoiide de maison.
Arch. de Med. et de Pharm, mil. XXVI. 8. p. 109. 1$95.
*) Vgl. Jahrbb. CCXLIV. p. 73.
:Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
20) Reden , H., üne epidemie de fievre typhoide k
Tlemcen en 1893. Arch. de Med. et de Pharm, mil. XXIV.
7. p. 1. 1894.
21) Heuyer, L., ]i)pidemie de fievre typhoide de
Bei- Abbes en 1893. Arcdi. de M6d. et de Pharm. mÜ.
XXIV. 9. p. ia5. 1894.
22) P o c h e , J., üne epidemie de fievre typhoide due
aux emanations d'egouts engorges. Arch. de Med. et de
Pharm, mil. XXIV. 10. p. 301. 1894.
23) Reich, Eine ünterieibstyphusepidemie in Folge
des Genusses ungekochter Molkereimilch. Berl. klin,
Wchnschr. XXXL 30. p. 702. 1894.
24) K a t z e n b a c h , W. H., An epidemie of typhoid
fever at Bayhead, N. J., from direot infection of a milk-
suppley. New York med. Rec<M:d XLVH. 6. p. 165. 1895.
25) Broadbent, Sir William, A note on the
transmission of the infection of typhoid fever by oysters.
Brit med. Journ. Jan. 12. 1895. p. 61.
26) Lavis, Johnston, De la part des huitres et
autres mollusques dans le developpement de certainea
gastro-enterites et specialement de la fievre typhoide,
Lyon med. LXXIX. 33. p. 525. 1895.
27) Oysters and typhoid fever. Lancet I. 5. p. 307«
1895.
28)£ade, Sir Peter, Typhoid fever and oyster«
and other molluaca. Brit. med. Journ. Jan. 19. 1895«
p. 121.
29) 0 0 n n , H. W., The „oyster epidemie*^ of lyphoid
fever at Wesleyan university. New York med. Kecord
XLVI. 24. p. 743. 1894.
30) Anderson, A. M., The period of inoubation iJi
typhoid, with notes of two casea under antiseptic treatment»
Glasgow med. Journ. XLII. 5. p. 322. 1894.
a) AUgemeinea,
In einem Vortrage in der Berliner medioinisohen
Gesellsohaft vertheidigt Yirchow (1) die Riesel'»
felder gegen den Vorwurf, daaa sie zur Verbreitung
des Typhus Veranlassung geben sollten. Ueber-
triebene Gerüchte von zahlreichen Erkrankungen
im Gebiete der Rieselfelder veranlassten ihn, fest-
zustellen, dass im Herbst 1891 7 TyphusfUle bei
Personen gemeldet worden sind, die auf einem be«
stimmten Abschnitte der nördlichen Rieselfelder
beschäftigt waren und angeblich vor kCirzerer oder
längerer Zeit Bieselwasser getrunken hatten. Dia
Leute waren jedoch nur vorfibergehend auf den
Rieaelgfitem beschäftigt gewesen und wohnten iu
verschiedenen Dörfern des nordwestlicben Um«
kreises von Berlin, in dem damala Typhus ziemlich
häufig war. Das einzige Vorkommen von Typhua
im Gebiete der Rieselfeider war eine kleine Haus-
epidemie, die auf einen durch Tagwässer verun««
24 H
186
E 0 e t h e r , Bericht über den Typhus.
reinigten Brunnen zurückgeführt wurde. Die Aus-
führungen V.'s gipfeln in der Versicherung, dass
die Berieselung bei sorgfältiger Ueberwachung
durchaus unge^rlich sei. Die Möglichkeit, daea
einmal Typhusbacillen in geringer Menge im Drain-
-wasser lebensfähig bleiben könnten, giebt V. im
Schlussworte zu, aber deswegen müsse dieses
Wasser noch nicht unbedingt krankmachend wir-
ken. Zweifellos sei eine gewisse Menge der ein-
geführten Bacillen nöthig, um die Krankheit zu er-
zeugen, und es müsse Aufgabe der Forschung sein,
dieser Frage durch Thierversuche näher zu treten.
Die Arbeit des Oberstabsarztes Schuster (2)
über die Abnahme des Typhus in der Münehener
Garnison bildet eine Fortsetzung der Veröffent-
lichungen des Generalarztes Port über denselben
Gegenstand und behandelt hauptsachlich das letzte
Jahrzehnt 1881 — 1891, das den beiden vorauf-
gegangenen Jahrzehnten gogenübergestellt wird. Es
ergiebt sich daraus, dass die seit dem Jahre 1880
bemerkbare, bedeutende Veiminderung der Er-
krankung- und Sterblichkeitziffer nicht nur Stand
gehalten, sondern noch weiterhin fortgeschritten ist,
so dass der Typhus in den Kasernen jetzt geradezu
eine Seltenheit genannt werden kann. Im Durch-
schnitte starben jährlich von 1000 Mann der Ist-
stärke:
1851—1860 11.1
1861—18701 Kiiegaijahre 5.67
1871— 1880 (Dicht gerechnet 4.66
1881—1890 0.198
■
Die Typhussterblichkeit beträgt somit im letzten
Jahrzehnt nur ^/^ von der des vorhergehenden und
gar nur Vm J^J^ör von 1851 — 1860, d. h. sie ist
um 95.75, bez. 98.22^/o geringer geworden. Ob-
wohl auch unter der bürgerlichen Bevölkerung der
Typhus seltener geworden ist, haben doch die
Kasernen eine raschere Besserung zu verzeichnen,
denn die Verminderung der Todesfälle an Typhus
ist beim Militär im letzten Jahrzehnt 5mal so gross
wie bei den bürgerlichen Einwohnern. Dagegen
scheint die Schwere der Erkrankung bei den Sol-
daten im Allgemeinen noch immer eine grössere
zu sein als bei der Civilbevölkerung ; während
das Militär in den 50er Jahren eine 6.7, in den
70er Jahren 4.5mal höhere Sterblichkeitziffer hatte
als die Personen des Civilstandes, beträgt jetzt die
Mortalität der Garnison noch immer rund das
1 i/sfache der für die Stadt geltenden Zahlen. Der
Grund hierfür ist durch die bisherigen Unter-
suchungen nicht aufgedeckt worden.
In ätiologischer Hinsicht wichtig ist die fflr
München durch v. Pettenkofer's Arbeiten schon
längst festgestellte Thatsache, dass diese gewaltige
Besserung der Gesundheitsverhältnisse in der Garni-
son vom Trinkwasser durchaus unabhängig ist;
waren doch die Kasernen schon längst mit tadel-
freiem Quell wasser versorgt, als sie noch fast all-
jährlich der Schauplatz schwerer Typhusepidemien
waren. Es scheint vielmehr ausser Zweifel, dass
die Assanirung des Bodens durch die grossen sani-
tären Neugestaltungen, unter denen die Einrichtung
des allgemeinen Schlachthauses im Jahre 1878 die
letzte und einadmeidendste gewesen ist, diesen
glücklichen Umschwung hervorgebracht hat
Mit derselben Genugthuung weisen Eisen-
lohr und Pfeiffer (3) in ihrer Studie über die
Tiffhusnunhidüäi in München während der Jahn
1888—1892 auf die glänzenden Erfolge der in
letzter Zeit durchgeführten Assanirungsmaassregehi
hin. Es starben in diesem Zeiträume im Mittel jähr-
lich nur 25 Leute an Typhus, im Jahre 1892 gar
nur 11, wobei sich die Untersuchung E. und Pf. 's
auf die von fast allen Aerzten Münchens gehand-
habte Krankheitsmeidung stützt Es zeigt sich, dass
die Häufigkeit des Typhus nicht nur im Verfafiltniss
zu der (stark gewachsenen) Einwohnerzahl, sondern
auch absolut abgenommen hat Es wurden im Mittel
jährlich 166 Typhusfälle gemeldet, das macht auf
1000 Einw. 0.53 Erkrankungen und 0.08 Todes-
fälle an Typhus, während im gleichen Zeiträume
Berlin 0.12 und Danzig 0.19 Typhustodesfftlle auf
1000 Einw. aufweist Von Interesse ist, dass die
früher so festen Beziehungen zwischen Qrund-
wasserstand und Typhus in diesem letzten Zeit-
räume sowohl bezüglich der jährlichen, wie der
monatlichen Typhusbewegung nicht mehr nach-
weisbar sind. Ebenso beachtenswerth ist der Um-
stand, dass das Maximum der TyphusfftUe gegen
früher eine Verschiebung erlitten hat; es fällt jetzt
im Mittel auf Juni bisOctober, während früher der
Höhepunkt der Typhusbewegung mit verschwin-
denden Ausnahmen stets in die Wintermonate fiel
In den älteren Bezirken sind die Erkrankungen an
Typhus h&ufiger als in den neueren, doch ver-
theilen sich die Fälle ziemlich gleichmässig, mit
Ausnahme einiger Anstalten, von denen z. B. das
Krankenhaus 1. Isar in 6 Jahren 33 eigene Fälle
gehabt hat E. und P f. vertreten die Ansidit, dass
diese im Krankenhause erworbenen Erkrankungen
nicht auf Contagion zurückzuführen, sondern dem
noch immer nicht völlig gereinigten Untergrund
dieser Anstalt (frühere Yersitzgruben u. s. w.) zur
I^ast zu legen seien. Es spreche hierfür die That-
sache, dass besonders die weibliche Abtheilung vom
Typhus heimgesucht wird, wo doch gewiss nicht
schlechter desinficirt werde als in der Männerseite.
Was die Beziehungen zum Trinkwasser anlangt,
so haben von den 665 Häusern mit zusammen
831 TyphusfäUen 70®/« ausschliesslich das vor-
zügliche Wasser der Hochquellleitung, die Mehr-
zahl der übrigen ist mit der ebenfalls tadeUreien
Hofbrunnenleitung versehen, und nur 3.7®/g der
Häuser haben Brunnen. Das Wasser kommt dem-
nach bei den fraglichen Erkrankungen kaum in Be-'
tracht ; es bleibt also nur übrig, die Verminderung
des Typhus auf die Besserung der Bodenverhält-
nisse durch Einführung der Kanalisation nnd Auf-
hebung der Schlachtstellen im Jahre 1878 zurück-
zufahren. Die letzgenannte Maassregel äussert
B 0 e t h e r ) Bericht über den Typhus
187
ihren Einfluss in einem seit 1880 bemerkbaren,
sehr jähen ^Abfall der Typhush&ufigkeit. In
Berlin und Danzig hat dieser Abfall schon früher
begonnen, doch ist er nicht so betrfichtlich wie in
München.
Aehnliche Erfahrungen wie München vor Ein*
fQhning seiner Kanalisation machte OcUania (Sici-
Hen). Di Mattei (4) theilt ausführliche unter*
snchungen über die Typhusbewegung daselbst in
den Jahren 1887 — 1892 mit, die namentlich durch
den Vergleich mit den Verhältnissen der vorauf*
gehenden 20 Jahre (vgl. Jahrbb. CCXXXVII. p. 192)
werth voll sind. Wie jene Ruberen Untersuchungen
xeigten, istCatania eine Typhusstadt ersten Ranges^
wofür einerseits der durch Versitzgruben völlig
durchseuchte Boden, andererseits das aus mangel-
haften Leitungen' und schlechten Brunnen stam-
mende Trinkwasser verantwortlich gemacht wurden.
Im Jahre 1887 erfuhren nun die Trinkwasser-
Torhältnisse eine einschneidende Besserung, indem
die Stadt aus Anlass der drohenden Cholera durch
einen reichen Mitbürger mit einer schleimigst auf-
geführten VOTzüglichen Wasserleitung (Grundwasser
aus einem am Abhänge des Aetna fliessenden unter-
irdischen Strome) beschenkt wurde. Dieses Wasser
verdrängte zwar die übrigen Wasserquellen nicht so-
fort, wurde jedodi mehr und mehr ausschliesslich be-
nutzt; die Hoffnung, dass nunmehr eine Verminde-
rung des Typhus eintreten würde, hat sich aber nach
Di M.'8 Forschungen nicht erfüllt Die Sterblich-
keitziffer an Typhus zeigt allerdings bis 1890 eine
fortschreitende Abnahme, doch hat diese Verminde-
rung schon vor 1887 begonnen und wird durch
die Mitte der 80er Jahre ausgeführten Besserungs«*
arbeiten (neuer Schlachthof, Einreissen alter enger
Stadtheile, Anlage neuer Strassen) hinlänglich er*
klijrt. Dazu kommt, dass sich die Sterbeziffer seit
1890 wieder in aufsteigender Richtung bewegt,
obwohl seitdem das neue Wasser noch weitere Ver-
breitung gefunden hat Es hat demnach durchaus
den Anschein, als ob die Einführung des neuen
vorzflglichen Wassers an der Typhussterblichkeit
sporlos vorübergegangen sei. In der That ergeben
sich in dem 6jährigen Zeiträume dieselben Be-
aiehnngen zwischen den meteorologischen Bedin-
gungen und dem Typhus wie in den voraufgehen-
den 20 Jahren : Steigen der Typhushäufigkeit mit
Sinken des Orund Wasserstandes, der seinerseits
unmittelbar von den gefallenen Regenmengen ab-
hängig ist ; Maximum der Sterblichkeit im August,
Hinimum im Februar. Die Typhusfälle des Kranken-
hauses spiegeln auch jetzt getreu den Qang der
Seuche in der Stadt wieder, und es lässt sich weder
in der Krankheit-, noch in der Starblichkeitziffer
eine Abnahme gegen früher erkennen. Nach alle^
dem bleibt nur übrig, die Ursache des Typhus in
Catania in der Verseuchung des Bodens zu suchen.
Auch aus F^ankreieh, wo man in letzter Zeit
den Typhus fast ausschliesslich durch Besserung
der Wasserv^hältnisse bekämpfen zu dünnen
glaubte, liegen Berichte vor, die die Bedeutung der
Bodenreinigung durch geeignete Eanalisirung wie-
der mehr in den Vordergrund treten lassen. Sehr
lehrreich ist in. dieser Hinsicht die Arbeit von
Manouvriez (5) über die hygieinischen Ver-p
hältnisse von Vakneiennes. Sie umfasst einen
Zeitraum von 30 Jahren, der in 3 gleiche A1>
schnitte zerfällt
Der erste hegt vor Einfuhnmg der WasserleituDg,
der zweite reicht bis zur gründliohen Verbesserang der
Kanalisation, der dritte umgreift die letzten 10 Jahre.
Vor Einführong der Wasserleitung hatte Valenciennes
eine durchischmttliohe Typhussterblichkeit von 12 auf
10000 Einwohner, die sich in manchen Jahren bis zu 21
Und 32 auf 10000 erhob. Die Einfähning der Wasser-
leitung ermässigte die Durchschnittsterblichkeit auf 9.17.
Aber nur */» der Bevölkerung hatte an dieser Verbesse-
rung Theil', der Best trank das verunreinigte Brunnen-
wasser weiter und der Untergrund blieb nach wie vor
durch unzweckmfissige Kanäle, deren Wasserstand sich
oft über die Kellersohle erhob, verunreinigt Vom Zu-
stand der Siele giebt die Thatsache einen Begriff, dass
darin bei Ausbesserungsarbeiten unter Anderem die Leiche
eines Neugeborenen gefunden wurde, welche mindestens
14 Monate daselbst gelegen haben musste. Nachdem ein
geregeltes Kanalnetz angelegt und der Wasserstand des
Hauptsieles erniedrigt war, sank die Typhussterblichkeit
auf 2.9 : 10000 Einwohner, wodurch Valenciennes auf der
bekannten liste von Brouardel unter den 200 Städten
an die 44. Stelle emporgerückt ist
Im Anschluss an einen Vortrag von Brouar-
del (6) beschäftigte sich die Acad6mie de Möd.
im April 1894 mit den hygieinischen Verhältnissen
in Hävre, besonders hinsichtlich des Unterleibs-
typhus. Hftvre steht auf der Brouardel 'sehen
Liste an einer der letzten Stellen: die Stadt
verzeichnet im Durchschnitt von 1886 — 1891
1077 TodesfiOle an Typhus (— 16 auf 1000
Einwohner). Br. sucht die Ursachen der Typhus-
endemie einmal in dem stark verunreinigten Unter-
grund (mangelhaftes Eanalnetz, schlechte Ab-
trittgruben, theilweise sumpfiger Boden), beschul-
digt aber auch die Wasserleitung, zur Verbreitung
des Typhus beizutragen. Besonders eine Quelle,
in deren Ursprunggebiet das Land mit Gruben-
inhalt aus der Stadt (der also doch wahrscheinlich
Typhuskeime enthalte) reichlich gedüngt wird,
hält er fQr sehr verdächtig und verlangt, dass für
die Quellen ein dungfreies Schutzgebiet festgelegt
werde. Allerdings sind die vorgebrachten That-
sachen nicht sehr beweisend; die Typhuskeime
würden, nach der Morbiditätscurve zu schliessen,
5 Monate gebrauchen, um von den Aeckem in die
Wasserleitung zu gelangen. Die Anschauungen von
B r. wurden deshalb auch in der Diskussion von
Oibert aus Hävre heftig bekämpft Dieser hält
die Wasserleitung für ausgezeichnet und macht die
Verunreinigung des Bodens allein für die Ent-
wickelung des Typhus verantwortlich. Zum Be-
weise führt er an, dass diejenigen Stadttheile, die
auf dem von Ebbe und Fluth durohwaschenen
Eiesboden liegen, bedeutend weniger vom Typhus
heimgesucht seien, als die auf sumpfigem Thon-
boden liegenden Quartiere, eine Aufstellung, die
188
R 0 e t h e r , Bericht über den Typhus.
wieder ron firouardel bestritten wird. Auf
Einzelheiten des Redekampfes einzugehen, ist
zwecklos, da allem Anscheine nach sowohl das
Wasser wie der Untergrund von.Hävre verbesse*
rungsbedtbrftig sind.
Im Oegensatz zu Catania sah Boulogne s. M.,
wie aus der Studie von Aigre (7) hervorgeht, von
der Einführung einer besseren Wasserleitung eine
nicht unbetrftchtliche Verminderung des Unter-
leibstyphus.
In Boulogne wurde 1883 die durchaus unzureichende
WassenrersorguDg, die nur 24 Liter pro Tag und Kopfzahl
lieferte, durch eine neue, reichliche Mengen Wasser
gebende Quellleitung ersetzt (169 Liter auf den Kopf).
Die SterbUohkeit an Typhus, die im Durchschnitt von
1873—1883 bei einer Bevölkerung von 45000 jährlich
22 betrug, ging bei gleichbleibender Einwohnerzabi
1883—1893 auf 16, also etwa um ein Drittel herab. A.
schreibt diesen Erfolg einzig der Besserung der Wasser-
versorgung zu, da die Kanahsation seit 1883 zwar eine
gewisse l^eitening, aber keine wesentliche Verbesse-
rung erfahren habe. Die Verminderungdee Typhus er-
scheint um so auffallender, als das neue Wasser durchaus
nicht allen Anforderungen an Reinheit genügt; so ergab
eine 1893 vorgenommene Untersuchung die Oegenwart
von Bacterium coli, als dessen Ui-sprung ein in der Nähe
der Quelle liegender Gutshof angegeben wurde. Dass
trotz des mit Ck)libacillen verunreinigten Wassers die
Typhussterblicbkeit (und nach mündlicnen Mittheilungen
der Aerzte auch die ErkrankungszifFer) herabgegangen
ist, glaubt A. als Beweis ftir die Nicht-Identität des
Typhus- und des Colibacillus verwerthen zu können.
Aus der Studie von Dubrulle(8) über den
Typhus in der Garnison Baurg geht hervor, dass
der Infektionskeim daselbst fortwährend vorhanden
ist (Fussboden, Zwischendecken u. s. w.), wie die
ven Zeit zu Zeit vereinzelt auftretenden Tjphus-
fUle beweisen. Epidemische Ausbreitung, bez.
vermehrte Zahl von Typhuskranken kommt ge-
wöhnlich dann zur Beobachtung, wenn durch ge*
wisse äussere Umstände die Empfänglichkeit des
Individuum erhSht wird; D. rechnet dazu Hitze
und üeberanstrengung (bei den sommerlichen
üebungen), UeberfQllung der Kasemenräume, Heim-
weh und Aenderung der Lebensffihrung (bei den
neu eingestellten Rekruten). Bei einer Epidemie
im Jahre 1888 war nachgewiesenermaassen das
Trinkwasser verunreinigt, doch glaubt D. nach dem
Gange der Epidemie das Wasser als Infektions-
träger dabei ausschliessen zu können, wie denn
auch der Typhusbacillus nicht darin nachgewiesen
wurde. D. nimmt vielmehr an, dass durch das
schlechte, an Bakterien sehr reiche Trinkwasser
die Widerstandsfähigkeit vieler Menschen ge-
schwächt, also die Empfänglichkeit für den überall
lauernden Typhuskeim erhöht worden sei. Der
Umstand, dass auch nach Einführung tadeUreien
Wassers der Typhus zwar mit geringerer Häufig-
keit, aber im Allgettieineii noch in derselben Weise
wie früher auftritt, ist geeignet, die Anschauung
von D. zu unterstützen.
Aus der Arbeit von Osler (9) über den Typhus
in Baltimore heben wir folgende Punkte hervor :
In Baltimore starben 1888—1892 1146 Personen
an Unterleibstyphus, wobei die unter d^ Diagnose
„typho-malarial" geführten Fälle mit gerechnet
sind, weil nach Osler kein Grund besteht, diese
zwar etwas abnorm verlaufenden, jedoch von
Malaria nicht beeinflussten Fälle vom Typhus ab-
zutrennen. Nimmt man eine Sterblichkeit von
\2^f^ der Erkrankten an, so wären in den letzten
5 Jahren 13752 Personen an Typhus erkrankt;
das macht bei einer Bevölkerung von 450000 jähr-
lich 1 Typhuserkranknng auf 163 Einwohner und
eine Sterblichkeit von 5:10000. Das Typhus-
maximum iällt auf den Herbst, die Zeit der
grössten Trockenheit; Grundwasserbestimmungen
sind nicht ausgeführt worden. Die Ursachen für
die endemische Verbreitung des Typhus können
mannigfache sein. Die Quellgebiete der Wasser-
leitung sind nicht gegen Verunreinigung geschützt,
aber wichtiger ist wohl der fast gänzliche Mangel
an Kanalisation [!]. In sehr üblen hygieinischen
Verhältnissen befindet sich femer die MUchver-
Borgung ; die Milchgüter in dw Umgebung sollen
an Schmutz das Unglaublichste leisten. 0. ver-
langt Abhülfe für diese Uebelstände, vor Allem
baldige Einführung einer zweckentsprech^iden
Kanalisation und ärztliche Aufsicht über die Milch-
wirthschaft
Der Artikel von Gore (10) enthält eine Zu-
sammenstellung mehrerer Veröffentlichungen über
das Vorkommen des Tiffhius in den Oamisonen
Unteregtfptens, Die Hauptrolle in der Aetiologie
spielt doch wohl die meist ganz entsetzliche Ver-
unreinigung des Unteigrundes. Aber auch die
Trinkwasserverhältnisse sind wenig erquicklich.
So entnimmt die Alezandna-WaseerleiUmg ihr
Wasser einem Nilarm, in dem allein im Jahre 1888
472 menschliche Leichname gefunden wurden,
des anderen Unraths, den die Anwohner dem Fluss
in reichstem Maasse zufliessen lassen, ganz zu
geechweigen.
b) Ortsepidemien und deren Entstehung.
In Paris brach Ende Februar 1894 gans jdöts*
lieh eine Typhusepidemie aus, bei der die2jahl der
wegen Typhus in die Spitäler Auflgenommeaeii von
11 in den Vorwochen auf 237 in der letsta
Februarwoche anstieg. Diese Epidemie, die in
den Jahren 1876 und 1882 Vorläufer mit ganz
ähnlichem Charakter gehabt hat, verfehlte nicht,
lebhafte Erörterungen in der medieiniscihen Presse
und in der Aoad^mie de M6d. hervorzurufen, aus
denen wir nur die bedeutungsvollstein Thatsacheo
kurz anführen wollen.
Ghantemesse(ll) weist darauf hin, dass
er in früheren Jahren mehrmals die Vertheilung
von unflltrirtem Marne- Wasser als Ursache ver-
mehrter Typhus-Erkrankungen besdiuldigen , ja
einmal sogar den Ausbruch einer Typhusepidemie
aus der Bekanntgabe dieser Maassregel vorkorsagen
konnte. Auch die jetzige Epidemie sei nur dem
Umstände zuzuschieben, dass wegen Aasbesse*
Bo etiler, Bericht über den Typhus.
189
ningsarbeiten an der Quellleitung das Wasser aus
dem „Drain de Saint Maur** vertheilt worden sei,
dag als Quellwasser bezeichnet werde, in Wirklich-
keit aber ungereinigtes Mamewasser sei. Dieses
Wasser ist angeblich vom 10. bis 24. Februar in
Gebrauch gewesen ; die Zahl der Hospitalsugänge
an Typhus, die bis dahin 8—20 in der Woche be-
trug, erhob sich nach Ch. vom 18. bis 24. Februar
auf 75, vom 24. Februar bis 3. M&rz auf 29 1. Aehn-
licfae Vorkommnisse würden sich immer wieder-
holen, wenn man sich nicht entschliesse, das stets
spärliche Quellwasser ausschliesslich für Trink-
xwecke zu verwenden und för die Spülung und
Bewässerung eine Flusswasserleitung einzurichten.
Aus den Angaben von Lancereaux (12)
geht hervor, dass es in Zeiten des Wassermangels
nur der Drehung eines Hahnes bedarf, um anstelle
des guten, aber spärlichen Quellwassers mehr oder
weniger verunreinigtes Flusswasser in die Rohr-
leitung einzulassen. Das urplötzliche Einsetzen
der Pariser Epidemien spreche durchaus für den
hydrogenen Ursprung. Dazu kommt, dass die
rftomliche Ausbreitung der Typhuserkrankungen,
die in den einzelnen Epidemien ganz verschiedene
Besirke betraf, im Allgemeinen dem jeweilig mit
Flnsswasser versorgten Bezirk entsprach.
Etwas anders lauten die Ergebnisse der Nach-
forschungen von Seiten der Oesundheitsbehörde,
die in dem von Bucquoy und Dujardin-
Beaumetz der Akademie erstatteten Bericht
niedergelegt sind (13 und 14).
Bald nach Beginn der Epidemie wurden genaue
NachforBchoBgen nach deren Ursachen angestellt, die
«oh Vor AQem auf die Wasserleitungen erstreckten.
Die UotersnohuDg wurde sehr gefördert durch die That-
saohe, dass fast zu derselben Zeit in dem Städtchen Sens,
das vorher typhusfrei war, eineTyphuBepidemieaasbrach.
Bens erhält sein Trinkwasser ans einer Abzweigung der
Pariser Vanne-Leitnng, und bald war festgestellt, dass
der Typhus in Paris tättsächlich nur in dei^enigen Stadt-
theilen vorkam, die mit Vanne- Wasser versorgt sind,
dass feiner die einzi|;e Kaserne der Garnison Paris, die
T^hnbfälle aufzuweisen hatte, ihren Wasserbedarf aus
derselben Leitung deckte. War demnach ein Zweifel an
den ursächlichen Beziehungen zwischen der Vanne-
Leitung und der Epidemie kaum mehr mögÜch, so gelang
es au(3i bald, die Ursache der Verunreinigung aufzu-
decken. Tue Vanne-Leitung führt das Wasser verschie-
dener, im Ealkgestein entspringender Quellen nach Paris.
An einer Stelle ihres Verlaufes, unweit des Dorfes Rigny-
le-Ferron, erhält sie Zofluss aus den DrainagerÖhren
eines Wiesengrundes, der durch den Ra de Ißremcmt be-
wiseert wird. Dieser kleine Bach durchfliesst vorher
das Dorf Bigny und treibt die Maschinen mehrerer
Fabriken, unter Anderem auch die einer Abdeckerei,
deren Abwässer er aufnimmt. Zur Erklärung dieser, für
unsere heutigen hygieinischen Begriffe kaum verständ-
Kdien Einrichtung mag hier angeföhrt werden, dass die
Anfbahme des Wassers aus diesen DrainagerÖhren noth-
wendig war, weil im Sommer, wo die Quellen ohnehin
knapp sind, die f^liche Wiese durch eine Abcwei^g
ans der Vanne-Leitung bewässert wird und man dieses
Waaser nicht ganz verloren geben wollte und konnte.
Für senwöhnliche Verhältnisse scheint ja auch die natür-
liche Filtration durch den Wiesenboden ausreichend ge-
weeeo zu sein : nach starken Regengüssen jedoch zeigte
•ine maoidkmal auftietende TriibunK des Wassers, dass
die Leitung gewissen Verunreinigungen zugänglich war.
Bucquoy glaubt nun, dass hier die Eintnttspforte für
das Typhusgift zu suchen sei.
Es wurde festgestellt, dass in Rigny während des
Frühjahrs 1893 im Anschluss an einen eingeschleppten
Fall mehrere Personen an Tsrphus erkrankt waren. Die
Dejektionen det Kranken wuiden ohtae Desinfektion auf
den Mist gegossen, mit dem sie auf die an beiden Üfetn
des Rü de Tiremont liegenden Felder gelangten. Dort
blieben sie zunächst liegen, weil während des ganzen
Sommers und Herbstes 1893 kein Regen fiel ; so war das
Bett des Baches von Mai 1893 bis Januar 1894 vollstän-
dig trocken und begann erst nach mehreren heftigen
Regengüssen vom 14. bis 22. Januar, welche die Ober-
fläche der Ackerkrume abschwemmten , wieder Wasser
zu führen. Etwa 3 Wochen später begann dann gleich-
zeitig in Paris und in Sens die Typhusepidemie.
Die Thatsacben verknüpfen sich, wie man
sieht, so gut, dass die Schlussfolgerungen des
Referenten Bucquoy grosse Wahrscheinlichkeit
fQr sich haben ; der Nachweis der TypbusbacUlen
in dem angeschuldigten Wasser ist nicht geglQckt.
Die Epidemie nahm einen raschen Ablauf, so
dass sie schon im Mai als beendigt angesehen wer-
den konnte. Ob hierzu die von der Akademie der
Bevölkerung empfohlene Maassregel, nur gekochtes
Wasser zu verwenden, wesentlich beigetragen hat,
bleibt dahingestellt.
Maubeuge hatte in seiner Oamison, wie in seiner
bürgerlichen Bevölkerung vom December 1893 bis
März 1894 eine leichte Typhusepidemie. Sie wird
von Renard (15) auf Infektion durch die Trink-
wasserleitung zurückgeführt, da in der einen mit
Leitungswasser versehenen Kaserne 10 Mann an
Tjrpbus erkrankten, während von der doppelt so
starken Mannschaft der anderen, die eigene Brun«
nen benutzt, nur 4 Soldaten erkrankten, die viel
in der Stadt verkehrten und sich wahrscheinlich
dort angesteckt hatten.
Es ist festgestellt, dass die städtische Wasserleitung
mehrere Tage [genaue Zeitangabe fehlt! Ref.] vor dem
Auftreten der ersten Typhusfalle in Folge Hochstandes
derSambre stark mit Flusswasser verunreinigt war. Das
Sammelbecken liegt nämlich nur wenige Meter vom Fluss-
ufer entfernt und bei hohem Wasserstande wird die
gauze Umgebung desselben überschwemmt, so dass der
aus Ziegelsteinen gebaute, noch dazu schadhafte Kamin
der Quellkammer wie eine Insel aus den Fluthen ragt.
R. nimmt an, dass bei dieser Ueberschwemmung lyphus-
keime in die Leitung eingedrungen sind. Nur 50Qm
von der Quellkammer flussaufwärto liegt der kleine Vor-
ort Gravier, dessen Bewohner ihre Exkremente in einen
nach kurzem Verlaufe in die Sambre mündenden Graben
za entleeren pflegen. Gravier hatte nun erwiesener-
maassen die ersten Tjrphusfälle und es ist nicht unwahr-
scheinüch, dass von diesen aus das Leitungswasser in-
iicirt worden ist. Jedenfalls ist die Leitun^anlage sehr
schlecht und die angeordnete Ausbesserung des Kamins
dürfte gegen Wiederholung derartiger Vorkommnisse
kaum einen wirksamen Schutz gewähron.
Vincent und Mas8ol(16) berichten über
eine kleine Ortsepidemie in Bossy bei Oenf, bei der
in dem Wasser eines mit der Seuche in ursäch-
lichen Zusammenhang gebrachten Brunnens der
Typhusbacillus gefunden wurde.
Die Epidemie brach in dem 130 Einw. zählenden
Bossy, das seit Jahren vom Typhus verschont war, ganz
plötzlich aus \ es erkrankten vom 23. Juni bis 3. JuU
190
K o e t h e r , Berioht über den Ty^htüf.
12 Personeö, von denen 5 starbetf. Etwa 4 Wochen vor-
iier war ein vereinzelter Fall von Typhus bei einem
l^ähr. Mädchen beobachtet worden; die Wäsche dieses
Kindes wurde an einem der drei Eesselbrunnen des Ortes
gewaschen, dessen Wasser in sammtlichen von der Seuche
heimgesuchten Haushaltungen im Gebrauche war. Woher
der Keim dieser ersten Erkrankung stammte, konnte
nicht ermittelt werden; dagegen wies die genaue, mit
den neuesten Forschungsergebnissen rechnende Unter-
suchung unzweifelhaft Typhusbacillen im Wasser der
fraglichen Brunnen nach, während das Wasser der übri-
gen zwei Brunnen zwar reich an organischen Bestand-
theilen war, aber keine Typhusbadllen enthielt, [lieber das
Verfahren zum Nachweise des TyphusbaciUus vgl. unter
Cap. IV.] Nach Schliessung des inficirton Brunnens er-
losch die Epidemie sofort ; am 25. Juni wurde die Ber
nutzung desselben unmöglich gemacht; die letzte Er-
krankung trat am 3. Juli auf.
Auch bei einer von Brewster (17) beschrie-
benen Typhnsepidemie in Windsor (Vermont) hat
anscheinend die Infektion einer Wasserleitung eine
grosse Rolle gespielt
Windsor wurde im Jahre 1894 schwer vom Typhus
heimgesucht, indem von den 1300 Einw. vom 15. März
bis 28. Juli 130 erkrankten und 17 starben. Die
Epidemie zerfällt in 2 Hälften; die erste zeigt eine
Häufung nahezu gleichzeitiger Erkrankungsflille, die auf
eine gemeinsame Ursache schliessen liess. Die zweite
Hälfte, etwa von Ende April ab, setzt sich aus einer Beihe
von Fällen zusammen, die wahrscheinlich auf der Bildung
ortlicher Krankheitsherde beruhten. Verantwortlich fiir
den Ausbruch der Seuche ist mit ^osser Wahrschein-
lichkeit die Dorfwasserleitang, da m den mit Bronnen
versehenen EUiusem Niemand erkrankte, mit Ausnahme
von Kindern, die in der Schule Leitungswasser tranken.
Die Leitung entnimmt ihr Wasser einem Bache, der auf
seinem etwa 1 Meile langen Verlaufe an mehreren Ge-
höften vorübeifliesst und zuletzt in ein Sammelbecken
fefasst ist Dicht oberhalb des Quellursprungs steht ein
[aus, in dem im Januar eine Frau 4 Wochen lang unter
fieberhaften Erscheinungen damiederlag. Da die Krank-
heit nicht für ansteckend galt, wurden die Entleerungen
der Kranken nicht desinficirt und ebenso wie alle Ab-
wässer in's Freie in den Schnee entleert In der ersten
Märzwoche schmolz der Schnee und das verunreinigte
Schmelzwasser konnte ungehindert in den Quellbach ge-
langen. Die Untersuchung des Wassers wurde nicht
vorgenommen.
Die Anfänge einer Typhusepidemie zu Wmifrede
(West-Virgina) werden von Ray (18) darauf zu-
rückgeführt, dass iniicirtes Quellwasser theils an
Ort und Stelle entnommen, theils durch Tender
weiter verbreitet wurde.
Winürede, 1600 Einw. zählend, besteht aus 350 Hau-
sem, die in einem Thale etwa 4 engl. Meilen lang hinge-
streckt sind. Am oberen Thalende liegt eine Gruppe von
Häusern; in einem von ihnen erkrankte Anfang Febr. 1894
ein Mann, der erst 4 — 5 Tage vorher zugezogen war.
Die Stühle des Kr. worden ohne Desinfektion in*s Freie
entleert und konnten eine 100 Fuss weiter abwärts ge-
legene Quelle erreichen. Als der Mann in der 3. Krank-
heitswoche war, erkrankten in demselben Hause noch 4,
in den nächsten 10 Tagen 17 Personen von den Bewohnern
der Häusergruppe, £e sämmtlich die genannte Quelle
benutzten. Dieselbe Quelle versorgt ein zur Speisung
von Lokomotivkesseln bestimmtes Sammelbecken: eine
Familie, die hier Wasser zu holen pflegte, hatte 6 Kranke ;
von den Maschinisten, die aus den Tenderkesseln tran-
ken, erkrankten zur selben Zeit drei. In 5 etwa 6 Meilen
thalabwärts wohnenden Familien, die gleichfalls das
Tenderwasser zu benutzen pfle|^n, gab es noch weitere
5. Erkrankongea', von da ab. breitete sich die Seuche über
die ganze Ortschaft aus und verursachte bis November
etwa 154 EhrkrankungsfäUe.
c) Hatuq>idemien,
Eine möglicher Weise durch den Qebranch
infieirim Oisiemenuxtssers verursachte Hausqfndenm
beschreibt M a u p e t i t (19).
In dem Haushalte desCk>nunandantenX. erkrankten
zwischen dem 24. und 30 . Dec. 1892 6 Personen an
Unterleibstyphus, und zwar 3 Ordonnanzen, eine Bonne;
ein 5VtJähr. Kind und ein Freiwilliger, Neffe des Gom-
mandanten. Ein Soldat und der Freiwillige starben.
Von diesen Personen wohnten die Bonne in der Mansarde,
das Kind im 1. Stock , ein Soldat (Kutscher) im Hof-
gebäude, die anderen 3 in der Kaserne. Mit Ausnahme
des Freiwilligen hatten die Erkrankten seit Monaten ihren
Wohnort nicht verlassen, auch keine Berührang mit
Typhuskranken gehabt; in der Stadt war sonst kein
Typhus. Eine Vergiftung durch Speisen konnte nicht
angenommen werden, weil die übrigen 6 Hausbewohner
ganz verschont blieben, dagegen erschien die Annahme
der Uebertragung durch Trinkwasser naheliegend, da die
nicht erkrankten DiensÜeute (2 Frauen und 1 Kammer-
diener) überhaupt kein Wasser tranken , während die
Herrschaft nur filtrirtes Wasser benutzte. Die Erkrank-
ten hatten sämmtlich von dem unfiltrirten Wasser der
im Hofe gelegenen Cisteme getrunken.
Die Möguohkeit der Verunreinigung dieser Cisteme
liegt nahe genug. Sie ist 7 m von der cementirton
Abtrittsgrube entfernt und enthält Wasser von verdäch-
tigem Geruch und Geschmack, obwohl ein direkter Zn-
sammenhang zwischen Grube und Cisteme auch dnrch
die Fuchsinprobe nicht nachgewiesen wurde. DasBef;en-
wasser von den Dächern wird der Cisteme durch emed
Kanal zugeführt, dessen Lichtloch nicht ganz dicht ab-
gedeckt ist; man schreitet über diesen Deckel, wenn man
nach dem im Hofe liegenden Abtritt geht Mit Wahr-
scheinlichkeit liess sicn zuletzt der Nachweis fähren,
dass die Verunreinigung der Cisteme durch menschliche
Exkremente, die in die Dachrinne entleert wurden, zu
Stande gekommen ist. Ende Nov. lag nämlich im Dach^^
stocke eine erkrankte Kammerfrau, die der Bequemlich-
keit wegen ihre Abgänge auf diese Weise beseitigte. Jki
Krankheitserscheinungen waren Fieber, Kreozschmerzen,
Bronchitis und Albummurie, so dass es sich bei ihr nkög-
Hoher Weise um einen leichten Typhus gehandelt hat,
dessen Ursprung allerdings nicht aufgeklärt ist Nach-
dem der Gebrauch desCistemenwassers gleich beimAaf-
ü-eten der ersten Fälle xmterdrückt war, trat keine weitere
Erkrankung mehr ein. In dem Cisteraenwasseri wie in
dem Inhalte des Sammelkanals fand sich ein sehr vim-
lenter Streptococcus, doch ist die Untersuchung unvoll-
ständig, da eine voreilige Desinfektion mit Eisenvitnol
vorgenommen worden war.
d) Qamiaonqridemim,
Bei der von Reden (20) geschilderten Typhim
epidemie im 2. Regiment der Chasseurs d'Afrique,
in Tlemcen (Inneres von Algerien), hat die Trink-
wasserversorgung aller Wahrscheinlichkeit nach
eine ursächliche Rolle gespielt.
Die Tmppe befand sich Mitte Januar im besten Ge-
sundheitszustande, als die Epidemie plötzlich mit grosser
Heftigkeit ausbrach. Eigenthümliche Anfiangserschei*
nungen: plötzliche Erkrankung mit Frost und hohem
Fiel^r. das gewöhnlich nach einigen Tagen vorübergehend
normaler Temperatur Platz machte, malariaähnliche
Anfälle, häufiges Fehlen der Darmersoheinungen o. s. v.
erschwerten anfänglich die Diagnose. Nachdem Typhus
festgestellt war, wurden die &»ldaten im Kasemenhofo
unter Zelten gelagert, ohne dass die Epidemie dadurch
beeinflttsst worden wäre*, erst nachdem die Trappen am
Soether, Bericht über den Typhus.
191
4. Febr. eiheii mit- guter Quelle versehenen Lagerplatz
bezogen hatten, ging die Epidemie ziconlioh rasch zu
Ende. Von dem 479 Mann stükenBegimente erkrankten
in der 1. Woche 41, in der 2. 68, in der 3. 44 Mann ; im
Ganzen bis zum 15. Mftrz 183 Mann, von denen 138 aus-
gesprochenen Typhus hatten, während die übrigen unter
der Bezeichnung „embarras gastrique^ geführt wurden.
Die Ursache der Epidemie konnte weder in üeberanstren-
gung, noch in Fehlem der Emährang gesucht werden ;
in dem Pavillon der einen Escadron waren wohl bauliche
Arbeiten vorgenommen worden, die die Zwischendecken
eröffnet hatten, aber aUe Escadrons waren gleichmfissig
and ^eichzeitig ergriffen. Nur machte sich, wie ge-
wöhnlich, eine grössere Disposition der jüngeren Mann-
schaften geltend. Es bleibt also nur das Trinkwasser als
Infektionsquelle übrig. Die der Kaserne gehörige Quelle
ist gut, dagegen fiind sich die theils gemauerte, theils in
Thonröhren ausgeführte Leitung stellenweise sehr schad-
haft; durch Luftsohächte konnte an manchen Stellen
Tagwasser von den mit menschlichen Fäkatien gedüngten
Feldern in die Leitung gelangen. Diese Verunreinigung
des Wassers war wäluend der heftigen Regengüsse, die
in den 16 Tagen vor Ausbruch der Seuche niedergingen,
eingetreten, und zum Ueberflusse waren die Filter serade
in den ersten Januartagen wegen Ausbesserungsaroeiten
ausser Gebrauch gesetzt worden. Die 23 Fälle, die nach
Verlegung des Regiments noch auftraten, fallen bis auf 4
in die ersten 6 Tage nach dem Ausmarsche ; man siebt
also ein fast plötidiches Erlöschen der Seuche mit der
Entfernung aus dem Benutzungsbereiche des verdftch-
tigen Wassers. Die 14 Tage nach den ersten Erkran-
kungen vorgenommene Untersuchung des Wassers wies
Colibacillen , aber keine Typhusbacillen nach. Dass
der Staub der Zwischen böden ebenfalls Colibacillen be-
herbergte, ist in einer Cavalleriekaseme gewiss nichts
Ungewöhnliches.
Die Typhusepidemie, von der die Garnison
Bel-Abbis (Algerien) fast jedes Jahr heimgesucht
wird, ist nach Heuyer (21) ausschliesslich von
den hygieiniachen Uebelständen in der Stadt ab-
hftngig.
Die im Juni 1893 ausgebrochene Epidemie lieferte
159 Kranke, die bis auf einen Spahi sämmtlich dem
1. Regiment der Fremdenlegion angehörten. Ein Theil
der Legionäre wurde aus der überfüllten Kaserne in ein
Zeltlager verlegt, aber ebne Erfolg. Nur die Insassen
des IClitSr-GeSngnisses bheben vei*8chont; da das Oe^-
fingniss stets überfüllt ist und die traurigsten hygiei-
I nischen Zustände aufweist, so erklärt H. diese Immunität
der Gefangenen dadurch, dass diese ausschliesslich das
gute Wasser der Kaserne geniessen, während sich die
übrigen Soldaten in der Stadt, wo der Typhus endemisch
ist, durch das schlechte Trinkwasser anstecken. Dass
nur die Legionäre erkranken, die Spahis verschont bleiben,
beruht nach H. darauf, dass die letzteren meist Ein-
heimische über 25 Jahre sind, wogegen sich die Legion
KOS jangen, nicht akklimatisiiten Europäern zusammen-
setzt. Vie überwiegende Mehrzahl der Erkrankten hatto
ein Dienstalter von weniger als 6 Monaten.
Sine Typhusepidemie in 2 Regimentern der
Garnison lind wird von Poch 6 (22) auf die Aus-
dünstungen verstopfter Ableitungskanäle znrück-
gefahrt.
Während in früheren Jahren die im Innern der Stadt
kasemirten Regimenter oft stark vom Typhus befallen
warao, blieben sie 1893 ganz verschont, und nur die auf
, fiiuwn durchaus geeigneten Gelände ausserhalb der Stadt
Megene, seit 3 Jahren typhusfreie Kaserne lieforte vom
LAugoat bis zum October 82 Typhusfalle, von denen 53
pif das 156., 29 auf das 160. Regiment entfallen. Qenaue
BacfafoTSchungeii ergiben keine Aendernng in den äusseren
Verhältnissen der Kaserne oder in der Lebensführung
der Mannschaften. Das Wasser war 1890 gut befunden
worden; jetzt war das Pumpwasser ausgezeichnet; das
Wasser eines Laufbrunnens war zwar frei von Typhus-
und CoUbacillen, aber offenbar durch faulende organische
Substanzen verunreinigt. Dieser Zustand des Wassers
war jedoch vorübergehend und die auf diesen Brunnen
angewiesenen Compaeoien lieferten erst einige Monate
später, nachdem das Wasser wieder gut gewogen, ihren
Hauptbeitra^ zur Epidemie.
Am 1. October begann man, da alle übrigen Mittel
zur Bekämpfung der Seuche versagten, mit der Reinigung
der Kanäle. Diese fanden sich stellenweise verstopft und
mit Schlamm erfüllt, der die übelsten Gerüche verbrei-
tete. Diejenigen Compagnien, die am nächsten bei den
verstopften Kanälen wohnten, hatten am meisten vom
Typhus gelitten. Die Reinigungsarbeiten hatten den
promptesten Erfolg : beim 160. Regiment wurde der letzte
Fall am 13. October, beim 156. R^ment (wo die Arbeiten
später begonnen hatten) am 26. October beobachtet, an
demselben Tage, an dem die Reinigungsarbeiten vollendet
waren.
e) Besondere Arien der Infektion.
Im Februar 1892 brach in dem Dorfe Ober-
sckmoUen bei Oela eine Typhusepidemie aus, die
nach den Untersuchungen von Reich (23) un-
zweifelhaft auf inficirte Molkereimikh zurQck-
zuführen ist
Die Molkerei Obersohmollen erhält ihre Milch von
17 Bauerngütern, die die Magermilch zurücknehmen, um
sie theils zum eigenen Gebrauche, theils znr Schweine-
mast zu verwenden. Die meisten Erkrankungen kamen
in unmittelbarer Nähe der Molkerei vor, so dass man zu-
nächst an einen Zusammenhang auf Orund der Boden-
verhältnisse u. dergl. dachte. Doch lagen zwischen den
befallenen Häusern andere, die genau dieselben Be-
dingun^n , auch dasselbe Trinkwasser hatten , so dass
der Oedanke fallen gelassen wurde. SchUessUch stellte
sich heraus, dass auch noch in zwei benachbarten Ort-
schaften Typhusfälle in Wirthsohaften, die mit der
Molkerei in Verbindung standen, vorgekommen waren.
Von den mehr als 150 Wirthsohaften der 3 Dörfer waren
nur 14 vom Typhus befallen, welche sämmUich zur
Molkereigenossenschaft gehörten, und es waren nur solche
Personen erkrankt (im Ganzen etwa 90), die rohe Mager-
müch getranken hatten. So erklärt sich auch die Im-
munität der übrigen 3 zur Molkerei gehörigen Gehöfte :
in der einen Wirthschaft wurde die Milch nur gekocht
genossen, in der zweiten wurde sie ausschliesshch zur
Schweinefütterung verwendet, die dritte erhielt über-
haupt keine Magermilch aus der Molkerei. Die wenigen
Fälle von Typhus in Familien, die mit der Molkerei nicht
in unmittelbarer Verbindung standen, Hessen sich gleich-
falls auf den Genuss der aus zweiter Hand bezogenen
Molkereimilch zurückführen.
Wie waren die Typhuskeime in die Milch gekom-
men ? Entweder war der Molkereibrunnen, an dem die
Gefasse gereinigt werden, verseucht, oder die Milch eineä
der Lieferanten war inficirt und hatte so die Gesammt-
milch verunreinigt. R. neigt mehr zu der zweiten An-
nahme. Das Wasser des Molkereibrunnens ist zwar
schlecht und zum Genuss ungeeignet (eine gegen
Ende der Epidemie vorgenommene Untersuchung auf
Typhusbacillen war erfolglos), aber es ist nicht anzu-
nehmen, dass die Epidemie von hier ausging, da der
Molkereibeamte, dem das Wasser als tägliches Getränk
zur Verfügung stand, erst ganz zuletzt erkrankte. Es ist
daher wahrscheinlich, dass die Molkerei nur eine Ver-
mittlerrolle gespielt hat, doch Hess sich nicht mit
Sicherheit ermitteln, von welchem Gehöfte die Infektion
ausging.
Aus dieser Beobachtung geht die groase Be-
deutung hervor, die einer genauen Ueberwachung^
192
Roether, Bericht Über den Typhus.
des sieh immer mehr ausbreitenden genossen-
schaftlichen Molkereibetriebes zukommt So lange
die Veräusserung von Milch aus typhosbehafteten
Wirthschaften nicht verhindert werden kann, muss
jedenfalls vor dem Genuss ungekochter Milch
dringend gewarnt werden.
Au f Ansteckung durch infieirte Müeh führt auch
Eatzenbach (24) eine kleine Typhusepidemie
in dem nordamerikanischen kleinen Seebade Bay^'
head zurück.
Das Wasser ans artesischen Bronnen wurde zwar
von der Oesundheitsbehörde in New York wegen zu
grossen Gehaltes an Nitriten, Chloriden und Ammoniak
beanstandet, doch hat es schwerlich bei der kleinen Epi-
demie eine Rolle gespielt Es erkrankten von den 1200
Bewohnern nnr 13 in 10 verschiedenen Häusern; alle
Erkrankte genossen Milch, die von einem und demselben
Milchhändler bezogen war. Die Nachforschungen von
£. ergaben, dass auf einer Farm ein Melker neu einge-
stellt worden war, der schon bei seinem Eintritt gewisse
Krankheitserscheinungen bot, tübw erst 11 Tage später
wegen schwerer Typhoserkrankung seine Thätigkeit auf-
gegeben hatte. Der erste Typhusfall in der Stadt erfolgte
14 Tage nach dem Eintritt, der letzte 19 Tage nach dem
Weggang dieses Melkers. Die Bewohner des Ootes, die
die Milch einer bestinunten, vom Familienvater selbst
gemolkenen Kuh tranken, blieben ganz von Typhus ver-
schont. Da die Milchkannen schon gereinigt geUefeit
und auf dem Gute nicht mehr gespült wurden, so dürfte
der Ansteckungsstoff nnr durch die Hände des erkrank-
ten Melkers auf die Milch übertragen worden sein. Die
Art und Weise dieser Uebertragung sich näher auszu-
malen, überlässt K. denen , die mit gewissen Gewohn-
heiten der lindlichen Arbeiter vertraut sind.
Eine bei uns seltene Art der Typhusüber-
tragung, die Ansteckung durch den Qenuss van
Austern, ist neuerdings wieder von England und
Amerika aus mit mehreren Beispielen belegt wor-
den. So theilt Broadbent (25) aus dem Herbst
1894 eine Reihe von Fällen mit, in denen alle
Umstände mit grOester Wahrscheinlichkeit auf die
Austern als Ursache des Typhus hinwiesen. Es
handelt sich um 6 einzelne Beobachtungen mit
9 Erkrankungsfällen. Allen war gemeinsam, dass
sie mit ungewöhnlich starken Mag^idarmerschei-
nungen einhergingen. Wir greifen beispielshalber
folgende Geschichte heraus :
Ein Landprediger und seine l^äbr. Tochter erkrank-
ten fast gleichzeitig an Typhus, das Kind etwas früher.
Die gesundheitlichen Verhältnisse des Hauses und der
Umgebung waren einwandfrei, Typhus in der ganzen
Oe^nd unbekannt. Etwa 14 Tage vor der Erkrankung
hatte der Prediger 2mal Austern ans London bezogen,
die ausschliesslich von ihm und seiner Tochter genossen
worden waren. Die übrigen Familienmitglieder, die nicht
davon gegessen, blieben verachont
Lavis (26) macht interessante Angaben über
die Art und Weise, wie die Verunreinigung der
Austern und anderer Weichthiere mit den Krank-
heitserregern zu Stande kommt Seine Beobach-
tungen beziehen sich auf Neapel, wo er auffallend
häufig Gastroenteriten beobachtete, die er nach
Erkrankung — seiner selbst und in seiner Familie
bald auf den Oenuss von Austern zu beziehen
lernte.
Die Erkrankungen waren von vwschiedenem Gba»
rakter und verschiMener Dauer, manchmal veitaidea
mit anhaltendem Fieber von septikämisohem Typus; sn-
weilen traten im Verlauf dieser fieberhaften Sntaritig
deutliche Erscheinungen des Abdominaltypbus auf,
manchmal entwickelte sich der Typhus auch ohne dass
der Oenuss der Austern unmittelbare Folgen gehabt
hätte, nach einer Incubationzeit von 12 — 16 Tageo.
Ueber die Herkunft der Austern ermittelte L. folgendes:
Die an durchaus einwandfreien Oertliohkeiten gesammel-
ten Austern wurden wochen- bis monatelang in Reusen
aufbewahrt, und zwar in dem Wasser des alten Ueinen
versumpften Hafens Santa Lucia, der jetzt glücklicher-
weise zugeschüttet ist Nur 18 m von der Austero-
niederlage mündete ein grosser Abwasserkanal, mit
dessen Unreinigkeiten also die Austern geradezu gemästet
wurden. Dass mit dem in den Austern enthalteneo
Wasser Krankheitskeime aufgenommen werden können,
versteht sich hiemach wohl von selbst; es geht hierus
die Mahnung hervor, der Aufbewabrungsart der Austen
vom gesnndheitspolizeilichen Standpunkt aus grossem
Aufmerksamkeit als bisher zu widmen. So soUeo aaeh
manche Austemmagazine in London ganz entsetzliohe
Zustände aufweisen. Uebrigeos glaubt L. nicht, dass die
TyphnssterbUchkeit Neapels durch den Qenuss infioirter
Austern wesentlich beeinflusst werde. Nach der Ein-
führung der neuen Wasserleitung 1885 sank die Typhus-
mortalität von rund 500 auf rund 100 jährlich, uad so
blieb sie, obwohl 1892 die Auf bewahrungsart der Aostm
gründlich verbessert wurde.
Ein Gutachten von Prof. Grookshank (27)
aus dem bakteriolog. Laboratorium von Eing'a
College in London schliesst sich der Ansicht an,
dass die Auster durch Aufbewahren in einem mit
Typhuskeimen verunreinigten Wasser, besonders
in den kleineren Yerkanfslftden, gefähriieh werdoi
kann, ebenso wie Milch, wann sie mit typhös-
baoillenhaltigem Wasser versetzt wird. Die bak«
teriologische Untersuchung des Seewasaers toa
einer Austernbank zeigte nur harmlose Arleot
keine putriden Bakterien; in dem wftsarigea Inhalt
der Austern selbst war die Zahl der Bakterien sogar
auffallend gering.
Eade (28) weist darauf hin, daas ausser
Austern auch die von den niederen Yolkeklseasa
vielfach genossenen Musdiein, und swar aus den-
selben Qrfinden wie jene, zur Verbreitung voa
Typhus Veranlassung geben kOnnen.
Die Typhusepidemie unter Z<Sglingen der if«f
leyan University in Middletown, Connectioat^ über!
die Conn (29) berichtet, ist mit grOsster Wj
scheinlichkeit ebenfalls auf den Qenues roher
zurQckzuführen.
Vom 20. October bis I. November 1894 er]
23 Studenten mit mehr oder minder ausgeeprochi
Erscheinungen des Unterleibstyphus, in der
Novemberwoche noch 4, worauf die Epidemie etic
Die Foi-schuDgen nach der Ursache hatten anfiUighi
keinen Erfolg ; die Erkrankten wohnten in den versc' '
densten Stadttheilen , so dass sich zunächst keine
meinsamen Beziehungen zwischen den Fällen za ei
schienen. Zwei Brunnen im Hofe der UnivorsüBt,
allerdings nicht das beste Wasser führten, musstenj
Betracht bleiben, da sie auch von vielen jungeo
aus der im Uebrigen völlig typhusfrei gebliebei
benutzt wurden, und femer, weil mriirere der
nie von diesem Wasser getrunken hatten. fisoiSirBOel
stände im Univeroitätsgebäude zu besoholdi^gen^
gleichfalls ausgeaohloisen, da voa den 5()8tudein1
Roether, Bericht über den Typhus.
193
leine einziffe erkrankte. Nun konnte aber festgestellt wer-
den, dass alle Erkrankten 3 verschiedenen ^^fratemities^,
sagen wir Studentenverbindungen, angehörten, deren
Mitglieder gemeinschaftlich in ihrem „Club*^ zu speisen
pflegten. Damit war für weitere NachforschuDgen eine
Handhabe gewonnen, doch gab weder das Trinkwasser,
noch die Versorgung mit Milch, Gemüse oder Fleisch
n. 8. w. Veranlassung zu einem Verdacht, weil die übrigen
Clubs und viele Bewohner der Stadt diese gegenstände
aas denselben Quellen bezogen. Der Umstand, dass die
Erkrankung^en fast alle innerhalb weniger Tt^e auftraten,
liess auf eine einzige und einmalige Lifektionsursache
schliessen , und als solche war ein „Semester-Anfangs-
Essen '^f das von den 7 einzelnen Verbindungen am
10. October gefeiert worden war, verdächtig. Die genaue
Untersuchung ergab, dass die Speisezettel der 7 Ver-
bindungen im Allgemeinen übereinstimmten, dass es
jedoch bei den 3 vom Typhus befollenen Verbindungen,
und nur bei diesen, rohe Austern gegeben hatte, die alle
von demselben Händler bezogen worden waren. Alle
Erkrankten hatten von diesen Austern gegessen. An
dem iksen dieser 3 Verbindungen hatten noch eine An-
zahl von ^^Zöglingen*^ aus der Stadt und 5 Studenten
eines Nachbaroollegs theilgenommen ; von ersteren waren
gleichzeitig mit den Studenten 2 an Typhus, 3 mit un-
bestimmten fieberhaften Erscheinangen erkrankt; von
letzteren erkrankten 2 an Typhus, aber erst 4 Wochen
sp&ter, so dass die Beziehungen zu dem Festessen bei
diesen Fällen dahingestellt bleiben müssen.
Nachforschungen über die Herkunft der fraglichen
Anstem ergaben, dass sie, ehe sie am 10. October ver-
sandt wurden, einige Tage in einer Süsswasserbucht auf-
bewahrt waren, in die etwa 300 Fuss oberhalb der Kanal
eines eiozelstehenden Hauses mündet In diesem Hause
lagen 2 Typhuskranke, die am 11. October zuerst ärzt-
liche Hülfe in Anspruch nahmen, also in der betreffenden
Zeit am Ende des Incubationstadium standen. Im Am-
herst College traten unter ähnlichen Umständen Typhus-
fälle auf, die gleichfalls mit grosser Wahrscheinlichkeit
auf den Genuss von Austern aus derselben Bezugsquelle
zurückgeführt wurden.
Eine eigenthümliche Art der Typhusüber-
tragung glaubt Anderson (30) bei zwei von ihm
behandelten Kindern annehmen zu müssen.
Die Kinder von 8, bez. 5 Jahren waren mit fieber-
haften Lungenerscheinungen in das Krankenhaus auf-
genommen worden und erkrankten nach einem fieberlosen
Zwischenraum an einem in der Station erworbenen
Unterleibstyphus. Da die Körperwärme während der
ganzen Zeit regelmässig gemessen wurde, so liess sich
der Beginn des Typhus mit grosser Genauigkeit bestimmen.
Bei den vorzüglichen hygioinischen Verhältnissen des
Krankenhauses ist nach A. die einzig denkbare MögUoh-
keit der Uebertragung die, dass die Kranken durch den
Gebrauch desselben äystierrohree, mit dem die in der
Station verpflegten Typhuskranken Einlaufe erhielten,
angestockt wurden. Das eine Kind erhielt 2 Kly stiere,
woraus sich die Incubationdauer auf 9, bez. 11 Tage be-
reehnet; bei dem anderen, das mehrere Einlaufe erhalten
hatte, läset sich dieser Zeitraum nicht so genau be-
atünmen.
IL Vermischtes aus klinischen Berichten,
31) Berg, Ein Beitrag zur Typhusstatistik. Deut-
sches Arch. f. klin. Med. LIV. 2 u. 3. p. 161. 1895.
32) Zinn, W., Die Typhusfälle des städtischen
Krankenhauses zu Nümbeorg in den Jahren 1890 — 1894.
MüDchn. med. Wchnschr. XIJT. 21. 22. 1895.
33) Kraft, A., Ueber typhöse Darmblutungen.
Deutsches Arch. f. klin. Med. L. p. 329. 1892.
34) PrincOy Morton, What number ofcasesis
necessarj^ to eliminate the effect of chance in mortality
atatistics, especialiy those of typhoid fever : a Statistical
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
study. Boston med. and surg. Joum. CKXXIII. 16.
p. 392. 1895.
35) Osler, William, Report on typhoid fever.
I. General analysis and summary of the cases. HI. A study
of the fatal cases. IV. Notes on special features, Sym-
ptoms and complications. Johns Hopkins Hosp. Rep. IV.
1. 1894.
(ümfasst 229 Typhusfälle. Beobachtungen von all-
gemeinerem Interesse sind unten im Capitel IH berück-
sichtigt.)
36) Wightman, J. P., An analysis of twenty-four
cases of enteric fever in children. Brit med. Joum. May 5.
1894. p. 964.
Berg(31) hat imAuftrag von Cur seh mann
und mit Benutzung der von diesem in Hamburg
eingeführten Fragebogen 1626 TyphusfäUe stati-
stisch bearbeitet, die in der Leipziger Klinik von
1880 — 1893 beobachtet wurden. Die monatweise
Zusammenstellung der Zugänge ergiebt, dass die
Häufigkeit des Typhus vom Juni an rasch ansteigt,
im Auglist ihren Höhepunkt erreicht und dann bis
zum December ziemlich rasch absinkt. Die kleinste
Zahl der Typhusf&Ue -wurde in den Frühjahrs-
monaten beobachtet. Die Qesammtmortalität be-
trug 12.7 Proc. ; sie schwankte in den einzelnen
Jahren zwischen 7 und 18<^/o. Die Sterbliohkeit-
zifTer stieg im Allgemeinen mit dem Alter, doch
hatten die Kinder bis zu 10 Jahren mit 13.6^/o ^^^
selbeSterblichkeit wie Erwachsene zwischen 20 bis
30 Jahren. Die Mortalität war um so niedriger,
je früher die Aufnahme in die Klinik erfolgte.
Auffallend war der späte Eintritt mancher /2»^fve;
so verstrichen in einem Falle 77, mehrfach jedoch
20 — 40 Tage zwischen Entfieberung und Beginn
des Becidivs. Nur in ^4 ^^^ ülsailQ bestand
dauernd DurchfaU, in einer etwas grosseren Zahl
Durchfall abwechselnd mit Obstipation, in 16.4<^/o
dauernd Verstopfung. Beinahe ^j^ der bei 5.5®/o
auftretenden DarmbhUungen begannen in der 1. oder
2. Hälfte der zweiten Krankheitswoche, während
man gewöhnlich ihre grOsste Häufigkeit auf das
Ende der zweiten und die dritte Krankheitswoche
verlegt. Die Neigung zu Blutungen stieg mit dem
Alter. Sehr schwer war der Terlauf der mit
hämorrhagischer Nephritis complicirten Fälle. Sie
endigten in 44.4<^/o ^^^ ^^^ Tode. Die Schwanger-
Schaft wurde durch den Typhus fast regelmässig
unterbrochen. Die Krankheit verlief bei graviden
Frauen meist ausserordentlich schwer. Das Leben
der Frucht schien nicht gefährdet zu sein. Die
Kinder (154 von 1 — 14 Jahren) zeigten gleiche
Fieberdauer wie Erwachsene und eine grosse Nei-
gung zu Recidiven (19.1*/o gegen 12.5 im Durch-
schnitt). Darmblutungen traten bei ihnen in 3.8%,
Darmferforaiion in 2.5^/o (gegen 2.2% im Durch-
schnitt) der Fälle auf.
Aus einem im ärztlichen Verein zu Nürnberg
gehaltenen Vortrag von Zinn (32) über die Typhus*
fäUe im Nürnberger Krankenhause führen wir fol-
gende Zahlen an. Das Krankenhaus hat seit 1870
eine fortschreitende Abnahme der Typhusfälle zu
verzeichnen. Es waren:
25
194
R 0 e t h e r , Bericht fiber den Typhus.
Auf- • Typhus-
genommeDe kranke
1870—1874 8274 403 — 4.9*>/e
1875—1879 7153 " "
1880—1884 8599
1885—1889 8982
1890—1894 11304
203 — 4.2
269 — 3.1
194 — 2.2
190 — 1.7
Die Typhnsmartaütät betrog :
1870—1874 10.7«/o
1875—1879 11.4
1880—1884 10.4
1885—1889 9.3
1890—1894 13.2
im ganzen Zeitabschnitt 10,9^lo.
Z. glaubt, daas bei der wechselnden Sterblich-
keitziffer Zufälligkeiten im Spiele sind, da die Be-
handlung sich ziemlich gleich blieb.
Von einxebim Symptomen, war Boseola bei
72^/« mit Sicherheit vorhanden, M2»3ch wellung
war bei 94®/o der Kranken nachweisbar, und zwar
konnte die VergrOsserung der Milz stets in den
ersten Tagen durch die Palpation festgestellt wer-
den. Bronchitis wurde bei 62^/o vermerkt; dem
Ileocökalgerftusch wurde keine irgend erhebliche
Bedeutung beigemessen. Von Dcgrmerseheinungen
war im Anfang der Erkrankung die (wiederholt
sehr hartnackige) Verstopfung vorherrschend und
hielt bei einigen Kranken während des ganzen Ver-
laufes an ; die Mehrzahl bekam auf der Höhe der
Krankheit massige Durchfälle. Die erbssuppen-
artige Beschaffenheit der Ausleerungen war durch-
aus nicht constant In 5% der Fälle waren deut-
liche Berpeseruptionen, die sich fast immer in den
ersten Tagen einstellten, vorhanden. Im Harn
war die Ehrlieh'sche Diaxoreakiüm in 78^/o der
Fälle mit Sicherheit positiv; Zinn räumt ihr in
der Diagnose des Typhus eine hervorragende Stel-
lung ein, wenn sie auch häufig bei Tuberkulose,
selten bei nicht compensirten Herzfehlem und bei
habitueller Obstipation vorkommt JJbumima'ie
wurde bei Sl^/o der Kranken, hyaline undEpithel-
cylinder wurden bei 13% gefunden. Recidive
waren häufig; sie kamen in 22% der Fälle zur
Beobachtung. Die in den letzten Jahren fast regel-
mässige bakteriologische Untersuchung der Typhus-
stühle hatte geringen Werth ; nur wenige Male ge-
lang es, aus ihnen mit Sicherheit Typhusbacillen
rein zu zQchten. Werthvoll ist der Nachweis von
sekundären Miliartuberkeln in den Lungen, der
bei 24% der an Typhus Gestorbenen erhoben
.wurde; dieser Befund erklärt das häufige Auf-
.treten, bez. Schlimmerwerden einer bis dahin laten-
ten Lungenphthise nach überstandenem Typhus.
Mit den in der 2Hiricher med, Klinik in den
Jahren 1884 — 1890 beobachteten DarmbltUungen
bei Unterleibstyphus beschäftigt sich die Dissertation
von Kraft (33).
Von 991 Typhuskranken hatten Darmblutungen
42 «- 4.24%, und zwar von 579 Männern 21 »»
3.6*/o, eben so viele von 412 Frauen -« 5.1%.
Von diesen starben 11 =s 26.2«/o; unmittelbare
Todesursache war die Blutung in 7 Fällen «—0.7 1%
aller Typhuskranken ; meist handelte es sich hier
um mehrmalige reichliche Blutungen.
Die Menge des verlorenen Blutes schwankte
zwischen 130 und 2800 g, bei den an der Blutung
Gestorbenen betrug sie 500 — 800 g ; die Fälle, die
höhere Ziffern von 1500 — 2800 gaufwiesen, gingen
in Genesung aus. ZeiÜich trat die Blutung ein:
in der 2. Woche bei 10 Kranken
u r 3. j, Ti 24
. 11
keine Angabe
Einen Einfluss der Bäderbehandlung in dem
Sinne, dass dabei eine Vermehrung der Darm-
blutungen stattgefunden hätte, konnte Kr. nicht
feststellen.
Eine Studie von Prince(34), der das Ober
3000 Fälle umftissende Typhusmaienal des Boäom
eity hospital aus den Jahren 1882 — 1893 statistisch
verarbeitet hat, zeigt wieder einmal aufs Deut-
lichste, wie gross die Zahlen sein mdssen, um in
einer Typhusstatistik den Einfluss des Zufalles
nach Möglichkeit auszuschliessen. Pr. theilte seine
Fälle nach der Beihenfolge der Aufnahme in
Gruppen von je 50, 100, 200 u. s. w. bis 1500.
Bei den Gruppen zu 50 schwankt die Mortalität
zwischen 2 und 24%, bei Gruppen zu 200 noch
zwischen 8.5 und 17.5, bei 500 zwischen 10.8 und
17.4 und erst bei 800 Fällen beträgt der Unter-
schied zwischen Sterblichkeit-lfaximum und -Mini-
mum weniger als S*/^. Die Thatsache, dass sich
erst bei so hohen Zahlen der Einfluss des Zufalls
verwischt, wird leider bei vielen statistischen An-
gaben, besonders wenn ein neues Heilverfahren
gerühmt wird, meist ausser Acht gelassen.
Im „Liverpool Infmnairy for children'^ kamen,
wie Wightman (36) mittheilt, 1892—1893
24 Fälle von Typhus bei Kindern unter 13 Jahren
zur Beobachtung. Von diesen starben 3 Kinder;
eines an Perforativperitonitis, eines an Erschöpfung.
Die Temperatur erreichte selten 40* C. RückfiUle
wurden nicht beobachtet, dagegen nicht selten
leichte Temperatursteigerungen für 1 — 2 Tage
nach Darreichung festerer Nahrung in der Gon-
valescenzperiode. Die Milz war in 8 Fällen ver-
grOssert zu fühlen, Roseolen waren in 15 Fällen
vorhanden. Was die Darmerscheinungen anlangt,
so bestand lOmal Verstopfung; in 3 EäUen war
der Stuhl für Typhus charakteristisch, eben so o/l
anscheinend normal ; in 8 Fällen war er dünn und
übelriechend, aber nicht von specifischem Aus-
sehen.
///. Zur Nosologie des Typhus
fabnorme Verlaufs formen , Complikaiionen , ttige- |
zustände u. s. w,), \
37) H a n 0 1 , V., Debüt de la fievre typh<nde. Semaine j
med. XIV. 63. p. 509. 1894. I
(Oute klinische. Vorlesung über das Anfaagstadium
des Abdominaltyphus, besonders die Differentialdiagnose
berücksichtigend .)
Boether, Bericht über den Typhus.
i95
38) HaDot, V., Fin de la fievre typhoide. Semaine
med. XV. 11. p. 86. 1895.
(Klinisoher Vortrag über das Endstadium des Typhus,
nebst FolgeerkrankuDgen.)
39) Senator, H., Zur Diagnose des Abdominal-
iyphus u. der Miliartuberkulose. Charite- Annalen XVII.
p. 272. 1892.
40) Babes, V., et N. Kalendero, Lesions tuber«
culeuses comme portes d'entree de la fievre typhoide,
Fenterohepatite suppuree et Tinfection hemorrhagique.
Roumanie med. I. 6. p. 178. 1893.
41) Oriou, Gontribution k Tetude de l'urologie dans
la fievre typhoide au point de vue des oxydations intra-
organiaues et de relimiiiation des dechets de la combustion
et de la desintegration des tissus. Revue de Med. XDI.
11. 12.; XIV. 1. 1893— 1894.
42) Ro bin, Albert, Des oxydations et de Telimi*
nation des dechets dans la fievre typhoide. Reponse a
iV. Oriou. Ibid. XIV. 3. p. 262. 1894.
43) Casaretti,V., Sul rapporto della eliminazione
de^Ii eteri solfonici con la febbre nel tifo. Rif. med. XI.
3. p. 27, 1896.
44) Aporti, F., e F. Radaeli, Sul modo di com-
portarsi dei globuli bianchi nella febbre tifoide. Arch.ital.
di Clin. Med, X^XIII. 3. p. 225. 1894.
45) Thayer, W. 8., Two cases of post- typhoid
anaemia, with remarks on the valne of examinations of
the blood in typhoid fever. Johns Hopkins Hosp. Rep.
IV. 1. p. 83. 1894.
46) Noyes, William B., Enteric fever in infancy.
New York med. Reoord XLVI. 1. p. 1. 1894.
(Mittheilung mehrerer zum Theil recht ungenau be-
obachteter FMUe von Typhus bei kleinen Kindern, darunter
eines von 11 Mon., das an Herzlähmung starb. Nichts
Neues.)
47) Zenetz, M., Ueber Recidive des Abdominal-
typhus. Wien. med. Wchnschr. XIJV. 36—40. 1894.
48) Mason, A. L., Second attacks of typhoid fever
in adulte, two oases. Boston med. and surg. Journ. CXXX«
a p. 180. 1894.
49) Fisk,SamuelA., Abortive and afebrile typhoid
fever. Med. News LXV. 18. p. 479. 1894.
50)Raimondi, Raphael, Fievre typhoide aveo
hypothermie extreme. Gaz. des Hop. LXVII. 109. p. 1009.
1894.
51) Weber, Traugott, Anatomisch-histologische
Untersuchungen über einen Fall von Typhus abdominiüis.
Imrag.-Diss. Zürich 1894.
52) Arnaud, Note sur les lesions du gi'os intestin
daos la fievre typhoide. Arch. de Med. et de Pharm, mil.
XXn. 12. p. 529. 1893.
53) Roth, Ueber Nephrotyphus. Münchn. med.
Wchnschr. XUL 11. p. 236. 1895.
54) Hewetson, John, Tbe urine and the occur-
rence of renal complications in typhoid fever. Johns
Hopkins Hosp. Rep. IV. 1. p. 113. 1894.
(Klinische Bearbeitung der in Johns Hopkins Hospital
beobachteten Fälle. Nichts Neues.)
55) Coradesohi, Umberto, Localizzazionifarin-
gee nel tifo. Gaz. degli Osped. XV. 54. p. 586. 1894.
56) T. Gerloczy, Sigmund, Zwei seltenere Fälle
Toa Abdominaltyphus. Deutsche med. Wchnschr. X Vm.
15. p. 328. 1892.
57) Banti, G., Le setticemie tifiche e le infezioni
pseudotifiche. Rif. med. X. 207. p. 674. 1894.
58) Nourse, Robert L., Pyaemia complicating
typhoid fever. New York med. Reoord XLV. 17. p. 525.
1894. (Nichts Neues.)
59) Galliard, L., La fievre typhoide et les ery-
themes infectieux seoondaires. Semaine med. XIV. 56.
1894.
60) Durand, fievre typhoide anormale ; gangrene
symetriqiie des membres inferieures ; (Imputation des deux
jambes. Guerison. Arch. de Med. et de Pharm. miL
XXrV. 7. p. 44. 1894.
61) Spillmann, F., etG.Etienne, Gangrene des
levres dans la convalescence d'une fievre typhoide ; sep-
ticemie staphylococcique consecutive. Mercredi med.
Mars 13. 27. 1895.
62) Parsons, Alfred R., Notes on a case of
typhoid fever, with rare and rapid^ly fatal complications.
Dubl. Journ. 3. S. (XJLXXXVE. p. 390. 1895.
63) Hobbs, J., Note sur un cas de mort subito au
oours de la fievre typhoide due ä la myocardite segmen-*
taire. Mercredi med. Fevr. 6. 1895. p. 61.
(Tod des ISjähr. Mannes in der 3. Woche eines mittel-'
schweren Typhus an HerzcoUaps, der auf Segmentirung
der Herzmuskulatur zurückgefährt wird.)
64) Potain, De Taortite typhique. Semaine med.
XIV. 58. 1894.
65) W h i t e , W. H a 1 e , Distension and commencing
sappuration of the gall-bladder in association with typhoid
fever. Transact. of the Pathol. soc. of London XLII.
p. 181. 1891.
(Wegen mangelnder bakteriologischer und mikro-
skopischer Untersuchung unbrauchbar.)
66) Sahli, Ueber die Perforation seröser pleurit*
Exsudate, nebst Bemerkungen über den Befand von
Typhusbacillen in dem serösen Pleuraexsudat eines
Typhuskranken. Mittheil, aus Kliniken u. med. Inst d«
Schweiz I. Reihe 9. p. 749. 1894.
(Dieser Fidl ist bereits besprochen: Vgl. Jahrbb.
CJCXLVin. 12. p. 247. 1895.)
67) Klemm, Paul, Die Enochenerkrankungen im
Typhus. Arch. f. klin. Chir. XLVL 4. p. 862. 1893.
68) Bauer, Gustav, Die Entzündungen d.Rippea
nach Typhus abdominalis. Inaug.-Diss. Rostock 1894«
69) Achard, Ch., et A. Broca, Tnflammatiops
typhoidiques du squelette; osteomyelite et chondrite ä
bacilles d'Eberth. Gaz. hebd. XUI. 4. p. 42. 1895.
70) Dardignac, J.-J.-A., Absces froids osseur
typhoidiques. Gaz. hebd. XU. 30. p. 362. 1894.
71) Pagliano, Troubles de Tintelligence dans U
fievre typhoide. Revue de Med. XIV. 7. 8. p. 549 et 656.
1894.
72) Wolf, Carl Leo, Ueber einen Fall von Ulnaris-
lähmung nach Typhus abdominalis. Wien. med. Presse
XXXV. 46. 47. 1894.
73) Lloyd, James Hendrie, Muscular atrophy
and peripheial nerve -changes following typhoid fever.
Univers. med. Mag. VH. 6. p. 379. 1895.
74) Boulay, M., et H. Mendel, Des paralysies
laryngees dans la fievre typhoide. Arch. gen. de Med«
Dec. 1894. p. 708.
75) D u n n , T h 0 m a s D., Some sequelae of typhoid
fever. Univers. med. Mag. VH. 12. p. 909. 1895.
76) Free man, Leonard, Spontaneous disloca-
tion of the hip -Joint in conneotion with typhoid fever«
Med. News LXVIL 17. p. 452. 1895.
77) Gangitanof, Ferdinande, Di un caso di
adenomi multipli dell'intestino cieco in individuo tifoso»
Rif. med. X. 175. p. 291. 1895.
78) Marfan, A. B., La fievre typhoide oongenitale«
Revue prat d'Obstetr. et de paed. VIIL 85. p. 1. Janv. 1895.
Senator (39) liefert ein lehrreiches Beispiel
dafür, wie schwierig unter Umständen ^e Differenz
tialdiagnose Kwischen ÄhdominaUyphua und Miliar"
tuberkulöse sein kann. —
Ein 21jähr., angebhch hereditär nicht belasteter kräf^
tiger Mann, vor 8 Tagen unter leichten Fieberbewegungen
mit Brusterscheinungen erkrankt, zeigte beim Eintritt in
die Klinik in beiden Lungen Verdichton^erde. Am
folgenden Tage setzte plötzlich hohes oontinuirUches Fieber
ein, das bis zum Tode anhielt, in den ersten 14 Tagen mit
starken, späterhin mit weniger ausgesprochenen Morgen-
remissionen. Bald nadi Bennn des hohen I^ebers
Sehmerx und Gurren in der minddarmgegend, Diaxo^
reaktion des Harnes, 5 Tage später Roseola am Bauche,
die sich schubweise ausbreitete, MihschweUung, Die
196
Roether, Bericht über deB Typhus.
VerdichtaDgserBcheiDHii^n , besonders in der rechten
Lunge, nahmen za; die üntersnchnng des spärlichen
Bputum auf TuberkelbaciUen , sowie die eines dünnen
Stuhles auf Typhusbacillen war erfolglos. Tod nach
öwöchiger Krankheit unter Zunahme der Athmungs-
beschwerden und starker Entkräftung. Die Diagnose
schwankte je nach dem Befunde : Erst Tuberkulose, dann
Typhus, zuletzt wieder mehr nach der Seite der Tuber-
kulose, vielleicht neben Typhus. Die Sektion ergab Tuber-
kulose der Lungen und der rechten Pleura ; Schwellung
der DarmfoUikel; im unteren Dünndarme ein flaches Ge-
schwür mit randständigen Tuberkeln. Es handelte sich
also um Tuberkulose.
Babes u. Ealendero (40) theilten bei dem
„Rumänischen Congress zum Studium der Tuber-
kulose'^ mehrere Fälle mit, in denen tuberkulöse
Läsionen die Eingangspforte für gewisse sekundäre
Krankheitserreger abgegeben haben.
In einem Falle handelte es sich um eine 25jähr. Magd,
die mit den Erscheinungen des Unterleibstyphus auf-,
genommen worden war (auch Roseolen, Ileooökalgurren
u. 6. w.), bei der jedoch die Diagnose auf Grund des
Luneenbefundes und der Anwesenheit von Tuberkel-
baciUen im Auswurf auf akute Tuberkulose gestellt wurde.
Bei der Sektion fand man Lungentuberkulose, tuberkulöse
Darmgeschwüre, daneben typhöse Veränderungen der
Follikel und der Mesenterialdrüsen ; in Leber und Milz,
Sowie in einem Tubenabscesse Typhusbacillen neben Bac-
terium colL Nach B. u. £. sind die tuberkulösen Darm-
geschwüre als E&dgangspforte der Typhusbaoülen anzu-
sehen.
üeber die Ausscheidung der Stoffweckselprodükte
im Harne Tgphushranker verbreitet sich eine Disser-
tation von Oriou (41). Die auf eine grössere Anzahl
von Stoffwechseluntersuchungen bei 14 Typhus-
kranken gestützte Studie wendet sich hauptsachlich
gegen eine von Robin vertretene Anschauung,
wonach während des Abdominaltyphus der Eiweiss-
Berfall gesteigert, die Oxydation der Zerfallsprodukte
jedoch in schweren Fällen vermindert sein soll,
wodurch eine den Status typhosus bedingende Auf-
speicherung der Zerfallsprodukte im £Qrper zu
Stande komme. Auf Einzelheiten der stellenweise
etwas unklaren Arbeit einzugehen, können wir uns
um so eher ersparen, als Robin (42) in seiner
Entgegnung dem Verfasser mehrere Unrichtigkeiten
in seinen pathologisch-chemischen Anschauungen
und eine Reihe von Fehlem in seinen Harnanalysen
nachweist
Die Ausscheidung der gepaarten Schwefelsäuren
im Harne Typhuskranker bietet nach Cäsar etti (43)
je nach dem Verhalten der Körpertemperatur auf-
fallende Unterschiede dar. Die als vorläufige Mit-
theilung veröffentlichten Untersuchungen betreffen
2 Typhuskranke, deren Harn zur Zeit des inter-
mittirenden Fiebers bis in die Abfieberung hinein
genau untersucht wurde. Die während der fieberhaf-
ten Stunden (etwa 12 Uhr Mittags bis Mitternacht)
und während der fieberfreien Zeit (Mittemacht bis
Hittag) gelassenen Hammengen wurden jedesmal
gesondert verarbeitet, und es ergab sich regel-
mässig der auffallende Gegensatz, dass die gepaarte
Schwefelsäure im Hame der Fieberzeit sehr spär-
lich, im Hame der fieberlosen Zeit bedeutend über
^ie Norm vermehrt war. Auf die gesammteTages-
Harnmenge berechnet, überstiegen die ausgeischie-
denen Aetherschwefelsäuren die von Ha m mär-
st en auf 0.250 berechneten Mittelzahlen um das
4 — 5fache. Gegen das Ende des Fieberstadium
näherten sich dieWerthe der Aetherschwefelsäuren
in den beiden Hamportionen immer mehr, und nach
der Entfiebemng war kein wesentlicher Unterschied
mehr bemerkbar. C. behält sich eingehendere Unter-
suchungen über den Urspmng und die Bedeutung
der geschilderten Erscheinung vor.
Aporti und Radaeli (44) theilen Unter«
suchungen über den LeukoeytengehaU des Bkäes in
den verschiedenen Stadien des Ti/phuSj sowie über
das gegenseitige Verhältniss der einzelnen Leuko-
cytenarten mit Aus den Ergebnissen der Unter-
suchungen, die an 24 Typhuskranken nach dem
Verfahren von Thoma-Zeiss und von Ehr-
lich ausgeführt worden sind, gehen folgende That-
sachen hervor :
1) In nicht complicirten Fällen ist während
des grössten Abschnittes der Krankheit die Zahl
der Leukocyten weder vermehrt, noch deutlich
vermindert, sie schwankt zwischen normalen
Grenzen (4000—9000). Erst gegen Ende des
Fieberstadium tritt gewöhnlich eine gewisse Ver-
mehmng der weissen Blutzellen ein, welche die
höchsten Normalzahlen erreichen und oft noch über-
treffen. Im Zusammenhange mit gewissen Gompli-
kationen (schwere Bronchitis, Pneumonie, starke
Verschlimmerung der Darmerscheinungen, Peri-
tonitis) stellt sich manchmal eine Leukooytose ein,
die jedoch auch ausbleiben oder der ComplikatioQ
sehr spät erst folgen kann. Nur in einem Falle war
während der ganzen Dauer Leukooytose vorhanden,
ohne dass eine Complikation nachweisbar war.
2) Die Zahlen Verhältnisse der einzelnen Leiiko-
cytenformen bleiben bei Abwesenheit von Compli-
kationen im Allgemeinen normal oder lassen eine
leichte Vermehmng der polynucleären Zellen er-
kennen, so lange die Temperatur andauernd hoch
ist; zu dieser Zeit sind die eosinophilen Zellen ge-
wöhnlich sehr selten. Dagegen sind beim Fieber-
abfalle und in den ersten fieberfreien Tagen die
polynucleären Zellen deutlich vermindert (bis zu
55 — 46®/o), während alle übrigen Formen vermehrt
sind mitEänschluss der eosinophilen, die recht hohe
Werthe (bis 18%) erreichen können, ohne dass
man an Leukämie zu denken hätte. Während der
bei Complikationen auftretenden Leukocytoee ist
die Zahl der pylynudearen stark vermehrt; manch-
mal tritt diese Vermehrung der polynucleären einige
Tage früher auf als die Leukooytose nachge-vriesen
werden kann.
3) Die rothen Blutkörperchen werden im AU«
gemeinen im Laufe der Krankheit vermindert, doch
erreicht die Verminderung, die gewöhnlicli in der
2. oder 3. Woche nachweisbar wird, nie besonders
hohe Grade, Beträchtliche SchwankuDgen in der
Zahl der Blutkörperchen kommen vor und kOnnen
auf Ereignisse zurückgeführt werden, die eine
P 0 e t h e r , Bericht über den Typhus.
197
Eindickung oder Verdünnung des Blutes bedingen.
Der Hftmoglobingehalt der Zellen bleibt meistens
annähernd normal.
A. u. K. schliessen aus diesen Befunden, be-
sonders ans der relativen Vermehrung der poly-
nudeftren Zellen, dass im Typhus nicht eine Be-
schleunigung, sondern eine Verlangsamung der
Lenkocytenbildung stattfindet.
AehnlicheErgebnisse hatten die TonT h ay er (45)
in der Osler 'sehen Klinik des Johns Hopkins Hospi-
tal angestellten BhUuntersuchungen bei T)fpku8kr<m-
ken. Th. fand die Zahl der polynudeären Zellen
schon in der 3. Krankheitswoche etwas herabgesetzt
und diese Verminderung nahm gewöhnlich bis in
die 6. Woche hinein noch zu. Mit der Verminderung
der polymorphkernigen ging eine auffallende Ver-
mehrung der grossen mononucleären Zellen einher.
Die Gesammtzahl der Leukocyten zeigte im Ali-
gemeinen während des Krankheitsverlaufs und in
den ersten Wochen der Convalescenz eine leichte
Abnahme, jedenfalls fand sich keine Andeutung
einer Leukocytose. Bei 2 jungen kräftigen Leuten
trat nach Ablauf des Typhus eine sehr bedenkliche
AnAmie auf, bei der die Zahl der rothen Blut-
körperchen auf weniger als l^/f Millionen im Cubik-
millimeter, der Hämoglobingehalt auf 25^/o herab-
sank. Beide Fälle endeten in Genesung. Eine
deiche Verminderung der rothen Blutscheiben bildet
jedoch eine Ausnahme ; im Durchschnitte sank ihre
Zahl auch nach schwerer Typhuserkrankung nicht
unter rund 4 Millionen.
Nach Zenetz (47) besteht zwischen Recrvr
descenx, Nachschvh und JRecidiv beim Typhus abdo-
minaüs kein principieller Unterschied, wie denn
diese Ausdrücke von den verschiedenen Aerzten
in ganz verschiedener Weise angewendet werden.
Bei genauer Beobachtung gelingt es, alle möglichen
Uebergänge von dem einen zu dem anderen dieser
Vorkommnisse zu finden^ und setzt man die Be-
ätimmiing des Temperaturablaufs und des Pulses,
sowie des Körpergewichts in der fieberfreien Zeit
lange genug fort, so ist man oft in der Lage, auch
während des fieberfreien Intervalles die Fortdauer
gewisser krankhafter Erscheinungen darzuthun.
Zu diesen Erscheinungen gehören, ausser gewissen
Stfimngen im Allgemeinbefinden des Kranken,
Schwankungen in der Pulsfrequenz, abnormes Ver^
halten der Morgen- und Abendtemperaturen zu
einander, auch subnormale Temperaturen, vor Allem
aber fehlende oder ungenügende Gewichtszunahme.
6o lange derartige Anzeichen gestörter Convalescenz
t)e8tehen, muss man auf eine erneute Verschlim-
merung ge£asst sein und sich mit der Diät danach
einrichten.
Ziceimalige Erkrankung an Typhus innerhalb eines
Zeüraums von 2 Jahren beobachtete Mason (48)
hei einer 24jähr. Wärterin und einem 2 2jähr. Koch.
Die charakteristischen Erscheinungen waren in
jedem der beiden Anfälle gleich ausgesprochen, so
^bse die Diagnose unzweifelhaft ist.
Fisk(49) giebt mehrere Beispiele von abor^
iivem Typhus, in denen das Fieber und die Krank-
heitserscheinungen des Typhus nach 8 — 10 Tagen
verschwanden, sowie von einigen sicheren Typhus-
fällen mit ganz leichter und kurzdauernder oder
ganz fehlender Temperatursteigerung. Daneben
will er in Typhuszeiten Fälle beobachtet haben,
die er ebenfalls auf Infektion mit Typhusgift zu-
rückführt, in denen neben allgemeinem Krankheits-
gefühl subnormale Temperaturen als einzige objek-
tiv wahrnehmbare Erscheinung bestanden.
Aulfallend hohe Qrade von Hypothermie im
Typhus beobachtete Raimondi (50).
Der Fall betraf dnen lljähr. Jungen, bei dem im
Stadium der steilen Carven (Anfang der 5. Krankheit«-
woche) plötzlich and ohne bekannte Veranlassung die
Körperwärme Morgens auf 32.8«' absank (Mastdarmtem-
peratur). Am Abend betrug die Temperatur 34<»; 2 Tage
später ging sie auf 31^ herab und am 4. Tage erfolgte der
Tod im tiefsten Collaps. Die Sektion ergab ausser Pleura-
und Perikardialer^ass und einigen Hepatisationsherden
in den Lungen nichts Besonderes.
Ueber hisiologiscke üniersuchtmgen der typhös
veränderten Darmsdileimhaui berichtet Weber (51)
aus dem Züricher patholog. Institute.
Er fand bei der Sektion eines am Ende der 1. Krank-
heitswoche Gestorbenen auf vielen der geschwollenen
Feyer'schen Plaques schmutziggraue festhaftende Beläge,
die meist keine zusammenhängende Schicht bildeten,
sondern in unregelmässig netzförmiffer Anordnung bald
mehr der Mitte, bald dem Rande des Follikelhaufens auf-
sassen. Mikroskopisch erwiesen sich diese Beläge als
zusammengesetzt aus Mikrococcushaufen , nekrotischen
Schleimhaatepithelien und Fibrin, welches letztere in
Form eines Netzwerks in (he Tiefe der Mucosa bis zur
Muskelschicht vordrang. Dieser Befand reiht sich de^
von Hof mann (Inau^.-Diss. Marburg 1890) unter
Marchand *s Leitung in einem ähnUchen Falle be-
schriebenen Bildern an.
W. suchte femer auf Grund dieses Falles zu
entscheiden, woher die grossen protoplasmareichen
Zellen in den DarmfoUikeln uhd Lymphdrüsen
stammen, die für den Typhus als charakteristisch
bekannt sind, und kommt zu dem Schlüsse, dass
diese Zellen als die gewucherten Endothelien der
Lymphbahnen zu betrachten seien. Er folgert
das aus ihren Lageverhältnissen in den Lymph-
bahnen, aus dem Fehlen der normal hier vorhan-
denen Endothelien, sowie aus dem Umstände, dass
in den Lymphspalten der Umgebung des Follikels
ähnliche Wucherungen der Endothelien nachweis«
bar sind.
Veränderungen der Dickdarmschleimhaut im
Typhus fand Arnaud (52) bei den im Norden
von Tunis garnisonirenden Truppen auffallend
häufig. Von den 117 in den Jahren 1890—1893
an Typhus Gestorbenen hatten 86 «» 73.6% mehr
oder weniger ausgesprochene Erscheinungen im
Dickdarme, von denen A. 3 Grade unterscheidet :
1) Follikulitis (43 Fälle), 2) kleine einzelstehende
oder zusammenfliessende Ulcerationen (39 Fälle),
3) fiächenhafte tiefgreifende Gesohwürbildung mit
Nekrotisirung der oberflächlichen Schleimhaut«
schichten (4 Fälle). Die Srschoinungen haben ge-
198
Roether, Bericht über den Typhus.
wisse Aehnlichkeit mit dysenterischen Veränderun-
gen ; A. wirft daher die Frage auf, ob es sich in
diesen Fällen uifi eine Mischung von Typhus mit
der in jenen Gegenden sehr häufigen Dysenterie
handle. Fast alle Aerzte, die Sektionen solcher
Leichen gemacht haben, sind geneigt, die Läsionen
▼iel mehr dem Typhus, als der Ruhr zuzuschreiben,
doch erwartet A. entscheidende Aufschlüsse nur
Ton einer grösseren Reihe genauer bakteriologischer
Untersuchungen, an denen es bis jetzt gänzlich
fehlt
PyeUiis als vorherrschende Krankheitserscheinung
beobachtete Roth (63). Er stellt diesen Fall in
Parallele zu denjenigen Fällen, in denen Nieren-
erscheinungen das Ejrankheitsbild derart beherr-
schen, dass sie zur Aufstellung des sogen. Nephro-
iyphus Veranlassung gegeben haben. Der Fall ist
ausserdem dadurch bemerkenswerth, dass er recht
erhebliche diagnostische Schwierigkeiten bot
Ein 16jähr. Zimmermann erkrankte miter fieber-
haften AUgemeinerscheinangen mit heftigen Schmerzen
in der rechten Lendengegend, die gegen den Unterleib
ausstrahlten. Bei der Aufnahme 4 Tage später fand man
hohes Fieber, Herz and Langen normal, Leber and Milz
nicht vergrössert, dagegen lebhafte Schmerzhaftigkeit
und Druckempfindlichkeit der rechten, geringere der
linken Nierenge^end. Der Harn war spärlich, trüb,
dunkelroth, enthielt 3.6^/oo Eiweiss nach E s b a c h , viele
geschwänzte und dachziegelförmig gelagerte Epithel-
zellen, viele weisse Blutkörperchen, keine Cylinder. Erst
4 Tage nach der Aufnahme traten Roseola, Typhusstuhl
und Milzsch wellung hinzu. Am 17. Erankheitstage war
die normale Temperatur erreicht Die Hammenge war
vom 11. Tage ab allmählich bis zu 3300 ccm gestiegen,
der Eiweissgehalt hatte ebenso wie die Zahl der Nieren-
beckenepithelien und Blutkörperchen abgenommen. Ei-
weissreichere Nahrung verursachte sofort wieder ver-
stärkten Eiweissgehalt des Harns. Ausgang in Genesung.
Da Nierencylinder stets fehlten, kann Nephritis
nicht angenommen werden ; die starke Eiweissausschei-
dung dürfte auf Cirkolationstörangen in den Nieren-
gefässen zu beziehen sein. R. empfiehlt bei dieser Com-
plikation grosse Vorsicht mit kalten Bädern, die er nur
in dringendsten Fällen für erlaubt hält. Er macht ferner
auf die Schwierigkeit der Emährang aufmerksam, die
darin hegt, dass der Eiweissgehalt der Nahrung äusserst
vorsichtig ausprobirt werden muss, um einerseits neue
Schädigungen von der Niere fernzuhalten, andererseits
den Anforderungen der Kräftewiederherstellung zu ge-
nügen.
Goradeschi (55) theilt 5 Krankengeschich-
ten von sogen. Pharyngoiyphus mit, bei dem der
typhöse Process zunfichst im Pharynx lokalisirt
sein soll und die Darmerscheinungen erst spater
eintreten.
Ein Fall betrifft C. selbst Er erkrankte während
der Behandlung eines schwer Typhuskranken mit Sohluck-
schmerz, Kopfweh und Fieber. Die Milz war fühlbar
vergrössert, die Zunge weiss belegt, die Mandeln und die
Submazillardrüsen waren stark geschwollen. Am Ende
der 1. Krankheitswoche zeigte sich auf der rechten Mandel
eine weissUche Erhabenheit, die sich in den nächsten
Tagen in ein linsengrosses flaches Geschwür umwandelte.
Nunmehr traten auch Darmerscheinungen auf: Meteo-
rismus, Ueooökalgeräusch, Erbssuppenstohl. Das Ge-
schwür auf der Mandel war erst nach 24 Tagen geheilt,
das Fieber dauerte bis zum 30. Tage ; die Erholung ging
langsam von Statten.
In 2 anderen Fällen war gleichfalls die Tonsille Sitz
des Geschwürs, in einem letzten Falle, einem „Abortiv«
typhös*^, kam es nur zur entzündlichen. Schwellung.
[Bakteriologische Untersuchungen fehlen ! Ref.]
Im Oegensatze hierzu steht der von v. Qer-
löczy (56) beschriebene Fall einer MischinfekHon
von 'Ikff>hu8 abdominalis und Oroupdiphtherie. der
anfänglich grosse diagnostische Schwierigkeiten
machte.
Ein 14jähr. kräftiges Dienstmädchen, vor 5 Tagen
mit Schüttelfrost, Hitze, Kopfschmerzen, Schlackweh
und mehrmaligem Erbrechen erkrankt, wurde wegen
RöUiung und ^h wellung im Rachen in die Diphtherie-
abtheilung aafgenommen. Es bestanden hohes Fieber mit
einem Piüse von 144, geringe Albuminarie und Milz-
sch wellung, sowie ausgebreiteter Bronchial katarrh. Die
Schluckschmerzen wurden stärker, doch trat kein Belag
im Rachen auf, dagegen fand man nach 5 Tagen Roseola,
dikroten Puls von 120 und vermehrte Mil^chwellung,
weshalb Ueberführung in die Typhosabtheilung. Am
anderen Tage starker diphtherischer Belag im Kachen,
der rasch um sich griff; Tod 3 Tage später. Die diph-
therischen Membranen reichten bis in die grossen Bion-
chialäste ; die typhösen Veränderungen im Darme waren
deutlich aasgeprägt
V. G. nimmt an, dass von vornherein bei dieser Kr.
diphtherische Infektion bestand, wobei nur das späte
Auftreten der Membranen auffallend ist; die Möglichkeit,
dass die Fat erst in der Diphtheriestation inficirt wurde,
lässt sich jedoch nicht ausschUessen.
Echte Sepiioaemia typhosa bei einer 33jähr,
Frau beobachtete Banti (57).
Die Kr., die mit den gewöhnUchenAllgemeinerschei-
nun^en erkrankt war, war bei der Aufnahme, etwa am
9. Fiebertage, benommen, hatte den typischen typhösen
Gesichtsausdruck, rissige Zunge und Lippen, Bronohitis
und Sehnenhüpfen, dagegen fehlten Roseola und Milz-*
Schwellung, sowie jegliche Zeichen von Darmerkrankung.
Das Krankheitsbild blieb unverändert; am 21. Fiebertage
trat unter allgemeiner Entkräftung der Tod ein. Bei der
Sektion fand sich der Darm ganz normal bis auf ein
erbsengrosses, rundes, oberflächliches FoUikulärgeschwar
am Ende des Ileum; Mesenterialdrüsen normal, Milz
klein und etwas blass, Leber mit Zeichen fettiger Ent-
artung, Nieren mit den Erscheinungen parenchymatöser
Entzündung. Im Saft der Leber, der Milz und der
Nieren, auch im Herzblut, fanden sich Stäbchen, die nach
den Cultarergebnissen auf Gelatine, Agar, Milch, Kar*
toffel und in Traubenzuckerbouillon als Typhusbadllen
angesehen werden müssen. Es handelt sich hier also
um eine primäre, durch den Eberth 'sehen BacOlns er-
zeugte Septikämie. Auf welchem We^ dieser in dot
Körper eingedrungen ist, lässt sich nicht entscheiden;
B. stellt die Yermuthung auf, dass vielleicht das kleine
Geschwür im Dünndarm als Eingangspforte gedient habe.
Als Pseudotyphus bezeichnet Banti mehrere
Erkrankungsfälle, die er in einer Familie zu Florens
beobachtet hat
Die 5 Famihenmitgheder, sowie ein ausser dem
Hause wohnendes und speisendes Dienstmädchen er-»
krankten von Anfang März bis Mitte April nacheinander
unter denselben Erscheinungen, die die grösste Aehnlich-
keit mit Typhus abdominalis hatten bis auf die fehlenden
Roseolen; auch der Verlauf stimmte vollständig mit
diesem überein. Eine Frau starb ; bei der Sektion fluid
sich Schwellung der Solitärfollikel im untersten Deum,
keine Ulcerationen, dagegen zeigten das Dannepithel
starke hyaline Entartung, Nieren und Leber trübe Schwel-
lung. Die genaueste mikroskopische und bakteriologische
Untersuchung des Blutes und der inneren Organe war
nicht im Stande, die Gegenwart irgend eines Bacülua
nachzuweisen. Das Blut war ebenso frei von Protozoen.
B. glaubt die Krankheit daher als Pseudotyphus aufifassen
R 0 e t h e r , Bericht über den Typhus.
199
zn müssen. Die Annahme einer Tergiftang durch Lebens-
mittel ist bei der allmählichen Entwickelong der Haus-
epidemie ausgeschlossen. Eben so wenig kann es sich
um eine Infektion mit Malaria, Recurrens, Staphylo-,
Strepto- oder Diplokokken oder mit Proteusarten han-
deln; der Krankheitserreger ist eben unbekannt. B. ver-
muthet, dass sich der Erreger in einem nicht untersuch-
ten Körpertheil angesiedelt und durch seine Toxine den
Körper vergiftet habe. Die Annahme, dass ein neuer,
mit den jetzigen Methoden nicht nachweisbarer Spaltpilz
im Spiele sei, hält B. für weniger wahrscheinlich.
Qalliard (59) giebt die Beechiaibung eines
Falles von Eryihema acarlatinifanne desquamattvum,
das in der Typhusreconvalescenz aufgetreten war.
Die ITjähr. Er. hatte bei einem schweren Typhus
Ton einem Decubitus am linken Ellenbogen aus eine
Phlegmone bekommen, die am 30. Erankheitstage incidirt
worden war. Etwa 10 Tage später erschien erat an
diesem Arm, dann auch an den anderen Gliedern, zuletzt
am Rumpf und im Gesicht ein kleinpapulöses Exanthem,
das bald confluirte und stellenweise Blasenbildung zeigte,
besonders an den Fusssohlen. Später stellten sich gleich-
missig scharlachrothe Färbung und fetzige Abschuppung
ein. Beim Mangel jeder nachweisbaren Ursache ist
dieser Ausschlag wohl auf eine sekundäre Infektion zu
beziehen, wie ja derartige Fälle bei Diphtherie, Septikämie
Qnd vor Allem bei Cholera häufiger beobachtet werden.
Von dem durch Durand (60) mitgetheilten Falle
Ton Gangrän beider Unterschenkel bei einem jungen
Freiwilligen ist eigentlich nur der Umstand erwähnens-
werth, dass die anfänglich verweigerte Amputation erst
nach 4 Monaten, mit völligem Gelingen, ausgeführt wurde.
Fortschreitende Gangrän der Lippen mit tödtlichem
Ausgang sahen Spillmann und Etienne (61) in der
Convalescenz eines leichten Typhus bei einem 49jähr.
kräftigen Manne auftreten. Der fcr. war Alkoholiker und
hatte sehr schlechte Zähne. S p. und E. fordern daher
strengste Mundantisepsis auch inderTyphusconvalescenz.
Parsons (62) behandelte einen 2^ähr. Typhus-
kranken, der am 33. Erankheitstage wegen Glattisödem
tracheotomirt werden musste. Wenige Minuten nach
ISoiahrung derEanüle begann sich in der Umgebung der
Wunde ein Hautemphysem zu entwickeln, das sich in
den nächsten Stunden bis zum Poupart'sohen Bande aus-
dehnte. Tod nach 14 Stunden. Das Glottisödem war
durch eine oberflächliche Nekrose der Epiglottis ver-
anlasst, die Ursache des Hautemphysem wurde bei der
Sektion nicht aufgeklärt
Als Fall von Aortitis typhosa stellte Potain (64)
oneo 22jähr. Pat vor, der einen mittelschweren Typnus
durchgemacht hatte und nun am 41. Erankheitstage fol-
nnde Erscheinungen darbot: Puls 112, Verbreiterung der
Herzdämpfung, sowie der Dämpfung über der Aorta am
Hanubrium stemi; die Art. subclavia war leicht hinter
dem Schlüsselbein zu fühlen, was P. darauf bezog, dass
die obere Grenze des Aortenbogens und damit der Ur-
aprang der Subclavia nach oben verlagert waren. Ge-
Yäosche waren nicht hörbar. Die Prognose stellte P.
günstig (er hatte 3 gut verlaufene Fälle beobachtet), doch
ist nicht ausgeschlossen, dass sich später Aortensklerose
ciiBtellt
Uebor die Knoehenerkrankungen im Tgphus hat
Klemm (67) auf Grund eigener und fremder Be-
obachtungen eine sehr beachtenswerthe Studie ge-
liefert, aus der hier nur einige Hauptpunkte hervor-
gehoben werden kOnnen. KL unterscheidet fol-
gnde Typen:
1) Specifiaoh typhOse Enochenerkrankung:
a) oortikale Osteomyelitis mit Neigung zu spontaner
Besorption der krankhaften Neubildung, b) corti-
Jtale Osteomyelitis mit Neigung zur Verkäaung,
c) cortikale Osteomyelitis mit Neigung zu Ver-
flüssigung, die jedoch in keiner Weise mit Eiterung
verwechselt werden darf, d) centrale Osteomyelitis
mit Ausgang in Sequesterbildung. 2) Eiterung
des Knochenmarkes im Sinne der gewöhnlichen
infektiösen Osteomyelitis, als Ausdruck einer Misch-
infektion durch Ansiedelung zweier Mikroben-
species im Knochenmark.
In den von KL im Bigaer Krankenhaus be-
obachteten Fällen handelte es sich einmal um den
Typus Ic, einmal um den Typus Id; in beiden
Fällen wurde im Exsudat der TyphusbaciUus in
Seincultur nachgewiesen. In einem dritten Falle
handelte ee sich um den Typus 2 (Mischinfektion
mit TyphusbaciUen und Staphylococcus pyogenes
aureus). Der Sitz der Knochenerkrankung war in
allen 3 Fällen der OberschenkeL Für die spe-
cifiech typhöse Knochenerkrankung schlägt KL
die allgemeine Bezeichnung Osteomyelitis typhosa
non purulenta vor, da die durch Einschmelzung der
Krankheiteprodukte entstehende schleimig-hftmor-
rhagische Flüssigkeit mit Eiter nichts gemein habe.
Ueberhaupt spricht KL dem TyphusbaciUus eiter-
erregende Eigenschaften durchaus ab und stützt
sich dabei auf Thierversuche, denen wir im
Capitel IV noch einmal begegnen werden.
Von den typhösen Knochenerkrankungen sind
die Entzündungen an den Bippen verhältnissmässig
recht häufig. Die Dissertation von Bauer (68)
berichtet neben 9 aus der Literatur zusammen-
gestellten Beobachtungen über 8 Kr. dieser Art,
die in den letzten Jahren in der Rostocker chir-
urgischen Klinik zur Beobachtung und theilweise
zur Operation kamen. Die Afifektion trat bald
noch während des Typhus selbst, bald kürzere
oder längere Zeit nach überstandener Krankheit
auf und betraf fast immer die Rippe an der Knorpel-
grenze. Klinisch unterscheidet B. 3 Formen:
„1) Periostitis et Perichondritis flbrosa seu ossifi-
cans ; 2) Periostitis et Penchondritis rarefaoiens s.
granulosa; 3) Periostitis et Perichondritis rare-
faoiens et granulosa et suppurativa.^^ Bakterio-
logische Untersuchungen wurden nur in einem
Falle (beschrieben von H i n t z e , vgL den letzten
Bericht Nr. 62) vorgenommen und ergaben das
Vorhandensein von TyphusbaciUen und Pyocyaneus
in dem als „dünner, schmierig-gelber Eiter** be-
schriebenen Absoessinhalt
Bezüglich der Behandlung ist von Wichtigkeit,
dass die Affektion öfter im Laufe von Monaten von
selbst zurückging, andererseits aber sich die Hei-
lung auch nach ausgiebiger Entfernung alles Er-
krankten oft auHlallend in die Länge zog. B. räth
daher, die Geschwulst so lange nur zu beobachten
und sich JQgUchen Eingriffes zu enthalten, bis sich
deutliche Fluktuation zeigt und die Hautdecke
dünner wird.
Achard und Broca (69) theUen 3 Fälle von
posttyphöser Entzündung am Skelet mit, von denen
jedoch einer (chronische Ostitis an der Clavicula
200
Soether, Bericht über den Typhus.
bei einem 9jähr. Knaben) mangels bakteriologischer
Untersuchung ausser Betracht bleiben muss.
In dem zweiten Falle handelte es sich um einen
lOjfthr. Knaben, bei dem sich die Erscheinungen einer
Osteomyelitis am unteren Ende der rechten Tibia gleich
z\x Anfang der typhösen ErkranJcung geltend machten, so
dass die Diagnose zwischen Ostitis typhosa und Status
typhosus bei Osteomyelitis schwankte. 6 Wochen nach
Beginn der Krankheit wurde in der Markhöhle ein mit
dickem Eiter gefüllter Abscess aufgedeckt Der Eiter
enthielt, genau untersucht, ausschliesslich Typfausbacillen.
Der dritte Fall betraf einen 26jähr. Mann, bei dem
während der Typhusconvalescenz erst Schmerzhaftig-
keit, dann eine umschhebene Anschwellimg am linken
8. Rippenknorpel auftrat. Operation 6 Wochen nach dem
Krankheitsbeginn. Der Knorpel war auf eine Strecke
von 2 cm von zahlreichen, wenige Eitertropfen enthalten-
den Gängen durchsetzt, „wie von Würmern zemi^'^.
Auch hier ergab die Untersuchung die ausschliessliche
Anwesenheit des echten, kein Indol bildenden, Laktose
nicht vergährenden und Milch nicht zur Gerinnung bringen-
den Typhusbacillus.
In den 3 von Dardignae (70) mitgetheilten
Fällen von posUyphöser KnochenerUxündung fehlt
die bakteriologische Untersuchung, doch ist der
eine Fall deshalb bemerkenswerth , weil die mit
starken „dolores osteocopi^* einhergehende sym-
metrische Knochenauftreibung an beiden Schien-
beinen lange Zeit als syphilitische Knochenerkran-
kung — ein verdächtiges Ulcus war vor der
Typhuserkrankung im Lazareth zur Beobachtung
gekommen — betrachtet wurde. Erst die Erfolg-
losigkeit wiederholter Quecksilber- und Jodkalinm-
karen lenkte die Diagnose auf die richtige ItLhrte.
Nach der Operation trat Heilung ein.
Eine durch dieAoad6miedeM6d. preisgekrönte
ATbeitvonPagliano(71) giebt auf Omnd eigener
und fremder (meist französischer) Beobachtungen
eine sehr lesens werthe Darstellung der Bewuastsein-'
Störungen im Typhus mit Mnsehluss der Oeistes-
krankheUen.
Ohne wesentlich Neues beizubringen, ist die
Arbeit doch dadurch werthvoU, dass sie die Lücken-
haftigkeit der bisherigen Beobachtungen in manchen
Punkten klar hervortreten lässt So f^en z. B.
bezüglich der SpraehsWrungen im Typhus fast alle
Angaben darüber, ob es sich um eine amnestische
oder um eine anarthrisohe Aphasie handelt, ob
sie mit Agraphie und Alexie verbunden ist n. s. w.
Bezüglich der FcUhogmese steht P. auf dem Stand-
punkt, dass die BewusstseinstOrungen weder vom
Fieber, noch von Hyperämie oder Anämie, noch
auch von Oedem des Gehirns, sondern allein von
der Aufnahme der Bacillentoxine abhängig sind.
Hieraus leitet P. bezüglich der BehatuUung die
Forderung ab, dass man die Entstehung dieser
Toxine durch Darmantisepsis möglichst zu ver-^
hindern streben soUe, wobei er empfiehlt, mit den
verschiedenen Mitteln (Naphthol, Bismuth, Said,
Benzonaphthol) Öfter abzuwechseln.
Einen „von schweren QMrnersdieinungen he-
gleiteten Fall von fieberlosem Typhus abdominalis''
schildert v. Gerlöczy (56).
Das 9jähr. Mädchen hatte nur in den ersten fä^n
nach der Aufnahme, und zwar immer Morgens, eme
fieberhafte Temperatursteigerung (39— 39.3<»); späterhin
erhob sich die Körperwärme nicht über die Norm. Dabei
hatte das Kind Anfangs einen Pols von 180 in der Minute,
zeigte grosse Unruhe, Delirium, dann meningitische Er-
scheinungen (Hyperästhesie, schwache PupillenreaktioD).
Dieser hoffhun^ose Znstand begann nach etwa litägiger
Dauer langsam in die Convalescenz überzugehen, die
durch das Auftreten von Abscessen und Furunkeln,
sowie das Eischeinen eines rubeolaähnliohen Ausschlags
gestört war, aber schliesslich doch mit völliger Genesung
endete.
Der von Wolf (72) beschriebene Fall von UlnariS'
lähmung nach Typhus bei einem lOjähr. Knaben (völlige
Lähmung, starke Atrophie und ausgeprägte Entartungs-
reaktion der vom ülnaris versorgten Muskeln der rechten
Hand neben geringer Herabseteung der faradocutaneo
SensibiUtät) unterscheidet sich von 6 aus der Literatur
gesammelten Fällen dadurch, dass die Lähmuns ohne
jede Oefühlstörung begonnen haben soll, während sonst
Schmerzen und Parästhesien frühzeitig und andauernd
vorhanden zu sein pflegen.
Lloyd (73) sah bei einem 30jäbr., blödsinnigen
Manne in der 6. Woche eines schweren Typhus anter
lebhaften Schmerzen eine Lähmung beider Beine mit
nachfolgender Contraktur im Kniegelenk auftreten. Yier
Monate später war die Sensibilität überall erhalten,
(juadriceps und Wadenmuskeln, namentlich aber die Pero-
näalmuskulatur der linken Seite waren stark atrophisch ;
hier fehlte jede Spur von elektrischer Erregbarkeit, wäh-
rend die übrigen befallenen Muskeln nur partiello Ent-
artungsreaktion zeigten. Die Patellareflexe waren vor-
handen. Mit dem Yorschlaf L.'s , den Fall als ,jpro-
gressive neurotische Muskelatrophie*^ zu bezeichnen,
können wir uns nicht ganz befreunden, da der Zustand
der gelähmten Muskeln sich späterhin besserte, die Ent-
artungsrealLtion verschwand und sogar die linke Waden-
mnskulatur wieder erregbar wurde.
Stimmbandlähmungen im Jkff>ku8 sind nach
Boulay und Mendel (74) nicht so selten, wie
es nach den spärlichen YerOfifentlichungen den
Anschein hat; manche EehlkopfstGrung, die ge-
wöhnlich durch typhöse Laryngitis erklärt wird,
dürfte sich beim Oebrauch des Kehlkopfspiegels
als Stimmbandlähmung herausstellen. B. und M.
haben im Anschluss an einen selbstbeobachteten
Fall 17 Beobachtungen aus der Literatur gesam-
melt, von denen allerdings einige nicht hinreieheiKl
genau beschrieben sind. Die Affektion tritt in der
Regel während der Convalescenz auf, doch &&d
sie sich in einem Falle auch schon am 5. Krank-
heitstage; in einem anderen soll sie sich erat
5 Monate nach dem Fieberabfall entwickelt haben.
Sechsmal handelte es sich um Lähmung der Er-
weiterer, 4mal um Lähmung derVereogerer, ömal
um einseitige, 2mal um doppelseitige Recorrena*
lähmung. Die Ursache ist in den meisten miea
peripherische Neuritis; Compression durdi ge«
schwollene Lymphdrüsen ist nach B. und M. sehi
selten. Die schlechteste Prognose giebt die Läh^
mung der Erweiterer: 5mal unter den & mi<
war die Tracheotomie nothwendig und nur
einem der Kranken besserte sich die Lähmu
soweit, dass er die Kanüle endgültig ent
konnte. Bei den ander^i Formen war Heüuni
etwas häufiger, doch blieb in schwenen mien di
ttoether, Bericht über den Typhus.
201
Lähmung eine endgültige. [Vgl. hierzu die Arbeit
von Lublinski, Jahrbb. CCXLIX. p, 45.]
Ueber das Vorkommen von Erythema nodosum
als Folgekrankheü des Typhus ist bis jetzt, v\rie es
scheint, nichts bekannt, doch hält Dünn (75) es
für mehr als ein zufälliges Zusammentreffen, . dass
er unter 9 von ihm behandelten Typhuskranken
bei 3 diese Affektion als Nachkrankheit hat auf-
treten sehen. Meist zeigten sich die typischen
Knoten in der 2. Woche nach Beginn der Con-
valescenz; ihr Auftreten war von rheumatischen
Schmerzen und massigem Fieber begleitet, das
10 — 12 Tage andauerte. Zv^rei der Kranken hatten
einen leichten Typhus durchgemacht; der dritte
hatte ein Fieberstadium von 30 Tagen gehabt. Bei
diesem Letzteren stellte sich 2 Wochen nach Ab-
lauf des Erythems Periostitis an der rechten Tibia
und Clavicula ein, die unter Abscedirung heilte.
Die Arbeit enthält ausserdem noch Notizen über
andere Folgeerscheinungen des Typhus: Venen-
und Arterienthrombosen, Stupor, Aphasie, Melan-
cholie mit Selbstmordversuchen. Etwas Beson-
deres lässt sich aus diesen kurzen Angaben nicht
entnehmen.
Einen Fall von „^^onianer LuaxUion" dss Büß-
gelenks naeh lkff>hu8 theilt Freeman (76) mit
Unter 43 F&llen von Gelenkentzündung im An-
Bchluss an continuirliche Fieber, dieKeen 1877
zusammengestellt hat, waren 27 spontane Luxa-
tionen des Hüftgelenks, von denen 15 auf Abdo-
minal-, 7 auf Flecktyphus bezogen werden konnten.
Doch mögen diese Zahlen angesichts der Verwir-
rung, die bezüglich der Benennung dieser beiden
Krankheiten früher bestand, ungenau sein ; jeden-
falls ist Hüftluxation nach Unterleibstyphus sehr
selten. Ihre Entstehung ist so zu denken, dass
durch einen Flüssigkeiterguss die Gelenkenden
auseinanderweichen, die Gelenkbänder erschlaffen,
worauf eine forcirte Bewegung das Austreten des
Gelenkkopfes bewirkt
Der von Fr. beschriebene Fall betrifft ein lOjähr.
Mädchen, das im Verlaufe eines schweren Typhus eine
Entzündung (Schwellung und Schmerzhaftigkeit) des
regten und dann des luiken Hüftgelenks bekam, ihst
nachdem das Kind das Bett in der 7. Woche verlassen
hatte, bemerkte man die falsche Stellung des linken Beines,
die genau der typischen Stellung im 3. Stadium der tuber-
kulösen Coxitis entsprach. In Narkose gelang es, den
Oelenkkopf znrückzubringeq, worauf das Gelenk wieder
gebrauchsfähig wurde. Eine Verkürzung des Unken Beines
um Ys Zoll, (he noch nach 5 Mon. unverändert bestand,
bezieht Fr. darauf, dass während der lOwöchigen Dauer
der Luxation das Wachsthum des Beines stiUgestanden
habe.
MuUiple Adenome im Minddarme als Todes-
Ursache bei Typhus beschreibt Qangitano (77).
Bei der Sdction eines am 18. Krankheitstage in Folge
Darmblutung gestorbenen 22jähr. Mannes faiiden sich,
neben den gewöhnlichen typhösen Yeränderungen , im
Bbnddarme etwa 15—20 theils breit aufsitzende, theils
gestielte Tumoren von Gerstenkorn- bis Erbsengrösse, die
in ein fest haftendes Blutgerinnsel eingebettet waren. Die
mikroskopische Untersuchung ergab, dass es sich um
echte Adenome , bestehend aus einem stark vaskulah-
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
sirten Stützgewebe und einfachen Drüsenschläuchen mit
Cyhnderepithel, handelte. Die vielfach zerldüftete Ober-
fläche war mit cylindrischem , theilweise mortificirtem
Epithel bekleidet, unter dem unmittelbar ein Netz enorm
erweiterter Capillaren lag. Da die typhösen Geschwüre
sämmtUch nur ganz oberflächlich waren, nimmt G. an,
dass die tödtliohe Blutung einzig und allein aus diesen
Neubildungen stammte.
Die Arbeit von Marfan(78) enthält eine [wenn
auch nicht vollständige] Zusammenstellung der bis
jetzt beobachteten Fälle von Typhusinfektion bei
Neugeborenen oder unreifen Früchten. Die Infek-
tion stellte sich immer als eine typhöse Septikämie
dar; die charakteristischen Erankheitserscheinxin-
gen im Darme wurden nie gefunden. Die unter-
suchnngsergebnisse machen es wahrscheinlich, dass
der Typhnsbaoillus die Placenta dorohwandem
kann, ohne dass diese wahrnehmbare Veränderungen
zeigt Der Fötus stirbt in Folge der typhösen In-
fektion meist im Uterus ab; wird er lebend ge-
boren, so erliegt er gewöhnlich bald der typhösen
Septikämie. Ob die Krankheit bei dem Neugebo«
renen auch heilen kann, lässt sich nicht entschei-
den, doch wurde mehrfach beobachtet, dass Kinder,
die von typhuskranken Müttern geboren waren,
schwächlich waren und InderEntwickelungzurük-
blieben. Bei einem von Thiroloix undCorbin
(Thdse de Paris) untersuchten 12jähr. Mädchen be-
stand eine gewisse Schwäche der Intelligenz mit
einer eigenthümlichen Sprachstörung, die auf intra-
uterine Typhusinfektion zurückgeführt wird, da die
Mutter zur Zeit der Geburt an einem schweren
Typhus gelitten hatte und andere Ursachen, Here-
dität u. s. w. nicht nachweisbar waren.
IV. Ueber den Typhusbacillus.
79) Latham, P. W., and Arthur C. Latham,
Some remarks on the pathology and treatment of typhoid
fever. Lancet I. 9. 10. 1893.
(üebersicht der bekanntesten Arbeiten über den
Typhusbacillus.)
80) Chiari, H., Ueber das Vorkommen von Typhus-
bacillen in der Gallenblase bei Typhus abdominaÜs. Ztschr.
f. Heilkde. XV. 2 u. 3. p. 199. 1894.
81) Spirig, ^., Beiträge zur Bakteriologie der
TyphuscompUkationen. Mittheil, aus Khniken u. med.
Inst. d. Schweiz I. 9. p. 771. 1894.
82) D a d d i , G., Di un caso di meningite da bacillo
tifico. Sperimentale XLVIII. 17. p. 325. 1894.
83) Zahradnicky, Fr., Myositis posttyphosa
purulenta. Wien. klin. Rundschau IX. 43. p. 675. 1895.
84) Janowski, W., Ein Fall von Parotitis puru-
lenta, hervorgerufen durch den Typhusbacillus. Centr.-Bl.
f. Bakteriol. u. Parasitenkde. XVII. 22. p. 785. 1895.
85) Wright, A. E., and D. Semple, On the pre-
sence of typhoid bacilli in the urine of patients sufTering
from typhoid fever. Lancet II. 4. p. 196. 1895.
86) Sultan, G., Beitrag zur Eenntniss der post-
typhösen Eiterungen. Deutsche med. Wchnschr. XX.
34, p. 675. 1894.
87) Busohke, Ueber die Lebensdauer der Typhus-
bacillen in ostitischen Herden. Fortschr. d. Med. XII.
15. 16. 1894.
88) 6wie2yfiski, J., Ein Fall eines periartikulftren
Abscesses, faervoi^gerufen durch den ü^husbacillus«
Centr.-Bl. f. Bakteriol. u. Parasitenkde. XVI. 19. p. 755,
1894.
(Aus dem Laboratorium von Jakowski in War^
26
203
Boether, Bericht über^en Typbu«;
sohaxL ^[yphoBbacOlen inRemknltar im Eiter eines in der
7. Krankheitswoche entstandenen Absoesses am rechten
Eilenbogen.)
89a) Dmochowski, Z., a. W.Janowski, Ueber
die Eiterung erregende Wirkung des TyphasbacUlos u.
die Eiterung bei Abdominaltyphus im Allgemeinen. Beitr.
z. pathoL Anat u. allg. PathoL XVII. 2. p. 221. 1895.
89b) Dmochowski, Z.,u.W.Janow8ki, Beitrag
zur Lehre von den pyogenen Eigenschaften des Typhus-
bacillus. Centr.-BL f. Bakteriol. u. Parasitenkde. XV. 7.
p. 216. 1894.
(Vorläufige Mittheilung über einen Theil der Ver-
suchsergebnisse aus der ersterwähnten Arbeit)
90) Alessi, Giuseppe, Ueber Fäulnissgase als
prädisponirende Ursache zur Typhusinfektion. Centr.-Bl.
f. Bakteriol. u. Parasitenkde. XV. 7. p. 228. 1894.
^ 91) Vincent, H., Sur un casezperimentaldepolio-
myelite infectieuse aigue ayant simule le Syndrome de
Landry. Arch. de Med. experim. et d'Anat. pathol. V.
3. p. 376. 1893.
92) Pfeiffer, R., Ueber die specifisohe Immunitäts-
reaktion der Typhusbacfllen. Deutsche med. Wchnschr.
XX. 48. p. 898. 1894.
93) Funck, M., ^desurrimmunitecontrelafievre
typhoide. Joum. de Med., de Ghir. et de PharmacoL de
Bruxelles LEL. 48. p. 761. 1894.
94) Orawitz, E., Ueber die Bedeutung des Typhus-
bacillennachweises für die klinische Diagnose des Abdo-
minaltyphus. Gharite-Ajinalen XVn. p. 228. 1892.
95) Vincent et Leon Massol, Note sur une epi-
demie de fievre typhoide due ä Teau potable. Bevue med.
de la Suisse rom. XTV. 11. p. 597. 1894.
96) McWeeney, Edmond J., Demonstration of
the typhoid bacillus in suspected drinking - water by
Parietti's method. Brii med. Joum. May 5. 1894. p. 961.
97) Gameron, Sir Charles A., and Edmond
J. Mc Weeney , On an organism found in water wich is
supposed to have caused an outbreak of typhoid fever.
Dubl. Joum. 3. S. CGLXXTII. p. 193. Sept 1894.
98) Abel, Rudolf, Ueber die Braudibarkeit der
von Schild angegebenen Formalinprobe zur Differential-
diagnose des ^phusbadllus. Centr.-Bl. f. Bakteriol. u.
Parasitenkde. XVL 25. p. 1041. 1894.
99)Marpmann, Zur Unterscheidung des Bacillus
typhi abdominalis vom Bacillus coli communis. Centr.-Bl.
f. Bakteriol. u. Parasitenkde. XVI. 20. p. 817. 1894.
100) del Rio, A., Ueber einige Arten von Wasser-
bakterien, die auf der GelatinepTatte typhusähnliches
Wachsthum zeigen. Arch. f. Hyg. XXII. 2. p. 91. 1895.
101) Almquist, Ernst, Zur Biologie der Typhus-
bakterie u. der Eaeherich'sohen Bakterie. Ztschr. t Hyg.
u. Infektionskrankh. XV. 2. p. 283. 1893.
102)Billings, JohnS.fandAdelaideW.Peck-
ham, The influence of certain agents in destroyiog the
vitality of the typhoid and of the colon badilus. Science
New 8. 1. 7. p. 169. 1895.
Ueber das Vorkommen yon Typkusbacilkn in
der OaUenblase bei Typhus abdominalis macht
C h i a r i (80) werth volle Mittheilungen. Systema-
tische Untersuchungen des Gallenblaseninhaltes
bei Typhusleichen führten zu dem auffallenden
Ergebnisse, dass die Typhusbacillen in der Gallen-
blase fast regelmässige Gäste sind, da sie in 19 von
22 Fällen angetroffen wurden. Die erste Impfung
erfolgte auf Traubenzucker-Glycerin-Agar-Platten;
die Differentialdiagnose wurde mit grösster Um-
sicht unter Berücksichtigung der neuesten For-
schungen (D u n b a r) gestellt. Insbesondere in den
späteren Stadien des Typhus fiel die Impfung stets
positiv aus, und zwar waren die Typhusbacillen
meistens allein vorhanden, nur indFSUenwudiseii
daneben andere, zum Theil saprophytisohe Bak-
terien, Imal Streptococcus pyogenes. Entzündung
der Gallenblase fand sich im Ganzen 13mal ; 12mal
war lediglich die Schleimhaut ergriffen; Imal waren
die sämmüichen Wandschichten betroffen, woran
sich Peritonitis angeschlossen hatte. Mikroskopisch
stellte sich die Entzündung als mehr oder minder
ausgesprochene Leukocyten-Infiltration mit Hyper-
ämie und Oedem dar ; das Epithel war grösstentheils
defekt Gh. trägt kein Bedenken, diese Entzün-
dung als wirkliche Cholecystitis typhosa anzuspre-
chen und in den Typhusbacillen die veranlassende
Ursache zu sehen. Nur in einem Falle bestanden
in Folge von Gallensteinen ältere Entzündungs-
erscheinungen, doch waren gerade hier die Typhus-
bacillen in der Wand besonders zahlreich vorhan-
den. Auch im Inhalte der grösseren Gallengänge
wurde (in 6 Fällen) jedesmal der Typhus-
bacilltts gefunden, ebenso unter 4 Fällen 3mal
im Ductus Wirsungianus. Wie die Typhusbacillen
in die Gallenblase gelangen, ist noch eine offene
Frage. Sie mögen wohl unter Umständen aus
dem Darme aufsteigen, aber die Thatsache, dass
die Typhusbacillen meist die einzigen Bakterien in
der Chedlenblase sind, scheint mehr dafür zu spre-
chen, dass sie auf der Blutbahn in die Gallen wege
gelangen. Die Vermehrung der Tk/phudxwillen in
der Qaüenblase erscheint nach C h. ganz unzweifel-
haft, da sie hier schon in Ausstrichpräparaten
äusserst zahlreich waren, während in anderen
Organen mikroskopisch nur ganz spärliche Bacillen
gefunden wurden. Demnach würden die Gallen-
wege für die Vermehrung der Typhusbacillen ge-
radezu einen günstigen Nährboden darstellen. [Nach
Corrado, Centr.-Bl. f. Bakteriol. u.Parasitenkde.
XI. p. 696, ist die Galle für das Wachsen der
Typhusbacillen ganz indifferent] Klinisch ist das
Auftreten von Typhusbacillen in den Oallenwegen
von grosser Bedeutung, da die Cholecystitis und
Cholangitis typhosa unter Umständen zur Todes-
ursache werden kann; auch hält Ch. es mit Du pr^
und L^tiennefür denkbar, dass dadurch Chole-
lithiasis veranlasst werden kann. Endlich können
durch den Gehalt der Galle an Typhusbacillen
Recidive des Typhus verursacht werden, wenn etwa
durch reichlichere Anregimg des Gallenabflusses
eine grosse Menge der Bacillen auf einmal in d^i
Darm gelangt.
Die Arbeit von Spirig (81) enthält eine ziem-
lich umfangreiche Aufzählung der hauptsächlichsten
Beobachtungen über das Vorkommen von Ikff^hu»- i
baciüen bei sogenannten 7hff)hu8complikaiionen. Nach ]
dieser Einleitung werden drei eigene, recht werth-
volle Beobachtungen mitgetheilt
1) Empyema pleurae typhosum» Ausgesprochener
Typhus bei einem 2Qjähr. Arbeiter, Typhusbacilien ans
den Stühlen isoliri linkseitiger Pleuraerguss, der zu-
nächst serös, dann blutig war, uud aus dem keine Mikix>-
Organismen wachsen. In der 4. Krankheitswoche ergab
die Punktion Eiter, in dem durch die Cultur Typhus-
B 0 e t li e r , Bericht über den Typhus.
203
bacillen nachgewiesen wurden. Hoilang unter B ü I a u ' -
scher Drainage.
Der Fall wird vonSp. gegen dieFrftnkel'Bohe
Anschauung verwerthet, nach der Eiterung bei
Typhus stets auf pyogenen Kokken, die später
untergehen, beruhen solL In diesem Falle hätten
die Kokken in der Zeit zwischen der vorletzten und
der letzten Probepunktion auftreten und absterben
müssen, also in 10 Tagen, was nach allen Erfah*
nmgen unwahrscheinlich ist.
2) Nepkrüü typhosa. Schwerer Typhus mit Nephritis
bei einem 21jähr. Mädchen, das unter Herzschwäche am
40. Krankheitstage starb. In den Nieren, Mark wie Rinde,
xahlreiche rothe Herde mit weissHchem, durch klein-
zellige Infiltration des Gewebes gebadetem Centrum,
keine Abscesebildung. Aus diesem infiltrirten Gewebe,
in dem mikroskopisch Gruppen von Bacillen sichtbar
wurden, wuchsen typische, aber nicht virulente Typhus-
bacillen.
3) Pyämie bei 7^phtt8, Bei einem 17jähr. Arbeiter
traten in der zweiten Hälfte eines schweren Typhus
mehrere subcutane Abscesse auf, in deren Eiter Typhus-
bacillen und Staphylococcus aureus nachgewiesen wurden.
Bei der Sektion iand man besonders in der Milz den
8taphylocoocu8 in grosser Menge. Während des Lebens
war keine Blutuntersuchung vorgenommen worden. 8 p.
empfiehlt die häufigere Ausführung solcher Untersuchun-
gen, durch die in manchen TailQü ein schwerer protra-
hirter Status typhosus vielleicht als Pyämie entlarvt wer-
den könnte.
Einen Fall von MeninffOia typhosa beobaohtete
Daddi (82). Ein Sjähr. Knabe war unter den Erschei-
nungen einer Convexitätsmeningitis gestorben, nachdem
vorher am Rücken zwei Abscesse angetreten waren, die
anscheinend Typhusbacillen enthielten. Die Convexität
des Gehirns war mit dickem, rahmigem Eiter bedeckt^
aas dem sich ausschliesslich Typhusbaoillen entwickelten
(Cultur auf gefärbtem Nährboden nach Würtz, auf
Kartoffel und in steriler Milch unter stetem Vergleich
mit Bac coli; Indolreaktion negativ).
Zahradnicky (83) fand den ThßfhusbaeiUus
in einem Muskdabscesa nach Typhus.
Bei dem 39jfthr. Mann war gegen Ende des Fieber-
stadium im reohten Peotoralmuskel ein Absoess entstan-
den und 7 Wochen später eröfEhet worden, wobei Eäter
und nekrotische Muskelsubstanz entfernt wurden. Im
fiter sowohl, wie in den Muskelfasern, fand sich der
Typhusbacillus in Beincultur. BouiUonculturen verur-
sachten, in das Peritonaeum eines Meerschweinohens
eingespritzt, eitrige Peritonitis.
Der erste bekannte Fall von ParoiUia, in dem
der Tjrphasbacillus aUein im Biter gefunden wurde,
wird von Janowski (84) mitgetheilt
Der Er. war unter den Erscheinungen einer Nephritis
haemorrhagica unbekannten Ursprungs gestorben; beider
Sektion fanden sich ganz unbedeutende Spuren eines
abgelaufenen Typhus im Darm und mehrera Abscesse in
der rechten Ohrspeicheldrüse. Der Eiter enthielt aus-
schliesslich den echten, durch Vergleich mit dem Bact.
coh nach den neuesten Forschungen identificirten Typhus-
bacillos.
Wright und Semple (85) fanden in dem
Harn von Typhuskranken unter 7 &., die meistens
zwischen dem 10. und 18. Eranklieitstage unter-
sucht wurden, bei 6 Typhusbacillen. Sie leiten
daraus die Forderung ab, die Desinfektion der Ab-
gange Ton Typhaskranken auch auf den Harn aus-
zudehnen. Hit dieser praktischen Folgerung kann
inan sich nur einVerstanden erklären ; weniger gilt
dies von den theoretischen Ausführungen der Yff.
Sie suchen nämlich anf dem frühzeitigen Auftreten
Yon Typhusbacillen im Harn eine neue Theorie
der Typhusinfektion aufzubauen und beziehen sich
dabei auf die bekannte Thatsache, dass der
Typhusbacillus in den Stühlen bis jetzt recht
selten gefunden wurde und nach einigen Autoren
(Wathelet, Sanarelli) stets in geringerer
Menge als der Gobnbacillus darin vorkommt.
Hieraus wird nun mit Sanarelli frischweg ge-
folgert, dass auch die in den geschwollenen Darm-
foUikeln angesiedelten Bacillen nicht Typhus-
bacillen seien, sondern Ck>libacillen , die sich in
den durch Typhustoxine geschädigten lympha-
tischen Apparaten des Darmes niedergelassen und
vermehrt hätten. Wie das frühzeitige Auftreten
der Bacillen im Harn und die Yerändenmgen in
der Milz beweisen, beruhe der Typhus auf einer
primären Invasion der Typhusbacillen in die Blut-
bahn, nicht auf einer von den Dannfollikeln aus-
gehenden Toxämie. Wie und wo die Bacillen in's
Blut eindringen sollen, verrathen die V£f. freilich
nicht und bleiben auch die (Gründe dafür schuldig,
weshalb die Darmfollikel nicht mehr wie bisher
als Eintrittspforte der Typhusbacillen in das Blut
sollen gelten können.
Beispiele auffaUend langer Lebensdamar der
Typhusbacillen im m^enschlieken Körper theilen
Sultan (86) und Buschke (87) mit.
Sultan züchtete den Typhusbacillus aus dem
Eiter einer Sequesterhöhle im Schlüsselbein, die
6 Jahre nach überstandenem Typhus eröffnet wor-
den war. Die Identität wurde unter stetem Ver-
gleich mit Bact. coli sichergestellt Die Fahn-
dung auf irgend welche Dauerformen (Sporen?) in
dem Eiter war erfolglos; bemerkenswerth war
jedoch, dass die Bacillen häufig in kleinen Grup-
pen innerhalb der Eiterzellen lagen, ein Befund,
der bisher vom Typhusbacillus noch nicht be-
schrieben worden ist.
In dem Falle von Buschke handelte es sich
um einen vom 6. Rippenknorpel rechts ausgehen-*
den Abscess, dessen Anfänge auf einen vor 7 Jahren
Überstandenen ünterleibstjrphus zurückreichten und
der Typhusbacillen in Reincultur enthielt Die
bakteriologische Diagnose entspricht allen Anfor^
derungen der neuesten Forschung. Der Bacillus,
der sich also 7 Jahre lang im menschlichen Körper
lebend erhalten hatte, bewirkte bei Versuchs-
thieren, wenn er diesen in Bouilloncultur unter
die Haut gebracht wurde, eineAbscedirung. Seine
Virulenz hatte er fast ganz eingebüsst, doch gelang
es, sie durch den Aufenthalt im Thlerkörper zu
steigern. Seine säurebildende Kraft war dieselbe
wie bei einer zum Vergleich herangezogenen jün-
geren Reincultur.
Klemm (67) versuchte bei Kaninchen dadurch
OfteomyeUtis zu erzeugen, dass er durch vorgän-
gige Einverldbung von Typhusbaoillen den Boden
für die Ansiedelung der später eingeführten Sta«
204
Boether, Bericht über den l^yphus.
phylokokken vorbereitete. Die unter die Haut oder
in die Ohrvene eingebrachten Typhusbacillen be-
wirkten für sich allein unter 10 Versuchen nie
Osteomyelitis, aber sie verursachten eine braun-
rothe Färbung und Verflüssigung des Knochen-
markes, aus dem sich in einigen Fällen noch nach
12 Tagen Typhusbacillen züchten liessen. Von
den 10 Thieren, die erst mit Typhusbacillen und
einige Zeit später mit Staphylocoocus pyogenes
aureus infioirt wurden, erkrankten 4 an eiteriger
Osteomyelitis ; aus dem Eiter konnte stets nur der
Staphylocoocus gezüchtet werden. Da Andere
durch Einverleibung des letzteren allein keine
Knocheneiterung erzeugen konnten, so nimmt K 1.
an, dass die Typhusbacillen das Knochenmark
für das Haften der Staphylokokken empfänglich
machen, aber dann beim Zusammenleben mit dem
Eiterpilz bald absterben.
In umfassender Weise haben Dmochowski
und Janowski (89) dieLekre vondereüererregen-
den Wirkung des Tkff>hu8baciUus experimentell bear-
beitet Eine in dieser Vollständigkeit bis jetzt
nicht vorhandene üebersicht der über diesen Gegen-
stand erschienenen Arbeiten (168 Nummern) ist
dem praktischen Theil vorangeschickt D. u. J.
stellten sich die Aufgabe, zu entscheiden 1) ob der
Typhusbacillus an und für sich bei Thieren Eite-
rung hervorrufen kann; 2) ob die Infektion des
Thieres mit zwei Organismenarten leichter, bez. in
jedem Falle bei ihm zur Eiterung führt, und welche
Art von Mikroorganismen sich alsdann im Eiter
vorfindet Demgemäss zerfällt die Arbeit in zwei
Theile, von denen der erste die Versuche mit
Typhusbacillen allein, der zweite die Versuche
mit Hischinfektionen umfasst In Betreff aller
Einzelheiten muss auf das Original verwiesen
werden.
I. Die Versuche beziehen sich auf das Unter"
hautxellgewebe (116 Versuche), das Peritonaeum
(40 Vers.) , die Pleura (20 Vers.) , die Hirnhäute
(8 Vers.), die Gelenke (6 Vers.), die Hoden und
das Knoöhenmark (38 Vers.). Ihre Hauptergeb-
nisse sind folgende: 1) Die in das gesunde Unter-
hautzellgewebe der Hunde injicirten Typhusbacillen
rufen keine Eiterung hervor, gleichviel welches
die Herkunft, das Alter und der Virulenzgrad der
zur Impfung benutzten Cultur ist D. u. J. lassen
es jedoch dahingestellt, ob nicht noch höhere Viru-
lenzgrade der Bacillen zu erzielen wären, bei denen
sie, wie in den Versuchen von Orlow U.A., eiter-
erregend wirken kannten. 2) Die Typhusbacillen
verursachen nur dann im Unterhautgewebe bei
Hunden eine Eiterung, wenn darin gewisse allge-
meine oder lokale Störungen hervorgerufen wor-
den sind. Zu diesen die Eiterung begünstigenden
Momenten gehören die durch wiederholte Blut-
entziehungen verursachte Schwächung, ferner ent-
zündliche und narbige Oewebeveränderungen (Cro-
tonöl, Schnittnarben), dagegen blieben einmalige
heftige Traumen ohne Einfluss, 3) Im gesunden
Unterhautzellgewebe der Kaninchen und Meer-
schweinchen sind die Typhusbacillen im Stande,
an und für sich eine Eiterung hervorzurufen.
Allerdings ist hierzu auch bei diesen Thieren
ein gewisser, nicht zu geringer Virulenzgrad der
verwendeten Cultur erforderlich. 4) Die anato-
mischen Veränderungen in der Umgebung dieser
vom Typhusbacillus veranlassten Absoesse unter-
scheiden sich in keiner Hinsicht von denjenigen,
die bei eiterigen Entzündungen anderer Herkunft
auftreten. Der Eiter der Absoesse hat bei Kanin-
chen und Meerschweinchen dieselbe Beschaffen-
heit, wie der bei diesen Thieren durch andere
Eitererreger erzeugte Eiter. Bei Hunden ist er
oft blutig, etwas zähe, oft ist er jedoch auch von
Eiter anderer Herkunft nicht zu unterscheiden;
letzteres scheint besonders dann der Fall zu sein,
wenn sich der Eiter langsam gebildet hat 5) Die
im Organismus cirkulirenden Typhusbacillen sie-
deln sich leicht an Stellen an, die gewissen patho-
logischen Störungen (entzündliche Reizung durch
Orotonöl) ausgesetzt sind, und können darin mit-
unter Eiterung veranlassen. Auch in AbsoesseD,
die durch gewisse chemische Agentien verursadit
sind, können die in den Körper eingeführten Bacil-
len sich niederlassen, doch ist nicht jeder Eiter
ein guter Nährboden für sie. 6) In den Wänden
der unter dem Einflüsse der Typhusbacillen ent-
standenen Absoesse sind diese Organismen in
grösserer Menge vorhanden, als im Eiter selbst.
Dieser Umatand ist von grosser Bedeutung für
den positiven oder negativen Ausfall der bakterio-
logischen Untersuchung bei posttyphöser Eiterung.
7) Sterile Emtdsionen, die sehr grosse Mengen ab-
gestorbener TgphiLsbaciUen enthalten, haben im Unter-
hautzellgewebe der Kaninchen eine ähnlich eiter-
erregende Wirkung wie die lebenden Bacillen. Die
Wirkung ist um so stärker, je grösser die zum
Versuch benutzte Menge der abgetödteten Bacillen
war ; es besteht also in dieser Hinsicht eine Ana-
logie mit anderen Eiterungen chemischer Natur.
Die eitererregende Wirkung kommt aller Wahr-
scheinlichkeit nach gewissen im Bakterienkörper
selbst enthaltenen Stoffen zu, da alle Stoffwechsel-
produkte durch Auswaschen möglichst entfernt
worden waren. 8) In der Peritonäalhöhle der Sünde
und Kaninehen konnte der Typhusbacillus nur dann
Eiterung hervorrufen (obwohl nicht constant), wenn
die Serosa gleichzeitig durch andere entzündungs-
erregende Mittel (Orotonöl) gereizt wurde. "War
das Peritonaeum schon vor Einführung des Typhus-
bacillus entzündlich verändert, so blieb die Eiter-
bildung aus. Ebenso verhält sich der seröse Deber-
zug der Pleurahöhle gegenüber dem Typhusbacillus.
9) In den Hirnhäuten der Kaninchen vermögen die
eingeführten Typhusbacillen verschiedene Entzün-
dungen, die eiterige mit inbegriffen, hervorzu-
rufen. Bei Hunden kam der Tod dem Auftreten
lokaler Veränderungen zuvor. 10) In die Oeknk-
höhle von Hunden eingeführt^ erzeugen selbst vira-
Boetheir, Bericht über den Typhus.
205
lente Cultoren nur dann Eiterung, wenn das Ge-
lenk vorher in entzQndlichen Zustand versetzt war.
11) In den Hoden d$8 Bundes vermag der Typhus-
badllus f&r üch allein Eiterung zu bewirken.
12) Das Knochenmark der Hunde neigt nur wenig
zur Eiterung unter dem Binfluss der Typhus-
badllen, doch konnte sie trotzdem in gewissen
Ausnahmefällen erzielt werden.
Es gieht <Ü80 kaum ein ikierisches Oewd>e, in
dem der TyphusbaeiUus niekl unter ümetänden eine
EHerung hervorxurufen im Stande wäre. Da auch
die gewöknUehen pyogenen Spaltpilze nicht immer,
sondern nur unter gewissen Bedingungen euer-
erregend wirken, so können die pyogenen Eigen-'
Schäften des T\/phusbaeiUus niehit mehr angezweifelt
werden.
IL Die Versuche über Mischinfektion wurden in
der Weise ausgeführt, dass Culturen des Typhus-
bacillus und eines der pyogenen Kokken dem
Thiere entweder in Mischung oder an zwei ver-
sdiiedenen, möglichst entfernten SteUen beige-
bracht wurden. Die pyogene Kraft des Bakterien-
gemisches war nicht grösser, als die der Eiterpilze
für sich allein. In dem entstandenen Abscess
waren oft beide eingebrachte Bakterienarten nach-
weisbar, eben so oft aber Hess sich nur der pyo-
gene Coccus züchten, der offenbar an Lebensdauer
den Typhusbacillus übertrifft Dass letzterer den
Eiterpilz überdauert hfttte, war in keinem der
zahlreichen Versuche nachzuweisen. Demgemftss
behaupten D. u. J., dass posttyphöse Eiterherde,
in denen nur der Typhusbacillus aufgefunden
wird, ausschliesslich von diesem verursacht sind.
In der zweiten Versuchsreihe ergab sich, dass jede
der an getrennten Stellen injicirten Bakterienarten
an die durdi die andere Species geschftdigte Stelle
Hberwandem kann. Findet man also in einem
fiterherd T3rphu8bacillen neben Eiterkokken, so
kann die Eiterung Folge der gleichzeitigen Ein-
wirkung beider Arten sein {Mischinfektion i« e. S.)
oder der durch eine Art verursachte Abscess
kann durch die andere „deuieropathisch'^ inficirt
aein. Es wird sich dabei wohl nie feststellen
lassen, ob im gegebenen Falle der Typhusbacillus
oder der Eitercoccus der primäre Erreger der
Eiterung gewesen ist
Alessi (90) gelang es, Ratten, Meerschwein-
dien und Kaninchen dadurch für die Infektion
mitTyphusbacillen empfänglicher zu machen, dass
er sie eine Zeit lang in einer Atmosphäre von
F&ulnissgasen leben liess (entweder über einer Ab-
trittsgrube oder über einem Kasten, in dem die
Exkremente der Thiere liegen blieben). Nach
kfinerer oder längerer Zeit wurden die Thiere
kribiklich und erlagen der Infektion mit einer
geringen Menge der Bacillen, die auf die Control-
thiere nahezu ohne jeden Einflnss war.
Versuche mit einzelnen Fäulnissgasen, z. B. Sca*
toi, Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Schwefel-
ammonium, Eohlenoxyd oder mit Mischungen der-
selben hatten keinen Erfolg. Die Eigenschaft, die
Thiere für die typhOse Infektion empfanglicher zu
machen, miiss demnach anderen, bis jetzt nicht
isolirten Fäulnissprodnkten zugeschrieben werden.
Ahäe aufsteigende Spinalparalyse, die mit dem
von Landry aufgestellten Symptomenbild grosse
Aehnlichkeit hatte, erzeugte Vincent (91) bei
einem Kaninehen durch Einverleibung einer Gultur
des Typhusbacillus in Verbindung mit einer nicht
benannten, aus der Milz einer Typhusleiche ge-
züchteten Stäbchenart Das Ergebniss dieses Ver-
suches erscheint namentlich im Hinblick darauf,
dass ähnliche Paralysen nach Typhus beim Men-
schen vorkommen, sehr werthvoll, wenn auch in
diesen Eitlen gew^^hnlich andere Abschnitte des
Nervensystems befallen sind.
Die beschriebenen Ersoheinuogen kamen nur bei
einem Kaninchen zur BeobacJitoog; die übrigen erlagen
theils der dnroh die Infektion gesetzten Septikämie, theils
erholten sie sioh völlig. Bei dem fraglichen Thiere traten
die Lähmongserscheinangen nach Mntritt der Erholung
auf; sie betrafen zuerst die Hinterbeine, doch wurden
bald auch die Bnmpfmuskeln und die vorderen Qlied-
maassen ergriffen. Die befallenen Muskeln wurden atro-
phisch; die elektrische Untersuchung ergab partielle
fintartongsreaktion (faradischer Strom ^ 0, galvanischer
8trom « langsame Zuckung). Der Tod erfolgte etwa
14 Tage nach Beginn der Lähmung. Bei der Sektion
war das Leodenmark erweicht, die Nerven waren an-
scheinend normal. Mikroskopisch fand sich Degeneration
der Ganglienzellen der VorderhÖmer mit Vermehrung
der Neurogliazellen, die im Lendenmark am deutlichsten
war und bis zum Halsmark allmählich abnahm. Auch
die vorderen Wurzeln, die Spinalganglien und ein Theil
der peripherischen Nerven zeigten die gewöhnlichen Ent-
artungserscheinungen. In den Muskeln fanden sich
atrophische Fasern mit vermehrten Sarkolemmkemen,
stellenweise war Verlust der Lftngs- und Querstreifung
bei erhaltenem Färbevennogen für Garmin nachweisbar.
Eine vorläufige Mittheilung von Pfeiffer (92)
„über die speeifisehe Immuniiätsreaktian der Tk^phus-
bacUkn'' enthUt folgende Hauptsätze: 1) Das Gift
der Typhusbaoillen ist hauptsächlich an die Bak«
terienk&rper gebunden. Dureh Behandlung mit
Chloroformdämpfen oder durch 1 stündiges Erwär-
men auf 58^ C. vermag man die Typhusbacillen
abzutOdten, ohne die in ihnen enthaltenen Gifb*
Substanzen zu schädigen. 2) In dem Serum von
Thieren, die mit solchem Qift immunisirt sind,
treten Antikörper auf, die spedfisoh baktericide
Wirkung gegen Typhusbacillen haben, während
andere dem Typhusbacillus nahestehende Bakterien
durch das Serum typhusimmuner Thiere nicht
stärker beeinflusst werden als durch normales
Serum. 3) Mit Hülfe der specifischen Antikörper
des Typhus ist es daher möglich, die echten Typhus-
erreger von allen anderen Bakterienarten zu unter-
scheiden, auch von solchen, für welche die bis-
herigen Methoden im Stiche liessen. 4) Derartige
Antikörper sind auch im Blute von Typhusrecon-
valescenten nachweisbar, eine weitere wichtige
Stütze für die speeifisehe ätiologische Bedeutung
des Typhusbacillus. 5) Die specifischen bakteri-
ciden Stoffe lassen sich bei richtig geleiteter
206
B 0 e t h e r , Bericht über den Typhus.
Immunisirung in sehr starker Conceniration im
Blute anhäufen; Versuche an Kranken müssen
zeigen, ob es möglich sein wird, mit Hülfe der-
artigen Serums auch beim Menschen ähnliche bak-
terientCdtende Wirkung wie in Thierversuchen zu
erzielen und dadurdi den Erankheitsverlaof zu be-
einflussen.
üeber ähnliche Versuche, die gleichfalls zum
Theile aus dem Koch 'sehen Institute stammen,
berichtet F u n ck (93). Es gelang ihm, Meerschwein-
chen in der Weise zu immunisiren, dasserdenVer?
Buchsthieren zuerst Bouillon oder sterile physio-
logische Kochsalzlösung in die Bauchhöhle brachte,
worauf nach 24 Stunden die Infektion mitTyphus-
culturen folgte. Die so vorbereiteten Thiere ver-
trugen Mengen der TyphusbaciUen, die für nicht
vorbereitete tödtlich waren. Das Serum dieser
Thiere besass, anderen Thieren subcutan beigebradit,
starke immunisirende Wirkung, so dass die letz-
teren nunmehr das Vielfache der tödtlichen Dosis
vertrugen. Die Wirkung ist eine specifische ; das
Serum von typhusfesten Thieren schützt nur gegen
den Typhusbacillus und gar nicht gegen den Goli-
bacillus und umgekehrt Die schützende Wirkung
äussert sich jedoch nur gegenüber der Infektion
mit lebenden Krankheitserregern; gegenüber der
Vergiftung mit Gulturen, die durcdi Erwärmen auf
540 oder durch Ghloroformdämpfe abgetödtet sind,
versagt die abwehrende Kraft.
Der Nachtoeis der T\/phutbaciUm im SitMe
sollte nach Orawitz (94) in Krankenanstalten
stets versucht werden, da hierdurch zuweilen werth-
voUe Aufschlüsse über die Natur einer fraglichen
Erkrankung gewonnen werden können. Im An-
schlüsse an frühere Veröffentlichungen aus der
Oerhardt'schen Klinik theilt er 4 weitere Fälle
mit, von denen 3 positive Ergebnisse lieferten.
Or. giebt übrigens zu, dass die sichere Gewinnung
der TyphusbaciUen aus dem Stuhle ein fast spe-
cialistisches Studium dieser Bakterien erfordert
um den Nachweis zu erleichtem, versuchte er, im
Hinblicke auf die grosse Widerstandsfähigkeit des
Typhusbacillus gegen Kälte, die übrigen Fftoee-
bakterien durch Gefrierenlassen zum Theil abzu-
tödten.
Steriles Wasser wurde in Reagensgllseni mit kleinen
Hengen des Kothes versetzt und die Gläser wurden in
Kältemischung oder im Freien 12—24 Stunden lang dem
Gefrieren ausgesetzt Hierauf war die Zahl der aiS den
Platten wachsenden Golonien in der That erheblich ver-
mindert, aber doch noch bedeutend genug, um die Ver-
wendung Ho Iz 'scher Kartoffelgelatine mit Carbolsäure-
Zusatz nützlich erscheinen zu lassen.
Des Nachweis der T^kusbaeiüm in verdächtigem
Wasser scheitert nach Vincent u. Massel (95)
oft daran, dass zu geringe Mengen der Unter-
suchung unterworfen werden. In einem FaUe ge-
lang ihnen der Nachweis des Bacillus im Brunnen-
wasser durch folgendes Verfahren.
80ccm des Wassers wurden mit 20 com Bouillon
und 60 Tropfen Carboisäure versetzt und der Kolben
einigeStunden bei 42^ gehalten. So wurden in 10 Kolben
etwa 800 com des verdächtigen Wassers zur Untersuchung
verwendet Der weitere Gang gestalte sioh so, dan
aus den Originalkolben noch 1 — 2mal einige Oesen voll
in Proberöhrchen mit Carbolbouillon übertngen werden,
worauf die Isolirung mittels Gelatineplatten durchgefäkrt
wird.
Parieiii'sMethodezumNat^weisedeal^j^tus'
badUus in verdäehtigem Wnkwasser hat Mo Wee-
ney (96) mit Erfolg angewendet, nachdem die
Gelatineplatten durch rasche Verflüssigung un-
brauchbar geworden waren. Bouillonröhrchen wur«
den mit 3 und 6 Tropfen der Porisi^t'schen Flüssig-
keit (5^/o Phenol, 4^/o Salzsäure) versetzt, mit
10 Tropfen Wasser beschickt und 24 Stunden bei
37^ gehalten. Aus den Böhrchen wurden nun-
mehr Oelatineplatten angelegt und es wachs in
Beincultur ein Bacillus, der sich durch seine Form,
Beweglichkeit, Fftrbevermögen (auchGtoissebi) und
sein Wadisthum auf Kartoffel nicht vom Eberih'^
sehen Bacillus unterschied. In Bouillon, die mit
Glykoee versetzt war, entwickelte er kein Gas,
dagegen trat bei Laktosezusatz eine kleine Menge
Gas auf. W. wirft daher die Frage auf, ob es sich
um einen modificirten Golibacillus gehandelt habe
oder um einen echten Typhusbacillus, der nur
durch die veränderte Umgebung gewisse, ihm ge-
wöhnlich fremde Eigensdiaften angenommen habe.
Interessant ist die Beobachtung, dass der Bacillus
sich an den Phenolgehalt des Nährbodens anzu-
passen schien, indem man ihn durch allmAhliche
Gewöhnung bei einem Carbolzusatz zum Wachs*
thume bringen konnte, bei dem er vorher nicht
gedieh.
Cameron und Mc Weeney (97) fanden in
dem Wasser eines Pumpbrunnens, dem der Aus-
bruch einer Hausepidemie in einem Dorfe nahe
Dublin zur Last gelegt wurde, einen Bacillus, der
gewisse Eigenthümlichkeiten des Typhus-, andere
des Golibacillus hatte, aber mit keinem der beiden
völlig identificirt werden konnte.
Die von Schild angegebene PormaUir^prclbe
zur Unterscheidung des Typhusbadllns von anderen
ähnlichen Bakterien (vgl. den vorigen Bericht Nr. 75)
wurde durch Abel (98) einer Nadiprüfüng unter-
zogen. A. zeigte, dass die von Schild auf-
gestellte Regel nicht unter allen umständen g^tig
ist, da der Typhusbacillus selbst in Formalin-
bouillon 1 : 3000 nach 3 — 4 Tagen zur Entwicke-
lung gekommen war, obwohl das Entweichen des
Formalin durch Gummiverschluss der Böhrchen
verhindert war. Von wesentlichem Einflüsse er-
wies sich die Menge des eingebrachten Cultur-
materiales ; betrug die geimpfte Menge eine ganze
Platinöse, so trat bei einem Formalingdialt von
1 : 5000 schon in 1 2— 24 Std. deutliches Wachsthum
ein. Nimmt man daher darauf Bedacht, möglichst
geringe und gleich grosse Mengen der zu prüfen*
den Gulturen zu übertragen, so kann die Probe
wohl zur Unterscheidung des Typhus- und des
Golibacillus herangezogen werden. Dagegen kann
sie nicht zum Nachweise beliebiger typhusSImlicber
Boether, Berichtüber den Typhus.
207
Mtericfn benutzt werden, da von 15 typhusähn-
lichen Arten, die A. prüfte, sich einige dem Bact.
oqU, andere dem Typhusbacillus in ihrem Verhalten
gegen Formalin näherten und wieder andere noch
empfindlicher dagegen waren als selbst der Ty phus-
becülua
Marpmann (99) schlägt vor, zur Unlersehei-
düng des Typhus- und des öoUbaciUus das Wachs-
thum auf Gelatine- oder Agarböden mit Zusatz von
reducirten Farbstoffen zu benutzen.
Der Nährboden wird folgendermaassen bereitet : 1 g
Fuchsin oder besser Malachitgrün wird in 100 Tropfen
Wasser gelöst, mit ooncentiirter Natrinmbisulfitlösung
ent&rbt und die farblose Losung zu 2<*/« den gewöhnlichen
Agar- oder Qelatinelösungen zugemischt, verfüllt und
stäilisirt Die ursprungUche Farbe (roih, bez. grün)
erscheint sofort, wenn man eine geringe Menge irgend
dnes Aldehyds einimpft, ebenso beim Wachsen verschie-
dener Culturen, was wohl auch auf einer Aldehydbildung
der letzteren beruht.
Der Bacillus typhi wächst auf diesem malachit-
grün-Sulfit -Agar als dunkelgrüner Belag; der
Bacillus coli als grauweisser Belag. Orün wachsen
ferner u. A. der Vibrio Cholera, Vibrio Metschnikow,
Baa typhi murium u. s. w., farblos das Spirillum
rubrum, einige Mikrokokken- und Saccharomyoes-
arten.
Auf Agar, der mit Indulin schwarz gefärbt
ist, bildet der Typhusbacillus anfänglich nur eine
/eudite Auflagerung ohne Spur von Färbung, erst
nach mehr als 8 Tagen ist die Gultur als grau-
weisslicher Belag zu erkennen; der ColibaciUus
v&chfit rascher und bildet schon nabh wenigen
Tagen eine dicke weissliche Schleimschicht.
Die von del Rio (100) im hygieinisohen
Institut zu Berlin näher untersuchten drei Arten
von Wäsaerbakierien j die auf der Öelatineplatte
iigphusähnlieh wachsen, dürften wohl schwerlich
je zu Verwechselungen mit dem Bb er th 'sehen
BaciUas Veranlassung geben, da sie sich schon
durch ihre Form (einer davon ist ein Mikroooccus,
einer ein DiplobaeiUus, einer ein sehr schlanker
fiacillufl mit Eügenbewegung) genügend unter-
scheiden. Am leichtesten gelingt ihre Differen-
zirung durch Traubenzuckerbouillon, in der sie
bei Blutwärme überhaupt keine Entwickelung
zeigen.
Einen werthvoUen Beitrag zur Biologie des
IhfpkuAacillus und des Baeteriufn coli liefert A 1 m •
quist (101). Er suchte sich den Wachsthums-
bedingongen, denen die Bakterien in der Natur
begegnen, dadurch anzunähern, dass er allerhand
Erdmischungen als Nährboden benutzte. So prüfte
er das Verhalten der Culturen in reinem Sand oder
in gebrauchtem Filtarsand, mit oder ohne Zusatz
von Erde, die aus dem verunreinigten Untergrund
des Viehstalles stammte; die Erdmischungen wur-
den vor der Beschickung in Kölbchen sterilisirt.
In unreinem Filtersand, der mit einer Reincultur
des CöUbcfeiUus versetzt und einen Monat lang im
Eissehrank gehalten war, waren fast alle Stäbchen
yarachwunden und an ihrer Stelle fanden sich
kleinste, sporenähnliche Bildungen. Diese sind
rundlich oder haben die Form kleinster Stäbchen
von 0.5 — 1.0 jtt Länge mit abgerundeten Enden.
Wird die Erde nun befeuchtet, so wachsen die Ge-
bilde schnell zu gewöhnlichen Stäbchen aus, manch-
mal auch zu langen Stäbchen, die später durch
kürzere ersetzt werden. Hält man die inficirte
Erdmischung bei Blutwärme, so verschwinden die
Stäbchen sehr schnell und schon nach 24 Stunden
sieht man die beschriebenen kleinen sporenähn-
lichen Gebilde. A. glaubt auch gesehen zu haben,
wie diese entstehen: In gewissen Theilen des
Stäbchens, und zwar gewöhnlich an beiden Enden,
manchmal auch noch an einer Kante, sammelt sich
die stärker &bbare Substanz in kleinen rundlichen
Bildungen, zwischen denen der Stäbchenleib den
Farbstoff schlecht aufnimmt; zuletzt zerfällt das
Stäbchen in mehrere Kömchen, von denen jedes
wieder zum Stäbchen auswachsen kann.
Auch vom Jkff>kusbaciUus wuchsen in stark
verunreinigtem Sande innerhalb eines Monates
äusserst kleine, 0.5 — 1^ lange Gebilde aus, die den
Farbstoff leicht annahmen und in den gewöhnlichen
Nährmedien zu Stäbchen auskeimten. Daneben
fanden sich in.denErdeculturen zwei verschiedene
Formen des Typhusbacillus, eine breitere und eine
schmale, die in einander übergehen können, aber
doch eine gewisse Gonstanz besitzen. Femer sah
A. Bilder, aus denen hervorzugehen scheint, dass
sich der Typhusbacillus nicht nur durch Längen-
wachsthum, sondern auch mittels seitlicher Aus-
wüchse vermehrt. In reinem Sand blieb der
Typhusbacillus nicht lange lebenskräftig und zeigte
rasch Degenerationserscheinungen.
Ob die sporenähnliohen Gebilde Dauerformen
sind, läset A. dahingestellt, doch hält er es nicht
für wahrscheinlich, dass sie sich als sehr dauerhaft
erweisen werden. Wenn auch der Typhus- und
der ColonbaciUus sich in vieler Hinsicht bezüglich
der „Sporenbildung** u. s. w. sehr ähnlich ver-
halten, so sind sie doch darin verschieden, dass
letzterer die sporenähnlichen Bildungen in kür-
zester Zeit und in den verschiedensten Medien
(Bouillon, Gelatine, Erde u. s. w.) entwickelt, wäh-
rend der Typhusbacillus diese Gebilde nur unter
bestimmten äusseren Verhältnissen und nach viel
längerer Zeit hervorzubringen scheint
Ueher die Vernichtung von pathogenen Mikroben
(Typhusbacillus, Bacterium coli, Staphylococcus
aureus) durch den Einfluss des LiefUes und durch
die Wirkung von Wasserbakterien haben Billings
undPeckham (102) eine grosse Reihe von inter-
essanten Versuchen angestellt
1) Licht Es wurden Agarplatten in Peiri'-
sehen Schalen unter möglichst gleichmässiger Ver-
theilung der Keime (das Verfahren siehe im Ori-
ginal) angelegt und dem Sonnenlicht ausgesetzt,
wobei die eine Hälfte der Schale durch schwarzes
Papier, oder blaues Glas beschattet wurde. Von
Viertelstunde zu Viertelstunde wurde eine Schale
208 Henle, Anatom. Haadatlas. — Kocher, Beitrflge zur Eenntniss einiger Frakturformen.
in den Brütschrank gebracht und nach einiger
Zeit die Zahl der auf der beschatteten, bez. be-
lichteten Seite aufgegangenen Colonien yergleichs-
weise festgestellt Nach einer Bestrahlung von
15 Minuten Dauer war die Zahl der Keime schon
etwas vermindert; nach 2 Stunden waren 98<^/o
der gesftten Keime getOdtet, nach 3 — 6 Stunden
waren alle Keime vemichtet Diffuses Tageslicht,
Gas- und elektrisches Olühlicht, ebenso die rothen
bis grünen Strahlen des Sonnenspectrum hatten
geringen Einfluss, während die Wirkung derblauen
und violetten Strahlen dem vollen Sonnenlicht
nahe kam.
Das Sonnenlicht hat aber ausserdem noch die
Eigenschaft, bei langdauemder Einwirkung Cultur-
medien so zu verändern, dass die Bacillen darin
schlecht oder gar nicht gedeihen. In BouiUon, die
20 Tage lang belichtet war, wuchsen weit weniger
Keime, als in der nicht bestrahlten. Bouillon-
röhrchen, die 50 — 60 Tage belichtet und dann ge-
impft waren, blieben auch im Brütschranke ganz
klar, ohne dass die alkalische Reaktion aufgehoben
gewesen wäre. Ebenso waren Agar und Oelatine,
wenn sie 20 — 40 Tage bestrahlt waren, für das
Wachsthum der Bacillen nicht mehr geeignet.
Dass die Austrocknung hierbei nicht in Betracht
kommt, wurde durch besondere Versuche erwiesen.
B. und P. vermuthen vielmehr, dass die Waehs-
thumshemmung der Bildung von Ozon oderWaaser-
stofFsuperoxyd unter dem Einflüsse der Sonnen-
strahlen zuzuschreiben sei. Wird die bestrahlte
Bouillon einige Zeit im Dunkeln gehalten, so nimmt
sie ihre früheren Eigenschaften wieder an.
2) Einfluss anderer Bakterien. Die StofFwechsel-
produkte von 45 Arten Wasserbakterien wurden in
der Weise geprüft, dass ihre Agar- oder Bouillon-
culturen durch Hitze oder durch Filtriren stenli-
sirt und dann mit den pathogenen Mikroorganismen
geimpft wurden. Diese wuchsen auf dem dnreh
das Bakterienwachsthum veränderten Nährboden
in allen Fällen vortrefflich. Sehr gering war aach
der Einfluss, den die Wasserbakterien auf das
Wachsthum der pathogenen Art bei gleichzeitiger
Impfung in sehr verdünnter Bouillon ausübten;
von 39 Arten hatten nur zwei, der Subtilisgruppe
angehürige Arten eine gewisse wachsthamhem-
mende Wirkung. Mehrmals überlebte der Typhus-
bacillus seinen Genossen ; in einem Falle war er
nach 160 Tagen noch nachweisbar.
(Schluss folgt.)
G. Bücheranzeigen.
14. Anatomiaoher Handatlas aom Gebrauch
im Seoirsaal; von Dr. J. Henle. 4. bis
6. Heft. 3. Auflage. Braunschweig 1896.
Friedr. Vieweg. (12 Mk. 20 Pf.)
Mit den vorliegenden 3 Heften, die die Ein-
gewtide, Oeßsse und Nervefi enthalten, liegt der
Atlas vollständig vor. Die dem Henle 'scheu
Handbuche der Anatomie entnommenen Abbil-
dungen sind von anerkannter Naturtreue und
Uebersichtlichkeit Die Bezeichnungen sind den
Figuren selbst soviel als möglich ungekürzt bei-
gefügt worden.
Der Preis des ganzen Atlas beträgt 18 Mk.
80 Pf. P. W a g n e r (Leipzig).
15. Beiträge nur Kenntnias einiger prak*
tiBoh wichtiger Fraktarformen* /. Die
Frakturen am oberen Humerusende. IL Die
Frakturen am unteren Humerusende. IIL Die
Frakturen am oberen Femurende; von Prof.
Dr. Theodor Kocher in Bern. Basel u.
Leipzig 1896. 0. Sallmann. Gr. 8. S. 304.
Den vorliegenden, mit zahlreichen Abbildungen
versehenen Mittheilungen, die das 10. bis 12. Heft
der III. Reihe der Mittheilungen aus Kliniken und
medicinischen Instituten der Schweiz bilden, liegen
die zahlreichen Beobachtungen über Frakturen des
Oberarms und des Oberschenkels zu Gründe, die
E. während 23 Jahren in der chinuig. Klinik za
Bern zu machen Gelegenheit hatte.
„Gerade die so häufige Gelegenheit, zu sehen
— sagt K. — , dass zum Schaden der Patienten cv ■
oft anfänglich keine exakte Diagnose der Fraktor |
gemacht wird, zumal bei Gelenkfrakturen, beweist,
dass die bisherigen Darstellungen in den Hand-
bflchem dem Arzte nicht die wünseheiiBwerth
sicheren Handhaben bieten. Wir finden die£r-
klärung darin, dass einerseits die verschiedenen
Frakturformen nicht scharf genug unteraohieden
werden und andererseits die seltenst vorkommen-»
den Frakturen mit derselben Breite und Wichtig-
keit abgehandelt werden, wie die allergewühn-
liebsten Fälle. Für letztere hat der Arzt eine klard
Schilderung nüthig; denn die alltäglichen BUle isll
er verpflichtet, richtig zu diagnosticiren, und die
vi^ zu häufige Verwechselung mit LuxatioBeo.
muss ebenso aufhüren, wie die bequeme Art, iar
dubio zu lassen, was für eine Frakturform vor<i
liegt"
K. giebt nun genaue klinische Bilder nm dea
verschiedenen Frakturformen des oberen und üb-
teren Humerusendes und des oberen Femnreiidesiil
Blasins, Pbysikalisohö üebungen. — Riegel, Die Erkrankongen des Mag^is.
209
Kaoh der Möglichkeit am Lebenden die Diagnose
zn machen, muss sich anch die Bezeichnung der
Fraktorform richten. E. hat deshalb die alten
Namen zum Theil aufgegeben, zum Theil ergänzt,
wo sie zur ElSrung der yersohiedenen Fälle im
klinischen Interesse nicht genOgend erscheinen.
So spricht er am oberen Humerusende von Fract
supratuberculares und Fract infiratubercnlares und
theilt letztere wieder in Fract pertuberculares und
Fract subtuberculares ein. Diese subtnberkularen
Brüche entsprechen der Fract colli humeri chir-
ttrgici.
In ähnlicher Weise werden die Brüche des
oberen Sohenkelendes in Fracturae supratrochan-
tericae und infratrochantericae eingetheilt unter
den ersteren sind die echten Fract coUi femoris
zu verstehen, die je nachdem als Fract. colli fem.
superior oder deutlicher subcapitalis oder als
Fract colli fem. intertroohanterica zu bezeichnen
sind. Bei den infratrochanteren Brüchen unter-
scheidet man eine Fract pertrochanterica und sub-
trochanterica. Hierzu kommen dann noch, ebenso
wie am oberen Humerusende, die combinirten
Frakturen mit dem Haupttypus der Y-Fraktur. Es
würde hier viel zu weit führen, näher auf den
Inhalt der vorliegenden Arbeiten einzugehen. Der
Name Koch er bürgt für den hohen wissenschaft-
lichen und praktischen Werth dieser Mittheilungen,
deren eingehendes Studium wir nicht nur jedem
praktischen Arzte, sondern auch allen Fachchirur-
gen aufs Dringendste anempfehlen können.
P. Wagner (Leipzig).
16. PhyBlkalischeUebangen f&r Medidner;
von Prof. Dr. E. B 1 a s i u s. [Sammlung natur-
wi8senschaftl.Lehrb.] Leipzig 1895. S.Hirzel.
Gr. 8. IV u. 238 S. mit 65 Abbild. (5 Mk.)
B I. spricht in der Vorrede mit Becht sein Be-
dauern darüber aus, dass die jungen Mediciner in
der Regel weder Lust, noch Zeit haben, einen
praktisch - physikalischen Cursus mitzunehmen.
Dass dies ein Mangel ist, der sich später oft
recht fQhlbar macht, liegt auf der Hand. Die Auf-
gabe des vorliegenden Werkes soll daher sein, den
Hedicinem eine Anleitung zu der Erlernung der
physikalischen Dntersuchungsmethoden und eine
Einführung in das Verständniss der nothwendig-
Bten Apparate zu geben. Man darf wohl sagen,
dass El. diese Aufgabe sehr gut gelungen ist
Das Bach behandelt der Reihe nach die Messungen
der Länge, die Waage und die Wägungen, das
specifische Ctowicht der Flüssigkeiten und der
festen Körper, die Barometer, die Thermometer
und die Luftfeuchtigkeit, und bespricht dann in
zwei grossen Abschnitten die optischen und die
elektrischen Messungen, üeberall erläutern gute
Abbildungen das Gesagte.
Somit kann das Buch sowohl zum Studium, als
audi zum Nachschlagen in einzelnen Fällen sehr
empfohlen werden. Windscheid (Leipzig)*
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 2.
1 7. Die Brkranknngen des Magens ; von F.
RiegeL I. Theil: Allgemeine Diagnostik
und Therapie der Magenkrankheiten. [Bd. XVI
der „Speiieüen Pathologie und Therapie^*;
herausgegeben von H. Nothnagel.] Wien
1896. Alfred Holder. Gr. 8. VII u. 331 S.
(9 Mk. 60 Pf.)
Das Gebiet der Magenkrankheiten gehOrt zu
denjenigen der inneren Medicin, die in den beiden
letzten Decennien mit besonderer Vorliebe und
grossem Eifer bearbeitet worden sind, und speciell
der Verfasser der vorliegenden Abhandlung hat
durch seine zahlreichen Arbeiten auf diesem Ge-
biete nicht am wenigsten dazu beigetragen, dass
der Fortschritt, der in der Erkennung, wie in der
Behandlung der Magenkrankheiten unleugbar zu
constatiren ist, erzielt wurde. Deshalb muss es
auch mit Freuden begrüsst werden, dass er sich
zu einer das Gesammtgebiet der Magenkrankheiten
umfassenden Darstellung entschlossen hat. Wer
mit hochgestellten Erwartungen an die Lektüre
des unlängst erschienenen ersten Theiles der Er-
krankungen des Magens, der die allgemeine Dia-
gnostik und Therapie behandelt, herantritt, wird
nicht enttäuscht werden.
Nach einer kurzen, die geschichtliche Entwick-
lung der jetzigen Lehre von den Magenkrankheiten
bringenden Einleitung folgen die Abschnitte über
die üntersuchungsmethoden bei Magenkrankheiten,
die in eingehender Weise die verschiedenen Metho-
den der äusseren und inneren Untersuchung, sowie
d^ Untersuchung des Mageninhaltes besprechen«
Daran schliesst sich das mit grosser Ausführlich-
keit und in mustergültiger Weise behandelte Capitel
Über die allgemeine Therapie.
Es ist unmöglich, auf Einzelnes einzugehen.
Die gleichmässige Durcharbeitung des Buches
ist sein besonderer Vorzug, und es ist daher auch
nicht angängig. Einzelnes herauszugreifen. Die
Abhandlung muss gelesen und als Gktnzes ge-
nossen werden.
Ein weiterer Vorzug besteht in der klaren
Schreibweise R's und in der eingehenden Schil-
derung, welche die verschiedenen Untersuchung»-,
wie Behandlungsmethoden gefunden haben. Dabei
ist es von besonderem Werthe, dass R. diese nicht
einfach angeführt hat, sondern dass er, wozu er
allerdings auf Grund seiner umfassenden Arbeiten
und ausgedehnten Erfahrung auch besonders be-
rufen ist, bei jeder Methode die Vorzüge, beziehungs-
weise Nachtheile schildert und so dem praktischen
Arzte, dem es nicht darauf ankommen kann, die
verschiedensten Methoden erst selbst durohzupro-
biren, sogleich die sichere Handhabe dafür giebt,
welche Methode er am besten für seine Zwecke
benutzen kann. Dieses Eingehen auf die Zwecke
der Praxis zieht sich durch das ganze Buch, und
wir halten es deshalb gerade für die praktischen
Aerzte für ein vorzügliches Hand- und Nach-
Bchlagebuch. Es gehört unzweifelhaft zu dem
27
2ia Steffen, Krankheiten des kindlichen Alters. — Neumann, AerztL Anweiäungen.
besten, was uns das Nothnagel'sche Sammel-
werk bis jetzt gebracht hat. Hoffentlich Usst der
2. Theil über die speciellen Krankheiten des Magens
nicht lange auf sich warten. E. G r u b e (Neuenahr).
18. üeber einige wichtige Krankheiten des
kindlichen Alters. Abhandlungen undBeob-
aekiungen aus dem SteUvner Kinderspitcd; von
Dr. A. Steffen. Tübingen 1895. H.Laupp'-
sche Buchh. 8. 280 S. (5 Mk.)
Auf Grand seiner anerkannt überaus grossen
Erfahrung und mit sorglSltiger Benutzung der
Literatur liefert St. 5 werthvolle Abhandlungen
über widitige Gapitel der Pathologie des kindlichen
Altera. Wir geben eine kurze Debersicht der in«
teressanten Arbeiten.
/. UAer Erkrankung des BeckenxMgewebes.
Nach anatomischen Bemerkungen berichtet St.
über 112 Ktile, darunter 31 selbst beobachtete.
Als Ursachen kamen vor 1) Traumen; 2) Tjrphlitis
und Pert^hlitis; 3) Erkrankung angrenzender
Knochen, bez. des Hüftgelenkes, der Wirbelsäule,
des üeopsoas; 4) Perinephritis; 5) Geschwülste
des Beckens. In 13 Fallen war keine Ursache
nachweisbar.
Die Krankheitserscheinungen sind je nach dem
Ausgangspunkte verschieden. Sie werden der
Reihe nach durchgesprochen. Die Entzündungen
des Beckenzellgewebes gehen z. Th. in Eiterung
über und haben dann die Neigung, in der Richtung
des geringsten Widerstandes sich einen Ausweg
zu bahnen, oder sie gehen (mit Ausnahme der
Senkungsabscesse) allm&hlich von selbst wieder
zurück. Die Diagnose ist im Anfang schwierig.
Ein gemeinsames Symptom ist der Schmerz. Der
später mügliche Nachweis eines fluktuirenden oder
derben Tumor sichert meist die Diagnose. Nach
ausführlicher Besprechung der Diagnose und Pro-
gnose der verschiedenen Formen kommt St zur
Behandlung, die im Beginn Ruhelage, sowie An-
wendung von Kälte und Narkoticis erfordert Ist
man derUeberzeugung, dass es zur Abscessbildung
gekommen ist, so soU man versuchen, dem Eiter
Abfluss zu verschaffen. Dies gilt auch von der
Perityphlitis.
//. Ueber Erkrankungen des Oehims und seiner
Hüüen. 1) EinfEU)he Meningitis. Im Gegensätze
zu der landläufigen Ansicht findet S t, dass ein-
fache Meningitis im Kindesalter auch bei schwäch-
lichen Kindern nicht selten ist Sie nimmt bei
jungen Kindern, zuweilen auch bei älteren Kindern
einen heftigen Verlauf. Sie beginnt im Gegen-
satze zur tuberkulösen Meningitis akut AufßÜlig
sind postmortale Temperatursteigerungen. Die
Prognose ist um so ungünstiger, je jünger das
Kind ist Doch sind in jedem Alter Heilungen
beobachtet worden. Die akute Meningitis ist theils
idiopathisch, theils sekundär (im Verlauf der Pneu-
monie, der akuten Exantheme, des Typhus, Ge-
lenkrheumatismus). Zuweilen entwickelt sie sich
im Anschluss an ein T^uma. In seltenen Fällen
schliesst sie sich an Erkrankungen der Schädel-
knochen an. Die Behandlung ist theils eine anti-
phlogistische, theils eine symptomatische, theils
eine operative. (Am ungefährlichsten ist dieLumbal-
punktion nach Quincke.) Dankbar operativen
Eingriffen gegenüber sind zuweilen die vomMittel-
ohr ausgehenden Entzündungen.
2) Tumoren. Hin stellt S t eine Anzahl von
Kleinhimtumoren zusammen und bespricht ihre
Hauptsymptome. Die cerebellare Ataxie ist keina
eigentliche Ataxie, sondern eine „durch Erkran-
kung des Kleinhirns bedingte Schwäche und Er-
schlaffung der Muskulatur^'. Interessant ist die
Zusammenstellung von Defekten und Atrophie des
Kleinhirns, aus denen die Ausfallerscheinungen
unzweideutiger erschlossen werden kOnnen, als
aus Fällen, in denen Tumoren mit ihrer Fem-
wirkung vorliegen [worauf Ref. gelegentlich einer
Mittheilung hingewiesen hat]. Jedenfalls ist auch
hier das constanteste Symptom die „cerebellare
Ataxie'^ Schliesslich stellt St noch eineBeihe von
Vierhügeltumoren zusammen, die zur Verwechs-
lung mit Kleinhimgeschwülsten führen können.
3) Abscesse im Gehirn. St beschäftigt sich
nur mit den im Anschluss an ein Trauma entstan-
denen Abscessen und mit der Frage der operativen
Behandlung. Die Gasuistik, die der Besprechung
zu Grunde liegt, umfasst 24 Fälle.
IIL Ueber Searlaiina und deren Behandbmg.
St berichtet hier über Beobachtungen von Sohar-
lachnephritis mit Herzdilatation (6 eigene Beob-
achtungen). Er empfiehlt für solche VÜle den
Gebrauch von Mutterkorn in grossen Gaben. Diazo-
reaktion konnte unter 57 Fällen 6mal festgestellt
werden. Sie war an kein besonderes Stadium der
Erkrankung gebunden und bot keine prognostischen
Anhaltepunkte. Von 57 Fällen war in 25 €^umen-
nekrose vorhanden, aber keine badlläreDiphthena
2mal war der Kehlkopf ergriffen, Imal sogar bis
zur Stenose. Convulsionen im Verlauf von Schar-
lach haben eine üble Bedeutung. Die im Verlauf
der Scarlatina beobachteten Oedeme und Trans-
sudate sind nicht immer der Ausdruck einer Nieren-
erkrankung. Es folgt die Aufzählung einiger sel-
tener Gomplikationen und ein kurzer Uebttblick
über die Behandlung.
IV. üeber pleuritische Exsudate und ihre Be-
handlung, Es werden Symptomatologie und Be-
handlung des Empyems an der Hand einer reichen
Casuistik besprochen. St. tritt für die Incision
mit oder ohne Rippenresektion ein.
V. Ueber die Behandlung des l)fphus abdomi*
nalis. Wird an anderer Stelle besprochen.
Brückner (Dresden).
19. Aersttiohe Anweiflungen für die M&tler
knmker Kinder; von Dr. H. Naumann.
Berlin 1895. Oscar Coblentz. Lex.-8. 52 S.
(1 Mk. 50 Pf.)
Schanz. — Brugger. — ZweifeL
21t
In einer festen Mappe liegen übersicfafUch ge-
ordnet 52 VorBohriften fdr verschiedene Krank-
heiten der Kinder oder fOr bestimmte therapeu-
tische Haassnahmen, BAder u. s. w. Die Vor-
sdmften scheinen uns in der Mehrzahl durchaus
richtig und passend abge&sst ; nach den Erfahrun-
gen, die N. in seiner Poliklinik gemacht hat, sollen
die Mütter die eingehändigten Zettel gut aufheben
und ihren Inhalt besser beherzigen als mündliche
Anordnungen. Für viel beschäftigte Aerzte schei-
nen uns diese vorgedruckten Anweisungen sehr
werthvoU. Ein Probe-Exemplar der Mappe mit
Inhalt (je 1 Exemplar der 52 Vorschriften) kostet
nur 50 Pfennige. Dippe.
20. 1) Augenkrankheiten im Eindesalter.
2) Wie Bollen sieh Kinder bu Hanse beim
Sehreiben und Lesen setienP Vorträge
von Dr. F. Schanz in Dresden. Dresden
1895. Alexander Kühler. 8. Xm u. 17 S.
(Je 50 P£)
Eltern, Lehrern und auch den Hausärzten kön-
nen wir die Lektüre dieser beiden einfachen klaren
kurzen Vorträge sehr empfehlen. Es sind die haupt-
fläohlich im Eindesalter vorkommenden Augen-
bankheiten (über Scrofulose kann man anderer
Ansicht als Seh. sein) besprochen, es ist eine kleine
Beschreibung des Auges, des Gfanges der Licht-
strahlen im normalen und nicht normal gebauten
Aoge gegeben, und es sind recht praktische Be-
merkungen über die Haltung der Kinder beim Lesen
und Schreiben, über die Steilschrift, über Schul-
bftnke und deren Ersatz zu Hause zu finden. Die
beigefügten Zeichnungen erhöhen noch den Werth
des Inhaltes. Lamhof er (Leipzig).
2L Die Behandlung der Qanmenspalten^
mit besonderer Berüoksiohtigang der
Prothesen mit Eorkkem; von Heinr.
Brugger. Basel u. Leipzig 1895. Carl
Sallmann. 8. 66 S. (3 Mk. 20 Pf.)
Die vorliegende, anschaulich geschriebene Ab-
handlung giebt zunächst einen Ueberblick über die
Geschidite der Gaumenobturatoren und dann eine
ansfOhrliohe Schilderung der Construktion und
Vorzüge der von Br. selbst verfertigten Obtura-
toren. Diese fthneln in der Form denSchiltzky'-
sdien Obturatoren, doch besteht bei dem Brug-
ger'sehen Apparat der eigentliche Obturator nicht
ans einem hohlen Oummiballon, sondern aus einem
Eorkkem mit dickem üeberzug von vulkanisirtem
Kautschuk. Dieses Material ist weich genug, um
weder Decubitus noch Entzündung hervorzurufen,
wie die Suersen'schen Obturatoren, andererseits
Uetet es nicht den Nachtheil der Schiltzky'-
schen Ballons, die mit der Zeit zusammenfallen
und immer wieder aufgeblasen werden müssen.
Die weich elastische Gonsistenz des Brugger '-
sehen Obturators hat aber weiter das Oute, dass
die Yelummuskeln sich ihm schOn anschmiegen^
an ihm gewissermaassen arbeiten und sich auf
diese Weise allmählich regeneriren (s. u.).
Zunächst wurde der Brugger 'sehe Obturator
für Kranke mit operirten Gaumendefekten ver«
fertigt (meist operirt von Eappeler in Münster*
lingen), mit so glänzendem Erfolge, dass Br. nun-
mehr bereits über eine Zahl von 80 Patienten ver-
fügt, denen er auf diese Weise eine vollständig
reine, normale Sprache verschafft hat Er räth,
die üranoplastik und Staphylorrhaphie erst nach
erfolgter 2. Dentition auszuführen und der Opera-
tion die Prothesenbehandlung bald folgen zu lassen,
welch' letztere durch regelmässige Massage des
OaumensegeU und durch sachgemässen Sprach-
unterricht unterstützt wird. In onem Falle ist es
sogar gelungen, mit der Zeit eine solche Regene-
ration der Oaumenmuskeln zu erzielen, dass der
Obturator allmählich verkleinert und schliesslich
ganz weggelassen werden konnte, während die
Sprache normal blieb.
Li neuester Zeit hat Br. auch Obturatoren für
grosse unoperirte oder misslungen operirte Defekte
verfertigt, ebenfalls mit glückliohem Besultat.
Marwedel (Heidelbeig).
22. Lehrbuch der Oebnrtshülfe für Aerata
undStadlrende; von Prof. Paul Zweifel
in Leipzig. 4., vielfach umgearb. Aufl. Stuttgart
1895. Ferd.Enke. Ghr.8. XVI u. 678 S. mit
240 Holzschn. u. 2 Farbendrucktafeln. (1 6 Mk.)
Das im Jahre 1881 erschienene Lehrbuch der
operativen Gteburtshülfe hat Z w. schon im Jahre
1887 zu einem vollständigen Lehrbuch der theo-
retischen und operativen Gteburtshülfe umgearbeitet,
das jetzt bereits in 4. Auflage vorliegt
An die Spitze des ganzen Werkes hat Z w. ein
Gapitel über Antisepsis und Asepsis gestellt, in
dem die Prophylaxis des Wochenbettfiebers, dieses
J und fl der Gteburtshülfe, in eingehendster Weise
abgehandelt wird. Z w. ist hierzu, wie kaum ein
anderer Geburtshelfer, berufen ; denn unter seiner
Leitung ist in den letzten Jahren durch grund-
legende Versuche der Nachweis geliefert worden,
wie ausserordentlich schwierig eine absolute Eeim-
freiheit der Hände zu erzielen ist Z w. stellt des-
halb die Forderung auf, „dass Aerzte, welche Oe-
burtshülfe treiben wollen, sowie die Hebammen
sich von allen Stoffen, welche die Wundansteckung
bedingen konnten, fernhalten müssen, und, wenn
sie einmal unversehens mit solchen Stoffen in Be-
rührung kommen, 4mal 24 Stunden lang keine
Qeburt übernehmen, bez. keine innerliche Unter-
suchung oder Operation bei einer Ereissenden vor-
nehmen dürfen^^ Für den Praktiker, der jeden
Augenblick unvorhergesehen zu geburtshülflicher
Thätigkeit gerufen werden kann, werden die Con-
sequenzen dieser Lehre vielfetch recht unbequem
sein. Zw. b^ründet sie übrigens nicht allein
theoretisch, sondern auch an der Hand eigener
praktischer Erfahrungen in überzeugender Weise«.
212
Braun von Fernwald, üeber Asepsis v^i Antisepsis in der Geburtshülfe.
Sehen die Entstehungsgeschichte des Werkes
hat dazu geführt, dass der operative Theii der (Ge-
burtshülfe in besonders ausführlicher Weise be-
sprochen wird ; es entspricht dies ganz entschieden
auch dem Bedürfnisse des Leserkreises eines solchen
Lehrbuches.
Es ist nicht wohl möglich, in dieser Be-
sprechung auf einzelne Gapitel des Näheren einzu-
gehen. Nur diejenigen Fragen von hervorragend
praktischer Bedeutung , in denen eine grundsätz-
liche Aenderung der früher von Z w. vertretenen
Lehren zum Ausdruck kommt, seien im Nach-
folgenden kurz berührt.
In erster Linie ist hier die Behandlung der
Eklampsie zu erwähneni Nach eigener Prüfung
nimmt Z w., allerdings in stark gemässigter Form,
dieDührssen 'sehe aktive Behandlung an ; dabei
verwirft Z w. jedoch ganzlich die Scheidendamm-
einschnitte als überflüssig und nachtheilig, räth
mit abgeänderten Tfamier'schen Blasen oder dem
Eolpeurynter den Muttermund zu erweitern und
entschliesst sich nur im äussersten Falle zu tiefen,
bis zum Scheidenansatze gehenden Cervixincisionen.
Wenn post partum noch eklamptischeConvulsionen
auftreten, empfiehlt Zw. dringend den Aderlass.
(Jahrbb. CCXLIX. p. 179). Für die Decapitation
empfiehlt Z w. einen von ihm selbst construirten
Doppelhaken, den „Trachelorhekter'S der nach
seinen Erfahrungen die kindliche Wirbelsäule mit
überraschender Leichtigkeit zerbricht (Jahrbb.
CCXLIX. p. 178).
Gegenüber der Symphyseotomie verhält sich
Z w. im Gegensatz zur allgemeinen Stimmung der
deutschen Geburtshelfer durchaus wohlwollend,
giebt aber zu, dass es zur Zeit noch nicht möglich
sei, ein abschliessendes ürtheil über ihren Werth
zu fällen. Z w. selbst hat seit dem 27. Sept 1892
diese Operation im Ganzen 28mal (im ersten
Quartal 1893 allein 7mal) ausgeführt und alle
Mütter und 26 Kinder am Leben erhalten (Jahrbb.
CCXXXVm. p. 208).
Z w.'s Lehrbuch wird sicherlich auch in seiner
4. Auflage sich die hervorragende Stellung unter
den Lehrbüchern der Geburtshülfe bewahren, die
es anerkanntermaassen seither eingenommen hat
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
23. Ueber Asepais und Antisepsia in der
Gtoburtahülfe mü specieüer Berücksichtigung
der Verhältnisse und Erfolge an der gehurts-
hiUßichen Klinik des JBerm Hofraths Prof.
Oustav Braun in Wien; von Dr. Rieh.
Braun von Fern wald. Wien 1895. Josef
Safäf. Gr. 8. YI u. 158 S. (3 Mk. 60 Pf.)
Br. giebt einen üeberblick über die Einrich-
tungen der Braun 'sehen geburtshülflichen Klinik
und entwickelt die Anschauungen, die die geburts-
hülfliche Therapie in dieser Klinik leiten. Gleich-
zeitig werden die Resultate, die im Jahre 1894 er-
sielt wurden, im Einzelnen mi^etheilt.
In diesem Berichtsjahre kamen 3088 Oeburlaa
zur Beobachtung mit 35 Zwillingsgeburten. In
2895 Fällen verlief das Wochenbett afebril, in
193 Fallen — 6.25»/o dagegen febril. Es starben
insgesammt 12 Wöchnerinnen ■» 0.38^/o; hiervon
fallen 2 auf Rechnung einer akuten Anämie bei
Placenta praevia und 1 Wöchnerin, die wegen einer
im Puerperium gedrehten und vereiterten Ovarial-
Cyste 4 Wochen post partum operirt werden musste,
ging an Peritonitis zu Grunde. Es bleiben somit
9 TodesfÜle an Sepsis. Von den Kindern wurden
2982 o- 95.49% lebend geboren, gegenfib^
141 — 4.51<»/o Todtgeborenen.
Ohne Kunsthülfe verliefen 2796 Geburten.
104nud wurde die Zange angelegt, 11 mal die
Craniotomie am todten Kinde und 4mal dieselbe Ope-
ration am lebenden Kinde ausgefQhrt, in 50 Fällen
wurde die Wendung vorgenommen, 3mal mit dem
Braun 'sehen Schlüsselhaken decapitirt, 4mal der
conservative und 8mal der Kaiserschnitt nach Porro
ausgeführt, 2mal der künstliche Abort und llmal
die künstliche Frühgeburt eingeleitet, in 19 FSUen
die Placenta manuell gelöst und in 1 1 FSllen intra-
uterin tamponirt Placenta praevia wurde 20mal
beobachtet.
Br.'s klare Darlegung istjedenfalls von grossem
Interesse und ihr Studium allgemein zu empfehlen.
Am Schlüsse seiner Schrift stellt B r. die Haupt-
geeichtspunkte kurz zusammen; dieser Zusammen-
stellung sei das Nachfolgende entnommen :
In der Geburtshülfe ist die Asepsis mit der
Antisepsis zu verbinden. In den letzten Monaten der
Gravidität sind Yaginairrigationen nur b^ patho-
logischem Scheidensekret vorzunehmen. Innerliche
Untersuchungen während der Geburt sind möglichst
zu vermeiden, dagegen soll auf die äussere Unter-
suchung ein besonderes Gewicht gelegt werden.
Während normaler Geburten haben im Allgemeinen
Vaginaausspülungen zu unterbleiben. Vor opera-
tiven Eingriifen ist eine gründliche vaginale Irri-
gation (mit 1% Lysol) angezeigt Nach operativen
Eingriffen soU eine intrauterine Irrigation dann vor-
genommen werden, wenn die Hand des OperateorB
den Muttermund überschritten hat; ausserdem bei
Anzeichen von septischen Vorgängen im Utems.
Im normalen Wochenbette soll jede vaginale Irri-
gation unterbleiben.
Die antiseptische Behandlung der puerperal
Erkrankten mussme^Aoe^Me/ivorgenonunen weiden;
es darf nicht bei jeder höheren Temperatur gleich
intrauterin irrigirt werden. Intrauterine Irrigatio-
nen sind stets im Speculum vorzunehmen. Intra-
uterine Irrigationen dürfen unter Umständen, jedoch
frühestens nach 24 Std. wiederholt werden; am
geeignetsten sind für sie hellweinrothe LOeungen
vonKal.hypermangan. In schweren Fällen ist nach
der Irrigation das Auswischen des Uterus mit Jod-
tinktur anzurathen. Eine Excochleation des er-
krankten Uterus mit breiter Gurette kann nach er-
folgloser Irrigation namentlich bei Retention von
Priestley. — OullingwortL — Piskaiek.
213
Eitheilen versucht werden, yorausgeseizt, dass die
Parameirien nicht druckempfindlich sind und keine
peritonaale Beizung besteht
Arth. Hof f mann (Darmstadt).
24. Ueber die Operatioiiswath in der Gynä-
logie; TonWilliamO.Priestley. Ueber-
setzt von A. Berthold in Dresden. Berlin.
S. Karger. 8. 28 S. (60 Pf.)
Wenn ein Altmeister der Frauenheilkunde wie
Priestley warnend seine Stimme erhebt, seist
es wohl selbstverständlich, dass sie nicht ungehOrt
verhallt Dennoch will es Ref. bedünken, dass
P. weit über das Ziel hinausschlägt. Auch bei uns
ist man gegen den Unfug kritiklosen Operirens, so
gegen die Castration bei Neurosen, die Massen-
operationen bei Retroflexio uteri u. s. w. von den
verschiedensten Seiten energisch und, wie es Bef.
scheinen will, weit sachUcher aufgetreten. Aus
den Darlegungen P.'s scheint es hervorzugehen
— und ebenso aus dem Vorwort seines üeber«
Setzers — , dass er die Operationen bei Krebs und
Ovarialcysten ziemlich als die einzig berechtigten
Operationen in der Gynäkologie ansieht Manmuss
danaoh annehmen, dass die plastischen Operationen
bei Vorfall, die Operationen der Beckeneiterungen
u. 8. w. für P. nicht existiren. Auch bezüglich der
üterusfibrome geht P. wohl zu weit, wenn er an*
nimmt, dass sie in der Regel keine wesentlichen
Beschwerden machen, allerdings hinzufügt, dass
er sich für verpflichtet halte, zu erwähnen, dass
einiffe Ausnahmen dieser Regel existiren. Er sagt
sogar : , Jch habe versichern gehurt, dass niemals
eine Frau wegen eines Uterusfibroids gestorben
seL^^ Allein die zahlreichen veröffentlichten Fälle
von sarkomatüser Entartung der Fibrome müssten
P. vom Oegentheil überzeugt haben. Im üebrigen
kommt ja die bei Weitem grösste Anzahl der
Fibrome erst der Blutungen oder Schmerzen wegen
in ärztliche Behandlung und damit zur Beobach-
tung.
Die praktischen Folgerungen, dieP. aus seinen
Darlegungen zieht, sind nur mit Rücksicht auf die
englischen ärztlichen Verhältnisse verständlich.
Er verlangt, dass die Geburtshelfer sich schon der
Infektionsgefahr wegen von der Chirurgie fern
halten sollen, er schlägt vor, dass an jedem Hospital
ein gynäkologischer Chirurg angestellt wird, der
mit dem Geburtshelfer zusammen arbeitet Dem
gegenüber erinnert Ref. an die Worte Kalten-
bach's bei Eröffnung des 2. Congresses der deut-
sdien Gesellschaft für Gynäkologie: „Gewiss wer-
den solche Verirrungen^' (d. h. dass das Operiren
Selbstzweck, statt ultima ratio werden könne)
yt — nnd wer wollte sie leugnen — durch nichts
sicherer vermieden, als durch Zusammenfassen von
Geburtshülfe und Gynäkologie in dem Sinne, wie
dies an unseren Hochschulen geschieht Ein Gynä-
kologe im umfassenden Sinne des Wortes kann
nur der werden, der in wissenschaftlicher und
ethischer Beziehung durch die strenge Schule der
(Geburtshülfe hindurchgegangen isV^
J. Praeger (Chemnitz).
25. Olinical illustrations of the diseases of
the Fallopian tubes and of tubal gestation ;
by Charles J. Cullingworth. London
1895. Rivington, Percival and Co. Gr. 8.
X u. 45 S.
Das Werk des Gynäkologen des St Thomas-
Hospitals zu London bietet eine Reihe Abbildungen
von Eileitererkrankungen mit Beschreibung der
Tafeln und kurzen Krankengeschichten der ein-
zelnen Fälle. Die Abbildungen betroffen im Wesent-
lichen Hydro-, Pyo-, Hämatosalpinx, Tuberkulose
der Eileiter, die verschiedensten Formen der Ei-
leiterschwangerschaft, sowie einen Fall von pri-
märem Krebs des Eileiters. Die zum Theil farbig
ausgeführten Tafeln sind meistens Wiedergaben von
Zeichnungen frischer Präparate; einige wenige sind
der Sammlung des Hospitals entnommen, doch sind
es sämmtlich eigene Beobachtungen von Culling-
worth. Auf die einzelnen, zum grossen Theiie
sehr interessanten Krankengeschichten einzugehen,
würde zu weit führen, jedenfalls verdient das
künstlerisch vorzüglich ausgeführte und ausge-
stattete Werk, dem ein sehr reiches Material zu
Grunde liegt, die volle Beachtung der Fachgenossen.
J. Praeger (Chemnitz).
26. Lehrbuch für Schülerinnen des Heb-
ammenourseB und Kaohsohlagebuoh für
Hebammen; von Prof. Ludwig Piskaftek
in Linz a. D. Wien u. Leipzig 1896. Wilh.
Braumüller. Gr. 8. XIX u. 227 S. mit 84 Ab-
bildungen. (Geb. 3 fl.)
Für Hebammen klar und verständlich zuschrei-
ben, hat seine ganz besonderen Schwierigkeiten.
Ref. erkennt gern an, dass P. diese schwierige
Aufgabe in dem vorliegenden Lehrbuche vorzüglich
gelüst und es gleichzeitig verstanden hat, den rich-
tigen Mittelweg zwischen dem Zuviel und dem
Zuwenig einzuhalten.
Der gesammte Lehrstoff ist in grosser üeber«
sichtUchkeit einem ungefähr 5 Monate dauernden
Curse angepasst; die Grundsätze der Spaeth'-
sehen Schule haben dabei als Richtschnur gedient.
Die Wichtigkeit der Antisepsis und Asepsis ist
überall eindringlich hervorgehoben ; als Desinfek-
tionsmittel ist nur das Lysol genannt, dessen
obligatorische Einführung in die Hebammenpraxis
P. sehr wünschenswerth erscheint, um Lifek-
tionen möglichst vorzubeugen, 1^ auch P. auf die
äussere Untersuchung ein besonderes Gewicht,
während die innere Untersuchung auf das AUer-
nothwendigste eingeschränkt wird.
Da die ürtlichen Verhältnisse namentlich in
den Alpenländem das rechtzeitige Eintreffen ärzt-
licher Hülfe in manchen Fällen unmöglich machen,
mussten gewisse Operationen, wie Wendung und
Placentalösung, ebenfalls besprochen werden. Bei
214
y. Bergmann u. Boohs. — Liebreich. — Erlenmeyer.
der Beschreibung der Wendung auf den Ftiss (p. 153)
ist übrigens von P. übersehen worden, das An-
schlingen des vorgefallenen Armes, vor dessen
Zurückschieben ausdrücklich gewarnt wird, zu er-
wfthnen.
P.ist bei Abfassung des vorliegenden, durchaus
empfehlenswerthen Lehrbuches mit grosser Sorg-
falt und vielem Qeschicke zu Werke gegangen«
Die Ausstattung ist sehr gut, ebenso sind die
grösstentheils originalen Abbildungen vortrefflich.
Arth. Hoff mann (Darmstadt).
27. Anleitende Vorlesimgen für den Oper»-
tlonB*Ciinra8 an der Leiche; von Prof. E.
V. Bergmann und Dr.H. Bochs in Berlin»
3. erweiterte Auflage. Berlin 1896. A. Hirsch-
wald. 8. 290 S. mit 63 AbbUd. (5 Hk.)
Die 2. Auflage dieser Vorlesungen haben wir
im GCXXXV. Bande dieser Jahrbücher p. 101 be-
sprochen. Dass sich das Buch immer mehr Freunde
und Anhänger erwirbt, beweist die schon nach
mehreren Jahren nothwendig gewordene neue Auf-
lage. Wenn diese auch um mehrere Druckbogen
vermehrt ist, so sind die Ziele des Buches doch
dieselben geblieben. Die schwierigen und oom-
plicürten Operationen im Inneren der Eürperhöhlen,
sowie eineBeihe atypisdier chirurgischer Eingriffie,
für welche die Einübung an der Leiche nur eine
untergeordnete Bedeutung hat, sind auch dieses
Mal weggelassen worden. Das Neue aber, das
mittlerweile z. B. in der Trepanationslehre, in den
plastischen Operationen u. A. hinzugekommen ist,
wurde in den alten Bahmen eingefügt
Die äussere Ausstattung des Buches ist in jeder
Weise vorzüglich; eine Vermehrung der Abbil-
dungen wäre für weitere Auflagen wünschens-
werth. P. Wagner (Leipzig).
28. Fhaneroekopia und Glasdrook für die
Diagnoae des Lupus vulgaris; von Oskar
Liebreich. Berlin 1894. Aug. Hirsch-
wald. Qr. 8. 46 S. mit 3 Tafeln. (4 Hk.)
L. schildert zunächst ausführlich das Wesen
der Phaneroskopie, sowie die von ihm oonstruirten
Apparate, den phaneroskopischen Kegel, die pha-
neroskopische Laterne, den photometrischen Pris-
menapparat, die Vereinigung der phaneroskopischen
Linse mit beweglichem Schirm und die Vereinigung
zweier decentrirter Linsen. Zur Anwendung des
Glasdruckes hatL. 2 Qlasdrücker anfertigen lassen
und femer den Olasdrücker mit der Lupe ver-
bunden. Für die Pnuds genügt in den meisten
Fällen eine planconvexe Beleuchtungslinse von
120 mm Brennweite und 57 mm Durohmesser.
Sie wird in einem vom Tageslicht abgeschlossenen
Baume (die convexe Seite der Kerze zugekehrt)
in der für das Entwerfen des Lichtbildes auf der
Baut nothwendigen Entfernung gehalten ; um das
Lichtbild herum zeigt sich alsdann der durch-
leuchtete Hof. Bei jeder normalen Kürperstelle
stellt dieser Hof eine gleichrnftsaige, nach derPeri^
pherie abnehmende phaneroskopisdie Durchleuch-
tung der Haut dar. Bei Lupus heben sich die
Knütchen heller roth, stSrker durdileachtet von
dem dunkleren Grunde ab. Mittels des Glasdruckes
gelingt es, die Knütchen nach Entfernung der
Hyperämie sichtbar zu machen. Die diagnostische
Bedeutung beider Verfahren wird dargelegt bei
Lupus, Sycosis, Angiom, Acne rosaoea, Eczema
papulosum, Prurigo, Eryfhema exsudativum multi-
forme, Liehen, Psoriasis, Petechien, syphilitischen
Hauterkrankungen und Anderem mehr.
Wermann (Dresden).
29. unser Irrenwesen« Studien und VorgdUäge
XU seiner Bßorganisaiion ; von Dr. Albrecht
Erlenmeyer inBendorf. Wiesbaden 1895.
J. F. Bergmann. Gr. 8. XII u. 132 S. (2 Hk.
80 Pf.)
Bei der Fülle von zweifelhaften literarischen
Erzeugnissen, mit denen sich unberufene seit
einiger Zeit an der Beform des Irrenwesens zu be-
theiligen suchen, muss das Erscheinen der vor-
liegenden, aus der Feder eines ebenso er&hrenen,
wie sachkundigen und durch die Gewohnheit des
Althergebrachten nicht voreingenommenen Irren-
arztes stammenden Schrift mit besonderer Freude
begrüsst werden. Die Zahl der darin enthaltenen
Reformvorschläge ist, entsprechend .der allaettig
anerkannten Beformbedürftigkeit unseres Irren-
wesens, eine recht mannigMtige, die einzelnen
Vorschlüge, die übrigens selbstverständlich nicht
durchweg neu sind, sind sachlich und gründlich
moüvirt, so dass Jeder, dem derFortsdiritt unseres
Irrenwesens am Herzen liegt, nur wünsdien wird,
sie fänden bald ihre Verwirklichung. Durch
mannigfache crasse, der Praxis entnommene Bei-
spiele wird die Mangelhaftigkeit einzelner be-
stehender Bestimmungen und Einrichtungen schla-
gend nachgewiesen. Wir würden nicht im Inter^
esse der Sache handeln, wenn wir audi nur einen
der Interessenten durch ein zu ausführliches Referat
der Mühe, diese Arbeit durohzustudiren, überhüben,
und empfehlen sie daher aufs Wärmste allen
Denen, die in der Lage und gewillt sind, sich an
der Reorganisation des Irren wesens selbstthStig zu
betheiligen. Als die wichtigsten Punkte erwähnen
wir nur die OeniraUaatkm der SkuUsaufsiM und
ihre Äuedehnung über irrenaneiaUen und Irre, dm
Ooneeseum zur ErrieMung von BrwakmetaUen, die
Definition von IrrenanMUen, die Voraehriften xum
Betriebe einer BrenaneiaU, die Eeviaion deraelben,
die BeaufaiefUigtmg der Irren aueeerhtdb derJnelaU,
die „freitnUigen Pensionäref', die Wärterfrage, die
Äufrhohme- und EnÜasetms^Hnimungen. Eine
besondere Erwähnung verdient der Vorschlag E's
zur Errichtung von Pcdronaien fOonUtSe von Ver-
trauenefnännemf, die den einzehien IirenanstaUen
beigegeben werden und den rechÜidk-'aoGialen Ver^
häUniseen der Kranken eine eingehende und fort-
laufend« BefKsbtang widmen opU^o, Aas Juristen
Index Catologuei ^~ Beriolite der med. OeseUsdiaft zu Leipzig.
215
imd Laien bestehend, werden sie Yerstftndniss fQr
dieOeisteBkranken, fQr die Irrenanstalten und ihren
Betrieb, fQr die Thätigkeit der Irrenärzte in's
Publicom hinaustragen und das Vertrauen zu den
Irrenanstalten in ungeahnter Weise heben. Der
Leser gewinnt die üeberzeugung, dass E. nicht zu
denjenigen Beformlem gehört, die reformiren, weil
solches aktuell und modern ist, sondern dass er
diesem Qegrastande schon seit vielen Jahren seine
Aufmerksamkeit und sein Interesse geschenkt hat
Bresler (Freiburg i. Schi.).
30. Index Catalogae of the Library of the
Surgeon-Oeiurals Office, United Siaies Ärmy,
Authora and Subjeda. YoLXVI: W— Zythus,
Washington 1895. QoYemmentPrinting Office.
4. XIV and 822 pp. (p. 808—822 Table of
Corrigenda in all volumes).
Es gereicht dem Unterzeichneten, welcher im
J.1881 das Erscheinen des I.Bandes dieses gross-
artigen Werkes in den JahrbQchem (CLXXXVUI.
p. 236) angezeigt hat, zur freudigen Gtenugthuung,
die Aufmerksamkeit der Leser der JahrbQcher auf
den vorläufigen Abschluss desselben richten zu
können. Dr. J. S. B i 1 1 i n g s , unter dessen ebenso
einsichtsvoller, wie energischer Leitung das Werk
bearbeitet worden ist, bemerkt nämlich am Schlüsse
seines kurzen Vorworts selbst, dass die erschienenen
Bftnde die erste Serie des ganzen Unternehmens
bilden, dass aber eine 2. Serie, umfassend die Titel
der BQcher und Artikel, welche zu sp&t eingegangen
sind, um in der 1. Serie Aufnahme finden zu kennen,
in Vorbereitung sei und ungef&hr 5 Bände um-
fassen werde.
Den hohen Werth des Index Catalogue noch
besonders hervorzuheben, ist ganz unnöthig. FQr
seine Reichhaltigkeit spricht am besten die nach-
stehende Uebersicht des Inhalts, aus dem noch
besonders auf die hohe Wichtigkeit der so
überaus zahlreichen Mittheilungen der einzelnen
Artikel in Zeitschriften hingewiesen sei. Die
ausserordentlich grosse Sorgfalt, welche auf die
Bichtigkeit der gemachten Angaben verwendet
worden ist, geht klar aus dem Verzeichniss der
in allen Bänden nöthig gewordenen Verbesserungen
hervor.
Author-Titles
Titles Volumes Pamphlets *)
176364 85663 151504
Subjeot- Titles
BookTiÜes Joaraal-Artioles
168557 511112
Portraits
4335
Möge es dem hochverdienten Dr. Billings
vergönnt sein, die Leitung auch der 2. Serie des
Index, den er selbst als „labour of love" bezeich-
net, zu Qbemehmen, möge er aber auch des auf-
richtigen Dankes aller wissenschaftlich thätigen
Aerzte sich versichert halten. Winter.
1) Kürzere, einzeln ersohienene AbhandloDgen.
Berichte der medicinischen Oesellschaft zu Leipzig.
Sitiaiig am 10, Deoember 1896.
Vorsitzender : A. Hoffmann.
SchriftfQhrer : Heinrich Sckmidi*
Herr Otto Barth in lindhardt sprach:
„ÜAer die Entstehung der HeUqueUen."
Bezeichnet man sich auf einer Landkarte die
Orte, an denen Heilquellen vorhanden sind, so
^t auf den ersten Blick die ungleiche Verthei-
Inng auf. WShrend in einzelnen Gebieten eine
ungemeine Häufung sich zeigt, z. B. am Taunus,
an der Westseite des Schwarz waldes, im nordwest-
lichen Böhmen, zu beiden Seiten der Alpen, an der
WestkQste Italiens, sind andere grosse Qebiete
überaus arm daran. Weite Strecken der nord-
deatschen Ebene, des Königreichs Sachsen, grosse
Theile Bayerns entbehren ihrer vollständig. Be-
trachten wir uns aber die an Heilquellen reichen
Gegenden etwas genauer, so finden wir die gröss-
toi Verschiedenheiten in der chemischen und phy-
sikalischen Beschaffenheit der dort entspringenden
WSsser. So treffen wir in einer Linie von nur
wenigen Meilen dieheissen, alkalisch-sulphatischen
Quellen Carlsbads, die kühlen ähnlichen von Marien-
bad und Franzensbad unweit und zum TheU un-
mittelbar neben den kalten Säuerlingen von Eron-
dorf und Qiesshübel, die natronreichen Biliner
Brunnen, nahe den Bitterquellen von PüUna und
Saidschütz, die von festen Bestandtheilen fast freien
Thermen von Teplitz. Qanz ähnlich am Taunus :
dieEochsalzthermen von Wiesbaden und Ems, nahe
den Akratothermen von Schlangenbad, den Säuer-
lingen von Selters, den Eisenwässem Langen-
schwalbachs, den Schwefelquellen von Weilbach,
den Eochsalzwässem von Soden, den kohlensäure-
reichen Eochsalzthermen von Nauheim, um die
Ursachen dieser Verhältnisse aufzufinden, ist es
erforderlich, sich ein Bild von den geologischen
Verhältnissen der Gegenden zu machen. DieEarte
von Mitteleuropa zeigt uns hierbei das Vorkommen
der ältesten Sedimentärgesteine, der Qneisse und
Qlimmerschiefer, die noch vollkommen toi von
organischen Resten sind, in den Vogesen, im
Schwarzwald, BOhmerwald, Erz- und Riesengebirge,
m den Gentralalpen. An vielen Stellen zeigen sich
in ihnen Durchbrüche älterer Eruptivgesteine, vor
2ie
Berichte der mefd. Gesellschaft zu Leipzig.
Allem des Granits, der, sobald er mit Nachbar-
gesteinen in Berührung trat, diese in eigenthüm-
licher Weise veränderte (Contaktmetamorphosen).
Als nächstjüngere Gesteine reihen sich um diese
Kerne die üebergangsformationen an, zunächst die
süurischen und devonischen Gebilde, aus denen
überaus zahlreiche Heilquellen ihren Ursprung
nehmen. Der grösste Theil des Taunus ist aus
ihnen aufgebaut Nach ihnen bildete sich die
Steinkohlenformation aus, die wieder von denDyas-
gebilden, dem Bothliegenden und dem Zechstein
überlagert wird. Zur Zeit ihrer Ausbildung kam
es zu den mächtigen Durchbrüchen des Porphyrs,
der fast das gesammte Massiv des Thüringer
Waldes, die Höhen des nordwestlichen Sachsens,
eine keilförmige Durchquerung des Erzgebirges,
die bis nach Teplitz hinabreicht, bildet. Jünger
wieder sind die Gesteine der Triasformation, die
eine ungeheure Ausdehnung in den Nord- und
Südalpen, vom Schwarzwalde bis zum Harze und
dem Thüringer Walde hat und diese GebirgsstOcke
so -umlagert, dass die 3 Glieder: Buntsandstein,
Muschelkalk und Keuper mantelartig sich um sie
ziehen. Wir finden in ihr massenhaftes Vorkom-
men des für die Bildung von Heilquellen so wich-
tigen Gipses^ sowie des Kochsalzes mit seinen Be-
gleitern Brom, Jod u. s. w. Ebenfalls in sehr
grosser Ausdehnung schliesst sich an die Trias-
die Juraformation an, in der häufig Schwefelwässer
vorkommen. Vom Südosten Frankreichs geht ein
mächtiger Zug dieser Gesteine durch die Nord-
schweiz, die schwäbische Alp bis zur fränkischen
Schweiz, sowie nördlich nach Hannover. Nun
reiht sich die Kreideformation an, die wir an der
Westseite Frankreichs, in den Alpen, im Eibsand-
steingebirge, in Norddeutschland (Rügen) anstehend
finden, üeberlagert werden die älteren Gebirge
von den Gebilden der Teriiäneii, die in den Braun-
kohlengebieten, sowie den mächtigen Sand- und
Thonablagerungen ihre Reste hinterlassen haben.
In die Zeit ihrer Entwickelung fallen die Durch-
brüche der Basalte, die massigen Entstehungen der
in den Yoralpen sich findenden Nagelfluh; wir
werden am Schlüsse nochmals auf die für unsere
Frage so wichtigen dynamischen Verhältnisse zu-
rückzukommen haben, die in dieser Periode sich
ereigneten. Diluvial- und Alluvialablagerungen
bilden den Schluss der geologischen Umwand-
lungen. Im Allgemeinen zeigt es sich, dass an
den Rändern der älteren Gebirge Thermal- und
Jcohlensäurereiche Quellen vorkommen, die Sool-
quellen finden wir vorwiegend in den aus Trias-
gebilden bestehenden Gegenden.
Wenden wir uns nun zu der Betrachtung der
Specialkarten, so fallen auf ihnen bestimmte Züge
auf, die die Quellorte verbinden. Am Taunus sind
es etwa 6 fast parallele Streifen, die sämmtlich
dem im Allgemeinen von Südwest nach Nordost
gerichteten Streifen der Gebirgszüge entsprechen.
Von Süden nach Norden gruppiren sich die wich-
tigsten Heilquellen folgendermaassen : 1) aus ien
sogenannten Cyrenenmergeln des tertiären Mainzer
Beckens entspringen die Schwefelquellen von Weil-
bach und Mittelheim, sowie der Faulbrunnen Wies-
badens; 2) die Sericitgneisse und Sericitachiefer
geben dem grossen, zwischen Nauheim und As»-
mannshausen gelegenen Quellzuge, dem kalte und
heisse NaCl führende Quellen entstammen (Wies-
baden, Soden) den Ursprung ; 3) im Taunusquarzit
die Wildbäder von Schlangenbad; 4) im Hunds-
rückschiefer die kalten COf-haltigen Eisenwäaser
von Lorch-Espenscheid, Langenschwalbach ; 5) im
Goblenzschiefer die warmen Quellen von Ems;
6) im Mitteldevon die Sauerwässer von Selters,
Obermeisen, Zollhaus, Dörsdorf. Die Erklärung
dieser eigenartigen Anordnung findet sich in dem
Vorhandensein theils tiefer, theils seichterer /^Mitteit
im Gebirge. Ganz ähnliche und seit langer Zeit
genau studirte Spaltensysteme gestatten den be-
rühmten böhmischen Quellen den Austritt Man
hat daher im Allgemeinen von einer böhmischen
Thermalspalte gesprochen, die sich annäherad
parallel dem Kamme des Erzgebirges von der Elbe
bis gegen das flchtelgebirge hinzieht Es findet
sich jedoch eine grössere Zahl rechtwinkelig hierzu
gestellter Spalten, aus denen eine grosse Anzahl
von Mineralquellen entspringt
In Oarlsbad sind es zwei parallele NNW— SSO
streichende Züge, ein nördlicher, mitdensdiwäche-
ren Quellen : Neu- und Mühlbrunnen, Felsenquelle,
ein südlicher mit Schloss- und Marktbrunnen,
Sprudel und Hygieaquelle. Sie entsprechen tiefen
Spalten im Gesteine (Granit) und Höchsietier hat
nachgewiesen, dass die südlichere Sprudelhaupt-
spalte sich in einer Tiefe von 258 m mit der Mfihl-
brunnennebenspalte schneidet, demnach eine V^«
bindung der Quellen besteht Da das Tepelthal
den Rest einer weiteren Gebirgsspalte darstellt
und die Hauptspalte nochmals schneidet, so erklärt
sich der Hauptursprung, der Sprudel, an dieser
Stelle. An einem Modell lassen sich die ziemlich
verwickelten Verhältnisse leicht erläutern. In
Teplitz liegen die Ursprünge in einem jüngeren Ge-
steine, dem Porphyr, der sich als breiter Keil recht-
winklig durch das Erzgebirge bis etwa 15 km süd-
lich von Dresden drängt In queren, von West
nach Ost verlaufenden Spalten sammeln sich die
Thermalwässer, die bis zur Riesenquelle bei Dux
reichen. Besonderen Spalten entspringen die zahl-
reichen Säuerlinge Böhmens, die Quellen von Marien-
bad ; in drei parallelen Zügen die vogtländischen
Quellen (Elster, Brambach), Fleissen und Fran-
zensbad.
Genau so wie in den genannten Orten sind die
Ursprungstellen der vielen anderen Heilqueli^i
stets an das Vorhandensein von Gebirgsspalten ge-
bunden, deren Richtung ganz gesetzmässig ist
Alles in Form von Quellen zu Tage tretende
Wasser ist durch atmosphärische Niederschläge
dem Boden zugeführt, die sich im Erdboden ver-
Berichte der med. QeseUschaft zu Leipzig.
217
«ickem, bis sie auf eine undorchlfissige Schicht
treffen. Ehe dies geschieht, vergeht oft eine lange
Zeit und so erklfirt sich auch die Ausgleichung, die
in der Unregelm&ssigkeit der NiederschlSge sich
zagt Nur sehr anhaltende, starke Regen- und
fichneemasaen sind zeitweilig im Stande, einen ver-
mehrten Abfluss der Quellen zu erzeugen ; so ist
2. B. in Ffftffers eine grössere Ergiebigkeit der
Quelle nach besonders reicher Schneebedeckung der
,,grauenHömer'^ und des „Falknis" beobachtet wor-
den. Gelangen die Niederschlftge in bedeutendere
Tiefen, so erwärmt sich das Wasser, und zwar bei
je 100 m um 3<>C., so dass bei 3000 m Tiefe Siede-
hitze erreicht wird. Alle Wässer, die wärmer als
die mittlere Jahrestemperatur des Quellortes zu
Tage treten, sind als Thermen zu betrachten. Fehlt
den Wässern auf ihrem Wege in das Erdinnere die
Oelegenheit, chemische Stoffe aufzulösen, so wer-
den sie an den Austrittstellen als Akratokrenen oder
Akratothermen sich zeigen. Die letzteren zählen
zu den Heilquellen ; sie haben einen kurzen Weg
in die Tiefe zurückgelegt, und fanden, da sie auch
meist grosserer GOs-Mengen entbehren, keine Ge-
legenheit, fertig gebildete lösliche Mineralien auf-
zunehmen. Zu ihnen gehören Schlangenbad,
Warmbad, Teplitz, Wannbrunn, Johannesbad,
Badenweiler, Wildbad, in den Alpen Bormio,
Pfäffers, Oastein, Bömerbad, Kranina, Yöslau.
Sie entspringen aus den Spalten der verschie-
denartigsten Gesteine. Ganz anders sind die
TerhSltnisse, wenn die Wässer sehr weite Wege
durch sehr fein zerklüftetes, verwitterbares Gestein
zurückzulegen haben, besonders dann, wenn sich
ihnen reichliche Kohlensäure bdmengen kann.
Ihrer Mitwirkung ist es in erster Linie zu danken,
dass Mineralstoffe sich den Wässern beimischen.
Da die GO^-Menge der atmosphärischen Wässer
nur gering ist, haben diese nur geringe Lösungs-
ffihigkeit, in enormer Menge strömt jedoch aus dem
Erdinneren durch Spalten, die für die Wässer nicht
mehr durchgängig sind, GO^ zu ihnen, als ,4etzte
unscheinbare Nachwirkung grossartiger Ereignisse
früherer Zeiten". Ihr Freiwerden erklärt sidii jeden-
falls durch Zersetzung vorhandener Garbonate durch
die Hitze des Erdinneren, vielleicht unter Mitwir-
kung der überall vorhandenen Kieselsäure. Bereits
um 1820 hat Sitruve Versuche gemacht, durch Ein-
pressen GO)- haltigen Wassers in mit Geetein-
Btücken gefüllte Bohren Mineralwässer künstlich
zu erzeugen. Nach seinen Angaben gelang es ihm,
aus dem Fhonolith des Donnersberges bei Bilin ein
dem dortigen Sauerbrunnen ähnliches Wasser zu
erhalten. Neuere Untersuchungen haben jedoch
nachgewiesen, dass dieses Wasser aus einer Otieiss'
sdioUe entspringt und jedenfalls die benachbarten
Phonolithe nur mit dem auf andere Weise ent-
standenen Sauerbrunnen durchtränkt sind. Mischt
sich die COs einfach kalten Quellen bei, die aus
Gesteinen entspringen, denen sie nichts entziehen
können, so entstehen die einfachen /SoraierKfi^e. Nahe
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft 2.
verwandt sind ihnen die an Bicarbonaten reicheren
Wässer, z. B. Bilin, Yichy. Auch die Eisemoässer
schliessen sich ihnen an, sofern das Fe in Form von
doppeltkohlensaurem Eisenoxydul sich in ihnen
findet Von den am häufigsten in den Mineral-
wässern vorkommenden chemischen Stoffen ist
femer der doppeltkohlensaure und schwefelsaure
Kalk zu nennen, der den weitverbreiteten Kalk-
gebirgen und dem in der Triasformation häufigen
Gipse entstammt Das Koehsdix, welches in ge-
ringen Mengen in fast keiner geologischen Forma-
tion ganz fehlt, geht seiner leichten Löslichkeit
wegen in sehr viele Wässer über; bei sehr grosser
Menge verwandelt es die Wässer in Soolen, Von
vielen wichtigen Bestandtheilen der Heilquellen ist
es sicher, dass sie ntc^ fertig gebildet in den Gestei-
nen vorkommen, in denen sie als Qoellbestandtheile
auftreten. Es sind dies das doppeltkohlensaure und
schwefelsaure Natron, der Eisenvitriol, die Schwefel-
alkalien und der freie HS. Für diese Stoffe müssen
complicirte chemische Aenderungen bestimmter
Mineralien angenommen werden. Aber nicht ein-
fache Yerwitterung genügt hier, um die Bildung
dieser Salze zu bewirken, und auch hier ist es die
dem Wasser beigemengte, zum TheU unter sehr
hohem Drucke stehende GOs, die die chemischen
Yeränderungen einleitet In den Graniten Garls-
bads ist der Feldspath diesen Einwirkungen in
erster Linie ausgesetzt, und zwar kommen die Varie-
täten OUgoklas mit 14 und der Albit mit llVt^/o
Natron hauptsächlich in Betracht Die Kalifeld-
spathe widerstehen der Zersetzung weit mehr, daher
der geringe Kaligehalt der meisten Quellen. Leichter
erklärt sich auf diese Weise die Entstehung des
Natronbicarbonats. Das Natriumsulfat bildet sich
entweder durch Zersetzung des durch Oxydation aus
Schwefeleisen (Schwefelkies) entstandenen Eisen-
vitriols durch kohlensaures Natron, oder durch
Umbildung von Gips durch letzteres in kohlen-
sauren Kalk und Glaubersalz. Wegen des Mangels
von Gips in Carlsbad, Marienbad und Franzensbad
ist die erstere «Entstehung die wahrscheinlichere.
Enorme Mineralmengen werden auf diese Weise
den Gesteinen entzogen, in Garlsbad z. B. jährlich
ll^/s MilL Kilogramm. Lithion entstammt dem
Lithionglimmer. Der grösste Reichthum an Mineral-
bestandtheilen zeigt sich besonders da, wo ver-
schiedene Spalten der G^teine sich kreuzen, wie
an der ürsprungstelle des Garlsbader Sprudels.
Bei dem Austritte der mit Bicarbonaten des Eisens
und Kalkes gesättigten Wässer entweicht ein Theil
der GOji, die einfachen unlöslichen Garbonate setzen
sich als Quellsinter ab. Die verschiedene Starke
der benachbarten, aber einem Spaltsysteme an-
gehörigen Quellen erklärt sich durch Zutritt von
Wildwässem zu den concentrirten Lösungen, die
verschiedene Temperatur theils hierdurch, theils
durch längeres Verweilen der Wässer in höheren
kühleren Horizonten; der Auftrieb wird durch den
Druck der freien GO« bewirkt Die Schwefelquellen,
28
218
Berichte der med. Geflellschaft kq Leipzig.
die durch Gtohalt an Schwefelalkalien, sowie durch
freien Schwefelwasserstoff charakterisirt sind, ent-
stehen ausnahmelos durch Beduktion schwefel-
saurer Salze durch or^anisehe Stoffe. Besonders
ist die Lösung des Gipses dieser Zersetzung zu-
gänglich und thatsftchlich finden sich die meisten
Schwefelwftsser in den gipsreichen nördlichen Alpen
und den der Trias angehOrigen Gegenden. Auf
ihr Yorkommen in den an den sogen. Cyrenen-
mergeln reichen Gegenden wurde schon oben auf-
merksam gemacht; der Wiesbadener Faulbrunnen
▼erdankt diesen seinen Ursprung. Es muss somit
an Orten mit hmssen Sehwefdwässem , wie in
Aachen und Baden (Aargau), eine Mischung von
heissen aus der Tiefe dringenden Wässern mit den
durch Beduktion entstandenen Schwefelwfissem
höher gelegener Schichten stattfinden, da S-freie
neben S-haltigen Quellen sich yorfinden. Die
Msenvüriohvässer (eines der stärksten im Hermanns-
bad zu Lausigk mit 4<^/oo Gehalt) finden sich be-
sonders in dem zum Tertiär gehörigen Braunkohlen-
gebiete. Dieses ist reich an Knollen von Schwefel-
eisen, das sich durch einfache Oxydation in Eisen-
vitriol umwandelt und von den Tagewässem aus-
gewaschen wird. Kommt diese Umwandlung in
Gebieten zu Stande, die Dolomite (kohlensaure
Kalkmagnesia) enthalten, wie bei Püllna undSaid-
schitz in Böhmen, Budapest u. s. w., so entstehen
durch Wechselwirkung die Bi^tdruwüMT. Sie bilden
sich in den obersten Schichten und werden zum
Theil in Brunnen gesammelt Ihr Gehalt an
schwefelsaurer Magnesia schwankt je nach der
Menge der atmosphärischen Niederschläge; bei
trockenem Wetter kommt es zur Effloration des
Salzes auf dem Erdboden. Die für die Ansamm-
lung und Bildung der Mineralquellen erforderlichen
QueütpaUen verdanken ihre Entstehung besonders
den mächtigen Umwandlungen, denen unser Erd-
körper in der Tertiärzeit ausgesetzt war. In diese
Periode verlegt man die Erhebung der Alpen.
Fortschreitende durch weitere Abkühlung bedingte
Schrumpfung unseres Planeten brachte stärkere
Faltung, also Aufstauung von Kettengebirgen, mit
sich. UrsprOnglich flache Schichtungen, entstanden
aus den Ablagerungen alter Meere, wurden zu-
sammengeschoben, sobald sie dem Drucke ausser-
halb gelegener, sich näher rückender Gebirge aus-
gesetzt waren. Die Nordalpen sind das Produkt
dieser gewaltigen dynamischen Wirkungen. Der
Druck selbst brachte Berstungen, Verwerfungen,
Gesteinumwandlungen der mannigfaltigsten Weise
mit sich ; durch die entstandenen Risse pressten
sich die jungvulkanischen Gesteine aus dem feurig-
flüssigen Erdinnem heraus, z. B. die Basalte und
Phonoüthe Böhmens, oft weite Decken bildend
oder einzelne Kegel gebend. Massenhafte, nach
den verschiedensten Richtungen verlaufende Spal-
ten entstanden, zu eng, um vulkanischen Gesteinen
den Durchtritt zu gestatten, weit genug aber für
die Möglichkeit des Entweichens der Kohlensaure.
Die vulkanischen Erscheinungen sind somit nicht
die Ursachen, sondern die Begleiterscheinungen
des ersten Auftretens von Mineralquellen gewesen«
Die zahlreich vorkommenden vollkommenen oder
unvollkommenen Ausfüllungen solcher Spalten mit
krystallinischen Mineralien (Erzgänge u. s. w.)
sprechen dafür, dass in früheren Zeiten sehr zahl-
reiche Zuflüsse mit solchen Stoffen beladener
Wässer stattfanden. Unsere Mineralquellen sind
als noch fortbestehende Reste dieser Umwälzungen
anzunehmen. Die ältesten Gebirge, an deren Bän-
dern wir die meisten Heilquellen finden, wider-
standen dem Drucke, es kam nur zu Abbruchen
an der Alpenseite, während die auf der anderen
Seite gelegenen Flügel der Gebirge siemlich
unberührt blieben; daher z. B. auf der Nord-
seite des Erzgebirges nur wenige Quellspalten.
Im Laufe der Jahrtausende werden viele der
jetzt vorhandenen Quellen durch Versinterung
ihrer Spalten, allmähliches Auswaschen der Us-
baren Theile der Gtebirge u. s. w. zum Ver-
schwinden kommen ; abgeschlossen ist jedoch die
Umwandlung des Erdkörpers nicht ; die Schrum-
pfung muss weiterschreiten, neue Spalten werden
entstehen, in denen sich die oben geschilderten
Vorgänge wiederholen werden.
Sitiang am 7. Januar 18M.
Vorsitzender : F. A. Hoffmann,
Schriftführer: Eemridh Sehmidt.
Herr Hess spricht: „üeber Zeüfragen aus der
Lehre vom Sehen'^ mit Demonstrationen.
„1) Die Frage nach dem Mechanismus des
Accommodationsvorganges ist in den letzten Jahren
Gegenstand lebhafter Diskussion gewesen.
Die vermehrte Wölbung der vorderen Linsen-
fläche beim Aocommodiren soll nach Sckän und
Tseheming durch eine vermehrte Spannung der
Fasern der ZonulaZmnii zustande kommen, wäh-
rend t;. BdmhoUz sie durch eine verminderte Span-
nung, bez. Entspannung der Zonula zu Stande
kommen lässt Die Frage ist von grosser prak-
tischer Wichtigkeit wegen der Beziehung zahl-
reicher Augenerkrankungen zum Accommodations-
vorgange. Hess konnte durch verschiedene Ver-
suchsanordnungen die bis dahin unbekannte That-
sache feststellen, dass die normale Linse nadi
Einträufelung von Eserin, das einen der Acoommo-
dation durchaus analogen Vorgang im Auge auslöst,
eben so wie auch beim gewöhnlichen Aocommo-
diren deuüieh sMoOert. Damit ist der erste sichere
Beweis für die Entspannung der Zonula bei der
Accommodation erbracht und die Theorie von
Schön und von Tscheming endgültig widerlegt
2) Die meisten neueren Forscher nehmen an,
dass Homhautastigmatismus ausgeglichen werden
könne durch partielle Contraktion des Ciliarmnskels
und dadurch bedingten Linsenastigmatismus. Diese
Hypothese hat zum Theil ihren Grund in der all-
Berichte der mecL Qesellsöhaft zu Leipzig.
219
gemein herrschenden Annahme, dass Astigmatiker
stets auf eine Brenn^ante zu accommodiren ge-
zwnngen seien.
Auch dieses Thema steht zu vielen praktisch
wichtigen Fragen aus der Pathologie des Auges in
innigster Beziehung. Hess zeigt zunächst, dass
dieAstigmatiker nichi, wie allgemein angenommen
wird, auf eine Brenn/inie, sondern, wenn sie es
irgend können, auf den ungefähr in der Mitte
zwischen den beiden Brennlinien gelegenen Brenn-
kreia accommodiren, da sie hier von den Gegen-
ständen (z. B. Buchstaben) vid deutlichere Netz-
hantbilder erhalten, als bei der Einstellung auf die
BrmnUnien,
Durch eine weitere ausgedehnte Versuchsreihe
fand Hess, dass bei keiner der von ihm unter-
suchten Personen eine partielle Contraktion des
Ciliarmuskels hervorgerufen werden konnte. End-
lich zeigt Hess, dass die Beobachtungen früherer
Forscher über diese Frage nicht beweisend sind,
da eine Eeihe schwerwiegender Fehlerquellen
dabei unberücksichtigt geblieben ist
Der 2.Theil des Vortrages wird durch Demon-
strationen mittels eines künstlich astigmatisch ge-
machten Projektionsapparates illustrirt.'^
In der Verhandlung stellt Herr Schwarx eine Frage,
die vom Vortragenden beantwortet wird.
Hierauf h< Herr Buchheim einen Vortrag:
,Zur PcUhogenese und Therapie des Sehreibkrtw^fes*',
mit Demonstration eines Schreibfederhalters und
des Concussors.
Die Verhandlung wnrde wegen vorgerückter Zeit
auf die nächste Sitzung verschoben.
Sitsong am 2L Januftr 1896.
Vorsitzender : Birch - Wrachfeld.
Schriftführer: Heinrich Schmidt.
Herr Flechsig sprach: „Ueber die Mark-
hädung in den Orosshirrdiemisphären des Menschen/'
„Der Vortragende erläutert zunächst die Her-
stellungsmethode der zu demonstrirenden Präparate.
Sie sind sämmtlich den Gehirnen Neugeborener
und jüngerer Kinder entnommen, in chromsauren
Salzen gehärtet und nach Weigert-Pal gefärbt Es
sind immer Schnitte durch das ganze Qehim an-
gefertigt worden, weil diese allein einen wirklichen
Ueberblick gewähren und das Erkennen gewisser
allgemeiner Gesetze in der Anordnung und Ent-
Btehungsfolge der centralen Leitungen ermöglichen.
Diese Gesetze werden zunächst an den Präpa-
raten demonstrirt Es ergiebt sich, dass im Gehirn
von allen Faserzügen zunächst die Sinnesleitungen
sich ausbilden, und auch diese wieder in einer be-
stimmten Reihenfolge, zuerst die Leitungen, welche
von den hinteren Wurzeln des Rückenmarkes,
dnrch Hinterstränge, Schleifenschicht der Brücke
direkt und indirekt in den Stabkranz der Gentralwin-
dnngen übergehen, und die Bahnen, welche durch
das Corpus restiforme zur Eleinhimrinde und zum
Nudeus dentatus und von da durch die obere Klein-
himfläche zu den Grosshimganglien , zum Theil
wieder direkt in den Stabkranz der Centralwindun-
gen gelangen. Hier sind die Bahnen des Muskel-
sinnes, der Lagevorstellung, des Tastsinnes, ver-
muthlich auch der Schmerzgefühle gegeben.
Fast gleichzeitig wird der Tractus olfactorius
markhaltig, dessen Verzweigungen zu Gyrus unci-
natus, Trigonum olfactorium u. s. w. demon-
strirt werden. Von hier gehen früh Assodations-
bahnen aus zum Gyrus hippocampi.
Später entwickeln sich Bahnen zwischen dem
Fuss der Stimwindungen und dem Gyrus fomi-
catus einer-, den Ghrosshimganglien andererseits,
welche vermuthlich centripetale Leitungen dar-
stellen.
Noch weiter kommt die Sehstrahlung zur Ent-
wickelung, welche auf ihrem Verlauf zwischen
äusserem Eniehöcker und Thalamus opticus einer-,
der Rinde der Fissura calcarina und des Cuneus
andererseits deutlich demonstrirt wird. An Kin-
dern von ca. 1 Woche Lebensalter ergiebt sich,
dass die Sehsphäre hauptsächlich in der durch
einen besonderen Bau (8-schichtiger Typus) aus-
gezeichneten Region der Fissura calcarina zu
suchen ist
Zuletzt von allen Sinnesleitungen wird der
Stabkranztheil der HOrleitung markhaltig, welcher
sich vom hinteren Vierhügel und inneren Enie-
hOcker zur 1. Schläfenwindung, besonders den
Wurzeln derselben, der vorderen und hinteren
temporalen Querwindung verfolgen lässt, so dass
hier die eigentliche Hörsphäre der Hirnrinde zu
suchen ist
Indem sich auf diese Weise die Sinnessphären
der Grosshimrinde nach Lage und Umfang genau
umgrenzen lassen, zeigt sich, dass auch alle „moto-
rischen" Bahnen des Stabkranzes aus der Gegend
dieser Sinnessphären hervorgehen, besonders die
Pyramidenbahn (aus der Tastsphäre) und die übrigen
Bahnen des Himschenkelfusses.
Ein grosser Theil der Rinde zeigt keinerlei
Verbindungen mit sensiblen oder motorischen
Bahnen. Hier treten markhaltige Faserzüge viel
später auf und es zeigt sich, dass dieselben sämmt-
lich Associationsysteme darstellen, theils gekreuzte
(Balken), theils gleichseitig verlaufende. Diese
Stabkranzfreien Abschnitte werden demonstrirt als
„Associationsoentren" der Grosshimrinde ; sie sind
viel jüngere Bildungen als die Sinnesoentren und
waren insofern als „höhere" Centren anzusehen.
Solcher Associationsoentren werden 3 demonstrirt,
das grOsste, im Scheitel-Hinteriiaupt-Schläfen-
lappen gelegene, ein kleines mit der Insel sich
deckendes und das die Spitze der Stimlappen bil-
dende frontale Centrum.
Was die Bedeutung dieser Abschnitte in phy-
siologischer Hinsicht anlangt, so macht der Vor-
tragende darauf aufmerksam, dass bei Zerstörung
der Gegend zwischen Hör- und Sehsphäre im hin-
teren Associationsoentrum dieVerknüpfanggespro-
220
Berichte der mecL Gesellsdiaft zu Leipzig.
ebener Wörter mit optischen Erinnerungsbildern
und umgekehrt von Oesichtseindrücken mit Wort-
klang-Bildem ausfftllt, also Aufhebung ganz be-
stimmter Associationen. In Summa resultirt aus
beiderseitiger Zerstörung dieser Centren die Un-
fähigkeit äussere Eindrücke richtig zu deuten.
Das Stimcentrum scheint nicht fOr alle Indivi-
duen gleichwichtig zu sein; vielleicht kommt es
bei niederen Beschäftigungen wenig in Thätigkeit,
während es bei höheren geistigen Thätigkeiten,
abstraktem Denken u. dgL m. von Wichtigkeit ist.
Für die Psychiatrie enthalten die mitgetheilten
anatomischen Thatsachen wichtige Fingerzeige.
Findet man doch bei Erkrankung der „Tastsphäre^^
häufig schwere Hypochondrie u. dgl. m.
Der Yortrag wird ausführlich als Separat-Schrift
erscheinen unter dem Titel „Gehirn und Seele^^''
SitBung am 4. Februar 1896.
Yorsitzender : Birch- Hirschfeld.
Schriftführer: Eemrich Schmidi,
Herr Bach sprach: „lieber Magendurchleueh'
iung."
Herr Hacker sprach: „Ueber die BehancUung
des BeingescktDÜrs"
Im Anschloss an den Vortrag des Herrn Eacker
stellte Herr Braun eine Kranke mit Beingeschwür vor.
Herr Braun hält es für nothwendig, dass noch
möglichst oft auf die aui^zeichneten Erfolge deri^ithel-
transplantation nach Tktersch auch auf variköse Unter-
scheDkelgeschwüre hingewiesen wird, da nahmhafte
Chirorgen noch immer nicht recht an sie glauben wollen
und der einfachen Epitheltransplantation em viel oomph-
cirteres und weniger sicheres Verfahren, die üeberpflan-
znng nngestielter grosser Hautlappen, vorziehen. Braun
stellte daher eine 60jähr., sehr wohlbeleibte Frau vor,
die im September 1895 in seine Behandlung gekommen
war, mit Varioen im Gebiete der rechten V. saphena,
einem handfläohengrossen, seit Jahrzehnten bestehenden
Ulcus und ausgedehnten Ekzemen am rechten Unter-
schenkel. Nach der üblichen 14tägigen Vorbehandlung
wurde die Vena saphena in der Mi& des Oberschenkels
unterbunden, der Grund und die Ränder des Geschwürs
wurden so weit mit dem Messer exstirpirt, bis überall
weiche, blutreiche Gewebe zu Tage lagen, die Oberfläche
des äusseren Knöchels, soweit sie in den Boreich des Ge-
schwürs fiel, abgemeisselt und die ganze frische Wunde
mit 3 grossen Epithellappen nach ITiierseh bedeckt.
Zur unmittelbaren Nachbehandlung benutzt Braun
Palververbände, die bequemer sind, als die von Tktersch
angegebenen, täglich zu wechselnden Verbände mit Pro-
tektivsilk. Die transplantirte Partie wird mit einer Vs^m
dioken Schicht von Jodoform, Dermatol oder, wie in dem
vorgestellten Fall, Amylum und Zinkozyd ana bestreut,
um das Ankleben der Verbandstoffe zu verhindern, darüber
kommt ein aseptischer, austrocknender Verband, der
8 — 14 Tage liegen bleibt. In dieser Zeit ist die Wunde
gewöhnlich völlig geschlossen und es wird nunmehr ein
c/nna'scher Leimverband angelegt, mit dem die Kranken
sehr bald aufstehen können. Denn man kann mit Hülfe
dieser Leimverbände fast mit absoluter Sicherheit ver-
hindern, dass ein einmal mit oder ohne operative Hülfe
vernarbtes Unterschenkelgesohwür wieder anseht, so
lange sich die Kranken der Behandlung nicht entziehen,
und das ist weniger als bei anderen Behandlungs-
methoden zu befürchten, weil die Leimverbände 3 bis
5 'Wochen liegen bleiben können, in der Zwischenzeit
aber eine ärztUche Gontrole nicht nöthig ist.
Die vorgestellte Kranke ist in kUnische Behandlung
gekonunen am 2. September 1895, opeiirt am 18. Sep-
tember, am 8. October wurde ein Leimverband angelegt,
nachdem das Geschwür fest vernarbt, die zur Unter-
bindung der Vena saphena angelegte Wunde geheilt war.
Am 9. October verUees die Kranke das Bett, am 13. October
die Anstalt Braun 's. Sie ist seitdem im vollen un-
gehinderten Gebrauche ihres Ghedes und ist den ganzen
Ta^ auf den Beinen. Bis Anfang Januar 1896 trug sie
Leunverbände (im Ganzen 2 Stück), seit dieser Zeit wird
nur Bindeneinwickelung angewendet Das Bein schwillt
so gut wie nicht mehr an, die Varicen sind verschwunden,
die Stelle des Geschwürs ist mit einer weichen, rersdUth-
liehen^ nicht glänzenden, durchaus nicht wie eine Narbe
aussehenden Haut von normaler Farbe bedeokt Im
Gegensatze zu Herrn Hacker möchte Braun besonders
betonen, dass bei Kranken, die man einmal so weit ge-
bracht hat, wie die vorgestellte, das Eintreten eines Reci-
divs nicht zu befürchten ist; jedenfalls aber kann es,
wenn es droht, durch erneutes, Monate langes Tragen
von Leimverbänden verhindert werden. Die von Herrn
Hacker erwähnte gleichzeitige operative Behandlung der
Varicen, wenn möglich durch Unterbindung der Vena
saphena, wenn nicht durch Ezstirpation der Varicen oder
ihre Ausschaltung durch mehrfache Unterbindungen am
Unterschenkel, hält auch Braun für sehr wichtig, ja in
den meisten Fällen für noth wendig. —
Herr K o 1 1 m a n n zeigte mehrere Kranke mit Ham-
röhrenstriktur unter Benutzung der Ntbis-Öberländer''
sehen urethroskopischen Methode. Der erste Patient
zeigte eine Strikbir im Beginne der Erkrankung. Der
Untersuchungstubus Nr. 21 Hess sich zwar bis zum
Isthmus vorschieben, er hing zuvor aber an einigen Stel-
len leicht fest. An diesen Stellen bemerkte man bei der
Urethroskopie kleine Risse, die deutiich bluteten. Die
Schleimhaut hatte ein dunkelrothes Golorit Ein zweiter
Patient bot das Bild einer ausgeprl^en harten Striktor
im späten Stadium; der Tubus Nr. 21 sass kurz vor der
Mitte der Pars cavemosa absolut fest Dort erblickte
man eine unregelmässig gestaltete OefEiaung, die den Ein-
gang in die Striktur darstellte. Die Schleimhaut war
bleich, eine Blutung nirgends bemerkbar. Dieser Patient
hat ausser der beschriebenen leichteren Striktur noch
eine andere schwerere am Bulbus, die einstweilen nurfor
filiforme Sonden durchgängig ist In einem 3. Falle sah
man urethroskopisch sehr schön mit nur einer Tubus-
einstellung einen falschen Weg und die strikturirte Fort-
setzung der eigentlichen Harnröhre ; beide waren durch
eine breite derbe Gewebebrücke von einander getrennt
Bei diesem Pat war einige Zeit zuvor wegen vollständiger
Harnverhaltung und der gleichzeitig bestehenden Unmög-
lichkeit, einen Katheter durch die natürlichen Hamwege
in die Blase zu führen, der Perinäalschnitt gemacht worden.
Die unangenehmen Ausgänge der Hamröhrenstriktar
lassen sich vermeiden, wenn man zeitig mit der Dilata-
tion beginnt. Ein anderer, vierter Patient konnte dies
erläutern. Bei ihm war Ende April 1895 in der vor-
deren und hinteren Hälfte der Pars cavernosa je eine
beginnende Striktur (erste Gonorrhöe seit circa 9 Mona-
ten) urethroskopisch nachgewiesen und dann mittels
Dehnung behandelt worden. Obgleich diese Behandlung
in Folge äusserer Verhältnisse nur höchst mangelhaft
durchgeführt werden konnte, war die Striktur doch
schon in kurzer Zeit der Hauptsache nach beseitigt
Anfang November 1895 (nach langer Behandlungspause)
passirte der Tubus Nr. 27 glatt bis zum Bulbus, heut«
lässt sich aber soear der Tubus Nr. 29 bequem bis dort-
hin einführen, onne dass er irgend welche Epithel-
abschürfungen oder gar Blutungen erzeugt Die Ham-
röhrenschleimhaut bietet bei (Uesem Patienten überall
ein graurothes, mattes, trockenes Aussehen dar.
Einige andere Patienten, die ausserdem noch ure-
throskopirt wurden, zeigten Bilder von Hamröhrenstrik-
turen, die unter Anwendung der Dilation sich der Hei-
lung näherten.
f 1
JAHRBÜCHER
der
in- uud ausläodischeii gesammten Nedicin,
Bd. 250.
1896.
M 3.
A. Auszüge.
I. Medicinische Physik, Chemie und Botanik.
364. Ueber die BeaUmmiing des Ammo-
nüiks in thieriaohen Flüssigkeiten und Qe-
weben; von M. Nencki u. J. Zaleski. (Arch.
f. experim. Pathol. u. PharmakoL XXXYL 5 u. 6.
p. 385. 1895.)
N. a. Z. gewinnen aus den zu untersuchenden
Objekten das Ammoniak durch Deatiüodion im
Vaeuum bei einer 35^ C. nicht übersteigenden
Temperatur nach Alkalisirung mit Kalkmilch oder
Kalkwasaer. Die quantitative Bestimmung geschah
duiüh Auffangen des Destillates in titrirter Schwefel-
säure und Zurücktitriren mit Natronlauge unter
Benutzung von Methylorange als Indikator. In
Anbetracht der geringfügigen Quantitäten, um die
es siob überhaupt handelt, ist die Uebereinstim-
Bung bei den Vergleichsanalyaen eine sehr gute.
Dem Blute und anderen Flüssigkeiten zugesetztes
Ammoniak wurde mit einem Fehler von etwa 5®/o
wiedergewonnen. Garbaminsaures Ammoniak, dem
Blute zugesetzt, gab bei dieser Behandlungsweise
allen StickstofT als Ammoniak ab; Harnstoff, im
Vacuam bei 35^ C. destillirt, spaltete kein Ammo-
niak ab, wenn er mit Blut oder Harn zusammen
der Deetillation unterworfen wurde, wohl aber,
wenn er zu Muskelgewebe zugesetzt und bei 38^ C.
destillirt wurde. H. D r e s e r (Bonn).
365. Ueber den Ammonlakgelialt des Blu-
tes und der Organe und die Hamstoflrbildang
bei den S&ngethieren ; von M. Nencki, J. P.
Pawlov und J. ZaleskL (Arch. f. experim.
PathoL u. Pharmakol. XXXVII. 1. p. 26. 1895.)
Die zahlreichen vergleichenden quantitativen
Bestimmungen des Ammoniaks ergaben: 1) Dass
bei mit Fleisch- genShrten Hunden das arterielle
Blut einen ziemlich constanten Gehalt an Ammo-
niak hat, der im Mittel 1.5 mg fQr 100 g betragt.
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 3.
2) Dass das Pfortaderblut, das in seinem Qehalte
an Ammoniak viel schwankoider ist, im Mittel
5.1mg enthält ; somit 3 — 4mal mehr Ammoniak
als das arterielle und 3.5mal mehr als das Leber-
venenblut Es foigt darauB, dasa da» von dem Ver^
dauungekanal dtureh die Vena poriae der Leber xu*
geführte Ammoniak, bez, die Oarbamineäure, in ihr
90uriiekgehaUen und inHamstofT umgewanddt wird.
3) Noch höheren Ammoniakgehalt als in der Pfort*
ader finden wir bei Fleisohnahrung in ihren Aesten,
in der Vena panoreatica 11.2, in der Vena mesen«
terica und Vena gastrioa 6.7mgNHs für 100 g
Blut Offenbar wird dieser hohe Ammoniakgehalt
in den vom Yerdauungsksnale kommenden Aesten
der Pfortader durch das hinzukommende Milz venen-
blnt herabgedrückt. 4) In der Lymphe ist der
Ammoniakgehalt nur ein minimaler, beträgt etwa
ein Drittel von dem des arteriellen Blutes. 5) Der
Ammoniakgehalt des Blutes und der Qewebe geht
während des Hungers sehr deutlich herunter.
Bei einem mit der Eck*schen Yenenftstel ver-
sehenen Hunde wurden Blut und Organe zu der
Zeit, wo der Hund Krämpfe, Anästhesie und Aman*
rose hatte, auf ihren Ammoniakgehalt untersucht;
die Yergleichung d^ dabei erhaltenen Zahlen be-
weist, dass die Leber, auch unter physiologisoh^i
Yerhältnissen , den Organismus fortwährend vor
Ammoniak-, bez. Carbaminsäurevergiftung schützt
Zur Zeit der schwersten Yergiftungserscheinungen
enthielt das arterielle Blut fast dieeelbe Menge
Ammoniak (5.4mg auf 100g Blut), wie sie bei
Fleischnahrung durch das Pfortaderblut (5.1mg)
täglich der Leber zugefQhrt wird. „Die Leber ist
also der treue Wächter des Organismus, der die
von dem Yerdauungskanal kommende, fflr die
anderen Organe giftigen Substanzen in ungiftige
verwandelt^* H. D r e s e r (Bonn).
29
222
I. Medicinisclie Physik, Chemie und Botanik.
366. üeber das Vorkommen von Harnstoff
im Muskel der S&ugethiere; von M. Nencki
und A. Eowarski. (Arch. f. experim. Pathol. u.
PharmakoL XXXVL 5 u. 6. p. 395. 1895.)
Wie aus den vonN. u.E. angeführten Angaben
der Literatur hervorgeht, ist die Frage nach dem
Vorkommen des Harnstoffs im Muskel der Säuge-
thiere sehr widersprechend beantwortet worden.
Nach der von N. u. E. beschriebenen Methode,
wobei zuletzt der Harnstoff nach Lüdy's Ver-
fahren in alkoholischer Lösung mit alkoholischer
Lösung von Orthonitrobenzaldehyd als Orthonitro-
benzylidendiureid
C;H4<S2"^NH-00— NHa
^*^<NH-CO-NH,
ausgefällt und abgeschieden wurde, konnte aus
dem wässerigen Auszuge von 850 g Hundemuskel
kein Bamsto/f isolirt werden. Dasselbe negative
Resultat wurde bei Verarbeitung von 450 g 2>tefri^-
schen Fleischextrakts erhalten. H. D r e s e r (Bonn).
367. Zar Chemie der kindlichen (Hlle;
von A. Baginsky u. P. Sommerfeld. (Arch.
f. Einderhkde. XIX. 5 u. 6. 1895.)
P. u. S. untersuchten die Oalle von 115 nicht-
infektiösen Einderleichen. Die Ergebnisse decken
sich, soweit man die Durchschnittszahlen in Be-
tracht zieht, in vielen Punkten mit den Angaben
von Jacubowitsch. Die untersuchte Oalle ent-
hieltdurchschnittlich: Wasser 89.65%,Trockensub-
stanz 10.350/0, Mucin (mitFarbstofF) 2.0%, Mineral-
salze 0.91<>/o, gallensaure Salze 2.57%, Olyko-
cholate 1.63%, TaurocholateO.SS^/o, Oallensäuren
O.880/0, Salze fetter Säuren 0.03Vo, Cholestearin
0.34%, Lecithin O.6O/0, Fett 0.67%, Seifen 3.27 »/o,
Leucin 0.28%, Harnstoff 0.
Brückner (Dresden).
368. Hundert Analysen von anagebildeter
menschlicher Milch aus allen Monaten des
StUlena nebat zwei Analysen von Colostrum ;
von Emil Pfeiffer in Wiesbaden. (VerhandL
d. Qes. f. Einderhkde. in Wien 1894. Wiesbaden
1895. Bergmann, p. 126.)
Aus P f. 's Untersuchungen folgt, dass der pro-
centuale Eiweissgehalt der Menschenmilch von
dem Tage der Geburt an bis zum 5. Monate ab^
nimmt, während der Zuckergehalt in dieser Zeit
zunimmt. Fett- und Salzgehalt sind sehr schwan-
kend. Die Yon Heubner dtirtenWerthe Franz
Sofmann's zweifelt Pf. an. Er findet den
angegebenen Eiweissgehalt zu niedrig, den Zucker-
und Salzgehalt zu hoch und vermuthet als Ursache
dieser Unterschiede die angewendeten Methoden.
Die von F. Hof mann angewendete Methode der
Eiweissbestimmung ist nicht bekannt. Der von
100 com Menschenmilch dargestellte Brennwerth
beträgt 63.1 Bohcalorien, ist also demjenigen der
Kuhmilch fast gleich. Der Gesammtdurchschnitt
allQrAnalysenPf.'sergabl.944o/oEiweiss,3.107<»/9
Fett, 6.303«/o Zucker und 0.192 Vo Salze (ba
Hofmann 1.030/t Biweiss, 4.07«/o Fett, 7.03%
Zucker, 0.2 l^/o Salze). Brückner (Dresden).
369. UeberdieDarstellangondSosammen-
setituig des aalnauren Hftmins; von Dr. M.
GloStta. (Arch. f. experim. PathoL u. Pharma-
koL XXXVI. 5 u. 6. p. 349. 1896.)
Abcentrifugirte RinderblutkGrperchen werden
durch starken Alkohol coagulirt, dann wird der
Alkohol durch Auspressen und Trocknen bei einer
30^ C. nicht fibersteigenden Temperatur entfernt
Dieses Blutpulver wird wieder mit starkem Alkohol
und ein wenig concentrirter Schwefelsäure fiber-
gossen imd ganz gelinde erwärmt Hierbei geht
schwefelsaures Hämatin in die alkoholische Lösung;
nach dem Absetzenlassen und Filtriren wird aus
der erhitzten LOsimg das salzsaure Hämin durch
Zusatz einiger Oubikcentimeter von alkoholisdier
Salzsäurelösung unter langsamem Erkalten krystal-
linisch ziu* Abscheidung gebracht GL kiystal-
lisirte sein salzsaures Hämin um durch Lösen in
siedendem Alkohol und Zusatz etwas alkoholischer
Salzsäure.
Die Analysen eines doppelt umkrystallisirten
Präparates ergaben die Formel: C|oH|4N|FeO|HCl,
bei welcher Formel besonders bemerkenswerth ist,
dass im (Gegensätze zu den bisher aufgestellten
Formeln niehi 4 Atome N, sondern nur 3 Atome
N auf 1 Atom 2% kommen« Xanthin, das sehr fest
an dem Hämatin haftet, war vielleicht die Ursache
des zu hoch gefundenen Stickstoffgehaltes. In
einem Handelspräparate von salzsaurem Hämatin
konnte in einer Menge von 2 g mindestens 0.1g
Xanthin nachgewiesffli werden. BeidemVersnche,
aus der Salzsäuren Verbindung das Hämatin in
freiem Zustande abzuscheiden, erlitt es eine theiU
weise Abspaltung von Eisen, das imFiltrate und in
den Waschwässem nachweisbar war. Die Analyse
eines Gemenges von eisenhaltiger und eisenfreier
Substanz, das aus dem zu gewinnenden Hämatin
entstanden war, hatte deshalb keinen Zweck weiter.
H. Dreser (Bonn).
370. üeber das Paramnotn, BeUroff z*ar
Kenntniss der Mtpeisssubslanzen der Ovarialk^sionie ;
von Katharina Mitjukoff in Kiew. (Arch.
f. öynäkol. XLIX. 2. p. 278. 1895.)
Im medicinisch- chemischen Institute Prof.
DrechseTs in Bern untersuchte M. den h^-
gelben, zitternden, nicht fadenziehenden, gallert-
artigen Inhalt eines grossen Ovarialkystoms. Aus
dieser Masse liess sich eine Substanz isdirsn, die
sich von dem gewöhnlichen Paralbumin, bes.
Pseudomucin von Hammarsten besonders da»
durch unterschied, dass sie direkt ohne vorgäogiges
Kochen mit verdünnten Säuren im Stande war,
Xupferoxyd in alkalischer Lösung zu reduciren,
und der der Name Paramvcin beigßlegt wird. Das
Paramucin ist im Stande, sich mit Salzsäure su
verbinden, und wurde bei der angewandten Dar«
IL Anatomie und Physiologie»
22^
ttellungsmethode in Form dieser Verbindung er-
halten. Beim Kochen mit einer Mischung gleicher
Volumina Salzsfture und Wassw wird es unter Bil-
dung grosser Mengen humusartiger, braunschwarzer
Massen vQUig zerstört In verdflnnten AUtalien
quillt es zuerst stark und löst sich dann allmfthlich
ganz auf, wobei in Folge der Zersetzung des frei
gewordenen Kohlehydrates die Flüssigkeit sich
gelb bis brftunlioh fSrbt Bei der Zersetzung durch
Alkalien liefert dasParamudn eine dem Albuminat
läinliche Substanz und daneben eine Albumose,
sowie ein Kohlehydrat Das letztere verliert in
Berührung mit Methyl- und Aethylalkohol -f- Salz-
säure sehr rasch seine reducirende Kraft, vermuth-
hch in Folge der Bildung Ton Verbindungen, die
den Alkoholglukosiden E.F!scher'B entsprechen.
Durch Erhitzen mit yerdünnter w&sseriger Salz-
säure kommt ihre reducirende Kraft wieder zum
Vorschein. Das entstandene Kohlehydrat bildet
anscheinend kein Osazon, es ist auch nicht durch
Hefe Tergfthrbar, demnach kdn Traubenzucker.
Bros in (Dresden).
371. Sur la determination de la tenaion
oamotique de liquides albumineuz ; par H. J.
Hamburger. (Revue de M6d. XV. 11. 1895.)
Um die osmotische Spannon^, d. h. die Kraft, mit
der Salze oder concentrirto Flüssigkeiten Wasser anzu-
ziehen vermögen, za messen, hat man 3 Methoden:
l)Die plasmolytische. Sie beruht daraaf, dass vegetabile'
Zellen, in conoentrirte Lösungen gebracht, Wasser ver-
lieren, bis ein Oleiohgewioht zwischen beiden her|;estellt
ist Man prüft nun. mit welcher der in verschiedener
Concentration vorrfitnigen KN0«-Lö8angen die zu unter-
suchende Flüssigkeit übereinstimmt, d. h. gerade anfiCngt,
eine Plasmolyse hervorzurufen. 2) Die Methode mit
Hülfe der roUien Blutkörperchen. 5oom der zu onter-
suohenden Flüssigkeit werden in Reagenzgläser mit einer
verschieden grossen Menge Wassers imd mehreren Tropfen
defibrinirten Blutes gebracht. Man beobachtet nun, in
welchem Olas die Flüssigkeit die rothe Farbe des Hutes
annimmt, und ver^eicht mit einer Skala von Reagenz-
gläsern, in denen sich neben derselben Menge ßlut ver-
schieden conoentrirte NaCl-Lösungen befinden. 3) Die
Methode der Herabsetzung des Oefrieipunktes. Sie be-
ruht auf dem Princip, dass Salz, dem Wasser beigemenfft
ist, dieses anzieht und seinen Oefrierpunkt herabsetEt u.,
der früher nur die Biutkörperohenmethode angewendet
hat und nur, wo diese fehlschlug, wie bei roth eeftrbten
Flüssigkeiten und solchen, die die Blutkörpercmen zer-
stören (HamstofE, Olyoerin u. s. w.), die zuerst genannte
verwendete, hat untersuch^ welche dieser 3 Methoden
am besten bei serösen Flüssigkeiten arbeitet, und kommt
zu dem Schluss, dass die 3. Methode hierbei sehr ffute
Dienste leistet ; sie ist genau auf 0.05%? während aUer-
dings die Biutkörperohenmethode nocn Ckmoentrations«
unterschiede von 0.005 deutlich angiebt
Wolf (Dresden).
II. Anatomie und Physiologie.
372. üeber einige Probleme der Physio-
logie der Fortpflaniang ; von 0. E 1 e b s. (Jena
1895. Gustav Fisoher.)
In diesem Aufsatz, einer Erweiterung seines
bei der letzten Naturforsoherversammlung gehal-
tenen Vortrages, berichtet E L über seine Y^Buche
an niederen pflanzlichen Oiganismen betreffend
ihre Fortpflanzung. Es ist ihm gelungen, durch
Tariation der äusseren Lebensbedingungen der
Pflanzen ihre Fortpflanzung bald zu unterdrücken,
bald anzuregen oder sie in einer bestimmten Rich-
tung zu beeinflussen. Er hofit yoü diesem, auch
auf thierische Organismen übertragbaren Verfahren
f&r die Zukunft werthvolle Aufschlüsse über die
Physiologie der Fortpflanzung, die in die Fülle der
bereits vorliegenden morphologischen Thatsachen
auf diesem Gebiete erst die nOthige Klarheit bringen
werden. Teichmann (Berlin).
373. Bin junger menaohlicher Bmbryo und
die BntwickelTing des Pankreas bei demselben ;
von A.Jankelowitz. (Arch. f. mikroskop. Anat
XLVI. 4. 1896.)
Durch die Untersuchung eines menschlichen
Bmbryo aus der 4. Woche von 4 — 7 mm Nacken-
Bteisslftuge ist es J. gelungen, die nach den Be-
obachtungen aus der Thierreihe aufgestellte Ver-
muthung zu bestätigen, dass auch beim Menschen
das Pankreas aus 3 Anlagen entsteht, die ursprüng-
lich TollstAndig von einander getrennt sind : einer
dorsalen, die dem Epithel des primitiven Duode*
num angehört, und 2 ventralen, die von derhnnen-
förmigen Anlage des Ductus choledochus ausgehen.
Bisher hatte man immer nur solche Entwickelung-
stadien beobachtet, in denen die beiden ventralen
Anlagen schon mit einander verschmolzen waren«
Teichmann (Berlin),
374. Zur Bntwiokelnngsgesohiohte des
N. IkuiiaUa beim Henaohen ; von J.Popowsky.
(MorphoL Jahrb. XXUL 3. p. 329. 1895.)
Die an 12 menschlichen Embryonen (von
2 — 9 Monaten) und an 8 Neugeborenen vorgenom«
meneü Prftparationen der peripherischen Verbrei«
tung des N. facialis ergaben für fast jedes Indivi«
duum eine Besonderheit in der Anordnung der
Nervenfiste, bsld in dieser, bahi in jener Region,
bald einen primitiven, bald einen weit dilferenzirten
Zustand, selbst eine verschiedene Anordnung auf
beiden Seiten des Gesichtes bei einem und dem-
selben Individuum. Diese Besonderheiten bilden
die Grundlage, auf der man die Lehre von den
Variationen der Fadalisäste beim Erwachsenen
gründen kann. Die Fortsetzung derartiger Unter-
suchungen ist deshalb nicht blos von theoretischem,
Sondern auch von hohem praktischen Interesse.
Teichmann (Berlin).
375. The efEbota upon the testes of liga-
ture of the spermatio artery, apermatio veina,
and of both artery and veina; by Joseph
G r i f f i t h s. ( Joum. of Anat and Physiol. XXX.
1. p. 81. 1895.)
224
n. Anatomie und Physiologie.
Die Ergebnisse der an jungen und an aus-
gewachsenen Hunden ausgeführten Unterbindungs-
versuche waren folgende: 1) Unterbindung der
Art spermatiGa ffihrt bei ausgewachsenen Thieren
in wenigen Tagen va beträchtlicher Yerminderung
des ümftmges der Hoden in Folge rascher Zer-
stßrung durch Degeneration in den Samenkan&lchen ;
nach einiger Zeit aber erholen sich die übrig ge-
bliebenen EanSlohen bis zu dem Grade, dass ihre
Zellen wieder, wie gewöhnlich, Spermatozoon er-
zeugen. 2) Unterbindung aller Venae spermaticae
führt zu grosser Schwellung in Folge Blutstauung
und Blutaustritt in das intertubul&re Bindegewebe
und zur Epithelnekrose in den Samenkanälchen.
Das Bndresultat ist fast völliger Schwund der
Samenkanälchen und Atrophie der Drüse. 3) Unter-
bindung der Arterien und Venen führt bei jungen
Thieren zu starker Anschwellung des Hodens und
nachfolgendem allm&hlichen Schwunde derSamen-
kanilohen, wie des ganzen Organes ; bei erwachse-
nen Thieren hat sie unter bisher noch unbekannten
Bedingungen entweder Gangrän oder völlige Atro-
phie des Hodens zur Folge oder aber zeitweilige
fettige Degeneration der samenbereitenden Zellen
in den Samenkanälchen mit späterer Tollkommener
Wiederherstellung. Teichmann (Berlin).
376. üeberdieVeränderongenderMoskel-
fasem bei Girknlationsstöraiigeny bei I^ymph-
Btauiuig insbesondere; von R La Nicca.
(]biaug.-Di8S. Zürich 1894.)
An Fröschen wurde durch Umsohnürung eines
Gliedes starke Stauung im Lymphgeläss- und
Yenensystem erzeugt. Dann zeigten die betroffe-
nen Hnskelfasem nach ca. 14tägiger Dauer des
Versuches eine starke Lockerung ihrer Elemente
der Art, dass zwischen den auch ihrerseits sehr
locker aus Fibrillen gefügten Muskelsäulchen und
einzelnen abgelösten Fibrillen, entsprechend der
Zwischensubstanz, sich ein netzartiges System ver-
schieden weiter, zumTheil sehr grosser Hohlräume
vorfand. Dieses Hohlraumnetz war hervorgegangen
aus den durch die Stauung stark erweiterten inter-
Oolumnär«i Spalträumen (Retzius), es beher-
bergte die Muskelkeme und eine spärliche faden-
förmige Substanz, dieLaNiocaals Sarkoplasma
ansah. Andere, insbesondere pathologische Sub-
stanzen sind darin nicht naohzuweis^L Die iso-
lirten Fibrillen erscheinen scharf begrenzt und
zeigen keine Andeutung von Zerfall entsprechend
der Querstreifung, dagegen öfter eine beginnende
Eemfragmentirung. Durch längere Dauer der Um-
sohnürung erhalten dieMuskeLsäulchen eine starke
Värbbarkeit und Opacitftt, die fibrillftre Struktur
wird verwischt und sdüiesslich tritt unter wei-
terer Yergrösserung der intercolumnären Hohl-
räume Zerfall der Muskelsäulchen ein.
Teichmann (Berlin).
377. üeber das Verhalten der Qesohmaoks-
knospen naohDurohsohneidung des If. glosso«
pharyngeos ; von W. Sandmeyer. (Ardi. f.
Anat u. PhysioL [physiol. Abth.] Heft 3— 4. p. 269.
1895.)
In Uebereinstimmnng mit den älteren Autoren
fand S. in all^n Versuchen je nach der Zeit zwischen
Operation und Tödtung des Thieres eine beMcht-
liche Abnahme oder totalen Schwund der Schmeck-
becher in der Papilla folista und drcumvallata.
Teichmann (Berlin).
378. üeber die in der Medolla oblons^ta
gelegenen Oentren IQr die Innervation der
Kehlkepfinuskeln ; von Dr. Orabower. (BerL
klin, Wchnschr. XXXII. 51. 1895.)
Im 2. Bande des Arch. f. LaryngoL hat 0 r.
eine Arbeit über die Kerne und Wurzeln des N.
aooessorius und N. vagus und deren gegenseitige
Beziehungen veröffentUcht, die mit zahlreicben Al^-
bildungen mikroskopischer Präparate ausgestattet
ist Diese Präparate demonstrirte 0 r. in der Ber-
liner laryngologischen Gesellschaft und gab in
einem Vortrage einBesum^ des erwähnten Artikels.
Die Hauptschlüsse sind folgende: Der Accessorios-
kem hört etwa in der Mitte der Pyramidenkreuzung
auf; an seine Stelle tritt in regelloser Weise eine
Anzahl Kerne, die höher oben sich zum Hypo-
glossuskeme formiren. Der Acoessorius ist also
ein rein spinaler Nerv. Die Accessoriuswurzehi
zeigen eine zweifache Verlaufsart, sie ziehen von
der Peripherie durch die wdsse Substanz, biegen
in der grauen Substanz um und gelangen tiieils
direkt, theils mit Umwegen zum Aocessoriuskerne.
Der motorische Vaguskern beginnt erst da, wo die
Olive und die äussere und vordere Nebenolive be-
reits vollständig entwickelt sind. Der Kern ninunt
von unten nach oben an Orösse zu und erreidit
seinen grössten Umfang dort, wo der dreieckige
Acusticuskem sich stärker ausbreitet und den
Hypoglossuskem zu verdrängen beginnt Die Lage
des Kernes in den verschiedenen Höhen ist eine
verschiedene. Seine Fortsetzung nach oben ist der
Faoialiskern. Durch markhaltige Nervenfasern, die
vom motorischen Vaguskeme zur austretenden
Vaguswurzel gehen, ist eine constante Verbindung
zwischen dem motorischen und dem sensiblen
Vaguskeme hergestellt Ein Zusammenhang zwi-
schen Nucleus ambiguus und Accessoriuskem be-
steht nicht. Friedrich (Leipzig).
379. Uebev die Bedsntiuig der diMuutf-
sehen Halbnumde; von IL Küchenmeister.
(Arch. f. mikroskop. Anat XLVL 4. 1896.)
K. hatte Gelegenheit, von 2 gesunden Mai-
schen (Hingerichteten) die fiisch entnommenen
Speichddrüsen zu untersuchen. Er äussert sich
dahin, dass die Zellen der Gianuzzi'schen Halb-
monde nicht Schleimzellen sind, weder aekretleere,
nodh ErsatszeUen, sondern vielmehr Zellen aerfiser
Natur; sie bilden seröse Antheile der Speichel-
drtlsen. Teichmann (Berlin).
n. Anatomie und Physiologie.
225
380. Bin Beitnig lu der Frage der Aue-
leheidiuig Ton Salien doroh die Speiohel-
drillen; von Bllenberger. (Sond.-Abdr. ans
d. Arch. f. wissengeh. o. prakt Thierhkde. XXII.
1 IL 2. 1896.)
In Verbindung mitV. Hofmeister hat E.
untersucht, ob und wie sich der Eochsalzgehalt
des Speichels von Kühen und Pferden ändert, wenn
dem Futter grossere Xochsalzmengen zugefQgt
werden. Es zeigte sich, dass meist der Eochsalz-
gehalt des Speichels (theils gemischter, theils aus
der Parotis, theils aus der Submaxillaris gewonnen)
deutlich stiog und dass die Vermehrung noch
lange nach der letzten Eochsalzmahlzeit bestand.
V. Lehmann (Berlin).
381. ^fhierisohes Leben ohne Bakterien
im Verdaunngskaaal ; von George H. F. Nut-
tall und H. Thierfelder. (Ztschr. f. physiol.
Chemie XXI. 2 u. 3. p. 109. 1895.)
Pasteur hatte die Meinung ausgesprochen,
dass die im Darmkanal befindlichen Bakterien eine
wesentliche Rolle bei der Verdauung spielten und
daher nothwendig wären. N. und Th. haben ver-
sucht, diese Frage experimentell zu entscheiden.
Es gelang, junge, durch die Sectio caesarea steril
geborene Meerschweinchen in einem sterilen Raum
unter Zuführung steriler Luft mit steriler Milch
aufzuziehen. DieThiere befanden sich vollkommen
wohl. Nach 8 Tagen wurden sie getOdtet und der
Darminhalt durch Präparate und Gulturversuche
als bakterienfrei erkannt. V. Lehmann (Berlin).
382. AbeorptUm and metabolisaa in ob-
etguetlen of thepaaerettttodnot; bj Vaughan
Harley. (Joum. of PathoL and BactenoL III. 3.
p. 245. My 1895.)
H. hat an Hunden nach Pankreas-Bxstirpation
die Verhältnisse der Fett- und Eiweissresorptioa
ans dem Dannkanal untersucht. Bezüglich der
Fetlreeorption kommt er im WesentUchen zu dem
gleichen Resultate, wie vor ihm Abelmann,
das8 bei partieller Pankreas-Szstirpation eine sehr
erhebliche Versohlechterung, bei totaler Pftnkreas-
Bzstirpation eine vollständige Unterdrfickung der
Fettresorption eintritt. Nur fOr die Milch, deren
FetI auch bei totaler Exstirpation des Pankreas
Abelmann noch zu 28.53% absorbirt werden
aah, behauptet er, daaa sie, ebenso wie anderes
Fett, nac^ totaler Eatfemung des Pankreas voll-
stSndig unres<»*lHrbar sei.
Im Ansohlnss an seine Thierversnohe beriehtet H.
über einen Fall, in dem exquisite Fettstähle die Diagnose
auf Fankreas-Erkrankung stellen liessen. Bei absoluter
IGlchdiät (ca. 4 Liter pro die) erschienen 40^/o des Ei-
weieses und 73*/t des Jettes der veiabreiohten Milch im
Kotlie wieder. Während das Fett der verabreichten
Milch zu 97V* ans Neutralfett bestand und etwa 3*/o fette
Säuren, davon 0.06% als Seifen enthielt, ergab die Ana-
lyse des Kothfettes an den Milchtagen 36— 40*/o Neutral-
fett, 36-~44% freie Fetts&uren, 13— 17% Fettsäuren als
gei£an und 6~*7% Cholestearin (da die tägliche Miloh-
ration nicht mehr als 0.16 g Cholestearin enthielt, musste
die CholestearinauBscheidung von 10.051 und9.231g auf-
fallen). Genau wie bei den Thierexperimenten nach
totaler Pankreas-Exstirpation war also auch hier, wo es
sich offenbar um einen Verschluss des Ductus pancreati-*
cus handelte, die Fettspaltung nicht behindert
Weintraud (Breslau).
383. Der aeitliohe Ablauf der StiokatofF-
auaaolieidang im Harn nach einer Mahlaeit;
von Dr. B-Tschlenoff. (Corr.-Bl. f. Schweizer
Aerzte XXVI. 3. p. 65. 1896.)
Indem T. bei Terschiedenen Menschen stündlich,
nach Einführung von Fleisch oder von Pepton, den
im Harne ausgeschiedenen Stickstoff bestimmte,
kam er zu folgenden Ergebnissen. Die Stickstoff-
ausscheidung nach einer Mahlzeit steht im be-
stimmten Yerhältniss zur Resorption im Magen-
darmkanal. Die stündliche Bestimmung des Stick-
stoffes nach einer Mahlzeit gewährt uns einen
Einblick in die Verhältnisse der Magen- und
Darm Verdauung , bez. -Resorption, indem wir an
der Stickstoffcurve den Antheil des Magens und
Darms erkennen können. Die Curven von Fleisch
und Pepton unterscheiden sich wesentlich von
einander, indem die Peptoncurven fast reine Magen-
resorptionscurven darstellen. Bei Störung der
Magenverdauung oder der Magenresorption verliert
die Stickstoffcurve ihr regelmässiges Verhalten.
Die stündliche Bestimmung des Stickstoffes im
Harn nach Fleisch und Pepton kann bei Magen-
kranken unter Umständen als diagnostisches Mittel
verwendet werden. V. Lehmann (Berlin).
384. Die Resorption körperi)pemder Stoffs
ans der Harnblase; von L. Lewin u. H. Gold-
schmidt (Arch. f. experim. PathoL u. Pharma-
koL XXXVIL 1. p. 60. 1895.)
In Chloroform- oder Aethemarkose wurde bei
Kaninchen die Harnblase unterhalb der zutreten-
den Blutgefässe unterbunden und durch die hin*
tere Blasen wand mittels einer fVaaxu^'schen Spritze
Strjchnin in den Hohlraum der Blase iiyicirt und
die Einstichstelle sorgsam umschnürt So lange
die QiftUsung lediglich von der Blase beherbergt
wurde, war sie ganz unwirksam für den übrigen
Körper des Thieres ; wohl aber bekam dieses sofort
Tetanus, wenn das Qift in die Vesicula prostatica.
gedrungen war» und ebenso unfehlbar wirkt das
Oift, wenn es aus der Blase in die Harnleiter und
das Nierenbecken dringt
Ausser Strychnin wurden auch mit dem salz-
sauren Hydroxylamin , das durch seine charak-
teristischen V^irkungen auf den Blutfarbstoff sich
zu erkennen gegeben hfttte, Versuche angestellt;
auch hierbei wurde das Allgemeinbefinden erst
dann beeinflusst, wenn in den Harnleiter und in
das Nierenbecken Inhalt aus der Blase emporstieg^
oder emporgeschleudert wurde, ein Ergebniss, das
mit der klinischen Erfahrung in vollem Einklänge
steht H. Dreser (Bonn).
226
in. AUgememe Pathologie und pathologische Anatomie.
385. Eine Bemerkung, die AoMoheidang
dem OrganismuB fremder Stoffe in den Hagen
betrefifend; von M. Nencki. (Arch. f. experim.
PathoL u. PharmakoL XXXYL 5 u. 6. p. 400. 1895.)
An einem Oeophagotomirten Uagenfistelhund
zeigte N., daas die Salicylsfture nur dann in dem
Magensaft nachweisbar wird, wenn dieser durch
Zurücktreten der Oalle gallehaltig wird ; der zu-
erst abgesonderte, wasserklare und farbloee, unrk*
lieh reine Magensaft enthielt keine SaUe^Uäuni nur
unter den von N. eingehaltenen Bedingungen, wenn
wirklich reiner Magensaft benutzt wird, ist der
Uebergang eines fremden Stoffes in den Magensaft
als erwiesen zu betrachten, E. Dreser (Bonn).
III. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
386. üeber die Aossoheidnng der Iffikro-
örganiamen durch die Sfiere; von Dr. Arthur
Biedl u. Dr.Rudolf Kraus. (Arch. f. experim.
PathoL u. PharmakoL XXXVIL 1. p. 1. 18»5.)
Aus der von beiden Vff. aufgestellten Literatur-
Übersicht ergiebt sich, dass die Einen meinen, die
Niere sei im normalen Zustande fOr suspendirte
Eörperchen undurchgängig und Läsionen der Qe-
fasse und degenerative Veränderungen der Nieren*
epithelien, die durch die Bakterien, selbst hervor-
gerufen werden, seien nothwendig, um den Mikro-
organismen den Durchtritt zu gestatten, während
nach Anderen die Niere kein so vollkommenes
Filter ist; der Mechanismus der Ausscheidung
wird dabei durchaus nicht einheitlich erklärt
Bei ihren eigenen Versuchen spritzten die Vff.
Hunden und Kaninchen Culturen von Staphjlo-
coocus aureus, Bacterium coU und Anthrax ein.
Sie fassen ihre Ergebnisse in Folgendem zusammen :
1) Die Mikroorganismen werden nach ihrer
Injektion in die Blutbahn im normalen blut- und
eiweissfreien Harne ausgeschieden. 2) Die Aus-
scheidung beginnt schon nach wenigen Minuten.
3) Die Ausscheidung ist nicht continuirlich, son-
dern erfolgt schubweise und ist quantitativ un-
gleich. 4) Beide Nieren eliminiren die Mikro-
organismen weder gleichzeitig, noch quantitativ
gleichmässig. 5) Durch Anregung der Hamsekre-
tion kann die Ausscheidung der Mikroorganismen
b^nstigt werden.
Da die Mikroorganismen schon nach wenigen
Minuten im Harn erscheinen und die Gefässe schon
etwas früher passirt haben mflssen, nehmen die
Vff. an, dass die normaie Oeflsswand für Mikro-
organismen und auch für leblose suspendirte Theil-
chen durchgängig sei. Der Durchtritt wird durch
eine aktive Hyperämie entschieden begünstigt
H. Dreser (Bonn).
387. Zar Lehre von der Malaria-Infektion
bei Menschen und Vögeln; von Prof. Dani-
lewsky in Charkow. (Arch. f. Hyg. XXV. 3,
p. 227. 1895.)
D. ist der Ansicht, dass der Malariaerreger des
Menschen und die Hämacytozoa der Vögel nahe verwandt
sind, und nnterwirft die abweichende Meinung Di Mat-
te!'s (Jahrbb. CCXLVL p. 117) einer KriÄ. Di M.
habe es nur mit der chronischen Malaria der Vögel zu
thon gehabt» es existire aber auch noch eine akute Form,
die zn wirklichem Fieber führe. Die fehlgeschlagene
künstliche Infektion vermittelst Inocolation von Blut
wüi4s vieUeicht bei einer Aenderong der Methode ge*
lingen. Eine endgültige Losung der Frafis sei erst za
erwarten, wenn künstliche Culturen dieser Mikrobien und
eine zweifellose künstliche Infektion erzielt seL
Woltemas (Diepholz).
388. Aaione dei batteri sngli sloaloIdL
IL Aaione di alooni saproUti salla tOMidti
deUa atrionina; per il Prof. S. OttolenghL
(Rif. med. XL 223. 1895.)
Diese in erster Linie für die gerichtliche Hedi-»
ein und Chemie Interesse bietenden Stadien wur-
den mit folgenden aus menschlichen Leichen ge-
züchteten Bakterienculturen angestellt: B. liqne-
faciens putridus, B. subtilis, B. mesentericus tuI-
gatus.. Den peptonfreien Nährboden wurden kleine
Mengen Siryekinn zugesetzt und nach verschieden
langer Wachsthumsdauer der Bakterien wurde die
Giftigkeit der NährbMen geprOft Dabei stellte
sich heraus, dass die Giftigkeit in den ersten Tagen
bis auf das Dreifache der dem GKfte an und für
sich zukommenden Wirksamkeit steigen kann.
Diese gesteigerte Wirksamkeit kann einen, selbst
zwei Monate anhalten ; später wird die Wirksam-
keit bis auf die Hälfte und weiterhin bis auf den
dritten Theil des ursprfinglichen Betrages redadrt
Diese Abnahme der Giftigkeit iUlt bei dem soiisi
f flr besonders resistent gehaltenen Steychnin sehr
auf. H. Dreser (Bonn).
389. Ueber die Wirknng der Albumoaen
und des Peptons; von Prof. E. Salkowski,
nach Versuchen von Dr. E. v. Botkin und Cand.
med. F. H e y m a n n. (Centr.-BL f. d. med. Wissen-
schaften Nr. 31. 1895.)
Die Veröffentlichung der Untersuchungen voa
Matthes über die Wirkung einiger subcutan ein-
verleibter Albumosen (Jahrbb. CCXUX. p. li)t
veranlasst 8. zu* der Mittheilung, dass audi
Botkin (dessen Arbeit als mssisohe Disaerta- '
tion gedruckt ist) in seinem Laboratorium seiner I
Zeit Temperaturmessungen an Kaninchen nach j
Injektion von Albumosen und Pepton angestellt
und, wie Matthes, regelmässig eine Tem-
peraturstot^emn^ oonstatirt habe. Bine Vereohie-
denheit in der Wirkung der einzelnen Albumosen,
wie Matthes sie beobachtet hat, war dabei nicht
hervorgetreten. Sowohl Botkin 's, wie spätere
vonHeymann, aufSalkowski'sVeranlassnng
angestellte Untersuchungen ergaben (im Gegmsatze
zu Matthes) eine relative Unschädlichkeit des,
Peptons (im SiAPe B. Kühne 's).
Weintraud(B£eslao>.
m. Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
S27
' 3901 V^XM die Wirkimgen der Albnmoeen
▼eraohiedmier Herkunft, sowie einiger diesen
nebe etehettderSubstensen; Ton L. Erehl und
M. Matthes. (Arch. f. experim. Pathol. u. Phar«
makol. XXXVL 5 u. 6. p. 437. 1895.)
In einer früheren Arbeit hatten E. u. M. ge-
zeigt, dass die Albumosen, die eine gewisse Hydra-
tionetufe erreicht haben, fiebererregend wirken,
und diese Wirkung, die derjenigen des Tuberkulins
zu vergleichen ist, in verschiedener Art äussern.
Es waren bisher aber nur die Albumosen des
Fibrins untersucht ; jetzt berichten E. u. M. über
die analogen Versuche mit den DeuteroälbuTnosen
des EXeraBfumms, des frischen Muskelfleisehes und
des Oasems (letzteres als Beispiel eines Nucleo-
albumins). Es liess sich leicht erweisen, dass
die physiologische Wirkung dieser Substanzen bis
auf unbedeutende quantitative Unterschiede die
gleiche war.
Bei gesunden Meerschweinchen erzeugen gros-
sere Dosen (0.5 g) ein mehrstündiges Fieber, tuber-
kulöse Thiere dagegen collabiren auf derartige
Dosen unter jfthem Sinken der Temperatur. Auf
kleine Dosen (0.02 — 0.05) reagiren tuberkulöse
Thiere dagegen fieberhaft. Die Sektion der letz-
teren zeigte, wie nach der Deuteroalbumose aus
Fibrin, im Wesentlichen eine starke Hyperämie
aUer tuberkulös erkrankten Theile, sowie eine
solche der Bauchorgane überhaupt; die Befunde
sind also den bei Tuberkulinvergiftung gefundenen
sehr ähnlich.
Das Nudeohiston, sowie dessen Componenten
äussern diese Wirkungen nicht.
Die aus den Leibern von Bacterinm coli ge-
wonnene Albamose wirkt zwar qualitativ eben so
wie das Tuberkulin und die Albumosen, quantitativ
ist sie aber namentlich für gesunde Thiere stärker
giftig. Gewisse speoifische Gifte, wie Abrin und
Bicin bringen bereits in sehr kleinen Gaben eine
der lokalen Tuberkulinreaktion gleiche Veränderung
im tuberkulösen Gtewebe hervor.
H. Dreser (Bonn).
391. Beiträge surpathologieohen Anatomie
der AbrinTergiftnng ; von Dr. Boris Wer-
h o V 8 k y. (Beitr. z. pathol. Anat. u. allgem. Pathol.
XVnL 1. p. 115. 1895.)
Das Abrin, das wirksame Princip der Samen
toa Abrus precatorius, die zu den bekannten
nirityaufgüssen benutzt werden, ist eine sehr
Albumose. Sie wurde zu 0.003 pro Kilo-
Kaninchen unter die Haut gespritzt. Bei
Sektion der verendeten Thiere zeigten sich die
wersten Veränderungen stets im Darmtractus ;
r und Dickdarm waren mit flüssigem und
blatigem Inhalt gefüllt, die Schleimhaut des
und des Darmes war mit einer weissgrauen
belegt Die mikroskopischen Yerän-
im Darme bestanden in starke Stauung
Blutes, Zerfall der rothen Blutkörperchen,
Emigration von farblosen Blutzöllen und Niekrose
der Epithelzellen; nicht selten war auoh die
Schleimhautfläche von Epithel entbl5sst In der
Leber waren die Veränderungen nicht bedeutend.
Als Todesursache der Abrinvergiftung sieht W.
die Veränderungen des Herzens an, bestehend in
einer eigenthümlich hydropischen Schwellung der
Muskelfasern bis auf das Doppelte ihres Volumens,
wozu sich stellenweise auch noch eine Verfettung
hinzugesellt Es ist selbstverständlich, dass eine
solche Degeneration eine zunehmende Schwächung
der Herztiiätigkeit und damit auch allgemeine Stö-
rung derCirkulation und schliesslich Herzlähmung
herbeiführen kann. H. Dreser (Bonn).
392. Bin Beitrag aar pathologischen Ana-
tomie der ohronlaohen MutterkomvergUtong
bei Thieren ; von Dr. A. 0 r i g o r j e f f. (Beitr. z.
pathol. Anat u. allgem. Pathol. XVIIL 1. p. 1. 1895.)
0. hat unter Leitung von Ziegler die histo*
logischen Veränderungen nach chron. Mutterkom-
vergiftung an 4 Hähnen und 2 Hunden, und die-
jenigen nach chron. Spbaoel insäurevergiftung an
einem Hahne, desgleichen auch nach Eigotin Bom-
beion, studirt. Hierbei ergaben sich folgende histo-
logische Befunde. Im Cenirainervensystem waren
die wesentlichsten Veränderungen in den hinteren,
vorzugsweise aber in den Burdach'sohen Strängen
der weissen Büokenmarksubstanz lokalisirt, und
zwar in der ganzen Ausdehnung der letzteren, und
boten die Charaktere einer frischen Myelitis dar*
Nur ein unbeträchtlicher Theil der Nervenfasern
war degenerirt Von den übrigen Organen waren
Leber und Nieren am meisten ergriffien ; ihre Par-
enchymzellen boten in sämmtlichen Versuchen
kömige Degeneration, seltener schon Kernschwund
dar. In der Niere waren hauptsächlich die gewun-
denen Hamkanälchen und die aufsteigenden der
Henle'schen Schleifen degenerirt mit Desquamation
des Epithels und Bildung granulirter Cylinder im
Lumen der Hamkanälchen. Die Gefässe dieser
Organe waren sehr blutreich, ihr Capillarendothel
aber in Desquamation und Zerfall der Eem- und
Zellsubstanz zu einer kleinkörnigen Masse be-
griffen. Im Magendamiiracius bestand entzünd-
lidier Katarrh, hauptsächlich im unteren Abschnitt
des Heum lokalisirt Die Veränderungen in den
Lungen bestanden theils in Qefftsshyperämie und
in dem Auftreten von Blutextravasaten, theils in
Ergriffensein der Capillaren. Die quergestreifte
MuskukUur und die Milx liessen, abgesehen von
Gewebeatrophie und Hyperämie keine weiteren
Veränderungen erkennen. Im Mute war die Zahl
der weissen Blutzellen um das Doppelte vermehrt,
der rothen um ein Fünftel gegen die Norm ver-
ringert. Innerhalb der Leberoapillaren und der
Endothelzellen waren beträchtliche Mengen von
Hämosiderin-Elümpchen und -Kömchen zugegen,
die sich aus zerfallenen rothen Blutkörperchen
gebildet hatten. . H. D r e s e r (Bonn).
228
HL Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
393. Znr nage von der Beaorptlonaflttiig-
keit des Amyloids; von Dr. A. Grigorjeff.
(Beitr. z. jMithol. Anat u. allg. F^thoL XYIIL 1.
p. 37. 1895.)
In dieser Nachnntersuohung der Versuche
Litten 's über denselben Gegenstand pflanzte G.
4 jungen Hunden und 3 Kaninchen kleine Wtkrfel
von amyloider Leber in die Bauchhöhle und unter
die Haut Die Yersuchsthiere wurden theils nach
Ablauf eines halben, theils nach Ablauf eines gan-
zen Monats getOdtet Die in die Bauchhöhle ein-
geheilten Stückchen waren nach dieser Frist mit
einer dünnen Schicht Fettgewebe umgeben, die
die einzelnen Stückchen von einander trennte.
Die darauffolgende Schicht lockeren Bindegewebes
war dünn und sehr gefftssreich und umschloss
direkt die Leberamyloidstückchen, die an umfang
etwas eingebüsst hatten.
Die mikroskopische Untersuchung führte zu
folgenden Schlüssen : Die Amyloidsubstanz ist auch
nach vorangegangener Härtung in starkem Alkohol
bei künstlicher Einführung in die Gewebe eines
lebenden thierisehen Organismus einer Resorption
fthig, die am energischsten im Hundeorganismus
bewerkstelligt wird. Die Fibroblasten , die hier
eine grossere LebensAhigkeit besitzen, übernehmen
dem Fremdkörper gegenüber eine zerstörende Bplle
und benutzen ihn möglicher Weise zugleich als
Nahrungstoff, w&hrend sie selbst zum Theil eine
Umwandlung in besondere Zellen (Riesenzellen)
erleiden, denn in dem Anfangstadium derAmyloid-
reeorption schliessen die Riesenzellen kleine Amy-
loidschollen ein, die grosseren umlagern sie.
Die einzige Veränderung, die stellenweise bei
den kleineren AmyloidschoUen zu Tage tritt, be-
trifft; die mikrochemischen Eigenschaften des Amy-
loids und besteht entweder in einem vollständigen
Yerlust oder nur in einer Abschwäohung der spe-
cifischen Färbung bei der Jod- und Methylviolett-
reaktion, in Folge dessen sich das in Resorption
begriffene Amyloid dem Hyalin zu nähern scheint.
H. Dreser (Bonn).
394. Untersnohongen über die Wirkung
erhöhter Bigenwärme auf den Organismus;
von Dr. Boris Werhovsky. (Beitr. z. pathol.
Anat. u. aUg. Pathol. XVEL 1. p. 72. 1896.)
Nach einer sehr eingehenden Besprechung der
auseinandergehenden Ergebnisse anderer Autoren
theilt W. seine eigenen Resultate mit, die er durch
Ueberhitzung von Kaninchen in einem Wärmekaaten
hei normal erhaltenem relativen Feuchtigkeits-
gehalte der Luft bekam. Die constantesten und
stärksten Veränderungen erlitt der Hlmoglobin-
gehalt des Blutee, der durch die oft 3 — 4 Wochen
dauernde Ueberhitzung des EOrpers um beinahe
ein Drittel des Normalen gesunken war. Mit der
Hämoglobinabnahme war stets auch eine Verklei-
nerung der Zahl der rothen Blutkörperchen ver«
bunden, jedoch überstieg die Oligochromämie die
Oligocythämie bedeutend. Bei Beginn der Ver-
suche während der ersten Tage liam aber vieUMsk
das umgekehrte VerfaäUaiss vor. Besfl^tdi der
Leukocyten war bald Ab*, bald Zunahme ihrer
Zahl notirt Die Neubildung des Blutes wurde
bei längerer Versuchsdauer schwächer, seine Zer«
Störung aber verstärkt.
Die Sektion der getOdteten oder von selbst ge-
storbenen Thiere ergab stets mehr oder weniger
ausgesprochene Gtewebedegenerationen, Zellnekro-
sen, vacuoläre Degeneration, Verfettung und Hämo-
siderinablagerungen als Folgen der Ueberhitzung.
Nächst dem Blute litt am empfindlichsten die
Leber, deren degenerative Veränderungen W. in
mehreren histologischen Abbildungen vorführt
Nächst der Leber erkrankten, wenn dieSohädigung
nach Ueberiiitzung sehr stark war, auch die Nieren;
auch die Huskelfasern des Herzens waren dann
fettig degenerirt, aber ohne Zellnekrose, wie das
Gerathen der Eemfärbung bewies. Hilz, Lymph-
drüsen und Knochenmark zeigten in allen Fällen
nur geringfügige degenerative Veränderungen, die
durch Verfettung einzelner Lymphocyten cha-
rakterisirt sind. Es fitmden sich dagegen in den
genannten Organen pathologische Eisenablag^un-
gen, die namentlich bei längerer Dauer des Ver-
suches eine ganz bedeutende Mächtigkeit erlangten.
Es ist zu beachten, dass in den W.'schan Ver-
suchen die Erhöhung der Körpertemperatur viel
andauernder und gleichmässiger war als bei dem
Fieber, bei dem gewöhnlich mehr oder minder
erhebliche Remissionen vorkommen.
H. Dreser (Bonn).
395. Ueber Fett Wanderung; von Dr. Georg
Rosen feld in Breslau. (Verhandl. d. Xm. Congr.
f. innere Med. Wiesbaden 1895. J. F. Bergmann«
p. 414.)
R hat bereits früher die Ansicht ausgesprocäieni
dass die starke Verfettung der Leber, die man müj
Phlorhidzin erzeugen kann, nicht auf einer
fettung, sondern auf einer Fettinfiltration
und belegt diese Ansicht durch neue Versudia»!
Das Fett stammt von verschiedenen Stellen, nameDt«]
lieh vom Unterhautbind^ewebOy wird vom Bh
nach der Leber gebracht und dort ab(
„Hier ist somit mit Sicherheit erwiesen, dass
Fett unter Umständen die Fähigkeiten zeigt, v<
einem Depot in andere Organe, die aus ii
einem Grunde des Fettes gerade bedürfen, zi
wandern." Dippe.
396. Ueber die htt^otogieahen Vm
bei der Heilung perlbrivmider Led^
den ; von Dr. K Franke in Hamburg. (Aroh.
Ophthalmol. XLL 3. p. 30. 1895.)
F. machte an dem oberen Hornhantrande,
der Nähe desM. rectns superior, bei jungen
oben Schnittwunden mit dem dräj^'sdian
und untersuchte in verschiedenen Zeital
die Sklera wunden. In der ersten Zeit, 1 — 2
in. AUgemeine Pathologie und pathologisolie Anatomie.
229
nach der Yerletznng, beobachtete er nur Aufquel-
lung der Sklera, Zellenvermehrang und Zellen^
neahildung in der Aderhaut und im eplskleralen
Gewebe. Diese beiden Oewebe tragen auch haupt-
sächlich zur Bildung der Narbe bei, während die
Bindehaut darüber und Netzhaut und Glaskörper
darunter kmnen Einfluss haben. Auch die Sklera
selbst betheiligt sich nur in geringem Grade an
der Narbenbildung durch Fibrillen, die aus den
fixen Bindegewebekörperchen hervorgegangen sind.
Eine Betheiligung weisser Blutkörperchen an der
Narbenbildung findet nicht statt Da noch in
der 3. Woche die Narbe sehr locker ist, nur aus
weichem zellenreichen Gewebe in der Wundspalte
besteht, geht daraus die praktische Lehre hervor,
bei Sklerawunden längere Zeit einen Yerband tra*
gen zu lassen. Durch Narbengewebe, das von der
Sklerawunde nach dem Glaskörper sich erstreckt,
kann noch nach Jahren eineNetzhautablöaung ver^
anlaset werden. Lamhofer (Leipzig).
397. Ueber die Entsündong der Homhaat ;
von Prof. P. Grawitzin Greifswald. (Virchow's
Arch. CXLIV. 1. p. 1. 1896.)
0. zeigt, dass die Photogramme in seinem 1893
erschienenen „Atlas der pathologischen Gewebe-
lehre", die die verschiedenen Formen und Grade der
Hornhautentzündung darstellen, richtig angestell-
ten Versuchen in Wirklichkeit entsprechen, dass
demnach die Behauptung der Gegner, alle Zellen
im Entzündungsherde seien eingewanderte Leuko-
cyten , eine irrige sei , dass vielmehr die an Ort
tmd Stelle vorhandenen Elemente auch daselbst,
also zwischen Homhautrand und Mitte beweg-
lich gewordene HomhautzeUen seien. Die Yer*
suche der Anhänger der Emi- und Immigrations-
theorie und seine eigenen vergleicht G. ausführ*
lieber. Nach Transplantirung überlebender Horn-
häute in die Bauchhöhle von verschiedenen Thieren,
nach Transplantation todter, geschädigter, ge-
ätzter, getrockneter Hornhäute u. s. w., stets fand
O., dass sich eine Keratitis mit den alsEiterkörper-
chen gedeuteten Zellen nur entwickelt, so lange
das Gewebe lebt; HöUensteinätzung, Injektion von
Rolnissjauehe tragen nicht zur Ytestärkuig der
Oewebeveränderungen in der lebenden Hornhaut
beL Die Bildung der wirklichen WanderzeUen
hängt nach 0. vom Zustandekommen des Saft-
stronies, nicht aber nur von der Femwirkung, der
Chemotaxis, ab. Es bleibt also der Satz bestehen :
Entzündung ist eine Reaktion gereizter oder ge»
schädigter, aber lebensfähiger Gewebe, die unter
Termehrter Saftströmung stehen.
Lamhofer (Leipzig).
398. Beiträge zur pathologlsohen Anatomie
und Bakteriologie der eiterigen Keratitie dee
Menedhen; von Prof. W. üthoff und Dr. Th.
Axenfeld. Aus der Univ.- Augenklinik in Mar*
bürg. Hit 4 Tafeln. (Arch. f. Ophthalmol. XLU.
1. p. 1. 1896.)
Ifed. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 3.
Von ü. u. A. wurden 12 Augen mit Hornhaut-
eiterung untersucht Die dabei gefundenen patho«
logisch-anatomischen Veränderungen der einzelnen
Theile des Auges sind, sowie dieEjrankengeschich«
ten, ausführlich in der vorliegenden Arbeit be-
schrieben. Unter den 1 2 Augen waren 5 mit eigent«
lichem Ulcus serpens corneae, 4 mitEeratomahicie,
bez. nekrotischem ulcerösen Zerfall der Hornhaut,
2 mit beginnender Panophthalmitis und 1 Auge
mit Eeratomycosis aspergillina.
Im 2. Theile der Arbeit, der ausschliesslich
die Befunde der bakteriologischen Untersuchung
von 50 Augen mit eiteriger Hornhautentzündung
enthilt, sehen wir, dass von den 50 Augen 35 an
eigen tliohem typischen Ulcus corneae serpens, 10
an Hypopyonkeratitis, jedoch nicht in der Form
des typischen Ulcus serpens, 2 an Eeratomalacie,
1 an Eeratomycosis, 2 an beginnender Panoph-
thalmitis gelitten haben. In 26 von den 35 Augen
mit typischem Ulcus serpens wurden nur der
Frftnkel - Weichselbaum'sche Diplococcus
(Pneumococcus) gefunden; Pneumokokken mit
anderen Mikroorganismen in 7 Augen, darunter
wieder in 5 mit typischem Ulcus serpens ; keine
Pneumokokken, wohl aber andere Mikroorganismen
in 13 Augen, von denen 4 typisches Ulcus serpens
hatten; 4mal war der bakteriologische Befund
negativ. Es geht daraus hervor, wie innig der
Pneumococcus mit dem Ulcus corneae serpens ver-
knüpft ist. Da wir durch Eruse und Pancini
wissen, wie schnell der Pneumococcus an seinen
eigenen Stoffwechselprodukten zu Grunde geht,
ist die rasche Flfichenausbreitung bei geringer
Neigung zum Fortschreiten nach der Tiefe für das
Ulcus serpens verständlich. Der progressive Ge-
schwürsrand selbst ist dabei der Hauptsitz der
Mikroorganismen, wo sie auch mit den Leukocyten
in unmittelbarer Berührung sind. Ueber die Her-
kunft der Mikroorganismen l&sst sich keine ganz
bestimmte Auskunft geben, doch ist es nach den
Untersuchungen von U. u. A. sicher, dass durch
die verletaenden Fremdkörper (Eorn&hren, Zweige,
Erde, Steine) zwar direkt die Mikroorganismen in
die Hornhaut gebracht werden können, in den
meisten Fällen aber die Epithelwunde erst nach^
trSglich von der Bindehaut aus, wo Staphylokokken
und Streptokokken nicht so selten sind, oder vom
Thrftnennasengange aus durch die Hände, Taschen-
tücher der Eranken u. s. w. verunreinigt wird.
Bei den Impfversuchen an Thieren konnte am
Eaninchenauge kein typisches Ulcus serpens er-
zeugt werden.
Die wichtigen Untersuchungen von U, u. A«
haben in dem jetzt immer mehr sich bahnbrechen-
den Bestreben, die Eraukheiten nicht nach ihren
Symptomen, sondern nach deren Ursachen zu
unterscheiden, um einen wichtigen Schritt weiter
geführt, indem sie zeigten, dass die eitrige Horn-
hautentzündung dem Grade und dem Wesen nach
verschieden ist, je nachdem Pneumokokken oder.
30
230
m Allgemeine Patbologie imd pathologische Anatomie.
Staphylokokken und Streptokokken oder Aeper-
gillnspilze die Eiterung veranlassen.
Lamhofer (Leipzig).
399. Bin Fall Ton Sohimmelpilakeratitia ;
von Prof. 0. Schirmer in Qreifswald. (Arch. f.
Ophthalmol. XLIL 1. p. 131. 1896.)
S 0 h. beschreibt die pathologisoh-anatomischen Ver-
ändenmgen eines Auges mit Hypopyon-Eeratitis, wo in der
flomhant, der Kammer und dem Glaskörper Sohimmel-
pilze gefanden worden. Das Auffe konnte während der
Erkrankung nicht beobachtet werden; es kam zur Unter-
suchung, nachdem es aus anderen Gründen enucleirt
worden war. Nach Seh. ist es das erste Auge mit
Sohinunelpüz- Keratitis, das pathologisch - anatomisch
untersucht werden konnte. Lamhofer (Leipzig).
400. Anatomiaoher Befund einea doppel*
aeitdgen angebomen Kryptophthalmoa beim
Eaninohen nebat Bemerkungen über daa
Ooolomotoriuakemgebiet; von Dr. L. Bach in
Würzburg. (Arch. f. Augenhkde. XXXII. 1. p. 16.
1895.)
B. giebt die genaue Beschreibung und Abbil-
dung der Lider und des Auges eines 1 Jahr alten
Kaninchens, vergleicht mit seinem Befunde den
von anderen Autoren g^ebenen über Kryptoph-
thalmus beim Menschen und erklärt die Anomalie
bei dem Kaninchen als Folge einer Entzündung
im fStalen Leben.
Trotz der mangelhaften Bildung der Lider zeig-
ten Serienschnitte in dem Eemgebiete des Oculo-
motorius keine pathologische Veränderung. Solche
fand B. auch nicht in dem Qehime eines ISjähr.
Mädchens, das an angebomer doppelseitiger Ptosis
(Vater und Schwester litten gleichfalls daran) ge-
litten hatte. Auch nach Durchschneidung und
Entfernung von Augenmuskeln oder der Regen-
bogenhaut bei Kaninchen konnte B. andeuThieren^
die einige Wochen später getOdtet wurden, keine
Veränderung im Gebiete der Oculomotoriuskeme
bis jetzt auffinden. Lamhofer (Leipzig).
401. Ueber mit FUmmerepithaiien aus-
gekleidete Cysten des Oeaophagna, der Pleura
und der Leber. Beürag xiur Lehre von den an*
ffeborenen Mueoidcystm; von Prof. W. Zahn -in
Genf. (Virchow's Arch. CXLIII. 1. 1896.)
1) Bei einem an Tuberkulose gestorbenen Manne fand
sich tmmittelbar über der Kardia eine mirabellengrosse
prallgespannte Cyste in der SubmuoQsa des Oesophagus.
Sie bestend aus einer flimmerepitheltragenden Mucosa^
die reichliche Lymphsellen, z. TH. in foUikelartiger An-
ordnung, enthielt, femer einer dreischichtigen Muscolaris,
die an der hinteren Wand des Sackes von zahlreichen
drüsenartigen Gängen imd Bläschen durchzogen war, und
einer iQckeren Bindegewebekapsel. Der Ixmalt war im
Alkoholpräparat krümelig, enthielt Flimmerepithel und
Eiweisskömchen, auch einige Cholestearinkrystalle. Ein
ähnlicher Fall ist früher von v. Wyss beeohiieben
worden.
2) An der linken Lungenbasis hinten innen, nahe
dem Hilus, bei einer S^jähr. Frau fiemd sich in Verwach-
8unfl;8trängen mit dem Zwerchfelle eine hühnereigrosse
schleimgetüllte Cyste, deren §^tte Innenwand mehrere
aekundl^, mit der Hauptcyste .oommunioisende Cysten
erkennen liess. Der Inhalt enthielt Flimmerei»iheliea
und Rundzellen ; die Wand war theils bindegewebig, mit
einer inneren hyalinen Schicht, theils enthieft sie auf der
Zwerchfellseite gut entwickelte Drüsen, glatte Muskel-
fasern und einzelne Knoipelinseln. Z. vei^eioht djesea
Fall mit denen von StillingundVirchow.
3) In der Nähe des Ug. suspensor. am unteren
Leberrande vom, am rechten oder linken Leberlappen
kommen bisweilen flimmerepithelhaltige Cysten vor, yon
denen Z. 11 untersuchte, deren Grosse zwisohen 2 und
60 mm im Durchmesser schwankte ; alle fanden sich bei
Erwachsenen, meist älteren Individuen. Die meist glatte
lunenwaod zeigt streckenweise Flimmerepithel, aber
auch alle Uebergänge bis zu Plattenepithelien, selten
kommen drüsige Ausbuchtungen vor; die Aussen wand ist
aus lockerem Bindegewebe gebildet und enthält bisweilen
lymphoide ZeUen. Mit der eigentlichen Leber haben
diese Cysten nichts zu thun, sie liegen zwischen Peri-
tonaeum und Leberkapsel. Z. möchte sie daher auch
nicht, wie frühere Autoren, auf abgeschnürte Gallen-
gänge zurückfahren, sondern vermuthet, dass es sich
wolu um eine embryonale Bildung, etwa eines beson-
deren Organs, handeln möge, wofür auch die auCßllig
typisohe lAge dieser Cysten spreche.
Auch för die Fälle 1 und 2 nimmt Z. eine embryo-
nale Abschnümng vom Oesophagusepithel, bez. Bron-
chialepithel an. B e n e k e (Braunschweig).
402. Ueber einen Fall von Perlbratton daa
8 Bomanum in Folge einea geattelten Darm-
polypen; von Prof. Zahn. (Virchow's Arch.
CXLm. 1. 1896.)
Bei einem 71jShr. Weibe fand sich Perforations-
peritonitis in Folge einer Perforation des S Bomanum an
einer SteUe, auf die der Kopf eines lanjnestielteii, ziem-
lich kleinen, durchaus gutartigen Polypen gedrückt
hatte ; der Polyp, wie die seiner Amiagerung entsprechende
Grube der Schleimhaut waren schwärzlidi verfärbt, die
Darmwand am Boden der Grube nekrotisch und un-
zweifelhaft von innen nach aussen perforirt Z. eiillrt
dieses ünicum durch die Annahme, der Darm habe sich,
wie seine lokale Mjoskelhypertrophie bewies, in der
Gebend des Polypenansatzes häufig stärker contrahirt
und hierdurch yenöse Stauung, bez. Vergrosserang des
Polypenkopfes veranlasst, wodurch dann die gegoiüber-
liegende Wand des Darms nekrotisch geworden sei.
Z. stellt diesen Fall neben einen früher von ihm
mitgetheilten ebenso merkwürdigen: Perforation des Ute-
rus durch einen gutartigen Placentapolypen, der 13 Jahre
lang befanden und allnählioh die ütemswand zur lohden
Dfuokatrophie gebracht hatte.
B e n e k e (Braunschweig).
403. Ueber daa Bindegewebe dea Pankreas
bei Teraofaledenen BLrankheiten; von Dr. M.
Easahar«. (Virchow's Aich. GXLIIL 1. 1896.)
Unter Hansemann 's Ldtung untersuohta
E. an einem grosseren Materiale die Bind^gewebe-
verhUtnisse des Pankreas bei Qesunden und Kran-
ken. Br fand zunflchst, dass eine starke einfiushe
Atrophie des Pankreas bei Eaohektisohen , deren
sonstige Organe betrfiohtlich verkfimmert sind, im
Allgemeinen nicht vorkommt: nur bei Diabetes
wurde sie 2mal beobachtet Bei dieser Atrophie
fehlt, eine .rBiudegawebewuch^rung. Bei Lues,
.^xteriosklarose,^ Lebercirrhose, Alkoholismus wurde
sie^ mehrfach in massigem Grade beobachtet; sie
beginnt dann im interaoinösen Bindegewebe, und
zwar auf einzelne Abschnitte der Drftse beachrSnkt,
um allmählich in das Innere der Adni venu-
IT. Pharmakologie und Tozikdogia
231
dringen. Eine sichere Beziehung za lokale oder all-
gemeiner Arteriosklerose besteht auch in den Fällen
Ton charakteristischer 0rant«i!ani^rqpAt6deBPankreas
nicht, wie sie bei Diabetes vorkommt; hierbei findet
sidi eine Atrophie des Drüsengewebes bei gleich-
zeitiger raumausfOllender, zum Theil zellreicher
Bind^;6webewucherung; der Process ist der Gia*-
Bularatrophie der Niere vergleichbar.
Eine typische Erscheinung ist die relativ sehr
kräftige Bindegewebeentwickelung im kindlichen
Alter, die E. als eine physiologische Einrichtung
ansieht üeber die Bedeutung der sogen, inter-
tnbulären Zellhaufen, jener aus drOsenzellartigen
Zellen mit dunklen runden Eemen bestehenden
lymphatischem (Gewebe etwas ähnlichen Bildung,
die sehr häufig im Pankreas vorkonmit, istE. nicht
zu einem abschliessenden ürtheile gelangt
B e n e k e (Braunschweig).
404. Ueber die aogenaxmtenZwisohenBellen
des Hodens und deren Bedeutung bei pafho-
logiBohen Veränderungen; von Dr. D. Hanse-
mann in Berlin. (Virchow's Arch. CXLH. 3.
1895.)
Im Bindegewebe des Hodens finden sich bei
einigen Thierarten reichlich, beim Menschen spär-
licher grosse granulirte und meist stiärk pigmen-
tirte Zellen, die eine bestimmte Beziehung zu den
HodenkanSlchen oder den (befassen nicht erkennen
lassen. H. beobachtete, dass sie beiHurmelthieren
während des Winterschlafes fehlen, nachher aber
sehr reichlich vorhanden sind. Beim Menschen
£inden sie sich zahlreich im f5talen und kindlichen
Hoden, um dann in der Pubertätsperiode stark ab-
zunehmen, ohne indessen jemals vollständig zu
schwinden; im höheren Alter werden sie nicht
reichlicher, eben so wenig liess sich eine Yermeh-
rnng im Anschlüsse an die Spermatogenese fest-
stellen; gerade im aktiven Hoden scheinen die
Zellen fast ganz zu schwinden. An aktiven Wuche-
nmgsprocessen im interstitiellen Gewebe bei akuter
oder chronischer Orchitis verschiedener Form
betliailigt sieh jene Zellenart nicht; dagegen fand
sie eidi bei Kachexien (Tuberkulose, Cardnom,
Syphilis mit Amyloid), und weitaus am stärksten
bei pemiciöser Anämie und Hämoohromatose (z. B.
bei Alkoholismus) sehr erheblich vermehrt Ihr
Pigmentgehalt ist dann meist, doch nicht immer,
bedeutend; makroskopisch zeigen solche Hoden
ein dichteres GefQge, die leicht zerreisslichen Eanäl-
chen lassen sich schwerer als normal aus der
Zwischensubstanz herausziehen. Durch Versuche!
mit Beizung, einseitiger Exstirpation, Regulation
der Funktion nach beiden Sichtungen liessen sich
bei Thieren keine bemerkbaren Besultate erzielen.
H. hält die Zellen nicht für identisch mit
„Plasmazellen'* ; er sieht in ihnen ein besonderes
Organ mit specifischar, wenn auch noch unbekannter
Funktion. Ihre Wucherung ist auf besondere Er-
nährungsteigerung zurückzuführen, die Pigmen-
tirung nicht degenerativer, sondern infiltrativer
Natur; auch die nicht seltene Fettanfüllung der
Zellen ist eine physiologische Eigenthümliohkeit,
nicht eine pathologische Yeränderung.
Von besonderem Interesse ist, dass diese Zellen
diarakteriatisohe grosszellige, fiist krebsähnliche
Sarkome bilden können. B e n e k e (Braunsohweig).
405. A report of two caaea of aotinomy-
öosifl of the brain; by 0. H. Martin. (Joum.
of Bacteriol. and Pathol. III. 1. p. 78. Nov. 1894.)
Bericht über 2 Fälle primärer Longen- Aktmomykose,
die m Chiari's pathologisch-anatomischem Institut in
Prag zur Autopsie kamen imd bei denen sich, was un-
gemein selten ist, Metastasen im Gehirn fanden. In dem
eisten Falle waren im OcdpitaUappen 3 runde, etwa
waUnussgrosse Abscesse, mit dickem, griinüchem stinken-
dem Eiter gefüllt. Im anderen Falle fand sich in der
rechten Hemisphäre ein gänseeigrosser Abscess mit Eiter
von der gleichen Besohiäenheit wie in dem ersten Falle.
Elinisoh hatten die Fälle das Bild der Meningealtuber-
kulose dargeboten. Weintraud (Breslau).
406. Drei seltenere Sekttonabefünde ; von
Dr. H. Spiegelberg. (Virchow's Aroh. CXLIL
3. 1895.)
1) 82iiähr. Mann. Mehrfach starke Darmblutung,
auch Bluterbreohen« DannOedeme, Ascites, Diarrhöen
mit vorübergehender Besserung. Grosse Milz.
Sektion : Vena portae, Itenalis imd mes»nter, sup.
verkalkt, in letzterer ein Thrombus. Vergrösserte Milz.
Die GefMssverkalkung betraf vorwiegend die Media.
8 p. fuhrt mehrore einschlägige Fälle ans der Lite-
ratur an.
2) Melanosarkom der Opticusscheide. 8 Mon. nach
Exstirpation des Auges Schmerzen in der rechten Seite,
Lebervergrösserung, Hauttumoren in grosser Zahl.
Sektion: Recidiv am Nervenstumpf des operirten
Auges. Ausgebreitete Sarkomatose im ganzen Körper,
die einzelnen Knoten in allen Schattirungen von weiss
bis schwarz. (Kleinzelliges Rundzellensarkom.)
3) 33jähr. E^tl Uterus biloculaiis bicomis, Vagina
septa. Die linke Niere fehlte, der linke Ureter besüind
in einem 12 cm langen, hinter der Blase gelegenen Stück
und verlor sich an Beiden Seiten im Bindegewebe. Rechte
Niere hyperplastisch. Ovarien normal.
Beneke (Braunsohweig).
IV. Pharmakologie und Toxikologie.
407. Weitere Mittheilungen ftber dasLore-
tin; von Dr. B. Kor ff. (Münchn. med. Wohnschr.
XLn. 28- 1895.)
Auf Qnmd praktischer Erfahrungen aus der
Seh inzinger 'sehen Privatklinik in Freiburg
nnd bakteriologischer Yersuohe empfiehlt E. das
Loretin als wirksames Antisepticam , das wegen
seiner üngiftigkeit, Genichlosigkeit und Bestfindig-
keit allgemeine Verbreitung verdiene. Es wurde ver-
wendet in 2prom. wässeriger Lösung zu Waschun-
gen, Bädern u. s. w., als 5^/o Salbe und als Loretin-
gaze, Uarwedel (Heidelberg),
232
IT. Fharnutkologie und Toxikologie.
408. üeber Myroain ; von Dr. J. Neman n.
(Monatsh. f. piakt Dermatol. XXL 7. p. 323. 1895.)
N. prüfte anf Veranlasanng U nna's in deesen
Poliklinik das Hyionin, ein gelbliches, leicht aro-
matisches Fett von butterähnlicher Consistenz und
sehr grosser Haltbarkeit, das sich leicht mit Pulvern
nnd wSsserigen Losungen zu Salben verarbeiteii
Usst Bein kam es bei trockenen, schuppenden
oberflSchlidien Ekzemen zur Anwendung ; es lin-
derte den Juckreiz und beseitigte die Sohuppen-
bildung. 10*/o Zinkmyroninsalbe hatte guten
Erfolg bei Litertrigo, bei mSssig nässenden und
krustOsen Ekzemen ; bei veraltetem Ekzem wirkte
Myroninzinkschwefelsalbe (ana 10%) sehr gut
Ghrysarobin wurde, mit Hyronin gemischt, wegen
schneller Oxydation unwirksam ; dagegen bew&hrte
sich eine Myroninsalbe mit Argentum nitr. (l^/o)
und Balsamum Peruvianum (10%) bei oberflAch-
liehen Wunden und specieU bei Beingeschwüren,
bei denen sie schnell zur Granulation anregte und
unter Zinkleimverband bald Heilung hervorrief.
Günstig schien auch eine 33proc. Quecksilber-
myroninsalbe zu wirken.
Es wird demnach das Hyronin mit g^tem Er*
folge angewendet werden können bei Krankheiten,
bei denen es darauf ankommt, die Haut mit einer
fetten Salbe zu decken imd Arzneistoffe in einem
sehr fettreichen, ziemlich consistenten und doch
sehr geschmeidigen Medium zur Anwendung zu
bringen. Es wird auf den Preis des Mittels an-
kommen, ob es neben Adeps lanae, Adeps suillus
undYaselin einen dauernden Platz einnehmen wird.
Wermann (Dresden).
409. Ueber Votophen; von Dr. A. Herz.
(Monatsh. f. prakt DermatoL XXI. 8. p. 384. 1895.)
Das Präparat (Tetrajodphenolphtalein) wurde
theils als unlösliche Verbindung (Nosophen), theils
als lösliches Natronsalz (Antinosin) in der ünna'-
schen Poliklinik angewendet Bei Ulcus cruris be-
wirkte das aufgestäubte Nosophen fast in allen
Fällen eine rasche Eeinigung der Geschwüre, Auf«
schiessen guter Granulationen und auffoUend rasche
Ueberhäutung vom Rande her. Die namentlich bei
entzündlichen Bändern auftretende Schmerzhaftig-
keit zwang jedoch, von dem Mittel in einigen
Fällen abzusehen. Vorzüglich wirkte Antinosin bei
weichen Geschwüren ; 2 — Omaüge Auftragung des
Pulvers mittels Wattehölzohens in alle Ecken und
Vertiefungen des Geschwüres nach vorheriger Reini-
gung bewirkte baldige Heilung. Weitere Vortheile
des Mittels sind die Geruchlosigkeit, die sehr ge-
ringe Giftigkeit und die stark blutstillende Wir-
kung. Wermann (Dresden).
410. Ueber mootfaiiMeif e ; von Dr. P.
Taenzer. (Monatsh. f. prakt. DermatoL XXL
12. p. 631. 1895.)
Die ausserordentliche Wirksamkeit der alljähr-
lich in grossen Quantitäten von Deutschland nach
Argentinien exportirten Tabaklauge gegen die
Räude der Schafe gab Ankss zur Herstellung einer
Seife, die lO^e Tabakextrakt (ca. 0.7«/« Niootu)
enthält Sie ist angezeigt bei den parasitären Hant-
krankheiten, und zwar bei den durch thJeriache
Parasiten erzeugten, also besonders bei Scabies;
der ganze Körper wird vom Halse abwärts bis zu
den Zehen 2mal täglich abgeseift, wobei man in
den ersten Tagen den Schaum eintrocknen Usst;
später wird nur Imal täglich gewaschen, bis das
Jucken verschwunden ist Die Kosten dieser
Scabiesbehandlung sind bedeutend geringer als die
jeder anderen, die Behandlung kann ambulatorisch
durohgefUhrt werden und ist auch weniger un-
angenehm. Pityriasis versicolor und parasitäre
Ekzeme wurden auf die gleiche Weise mit Erfolg
behandelt Die juckstillende Wirkung der Nico-
tianaseife bewährte sich femer bei Pruritus senilis
und nervösem Jucken. Unangenehme Neben-
wirkungen sah T. nicht, dagegen hörte er von
dritter Seite, dass ein mit der Seife behandeltes
Kind von Erbrechen und Pulsveränderung bebllei
worden sei ; jedenfalls hat es sich dabei um eine
Idiosynkrasie g^gen Nicotin gehandelt
Wermann (Dresden).
411. Zur Behandlung der Verbrennungen
ersten und sweiten Grades m'it Ichthyol; von
Dr. Leo Leistikow. (Monatsh. f. prakt De^
matoL XXI. 9. p. 441. 1895.)
L. rühmt in erster Linie die ausserordenäich
schmerzstillende Wirkung des Ichthyols bei Ver-
brennungen. Leichte oberflächliche Verbrennungen
der Haut heilen sehr schnell unter Ichthyol, indem
die congestive Hyperämie unter Abschuppung der
Homschicht verschwindet Aber selbst bei aus-
gedehnter Blasenbildung tritt, besonders nach An-
stechen der Blasendecke, unter Ichthyol rasche
Heilung ein; namentlich die ueberhäutung voll-
zieht sich schneller als bei Anwendung anderer
Mittel, z. B. des Jodoforms. Am besten wird das
Ichthyol aufgetragen als Puder:
Zino. oxyd 20.0
Magnesia oarbon. . . 10.0
Ichthyol .... 1.0—2.0
bei ausgedehnten Verbrennungen ersten Gradaa
Bei solchen zweiten (hades empfiehlt sioh die An-
wendung einer weichen Ptote :
Galoar. oarbon.
Zinc. oxyd.
Amvl. .
OL Zinc. .
Aq. Calcis
Ichthyol .
. 10.0
5.0
. 10.0
. 10.0
. 10.0
1.0—3.0
eventuell verbunden mit der Puderbehandlung. Bei
umschriebenen Verbrennungen ersten und zweiten
Grades, besonders des Qesichts und der Glieder,
eignet sich am besten Zinkichthyolsalbenmull.
Wermann (Dresden).
412. Beiträge aar Jodmedikation; yonPanl
Richter. (Beitr. z. Dermatol. u. Syph., Fest*
Schrift, gewidmet Georg Lewin zurFdier seinai
50jähr. Doctoijubiläum am 5.Nov, 1896. p. 159.]
lY. Pharmakologie und To^ologie.
233
Um den bei der Jodkaliumdarreiehung leicht
eintretenden JodismuB zu vermeiden, der nur durch
fragewordenes Jod in statu naecenti hervorgerufen
irird, wandte R als Ersatzmittel des Jodkalium die
Tinetura jodi an, die Jod in reiner Form ohne jede
chemische Verbindung mit anderen Salzen enthAlt
Nach der Empfehlung Jullien's wird die Jod-
tinktur in Dosen von 10 — 30 Tropfen in Wasser,
bes. Wein gegeben, nicht in Milch, bei deren Zu*
satz siohNiederschUge von Jodalbuminaten bilden«
Die Dosis übersteigt demnach die Maximaldosis der
Pharmaoopoea Oermanioa von 0.2 pro dosi und
1.0 pro die (der zehnte Theil davon reines Jod)
bedeutend. Jodkalium enth< aber etwas über
75^/o Jod. B. nahm selbst 4 Wochen lang täglich
Smal 10 Tropfen Tinct jodi ohne irgend welche
Beschwerden und sah, dass die Jodtinktur in gleicher
Weise von 3 Ex. gut vertragen wurde. Die Jod-
tinktur stellte sich als ein ungefährliches imd in
derBekAmpfung der Syphilis sehr wirksames Mittel
dar, das neben dem Vortheile der Billigkeit den
weiteren besass, weder Magenbeschwerden, noch
Jodismus hervorzurufen. Es empfiehlt sich, mit
Smal taglich 10 Tropfen nach dem Essen zu b^
ginnen, jede Woche um 2 Tropfen bis auf 30 zu
steigen und aufzuhören, wenn der Kranke 100 g
Tinct jodi genommen hat, was 2 — 3 Mon. dauert
Die Dosen sind g^enüber dem Jodkalium geringer
(100.0 Tinct jodi enthalten 10.0 Jodi puri; 100.0
KaL jodat 76,5 Jodi puri), aber die Wirksamkeit
blieb hinter der des Jodkalium nicht zurück,
Wermann (Dresden).
413. ISmploi des vapenn iodoft»rmiqaes
dttns la ooryia et la bronohite desoendante ;
par le Dr. Maurel. (BuIL de Th6r. TiXTTT. 47.
p. 281. 1894.)
Auf Grand von Versuchen über die Einwirkung von
Jodofonndämpfen auf die Virulenz und Fortpflanzungs-
iahigkeit des Staphyloooccus albus hat M. untemonunen,
die akute Goryza und lÜLute Bronchitis mit diesmi Dämpfen
zu behandeln. Er führt zu diesem Zwecke Jodoform-
bamnwoUe in die Nase oder lässt Jodoformpastillen
(0.005 Jodoform pro Pastille) bis zu 6 Stück pro die in
den Mund nehmen, damit sie dort allmählich zergehen.
Er will dabei einen bedeutend abgekürzten Verlauf der
Coryza und eine Gonpirung der beginnenden Bronchitis
g sehen haben, und schiigt daraufhin vor, auch andere
kranknngea der Athmungsorgane, wie chronische Bron-
chitis, Lungenemphysem und Tuberkulose ebenso zu be-
handeln. Richter (Altenburg).
414. Studien über die Pharmakodynamik
des Sohwefela. Ein Beitrag xwr Ärxneiunrkungs-'
lehre und Balneologie; von Prof. H. Schulz.
(Ch:eifswald 1896. Dmok u. Verlag von Jul. Abel)
In dieser als Brosohüre veröffentlichten Mono«
graphie erörtert Seh. eingehend die Vorzüge, die
der Terauch an Menschen für die Erkenntniss der
feineren Arzneiwirkungen hat, wie sie gerade die
Therapie benöthigt In einer durchaus nicht übel-
wollenden, aber sehr berechtigten Kritik wendet
aifih S c L gegen die sehr oft rein scbematischen
pharmakologischen Arbeiten, die blos in der Nach-
ahmung physiologischer und vivisektorischer Ex-
perimente, wie Blutdruckversachen u. A. m., be-
stehen.
Seh. hat an m^r als 20 gesunden jungen
Männern seine Yersudie mit täglicher Eingabe
kleiner Schwefelmengen w&hrend mehrerer Wochen
ausgeführt Die meisten Versuche wurden mit
einer alkoholischen Lösung des Sdiwefels an-
gestellt, wobei jedesmal 0.0035 g S in 10 ccm ge-
nommen wurden.
In dem „Analyse der Symptome^' überschrie-
benen Abschnitt stellt Seh. sie, nach Organen ge-
ordnet, zusammen. Viele Symptome zeigten sich
^rst nach Ablauf der ersten Woche. Von Seiten
des Ntfrveneyekms bestanden sie in halbseitigem,
besonders im Vorderkopf lokalisirten Kopfschmerze,
beruhend auf deutlich ausgesprochenen Congestio-
nen. Häufig traten SohwindelaniäUe, einmal fast
bis zur Ohnmacht sich steigernd, auf. Dabei be-
stand allgemein unbehagliches Gefühl, leichte Beiz-
barkeit und Nervosität in einigen EUlen, zuneh-
mende Unfähigkeit zu geistiger Arbeit und rasches
Ermüden beim Arbeiten. Femer kamen abnorme
Sensationen im Bereiche der peripherischen Nerven,
wie Prickeln, Gelenkschmerzen, vor. Im Muskel'
System trat hüd Müdigkeit, bis zurZersohlagenheit
sich steigernd, auf. An dem Oeßsssystem machte
sich eine, zum Theil recht beträchtliche Steigerung
der Pulszahl bemerkbar, gelegentlich bis 100 Schläge
pro Minute.
An den Bespiraiionsorganen sind Katarrhe von
wechselnder Stärke und Dauer das Wesentliche
während der Aufnahme von Schwefel. Bei den
Verdauinngsorganen zeigen sich die Symptome eines
leichten Magenkatarrhs mit verminderter Esslust
Als Erstwirkung wurde häufig Stuhlverstopfung
angegeben; dann stärkere Oasbildung im Darme
mit kneifenden Leibschmerzen, Stuhldrang und
Tenesmus, dann folgen diarrhoische Entleerungen«
Der Bam zeigte einen widerlichen Geruch, dunk-
lere Färbung und reichliche üratausscheidung,
femer trat Harndrang mit theilweise schmerzhafter
Entieemng auf. Im Gebiete der Seoeualorgane
kamen nur nach relativ grösseren Gaben Schwefel
Erektionen undljjakulationen vor. Die^u^ zeigte
nur in einigen Fällen leichte Knötchenaussohläge
an verschiedenen Stellen« Am häufigsten tratei^
starke Schweisse auf, H. D r e s e r (Bonn)«
415. Sulla eliminftBione degli eteri solfo-
ilci e dal fenolo in iqieeie per le orine. Bi-
cerohe sperimentali del Dott Carlo Fedeli.
(Arch. itaL di din. med. XXXIV. 2. p. 259. 1895.)
Nach Darreichung eines Bitterwassers (Aqua
del Tettuccio), auch in nicht abführenden Gaben,
war die Darmfftulniss, bestimmt durch die Menge
der im Harne ausgeschiedenen Aetherschwefelsäure,
selbst bei eiweissreicher Diät stark herabgesetzt
Die Urs^h^ hierfür ist pach F.'s Vermutbung
234
rv. Fhannakologie und Toxikologie.
nicht eine direkte desinfioirende Einwirkung auf
den Danninhalt, sondern eine vermehrte Absonde-
rung des Magensaftes, sowie der Qalle, welche
beide antifermentativ wirken; die antiseptisohe
Wirkung dieses Bitterwassers wftre hiernach nur
eine mittelbare. H. D r e s e r (Bonn).
*
416. Ueber di» Wirkungsweise einiger
aromatisoher Amide und ihre Beeinflnsanng
durch TBinffthning der Methyl- oder Aethjl-
gmppe; vonDr.Eberhard Nebelthau. (Aroh.
f. eixperim. PathoL u. PharmakoL XXXVL 5 u. 6.
p. 451. 1895.)
Aus N.'s Yersuchen geht herror, dass das
Bmxamidy CeHBCO . NH,, bei Kaltblütern, YGgeln,
Kaninchen und Katzen in einer Oabe von ca. 1 g
pro kg Thier per os eine rein narkotische Wirkung
entfaltet. Auch bei Hunden gelang es, durch In-
jektion in das Rectum oder in das Blut eine tiefe,
wenn auch nicht anhaltende Narkose herbeizu«
fahren.
Bei Kaltblütern, Yögeln, Kaninchen und Katzen
zeigt sich das Salicylsäureamid in derselben Weise
und in annfihemd demselben Orade wirksam.
Weiter wurden geprüft: der Acethyläther des
Salicylamids, das Dibenzamid, das Chloralbenzamid,
Hippursftureamid, p-Toluyls&ureamid, Tetramethyl-*
benzoSsaureamid, Anissäureamid, Salicylmethyl-
ftthersftureamid, Methoxynaphtho^säureamid, femer
o-Toluylsftureamid , Zimmtsaureamid. Es ergab
sich aus allen diesen Yersuchen die interessante
Thatsache, dass den aromatischen Säureamidm aU-
gemein eme alkoholarHffe, narkotiscke Wirkung xu-
kommt.
Merklich anders gestaltet sich aber die Wir-
kung, wenn, eines oder beide Waseerstoffaiome des
Ammcniakrestes durdi Methyl oder Aetkyl vertreten
sind; die narkotische Wirkung des Benzamids und
SalicylamidB tritt alsdann mehr und mehr zurück,
während sich bei genügend grossen Gaben ein der
Wirkung des Ammoniaks und des Strychnins ver-
gleichbarer Symptomencomplex dnsteilen kann.
Schliesslich berichtet N. auch noch über inter-
essante Yersuche, wonach durch direkte Eingabe
prim&rer oder sekundärer Amine der Fettreihe
(Methyl-, Dimethyl- und Aethylamin) die narko-
tische Kraft schlafmaohender Agentien, wie z. B.
des Benzamids und des Ghloralhydrates aufgehoben
werden kann. H. Dreser (Bonn).
417. Ueber die Sbiwirkiing des Atropins
auf die Hamsekretlon; von Ludwig Walti.
(Arch. f. ezperim. PathoL u. PharmakoL XXXYI.
5 u. 6. p. 411. 1895.)
Die Frage, ob das Atropin die Harnabsonde-
rung beschränkt, wie die Sekretion anderer Drüsen,
ist darum von besonderem Interesse, weil dieses
Qift bekanntlich diejenigen Sekretionen unterdrückt,
die von Endigungen der Drüsennerven ausgelöst
werden. Wenn die Harnsekretion in demselben
Sinne beeinflusst wird, so liesse sich daraus schlies-
sen, dass auch sie unter dem Einflüsse einer Nerren-
thätigkeit steht. W. stdlte seine Yersuche aus-
schliesslich an chloralisirten Kanindien an, denen
eine geeignete Kanüle in die Harnblase befestigt'
war, aus der die zu messende Hammenge sich
entleerte. Wurde nun während der normalen
Diureee Atropin injidrt, so wurde die HEamsekretton
unabhängig vom Blutdruck durch das Atropin ver-
mindert; ebenso unterdrückte Atropin aber auch
die durch Hamstoffeinspritzung, GoffeinBulfosäurs
und Diuretin (Theobrominnatriumsalioylat) hervor«
gerufene Diureee.
Die Diureee nach Hamstoffinjektion ist ebenso,
wie die nachCoffeinsulfosäure bei gedgneter Fütte-
rung der Kaninchen (Rüben) mit Nierendiabetes
vergesellschaftet, nach der Atropininjektion ver-
schwand der Zucker wieder. Damit der Zucker
im Urin auftrat, musste zuvor stets Polyurie vor-
handen gewesen sein. H. Dreser (B<»n).
418. Ueber das Verhalten des flaeohsrin
sa den versobiedenen Fermenten ; von K B i e g-
1er. (Arch. t experim. PathoL u. PharmakoL
XXXY. 4 u. 5. p. 306. 1895.)
B. prüfte folgende zwei Saccharinpräparate:
das reine Sacdiarin und dessen Natriumverbindung,
das „Sacdiarinum solubile''. Die Yersuche über
Eiweissverdauung ergaben, dass Mengen vcm 0.05*/«
Baccharinum purum oder von Saccharinum soluhile
in einem künstlichen Yerdauungsgemisch die Yer-
dauung nicht sturen, femer, dsBa Mengen von 0.3^ f^
die Verdauung nicht vollständig hemmen, aber 6e-
deuiend verzögern.
Die amylolytische Wirkung des Speichels hebt
0.5<^/o reines Saccharin vollständig auf, wahrend
das „lösliche Saccharin^' in der gleichen Gonoentra-
tion die Ptyalinwirkung nicht aufhebt. Aehnlich
verhielt es sich mit der Wirkung der Diastaae;
0.1% freies Saccharin paralysirt das Ferment
vollständig, während selbst 0.4^0 1^^<^^ Saccha-
rin die Wirkung der Diastase nicht stört
H. Dreser (Bonn).
419. Ueber ein der Polyneuritis loaroiH
rialis (Iieyden) ähnliches experimentell bei
einem Kaninchen erseogtes Krankfaeiteblld;
von Julius Heller. (Yorläuf. Mittheilung.) Mit
3 Abbild. (Beitr. z. DermatoL u. Syph., Festsohr^
gewidmetOeorg Lewin zur Feier seines 5€9ähr.
Doktorjubiläum am 5. Nov. 1895. p. 31.)
1893 stellte Leyden einen Ezanken vor, bei
dem im Anschluss an eine merkurielle antisyphi-
litische Behandlung eine akute Ataxie sich ent-
wickelt hatte ■<> Polyneuritis mercurialis. Letulle
hatte durch Thierversuche die Schädlichkeit des
Quecksilbers für die peripherischen Nerven nadi-
gewiesen; doch war es ihm nicht gelungen, ein
der Polyneuritis mercurialis ähnliches Bild sn er^
zeugen« H. theilt eine Beobachtung mit, die da«
V. Neuropafhologie tind Psyduätrid.
235
fiBhIende Mittolglied darstellt und die Lehre von
der Polyneuiitis mercuriaUs weiter stützt
H. Bfuritzte einem starken Kaninchen 0.012 SubUmat
in die rechte Hinterbacke ; das Thier zeigte am folgenden
Tage verminderte Fresslast und athmete auffällig schnell.
Am 6. Tage 2. Injektion, und zwar in die linke Hinter-
backe ; leichtes Lahmen mit dem rechten Hinterbein, das
sich bald yerstärkte. Am 9. Tage 3. Injektion (O.Ol g) in
die rechte Hinterbacke. An demselben Abend völlige
LShmung beider Beine; blutige Diarrhoen. Nahrung-
verweigeruDg; künstiiohe Em&rung mit Milch, etwas
Opium. Am 12. Tage Lähmung der linken Vorderpfote.
Im weiteren Yerlaufe ging diese Lähmung zurück, da-
gegen wurde die Paraplegie der hinteren Extremitäten
immer deuthoher. Oontraktur im Kniegelenk und Fuss-
geienk. Rumpf- und Hüftmuskulatur war intiJLt Die
elektrische Untersuchung ergab keine Abweichungen.
Von trophischen Störungen wurde vom 21. Tage ab
Schorfbildung an den bis dahin völlig reaktionslosen
lojektionstellen beobachtet, femer ausgedehnter Haar-
ausfall auf der Hinterbacke, der dem Bauch zugewendeten
Seite der Oberschenkel und einem Theile der Bauchhaut.
Am 23. Tage Decubitus an den Fusssohlen. Am 29. Tage
trat unter epileptiformen Krämpfen der Tod ein.
Das Krankheitsbild, das durch^ die Sublimat-
Injektionen bei dem Kaninchen erzeugt wurde, ist
noch nicht beschrieben worden; insbesondere
Bch^t es auch Letulle bei feinen zahlreichen
Versuchen an Meerschweinchen, Ratten und Kanin-
chen nicht gelungen zu sein, ein fthnliches Bild
zu erzeugen. Im vorliegenden Falle hat die sorg-
fältige Pflege das Thier so lange am Leben erhalten,
dass die toxische Lähmung Zeit zu ihrer Ent Wicke-
lung hatte. Doch müssen noch andere Faktoren
mitgewirkt haben; ein zweites Kaninchen, das
nach der 4. Lijektion einer halb so starken Sublimat-
iQsung zu Qrunde ging, zeigte nur geringes Hinken
auf dem linken Hinterbein.
Die Sekiian ergab BlutuDffen in der Nierenrinde^ an
einseinen Stellen SSaichen leichter Nephritis ; im Dünn-
nnd Dickdarm Geschwüre, das rechte Herz dilatirt, schlaff.
mit hellrothen Thromben erfüllt ; die Glutaeen waren in
ihren tieferen Bohichten yöUig intakt Der linke Nervus
ischiadicus zeigte in seinem oberen Theile einen rothen,
vielleicht vom Stich herrührenden Blutpunkt; unter-
halb dieser Stelle war der Nerv in eine I cm dicke nekro-
tische Gewebemasse eingebettet Gehirn xmd Bücken-
mark zeigen makroskopisch keine Veränderung ; die
mikroskopische üntersacnung des Rückenmarkes ist noch
vorbehalten. Die mikroskopische Untersuchung der Nervi
Jschiadici gab genügende Anhaltepnnkte, die Auffassung
des Krankheitsbildes als Polyneuritis zu bestätigen.
Leyden'sFallwarkeinsdiwerer; derKranke,
der 5 Sublimatinjektionen als Fortsetzung einer
Schmierkur erhalten hatte, klagte über reissende
Sdimerzen im Verlauf der grossen Nervenstämme,
über Gefühl von Taubheit in den Füssen, Schwäche
und Unsicherheit beim Gehen und Stehen. Objek-
tiv war die motorische Kraft herabgesetzt, die Be-
wegung der Extremitäten deutlich ataktisoh, die
Sensibilität herabgesetzt. Mehr entsprechen der
Beobachtung H.'s je ein FaU von Forestier und
Ketlis, die Leyden citirt Der letztere Fall,
in dem ein Arzt 0.5 Sublimat getrunken hatte,
wies heftige Dysenterie auf, nach 8 Tagen Lähmung
aller 4 Glieder und der Nackenmuskulatur. Der
Tod trat durch Erstickung ein (Herzlähmung?).
Ataktische Störungen lassen sich bei einem Vier*
füssler kaum nachweisen; immerhin erinnerten
schleudernde Bewegungen, die das Kaninchen beim
Fortbewegen machte, doch recht lebhaft an Coordi*'
nationstörungen bei Tabischen. Sehr bemerkens-
werth endlich erscheinen die nach Letulle wich-
tigen Merkmale der Quecksilberlähmung : Mangel
einer stärkeren Muskelatrophie und normale elek-
trische Beaktion der gelähmten Muskeln. Beide
Symptome konnten von H. mit Sicherheit bei dem
Versuchsthier festgestellt werden.
W e r m a n n (Dresden).
V. Neuropathologie und Psychiatrie.
420. Morphoea herpetiformiB, a nenro-
logloal atndy; by Jonathan Hutchinson.
(Brit. med. Joum. June 1. 20. 1895.)
H. versteht unter Morphoea herpetiformis eine
Sklerodermie, die in ihrer Anordnung dem Herpes
zoster ähnlich erscheint, d. h. den Verzweigung^i
einzelner Nerven entsprechend sich ausbreitet
Er hält den Namen Morphoea für richtiger wie
den Namen Sklerodermie, weil Morphoea nichts
vorancMtat imd eine rein klinische Bezeichnung
ist, während Sklerodermie ein pathologischer Name
ifit, in dem eine noch nicht bewiesene Theorie der
Kranklieit li^ Neben der Morphoea herpeti-
fermis, bei der die Flecke auf der Haut ähnlich
-wie beim Herpes in Streifen- oder Bandform an-
^^eordnet erscheinen, und zwar immer bilateral,
nvenn auch nicht durchweg symmetrisch, unter-
mdbeiddiE.. noch eine zweite Art, die auf die Spitzel
3et Glieder beschränkt, an diesen auch beginnt
-lind grosse Aehnlichkeit mit der Baynaud'schen
Krankheit zeigt. Eine dritte Art endlich besteht
darin, dass die Flecke im Gegensatz zu der Mor-
phoea herpetiformis, bei der sie elfenbeinfthnlich
sind, mehr ein an gegerbte Haut erinnerndes Aus-
sehen zeigen.
H. hat im Verlauf folgender Nerven eine Mor-
phoea herpetiformis beobachten können: an ein-
zelnen Aesten des Trigeminus oder des Plexus
oervicalis, am ganzen Trigeminus einer Seite mit
Ausgang in Hemiatrophia facialis, am ganzen Plexus
oervicalis, an Zweigen des Plexus brachialis, an
den Dorsaln^ven einer Seite, an Zweigen des
Lumbal- und Sacralplexus. Mitunter bestanden
auch Combinationen von Morphoea herpetiformis
mit der aweiten, an den Enden der Glieder auf-
tretenden Art Die einzelnen Beobachtungen wer-
den ausffihrlich geschildert
H. erklärt den Herpes zoster imd die Morphoea
herpetiformis für nahe verwandte Krankheiten,
indem der Herpes zoster eine auf die sensiblen
Hautnerven lokalisirte Entzündung darstellt, wäh-
rend die Morphoea herpetiformis noch die vaso-
236
y. Neuropaihologie und Pqrfdiiatrle.
motorischen Nerven dazu ergreift. Beiden ge-
meinsam ist femer, dass sie selten bilaterale Sym-
metrie zeigen und keine Neigung besitzen , über
ihre gleich bei Beginn der Krankheit gezogenen
Grenzen sich auszubreiten.
Wind scheid (Leipzig).
421. CasniatiBOhe Mittheünsgen; von Dr.
L. Bruns. (NeuroL Gentr.-Bl.*Nr.20. 21. 22. 24.
1895.)
la) Zur Pathologie und speciM %ur Prognose
der Trommlerlähmung,
B., dem wir die erste Eenntniss der Trommler-
lähmung verdanken, unterscheidet jetzt, nachdem
verschiedene Arbeiten über diesen Oegenstand er-
schienen sind, folgende 3 Arten :
a) Lähmung des linken Extensor poUicis lon-
gus, wahrscheinlich dabei Parese der Daumen-
muskeln, speciell des Adductor poUiois, dann des
Flexor und des Adductor brevis, häufig auch
Atrophie dieser Muskeln, vor Allem des Adductor.
Die Lähmung entsteht dadurch, dass beim Trom-
meln der Daumen der linken Hand gleichzeitig
adducirt und gestreckt werden muss, eine Auf-
gabe, die dem Extensor pollicis longus zufällt
Beim Wirbelschlagen muss dieser Muskel noch
dazu fortwährend ersohlafiEt und wieder gespannt
werden. Die Atrophie der Daumenmnskulatur
erklärt B. im Oegensatze zu v. Zander, der sie
fQr eine Druckatrophie hält, für eine direkte Affek-
tion der Muskeln in Folge der Lähmung des Ex-
tensor pollicis longus, da bei Bewegungen des
letzteren Muskels immer auch Contraktionen der
Daumenmuskeln, speciell des Adductor brevis ein-
treten.
b) Lähmung des linken Vlexot pollicis longus.
Sie ist viel seltener. Auch hier mitunter Mitbethei-
ligung der Daumenmuskulatur. Entsteht besonders
bei ungeübten Trommlern, die zurYerstärkuag der
Adduktion die Endphalanx des Daumens haken-
förmig um den Trommel^tock herumschlagen.
Auch hier erklärt B. die Atrophie der Daumen-
muskeln für eine direkte Wirkung der Schädigung,
da die Muskeln am Trommeln mitbetheiligt sein
müssen, wenn der Flexor pollicis longus sich con-
trahirt.
c) Lange Beuger und Strecker zusammen be-
theiligt, Daumenmuskulatur immer sehr atrophisch.
Sehr selten.
Der linke Damnen leicht an den 2Seigefinger adducirt,
die letzte Phalanx steht in Bengestellong, Mosknlatur
des Unken DanmenbaUens abgemagert Aktive Streckung
des Daumens im 1. und 2. Gelenke unmöglich, ebenso die
Adduktion an den Zeigefinger. Stärkere Beugimg der
schon schwach flektirten £ndphalanx aktiv ebenfUls
unmöglich. Der linke Flexor und der linke Extensor
pollicis longus erst mit sehr starken Strömen faradisck
und galvanisch reizbar. linke Daumenmuskeln bedeu-
tend quantitativ herabgesetzt reagirend. DieEztensoren-
sebne über der Handwurzel als dicker Strang zu fühlen.
Schliesslich betont B. die relativ gute Prognose
der Trommlerlähmung gegenüber anderen Be-
schäftigungsneuroaen. Er konnte einen von ihm
früher beschriebenen Er., der zu einer Beoem-
übung eingezogen war, wieder untereucfaen und
feststellen, dass die Funktion des linken Flexor
pollicis wieder ganz vorhanden war und die fan-
dische Erregbarkeit des Muskels vom Nerven aus
sich wieder eingestellt hatte.
Ib) Pariielk Lähmung des Unken K ukiaris
durch Druck am Eüenbogen bei einem Xj^ographoL
Der Kr. litt seit längerer Zeit an Yertaabanflggefühl
auf der ganzen Yolarfläche des linken kleinen Fingers,
der Ulnarseite des Ringfingers auf der Beugeseite und
dem ulnaren Drittel der ganzen Yola manua, ferner auf
der ulnaren Seite des Unteranns, dicht über dem Haiui-
gelenk. In diesen Oebieten waren das Schmerzgefühl
und das Gefohl für elektrische Beize stark vennindert,
Temperaturgefuhl erhalten. An der dorsalen Seite des
Ulnarisgebietes bestand nur auf der Dorsalflächa des
kleinen Finders eine geringe Abstompfung. Abduktkw
und Adduktion des kleinen Fingers beäntrftohtigt. Elek-
trisch war derülnaris links nur mit ^z starken Strömen
am Handgelenk zu erregen, galvanisch am Hypothenar
selbst deutliche Entartmigareaktion. Geringe Atrophie
zwischen Daumen und Zeigefinger.
Die Entstehung der Affektion beruht auf dem Drucke,
den der linke Arm des Xylographen bei der Arbeit am
Eilenbogen erleidet, wie B. ausfuiirlicher begründet.
[Ref. hat hier in Leipzig wiederholt Gelegenheit ge-
habt, bei Xylographen Parfisthesien und leichte Paresen
in denselben Gebieten des linken Arms wie B. za beob-
achten, ohne dass allerdings dabei elektrische Beaktions-
veränderungen vorhanden gewesen wSien.]
Ic) üeber Lähmung des Nervus radiaUs durch
Druck in der Chloroformnarkose.
B. hat bei einer Laparotomie dadurch eine Narkosen-
lähmung des Radialis zu Stande kommen sehen, daas der
rechte Arm auf denliüigsbalken derKopfisttutze gedraokt
wurde. Unmittelbar nach dem Erwachen Lähmung des
rechten Radialis in allen Muskeln, ausgenommen den
Triceps ; faradisch zuerst erhaltene Reaktion von Nerv und
Muskeln, galvanisch nicht gleich untersucht ; 7 Wochen,
nachher noch erhaltene faradische Erregbarkeit von Nerv
undMuskeln, Nerv auch galvanisch reizbar, ab« in eiinsd-
nen Muskeln galvanisch Zuckungsträgheit, KSZ^AdSZ.
11 Wochen nach der Operation wieder normale Reaktion.
2) AJiute, nicht eitrige EneephaUtis ponüs oder
traumatische Spätapopleooie in den Pons ?
Ein ISjähr., tuberkulös bdasteter Knabe, der einigs
Wochen Tor Beginn der Erkrankung ab und zu an Kopf-
schmerzen gelitten hatte, stürzte beim Turnen auf d»
Kopf, ohne unmittelbfu-e Folgen davon zu spüren. Nadi
2 Tagen erhebliche Eopfeehmerzen und Erbrecheii. Am
3. Tage ergid) die Untersuchung: Reehtseitige penphe-
rischeFacialislähmung, beide Augen nach Unks genohtet,
linksei tige Ptosis, linker Rectus internus assooürt und bei
Convergenzbewegungen gelähmt. Alle vom Ociilomoto-
rius abhängigen Bewegungen wurden von sturem N jat^-
mus begleitet. Pupillen und Aogephintergituid noirmaL
Auf der g^zen linken Eörperhälfte, an Gesicht, BampC
und Extremitäten starke Parästhesieen ; Pinselberühron-
gen und Nadelstiche wurden am linken Arm und Bein
gar nioht, in der linken Gesiohtshälfte und an der linken
Hand nur Pinselberührungen nicht gefohlt, äagogna
Nadelstiche. Bei Bewegungen der linken Extremitäten
deutliche Ataxie. Andeutung von Intentiontremor der
linken Hand. DiefinkseitigeOculomotoriusIähmTixigiialini
bedeutend zu, auf der lixäen Körperhälfte trat deoäute
Parese ein, der Pub wurde unregehnässig. Trig<eniiBBa
niemals deutlich afficirt nachzuweisen. AUmShlicher
Rückgang aller Erscheinungen, Y«J< naohBe^km der Er-
krankung war nur noch eme leichte Parese des lachten
unteren Facialis vorhanden.
Y. Neuropathologie und Psychiatrie.
23T
Der Gedfloke an eben Tumor, der B. zuent gekom-
men war, mofiste nach dem Verlaufe des Fidles aof-
gegeben werden. Es handelte sich jedenfalls um einen
Herd in der rechten Ponshälfte in der Gegend des rechten
Facialis- Abduoenskemes bei Beschränkung auf das Hau-
bengebiet, und höchstens Torübergehender leichter Bethei-
ligung der Pyramide. Der Herd erstreckte sich medullar-
wärts nicht über den Facialiskem, central wärts bis an
die Oculomotoriuskeme, muss aber über die Mittellinie
hinausgegriffen und den linken Oculomotoriuskem beson-
ders in Mitleidenschaft ^zogen haben. Die Natur des
Herdes — ob Encephalitis oder eine traumatische Spät-
apoplexie bleibt dunkel.
3) Veher gonorrhoische Hemiplegie und Aphasie.
Eine gleich nach der Hochzeit gonorrhoisch inficirte
2Qjähr. Frau bekam plötzlich mehrere Male heftige epi-
leptische Krämpfe in der rechten Oesichtshälfte , der
rechten Zunge und im rechten Unterarm, mit nachfolgen-
der kurzdauernder Aphasie. Am nächsten Morgen trat
totale rechtseitige Hemiplegie mit Betheiligimg des un-
teren Facialis, der Zunge und vielleicht auch der Eau-
und Schlundmuskeln ein, totale motorische Aphasie;
Sensibilität ungestört Etwas Somnolenz, geringe Urin-
beschwerden. Die Hemiplegie blieb und gine in eine
Lähmung mit typischer Contraktur über, (Se Schlund-
und Kaumuskellähmung ging zurück, dieFacisdislähmung
wurde besser. Die Aphasie beoaerte sich auch langsam;
nach einem halben Jahre fand sich, dass das Wort-
verständniss ganz erhalten war, Fat konnte Gedrucktes
und Geschriebenes gut lesen, nur trat nach einiger Zeit
Wortverstummelung auf. Nachsprechen ganz intakt.
Spontane Sprache durch Artikulationfehler behindert,
Schrift mit der linken Hand grammatikalisch und ortho-
graphisch ganz richtig.
Da die Fat eine gonorrhoische Salpingitis hatte, ist
die beschriebene Störung zweifellos durch eine Throm-
bose hervorgerufen, die allerdings nicht absolut sicher
durch Gonokokken gebildet zu sein braucht, sondern
auch durch Blutgerinnung entstanden sein könnte.
4) Ein Fall von Akromegcdie und seine Behand-
lung mit SMlddrüseneociraki,
Bei einer Kr. mit typischer Akromegalie — die
Krankheitsbeschreibung bietet nichts von dem Gewöhn-
lichen Abweichendes — wurde eine Behandlung mit
Thyreoidintabletten eingeleitet Fat nahm erst 2, dann
3, zuletzt 4 Tabletten täglich. Die allgemeine Nervosität
wurde wesentlich besser, Schmerzen und Pariisthesieen
der Finger verloren sich, die Finger selbst wTu:d6n
bewegUoher. Dabei trat aber eine allgemeine Gewichts-
abnahme ein und die Kr. wurde unter zimehmender
Frequenz der Herzthätigkeit zusehends schwächer, wobei
eine bedeutende Chlorose auftrat Nach Aussetzen der
IVibletten und unter Darreichung von Eisen, sowie unter
dauernder Bettruhe besserte sich der Zustand fldlmähUch,
80 dass wieder mit 2 Tabletten pro die begonnen werden
konnte.
B. empfiehlt trotz obiger Erfahrung die Behand-
lung der Akromegalie mit Schilddrüsensaft, warnt
aber davor bei der Behandlung des Morbus Base-
dowii, bei dem er schlechte Resultate gehabt hat
Windscheid (Leipzig).
422. Ck>ntribation k rötad» da berlberi;
par A. Mosse et J. Destarac. (Revue de M^
XV. 12. p. 977. 1895.)
M. und D. haben folgenden Fall von Beriberi im
Krankenhause zu Toulouse beobachtet:
Der 33jähr., aus Frankreich stammende Fat war
früher völlig gesund gewesen. Er brachte einige Jahre
am Senegal zu und erkrankte hier im Juli 1892 zum ersten
Male i^ährend der Regenporiode mit Oedemen und Far-
ästhesien der Fasse,' welche Erscheinungen nach einigen
Hed. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 3.
Tagen wieder verschwanden, um im Laufe der nächsten
Zeit anfallsweise noch mehrere Male aufzutreten. 1893
ein stärkerer Anfidl als bisher, die Oedeme reichten bis
zum Knie, es bestanden heftiges Erbrechen und Durch-
fall; m^ch 12 Tagen Heilung. 1894 nach einem starken
nächtlichen Bitte grosse Mattigkeit der Beine mit Far*
ästhesien, Erbrechen ; nach 8 Tagen beim Erwachen plötz-
lich fast totale Blindheit Fat entschloss sich zur Rück-
kehr nach der Heimath, musste auf das Schiff getragen
werden. Aufnahme in's Spital 2 Mon. nach Beginn der
letzten Krankheitsperiode. Der Status ergab Folgendes :
Blasser Mensch, geschwollene Augenlider, starkes Oedem
der Füsse bis herauf zur Mitte der Wade. Im Urin kein
Albumen. Die Beine motorisch sehr schwach, Fat kann
nur auf zwei Andere gestützt gehen, der Oang ist etwas
sdüeudemd. Bei gescUoesenen Augen bedeutende Gleich-»
gewichtstörung. Kniereflexe vollkommen erloschen, Gre->
master- und Bauchi-eflexe herabgesetzt. In der Rücken-
lage war die einzig aktiv mögliche Bewegung der Beine
eine leichte Contraktion des labialis anticus. Fortwähren-
des Kriebeln an den Beinen, Gefühl von Brennen an den
Fusssohlen, oft zum heftigen Schmerze sich steigernd.
Druck auf Nerven und Muskeln der Beine sehr schmerz-
haft An den Beinen mit Ausnahme der Fusssohlen be-
deutende Herabsetzung der Sensilnlität, die sich auf Ab-
domen, Brost und Rücäen bis zur Höhe der Brostwarzen
vom, des unteren Sohulterblattwinkels hinten erstreckte.
An einzelnen Stellen, besonders an den Waden, deutliche
Yerlangsamung der Empfindung, an anderen, namentlich
am äusseren Rande der Waden, völlige Anästhesie. Lage-
gefühl der Beine ganz verloren. An den Fusssohlen deut-
uche starke Hyperästhesie. Fusssohlenrefleze gesteigert
An den Armen waren die Bewegungen erhalten ; an den
Händen geringe Herabsetzung der Sensibilität und Par-
ästhesien. Druck auf die Nervenstämme des Vorderarms
rief Kriebeln der Finger hervor. An beiden Au^en Neu-
ritis optica, rechts stärker als links. Die Muskulatur der
Beine stark atrophisch, sonst keine Abmagerung der
Muskeln. Innere Organe normal. Im Urin kein Zucker,
kein Eiweiss ; im Blute 5000000 rothe Blutkörperchen.
Bakteriologisch im Blute nichts. Im weiteren Verlaufe
wurde eine dauernde Verminderung des Harnstoffes im
Urin und im Blute constatirt. Fortwährende sehr heftige
Schmerzen der Beine; Verminderung der rothen Blut-
körperchen. Allmähliche Besserung der Sehstörung, der
Augenspiegel ergab nur noch Abblassung der Fapillen
auf der temporalen Seite, Gesichtsfeld normal. Langsame
Rückkehr der Motilität der Beine. Die elektrische Unter-
suchung ergab jetzt an den Muskeln der Beine, an den
Eztensoren des Fusses complete, an den Flexoren zum
Theil partielle Entartungsreaktion, zum Theil normale
Reaktion, an einzelnen Muskeln der Oberschenkel eben-
falls partielle Entartungsreaktion. Das Gehen machte
immer mehr Fortschritte, die Schmerzen hörten ganz auf,
der Ernährungzustand oesserte sich ganz wesentlich.
Zunahme der rothen Blutkörperchen an Zahl. DerHam-
stoffgehalt des Urins stieg wieder an bis zur normalen ZahL
M. und D. ziehen aus ihrer Beobaobtung fol->
gende Sohlflaae: Die Beriberi ist eine durch einea
bisher noch unbekannten Mikroorganismus hervor«
gttnfene Infektionskrankheit Erleichternd für das
Eindringen des Virus wirken körperliche Anstren«
gingen, sohlechte Ernährung, Feuchtigkeit Dia
Infektion ist auf den ganzen Körper ausgebreiteti
befällt aber vorwiegend das Nervensystem, an dem
sie die Erscheinungen der peripherischen Neuri-
tis hervorruft unter Umständen können neben
dem peripherischen Nervensystem auch GehirUi
Rückenmark und Medulla oblongata befallen wer«
den, davon hängt dann die Schwere des Falles ab.
Die Beriberi-Infektion kann in der versdüedensten
31
S38
T* Neuropathologie und Psychiatrie«
Stftrke auftreten : neben blitzartigen Formen giebt
es auch Abortivfölle. Windscheid (Leipzig).
423. Belations of infectfoua prooeBBea to
diaeaaea of the nervoua ayatem« Pathology
and etiology; by James Jackson Putnanu
(Amer. Joum. of med. Sc. CIX. 3 ; March 1895.)
P. fand unter circa 5000 Nervenkranken un*
gefähr 500, die in dem Jahre vor Ausbruch ihres
Leidens irgend eine infektiöse Krankheit durch*
gemacht hatten : SO^j^ hatten Syphilis gehabt, von
den anderen hatten 53 an Diphtherie, 47 an Typhus,
14 an Scharlach, 13 an Malaria, 9 anllaaem, 8 an
Gonorrhöe gelitten.
In Hinsicht auf dieses Material unterzieht P.
den Zusammenhang zwischen der vorangehenden
Infektion und der nachfolgenden Nervenkrankheit
einer Besprechung, deren Einzelheiten sich nidit
zum Referate eignen. Die HauptgnmdzQge der
Arbeit sind in Kurzem folgende: Das Nerven-
system neigt einestheils zu Krankheiten, deren Ent-
stehung durch einen infektiösen Process hervor-
gerufen wird, aber sich nach den vorhandenen ent-
wicklungsgeschichtlichen Bahnen und nach den
gewöhnlichen „Furchungen^^ des Nervensystems
richtet, andemiheils rufen die infektiösen Agentien
sekundäre Störungen hervor: an den Oefässen
Sklerosen, Thrombosen, Embolien u. s. w. Die
Wirkung des infektiösen Agens kann dabei eine
ganz verschiedene sein : Eine Reihe der primären
Störungen ist bedingt durch die Wirkung eines
oder mehrerer löslichen Bestandtheile des Giftes
(Tetanus, Hundswuth, Landry'sche Paralyse, Chorea,
ein Theil der cerebralen Symptome bei akuten In-
fektionskrankheiten). Die peripherischen Nerven
erkranken in Folge der Infektion durch Infiltration
mit toxischen Substanzen, an interstitiellen und
Gefössverftnderungen und an Affektionen ihrer
trophischen Contra. Die Häute des Centralnerven-
systems bilden einen Ansiedelungspunkt fOr Bak-
teriencolonien. Durch die Bakterien direkt oder
ihre toxischen Produkte entstehen auch herdförmige,
aber nicht eiterige Affektionen in Gehirn imd
^Rückenmark.
Im Uebrigen weist P. noch auf folgende Einzel-
heiten hin : Die bei Tetanus und Hundswuth ge-
fundenen anatomischen Veränderungen sind wahr-
iM^heinlich nicht die Ursache der charakteristischen
Symptome. Die infektiöse Meningitis ist im All-
gemeinen eine eiterige und setzt daher die An-
wesenheit von Bakterien voraus ; der Zusammen-
hang zwischen Infektion und nicht eiteriger Menin-
^tis bedarf noch des genaueren Studium. Die
diphtherischen Lähmungen sind als direkte Wir-
Jtung des Virus aufzufassen, die einige Male nach-
gewiesenen anatomischen Veränderungen am Ner-
vensystem bilden aber auch hier nicht das Substrat
jder klinischen Erscheinungen, sondern wahrschein-
lich erzeugt das Gift zuerst chemische oder mole-
kulare Veränderungen im Nerven, welche die ein-
zige Ursache der Symptome sind. Mitunter geht
die Lähmung auch zu rasch vorüber, als dass man
auf anatomische Veränderungen, d. h. Neuritis
schliessen könnte. Ob die infektiöse multiple
Neuritis direkt auf eine Intoxikation der Nerven
mit zurückzufahren ist, steht dahin; vielleicht
handelt es sich hierbei um toxische Produkte, die
auf dem Wege der Embolie verschleppt werden, in
manchen Fällen auch nur um sekundäre Anämie
oder Oedem.
Schliesslich weist P. auf die Arbeit von Hodge
hin, der denEinfluss der Ermüdung auf die Nerven-
zellen in Form von anatomischen Veränderungen
in ihnen nachgewiesen hat, und bezeichnet es als
eine Aufgabe weiterer Forschimg, festzustellen, ob
nicht gerade die Ermüdung an den durch Infektion
vergifteten Zellen des Nervensystems stärker wirkt
wie an normalen. Das letzte Wort muss immer
die anatomische Untersuchung sprechen, die durdi
die modernen Hülfsmittel ja immer m^ an Aus-
dehnung gewinnt; der Anfang zu einer Erforschung
der Infektionswirkung ist in dieser Hinsicht schon
durch die Oolgi 'sehen Studien über die Hunds-
wuth gemacht worden. Windscheid (Leipzig).
424. Studiea on tlie leaiona produoed by
the aotion of certain poisona on the corüoai
nerveoellfl. /. Jloo^/; by Henry J. Berkley.
(Brain, Winter 1895. p. 473.)
B. hat 5 Kaninchen durch Fütterung mit Alko-
hol, im Durchschnitt 5 — 8 ccm pro Tag, vergiftet
und das Gehirn der Thiere, die frühestens nach
einem halben, spätestens nach ^/^ Jahren gestorben
waren, mikroskopisch untersucht. 2 Gehirne wur-
den in absolutem Alkohol gehärtet und ergaben
als wesentliche Veränderungen vorzugsweise an
den Gelassen eine Schrumpfung der Wandungen
mit Schwellung ihrer Kerne, die in das Lumen
hineinragten. Der perivaskuläre Baum war be-
deutend verbreitert An grosseren GefässstSmmen
waren die Kerne auch an Zahl vermehrt, die Wan-
dungen verdickt Hin und wieder fanden sich
einige miliare Hämorrhagien in den CtofässscheideD.
Die Zellen der Rinde zeigten vor Allem Verände-
rungen in den Kemkürperchen : diese erwiesen sidi
als veigrössert, umgeben von Kempartikelchen, das
Karyoplasma nahm mehr Farbe an als normaL Es
fanden sich fast nur noch mononucleäre ZeUen,
während die polynudeären so gut wie verschwun-
den waren. 3 Gehirne wurden in Hüller'scher
Flüssigkeit gehärtet und dann mit der Silber-
methode untersucht Hierbei fanden sich als Haupt-
.veränderungen an den Zellen Schrumpfung, Ver-
lust der Gemmulae und eigenthümliche Anschwel-
lungen an den Dendriten. An denAchsenoyÜnd«^
fortsätzen fanden sich niemals Abnormitäten, Im
Kleinhirn zeigten sich an den RindenzeUen die-
selben Veränderungen zwar an weniger Zeilen dar
Zahl nach, aber an diesen in ausgesprochener Weise :
auch hier waren die Dendriten theils geschwolleo,
VI. Lmere M edidiL
239
theils aber ganz atrophisch, die Qemmulae fehlten
ebenfalls hat überaU.
In Besng anf das Verhiltniss der klinischen
Ersoheinimgen der Alkoholvergiftang zu den ge-
fundenen anatomischen Veränderungen meint B.,
dass die zuerst auftretendmi OefftssverSnderungen
in Folge der durch sie bedingten EmährungstOrun-
gen die Hyperfisthesie der Haut hervorrufen, wäh-
rend die weiterhin auftretenden Anästhesien, die
Sinnesstörungen und die Oedächtnissschwäche auf
die Veränderungen an den Dendriten zu beziehen
sind. Hit der Affektion der Zellen selber, bez. ihrer
Seme beginnen dann die Goordinationstörungen
und der Tremor, während mit der Zerstörung des
grössten Theiles der Bindenzellen schliesslich die
geistigen Herabsetzungen ihre Erklärung finden.
Windseheid (Leipzig).
425. Folyneyrites dans Ilntoxioation hy-
drargyriqae aigaö et sabaigaö; par P. Spill-
mann et 0. Etienne. (Revue de M6d. XV. 13.
p. 1009. 1895.)
S. u. B. haben drei Neuritiden im Gefolge von
Quecksilbervergiftung beobachtet
1) Es handelte sich um eine gonorrhoische Epidi-
dymitis, die von einem Apotheker mit Sohmierkor und
einem flüssigen Quecksilberpräparate innerlich behandelt
worden war. Es traten Salivation, Erbrechen, Appetit-
losigkeit ein, ausserdem entstanden lebhafte Schmerzen
io beiden Beinen, Gontraktnren und Krämpfe in beiden
Armen, sohliesslich fast völlige Lähmung aller 4 Glieder
mit Moskelatrophie ohne Entartangsreaktion. Reflexe
aufgehoben. Sterke Stomatitis. Im Speichel und im
Urin waren erhebliche Mengen Quecksilbers nachweisbar.
Die Sensibilität blieb ungestört Allmählich vöüige
Heilung.
2) Sohmierkur wegen Syphilis. Langsame Entwicke-
Inng starker Schweisse, starke Schmerzen in den Beinen,
im I^igastrinm, ParSsthesien der Hände. Sensibilität
intakt. Sehstörung reohts, ophthalmoskopisch leichtes
Exsudat um die Papille herum. Motorische Schwäche
der Beine, Bomberg*Bches Phänomen, Zittern der Hände,
Atrophie besonders der rechten Eörperhälfte. Keine
Sntartungsreaktion. Starke Stomatitis, Ersohwerong der
ürinentleerung, Anaphrodisie. Allmähliche, ebenfalls
schliesslich völlige Wiederherstellung.
3) Schmierkur bei einem körperlich und geistig sehr
überan|6strengten Syphilitiker. Daneben Injektionen von
Quecksilber -Thymolacetat. Heftige Öchmerzen in den
Waden, Bomberg'sohes Phänomen, Herabsetzung der
Sensibilität an den Beinen, Verminderung der Patella-
reflexe, keine erheblichen motorischen Störungen. Lang-
same Heilung.
S. u. E. haben ferner experimentell bei Kanin-
chen und Meerschweinchen durch Quecksilber-
Injektionen in grossen Dosen Vergiftungen erzeugt
Ein Kaninchen starb, nachdem eine schwere Läh-
mtmg der Hinterbeine sich entwickelt hatte. Die
Untersuchung des Rückenmarks ergab ein ge-
ringes Oedem der weissen Substanz und einige
geschrumpfte Gkmglienzellen; am Ischiadicus waren
die Achsencylinder geschwollen und granulirt (VgL
Heller p. 234.) Windscheid (Leipzig).
426. Leadoonvulflions; by D. D. Stewart
(Amer. Joum. of med. Sa CIX. 3 ; March 1805.)
8 1 stellt 1 6 Fälle von Bleivergiftung zusammen,
die neben den gevrOhnlichen Symptomen (Qelenk-
schmerzen, Kachexie, Kolik, Bleisaum) Krampf-
erscheinungen darboten, und zwar entvrederisolirte
Zuckungen in einzelnen Muskeln oder (meistens)
allgemeine epileptifonne Convulsionen. Die Be-
sonderheit der Beobachtung liegt darin, dass acht
dieser Fälle ihren Grund in einer Vergiftung mit
Gebäck hatten, das mittels Chromgelb, einer stark
bleihaltigen Farbe, gelb gefärbt worden war. Auch
Personen, die mit der Herstellung dieses Gebäcks
beschäftigt waren, erkrankten an Bleivergiftung.
Die anderen Fälle beziehen sich auf gewerbliche
Vergiftungen mit Blei. Von den durch Qenuss
des Gebäcks Vergifteten, meistens Kindern, starben
mehrere, ohne dass die Sektion etwas Besonderes
hätte nachweisen können. Einige Leichen wurden
nach Monaten exhumirt und es liess sich Blei in
den Eingeweiden nachweisen.
Windscheid (Leipzig).
VI. Innere Medicin.
427. Zur L^hre yon der oronpöaen Pneu«
monie. (Vgl. Jahrbb. CCXLVm. p. 243.)
Aus dem pathologisch-anatomischen Institute
in Wien liegt eine verdienstvolle Arbeit von Dr.
Karl Kreibicli vor über Äetiologie und patho-
logische Anatomie der LobtUärpneumonie, inebeson-^
dere der Aspiraiionepneumonie (Beitr. z. klin. Med.
IL Chir. Heft 13. Wien u. Leipzig 1896. Wüh.
Braumüller).
Während die Aspirationspneumonie nach Durch-
achneidung des Vagus oder des N. recurrens seit
Traube vielfach Bearbeitung fand, ermangelte
die Liobulärpneumonie durch Aspiration beim Men-
schen noch genauerer Untersuchung nach der bak-
teriologischen Richtung hin. K. suchte festzu-
stellen : 1) welche Bakterien in den durch Aspira-
tion erzeugten Bronchopneumonien gefunden wer-
den, 2) welche sich an der Entzündung betheiligen
und 3) ob das Exsudat in qualitativer Beziehung
von der Art der gefundenen Bakterien abhängig ist
Es wurden im Ganzen 28 Fälle zur Unter-
suchung herangezogen, und zwar 27 Fälle von
liobulärpneumonie und 1 Fall von Lobärpneu-
monie. Von den 27 Lobulärpneumonien waren
20 in klinisdier und anatomischer Beziehung als
durch Aspiration entstanden aufzufassen, der Fall
von Lobärpneumonie des rechten ünterlappens bot
insofern ein besonderes Interesse, als das Cultur-
ergebniss aus der Lunge und dem Knochenmarke
eine Beincultnr von Bacterium coli commune dar-
bot, letzteres fand sich zwar auch in 6 Fällen von
Lobulärpneumonie, aber dann stets in Gesellschaft
von anderen Bakterien.
An Kaninchen angestellte Thierversuche mit
240
TL Innere HedidiL
der gefundenen Beincultttr von Bacterium coli
commnne ergaben Yerdiohtnngherde im ünter-
lappen der linken Lunge. Die Thiere zeigten am
Tage nach der Operation deutliche Erscheinungen
von Dyspnoe. Da Altere Gultureii, selbst frisch
auf Agar geimpft, pathogene Wirkungen bei Kanin-
chen nicht hervorbrachten, so musste bei den ver-
schiedenen Versuchsreihen das Bacterium durch
eine Maus geschickt werden und alsdann von dem
aus dem Exsudat des Peritonaeum auf Agar ge-
züchteten Bacterium coli eine Bouillonaufschwem-
mung hergerichtet werden. Die nach 24 Stunden
verendeten Versuchsthiere zeigten wegen der All-
gemeininfektion weniger vorgeschrittene entzünd-
liche Yerfinderungen der Lungen als die nach
48 Stunden eingegangenen, bei denen der Lokal-
process vorherrschte. Das Bacterium coli zeigte
übrigens in den verschiedenen Fällen verschiedene
Formen, sobald es auf Gelatineplatten übergeimpft
wurde, bald war die Cultur opak, bald transparent,
doch gelang es durch Gulturen in Milch und in
Harn jene Form in diese überzuführen.
Der Diploooccus pneumoniae (Fränkel-
Weichselbaum) fand sich unter 23 FftUen
11 mal allein, 12mal in Verbindung mit anderen
Mikroorganismen; von den ihm nahestehenden
Varietäten, wie dem Micrococcus pneumoniae
(Ortner), unterscheidet er sich durch sein eigen-
thümliches Verhalten in Gelatinestichculturen, in
denen er bei Zimmertemperatur nicht wächst.
14mal gelang es, deutliche Eapselfftrbung nach-
zuweisen, in 9 Fällen zeigten sich entfärbte Zonen,
aber keine Kapseln.
Der Streptococcus pyogenes wurde 2mal in
Reincultur gefunden, dabei war kein Primärprocess,
durch den Streptococcus veranlasst, vorausgegan-
gen, ein vielleicht vorhandener Diploooccus kann
indess bei der Züchtung entgangen sein, da wegen
theilweiser Verunreinigung der ersten Pe^rt'schen
Schalen erst von einer zweiten Oeneration die Be-
stimmung gemacht wurde.
Der Ortner'sche Micrococcus pneumoniae
fand sich in 3 Fällen, er scheint eine üebergangs-
varietät zwischen dem Diploooccus lanceolatus und
dem Streptococcus pyogenes zu sein ; durch Wachs-
thum in Gelatine bei Zimmertemperatur unter-
scheidet er sich vom Kapseldiplococcus, durch stark
diffuse Trübung der Fleischbrühe vom Strepto-
coccus pyogenes.
Was die zweite Frage nach der Entstehung der
Broncho- und Aspirationpneumonie betrifft, so kann
nach K.'s Ergebnissen kein Zweifel darüber be-
stehen, dass sie durch den Pneumococcus hervor-
gerufen wird. Der Einfluss der anderen Mikro-
organismen ist nicht zu unterschätzen und nament-
lich ist das Bacterium coli beim Menschen im
Stande, lobSre Pneumonien zu erzeugen und jeden-
falls an dem Zustandekommen von Lobulärpneu-
monie mitzuwirken. Eine postmortale Invasion
ist in einem Falle mit Oewisaheit soszoscblieBBeD,
in den anderen durchaus unwahrsdieinlioh.
Die Aspirationpneumonie moss man sich als
Autoinfektion ans der Miindh(VhIe vorstellen. Es
ist bekannt, dass der Diplooooous häufig in der
Hundhühle verweilt, dass er aber in den Bronchen
und Alveolen die Bedingungen fOr sein Wachstiium
nicht ohne Weiteres findet Als geeignete Dis-
position ist im Verlaufe von Oehimkrankheiten die
verminderte Triebkraft des Herzens und die in
Folge dessen entstehende hypostatisohe Hyperämie
wohl anzusehen, wofür die meist im Unterlappen
flitzende Lobulärpneumonie spricht Bei künst-
licher Fütterung oder bei Durchbrach des Oeso-
phagus in die Traehea wird so viel infektiöses
Material in die Bronchen übergeführt, dass hier-
durch eine Lobulärpneumonie entsteh^i kann;
eine Aspirationpneumonie durch das Bacterium
coli scheint besonders leicht dann entstehen zu
können, wenn erbrochene Massen in die Bronchen
eindringen.
Was endlich die Beschaffenheit des Exsudates
in Abhängigkeit von den Bakterien anlangt, so
scheint fOr die Art des Exsudates bei den einfachen
Aspirationpneumonien kein Unterschied darin zu
liegen, ob der Diploooccus allein oder mit anderen
Mikroorganismen vergeseUsdiaftet sich vorfindet,
doch vermuthet K. bei Ueberschwemmung mit
gross» en Massen infektiüsen Materials hämorrha-
gische Exsudate, wie es in 3 mien sich bemerkbar
machte. Bei Lobulärpneumonien mit Ausgang
in Vereiterang konnte K. in einem Falle den Sta-
phylococcus pyogenes für die Nekrose und Absoe-
dirung in der Lunge verantwortlich machen. Bei
Ausgang in Oangrän ergab das Gulturverfahren
Diploooccus pneumoniae, in den nekrotischen Par-
tien nur Kokken und in dem putriden Brondiial-
inhalt zahlreiche verschiedene Mikroorganismen.
K. stellt sich den Verlauf nun so vor, dass der
Diploooccus die Lobulärpneumonie erzeugt, wäb-
rend die übrigen Bakterien Nekrose der entzflndetoi
Lungenpartien hervorrufen. Treten aladiLTiii in die
nekrotischen Oewebetheile Fäulnissbakterien aos
den Bronchen ein, so bildet sich eine faulige Zer-
setzung mit Oangrän. Der Ausgang in Induration
erklärt sich höchstwahrscheinlich durch den star-
ken Reiz, den die Stoffweohselprodukte der nicht
in das Lungengewebe eindringenden Bakterien aof
das Exsudat ausüben, derart, dass dieses einoi mehr
produktiven Charakter erlangt Die Frage, wes-
halb bald Oangrän, bald Lidurati(m eintritt, harrt
noch der Lösung.
DaaBaeienum coU commune ist bereits wieder-
holt in der Lunge und auch im Staube von Ennken-
sälen gefunden worden. Marfan (Gas. dePtf.
LXVL 41 ; Oct 12. 1895) fand es neben dem
Pneumococcus und dem Streptococcus pyogeneB,
dessen Einfallpforte meist oberflächliche öeechwüie
sind, bei einer pseudolobulären Pneumonie bei einem
Kinde von 17 Monaten, die sich im Verlaufe einei
TL. Innere Medidn.
241
Dbronischen MagenkatarrheB ausgebildet hatte. Da«
Kind hatte trockenen Husten und ma^perte in*-
sehende ab»
Bme kleine Studie über Bronehopneumonie und
KKtmt^ron Ken in Aberdeen (LanoetL 9 ; Harch 3.
18M) kommt zu bekannten Ergebnissen. Etwas
bedenklich ist, dassE. die Bronchopneumonien der
Kinder als „modifidrte Form der Pneumonie Er-
wachsener'* mit in Betracht aieht
In Bossendale Division von Lanoashire herrschen
Eespilationskninkheiten vomehmlich von Ootober bis
Apnl inclusive, Bronchitis und aachPaeomonien fordern
alljährlich viele Opfer. Die Hochebeae, die K. bewohnt,
liegt 400—900 Foss über dem Meeresspiegel und geht
von Nordwest nach Südost Die höchste Hügelkette auf
der Westseite ist 40 englische Meilen von dem Meere
entfernt Vorherrschend bestehen Südwestwinde. Der
Recenfall ist sehr bedeutend, oft bis 52 ZoU iährlich. Die
Lun ist von Feuchtigkeit gesätti^; obwohl die Winter-
temperatoren so niedrig sind wie m der Bbene, bleibt die
Luft stets kühl and feucht. Die Luftfenchtiffkeit in Ver-
bindung mit der höheren mittleren Dorchs^nittstempe-
rator begünstigt das Auskeimen und die Entwickelung
von Mikroorganismen, die Erkrankungen der Lunge her-
vorrofen.
üeber das Weeen der iniermütirendm Pneu-
monien, wie sie zuweilen beobachtet werden, be-
steht bis heute noch keine völlige Klarheit Der
Torli^gende casuistische Beitrag M a d e r 's in Wien
(Wien. klin. Wohnschr. VHL 22. 1895) über inter-
mittirende Diplokokkenpneumonie trftgt auch zur
LfiBung der Frage etwaiger Mischinfektionen nichts
bei, da die Blutuntersuchung auf Plasmodien fehlt
Die Untersuchung des Sputum ergab eine Bein-
coltnr von Diplococcus lanceolatus ohne Bei-
miflohnng von Streptokokken oder Infiuenzabacillen,
welche letatere gerade bei der ausgebreiteten In-
fluenzarEpidemie erwartet werden konnten.
Es handelte sich um einen 41jähr. Ant, der in
Ungarn als Kind über 2 Jahre an Malaria geUtten hatte
und erst nach seiner Uebersiedelung nach Wien völlig
hergestellt wurde, nur der Milztumor erinnerte an die
schwere Erkranknng.
Die Pteumonie begann mit Schüttelfrost, heftigem
Kopischmerz, Temperatur 39*. Am folgenden TBfgd kamen
Hüsteln und Seitenstiohe dazu. Aus dem rostfarbenen
Sputum, einer geringen interscapulären Dämpfung mit
Bronchialathmen schien die Diagnose einer croupösen
Pneumonie wohl gerechtfertigt Abends: Temperatur 37®,
das mbiginöee Sputum verschwunden. Nach einer
12stündi^n Intermission stellte sich ohne Frost wieder
Fieber em ^39), damit £^eichzeitie rechtseitiger Kopf-
schmerz, Sextenstechen und rostfamnes Sputum; aufs
Nene tiefer links Dämpfdng und Bronchiidathmen. Hierauf
Qstündige Iniermission mit relativem Wohlbefinden ohne
charakteristisches Sputum. So ging es mehrere Tage,
die fieberfreien Anflule dauerten ca. 12 Stunden bis zum
6. Tage , an dem dauernde Entfieberung eintrat Mit
Sohüttdl^ten oder Seh weissen waren die Fieberparozys-
men nioht verbunden. Der 3. Fieberanfall liess an der
DampfnngsteUe nur unbestimmtes Atiimen xmd feuchtes
'Rasseln hören. Für die frischen Infiltrationen spricht,
dass mit dem Aufflackern des Fiebers die Rostfarbe des
Sputum zum Vorschein kam und mit den Fieberpausen
▼ersohwand, ganz parallel verlief auch das Seitenstechen.
M. ist der Meinung, dass es sich um eine croupöse
Diplokokken - Pneumome handelte, die aber unter Ein-
wirkung derMalaria-Noze das besondere Gepräge erhielt
^ meint, dass die Plasmodien aach über (lie Df^i^er Ihres
Besteh^nei hinatia Vetfiüdernqgen d^r Nerv^ und des
Blutes bedingen, die späteren Erkrankungen einen eigbti-
artigen Charakter verleihen. Jedenfalls wird es erforder-
lich sein, aus völlig fieberfreien Gegenden weitere Be-
obachtungen zu sammeln. [Bef. hat selber vor Kurzem
Gelegenheit gehabt, eine Pneumonia migrans zu beobach-
ten, bei der die neuen Infiltrationen stets mit Fieber-
exacerbationen einhergingen, auf die wiederum eine circa
Sstünd. Intermission ml^ , während welcher Zeit eine
DAmpfong nicht nachgewiesen werden konnte. Nach
Vetlau! genannter ^eit begann das Spiel Von Neuem an
einer tiefer gelegenen Lungenstelle, um nach ca. S Tagen
einem völlig normalen Befinden Platz zu machen. Inter-
mittens war nie vorauf^gangen, wohl aber vor ca. 3 "Wo-
chen ein Brysipelas faciei. Im Sputum fanden sich neben
Diplokokken reichliche Streptokokken.]
Untersuchungen über eine mcdigne Pneumonie^
qndemie werden aus dem pathologischen Institute
in Florenz unter Prof. Banti von F. Malen-
chini (Spertmentale XLIX. 2; Agosto 6. 1895)
mitgetheilt
Von Mitte Ootober 1894 bis Ende Februaü
1895 herrsditen in Florenz Pneumonien, die
in ihren pathologisoh-anatomisohen und klinischen
Charakteren von den bekannten fibrinösen Formen
erheblich abwichen. Die Krankheit trat in zerstreu-
ten Herden in der Stadt auf, es wurden in kurzen
Zwischenzeiten mehrere Hitglieder derselben Fami-
lie oder ganze Familien betroffen, mehrere andere
Miteinwohner desselben Hauses in verschiedenen
Stockwerken. Selten oder nie beobachtete man
Fälle ausser Zusammenhang mit den anderen. Der
Krankheit ging meist ein leichtes Uebelbefinden
voraus, es fehlten Husten und Seitenstechen, in den
ersten 3 — 4 Tagen waren keine physikalischen
Erscheinungen nachweisbar, so dass man an
typhoide Fieber dachte. Am 4. Tage stellte sich
meist auf beiden Brustseiten crepitirendes Bassein
ein mit schwachem bronchialen Athmen. Seiten-
stechen und Sputum konnten während des gan-
zen Verlaufes der Krankheit fehlen. Mit diesen
auskultatorischen Symptomen gingen nervöse, atak-
tische und adynamische Erscheinungen mit hohem
Fieber einher. Constant bot der Urin eine beträcht-
liche Albuminurie mit rothen Blutkörperchen, spär-
lichen Leukocyten und hyalinen Gylindem dar.
In den günstig verlaufenden Fällen dauerten die
Fiebererscheinungen volle 2 Wochen. In der Be-
oonvaleecenz trat meist ein bilaterales, metapneu-
monisches, pleuritisches Exsudat auf, bald serös,
bald purulent Diese Complikationen verliefen
meist günstig, sei es spontan, sei es nach der
Thorakocentese.
Der pathologisch-anatomische Befund zeigte
bei allen Autopsien einen gleichförmigen Charak-
ter. Die Lungen waren in Volumen und Ge-
wicht leicht vergrössert Seltener waren die obe-
ren Lappen ergriffen, meist die unteren und hinte-
ren Lungenpartien. Die Querschnitte durch die
Lungen waren glatt, hin und wieder einmal leicht
granulär. Die Färbung war ungleichmässig , im
Centrum mehr grau, nach der Peripherie hin mehr
röthlich. J)}e l^enge der spontan oder auf Druck
242
YL Innere HedioiiL
aUBäiessenden Flüssigkeit war oft so ansehnlich,
dass man eher ein hypostatisches Oedem, als einen
entzündlichen Process Yermuthen konnte. Da der
Prooess sich mehr und anfänglich central ent-
wickelt hatte, so sind die verspäteten ph3r8ika-
lischen Erscheinungen leicht erklärlich. Oft £imd
sich auch eine eiterige Bronchitis. Die Milz war
nur wenig vergrüssert Die Nieren waren massig
vergröBsert. Die Corticalis war weich, trühe, fast
granulös und Hess einen massigen, trüben, milch-
weissen Saft heraustreten. Ohne hier auf den
genau beschriebenen histologischen Befand weiter
einzugehen, wollen wir nur erwähnen, dass doroh
Gultur- und Züchtungsversuche ausschliesslich der
Diplococcus lanceolatus als Krankheitserreger im
Blute und in den Lungen gefunden wurde und dass
neben diesen bösartigen Pneumonien auch solche
mit dein üblichen Verlaufe vorkamen, während Zwi-
schenstufen, Uebergangsformen ganz fehlten. Da
derartige maligne Pneumonien bisher in Florenz
kaum beobachtet worden sind, so ist M. für ihre
Erklärung auf den Weg der Hypothese angewiesen.
Er nimmt an, dass die büsartigen Lungenentzün-
dungen durch Papageien eingeschleppt wurden,
die aus Amerika über Genua eingeführt worden
waren. Eine Stütze dieser Vermuthung glaubt er
darin zu finden, dass die Krankheit in einigen
Familien zum Ausbrach kam, kurz nach Eintreffen
von Papageien, die unter ähnlichen Erscheinungen
sehr bald eingegangen waren. Eine ähnliche Epi-
demie, die ebenfalls auf frisch eingeführte kranke
Papageien bezogen wurde, ist 1892 in Paris b^
obachtet worden. Dujardin-Beaumetz glaubte
eher an ein Wiederaufilackem der Influenza mit
pneumonischen Formen, andere Kliniker waren
zweifelhaft Im Januar 1893, als wieder eine der
vorjährigen ähnliche Epidemie in Paris ausbrach,
deren Entstehung auf einen wenige Tage vorher
gestorbenen Papagei zurückgeführt wurde, machte
N o c a r d eine Aussaat von Knochenmarkfragmen-
ten aus Papageiflügeln auf verschiedene Nährböden
und erhielt einen Bacillus, der für Papageien, Tau-
ben und andere Thiere ausserordentlich pathogen
war, sie innerhalb 48 Stunden tödteta Die
Autopsie ergab schwere hämorrhagische Septikämie
und in allen Eingeweiden fand sich das übertragene
Bacterium. Morange beobachtete 2 Todesfälle
im Hospital Neoker in Folge von Infektion durch
Papageien und nennt diese Krankheit „Psittaooais^'.
Er nimmt an, dass die Krankheit primär durch das
Bacterium Nocard hervoigerufen werde, zu dem
sich als sekundäre Infektion der Pneumocoocus
zugesellt
In dem Jahres-Meeting der Sektion für innere
Hedicin der medicinischen Gesellschaft in London
im Juli 1896 wurde eine Diskussion über croupüse
Pneumonie, deren Aetiologie, Pathologie und Be-
handlung angeregt, an der sich 17 Aerzte bethei-
ligten (Brit med. Joum. Nov. 9. 1895).
Pou^lass Powell zeigt zunächst an einer
Gurventafel, dass die Mortalität ah Pneumonie
innerhalb 20 Jahren trotz der Fortschritte in imserar
Therapie nicht abgenommen hat, während s. B. die
Phthise in derselben Zeit eine um IB^Io geringere
Sterblichkeit gegen früher aufweist Eb ist das um
so beklagenswerther, als Vi ^^ TodesffiUe auf
Menschen in den besten Jahren fällt ungleich
d^BronchiÜB steht diePkienmcmie in keiner direk-
ten Beziehung zum Klima, doch zeigt sie ganz be-
stimmte Bezidliungen zu Jahreszeiten mit niederar
Temperatur, namentlich, wenn Nord- undNoidost-
winde vorherrschen. Aetiologisch stellt Powell
die Erkältungen obenan, die den Mikroben hier
wie bei manchen anderen Erkrankungen erst den
Weg bahnen. Weiterhin kommen in Betracht un-
günstige Lebensverhältnisse, Diabetes, Urämie,
geistige Erregungen u. A. ul Der direkten üeber-
tragung von Person zu Person spricht P. nicht das
Wort, vielmehr möchte er für die kleine Zahl von
Fällen, in denen eine Contagion scheinbar statt-
gefunden hat, Ausdünstungen von Kanalgaaen und
andere miasmatische Einwirkungen, gleiche Lebens-
verhältnisse, Erkältungen u. s« w., als Oelegenheits-
Ursachen anschuldigen.
Für die Behandlung empfiehlt P. salinische
Mixturen in uncompUcirten Fällen, bei starkem
Fieber Chinin und Salicjlsäure, beiHyperpyrexieB
kalte Bäder, kalte Ein Wickelungen von kurzer Dauer
in Verbindung mit Antipjretiois. Bei grossen
Schmerzen bei der Pneumonie der Erwachsenen
sind Blutegel dem Eisbeutel vorzuziehen, während
bei Kindern sich hydropathische Umschläge oder
Eisbeutel bewähren. Bei akuten Delirien und
Herzschwäche : Alkohol, eventuell subcutane Mor-
phium- oderAtropindnspritzungen. Ist der Kranke
cyanotisch, so gebe man Inhalationen von reich-
lichen Mengen von Sauerstoff.
Washbourne ist ein unbedingter Anhänger
der Pneumokokken. Bei der Bronchopneumonie
werden die Mikroben von einem Bronchiolus auf
den anderen fortgeleitet, bei der croupQsen Fneo-
monie wandern sie durdi die Alvedarwandungen.
Wir müssen die Krankheiten nach den Erregen
unterscheiden und nicht nach den anatomiaohen
Verhältnissen. Wichtig ist der Virulenxgrad der
Pneumokokken, er bestimmt die Schwere der Er-
krankung mit In verschiedenen Organen künnen
die Kokken recht verschiedene Krankheit»! hervor-
rufen : Pneumokokken-Pleuritis, -Otitis u. s. w.
Alles, was den Körper schwächt, begünstigt die
Kokken, u. A. eine epidemisch herrschende Krank-
heit Hierher gehurt ein Theü der Ldflueasa-
pneumonien. W. unterscheidet die akute lobin
Pneumonie, die während der Reconvalesoenz von
der Influenza auftritt, von der pneumonischen Ver-
dichtung während des InfiuenzaanfalleB selbst;
letztere nur wird durch den InfiuenzabaciUus be-
dingt, während erstere den Pneumocoocus zum
Erreger hat Die Symptome der Pneumonie be-
zieht W. auf Toxine. In der Regel bleiben dio
YL Lmere Medidn.
2iB
Kokken auf die Lunge beaoluränkt, zuweilen ge-
lingen sie aber auch in andero Eörpertheile. Die
BatOrliche Reaktion des KQrpers gegen die Infek-
tion ftuBsert aioh in der Leukocytose, deren Ein-
tritt einen günstigen Einfiuss auszuüben scheint
WJs Eixperimento sind der Annahme günstig, dass
im Blute sich Antitoxine bilden, die vor weiterer
Infektion schützen. Endlich sei noch erwähnt,
da« Prof. Welsh privatim W. die Mittheilung
machte, na^ seiner Beobachtung riefen die Toxine
des PneumooooouB in der Leber oirrhotisohe Yer-
findemngen hervor.
Dresohfeld unterscheidet 3 verschiedene
F<M:men von Influensa-Pneumonie, die stets den
Pf'eiff er-Canon'sohen Bacillus im«8putum er-
i keimen lassen: die wandernde Pneumonie als h&u-
: figste, die Pneumonie der Lungenspitze und als
I seltenere Form die centrale Pneumonie. DieKrank-
I heit endet meist lytisch, nicht kritisch und das
i Sputum ist häufiger purulent als rostfarben.
Balfour (Edinburgh) Iftsst sich mehr über
die therapeutische Seite aus und redet besonders
dem Chloral das Wort, namentlich in Verbindung
mit Digitalis. Es setzt die Temperatur herab,
beruhigt das Herz, erweitert die kleinen Arterien,
wodurch Phagocytose angeregt wird, setzt die
Befleze berab, vermindert den Husten und bewirkt
Schlaf. B. giebt zunächst 1.2 g in Digitalisinfus
und alsdann 4stündlioh 0.6 Chloral bis zum Herab-
sinken der Temperatur zur Norm.
Gibson legt grossen Werth auf die Leuko-
cytose und hält die Fälle von Pneumonie für
ausserordentlich günstig, in denen die Leukocyten
besonders vorherrschen.
Lees plfidirt namentlich in der Einderpraxis
ftr den Eisbeutel, der eine schnellere Beconvale*
Boenz I5rdert und allen Indikationen genügt
Pope (Leioester) spricht sich für strenge Iso*
linmg der Pneumoniker aus, da w wiederholt die
Ansteckung Typhuskranker beobachtete, wenn ein
Ptoeumoniker in deren, Zimmer gebracht wurde.
Dr. L. Sti^non. bestimmte bei 26 akuten
F&enmonien den L&ukoeyiengehaU de8Bluie8{Jo\xm.
de Brux. Ann. IV. 1. p. 49. 1895). Eine Tabelle
verzeichnet den Tag der Erkrankung und die rela-
tiven Zahlen der Leukocyten. St unterscheidet
Zellen mit polymorphem Kern und mit einfachem
Kern, alsdann kleine Lymphzellen, grosse Lymph-
zellen, intermediäre Formen mit gelapptem Kern,
femer polynudeäre Zellen und endlich eosino-
phile. Der Abnahme der polynucleären 2jellen kann
mauere Tage vor Eintritt der Erisis eine Steige-
rung der Chloride im Harn vorausgehen, selt^ier
folgt sie ihr nach. S t zieht folgende Schlüsse :
Während der febrilen Periode der Pneumonie
Jnacht sich eine erhebliche Vermehrung der g^
aammten Zahl der Leukocyten geltend, unter Vor-
barrsohen der in der Entwicklung vorig^sschrittenen
Formen. Ist das Fieber beendet, so kann die Zahl
der weissen Blutzellen noch etwas erhöht bleiben,
aber es zeigen sich alsdann vorherrschend jüngere
Formen im Blute, als Ausdruck einer wiederher-
stellenden Thätigkeit des Blutes.
üeber die Behandlung der Pneumonie liegen
mehrere Arbeiten vor. Die schon vielfach sehr
gerühmte, von P6tresco eingeführte DigUcdie-
Behandlung in grossen Dosen wird auch von Hans
Naegeli-Akerblom inBüti empfohlen (Centr.-
BL f. innere Med. XVL 32. 1895). Die durch-
schnittliche Morbidität an Pneumonia crouposa für
Basel beträgt 5.558, die durchschnittliche Mor-
talität 0.662 auf das Tausend der zur unentgelt-
lichen Behandlung Berechtigten bestimmt Im
Ganzen erlagen innerhalb 4 Jahren doppelt so viel
Menschen der Pneumonie als der Pharynxdiph-
therie.
Die Untersuchungen N.-A.'s ergaben, dass die
Digitalis schon in geringen Dosen beim gesunden
Menschen die.Leukocytose auf das 3 — 4fache ver-
mehrt Grosse Dosen erzeugen eine mehrere Tage
anhaltende Hyperleukocytose. Nadi N.-A. ist die
Digitalis eines der wichtigsten Mittel zur Be-
kämpfung der croupüsen Pneumonie. Einzeldosen
von lg, Tagesdosen von 4 — 5g in Infus werden
ohne Sdiaden vertragen. Mit der Digitalis kann
die Anwendung kalten Wassers, die ebenfalls die
Leukocyten vermehrt, verbunden werden.
Dr.Duplaa de Qarat empfiehlt als sicherstes
Mittel zur Heilung der Lungenentzündung den
Aderlaes, der ihn bisher bei den jüngsten wie
ältesten Personen niemals im Stich gelassen hat
(Gaz. des Hdp. LXVUL 99. 100. 101. 1895). So-
bald die Fiebererscheinungen auftreten, macht er
einen grossen Aderlass am Arm, am folgenden
Tage, wenn das Fieber anhält, einen zweiten, etwas
weniger ergiebigen, dem er am 3. Tage, wenn der
Zustand des Kranken sich nicht wesentlich ge-
ändert hat, noch einen dritten hinzufügt Nach
letzterem erfolgt stets Apyrezie. Nach 3 — 4 Tagen
steht die Pneumonie still und die Reconvalescenz
beginnt. Neben den Blutentziehungen empfiehlt
D. eine sehr strenge Diät
Zum Schlüsse sei noch eines Vortrages gedacht,
den Prof. Gatrin, Arzt am Hospital du Yal-de-
Gräoe, in der Soci6t6 m6d. des Hdp. über Sterblich'
keU find Behandlung der Pneumonie gehalten hat
(Gaz. des Höp. LXYIIL 110. 1895).
Während in den Hospitälern die Sterblichkeit
durch Pneumonie in erschreckender Weise zu-
genommen hat, ist die Mortalität in Folge von
Pneumonie in der Armee weniger ungünstig. Bei
einem Bestand von 525000 Mann in den Jahren
1888—1892 sind 18611 an Lungenentzündung
erkrankt und 1825 gestorben, ein Yerhältniss von
9.87^/e, gegenüber der Civilbevülkerung, bei der
JOB 30—50% betrtgt Zwischen den Jahren 1889
und 1890 schwankt das Sterblichkeitsverhältniss
mit 8<^/o, bez. 12% um 4 volle Procent Unter
den verschiedenen Graden beträgt die Morbidität bei
den Officieren innerhalb 5 Jahren 0.66<^/o, für die
844
YL Inneire Medidn.
ünterofficiere 1.96, für die lilDger als 1 Jahr die-
nenden Soldaten 5.42 , für die erst kürzere Zeit
eingestellten Soldaten 12^/o pro Jahr, d. i. auf
18611 Lungenentzündongen überhaupt 11144 Er-
krankungen im ersten Jahi^gang. Es scheinen hier
Erkältungen eine grosse Rolle zu spielen. So
findet man in den ersten 3 Monaten des Jahres
45^/o der Oesammtheit der Fälle mit dem Maxi*
mum SmalimMftrz, 2mal im Januar, in den übrigen
Monaten nur ll^/o) das Minimum in 5 Jahren
stets im August
Ein weiterer Beweis, wie sehr die Abkühlung
des Körpers zur Infektion mit den Pneumokokken
beitragt, ist darin gegeben, dass 7.11^/o der Pneu-
monien bei der Armee im inneren Lande voikamen,
4.85<^/o bei der afrikanischen Armee, in Tunis da-
g^en nur 2.07^/o und in Constaaüne 6.83%.
Die Mortalität schwankt zwischen 8 nndlS^I^
je nach der Schwere der Infektion in den ver-
schiedenen Jahren. Yon den 39 Pneumonien, die
C. jüngst im Hospital beobachtete, sassen 15 rechts,
18 links, 6 doppelseitig. Von den 15 rechts ver-
liefen 2 tödtlich, von den 18 linkseitigen 1, von
den 6 mit Pneumonia duplex Behafteten starben 2.
Die Behandlung soll eine symptomatische sein:
trockene SchrOpfköpfe, Morphin-Injektionen und
passende Diflt C. ist für eine bewaffnete Neutra-
lität, da die Schwere von den pathogenen Keimen
sowohl, als auch von dem Boden, auf dem sie sich
entwickeln, abhängig ist und die einzelnen Indika-
tionen sich aus den individuellen Verhältnissen
ergeben müssen. Lasch (Berlin).
428. Traitement de la soarlatine par le
semm antistreptooocoiqae; par le Dr. A. Mar-
mor ek. (Ann. de Tlnst Pasteur X. 1. 1896.)
Da die Schwere eines Scharlachfsüles in erster
Linie durch die Complikationen bedingt ist, durch
die Invasion von Streptokokken, so gewinnt die
Behandlung mit Streptokokkenserum fast den
Charakter einer specifischen.
M. hat 96 Kr. im Hospital Trousseau be-
handelt. Alle zeigten specifische Streptokokken.
Die Dosis des Serum, die das Institut Pasteur
lieferte, betrug lOccm bis 30com, doch haben einige
Kranke auch 40 com und mehr erhalten. 80 ocm
wurden bei einer rheumatischen Affektion gegeben,
90 ccm bei einer Bronchopneumonie, die in Heilung
überging. Es wurde injicirt, bis die Temperatur
normal war, und wieder begonnen, sobald sich
Drüsenschwellungen (19mal) oder Albuminurie
(33mal) zeigten. Die sonstige Behandlung bestand
in Gurgeln u. s. w. (lavages antiseptiques). Ge-
wöhnlich genügten 1 — 2 Dosen von 16 ccm, um
die Temperatur herabzusetzen und die Membranen
zu lockern, am besten reagirten 19 Kr. mit Drüsen-
schwellungen, letztere gingen zurück, keine Eite-
rung. Eine einzige Otitis media suppurativa kam
vor, die bald verschwand, die Albuminurie verlor
sich nach 1 — 2 Injektionen.
Es starben im Ganzen 6 Kinder: 2 davon ia
einem urämisdien An&Ue, plötzlich, am 3. tmd
15. Tage nach der Aufnahme (wenig Albumen im
Harn), 2 an Complikation mit Diphtiierie, obwoU
sie mit beiden Semmarten behandelt worden waren,
eines davon trotz anfßQliger Besserung inBezag
auf Membranen und Drüsensdiwellungen an Hen-
schlag, das 5. Kind erlag am 15. Tage einer piöts-
lioh eingetretenen Pneumonie.
Irgend welche schädliche Binwirkimg des
Streptokokkenserum ist nie beobachtet worden, vo^
übergehende Exantheme sind sehr selten.
M. hftlt die Zahl der Behandelten noch fUr zu
klein, um ein endgültiges Urtheil über den Heil*
werth des Sorum abgeben zu können, betont aber
dessen günstige Einwirkung auf dieDrüsensohird-
lung und die Albuminurie und seine prophylak«
tische Wirkung gegen weitere ComplikationeD.
Flachs (Dresden).
429. Zur Geschichte nnd Anatomie des
Favassoatalnma ; von Dr. Kellogg in New
Orleans. (Monatsh. f. prakt Dermatol. XXL 9.
p. 413. 1895.)
K. untersuchte auf Anregung Unna 's junge
Soutula eines frischen Favus und eine grosse Anr
zahl confluirter Massen ftlterer Scutula, die einem
schweren Favusfalle entstammten. Zum Studium
der lebendigen Hyphen und Sporen bediente sich
K. der Färbung mit polychromer Methylenblau)!-
lüeung, zur gleichzeitigen Darstellung der leben-
digen und todten PilzfSden der OentianarAnilin-
wasserUeung.
K. stellte sich 2 Fragen; giebt es im Sontolam
ausser dem Pilze noch fremdartige Bestandtiieile,
und zweitens, wie wSdist der Pilz im Soutolum?
Es stellte sich nun heraus, dass das Scntnlum dn
reiner PilzkOrper ist, wie vonKüchenmeister,
Unna, Lesser behauptet wurde. Die Hom-
Schicht bildet nur die äussere Kapsel des Soutnlum,
dringt aber nidit in das Innere ein ; die sdiwer
fftrbbaren Massen an der Peripherie, die bei JÜteroD
Scutulis mehr nach dem C^itrum zu rücken, be-
stehen aus abgestorbenen Pilzfäden undginddurdh
aus keine Epithelien, Elxsudatmassen, epithdiale
Detritusmassen, Leukocyten oder fremde Mikro-
organismen. Die Saprophytie verschiedener Pilze
ist nur als eine Begleiterscheinung des Absterbens
der Scutula zu betrachten, das besonders dort ein-
tritt, wo die -schützende Homdecke der letzteren
verloren gegangen ist.
Aus diesen Thatsachen ergiebt nch zugleick
die Beantwortung der 2. Frage. Da jedes gr(5s8ere
Scutulum an der Peripherie eine Zone von bereiti
abgestorbenen Hyphen trägt, innerhalb deren nur
wenige lebendige Fäden übrig bleibea, die die Yer-
mittelung mit dem lebenden Epithel aufrecht e^
halten, so kann keine Bede davon sein, dass das
Scutulum durch Aussenden junger Pilztfiden nacb
aussen an der Peripherie weiter wächst (Wftlsch)^
YL Innere MediciiL
245
«Te grQsser und Uter das Scutolum wird, desto mehr
zieht sich sein lebendiger Theil auf das Centrum
zorfick. Die Yergrösserung des Scutulum kann
also nur dadurch zu Stande kommen, dass die
radiär angeordneten Pilzfftden nach innen in die
Länge wachsen und dabei die Homschicht durch
ihre Massenzunahme nach allen Seiten auseinander-
drangen; hierbei schnüren die radiär gerichteten
Pilzfilden (Fmchthyphen der Botaniker) von dem
Centrum her fortwährend in der Weise derOidium-
pilze neue Sporen ab, während sie nach aussen lang-
sam absterben (centripetales Wachsthum Unna).
Da bisher noch bei keinen anderen Hautpüzen ein
solches Wachsthumsprincip gefunden worden ist,
so stellt das Scutulum das für alle Favuspilze
pathognomonisohe Zeichen dar, wodurch diese
Gruppe von Filzen allein sicher von den Tricho-
phytonartan abgegrenzt werden kann (Unna).
Wermann (Dresden).
430. Bakteriologische Untersuchung eines
Falles von Triohorrhejds nodosa barbae ; von
Dr. 0. V. Essen. (Arch. f. DermatoL u. Syph.
XXXm. 3. p. 415. 1895.)
Hodara fand in den an Trichorrhexis erkraDkten
Kopfhaaren der Constantinopeler Frauen regelmässig
einen kleinen BaciUus, dessen Beinoultoreu, auf vorher
gesunde Haare überimpft, dieselbe Krankheit hervor-
riefen. Auf Veranlassung 0. v. Petersen 's unter-
suchte V. E. einen Fall von Trichorrhexis nodosa barbae
bakteriologisch. Die Ergebnisse waren folgende: Es feind
sich fast constant in allen Haaren ein kleiner, wohl
charakterisirter Bacillus, der von dem Hodara'sohen
wesentlich verschieden war. Auf normalem Haar und in
3 Fällen von Trichorrhexis nodosa capillitii fand er sich
nicht vor. Mit Reinculturen dieses Bacillus an normalen
Barthaaren ausgeführte Impfungen erzeugten ein gleiches
Erankheitsbild. Dadurch wird es sehr wahrscheinlich,
dass der Bacillus die Krankheit hervorruft; der endgiltige
Beweis wird jedoch erst dann geUefert sein, wenn es ge-
lingt, den inokulirten Bacillus in der sekundär erzeugten
Trichorrhexis lebensfähig nachzuweisen.
Wermann (Dresden).
431. Traitement de lapälade; par Sabou-
raud. (Ann. de Dermatol. et Syph. YL 5. p. 463.
1895.)
Die Alopecia areata recidivirt in etwa der
Hälfte der Fälle; sie ist femer eine Krankheit nicht
des Haares, sondern der behaarten Haut Da die
verhornte Epidermis der Tiefenwirkung der Medi-
kamente entgegentritt, entfernt S. die Homschicht
durch ein flüssiges Vesikatorium und bringt am
folgenden Tage auf das freigelegte Corium eine
Höllensteinlosung 1 : 15. Er hat auf diese Weise
bei mehr als 100 Kr. im Verlaufe eines halben
Jahres gute Erfolge gesehen.
Wermann (Dresden).
432. Ueber Faget's Krankheit; von Dr.
Budolf Lindt Mit 1 Tafel (Mittheil. a. Klin.
u. med. Insi d. Schweiz U. 10. 1895.)
Eine 71 jähr. Bauersfrau aus guten Verhältnissen er-
krankte vor 10 Jahren mit einem rothen Flecken an der
linken Brustwarze, der sich langsam ausdehnte und vor
etwa 6 Jahren nässende, zxmi Theil gasohwüiigs Be«
lied. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 3.
schaffenheit annahm. Allmählich wurde die gttize linke
Brusthälfte ergriffen. Der Krankheitsherd zeigte sich
überall scharf begrenzt von nach aussen convezen Linien ;
im Gentrum eine datte glänzende Narbe mit zahlreichen
Teleangiektasien, Binistwarze eingezogen. Ein Theil des
oberen und inneren Bandes war ebenfalls vernarbt und
mitTelean^ektasien versehen; an einzelnen Stellen zeigte
sich der Band in Form eines kleinen Walles iofiltrirt.
Hinter dem Fectoralisrande 2 mandelgrosse harte Lymph-
drüsen.
Da die Erkrankung schon eine so grosse Ausdehnung
erreicht hatte, war, besonders auch bei dem hohen Alter
der Kr., an eine operative Behandlung nicht mehr zu
denken. Die Behandlung war daher eine symptomatische.
Unter Zinkpaste machte die Ueberhäutung Fortschritte;
auch das später auftretende Jucken und Brennen mil-
derte sich.
L. geht im Anschlüsse an die mikroskopische Unter-
suchung eines ausgeschnittenen erkrankten Hautstückes
ausführlich auf die Histologie der Krankheit und die
darüber niedergelegten Mittheilungen ein. An den Stellen,
die die geringsten Veränderungen aufwiesen, fiel vor
Allem die grössere Dicke des Kete Malpighii auf, sowie
die Verlängerung, Verbreiterung und Unregelmässigkeit
der Interpapillarfortsätze. Die Epidermis wies besonders
in ihren tieferen Schichten zahlreiche, helle, grosse,
runde Zellen auf mit dunklem Kern und häufig doppelt
contourirter Membran. Löste sich die Homschicht los
und mit ihr ein mehr oder weniger tiefer Theil der Mal-
pighi'sohen Schicht, so entstand das Bild der erodirten,
zum Theil uloerirten Stellen der Erkrankung. Von ganz
besonderem Interesse ist das carcinomatöse Stadium der
Krankheit, das sich bei genügend langer Dauer immer
ansohliesst. Li dem kleinen excidirten Hautstück fand
sich nur ein Bild, das für die carcinomatöse Entartung zu
sprechen schien, da der Uebergang der oberflächüchen
Hautaffektion in typischen Krebs nur von einzelnen Stellen
ausgeht. Was die Auffassung der grossen hellen Gebilde
mit stark geßrbtemKem und deutUcher, oft doppelt con-
tourirter Membran bei Faget's Krankheit als Parasiten
(Darier,'Wickham) anlangt, so sieht auch L. in diesen
Gebilden nur degenerirte Epithelzellen.
In einem Nachtrage berichtet L. noch über einen
2. Fall derselben Krankheit bei einer 40jähr. Frau, der
vor 6 Jahren seinen Anfang genommen hatte. Die grössten
Durchmesser des im Ganzen ziemlich ^eichmässig rund-
lichen Herdes betrugen 15 — 16 cm. Die Kr. wuxde zur
Exstirpation an Prof. Kocher überwiesen.
Wermann (Dresden).
433. Ueber Xeroderma pigmentosum (Ka-
posi); von Prof. Lnkasiewiez. (Arch. f. Der-
matoL u. Syph. XXXin. 1 u. 2. p. 37. 1895.)
Bei einem 5 Monate alten Kinde trat in der Haut
des Gesichts, des Nackens und der beiden Handrücken
entzündliche Hyperämie auf, sobald das Kind an sonnigen
Tagen im Freien sich aufhielt; es entwickelte sich in
Folge dessen eine chronisch entzündliche Hautinfiltration,
die das Bild eines chronischen Ekzems vortäuschte.
Gegen Ende des 2. Lebensjahres zeigte sich zuerst eine
ungleichmässige Pigmentirung der erkrankten Haut-
stellen in Form von Epheliden und Lentigines. Zwischen
diesen pigmentirten Flecken zeigten sich glatte, weisse
und pigmentlose Stellen (Hautatropbien). Unter fort-
sohreit^der Pigmentirung und Zunahme der Infiltratioa
bildeten sich über den dunkleren Stellen kleine Wärz-
chen, so an den Handrücken ; im Gesicht grössere War-
zen, die, wenn sie nicht beseitigt wurden, sich in Car-
cinome umwandelten; Gefassektasien und Gefässnaevi
fehlten. Dagegen bestand Seborrhöe des Kopfes.
Das Kind stammte aus einer gesunden deutschen
Tyroler Familie ; ein nach ihm geborenes Kind bekam im
Alter von 9 Monaten aller Wahrscheinhchkeit nach das
erste entzündhche Stadium der Krankheit, vielleicht
leichterer Art
32
246
yn. Geburtshfllfe, Frauen- und Einderheilkunde.
Es handelte sich vermathlich nm eine angeborene,
nach der Geburt zum Yorsobein kommende HautanomaUe,
fihnlioh wie bei Prurigo, Ichthyosis, Naevns. Wie durch
die Einwirkung der ultravioletten Strahlen das Erythema
solare entsteht, so trat bei dem kleinen Fat das Ebrythem
mehrere Stunden nach dem Verweilen im Freien auf,
stei^rte sich am 2. Tage und blieb alsdann mehrere Tage
stationär.
Die mikroskopische Untersuchung kleiner Haut-
stückchen ergab, dass die Pigmentablagerung vor Allem
das Rate Ma4)highi betraf, alsdann den Papillarkörper
und bei vorhandener Wucherung stellenweise die Hom-
schichi Im weiteren Verlaufe wucherte das Epithel des
Bete und der Talgdrüsen in das chronisch verfinderte,
weniger wider8tan(&fähige Bindegewebe hinein ; das letz-
tere oetheiligte sich zumeist an der Neubildung und bil-
dete ihr StronuL Manchmal jedoch verfiel das Haut-
bindegewebe der Druckatrophie über der sich aus der
Tiefe vordrän^nden Epithelwucherung. Seltener ent-
wickelte sich in der Haut eine indurirende Dermatitis,
die einen Schutz gegen das Vordringen der epithelialen
Wucherung abgab.
Das Wesentliche des Xeroderma pigmentosum
besteht darin, dass um die angeborenen, d. 1l in
den ersten Lebensmonaten sichtbaren Pigment-
mftler, Lentigines, Epheliden und aus ihnen sich
eine dem des Greisenalters ähnliche Degeneration
entwickelt im Sinne der Atrophie, womit eine
Verdünnung und Abplattung der Papillen, ihrer
Epidermis und stellenweise ein atypisches Aus-
wachsen der Betezapfen in die chronisch verän-
derte Cutis, Hyperplasie der TalgdrQsen, Ektasie
einzelner Qe&ise, also Bedingungen zugleich Sä
die Entwickelung von Carcinom, entstehen, ganz
so wie bei der senilen Haut — also eine Saiilitas
praecox cutis. Wermann (Dresden).
434. üeber Uohen nrHoatoB ; von Dr. Neebe.
(Honatsh. f. prakt Dermatd. XX. 12. p. 672. 1895.)
N. empfiehlt gegen das Jucken energisches,
10 Minuten andauerndes Einreiben von 2proc.
Naphtholsalbe. Die Allgemeinbehandlung hat
hauptsächlich die Aufgabe, die meist vorhandenen
VerdauungstSrungen zu beseitigen durdi Abführ-
mittel — Galomel, Tinctnra Rhei und durch Be-
schrftnkung der Ddftt auf Wassersuppen, Bouillon,
Weissbrot Gegen den Durst sind schwarzer Thee,
Zuckerwasser und Xamillentheeeinlftufe anzuwen-
den. Zur gewohnten Nahrung soll man erst zurück-
kehren, wenn die Stühle ihren auffallend stinken-
den Ocarach verloren haben. Innerlich ist gegen
das Jucken noch zu empfehlen :
Antipyrin . • 1.5
Syr. oort. Aur.
Aq. desi ana . 25.0
Abends 1—2 Kaffeelöffel.
und gegen die Rhachitis :
Phosphori 0.02
OL jecoris 100.00
l-~2mal täglich einen KaffelöM.
Wermann (Dresden).
VII. GeburtshaifOi Frauen- und Kinderheilkunde.
435. Die EröfChmig der Bauchhöhle swi-
schen Blase und Gtobftrmutter ; von R. Koss-
m a n n in Berlin. (Deutsche med. Wchnschr. XXI.
48. 1895.)
In dem Sturme, der sich g^en die Anwendung
der Dührssen-Machenrodt'schen Operation
bei Bflckwftrtslagerung der Gebärmutter erhoben
bat, nachdem Strassmann schwere Bedenken
gegen diese vorgebracht undMaokenr od t selbst
sie Aber Bord geworfen hat, tritt E. als kräftiger
Yertheidiger auf. Er hält es fOr anatomisch un-
möglich, dass bei einer Verwachsung des Bauch-
fellflberzugs der Gebärmutter mit der Submucosa
der Scheide ein deformirender Einfluss auf die
wachsende schwangere Gebärmutter ausgeübt wer-
den könne. Er giebt dagegen zu, dass bei mangel-
hafter Technik ein StQck Bauchfell abgerissen wer-
den oder absterben kann, dass eine dann entstehende
fibrOse Verwachsung die Gestaltung und Lage der
wachsenden Gebärmutter verändern kann. Das
Gleiche kann auch eine zu ausgiebige Verengerung
der Scheide durch Ck)lporrhaphia ant bewirken.
Von 11 Fällen, die für die Beobachtung in
Frage kommen, sah £. in 3 Schwangerschaft ein-
treten ohne Beschwerden oder irgend welche ab-
norme Veränderung der Gebärmutter. Allerdings
2 Frauen abortirten, nach E.'s Meinung, ohne dass
die Aborte auf die Operation zurückzuführen waren.
In einem Falle lag nach der Fehlgeburt die Gebär-
mutter wieder hinten.
Bei 29 Operationen sah E. nur 2mal ein Ex-
sudat auftreten, sonst verlief Alles glatt, auch
Blasenbeschwerden waren selten. Die Indikation
für die Vaginofixur erkennt E. erst da an, wo die
Ringbehandlung aufhürt In fast allen Fällen han-
delt es sich daher auch um Lösung von Adhäsio-
nen. Es kann die Operation auch nicht durch die
Alexander'sche Operation ersetzt werden. Die
starke Vorlagerung der Gebärmutter kann man
vermeiden, wenn man nach Befreiung der Gebär-
mutter und Anhänge aus ihren Verwachsungen
die Gebärmutter nicht am Grund, sondern tiefer
annäht Die Befestigung der Gebärmutter an der
Bauchwand hat eine viel weitoigehende YerSn-
derung der Lage, sowie die bekannten Nacfatfaeile
des Bauchschnitts im Gefolge.
J. Fraeger (Chemnitz).
436. On the opening of theabdomenfrom
the vagina and vaginal fixation of the utema ;
by John W. Taylor, Birmingham. (Brit. med.
Joum. Jan. 11. 1896.)
T. empfiehlt die Doyen 'sehe Methode der
Entfernung der Gebärmutter als leichteste und
schneUsto, wenngleich er zur Blutstillung Unter-
bindung den Elemmen vorzieht Die „vaginale
Eüliotomie** nach Dührssen hat er 6mal mit
Vn. Geburtshülfe, Frauen- und Einderheilkunde*
247
befriedigendem Erfolge ausgeführt. Er hält die
Operation für schwieriger, als eine solche nach
Durchschneidung der Bauchdecken, dagegen sei sie
für die Kranken angenehmer wegen des einfacheren
Verlaufes und des Wegfiiüls der Bauchnarbe.
J. Praeger (Chemnitz).
437. Notes on Operations on the ovaries
and tabes throngh a vaginal inoision into the
posterior cnl-de-sac; byW.L.B ur rage. (Boston
med. and surg. Joum. CXXXIV. 5; Jan. 30. 1896.)
Bei Operationen an angewachsenen und vor-
gefallenen Bierstöcken und Eileitern zieht B. die
Eröffnung des hinteren ScheidengewOlbes der des
vorderen vor, obgleich er zugiebt, dass letztere
mehr Raum schafft Er hat daher diese nur 2mal
ausgeführt, dagegen 14mal den Douglas'schen
Baum erOfißiet Die Eileiter und Eierstocke bringt
er zum Vorschein, indem er mit einer Hand von
aussen die Oeb&rmutter nach hinten drückt, wäh-
rend 2 in die Bauchhöhle eingeführte Finger an
den Anhängen ziehen. Gewöhnlich n&ht er die
Wunde, nur bei nicht reinlicher Operation wird
der Douglas'sche Raum drainirt. 5mal machte B.
in gleicher Sitzung die Alexander 'sehe Opera-
tion, 2mal Naht eines Qebärmutterhalsrisses, Imal
die Radikaloperation eines Leistenbruches, 7mal
wurden ein Eierstock und Eileiter entfernt, 2mal
citronengrosse Eierstockcysten. lOmal wurden
peritonitische Bftnder, bez. Verwachsungen gelOsi
Femer wurden wiederholt kleine Cysten der Eier-
stocke punktirt, 2mal auch neue Oeflhungen in
den verschlossenen Eileiter gemacht. Die Kranken
blieben nach der Operation nur 8 — 10 Tage im*
Bett. J. Praeger (Chemnitz).
438. Ueber die Teohnik und die Indika-
tionen der vaginalen Hysterektomie, apeeiell
bei sohwerer Adnexerkranknng ; von A. D ü h r s -
s e n in Berlin. (Arch. f. OynäkoL XUX. 2. p. 324.
1895.)
Die Scheidendammineision h< eine mittlere
Richtung zwischen Anus und rechtseitigem Tuber
ischii inne, sie durchtrennt den M. levator ani und
Constriotor cunni und dringt bis in das Cavum
ischio-rectale vor. Bei engem ScheidengewOlbe
ist dieses ausserdem noch durch mehrfache ober-
flfichliche Einschnitte des Scheiden wundrandes
oder durch eine lAngere Spaltung der vorderen
Scheidenwand und Ablösung der Scheidenlappen
von der Blase zu erweitem. Jeder Widerstand der
Weiohtheile des Beckens wird hierdurch beseitigt
und selbst bei enger Vagina die Entfernung eines
kindskopfgrossen Uterus ermöglicht, ohne dass
fnttn ihn zerstQckelt und ohne dass man Klemmen
anzuwenden braucht. Bei aller Anerkennung des
Weihes der vaginalen totalen Castration bei
schweren Adnexerkrankungen zieht D. ihr die
LapttTotomie vor, weil diese mit der Conservirung
des Uterus und eines gesunden Ovarialrestes der
Kranken die Menstruation erhUt und sie nicht der
Gefahr der Thrombose und Embolie aussetzt. Die
vaginale Laparotomie vereinigt in sich die Vor-
theile der vaginalen Hysterektomie und der ven-
tralen Laparotomie und ist somit geeignet bei
Adnexerkrankungen , Felveoperitonitis chronica,
Corpusmyomen , mobiler und fixirter Betroflexio
und Verletzungen des Uterus (Perforation) die In-
dikationen der ventralen Laparotomie und der vagi-
nalen Hysterektomie wesentlich einzuschränken.
Brösln (Dresden).
439. Da traitement intra-periton^al da
pädioule» aprea lliystäreotonüe abdominale
poorfibromesaterina; parLauwers, Courtrai.
(AnnaL de Gyn^col. XLIV. Sept. 1895.)
Mit der Zeit ist L. bezüglich der Behandlung
der Fibrome von einer Methode zur andern über-
gegangen. Er begann mit Ergotineinspritzungen
und Castrationen. Die ersteren verliess er, als
fast immer unwirksam und oft gefährlich, die letz-
teren weil sie, weit entfernt, immer die GrOsse der
Myome zu verkleinem, auch durchaus nicht sicher
die Blutungen stillten. Er ging deshalb zur Badikal-
operation über. Bei 3 Operationen nach Schrö-
der hatte er 2 Misserfolge und wandte sich in
Folge dessen zum ertraperitonäalen Stiel verfahren,
das ihm bei 60 zum Theil sehr schwierigen Opera-
tionen nur 8 Todesfälle gab. Die üebelstände des
Verfahrens, langwierige Eiterungen, Fisteln, Bauch-
brüche u. s. w. bewogen ihn aber zum intraperi-
tonäalen Verfahren zurückzukehren, bei dem er
jetzt die fortlaufende Theilunterbindung und üeber-
deckung des Stumpfes und der Unterbindungen
mit einem vorderen Bauchfelllappen anwendet.
Von 26 nach dieser Methode operirten Kranken
ging nur eine zu Gründe. 2mal kam es im wei-
teren Verlauf zum Vorfall von Netz aus der Bauch-
wunde (Imal bei einer stark hustenden Schwind-
süchtigen), das ohne Nachtheil entfernt wurde.
Imal barg das Innere der Gebärmutter eine Blasen-
mole. Bei dieser Kranken platzte nach Entfernung,
der Nähte am 10. Tage die ganze Bauchwunde
auf, so dass sie von Neuem genäht werden musste.
Dann glatter Verlauf. J. Praeger (Chemnitz),
440. Zar operativen Behandlung grosser
Myome desUteraa; von M.Walthard InBem.
(Corr.-BL f. Schweiz. Aerzte XXVI. 4. 1896.)
Auf Ghrund zahlreicher Thierversuohe ergaben
sich W. für die Myomektomie folgende grund-
legende Thatsachen: Nachblutungen werden sicher
verbatet durch genaue Unterbindung der Artt
spermaticae, sowie der Artt uterinae und üm-
schnürung des Gebärmutterstumpfes. Der abge-
schnürte Cervixstumpf stirbt nicht ab bei Ver-
wendung von Catgut und Seide als SchnürmateriaL
Die Wiederherstellung der Ernährung ist dem bal-
digen Einschneiden der ümschnürung zu ver-
danken. Elastische Ligaturen sind deshalb nicht
zu verwenden. Eine nachträgliche Infektion des
versenkten Stumpfes durch Einwanderung von
248
yn. Geburtshülfe, Frauen- und Kinderheilkunde.
Scheidenmikroorganismen kommt nicht vor. Vor-
bereitungen des Cervikalkanals mit starken Des-
inficientien oder gar durch Ausbrennen sind zu
yerwerfen, da sie die physiologischen Schutz-
Torrichtungen im Gervikalkanal, dessen obere zwei
Drittel, abgesehen von Myomjauchung, Oonorrhöe
oder Eindbettfieber, keine Keime enthalten, zer-
stören.
Darmverschluss in Folge von Stumpfverwaoh-
Bungen mit dem Darme wird verhütet durch Ver-
meiden von bakteriellen, chemischen und physika-
lischen Schädigungen des Bauchfells während der
Operation, sowie durch extraperiton&ale Lagerung
nicht aufsaugbarer Unterbindungföden und Be-
decken der Stumpfschnittfläche mit einem gut
vernähten Serosalappen. J. Fr aeger (Chemnitz).
441. Beitrag sur Kenntulas und Therapie
der Uterasmyome ; von B. C h r o b a k. (Monatsh.
f. Geburtsh. u. Gynäkol. HL 3 ; März 1896.)
Der 1. Theil der Arbeit Chr.'s betrifft die
Casuistik des Myosarcoma uteri.
Eine 27jähr. Frau, seit 6 Jahren verheirathet, er-
krankte 10 Hon. nach der Verheirathung mit Schmerzen
in der linken ünterbauchgegend und Fieber. Von den
behandehiden Aerzten wurde Pyosalpinz diagnosticirt
Chr. fand im April 1895 neben der Gebärmutter eine das
linke Scheidengewölbe herabdrängende , kaum gänseei-
grosse Geschwulst in breiter Verbindung mit der linken
GebSrmutterkante. Bei der am 29. April vorgenommenen
Baucheröffhimg erwies sich die Geschwulst, nicht wie an-
genommen, als entzündliche Geschwulst der Anhänge,
sondern als iutrahgamentär entwickeltes Myom. Wegen
des elenden Zustandes der Er. wurde die Gastration vor-
genommen. Der Heilimgsverlauf war ungestört Mitte
August war jedoch die Geschwulst kmds&ustgross,
höckerig geworden, im oberen Theile hart, im unteren
weicher. Am 26. August wurde die Scheide über der Ge-
schwulst gespalten. Wegen sehr heftiger Blutung be-
schleunigte Auslösung der zerkleineiten Geschwulst
l^mponade. Am 18. September verliess die Er. geheilt
die Anstalt, aber schon im November trat ein Rückfall in
Form einer harten knolligen Infiltration des lig. lat. sin.
ein, dem die Er. am 24. December erlag. Eeine Leichen-
öffnung.
Die Untersuchung des blassen, gelbUch-weissen Ge-
schwulstgewebes ergab theils den typischen Bau des
Myoms, theils Umwandlung der Muskel- in kurzovale,
an den Polen abgestumpfte Zeilen mit reichlicher, fast
strukturloser Zwischensubstanz. Die Geschwulst würde
als Myoma myzosarcomatosum zu benennen sein.
Im 2. Theile seiner Arbeit verbreitet sich Chr.
über die Totalexstirpation des myomatösen Uterus.
Er verwahrt sich dagegen, dass man aus der grossen
Zahl retroperitonftaler Stielversorgnngen den Schluss
ziehe, er sei ein Gegner der ersteren Operation.
Zum Theil veranlassen ihn die nicht erfreulichen
Yerhältnisse seiner Klinik, zum Theil seine Stel-
lung als Lehrer in der Wahl der Operationsmetho-
den zu wechseln. So wendet er auch sogar das
extraperiton&ale Verfahren nicht selten da an, wo
es auf möglichst kurze Dauer der Operation und
geringsten Blutverlust ankommt.
Bezüglich der Totalexstirpation hSlt er an der
vorbereitenden Desinfektion des Cervikalkanals
trotz der vielfach angenommenen Eeimfreiheit des-
selben fest Femer spricht er sich fdr einen ge-
nauen Absohluss der Bauchhöhle über der Scheiden-
öfbung und Deberdeckung der Stümpfe mitBaudi-
fell aus.
Die Operation macht erjetzt in Beckenhochlage,
die Scheide eröffiiet er auf der Furchensonde mit
einem scharfen Schnitt Die Unterbindung der
Harnleiter ist in der Beckenhochlagerung leichter
zu vermeiden, besonders wenn man sich dicht an
den Oebärmutterhals hält. 2mal wurde Chr. durch
schwere Verwachsungen, die die Eröffnung der
Scheide von oben unmöglich machten, verhindert,
die Totalexstirpation auszuführen. Er versorgte
deshalb den Stumpf retroperitonäal.
Zum Schlüsse erwähnt Chr., dass er (unter
mehreren Hundert von Myomfällen) 3mal nach der
Operation die Entwickelung bösartiger Neubildung
am zurückgelassenen Stumpfe beobachtet hat (1 mal
Sarkom, 2mal Portiocarcinom).
Pr aeger (Chemnitz).
442. Ueber einen Fall vonSarooma ovacü;
von Dr. A. Langer in Prag. (Arcfa. f. OynftkoL
XLIX. 3. p. 508. 1895.)
Das im Uebri^en normale Ovarimn einer öOjähr. Fnm,
das bei Gelegenheit einer Myomotomie gewonnen wurde,
enthielt einen 8, 14, 17 mm grossen Knoten einer weichen,
röthlich-weissen Masse. Innerhalb dieser Geschwulst
bildeten Scheidewände von £ierstockstroma zahlreiche
Fächer, die von Sarkomzellen erfällt waren. Auch das
Stroms selbst war sarkomatös mngewandelt; man fand
dichtgedrängt grosse Keine, die denjenigen der intra-
kanaUkuläx gelegenen Qesohwulstkörper glichen. In
diesen letzteren waren die Zellen oft radiär imi die zahl-
reichen Alveolen angeordnet, von denen die Geschwulst-
läppchen durchsetzt waren und in denen wiederum eine
oder wenige Zellen mit glasiger Protoplasmamasse lagen,
in denen wir degenerirte Zellen des Stroma zu säen
haben. Die Eigenthümlichkeit dieses SariLoms besteht
ähnhoh den von Marchand u. A. beschriebenen Endo-
theUomen und Sarkomen darin, dass die Sarkomzellen in
geschlossenen Massen Kanäle und Hohlräume des Binde-
gewebes ausfüllen. B r o s i n (Dresden).
443. Die Histologie der Blaaenmolen und
ihre Beaiehangen an den malignen, von den
Chorionzotten (Deoldna) ausgehenden IT tema-
tnmoren; von Ludwig Fraenkel in Frei-
burg i. B. (Arch. f. GynÄkoL XLIX. 3. p. 481.
1895.)
11 Blasenmolen, deren Trägerinnen soviel wie
bekannt war, nachher an Tumoren nicht erkrankt
waren, wurden histologisch untersucht Eine
Plaoenta oder deutlich erkennbare Deddua serotina
wurde in keinem der Präparate wahrgenommen.
Die vorhandenen Deciduareste zeigten nirgends
aktive Wucherung ihrer Zellen, yiel£acli ivmran
diese dagegen hydropisoh entartet Auffallend an
fast s&mmtliohen Präparaten war eine Wuohening
des Epithels und der darunter folgenden Zellen-
Schicht sowohl der unver&nderten, wie der myxoma-
t5sen Zotten. In der von Epithel bekleideten, aonsl
typischen Zotte fanden sich Gomplexe von ZeUen,
die von der gewöhnlichen oder myxomatöeoi
Vn. GeburtshtUfe, Frauea- und Kinderheilkundd.
349
Stromazelle durchaus abwichen. Sie waren sehr
gross, mit feinkörnigem Protoplasma und grossem,
rupdem blasigen Kern ausgestattet Diese Zellen-
"herde lagen bald mitten im myxomatfisen Gewebe,
bald dicht unter dem Epithel In letzterem Falle
hingen sie oontinuirlioh mit der Langhans'schen
Z^enlage zusammen. Oft bildeten diese grossen
ZeQenherde das Stroms einer ganzen Zotte allein
nir sich. Am häufigsten endlich lagen die Zellen
ausserhalb der Zotten und zwischen ihnen. Im
Deciduagewebe fehlten die Zellenherde gftnzlioh,
eine Verwechselung ist bei dem verschiedenartigen
Aussehen beider ausgeschlossen. Das Zottenepithel
(Syncytium) war stark gewuchert, oft mit keulen-
förmigen Ausläufern imd l&ngeren Protoplasma-
fortsfttzen versehen. Letztere bildeten bisweilen
gnirlandenartig gewundene Züge.
Die beschriebenen Zellenherde sind als eine
Wucdierung der Langhans'schen Zellenschicht an«
soaehen. Es handelt sich hierbei um Wucherungen,
die den Charakter des Myxoms der Chorionzotten
verloren haben, indem sie sich nicht auf die Zotten
beschränkiW. Sie bestehen auch nicht aus dem
mit sehr geringer Lebensenergie ausgestatteten
Sehleimgewebe, sondern aus lebenskräftigem, in
Vermehrung begriffenem zelligen Material Sie
fanden sich so constant, dass sie mit grosser Wahr-
scheinlichkeit als zum Charakter der Blasenmole
gehörig angesehen werden müssen. Die Bilder
stimmen merkwürdig überein mit jenen, die von
den malignen Chorionzottentumoren und theilweise
auch von Deoiduomen beschrieben worden sind.
Nor fehlt hier der Begriff der Malignität, da die
Verilnderungen sich nur zwischen den Zotten,
Blasen und fibrinösen Massen der Mole fanden,
also nicht propagirten oder Metastasen bildeten.
Da nun einerseits den malignen Chorionzotten-
tumoren und Deciduatumoren Blasenmolen voraus-
gegangen sind und da man andererseits in Blasen-
molen mit grosser Rogelmässigkeit freie Wuche-
rungen des Syncytium und der darunter liegenden
ZeUenschicht findet, so ist anzunehmen, dass diese
Wucherungen den Elementen der malignen Tumoren
histologisch gleichwerthig sind. Es dürften dem-
nach die malignen Chorion(Deoidua)tumoren , bei
denen Blasenmole vorausging, von solchen Wuche-
rungen in zurückgebliebenen Resten der Blasen-
molen ausgegangen sein. B r o s i n (Dresden).
444. Deoidnoma malignom; von Dr. J,
Whitridge Williams. (Johns Hopkins Hosp.
Bep. rV. 9. 1895.)
35jähr. Negerin ; 4normale Oeborien, 1 Abort Am
15. Apnl 1894 spontane OeborteiDostodten, aosgetrageDon
Kindes nach dOstündiger Oebnrtsdauer. Plaoenta sehr
weich («soft and boggy*^). Fieberhaftes Wochenbett
Etwa 14 Tage post partom wurde ein kleiner sohmerz-
haftar G^eschwmstknotBn im rechten Labimn mi^os nach-
mwieaen ; nach Verlauf einer weiteren Woche war dieser
Snoten von Erbsengrösse bis zu WaUnussgrösse an-
fewachsen ; Labiom geschwollen bis zu HühnereigröBse.
fo Kr. ging 9 Wochen post partum an Sepsis zu Grunde.
Klinische Diagnose: Haematoma vulvae; Sabin voluiio
uteri.
Bei der Sektion fanden sich ausser der Wucherung
an der Placentastelle noch metastatische Tumoren im
linken Ovarium, in den Lungen, der Leber, der Milz und
den Nieren. Mikroskopisch erwiesen sich primäre und
metastatische Tumoren als rein syncytiale Neubildungen.
B. Klien (München).
445. Ueber die Drainirnng der Peritonäal-
hShle in Beaug auf ihre klinische Anwendung
und Anwendbarkeit; von Dr. A. v. Oubaroff
in Jurjew. (Arch. f. Oynftkol. XLIX. 2. p. 242.
1895.)
Die Frage, ob eine r5hrenf5nnige oder eine
poröse Drainage vorzuziehen sei, entscheidet 0. auf
Orund klinischer Beobachtungen und allgeineiner
Erwägungen zu Gunsten der letzteren , wohl im
Sinne fiast s&mmtlicher deutscher Operateure. Die
Frage über die Nothwendigkeit der Drainage über-
haupt und nach den Indikationen für den einzelnen
Fall wird weniger bestimmt beantwortet Tren-
nung grosser Verwachsungen, vorausgegangene
Spülung der Bauchhöhle, das Vorhandensein par-
enchymatöser Blutung möchten wir als Grund zur
Drainage kaum anerkennen. Einen interessanten
Hinweis giebt die Arbeit auf die Bedeutung des
Ketzes mit seinem Beichthume an Lymphgefässen
als eines natürlichen Drainrohres.
Brosin (Dresden).
446. Post-operative septio Peritonitis; by
Thomas S. Cullen. (Johns Hopkins Hosp.
Rep. IV. 7—8. 1895.)
Vom 18. bis 25. Januar wurden in Eelly's
Abtheilung 5 Liaparotomien gemacht, von denen
4 unter ziemlich gleichen Symptomen tödtlich
endeten. In allen 4 Fällen wurde in den Cnlturen
Staphylococcus pyogenes aureus gefunden, ausser-
dem auch Streptococcus pyogenes im 1. Falle, Bac.
pyocyaneus in der Bauchhöhle im 2. Falle, Sta-
phylococcus pyog.alb. in der Bauchhöhle im 3. Falle
und Baa coli comm. ebenda im 1. Falle. Alle 4
bei den Leichenöffnungen betheiligte Personen
wurden an den Händen infidrt. Als wahrschein-
liche Ursache dieser gruppenweisen Infektion ist
das verwendete Catgut anzusehen, das zum I.Male
nach anderer Methode zubereitet war. (Juniperusöl
und 95*/o Alkohol zu gleichen Theilen und Dampf-
sterilisation in dieser Flüssigkeit eine halbe Stunde
lang an 8 Tagen.) Leider war es bei den Opera-
tionen vollständig verbraucht, so dass eine bakterio-
logische Prüfung nidit möglich war. Die beiden
Fälle, in denen das meiste Catgut verbraucht war,
zeigten die schwersten Erscheinungen.
J. Praeger (Chemnitz).
447. De la laparotomie dana la päritonite
gäneraliaee ohea la femme; par le Dr. Ch.
M6grat, Lun6ville. (Ann. de Oyn^coL XLIV.
p. 270. Oct. 1895.)
M. empfiehlt auf Grund von 4 selbst beobach-
teten Fallen von „allgemeiner Peritonitis", die
260
Yn. QeburtBhülfe, ]fnmen- und Kmderhtillnmde.
Laparotomie so Mhzeitig als mOglich auszu*
führen.
Besonderes Interesse verdienen die Fälle II und DI.
In Fall n handelte es sich bei einem 23jflhr. Mädchen,
das 3 Jahre vorher geboren hatte, um eine aknte, all-
gemeine, seröse Peritonitis, akute Gastroenteritis, Meteo-
rismus, Erbrechen, fizirte Betrofiexio uteri metritica.
Temperatur 39.6*. Puls 136. Pat kua fast in extremis
zur Laparotomie. Es entleerten sich dabei IVt Liter
serösen Exsudates. Yerwachsungen desPerit pariet mit
dem Netz. Toilette der Bauchhöhle. Drainage mittds
eines nicht gefensterten Gummischlauches durch den
unteren Wundwinkel. Nach der Operation hörte das
Erbrechen auf. Am 2. Tage reichHcher Stuhlgang. Opium
bis zu 0.22 pro die. Morphium. Nach 18 Tagen fiel das
bis dahin hohe Fieber allmählich ab; nach 3 Monaten
Heilunff. Hervorzuheben ist, dass noch Moni^ luig bei
jeder Menstruation eine lokale peritonitisohe Beizung in
der linken Unterbauchgegend sich einstellte, die aniing-
lich mit remittirendem Fieber bis zu 39.2® einherging.
Kein Adnextumor vorhanden; jedodi war der Uterus
nach links hinten oben fest fixirt
In Fall m handelte es sich um eine eiterige puer-
perale Peritonitis bei einer 28jähr. Frau. 5 Wochen post
partum wurden durch Punktion 5 liter Eiter entleert
Schwere allgemeine Sepsis. 2 Tage nach der Punktion
Laparotomie, wobei sich noch 2 liter flocü^en Eiters
entleerten. Die Darmschlingen waren unter emander zu
einer Masse verklebt, so dass eine grosse präintestinale
Eiterhöhle vorhanden war. Ausspülung der Bauohhöble
mit physiologischer Kochsalzlösung. Einlegung zweier
Dauerdrainröhren. Der Puls blieb auch nach der Ope-
ration sehr schlecht Nach 4 Tagen Tod. Bei der Autopsie
fand sich ein rechtseitiges Pleuraempyem und vor dem
rechten Utemshom ein noch uneröffiieter Eiterherd. Die
Oberfläche der grossen intraperitonäalen EiterhöMe sah
gut aus. Die Uterusmuskulatur war mit eiteriger Flüssig-
keit diffos durchsetzt ; die Placentastalle war nodi nach-
zuweisen. Tuben frei.
M. meint, dass, wenn frühzeitiger, vorder Entwicke-
lung des Empyems, operirt worden wäre und auch der
periuterine Eiterherd gefunden und entleert worden wäre,
die Pat möglicher Weise hätte gerettet werden können.
In Fall rv ist es M. zweifelhaft, ob es sich um eine
allgemeine Peritonitis und nicht vielmehr nur um Ascites
gehandelt hat Bei einer 26jähr. Frau bestand neben
einem, dem Fundus uteri gestielt aufeitzenden, 700g
schweren subserösen fibroid eine Ansammlung von trüber,
gelbgrüner Flüssigkeit im Abdomen, deren spec. Oewicht
1017 betrug. Das Peritonaeum zeigte sich bei der Lapa-
rotomie allerdings hyperämisch, auch bestanden einige
Yerwachsungen des Myoms mit dem Darm und der Blase.
Temperatursteigerungen fehlten. Es wurden zxmächst
durch Punktion 11 liter Flüssigkeit entleert, 8 Tage
nachher wurde mittels Laparotomie der Tumor abgetragen
und der Stumpf extraperitonäal fixirt. Ausspülung der
Bauchhöhle mit Kochsalzlösung. Bluter den Uterus
wurde durch die Bauchwunde ein langes Gummidnunrohr
in den Douglas*schen Baum geführt Jauchung des Stiels,
Büdung eines eitrigen Exsu£ittes imDouglas*schenRaum.
Fieberhafte Reoonvalesoenz.
In Fall I endlich handelte es sich um eine 49|jähr.
Frau, bei der mehrmals die Punktion eines linkseitigen
Ovarialkystoms vorgenommen worden war. Geiegentüch
einer dieser Punktionen war Oystenflüsstgkeit in das Ab-
domen geraihen. Laparotomie, 2standige Narkose. Ex-
stirpation von doppelseitigen Ovarialkystomen. Toilette
der Bauchhöhle ohne Ausspülung. Nimt, keine Drainage.
Nach 2 Tagen Hess sich etwas Flüssigkeitsansammlung
im Hypogastrium nachweisen. Leichte Fröste. Tempe-
ratur 38.6* am 3. Ta^. Kein Erbrechen. Stuhl am
6. Tage. Am 7. Taee 39.2«, Puls 120. Urticaria, sep-
tische Miliaria. Tod am 15. Tage an Peritonitis. Bei
der Sfktion fanden sich in d^r PUca vesico-uteiina ab-
ffeki4>selte, stinkende, schmutzig-graue Eigsudate um üb
Stümpfe und um eine Verwachsung des Netzes mit einer
Dünndarmschlinge herum. M. meint dass eine Drainage
diese Exsudate verhindert hätte, in Folge dessen empfieUt
er diese in aUen IWen von allgemeiner Peritonitis, nicht
nur bei eiteriger, bez. meint er, dass eine Incisum Heilung
gebracht hätte. B. K 1 i e n (München).
448. üeber einen Fell ¥on Feritonitiia
ohronioe prodnotiTe mjrzomaloaenedhBaptiir
eines Kyatodenome glanduläre ovarü; von F.
Wendeler in Berlin. (Mon.-Schr. f . Oeburtsh,
u. Oyn&koL III. 3; März 1896.)
Eine 5^ähr. Wittwe, die 2mal geboren hatte, be»
merkte seit einigen Monaten Schmerzen im Unterbauch
und starke Zunahme des Leibesumlanges. Der Bauch
war durch freie Flüssigkeit stark ausgedehnt Die Gebär-
mutter und ihre Anhänge liessen sich nicht genau i^
tasten. An dem vorhandenen wallnussgrossen Nabel-
bruch eigenthümliohes Knirschen undSchwirren(,CoU0id-
knittem*^).
Zur Feststellung der Diagnose wurde die Punktion
vorgenommen. Ausnuss eines Tropfens gallerti^r Mame
aus dem Trokar. Da die in Narkose gefomleneEiexBtoGkB-
geschwulst nicht in den Bereich desTrokarstichesieiohte,
wurde ein theilweise geborstenes Kystadenoma glandu-
läre angenommen, mit Anfüllung der Bauchhöhle durch
GoUoidmassen. Am 23. April 1805 Bauohöfihung durah
A. Martin: Es wurden entfernt 5 liter einer diokflnsaigan
gallertigen Masse und die Geschwulst in 2 Theilen. Der
erste, mustgross, von einer Anzahl kleiner Hohlr&ume
durdisetzt mit zerfetzter Oberfläche. Die Hohlräume
enthielten eben&lls gallertige Massen. Der 2. Theil war
eine kindskopfgrosse, einkammerige Geschwulst An dar
Oberfläche froschlaichähnliohe, höckerige Massen. Nach
ihrer Eröfbiung enüeerte die Cyste flüssiges Fett und
Haare.
Femer wurde auch der Nabelbruch ausgesohnitten.
Die mikroskopisohe Untersuchung des 1. Thcoles der Ge-
schwulst ergab, dass man es mit einem Kystadenoma
glanduläre zu thun hatte, mit herdweiser, wirklicher
myxomatöser Entartung, besonders an der Oberfläche
der Geschwulst imd an der Stelle ihres Zusammenhanges
mit der Dermoidcyste. Dies erklärt die leichte Zerreiss-
lichkeit der Neubildung. Die freie Oberfläche der C^te
erschien mit höckerigen gallertigen Massen bedeckt
Diese erwiesen sich als aus jungem, lockerem, saftreic^em
Bindegewebe bestehend, von zahlreichen Blutgefitoen
durdizogen. Meist waren sie mit einem dickplatten-
förmigen Epithel bedeckt, so dass die zottenf5nnigen
Wucherungen oft auffallend Chorionzotten ähndten.
Das AufßOligste an dem 2. Theile der Geschwulst
war eine häufig zu beobachtende wirkliche myxomatose
Entartung des neugebildeten Gewebes. Auch in der alten
fibrösen Wand der Dermoidojrste fanden sich Stellen mit
schleimiger Entartune. Am weitesten ausgedehnt fud
W. diese amBauchfeU imd an den daraus hervorgegange-
nen Wucherungen in dem Nabelbruchsack.
W. nimmt an, dass es sich um eine chronisohe pro-
duktive Bauchfellentzündung mit myxomatöser Ent-
artung handdte, verursacht durch die chemische Be-
schaffonheit der ffallertartigen Massen, die aus der ge-
platzten GeschwuliBt sich in die Bauchhöhle ergossen.
Im Naditrag erwähnt W., dass die Fat sich am
4. Februar 1896 wohl befsnd und Beschwerden nur durch
einen fsustgrossen Bauchbruch in der Mitte der Beodi-
narbe hatte. Der Beokenbefund ergab nichts BesondereSi
dagegen fühlte W. durch den äiuchbruch oben eine
wulstförmige Geschwulst (Netz?).
J. Praeger (CSiemnitz).
449. Ueber Corpna-lntetnn-Abfloeeae ; von
Dr. A. Langer inPraff. (Arch. f . GynSkoL XfiTX,
1. p. 87, X995.)
TtL (JebmtshQlfe, Jimaa.- und EjnderheObmde.
251
In der deutschen Univeraitats-Frauenklinik ge-
langten in wenigen Monaten 5 solitftre Eierstocks-
absoesse zur Operation, die aus dem Corpus luteum
heryorgegangen zu sein schienen. Drei der Wie
werden ausführlich beschrieben ; in zwei enthielt
die Abscesswand noch deutliche Luteinzellen. Da
die Corpus-luteum-Abscesse hftufigor sind, als die
Corpus-luteum-Cysten [? Bef.], so ist anzunehmen,
dass sich erstere direkt aus dem Corpus luteum
entwickeln und dass es sich nicht um Corpus-
luteum-Cysten handelt, die erst nachtraglich ver-
atert sind. Brosin (Dresden).
450. Aeassere und oombinirte gebnrta«
hfiinidhiB Verfthren; von Dr. Paul Strass-
mann. (ArcL f. OynäkoL XUX. 1. p. 124. 1895.)
Bbenso wie die innere Untersuchung durch die
äussere zu ersetzen ist, können viele eingehende
Operationen durch äussere Handgriffe erspart wer-
den. Str. giebt eine Oebersicht derartiger Situa-
tionen, ohne wesentlich Neues zu bieten. An Stelle
d^ Zange hat möglichst die Expression von den
Bauefadecken aus zu treten. Steht der Kopf kurz
vor dem Durchschneiden, so ist der Damm durch
. den „Hinterdammgriff' zu schützen. Der Hof-
m ei er 'sehe Handgriff, d. h. das Einpressen und
Tiefodrilcken des hochstehenden Kopfes in das
Becken, wird wesentlich durch dieWalcher'sche
Hftagelage unterstützt Bei Schief- und Querlagen
irt stets die äussere Wendung zu versuchen. Bei
Beckenendlagen, zumal bei Steisslagen, giebt die
manuelle Expression in Narkose gute Resultate.
Alle inneren Operationen sind durch äussere Hand-
griffe zu unterstützen, es gelingt oft, die übliche
Wendung mit ganzer Hand durch die mit 2 oder
4 Kngem zu ersetzen. Gesichts- und Stimlagen
sind möglichst in Schädellagen zu verwandeln u. s. w.
[S. 159 wird über einen Fall von schräg verengtem
Becken belichtet, „in Folge einer ausgeh^ten Caries
des rechten Fassgelenkes hinkt die Kreissende. Das
rechte Os tali soll entfernt worden sein, der Fnss ist ver-
kürzt. Die rechte lin. innom. verläuft gestreckt Die
Itnie Beckenhälfte ist weiter als die rechte,'^ 1 1 Ref.]
Brosin (Dresden).
451. Die Leitmig normaler Qeburten nur
dnroli ftnasere Untersaehimg; von Prof. Leo-
pold und Dr. Orb in Dresden. (Arch. f.GynakoL
XUX. 2. p. 304. 1895.)
Die äussere Untersuchung ermöglicht bei ge-
nfigender Uebung die genaue Diagnose der Lage
des Kindes, der Haltung des Kopfes und die Ver-
folgong der Fortschritte der Geburt bis zu ihrem
Ende. Im Verein mit sorgfältiger Geburtsbeobach-
tang vermittelt sie auch die Erkennung derRegel-
widiigrkG^ten und besdir&nkt die innere ünter-
Büdrang auf ganz bestimmte Anzeigen, unter den
1693 Geburten der Dresdener Frauenklinik des
Beobachtiingsjahres 1893 — 1894 verliefen ohne
Kunstlifilfe und eigneten sich auch sonst zur Be-
Qrtliailiing 1334, von diesen erfolgten 57.57*/o
ohne innere Untersuchung und 90.26^/0 hätten
nur durch äussere Untersuchung geleitet werden
können, wenn nicht exercitii causa per vaginam
untersucht worden wäre. Querlagen (26) wurden
stets nur durdi äussere Untersuchung erkannt, von
25 Yorderhauptslagen bUeben bei dieser 3, von
80 Beckenendlagen 8, von 14 Gesichts- und Stim-
lagen 8, von 13 Zwillingsgeburten 4 unerkannt.
Bei den Stirn- imd Gesichtlagen, war oft die Wöl-
bung des noch hochstehenden HinterhaupteB mit
der Stirn verwechselt worden [immerhin bleibt der
Frooentsatz von 57.14 Fehldiagnosen ein auf-
fallender. Bef.].
Der wesentliche Yortheil der Methode, die Ver-
meidung einer Lifektionsgelegenheit, liegt auf der
Hand!. Brosin (Dresden).
452. Ueber Anästheainmg durch Aether-
and Ohloroform- Inhalationen bei normalen
(Geburten; von F.W. Bukoemsky in Peters-
burg. (Hon.-Schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. XU. 3 ;
März 1896.)
Zur Yergleichung der Wirkung des Aethers
und des Chloroforms bei normalen Geburten wandte
B. ersteren 37mal, letzteres 8mal bei Ereissenden
an. Er kam hierdurch zu folgenden Schlüssen:
Der Aether vermindert die Schmerzhaftigkeit der
Wehen, kann sogar meist die Geburt, besonders
im Augenblicke des Durchschneidens, schmerzlos
machen vor Allem, wenn die Ereissenden die Ein-
athmung schon früher begonnen hatten. Eine
Yerlangsamung der Geburt findet nicht statt Den
Aether scheint die Eraft der Znsammenziehungen
der Gebärmutter zu verstärken. In allen Fällen^
in denen mit dem Tokodynamometer gemessen
wurde, mit einer Ausnahme, vergrösserte sich der
relative Wehendruck etwas. Reizerscheinnngen im
Beginne der Einathmungen sind selten. Die Nach-
geburtsperiode verlief immer günstig. Niemals
Blutungen. Die Bückbildung der Gebärmutter war
eher beschleunigt Niemals Erkrankung der Ath-
mungsorgane. Die Milchsekretion scheint bisweilen
später als gewöhnlich einzutreten. Eein ungün-
stiger Einfluss auf die Einder. Die günstigste Zeit
für den Aethergebrauch erscheint B. dann, wenn
der Muttermund für drei Finger durchgängig ge-
worden ist
Die Anwendung von Chloroform beschränkt B.
auf möglichst kleine Gaben. Er fand danach keine
Yerminderung der Wehen, ihre Dauer war in der
Mehrzahl der Fälle geringer. B. sah keinen Nach-
theil für die Ereissenden, nur waren die Beiz-
erscheinimgen etwas öfter als beim Aether zu be-
obachten. Die Nachgeburtszeit verlief normal
Eeine Blutungen. Auch die Einder kamen gesund
zur Welt Als besten Zeitpunkt für die Anwen-
dung ist derselbe wie beim Aether zu betrachten.
B. glaubt, dass man doch den Aether setner
weniger giftigen Eigenschaften wegen bevorzugen
müsse. J. Praeger (Chemnitz).
252
YII. OebnrtshUfe, Frauen- und EinderheiUrande.
453. Zur Bakteriologie dea weiblioken
GenitalkanalB; von Dr. W.Stroganoff in Peters-
burg. (Centr.-Bl. f. Gynakol. XIX. 38. 1895.)
Str. yerOffentlicht seine im Jahre 1893 an-
gestellten russisoh publicirten Untersuchungen und
ihre Uethodik hier noch einmal Er hat den Cer-
vikalkanal von 11 Schwangeren untersucht Die
Nährboden erwiesen sich in 7 Fällen (63.6Vo) &l8
steril, bei 2 Frauen enthielt nur je 1 von 7 Röhr-
chen je 2Golonien, wahrscheinlich Verunreinigung.
Also 9 ssB Sl^^/o mit sterilem Cervikalkanal. Von
20 Nichtschwangeren hatten 16 *» 80^/o einen
sterilen Cervikalkanal Eine 3mal innerhalb einiger
Tage untersuchte Frau war das 1. Mal steril, das
2. Mal : unter 6 Proberöhrchen eins mit Mikroben,
das 3. Mal die HAlfte. Dass der Cervikalschleim
die Mikroorganismen abtOdtet, hftlt S. nach seinen
Untersuchungen fdr zweifellos.
Seine Hetbode ist folgende: Der Schleim wurde mit
sterilem Glasrohrchen aspirirt, das an einem Ende mit
Watte yeiBohlossen, mit dem andern durch den Watte-
pfropf eines Beagensröhrchens gesteckt und so sterüisirt
war. Zum Gebrauche wurde das Röhrchen mit dem
Wattepfropfe des Beagenzröhrchens zusaounen heraus-
gezogen und mit dem aspiiirten Schleime wieder hinein-
gesteckt. Dann Impfung einer Staphylokokkencultur in
den Schleim , innige Vermischung , eine Oese auf Agar
und Gelatine, nach 6 — 8, 24, 48 Standen wieder eine.
Es zeigte sich, dass nach Cstündiger Einwirkung des
Schleims die Zahl der Mikroben 10--100£Boh verringert
ist Nach 48 Stunden wächst die Zahl wiederum, ohne
die anilingliche Höhe zu erreichen.
Die Grenze des Bakterienaufenthaltes ist un-
gefXhr der äussere Muttermund, doch ist sie, da
es sich um Flüssigkeiten handelt und Druck-
schwankungen (Coitus !) vorkommen, variabeL
Glaeser (Danzig).
454. Bakteriologisohe ünterauohongen des
Genitalkanala beim Weibe in yerachiedenen
Perioden ihres Lebens; von Dr. W. Stroga-
noff in Petersburg. (Mon.-Schr. f. Geburtsh. u.
GynäkoL ü. 5 u. 6 ; Nov., Dec. 1895.)
I. Untersuchungen der Yagina neugeborener
Mädchen. 1) In der grossen Mehrzahl war die
Yagina steril unmittelbar nach der Geburt 2) Die
Mehrzahl hatte schon nach dem ersten Bade Mikro-
ben in der Vagina. 3) Reaktion des Scheiden-
sekretes sehr schwach sauer, mikroskopisch Epi-
thelialzellen. 4) Das Eindringen von Mikroben
begünstigen: Bftder, Abwasohen, Eintauchen in
Wasser, Einschmieren mit Oel, die Steisslage.
5) Gelatine verflüssigende Mikroben waren selten.
6) Die Yagina bietet einen günstigen Boden für
Mikrobenentwickelung.
II. Einfluss der Menstruation auf den Mikroben-
gehalt in Yagina und Cervikalkanal bei Frauen
(nur eine Frau war gesund, die übrigen hatten
kranke Adnexe). 1) Die Yagina enthält zu allen
Zeiten massenhaft Bakterien. 2) Ihre Zahl war
in manchen Fällen vermindert, andererseits ver-
mehrt, vielleicht abhängig von den Mikrobenformen,
von Stauung und Blutbeschaffenheit 3) Die Reak-
tion in den Gewülben war neutral oder alkalisch.
4) Der Cervikalkanal war in der Hälfte der KUe
steril (ohne Sterilisation der Cervix). 5) Nach Ste-
rilisation war der bedeutend grössere Theil steril
6) Die Reaktion der Cervix war alkalisch. 7) SO»/«
Culturen mit Gelatine aus der Yagina und 90^/o
aus der Cervix. 8) Yerflüssigung der Ctelatine bei
der Yaginaluntersuchong 14«3^/o, bei dw Cervix
keine,
m. Yagina und Cervikalkanal bei Greisinnea
(10 Fälle). Hervorzuheben : 6) In der Hälfte der
Fälle in der Cervix keine Mikrobenentwickelung.
7) Bei Prolapsus uteri in allen Cervices Mikroben-
entwickelung.
lY. Yagina und Cervix bei Schwangeren. Ygl.
das vorstehende Referat.
Y. Bakteriengehalt der Yagina und der Cervix
im Yerhältniss zum Abort (9 Fälle). 4) Die Cenix
barg in der Mehrzahl Mikroorganismen, da es ^ch
um Kranke handelte, bei denen im Uterus mani-
pulirt wurde. 5) Je geringer die Manipulationea
oder je längere Zeit nach ihnen, um so weniger
Mikroorganismen.
YL Yerhalten der Yaginamikroben und des
Bac. vaginalis zu den Staphylokokken. Resultat:
Die Lebensprodukte der Yaginabacillen wirken
tödtend auf die pyogenen Staphylokokken.
YE. Sterilität des Cervikalkanals und ihre Ur*
Sachen. YgL das vorstehende Referat.
YHL Yerhalten der Yagina bei Eanincdiea ni
den pyogenoi Staphylo- und Streptokokken. l)Die
Eaninohenvagina hat die Eigenschaft, kfinstüch
eingeführte pathogene Mikroben rasch zu entfernen«
2) In der 2. Woche verschwinden auch die letzten
Exemplara 3) Die eingeführten Mikroben rufoi
meistens keine wichtigen Yeränderungen im Za«^
Stande der Kaninchen hervor. 4) Schwangerschaft::
und Geburt können während und nach der Lufek
tion normal verlaufen. Olaeser (Danaig).
'
455. Ueber Diphtherie und EindbettllelMr;
von E. Bumm in Basel (Ztschr. f. Geburtsh. il
Gynäkol. XXXm. 1. p. 126. 1895.)
Eine 21jähr. Frau war mit der Zange leicht eoibnn-'
den worden ; der entbindende Arzt hatte am Tage derOe*
bort diphtheriekranke Kinder behandelt Am 3. Woch
bettstage 41.2^ C. Am 6. Tage fand man die kl<
Labien an ihrer inneren Fläche mit einer diphth
Membran bedeckt; diese war gUlncend weiss, e
rissig und uneben auf der Oberfläche, fest anhaftend
mehrere Millimeter dick. Der weisse Belagsetzte sii
auf die Vulva fort bis zur geschwollenen
mündimg; wie die Vulva war aach die Scheide
weisser Masse wie ausgössen, auch die Portio
ganz mit Membranen bedeckt und dieCerviz mit w<
ßelag aasgekleidet. In der Ümgebuig des Ütema
Entzündmigserscheinungen ; aus dem üteros dünn
völlig gemohloser Ausfluss. Die üntersnchmig derM
branen ergab das Fehlen von Streptokokken,
enthielten die tieferen Schichten, stellenweise in _
Menge, den Löff 1er 'sehen DiphtheriebaeiUus, Am
9., 11. und 12. Woohenbettstage wurde je ein FHlseki
Höchster Serum Nr. 2 iigioirt mit deutlich naoh
barem günstigen Erfolge ; ausserdem worden
TIIL Ohiruigie, Augen- itoid OhrenheiUninde.
253
Spülungen tind Aetznngen der diphtherischen Membranen
Torgenommen nnd Eampher, Aether und Alkohol reich-
lich verabfolgt Am 11. Tage trat/Ni auch an der linken
Mandel, am Oaomenbogen nnd an der Wangenschleim-
hant diphtherische Beläge auf, die sich noch nach der
Nase zu ausbreiteten. Vom 24. Wochenbettstage an
waren Pols nnd Temperatur normal. Uebergang zur
Genesung.
Nadb. B. ist diese Beobachtung die erste, in der
durch den Nachweis des specifischen Bacillus das Vor-
kommen der echten Diphtherie am Genitaltraotus der
Wöchnerinnen festgestellt werden konnte. Nur solche
FSlle yerdienen nach B. die Bezeichnung jmurperaJ^
Diphtherie^.
Verdacht auf diphtiierische Infektion wird man nach
B.'s Beobachtung vornehmlich dann schöpfen müssen,
wenn die Membranen den Qenitalkanal in ganzer Aus-
dehnung auskleiden, bei der Ablösung keine eigentlichen
Geschwüre hinterlassen und trotz ihrer grossen Aus-
breitung nicht von Infektionsersohemungen am Bauch-
felle oder am Parametrium Wleitet sind.
Arth. Ho ff mann (Darmstadt).
456. Grippeetpnerperalite; par Queirel,
de Marseille. (Ann. de Oyn6eol. XLIV. Aoüt 1895.)
In dem ersten Drittel des Jahres 1895 trat
unter den Wöchnerinnen Q u.'s eine Influenza-Epi-
demie auf, an der 34 Frauen erkrankten. Von
diesen starb keine, obwohl eine Anzahl schwerer
fWe mit Pneumonien u. s. w. mit unterlief.
Dagegen starb ein Kind, das ein Erysipel bekom*
men hatte. Bemerkenswerth ist, dass von 34 Frauen
11 vor der Zeit niederkamen, 6 davon durch Ab-
fluss des Fruchtwassers in Folge starker Husten«*
stfisse. J. Praeger (Chemnitz).
VIII. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
457. Baktariologisohe Unterraofanngeii über
die Desinfektion dwH&nde; von Ernst AI.
R e i n i c k e in Leipzig. (Arch. f. Gynftkol. XUX.
3. p. 515. 1895.)
DieVerschiedenlieit im Eeimgehalte der Hände
wurde dadurch m(}glichst ausgeglichen, dass die
Hände mit einer Pilzart von bestimmter Wider-
standsfähigkeit inficirt wurden. Es kam hierbei
ein äusserst widerstandsAhiger sporenbildender
Pilz in Anwendung, der aus Catgut gezüchtet wurde,
sowie der bekannte Bac. pyocyan. aur., dessen Wider-
standsfähigkeit der der Eiterpilze etwa gleichkommt
Das üntersQchuligsmateriäl wurde mittels sterilen
Stäbchens ans dem üntemagelraume nnd dem
Nagelfalze entnommen. Die einzelnen Versuche,
über die ausführlich berichtet wird, verliefen in
folgenden Akten : Infektion der Hände mit Rein-
coltur, 1 Stunde antrocknen lassen, Control-
impfong, mechanische Beinigung mit Nagelreiniger,
eigentliche Desinfektion, Abimpfung.
Bei Waschung mit warmem Wasser und Seife
mittels Bürste bUeb die Zahl der Gontrolpilze
(Oatgutbacillus und Bac. pyocyan.), sowie der an-
deren Pilze eine grosse. Waschung mit warmem
Wasser, Schmierseife und ausgeglühtem Futzsand
(nach S ä n g e r 's Vorschrift) hatten kaum besseren
Erfolg. Auch mit folgender Desinfektion durch
Oarbolsäure war vollständige Eeimfreiheit nicht zu
erzielen. Immerhin konnte eine 5proc. Lösung
dem Pyocyaneus gegenüber bedeutende Erfolge
aufweisen, allerdings werden in der Praxis die
wenigsten Hände die heftige Reizwirkung des
Phenols auf die Dauer aushalten. Der Werth des
lAfsols als Desinflciens für die Hände erschien ziem-
lich gering, das Tnkresd besass eine beträchtlichere
desinficirende Kraft, griff aber in der erforderlichen
Iproc. Lösung die Hände noch mehr an als das
Carbol. W^ SiMmuü von l^j^ gelang es nie-
mals, dieCatgutsporen vollständig von den Händen
zn entfernen, aber auch unter den gewöhnlichen
Nagelsohmutzbakterien fehlten solche nicht, welche
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 3.
einer 2 Min. langen Einwirkung standhielten«
Wurden letztere 5 Min. lang demEinflass desDes-
inficienz ausgesetzt, so waren auch sie schliesslich
fast ganz verschwunden. In beiden mit Baa pyo-
cyan. angestellten Versuchen blieben die Platten
frei von diesen Keimen. Mit frischem Chhnvasser
von 1 und 2<>/0o wurde Keimfreiheit nicht erlangt,
überdiess beschränken die stechenden Chlordämpfe
die Zeitdauer der Anwendung. KaU hypermangch
nieum und Oxalsäure (von Howard A. Kelly
empfohlen) erzielten trotz 16 Min. langer Dauer der
Desinfektion keine Keimfreiheit, obschon ein Ein«
fluss des chemischen Mittels auf den Gehalt an
Keimen nicht verkannt werden konnte.
Qanz erstaunlich war die Wirkung des Jfto/tob,
welcher 90<^ stark (auch als Brennspiritus) zur Ver«
wendungkam. Schon beieinem2Min.langenBürsten
mit Spiritus war eine bedeutende Verringerung des
Keimgehaltes der Hände zu beobachten, die bei
3 Min. langem Bürsten sogar in fast vOlUge Keim-
freiheit überging. Dieselben guten Resultate liessea
sich erreichen, wenn die Hände mit Spiritus 5 Min«
lang ohne vorhergehende Waschung mit Wasser
imd Seife gebürstet wurden. Es blieb sich gleich,
ob von den Händen direkt nach der Alkoholeinwir-
kung abgeimpft wurde, oder ob erst noch eine
längere Waschung mit sterilem Wasser folgte. Da
Alkohol selbst in voller Conoentration ein wirk-
sames Desinflciens nicht genannt werden kann, so
bleibt nur die Erklärung übrig, dass der Alkohol
die Keime zugleich mit dem fettigen Hantsekret,
in das jene, wie man annehmen muss, eingebettet
sind, von der Unterlage ablöst nnd fortschwemmt.
Die Schlusssätze der Arbeit lauten: 1) Mit
Hülfe der gegenwärtig gebräuchlichen, auf chemi-
schem Wege wirkenden Antiseptica ist innerhalb
eines Zeitraumes, wie er für die Verti<nisse der
Praxis noch zulässig ist, in einer die Haut nidit
angreifenden Conoentration eine unter allen Um-
ständen sichere Desinfektion stärker keimhaltiger
Hände nicht zu erreichen. 2) Nach vorausgegau'«-
33
254
YHL Chirurgie, Aiigen- uiid OhrenheillaiiLde.
^gener Beinigimg der H&nde mit heissem Wasser,
Seife und Bürste während der Dauer von 5 Min.
bewirkt 3 — 5 Min. langes Bfirsten in Spiritus
^(ca. 90proc.) und nachheriges AbeptQen in einer
aseptischen Flüssigkeit mit grosser Wahrscheinlich-
keit absolute Keim&eiheii 3) Eine möglichst
sichere Schnelldesinfektion erreicht man durch
"Bürsten während 5 Wm. in Spiritus.
Brosin (Dresden).
458. Weinsäure sur Bntfemong von Blat
von Händen, Bohwämmeo n. s. w.; von Dr.
A. Benck iser in Karlsruhe. (Centr.-BL f. QynäkoL
XIX. 25. 1895.)
B. löst «nen Kaffeelöffel voll (3 — 4 g) in einem Wasch-
becken voll lauwarmen Wassers auf und spült Hftnde und
Schwämme Dach der Operation, sowie Instrumente darin
ab ohne Seife. Die Weinsäure löst allen Blutfarbstoff als
lackfarbene Flüssigkeit auf. Das Verfahren ist besonders
bei Anwendung von Sublimat ausgezeichnet [Bef. hat
sich seit geraumer Zeit durch Zusatz von Kochsalz zum
Sublimat und Wasser dieselbe Annehmlichkeit verschafft
Man braucht 1 Kaffeelöffel voll auf 1 liter SublimaÜösnng,
bez. Wasser. Li den Fastillen ist zu wenig Kochsalz vor-
handen, sowohl um das Sublimat zur höchsten Wirksam-
keit zu bringen, als um die Bildung von Sublimateiweiss
zu verhindern. Das Verfahren dürfte noch ein&cher sein.]
Glaeser (Danzig).
459. Ueber Catgatsteriliaation ; von Dr. F.
Hofmeister in Tübingen. (Centr.-Bl. f. Chir.
XXm. 9. 1896. — Beitr. z. klin. Chir. XV. 3.
p. 835. 1896.)
H. hat eine Methode der OaigfästerüiscUum aus-
gebildet, die ihm sehr zuverlässige Besultate ergab
und auch für die Praxis sehr brauchbar erscheint
Das Verfahren ist folgendes.
1) Mnlegen des schonend, aber straff aufgespulten
Bohcatguts in 2—49lo Formalinlösung (Luftblasen ver-
meiden) für 24 — 18 Stunden. 2) Auswaschen in fliessen-
dem Wasser 24 Stunden. 3) 5—10 Min. langes Kochen
in nicht zu wenig Wasser. 4) Nachhärtung, bez. Auf-
bewahrung in Alkohol absolut, mit Zusatz von 5*/o Oly-
cerin und l<>/oo Sublimat oder einem anderen Antisepticum
in entsprechender Quantität Einmal aufgespult, braucht
^er Faden während des ganzen Steriüsationprocesses
nicht mehr berührt zu werden. Die Zugfestigkeit der
sterilisirten Fäden erwies sich gegen die des versehenen
Rohcatguts theils als nicht, theils als nur massig herab-
gesetzt. Bei der bakteriologischen Untersuchung wurde
das gekochte Catgut keimfrei befunden.
F. Wagner (Leipzig).
460. üeber Formalin- Catgut; von Dr. H.
Vollmer in Berlin. (Centr.-BL f. Oynäkol. XIX.
46. 1895.)
Auf Grund eingehender bakteriologischer Versuche
und reicher Erfahrung empfiehlt Y. folgendes einfache
Verfahren : das aufgespulte Bohcatgut wird ohne vorherige
Entfettung 24 Std. lang in ^roc. Formaldehydlösung
(zur Bereitung wird das käufliche 35— 40proc. Form-
aldehydum solutom auf das 20faohe Volum verdünnt)
gelegt, darauf in steriler Tavel'scher Lösung (Natr.
Qhlorat 7.5, Natr. oarbon. 2.5, Aq. dest ad. 1000.0) unter
2— Smaligem Wechseln ausgeschwenkt und in steriler
Taverscher Losung aufgehoben. Oder man wickelt die
einzelnen Bollen in Fliesspapier, legt sie 24 Std. in das
2proo. Formaldehyd, drückt sie zwischen dem Füess-
papier aus und Ifisst den Best bei 60^ C. verdonsten, um
das Catgut trocken aufzubewahren. Einige Minuten vor
dem Gebrauche sind die Fäden in sterile Flüssigkeit zu
legen, um geschmeidig zu werden. Glaeser (Danzig).
461. Beitrige bot Kenntnias der akuten
Osteomyelitis ; von Dr. E a r 1 F n n k e. (Ztschr.
f. Heilkde. XYL 3. p. 245. 1895.)
F. stellt von 700 während der letzten 15 Jahre
in der Klinik Gussenbauer's beobachteten
Osteomyelitisfällen die seltneren und atypischen
ansammen. Er fand im Gegensätze an anderen
Autoren 6.5*/o Falle von akuter Osteomyeh'tis bei
Enpacksmm (über 25 Jahre alt), deren Kranken-
geschichten er im Auszuge wiedergiebt In sftmmt-
lichen Fällen handelte es sich um primäre, nicht
um recidivirende Erkrankungen der langen Röhren-
knochen. Ein Fall betraf eine Frau nach voll-
endetem 60. Lebensjahra Nur 4 Fälle verli^oi
subakut Aetioldgisch tmrde in 1 Fall eine schwere
Angina ermittelt; Imal trat die Erkrankung nadi
4w0chigem, fieberfreiem Puerperium auf; 4 Kr.
starben an Septik&mie, 1 an Fyämie.
Sodann beschreibtF. 8 Fälle von reeic^mr Osteo-
myelitis, d. h. in denen durch Jahre voUständige
Genesung, also auch nicht die geringsten Schmerzen,
weder spontan, noch bei Druck, bestanden hatten
und dann plötzlich, gewöhnlich unter dem typischoi
Krankheitsbilde der akuten Osteomyelitis der Pro-
cess in dem Mher befiallenen Knochen wied« ein-
setzte. Einer von diesen Kranken starb an meta-
statischer Phlegmone des Duodenum mit nachfol-
gender Peritonitis. Bezüglich der Entstehung des
Recidives halt F. eine Neuinfektion für das Wahr-
scheinlichste, die das prädisponirte Narbengewebe
trifft ; dafür sprechen die Fälle von Osteomyelitis
nach vorausgegangenen Frakturen.
In 37 Fällen fand sich eine muUiple LokeM-
saiion der Osteomyelitis ; meistens sind 2 Knochen,
seltener mehr erkrankt ; in der Regel handelt es
sich um Individuen vor vollendetem 20. Lebens-
jahre, jedenfalls vor vollendetem Knochenwachs-
thum. Der zweite u. s. w. Knochen wurde meist
erst einige Tage, ja Wochen nach dem ersten be-
fallen, und zwar meist unter hohen Temperatur-
steigerungen, jedoch nißhi mit ScküUelfrosL Die
akute Osteomyelitis kann übrigens wie bei Er-
wachsenen, so auch bei Kindern Metastasen in den
inneren Organen setzen. Imal beobachtete F. den
seltenen Fall einer Osiüia albuminoM am Femur
(ISjfthr. Knabe).
Femer zählt F. 30 Fälle mit isolirter Erkran-
kung der kurxen und platten Knochen und 5 FWe,
in denen diese sekundär im Verlaufe einer akuten
Osteomyelitis der langen Böhrenknochen erkrank-
ten, auf. Am häufigsten war der Cküecmeus er-
krankt Die schwersten örtlichen und allgemeinen
Erscheinungen verursachte die Erkrankung des
Talus. In einem Falle von Erkrankung des Calc»-
neus vereiterten die Achillessehne und das Sprung-
gelenk. Bei schon bestehender Phlegmone ist die
Diagnose oft recht schwierig. F. empfiehlt bei Er-
VIEL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
255
krankung der kurzen Knochen ihre frflhzeitige Bloss-
legang oder Entfernung.
Als sehr häufige Complikation nennt F. Lungen-
katarrhe, sodann seröse oder eiterige Oelenkerkran-
kuDgen (in ^b ^^^ BUle) mit folgender Funktion-
störang (102mal unter 600 Fällen, myarthrogene
Gontrakturen , Ankylose, Subluxationen, Luxatio-
nen), femer Spontantekturen (6mal), Arrosion
grosser Blutgefässe des Femurs (3mal).
Am Schlüsse der fleissigen Arbeit giebt F. eine
kurze tabellarische Zusammenstellung der Lokali-
Bation in 664 Fällen (524 Männer, 140 Frauen).
Die überwiegende Anzahl nahm den Ausgang in
Eiterung und Nekrose, ganz selten gingen die akut
einsetzenden, entzündlichen Erscheinungen zurück
and es blieb nur eine Knoohenyerdiokung. In
diesen Fällen muss man übrigens vorsichtig mit der
Diagnose sein. Selten ist auch der Ausgang in
einen Enochenabscess (4 lUle). 3mal entwickelte
Bioh auf Qrund einer seit vielen Jahren bestehen-
den Nekrose des Knochens ein Garoinom; 2mal
ging dieses von den Weichtheilen, Imal vom Eno-
I chen selbst aus. 28 Er. starben, 21 im Anfang-
itadium, 7 nach erfolgter Nekrotomie. Beiersteren
üand sich llmal Pyämie, lOmal Septikämie, bei
letzteren 2mal Pneumonie, 3mal Anämie, 2mal
j Amyloidentartung der inneren Organe.
' R. Elien (München).
462. Ueber atyplaohe Formen der akaten
Oiteomy elitis ; von Dr. M. Jordan in Heidel-
I berg, (Beitr. z. klin. Chir. XV. 2. p. 457. 1896.)
Während man früher mit dem Begriff der Osteo-
I myelitis eine typische, akut einsetzende, mit lokaler
Enterung und schwerem fieberhaftem Allgemein-
i instand einhergehende, mit Nekrose des befallenen
; Knochens abschliessende, oft tMtlich verlaufende
Erkrankung des jugendlichen Alters verband, wissen
wir jetzt, dass dieser Symptomencomplez nur eine
Form einer Oruppe von Erkrankungen darstellt,
die die Aetiologie gemeinsam haben, dem gleichen
Agens, nämlidi den pyogenen Eokken (am häu-
figsten dem Staphyloooccus aureus) ihre Entstehung
verdanken. Differenzen in der Virulenz der Mikro-
ben und Verschiedenheiten der Beeistenzfähigkeit
des befallenen Organismus bedingen eine Reihe von
Varietäten des klinischen Bildes der Osteomyelitis.
Unterschiede im zeitlichen Verlaufe lassen eine
Eintheilung in Osteomyelitis aciäissima, actäa, sub-
Qfiuia und 6hr(mica zu; nach der Beschaffenheit des
Krankheitproduktes kann mKnexsudativexmäinicht'
exsudative Formen unterscheiden. Bei den mit Ex-
sudation einhergehenden Enochenmarkentzündun-
gen hat man nach dem Charakter des Exsudates
von seröser, eiteriger, hämorrhagiseher Osteomyelitis
gesprochen. Als sklerosirende, nicht eiterige Form
hat Gar r^ die mit starker Enochen verdickung
abschliessende, ohne Aufbruch verlaufende Osteo-
myelitis bezeidmet, während E och er neuerdings
dieser AfFektion den Namen proUferirende Osteo*
myelitis mit den ünterabtheüungen der vaskulösen,
granulösen, sklerotischen Form gegeben hat. Dass
auch bei diesen sklerosirenden Fonnen eine
Sequesterbildung stattfindet, ist durch Beobach-.
tungen von Qarre und J. erwiesen worden. Es
kann eine weitgehende Resorption solcher Sequester
und somit ^e natürliche Heilung eintreten.
In der vorliegenden Mittheilung berichtet J.
über 2 neue hierhergehOrige Beobachtungen, die
durch äiQ ausserordentliche AehnlicMceit des Knodien-'
Befundes mit Sarkom besonderes Interesse be-
anspruchen dürften. Die diagnostischen Schwierig-
keiten können in diesen Fällen sehr gross sein; Pro-
gnose und Therapie sind natürlich sehr verschieden
von der bei Sarkom. P. W a g n e r (Leipzig).
463. Berioht über die in den letiten
16 Jahren behandelten Fälle von Osteomyelitis ;
von Dr. H. Stettiner in Friedrichshain-Berlin.
(Deutsche med. Wchnschr. XXTT. 11. 1896.)
In der chirurgischen Abtheilung des Eranken-
hauses am Friedriohshain in Berlin wurden vom
I.Januar 1880 bis I.Juli 1895 196 Er. mit Osteo-
myelitis der hngen IS)hrenlcnochenhfAiaxiielt Nicht
mitgezählt sind diejenigen osteomyelitischen Er-
krankungen des proximalen Femurendes, die mit
einer Erkrankung des Hüftgelenkes complicirt
waren.
99 Er. wurden im akuten Stadium eingeliefert;
von diesen sind 54 geheilt, 22 gebessert, d. h. vor
völliger Ausheilung des Processes, meist vor Lösung
des Sequesters, 2 ungeheilt entlassen worden und
21 gestorben. Von 19 Er. mit multiplen Herden
starben 10. In fast allen tödtlich verlaufenen
Fällen fanden sich metastatische Abscesse in ande-
ren Organen. Yen den 99 Er. sind 78 mit aus-
giebiger Eröffnung des subperiostealen Abscesses,
nur 20 mit sofort angeschlossener oder innerhalb
der nächsten 24 — 48 Stunden nachfolgender Aai^
meisselung des erkrankten £[nochens und Aus-
löffelung seiner Markhöhle behandelt worden. Yen
den auf die erste Art Behandelten sind 11 »» 14%
gestorben, von den Trepanirten 10 »» 50<^/o. „Die
hohe Mortalität der letzteren Fälle ist dadurch be-
dingt, dass es gerade die schwersten und un-
günstigten waren, bei welchen die Operation vor-
genommen werden musste. War sie in der Hälfte
der Fälle wirkungslos, so ist sie in der anderen
Hälfte lebensrettend gewesen ; die betr. Patienten
wären ohne breite Eröffnung der Markhöhle zu
Grunde gegangen.^'
Die Aufmeisselung des erkrankten Enochens
mit nachfolgender Auslöffelung seiner Markhöhle
ist nach St. angezeigt: 1) vor Ausbildung des sub-
periostealen Abscesses bei schweren Allgemein-
erscheinungen ; 2) nach Ausbildung des Abscesses,
wenn nach genügender Spaltung der Weichtheile
eine deutliche Besserung der Allgemeinerschei-
nungen nicht innerhalb der nächsten 24 — 48 Stun-
den nachzuweisen ist.
2^6
YllL Chirurgie, Augen- und Ohronheillnuide.
Von den Complikationen, die die Prognose er-
beblich beeinträchtigen können, erw&hnt S t eine
Bchwere Phlegmone der den erkrankten Knochen
umgebenden Weichtheile (Anwendung permanenter
Bftder) und zweitens die Erkrankung der n&ohst-
gelegenen Oelenke, die in etwa 1/4 aller Fftlle auf-
trat Die Behandlung schwankte je nach der
Schwere zwischen Punktion und nachfolgender
Ausspülung mit desinficirender Flüssigkeit, Drai»
nage und Resektion. Die Amputation brauchte nur
in 4 F&llen von akuter Osteomyelitis vorgenommen
zu werden. P. W a g n e r (Leipzig).
464. Ueber TotalnekroBe des Unterkiefers
nach OateomyelitiB ; von Dr. 0. Faisst in
Tübingw. (Beitr. z. klin. Chir. XV. 3. p. 750.
1896.)
ToUdnekrase des Unterkiefers bei einem l^ähr.
Mädchen. Entfernung des Sequesters in 2 Hälften. Die
Nekrose war durch ahäe infektiöse Osteomyelitis be-
dingt. Fälle von Osteomyelitis des Unterkiefers sind
sehr selten; F. konnte nur 5 in der Literatur auffinden;
auch grössere osteomyelitische Sequester des Unterkiefers
sind nur wenige beschrieben. P. W a g n e r (Leipzig).
466. Operative Entfemmig eines intra-
oraniellen Tumors; vonDr.Seydel in Hünchen.
(Centr.-BL f. Chir. XXm. 13. 1896.)
Ein 47jXhr. Mann erkrankte 10 Jahre nach einem
schweren Schädeltrauma an beständigen heftigen Kopf-
schmerzen, Unsicherheit in den Bewegongen der rechten
Hand, rechtseitigem Hinken. Anfang 1895 Schwindel-
anfälle, Apathie. Die Untersochung ergab Parese des
rechten Annes und Beines; Zuckungen der Extremitäten,
die inuner im rechten Arme ihren Anfang nahmen. Becht-
seitige Stauungspapille, Abnahme der geistigen Kräfte
IL 8. w. Jodkalium und Schmierkur ohne Erfolg. Düi-
gnose : Hirntumor in der Gegend der linken Kolando'-
schen Furche. Freilegong der letzteren mittels osteo-
plastischer Schädelresektion. Der Durohmesser des aos-
gemeisselten Stückes betrag 6 cm und lag direkt über der
Kolando'schen Furche, ijn obersten Theile des um-
geklappten Knochenstückes befand sich eine umschrie-
bene, stark ausprägte Vertiefung des Knochens, in die
man gut die Spitze des kleinen I&gers einlegen konnte.
Entsprechend dieser Höhle sass ai^ der Dura ein kirsch-
kerngrosser, breit gestielter, knochenharter Tumor auf.
Wegen durch dieMeisselschläge entstandener zunehmen-
der Commotio oerebri zweizeitige Operation. 4 Tage
später Gircumoision der Dura um den Tumor. Dieser
reichte nicht weiter in die Tiefe und liess sich leicht ent-
fernen. Mikro^opisch erwies er sich als reines Fibrom,
Reaktionlose WtauUieüting, Verschwinden von Kopf-
sohmerz, Zuckungen und Stauungspapille; bedeutende
Besserung der Parese und des Schwindels; Wiederkehr
der geistigen Kräfte. F. W a g n e r (Leipzig).
466. Ueber 2 FSUe von operatiT behan-
delter Bindenepilepsie; von Dr. K. Weiss-
gerber in Giessen. (Münchn. med. Wohnsohr.
XLm. 16. 1896.)
W. berichtet über 2 Kr. mit traumaiis^ier Rinden*
epüepsie^ die vor einigen Jahren von P 0 p p e r t operativ
behandelt worden sind. Im 1. Falle handelte es sich um
einen lOjähr. Knaben mit allen 2ieichen der Jackson'schen
Bindenepilepsie: Beginn in einem Centrum und schritt-
weises Uebergreifen auf benachbarte Gentren ; die nach
dem Krämpfe zu erwartenden Paresen. Die AnfiUle be-
gannen stets in denselben Muskelgruppen und verliefen
alle gleichmässig. Der Fall war noch relativ firisch und
durch ein Trauma entstanden, das greifbare Verände-
rungen am Gehirn (kleiner Knodiendefekt mit fester Dura-
verwaohsung und bis in die Hirnrinde eindringende Narben-
masse) hinteriaasen hatte. Entfernung des Kaooheostäckes
und der Narbenmassen. Heikmjf. Der Kr. blieb 2 Jahre
anfallfrei, hatte dann wieder emen Anfall. Seit April
1894 ist er wieder anfUlfreL
Im 2. Falle handelte es sioh um einen 28Jähr. Mann,
der in seinem 10. Lebensjahre einen Schlag gegen den
Kopf erhalten hatte. Typische Jackson'sche l^ilepsie
seit 10 Jahren. Knochendefekt, kleine Himrindencyste;
Trepanation, Ezstirpation der Cyste. Heikmg, Die An-
fiUle, die vor der Operation während der 2 letzten Jahre
mitunter 3 — 4mal tägUoh aufgetreten waren, kamen nach
der Operation nur alle 4 — 5 Wochen und hatten an
Stärke abgenommen; jetzt sind sie seit iVt Jahren bis
auf einen Rückfall ganz weggeblieben.
P. Wagner (Leipzig).
467. Ein Beitrag snr Chirurgie des GMiims ;
von Prof. Hahn in Berlin. (Deutsche med. Wo-
chenschr. XXII. 14. 16. 1896.)
H. berichtet über 8 von ihm in den letzten Jahren
ausgeführte Trepanationen. Es handelt sioh um einen
Fall von Schnssverletzung des Gehirns mit Einheiluig
der Kugel, femer um eine akute Encephalitis, um 3 subh
durale und eine extradurale Blutung ohne nachweisbare
Fissuren, Frakturen oder Depressionen am Schädeldach,
2 ältere Fälle von Gehimabsoess und Hydrocephalus in-
ternus. 6 Kr. genasen. Die Einzelheiten der zum Theil
ausserordenÜich interessanten Beobachtungen müssen im
Originale nachgelesen werden. P. W a g n e r (Leipzig).
468. Bemarks on Operations on the Ghwse-
rian ganglion, with a report ot flve additional
oases; by W. W. Keen. (Amer. Jonm. of tfae
med. Sc. Jan. 1896.)
K. hat bereits Anfang 1894 über einen Kranken
mit Tic dooloureux berichtet, bei dem das Ganglion
Gassen entfernt wurde. Pat ist bisher 26 Monate
von seinen Schmerzen befreit geblieben. In diesem
Falle, sowie in 5 weiteren, die K. in der vorliegen-
den Arbeit mittheilt, hat er nach der Methode von
Hartley-Erause operirt 1 Kr. starb im An-
BohluBS an die Operation an septisdiw Meningitis;
bei 2 Er. entwickelten sich leichte Comeauloeni-
tionen ; bei einem Er. endhoh kam es zur Nekrose
des E!noohenlappens. Die endgOltigen Operatioas-
ergebnisse sind, soweit sieh das bis jetzt beortfaeUea
lässt, gut; jedoch melden sich bei den beiden zuerst
operirten Eranken (26, bez. 18 Monate nach der
Operation) ab und zn wieder ganz leichte Schmerzen.
P. Wagner (Leipzig).
469. Ueber die temporäre Ligatur der
groisen Gtoftaaatamme, mit besonderer Be-
rückaiohtigimg der Conatriktion der Garotia
ala Voroperation rar Oberkieferreaektioii ; von
Dr. H. Biese in WQrzburg. (Deutsche med. Wo-
chenschr. EXIL 5. 1896.)
B. hebt im Anschluss an die Mittheilang von
Senger (Jahrbb. CCXLYIIL p. 257) hervor, dass
Schoenborn schon in der E6nigsberger Klinik
die temporäre Ligatur der Carotis communis einige
Male ohne Schaden fOr den Eranken ausgefOhit
hat und dass er der Exartioulatio femon jetzt ge-
i
VlÜr. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
257
vOhnlich die temporäre Ligatur der Iliaca com-
mnnis vorausschiokt; die dauernde Unterbindung
dieses Oef&ssstammes führt leioht zu Gangrftn des
Yorderen WeichtheiUappens. Zur temporftren Liga-
tur bedient sieh Schoenborn jetzt eines aus
Stahl gefertigten Compressorium. Der Erfolg der
Compression war bei der Ezartioolatio ooxae
durchaus befriedigend, wenn auch eine sehr rnftssige
Blutung aus der Wunde doch noch eintrat Auch
bei der tempor&ren Ligatur der Carotis communis
war die arterielle Blutung sehr gering; die mikro-
skopische Untersuchung in einem Falle sprach für
die Zulässigkeit der temporären Ligatur, soweit ihr
Effekt auf die OeHteswandung bei der Beurtheilung
dieser Frage in Betracht kommt Es fand sich in der
Höhe der Ligaturstelle ein ca. ^/s des Umfanges
der Innenwand einnehmender, wandständiger und
ganz flacher Thrombus, der grösstentheils aus fein-
Adigem Fibrin bestand. Die Möglichkeit, dass
sich ein solcher Thrombus vergrössert oder fort-
gerissen und als Embolus in das Gehirn geschleppt
wird, scheint bei vorsichtig ausgeführter Constrik-
tion der Carotis sehr gering zu sein.
P. Wagner (Leipzig).
470. Bin Fall von nioht-traamatisoheiii
Aneurysma der Art vertebraliB ; von Dr. E. H u f -
Bchmid in Breslau. (Arch. f. klin. Chir. LDL L
p. 23. 1896.)
Das Aneurysma der Art. vertebralis ist bisher sehr
selten und dann stets nach einem direkten Trauma, Stich-
oder Schnsswunde, beobachtet worden.
H. berichtet mm von einem 58jShr., an starker
Arteriosklerose leidenden Er. derBreslauer chirargischen
Klinik, bei dem sich spontan, ohne Einwirken einer ausse-
ien Gewalt, ein fast hühnereigrosses Aneurysma der lin-
ken Art. vertebralis gebildet hatte. Die klinische Dia-
gnose konnte vor der Operation gestellt werden. Be-
merkenswerth war bei diesem Er. eine mehrere Tage vor
der Operation plötzlich auftretende Pupillendifferenz in
dem Sinne, dass die Pupille des gleichseitigen Au^es
oontrahirt war und auf Lichteinfall, wie Accommodation
kaum reagirte. Diese Erscheinung blieb auch nach Aus-
führung der Operation bestehen. Letztere bestand in
der doppelten Unterbindung der Art vertebralis dicht an
ihrem Ursprünge nach einer von Mikulicz vorgenom-
menen Modifikation derChassaignac 'sehen Methode.
Da die Freilegung des unteren Pols der Gefässgeschwulst
flammt dem Anfangstück der Art vertebralis wegen der
rtomlichen Beengung Schwierigkeiten machte, durch-
trannte Mikulicz die Qaviouluportion desEopfnickers
quer ca. 3 cm über der Clavicula. Der Muskel wurde
dann mittels Catgutnähten wieder vereinigt Seütmg,
Mehrere Monate später Tod an Apoplexie; keine Sektion.
P. W a g n e r (Leipzig).
471. Abstraot of a oUnioal leoture on
aneorysm; by William Thorburn. (Brit
med. Joum. April 27. 1895.)
Th. berichtet Über 7 Aneurysmen, die meist
nach Traumen entstanden waren und die er durch
Operation zur Heilung brachte. 1) Aneurysma
der Art. dorsalis pedis, geheilt durch Excision.
2) Aneurysma der Art femoralis communis in
einem Oberschenkelamputationstumpf; die Ampu-
tation war 20 Jahre früher wegen Tumor albus
des Knies ausgeführt worden. Excision des Aneu-
rysma. Der Er. starb spftter an Perforation eines
Aneurysma der Art. iliaca communis. 3) Aneurysma
der Art radialis, Excision. 4) Aneurysma der
Art femoralis mit Thrombosirung und Vereiterung.
Incision und Ausräumung des Sackes, dessen
Enden abgebunden wurden. Heilung. 5) Aneu-
rysma der Art. poplitea, Ligatur der Art femoralis,
Heilung. 6) Aneurysma der Palma manus, Ligatur
der Art. ulnaris. 7) Aneurysma der Subclavia,
durch Ligatur der Art axillaris und naohherige
Elektrolyse gebessert. Marwedel (Heidelberg).
472. Beitrag sn der Lehre Ton den trau«
matlachen Brkrankungen der Wirbels&ule;
von Dr. A. Henle in Breslau. (Arch. f. klin.
Chir. LH. 1. p. 1. 1896.)
Eümmell hat zuerst auf gewisse ^mt^ma^iscAe
Erhrcsnhungen derWirbdeäuie aufmerksam gemacht,
die von anderen Erkrankungen dieses Organs durch*
aus zu trennen sind und ein wohloharakterisirtes
Symptomenbild darstellen (vgL Jahrbb. GCXLYL
p.l70). H. theilt aus der Mikulicz 'sehen Klinik
4 nUle von traumatischer Erkrankung der Wirbel-
säule mit, die, wenn auch nur ein Fall nach dem
von Kümmell aufgestellten Typus verlaufen ist,
mit dessen Beobaditungen das gemeinsam haben,
dass bisweilen nach sehr geringfügigen Traumen
eine abnorme, längere Zeit nach Einwirkung des
Trauma progredient bleibende Weichheit der
WirbelkOrper an der betroffenen Stelle eintritt,
die zur Gibbusbildung u. s. w. führt In den
typischen Fällen müssen wir 3 Hauptstadien des
Verlaufes unterscheiden. Das erste ist das der
Verletzung unmittelbar folgende, in dem die Kran-
ken über Schmerzen in der Wirbelsäule zu klagen
haben. Ihm folgt als zweites das Stadium, in dem
die Erscheinungen wieder geschwunden, die Kran-
ken also anscheinend gesund sind, während man
als 3. Stadium die Zeit ansehen muss, in der sich
die weiteren Folgen der Verletzung, die Gibbus-
bildung u. B. w. einstellen. Das 2. Stadium wird
um so ausgeprägter sein, je leichter die Verletzung
war, je schneller ihre direkten Folgen schwanden ;
dagegen kann bei schwereren Verletzungen das
1. Stadium so verlängert werden, dass sich das
dritte unmittelbar an das erste anschliesst. Das
letztere wird besonders häufig der Fall sein bei
ausgesprochenen Wirbelbrüchen, denn auch bei
diesen kann, wie Schede, KOnig und Küm-
mell selbst hervorheben, die besprochene abnorme
Weichheit der WirbelkOrper eintreten.
Nach den bisherigen klinischen Erfahrungen
(ein genauer Sektionsbefund liegt noch nicht vor)
k(^nnen wir nicht sagen, ob die primäre Verletzung
in einer Fraktur bestehen muss, oder ob auch an-
dere, leichtere Schädigungen (intra-, bez. extra-
durales Hämatom — Mikulicz — ) genügen, um
die progressive Erweichung auszulesen. Noch viel
weniger sind wir in der Lage, über die Art und
268
VnL Ghiraigie, Allgen- imd OhrenheUlnmde.
Weise, wie die Verletzung zur Erweichung fOhrt,
Aufsohluss zu geben. Am ehesten müsste man
an einen der gewöhnlichen Osteomalacie nahe-
stehenden Process denken.
Diagnostisch bieten sich namentlich Schwierig-
keiten, die Spondylitis tuberculosa sicher auszu-
schliessen. üeber die I^ognoss lassen sich zur
Zeit noch keine allgemeinen Regeln aufstellen. Bis-
weilen kommt der Process bei geeigneter Therapie
nach einiger Zeit zum Stillstand ; die einmal ge-
bildeten Deformitäten bleiben zwar mehr oder
weniger bestehen, aber es kann doch noch eine
erträgliche oder sogar gute Funktion der Wirbel-
sAule zu Stande kommen. Die Behandlung besteht
in energischer Extension bei Bflckenlage des S[ran-
ken, eventuell in einem gutsitzenden Filz-Qips*
corsett P. Wagner (Leipzig).
473. Weitere Beitrige mr Anatomie der
BkoUose ; von Albert (Wiener klin. Rundsdiau
Nr. 48. 49. 51. 1895.)
um die Formveränderungen skoliotischer Wirbel
genauer zu erkennen, hat man sich stets bemüht,
die sagittale Mittellinie, also die anatomische „Mitte
vom und Mitte hinten" des Wirbelkörpers zu fin-
den und dann erst die linke und rechte Hälfte
miteinander zu vergleichen. Das „Mitte hinten'^
entspricht unstreitig den hinteren Emissarien des
Wirbelkörpers, das „Mitte vom" dagegen stand
bisher nicht unzweifelhaft fest A. findet dieses
nun dadurch, dass er an die Dreieckgestalt
des Eörperquerschnitts besonders oberer Dorsal-
wirbel sich erinnernd nach der Spitze des Dreiecks
sucht. Sie Iftsst sich fast immer noch feststellen.
Es zeigt sich, dass bei dieser Auffassung die
Mittellinie des Bogens mit derjenigen des Wirbel-
kOrpers beinahe zusammenfSllt.
Femer hat sich A. mit der Streitfrage der
Rotation oder Torsion der skoliotischen Y^bel-
säule beschAftigt Obwohl er selber die Torsion-
erscheinungen eingehend analysirt und auf fron-
taler, sagittaler und horizontaler Projektion unter-
sucht hat, schien ihm die Torsion nicht aus-
reichend zur Erklärung der in die Augen fallenden
Windung der Wirbelsäule. Eine genaue Prüfung
ergab ihm in der That Rotation der Wirbel gegen-
einander und als deren anatomischen Ausdruck
Verschiebung imd YerUngerung derconcavseitigen
Oelenkflächen. Die Stellung der (^elenkfifichen
im Dorsaltheil in nicht rein frontaler Richtung
lässt eine reine Seitenneigung ohne gleichzeitige
Drehung unmöglich erscheinen. Es wirken also
Torsion und Rotation zusammen, um die Windung
der skoliotischen Wirbelsäule zu erzeugen.
Yulpius (Heidelberg).
474. Bin nener Bedressionsapparat fOr
Skoliose; von Tausch. (Münchn. med. Wo-
chenschr. XLIL 50. 1895.)
T. geht von dem riohtigeii Gesichtspunkt aus, dass
die wiohtij^Bte Grundbedingung der Wirksamj^eit eines
BkoliosencorBotts die genaue Anpassung an das Beckeu
darstellt Er verwendet deshalb einen beckentheil« der
jederseits aus einem Hüft- und einem Trochanterfougol
besteht Von dieser Basis erhebt sich eine Rüokenstange,
an welcher die Achselstützen in origineller Art so be-
festig sind, dass die Schultern bdiebig stark und doch
elasüsoh gestützt sind. Femer geht von der Rüoken-
stange ein elastischer Spiralgmi aus, der die Correktur
der seitlichen Ausbiegung und die Torsion bewirken solL
Nach Ansicht des Ref. vermag dieser Apparat in der
heissesten Jahreszeit etwa die Fi scher- Loren z'sche
Bindenwickelung zu ersetzen, bei einer emsthcheo Yer-
krümmong hat er alle Naohtheile eines Geradehaiters
gegenüber einem flächenhafl angreifenden Corsett aus
irgend welchen Substanzen. Y ul p i u s (Heidelberg) .
475. Beitrag mr Aetiologie and Operation
der desmoiden QesohwülBte der Baudhwand;
von Dr. W. Kramer inOr.Qlogau. (Arch. f. klin.
Chir. LH. 1. p. 34. 1896.)
Er. berichtet über einen Fall von anffebormum
faseialem Deamoid der vorderen Batu/ßhuoemd bei einem
4Va)ähr. Mädchen. Die halbkugelige, ca. 750 g sohwers
Gesehwulst, die sich von der Fascia transversa abdomin.
aus entwickelt hatte, wurde mit Erfolg entfernt Die
histologische Untersuchung ergab ein typisches Spmdel'
xdlenaarkom, */4 J^hr nach der Operation weder BecidiV|
noch Bauohbruch.
Dieser bis jetzt einzig dastehende Fall, dass
DesmoidgeschwüUste der Bauchfasden angeboren
vorkommen kennen, Usst daran denken, dass, wie
früher bereits von Qrfttzer angenommen wurden
auch die bei Erwachsenen in Erscbänung treten-
den Desmoidgeschwülste der Bauchwand embryo"
nalen BUdungsfehkm ihren Ursprung verdanken«
Bezüglich der Technik dieser Oeschwulstopera-
tion geht Kr. besonders auf die Behandlung des
durch die Desmoidexsiirpaiion gesetzten Baudneand'
defektes ein. Er hat diesen in seinem Falle erfolg-
reich durch Muskeherjschiebung gedeckt In einem
Falle von fast halbhandgrossem PerHonäaUtfeU
verwandte er die Serosa eines gleichzeitig bestehen-
den Leistenbruches mit Erfolg zur Deckung.
P. Wagner (Leipzig).
476. Ueber retroperiton&ale Lymphgyeten ;
von Dr. A. Narath in Wien. (Arch. f. klin. Chir.
L. 4. p. 763. 1895.)
N. berflcksichtigt in dieser Arbeit nur jene
Cysten, die retroperitonAal entstanden und un-
zweifelhaft retroperitonaal geblieben sind. Der-
artige Tumoren kommen zu beiden Seiten der
Wirbelsaule vor, hauptsSdüich in der Umgebung
der Nieren. Die meisten retroperitonäalen Cysten
nehmen von den Nieren, vom Pankreas und vom
weiblichen Genitale ihren Ursprung und stellen
Geschwülste dar, deren Diagnose im Allgemräen
keine besondere Schwierigkeit bietet Dagegen
lassen sich die übrigen cystischen Tumoren des
retroperitonäalen Raumes nach dem bisher vor-
liegenden spärlichen Materiale kaum mit einiger
Wahrscheinlichkeit erkennen. Sehen wir von den
Abscessen ab, die diagnostisch auch noch in Be-
tracht kämen, so können wir 5 verschiedene Cysten-
formen unterscheiden; SerösSf Dermoid^, E^m^
YHl. Chirurgie, Augen- und OhrenheiUninde.
259
eoeeu»-, Ebd- und Lyn^hr, bez. Chyluseystm, Alle
diese bis jetzt beschriebenen Cysten waren ein-
kftmmerig; mehrkämmerige cystisohe Bildungen
Dulden sich in soliden Tumoren, wie Fibromen und
Sarkomen. Hit Ausnahme der serösen Cysten sind
alle diese Cysten sehr selten.
K berichtet über 2 seltene Fftlle von retrch
penionäalm Lymphcifstm.
1) 5^tthr. Mann mit über «mamiskopfgrosser Oe-
Bchwulst in der linken Baucbbälfte. Die O^hwnlst gab
leeren Perkussionschall, sass nnverschieblioh der un-
teren Banohwand anf, flnktuirte sehr dentlioh, wölbte
Nierengegend, Flanke imd hnke Oberbancbgegend vor
and ubersohritt die Mittellinie nach rechts zu. Sie er«
streckte sich Tom Zwerobfell bis fast zum Poupart*8cben
Bande, hatte das Colon descendens und transversum nach
vorn und unten, den Magen nach rechts und oben, den
Dünndarm nach rechts gedrän^ Lumbaischnitt, Punk-
tion, Incision und Etaburung emer weiten Fistel. Tod an
Septikämie in Folge einer Ton «aderor Seite gemachten
Probepunktion. & handelte sich in diesem Falle am
eineeinkammerige, unterhalb der Nierengefässe, zwischen
Ureter und Vena spermatica entstandene Chylosoyste.
2) Ein 2^'ähr. Mädchen hatte eine über mannsfaust-
srosse, seit 2 Jahren bestehende Geschwulst vom am
Oberschenkel, die fluktuirte, leeren Schall gab, sich
durch Druck yerkleinem liess und deutlichen Anprall
beim Husten zeigte. Im Bauche kein Tumor nacnzu-
weisen. Bei der Operation fand sich eine dünnwandige,
Chylus enthaltende, einkammerige Cyste, die sich nach
oben zu einem Stiel verschniälerte , der unter den
oohenkelgellissen hindurchging, durch die Lacunamuscu-
lomm die Bauchhöhle aufsuchte und in der Furche
twiaohen Iliacus und Psoas retroperitonäal bis fast zur
Leodenwirbelsäule reichte. Vollkommene Ezstirpation
der Cyste. Beüung,
N. glaubt, dass die Cyste ursprünglich retroperi-
tonSai sass und erst allmählich durch dieLacuna muscu-
lomm nach aussen gewachsen sei, ähnlich einem kidten
Abecesse. P. W a g n e r (Leipzig).
477. lieber die operatiTe Belumdlang der
mftnnliohen Bpispadie und Hypospadie nach
Boaenberger'a Methode; von Dr. W. Denison
in Strassburg. (Beitr. z. klin. Chir. XV. 3. p. 735.
1896.)
Im J. 1891 hat Bosenberger eine Methode
beschrieben, durch Lapp^nbildung aus der Bauoh-
haut die JE^piapadie zur Heilung zu bringen. Den
Qedanken Bosenberger's benutzten sodann,
Qmibhftngig von einander und fast gleichzeitig
Landerer und Bidder zur Behandlung der
^/poapadie, indem sie die Penisrinne durch Lappen-
bildung aus dem Scrotum schlössen. Die 3 Autoren
haben nach ihren Methoden im Ganzen 7nial ope-
rirt D. theilt nun 3 weitere Fälle mit, in denen
von Madelung nach Rosenberger's Ver-
fahren operirt worden ist (1 Hypospadie, 1 Epi-
spadie und 1 nach Epispadieoperation zurück«
gebliebene Fistel).
Auf Qrund der im Oanzen 10 Fälle fasst D.
sein ürtheU folgendermaassen zusammen: Für die
operative Behandlung der Epiapadie giebt die
Bosenberger'sche Methode tMä &0M0r6 End-
resultate, als die früheren Methoden. Sie beseitigt
die Incoatinentia urinae nicht und bessert die
Form des Penis (für die sexuelle Funktion) nicht
Sie steht hinter derjenigen von T hier seh (mit
den Modifikationen von/Eroenlein und Tren-
delenburg) zurück. Hingegen ist sie leichter
ate diese ausführbar und mit ihr die Bildung einer
geschlossenen Harnröhre in wesentlich kürzerer
Zeit zu erreichen.
Für die operative Behandlung der HypospadU
stellt die Bosenberger'sche Methode einen
Fortschritt dar ; sie zeichnet sich vor anderen Ver-
fahren durch Ein&chheit und Sicherheit in der
Ausführung aus; allerdings beeinflusst sie die
Deformität des Gliedes nicht, vermehrt vielleicht
sogar die Neigung zur hakenförmigen Krümmung.
P. Wagner (Leipzig).
478. llote rar le yariooodie et son traite-
ment; par J.-J. A. Dardignaa (Bevue de Chir.
XV. 9. 1895.)
In dieser sehr weitschweifigen, mit zahlreichen, zum
Theil recht unschönen Abbildungen versehenen Arbeit
beschreibt D. seine Metbode der Varioocelenoperatioo,
die sich an die vonBazy-PeyrotmodificirteHenry'-
sohe Resektion des ScroHnn anlehnt und je nacbdem
ein- oder doppelseitig vorgenommen wird. Nacbdem die
Hoden gegen den äusseren Leistenring nach oben ge-
schoben worden sind, legt D. 2 besonders construirte
Klemmen mit der Concavität nach innen, möglichst hoch
an die beiden Hodensackhfilften an, legt dann nach sub-
cutaner Cocaininjektion eine Beihe von Nähten Ifings der
Convexitat der Klammer durch die Sorotalhaut und
resecirt die Hodenhaut in schräger oder querer Bichtung.
Knüpfung der Nähte, Abnahme der Klemmen, Druok-
verband.
18 Krankengeschichten illustriren die anscheinend
von dauerndem Erfolge begleitete Methode.
P. Wagner (Leipzig).
479. üeber Hydrooele bUooalaria intra-
abdominalis; von Dr. Vollbrecht in Breslau.
(Arch. f. klin. Chir. UL 2. p. 223. 1896.)
Unter Hydrocek büoculcaria MraaMominalis ver-
stehen wir eine abgekapselte Flüssigkeitansamm-
lung in 2 mit einander oommunicirenden SAcken,
von denen der eine im Abdomen, der andere in
der Leiste oder im Scrotum liegt Die Form ist
also keine rein abdominale und würde besser als
Hydroeele inguifw^smaeroio(d)d(mnnali8 bezeichnet.
Nach Kocher sind in der Literatur 24 F&lle
dieser Hydrooele bekannt geworden. Eine weitere
Beobachtung theilt V. aus der Breslauer Chirurg.
Klinik mit DieBadikaloperation der ausserordent-
lich grossen bilooularen Hydroeele wurde von
Mikulicz mit Erfolg vorgenommen. V. be-
spricht kurz die Symptome der biloculären Hydro-
eele und macht namentlich auf die besonders von
Trendelenburg hervorgehobenen differential-
diagnostisohen Beziehungen zwischen Hydroceie
büocularii äbdommaÜs und Hemia inguima-properi-
ianaecdia aufmerksam.
Eingehender beschftftigt sich V. mit der Eni-
stehung der büoeulären Hydtocde und kommt hier-
bei zu folgenden Ergebnissen: Gewisse patho-
logische Zustünde im Qebiete der m&nnlichen Qe-
26d
Ym. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Bohlechtaorgane weiaen unTerkennbar darauf hin,
dass Theile des Oirald^s'schen Organs, nämlich
seine Schläuohe, nicht inimer spurlos zu Grunde
gehen, sondern bestehen bleiben und alsdann An-
läse zur Entwickelung der Hydrooele bilocularis
intraabdominalis und der ihr verwandten Formen
geben können. Hierfür spricht 1) dass Hydro-
celen in den ersten Tagen und Wochen nach der
Geburt weit häufiger beobachtet werden, als im
späteren Lebensalter; 2) dass insbesondere die
bilocidare Hydrooele sich in Bezug auf ihre Ent-
stehung bis zu den ersten Lebenstagen verfolgen
lässt und dass ihr Wachsthum häufig in eine Zeit
fällt, in der die Schläuche des Corps innominö
auch unter normalen Verhältnissen ihre grOeste
Entwickelung zeigen.
Was die Behandlung der biloculären Ejfdrocde
anlangt, so ist die Punktion mü nachfolgender Jod'
einspritxung auf solche YHle zu beschränken, in
denen man bei der Kleinheit des Zwerchsackee
sicher sein kann, dass die JodlOeung auch mit allen
Theilen der Wandung gleichmässig in Berührung
kommt Bei grossen büoculären Hydrocden ist die
Eadikaloperation am Platze. Empfehlenswerth ist
hier der vonMikulicz mitErfolg eingeschlagene
Weg, nur die innere seröse Auskleidung des Sackes
in toto herauszuschälen und so eine wunde Fläche
zu schaffen, die sich für eine direkte Yerklebung
nach Anlegung tiefer Nähte vorzüglich eignet
Der bei der biloculären Hydrooele stets mehr oder
weniger stark erweiterte Leistenkanal wird nach
der Methode von Bassini verschlossen.
P. Wagner (Leipzig).
480. Traitement de i'hydrooele de la tu-
nique vaginale par llqjectioii irritante et le
dndnage; par K Nicaise. (Bevue de Chir. XV.
12. 1896.)
N. empfiehlt folgende sichere und vor allen
Dingen rasche Behandlung derHgdroeek: Punktion
am unteren Theile der Geschwulst mit einem
Trokar (Durchmesser 14 nach Charrier£^^ Ent"
leerung von etwa 1/3 der Flüssigkeit, Injektion einer
Gocainlösung (3 — 4cg Cocain^ die man nach 4 bis
5 Min. wieder ablaufen lässt; dann Injektion von
reiner oder verdünnter Jodtinktur, leichtes Kneten
des Scrotalsackes , Herauslaufenlaseen der Jod«
tinktur. Nun wird am oberen Theile der Höhle
eine Gtogenöffnung angelegt, in die mittels eines
durch die Trokarkanüle eingefOhrten Fadens ein
Drainrohr hinein* und durch die Punktionsüffnung
hindurchgezogen wird. Verband. Das Drainrohr
wird nach 3 — 7 Tagen entfernt
Die Drainage kürzt die Heilung entschieden
sehr ab, indem sie das sich bildende Exsudat direkt
nach aussen ableitet P. W a g n e r (Leipzig).
481. Ueber Bmpyema tonioae vaginalis;
von Dr. M. Fürst in Hamburg. (Festschr. zur
Feier d. 80]ähr. Stiftungsfestes d. ärztl. Yer. zu
Hamburg. Leipzig 1896, A; Langkammer.)
Eiteransammlung in der Hühle der Tonica
vaginalis als Complikation der QonorrhOe ist ein
s^r seltenes Yorkommniss. Unter 2595 Neben-
hodenentzündungen, die von 1882 — 1894 in der
Abtheilung von Engel-Reimers zur Beobach-
tung kamen, konnte nur Imal diese Complikation
festgestellt werden. Einen 2. FaQ konnte F. im
vergangenen Jahre beobaehten. Durchaus nicht so
selten wie das Empyem der Tunioa vaginalis sind
Abscesse in der Hodensubstanz im Verlaufe der
Epididymitis gonorrh. beobachtet worden: unter
2595 Fällen 24mal. T^i^BehandJI^ng desEn^nfems
ist chirurgisch: Incision an der abhängigsten Stelle
des Abscesses, antiseptische Ausspülung der Abcess-
höhle, Drainage. P. W a g n e r (Leipzig).
482. Ueber Heüungsreaultate von ITnter-
■cbenkelbrüdhen mit Besnc auf daa UnllUl«
yersiühenmgsgeaets ; von Dr. P. Jottkowits
in Eönigshütte O.-Schl. (Deutsche Ztschr. f. Chir.
XLII. 6. p. 610. 1896.)
J. berichtet übmr die Hßüung von 71 unter*
Schenkelbrüchen mit Bezug auf das Unfaüvereiche-
rungsgesetx. Diese Statistik umfasst die Jahre
1893—1894. Das Königshütter Knappsohafts-
lazareth besitzt seit dem 1. April 1893 ein eigenes
Zander- Institut, so dass sich die medico-mecha-
nische Behandlung in völlig ungezwungener Weise
meist während der Carenzzeit schon an die klinische
Behandlung anschliesst
Die durchschnittliche Behandlungsdauer bei
diesen 71 subcutanen ünterschenkelfrakturen be-
trug 116.3 Tage, von denen 54.3 auf die klinische,
62 auf die medico-mechanische Behandlung ent-
fallen. Bei dieser durchschnittlichen Behandlung-
zeit wurde völlige Heilung, bez. gänzliche Erwerbs-
f&higkeit am Tage der Entlassung ausdemLazareth
erzielt bei 39 ■« 55% der Kranken, und von diesen
waren 34 »» 48<^/o geheilt vordem 91. Tage. Eine
Einbusse an Erwerbsfähigkeit bestand am Ent-
lassungstage bei 32 •-• 45% der Verletzten, und
zwar betrug sie 10— 20% in 3, 20—30% in 18,
30—40% in 11 Fällen. Von diesen Entlasseaea
wurden bis Ende 1894 noch 10 völlig erwerfosföhig.
40 Fhikturen betrafen die Halleolarregion ; bei
einer durchschnittlichen Behandlungsdauer von
89.4 Tagen gelangten zu völliger ErwerbsfiUügkeit
am Tage der Entlassung 31 «« 77.5%. Der Em-
fiuss systematischer mechanischer Nachbehandlung,
bez. des Ineinandergreifens klinisch« und mecha-
nischer Behandlung ergiebt sich aus einer Qegen-
überstellung der jetzigen und der früher erzielten
Besultate. Bei einer geringfügigen YerlSngemng
der Behandlungsdauer von 12 Tagen in den letzten
beiden Jahren wurde an Heilungen überhaupt dn
Plus von 6 «" 8% erzielt Innerhalb der Garenz-
zeit gelangten früher 25 «» 36<^/o, jetzt 34 — 49%
aller Brüche zur Heilung. Es zeigte sich femer eine
völlige Verschiebung der Höhe der bd der Ent-
lassung bestehenden ErwerfosunlShigkett znOunsten
VUL diirargie, Augen- und OhrenhoUkunda
261
der leteton beiden Jahre. W&hrend in denfrüheren
Jahren von 38 Invaliden 0 •-» 38.6^0 eine Eni-
sohädignng von 40 — 60<^/o erhielten, brauchte eine
solche jetzt überhaupt nicht zuerkannt zu werden,
und eine Erwerbsunfähigkeit von 30 — 40<>/o, die
früher in mehr als der Hälfte der FUle, nämlich
unter 38 bei 26 ■» 68.6*/o der Invaliden bestanden
hatte, war jetzt nur bei 11 — ■ 34.4^/o festzustellen.
Die Mehrzahl der Invaliden, nämlich 16 -» 56.2<^/0,
wurde jetzt auf eine Einbusse an Erwerbsfähigkeit
von 20— 30«/o geschätzt. P. W a g n e r (Leipzig).
483. Zur BehsndliUQg de« Soblftsael-
beinbraohes (Spanletteiiyerband) ; von Dr. K
Braatz. (Centr.-Bl. f. Chir. XXm. 1. 1896.)
Br. hat für Sohlüsselbeiobniohe einen sogen. E^pao-
lettenverband constmirt, der sich in seinen Grundzügen
an den 8 ayre 'sehen Heftpflasterverband anlehnt, aber
dessen Hauptfehler (Abgleiten der Binden am Eilenbogen
der kranken nnd an der Schulter der ^nnden Seite) ver-
meidet Br. verhindert dieses Abgleiten dadurch, dass
er an diesen Stellen eine gepolsterte Gipskapsel anbringt
Als Material dazu benutzt er in Gipsbrei getanchtos
Hessian oder Formleinen. P. W a g n e r (Leipzig).
484. Ein Fall von Bzartiknlation des Arme«
mit Bntfexnting des Sohnlterblattes und der
lateralen iwei Dritttheile des Sohlüaselbeines ;
von Prof. A. Köhler in Berlin. (BerL klin.
Wchnschr. XXXII. 48. 1895.)
£. hat die in der Üeberschrift bezeichnete Operation
mit günstigem Erfolge bei einem 34jä1ir. Er. we^^en Myxo-
sarkoms des Oberarms ausgeführt, das bereits die benach-
barten Weiohtheile, die Kapsel und Moskelansatze er-
giifien hatte. P. Wagner (Leipzig).
486. Heber die heutigen Verflthren nr
Padadart.hgof enbetlmg ; von Dr. W. Hüll er in
Aachen, (v* YoLkaaann's SammL klin. Yoctr.
N. F. Nr. 145. 1896.)
Fasat man den Begriff „Psmdaräirosif* paOuh
hgisebronaUmmch und dem Worte entspreohend
aoi^ so ist er eng begrenzt und kann sich, da er
das Vorhandensein wirklicher Qelenkbestandtheile
vomnaaetzt» nur auf einen kleinen Bruohthdl der
lUle bezidien. Nimmt man ihn gemftaa der AK-
niaehen Qepflogenheit, so hat man darunter alle
diejenigen aiationären Zustände zu verstehe, die
in Folge einer stattgehabten Conünuitätstrennung
eines Knochens zurflokbleiben kOnnen, deren Haupt*
kriterium aber die bleibende abnorme Beweglichkeü
ist, mag diese durch Festigkeit der Zwischenmasse
auch noch so gering sein. Tom rein praktischen
und namentlich vom therapeutischen Standpunkte
aus ist der Begriff der Pseudarthrose ktmieeh auf-
zo&aaen.
In ^erAetiologie der PBeudarihroeen überwiegen
bei Weitem die lokalen Ursachen (conservotivefl
Yerbkran bei sehweren complicirten Frakturen).
Den Uebergang von der Fraktur %ar Pseud«
arthroee bilden die im Ganzen häufigeren Mraiö^feriMi
QmeoUdiUumen, von denen viele spontan, andere
durch die verschiedenen Mittel heilen, die einen
Med. Jahrbb. Bd. 250. Kit 3.
gewissen funktionellen Beiz auf die Bruchstelle
ausüben. Als gute Unterstützung gelten dabei mit
Becht die künstlich erzeugte Stauung und die
Massage.
Die bkUig-cperaifven Verfahren, die die breite
Freilegung der Fragmente zur Voraussetzung haben,
und die bezwecken, ähnliche Verhältnisse her-
zustellen, wie wir sie bei frischen complicirten
Frakturen vor uns haben, verdienen bei allen Pseud«
arthrosen, die etwa ^/^ Jahr und länger bestehen,
als die rascher und sicherer zum Ziele führenden
Verfahren den Vorzug. Die Bseektion derKnochenr
enden in ihren verschiedenen Modifikationen musa
unter den Radikaloperationen als das Normal«
verfahren betrachtet werden, das für die Mehrzahl
der Fälle passt und mehr leistet, als alle übrigen
Verfahren. Die verschiedenen Methoden der Besek-
tion und der Fixation der Knochenfragmente wer«
den von M. auf Qmnd instruktiver Abbildungen
kurz besprochen.
Zwischen Besektion und Osteoplastik steht die
nur am Unterschenkel ausführbare Umpflanzung»*
meihode von Hahn.
Um die bei Pseudarthrosen so häufig bestehen'«
den grösseren Defekte, die entweder von vornherein
vorhanden sind, oder aber durch Besektion der
Bruchenden geschaffen werden müssen, oline aUxu
störende Verkürzung zu beseitigen, finden die osieo^
plastischen Mähoden, und zwar namentlich die«
jenigen dex Bomcplastik \uxi.Äuiopla8iik mitgünsti«
gem Erfolge Anwendung. Auch die Beteroplastik
kann sich zur Heilung mancher Pseudarthrosen ala
nützlich erweisen, indem die implantirten Fremd«
kOrper die Knochen fixiren und die Knochenbildung
begünstigen. Während die Homoplastik in Folge
verschiedener praktischer Bedenken nur in be«
schränkter Weise vorgenommen werden kann, ist
die Äuioplastik wohl in jedem Falle von Pseud«
arthrose anwendbar. Namentlich empfiehlt sich
hier die von Wolff geplante, vonNussbaum
zuerat mit Erfolg ausgeführte Ueberbrüekung der
Fragmente mit dicken Enochen-Periostsegmenten.
2 eigene Beobachtungen werden von M. kurz an«
geführt
Um ganz sicher zu gehen und vor allen etwaigen
Vorkommnissen geschützt zu sein, thut man gut,
mehrere Verfahren gleichzeitig anzuwenden. Bei
der Patelkh und Okorananpseudartkrose besteht die
einzige rationelle Behandlung in der Freilegung
der Fragmente, der Entfernung der Weichtheila
zwischen ihnen und der Anfriachung mit nach-
folgender genauer Adaption der Fragmente und
lizirung durch Naht oder Klammem. Hierbei
darf das Qlied nicht längere Zeit in StrecksteUung
immobilisirt werden.
Operative EingriffiB \m NichtVereinigung oder
PeeudarOirosenbildung der SchenkelhaisfrMur sind
bisher nur selten unternommen worden. Die Ein«
griffe bestanden in 1) Nagelung oder Verschrau^
bung vom Trochanter aus, der am besten zuvor
34
262
YAL Chirurgie, Augen- und Olirenheilkunde.
firdgelegt wird; 2) in Extraktion oder Besektion
des Scfaenkelkopfes, bez. des intraartikulfiren Frag-
mentes; 3) in Freilegung der Pseudarthrose mit
unmittelbarer Fixation der angefrischten Frag-
mente. Nach letzterer Methode hat M. 2 Er. be-
handelt; einen mit günstigem Erfolge. Bei dem
2. Er. ist die Zeit noch zu kurz, um das Resultat
zu beurtheilen. P. W a g n e r (Leipzig).
486. Bakteriologiflohe Unteraaohiixigeii über
den IMnflniw yon yersohiedeiien speolell «nü-
aeptisohen Verbfinden auf den Keimgehalt
des lidrandea und Bindehaataaokes; von Dr.
L. Bach in Würzburg. (Arch. f. Augenhkde.
XXXL 2. p. 181. 1895.)
B., der in den Berichten Über frühere Unter-
suchungen wiederholt den Werth des Lddschlages
und der Thrftnenflüssigkeit in Beziehung auf den
Keimgehalt des Bindehautsackes betont hat, fand
bei neueren Untersuchungen, dass ein trockener
Verband den Eeimgehalt geradezu vermehre. Aber
auch durch einen antiseptischen Verband mit
Sublimat 1 : 3000 und Hydrargyrum oxycyanatum
1 : 5000 sind wir nicht im Stande , mit einiger
Sicherheit die Lidrftnder oder den Bindehautsack
steril zu machen, ja es kann auch unter diesen Ver-
banden eine Eeimvermehrung stattfinden.
Lamhof er (Leipzig).
487. Beitrag nirSotropituii-Operation; von
Dr. Augsteinin Bromberg. (Centr.-Bl. f. Augen-
hkde. XIX. p. 354. Dec. 1895.)
All die verschiedenen Verfahren beim Ectro-
pium senile, paralyticum, cicatriceum haben nach
A. wenig Werth, wenn sie nicht die 3 Symptome :
Verlängerung, Tieferstellung des Lides und Ver-
^össerung der nach auswärts gekehrten Bindehaut
wegbringen. Da ist aber unbedingt nOthig, dass
die alte Scheu davor, von der !Bindehaut etwas zu
entfernen, aufgegeben werde. A. hat nach den an-
geführten Erankengeschichten mit der Methode von
Dieffenbach und gleichzeitiger Ausschneidung
eines Stückes Bindehaut sehr gute Erfolge erzielt
Lamhof er (Leipzig).
488. Bin weiterer Beitrag snr Blepharo-
plaatik; von Prof. W. ühthoff in Marburg.
(Deutsche med. Wchnschr. XXn. 11. 1896.)
ü. berichtet über den gelungenen £rsatz des unteren
Lides eines 61 jähr. Kr., bei dem durch Carcinom das ganze
Lid sammt der Bindehnnt zerstört worden war, durch
einen Schl&fenlappen, auf dessen Innenfl&che ein grosser,
der Unterlippe des Er. entnommener Sohleimhantlappen
gepflanzt wurde. Obgleich ü. in einem jüngst veröffent-
Schten Falle, in dem er bei einer Er. eine Ünterfatterong
des gestidten Lappens mit einem schürzenförmi^en Lappen
ans dem oberen lide vorgenommen hatte, einen recht
faten Erfolg erzielt hat, so möchte er doch die Schleim«
autüberkleidung des gestielten Lappens (Operation in
2 Theilen) vorziehen, weil selbst die Haut des lides Här-
chen enthält, die später die Hornhaut reizen können.
L a m h 0 fe r (Leipzig).
489. Die Bzatirpation der ThrSnendrüsen
bei Thr&nentränfeln ; von Dr. Hegg in Bern.
(Corr.-Bl. f. Schweizer Aerzte XXV. 22. 1895.)
H. macht bei übermässiger, langdanemder
Thrftnenabsonderung die Exstirpation der palpebra-
len Thränendrüse nach L. de Wecker. Bei
eitriger Entzündung des Thranensackes rftth er
davon ab, empfiehlt sie aber bei Keratitis ecsema-
tosa mit heftiger Lichtscheu und starkem Thränen.
Die Cocain- Anästhesie der Bindehaut reicht nach
H. für eine erfolgreiche sichere Operation nicht
aus; es ist Aether^ oder Chloroform-Narkose n6fhig.
Lamhofer (Leipzig).
490. Bin Beitrag snrKexmtniBS derTaber-
kQloaa der Augapfel -Bindeliaat; von Dr. E.
Franke in Hamburg. (Festschr. zur Feier des
80jähr. Stiftungsfestes des firztl. Yereins zu Ham-
burg. Leipzig 1896. Alfred Langkammer, p. 69.)
Bei einem 7jähr. kräftigen, von gesuiden Eltern ab-
stammenden Knaben traten nach innen von derHomhaat
zahlreiche Bläschen in der Bindehaut des Augapfels und
einzelne kleine Follikel nach aussen in der unteren üeber-
{»ngsfalte auf. Gleichzeitig bestand eine Schwellung der
rräanriculardrüse der rechten Seite. Li ausgeschnittenen
Stückchen der Bindehaut wurden verkäste Knötchen mit
Biesenzellen ohne Tuberkel gefunden; einige Bacillen
dagegen in einem Ixisknötchen eines Kaninchens, in
dessen vordere Kammer ein Stuckchen der Bindehaut
gebracht worden war. Die ^ze erkrankte Stelle der
indehaut wurde ausgeschmUen , ebenso die Präaori-
culardrüse. Der Knabe war während einer 1 Jahr langen
Beobachtnngsdauer ausser seinem Augenleiden vollstSn-
dig gesund. F. stellt noch die wenigen in der Literator
veröffentlichten Fälle von tuberkulöser Erkrankung der
Bindehaut zusanmien. Lamhofer (Leipzig).
491. Queckflilberozyoyanid mr Behaad-
lung der filenorrhoea neonatonun; von Dr.
V. Sicherer in München. (Münchn. med. Wo-
chenschr. XLL 49. 1895.)
Li der Münchener Univ.- Augenklinik wird seit
einigen Jahren bei Blennorriioea neonatcxum die
Bindehaut der umgestülpten Lider mindesteDS
einmal des Tages mit einer Lösung von Qneok-
silberoxycyanid (1 : 500.0) übergösse, v. 8. bfilt
diese LOsung für viel weniger reisend als die
SublimaÜüsung und das ganze Verüshren für viel
einfschw als die HöllensteinbepinselHng. Der Er-
folg war sehr gut Lamhofer (Leipsil:).
492. L'influenoe de pays etdelaraoedana
l'etiologle du traohome; par Swan M. Bur-
nett, de Washington. (Ann. d'Oculist. LEK. 3.
p. 184. Mars 1896.)
Die von B. aufgestellten Erfahrungsätse rich-
ten sich hauptsächlich gegen die von van Mil-
lingen im September-Hefte 1896 der Annales
d'Oculistique veröffentlichte Traohomschildemng.
B. tritt vor Allem der Behauptung entgegen, dass
das Trachom eine contagiüse Augenkrankheit der
ftrmeren unoultivirten Bevölkerung und dass es
anabhängig von der Basse und dem Aufenthalte-
Ym. Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
263
«rte seL Er hält das Trachom mehr für den Ans-
druck einer Diathese, einer oonstitutionellen An-
lage und eine Besserung der Constitution wie bei
der sogen. Sorofulose fGLr das Wichtigste. Wie die
Tuberkulose in höher gelegenen Orten seltener sei,
80 auch das Trachom. Armuth und unhygieinische
Verhältnisse und Mangel an Beinlichkeit können
bei verschiedenen Yolksstftmmen gleich sein und
doch bleibt eine Basse, z. B. die der Neger in
Amerika, vollständig frei, -w&hrend eine andere
wieder in hohem Maasse befeUen wird. B. weist
auch darauf hin, dass Nettleship in London
bei einer sehr grossen Zahl von Leuten, bei denen
nie eine Entzündung sich fühlbar machte, sago-
körnerartige Granulationen der Bindehaut gefunden
habe. Lamhofer (Leipzig).
493. Bemerkung su Zirm'a Aultoats: JBbM
neue Behandlung der Bypopyonkeratitiii** in
Nr. 44 der Wiener klin. Wochenschrift 1895; von
Czermakin Prag. (Wien. klin. Wchnschr. IX. 46.
1895.)
Nachdem Zirm die Bestreichung der Binde;
haut der Lider als sehr wirksam bei Hypopyon-
keratitis empföhlen hat, macht C. darauf aufmerk-
sam, dass er nach Edm. Hansen Örnt schon
lange bei Geschwüren der Hornhaut die direkte
Bepinselung des Hornhautgeschwüres mit Argent
nitr. vornehme und gute Erfolge habe. Bei beiden
Verfahren dürfte die Wirkung auf Hornhaut und
Bindehaut zugleich eintreten, nur in dem einen
etwas mehr die Bindehaut als die Hornhaut und
umgekehrt beim anderen Verfahren getroffen wer-
den. Nach C. ist aber trotz der Argentumbehand-
long hin und wieder der Sämisch'sche Schnitt
nothwendig. Lamhofer (Leipzig).
494. Aoute plaatio Iritis; by Dr. H. D.
Bruns, New Orleans. (Med. News LXYII. 3.
p. 57. 1895.)
Nach B. erkranken die Neger sehr oft an Lritis.
Dies kann mit der starken syphilitischen Durch-
seuchung dieser Basse in Amerika zusammenhäur
gen oder auf einer embryologischen Beziehung
zwischen Uvea und der bä den Negern besonders
entwickelten und stark funktionirenden Haut be-
ruhen. Rheumatismus und Gicht waren unter
262 Kranken nur 4mal bestimmt als Ursache der
Iritis aufzufinden. Die lokale Behandlung hftlt B.
bei Iritis für das Wichtigste, ja er stellt sogar
die „unorthodoxe'' Ansicht auf, dass eine richtige
energische lokale Behandlung, weQ eben die pla-
stische Iritis eine vollständig abgegrenzte Krank-
heit darstellt, eher Heilung bringe, als wenn zu-
gleich auch eine selbst richtige allgemeine Be-
handlung stattfinde. Lamhofer (Leipzig).
495. lieber seröse Idiopathische Irisoysten ;
von Dr. Oinsberg. (Centr.-Bl. f. Augenhkde.
XIX. p. 332. 1895.)
In dem reizlosen Auge eines 4Vtiähr. Knaben sass
eine erbseogros^e C^^te, und i^wyr im nasalen Quadranten
der Iris. Die Mutier hatte gleich nach der Geburt des
Knaben ein steoknadelkopfgrosses Pünktchen im Auge
bemerkt. Bei der Geburt selbst war keine Verletzung
des Auges vorgekonmien. Die Cyste konnte duroh eine
IndeUomie ycmständig entfernt werden. Sie war an der
Spitze nur von späruchem Irisgewjdbe bedeckt, hatte
emen einheitlichen Kanm mit verästelten, einer tubulösen
Druse ähnlichen Ausläufern nnd war mit einschichtigem
Endotiiel ausgekleidet
G. ninunt mit Sohmidt-Bimpler eineLymph-
absackung an. Die zellige Auskleidung wird von den
vom mittleren Eeimblatte der Iris stammenden Zellen
geliefert Lamhofer (Leipzig).
496. A propoa d'un oaa d'irido-ohoroidite
enppnrative terminöe par la goörison; par
y. Moraz. (Ann. d'Oculist CXIV. 4. p. 241.
1895.)
Ein 43jähr. Mann mit ohronisehem Tripper, der seit
längerer Zeit an GIMpper-Bheumatismus Utt, bekam plötz-
lich über Nacht eine Entzündung des linken Auges, die
innerhalb 24 Stunden unter heftigsten Schmerzen sich
IÄ8 znr Iridoohoiioideitis mit Mteransammlung in der
vorderen Kammer, Chemosis der Bindehaut und fast voll-
ständiger Erblindung steigerte. Die Entzündung blieb
einige Tage gleich und ging dann fast ebenso rasch, wie
sie gekommen war, wimler zurück. Das Sehvermdgen
wurde normal M. macht auf 2 ganz gieiche Kranken-
geschichten aufmerksam, die von Zimmermann und
Kauschenbach veröffentlicht wurden. Erster» hatte
Sablimat-Injektionen^ letzterer Skarifikationen gemacht.
Den guten Ausgang in allen 3 Fällen der Behiuidlnng
zuzuschreiben, ist kaum denkbar. Viel richtiger ist es,
anzunehmen, dass die eiterige Iridoohorioideitis, die be-
kanntlich sonst stets zu vollständigem Verluste des Auges
führt, als ^tartig aufzufassen ist, wenn sie bei chro-
nischem Tripper plötzlich ohne sonst aufzufindende Ur-
sache vorkommt Lamhofer (Leipzig).
497. üeber Fyftmie mit Chorioiditis meta-
atatioa; you Dr. Ludwig Schmeichler in
Brunn. (Wien. med. Wchnschr. XLY. 34. 35.
1895.)
Sohm. hat in den letzten 13 Jahren 5mal Pyämie
mit Chorioideitis metastatica beobachtet. Die Kranken-
geschichten der letzten 3 Kranken werden ausführlicher
mitgetheili Ein Soldat hatte eine leichte Excoriation der
linken Ferse, die nach 3 Tagen heilte. Tags vorher, ehe
er entlassen werden sollte, trat plötzlich Schüttelfrost mit
hohem Heber ein. Bei unbedeutender Ciliarim'ektion
Chorioideitis. I^ paar Tage später starb der Kranke.
Bei der Sektion fand man gcube Infarkte in verschiedenen
Organen. Bei einem 7^ähr. Manne mit Prostatahyper-
trophie und Cystitis eing ein Auge an Chorioideitis zu
Grunde ; der Kranke blieb am Leben. Ein Soldat, der bei
hohem Fieber anÜMigs nur die Zeichen einer Bronchitis
darbot, bekam unter wiederholten Schüttelfrösten Schmer-
zen an verschiedenen Gelenken, später Chorioideitis und
starb nach etwa 3 Wochen. Bei der Sektion fand man
in der 2Vsmal ver^rösserten Milz einen waUnussgrossen,
mit knimelig- käsigem Eiler angefüllten Infarkt Bei
allen 3 Kranken war die Chorioideitis das erste sichere
Zeichen der Pyämie. Lamhofer (XiOipzig).
498. Experimentelle Stadien and kritisohe
Betraohtongen tlber die ssrmpaihiflohe Oph-
thalmie; von Dr. L. Bach in Würzburg. (Arch.
f. OphthalmoL XLII. 1. p. 241. 1896.)
B., der zahlreiche Untersuchungen an sympa-
thisch erkrankten Augen, bakteriologische Unter-
suchungen an menschlichen und Kaninchen- Augen^
264
YIEL Chirurgie, Augen- und Ohrenheilkunde.
Injektionsversuche u. s. w. lange Zeit angestellt
bat, vertheidigt die Lehre, nach der die sympa-
thisohe Ophthalmie eine neurotisohe Entsfindung
ist, gegen die bekannte Deutscbmann'sohe
Migrations-Theorie. Nie sah er dne üeberwande-
rung von Bakterien aus dem einen in das andere
Auge, nie fand er solche in den Sduierven Ton
Augen, die wegen drohender oder schon vorhan-
dener sympathischer Ophtiialmie enudeirt worden
waren ; niemals eine Wiederherstellung der Com-
munikation zwischen dem Scheidenraume des cen-
tralen und dem des peripherisdien Opticusstückes
nach der Resektion eines Sehnervenst&ckes. Wenn
Deutschmann's Ansicht richtig wftre, müsste
gerade bei Panophthalmitis viel hAufiger eine sym-
pathische Entztlndmig und bei dieser stets eine
Meningitis eintreten. Es müsste die erste Erschei-
nung der Entzündung bei der sympathischen Er-
krankung statt im üvealtractus doch am Sehnerven
sich zeigen und es wftre ein so später Eintritt der
sympathischen Erkrankung, wie er klinisch oft be-
obachtet wurde, nicht erklärlich. Ein typisches
Bild der sympathischen Ophthalmie giebt es nicht
Durch verschiedenartige Beizung der Ciliamerven
des einen Auges konnte B. am anderen Auge mikro-
skopische und chemische Veränderungen nach-
weisen. Die Ueberleitung eines Reizes von einem
Auge zum anderen erfolgt durch die Ciliamerven,
und zwar direkt durch die Qefässnerven im Cir-
culus arteriosus Willisü, indirekt durch Irradiation
in der Medulla oblongata. Lamhof er (Leipzig).
499. Vaber eine ModlllkaAloii der Beh-
nerrenresektion bei Gefahr asrmpetlilKSher
Bntsfindiug; von Prof. A. Wagenmann in
Jena. (Arch. f. Ophthalmol. XLL 1. p. 180. 1895.)
Da die Neurectomia optico-ciliaris schon in
einigen Fällen keine absolute Sicheriieit gegen sym-
pathische Ophthalmie gegeben hat, da die durch-
schnittenen Enden sich wieder mit einander ver-
einigt hatten, schlagt W. vor, das bulbäre Ende
des Sehnerven mit dem PaqueUn^achen Thermo-
kauter zu brennen. Das Yerfiahren soll ganz un-
gefthrlich für das Auge sein.
Lamhofer (Leipzig).
500. Ueber dasZnaammenyorkommenTon
ll^earitis optica und Myelitis acuta; von Dr.
E. Eatz in Heidelberg. (Arch. f. OphthalmoL
XLH. 1. p. 202. 1896.)
Eine 56jähr., kräftig gebaute Frau, die von Kindheit
an an erschwertem Stumgang und Herzklopfen, seit vielen
Jahren an reditseitiger Trigeminus-Neuralgie gelitten
hatte und die von ihrem Manne angesteckt worden war,
bemerkte kurz vor ihrer Aufiiahme in die Üniversitäts-
Augenklinik in Heidelberg blitzartige Erscheinungen vor
den Augen und Abnahme des SehvermÖ^ns. Auch das
Oedächtniss sdJte in der letzten Zeit gelitten haben. Die
Untersuchung von Herz, Lunge, Urin ergab nichts Erank-
haftee. Die Papillen waren etwas trübe und verwaschen ;
in der Maculagegend waren links kleine Flecke. Das
Sehvermögen nahm in den nächsten Tagen bis zur Er-
blindung ab, hob 8i<^ dann aber wieder in geringem
Grade. länige Tage nach der Aufiiahme traten Far-
iisthesien und Pandyse des rechten Beines und naoh
weiteren 8 Tagen vdlstfindige motorische und sensiUe
Paraplegie der beiden Beine auf^ die nach oben bis über
die Brustwarzen weiter schritt und dort soharf mit einer
hyperiisthetisohen Zone absohkss. Gleichzeitig bestand
T^Rhmung des Sphinoter aoi et vesicae; es felilte jede
11 uskela&ophie. Die Er. starb 1 Jahr s^der ausserhalb
der Elinik an SchlaganfalL Bei der Sektion wurde mul-
tiple MyeUtis spinaBs, Atrophie des Chiasma, Limgen-
ödem, akuter Milztumor, ausgeprägte interstitielle Nephri-
tis und Stauungsleber gefunden.
E. stellt 21 Erankengesohichten über Myelitis
und SehstSnmg aus der Literatur zusammen. Da-
nach ist nicht eine Fortleitung der Erankheit vom
Bückenmark auf das Auge, sondern eine selbstftn-
dige Erkrankung an zwei verschiedenen Orten an-
zunehmen. 15mal ging die Neuritis optica der
Myelitis acuta voran. Der Charakter der beiden
Erkrankungen war stets ein akuter oder subakuter,
nie ein chronischer. Die pathologisch - histologi-
schen Veränderungen waren im Bückenmark und
Sehnerven gleidi. Nur 7mal konnte für beide Er-
krankungen bestimmt eine gleiche Ursache gefun-
den werden. Lamhofer (Leipzig).
501. Isohimie retüüenne et atropMe op-
tique snrrenaea s la mite d'on tniiimatl«ne
oardiaque; par Yalude. (Ann. d'Ooulist CXUL
4; Avnll895.)
Ein kr&ftiger 36jähr. Mann wurde von der Deidisel
eines Wagens getroffen und gegen die Wand gedrudd.
Gleich darauf verspürte er heftigen Schmers am Brust-
beine und in der Gegend der 6. äs 8. Unken Bippe. Zu
Bette gebracht, lag er stundenlang bei vollem Bewusst-
sein blass und kalt da. Herz- und Pulsbewegung waren
kaum zu fahlen. Das Sehvermdgen war so weit ge-
sunken, dass er kaum seine Finger erkennen konttbe.
3 Wochen nach dem Unfälle war der Er. yollstäadig
hergestellt, das Sehvermögen aber, wenn auch gebessert,
noch sohwadi, besonders auf dem linken Auce, Der
Augenhintergrund war verschleiert, die Maculagegend
ausserdem von einem rothen Hofe umgeben. Die Arte-
rien waren dünn, die Venen nicht gewunden, aber stark
gefüllt mit dunklem Blute. Bald darauf trat Abblassung
beider Papillen ein, während um die Maculagegend klone
weissliche Punkte wahrzunehmen waren. Der Urin war
eiweiss- und zuokerfreL
Es liegt also hier ein Erankheitsbild vor, wie es
nach sohweren Blutverlusten oder im Stadium algidum
der Cholera zu beobachten ist Y. kann sich ni<mt er-
innern, jemals Ischaemia retinae mit nachfolgender Atro-
phie der Sehnerven in Folge eines Trauma gesehen zu
haben, ohne dass ein grösserer Blutverlust stattgefunden
hfttte. Die dauernde Oontraktion der Qefilsse war hier
ausschliessUoh auf die Netzhaut besohiftnkt, denn der
Er. klagte nie über Eopfischmerzen.
Lamhofer (Leipzig).
602. Ueber DiasenEiinstioii der Barkome
des üyealtraotus ; von Prof. Th. Ewetzky in
Moskau. (Aroh. f. Ophthalmol. XLIL 1. p. 170.
1896.)
Bei multiplen Sarkomen des üvealtractus wurde
von verschiedenen Autoren die Bntstehnng durch
eine Eeimaussaat aus dem ursprQngliohen Ge-
fiohwulstherde angenommen. R fand in zwei Augen
mit Melanosarkomgeschwülsten der B^genbogen-
IX. Medicin im Allgemeinen.
265
haut imd der Aderhsnt anoh in der Netzhaut und
im Glaskörper Oeschwulsttheilchen, die durch ihre
starke Pigmentirung, verhftltnissinftssig kleinen
Kerne und grosse Lebensenergie auffallend waren
imd in keinem irgendwie nachweisbaren Zusammen*
hange mit der ursprünglichen Geschwulst standen.
Lamhof er (Leipzig).
503. Drei FftUe eigenthümlioher etreifLger
Pigmentirung deaVondns; yon Dr. B. Walser
in Wien. (Arch. f. Augenhkde. XXXL 4. p. 345.
1895,)
Bei 3 Enmken beobachtete W. ganz eigenthümhche,
theils rincs um die Papille ziehende, theus radiär yer-
hmfende dünne Streifen von ausgesprochen grauer Farbe.
Sie lagen hinter den NetzhautgefSssen und waren wohl
durch Veränderung im Hgmentepithel entstanden. Da
das Sehvermögen normal war, die Anamnese keinen An-
halt bot, so ^ubt W., dass diese Streifen wohl nach
NetshautfaLtung bei einer Entzündung dieser Membran
in frühester Kindheit entstanden seien. Mehrere farbige
Abbildungen des Augenhintergrundes dieser Kranken
liegen der Arbeit bei. Lamhofer (Leipzig).
504. Einige Bemerkungen über die Wir-
kniig des «lektrieohen Bog«nliohtes atifdie Gto-
web6 des Auges; von Dr. J. Ogneff in Hoskau.
(Arch. f. d. ges. PhysioL LTOTT. 5. 6. p. 209. 1896.)
Die Wirkcmg des elektrisoken Bogenlichtes auf
den Henaohen wurde von Maklakoff u. A. ge-
nauer beobachtet. 0. setzte FrOsche, Tauben und
Kaninchen einem Bogenlicht von 250 — 500 Acou-
mulatoren aus, wobei dicke Eüsenplaitten in einigen
Hinuten geschmolzen wurden, wShrend die Tempe-
ratur des Raumes von 2 — 8® um kaum einen Grad
erhöht wurda Die Entzündungserscheinungen
traten ungefähr 4 Std. später an den Augen auf.
Einige Thiere starben, ohne dass bei der Sektion
irgend welche Veränderungen gefunden wurden,
andere erholten sich nach kurzer Krankheit wieder.
Während bei den meisten Thieren die Bindehaut
stark anschwoll, das Epithel der Hornhaut sich
trUbte und abhob, trat bei Fröschen oft ein Durch-
bruch der Hornhaut ohne alle Trübung ein. Die
Untersuchung der enudeirten Augen ergab Fol-
gendes: eine kurz dauernde Einwirkung des elek-
trischen BogenUdites von grosser Stärke und be-
sonderem Reichthum an violetten und ultravioletten
Strahlen wirkt als direkter Beiz auf die Kerne der
Epitheizellen und die fixen Zellen der Hornhaut;
eine karyomitottsche ZeUenvermehrung stellt sich
als unmittelbare Folge der Beleuchtung ein ; eine
längere Einwirkung hat zur Folge eine Nekrose der
Zellen, wobei auch in erster Linie die Zellenkeme
getroffen werden. In den fixen Homhautkellen
geht der Nekrose eine amitotische Kemvermehrung
voraus. Verschiedene Qewebe und Bestandtheile
des Auges reagiren verschieden auf die Licht-
einwirkung, am sdiwädisten äusserte sie sich an
derBetina, während von anderen Autoren hier stets
gleich am Anfange Veränderungen beobachtet wur-
den. Auch die Linse und der Glaskörper bleiben
nach 0. gänzlich f^i. Lamhofer (Leipzig).
IX. Medicin Im Angemelneti.
505. üeber die Vmrweirthbarkeit Bö&tgen'-
soher Strahlmi für mediolnisdh-oliirargisdhe
Zweoke«
Seit unserer 1. Zusammenstellung (vgL Jahrbb.
CCL. p. 71) sind wieder zahlreiche Arbeiten er-
schienen, die sich mit der Venverihbarkeü Bönt-
gen^scher Strahlen für mediekiiach-chmirffiaAe
Zwedce beschäftigen« So weit sie uns bekannt ge-
worden sind, wollen wir sie hier anfQhren; bei
versdliieAenen mag die Angabe des Titels genügen.
Ü€ber die von der MedieinalabtheiUmg des Kriege^
mmUterkim cmgesieXUen Versuche xur Feststellung der
Vert^erthbarkeü Röntgen'scher Strahlen für medi-
dnisch-ehirtirgisehe Zwecke, Referenten : Oberstabsarzt
l.Kl. Dr. Schjerning u. Stabsarzt Dr. Kranz fei der.
(Deutsche med. Wohnschr. XXTT. 14. 1896.)
Diese Arbeit enthält in gedrängter Form die
Hanptschlussfoigerungen über die von der Hedi-
diudabtheilung des preuss. Kriegsministerium an-
gestellten Versuche, über die wir bereits früher
berichtet haben.
Eimge Versuche mit der Röntgen^sehen Photo-
graphie; von C. F. Tracewski, Dr. 0. Lenz und
0. Lenz in Bern. (Corr.-Bl. f. Sohweiz. Aerzte XKVL
7. 1896.)
Vff. haben Schussversuche an Leichen an-
gestellt und konnten die in den Weichtiieilen oder
im Knochen stecken gebliebenen Kugeln oder
Splitter durch Röntgen-Photogn^hie meist
ausserordentlich deutlich nachweisen; dasselbe
gelang mit Nadeln, sowie mit Hetallsplittem bei
einem Lebenden.
Bei künstlich «zeugten und fehlerhaft repo-
nirten Frakturen haben die Vff. sowohl reine Wasser-
glas-, als auch Wasserglas-Gipsverbände angelegt
und gefunden, dass man durch den Verband hindurch
ganz deutliche Ejiochenbilder bekommt, wenn nicht
mehr als eine oder zwei Gipsbindentouren Über
dem typischen Wasserglasverbande liegen.
Sekundenaufnahme mit Röntgen 'sehen Strahlen ;
von Dr. 6 0 c h t in Hamburs-Eppendorf. (Deatsche/ned.
Wchnsohr. XXU. 20. 18960
0. hat in letzter Zeit sehr befriedigende Resul-
tate mit kurzer Expositionzeit erhalten. Für Bilder
von Hand und Vorderarm genügt eine Exposition
vcm 20 — 5 Sekunden ; für Bilder von den Fingern
allein mit Fremdkörpern in der Tiefe genügt voll-
kommen die Zeit von &, ja 3 Sekunden. Dodi
muss man sich natürlicher Weise, wie bei gewöhn-
lichen photographischep Aufnahmen der Beleuch-
tung, so hier der Dicke der in Betracht kommen-
den Weichtheile anpassen. Die Möglichkeit einer
guten und schnellen Aufnahme hängt in erster Linie
von der tadellosen Beschaffenheit der Bohre ab; die
Länge der Fanken ist von geringerer Bedeutung.
266
Berichte der med. Geeellschaft zu Leipzig.
Ueber du Venventbiing der Röntgen 'Strahlen xtiT
Diagnose der Arteriosklerose; von G. Hoppe- Seyl er
in Kiel. (Mündm. med. Wchnsohr. XLIII. 14. 1896.)
H.-S. hat an der Leiche, sowie am Leb^iden
Versuche angestellt, die in Folge von Arterio-
sklerose verkalkten G^efSss wände durch Röntgen*
Strahlen nachzuweisen. An Leichenthalen ge-
langen diese Versuche; auch beim Lebenden wur-
den nach längerer Durchleuchtung Erfolge erzielt
Alle diese Versuche beziehen sich aber nur auf
Oliederarterien. Verkalkungen der Aorta konnten
durch die BOntgen-Strahlen bisher noch nicht
nachgewiesen werden.
ÄpplieaHon des rayons X au diagnostie des makh-
dies eMrurgieales; par M. Lannelongue. (Gai. hebd.
XUn. 25. 1896.)
Nachweis eines freien Knochenstückes im Knie-
gelenk ; fernerhin Nachweis normaler Knochen- und Oe-
lenkverhältnisse am Vorderarme einer Hysterischen, die
in Folge eines leichten Traoma sohwere Iifthmnngs-
erscheinnngen an diesem Arme bekommen hatte.
Ä neeale in the foot demonstraied by Roentgen
rays ; by W. J. M o r t o n. (New York med. fiecord XTiTX.
11. 1896.)
PMüion of a needle defined hg the Roentgen
rays in the pabn of ihe hand; its removal and eontplete
recovery of the patieni; byR. BoltonM'Gausland.
(Dubi. Joum. of med. Sc. CCXCIII. May 1896.)
Bestimmung eines Fremdkörpers mittds Rbnt-
gen*seher Strahlen; Ton Prof. Pfaundler in Grai.
(lotem. photogr. Mon.-Sdir. f. Med. n. Natorwiss. III. 1896.)
Nachweis einer zwischen Metaoarpns des Daumens
und des Zeigefingers steckenden Nähnadel.
The uses of ihe Roentgen rays in surgery; by 0.
Thompson. (Amer. praot and news XXL 5. ISdß,)
Gelangene Anwendung der Röntgen- Strahlen je
in einem Falle von Hand- und Kniesohuss, in einem
Falle von Metaoarpalbmch, in einem Falle von partieller
Phalanxluzation und in einem Falle von Oarpaltuber-
kolose.
Roentgen rays in surgery; by W. 0. Roberts.
(IbideoL)
Genaue Mittheilxmg des oben erwähnten Falles von
Schussverletzung der Handwurzel. Die Kugel fand sich
auf der Vorderfläohe des Os multangulum mqus, zum
Theil in den Knochen eingekeüi
UneapplicaHonälaehirumedearayons Roent"
gen; par G. Julliard et Ch. Boret, Geneve. (Revue
med. de la Suisse rom. XVL 4. 1896.)
Nachweis einer Revolyerkuget am. oberen Theile der
rechten Ulna. Das I^x)jektü war direkt nach der Ver-
letzung nioht nachweisbar, aach der elektrische Kugel-
suoher wurde ohne Erfolg angewendet.
Les rayons Roentgen et leur appUeattonenmSde'
eine Ugale; par Dr. F. Bordas. (Ann. d*Hyg. XXXV.
M896.)
B. hat in Gemeinschaft mit CluGirard veisncht,
in dicken Büchern befindliche ^Höllenmaschinen* durch
Röntgen- Strahlen nachzuweisen.
TheelimealapplieationoftheRoentgenraiys,
1) ihe apparatus and its use; by W. F. Magie.
(Amer. Joum. of med. So. CXI. 3. 1896.)
2)lnsurgiealdiaanasis; hjVf.W.Keen. (Dudem.)
3) Ihe siudy ofthe infanis bodyandofthepregnatd
tpombby the Roentgen rays; hj'&.'P.'Dskyis, (Ibidem^
Interessante Versuche, den kindlichen Körper nach
Röntgen zu photographuren. Grosse Schwierigkeitea
stellen sich der Aufmüune des Uterus bei Schwangeren
enigerai. Eine Aufnahme bei einer 18jähr. Sohwangeiea
zwischen dem 8. und 9. Monate war ergebnissloB ; bei einer
zweiten mit Ulnarer Exposition gelang es doch, schwache
Schatten des kmdlichen Rumpfes auf der Platte su er-
kennen.
Röntgen^ Strahlen 4n der Oynähohgie; Ton A.
SohückinginPyrmoni (Gentr.*Bl f.GynäoLXX2a
1896.)
Wenn es auch unter den bisherigen Verhältnissen
noch nicht nM»lich ist^ mittels der Röntgen -Strahlen
Bilder des Be<^ens und der Beckenorgane zu erhalten,
80 wird es sich jedenfalls lohnen, Bilder aus der Ent-
Wickelung des Fötus, sowie von Or^en undGeechwfilsteo,
die aus ihrer ümffebung gelöst smd, herzustellen. Man
würde gut daran Öiun, Serienphotogr^ihien Zugewinnen.
Roentg en X rays and their a]^iealion in medi-
etneafM^nffi^ery: by Day ton C Miller. (QeTeland
med. Gaz. XI. 6. 1896.)
Roentgen rays; by Ch. A. Marple. (Amer.
Praci and News XXL 5. 1896.)
Shotograpky , Professor Roentgen' s diseovery;
by H. N. Moyer. (Medidne 11. 4. 1896.)
Quelques applieations chimrgieales de photogrm-
fhies de Roentgen; par Pierre Delbet (Soni,
oonogr. de la Salp. IX. 2. 1896.)
P. Wagner (Leipzig).
Berichte der medicinischen Gesellschaft zu Leipzig.
Sitsung am 18. Febmar 1896.
Vorsitzender: Birek-Bireehfeld.
Sohriftf Obrer : P. Wagner.
Herr Trendelenburg stellte im Hörsaale
der chirurgischen Klinik eine Anzahl Kranker yor
(FAUe von Ejioohennaht bei Pftteilarbrüohen, FAlle
von Magen- und Darmnaht u. s. w.) und zeigte zum
Schlüsse seinen Operationstisch für Beckenhoch-
lagerung.
Sitsiuig am 10. M&n 1896.
Vorsitzender: Birch-Hirachfeld»
SchriftfOhrer: Heinrich Sckmidl.
Vor der Tagesordnung erstattete Herr Winter
di^ l^hnungs- Ablegung für das Jabr 1885. Die
Herren Qräfe und Död&rlein wurden zu Bevisoren
nach § 16 der Satzungen ernannt Sie nahmen
das Amt an. Der Mitgliederbeitrag für 1 896 wurde,
wie bisher, auf 6 Mark festgesetzt
Sodann sprach Herr His: TJther QichL
Herr His bespraoh die neueren AnBohaunngen
über Entstehung und Wesen der Qicht und theilte
die Ehgebnisse von Untersuchungen mit, die er
gemeinsam mit den Herren Oohnheim, Reepuiiger
und Freudweüer an mehreren KranJcen ange-
stellt hat
Indem die Untersuchung des Harns auf Harn-
säure und Xanthinkörper Uagere Zeit hindurch
tAglich vorgenommen wurde, gelang es, das Ver-
halten dieser Stoffe vor und nach dem Anblle i^
Berichte der med. öeseÜsohaft lu Leipzig.
ißl
einwandfreier Weise kenneu zu lernen. Es zeigte
sich dabei, dass die Menge der ausgesohiedenen
HaineAnre vor dem Anfalle merklich sinkt, um mit
dem Eintritte des Anfalls sich über die Norm zu
erheben und erst allmihlich den Mittelwerth wieder
211 erreichen His schliesst daraus, dass dieHam-
sftoie nicht, wie behauptet worden, im Oichtgd^ke
entsteht, sondern von diesem dem Blute entnom-
men werde und b^m Anfalle wieder in LOsung
geifttL Die 24stfindige Menge der Xanthin-Stick-
etoffe zeigt bei den Kranken bedeutende Abwei-
chungen, die weder durch die Form der Krank-
heit, noch durch die Constitution oder Ern&hrung
der Kranken eme BrkUnmg finden. Im Anfalle
weist ihre Ausscheidung kein charakteristisches
Verhalten auf. Nach viel&di getheilter Ansicht
and die Alkalien im Stande, die Menge der Ham-
s&ure im Harne zu vermehren, die Harnsäure ge-
wissermaassen aus dem Körper auszuschwemmen.
Eis' Untersuchungen haben gezeigt, dass dies
nicht der Fall ist ; kohlensaures Natron und lithion,
sowie die alkalischen und lithionhaltigen Mineral-
wteer vermehren die Hamsäuremenge nicht,
LiÜiion setzt sie sogar constant etwas herab.
Ebenso verhalten sich Piperazin , Lysidin , sowie
Oolchioum. Auch die Menge des Xanthinkdrper-
Stickstoffs wird durch die genannten Oichtmittel
m den gebrftuchlichen Dosen nicht beeinflusst
His schliesst daraus, dass diese Mittel, deren
Wertb fflr die GKchtbehandlung durch die Br-
Mirung bestätigt sei, in einer uns noch unbekann-
ten Weise wirken mflssten.
Verhandlung. Herr BakrtU kann aus eigener Er-
' iahrong befltitigeii, dass Oertel'^ Kuren bei Oichtisohen
leieht eine Verschlimmerung des Zustandes herbeifähren.
Dagegen wirken Golohioum und Salicylsäore in vielen
Hfien zweifellos günstig.
Auch Herr Grosse hat von Oolchicum-Präparaten
gute Wirkung gesehen.
Herr OMrsehmamn betont, dass unsere bisherigen
Anschauungen von der Gicht auf falscher Basis beruhten.
Nach seinen Beobachtongen in Hamburg und Leipzig er-
lranken Schlemmer und Trinker durchaus nicht häcSSger
als mfissig lebende Menschen ; vielmehr scheinen dürftig
Oenfihrte eine besondere Disposition zu giohtisohen Ab-
^gerongen zu haben, namentlich kümmerliche Fmuen.
Bezügiloh der Behandlung ist Herr Oursehmann ein
Gegner der reinen Albuminatdiät, ^e sie Pfeiffer ver-
ordnet. Namentbch ist die Entziehuag der Kohlehydrate
Sei mageren Arthritikem nicht am Platee. Als allgemeine
Bfij^ gilt eine genügende, aber nicht zu reichkche ge^
msehte Kost und reichliche Zufahr von Flüssigkeiten.
Herr ^tmmel macht darauf aufmerksam, dass das
Lysidin bei Anwesenheit von Kochsalz seine Löslichkeit
ffr Harnsäure verliert und dass schon aus diesem Grande
Bebe Wirksamkeit bei der Qicht sehr fragwürdig er-
scheinen müsse.
Herr His kann dies bestätigen. Mendelssohn in
Berlin hat gefunden, dass Lysidin bei Zusatz von Harn
ans seiner I^sung niedergeschlagen wird. Es wäre des-
halb ganz sinnlos, Lysidin etwa zur Auflösung eines
Blasensteins in die Blase zu spritzen. Dagegen löst ein
mit Lysidin versetztes Blutserum Harnsäure sehr gut. —
Hierauf folgt die Verhandltmg über den Vortrag des
Herrn Buchheim:„ Ueber Schreibkrampf ^
Herr Windscheid bedauert, wegen Mangels an Zeit
nicht auf alle Punkte, die zu erörtern wünschenswerth
sei, eingehen zu können. In Bezug auf die Aetiologie
desSohreibkrampfids betont er, dass man der sogenannten
neuropathischen Disposition eine zu grosse Rolle zuschöbe.
Es giebt gewiss eine Anzahl von Fällen, in denen der
Sohreibkrampf ein Symptom der Nervosität neben ande-
ren Erscheinun^n ist; eine grosse Reihe von Kranken
aber zeigt gar keine sonstigen neurasthenischen Symptome.
W. hat vor einigen Tagen einen Eisenbahnsohaflher unter-
sucht, der das Bild des paralytischen Sohreibkrampfes
bot: die Feder fällt, sowie der Kranke zu schreiben
versucht, machtlos ans der Hand, da der Daumen sie
nicht festeuhalten vermag. Der Patient war ein rüstiger
Mann, ohne jede Spur von Neurasthenie. Das Leiden
dürfte bei ihm darauf zurückzuführen sein, dass er nur
während der Eisenbahnfahrt schreibt und dadurch beim
Schreiben immer heftigen Erschütterungen ausgesetzt ist
Der Vortragende haM femer zu wenig die wichtigen
traumatischen Schädlichkeiten betont, welche so häufig
zum Schreibkrampf führen : neben der gewiss sehr in's
Gewicht fallenden Ueberanstrengung, die meistens durch
ungeschickte und unzweckmässige Haltung der Feder in
ihrer Wirkung verstärkt wird, sind es besonders kleine,
aber chronisch vorhandene Traumata, die den Schreiben-
den treffen: Druck von grossen Hemd- oder Manschetten-
knöpfen, Cbmpression des Unterarmes durch enge Schreib-
ärmel u. 8. w. Nicht hervorgehoben habe der Vortragende
femer, dass eine Reihe voncchreibkrämpfen bedingt wird
durch Sehnenscheidenentzündungen, die man au Ver-
dickungen an den Extensoren oder Flexoren nachweisen
kann und mit deren Beseitigung auch der Sohreibkrampf
verschwindet Sehr auf DäUig ist femer, dass die Steno-
graphen so gut wie gar nicht am Schreibkrampf erkranken,
obgleich man bei ihnen doch eine grosse Ueberanstrengung
voraussetzen muss. Gowers erkUrt sich diesen Umstand
dadurch, dass die Stenographen eine sehr freie Haltung
der Feder besitzen, sie machen die Bew^pneen meistens
mit der Schulter; nach der Meinune '\^*s kommt noch
dazu, dass dieselben immer mit sehr langen und sehr gut
gespitzten Bleistiften, aber fut nie mit Tinte schreien.
Was die Pathogenese des Schieibkrampfes betrifft,
so hält W. das Leiden für ein central bedingtes. Es ent-
steht in den Coordinationcentren des Schreibens, die ja
allerdings noch recht hypothetisch sind. Besonders sind
es wahrscheinlich Innervationstörungen, vor Allem eine
ungleiche Innervation imSchreibbewegungs- und Schrift-
erinnerungsfeld, die in erster Linie den Krampf bedingen.
Die GOierapie hält W. für sehr schwer und stellt die
Prognose des Schreibkrampfes recht ungünstig. Eine
radikale Heilung erfolgt nur, wenn der Kranke mehrere
Jahre gar nioht sclureibt, was natürlich nicht durchzu-
führen sei. Von der Elektrioität hält W. sehr wenig.
Er warnt vor der Anwendung des faradischen Stromes.
Die durch diesen hervorgerufenen tetanisohen Contrak-
tionen stellen eine neue I&izung der Muskulatur dar und
sdiaden. Wolle man elektrisiren, so sei die einzige Art,
zu galvanisiren , und zwar am besten mit der stabilen
Anode auf dem Plexus brachialis und labil mit demselben
Pol auf der erkrankten Muskulatur. Am rationellsten ist
immer eine mechanisoh-gymnastische Behandlung der
Muskeln, indem systematisch die verschiedenen Muskel-
gruppen für sich geübt werden. Auf diese Weise wird
neben der Kräftigung der einzelnen Muskeln auch ein
peripherischer sensibler Reiz ausgeübt: durch die Er-
zeugung der Bewegung wird den Oehimoentra eine Vor-
stellung von der normalen Funktion der betroffenen
Muskeln vermittelt, die heilend auf den Krampf wirken
kann.
Vermisst hat W. in den Ausführungen des Vor-
tragenden die Empfehlung der Schreibmaschine, die in
den meiste Fällen den Sohreibkrampf völlig beseitigt, da
der Patient die Feder oder den Bleistift gänzlich ver-
meidet Das Schreiben mit der Maschine fimrt, so inten-
siv es auch ausgeführt werden mag, doch niemals zu
einem Sohreibkrampf. Leider steht der grösseren An-
268
Berichte der med. Qeflellachftft su Laipxig.
Wendung der Masohine immer noch ihr recht hoher Preis
im Wege.
Herr Dolega bestätigt, dass man nioht selten bei
Kranken mit Schreibkrampf Verdickungen an den Streck-
oder Beugesehnen vorfindet Diese Falle geben im All-
gemeinen die beste Prognose, wenn sie in sachverstän-
diger Weise mit Massage und Gymnastik behandelt wer-
den. In einer anderen Reihe von Fällen ist neuropathische
Disposition nachweisbar. Hier ist ausser einer lokalen
auch noch eine Allgemeinbehandlung angezei|;t Pro-
gnostisch am ungünstigsten sind die Fä&e, m denen
objektiv gar nichts au finden ist
Herr Buch heim entgegnet Herrn Windsehetd^
dass auch Stenographen 8ohieu>krampf bekommen kön-
nen, wenn sie mit Tinte schreibon.
SÜBOxig am 24. man 1896.
y oraitsend^ : P. Wagner,
SchriftfQhrer: Heinneh Schmidt.
Herr Dumstrey sprach: „üeber eine neue
Art der Behandlung von UnfaUverletxten, mit Kran-
kenvorsieUung und Demonstration von Jpparaien.'^
„Das von demYortragenden vorgest^te mediano-
therapeutische Institut verdankt seine Entstehung
in erster Linie dem bekannten, sogenannten Unfall-
gesetze vom Jahre 1884, da es bestimmt ist, haupt-
sächlich Unfallverletzte, die ihm von den Berufs-
genoBsenschaften überwiesen werden, aufzunehmen.
Es sind solche Anstalten heutzutage geradezu
nothwendig, denn es ist eine, von allen oompe»
tenten Beurtheilem constatirte Thatsadie, dass die
FunktionstGrungen, die nach Verletzungen zurück-
bleiben, nach dem Inkrafttreten des Gesetzes viel
zahlreicher und schwerer sind als früher. Zum
Theil liegt die Schuld an den Kassen, die hAuflg
nicht die Mittel haben, rasche und radikale Hei-
lungen zu Stande zu bringen,' zum Theil an den
Verletzten, denen es oft mehr darauf ankommt,
eine möglichst hohe xmd lange Bemessung von
Rente, als Wiederherstellung ihrer Gesundheit zu
erzielen. Deshalb ist das den Berufsgenossen-
schafken gewährte fakultative Beeht, innerhalb der
ersten 13 Wochen in die Behandlung einzugreifen,
im Interesse der Verletzten mit Freuden zu be-
grüss^; und es ist eine billige Forderung, dasa
die Qenossenschaften von diesem Beoht oft Ge-
brauch machen, besonders in den Fftllen, wo die
chirurgische Behandlung schon nach wenigen
Wochen beendet ist ; weil dann die Gefahr besteht,
dass ron der frischen Verletzung sehr leicht eia
dauernder Schaden zurückbleibt; andererseits, dass
der Verletzte, nachdem er längere Zeit ausser Be-
handlung gewesen, sehr wohl zu der Ansicbt ge-
langen kann, die Wiederaufnahme des Heilver-
fahrens nach der 13. Woche bezwedce nur «ne
Kürzung seinet hohen, ihm seiner Meinmg nach
zustehenden Bente und nicht die Wiederharstelkuig
seiner Gesundheit Von den von allen Seitan
vorgeschlagenen Mitteln, den allerorten gleichen
Missständen in der Behandlung der Un&Uverletzten
entgegenzutreten, verspricht sich der Vortragende
nicht viel, glaubt vielmehr, dass es am zweok-
mässigsten wäre, Krankenanstalten allein für Un-
fallverletzte einzurichten, die eine duruigische und
eine mechanische Abtfaeilung haben und unter Einer
Leitung stehen. Auf der chiruigisdien Abtheüung
würden dann die frisch Verletzten so lange be-
handelt werden, bis sie im Stande sind, dea
Aufenthalt daselbst mit dem auf der mechaniacfaen
I Abtheilung zu vertauschen« Dadurch wäre die
Garantie für ein ununterbrochenes Heilverbhrea
gegeben, und ein fernerer Vorzug wäre, dass es
dann möglich sei, dieBehandlungsweiaok suwech'i
sein, bez. ineinander übergreifm zu hasen. Der
Geschäftsgang würde ungemein v^einfacht werden,
das Hin- und Herschicken der Kranken von einer
Anstalt in die andere würde aufhören und die Ver«
letzten selb^ würden willigere Patienten sein als
wie bisher. Ein schwieriger Punkt ist die Be-
gutachtung der Unfallverletzten ; die Anscbaoiuigen
gehen bei der Beurtheilung einea Falles oft weit
auseinander und oft unterbleiben gründHohe BiA*
hingen, weil es unterlassen worden ist, in der Be-
gutachtung eine fernere Behandlung nach Beendi-
gung des chirurgischen Heilverfahrens sa empfeh«
\bsl Zum Schluss werden folgende THieaen anf-
gestellt:
1) Es soll dahin gestrebt werden, möglichst
jeden Unfall, der im Betriebe erfolgt^ in Anstalte-
behandlung zu bringen.
2) Jeder Unfallverletzte soll nach Beendigung
des chirurgischen Heilverfahrens einer mecha-
nischen Behandlung unterworfen werden, bis er
wieder arbeiten kann.
3) Es ist dringend nothwendig, dass die Be-
rufsgenossenschaften sich um jeden UnMl audi
schon in den ersten 13 Wochen kümmenk und,
wenn nöthig, von ihrem Hechte, die Bahandlniig
zu übernehmen, Gebrauch machen.
4) Es ist die Aufgabe und Pflicht der be-
gutaditenden Aerzte, besonders im Beginn dea
Heilverfahrens auf eine möglichst baldige imd ui«
tensive Anstaltabehaadlung zu dringen.**
Boether, Bericht Sber den Typhus.
2C9
B. Or^^alabhandlm^en
und
Uebersichten.
IV. Bericht aber den Typhus.^)
Von Dr. Otto Boether in Offenbaoh a. M.
F. Behandlung.
103) H en ry , A. 0., The treatment of typhoid foTor.
New York med. Rocord XLVn. 21. p. 646. 1895.
104) Shattack, Frederick C, Some points in
the modern treatment of typhoid fever. Boston med. and
sorg. Jonm. CXXXI. 25. p. 604. 1894?
105) Maillart, Eector, t^de snr le traitement
de la fievre typhoide par Tean ing^ree en boissons abon-
dantes. Beyue de Med. XÜL 11. 1893; XIY. 3. 1894.
106) Fernet, Gh., et Henri Martin, De la
paresie intestinale des typho'idiques et de son traitement
par les coorants continns. Oaz. des Hop. LXVIII. 10.
p. 86. 1895.
107) VogI, Üeber den heutigen Stand der Typhas-
therapie. Münchn. med. Wchnschr. XLH. 12. 13. 1895.
108) Le Gendre, P. , Traitement de la fiövre
typhoide chez la femme enoeinte, puerperale ou nourrice.
Revue prat. d'obstetr. et de paediat. YIU. p. 54. Fevr.
1895.
109) Bolognesi, A., Les bains froids danslafievre
typhoide des gens äges. Bull, de Ther. CXXYIIL 24.
p. 530. 1895.
110) Osler, W., Fiye years* experience with the
oold-bath treatment of typhoid fever. Philad. med. News
LXVn, 15. p, 393. 1895.
111) Barker, William Shirmer, The bath
treatment of typhoid in private praotice. Therap. 6az.
XIX. [3. 8. XI.] 8. p. 515. 1895.
112) Page, Charles £., Hygienio vs. dnig treat-
ment for typhoid fever. New York med. Record XLY.
17. p. 518. 1894.
113) Cabot, Richard C, Sponge baths and füll
baths in typhoid. Boston med. and surg. Joum. CXXXI.
12. p. 290. 1894w
114) Dräsche, Zur Therapie des Typhus. Bl. f.
klin. Hydrotherapie IV. 5. p. 85. 1894.
115) Broadbent, William, Cavendish lecture
on some points in the treatment of typhoid fever. Lancet
n. 8. p. 423. 1894.
116) Barr, James, Typhoid fever and its manage-
ment Lancet L 19. p. 1119. 1893.
117) Hiller, Arnold, Ueber Darm-Desinfektion
n. ihren Einfluss auf den Veriauf des Heotyphus. Ztschr.
l kün« Med. XXY. 3 u. 4. p. 340. 1894.
118) Yeo, J. Burney, The management of fevers,
and particularly of typhoid or enteric fever. Ämer. Journ.
of med. soienoes CVU. 6. p. 640. 1894.
119) King, Emil, Further report ofthecasesof
typhoid fever treated by the chlorin-quinin Solution,
recommended by J. Burney Yeo of London. Philad. med.
News LXVL 9. p. 239. 1895.
120)'W"iloox, ReynoldW., The use of chlorine
in the treatment of typhoid fever. Amer. Joum. of med.
sciances CX. 3. p. 306. 1895.
121) Benedict, A. L., The treatment of typhoid
*) Schluss ; vgl. Jahrbb, CCL. p. 185.
tf ed. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 3.
fever by intestinal asepsis. Boston med. and surg. Journ.
CXXXm. 9. p. 204. 1895.
122) Thistle, W. B., Eliminative and antiseptio
treatment of typhoid fever. New York med. Record
XLV. 10. p. 289. 1894.
123) Moussous, Pronostic de la fievre typhoide
chez les enfants. Mercredi med. 45. Nov. 7. 1894.
124) Xirchberg, £., Expose du traitement decent
trente et un cas de fievre typhoide. Gaz.desHdp.LXyn.
105. p. 973. 1894.
125) M c C 0 r m i c k , H. G., The effect of local appU-
cation of guajacol in the reductaon of the temperature in
typhoid fever. Philad. med. News LXVI. 3. p. 64. 1895.
126) Hüll, A. P., The treatment of typhoid fever
by gu^acol. Therap. Gaz. XIX. [3. S. XL] 8. p. 506.
1895.
127) Hölscher, Fritz, Üeber die Heilung des
Typhus mit Guajakolcarbonat. Allg. med. Centr.-Ztg.
103. 1894. (Sond.-Abdr.)
128) Mc Cormick, H. G., The management of
typhoid fever. Therap. Gaz. XIX. 10. p. 649. 1895.
129) Palma, Paul, Die interne Anwendung des
Chloroforms bei Typhus abdominalis. Ztschr. f. Heilkde.
XV. 6. p. 427. 1894.
130a) Jaks oh, R. v., Ueber die Behandlung des
Srphus abdominalis mitLaotophenin. Centr.-Bl. f. innere
ed. XV. 11. 1894.
130b) Jaksoh, R.V., Therapeut Mittheilungen über
den Typhus abdominalis. Prag. med. Wchnschr. XIX. 1 1«
1894.
131) Gissler, Zur Typhustherapie. Aerztl. Mit-
theil, aus u. für Baden XLVm. 10. p. 73. 1894.
132) P e t r e s c 0 , Z., Therapeutische Mittheilungen,
Wien. med. Presse XXXV. 14. 1894.
a) Allgemeines.
Dr. H e n r y (1 03) in CorÜand (New York) lehrt
eine diäieUsehe Behandlung des ÄbdominaÜyphus,
bei der er „bedeutend weniger als 5^/o Mortalitftt^^
gehabt hat unter „Diät" versteht H. absolutes
Femhalten der Nahrung von 4 Tagen bis 2 Wochen.
Ist nach Ablauf dieser Zeit das Fieber abgefaUea
odep bestehen keine schwereren Darmerscheinun-
gen, so darf der Kranke 3mal täglich einen Ess-
löffel l^lch geniessen und diese Menge bis zu
einer halben Tasse steigern. Niemals darf öfter
als Smal tSglich Nahrung gereicht werden, dagegen
soll der E!ranke viel Wasser trinken. Ausserdem
erhalt er alle 2—6 Std. ein Bad von 25—32« C.
Von Arzneimitteln macht H. nur selten Gebrauch,
doch rühmt er bei Lungenerscheinungen Aconit
(in hier nicht zu bestimmender, jedenfalls aber
sehr kleiner Qabe), in eben solcher Qabe BeUa««
35
270
Boetlier, Bericht fiber d^ Typhus.
donna bei Empfindlichkeit der Blinddarmgegend
und schliesslich bei Tympanitis und Durchüall
Baptisia tinctoria.
Im Gegensatz hierzu empfiehltShattnck (104)
den Typhuskranken m(%lichst kräftige Kost zu
reichen, und zwar ausser Milch Eier und Eier-
kuchen, Brühen, durchgeschlagene Grütze, Eis-
Crdme, Stftrkepudding, geschabtes Fleisch. Yoa
Darmantisepticis giebtSh. gelegentlich Bismuthum
salicylicum oder subgaUicum. Vor arzneilichen
Fiebermitteln wird von ihm gewarnt Bezüglich
der Hydrotherapie stellt Sh. fest, dass die in
Amerika geübte modificirte abgeschwächte Wasser-
behandlung sich mit den Erfolgen der Brand '-
sehen Methode durchaus nicht messen kann, da
sie immer noch etwa 10^/^ TodesflUle ergebe.
Auf reichliche FHiasigkeäxufuhr wird bei der
Behandlung von Typhuskranken jetzt wohl überall
grosse Werth gelegt Maiila rt (105) hat es
jedoch, wie es scheint, mit der Darreichung von
Flüssigkeit bei den in der Genfer medicinischen
Elimk verpflegten Kranken am weitesten gebracht
Wir finden in den mitgetheilten Krankengeschich-
ten Mengen von 10 — 12 — 14 — 16 Litern, die ein-
zelne Kranke tfiglich aufnahmen und denen eine
tägliche Hammenge von 7 — 9 — 11 Litern ent-
spricht 5 — 6 Liter Getränke, bestehend in Milch,
Limonade, Wasser und Wein, soll nach IL jeder
Typhuskranke zum Mindesten zu sich nehmen.
Mit der reichlichen Diurese und der etwas später
auftretenden beständigen Diaphorese macht sich
ausser allmählicher Temperaturemiedrigung eine
auffallende Besserung im Allgemeinbefinden des
Kranken geltend; der weitere Krankheitsverlauf
ist, ohne abgekürzt oder wesentlich geändert zu
werden, ein leichter. Die Gewichtszunahme in
.der Convalesoenz ist eine sehr rasche. M. hat von
dieser Behandlungsart, der sich die Kranken gerne
anbequemen, keinerlei Nachtheile gesehen und
erkennt keine Gegenanzeige für sie an. Selbst
beträchtliche Herzschwäche wurde, jedenfalls in
Folge der Ausschwemmung des Typhusgiftes,
günstig beeinflusst Wo anfänglich Erbrechen be-
stand, wich es bei ganz allmählicher Steigerung
der Flüssigkeitzufuhr. Magenerweiterung, oder
überhaupt Beeinträchtigung der Verdauung, wurde
nie beobachtet
Tympanitis hohen Grades bei Typhus ist heute
viel seltener als früher. Fernet u.Martin(106)
nehmen an, dass die früher geübte Behandlungs-
weise mit häufig wiederholten Drasticis (Methode
deLarroque)in vielen Fällen Ursache der Darm-
lähmung gewesen ist, während diese bei Kalt-
wasserbehandlung, Milchdiät und Dannantisepsis
höchstens noch in sehr schweren Fällen oder bei
solchen Personen vorkommt, die durch chronische
YerdauungstOrungen dazu besonders veranlagt
sind.
In einem solchen Falle von Tympanitis bei einer sehr
fetten Dame hatte Martin den ihnfall, die Darm-
bewegtmgen durch den konstanten elektrisohen Strom
anzuregen. Seit 2 Tagen waren weder Stahl, noch Winde
abgegangen xmd es natte sich Erbrechen eingestellt; die
10 lunuten dauernde elektrische Sitzung (ein Pol in der
Lendengeffend, einer längs des Diokdaimveriaofes ver-
schoben) hatte 20 Minuten sp9ter eine reiohliche Dann-
enüeerong zur Folge. Nach 6 Tagen war bei 1 — 2 tag-
lichen Si^ungen (üe Auftreibung des Leibes gehoben.
Heilung.
h) HydroUurapiß,
üeber den heutigen Stand der Typhustherapie ver-
breitet sich der bayrische Generalarzt Yogi (107)
in einer längeren Abhandluog, die sich auf das
Typhusmaterial im Münchener Gamisonlazareth der
letzten zwei Jahrzehnte stützt Die statistischen
Zahlen „sind dadurch besonders interessant, weil
sie Gelegenheit zu einer kaum je wieda-kehrenden
Beobachtung geben. Es wurde alljährlich eine
fast gleiche Anzahl typhuskranker Soldaten auf
jeder der beiden Stationen Intern I und Intern 11
behandelt, hier streng nachBrand, dort eben&lls^
mit Bädern, aber in Gombination mit medikamen-
töser Antipyrese. Im Uebrigen herrschte völlige
Gleichheit der Bedingungen, so dass z. B. von
Ziemssen dieser Anordnung den Werth eines
therapeutischen Experimentes im grossen Maass-
stab zuerkannte.'* Die Mortalitätzahlen lehren eine
auffallende Ueberlegenheit der strengen Brand'-
schen Methode. Es starben :
1875—76
1877—78
1878—79
1880—81
1881—82
in Station I Station n
15.8o/o 4.5Vo
3.8 0.0
10.8 3.9
18.8 4.0
9.1 4.7
Vom Jahr 1882 ab war die Behandlung in
beiden Stationen eine fast gleich strenge Bider-
behandlung, und damit näherten sich auch ihre
Heilerfolga Von einem Milderwerden des Typhus
konnte y. nichts bemerken ; die Epidemie im fMh-
jahr 1893 hatte eine Sterblichkeit von 7.3Vei was
allerdings zum Theil durch die gleichzeitig herr-
schende Influenza, die bei vielen Kranken hämoRha-
gische Diathese veranlasste, bedingt sein mag.
Y. erkennt nach den angeführten Zahlen der
strengen Kaltwasserbehandlung den ersten Pkts
in der Typhustherapie zu, an deren Erfolge alle
übrigen Methoden, auch die von ihm als nindiffe-
rente^' bezeichnete gemilderte Bäderbehandlung
nicht heranreichen. Von arzneilichen Fieber*
mittein, wie Chinin oder gar Antipyrin, hat Y.
keinen grossen Nutzen gesehen.
Aus der Arbeit von Hewetson (54) über das
Verhalten des Harns und über Nierenoomplika-
tionen bei den Typhuskranken des Johns Hopkins
Hospital heben wir hier die Bestätigung der zuerst
von Roque und Weill (vgl Jahrbb. CCXXX VIL
p. 185) festgestellten Thatsache hervor, daas die
mit kalten Bädern behandelten Typhusknmken
eine grossere Qiftmenge im Harn ausscheiden, als
dies bei anderer Behandlung beobachtet wird.
Boether, Bericht ttber den Typhus.
271
Le Oendre (108) empfiehlt das laue, bei
grSfiserer Schwere des Krankheitsbildea das kalte
Bad, sowohl bei Schwangeren, wie bei I^rauen im
WochenbeU und w&hrend der Laktation. Die von
ihm gesammelten Zahlen ergeben für schwangere
Frauen eine geringere Sterbliohkeitziffer (14o/o),
als die allgemeine Mortalitätziffer des Typhus
(19«/o).
Die einzige wirksame Behandbmg des Tkfphtu
hei äUeren Leuten, von 40 Jahren ab etwa, ist nach
Bolognesi (109) das kalte Bad, von dem er
unter Juhel-B6noy wunderbare Erfolge, wahre
„Wiedererweckungen^* gesehen hat Für gewöhn-
lich hält er sich streng an Brand'sYorschriften;
in ganz verzweifelten Fällen lässt er an Stelle
dieses „beruhigenden Bades'S <^ „stimulirende
Bad** treten, das alle 2 Stunden gegeben wird,
8—10 Minuten dauert, mit 24 — 20<^ beginnt und
auf 18^ abgekühlt wird; dabei wird der Nacken
fortwährend mit 8 — lOgrädigem Wasser Über-
gossen. Daneben macht B. ausgiebigen Gebrauch
TonStimulantien: Alkohol, Aether, Kampher, Spar-
tein, Coffein, Sauerstoffinhalationen, Eisbeutelaufs
Herz.
Osler (110) berichtet Über die Erfahrungen,
die im ^jrankenhause in BaUimore in den letzten
5 Jahren mit dem kdUen Bads gemacht worden
nnd. Es wurden in diesem Zeiträume 356 Typhus-
banke aufgenommen, von denen 26 «« 7*3%
starben. Oebadet wurden 299, Ton denen 20 «"
6.6^/o starben. Nicht gebadet wurde in einigen
ganz leichten Fällen und in mehreren, deren Natur
verkannt wurda Aus diesen Zahlen gehe die Yor-
zttglichkeit der Behandlung (die meisten Kranken
kommen spät in Behandlung, bei der Mehrzahl
handelt es sich um sehr schwere Fälle) hervor,
wenn auch das kalte Bad seine grossen Unzuträg-
Kdikeiten für die Kranken und das Pflegepersonal
habe.
Barker (111) hat in privater Praxis von 46
onzweifelhaften Typhuskranken 35 mit kühim
VoObädefm behandelt, ohne Todesfall. Die Arbeit,
die nichts Neues bietet, ist in der anerkomens-
werthen Absicht geschrieben, die Yorurtheile gegen
diese Behandlungsweise, die in Amerika noch sehr
verbreitet sind, zu zerstreuen. Die Schwierigt-
ketten der Behandlung von Seiten der Umgebung
und des Kranken selbst seien nicht so gross, wie
gewühnlich dargestellt werde, und mit einiger
Geduld und Umsicht leicht zu überwinden.
Dieselbe Absieht liegt einem Aufisatze von
Page (112) zu Gründe, in dem mitgetheilt wird,
dass im New Yorker Baspüal von 1876—1885 die
Typhussterblichkeit zwischen 24 und 41<^/o [I] be-
trog. P. legt dieses ungünstige Ergebniss der
üblidien arzneilichen Behandlung, die mit starker
Deberfütterong der Kranken einhergeht, zur Last
und fordert dringend, dass man zu der segens*
reiohen Wasserbehandlung (BAder, Waschungen,
Packungen, reichliche Getränke), vereint mit
schmaler Kost, ja sogar Nahrungsentziehung iii
den ersten 24 — 48 Stunden, übergehen solle.
Cabot (113) berichtet über die im ühsear
ehuseita Oenercd HoapUal angewendete Wasser-
behandlung bei Typhus. Es werden daselbst neben
kalten Yollbädem auch Abwaschungen (Sponge-
baths) vorgenommen, weil das Wartepersonal nicht
ausreicht Das kalte Bad von 18^ G. wird ge-
geben, wenn der Kranke 39.2<^ 0. und darüber
misst, die Waschungen werden gewöhnlich auch
mit ISgrftdigem Wasser gemacht; bei höheren
Fiebergraden werden sie kälter genommen, bei
über 40.6^ wird Eiswasser angewandt
Es zeigte sich nun bei 800 Abwaschungen
und 200 Yollbädem, dass die Kürperwärme durch
die Bäder (^/^ Stunde später gemessen) im Mittel
um 1.7^ G. herabgedrückt wurde, während sich die
Temperatur durch die Waschungen durchschnitt-
lich nur um etwa ^/|^ G. erniedrigte. Manchmal
hatten die Kranken nach der Waschung dieselbe
oder höhere Körperwärme als vwher und es waren
sehr häufige Waschungen nötfaig, da die Temperatur
rasch vrieder anstieg. Gleichwohl war derEinfluss
auf das Allgemeinbefinden (Delirium, Schlaflosig-
keit, Stupor u. s. w.) bei beiden Behandlungsarten
derselba G. giebt daher den Waschungen den
Vorzug, da sie von den Kranken nach der ersten
Gewöhnung gern geduldet werden, was bei den
kalten Bädern nie der Fall war.
Im Gegensatze hierzu behauptet Dräsche (1 14),
dass die zum Ersätze der Bäder vorgesclilagenen
haUen Emunekehmgen in Spitälern „wegen ihrer
Umständlichkeit und der zu aufreibenden An-
strengung des Wartepersonals'' bei einer grösseren
Anzahl von Typhuskranken nicht durchführbar
seien; auch sollen sich die Kranken weit eher
gegen diese ihre Buhe anhaltend störende Maass-
nahme sträuben als gegen die Bäder. Diese letz-
teren sollen nicht nach einem starren Schema ge-
geben werden, sondern sich nach der Höhe des
Fiebers und nach dem Allgemeinbefinden der Kran-
ken richten; besonders die ersten Bäder dürfen
nicht zu kalt gegeben werden.
Das permanenie Bad nach Barr (vgl den
Typhusbericht Jahrbb. CCXXVm. p. 193) wird in
einem klinischen Vortrage von Broadbent(115)
dringend empfohlen. Barr (116) selbst giebt an,
mit diesem Verfahren im Northern Hospital, Liver-
pool, nur 2^lo Mortalität gehabt zu haben, obwohl
viel Schwerkranke zur Behandlung kamen.
e) Verschiedene Mittel
Von den Medikamenten stehen gegenwärtig
diejenigen, von denen man eine desinficirende
Wirkung auf den Darminhalt erwartet, im Vorder^
gründe des Interesses. Meist sind es die all-
bekannten und zum Theil schon bewährten, wie
Calomel, Salol, Naphthol u. s. w. Einen neuen
Weg betritt Hiller (117). Er sucht die Darm-
antisepgis und die Unschädlichmachung der bereits
372
R 0 e t b e r , Bericht über den Typhus.
in die Darmw&nd eingedrungenen Typhusbacillen
durch eine Mischung von Ortho-, Paror und Mskh
kresol zu erreichen, die er mittels eines eigenen
Yerfahrens mit fettem Oel und einer Harzseife zu-
sammen in haltbare Qelatinekapseln einschliesst
In dem alkalischen Darminhalte gehen die Eresole
mit dem Oel unter Mitwirkung der Seife eine
Emulsion ein, welche eine stark schädigende Wir-
kung auf die Typhusbacillen ausüben soll. In
Laboratoriumversuchen wurden die Badllen in
BouiUonculturen schon bei ^nem Qehalte von
O.lSl^lo Eresol innerhalb 3 Minuten abgetödtet
Danach berechnet H., dass täglich eine Eresol-
menge von etwa 1.12 g zur Abtödtung der Typhus-
bacillen im Dünndarminhalte erforderlich ist Bei
12 Typhuskranken, welche in einem Krankenhause
verpflegt wurden, hat Kölsch in Neustadt a. H.
diese „Enterokresolkapseln^^ mit Ausschluss son-
stiger Behandlung angewendet und war mit dem
Erfolge zufrieden, „da die Eresolmedikation ohne
Nachtheil ist, die Patienten nicht belästigt und
mindestens so viel leistet wie jede andere The-
rapie". Aus den angeführten Krankengeschichten
nnd Fiebercurven geht hervor, dass die Krankheit
sehr müde verlief, besonders bei denjenigen Kran-
ken, die das Mittel schon in der 1. Krankheits-
woche erhielten. Meteorismus, Kollern u. s. w.
fehlten stets, Darmblutungen und Feritonitis kamen
nicht vor, die Erholung trat nach der Entfieberung,
die durchschnittlich am Anfange der 4. Krank-
heitswoche erfolgte, rasch ein. Die Zahl der Be-
obachtungen ist natürlich für einen bindenden
Schluss noch zu klein, doch verdient das Verfahren
nach den bisherigen Erfolgen Nachprüfung in wei-
terem Umfange.
Yeo in London (118) empfiehlt in einem für
den internationalen Congress in Rom ausgearbei-
teten Vortrage die von ihm seit Jahren angewandte
Behandlung des Tkff>htis mit freiem Chlor und kleinen
Chininmengen zu weiterer Nachprüfung. Seine
Absicht ist, nicht nur den Darminhalt „aseptisch"
zu machen, sondern die toxischen Stoffwechsel-
produkte, die in das Blut übergegangen sind, durch
resorbirbare Agentien zu bekämpfen. Die Mixtur
wird folgendermaassen bereitet: In einer 360g
haltenden Flasche wird 1.8 g chlorsaiuies Kali mit
3.5 ccm Salzsäure Übergossen und geschüttelt, bis
das Chlorgas die Flasche anfüllt; hierauf wird
Allmählich unter ümschütteln mit Wasser auf-
gefüllt und werden 1.5 — 2.0 g Chinin nebst etwas
Syrup. cort aurant. hinzugefügt Davon nimmt
der Kranke 2— dstünd. 1 Esslöffel voll Y e o hat
seit 10 Jahren mit dieser Medikation nur gute Er-
folge in Spital- wie Hauspraxis erzielt und zieht
das Verfahren der kalten Bftderbehandlung vor,
weil es einfacher ist und Besseres leisten soll als
diesa In dUUetiscker Hineichi sieht Y. streng
darauf, dass die Nahrnngzufuhr dem stark ver-
minderten Verdauungs- und Absorptionsvermögen
des Darmes angepasst wird. Die Milch soP stets
mit 2 Theilen Wasser verdünnt gegeben werden
und ihre Menge ist so lange zu vermindern, als
Milchreete unvoxiaut abgehen. So wird der Darm-
kanal ruhig gehalteil und Darmfäulniss im Keime
vermieden.
King (119) hat bei 10 Typhuskranken die
Ckhr-Chmin^Afixiur angewandt und erzielte bei
allen rasche Heilung.
Wilcox(120) gab Chlor innerUeh heoxmden
in solchen Fällen von Abdominaltyphus, in denen
andere Mittel (Bäder, Naphthol, Salol u. s. w.) im
Stiche Hessen und das septische Fieber nicht schwin-
den wollte. Er Hess die Kranken von einem 0.4proc.
Chlorwasser in gehöriger Verdünnung 4 — 15g
mehrmals tägHch nehmen, bis die Stühle ihren
Geruch verloren hatten und deutHch nach Chlor
rochen. Der Gebrauch des Chlor führte die Kranken
in allen FäUen rascher Genesung zu ; üble Neben-
erscheinungen hat W. niemals gesehen.
Benedict in Buffalo (121) empfiehlt 7%«er-
kohle (3mal tägHch % Theel5ffel voU), die ihm bei
Typhuskranken gute Dienste leistete. Die Stühle
werden fast geruchlos und im Urin fehlt die Ehr-
Zü^'scheDiazo-Reaktion, ein Beweis dafür, dass die
dieser Reaktion wohl zu Grunde liegende Resorption
von Fäulnissstoffen verhindert wird. In üeberein-
Stimmung damit zeigen die so behandelten Typhus-
kranken ein sdir zufriedenstellendes Allgemein-
befinden.
Anderson (30) rühmt sehr den Gtebrauch
des Salol, das die Nekrose der infiltrirten Darm-
folHkel verhindere. Das Salol gilt A. geradezu
als Specificum ; so steUt er den Satz auf, dass jeder
Kranke, der vor dem 10. Tage seiner Krankheit
mit dem Mittel behandelt wird, mit dem 15. Tage
in Convalescenz eintritt Er giebt das Salol in
hoher Gabe : Erwachsene erhalten 2 — Sstünd. 1.6 g.
Kinder über 6 Jahre eben so oft 0.3, unter 6 Jahren
0.15 g.
Auch Barr (116) hat das Salol oft siit Vor-
theil gegeben, doch tritterderBehauptung Ander-
son's bezügUch der specifischen Wirkung des
Mrttals entgegen.
Nach Thistle (122) kommt es zur Eiruelung
der „Darmasepsis'^ in erster Ldnie darauf an, den
Darm von allen unverdaulichen Nahrungsrestaa
durch oft unederhoUe JbfiihrmiUel zu befreien. Nac^
seiner Anschauung werden durch die Flüssigkmt-
aussoheidung in den Darm, welche die Laxantien
anregen, die Bakterientoxine ausgesdiwemmt. Wäh-
rend des Fieberstadium sorgt T h. für sechsmalige
Stuhlentleerung am Tage; dabei bleibt es sich
ziemHch gleich, ob man Calomel, Bittersalz oder
CSascara u. s. w. verwendet, nur sind Drastica sa
Termeiden. Lasst die Wirkung des Mittels anf
sich warten, so ist durch ein Glycerinklystir die
Peristaltik anzuregen. Auch von antLseptiadiea
Mitteln (besonders Salol) hat Th. nebenbei Ge-
brauch gemacht, doch erkennt er diesen nur eise
unterordnet^ Bedeutung zu«
B o e t h 6 r , Bericht Über den Typhus.
273
Auf einem ähnlichen Princip beruht die Be-
handlung, dieMous8ou8(l 23) in seinem Einder-
krankenhause in Bordeaux anwendet Sie besteht
in der oft wiederholten Darreichung Yon kleinen
Gaben Calomel, abwechselnd mit Naphthalin und
salicylsaurem Wismuth. Daneben giebt M. Chinin,
kalte Bssigwasserabwaschungen, als Nahrung nur
Milch; laue B5der wurden nur in einigen der
schwersten Fälle verabreicht Yon 60 so behan-
delten Kindern starb nur eins, und zwar in der
Conyalescenz an Synkope, deren Ursache bei der
Sektion nicht aufgeklärt wurde.
Recht umfangreichen Gebrauch von den Mitteln
des Arzneischatzes macht Eirchberg (124), der
das kalte Bad „aus Furcht vor Lungencomplika-
tionen^' vermeidet und auch laue Bäder höchst selten
anwendet Yon 131 Eranken mit ausgesprochenem
tTyphus starben ihm im Krankenhause zu Nantes
und in privater Praxis 14. Die Kranken bekommen
3.0 /7-Naphthol täglich ; wird dies nicht vertragen,
80 erhalten sie Said oder 15 Tropfen Jodtinktur
tä^ch; wird auch dieses Mittel erbrochen, so giebt
BT subcutane Ghinininjektionen. Dazu werden täg-
lich 4.0 Natrium subsulfurosum innerlich ver-
abreicht, sowie ein Klystir mit demselben Salz
oder bei stärkerem Durchfall mit Jodtinktur. Bei
Lungenanschoppung verwendet K. Ergotin, manch-
mal Digitalis, Yesikantien und trockene SchrOpf-
köpfe; bei starker Blutstauung in den angesohopp-
ten Lungen erwägt er auch den Nutzen eines ge-
mässigten Aderlasses. Als Nahrung reicht er Milch
und Fleischbrühe, als Getränk neben sonstigen
Flüssigkeiten 1 Liter 4prom. Borsäurelüsung. , Jm
Uebrigen symptomatische Behandlung."
Mc Cormick (126) verwendet zur Herab-
setzung der Fieberwärme bei Typhus, ähnlich wie
Da Costa (vgl Jahrbb. CCXLIY. p. 97), aber
angeblich von diesem nicht beeinflusst, Ouajakol
äuBserheh und ist damit so zufrieden, dass er zu
den Bädern und kalten Umschlägen nicht zurück-
kehren mOchte. Er hat bei seinen 12 Kranken
guten Erfolg gehabt und nie üble Wirkungen von
dem Yerfahren gesehen ; Schüttelfröste wurden bei
vorsichtiger Dosirung stets vermieden. Die tem-
peraturemiedrigende Wirkung tritt ebenso prompt
ein wie beim kalten Bade, der Puls wird etwas
verlangsamt und gekräftigt
Yersuche an Gesunden lehrten, dass bei diesen
dorch das Ouajakol weder die Temperatur, noch
das Allgemeinbefinden im Geringsten beeinflusst
wird.
Auch Hüll von Montgomery in Fensylvania
(126) wendet das Ouajakol äusaerlieh als „Ersatz
ffir die lästigen Bäder'' an, daneben giebt er es
aber auch mnerUeh in 2stünd. Gaben von 7a ^^^
l^i Tropfen ab Darmaintisepticufn. Er will bei
dieser Behandlung, der 19 Kranke unterworfen
wurden, eine Abkürzung der durchschnittlichen
Krankheitsdauer gesehen haben.
Mit der innerlichen Darreichung von Ouajakol-
earbonai hatte Hölscher (127) bei einer grösse-
ren Beihe von Typhuskranken, die zum Theil in
ihrer Behausung, zum Theil im Stadtspital zu
Mülheim am Rhein behandelt wurden, vorzügliche
Erfolge. „Yon über 100 Kranken konnten bis
jetzt nur 3 schwere und spät in Behandlung ge-
kommene nicht geheilt werden.'' H. empfiehlt das
Mittel dringend zur Nachprüfung, da es geeignet
sei, das kalte Bad vollständig zu ersetzen.
Guajakolcarbonat ist im Magen unlöslich und
spaltet erst im Dünndarm, und zwar in dessen
ganzem Yerlaufe, Guajakol ab ; dabei geschieht die
Spaltung so langsam, dass selbst von den grössten
ebben niemals unangenehme Nebenwirkungen be-
merkt worden sind. Sehr schnell wird die Darm-
fäulniss aufgehoben, der Stuhl nimmt eine braune
Farbe und Geruch nach Guajakol an ; damit geht
eine rasche Besserung des Allgemeinbefindens Hand
in Hand ; die gesammte Krankheitsdauer wird ab-
gekürzt und die Genesung tritt rasch ein. In so
auffallender Weise wirkt das Mittel jedoch nur
dann, wenn noch k^e Yerschleppung der Bacillen
aus dem Darm in andere Organe stattgefunden hat,
weil das in's Blut aufgenommene Guajakol mit ge-
wissen Eiweissstoffen in Yerbindung tritt und da-
durch den Bacillen gegenüber unwirksam wird.
Es kommt daher darauf an, das Guajakol, von dem
H. 2mal täglich 1 — 2 g giebt, möglichst frühzeitig
in Anwendung zu bringen.
Aus dem Aufisatz von Mc Cormick (128),
der als Darmantisepticum erst Calomel, dann Gua-
jakol und Eucalyptol verwendet und dabei Ab-
kürzung der durchschnittlichen Fieberdauer erzielt
haben will, ist hervorzuheben, dass Mc C. bei
Darmblutungen den Gebrauch von Opium oder
Morphium für absolut schädlich hält, weil dadurch
der Darminhalt angehäuft und die kranke Schleim-
haut noch mehr gereizt wird. Er giebt nur Ergo-
tin subcutan und grosse Eiswasserklystire, die
den Blutandrang nach dem Darm mildem und
Beinigung des Dickdarms bewirken. In mehreren
Fällen von starker Entblutung hat er die Trans-
fusion von Kochsalzlösung mit Erfolg verwendet
Palma (129) berichtet über die Erfolge, die
durch die Behandlung der Typhuskranken mit
Chloroform in der Klinik von ▼. Jak seh erzielt
worden sind. Dieses Mittel wurde auf die Em-
pfehlungen von Stepp und von Werner hin
nachgeprüft; die 65 Typhuskranken des Jahres
1892—1893 erhielten tägüoh 1,0— 1.5 Chloro-
form in 200.0 Wasser oder Miztura oleosa, bei
Temperaturen über 40<^ Chinin in Gaben von 0.2,
ausserdem feuchte Bumpf umschlage und die übliche
flüssige Kost Es starben 2 Kranke, davon einer
an einem durch zußUlige Ansteckung erworbenen
Gesichtserysipel ; die Mortalität beträgt demnach
streng genommen nur 1.8%. Trotzdem erkennt
P. dem Chloroform keinen besonderen Werth bei
der Behandlung der Typhuskranken zu, weil bei
dieser Medikation yreiev die Fieber- und Behand*«
274
Boether, Bericht über den Typhus.
lungsdauer abgekürzt, noch die Zahl der Beddive
{S2^Iq) und. Complikationen (SO^Jq) vermindert
wurde. Als vortheilhafte Eigenschaft wird hervor-
gehoben, dass dasGhlorform auch von benommenen
Kranken seines leicht prickelnden Geschmackes
wegen gern genommen wurde und dass es den
üblen Geruch aus dem Munde verringerte; eine
Desodorirung der Stühle wurde nicht beobachtet
Von Interesse sind die Stoffwechselunter-
Buchungen, die an 3 mit Chloroform behandelten
Kranken ausgeführt wurden, um festzustellen, ob
bei dieser Dosinmg die von Salkowski 1889
gemachte Beobachtung einer Steigerung des Stiok-
stoffzerfalles u. Verminderung der Aetherschwefel-
sauren unter Chloroform zutreffe. Die «Unter-
suchungen ergaben, dass so kleine Mengen Chloro-
form auf den Stoffwechsel ohne Einfluss sind.
v. Jak seh (130) veröffentlicht seine noch
nicht abgeschlossenen Verbuche über die Anwen-
dung des Laktophenin beim Typhus, damit das
Mittel bei der in Frag 1894 herrschenden Epi-
demie geprüft werden könne. „Laktophenin ist
ein Phenetidin, in welchem die an dem Ammoniak-
rest haftende Essigsäure durch Milchsäure ersetzt
ist, also ein Laktylphenetidin.^^ Es ist ein wasser-
lösliches krystallinisches Pulver von leicht bitterem
Geschmack, v. J. gab das Mittel in Gaben von
0.5 — 1.0 (in Kapseln) mehrmals täglich und war
mit der Wirkung sehr zufrieden. Abgesehen von
der Temperaturemiedrigung trat Beruhigung der
Kranken ein; die Delirien schwanden, das Be-
wusstsein wurde frei und die Kranken erfreuten
sich ohne Ausnahme eines Wohlbefindens wie bisher
bei keiner anderen Behandlungsart Bei vielen
stellte sich rasch Hungergefühl ein. Alle 18 Kranke,
die das Mittel erhielten, sind genesen. Da das
Laktophenin auch bei vielen anderen Kranken in
über 1000 Einzelversuohen und in Tagesgaben bis
zu 6 g niemals unangenehme Nebenwirkungen
zeigte, so empfiehlt es sich zur Nachprüfung; ob es
„specifisch" wirkt, müssen weitere Beobachtungen
erweisen.
I
G i s s 1 e r (131) war mit der Wirkung des Lakto-
phenin bei seinen Typhuslcranken im Pforzheimer
Krankenhause zufrieden ; das Wohlbefinden unter
demEinflnss des Mittels theilten alle Kranken ohne
Ausnahmen. Ein kräftiges Mädchen, das stets 1.0
gut vertragen hatte, bekam in der 3. Krankheits-
woche nach 0.5 schon CoUapstemperatur. Durch
das Laktophenin wurden die kühlen Bäder zwar
nicht ganz überflüssig, aber ihre Zahl wurde zur
Freude der Kranken und Pflegerinnen bedeutend
herabgesetzt
In der medicinischen KUnik in Bukarest er-
halten die Typhuskranken, wie Petresco (132)
mittheilt, seit 1880 stets ß-Nc^}Uhol in Gaben von
3 — 4 g täglich, daneben manchmal 1 — 2 g Chinin
und Limonade mit 5prom. benxoesaurem Natron
oder 1 — 2prom. Benzoesäure. In schweren Fällen
^ird auch die Hydrotherapie herangezogen. Die
Krankheit soll durch diese Mittel, wenn sie früh-
zeitig genug angewendet werden, bedeutend ge-
mildert, ja sogar coupirt werden können ; Compli-
kationen waren sehr selten. Genaueres Ifisst sich
bei dem Mangel von Zahlenangaben nicht mittheilen*
Hervorzuheben ist noch, dass beim Gebrauch dea
Naphthol wegen dessen Löslichkeit in Alkohol alle
alkoholischen Getränke zu vermeiden sind.
VL Flecktyphus und auseereuropäisehe
Typhusformen.
133)Thoinot, L., etH. Dubief, Contribation k
rhistoire da typhös exaDthematiqued^apreslesdocumentg
foumis par l'epidemie da departement de la Seine ea
1893. Revue de Med. XIV. 11. p. 977. 1894.
134)yilcoq, J., et G. Woimant, Note sur ona
epidemie de typhös exanthematiqae obaervee ä Thotal-
Dieo de SoisBons. Ibid. p. 1020. 1894.
135) Liren, De rendemo-epidemie de typhös dans
la commane mixte de Fort-national depois Tannee 1888.
Arch. de Med. et de Pharm, mil. XXIV. 11. p.379. 1894.
136) D e B r o n , H.« Helation de repidemie de typhös
exanthematiqoe qoi a sevi ä Beyrooth andebotdeTannee
1893. Revoe de Med. XIV. 11. p. 933. 1894.
1 37) C 0 m b e m a 1 e , F., Le typhos exanthematiqoe
chez le vieillard. BolL g6n. de Ther. GXXYIL 26. p. 7.
1894.
138) Clark, L. D. Pieroe, Some obeervatioiui oa
an epidemio of typhos fever. Amer. med.-Bnrg. Boll.
Vn. 11. p. 647. 1894.
139) Gancel, E.-L., ^ttade sor la fievi« typho-
palostre. Arch. de Med. et de Pharm. miL XX. 10. 12.
1892.
140) Bho, Filippo, Delle febbri tifoidee atipiche
e della cosidetta ,,febbre tifomalaria'^, oonsiderabe oome
malattie castrensi e coloniali. Sperimentale XLYIH 28.
1894.
141) Osler, William, Typhoid fever and maiaiiai
Johns Hopkins Hosp. Bep. IV. 1. p. 59. 1894.
Thoinot und Dnbief (133) geben an der
Hand des officiellen statistischen Materiales eine
Darstellang der Flecktyphusqndemie im Säne^
departement (1893). Von 149 Erkrankten starben
69 >— 46.3^/o. Die Erkrankungen vertheilen sich
nach den Altersstufen folgendermaassen :
bis 21 Jahre 10 Kranke, 3 Todesfälle
21—30 „ 41 „ 9
31—40 „ 39 „ 14
41—50 „ 21 „ 13
51—60 „ 28 „ 21
11
11
über 60
10
9
esffi]
le — 33«/e
11
— 22
11
— 25
11
— 62
11
— 75
n
-90
Die Dauer der Incubaiion konnte bei mehreren.
Kranken auf Grund ihres Aufenthaltes im Polizei-
depot, wo sie angesteckt wurden, genauer ermittelt
werden. Die Zahlen schwanken zwischen 10 und
21 Tagen; eine kürzere Dauer als 10 Tage» wie
Murchison sie gesehen haben will, wurde nie
beobachtet. Die Verbreüwig des Ikffthus m Paris,
über deren Einzelheiten der vorige Bericht (Jahrbb.
CCXLIV. p. 98) verglichen werden kann, geschah
nach folgendem Schema : Vagabunden, von deaea
20 gleich bei der Ankunft in Paris erkranken,
schleppen den Typhus ein. Sie stecken an 1) im
Folizeidepot : 41 Qefangene und 4 Wftrter] 2} an
Boether, Beriebt über den Typhus,
275
den Orten, wo sie rerkehren: 42 Yagabunden,
3 Hiether und 5 andere Personen ; 3) im Justiz-
gebände : einen Schreiber.
Von diesen FSllen ausgehend erkrankten im
Inneren der Krankenhäuser 23 Personen, theils
Kranke, theUs Pflegepersonal. Hierbei war zu be-
merken, dass eine ziemlich intime Berührung mit
den Kranken zur Debertragnng des Typhus nüthig
war, denn es erkrankten ausser den Pflegern nur
die näehaim Bettnachbarn der Typbuskranken.
Yilcoq und Woimant (134) schildern du
Fkekiiifphuamdmm im Krankmkaius zu Saissons.
Am 7. Nov. 1893 wurde ein an Typhus leidendes
▼agabnndirendes Ehepaar aufgenommen. Am
10. Deo. wurde eine Frau mit Typhus eingeliefert,
die erst 13 Tage yorher das Krankenhaus verlassen
hatte; sie hatte sich kurz vor ihrer Entlassung
in derN&he der ersten Typhuskranken aufgehalten
und war vermuthlich hierbei angesteckt worden.
Da die Isolirung der Typhuskranken wegen Platz-
mangels nicht möglich war, griff die Seuche im
Hause um sich, ging auch auf Kranke der chir-
urgischen Abtheilung über und verschonte weder
Pflegepersonal noch Aerzte. In der Stadt kamen
keine TyphusflUle vor. Im Ganzen erkrankten 33
und starben 7 Personen «- 21%. Bei einigen
Kranken wurde nach der Entfieberung „im peu
d'hypothermie'' beobachtet (vgl De Brun); bei
einer durch chronische Dyspepsie geschwächten
Frau erhob sich die Temperatur während der
ganscen Dauer ihres ausgesprochenen Typhus nicht
über 37*. Die Behandlung bestand in kühlen anti-
septischen Abwaschungen, Darreichung von Alkohol
tmd Chinaprftparaten, sowie subcutanen Aether-
und CofFeineinspritzungen.
Der französische Militärarzt Liron (135) war
in der Lage, den bei einzelnen Kabyknsiämmen
einheimuehen FUcktyphua 4^1 J&hre lang zu be-
obachten. In diesem Zeitraum wmrden nur 15 Dörfer
von Typhus befallen, viele unmittelbar benachbarte
Stämme blieben ganz verschont, obwohl der
Schmutz und das Elend überall dieselben sind.
Die Exkremente werden im Haushof abgesetzt, die
Stelle der Brunnen vertreten flache Tümpel, die
den schwersten Verunreinigungen ausgesetzt sind.
Auch in den einzelnen Dörfern sind es immer nur
gewisse Gruppen von Häusern, besonders solche
mit einem gemeinsamen Hof räum, in denen Typhus-
flUle vorkommen, während die übrigen Häuser flrei
bleiben. L. erklärt dies daraus, dass die Kabylen
streng vermeiden, ein vom Typhus befidlenesHaus
zu betreten. Jedenfalls geht aus diesen Beobach-
tungen hervor, dass Schmutz und verdorbenes
Trinkwasser fOr die Verbreitung der Seuche nicht
in Betracht kommen.
Da die Kabylen ärztliche Hülfe ablehnen, so
verlftoft die Krankheit bei ihnen vOllig unbeein-
flusst von irgend welcher Behandlung und es
bieten daher die Sterblichkeitsverhältnisse ein ge-
visses Interesse.
Im Zeitraum 1880—1890 erkrankten 154 mit 29«/oTode8f.
, „ 1891—1892 „ 220 ^j 35.8 ,
Ein Stamm hatte 43 Kranke mit 46.5 ,
Auch hier erhöht sich die Sterblichkeit mit
dem Lebensalter; sie betrug bei 50jahr. Kr. 52%,
von 50—60 Jahren 880/0, über 60 Jahre 70%.
De Brun (136) schildert in einer sehrlesens-
werthen Arbeit die Typkusepidemie, die im Beginne
des Jahres 1898 in BeynUh(Klemasien% herrschte.
Die Arbeit enthält eine vorzügliche Beschreibung
der Krankheitserscheinungen, die, soweit sie das
Nervensystem betreffen, schon in einem früheren
Aufsatze mitgetheilt sind (vgl. Jahrbb. CCXLIV.
p. 100). Die Beobachtungen von De Br., die im
Grossen und Ganzen mit den Angaben der Hand-
bücher übereinstimmen, sollen hier nur insoweit
kurz erwähnt werden, als sie von diesen ab-
weichen. Neben dem typischen Ausschlage sah
De Br. mandimal rosarothe oder rüthliche, zu-
weilen etwas erhabene Flecke, die bis auf den cen-
tralen Punkt Flohstichen sehr ähnlich waren oder
auch den Roseolen des Abdominaltyphus glichen.
Den Ausschlag sah De Br. niemals im Oesichte
auftreten, was nach ihm eine frühzeitige Unter-
scheidung gegenüber der imUebrigen sehr ähnlich
beginnenden Variola erlaubt Die Abschuppung
erfolgte zuweilen in grosseren Fetzen, ging aber
nie mit Hautjucken einher, wodurch sie sich von
der Schuppung beim Denguefieber unterscheidet.
Yon Seiten des Magens bestand manchmal unstill-
bares Erbrechen, das in einem Falle nach der
Defervescenz auftrat und über einen Monat anhielt
Milz und Leber waren bei den Kranken, die keine
Malaria gehabt hatten, nicht vergrüssert, wobei
freilich zu bemerken ist, dass Sektionsbefunde
fehlen. Aeusserst charakt^stisch war die Unregel-
mässigkeit des Pulses, die fast bei allen Kranken
sehr frühzeitig die (Gegenwart von Myocarditis an-
zeigte und bei allen bis auf zwei die Anwendung
von Digitalis nothwendig machte. D e B r. schreibt
der reichlichen und frQhzeitigen Anwendung der
Digitalis einen guten Theil des Erfolges zu, den
seine Behandlung gehabt hat: 9% Mortalität in
der Anstalt-, wie in der Privatpraxis. Albuminurie
war nicht in allen Fällen vorhanden und sdiien die
Schwere des Falles nicht zu beeinflussen. Auf-
fallend war der günstige Einfluss, den der Typhus
auf die Malariainfektion auszuüben schien: Bei
vielen Kranken, die nachweislich an Malaria litten,
sprach sich diese nur wenig in der Curve aus, vor
Allem aber fehlten die nach anderen Krankheiten
so häufigen Fieberaniälle in derConvalescenz. Die
Entfieberung trat gewühnlich am 12. bis 15. Krank-
heitstage ein; daran schloss sich regelmässig ein
sehr diarakteristisches Stadfum der Bypoihennie,
das mit der Hypothermie nach anderen Krankheiten
nicht verglichen werden kann, weil während des-
selben die typhösen Erscheinungen oft mit un-
verminderter Heftigkeit weiterbestehen und jetzt
noch zu tOdtlichem Ausgange führen können.
278
Boether, Bericht Aber den Typhus.
Manchmal brach in diesem Stadium heftiges Deli-
rium aus ; femer wurde das Auftreten von Decu-
bitus, Gangrän der Glieder, Noma, Parotitis, Funm-
keln und Abscessen, sowie von Thrombose der
Schenkelvene beobachtet. Nach 8 — 14 Tagen,
w&hrend deren die Körperwärme auf 36^, ja auf
34.8^ gesunken war, erhebt sich die Temperatur
langsam zur Norm und die Genesung tritt ein.
Combemale(137) beschreibt auf Grund seiner
Beobachtungen an den Typhuskranken im Isolir-
spitale zu Lille das Erankheitsbild des Flecktyphus
tm OreisenaUer, Von 124 Kr, waren 8 «■ Vis ober
60 Jahre alt; die Sterblichkeit betrug bei dieaea
85^/o und diese Ziffer erniedrigt sich nur unbe-
deutend, wenn man auch die Personen über 50 Jahre
dazu nimmt Im Allgemeinen zeigte die Krank-
heit das gewöhnliche Aussehen, doch nahm das
Bild in manchen EWen durch vorzugsweiaes Be-
fallensein eines durch vorhergehende Krankheiten
geschwächten Organes (Lungen, Herz, Nerven-
system u. s. w.) eigenthümliche Züge an ; Einzel-
heiten sind im Originale nachzulesen.
Als unrksamsie Behandlungstoeiae des Fleck-
typhus empfiehlt Clark (138) die möglichst aus-
giebige Lüftung des Krankenraumes. Um diese
gründlich durchführen zu können, errichtete er ge-
legentlich einer Arbeitshaus-Epidemie in New York
auf freistehendem Holzboden Leinwandzelte, die
selbst bei starker Winterkälte an 2 Seiten geöffnet
waren,- aber durch Oefen erwärmt wurden. Die
Kranken fühlten sich in diesen Zelten sehr behag-
lich ; die C3rano8e und die nervösen Erscheinungen
besserten sich schnell ; die ganze Krankheit nahm
einen milderen Charakter an. Als einmal eine
Nacht lang das Zelt geschlossen war, hatten die
Kranken am nächsten Tage eine um ^/^ — 1® F.
höhere Morgentemperatur als am Tage vorher. Von
40 Kr. starben nur 3 «» 7.5<^/o, obwohl die Be-
handlung imUebrigen abwartend war^ Der Nutzen
der offenen Zelte sprach sich auch darin aus, daas
vom Pflegepersonale oder von den in Zelten quaran-
tänirten, gleichfalls der Ansteckung ausgesetzten
Personen Niemand erkrankte, bis auf 3 Frauen, die
gegen die Anordnung das 2^1t immer dicht ver-
schlossen hielten. •
Petresco (132) erprobte in der medicinischen
Klinik in Bukarest in 3 Epidemien verschiedene
hydroiherapeiäisdie Maassnahtnm bei Flecktyphus,
Er zieht das Einschlagen in nasse Tücher den kalten
Duschen oder Bädern wegen seiner Einfachheit und
Wirksamkeit vor. Es gelang ihm mit diesem Ver-
fahren die Mortalität sehr stark zu vermindern ; be-
sonders bei den schweren adynamischen Formen
hatte es oft eine ganz wunderbare Wirkung. Der
Verlauf des Typhus wurde durch die Wasser-
behandlung stark verkürzt und die meisten Kranken
fast ohne Convalescenzstadium rasch wieder her-
gestellt Schädliche Nebenwirkungen der Wasser-
behandlung wurden nicht beobachtet.
Zum Schlüsse sind nodi einige Arbäten über
die sogen. TkffthO'Mtdaria zu bespiechen.
Oancel (139) beobachtete in Oabes (Algier)
im Jahre 1890 gleichzeitig eine Epidemie von
Typhus abdominalis und von Malaria, bei welcher
Gelegenheit sich der Ty^riius häufig bei einem und
demselben Kranken mit Sumpffieber paarte. Nach
seiner Auffassung sind die Zweifel, die Manche
dem KrankheitsbegrifFe der Typho-Makria entgegen*
bringen, durchaus ungerechtfertigt; sei dochniohtB
natürlicher, als dass in einer Gegend, wo Malaria
und Unterleibstyi^us herrsdien, eine Person ge-
legentlich beide Krankheiten erwerbe. O. zeigt,
dass die Zahl der Sumpffieber- und der Typho-
MalariafäUe ein gleichzeitiges Ansteigen und Ab-
sinken erkennen läset, was gewiss kein bloss su-
fiBLUiges Zusammentreffen sei. In allen diesen Fällen
von Tyi^o-Malaria, soweit sie zur Sektion kamen,
landen sich die charakteristischen typhösen Darm-
veränderungen, dagegen wurden die anatomiachen
Kennzeichen des Sumpffiebers seltener gefunden.
[Die unter allen Umständen zur Aufklärung dieses
Krankheitsbildes nöthigen Blutuntersuchiuigeii, die
durch den etwaigen Nachweis von Hämatozoen oder
Pigmentkürpem das Yorhandensein der Malaria-
Infektion erhärten könnten, scheinen ganz und gar
unterlassen zu sein.] 0. gründet seine Diagnose
auf dieTemperaturcurven, deren er mehrere Typen
aufstellt; äussert sich das Sumpffieber in der ChurFe
in mehr oder minder charakteristisoher Weise, so
ist die Fortdauer des Fiebers trotz kräftiger Ghinin-
gaben entscheidend für das Vorhandensein der
typhösen Infektion. Das Sumpffieber kann dem
Typhus vorangehen oder im Laufe desselben. Ja
sogar erst in der Gonvalesoenz hinzutreten. Die
Sdiwere der Krankheit wechselt je nach dem
Gxössenverhältnisse, in dem die beiden Krankh^ts-
ursachen zu einander stehen ; die Prognose eines
Falles wird um so ungünstiger, je mehr dieFieber-
ciu*ve von der Form der typhösen abwicht und
sich dem Wechselfiebertypus nähert In dem letz-
teren Falle berechnet G. eine Mortalität von 50^/t,
während von den einfach Typhuskranken nur 13^/f
starben. Die Behandlung bestand in Folgendem:
.1) Chinin im Anfange, eventuell bei Fehlen von
Herzschwäche Antipyrin ; 2) Darmantisepais (Jodo-
form, /9-Naphthol) ; 3) laues bis kaltes Bad, kalte Ein-
giessungen ; 4) Excitantien : Aether, Alkohol, Coffein
bis 2.4g täglich subcutan; 5) bei Malaria maligna
subcutane Ghinineinspritzungen.
Der italienische Marine -Arzt Bho (140) be-
spricht auf Grund der neueren Literatur und eigener
Beobachtungen das zuerst von Woodwardim ame-
rikanischen Secesaionskriege aufgestellte Krank-
heitsbild der Febris typho-malarica. Er g^dangt
dazu, diese Benennung unbedingt zu venrerfeDi
da sie Anlass zur Unklarheit schafft und alleduund
zweifelhaften und ungenauen Diagnosen einen be-
quemen Unterschlupf gewährt Von einer neoeii
Krankheit eigener Art, die durch die Yerschmebuiig
I.
Medidnische Bibliographie des In- und Atislaxids.
Ö?7
des: TjrphtUBgiftes einerseits und des Ualariagiftes
andererseits entstanden sei, könne keine Bede sein;
in den wenigen Fällen, in denen beide Infektionen
dasselbe Individuum ergriffen haben, handelte es
sich um ein zufiUliges Zusammentreffen, und beide
Infektionen bewahrten dabei mehr oder weniger
ihren ursprünglichen Charakter. Gewöhnlich ist
die als Typho-Malaria bezeichnete Krankheit eine
Malaria mit continuirlichem oder subcontinuirlichem
Fieber in Begleitung eines sogen. Status typhosus,
die meisten übrigen Fälle jedoch sind als atypisch
verlaufende ünterleibstyphen zu betrachten, wie
sie in Italien häufig beobachtet und daselbst „feb-
brioola tifoide^ benannt werden. Dieser atypische
Typhus ist dieselbe Krankheit, die von englischen
Forschem als „Mittelmeerfieber*' oder „rock-fever*'
bezeichnet und auf Infektion mit einem eigenen,
als Mkroeoccus mMensia beschriebenen Krankheits-
erreger zurückgeführt wird. Der Name Mittelmeer-
fieber ist jedoch nicht gerechtfertigt, da diese
Erankheitsform auch anderwärts, besonders in
heissen Strichen (allerdings mit verschiedensten
Namen, als biliöses, inflammatorisches, klimatisches
Fieber bezeichnet) häufig ist. B ho schlägt die Be-
nennung „fehbre atipiea indefinita^' vor, wegen der
atypischen Fiebercurve und wegen des Mangels
einer bestimmt begrenzten Krankheitsdauer, die
zwischen einer Woche und mehreren Monaten
sdiwanken kann. Was die Aetiologie betrifft, so
glaubt B ho die Krankheit so lange auf eine In-
fektion mit dem Eber th 'sehen Bacillus zurück-
führen zu müssen, als die Untersuchungen von
Bruce über die ursächlichen Beziehungen des
Micrococcus melitensis nicht bestätigt sind. Hat
ja doch auch bei dieser Fieberform die beim Ileo-
typhus gebräuchliche Badebehandlung die verhält-
nissmässig besten Erfolge aufzuweisen. DieProphy*
laxe hat dahin zu wirken, dassdieNiedtflaasungen
in den Tropen mit gutem Wasser und namentlich
mit guter Kanalisation versorgt werden, da die
Krankheit vielfach durch die Übeln Ausdünstungen
der Kanäle hervorgerufen oder doch begünstigt
zu sein scheint Dass die Exkremente der Kran-
ken unschädlich zu machen sind, ist selbstver-
ständlich.
Auch Osler (141) verwirft den Krankheits-
begriff TypJuhMalarta, der in der Krankheitstatistik
Amerikas noch eine grosse Bolle spielt, vollständig.
Er hat in Baltimore, wo Abdomindtyphus und
Malaria einheimisch sind, niemals ein besonderes
Krankheitsbild gesehen, das aus der Verschmelzung
dieser beiden Ursachen hervorgegangen wäre. Ein
Kranker war mit ausgesprochener Intermittens auf-
genommen worden und hatte Protozoen im Blute;
8 Tage später stieg die Temperatur von neuem an,
und es entwickelte sich ein charakteristischer
Typhus, der imter Badebehandlung in Genesung
ausging und keine Besonderheiten darbot 0. giebt
übrigens zu, dass es nicht immer leicht ist, gleich
im Anfange die Fälle von Beotyphus und Malaria
richtig zu unterscheiden ; so wurde schon mancher
Sumpffieberkranke in die Typhusabtheilung auf-
genommen und mit Bädern behandelt, bis Hämato-
zoen im Blute gefunden wurden. Die Blutunter-
suchung lässt 0. bei jedem Fieberkranken in den
ersten beiden Tagen wiederholt sorgfältig vor-
nehmen ; ergiebt sich die Abwesenheit von Proto-
zoen, 80 ist Malaria ausgeschlossen. Nach diesen
Ausführungen ist nur zu wünschen, dass die Be-
zeichnung Typho-Malaria endgültig verschwinde*
C. Medicinische Bibliographie des In- und
Auslands.
SämmiUche LitercUutj bei der keine besondere JahresxM angegeben ist, ist vom Jahre 1896.
L Medididsclie Physik, Chemie
und Botanik.
(Meteorologie.)
Baginsky, Adolf, u. Sommerfeld, a) Zur
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Sörensen, Ssamgin, Steer, Tracy, Trevelyan, Vaughan,
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nett, Hirschberg, Pröbsting. XVI. Schmidt
D. Miscelle.
The Amerioan year-book of Medioine and
Sorgery; under the general editorial Charge
of George M. Gould. Philadelphia 1896.
W. B. Sannders. Gr. 8. VU and 1183 pp.
with woodcuts in text and plates.
Das durch viele Holzschnitte im Text und
33 wohlgelungene, zum Theil mehrfarbige Tafeln
illustrirte Werk, dessen 1., umfangreicher Band
vorliegt, hat den Zweck, in compakter Form einen
jährlichen Ueberbllck über die zum Fortschritt der
medicinischen Wissenschaft beitragenden Arbeiten
zu geben, die im Laufe je eines Jahres, vom Juli
bis mit Juni gerechnet, erschienen sind. Den
ganzen Umfang der medicinischen Literatur zu be-
rQcksichtigen , ist natürlich dabei ein Ding der
Unmöglichkeit, deshalb auch nicht angestrebt wor-
den , sondern nur ein summarischer Ueberblick
über das, was wirklich Neues enthält; Bücher sind
nicht berücksichtigt worden, sobald sie nicht Ori-
gimdunterauchungen oder neue Anschauungen ent-
halten. Kritik ist soweit geübt worden, als sie
nöthig ist, um nicht durch blosses Zusammen-
stellen heterogener Massen den Leser zu verwirren,
zu diesem Zwecke stehen die einzelnen Abthei-
lungen unter Specialiedaktion bewährter Fach-
männer, deren Namen für die Tüchtigkeit des
Gebotenen Gewähr leisten.
Der bearbeitete Stofif ist unter 16 Hauptabthei-
lungen untergebracht, die wir nebst den Namen
der Specialredakteure anführen.
AügemeiUieMBäMn (William Popper u. Alfred
Stengel): Infektionkiankheiten ; dlathetisohe Krank-
heiten; Krankheiten des Blutes und der duotnslosen
Drüsen; Krankheiten der Bronchi, der Lunge und der
Pleura; Krankheiten des Oirkulatiimsjratems; Krank-
heiten des Tractus gastro-intestinalis; Krankheiten der
Nieren und Störungen der Hamsekretion ; Parasiten.
Chirurg (W, W, Keen und John Chalmers
D a C 0 s t a) mit Ausschluss der Orthopädie.
Oeburtskülfe (Barton Cooke Hirst und W. A.
Newman Dorland).
Gynäkologie (J. M. Baldy und W. A. Newman
Dorland).
PädtaMe (Louis Starr und Thompson S.
Westcott).
Nerven* und O&ieteekrankheiien (Archibald
Churoh und Hugh J. Patriok), mit Ausschluss dw
chirurgisohen Behandlung der Nervenkrankheiten, die
unter der Chirurgie berücksiohtigt ist
Dermatologie und SyjMlis (William A. Har-
dauvay und C. Finley üersman).
OrÜiüpädieehe Ckirurgie (Yirgil P. Gibney und
Homer W. Gibney).
QpÄ(Aalmo%Ü0(Howard F. Hanseil undChar-*
les F. Clark).
Otologie (Charles H. Burnett).
Krankheiten der Naee und des Lofrgnx (E. Flet«
eher Ingals und T. Melville Hardie).
Pathologie und Bakteriologie (John Guiteraa
und David Riesman).
MaUria mediea, eoDperimenteUe Therapie und Phar^
i7iaÄx>%«e(Henry A.Oriffin u.yan Home Norrie).
Anatomie (C. A. H a m a n).
Physiologie (G. N. S t e w a r t).
Hygieine, geriehtliehe Mediein und COlamM (Henry
Leffman).
Ein umfangreiches Register, das für ein derartiges
Werk unentbehrlich ist, macht den Schluss dieses
1. Bandes. W. B.
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft 3.
44
343
Sach-Begister.
Sach - Begister.
Abdominalschwaiiger8obaft,yerbalt0nd. Serosa
• d. Peritonaeam 164.
Abdominaltyphns s. Typhus.
Abducens s. Nervus.
Abführmittel, Anwendung b. Abdominaltyphtis 272.
Abhandlungen, gesammelte, über Entwickelungs-
mechanik d. O^anismen (von W, Roux) 100.
Abkühlung, Wirkung auf d. Organismus d. Warm-
blüter 6.
Abortus, b. Tubensehwangerschaft 160. ~, deciduale
üterusgeschvülste nach solch. 164. 165.
Abrin, Vergiftung 227.
Abscess,am Kehldeckel b. Influenza 35. — , d. Lunge
(b. Influenza) 36. (Pneumotomie) 171. — , d. Muskeln
b. Typhus 203. — , vom Corpus luteum ausgehend 250.
Abwässer, Ableitung in Krankenhäusern 182.
Accommodation,b. TTebersichtigkeit 65. — ., im er-
blindeten Auge 180. — , im schielenden Ange 180. — ,
Lähmung naoh Diphtherie 180. — , Mechanismus 218.
Addison'sohe Krankheit, Yerfindermigeu b.solch.
145. — , mit Mycosis fungoides 145.
Adenom, d. Yerdauungskanals 12. -— , malignes d.
Oervikaldrüsen 156. — , multiples im Blinddarm bei
Typhus 211. — 8. a. Fibroadenom; Myoadenom.
Adenomyom d. Uterus u. d. Tuba 12.
Aderlass, Binfloss auf d. Blut 79. —, Anwendung b.
Pneumonie 243.
Adstringens L d. Darm, Tannalbin« Tannigen 127.
Aether, narkotisirende Dose 19. — , Narkose (Statistik)
19. (TodesMe) 20. (b. normalen Geburten) 251. —
. S. a. Kampheräther.
Aetherschwefelsäure im Harn (b. Tyi^us) 196.
(Ursachen) 238.
Airol, Ersatzmittel f. Jodoform 16.
Akromegalie, Behandl. mit Schüddrüseneztrakt 237.
Aktinomykose d. Gehirns 231.
Albumin s. Eiweiss; Eiweissstoffe ; Nucleoalbumin.
Albuminurie, als Vorlauf er d. Tuberkulose 139. — ,
naoh d. Vaocination 166.
Albumon im Blutserum 85.
Albumosen, Wirkung 226. 227.
Alkalescenz d. Blutes, Bestimmung 75.
Alkaloide, Wirkung d. Bakterien auf dies. 226.
Alkoholismus, Pseudoparalyse b. soloh. 28.
A 1 0 p e c i a areata, Behandlung 245.
Alloxurkörper, Ausscheidung im Harne b. Nephritis
114.
American year-book of medicine and surgery
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Amide, aromatisohe, Wirkung 234.
Amitose, Bezieh, zu Mitose 10.
Ammoniak, Bildung im Körper u. Ausscheidung 113.
. — , als Stoff Wechselprodukt von Bakterien 114. — ,
Beistimmung in thier. Flüssigkeiten 221. — <, im Blute
u. in d. OrgEUien 221.
A m y 1 0 i d , Besorptionsffihigkeit 228.
Anämie, Erkrankung d. Rückenmarks b. sokh. 94. — ,
pseud<^pemicioee 96. — , pemiciöse (b. Eandern) 98.
. (Behandlung mit Bindermark) 98. (Wesen) 99. (Blut^
transfosion) 99. — , Behandlung (Eisenprftparato) 38.
(Sauerstoff) 98. (Salzwasserinfosion b. akuter) 99. (Soma-
tose) 99. — , Verhalten d. Blutes 100. — S.a. Chlorose.
Anästhesie, durch Chloroform, Unterstützung durch
Spartein u. Ozyspartein 129.
Anatomie s. Handatlas.
Aneurysma, d. Art vertebralis 257. — , nach Ver-
letzungen 257.
Angina, b. Influenza 31. — , Aetiologie 120.
Angiom d. Pharynx 44.
Ankylostomiasis, Eisen in d. Leberb. solch. 10.
Anpassung, funktionelle 101.
Anstrengung, körperliche, Wirkung auf d. Blut 83.
Antiphthisin gegen Tubeitulose 143.
Antisepsis, in d. Geburtshülfe 212. — 8. a. Wund-
behandlung.
Antiseptioa, pulverformige 16. — , Loretin 231.
Antitoxin, Darstellung u. ehem. Constitution 118.
Antrum Highmori, Erkrankung b. Influenxa 34. — ,
seröse Erkrankung 148.
Anweisungen, ärztliche f. d. Mütter kranker Kinder
(von H, Neumann) 210.
Aphasie, b. Influenza 33. ~, b. Gonorrhöe 237.
Aphthen s. Stomatitis; Vulvitis.
Apoplexie, d. Gehirns, Anwend. d. Lumbalpunktion
42. — , d. Pankreas, operative Behandlung 59.
Aristol, Anwendung b. d. Wundbehandlung 16.
Arsenige Säure, Oxydation durch Organsäfte 129.
Arsenik gegen Pseudoleukämie 99.
Arteigenschaften, über d. Erhaltung ders. (von
Hugo Etdppert) 104.
Arteria, aorta, Entzündung b. Abdominidtyphus 199.
earotis, temporäre Constriktion 256. — , earoiis (Epi-
thelkörper in d. Um^bung) 115« (Compressioa, Wir-
kung) 134. •— , eüiarta (Zeireissung) 177. (Verbreitungs-
bezirk) 177. — , pulmonalü, Fol^n künstL erzeug-
ter Embolie 123. — , spemuäiea, Einfl. d. Ligatur auf
d. Hoden 223. — , vertebralis, Aneurysma 257.
Arterien, Thrombose b. Influenza 37. — , Bau d. Wan-
dung 116. — 6. a. Periarteritis.
Arthrotomie wegen irreponibler Luxationen 64.
Asepsis u. Antisepsis in der Gebuitahülfe (von
Richard Braun von Femwaid) 212.
Asphyxie, Verhalten d. rothen Blutkörperchen 82.
— , d. Neugebomen, Behandlung 165. 181.
Aspirationspneumonie 239.
Asthma b. Lungentuberkulose 139.
Astigmatismus d. Hornhaut 218.
Ataxie, hereditäre, mit Idiotie 132.
Athmungsorgane s. Respirationsorgane.
Atlas, Stereoskop, med. (herausgeg. von A. Neisser.
VI. VII: Dermatologie u. Syphilis) 111. — S.a. Hand-
atlas.
A t r 0 pi n , Einfl. auf d. Hamsekretion 234.
Auge, Infektion mit Pneumokokken 8. — , Alfektion h
Influenza 34. — , Nachweis vtm Eisensplittom in soldi.
64. — , Loupenspiegel zur Untersuchung 64. — , Tuber-
kulose 176. 177. — , Verletzung 177. — , syphilit Er-
krankung 178. 179. — , Accommodation im erblindeten
u. schielenden 180. — , streifige Pigmentirungd. Hinter-
grunds 265. ^, Wirkung d. elektr. lichtee auf dass.
265. — S. a. Hydrophthalmus ; Kryptophthalmus ; Seh-
■ organ.
Augenentzündung s. Ophthalmia.
Augenhöhle, Phlegmone b. Influenza 65. — , Afifek-
tion b. Syphilis 66. — , Verletzung 177.
Augenkammer, vordere, Filtration aus ders. 178.
Augenkrankheiten im Eindesalter (von J*. ^SißAaii«)
211.
Augenlid, Halter 64. —, Primäraffekt d. Syphilis am
Obern 66. — , Bakterien am Rande 262. — S. a. Ble-
pharoplastik.
Augenmuskeln, Lähmung 21. 22. 23. 24.
Austern, Splitter von d. Sdialen in d. Cornea 65. ^9
Verbreitung d. Typhtlb durch solche 192.
Auswurf s. Sputum.
Automatismus ambulaterius, Bezieh, zu Epilepsie 27.
Sach-Begister.
343:
Bacillus, d. Bubonenpest 1 20. — , myoostis ozaenae
120. — , prodifposns, AnweDdaog d. Toxins gegen in-
operable bösartige Geschwülste 169. — S. a. Influenza-
bacillas ; PneumobaciUus.
Bacterium coli commune (Erzeugung von Osteomye-
litis durch solch.) 119. (Einwirkung d. Lichtes) 207.
(Diagnose Ton Typhusbacillus) 207. (ab Ursache d.
lobulären Pneumonie) 240.
Bad, b. Abdominaltyphus 270. 271.
Bakterien, Wirkung von Salben gegen solche 1 7. — ,
Ammoniak als Stoffwechselprodulä 114 — , Aussohei*
düng durch d. Nieren 122. — , im Bruchwaseer 175.
— . Einfl. auf d. Verdauung 225. — , Wirkung auf
Alkaloide 226. — , im weibl. Genitalkanale 252.
Barlow'sohe Krankheit, fehlerhafte Ernährung als
Ursache 166.
Bart, Trichorrhexis nodosa 245.
Bartholinische Drüse, krankhafte Veränderungen
155.
Basedow'sohe Krankheit (von P. /. Möbwa) 111.
— , Bezieh, zu Struma 129. — , Verhalten d. Herzens
130. — ^ Verhalten d. Pulses 130. — , Zittern b. solch.
130. — , Nutzen d. Thymuseztrakts 130. — , Schild-
drüsentherapie 131.
Bauch, Verletzung während d. Schwangerschaft 159.
Bauchhöhle, Eröffiiung zwischen Blwe u. Mastdarm
246.
Bauchhöhlenschwangerschaft s. Abdominal-
sohwangerschaft
Bauchschnitt s. Laparotomie.
Bauohwand, Hernien d. vordem, Behandlung 173.
— , desmdde Geschwülste 258.
Becken, dauernde Erweiterung nach d. Sym^^yseo-
tomie 55. — , Kaiserschnitt b. engem 112. — , Erkran-
kungen d. Zellgewebes b. Kindern 210.
Beckenendlage, Vagitus uterinus b. solch. 159.
Beingeschwür, Behandlung mit Hauttransplantation
220.
Beiträge zur Kenntniss einker praktisch wichtiger
Frakturformen (von Theodor Kocher) 206.
Bei- Abbes, Typhus in d. Garnison 191.
Beriberi, PaÜiologie u. Therapie 237.
Berichte d. med. Gesellschaft in Leipzig 215. 266.
Bewusstlosigkeit nach Schussverlei^ngen 185.
Bewusstsein, Störung b. Abdominaltyphus 200.
Bioycle s. Radfahren.
Bindegewebe, imPankreas, Verhalten b. Krankheiten
230.
Bindehaut s. (}o]^unctivitis.
Blähkropf, Diagnose 170.
Blasenmole, deciduale Uterusgeschwülste nach solch.
157. 164. 165.
Blastom^ceten, pathogene Wirkung 119.
Blei, essigsaures, Ausscheidung durch d. Milch 129.
— , Vergiftung, Cionvulsionen b. solch. 239.
Bleiwasser, Anwendung in d. Dermatologie 18.
Blepharoplastik262.
IBlinddarm s. Ooecum.
Blut, Traubenzucker in solch. 3. — , Untersuchung
g Methoden) 73. (Instrumente) 73. — , Diagnose d.
lutflecken 73. — , Einwirkung d. käufl. destiUirten
Wassers 74. — , Analyse (quantitative) 74. (Bestim-
mung d. AUudescenz) 75. (Bestimmung d. Trocken-
substanz) 88. (StickstofPgehalt) 90. (Glykogengehalt)
90. (Ammoniakgehalt) 221. — , Physiologie 76. ~-, b.
Fötus 77. 86. —, Genese u, Regeneration 77. — , Ver-
halten : nach Aderlass 79. nach Entfernung d. Schild-
drüse 79. im Höhenklima 80. im Tropenklima 81.
nach körperl. Anstrengungen 83. b. Neugebomen 86.
b. Herzkrankheiten 89. b. Infektionskrankheiten 89. 93.
b. Rückenmarkskrankheiten 94. b. Anämien u. Leuk-
ämie 96. 97. 100. b. Syphilis 151. b. Typhus 196. 197.
^, Wirkung d. Eisens auf dass. 80. 98. — , Einfl. d. Leber
auf d. Zucke^ehalt 84. — , Gase in solch. 85. 90. — ,
Wirkung d. &rotengiftes auf dass. 85. --, Veränderun-
gen b. CirknlationsstÖrungen'86. — ^ Einfl. auf d. Er-<
nährung 88. — , Fibringdialt 89. — , specif. Gewicht
89. — , Wirkung d. Hydrotherapie auf dass. 90. — y
Bezieh, d. Hamsäuregehaltee zu Chlorose 95. — , Wir-*
kung d. Quecksilberbehandlung 98. — , Einfl. d. Kalk-»
salze auf d. Gerinnung 99. — ^ Wirkung' d. erhöhten
Körpertemperatur auf dass. 121. — , Fehlen d. Tubarkel-
bacillen in solch. 138.
Blut cirkulati 0 n , Wirkung d. Abkühlung auf solche 7.
— , Störunsen (Sinfluss auf d. Blut) 88. (Veränderun-'
gen d. Muskelfasern) 224.
Blutdruck, Messung 75. 94. ,
Blutentziehung, Einfluss auf d. Lympfastrom im,
Ductus thoraoious 7.
Blutflecke, Nachweis von Menschenblut 73. — , Eat-
femunff 254.
Bluteeiässe, Wirkung d. Infusion blutwaimer Koch-
salzlösung in solche 7. — , plötzL Verschluss b. In-
fluenza 37. — , Veränderungen b. syphilit Erkrankung
d. Auges 179.
Blutharnen b. Tuberkulose HI-
Bluthusten, Leukocytose b. solch. 138.
Blutkörperchen, rothe (Regeneration) 73. (Verhal-,
ten b. Asphyxie) 82. (Einwirkung d. Kohlensäure) 83.
— , weisse (Zählung) 73. (Formveränderungen) 86. 90.
91. (Menge b. Abdominaltyphus) 196. — , Stickstoff-,
gehalt 85. —, Verhalten b. Fieber 87. — S.a. Erythro-
oyten ; Leukocyten.
Blutkrankheiten, Behandlung 98.
Blutserum, von mit Milzbrand geimpften Thieren,
Wirkung 7. — , EHweisskörper 85. — S. a. Serum-
therapie.
Bluttransfusion, in d.Peritonäalhöhle78. — , gegen
pemiciöse Anämie 99.
Blutung, b. Influenza 32. — , in d. obem Luftwegen
45. — , d. Pankreas, operative Behandlung 59. — , Wir-,
kung d. Hvdrastis CSanadensis 128. — , zwischen Netz-
haut u. Glaskörper 177. — S. a. Apoplexie; Darm-
blutung; Gebärmutterblutung).
Blutzellen, regenerative Vermehrune 78.
^-Naphthol, Anwendung b. Typhus 274.
Boden, Bezieh, zur Ausbreitung d. Typhus 187.
Bossy, b. Genf, Typhusepidemie 189.
Boulogne sur mer, Abdominaltyphus das. 188. ,
B 0 u r g , Typhus in d. Garnison 188.
Brand s. Gangrän. ^
Brechdurchfall, Nephrolithiasis nach solch. 43. — ,
d. Säuglinee, Wirkung d. Tannigens 127.
Bromäthyl, Wirkung u. Anwendung 19.
Bronchialdrüsen, Diagnose d. Erkrankungen 168^
Bronchien, Krankheiten ders. (von Friedr» ÄlSin Hoff'
mann) 105.
Bronchitis, Anwend. d. Jodoformdäxnpfe 233.
Bronchopneumonie, Bezieh, zum Klima 241.
Bronzehaut b. Addison*soher Krankheit 145.
Brot, Nachweis d. Mutterkorns in solch. 70. — S. a.
Magermilohbrot
Bruohwasser, Bakterien in solch. 175.
Brustdrüse, Paget's Krankheit 245.
Brustfell, Behandl. d. Krankheiten dess. u. d. Mittel-
fellraums (von R. Stintxing u. M. Schede) 110.
Bubonenpest, Bacillus ders. 120.
Bubonuli syphUitici 150.
Bulbärparatyse b. Influenza 33.
Carcinom, Umwandlung von Dermoidcysten in solch.
13. — , innerer Organe, Körpertemperatur 43. — , d.
Magens, operat Belumdlung 58. — , d. Uterus, gleich-
zeitig b. Myom, Sarkom u. Sohleimpolypen 123. ~>, d.
Lunge, Diagnose aus d. Sputum 143. -*-, Behandlung
mit Erysipdtoxin 169. 170. — , Beziehung zu Ver-
letzungen 170. -— S. a. Krebs.
Carotis s. Arteria.
Castration, wegen Prostatahypertrophie 61 . — , wegen
Osteomalade 158, >
344
Saeh-Register.
Oatgat, Sterilisation 254.
Catheterismas posterior d. Harnröhre 63.
Gayernen, Bildung in d. Lonffe b. Taberkulose 138.
Gentralkörperonen d. Zellen 5.
Centralnervensystem, chron. Erkrankungen dess.
(▼on Th. K Monro) 110. — , Verttndening b. Tödtong
dnioh Elektrioitat 126. — , multiple Sklerose 132. 133.
Cephalhydrocele, traumatische 56.
Gerebrospinalmeningitis, Encheinungen ders.
b. Influenza 33. — , tuberinüöse, Anwend. d. Lumbal-
punktion 42. — , epidemische, Verhalten d. Blutes 93.
GerTix s. Geb&rmutterhals.
Ghinin, Wirkung d. Derivate auf d. Infusorien 16. — ,
Anwend. b. Influenza (als Prophylaoticum) 41. (als
Heilmittel) 42. — , Anwendung b. Abdominaltyphus
272.
Ghirurgie, Verwendbarkeit d. Böntgen'sohen Strahlen
71. 72. 265. 266. — , in d. Landpraxis (yonCbr/&yer,
2. Aufl.) 111. — S. a. Handbuch.
Ghlor, freies, Anwendung b. Abdominaltvphus 272.
Ghlorchinin-Mixtur, Anwendung b. Abdominal-
tvphus 272.
Ghlornatrium, Veränderungen in d. Niere durch
solch. 122. — , Zusatz zur Kuhmilch f. Sftu^ings-
emfihrungl65.
Ghloroform, narkotisirende Dose 19. — , Karkoee
(späte Todesnlle nach solch.) 20. (Beschaffenheit d.
Harns) 20. (Spartein u.Oxyspartein zur Unterstützung)
129. (Lähmung d. N. radialis nach solch.) 236. (bei
normalen Geburten) 251. — , Anwendung b. Abdominal-
typhus 273.
Ghlorose, Anwendung d. Lumbalpunktion 42. — ,
Messung d. Blutdrucks 94. — , b. Miinnem 94. — , Be*
handlung mit Eisenpräparaten 98.
Gholedochus, Adenom, Myoadenom 12.
G h 0 1 e 1 i t h i a s i s , Diagnose mittels Böntgen'scher Strah-
len 72.
Gholesteatom d. Menin^n 11.
Ghorioideitis, metastatisohe 263.
Giliararterien, Verbreitungsbezirk 177. — , traumat.
Zerreissung 177.
Girrhose, d. Leber (Milzschwellung b. solch.) 10. (Be-
handlung) 15. — S. a. Pigmentcirrhose.
Glavicula, partielle Abtragung b. Exartikulation d.
Anns 261.
Glinical illustrationsofthe diseases of theFaüo-
pian tubee and of tubal gestations (by Oharles J. Oul-
lingworih) 213.
Goecum, multiple Adenome in solch, b. Typhus 201.
GoUum, femoris, operative BehandL d. statischen Ver-
biegung 64. — , uteri s. Oebärmutterhals.
Golostrum, ehem. Znsammensetzung 222.
Go Iritis mycotica acuta 155.
Goniunctiva, syphilit Schleimpapeln 150. — , Tuber-
kulose 262. — , Bakteriengehalt d. Sacks 262.
Gonjunotivitis, croupöse, Bezieh, zu Diphtherie 65.
Gonvulsionen b. Bleivergiftung 239.
Gornea, Verletzung; b. Austembrechem 65. — , Astig-
matismus, Mechanismus 218. — 8. a. Keratitis.
Gorpus, luteum (Pathologie) 54. (Absoess von solch,
ausgehend) 250. — , vitreum, Blutung zwischen dems.
u. d. Netzhaut 177.
Goryza, Anwend. d. Jodoformdämpfe 233.
Gotarninum hydrochloricum gegen Gebärmutterblu-
tung 127.
Group, Einfluss d. Witterung 184.
Gruralhernie s. Hemia.
Gutis, Lymphkanäle ders. 12.
Gystadenom d. Ovarium, Ruptur als Ursache von
Peritonitis 250.
G y s t e , d. Ligamentum latum, Histologie 3. — , d. Vagina
156. — , mitFlimmerepithel ausgekleidete 230. — S.a.
Dermoidoyote ; FUmmeroysten ; Lymphcyste.
G y 6 1 i ti s , blennorrhoische, Verschwinden b. Influenza 38.
Dänemark, Bekämpfung d. Bindertuberkulose 136.
Darm, endem. suppurativeEntzünd. dess. u. d. Leber 8.
— , Schussverletzung, Behandlung 57. — , Tannalbin
u. Tannigen als Adsteingentien 127. — , Taberkulose
b. Binde 135. — , histoLog. Veränderungen d. Schleim-
haut b. Typhus 197. — S. a. Gastroenterostomie.
Darmblutung b. Typhus 104.
D a r m ö 1 , therweui Anwendung! 5.
Darmpolyp als Ursache von Perforation d.SRom»-
num230.
Daumen, irreponible Luxation d. Metacaipo-Phalangeal-
gelenks, operative Behandlung 64.
Deciduoma maiignum uteri 157. 164. 165. 248.
Delirium, akutes b. Influenza 34.
Dementia senilis, Formen 28. — , Simulation 29.
Dentition, Einfl. auf Entstehung von Krankheiten 166.
Dermatol, Anwendung b. Wundbehandlung 16.
Dermatologie s. AtlM; Hautkrankheiten.
Dermoidc^ste, carcinomatöse Degeneration 13.
Desinfektion, d. Bäume b. DipUherie 181. — , i
Hände 253.
Desmoidgeschwulst d. Bauchwand 258.
Deute^^aibumosen, Wirkung 227.
Diabetes mellitus (Bedeutung d. Blutes) 84. (mit Melsoo-
derma) 145.
Diät b. Abdominaltyphus 269. 270.
Diarrhöe, Anwend. d. Tannigens 127. — S. a. Brech-
durchfall
Diazoreaktion, d. Harns b. Tuberkulose 139. — , b.
Abdominaltyphus 194.
Digitalis, Exanthem nach d. Anwendung 154. — , An-
wendung b. Pneumonie 243.
Diphtherie, Beziehung zu croupöser Gomunctivitis 65.
— , Lähmung d. Accommodation nach solch. 180. — ,
Desinfektion d. Bäume 181. — , Einfluss d. Witterung
184. — , Mischinfektion b. Abdominaltyphus 198. — ,
Beziehung zu Puerperalfieber 252.
Diphtherieheilserum, Wirkung auf die Leuko-
cytose92.
Diplegie, cerebrale b. Eindem 132.
Diplococcus pneumoniae 240.
Dissimulation von Geistesstörung 29.
Distomum hepaticum. Vorkommen in d. Lunge 144.
D i u re ti c u m , Harnstoff 15.
Drahtschnürnaht b. üterusvorfall 51.
Drainage d. Peritonäalhöhle 249.
Drüsen, d. Uterus, Begeneration nach d. Entbindung
122. — , Bildimg in Myomen 123. — , d. Gervix uted,
malignes Adenom 156. — S. a. Bartholinische Drüsa;
Bronchialdrüsen ; Enäueldrüsen; Schilddrüse.
Ductus, thoracicus, Einfluss d. Biutentziehung aufd.
Lymphstrom in dems. 7. — , thyreo^lossus, dräsige
Anhänge 112. — , pancreaticus, Wirkung d. Yer-
stopfuj^ 225.
Durchleuchtung von Körpertheilen, elektrische M-
Durchfall, Anwend. d. Tannigens 127. — S.a. Breok-
durchfall.
Dysenterie, Epidemie in Tilsit 180. — , Mischung mit
Abdominaltyphus 198.
Dysmenorrhöe, verschied. Formen 157.
Ägypten s. ünteregypten.
Eisen, in d. Leber b. Ankylostomiasis 10. — , Besorbir-
barkeit d. Salze 14. — , Einfl. auf d. Beschaffenheit d.
Blutes 80. — , Wirkung auf d. Blutbildung 98. — S. a
Liquor.
Eisensplitter, Nachweis im Auge 64.
Eiterung, verschied. Typen 119. — , d. SiebbeinzeUflo
148. — ^ in d. Kieferhöhle, Diagnose 148. — , durch d.
Typhusbacülus erzeugt 204.
Ei weiss, Nachweis im Harne 4. — , Ernährung durch
subcutane Iigektion solch. 147. — , osmot ^annuog
solch, enthaltender Flüssigkeiten 228. — ^ im Han
nach d. Yaccination 166.
Eiweissstoffe, d. Fleisches, Gerinnung b. Erhitieo
I
Saoh-Begiflter.
815
70. — , d. Harns b. Leukämie 114. — S. a. Faara-
muoin.
Ekohymosen b. Ersiickang 181.
Ektropiam, Operation 262.
Ekzein, Behandlang mit Myrtillextrakt 18. — , Anwen-
dung d. Bleiwasseninimente 18.
Elektrioität, Durchleuchtung von Körperhöhlen mit
solch. 55. — , Veränderungen d. Centridnervensystems
nadi Tod durch solche 126.
Elektrolyse, Epilation mittels ders. 47.
Ellenbogengelenk, irreponible Luxation, operative
Behandlung 64.
Embolie, d. Lungenarterie, künstl. Erzeugung, Folgen
123. — S. a. Fettembolie.
Embryo, Höhlenbildung im Bückenmarke 14. — , Ver-
halten d. Blutes 77. 86. — , Entwicklung d. Pankreas
b. solch. 223.
Emphysem s. Hautemphysem.
£ m p y e m , d. Keilbeinhöhle, Operation 149. — , d. Pleura
b. :^hua202. —, d. Tunioa vaginalis 260.
Encephalitis, b. Influenza 33. — , acuta multiplex
mit d. Erscheinungen von akuter Meningitis 132. — ,
haemoriliagica mmtiplex acutissima 132. — , pontis,
eitrige 236.
Endometritis, Aetiologie u. Natur 157.
Endometrium, gutartige Veränderungen 156.
Endoneurium, Wucherung in solch, in d. peripher.
Nerven 14.
Endothelioma tuberosum oolloides 12. — , d. UteruB
123.
Entbindung, nach Ventrofixatio uteri 50. — , nach
Vaginofixatio uteri 50. — , Begeneration d. Schleimhaut
u. d. Drüsen nach ders. 122. ---, spontane üterusruptur
während ders. 159. — , deciduale üterusgeschwülste
nach solch. 164. 165. — , mit äusseren Handgriffen 251.
— , Anwendung d. Aeüier- u. Chloroformnarkose b.
normaler 251. — S. a. Geburt
Enterohepatitis suppurativa, endemische 8.
Enterokresolkapseln, Anwendung b. Typhus 272.
E n t e r 0 1 , therapeut Anwendung 1 5.
Entwicklung, Mechanik ders. 100.
Entzündung, exsudative, ^P?^ ^^^*
Epaulettenverband b. Schlüsselbeinbrüohen 261.
Epieondylus lateralis humeri, Bchmerzhaftigkeit 27.
Epidemie s. Typhus.
Epi^lottis, Abscess an solch, b. Influenza 35.
Epilation, elektrolyt., Veränderungen nach solch. 47.
Epilepsie, Beziehung zu Automatismus ambulatorius
27. — , senile 134. — , operative Behandlung 256. —
8. a. Beflexepilepsie.
Epispadie, Operation 259.
Epithel, d. Niere, Verhalten b. d. Harnabsondemng 5.
— , Aussaat zur üeberhäntung von Wunden 55. —, d.
Harnblase 116.
Epithelkörper in d. Umgebung d. Schilddrüse u.
Gurotis 115.
Erblichkeit s. Ataxie; Syphilis; Tuberkulose; Ver-
erbung.
Ergotin, Wirkung auf d. weissen Blutkörperchen 91.
— , Vergiftung 227. — , subcutane Injektion b. Typhus
273.
Erhitzen, Gerinnung d. Eiwdssstoffe d. Fleisches b.
solch. 70.
Erkältung s. Abkühlung. -
Ernährung, Einfl. auf d. Blut 88. — , subcutane 14ff.
— S. a. Üeberemährung.
Erstgebärende, Selbi^ntwicklung d. Kindes b. solch.
159.
Erstickung, Ekchymosen b. solch. 181.
Erysipelas, Behandlung mit Ichthyoltraumaticin 15.
— , Anwend. d. Toxins b. inoperablen bösartigen Ge«
schwülsten 169. 170.
Erythema, scarlatiniforme in d. Typhusreconvalescenz
199. — , nodosum nach Typhus 201.
Erythrooyten, Aufnahme von Wasser in solch. 74«
— , Regeneration 78. — , Verhalten b. Asphyxie 82.
— , Einwirkung d. Kohlensäure 83.
Ethmoidealzellen, Eiterung 148.
Europhen, Anwendung b. d. Wundbehandlung 16.
Exantheme, akute (von Theodor von Jürgensen) 106.
—, nach Injektion von Salicylqueoksilber 154. —, nach
Anwendung von Digitalis 155.
Exartikulation d. Arms mit Entfernung d. Scapula
u. eines Theils d. Clavicula 261.
Extrauterinschwangerschaft, verschied. For-
men 160. —, Behandlung lOL 162. 163. — , Miss-
bildung b. solch. 161. — , lithopädium b. solch. 163.
— , mit gleichzeii Intrauterinsch wangerschaft b. Uterus
subseptus 163. —, Verhalten d.Uier^8chleimhaut 164.
Extremitäten, Polydaktylie an allen 117. — , Läh-
mung d. unteren b. Typhus 200.
Faeces, Typhusbadllen in solch. 206. ^- S. a. Fett-
stühle.
Fäulnissgase, Wirkung auf d. TyphusbaciUus 205.
Favus , Bau d. Scutulum 244.
Femur, operative BehandL d. statischen Verbiegung d.
Halses 64. —, Fraktur 208.
Fermente, Verhalten d. Saccharins zu solch. 234.
Festsckrift, zur Feier d. 70. Geburtstags Prof. i^«/ar«
64. — , f. Benno SehmuU (von Oeorg B, Schmidt,
Arthur B. SehmicU u. Mxrtin B, Sekmidt) 112.
Fett, Ernährung durch subcutane Injektion solch. 147.
— , Wanderung 228.
Fettembolie, d. Gehirns 126. — , gerichtsärztl. Be-
urtheilung 181.
Fettgewebe, subcutanes (Histologie) 5. (vacuolisirte
Kerne in d. Zellen) 115.
Fettstühle, Bedeutung f. d. Diagnose d. Pankreas-
erkrankungen 226.
Fettzellen, vacuolisirte Kerne ders. 115.
Feuchtigkeit d. Luft, BestiminuAg 71.
Fibrin, Gehalt d. Blutes an solch. 89.
Fibroadenom, d. Pyloms 12.
Fibrom, d. Larynx 44. — , d. Uterus, Operation 51.
— , d. ligam. latum, Exstirpation 52.
Fieber, Verhalten d. Blutkörperchen 87. 91.
Finger, überzählige 117.
Flecktyphus s. Typhus.
Fleisch, Gerinnung d. Eiweissstoffe b. Erhitzen 70.
Fl e X u r a iliacä, sigmoidea s. 8 Bomanum.
Flimmercysten d. Zungenwurzel 112. — , d. Oeso-
phagus, d. Pleura u. d. Leber 230.
Flüssigkeit, Zufuhr b. Abdominaltyphus 270.
Fötus, Kaiserschnitt wegen übermässigBr Grösse d.
todtfaulen 54. — , Verhalten d. Blutes 86. — , reptilien-
art ^dung d. Gesohlechtstheile 117. — , Tod in d. letz-
ten Sdiwimgerschaftsmonat nach Stoss auf d. Unterleib
159. — , 'V^tns uterinus 159. — , Abdominaltyphus
b. solch. 201. — , im UtenCs, Photographie mit Böni-
gen' 8 Strahlen 266. — S. a. Embryo; Kmd.
Folliculitis nuchae atrophicans 47.
Formalin, Gelatine mit solch., Anwendung b. d.
Wundbehandlung 55. — , Anwend. zum Nachweis d.
Typhusbadllus ^. — , zur Sterilisirung d. Gatgut 254.
Fortpflanzung, Physiologie ders. 223.
Fowler'sche Lösung gegen Pseudoleukämie 99.
Fraktur, d. Humerus 2(». — , d. Femur 208. — , d.
Unterschenkels, Heilungsresultate 260. ~, d. (Clavi-
cula, Behandlung 261.
Frankreich, AMominidtyphus das. 187.
Fremdkörper, Nachweis mittels Röntgen' s Stnblen
71. 72. 266. — 8. a. Eisensplitisr. .
Friedreich'sohe Krankheit mit Idiotie 132.
Frostbeulen, Behandlung 18.
Frühgeburt, künstliche, Indikationen 54.
Funktion, Beziehung zur Bntwickelung 101 .
C^ährungsprodukte d. PbeumobaoUlus FrieöHfmh
der'« 8.
346
Saoh-Begister.
Galle, ehem. Zosammensetzims b. Kinde 222.
Gallenblase, chimrg. Behanmung d. Krankheiten 112.
— , Typhnsbacillen in solch. 202.
Gallenstein, Diagnose mittels B&fUgen*sch&[ Strah-
len 72.
Gallenwege, Einfluss d. ünterbindang auf d. biliare
Infektion 10.
Ganglienzellen d. Gehirns, Verftnderangenb. Geistes*
störong 134.
Ganglion Gasseri, Operation an dems. 256.
Gangraen, symmetrische mit folgender Sklerodermie
27. — , d. Longe b. Influenza 36. — , b. Abdomintd-
typhus 186.
Garnisonen, Typhusepidemien 186. 188. 189.
Gase, im Blute 85. 90. — S. a. Itlnlnissgase.
Gastroenterostomie, Indikationen ^.
Gaumen, Lähmung d. weichen b. Influenza 33. — ,
ülceration b. Influenza 35.
G a u m e n s p a 1 1 e n , Behandlung (von .SemrtcA Bru^;^)
2n.
Gebäck, Bleivergiftung duroh solch. 239.
Gebärmutter, Gesohwülste (Adenomyom) 12. (Fibrom,
Operation) 51. (Myom, Operation) 51. 247. 248. (sar-
komatöses Myom) 123. (EndoÜieliom) 123. (gleich-
zeitiges Vorkommen von Sarkom, Myom, Oardnom u.
Sohleimpolypen) 123. (malusnes Adenom) 156. (sub-
muköses Myxom) 157. (Sarcoma deciduooelluUre)
157. 164. 248. (deoiduale Geschwülste) 157. 164. 165.
248. (Sarkom) 248. — , Ursachen d. normalen u.
patholog. Lagen 48. ^, Betroflexion (Pessarium f.
solche) 48. O^ttthologie u. Therapie) 48. (Operation)
49. 50. — , vaginofization 49. 50. 246. —, Ventro-
fixation 49. 50. — , Vorfall, Operation 51. — , spontane
Ümstülpung 53. — , Segenerationd. Drusen u. Schleim-»
haut nach d. Entbindung 122. — , spontane Zerreissung
während d. Entbindung 159. — , Weinen d. Kindes in
ders. 159. — , b. Extrauterinsohwangersoha^ (Aus-
schabung) 163. (Verhalten d. Schleimhaut) 164. ^
S. a. Endometritis; Endometrium*, Hysterektomie;
Uterus.
Gebärmutterblutung, Anwend. d. Stvpticins 127.
— , Wirkung d. Hydrastis 128.
Gebärmutterhals, mali^es Adenom 156.
Gebärmutterkrebs, Diagnose von decidualen Ge-
schwülsten 165.
Geburt, Vagitus uterinus während ders. 159. — S. a.
Entbindung.
Geburtshülfe, Lehrbudi ders. (von Patd 2kteifel^
4. Aufl.) 211. — , Asepsis u. Antisepsis 212. •^, äussere
Manipiuationen 251.
Gef an gniss, Tuberkulose in solch. 138.
Gehirn, Geschwülste (Anwendung d. Lumbalpunktion)
42. (operative Behandlung) 57. 256. (tödü. Ausgang
nach Kopfverletzung) 181. (Ealkoonkretionen) 126.
— , Apoplexie, Anwendung d. Lumbalpunktion nach
ders. 42. — , Verletzung, ungekreuzte Hemiplegie
57. — , Erschütterung (Veränderungen b. solch.) 12i6.
— , Fettembolie 126. — , multiple Sklerose b. Kindern
132. — , Veränderungen d. Ganglienzellen b. Geistes-
störung 134. — , Markbildung in d. Hemisphären 219.
— , Aktinomykose 231. — S. a. Encephalitis ; Klein-
hirn; Polioenoephalitis; Polioencephalomyelitis ; Por-
encephalie.
Gehirnerscheinungen b. Abdominaltyphus 200.
Gehirnkrankheiten b. Kindern 210.
Geistesstörung, Simulation(Nach weis) 29. (b.einem
Geisteskranken) 29. — , Dissimulation 29. — , Anwen-
dung d. Isolirung 30. —, b. Influenza 34. — , Binfl.
d. Influenza auf solche 34. — , Veränderungen d.
Ganglienzellen d. Gehirns 134 — , b. Kindern 168*
— , b. AbdominaltyphuB 200. — S. a. Psychopathologie.
Gelatine s. Formahngelatine.
Gelbsucht s. Ikterus.
Gelenke, Erkrankung b. Influenza 37. — , Tuberkulose,
Behandlung mit Stauungshyperämie 169. — S. a.
Arthrotomie; Ellenbogengelenk; Hüftgelenk; Knie-
gelenk; Metacarpo-Phalangealgelenk; Sohultergelenk.
Genfs. Bossy.
Genickstarre s. C!erebro8pinalmeningitis.
Genitalien s. Gesohlechtstheile.
Gerinnung, d. Milch, spontane 70. — , d. Eiweissstofifo
d. Fleisches b. Erhitzen 70. — , d. Blutes, Einfluss der
Kalksalze 99.
Geruch, Störung b. Influenza 34.
Gesohlechtstheile, männliche, reptilienart. Bildimg
b. einem Fötus 117. — , b. Weibe, Bakterien in solch.
252.
G e s c h m a c k 8 k n 0 s p e n , Verhalten nach Durohschnei-
dang d. N. glossopharyngeus 224.
Geschwür, im Rachen b. Influenza 35. — S. a. Bein-
geschwür; Maeengeschwür.
Geschwulst, bösartige (Blastomyceten in solch.) 120.
(inoperable, Behandlung mit Toxinen) 169. (Bezieh, zu
Verletzungen) 170. — 8. a. Adenom ; Adenomyom ; An-
g'om; Oamnom; CSiolesteatom ; Endotheliom; Fibrom;
ebärmutter; (}ehim; Hydrocele; Lunge; Lymph-
angioma; Lymphoysten; Myom; Neurogliom; Ota-
rium; Polyp; Sarkom; Schleimpolyp; Vacioooele;
Zuujze.
Gesellschaft, medidnische zu Leipzig, Berichte 215.
266.
Gesichtshöhlen, Beziehung zum (Sesammtorganis-
mus 147.
Gewebe, Wirkung d. eriiöhten Temperatur auf dies. 121.
Gewerbekrankheiten der Nase, des Mundes u. des
Rachens 183.
Giannuzzi*sohe Halbmonde, Bedeutung 224.
Gicht, Entstehung u. Wesen 266.
Gift, in d. Nebennieren 6. — , d. Kröte, Wirkung auf d.
Blut 85. -— , im thier. Organismus 118. — -, Wirkung
auf d. Nervenzellen 238.
Gipsmodelle d. Nase u. ihrer Nebenräume 147.
Glandula, Barthohni, krankhafte VerSnderuneen 155.
— , parathyreoidea 115. — S. a. Bronchialdrusen;
Knäueldrnsen ; Schilddrüse.
Glasdruck, Anwendung b. d. Diagnose d. Lupus 214.
Glaskörper, Blutung zwischen dems. u. d. Ne^haut
117.
Glaukom, Filtration aus d. vorderen Kammer 178. — ,
malignes 178. — , Atrophie d. Papilla b. solch. 178.
Gliom s. Neuro^om.
Glottisödem b. Abdominaltyphus 199.
Glykogen, Bildung in d. Leber, Einfluss d. LiulinB 4.
— , im Blute 90.
Glykosurie, alimentäre 3. 43.
Gonorrhöe s. Tripper.
Granulation, in Zellen 114.
Greise, Dementia 28. — , Epilepsie 134. >-, Tuberkulose
139. —, Flecktyphus 276.
Griesinger's Symptom s. Thrombose.
Grippe s. Influenza.
G u a j a k 0 1 , Resorption u. Ausscheidung 127. — , gegen
Tuberkulose 143. — , Anwendung b. AbdominaltyphuB
273.
G u a|'a kolcarbonat, Resorption u. Ausscheidung 127.
Gummi, Bildung im Pankreas 150.
Gynäkologie, Operationswuth in ders. (von Wiüiam
0, Priestley, übersetzt von Ä. Berihold) 213.
■ aar, elektrolyt Zerstörung, Veränderungen nach solch.
47. —, Gruppenbildung 47.
Hadern, samtätspolizeil. Bedeutung 69.
Hadernkrankbeit 69.
H arm a 1 0 k r i t zur Blutuntersuchung 74.
Hämaturie b. Tuberkulose 141.
Hämin, salzsaures, ehem. Zusammensetzung u. Dar-
stellung 222.
Hämoglobin, Gehalt d. Blutes an solch, während der
Quecksilberbehandlung 151.
Hämoglobinurie mich körperL Anßtiengungen 8^.
Saoll'-Be giften
347
HSmophilie, Behftndlutig mit Ealksalzen 99.
Hämoptyse, Leokocytoee b. solch. 138.
Hände, Desmfektion 253.
Halbmonde, Giannozzrsche, Bedeutung 224.
Hals, sensorische Neurosen im Klimakterium 44.
Handatlas, anatomischer, zxvax Gebrauoh im Secirsaal
(von J. Henle) 206.
Handbucb, d. speciellen Therapie innerer Krankheiten
(herausg^. von F. PenxokU u. B, StirUxdng 11. u.
ni. Bd.) 107. — , d. kleinen Chirurgie (von Qustao
Wolxendarf) 112.
Harn, Pigmentation der Hamsäuresedimente 4. — ,
Nucleoalbumin in soloh. 4. — ^ Eiweissgehalt (Nachweis)
4. (nac(i d. Vaccination) 166. — , Verhalten d. Nieren*
epithels b. d. Absonderung 5. — , Beschaffenheit nach
d. Chloroformnarkose 20. — , Ausscheidung (von Alloxur-
körpem b. Nephritis) 114. (d. Stoffweohse^rodukte in
solch, b. Abdominaltyphus) 196. (d. Stiol^fE») 225.
— ^ Eiweisskörper dess. b. Leukämie 114. — , Diazo-
reaktion (b. Tuberkulose) 139. (b. Abdominalt^jrphus)
194. — , Verhalten b. Addison*soher Krankheit 145.
— ^ Retention b. Kjudem 166. — , Aetherschwefelsäuren
in solch, (b. Abdominaltyphus) 196. (Ursachen d. Aus-
scheidung) 233. -— , Typhusbacillen in solch. 203. — ,
Knflnfls des Atropins auf d. Sekretion 234. — , Ver-
halten b. Abdominaltyphus 270. — S. a. Albuminurie;
Glykosurie; Hämaturie; Hämogbbinurie ; Fentosurie.
Harnblase, Festigkeit n. Elasticität 62. — , isolirte
traumat Zerreissung 62. — , Zerreissung d. hintern
Wand 62. — , abdominale laterale Punktion 62. 63. — ,
Epithel ders. 116. — , bullöses Oedem d. Schleimhaut
b. Weibe 155. — , tuberkulöse Infiltration des Zell-
. gewebes in d. Umgebung 176. — , Resorption körper-
fremder Stoffe durch dies. 225. —, Eröffnung d. Bauch-
höhle zwischen ders. u. d. Rectum 246. — S. a.Cystiti8.
Harnleiter, Verschmelzung mit d. Vas deferens 117.
Harnröhre, Catheterismus posterior 63. — , Striktur
(b. Weibe) 155. (b. Manne, Behandlung) 220.
Harnsäure, Pigmentation d. Sedimente aus solch. 4.
— , im Blute, Beziehung zu Chlorose 95. — , Einfluss
nucleinhaltiger Nahrung auf d. Bildung 113.
Harnsteine, Ikitleerung nach Qenuss von Weisswein
43. — , Diagnose mittds d. Röntgen*schen Strahlen 72.
Harnstoff, diuret Wirkung 15. — , Bildung 221.
Hausepidemien von Abdominaltyphus 90.
Haut, Naevus unter ders. 46. — , Fet^ewebe unter ders.,
Histolode 5. — , Veränderungen nach Epilation mittels
Elektrolyse 47. — ,Tuberciüosi8 verrucosa, Behandlung
56. ^, Absorption d. Salicylsäure durch dies. 128. — ,
Pigmentirung b. Diabetes mellitus 145. — , Verände-
rungen nach Quecksilbergebrauch 154. — S. a. Bronze*
hAut; Cutis; Folliculitis; Ichthyosis; Naevus; ünter-
hautfettgewebe; Xeroderma.
Hautemphysem b. Abdominaliyphus 199.
fiaatkrankheiten, Anwendung: d. Bleiwasserlini-
ments l6, d. Steinkohlentheers 18. ~ S. a. Sklerodermie.
Hauttransplantation, Anwendung b. Beingeschwür
220. — 8. a. Transplantation.
Hautwarzen, endotheliale, Bezieh, zum Sarkom 11.
Harre, Abdominaltyphus das. 187.
Hebammen, Lehrbuch f. solche 213.
Heidelbeersaft gegen Ekzeme u. Verbrennungen 18.
Heilquellen, Entetehung 215 flg.
Heilserum, f. Diphtherie, Wirkung auf d. Leukocyten
42. — , gegen Tuberkulose 143. — , gegen Syphilis 152.
Heilstätten f. unbemittelte Tuberkulöse 142.
Hemeralopie 65. — , gonorrhoische 237.
Hemiatrophie d. Zunge b. Sklerodermie 27.
Hemiplegie, ungekreuzte 57.
Hepatitis, ohron. interstitielle b. Kindern 167.
Hernia, eruralü, Behandlung 173. — , inguinalis
(äussere, Entstehung^ 172. (Radikaloperation b. Kindern)
172. 173. — , umMicalis b. Säuglingen, Behandlang
173. 174.
Hernien, operative BehandL b. Kindern 172. 173. — ,
Radikaloperation 172. 173. 174. -^, d. Linea alba 174.
— , eingeklemmte (Behandlung) 174 (Lungenentzün-
dung b. solch.) 175. — , Tuberkulose 175. — S. a.
Bruchwasser.
Herz, Verhalten b. Basedow'soher Krankheit 130. bei
Lungentuberkulose 140. 141. — , Stichverletzung, Ein-
tritt d. Todes 181.
H er z k r an k h e i te n , b. Influenza 37. — , Nutzen des
Höhenklimas 81. —, Beschaffenheit d. Blutes 89.
Highmorshöhle, Erkrankung bei Influenza 34. — ,
seröse Erkrankung 148. — , Eiterung, Diagnose 148.
Hirnhaut s. Meningen; Pia-mater.
Histon, im Harne b. Leukämie 114.
History of the chronic degenerative diseases of the
central nervous System (by TA. K Manro) 110.
Hitze s. Erhitzen.
H 0 d e s. Orchitis ; Testikel.
Hodgkins Krankheit 97.
Höhenklima, Einwirkung auf d. Blut 80. — , Nutzen
b. Herzkrankheiten 81.
Höhlen, Bildung im embryonalen Rückenmark 14. — ,
d. Körpers, elektr. Durchleuchtung 55.
Holzschneider s. Xylographen. .
H 0 ruh au t s. Cornea.
Hüftgelenk, irreponible Luxation, operative Behand-
lung 03. — , spontane Luxation nach Typhus 201.
H u m e r u s , ächmerzhaftigkeit am Epioondylus extemus
27. —, Fraktur 208.
Hydrargyrum, Wirkung auf d.Blut 98. 151. — -,Ein-
' Wirkung auf d. Auftreten tertiärer Syphilis 151. — ,
gegen Syphilis 153. — , bichloratum, intravenöse Injek-
tion 154. — , sulphuratum nigmm, Anwendung bei
Syphilis 153. —, Veränderungen der Haut durch solch.
154. —.intramuskuläre Injektion, lokale Veränderungen
nach solch. 154. — , Vergiftung 239. — , oxyoyanatum
gegen Ophthalmoblennorrhoea neonatorum 262. —S.a.
Schmierkur.
Hydrastin, Hydrastinin, Wirkung d. Chlorhydrats
128.
Hydrocele, büocularis intraabdominalis 259. — , d.
Tunica vaginalis, Behandlung 2^.
Hydrophthalmus anterior 178.
Hydrotherapie, Wirkung auf d.Blut90. —,b. Typhus
(abdominalis) 270. 271. (exanthematicus) 276.
Hygrämometrie 88.
Hypermetropie, Aooommodation b. solch. 65.
Hypopyonkeratitis, Behandlung 65. 263.
Hypospadie, Operation 259.
Hypothermie b. Abdominaltyphus 197.
Hysterektomie, b. üterusfibrom 51. — , abdominale
52. 53. 247. — , vaginale 52. 53. 247. — , vagino-abdo-
minale 52.
Jahrbuch, amerikanisches 341.
Ichthyol, gegen Verbrennungen 232.
Ichthyoltraumaticin gegen Erysipelas 15.
Ichthyosis linearis 45. 46.
Idiotie b. hereditärer Ataxie 1 32.
Jequirity, Anwend. b. chron. Trachom 65.
Ikterus, Entstehung 9. —, toxämisoher 10. —, b. In«
fluenza 38.
Immitationskrankheiten d. Kinder 134.
Immunität, gegen Infektionen 103. — , Erzeugung
durch d. TyphusbaoiUua 205.
Index Catalogue of the library of the Surgeon
Generalis Office (I— XVI.) 215.
Infektionskrankheiten, Krebs als solche 43. — ,
Verhalten d. Blutes 89. 93. — , Leukämie als solche 96.
— , Bildung u. Ausscheidung d. Ammoniaks 114. — ,
Bezieh, zu Nervenkrankheit^ 238.
Influenza, Epidemien 30. 31. — , Verhalten d. Zunge
31. -— , Angina b. solch. 31. — , typhosa 31. — , hämor-
rhagische 32. — , intermittirende 32. — , b. einem klei-
nen Kinde 32. — , Erkrankung d. Nervensystems u. d.
Sinnesorgane 32. 33. 34. — , Einfl. auf Psychosen 34.
348
Sach-Register.
— , Erkrankung d. Reepiraiionsorgane M. — , Erkran-
knng d. Herzens n. d. Gefasse 37. -—, Erkrankung der
Knochen n. Gelenke 37. — , nach Operationen 38. — ,
Iktems b. solch. 38. — , Verschwinden einer Tripper-
cystitis während ders. 38. — , Ordiitis' b. solch. 38.
Nephritis nach solch. 39. — , neben Masern u. Schar-
lach 39. — , Bakteriologie 39. — , Prophylaxe 41. — ,
Behandlang 42. — , Phlegmone d. AngrahÖhle b. solch.
65. — , Wirknnff auf SchwangerschiSt n. Gebort %3.
Inflnenzabacillns, Kennzeichen 39. 40. — , Vor-
kommen im Sputom 40.
Inflnenzapnenmonie, Symptome 35. — , Conta-*
giosität36. —, pathoL Stallung 243.
Infusion blutwanner Kochsalzlösung in d. Venen 7.
Infusorien, Wirkung d. ChininderiTate 16.
Inguinalhernie, äussere, Entstehung 172. — ,ßadikal'
Operation b. Kindern 172. 173.
Inhalationsbehandlung u. pneumai Behandl. der
Erkrankungen d. Athmnngsorgane (yon Adolf SehmicU)
108.
Innervation, d. Iris 116. — , d. Kehlkopfmuskeln 224.
Instrumente, zur Blutuntersuchung 73.
Inulin, Wirkung auf d. Glykogenbildung in d. Leber 4.
Inunktionskur, gleichzeit iJiwendung von Sohwefel-
bädem 153.
Jod, Vorkommen im Thierkörper 3. 16. 113. (thenpeut.
Anwendung) 16. (in d. Schilddrüse) 113. — , Anwen-
dung (b. Wundbehandlung) 16. (Syphilis) 153. (Wahl
d. Präparates) 232.
Jodoform, Ibrsatz durch Airol 16. — , Injektion gegen
Tuberkulose b. Kindern 168. — , Anwendung d. Dämpfe
gegen Bronchitis u. Coryza 233.
Iridektomie b. Olauooma malignum 178.
Iridoohorioideitis, eiterige, Heilung 263.
Iris, Innervation 116. — , seröse idiopath. Cysten 263.
Iritis, akute pLastische 263.
Irrenanstalten, Isolirung in solch. 30.
Irrenwesen (von Albreeht Ik-lenmeyer) 214.
Ischämie d. Retina b. Herzkrankheit 264.
Isolirung in Irrenanstalten 30.
Jugend, allgem. Paralyse in solch. 28.
ILabylen, Flecktyphus b. solch. 275.
Kälte s. Abkühlung.
Kaiserschnitt, Mortalität nach solch. 53. — , Ver-
gleich mit d. Symphyseotomie 53. 54. — , wegen Grösse
d. todtfaulen Frucht 54. — , nach d. Tode d. Matter,
lebendes Kind 54. — , nach Porro während d. Schwan-
gerschaft 54. — , b. engem Becken {ron Richard Braun
von Femwald) 112.
Kalkconkretionen im Gehirn 126.
Kalksalze, Einfluss auf d. Gerinnbarkeit d. Blutes 99.
Kaltwasserbehandlung b. Abdominaltyphus 270.
271.
Kampheräther, Anwendung b. Tuberkulose 143.
Kefir, Verdaulichkeit 183.
Kehldeckel s. Epiglottis.
Kehlkopf s. Larynx.
Keilbeinhöhle, Empyem, Operation 149.
Keratitis, Entstehung 229. — , eiterige 229. — , durch
Schimmelpilze verursacht 230. — S. a. Hypopyon-
keratitis.
Kern s. Zellkerne.
Kieferhöhle, Erkrankung b. Influenza 34. —, seröse
Erkrankung 148. — , Eiterung, Diagnose 148.
Kind, Influenza 32. — , lebendes nach Kaiserschnitt an
d. Todten 54. — , Fibringehalt u. speoif. Gewicht des
Blutes 89. — , pemioiöse Anämie 98. — , cerebrale
Diplegie 132. — , Imitationskrankheiten 134. — , Ein-
fluss d. Dentition auf d. Entst^ung von Krankheiten
166. — , Hamretention 166. — , Taberkulose, Behand-
lung mit Jodoforminjektionen 168. — , chron. inter-
stitielle Hepatitis 167. — , Diagnose d. Bronohialetkran-
kungen 168. ->, Pica 168. — , Geistesstörung 168. — ,
operative Behandlung d. Hernien 172. 173. 174. — ,
Erkrankungen d. BeckenzeU^ewebes 210. — , Gdhin-
krankheiten 210. — , Pleuritis 210. —, Verhütung von
Augenkrankheiten 211. — , Zusammensetzung d. OaUa
222. — , in gtburUkUlß. Beziehung (Geburt eines
lebenden b. Extrauterinschwangerschaft) 16. (Querlage
nach Ventrofixatio uteri) 50. (Selbstentwiokelung bei
einer Erstgebärenden) 159.
Kleidung, Wärmeleitung durch solche 66. 67. 68. 69.
Kleinhirn, Symptomatologie d. Erkrankungen 133.
— , Geschwülste b. Kindern 210.
Klima, Beziehung zur Entstehung von Bronchopnea-
monie 241. — S. a. Höhenklima; Tropenklima.
Klimakterium, sensor. Halsneuroeen 44.
Klimatotherapie d. Lungenschwindsucht 143.
Klystir, XJebertngung von Abdominaltyphus durch
solch. 193.
Knäueldrusen d. Haut, Hyperplaae b. Naevus sub-
cutaneus 46.
Kniegelenk, irreponible Luxation, operative Behand-
lung 64.
Knochen, Erkrankung b. Influenza 37. — , Struktur
d. Gewebes 116. — , ^generation 124. — , Brweiohtmg
durch Atrophie 125. — S. a. Röhrenknochen.
Knochenkrankheiten, Nachweis mittels Böntoen'-
scher Strahlen 71. 72. — , b. Abdominaltyphus 199.
Knochenmark, Beziehung zur Blutbildung 78. — ,
Verhalten b. Leukämie 95. — , Erschütterung als Ur-
sache von Fettembolie 127. — , therapeut Anwendong
b. Osteomalacie 158.
Knorpel s. Schildknorpel ; Periohondritis.
Kochsalz, Lösung, Infusion (blutwanner in d. Veoeo,
Wirkung) 7. (b. akuter Anämie) 99. —, Wirkung auf d.
Nieren 122. — , Zusatz zur Kuhmilch f. d. BäugÜngs-
emährung 165.
Köliotomie b. Tubensohwangerschaft 163.
KörperanstreVgung, Wirkung auf d. Blut 83.
Körperhöhlen, elektr. Durchleuchtung 55.
Körpertemperatur, Einfl. aufd.va8omotor.NerTeD-
^tem 6. — , Beguhrung, Bezieh, zur Ausscheidung d.
Kohlensäure 6. — , b. Gu*cinom innerer Organe 43. — ,
Steigerung, Wirkung auf Blut u. Gewebe 121. 228.
— , b. Lungentuberkulose 139. — , b. Abdominaltyphus
(Bezieh, zu d. gepaarten Schwefelsäuren im Harne)
196. (niedrige) 197. (Herabsetzung) 273.
Kohlensäure, Bezieh, d. Ausscheidung zur ReguUrong
d. Körpertemperatur 6. — , Erwirkung auf d. rothen
Blutkörperchen 83. — , Nachweis in d. Luft 183.
Kohlentheer, Anwendung b. Hautkrankheiten 18.
Kopfverletzung, Cephiühydrocele nach solch. 56.
— , tödÜ. Ausgangeiner Himgeschwulst nach soloL 181.
Krankenhaus, Entstehung von Tuberkulose in solch.
108. — , Wasserversorgung u. Ableitung d. Abwisfier
182.
Krankheiten, Beziehung zur Witterung 183. — ,
einige wichtige d. kindl. Altnrs (von Ä, Steffen) 210.
Krebs, primärer d. Trachea 43. — , Polymorphiainus 43.
— , innerer Organe, Körpertemperatur 43. — , als In-
fektionskrankheit 43. — , Wirkung auf d. Leukocytoso
92. — S. a. Carcinom.
Kresole, therapeut Anwendung (d. isomeren) 15. (b.
Abdominaltyphus) 272.
K r i e g s c h i ru r g i e , Bedeutung d. Rön^n'schen Strah-
len!, dies. 71.
Krötengift, Wirkung auf d. Blut 85.
Kropf. Bezieh, zu Basedow'scher Krankheit 129. —t
Bezien. zur Tachykardie 130. — , Behandlung (opera-
tive) 170. (mitSchüddrüs6nsaft)171. ~B.a. Blähkropf.
Kryptophthaimus, angebomer 230.
Kry stalle, Gharcot'sche 125. — , Böttcher'scfae 126.
Kuhmilch, Schwerverdaulichkeit f. Säuglinge 165.
Kurzsichtigkeit, hvgiein. Rathschläge 64. —, ope-
rative Behandlung 179. — , Pathogenie 179.
Iiactation, kalte Bäder b. Abdominaltyphus während
ders. 271.
Saoh-Begister.
Sid
LAotöphenin, Anwendung b. Abdominaltyphns 274.
Lähmung, d. Augenmuskeln 21. 22. 23. 24. — , b. In-
fluenza 23, 35. ~, d. SehnerTen nach Schädelcontusion
64. — , nach Narkosen 130. 236. — , d. Accommodation
nach Diphtherie 180. — , b. Abdommältyphus 200. 205.
— , d. Ülnaris b. Xylographen 236. — S. a. Bulbär-
paralyse; Hemiplegie; Spinalparalyse; Trommlerl^-
mung.
Landpraxis, Chirurgie in ders. (von Carl Bayer) 14.
Lanolin, Verwendung b. antibakteriellen Salben 17.
Laparotomie, Influenza nach solch. 38. — , Hyster-
ektomie mittels solch. 53. — , zur Statistik 54. — ,
Nachbehandlung 58. —, Wirkung b. tuberkulöser Peri-
tonitis 140. 176. — , wegen Uterusruptur 159. — , ex-
plorative 172. — , wegen allgem. Peritonitis 249.
Larynx, Funktion d. Morgagni'schen Ventrikels 5. — ,
Lahmung b. Influenza 35. ->, Perichondritis b. In-
fluenza 35. — , Fibrom 44. — -, zweilappige Polypen 44.
— , Blutung in solch. 45. — , Erkrankungen dess., des
Rachens u. d. Nase (von Carl Stoerk) 106. — , Tuber-
kulose (Heilung) 140. (chimrg. Behandlung) 147. — ,
Centrum f. d. Innervation d. Muskeln 2^. — S. a.
Olottisodem.
Leber, Rinfluss d. Inulins auf d. Olykogenbüdnng in
ders. 4. — , endem. suppurative Entzündung 8. — -,
Bezieh, d. Thätigkeit zu verschied. Krankheitmi 9. — ,
Eisen in ders. b. Ankylostomiasis 10. —,Cirrho8e (Milz-
schwellung) 10. (Behandlung) 10. — -, Einfluss auf den
Zucker im Blute 84. — , O^^dation d. arsenigen Stture
durch dies. 129. — , Pigmentcirrhose b. Diabetes melli-
tus 145. — , chron. intmtitielle Entzündung b. Kindern
167. — , mit Flimmerepithel ausgekleidete Cysten 230.
Leberegel, Vorkonunen in d. Lunge 145.
Lederhaut s. Sklera.
Lehrbuch, d. Qeburtshülfe (von Paul Zweifel^ 4. Aufl.)
21 1. — , f. Schülerinnen d. Hebammencurses (Ton Ludw,
PisIMai) 218.
Leistenbruch s. Inguinalhemie.
Lepra, Bezieh, zu Morvan'soher Krankheit 25.
Leukämie, Verhalten d. Knochemnarks 95. — , akute
95. — , als Infektionskrankheit 96. — , Priapismus b.
solch. 95. —-, Verhalten d. Blutes 96. —, Wesen 97.
— , Behandlung mit Milzextrakt 97. — , Eiweisskörper
im Harne 114.
Leukocyten, einkernige grosse 5. — , Efthlnng, quan-
titative Bestimmung 73. 74. — -, VerSnderungen 86. 90.
91. — , Gehält d. Blutes an solch, b. Abdominaltyphus
106.
Leukocytose, Variationen 90. 91. ->-, Verhalten bei
Krankheiten 91. 92. — , Bezieh, zu örti. Beizwirkung
121. —, b. Hämoptyse 138.
Leukolyse 93.
Licheuj ruber, Anwendung d. Bleiwasserümments 18.
— , urüoatus 246.
Licht, Einfl. auf Bacillen 207. —, elektrisches, Wirkung
auf d. Auge 265.
Lidhalter 64.
Ligamentum, hepato{;a8trioum, Lymphcyste in dems.
12. — , latum (Histologie d. Cysten) 13. (Exstirpation) 52.
Ligatur, d. Arteria u. Vena spermatica, ^nfluss auf d.
Hoden 223. —, temporäre d. ^ssen Gefässstämme 256.
Linea alba, Hernie m ders. 174.
Lingua acoessoria 44.
Liniment mit Bleiwasser, Anwendung in d. Dermato-
logie 18.
Linse, Trübung im Zusammenhang mit Allgemein*
erkrankungen 178. ~, Astigmatismus 218.
Lippe, Gangrän b. Typhus 199.
Liquor feno-mangani sacoharati gegen Anämien 98.
Lithopädion b. Extrauterinschwangersohaft 162.
L o r e t i n , Anwendung u. Wirkung 231 .
Loupenspiegel zur Augenuntmuohung 64.
Luft, Influenzainfektion durch d. Staub 40. — , Bestim-
mung d. Feuchtigkeit 71. — , Nachweis d. Kohlensäure
183.
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft. 3.
Luftröhre s. Trachea.
Luftröhrenerkrankungen, Behandl. ders. (von
7%. von Jürgensen) 109.
Lufttemperatur, Einfl. auf d. Körpertemperatur 6.
Luftwege, Blutungen in d. obem 45.
Lumbalpunktion, diägnost. u. therapeut. Bedeutung
42. 131. — , Tod nach ders. 42. 43.
Lumpen, sanitätspolizeil. Bedeutung 131.
Lunge, Abscess (b. Influenza) 36. (Pneumotomie) 171.
— , Gangrän b. Influenza 36. — , Vorgang b. d. Infek-
tton ders. 124. — , C^verfaenbildung b. Tuberkulose 138.
— , Diagnose bösartiger Geschwülste aus d. Sputum
143. — , Vorkommen von Distomum hepaticum in ders.
144. — S. a. Pneumotomie.
Lungenarterie, Folgen d. künstl. fozeugung von
Embolie 123.
Lungenentzündung, b. Influenza 35. 36.243. — ,
Verhalten d. Leukocytose 91. — , b. eingeklemmten
Hernien 175. — , lobuläre, Aetiologie 239. — , inter-
mittirende 241. — , bösartige Epidemien 241. —^Sterb-
lichkeit 242. 243. — , Behandlung 243. — S. a. Aspira-
tionspneumonie ; Bronchopneumonie.
Lungeninfarkt, embolischer Ursprung 123.
Lungenkatarrh, Bezieh, zu Luiigentuberkulbse 139.
Lungenkrankheiten, Behandl. ders. (von 7%. van
Jürgensen u. E. Sonnenburg) 110.
Lungentuberkulose, akute b. Influenza 36. —, Be-
handlung ders. (YonF,Phixold£)lQ9, (Klimatotherapief
üeberomährung, Tuberkulin, Antiphthisin, Zimmtsäure,
Heilserum, Kampheräther, Guajakol) 143. — , in Wien
138. — , Verhalten d. elast Fasern b. solch. 138. — ,
Cavemenbildung 138. — , Verhalten d. Nase 139. — ^
Bezieh, zu Lungenkatarrh 139. — , Asthma b. solch.
139. — , b^innende 139. — , Verhalten d. Zahnfleischea
139. — , Korpertemperatur 139. — , Bezieh, zu Pleuritis
140. — , Verhalten d. Herzens 140. 141. — , Einflusa
d. Witterung 184. — S. a. Tuberkulose.
Lupus, Excision mit Transplantation 56. — -, Diagnose
mittels Phaneroskopie u. Glasdrucks 214.
Luxation, irreponible, operative Behandlung 63. -— ,
spontane d. Hüftgelenks nach Typhus 201.
Lymphadenom, Wesen 97.
Lymphangioma tuberosum multiplex 12.
Lyinphcyste, im Ligam. hepatogastricum 12. — ,
retroperitonäale 258.
Lymphdrüsen, Erkrankungen ders. 106.
Lymphge fasse, Behandl. d. Knmkheiten ders. u. d«
Lymphdrüsen (von Anderer) 108.
Lymphkanäle d. Cutis 12.
Lymphosarkom 97.
Lymphstauung, Veränderungen d. Muskelfasern b«
solch. 224.
Lymphstrom im Ductus thoracicus, Einfl. d. Blut-«
entziehung auf dens. 7.
Macula lutea, donpelte Innervation 65.
Magen, Schussverletzung^ Behandlung 57. — , Erkran-
kmigen dess. (von F, Ri^el^ 1. TheU) 209. — :, Aus-
scheidung köiperfremder Stoffe durch dens. 226. —
S. a. Gastroenterostomie; Pylorus.
Magengeschwür, operative Behandlung 58.
Magenkrebs, operative Behandlung 58.
Magermilchbrot, Ausnutzung im Darm 183.
Malaria, Parasiten b. Mensdien u. Vögeln 226. — ,
gleichzeitig b. Typhus 275. 276. 277.
Mann, Chlorose b. solch. 94.
Mark s. Knochenmark; Bindermaric.
Masern s. Morbilli.
Maubeu^e, Typhus in d. Garnison 189.
Mediastinum, Behandlung d. Erkrankungen dess. 1 10.
Med Ulla oblonoita, Centrum f. d. Innervation d. Kehü
kopfmuskeln 2^4.
Mehl, Nachweis d. Mutterkorns in solch. 70.
Melanoderma b. Diabetes inelHtus 145.
Melanosarkom d. Opticüsscheide 231.
45
350
Sach-Begietex.
Meningen, Cholesteatom 11.
Meningitis, b. Influenza 33. — , tuberkulöse, Lumbal-
punktion 42. — , chron. seröse, Lumbalpunktion 42. — ,
Diagnose 131. — , akute, Erscheinungen ders. b. Ence-
phalitis acuta multiplex 132. — , typhöse 203. — S. a.
Cerebiospinalmeningitis ; Pachymeningitis.
Menschenblut, Nachweis in Blutflecken 73.
Menstruation S.Dysmenorrhöe.
Metacarpo-Fhalangeal-Gelenk des Daumens,
irreponible Luxation, operative Behandlung 64.
liicrococcuB melitensis 277.
Mikroorganismen, Ausscheidung durch d. Niere 226.
Milch, spontane Gerinnung 70. — , Ausscheidung d. Pb.
acei durch dies. 129. — , sterilisirte, Anwend. b. Bar-
low'scher Krankheit 166. — , Bezieh, zur Verbreitung
d. Typhus 191. 192. — , ehem. Znsammensetzung 222.
— 8. a Kuhmilch.
Miliartuberkulose, Diagnose von Abdominaltyplius
195.
Milz, Schwellung b. Lebercirrhose 10. — , wandernde
operative Behandlung 60. — -, Exstiipation 60. 61. — ,
Bezieh, zur Blutbildung 77. — , chirurg. Behandlung
d. Erkrankungen ders. (von Schönborn) 108. — , Ver^
halten b. tuberkulösen Kindern 167.
Milzbrand, Immunisirung 7.
Milzextrakt gegen Leukämie 97.
Missbildung b. Extrauterinschwangerschaft 161.
Mitose, mehrkemiger Zellen 10. — , Bezieh, zu Ami-
tose 10.
Mittelfellraum s. Mediastinum.
Mittelmeerfieber 277.
Morbilli, b. Influenza 39. — , Prophylaxe 180. — ,
Einfluss d. Witterung 184.
Morga^ni'scher Ventrikel, Funktion 5.
Morphium, Wirkung auf d. Blutg^ase 85. — , Ein-
spritzung b. Extrauterinschwangerschaft 163.
'Morphoea herpetiformia 235.
Morvan'sche Krankheit, Bezieh. zu Syiingomyelie
u. Lepra 25.
München, Abdominaltyphus das. (in d. Garnison) 186.
• (SterbUchkeit) 186.
Mundhöhle, Krankheiten durch Gewerbe verursacht
183. — 8. a Stomatitis.
Muscheln, Verbreitung von Abdominaltyphus durch
solche 192,
Muskel, Abscess b. Typhus 206. ~, des Kehlkopfs,
Innervation 224.
Muskelatrophie, progressive b. Poliomyelitis 24.
Muskelfasern, Veränderungen b. Cirkiuationstörun*-
gen 224.
Mutterband s. Ligamentum.
Mutterkorn, Nachweis in Mehl u. Brot 70.
Mycosis fungoides b. Addison'scher Krankheit 145.
Myelitis mit Neuritis optici 264.
Mykosen d. Vagina 155.
Myoadenom d. Choledochus 12.
Myoklonie, Wesen 27.
M y 0 m , d. Uterus (Operation) 51. 247. 248. (sarkomatöses)
123.' (gleichzeitig mit Sarkom, Carcinom u. Schleim-
polypen) 123. —, Drüsenbildung in solch. 123.
Myopie, hygiein. Bathschläge 64. — , operative Behand-
lung 179. — , Pathogenie 179.
M y r 0 n i n , therapeut. Anwendung 232.
Myrtillextrakt, gegen Ekzem u. Verbrennungen 18.
Myxom, d. Uterus, suomuköses 157.
Ifabelbruchb. Säuglingen, Behandlung 173. 174.
Nacken, Folliculitis atrophicans 47.
Naevus, linearis 45.46. — , verrucosus 46. — , sub-
cutaneus 46.
Nahrungsmittel, Glykosurie nach Genuss verschie-
dener 3.
Naht s. Darmschnümahi
Narkose, mit Chloroform (Dosirung) 19. (späte Todes-
fälle) 20. (Beschaffenheit d. Harns) 20. (Unterstützung
durch Spartein u. Oxyspartein) 129. (b. normalen Ge-
burten) 251. — , mit Aether (Dosirung) 19. (Statistik)
19. (Todesfälle) 20. (b. normalen Geburten) 251. — ,
Lähmung nach solch. 133. 236.
Nase, Ebrkrankungen ders., d. Rachens u. d. Kehlkopfs
(von Stoerk) 106. — , Verhalten b. Phthisis 139. — ,
Tuberkulose 147. — , Bezieh, zum Gesammtorgams-
mus 147.
Nasenhöhle, Behandlung d. Erkrankungen ders. (von
TT. Kiesaelbaeh) 109. — , Gipsmodelle ders. u. ihrer
Nebenräume 147.
Nasenkrankheiten, durch Gewerbe verursacht 183.
Nebenniere, giftige Substanz in ders. 6. — , accesso-
rische in d. Samensträngen 117. — , Erkrankung b.
Addison'scher Krankheit 145.
Nebenschilddrüse 115.
Nekrosed. Unterkiefers nach Osteomyelitis 256.
Nenhritis, nach Influenza 39. — , Ausscheidung von
Ailoxurkörpem im Harne 114. — , b. Neugebomen 166.
— , nach d. Vaccination 166. — , b. Typhus 203.
Nephrolithiasis imAnsohluss an Brechdurchfall 43.
Nerven, endoneunde Wucherungen in d. peripheri-
schen 14. — , Bezieh, zur Sklerodermie 235.
Nervensystem, vasomotorisches, Einfl. auf d. Stoff-
wechsel 6. — , Erkrankung b. Influenza 32. — ^ Einfl.
frühzeitiger antisyphilii Behandlung auf dass. 152.
— , Beziehung d. Krankheiten zu Infektion 238. —
8. a. Gentralnervensystem.
Nervenzellen, Wirkung d. Gifte auf solche 238.
Nervus, abdueens, Lähmung 22. — , faeialisy Entwick-
lung 223. — , glossopharyngeus , Bezieh, zu d. Oe-
schmacksknospen 224. — , laryngeus pasticus, Läh-
mung b. Influenza 35. — , octUomoiorins (wieder-
kehrende Lähmung) 23. (Kem^biet) 232. — , opticus
nach Schädeloontusion) 64. (Erkrankung b.
(Lähmung
Syphilis) (
Syphilis) 66. (glaukomatöse Atrophie d. Papille) 178.
(Melanosarkom d. Scheide) 231. — , (Resektion) 264.
(Atrophie b. Herzkrankheit) 264. (Neuritis b. Myelitis)
264. — , radialis, Lähmung nach Chloroformnarkose
236. — , ulnaris, Lähmung (nach Typhus) 200. (b.
Xylographen) 236.
Netzhaut s. Retina.
Neugeborne, Verhalten d. Blutes 86. 89. — , Wied^-
belebung b. Asphyxie 165. 181. — , Nephritis 166. — ,
Zustandekommen d. Respiration 181. — , Typhus ab-
dominalis b. solch. 201. — , Behandl. d. O[^thalmo-
blennorrhöe 262.
Neuralgie, am Epioondylus extemus humeri 27. — ,
b. Influenza 33.
Neuritis, nervi optici b. Myelitis 264. — S. a. Poly-
neuritis.
Neurogliom, im Gehirn, tÖdtL Ausgang nach Kopf-
verletzung 181.
Neuroretinitis b. Influenza 34.
Neurose, sensor. d. Halses im Klimakterium 44. ^.
traumatische, Glykosurie nach solch. 44.
Nicotianaseif e, Anwendung 232.
Niere, Verhalten d. Epithels b. d. Hamabsondenmg 5.
— , Tuberkulose, Entstehung durch Bakterienausschei-
dung 122. — , Veränderungen in ders. durch Chlor-
uatrium 122. — , Ausscheidung von Mikrooi^ganismea
durch dies. 226. — , Erkrankung b. Typhus 270.
N i e r e n b e c k e n , Ausspülung b. Pyelitis 43.
N i e r e n s t e i n , nach Brechdurchfall 43.
Nosophen, Anwend. b. d. Wundheilung 16. 232.
Nuclein, Einfl. auf d. Bildung d. Harnsäure 113.
Nucleoalbumin imELarne 4.
Nystagmus, neuropath. Natur 23.
Oberarm s. Humerus.
Oberkiefer, Resektion, Constriktion d. Carotis vor
ders. 256.
Oberschenkel s. Femur.
OculomotoriuB s. Nervus.
Sach-Segister.
351
Oedem, bullöses, d. Blasecschleimhaut b. Weibe 155:
— 8. a. Glottisödem.
Oesophagus, Taberkulose 141. —, mit Flimmerepithel
ausgekleidete Cysten 230.
Ohrerkrankungen, Behandl. ders. (von K, Bürkner)
108.
Oleum ciDereum, Anwendung b. Syphilis 153.
Operationen, Influenza nach solch. 38.
Operationscursus an d. Leiche, anleitende Vor-
lesungen (von E, V, Bergmann u. K Rocks) 214.
Operationswuth in d. Gynäkologie (von Wtn. 0.
Prüstley, übersetzt von Ä, ierthok^ 213.
Ophthalmia, neomatorum, Behandlung 262. — , sym-
pathica, Wesen 263.
Ophthalmoplegie, b. Hirnkrankheiten 21. 22. 23.
— , recidivirende 23.
Opium, Anwendung nach Laparotomie 58.
Opticus s. Nervus. ^
O r b i ta s. Augenhöhle.
Orchitis b. Influenza 38.
Organismen, jodhaltige, therapeut. Anwendung 16.
S. a. Thyrojodin.
Organsäfte, Oxydation d. arsen. Säure durch solche
129. — S. a. Milzextrakt.
Ortsepidemien von Typhus abdom. 138.
Osmose, Spannung eiweisshaltiger Flüssigkeiten 223.
Osteomalacie, Wesen 105. — , puerperale, Behand-
lung 158.
Osteomyelitis, experimentelle Erzeugung 119. — ,
typhöse 199. — , Pathologie 254. 255. — , tot5e Nokrose
d. Unterkiefers nach solch. 256.
Osteoplastik, wegen bleibender Spalte nach d. Sym-
physeotomie 55.
Ovarium, carcinomatöse Degeneration einer Dermoid-'
Cyste 13. — , bösartige Geschwulst, Kaiserschnitt nach
Porro 54. — , Verhalten b. Tuberkulose 137. — , Ex-
stirpation wegen Osteomalacio 158. — , .Operation an
solch, von d. Vagina aus 247. — , Cystadenom, Ruptur
als Ursache von Peritonitis 250.
Oxyspartein, Anwendung zur Unterstützung der
Chloroformnarkose 129.
Ozaena, Aetiologie 120.
Pachymeningitis haemorrhagioa, Lumbalpunktion 42.
Paget 's Krankheit d. Brustdrüse 245.
Pankreas, Operationen an solch. 59. — , topograph.-
anatom. Verhältnisse 59. — , Apoplexie, operative Be-
handlung 59. — , syphilii Entzündung 150. — , Ent-
wicklung b. Embryo 223. — , Bedeutung d. Fettetiihle
f. d. Diagnose d. Erkrankung 225. — , Verhalten d.
Bindegewebes b. Krankheiten 230.
Papagei, Uebertragung d. Lungenentzündung duroh
solch. 242.
Papilla nervi optici, glaukomatöse Atrophie 178.
Paralyse, allgemeine progressive, Frühform 28. —
S. a. Bulbärparalyse ; Lähmung.
Paramuoin 222.
Paramyoclonus multiplex, Wesen 27.
Paranoia, chronische, Psychopathologie 134.
Parosmie b. Influenza 34.
Parotitis b. Typhus 203.
P a r 0 V a ri u m , Histologie 13.
Pathologie u. Therapie, specielle (herausgeg. von
Ä Nothnagel) 105. 209.
Pienis, Verdoppelung 117. — , Knoten unter der Haut
syphilit. Ursprungs 150.
Pentosurie 114.
Pepton, Wirkung 226.
Periarteriitis nodosa syphilitica 155.
Perichondritis thyreoidea b. Influenza 35.
PeritonäalhÖhle, Bluttransfusion in dies. 78. — ,
Drainage 249.
Peritonaeum, Verhalten d. Serosa b. Abdominal-
schwangerschi^ 164.
Peritonitis, tuberkulöse, Heilung nach Laparotomie
140. 176. — , septische nach Operationen 249. — , Lapa-
rotomie wegen allgemeiner 249. — , chronische nach
Rnptur eines Cystadenoms d. Ovarium 250.
Pessarium f. Betroflexio uteri 48.
Pest s. Bubonenpest
Phaneroskopie u. Glasdrnck f. d. Diagnose d. Lupus
vulgaris (von Oskar Ldebreieh) 214.
Pharyngotyphus 198.
Pharynx, lilhmung b. Influenza 33. — , Geschwüre b.
Influenza 35. — , Angiom 44. — , Blutung in solch. 45.
— , Erkrankungen dess., d. Kehlkopfs u. d. Nase (voQ)
Stoerk) 106. — , Behandl. d. Erkrankungen dess. (von
W. KiesseÜHtch) 109. — , Gewerbekrankheiten 183.
Phlebitis, experimentelle Erzer ^ung 125. ,
Phlegmone d. Augenhöhle b. Influenza 65.
Phosphor, Vergifhmg, Glykosurie b. solch. 43. — , An-
wend. b. Osteomalacie 158.
Photographie d. Verborgenen 71. 72. 265.
Phthisis s. Lungentuberkulose.
Physikalische Uebungen f.Mediciner (von^..B^
stus) 209.
Pia-mater, Sarkom 11.
Picab. Kindern 168.
Pigment, in hamsauren Sedimenten 4.
Pigmentcirrhose d. Leber b. Diabetes mellitus 145.
Placenta, physiolog. Lösung 159.
Plasmazollen, Vorkommen in d. blutbereitenden Or-
ganen 5. — , im Blute 86.
Pleura, costalis, Resektion 171. —- , Empyem b. Typhus
202. — , mit Flimmerepithel ausgekleidete Cysten 230.
— S. a. Brustfell.
Pleuritis, Bezieh, zu Tuberkulose 140. — , b. Kindern,
Behandlung 210.
Pleurotomie, exploratorische 171.
P 1 u m b u m aceticum, Ausscheidung durch d. Milch 129.
Pneumatotherapie b. Respirationskrankheiten 108.
Pneumobacillus, Gährungsprodukte 8.
Pneumococous, Infektion d. Auges mit solch. 8.
Pneumothorax, b. Influenzapneumonie 35. — , Respi«
ration b. solch. 124.
Pneumotomie, Indikationen u. Anwendung 144. — ,
wegen Lungenabscess 171.
Polydaktylie an allen 4 Extremitäten 117.
Polyeidocyten86.
Polioencephalitis haemorrhagioa, Ophthalmoplegie
b. solch. 22.
Polioencephalomyelitis , Ophthalmoplegie bei
solch. 22.
Poliomyelitis, progress. Muskelatrophie b. solch. 24.
Polyneuritis mercurialis 234.
Pply p, d. Larynx, zweilappiger 44. — S. a. Darmpolyp ;
Schleimpolyp.
Pens, eitrige Entzündung 236.
Porencephalie, Vorkommen, Formen 13. — , Ver-
änderungen d. Rückenmarks u. d. Schädels 13.
Priapismus b. Leukämie 95.
Prostata, Hypertrophie (Castration) 6 1 . (Resektion d.
Samenleiter) 61. — , tuberkulöse Infiltration d. Zell-
gewebes in der Umgebung 176.
Prothese mit Korkkem f. Gaumenspalten 211.
Prurigo, Anwend. d. Steinkohlentheers 18.
Pruritus b. Influenza 32.
Pseudarthrose, Behandlung 261.
Pseudoinfluenzabacillus40.
Pseudoleukämie,b. Syringomyelie 25. — , Verhalten
d. Blutes 97. — , Behandlung durch subcutane Injektion
von Solutio Fowleri 99.
Pseudoparalyse, alkoholische 28.
Pseudotyphus 198.
Psittacosis 242.
Psoriasis, Anwendung d. Bleiwasserliniments 134.
Pubertätsentwicklung, Sprachstörung 167.
Puerperaleklampsie, Behandlung 212.
Puerperalfieber, Bezieh, zu Diphtherie 252.
853
Saoh-Begister.
Paerperiam, OBteomalaoie während dess. 158.
Puls, Verhalten: b. Basedow'scher Krankheit 130. b.
Flecktyphus 275.
Punktion, d.Hamhla8e, abdominale laterale 62. 63. —
S. a. Lumbalpunktion.
Pupille, willkürl. Erweiterung 24.
Pupillenstarre, reflektorisohe 24.
Pyämieb. Typhus 203.
Pyelitis, BenandL durch Nierenbeckenaosspülung 43.
— , b. Abdominaltyphus ld8.
PyloruB, Fibroi^lonom 12.
Quecksilber s. Hydrargyrum; Oleum; Polyneuritis;
Salicylquecksilber.
Quellen, Entstehung 215 flg.
Querlage, d. Kindes nach Y entrofixatio uteri 50. — ,
Selbstentwicklung d. Kindes b. einer Erstgebfirenden
159.
üaohen s. Pharynx.
Radfahren, Wirkung auf d. Gesundheit 183.
Basse, Einfluss auf Entstehung d. Trachoms 262.
Baynaud*sche Krankheit mit folgender Sklero-
dermie 27.
Beal-Encyklopädie d. gesammten Heükunde 110.
Bechtsquellen, Medicinisches aus deutschen 112.
Becidiy b. Abdobiinaltyphus 197.
Bectum, Eröffiiung d. Bauchhöhle zwischen dems. u.
d. Blase 246.
Beflexepilepsie, Simulation 29.
Begenbogenhaut s. Iris; Iritis.
Be i s , Glykosurie nach d. Genüsse 3.
Beiskörperchen in tuberkulösen Synovialsäcken 169.
B e i z u n g , örtliche, Beziehung zur Leukocytose 121 .
Besektion, d. Vas deferens wegen Rx>8tatahvper-
trophie 61. — , d. Pleura costalis 171. — , d. öoer-
kiefers, Constriktion d. Carotis vor ders. 256. — , d.
N. opticus 264.
Bespiration, b. Pneumothorax 124. — , Zustande-
kommen b. Neugebomen 181.
Bespirationsorgane, Erkrankung b. Influenza 34.
— , Prophylaxe u. allgem. Behandlung d. Erkrankungen
(von Th, wnJürgensen) 108. — , Einfluss d. Witterung
184.
Betina, Augenmaass d. seitL Theile 116. — , Blutung
zwischen ders. u. d. Glaskörper 177. — , Ischämie b.
Herzkrankheit 264.
Betinitis s. Neuroretinitis.
Betroflexio uteri, Pessarium f.soIche48. ~, Patho-
logie u. Therapie 48. — , Operation 49. 50.
Bhachitis, Diagnose mittels Röntgen'scher Strahlen
72. — , u. Ost^malade (von 0. Vierordi) 105. — ,
Knochenerweichung durch Atrophie 125.
Bieself eider, Einfl. auf Entstehung von Abdominal-
typhus 185.
Bind, Tuberkulose (im Darm) 135. (diagnost. Bedeutung
d. Tuberkulins) 136.
Bindermark, Anwend. b. Behandlung d. pemiciösen
Anämie 96.
B i p p e n , Entzündung b. Typhus 199.
Bippenfell, Resektion 171.
Böhrenknochen, angeb. Defekte 117.
Böntgen*sche X-Strahlen, Verwendbarkeit f. med.
Zwecke 71. 72. 265.
Bock-fever 277.
Bohrzucker, Glykosurie nach Genuas solch. 3.
Böse, Bothlauf s. Erysipelas.
Botz, Diagnose 120.
Bückenmark, Veränderung b. Porenoephalie 13. — ,
Höhlenbildimg in solch, l^ Embryo 14. — S. a.
Polioencephalomyelitis ; Poliomyelitis ; Spinalparalyse ;
SynngomyeUe.
Bückenmarkskanal, Punktion 42. 43.
Bückenmarkskrankheiten, Verhalten des Blu-
tes 94.
^uhr s. Dysentexie.
Aängethiere, Tuberkulose 135.
Säugling, Brechdurchfall, Wirkung d. Tannigens 127.
— , Ernährung mit Kuhmilch 165. — , Behandlung d.
Nabelbrüche 173. 174.
Salben, antibakteiielle Wirkung 17. — - S. a. ünguentom.
Salbenstifte 17.
Salicylquecksilber, intramuskuläre Injektion 154
Salicylsäure, Nutzen b. Influfinza 33. — , Absorption
durch d. Haut 128.
Said, Anwendune b. Abdominaltyphus 272.
Salophen gegen Influenza 42.
Salze, Ausscheidung durch d. Speicheldrüsen 225.
Salzwasser s. Kochsalz.
Same s. Sperma.
Samenleiter, Besektion wegen Prostatahypertro-
phie 61.
Samenstrang, aocessor. Nebenniere in solch. 117.
Sandkörper, Entstehung 124.
S a p r 0 p h y t e n , Wirkung «uf d. Giftigkeit d. Strychnins.
226.
S a r c 0 m a , dedduocellulare uteri (nach Blasenmole) 157.
(b. Tubenschwangerschaft) 164.
S a r k 0 m , d. Pia-mater 11. — , Bezieh, zu endothelialen
Hautwarzen 11. — , d. Uterus, gleichzeitig mit Myom,
Carcinom xl Schleimpolypen 124. — , d. Lunge, Dia-
gnose aus d. Sputum 143. — , Behandlung mit Ery-
sipeltoxin 169. 170. — , Beziehung zu Verletzung«!
170. — , d. Uterus 248. --, d. Uvealtractus 264.
Sauerstoff, Gehalt d. Blutes an solch. 90. — , Anwen-
dung b. Anaemia splenica 98.
Scapula, Abtragung b. Ezartikulation d. Arms 261.
Scarlatina, neben Influenza 39. — , ders. ähnL Ery-
them in d. Typhusreconvalescenz 199. — , Behandlung
210. — , Serumbehandlune 244.
Schädel, Veränderung b. rorencephalie 13. — ,8chu88-
verletzung, Behandlung 56. — , Contusion, Lähmung d.
Sehnerven nach solch. 64.
Schanker, «m obem Augenlid 66. — , Excision 152.
Scharlach s. Scarlatina.
Schenkelhals, operative Behandlung d. statischen
Verbiegung 64.
ächenkelhernie s. Hemia.
Schielen s. Strabismus.
Schilddrüse, Vorkommen von Jod, wirksame Sub-
stanz 3. 16. 113. — , therapeut. Anwendung (b. Sklero-
dermie) 27. (b. Basedow'scher Krankheit) 131. (b.
Kropf) 171. (gegen Akromegalie) 237. — , ^nfluss «if
d. HLut 79. — , Epithelkörper in d. Nähe ders. 115. ~,
Veränderungen b. Tetanie 159.
Schildknorpel, Perichondritis b. Influenza 35.
Schimmelpilze, Keratitis durch solche venusacfai
232.
Schlangenbiss, Behandlung 118.
Schleimhaut, d. Uterus, I^eneration nach d. Ent-
bindung 122. — S. a. Darm; Harnblase.
Schleimpapeln, syphilit. an d. Coigunctiva 150.
Schleimpolyp d. Uterus, gleichzeitig b. Sarkom, Car-
cinom u. Myom 123.
Schlüsselbein s. Qayicula.
Schmierkur, gleichzeitige Anwendung von Seh weld-
bädem 153.
Schreibkrampf 219. 267.
Schulterblatt s. Scapula.
Schultergelenk, irreponible Luxation, operative Be-
handlung 63.
Schussverletzung, d. Schädels, Behandlung 56. — ,
d. Magens, Behandlung 57. — , d. Darms, Befimdlung
57. — , Bewusstiosigkeit nach solch. 182.
Schwangerschaft, Glykosurie während ders. 48. — ,
nach Ventrofixatio u. Vaginofixatio uteri 50. — , Eaiaer-
schnitt nach Porro während ders. 54 — , Colpitis my-
cotica während ders. 155. — , Osteomalade während
ders. 158. — , Tetanie während ders. 158. 159. — , Tod
d. Fötus im letzten Monat nach Stoss auf d. Unterleib
159. — , gleichzeitig innerhalb u. avsseihalb d. Uterus
Sach^'BegiBter.
353
b. Uterus Bubsepins 163. — , Wirkung d. Typhus saf
dies. 193. — , Wirkung d. Influenza auf dies. 253. — ,
kalte Bäder während ders. b. Abdominaltyphus 271. —
S. a. Extrauterinschwangerschaft
Schwefel, theiapeut Wirkung 233.
Schwefelbäder, Nutzen b. ^hilis 153.
Schwefelsäure, gepaarte im nam b. Typhus 106.
Schweiz, Influenza das. 30.
Schwindsucht s. Lungentuberkulose.
Scrofulose, Behandlung ders. (von Ph, Biedert u.
J. Bbek) 107. — , Nutzen d. Aufenthalts an d. See 143.
Seoale oomutum, Nachweis in Hehl u. Brot 70. — ,
chron. Vergiftung, Yeräoderungen b. solch. 227.
See, Aufenthalt an ders. f. Scrotulöse 143.
Sehnerv s. Nervus.
Sehorgan, b. Vergiftungen vorkonmiende Erkrankun-
gen dess. /von 0. Mersbuseh) 106.
Sehsohärie, Abhängigkeit von d. Helligkeit 65.
Seife mit Niootiana, idiw^ndung 232.
Septikämie b. Abdominaltyphus 198.
Serum, gegen Milzbrand 7. — , antitozisohes, Wirkung
118.
Serumtherapie, d. Syphilis 143. — , d. Tuberkulose
143. — , gegen inoperable bösartige Geschwülste 169.
170. — , gegen Scharlach 244.
Sideroskop, zum Nachweis von Metallsplittem im
Aaffe64.
Siebbeinzellen, Eiterung 148.
Simulation von Geistesstörung 29.
Sinnesorgane, Erkrankung b. Influenza 32.
Sinus, frontalis, Eiterung, Behandlung 148. — , maxil-
laiis (seröse Erkrankung) 148. (Eiterui^, Behandlung)
148. — , 8phenoidalis^££[ipyem, Operation 149.
Sklera, p^Eoforirende Wunden, Heilung 228.
Sklerodermie mit Hemiatrophie d. Zunge 27. — S. a.
Morphoea.
Sklerose, multiple d. Centralnervensystems b. Kindern
132. — , b. hereditärer Syphilis 133.
Skoliose, Anatomie 258. — , Apparat zur Behandl. 258.
Soldaten, !Pyphus b. solch. 186. 188. 189. 190.
Soluiio arsenicalis Fowleri gegen Pseudoleukämie 99.
Somatose, Nutzen b. sekundärer Anämie 99.
Sonnenlicht, Einfluss auf Bakterien 206.
Soor, Aetiologie 120. 121.
Spartein, Anwendung zur Unterstützung d. Ghloro-
formnarkose 129.
Speicheldrüsen, Ausscheidung von Salzen durch
dies. 225.
Speiseröhre s. Oesophagus.
Sperma, Verhalten b. Tuberkulose 137.
Sphacelinsäure, Vergiftung 227.
Sphygmomanometer, Mocufikation 76.
Spiegel s. LoupenspiegeL
Spinalparalyse, aufsteisende b. Typhus 205.
Spinalpunktion s. Lumbalpunktion.
Splenektomie 60. 61.
Splenopexis b. Wandermilz 66.
Sprache, Störung während d. Fubertätsentwicklune 167.
Sputum , Vorkommen d. Influenzabacillus in solch. 40.
— , Diagnose bösartiger Lungengeschwülste aus solch.
143.
SRomanam, Perforation durch einen Darmpolypen
230.
Staphylococcus aureus, Einwirkung d. Lichtes 207.
Staub, in d. Luft, Bezieh, zur Influenzainfektion 40.
Stauungshyperämie zur Behandlung d. Gelenk*
tuberkulöse 169.
Stein s. Harnstein ; Nierenstein.
Steinkohlentheer, Anwend. b. Hautkrankheiten 18.
Sterblichkeit, nach Kaiserschnitt 53. — , Eiufluss d.
Witterung 184. — , an Typhus 186. 193. 194. --, ßsx
lAingenentzündung 242. 243.
Sterilisation d. Catgut 254.
Sterilität, b. Weibe, Ursachen 157.
StiohTcrletsung d. Herzens, Eintritt d. Todes 181.
Stickstoff, in d. Blutkörperchen 83. — , im Blute 90.
— , Ausscheidung durch d. Harn 225.
Stimmbandlähmung b. Typhus 200.
Stirnhöhle, Eiterung, Behandlung 148.
Stoffwechsel, Einfl. d. vasomotor. Nervensystems 6.
— , Wirkung d. Thyrojodins 113. — -, Peotosurie b.
Anomalien 114. — , Ausscheidung d. Produkte im Harne
b. Abdominaltyphus 196.
Stomatitis aphthosa 120. 155.
Strabismus, Aooommodation b. solch. 180.
Strahlen Bönigen'e, Verwerthharkeit f. med. Zwecke
71. 72. 265.
Streptocoocus pyogenes als Urs. d. lobulären Pneu-
monie 240.
StreptQkokkenserum gegen Scharlach 244.
S tr i k t u r d. Harnröhre (b. Weibe) 155. (Behandlung) 220.
Struma s. Kropf.
Strychnin, Wirkung d. Saprophyten auf d. Giftigkeit
226.
S t y n t i c i n gegen Gebärmutterblutungen 1 27.
Sublimat s. Hydrargyrum.
Subarachnoidealraum, Punktion 131.
Suspension, zur Wiederbelebung asphyktischer Neu-
geoomer 165.
Sycosis nuchae atrophicans 47.
Symphyseotomie, Vergleich mit d. Kaiserschnitt
53. 54. — , Indikationen 54. 55. — , dauernde Erweite-
rung d. Beckens nach solch. 55. — , bleibende Spalte,
ost^plast Verschluss 55.
Synovialsäoke, Tuberkulose, Beiskörperchen 169.
Syphilis, Affektion d. Augenhöhle 66. — , Primäraffekt
am obem Augenlid 66. — , Erkrankung d. Sehnerven
66. --, klin. Vorlesungen über dies, (von E, r. Düring)
111. — , hereditäre, angebome (Bezieh, zu multipler
Sklerose d. Gehirns u. Rückenmarks) 132. (Kennzeichen
am Auge) 178. — , Uebertragung durch Tätowiren 149.
— , Knoten unter d. Haut d. Penis 150. — , Sohleim-
papeln an d. Coojunotiva 150. -— , Pankreatitis 150. — ,
Periarteriitis nodosa 150. — , Veränderungen d. Blutes
151. ~, tertiäre (Zeit u. Häi^keit d. Auftretens) 151.
gnfl. d. QueoksUberkur) 151. — , Prophylaxe 152.
oisiond.^nmär8ffekte8l52. — , Behan<flung (Serum)
153. (Schwefelbäder) 153. (Oleum dnereum) 154. (intra-
muskuläre Queoksilberinjektion) 154. •—, Erkrankungen
d. Auges 179. — S. a. Atlis.
Syringomyelie, atyp. Formen 25. — , Bezieh, zu
Marvan*scher Kranklieit 25.
Vachykardie b. Basedow'scher Krankheit 130.
Tätowirung, Uebertragung: d. Tuberkulose 137. d.
Syphilis 149.
Tannalbin, Tannigen, als Darmadstringens 127.
T e s t i k e 1 , Verhalten b. Tuberkulose 137. — -, Wirkung
d. Ligatur d. Art u. Vena spermatica auf dens. 223.
-—, Zwischenzellen 231. — 8. a. Castration; Orchitis.
Tetanie, Formen 26. — , während d. Schwangerschaft
158. 159. — , Veränderungen d. Schilddrüse 159.
Theer s. Steinkohlentheer.
Therapie, specielle (herausgeg. von K Nothnagel) 105.
209. — S. a. Handbuch.
Thierkörper. Vorkommen von Jod 3. 16. 113. — ,
Wirkung d. Abkühlung auf dens. 6.
Thierkohle, Anwend. b. Äb4ominaItyphus 272.
Thrombose, d. Arterien b. Influenza 37. — , d. Basilar-
arterien b. seniler Epilepsie 134.
Thymusextrakt, Nutzen b. Basedow'scher Krankheit
130.
Thyreoidektomie, Verhaltend. Blutes nach solch. 79.
Thyreoidin, therapeui Anwendung 131. 171. 237.
Thyrojodin, Vorkommen 3. 16. 113. — , Wirkung auf
d. Stoffwechsel 113. — , Anwendung gegen Kropf 171.
Tholuylendiamin, Wirkung 9.
Toul, Typhus in d. Garnison 191.
Toxin, Darstellung u. ehem. Eigenschaften 118. — , voo
864
Sadh-Register.
Erysipelas n. Bacillas prodigiosus, AnwenduDg b. bös-
artigen inoperablen Geschwülsten 169. 170.
Trachea, primärer Krebs 43. — S. a. Luftröhrenerkran-
kttngen.
Tracneocele, Diagnose 170.
Trachoöi, chronisches, Behandlung 65. — , ^infl. d.
Landes u. d. Basse auf d. Entstehung 262.
Transfusion von Blut (in d. Peritonäalhöhle, Folgen)
78. (gegen pemiciöse Anämie) 09.
Transplantation d. Haut (Ersatz durch Epithel-
aussaat) 55. (nach Thierseh nach Excision von Lupus)
56. (b. Beingeschwür) 220.
Traubenzucker, Vorkommen im Blut 3. — , Glykos-^
urie nach Genuss solch. 3.
Traumaticin mit Ichthyol gegen Erysipelas 1 5.
Trepanation, wegen Schussverletzung d. Schädels
57. — , b. Himkrankheiten 256.
Trichorrhexis nodosa barbae 245.
Trinkwasser, Bezieh, zur Verbreitung von Typhus
186. 189.
Tripper, (Zystitis, Verschwinden b. Influenza 38. — ,
Hemiplegie u. Aphasie b. solch. 237.
Trommlerlähmung 236.
Tropenklima, Einfluss auf d. Blut 81.
Tuba Fallopiae, Adenomyom 12. — , Erkrankungen 213.'
— , Operation an solch, von d. Vagina aus 247.
Tubenschwangerschaft, Abortus 160. — , Ope-
ration 161. 163. — , Formen 213.
Tuberkel, exsudative Vorgänge b. d. Bildung 121.
Tuberkelbacillen, Pleomorphie 138. —, Fehlen im
Blute 138.
Tuberkulin, diagnost. Bedeutung b. Rindertuberkulose
136. — , Anwendung gegen Lungentuberkulose 143.
Tuberkulose, d. Nieren, Entstehung durch Bakterien-
ausscheidung 122. — , d. Säugethiere u. Vögel 135. — ,
d. Rindes (im Darm) 135. (diagnost. Bedeutung d. Tuber-
kulins) 136. — , Aetiologie 136. — , £rbUchkeLtl37. ~,
Verhalten d. Geschlechtsprodukte 137. — , üebertra-
gung durch Tätowirung 137. — , Bezieh, zu Verletzun-
gen 137. — , Entstehung in Krankenhäusern 138. — ,
in Gefängnissen 138. — , Diazoreaktion d. Harns 139.
— , im Greisenalter 139. — , Albuminurie als Vorläufer
139. — , d.Larynx (Heilung) 140. (chirurg. Behandlung)
147. — , d. Oesophagus 141. — , Hämaturie b. solch.
141. ~, Prophylaxe 141. 142. — , Behandlung 142.
— , d.Nase 147. — , b. Kindern (Verhalten d.Milz) 167.
(Behandlung mit Jodoformi^jektionen) 168. — , d. Ge-
lenke, Behandl. mittels Stauungshyperämie 169. — , d.
Synovialsäcke, Reiskörperchen 169. — , d. Hernien 17&.-
— , d. Peritonaeum, Heilung nach Laparotomie 176. — ,
d. Auges 176. 177. — S. a. Oonjunctiva; Harnblase;
Haut; Lungentuberkulose; Meningitis; Miliartuber-
kulose ; Peritonitis ; Prostata.
T u n i c a vaginsdis, Hydrocele, Behandl. 240. — , Empyem
260.
Tympanitis,b. Abdominaltyphus, Behandlung 270.
Typhomalaria 276. 277.
Typhus abdominalis, Symptome dess. b. Influenza 31.
— , Aetiologie (Witterung) 184. (Bedeutung d. Riesel-
felder) 185. (Trinkwasser) 186. 187. (Boden) 187. (Milch)
191. 192. (Muscheln) 192. (Austern) 192. (üebertra-
gung durch ein Klystierrohr) 193. — , Epidemiologie
(Gamisonepidemien) 186. 188. 189. 190. 191. (Frank-
reich) 187. (Ortsepidemien) 188. (Hausepidemien) 190.
— , SterbUchkeit 186. 193. 194. — , Statistik 193. — ,
Wirkung auf d. Schwangerschaft 193. — , Diazoreak-
tion 194. — , Darmblutung 194. — , Diagnose von Miliar-
tuberkulose 195. — , Ausscheidung d. StofiPwechsel-
produkte im Harne 196. — , Körpertemperatur 196. 197.
273. — , Leukocytengehalt d. Blutes 196. — , Recidive
197. — , wiederholte Erkrankung 197. — , abortiver
197. — , histolog. Veränderungen d. Darmschleimhaut
197. — , Erkrankungd. Pharynx 198. —, Erkrankungen
d. Nieren 198. 208. 270. — , Mischinfektion (Diphtherie)
198. (Dysenterie) 198, (Malaria) 276. 277. — , Septik-
ämie b. solch. 198. — , Gangrän 199. — , Glottisödem
199. — , Hautemphysem 199. — , Knochenerkrankungen
199. — , scharlachähnl. Erythem in d. Reconvalescenz
199. — , Bewusstseinsstörungen, Geisteskrankheiten, Ge-.
himerscheinungen, Lähmungen 200. 205. — , Erythema
nodosum nach solch. 201. — , spontane Luxation d.
Hüftgelenks nach solch. 201. — , multiple Adenome im
Blinddarm 201. — , b. Foetus u. Neugebomen 201. — ,
Pleuraempyem 202. — , Meningitis 203. — , Moskel-
abscess 203. — , Parotitis 203. — , Pyämie b. solch.
203. — , Behandlung (Diät) 269. 270. (Hydro(herapie)
270. 271. (Kresole) 272. (freies Chlor) 272, (Chinin)
272. (Thierkohle) 272. (Salol) 272. (Abführmittel) 272.
(Gu^akol) 273. (Ergotin) 273. ((^loroform) 273. (Lacto-
phenin) 274. (Ä-Naphthol) 274. — , Verhalten d. Harns
270. — S. a. Pseudotyphus.
Typhus exanthemcUims, Epidemien 274. 275. — , Ver-
halten d. Pulses 275. — , b. Malariainfektion 275. 276.
277. — , im Greisenalter 276. — , Hydrotherapie 276.
Typhusbacillus, in d. Gallenblase 202. — , im Harn
203. — , Lebensdauer 203. — , Eiterung durch solch.
204. — , Wirkung d. Fäulnissgase 205. — , Immunitäts-
reaktion 205. — , in d. Faeces 206. — , im Wasser 206.
— , Diagnose von Bacterium coli 207. — , Einwirkung
d. Lichts 207.
IJeberernährung b. Tuberkulose 143.
Uebersichtigkeit, Accommodation b. solch. 65.
Umbilicalhernie s. Hemia
Unfallversicherung, Heilungsresultate b. Unter-
schenkelfrakturcn 260. — , Behandlung d. Verletzungen
mit Rücksicht auf solche 268.
Unfruchtbarkeit s. Sterilität.
Unguentum leniens, Verwendung b. antibakteriellea
Salben 17.
Unterbindung s. Ligatur.
Unteregypten, Typhus in d. Garnisonen 188.
Unterhautfettgewebe, vacuolisirte Kerne in d.
Zellen 115.
Unterkiefer, Totalnekrose nach Osteomyelitis 256.
Unterleib, Verletzung b. Schwängern, Tod d. Frucht
159.
Unterleibstyphus s. Typhus.
Unterschenkel, Gangrän b. Typhus 199. — , Ge-
schwür, Behandlung mit Hauttransplantation 220. — ,
fVaktur, Heilungsresultate 260.
Ureter, Verschmelzung mit d. Vas deferens 117.
Urticaria, Nutzen d. Kalksalze 99.
Uterus bicornis subseptus, gleichzeit. Intra- u. Extra-
uterinschwangerschaft 163. — S. a. Gebärmutter.
Uvealtractus, Sarkom 264.
Waocination, Nephritis nach solch. 166.
Vagina, Mykosen 155. — , Cysten 156. — , Operationen
von ders. aus 246. 247.
Vaginof ixation d. Uterus 49. 50. 246.
Vagitus uterinus, b. Beckenendlage 159.
Valenciennes, Abdominaltyphns das. 187.
Varikocele, Behandlung 259.
Vas deferens, Resektion wegen Prostatahypertrophie 61.
— , Verschmelzung mit d. Ureter 117.
Vaselin, Verwendung b. antibakteriellen Salben 17.
Vena spermatica, Einfluss d. Ligatur auf d. Hoden 223.
Venaesektion 8. Aderlass.
Venen, Infusion blutwarmer Kochsalzlösung in dies.,
Wirkung 7. — , Verkalkung 231.
Venenentzündung, experimentelle Erzeugung 125.
Venerische Krankheiten, Prophylaxe 151.
Ventriculus Morgagni, Funktionen 5.
Ventrofixation d. Uterus 49. 50.
Verband, antisept. am Auge 262. — S. a. Epauletten-
verband.
Verbrennung, Behandlung mit: Myrtillextrakt 18.
Ichthyol 232.
Verdauung, Wirkung d. Saccharins au! dies. 234.
Na.men-Begi8te;r.
356
Yerdauungskanal, Adenom 12. — , Bakterien in
solch. 225.
Verdauungsleukocytose, Verhalten b. Krebs 92.
Vererbung, Vorgang b. solch, 104.
Vergiftungen, Erkrankungen d. Sehorgans b. solch.
108. — S. a. Abrin; Blei; Ergotin; Hydrargyi'um ;
Phosphor; Schlangenbiss ; Seeale; Sphacelinsäure.
Verletzung, Bezieh. : zur Entstehung von Tuberkulose
137. zu bösartigen Geschwülsten 170. — , Behandlung
mit Rücksicht auf d. Unfallversicherung 268. — S. a.
Aneurysma; Auge; Augenhöhle; Gehirn; Kopfver-
letzung; Schussverletzung; Sklera; Unterleib ; Wirbel-
säule.
Verruca s. Naevus ; Wai'zen. •
Verrücktheit, primäre chronische 134.
Vogel, Tuberkulose b. solch. 135.
Vorlesungen, klin. über Syphilis (von E. von Düring)
111. — , anleitende f. d. Operationscursus an d. Leiche
(von E. von Bergmann u, K Bocks) 214.
Vulvitis aphthosa 155.
HTärmeleitung d. Kleidung 66. 67. 68. 69.
Wandermilz, operative Behandlung 60.
Warmblüter, Einfluss auf d. Abkühlung d. Organis-
mus 6.
Warzen, endotheliale, Bezieh, zu Sarkom 11. — S. a.
Naevus.
Wasser, Wirkung. d, destillirten auf d. Blut 74. — ,
Nachweis d. Typhusbacillus in solch. 206. — S. a.
Trinkwasser.
Wasserbakterien, Einwirkung des Lichtes 208.
Wasserversorgung in Krankenhäusern 182.
Weinsäure, Verwendung zur Beseitigung von Blut-
flecken 254.
Weisswein, Entleerung von Harnsteinen nach d. Ge-
nuss solch. 43.
Wien, Lungentuberkulose das. 138.
W i n d s 0 r , l^yphusepidemie 190.
Winifrede, Typhusepidemie 190.
Wirbelsäule, Erkrankung nach Verletzung 257.
Witterung, Beziehung zu Krankheiten 183.
Wochenbett, Osteomalacie während dess. 158. — ,
kalte Bäder b. Abdominaltyphus während dess. 271.
Wunden, Anwendung d. Jodpräparate 16. — , üeber-
häutung durch Epithelaussaat 55. ~, antisept. Behand-
lung 55.
Xeroderma pigmentosum 245.
X-Strahlen Böntgen^s, Verwendbarkeit f. med. Zwecke
71. 72. 265.
Xylographen, Lähmung d. Ulnaris b. solch. 236.
Zahnfleisch, Beschaffenheit bei Lungentuberkulose
139.
Zahnung, Einfluss auf d. Entstehung von Krankheiten
166.
Zehen, überzählige 117.
Zellen, Gemtralkörperchen ders. 5^ — , mehrkernige,
Mitose solch. 10. — , Granulationen in solch. 114. — ,
— , Veränderungen b. laogsamem Absterben 115. —
S. a. Blutzellen ; Fettzellen ; Ganglienzellen ; Flasma-
zellen; Siebbeinzellen ; Zwischenzellen.
Zellgewebe, in d. Umgebung d. Prostata u. Blase,
tuberl^ulöse Infiltration 176. — , d. Beckens, Erkran-
kungen b. Kindern 210.
Zellkerne, vacuolisirte in Fettzellen 1 15.
Zimmtsäure gegen Tuberkulose 143.
Zittern b. Basedow'scher Krankheit 130.
Z u c k e r , im Blute, Einfluss d. Leber 84. — S. a. Glykos-
urie; Rohrzucker; Traubenzucker.
Zunee, Hemiatrophie b. Sklerodermie 27. — , Verhalten
b. Lifluen^ 31. — , gutartige Tumoren an d. Basis 44.
— S. a. Lingua.
Zungenwurzel, Flimmercysten ders. 112.
Zwischenzellen d. Hodens 231.
Namen - Register.
Abel, Rudolf, 120. 202. 206.
Abeious, J. E., 77. 85.
Achard, Gh., 195. 199.
Adae 41. 42.
Ahlfeld, Friedrich, 159. 164.
Aigre, D., 185. 188.
Akerman, J. H., 119.
Albert, Ed., 258.
Albu, Albert, 34. 35.
Alessi, Giuseppe, 202. 205.
Alexander, A., 45. 179.
Almquist, Ernst, 202. 207.
Alzheimer 28.
Ambler, C. R, 141.
Ampt, C, 13.
Anderson, A. M., 185. 193. 272.
Andreesen, A., 136. 139.
Andreoli, Italo, 142.
Angerer, 0., 107*. 108*. 109*. 171.
Aporti, F., 195. 196.
Amaud 195. 197.
Aronson, Ed., 142.
Aschoff, A., 140.
Askanazy, M., 94. 95. 96.
Asmus (IMsseldorf) 64.
Audry 17.
* bedeutet Büchenweigen.
Augstein 262.
Axenfeld, Th., 180. 229.
Babes, V.,8. 94. 98. 195. 196.
Bach, Ludwig, 8. 230. 262. 263.
Bachus, G., 127.
Bär, 0., 64.
Baginsky, Adolf, 222.
Bahrdt 267.
Balduin, E. R., 141.
Baldy, J. M., 341.
Balfour 243.
Bandiera, Giovanni, 142.
Bang, B., 135. 136.
Banti, G., 195. 198. 241.
Barbour, Llewellyn F., 141.
Barie, Emest, 137. 139.
Baijon, J.,'73.
Barkas 32. 33.
Barker, William Shirmer, 269. 271.
Barlow, Th., 87. 93.
Barr, James, 269. 271. 272.
Barrow, David, 161.
Barth, Otto, 215.
Baudach 141. 143.
Bauer, C, 11.
Bauer, Gustav, 195. 199.
Baumann, E., 3.
Baumgarten, E., 148.
Bayer, Karl, 111*.
Becher, W., 72.
Bechterew, "W. von, 24.
Beck, Carl, 171.
Beck, Max, 34. 35. 39. 136. 139.
Becker, Eg., 136. 137.
Beckmann, W., 53.
Benokiser, A., 254.
Beier, Emil, 46.
Benedict, A. L., 269. 272.
Beneke, Rud., 11. 141. 142.
Bentzen, Chr. F., 178.
Berg 193.
Bergasse, G., 149.
Berggrün, Emil, 87. 89.
Bergmann, E. von, 214*.
Berkley, Henry J., 134. 238.
Bernhardt, M., 27.
Berry, William B., 141.
Berthold, A., 213.
Betschart, Erasmus, 143.
Betz, Odo, 147.
Biames, G., 77. 85.
Biedert, Ph., 107*.
Biedl, Arthur, 226.
Biehler, E., 94.
Bier, A., 169.
356
Namea-Begifiter.
Biernaoki, E., 87. 90.
Biesalski 72.
Biges, Herman M., 141.
Bilimgs, John Shaw, 87. 91. 202.
207. 215.
Bioz, C, 129.
Bitzos, G., 179.
Blaise, A., 142.
Biaschko, A., 46. 149. 154.
Blasins, £., 209*.
BiaüM, J., 26.
Bieibtreo, Max, 73. 74. 75.
BluineDfeld, Felix, 141. 143.
Boeck, GSsar, 18.
Boer 118.
Boetti^r, A., 27.
Boije, 0. A., 157.
Bolognesi, AI., 15. 269. 271.
Bonnet 116.
Borcbardt 39. 40.
Bordis 266.
Botazzi, Fü., 76. 77. 79. 82. 85.
BotkiD, E. von, 87. 92. 226.
Boachand 130.
Boulay 195. 200.
Bourcart 48.
Bournay 135. 136.
Boyer, J., 116.
Braatz, E., 261.
Braun (Leipzig) 220.
Braun von Femwald, Richard, 112*.
212*.
Breslauer, E., 17.
Brewster, J. D., 185. 190.
Brieger, L, 118.
Broadbent, WiUiam, 185. 192. 269.
271.
Broca,* A., 173. 195. 199.
Brouardel, P., 185. 187.
Bruce, Alexander, 149. 150.
Brückner, Max, 73.
BruU, Wilhelm, 159.
Brugger, Heinrich, 211*.
Bmnner, Bobert, 77. 85.
Bmns, H. D., 263.
Bruns, Hayo, 136. 138.
Bruns, Ludwig, 236.
Bruns, Paul, 61.
Buchheim (Leipzig) 267.
Buoquoy 185. 189.
Büdinger, E., 126.
Bürkner, K., 108*.
Bukoemsky, F. W., 251.
Bumm, E., 252.
Burckhardt, H. von, 72.
Burger 148.
Burgess, John, 34. 36.
Buri4n, Rieh., 114.
Bumett, Charlee H., 341.
Bumett, Swan M., 262.
Burrage, W. L., 247.
Busch, F. C, 76.
Bttschke 201. 203.
Bnssche, W, von dem 158.
Buttersack 124.
Cabot, Richard C, 269. 271.
Cadeao 135. 136.
Cahier 174.
Galmette, A., 118.
Galot 141. 143.
Galzavara, demente 12.
Gameron, Gharles A., 202. 206.
Gampbell, Golin, 142.
Garrara 181.
Gesaretti, Y., 195. 196.
Gasper, Leopold, 43.
Gassaet, E., 9.
Gassell, Henry, 72.
GasteUino 98. 100.
Gathomas 37.
Gairin243.
Gavazzani 76. 82.
Ghanning, Walter, 196. 139.
Ghantemesse, A., 39. 40. 185. 188.
Ghatin 34. 36.
GhaulCard, A., 27.
Ghiari, Hanns, 39. 40. 201. 202.
Ghristlieb, Otto, 155.
Ghrobak, R., 248.
Ghurch, Archibald, 341.
Glaessen, 149. 153.
G)ar, Gonrad, 137. 140.
Glarit, Gharles F., 341.
Glark, J. Payson, 136. 139.
Caark, L. D. Pierce, 274. 276.
Glaus, A., 32. 33.
aemow, Frank, 30. 31.
Gloetta, M., 222.
G(»hill, Sinclair, 41.
Gohn, U., 65.
Gohn, Theodor, 125.
Coley, William B., 169. 172.
GoUet 34. 36.
GoUings, D. W., 136. 137.
Gollins, Teaoher, 23.
Gombemale, F., 274. 276.
Gönn, W. H., 185. 192.
Gonrad, Hermann, 168.
Goradeaohi, Umberto, 195. 198.
Gorin, 6., 181.
Gomil, Vi, 32. 33. 39. 40.
Gorrado 202.
Gosgrave, Mac Dowel, 30.
Go8te8l2.
Gowe, W. Y., 73. 74.
Grescimanno, S., 142.
Grickx, Albert, 124.
Grookshank 192.
Groom, J. Halliday, 162.
Gmickshank, Brodle, 34. 36.
Güllen, Thomas S., 249.
Gullingworth, Gharles A., 213*.
Gurschmann, H., 267.
Gzermak 263. *
Da Gosta, J. G., 341.
Da Gosta, J. M., 31. 32.
Daddi, 0., 201. 203.
DanUewsky, B., 76. 77. 226.
Dardignac, J. J. A., 195. 200. 259.
Daunic 145.
Davis, F. P., 266.
De Brun, H., 274. 275.
De^en (Fürth) 62.
Dejerine, J., 24.
Delbet, Pierre^ 266.
Del Bio, A., 202. 207.
Demuth 30.
Denig, R., 176.
Denison, Gharles W., 141. 259.
De Renzi, Errioo, 141.
Destaiac, S., 237.
Deutsch 149. 152. > '
De Vos, J., 128.
Dezwarte 27.
Djemü-Bey 162.
Di Frasineto, Alfrede, 77. 85.
Di Mattei, Eug^o, 185. 187.
von Dittel 63.
Di Vestea, A., 142. 143.
Dmoohowski, Z., 202. 204.
Dobbert, Th., 164.
Doli (Karlsruhe) 141.
Dorland, A. Newman, 341.
Dowd^ Gharles N., 119.
Drasche, A., 209. 271.
Dreohsel, £., 113.
Dreschfeld, B., 243.
Droser, H., 19.
Drews, R., 41. 42.
Dubief, H., 274.
Dubrulle, A., 185. 188.
Ducchesohi, Yirgilio, 76. 80.
DudoB, Jean, 22.
Düring, E. von, 111*.
Duhrasen, A., 163. 247.
Dujardin-Beaumetz, 185. 189.
Dnkeman, William H., 142.
Dumstrey 268.
Dunin, Theodor, 94.
Dünn, Thomas D., 195. 201.
Duplaa de Garat 243.
Durand 195. 199.
Durante 32. 33.
Bade, Peter, 185. 192.
Edelheit, Sigismnnd 142.
Edes, Robert T., 130.
Edson, Gyrus, 142.
Egbert, Seneca, 141.
Ehrmann, S., 47.
Eichhorst, Hermann, 43. 137. 140.
Egkman, G., 73. 75.
Eisenk>hr, Ludwig, 185. 186.
Bisenmenger, yi(£>r, 94. 97.
filder, GeOTge, 77. 66.
Ellenberger 225.
Elzhols, Adolf, 73. 74.
Emmerich, Rud., 170.
Engel, G. S., 76. 77. 94. 98.
Engel, R. von, 127.
Engelen, J. von, 124.
Englisch, Jos., 176.
Eperon 179.
Erbmann, Gottfried, 136. 138.
Erlenmeyer, Albrecht, 214*.
Eschbaum, Fr., 73. 74.
Eschle 127.
Esprit 32. 33.
Essen, 0. von, 245.
Etienne, O., 195. 199. 239.
Eulenburg, Albert, 110*.
Eversbusoh, 0., 65. 106*.
Ewald, G. A., 98. 99. 131.
Ewetzky, Th., 264.
Eyff69.
Faisst, 0., 256.
Falcone 94. 98.
Falk, Otto, 121.
Falkenheim (Eönigsbeiig) 166.
Farkas 126.
Famer, E., 129.
Fedeli. Garlo 233.
Feis, 0., 98. 99.
Femet, Gh., 269. 270.
Ferreira, Glemente, 34. 36.
Fessler (München) 72.
Fiok, A. E., 65.
Fiessinger, C3l., 37. 38.
Filehne, W., 77. 86.
Finger, Emil, 149. 152. 153.
Fischer, J., 155.
Fisk, Samuel A., 195. 197.
Namen-Be'gistei.
357
Flatau, a, 159.
Flechsig, Paal, 219.
Förster (Breslau) 64.
FoUet 37. 38.
Foss (Potsdam) 15.
Foumier, L., 149. 152.
Foxwell, Arthur, 130.
FrSnkel, A., 94. 95. 96.
FraenlLel, Efogen, 137. 141.
Fraenkel, Ludwig, 248.
Frank, Ernst R. W., 16.
Frank, R, 172.
Franke, £., 228. 262.
Franke, P., 37.
Fräser, James, 37. 39.
Fräser, R, 98.
Fredericq, 8imon, 54.
Freeman, Leonard, 195. 201.
Freadenweiler, M., 125.
Friedeberg, W., 133.
Friedheim 149. 154.
Friedland, Franz, 117.
Fröhlich, Jos., 31.
Frölioh, H., 136. 139.
Frothingham 135.
Furbringer, Paul, 42. 131.
Fürst, M., 260.
Fonck, M., 202. 206.
Funke, Karl, 254.
Fuss, E., 116.
Ciabrilowitsch, J., 141. 143.
Gaertig, H., 51.
Gaertner, G:, 72.
Galeotti, G., 114.
Galezowski, Xavier, 178.
Galliard, L., 195. 199.
Gallmuyden, H. C^ir., 76. 78.
Gancel, E. L., 274. 276.
Gangitano, Ferdinande, 195. 201.
Garrod, Archibald E., 4.
Gasner, H. B., 142.
Gebhard, C, 156.
Georgiew&(kY, E. N., 94. 95.
Gerber (Berlin) 147.
Gerhardt, C, 107*.
Gerloozy, Sigmund v., 195. 198. 200.
Geuer 55.
Gevaert, Gh., 44.
Gibert 187.
Gibney, Homer W., 341.
Gibney, Virgil P., 341.
Gibson 243.
Gübert, A., 149. 152.
Gillert, E., 183.
Ginsberg 263.
GioflEredi, C, 145.
Giovannini, S., 47.
Gissler 269. 274.
Glogner, Max, 76. 81.
Gmeiner, Jos., 34. 36.
Gooht 265.
Goldberg 37. 38.
Goldscheider, A., 87. 90.
Goldschmidt, H., 225.
Goodspeed, Arthur, 72.
Gore, Albert A., 185. 188.
Gottlieb, R, 127.
Gottschalk, Sie^mund 53. 127.
Gould, George M., 341.
Gourfein, D., 6.
Gouvea, H. de, 144.
Grabower 224.
Grabowski, J. D., 149. 153.
Graefe, Alfred, 23.
Med. Jahrbb. Bd. 250. Hft 3.
Gräser, C, 41.
Grasemann 159.
Grawitz, E., 76. 81. 87. 88. 202. 206.
Grawitz, P., 229.
GreeS, R, 180.
Greenley, T. B., 141.
Grethe, (Gustav, 16.
Griffin, Henry A., 341.
Gxiffiths, Joseph, 223.
Grigorieff, A., 227. 228.
Grijns, G., 76. 81. 82.
Grimbert, L., 8.
Groenouw, A., 64.
Gruber, Max, 70.
Grusdieff, S. S., 142.
Gsell, 0., 123.
Gubaroff, A. von, 51. 249.
Guement 32. 33.
Gueniot 54.
Günther, C, 50. 70.
Guillery 116.
Guinard, L., 116.
Guiter, £., 142.
Guiteras, John, 94. 95. 341.
Gumprecht, F., 76. 82. 87. 88.
Gutmann, G., 177.
Gutzmann, Hermann, 167.
Hacker 220.
Haegler, C. 8., 16.
Hagopoff 32. 34.
Hahn, Eugen, 256.
Hahn, M., 87. 93.
H^ek 149.
Haig, A., 94.
Hall, J. N., 182.
Haman, C. A., 341.
Hamburger, H. J., 76. 82. 83. 223.
Hammer 72.
Hammond, Graeme M., 183.
Hanot, V., 136. 139. 194 195.
Hansell, Howard F., 23. 341.
Hans^mann, David, 231.
Hardaway, William A., 341.
Hardie, T. MelviUe, 341.
Harley, Vaughan, 76. 84. 225.
Hamack, Enoh, 16.
Harris, Robert P., 53.
Härtung, Henry, 87. 92.
Hatschek^Rudolph, 25.
Hedin, S.T>., 73. 75.
Heffron, J. L., 37.
Hegg262.
Heindl, Adalbert, 142.
Heitzmann, Louis, 5.
Helferich, H., 61.
Heller, Julius, 234.
Heller, R, 76. 83.
Hengeller, 0., 174.
Henle, A., 257.
Henle, J., 208*.
Henmg, A., 32.
Henrici 30.
Henry, A. G., 269.
Henyer, L^ 185. 191.
Herff, Otto von, 155.
Herrnheiser, J., 22.
Hersman, C. Finley, 341.
Herz, A., 232.
Herzog, Jos.. 30.
Hess, C, 178. 218.
Hessberg, 32. 34.
Hewetson, John, 195. 270.
Heymann, F., 226.
Hiller, Arnold, 269. 271.
Hindenburg, Walter, 94. 97.
Hinsdale, Guy, 141. 142.
Hintze, E., 94. 96.
Hirschmann 32. 34
Hirst, Barton Ck>oke, 341.
His jun. 266. 267.
Hitag, Ih., 34 36. 99. 40.
Hobbs, J., 195.
Hoch^ A., 107*.
Hodara, Menahem, 5. 77. 86.
Hodgkinson, Alex., 5.
Högerstedt, A., 37. 38. 73. 76.
Hölscher, Fritz, 269. 273.
Hoene, J., 177.
Hoesslin, R von, 130.
HofiEmann, Arthur, 54.
Hoffmann, Friedrich Albin, 105*.
Hofmann 197.
Hofmeister, F., 58. 254
Homen, E. A., 10.
Hoppe-Seyler, G., 266.
Howald (Bern) 14
Huber 39. 40. 72.
Hufschmied, E., 257.
HuU, A. P., 269. 273.
Hunter, Williams, 9.
Huppert, Hugo, 104*.
Hutchinson, Jonathan, 235.
Hutchinson, Robert, 77. 86.
JFaboulay 131.
Jaccoud 136. 138.
Jacob, Paul, 87. 90.
Jacobi, A., 166.
Jacoby, M., 14
Jäkh, A., 136. 137.
Jaksch, Rud. von, 43. 132. 269. 274
James, Alexander, 137.
Jankelowitz, A., 223.
Janowski, W., 201. 202. 203. 204.
Janssen, V., 11.
Januszkiewicz, M., 66.
Jaruntowsky, Arthur von, 76. 80. 141.
143.
Jastrowitz, M., 71.
Jessen, F., 183.
Ingalls, E. Fletcher, 341.
Ingraham, Wilson, 136. 139.
Joachimsthal, G., 117.
Johne, W., 135.
Jolles, Adolf, 4.
Jona, Giuseppe, 76. 77. 79. 86.
Jones, R., 72.
Jordan, M.. 176. 255.
Jores, L., 137. 140.
Jottkowitz, P., 260.
Israel, James, 137. 140.
Jürgensen, Theodor von, 106*. 108*.
109*. 110*.
Julliard, G., 266.
Justi 32.
Justus, Jacob, 149. 150.
ILahlden, C. von, 13.
Eaiser 22.
Ealendero, N., 195. 196.
Eanellis, Spiri'diou, 31.
Earplus, J. P., 23.
Easahara, M., 230.
Eassowitz, Max, 166.
East, A., 94. 95.
Eatz, E., 264.
Eatzenbach, W. H., 185. 192.
Eatzenstein, M., 98. 99.
Eaufmann, C, 136. 137.
46
358
Namen-Register.
Keen, W. W., 241. 256. 265. 341,
Kellogg 244.
Kerr, A. T., 76.
Kieselbach, W., 109*.
King, Emü, 269. 272.
Kionka, H., 19. 77. 85.
Kirchberg, E., 269. 273.
Klanssner, F., 170.
Klebs, G., 223.
Kleinwächter, Ludwig, 155. 157.
Klemm, Paul, 57. 195. 199. 203.
Klemperer, G., 15.
Klewe 28.
Knapp, M., 165.
Knöpfelmacher, Wilhelm, 166.
Knoll, Philipp, 6. 7.
Knopf, 8. A., 141. 142.
Knüpffer, W., 162.
Koch, Franz, 149. 150.
Kocher, Theodor, 208*.
Köhler, A., 261.
König, Franz, 72.
König, Wilhelm, 132.
Koppe, H., 76. 79. 80.
Köster, H., 98.
Kohan 32. 33.
Kolb 136. 138.
Kolisch, Rud., 114.
Kolischer, G., 155.
KoUmann, Arthur, 220.
Korff, B., 231.
Komblum, G., 31. 32.
Koschier, Hans, 147.
Kossmann, B., 246.
Kotsovsky, A., 115.
Koawer 60.
Kowarki, A., 222.
Kraft, A., 193. 194.
Kramer, W., 173. 253.
Kranz, W., 170.
Kranzfelder 265.
Kraske, P., 64.
Kraus, Rudolf, 226.
Krehl, L., 227.
Kreibich, Karl, 239.
Krienes (Breslau) 65.
Kröll (Lahr) 141.
Kroenlein, ü., 57. 58. 59.
Kromeyer, E., 12.
Krompecher 10.
Krumm, Ferdinand, 133.
Kruse, W., 39. 40.
Küchenmeister, H., 224.
Küstner, Otto, 157.
Küttner, H., 117.
Kukula, 0., 63.
Kunkel 98.
Kunn, Karl, 22.
Kuskow, N., 31. 32.
Kuthy 87. 90.
Kutscher (Giessen) 120.
Iiacroiz, F., 142.
Lakschewitz, Th., 73. 74.
Lancereauz, £., 185. 189.
Landerer, A., 141. 143.
Lang, Eduard, 149. 151.
Langer, A., 248. 250.
Langlois, P., 129.
La Nicoa, R., 224.
Lannelongue 266.
Lannois 94. 97. 128.
Lanz, 0., 265.
LarrouBsinie 29.
Lasniee, E., 142.
Latham, Arthur C, 201.
Latham, P. W., 201.
Laudenbach, J., 76. 77.
Lauenstein, C, 61.
Lauwers 247.
Layis, Johnston, 185. 192.
Le Bec 52.
Leber, IL, 178.
Ledderhose 57.
Lederer, Max, 73.
Leeson, J. B., 142.
LefiEman, Henry, 341.
Le Fevre, Egbert, 137.
Le Gendre, P., 269. 271.
Lehmann, C, 76.
Leistikow, Leo, 18. 232.
Lenhartz, H., 42.
Lenz, G., 265.
Leo, H., 72.
Leopold, Gerhard, 251.
Letzerich, L., 39. 41.
Leube, W. 0., 147.
Levay, A., 135
Levi, Giuseppe, 122.
Levin, E., 117. 118.
Lewin, L., 225.
Leyden, E., 37. 137. 140.
lichtheim 131.
Lichtwitz, L., 44.
Liebreich, Oskar, 214.
Limbeck 87. 89.
Lindt, Rudolf, 245.
Linossier, G., 128.
Linsley, J. H., 73.
Lipari, G., 136. 138.'
Liren 274. 275.
Livierato, E., 87. 90.
Lloyd, James Hendric 195. 2Q0.
Lodato, G., 136. 138.
Lodge, 0., 72.
Lohlein, H., 163.
Löwit, M., 94. 97.
Löwy, A., 73. 75. 76. 83. 87. 89.
Loos 87. 90.
Ludwig, H., 54.
Lugenbühl, F., 170.
Lukasiewicz 245.
Lustig, A., 122.
'Causland, R. Bolton, 266.
Mc Caw 31. 32.
Mc Cormick, H. G., 269. 273.
Mo Gilliguddy, T. G., 141.
Mackenrodt, A., 48.
M'Kie, Norman J., 130.
Mc Weeney, Edmond J., 202. 206.
Mader 241.
Mafacci, A., 142. 143.
Magie, W. F., 266.
Magnus, H., 64.
Maülart, Hector, 269. 270.
Malenchini, F., 241.
Mallory, F. B., 126.
Manca, G., 76. 83.
Mandelstamm, M., 66.
Mangoldt, F. von, 55.
Manicatide 167.
Mann, Alfred, 141.
Mann, M., 22.
Manouvriez, A., 185. 187.
Manz, W., 177.
Maragliano, E., 141.
Marchand, F., 164.
Marchoux, E., 7.
Marfan, A. B., 195. 201. 240.
Marina, AI., 21.
Marmorek, A., 244.
Marple, Gh. A., 266.
Marpmann 202. 207.
Marquevitch, V., 77. 86.
Marschalko, Thomas von, 149. 151.
Marschner, D., 73.
Martin, C. F., 94.
Martin, C. H., 231.
Martin, Henri, 269. 270.
Mason, A. L., 195. 197.
Massol, Leon, 185. 189. 202. 206.
Matthes, M., 94. 97. 227.
Mattiesen, £., 130.
Matschinsky, N., 116.
Maupetit, E., 185. 190.
Maurange, G., 129.
Maurel, £., 73. 74. 233.
Mazon, Ernst, 87. 89.
May, Richard, 183.
Mayer, W., 76. 83.
Me^t, (Jh., 249.
Meissner, P., 46.
Mendel, E., 131.
Mendel, H., 195. 200.
Mendelsohn, M., 98.
Merkel, Friedrich, 49.
Mertens, C, 19.
Meyer, E., 122.
Meyer, S., 124.
Miländer, J., 50.
Miller, Dayton C, 266.
Mihroy, J. H., 70.
Miljukoff, Katharina, 222.
Miura, K., 3. 4.
Möbius, P. J., 111*.
Möller, A., 173.
MoU, A., 180.
Moncorvö 132.
Mongour, C, 9.
Monro, Th. K., 110*.
Monti, A., 87. 89.
Moral, V., 263.
Morse, John Lovett, 87. 92.
Morton, W. J., 266.
Mosse, A., 41. 145. 237.
Moulonguet, A., 52.
Moussous 269. 273.
Moyer, H. N., 266.
Mucha 32.
Müller, E., 72.
Müller, Franz, 87. 91.
Müller, Georg J., 149. 154.
Müller, W., 44 261.
Muret 159.
nr achod. Fr., 20.
Nägeli-ikerblom, Hans, 243.
Nahm, N., 141. 142.
Narath, A., 258.
Nastinkow 39. 40.
Naunyn, B., 134.
Nauwerck 32. 33.
Nebelthau, Eberhard, 234.
Neebe 246.
Neisser, A., 111*.
Nencki, M., 76. 84. 221. 226.
Neumann, H., 210*.
Neumann, Julius, 158. 232.
Nicaise, E., 260.
Niebergall, E., 123.
Nichues, Bernhard, 174.
Niemann, F., 142.
Niessen, 0. van, 76. 78.
Niessing, G., 5.
Namen-Begister.
359
Niven, James, 141.
Nobele, J. de, 72.
Nocard 135. 136.
Nötzli, J., 28.
NolaD, J., 132.
Noltenins, H., 148.
Norrie, Van Home, 341.
Nothnagel, Hermann, 105*. 209*.
Nourse, Robert L., 195.
Noyes, William H., 195.
Nuttall, George H. P., 225.
bestreich, R., 10. 43.
Ogneff, J., 265.
Orb 251.
Orion 195. 196.
Ormerod 23.
Osler, William, 185. 188. 193. 269.
271. 274. 277.
Ott, Adolf 4.
Ottolenghi, S., 226.
Pacetti, Oosi, 22.
Pagano, Giuseppe, 77. 85.
Page, Charles £., 269. 271.
Pagliano 195. 200.
PaUnä, Panl, 269. 273.
Parsons, Alfred R., 195. 199.
Parsons, FranUin, 30.
Patrick, Hugh J., 341.
Pawlow, J. P., 76. 84. 221.
Pean 51.
Peckham, Adelaide W., 202. 207.
Pembrey, M. S., 6.
Penzoldt, F., 107*. 109*.
Pepper, William, 341.
Pergens, Ed., 65.
Petresco, Z., 269. 274. 276.
Petmschky, J., 141. 143.
Pfaundner 266.
Pfeiffer, Emil, 222.
Pfeiffer, L., 185. 186.
Pfeiffer, R., 39. 202. 205.
Pfeiffer, Th., 87.
Pfahl, E., 33. 38. 41. 182.
Philipoff 37. 39.
Pick, A., 22. 76. 81.
Pick, Ludwig, 123.
Pilliet, A. H., 12.
Pinard, A., 161.
Pinknss, A., 156.
Piskadek, Ludwig, 213*.
Plique, A. F., 136. 137.
Poche, J., 185. 191.
Polgär, Emil, 158.
Polßtz 182.
Poltowitz, C, 49.
Pomatti, Giovanni, 126.
Pope 243.
Popowsky, J., 223.
Potain 195. 199.
Poulet, V., 37. 39.
Pousson, A., 137. 141.
Powell, Douglas, 242.
Prichard 30.
Piiestiey. WiUiam 0., 213*.
Prinoe, Morton, 193. 194.
Prochowniok, L., 160. 163.
Prus, Johann, 25.
Pugliese, Angelo, 77. 85.
Putnam, James Jackson, 238.
S^ueirel 253.
uervain, F. de, 56.
Quincke, H., 144.
Radaeli, F., 195. 196.
Raimondi, Raphael, 195. 197.
Rake, Beaven, 10.
Randolph 65.
Rankin, G., 34. 36.
Rathke, P., 122.
Ray, C. A., 185. 190.
Raymond, F., 22.
Rebustello, Giuseppe, 76. 78.
von Recklinghausen 12.
Reden, H., 185. 190.
Reerink, H., 63.
Regaud, £., 73. 94. 97.
Regnier, L. R., 142.
Rehsteiner, H., 183.
Reich 185. 191.
Reichel, P., 58.
Reinert, Emü, 76. 81. 87. 93.
Reinicke, Ernst AI., 253.
Renard 185. 189.
Rendu 37. 38.
Renon, L., 136. 139.
Renoy, Juhel, 15.
Rethi, L., 34. 35. 45. 147.
Rho, Filippo, 274. 276.
Rhyner, P., 34. 36.
Richelot, L. G., 52. 53.
Richter, Max, 39. 40. 181.
Richter, Paul, 232.
Rieder, Hermann, 30.
Riegel, F., 209*.
Riegler, E., 234.
Riehl, Gustav, 145.
Rieken, Hermann, 42.
Riese, H., 169. 256.
Riesman, David, 341.
Righi, Italo, 87. 93.
Roberte, W. 0., 266.
Robin, Albert, 195. 196.
Roche, H., 214*.
Roether, Otto, 185. 269.
Roncagliolo, Enrico, 87. 91.
Rosenfeld, Georg, 228.
Rossier, Guillaume, 158.
Roth 195. 198.
Roux, W., 100*.
Rovsing, Th., 61.
Rubner, W., 66. 67. 68.
Rühl, W., 50.
Rumpf, Th., 113.
Sabouraud 245.
Sack, Arnold, 115.
Sackur 124.
Sahü, 0., 195.
Salgö, J., 29.
Salkowski, E., 114. 226.
Sandberg, R, 134.
Sandmayer, W., 224.
Sanfelice 119.
Sarfert (Berlin) 59.
Sauer, H., 5.
Scalfati, Franc, 20.
Scarpa, L. Guido, 142.
Schfiffer, E., 136. 138.
Schanz, F., 24. 211*.-
Schaper, Alfred, 115.
Schayer, L., 170.
Schech, Phil., 109*.
Schede, M., 110*.
Scheibe 39. 40.
Schenck, F., 116.
Schierbeck, N. P., 71.
Schjeming 265.
Schilling, F., 136. 138.
Schirmer. 0., 230.
Schla^enhaufer, F., 149. 150.
Schleich, C. L., 55.
Schlesinger, E., 87. 92.
Schlichter (Wien) 181.
Schlosser, H., 175.
Schmaus, Hans, 136. 138.
Schmeichler, Ludwig, 263.
Schmid, F., 30.
Schmidt, Adolf, 108*.
Schmidt, Alexander, 77. 87.
Schmidt, Arthur B., 112*.
Schmidt, Georg B., 112*.
Schmidt, Heinrich, 30.
Schmidt, Ida, 51.
Schmidt, Martin B., 112*.
Schönbom 108*.
Schönfeld, Albert, 172.
Schopf (Wien) 62.
Schröder 76. 80.
Schrotter, H. von, 76. 83. 141. 142.
Sohücking, A., 266.
Schürmayer 98.
Schnitze, B. S., 48.
Schultz-Schultzenstein, Oarl, 73. 75.
Schulz, H., 233.
Schuster, A., 185. 186.
Schwartz, Wilhelm, 55.
Schweigger (Berlin) 178.
Schweinitz, G. £. de, 23.
Seelig, A., 94. 95.
Segond, P., 51.
SeSert, 0., 183.
Seitz, C, 168.
Selensky 77.
Semakine, J., 87. 91.
Semmer, E., 135. 136.
Semon, Felix, 34. 44.
Semple, D., 201. 203.
Senator, H., 131. 195.
Seydel (München) 256.
Sharp, Gordon, 94. 97.
Shatteck, Samuel G., 117.
Shattuck, Frederick C, 269. 270.
von Sicherer 262.
Siegfried 76. 80.
Siegrist, A., 177.
Süex, P., 131. 178.
Sittmann, t}., 87. 93.
Smith, Andrew, 30.
Sommerfeld, P., 222.
Sorot, CJh., 266.
Southeate, F. H., 76. 78.
Spengler, A., 142.
Spicer, Holmes, 23.
Spiegelberg, H., 231.
Spillmann, P., 195. 199. 239.
Spirig, W., 183. 201. 202.
Spitzer, W., 76. 84.
Squire, J. Edward, 136. 137.
Stabel, H., 130. 171.
Staelin, A., 149. 150.
Starr, Louis, 341.
Steffen, A., 167. 210*.
Stein, Conrad, 136. 138.
Steindler, L., 87. 89.
Stembo, L., 32. 33.
Stengel, Alfred, 341.
Stemfeld, H., 72.
Stettiner, H., 255.
Stewart, A. H., 141.
Stewart, D. D., 239.
Stewart, G. N., 341.
Stieda, H., 56.
Stienon, L., 243.
aeo
Namen-Register.
Stimmel, H., 267.
Stintzing, R., 87. 88. 107*. 110*.
Stockman, Ralph, 98. 99.
Stoeltzner, W., 125.
Stoerk, E:arl, 106*.
Btöver 29.
8toos, Max, 120.
Btrasser, D., 87. 90.
Strassmaim, Panl, 181. 251.
Stroganoff, W., 252.
8tubenranch, Ludwig Ton, 62.
Sultan, Bland, 61.
Sutton, Bland, 61.
8wie2iÄski, J., 201.
ßykoff, W., 60.
Szegö, Eoloman, 134.
Vaenzer, F., 232.
Tangl, F., 6. 76. 84.
Tannen (Hannover) 157.
Taube, H., 98. 99.
Tauffer, £., 13.
Tausch 258.
Taylor, H., Lonrntreet, 141.
Taylor, James, 94.
Taylor, John W., 246.
Teissier 37. 136. 139.
Tenderich, H., 175.
Terrey, John, 31.
Thayer, W. 8., 195. 197.
Thiboudet 31.
Thierfelder, H., 70.
Thistie, W. B., 269. 272.
Thoinot, L., 274.
Thomas, H. M., 159.
Thompson^., 266.
Thomson, Hermann, 161.
Thomson, John, 168.
Thorbum, William 257.
Tilger, A., 12.
TUley, Herbert, 32. 34.
Tilmann (Berlin) 56. 172.
Timofejewsky 76; 78.
Tracewski, C. F., 265.
Tranthenroth, A., 137. 141.
Trempel, G., 113.
Treymann, M., 54.
Triboulet 31.
Trompetter (Cleve) 64.
Trouillet 32. 33.
Trudeau, £. L., 141.
Tscherewkow, A., 7.
Tschlenoft, B., 225.
Turban (Daros) 136. 139.
Tuszkai, £., 162.
Tyson, James, 30.
IJhthoflE, W., 229. 262.
Ullmann, E[arl 18.
ümber, F., 113.
¥alude 264.
Yan Home Norrie 341.
Yautrin 52.
Yelhagen (Chemnitz) 66.
Yierordt, 0., 105*.
Yilooq, J., 274. 275.
Yincent, H., 185. 189. 202. 205. 206.
Yiola, Giacinto, 76. 79.
Yirchow, Rud., 185.
Yoges, 0., 39. 40.
Yogi, 269. 270.
Yo^ Max, 54. 123.
Yo&nd 141. 143.
Yollbrecht (Breslau) 259.
Yollmer, H., 254.
Yossius, A., 65.
UTachsmuth 165.
IVagenmana, A., 264.
Wagner, A., 136. 138.
Wagnier 44.
WiOdstein, Louis, 87. 92.
Walser, B., 265.
Walthard, M., 247.
Walther, Heinrich, 163.
Walti, Ludwig, 234.
Walton, Paul, 171.
Ward, Arthur, 37.
Warth30.
Washboume 242.
Wassermann 39. 40.
Wassilieff, S., 43.
Wattenberg 30.
Weber, Traugott, 195. 197.
Weichselbaum, A., 39. 40.
Weismayr, Alexander von, 141.
Weissgerber, M., 256.
Wendel (Tübingen) 72.
Wendeler, P., 250.
Werhovsky, Boris, 227. 228.
Wertheim, E., 49. 50.
Wertheimer, Max, 136. 138.
West, Samuel, 30. 141.
Westoott, Thompson 8., 341.
Westphalen, F., 159.
White, W. Haie, 195.
Wick, L., 26. 136. 138.
Wieland, F., 168.
Wiener, Otto, 22.
Wiggin, Fred. H., 49.
Wightman, P. J., 193. 194
Wilbrand (Hamburg) 65.
Wilcox, Reynold W., 142. 269. 272.
Winckler, Ernst, 148.
Williams, Whitridge 249.
Windscheid, F., 267.
Wintemitz, Rudolf, 121.
Wintritz 181.
Wömer 31.
Woimant, G., 274. 275.
Wolf, Carl Leo, 195. 200.
Wolffberg 180.
Woltering, H. W. F. C, 14.
Wolters, Max, 149. 154.
Wolzendorff, Gustav, 112*.
Woyer, G., 55.
Wright, A. E., 98. 99. 201. 203.
Teo, J. Bnmey, 269. 272.
Sahn, W., 230.
Zahradnicky, W., 201. 203.
Zaleski, J.^ 76. 84. 221.
Zappert, Julius, 22.
Zenetz, M., 195. 197.
Zenoni, C, 76. 79.
Zettnow 120.'
Ziegelroth 76. 79.
Ziegler, E., 87. 88. 121.
Ziegler, P., 170.
Ziemssen, H. von, 73. 75. 98. 99. 141.
142.
Zigura, Y., 8.
Zimmermann, M., 170.
Zinn, W., 136. 137. 193.
Zinno, A., 145.
Zirm, Ed., 65.
Zoege von Manteuffel, W., 20.
Zülzer, G., 114.
Zuntz, N., 16. 76. 83. 181.
Zweifel, Paul, 211*.
Zweigbaum, M., 156.
Leipzig, Walter Wigand's Buchdruckerei.
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