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Full text of "Sechs Vorträge über ausgewählte Gegenstände aus der reinen Mathematik und mathematischen Physik, auf Einladung der Wolfskehl-Kommission der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften, gehalten zu Göttingen vom 22.-28. April 1909"

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MATHEMATISCHE  VORLESUNGEN  AK  DER  UWVEBSITÄT  GÖTTINGEN:  IV 

SECHS  VORTRÄGE 
ÜBER  AUSGEWÄHLTE  GEGENSTÄNDE 

AUS  DER  KEINEN  MATHEMATIK 
UND  MATHEMATISCHEN  PHYSIK 

AUF  EINLADUNG  DER  WOLFSKEHL- KOMMISSION 

DER  KÖNIGLICHEN  GESELLSCHAFT  DER  WISSENSCHAFTEN 

GEHALTEN  ZU  GÖTTINGEN  VOM  22.-28.  APRIL  1909 

VON 

HENRI  POINCARE 

MITGLIED   DER  FKANZÖSISCHEN  AKADEMIE 

PROFESSOR  AN  DER  FACüLTE  DES  SCIENCES  * 

DER  UNIVERSITÄT  PARIS 

MIT  6  IN  DEN  TEXT  GEDRUCKTEN  FIGUREN 


^■^    OFTHE 

UNIVERSITY 


LEIPZIG  UND  BEELINT 
DKUCK  UND  VEKLAG  VON  B.G.TEUBNER 

1910 


y 


:^ 


^£^fÄ4i. 


ALLE  KECHTK,  EINSCHLIESSLICH  DES  ÜBERSETZUNGSRECHTS,  VORBEHALTEN. 


PRfiFACE. 

L'Universite  de  Göttingen  a  bien  voulu  m'inviter  ä  traiter  de- 
vant  un  savant  auditoire  diverses  questions  d^Analyse  pure,  de  Phy- 
sique  mathematique,  d'Astronomie  theorique  et  de  Philosophie  mathe- 
matique;  les  Conferences  que  j'ai  faites  ä  cette  occasion  ont  ete  re- 
cueillies^par  quelques  etudiants  qui  ont  eu  la  honte  de  les  rediger  en 
corrigeant  les  nomhreuses  oifenses  que  j'avais  faites  ä  la  grammaire 
allemande.     Je  leur  en.  exprime  ici  toute  ma  reconnaissance. 

II  convient  egalement  que  je  m'excuse  aupres  du  public  de  la 
brievete  avec  laquelle  ces  sujets  sont  traites.  Je  ne  disposais  pour 
exposer  chacun  d'eux  que  d'un  temps  tres  court,  et  je  n'ai  pu  la 
plupart  du  temps  que  donner  une  idee  generale  des  resultats,  ainsi 
que  des  principes  qui  m'ont  guide  dans  les  demonstrations,  sans  entrer 
dans  les  details  memes  de  ces  demonstrations. 


200561 


InhaltsYerzeiclmis. 

Erster  Vortrag.  g^it^ 

Über  die  Fredholmschen  Gleichungen 1 

Zweiter  Vortrag.  ,   , 

Anwendung  der  Theorie  der  Integralgleichungen  auf  die  Flutbewegung  des 

Meeres 11 

Dritter  Vortrag. 
Anwendung  der  Integralgleichungen  auf  Hertzsche  Wellen 21 

Vierter  Vortrag. 

Über  die  Reduktion  der  Abelschen  Integrale  und  die  Theorie  der  Fuchs- 

schen  Funktionen 33 

Fünfter  Vortrag. 
Über  transfinite  Zahlen 43 

Sechster  Vortrag, 
La  mecanique  nouvelle 49 


BESTER  VORTRAG 
ÜBER  DIE  FßEMOLMSCHEN  GLEICHUNGEN 


OF 


Die  Integralgleiclimig 

h 

(1)  9^  {x)  =  lff(x,  y)  cp  (y)  dy-{-^  (x) 

a 

wird  bekanntlicli  aufgelöst  durch  die  Integralgleichung  derselben  Art 

(la)  (p{x)  =  ip{x)-{-xfip{y)G{x,y)dy, 

a 

wobei 

^yPyV)  D{l\f) 

gesetzt  ist.  N  und  D  sind,  wie  aus  der  Fredholm  sehen  Theorie 
bekannt  ist,  zwei  ganze  transzendente  Funktionen  in  bezug  auf  X. 
Um  ihre  Entwicklung  explizite  hinschreiben  zu  können,  bezeichne  man, 

wie    Fredholm,    mit   fi^^^^^^'''^n\   diejenige    ?^-reihige    Determi- 

\y\ ^  Vii ' ' '  yn/ 
nante,  deren  allgemeines  Element  fix-,  yj^)  ist     Setzt  man  dann 


^//••/K::;::;:::::)'^^--'^^"' 


so  hat  man 

0 

Diese  Grleichung  formen  wir  um,  indem  wir  die  durch  „Iteration'^  aus 
f{Xf  y)  entstehenden  Kerne  heranziehen.     Setzen  wir  zunächst 

SO  ist  klar,  daß  f[^'  "  ^"l  die  Form  hat 

2  ±nt\x.,  ■  •  •  x^x 

wie  sofort  aus  der  Entwicklung  der  Determinante  hervorgeht.    Sei  nun 

b  b 


Erster  Vortrag. 


wobei  Iv  die  Anzahl  der  Integrationsvariabein  x^y  -  •  •  x^^   bedeutet,    so 
können  wir  offenbar  auch  setzen 

h 
a 

wenn  unter 

h        b 


dX; 


der  ,,^-fach  iterierte  Kern"  verstanden  wird. 

Wir  haben  den  obigen  Relationen  zufolge  jetzt 

Beachten  wir  nun,  daß  gewisse  unter  den  in  einem  Produkt  TLhy. 
enthaltenen  &^,  einander  gleich  werden  können,  daß  ferner  gewisse  der 
Produkte  Ilhy.  selbst  einander  gleich  sein  werden,  nämlich  solche,  die 
durch  eine  Permutation  der  x^  auseinander  entstehen,  so  ergibt  eine 
kombinatorische  Betrachtung   für  a^    einen  Ausdruck   von  der  Form 

aa  +  6|^  +  cy  +  ---=n 

und  also 

^«  =  2.r.-^(-^)'(-W(-^)'- 

a,  6,  e,  •  •  • 

d.  h. 

(2).  B{X)  =  ne~~^, 

also 

(2a)  logD(X)  =  -2'-">, 

(2b)  ..  ^=-^A«-fe„. 

Den  Zähler  N{Xy  y]  X)  der  Funktion  G(x,  y^  X)  kann  man  auf  analoge 
Weise  durch  die  Gleichung 

(3)  N{x,  y;  l)  =  D(A)  -^A"  f,^,  (x,  y) 

definieren.  Diese  Gleichungen,  welche  sich  übrigens  schon  bei  Fred- 
holm finden,  sind  nützlich  als  Ausgangspunkt  für  viele  Betrachtungen, 
wie  sich  nun  an  einigen  Beispielen  zeigen  wird. 

Die  Fredholm  sehe  Methode  ist  unmittelbar  gültig  nur  für  solche 
Kerne  fix,  y),    die    endlich    bleiben.      Wird   der    Kern    an    gewissen 


über  die  Fredholmschen  Gleicliungen. 


Stellen  unendlich^  so  kann  dennoch  der  Fall  eintreten,  daß  ein  iterierter 
Kern,  etwa  /„  (x,  y),  endlich  bleibt.  Dann  läßt  sich  die  Integralgleichung 
mit  dem  iterierten  Kerne  nach  Fredholm  behandeln,  und  Fredholm 
zeigt,  daß  die  ursprüngliche  Integralgleichung  (1)  sich  auf  diese  zu- 
rückführen läßt.  Die  Auflösung  wird  wieder  durch  eine  Formel  der 
Gestalt  (la)  gegeben,  nur  ist  jetzt 

zu  setzen,  wobei 

D„W  =  D(r|/;) 

und 

ist.  Dabei  sind  N^  und  D^^  wieder  ganze  transzendente  Funktionen 
von  A;  jedoch  zeigt  es  sich,  daß  sie  einen  gemeinsamen  Teiler  be- 
sitzen; wir  wollen  zusehen,  wie  sich  dies  aus  unseren  Formeln  (2) 
bis  (3)  ergibt  und  wie  wir  eine  Bruchdarstellung  der  meromorphen 
Funktion  G  erhalten,  bei  der  Nenner  und  Zähler  ganze  Funktionen 
ohne  gemeinsamen  Teiler  sind. 

Aus  unserer  Annahme  über  die  iterierten  Kerne  folgt,  daß  die 
Koeffizienten  ^ny^n  +  u  '  '  '  endlich  sind.  Bilden  wir  nun  in  Anlehnung 
an  Gleichung  (2  a)  die  Reihe 

K(X)  =  -inK_;,n  +  iK  +  i 

^  ^  n  n-\-l  ' 

so  wird  dieselbe  konvergieren.     Jetzt  setzen  wir 

G{x,y',k)  = ~j^ 

und  behaupten,  in  dieser  Formel  die  gewünschte  Darstellung  zu  haben. 
Um  dies  zu  beweisen,  haben  wir  zu  zeigen,  daß  e^unde^^-  ^V'^'^f,^  ,  ^ 
ganze  Funktionen  sind. 

Zu  diesem  Zwecke  bilden  wir    ,,  •     Man  berechnet  leicht 

dl 


dK{l) 
dl~ 


''''\f''ili'''+2'''''~'jJ^ß'M''y^''^'y' 


Hieraus   schließt  man   zunächst,   daß   -p.     eine   meromorphe   Funktion 

von  X  ist;  denn  sie  besitzt  höchstens  Pole  in  den  Nullstellen  von 
i)„(A),  d.  h.  in  den  Stellen  X  =  a  •  X-,  wo  a  eine  n-te  Einheitswurzel 
und  Aj.  ein  Eigenwert  des  Kernes  f^  ist.  Man  kann  nun  zeigen,  daß 
in  diesen  möglichen  Unendlichkeitsstellen  das  Cauchysche  Residuum 


Erster  Vortrasr. 


von  ^y  gleicli  1   oder  0  ist,  je  nachdem  a  =  1  oder  c^  =j=  1    genommen 

wird.     Die  hierzu   gehörige  Rechnung  wollen   wir  jetzt  nicht  durch- 
führen;   man   benutzt    dabei    den   Umstand,    daß    das   für   A  =  A^,   ge- 

TV  (^    '?y^ 

nommene  Residuum  von  — ^W^^  gleich  fpk{^)i>k{y)  ist^  ^o  (pj,,i\,  die 
ZU  1  =  1],  gehörigen  Eigenfunktionen,  den  Gleichungen 


a 

b 


genügen.  Hieraus  folgt,  daß  e^^'^-^  eine  ganze  transzendente  Funktion 
ist,  die  nur  an  den  Stellen  A  =  l^  verschwindet. 

Betrachtet  man  ebenso  den  Zähler  von  (r,  so  sieht  man  zunächst, 
daß  er  eine  meromorphe  Funktion  von  X  wird,  die  höchstens  an  den 
Stellen  X  =  aX.  unendlich  werden  kann.  Die  Betrachtung  der  Resi- 
duen zeigt  jedoch,  daß  dies  nicht  geschieht,  und  somit,  daß  der  Zähler 
e^Sl^'f,.  ,  i  ebenfalls  eine  ganze  transzendente  Funktion  ist.  Damit 
ist  die  Reduktion  des  Fredholmschen  Bruches  geleistet. 

Die  Reihenentwicklung  für  Zähler  und  Nenner  des  Fredholm- 
schen Bruches  in  dieser  reduzierten  Gestalt  erhalten  Avir,  indem  wir 
auf  die  ßildungsweise  von  K(X)  zurückgehen;  setzen  wir  den  Nenner 


m=  V(-A)"^, 


so  haben  wir 


^ 


wobei  zu  setzen  ist  h^  =  0  für  ci<in     und 

h^  =  I f^ {x,  x) dx       für  a^n  , 

a 

In  analoger  Weise  wird  der  Zähler  gebildet.  Man  muß  also  die  Deter- 
minanten in  der  gewöhnlichen  Weise  entwickeln,  aber  diejenigen  Glieder 
dieser  Entwicklung  wegwerfen,  welche  einen  Faktor  von  der  Form 
f(x^j  ^27  '  '  '  ^k)  ^i^  weniger  als  n  Veränderlichen  enthalten. 

Unsere  Formeln  (2),  (2  a),  (3)  sind  auch  in  dem  Falle  von  Nutzen, 
daß    außer    dem    Kern  f(Xj  y)   auch    alle    iterierten    Kerne    unendlich 
werden    und    die   Fredholm  sehe   Methode    also    nun    sicher  versagt. 
Seien  etwa  die  Zahlen  \,^,  •  -  •  ^„-i  unendlich, 
^L',  ^«a.1  *  •  •        endlich. 

n'      n  +  1 


über  die  Fredholinsclaen  Gleichungen. 


Man  kann  dann  jedenfalls  die  Reihe  K{X)  bilden,  fragen  ob  sie  kon- 
vergiert und  untersuchen,  ob  e^'^^-^  wieder  eine  ganze  Funktion  dar- 
stellt. Unter  der  Voraussetzung,  daß  f(x,y)  ein  symmetrischer  Kern 
ist,  d.  h. 

fi^,  y)  =  f{yy  ^)  ; 

ist  mir  dieser  Nachweis  gelungen.     Ich  benutze  dabei  die  Relationen 

die  für  >^  >  2  gelten  müssen,  da  das  Geschlecht  der  Funktion  J){1) 
einem  H a dam ard sehen  Satze  zufolge  kleiner  als  2  ist. 

Den  Beweis  mitzuteilen  fehlt  jetzt  die  Zeit. 

Für  den  Zähler  des  Fredholm  sehen  Bruches  habe  ich  die  Be- 
trachtung nicht  durchgeführt. 

Noch  einige  Worte  über  die  Integralgleichung  1.  Art!  Auf  ge- 
wisse derartige  Integralgleichungen  kann  man,  wenn  man  sie  zuvor 
auf  Integralgleichungen  der  2.  Art  zurückführt,  die  Fredholm  sehe 
Methode  direkt  anwenden.     Es  liege  z.  B.  die  Gleichung 

+  00 

(1)  fcp  (y)  [e'^y  +  lf{x,  2/)]  dij  =  tix)  (- oo  <  x  <  +  oo) 

—  00 

vor,  in  der  ip(x)  die  gegebene,  q){x)  aber  die  gesuchte  Funktion  ist, 
während  der  Bestandteil  f(Xj  y)  des  Kerns  eine  gegebene  Funktion 
ist,  die  gewissen,  weiter  unten  angegebenen  beschränkenden  Voraus- 
setzungen unterworfen  ist.  Für  die  gesuchte  Funktion  (p{y)  machen 
wir  den  Ansatz 

+  00 

cp{y)=f^{z)e-'^ydz, 

—  00 

aus  dem  nach  dem  Fourier sehen  Integraltheorem,  faUs  0(x)  die  Be- 
dingungen für  dessen  Gültigkeit  erfüUt,  umgekehrt 

+  00 

27cO{x)  =  fcp{y)e''ydy 

—  00 

folgt.     Danach  verwandelt  sich  (1)  in 

+  00+  00 

27t^{x)  -f-  l  ff  ^(3)f(x,  y)e-''y  ds  dy  ==  il;(x) 

—  CC  —  Cß 

oder 

+  00 

27t^{x)  -f  lfo{z)K{x,  s)  dz  =  ^{x), 


Erster  Vortrag. 


wenn 

+  00 

(2)  K{x,z)=ff{x,y)e'"^dy 

—  GO 

gesetzt  wird,  und  damit  sind  wir  bereits  bei  einer  Integralgleichung 
2.   Art    angelangt.       Der    Kern    (2)    gestattet    die    Anwendung    der 

Fredholm  sehen  Methode  z.  B.  dann,  wenn  f{x^  y)  und  ^^'  ^  gleich- 
mäßig in  X  für  y  =  +  <x>  gegen  0  konvergieren  und  die  Ungleichung 

statthat,  in  der  M  eine  von  x  und  y  unabhängige  Konstante  bedeutet. 
Von  i>{x)  genügt  es  etwa,  anzunehmen,  daß  es  nur  endlich  viele  Maxima 
und  Minima  besitzt  und  im  Intervall  —  oo  •  •  •  -f  cx)  absolut  integrier- 
bar ist. 

Wir  können  dieselbe  Methode  auf  eine  Reihe 

(m) 

anwenden;  das  Problem  ist  hier  also,  wenn  rp{x)  und  die  Funktionen 
^mip^)  gegeben  sind,  die  Koeffizienten  A^  so  zu  berechnen,  daß  die 
hingeschriebene  Entwicklung  gültig  ist.  Handelte  es  sich  soeben  um 
eine  Erweiterung  des  Fourierschen  Integraltheorems,  so  haben  wir  es 
jetzt  mit  einer  Verallgemeinerung  der  Fourierschen  Beihe  zu  tun. 
Setzen  wir  (p(2)  in  der  Form 

27t 

im)  ^ 

an,  so  bekommen  wir 

27t 

t{x)  =  cp{x)  +  ^  f9{^)-2e-'^^'e^{x)  . dz. 

Von  der  Reihe,  welche  hier  als  Kern  fungiert,  müssen  wir  voraus- 
setzen, daß  sie  absolut  und  gleichmäßig  konvergiert,  d.  h.  wir  müssen 
annehmen,  daß 

(3)  2\e^{x)\ 

gleichmäßig  konvergiert. 

Setzen  wir  beispielsweise 


1=1,    e„ix)  =  e"-"''-d 
so  erhalten  wir  eine  Entwicklung  der  Form 


imx 


über  die  Fredholmschen  Gleichungen,  9 

Die  Bedingung  (3)  ist  erfüllt,  wenn  wir  die  absolute  Konvergenz  von 

(m) 

voraussetzen. 

Endlich  betrachten  wir  noch  die  Gleichung 

(4)  f^ivW^y  +  kf{x,  y)]  dy  =  t{x) ,  (_  oo  <  o;  <  +  oo) 

0 

welche  sich  von  (1)  dadurch  unterscheidet,  daß  das  Integral  nicht  in 
unendlichen,  sondern  in  endlichen  Grenzen  zu  nehmen  ist.  In  diesem 
Fall  darf  rl){x)  nicht  willkürlich  gewählt  werden:  es  muß,  faUs  f{Xy  y) 
holomorph  ist,  sicher  eine  ganze  transzendente  Funktion  sein,  wenn 
die  Gleichung  (4)  eine  Auflösung  besitzen  soll.  Dagegen  dürfen  die 
Werte  i/^(m)  dieser  Funktion  ^  für  alle  ganzen  Zahlen  m  im  wesent- 
lichen willkürlich  angenommen  werden.     Setze  ich  nämlich 

2n 

ip{z)=2A^e--^-^^,     wo    27tA^=^  fip{y)e-^ydy    ist, 
("')  6 

so  verwandelt  sich  (4),  für  x  =  m  genommen,  in 

2^^^  +  l^Ä^  fe-'pyf(m,  y)dy  =  ^{m) . 

iP)  0 

Wir  gelangen  so  zu  einem  System  unendlich  vieler  linearer  Gleichungen 
mit  unendlich  vielen  Unbekannten,  wie  sie  von  Hill,  H.  v.  Koch, 
Hilbert  u.  a.  untersucht  worden  sind.  Die  Lösung  dieses  Systems 
ist,  faUs  wir  für  die  Reihe 

2n 

(5)  2  fe-'^yf{m,y)dy 

{P,  m)  0 

die  Voraussetzung  absoluter  und  gleichmäßiger  Konvergenz  machen, 
der  Fredholmschen  Lösung  der  Integralgleichungen  durchaus  analog 
und  stellt  sich  wie  diese  als  meromorphe  Funktion  des  Parameters  X 
dar.  Die  gleichmäßige  und  absolute  Konvergenz  von  (5)  ist  aber, 
wie  sich  durch  partielle  Integration  ergibt,  sichergestellt,  falls  die 
Summe 

oder  das  Integral 

+00 

/  f"  (x,  z)  dx 

—  cc 

absolut  und  gleichmäßig  konvergiert. 


10  Erster  Vortrag.     Über  die  Fredholmschen  Gleichungen. 

Man  sieht  die  Ähnlichkeit  und  den  Unterschied  der  beiden  Fälle 
(1)  und  (4)  deutlich:  je  nachdem  die  Integrationsgrenzen  unendlich 
oder  endlich  sind  —  oder  auch,  je  nachdem  der  Kern  in  den  Inte- 
grationsgrenzen keine  oder  eine  genügend  hohe  Singularität  aufweist  — , 
darf  man  die  „gegebene'^  Funktion  im  wesentlichen  willkürlich  wählen 
oder  ihr  nur  eine  zwar  unendliche,  jedoch  diskrete  Reihe  von  Funk- 
tionswerten vorschreiben.  Es  wäre  wohl  nicht  ohne  Interesse,  den 
hier  zur  Geltung  kommenden  Unterschied  mit  Hilfe  der  Iteration  der 
Kerne  näher  zu  betrachten. 


ZWEITEE  VORTRAG 

ANWENDUNG 

DER  THEOKIE  DER  INTEGRALGLEICHUNGEN 

AUF  DIE  FLUTBEWEGUNG  DES  MEERES 


Ich  will  Ihnen  heute  über  einige  Anwendungen  der  Integral- 
gleichungstheorie auf  die  Flutbewegung  berichten,  die  ich  im  letzten 
Semester  gelegentlich  einer  Vorlesung  über  diese  Erscheinung  ge- 
macht habe. 

Die  Differentialorleichunffen  des  Problems  sind  die  folö;enden: 


(1) 


^^dx\  ^  dxj    '        \cx  oy        dy  dxj       *' 


Wir  stellen  uns  dabei  vor,  daß  die  Kugeloberfläche  der  Erde 
etwa  durch  stereographische  Projektion  konform  auf  die  (ir,^)-Ebene 
bezogen  sei;  dann  bedeute  ]i(x,y)  das  Ahnlichkeitsverhältnis  der  Ab- 
bildung zwischen  Ebene  und  Kugel.  Die  Lösung  des  Flutproblems 
denken  wir  uns  durch  periodische  Funktionen  der  Zeit  t  gegeben, 
und  wir  nehmen  speziell  an,  daß  unsere  Gleichungen  (1)  einem  ein- 
zigen periodischen  Summanden  von  der  Form  Ä  cos  (kt-{-a)  ent- 
sprechen, sodaß  also  l  in  unseren  Gleichungen  die  Schwingungs- 
periode bestimmt;  es  ist  bequem,  statt  der  Kosinus  komplexe  Expo- 
nentialgrößen  einzuführen  und  also  etwa  anzunehmen,  daß  alle  unsere 
Funktionen  die  Form 

e'^''f(x,y) 

haben;    der    reelle    und    imaginäre  Teil    dieser    komplexen    Lösungen 
stellt  uns  dann  die  physikalisch  brauchbaren  Lösungen  dar. 
cp  {Xj  y)  ist  definiert  durch 

wo  V  das  hydrostatische  Potential,  p  der  Druck  ist. 
Ist  h  die  Tiefe  des  Meeres,  so  definieren  wir 

K  = 


—  X2-t-4(»2co82'9'^ 


h  =  -—i — \,  (i=y-i) 

wo  %'  die  Colatitude  des  zu  (x,  y)  gehörigen  Punktes  der  Erde,  a  die 
Winkelgeschwindigkeit  der  Erde  bedeutet,  g  {x,  y)  ist  die  Differenz 
zwischen  der  Dicke  der  mittleren  und  der  gestörten  Wasserschicht, 
d.  h.  ^  >  0  entspricht  der  Ebbe,  ^  <  0  der  Flut. 


14  Zweiter  Vortrag. 


g  ist  die  Beschleunigung  der  Schwerkraft,  W  das  Potential  der 
Störungskräfte,  77  ist  das  Potential,  welches  von  der  Anziehung  der 
Wassermassen  von  der  Dicke  g  herrührt.     Ist  z,  B. 

so  wird 

wo  die  X^  die  Kugelfunktionen  sind. 

Die  Einlieiten  sind  so  gewählt,  daß  die  Dichte  des  Wassers 
gleich  1,  der  Radius  der  Erdkugel  gleich  1  ist. 

Die  Größe  7T  kann  man  meistens  vernachlässigen:  tut  man  dies, 
so  erhält  man  sofort  für  qp  eine  partielle  Differentialgleichung 
2.  Ordnung.  Um  aus  derselben  (p  zu  bestimmen,  muß  man  gewisse 
Grenzbedingungen  vorschreiben.     Wir  unterscheiden  da  zwei  Fälle: 

1.  Der  Rand  des  Meeres  ist  eine  vertikale  Mauer;  dann  wird 


~-  +  -,-  cos  -0-  •  ^  =  0 , 

ön  l  OS  ' 

wobei  7^ ,    o-    die  normale  bzw.  tangentiale  Ableitung  von  od  ist. 

dn  '     ÖS  ^  n  -r 

2.  Der  Rand  des  Meeres  ist  nicht  vertikal;  dann  ist  dort 

Ji  =  0,     also     \  =  7^2  =  0 . 

Die  Grenzbedingung   lautet   hier,    daß  cp  am  Rande  regulär   und  end- 
lich bleiben  soll. 

Um  auf  diese  Probleme  die  Methoden  der  Integralgleichungen 
anwenden  zu  können,  erinnern  wir  uns  zunächst  der  allgemeinen 
Überlegungen,  wie  sie  Hilbert  und  Picard  für  Differentialgleichungen 

anstellen.     Sei 

Diu)  =  fix,  y) 

eine   partielle  Differentialgleichung  2.  Ordnung  für  u,  die  elliptischen 

Typus  hat,  so  ist  eine,  gewisse  Grenzbedingungen  erfüllende,  Lösung 

u  darstellbar  in  der  Form 

Gd6\ 


-fr 


wobei  G(x,y]  x\  y)  die  zu  diesen  Randbedingungen  gehörige  Green- 
sche  Funktion  des  Differentialausdruckes  D(u)  ist;  f  ist  f(x\y)y 
da'  =  dx  •  dif  j  und  das  Integral  ist  über  dasjenige  Gebiet  der  {x\  y')- 
Ebene  zu  erstrecken,  für  welches  die  Randwertaufgabe  gestellt  ist. 
Um  die  Greensche  Funktion  zu  berechnen  und  so  die  Randwert- 
aufgabe zu  lösen,  setze  man 

wo 

-T\  /■  \  du    ,    -icu    , 


Anwendung  d.  Theorie  d.  Integralgleicliungen  auf  die  Flutbewegung  d.  Meeres.    15 


ein  linearer  DifFerentialausdruck  ist.  Nehmen  wir  nun  an,  wir  kennen 
die  Green  sehe  Funktion  Gq  von  DqW?  ^^  haben  wir  die  Lösung  von 

D(cp)=f 
in  der  Form 

Schaffen   wir  hieraus    durch   partielle   Integrationen   die  Ableitungen 

J^.  7^,  heraus,  so  werden  wir  direkt  auf  eine  Inteffralffleichunsf 
dx  '  dy  ^ 

zweiter  Art  für  (p  geführt,  die  wir  nach  der  Fredholm  sehen  Me- 
thode behandeln  können,  wenn  ihr  Kern  nicht  zu  stark  singulär  wird. 

Bei  unserem  Probleme  der  Flutbewegung  tritt  nun  gerade  dieser 
Fall  ein;  der  Kern  wird  so  hoch  unendlich,  daß  die  Fredholm  sehen 
Methoden  versagen;  ich  will  Ihnen  jedoch  zeigen,  in  welcher  Weise 
man  diese  Schwierigkeiten  überwinden  kann. 

Betrachten  wir  erst  den  Fall  der  ersten  Grenzbedingung 

l^  +  df-o, 

dn  ds  ' 

wo  C  eine  gegebene  Funktion  von  x,  y  ist.  Die  Differentialgleichung, 
die  sich  bei  Vernachlässigung  von  11  ergibt,  hat  die  Form 

und  wir  stehen  daher  vor  der  Aufgabe,  die  Gleichung 

mit  unserer  Randbedingung  zu  integrieren. 

Diese  Aufgabe  ist  äquivalent  mit  der,  eine  im  Innern  der  Rand- 
kurve   reguläre   Potentialfunktion    F,    die    am    Rande    die   Bedingung 

dV  dV 

K h  0^=0  erfüllt,  als  Potential  einer  einfachen  Randbelegung  zu 

finden.  Bezeichnet  s  die  Bogenlänge  auf  der  Randkurve  von  einem 
festen  Anfangspunkte  bis  zu  einem  Punkte  P,  s  die  bis  zum  Punkte  P\ 
so  erhält  man  für  V  eine  Integralgleichung;  jedoch  wird  der  Kern 
K(Sj  /)  derselben  für  s  =  s  von  der  ersten  Ordnung  unendlich,  und 
es  ist  daher  in  dem  Integrale 


fK(x,y)f{y)dy 


der  sogenannte  Cauchjsche  Hauptwert  zu  nehmen,  der  definiert  ist 
als  das  arithmetische  Mittel  aus  den  beiden  Werten,  die  das  Integral 
erhält,  wenn  ich  es  in  der  komplexen  «/-Ebene  unter  Umgehung  des 
Punktes  y  =  x  das  eine  mal  auf  einem  Wege  AMB  oberhalb,  das  andere 
mal  auf  einem  Wege  AM' B  unterhalb  der  reellen  Achse  führe. 


16  Zweiter  Vortrag. 


Anstatt  die  Methoden  zu  benutzen,  die  Kellogg  zur  Behandlung 
solcher  unstetiger  Kerne  angibt,  will  ich  einen  andern  Weg  ein- 
schlagen.    Wir  betrachten  neben  der  Operation 

S{m)=fK{x,y)f{y)dy 
die  iterierte 

s'  {m)  ==ff^(^^ ')  ^fe  y)  f(y)  ^^  ^y  ^ 

bei  der  ebenfalls  das  Doppelintegral  als  C au chy scher  Hauptwert  zu 
nehmen  ist;  dies  soll  folgendermaßen  verstanden  werden:  wir  be- 
trachten für  die  Variable  z  die  Wege  AMB,  AM'B,  für  y  die  Wege 
AFB,  AB' B,  die  zueinander  liegen  mögen,  wie  in  der  Figur  an- 
gedeutet   ist.      Dann   bilden    wir    die    4   Integrale,    die    sich   ergeben, 

wenn    ich     einen    Weg    für   3    mit 
einem  für  y  kombiniere, 

3  :  AMB,   AM'B,  AMB,  AM'B 

y:  ABB,      ABB,  AB'B,   AB'B, 

und  nehmen  aus  diesen  4  Integralen 
das  arithmetische  Mittel.  Ziehen  wir 
noch  2  Wege  AQB,  AQ'B  wie  in 
der  Figur,  so  sehen  wir,  daß  sich  in 
der  ersten  Wegkombination  der  Weg  AMB  für  z  ersetzen  läßt 
d^viXQh  AQB-\- AMBQA,  in  der  zweiten  AM'B  durch  AQ'B,  in 
der  dritten  AMB  durch  AQB  nnd  in  der  vierten  AM'B  durch 
AQ'B  -\-  AM'B Q' A,  sodaß  wir  jetzt  die  folgenden  Wegkombina- 
tionen haben: 

z  y 

AQB+AMBQA  ABB 

AQ'B  ABB 

AQB  AB'B 

AQ'B  +  AM'BQ'A  AB'B. 

Führen  wir  jetzt  die  Integrale  aus  und  wenden  den  Residuenkalkul 
auf  die  geschlossenen  Wege  an,  so  zeigt  sich,  daß  unsere  Operation 
S^(f{x)),  die  einer  Integralgleichung  1.  Art  zugehört,  übergeht  in  eine 
Operation,  welche  durch  die  linke  Seite  einer  Integralgleichung  2.  Art 
gegeben  ist,  deren  Kern  überall  endlich  bleibt;  wenn  wir  zuerst  die 
vier  Kombinationen  von  den  Wegen  AQB  und  AQ'B  mit  den  Wegen 
ABB  und  AB'B  nehmen,  so  bekommen  wir  ein  doppeltes  Integral, 
welches  nicht  unendlich  werden  kann,  da  auf  diesen  Wegen  x  =^  y 
und  y  =^  z.  Betrachten  wir  jetzt  die  beiden  Wegkombinationen 
AMBQA,   ABB  und  AM'BQ'A,   AB'B,   oder  AMBQA,  ABB 


Anwendung  d.  Theorie  d.  Integralgleichungen  auf  die  Flutbewegung  d.  Meeres.    17 

und  AQ'BM'A,  BP'A,  so  ist  leicht  zu  sehen,  daß  s  eine  geschlossene 
Kurve  AMBQA  oder  AQ'BM' A  um  y  beschreibt,  und  cfeß  gleich- 
zeitig y  eine  geschlossene  Kurve  APBP'A  um  x  beschreibt.  Wir 
dürfen  also  die  Residuenmethode  anwenden,  und  wir  bekommen  ein 
Glied,  wo  die  unbekannte  Funktion  ohne  Integralzeichen  auftritt,  wie 
in  der  linken  Seite  einer  Integralgleichung  zweiter  Art.  Indem  wir 
so  auf  eine  durchaus  reguläre  Integralgleichung  2.  Art  geführt  werden, 
die  der  Fredholm  sehen  Methode  zugänglich  ist,  haben  wir  die 
Schwierigkeit  bei  unserem  Problem  überwunden. 

Nur  ein  Punkt  bedarf  noch  der  Erläuterung:  wenn  x  und  y  gleich- 
zeitig in  einen  der  Endpunkte  A,  B  des  Intervalles  hineinfallen,  so  ver- 
sagen zunächst  die  obigen  Betrachtungen,  und  es  scheint,  als  wären 
wir  für  diese  Stellen  der  Endlichkeit  unseres  durch  Iteration  gewon- 
nenen Kernes  nicht  sicher.  Dieses  Bedenken  wird  jedoch  bei  unserm 
Problem  dadurch  beseitigt,  daß  der  Rand  des  Meeres,  der  das  Inte- 
grationsintervaU  darstellt,  geschlossen  ist,  woraus  sich  ergibt,  daß  die 
Punkte  A,  B  keine  Ausnahmestellung  einnehmen  können. 

Durch  diese  Überlegungen  ist  also  der  Fall  der  vertikalen 
Meeresufer  erledigt. 

Wir  betrachten  den  zweiten  und  schwierigeren  Fall,  daß  das 
Ufer  des  Meeres  keine  vertikale  Mauer  ist.     Dann  ist  am  Rande 

h  =  \  =-=  h.2  =  0 . 

Da  die  Glieder  2.  Ordnung  unserer  Differentialgleichung  für  q)  durch 
den  Ausdruck 

gegeben  sind,  so  ist  die  Randkurve  jetzt  eine  singulare  Linie  für  die 
Differentialgleichung.  Außerdem  werden  \,  \  gemäß  ihrer  Definition 
für  die  durch  die  Gleichung 

4g32cos2^  =  A2 

gegebene  IcrüiscJie  geograpJiiscJie  Breite  d'  unendlich.  Um  trotz  dieser 
Singularitäten,  welche  das  Unendlich  werden  des  Kerns  K  zur  Folge 
haben,  das  Problem  durchzuführen,  bin  ich  gezwungen  gewesen,  das 
reeUe  Integrationsgebiet  durch  ein  komplexes  zu  ersetzen,  indem  ich 
y  in  eine  komplexe  Veränderliche  y  -\-  iz  verwandle;  x  hingegen 
bleibt  reell. 

Wir  deuten  xyz  als  gewöhnliche  rechtwinklige  Koordinaten  in 
einem  dreidimensionalen  Raum  und  zeichnen  den  Durchschnitt  AB 
einer  Ebene  rr  =  konst.  mit  dem  in  der  (;r,^)-Ebene  gelegenen  Meeres- 
becken. Entspricht  G  der  kritischen  geographischen  Breite,  so  ist  es 
nicht  schwer,  diese  Singularität  durch  Ausweichen  in  das  komplexe  ' 
Gebiet   zu   umgehen.     Wählen  wir   ferner   irgend   zwei  Punkte  D,  E 

Poincar6,  Vorträge.  2 


18  Zweiter  Vortrag. 


zwischen  Ä  und  B  und  umgeben  Ä,  von  D  ausgehend  und  dorthin 
zurückkehrend,  mit  einer  kleinen  Kurve  und  verfahren  entsprechend 
bei  B  —  räumlich  gesprochen:  umgeben  wir  die  Randkurve  mit 
einem  ringförmigen  Futteral  — ,  so  stellen  wir  uns  jetzt  das  Problem, 

unsere  Differentialgleichung  so  zu  in- 
tegrieren, daß  gp,  wenn  wir  seine 
y^{^^l  Wertänderung  längs  der  den  Punkt  Ä 
umgebenden  Kurve  verfolgen,  mit 
demselben  Wert  nach  D  zurückkehrt, 


^rXin Si- 


'& 


mit  dem  es  von  dort  ausging.  Diese  „verändertet^  Grenzbedingung  ist 
mit  der  ursprünglichen,  welche  verlangte,  daß  cp  am  Rande  (im 
Punkte  Ä)  endlich  bleibt  und  sich  regulär  verhält,  äquivalent.  Zwar 
sind  die  zu  der  neuen  und  der  alten  Grenzbedingung  gehörigen 
Greenschen  Funktionen  (r,  G^  nicht  identisch,  wohl  aber  die  den 
betreffenden  Randbedingungen  unterworfenen  Lösungen  von 

(1)  TJiu)  =  f. 

Hiervon  überzeugen  wir  uns  leichter  im  Falle  nur  einer  Variablen  y^ 
dann  ergeben  die  Gleichungen 

u  =  fG{y,  y')  f{y)  dy  ,      u^=j  G,  {y,  y)  f(y)  dy 

durch  Anwendung  des  Cauchy sehen  Integralsatzes,  daß  u  —  u^^O  ist. 
Um  jetzt  das  Problem  (1)  zu  behandeln,  ziehe  ich  die  vorige 
Methode  heran,  die  hier  aber  in  zwei  Stufen  zur  Anwendung  kommt, 
da  unsere  veränderte  Randbedingung  für  die  Gleichung  Au  =  f  un- 
zulässig ist.^)     Wir  können  setzen 

D(ii)  =  AQi^u)  +  D,(u)  +  A  W ; 

dabei  soll  AW  ^^'^  ^^®  Glieder  1.  Ordnung  ö— ?  -ö";  A(^)  ^^®^ 
nur  u  selbst  enthalten.     Indem  wir 

unter  der  Randbedingung  ?;  =  0  integrieren,  erhalten  wir  für  u  =  ^ 
eine  am  Rande  endliche  und  reguläre  Funktion,  für  welche 

A(\u)  =  Dq{u)  =f 
ist.     Darauf  integrieren  wir 

unter  Zugrundelegung  der  ursprünglichen  Grenzbedingung  nach  der 
gewöhnlichen  Methode.    Der  in  der  hierbei  zu  benutzenden  Integral- 


1)  Diese  Randbedingung  ist  nicht  von  solcher  Art,  daß  sie  eine  bestimmte 
Lösung  von  A  (m)  =  /"  auszeichnet. 


Anwendung  d.  Theorie  d.  Integralgleichungen  auf  die  Flutbewegung  d.  Meeres.    19 

gleichung  auftretende  Kern  ist  zwar  unendlich,  aber  von  solcher  Ord- 
nung, daß  sich  die  Singularität  durch  Iteration  des  Kerns  beseitigen 
läßt:  die  partielle  Integration,  welche  Glieder  von  einer  zu  hohen 
Ordnung  des  Unendlichwerdens  einführen  würde,  bleibt  uns  an  dieser 
Stelle  erspart. 

Das    damit    bewältigte    Integrationsproblem    ist    aber    der   Inte- 
gration von 

D„  («)  +  !),(«)=/• 

unter  der  veränderten  Grenzbedingung  äquivalent,  und  infolgedessen 
können  wir  jetzt  die  zweite  Stufe  ersteigen  und  auch  die  Lösung  von 

B{u)  =  (Do(w)  -f  Dg  {u))  -f  A  (u)  -f      * 

unter  der  veränderten  Grenzbedingung  bestimmen. 


Wir  haben  bis  jetzt  das  Glied  77  als  so  klein  vorausgesetzt, 
daß  wir  es  ganz  vernachlässigen  durften.  Heben  wir  diese  Voraus- 
setzung auf,  so  entstehen  keine  wesentlichen  neuen  Schwierigkeiten. 
77  ist  ein  von  g  erzeugtes  Anziehungspotential;  wir  haben  also 


"'ß-^. 


wenn  clö'  ein  Flächenelement  der  Kugel,  ?'  den  Wert  der  Funktion  J 
im  Schwerpunkt  {x\  y)  dieses  Flächenelementes,  r  aber  die  räumlich 
gemessene  Entfernung  der  beiden  Kugelpunkte  {x,  y)\  {x,  y)  bedeutet, 
und  die  Integration  über  die  ganze  Kugeloberfläche  erstreckt  wird. 
Wir  können  auch  schreiben 


-/ 


t  dx'  dy 


Setzen  wir  dies  in  unsere  Ausgangsgleichungen  ein,  von  denen  wir 
noch  die  erste  mittels  Aufstellung  der  zugehörigen  Green  sehen  Funk- 
tion und  unter  Berücksichtigung  der  Randbedingung  aus  einer 
Difierential-  in  eine  Integralgleichung  verwandeln,  so  erhalten  wir 
zwei  simultane  Integralgleichungen  für  f  und  (p,  die  mit  Hilfe  der 
soeben  erörterten  Methoden  aufgelöst  werden  können. 


OFTHE 

^N»VERSITY 

^ILIEQRNIIL 


DRITTER  VORTRAG 

ANWENDUNG  DER  INTEGRALGLEICHUNGEN 
AUF  HERTZSCHE  WELLEN 


Ich  will  heute  über  eine  Anwendung  der  Integralgleichungen 
auf  Hertz  sehe  Wellen  vortragen  und  insbesondere  die  äußerst  merk- 
würdigen Beugungserscheinungen  behandeln,  welche  bei  der  draht- 
losen Telegraphie  eine  so  wichtige  Rolle  spielen:  ist  es  doch  eine 
wunderbare  Tatsache ,  daß  die  Krümmung  der  Erdoberfläche,  welche 
eine  Fortpflanzung  des  Lichtes  verhindert,  für  die  Ausbreitung  der 
Hertz  sehen  Wellen  kein  Hindernis  darstellt,  daß  dieselben  vielmehr 
auf  der  Erdoberfläche  von  Europa  bis  Amerika  zu  laufen  vermögen. 
Der  Umstand,  daß  die  Hertz  sehen  Wellen  eine  viel  größere  Länge 
haben  als  die  Licht  wellen,  kann  allein  diese  Erscheinung  noch  nicht 
erklären.  Eine  solche  Erklärung  ergibt  sich  vielmehr  erst  durch 
Betrachtung  der  Differentialgleichungen  des  Problems. 

Setzen  wir  die  Lichtgeschwindigkeit  gleich  1,  und  verstehen  wir 
mit  Maxwell 

die  Komponenten  der  magnetischen  Kraft, 

die  Komponenten  des  Vektorpotentiales, 

die  Komponenten  der  elektrischen  Verschiebung, 

das  skalare  Potential, 

die  Komponenten  des  Konduktionsstromes, 

die  Dichte  der  Elektrizität, 


unter 

a, 

ß, 

r 

unter 

F, 

a, 

H 

unter 

f, 

9y 

h 

unter 

t 

unter 

u, 

^, 

IV 

unter 

9 

so  gelten  die  Gleichungen 


dy 


dx 


Ajtf 


dF 

dt 


dx 


H^+^)-i-'^ 


^K^K^^J. 


^Lj  dx       dx   ^  dy 


+  ¥'  + 


dli 


-Q 


2 


dx'^  'dt  ~   ' 


24  Dritter  Vortrag. 


und  es  folgt 

Wir   betrachten  nun   eine   gedämpfte   synchrone   Schwingung,    indem 

wir  annehmen,  daß  alle  unsere  Funktionen  proportional  sind  mit  der 

Exponentialgröße 

a     • 

Aus  den  so  zustande  kommenden  komplexen  Lösungen  erhalten  wir 
die  physikalischen  durch  Trennung  in  reellen  und  imaginären  Be- 
standteil. Der  reelle  Teil  von  m  gibt  die  Schwingungsperiode,  der 
imaginäre  die  Dämpfung. 


Aus  unserem  Ansatz  folgt 


und  man  kann  daher i^ und  i^  als  retardierte  Potentiale  darstellen  wie  folgt: 


dx 

r 


dt  ist  das  Raumelement  im  (x'^  y,  ^') -Räume,  ii,  q'  die  Werte  von 
^y  Q  im  Punkte  (x\  y\  /),  r  die  Entfernung  der  Punkte  (x,  y,  /) 
und  (x,  y,  z). 

In  den  meisten  Problemen  treten  zwei  verschiedene  Medien  auf, 
der  freie  Äther  und  die  leitenden  Körper;  von  den  letzteren  wollen 
wir  annehmen,  daß  sie  sich  wie  vollkommene  Leiter  verhalten,  daß 
also  in  ihrem  Innern  das  Feld  verschwindet,  die  elektrischen  Kraft- 
linien auf  ihrer  Oberfläche  normal  stehen,  während  die  magnetischen 
in  dieselbe  hineinfallen;  dem  Umstände,  daß  Ladung  und  Strömung 
nur  an  der  Oberfläche  des  Leiters  vorhanden  ist,  wollen  wir  dadurch 
entsprechen,  daß  wir  die  obigen  Ausdrücke  für  F  und  ^  modifizieren, 
indem  wir  an  Stelle  der  Raumintegrale  Oberflächenintegrale  einführen. 
Wir  schreiben 

'^=Jq"  ^~da', 

-itor 

dö'y 

r  ' 

wo  q",  (i"  jetzt  die  Flächendichte  der  Ladung  bzw.  Strömung  be- 
deuten und  dö'  das  Flächenelement  ist. 


•/'■ 


Anwendung  der  Integralgleichungen  auf  Hertzscbe  Wellen.  25 

Wir  unterscheiden  gewöhnlicli  zwei  leitende  Körper,  der  eine 
soll  der  äußere,  der  andere  der  innere  Leiter  heißen;  sie  erzeugen  das 
„äußere"  resp.  das  „innere"  Feld;  das  äußere  Feld  ist  gegeben,  das 
innere  gesucht.  So  ist  z.  B.,  wenn  wir  das  Problem  des  Empfanges 
elektrischer  Wellen  betrachten,  der  Sender  der  äußere,  der  Empfangs- 
apparat der  innere  Leiter;  beim  Probleme  der  Beugung  elektrischer 
Wellen  ist  der  Erreger  der  äußere,  die  Erdkugel  der  innere  Leiter; 
bei  dem  Probleme  der  Schwingungserzeugung  haben  wir  kein  äußeres 
Feld,  der  Erreger  wird  dann  als  innerer  Leiter  anzusehen  sein. 

Um  nun  zum  Ansatz  einer  Integralgleichung  zu  gelangen,  wollen 
wir  unter  den  oben  erklärten  Funktionen  nur  die  zum  unbekannten 
inneren  Felde  gehörigen  verstehen,  sodaß  z.  B.  die  obigen  Integrale 
nur  über  die  Oberfläche  des  inneren  Leiters  zu  erstrecken  sind;  be- 
achten wir  nun,  daß  die  innere  Normalkomponente  des  elektrischen 
Vektors  am  inneren  Leiter  unserer  obigen  Annahme  zufolge  ver- 
schwinden muß,  so  folgt,  wenn  l,  m,  n  die  Richtungskosinus  der  Nor- 
male bedeuten,  aus  unseren  Ausgangs-Gleichungen: 

4.7tf  =~^  ^  icoQF -\-  mG  +  nH)  =-  N, 

wo  N  die  Normalkomponente  des  äußeren  Feldes,  also  eine  bekannte 
Funktion  ist. 

Bezeichnen  wir  jetzt  die  Flächendichte  statt  mit  q"  mit  ft',  so 
wird  zufolge  unseres  Ausdruckes  für  z^ 


dn 


^-^^PlnifP)^'' 


05 


Benutzen  wir  ferner  unseren  Ausdruck  für  F  und  die  entsprechenden 
für  G  und  jET,  so  hat  man 

/•  —  iwr 

Diesen  Ausdruck  kann  man  nun  in  gewissen  Fällen  durch  partielle 
Integrationen  auf  die  Form 

— 1(0  \  Liidö' 
bringen,  wobei  L  eine  bekannte  Funktion  ist.   So  haben  wir  schließlich 

und  dies  ist  die  Integralgleichung  2.  Art  für  ^,  auf  die  wir  hin- 
strebten. Im  allgemeinsten  Falle  bekommt  man  zwei  Integralgleichungen 
mit  zwei  Unbekannten,  welche  z.  B.  /i  und  v  sein  mögen,   wo  ^  das 

oben    definierte    ist:    wir    setzen    v  =  ^-  ,  wo  3—   die  Ableitunoj  in 
'  dn^  dn  ° 


26  Dritter  Vortrag. 


der  Normalriclitung    bezeichnet    und  N   die   Normalkomponente    der 

magnetischen  Kraft  ist. 

Die  Funktion  L  läßt  sich  dann  besonders  einfach  bilden,  wenn 

der  innere  Leiter  ein  Rotationskörper  ist  und  das  äußere  Feld  Rota- 
tionssymmetrie besitzt.  Ist  s,  s'  die  Bogenlänge,  gemessen 
vom  Endpunkte  der  Rotationsachse  auf  einem  Meridian 
bis  zu  den  Punkten  P,  P',  ist  ferner  d'  der  Winkel  zwischen 
der  Normale  in  P  und  der  Meridiantangente  in  P',  so 
wird  L  als  Funktion  von  d',  s,  s  definiert  durch  die  Diffe- 
rentialgleichung 

ÖL        e  _ 

-K-y  = COS  O-. 

OS  r 

Das  Problem  des  Empfanges  elektrischer  Wellen  läßt  sich  auf 
Grund  der  obigen  Integralgleichung  2.  Art  behandeln. 

Wollen  wir  nur  das  Problem  der  Erzeugung  elektrischer  Wellen 
betrachten,  so  haben  wir  das  äußere  Feld  gleich  Null  zu  setzen,  es  wird 
also  JV=0,  und  wir  haben  eine  homogene  Integralgleichung  vor 
uns;  in  ihr  darf  jedoch  o  nicht  mehr  einen  willkürlichen  Parameter- 
wert bedeuten,  sondern  ist  eine  zu  bestimmende  Zahl,  die  die  Rolle 
der  Eigenwerte  spielt. 

Ich  schreibe  unsere  Integralgleichung  in  der  Form 


27t^+fKad6=^N 


mit  dem  Kerne  K-^  ich  führe  einen  unbestimmten  Parameter  X  ein  und 
betrachte  die  allgemeine  Gleichung 


27t  ^  +  lfK^:da=N. 


Das  erste  Glied  hängt  von  zwei  Unbestimmten  X  und  w  ab.  Wenn 
man  die  gewöhnliche  Fredholmsche  Methode  anwendet,  so  erhält 
man  die  Lösung  unserer  obigen  Integralgleichung  in  Gestalt  einer 
meromorphen  Funktion  von  A,  deren  Nenner  eine  ganze  Funktion 
von  k  ist.  Man  kann  nun  zeigen,  daß  dieser  Nenner  auch  eine  ganze 
Funktion  von  w  wird,  sodaß  also  auch  hier  unsere  ausgezeichneten 
Werte  co  sich  als  NuUsteUen  einer  ganzen  transzendenten  Funktion 
ergeben. 

Wir  woUen  aber  jetzt  das  größere  Problem  der  Beugung  aus- 
führlicher behandeln. 

Nehmen  wir  zu  diesem  Ende  an,  daß  der  innere  Leiter  eine 
Kugel,  die  Erdkugel,  vom  Radius  q  ist  und  das  äußere  Feld  (dessen 
normale  Komponente  JV  bedeutet)  von  einem  punktförmigen  Erreger  S 
herrührt,  dessen  Entfernung  B  vom  Mittelpunkt  0  der  Erde  nur  sehr 


Anwendung  der  Integralgleichungen  auf  Hertzsche  Wellen. 


27 


wenig  größer  ist  als  der  Radius  q.  Wir  wählen  die  Richtung  OS 
zur  ^- Achse  und  bezeichnen  die  Abweichung  der  Richtung  OM,  in 
der  M  einen  variabeln  Punkt  der  Kugel- 
oberfläche bedeutet,  von  OS  mit  cp.  Die 
Bedeutung  von  0-,  |,  (p']  r,  /  ist  aus  der 
Figur  ersichtlich: 

0M  =  03I'  =  OM,  =   Q, 

OS    =  D, 

SM  =    r, 

SM'  =  r. 
Der  Wert  der  normalen  Ableitung  N 
des   äußeren  Feldes  berechnet    sich    im 
Punkte  M,    wie    leicht  zu  sehen,   nach 
der  Formel 

47t N  =  e''"(^-'-)  [^  sin-a-  sing  +  (72  +  ^coV)  '  ^™'^  ^^^^  "^  ^  cos^  cos  J)]  • 

Da  w  eine  sehr  große  Zahl  ist  —  denn  die  Länge  der  Hertz  sehen 
Wellen  ist  klein  gegenüber  dem  Radius  der  Erde  —  genügt  es 
meistens,  in  dieser  Formel  nur  das  erste  Glied,  das  in  der  eckigen 
Klammer  auftritt,  beizubehalten. 

Im    vorhergehenden    haben    wir    die   Gleichung   der  Hertz  sehen 
Wellen  auf  die  Form 

27t^  =fii'Kd0'  +  N 

gebracht  und  haben  gezeigt,  wie  der  Kern  K  berechnet  werden  kann. 
Entwickeln  wir  jetzt  N  und  K  nach  Kugelfunktionen  oder  vielmehr, 
da  unser  Problem  die  Symmetrie  eines  Rotationskörpers  mit  der 
Achse  OS  besitzt,  nach  Legendreschen  Polynomen  P^,  so  gewinnen 
wir  aus  dieser  Integralgleichung  die  elektrische  Flächendichte  ^  gleich- 
falls unter  der  Form  einer  nach  den  Funktionen  P^  fortschreitenden 
Reihe.     Es  gilt  zunächst 


2n  +  l 


K^  ist  von  der  Form 


^nJ'n  («  Q) 


WO  Ä^  eine  nur  von  n,  nicht  aber  von  q  abhängige  Zahl  ist,  und  e7,, 
eine  mit  der  B  es  sei  sehen  verwandte  Funktion  bedeutet. 

Wir    verstehen   nämlich   unter  J^ipo)   die   in   der  Umgebung  von 
x  =  0  holomorphe  Lösung  der  Gleichung 

dx^^^^V  x' 


^^+.(1-'^"^-^)  =  «' 


28  Dritter  Vortrag. 


und  2„(^)  sei  dasjenige  Integral  derselben  Gleichung,  welches  sich 
für  große  positive  Werte  von  x  angenähert  wie  e~^^  verhält.  Da  J^, 
I^  von  einander  unabhängig  sind,  können  wir  außerdem  dafür  sorgen,  daß 

ist,  wenn  unter  J"^/,  I^'  die  Ableitungen  von  J^,  I^  verstanden  werden. 
Die  Lösung  unserer  Integralgleichung  lautet  jetzt 

Da  aber  auch  der  Ausdruck  von  K^  im  Zähler  J^((dq)  als  Faktor 
enthält,  und  sich  infolgedessen  dieser  Term  J^((dq)  heraushebt,  ist 

die  für  die  Eigenschivingungen  charakteristische  Gleichung. 

Um  zu  übersichtlichen  Resultaten  zu  gelangen,  benutzen  wir  an- 
genäherte Formeln.  Diese  beruhen  darauf,  daß  co  sehr  groß,  anderer- 
seits aber 1    sehr    klein   ist.     Wir   stützen   uns   auf  die   folgende 

Q 

Näherunssformel 


Jrie'''^  dx  =  Yie^y  ^^„  e' 


6,  7]  sind  gegebene  Funktionen  von  x,  co  eine  sehr  große  Zahl.  6''  be- 
deutet die  zweite  Ableitung  von  ö,  und  auf  der  rechten  Seite  ist  als 
Argument  ein  solcher  Wert  einzusetzen,  für  den  0  ein  Maximum  oder 
Minimum  besitzt;  je  nachdem  der  eine  oder  der  andere  Fall  vorliegt, 

ist  in  dem  Faktor  e  *  das  Zeichen  -f  oder  das  Zeichen  —  zu  nehmen. 
Hat  6  in  dem  Intervall,  über  welches  zu  integrieren  ist,  mehrere 
Maxima  oder  Minima,  so  ist  der  Ausdruck  rechts  durch  eine  Summe 
analog  gebildeter  Terme  zu  ersetzen. 

Durch  Anwendung  dieser  Formel  bekommen  wir  für  die  Le- 
gendreschen Polynome  P^{gos^)  die  folgenden,  für  große  n  gültigen 
angenäherten  Ausdrücke: 

P„  =  21/^4^- cos (»9, +  !-')• 

^  r    nsmcp  \    ^     '     2        4/ 

Aus  ihnen  folgt  für  die  K^,  falls  n<,coQ, 

"         SrYn  ^yDg  coad-coaiy     "? 

Dabei  ist 

cc  =  ncp  —cor  i-  ^  —  -, 
a  =  ncp  —cor-\-~ 


Anwendung  der  Integralgleichungen  auf  Hertzsche  Wellen.  29 

gesetzt^  und  für  i,  ^,  (py  q^',  r,  r  sind  die  aus  der  Figur  zu  ent- 
nehmenden Werte  einzusetzen,  für  welche 

wird.  Die  gleiche  Näherungsformel  gilt  auch  für  n'^OQ,  falls  in  der 
eckigen  Klammer  e'^  +  ß*"  durch  e'"  oder  e""'  ersetzt  wird;  die  Dis- 
kussion darüber,  welches  der  beiden  Glieder  beizubehalten  ist,  will 
ich  hier  nicht  geben. 

Auch  um  I^J^  angenähert  zu  berechnen,  müssen  wir  die  beiden 
Fälle  n<.GiQ  und  ny-cnQ  unterscheiden.     Im  ersten  Falle  ist 

^   a-a'  cc  —  a 

lnJ^n  =  ^        2       -COS        ^—y 

im  zweiten 


zu  setzen.  Daraus  ergibt  sich,  daß  sowohl  für  n<C(DQ  als  auch  für 
w  >  (D  ^  und  große  n 

gilt.  In  der  Summe,  durch  welche  wir  \l  dargestellt  haben,  geben 
demnach  diejenigen  Glieder,  für  welche  nahezu  n  =  co  ist,  den  Aus- 
schlag.    Für  diese  gilt  näherungs weise 

1  =  1      und      r  =  y27Z>. 

Da    ferner    wegen    der    Kleinheit   von    1    der   Winkel  op    immer 

...  ^ 

nahezu  =  0   bleibt,    variiert  a   als   Funktion   von   n   nur   sehr  wenig, 

wenn  n  auf  die  dem  Werte  n  =  (o  benachbarten  ganzen  Zahlen  be- 
schränkt wird.  Wir  dürfen  also,  wenn  wir  noch  die  Längeneinheit 
so  gewählt  denken,  daß  q  =  \  ist,  schreiben 

\L^c  y^'—j-^^-   ^— .  — =r=(cosMi^+  :  — -7)' 

.^      |/cos^coö|        ^/sino/;  V  ^    '    2       4/ 

Dabei  ist  \i  der  Wert  der  elektrischen  Oberflächendichte  im  Punkte  M^ 
(s.  die  Figur). 
Aus 


sinS  =  ^,  sin^^-"^;  cos|  =  ]/l-^,  cos^=]/l 


D^o)^ 


1)  Der  Ausdruck  von  ^  kann  auch  auf  eine  einfachere  Form  zurückgeführt 
werden,  nämlich 

und  diese  Formel  ist  nicht  eine  angenäherte,  sondern  eine  strenge. 


30  Dritter  Vortrag. 


bekommen  wir 

n      /  n   yA,/jy 
ein  ^  (sin -9-)'/^  co      \coD)      ^  ■}/( 


}/co8'9'COs|        -iV/     .   »^\  /.    I     ^  \      yco  — n  . -^«(D  — 1)     -jV         ca  — n 

sodaß    in    der   Nähe   von    n  =  co    der   linke   Ausdruck   von   derselben 
Größenordnung  ist  wie 


Führen  wir  diese  Annäherung  in  unsere  Formel  für  ^  ein  und  ersetzen 

cos  (mj^  +  y~~t)  z^Ji'^c^sfc  durch  e^  ^  ^/,  so  kommen  wir  auf 
die  Reihe 

■j/sini/;  •  yn^^l     ^  yn  —  co 
Sehreiben  wir 

^yn-co 
so  können  wir 

i  Se~^'^'^ d(o  {y  ganzzahlig) 

als  einen  Mittelwert  der  Reihe  S  betrachten,  und  ich  will  S  durch 
diesen  Mittelwert  ersetzen.  Ein  solches  Verfahren  ist  gewiß  berech- 
tigt, wenn  es  uns  nur  daran  liegt,  die  Größenordnung  von  S  fest- 
zustellen, umsomehr  als  in  Wirklicheit  von  einer  Antenne  nicht  bloß 
Schwingungen  einer  einzigen  Wellenlänge,  sondern  ein  ganzes  kon- 
tinuierliches Spektrum  von  Schwingungen  ausgeht.     Wir  erhalten 

r  +  l 


(«) 


im    we- 


17=  dq 

-00      V« 

sentlichen  übereinstimmen. 


Anwendung  der  Integralgleichungen  auf  Hertzsche  Wellen.  31 


Auf  ähnliclie  Weise  zeigt  man,  daß  der  Mittelwert  von 

■in\p 


2 


t/w  —  (O 

gegen  den  von  S  zu  vemachlässigen  ist.     Damit  gewinnen   wir  das 
Resultat,  daß 

/i  von  der  Größenordnung 


fi) 


und  also 


M- 


ist.  Die  Beugung  ist  daher  um  so  größer,  je  näher  die  Quelle  S  der 
Erdoberfläche  gelegen  ist  und  je  länger  die  entsendeten  Wellen  sind. 
Auf  diese  Weise  wird  die  zunächst  staunenerregende  Tatsache  ver- 
ständlich, daß  es  mit  Hilfe  der  in  der  drahtlosen  Telegraphie  ver- 
wendeten Hertzschen  Wellen  gelingt,  vom  europäischen  Kontinent 
z.  B.  bis  nach  Amerika  zu  telegraphieren. 

Wenn  man  nicht  den  mittleren  Wert  der  Reihe  betrachten  will, 
welcher  von  einem  Integral  dargestellt  wird,  sondern  den  wirklichen 
Wert  dieser  Reihe,  so  hat  man  eine  Diskussion  durchzuführen,  welche 
auf  einem  wohlbekannten  Ab  eischen  Satz  beruht,  und  deren  Resultate 
etwas  komplizierter,   aber   sonst  ganz   ähnlich   den  vorliegenden  sind. 

Note.  Je  me  suis  aper9u  que  les  dernieres  conclusions  doivent  etre  modi- 
fiees.  Les  formules  approchees  dont  j'ai  fait  usage  ne  sont  plus  vraies  lorsque  n 
est  tres  voisin  de  oo  q.  Elles  doivent  etre  alors  remplacees  par  d'autres,  oü  figure 
une  transcendante  entiere  satisfaisant  ä  l'equation  differentielle 

y"  =  ^2/- 
Mais  les  termes  qui  doivent  etre  ainsi  modifies  sont  en  petit  nombre  et 
j'avais  cru  d'abord  que  le  resultat  final  n'en  serait  pas  modifie.  Un  examen 
plus  approfondi  m'a  montre  qu'il  n'en  est  rien.  La  somme  des  termes  modifies 
est  comparable  ä  celle  des  autres  termes  dont  j'avais  tenu  compte  et  qui  est 
donne'e  par  la  formule  precedente;  il  en  resulte  une  compensation  presque 
complete  de  sorte  que  la  valeur  de  ft  donnee  par  les  formules  definitives  est 
notablement  plus  petite  que  celle  qui  resulterait  des  formules  precedentes. 


VIERTER  VORTRAG 

ÜBER  DIE 
REDUKTION  DER  ABELSCHEN  INTEGRALE 

UND  DIE 
THEORIE  DER  FÜCHSSCHEN  FUNKTIONEN 


Meine  Herren!  Icli  habe  die  Absicht,  Ihnen  heute  über  die 
Reduktion  der  Ab  eischen  Integrale  im  Zusammenhang  mit  der  Theorie 
der  automorphen  und  insbesondere  der  Fuchs  sehen  Funktionen  vor- 
zutragen. 

Ein  System  von  Ab  eischen  Funktionen  von  p  Variabein  und 
2p  Perioden  heißt  redumhel,  wenn  es  sich  auf  ein  System  von  q  Varia- 
bein und  2q  Perioden  (q<Cp)  zurückführen  läßt.  Hierbei  ist  es  von 
vornherein  von  Wichtigkeit,  zwei  Fälle  zu  unterscheiden: 

Im  ersten  Falle  soll  es  möglich  sein,  das  System  S  Abel  scher 
Funktionen  von  p  Variabein  durch  eine  algebraische  Kurve  C  vom 
Gescblechte  p  zu  erzeugen.  Ebenso  soll  das  System  S'  von  q  Varia- 
bein aus  der  Theorie  eines  algebraischen  Gebildes  vom  Geschlechte  q 
entspringen. 

Dieser  unser  erste  Fall  ist  aber  bekanntlich  nicht  der  allgemeine; 
denn   die   Kurve  C  hängt  nur  von   3p  —  3    Konstanten   ab,   während 

die    allgemeinen    Ab  eischen    Funktionen    von    p  Variabein  ^^^^ 

Parameter  enthalten.  Dadurch  ist  der  zweite  der  beiden  Fälle  ge- 
geben, die  wir  unterscheiden.  In  diesem  Falle  nämlich  soll  minde- 
stens eines  der  beiden  Systeme  S,  S'  nicht  aus  der  Theorie  der  alge- 
braischen Gebilde  entspringen. 

In  meinem  heutigen  Vortrag  will  ich  mich  durchaus  auf  den 
erstgenannten  Fall  beschränken.  Aber  auch  dann  muß  ich  noch  zwei 
Fälle  unterscheiden.  Wir  knüpfen  nämlich  unsere  Betrachtungen  an 
die  beiden  algebraischen  Kurven  G  und  C  an.  Im  Falle  der  Redu- 
zibilität  besteht  zwischen  beiden  eine  algebraische  Korrespondenz. 
Die  Beschaffenheit  derselben  liegt  der  in  Aussicht  gestellten  Fall- 
unterscheidung zugrunde. 

Der  erste  Fall  ist  der  folgende.  Vermöge  der  Korrespondenz  ist 
jedem  Punkte  M  von  C  ein  und  nur  ein  Punkt  M'  von  C  zu- 
geordnet, während  umgekehrt  jedem  Punkte  von  C  n  Punkte  von  C 
entsprechen.  Ich  nenne  dann  n  die  cliaraMeristische  Zahl  der  Korre- 
spondenz und  sage,  C  ist  eine  vielfache  Kurve  von  C\ 

Der  eben  genannte  erste  Fall  ist  aber  nicht  der  allgemeine.  Das 
ist  vielmehr  der  nun  folgende  zweite.  Hier  nämlich  besteht  die 
Korrespondenz  nicht  zwischen  einzelnen  Punkten  M  und  il/',  sondern 
zwischen  Systemen  von  Punkten  31^,  . . .,  M^,  von  C  mit  den  Koordi- 
naten x^,y^'.,  .  .  .;  x^,y^,  und  2I[,  .  .  .,MJ  von  C  mit  den  Koordinaten 

3* 


36 


Vierter  Vortrag. 


^lyVi't  '  •  -'^^viV'-  Jedem  System  auf  C  soll  dabei  ein  und  nur  ein 
System  auf  C  entsprechen^  während  umgekehrt  einem  System  auf 
C  im  allgemeinen  mehrere  Systeme  auf  C  zugeordnet  sind.  Ich  sage 
dann,   C  ist  eine  pseudovielfaclie  Kurve  von  C\ 

Im  erstgenannten  Falle  sind  x  und  ij  rationale  Funktionen  von  x  und 
y,  während  im  zweiten  nur  geschlossen  werden  kann,  daß  jede  rationale 
und  symmetrische  Funktion  der  {x^y^\  . . .,  x^!y^,)  eine  rationale  Funk- 
tion der  {x^y^,  .. .,  x^.y^)  ist.  Es  ist  leicht  zu  sehen,  daß  jede  Kurve  C, 
die  eine  vielfache  von  C  ist,  auch  eine  pseudo vielfache  der  Kurve  C 
ist.  Umgekehrt  aber  habe  ich  mehrere  Beispiele  bilden  können  dafür, 
daß  nicht  jede  pseudovielfache  Kurve  von  C  auch  eine  vielfache  von 
C  ist.  Ich  will  jedoch  hier  nicht  näher  darauf  eingehen,  zumal  da 
sich  meine  folgenden  Darleguno^en  durchaus  an  den  ersten  Fall  an- 
schließen  werden. 

Im  Falle  der  Reduzibilität  unserer  Integrale  ist  es  möglich,  ihre 
Periodentabelle  auf  eine  besondere  Normalform  zu  bringen.  Die  fol- 
genden beiden  Beispiele  mögen  eine  Anschauung  von  der  Beschaffen- 
heit derselben  geben. 

1)  ^  =  1;  ^  =  3.  Die  Periodentabelle  kann  auf  die  folgende 
Form  gebracht  werden: 


21%       0 


0 


2  iTt 


0 


0       2i7t       0 


2/7r 


0 

2)  g  =  2;  p  =  4. 

2i%       0 

0  2i7t 
0         0 
0         0 


0       2i7t       0         h         c. 
Die  normierten  Perioden  sind  hier 


0 
0 

2i7C 
0 


0 
0 
0 

2i7t 


h 

0 

2i% 
a 

c 

27ti 
1^ 

0 

2  7ti 
aß 

a 

6' 

0 

V 

c  . 

Die  Zahlen  a,  ß  bedeuten  in  beiden  Tabellen  ganze  rationale 
Zahlen. 

Ich  definiere  nun  noch  eine  zweite  charakteristiscJie  Zahl  z.  Sie 
gibt  die  Ordnung  der  Thetafunktion  von  q  Variabein  an,  in  die  eine 
Thetafunktion  erster  Ordnung  von  p  Variabein  im  Falle  der  Reduzi- 
bilität transformiert  werden  kann.  Im  ersten  Beispiel  ist  k  =  a,  im 
zweiten  %  ^  aß.  Die  leiden  charaJder istischen  Zahlen  n  und  %  sind 
nun  immer  einander  gleich.  Ich  habe  zwei  Beweise  für  diesen  Satz 
gefunden,   die   ich  jetzt   in   ihren  Grundzügen   auseinandersetzen  will. 


Die  Reduktion  d.  Abelschen  Integrale  u.  die  Theorie  d.  Fuchsschen  Funktionen.  37 

Erster  Beweis.  Seien  Jf  und  M'  zwei  Abel  sehe  Integrale  erster^ 
zweiter  oder  dritter  Gattung  der  Kurve  C.  Ich  denke  mir  die  zu- 
gehörige Rie  mann  sehe  Fläche  irgendwie  längs  2p  von  einem  Punkte 
ausgehenden  nichtzerstückenden  Rückkehr  schnitten  kanonisch  auf- 
geschnitten.   Dann  mögen  M  und  M'  die  folgenden  Perioden  besitzen: 

Ich   muß   nun   eine    charakteristische  fundamentale  Bilinearform   defi- 
nieren.    Ich  setze  nämlich: 


F(x,ij)=fMdM', 


wo  das  Integral  längs  der  ganzen  Kontur  der  Zerschneidung  erstreckt 
werden  soll.  Wenn  x,  y  Normalperioden  sind,  so  nimmt  F{x,  y)  die 
folgende  Form  an: 

p 

F{X,  y)  =  ^-  (^2.-12/2.  -  ^2y.y2y.-l)- 

1 

Nehme  ich  an,  es  sei  M  eines  der  reduziblen  Integi'ale,  dann  drücken 
sich  seine  2p  Perioden  ganzzahlig  und  linear  durch  nur  2q  Perioden 
co^,  .  .  .,  fög^  aus.     Ich  habe  also  dann: 

27 


y.  =  ^'  ^h.j^J  (^  =  1;  2,  .  .  .,  2p), 


1 


wo  die  m^  ganze  rationale  Zahlen  bedeuten.  Wenn  nun  M  und  M' 
Integrale  erster  Gattung  sind,  dann  ist  bekanntlich 

F(x,  y)  =  0. 

Wenn  man  in  diese  Gleichung  die  Ausdrücke  der  x  durch  die  co  ein- 
setzt, so  bekommt  man  eine  bilineare  Gleichung  zwischen  den  y  und 
io,  die  in  der  folgenden  Form  geschrieben  werden  kann: 


1 


Seien  nun  u^,  . . .,  u^p  linear  unabhängige  Integrale  erster  Gattung 
von  C.     Dann  können  wir  setzen: 

U  =  /ij  K^  +  ^2'^h  H h  ^p^(^p 

Die   vorläufig  noch   unbestimmten  Koeffizienten  a    sollen  nun  so  be- 
stimmt werden,  daß  sie  den  2q  linearen  Gleichungen: 

Äy  =  0  .ij=l,2,...,2q) 


38  Vierter  Vortrag. 


genügen.  Wenn  man  dann  noch  beachtet^  daß  diese  2q  Gleichungen 
nicht  linear  unabhängig  sind,  sondern  daß  zwischen  ihnen  g  Relationen 

J'ä;»,  =  0 

bestehen,  so  ist  leicht  zu  erkennen,  daß  auch  31^  reduzierbar  ist,  und 
daß,  so  wie  Jf  einer  Schar  von  q  reduziblen  Integralen  angehört,  auch 
M'  ein  Element  einer  (^j  — ^)fach  unendlichen  linearen  Schar  von  redu- 
ziblen Integralen  ist.     Doch  dies  nur  nebenbei. 

Ich  bemerke  nun,  daß  H^  eine  lineare  Funktion  der  y.^  ist,  so- 
daß  ich  schreiben  kann: 

2p 

Hj  =  ^\,y,  fi=l,2,...,2g), 

1 

wo  die  h.^  ganze  rationale  Zahlen  sind.  Aus  den  m^.^  und  den  //^.^ 
kann  ich  nun  zwei  Tabellen  von  je  2q  Kolonnen  und  2p  Zeilen 
bilden.  Aus  beiden  kann  ich  gewisse  g-reihige  Determinanten  bilden. 
Ich  bezeichne  die  der  m  mit  D  und  die  aus  denselben  Zeilen  der  h 
gebildete  mit  D'.     Dann  setze  ich 

J=  ^DD'. 

J  ist  nun  in  dem  folgenden  Sinne  eine  invariante  Zahl:  Sie  bleibt 
ungeändert,  wenn  man  irgendeines  der  Periodensysteme  x  oder  a 
durch  ein  äquivalentes  ersetzt.  Dabei  heißen  zwei  Periodensysteme 
äquivalent,  wenn  sie  sich  ganzzahlig  und  linear  durcheinander  aus- 
drücken lassen.     Man  kann  nun  einerseits  beweisen,  daß 

andererseits  aber,  daß 

J=n\ 

Daraus  kann  man  folgern,  daß 

X  =  n. 

Das  ist  der  erste  Beweis.     Der  nun  folgende 

Zweite  Beweis  ist  wesentlich  kürzer.  Er  beruht  auf  dem  Ver- 
gleich der  zu  S  und  S'  gehörigen  Bilinearformen  F(x,ij)  und  0((y,  w'). 
Man  hat  nämlich  einerseits 

F{x,y)  =  n0(cD,  cd'), 
andererseits 

Daraus  schließt  man 

K  =  n. 

Ich  komme  nun  zum  Zusammenhang  der  MeduJäionstheorie  mit 
der  Theorie  der  Fuchs  sehen  FunJdioiten. 

Bekanntlich  definiert  jede  algebraische  Kurve  C  ein  System  von 
Fuchs  sehen   Funktionen.     Nun   kann   man   die   Tatsache,   daß   C  ein 


Die  Reduktion  d.  Abelschen  Integrale  u.  die  Theorie  d.  Fuchsschen  Funktionen.  39 


Vielfaches  von  C  ist,  auch  folgendermaßen  ausdrücken.  Es  ist 
immer  auf  mannigfache  Weise  möglich,  der  Kurve  C  eine  Grenz- 
kreisgruppe G'  und  C  eine  ebensolche  Gruppe  G  zuzuordnen,  sodaß 
G  eine  Untergruppe  von  G'  ist.  Ist  im  besonderen  G  ein  n-faches 
von  C,  dann  ist  G  eine  Untergruppe  vom  Index  n  von  G'.  Man 
erhält  daher  einen  Fundamentalbereich  von  G  dadurch,  daß  man 
n  geeignet  gewählte  Fundamentalbereiche  von  G',  die  durch  die  Opera- 
tionen von  G'  auseinander  hervorgehen,  aneinander  lagert.  Das  Poly- 
gon P  von  G  erscheint  dann  in  n  Polygone  P' {ß)  eingeteilt,  die 
einem  Polygon  P'  von  G'  im  Sinne  der  nichteuklidischen  Geometrie 
kongruent  sind. 

Ich  bezeichne  die  Seiten  des  Polygons  P'  mit  yicc)  und  die  homo- 
logen Seiten  von  P' {ß)  mit  y{a,ß).  Die  Seiten  ^(a, /3)  liegen  ent- 
weder im  Innern  oder  auf  dem  Rande  von  P.  Ich  nehme  nun  an, 
die  Seite  y{cc)  gehe  aus  y{(x)  vermöge  einer  Operation  von  G'  hervor. 
Wenn  nun  y  (a,  ß)  auf  dem  Rande  von  P  liegt,  dann  gibt  es  eine 
weitere  Seite  yicCjß')  auf  diesem  Rande,  die  mit  y{a,ß)  vermöge 
einer  Operation  von  G  konjugiert  ist.  Wenn  jedoch  y  («,  ß)  im  Innern 
von  P  liegt,  so  existiert  eine  derartige  von  y  («,  ß)  verschiedene  Seite 
nicht,  sondern  es  fallen  y(a,  ß)  und  y(a,ß')  zusammen  und  bilden 
die  gemeinsame  Seite  von  P\ß)  und  P\ß').  Aber  wie  dem  auch 
sei,  jedenfalls  entspricht  jeder  Seite  y{a)  von  P'  eine  Permutation  der 
n  Ziffern  1,  2,  .  .  .,  n. 

Eine  der  eben  durchgeführten  ganz  ähnliche  Betrachtung  können 
wir  auch  für  die  Echen  von  P'  anstellen.  So  wie  wir  nämlich  die 
Seiten  in  Paare  zusammenfaßten,  so  können  wir  die  Ecken  in  Zyklen 
einteilen,  so  daß  die  Ecken  eines  Zyklus  auseinander  durch  die  Opera- 
tionen von  G'  hervorgehen.  Jedem  solchen  Zyklus  kann  wieder  eine 
bestimmte  Vertauschung  der  n  Ziffern  1,  2,  ...,w  zugeordnet  werden, 
die  sich  aus  den  den  Seiten  zugeordneten  gewinnen  läßt.  Ich  nehme 
nun  an,  es  habe  P  2N  Seiten  und  Q  Eckenzyklen.  2N'  und  Q' 
soUen  die  gleiche  Bedeutung  für  P'  haben.  Die  einem  Eckenzyklus 
von  P'  entsprechende  Permutation  läßt  sich  in  zyklische  Permutationen 
zerlegen.  Bei  allen  Eckenzyklen  mögen  dabei  im  ganzen  X^  zyklische 
Permutationen  von  gerade  i  Ziffern  vorkommen.  Dann  bestehen  die 
folgenden  Relationen: 

2p  =  N  -Q  +  l, 

2q='N'-Q-+l, 
Q  +  2p-2  =  n(Q'+2q-2), 
n{Q'-Q)  =  2(p-l)-2n{q-l), 

2iK  =  »Q'- 


40 


Vierter  Vortrag. 


Die  bisher  gegebenen  allgemeinen  Betrachtungen  setzen  uns  nun 
instand,  eine  Reihe  schöner  und  wichtiger  Sätze  übet'  die  nichteuldi- 
discJie  Geometrie  der  Kreisbogenpolygonej  soivie  über  die  Geometrie  der 
algebraischen  Kurven  abzuleiten.  Ich  will  im  folgenden  einige  Bei- 
spiele solcher  Sätze  anführen^  ohne  mich  des  näheren  auf  Beweise 
einzulassen,  deren  Grundzüge  übrigens  im  vorstehenden  enthalten  sind. 

i)  p  =  3,  q  =  2,  n  =  2,  m  =  m'  =  A. 

Mit  m  und  m'  sind  dabei  die  Ordnungen  der  Kurven  C  und  C 
bezeichnet.  C  hat  keinen  Doppelpunkt,  C  hat  einen  Doppelpunkt. 
Von  den  28  Doppeltangenten  von  C  gehen  sechs  durch  einen  Punkt 
außerhalb  der  Kurve. 

2)  p  =  4c,  q  =  2,  n  =  2,  m  =  4,  m'  =  5. 

C  hat  zwei  Doppelpunkte,  C  nur  einen.  Setzt  man  die  Differen- 
tiale der  reduziblen  Integrale  erster  Gattung  gleich  Null,  so  erhält  man 
ein  Kegelschnittbüschel,  dessen  vier  Basispunkte  von  den  beiden  Doppel- 
punkten von  C  und  zwei  weiteren  Punkten  derselben  Kurve  gebildet 
werden.  Sechs  dieser  Kegelschnitte  berühren  C  doppelt.  Derjenige 
derselben,  der  C  in  einem  Basispunkte  berührt,  oskuliert  daselbst. 

A  B  A  A  B  Ä 


3)  p  =  2,  5  =  1,  n  =  2. 

Die  Kurve  C  ist  ein  Vielfaches  von  sivei  verschiedenen  Kurven  C 
und  C".  Es  existiert  eine  Fuchs  sehe  Gruppe  G,  zu  der  man  sowohl 
ein  erstes  Polygon  P^  konstruieren  kann,  das  aus  zwei  Polygonen 
einer  zu  C  gehörigen  Gruppe  G'  besteht,  als  auch  ein  zweites  Poly- 


Die  Reduktion  d.  Abelschen  Integrale  u.  die  Theorie  d.  Fuchsschen  Funktionen.  41 


gon  Pg,  das  aus  zwei  Polygonen  einer  zu  C"  gehörigen  Gruppe  G" 
besteht.  G  ist  also  sowohl  in  G'  als  in  6r"  als  Untergruppe  vom 
Index  2  enthalten.  Die  nebenstehende  schematische  Figur  möge  zur  Yer- 
anschaulichung  der  Verhältnisse  dienen.  Die  beiden  eben  erwähnten 
Fundamentalbereiche  P^  und  Pg  von  G  sind  durch  die  Polygone  mit 
den  Ecken  Ä  bzw.  C  dargestellt.  Jedes  derselben  zerfällt  in  zwei 
Secksecke,  die  bzw.  Fundamentalbereiche  von  G'  oder  G"  sind.  Um 
die  Äquivalenz  von  P^  und  Pg  besser  hervortreten  zu  lassen^  sind 
die  Symmetriezentren  der  erwähnten  Sechsecke  mit  den  Seitenmitten 
verbunden,  sodaß  alle  Polygone  sich  in  leicht  ersichtlicher  Weise  aus 
den  so  entstehenden  Vierecken  aufbauen. 

Ich  gehe  nun  zu  den  Sätzen  aus  der  Geometrie  der  algebraischen 
Kurven  über,  die  uns  dieses  Beispiel  lehrt.  Wenn  ich  auf  C  einen 
Punkt  M'  markiere,  so  entsprechen  diesem  zwei  Punkte  M^  und  M^ 
auf  C.  Jedem  von  diesen  entspricht  ein  Punkt  von  C" :  MJ',  M^\ 
Es  entsprechen  also  im  allgemeinen  jedem  Punkte  von  C  zwei  Punkte 
von  C".  Ebenso  kann  man  schließen,  daß  im  allgemeinen  jedem 
Punkte  von  C"  zwei  Punkte  von  C  entsprechen.  Die  Korrespon- 
denz (C,  C)  hat  aber  zwei  Verzweigungspunkte  M^,  M^.  Jedem 
von  ihnen  entspricht  also  nur  ein  Punkt  von  G  und  also  auch  nur 
ein  Punkt  von  G" :  M^\  M^'.  Ebenso  hat  die  Korrespondenz  (G",  G) 
zwei  Verzweigungspunkte  N^\  N^'.  Jedem  von  ihnen  ist  nur  ein 
Punkt  von  C"  zugeordnet:  iV"/,  N^.  Wir  können  dann  den  ersten 
Satz,  den  wir  anführen  wollen,  so  aussprechen: 

N^'  und  N2  einerseits  und  M^'  und  M^'  andererseits  fallen  zu- 
sammen. 

Ich  gehe  zum  zweiten  Satz  über,  der  sich  ergibt,  wenn  man  C 
und  C"  als  Kurven  dritter  Ordnung  voraussetzt. 

Ich  Mnn  in  JV/  -=  ^2'  ^^^^  Tangente  an  G'  ziehen.  Ich  verbinde 
ferner  M^  und  M^  durch  eine  Sekante.  Biese  beiden  Geraden  schneiden 
sich  auf  G\  Ebenso  Mnn  ich  in  M^'  =  M^'  die  Tangente  an  G" 
ziehen  und  mit  der  SeJiante  N^'^N^'  zum  Schnitt  bringen.  Der  Schnitt- 
punkt liegt  auf  G". 

Diese  wenigen  Beispiele  lassen  zur  Genüge  erkennen,  wie  zahl- 
reich die  besonderen  FäUe  sind. 


FÜNFTER  VORTRAG 

ÜBER  TRANSriNITE  ZAHLEN 


Meine  Herren!  Ich  will  heute  über  den  Begriff  der  transfiniten 
Kardinalzahl  vor  Ihnen  sprechen;  und  zwar  will  ich  zunächst  von  einem 
scheinbaren  Widerspruch  reden,  den  dieser  Begriff  enthält.  Dazu 
schicke  ich  folgendes  voraus:  meiner  Ansicht  nach  ist  ein  Gegenstand 
nur  dann  denkbar,  wenn  er  sich  mit  einer  endlichen  Anzahl  von  Worten 
definieren  läßt.  Einen  Gegenstand,  der  in  diesem  Sinne  endlich  de- 
finierbar ist,  will  ich  zur  Abkürzung  einfach  „definierbar"  nennen. 
Demnach  ist  also  ein  nicht  definierbarer  Gegenstand  auch  undenkbar. 
Desgleichen  will  ich  ein  Gesetz  „aussagbar"  nennen,  wenn  es  in  einer 
endlichen  Anzahl  von  Worten  ausgesagt  werden  kann. 

Herr  Richard  hat  nun  bewiesen,  daß  die  Gesamtheit  der  de- 
finierbaren Gegenstände  abzählbar  ist,  d.  h.  daß  die  Kardinalzahl  dieser 
Gesamtheit  i^^  ist.  Der  Beweis  ist  ganz  einfach:  sei  a  die  Anzahl 
der  Wörter  des  Wörterbuches,  dann  kann  man  mit  n  Wörtern  höch- 
stens a"^  Gegenstände  definieren.  Läßt  man  nun  n  über  aUe  Grenzen 
wachsen,  so  sieht  man,  daß  man  nie  über  eine  abzählbare  Gesamtheit 
hinauskommt.  Die  Mächtigkeit  der  Menge  der  denkbaren  Gegen- 
stände wäre  also  i^Q.  Herr  Schoen flies  hat  gegen  diesen  Beweis 
eingewandt,  daß  man  mit  einer  einzigen  Definition  mehrere,  ja  sogar 
unendlich  viele  Gegenstände  definieren  könne.  Als  Beispiel  führt  er 
die  Definition  der  konstanten  Funktionen  an,  deren  es  offenbar  unend- 
lich viele  gibt.  Dieser  Einwand  ist  deshalb  unzulässig,  weil  durch 
solche  Definitionen  gar  nicht  die  einzelnen  Gegenstände,  sondern  ihre 
Gesamtheit,  in  unserem  Beispiel  also  die  Menge  der  konstanten  Funk- 
tionen definiert  wird,  und  diese  ist  ein  einziger  Gegenstand.  Der  Ein- 
wand von  Herrn  Schoenflies  ist  also  nicht  stichhaltig. 

Nun  hat  bekanntlich  Cantor  bewiesen,  daß  das  Kontinuum  nicht 
abzählbar  ist;  dies  widerspricht  dem  Beweise  von  Richard.  Es  fragt 
sich  also,  welcher  von  beiden  Beweisen  richtig  ist.  Ich  behaupte,  sie 
sind  beide  richtig,  und  der  Widerspruch  ist  nur  ein  scheinbarer.  Zur 
Begründung  dieser  Behauptung  will  ich  einen  neuen  Beweis  für  den 
Cantor  sehen  Satz  geben:  Wir  nehmen  also  an,  es  sei  eine  Strecke 
AB  gegeben  und  ein  Gesetz,  durch  welches  jedem  Punkte  der  Strecke 
eine  ganze  Zahl  zugeordnet  wird.  Wir  wollen  der  Einfachheit  halber 
die  Punkte  durch  die  ihnen  zugeordneten  Zahlen  bezeichnen.  Wir 
teilen  nun  unsere  Strecke  durch  zwei  beliebige  Punkte  A^  und  A^  in 
drei  Teile,  die  wir  als  Unterstrecken  1.  Stufe  bezeichnen;  diese  teilen 
wir  wieder  in  je  drei  Teile  und  erhalten  Unterstrecken  2.  Stufe;  dieses 


46  Fünfter  Vortrag. 


Verfahren  denken  wir  uns  ins  Unendliche  fortgesetzt^  wobei  die  Länge 
der  ünterstrecken  unter  jede  Grenze  sinken  soll.  Der  Punkt  1  ge- 
hört nun  einer  oder  höchstens,  wenn  er  mit  Ä^  oder  A^  zusammen- 
fällt^ zweien  der  ünterstrecken  erster  Stufe  an,  es  gibt  also  sicher 
eine,  der  er  nicht  angehört.  Auf  dieser  suchen  wir  den  Punkt  mit 
der  niedrigsten  Nummer,  die  nun  mindestens  2  sein  muß,  auf.  Unter 
den  3  Unterstrecken  2.  Stufe,  die  zu  derjenigen  Strecke  1.  Stufe  ge- 
hören, auf  der  wir  uns  befinden,  ist  nun  wieder  mindestens  eine,  der 
der  zuletzt  betrachtete  Punkt  nicht  angehört.  Auf  dieser  setzen  wir 
das  Verfahren  fort  und  erhalten  so  eine  Folge  von  Strecken,  die  fol- 
gende Eigenschaften  hat:  jede  von  ihnen  ist  in  allen  vorhergehenden 
enthalten,  und  eine  Strecke  n^''''  Stufe  enthält  keinen  der  Punkte  1 
bis  n—  \.  Aus  der  ersten  Eigenschaft  folgt,  daß  es  mindestens  einen 
Punkt  geben  muß,  der  ihnen  allen  gemeinsam  ist;  aus  der  zweiten 
Eigenschaft  folgt  aber,  daß  die  Nummer  dieses  Punktes  größer  sein  muß 
als  jede  endliche  Zahl,  d.  h.  es  kann  ihm  keine  Zahl  zugeordnet  werden. 
Was  haben  wir  nun  zu  diesem  Beweise  vorausgesetzt?  Wir 
haben  ein  Gesetz  vorausgesetzt,  das  jedem  Punkte  der  Strecke  eine 
ganze  Zahl  zuordnet.  Dann  konnten  wir  einen  Punkt  definieren,  dem 
keine  ganze  Zahl  zugeordnet  ist.  In  dieser  Hinsicht  unterscheiden 
sich  die  verschiedenen  Beweise  dieses  Satzes  nicht.  Dazu  mußte  aber 
das  Gesetz  zuerst  feststehen.  Nach  Richard  müßte  anscheinend  ein 
solches  Gesetz  existieren,  aber  Cantor  hat  das  Gegenteil  bewiesen. 
Wie  kommen  wir  aus  diesem  Dilemma  heraus?  Fragen  wir  einmal 
nach  der  Bedeutung  des  Wortes  „definierbar".  Wir  nehmen  die  Tafel 
aller  endlichen  Sätze  und  streichen  daraus  alle  diejenigen,  die  keinen 
Punkt  definieren.  Die  Übrigbleibenden  ordnen  wir  den  ganzen  Zahlen 
zu.  Wenn  wir  jetzt  die  Durchmusterung  der  Tafel  von  neuem  vor- 
nehmen, so  wird  es  sich  im  allgemeinen  zeigen,  daß  wir  jetzt  einige 
Sätze  stehen  lassen  müssen,  die  wir  vorher  gestrichen  haben.  Denn 
die  Sätze,  in  welchen  man  von  dem  Zuordnungsgesetz  selbst  sprach, 
hatten  früher  keine  Bedeutung,  da  die  Punkte  den  ganzen  Zahlen 
noch  nicht  zugeordnet  waren  Diese  Sätze  haben  jetzt  eine  Bedeutung, 
und  müssen  in  unserer  Tafel  bleiben.  Würden  wir  jetzt  ein  neues 
Zuordnungsgesetz  aufstellen,  so  würde  sich  dieselbe  Schwierigkeit 
wiederholen  und  so  ad  infinitum.  Hierin  liegt  aber  die  Lösung  des 
scheinbaren  Widerspruchs  zwischen  Cantor  und  Richard.  Sei  Mq 
die  Menge  der  ganzen  Zahlen,  M^  die  Menge  der  nach  der  ersten 
Durchmusterung  der  Tafel  aller  endlichen  Sätze  definierbaren  Punkte 
unserer  Strecke,  G^  das  Gesetz  der  Zuordnung  zwischen  beiden  Mengen. 
Durch  dieses  Gesetz  kommt  eine  neue  Menge  M^  von  Punkten  als 
definierbar  hinzu.  Zu  M^-\- M^  gehört  aber  ein  neues  Gesetz  G^, 
dadurch  entsteht  eine  neue  Menge  M^  usw.    Richards  Beweis  lehrt 


über  transfinite  Zahlen,  47 


nun,  daß,  wo  ich  auch  das  Verfahren  abbreche,  immer  ein  Gesetz 
existiert,  während  Cantor  beweist,  daß  das  Verfahren  beliebig  weit  fort- 
gesetzt werden  kann.  Es  besteht  also  kein  Widerspruch  zwischen  beiden. 

Der  Schein  eines  solchen  rührt  daher,  daß  dem  Zuordnungs- 
gesetz von  Richard  eine  Eigenschaft  fehlt,  die  ich  mit  einem  von 
den  englischen  Philosophen  entlehnten  Ausdruck  als  „prädikativ^^  be- 
zeichne. (Bei  Russell,  dem  ich  das  Wort  entlehne,  ist  eine  Defini- 
tion zweier  Begriffe  Ä  und  Ä'  nicht  prädikativ,  wenn  A  in  der  De- 
finition von  Ä'  und  umgekehrt  vorkommt).  Ich  verstehe  darunter 
folgendes:  Jedes  Zuordnungsgesetz  setzt  eine  bestimmte  Klassifikation 
voraus.  Ich  nenne  nun  eine  Zuordnung  prädikativ,  wenn  die  zuge- 
hörige Klassifikation  prädikativ  ist.  Eine  Klassifikation  aber  nenne 
ich  prädikativ,  wenn  sie  durch  Einführung  ueuer  Elemente  nicht  ver- 
ändert wird.  Dies  ist  aber  bei  der  Richard  sehen  nicht  der  Fall, 
vielmehr  ändert  die  Einführung  des  Zuordnungsgesetzes  die  Einteilung 
der  Sätze  in  solche,  die  eine  Bedeutung  haben,  und  solche,  die  keine 
haben.  Was  hier  mit  dem  Wort  „prädikativ^^  gemeint  ist,  läßt  sich 
am  besten  an  einem  Beispiel  iUustriereu:  wenn  ich  eine  Menge  von 
Gegenständen  in  eine  Anzahl  von  Schachteln  einordnen  soU,  so  kann 
zweierlei  eintreten:  entweder  sind  die  bereits  eingeordneten  Gegen- 
stände endgültig  an  ihrem  Platze,  oder  ich  muß  jedesmal,  wenn  ich 
einen  neuen  Gegenstand  einordne,  die  anderen  oder  wenigstens  einen 
Teil  von  ihnen  wieder  herausnehmen.  Im  ersten  FaUe  nenne  ich  die 
Klassifikation  prädikativ,  im  zweiten  nicht.  Ein  gutes  Beispiel  für 
eine  nicht  prädikative  Definition  hat  Russell  gegeben:  A  sei  die 
kleinste  ganze  Zahl,  deren  Definition  mehr  als  hundert  deutsche  Worte 
erfordert.  A  muß  existieren,  da  man  mit  hundert  Worten  jedenfalls 
nur  eine  endliche  Anzahl  von  Zahlen  definieren  kann.  Die  Definition, 
die  wir  eben  von  dieser  Zahl  gegeben  haben,  enthält  aber  weniger 
als  hundert  Worte.    Und  die  Zahl  A  ist  also  definiert  als  undefinierbar. 

Zermelo  hat  nun  gegen  die  Verwerfung  der  nicht  prädikativen 
Definitionen  den  Einwand  erhoben,  daß  damit  auch  ein  großer  Teil  der 
Mathematik  hinfällig  würde,  z.  B.  der  Beweis  für  die  Existenz  einer 
Wurzel  einer  algebraischen  Gleichung. 

Dieser  Beweis  lautet  bekanntlich  folgendermaßen: 

Gegeben  ist  eine  Gleichung  F{x)  =  0.  Man  beweist  nun,  daß 
|jP(ä;)|  ein  Minimum  haben  muß;  sei  Xq  einer  der  Argument  werte,  für 
den  das  Minimum  eintritt,  also 

Daraus  folgt  dann  weiter,  daß  F(xq)  =  0  ist.  Hier  ist  nun  die  De- 
finition von  F(Xq)  nicht  prädikativ,  denn  dieser  Wert  hängt  ab  von 
der  Gesamtheit  der  Werte  von  F{x)j  zu  denen  er  selbst  gehört. 


48  Fünfter  Vortrag.     Über  transfinite  Zahlen. 

Die  Berechtigung  dieses  Einwandes  kann  ich  nicht  zugeben.  Man 
kann  den  Beweis  so  umformen,  daß  die  nicht  prädikative  Definition 
daraus  verschwindet.    Ich  betrachte  zu  diesem  Zwecke  die  Gesamtheit 

der  Argumente  von  der  Form  — X_-  ^  ^q  ^yi^  ^i^  p  ganze  Zahlen  sind. 

Dann  kann  ich  dieselben  Schlüsse  wie  vorher  ziehen,  aber  der  Argu- 
mentwert^  für  den  das  Minimum  von  |  F(x)  eintritt,  gehört  im  all- 
gemeinen nicht  zu  den  betrachteten.  Dadurch  ist  der  Zirkel  im  Be- 
weise vermieden.  Man  kann  von  jedem  mathematischen  Beweise  ver- 
langen, daß  die  darin  vorkommenden  Definitionen  usw.  prädikativ 
sind^  sonst  wäre  der  Beweis  nicht  streng. 

Wie  steht  es  nun  mit  dem  klassischen  Beweise  des  Bernstein- 
schen  Theorems?  Ist  er  einwandfrei?  Das  Theorem  sagt  bekanntlich 
aus,  daß,  wenn  drei  Mengen  Ä,  B,  C  gegeben  sind,  wo  J.  in  i/  und 
^  in  0  enthalten  ist,  und  wenn  Ä  äquivalent  C  ist,  auch  Ä  äqui- 
valent B  sein  muß.  Es  handelt  sich  also  auch  hier  um  ein  Zu- 
ordnungsgesetz. Wenn  das  erste  Zuordnungsgesetz  (zwischen  A  und  C) 
prädikativ  ist,  so  zeigt  der  Beweis,  daß  es  auch  ein  prädikatives  Zu- 
ordnungsgesetz zwischen  Ä  und  B  geben  muß. 

Was  nun  die  zweite  transfinite  Kardinalzahl  i5j  betrifi't,  so  bin 
ich  nicht  ganz  überzeugt,  daß  sie  existiert.  Man  gelangt  zu  ihr  durch 
Betrachtung  der  Gesamtheit  der  Ordnungszahlen  von  der  Mächtig- 
keit &5q;  es  ist  klar,  daß  diese  Gesamtheit  von  höherer  Mächtigkeit 
sein  muß.  Es  fragt  sich  aber,  ob  sie  abgeschlossen  ist,  ob  wir  also 
von  ihrer  Mächtigkeit  ohne  Widerspruch  sprechen  dürfen.  Ein  aktual 
Unendliches  gibt  es  jedenfalls  nicht. 

Was  haben  wir  von  dem  berühmten  Kontinuumproblem  zu  halten? 
Kann  man  die  Punkte  des  Raumes  wohlordnen?  Was  meinen  wir 
damit?  Es  sind  hier  zwei  Fälle  möglich:  entweder  behauptet  man, 
daß  das  Gesetz  der  Wohlordnung  endlich  aussagbar  ist,  dann  ist  diese 
Behauptung  nicht  bewiesen;  auch  Herr  Zermelo  erhebt  wohl  nicht 
den  Anspruch,  eine  solche  Behauptung  bewiesen  zu  haben.  Oder  aber 
wir  lassen  auch  die  Möglichkeit  zu,  daß  das  Gesetz  nicht  endlich  aus- 
sagbar ist.  Dann  kann  ich  mit  dieser  Aussage  keinen  Sinn  mehr 
verbinden,  das  sind  für  mich  nur  leere  Worte.  Hier  liegt  die 
Schwierigkeit.  Und  das  ist  wohl  auch  die  Ursache  für  den  Streit 
über  den  fast  genialen  Satz  Zermelos.  Dieser  Streit  ist  sehr  merk- 
würdig: die  einen  verwerfen  das  Auswahlpostulat,  halten  aber  den 
Beweis  für  richtig,  die  anderen  nehmen  das  Auswahlpostulat  an,  er- 
kennen aber  den  Beweis  nicht  an. 

Doch  ich  könnte  noch  manche  Stunde  darüber  sprechen,  ohne 
die  Frage  zu  lösen. 


8ECHSTEE  VORTRAG 

LA  MECANIÜUE  NOIJVELLE 


Mesdames^  messieurs 

Aujourd'hui,  je  suis  oblige  de  parier  fraii9ais,  et  il  faut  que  je 
m'en  excuse.  II  est  vrai  que  dans  mes  precedentes  Conferences  je 
me  suis  exprime  en  allemand,  en  un  tres  mauvais  allemand:  parier 
les  langues  etrangeres,  voyez-vous,  c'est  Youloir  marcher  lorsqu'on  est 
boiteux;  il  est  necessaire  d'avoir  des  bequilles;  mes  bequilles,  c'etaient 
jusqu'ici  les  formules  mathematiques  et  vous  ne  sauriez  vous  imaginer 
quel  appui  elles  sont  pour  un  orateur  qui  ne  se  sent  pas  tres  solide. 
—  Dans  la  Conference  de  ce  soir,  je  ne  yeux  pas  user  de  formules^  je 
suis  Sans  bequilles,  et  c'est  pourquoi  je  dois  parier  fran9ais. 

En  ce  monde,  vous  le  savez^  il  n'est  rien  de  definitif,  rien  d'im- 
muable;  les  empires  les  plus  puissants,  les  plus  solides,  ne  sont  pas 
eternels:  c'est  lä  un  theme  que  les  orateurs  sacres  se  sont  plu  bien 
souvent  ä  developper.  —  Les  tbeories  scientifiques  sont  comme  les 
empires,  elles  ne  sont  pas  assurees  du  lendemain.  Si  l'une  d'elles 
semblait  ä  l'abri  des  injures  du  temps,  c'etait,  certes,  la  mecanique 
newtonienne:  eile  paraissait  incontestee,  c'etait  un  monument  im- 
perissable;  et  voilä  qu'ä  son  tour,  je  ne  dirai  pas  que  le  monument  est 
par  terre,  ce  serait  premature,  mais  en  tont  cas  il  est  fortement 
ebranle.  II  est  soumis  aux  attaques  de  grands  demolisseurs :  vous  en 
avez  un  parmi  vous,  M.  Max  Abraham,  un  autre  est  le  physicien 
hollandais  M.  Lorentz.  Je  voudrais,  en  quelques  mots,  vous  parier 
des  ruines  de  l'ancien  edifice  et  du  nouveau  bätiment  que  l'on  veut 
elever  ä  leur  place.  — 

Tont  d'abord  qu'est-ce  qui  caracterisait  l'ancienne  mecanique? 
C'etait  ce  fait  tres  simple:  je  considere  un  corps  en  repos,  je  lui 
communique  une  impulsion,  c'est  ä  dire  je  fais  agir  sur  lui,  pendant 
un  temps  donne  une  force  donnee;  le  corps  se  met  en  mouvement, 
acquiert  une  certaine  vitesse;  le  corps  etant  anime  de  cette  vitesse, 
faisons  agir  encore  la  meme  force  pendant  le  meme  temps,  la  vitesse 
sera  doublee;  si  nous  continuons  encore,  la  vitesse  sera  triplee  apres 
que  nous  aurons  une  troisieme  fois  donne  une  impulsion  identique. 
Recommen^ons  ainsi  un  nombre  süffisant  de  fois,  le  corps  linira  par 
acquerir  une  vitesse  tres  grande,  qui  pourra  depasser  toute  limite, 
une  vitesse  infinie. 

Dans  la  nouvelle  mecanique,  au  contraire,  on  suppose  qu'il  est 
impossible  de  communiquer  ä  un  corps  partant  du  repos  une  vitesse 


52  '  Sechster  Vortrag. 


superieure  ä  celle  de  la  lumiere.  Que  se  passe-t-il?  Je  considere  le 
meme  corps  au  repos;  je  lui  donne  une  premiere  impulsion,  la  meme 
que  precedemment,  il  prendra  la  meme  vitesse;  renouvelons  une  se- 
conde  fois  cette  impulsion,  la  vitesse  va  encore  augmenter,  mais  eile 
ne  sera  plus  doublee;  une  troisieme  impulsion  produira  un  effet  ana- 
logue,  la  vitesse  augmente  mais  de  moins  en  moins,  le  corps  oppose 
une  resistance  qui  devient  de  plus  en  plus  grande.  Cette  resistance, 
c'est  l'inertie,  c'est  ce  qu'on  appelle  communement  la  masse;  tout  ce 
passe  alors  dans  cette  nouvelle  mecanique  comme  si  la  masse  n'etait 
pas  constante,  mais  croissait  avec  la  vitesse.  Nous  pouvons  repre- 
senter  graphiquement  les  phenomenes:  dans  l'ancienne  mecanique,  le 
coi*ps  prend  apres  la  premiere  impulsion  une  vitesse  representee  par 
le  Segment  Ov^-^  apres  la  deuxieme  impulsion  Ov^  s'accroit  d'un  Seg- 
ment v^v^    qui   lui  est  egal,   ä   chaque  nouvelle  impulsion,   la  vitesse 

s'accroit   de   la   meme   quantite, 

^2^ ^3 le    Segment    qui    la    represente 

s'accroit    d'une    longueur    con- 


O  v. 

I 1^ 


9 ^1  ^2 ^8 staute;   dans   la  nouvelle   meca- 

nique, le  Segment  vitesse  s'accroit 
de  Segments  v^  vj,  v^v^^  .  .  .  qui  sont  de  plus  en  plus  petits  et  tels 
que  nous  ne  pouvons  pas  depasser  une  certaine  limite,  la  vitesse  de 
la  lumiere. 

Comment  a-t-on  ete  conduit  ä  de  telles  conclusions?  A-t-on  fait 
des  experiences  directes?  Les  divergences  ne  se  produiront  que  pour 
les  corps  animes  de  grandes  vitesses;  c'est  alors  seulement  que  les 
differences  signalees  deviennent  sensibles.  Mais,  qu'est-ce  qu'une  tres 
grande  vitesse?  Est-ce  celle  d'une  automobile  qui  fait  100  kilometres 
ä  rheure;  on  s'extasie  dans  la  rue  sur  une  teile  rapidite;  a  notre 
point  de  vue,  c'est  pourtant  bien  peu,  une  vitesse  d'escargot.  L'astro- 
nomie  nous  donne  mieux:  Mercure,  le  plus  rapide  des  corps  Celestes 
parcourt  lui  aussi  100  kilometres  environ,  non  plus  ä  l'heure  mais  ä 
la  seconde:  pourtant,  cela  ne  suffit  pas  encore,  de  telles  vitesses  sont 
trop  faibles  pour  reveler  les  differences  que  nous  voudrions  observer. 
Je  ne  parle  pas  de  nos  boulets  de  canon,  ils  sont  plus  rapides  que 
les  automobiles,  mais  beaucoup  plus  lents  que  Mercure;  vous  savez 
cependant  qu'on  a  decouvert  une  artillerie  dont  les  projectiles  sont 
beaucoup  plus  vite:  je  veux  parier  du  radium  qui  envoie  dans  tous 
les  sens  de  l'energie,  des  projectiles;  la  rapidite  du  tir  est  bien  plus 
grande,  la  vitesse  initiale  est  de  100000  kilometres  par  seconde,  le 
fciers  de  la  vitesse  de  la  lumiere;  le  calibre  des  projectiles,  leur  poids, 
sont,  il  est  vrai,  bien  plus  faibles  et  nous  ne  devons  pas  compter  sur 
cette  artillerie  pour  augmenter  la  puissance  militaire  de  nos  armees. 
Peut-on    experimenter    sur  ces  projectiles?     De  telles  experiences  ont 


La  mecanique  nouvelle.  53 


ete  effectivement  tentees-,  sous  Finfluence  d'un  champ  electrique,  d'un 
champ  magnetique  il  se  produit  une  deviation  qui  pennet  de  se 
rendre  compte  de  Tinertie  et  de  la  mesurer.  On  a  constate  ainsi  qua 
la  masse  depend  de  la  vitesse  et  enoncer  cette  loi:  L'inertie  d'un 
Corps  croit  avec  sa  vitesse  qui  reste  inferieure  ä  celle  de  la  lumiere, 
300000  kilometres  par  seconde. 

Je  passe  maintenant  au  deuxieme  principe,  le  principe  de  rela- 
tivite.  Je  suppose  un  observateur  qui  se  deplace  vers  la  droite;  tout 
se  passe  pour  lui  comme  s'il  etait  au  repos,  les  objets  qui  l'entourent 
se  deplagant  vers  la  gaucbe:  aucun  moyen  ne  permet  de  savoir  si 
les  objets  se  deplacent  reellement,  si  l'observateur  est  immobile  ou  en 
mouvement.  Ou  l'enseigne  dans  tous  les  cours  de  mecanique,  le 
passager  sur  le  bateau  croit  voir  le  rivage  du  fleuve  se  deplacer, 
tandis  qu'il  est  doucement  entraine  par  le  mouvement  du  navire. 
Examinee  de  plus  pres,  cette  simple  notion  acquiert  une  importance 
capitale;  on  n'a  aucun  moyen  de  trancber  la  question,  aucune  expe- 
rience  ne  peut  mettre  en  defaut  le  principe:  il  n'y  a  pas  d'espace 
absolu,  tous  les  deplacements  que  nous  pouvons  observer  sont  des 
deplacements  relatifs.  Ces  considerations  bien  familieres  aux  philo- 
sophes,  j'ai  eu  quelquefois  l'occasion  de  les  exprimer:  j'en  ai  meme 
recueilli  une  publicite  dont  je  me  serais  volontiers  passe,  tous  les 
journaux  reactionnaires  fran^ais  m'ont  fait  demontrer  que  le  soleil 
tournait  autour  de  la  terre;  dans  le  fameux  proces  entre  Tlnquisition 
et  Galilee,  Galilee  aurait  eu  tous  les  torts. 

Revenons  ä  l'ancienne  mecanique:  eile  admettait  le  principe  de 
relativite;  au  Heu  d'etre  fondees  sur  des  experiences,  ses  lois  etaient 
deduites  de  ce  principe  fondamental.  Ces  considerations  suffisaient 
pour  les  phenomenes  purement  mecauiques,  mais  cela  n'allait  plus 
pour  d'importantes  parties  de  la  physique,  l'optique  par  exemple.  On 
considerait  comme  absolue  la  vitesse  de  la  lumiere  relativement  ä 
Fether:  cette  vitesse  pouvait  etre  mesuree,  on  avait  tbeoriquement  le 
moyen  de  comparer  le  deplacement  d'un  mobile  ä  un  deplacement 
absolu,  le  moyen  de  decider  si  oui  ou  non  un  corps  etait  en  mouve- 
ment absolu. 

Des  experiences  delicates,  des  appareils  extremement  precis,  que 
je  ne  decrirai  pas  devant  vous,  ont  permis  d'essayer  la  realisation 
pratique  d'une  pareille  comparaison:  le  resultat  a  ete  nul.  Le  prin- 
cipe de  relativite  n'admet  aucune  restriction  dans  la  nouvelle  mecanique; 
il  a,  si  j'ose  ainsi  dire,  une  valeur  absolue. 

Pour  comprendre  le  röle  que  joue  le  principe  de  relativite  dans 
la  Nouvelle  Mecanique,  nous  sommes  d'abord  amenes  ä  parier  du 
temps  apparent,  une  invention  fort  ingenieuse  du  physicien  Lorentz. 
Nous  supposons  deux  observateurs  Fun  Ä  ä  Paris,  Fautre  B  ä  Berlin. 


54  Sechster  Vortrag. 


A  et  B  out  des  chronometres  identiques  et  veulent  les  regier;  mais 
ce  sont  des  observateurs  meticuleux  conime  il  n'y  en  a  guere;  ils 
exigent  daus  leur  reglage  une  extraordinaire  exactitade:  ce  sera,  par 
exemple,  non  une  seconde^  mais  un  milliardieme  de  seconde.  Comnient 
pourront-ils  faire?  De  Paris  ä  Berlin,  Ä  enyoie  un  signal  tele- 
graphique,  avec  un  sans-fil,  si  vous  Youlez,  pour  etre  tont  ä  fait  mo- 
derne. B  note  le  moment  de  la  reception  et  ce  sera  pour  les  deux 
chronometres  l'origine  des  temps.  Mais  le  signal  emploie  un  certain 
temps  pour  aller  de  Paris  ä  Berlin,  il  ne  va  qu'avec  la  vitesse  de 
la  lumiere;  la  montre  de  B  serait  donc  en  retard;  B  est  trop  intel- 
ligent pour  ne  point  s'en  rendre  compte;  il  va  remedier  ä  cet  incon- 
venient.  La  chose  semble  bien  simple:  on  croise  les  signaux,  Ä  reyoit 
et  B  envoie,  on  prend  la  moyenne  des  corrections  ainsi  faites,  on  a 
l'heure  exacte.  Mais  cela  est-il  bien  certain?  JSTous  supposons  que 
de  Ä  a,  B  le  signal  emploie  le  meme  temps  que  pour  aller  de  B  a  A. 
Or  A  et  B  sont  empörtes  dans  le  mouveraent  de  la  terre  par  rapport 
ä  l'ether,  vehicule  des  ondes  electriques.  Quand  A  a  envoye  son 
signal  il  fait  devant  lui,  B  s'eloigne  de  meme,  le  temps  employe  sera 
plus  long  que  si  les  deux  observateurs  etaient  au  repos;  si  au  con- 
traire  c'est  B  qui  envoie,  A  qui  reyoit,  le  temps  est  plus  court 
parce  que  A  va  au  devant  des  signaux;  il  leur  est  absolument  im- 
possible  de  savoir  si  leurs  chronometres  marquent  ou  non  la  meme 
heure.  Quelle  que  soit  la  methode  employee  les  inconvenients  restent 
les  memes  l'observation  d'un  phenomene  astronomique,  une  methode 
optique  quelconque  se  heurtent  aux  memes  difficultes,  B  ne  pourra 
jamais  connaitre  qu'une  difference  apparente  de  temps,  qu'une  espece 
d'heure  locale.     Le  principe  de  relativite  s'applique  integralement. 

Dans  l'ancienne  mecanique  pourtant,  on  demontrait  avec  ce  prin- 
cipe toutes  les  lois  fondamentales.  On  pourrait  etre  tente  de  reprendre 
les  raisonnements  classiques  et  de  raisonner  comme  il  suit?  Soit 
encore  deux  observateurs,  A  et  B  pour  les  nommer  comme  on  nomme 
toujours  deux  observateurs  en  mathematiques ;  supposons  les  en  mouve- 
ment,  s'eloignant  Tun  de  l'autre;  aucun  d'eux  ne  peut  depasser  la 
vitesse  de  la  lumiere;  par  exemple  B  sera  anime  de  200000  kilo- 
metres  vers  la  droite,  A  de  200000  vers  la  gauche.  A  peut  se  croire 
au  repos  et  la  vitesse  apparente  de  B  sera,  pour  lui,  400000  kilo- 
metres.  Si  A  connait  la  mecanique  nouvelle  il  se  dira:  B  a  une  vi- 
tesse qu'il  ne  peut  atteindre,  c'est  donc  que  moi  aussi  je  suis  en 
mouvement.  II  semble  qu'il  pourrait  decider  de  sa  Situation  absolue. 
Mais  il  faudrait  qu'il  puisse  observer  le  mouvement  de  B  lui  meme; 
pour  faire  cette  Observation  A  et  B  commencent  par  regier  leurs 
montres,  puis  B  envoie  ä  A  des  telegrammes  pour  lui  indiquer  ses 
positions   successives;    en  les  reunissant  A  peut  se  rendre  compte  du 


La  mecanique  nouvelle.  55 


mouvement  de  B  et  tracer  la  courbe  de  ce  mouvement.  Or  les 
signaux  se  propagent  avec  la  vitesse  de  la  lumiere;  les  montres  qui 
marqiient  le  temps  apparent  varient  ä  chaque  instant  et  tout  se 
passera  comme  si  la  montre  de  B  avan9ait.  B  croira  aller  beaucoup 
moins  vite  et  la  vitesse  apparente  qu'il  aura  relativement  ä  ^  ne  de- 
passera  pas  la  limite  qu'elle  ne  doit  pas  atteindre.  Rien  ne  pourra 
reveler  ä  A  s'il  est  en  mouvement  ou  en  repos  absolu. 

II  faut  encore  faire  une  troisieme  bypothese  beaucoup  plus  sur- 
prenante^  beaucoup  plus  difficile  ä  admettre,  qui  gene  beaucoup  nos 
babitudes  actuelles.  Un  corps  en  mouvement  de  translation  subit  une 
deformation  dans  le  sens  meme  oü  il  se  deplace;  une  sphere^  par 
exemple,  devient  comme  une  espece  d'ellipsoide  aplati  dont  le  petit 
axe  serait  parallele  ä  la  translation.  Si  Ton  ne  s'aper9oit  pas  tous 
les  jours  d'une  transformation  pareille  c'est  qu'elle  est  d'une  petitesse 
qui  la  rend  presque  imperceptible.     La  terre^  emportee  dans  sa  revo- 

lution  sur  son  orbite  se  deforme  environ  de         „  :  pour  observer 

un  pareil  phenomene  il  faudrait  des  Instruments  de  mesure  d'une  pre- 
cision  extreme,  mais  leur  precision  serait  infinie  qu'on  n'en  serait 
pas  plus  avance  car  empörtes  eux  aussi  dans  le  mouvement  ils  subi- 
ront  la  meme  transformation.  On  ne  s'apercevra  de  rien;  le  metre 
que  Ton  pourrait  employer  deviendra  plus  court  comme  la  longueur 
qu'on  mesure.  On  ne  peut  savoir  quelque  chose  qu'en  comparant  a  la 
vitesse  de  la  lumiere  la  longueur  de  Fun  de  ces  corps.  Ce  sont  lä 
de  delicates  experiences,  realisees  par  Micbelson  et  dont  je  ne  vous 
exposerai  pas  le  detail;  elles  ont  donne  des  resultats  tout  ä  fait  re- 
marquables;  quelqu'etranges  qu'il  nous  paraissent,  il  faut  admettre 
que  la  troisieme  bypothese  est  parfaitement  verifiee. 

Teiles  sont  les  bases  de  la  nouvelle  mecanique,  avec  l'appui  de  ces 
bypotheses  on  trouve  qu'elle  est  compatible  avec  le  principe  de  relativite. 

Mais  il  faut  la  rattacber  alors  ä  une  conception  nouvelle  de  la 
matiere. 

Pour  le  pbysicien  moderne,  l'atome  n'est  plus  l'element  simple; 
il  est  devenu  un  veritable  univers  dans  lequel  des  milliers  de  planetes 
gravitent  autour  de  soleils  minuscules.  Soleils  et  planetes  sont  ici 
des  particules  eleärisees  soit  negativement  soit  positivement ;  le  pby- 
sicien les  appelle  electrons  et  bätit  le  monde  avec  elles.  D'aucuns  se 
representent  l'atome  neutre  comme  une  masse  centrale  positive  autour 
de  laquelle  circulent  un  grand  nombre  d'electrons  cbarges  negativement, 
dont  la  masse  electrique  totale  est  egale  en  grandeur  ä  celle  du  noyau 
central. 

Cette  conception  de  la  matiere  pennet  de  rendre  compte  aisement 
de  l'augmentation  de  la  masse  d'un  corps  avec  sa  vitesse,   dont  nous 


56  Sechster  Vortrag. 


avons  fait  un  des  caracteres  de  la  mecanique  nouvelle.  Un  corps  quel- 
conque  n'etant  qu'un  assemblage  d'electrons^  il  nous  suffira  de  le 
montrer  sur  ces  derniers.  Remarquons,  ä  cet  efFet,  q'uii  electron  isole 
se  depla^ant  ä  travers  Tetlier  engendre  un  courant  electrique,  c'est-ä- 
dire  un  champ  electromagnetique.  Ce  champ  correspond  ä  une  certaine 
quantite  d'energie  localisee  non  dans  l'electron,  mais  dans  Tether.  Une 
Variation  en  grandeur  ou  en  direction  de  la  vitesse  de  l'electron  mo- 
difie  le  champ  et  se  traduit  par  une  Variation  de  l'energie  electro- 
magnetique de  Fether.  Alors  que  dans  la  mecanique  newtonienne 
la  depense  d'energie  n'est  due  qu'ä  l'inertie  du  corps  en  mouvement, 
ici  une  partie  de  cette  depense  est  due  ä  ce  que  Ton  peut  appeler 
l'inertie  de  l'ether  relativement  aux  forces  electromagnetiques.  L'inertie 
de  l'ether  augmente  avec  la  vitesse  et  sa  limite  devient  infinie  lorsque 
la  vitesse  tend  vers  la  vitesse  de  la  lumiere.  La  masse  apparente  de 
Felectron  augmente  donc  avec  la  vitesse;  les  experiences  de  Kauf- 
mann montrent  que  la  masse  reelle  constante  de  l'electron  est  negli- 
geable  par  rapport  ä  la  masse  apparente  et  peut  etre  consideree 
comme  nulle. 

Dans  cette  nouvelle  conception,  la  masse  constante  de  la  matiere 
a  disparu.  L'ether  seul^  et  non  plus  la  matiere,  est  inerte.  Seul 
l'ether  oppose  une  resistance  au  mouvement,  si  bien  que  Ton  pourrait 
dire:  il  n'y  a  pas  de  matiere,  il  n'y  a  que  des  trous  dans  l'ether. 
Pour  les  mouvements  stationnaires  ou  quasi-stationnaires,  la  mecanique 
nouvelle  ne  differe  pas  —  au  degre  d'approximation  de  nos  mesures 
pres  —  de  la  mecanique  newtonienne,  avec  cette  seule  difference  que 
la  masse  n'est  plus  independante  ni  de  la  vitesse,  ni  de  l'angle  que 
fait  cette  vitesse  avec  la  direction  de  la  force  acceleratrice.  Si  par 
contre  la  vitesse  a  une  acceleration  considerable,  dans  le  cas,  par  ex., 
d'oscillations  tres  rapides,  il  y  a  production  d'ondes  hertziennes  re- 
presentant  une  perte  d'energie  de  l'electron  entrainant  l'amortisseraent 
de  son  mouvement.  Ainsi,  dans  la  telegraphie  sans  fil,  les  ondes 
emises  sont  dues  aux  oscillations  des  electrons  dans  la  decharge  oscillante. 

Des  vibrations  analogues  ont  lieu  dans  une  flamme  et  de  meme 
encore  dans  un  solide  incandescent.  Pour  Lorentz,  il  circule  ä  l'interieur 
d'un  corps  incandescent  un  nombre  considerable  d'electrons  qui,  ne 
pouvant  pas  en  sortir,  volent  dans  tous  les  sens  et  se  reflechissent 
sur  sa  surface.  On  pourrait  les  comparer  ä  une  nuee  de  moucherons 
enfermes  dans  un  bocal  et  venant  frapper  de  leurs  ailes  les  parois  de 
leur  prison.  Plus  la  temperature  est  elevee,  plus  le  mouvement  de 
ces  electrons  est  rapide  et  plus  les  chocs  mutuels  et  les  reflexions 
sur  la  paroi  son  nombreuses.  A  chaque  choc  et  ä  chaque  reflexion 
une  onde  electromagnetique  est  emise  et  c'est  la  perception  de  ces 
ondes  qui  nous  fait  paraitre  le  corps  incandescent. 


La  mecanique  nouvelle.  57 


Le  mouvement  des  electrons  est  presque  tangible,  dans  un  tube 
de  Crookes.  II  s'y  produit  un  veritable  bombardement  d'electrons 
partant  de  la  cathode.  Ces  rayons  catbodiques  frappent  violemment 
l'anticatbode  et  s'y  reflecbissent  en  partie  donnant  ainsi  naissance  ä 
un  ebranlement  electromagnetique  que  plusieurs  physiciens  indentifient 
avec  1er  rayons  Röntgen. 

II  nous  reste  en  terminant  ä  examiner  les  relations  de  la  meca- 
nique nouvelle  avec  l'astronomie.  La  notion  de  masse  constante  d'un 
Corps  s'evanouissant^  que  deviendra  la  loi  de  Newton?  Elle  ne  pourra 
subsister  que  pour  des  Corps  en  repos.  De  plus  il  faudra  tenir  compte 
du  fait  que  l'attraction  n'est  pas  instantanee.  On  peut  donc  se  de- 
inander  avec  raison  si  la  mecanique  nouvelle  ne  va  reussir  qu'ä  com- 
pliquer  l'astronomie  sans  obtenir  une  approximation  superieure  ä  celle 
que  nous  donne  la  mecanique  Celeste  classique.  Mr.  Lorentz  a  aborde 
la  question.  Partant  de  la  loi  de  Newton  supposee  vraie  pour  deux 
Corps  electrises  au  repos,  il  calcule  Taction  electrodynamique  des 
courants  engen dres  par  ces  corps  en  mouvement;  il  obtient  ainsi  une 
nouvelle  loi  d'attraction  contenant  les  vitesses  des  deux  corps  comme 
parametres.  Avant  d'examiner  comment  cette  loi  rend  compte  des 
pbenomenes  astronomiques,  remarquons  encore  que  Facceleration  des 
corps  Celestes  a  comme  consequence  un  rayonnement  electromagne- 
tique, donc  une  dissipation  de  l'energie  se  faisant  ressentir  en  retour 
par  un  amortissement  de  leur  vitesse.  A  la  longue,  les  planetes  fini- 
ront  donc  par  tomber  sur  le  soleil.  Mais  cette  perspective  ne  peut 
guere  nous  eiFrayer^  la  catastrophe  ne  pouvant  arriver  que  dans  quelques 
millions  de  milliards  de  siecles.  Revenant  maintenant  ä-  la  loi  d'attrac- 
tion, nous  voyons  aisement  que  la  difference  entre  les  deux  mecaniques 
sera  d'autant  plus  grande  que  la  vitesse  des  planetes  sera  plus  grande. 
S'il  y  a  une  difference  appreciable,  ce  sera  donc  pour  Mercure  qu'elle 
sera  la  plus  grande,  Mercure  ayant  de  toutes  les  planetes  la  plus 
grande  vitesse.  Or  il  arrive  justement  que  Mercure  presente  une 
anomalie  non  encore  expliquee:  le  mouvement  de  son  perihelie  est 
plus  rapide  que  le  mouvement  calcule  par  la  theorie  classique.  L'ac- 
celeration  est  de  38"  trop  grande.  Leverrier  attribua  cette  anomalie 
ä  une  planete  non  encore  decouverte  et  un  astronome  amateur  crut 
observer  son  passage  au  soleil.  Depuis  lors  plus  personne  ne  l'a  vue 
et  il  est  malheureusement  certain  que  cette  planete  aper9ue  n'etait 
qu'un  oiseau.  Or  la  mecanique  nouvelle  rend  bien  compte  du  sens 
de  l'erreur  relative  a  Mercure,  mais  eile  laisse  cependant  encore  une 
marge  de  32"  entre  eile  et  l'observation.  Elle  ne  suffit  donc  pas  ä 
ramener  la  concordance  dans  la  theorie  de  Mercure.  Si  ce  resultat 
n'est  guere  decesif  en  faveur  de  la  mecanique  nouvelle,  il  est  encore 
moins  defavorable  a  son  acceptation  puisque  le  sens  dans  lequel  eile 


58  Sechster  Vortrag.     La  mecanique  nouvelle. 


corrige  l'ecart  de  la  theorie  classique  est  le  bon.  La  theorie  des 
autres  planetes  ii'est  pas  sensiblement  modifie  dans  la  nouvelle  theorie 
et  les  resultats  coincident  ä  rapproximation  des  mesures  pres  ä  eeux 
de  la  theorie  classique. 

Pour  conclure,  il  serait  premature,  je  crois,  malgre  la  grande 
valeur  des  arguments  et  des  faits  eriges  contre  eile,  de  regarder  la 
mecanique  classique  comme  definitivement  condamnee.  Quoiqu'il  en 
soit  d'ailleurs^  eile  restera  la  mecanique  des  vitesses  tres  petites  par 
rapport  ä  celle  de  la  lumiere,  la  mecanique  donc  de  notre  vie  pratique 
et  de  notre  technique  terrestre.  Si  cependant^  dans  quelques  annees  sa 
rivale  triomphe^  je  me  permettrai  de  vous  signaler  un  ecueil  pedago- 
gique  que  n'eviteront  pas  nombre  de  maitres,  en  France,  tout  au 
moins.  Ces  maitres  n'auront  rien  de  plus  presse,  en  enseignant  la 
mecanique  elementaire  ä  leurs  eleves,  que  de  leur  apprendre  que  cette 
mecanique  lä  a  fait  son  temps,  qu'une  mecanique  nouvelle  oü  les 
notions  de  masse  et  de  temps  ont  une  toute  autre  valeur  la  remplace; 
ils  regarderont  de  haut  cette  mecanique  perimee  que  les  programmes 
les  forcent  ä  enseigner  et  feront  sentir  ä  leurs  eleves  le  mepris  quils 
lui  portent.  Je  crois  bien  cependant  que  cette  me'canique  classique 
dedaignee  sera  aussi  necessaire  que  maintenant  et  que  celui  qui  ne 
la  connaitra  pas  ä  fond  ne  pourra  comprendre  la  mecanique  nouvelle. 


Personen-  und  Sachregister. 


Ab  e Ische  Integrale  3 5 ff. 
—  scher  Satz  31 
Abraham  51 
aussagbar  45  ff. 
Auswahlpostulat  48 

B 

Bernstein  48 

Besselsche  Funktionen  27,  2^ 

Breite,  kritische  geograph.  17 


Cantor  45,  46 
Colatitude  13 
Crookesche  Röhren  47 
Curve,  algebraische  35 

—  Geometrie  auf  einer  solchen  40,  41 

—  ihr  Geschlecht  35 

—  vielfache  einer  anderen  35 

—  pseudovielfache  einer  anderen  36 


definierbar  45  ff. 

E 

Dichte  der  Elektrizität  23 
onde  electrique  54 
elektrische  Verschiebung  23 
Elektronen  5 5  ff. 


Flutproblem  13 

Fouriersches  Integraltheorem  7 

—  sehe  Reihe  8 

Fredholmsche  Methode  3,  5,  6,  7,  15,  26 

Fuchs  sehe  Funktionen  38,  39 

Fundamentalbereich  39 


Galilei  53 

Greensche  Funktion  14 

Grenzkreisgruppe  39 

H 

Hadamardscher    Satz    über    das    Ge- 
schlecht ganzer  Funktionen  7 
Hubert  9,  14 
Hill  9 

I 
Integralgleichung     1.  Art  7 


Kaufmann  56 
Kellogg  16 
Kerne  iterierte  3,  5 

unendliche  5,  16 
Koch,  Helge  von  —  9 
Konduktionsstrom  23 
Korrespondenz  auf  algebr.  Kurven  35 
Kontinuumproblem  48 


Legen  dresche  Polynome  27 

Leverrier  57 

Lichtgeschwindigkeit  23 

lineare  Gleichungen  mit  unendlichvielen 

Unbekannten  9 
Lorentz,  H.  A.  51,  53,  56,  57 


magnetische  Kraft  23 
Maxwell  23 
Mercur  52,  57 
Michelson  55 


60 


Personen-  und  Sachregister. 


nichteuklidische  Geometrie  39,  40,  41     :  Schoenfließ  45 

,  Schwingung,  gedämpfte  synchrone  —  24 


Periodentabelle  36 

Picard  14 

Potential  hydrostatisches  13 

—  retardiertes  24 

—  skalares  23 
prädikative  Definitionen  47  f 

R 

Reduktionstheorie    Abelscher    Integrale 

35—38 
Richard  45,  46,  47 
Röntgenstrahlen  57 
Rüssel  47 


temps  apparent  53 


W 

Wurzelexistenzbeweis  47,  48 


Zahlen  charakteristische  35,  36 

—  invariante  38 

—  transfinite  45 — 48 
Zermelo  47,  48 


14  DAY  USE 

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