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MATHEMATISCHE VORLESUNGEN AK DER UWVEBSITÄT GÖTTINGEN: IV
SECHS VORTRÄGE
ÜBER AUSGEWÄHLTE GEGENSTÄNDE
AUS DER KEINEN MATHEMATIK
UND MATHEMATISCHEN PHYSIK
AUF EINLADUNG DER WOLFSKEHL- KOMMISSION
DER KÖNIGLICHEN GESELLSCHAFT DER WISSENSCHAFTEN
GEHALTEN ZU GÖTTINGEN VOM 22.-28. APRIL 1909
VON
HENRI POINCARE
MITGLIED DER FKANZÖSISCHEN AKADEMIE
PROFESSOR AN DER FACüLTE DES SCIENCES *
DER UNIVERSITÄT PARIS
MIT 6 IN DEN TEXT GEDRUCKTEN FIGUREN
^■^ OFTHE
UNIVERSITY
LEIPZIG UND BEELINT
DKUCK UND VEKLAG VON B.G.TEUBNER
1910
y
:^
^£^fÄ4i.
ALLE KECHTK, EINSCHLIESSLICH DES ÜBERSETZUNGSRECHTS, VORBEHALTEN.
PRfiFACE.
L'Universite de Göttingen a bien voulu m'inviter ä traiter de-
vant un savant auditoire diverses questions d^Analyse pure, de Phy-
sique mathematique, d'Astronomie theorique et de Philosophie mathe-
matique; les Conferences que j'ai faites ä cette occasion ont ete re-
cueillies^par quelques etudiants qui ont eu la honte de les rediger en
corrigeant les nomhreuses oifenses que j'avais faites ä la grammaire
allemande. Je leur en. exprime ici toute ma reconnaissance.
II convient egalement que je m'excuse aupres du public de la
brievete avec laquelle ces sujets sont traites. Je ne disposais pour
exposer chacun d'eux que d'un temps tres court, et je n'ai pu la
plupart du temps que donner une idee generale des resultats, ainsi
que des principes qui m'ont guide dans les demonstrations, sans entrer
dans les details memes de ces demonstrations.
200561
InhaltsYerzeiclmis.
Erster Vortrag. g^it^
Über die Fredholmschen Gleichungen 1
Zweiter Vortrag. , ,
Anwendung der Theorie der Integralgleichungen auf die Flutbewegung des
Meeres 11
Dritter Vortrag.
Anwendung der Integralgleichungen auf Hertzsche Wellen 21
Vierter Vortrag.
Über die Reduktion der Abelschen Integrale und die Theorie der Fuchs-
schen Funktionen 33
Fünfter Vortrag.
Über transfinite Zahlen 43
Sechster Vortrag,
La mecanique nouvelle 49
BESTER VORTRAG
ÜBER DIE FßEMOLMSCHEN GLEICHUNGEN
OF
Die Integralgleiclimig
h
(1) 9^ {x) = lff(x, y) cp (y) dy-{-^ (x)
a
wird bekanntlicli aufgelöst durch die Integralgleichung derselben Art
(la) (p{x) = ip{x)-{-xfip{y)G{x,y)dy,
a
wobei
^yPyV) D{l\f)
gesetzt ist. N und D sind, wie aus der Fredholm sehen Theorie
bekannt ist, zwei ganze transzendente Funktionen in bezug auf X.
Um ihre Entwicklung explizite hinschreiben zu können, bezeichne man,
wie Fredholm, mit fi^^^^^^'''^n\ diejenige ?^-reihige Determi-
\y\ ^ Vii ' ' ' yn/
nante, deren allgemeines Element fix-, yj^) ist Setzt man dann
^//••/K::;::;:::::)'^^--'^^"'
so hat man
0
Diese Grleichung formen wir um, indem wir die durch „Iteration'^ aus
f{Xf y) entstehenden Kerne heranziehen. Setzen wir zunächst
SO ist klar, daß f[^' " ^"l die Form hat
2 ±nt\x., ■ • • x^x
wie sofort aus der Entwicklung der Determinante hervorgeht. Sei nun
b b
Erster Vortrag.
wobei Iv die Anzahl der Integrationsvariabein x^y - • • x^^ bedeutet, so
können wir offenbar auch setzen
h
a
wenn unter
h b
dX;
der ,,^-fach iterierte Kern" verstanden wird.
Wir haben den obigen Relationen zufolge jetzt
Beachten wir nun, daß gewisse unter den in einem Produkt TLhy.
enthaltenen &^, einander gleich werden können, daß ferner gewisse der
Produkte Ilhy. selbst einander gleich sein werden, nämlich solche, die
durch eine Permutation der x^ auseinander entstehen, so ergibt eine
kombinatorische Betrachtung für a^ einen Ausdruck von der Form
aa + 6|^ + cy + ---=n
und also
^« = 2.r.-^(-^)'(-W(-^)'-
a, 6, e, • • •
d. h.
(2). B{X) = ne~~^,
also
(2a) logD(X) = -2'-">,
(2b) .. ^=-^A«-fe„.
Den Zähler N{Xy y] X) der Funktion G(x, y^ X) kann man auf analoge
Weise durch die Gleichung
(3) N{x, y; l) = D(A) -^A" f,^, (x, y)
definieren. Diese Gleichungen, welche sich übrigens schon bei Fred-
holm finden, sind nützlich als Ausgangspunkt für viele Betrachtungen,
wie sich nun an einigen Beispielen zeigen wird.
Die Fredholm sehe Methode ist unmittelbar gültig nur für solche
Kerne fix, y), die endlich bleiben. Wird der Kern an gewissen
über die Fredholmschen Gleicliungen.
Stellen unendlich^ so kann dennoch der Fall eintreten, daß ein iterierter
Kern, etwa /„ (x, y), endlich bleibt. Dann läßt sich die Integralgleichung
mit dem iterierten Kerne nach Fredholm behandeln, und Fredholm
zeigt, daß die ursprüngliche Integralgleichung (1) sich auf diese zu-
rückführen läßt. Die Auflösung wird wieder durch eine Formel der
Gestalt (la) gegeben, nur ist jetzt
zu setzen, wobei
D„W = D(r|/;)
und
ist. Dabei sind N^ und D^^ wieder ganze transzendente Funktionen
von A; jedoch zeigt es sich, daß sie einen gemeinsamen Teiler be-
sitzen; wir wollen zusehen, wie sich dies aus unseren Formeln (2)
bis (3) ergibt und wie wir eine Bruchdarstellung der meromorphen
Funktion G erhalten, bei der Nenner und Zähler ganze Funktionen
ohne gemeinsamen Teiler sind.
Aus unserer Annahme über die iterierten Kerne folgt, daß die
Koeffizienten ^ny^n + u ' ' ' endlich sind. Bilden wir nun in Anlehnung
an Gleichung (2 a) die Reihe
K(X) = -inK_;,n + iK + i
^ ^ n n-\-l '
so wird dieselbe konvergieren. Jetzt setzen wir
G{x,y',k) = ~j^
und behaupten, in dieser Formel die gewünschte Darstellung zu haben.
Um dies zu beweisen, haben wir zu zeigen, daß e^unde^^- ^V'^'^f,^ , ^
ganze Funktionen sind.
Zu diesem Zwecke bilden wir ,, • Man berechnet leicht
dl
dK{l)
dl~
''''\f''ili'''+2'''''~'jJ^ß'M''y^''^'y'
Hieraus schließt man zunächst, daß -p. eine meromorphe Funktion
von X ist; denn sie besitzt höchstens Pole in den Nullstellen von
i)„(A), d. h. in den Stellen X = a • X-, wo a eine n-te Einheitswurzel
und Aj. ein Eigenwert des Kernes f^ ist. Man kann nun zeigen, daß
in diesen möglichen Unendlichkeitsstellen das Cauchysche Residuum
Erster Vortrasr.
von ^y gleicli 1 oder 0 ist, je nachdem a = 1 oder c^ =j= 1 genommen
wird. Die hierzu gehörige Rechnung wollen wir jetzt nicht durch-
führen; man benutzt dabei den Umstand, daß das für A = A^, ge-
TV (^ '?y^
nommene Residuum von — ^W^^ gleich fpk{^)i>k{y) ist^ ^o (pj,,i\, die
ZU 1 = 1], gehörigen Eigenfunktionen, den Gleichungen
a
b
genügen. Hieraus folgt, daß e^^'^-^ eine ganze transzendente Funktion
ist, die nur an den Stellen A = l^ verschwindet.
Betrachtet man ebenso den Zähler von (r, so sieht man zunächst,
daß er eine meromorphe Funktion von X wird, die höchstens an den
Stellen X = aX. unendlich werden kann. Die Betrachtung der Resi-
duen zeigt jedoch, daß dies nicht geschieht, und somit, daß der Zähler
e^Sl^'f,. , i ebenfalls eine ganze transzendente Funktion ist. Damit
ist die Reduktion des Fredholmschen Bruches geleistet.
Die Reihenentwicklung für Zähler und Nenner des Fredholm-
schen Bruches in dieser reduzierten Gestalt erhalten Avir, indem wir
auf die ßildungsweise von K(X) zurückgehen; setzen wir den Nenner
m= V(-A)"^,
so haben wir
^
wobei zu setzen ist h^ = 0 für ci<in und
h^ = I f^ {x, x) dx für a^n ,
a
In analoger Weise wird der Zähler gebildet. Man muß also die Deter-
minanten in der gewöhnlichen Weise entwickeln, aber diejenigen Glieder
dieser Entwicklung wegwerfen, welche einen Faktor von der Form
f(x^j ^27 ' ' ' ^k) ^i^ weniger als n Veränderlichen enthalten.
Unsere Formeln (2), (2 a), (3) sind auch in dem Falle von Nutzen,
daß außer dem Kern f(Xj y) auch alle iterierten Kerne unendlich
werden und die Fredholm sehe Methode also nun sicher versagt.
Seien etwa die Zahlen \,^, • - • ^„-i unendlich,
^L', ^«a.1 * • • endlich.
n' n + 1
über die Fredholinsclaen Gleichungen.
Man kann dann jedenfalls die Reihe K{X) bilden, fragen ob sie kon-
vergiert und untersuchen, ob e^'^^-^ wieder eine ganze Funktion dar-
stellt. Unter der Voraussetzung, daß f(x,y) ein symmetrischer Kern
ist, d. h.
fi^, y) = f{yy ^) ;
ist mir dieser Nachweis gelungen. Ich benutze dabei die Relationen
die für >^ > 2 gelten müssen, da das Geschlecht der Funktion J){1)
einem H a dam ard sehen Satze zufolge kleiner als 2 ist.
Den Beweis mitzuteilen fehlt jetzt die Zeit.
Für den Zähler des Fredholm sehen Bruches habe ich die Be-
trachtung nicht durchgeführt.
Noch einige Worte über die Integralgleichung 1. Art! Auf ge-
wisse derartige Integralgleichungen kann man, wenn man sie zuvor
auf Integralgleichungen der 2. Art zurückführt, die Fredholm sehe
Methode direkt anwenden. Es liege z. B. die Gleichung
+ 00
(1) fcp (y) [e'^y + lf{x, 2/)] dij = tix) (- oo < x < + oo)
— 00
vor, in der ip(x) die gegebene, q){x) aber die gesuchte Funktion ist,
während der Bestandteil f(Xj y) des Kerns eine gegebene Funktion
ist, die gewissen, weiter unten angegebenen beschränkenden Voraus-
setzungen unterworfen ist. Für die gesuchte Funktion (p{y) machen
wir den Ansatz
+ 00
cp{y)=f^{z)e-'^ydz,
— 00
aus dem nach dem Fourier sehen Integraltheorem, faUs 0(x) die Be-
dingungen für dessen Gültigkeit erfüUt, umgekehrt
+ 00
27cO{x) = fcp{y)e''ydy
— 00
folgt. Danach verwandelt sich (1) in
+ 00+ 00
27t^{x) -f- l ff ^(3)f(x, y)e-''y ds dy == il;(x)
— CC — Cß
oder
+ 00
27t^{x) -f lfo{z)K{x, s) dz = ^{x),
Erster Vortrag.
wenn
+ 00
(2) K{x,z)=ff{x,y)e'"^dy
— GO
gesetzt wird, und damit sind wir bereits bei einer Integralgleichung
2. Art angelangt. Der Kern (2) gestattet die Anwendung der
Fredholm sehen Methode z. B. dann, wenn f{x^ y) und ^^' ^ gleich-
mäßig in X für y = + <x> gegen 0 konvergieren und die Ungleichung
statthat, in der M eine von x und y unabhängige Konstante bedeutet.
Von i>{x) genügt es etwa, anzunehmen, daß es nur endlich viele Maxima
und Minima besitzt und im Intervall — oo • • • -f cx) absolut integrier-
bar ist.
Wir können dieselbe Methode auf eine Reihe
(m)
anwenden; das Problem ist hier also, wenn rp{x) und die Funktionen
^mip^) gegeben sind, die Koeffizienten A^ so zu berechnen, daß die
hingeschriebene Entwicklung gültig ist. Handelte es sich soeben um
eine Erweiterung des Fourierschen Integraltheorems, so haben wir es
jetzt mit einer Verallgemeinerung der Fourierschen Beihe zu tun.
Setzen wir (p(2) in der Form
27t
im) ^
an, so bekommen wir
27t
t{x) = cp{x) + ^ f9{^)-2e-'^^'e^{x) . dz.
Von der Reihe, welche hier als Kern fungiert, müssen wir voraus-
setzen, daß sie absolut und gleichmäßig konvergiert, d. h. wir müssen
annehmen, daß
(3) 2\e^{x)\
gleichmäßig konvergiert.
Setzen wir beispielsweise
1=1, e„ix) = e"-"''-d
so erhalten wir eine Entwicklung der Form
imx
über die Fredholmschen Gleichungen, 9
Die Bedingung (3) ist erfüllt, wenn wir die absolute Konvergenz von
(m)
voraussetzen.
Endlich betrachten wir noch die Gleichung
(4) f^ivW^y + kf{x, y)] dy = t{x) , (_ oo < o; < + oo)
0
welche sich von (1) dadurch unterscheidet, daß das Integral nicht in
unendlichen, sondern in endlichen Grenzen zu nehmen ist. In diesem
Fall darf rl){x) nicht willkürlich gewählt werden: es muß, faUs f{Xy y)
holomorph ist, sicher eine ganze transzendente Funktion sein, wenn
die Gleichung (4) eine Auflösung besitzen soll. Dagegen dürfen die
Werte i/^(m) dieser Funktion ^ für alle ganzen Zahlen m im wesent-
lichen willkürlich angenommen werden. Setze ich nämlich
2n
ip{z)=2A^e--^-^^, wo 27tA^=^ fip{y)e-^ydy ist,
("') 6
so verwandelt sich (4), für x = m genommen, in
2^^^ + l^Ä^ fe-'pyf(m, y)dy = ^{m) .
iP) 0
Wir gelangen so zu einem System unendlich vieler linearer Gleichungen
mit unendlich vielen Unbekannten, wie sie von Hill, H. v. Koch,
Hilbert u. a. untersucht worden sind. Die Lösung dieses Systems
ist, faUs wir für die Reihe
2n
(5) 2 fe-'^yf{m,y)dy
{P, m) 0
die Voraussetzung absoluter und gleichmäßiger Konvergenz machen,
der Fredholmschen Lösung der Integralgleichungen durchaus analog
und stellt sich wie diese als meromorphe Funktion des Parameters X
dar. Die gleichmäßige und absolute Konvergenz von (5) ist aber,
wie sich durch partielle Integration ergibt, sichergestellt, falls die
Summe
oder das Integral
+00
/ f" (x, z) dx
— cc
absolut und gleichmäßig konvergiert.
10 Erster Vortrag. Über die Fredholmschen Gleichungen.
Man sieht die Ähnlichkeit und den Unterschied der beiden Fälle
(1) und (4) deutlich: je nachdem die Integrationsgrenzen unendlich
oder endlich sind — oder auch, je nachdem der Kern in den Inte-
grationsgrenzen keine oder eine genügend hohe Singularität aufweist — ,
darf man die „gegebene'^ Funktion im wesentlichen willkürlich wählen
oder ihr nur eine zwar unendliche, jedoch diskrete Reihe von Funk-
tionswerten vorschreiben. Es wäre wohl nicht ohne Interesse, den
hier zur Geltung kommenden Unterschied mit Hilfe der Iteration der
Kerne näher zu betrachten.
ZWEITEE VORTRAG
ANWENDUNG
DER THEOKIE DER INTEGRALGLEICHUNGEN
AUF DIE FLUTBEWEGUNG DES MEERES
Ich will Ihnen heute über einige Anwendungen der Integral-
gleichungstheorie auf die Flutbewegung berichten, die ich im letzten
Semester gelegentlich einer Vorlesung über diese Erscheinung ge-
macht habe.
Die Differentialorleichunffen des Problems sind die folö;enden:
(1)
^^dx\ ^ dxj ' \cx oy dy dxj *'
Wir stellen uns dabei vor, daß die Kugeloberfläche der Erde
etwa durch stereographische Projektion konform auf die (ir,^)-Ebene
bezogen sei; dann bedeute ]i(x,y) das Ahnlichkeitsverhältnis der Ab-
bildung zwischen Ebene und Kugel. Die Lösung des Flutproblems
denken wir uns durch periodische Funktionen der Zeit t gegeben,
und wir nehmen speziell an, daß unsere Gleichungen (1) einem ein-
zigen periodischen Summanden von der Form Ä cos (kt-{-a) ent-
sprechen, sodaß also l in unseren Gleichungen die Schwingungs-
periode bestimmt; es ist bequem, statt der Kosinus komplexe Expo-
nentialgrößen einzuführen und also etwa anzunehmen, daß alle unsere
Funktionen die Form
e'^''f(x,y)
haben; der reelle und imaginäre Teil dieser komplexen Lösungen
stellt uns dann die physikalisch brauchbaren Lösungen dar.
cp {Xj y) ist definiert durch
wo V das hydrostatische Potential, p der Druck ist.
Ist h die Tiefe des Meeres, so definieren wir
K =
— X2-t-4(»2co82'9'^
h = -—i — \, (i=y-i)
wo %' die Colatitude des zu (x, y) gehörigen Punktes der Erde, a die
Winkelgeschwindigkeit der Erde bedeutet, g {x, y) ist die Differenz
zwischen der Dicke der mittleren und der gestörten Wasserschicht,
d. h. ^ > 0 entspricht der Ebbe, ^ < 0 der Flut.
14 Zweiter Vortrag.
g ist die Beschleunigung der Schwerkraft, W das Potential der
Störungskräfte, 77 ist das Potential, welches von der Anziehung der
Wassermassen von der Dicke g herrührt. Ist z, B.
so wird
wo die X^ die Kugelfunktionen sind.
Die Einlieiten sind so gewählt, daß die Dichte des Wassers
gleich 1, der Radius der Erdkugel gleich 1 ist.
Die Größe 7T kann man meistens vernachlässigen: tut man dies,
so erhält man sofort für qp eine partielle Differentialgleichung
2. Ordnung. Um aus derselben (p zu bestimmen, muß man gewisse
Grenzbedingungen vorschreiben. Wir unterscheiden da zwei Fälle:
1. Der Rand des Meeres ist eine vertikale Mauer; dann wird
~- + -,- cos -0- • ^ = 0 ,
ön l OS '
wobei 7^ , o- die normale bzw. tangentiale Ableitung von od ist.
dn ' ÖS ^ n -r
2. Der Rand des Meeres ist nicht vertikal; dann ist dort
Ji = 0, also \ = 7^2 = 0 .
Die Grenzbedingung lautet hier, daß cp am Rande regulär und end-
lich bleiben soll.
Um auf diese Probleme die Methoden der Integralgleichungen
anwenden zu können, erinnern wir uns zunächst der allgemeinen
Überlegungen, wie sie Hilbert und Picard für Differentialgleichungen
anstellen. Sei
Diu) = fix, y)
eine partielle Differentialgleichung 2. Ordnung für u, die elliptischen
Typus hat, so ist eine, gewisse Grenzbedingungen erfüllende, Lösung
u darstellbar in der Form
Gd6\
-fr
wobei G(x,y] x\ y) die zu diesen Randbedingungen gehörige Green-
sche Funktion des Differentialausdruckes D(u) ist; f ist f(x\y)y
da' = dx • dif j und das Integral ist über dasjenige Gebiet der {x\ y')-
Ebene zu erstrecken, für welches die Randwertaufgabe gestellt ist.
Um die Greensche Funktion zu berechnen und so die Randwert-
aufgabe zu lösen, setze man
wo
-T\ /■ \ du , -icu ,
Anwendung d. Theorie d. Integralgleicliungen auf die Flutbewegung d. Meeres. 15
ein linearer DifFerentialausdruck ist. Nehmen wir nun an, wir kennen
die Green sehe Funktion Gq von DqW? ^^ haben wir die Lösung von
D(cp)=f
in der Form
Schaffen wir hieraus durch partielle Integrationen die Ableitungen
J^. 7^, heraus, so werden wir direkt auf eine Inteffralffleichunsf
dx ' dy ^
zweiter Art für (p geführt, die wir nach der Fredholm sehen Me-
thode behandeln können, wenn ihr Kern nicht zu stark singulär wird.
Bei unserem Probleme der Flutbewegung tritt nun gerade dieser
Fall ein; der Kern wird so hoch unendlich, daß die Fredholm sehen
Methoden versagen; ich will Ihnen jedoch zeigen, in welcher Weise
man diese Schwierigkeiten überwinden kann.
Betrachten wir erst den Fall der ersten Grenzbedingung
l^ + df-o,
dn ds '
wo C eine gegebene Funktion von x, y ist. Die Differentialgleichung,
die sich bei Vernachlässigung von 11 ergibt, hat die Form
und wir stehen daher vor der Aufgabe, die Gleichung
mit unserer Randbedingung zu integrieren.
Diese Aufgabe ist äquivalent mit der, eine im Innern der Rand-
kurve reguläre Potentialfunktion F, die am Rande die Bedingung
dV dV
K h 0^=0 erfüllt, als Potential einer einfachen Randbelegung zu
finden. Bezeichnet s die Bogenlänge auf der Randkurve von einem
festen Anfangspunkte bis zu einem Punkte P, s die bis zum Punkte P\
so erhält man für V eine Integralgleichung; jedoch wird der Kern
K(Sj /) derselben für s = s von der ersten Ordnung unendlich, und
es ist daher in dem Integrale
fK(x,y)f{y)dy
der sogenannte Cauchjsche Hauptwert zu nehmen, der definiert ist
als das arithmetische Mittel aus den beiden Werten, die das Integral
erhält, wenn ich es in der komplexen «/-Ebene unter Umgehung des
Punktes y = x das eine mal auf einem Wege AMB oberhalb, das andere
mal auf einem Wege AM' B unterhalb der reellen Achse führe.
16 Zweiter Vortrag.
Anstatt die Methoden zu benutzen, die Kellogg zur Behandlung
solcher unstetiger Kerne angibt, will ich einen andern Weg ein-
schlagen. Wir betrachten neben der Operation
S{m)=fK{x,y)f{y)dy
die iterierte
s' {m) ==ff^(^^ ') ^fe y) f(y) ^^ ^y ^
bei der ebenfalls das Doppelintegral als C au chy scher Hauptwert zu
nehmen ist; dies soll folgendermaßen verstanden werden: wir be-
trachten für die Variable z die Wege AMB, AM'B, für y die Wege
AFB, AB' B, die zueinander liegen mögen, wie in der Figur an-
gedeutet ist. Dann bilden wir die 4 Integrale, die sich ergeben,
wenn ich einen Weg für 3 mit
einem für y kombiniere,
3 : AMB, AM'B, AMB, AM'B
y: ABB, ABB, AB'B, AB'B,
und nehmen aus diesen 4 Integralen
das arithmetische Mittel. Ziehen wir
noch 2 Wege AQB, AQ'B wie in
der Figur, so sehen wir, daß sich in
der ersten Wegkombination der Weg AMB für z ersetzen läßt
d^viXQh AQB-\- AMBQA, in der zweiten AM'B durch AQ'B, in
der dritten AMB durch AQB nnd in der vierten AM'B durch
AQ'B -\- AM'B Q' A, sodaß wir jetzt die folgenden Wegkombina-
tionen haben:
z y
AQB+AMBQA ABB
AQ'B ABB
AQB AB'B
AQ'B + AM'BQ'A AB'B.
Führen wir jetzt die Integrale aus und wenden den Residuenkalkul
auf die geschlossenen Wege an, so zeigt sich, daß unsere Operation
S^(f{x)), die einer Integralgleichung 1. Art zugehört, übergeht in eine
Operation, welche durch die linke Seite einer Integralgleichung 2. Art
gegeben ist, deren Kern überall endlich bleibt; wenn wir zuerst die
vier Kombinationen von den Wegen AQB und AQ'B mit den Wegen
ABB und AB'B nehmen, so bekommen wir ein doppeltes Integral,
welches nicht unendlich werden kann, da auf diesen Wegen x =^ y
und y =^ z. Betrachten wir jetzt die beiden Wegkombinationen
AMBQA, ABB und AM'BQ'A, AB'B, oder AMBQA, ABB
Anwendung d. Theorie d. Integralgleichungen auf die Flutbewegung d. Meeres. 17
und AQ'BM'A, BP'A, so ist leicht zu sehen, daß s eine geschlossene
Kurve AMBQA oder AQ'BM' A um y beschreibt, und cfeß gleich-
zeitig y eine geschlossene Kurve APBP'A um x beschreibt. Wir
dürfen also die Residuenmethode anwenden, und wir bekommen ein
Glied, wo die unbekannte Funktion ohne Integralzeichen auftritt, wie
in der linken Seite einer Integralgleichung zweiter Art. Indem wir
so auf eine durchaus reguläre Integralgleichung 2. Art geführt werden,
die der Fredholm sehen Methode zugänglich ist, haben wir die
Schwierigkeit bei unserem Problem überwunden.
Nur ein Punkt bedarf noch der Erläuterung: wenn x und y gleich-
zeitig in einen der Endpunkte A, B des Intervalles hineinfallen, so ver-
sagen zunächst die obigen Betrachtungen, und es scheint, als wären
wir für diese Stellen der Endlichkeit unseres durch Iteration gewon-
nenen Kernes nicht sicher. Dieses Bedenken wird jedoch bei unserm
Problem dadurch beseitigt, daß der Rand des Meeres, der das Inte-
grationsintervaU darstellt, geschlossen ist, woraus sich ergibt, daß die
Punkte A, B keine Ausnahmestellung einnehmen können.
Durch diese Überlegungen ist also der Fall der vertikalen
Meeresufer erledigt.
Wir betrachten den zweiten und schwierigeren Fall, daß das
Ufer des Meeres keine vertikale Mauer ist. Dann ist am Rande
h = \ =-= h.2 = 0 .
Da die Glieder 2. Ordnung unserer Differentialgleichung für q) durch
den Ausdruck
gegeben sind, so ist die Randkurve jetzt eine singulare Linie für die
Differentialgleichung. Außerdem werden \, \ gemäß ihrer Definition
für die durch die Gleichung
4g32cos2^ = A2
gegebene IcrüiscJie geograpJiiscJie Breite d' unendlich. Um trotz dieser
Singularitäten, welche das Unendlich werden des Kerns K zur Folge
haben, das Problem durchzuführen, bin ich gezwungen gewesen, das
reeUe Integrationsgebiet durch ein komplexes zu ersetzen, indem ich
y in eine komplexe Veränderliche y -\- iz verwandle; x hingegen
bleibt reell.
Wir deuten xyz als gewöhnliche rechtwinklige Koordinaten in
einem dreidimensionalen Raum und zeichnen den Durchschnitt AB
einer Ebene rr = konst. mit dem in der (;r,^)-Ebene gelegenen Meeres-
becken. Entspricht G der kritischen geographischen Breite, so ist es
nicht schwer, diese Singularität durch Ausweichen in das komplexe '
Gebiet zu umgehen. Wählen wir ferner irgend zwei Punkte D, E
Poincar6, Vorträge. 2
18 Zweiter Vortrag.
zwischen Ä und B und umgeben Ä, von D ausgehend und dorthin
zurückkehrend, mit einer kleinen Kurve und verfahren entsprechend
bei B — räumlich gesprochen: umgeben wir die Randkurve mit
einem ringförmigen Futteral — , so stellen wir uns jetzt das Problem,
unsere Differentialgleichung so zu in-
tegrieren, daß gp, wenn wir seine
y^{^^l Wertänderung längs der den Punkt Ä
umgebenden Kurve verfolgen, mit
demselben Wert nach D zurückkehrt,
^rXin Si-
'&
mit dem es von dort ausging. Diese „verändertet^ Grenzbedingung ist
mit der ursprünglichen, welche verlangte, daß cp am Rande (im
Punkte Ä) endlich bleibt und sich regulär verhält, äquivalent. Zwar
sind die zu der neuen und der alten Grenzbedingung gehörigen
Greenschen Funktionen (r, G^ nicht identisch, wohl aber die den
betreffenden Randbedingungen unterworfenen Lösungen von
(1) TJiu) = f.
Hiervon überzeugen wir uns leichter im Falle nur einer Variablen y^
dann ergeben die Gleichungen
u = fG{y, y') f{y) dy , u^=j G, {y, y) f(y) dy
durch Anwendung des Cauchy sehen Integralsatzes, daß u — u^^O ist.
Um jetzt das Problem (1) zu behandeln, ziehe ich die vorige
Methode heran, die hier aber in zwei Stufen zur Anwendung kommt,
da unsere veränderte Randbedingung für die Gleichung Au = f un-
zulässig ist.^) Wir können setzen
D(ii) = AQi^u) + D,(u) + A W ;
dabei soll AW ^^'^ ^^® Glieder 1. Ordnung ö— ? -ö"; A(^) ^^®^
nur u selbst enthalten. Indem wir
unter der Randbedingung ?; = 0 integrieren, erhalten wir für u = ^
eine am Rande endliche und reguläre Funktion, für welche
A(\u) = Dq{u) =f
ist. Darauf integrieren wir
unter Zugrundelegung der ursprünglichen Grenzbedingung nach der
gewöhnlichen Methode. Der in der hierbei zu benutzenden Integral-
1) Diese Randbedingung ist nicht von solcher Art, daß sie eine bestimmte
Lösung von A (m) = /" auszeichnet.
Anwendung d. Theorie d. Integralgleichungen auf die Flutbewegung d. Meeres. 19
gleichung auftretende Kern ist zwar unendlich, aber von solcher Ord-
nung, daß sich die Singularität durch Iteration des Kerns beseitigen
läßt: die partielle Integration, welche Glieder von einer zu hohen
Ordnung des Unendlichwerdens einführen würde, bleibt uns an dieser
Stelle erspart.
Das damit bewältigte Integrationsproblem ist aber der Inte-
gration von
D„ («) + !),(«)=/•
unter der veränderten Grenzbedingung äquivalent, und infolgedessen
können wir jetzt die zweite Stufe ersteigen und auch die Lösung von
B{u) = (Do(w) -f Dg {u)) -f A (u) -f *
unter der veränderten Grenzbedingung bestimmen.
Wir haben bis jetzt das Glied 77 als so klein vorausgesetzt,
daß wir es ganz vernachlässigen durften. Heben wir diese Voraus-
setzung auf, so entstehen keine wesentlichen neuen Schwierigkeiten.
77 ist ein von g erzeugtes Anziehungspotential; wir haben also
"'ß-^.
wenn clö' ein Flächenelement der Kugel, ?' den Wert der Funktion J
im Schwerpunkt {x\ y) dieses Flächenelementes, r aber die räumlich
gemessene Entfernung der beiden Kugelpunkte {x, y)\ {x, y) bedeutet,
und die Integration über die ganze Kugeloberfläche erstreckt wird.
Wir können auch schreiben
-/
t dx' dy
Setzen wir dies in unsere Ausgangsgleichungen ein, von denen wir
noch die erste mittels Aufstellung der zugehörigen Green sehen Funk-
tion und unter Berücksichtigung der Randbedingung aus einer
Difierential- in eine Integralgleichung verwandeln, so erhalten wir
zwei simultane Integralgleichungen für f und (p, die mit Hilfe der
soeben erörterten Methoden aufgelöst werden können.
OFTHE
^N»VERSITY
^ILIEQRNIIL
DRITTER VORTRAG
ANWENDUNG DER INTEGRALGLEICHUNGEN
AUF HERTZSCHE WELLEN
Ich will heute über eine Anwendung der Integralgleichungen
auf Hertz sehe Wellen vortragen und insbesondere die äußerst merk-
würdigen Beugungserscheinungen behandeln, welche bei der draht-
losen Telegraphie eine so wichtige Rolle spielen: ist es doch eine
wunderbare Tatsache , daß die Krümmung der Erdoberfläche, welche
eine Fortpflanzung des Lichtes verhindert, für die Ausbreitung der
Hertz sehen Wellen kein Hindernis darstellt, daß dieselben vielmehr
auf der Erdoberfläche von Europa bis Amerika zu laufen vermögen.
Der Umstand, daß die Hertz sehen Wellen eine viel größere Länge
haben als die Licht wellen, kann allein diese Erscheinung noch nicht
erklären. Eine solche Erklärung ergibt sich vielmehr erst durch
Betrachtung der Differentialgleichungen des Problems.
Setzen wir die Lichtgeschwindigkeit gleich 1, und verstehen wir
mit Maxwell
die Komponenten der magnetischen Kraft,
die Komponenten des Vektorpotentiales,
die Komponenten der elektrischen Verschiebung,
das skalare Potential,
die Komponenten des Konduktionsstromes,
die Dichte der Elektrizität,
unter
a,
ß,
r
unter
F,
a,
H
unter
f,
9y
h
unter
t
unter
u,
^,
IV
unter
9
so gelten die Gleichungen
dy
dx
Ajtf
dF
dt
dx
H^+^)-i-'^
^K^K^^J.
^Lj dx dx ^ dy
+ ¥' +
dli
-Q
2
dx'^ 'dt ~ '
24 Dritter Vortrag.
und es folgt
Wir betrachten nun eine gedämpfte synchrone Schwingung, indem
wir annehmen, daß alle unsere Funktionen proportional sind mit der
Exponentialgröße
a •
Aus den so zustande kommenden komplexen Lösungen erhalten wir
die physikalischen durch Trennung in reellen und imaginären Be-
standteil. Der reelle Teil von m gibt die Schwingungsperiode, der
imaginäre die Dämpfung.
Aus unserem Ansatz folgt
und man kann daher i^ und i^ als retardierte Potentiale darstellen wie folgt:
dx
r
dt ist das Raumelement im (x'^ y, ^') -Räume, ii, q' die Werte von
^y Q im Punkte (x\ y\ /), r die Entfernung der Punkte (x, y, /)
und (x, y, z).
In den meisten Problemen treten zwei verschiedene Medien auf,
der freie Äther und die leitenden Körper; von den letzteren wollen
wir annehmen, daß sie sich wie vollkommene Leiter verhalten, daß
also in ihrem Innern das Feld verschwindet, die elektrischen Kraft-
linien auf ihrer Oberfläche normal stehen, während die magnetischen
in dieselbe hineinfallen; dem Umstände, daß Ladung und Strömung
nur an der Oberfläche des Leiters vorhanden ist, wollen wir dadurch
entsprechen, daß wir die obigen Ausdrücke für F und ^ modifizieren,
indem wir an Stelle der Raumintegrale Oberflächenintegrale einführen.
Wir schreiben
'^=Jq" ^~da',
-itor
dö'y
r '
wo q", (i" jetzt die Flächendichte der Ladung bzw. Strömung be-
deuten und dö' das Flächenelement ist.
•/'■
Anwendung der Integralgleichungen auf Hertzscbe Wellen. 25
Wir unterscheiden gewöhnlicli zwei leitende Körper, der eine
soll der äußere, der andere der innere Leiter heißen; sie erzeugen das
„äußere" resp. das „innere" Feld; das äußere Feld ist gegeben, das
innere gesucht. So ist z. B., wenn wir das Problem des Empfanges
elektrischer Wellen betrachten, der Sender der äußere, der Empfangs-
apparat der innere Leiter; beim Probleme der Beugung elektrischer
Wellen ist der Erreger der äußere, die Erdkugel der innere Leiter;
bei dem Probleme der Schwingungserzeugung haben wir kein äußeres
Feld, der Erreger wird dann als innerer Leiter anzusehen sein.
Um nun zum Ansatz einer Integralgleichung zu gelangen, wollen
wir unter den oben erklärten Funktionen nur die zum unbekannten
inneren Felde gehörigen verstehen, sodaß z. B. die obigen Integrale
nur über die Oberfläche des inneren Leiters zu erstrecken sind; be-
achten wir nun, daß die innere Normalkomponente des elektrischen
Vektors am inneren Leiter unserer obigen Annahme zufolge ver-
schwinden muß, so folgt, wenn l, m, n die Richtungskosinus der Nor-
male bedeuten, aus unseren Ausgangs-Gleichungen:
4.7tf =~^ ^ icoQF -\- mG + nH) =- N,
wo N die Normalkomponente des äußeren Feldes, also eine bekannte
Funktion ist.
Bezeichnen wir jetzt die Flächendichte statt mit q" mit ft', so
wird zufolge unseres Ausdruckes für z^
dn
^-^^PlnifP)^''
05
Benutzen wir ferner unseren Ausdruck für F und die entsprechenden
für G und jET, so hat man
/• — iwr
Diesen Ausdruck kann man nun in gewissen Fällen durch partielle
Integrationen auf die Form
— 1(0 \ Liidö'
bringen, wobei L eine bekannte Funktion ist. So haben wir schließlich
und dies ist die Integralgleichung 2. Art für ^, auf die wir hin-
strebten. Im allgemeinsten Falle bekommt man zwei Integralgleichungen
mit zwei Unbekannten, welche z. B. /i und v sein mögen, wo ^ das
oben definierte ist: wir setzen v = ^- , wo 3— die Ableitunoj in
' dn^ dn °
26 Dritter Vortrag.
der Normalriclitung bezeichnet und N die Normalkomponente der
magnetischen Kraft ist.
Die Funktion L läßt sich dann besonders einfach bilden, wenn
der innere Leiter ein Rotationskörper ist und das äußere Feld Rota-
tionssymmetrie besitzt. Ist s, s' die Bogenlänge, gemessen
vom Endpunkte der Rotationsachse auf einem Meridian
bis zu den Punkten P, P', ist ferner d' der Winkel zwischen
der Normale in P und der Meridiantangente in P', so
wird L als Funktion von d', s, s definiert durch die Diffe-
rentialgleichung
ÖL e _
-K-y = COS O-.
OS r
Das Problem des Empfanges elektrischer Wellen läßt sich auf
Grund der obigen Integralgleichung 2. Art behandeln.
Wollen wir nur das Problem der Erzeugung elektrischer Wellen
betrachten, so haben wir das äußere Feld gleich Null zu setzen, es wird
also JV=0, und wir haben eine homogene Integralgleichung vor
uns; in ihr darf jedoch o nicht mehr einen willkürlichen Parameter-
wert bedeuten, sondern ist eine zu bestimmende Zahl, die die Rolle
der Eigenwerte spielt.
Ich schreibe unsere Integralgleichung in der Form
27t^+fKad6=^N
mit dem Kerne K-^ ich führe einen unbestimmten Parameter X ein und
betrachte die allgemeine Gleichung
27t ^ + lfK^:da=N.
Das erste Glied hängt von zwei Unbestimmten X und w ab. Wenn
man die gewöhnliche Fredholmsche Methode anwendet, so erhält
man die Lösung unserer obigen Integralgleichung in Gestalt einer
meromorphen Funktion von A, deren Nenner eine ganze Funktion
von k ist. Man kann nun zeigen, daß dieser Nenner auch eine ganze
Funktion von w wird, sodaß also auch hier unsere ausgezeichneten
Werte co sich als NuUsteUen einer ganzen transzendenten Funktion
ergeben.
Wir woUen aber jetzt das größere Problem der Beugung aus-
führlicher behandeln.
Nehmen wir zu diesem Ende an, daß der innere Leiter eine
Kugel, die Erdkugel, vom Radius q ist und das äußere Feld (dessen
normale Komponente JV bedeutet) von einem punktförmigen Erreger S
herrührt, dessen Entfernung B vom Mittelpunkt 0 der Erde nur sehr
Anwendung der Integralgleichungen auf Hertzsche Wellen.
27
wenig größer ist als der Radius q. Wir wählen die Richtung OS
zur ^- Achse und bezeichnen die Abweichung der Richtung OM, in
der M einen variabeln Punkt der Kugel-
oberfläche bedeutet, von OS mit cp. Die
Bedeutung von 0-, |, (p'] r, / ist aus der
Figur ersichtlich:
0M = 03I' = OM, = Q,
OS = D,
SM = r,
SM' = r.
Der Wert der normalen Ableitung N
des äußeren Feldes berechnet sich im
Punkte M, wie leicht zu sehen, nach
der Formel
47t N = e''"(^-'-) [^ sin-a- sing + (72 + ^coV) ' ^™'^ ^^^^ "^ ^ cos^ cos J)] •
Da w eine sehr große Zahl ist — denn die Länge der Hertz sehen
Wellen ist klein gegenüber dem Radius der Erde — genügt es
meistens, in dieser Formel nur das erste Glied, das in der eckigen
Klammer auftritt, beizubehalten.
Im vorhergehenden haben wir die Gleichung der Hertz sehen
Wellen auf die Form
27t^ =fii'Kd0' + N
gebracht und haben gezeigt, wie der Kern K berechnet werden kann.
Entwickeln wir jetzt N und K nach Kugelfunktionen oder vielmehr,
da unser Problem die Symmetrie eines Rotationskörpers mit der
Achse OS besitzt, nach Legendreschen Polynomen P^, so gewinnen
wir aus dieser Integralgleichung die elektrische Flächendichte ^ gleich-
falls unter der Form einer nach den Funktionen P^ fortschreitenden
Reihe. Es gilt zunächst
2n + l
K^ ist von der Form
^nJ'n (« Q)
WO Ä^ eine nur von n, nicht aber von q abhängige Zahl ist, und e7,,
eine mit der B es sei sehen verwandte Funktion bedeutet.
Wir verstehen nämlich unter J^ipo) die in der Umgebung von
x = 0 holomorphe Lösung der Gleichung
dx^^^^V x'
^^+.(1-'^"^-^) = «'
28 Dritter Vortrag.
und 2„(^) sei dasjenige Integral derselben Gleichung, welches sich
für große positive Werte von x angenähert wie e~^^ verhält. Da J^,
I^ von einander unabhängig sind, können wir außerdem dafür sorgen, daß
ist, wenn unter J"^/, I^' die Ableitungen von J^, I^ verstanden werden.
Die Lösung unserer Integralgleichung lautet jetzt
Da aber auch der Ausdruck von K^ im Zähler J^((dq) als Faktor
enthält, und sich infolgedessen dieser Term J^((dq) heraushebt, ist
die für die Eigenschivingungen charakteristische Gleichung.
Um zu übersichtlichen Resultaten zu gelangen, benutzen wir an-
genäherte Formeln. Diese beruhen darauf, daß co sehr groß, anderer-
seits aber 1 sehr klein ist. Wir stützen uns auf die folgende
Q
Näherunssformel
Jrie'''^ dx = Yie^y ^^„ e'
6, 7] sind gegebene Funktionen von x, co eine sehr große Zahl. 6'' be-
deutet die zweite Ableitung von ö, und auf der rechten Seite ist als
Argument ein solcher Wert einzusetzen, für den 0 ein Maximum oder
Minimum besitzt; je nachdem der eine oder der andere Fall vorliegt,
ist in dem Faktor e * das Zeichen -f oder das Zeichen — zu nehmen.
Hat 6 in dem Intervall, über welches zu integrieren ist, mehrere
Maxima oder Minima, so ist der Ausdruck rechts durch eine Summe
analog gebildeter Terme zu ersetzen.
Durch Anwendung dieser Formel bekommen wir für die Le-
gendreschen Polynome P^{gos^) die folgenden, für große n gültigen
angenäherten Ausdrücke:
P„ = 21/^4^- cos (»9, + !-')•
^ r nsmcp \ ^ ' 2 4/
Aus ihnen folgt für die K^, falls n<,coQ,
" SrYn ^yDg coad-coaiy "?
Dabei ist
cc = ncp —cor i- ^ — -,
a = ncp —cor-\-~
Anwendung der Integralgleichungen auf Hertzsche Wellen. 29
gesetzt^ und für i, ^, (py q^', r, r sind die aus der Figur zu ent-
nehmenden Werte einzusetzen, für welche
wird. Die gleiche Näherungsformel gilt auch für n'^OQ, falls in der
eckigen Klammer e'^ + ß*" durch e'" oder e""' ersetzt wird; die Dis-
kussion darüber, welches der beiden Glieder beizubehalten ist, will
ich hier nicht geben.
Auch um I^J^ angenähert zu berechnen, müssen wir die beiden
Fälle n<.GiQ und ny-cnQ unterscheiden. Im ersten Falle ist
^ a-a' cc — a
lnJ^n = ^ 2 -COS ^—y
im zweiten
zu setzen. Daraus ergibt sich, daß sowohl für n<C(DQ als auch für
w > (D ^ und große n
gilt. In der Summe, durch welche wir \l dargestellt haben, geben
demnach diejenigen Glieder, für welche nahezu n = co ist, den Aus-
schlag. Für diese gilt näherungs weise
1 = 1 und r = y27Z>.
Da ferner wegen der Kleinheit von 1 der Winkel op immer
... ^
nahezu = 0 bleibt, variiert a als Funktion von n nur sehr wenig,
wenn n auf die dem Werte n = (o benachbarten ganzen Zahlen be-
schränkt wird. Wir dürfen also, wenn wir noch die Längeneinheit
so gewählt denken, daß q = \ ist, schreiben
\L^c y^'—j-^^- ^— . — =r=(cosMi^+ : — -7)'
.^ |/cos^coö| ^/sino/; V ^ ' 2 4/
Dabei ist \i der Wert der elektrischen Oberflächendichte im Punkte M^
(s. die Figur).
Aus
sinS = ^, sin^^-"^; cos| = ]/l-^, cos^=]/l
D^o)^
1) Der Ausdruck von ^ kann auch auf eine einfachere Form zurückgeführt
werden, nämlich
und diese Formel ist nicht eine angenäherte, sondern eine strenge.
30 Dritter Vortrag.
bekommen wir
n / n yA,/jy
ein ^ (sin -9-)'/^ co \coD) ^ ■}/(
}/co8'9'COs| -iV/ . »^\ /. I ^ \ yco — n . -^«(D — 1) -jV ca — n
sodaß in der Nähe von n = co der linke Ausdruck von derselben
Größenordnung ist wie
Führen wir diese Annäherung in unsere Formel für ^ ein und ersetzen
cos (mj^ + y~~t) z^Ji'^c^sfc durch e^ ^ ^/, so kommen wir auf
die Reihe
■j/sini/; • yn^^l ^ yn — co
Sehreiben wir
^yn-co
so können wir
i Se~^'^'^ d(o {y ganzzahlig)
als einen Mittelwert der Reihe S betrachten, und ich will S durch
diesen Mittelwert ersetzen. Ein solches Verfahren ist gewiß berech-
tigt, wenn es uns nur daran liegt, die Größenordnung von S fest-
zustellen, umsomehr als in Wirklicheit von einer Antenne nicht bloß
Schwingungen einer einzigen Wellenlänge, sondern ein ganzes kon-
tinuierliches Spektrum von Schwingungen ausgeht. Wir erhalten
r + l
(«)
im we-
17= dq
-00 V«
sentlichen übereinstimmen.
Anwendung der Integralgleichungen auf Hertzsche Wellen. 31
Auf ähnliclie Weise zeigt man, daß der Mittelwert von
■in\p
2
t/w — (O
gegen den von S zu vemachlässigen ist. Damit gewinnen wir das
Resultat, daß
/i von der Größenordnung
fi)
und also
M-
ist. Die Beugung ist daher um so größer, je näher die Quelle S der
Erdoberfläche gelegen ist und je länger die entsendeten Wellen sind.
Auf diese Weise wird die zunächst staunenerregende Tatsache ver-
ständlich, daß es mit Hilfe der in der drahtlosen Telegraphie ver-
wendeten Hertzschen Wellen gelingt, vom europäischen Kontinent
z. B. bis nach Amerika zu telegraphieren.
Wenn man nicht den mittleren Wert der Reihe betrachten will,
welcher von einem Integral dargestellt wird, sondern den wirklichen
Wert dieser Reihe, so hat man eine Diskussion durchzuführen, welche
auf einem wohlbekannten Ab eischen Satz beruht, und deren Resultate
etwas komplizierter, aber sonst ganz ähnlich den vorliegenden sind.
Note. Je me suis aper9u que les dernieres conclusions doivent etre modi-
fiees. Les formules approchees dont j'ai fait usage ne sont plus vraies lorsque n
est tres voisin de oo q. Elles doivent etre alors remplacees par d'autres, oü figure
une transcendante entiere satisfaisant ä l'equation differentielle
y" = ^2/-
Mais les termes qui doivent etre ainsi modifies sont en petit nombre et
j'avais cru d'abord que le resultat final n'en serait pas modifie. Un examen
plus approfondi m'a montre qu'il n'en est rien. La somme des termes modifies
est comparable ä celle des autres termes dont j'avais tenu compte et qui est
donne'e par la formule precedente; il en resulte une compensation presque
complete de sorte que la valeur de ft donnee par les formules definitives est
notablement plus petite que celle qui resulterait des formules precedentes.
VIERTER VORTRAG
ÜBER DIE
REDUKTION DER ABELSCHEN INTEGRALE
UND DIE
THEORIE DER FÜCHSSCHEN FUNKTIONEN
Meine Herren! Icli habe die Absicht, Ihnen heute über die
Reduktion der Ab eischen Integrale im Zusammenhang mit der Theorie
der automorphen und insbesondere der Fuchs sehen Funktionen vor-
zutragen.
Ein System von Ab eischen Funktionen von p Variabein und
2p Perioden heißt redumhel, wenn es sich auf ein System von q Varia-
bein und 2q Perioden (q<Cp) zurückführen läßt. Hierbei ist es von
vornherein von Wichtigkeit, zwei Fälle zu unterscheiden:
Im ersten Falle soll es möglich sein, das System S Abel scher
Funktionen von p Variabein durch eine algebraische Kurve C vom
Gescblechte p zu erzeugen. Ebenso soll das System S' von q Varia-
bein aus der Theorie eines algebraischen Gebildes vom Geschlechte q
entspringen.
Dieser unser erste Fall ist aber bekanntlich nicht der allgemeine;
denn die Kurve C hängt nur von 3p — 3 Konstanten ab, während
die allgemeinen Ab eischen Funktionen von p Variabein ^^^^
Parameter enthalten. Dadurch ist der zweite der beiden Fälle ge-
geben, die wir unterscheiden. In diesem Falle nämlich soll minde-
stens eines der beiden Systeme S, S' nicht aus der Theorie der alge-
braischen Gebilde entspringen.
In meinem heutigen Vortrag will ich mich durchaus auf den
erstgenannten Fall beschränken. Aber auch dann muß ich noch zwei
Fälle unterscheiden. Wir knüpfen nämlich unsere Betrachtungen an
die beiden algebraischen Kurven G und C an. Im Falle der Redu-
zibilität besteht zwischen beiden eine algebraische Korrespondenz.
Die Beschaffenheit derselben liegt der in Aussicht gestellten Fall-
unterscheidung zugrunde.
Der erste Fall ist der folgende. Vermöge der Korrespondenz ist
jedem Punkte M von C ein und nur ein Punkt M' von C zu-
geordnet, während umgekehrt jedem Punkte von C n Punkte von C
entsprechen. Ich nenne dann n die cliaraMeristische Zahl der Korre-
spondenz und sage, C ist eine vielfache Kurve von C\
Der eben genannte erste Fall ist aber nicht der allgemeine. Das
ist vielmehr der nun folgende zweite. Hier nämlich besteht die
Korrespondenz nicht zwischen einzelnen Punkten M und il/', sondern
zwischen Systemen von Punkten 31^, . . ., M^, von C mit den Koordi-
naten x^,y^'., . . .; x^,y^, und 2I[, . . .,MJ von C mit den Koordinaten
3*
36
Vierter Vortrag.
^lyVi't ' • -'^^viV'- Jedem System auf C soll dabei ein und nur ein
System auf C entsprechen^ während umgekehrt einem System auf
C im allgemeinen mehrere Systeme auf C zugeordnet sind. Ich sage
dann, C ist eine pseudovielfaclie Kurve von C\
Im erstgenannten Falle sind x und ij rationale Funktionen von x und
y, während im zweiten nur geschlossen werden kann, daß jede rationale
und symmetrische Funktion der {x^y^\ . . ., x^!y^,) eine rationale Funk-
tion der {x^y^, .. ., x^.y^) ist. Es ist leicht zu sehen, daß jede Kurve C,
die eine vielfache von C ist, auch eine pseudo vielfache der Kurve C
ist. Umgekehrt aber habe ich mehrere Beispiele bilden können dafür,
daß nicht jede pseudovielfache Kurve von C auch eine vielfache von
C ist. Ich will jedoch hier nicht näher darauf eingehen, zumal da
sich meine folgenden Darleguno^en durchaus an den ersten Fall an-
schließen werden.
Im Falle der Reduzibilität unserer Integrale ist es möglich, ihre
Periodentabelle auf eine besondere Normalform zu bringen. Die fol-
genden beiden Beispiele mögen eine Anschauung von der Beschaffen-
heit derselben geben.
1) ^ = 1; ^ = 3. Die Periodentabelle kann auf die folgende
Form gebracht werden:
21% 0
0
2 iTt
0
0 2i7t 0
2/7r
0
2) g = 2; p = 4.
2i% 0
0 2i7t
0 0
0 0
0 2i7t 0 h c.
Die normierten Perioden sind hier
0
0
2i7C
0
0
0
0
2i7t
h
0
2i%
a
c
27ti
1^
0
2 7ti
aß
a
6'
0
V
c .
Die Zahlen a, ß bedeuten in beiden Tabellen ganze rationale
Zahlen.
Ich definiere nun noch eine zweite charakteristiscJie Zahl z. Sie
gibt die Ordnung der Thetafunktion von q Variabein an, in die eine
Thetafunktion erster Ordnung von p Variabein im Falle der Reduzi-
bilität transformiert werden kann. Im ersten Beispiel ist k = a, im
zweiten % ^ aß. Die leiden charaJder istischen Zahlen n und % sind
nun immer einander gleich. Ich habe zwei Beweise für diesen Satz
gefunden, die ich jetzt in ihren Grundzügen auseinandersetzen will.
Die Reduktion d. Abelschen Integrale u. die Theorie d. Fuchsschen Funktionen. 37
Erster Beweis. Seien Jf und M' zwei Abel sehe Integrale erster^
zweiter oder dritter Gattung der Kurve C. Ich denke mir die zu-
gehörige Rie mann sehe Fläche irgendwie längs 2p von einem Punkte
ausgehenden nichtzerstückenden Rückkehr schnitten kanonisch auf-
geschnitten. Dann mögen M und M' die folgenden Perioden besitzen:
Ich muß nun eine charakteristische fundamentale Bilinearform defi-
nieren. Ich setze nämlich:
F(x,ij)=fMdM',
wo das Integral längs der ganzen Kontur der Zerschneidung erstreckt
werden soll. Wenn x, y Normalperioden sind, so nimmt F{x, y) die
folgende Form an:
p
F{X, y) = ^- (^2.-12/2. - ^2y.y2y.-l)-
1
Nehme ich an, es sei M eines der reduziblen Integi'ale, dann drücken
sich seine 2p Perioden ganzzahlig und linear durch nur 2q Perioden
co^, . . ., fög^ aus. Ich habe also dann:
27
y. = ^' ^h.j^J (^ = 1; 2, . . ., 2p),
1
wo die m^ ganze rationale Zahlen bedeuten. Wenn nun M und M'
Integrale erster Gattung sind, dann ist bekanntlich
F(x, y) = 0.
Wenn man in diese Gleichung die Ausdrücke der x durch die co ein-
setzt, so bekommt man eine bilineare Gleichung zwischen den y und
io, die in der folgenden Form geschrieben werden kann:
1
Seien nun u^, . . ., u^p linear unabhängige Integrale erster Gattung
von C. Dann können wir setzen:
U = /ij K^ + ^2'^h H h ^p^(^p
Die vorläufig noch unbestimmten Koeffizienten a sollen nun so be-
stimmt werden, daß sie den 2q linearen Gleichungen:
Äy = 0 .ij=l,2,...,2q)
38 Vierter Vortrag.
genügen. Wenn man dann noch beachtet^ daß diese 2q Gleichungen
nicht linear unabhängig sind, sondern daß zwischen ihnen g Relationen
J'ä;», = 0
bestehen, so ist leicht zu erkennen, daß auch 31^ reduzierbar ist, und
daß, so wie Jf einer Schar von q reduziblen Integralen angehört, auch
M' ein Element einer (^j — ^)fach unendlichen linearen Schar von redu-
ziblen Integralen ist. Doch dies nur nebenbei.
Ich bemerke nun, daß H^ eine lineare Funktion der y.^ ist, so-
daß ich schreiben kann:
2p
Hj = ^\,y, fi=l,2,...,2g),
1
wo die h.^ ganze rationale Zahlen sind. Aus den m^.^ und den //^.^
kann ich nun zwei Tabellen von je 2q Kolonnen und 2p Zeilen
bilden. Aus beiden kann ich gewisse g-reihige Determinanten bilden.
Ich bezeichne die der m mit D und die aus denselben Zeilen der h
gebildete mit D'. Dann setze ich
J= ^DD'.
J ist nun in dem folgenden Sinne eine invariante Zahl: Sie bleibt
ungeändert, wenn man irgendeines der Periodensysteme x oder a
durch ein äquivalentes ersetzt. Dabei heißen zwei Periodensysteme
äquivalent, wenn sie sich ganzzahlig und linear durcheinander aus-
drücken lassen. Man kann nun einerseits beweisen, daß
andererseits aber, daß
J=n\
Daraus kann man folgern, daß
X = n.
Das ist der erste Beweis. Der nun folgende
Zweite Beweis ist wesentlich kürzer. Er beruht auf dem Ver-
gleich der zu S und S' gehörigen Bilinearformen F(x,ij) und 0((y, w').
Man hat nämlich einerseits
F{x,y) = n0(cD, cd'),
andererseits
Daraus schließt man
K = n.
Ich komme nun zum Zusammenhang der MeduJäionstheorie mit
der Theorie der Fuchs sehen FunJdioiten.
Bekanntlich definiert jede algebraische Kurve C ein System von
Fuchs sehen Funktionen. Nun kann man die Tatsache, daß C ein
Die Reduktion d. Abelschen Integrale u. die Theorie d. Fuchsschen Funktionen. 39
Vielfaches von C ist, auch folgendermaßen ausdrücken. Es ist
immer auf mannigfache Weise möglich, der Kurve C eine Grenz-
kreisgruppe G' und C eine ebensolche Gruppe G zuzuordnen, sodaß
G eine Untergruppe von G' ist. Ist im besonderen G ein n-faches
von C, dann ist G eine Untergruppe vom Index n von G'. Man
erhält daher einen Fundamentalbereich von G dadurch, daß man
n geeignet gewählte Fundamentalbereiche von G', die durch die Opera-
tionen von G' auseinander hervorgehen, aneinander lagert. Das Poly-
gon P von G erscheint dann in n Polygone P' {ß) eingeteilt, die
einem Polygon P' von G' im Sinne der nichteuklidischen Geometrie
kongruent sind.
Ich bezeichne die Seiten des Polygons P' mit yicc) und die homo-
logen Seiten von P' {ß) mit y{a,ß). Die Seiten ^(a, /3) liegen ent-
weder im Innern oder auf dem Rande von P. Ich nehme nun an,
die Seite y{cc) gehe aus y{(x) vermöge einer Operation von G' hervor.
Wenn nun y (a, ß) auf dem Rande von P liegt, dann gibt es eine
weitere Seite yicCjß') auf diesem Rande, die mit y{a,ß) vermöge
einer Operation von G konjugiert ist. Wenn jedoch y («, ß) im Innern
von P liegt, so existiert eine derartige von y («, ß) verschiedene Seite
nicht, sondern es fallen y(a, ß) und y(a,ß') zusammen und bilden
die gemeinsame Seite von P\ß) und P\ß'). Aber wie dem auch
sei, jedenfalls entspricht jeder Seite y{a) von P' eine Permutation der
n Ziffern 1, 2, . . ., n.
Eine der eben durchgeführten ganz ähnliche Betrachtung können
wir auch für die Echen von P' anstellen. So wie wir nämlich die
Seiten in Paare zusammenfaßten, so können wir die Ecken in Zyklen
einteilen, so daß die Ecken eines Zyklus auseinander durch die Opera-
tionen von G' hervorgehen. Jedem solchen Zyklus kann wieder eine
bestimmte Vertauschung der n Ziffern 1, 2, ...,w zugeordnet werden,
die sich aus den den Seiten zugeordneten gewinnen läßt. Ich nehme
nun an, es habe P 2N Seiten und Q Eckenzyklen. 2N' und Q'
soUen die gleiche Bedeutung für P' haben. Die einem Eckenzyklus
von P' entsprechende Permutation läßt sich in zyklische Permutationen
zerlegen. Bei allen Eckenzyklen mögen dabei im ganzen X^ zyklische
Permutationen von gerade i Ziffern vorkommen. Dann bestehen die
folgenden Relationen:
2p = N -Q + l,
2q='N'-Q-+l,
Q + 2p-2 = n(Q'+2q-2),
n{Q'-Q) = 2(p-l)-2n{q-l),
2iK = »Q'-
40
Vierter Vortrag.
Die bisher gegebenen allgemeinen Betrachtungen setzen uns nun
instand, eine Reihe schöner und wichtiger Sätze übet' die nichteuldi-
discJie Geometrie der Kreisbogenpolygonej soivie über die Geometrie der
algebraischen Kurven abzuleiten. Ich will im folgenden einige Bei-
spiele solcher Sätze anführen^ ohne mich des näheren auf Beweise
einzulassen, deren Grundzüge übrigens im vorstehenden enthalten sind.
i) p = 3, q = 2, n = 2, m = m' = A.
Mit m und m' sind dabei die Ordnungen der Kurven C und C
bezeichnet. C hat keinen Doppelpunkt, C hat einen Doppelpunkt.
Von den 28 Doppeltangenten von C gehen sechs durch einen Punkt
außerhalb der Kurve.
2) p = 4c, q = 2, n = 2, m = 4, m' = 5.
C hat zwei Doppelpunkte, C nur einen. Setzt man die Differen-
tiale der reduziblen Integrale erster Gattung gleich Null, so erhält man
ein Kegelschnittbüschel, dessen vier Basispunkte von den beiden Doppel-
punkten von C und zwei weiteren Punkten derselben Kurve gebildet
werden. Sechs dieser Kegelschnitte berühren C doppelt. Derjenige
derselben, der C in einem Basispunkte berührt, oskuliert daselbst.
A B A A B Ä
3) p = 2, 5 = 1, n = 2.
Die Kurve C ist ein Vielfaches von sivei verschiedenen Kurven C
und C". Es existiert eine Fuchs sehe Gruppe G, zu der man sowohl
ein erstes Polygon P^ konstruieren kann, das aus zwei Polygonen
einer zu C gehörigen Gruppe G' besteht, als auch ein zweites Poly-
Die Reduktion d. Abelschen Integrale u. die Theorie d. Fuchsschen Funktionen. 41
gon Pg, das aus zwei Polygonen einer zu C" gehörigen Gruppe G"
besteht. G ist also sowohl in G' als in 6r" als Untergruppe vom
Index 2 enthalten. Die nebenstehende schematische Figur möge zur Yer-
anschaulichung der Verhältnisse dienen. Die beiden eben erwähnten
Fundamentalbereiche P^ und Pg von G sind durch die Polygone mit
den Ecken Ä bzw. C dargestellt. Jedes derselben zerfällt in zwei
Secksecke, die bzw. Fundamentalbereiche von G' oder G" sind. Um
die Äquivalenz von P^ und Pg besser hervortreten zu lassen^ sind
die Symmetriezentren der erwähnten Sechsecke mit den Seitenmitten
verbunden, sodaß alle Polygone sich in leicht ersichtlicher Weise aus
den so entstehenden Vierecken aufbauen.
Ich gehe nun zu den Sätzen aus der Geometrie der algebraischen
Kurven über, die uns dieses Beispiel lehrt. Wenn ich auf C einen
Punkt M' markiere, so entsprechen diesem zwei Punkte M^ und M^
auf C. Jedem von diesen entspricht ein Punkt von C" : MJ', M^\
Es entsprechen also im allgemeinen jedem Punkte von C zwei Punkte
von C". Ebenso kann man schließen, daß im allgemeinen jedem
Punkte von C" zwei Punkte von C entsprechen. Die Korrespon-
denz (C, C) hat aber zwei Verzweigungspunkte M^, M^. Jedem
von ihnen entspricht also nur ein Punkt von G und also auch nur
ein Punkt von G" : M^\ M^'. Ebenso hat die Korrespondenz (G", G)
zwei Verzweigungspunkte N^\ N^'. Jedem von ihnen ist nur ein
Punkt von C" zugeordnet: iV"/, N^. Wir können dann den ersten
Satz, den wir anführen wollen, so aussprechen:
N^' und N2 einerseits und M^' und M^' andererseits fallen zu-
sammen.
Ich gehe zum zweiten Satz über, der sich ergibt, wenn man C
und C" als Kurven dritter Ordnung voraussetzt.
Ich Mnn in JV/ -= ^2' ^^^^ Tangente an G' ziehen. Ich verbinde
ferner M^ und M^ durch eine Sekante. Biese beiden Geraden schneiden
sich auf G\ Ebenso Mnn ich in M^' = M^' die Tangente an G"
ziehen und mit der SeJiante N^'^N^' zum Schnitt bringen. Der Schnitt-
punkt liegt auf G".
Diese wenigen Beispiele lassen zur Genüge erkennen, wie zahl-
reich die besonderen FäUe sind.
FÜNFTER VORTRAG
ÜBER TRANSriNITE ZAHLEN
Meine Herren! Ich will heute über den Begriff der transfiniten
Kardinalzahl vor Ihnen sprechen; und zwar will ich zunächst von einem
scheinbaren Widerspruch reden, den dieser Begriff enthält. Dazu
schicke ich folgendes voraus: meiner Ansicht nach ist ein Gegenstand
nur dann denkbar, wenn er sich mit einer endlichen Anzahl von Worten
definieren läßt. Einen Gegenstand, der in diesem Sinne endlich de-
finierbar ist, will ich zur Abkürzung einfach „definierbar" nennen.
Demnach ist also ein nicht definierbarer Gegenstand auch undenkbar.
Desgleichen will ich ein Gesetz „aussagbar" nennen, wenn es in einer
endlichen Anzahl von Worten ausgesagt werden kann.
Herr Richard hat nun bewiesen, daß die Gesamtheit der de-
finierbaren Gegenstände abzählbar ist, d. h. daß die Kardinalzahl dieser
Gesamtheit i^^ ist. Der Beweis ist ganz einfach: sei a die Anzahl
der Wörter des Wörterbuches, dann kann man mit n Wörtern höch-
stens a"^ Gegenstände definieren. Läßt man nun n über aUe Grenzen
wachsen, so sieht man, daß man nie über eine abzählbare Gesamtheit
hinauskommt. Die Mächtigkeit der Menge der denkbaren Gegen-
stände wäre also i^Q. Herr Schoen flies hat gegen diesen Beweis
eingewandt, daß man mit einer einzigen Definition mehrere, ja sogar
unendlich viele Gegenstände definieren könne. Als Beispiel führt er
die Definition der konstanten Funktionen an, deren es offenbar unend-
lich viele gibt. Dieser Einwand ist deshalb unzulässig, weil durch
solche Definitionen gar nicht die einzelnen Gegenstände, sondern ihre
Gesamtheit, in unserem Beispiel also die Menge der konstanten Funk-
tionen definiert wird, und diese ist ein einziger Gegenstand. Der Ein-
wand von Herrn Schoenflies ist also nicht stichhaltig.
Nun hat bekanntlich Cantor bewiesen, daß das Kontinuum nicht
abzählbar ist; dies widerspricht dem Beweise von Richard. Es fragt
sich also, welcher von beiden Beweisen richtig ist. Ich behaupte, sie
sind beide richtig, und der Widerspruch ist nur ein scheinbarer. Zur
Begründung dieser Behauptung will ich einen neuen Beweis für den
Cantor sehen Satz geben: Wir nehmen also an, es sei eine Strecke
AB gegeben und ein Gesetz, durch welches jedem Punkte der Strecke
eine ganze Zahl zugeordnet wird. Wir wollen der Einfachheit halber
die Punkte durch die ihnen zugeordneten Zahlen bezeichnen. Wir
teilen nun unsere Strecke durch zwei beliebige Punkte A^ und A^ in
drei Teile, die wir als Unterstrecken 1. Stufe bezeichnen; diese teilen
wir wieder in je drei Teile und erhalten Unterstrecken 2. Stufe; dieses
46 Fünfter Vortrag.
Verfahren denken wir uns ins Unendliche fortgesetzt^ wobei die Länge
der ünterstrecken unter jede Grenze sinken soll. Der Punkt 1 ge-
hört nun einer oder höchstens, wenn er mit Ä^ oder A^ zusammen-
fällt^ zweien der ünterstrecken erster Stufe an, es gibt also sicher
eine, der er nicht angehört. Auf dieser suchen wir den Punkt mit
der niedrigsten Nummer, die nun mindestens 2 sein muß, auf. Unter
den 3 Unterstrecken 2. Stufe, die zu derjenigen Strecke 1. Stufe ge-
hören, auf der wir uns befinden, ist nun wieder mindestens eine, der
der zuletzt betrachtete Punkt nicht angehört. Auf dieser setzen wir
das Verfahren fort und erhalten so eine Folge von Strecken, die fol-
gende Eigenschaften hat: jede von ihnen ist in allen vorhergehenden
enthalten, und eine Strecke n^'''' Stufe enthält keinen der Punkte 1
bis n— \. Aus der ersten Eigenschaft folgt, daß es mindestens einen
Punkt geben muß, der ihnen allen gemeinsam ist; aus der zweiten
Eigenschaft folgt aber, daß die Nummer dieses Punktes größer sein muß
als jede endliche Zahl, d. h. es kann ihm keine Zahl zugeordnet werden.
Was haben wir nun zu diesem Beweise vorausgesetzt? Wir
haben ein Gesetz vorausgesetzt, das jedem Punkte der Strecke eine
ganze Zahl zuordnet. Dann konnten wir einen Punkt definieren, dem
keine ganze Zahl zugeordnet ist. In dieser Hinsicht unterscheiden
sich die verschiedenen Beweise dieses Satzes nicht. Dazu mußte aber
das Gesetz zuerst feststehen. Nach Richard müßte anscheinend ein
solches Gesetz existieren, aber Cantor hat das Gegenteil bewiesen.
Wie kommen wir aus diesem Dilemma heraus? Fragen wir einmal
nach der Bedeutung des Wortes „definierbar". Wir nehmen die Tafel
aller endlichen Sätze und streichen daraus alle diejenigen, die keinen
Punkt definieren. Die Übrigbleibenden ordnen wir den ganzen Zahlen
zu. Wenn wir jetzt die Durchmusterung der Tafel von neuem vor-
nehmen, so wird es sich im allgemeinen zeigen, daß wir jetzt einige
Sätze stehen lassen müssen, die wir vorher gestrichen haben. Denn
die Sätze, in welchen man von dem Zuordnungsgesetz selbst sprach,
hatten früher keine Bedeutung, da die Punkte den ganzen Zahlen
noch nicht zugeordnet waren Diese Sätze haben jetzt eine Bedeutung,
und müssen in unserer Tafel bleiben. Würden wir jetzt ein neues
Zuordnungsgesetz aufstellen, so würde sich dieselbe Schwierigkeit
wiederholen und so ad infinitum. Hierin liegt aber die Lösung des
scheinbaren Widerspruchs zwischen Cantor und Richard. Sei Mq
die Menge der ganzen Zahlen, M^ die Menge der nach der ersten
Durchmusterung der Tafel aller endlichen Sätze definierbaren Punkte
unserer Strecke, G^ das Gesetz der Zuordnung zwischen beiden Mengen.
Durch dieses Gesetz kommt eine neue Menge M^ von Punkten als
definierbar hinzu. Zu M^-\- M^ gehört aber ein neues Gesetz G^,
dadurch entsteht eine neue Menge M^ usw. Richards Beweis lehrt
über transfinite Zahlen, 47
nun, daß, wo ich auch das Verfahren abbreche, immer ein Gesetz
existiert, während Cantor beweist, daß das Verfahren beliebig weit fort-
gesetzt werden kann. Es besteht also kein Widerspruch zwischen beiden.
Der Schein eines solchen rührt daher, daß dem Zuordnungs-
gesetz von Richard eine Eigenschaft fehlt, die ich mit einem von
den englischen Philosophen entlehnten Ausdruck als „prädikativ^^ be-
zeichne. (Bei Russell, dem ich das Wort entlehne, ist eine Defini-
tion zweier Begriffe Ä und Ä' nicht prädikativ, wenn A in der De-
finition von Ä' und umgekehrt vorkommt). Ich verstehe darunter
folgendes: Jedes Zuordnungsgesetz setzt eine bestimmte Klassifikation
voraus. Ich nenne nun eine Zuordnung prädikativ, wenn die zuge-
hörige Klassifikation prädikativ ist. Eine Klassifikation aber nenne
ich prädikativ, wenn sie durch Einführung ueuer Elemente nicht ver-
ändert wird. Dies ist aber bei der Richard sehen nicht der Fall,
vielmehr ändert die Einführung des Zuordnungsgesetzes die Einteilung
der Sätze in solche, die eine Bedeutung haben, und solche, die keine
haben. Was hier mit dem Wort „prädikativ^^ gemeint ist, läßt sich
am besten an einem Beispiel iUustriereu: wenn ich eine Menge von
Gegenständen in eine Anzahl von Schachteln einordnen soU, so kann
zweierlei eintreten: entweder sind die bereits eingeordneten Gegen-
stände endgültig an ihrem Platze, oder ich muß jedesmal, wenn ich
einen neuen Gegenstand einordne, die anderen oder wenigstens einen
Teil von ihnen wieder herausnehmen. Im ersten FaUe nenne ich die
Klassifikation prädikativ, im zweiten nicht. Ein gutes Beispiel für
eine nicht prädikative Definition hat Russell gegeben: A sei die
kleinste ganze Zahl, deren Definition mehr als hundert deutsche Worte
erfordert. A muß existieren, da man mit hundert Worten jedenfalls
nur eine endliche Anzahl von Zahlen definieren kann. Die Definition,
die wir eben von dieser Zahl gegeben haben, enthält aber weniger
als hundert Worte. Und die Zahl A ist also definiert als undefinierbar.
Zermelo hat nun gegen die Verwerfung der nicht prädikativen
Definitionen den Einwand erhoben, daß damit auch ein großer Teil der
Mathematik hinfällig würde, z. B. der Beweis für die Existenz einer
Wurzel einer algebraischen Gleichung.
Dieser Beweis lautet bekanntlich folgendermaßen:
Gegeben ist eine Gleichung F{x) = 0. Man beweist nun, daß
|jP(ä;)| ein Minimum haben muß; sei Xq einer der Argument werte, für
den das Minimum eintritt, also
Daraus folgt dann weiter, daß F(xq) = 0 ist. Hier ist nun die De-
finition von F(Xq) nicht prädikativ, denn dieser Wert hängt ab von
der Gesamtheit der Werte von F{x)j zu denen er selbst gehört.
48 Fünfter Vortrag. Über transfinite Zahlen.
Die Berechtigung dieses Einwandes kann ich nicht zugeben. Man
kann den Beweis so umformen, daß die nicht prädikative Definition
daraus verschwindet. Ich betrachte zu diesem Zwecke die Gesamtheit
der Argumente von der Form — X_- ^ ^q ^yi^ ^i^ p ganze Zahlen sind.
Dann kann ich dieselben Schlüsse wie vorher ziehen, aber der Argu-
mentwert^ für den das Minimum von | F(x) eintritt, gehört im all-
gemeinen nicht zu den betrachteten. Dadurch ist der Zirkel im Be-
weise vermieden. Man kann von jedem mathematischen Beweise ver-
langen, daß die darin vorkommenden Definitionen usw. prädikativ
sind^ sonst wäre der Beweis nicht streng.
Wie steht es nun mit dem klassischen Beweise des Bernstein-
schen Theorems? Ist er einwandfrei? Das Theorem sagt bekanntlich
aus, daß, wenn drei Mengen Ä, B, C gegeben sind, wo J. in i/ und
^ in 0 enthalten ist, und wenn Ä äquivalent C ist, auch Ä äqui-
valent B sein muß. Es handelt sich also auch hier um ein Zu-
ordnungsgesetz. Wenn das erste Zuordnungsgesetz (zwischen A und C)
prädikativ ist, so zeigt der Beweis, daß es auch ein prädikatives Zu-
ordnungsgesetz zwischen Ä und B geben muß.
Was nun die zweite transfinite Kardinalzahl i5j betrifi't, so bin
ich nicht ganz überzeugt, daß sie existiert. Man gelangt zu ihr durch
Betrachtung der Gesamtheit der Ordnungszahlen von der Mächtig-
keit &5q; es ist klar, daß diese Gesamtheit von höherer Mächtigkeit
sein muß. Es fragt sich aber, ob sie abgeschlossen ist, ob wir also
von ihrer Mächtigkeit ohne Widerspruch sprechen dürfen. Ein aktual
Unendliches gibt es jedenfalls nicht.
Was haben wir von dem berühmten Kontinuumproblem zu halten?
Kann man die Punkte des Raumes wohlordnen? Was meinen wir
damit? Es sind hier zwei Fälle möglich: entweder behauptet man,
daß das Gesetz der Wohlordnung endlich aussagbar ist, dann ist diese
Behauptung nicht bewiesen; auch Herr Zermelo erhebt wohl nicht
den Anspruch, eine solche Behauptung bewiesen zu haben. Oder aber
wir lassen auch die Möglichkeit zu, daß das Gesetz nicht endlich aus-
sagbar ist. Dann kann ich mit dieser Aussage keinen Sinn mehr
verbinden, das sind für mich nur leere Worte. Hier liegt die
Schwierigkeit. Und das ist wohl auch die Ursache für den Streit
über den fast genialen Satz Zermelos. Dieser Streit ist sehr merk-
würdig: die einen verwerfen das Auswahlpostulat, halten aber den
Beweis für richtig, die anderen nehmen das Auswahlpostulat an, er-
kennen aber den Beweis nicht an.
Doch ich könnte noch manche Stunde darüber sprechen, ohne
die Frage zu lösen.
8ECHSTEE VORTRAG
LA MECANIÜUE NOIJVELLE
Mesdames^ messieurs
Aujourd'hui, je suis oblige de parier fraii9ais, et il faut que je
m'en excuse. II est vrai que dans mes precedentes Conferences je
me suis exprime en allemand, en un tres mauvais allemand: parier
les langues etrangeres, voyez-vous, c'est Youloir marcher lorsqu'on est
boiteux; il est necessaire d'avoir des bequilles; mes bequilles, c'etaient
jusqu'ici les formules mathematiques et vous ne sauriez vous imaginer
quel appui elles sont pour un orateur qui ne se sent pas tres solide.
— Dans la Conference de ce soir, je ne yeux pas user de formules^ je
suis Sans bequilles, et c'est pourquoi je dois parier fran9ais.
En ce monde, vous le savez^ il n'est rien de definitif, rien d'im-
muable; les empires les plus puissants, les plus solides, ne sont pas
eternels: c'est lä un theme que les orateurs sacres se sont plu bien
souvent ä developper. — Les tbeories scientifiques sont comme les
empires, elles ne sont pas assurees du lendemain. Si l'une d'elles
semblait ä l'abri des injures du temps, c'etait, certes, la mecanique
newtonienne: eile paraissait incontestee, c'etait un monument im-
perissable; et voilä qu'ä son tour, je ne dirai pas que le monument est
par terre, ce serait premature, mais en tont cas il est fortement
ebranle. II est soumis aux attaques de grands demolisseurs : vous en
avez un parmi vous, M. Max Abraham, un autre est le physicien
hollandais M. Lorentz. Je voudrais, en quelques mots, vous parier
des ruines de l'ancien edifice et du nouveau bätiment que l'on veut
elever ä leur place. —
Tont d'abord qu'est-ce qui caracterisait l'ancienne mecanique?
C'etait ce fait tres simple: je considere un corps en repos, je lui
communique une impulsion, c'est ä dire je fais agir sur lui, pendant
un temps donne une force donnee; le corps se met en mouvement,
acquiert une certaine vitesse; le corps etant anime de cette vitesse,
faisons agir encore la meme force pendant le meme temps, la vitesse
sera doublee; si nous continuons encore, la vitesse sera triplee apres
que nous aurons une troisieme fois donne une impulsion identique.
Recommen^ons ainsi un nombre süffisant de fois, le corps linira par
acquerir une vitesse tres grande, qui pourra depasser toute limite,
une vitesse infinie.
Dans la nouvelle mecanique, au contraire, on suppose qu'il est
impossible de communiquer ä un corps partant du repos une vitesse
52 ' Sechster Vortrag.
superieure ä celle de la lumiere. Que se passe-t-il? Je considere le
meme corps au repos; je lui donne une premiere impulsion, la meme
que precedemment, il prendra la meme vitesse; renouvelons une se-
conde fois cette impulsion, la vitesse va encore augmenter, mais eile
ne sera plus doublee; une troisieme impulsion produira un effet ana-
logue, la vitesse augmente mais de moins en moins, le corps oppose
une resistance qui devient de plus en plus grande. Cette resistance,
c'est l'inertie, c'est ce qu'on appelle communement la masse; tout ce
passe alors dans cette nouvelle mecanique comme si la masse n'etait
pas constante, mais croissait avec la vitesse. Nous pouvons repre-
senter graphiquement les phenomenes: dans l'ancienne mecanique, le
coi*ps prend apres la premiere impulsion une vitesse representee par
le Segment Ov^-^ apres la deuxieme impulsion Ov^ s'accroit d'un Seg-
ment v^v^ qui lui est egal, ä chaque nouvelle impulsion, la vitesse
s'accroit de la meme quantite,
^2^ ^3 le Segment qui la represente
s'accroit d'une longueur con-
O v.
I 1^
9 ^1 ^2 ^8 staute; dans la nouvelle meca-
nique, le Segment vitesse s'accroit
de Segments v^ vj, v^v^^ . . . qui sont de plus en plus petits et tels
que nous ne pouvons pas depasser une certaine limite, la vitesse de
la lumiere.
Comment a-t-on ete conduit ä de telles conclusions? A-t-on fait
des experiences directes? Les divergences ne se produiront que pour
les corps animes de grandes vitesses; c'est alors seulement que les
differences signalees deviennent sensibles. Mais, qu'est-ce qu'une tres
grande vitesse? Est-ce celle d'une automobile qui fait 100 kilometres
ä rheure; on s'extasie dans la rue sur une teile rapidite; a notre
point de vue, c'est pourtant bien peu, une vitesse d'escargot. L'astro-
nomie nous donne mieux: Mercure, le plus rapide des corps Celestes
parcourt lui aussi 100 kilometres environ, non plus ä l'heure mais ä
la seconde: pourtant, cela ne suffit pas encore, de telles vitesses sont
trop faibles pour reveler les differences que nous voudrions observer.
Je ne parle pas de nos boulets de canon, ils sont plus rapides que
les automobiles, mais beaucoup plus lents que Mercure; vous savez
cependant qu'on a decouvert une artillerie dont les projectiles sont
beaucoup plus vite: je veux parier du radium qui envoie dans tous
les sens de l'energie, des projectiles; la rapidite du tir est bien plus
grande, la vitesse initiale est de 100000 kilometres par seconde, le
fciers de la vitesse de la lumiere; le calibre des projectiles, leur poids,
sont, il est vrai, bien plus faibles et nous ne devons pas compter sur
cette artillerie pour augmenter la puissance militaire de nos armees.
Peut-on experimenter sur ces projectiles? De telles experiences ont
La mecanique nouvelle. 53
ete effectivement tentees-, sous Finfluence d'un champ electrique, d'un
champ magnetique il se produit une deviation qui pennet de se
rendre compte de Tinertie et de la mesurer. On a constate ainsi qua
la masse depend de la vitesse et enoncer cette loi: L'inertie d'un
Corps croit avec sa vitesse qui reste inferieure ä celle de la lumiere,
300000 kilometres par seconde.
Je passe maintenant au deuxieme principe, le principe de rela-
tivite. Je suppose un observateur qui se deplace vers la droite; tout
se passe pour lui comme s'il etait au repos, les objets qui l'entourent
se deplagant vers la gaucbe: aucun moyen ne permet de savoir si
les objets se deplacent reellement, si l'observateur est immobile ou en
mouvement. Ou l'enseigne dans tous les cours de mecanique, le
passager sur le bateau croit voir le rivage du fleuve se deplacer,
tandis qu'il est doucement entraine par le mouvement du navire.
Examinee de plus pres, cette simple notion acquiert une importance
capitale; on n'a aucun moyen de trancber la question, aucune expe-
rience ne peut mettre en defaut le principe: il n'y a pas d'espace
absolu, tous les deplacements que nous pouvons observer sont des
deplacements relatifs. Ces considerations bien familieres aux philo-
sophes, j'ai eu quelquefois l'occasion de les exprimer: j'en ai meme
recueilli une publicite dont je me serais volontiers passe, tous les
journaux reactionnaires fran^ais m'ont fait demontrer que le soleil
tournait autour de la terre; dans le fameux proces entre Tlnquisition
et Galilee, Galilee aurait eu tous les torts.
Revenons ä l'ancienne mecanique: eile admettait le principe de
relativite; au Heu d'etre fondees sur des experiences, ses lois etaient
deduites de ce principe fondamental. Ces considerations suffisaient
pour les phenomenes purement mecauiques, mais cela n'allait plus
pour d'importantes parties de la physique, l'optique par exemple. On
considerait comme absolue la vitesse de la lumiere relativement ä
Fether: cette vitesse pouvait etre mesuree, on avait tbeoriquement le
moyen de comparer le deplacement d'un mobile ä un deplacement
absolu, le moyen de decider si oui ou non un corps etait en mouve-
ment absolu.
Des experiences delicates, des appareils extremement precis, que
je ne decrirai pas devant vous, ont permis d'essayer la realisation
pratique d'une pareille comparaison: le resultat a ete nul. Le prin-
cipe de relativite n'admet aucune restriction dans la nouvelle mecanique;
il a, si j'ose ainsi dire, une valeur absolue.
Pour comprendre le röle que joue le principe de relativite dans
la Nouvelle Mecanique, nous sommes d'abord amenes ä parier du
temps apparent, une invention fort ingenieuse du physicien Lorentz.
Nous supposons deux observateurs Fun Ä ä Paris, Fautre B ä Berlin.
54 Sechster Vortrag.
A et B out des chronometres identiques et veulent les regier; mais
ce sont des observateurs meticuleux conime il n'y en a guere; ils
exigent daus leur reglage une extraordinaire exactitade: ce sera, par
exemple, non une seconde^ mais un milliardieme de seconde. Comnient
pourront-ils faire? De Paris ä Berlin, Ä enyoie un signal tele-
graphique, avec un sans-fil, si vous Youlez, pour etre tont ä fait mo-
derne. B note le moment de la reception et ce sera pour les deux
chronometres l'origine des temps. Mais le signal emploie un certain
temps pour aller de Paris ä Berlin, il ne va qu'avec la vitesse de
la lumiere; la montre de B serait donc en retard; B est trop intel-
ligent pour ne point s'en rendre compte; il va remedier ä cet incon-
venient. La chose semble bien simple: on croise les signaux, Ä reyoit
et B envoie, on prend la moyenne des corrections ainsi faites, on a
l'heure exacte. Mais cela est-il bien certain? JSTous supposons que
de Ä a, B le signal emploie le meme temps que pour aller de B a A.
Or A et B sont empörtes dans le mouveraent de la terre par rapport
ä l'ether, vehicule des ondes electriques. Quand A a envoye son
signal il fait devant lui, B s'eloigne de meme, le temps employe sera
plus long que si les deux observateurs etaient au repos; si au con-
traire c'est B qui envoie, A qui reyoit, le temps est plus court
parce que A va au devant des signaux; il leur est absolument im-
possible de savoir si leurs chronometres marquent ou non la meme
heure. Quelle que soit la methode employee les inconvenients restent
les memes l'observation d'un phenomene astronomique, une methode
optique quelconque se heurtent aux memes difficultes, B ne pourra
jamais connaitre qu'une difference apparente de temps, qu'une espece
d'heure locale. Le principe de relativite s'applique integralement.
Dans l'ancienne mecanique pourtant, on demontrait avec ce prin-
cipe toutes les lois fondamentales. On pourrait etre tente de reprendre
les raisonnements classiques et de raisonner comme il suit? Soit
encore deux observateurs, A et B pour les nommer comme on nomme
toujours deux observateurs en mathematiques ; supposons les en mouve-
ment, s'eloignant Tun de l'autre; aucun d'eux ne peut depasser la
vitesse de la lumiere; par exemple B sera anime de 200000 kilo-
metres vers la droite, A de 200000 vers la gauche. A peut se croire
au repos et la vitesse apparente de B sera, pour lui, 400000 kilo-
metres. Si A connait la mecanique nouvelle il se dira: B a une vi-
tesse qu'il ne peut atteindre, c'est donc que moi aussi je suis en
mouvement. II semble qu'il pourrait decider de sa Situation absolue.
Mais il faudrait qu'il puisse observer le mouvement de B lui meme;
pour faire cette Observation A et B commencent par regier leurs
montres, puis B envoie ä A des telegrammes pour lui indiquer ses
positions successives; en les reunissant A peut se rendre compte du
La mecanique nouvelle. 55
mouvement de B et tracer la courbe de ce mouvement. Or les
signaux se propagent avec la vitesse de la lumiere; les montres qui
marqiient le temps apparent varient ä chaque instant et tout se
passera comme si la montre de B avan9ait. B croira aller beaucoup
moins vite et la vitesse apparente qu'il aura relativement ä ^ ne de-
passera pas la limite qu'elle ne doit pas atteindre. Rien ne pourra
reveler ä A s'il est en mouvement ou en repos absolu.
II faut encore faire une troisieme bypothese beaucoup plus sur-
prenante^ beaucoup plus difficile ä admettre, qui gene beaucoup nos
babitudes actuelles. Un corps en mouvement de translation subit une
deformation dans le sens meme oü il se deplace; une sphere^ par
exemple, devient comme une espece d'ellipsoide aplati dont le petit
axe serait parallele ä la translation. Si Ton ne s'aper9oit pas tous
les jours d'une transformation pareille c'est qu'elle est d'une petitesse
qui la rend presque imperceptible. La terre^ emportee dans sa revo-
lution sur son orbite se deforme environ de „ : pour observer
un pareil phenomene il faudrait des Instruments de mesure d'une pre-
cision extreme, mais leur precision serait infinie qu'on n'en serait
pas plus avance car empörtes eux aussi dans le mouvement ils subi-
ront la meme transformation. On ne s'apercevra de rien; le metre
que Ton pourrait employer deviendra plus court comme la longueur
qu'on mesure. On ne peut savoir quelque chose qu'en comparant a la
vitesse de la lumiere la longueur de Fun de ces corps. Ce sont lä
de delicates experiences, realisees par Micbelson et dont je ne vous
exposerai pas le detail; elles ont donne des resultats tout ä fait re-
marquables; quelqu'etranges qu'il nous paraissent, il faut admettre
que la troisieme bypothese est parfaitement verifiee.
Teiles sont les bases de la nouvelle mecanique, avec l'appui de ces
bypotheses on trouve qu'elle est compatible avec le principe de relativite.
Mais il faut la rattacber alors ä une conception nouvelle de la
matiere.
Pour le pbysicien moderne, l'atome n'est plus l'element simple;
il est devenu un veritable univers dans lequel des milliers de planetes
gravitent autour de soleils minuscules. Soleils et planetes sont ici
des particules eleärisees soit negativement soit positivement ; le pby-
sicien les appelle electrons et bätit le monde avec elles. D'aucuns se
representent l'atome neutre comme une masse centrale positive autour
de laquelle circulent un grand nombre d'electrons cbarges negativement,
dont la masse electrique totale est egale en grandeur ä celle du noyau
central.
Cette conception de la matiere pennet de rendre compte aisement
de l'augmentation de la masse d'un corps avec sa vitesse, dont nous
56 Sechster Vortrag.
avons fait un des caracteres de la mecanique nouvelle. Un corps quel-
conque n'etant qu'un assemblage d'electrons^ il nous suffira de le
montrer sur ces derniers. Remarquons, ä cet efFet, q'uii electron isole
se depla^ant ä travers Tetlier engendre un courant electrique, c'est-ä-
dire un champ electromagnetique. Ce champ correspond ä une certaine
quantite d'energie localisee non dans l'electron, mais dans Tether. Une
Variation en grandeur ou en direction de la vitesse de l'electron mo-
difie le champ et se traduit par une Variation de l'energie electro-
magnetique de Fether. Alors que dans la mecanique newtonienne
la depense d'energie n'est due qu'ä l'inertie du corps en mouvement,
ici une partie de cette depense est due ä ce que Ton peut appeler
l'inertie de l'ether relativement aux forces electromagnetiques. L'inertie
de l'ether augmente avec la vitesse et sa limite devient infinie lorsque
la vitesse tend vers la vitesse de la lumiere. La masse apparente de
Felectron augmente donc avec la vitesse; les experiences de Kauf-
mann montrent que la masse reelle constante de l'electron est negli-
geable par rapport ä la masse apparente et peut etre consideree
comme nulle.
Dans cette nouvelle conception, la masse constante de la matiere
a disparu. L'ether seul^ et non plus la matiere, est inerte. Seul
l'ether oppose une resistance au mouvement, si bien que Ton pourrait
dire: il n'y a pas de matiere, il n'y a que des trous dans l'ether.
Pour les mouvements stationnaires ou quasi-stationnaires, la mecanique
nouvelle ne differe pas — au degre d'approximation de nos mesures
pres — de la mecanique newtonienne, avec cette seule difference que
la masse n'est plus independante ni de la vitesse, ni de l'angle que
fait cette vitesse avec la direction de la force acceleratrice. Si par
contre la vitesse a une acceleration considerable, dans le cas, par ex.,
d'oscillations tres rapides, il y a production d'ondes hertziennes re-
presentant une perte d'energie de l'electron entrainant l'amortisseraent
de son mouvement. Ainsi, dans la telegraphie sans fil, les ondes
emises sont dues aux oscillations des electrons dans la decharge oscillante.
Des vibrations analogues ont lieu dans une flamme et de meme
encore dans un solide incandescent. Pour Lorentz, il circule ä l'interieur
d'un corps incandescent un nombre considerable d'electrons qui, ne
pouvant pas en sortir, volent dans tous les sens et se reflechissent
sur sa surface. On pourrait les comparer ä une nuee de moucherons
enfermes dans un bocal et venant frapper de leurs ailes les parois de
leur prison. Plus la temperature est elevee, plus le mouvement de
ces electrons est rapide et plus les chocs mutuels et les reflexions
sur la paroi son nombreuses. A chaque choc et ä chaque reflexion
une onde electromagnetique est emise et c'est la perception de ces
ondes qui nous fait paraitre le corps incandescent.
La mecanique nouvelle. 57
Le mouvement des electrons est presque tangible, dans un tube
de Crookes. II s'y produit un veritable bombardement d'electrons
partant de la cathode. Ces rayons catbodiques frappent violemment
l'anticatbode et s'y reflecbissent en partie donnant ainsi naissance ä
un ebranlement electromagnetique que plusieurs physiciens indentifient
avec 1er rayons Röntgen.
II nous reste en terminant ä examiner les relations de la meca-
nique nouvelle avec l'astronomie. La notion de masse constante d'un
Corps s'evanouissant^ que deviendra la loi de Newton? Elle ne pourra
subsister que pour des Corps en repos. De plus il faudra tenir compte
du fait que l'attraction n'est pas instantanee. On peut donc se de-
inander avec raison si la mecanique nouvelle ne va reussir qu'ä com-
pliquer l'astronomie sans obtenir une approximation superieure ä celle
que nous donne la mecanique Celeste classique. Mr. Lorentz a aborde
la question. Partant de la loi de Newton supposee vraie pour deux
Corps electrises au repos, il calcule Taction electrodynamique des
courants engen dres par ces corps en mouvement; il obtient ainsi une
nouvelle loi d'attraction contenant les vitesses des deux corps comme
parametres. Avant d'examiner comment cette loi rend compte des
pbenomenes astronomiques, remarquons encore que Facceleration des
corps Celestes a comme consequence un rayonnement electromagne-
tique, donc une dissipation de l'energie se faisant ressentir en retour
par un amortissement de leur vitesse. A la longue, les planetes fini-
ront donc par tomber sur le soleil. Mais cette perspective ne peut
guere nous eiFrayer^ la catastrophe ne pouvant arriver que dans quelques
millions de milliards de siecles. Revenant maintenant ä- la loi d'attrac-
tion, nous voyons aisement que la difference entre les deux mecaniques
sera d'autant plus grande que la vitesse des planetes sera plus grande.
S'il y a une difference appreciable, ce sera donc pour Mercure qu'elle
sera la plus grande, Mercure ayant de toutes les planetes la plus
grande vitesse. Or il arrive justement que Mercure presente une
anomalie non encore expliquee: le mouvement de son perihelie est
plus rapide que le mouvement calcule par la theorie classique. L'ac-
celeration est de 38" trop grande. Leverrier attribua cette anomalie
ä une planete non encore decouverte et un astronome amateur crut
observer son passage au soleil. Depuis lors plus personne ne l'a vue
et il est malheureusement certain que cette planete aper9ue n'etait
qu'un oiseau. Or la mecanique nouvelle rend bien compte du sens
de l'erreur relative a Mercure, mais eile laisse cependant encore une
marge de 32" entre eile et l'observation. Elle ne suffit donc pas ä
ramener la concordance dans la theorie de Mercure. Si ce resultat
n'est guere decesif en faveur de la mecanique nouvelle, il est encore
moins defavorable a son acceptation puisque le sens dans lequel eile
58 Sechster Vortrag. La mecanique nouvelle.
corrige l'ecart de la theorie classique est le bon. La theorie des
autres planetes ii'est pas sensiblement modifie dans la nouvelle theorie
et les resultats coincident ä rapproximation des mesures pres ä eeux
de la theorie classique.
Pour conclure, il serait premature, je crois, malgre la grande
valeur des arguments et des faits eriges contre eile, de regarder la
mecanique classique comme definitivement condamnee. Quoiqu'il en
soit d'ailleurs^ eile restera la mecanique des vitesses tres petites par
rapport ä celle de la lumiere, la mecanique donc de notre vie pratique
et de notre technique terrestre. Si cependant^ dans quelques annees sa
rivale triomphe^ je me permettrai de vous signaler un ecueil pedago-
gique que n'eviteront pas nombre de maitres, en France, tout au
moins. Ces maitres n'auront rien de plus presse, en enseignant la
mecanique elementaire ä leurs eleves, que de leur apprendre que cette
mecanique lä a fait son temps, qu'une mecanique nouvelle oü les
notions de masse et de temps ont une toute autre valeur la remplace;
ils regarderont de haut cette mecanique perimee que les programmes
les forcent ä enseigner et feront sentir ä leurs eleves le mepris quils
lui portent. Je crois bien cependant que cette me'canique classique
dedaignee sera aussi necessaire que maintenant et que celui qui ne
la connaitra pas ä fond ne pourra comprendre la mecanique nouvelle.
Personen- und Sachregister.
Ab e Ische Integrale 3 5 ff.
— scher Satz 31
Abraham 51
aussagbar 45 ff.
Auswahlpostulat 48
B
Bernstein 48
Besselsche Funktionen 27, 2^
Breite, kritische geograph. 17
Cantor 45, 46
Colatitude 13
Crookesche Röhren 47
Curve, algebraische 35
— Geometrie auf einer solchen 40, 41
— ihr Geschlecht 35
— vielfache einer anderen 35
— pseudovielfache einer anderen 36
definierbar 45 ff.
E
Dichte der Elektrizität 23
onde electrique 54
elektrische Verschiebung 23
Elektronen 5 5 ff.
Flutproblem 13
Fouriersches Integraltheorem 7
— sehe Reihe 8
Fredholmsche Methode 3, 5, 6, 7, 15, 26
Fuchs sehe Funktionen 38, 39
Fundamentalbereich 39
Galilei 53
Greensche Funktion 14
Grenzkreisgruppe 39
H
Hadamardscher Satz über das Ge-
schlecht ganzer Funktionen 7
Hubert 9, 14
Hill 9
I
Integralgleichung 1. Art 7
Kaufmann 56
Kellogg 16
Kerne iterierte 3, 5
unendliche 5, 16
Koch, Helge von — 9
Konduktionsstrom 23
Korrespondenz auf algebr. Kurven 35
Kontinuumproblem 48
Legen dresche Polynome 27
Leverrier 57
Lichtgeschwindigkeit 23
lineare Gleichungen mit unendlichvielen
Unbekannten 9
Lorentz, H. A. 51, 53, 56, 57
magnetische Kraft 23
Maxwell 23
Mercur 52, 57
Michelson 55
60
Personen- und Sachregister.
nichteuklidische Geometrie 39, 40, 41 : Schoenfließ 45
, Schwingung, gedämpfte synchrone — 24
Periodentabelle 36
Picard 14
Potential hydrostatisches 13
— retardiertes 24
— skalares 23
prädikative Definitionen 47 f
R
Reduktionstheorie Abelscher Integrale
35—38
Richard 45, 46, 47
Röntgenstrahlen 57
Rüssel 47
temps apparent 53
W
Wurzelexistenzbeweis 47, 48
Zahlen charakteristische 35, 36
— invariante 38
— transfinite 45 — 48
Zermelo 47, 48
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