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Die Hönde
Da sassaa sie nun alle ia ^.er löndlichea iyohnstub3 vor dem
KÄjninfeuer, lausditen halb-bewusst auf das wilde Toben des Sturms
UQd das CSerSusch dos .rnQcüti^ hersbstürzeaden Ra^^ens und fohlten sich
sicher und gebor-^jen. Es waren inrer fünf, die in dein alten Fernjhaus
auf der kleinen Insel boisaaiaen vvaren. Die Besit'/er von Insel und
Haus, Rudolf Mnd Sybille K. , hatten auf einer ihrer Soinnerreisen diesen
Schatz r;:itten in dar Penobscot Bay in Ivjaine entdeckt und sich so völlig
ange70f^en, ja bezaubert r^efunden, d" ss sie ohne viel Ueborlegen den
gefördt^rten Preis gezahlt hatten. Sie Tischten sich mich sofort daran,
die durcii das Altar verurs^:chten Schaden des Hauses euszubes^^ern*
Sie liessen den Brunnen 3r.veitern, der frisches luellwasser für dßs
^eus lieferte und Hessen si di ei le kleine Turbine schicken, die sie
Tut Slektri/itSt versorgte, -was nicht nur stetiges Licht vors^rch,
sondöi'n dazu noch den Luxus eines Gr8iCi:ophon3 ern^Öglichte. Die Insel
selbst reichte etwa eine ivleile in allen Hinunels rieh tu ngen, Sie \7&r
felsig, clt Nadel- und Birkenwald be\vachsen und nit grau -grünen koss
bedeckt. Die Ufer fielen steil ab, und nur an eiaor Seite war ein
tiefer Einschnitt '.dt stndigem Boden und seichtere i \7as3er, der als
geschützter kleiner Hefen für das ..totorboot diente. Die Besonderheit
der Landschaft lag darin, dass sie gleichzeitig einan Gebirgscliarakter
h'3tte, und in Farben und Vegetation Erinnerungen an Skandin-^-vien
wie an das Ivlitteliueer .vadarief» So war es dieses verbindlidie
Wesen der Insel, das die K's, die :us Liitteleuropc stanxnten,
so unwidarstahlidi angezogen hatte» Sybille kam aus Nord-
deutscIilöÄd, Rudolf sus dem SÜdea, Beide hatten Saropa aus po-
litischen Orüiiden verlassen, hatten einender \7ahrend der Emigra-
tion kenneagelernt und .geheiratet und waren gemeinsam in des
neue L.^nd eingewandert. 3ie waren tätige Menschen, beide Aer7te,
die in ihren freien Stunden ihren Neigungen lebten irlt Bücliern,
Llislk und Kunst und aiit einigen nahen Freunden. So fanden
sich auch in den Ferien iirjuer Freunde bei ihnen ein, die
ihren Geschaiack teilten und sidi ?erne von Sybilles freundlicher
Fürsorge uiahegen Hessen und das stille, friedliche Ferien-
leben der Inselbewohner teilten» Das Haus bestellten sie selbst,
der Frovi exit wurde von dem nSchsten Ort cn der etwa fünfzelin
^leilen entfernten Küste daTi Boot geholt. Äflanchusl ^-^uch fuhr
man zu andern etwas OTÖsseren Insel, ouf denen kleine Fisdier-
d!5rfer w^-ren, oder lüan konnte durcli ein verabredetes Crlocken? eichen
die Führe, die zweimal am Page vorbeifuhr, pv.f etwas notwendifTes
aufinercksai machen. Wie es so typisch för insulares Leben ist,
vergass ran n^ch IcÜrzester Zeit die Übrige Welt oder schien ihr
docii keine 'Yichtigkeit beizulegen.
In liese'n Jahr waren von den OSsten Hsinric!:! und .'.'erianne
V. S. und der Schriftsteller John D. bis zum Ende des Somiers
geblieben, der wolkenlos, sonnig und bl£.u gewesen war. Mbü hatte
'sicli in die Hausarbeit geteilt und den Rest des Tages verbracht.
wie 33 jadeiij Einzelnen von ihnen .u.»: liebsten war. Abends fand
man sich zusam.nen in: 'Vohnzi -mer vor dem offenen ITaminfeuer, loGend
oder sich untarh-iltend oder auch schweigend der LIusü^ lauschend,
--- - D'inn plötzlich ei aes I/Iorgens war der Wind geko-)^"i'3n :r:it
der /rild^jc Brandung. Ibn h tte gerade noch Zeit, ^.=.^s 3cct
ans Land 2U ziehen uhd feszurnacben. Oenz plötzlich wurde es dunkel,
dar Sturm raste über die kleine Insel, schüttelte die BBuaie,
heulte ujTis Haus und der ^egen ^033 :'-n wilir^.^ StrCmen
herunter, so dass er eine fast schwarze Wassorwand bildete. Man
teai sich im Haus eingeschlossen, und wirklich von der IVelt
abgeschnitten.
Dieses Äingeschlossensein miteinander rief das G-efflhl alter
Vertrautheit stark ins GedSichtnis zurück, einer Vertrautheit,
die diese fünf Ivjanschen vor Jahren in einem anderem Sturm auf
iimer verbunden hatte. So wanderten jetzt ihre Gedanken zurück
zu manchierij gemeinsamiiien jürlebnis der Vergangenheit. Ein
Wohlgefffiil, wie es Ivlenschen empfinden, die eineiü fast sicheren
Verderben entronnen sind, erhOhte noch das üblidie Vergnügen
am Austausch solcher Erinnerungen •
Iviarianne und Sybille hatten einander schon seit ihrer
gernei nsaTTiaen Schulzeit in inniger Freundschaft nahe gestanden.
ObgLeidi ihre beruflidien Neigungen sie örtlich auseinander
gebracht hatten — Marianne h?"-itte alte Sprachen und Archäologie
studiert — waren sie doch einander nie fremd geworden und
hatten schliesslich wieder ein fest geii^einsaraes Leben in Paris
aufgenoiiiiüen,
Marianne ^and Heinrich 'Taren nr di Paris von Spanien geko-^men,
wo sie beide auf Seiten der recht massigon Hegierang gekämpft
hstten, Heinrich war von clten dautchaoi Mel, der einzige
Nadikomaie das ^nde einer langen Reihe von Oenerctionen
von Raubrittern, Gutsherren und Offizieren, Sein Vater hatte
durch Heirat mit einer Judin etwas neues Blut und ein grosses
Ter:aögen in die aussterbende und redit degenerierte Fanillie ge-
bracht, und Heinrich hatte es vohl dieser mötterlichen Brbsch&ft
zu verdanken, düss er sich niciit in de.s Tunlcerleben eixipassen
konnte uad wallte. Die Liebe zu seiner schönen, geistreichen und
zSrtli dien i.xitter, die unter der Brutalität seines Taters zugrunde
gins» hatte ihn zu einem leidenschaftlichen Kömpfer gegen
Jede Pxt Roheit und Ungerechtigkeit geinacht. Er hatte eine
glänzende Karriere &ls Journalist aufgegeben und seine ganze Kreft
und sein TerinOgen im Kampf fjßßea Hitler und den Nationalsozialismus
eingesetzt. Von einem. Spitzel verraten, v/ar er verh^-ftet und
zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt worden. TTachdein er
nodh ein Jahr die Qreuel eines Konzentr;^tic^.^l ^^^^ erlebt hafte,
wurde er entlassen, und es gelang saiaer mutigen jungen Frau,
ihn Tiit Hilfe von Freunden in Holl -nd auf abenteuerlichste Weise
aus Deutsdiland herauszubringen. Einer dieser Helfer war John D.
gewesen, ein junger ainerikanischer Schriftsteller, der nach
Europ3 ^gsagea war, weil weder der aiberkanische Sport noch das
amerikanische Oangstertu:n seinen Drang nach Äbenteuori und
seinen Freiheit ssinn befriedigen könnten. Ein frühes Erlebnis
hatt3 seinen besonderen 3ie-^el auf seinen Charakter gedi-tlckt.
Er hatte einea Somaer im Sffden verbracht« Darr.als war er
12 gewesen und rebelliscli gegen sein eigenes elterliches Milieu,
in dan gute Sitten und Ivanieren nicht nur gepredigt sondern
auch gepflegt \7urden. ton hatte ihn allein zu seine^i sUdlichen
Verwandten fahren lassen, uin sei ne:n UnsbhSngigkeit^bedflrfnis
genug zu tun. Aufgeweckt, phantasieriich und körperlich seinem
Alter voraus wurde er ein Mitglied einer (Iruppe Jugendlicher,
die ihre Mnnlichkeit in jeder ITiasidit zu beweisen sudxten,
gewöhnlich in kindischen Actionen gegen die 'Yelt der Erwachsenen.
Aber sie tranken audi und trieben es mit den MHdchen« Schuldbe-
wusst zwar hatte dodi John alle diese Streiche gerne und stolz
mitgemacht. Dann aber, am Tage vor seiner Heinireise, hatte die
Bande sich auf zwei harrulose kleine Negerkinder gestflrzt, die
unschuldig genug nackt im Fluss badeten, an einer Stelle die
nur für Weisse reserviert war. Sie hatten dea kleinen Burschen
Blutig geschlagen und zu ertrSnken versucht, und die Versuche
des winzigen Iv^dchens, ihren Bruder zu retten, slt Fus -stritten
verhindert. John hatte an dieser Gewalttat sich nicht beteiligt,
aber er war debei gestanden und hatte, wie gelffhaat, zugeschaut.
Er s^h die kleine Sarah am Boden sitzen und mit ihrem schwarzen
Hund dien ihre Blosse verdecken. Ihre schwarzen Augen traten
vor Angst aus den Höhlen heraus ; sie war trSnenlos wie ein Tier.
John war davon gelaufen. Irgendwo hatte er sich ins Gras gewor-
fen und geweint vor Scham, Schuld und Hilflosigkeit. In der Xacht
war er schlaflos gewesen und a:n nächsten Morgen fuhr ein stillerer
John nach Hause zurück.
Er erzählte niamariden von dieseir. Erlebnis, er scM ite
sich zu sehr. Es hatte aber zur Folge, dass sich sein ünabhÄn-
gißlceitsbedürfnis von nun an in persönlichem IVLit Susserte,
selbst wenn er einer Orur^pe rdlein entgegentreten nusste. Er
war eigentlidi über Nacht zu einem Helden geworden, Sarahs
Augen hatte er nie ver.^^essen können«
Er gehörte einer Organisation an, deren L-ltglieder es sich zur
Aufgabe geiaacht hatten, selbst untex- eigener Lebensgefahr,
politisdi Grefllirdete aus faschistischen Ländern herauszu-
bringen. Da er sein eigenes Leben oft aufs Spiel setzte, w='r
es für ihn kein Problem, in seinen Rettungsaktionen, wenn
notwondig, ruch bis z'am Aeussersten zu gehen. Er war ^It Heinrich
und iyjarianne in Spanien zusam-nen gewesen und lornte später durch
sie Sybille kennen. Sie wurde kurz darauf -^ber Rudolfs Frau.
Rudolf, der schon damals einen betrflchtliciien ^aiaen hls Wissen-
schaftler hatte, hatte ohne Zögern seine Hei.nat verlassen als
Protest gegen eine Irrationalität, die ihm als Rückfall in den
Ärgsten Hexen - und Aber^auben erschien. Er fühlte sich in seinex
wissensdiaftlichen Denken beeint rS cht ic^t, in seiner ^IHnnlichkeit
beleidigt und in seiner Gerechtigkeitssinn empört. Sein Ruf
verschafte ih.T. Gelegenheit, in Paris seine wissenschaftliche
Tätigkeit fortzusetzen und so viel als möglich jüngeren emigrierten
Kollegen, unter denen sich -^uch Sybille befand, beizustehen.
Seine einfache beschützende und helfende Wesanart wurde für Sybille
ein Ersatz für ^les, was sie verloren hatte. John, in seiner
roiaantlf=?ciien Abenteuerlichkeit, erschien ihr als ein Junger
liebenswürdi^;er Knabe, dessen leidenschaftliche Liebe sie in eine
tiefe und ruhige Freundschaft zu verwandeln suchte.
Es war dttlerweila Abond ,p;eworden* Drsusson r-Jüt^- d- !■ Un-
wetter, 2uf das die Freunde in ihrem Gefühl des Geborgonseins nur
gleichsam halb-bewusst hinhörten. So ent.2:ing ih.ien zunüchot
dQS klopfen an der Haustür, und erst als ei rtMrker wurde und
sich :!3utlicher voa dem andern Getöse unterschied, wurden sie
alle fast gleichzeitig darauf aufinerksn]iu Sie sahen einander
ungläubig fragend an, als ob niemand von ihnen fas^^an konnte,
dass ein Lebewesen draussen stand und Binlass begehrte« Bi
schien ihnen völlig unmöglich, doss irgendein Ivüensch in diesem
Sturm auf ihrer Insel gelandet war, auf der es ausser ihaen
nur Hasen und Vögel ^ßh. Rucli)lf wer der Erste, der /u dem Eat-
schluss ka:ü, dass das Unwsiirscheinliche wohl geschehen sein :iiusste.
3r erhob sich und ging zur Singan^-^stür, die er rasch Öffnete.
Gegen das Dinkel draussen hob sich eine schattenh::fte Gestalt
ab, die auf eixie einlade GebSrde Rudolfs in den hellen Liclritkreis
der Eingangshalle trat und dort einen Augenblick schwei^^rend
und geblendet stehen blieb.
Der Fremde war ein grosser, stattlicher I^Iann, der so durch-
nässt war, dass das 7asser an ihnin herunterfloss. Er bat die An-
wesenden Uin Entschuldigung für sein Sindringen und erklärte .Txit
heiserer Stimme, dass er seit Stunden in seinein Boot ix Sturm
auf dem Wasser gewesen sei und völlig Richtung und Orientierung
verloren habe; durch einet.» glücklichem Zufall sei er in die kleine
Bucht der Insel geschleudert .vorden. Es sei ihm .gelungen,
sein Boot festzumachen; da er die beleuchteten Fenster des Hauses
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erblickt h?.be, habe er sich not CQclrungen entschlossen, anzuklop-
fen und um Gastfreundschaft zu bitten, bis sich der Sturm gelegt
habe. 3r war recht erschöpft, obgleich er ein kräftiger tonn
in mittleren Jahren war und sprach etwas zÖp;ernd und müde in
einem gewählten Snglisch, das gerade durch diese Ge^-vähltheit
den. AuslÖJider verriet. Rudolf und Sybille hiesson ihm freund-
lich willkorrimen, Forderten ihn ^:uf, in eines der verfügbaren
CrastzLmTier zu treten, und während ihm Rudolf trockene Kleidung
verschaffte, berreitete Sybille schnell etwas zu essen und ein
heisses Oetrönk vor. Als er darauf in das Wohnzimmer tr^^t, wur-
de eine fori^ielle Begrüasung und Vorstellung vorgenotaTxea.
•»Mein Name/' sagte der Fremde, ^ ist Karl ivUller " und er
fügte scherzhaft hinzu, dass dies v/ohl der unverbindlichste Name
sei, den sich jemand in seiner besonderen Lage ausdenken könnte,
obgleich in den Vereinigten Staaten wohl Smith und Jones noch
besser dam Zweck unidentifiziert zu bleiben, dienen würden.
Er sei ein Ingenieur und, wie wohl seine Aussprache verr2ten
hebe, ein Deutscher, der vor Jahren eingewandert sei. Er vorbringe
seine Ferien in eineiL der kleineren Orte an der Küste von Idaine
und sei heute r.orgen bei schönem V/etter ausgefahren, um zu
fischen, nicht ahnend, welche Abenteuer ihn der Tag noch einleben
lassen sollte. Tom Feuer und dem heissen Crog erwärnt und durch drjs
Essen gestärkt, verlor er bald sein erschöpftes Aussehen und
schien sich liebenswürdig und gesellig der (Gesellschaft anpassen
zu wollen, ifen sprach darüber, wie das plötzliche klopfen an
aar Haustür einen jedan seltsnji bartllirt h^be uad jedar er^ins sich
in der beschreibung seiner Geföhle und Ged-nkea, die ^lla das
Uuheimlidie des Erei-^nisses hervorhoben, ^ Es i.^t wie der Beginn
einer Geschichte, " sap^e Marianne* ^ Oder .vie das Ende, ^ leinte
Sybille. " Dsts Letztere ist vohl das Richtige, "^ aahia Herr miler
den Faden uuf, »'zumindest fttr :r,lch. Und nun niag aiin wohl sage^»
dass es ein • Happy end ♦ ist. TShrend ich mich im Boot voä
den \7ellen hin und her geworfen f:ind, ka^j jiir däs Groteske -iieiner
tage zun Bewusstsein. De erwShnte ich vorhin scherzhaft, -jievl ele
»Miens vettern ich auf der Welt hnbe, und dübei hebe ich unter all
den L'Klllern nicht einen Veriv&ndten aehr. Ich bin völlig ohne F^jh-
ilie, das erste Mal in Ij/Icine ^uf einer * c^.r.ping - und-fishing-
expedition ♦ gsnz allein, und w9re ich heute nicht iijii Ilxre Insel
verschlagen \7ord3n, sondern im Stunn untergegangen, so wsre zwar
ein IvJlller v/eniger auf der .Veit, .ber die ;^elt hfltte dieses tr.-gische
Ereit?ni3 nicht einiu&l bemerkt • •^
*♦ Sie heben die HÖugigkeit Ihres !^s:uens nun aiehrmals erwöhnt , ♦♦
sagte Heinrich, ''rdit dem Hinweis :.uf Ver^/echslungen der Identität
und dergleichen, die i'\ unter solchen ümstffnden natürliche r-eise
häufig voko:ri:ien können. I^Ian ist i^eneigt, sich entsprechende Situ-i-
tionen reizvoll ciuszumalen. Sie 'bürden oft des Komischen nicht
entbehren. ~ Aber ax wieviel : iorkw^^rdi^er und unhelnlicher ist es,
wenn loan einen recht seltenen Nsimen hat und IhÄ plötzlich in völlig
unerwarteter Yoise begegnet. Als ich -Is junger Journalist bei einer
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Barlinar Zeitung Eingestellt war, mrde ich eines T^^ges nach dem
toabiter Gericht ausgesaüdt, um ober einan politischen Prozess zu
bariditen. Tor der för des entsprechenden Oerichtssaals f.ngekoiraen,
fand idi zu aeinein Ajrger heraus, dsss «an die Tresse ausgeschlossen
hatte, unter dass hinter gesclilossenen Türen verhandelt vmrde.
Teratimnt Ober diesen IvELserfolg ^.eines Auftrages wanderte ich aurch
die langen hÄsslid^en ITorridors und -vusste nicht recht, wie ich
meine Zeit verbringen sollte, da icii nicht fortgehen wollte, noch
imn-er hoffend, dass ich vielleicht doch noch etwas spater Zutritt
zur Verhandlung erzwingen könnte. Mir kam der O-sdanke, Ir inzwi-
schen irgendein anderes Qerichtverf&hren in eineT. '^ndereu. Raum
anzuhören. Auf gut Olflck öffnete ich eine Tür, die zu einer, der
•äderen SSle führte, in deiü gerade, wie es schien, oin Strafpro-
zess U 0»nge wer. Ich hialt noch beira Eintreten die Klinke der
Türe in der Hand, tls ich kler und deutlich den Richter sagen höi-te:
• Der Angeklagte v. S. ist gestSnUg. • Idi w&r wie in einem Angst-
traura befangen. Mein erster Impuls war, die Türe aufzureissen und
dfcvonzurennea, «b«r gerade wie in einem jener SchreckenstrSu^ie
fühlt© ich n-dch wie en den Boden gebannt, ohne -uch nur einen I\iss
heben m können. Ich hatte das Oeföhl. lIs ob eine Svigkeit ver-
gangen sei, und doch konnte es nur ein loarzer Augenblick gewesen
sein, bis ich den ervShnten Angeklagten stehen seh - einen -rossen
robusten Karl, dem man wolil ein Terbrechen zutrauen konnte, und dar,
«isaer dan Ne;nen — wenigsten bilde ich r.ir d?.s ein - auch nichts -.-.it
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»ir ^e-nein hatte. D'js Uaheirliche diGsec Erlebnisses l*:;g eben
d:Jrin, dfcss es sich nicht ur; Schmidt oder I«feyer hi^ndelte, sondern
um :neinen Ncnien, der — • sowoit nir damals bekunnt v/ur — nur ^^uf
meine Familie beschränkt war, deren letztes inffnnliclies Mitglied
ich darstellte, ••
Ifan hatte interessiert Hei.irichs 2rz9hlung nngehOrt und 5aie
redeten nun lebhaft durchein? nder, ein jeder in seinen Srinnerua^en
na dl forschend, ob nicht ':iuch ihia ein ahnliches Srlebnis sich
ereignet h??tt3, das zur nllo^eneiaen Unterhaltung beitragen konnto.
'* Situationen, die in ihrer unheirlichen Stiv"ung ca Trffu e
erinnern, Ivorri^aen -.vohl hüufig vor, *' sogte Mari:^:nne, ^ Un:l sie v/irken
uinso unheimlicher, Je lehr sie sich einen uns ^vohlbekonnten
Traum nÄharn. So hatte ich 9in:':al ein Srlebnis, bei der. ich ^.ich
Slmlidi :vie in vielen Trlu.Len hilflos in einer vOllig unver-
staendlichen Situation befand. 'Ss vc-r während das letzten Krieges.
Icli verbraclite einen Teil .neiner Ferien un der Westküste allein
in einem recht bekannten Ferienort. Der Ort w'^r überlaufen
mit So:ii:nerg5sten, grösstenteils An^jehöriciöJCi des in der Nahe sta-
tionierten Ivilitfirs. Idi fjnd nach einigen Schwierigkeiten eine
einigenriassen freundliclie ünta/kungt, rius"te aber die Iifehlzoiten
ausserhalb des Hauses einnehmen. So ssdi ich mich denn auch nach
Restaurants und Gastwirtschaften um, versuchte, hier und dort zu
essen, bis ich auf ein russisches Gk.^sthaus stiess, das mir gefiel
und das ausgezeichnete Kost htitte. Die '.Tirtin, eine grosse hüb-
sdhe Person, staaimte aus dar Ficrsine, Sie hatte für .lich, i#^
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idi ja meine Kindheit zum Teil in Russland verbracht hcitte,
etwas Liebes und Anhei.nelades. Mit ihren dunklen ffttr, in
der Llitte gescheitelt, ihrem weissen und rosigen Cesidit, den
blauen Augen urid ihrer Ueppigkeit erinnerte sie an Jene russischen
HolzpBppen, die das Entzücken aeiner Kinder Jthre waren : auin
konnte sie aümlich aufschrcuben und fand irjner kleinere Aus-
gJiibea der ersten, .-gewöhnlich eine BSuerin darstellenden Puppe in
ihrem Innern, sechs oder acht i:n r^^mzen bis zu der kleinsten,
deren Zfl/^e nun schon nicht irehr erkennbar waren. Ihr könnt euch
denken, Tzie wohl es .nir in dieser Wirtschift gefiel* Bald kam
ich auch mit der Wirtin ins Crespröch und brachte meine wenigen
lAissischen Brocken hervor, urn noch rnelir die intime Atnjosphflre
23U geniessen. So beschloss ich denn, nachdem ich zweimal .uitt'^gs
dort .gegessen hatte, euch rieine Abendmahlzeit in janem Oasthrus
einzunehmen. Es herrschte ein reger Betrieb, :^ber es gelang mir,
einen Tisch zu finden. Eine Kellnerin brachte mir zp.var die Speise-
karte, aber dann küninerte sich niemand mehr um r.iich. Ich konnte,
wie sehr ich Jiich auch bemöhte, nicht erreichen, bedient zu werden.
Personal und Wirtin ttberf^ing inich geflissentlichst, irgendeine
höfliche Entschuldigung TiurTielüd. Zunächst glaubte ich, dass sie
zu beschäftigt seien mt Cfisten, die froher gekoimen waren. Bald
überzeugte ich mich aber, dass später GekorniTiene schon bedient wur-
den. Dann ineinte ich, dass möglicherweise Damen ohne Begleitung
nicht erwönscht w!!ren, aber auch dies war nicht richtig : es sassen
13
mehrere Frauen allein an Einzeltischen und essen. Der quÄlende
Gedanke, dass ich hier plOtzlich \vieder auf eine bösartige Kältung
gegen Juden gestossen war, vor der ich doch rus Deutschland ge-
flohen war, schnürte mir die Kehle zu. Ich schaute nich um und
seh, dass unter den essenden Gästen eine Anzahl Juden vertreten
waren. Ich versuchte noch niehrnißls, die Aufmerksamkeit der Kell-
nerin auf iTiich zu lenken — vergebens. Schliesslich, nachdem ich
föist eine Stunde gewr.rtet und ^^ehofft hatte, erhob ich ^lich und
ging deci Eingang zu, in dessea unmittelbarer NMhe die ukreinische
Wirtin stand. Idi wollte mit ihr sprechen, aber sie wich mit
einer undeutliche geipurmelten Entschuldigung von mir zurück und
liess -oilch ohne eine Erklirung ihrerseits hinausgehen. Auf der
Stasse fand ich mich zitternd vor Aufregung, denn das eben Erlebte
hatte mich -uit einem Gefühl von verwirrender Angst erfüllt. Das
Unverständliche dsr?^n gab mir ein Gefühl von Hilflosi^^keit • Ich
konnte in kein anderes Lokal gehen, verzichtete aufs Essen und
ging zu meinem Logis zurück. Beim Betreten des Hauses sah ich,
dass mein Hausherr ia seinem Zinmer sass. Ich stieg zu 'neinem
Raum hinauf und sass eine Weile im Dunkeln, noch immer damit be-
schäftigt, eine Erklärung für das eben Durchlebte zu finden.
Dann entschloss ich mich, den Hausherrn zu fr::gen. Er hörte mir
freundlich zu und schien nicht im Gerinc^-sten arstaunt über meinen
Bericht. * Die Russin,* sagte er, als ich geendat hatte, 'hat sie
natürlich als Deutsche erkannt ; und da gerade die Deutschen in ihre
Heimat eingefallen sind, weigert 3ie sich, Sie bei sich zu verköstigen.*
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• Aber sie hat mich doch gestern und vorgestern freundlich auf-
finom.nen, ♦ rief ich aus« • Inzwischen hat sie Ihren Natnen erfah-
ren und ihre Schlösse daraus gezogen, • entgegnete :nein Wirt.^ Sie
können ihr ihre Haltung nicht allzusehr TTbelnehren, wenn Sie beden-
ken -^as die Deutschen in ihrer Hei nat treiben, •
^ Eine gute Anekdote und gut erzählt, "* loeinte John, "^ aber eigent-
lich handelt es sich hier weniger um eine yer.7echslung als um ein
Missverstöndiis; doch ist die unheimliche Sti-^-inung sicher nicht
geringer« ** Er und Rudolf ergingen Jich nun in weiteren Beispielen
von TTamens -und Personenverwechslungen, die durch eine lllischung
von Grroteskem und Grauen ebenfalls ein Geftfhl von ühheimlichkeit
erwirkten»
Der Sturm tobte weiter, und von Zeit zu Zeit lauschte die
Gesellschaft auf den grossen LÜr/ü. , der durch den endlosen Regen
u
nd dHis Aechsen der BSuT.e verursacht '^arde. DtiS Feuer brannte
lustig im KaiTiin, Die ^förj^B zusemi-nen Tiit den Erzählungen liess
eine gewisse innere Erregung bei den einzelnen Anwesenden zum
Vorschein konii^ien» die ;:.ich in geröteten Wangen und einer Gewissen
körperlichen Unrast ausdruckte. Nur Sybille war schweigsam
geblieben und schien in sich versunken und mit ihren eignen Ge-
denken beschäftigt. Jolm, der sie iTJTier wieder prüfend unda.uf-
fordernd angeschc:'Ut hatte, unterbrach schliesslich die Andern
reit der "SVnge r:n Sybille, was es wohl sei, das sie so sehr be-
schäftigte. Sr meinte, sie habe wohl kauri den Anekdoten und
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Krzllilungen Tu^eliört ; sie msche den Eiudmick, eis ob sie T^leilen
entfernt wie in einer anderen Welt sei. ^ D^s ist aur halb rich-
tig,^ antwortete sie und fflgte zOgornd, wie .?;egen einen inneren
Widerstand kfmpfend, hinzu : •• ffore Oeechichten haben mich ^n et-
was erinnert, wovon ich nie vi^es prochen habe, ja nicht eiruijal
Mtte sprechen kOnnen, ^.veil es etwas so ünheluliches betrifft,
d^AS nicht nur r.a eine vorüber Teg^^n^ene Situation geheftet ist,
sondern fortdauert und wohl nie ::.uf gehoben werden kunn* Ihr hobt
in all Suren Erlebnissen i.rjner wieder das TJnlieiinliche von Verwechs-
lung der Identitaft oder von MisverstSndnissen in den Tordergrund
geschoben, aber das Un:iei -nliche, das ich ineine^ hat rrJLt dem
Gegenteil zu tun, -:it der lientit^tslosigkeit » die nie aufgeklärt
worden ist und nie aufgeklart werden kann» Drs Grotesk-Komische
fehlt diesem Erleben volkomjiien ; es war und wird irr^ier nur furcht-
bar und CTüuenhaft bleiben und kann darum auch nicht in Einzelheiten
orzShlt werden«
^ Ihr h&bt Eiadi oft gewuiidert, •• fuhr sie fort, sich an ihre
Preudde wendend, ^ warum ich midi geweigert hsibe, je wieder nach
Deuts diland — selbst auf einen Icurzen Besuch — zurückzukehren;
jäi, dass ich es sogar .ablehnte, Deutsche, die nach (lern Krieg
in die Vereinigten Staaten kw.aen, kennenzulernen oder bei niir
zu begrtlssen. Ich hoffe ** sagte sie , sich -m Herrn Mller 7;en-
dend, " unser Gast wird, was ich s^ge nicht öbelnehMen, da er
ja schon laage Tdxre in aiesem Lande lebt und also nicht mit
eingeschlossen ist in jene Gruppe, Ihr habt .air sog^r klein-
16
lictikeit, Hidisudit und 'Ue Unffthiskeit, zu vergeben, vorgewor-
fen, Aböi» es ist eher das Oeftlhl dieses stÄndlg ünlaeiinlichen,
das oiich zu dieser Haltung zwingt. Du, Ifcrlaüne, erinnerst Dich
vielleicht noch nn eine ^1it Schülerin aus unserer Gymnasiolzeit,
Bella B*, die sich traurigerw ise nach kurzer Oeisteskranklieit
umbrachte. Wir waren befreundet gewesen, und ich hatte sie zu
3e<^inn ihrer Erkrankung auch hflufig besucht, Sie litt damals
schon an allen aöglichen Aengsten, Ein:iial gingen wir im Park
spazieren, und als wir uns ei nein kleinen Teich nöherten, lief
sie plötzlich laut schreiend davon. Idi folgte ihr und fand sie,
von Orfeuen geschüttelt, hinter einem Baum versteckt, stc3hen.
Sie hatte ihr Gesicht mit den Hönden bedeckt, und ich konnte
2unÄchst nicht verstehen, was sie in abgehackten 'Vorten hervor-
stiess, All.üShlich wurde es mir klar, dass Angst und Abscheu
sie von den. Teich weggetrieben hatten, weil sie Frösche in dem
Wasser veru.utete und fürchtete, dö.ss sie zu schreien anfangen
würden. Nachdem 3ie sich etwas berutiiGt hatte, erzählte sie mir,
dass sie als kleines Ivlddien ein.nal Knaben beobachtet hatte,
die aus Lust Frösche aufgebissen und zuxd Platzen feebracht hotten.
Das Ger tusch sei ihr noch iromer gegenwärtig, und die Ivjöglich-
keit, Frösche zu sehen oder zu hören, brachte das ganze grauen-
hafte Erlebnis ihr v/ieder so nahe, als ob es gerade geschähe*
Damals erkannte ich wohl das Krankhafte in Bella, war aber
nidit fühig, das Unlieiinliche, das sie anscheinend erlebte.
17
nschzufülilen. Heute jedodi weiss ich aus Eiseaeia, was sie emp-
fundea h^'ben itiuss.**
Sie schwieg eine Teile, als sdiöpfte sie Kraft, um weiter-
zusprechea. In ihrer Stimme klang unterdrfickte Erre.?:ung, als
siö fortfuhr» " Ich .nusste 'vährend der Hitlerzeit sininal hilflos
zusehen, eis ein alterschwacher Jude von einem Sturrn-Staffel
ykiaa erdrosselt wurde. Ss waren etwa ftlnfzig SS leute zugegen,
die in ihren schwarzen Uniformen eine völlig gleiche schwarze
llASSe bildeten. Derjeni^^e, der die Tat be.^ing, war nur eine
Crleicher unter allen andern und hatte kein Gresicht und keinen Namen;
vielleicht ist er gesichtlos geblieben, weil wir alle nur auf
seine Hinde starrten. Das w£-r das Sinzige, das sich heraushob;
weisse, grosse HÄnde mit ]<rÄftigen, an den iCnden viereckigen
Fingern. Seine A^ermel waren zurflck^:eglitten und iB&n sah v?ider-
lich breite Handgelenke; das rechte hatte ein seltsames brennend
rotes, SpinnenfOrmiges Mal. Das ist das Einzige, das ich von
dem I»(([örder im Gedächtnis behalten habe — nichts anderes. Sonst
war er nur ein Identität sloser Teil einer gleichförinigen schwar-
zen Masse. Könnt Ihr nun begreifen, dass ich nicht zurückgehen
kann ? MQsste ich nicht jedesmal, wenn ich einem Fremden begeg-
nete, denken, dass dieser der Ivlörder sei ? Könnte ich irgend-
eine^n wohl die Hand schütteln ? Kann Tan denn verlangen, dass
er zuerst sein rechtes Handgelenk entblösst ?^
Sie Hörte auf, zu sprechen, und die Andern wagten käum,
sie anzuschauen, aus Furcht, dass ihre sonst so beherrschten
■- -^- *■■ - •la, ,
II
18
zage die iuäI volle Erregung der Stimme widerspiegeln wfirde.
In dem .gespannten Schweigen hörte man '.vieder deutlicher
das Toben des Stur.^ns. Das Feuer war üt. Erlöschen, aber des
ZiT^er war schwül* Die ^Tfirme und die nnstrangenden Erlebnisse
des Tages -nachten sich wohl nun bei dem Freiuden bemerkbar. ISr
sass unbeweglich, mit halbgescblossanen Au^en, zurflckr^elehnt da.
Sin schwaches Licheln spielte uifx 3eine IVIundwinkel, die wie im
Schlaf etwas schlaff und lose erschienen. Die Jacke, die ihm
nicht recht passte, wer geöffnet, die Arne laf?en auf den Seiten-
lehnen des Sessels. Sein Aussehen war das eines Menschen, der,
von MQdigkeit QberwSltigt, nicht -r.3hr den 'Villen 3ufbrinf?i:, die
Unordnung seiner Erscheinung zu beheben. Es schien als hfftte
er nur wie von Weitem den Inhalt von Sybilles Worten vernommen.
Er setzte sich jedoch plötzlich ruck-^rtig und steif auf ; obi^leich
seine Augen noch immer von den Lidern halb bedeckt waren,w3r
sein Blick aber scharf und wachsam geworden. Ds.s Lächeln war
völlig .veggewischt. ¥At bewe^^^er StimiT^e, Üe heiser vor Er-
regung klang, S'igte er, sich :2n niemanden i:n Besonderen wendend:
^ Was für merkwtlrdig peinliche Zufäflle in der Welt f^eschehen l
Ist es nicht genug Müller zu heissen, ein Name, der einen kauTi
identifizieren kann ? I-iiss man auch noch das Einzige, was ich
so völlig als mir eigenttLnilich angesehen hr^be - ein ivlal von be-
sonderer färbe und Form an einer ganz besondreren Stelle des
Körpars — muss dieses l^Iel nun euch noch 7U jemenden andern
gehören — garz so wie es der Herr v.S. "^it seinem Namen triebt
hat, damals im Gerichtssaal.
. A* j»i l*_ .JA : -
II
19
Nur .VAX es einfach fflr Herrn v.3. sich und andern zu beweisen,
dass er nicht der Yerbrecher war, da doch dieser lebendig und
allen sichtbar in eigener Oestalt iort gestanden ist? Hior,^
rief er bitter sus, indein er seinen rechten Aermel zurtlck-
streifte und ein brandrotes spinnenförniiges Mril an seine* brei-
ten Handgelenk entblösste, ^ hier, sehen Sie dies an und sagen
Sie idr, v;ie ich diesen spukhaften Zufall erklffren, wie ich Sie
davon überzeugen kann, dass ich nicht jener Andere bin t ^
Während die Freunde durch diese jfihe Enthülluns der Sprache
beraubt ihn anstarrten, sprang der Fremde auf und rannte, ohne
sich noch einmal uinzuschauen, e.us dem Ziiaiüer» Die bestürzte
Zurückgebliebenen hOrten ihn die Tür zu seinem ei^^enem Raum zu-
schlagen,
Rudolf hatte eine halbe Wendung geiiiacht, als wolle er den
Davoneilenden aufhalten ; stattdem liess er sich aber schwer
in einen Sessel fallen und sah fast rstlos zu Sybille hinüber»
Sie stand -iiit beiden HÄnden auf eine Stuhllehne gestützt, als
wöre sie in Gefahr, niederzusinken, Ihre Gestalt schien plötz-
lich zur Grösse eines Kindes geschrumpft, ihr Gesicht klein und
weiss und von lautlose:ii Weinen verzogen. John, der neben ihr
stand zwang sie saaft, sich nieder zu setzen* Heinrich und
Marianne sassen dicht aneinandergerückt, als suchten sie so
Schutz gegen eine drohende Gefahr,
^ Wie kann so etwas möglich sein'* segte Ivlarianne, **was soll xan
nun tun? Gibt es solche Zufalle oder ist 6S Spiegelfechterei? Du
J.M.»t. .^^TMlji- r. .
II
20
«usst es doch wissen, Rudolf, ob eia solches Spiel ier ITstur vor-
kovmen kann ~ ein solches Mal bei CTei verschiedenen Ivienschen T'
Rudolf schien sich p-esaataelt zu hh:ben. Sr ging zu Sybille,
beu^e sich zu ihr nieder und ktls-te sanft das H«tr der Weinenden*
" Wir wissen nicht eininal,** sagte er mit beherrschter Stixue,
•♦ ob dieses Mal wirklich identisch niit demjenigen ist, das uiiiae
Ttsm vor so vielen Jahren wflhrend eines schrecklichen Augenblicks
m sahen glaubte. Es ist eine hassliche Situation für uns alle,
besonders aber für Herrn IvStller, wer inner er wirklich sein mag.''
''Du vermeidest eine Antwort zu geben ?uf Msriannes Frage ** sagte
Heinrich jetzt heftig "aber Biir scheint, dass dieser Herr Müller
eine zu schnelle Antwort bereit hatte — wer hat ihn denn überhaupt
gebeten, uns sein Mal zu zeigen — hatte er vielleicht Angst, driss
einer von uns es doch schon vorher ersp«ht hatte ? Tielleicht hat
Sybille es wirklich vorher zusehen, als ar noch nicht so auf seiner
Hut war, vielleicht ist dadurch überhaupt die schreckliche Srin-
nerung in Dir wieder wachgerufen worden, Sybille, ohne dass Du Dir
über den Oruad Rechenschaft gegeben hast. Nein Rudolf," wandte er
sich wieder mit grosser Srregung an den Freund "wir können uns
nidit zufrieden r^^ben mit der Zufallt heorie, wir müssen wissen.
f »t
wen wir hier beherbergen .
" Und wie werden wir das bewerkstelligen können, Tein Freund?»»
fregte Rudolf " Sybille kann sich, wie sie selbst uns erzShlte, an
keine indiduellen Züge des L(23rders erinnern, nur an das Mal, das sie
21
nur einen kurzen Augenblick unter entsetzlich aufregenden und er-
schütternden Umstanden gesehen hat. Sicher kann gerade eine GOlche
Geiöötserregung die Sinne uufs Aeusserste schärfen, aber es knnn
«ich das Oegenteil eintreten; es können Dinge gesehen werden, die
nicht einmal vorhanden sind, oder das Bild kc^nn entstellt i^i OedPcht-
nis bleiben - all das .bissen wir. Kein Richter könnte Sybilles
Zeugenaussage als bindend ansehen, selbst wenn er persönlich von
ihrer Rieht i^^keit voll überzeu^'^rt würe.** Sybille hatte ihr-^n
Kopf an Rudolfs Brust gelehnt; sie weinte nicht mehr. Sie sagte
mit ■nüder Stimme : ^•ich hfftte weiter schv/eigen sollen; ich weiss
nicht warum ich nich heute habe verleiten lassen, über den Albdruck
23LL sprechen« 2s ist wie ich gesa^rt habe, men kenn nie wissen, wem
man die Hand .?ibt, selbst wenn der Betreffende kein Ivfel am Hand-
f ft
gelenk hat !
John hatte sich bisher an dem Oesprfch nicht beteiligt. Sein
Öesicht war ausdruckslos, fast riieskenhsft vgeworden. Sr schien
sich auf dyis FQllen und Anzflnden seiner Pfeife zu konzentrieren
in einer gewissen pedantischen Art, die seinen Freuaden gewöhnlich
ein Zeichen war, dass John versuchte, seine aufgeregten Oefühle und Oe
öedanken zu beherrschen. Die Pfeife z^/?ischen den Zlhnen haltend
brachte er schliesslich trocken hervor :^ Wenn ich Richter ,?flre,
wörde ich .nich ganz und völlig auf Sybilles Gedächtnis vorlassen
und wf!rde eher das Wahrscheinliche ?5ls das Un^rohrscheinliche , nffm-
lich dass es nur ein solches Mal und nur bei einem deutschen N^zi gibt.
2Z
Du, Rudolf, bi?t tolerant und weise und ein Wissens cheftler - manch-
mal bin ich iTxeinem Sdiicksal dankbar, dass ich nichts von alledem bin,^
^ Wie dem aucli sei " antwortete Rudolf ^ wir können nur hof-
fen, dess der Sturm Jior^en vorüber ist, und dcss wir diesen I4aan
80 schnell wie niÖgLich los worden. 2r wird selbst dazu sehen,
bei der orsten laögliclien Gelegenheit abzufahren, dessen bin ich
sicher. Sybille, Du bist vOUig erschöpft, und c^uch wir -indem
sind sehr .ritgenoiTmien; wir können wirklich ir.: Augenblick keine
Lösung finden; darua schlag ich vor, dass wir uns zurückziehen*
Also, gute Nacht.'* Er nahm Sybilles Aim und führte sie zflrtlich
sus dem Ziimier herüus.
Heinrich legte John die Hand auf die Sdiulter und verliess
dann ebenfalls ait Ivkrianne den Reunu Rudolf war es geglückt
Sybille zu überreden, ein Schlafmittel zu nehmen. Sie Hatte
sich zunflchst dagegen geströubt da sie nicht gewohnt war, sich
nachzugeben, und da sie glaubte, dass sie sich zusaxnrrian nehraen
9
iriBsste, um Rudolf Leid zu ersparen. Aber seine bemihigenden
Worte hatten sie davon überzeugt, dass auch er besser ruhen könnte,
^j?ean sie sich den Schlaf erlaubte. Er sass bei ihr bis sie ein-
geschlafen war. Seine Gedanken ^varen mit ihr beschffftis^t, die
Ihm so selbstverständlich nach gewesen war in den langen Jthren
ihrer Ehe.
Jetzt schien es ihm auf einmal, dass er sie kaum k>-:nnte.
Sie hatte das entsetzliche Erlebnis r.it dem alten Juden ihm nie
23
erÄthlt» Er htttt© ale von Bella B« gehört. Mirienoe wusste ^^hr
von 4er Vex'f^an^enbeit seiner 7rau als or. Er hatte es aie recht
ertragen könnon^ ^vonn Sybille von Jenen 7eiten spredi, In denen
er noch nicht ihr L»ben t feilte« Er war ein unsedulAif^er Tuhörer
und entschullirto seine Ungeduld 'nlt Manfrel ^n *^eit» Hlnqrec^on
war Svbllle Inner bereit, myjih9r9a, wenn er Ihr seine Ideen
Tortru/? od^r seine Arbeiten vorl'^e. WLl'^u pcrs<9nliche Jftttellun-
gen wsiren IhTs selbst bei den ih?tj nÄchst stehenden Memschen pein-
lich» 1fr h??tte ^ie tiefe TTeberyeunjn.ct, dass man nur schweip'end
seine nenschliche Würde bewshrer konnte; deswegen hatte er «uch
nie Sybille er«uti,^ ihr: von Erlebnissen 7u er^ffhlon, die sie
■anol:xaal wie frnf^ond anzudeuten schien* Jet!?t wrr er orcchffttert
in der plötzlichen Erkenntnis der ^^^9 Elncen^keit meiner TJVcu, die
«11 dl© Jahre die Leiden der Ver^en,*:!;enheit allein getragen hetlro*
Kinder und jum^e *^^dchon erlebten Dinge, die zu schwer für sie warea
ISr schämte sich n?iaer Selbstt^ucht« Als wSybille fost *ichlief,
V'irliess i^r leise das Ziaamer und r,iR(r in sein Arbelt szlrwier hin-
aber. 3ein3 leisen Schritte vmrden doch von !*irisnn9 gehört,
die aadWtrenrt lauschend in ihre» Bett lag# Sie beTflhte sich
den Lftrra les Sturn^es aus ihren Ohren eus^^uhnlten, um heraus 7U-
flndan, ob Heinrich ruhig schlief« Er blatte nicht Aber die Oe-
Rchehniss© des Abends sprechen .tollen, und Ä^irl^nne beförchtete
eine schwere OeJEötBerschtltterun/^ bei de» fibersensitiven erreg-
baren Heinrich, der nie nit seinen Erlebniseen im Konzentrat ione-
24
-lager und in Spanien fertig: geworden wer. Sie salbst war geneigt,
sich Rudolfs Standpunkt zu eigen zu machen, dass iiÄn nicht zu
einem endgülti{2:en Sntschluss Über den Fremden ko;men dürfte,
solange auch der ^erin^ste Zweifel bestand, dass er der von
Sybille beschriebene gesichtslose Mörder v/ar, Ihrem Charsikter
göJOÄss, versuchte sie dort eine gtlnsti.iere Ant'^ort einer Fra
ge
anzunehmen, wo sonst sie einairi unertrffglichen, unlösbaren Dil
«3
fli gegenüber gestanden w«re. Sie hatte iiLiuer versucht, Probleri^e
auf möglichst einfache Nenner zurÜckzuTühren, oder sie nur dann
wirklich anzuerkennen, wenn ein persönliches Eingreifan eine
Aenderung herbeizuführen versprach. Diese praktische Seite ihrer
«
Natur war für Heinrich ein ßxosser Segen «gewesen, Sie hatte
ilin aus Deutschland gerettet und ihre baruhigende Gegenwart
rettete ihn i:a'ner von Neuen l-us seinen hüufigen Angst trüuiuen,
bei denen es geschoben konnte, dass er &us ie-n Bett stürtzte
und nach Gegenständen wie Le^-ipe oder Stuhl griff, um sie einem
ver-neint liehen Angreifer entgegenzuschleudsrn. Ss war nicht
imJTier leicht, ihn diuvon abzuhalten und ihn ganz zu wecken.
Sie lag nun und horchte auf den Sturm und auf ;jlle Geräusche
iin Nebenzi.TFier, in dem Heinrich schlief. Sie hörto Johns Schritte
tQ ihrer Stube vorbfeigehen und dochte; ♦» arm^^r John, Du bist
bis jetzt allein im WohnziT.iier gewesen; Du sorgst Dich, ohne
das Recht zu haben, Dich zu sorgen. **
John hatte seine Pfoifa zuenda geraucht und dann wie je-
den Abend sorgsam ijn ZiriT.er Ordma ig g3ai;icht, \-^i-l\ Svbille am
25
aäd-istea Morgea von eineia s-^nh^rea frauadlichen Roum begrüsst
wörde, anstatt kttlte Asche und sch-Tiutzige Olfser Yorzufinden.
Heute hatte er besonders lange Zeit damit verbracht, dio Aßchen-
bocher zu leeren und die OlSser zu spfllen. Ir machte sich aller-
lei OeschSft, bis er schliesslich nichts mehr finden konnte, das
Ihm Grund gab, das Verlassen des Wohnziau-ers hin^.us zuschieben.
Er ging in sein ZLnmer und setzte sich ia Dunkeln ans Tönst er.
Draussen war es pechschwarz. Zu John besonderen Gaben gehörte
ein visuelles Vorstellungsveraiflgen, das soiner schriftstelleri-
schen Tätigkeit sehr zu Oute ka-c. Aber diese Gabe wrde zur
(Ju&l, wenn er, wie bei Sybilles Erz«hlung. allo Geschehnisse
deutlich vor sich sah. ^as sndern Worte waren, i:us3te er bildlich
erleben. Jedes neue Erlebnis dieser Art 'vurde noch von verganeaen
verstirckt, die sich ihia uiit aller Frische .vieder vor A-ogen brach-
ten. Ge.vahnlich konnte er sich von diesen Erinnerungen nur durch
eine Tat befreien, sei es in Wirklichkeit oder in einem Roman.
Am oieisten lufllte ihn die ir-.er wieder auftauchende Erinneming
•a die kleine Sarah.
Der Stuion heulte die ganze Nacht. Das GetOse von find und
Regen war so leut .geworden, d.ss es unmöglich war. irgendwelche
andern Oeriusche innerhalb oder ausserhalb des Hauses xit Sicher-
heit zu unterscheiden, hatte sich ir,-endj.m.nd auch noch so darum
beinftlit •
Am nächsten iviorgen jedoch grttsste ein tiefblauer Hi:nmel
das voa Regen leuchtende GrQn. Die Sonne strahlte; der Wind hstte
sich völlig gelegt und das Wasser hatte seine Mittelmeerfarbe
wieder. Nur die Möwen flogen noch unruhig und «ngstlich umher
und kreischten einander laute Warnungsrufe zu.
26
Sybille war trotz des Schlafmittels früh -lUfge standen. Das
PröhstÜck st^^nd schon berreit, als sich -^ie andern Haus-^enossen
wie .leden Mbr.^^en aeitig r.uf der Veranda einfanden. Aber in Gegen-
satz zu andern IvJor/^ön herrschte eine düstere und bedrückte St iia-
laing. Tom Fremden -.var nichts zu sehen und nieii^and wagte die lei-
dige Frage nach seinem Verbleiben zu stellen. Sybille Sögte wie
gLeichgflltig: ^ Seine Sachen, die er gestern zur. Trocknen auf ge-
hingt hat, sind noch in der Kttcbe.*^ Dainit war d^s Schweigen
gebrochen und ntn redete durcheinander, SS^-•e^lich aiachte xan dem
Ftemden Vor.vf[rfe, dass er nicht schon die Insel verlassen habe.
Vielleicht habe er c^ber in fremden Kleidern das Weite gesucht.
Das /^ürde wohl zu seinem Charakter passen I Eigentlich wollte
aber niemand wirklich die Antwort auf diese Fr>Age herausfinden.
Der ungebetene Gast aochte v/ohl noch in seine^Ti Zirumer sein und
sich nicht heraustrauen. Sdiliesslich beschloss Rudolf der
peinlichen Situation ein Ende zu machen und nach Herrn iiÄfller
zu sehen. Sr kam bestürzt nach ein paar Minuten zurück und be-
richtete^ dass das Grast ziiiiiüer leer sei und das Bett unberührt.
Auf der ganzen Insel war keine Spur von dera Jremden zu
finden. In der kleinen Bucht, die als Hafen diente, lag ein
zweites Boot, wohl befest i.-^, wie Herr Mller es ihnen beschrieben
hatte. Es war nur leicht beschödiit und wiegte sich sanft auf
den '.bellen der einströmenden Flut hin und her.
Anfang September wurde eine männliche Leiche ia einer der
vielen Buchten an der Küste von IJlalae enges chw^Tinit. Der Ertrun-
kene rrusste Tiindestens zwei bis drei Tochen im Wasser getrie'-^en
worden sein. Seine Züge waren nicht erkennbar, in seiner KLeiduog
fand ::aan keinerlei Papiere.
,tf
27
Die K«*s, die das Verschwinden des Freioden sofort der
Polizei gemeldet hatten, wurden aufgefordert, die Leiche zwecks
Identifizierung zu besichtigen. Aber selbst Rudolfs -geübten Au.^e
wur es uninöglich, fast zustellen, ob der Tote jener Freinde war,
der auf so dramotische Weise £uf Ihrer Insel erschienen und von
dort verschwunden war, Fttsse und Hflnde des Ertrunkenen w&ren so
zerrissen und verletzt, d^^ss man keinerlei IUI mehr hStte erkennen
können. Die Grösse und Breite der HÄnde, wie Oberhaupt der
Bau des Skelets, das ungefffhre Alter des Mannes und der Rest der
zerfetzten Kleidung hatten wohl 3uf Herrn LltUler gepasst, aber
init irgendeiner Sicherheit konnte man keine Identifizierung vor-
nehmen. Auch in den bei den K. 's zurtlckgelassenen KLeidungs»
Stöcken waren weder Merkzeichen noch persönliche Doku^iiente ge-
funden worden, die ein Fragezeichen ftlr das Woher des Freinden
hotten geben können. Alle 3e:iiöhen der Polizei eine Firma zu
erruleren, die einen Ingenieur plötzlich auf ungeklärte Teise
verloren hatte, waren erfolglos geblieben, N'iemj.^nd schien einen
Mann zu verraiessen, der ein so duff killendes splxinenförmlges, rotes
Mal a.ii Handgelenk hatte, ein Deutscher war und angeblich Lanier
hiess.
II
/OK im^i ),^fi^ "Cq(^ r«^.
/'
t
GELBE ROSEN
Dezember 1955
Sophrlne war tot* Der einzige Mensch, der ihres
Todes wegen mit rotgeweinten Äugen bei Ihrem Begräbnis
anwesend war, war Ihre Cousine Helene. Aber auch Helene
hatte nicht um ^den Verlust eines gellebten Menschen ge-
weint. Sie trauerte nicht, sondern sie weinte, well sie
— und nur sie allein — wußte, warum Sophrlne den Tod
einem scheinbar so ruhigen und sorgenfreien Leben vorge-
zogen hatte. Wenn Helene an Ihre eigene Rolle In dieser
absurden Geschichte dachte, hätte sie am liebsten sich
▼or Scham und Bedauern verkriechen oder vielleicht sogar
niederlegen und heimlich sterben wollen. Es war Im Grun-
de eine so lächerliche Angelegenheit, eigentlich ein Stoff
für eine Komödie und nicht für eine Tragödie. Jeder Ko-
mödien-Schriftsteller hätte darauf ein Stück mit einem
lustigen d^nouement geschrieben. Hat man schon je gehört,
daß die Neigung zu Vergeßlichkeit und Vagheit in solch
ekelhaften Schrecken ausgeht, auf das Leben eines ande-
ren Menschen einen so drastischen SinfluS haben kann?
Helene war immer vage gewesen und natürlich vergeßlich,
aber wenn diese Sigenschaften Folgen gehabt hatten, so
hatten sie nur sie selbst betroffen. Wenn sie verges-
s
Ben hatte, als Kind ihre Strümpfe zu befestigen, so wurde
sie In der Schule verlacht, well ihr die Strümpfe herun-
terrutschten, oder wenn sie später an der Universität
die falschen Kurse belegte, so mußte sie natürlich ein
weiteres Semester zulegen, um zu den Examinas zugelassen
zu werden. Das war alles ganz in der Ordnung und hatte,
wie sie vag zur Kenntnis genommen. Irgendwie folgerichtig
dem Prinzip von Ursache und Wirkung entsprochen, obgleich
auch diese Zusammenhänge ihr häufig merkwürdig und wunder-
bar vorkamen. Aber die Sache mit Sophrine lag anders.
Nachdem Helene genugsam geweint hatte und darüber nach-
dachte, kam sie zu der Ueberzeugung, daß es wirklich et-
was in Sophrine selbst war, das ihr so völlig unvorherge-
sehenes Ende herbeigeführt hatte, Sophrine hatte ihre
Rolle in der Komödie nicht akzeptiert und aus Gott weiß
welchen Gründen das Spiel in häßlichster Welse abgebro-
chen. Wenn man es sich genau überlegte, so war das
eigentlich nichts Neues; so hatte sie sich auch in Je-
nen Zelten oft verhalten, in denen Sophrine und Helene
als kleine Mädchen zusammen gespielt hatten. Sie hat-
ten viel Zelt miteinander als Kinder verbracht. Die
Häuser ihrer Eltern lagen dicht bei einander, die Gär-
ten waren nur durch eine Mauer von einander getrennt.
Die Nähe machte sie zu Spielgefährtten, und die Bluts-
verwandtschaft der Eltern spielte eine unterstützende
Rolle, obgleich man sich wohl kaum zwei ungleichere Schwe-
stern vorstellen konnte als die Mütter der beiden Mädchen.
Helenes Mutter war vielleicht noch vager als ihre Tochter,
liess alles Im Hause den Gang gehen, den Köchin und Haus-
mädchen für richtig hielten und verbrachte ihre Zeit damit,
»
mathematische Probleme zu lösen oder griechische und la-
teinische Verse zu schreiben* Vertieft in solche absor-
bierende Beschäftigungen hatte sie nur einen sehr nebel-
haften Eindruck von der Existenz ihrer Tochter, und es
wäre ihr nicht einmal im Traum eingefallen, sich daraum
zu kümmern, in welchem Zustand zum Beispiel Helenes Klei-
- *
der, ihr Zimmer, oder die Schubladen ihrer Komniode waren;
ebensowenig dachte sie dareoi, die Freiheiten ihrer Tochter
einzuschränken, da sie als selbstverständlich annahm, daß
ihr Kind den üblichen Beschäftigungen der Kinder Jahre
nachgehen würde, die in Schule, Hausaufgaben, Klavier-
stunden, in frischer Luft sein und Mahlzeiten eingeteilt,
ihre natürliche Ordnung in der Welt hatten. Diese natür-
liche Ordnung war etwas Vorausgesetztes, dem man, Gott
sei Dank, keinen geistigen Aufwand spenden mußte« Es war
so in ihrer eigenen Kindheit gewesen und würde so weiter-
gehen durch alle zukünftigen Generationen* Was ihren
Mann anbelangte, so war er ein Professor der Heilkunde,
viel älter als sie selbst, großartig beschäftigt mit sei-
nen weit sich verzweigenden beruflichen Verpflichtungen,
die Ihm nur wenig Zelt für ein nahes Familienleben lies--
Ben. Ihre ehelichen Beziehungen waren auf die Hochzelts
nacht beschränkt gebllebeni und dieses einmalige Erleb-
nis, das zu Helenes Existenz geführt hatte, war von He-
lenes Mutter mit vager Verwunderung als eine eines klas-
sisch gebildeten Menschen unwürdige Angelegenheit abge-
tan worden« Der Professor, der schließlich bis zu einem
sehr relfep Alter nie Zelt für solche zeltraubende Betä-
tigungen gefunden hatte, war es zufrieden und fand es für
sich selbst recht angenehm, dass Ihr geräumiges Haus ge-
trennte Schlafzimmer begünstigte» Er arbeitete gewöhn-
lieh bis spät in die Nacht hinein, und da er von seiner
Neigung zu schnarchen wußte und ein eher rücksichtsvol-
ler Mensch war, war ihm diese Lösung willkommen. Die
Familienmitglieder sahen einander bei den Mahlzelten,
wenn die Mutter nicht zufällig vergaß, daß die Essens-
zeitzelt herangekommen war, oder der Professor beruf-
lich abgehalten war. Häufig fand Helene sich auch ganz
allein am Tisch und erfuhr erst von dem das Mahl auf tra-
genden Mädchen, daß die Eltern zu einer Abendgesell-
schaft eingeladen waren. Sie hatte allmählich gelernt,
solche Geschehnisse mit Gleichmut hinzunehmen und den El-
tern Ihre Vergessllchkeit nicht nachzutragen. Die Zer-
streutheit der Eltern war überhaupt sprichwörtlich ge-
worden unter ihren Bekannten, war es doch sogar vorge-
kommen, dass der kurzsichtige Professor bei einer Ge- •
I I
Seilschaft sich seiner Frau formell vorgestellt hatte
und diese, anscheinend von einem mathematischen Problem
völlig In Anspruch genommen, mechanisch auf die Vorstel-
lung mit der Nennung Ihres Kädchennamens erwidert hatte.
Bs war demnach nicht verwunderlich, dass der Pro-
fessor nur zeitweilig von der Existenz seiner Tochter
Kenntnis nahm. Aber auch dann geschah es häufig, daß er
mit Ihr sprach, als ob sie einer seiner Studenten oder
jüngeren Assistenten wäre. Helene fühlte sich bei sol-
chen Gelegenheiten recht verlegen und war froh, wenn sie
einen Vorwand fand, um den Reden des Vaters zu entwischen.
Nicht viel besser erging es Ihr mit Ihrer Mutter, die ge-
legentlich versucht hatte, Ihr von Interessanten mathe-
matischen oder sprachwissenschaftlichen Problemen Mittei-
lung zu machen. Helene konnte, trotz größter Willens-
anstrengung, es nicht unterlassen, Ihre Mutter mit ganz
unwesentlichen und albernen Fragen zu unterbrechen und zu
ermüden, so daß schließlich die Mutter aufgab, ein engeres
geistiges Band zwischen sich und dem kleinen Mädchen her-
zustellen.
So Ist leicht zu ersehen, daß Helene In Ihrem eige-
nen Hause nicht viel Anregung fand, da auch das Hausper-
sonal zu beschäftigt war, um sich mit ihr abzugeben. Es
war daher nur natürlich, daß sie viel Zeit im Nachbarhaus
bei ihrer Tante verbrachte. Nun war das Merkwürdige, daß
diese Tante, obgleich eine Zwillingsschwester von Helenes
Mutter, bei der man doch große Ähnlichkeit im Aussehen
und Charakter erwarten sollte, eine völlig andere Persön-
lichkeit war, Sie zeichnete sich dadurch vor allem aus,
daß sie eine besonders hübsche Frau war, elegant geklei-
det, mit einem starken Sinn für das, was sich gehörte.
Darin waren Haushalt, Kleidung und Manieren gleicherweise
eingeschlossen. Wo in Helenes Haus Unordnung, Verwir-
rung und permanente Katastrophen an der Tagesordnung wa-
ren, lief das Hauswesen Im Nachbarheus wie am Schnürchen.
Eine Atmosphäre sauberster Tüchtigkeit und genauester
Pünktlichkeit verbunden mit einem präzisen und unnach-
giebigen Geschmack füllte dieses Haus vom Boden bis zun
Keller. Die Hausmädchen waren in schwarz gekleidet mit
weisser Schürze und Häubchen, zu welcher Tageszelt man
auch immer das Haus betrat. Die Parkettfußböden glänzten
und schienen, die Teppiche waren sauber und die Möbel an
ihrem Platz. Das Sssen kam auf die Minute und heiß auf
den Tisch, um den die Familieniaitglleder sich ein paar
Minuten früher gruppiert hatten. Onkel und Tante waren
Immer zugegen mit Ausnahme von Jenen Abenden, an denen
sie auswärts eingeladen waren. Nie kam es vor, daß ein
ramilienmitglied sich verspätete oder mit schmutzigen
Händen zu Tisch kam, nie daß der wohlgekleidete und wohl-
frisierte Onkel vergaß, der Tante zum Gruß die Hand zu
küssen. Die Tante, wie schon vorher bemerkt, war ele-
gant. Das Tischgespräch drehte sich um gesellschaftliche
oder wohl auch geschäftliche Ereignisse, von denen natür-
lich die beiden Kinder ebenso ausgeschlossen blieben wie
von den tiefen Gedanken, die gewöhnlich Helenes Eltern bei
Tisch beschäftigten. Es muß nun gesagt werden, dass in all
dieser Sauberkeit, Pünktlichkeit und präziser Aesthetik ein
dunkler Punkt war, der nicht auszumerzen war: Sophrine.
Sophrine war unschön, um nicht direkt zu sagen, häßlich.
Schon als kleines Kind hatte sie sich durch eine zu große
Nase und eine etwas zu breite Unterlippe bemerkbar gemacht,
und ihre Mutter hatte entschieden, daß nur ein besonders
guter und wohlgebildeter Charakter diese Verfehlungen der
Natur etwas ausgleichen könnten; denn auf die schönen
Augen der Tochter legte die Mutter kein allzugroßes Ge-
wicht, da sie zu oft gehört hatte, daß in Bemerkungen wie,
dieses oder jenes Mädchen habe '^aber^' sehr schöne Augen,
das "aber** die ganze übrige traurige Erscheinung implizier-
te • Mädchen mit nur schönen Augen mußten sehr viel Geld
haben, um standesgemäß verheiratet zu werden • Sophrines
Mutter brauchte selbst sehr viel Geld und plante durchaus
nicht, sich in dieser Beziehung Opfer aufzuerlegen für ein
Geschöpf, das so gar nicht in den festgefügten Rahmen ih-
rer Werte hineinpaßte. Guter Charakter war etwas anderes.
Es gab Männer, die pflichttreue und ordentliche Frauen für
ihren Haushalt wünschten und glaubten, daß solche Personen
8
ihren Kindern gute Mütter sein würden; der Vorteil war
natürlich 9 daß eine Frau dieser Art dankbar anerkennend
dafür sein rnuiSte, daß Irgend ein Mann sie heiratete und
demnach keinerlei Ansprüche an den Mann stellen dürfte.
Mit Tüchtigkeit, Ordentllchkelt und einem guten Charakter
konnte heutzutage ein Mädchen einen Beruf ergreifen, soll-
te sie das Pech haben, daß doch kein Mann sich Ihrer er*
barmte* So wurde Sophrlne also von Ihrer Mutter gut er-
zogen« Es wurde Ihr aufs Genaueste klar gemacht, daß sie
nicht schön sei, daß aber Sauberkeit, Ordnung und Willens-
stärke auch für ein nicht schönes Mädchen Attribute seien,
die Ihr Im Leben helfen und sie zu einem gewissen Grade
wenigstens begehrenswert machen könnten» Ihre Mutter brach-
te das Opfer, regelmäßig eine oder zwei Stunden mit So-
phrlne zu verbringen« Sie sah dazu, daß das Mädchen sich
Fertigkelten In Handarbeiten erwarb, daß sie fleißig Kla-
vier übte und inspizierte in regelmäßigen Abständen ihr
Zimmer, Ihren Kleiderschrank und ihre Wäschekommode. Sie
hatte nichts dagegen, daß sie häufig mit Helene zusammen
war, da es Sophrlne eine gute Gelegenheit gab, der Cousine
gegenüber ihre eigene Willensstärke zu üben und auch so-
zusagen an einem praktischen Beispiel sich von der Rich-
tigkeit der mütterlichen Lehren zu überzeugen. Denn ob-
wohl Helene ein hübsches Kind war, so brachten doch Nach-
lässigkeit und Unordnung Ihr gewöhnlich sehr viele Nachtelle,
I i
und sie war In einen ständigen Kampf mit den einfachsten
Anforderungen des Lebens verstrickt. Unvergesslich blieb
es für die sonst recht vergeßliche Helene, daß eines Tages
die etwas ältere Sophrine in ihr Zimmer eindrang, gerade
als sie in einer ihrer Schubladen nach irgendeinem Gegen-
stand suchte, der wieder einmal auf die rätselhafteste
Weise verschwunden war oder zumindest nicht an jenem Ort
sich befand, an dem Helene ihn vermutet hatte. Sophrine,
deren Nase und breite Unterlippe strenge Zurückweisung und
fast Skel ausdrückten, nahm ihre Cousine fest bei der Hand
und führte die Erstaunte mit unnachgiebigen Schritten aus
dem Haus heraus in ihr eigenes, und dort in ihr sauberes
JungmSdchenzimmer; erst als sie vor ihrer Wäschekommode
standen, ließ sie Helenes Hand los; sie zog eine Schublade
nach der anderen heraus und zeigte vorwurfsvoll aber mit
größter Selbstgefälligkeit auf den in schönster Ordnung
sich befindenden Inhalt hin. Aber es konnte auch vorkommen,
daß Helene Dinge sagte oder tat in ihrer Vagheit und nur
nebelhaften Wahrnehmung, die das Gebäude von Sophrines
Ueberlegenheit oder moralischer Entrüstung plötzlich ein-
stürzen ließen und eine Reaktion herbeiführten, die für
Helene immer gänzlich unerwartet war. Einmal fing sie an,
der Cousine begeistert von Zwerg Nase zu erzählen und sah
mit Bestürzung, wie Sophrines Nase plötzlich sich rötete,
ihre Augen sich mit Tränen füllten und Sophrine ihr wohl-
10
gefaltetes weißes Taschentuch herausholte und es gegen ihr
Gesicht drückend aufsprang und davonlief. Mehrere Tage hin-
durch wollte Sophrlne sie nicht sehen und nicht mit Ihr
spielen, Sie ließ sich auch nie dazu herab, Helene später
eine Erklärung darüber zu geben, warum sie geweint hatte.
Später in der Tanzstunde waren beide Mädchen nicht zu er-
folgreich; aber doch passierte es manchmal, daß einer der
Tanzstunden Herren öfters mit Helene tanzte oder sie nach
der Tanzstunde nach Hause bringen wollte. Bei diesen Ge-
legenheiten geschah es dann, daß Sophrlne kalt und schwei-
gend als Dritte mitging, und da sie nicht in ein Gespräch
mit hineinbezogen werden konnte, legte sich eine tödliche
Verlegenheit über die beiden anderen. Helene war froh,
wenn sie sich von ihrem Begleiter verabschieden konnte
und hatte das unbehagliche Gefühl, dass sie Sophrlne durch
irgendeine freundschaftliche Handlung beschwichtigen und
versöhnen müßte, obgleich sie in ihrer Ratlosigkeit nie
wußte, womit.
sophrlne beendigte das Gymnasium mit Auszeichnung
und verließ das Haus und die Stadt, um zu studieren. He-
lene vermißte sie nicht allzusehr. Sie hatte genug damit
zu tun, das von ihr Erwartete zu vollbringen und hatte
sich fast durch ihre Gedankenlosigkeit und Vergeßlichkeit
um allen Erfolg gebracht, als sie einen Zettel mit mathe-
matischen Formeln, die sie - noch dazu falsch - von ih-
I I
i t
11
rer Nachbarin abgeschrieben hatte, nit ihrer Matura-Ar-
beit zusammen dem Lehrer einreichte» V/as sie davor ret-
tete, wegen Unehrlichkeit disqualifiziert zu werden,
war nur eben die Tatsache, dass sie falsch abgeschrie-
ben hatte. So viel Unaufmerksamkeit hielt man sogar bei
Helene für unwahrscheinlich. So bestand sie recht und
schlecht die Prüfungen und willigte in den elterlichen
Vorschlag ein, ebenfalls auf die Universität zu gehen
und, da sie keine ausgesprochenen Neigungen oder Abnei-
gungen hatte, so wie Sophrine es mit dem üedizinstudium
zu versuchen* Die beiden Cousinen sahen einander selten,
aber behielten für einander ein Gefühl der Verbundenheit
und Zuneigung. Keine von den beiden hätte sagen können,
was sie eigentlich miteinander verband; doch waren sie
überzeugt, dass es eine unlösliche Freundschaft war.
Wie während ihrer Kinder- und Jungmädchenzeit
so durfte Sophrine auch während ihrer Studienzeit sich
mehr auf Erfolge durch Fleiss und Ordentlichkeit verlas-
sen als durch weibliche Reize. Sie war eine tüchtige
Studentin, die ihren Professoren und Uitstudierenden
durch ihr Wissen und ihre Verläßlichkeit imponierte,
aber gleichzeitig hatten diese Eigenschaften etwas fast
Unerbittliches, das jede intimere Annäherung ausschloß
und niemandem erlaubte, den empfindlicheren und weiche-
ren Kern ihres Wesens auch nur zu ahnen. Helene, im Ge-
12
gensatz zu ihrer Cousine » geriet aus purer Nachlässigkeit
und Vagheit in die merkwürdigsten Beziehungen, die nur
wieder auf Grund ihrer Vergeßlichkeit zu Irgendeinem En-
de führten. Aber immerhin sammelte sie auf diese Weise
Liebeserfahrungen, die sie auf ihre eigene, nicht ganz
wache Art genoß.
So Terglng.en einige Jahre, in denen die beiden
Frauen ihren Beruf nachgingen und allmählich ihren eige-
nen Kreis fanden. Die Kreise berührten sich manchmal,
aber nur sehr tangential. Von Zeit zu Zeit hörten sie
durch dritte Personen voneinander und gelegentlich be-
suchten sie einander, besonders in den Ferien, die sie
manchmal gemeinsam in ihrer Heimatstadt verbrachten. Bei
einem dieser gelegentlichen Besuche im Hachbarhaus er-
fuhr Helene, daß Sophrine sich entschlossen hatte, nun
endgültig in der Stadt zu bleiben. Sie hatte eine längere
Zeit schon eine Stelle an dem wohlrenomlerten städtischen
Krankenhaus bekleidet, sich selbst einen guten Namen unter
Kollegen und Patienten erworben und hoffte, nun bald
eine eigene ärztliche Praxis zu eröffnen. Ihren Eltern
war es recht; ja, ihre Mutter zeigte sogar in letzter
zeit einen gewissen Stolz auf ihre Tochter und deren be-
13
ruf Hohe Erfolge und hatte schon begonnen, in der Gesell-
schaft von Sophrlnes Plänen Ankündigung und bedeutsame
Bemerkungen über Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit Jünge-
rer Arzte zu machen« Trotz ihrer Beschäftigung mit ihren
eigenen Angelegenheiten, die sich gerade recht verwickelt
befanden, bemerkte Helene eine gewisse Veränderung im
Wesen ihrer Cousine, eine größere Bereitschaft gleichsam,
sich mitzuteilen, einen Eifer, der ihrem Gesicht Wärme
und Lebhaftigkeit verlieh und um die Aufmerksamkeit ihrer
Freundin zu werben schien, Sie streiften zusammen durch
den Garten, der in spät-sommerlicher Blüte stand. Beson-
ders die Rosen zogen den Blick auf sich« Sophrine blieb
vor einem Busch mit Teerosen stehen und ließ ihre Hand
merkwürdig zärtlich über einige der gelben Blüten strei-
chen; dabei lächelte sie versonnen und wehmütig, und als
Helene verwundert über die ungewöhnliche, sanfte Geste
Sophrines verlegen weitergehen wollte, hielt diese sie
zurück und sagte: "Diese gelbe Rose ist meine Lieblings-
blume; ich habe sie immer schon seit früher Kindheit ge-
liebt; Du hast das aber wohl nicht gewußt. ♦* Helene erwi-
derte, daß sie nie den Eindruck gehabt hatte, daß Sophri-
ne sich besonders für Blumen interessierte, "aber," sag-
te sie, "es gibt wohl eine Menge Dinge, die wir vergaßen
oder vielleicht nie von einander gewußt haben* Beson-
ders ich, da ich immer erst zu spät bemerke, wenn etwas
14
am mich vorgeht." "Ist es nicht seltsam," fuhr Sophrine
daraufhin fort, "wir haben so viel Zeit unseres Lebens
so nahe miteinander verbracht» und doch wissen wir kaum
das Oberflächlichste voneinander. Die gelben Rosen be-
deuten mir mehr noch in Jüngster Zeit* Weißt Du, wann
ich das letzte Mal einen Strauß gelber Rosen erhalten
habe? An meinem Geburtstag« Das ist jetzt genau zehn
Monate auf den Tag» und ich war sehr glücklich.'' ....
"Soll ich Dir davon erzählen, Helene; ich muß mit Jeman-
dem davon reden," setzte sie hinzu, als ob noch zögernd
und doch voll Gier, sich mitzuteilen. Helene fühlte
sich unbehaglich und fühlte schon wieder, wie sie Mühe
hatte, selbst ein aufforderndes Nicken zustande zu brin-
gen. Aber Sophrine brauchte nun diese Aufforderung gar
nicht mehr, sondern, als ob sie hundertmal sich selbst
die Geschichte erzählt hatte und doch nicht ganz sicher
war, daß alles Ihr so widerfahren sei, sprach sie: "Es
ist Jetzt wohl dreizehn oder vierzehn Monate her, daß
wir auf unserer Privatabteilung einen Patienten hatten,
der mit einer schweren Lungenerkrankung eingeliefert
wurde. Du weißt, daß ich seit anderthalb Jahren
auf der Lungenabteilung arbeite, um mich zu speziali-
sieren. Die Privatabteilung ist mir unterstellt.
Herr Hagen, ich mag Dir schon diesen Namen mitteilen,
da ich überhaupt von ihm spreche, und Du kennst ihn Ja
^jf^/;/ vuf
i
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14
um mich vorgeht." ''Ist es nicht seltsam/' fuhr Sophrine
daraufhin fort, "wir haben so viel Zeit unseres Lebens
so nahe miteinander verbracht, und doch wissen wir kaum
das Oberflächlichste Tonelnander . Die gelbea Rosen be-
deuten mir mehr noch in JQngster Zeit« Weißt Du, wann
ich das letzte Mal einen Strauß gelber Rosen erhalten
habe? An meinem Geburtstag, Das ist jetzt genau zehn
Monate auf den Tag, und ich war sehr glücklich." ....
"Soll ich Dir davon erzählen, Helene; ich muß mit Jeman-
dem davon reden," setzte sie hinzu, als ob noch zögernd
und doch voll Gier, sich mitzuteilen. Helene fühlte
sich unbehaglich und fühlte schon wieder, wie sie Mühe
hatte, selbst ein aufforderndes Nicken zustande zu brin-
gen. Aber Sophrine brauchte nun diese Aufforderung gar
nicht mehr, sondern, als ob sie hundertmal sich selbst
die Geschichte erzählt hatte und doch nicht ganz sicher
war, daß alles ihr so widerfahren sei, sprach sie: "Ss
ist jetzt wohl dreizehn oder vierzehn Monate her, daß
wir auf unserer Privatabteilung einen Patienten hatten,
der mit einer schweren Lungenerkrankung eingeliefert
wurde. Du weißt, daß ich seit anderthalb Jahren
auf der Lungenabteilung arbeite, um mich zu speziali-
sieren. Die Privatabteilung ist mir unterstellt.
Herr Hagen, ich mag Dir schon diesen Namen mitteilen,
da ich überhaupt von ihm spreche, und Du kennst ihn ja
15
wenigstens dem Namen nach, da Du seine Bücher gelesen
hast •• Herr Hagen also war mit einer falschen Diagno-
se als einseitige Lungenentzündung zu uns geschickt wor-
den, aber Ich bemerkte bald, daß wir es mit einer Tuber-
kulose zu tun hatten. Eine Jener plötzlichen tuberkulö-
sen Infektionen, ohne lange Vorgeschichte, die böse aus-
zugehen pflegen, wenn man nicht sofort aktiv eingreift.
Ich mußte die Entscheidung selbst treffen, da der Chef-
arzt nicht da war, und obgleich Herr Hagen sehr krank
und besonders schon toxisch erschien, machte Ich Ihm
seine Situation ganz klar und verlangte seine Elnwllll-
gung zum. sofortigen Pneumothorax. Er gab sie auch, und
glücklicherweise brachte die Ruhigstellung der Lunge
eine erstaunlich schnelle Besserung seines Zustsiides her-
bei. Er war mir sehr dankbar, und sobald er sich etwas
wohler fühlte, versuchte er, seine Dankbarkeit in klei-
nen Freundlichkeiten zu beweisen. Er war sympathisch,
und ich war gerührt durch seine so deutlich gezeigte
Freude, wenn ich meine Visite bei ihm machte. Bald fing
er an, mich in längere Gespräche zu verwickeln und um
ihn nicht durch meine Eile, die Ja leider durch die vie-
len anderen Patienten verursacht war, zu kränken, rich-
tete ich es mir bald ein, ihn immer als letzten aufzu-
suchen. Er hatte so Vieles und Interessantes zu erzäh-
len. Er ist verheiratet und hat zwei noch kleine Kin-
\
18
der, aber zur Zelt seiner Erkrankvmg hatte er große Er-
schütterungen In seinem Eheleben erfahren, die wahrschein-
lich zur Schwächung seines Allgemeinzustandes beitrugen.
Seine Frau besuchte ihn nicht, da sie sich entsetzlich
vor Ansteckung fürchtete. So war er allein, und wir schlös-
sen uns mehr und laehr an einander an und zu einander auf.
Mit einem Wort, Helene, wir liebten und lieben einander.
Er ist der aufmerksariste, liebreichste Mensch, Iminer dar-
auf bedacht, herauszufinden, womit er mir eine Freude
machen könnte. Sein Leben und meines passen zu einander;
wir beide sind gewohnt, Opfer zu bringen, zu verzichten.
Und wir wußten Ja vom Beginn, dass wir wohl verzichten
müßten auf eine lange Zelt, bis er sich von seiner Frau
trennen könnte, bis die Kinder Ihn nicht mehr brauchten.
Drei Monate lang sahen wir uns doch täglich im Kranken-
haus, und er verstand mich und hörte mir zu und erzählte
mir von sich und seiner Arbeit. Diese drei Honate waren
für mich so unglaublich glücklich. Ich erzShlte ihm von
meiner Vorliebe für gelbe Rosen und siehst Du, was für
ein Mensch er ist: an meinem Geburtstag - das war, nach-
dem wir zusammen beschlossen hatten, zu verzichten, nach-
dem seine Frau ihn abgeholt hatte, um ihn in ein Sanato-
rium in der Schweiz zu bringen — erhielt ich einen
Strauß gelber Rosen. Wir hatten einander gelobt, nicht
zu schreiben - es ist Ja auch nicht nötig, wenn man an-
17
einander denkt, einander so unendlich nahe Ist, so war
auch nichts Geschriebenes dabei; aber wie wunderbar, daß
er sich erinnert hat, daß er meiner gedacht hat und sicher
♦
noch immer an mich denkt.''
Helene war gerührt, sagte V/orte, die ihr passend
erschienen und versuchte, Sophrines Hoffnungen auf eine
Vereinigung mit dem Geliebten in der Zukunft zu bestärken.
Dann nahm sie bald Abschied, Sie machte beim Nach-
hausekommen eine Notiz, um nicht Sophrines Geburtstag zu
vergessen, und glücklicherweise kam ihr diese Notiz auch
wirklich einige Tage vor dem Geburtstag wieder vor Augen.
Ihr war ganz eindeutig klar, daß sie die Absicht gehabt
hatte, ihrer Cousine eine Freude zu machen, und so schrieb
sie an ein Blumengeschäft in ihrer Heimatstadt und ließ
Sophrinen einen Strauß gelber Rosen schicken. Ja, sie tat
noch mehr. Glücklich, ein:iial wenigstens zu v/issen, was
einem andern J:enschen lieb sei und im Vollgefühl ihrer eigenen
Großzügigkeit, aber auch diesmal sich ihrer Gewohnheit, zu
vergessen, bevnißt, ordnete sie an, daß jedes Jahr -- auf
fünf Jahre hinaus — dieselbe Gabe ihrer Cousine am Ge-
burtstage geschickt weräen sollte. Für eine Weile freute
sie sich über ihre freundschaftliche Tat, dann vergaß sie
die ganze Angelegenheit vollkomen und restlos. Sie hatte
allerdings auch vergessen, ihre Namenskarten den Blumen-
»
spenden beilegen zu lassen.
War es denn nun wirklich ihre Schuld, daß Sophrine
-fF
16
80 schrecklich überspannt und empfindlich war und gar
keinen Sinn für die Ironie und Komik des Lebens hatte? —
Helene heiratete aus Zufall und hatte auch, rein zufäl-
lig, eine gute Ehe. Ebenso zufällig wurde sie schwan-
ger und hatte nun zwei Kinder. Sie war vollauf verwo-
ben in ein verwickeltes Familienleben mit ungeheuren
Zufällen, Katastrophen und Errettungen. So hatte sie
keine Gelegenheit, ihre Familie in ihrer Heimatstadt
während der nächsten fünf Jahre zu besuchen. Da aber
Ihr Vater krank wurde und den Wunsch geäußert hatte, seine
Tochter zu sehen, entschloiS sie sich zu einem Besuch ihrer
Eltern. Es war im Oktober, dem llonat, in dem Sophrine
ihren Geburtstag feierte.
Helene ging an dem Geburtstag hinüber ins Nachbar-
haus, um ihrer Cousine, die zur Teestunde zu Hause war.
Glück zu wünschen. Die beiden Frauen saßen zusammen im
kalten eleganten Salon, und da sie einander so lange nicht
gesehen hatten, wußten sie nicht recht, worüber zu spre-
chen. Doch schien es Helene, als ob Sophrine in Erwar-
tung war, in Spannung auf etwas, was ihre Gedanken gefangen
hielt. Mehrmals hörte man die Haustürglocke und Jedesmal
schien sophrine den Atem anzuhalten und zu warten, um dann
nach einer Weile wieder sich dem Gast zuzuwenden und den
Faden des gleichgültigen Gesprächs aufzunehmen, bis wieder
einmal die Haustürglocke ertönte. Diesmal hörte man
19
eine kurze Zeit darauf Schritte, es wurde an die Tür ge-
klopft und das eintretende Hausmädchen überreichte Sophrine
ein Bouquet herrlicher gelber Rosen. Sophrine griff mit
unbeherrschter Gier danach, Rührung und Triumph malten sich
auf ihrem Gesicht; um ihre Tränen zu verbergen, beugte sie
sich über den Strauß, den sie heftig an Mund und Nase pre3-
te. Dann wandte sie sich zu Helene um, und sagte mit zit-
ternder Stimme: "Du siehst, er denkt an mich — Du erin-
nerst Dich doch an das, was ich Dir erzählte. Jedes Jahr,
zum Geburtstag durch all die Jahre'. Oh, mein Gott, was
für ein Glück, was für ein Glück'." Sie schaute auf und
blickte hinüber zu Helene, auf deren Gesicht die plötzli-
che Erinnerung Entsetzen, Schuld und Verlegenheit in
raschester Reihenfolge spiegelte. Sie wollte etwas sagen,
stammerte etwas heraus über -ihre Gedankenlosigkeit, daß
sie es 80 gut gemeint hätte, nicht habe täuschen wollen,
wie Zufälle Fallen setzten" und machte es dadurch nur
schlimmer. Sophrine stand wie entgeistert mit verfallenen
Zügen, die große Nase plötzlich das einzig Bemerkenswer-
te im Blickfeld Helenes.
Doch schien sie sich noch zu wehren, den Sinn der
verworrenen Worte ganz zu verstehen. "Vfas meinst Du mit
all diesem Gestammel?", fragte sie mit heiserer Stimme
und, sich zu einem verzerrten Lächeln zwingend, setzte
sie hinzu: "Du scheinst wieder einmal ganz verwirrt zu
;
20
sein und etwas vergessen oder mißverstanden zu haben'."
••Ach,** sagte Helene, "wäre es nur sol Die Rosen sind
wirklich von mir* Ich hatte es so freundlich gemeint, als ich
dem Blumenhändler den Auftrag gab, sie Dir immer an Deinem
Geburtstag zu schickenl" "Dul", brachte Sophrine nur mit
erstickter Stimme heraus: "Dul" Sie ließ den Strauß auf
den Teppich fallen und lief aus dem Salon hinaus, die
Treppe hinauf und in ihr eigenes so wohlgeordnetes Zim-
mer. Sie drehte den Schlüssel im Schloß herum. Helene
wartete noch eine Weile, trat von einem Fuß auf den an-
dern, wie sie es als kleines Mädchen getan hatte, rief
Sophrine ein paar lial, und als keine Antwort kam, schlich
sie sich betrübt nach Hause. Dort widmete sie sich ihrem
Vater, der schon wieder in der Convaleszenz war, und nach
einigem Kopf schütteln beschloß sie, nicht mehr an die un-
angenehme und alberne Begebenheit zu denken.
Am nächsten Morgen wurde Sophrine am Familien-
rrOhstückstisch vermißt. Als man die Tür zu ihrem Zim-
mer aufbrach, fand man sie tot auf ihrem Bett liegen.
Sie hatte sich am Abend vorher mit einem Schlafmittel
vergiftet und war ohne viel Aufhebens während der Nacht
gestorben.
/)K /P^^<^ '/^^ 1^^^ ^K^ Mi7<< vt^lnJc^
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DTz Ptiv:^ vc:; ^MDC:?
IS 54
Sie war keine Mexe. Cie war un Jeae ^jelt eine Frau
von nlttleron Jehron, V.a8 sie 2;ur He:xe uordon Hess, wa-
ren ^wel ihrer ^leentörulichktfilten, eine körperliche und
eine ßeistigo. Das eine war ihre otillo, di^ verlockte,
die eile, nlt denen sie Vr^fanf: pflente, zu frechem
machte. Sie hört^ nur 7.u. Das hatte sie schon z\} J^nor
7eit an sich, als sie zn den Tüssen SöuIg SBg^ein p^nz
Junp.oG j^ödch'ijn, noch n^:r nicht erblüht, schwoJ^-end und
zSrtlich aufrnerkseruj^öurch 3tunden zuhörte, \sQi\r\ der re-
nig In wilder oder sanfter, trüurlper oder Übersprudeln-
der Laune, seine Oedaaken vor Ihr .und ihr allein /-ent-
hüllte. Und v;a3 für Gedanken v/aren es, die In den: ver-
schlossenen :iQU,r. von den ..ünden ^urückr.sv\orfen v\urdonl
Cft hätte sie wohl erschreckon können vor der Leiden-
schaft und der -.'ordlust und cft er:ilttörn vor solnor Je-
nut, Croupe uiid tcronhafton .irrobonhel t. 3ie jedoch hör-
te nur zu, und das Gefühl der Denkbarkoit für ihn, den
Lebensrettor, verwandelte sich zu einer alles uuschlles-
senden Liebe, zu einer Bewunderung, die an Anbetunp, grenz-
*.,
/.
I I
2
t6 und einer Yöllig vsrtrauensvollon Hlneabe lJir«3 elßo-
nen kleinen Lebene. Die Stille, die Ihraa Wesen so eigen
wer und ale zur Zuhörarin machte, war das älnilpo, dßo
slo aus den TrUj::aern Ihres Daseins gorettot hotte, naoh-
dea der unbari!±9ri;lce ochlag sie getroffen.
Die körperliche i;lc9ntüal ichkalt, von dsr Ich ee-
sprochen, waren aber Ihre Augen. Seltsame Augen, die In
das aaurloche Goslcht schrüg hlnelnpostellt, mandelför-
ttlß und von langen '.'.'Impern beschattet, aus prünsr. Gold
bestanden. RStselhnfte Augon, deren Blick In sich ver-
aunkon schien. V/enn Ihre nächtlichen Besuchsr Ihre
Stille er.pfcindan und in dlt3:3e Au/73n schauten, Vcnnte
nichts nehr sie davon ^suruckh^ilt^n, von i;ich /,u 3::re-
ch'.m, Cde enthüllten DInce über sich und Andere, die
sie nicht olnr>il sich selbst 7.uf:3:iVjnd3n hatten, b3Vor
sie Jene ?Taniner betraten. 3o wurde sie /;ur Hexe, zur
^auborin, refürchtet, geachtet und In ihrer völlipon
höllischen Einsamkeit gelassen, donn rlölle ist keincs-
wofTS ?euor, ijor^dern der IJis^elast des .nlleinseins. Der
oinilre I'aiuert^d v.ar elr.o Katze, schwarz, schlank und
elegöut und mit Auifren, die denen der Herrin Shnlich v.a-
ren; nur fehlte däs Gold, sie wtiren einfach grün. Sie
verstönden einander so v/ohl, die beiden, ü1«j würen ein-
ender so ähnlich. Gle hatte das Tiorchan porettet, v^iie
einst sie von Saul perettet vorden v/ar, hatte das Ver-
wundete gepflegt, es ßroiSgezo^en mit mütterlicher oorg-
i
falt und es sich zu eigen Eoniaoht, wlo ma sich nur Kot-
zen zu eigen machen kann.
Ich vreli^ nichts von Sndor selbst, Se war wohl ein
kleiner Ort nlt einfachen üüttea, in denen das Laben wie
überall anderswo exuoh seinen Leuf nahri. Ihra Hütto war
eenz am inde, schon elpontlich eui^erhalb, wie sie Ju
selbst außerhalb und nur ani Rande lebte. 3lo war Itrjzer,
seit sie des KOnißS Haus batreton hatte, Ilag&r, dlo Freii-
äe. gewesen, "elt swaniie Jöhron wohnte Hepar In Ihrca .
kleinen Haus. nChrto sich von Beeren, Wurzeln und Kräu-
tern und von öera, was ihr die Snp.stllcho girfurcht der
Dorfbev.ohnor brucht-a. Las hcl^t allerdlnrs nur, rtai ihr
Körper davon r^nShrt würde. Kr brauchte nicht vl-3l, die-
ser Körper, er war so leicht unr- zart, f«st wie der eines
Kindes, braun und fein, nit Unron Echnalon Oliedern.
TrctÄ der Xü^e^erlichkeit dieses äu3eren Lebens, dor T'ör-
te und des I^orbcns behielten ihre Glieder seltsar.er.velse
Ihre Z^^rthelt, besondcr-s die F.Snde, die sch;:.al und schfJn
fiefornit. nAt Unr..n Flnecrn, das Aur.o das Eeechaucrs auf
sich zoßan. Der Geist und die Jede dlouer Frau aber
hatte nur eine Mahrunn, und das war üaul. Durch zwanzig
Jahre wartete sie auf den einen Aufrenbllck, der korancn
nußte. auf den Augenblick, da 3qu1 sie fand. Sie A-ußte,
daJ er komaen würde, sonst hßtte ihr Leben keinen Ab-
schluß gehabt, dieses Leben, das sie durch ^v.an^le Jahre
/
L
Incer wledor uad wledor durchlobte, wenn ßlo vor ihrer
Hütte eaC, oder In Ihrer Komrcer, In den endlosen Koch-
ten frlersnd auf Ihrera Lßpor, oder schlafloö In der
Sonnenglut* Inner war Jeul mit Ihr, Bprach zu Ihr,
liebkoste sie, rli?> sie in seiner Leidenschaft alt In
HOhen und Tiefen oIqcs doppelten Galno. Kur dl<3 :>tun-
doß der DStrtaorunß «aron zu fUrchton, wenn In i.wlellcht
Blch allös verv/aridQlto, allös Vertraute fro,r.d und falnd-
eellp. wurde und sl« oich sn dlo :;chrocken orlnncrto, en
das ßrausano, unstillbare Leid, das Ihr ct»ul enfoton.
Dann hätte sie sterben soll&n, Teif, für T&f, durch zwan-
zig Jöhri, dann verfluchte sie den rbnlc, der ihr dos
leichtere ..chicksul des Todes vorentholton. üenn er
hütte sie noch den Gesetz töten lassen müssen; und ob-
e-lelch sie es nanchr.bl salnar Cro:.'niut zuschrieb, dass
er sie cntkoar^an llei, schien es Ihr doch in Jonen sel-
tenen elnslchtlren Augenblicken, die frei von Liebe und
Hau waren, daJ' os weriiper roit GroJr-ut üu tun hatte, son-
dern, da^ er salbst niocuils a:: die furchtbare AnKlaf.e
ßcclöubt hatte, unt-ar die er sie selbst costellt. üenn
sie kannte 3aul und seine fanatische ^iräsbonhelt in Got-
tes Gebot. Das Gesetz stand Ihca über allen menschli-
chen Boziehungen, das Gesetz, und .^ar.uol, dessen 1 rle-
fiter.
Ab:;r diese 'Einsicht hätte Kegar nur selten.
Je nachdem, ob die Leidensohuft der Liebs oder dos Has-
ses obwaltete, eah sie in Saula Handaln die «^örtlich-
I
keit und Besorr,al6 dec noch Lltsbünden, dar sich dem Cn-
vermeldllchan tilgen rznl^^ oder don erauoarüstan und käl-
testen, elftensüchtlpsten FanütlkoTp der uborfrlSublcch
sola Chr böeartlpora Gerade über seiao trouoato Dlanerln
lieh; der pleubte, wös Ihm /.upetra^^^^en wurde und die hür-
teeto ntrefe Über sie verhnnfrto. »ohl konnte or 3I0 voa
solnon Antllts bönnon, bei Todesstrafe, aber er brennte
doch nicht verhindern, da;.' sl^i nlt der noch J-^jdor Nach-
richt üb^3r ihn unci sola Loben unc seln*5 Tüt^n h.ischte.
-Sio nul-^to es klur und holmllch ünrtoll^n wahr:jnd dle^ar
lftn^?en Jnhre, denn nle^i^^nd Ir. Ihrer tmg.obunc durrto fth-
nen, Anxu slc^ die Hßgar wer, dlo durch Flucht — so war
die von dos Könlg.s ULifieburifr auBt-ohonce I-arstellunc?; (:o\\o^
sea -- sich der-^trafs entzc^-cn h^-tto. ^io war c.;akbt.r
für Jedes '> ort, das d^njenlp.en Über d-sn ::önlg entschlüpf-
te, die Ihre rlütto aufauchten, uci von lhre.T4 ^hraapc-
f^elst Gebrauch /.u machen, indea sie sich selbst /;ahrt-uc-
tene 31c konnte vvenißsten^ durch die Brocken, die ab-
fielen, an selnerri Leben tellnehneru Geschickt vorbönd
sie diese Brocken miteinander, däfc3 sie sinnvolle Berich-
te ergaben. Hlnlpe wenige ;Vale auch erlaubte Ihr das
Schicksal, den König zu sehen, da er durch lindor 20c nilt
seinem Gefolge, den schbnen, elof^^anten David und den lle-
I i
i
bavoll treuen Jonathaa en solner Selta. Jle selbst war
▼erboreen In der Jienge, die Ihn umsohrlei oder elnr^il
eoger 8ai3 sie auf einen Baun neben der üütte, In dessen
dlcbtea grlinon Cezvrolße sie und die Katze sich versteckt
hielten* Da konnte sie Ihn e^nz In der Nöhe sehen, auf's
Osnaueste, uad Vergleich« anstellen zwischen dea Jaul,
des ßie t&gllch neh« f.ev/esen und dorn Jotzipon Roalter-
ten König. Denn geoltert war c:aul, dos tnuüte selbst
sie zugestehen. Ler einat ao schöne RIgsc v,'&r leicht
eebougt, der Gang ein wenig steifer, obgleich r.cch la-
ner recht fest, die eino Jchulter l^iö zur ivbwchr ein .ve-
nig fTohobsa. las elnat so volle blondo Haar war schüt-
ter geworden, und es rührte sie, da.: er den Versuch fo-
necht hatte, dlo btjccndsrs au Hinterkopf etwus kehlaren
;>tellon, v;o die hello I-cpfhaut durchschlinaerte, für-
sorglich mit den Hest dfts üearoe zu bedecken. Das Ge-
eicht zeißte noch irin^er die feinGesohnltter.an ^Üf8, die
edel gebogene üase, die hoho .-itlrn und das etAac vor-
stehende vioreckiße riinn. Aber die Augen waren von
feinsten .Runzeln ungeten, die Falten von Nase zu '.und
waren tief und der I'und selbst so viel dünner geworden
und so eapfindsaii, da:- er fast bitter wirkte. Die Augen,
schtaal und hell, waren wie iis und ließen nicht zu, daiS
man In die Tiefe ssh. Sie waren scharf, klar und beob-
achtend, wie auf der Kut, so daß nienand erraten konnte,
'■• * 1 1 > 1 1 1
ob der groCe König Je ein Leid ecipfunäen hatte. 3o sah
Ihn Hagar nach Tlelon Jähron und erlebte das Seltsarae,
daä er für sie pleloh hinroliJend sohba war wie in den
Jahren, da er auf der Höhe seiner lianneskraft war. Je-
de I'altd In seinen Gesicht, Jecl« kleine Runzel bedeckte
ihr forschender Blick loit Liebe und sslbat der fast bb-
ee Mund erweckte ihr .lehnen. Koante er sich andern für
sie, die ihn das erstemal erblickte eis sie, ein kleines
llödchen, sich aa v.egosrend zu verborften suchte, un nicht
wie ihre ptinze Faraille und ihr fi^.n/.9r 3taj:;3i, niedcrce-
QU
cht zM werden? Hio vmr die eln^if üeberlobande, und
schon stlo:' ein Jüdi-jcher :;.oldöt r.it seineci .Iplei nach ihr
Aber der grow"e, strahl, ndo :'nnn hielt ihn auf, heuerte
sich über das in unvoratehender An^st erstarrte Kind und
hob es in seine Artia. Lachend sagte er efAas in seiner
S;>rache zu den ihn UaRebendon und drückte sie cn sich.
2r war so wara und sicher und sie schlief ein. AIj sie
ery.'echte, befand sie sich in einen wohlauspsstatteten
Raun, in desi sich aehrore rreusn zu schaffen machten.
Die Freuen hatten helle Gesichter und hübsche Kleider,
sie waren verschiedenen ^.Itsrs, Junge und alte, und
sprachen eine Sprache, die sie nicht verstand. Doch
eines verstand sie, nä;jaich die Ausrufe des Srsteunens
und fast Entzückens, als sie den ücistehonden ihre offe-
Hl
8
nea erüngoldenon Au^oq dorbot. iSs mußte auch wohl die
Anderen In Erstaunen ▼ersetzen, da sie bis dahin nur dos
braunhßutlge raaurlscho Gcslehtchen alt den geschlosse-
nen AuEün und den laagon dunklen v.imporn c3Sö*i«ii hatten,
so June Haear auch danulo war, eo oehr sie auch wünsch-
te, der J.irtllchkvjit dieser sie liöbkoeendan Frauen zu
trauen, so erfahrea und klue war sie doch schon, da3 sie
fest entechlosson war, nleannden altzuteilen, T.'esf3on
Tochter sie war, vrer Ihr Vater £-e'we8on und wer Ihre
Familie; denn sie wer sicher, da^ dieses Vlssen für sie
ein Todecurtell bedeutete. Sie machte sich Ihre Gprech-
unkenntnle xunutie, lenfs noch, naehdesi sie schon vieles
der neuen vorstand, und in der Zwißchenzolt war des In-
tereone an ihrer Herkunft schon endaron, Jüni^ieror. Ar-
eif nlssen aua Cjfer F.ofallon. -ile ';n:rd9 Hßßar penanat,
dl3 rreade, und sie blieb Haf;ar. Wienand wui?.te. v/le
bedeutunrorelch dlecor Naiao für des frevido Kind wer —
ein Naae, der ihr sehr vertraut wsr eua den Lebenden und
SrzShluncen Ihres .itar.'nos, so oft von Ihr r.dhört, der
Ka:ae Jener ersten Iia)t!.ar, die, nftchdes sie den: froren
yenn aus ür r,e<llerit und elaoa Knaben peboren hatte, fort-
Rejup.t wurde in die velta — allein nlt der. kleinen Sohn,
der der ntannvater Üagars, dos Kindes, v/erden sollte.
So wußte sie un das r.chicksal der ersten HeRer und konn-
te sich mit Ihr eins fühlen, erst In goldenen Hoffnungen
/
• I'
auf eine LÖsune Ihres eigenan Schicksals» die der Ce*
schichte die Immer ersehnte Sndung geben sollte -• und
später, Ja spater wurde sie elna alt dieser nebolhaften
Gestalt» eins bl3 auf einen Funkt — die zweite xifc^ear
war kinderlos. Aber dieses zweite ;ilnßwerdea sollte
noch lange nicht geschehen •
Hagar» das Kind» hielt eich In den frauonrenS*
ehern auf. Da sie die Stille um sich hatte und die wun-
dersacen Aucen» da sie sich jrerSuöchlos bewe£;te und sich
zu Jedem Dienet verv;endbar zelpte, gewann sie sich bald
nicht nur die Gunst» scndorri euch die Liebe und des Ver-
trauen all der so v.'^rsohlodenon Frauen. Besonders eine,
eine Junpo und schöne xercon» üpplf: und weiss und rot-
hearlf» eine nadasrah» entdeckte «4-5 bald» d€i dieses
Kind zuhören konnte wie kein anderer L'ensch -- und sie
begann zu sprechen, .^'le sprach natürlich vcn sich»
und von der Liebe» un«i daran '^ar Ladassah so reich. Das
Kind hörte 2:u, durch viele stunden» besondi^rs in flüch-
ten» da Hadaccah auf ihrem eigenen Lap.er Iri Frauenge-
laach blieb. Das Mädchen riafrar wartote auf die Brocken»
die sich auf d^n Zincn bö;;C£ön, dessen Dild sie in der
Stunde des Grauens r,iin2i und voll und für l/amer In sieh
aufgenoux-ien hatte» un; es nie mehr verv/ischen z\i können.
ole sah Ihn nur selten» und er selbst hatte sie /rchl
ganz vergessen. Denn so Ist es In der reit: ein strah-
lender Held» ein Lebensretter» wird für ewig die Conne»
10
um die sich die nclt dreht •• aber für Ihn eenügt der Ge-
nuß des kurzen Auponbllcks der Tat — und was folgt Ist
Ihia nicht elnriol f.egenv/ürtlß, Jaul hatte ein i/lbtzlicbes,
glückliches Oofühl des :i;rbarmens nlt elnoa elnzlr^n frem-
den Kinde verspürt — und das war alles.
ITagar erfuhr von Hadassah und den enderen Frauen
vieles, das eich In Haus des Königs und auch In Lande zu-
trug» Hin üaine vor allem vmrde lajuor wieder p:enannt, nlt
derü grök^ten Respokt, Je soßar r.lt einer re'Alcsen Anrst,
der NeriC 3en;uel. Uanchr:al erschien es den Kinde, als ob
öaKuel der elRentllcho Herrncher sei. 3o v.sr es wohl frü-
her pe'/.'€sen, l^nre vor ihrer oirenen -elt. 'S,r riUL:to v/ohl
sehr, sehr alt sein, dieser Jarauel. rwuch die Geschichte
wurde erzählt, wie "^eul von Gott erfühlt .vorden war, Kb-
nir der Juden zu worden» liln Jmnder nonnte nan es, ein
Vdnder, fite Gott durch ilar.uel be'>verkstelllj't hatte. Viel
Yiurdo auch von den Kr leren pesprochon und den rroJen 318-
gon, die Cauls Tapferkeit errang. Noch erinnerte sich
Harar an die t3chreckllchkeiten, die sie selbst erlebt faat-
t^ und alt anpecehen hatte, und sie zog sich fT.?ir.Zs in sich
selbst zurück vor Anpst und wehea^chnorz, wenn dio Pil-
Bilder
ö^^ Ihres Vaters und Ihrer Brüder^ plötzlich kler vor ih-
ren Inneren Auro erschienen. An die Mutter erinnerte sie
sich nicht, aber an den Vater, der sie geliebt hatte und
11
an die viel öltaror» Brüdor, «lo sie verhätschelt und be-
sehOtzt hatten. l'Mn hatte sie alo de:i gröDten Sehet*
betrachtet, frenz anders als es sonst nlt Töchtern die
Sitte war. Sie hatte schöne Kleider gehabt und Spangen
ur.d Ketten. Und frr^h hatte r.an sie tanzen galehrt. vle
oft, wenn der Vater In seinem rroüon ielt war, hatte man
sie zu 1ha gebracht, und er hatte sie Inalg In seine Ar-
me penoarrien, naohdon sie vor Ihn fstsn^t hatte, .vle sein
dunlclar 311clc sich aufhellt a, 'Asti;! er sie tanaen sehi
fc:enchraal in Trau'-e erlebte sie das wl-ador. Aber seltsam,
dal2 in diesen Trüur.en der Votar ein helles usr-icht hot-
te und blonde üat re und r.chr und röhr die .^üuß I'auls an-
naha. Allnnhllch pcschüh co, da;!' sie sich duncch sehnte,
▼or Cäul /.u tonr.en. 51e hörte von dnn ond-iraa Trauen,
de2 der Könlp, v;onn er nicht auf seinen Kriaf-ssüfron war,
oft in der durkc-lcten GeT.ütestin-.unp, sich befand, und
daf^ vielleicht die Hand Oottcn auf Ihn lastete, '-s wur-
de f.oflüstert, da? Cemol J=5denfftlls Andeutunf:en dieser
Art ee'nflcht habe, und cau auch nur er :aul aus di^ssn
Stlnriunpen durch füre, Fasten unc« C;,fer bofrcien Vonnto.
Aber Kßfar trCur^te davon, vor ihr. /.u tanrion, un<3 sie war
ßichar, dai er eich erheitern würde, ftl-i sich ihr Vater
erheitert hatte. So lauschte sie den :ri8hlunf;en und
Buchte nach Gelaf;enh3lt, ihr Tanzen den Frauen vcr.'-.u-
führan und sie dazu zu verlslten, selbst den Vorschlag
4m>^'
12
ZU machen, flaO Hagar Tor oaul tanze. Älnaal waren sie
alle frBhlich und ^eschwQtÄle, sanpon Lieder und spiel-
ten die Laute, Jede der Frauen und rädchen wu3te etwas
zu bieten. Das MSdchen Hagar saß sohwelpend z\x den Füs-
een der anderen und rührte sloh nicht, ole hatte nie
Ihre Oabo des Ton^iens erwöhnt, nie ihre 3tlr.-jr4e in einem
Oeeang hören lassen, sondern hatte nur ir^er gerne und
ununschrSnk-t Ihre Bewundsruaß für die Künste der aride-
ren t^ezelct. Dly anderan nactcten sie wogen ihrer ^urück-
halturiG, und schlie-;lich ergriff Ladassah sie bei den
HSnden und zcff, de auf ihre Fü3e, u;^ siit ihr heru3^u-
wirboln. l^nd denn ee^chah es: Kaum h^tte üadasseh sie
losgelassen, sehwindlif; selbst von dor allzu raschen Ps-
wecunc, als hapar, ohne zu straucheln oder des Gloich-
powicht zu verlier'in, die rasoho l>r3hunf in alren rhyth-
mischen Tanü forteetüte und in unverKlolchllchor ..nr.ut,
wie echwebend, bald langsaa, bald schnell, ihren Tanz
den Genossinnen vorführte. Di^öe, zuerst luchond, und
Beifell klatschend, wurden allmählich stun^^i, völliß hin-
gorisson von der ^^lepanz und Ooschrxeidlf.keit cos schien-
ken braunen Körpers, dessen Jprün^a und Schritte und wel-
che elastische BowoKlichkelt au ehesten noch an die kör-
perliche Ünbehlnderthol t einer Raubkatze erinnsrte. r>ä-
zu kaa, daß die :.Üee des braunen Gesichts etv.as eltabße-
wandtes, ekstatisches ann&haen und die weit geöffneten
Augen durch das eieene Gold den Schein dar Flamen dop-
13
i
pelt wloderzueeben sohlenon. Plötzlich kam der Tanz zun
Stillstand, ein« Sekunde noch stand Heßar still und auf-
gerichtet, mit eoochloBsenen Auesn, dann lösten sich ih-
re J.!u8keln und in einer weichen, fließenden Bewegung
ließ sie sich zu Boden gleiten. Der Bann war gebrochen.
Ihre OefShrtinnen drückten nun das AusaaC der Rührune,
des Hntzückons, aber auch schon dos baginnenden rCeidss,
je la Einklang rait der ei^erien 1 ersönlichkeit, aus. üa-
dassah war auior sich vor id^nne. 3ic ^*urf sich fant
auf die > Kleine, usi sie au ur-amen und iu küssen, liana
richtete sie sich auf und stolz tchauto aie ux eich,
denu schon hatte cia Hagar unö Ha£ars Tan^ iv ihrem Besitz
C.eaacht. ^/in v.ar es ihr, &l3 ob siö aö iiir.or ^^.Gvmi^t
hätte, ja als ob das Kind unt'jr ihror Führuuf uiid Lei-
tune sioU diese borauachonde Gabe orworban hatt-3. I'at-
sle doch die engste nexlohune zu l-agar; im'.er schon,
f
seit du8 .VSdchsn ihnan von Gott f.eachlckt war, hatte
sie es c9Het)t und beschützt T'^t'en andere, doaon viel-
leicht der Neukb.-uilln?. nicht f-olor.^ia f-oko:t;ion rfar. Sie
konatö sich nun brüsten alt ihrer Vorauci'icht \xvA Klup-
hait und konnte davon sprechen, wio sie sofort als das
Kind zua ersten Niale die Auf^eü t-.eöfx'nct hatte, das Be-
deutsaiaö in ihnen erkannt hatte. I-Iapar se: still und
hörte zu und lächelte heimlich. 31e fühlte ciahr, als
daß sie wissend erkannte, da»2 nun, und durch Hadassah,
•■\
u
die 80 brennend ersehnte Geleganhelt für die Erfüllung
Ihrer Traume cekomuaa war. Sie wußte, da2 Hadossah des
Könlgo Bett geteilt hntto, wußte, da£ In Jünr.ster ..elt
der König nachlßssle geworden war; daß Ileänseah nun öf-
ters, selbst wenn fJaul In selnoia Kauao war, auf Ihren
eigenen Lager blieb, r.ehorlsch erfaßte sie, dal: Hadas-
sahs plötzliche besltzercsrelfonde BazlehunR zu Ihr aus-
genützt werden raupte. Ach, da|> sie nur klug g-jnug iftS-
re, es durchsuführonV lenn vdrd man so als -Olnes und
Eigenes von einem anderen ronschea betrachtet, v/lrd die-
ser doch den so rasch erworbenen Glanz, euch vor der 'elt
scheinen lassen wollen und ihn anwonüen wollen, u- i-.u
befoötlren oder wloder/.ucr langen, wao die c.rö- te ."vurir.t
und Gnade bedeutete,
üchluflos lagen ola beide houto auf Ihren Lnrer
und dachten vielleicht das Gleiche und scheuten sich bei-
de noch, davon xu spröchan. V.ar,ar lag P<»n/. still, Hodas-
sah warf Ihren vollen, üppig-^n Körper restloa hin und
her. Da sarte endlich dos :-'inä: "TladasEah, v;enn Du nicht
schläfst, sprich xu mir, auch Ich Vann nicht ochlufen;
vor Freude, daß Ich Dir heute znn erstenn.al ein Vergnü-
gen bereitet habe. Dir und den anderen. ?:lr scheint
aber, daO Ich doch nicht fähif, war. Dich efin:i äu trö-
sten. Ich r^öchte so gerne. Dich wieder froh sahen."
und nun fing Radessah zu weinen an, wirklich z)x schluch-
X5
z^a und bekanntd zuin ersten Lal dem llfidohen Ihr Gefühl
der Hilflosigkeit» die Ahuune» Ja Bcbon Cewliihelt» daß
sie Sauls Liebe nicht mahr halten konnte^ Ja» v^enn sie
etwas noch besö^'e, des seine .ilnne wieder anföchen könn-
te, etwas, dos ihn abzö^ya von aelnen düatoren Oedanken,
et^aa Neues, SchclneAtl is, In-Flaronien-Jet^iendes, so et-
was wie Hagors Tanzl .«us würde sie darun geben, das z\x
habanl ''Aber u\x kenntjt oo doch habanl", sagte Hairar,
"Ich bin doch Jeln« Ju br^iuohst mir doch nur ^u befeh-
len, und leb tan^e vor Llr und den i.'önlt;, wie Icjh hau-
to eetan.:t htbo, vielleicht soefar besser. Jaa wird ihn
erfreuen; er v;irU i>ir üünkb^ir una frut r.eainat söln« Kr
tr/ird i>lcL wiüder liob^in -- und uu, ./irnt ^ieü^*r cia al-
te frohe radt:öiiah sei:.,*' is Aar co eirifuch r.3::h,^t, iso
ohne Llliiterhalt, und LlnterfiJdcin/.cn. r.ai^ar noiate es
auch vielleicht so Ir/ jener i%3cht; denn sie ersehnte je
nur, 'Aafe sie au3 ihren Träumen kannte, vor der* KtSnig
zu tan^sen. Iladassoh la ihrer star.T.lscnon uubofrled ig-
ten Leidenschaft und ^ngst schien dieser VorscUlei{r wie
eine wrlouchtun^r des *Ii^'-^els. ciofort erfasste ihre
Ilinbilduneskraft die entzückende ozene, in der sie 3aul
dos Kind zuführte: in der sie und dor Ilöniß auf den Ru-
hebett ßt)lcf;ort, sich an Haßars Tan-c:en entüundaton und
3aul sich ihr wieder zuneigend sie haraushob aus desi
fra£;würdif;en otand der verlassenen Geliebten, cie cach-
16
t«n nun Pläne, Eaeor und Uadassoh, wann es f.eschehon soll-
• *
te und die groCe Beharrllchkoit des Klndos, dl« auf die
sinnliche, rastlose Boglerds dar Frau traf, setzte es
durch, daß Eadnssahelnv.llliBte, es sehen an nSchsten
Abend zu untnrnehaon. Auf welchen Vepjen und Jchlelch-
v»eßon 08 Hadassah polanp, Ihren peTOalnsanen i Ion zu ver-
wirklichen, eöhört nicht in diese :-:rzShlung, Jedoch an
Jenem Tcrausbastinnten Abend tenzto Ilaeer vor ihren :b-
(Tott saul.
l'.it dlaceta Jralenis trat eine • onduar, in Ilapars
Leben ein, das nun allriShlich ni^hr und f'.ehr oich ua oaul
und in -.aal Konzectri^rta. .vis der Koni»? sich klar dar-
über '.vurde, da3 das tanzanda CJeschöpf -^Irkltch sein Ge-
schöpf war, nänllch du3 'Mnö t das er vor dorr. Todo g-o-
schütit hütto, b'-itrachtoto er nepar ranz salbstvorctSnd-
lich als coin .iif^entura und do sie, Jcindhaft zwar, abor
vohlrobildet und erfreulich ßnzunchauan war, hielt er
sie ßsrne bei sich. Zt lio2 sie tanzen, wenn er die
Lust danach verspürte, oder nur um sich sein, -^enn er
allein wjir, streichelte und kCi?te ihre :;tirn, ^enn er in
zHrtlicher JtitiÄung v^ht und lie" sie auch oft ßanz unbe-
achtet in seines: Paum sitzen, wenn andere Dlnce ihn be-
\
17
sobäftlgten« Dien Letztoro, mehr als allds Anddre, war
ein Zeichen dafür, wie selbstverst&ndllch und zu Ihizi ge*
hBrlß er das V.fidchcn enpfbnd, ^m solchen c-elten caG sie
entweder zu seinen rü;2ea oder lr^,5ndwo in einora «.inkel
und ihre Blicke llelien des ;^tllt2 des ?Unlgs nicht einen
AURenbllck loß. Oft noch bevor oaul sich Irgendeines
Bedürfnisses selbst bov.uLt wurde, v;ar es schon erfüllt,
da Hagar auf Grund Ihrer fortwährenden Deobüchtunp, vie-
le seiner VOnsche sofort zu erreton vermochte.
Auch alle anderen !:itf:lleaer des könU'llchen Haus-
haltes frewöhnten sich bald bn diese stille, kindliche
GefBhrtln des FÖnlr.s, die ;:lor.ü:ideiS in .cß war und einen
seltsaa bcruhißr/^uddn :influi auf die unb^jrochonbüren
Jti^nunfien des Oebleters hatto. i.lese Unb^jrechenbar'<cit
hatte da^u geführt, da.' die i-.inder Säule ihia eher aus
dcrri ^ep gingen und, wenn Irgend, glücklich darüber waren,
Jenanden gefunden zu haben, der sie bei ihroa unbeque-
nen und oft sof.ar gefürchteten Vater ersetz. te. L:it ei-
ner Ausnahme allordiGr,s waren .>aul auch seine Kinder nur
eine Belastung, Die Ausnahne ;^^ar sein ältester .»ohn
Jonathan, Ir var einige Jahre Slter als ilagar, ein Jun-
ger Lann von einer Lieblichkeit, die über den iro/;öhnllchen
Reiz des Jüntrllnps v/eit hinausging. Schlank und fast
schon von der gleichen Gr&i3e des Vaters, glich er Jaul
In Farben und :.üp;on und wohl auch in vielen seiner Be-
18
weguneea und Coetan. är schritt wlo der König, und er
lachte wie er. Abor wo sich eine gcwlsÄe Hiirte und
Kälte In des I'.önnes .:.üßen zolgto, war In Jonüthon olles
zart, schwarn-erisch und vvoich. Das unbeherrschte lol-
denschftftllche, schnell wechöolnde ^eson des rönles, das
so hSuflK sich In wilden Ausbrüchen erging, Aar nur an-
gedeutet in des Lohnes VerträUT4thelt# Vena es einen
Menschen pab, den Taul wirklich nahe stand und den or,
Y^enn auch auf Reine Bipeno und eigensüchtig?:« röiee ll'^b-
to, 80 war ea dieser 3ohn. In Ihm sah und erlobte er
sich selbst, un seine Liebe warb er, vor ihn suchte er
daxuMtoh^n fcls der von Gott 2rw5hlte. Jonathan weißte
er der .clt, in ihn f.l^tubte er, sich den e/; ;iur Unstorb-
lichk*5it rebahnt ^u h^b^n. «.chl var er .iinriChninl uiipo-
duldiß, wenn er be::ierkte, da^: die iupfindsaitikeit dos
JÜiißli-'^e« keine wahre 7reude ari nSnnlichen ipiel des
Krieges fand, da:^ aeine :;eif:uncen ihn eher dazu führ-
ten, vor sich hiniutrHunen, Llodcr lm ersinnen, oder
oft fen/. untatiß 7.u sein. Oft auch stellte er viele
r raren Ober das '.:oher und eshelb der Dinn^ und dr:r
^^elt* Lann raupte faul, hilflos und uni.uf rieden, ihn
Q
uf Samuel verweisen, der der :-:iniilfte war, der den
I
r>chlÜ9s:el des isoens besä-, eines tVissens, das 1ha un-
mittelbar von Gott ^ef-eben war und ihn mächtlf.er r.ach-
to als ireendeinen, aiHchtiger sogar als den könlf;; auf
19
dan Hohonprlostor Samuel, Jeae (s^ip.antiscba CfOstalt, die
das Leban und Srlebon aller sc Yerhöngniovoll, ßo unaus*
tilgbar beelnflUi^ta,
Piagar konnte natürlich diesen Gevraltlf:sn nur von
ihren eieeaeri bocroazten Faseln aus beurtalloa, Ihr
fehlte völlip die paistige liegriff sbraite, liio ßachliche
Bewertung, die GröCe und Bedeutung eines Ceictoo wie .^a-
muel auch nur üu ahnen • Für sie war das y.aü aller v/erte
ihre Liebe und Ergebenheit für Jaul. Jie spürte eher als
da- sie wuwtö, dass laniuel ^auls reind geworden v;ar und
sein Vernichter werden würde. Die Liebe für den König
und Ihre Anfst ua ihn rauchten sie hallhörlp und frlnfüh-
lip, und lleJen sie Gefühle und innere ..idernetiillchkei-
ten erraten, die erst in ;:eli::e vorhanden v;bren, lanrst
bevor oie sich ia Handlungen oder vortcn enthüll ton. M^
ahnte, wie schwer .:aul d6vcn betroffen vvßr, daui Jontithün
öanuel übar itn setzen riU-te,ihr; eeine ?ans9 heU'e Jüng-
lingsverehrung darbrachte und sich b'3d«nkenlc£ .^arr.uels
Führung und .:ar;uals Creict unturwerfen wollte, Jau er ea
wollte, daran war Vcein :^;wtijifol; wohl aber schien es IIa-
rur. der ioob^ohterin, die viele Gespräche zwischen FÖ-
nig und Iiohr*nirio:3ter von ihreiü .inkel aus belauschen
konnte, dau Jamuel keineswegs geneigt v;ar, diese Hingöbe
des Jungen llannes an^unehiaen und sich 'zunutze iiu taachen.
Viellaicht wäre üaul 2;ufrleaen gewesen und der lii'^ zwi-
2C
\
sehen Ihm und naauel wfire verhollt, bütta nur dlöwor
Koneohenlenker deci Sohne das zuteil werden lassen, wo-
naoh der Vater sich so hoffnungslos sehnte. Hotte er
Jonathans /.arthelt onö scheue oüCe e-äschfitit, seinen
v.lssensdranp und seine Vertrfiunithelt als Stoff fevver-
tet, aus dea er einen weis'jn König fernen konnte, hät-
te er dorla dasjenige erkannt, den Urstoff der r.rß^e,
den auch der Vater einst besessen und der bei ::aul
durch das zu rasche Eingreifen des Schicksals nicht zur
Blüte und voller ^tfaltung Rslangt war, hätte er den
Jun..>en i-aul Ir. Jonathan ccli^ht, to fcötie or wohl in
.iaul einen 3undösce;.03s-n fs^-'^bt, der sein ..chicKsal in
den seines -.ohnas erfüllt seh^n konats. otatt dessen
sah 3a-juel d^n jun/:oa Jon>itnr:a als einan .ich.väctillnp.
;,o der Vater ihn durch -Jnbjrieri'schthelt und heftl^ron
Kiffenwillon raUto ün:1 3r.tti:iischte, da süh er in Jona-
thnas Tetonlopirk'-it nur ';^eiterön I:ev.ois für cie Un-
fShlrkftlt des HeuDea .;aul, die drJmrtndtu. ,.ufrabea des
Tüceß -it Vorsicht unö riur^eit ^ur srfoUreichon l,b-
sunp. zu brinren. Für Jariuol, 6e:n Vertreter, *er die
Cecen-Aart und .-ukunft seln^js Gott^jssteotes der oberste
und wichtleste ^.ednr.ke. :i:nttnuGcht an seinen eigenen
Söhnen, deren :?estechlichkeU unü Käbßier ihn ant^eekelt
hatte, deren Tin^oistiskeit und .elbstsucht »ein Leben
fast zu einer Sch':;ach poMCht hatte, hatte er scheinbar
dea BcRehren des unzufriedenen Volke« nachÄeeabon und
£1
hatte Ihnen elnoa Könlß erwählt. Aber diese Tat war
nichts anderes gewesen als ein bitterer Scherz, ein Witz,
den er sich mit dem Ahnunealosen erlaubte, war er doch
fest entsohlosoea, die ^{X^el in eigener üand zm behal-
ten. So hatte er 3eul orwöhlt, nach desi AusnaC des Kör*
pers und nicht des GolöteS| - 3aul, der die Anderen an
Länge überreii:te, der schbn von Gestalt war, und der nicht
gewesen
einmal föhip^^M'ar, seines Vaters :;sellnnen zu hütenl ila\xl
war decials, wie Jonathan Jetr.t, ein Yerträuiiter feveson,
dem die seiner Cbhut anvertrauten Tlero ont'.vlc:ien,- also
hatte ihra i^anuel ctott ealnor osellnn^n ein ICÖniereloh
eep.aben. Aber dlesor helnllcha ..It^ sollte ein unhelni-
Hohes r':nd^ hfibc^n, hatto der pro^o .'!tellv^rtr.ner des
Herrn doch nicht crcit erforrscht, v,es Inhalts die TrHu-
ne des Junren Hießen svaren, vichnell r*uLHc er handeln
und schnell «^In / erkzaup: in ::anen Cotten den auf rühra-
rlsohon Jud^n hinhalten. Gekrankt, und Im Gcheir.r^n vol-
ler empörter Pachenödfinkeu, clöubte er, einen stumpfen
Eselhlrton In seiner Hand zu holten, ab^ir diese Lfuid
hatte sich an olnan wilden, ehrfeizlf^en Traunor Vorgrif-
fen* Für Saul hatte 5;lch in eineiii Auponbllck erfüllt,
wovon er durch viele Jehro Ira -sehen und -'chlöfen ge-
tr5urr.t hotte, worauf er steh aber trotz dieser T^rfiunie,
ZM hoffen nie powa^t hätte* Ausgebreitet vor 1ha lag
nun das Leben eines Heidan, die Landschaft der 'rat und
\
zz
der OröCe, Ihm p.ewordon durch ela ein-:lgeo »Vort Samuels,
und geheiligt eis Oaratelluag eines Viunders. ?;lo sollte
er nicht den lofichtlfjcn Stellvartretor fast anbetend vor-
ehren, der ihn die v;elt hinreichtel uie solltön snlne
Tröurie nicht Jet-^-t dio Tahn laufen, dl« Ih^^a Lsnkbarl-ieit
und Shrßeis: verbanden, und dl8 in Tatsa un^osetzt seine
SrwShlung ziur. König rochtfartif-on sollten, Inder:: er ooln
eigenes Haldentua und damit seine eicene Gröio der Volt
und den Hohoprlester vor nUf:an brachte. LerJt wer es
aber ua ihn und sein Maus p.fischehen. Sauls Vörtrauan 3a
Gariuals guten ..illen wuröe Ibr. sur: trcpischea Ceechlck,
So geschah es, ä&. Uer Junge !<.5nig, un sein f-olda-i
tui. deoi älteren l;ann zu Tüi. en za iöfen, schn-iille Jntschei
dunpcn traf, unbei3cn:.en-:?, dio ihn in unnbtirs ::rio6;,3'^L-o
h3r'
verwicV-elten, QU3 danen er Vfshv als t:efaicrt3r •.:iüÄ:-jr
vcrrind-:, die ihn aber VÜi^trauen und Unv.'lllsa des politisch
geschulten und vorslchtiren, ja vorau9r,?chti-ön ! rl03ters
elntrutren. Cacuel befU-chtots v^ohl, da.- die Lacht und
die Leitung, der .".taüts<:-e.'?chäfte neinsn eirtsnen TlKndon ©nt-
Rleiten wUrdsn, und daL^ der Jüdische Gottesstaat durch die
B6 cewftlttJitlFen oelbstherrllchjn Taton des /bnifs in
eine kriegführende rliuborlsche riorde übersahen «ürde; be-
sonders aber, das??, die bisher unter deir» strengen Oesetx
des oin-zlgon Gottes und seines ^itellvertr-jters stehenden
23
Judea durch don oehcn Verkehr lait boaleptan Völksrn, sich
deren Sitten und Götzen zu elften raaohen würden. Für Ihn,
den m der hohen Gchule der i rlestor £rzo.reaen. war es
ein Greuel. 2r konnte 3aul nicht lonkan, well er das
.eeentllcho In .'i:aul nicht verstand. 2r verVannte -euls
leldenschof tllche .Sehnsucht, vor Ihni. der- l'eistor iU
ßltnzen und dadurch sölno. Denkbarkelt und Liebe ^u zel-
ß^jn und .leinte, es nur rdt elneu wilden unpei^ürelten
Rochi^ut. nlt einer neldlschon Konkurrenz urr. die -ccht-
etellunp. zu tun ^u h.b.n. :-'.eul aber, d^r cn lar.uels
Ctellvertreterschaft Gottes fest glaubte, schon ^.us
5elbstror.pekt,-d3.n d.von hlaf. Je das .under seiner ei^ca-
nen ür^ßhUhelt ob,-fünlto sich i^^^r v.lod^jr vor, seiner,
llelstor zurücksestoJen^ gctedalt. wo er Lob -.u verdie-
nen glaubte und ^vurde allr^ahUch von der .ngat eepelnlRt.
verworfen zu sein. In r:or.uels schwelgender Ablehnunr
öes Jun.en Jonathan ahnte er d3n Fall celnos Ku^ee.
so stand es, als Ilapar In Ilauoe '.>aula Fu^fa-He
un=; hi;une ^eu^m wurde von Gesprächen z-.vlBChon .^arr.uel
und den Kbnlg,. Sie soC In Ihrer. .Ink.l und hörto .u.
Der Alte beachtete sie nicht welter; •.vahrecbelnlich
hielt er sie nur für ein kindisches 3plel7.eug rauls,
plelchwertlß Ireondelne« kleinen Uaustler, das r.an Ja
auch nicht aus den; .Ir.'^.or schickt, wenn :aan eich unter-
halt. Aber Ilagaro can.es Herz Inuechto den Gesprächen
£4
und Buohta zu vorstehen, und wie sie eo oft die Wünaohe
des Königs Torwegnebmend hatte erfüllen können, so streng-
te sie Ihren llobonden Colat «n, die Absichten und Ilfine
Ssnuels aus dleaen Coßpröchon zu erraten, ua In Ihren Co-
danken einen Schutzwall u'a den Gellebten eufaubauon. Glo
haßte Sanuol, well sie spürte, dak' er 3aul verachtete .
Es waren nur eben Gedanksn oder 1 huntasterelen,
xalt denen sie zur Hettung Sauls beochSftlgt war, fehlten
Ihr doch Begriffe und werte, dex Könlf- zu beweisen. In
welche Gefahr Ihn sslr.e Srgöbenhelt und Liebe au Samuel
brachte, 'ilo fühlte nur unklar und angstvoll die un-
heimliche und unglückscll/^a Verkettung der Schicksale,
Cft, In den lunt'on Jahroa dos -.artens, suchte die
Hexe von Kndor rückblickend zu vorstehen, waruiu aio der
Spielball eines Geschickes wurde, an de-, slo selbst kei-
nen tetlp^en Anteil rehobt hatte, Jia war In den erbit-
terten Keapf Jsuls un CörucIs Achtung und 3anu«ls Ka;r.pf
ua seine eigene l'.aohtstellung hinelngo^ogon worden wie
in einen otrudal, und war, hilflos und schwindlig, der
Vernichtung prelcit;e£',öbün worden. Durch longa ,.eit hin-
durch hatte Sar.uel sie nicht beachtot, Jonathan war in
diesen Jahren zu sehr mit sich beschfiftigt gewesen und
mit seinen eigenen Güdacken, uci ein Auge für Irgendein
Mädchen zu haben, außer violleicht für L'lchal, seine
Jüngste Schwester, f.lchel war lebhaft und leidansohaft-
25
lieh, «chön Yon Antllti und «.uohs; gro^ und schlank , mit
goldenen Haaren und Tellchenfarbenen i^ugen, ellcü sie
dea König und dem Bruder. Ibre eaniie Liebe pchörte Jo-
nathan; der Vater war Ihr nur beschwerlich und sie war
(perne beroit, sich mit Hacar anzufreunden und vertraulich
und vertrauend sich ihr su/-uwendcn, solange Kapar keinen
Anspruch auf Jcnathane wunelpunp erhob und sich gerne
s
auls Ansprüchen und ^^.'tlrj^unf.en aussetzte. !lan konnte
sich kauiü einen gröl.erea Gegensatz voratollen als diese
beiden Jungten l'fidchen, so^vohl in Hrscheiaung als auch
In -Vesen. yichal, foschSftig, hoitar und launenhaft,
hatte Ihr Merz auf der ^^unpe; rasch aufbrausend wie ihr
Vater, konnte sie in nächsten Auf^nbllck weich unv! z6rt-
lich sein und euch Aohl titer sich sjlb^t so lochen, wie
sie es so perne Über />ndere tat. ..>ie bewunderte die
schweigcane Ilapar, die ihr fast weise erschien, v/eil sie
sich weder zu schnellen Urteilen, noch unbedachten Taten
hinreisen llci?, und ^eil sie zuhörte. Me fand aller-
dln^-s auch Ila^ars stille -rf'obenfieit für den tönlp unver-
stSndllch, und wenn sie ihr nicht selbst sc sehr zupute
gekoCinen wöre, hätte sie sich wohl auch darüber lustig
pemacht. Ihre Versuche allerdings, von Hagar z\x erfah-
ren, was '^aul über pe'.visse Dlnpe dachte, "^ae seine TIB*
ne waren, oder was zwischen ihn und Ga'jiuel vereine,
scheltarten an eben dieser iirgebenhelt liapsrs, die sie
II
2ft
unbedingt verochwlogen wachte, Viaren olch die beiden
Kfidchon achon ea»* uneinig In Bezug auf Ihre Gefühle
Saul e«e«nüber, so waron sie noch weniger clnlß In Be-
zug auf 3anuel. l\lr liagar stellte er eine unhelallche,
drohende ^!acht dar, fUr ZJlchal hlnf,ep,en einen cütlgon,
▼erstiSndnlavollen Greis, der Ihr, als sie noch ein kiel-
nes Kind gewesen und harz^erbreohond geweint hatte, als
Vater und Brüder In den Krieg zogon, versprochen hütto,
den schönsten und besten Jtinpllnp, z\xn Vann auezusuchen;
einen ^!ann^ den sie alt Nleri;anäem teilen sollte, und der
sie nie verlassen würde, olo erinnerte sich deutlich
daran, und dat Ihre Tränen daraufhin aufhörten, zu flies-
aen, Jlo plnubte noch h^utc an dl^^tcs Versiirechen und
wartete darauf, da3 Januel es v/ahrr^achte. Acocholnend
hatte er noch nicht den besten und schönsten Llann pefun-
den. L'erab, die filtere "ichwester, die vor kuriien re-
heiratet hatte, muSte nlt einem durchschnittlichen Hel-
den verlieb nehrtien. Jllchals Herz konnte warten, sie war
junpl Keines der beiden liödchon konnte öaroals ahnen,
dai^ oanuels Versprochen, das er einen kleinen Kinde ge-
geben hatte, auf hageres Johlcksal einen so schreckli-
chen ZlnfluC hoben sollte.
B7
Vlol ^elt war vorflostion zwlischen Jenon Tag, da
das Kind Ila^ar, von Kadaanah olnfjaflihrt, vor dea iCBnlß
tanzte und diesea Abschnitt Ihres Lebens« Üac^ar war in*
zwiaohen durch Jene Kntwickluiif, goßangon, dia sie zunln-
dest körperlich zu einer reifen Freu nachte, Allerdlng«,
verßllchen mit Hödassah und Llchal, schien Ihre Velbllch*
kelt nur angedeutet. Sie war noch Inir^ar so schlank wie
ein Knabe und Ihr Gewand llo3 dlo kleine wohlr.^rundete
Brust eher erraten ßlc sehen. Jlo hatto dabei nichts
von der sonst üblichen Unposchlcklichkelt oder car ilam-
mung Ihrer Körperlichkoit rspenüborp die so hliufle in
dieser ^olt des ."ilrblühons bal Junr.t^n l.fidchen vorhanden
Ist. ole be^^o^tö alch i^ilt der plalcheu lelson unbekDa-
merten Crrazie eines Jungen üaubtlers wie ehedera, und v^as
Iranier in ihrer r.eelo vorr.ingi zel^rte sich in kölner ^;el-
so In ihren: ;;uiieren oder heiiüite f.ar die Freiheit ihrer
Haltung oder riowegung.
Vias aber ihr Inneres anbelangt, oo brachen nun
Stürne aus, die sie bis Ins Tiefste erschütterten. Ihre
Liebe zu Saul, die ehodeia nur Zrf;ebenhelt und KShe zum
Ziel hatte, verlangte Jetiit mehr. Ihre Trlxufne erschreck-
tan sle^ und in ihrem Wachsein dee Nachts war sie ge-
schüttelt wie im Fieber von Ihre/n Beeehren nach Ihm.
28
Seine ^Ifihe, sein Anblick» v/area elolohzeltlg die einzi-
ge Beruhlf.ung ucd die la:rä9r eraeuorte ^iuelle Ihrer Lei«
deaochaft* Seine Stlor^e nachte sie zittern vor Lust
und wieder ruhig und still wlo das In den oChlof-Gesunpen
Werden eines kleinen ^'Indea. Cft v/enn sie allein wer,
fühlte sie sich üborAültlgt von der liehnsucht nach Uauls
Llobkosunfiöa und glaubte, zuKrunde gchea zu Liüssen In
Ihrer Hoffnun^'SlOi^lpkolt. .3öu1 aber breuchte nie, Tä*
ner öfter «^escheh es, dö2 er nach Ihr fragte, daf: er sie
un sich hnben wollte, \x:i mit Ihr zu sprochen, Denn
Samuel kam seltener nun in das Haus des Könlgr», .ir war
viel auf Preisen. .Cr ßln^ von olner 3t3dt ^ur anderen,
nlt elrenen I Ifiner; boschSf tlrt, /:elr;te er 35ch dsn Vol-
ke lr:r^er wieder, sprach nlt den Tvltonten der rreir.eJndea
und erforschte die wtlrv:runG des Landes. ;5aul blieb
zurück* Durch -ochen und . onate sal er iu meinen Haus,
flnatnr uad In sich f;3/.ohrt, ur^d llc3 Nleriündea /*u sich
als Iiagar. 2r sprach zu Ihr von seinen erfoif-rsichen
Krief3^szüfe:en, von seineni Trauer*, alle Völker zu bosleren
und sie hörlf, zu nachon den nußerv;ahlt^3n Volk und den;
eln-il^on Gott. Und nanchaal sj^rach er von seiner Ju-
pand, von seines Vaters Maus, und den .^elten, da er un-
beschwert war von der schweren Verantwortung, Gott und
Samuel zu dienen. Er rief Jene .:elten zurück, da er
eis Knabe Über seines Vaters Felder wanderte nlt groi^er
eo
Lust, dem Treiben der Herden zuschaute , und ohne Verant*
Wertung Borglos den ßro3eQ Traun trßumte, der ao viel nä*
her detii Erfolg achten ala jet^t, da er König war. Der
Wind sanß ihn in den ochlof und die .Jonno erü2te ihn In
der TrÜh. Sr traak Vassor von der ^-^uelle und a2 Y/lldcn
Ilonlgi wenn er hunprlg wurde. r5elne TrSune lleuon ihn
nur seine Krfifte spüron, sie otörten nicht selnsn Appe*
tlt oder aolne Nachtruhe. Oanz ariders als Jot^t* Jetzt
wollte er nicht ru^hr essen, die lan^^on dächte füllten
ihn mit Grauen, und die norpendänr.erung sa3 wie ein al*
tes 7feib auf seiner Jirust.
Cft nlschton sich in dleoo Littellunp^jn Klagen
und <;weifel Über sich seltPt und soln^ Crbve, und dann
wiederholte Harar r:iit stiller Geduld, was er ihr von sich
erzählt b&tto, von seinen lihr^'alz und seinen TrSurzen,
und wlo alles, was er als Knabe powünccht hatte, ^Vahrholt
eeworden war, ein I-leAelo für &oine Jrv.ähltheit Vvon Gott.
Er soe Ihre v.orte ein, alo ob sl* panx neue lirkenntnla
brachten und Uoi eich durch sie boruhUtsn, ür hörte
Ihre ütlcuce und den Inhalt Ihrer Viorte, er vorlangte
nach ihrer irgcbenboit unrt nsoh Ihren YertreuMn in ihn,
da niemand Anderer ihm so wohltun konnte; er sah sich
in Ihren A\ip.sn wie in einem klaren Spiegel, wie einst
KarzlBSua sein Bild in Jee entdeckte, und wie Nariissus
ßohlen er sich nicht laebr von dieses Bild trennen au
30
könnon. So verging dlo ielt, und dor König wartete auf
das £rowe noue Zaichen von Jarauel«
Endlich kßm dor g^o^^e ^.icfiter zurQck. In ßelnora
Oefolga war ein Jun/Pier l!ann, den er In daa Unus Saula
einführte» David , der Jün/rste John Joasas aua dein Jtamx
Juda« Von mlttlorer Grtt-e, krüftlg und v^ohlrebcut, ÄOg
er don Blick auf alch durch dlo ebenrLfiJlpen -:.üf'e seines
Gaslchts und don Ausdruck vollkonnon ruhlpcr Ilolterkelt*
Scheute nen aber genauer hin, so entdockto -^ian, dat^ die-
ser Mindruck durch den I/und harvorfciruf ^n 7;urcle| desöon
I.lppen voll und t'^^c'^^'^^^t^^ waren und In den ilnkcln ein
v/enlr. n^ch oben perlchtet, i*o 6a2 er stets ein süCes,
pehelnnl^^volle3 I.ücholn andeutete, des, zu3ö-r.en ralt den
sanitenen, klugen, nandelförrdlrcn .-^.upen, dlo keinerlei
Gefühlserropungen verrlcton, dl-scen Eindruck fröhlicher
Ruhe ereab» 2t hatte eine schbne xSnnllche ::tlrjii9 von
einer seltserr.en vfirziio, und seine .Vorte waren revvhhlt Ir.
Ausdruck, und freundlich Ici Inhalt, obplelch er ctves
zörernd und nur nach länr^rea Ueborlepen s^.rach. Samuels
Blick lag oft mit ^SrtlichV^f^lt und hoffnune auf ihn, ilr
schien dem junfen :i:ann zu vertrauen, und als DrklSrung
für seine Slnführunf: In oauls Haus gab er an, da^ David
deir. König nützlich aeln könnte und ein guter Gesellschaf-
ter, und daLJ er eine ^roie Gabe besitze, die des Könipa
traurie^ StiiaraunRen hellen werde. David oane, und
31
•piolta dld H&rfe mit einer Vollkocimdnhdlt wie kela An-
derer Id jüdischen Volk« Samuel versprach eich und 3aul
▼iel von dieser Gabe« 3o zuailndest versicherte er dem
Kttnig« Auch war David tapfer und umolchtig und in Jona-
thans Alter, ein ruter Gefährte für den Königsohn, ein
treuer Berater in Jenen zukünftigen ^^elten, wenn Jonathan
sein firbe antraten würde. 1.8 dauerte nicht lüDf?.e und
Jauls f;ani:er Haushalt verfiel Ijavids Reizen. I;er Name
jüavid war auf eller Lippen, zärtlich, sehnsuchtsvoll und
voller Leidenschaft. £r war angenehm. Jelbst Haftar, die
ihn schweifend boobachteto, r.uiJte das zugostehon. Ab^r
sie verspürte ein leises FrÖdteln in ceiuor :<ähe, ein©
DnheinlichV:eit, dio ßle sich nicht erklfircin koanta, und
die sie sich auch !:auni elnrestond. David -^ar vlol mit
dem FTönlr zusammen urul zeigte olne .Chrerbietunp, ^ie in
ihrer Zurückhaltung Üb?r:ieu*!önd v;ar. Bald noch solnera
Llnzur in Juuls Haus verfiol der Kbnlp wieder ä'3n bör-en
Geist, der ochwar.'::ut, die nur durch jarauels besuch ge-
schwunden zu sein schlc^n. ':lr sai schv;eie>^nd, düster und
grübelnd in seinen» Zii:s:.iiv und schien nicht eim^al Hagar
wahri:unehn.en. Die l/Hnr.erun^ füllte d^n liaum ralt grau-
bleuen: Schein, in derr: öle i-Cnturen aller GoeönstÖnde un-
scharf wurden und ein Gefühl der Ungewiuheit und Unsicher-
heit die ^ieale ergriff. Uavid naha die Karfe. ir spiel-
te und sang, und oauls Starre verschwand, ir wurde auf-
gesohlossan. Ja fast hoiter* i^r ISchelte Javid zu und
zz
«prach alt Ihra und wollte den Jüncllnr, von nun an iaraer
um ölch haben, oder wonlfstons ao oft und so Ylel als
mBijllch. liagar sah voller iual, daß Davids Aufen der
See wurden, In doa der König sich salbst In elneca neuen
berückenden Bild erkannte.
David und Hager >aran viel ;iusa:Griien, da beide ih-
re weit crÖJ^tentails bei .^eul verbrachten. Und Ilagar
nachte einen ero^^^^ Zindruck auf üavid, dessen Herz eich
ihr In Loidencchaft ^Uivt^ndte.
.:onn die Üexe, elnoaii ii ihrer Ilütto auf Ihrerü
dürftir^n Lftfor, in ihren schlaflcson I.'fichten zn jenen
:?röicnls3o:: zurückkehrte, fühlte sie irnri^r den gleichen
schnierzhöften ::rarr.pf In der r;erzgepend. Cft, ihre Ge-
danken frevraltsar; unterbrechend, sprar:r sie auf und lief
vor die Tür ihres ^lauser. Die schwarze I ati'.e folf?to ihr
und hielt nit ihr ::chrltt, .vean sie in den -ald hln^^inrann-
te. ochwelf/on v;ar um sie heru.n, die Jterue schauten auf
öle herab Mit feuchten Blinken, kli.r, ki-*lt, ciltleldlos
v/ie Sauls Äu^cn. i:nd die Katise sprane lautlos und ge-
schickt durch die BUsche, hier uud da abf-elonkt durch
ein leises .Rascheln oder ein rasch varochwind^nidos Tier;
Aber sie holte Ha^ar iritier ein: und nach einirj.or /:elt,
wenn die ürregunß in ihrer Herrin sich etwas f;elef:t hatte.
• ^3
m
wenn sie nicht r:ehr bllndllnes darauf loe Hof, schnloß-
ta sloU dlo Katze schnurrend aa ihre Beine und zwang die
Aufcorkser.kelt der Hexe euf sich. Hap,ar blieb dann ste-
hen, hob die Katze auf, drückte sie zSrtllch an sich und
erlebte ein Uberflutf^nöoc Gefühl von Mitgefühl und 'Srnio
der Kreatur gegenüber, das wie eine alte -Erinnerung war;
öas eiazlß ,;'ahro ihrer Jrinnorunßen. dsa alle anderen
wieder v.le unbelebte farblcao und unv/irklicho 311der er-
scheinen Hei?. In solchen JJächten dachte sie nicht wel-
ter, kehrte sie nicht sehr zurUc'< ^u ihrer Vorgan.-en-
heit. Auch geschah es rtanch-al, da^ä si?. bei ihr.^r mck-
k^^hr einen Gast in Ihrer "üttc farA, Jsnandaü au? de^a
Dorfe oder eogur von •.v-lfjr hsr, 5or Ihras r^Dh^jrblickes
bödurrte, ihr sein Loid kla£,;?a v-olit^ oder lr{,:nJ'3in
lieilnlttel f^egea eine iCrankhcit erbat, 3chv.alt?->nG h&rte
sie d3n7ronc!en zn; sch-veieeni bereitete sie den Treutar-
trunK-, und in der dun-:lc.n Hütte, di- nur viurch das üerd-
fa-a«?r erleuchtet v;ar, sah und hbrte- der Besucher, was zu
hörön odor zu sehsn or qnVor— en v.-er. Karar .s-lbst hatte-
koin 7oil darsn.
Lanchnal ftnd sie in sich die Kraft, auch jeuo 3r-
eieniose v.ieöor ins Gedächtnis zurUc/rzurufen, dare-n ^rin-
nerun^: sie aus ihr^r Hütte in die Lacht hinausstürzen
liei^<ea.
Nur nu2t0 es dann Tag sein, hell und nüchternes
Licht, mit klarer 31cht auf das Dorf und das lebendige
34
Leben vor Ihr. Dann erzählte sie sich die Geschichte
TOn jener Hager, Jener weit entfernten ciythlschen Ce-
etalt, die vertrieben wurde von Haus und Hof und dem An-
gereicht des L'anneSi den sie liebte, •• Ulchal, das
wui2te Hagar nur zu beld, verliebte sich li^ldensch'-if tllch
In David nlt der fanden UtSrke Ihres raschen, Junren
Eerzcns. Sie wollte David und nur David. Sie verlencte
nach selnca Saltensplel. llio vorbrachte nun viele Stun-
den zusanrüan alt Lüvld und rlafar bei Ihroci Vater. Sie
Vi'urde still und für.saa, Sä;:ft und /»eich, Sie wolnte,
wenn Lavld ear.p und eplelte; sie vertraute Ihrer üofRhr-
tin Ihre Liebe an, und da i^avld Ihr nur wenig AufLierk-
sariicelt schonkto, vurdo sie r.atter und blasser. Co fiel
0
es schlle311ch auch Saul auf, dß'^ Michal sich vorrindort
hatte, ur.d Jonathan, und dsOM r^jn^en Hauae. V^n6 da es
nicht an anz.ünllchen ?er.orkunt?on fohlte, vern^ihr: auch
Saul, iai^ Michels Leiden durch Ihre Liebe zu David ver-
ursacht waren. Ihn schien eine Verbindung zwischen
David und Mlchal erwünscht, {rlaubte er doch, dadurch den
Junrf^n yann auf ir-rrsr an sein raus /-u binden. Der :Cin-
zlpe allerdings, der ::ichal*s *-UGtand nicht zu S'jjhen
oder nicht zu verstehen schien, war l^avld. Zr war so
ganz ralt seinen Gl<Tonen Gefühlen und i IBnen beschäftiget;
für ihn war die atille und rfitselhijfte iiaear mit den
goldgrünen Aupon das bofehrensv^erteste Geschöpf der .'*elt
- ' y
35
pewordan, das sopar ßolnen I^hrc^lÄ und salno Kunst In
den Hintergrund rückto. r^hrgelz und Kunat vtaren nun
eigentlich nur wichtig als llttol zun iweck, um Hepar
zu werben^ um Ha(5;ör zu erlanr^n. 31e schwieg Jedoch
und pab kein -lelchen der l^rnutleung. Als 3aul celeciint-
lieh und wlo S6lbstvt3rsti:ndllch davon sprach, dat"" David
seinen Hause durch Ilelrnt arv7.ehöron würde, abar sich
nicht In Slnzelholten erging, konnte David solnon Träu-
m^n nnchhön^en und annehmen, 6a2 es sich um eln*i Vor*
bladung nlt Hagar handle, dla ja auch zan Mause d^s
KUnip^B pehörte, 7;enn auch auf seltöan unpöklürto 'Veise,
und konnte, auf seine Descheldenholt c^-'tütz^t, die iorte
dee Könlps rnl^voratahen, ::v nliherte alch nicht .Ichal,
noch zog or sich .<^anz von l^r zurücic, aber or fühlte
sich auch zu schüchtern, urr. r*lt :-af.ar zu öpr'3chen unci
sie sich zu elchern; Hcrnr, die sonnt so r.ut Poobach-
tende, war aber ßöltsur.i blind, wo of^ sich un il/avldn Ge-
fühle für ölö hftnd'^lto.
3o verjRln/^ dla -clt, und :'ichal fitxvd Ir^aer trsiu-
rlrer und unf^oduldlrcr. Xo* t5> Ihr olfvonor Vator :;lcht
genüifrend üacht Übor Javid ausüben? do erl:;iiJ3rte e^\e
sich an r>an:uel3 Veraprechen und bet5chlo2, ihn un seine
Kllfe zu bitten, übßlelch David seiner Liebe zu ::arar
keinen offenen Auadruck zu f'oben warte, zserkten doch I'an-
che aus des Königs Ump^ebunp allriLähllch, wie es un: sein
ix\
-r-~-
II
36
Hera bestellt v^ar; und damit boßann das Tuschala und
Sohwfitzen, die Andeutungon und dos Ansohwörien, nicht
nur la könlrllcten Haushalt^ sondern In Itunn^r weiteren
Kreisen, Auf elnnRl wollte es aerkwCLrdlg erscheinen, de3
eine Stanmosfrc^^de dexa KÖnle so nahe stand, und nicht nur
den: König, sondern euch dor Fanvllle des VCönlßs. l'an v/un-
derte sich, dai lllchal Ihr so Vt^rtraute, so Innle an Ihr
bln(;, und nicht ein.Tiäl nerkte, dau» os doch Ilagar war, die
das Herz t^avlds von T.lchal ab{rew8ndet hatte, ob-^nso wie
sie auch Sauls remlllo In den ülntergrund f^edrSnct hot-
te; denn wäre es nicht eir^ntllch das autürllche £:e/;e3on,
deu elues der Könipskinder des Vaters Vertrauter w§re?
L:en sprach auch darüber, da^' sie so j?ch^eif:öar. var oder,
besser noch, verr>chv,lr;-A;n, da-' sie die Cehalunilcse eines
Jeglichen herausjiu^ilehen in3tand-3 war, aber dei:' rie nie
von sich selbst sprach und niemand wirklich etwas von ihr
>uJte, ;V1g ein Gehatten b3wef»e sio sich, so leise, so
unauffällig, vielleicht habe sie einen heinllchon /:aub3r,
den sio verwende, ua öle Liebo der IJiniior auf sich zu
ziehen. Sie sei doch nicht schbn; dunkalhautlp, und über-
schlank, ohne die üblichen weiblichen ^-celzo cdor die rül-
le des Körpers, wie könne sie auf natürlichen Veg^n die
l.Snner anziehen? Und dann die üuren, die so unheinlich
seien In otellunp und rarbe. v.ie blind \sjxn doch frewesen
sei in der Vöreanpanhelt, dai .T^an eil dies nicht beir.erkt
\
37
habe« Das //ort '♦iLaubor'* wurde zur **i:aubarln*% und nun
wardo gemunlcelt, daiJ der König solbat von der Zauberin
Tenvandelt v/orden wSre, de2 seine VeretlrosiunRftn, seine
Schwermut und sein reschos Aufbrausen In Wut verstund*
Hohe und offensichtliche ICrscheinunpen dieses /:.aubers
seien, den Haßer auf ihn peivorfon. Beunruhigt waren slo
alle, denn konnte non v/ohl vorausceheni v/os diese Mexe
im Schilde führte? :»:an erinnerte sich doran und besprach
es flüsternd, da^^ Hapar doch das ?;lad elnos von den Israe-
liten vernichteten Gtaforneo sei, eufpohobon und gerettet
von deta König. Jla v;ar doch ein rabkörinllng- eines Staci-
ces, der nicht an d^n i'ln^lr.en floubte, der nlt dunklen
furchtbaren Göttern In V^^rblndun^ f^e^^tanden, uno cle ha-
be wohl schon als rlnd Dlnpe e'*^lernt von schtiudernder
Tiefe und uö^le, an die nur äu dcnVion, den Juden verbo-
ten wer. Ihr Ttlrbe habe sie angetreten und nütze es nun
im Dienst der Blutreche, un das Haus des rTÖnlgs und so-
nlt sein Volk zu vernichten.
Den ?'önle davon zu sprechen war vergebons, denn
er wollte die Andeutuncen nicht verstehen. Man niusste
auf ^^amuol warten, er sei Ja der iSinzlge, der /.Influu^
auf caul habe. Und so wartete nicht nur I.llchal auf den
großen Propheten, nlt ihr wertete das Volk. Llichals
Liebe zu David, ilichals Verlanfen und Leidenschaft war
nun euch die 3ache des Volkes geworden.
38
Die Bäusie standen in Blüte, und die langen Tage
leuchteten golden und blau. Die Ihillster erhoben Ihre
barbarloohen otlrucen und sotzton Ihre Cmslcht, Ihre Kraft
und Ihr Verlangen auf die Ilnnahae Gilboas; Israel berei-
tete sich vor auf den Krieg, aber ir.lt enfeut Igt em iierzen,
Ündllch erschien der i rophct, ur* Cpfer v^u brlnßin und den
i:ut des KCnlßs und des Vclkas zu stSrken, Llchal konnte
kaua erv/arton, daü^ -iamuel sich Ihr 'ituwandto, dac: sie Ihn
ihr Herz ausschütten konnte* Der Alt3 hörte ihr nach-
denklich z\x. £a paiJte Ihni vortrefflich in seine IlSno,
dai: des Königs Tocht«r sc drön^joiid nach einer Verbindung
mit derjenigen verlanf^ta, den der i rophet selbst schon
zun NachfoliC'.er Sauls erkoren hatte, lüt öiecsr Verbin-
dung. ^AÜrdon dl« politiachsn Jchv.lerlekclt^n auf elnnal
gelöst sein, die i artel o6uls würde sich zufrieden ge-
ben, wenn die FÖnlf sv/ürde nuf oln 1 Itf^lied das I-auses
Überginf., selbst y/enn e?. nur der .ch>rle;jer3chn würe; in-
nere Unruhen, Ja fCrlere der einzelnen raktlonen unterein-
ender wären vcrrc^leden und der n^tarcn Juda würde sich er\cor
an Israel anschlio-en, trcuor 7-ucr» rCönlgshauß halten, wll-
liper sein, sich am notwenUifron KrleK pe^en die barbari-
scben iindrlnglln?o zu beteiligen, Judas und Bonjonlns
Löyalltüt zu deii jungen vereinigten teich v;ar bisher iin-
ner et/ms fraglich, ja zweifelhaft ^ieAesen. .»Khrend Ti-
chal sprach, dachte der i rophet Über diese L>ing:e nach.
39
und al« sie endlich schwieg, schwieg auch er noch eine
«alle» dann wandte er sich lalt freundllohera Lächeln Ihr
zu und versprach ihr nlt wenigen ebor trostreichen v/or-
ten Boine Hilfe. Aber er bopab sich nicht «l«lch zu
3anl, oondern begrüßte iunöohst die anderen lütßlledor
des Haushaltes; Inebcsondero lag 1ha daran, alt Abaer
zu sprechen. Abn3r, ein Vetter des Könlps, der petreu-
eote aller Getreuen des Hauses Saul, der Voßt und Er-
zieher der königlichen Söhne und Vorstahor des Haus-
halts nu3to erforscht *erdea, seine ^.elnung war wichtig,
denn er hatte einün großen i:influ3 bei den ::Bnnern so-
wohl alc auch In de:; Keiücnat^n der rrtiuen. Abnor hette
sehr grow3S Ansehen, und er war der erf'.obensta /inhüni-er
t3aul8. Kau:i hatte der : rophet nach ••eErü.'unp, und ein-
Isitonden Eanerkungen, fest scharzhaft und leichthin von
llichals KUnschen und : länen ?.u sprechen boßonnen, als or
aerkte, daJ Abncr düstsr «urde und beßorftt, und as dauer-
te nicht lan,?e. bis der Cottesrtaun hervorf.eholt hatte,
was des Anderen .:lnn und Tleri; bodrüokto. ^r hörte über
I-aear, und Davids Li&be iiu ihr, und übor die schnell
sich vorbreitatan Gerüchte über den .:auber und über
brütende Angst im Volke. CbBl?^ich Ab.aar versuchte,
sich als sachlicher und auf^oklärtar i'ann von den Frau-
engeschwBtz abiusondarn, so konrito er doch nicht die
Berechtigung dieser Gerüchte ftanü abweisen, besonders
40
nicht Jeaer, die sich auf dl© fccltullchen RÄChcplSne
•Iner Volkefreaden bciiogoa, deren Stanm vernichtet wor-
den war. Auch war es nicht elnfiich von der üend zu wei-
sen, da2 sie noch Ihren alten Göttern anhlnc und Kröfte
von Ihnen erlangte, die sie zuin Schaden der Juden ans-
nat:rüto» Von solchen Llnfcn war die lec^ndo der Verpwn-
gonhelt voll, und ob^-lolch es nicht absolut beweisbar
v;ar, so mu^te zan f,erochtx^rw3lso die Mbrllchkelt zucebon.
VTleder lauschte der Alte sch.voln3nd, ohne den Anderen au
unterbrechen und erfaßte diö Bedeutung des Ge^Srt^a für
seine eigenen helxllchen ilSne, nü-ilich die :.:C(Tlloh!<olt,
;:aul vor seinen Volke unrr.öc-llch iu r.achon und .avld In
den Vordargrund zu ^»c^.l2boa. ::ar züu.rto r^n Co.t\ r^nsuon
unci richtigen ^ug splelon, und er plüubte sich d£.;^u be-
fßhlrt. h:{x^te ein C^f^r derf-ebracht werden '^ur *Jrrel-
chune der hohen ^lole, oc war ec ein Gottoar.e^cheak, dal^
ein rrerudlintt geopfert werden konnte, r^(r,^a den i^chon
die Leidenschaft Ir- Volke eiitbrannt ^var. i^ecia das ioll-
tische kennte eo, dux-ch die rollclö.'je Inbrunst rodeckt,
ohne besondere 3ch?/ierigkelt £i3fördert \^erden.
Uer irophet betrat das Cer.ach des ?önlr,3, wohl be-
rechnet, ala nur HaRar, Lavid und K;aul anv/esend waren.
Freundlich boßrüite er alle und zögerte nicht, den KB-
nie zu beßlUoKvvünschen zu der ausf.ezelchneten vehl, die
er getroffen für LÜchals und seines Volkes vohl. ^r um-
•
41
»rate David voll firme und prophezeite ihzx und oalnen
Ctttttaie den 'Jegen Gottes durch seine She alt l^^lchal.
David, dar dlo relecoatllchsn ne-norkucßen des KCnlp.s in
Elnklane alt seinen Triiucüen und -..önschen cedeutet hatte,
zuckte zusQHT-.en, als hübe er einen 5ohlQ« erhalten. 2r
fühlte sich zutiefst In fiolner l ännllchK^lt bedroht, da
seine eigenen Llebcsv.ünsche völll{; auCerlPht r.eloccon
wurden, und soin Gefleht zeir.to die c.am.o hoftl^ö Härte
seines .esons, dlo er bUher Ixcer so -.vobl hutte züc^la
können. Horor ^^ar r^>-önv.'5rtlp. und Hagar uar In dlescta
Augenblick wlchlU-er für lr;n olc Jcul, .anuel und dl?
Aussicht auf ein Y.JinirS'^.ith, Cr ue^f^'J sich vor dopi ;'ö-
nlfr und der. } rophotea. dann rlchtste er sich auf und
sprach: "I^eln Herr, und .u, cettllcher, die Shre ist
groc, dl« Ihr r.lr z\j orv.ei^ien cedenkt. Abor der iohn
des Josse Ist nur ein ern.ör Hirte und ist nicht v/ürdl*-,
der Schwiefersohn des von Gott selbst l^nftShlton z\i wer-
den. Kr denütlpt sich vor "Cuch bii zux Boden, wlo er
sich vor &s:z eJniir.en Gott demütifön v.-ürdo und bittot
>:uch, y.uer Anfobot nicht ausrecprochen sein zu laoocn.
David aus Josses :?hu3, aus doß r.taicsx Juda. will zurück-
kehren zu seines Vaters Haus una will selnaü alton Va-
ter durch den .e^^en Gottes und alt Hilfe seines .eibes
Heear 3bhus geben, die sein Kaus ver:uehren und seinen
Nataen erhalten sollen. • Verwundurt schaute :^aul auf
David und hinüber su Maear, die ratlos und Verständnis-
42
108 diese Rede Cavldo gohört hotte, f^anuol Ifieholte den
erregten JünglinF, zu, dann wandte er eioh mit dec f,lei-
cfcen Lächeln, fest zfirtllch, lönpsaa zu Kapar und sprach
freundlich: -::ein Kind, vergib ailr. dasa Lu mir TÖlllß un-
bekannt bist; es ist dlo Schuld eines eltfln, boschüftlp-
tan V.annes, daC mir dla P.elze einer Jungfrau enteanfsn
sind, die iwstunde sind, dl« ..Inno eines -iavid öo olnzu-
netsi^a, d&u des rönlßshüua Innen goponüber bla.": für Ihn
wird. Gestatte nir, Deine iiokanntsohaf t 2U aachan. da2
ich euch zu Dir die Traundschaft überträfe, t-.lt dor ich
dari Hauce Jesne verbunden bin. i;u nu^t aua elnani F.roren
Kaus stauben, da^ Jossae cha cslr.oö Vatero Haus durch
Dolcea ::cho- bereichern v;iU. Vor sind •-■ein Kaun und
Lein Starua, ueinc trüdor und i:ein Vator, der.en d«r ?:in^l-
re eine solche Tochter treröben?" DU Aur/J« ..a^iuals hiel-
tea r.agare raick und unter ihrea ^v/anp verein^- für llapar
die Gegenwart und alle Vorsicht und alles Bedenken; aus
tiefsten Tiefen erschien vor Ihr des Antlitz ihres Vaters,
sie spürte v.ieOar seine nrce urr. ihren Körper, sah sein
liebovoUea Lüchcln, und hörte c».s frohe Lachen der Brü-
der, und fast trSunend serte sie: 'lleln Vater, ilerr, ist
Apeg. der gro^e Kboiß aus aeca 3tann der .XÄleKiter und
ich ihm geboren als cinzire Tochter unter vielen -.bhnen.
Ich. Herr, bin Hepar, die Tochter ABags."
43
Sanuela Antlitz; wurde starr und blau. Kln Ausdruck
unbeschreiblichen ttreuens, ^vldorwillen8, Ja ikels, brei-
tete sich darüber aus; der Blick solner /-.upan zog sich
zurück und lönpsan, lenpßnr* wandte er eich un zu den Kö-
nig* 2r sprach kein ..ort; er hob nur die Hand wie zur
Abwehr ocor zun .:3chlafi fepon et^ves fTduimhaft Andrünf.öa-
des. Dann raffte er sein Gewand zusaioirien und verlle*. den
iteun. David stend ^^ie entrückt und erstarrt^ sein so
freudig er«vartun;?;svolle3 Gesicht wurd^ bleich und heilich,
und /vngßt trieb ::chwei*i aus seinen lorsn. L'r zörerte
einer
einen Aup^snbllck, schwunkta, als werde er von^lnnoren y.acht
gepen Harer fösto:-en, stBhnte auf und lief -arnunl ne-ch.
So bliobon r^eul und Ilaf-ar allein. :\^ocb star^d ole ^iio Iri
Treurtl unter de^. Denn ihrer I:;rlnnerun£, das K^r^ voller
*:-Brtlichkcit und Liebe für d^*n Vater, dessen Bilc nit den
des lönips sc iunlp verschn^olzcn war. Sie erAiirtete v/chl,
von ihm urr*arrr.t unc! an sein Verz p^idrückt su v/ercen, .far
sie doch seine Tochter, sein schönster, teuerster i esit^.
::tntt dessen fUhlts sie plbt-^llch die ^isesk^ilte von .•:fi:uls
Blick. :*ine unerbittliche erbürrr.unpslose Hürte tr^jf sie
und zw^intf, sie wie ein Tier auf den 5oden. iJinst h«tte
sie beobachtet, vfie ein l^.aubvop.el in r lu£: einen klair.en
Sinftvogel in seinen Krallen ,^efan£.an und ^Qp.getvur^n hat-
te. ÜB wer die f^lelcho ^rbaraunf-TSlosigkoit. kau konnte
es nicht ein:^l Grausamkeit nennen, eis war Jenseits al-
les Sinnlichen — nur schreckliches, unaufhaltsarces "nde
•V—
44
für don kleinen Voßol. Sie batte datnule ein Gefühl von
Krankheit und üebelkelt und wurda lönee euch In Ihron
Träumen Tcn diesen Bild der .-erstörunf, gequSlt. Nun war
©8 wieder da. Se war ihre eigene ^Wirklichkeit t'ewordon
In den Blick, den 3aul auf ole ^orlchtet hielt. 31« var-
ßuchte, zu sprechen, zu erklären, atanr.^ilte Veralcharun-
cen Ihrer Treue, Ihrer Liebe, Ihrer Jrgebunc Sauls
Blick findorte sich nicht. 31© kroch auf Ihren Xnlon zu
1ha und unschlnnr, seine FIXZq, er stlei sie voa sich —
ohne Leldonschnft, tio etvra elnoa :^tein, der la .'eg llagt.
Und denn ."iit unbe.vactor :;tln;io oprach er Jene .orte, die
Ihr Leben b<^onöeter.: "Ar,9gs '^ochter. liu hi.3t ducch List
und ..«ub?rei Lloh eiiv^oschllchyn, Du hu::t .Ivviotrocht ^-o-
sät -.wlöchen nlr un^ -.olnp-v. Cotf. Uu hj.at vorbucht,
alt Hexerei nein Haus ^u vernichten. Unrlück £öbracht
fcuf denjenir.^n. der Dich voti Tode r,erettot, unvdßr^'snt-
lieh, dor er ?ich dsr Hend des Herrn er.tfr.jpcnset^te. Ich
ffluy dein Haus von Dir rolniron und -.-ferde durch r.>3ln Le-
ben dl«se :-chuld sühnen -üsr-^n. Du ebsr v.-lret sterben
nüssen, damit d'ir Fluch alch von nu-ln^-n rieus'.» r.ebs.V
HefTur wollte wteäer seine Knie urafassen, ihn anflehen,
Ihn erinnern an alias, v/ac oio ihm gowdoen A-ar. Ab'ir
für Saul sohlen sie nichts zu sein un.I auch nie reweaen
XU sein, ür nechto eine unf^aduldlee r^owecun«;, ctieii sie
zurück und verlleü das ilrjaer, ohne sich umzublicken.
■" ■^
45
Einen Augenblick 8;)St«r kanon zwei von r.auls '.^finnern und
zerrten die faat Leblose aus seinem Getaach,
Danach hatte alch ein Hebel ui'. Ihren Colct pelogt,
den sie auch später nie ranz durchdrlnpon konnte. Die Er-
eignisse, die zu Ihrer Flucht und aettune führten, vor-
blloben nur unklar un< ebperlssen In Ihrer £rlnnerune. Da
das Zeitliche seiner Bedoutunp beraubt war, wurde Tag und
Nacht für sie gleich, Sie wurde nicht olnrisl gewahr, ob
Stunden, Tage oder r.ondo vert^inpon. ..le war es auch mög-
lich, den Fall aus elricr -.Veit in eine völlig andere auch
nur ira Entfernteoton an .'.eitJafli^ stöben zu Eeeeen. In dem
tunkel, das sie umröb, trat nur das Antlitz Joabs deutlich
hervor. Sr war einer der boirten y.Snner, die 3le aus ":auls
Geruch ndt Gewalt herausschle^ptan. ?>r varhhlf ihr -sur
Flucht, üarials schien er ihr bekannt, doch konnte sie ihn
nicht erkennen. Erst nach Unrer ^eit, nachdera sie schon
die Hexe von ::ndor war und Itr^er von tfcuea versuchte,
Crdnung und Klarheit in die Begcbonheiten zu bringen, er-
kannte sie in iha Jonen verdienstvollen Krie^or. dera 3aul
Hadasseh zur Frau geßebon hatte als Belohnung für seine
Tapferkeit und Ergebenheit. Joab war durch ILadassah nit
Hagars Geschick vertraut und auch ralt den Dienet, den sie
•inst Hadassah geleistet hatte. Vielleicht war es ein
Gefühl der Dankbarkeit oder dos y.ltleids, vielleicht auch
Hadassahs Bitte für die frühere Gefährtin oder vielleicht
46
ein heimlicher Befehl dos Kbnlgs — was Irrjaer auoh die
Veranlasnung war» Jedenfalls hatte Joab das !.:8dchen
nfichtllchorwelso entführt und nach Sndor gebracht» 2r
hatte ale ßezwunßen, sich zu beiV8€:ent t^ahrung zu sich zu nehmen
und weiterxulebon, nicht ahnend, dai er durch seine
üenachllchkelt Ihreizi Leben den eln^lgien noch verbliebenen
Sinn nahm, nBmllch eo v;le einet Jej;.ht^hs Tochtor durch
einen frelvvllllf.en Cpfortod den Vator öle Versöhnung:
nlt selnaci Gott zu schenken* Hagar konnte sich nie ent-
scheiden, ob OS Gottes Fügunp, Jchlcksal odar llnn fre-
wesen wer, da;- Saul sie nicht auf der otelle petötat,
sie nicht für Ihn hatte sterben lassen, scndcrn Ihr —
ebcichtllch oder unabsichtlich — Joab eis i^'etter rs--
schickt hatte. UnablJisslg durch die vielen Jbhre dach-
te sie dsrtibor nech, ßleubte ri^wnchinal Sauls Llobo zu ihr
darin zu erbllckon, ein ander.aal seine völlige Glalch-
pültigkoit •• dann wieder nur ^ufall oder viel ÄrK^r;
Ka;3 und VerachtunR, da er sie dos elnzipen sinnvollen
Abochlussas ihrer Liebe beraubte*
Das war die Geschichte, die sich die Viere von r.n-
dor imraer wieder erzöhlan rr.uute; nur In diesen i'irlnnerun-
gen war sie noch Hagar, das i:ädchen, das von :>aul geret-
tet worden wart und das in soinea Gemach Iha zu Füien
. '\
47
Sitzen dürft«. FUr die v.elt. In der sie seit so vielen
Jehren lebte, war sie eine iiauberlo nlt elnec .vahrsage-
gelat, den sich die heinlichen Besucher nützlich zu Ra-
chen suchten*
Die Jahre verflossen und slt den Jahren wechsal-
ten die Gerüchte, die über Oaul und sein Haus zu ihr dran
gen. ^unBchst. r.sch ihrer Flucht, schien Friede und
OlUcK zu herrschen. Beld wurde Davids liochsoit mit ri-
chal verkündet. Der pro3e 1 rieotor hatte r,lt elfrsnor
Hand diesen Bund eoseFnot. Kricßszüge wurden siegreich
geführt und die I hllister peschla^ren. Uavlds Nano war
In Aller I'.unde. sein Lob wurde In .;tSdton und liörforn
resuncen, und wenn ni'.n .iaul pries, so Aurde Devid p^fei-
ert. x)ann aber ber-'ünn Ocflüster über dos Königs ..ciuver-
liut, seine CüüterKeit und Ranerel. !^an s^-rach von sei-
ner Jlf ersucht auf den Jüng-ren und voller Grauen kam
die Kunde von seinem Versuch, Jonathan, der sich innip
an David anqeoohloßsen hotte, ur.d der gorade einen bedeu-
tenden SloG errunr-en hatte, niittels f^efölschter Lose
uns Leben zu brinRen. V.fitten nicht die Kricßer sich ee-
wolRert, das Todesurteil ^u vollstrecken, und alt offe-
ner y-euterei f.edroht, ;:eul hätte den Sohn sterben las-
sen, öatauel hotte sich in bitteren Anklufen P,e<r9n den
Kenlß erklärt und öffentlich die Vernichtune dos Hauses
Saul prophezeit. Aber schließlich vv^rde auch er zu sei-
-"^
46
neu Vlltern berufen; dos VolJc betrauerte ihn wie Kinder
Ihren Vater betreuern. Saul war sich selbst ttborlassea.
Immer hSuflper wurden die Oorüchte über seinen Trübsinn
und über sein ^erwürfnls rilt DaYld^ und eines Tages er-
fuhr tian, dai? David göf lohen war, un sein Leben vor den
Kordanechlfipen dos F:önlrs zu schützen. Jlner von ♦Oavlds
Getreuen hatte auf solner Flucht sich bei seinen Ver-
wandten In Endor eine ?.acht versteckt rehfilten und hatte
Jenen einen seltsaj:nen Bericht pereben über einen Traua,
den der König gehabt hatte. In diesen Traun seien die
Ibllister ralt gro»;ecL Geschrei und affenlSrn an dar Gren-
ze des Landes erschlenan, i^aführt von elnora rilosen, der
die Juden nlt bbson und krankenden /orten ^un Kanpf auf-
forderte. I:evld allein s^l diesem Riesen entr.ofcnpetre-
ten und habe Ihn nur 'alt elne.-a Jteln aus seiner ;:^chleuder
zur Strecke gebracht. Ler KCnlg sei aus diesen Traun
voller Angst und üchwerrnut erwacht und als David, wie
schon bei früheren Colegonhaltan die finstere Laune sei-
nes Gebieters lait selneii Harfensplel und Gosan,?; zu vor-
scheuohon suchte, habe Saul In rasendar J\xt einen o^jeer
nach Ihn geworfen*
«
Der König, in seinen Llißtrauen und In seiner Nei-
gung zum Aberglauben, sah In diesen Traun ein Mielchen
seines eigenen Verderbens durch Lavld, war er doch selbst
solch ein Riese, der seine Königswürde erlangt hatte ^ well
49
•r dla Juden ta Körpsrgr&i^e überragte • Dloa, zumindest,
hatte Saauel 1ha oft genvig zu verBtcbea geßebea. Von der
Troucuiacht an trachtete 3aul David ncch dea Leben, und nur
XLlohals Srpebenhelt und Treue eelang ee, den Gatten vor
dem Vater zu vorsteokon, David eatke;u und floh zu den
Phlllatorn.
3aul8 Macht und Jtellune waren nun unbestritten
unter den Juden, aber er -jMct^ sich stSndlp gocan die
Ihlllster zur '."ehr setzen, die wlec?r an den Grenzen sei-
nes Landes standen. Der König v.ar xsüCq und alt und war
gepeinigt von den Gedanken, daS David r.cF.sn ii^B dea Feere
der Feinde vorenzlehen werde; der unbewaffnete, Jun/^ö,
slnrande :>avld t;lt olnor Jchleudcr und dorx todbrln?:ond3n
Stein. Der Kttnlg wer elasar.. "Cr versucht?, durch stren-
ge Gesetze fer.en '..Magier und Mexcn, die er xalt •Todesstra-
fe bedrohte, seine Anrät vor -ianuels rrophe/.elunrKn und
vor seinen eigenen Tröunon zu bozwinr.en, die den iell sei-
nes Hauses verkündeten. Jonüthan war noch bei ihn, trotz
allea ein 'I'rcu-i:rf.öboner und ein guter l-esrführer, ob-
gleich von tröurip.oEü Teoperaaent wie dar Vater, nur ohne
dessen aaserei und Grojiisucht. ::r w^r als ein ochv/eigoa-
oer bekannt. V.an sarte, dai; er sich nach einen .'/leder-
sehen alt David sehne, nach seinen Freund, deta er nur zu
gerne sein Srbo abtreten würde.
Die Grenzüberffillo der ihilistcr häuften sich, und
plötzlich fiel der Funke, der zur Flasae wurde, und der
80
gXoS9 Krieg brach aus. KUde waron die Juden des Kunpfes,
und e« war nicht leloht, ein wirkliches Voltrehosr zusac-
monzubrlnßen* Die Verluste waren erdrückend, selbst v/atin
auch einig;® v>chlecht3n gewonnen waren* Die Keore standen
sich endlich In der TJLhe von ;:ndor zur entücheldenden
ochlttcht ceeenliber*
An Vorabend dloßer vichlöcht saj Kafar allein In
Ihrer Hütte • Die lonf;o Lfiatiorung v/er endlich de.-:: vollen
Dunkel fewlchttöe Hin Relslcfeuor brennte nuf dem Kerd,
vor den Kaper in Tr^iunerel versunken sa.?, Ihr spfirll-
ches Mahl stand unberührt auf dosi Herd. r;le "i^iir te von
der bevorrt^hendcn v3chlBc^.t und obp;lalch sie wie olle hin-
deren voller Furcht an die FolF.en eines Jlepes der Ihl-
llster dachte, war sie doch noch nehr von de.^ Gedanken
berührt, da^ Irpondwo, nicht v/elt von lindor, 3suls ^elt
aufgerichtet wer, und dai2 3aul selbst In fast prelfboror
Ii^Bhe sich befand. Sie versuchte, sich ihn vorzustellen,
wie er einsam und brütend saS und nüilte sich ln?ier wieder
die eine herrliche Szene aus, wie sie sich zu soinera ;delt
hinschlich, ohne von irgend Jemanden (tesahen zm v^erden,
wie sie in das ..olt eindrang, wie Saul aufblickend sie
erkannte, ihr rxlt außpebraiteten Amen entgef.enkam und
ihr paatend, datJ er auf ihr Kopien gewartet und gehofft
habe, da2 es das von Uott erflehte deichen sei der Ver-
zeihung und des :3ieees. Sie lie^i ihn alle die v;orte äus-
sern, ae^*| nach denen sie sich oelt so vielen Jahren ge-
61
sehnt • Sie trSumte sich als das V/erkzeuR äes Herrn; duroh
Ihr Dasein wurde der Fluch vora Hause 3auls getilgt. In
diesen Trfiui^Aerelen konnte sie Iraner neue -ilnzelhaiton aus-
führen, änderni hlnsufliesn, abor das V^'ssentllcho blieb,
da3 der König öle sofort, ebne das geringste Zögern, er-
kannte und sie ontgepennahm eis sein so lan?:e f:e5uchte£
und gröi^tes Gut*
So caP sie, Ihren Gedanlren hlnfropebeu, als sie
plbtzllch ::cfcrltte vernahm. Die TUr ihres Hauses wurde
geöffnet, und zwei :,:änner nit verhüllten Häuptern bstre-
töD die Kaaruer. Der eine trat rasch an sie heran und
sprach nlt leiFar und elr.drinnllcher :.>tlrj^3; *Trc.a, cxn
se^^t, da3 Du einen Vehrsaeepelst hast. Im r:uL-t ihn be-
nüh'^n, er. reht un Leben uad Tod." Kapar s^^rr^nr. e:af
un
0 wich ^egen die ».'and zurück. Der Schein des reuers
lag auf ihrer-. Gesicht und belsuchtet© klar und deut-
lich ihre zLü.cjo. jlntvSOt/.t hörto sie die Rede des llan-
nee an, überzeur;t, dai:^ nan ihr eine Folio mit ciesen
Ansinnen stellen v/oll t^. 'Vor doch jedes V.ahraarxn
durch das Gesetz des Kbnigs bei Todesstrafe verboten.
Sie weigerte sich mit Vercichorung.in, da£ die i>eaäliage
falsch unterrichtet, v/firon, (303 sio weder 'A-ahrsaren, noch
enderen Zauber bev/erkstellif-en könne; dai alle ;iagi9 ^o-
pen das GesQtz sei, und dar nur irgend -Solche bCsan Zun-
gen sie verleumdet haben mÜLHon. Der zweite r.ann hatte
sich bisher schwelgend im Hintergrund gahaltea. Jetat
T"
62
trat auch er heran und sprach nlt nüdor, trauriger, ober
•Indrlnglloher Stlmae: •♦.Velb, tu, was Dir geboten wird«.
Der König aacht dos Gesetz, aber er kann es auch wieder
außer Kraft setzen. Er hat dl© V;aoht, zu binden und zu
lösen. Du hast nlchta zu bofürohten, wenn Du gehorchst.
3ieh herl" Daalt enthüllto er soln Antlitz, und Reror
schaute in ^uls halle kalte Aur.en. Sie fühlte, wie ihr
Herz sich zueairjsenzog, Ihr Ateai setzte aus, unJ aie stürz-
te zu seinen yü^en nieder. Ihr war schwindlig, als sie
so dalsG und auf ein lelchon des "^rkennens von Jaul war-
tete. Aber der Aupenbliok- vorglnj?, und nichts t'eschah.
3aul befahl ihr, auf/.uütehtjn und für Ihrsn Könl^ zu tun,
%os sie, wie b8>:anr.t, für endors, frcrlnrore Kuncen reti^n
hatte. "La- Cslnsn =.6hrcarercist '.vlrkan', ", Si^rach er.
"Laii ihn .lemuel herbeirufen, da2 ich noch einmal seine
Ctlrs,tie höre, sein rrtoll vornshme, an sclnea proben Ooist
tsilnohxs^n kann, ^v nxx'l aiir heute erscheinen, or allein
kann mir helfen, r.iof oder üntarf:ang,-ohrio ihn r.u:? Ich
sterben»." Kaf.ar hörte die v.crtc, sie fühlte die Luft
eicifr ihr Gesicht umstrelfen. in ihren Ohron dröhnte es.
Pleich, alt 8Ufp,eriseenen Auf;an stand sie und hörte nlt
hilflosen: Grauen tSanuels i:tins:e aus ihrer oißcnon Kehle,
aus ibrea Munde hsrvcrtönen. Senuels Stlrwae sprach:
-Warum beunruhigst L^u mich? i^er Eerr hat Dich verworfen,
denn Du hast «einer 3ti«c3ie nicht cehorcht, und hast sein
53
O«bot nicht cebalten. Du hast Äen Staoai d«r Amal«klter
nicht Teralchtct, und Du host Dich wider die Hand des
Herrn gesetzt. Du wirst morgen vernichtet werden, I>u
wirst fallen, und Dein Haus mit Dir, und Dein KÖnlgr'jlch
wird David erben." Saul fiel 2U boden, bQwu.itloa, und
von heftigsten Krönpfen ßeschüttelt, ticheum war auf sei-
nen Lippen, und er schlug alt den Araon un sich. Hagar
erwachte aus Ihrer Jrstarrung. :ile warf sich übor den
König, hob sein Haupt voa Boden und versuchte, es an Ih-
rer Brust zu bercön, so dei^ die selbstzerstbrerischon
Krämpfe abgelenkt würden pöpen Ihren Körper. Der Oe-
fHhrte :aula aber stle/. sie zurück, ür kniete nieder
und hielt die H&ndo des Könißs, bis allnShllch der /m-
fall sich Räclgte und In ein Jichluch^en üterglne. I.lt
Kllfe Yon llapar flöite er :;oul etwas Vasüsr ein und p.ab
1ha von der körglich^^n .p^lsa. die auf dera Herd stand.
Nach einer .•.eile schien der König sich wieder ^-esarunelt
zu haben, er blickte uru sich, richtete sich zu seiner
vollen Höhe auf, vorhüllto sein Haupt und verlief schwel-
gend die Hütte.
sein Gefährte erhob sich ebenfalls und war schon
Im Begriff, Iho zu folgen; er zögerte, wandte sich
zurück alt enthülltem /vntlltz. und trat rasch auf llaesr
zu. 31e konnte noch gerade ^bner. den treuesten Freund
aeuls erkennen, bevor sein kesser sie traf und in Ihr
Herz drang. Sie verstand nicht r.ehr die beßleltendon
)
54
Worte: "Stirb In Namen des Herrn, Hacar» Tochter des
Aßag, Du verfluchte Hexe und *:auberlnl Delnetwapen let
der Gesalbte dos Herrn vernichtet'."
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2.6
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f^S£r "^/c (^j^r^StU'-« ^r^J^U f<f^ ■\yv/ =' jn^^X^'t^J
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DIE ÜSBSRRASCHIÜTG
Vinalhaven 1955
Mathias war nie in seinem Leben so ruhig und
glücklich ge-Aeson als in diesen lataten sechs ..ochcn,
die er im Krankenhausbett verbpachte. Die tiefe Cebor-
zeuguns seines Lebens, seit den junt^cn Jahren seiner
Kindheit, hatte sich ihra bewahrheitet. >;isson, so hatte
er schon als Kind gedacht, war Schutz eegen plötzliche
Gefahren, deren prö2te und schrecklichsto der Tod ist.
:ieiQ> iiian,'A'as im cienschlichen Körper vor sich f>eht, kennt
man seine IhyslolOKie und Anatomie und olle Zinzelheiten
ihres gestörten Verlaufs, dünn und nur dann kann nan si-
cher sein, da£- der Schrecken des U9t)errascht*'erdcn& einen
nicht überA'ültict. So war es auch vor sechs .Vochen, al£5
er on seinen: fünfzigstyn Geburtstas die bedrohenden Z.ei-
chen eines ersten Herzanfalles erlebte. Da er ein be-
deutender Eerzspezialist war, erkannte er sie sofort
und war so Herr der Situation, daß er seiner Frau Char-
lotta ;.arnuns und An-.voisuag geben konnte, bevor or des
Be-Außtsein verlor, iiwar waren die darauffolß-^ndön Te^e
und Wochen,. na chdös er arwaohond in Krankenhausziniaer
Charlotte und eine Krankenschwester an eeinea Bett olt-
zend gefunden, voll körperlichen Leidens gewesen. Trotz-
aea war das tiefe Glticksgefühl und die ßeistige Ruhe
— fi ■" *i
ein köetllohea Srlebnls. Er war angstlos, und wenn er an
den Tod dachte, so erschien er Ihn eis etwas Bekanntes,
efflöB, v/as er ßerado, wenn auch nur in Tora einer Probe,
schon durchlebt hatte. Zr konnte ciit Interesse den täg-
lichen Berichten seines Kollecen Ober den Fortschritt
solner Genesung lauschen und alt 1ha besprecben, was sei-
ne Lebenserwartungon v;arcn. tr konnte Flüae nachen In
Bezug auf ein künftigoc Äep.lmen und seine elßene wlsson-
schaftliche Arbeit; berechnen, '.vio weit etwa er seine
Forschungen beachlounigen oder einschränken müsse, ura vor
seinen zu errechnend 'sr. Indo noch gcvdssö .Resultate au er-
reichen. Kr dachte rdt ,^är:::e und freundlichen Gorühlen
an Charlotte, die durch fast zwonzlß Jahre ihn eina ?o
herzlich gute Geführtin t'QV.esan war, und dass er sie
wohl versorgt zurückl&osen würde. Selbst wenn er nicht
völlig die ihm noch zustehenden sehn Jahre leben sollte,
so wurde sie vor Kot geschützt sola. 2r hatte keine
Kinder. Früh schon. hatte er dlo^e Fra^e entschieden be-
antwortet: Schwangerschaft, Geburt und Aufzucht von Kin-
dern war ein raclko, da3 nicht berechnet werden konnte
und zu viele, üeberraschungen nilt sich trug. So war es
Ihm lieb gewesen, dass Charlotte nicht darauf bestand
und ihr Lebensziel darin sah, irathias' Dasein so ruhig
und störungsfrei, zumindest zuhause, hinfließen zu las-
sen als es in menschlicher Macht stand. SJathias dachte
mit Dankberkeit en die Jahre Ihrer Sreebenhelt und Treue,
die es Ihm ermöglicht hatten, sich ganz seiner Arbelt und
seinen Studien z\x widmen und 1ha alles Getüni^'ael und alle
Unruhe fernhielten. Er hatte Charlotte seit ihrer gemein-
sar.en Kindheit gerne gehabt. 2r wußte von Ihrer Liebe
zu Ihm seit Jener Zelt als sie beide, etwa sechsjährig,
zusainmen auf der kleinen V.'ieso vor der Kirche spielten
und Charlotte aus GSnsebllkichon einen Kranz machte, den
sie dem CesplelDn um die Stlrne legts. ola hatte ver-
zückt still vor 1ha geatandon and aufssufzend gesagt :
"Du siehst aus -Ale der Engel. " 2r kannte dar* Inr.ol, ouf
den sich die kleine Lotte boüoe. '-^^ v=ar in seiner, eiee-
nen Bilderbuch au sehen; böido Kinder hatten oft zusar.-
nen das Bild ancsscheut. Kr fand den Znzel auch schön,
konnte aber nicht pt»n2 Lottes Liebs zu ihr. teilen. Sei-
ne eigene starke Liebe gehörte einar anderen Gestalt in
deniselbea Buch: Das vrar Christus In langen weieon Oa-
vfand, siit einem Spltsbert und einem strahlenden Heili-
genschein um das Haupt, der gerade den vorher toten La-
zarus zum Leben erweckt hatte. Auch ein ähnliches Bild,
das Christus in gleicher '/.'eise aber nit Jeirus Töchter-
chen darstellte, hatte l'ethlas sehr f^&vn. Jedoch keines
der anderen Bilder gab ihn das Gefühl tiefster Liebe und
Ruhe, das er beim Anblick der Wiedererweckung von Lazarus
hatte. Charlotte aber liebte den Sncsl, der mit se^Ück-
tea Schwert vor dea 21ngang zuia Paradies stand.
Jetzt, In Krankenhauszlnaer, In Bette liegend,
alD er aa frühen I^orp.en die Sonnenstrahlen durch die 5iu-
gezogenen FenstervorhUnge ::ehr erriet als wirklich sah,
dachte üathlas an Charlotte als kleines Ijadchen, und
daran, daO er wohl inner gewuut hatte, da£ er sie hei-
raten v/ürde, war er doch Ihrer Liebe so sicher füowesen
und 80 eicher, dai clt ihr und durch sie nie ein er-
schütterndes, unvorhergesehenes ."[ireißnis ihn treffen
würde. 31c hatte es selbst so ce.vollt, dieses VerhSlt-
nl8 zu Ihta. Sr wuSte auch, da es er i-Ji-aer für sie der
ini^el reblieben war, der den Lvingang zur. Faradlos nlt
äem Schwert abwehrend bovcachte. Nur einen kurzen Augen-
blick war das Paradies unbr.vacht gewesen. Das aber v.ar
nicht für Charlotte geschehen. Das geschah, bevor er
Charlotte eeheiratot hatte. Er vmr seit seinen Jüng-
llnßsjahren ständis auf der Hut gQ^'^esen vor der. Chaoti-
schen, worunter er auch seine cicenan schv/er zu beherr-
schenden Liebeßgefühie zählte. Hit eisorncr Di3:5lplin
hatte er sich zun Studieren und Arbeiten erzogen. 3r
hatte schon früh erlebt, an eich und an anderen beob-
achtet, v.elch unheilvolle, überraschende Folgen entste-
hen, wenn nian seinen Gefühlen freie Bahn gewehrt. Die
Herzschr-orzen Jetzt, die durch den Verschluss der Kranz
eefsae hervorgerufen waren, waren überhaupt nicht mit
'S »
denen vergleichbar, die er zuu Beispiel erlebt hatte,
als er zw&lf Jahre alt vver* Noch heute, wenn er an die
Erfahrung alt dem u>]^rf ahrenea Kund dachte, krunapfte sich
sein Herz zusa.tucen, 2r liebte Tiere, besonders Kunde,
deren es in seinen Rausa inünar einige eep;eben hatte»
Sinmal gin? der zv;ölf jShripe L^athias auf der Hauptstraße
des Vorortes, in da::i er wohnte, spazieren und beobachte-
te bewundernd einen jungen netter, der vergnüst haruiri-
spranß. 2r ^^'ar anscheinend ohne Begleitung;! Jedenfalls
war nler^nd auf der Straße, zu den er zu gehören schlf.n.
Plötzlich eur-3h irrend etv'as auf der anderen Seite des
Fahrdenrues an^r^loc/ct, rar.nte der- IJ.und über di5 otra2e
und eoradö vor eina Straßenbahn, jot Kondukteur koante
den vVagen nicht schnell .^r^i^nup bre:iiSr3n, und das arr.e Tier
vjurde Überfahren, Zs stie3 einen schrecxlichen Jchrel
au3, dar Mathias duro.'i alle lüiochea fuhr und iha einen
Augsnblick lans "^or Angst lähiato. Dann abor rannte er
in wenlc^n Sätzen zxx dor Stslle des Uncaücks. Ein klei-
n-sr l^easchenh^ufea hatte sich an ges erhielt u;i d-3a Hund,
der blutand auf dar HtraCo la?. Hr war nicht tot; -ar
«ins9lte und schrie, Miaaend von d&u ün-stohendan nach-
te Anstalten, den ?ier zu helfen. Hathiae, dar^ die TrS-
aan ttbor die 3acken lisfan, etisS die L<juta zur Saite,
kniete bei dec arciaaligan Geschöpf nieder und -(rersuchte,
es aufzuhaben. Es war zu schwer, lüetaand half '.'lathlas
bei seinen BenUhunßon, obgleich er flehte und bat. Schließ-
lich, er wußte nicht wie, gclcng 3S ihm, den Euad auf sein©
Arme zu nehmen, und verzweifelt oah er sich ua nach freund-
licher Beratung. Jenend nannte den "aiaen und die Adresse
eines Tierarztes, nicht allzuweit entfernt von der ünf aus-
stelle. Allein, mit größter ;uistreug.unr„ die er aber in
seiner Erregung nicht spürte, trug er den Hund zu den Haus
des Tierarztes. Dieser, ein wohlfc-epflegter Herr in mittle-
ren Jahren, mit einer Blume in Knopfloch, war gQrade von
einem Besuch nach Heus3 getcoa-r^sa. Als er den erregten Kna-
ben mit des verwür.deten Hund sah, zeigte or sich zunächst
eifrlt: und freundlich. KöU'i abar hatte or di<? 'On-rlückar^e-
schichte gehört, vmrdo er uniatereosi.jrt and v;3i?ert3 sich,
de- amen Tier Hilfe zu gobsn, dessen Besitzer unbäkännt
sei und da er für seine BeraUhur.fren der Bezahlunr nicht
sieber wäre. Kathies, dessen j;itleläirps. schr.orzendes
Kerz einen AugenblicVc lang Beruhiguns spürte, rar durch
dieses herzlose Verhelten des Tierarztes so erschüttert,
deC er c^it aller Kacht ^egen ein Gefühl von L^eekrankheit
und Brechreiz ankär.pfen mußte. 2r brachte es dennoch fer-
tig, dem Tierarzt davon zu r«den, daC sein Vater, dessen
Harten. Adresse und Beruf er aaßab, für die Kosten entste-
hen würde. Ilrst nachdem sich der Tierarzt telephonisch
die Vereicherune von ilethias« Vater ßeholt hatte, wandte
er sich dca schon fast verbluteten Tier zu. Der Kund er-
lag em Abend seinen Vorletzungen. liathlas war einige
Tag« lang kraak an Körper und Seele, In seiner Faaille
aber wurde Mathias noch lange Zeit von den Geschv/istern
und den Vater geneckt, weil er noch nicht gonus v/elt-
wlssen erworben hatte, dis Cnbarr-hsrsiK5^:cit seiner Mit-
menschen voreuszusehen. 3r lernte aber und verstund es
bald, sein eigenes Herü vor überraschenden Verwuadunf,on
zu schützen, lUcht aber Refren Kenste, Als drei^igjSh-
riper verliebte er sich in sie, ohne zunächst seinen
eif.enen Gemütszustand ernst zu nehr-sn. Sie war so gar
nicht der Typun Frau, deren üborA-Sltif-^aden Sinflut; er
Incaar p;efürchtet hatte. Die ihr eir'^nö Ari2lshun>-,skraf t
v>ar eher in der Ab-A-esenheit slles Auf fsll arid -^n i-ele^'^sa.
J^ie war still und fre.ßd und doch nerl-cv.'lirdi.c: bokanrit, Ki
nannte sie eimial in 3cherz Jalrus' Töchterlein. Sie
lebte für sich, ob^laich sie sehr Junr, war; v;ovon, konn-
te er nicht erraten, Sic selbst, ^A'ena er Frap.er. dles-
bezüfi;llch stellte, scherzte über die Uili-^n ia Felde"
oder die "YÖglein in Valde.'" Als er sie eine l?in(rore
zeit, da sie krank war, nichc sehen konnte, v/urde er
sich des allbeherrschenden Gefühles für sie bewuCt. Sr
niu^te ihr nahe sein, und sie erlaubte seine Annäherun-
gen, Dann kam das 2nde, das er in seineru :iustar.d der
Leidenschaft nicht einmal bedacht, viel weniger voraus-
«;eaehen hatte. Als er ihr, hingerissen von den Tirleb-
e
nie einer Nacht, äie 2ha enbot ohne Zögern, bereit, alle
oeine klugen, wissenden Vorsätze zun Teufel zu schicken,
lehnte sie ihn alt kühlem .Erstaunen eb und bökannte sich
YÖlllg unffihlß, seine Cofühls zu erwidern oder auch nur
die Beziehunc ua oiue Nacht zu bereicLern. In ihren lei'
een Lachen klang Ifingst vergessenes echadenfröhes Lachen
aus der Kinderzelt alt. Sinigo Tage später hielt er unx
Charlottea Kand an. Seitder^ war sein Leben in ruhigen
BesUnen dahingeflossen, 2s gab kein -aradios, aber auch
keinen Erzengel mehr, der einen plötzlich daraus vertrel
ben konnte. Jahre verglnp.en, die Lathias in seinen Tor-
schuncsarb^iton verbracht?..
II
Mathias erv?achte sahr frlih; der Lorgen dätsnorte
erst. 3r lag ßehr ruhie, u~i nicht die Aufaerksamkeit der
irflsperin auf sich zu ziehen. :2r wollte das ßlückliche
Gefahl der Stille penieSen, das die eifric3n Tracen der
puten Krankenschwester nur stBran inochtcn. Der anbrechen,
de Taß war bedeutungsvoll. Heute durfte er das Kranken-
haus verlassen. Er würde sich noch ein-3 ieitlanß scho-
nen müssen, aber er brauchte sich nicht mehr als krank
oder Invalid zu betrachten. Nichts durfte nun seiner
9
Rüokkehr Ins tSitlpe Leben entgepenstahen, Elno leichte
Bekler^ruunß befiel Ihn bei dera Gedenken, daß Irgend etwas
Unvorhergesehenes geschehen könnte. 2v iTiUSto Ifichcln,
als er sich bei dorn "^vunsch ertappte, — v/ie es wohl frü-
her In unbo;v8chton Iio:n.enten auch geschehen v;ar, — Gott
in kindlicher s/olso anzurufen. Sr erkl&rte diesen kiel*
nen Rückfall mit der noch bestehenden körperlichen Llchv/ä-
che* ooin Klndarflaube an Gott war zerbrochen zur ^elt
der Episode nit den: Hund. Das v;ar eine schmerzhafte
Zelt cev/osen, in der sein Bruder Rolf eine wichtige Hol-
le gespielt hatte. Rolf ;var für ihn l;:ri:er der groCe be-
wunderte V>isser gev;osen. Er war sein ön^^ebetster Hold
eoweson, als i'athlac noch gsnz klein vi-ar, ilr konnte
Geschichten orzlihlen und ^vui:tc über frer^do LJinder und
Völker viel, viel laehr als !:inna oder so{.:ar InUtter. nuch
machte er Verse. Venn Rolf borelt wnr, mit einera zu spie-
len ^ nahn nan sogar seine Mackerelen In Kauf. Aber es
hatte auch manche ?.rf abrunden dißilluslonlerender Matur
nlt dem ,7,ellobten Bruder gegeben, die Mathias tief trafen
und seiner intwicklunp. dienlich waroa. 3o zun Beispiel
der Vorfall alt der Schokolade. Rolf war. ein gierii^feß
Kind. Niemand trug ihia das Je nach, da roan ihm seiner
vielen guten Gaben wegen Vieles zu Gute hielt, ilathlas
hatte früh gelernt , dali nan den Genu2 von Süi^lgkelt ver-
längern, je sogar steigern konnte, wenn raan das einem zu-
geteilte Stück Schokolade in kleine Stückchen brach und
10
nur von Zelt zu Zeit eins dieser otüokchen aß^ Dann
relohte die ?mnderbare Süiv'lßkolt durch lengc Stunden des
Tages, üathlao hatte ein paar LIal schon diese Erfahrung
gemacht, Ja er hatte sogar, nachdem er eins dieser klei-
nen Stückchen geßessen hatte, den Uect der ochokolade la
einer Schublade vor sich selber verstockt, \ia so der Ver-
suchung, welter zu naschen, zu entf.ehen. /jn Abend konn-
te er dann trlunphiorend den 'altcjren Geschv/lstern zeigan,
daiJ er noch in Besitz dos ersehnten Gutes war* iVia vor-
wirrend und derüötlf.end war es dann, als bei::i nächsten V.al,
da er wieder seino versteckten Jchokoladoastücrrchon her-
vorholen wollte, er entdeckte, dai? sie nicht r.shr da wa-
ren* Dazu ir/j.Lte or dann noch das Kecken von icolf Ubar
sich ergehen lassen, (1er stolz erzählte, da^j or die -ichc-
kolade erspürt und gee^essen habe und r»ich weidlich über
den vortreuensseliiTen duornen Bruder lustlß ricichte^ der
doch selbst verraten hatte, v/o er seinen Vorrat verbarg.
Auch knüpfte I^olf eine aorallsche Lehre daran Über Geiz
und Kabsler, und i'ethias empfand seine eigene ünzulSng-
llohkeit als sehr beschSnend^ So lernte er, seinen Bru-
der Rolf frelv/lllig: Iminer den Rest seiner eigenen w^üLlg-
keitaa zu geben, selbst wenn dieser Uest der grö^Iere An-
teil war. Dafür tauschte or das Bewui^tsain ein, ein an-
stfindlf.er Lensch zu sein, wofür er Rolf dankbar war. Auch
war er ihn dankbar dafür, daS er so viel über Gott wußte,
als wfiro er ganz persönlich und eigens mit Ihni bekannt,
II
11
ganz anders als eile anderen Kinder. >Vie gsrne lauschte
Kathlas^ wenn Rolf von Gott und seiner Güte und seinen
Forderungen sprich. Er vmSt«, welche Gebete an nütz-
lichsten und wchlg»3fSllif^sten v/aren, er konnte Tallsciane
herstellen, die einen beschüt:iten, und schllo^ilich lehr-
te er den kleinen Bruder das Vater Unser, da er die ^In-
dergehete für duroni und umvlrksaia erklärte. Mathias llo3
sich nur zu gerne von Rolf In seinen an und für sich
schon keimenden Gottecglaubon unterstützen. Zweifel,
die manchmal aufkaiaen, konnten abgev^iesen werden mit deai
Einweis auf Rolfs starken Glauben. Holf au2td es Ja wis-
sen, da er so viel, vielleicht sop;ar alles wu:**te. AI?
Mathias zwölf war, um die ieit der liundc-Upi.^iode, benork-
te er eines Abends, daß Holf nicht betete, i^r fühlte
sich verstört, aber beruhigte sich dar.it, daß es ein
*:ufall gev/ecen sei. Aber er nachte die gleiche Becbecb-
tung an &en folgenden Abenden, und schließlich fragte er
Rolf nach dou Grund dieser NachlSssigK-eit. »«es er zur
Antwort bokam, erschütterte ihn sehr, denn i^olf klSrte
ihn darüber auf, dai?. es keinen Gott gab. blr konnte des
Nachts nicht einschlafen, als er dem Rat des Brudore
folgend das Beten aufgegeben hatte. Diesmal war er nicht
sicher, ob der Ältere wirkliches »Vissen besaß, oder ihn
nur zum Bestea hielt. Doch das 3rlöbnis mit den den übar
fahrenen Eund uastebeadsa, erbaraungslossn llonschen und
12
mit doni Tierarzt entschied dlece Frage für Ihn. Sr
fUhlta sloh kalt und unbesohützt. Ss war ein Gefühl,
das Ihn an ein klelnea Lied erinnerte, das soin Groß-
vater — oder war es l'inna — ihn vorzusinean pflegte,
und das ihn Iziraor mit rasieniorter Traurlßkolt erfüllt
hatte.
Christinchen saß im Garten
Das Unglück zu erv;arten.
Denn sie hat schon im Traua paoahon,
Dass sie im Hhein muß unterpehen. —
Gle fuhr über eina Brücke,
Die Brücke ging in Stücke,
Christinchen fiel in dsn Rhein hinein
Und hörte dort die .in^^elein.
ISigentlich hörte er diosas Lied nicht c-^^- ^^^
dachte auch nicht rerne dnran. Cena cbgloich Christin*
chen durch den Traun von ihre;:: Schicksal verständigt
worien '»var, war sie auf den liinbruch der Brücke doch
nicht vorbereitet gey/esen. Und was das CUnpen der i;n-
golein anbelangte, so konnte sich r.athias bolTi besten
Willen nur sehr traurige Lijder vorstellen, ctv/a sol-
che, wie die l'utter sie ihui nanchnal vorsaac, und die
ihn rerelLiai^lg sun Weinen brachten, obgleich £:ar koi;*e
üeberraschunsen in diesen Liedern für ihn vorhanden wa-
ren. Sr kannte sie schon alle auswendie,
3o v/elt er zurückdenken konnte, waren es irjxier
üeberraschungen gev/esen, die sein Leben verbittert hat-
ten, besonders in seiner Kindheit» So hatte er schon
13
als kleines Kind elngeeehen, da3 Wissen die einzige und
nächtigste V/affe war gepen üeberraschungen. Als er unge*
ffihr drei Jahre alt war, wohnte er In elnom ßrollon sonni-
gen Keus, das In einem schönen Garten stand. Zv war das
Jüngste Kind. Lle Siteren Schwostern und Brüder kiLTimer-
ten sich nur um Ihn, uxi Ihn soln Unwlsssn auf die erfin-
derischste Art vorzuführen. Sie konnton einfach davon-
laufen, wenn sie ihn i.entßenä gonectt hatten — für iiz-
Cieri denn er, dar nur kurze, kleine Seine hatte, war
nicht fähig, sie einzuholen, Y»'ie sehr er sich auch an-
strenr.en mochte. Sie hatten ihre eigenen Spisle und Ver-
gnügungen, und v;enn ci3 ihn daran teilnehncn llei:3n, so
war 33 nur IcL^er zura "ch3in. Irsandelno schreckliche
Ueberraschung nachte re^elniEssig äieseiii ^schein ein Snde.
So zua Beisplsl, eis die Birnen lia I^'achb^rgarten reif
v/aren, und die Kords der Sltoren Gesch'.vister (es 'A-arsn
nur vier, aber für Jut-thias waren sie aerinlgfeltig wie
die rBrr.l sehen Lsr.ionan) beschlol^, über den ::aun zu stei-
gen und die herrlichsn grollen Pirnen, die so slli2 und
saftig waren, zu stehlen. Er war bei dieser Ireratung
anv/esend und fühlte sich grc^artlg !nit einbezof^en im Rat
der 5ro2en. Sr sah sich auf dem Baum, auf den höchsten
Ästen und stellte sich vor, wie dankbare /Jierkeanung zu-
sanimen mit der sülien Prucht sohniecksn würde, die er in
die Ihra entgegengestreckten Hfinde der den Baum umstehen-
den Horde werfen würde. Sr sagte auch laut zu Ihnen,
14
was er zu tua In Sinn hatte, und ßle nabmen es freund-
lich ermunternd euf. Sl(5 rannton darauf davon, Kathies
nit Ihnen, zum iaun, der den IJecbbargarton uagab. Schnell
und leicht überstieg dio Horde dieses Hindernis und war
schnell ßuf der anderen Seite und schon belia Birnbaum.
Armer Itathlesl Die üeberraschung kam, er blieb mit sei-
nem Höschen am Zaun hSnr,?n: zwischen llimrael und Srde
schwebte er, und statt des Jubeine der dankbaren Ge-
schwister hörte or ihr höhnisches Freudengelöchter. So
hinß er und schrie unC weinte durch .^vvigkolten — zunln-
dest ein paar endlose Ll.iuten; endlich kam die Befrei-
ung In Gestalt seiner I.utter — ein Kn^.el Gottes wSre
ihn lieber cewoson, denn der hotte ihn nicht auch noch
eeocholten und bestraft.-- Oder des andere Ic'sl, eis
ihm sein Bruder IJolf einen lieblichen Keks anbot. Zr
blQ sofort hinein — und es v/ur Seife. Des war nicht
das Schllniaiste. l'an cuLHo wohl dem älteren und bev.un-
derten Bruder solche £,upostMndnisse machen, £s v/ar wohl
in der Ordnung der v;elt, daß die rehrwlssenden ihren
SpcS mit den Unwissenden trieben. Aber das zv;eito llal
hätte es nicht Reschehen dürfen'. Das war entsetzlich
krankend ee^'eaen. Sin peer Tage nach der ersten Sel-
feneplGOde wiederholte sich der 3puk. Diesnal war i:a-
thias so klug gewesen: er vmr nicht blindllncs darauf
hineingefallen. Sr hatte tiefe Gedanken gehabt, voll
15
unbezwlngbaror Logik: da3 nun doch dor Bruder Ihn elnnal
hlneingeleet hatte; ör irm2te also annehmen, daß J/athias
gelernt hatte aus dleaen Erlebnis und konnte Ihn nicht
nur für so unvorstellbar durji halten, daß er ihm noch
einmal auf den f.leiol''en Scherz hineinfallen würde. Also
mußte es ein ricbtleer Eeks sein. 3o biß er vertrauens-
voll hinein -- und Ueberraschunßl -- es war wiader Seife.
Diesual weinte Mathias, da nicht nur seine Ehre, sondern
auch sein Vertrauen a,*:i eigenen Danken erschüttert war,
3o sehr er eich auch übte, die iröipnisse vorauszusehen,
es geli^ne ihK nicht. Kinna, das ::öcchen, drohte Ihn rr.it
den schwarzen ;.:ann für irgendeine Uebeltat, sie zelpte
iha sogar die llessinptür era KUchencfen, durch dlo der
schwarze I'anu kOK:i.3n würde. Er glaubte kein -.ort davon.
Kr wuüte, es gab keinen schwarten 'u'ann. iin paar Tape
darauf läutete es an der Tlauotür und V-athiae stürzte
hinzu, un sie zu offnen. Draußen stand der schwarze
üann, Eilt hoheia schwarzen Hut, elnea Reifen in der Kand,
rollte seine AUßsn und zoißto f;rSi:iiche weiße ^ahne'.
i:athias verkroch sich unter dem Tisch. Matürllch lernte
er später, unter deji Celfichter der üutter und der Ge-
schwister, da£ es der ;3chornsteinfec<5r gewesen war. Aber
konnte man das glauben? Sie mochten wieder einroal ihm
Dinee erzfihlen. die dann später sich als unwahr heraus-
stellten. All dies waren iSrlebnisse, die nur den Boden
I I
16
vorbereiteten für dlo entsetzlichste Ueberrasohung In
seinen Kinderleben.
kSu Jener ielt seiner Kindheit lebte der Gro2va-
ter bei Ihnen la Hause. Der war ein wunderbarer alter
llenn und Spielgefährte, ür liebte den Kleinen, als den
Jttngaten, der bei dem alten llann blieb, wenn alle ande-
ren rlausgenossen sich anöarswo tumnelten, Ihren Geschäf-
ten nachglnften, ^vorunter auch der Schulbesuch der älte-
ren Kinder einbegriffen war. Der alte llann war einsam.
3r hatte vor kurzem s^ino Frau verloren, nun lebte er
beim 3ohn und dar Schv/legertochter. Ue waren gut zu
Ihii, aber sie >vu::t3n natürlich nichts von äe:i Allein-
sein des Alters, von der tiefen Jehnsucht nach i«rt-
lichkoit. nach der. Gewiegt- und Besoretvverdon, nach dem
Gefüttertweröan und dan alten Kinderliedorn. Der kleine
liathias war der richtl-e 3piolgefährt9. denn wenn er
auch nicht die hairrJlche Cahnsucht des Gro2vetors erfül-
len konnte, so konnten sie Jedenfalls all das Begehrens-
werte in Spiel und ralt r^echselnden ".ollen geschehen las-
sen. Sie konnten einander füttern, beim :\nziehon und
;^a8chen helfen. Sie konnten zusar^nen zur L!usik der "Hof
nxuslkenten" tanzen, und er konnte den Kind all die al-
ten kleinen Lieder singen, v;enn er ihn auf seinen Knien
schaukeln ließ. Auch spielten sie Ueberraschung zusam-
men, aber üeberrasohune. die eine Reeelmft 31 ekelt ßewor-
17
den war^ das 2iuerv/artende und doch lianier Neue* l'orgene,
ganz früh, wenn alle ;tnäern noch schliefen und selbst
Hlnna noch nicht erwacht v.ar, stand ilathlas auf und schlich
sich in seines aro^vaters z,inr:ier. Die Vorhönce waren noch
zußozoften, aber die 3onne schien durch die Ritzen und
schickte einen feinen dOnnen Strahl zum (rro^en runden
Tisch in der i'.itte des olriLners, der riilt einer schweren
dunkelroton Tischdeclce bod-jckt war# Das grOiZa, alte>
braune Bett v/ar auch gut erkennbar und sogar das Nacht-
geschirr unter dera Patt, 3ine Vase mit Blucien stand
auf dein Tisch, auf dem /aschtisoh der Krug and die r.asch-
Schüssel. Der Schauk-al stuhl kixärrto ein wenig, wonn rjjn
daran ankan. aev rote Dlvdü scliaate elaladönd hsrübör
und erinnerto liathies daran, wia er einir^al näch vIqIok
filn- und Herrutschen auf disseca Livan er;r.üdet eingeschla-
fen war und bein Erwachen nicht etwa seinen GroJvatsr,
sondern einen frecidan l'.ann zu sehen vernalnte. Sine
erschreckende Ueberraschung'. ts stellte sich dann aber
heraus, daß der Ireincle sein von einor Roiso zurückge-
kehrter Vater war, der der I/ode gei:iä3 sich hatte inzwi-
schen den schönen vollen Spitzbart ebaehnea lassen und
soiait ica kleinen föiabcn ein völlig verändertes Gesicht
zeiete. Aber diese Erinnerung tauchte nur pleichsan als
kleine Kostprobe von anderen üeberraechuagan auf, wahrend
Mathiaa die erwartete, und so sicher folgende, voraus-
18
nahii» Ar sohlich sich ans Bett dos Großvaters« Der lag
da nlt geschlossenen Augen, schlafend und schnarchend,
wie es sich doch für einen wirklich ocblafenden eehörte.
Er trat ganz nahe heran und etröckte die kleine Hand un-
ter das weit^o groSo Daunenkissen, auf deni der Kopf des
alten Herrn ls.£« 2r fühlte etwas Kartos und 2:0g ein Dös-
chen heraus, das er schnell öffnete. Da waren sie, die
kleinen bekannten Bonhcns, die so wunderbar nach allen
möglichen Früchten und sü^^en oüften schraeckten. Schnell
steckte er eins in den Mund, Großvater nachte diese Bon-
bon? in der !:scht fjr ihn, und Jedan ilorgen v;ar ein pe-
fülltss Ijößchen unt^r dea Kopf Vilssaa. ;.a3 ;var abor doch
no-ch nicht das c^nzc Vür£uUj,eü* Jetzt ka:^ d'^s ':ndo dos
Rituals. Mathias kü^te dex; alten r.ann auf beide itUgen.
Das schnarchen hbrt-i auf uix, eine::: letc-ten tiefen Aton;-
zu^,, dio Aui^enlider blinzelton und der uro^^vatar war
wach, ^Äie er aatürlich schon lan^-e gewesen war, und herz-
te und ku^te das sich Überraccht stellende Kind, liit
sclch';53i I3öglnn d^bS Tap.es und solch eineiü herzlichon Grci^-
v^.ter v/ar die Übrige ,.elt erträglich. Lan konnte Fritz
und Rolf, Lieschen und liaria ruhig 7.ur liChuls gehen las-
sen, ohne so schrecklich dringend luitftehen zu wollen.
Jean konnte Ja iJchule nit GroCvater spielen. Vater und
t'utter konnten ruhig ara Abend ausgehen und wohl auch
nanchmal die älteren Kinder ciitnehiaen, der kleine LIathias
19
j, ^Ki wftnrv der Gro2vater an s«l-
fühlte alch sicher unö wohl, «enn aar
ne. Bettchen saC un. 1ha K.rchoa er..hlte. Auch .innas
sch.ar.or .ann .onnto ih. nichts neh. anhaben, hatte ih.
acch der GroCvater Biiaor In eine. Buch .ezeigt. auf de-
nen viele schv.-arze Ilenscbea '.varcn. di- in
« -, Tar,fl WO die 3onae so warn
terhütten lebten in einer. ..and. wo aia
c«^ natürlich dunlcelbruun vmr-
schien, da:^ alle Kenschen rana naturlicn
T^^-,*-or -^o war er euch par nicht so
aen wie ein guter Drateu. -^o ^ar
• 4«*^T. Bis er alt seiner gan-
,.. ,..1U, in eine Ausstellu.. In ,oolo,l.«h3a 0.rt=r.
,;,„ »o Ol. Mc.tl,.. ::or,ordorf .u «h« w- nlt elnlsor,
.;e.:.fo.lll«n. -Oeln Visa,» .atte .=..on ..t.«oUUl.. .u-
ponorj^iCn«
o c*-,--» 3r wi3 gewöhnlich in der
2ines ::orcens stau- er «i^ .
;»«<«- "u aaireM Groi^vatsr.
schweiEenden Frühe auf ur.d gin^, ^u
., «. h-^trat hatte or ein Gefühl von An-
Als er das Zln:;ir.cr betrat , .^au
-.. trat er. aa3 Eett heran, ä.r OroSv.tar
äer3-33ia«
j 1^* Tö^csÄ nahn das Kina
achllet. aber er schnarchte nicht. L.ls« ^
«e Klein, Do3a unter e« r.pr.las.. .er,«, .«nn s ell-
.e or SIC. »n. die „encns,ltzen. u. den elten .ann « le
-.^^^^ ^gpte sich .leöoch nicht
pewbhnlich zu VcU.-Bsen. .Ivse. refx
,. .o^ Walt »n. T'un bor.erkte l-athias, da. des
und fühlte sich Kaiti -u. i
v.nih o^fer standen und der l^und ganz
GroEvaters Aupen hnlb-o.ro.. sx
. . . orbir-e- des schüchtern elndrinf.enden
offen, und in deia .^.chir^e. oes
. . ^oT. /ite ppnz blau aus. Verwirrt
i:orßenliohtes schaute der i.lte e^nz
i i
20
un
und Yorwuadört schüttalte er den Alton und griff nach den
Rfind^n, dl3 eiskalt waren. Als auch Jetzt kein Welchen
von: Gro2vater kan, fing r^athias an, laut xu v/einen. Das
laute Schluchzen brachte den 5rud'ir Fritz herbei, der so-
fort nach den: Teter lief, war es ihm doch klor, daS der
Gro»:vet8r tot war* In der Aufregung und den Trubel, der
durch den Tod heraufbeschvror^in v/ar, 'tvar Mathlas verfer-
sen* Kie'aand hatte zur Kenntnis gencranien, &a2 er der
ISntdecker der schrecklichen '^eberraschuac gev^esen v/ar.
Zr saß in der Küche an Boden, schaukelte hin und wider
d ^A^elntc leise vor rieh hin. Denn saf-te nan ihti, daJ
der '^-rc::vfUer penz plöt-ilich In der Tracht gestorben sei;
a::. ^r-chlap/' sa^te I/innc. In Cro3vat.?.ra .lli^ir.er rinp.en
viele y.enachen ein und aus; er selbst durfte nicht hin-
ein. Sines spS^ten T-^?=^ ehr it taps karr.en eechs schwarze Mt;n-
ner, schwarz ,?eklcidet, tr.it schwarzen Hüten, aber nicht
im Gesicht. L'ie tru/^en den J^chwarzeri 3arf: hinaus, in
dein sein Großvater Isp. 3eire I'utter Bsrte ihrr. zun
Trost, dat seincsGroi. vaters :eele zun 3tarn ain r'irjiiel g«-
worden v;ar, und sie zeigte ihr. aopar diesen .^3tern. lir
pleubto zbi^.evni daran und -/rurce ein stillet^, vcrsichtif.aa
Kinci, das enfinr, sich für Gott und den Flimmel zu in-
teressieren.
i i
21
III
Die üoresnatuaden --nit ihrer Kranicenheusroutine
verp.lnt-on heute nur sehr langsara für i.ethias. Sr r^ui-
t9 noch den leUten Beauoh seines Arztes abv.fcrten,
nachdem alle atrlfea Einzelheiten der Stiquette einer
Entlassung eus dea Spital beobachtet worden waren. v.Sh-
rend er auf den Kollcp^en wartete, -.Yandartcu seine Gedan-
ken hin und her von der nehen Zukunft iur Yerranrenheit.
Bald würde Charlotte ko.iiraea, u:i ihn abzuholen; sie lle:::
sich dieses Verp.nÜA-en nicht nel-aaea. Sie v^oUte ihn zurück
in ihr Haus führen, das sie eicher zn seinani ^^pi>^nv fest-
lich hDrf^Drichtet hatte. L'r kcant'3 die Af-.osphMre an^e-
noh..! vorausfühlen und -seh-.n: die Blu:.ou in allen ZlnLxern.
besonders aber in seine:a Arb^itszii..:er. der p«stliche Duft
einoD Rutsn Uahle.^. das rait gröl^ter oorgfait von Charlot-
te seinen Yorliebeu geruliß. enfecehan und von der Köchin
zubereitet oein würde. Er stellte sich das sar.fte Licht
in soiaea Arbeits-/.imr^er vor. die mit Buchern bedecVten
■.VSndo. seinen Gchroibtisch. auf der., obGleich nicht ein
3täubchen zu sehen «ar, doch alles ^enau so lag. wie er
es vor sechs VJochen vsrlasoen hatte. Sein !v:anuskript
war an der Stelle aufgeschlagen, v.-o er aufgehört hatte,
zu schreiben. Er wUrde nun diese Arbeit v/ieder in An-
22
griff nehmen^ wShrend der kornraenden Schonungsparlode,
die er für ßich als Ferien bozelohnete. 2r kourite sogar
hoffen, diese Arbelt bei deu nSchsten v/lssenschaf tlloheu
Kongrees, der In drei ^.onatea stattflndsn sollte, salbst
Torzutragen* V/Shrend seiner Ferien, v/ean such nicht so-
fort, gedachte or auch sein eigenes Spital und sein La-
boratorlura zu besuchen, 3r ir:u2te un^vlllkürlich lächeln,
als er an seine Kollegen dachte. 3ie hatten wohl alle
erwartet, daas er sterben Vtürde, besonders aber derjeni-
ge, der ihn Im Hang an nächsten stand* ;?er hatte v/ohl
heimlich schon ausf.erechnot, v;aan er den Lehrstuhl, den
L:athies seit sc vielen Jahron sn der Universitüt inne-
hatte, einnehrien v;Ürdo. 3r h^ttt^^ sich ^lt- so entsetzt
gezeigt über :-:ethias' plötzliche IrkrankiL«!?:; aber ver-
denken konnte inan es 1ha doch nicht, dal' er uit beiden
Auf;en nach der sicheron und ehrenvollen Ctellunr* harüber-
bllnzolto. Auch alle die anderen, jünp^r'^r: ^'olle^en i^ioch-
ten wohl £chon elfrir.e Berechrunfr^n untorelnandor ange-
stellt haben In bezug auf die Verschiebung: t^r .•nstellun-
gen, die Inraer einer freiwerdenden ordentlichen I rof es-
sorstelle folgten, "^oie enttäuscht sie alle sein v/crden,**
dachte T-öthias und konnte sich einer £ovvissen Schaden-
freude nicht erwehren. Br hatte ihnen allen ein Schnipp-
chen geschlagen. wSle hatten seinen Tod so sicher aneoncm-
men, und hier war er qulcklebendljr und bereit, bald die
•*\
Z5
ZQgel wieder In seine Kand üu nehnen. Vielleicht aber
waren sie auch wirklich sehr erschreckt und ehrlich uia
Ihn besorgt gowesen, besonders einige von den ganz Jun*
gen llltarbeitern, die Ihn verehrten und noch viel von ihia
z\i larnan erhofften. Mochte es für sie nicht eine p;ro39
heitere Freude oeln^ ihn nach diesem wSciirecken wieder
lebandlg unter Ihnen z\x sehen? Fast so, dachte üathlas,
wie in seiner Kindheit ar. liear, als er selbst noch nicht
schwlinnien konnte, j^ ßc^ar eine f^evdsse Scheu vor den
herelnst^r^enden \Vellen hatte unc» die Slteran Kinder ihn
darait neckten, dalS sie •'toter LIann'» spielten; sie laftton
sich flach auf d-^n Rückan und Heren sich, selbst ^enz
biwefunrslos, von c^.a //ell^>n trar.en. cln^rstvoll, pmt bis
zu den v-adf^n i^i \esB3r steaend, h^utt^ er Ihnen zucaschaut,
und er '^'o.v irrjr.er wieder unpomein erleichtert und glück-
lich pevvesen, v^'enn seine aeschv^/ister sich Miea-i-r aufrich-
teten und sich als hsrucasprin^ende und löri^iende >:obolce
In ihrer p-ev/ohnllchen und ihnen anreMesseren Netur zcie-
ton. iieute wf>r er "der tote uanc.^'' der zwar nicht harun-
eprlnpen, aber doch* ^u^aindest wieder uni-ehaxrxit e^^hon und
sich bev/eg;en konnte.
Südlich kan der Kollege, der ihn noch eiuraal un-
tersuchte, und nachdem er ih^ bestlnnte Verhaltunr.smaß-
nahmen vorf^eschrleben hatte, die Llathlas fast alL^ spawlg
empfand, nlt besten Wünschen und {IBadeschütteln als weit-
24
gehend gebessert nach üause entließ, Kelter verabschie-
detö er sich von den anderen Ärzten und den Krankneschwe-
Stern« Hrwartunesvoll und etwas ungeduldig ließ er sich
mit Charlotte zusaiinion In iahrstuhl hinunterfahren, Kest
Jugendlich glnß er oeinor Frau voraus durch das groCe
i'Ortöl des Krankenh&uses, durch das er vor nur sechs .;o-
chcn bevm.^tlo3 hineln^otraGön worden v/ar. Welch eine
glückliche iluhe hat er in dieser ^eit hier gefundonl
nichts konnte ihn aehr erschrecken oder überraschen^ da
er der Zukunft v/issend entbegenging.
TJebernütig wandte or sich uu nach Charlotte, utx
ihr öin paar heitere Vorts '^a^urafeii, *jerädo ala '-or die
Strauße üborauerte, u--: zu d-^a auf ihn v^urtonden M'aron zu
eelan.};on, ::;r hatte in seir^er fröhlichen Launo daoei v/o-
der nach rechts noch links pesehen und so nicht be:;ierkt,
da: sich das Verkolirssignal peiindort hatte, .'^in schnell
fahrendos /.utonobil stiei; ihn nieder und soliloifte ihn
ein putes Stück, Veit, weit entfernt hörta er ein seit-
saiaes Krachen und Knirschen; ein Hinauf- cnd liinuntor-
7/C{^an machte ihn sch^vindlig und seekrank. £in unbekann-
ter unortriißlicht3r üc.'iiuor^ raubte ih:a fust die Besinnung,
und in jäher Tjehorrasohun^ sah er ein fremdes Gesicht sich
über ihn beugf^n, ein Gesicht^ das, der I£ode^ entsprechend,
glatt rasiert v;ar, Dann schlo:3 er für iuiaer die Augen,
DIE USBSRRASCKIII^G
Vlnalhaven 1955
">
•^rwB«^» ^N^
Mathias war nie In seinem Leben so ruhig and
glttcklich ße-A©89n als In diesen le taten sechs v.ochcn,
die er im Krankenhausbett verbrachte. Die tiefe Cebor-
zeugung seines Lebens, seit den jungen Jahren seiner
Kindheit, hatte sich ihn bewahrheitet. V/issen, so hatte
er schon als Kind gedacht, war Schutz e^gsn plötzliche
Gefahren, deren grö2te und schreckllchsto der Tod ist.
.Veit- man. 7/as ia üsnschllohen Körper vor sich geht, kennt
-
man seine ihysiolORie und Anatonie und olle ^.inzelheiten
ihres gestörten Verlaufs, dann und nur dann kann nan ei-
cher sein, daS der Schrecken des TJoberraschtwerdene einen
nicht übervi'ültict. So v;ar es euch vor sechs Vochen, als
er an seines: fünfzigstan Geburtstag die bedrohenden dei-
chen eines ersten Herzanfalles erlabte. Da er ein be-
deutender Eerzspezialist war, erkannte er sie sofort
und war so Herr der Situation, daß er seiner Frau Char-
lotts .•.arnung und Amveisung geben konnto, bevor or des
Be-ftußtsein verlor, iwar waren die daraur:folg.5ndon Tage
und Wochen, nachdea er erwaohond ia Krankenhauszimaer
Charlotte und eine Krankenschwester an seinea Bett olt-
zend gefunden, voll körperlichen Leidens gewesen. Trotz-
des war das tiefe GlücksgefUhl und die geistige Ruhe
2
ela köstliches Srlebnls» Er war angstlos, und wenn er an
den Tod dachte» so erschien er Ihn als etwas Bekanntes,
etwas, was er gerade, wenn auch nur In Form einer Probe,
schon durchlebt hatte. 2r konnte nilt Interesse den tüg-
lichen Berichten seines Kollegen über den Fortschritt
seiner Genesung lauschen und alt ihm besprecben, was sei-
ne Lebenserwartungen waren. £r konnte FlSne naohen in
Bezug auf ein künftiges aeßlmen und seine elßene wissen-
schaftliche Arbeit; barechnen, wie weit etwa er seine
Forschungen beschleunigen oder elnschräniien müsse, uia vor
seinen zu. errechnend -3.1 Jinda noch gewlsso ?.esultate au er-
reichon. Sr dachte nit oär^e und freundlichen Gefühlen
an Charlotte, die durch fast zwanzig Jahre iha eine so
herzlich gute Gefährtin f'ev.esen war, und dass er sie
wohl ver3or£t zurücklaosen würde, selbst wenn er nicht
vbllig die ihm noch zustehenden zehn Jahre leben sollte,
so wurde sie vor Kot geschützt sein. 2r hatte keine
Kinder. Früh schon hatte er diese Fra^e entschieden be-
antwortet: Schwangerschaft, Geburt und Aufzucht von Kin-
dern war ein Risiko, das nicht berechnet werden konnte
und zu viele. Ueberraschung.en ait sich trug. So war es
ihm lieb gewesen, dass Charlotte nicht darauf bestand
und ihr Lebensziel darin sah, irathias« Taseln so ruhig
und störungsfrei, zumindest zuhause, hinfließen zu las-
sen «18 es in menschlicher Macht stand. Hathias dachte
•>
mit Dankbarkeit an die Jahre Ihrer Ergebenheit und Traue,
die es Ihm ermöglicht hatten, sich ganz seiner Arbelt und
eelnen Studien z\x widmen und ihm allaa Getüinmel und alle
Unruhe fernhielten. Er hatte Charlotte seit ihrer genein-
aacien Kindheit gerne gehabt. 3r wußte von ihrer Liebe
2U ihm seit Jener Zelt als sie beide, etv/a sechsjährig,
zusammen auf der kleinen V.'iese vor der Kirche spielten
und Charlotte aus GSaseblünchon einen Kranz machte, den
sie dem Gespieion um die Stirne legte. Sie hatte ver-
zückt still vor ihm gestanden und aufseufzend gesagt:
'•Du siehst aus wie der Engel.'' Kr konnte ä^en Znf:ol^ auf
den sich die kleine Lotte boisoe. £r v^ar in seinem eige-
nen Bilderbuch zu sehen; beide Kinder hatten oft zusaxr.-
men das Dild angeschaut. 3r fand den lingel auch schön,
»
konnte aber nicht g^nz Lottes Liebe zu ihm teilen. Sei-
ne eigene starke Liebe gehörte einer anderen Gestelt in
demselben Buch: Das v/ar Christus im langen weiCen Ge-
wand, mit einem Spitzbert und einem strahlenden Kelli-
genschein um das Haupt, der gerade den vorher toten La-
zarus zum Leben erweckt hatte. Auch ein ähnliches Bild,
das Christus in gleicher Weise aber mit Jelrus Töohter-
chen darstellte, hatte üathlas sehr gern. Jedoch keines
der anderen Bilder gab ihm das Gefühl tiefster Liebe und
Ruhe, das er beim Anblick der Wiedererweckung von Lazarus
hatte. Charlotte aber liebte den Sngel, der mit gezüeir-
-">
texa Schwert vor den Eingang zum Paradies stand.
Jetzt, in Krankenhauszlnaer, Ici Batte llegond,
als er am frühen L'orgen die Sonnenstrahlon durch die zu-
gezogenen Fenstervorhünge mehr erriet als wirklich sah,
dachte üatblas an Charlotte als kleines liödch-cn, und
daran, da3 er wohl Inner gewußt hatte, daß er sie hei-
raten würde, war er doch Ihrer Liebe so sicher eev:esen
und ßo sicher, dai nlt ihr und durch sie nie ein er-
schütterndes, unvorhergesehenes .'jlrolgnls Ihn treffen
würde. Sic hatte es selbst so 5e;vollt, diesen Verholt-
nis zu Ihm. Sr wuSte euch, dase er l-jiner für slo der
^:ngel geblieben war, d^r den ::lngang zun Paradlos nlt
deni 3chv;ert abwehrend bewachte. Nur einen kurzen Augen-
blick war das Paradies unbr^'acht gewesen. Das aber v/ar
nicht für Charlotte geschehan. Das geschah, bevor er
Charlotte geheiratet hatte. 2r war seit selnon JUng-
lingsjahren ständig auf der !Iut gewesen vor deni Chaoti-
schen, worunter er auch seine eigenen schwer zu beherr-
schenden LiebesgefühlQ zählte, llit eiserner Disziplin
hatte er sich zun otudieran und Arbeiten erzogen. 3r
hatte schon früh erlebt, an sich und an anderen beob-
achtet, volch unheilvolle, überraschende Folgen entste-
hen, wenn man seinen Gefühlen freie Bahn gev^öhrt. Die
Herzsch!::3rzen Jetzt, die durch den Verschluss der Kranz-
gefSBe hervcrgorufen waren, waren überhaupt nicht mit
denen vergleichbar, die er zuu Beispiel erlebt hatte,
als er zwölf Jahre alt war. Noch heute, wenn er an die
Erfahrung mit dem uwrf ahrenen Kund dachte, krampfte sich
sein Herz zusaiüir^en. Er liebte Tiere, besonders Hunde,
deren es in seinen Hause Inyaer einige gegeben hatte ♦
Einmal ging der zv;Ölf Jfihrlge llathias auf der Hauptstraße
des Vorortes, In daa er wohnte, spazieren und beobachte-
te bewundernd einen Jungen oetter, dar vergnü£,t h^^rum-
spranß, 2r war anscheinend ohne Segleitung, jodonfalls
war nler^nd auf der Straße, zu dea er zu gehören schien«
Plötzlich öur!3h irgend et-vas auf der andoron Seite des
Fahrdeniiiies angolockt, rannte der T:und über äi3 oträ2e
und gerade vor eine 5traJo>ib^ahn. Dar Koadukteur koante
den V/agen nicht schnall ftenug brezüsaa, und das arne Tier
wurde überfahren • Es stie3 einen schrecirllchaa Jchrei
aus, dar Mathias durch alle Ilnoohen fuhr und ihn einen
Augenblick lang vor Angst lähnto« Dann aber rannte er
In wenigen Sfitzen zu der Stelle des Ungltloks* Ein klei-
ner l'enschenhaufen hatte sich angesömielt ura d-3a Hund,
der blutend auf der 5:tra2e Is?. zlr war nicht tot; er
winselte und schrie • Niezuand von dsa üinstehenden nach-
te Anstalten, dea ?ler zu helfen* üathias, der»i die Trö-
nen ttber die Backen liefan, stieß die Leute zur Seite,
kniete bei d^^G armssligen Geschöpf nieder und versuchte,
es aufzuheben* Es war zu schwer, Ilietaand half Mathias
••^
bei Beinen BenUhungon, obgleich er flehte und bat. Sohlleß-
lieh, er wußte nicht wie, gelang es ihm, den Kund auf ßelne
Arme zu nehmen, und verzweifelt oah er sich ura nach freund*
llcher Beratung. Jenand nannte den Kamen und die Adresse
eines Tierarztes, nicht allzuweit entfernt von der Unfalls-
stelle. Allein, mit größter Anstrengung, die er aber in
seiner Erregung nicht spürte, trug er den Hund zu den Haus
des Tierarztes. Dieser, ein wohlgepflegter Herr in niittle-
ren Jahren, mit einer Blume in Knopfloch, war gerade von
einem Besuch nach Haus3 gekoar^en. Al3 er den erragtan Kna-
ben mit deni verwundeten Hund sah, zeigte er sich zunächst
eifrig und freundlich. Kau?i aber hatte er dia Unclüclcsge-
schichte gehört, v.urdc er unintereosltirt und v/slgrerte sich,
den ernen Tier Hilfe zu goben, aussen Sesitzer unbakannt
sei und da er für seine BeraühUi^gen der Bezahlunr nicht
sicber waro. kathias, dösseii Äitleldifios, scbr.erzsndes
Eerz oinea Augenblic'tf lang Beruhigung spürte, v;ar durch
dieses herzlose Verholten des Tiorerz-tss so erschüttert,
de;: er Eilt aller :>:&cht Regen ein Gefühl von üeokrankheit
und Brechreiz aak£r-i>fea mußte. Sr brachte os dennoch fer-
tig, den- Tierarzt davon zu reden, äa£ sein Vater, döS53en
Naaen, Adresse und Beruf er aneah, für dio Kostan euteto-
hen würde. Erst nechdom sich der Tierarzt telephcnisch
die Versicherung von i:athias' Vater geholt hatte, wandta
er sich dem ßohon fest verbluteten Tier zu. Der Kund er-
lag am Abend ssinen Vorletzuneen. lÄSthias war einige
Tage lang krank an Körper und Seele • In seiner Fanille
aber wurde Mathlas noch lange 2elt von den Geschwistern
und dea Vater geneckt, v/eil er noch nicht gonuf? .'elt-
wissen erv/orben hatte, die ünbarrJtiersicltelt seiner lllt-
ßienschen vorauszusehen. 3r lernte aber und verstand es
bald, sein eigenes Kerz vor Überraschenden Verwundungen
zu sohtttzen« Nicht aber f^egsn kenete. Als dreiClgjSh*
rlger verliebte er sich in sie, ohne zunSchst ssinen
6if,enon Gemütszustand ernst zu nehr.en. 3l3 war so gar
nicht der Typus Frau, deren über/;Sltie-3ridea Sinfluw. er
Irrner ?:efürchtet hatte. Die ihr ei^ono Anzishunf.sVrraf t
war eher in der Abv/esenheit alles Auff slln:;don f.elegan.
' Sie war still und fre.r.d und doch nerlr/rtirdif: b^Vian^.t. iir
nannte sie elmial im Scherz Jairus' Töchterlaii. Sie
lebte für sich, obgleich sie sehr Junf; war; v;ovon, konn-
te er nicht erraten. Sic solbst, wenn er 7raf;en dies-
bezüfjlch stellte, scherzte übor öle ^Lili-^n ici Felde"
oder die n^ÖP-lein in Valde.'' Als er sie eine ISn^are
Zelt, da slfl krank war, nicht sehen konat^i, vmr5e er
sich das allbeherrschanden Gefühles für sie bewuCt. Sr
mußt© Ihr nahQ sein, und sie erlaubte seine AnnSherua-
gen. Dann kam das 3ndo, des er In salaen Zustand der
Leidenschaft nicht einmal bedacht, visl weniger voraus-
gesehen hatte. Als er ihr, hingerissen Ton dea 3rleb-
. *\
nl8 einer Naoht, die 2he anbot ohne Zögern^ beroit^ alle
aeine klugen, wissenden Vorsätze zun Teufel zu schicken,
lehnte sie ihn niit kühlem .Erstaunen ab und bekannte sich
völlig unfähig, sein*5 Gefühle zu erwidern oder auch nur
die Beziehung ua oine Nacht zu bereichern. In ihrem lei-
sen Lachen klang länget vergessenes schadenfrohes Lachen
aus der Kinderzelt alt. Sinigo Tage später hielt er ua
Charlottes Hand an* 3eitdera war sein Leben in ruhigon
Bahnen dahingeflossen* Ss gab kein laradies, aber auch
keinen Erzengel mehr, der einen plötzlich daraus vertrei-
ben konnte, Jahre vergingen, die llathlas in seinen For-
schuni^rsarb^iton verbrachte.
II
Mathias erv/achte sehr früh; der L'orgen dä^anerte
erst.- Sr lag sehr ruhig, un nicht die Aufmerksamkeit der
tflegerln auf sich zu ziehen. 15r wollte das glückliche
Gefühl der Stille genießen, das die eifrigen fragen der
guten Krankenschwester nur stören mochten. Der anbrechen-
de Tap. war bsöeutunssvoll. Heute durfte er das Kranken-
hRUS verlassen. Er würde sich noch eine Zeitlang scho-
nen BxQssen, aber er brauchte eich nicht luehr als krank
odar invalid zu betrachten. Nichts durfte nun seiner
. ^
RUokkehr Ins t&tlf^^e Leben entgef:en9t9hen« Eine leichte
Beklemmung befiel Ihn bei dem Gedanken, daß Irgend etwas
Unvorhergesehenes geschehen könnte. 2r muSte lächeln,
als er sich bei dem vVunsoh ertappte, -- wie es wohl frü-
her In unbev/öchton lioiaenten auch geschehen war, -- Gott
in kindlicher s/olse anzurufen. Er erklßrte diesen klei-
nen Rückfall nlt der noch bestehenden körperlichen Gchv/ä-
che. Sein Klnderplauba an Gott war zerbrochen zur ielt
der Episode nlt derr; Hund. Das v;ar eine schmerzhafte
Zelt gev/csen, in der sein Bruder Rolf eine wichtige Rol-
le gespielt hatte. Reif war für ihn Inmer der grolle be-
wunderte /»Isser gevrfosen* Er war sein angebeteter Hold
geweson, als üathlas noch ganz klein war* Ur konnte
Geschichten erzShlen und wußte über freade Lfinder und
Völker viel, viel nehr als Minna oder sogar Mutter. Auch
machte er Verse« Venn Rolf bereit war, alt elnera zu spie-
len, nahn nan sogar seine Neckereien in Kauf, Aber es
hatte auch raanche 'Erfahrungen disllluslonlerender Matur
nlt dera gellobten Bruder gegeben, die Mathlas tief trafen
und seiner £ntv/lcklung dienlich waraa* So zun Beispiel
der Vorfall mit der Schokolade. Rolf war ein gieriges
Kind. Nleir*and trug ihm das Je nach, da laan ihm seiner
vielen guten Gaben wegen Vieles zu Gute hielt, üathias
hatte früh gelernt, daß r.an den Genu2 von Süßigkeit ver-
ISngern, Je sogar steigern konnte, wenn luan das einem zu-
geteilte Stück Schokolade in kleine Stückchen brach und
10
nur von Zelt zu Zeit eins dieser Stückchan aß. Dann
relohte die wunderbare SQülgkoit durch lange Stunden des
Tages. Uathlao hatte ein paar Mal schon diese Erfahrung
gemacht, Ja er hatte sogar, nachdec: er eins dieser klei-
nen Stückchen gegesßen hatte, den Rost der 3chokolede In
einer Schublade vor sich seibar versteckt, un so der Ver-
suchung, welter zu naschen, zu entgehen. Aa Abend konn-
te er dann trluaphiorend den Ulteren Geschwistern zeigan,
daß er noch lia Besitz dos ersehnten Gutes ^ar. iVle ver-
wirrend und denütlf^end war es dann, als boir: nSchsten llal,
da er 'bieder seino versteckten Jchokoladoastückchen her-
vorholen ^vollto, ev entdeckte, dai? sie nicht iT^shr da wa-
ren. Dazu mußte er dann noch das ICecken von Rolf Ubar
sich ergehen lassen, der stols orzKhltc, dai er die Jcho-
kolade erspOrt und ge^-essen habe und rdch weidlich Über
den vertreuensseligen duornen Bruder lustig nachte, der
doch selbst verraten hatte, v/o er seinen Vorrat verbarg.
Auch knüpfte Rolf eine moralische Lehre darein über Geiz
und Habgier, und 2'athias enpfend seine eigens ÜnzulSng-
llchkelt als ßehr beschSnend« So lernte er, seinen Bru-
der Rolf frelvdllig inuner den Rest seiner eigenen Süßig-
keiten zu gebei'v, selbst wenn dieser Rest der gröu>ere An-
teil war* Dafür tauschte er das Bewuiitsein ein, ein an-
ständiger iiensch zu sein, wofür er Rolf dankbar war. Auch
war er ihm dankbar dafür, da2 er so viel über Gott vaißte,
als wBre er ganz persönlich und eigens alt Ihai bekannt.
11
ganz anders als alle anderen Kinder. Ale gerne lauschte
Kathies^ wenn Rolf von Gott und seiner Güte und seinen
Forderungen sprich» Er wüßt«, welche Gebete am nütz-
lichsten und wchlg«3ffilliRSten waren, er konnte Talisnane
herstellen, die einen beschütiiten, und schlloUlich lehr-
te er den kleinen Bruder das Vater Unser, da er die Kin-
dergebete für duani und unwirksam erklärte • ilathles ließ
sich nur zu gerne von Rolf In seinen an und für sich
schon keimenden Gottecglaubon unterstützen, Zweifel,
die manchmal aufkaraen, konnten abgev^lesen werden mit C.eui
Hinwels auf Rolfs starken Glauben* Rolf au£td es Ja wis-
sen, da er so viel, vielleicht sogar alles wui'te* AI?
ilöthlas zwölf war, um die ^eit der Hunde-Jpisode, benork-
te er eines abends, daß Rolf nicht betöte, '^r flihlta
sich verstört, aber beruhigte sich danit, dali e3 ein
Zufall gewesen sei. Aber er machte die gleiche Bocbech-
«
tung an den folgenden Abenden, und schliei-tlich fragte er
Rolf nach den Grund dieser Nachlässigkeit, ..'as er zur
AnUiOTt bokiis, erschütterte ihn sehr, dena Rolf klarte
Ihn darüber auf, dai?« es keinen Gott gab, tlr konnte des
Nachts nicht einschlafen, als er den Rat des Brudore
folgend das Beten aufgegeben hatte. Diesmal v/ar er nicht
sicher, ob der Ältere wirkliches wissen besaß, oder ihn
nur zum Besten hielt. Doch das Srlebnis lait den den über
fahrenen Eund umstehenden, erbarmungslosen tlonschen und
-N
12
alt dem Tierarzt eatsohled diese Frage für Ihn. 3r
fühlte öloh kalt und unbasohützt. He war ein Gefühl,
das Ihn an ein klelnea Lied orinnerto, das sein Groß-
vater — oder war oo Itinna — ihm vorzusineen pflegte,
und das Ihn Inner mit re3ie;nlorter Traurigkeit erfüllt
hatte«
Christinchen saß Im Garten
Dae Unglück zu erwarten,
Denn sie hat schon iia Traun gasohon,
Daes sie Im Rhein rauß untergehen • —
Sie fuhr über eine Brücke,
Die Brücke ßinß in Stücke,
Christinchen fiel in den Rhein hinein
und hörte dort die ^incelein.
Eigentlich hörte er dioses Lied nicht göroe und
dachte auch nicht gerne daran. Denn cbploich Christin*
chen durch den Traun von ihreic Schicksal varstfindigt
worden war, war sie auf den liinbruch der Drücke doch
nicht vorbereitet gewesen. Und was das oinpen der 2n-
ßolein anbelangte, so konnte sich üathias beim besten
Viillon nur sehr traurige Lijder vorstellen, etv;a sol-
che, wie die i^utter sie ihui nanchnal vorsanc, und die
ihn rer.elnSiBlr, zviu v/einen brachten, obgleich par keine
üeberrasohuncon in diesen Liedern für ihn vorhanden wa-
ren. Sr kannte sie schon alle auswendig.
So v/elt er zurückdenken konnte, waren es iinraer
Ueberraschungen Rev/esen, die sein Leben verbittert hat-
ten, besonders in seiner Kindheit. So hatte er schon
13
als kleines Kind eingesehen , da3 v/lssen die einzige und
mäohtigste t^affe war ßogen Ueberreschungen, Als er unge-
ffihr drei Jahre alt war, wohnte er In einem groiion sonni-
gen Haus, das in einecn schönen Garten stand. "Sr war das
Jllngste Kind. Lle Siteren Schwostorn und Brüder kCLLmer-
ten sich nur um ihn, un ihn sein Unwissen auf die erfln-
dorischste Art vor2.uf Uhren, oie konnten einfach davon-
laufen, wenn sie ihn genUcand gonecfet hatten — für in-
mer, denn er, der nur kurze, kleine 3eine hatte, war
nicht fähig, sie elnziuholen, wie sehr er sich auch an-
strenf^en mochte. Sie hatten ihre eigenen Spiele und Ver-
gnügungen, und wenn cie ihn daran teilnehmon liefen, so
war es nur iizxer zuni rJch3in. Trsendelno schreckliche
Ueberraschung nachte regalmSssig diesen; .':'ichein ein I^nde.
So zua Böispisl, eis die Birnen iiu ICachbargarten reif
waren, und die Korde der Sltoran Geschwister (es waren
nur vier, aber für L'^^thlas waren sie uaanlgfeltig wie
die römischen Legionen) beschlcC^, über den ::aun zu stei-
gen und die herrlichen grol'en Birnen, die so süT! und
saftig v/aren, zu stehlen. Er war bei dieser i?eratung
anwesend und fühlte sich grci-'artig mit einbezofr.en im Rat
der Großen. Sr sah sich auf den; Baum, auf den höchsten
Ästen und stellte sich vor, wie dankbare /j^arkennung zu-
semmen alt der sülien r'rucht sch.-necksn würde, die er in
die ihra entgegengestreckten Kfinde der den Baum umstehen-
den Horde werfen würde. £r sagte auch laut zu ihnen,
14
was er zu tun Im Sinn hatte , ond sie nabmen es freund*
lieh erraun ternd auf. Sie rannton darauf davon, Kathies
mit Ihnen, zum ^aun, der den Nechbargarton utagab. Schnell
und leicht überstieg die Horde dieses Hindernis und war
schnell auf der anderen Seite und schon belu Birnbaum.
Armer tlathlasl Die üeberraschung kam, er blieb nit sei-
nem Höschen an Zaun hSnf.en: zwischen Illnuael und 2rde
schwebte er, und statt des Jubeine der dankbaren Ge-
schwister hörte er Ihr höhnisches Freudengelfichter. So
hing er und schrie und weinte durch Ewigkeiten — zumin-
dest ein paar endlose Minuten; endlich kara die Befrei-
ung In G?23talt seiner r.iuttor — ein F.ngel Gottes wSre
Ihia lieber gev/oson, denn der hätte ihn nicht auch noch
gescholten und bestraft. — Oder des andere L'al, als
Ihm sein Bruder Rolf einen lieblichen Keks anbot. Zr
biß sofort hinein -• und os war Seife. Das war nicht
das Schllraniste. l'an mußte wohl dem älteren und bavmn-
derten Sruder solche ^LugcstSnänisse machen. £s war wohl
in der Ordnung der VTelt, daß die I/.ehrwlssonden ihren
Speß mit den Unwissenden trieben. Aber das zv;eito Mal
hätte es nicht geschehen dürfen*. Das war entsetzlich
krBnkend gewesen. Sin paor Tage nach der ersten Sei-
fenepisode wiederholte sich der Spuk. Diesmal war Ma-
thias so klug gewesen: er war nicht blindlings darauf
hineingefallen. Er hatte tiefe Gedanken gehabt^ voll
15
unbezwingbarer Logik: da3 nun äoch der Bruder Ihn einmal
hineingelegt hatte; er tauSte also annehmen, daö Mathias
gelernt hatte aus dleseni Erlebnis und konnte Ihn nicht
nur für eo unvorstellbar durjü halten, daß er ihm noch
elntsal auf den f.lelohen Scherz hineinfallen würde. Also
mui2t3 es ein richtleer Keks sein, 3o biß er vertrauens-
voll hinein — und Ueberr&schune'. — es war wlader Seife.
Diesmal weinte Mathias, da nicht nur seine 2hre, sondern
auch sein Vertrauen a;a eigenen Danken erschüttert war.
So sehr er eich auch übte, die irelgalsse vorauszusehen,
es geltine Ihn: nicht. lUnna, das y.ödchen, drohte 1ha mit
den schwarzen iiann für Irgendeine Uebeltat, sie zeigte
Ihffl sogar die ^essln^tür ani KÜchancfon, durch die der
schwarze :.'.ann koraen würde. lür glaubte kein v;ort davon.
Kr wu^ite, es gab keinen schwarzen 'u'ann. lin paar Tage
darauf lautete es an der Haustür und V.athlee stürzte
hinzu, Mti sie zu öffnen. Drauien stand der sch'rterze
Hann, nlt hohes schwarzen Kut, einem Reifen In der Kand,
rollte seine Außen und zelßte gröbliche weliie z.öhne'.
Kathlas verkroch sich unter dem Tisch, natürlich lernte
er später, unter deni Gelächter der Mutter und der Ge-
schwister, da£ es der 3chornstelnfec<5r eewesen wer. Aber
konnte man das glauben? Sie niochten wieder ©Innal Ihm
Dlnee erzShlen, die dann später sich als unwahr heraus-
stellten. All dies waren Erlebnisse, die nur den Boden
16
▼orberelteten für dlo entsetzlichste Ueberrasohung In
seinen Kinderleben.
:iu jener Zelt seiner Kindheit lebte der GroSva-
ter bei Ihnen Iq Kouse. Der war ein wunderbarer alter
Mann und Spielgefährte, ür liebte den Kleinen, als den
Jttnesten, der bei dem alten llann blieb, wenn alle ande-
ren Kauseenossen sich andarswo tuimelten, ihren Geschäf-
ten nachgingen, worunter euch der Schulbesuch der älte-
ren Kinder elnbefrlffen war. Der alte llana war einsam.
2r hatte vor kurzen saino Trau verloren, nun lebte er
beim 3ohn und der Schwiegertochter. Ue waren gut zu
lh!Q, aber sie wußten natürlich nichts von dsM Alloin-
sein des Alters, von der tiefen Sehnsucht nach ^ürt-
llchkolt, nach dera Gewiegt- und Boscrgtwerdcn, nach dem
Cefüttertwsrden und dan alten Klnderliedorn. Der kleine
Mathlas war der rlchtlf.s 3piolr.efährte, denn wenn er
auch nicht die helaliche Sehnsucht des Grci?.vetors erfül-
len konnte, so konnten sie Jedenfalls all des Begehrens-
werte in Spiel und rait wechselnden ".ollen geschehen las-
sen. Sie konnten einander füttern, beim ;\nziahen und
Waschen helfen. Sie konnten zusam^^en zur L'.usik der "Hof
musikanten" tanzen, und er konnte den Kind all die ei-
len kleinen Lieder singen, wenn er ihn auf seinen Knien
schaukeln liel?. Auch spielten sie Ueberreschung ausa^a-
men, aber Ueberrasohunß. die eine Reeelmftaigkeit gewor-
<L
17
den war, das Zuerwartende und doch Iraner Neue« l'orgens,
ganz früh, wenn alle Andern noch schliefen und selbst
Klnna noch nicht erwacht war, stand Llathias auf und schlich
sich in seines ßroßvaters Zinnier, Die VorhSnge waren noch
zugezogen, aber die oonne schien durch die Ritzen und
schickte einen feinen dünnen Strahl zum großen runden
Tisch in der glitte des ^ianers, der rixif einer schweren
dunkelroton Tischdecke bedeckt war» Das groiia, alte,
braune Bett war auch gut erkennbar und sogar das Nacht-
geschirr unter dem Bett» 3ine Vase mit Blucien stand
auf dem Tisch, auf dam .aschtisch der Krug und die r.asch-
Schüssel, Der ochauic -31 stuhl knarrto ein wenig, wonn .lan
daran ankani, i)or rote DlvdD schaute elnlädönd hsrüber
und erinnerte IJatiales daran, vd-3 er einr^al nach vieloc:
Hin- und Herrutschen auf dieaea jjivan erir.üdst ainGeschla-
fen war und tela. Erwachen nicht etwa seinen Gro-ivatsr,
sondern einen fremden Cann zu sehen vernelata. Sine •
erschreckende Ueberraschungl Es stellte sich dann aber
heraus, daß der iremde sein von einer Uoise zurückge-
kehrter Vater war, der der yode gemäi! sich hatte inzY^-
schen den schönen vollen üpitzbart ebnahtaea lassen und
somit dea kleinen foiabon ein völlif? verändertes Gesicht
zeigte. Aber diese Erinnerung tauchte nur glaichsan als
kleine Kostprobe von anderen Ueberraschungen auf, vrShrend
Mathias die erwartete, und so sicher folgende, voraus-
16
nahm. Er sohllch sich ans Bett dos GroSvaters. Der lag
da mit geschlossenen Augen, schlafend und schnarchend,
wie es sich doch für einen wirklich Schlafenden gehörte.
Er trat ganz nahe heran und streckte die kleine Hand un-
ter das welßo große Daunenkissen, auf deui der Kopf des
alten Herrn lag, 3r fühlte etwas Hartes und 2:or ein Dös-
chen heraus, das er schnell öffnete. Da waren sie, dla
kleinen bekannten Bonhons, dlo so wunderbar nach allen
möglichen Früchten und süi?en Säften schmeckten, Schnoll
steckte er eins In den Mund, Großvater nachts diese Bon-
bons In der Macht für ihn, und Jsdan J;lorgen v/ar ein ge-
fülltes Döschen unter deia Kopfxissaa, ^as war abor doch
noch nicht das t^an^o Verguüjen, Jetzt kam das i'^nde dos
Rituals, ilathlas küwte den alten r.ann auf beide .-iusen*
Das Schnarchen hörto auf ;uit alneia letcitan tiefen Aton;-
zug, dlo Augenlider blinzelten und dar Oroi^vatar war
wach, 'nie er natürlich schon lange gewesen war, und herz-
te und küi;te das sich Überrascht stellende Kind, Mit
solcheai i3öglnn des Tages und solch einem herslichon Groß-
vater war die übrige V.elt erträglich. Lan konnte Fritz
und Rolf, Lioaohen und llarla ruhig zur Schule gehen las-
sen, ohne so schrecklich drincend mitgehen su wollen.
!an konnte Ja fjchule nit Großvater spielen. Vater und
Mutter konnten ruhig axa Abend ausgehen und wohl auch
manchmal äi© älteren Klnäer niltneh:aen, der klein© Hathlas
1«
mit. .loh sicher una wohl, «enn «.r GroET.t.r an s.l-
„^ B.ttchea ..8 und Ih. Mrch.n .rzShlt.. Auch lUnna.
,ehw.r.or Ksn« >:onnto Ib.. nicht, nehr anhaban, hatt. Ihm
4och «er GroBvetcr BUäer In einem Buch gezeigt, auf de-
nen .1,1. .ch.-arze i.;en3Chen «orcn. dl. in Ora.- und B«t-
terhtttten lebten In .Ine,. Land, wo dl. 3onn. so »an.
schien, das alle IJen.chen ean^ natürlich dunlcelbraun wur-
den wie ein guter Braten. 3o war .r auch gar nicht ao
Oberraacht wie seine Se.chwl.t.r. al. er alt seiner gan-
zen ramlll« in eine Ausstelluns in Zoologischen Garten
ging, wo ein richtiges "egerdorf zu sehen war nlt einigen
Kegerfa^lllen. Dein Vlssen hatte schon betrüchtllch zu-
gonorrjneu
Sines I-orceas stand er wie gcBUnlloh
in der
^ A ^4«- -MI Höineii Großvater.
schwelgenden 7rttho auf und glnt -u oaine.i
il, er das ;.l=^.er betrat, hatte er ein Gefühl von /m-
aers-seln. Zr trat an das Bett heran, der Großvater
schlief, aber er schnarchte nicht. Leise nahn das Kind
ale Kleine Dose unter den ropfMssen hervor. =ann stelL
te er sich auf die .Zehenspitzen, u. den alten VM.n «le
gewöhnlich zu Füssen, '.leser regte sich Jedoch nicht
und fühlte sich kalt an. Kun bemerkte Xathlas, daB des
w 1K r.rfnn ßtenden und der i:unä ganz
Großvaters Aupen halb-offon stenaon
^ ^.« «»« ,1a.* fichüchtern eindringenden
offen, und In dem Schininer des scnucnxe
w * ^ot, Mte pßnz blau auo. Verwirrt
llorgenliohtes schaute der i^lte e^nz ux
20
und verwundert schüttelte er den Alten und griff nach den
Efind3n, dl9 eiskalt waren« Als auch Jetzt kein Welchen
vom Oro2vater kan^ fing Mathlas an, laut zu weinen. Das
laute Schluchzen trachte den Bruder Fritz herbei, der so*
fort nach den Vater lief, war es Ihm doch klar, da2 d^r
Grc'vatar tot "Ä'sr. In der Aufregung und den Trubel, der
durch den Tod heraufbeschworen war, war !^athlas verf:es-
sea. Kleaand hatte zur Kenutnlo ßonoramen, da-? er der
Entdecker der schrecklichen T7eberraschuag gev/eseri v/ar,
Sr saß In der Küche an Boden, schaukelte hin und wider
un
d weinte leise vor eich hin. Denn sa^te nan ihn, daß
der C-roi2vf\ter f^enz plötzlich in der Ts'acht gestorben sei;
an **:"chlae/' saf-.ta l'inna. In Großvaters Zlar.er r-if^P^a
viele y.onachen ein und aus; er selbst durfte nicht hin-
ein. Slnes sp&ten >!Rc^l^xlttacs kanen sechs schwarze Män-
ner ^ schwarz ^eklcldet, tilt schwarzen üüten, aber nicht
Ira Gesicht, Die truf^en den schwarzen 3arp. hinaus, in
dem sein GroLvstsr lac* 3eine l'utter sa^te Ihm zun
Trost, daiB S3lr.tr Groi?V2ters r^eele zun 3tarn am Plxniel ge-
T?roräen war, und sie zeigte ihn sopar diesen Stern. Er
glaubte zögernd daran und -/rurde ein stilles, vorsichtiges
Kind, das anflnr, sich für Gott und den Kimniel zu in-
teressieren.
•>
21
III
Die iioreenstuaden rsiit Ihrer Krankenheusroutlne
verglnßen heute nur sehr langßan für i^ethias. 2r raup-
te noch den letzten Besuch seines Arztes abwarten,
nachdem alle übrirea Hlazelheiten der Stiquette einer
Entlassung aus den Spital beobachtet worden waren^ v;ah-
rend er auf den Kollepen wartete, wanderten seine Gedan-
ken hin und her von der neben Zukunft zur Verpancenheit.
Bald würde Charlotte kOMien, un ihn abzuholen; sie lie£
sich dieses Verp,nü/:-en nicint nehiaen. Sie sollte ihn zurück
in ihr Haus fUhreä, das sie sicher zu seineni jjnpfanf^ fest-
lich harßorichtat hätte. 2r kennte die Atmosphäre ange-
noha vorausfühl en und -sehen: die Bluaou in eilen Zitamern,
besondere aber in selnea Arb-sltsiluiiier, der fraatlicha Duft
eines guten Mahles, das nlt größter Gorgifalt von Charlot-
te seinen Vorliebsa geraS^ enfeceban und von der Köchln
zubereitet sein würde. Sr stellte sich das sanfte Licht
in soiaea Arbeit £aini'::er vor, die ndt Büchern bedeckten
;VSndo, seinen Schreibtisch, auf dea, obgleich nicht ein
StSubohen zu sehen war, doch alles genau so lag, .wie er
es vor sechs /lOchen vsrlassen hatte. Sein Kenuskript
war an der Stelle aufgescJilagen, wo er aufgehbrt hatte,
zu schreiben. Er würde nun diese Arbeit wieder in An-
£2
griff nehmen, während der ko/nraenden Schonungspsrlode,
die er für sich als Ferien bezeichnete, 2r konnte sogar
hoffen, diese Arbelt bei dea nSchßten v/lssenschaf tliohen
Kongrees, der In drei I^onaten stattrinden sollte, salbst
Torzutregen» V/Strend selnor Ferien, v?ena auci'i nicht so-
fort, gedachte er auch sein eigenes Spital und sein La-
boratorium zu besuchen. Sr J3:u2te univlllkürllch lächeln,
als er an seine Kollegien dachte. 31e hatten wohl alle
erwartet, dass er sterben ^ürde, besonders aber darj3nl-
pe, der Ihn Im Hang an nächsten stand • Der hatt3 v/ohl
heimlich schon aus^erechnot, wann er den Lehrstuhl, den
Mathias seit so vielen Jöhron sn der Universität Inne-
hatte, einnehmen würde* 2r h&tte sich gar so gntsetÄt
gezeigt ober Mathias» plötzliche 2rkrnnkunF.; aber ver-
denken konnte inan es 1ha doch nicht, daü er alt beiden
Auf.en nach dor sicheren untl ehrenvollen Stellunf:, harübör-
bllnzelte. Auch alle die anderen, Jttnperen rolleren ;Tioch-
ten wohl schon elfrlr.o Berechr.unf;?in unterolnanaor anje-
stellt haben In bszug auf die Verschiebunc der Anstellun-
gen, die Ininxer einer frelv/erdenden ordentlichen I rof es-
sorstelle folgten. '^V/le enttäuscht sie alle sein v/orden,*'
dachte l!öthlas und konnte sich einer ßov/lssen Schaden-
freude nicht er;ivehren. iär hatte Ihnen allen ein Schnipp-
chen geschlagen. Sie hatten seinen Tod so sicher angoncni-
men, und hier wer er quicklebendig und bereit, bald die
23
Zügel wieder In seine Kand z\x nehnen. Vielleicht aber
waren sie auch wirklich sehr erschreckt und ehrlich um
ihn besorgt gewesen, besonders einige von den ganz Jun-
gen Mitarbeitern, die ihn verehrten und noch viel von ihm
zu lernen erhofften, ilochte ea für sie nicht eine gro3e
heitere Freude oein, ihn nech diesem wSohrscken wieder
lebendig unter ihnen zu sehen? fast so, dachte üathias,
wie in seiner Kindheit as liear, als er seibat noch nicht
schwiümen konnte, J^ sogar eine f^ewisse Scheu vor den
hereinstürzenden tVellen hatte und die Slteran Kinder iha
dariit neckten, dai?. sie ••toter lilann'* spielten; sie leftten
sich flach auf den Rücken und llereü sic!i, seiest fanz
bewep:unr8l03, von den ^vell'^n trafen, An.^stvoll, ni:r bis
zu den V'^ädfin i^n -Vasser steiiend, hatte er iir.en zugeschaut,
und er war itiL^er wieder ungemein erleichtert an^^, glück-
lich freweaen, '^enn seine Geschwister sich '»vieder aufrich-
teten und sich als heruraspringende und ISri^snde Kobolde
in ihrer {i:ev/öhnllchen und ihnen anfre.riessepen Netur zeig-
ten. Heute war er "der tote Liann,'' der sv;ar nicht herun-
springen, aber doch ^uiaindest wieder uni:ehe:rx:t gehen und
sich bev/egen konnte,
Südlich kan der Kollege, dar ihn noch eiuuial un-
tersuchte, und nachdera er ihm bestimmte Verh.-altunt^.srriaa-
nahmen vorgeschrieben hatte, die Mathias fast als apai^ig
eoipfand, nit besten Wünschen und Händeschütteln als weit-
24
gehend gebeesert nach Hause entließ» Heiter verabschie-
dete er eich von den anderen Ärzten und den Krankneschwe-
stern* iärwartungsvoll und etwas ungeduldig ließ er sich
mit Charlotte kiusajimon ir: iahr stuhl hinunterfahren. Fest
jugendlich ßlnß er seiner Frau voraus durch das g^oCe
Portal des Krankenhauses, durch das er vor nur sechs v;o-
chen bevmitlos hinöincotraf,en worden war» Welch eine
glückliche Ruhe hat er in dieser Zeit hier gofundenl
nichts konnte ihn aehr erschrecken oder überraschen, da
er der Zukunft wissend entt^egenging,
Ucberiaütlg wandte or sich uu nach Charlotte, um
Ihr ein paar heitere Vorts ^iuiurafeii, t-örade alo er die
Strai/e überq^uerte, uni zu d^r. euf ihn v/art^^aaen ..a^on zu
gelvingon. ;i;r hatte in seiner fröhlichen Laun;j daoei v;e-
der nach rechts noch links pesohea und so nicht bemerkt,
da: sich das Verkoiirssisnal petindort hatte. 3in schnell
fahrendes /tutoiaobil stieii ihn nieder und soxilGifte ihn
ein gutes :stück, ^-eit, w^it entfernt hbrta er ein seit-
saiuas Krachen und Knirschen; ein Hinauf • und ainuntor-
v;o($en machte ihn schwindlig und seekrank. Sin unbekann-
ter unertrJißlicht3r :jch:aovz raubte iha fast die Besinnung,
und in jäher weberraschun^^ sah er ein freradas Gesicht sich
über ihn beugfjn, ein Gesicht, das, der lüodo^ entsprechend,
glatt rasiert war. Dann schloü er für iuaer die Augen»
\
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DIE USBERRASCHiraG
Vinalhaven 1955
Matliift» war nie in seinam Laben so ruhig und
glttokliolx gaweean als in diaaan letzten aecha Wochen,
die ar im Krankenhausbett verbrachte. Dia tiefe Uabar-
«augung seines Labena, seit den jungen Jahren seiner
Kindheit, hatte sich ihm bewahrheitet. Wissen, so hatte
•r schon als Kind gedacht, war Schutz gegen plötaliohs
Oefahren, daran größte und schrecklichste der Tod ist.
Weiß man, was im menschlichen Körper vor sich geht, kennt
man seine ihyaiologie und Anatomie und alla Einzelheiten
ihres gestörten Verlaufs, dann und nur dann kann man al-
ohar sein, daß dar Schrecken des XJeberfMchtwerdans einen
nicht überwältigt. So war es auch vor sechs Wochen, als
•r an seinem fünfzigsten Geburtstag die bedrohenden aei-
chen eines ersten Herzanfalles erlebte. Da er ein be-
deutender Hsrzspeziallst war, erkannte er sie sofort
und war so Herr der Situation, daß er seiner Frau Char-
lotta Warnung und Anweisung geben konnte, bevor er das
Bewußtsein verlor. 2.war waren die darauffolgenden Tage
und Woohen, nachdem er erwachend im Krankenhausz immer
Charlotte und eine Krankenschwester an seinem Bett sit-
zend gefunden, voll körperlichen Leidens gewesen. Trotz-
dem war das tiefe GlUcksgefühl und die geistige Ruhe
I II ^ h -■-' -
i t
ein kOstllohes Erlebnis • Ir war angstlos, und wenn er an
den Tod dachte, so ersoiilen er Ihm als etwas Bekanntes,
•tiraa, was er gerade, wenn auch nur In Fora einer Probe,
schon durchlebt hatte« Sr konnte mit Internste den t&g«-
liehen Berichten aeinea Kollegen über den Fortschritt
seiner Genesung lauschen und lait ihm besprechen, was selt-
ne Lebenserwartungen waren. Er konnte Pläne machen in
Bezug auf ein künftiges Regimen und seine eigene wissen*
schaftliche Arbeit; berechnen, wie weit etwa er seine
Forschungen beschleunigen oder einschränken müsse, um Yor
Mlnem z\x errechnenden ^ilnde noch gewisse .Resultate zu er-
reichon. Ir dachte mit Wärme und freundlichen Gefühlen
an Charlotte, die durch fast zwanzig Jahre ihm eine so
herzlich gute Gefährtin gewesen war, und dass er sie
wohl versorgt zurticklaasen würde. Selbst wenn er nicht
völlig die ihm noch zustehenden zehn Jahre leben sollte,
•• würde sie vor Not geschützt Mlln. Ir hatte keine
Kinder. Früh schon hatte er diese Frage entschieden be-
antwortet: Schwangerschaft, Geburt und Aufzucht von Kin-
dern war ein Risiko, das nicht berechnet werden konnte
und zu viele, üeberraschungen mit sich trug. So war es
ihm lieb gewiaen, dass Charlotte nicht darauf bestand
und ihr Lebensziel darin sah, Mathias' Dasein so ruhig
und störungsfrei, zumindest zuhause, hinfließen zu las-
sen als es in menBChlicher Macht stand. Mathias dachte
•^^hA.'.afäJ±äilÄM
mit Dankbarkalt an die Jahre Ihrer Ergebenheit und Treue,
die es ihm ermöglicht hatten, aleb gan^ seiner Arbeit und
••inen Studien zu wiämen und Ihm alles Getümmel und alle
Unruhe fernhielten. Ir hatte Charlotte seit ihrer gemein-
sanxen Kindheit gerne gehabt. Sr wußte von ihrer Liebe
zu ihm seit J
■■»
elt ala sie beide, etwa sechsjährig,
zusammen auf der kleinen Wiese vor der Kirche spielten
und Charlotte aus Ofinseblümchen einen Kranz aechte, 4«n
sie dem Gespielen um die "^tirne legte. 31e hatte ver-
zückt still vor ihm gestanden und aufseufzend gesagt:
"Du siehst aus wie der Engel." Ar kannte den ^ngel, auf
«•n sich die kleine Lotto bezog. Kr war in seinem eige-
nen Bilderbuch zu sehen; beide PCinder hatten oft zusam-
men das Bild aneeschaut. Br fand den 2ngel auch schön,
konnte aber nicht ganz Lottes Liebe zu ihm teilen. Sei-
ne eigene starke Liebe gehörte einer anderen Gestalt in
demselben Buch: Das war Christus Im langen weißen Ge-
wand, mit einem Spitzbart und einem strahlenden Heili-
genschein um das Haupt, der gerade den vorher toten La-
zarus zum Leben erweckt hatte. Auch ein Ähnliches Bild,
das Christus in gleicher W«i»e aber mit Jairus Töohter-
ohen darstellte, hatte Mathlas sehr gern. Jedoch keines
der anderen Bilder gab ihm tet Gefühl tiefster Liebe und
Ruhe, das er beim Anblick der Wiedererweckung von Lazarus
hatte. Charlotte aber liebte den Sngel, der mit gezück-
4
tea Schwert vor dorn Singang zum laradiBa atand.
Jetzt, Im Krankenhauszlraaer, Im Bette liegend,
•l3 er am frühen Morgen die Sonnenstrahlen durch die üu-
gejüogenen Fenstervorhfinge mehr erriet als wirklich sah,
dacht« Kathiai an Charlotte als kleines Mädchen, und
daran, daß er wohl immer gewutJt hatte, daß er sie hei-
raten würde, war er doch ihrer Liebe so sicher gewesen
und so sicher, daß mit ihr und durch sie nie ein er-
schütterndes, unvorhergesehenes üraignia ihn treffen
Wtrde. Sie hatte es salbst so gewollt, dieses Verhält-
nis zu ihm. f^r wußte auch, dass er immer flir sie der
Engel geblieben war, der den EingSJEis zum Paradies mit
dem Schwert abwahrend bewachte. Nur einen kurzen Augen-
blick war das iaradies unbewacht gewesen. Das aber war
nicht für Charlotte geschehen. Das geschah, bevor er
Charlotte geheiratet hatte. Sr war seit seinen Jüng-
lingsjahren ständig auf der Hut gewesen vor dom Chaoti-
schen, worunter er auch seine eigenen schwer zu beherr-
schenden Liebesgefühla zählte. Kit eiserner Disziplin
hatte er sich zum Studieren und Arbeiten erzogen. Sr
hatte schon früh erlebt, an sich und an ander« beob-
achtet, v^lch unheilvolle, (Iberraschende Jolgen entste-
hen, Mimn man seinen Crefühlen freie Bahn gewährt. Dl«
Herzschaerzen Jetzt, die durch den Verschluss der Kranz-
gofaie hervorgerufen waren, waren überhaupt nicht mit
. .-..^O^l.-».
•«- '-— -^
d#nen vergleichbar, die ar zum Beispiel erlebt hatte,
als er zwölf Jahre alt war. Noch heute, wenn er aa die
Erfahrung mit öem übarfahrenen Rund dachte, kra?apfte sich
•ein rierz xusammen, tr liebte Tiere, besonders Hunde,
deren es in seinem Hause Immer einige gegeben hatte«
llnmal ging Hut mwölf Jährige Mathlas auf der Hauptstraße
des Vorortes, In dem er wohnte, spazieren und beobachte-
te bewundernd einen Jungen Setter, dar vergnügt herum-
sprang. Zr war anscheinend ohne Begleitung, Jedenfalls
war nler^nd auf der Straße, au dem er zu gehören sohlen«
Plötzlich durch Irgend etw-aß auf der anderen Seite des
Fahrdaames angelockt, rannte der Hund über die Strafte
und gerade Tor eine StraiSenbahn. Der Kondukteur konnte
den Wagen nicht schnell genug bre:assn, und das arme Tier
wurde überfahren. Ks stieß einen schrecklichen Schrei
«tte, der Mathias durch alle Knochen fuhr und ihn einen
Auganblick lang vor Angst lähiate. Dann aber rannte er
in wenigen SÄtzen zu der Stelle des Unglücks. Ein klei-
ner Mwinohenhaufen hatte sich angesamiaelt um den Rund,
der blutend auf der Straße lag. Kr war nicht tot; er
winselte und schrie. Nieannd von den Umstehenden mach-
te Anstalten, dem Tier zu helfen. Mathias, dem die Tra-
nen über die Backen liefen, stieß die Leute zur Seite,
iBliata bei dem armseligen Oeeohöpf nieder und versuchte,
es aufzuheben. Es war au schwer, niemand half Kathla«
-"■■^ ^ .
I I
bei »«inen BemUhungon» obgleich er tl»hte und bat. Sohlleß-
lloh, «r wußte nicht wie, gelang es ihm» don Hund auf seine
Arra© au aehmon, und verzweifelt sah tr sloli um nach freund-
licher Beratung. Jemand nannte den Namen und die Adresse
eines Tierarztes, nicht allzuweit entfernt von der Unfalls-
•telle. Allein, mit größter Anstrengung, die er aber in
seiner Erregung nicht spürte, trug er den Hund zu dem Haus
des Tierarztes. Dieser, ein wohlgepflegter Herr in mittle-
ren Jahren, mit einer Bluma im Knopfloch, war gerade von
einem Besuch nach Haus© gekomjuen. Ala ar den erregten Kna-
ben mit dem verwundeten Hund sah, zeigte or sich zunöchst
eifrig und freundlich. Kauiu aber hatte er die Dnglücksge-
schiohte gehört, wurde er uniateresslert und weigerte «loh,
dem armen Tier Hilfe zu geben, dessen Besitzer unbekannt
sei und da er für seine Bemühungen der Bezahlung nicht
•icher w&re. Mathias, dessen mitleldigss, schx.erzendes
Herz einen Augenbliolr lang Beruhigung spürte, war durch
dieses herzlose Verhalten des Tierarztes so erschüttert,
daC er mit aller Macht gegen ein Gefühl von Seekrankheit
und Brechreiz ankämpfen mußte. Sr brachte es dennoch fer-
tig, dem Tierarzt davon zu reden, daß sein Vater, dessen
Namen, Adresse und Beruf er angab, für die Kostan gutste-
hen würde. Srst nachdem sich der Tierarzt telephonisch
die Versicherung von llethias' Vater geholt hatte, wandte
er sich dem schon fast verbluteten Tier zu. Der Kund er-
,«p_,„^Ä_t^^„..
ita^ nri<»^stMaaoa^—a— ■ft^MlmaaiT
lag am Abend seinen Verletzungen. Mathias war einige
Tage lang krank an Körper und Seele. In seiner Familie
aber wurde Hathiae noch lange Zelt von den Gesehwlstern
und dem
de Hathiaa noch lange Zelt von den aesehwiste
Vater geneckt, weil er noch nicht genug Welt-
wissen erworben hatte ^ die Unbarmheraigkeit seiner Mit-
■MUNrtien vorauszuaehen. ^r lernte aber und verstand es
bald, sein eigenes Kerz; vor Überraschenden Verwundungen
zu schützen. Kioht aber gegen Renate. hIb dreißigjäh-
riger verliebte er sich in sie, ohne zunSchst seinen
eigenen Gemütszustand ernst zu nehmen. Sie war so gar
nicht der fjp\xß Frau, deren überwältigenden Einfluß er
lamer gefürchtet hatte. Die ihr eigene /mziehungskraft
war eher in der Abwesenheit alles Auffallenden gelegen.
Sie war still uM fremd und doch merkwürdig bekannt. Sr
nannte sie einmal im Scherz Jairus* Töchterlein, Sie
lebte für sich, obgleich sie »ehr jung war; wovon, konn-
te er nicht erraten. Sic s<5lb8t, wenn er Fragen dies-
bezüglich stellte, scherzte •%er die '"Lilien im Felde"
oder die ^Vöglain im Walde.'* Als er sie eine lÄngere
Zeit, da sie krank war, nicht sehen konnte, wurde er
sich des ellbeherrschenden Gefühles für sie bewuSt. Ir
mußte ihr nahe sein, und sie erlaubte seine Annäherun-
gen. Dann kam das ände, das er in seinem Zustand der
Leidenschaft nicht einmal bedacht, viel weniger voraus-
gesehen hatte. Als er ihr, hingerissen von dem Srleb-
8
nls «Iner Naoht, di« 8h« anbot ohne Zögern, bersit» alle
Mine klugen, wissenden Vorsätze z\im Teufel zu schicken,
lohnte sie ihn mit kühlem Erstaunen ab unä bekannte sich
völlig unfähig, eeine Gefühle au erwidern oder auch nur
die Beziehung um ©lue Nacht zu bereichern. In ihrem lei-
sen Lachen klang längst vergessenes schadenfrohes Lachen
aus der Kindorzelt alt. llnlge Tag« «pfiter hielt er um
Charlottes Hand an. Seitdem war sein Leben in ruhigen
Bahnen dahingeflossen. Es gab kein Paradies, «%«r auch
keinen Krzengel mehr, der einen plötzlich daraus vertrei-
ben konnte, Jahre vergingen, die Mathias in seinen For-
sohungsarbeitMi verbrachte.
II
Mathias erwachte sehr früh; der Morgen dlaaert«
erst. Er lag sehr ruhig, um nicht die Aufmerksamkeit der
Pflegerin auf sich zu ziehen. Er wollte da« glückliche
Gefühl der Stille genießen, das die eifrigen ?ragen der
guten Krankenschwester nur stören mochten. Der anbrechen-
de Tag war bedeutungsvoll. Heute durfte er das Kranken-
haus verlassen, Ür würde sich noch eine Zeitlang scho-
nen müssen, aber er brauchte sich nicht mehr als kranH
oder invalid zu betrachten. Nichts durfte nun seiner
9
Rückkehr Ins tätig© Leben entgegenetahen. Älne leichte
Beklemniung befiel ihn bei dorn Gedanken, daß irgend etwas
ünTorhergeaeheaes geschehen könnte. Sr mußte lächeln,
als er aioh bei dem c^'unsoh ertappte, — wi« aa wohl frü-
her in unbewachten Momenten auch geachahen war, -- Oott
In kindlicher Weise anzurufen. Sr erklärte dl«««n klei-
nen Rtlokfall mit der noch bestehenden körperlichen Schwä-
che. 3ein Kinderglaube an Gott war zerbrochen zur Äeit
der Episode mit dem Hund. Das war eine schmerzhaft©
2.eit gevvosen, in dar aein Bruder Rolf eine wichtige Hol-
la faspielt hatte. Reif war für ihn immer der große be-
wunderte Wisser gewesen. Er war sein angebeteter Held
gawaaen, als Mathias noch ganz klein war, Sr konnte
Geschichten erzählen und wuBte über fremde Länder und
Völker viel, viel mehr als Minna oder aogar Mutter. Auch
machte ar Versa, V«enn Rolf bereit war, mit einem zu apie-
lan, nahm man sogar seine Neckereien in Kauf. Aber aa
hatte auch aa&oha Erfahrungen disilluslonlerender Natur
mit dam geliebten Bruder gegeben, die Mathias tief trafen
und »einer äntwioklung dienlich waren. So zu« Itlspiel
der Vorfall mit der Schokolade. Rolf war ein gierigea
Kind. Niemand trug ihm daa Je nach, da man ihm seiner
vielen guten Gaben wegen Vieles zu Oute hielt. Mathias
hatte früh gelernt, daß man den Genuß von Süßigkeit ver-
längern, ja sogar steigern konnte, «HUa man daa alnaa zu-
fateilta Stück Schokolade in kleine Stückchen brach und
10
nur von ^ieit zu Äait eins dieser StOokchen aß^ Dann
relohte die wunderbare Sttüigkelt durch lange Stunden des
TafttS* Uathlas hatte ein paar Kai schon diese Erfahrung
gemacht, ja er hatte sogar, nachdem er eine dieser kiel«»
nen StückolMa gegeseen hatte, den Rest der Schokolade In
einer Schublade vor sich selber versteckt, um 8o der Ver*
suchung, weiter zu naschen, zu entgehen« Am Abend konn-
te er dann triumphierend den älteren Oeschwlstern zeigen,
daß er noch im Besitz des ersehnten Gutes war. Wie ver-
wirrend und demütigend war es dann, als beim n&cheten ■*!,
da er wieder seine versteckten Schokoladenstückchen her-
vorholen sollte, er entdeckte, daß sie nicht mehr da wa-
ren. Dazu mußte er dann noch das Kecken von Holf Über
sich ergehen lassen, der stolz erzShlte, daß er die Scho-
kolade erspürt und gegessen habe und sich weidlich über
den vertrauensseligen dummen Bruder lustig machte, der
doch selbst verraten hatte, wo er seinen Vorrat verbarg.
Auch knüpfte Holf eine moralische Lehre daran über Geiz
und Habgier, und Mathias empfand seine eigene Unzuläng-
lichkeit als sehr beschämend. So lernte er, seinem Bru-
der fiolf freiwillig immer den Rest seiner eigenen Süßig-
keiten zu geben, selbst wenn dieser Rest der größere An-
teil war. Dafür tauschte er das BewuiEtsein ein, ein an-
•tfindlger Mensch zu sein, wofür er Rolf dankbar war. Auch
war er ihm dankbar dafür, dafi er so viel über Gott wußte,
als wäre er ganz persönlich und eigene mit ihm bekannt.
11
gAAX anders ala alle anderen Kinder, Vle gerne lauschte
Kathla«, wann Rolf von Gott und aalnar GUte und seinen
Torderungen aprtch* Kr wußte, welche Gebete am nütz-
llohaten und wohlgaffilligaten waren , er konnte Taliamane
herstellen, AI« einen besehüt:2.ten^ und sohlleölich lehr-
te er den kleinen Bruder das Vater ünaer, da er die ¥ln-
Aergebete flir dumm und unwirksam erklärte • Mathlas liefi
sich nur zu «erne von Rolf in seinem an und für sich
schon keimendea Qottesglauben untersttttsen« Zweifel,
die manchmal aufluuMii, konnten abgewiesen werden mit dem
Einweia auf Rolfs starken Glauben. Rolf mußte es Ja wis-
sen, dm er so viel, vielleicht sogar alles mx&te. Als
Mathias zwölf war, um die idieit der Hunde-Bpisode, bemerk-
te er eines Abends, daß Rolf nicht betete • Ir fUhlts
sich verstört, aber beruhigte sich damit, daß es ein
Zufall gewesen sei* Aber er machte die gleiche Beobach-
tung an AsR folgssden Abenden, und schlieülich fragts er
Rolf nach dem Grund dieser Nachlässigkeit* Was er zur
Antwort bekam, erschütterte ihn sehr, denn Rolf klärte
ihn darllber auf, daß es keinen Gott gab* är konnte des
Nachts nicht einschlafen, als er dem Hat des Bruders
folgend 4las Beten aufgegeben hatte* Diesmal war er nicht
sicher, ob der Ältere wirkliches ^l/isoen besaß, oder ihn
nur zum Besten hielt* Doch dss Irlebnis mit den den ttber-
fahrenen Hund umstehenden, erbarraungslosen Menschen und
^y ' ■ . ' . .1 ^' ■ 'i'*^*'** — ^Mf >**^fi".h«*
**■ — I i^i I -ii «tfii I I* ii*^«irii -d
H t
12
mit dam Tiararzt entschied dlaaa Traga fQr ihn« 8r
fühlte aioh kalt und unbesohützt. Es war ein Gefühl,
daa ihn an ein kleinee Lied erinnerte, daa sein QroB-
vater -• oder war es ilinna — ihm vorzusingen pflegte,
und das ihn immer mit reaigniorter Traurigkeit erfüllt
hatte»
Christinohen saß im Garten
Baa UnglUok ^u erwarten,
Dann sie hat schon im Traum geßahan,
Daes sie im Rhein muß untergehen* —
Sie fuhr über eine Brücke,
Dia Brücke ging in Stücke,
Christinchen fiel in den Rhein hinein
Und hörte dort die ilngelein.
Eigentlich hörte er dieses Lied nicht gerne und
dachte auch nicht gerne daran* Denn obgleioh Christin-
ehen durch den Traum von ihrem Schicksal verständigt
worden war, war sie auf den Kinbruch der Brücke doch
»Icht vorbereitet gawasen. Und was das Singen der ISii-
gelein anbelangte, so konnte sich Mathias beim besten
Willen nur sehr traurige Li^^der vorstellen, etwa sol-
MMi wie die Kutter sie ihm manchmal vorsang, und die
ihn regelmäßig zum weinen brachten, obgleich gar keine
üeberrasohungen in diesen Liedern für ihn vorhanden wa-
ren • Kr kannte sie schon alle auswendig.
So weit er zurückdanken konnte, waren es immer
Ueberraschungen gewesen, die sein Leben verbittert hat-
ten, besonders in seiner Kindheit» So hatte er schon
13
als kleines Kind elugeeeben, daß Wissen die einzige wA
miohtigste Waffe war gegen üeberreschungen. Als er unge-
fähr drei Jahre alt war, wohnte er In einem groÄen sonni-
gen Haus, das In einem schönen harten stand, "Sr war das
Jüngste Kind. Me alteren Schwestern und Brüder kümmer-
ten sich nur am ihn» uoi Ibxa sein Unwiasea guf die erfin*
derisohste Art vorzuführen* Sie konnten einfach davon-
laufen, wenn sie ihn genügend geneckt hatten — für im-
■er, denn er, der nur kurze, kleine Beine hatte, war
nicht fähig, sie einzuholen, wie sehr er sich auch an-
strengen mochte • Sie hatten ihr« «igenen Spiele und Ver-
gnügungen, und wenn sie ihn daran teilnehmen lieBen, so
war es nur iomer zum Schein. Irgendeine schreckliche
Ueberraschung machte rtHT^lni&ssig diesMa öohelu ein Snde.
So zum Beispiel, als die Birnen im !iaohbargarten reif
waren, und die Korde der Siteren Geschwister (es waren
nur vier, aber für JJathias waren sie naanlgf altig wie
die römischen Legionen) beschlot, über den iaun zu stei-
gen und die herrlichen grolien Birnen, die so süß und
»aftlg waren, zu stehlen. 2r war bei dieser Beratung
anwesend und fühlte sich f:roßartig mit einbezogen im Rat
der Großen. Sr sah sich auf dem Baum, auf den hBchsten
Ästen und stellte sich vor, wie dankbare Anerkennung zu-
sammen mit der süßen Frucht edhÄSCken würde, die er in
die ihm entgegengestreckten Hände der den Baum umstehen-
den Horde werfen würde. Sr met# auch laut zu ihnen.
Mjf.^k^A^^^äJi^
14
was er zu tun Im Sinn hatte, und ule nabrnen es freund-
lieh ermunternd auf. Sie rannten darauf davon, Mathlas
wlt ihnen, zum ^aun, der den Keohbargarten umgab. Schnell
und leicht überstieg die Horde dieses Hindernis und war
schnell auf der anderen Seite und schon beim Birnbaum.
Armer Mathlasl Die üeberraschunp kam, er blieb mit sei-
nem Höschen am ^^aun hängen: zwischen Himmel und iSrde
schwebte er, und statt des Jubeins der dankbaren Ge-
schwister hörte er Ihr höhnisches Freudengelächter. So
hing er und schrie und weinte durch ifiwigkelten •• »umln-
dest ein paar endlose Minuten; endlich kam die Befrei-
ung in Gestalt seiner Mutter — ein Engel Gottes wäre
ihm lieber gew>en> denn der hätte ihn nicht auch noch
gescholten und bestraft. — Oder das andere Mal, als
ihm sein Bruder Holf einen lieblichen Keks anbot. 2r
biß sofort hinein — und es war Seife. Des war nicht
das Schlixamste. lüan mußte wohl dem älteren und bewun-
derten Sruder solche Z.ugest6ndnisse machen. Is war wohl
in der Ordnung der Welt, dafi die Mehrwissenden ihren
Spaß mit den Unwissenden trieben. Aber das zweite Ual
hätte es nicht geschehen dürfen*. Das war entsetzlich
kränkend gewesen, lin paar Tage nach der ersten Sei-
ftneplsode wiederholte sich der 3puk. Diesmal war Ma-
thias so klug gewesen: er war nicht blindlings darauf
hineingefallen. Er hatte tiefe Gedanken gehabt, voll
}
-~r^ .V T
. ^«^^
15
unb«zwingbar«r Logik: daß nun doch ämt Bruder ihn einmal
hineingelegt hatte; er nuEte also annehmen, daß Mathias
gelernt hatte aus diesem Erlebnis und konnte ihn nicht
nur für so unvorstellbar duEia halten, dafl «r ihm noch
einmal auf den gleichen Scherz hineinfallen würde. Also
mußte es ein richtiger Keks sein, 3o biö er vertrauens-
voll hinein -- und TJeberraschung'. -- es war wieder Seife.
Diesiaal weinte Mathias, da nicht nur seine iShre, sondern
auch sein Vertrauen am eigenen Denken erschüttert war.
So a«br er sich euch übte, die Sreignlsse vorauszusehen,
es gelöng ihm nicht. Minna, das Äidchen, drohte ihm rnit
Ami schwarzen Mann für irgendeine üebeitat, sie zeigt©
ihm sogar die SJessingtür am Küohenofen, durch die der
tchwarz« Mann kommen würde. Kr glaubte kein Wort davon.
Er wußte, es gab keinen schwarzen ISann. ün paar Tage
darauf läutete es an der Haustür und Uathiae stürzta
hinzu, um sie zu öffnen. Draußen stand der schwarze
Mann, mit hohem schwarzen Hut, einem Reifen in der Hand,
rollte seine Augen und zeigte gräßliche weiBe i.ähne'.
Mathias verkroch sich unter dem Tisch. Natürlich lernte
er später, unter dem Gelächter der üutter und der Oe-
sohwister, äa£ es der Schornsteinfeger gewesen war. Aber
konnte man das glauben? Sie mochten wieder einmal ihm
Dinge erzählen, die dann später sich als unwahr heraus-
stellten. All dies waren Erlebnisse, die nur den Boden
I I
16
▼orbarelteten für dlo entsetzlichste üeberraschung in
seinem Kinderleben.
Zu jener Zelt seiner Kindheit lebte der Großva-
«
ter bei ihnen im Hause* Der war ein wunderbarer alter
Mann und Spielgefährte • £r liebte den Kleinen , als den
JOngeten, der bei dem alten Mann bliebe wenn alle ande-*
ren H&usgenosseu sich anderswo tummelten^ ihren GeMhäf-
ten naohginpen, worunter auch der Schulbesuch der älte-
ren Kinder einbegriffen war. Der alte Mann war einsam*
Br hatte vor kurzem seine Frau verloren, nun lebte er
beim oohn und der Schwiegertochter, 3ie waren gut zu
ihm, aber sie wuiu>tan natürlich nichts TM 4ea Allein«*
»ein des Alters, von der tiefen 3ehnsucht nach 2iärt-
lichkeiti nach deni Gewiegt- und Besorgtwerden, nach dem
Gefüttertwerdan und dan alten Kinderliedorn, Der kleine
Mathias war der richtige 3pielgefährte, denn wenn er
auch nicht die heißiliche Sehnsucht des Grciivaters erfül-
len konnte, so konnten sie jedenfalls all das Begehrens-
werte Iä Spiel und mit wechselnden ^iollen geschehen las-
MB« Sie konnten einander füttern, beim .^ziehen und
Waschen helfen, Sie konnten zusammen zur Musik der **Hof-
lausikanten'' tan2;en, und er konnte deti Kind all die al-
ten kleinen Lieder singen, wenn er ihn auf seinen Knien
»ehaukeln ließ. Auch spielten sie Ueberraschung zusam-
men, aber Ueberraschung, die eine Regelmääigkeit gewor-
17
den war, das Z»u#rw8rtende und doch immer Ntue* Morgens,
gftna früh, wenn alle Andern noch schliefen und selbst
Miona noch nicht erwacht war, stand kathlas auf und schlich
•ich in seine» aroßvaters Zlmiaer, Die Vorhänge waren noch
zugezogen, aber die 3onne schien durch die Ritzen und
schickte einen feinen dünnen Strahl zum großen runden
Tisch in der Kitte des .:.iimrier8, der coit einer schweren
dunkelroten Tisohdecke bodeckt war, üas groiJe, alte,
braune Bett war auch gut erkennbar und sogar das Nacht-
geschirr unter dem Bett* Sine Vase rait Blumen stand
auf dem Tisch, auf dem Waechtisoh dar Krug und die A'asch-
Schüssel. Der Schaukelstuhl knarrte ein wenig, wenn man
ieran ankam. i>er rote Divan schaute einladend herüber
und erinnerte Mathias daran, wie er einmal nach vielem
Hin* und Herrutschen auf diesem i^ivan ermüdet eingeechla-
fen war and beim Erwachen nicht etwa seinen Groi^vater,
sondern einen fremden Mann zu sehen vermeinte, line
erschreckende Ueberraschungl ^b stellte sich dann aber
heraus, daß der Fremde sein von einer Heise zurückge-
kehrter Vater war, der der Mode gemäß sich hatte inzwi-
schen den schönen vollen 3pitzbart abnehmen lassen und
somit dem kleinen Kiiaben ein völlig verändertes Gesicht
zeigte. Aber diese Erinnerung tauchte nur gleichsam al»
kleine Kostprobe von anderen üebarraschungen auf, während
Mathias die erwartete, und so sicher folgende, voraus-
^^ .1*1 J.L^ ■■ t t.fc
.>.L «ku.ti> isA*.
18
nahm. Jfir sohlioh sloh ans Batt das Groüvatörs. Der lag
da mit geschlossenen Augen, schlafend und schnarchend,
wie es sich doch für einen wirklich Schlafenden gehörte.
Sr trat ganz nahe heran und e treckte die kleine Hand un-
ter das weiße große Daunenkissen, auf dem der Kopf des
alten Herrn lag. Er fühlte etwas Hartes und xog ein Dös-
chen haraua, dMi er schnell öffnete« Da waren sie, die
kleinen bekannten Bonbons, die so wunderbar nach allen
möglichen Früchten und süßen ofiften schmeckten. Schnell
steckte er eins in den Mund, Großvater machte diese Bon-
bons in der Nacht für ihn, und jeden Morgen war ein ge-
fülltes Döschen unter dem Kopfkissen, Das war aber doch
noch nicht das gan^e Vergnügen. Jetzt kam das ;*:nde des
Rituals. Mathias küUte den alten Mann auf beide Augen*
Dms Schnarchen hörte auf mit einem let^iten tiefen Atem-
zug, die Augenlider blinzelten und der Oroßvater war
wach, wie er natürlich schon lange gewesen war, und herz-
te und küüte das sich überrascht stellende Kind. Eit
solchera Beginn des Tages und solch einem herzlichen Groß-
vater war dlö übrige W«lt erträglich. Man konnte Fritz
und Rolf, Lieschen und llarla ruhig zur Schule gehen las-
sen, ohne so schrecklich dringend mitgehen zu wollen.
Man konnte Ja Schule roit Großvater spielen. Vater und
Mutter konnten ruhig aia Abend ausgehen und wohl auch
manchmal die älteren Kinder mitnehmen, der kleine Mathlas
19
fühlte aioh slohar und «ikl» wenn der Großvater an sei-
nem Bettchen saß und Ihm Mfirohan erzählte • Auoh Minnas
schwarzer Mann konnte ihm nichts mehr anhaben, hatte ihm
doch der Großvater Bilder In einem Buch gezeigt, auf de-
nen viele schwarze Menschen waren, die in Gras- und Blät-
terhütten lebten in einem Land, wo die 3onne so warm
ßchien, daß alle Menschen ganz natürlich dunkelbraun wur-
den wie ein guter Braten. 3o war er auch gar nicht so
Überrascht wie seine Geschwister, als er mit seiner gan-
zen Familie in eine Ausstellung im Z*oologischen Garten
ging, wo ein richtig#« Negerdorf zu sehen war mit einigen
Negerfamilien, Sein /Rissen hatte schon beträchtlich zu-
genommen«
Unes l^orgens stand er wie gewöhnlich in der
schweigenden Frühe auf und ging zu seinem Großvater*
Als er das Zimmer betrat, hatte er ein Gefühl von An-
ders-Sein. Er trat an das Bett heran, der Qroüvater
achlief, aber er schnarchte nicht. Leise nahm das Kind
die kleine Dose unter dem Kopf kiesen hervor • Dann stell-
te er sich auf die Zehenspitzen, um den alten iUann wie
i;0Wöhnlich zu küssen* Bieser regte sich Je4ooh nicht
und fühlte sich kalt an. Hun be»erkte Mathias, daß des
Großvaters Augen halb-offen standen und der Mund ganz
offen, und in dem Schimaer des schüchtern eindringenden
Morgenliohtes schaute der Alte ganz blau aus. Verwirrt
II
20
und verwundert schüttelte er den Alten und griff nach den
Händen, die eiskalt waren* Ale auch Jetzt kein /^eichen
vom Großvater kw» fing Mathias an, laut zu weinen. Daa
laute Schluchten brachte den Bruder Fritat herbei, dor so-
fort nach dem Vater lief, war aa ihm doch klar, dai2 der
Großvater tot
In der Aufregung und dem Trubel, der
durch den Tod heraufbeschworen war, war Mathias vergas-
B er der
sen« NlMUnnd hatte ^ur Kenntnis gen
Entdecker der schrecklichen üeberraschung gewesen war.
Er saß In der Küche am Boden, schaukelte hin und wider
ttid weinte leise vor sich hin. Dann Mgte man ihm, daß
der Großvater ganz plötalich in der Nacht gestorben sei;
am ''Schlag'^ sagte Minna, In Großvaters Zi«Mr gingen
viele llenaehen ein und aus; er selbst durfte nicht hin-
ein, Kines eptten Nachmittags kamen sechs schwarze Hfin-
ner, schwarz gekleidet, mit schwarzen Hüten, aber nicht
im Gesicht. Die trugen den schwarzen Sarg hinaus, in
dem sein Großvater lag, 3ein# Mutter Mgte ihm zum
Trost, dafl sein« Großvaters Seele zum 3tern am Klmmel ge-
worden war, und sie zeigte ihm sogar diesen 3tern
Kr
glaubte zögernd daran und ^mirde ein stilles, vorsichtiges
Kind, das anfing, sich für Gott und den Himmel zu in-
teressieren.
■ [— ^i*ai JaiMi- ■ -*- ■ rf^M. . li.' 1
«^aAti«ft.f.Ajftf.A&j.^i< • 1 ^^t i I •.
21
III
Di« Morgenatuadan mit ihrar Krankanhausroutlne
vergineon heute nur »ehr langsam für J^athlas. Kr muß-
te noch den letzten Besuch »eines Arztes abwarten,
nachdem alle übrigen Einzelheiten der Btiquette einer
Entlassung aus dem Spital beobachtet worden waren, wäh-
rend er auf den Kollegen wartete, wanderten seine Gedan-
ken bin und her TOn <leT nahen Zukunft zur Vergangenheit.
Bald würde Charlotte konmen, um ihn abzuholen; sie ließ
sich dieses Vergnügen nicht nehmen. Sie wollte ihn zurück
in ihr Haus führen, das sie sicher zu seinem itopfang fest-
lich hergerichtet hatte. Er konnte die Atmosphäre ange-
Torausftihlen und -sehen: die Blumen in allen Zimm»rn,
besonder» aber in seinem Arbeitszimmer, der gastliche Duft
eines guten Mahles, das mit größter Sorgfalt von Charlot-
t« »»Inön Vorlieben gemfiß angegeben und von der Köchin
zubereitet sein würde. Ir stellte sich das »anfte Licht
in seinem ArbeitszlMier vor, die mit Büchern bedeckten
WEnde. seinen Schreibtisch, auf dem, obgleich nicht ein
Stauhöhen zu sehen war, doch alles genau so lag, wie er
es vor sechs ?;ochen verlassen hatte. Sein Manuskript
war an der Stelle aufgeschlagen, wo er aufgehört hatte,
zu schreib«». Er würde nun diese Arbeit wieder in An-
i t
zz
griff nehmen, wShrend der kommenden Schonungspdrlode,
die er für ölch als Ferien bezelohnete. Ir konnte sogar
hoffen, dies« Arbelt bei dem n&ohsten wissenschaftlichen
Kongrees, der In drei Monaten stattfinden sollte, selbst
vorzutragen, wahrend seiner Ferien, wenn auch nicht so-
fort, gedachte er auch sein eigenes Spital und sein La-
boratorium zu besuchen, 9r mußte unwillkürlich lächeln,
als tr an seine Kollegen dachte. 31e hatten wohl alle
erwartetp daes er sterben würde, besonders aber derjeni-
ge, der Ihm ia Hang
ißchsten stand. Der hatte wohl
heimlich schon ausgerechnet, wann er den Lehrstuhl, den
Mathias seit so vielen Jahren an der Universität inne-
hatte, elMiehiaen würde. 2r hette sich gar so entsetzt
gezeigt über Mathias» plötzliche Erkrankung; aber ver-
denken konnte jBan es ihm doch nicht, daß er uit beiden
Augen nach der sicheren und ehrenvollen Stellung herüber-
blinzelte. Auch alle die anderen, jünp.eren Foliegen moch-
ten wohl schon eifrige Berechnune^n untereinander ange-
stellt haben in bezug auf die Verschiebung der Anstellun-
gen, die imirxar einer freiwerdenden ordentlichen Irofes-
sorstelle folgten, •'Wie enttauscht sie alle sein werden,^
dachte Mathias und konnte sich einer gewissen Schaden-
freude nicht erwehren, Sr hatte ihnen allen ein Schnipp-
chen geschlagen, Sie hatten seinen Tod so sicher angenom-
men, und hier war er quicklebendig und bereit, bald die
23
Zügel wieder In seine Hand 2iu nehmen. Vielleicht aber
waren sie auch wirklich sehr erschreckt und ehrlich um
ihn besorgt geweMB^i besonders einige von den ganz Jon«^
gen Mitarbeitern, die Ihn verehrten und noch viel von ihM
SU lernen erhofften* Mochte es für sie nicht eine groüe
heitere Freude sein, ihn nach diesem Schrecken wieder
lebendig unter ihnen zxx sehen? fast so, dachte Mathias,
wl« in seiner Kindheit am Lear, als er seibat noch nicht
aohwiiamen konnte, Jft sogar eine gewisse Scheu vor den
hereinstürzenden ^Yellen hatte und die älteren Kinder ihn
temit neckten, daB sie ^toter Mann^ spielten; sie legten
sich flach auf den Äüoken und ließen sich, selbst ganz
bewegungslos, von den A/ellen tragen. Angstvoll, nur bis
zu den Waden im nasser stehend, hatte er ihnen zugeschaut,
und er war immer wieder ungemein erleichtert und glück-
lich gewesen, wenn seine Oesohwister sich wieder aufrich-
teten und sich als herumspringende und lärmende Kobolde
in ihrer gewöhnlichen und ihnen angemessenen Netur zeig-
ten* Heute war er "der tote Mann,'' der zwar nicht herum-
springen, aber doch zumindest wieder ungehemmt gehen und
sich
en konnte.
Eiidlich kam der Kollege, der ihn noch einmal un-
tersuchte, und nachdem er ihm bestiinmte VerhaltungsmtÄ*
nahmen vorgeschrieben hatte, die Mathlas fast als spai21g
empfand, mit besten Wünschen und Rfindeschütteln als weit-
)
24
gehend gebessert nach Uauae entließ. Heiter verabschie-
dete er sich von den anderen Ärzten und den Krankneschwe-
stern* Erwartungsvoll und etwas \mgeduldlg ließ er sich
•it Charlotte zxx
im Fahrstuhl hinunterfahren. Fast
Jugendlich ging er seiner Freu voraus durch da« große
Portal des Krankenhauses, durch d«e er vor nur sechs Wo-
chen bewUi^tlos hineingetragen wordon v/ar. Welch eine
glückliche Ruhe hat er in dieser ^ieit hier gefundenl
nichts konnte ihn mehr erschrecken oder überraschen, da
•r der Zukunft wlBsend entgegenging,
Uebermütig wandte er sich Uta nach Charlotte, um
Ihr ein paar heitere Worte zu2,urafön, gerade als er die
Straße überquerte, um zu dem auf ihn wartenden vvapen zu
gelangen. Er hatte in seiner fröhlichen Laune dabei we-
der nach rechts noch links gesehen und so nicht bemerkt,
da£ sich das Verkehrssignal geändert hatte. Ein schnell
^•ilrandes iiutomobil stlciä Ihn nieder und schleifte ihn
ein gutes Stück. Weit, weit entfernt hörte er ein selt-
sames Krachen und Knirschen; ein Hinauf- und Hinunter-
wogan machte ihn schwindlig und seakrank. Ein unbekann-
ter unerträglicher Schmerz raubte ihm fast die Besinnung,
und in jäher Ijebarraschung sah er ein fremdes Gesicht sich
über ihn beugen, ein Cresicht, das, der lüode entsprechend,
glatt rasiert war. Dann aohloö er für immer die Augen.
V
/ .
/
DIE ÜBroRASCHUNG
i
I
I
V^MaäUa-u^, I'?6"ö
DIE ÜBERRASCHUNG
Mathias war nie In seinem Leben so ruhig und glück-
lich gewesen als In diesen letzten sechs Wochen, die er Im
Krankenhausbett verbrachte, jle tiefe oberzeugung seines
Lebens, seit den jungen Jahren seiner Kindheit, hatte sich
Ihm bewahrheitet« Wissen, so hatte er schon als Kind ge-
dacht, war Schutz gegen plötzliche Gefahren, deren gröeste
und schrecklichste der Tod Ist« Weiss man, was Im menschli-
chen Körper vor sich geht, kennt man seine i-'hyslologle und
Anatomie und alle Einzelheiten Ihres gestörten Verlaufs,
dann und nur dann kann man sicher sein, dass der 'ichrecken
des Überraschtwerdens einen nicht überwältigt« So war es
auch vor sechs ^Vochen, als er an seinem fünfzigsten Geburts-
tag die bedrohenden Zeichen eines ersten Herzanfalles er-
lebte. Db er ein bedeutender Herzspezlallst war, erkannte
er sie sofort und war so sehr Herr der Situation, dass er
seiner Frau Charlotte V?arnung und Anweisung geben konnte,
bevor er das uewusn tscin verlor« Zwar waren die darauffol-
genden Tage und Wochen, nachdem er erwachend Im Krankenhaus-
zimmer Charlotte und eine Krankenschwester an seinem Bett
sitzend gefunden, vollfwn körperlichen Leidens gewesen* Trotz-
dem war das tiefe GlückegefUhl und die geistige Ruhe ein kost-
llches Erlebnis« Fr war angstlos, und wenn er an den Tod dach-
II i«ifc I I
te, 80 erßchlen er Ihm ale etwas Bekanntes, etwas, was er
gerade, wenn auch nur In Form einer *'rcbe, schon durchlebt
hatte. h:r konnte mit Interesse den täglichen Berlc^iten sei-
nes Kollegen über den Fortschritt seiner Genesung lauschen
und mit Ihm besprechen, v;ac seine Lebenserwartungen waren#
Er konnte Pläne machen In 3e%ug auf ein künftiges Regimen
und seine eigene wissenschaftliche Arbelt; berechnen, wie
weit etwa er seine Forschungen beschleunigen oder einschrän-
ken müssl(e, um vor seinem zu errechnenden Knde noch gewisse
Resultate zu erreichen. Er dachte mit Wärme und freundli-
chen Gefühlen an Charlotte, die durch fast zwanzig Jahre Ihm
eine so herzlich gute Gefährtin gewesen war, und dass er sie
wohl versorgt zurücklassen würde. Selbst wenn er nicht völ-
lig die Ihm noch zustehenden zehn Jahre leben sollte, so wür-
de sie vor Not geschützt sein. Er hatte keine Klnier. Früh
schon hatte er diese Frage entschieden beantwortet: Schwan-
gerschaft, Geburt und Aufzucht von Kindern war ein Risiko,
das nicht berechnet werden konnte und zu viele Überraschun-
gen mit sich trug# Co war es Ihm lieb gewesen, dass Char-
lotte nicht darauf bestand und Ihr Lebensziel darin sah,
fvathlas* Dasein so ruhig und störungsfrei, zumindest zuhause,
hlnflleseen zu lassen als es In menschlicher Macht stand.
MÄthlas dachte ralt Dankbarkelt an die Jahre Ihrer Ergeben-
heit und Treue, die es Ihm ermöglicht hatten, sich ganz sei-
ner Arbelt und seinen Studien zu widmen und Ihm alles Getüm-
mel unJ alle Unruhe fernhielten* Er hatte Charlotte seit
Ihrer gemelneamen Kindheit gerne gehabt* Er wusete von ih-
rer Liebe zu ihm seit Jener Zeit als sie beide, etwa sechs-
jährig, zusammen auf der kleinen Wiese vor der Kirche spiel-
lus Gänseblümchen einen Kranz machte, tmd
/
ten und Charlotta^i
i*« dem Gespielen um die Stime legte* Sie hatte verzückt
still vor ihm gestanden und aufseufzend gesagt: '*Du siehst
aus wie der ?,ngel.'' H,r kannte den r-ngel, auf den sich tiie
kleine Lotte bezog. Er war In seinem eigenen Bilderbuch zu
sehen *w«i beide Kinder hatten i^ oft zusammen das 3ild an-
eschaut* Er f^nd den rj:ngel auch schf5n, konnte aber nicht
6
ganz Lottes Liebe zu ihm teilen. Seine eigene starke Liebe
P'ehörte einer anderen Gestalt in demselben ßuch: Das war
Christus Im langen weissen Gewan.: , mit einem Spltzbsrt und
einem strahlenden Heiligenschein um das Haupt, der gerade
den vorher toten Lazarus zum Lehen erweckt hatte. Auch ein
ähnliches Bild, das Christus In gleicher Weise aber mit
Jalrus Töchterchen darstellte, hatte Mathlas sehr gern. Je-
doch keines der anderen 3ilder f^ab Ihm das üefUhl tiefster
Liebe und Ruhe, das er beim Anblick der Wiedererweckung von
Lazarus hatte, Charlotte aber liebte den Engel, der mit ge-
zfJcktera fiChwert vor dem Eingang zum i'aradles stand.
Jetzt, im Krankenhauszimmer, Im Bette liegend, als
•r am frühen r-'lorgen die Sonnenstrahlen durch die zugezogenen
Fonstervorhänge mehr erriet als wirklich sah, dachte Mathias
an Charlotte als kleines Mädchen, und dasa er wohl Irraner §••
wu
88t hatte, dass er sie heiraten würde, war er doch Ihrer
Liebe bo sicher gewesen und so sicher, daes mit ihr und durch
Bie nie ein erschütterndes .unvorherge sehenee Ereißnis Ihn
treffen würde. Sie hatte es seihst so gewollt, dieses Ver-
hältnis zu ihm. Er wusste^ dass er immer für sie der iingel
geblieben war, der den Eingang zum x-aradles mit dem Schwert
abwehrend bewachte. Nur einen kurzen Augenblick war das Para-
dies unbewacht gewesen. Das aber war nicht für Charlotte ge-
schehen. Das geschah, bevor er Charlotte geheiratet hatte.
Fr war seit seinen Jünglings Jahren ständig auf der Hut gewe-
sen vor dem Chaotischen, worunter er audi seine eigenen schwer
zu beherrschenden Liebesgefühle zählte, Kit eiserner Diezi-
plin hatte er sich zum Studieren unü Arbeiten erzogen. Er
hatte schon früh erlebt mtäka» anderen beobaehtert, welch un-
heilvolle überraschende Folgen entstehen, wenn man seinen Ge-
fühlen freie BAn gewährt. Die Herzschmerzen Jetzt, die durch
den Verschluss der Kranzgefässe hervorgerufen waren, waren
i
überhaupt nicht mit denen vergleichbar, die er zum üelsplel
erlebt hatte, als er zwölf Jahre alt war. Noch heute, wenn
er an die ^rfahmng mit dem überfahrenen Hund dachte, krampf-
te sich sein Herz zusammen. '£r liebte Tiere, besonders Hunde,
deren «s in seinem Hause Immer einige gegeben hatte. Einmal
ging der zwölfjährige Mathias auf der Haupt Strasse des Vor-
ortes, in dem er wohnte, spazieren und beobachtete bewundernd
II
einen Jungen Setter, der vergnügt herumsprang. Lr war an-
•chelnend ohne Begleitung, Jedenfalls war niemand auf der
Strasse, zu dem er zu p^^hören schien* Plötzlich durch Ir*
gend etwas auf der anderen reite des Fahrdammes angelockt,
rannte der Hund tlber die Strasse und gerade vor eine Gtras-
senbahn. Der Kondukteur konnte den Wagen nicht schnell ge-
nug bremsen und das arme Tier wurde überfahren • Es stless
einen schrecklichen Schrei aus, der :.'ethla8 durch alle Kno-
chen fuhr und Ihn einen Augenblick lang^ erstarren llesg^>
Dann abtr rannte er In wenigen Sätzen zu der Stelle des Un-
glücks. Ein kleiner Menschenhaufen hatte sich angesammelt
c
um den Hund, der blutend auf der Strasse lag» Atamr ^r war
nicht tot. ^r winselte und echrle. Niemand von den Umste-
henden ^JaalnftrB daran i ot»>afr-iu<r..£un. Idathlas, dem -ir^ilbst die
Tränen über die Backen liefen, stlese die Leute zur Seite,
kniete bei dem armsellf^en Geschöpf nieder und versuchte, es
aufzuheben« F's war zu schwer. Niemand half Mathlas bei sei-
nen Bemühungen, obgleich er flehte und bat« Schliesslich,
er wusste nicht wie, s^l^'^ß ^ß ^^^i ^^^ ilxxnd auf seine Arme
zu nehmen*und verzweifelt sah er sich um nach freundlicher
Beratung« Jemand nannte den riamen und die Adresse eines
Tierarztes, nicht allzuweit entfernt von der Unfallsstelle.
Allein, mit gröspter Anstrengung, die er aber In seiner Er-
regung nicht spürte, trug er den Hund zu dem Haus des Tier-
arztes. Dlecer, ein wohlgepfl9gt.r Herr In mittleren Jahren,
mit einer Blume im Knopfloch, war ßerade von einem Besuch
naoh Haue« gekommen. Ale er den erregten Knaben aalt dem ver-
vnindeten Hund irti, zeigte er sich zunächst eifrig und freund-
lich. Kaum aber hatte er die ünglUcksgeschlchte gehört, wur-
de er unlntereßslert und weigerte sich, dem arn»n Tier Hll-
fe zu geben, da d»r Besitzer unbekannt sei und^er für seine
i3etnühungen der Bezahlung nicht sicher wäre. Mathlas, dessen
mltleldlpeo. schmerzendes Herz einen Augenblick lang Beruhl-
gung gespürt hat*.e, war wt«^--v<wr1J&mieT--Bw4lh^ uad nnuart^-inl^
ck(. Ov U^T aller Macht gegen ein Gefühl von Seekrankheit und Brechreiz
ankämpfen^A -r brachte es dennoch fertig, dem Tierarzt davon
zu reden, dase sein Vater, despen Hamen, Adreose und Beruf er
•n^a^* f^Jr die Kosten gutstohen würde. Erst nachdem sich der
Tierarzt telephonloch die Versicherung von .athlas* Vater ge-
holt hatte, wandte er sich dem schon fast verbluteten Tier zu.
Der KunJ erlag am Abend seinen Verletzungen. Mathlas war eini-
ge Tage l<?ng krank an Körper und Seele. In seiner Fanilll«
aber wurde IJathlas noch lange Zelt von den Geschwletern und
dem Vater geneckt, well er noch nicht genug./^'« lesen erworben
hatte, die iJnbarmherzlgkelt seiner Mitmenschen vorauszusehen.
Er lernte aber un2 verstand es bald, sein eigenes Herz vor
überraschenden Verwundungen zu schützen. Nicht aber gegen
Renate. Ale drelsslgjährlger verliebte er sich In sie, ohne
zunächst seinen «Igenen Gemütszustnnd ernst zu nehmen. Sie
war 00 gar nicht der Typus Frau» deren Uberwältlg«^ndcn tln-
flufls er Immer gefürchtet hatte* Die ihr eigene Anzlehun,;8*
kraft war häW rp^lw In der Abwesenheit alles Auffallenden
gelegen* Sie war still und fremd und doch merkwürdig be-
kannt. Er nannte sie einmal im Scherz Jalrus' n)cht^rlelnt
Sie lebte für sich, obgleich sie sehr Jung war; wovon, konnte
er nicht erraten. Sie selbst, wenn er Fragen diesbezüglich
stellte, scherzte über die *'Llllen im Felde*" oder die '*Vög-
lein im ValJe." Als er sie eine längere Zelt, da sie krank
war, nicht sehen konnte, wurde er eich des allbeherrschen-
den Gefühles für sie bewusst» Er musste ihr nahe sein, und
sie erlaubte seine Annäherungen. Dann kam das linde, das er
in seinem Zustand der Leidenschaft nicht einmal bedacht,
viel weniger vorausgesehen hatte» Als er ihr, hingerissen
von dem Frlebnis einer Nacht, die She anbot ohne Zögern, be-
reit alle seine klugen, wissenden Vorsätze zum Teufel zu
schicken, lehnte sie ihn mit IcBhlem Erstaunen ab und bekannte
olch völlig unfähig, seine Gefühle zu erwidern oder auch nur
die Beziehung um eine Nacht zu bereichern. In ihrem leisen
Lachen klaHg länget vergessenes schadenfrohes Lachen aus der
Kinderzelt mit. Einige Tage später hielt er um Charlottee
Hand an« Seitdem war sein Leben in ruhigen i^ahnen dahlnge-
flössen« L's g«b kein Paradies, aber auch keinen Lrzengel
mehr, der einen plötzlich daraus vertreiben konnte. Jahre
vergingen, die Mathias in seinen Forschungsarbeiten ver-
brachte.
6
II
liathlö ß erwaohte eehr frtlh; der L^orgen dainmerte erßtt
Er lag sehr ruhlß, um nicht die AufojerkBarakelt der iTlegerln
auf sich zu ziehen» Er wollte das glückliche Gefühl der Stil-
le geniessen, das die eifrigen Fragen der guten Krankenachwe*
stÄr nur atören iHiv^Jn^* Der anbrechende Tag war bedoutungs-
voll* Heute H^fcüWe er dtt# Krankenhaus verlaaeen. Er würde
sich noch eine Zeltlang schonen mÜRseni aber er brauchte sich
nicht mehr als krenk oder invalid zu betrachten* Nichts durf-
te nun seiner Rückkehr ins tätige Leben entgegenstehen. Eine
leichte Seklenimung befiel ihn bei dem Oedanken, dass Irgend
etwas Unvorhergesehenes geschehen könntet^ Rr musste lächeln,
als er sich bei dem Wunsch ertappte,- wie es wohl früher in un-
bewachten f/omenten auch pat^viorto , - Gott In kindlicher Weise
anzurufen. Kr erklärte diesen kleinen F.ückfall mit der noch
bestehenden körperlichen Gchwäche. Sein Kinderglaube an Gott
war zerbrochen zur Zelt der ICplsode mit dem Hund. Das war
eine schmerzhafte üeit gev/esen, in der sein Bruder Rolf eine
jrr^noQ^. Rolle gGspielt hatte. Rolf war für ihn immer der grosse
bewunderte Wisser gewesen. £r war sein angebeteter Held^^als
im noch ganz klein war. Er konnte Geschichten erzählen und
wutste über fremde Länder und Völker viel, viel athr als :ilin-
na oder sogar die S.':utter. Auch machte er Verse. Wenn Rolf
bereit war, mit einem zu spielen, nahm man sogar seine Neckerei-
en In Kauf* Aber es w-aiv^n w^l such manche Krfahrungen dis-
llluelonlerender Natur mit dem pe liebten Bruder/ die iv:athi8 8
tief trafen und solner Entwicklung dienlich waren» So zum
Beispiel der Vorfall mit der Schokolade. Rolf war ein gie-
riges Klnd# Nlenand truc ihm daß je nach, da man Ihm seiner
vielen guten Oaben wegen Vieles zu Gute hlelt# Mathlas hatte
früh gelernt, dass man den üenuss von SUsslgkelt verlaneern,
Ja sogar steigern konnte, wenn man das einem zugeteilte Stllck
Schokolade In kleine Stückchen brach und nur von Zelt zu Zelt
eins dieser Stückchen ass* Dann reichte dl§ wunderbare SVLb^
slgkfrlt durch lange Stunden des Tagee. Mathlas hatte ein
paar iJ\al schon diese Erfahrung gemacht, Ja er hatte sogar,
nachdem er eins der kleinen Stückchen gegessen hatte, den
/•
Rest der ^chokolade vor slch^^lber versteckten einer Schu^-
ade^/'um so der Versuchung, v;elter zu naschen, zu entgehen.
Am Abend konnte er dann triumphierend den älteren Geschwistern
zeigen, dass er noch Im Cesltz des ersehnten Gut^j war. Wie
verwirrend und demütigend war es dann, als beim nächsten
Mal, da er wieder seine versteckten SchokoladenstUcicchen her-
vorholen wollte, er entdeckte, dass sie nicht mehr da waren»
Dazu mußste er dann noch das Necken von Rolf über sich er-
gehen lassen, der stolz erzählte, dftte er die Schokolade er-
•pürt und gegessen habe und sich weidlich über den vertrau-
enssollren dummen Bruder lustig machte, der doch selbst ver-
raten hatte, wo er seinen Vorrat verbarg. Auch knüpfte Rolf
10
eine moralische Lehre daran über Qelz unJ Hahgieri und itathlas
empfand seine eigene Unzulänglichkeit alo sehr beschämendt
So lernte er, oeinem Bruder Rolf freiwillig Immer den Rest
»einer eigenen Süoslgkeiten zu geben, selbet wenn dieser Rest
der grösrere Anteil war. Dafür tauschte er das 3ewuestsein
ein, ein anctUndiger I'.renßch zu sein, wofür er Rolf ewig dank*
bar war* Auch war er ihm dankbar dafür, dase er so viel über
Gott wusste, als wäre er ganz persönlich und eigens mit Ihm
bekannt, ganz anders als alle anderen Klnder# Wie gerne
lauechte iilathlns, wenn Rolf von Gott und seiner Güte und «ei-
nen Forderungen sprach» Er wusste, welche Gebete am nützlich-
sten und wohlgefälligsten waron, er konnte Talismane herstel-
len, die einen beschützten, und schliesslich lehrte er den
kleinen Bru:.er das Vater Unser, da er die Kindergebete für
dumm und unwirksam erklärte* r-iathias Hess sich nur zu ger-
ne von Rolf in seinem an und für sich schon keimenden Gottes-
glauben unterstützent Zweifel, die manchmal aufkamen, konn-
ten abgewiesen werden mit dem Hinweis auf Rolfs starken Glau-
ben* Rolf musste es ja wissen, da er so viel, vielleicht so-
gar alles wusptet Als Mathlas zwölf war, um die Zeit der
Hundeepisode, bemerkte er eines Abenis, dass Rolf nicht be-
tete* Er fühlte sich verstört aber beruhigte sich damit, dass
en ein Zufall gewesen sei. Aber er machte die gleiche Be-
obachtung an den folgenden Abenden, und schllesrllch fragte
er Rolf nach dem Grund dieser iiachlässigkelt. Was er zur Ant-
wort bekam, erschütterte Ihn sehr, denn Rolf klärte Ihn dar-
I I
11
über auf. daßß es keinen Gott cab. Er konnte dee Nachte
nicht einschlafen, 4*. er dem Rat des Bruders f olßend das :,^e-
ten aufgegeben hatte. Dlesrnal vrar er nicht sicher, ob »^^^
Ältere %\^\j^iUtM»UW^t§i, oder Ihn nur zum testen hlei.. «ci»r
das irlGbnls mit den den üborfahronen Hund umstehenden, er-
barmunselosen Menschen und 'mit dem Tierarzt entschied diese
Fragre ft!r Ihn. Er fühlte sich kalt und unbe schützt. Ee war
ein Gefühl, das Ihn an ein kleines Lied erinnerte, daß sein
Grossvater — oder war es r/lnne — Ihm vorzuslncen pflegte,
und das Ihn Immer mit rcslßnierter rraurlgkelt erfüllt hatte.
Chrlßtlnchcn brbs Im Garten
Das Unglück zu erwarten,
denn sie hat schon Im Traum gesehen
Dass sie Ira Rhein muas untergehen. --
Sie fuhr über eine Brücke,
Die Brücke ßlng In Stücke,
Christinchen fiel In den Rhein hinein
Und hörte dort die tngeleln.
Eigentlich hörte er dieses Lied nicht gerne und dachte
auch nicht gerne daran. Denn ob£lelch Chris tlnchen durch den
Traum von Ihrem Schickaal verständigt worden war, war sie auf
den Einbruch der Brücke doch nicht vorbereitet Belesen.
was das Singen der r:ngeleln anbelanete, eo konnte sich l^iathlas
beim besten Willen nur sehr traurige Lieder vorstellen, etwa
solche, wie die .'.Butter ßle Ihra menchmal vorsang, und die Ihn
regelmässig zum Weinen brachten, obeldch gar keine Überra-
schungen m diesen Liedern für Ihn vorhanden waren. Lr kannte
sie schon alle auswendig.
Und
12
So weit er zurückdenken konnte, waren es Iminer Über-
raschungen gewesen, die sein Leben verbittert hatten, beson-
ders in seiner Kindheit. Co hatte er schon ale kleines Kind
eingesehen, dasR .Vlssen die einzige und mächtigste v.'affe war
gegen Überraschungen. ^Sp^-^wt^ÜMü J o % a fer-a fi ■*) uncsa »4A« ^Is er
In einem grossen sonnigen
Er war das jüngste Kind.
^£.aiteren Schwestern und ürUder]^ kümmerten sich
ungefähr, drei Jahre alt
Hau8y.tn*t^ schönem Garte
nur um ihn, um ihm sein Unwissen auf die erfinderischste Art
vorzuführen. Sie konnten einfach davonlaufen, wenn sie ihn
gentigcnd geneckt hatten -- für immer, denn er, der nur kurze,
kleine Seine hatte, war nicht fähig, sie einzuholen, wie sehr
•r sich auch anstrengen mochte. Sie hatten ihre eigenen Spie-
le und Vergnügungen, und wenn sie Ihn daran teilnehmen liee-
sen, so war es nur immer zum röcheln. Irgendeine schreckliche
Überraschung machte regelmässig diesem Schein ein inde. So
zum
Beispiel, als die Birnen Im Nachbargarten reif waren,
und die Horde der älteren Geschwister (es waren nur vier,
aber für .'athias waren sie mannigfaltig wie die römischen
Legionen) beschlosß, über den Zaun zu steigen und die herrli-
chen grossen 3irnen, die so süss und saftig waren, zu steh-
len. Er war bei dieser Beratung anwesend und fühlte »loh
orrossartig mit einbezogen im Bat der Grossen. Er sah sich
auf dem Baum, auf den höchsten Ästen und w»»**«, wie dank-
bare Anerkennung zusammen mit der süssen Frucht schmecken
. ,«a .. . ^i '.ji. tk-'.W ^*.
lÜ
würde, die er lr> die Ihm enteegengestreoxten üände der den
Bauro umstehenden Korde warfen wUrde. Er sagte auch laut zu
Ihnen, 'wae er zu tun Im Sinn hatte, und ele nahmen ee freund-
lieh ernunternd auf. Sie rannten ^m, ..'lathlas mit Ihnen, zum
Zaun, der den Nachbargjarten umgab. Schnell und leicht Uher-
8tlep,«ö «*« 4+»« und war«» oohen auf der andern Seite und
schon beim Slmbaum. Armer Mathlas,. Die Überraschung kam,
er hing mit seinem Höschen am Zauni zwl'schen Himmel und Krde
schwebte er, und statt des Jubelns dar dankbaren Geschwister
hörte er Ihr höhnlecheo Freudeni^:elächter. So hing er und
schrie und weinte durch Ewigkeiten — zumindest ein paar end-
lose i.':lnuten; ct«fm kam die 3efrelune In Gestalt seiner Mutter
-- ein Engel Gottes wäre ihm lieber gewesen, denn der hätte
ihn nicht auch noch gescholten und bestraft.— Oder das andere
Mal, als ihm sein Bruder Rolf einen lieblichen Keks anbot.
Er blss sofort hinein — und es war Deife, Das war nicht
das 'Schlimmste. Man rausste wohl dem älteren und bewunderten
Bruder solche Zugeständniese machen. Es war wohl in der Ord-
nung der 'Veit, dase die i ehrwissenden ihren Spass mit den ünwiS'
senden trieben. Aber das zweite i7ial hätte es nicht geschehen
dürfenl Das war entsetzlich kränkend gewesen. Ein paar Tage
nach der ersten Seifeneoisode wiederholte sich der Spuk. Dies-
mal war f,:athiaß so klug «gewesen: er war nicht bllndllnrs dar-
auf hlnelnK«f»llen. Er hatte tiefe Gedanken gehabt, voll/ un-
bezwingbarer Logik: dass nun doch der Bruder Ihn einmal bin-
lA
eingelegt hatte; er musste alßo annehmenp dass Mathlaß ge-
lernt hatte Bwn dleeem Firlebnls und konnte Ihn nicht für bo
unvorstellbar dumm halten, dasa er ih^n noch einmal auf den
gleichen Scher:^ hineinfallen wiJrde. Also muc?ste es ein rieh-
tls^t^Keks ßeln# So blsß er vertrauensvoll hinein — und
Überraschung! -- es war wieder Seife» Diesmal weinte ^athlas,
da nicht nur seine Lhre, condern auch sein Vertrauen am eige-
nen Denken erschüttert war.
seiner irr
borr
So sehr er sich auch
übte, die frelgnlBce vorauszusehen, es gelang Ihm nicht«
Minna, das f.ädchen, drohte Ihm mit dem schwarzen ;'ann für
M
Irgendeine Übeltat, sie zeigte Ihm sogar die : esslngtUr am
Küchenofen, durch die der schwarze h^ann kommen würde. Er
glaubte kein Wort davon. Er wusste, es gab keinen schwar-
zen Ä'önn. Ein paar Tage darauf läutete es an der Haustür
und V.athlas stürzte hinzu, um sie zu öffnen. Draussen
stand der schwarze r ann, mit hohem schwarzen Hut, einem Fiel-
fen in der '^^and, rollte seine Augen und zeigte grässllche
weisse Zähne! l^athlas verkroch sich unter dem Tl?ch. Na-
türlich lernte er später, unter dem ^elächter der :v.utter
und der Geschwister, dasc es der Schornsteinfeger geivesen
war. Aber konnte m?n das glauben? Sie mochten wieder einmal
Ihm Dinge erzählen, die dann später sich als unwahr heraus-
stellten. All dies waren Triebnisse, die nur den Boden'vor-
bereiteten für die entsetzlichste Überraschung in seinem Kln-
derleben#
^^'^^iP^^^^^^'^^PT'^S^^^fBf^
15
7k jUuM ^T U^'h^^ KrhHJU^
jM/UJtbiAf lebte der Grossvater bei
Ihnen ^ Der war
ein wunderbarer alter ::)ann und Spielgefährte. Er llebtt
den Kleinen, alB den Jüngsten, der bei dem alten .tiann blieb,
wenn alle anderen hauegenossen eich anderswo tummelten, Ih-
ren Geschäften nachgingen, worunter auch der Schulbesuch der
älteren Kinder elnbecrrlffen war* Der alte Mann ^ar einsam.
Er hatte vor kurzem seine Frau verloren, nun lebte er beim
Sohn und der Schwiegertochter. Sie waren gut zu Ihm, aber
Ble wusBten natürlich nicht? von dem Alleinsein dos Alters,
von der tiefen Sehnsuch nach -Zärtlichkeit, nach dem Gewiegt-
uni Besorgtwerden, nach dem üefüttert^erden und den alten
Kinderlledern. Der kleine Kathies wr>r der rlchtlgG_Splelge-
fährte, denn wenn er auch nlchtAdem ürrossvater
Ich
PO konnten sie jedenfalls
all das Begehrenswerte Im Spiel und mit wechselnden Rollen
geschehen lassen. Sie konnten einander füttern, beim Anzie-
hen und Waschen helfen. Sie konnten zusammen zur Musik der
"Hofmusikanten" tanzen, und er konnte dem Kind all die alten
kleinen Lieder singen, wenn er Ihn auf seinen Knien schau-
keln llesst Auch spielten sie Überraschung zusammen, aber
Überraschung, die eine Regelmässlgkelt gewor^den war, das Zu-
erwartende und doch Immer Neue, l/iorgens, ganz früh, wenn
alle Andern noch schliefen und selbst Ulnna noch nicht er-
wacht war, stand Ivlathl^s auf und schlich sich in seines
Grossvaters Zimmer. Die Vorhänge waren noch zug^*zogen, aber
i
16
die Sonne ochlen schon durch dlo Ritzen und schickte einen
feinen dünnen Strahl zum groesen runden Tisch In der Mitte
deB Zimmere, der mit einer schweren dunkelroten Tischdecke
bedeckt war. Las gr-osse, alte, braune Bett war auch gut er-
kennbar und sogar das Nachtgeflchlrr unter dem ßett» i:.lne
Vase mit blumen stand auf dem Tisch, auf dem //aschtlsch der
Krug und die Vaschschüssel* Der Schaukelstuhl knarrte ein
wenig, ^enn man darrn ankfim# Der rote Dlvan schaute einla-
dend herüber und erinnerte ..athias daran, wie er einmal nach
vielem ilin- und Herrutschen auf diesem Dlvan ermüdet einge-
schlafen war und beim Erwachen nicht etwa seinen Qrossvater.
sondern einen fremden w-ann zu sehen vermeinte* Eine er- ^
schreckende llberraechungl b:8 stellte sich dann aber heraus,
das;'^ der Fremde sein von einer Reise zurückgekehrter Yater
war, der der ..ode gemäss eich hatte Inzwischen den schönen
vollen Spitzbart abnehmen lassen und somit dem kleinen Kna-
ben ein v??lllg verändertes Geeicht zeigte. Aber diese Erin-
nerung tauchte nur gleichsam als kleine Kostprobe von anderen
Überraschungen auf, während r^-athias die erwartete, und so
sicher folgende, vorausnahm* Er schlich sich ans üett des
\
Großßvatars. Der lag da mit geschlossenen Augen, schlafend
und schnarchend, wie es sich doch für einen wirklich Schla-
fenden gehörte* ILr trat ganz nahe heran und streckte die
kleine Hand unter das weisse grosse i^aunenkissen, auf dem
17
der Kopf dos alton Herrn lag# ±r fühlte etwas Hartes und
zog; ein Döschen heraus, das er schnell öffnete# Da waren
sie, die kleinen bekannten Bonbons, die so wunderbar nach
allen raiJgllchon Früchten und süssen fiäften schmeckten. Schnell
steckte er eins In den ?.und» Grossvater machte diese Bonbons
In der Nacht für Ihn, und Jeden Morgen war ein gefülltes Dös-
chen unter dein Kopfkissen. Das war aber doch noch nicht das
(Tanze Vergnügen. Jetzt kam das Ende des Rituals. Mathlas
küsste den alten V.ann auf beide Augen. Das Schnarchen hörte
auf mit einem letzten tiefen Atemzug, die Augenlider blin-
zelten und der Grospvater war wach, wie er natürlich schon
lange gewesen war, und herzte und küsste das sich überrascht
stellende Kind. i^^.lt solchem Beginn des Tages und solch einem
herzlichen Grosavater war die Übrige V/elt erträglich. Man
konnte Fritz und Rolf, Lieschen und Maria ruhig zur Schule
gehan lassen, ohne so schrecklich dringend mitgehen zu wol-
len. ; an konnte ja Schule mit Gros^vater spielen* Vater und
S^^utter konnten inihlg am Abend ausgehen und wohl auch manch-
ma
1 die älteren Kinder mitnehmen, der kleine Mathlas f%lte
sich sicher und wohl, wenn der Grossvater an seinem Bettchen
sass und ihm Märchen erzdhlte. Auch Elnnas schwarzer 1. ann
konnte ihm nichts mehr anhaben, hatte ihm doch der Grossva-
ter Bilder In einem Buch gezeigt, auf denen viele schwarze
Kenschen waren, dio in uras- und Blätterhüt*en lebten in
einem Land, wo die Sonne so warm schien, dasr alle üenschen
18
genz natürlich dunkelbraun wurden wie ein guter Braten. So
war er auch gar nicht so überrasclit wie seine Geschwister,
als er mit eelner ganzen Familie In eine Ausstellunc l^n /zo-
ologischen üarten ging, wo ein richtiges Negerdorf äu sehen
war mit einigen Aegerfanilllen. Sein Wlanen hatte schon be-
trächtlich 7,ugenomaien.
Eines i-'orgens stand er wie gewöhnlich In der schwel-
genden Frohe auf und ging zu seinem Grossvater. Als er das
Zim-ner betrat, hatte er ein Gefühl von Anders-'ein. Er trat
an das Sett heran, der Grossvater schlief, aber er schnarch-
te nicht. Leise nahm das Kind die kleine Jose unter dem
Kopfkissen hervor. Dann stellte er sich auf die Zehenspit-
zen, um den alten . ann wie gewöhnlich zu küssen. Dieser reg-
te sich Jedoch nicht und fühlte eich kalt an. Nun bemerkte
Mathias, daes des Grospvaters Augen halb-offen standen und
der -und ganz offen, und in dem Schimmer des schüchtern ein-
dringenden orgcnllchtes schaute der Alte ganz blau aus.
Verwirrt und verwundert schüttelte er den Alten und griff
na
ch den üänden, die eiskalt waren. Ale auch Jetzt kein
Zeichen vom Grossvater kam, fing F/.athlas sn, laut zu weinen.
D
as laute Cchluchzen brachte den Bruder Fritz herbei, der so-
fort nach dem Vater lief, da_aii->.f«i?&^and, dass der Grossvater
tot war. In der Aufregung und dem Trubel, der durch den Tod
heraufbeschworen war, war -athlas vergessen. Niemand hatte
zur Kenntnis genommen, dass er der Entdecker der schrecklichen
^.-L. A -*A .Lh^^Al.) JT.A^ ^.a^^..^.A.>
19
überraschungAwar. £r saiR In der Küche am üoden, echaukelte
*
hin und wlrfder und weinte leise vor sich hin, Dann sagfe man
Ihm, dass der Grosßvator ganz plötzlich In Jer Nacht gestor-
ben sei; aiü "^chlag" sagte 'Unna. In Grosßvaters Zlmaer gln-
)ffiJLL
genft-enschen ein und sue; er salbat durfte nicht hinein.
%\x\QB späten Nachmittags Kamen sechs schwarze :'änner, schwarz
gekleidet, mit schwarzen Hüten, aber nicht schwarz Im Gesicht.
Die trugen den schwarzen r.arg hinaus. In dem sein Grossvuter
lag. Seine Mutter sagte ihm zum Trost, dasB seines Grossva-
tera Saale zum Stern am Hlramel geworden war, und sie zeigte
Ihm sogar ä-en f^tsrn. Er glaubte *%i^f«re daran^ wurde ein stil-
1t^ sich für Gott und den
les, vorsichtiges Kind tmd
Himmel zu interessieren.
20
\
^liL
Die Lorgenstunden mit Ihrer Krankenhaueroutlne ver-
gingen heute nur pehr lanfTssm für .v.athlas* )iT mueete noch
den loteten Benuch selneo Arztes abwarten, nachdem alle übri-
gen vinzelhelten der Ktlquette elnor luntlascung aus dem Spi-
tal beobachtet worden waren. Während er auf den Kollegen
wartete, wanderten seine Gedanken hin und her von der nahen
Zukunft zur Verrangenhelt« Said wUrde Chsrlotte kommen, um
Ihn abzuholen; f^ie Hess sich dieses Vergnüßen nicht neh-
men. Sie wollte Ihn zurück In Ihr Fiaus führen, das sie si-
cher zu seinem Kmpfanjr festlich hergerichtet hatte. Er konn-
te die Atmosphäre angenehm vorausHlhlen und^sehen: die Blu-
men In allen Zimmern, besonders aber In seinem Arbeltszimmer,
der gastliche Duft eines guten r-shles, das mit grösster Sorg-
falt von Charlotte seinen Vorlieben gemäss angegeben und von
dar Köchln zubereitet sein würde. Er wife das sanfte Licht
In seinem Arbeltszimmer, die mit Suchern bedeckten Wände,
seinen Schreibtisch, auf dem, obgleich nicht ein Dtäubchen
ZU sehen rt^^ln wüx^te, doch alles genau so liegen wüpde, wie
er es vor sechs '.lochen verlassen hatte. Sein Manuskript
4e sn der Stelle aufgeschlagen s-e+n-, wo er aufgehört hatte,
f^'
zu schreiben. Fr würde nun diese Arbelt wieder In Arfgrlff
nahmen, während der kommenden fchonungsperlod^, die er f^Jr
Sic*! als Ferlem ^)i iBBBTTfryte . Er konnte sogar hoffen, diese
I I
21
Arbelt bei dem nächßten wlseenschaf tllchen Kongresa, der in
drei :'onaten stattfinden sollte, selbst vorzutragen. Während
seiner Ferien, wenn auch nicht sofort, gedachte er auch sein
eigenes Spital und sein Laboratorium zu besuchen. Er musste
unwillkürlich lächeln, als er an seine Kollegen dachte. Sie
hatten wohl alle erwartet, dass er sterben würde, besonders
aber derjenige, der ihm im Rang am nächsten stand. Der hatte
wohl heinlich schon auseerechnet, wann er den Lehrstuhl, den
ivathlas seit so vielen Jahren an der Universität Innehatte,
einnehmen würde. Er hatte sich gar so entsetzt gezeigt über
?:athlas* pl!5tzllche i1?krankuns; aber verdenken konnte man es
ihm doch nicht, dass er mit beiden Aurren nach der sicheren
und ehrenvollen Stellung herUberblinzelte. Auch alle die an-
deren. Jüngeren Kollegen mochten wohl schon eifrige Berech-
nunpen untereinander angestellt haben in bezug auf die Ver-
Schiebung der Anstellungen, die immer einer freiwerdenden
ordentlichen Prof essors teile folgten, ^/'^ie enttäuscht sie alle
sein nF«r*^, dachte ?'athlas und konnte sich einer gewissen
Schadenfreude nicht erwehren. Er hatte Ihnen allen ein Schnipp-
chen geschlagen. Sie tetten seinen Tod so sicher angenommen.
und hier war er quicklebendig und bereit, bald die-^ZÜgel wie-
der in seine Hand zu nehmen. Vielleicht aber waren sie auch
wirklich sehr erschreckt und ehrlich um ihn besorgt gewesen,
besonders einige von den ganz Jungen Mitarbeitern, die ihn
verehrten und noch viel von ihm zu lernen erhofften. Mochte
22
öB für sie nicht eine grosse heiter« Freude sein, Ihn nach
diesem Sohreck!*^ieder lebendig unter ihnen zu sehen? Fast
so, dachte Mathlas, wie in seiner Kindheit am Meer, als er
selbst noch nicht schwimmen konnte, Ja sogar eine gewisse
Scheu vor den hereinstürzenden wellen hatte und die älteren
Kinder Ihn da.-nlt neckten, dasß sie "toter Vann" spielten;
sie legten sich flach auf den RUcken und Hessen sich, selbst
ganz bowegungslos, von den Wellen tragen. Angstvoll, nur bis
zu den .Vaden Im fftseer stehend, hatte er Ihnen zugeschaut,
uni^ar Inmer wieder ungeoieln erleichtert^ ?,eweeen, wenn seine
Gecehwlcter sich wieder aufrichteten und sich als herurasprin-
pende und lärmende Kobolde in Ihrer eew^-hnlichen und Ihnen
anoemessenen Mstur :ipezelgten. Heute war er "der tote .Vann,"
der zwar nicht jctx^^i^pr Ingen ^temrtc, aber doch zumindest
wieder ungehemmt gehen und sich beweeen konnte.
Endlich kam der Kollege, der ihn noch einmal unter-
«•uchte und nachdem er Ihm besti:ninte Verhaltungsmasonahmen
vo^chrlebW^ ä'.athias fast als spasslg e.r.pfsnd, mit besten
Wünschen und Händeschütteln als weitgehend febeseert nach
Hauee entliesF. Heiter verabschiedete er sich von den an-
deren Straten und den Krankenschwestern, i-rwartungsvoll und
etwas ungeduldig liesP er sich mit Charlotte zusammen Im
Fahrstuhl hinunterfahren. Fest Jugendlich ging er seiner
Frau voraus durch das grosse Portal des Krankenhauses, durch
das er vor nur sechs ?/ochen bewusetloa hineingetragen wor-
f
23
den war# Welch eine gltlckllche Ruhe hat or In dieser Zelt
hier gefunden! Nichte konnte Ihn mehr erschrecken oder über«
raschen, da er der Zukrmft wlsBend entRepr.englng#"^ Übermütig
wandte er sich um nach Charlotte, um Ihr ein par'^r heitere
Worte zuzurufen, perade alp er die Btraßoe überquerte, um zu
dem auf Ihn v/artenden 'ffapen zu Kelßnp;en. Hr hatte In seiner
fröhlichen Laune dabei weder nach rechts noch llnkD geaehen
und ßo nicht bemerkt, dase sich daß Verkehres Ignal geändert
hatte, Ein schnell fahrendes Automobil etlesß Ihn nieder
und schleifte Ihn ein putes Stück* Welt, weit entfernt hJ?r-
te er ein seltsaires Krachen und Knirschen; ein Hinauf- und
Hlnunterwofen machte Ihn schwlndllp; und seekrank» Ein unbe-
kannter unerträglicher Schmerz raubte Ihm fast die Besinnung,
und In jäher -berraachung sah er ein fremdes Gesicht sich
über Ihn beugen, ein Geeicht, das, der vode entsprechend,
glatt rasiert war. Dann schloss er für Immer die Augen.
\
1
DIE USBäRxRASCHUNG
Vinalhaven 1955
fut^ ^-iuJU/u^
Maithia« war nie la ••!&<»« L«)>«n so ruhig aa4
giacklicla £«w«t«n als In 41«««a l«tat«a ••«hs Wochen,
Äl» »r l« Krank«nh«uiibett verbraoht«. üi« tlaf» ü«b«r-
2«uguag 0«lA«a L«il«ii», »alt dan Jungaß Ja-^r«R aalnar
Klndhalt, hatta aloh Ihm bawehrhaitat. tiasao, so hatta
•r aohon ala Kind «adaaht, war Scüuta gagan plötiliobe
(>afahr«n, isran gröSta und 9chr«ekllohßta dar Tod Ist.
Weiß man, waa la «aatchllohan Körper Tor »ich «aht, kannt
••te« Fhyalologle und Anatoalo und alla Sinzalhaltan
Ihraa gaatörtan Varlauf», dann und nur dann kann aan sl-
oher aaln, da0 dar Schrackaa daa Itabarraachtwardens alnan
aioht übarwSltlßt. So war aa auch vor »aohe Wochan, ala
ar an Wlnaai fünfzigatan (laburtatag die badrohendan iel-
cban ainaa aratan Haraanf alles arlabta. Da er «in ba-
dautaadar Harzapazlaliat war, arkannt« er aie sofort
und war ao Herr dar Situation, da« •t »alner Frau Char-
lotta »arnunE und /oiwaiauag gab.in konnta, bevor »r daa
BawuStaain varlor.
waren <ttt darauflolgandan Tag«
und Wochon, naohdam ar «rwMhand in Kranken h»aazlm.'nar
Charlotta und ein*:i Krankanschwaatar an aalnaa Batt alt-
••nd «•funden, voll körparlichaa Laldans g©*ei«i. Trota-
daa tlaf® rjiückageftihl und di« <är.alstl(5a Roha
/
ein köstliche« Srlebnle. Br wer «ngstlos, und wenn er an
den Tod deohte, »o erschJen er 1ha eis etwa« Bekanntes,
etwes, wes er s;erede, wenn auch nur In For» einer Probe,
schon durchlebt hat%«. Er konate »It Interesse den täg-
lich«» Itrlohten seines Kollegen über den fortsohrltt
seiner Oenesun« lauschen und alt 1ha bespreohen, wis sei-
ne LeIlSftaerwertungön waren, fr konnte PlSn« naohen In
Bezug euf ein künftl«os Regimen und seine eigene wlt««n-
«chäftliohe Arbeit; bereoh»«, wie weit etM «r seine
Forstlwingen beachlounlften od«r einschränken müsse, ora Tor
seinem z\x erreohnendan :£nde noch gewisse Äesultst» ttt er-
reichen. Ir dachte dt Wlrae und frouadllohen Oeftthlen
an Charlotte, die durch fast «wanzlg Jahre Ih« eine so
herzlich «ute Geffihrtln gewesen «»r, und das« er sie
wohl versorgt zurücklassen würde. Selbst wenn er nicht
▼bin« die Ihm noch austehendon zehn Jahre leben sollte,
so würde sie vor Kot geochUt^t »ein. Ir hatte keine
Kinder. Früh schon hatte er diese frag« entschieden be-
antwortet: »1WWMi<ilTsciiaft, Caburt und Aufsucht von Kin-
dern war sin Hlslko, das nicht berechnet werden konnte
und AU viele Ueberraschungcn alt sich trug. 80 war ••
ihm lieb gewsüari, dass Charlotte nicht darauf beotend
und ihr tebensaiel darin sah, Irethias' Da«al» so ruhig
und störungsfrei, zualnäest zuhause, hlnflleSan zu i»*-
Mn als M in «anschllcher Kacht stand. Mathias dachte
B^^k-<^*B-A*>*eaM^'^^^a^-^h^^
II
N
alt Daakbark«lt «n dl« JaUr« lhr«r lari«berxh«lt und Tr«u«,
dU •• ihn «möelloht hott«n, sieh gan^ öt»la«r Arbeit uxid
••lR«n 3tudl»n *u wldn«n und ihm alU« 0«tü««i«l und all«
T'nruh« ftrahl«Xt.n. ftP hatte Chsrlottt mU lhr*r g«ft«ln
Mm«a Kindheit i«rnt g«he.bt. Ir wußte von ibr.r Li«b«
3tu Ihffi seit Jtner i«it als tU bald«, ati«« •••h.JIhrig,
««Baamen auf i«r kl.Uw Wiese vor der Klrcha «pialtaa
und Churlotta au» öfiaMblüachdii einen Kranz «»•hta. dan
sie dem Caaplelan ua dla 9%iwnm l»Sta. Sla hatta v.r-
«ückt still vor Ihm gaetandan und aufB*ufzand «eeagt;
"Du slahst au» wie dar Engel." Ir kannte dan lA«»I, auf
öen aloh die kleine Lotte bezog. Sr war in seinem eige-
nen Biidarbucn su sehen; beide Kinder hatten «ft au^azt-
mn das Bild eneaeohaut. '^r fand dan Angel auch schön,
konnte »bar nicht mnz X^otte« Liebe äu ih« teilen, «al-
M •it«B« »^-a'^»^« ^^®*'* gehörte einer anderen 0«»t«Xt in
«««aalban 3uoh: Da» war Chrletu» im lanir.en wallen Ge-
••nd. mit einem Splt;.bert und einem atrahlenden Keili-
e««chein u« das Haupt, der gerade den vorher toten La-
«aru« z^x:r. Laben erweckt hatte. Auch aln ähnliche» Bild.
ias Chriattt» in glelchar
l?L
Aber Rit jralru« Töohter-
ohen darstellte, hatte M»thl«s »ehr «ern. Jedoch keine»
^ anderen Bilder «ab Ihi. da» Gefühl tiefafr Liebe und
Ruhe, das er beim AnbUoSi der Slederarwaokung von L«»arue
hat«*. Charlotte aber llöbte den Sngel, der talt «azüek-
rii'-f<» ■'-
tM 3cÄ«wrt vor Um Älnßftn« süss luradlea ■tßa<a.
Jetxt, In Krankonhauezlmm«r, Iib 3att« ll«««nd,
«l3 er aa frühen Äor««o öle Soananatrahlon «uroh di« zu-
«•zoganan Fanstervorhäng« aebr «rrlat «1» wlrlcllch »ah,
«aehta l^athlaa an Charlotta aXa klalna» Mlldoh««, unö
daran, dai ar wohl lataor gewußt hötta, dai «r al« hei-
raten würda, war er doch Ihrer Liebe ao aloher «tewaaen
und ao »icher, da;, mit ihr uad durch si« nie ein er-
schütterndes, onvorh<)rff9«ehenes Srelgnlo ihn treffen
würde. Sie hatte es salbet »o gtwollt, dleaes Terhilt-
nls zu ihm. Ir wußtQ auch, daa» ar lamer für ale der
Sngol geblieben war, «er den Slngan« zum Paradl«« «It
dem Schwert abwehrend bewachte. Nur einen kurxen Augen-
blick war to» iaradle» unbewacht peweaen. öaa aber war
nicht fttr Charlotte geachehan. üaa «••ehah, bevor er
Charlotte geheiratet h«tte. »r war aalt »einen Jüng-
llnReJahren «tÄndlg auf der !!ut ^mmmm vor dem Chaotl-
••bw«!'
»Obendon Llab«»6«fühle zfthlt«. Kit eiserner Disziplin
hatte er sich zum StudKiffÄn und Arbeiten eraogen. 1»
htttt« »chon früh erXOt, an »Ich und an ander«n beob-
ÄOhtat, -«sloh unheilvolle, «»«rraachende folgen entste-
hen. wenn aan »einen Geftthlen frei« B«hn «tovföhrt. Die
«•rzaohMraen jet^t, die durch den Versonlu»» «W Kranz
ßof«2e hervorgerufen waren, «aran überhaupt nicht »it
4«:i#n T«rgl«lohbftir, die «r
B«lspi»l «riebt hatte,
als tr zwölf Jifchre «It v^ar. Moob heut«, wenn er en aie
frfahrung lalt de« üb»rf uhreneü Hund dachte, Jcra^aspfte sich
Miit Her 2 xu»A!u
«-i.« u. 4^ W
Er littet« Tiere, btMMf Bunde,
i«ar«l •• in »elnera Haue« iniiraar einige j^egebea bette.
llnmel glrtf «er zi»blf jÄhfige Kathies auf der Iwiptetreße
#•• Vorortee, ia 4mi er wokate, »p&zi»ren und beobachte-
te bewundernd einen junge« netter, der vergoüet heruÄ-
»pren«. 2r war anscholnend ohn» Befiel tun«, jodeafalle
war üieaand auf der StreSe, stu de» er zn «;eh5ren achien.
TlOtzlloh durch Irgend etwas «uf der atidörea "-elt« im»
fahrdawaee angelockt, rannte der Rund über dl« StraSe
und «rerade vor eine Straiionbahn. Der Kondukteur könnt«
€•» Wegen nicht »chnell genug bremaen, und da» arne Tier
wurde Ub'srtahren. ae stleiä einen schrecklichen Schrei
aus, der Kathies durch alle Knochen fuhr und 1ha einen
ifcBHenblick lang TOr Angst IShate. iiaan aber reoate er
in wenigen SItaen zu der Stelle de» Unglüclc». Sin klei-
ner Menschenhsufen hatte »Ich angeeammelt ua den Hund,
der blutend auf der StrnS« lag. tr wer nicht tot; er
winselte und schrie. NlemÄnd von den DaBötebendsa mach-
te .'inotalten, dea Tier z\i helfen. Mathie», de» die Tr«-
nen über die Backen liefen, stieß die Leute aur .4»it«»
kniete bei dem araaellgen Qmm9M§f aieder und versuchte,
•i aufzuÄ«toea. ßa war zu schwer. Kleaand half £!athla«
b«l ••inon B«Bitthunif(en f obgleich «r flehte una bat. Schließ-
lioh, er wuiäte nicht wie, gelanir «b ihn, den Hund auf sein«
iürw zu nelmen, und versweifelt Mh er sieh am nach freund-
licher Beratung. Jeraanä nennte den Neoen und die Adreeae
eine« Tierärzte«, nicht •ll^.atveit ezitfernt Yon der tJnfalls-
•teile. Allein» alt grbdter Anstrengun«, die er aber in
eeiner Erregung nicht spürt«, trug er den Hund zu de« Hmui
des Tiertrztes. Dieter, ein wohlgepflögter Herr in mittle-
ren JÄhren, «it einer Blume Ira Knopfloch, war i«rade von
einem Beeaeh nach Haaee
n. Als dr den erragten Kna-
ben alt den verwundeten Hunö sah, zeigte er sieh zunBehet
eifrig und freundlich. Kau-r. aber lititte er die Dnglückage-
sohiohte
rt, wurde er unintereftslart und wei/Piert« »ich.
de© «rnen Tier Hilfe zu geben, dessen Beeitaer unbekannt
Ml und da er für seine Besiühungen der Be«&hlunc nicht
alchor wire. feathies, deaaen »Itleldlgea, »ch5i«raendea
Hera einen Augenblick lang öeruhigung spürte, war duroli
diese« heralose Verholten de» Tieraratss so eraohUttert,
dtß er Eilt aller Macht pegen ein Oefühl von Seekrankheit
fMfi Brechreiz ankljapfen rous^te. Sr brachte es dennoch fer-
tig, äera Tierarzt davon :'.u r©d«n, ö«*; »ein Vater, deaa«
Namen, Adrease und Beruf er «np'.ab, für Äle Koatan gutstc-
han wUräe. Iret neohdem sich dar Tierarzt telephonisch
die Versicherung von i-athlta' Väter geholt !«%%•, wandte
•r aich d«Ma schon fest varhlutetön Tier zu. Dar Hund er-
- "-
lag •» AbenÄ ••Inon V«rletzun««n. ll«thl«s wnr »laig«
Tä«« lang krank an Körpar und Saal«. In saiaar faadlia
abar wurda H&thlaa nooh lang© aalt von «Jen Oaaohwlstern
und dMi Vatar ganeoVct, wall ar noch nicht f«nuf #tlt-
«iMHin arworbon hatte, dl« iab<ir2iii«»rÄlglt«lt aainer Kit-
HMiBaohan voröussusaban. ^r larnta aber und varatand a«
bald, sein algeaes Kar» vor übarrasohandaii Vörwundungan
au achütaa», Sicht abar gagsn !^*?nata. AI» drftl21«:.J«h-
rlgar varliebta ar sich In «le, chn« zunächst aalnan
•lf«non üaaLÜtaaiustand arnat zu nahuan. Äi« vmr fo gar
nicht dar Typus Frau, daran ttbarwältlgandan iSlnflttt ar
iBBU'^r ?,öfUroht9t hatt«. Die Ihr eigön« Analstoungskraft
•h'ifr In d«r Abwaaanbait ellos Auffall«id«n «talagan.
la aar »tili und fraad und doch raarkwtirdiff bekannt. Kr
naanta slö «IruMil 1« Soharz Jalrua' Tbchtarleln. 81«
lebta für sieh, obgleich aia »«shr Jung war; wovon, konn-
tö er nloht ar raten. 31 ?? «tjlbst, ««nii ar Frag» dlaa-
bajsüglioii atallte, icherste übar dla UlllftR la Felda"*
«dar dla "Vö^rlein im mlda." Als «r «i« aina länp:ar«
»tit, dß st« krank wär, nicht sahen kennt«, vk-urda ar
sich dat allbaharraohandan ßefUhla» für «la bawtt»t. •»
ttuÄta ihr naho »ain, und aia arlaubta aelna AnnÄharun-
gan. fi^nn kam das ':rxa«5, das ar In aalnöiü Sustand dar
Leidarsohöft nloht einaol bedacht, vi»! waolgar ▼oraus-
«eaahtsn hatte. Als «r ihr, hl««ariasan ron daa 3rlab-
e
ni« »Insr Macht, «!• »• ««bot ohn» 2,ögern, b«r«lt, alle
Mi»« klugen, wl««enden VorsütÄa «uk T©uf«l zu aotiicken,
l»h«t« •!• Ihn alt kühl«« Irataunen ab utiä bdlcaniite Pich
völlig unfähig, »ein« Gefühle »u erwidern oder euch nur
die Beziehung ua «ine Naebt zu baroi«h«rtt. In ihr«« lel
Laoben klang länget vergessene« «ehadenfrohea Laehen
au« der Klndari«lt mit. «Iniße Tv^eß apfiter hielt er u»
CÄarlotte» Kand an. ijeitdem war sein Leben in ruhi#>;en
»•hnen ÄahingefloPKsn. Ki gab kein iaredle«, «her aueh
keinen Eraengel aehr. der einen plötzlich daraas vertrel-
ben konnte. Jahre verf;ingen. dl« ÜÄthles in »einen For-
aohunp^sarbeiten verbrachte.
TT
erat. Er leg sehr ruhig, un nicht dla AufM«rk««Äkelt der
Jfle«erln auf sich zu ^ieh-^n. Sr wollte 4«« ßlüoklich«
Gefühl der Stille jcealotJen, das die «ifrlt^n fraßen der
/Tuten Krankenachweater nur stören «oohten. D«r «nbreoh«n-
de Tag ««r >«d«utuneovoll. Heut« durfte er das Kranken-
hftu» ^«rl«»«««. »r «»Tde sich noch eine Zeitlang scho-
siaa««n, m^t «r brauchte sieh nicht mähr als krank
invalid au betraohtan. ilohta durfte nun »«iner
Hüokkebr Ins tätig» L«b«a OMt«eg«aßt9b<5a. lln« l«icbte
B«)cl«MUiac btfl«! Ihn b«l Ö«« Oodaökon, d«ft Irgend «twes
üaYorb»rg«a«h«a«8 g«Botie&«n könnt«. Ir WiSt« löcheln,
als «r aloh b»l d«B Wunsch «Ptappt«. — wl« es wohl frü-
her In unboWÄOhton Mofa»nt«n euch geschehen w»r, — Gott
in kindlicher »«oise anzurufen. Cr erklUrto diesen kiel-
BM FUckfell olt der noch bestehenden körperlichen schwa-
che. Sein Kinderglßube an Qott wer xarbrochen zur *.eit
der Ipleodt alt d«a Huad. Da» wer ein« »oüaerzhafte
,;elt gewseea, In der sein Bruder itolf eiae wichtige Rol-
le geapielt hatte. Reif wer für ihn i«wir der groCo be-
wunderte «iaeer geweaen. Sr war adln angebeteter Hold
geweaen, als Mathiaa noch ganz klein war. Kr konnte
0«aohlohton ©raühlen ua<3 wutiM über frocaö« Uinder und
Völker viel, viel »ehr ele Kinne odör aogar Kutter. Auch
■Achte er Vera«. Wann aolf burelt war, alt einem «u spie-
len, netui «Ml aogar aelne Keokerelen in Kauf. Aber ea
tMitte euch ciönche Erfahrungen dlsilluisloalereai^r Netur
Hit deta geliebten Bruder gageben, dl» Mathias tlof trafen
an« »einer Entwicklung dienlich waren. So ztiai Balaplel
der Vorfall mit 4t9t »ahokolada. l»lf *ar »In glerlgea
Kinfl. fleaacd trug Ih» daa je nach, da «am iha «einer
▼lelen guten Gaben wagen Viele» au Oute hielt, üathiaa
hatte früh gelernt, dalj san den Oenuii von Süülßkelt ver-
l&ngern, j» aogar stei«r«rn kotmte, wenn aaan te« »Ine® äu-
geteilte Stick Schokolade In kleine 3tüokohen brach und
■ ■fcr .^1 V*' ■ -*.^^h^jk^tu
10
nur von Zait «u ^oit «Ins di«e«r 3tüolcehoß aB. Dana
r«iete^ dl« iWtigWr» aüi^iekelt duroh lUMIt ^itunden d««
Tttg*8. üftthlae hatt« «in paar Mal »chon <Si«8« irfahrun«
gaiaacbt, Ja «r hatt« sogar, naoiidaio ar «ins ilMtv klel-
aan tüekoh#ft «•«•■«•n hatte, 4m a«et dar Sohokolada In
•iner aobablad« vor «ich aelbar TerstaoJct, vm «o dar V«r-
MUIil«lH(, imitar zu nttoohan, zu eatgehsa* Aia Aband ironn»
ta ar dana triiUBpfeiarend d«n Mltarae aesohwlßtarn salf)!on,
dai ar aoch 1» Baalt« *MI «raalmtan Outas war. Wi« ver-
wirrQnd und daQQtl|r,and ««ar aa dauü, als bala aichstan Mal,
4m ar »iedar saine varataoktan ^^ehokoladaaatückehen har-
Torhol«tt irollta, «»r aotdackta, dai; »la nicht auihr da wa-
ran, Daatu swiite ar dann noch das ?Jacken von Mit übar
sich argöhan laasan, dar 9^lz arzfihlto, daS ar dla cbo-
koibd« «rsiitirt und (reg^asaen habe und »ich waldlich übar
dan yartrauansßallgan duaman Brudar lustig »aohta, dar
doch salbst verrat«» hatt», wo er salnen Vorrat verbarg.
Attch knüpfte Holf eine laorailaohe Lehre daran übar C»sia
und Habgier, und »«thlas enpfand »ein« eifMa Cn^uldng-
llohkelt als »sbr besohämand. 3o lernte »r, eainem Bru-
der ftolf freiwillig ifficter den i«est seiner algenen 30fiig-
kelten «u «s^n, oslbst *'örui dieser Rest &9r grööara An-
teil war. Dafür tauschte er das Bawuitaein ein, ein aa-
stlndigar Hsnaeh zu sein, wofür er Eolf dankbör war. Auch
war sr 1ha dankbar defür, daS sr so viel über Octt wußte,
als wfire er «an» paraBnlioh und eigens jsit ih« bekannt.
II
11
«•nx andara «le alU andar.n Klndtr. äU «trne l^uffcht«
ItetUaa, wena Rolf von Gott und «»Iner Oüt« und ealata
f ord.runcan »pr««it »r wüßt«, «»loh« a«b«U am nOtz-
ilohatan und »©hlgeffilll^etan war«n. «r könnt« f^llamana
harataUan, dl« alnon baaahütatan. und aahllaaiicb lobr-
ta ar dan klalnen Brudar das Vatar tJnaar, da «r dl« Kln-
darfidbata för diuu& und uawlrkaaai erklttrta. Matblaa llal
«loh nur zu garn« von Rolf In salna» aa und für sloh
schon kolaeadan QottaafJLauban untoratütatao, Zwalfal
dia «anobMl aufkaaaa, konntao abgewlasaa wardon mit dam
Hlnwaia auf Rolfs starkon Ol&uban, Rolf waÄf •• ;a wl»-
—a, da ar ao vlal, viellaicht »ogar allaa wuÄt«. Als
Mftthlaa ziHÜXt war, ua dla ^alt der liunöo-äpleoda, bemark-
ta ar alnas Abend«, daß Holf nioht batata. .tr föhlta
alob veratört, abar beruhigt« aich damit, daß aa alo
iittfall gawoaan aal. Abar ar aaohto die glaloh«» Baobaoh-
tttög «a dan folgandan Abenden, und «chlleiiHoh fragt« ar
Äolf naob dan Qrttad diaaar Nüotilftssl«kalt. «aa ar aur
imtwort bekaa, arachüttsrta Ihn aabr, denn Äolf klSrt«
1ha darübar auf. 4m& •» kaloan Oott «ab. Sr konnta dea
»ÄObtÄ nicht ainsehlafen, al» ar dea Hat da« Brudor«
folgend daa Baten aufgafraban hatte. iJlasaal war »r nicht
siabar, ob dar Jiltara wirklloha« wiaaan b«9«£, 9§%r Ihn
ttW »um Basten hielt. i.'0Ch daa lirlabnls alt den dan übar-
fthranan Bund uastahaadan, erburaungelosa» Kanaehen und
12
mit d0m Tierarzt «ntsohled dl«s# frfifi^ fUr ihn. %r
fttbltt öleb kalt und uab^schüt^t. Kf iti^ar ein OtfttliX»
4«t Ihn an nin klelnaa Lied arinnort«, da« aaln GroB-*
vmtar ^-^ oder war en l^^lnna --<*- ihm vor;^,u3lngan pflagta,
uad daa IhA Imz^er «It raalgniortcfr Traurigkalt arfailt
hatta«
CbrlBtlDChan aa0 ia Gartan
!>aa UnglUok zu arwartan,
Bmnn ßie hat »choa im Traun gaaahan,
Daaa ala Im Hheln miö untergehen.—
Sla fuhr über eine Brücka,
Dia Brücka ging in Stücke»
Chrißtlnchan fiel iu dan Hh^lu hinein
Und hCrta dort dia Kngalain.
■igatitlich h5rta er dieaaa Liad nicht garua und
daalita auch nicht gerna daran. Cann obgleich Ctiriatin-
ohan durch den Traum von ihrem 8ehiokaal veretündigt
worden war, war sie auf den Einbruch dar Bracke doch
nicht Torberaitat genasen. Und waa daa Üngen dar Sa*
gclain anbelangte, ao konnte aich Mathlaa beim bestaa
Willen nur aehr traurige Lieder voratellea, etwa sol-
che, wie dia Kutter sie IhB nancJhmal voraanü;, und die
ihn raeelaüig znm. ^^velnen brachten, obgleich mT keine
T?ebarraachun«an in diesen Liedern für ihn vorhanden wa-
ren. Sr kannte sie achon alle auawendig.
So weit ar ssurückdenken konnte, i^aren ea iinmar
Uebarraachungen gamiaaii, die aaln Leben verbittert hat-
ten, besondara in seJner Kindheit. So hatte er achon
13
als kldlnta Kind elnf^a&ehaa, de3 Wlasac dla eln:2;ife und
sAobtlgstt Wmttm war «agan üabarraaohuÄgan* AI« er uixga-
f8hr dral Jahra alt wor, pohnta ar In ein^m eroAau aoaiil*
tan Haua» daa in alnam sch&nan Cfartan atand« ^:r war da^
Jüngata Kind* iJie ältaran Schw^.^aarn und Brüdar kUünaw»-
tan alcb nur um ihn, um ihn; aain Unwiaaan auf dla erfin-
iarlaohata Art vorÄufüihran. $ia konnten ainfnoh davon-*
lauf an» wenn ala Ihn g^j^Cgend gana<jkt hattan •- für ixt-
laar, dann ar, dar nur kura^a, klaiaa Saina hatta, war
nloht fäbig, sia aln&uholan, wia aahr ar sich auoh an«>
atraniran mochte* Sla hattan ihre aig' n Upiala und V^t^
Knügungan, und waan aia iha daran tallriahman llataa, ao
war aa nur imitier /.um 3o)ialn. Irgondaina aoJhrecklloha
Uabarraachung nacnta ragalaafisslg dia^am ^^ohein aln ?.nda.
So z\m Balapiel, ula dia BIruon Im Miohbargartan ralf
waran, und dla Horda dar filtaran Ge5ch'^iat<f^r i^n waran
nur viar, abar für Bathias w&rcin sie jfaennlirfaltlß wia
dla r5ml acher Lagjlon^n) beschloi;, üb«ar dan £aun zu stai*
gan und dia harrlioh^n großan Blrnan, dl© ao aUi! urd
s&f tig waran, 2;u «taälea. Br war b<^l dl
Baratung
anwaaand nn& fUlxlta sich f^roSartlg alt alnba»ogan im i%at
dar Oroßan. 8r sah sich auf dam Saum, auf dan hBchatan
Aatan und atollta ;^lch vor, w&a dankbj^^ra Anarhaanung zu-
aamman alt dar »ü^^jan f ructot aoha^JOkan wörda, dla ar In
4ia ihm antgagangaetracKtau Häada dar dan Baum iMMtahan*
Aaü Horda warf an würda. Sr aagta auch laut xu Ihnan,
".'.. i.afca^fca-' !-■-■■-- ^*- -
14
WK« «r 2U tun 1« S^lnn hatte, und sl« n«lM»n «8 fr«uiid-
llch «rrauntÄrnd auf. 81« rannton darauf davon, 1/öthies
»It Ihnen, »um ZAxm, der d»n Keohbarftartan uapab. Sohnall
und XaloHt überstiair. die iiorde diaaa« HiaA«rnls und war
Mfenall auf dar UMI«r«a Balte und schon bal« Birnbaum.
Araar KatJilaa; üle üaberraaohuöp kam, «r bilab mit aal-
naoi H()echan am ..ä.un tifingan: xwlachan HIsmI und Irda
setiwebta ar, und atatt des «Tubaina dar dankbaren ßa-
aohwiatar hörta ar ihr hOhnlaoh«! f rauAMtiialllobtor. $•
hing ar und sataria und weinte durah iwigkoitan — zoialn-
daat «In paar ondlose Liinuten; endlloh k&m dla Bafral'-
lOMI In Oaatttlt aalnar isuttar — aln Sngal Cottaa wlrt
Ihw Ilabor i^awaaan, denn der hätte ihn nicht auch noch
nacotioltan und bestraft.— Oder daa andere Ital, ala
ibjR aeln Bruder Holf «inen lieblichen KeVa anbot.
ir.
hiB aofort hinein — und «s war Seife. Daa war nicht
da» SohllMitta. Man latiQta wohl dem Siteren und bewun-
derten 8ru^®r solche 2.ugeßt8ndnl««e ß*aehen, Sa war wohl
In d^r Ordnung dar Welt, (i&B dl» ütltrwl sa^nAen ihren
if«i nlt den Unwlaaenden trieben. Alter daa zweite Mal
hätte aa nicht geschehen dUrfenV üaa war antaetzlloh
kräalfand pewaaen. lln paar ffcge nach d^r araWn Sel-
faneplsoda wiederholte sieh dar Spuk. Blaamal war Wa-
thi«« •© kltif gowaßön: er war nicht öllndllug» teVftuf
iilnaliMI«fall«n. Br hatte tiefe Gedanken Aohabt, »eil
15
unb««witt«b«r#r Logik: 4«3 nun dooh der Bruder ihn altmfti
hln«lng«l««t htttte; «r Witt« «Iso ann»fcilM, 4*Ä Matfel««
gelerat hwU« »u» d!»»»© Erlebnis und Jconnt« ihn nicht
ftttr fUr so unTorstallbar dum haitwi. d««i •? Ihm nooh
•lam«I auf d«n |3t«loh«ß 3oh«rz hin«lftfalX«n würde. Alßo
aiißt« •» «In richtiger r«k8 8«ln. So bli or vortrauans-
voll hinaln — und UeberriiBChung« — ob w«r wlod»r 3«lf«.
M««Wl weint« Mathias, da nicht nur sein« Ähr«, sondern
auch sein Vertrauen aa eigenen iJonicen erachüttert war.
So 9^r er sich auch übt«, die Srelgaiaae vorauszusehen,
•• gelang Ihm nicht. Uinna. das «iöchen, drohte Ite Alt
dea schwarzen kann für Irfwiüoln© Ueböltat, sie zeigte
ihm «©«ar die Measinf^tür am Kücbenofan, durch dl« der
»ehwarso Mann kotm^n würde. Xr glaubte kein Wort 4«Ton.
fr wuöte, es gab Keiaeu schwarzen lä^enru iSln i>8ar Tage
«arauf mutete es» en der Hauetür unÄ llathi«a atUrzte
hinau, Uta sie tu öffnen. 3raui«ii «tand dar aoHwarsa
«Mn, aüLt holw» &<aumnn Hut, eines Helfen in der Hand,
rollte aaine Aug^n und aeigta trüallche welÄ« Mhnel
«athius verkroch sich ontor dem Tisch . Katürlloh lernt«
er ap&ter. unter dem CelSehter der Mutter und der 3e-
•chwiater, dafi as der lichoraatelnfeger ge«o.ien war. Aber
konnte aian das glaubon? Sie mochten wieder einroal ihm
Dinice arsUhlen, die dann apMter sich als unwahr heraus-
•tauten. Ali dies waren lrlabni««e, die nur den Boden
16
▼orb»r«lt«ten für dls «ntsetzllcbst« U«i>«rrasohunß ia
g«lnMi Kinder Ieb#n.
■S\x Jto«r l9it »tln«r Kindhslt l«bta <S«r Großva-
ter b«l lünen la Houße. D«r w»r «in wunderbarer alter
Vttnu uni Spielgefihrte. Br liebte den Klalneo, als den
JOnfAten, der bei dem alten '^ufln blieb, weno alle ande-
ren Heu8genoa«eß sich andarswo toMMltea, Ihren GeeohHf-
ten n&chgiinfön, worunter auch der Sofeulbesueh der älte-
ren Kinder einbegriffen war. Der alte L'ann war einsam.
Ar hm%%§ vor kur
B^ine frau varloron, nim labte «r
beim aohn und d«r :iohwlegertochter. 31e waren gut au
Ihm, ober sie wutlHln natüriloh nloiit» von den nlleln-
MAn de» Altäre, von dor tiefen achnaucht nach 'iört-
llchitelt, aaoh dena Gewiegt- und Bosorgtwerdon, nach dem
••füttert'«erdf»ri und den alten f.lnderll9dt*r?.. üor kleine
||«tblaa mar der riohtlfr.« 3pi«»l|?ef8hrte, denn wenn er
«t»ch nicht die helfflliohe Sehnsucht dea OroiVttor» erfül-
len konnte, so konnt«>ü sie Jedeafall» all da» Begehrens-
werte l« ?>plel und alt wechselnden »oll«n feschehoo !•••
•«B. •!• twwintgn elnand*» füttern, beim Ansleh«n und
Waeohen helfen. Sio konnton xusaassen zur :^u»lk der "niof-
Hitteikanten" tanzen, und er konnte
Kiail all die el-
ten kleinen Lieder ainften, wena er ihn eixf »einen Kaien
»oheukeln ließ. Auch spielten sie Ueberraschunir siua«»»
, «Wr Uaberrasohung, die eine Hep^elmÄiJlgkeit gewor-
17
«en war. do« Äu«rw«rt«nd« und doch li'-aor Nau». UorftRSf
Mfcii^f
Klaa* nooh nicht erwacht war, atanö üethl«« «uf und «ehlich
sich m ««IMS Oroüvütsr« ^-iaoier. Ö4« Yorhfia«« waren ncoh
aupezoii«n, «ber dl« 3onn« aonian duroh öl« Äitx«ri und
••hlcKt« •In«» f«ia«n dUnaen 'trahl zum «roßao ruada»
nach la dar klltte das .isaciars, dar lait alnar aohwaran
dunkalrot«« Ti»olid««lt« bed^^oKt war. Da» groaa, alt»,
braune Batt war aucfe gut arkanabar und sogar da» »«oht-
gatohlrr uatar d«m Bett. Ilne Yaaa alt Bluaen atand
•of daa Tisch, auf dam Wasohtiaoh der Krug und dl« wasch-
sohüaael. Ber Schaujcalßtuhl knarrte ein wenig, wenn rnan
d^ran iAkMi. i>9r rote Dlvan »chaute elnlaaend herüber
und «rlnnerto i^athlaa daran, wie ar eina&l nach viele«
«In- und Herrutsohen auf dleee« i^liran ermüdet elngeaohla-
fan wer «aad beim grwachen nicht etwa aelnan Groi-vater,
wm^tn einen fr
Kann zu sehen veraelnte. line
•rsohreokwide Ueberreschuag». t« «teilte «ich dann aber
heraus . daß der Ireiade sein von einer »•!•« aurückee-
|Mlirt«r f^ttr war, der der Kode §ßmAÜ »ich hatte ln«wl-
•«h«Q den aohbnen vollen Spitxbart ebuöbaen lastM Wl4
•omlt dea kleiaen Knaben ein völlig verHadertoa Geeicht
zeigte. Aber dleee Srlnaerung tauchte nur gleich««« «le
kleine Kostprobe von anderen UeberrMlIiiingen auf, wehrend
«athia« dl« erwertet«, unä «o sicher folgende, vcraua-
le
nalui. Ar sohl ich sieh «n« Bett d«» öroi^v&t«ra. Der lag
da mit gttsohloM«!«» Aueen, «ohlafand und Mittisrchend,
wi« »t »leb <Jooh för «ln©n wlrlcllch Schlaf endan e«hbrta.
£r trat §ßt» nah« heran und ©treckt« die kleine Hand ua-
%%v dae iMl^a groiä« Daunenkissen, auf A«M i«r Kopf des
alten Herrn Inf. Er fühlt© etwa» Karte« und zott ein Döo-
eben her&u», du« er aohnoll öffnete. 0a war«n sie, die
kiöiaen bekann tan Bonbont, dl« sc wunderbar neoh allen
litycliehen Fröchten und sü:i"cn Sfiften ach«eokten. Schn©ll
steckt« er ein« in den Uund. Großvater laacht« dleee Ben«
lH»ns in der Kacht für ihn, und Jeden Morgen war ein ff«-
fOllte« Dösohen unter de« Kopftelsßöa. ü«a war aber doch
noch niaht da« g&n&ß VergnUcjoa. Jetsit kaa da» inde de«
Ritual«. Uathlaa kü2t« den alten Mann ouf beide Augen.
Da« Sflnwrciiea bort© auf alt einaa letüt-ac tl jf on Atem-
zug, dl« AUi«Blldor blinzelten und der OroBvater war
«ach, wie er aatürlioh schon len«« gew«Mn ^r, und bera-
te und küiite dae sich überrascht stellende Kind. Xlt
»Olehers Beginn des Tag«» und solch «Ineni herzllohon Groü-
veter war die übrig« '«ölt ertrSgllch. Man könnt« Tritz
und Rolf. LleBChen und Maria ruhig «ur nohule gahen la»-
••n, ohn« 9o «chreoklich drlngand mitgehen zu wollen.
li«A koamte ja "chule lalt Großvater »plelea. Vater und
Mutter konnton ruhig am Abend &u8f^eh«n und wohl auch
.•n»H«.i «11« sitop«R Kinder altnohatB, iMf kleine Mathla«
h^i^fih'iidii ,
■ « * ' ^ ' ■ ' •'
19
fühlte fiioh «ioher und wohl, m%nn dar Grou^^at^r 6Q sti«»
u<im Bettohea naH un4 ihia Mftrohou era^Shlta* Auoh Minnas
iohwarzor Hann konnte Ihja nichts laahr aöhubön, hatte ihat
doch dar Grotmitar Bilder in «inam Buch ga^eigt» auf da-
nan vlala sataMinM Kt^aachf^n waran, dla In Graa«* uad Bliit*-
tarhUtt^fin lebtari In alnam loind, wo dla 3onna so warm
achian» da^ alla ManaolMMi gan^ natürlich dunkalbraun wur«*
t%n wie ain gutar Bratau. So wiir ar auch gar nicht ao
Qbarraacht wla aalna Gaaobwlatar, als ar alt aalnar gan*
zen Familia In alna Auaatallttag 1» i^oologlschan Garten
ging, wo ain riohtlgaa Naeerdorf zu eahan war mit einigen
9m§ßvt0mili^n. taln Wttaaa hatt«) achon betrttohtllch zu-
gaDORunan •
Eines Horganün atund ar wla gewöhnlich in dar
3Chwaigaaii«a frühe auf und ging ;:u aalnam Groairater.
AI» er daa yAsmer betrat, hatte er ein Gefühl von An-
d6rs-3aln. %t trat an daa Batt heran, der Oroä^^vater
achlief y aber er achnerchte nicht« Leiae uiiha daa Kind
dla iclelna Doaa untar d^Ki fopfklaaan hervor. Dann atell-
%a er sich auf die ^^ehensr^pltsaa, um den alten Mann wie
<ptawöhnlich »u kösaen, Dl«i?er regia eich Jaöooh nicht
und fühlte atah kalt an. Ilun bamertcte Mathlaa, da£S daa
Ckroivatera Augan halb-offen atfisnden und dar Mund ganx
offen, und in dam SohiOT»r da» schüchtern alndrinftanden
Morgenllchtaa achiiuta dar iLlta gß^na blau aus. Verwirrt
. ^'x , '.:. .' \
i i
Zij
Qroiifht^r tot wir.
und verwundert schüttelt« ar den kltm ünfl grlXf nach d«n
HÄa««n, dl« «lelfalt waroa. Alu «uoU Jetat k«la ..eichen
vom aroöT«%»r MM, fing Muthia» aa. Ifeut »u w«iaea. Da«
laut« Sohluobxan brachte den Srüdar Frita berbei. der so-
fort nach dem Vatar lief. fW — Ih» dcot klar, daü der
In der Aufregung und dos Trubel» i«r
durch daö Tod berauf beachworon war, war llfcthiÄa Terg
s«n. rUeaand hatte aur ««ttutnia «©noasaen, daa er der
Intdeoker 4ar »ohreoklichen üobörreschun« geweaan war.
Er aaß In der Küche am Boden , achuukelte hlii und wider
und wainta lel9« vor sich hin. i>ann aagte naft ihm. daä
dar Croeyeter ganz plötzlich in der liacat «••torbsn MAf
aa "Schlag" aagte ^^üna. la Oro^vöters Zljw&er giugoa
▼§•!• Monncber. esln und aus; er selbst dürft© nicht hin-
ein, llnes apfettin i^aotolttaga \smm M%«i^ä ßohvfaraa liEn-
ßor, achwara gekleidet, »It sohwarzea Uütan, ab«r nicht
la Geeicht. Die trugen dan schwarzaa .>are hlüaus, la
dea sein Oro^vetar laß. Beina Kutter M«ta 1ha ^u«
Trost, da£ seines Grot^vatar» Seele äu« Stern axa Ela»l «a-
wordan war, uad «la zoigta ihri aogar dleaan 'Jtern. Sr
glaubt» l«t«rnd ctaran und mirde oin atlllo», vcraiohtlgaa
Riad, daa anfing, «ich für Gott und de« Kiamel «o In-
tx
III
Dl« iiop««Mtuüd«ft alt Ihrer KraBk«nhau» routin»
lagen h«ut« nur sehr löngaaei för Mathias. Ir muii-'
%• noch dan latztan Kaauch aalnaa Jvrxta« ab««rtan,
naohdaffi all« librlfan Slajwlhalten dar Itiquött« alnar
S&tlasaung aus da« apltal baobachtat wordan waren, «äb-
reaö er auf daa Kollagan wartat«, waadartan aaln« Oadan-
hin und her ron dar nahaa Zukunft aur Varganeanhalt.
Bald würda Cherlotta kommeo, um lim abauholan; sla Hai
sich diaaae ¥argnUgan nicht nehmen. Sla wollte Iha zurück
In ihr Häu« f Uhren, daa «la »lohar au »elnaa
ug fast*
lieh hargerlohtot hatta, Kr könnt© dla AtmoaphSra aii(a>
nehm ▼orauafUhlan und -aahan: dl« Blueaen In alian Slnmmra,
ba8ond«r8 aber in aalna» Arb^ltsilaiuer, da>r gaatllcha Duft
airiös guten Mabla», das alt crö^^tar Sorgfalt Ton Charlot-
ta »aln«n Vorilob^n Kaiaii engagaben und ▼oa dar Köchln
xubaraitat aein würde. Ir atallte aicü da» «anfta Liobt
in seinen /irbaltSÄlEsaer vor, die mit aUoharn badacirtan
Wunde, seinen Schrolbtlaoh, auf 4mi, obgiolch nicht ein
9ttubch«n «u aahan war, doch all«» «anau ao laf,, wie er
•t vor aaoha '"ocben varlaeaea hatta. Sein ÄWliwkrlpt
war an der Stolle auf?.e«ohla«an, wo ar aufgehört hatte,
zu schreiben. Ir wUrde nun dleae Arbeit wieder In An-
J *
1
I i
«Sic
griff nohm«n, wihr«nd d«r ko«B(Widen :3clionuagep»rioäe,
dl« «r für sich al« y«rlen be»#lohn«t«. Ar koimt« sogar
hoffen, diese /wrbeit b«l dem näctietan wisaenschÄf tllohan
longret», der in drei i«onat«n Btattflndon «ollte, »«Ibst
vorzutragen . WSbread sslner Ferien, wenn «uon niobt so-
fort, «•dachte er tiucb aein eigenes Spital WHA »aln La-
boretorlum zu besuchen. Sr »uSte unwillkürlich lächeln,
ala er an sain« Kollagan dacbta. Sie hatten wohl alle
•rwartet, dass er sterben würde, boaonäara aber derjani-
p«, dar Ihm la Hang aa nächaton stand. Dt hatte wohl
helmlich schon auagarecbaot, wann ar den Lehrstuhl, den
Mathias seit so vlslon Jahren an d«r UniversitÄt inne-
Katte, einnehmen würde, är hatte «ich gar so ont»at«t
zeigt über HatbUfl* pietalioha Erkrankung; aber ver-
denken konnte man es ihn doch nicht, daß er salt beiden
Att?,<jn nach der aioheron «nö ehrenvollen Stallone horöber-
bllnaelta. Auch alle die anderen, Jünf?er«n Kollegen taooh-
teii wohl schon elfriga Barechnuni»» unterelaender anga-
stellt habön in bszug auf die Verschiebung dar Anstellun-
Sm, die ifflaer einer freiwerdenden ordantllchan Irofes-
eorstelle folgt«n. ■^wie anttauacht sie alle »ein werden,"
dachte Mathias und konnte alch einer gewissen Schaden-
freud© nicht erwehren, tr hatte Ihnen allen «in Schnipp-
ehen gaachlagen. P/l« hatten seinen Tod so sicher angenom-
aen, und hier war er quicklebendig und bereit, bald dl«
•^
23
Zügtl wieder In stlae Kand z\x nehiwin. Vielleicht aber
waren tle auch wirklich sehr eraohreckt und ehrlich uta
ihü besorgt go. , -an, l^eoadore einige von den ganz Jan-
Ken Kitarbeitern, die ihn verehrten und noch viel von ihm
i\x lernen erhofften. Mochte es für aie nicht eine große
keltere Freude cein, ihn nach dieet» Bohrecken «i«i*r
lebendig unter ihnen zu eehen? Paat ao, dachte Mathias,
wie in ••Iner Fandhelt aßi Keer, ala er seibat noch nicht
sohwittmen konnte, Ja aogar eine gewisse Scheu vor den
hereinatürasenaea ftollen hatte und die Siteren Kinder ihn
derait necKten, daß als ••toter Uann"* epielten; sie lehrten
sich flach auf den Hucken und lleSen »loh, selbnt f^nz
beisifungsloa, von Ann /«eilen trsffsn. JüUfStvoll, nur bis
zu den Wed«n Im Wasser stehend, hatte er ihnen zugeschaut,
und er war lumer wieder ungemein erleichtert und glück-
lich gewesen, wenn seine Oeßchwlatsr sich wieder aufrich-
teten und «ich alß herumapringende und ISrmende Kobolde
ifi ihrer s^VtlMillchen und ihnen aAgemeaaens« Wstur zeig-
ten. Heute war er 'Mar tote Kana,"* der ^war nicht herum-
springen, aber doch ^ui^sindest wieder ungehesußt gehen und
Sich bewegen konnte.
Ändlich kam der Kollega, der ihn noch einmal un-
tersuchte, unä nachdem er ihm beatißmte Verhaltungamali-
nahmen vorgeachrieben hatte, die Mathia« fast als spsßig
eräpfand, mit besten ^^^Unschen und OfindeachUtteln als weit-
24
gebend galWTt nach Hause entli«0. Heiter verabsohie*
dete er sich von den anderen Ärzten und den Kranknesohwe-
Stern« Jhrwartungsvoll und etwas ungeduldig lle0 er sloh
mit Charlotte
im Fahrstuhl binunterfabren« Faet;
jugendlich ging sr seiner Frau voraus durch das groUe
lortal des Krankenbauaes, durch das er vor nur sechs Wo-
chen b«imBtlos bineingdtragan worden war* Welch eine
glückliche Ruhe hat er in dieser Zeit hier gefundenl
Nichts konnte ihn caehr erschrecken oder überraschen, da
•r der Zukunft wissend entgegenging.
Uebermütig wandte er sich um nach Charlotte, um
ihr ein pi*r heitere Worte icuzurufen, gerade als er die
Strafe Überquerte, um zu dem auf ihn wartenden vap^en zu
fslangen« Ar hatte in seiner fröhlichen Laune dabei we-
der nach rechts noch linJcs gesehen und so nicht bemerkt,
da2 sich das Verkehrssignal geändert hatte. Ein schnell
fahrendes AutomoHil stiei-? ihn nieder und achleifte ihn
ein putes 3tüok. Weit, weit entfernt hörte er ein selt-
sames Krachen und Knirschen; ein Hinauf- und älnunter-
wogen machte ihn schwindlig und seekrank. Ein unbekann-
ter unerträglicher Schmerz raubte ihm fast die Besinnung,
und in Jäher Ueberrasohung sah er ein fremdes Gesicht sich
über ihn beugen, ein Gesicht, tas, der Mode entsprechend,
glatt rasiert war. Dana schloÄ er für liaraer die Augen •
', — vJTT
33
wenn sie nicht mehr blindlings darauf los lief, schmieg-
te sich die Katze schnurrend an ihre Beine und zwang die
Aufmerksamkeit der Hexe auf sich* Hagar blieb dann ste-
hen, hob die Katze auf, drückte sie zärtlich an sich und
erlebte ein überflutendes Gefühl von Mitgefühl und Wärme
der Kreatur gegenüber, das wie eine alte Erinnerung war;
das einzig Wahre ihrer Erinnerungen, das alle anderen
wieder wie unbelebte farblose und unwirkliche Bilder er-
scheinen ließ. In solchen Nächten dachte sie nichts
weiter, kehrte sie nicht mehr zurück zu ihrer Vergangen-
heit« Auch geschah es manchmal, dass sie bei ihrer Rück-
kehr einen Gast in ihrer Hütte fand. Jemanden aus dem
Dorfe oder sogar von weiter her, der ihres Seherblickes
bedurfte, ihr sein Leid klagen wollte oder irgendein
Heilmittel gegen eine Krankheit erbat. Schweigend hörte
sie dem Fremden zu; schweigend bereitete sie den Kräuter-
trunk, und oft in der dunklen Hütte, die nur durch das
Herdfeuer erleuchtert war, sah und hörte der Besucher,
was zu hören oder zu sehen er gekommen war. Hagar selbst
hatte kein Teil daran. Manchmal fand sie in sich die
Kraft, auch jene Ereignisse wieder ins Gedächtnis zurück-
zurufen, deren Erinnerung sie aus ihrer Hütte in die
Nacht hinausstürzen ließen«
Nur mußte es dann Tag sein, hell und nüchternes
Licht, mit klarer Sicht auf das Dorf und das lebendige
I f
51
sehnt, Sie träumte sloh als das Werkzeug des Herrn; durch
Ihr Dasein wurde der Fluch vom Hause Sauls getilgt • In
diesen Träumereien konnte sie immer neue Einzelheiten
ausführen 9 ändern » hinzufügen , aber das Wesentliche
blieb, daß der König sie sofort, ohne das geringste Zö-
gern, erkannte und sie entgegennahm als sein so lange
gesuchtes und größtes Gut« So saß sie, ihren Gredanken
hingegeben, als sie plötzlich Schritte vernahm* Die Tür
ihres Hauses wurde geöffnet, und zwei Männer mit verhüll-
ten Häuptern betraten die Kammer« Der eine trat rasch
an sie heran und sprach mit leiser und eindringlicher
Stimme: ^rau, man sagt, daß Du einen Wahrsagegeist hast.
Du mußt ihn bemühen, es geht um Leben und Tod«^ Hagar
sprang auf und wich gegen die V/and zurück« Der Schein
des Feuers lag auf ihrem Gesicht und beleuchtete klar
und deutlich ihre Züge« Entsetzt hörte sie die Rede
des Mannes an, Überzeugt, daß man ihr eine Falle mit
diesem Ansinnen stellen wollte« War doch Jedes Wahrsagen
durch das Gesetz des Königs bei Todesstrafe verboten«
Sie weigerte sich mit Versicherungen, daß die Fremdlinge
falsch unterrichtet wären, daß sie weder wahrsagen, noch
anderen Zauber bewerkstelligen könne; daß alle Magie ge-
gen das Gesetz sei, und daß nur irgend welche bösen Zun-
gen sie verleumdet haben müßten« Der zweite Mann hatte
sich bisher schweigend im Hintergrund gehalten« Jetzt
zz
der Größe, Ihm geworden durch ein einziges Wort Samuels,
und geheiligt als Darstellung eines Wunders. Wie sollte
er nicht den mächtigen StellTertreter fast anbetend ver-
ehren, der ihm die Welt hinreichte». Wie sollten seine
Träume nicht Jetzt die Bahn laufen, die ihm Dankbarkeit
und Ehrgeiz verbanden, Träume, in denen er Samuel die Rich-
tigkeit seiner Wahl dadurch zu beweisen suchte, daß er
sein eigenes Heldentum und damit seine eigene Größe der
Welt und dem Hohepriester vor Augen brachte. Damit war
es aber um ihn und sein Haus geschehen. Denn sein Ver-
trauen in Samuels guten Willen wurde Saul zum tragischen
Geschick.
So geschah es, daß der junge König, um sein Helden-
tum dem älteren Mann zu Füßen zu legen, schnelle Entschei-
dungen traf, unbesonnene, die ihn in unnötige Kriegszüge
verwickelten, aus denen er zwar als gefeierter Sieger her-
vorging, die ihm aber Mißtrauen und Unwillen des politisch
geschulten und vorsichtigen, ja voraussichtigen Priesters
eintrugen. Samuel befürchtete wohl, daß die Macht und
die Leitung der Staatsgesohäfte seinen eigenen Händen ent-
gleiten würden und daß der jüdische Gottesstaat durch die-
se gewalttätigen selbstherrlichen Taten des Königs in
eine kriegführende räuberische Horde übergehen würde; be-
sonders aber, daß die bisher unter dem strengen Gesetz
des einzigen Gottes und seines Stellvertreters stehenden
BZ
dar Oröiä», ihm fiewordsn durch »In elazlgos v.ort üamual»,
wii t^htillpt als Darstellung elnoa 'Wunders. Wl« iollto
•r nicht den aaMohtiffon Sttllvertreter fast anbetend ver-
•hrea, der Ib» dl« Welt hlnv«ichtel Wie sollten Mine
Träume uicht jetxt die Behn laufen, die Ihm Dankbarkeit
und Shrgelz verbenden, TrÄume, in denen er Jamuel die tUch-
tigkelt seiner - ahl dadurch zu beweisen suchte, daß er
•ein eigenes Heldentum und damit seine eigene Orööe der
Welt und den Hohepriester vor Augen brachte. Daialt wmr
•• aber um Ihn und sein Heus geschehen. Denn sein Ver-
trauen in 3aiauels e^ten Willen wurde Saul aua traf^i sehen
Oesohlok.
30 geschah es, da^ der Junge König, um «iln Helden-
tum dem filteren Mann 2u iUuen au lagen, schnell« Entschei-
dungen traf, unbesonnene, die ihn in unnötige Krie^rszüge
▼•rwiokelten, aus denen «r «war als gefeierter Sieger her-
vorging, die IhjB aber Mißtrauen und Unwillen d«t politisch
gtechulton und vorsichtigen, ja voraussichtigen i riestere
•intrugen.
befürchtete wohl, daB die lischt uni
die Leitung der StaatagesohSfte seinen eigenen Hfinden ent-
gleiten würden und daß der jüdische Gottesstaat durch die-
se gewtlttfttigen •elbstherrlichen Taten des Königs in
«ine kriegführende räuberische Horde übergehen würde; be-
sonders aber, daß die bisher unter dem strengen Gesetz
d«8 •Inaigen Gottes und seines .Stellvertreters stehenden
33
wann ale nicht raehr blindlings darauf los lief, sohmiog-
t« sioh di« Kstztt sobnurrend an ihre Beine und z^ans, die
Aufaerksarikelt der Hexe auf sioh, Hagar blieb dann ste-
hen, hob die Katae auf, druckte sie aärtlich an sioh und
•riebt« «im Oberflutondes Gefühl von Illtgaftthl und WKrir^e
der Kreatur gegenüber, das wie eine alte Erinnerung war;
das einzig Vfthre ihrer Srlnnerungen, das alle anderen
wieder wie unbelebte färblose und unwirkliche Bilder er-
scheinen ließ. In solchen Nächten dachte sie nichts
iv»iter, kehrte sie nicht aahr aurClck zu Ihrer Vergangen-
heit. Auch geschah es aanchmal, dass sie bei ihror Hüok-
kehr einen Gast in ihrer Hütte fand. Jemanden aus d«a
Dorfe oder sogar von weiter her, der ihres ".eherblloke»
bedurfte, ihr sein Leid klagen wollte odor lr«rendein
Heilmittel gegen eine Krankheit erbat, Jchweigand hörte
•!• dem Treradsn zu; schweigend bereitste sie den KrButer-
trunk, und oft in der dunklen fitttte, die nur durch da«
■•rdfeuer erlauchtert war, ««h und hörte der Besucher,
was zu hören oder zu sehen er «ekotamen war, fUig«r «elbst
hatt« kein Teil daran, ItanckMll fand sie in sich die
Kraft, auch Jene "^reipnlase wieder ins GedÄohtni« zurück-
zurufen, deren ti-rinnerung sie aus ihrer Hütte in die
■aieht hinausstürzen Heiden,
Nur niu2t« es dann Tag sein, hell und nüchternes
Licht, alt klarer Sicht auf da« i,orf und das lebendige
II
51
t
sehnt, 3ie trüumtt sich ale das «trkÄeug des Herrn; durch
ihr Dasoln wurde der Fluch Tom Hause :3«uls getilgt. In
tfiesen Träumereien konnte sie imner neue j;iniuelhaiten
ausfuhren I Ändern, hinzufügen, aber das ifesentllche
blieb, daß der König sie sofort, ohne das geringste ^iö»
gern, erkannte und sie entgegennaha als sein ao lasfl»
gesuchtes und gröBtes Out. So saß sie, ihren Gedanken
hingegeben, als sie plötzlich schritte Ternahm. Die Tttr
Ihres Hauses wurde geöffnet, und zwei !.^finner alt verhüll-
ten HKuptern betraten die Kammer. Der eine trat rasch
•II sie heran und sprach mit leiser und eindringlicher
StlMi«: Trau, man sagt, daß Du einen Wahrsagegeist hast.
Du auät ihn bemühen, es geht um Leben und Tod."" Safpr
•prang auf und wich gegen die end zurück. Der Schein
des Feuers lag auf Ihrem Gesicht und beleuchtete klar
und deutlich ihre *iüge. Entsetzt hörte sie die Hede
des Eannes an, überzeugt, daß ^an ihr eine Falle mit
diesem Ansinnen stellen wollte. War doch Jedes /ahroagen
durch das Gesetz des Königs bei Todesstrafe verboten.
Sie weigerte sich mit Versicherungen, daS die Fremdlinge
falsch unterrichtet wären, daiS sie weder wahrsagen, noch
anderen sauber bewerkstelligen könne; daß alle Magie ge*
gen das Oesetz sei, und daä nur irgend welche böaen .uun-
gen aie verleumdet haben müßten. Ti^r zweite Mann hatte
»ich bisher aohwelgend im Hintergrund gehalten. Jetzt
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ä«r Orö3«, Ihm ptewordan durch tln einzige« »ort i>eiiiu«l»,
und gaheillFt als Daretellunii^ eines 'Wunders. Wie sollt©
er nicht den rafiohtlpon Stellvertreter fast anbetend ver-
ehren, der ihm die W«lt hinreichte'. Wie sollten seine
Trttume nicht Jetzt die Bahn laufen, die ihm Danlcberkeit
und I^hrgeiz verbanden , TrSume, in denen er oamuel die Rich-
tigkeit seiner STahl dadurch zu beweisen suchte, daß er
sein eigenes Heldentum und damit seine eigene Oröiie der
Welt und den Hohepriester vor Augen brachte. Daait war
•8 aber um ihn und sein Reua geschehen. Denn sein Ver-
trauen in Samuels puten willen wurde 3aul 2um tragisohen
Ceschiok.
So g<9cch8h es, dau der Junge König, um sein Helden-
tum dem filteren Mann zu ittüen zu lagen, actotll« Sntschei-
dungen traf, un»«»onnene. die ihn in unnötige Kriegszüge
t»fwi ekelten, aus denen er zwar als gefeierter Sieger her-
vorging, die ihm aber iÄißtrauen und Unwillen das politisch
geschulten und vorsichtigen. Ja voraussichtigen 1 riestere
eintruran. Samuel befürchtete wohl, daß die Macht und
die Leitung der Staatagesohäfte seinen eigenen Hönden ent-
gleiten würden und dai2 der Jüdische Gottesstaat durch die-
se gewalttätigen selbstherrlichen Taten des Königs in
eine kriegführende räuberische Horde übergehen würde; be-
sonders aber, daß die bisher unter dem strengen Gesetz
des einzigen Gottes und »«ines Stellvertreters stehenden
. .kff .u'Af
I I II
33
«•nn ai« nicht mehr blladlltigs darauf los lief, schrdeg-
%• sich di« Katae schnurrend an Ihre Belno und iwang die
AufaerksanJcelt der Hex« auf sloh. Hagar blieb dann ste-
hen» hob die Katze auf, drückte sie zSrtllch an «loh und
erlebte «In überflutondea 0«fühl von Mitgefühl und Wärme
der Kreatur gegenüber, das wie ein« alt« Erinnerung war;
aas elnilg Walup« ihrer Erinnerungen, das all« anderen
wieder wie unbelebte farblose und unwirkliche Bilder er-
scheinen lleä. la solchen Nächten dachte sie nichts
«•iter, köhrte tle nicht nshr aurttck zu Ihrer Vergangen-
heit. Auch «esohah es manchmal, dass «ie bei Ihrer Rück-
kehr einen Gaat In Ihrer Hütte fand. Jemanden aus dem
Dorfe oder sogar Ton welter her, der ihres Seherbllokes
bedurfte, ihr sein Leid klagen wollte odor Irgendein
lellraittel gegen eine Krankheit erbat. Schwelpand hörte
sie dem Treraden zu; schweigend bereitete sie den KrÖuter-
trunk, und oft in der dunklen Hütte, die nur durch das
Herdfeuer erleuchtert war, sah und hörte der Besucher,
was au hören oder zu sehen er gekocaaeü war. Hagar aelbst
hatte kein Teil daran. Maaiohaal fand sie in sich die
Kraft, auch Jene ülreignisse wieder ins GeÄlchtnls zurück-
zurufen, deren Erinnerung sie aus ihrer llütto In die
Nacht hinausstürzen ließen.
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Nur mußte ee dann Tag sein, hell und nüchternes
Licht, mit klarer 31cht auf daa Dorf und das lebendige
f I
33
al« nicht mehr blindlings darauf los Hof, ^chrieg*
te sich die Katz« schnurrend an Ihre Beine und zwang die
Aufmerkaaxiikeit der Hexe auf sich, lagar blieb dann ate«*
hen, hob die Katze auf, drückte sie zärtlich an sich und
erlebte ein Überflutendes Gefühl von Mitgefühl und mirme
iMP Kreatur gogwittber, das wie eine alte Srinnarung war;
das einzig Wahre ihrer 2rlnn8rungen, daa alle anderen
wieder wie unbelebte farblose und unwirkliche Bilder er-
scheinen lie3« la aolchen Nftchten dachte sie nichts
weiter, kehrte sie nicht mehr zurück zu ihrer Vergangen-
heit. Auch geschah es manchmal, dass sie bei ihrer Rück-
kehr einen öast in ihrer Hütte fand. Jemanden aus dem
Dorfe oder sopar von weiter her, der ihres 3eherbllckes
bedurfte, Ihr sein Leid klagen wollte oder irgendein
Heilmittel gegen eine Krankheit erbat. Schweigend hörte
sie dem Fremden zu; schweigend bereitete sie den Kräuter-
trank, und oft in der dunklen Hütte, die nur durch döS
Herdfeuer erleuchtert war, »ah und hörte der Besucher,
was zu hören oder zu sehen er gekoiiiuen war. Hagar selbst
hatte kein Teil daran. Manchmal fand sie in sich die
Kraft, auch jene »eignisse wieder ins Gedächtnis zurück-
zurufen, deren Erinnerung sie aus ihrer Hütte in die
Nacht hinausstürzen Heiden.
Nur mußte ee dann Tag «ein, hell und nüchterne«
Licht, Bxlt klarer Sicht auf des Dorf und das lebendige
51
sehnt* Sie träumte sich als das Werkzeug Im Herrn; durch
Ihr Dasein wurde der Fluch Tom Hause Sauls getilgt. In
diesen Träuriereien konnte sie InL'ier neue uliiisellieltmi
ausführen I andern, hinzufügen, aber das Wesentliche
blieb, da3 der König sie sofort, ohne das geringste ^D*
gern, erkannte und sie entgegennahm als sein so lange
gesuchtes und grOBtes Gut« So saß sie, ihren Gedanken
hingegeben, als sie plötzlich Schritte Ternahm. Die Tür
ihres Hauses wurde geöffnet, und zwei ü&nner mit verhüll-
ten Häuptern batraten die Kammer • Der eine trat rasch
an sie heran und sprach mit leiser und eindringlicher
Stimme: Trau, laan sagt, daß Du einen Vvahrsagegeist hast.
Du mui3t ihn bemühen, es geht um Leben und Tod.^ Hagar
sprang auf und wich gegen die Wand zurück. Der Schein
des Feuers lag auf ihrem Gesicht und beleuchtete klar
und deutlich ihre Züge. Sntsetzt hörte sie die Rede
des Mannes an. Überzeugt, da£ man ihr eine Falle mit
diesem Ansinnen stellen wollte. War doch Jedes Wahrsagen
durch das Gesetz des Königs bei Todesstrafe verboten.
Sie weigerte sich mit Versicherungen, daß die Fremdlinge
falsch unterrichtet wären, daß sie weder wahrsagen, noch
anderen ^^auber bewerkstelligen könne; daß alle Magie ge-
gen das Gesetz sei, und Amii nur irgend welche bösen luun-»
gen sie verleumdet haben müßten. Der zweite Mann hatte
sich bisher schweigend im Hintergrund gehalten* Jetzt
£B
«•r OröÄ«, Ihm «ewordan durch «in «iazlg^t tort Gaautli»
uQd g«b«illßt als Darstellung elii«s Wundere. Wit^ oollto
er nicht d«n mfichtlRen otsllvsrtreter fast «nhetend Tsr-
•hren, der ihm dl« Wslt hlnralchtsi «It soll ton ssins
Trlums nicht j^txt die Bahn laufen, die Iha DtnJrberkelt
und Shrgeiii Ysrbenden, TrSume, in derian er Ssaual dl« Rich-
tigkeit seiner ahl dadurch zu bewelssn sucht«, daß sr
sein eigenes Heldentum und datalt seine «Igsns Orößs i«r
W*lt und den Hohsprlestsr vor AofMin brachte. Damit wsr
•8 aber u« Ihn und sein Haua geschehen. Dean sein Ver-
trauen In Saauole cuten rfillM wurde 3aul iura tr««l sehen
•••tfilok.
30 g:eschah es, dau* der Junge König, ua aeln Helden-
tum dem filteren *ann au iüüen au legen, schnelle Äntechel-
en tr»f, unbesonnen«, die Ihn In unnötige Krlegsaüge
▼erwl ekelten, aus denen er «war als gef alerter :-;ioger her-
vorging, die Ihm «l»r Ml2trauea und Unwillen des politisch
geschulten und voraichtlfen, Ja voratt««iohtlg*tt i ri»»t«»«
eintrugen. 8««uel befttrchtete wohl, daß dls Maoht und
die Leitung der staatsgesohifte seinen eigenen Hinden ent-
gleiten würden und da-i der Jüdische Gottesstaat durch die-
se
Ittitlgen selbstherrlichen Taten des Königs in
eine kriegführende räuberische Horde übergehen würde; be-
sonders aber, deß die bisher unter dea strengen Gesetz
des elnalgen Gottes und seines Stellvertreters stehenden
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33
»•nn al« nloht mehr blindlings darauf los lief, sohnleg-
ta aich dia Katze schnurrend an Ihro 3olna und zwang die
Aufaarksanlceit der Haxa auf sioh. Ragar blieb dann sta-
han, hob die Kat^a auf, drückte aia zärtlich an aiob und
•rlebta tla abarflutondos Gefühl von ültgaftthl und '/'Brma
der Kreatur gegen Ubar, tet wl« eine alt« Irinnarung war;
iMi einzig Wahre ihrar Erinnerungen, das alle anderen
wieder wie unbelebte forbloee und unwirkliche Bilder cr-
solMinea lie3. In solchen ificht«:: dachte sie nichts
weiter, kyhrto »i« mieht aehr aurttck zu ihrer Vergangen-
heit. Auch geschah es taunchcoal, daas sie bei ihrer HUok-
iMhr einen Gast In ihrer Hütte fand, Jsssadsn auc dam
Dorfe oder aopar von welter har, der ihres 3eherbllcke8
bedurfte, ihr sein Leid klagen wollte odor irgÄixdaln
üeilwlttel gegen ©ine Krankheit erbat. Schweipiand hörte
elo d«a Fremden zu; Bchwelgend beroitato sie den Krüuter-
trunk, und oft in der dunklen Hütte, die nur durch des
Herdfeuer crlouchtert war, sah und hörte der Besucher,
was zu hür^n oder zu sehen er illrii— in war. Ungar selbst
hatte kein Teil daran, k'anchxoal fand sie in sioh die
Kraft, auch Jane Ereignisse wis<8«r ins Ged&chtnis zurüok-
zurufwn, deren ärinnerung sie aus Ihrer Hütta In die
Nacht hinausstürzen liefen,
Nur «rtta «8 dann Tag sein, hall und nüchternes
Licht, ralt klaror Uoht auf des Dorf unrf des lebendige
I
I I
91
••hnt. 31« trHuat« «loh als das Werkzeug da« Harrn; durah
ihr Bftseln wurdo der Fluch ▼om Hauaa iaula getilgt. In
diasan TrHuTiaralon konnta ale inmar neaa ulinicelhalten
ausfUhran, ändorn, hinauf ügan, aber das '?aaantlicha
bllöb, da3 dar Köniff sie sofort, ohna daa «aringate .B-
gam, erJcannta und ala enti»g«»ttaha ala aain ao lan«a
«•Mchtas und größtes ':?ut. So saß ala, Ihran Oadankan
hine«eaban, al« sia plötzlich Schritta ▼•««te. Pia Tür
ihres naus«s wurda tcaöffnot, und zwei :ianrior mit ▼•rhüll-
t«n HÄuptern betraten die Kammer. Dar eine trat raach
an ala horao und sprach mit lalaar und eindringlicher
Stimme: Trau, man sagt, daß Du einen ■ahrsagageiit haat.
Du Kuöt Ihn bemühen, es psht ua Laban und Tod." Ha«»»
sprang auf und wich fragen die Wand zurück. Lar Schein
des Tsuers lag äuf ihrem Osaicht und beleuchtete klar
und deutlich ihre .iüge. Entaetzt hörte sie die ?ede
#•• Hernes an, überzeugt, daß asan ihr eine Falle alt
dießom Ansinnen stellen wollte. War doch jedes \»ahr sagen
durch des Oeaetz dee Königs bei Todesstrafe verboten.
81« weigerte sich mit Ver Sicherungen, da£ die yramdlirige
falsch untorrichtet wären, daß sie weder wahrsagen, noch
anderen -:oubor b^Psrkstelllßen könne; daß alle Magie ge-
gen das Oesetz sei, und daö nur irgend welche böaen -uun-
gen aie varleuadet haben müßten. Dar zweite Kann hatte
sich blslisr schweigend im Hintergrund gehalten. Jetzt
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fiehnt. Ol« trKumt» olch al» da« ^«rkziuf d»« Herrn; durch
ihr Dasoln »urt« dor Fluch vom Httua« Sauls fttllgt. In
41«aan Tröurierelan konnte al« Imaar neu« älnaelhelten
ttuaführon, tndaro» hlnzufügan, ab«r da« •aaentllche
blieb, de3 der rönlg sie aofort, ohne da» gerlngate '0-
fem, erkannte und ale entge^ennaha als »«in ao lang«
g«öuchteB und gröEtes Out, So aaß sie, Ihr^n Cedanken
hincfjiyftben, ala ale plötzlich Schritte irernaha. Die Tttr
ihrea H&ueoa wurde geöfl'not, und zwei MiHier alt verhüll-
t«a HSujpt«rn botraten dl« Kaiuaar. üer «ine trat rasch
an ale horan und apraoh talt laläer und eindringlicher
Stliame: "Irau, man Mftt, daß i>u einen .vahroageeolst hast.
Du Eußt ihn bemühen, ea peht un Leben und Tod." Kap-ar
apranp auf und wich fagen die -and zurück. Der T-choln
4«8 Feuor» lag auf Ihrem Oealcht und beleuchtete klar
und deutlich ihr« ^üge. Entsetzt hörte ale die ■•*•
4«s KaonMI AO, ttberzeugt, daß nian ihr «Ino falle mit
diesen Ansinnen stellen wollte. Har doch Jedea vahraagen
durch daa Geoetz dea Könige bei Todeaatrafe verboten,
81e weigerte »Ich ralt Versloherungen, daü dl« Fremdling«
falsch unterrichtet wären, daiS al« w«d«r wahrsagen, noch
anderen «auber bewerkstelligen könne; daß alle Maple ge-
gen da« Gesetz sei, und daü nur Irgend welche bbaen ^.un-
(gmi ale varleuadot haben müßten. Der zweit« Mann hatt«
sich blaher schwelgend Im Hintergrund gehalten. Jetzt
\
..*_-. .1 . II .
dar GrÖii«, Ina fi;äwor4Ml durch «in einzig«» V.ort äMMtlt»
und g«h«ille.t al« Darstellune: «Inoa Vundare, Wie «ollta
•r nicht d«n mfiöbtigon Jtellvartrater fast «nbatand ir»r-
•luraQf der ihm die alt hinraiobtal Via sollten aalne
TrSum« nicht Jetrt die Bahn laufen» die 1ha Dankbarkeit
und 2hrgeia varbßnden, Trlua», in danan er Samuel die Hich-
tigkeit seiner -ahl dadurch zu beweisen suchte, daS er
sein eigenea Heldontum und daalt seine eigene Oröiüe der
Walt und daß Hohepriester vor Augen brachte. Damit war
as aber um ihn und aein Heus gaaohehen. Denn sein Ver-
trauen in SuMMla guten Hillen wurde Saul zum. tragiaohen
Oaaehiok.
80 geaehah et, da4 4er junge rlbnig, um sein Helden-
tum deia älteren Mann zu IU2en zn logen, »ohnolle antschei-
dungen traf, unbesonnene, die ihn in unnötige KrititWüg«
^•firiokelten, eu» öettMl «r «war als gefeiarter Sieger her-
vorging, die iha aber Hißtrauen und Unwillen das politiaoh
geaohulten und vorsichtigen, ja vorauasichtigen i riestere
eintrugen. Samuel befürchtete wohl, daß die Macht und
die Leitung der iitaatsgesohfifte seinen eigenen Hunden ent-
gleiten würden und da0 der Jüdiaoha Gottosstaat durch die-
se gewalttitigen selbstherrlichen Taten des Königs in
eine kriegführende rJiuberiacho Horde Übergehen würde; be-
sonders aber, daß die bisher unter dam strengen Ceeetz
das einzigen Gottes und seines Stellvertreter» atehondan
33
ivtnn 8l« nicht aehr bllndllugd darauf los Hof, •tfteitg-^
t# sieb die Katze schnurrfind an ihro Boln« und xirafig die
Aufs;«rkfiauk6lt <9r Haxe auf sich« Regftr blieb dann ate-»
hen^ hob die Kat^e auf ^ drückte ale zärtlich an «ich und
erlebte ein Überflutondea Gefühl von üitgeftthl und ^/8rme
4«r Kreatur gegeatiber» das wie eine alt« Irinnerung wer;
4ae einzig Wahre ihrer ^Irlnaerungen, daa alle anderen
wieder wie unbelebte fcirbloee und unwirkliche Bilder er«
scheinen lie3« In solchen Nfiohten dachte sie nichts
welter, kehrte ale nicht Etehr Äurück zu ihrer Vergangen-
heit • Auch geachah es tmnchtml^ daaa ale bei ihrer Hüok-»
kehr einen Gesst In ihrer ElOtte fand, Joinmnden aus dem
Dorfe oder sogar von weiter her, der Ihres 3eherbllokes
bodurfte, ihr SMlin Leid klagen v^ollte oder irgendöln
Heilmittel gegen eine Krankheit erbat. Schwelgend hörte
sie dem Fremdan zu; schweigend bereitete sie den Kräuter«-
trunk, und oft in der dunklen Hütte, die nur durch das
fferdfeuer erlauchtert war, sah und hörte der Besucher,
i7ar selbst
wös z^i hören oder zu SftlMm er gekoisznen war*
hatte kein Teil daran. Kanchiaal fand sie in sieh die
Kraft, auch Jane *^rei£ni33e wieder Ino Gedichtnl« zurück-
zuruf'^m, deren firinnarung sie aus ihrer Hütte in die
Sacht hinausstürzen liefen.
■wr rm^to e& dann Tag sein, hell und nüchternes
Licht, ralt klarer Sicht auf daa liorf und das lebendige
IW^lo
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der Groß«, ihm geworden durch ein einziges Wort Samuels,
und geheiligt als Darstellung eines Wunders, Wie sollte
•r nicht den mächtigen otellvertreter fast anbetend ver-
ehren, der ihm die '.?elt hinreichtet Wie sollten seine
Träume nicht Jetzt die B,ahn laufen, die ihm Dankbarkeit
und Ehrgeiz verbanden, * " "^ "
sein eigenes Heldentum und damit seine eigene Größe der
Vi'elt und dem Hohepriester vor Augen brachte. Damit war
es aber um ihn und sein Haus geschehen. -Äwtn S/Mi^Ver-
trauen in Samuels guten Willen wurde Sw»i- zum tragischen
Geschick,
So geschah es, daii der junge König, um sein Helden-
tum dem älteren Mann zu Füßen zu legen, schnelle Entschei-
dungen traf, unbesonnene, die ihn in unnötige Kriegszüge
verwickelten, aus denen er zwar als gefeierter Sieger her-
vorging, die ihm aber Mißtrauen und Unwillen des politisch
geschulten und vorsichtigen, ja voraussichtigen i riesters
eintrugen. Samuel befürchtete wohl, daß die Macht und
die Leitung der Staatsgesohäfte seinen eigenen Händen ent-
gleiten würden und daß der jüdische Gottesstaat durch die-
se gewalttätigen selbstherrlichen Taten des Königs in
eine kriegführende räuberische Horde übergehen würde; be-
sonders aber, daß die bisher unter dem strengen Gesetz
des einzigen Gottes und seines Stellvertreters stehenden
61
•ehnt» Sie träumte sich als das Werkzeug des Herrn; duroh
Ihr Dasein wurde der Fluch Tom Hause Sauls getilgt» In
diesen Träumereien konnte sie immer neue Einzelheiten aus-
führen, ändern, hinzufügen, aber das Wesentliche blieb,
imß der König •!• sofort, ohne das geringste Zögern, er-
kannte und sie entgegennahm als sein so lange gesuchtes
und größtes Gut,
So saß sie, ihren Gedanken hingegeben, als sie
plötzlich Schritte vernahm. Die Tür ihres Hauses wurde
geöffnet, und zwei Mönner mit verhüllten Häuptern betra-
ten die Kamiaer. Der eine trat rasch an sie heran und
sprach mit leiser und eindringlicher otimrae: "Frau, man
sagt, daß Du einen V/ahrsagegeist hast. Du mußt ihn be-
mOhen, es geht um Leben und Tod." Hagar sprang auf
und wich gegen die Vvand zurück. Der Schein des Feuers
lag auf ihrem Gesicht und beleuchtete klar und deut-
lich ihre Z.Uge. Entsetzt hörte sie die Rede des Man-
nes an, UberzÄUgt, daii man ihr eine Falle mit diesem
Ansinnen stellen wollte. War doch jedes Wahrsagen
durch das Gesetz des Königs bei Todesstrafe verboten.
Sie weigerte sich mit Versicherungen, daß die Fremdlinge
falsch unterrichtet wären, daß sie weder wahrsagen, noch
anderen kiauber bewerkstelligen könne; daß alle Magie ge-
gen das Gesetz sei, und daß nur Irgend welche bösen Zun-
gen sie verleumdet haben müßten. Der zweite Kann hatt«
sich bisher schweigend im Hintergrund gehalten. Jetzt
fiß^lZ^
33
wenn sie nicht mehr blindlings darauf los lief, schmieg-
te sich die Katze schnurrend an ihre Beine und zwang die
Aufmerksamkeit der Hexe auf sich. Hagar blieb dann ste-
hen, hob die Katze auf, drückte sie zärtlich an sich und
erlebte ein überflutendes Gefühl von Mitgefühl und Wärme
der Kreatur gegenüber, das wie eine alte Erinnerung war;
das einzig Wahre ihrer Erinnerungen, das alle anderen
wieder wie unbelebte farblose und unwirkliche Bilder er-
scheinen ließt In solchen Nächten dachte sie nicht^
weiter, kehrte sie nicht mehr zurück zu ihrer Vergangen-
heit. Auch geschah es manchmal, dass sie bei ihrer Rück-
kehr einen Gast in ihrer Hütte fand, Jemanden aus dem
Dorfe oder sogar von weiter her, der ihres Seherblickes
bedurfte, ihr sein Leid klagen wollte oder iri^idein
Heilmittel gegen eine Krankheit erbat. Schweigend hörte
sie dem Fremden zu; schweigend bereitete sie den Kräuter-
trunk, und «M in der dunklen Hütte, die nur durch das
Herdfeuer erleuchtert war, sah und hörte der Besucher,
was zu hören oder zu sehen er gekommen war. Hagar selbst
hatte kein Teil daran ."^ Manchmal fand sie in sich die
Kraft, auch jene Ereignisse wieder ins Gedächtnis zurück-
zurufen, deren ilrinnerung sie aus ihrer Hütte in die
Nacht hinausstürzen ließen.
Nur mußte es dann Tag sein, hell und nüchternes
Licht, mit klarer Sicht auf das Dorf und das lebendige
' g. i ' ' ■ I ifii tii umtt I I M I ilMKliii 1 itifif' ■ ■ -- jiarf. m < -t.. -■!«..
^äJ0l. lJk.iKl] <»_A.^ '_ «L^^..>_1AA t..A4M..iU'J:i*i.A-..i ; \ .«
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d#r Oröü#9 Ihm geworden durch ein einziges V/ort Samuels ^
und geheiligt als Darstelluag elaes Wunders» Wie sollte
er nicht den mächtigen Stellvertreter fast anbetend ver-
ehren » der ihm die Welt hinreichtet l^e sollten seine
TriOBie nicht Jetzt die Bahn laufen» die ihm Dankbarkeit
und Shrgeiz verbanden, und die in Taten umgesetzt seine
Krwählung zum König rechtfertigen sollten, indem er sein
eigenes Heldentum und damit seine eigene Größe der Welt
und dem Hohepriester vor Augen brachte. Damit war e&
aber um ihn und sein Haus geschehen. 3auls Vertrauen in
Samuels guten Willen wurde ihiri zum tragischen Geechiclc.
So geschah es, da£ der Junge König, um s^ln Helden-
tum dem ältaram Mann zu Füten za legen, schnelle Sntsohei-
dungen traf, unbesonnene, die ihn in unnötige Kriagszüge
verwickalten, aus denen er z^av als gefeierter Sieger her-
vorging, die ihm aber MiiStrauen und Unwillen des politisch
geschulten und vorsichtigen, Ja vorausaichtigen Iriesters
eintrugaA# ßaniuel befürchtete wohl, daS die Macht und
die Leitung der Staatsgeschäfte seinen eigenen Händen ent-
gleiten würden, und dai der jüdlscha aottesstaat durch die-
se gewalttätigen selbstherrlichen Taten des Königs in
eine kriegführende räuberische Horde übergehen würde; be-
sonders aber, dass die bisher unter dem strengen Gesetz
des einzigen Gottes und seines Stellvertreters stehenden
,«A . V-A-
r" • jnk iV.« l»i j
33
wenn sie nicht mehr blindlings darauf los lief ^ sohxnieg-
te sieh die Katze schnurrend an ihre Beine und zwang die
Aufmerksamlceit der Hexe auf sich, Hagar blieb dann ste-
hen, hob die Katze auf, drückte sie zärtlich an sich und
erlebte ein überflutendes aefühl von Mitgefühl und Wärme
der Kreatur gegenüber, das wie eine alte Erinnerung war;
das einzig Wahre ihrer Erinnerungen, das alle anderen
wieder wie unbelebte farblose und unwirkliche Bilder er-
scheinen ließ. In solchen Nächten dachte sie nicht wei-
ter, kehrte sie nicht mehr zurück zu ihrer Vergangen-
heit, Auch geschah es manchmal, dass sie bei ihrer Rück-
kehr einen Gast in ihrer Hütte fand, jemanden aus deA
Dorfe oder sogar von weiter her, der ihres Seherblickes
bedurfte, ihr sein Leid klagen wollte oder irgendein
Heilmittel gegen eine Krankheit erbat* Schwelgend hörte
sie dem Fremden zu; schweigend bereitete sie den Kräuter-
trunk, und in der dunklen Hütte, die nur durch das Herd-
feuer erleuchtet war, sah und hörte der Besucher, was zu
hören oder zu sehen er gekommen war, Hagar selbst hatte
kein Teil daran.
Manchmal fand sie in sich die Kraft, auch jene 3r-
eignisse wieder ins Gedächtnis zurückzurufen, deren ?:rin-
nerung sie aus ihrer Hütte in die Nacht hinausstürzen
ließen.
Nur mußte es dann Tag sein, hell und nüchternes
Licht, mit klarer Sicht auf das Dorf und das lebendige
51
sehnt, Sie tr&umte sich als das Werkzeug des Herrn; durch
Ihr Dasein wurde der Fluch vom Hause Sauls getilgt. In
diesen Träuniereien konnte sie immer neue Einzelheiten
ausführen, ändern, hinzufügen, aber das Wesentliche
blieb, daß der König sie sofort, ohne das geringste Zö-
gern, erkannte und sie entgegennahm als sein so lange
"^ '
gesuchtes und größtes Gut^TSo saß sie, ihren Gedanken
\y
hingegeben, als sie plötzlich Schritte vernahm. Die Tür
ihres Hauses wurde geöffnet, und zwei Männer mit verhüll-
ten Häuptern betraten die Kammer. Der eine trat rasch
an sie heran und sprach mit leiser und eindringlicher
Stimme: Trau, man sagt, daß Du einen Wahrsagegeist hast.
Du mußt ihn bemühen, es geht um Leben und Tod." Hagar
sprang auf und wich gegen die Wand zurück. Der Schein
des Teuere lag auf ihrem Gesicht und beleuchtete klar
und deutlich ihre Züge. Entsetzt hörte sie die Rede
des Mannes an, überzeugt, daß man ihr eine Falle mit
diesem Ansinnen stellen wollte. War doch Jedes v/ahr sagen
durch das Gesetz des Königs bei Todesstrafe verboten,
Sie weigerte sich mit Versicherungen, daß die Fremdlinge
falsch unterrichtet wären, daß sie weder wahrsagen, noch
anderen Zauber bewerkstelligen könne; daß alle Magie ge-
gen das Gesetz sei, und daß nur irgend welche bösen Zun-
gen sie verleumdet haben müßten. Der zweite Mann hatte
sich bisher schweigend im Hintergrund gehalten. Jetzt
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20
ein klarer, heller fm% besohieden aeia wird. Gute Nachtl**
Rudolf hatte Sybilles Arm genommen und führte sie
noch im Sprechen der Tür zu. Sie verließen zusammen das
Zimmer und sahen sich nicht nach den 2;urückgebliebenen um.
Sybille, die sich an ihren Mann anlehnte, sah kleiner und
sehr zerbrechlich aus. Rudolfs Haltung dem schrecklichen,
«Mrwarteten Ereignis gegenüber hatte fast einen Zwang auf
die drei Freunde ausgeübt, die nun ihrerseits schweigend
ihren Wirten folgten und auch ausserhalb des iVohnzimmers,
in dem der Fremde allein geblieben v/ar, mit einer verlege-
sich
nen Rasohheit^ von einander trennten. Jeder schien auf * s
iusaerste angestrengt, die in ihm erweckten Gefühle zu be-
herrschen und vor den anderen zu verbergen. Dies T^lang
ihnen um so eher, da ihre Schlaf zimmar räumlich auseinan-
derlagen. Heinrich und Marianne schliefen gewohnheits-
mäßig in getrennten Räumen; sie nahmen von einander wort-
los mit einer kurzen leidenschaftlichen Umarmung für diese
Nacht Abschied. John hatte schon die Tür zu seinem neben
dem Viohnzimraer gelegenen Z.immer geschlossen, als Rudolf in
••in Arbeit szimümer ging, in dem er wie gewöhnlich noch eini-
ge Stunden mit Lesen oder Schreiben verbringen zu wollen
schien* Da das alte Haus solide gebaut war, k^mnte nie-
mand hören, ob sich die Tür zu dem Gastzimmer, das Herrn
Müller angewiesen war, öffnete und schloß. —
Keiner von den Freunden erwartete sich schnellen
Schlaf, so sehr ein jeder auch den Wünsch nach Ruhe verspü-
ren mußte«
21
John saß rauchend am Ftnster und schaute In das
dunkle Toben hinaus. vVenn er an die letzten iiireignlsse
des Abends dachte» so sah er Sybilles blai^^s aesicht vor
sich und hörte iimner wieder ihre schmerzerfüllte Stimme,
das grauenvolle Erlebnis mit dem alten Juden und den S.S.
Leuten erzählen» 5ß war ihm, als ob er selbst bei dem
Mord zugesehen hatte, und es bemächtigte sich seiner eine
rasende V^ut, Dieses wilde, unbeherrsohbare Grsflihl war
ihm nur zu gut bekannt aus seinem vergangenen Leben* 2s
hatte zu Taten geführt, die er für gewöhnlich von seinem
Gedächtnis fern halten konnte, dio er aber nie bereut
hatte • Nur durften sie nicht störend in sein gegenwärtig
ges, geordnetes Loben eindringen. Wieder schauten ihn
Sybilles erschreckte Augen aus dem Dunkel, das draußen
herrschte, an, Sie wurden allmählich eins mit einem laar .
andrer Augen, die schwarz und feucht sich vor ;jigst aus
ihren Sockeln zu wölben schienen. Wie oft hatte er die-
se Augen mit dem verzweifelten Blick eines gehetzten Tie-
res in seinen Träumen gesehen -- die Augen des kleinen
NegermSdohens Sara. Ar war damals ein Knabe von 10 oder
11 gewesen auf 3ommerferien bei seinen "Verwandten in einem
kleinen Ort in LCississippi. Der wilde, fantasievolla
Bursche, der er damals war, hatte bald eine Anzahl Spiel-
gefährten unter den benachbarten FaoBilien gefunden. Als
ein Fremder aus dem Norden hatte er für die übrigen Kna-
2S
ban einen besonderen Reiz, der wohl auf deia Seltenhelts-
«•rt beruhte. So kam es, daß er sloh bald von einer
Gruppe älterer Kinder aufgenommen fand, was seiner Eitel-
keit schmeichelte. Es lag ihm viel daran, nicht nur ihnen
gleich zu tun, sondern sie durch seinen besonderen Mut und
seine Männlichkeit zu beeindrucken, 2r trieb sich mit ih-
nen herum, nahm an ihren Streichen teil und ging mit ihnen
schwimmen und fischen. Daß sie eins Bande von unerzogenen,
ungebildeten und brutalen Jugendlichen waren, wuBte er sich
auf irgendeine Weise zu verheimlichen, um ihre Freundschaft
nicht zu verlieren, Bines Korgens gingen sie zusammen an
eine bestimmte Stelle des Flusses, wo sie gewöhnlich bade-
ten, Ss war noch sehr früh, und der leichte iiorgsnnebel
lag auf den Wiesen und war wie auch das vMsser des Flusses
rosenfarbig von der eben aufgegangenen Sonne getönt, Dia
Luft war frisch und würzig; eine groiie Stille lag noch
über der Natur. Als sie an das Ufer des Flusses kamen,
sahen sie zwei Mögerkinder im »Vasser stehen. Der Knabe
war vielleicht in Johns Alter, das kleine Mädchen ein paar
Jahre JÖnger. Sie waren beide nackt und wahrsoheinlloh
gtrade dabei, helmlich ein Morgenbad im Fluß zu nehmen an
dieser Stelle, wo nur vVelße das Recht hatten au baden.
John erkannte sie als die Kinder einer Negerin, die manchmal
im Hause seiner Verwandten arbeitete. Das kleine Mädchen
hieß Sara. Als die Knaben die Kinder sahen, bli«b«n »i«
23
gen
erst einen Augenblick stehen, um dann aber plötzlich wie
ein Mann eich mit größter Geschwindigkeit auf die beiden
Opfer zu stürzen. Sie bemächtigten sich des nackten Kna-
ben, der sich nur versuchsweise zur Wehr setzte. Sie war-
fen ihn nieder, schlugen erbarmungslos auf ihn ein mit
rtueten und rasch aufgehobenen Stöcken; ja einer hatte so-
gar einen großen Stein gefunden, mit dem er den Hilflosen
auf den Kopf schlug. Sie rissen an ihm herum und hielten
ihn schließlich unter Wasser, das sich um ihn noch röter
färbte. Dana ließen sie don schon Bewußtlosen am Ufer lie-
Sara hatte nackt und zitternd dabei gestanden, ihre
großen Augen weit aufgerissen vor Angst; sie hatte zunächst
versucht, dem Bruder zu helfen, wurde aber mit Fußtritten
zur Erde geworfen, wo sie nun unbeweglich saß. Tränen
liefen ihr über das kleine schwarze Gesicht, ihr Mund war
weit aufgerissen, aber kein Ton kam aus ihror Kehle. Ihre
kleinen schwarzen Hände versuchten ihre Blöße zu decken.
John war von der Gruppe seiner Freunde mitgerissen worden
and hatte sich mit ihnen auf den Knaben gestürzt, war aber
von den Größeren zurückgedrängt worden. Er war daher eher
ein ^.uschauer als ein Beteiligter gewesen,
kleine Mädchen mit den entsetzten Augen und dem Terzerrten
Gesicht sah war or plötzlich zur Besinnung gekommen. If
hatte sich weg geschlichen und hatte stundenlang verborgen
weinend im Gras gelegen. 12r war von peinigender Scham er-
f
fttllt, ii#ll er nicht eingeschritten war gegen die Brutali-
Ais er das
r, ■..■, 1 i.
i'ii^
24
tlt der Älteren, weil er zu feige gewesen mtr, sich der
Meute entgegenzustellen und nicht einmal wußte, was sie
dem kleinen Mädchen noch angetan hatten.
Nachts konnte er nicht schlafen • Sara» Augen ver-
folgten ihn Im Dunkeln.
Glücklicherweise war diese Spisode am Ende seiner
Ferien vorgefalleat Kr fuhr in den Norden zurück zu sei-
nen Eltern und seiner Schule und seinen vertrauten Kamera-
den. Ir sprach au nieaandtm über das Srlehte, aber er
konnte sioh spfiter erfolgreich weigern, Je wieder seine
Verwandten im Süden zu besuchen. Saras Augen hatten Ihn
jedoch durch die Jahre begleitet und hatten ihn in den
T«rhängni8Vollen Augenblicken seines Lebens immer wieder
aus dem Dunkel heraus angesehen.
Nachdem Heinrich sein Zimmer betreten hatte, trat
auch er ans fenster, um einen Augenblick in die Nacht
hinauszuschauen. Dann warf er sioh, ohne Licht zu machen
und ohne sich auszuziehen, auf sein Bett. Ir lag mit ge-
schlossenen Augen und horchte auf das Dröhnen des Sturms,
das sich mit dem wilden Pulsieren seines Blute« yerband
und zu einem qualvollen lauten OerHusch in seinen Ohren
wurde, «r hörte den unablässigen Lärm der Flugzeugmoto-
ren über Barcelona und das Geschrei der fliehenden Mas-
sen, das Explodieren der Bomben und wieder das Heulen der
Terwundeten. Schreiende Massen wälzten sioh auf den Stras
_ ... .'i.
•- ■ ■ _i_Äi ■^■■1
i i
25
Ben Berlins; mit hooh erhobenen Armen begrüßten sie ande-
re Massen, die :^t Trommeln und Trompeten in endlosen Rei-
hmi vorbeimaraohierten, graue, braune, schwarz« Bataillone,
«waufhaltaam, «aschinengleioh, alles überrennend, das sich
in ihren Weg stellte. Der wilde rhythmische Lärm wurde zu
Peitschenhieben, die schneller und schneller unerbittlich
auf ihn niedersausten, zu Worten, die im gleichen Takt fie-
len Vudenschwein, Sozialistenhund," und sich mit seinem
eigenen nicht mehr zu beherrschenden Schreien rerbanden.—
Schweißgebadet öffnete er die Augen und konnte nur mit
V.ühe sich erinnern, wo er war. Noch halb in dem Alb träum
befangen sah er das Bild der schwarz gekleideten Gestalt
mit den hohen Stiefeln und der Reitpeitsche im Nobel ver-
schwimmend und stieü keuchend die Worte heraus: "Du hast
Rächt, Mutter — Er ist eine Gefahr für die Menschheit'."
Die ganze Nacht hindurch heulte und tobte der Sturm.
Ss war ein solcher Lärm, dass es unmöglich gewesen wäre,
irgendwelche anderen Geröusohe in dem Sturm und Regen zu
unterscheiden» Sie wären von dem schwarzen Getöse ver*
schlangen worden»
Be dämmerte schon, als Rudolf Ins Schlafzimmer ein-
trat. Sybille schien zu schlafen. Auf ihrem blassen Ge-
sicht waren noch die Spuren der Tränen zu sehen.
,*'%'■■'''.' ^J^'
M
Am Morgan schien die Sonne am tiefblauen Himmel.
Man traf einander wie gewöhnlloh beim Frühstück. Nur Harr
Müller fehlte. Nachdem man höflich eine //eile gewartet
hatte, ging Tludolf In das Zimmer des Fremden und fand es
leer. Seine Kleider hingen noch In der Küche nahe am
Herd, wo Sybille sie am Abend zum Trocknen hingehBngt hat-
te. Dae Bett war unbenutzt« Verwundert sahen die Freun-
de einander an und beschlossen, die Insel abzuschreiten,
Sie konnten keine Spur von dem Fremden entdecken. Sein
Boot lag fastgebunden und nur leicht beschädigt am Ufer
der geschützten kleinen Bucht, ganz so wie Herr l!üller es
am Abend vorheT- dort gelassen hatte.
20
ein klarer» heller Tag beeohleden aela wird« Oute Nachtl"*
Rudolf hatte Byblllee Arm geaoaoiea und führte sie
•Mll im Sprechen der Tür z\x. Sie Terlieden zuaannen daa
ZioAer and sahen sich nicht nach den Zurückgebliebenen um«
Sybille, 4ie eich an ihren Mann anlehnte, sah klelasip md
•ehr aerbreohlich eua» audolfa Haltung dem aohrecklichen,
unerwarteten Äreignis gegenüber hatte fest einen ZwwBig auf
die d»«i VMunde ausgeübt, die nun ihrerseits schweigend
Ihren Wirten folgten und auch ausserhalb des ftohnzimmers,
In de» der fremde allein geblieben war, mit einer verlege-
sich
nen ftaschheit^von eloander trennten. JTeder schien auf^s
Äusserste angestrengt, die in 1ha erweckten Gefühle zu be-
herrschen und vor den anderen zu verbergen. Dies gelang
ihnen u» so eher, da ihre Schlaf zitcmer räumlich auseinan-
derlagen. Heinrich und Marianne schliefen gewohnhelts-
Iriliig In getrennten Räumen; sie nahÄüii von einander wort-
los 3iit einer kurzen leidenschaftlichen Umarmung für diese
Acht i^bachlöd* John hatte schon die Tür zu seinea neben
de» Äohnzifluaer gelQgcnan ilmaer geschlossen, als audolf In
»ein Arbeitszimcior ging, in dem er wie gewöhnlich noch eini-
ge Stunden .-alt Lesen oder Schreiben verbringen zu wollen
•ehlen. De das alte Haus solide gebaut war, konnte nie-
mand hören, ob sich die Tür zu i«si GastaliMMir, daa Herrn
■aller angewiesen war, öffnete und schloß • --
Keiner von den Freunden erwartete sich schnellen
Schlaf, so sehr ein Je4er auch den Wunsch nach Ruhe verspü-
re» mu£te«
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21
JTohn saB rauchend am Fensttr und sohaute In das
dunkl« Toben hinau«. fl%nn er an dla letzten firtlgalsae
das Abends dachte » ao sah er ybilles blasses Gesicht vor
sich und hörte louaer wieder Ihre schmer^erfüllte Stimme ^
!•• grauenvolle Irlebnls mit dem alten Juden und den S.S.
Leuten erschien. Se «mr Ihm, als ob er selbst bei dem
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«•sende Wut« I/leaes wilde, unbeherrsohbare OefUhl wer
Ihm nur zu gut bekannt aus seinem vergangenen Leben« M»
liette zu Taten geführt, die er für gewöhnlich von seinem
Gediohtnia fern halten konnte, die er aber nie bereut
hatte, Kur durften sie nicht störend In sein gegenwfirtl-
fes, geordnet«« Leben eindringe«« Wieder schauten ihn
Sybilles erschreckte Augen aus dam Dunkel, das draußen
herrschte, an* Sie wurden allmählich eins mit einem ?«•»
andrer
, die schwarz und feucht sich vor Angst aus
ihren Sockeln zu wölben schienen • Wie oft hatte er die-
«« A«gen mit dem verzweifelten Blick eines gehetzten Tie-
res In seinen Träumen gesehen — die Augen des kleinen
WegermÄdohens Sara* fr war damals ein Knabe von 10 oder
11 «eweeen auf Somxaerferlen bei seinen Tenvandten In einem
kleinen Qrt in Mississippi. Der wilde, fantasievolle
Bursche, der er damals war, hatte bald eine iloamhl Spiel-
gefährten unter den benachbarten Familien gefunden. Ale
ein Fremder aus dem Norden hatte er für die übrigen Kna-
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bvn elaen b««ondören R«lz, d«r iwohl auf dem Seltenheits-
wert beruhte. So kam es, <•• t »loh beld von einer
aruppe älterer Kinder Aufgenonunon fand, was aelner Eitel-
keit aohaelchelte. S» lag Iho viel daran, nloht nur ihnen
gleich zu tun, eondern eie durch seinen beaonderen ^ut und
•eine M&nnliehkelt zu beeindrucken, ^t trieb sich tait ih-
nen hefua, nehm an ihren Streichen teil und ging mit ihnen
■chwiBunen und flachen. Daß sie eine Bande von unerzoRenen,
I
ungebildetea und brutalen Jugondlichön waren, wuiäte er sich
auf Irpendelne Weise zu vorheiKlichen, um ihre Freundschaft
nicht au verlieren. Sine» Morgens «Innren »ie zusammen an
eine bestimmte Stelle des Flusses, ao sie i«r5halioh b»4»-
ten. 1» war noch »»hr früh, und der leichte Morgennebel
I*t »Äf den irieeen und war wie auch das tasser des Flusse»
rosonftirbig von der eben aufgegangenan Sonne getönt. Die
Luft war frisch und würzig; eine grote Stille lag noch
Über der Natur. Al» sie an das Ufer de» Flusse» k»«en,
s«h«n sie zwei l-3egerkiat«r La Nasser stehen. Der Knabe
war vielleicht in .Toha» Alter, das kleine tÄÄdchen ein paar
Jahre JÖnger. Sia warafi beide nackt und wahraohelnlioh
gerade dabei, heimlich ein Morgenbad im Fluß zu nehmen an
dieser Stell«, wo nur Weiße das Recht hatten iu bsien.
John erkannte »ie als die Kinder einer »»«eria, die manchmal
U Hause seiner Verwandten arbeitete. Da» kleine M14eh»n
hieS Sara. Als die Knaben die Kinder »ahen, blieben ai»
23
trat olnen Augecbllok stvhan, oa dann ab^r tl^tzlicb wl«
•in lUuin aloh iält größter Oasohwlndlgktlt auf dio beiden
Cipfar XU atüntan. St« baffiSohtlgtas «loh da« nackten Ena-
k«i| dar «loh nur v^r »uahawai sa z\xt Wahr a«tzt«. Sia war-
fen ihn niadar, aehlugan arbaraungsloa auf ihn aln mit
F9Mt«n und rasch aufi^ahobenan Stöcken; Ja ainar iMtta 80>
Car einen grodaa Stein gefunden, ait den er den Hilfloaen
auf den Kopf schlug. Sie rissen aa ihm herum und hielten
ihn achll«?311ob unter Waseer, das sieh um Ihn noch röter
fttrbte. Dann lieiJen sl« ie« schon Bowuiitlosan am Ufer lla-
Sara hatta neckt und zitternd dabei fsstandan, Ihre
froren Augon wait aufgerissen vor Anget; sie hatte zunächst
▼ersucht, dam Brudor zu helfen, «wrda aber mit Fußtritten
lur 'Ärde g<«>worfen, wo sie nun unbawegllcb saß. Tränen
liefen Ihr über das kloine scbwttrta Gesicht, ihr iiund war
weit aufgerissen, aber k«ia Ton kaa «u» ihrer Kahle. Ihre
kleinen schwarzen HInde versuchten ihre HlBiie zu decken.
John wer von der Gruppe seiner Jreunde mitgariasen worden
und hatta sich mit ihnen auf den Knaben gestürzt, war aber
▼on den Orö-'eran zurückgedrängt worden. Er war daher tlwr
ein ^ttsehauar als ein Bateilißtar gawasan. Als er das
kleine KÄdohäu lait den entsetzten Augen und dem verzerrten
Oesicht sah war or plbtalich zur Besinnung gekomiaen. tr
hatte ßloh weg gasohllohon und hatte stundenlang verborgan
weinend im. Oraa gelegen. Sr war von peinigender 3oham er-
füllt, weil er nicht alngaaahritten war gagan die Brutali-
24
Ut der rat»r»n, well er zu feig« g»w«o«n war, sich dar
M«ute entgegeriÄUStellen und nicht elmaal wüßt«; wa« sie
data klainan kÄdchön nooli angetan hattan.
Nftchta konnta er nicht sschlafen. fJaras Augan ver-
folgten Ihn 1« Dunkeln.
Glückllchörwalae war diese Splsod« am Snda aalnar
rarian vorgefallen , 3r fuhr In den Nordon zurück zm —i»
nen Altern und seiner Cohule und seinen vertrautan Kaaara-
4«iL. %T sprach zu nieuuindam übor das ''.rlebta, aber er
konnte sieh später erfolgreich weigern , je wisder seine
Verwandten la 9M«i mu basuchen. naras Augen hatten ihn
j«dooh durch die Jahre begleitet und hatten Ihn In dan
▼erhÄa^nisvollan Augenblicken seines Lebens Immer wieder
aus dam Dunkel heraus angesehen.
Nachdem Heinrich sein .llnuaer betreten hatte, trat
auah ar ans Fenster, um alnan Augenblick in die Macht
hlaattszusohauen. Dann warf ar aloh, ohne Licht zu aaohan
und ohne sich auszuziehen, auf «ein Bett. Br lag mit ga-
achloasanen Aujren und horchte auf da» DrChnea des ::turai«,
daa »loh mit «Mi wilden Fulalaren »alnea Blutes verband
und zu alnaa qualvollen lauten Oariusch in »alnan Ohren
wurde. Rr hörte den unablä»»l«an LMrm der ?lug»au«moto-
ren über Barcelona und das Geschrei der fliehenden Maa-
»an, da» iSxplodleren dar Bomben und wieder da» ■•ttltn dar
Varwundatan. Schrelanda Maasan wälzten aloh auf den 3traa
*i
2S
■an B«rliu8; mit hooh «rhobw^«!! Arm«& begrtißten sl« enda-
ra M«fifeen, dia «It TrcMunaln und Trompeten In endlosan Rai-
han Torbeixaöraohiertan, graua» brauna, tahwarza Batalllona,
•naufhaltaaa, mfisohiaan^leloh, allaa übarrannaiUI, daa aioh
in ihran 'äfag stellt©. Der wilda rhythmlsoha Ltr« wurde »u
Paitsobanliieben, dla sohnallar wmä aehnellar unarblttlloh
auf ihn niadaraaustan, zu Worten, dla Im gleichen Talct fie-
len "Judanaohwein, Sozialistenhund," und sich alt salnea
eigenen nicht mehr zu beherrschend'an Schreien Terbanden, —
Schweißgebadet öffnete er die Augen und konnte nur mit
VCttta sich erinnern, wo er war. »Tooh halb In dea Albtraum
Wfangan sah «r #•• Bild der schwarz gekleideten Oestalt
mit den hohen Stiefeln und der Reitpeitsche im Nebel Tar-
aohwlaaand und sM«! keuchend die '^'orte heraus: "Du hast
Mäht, Mutter — ä"r ist eine Gefahr für die ilensohheltl'*
Ela ganze Nacht hlndaroh haulte und tobte der Sturm
Is war ein solcher Lärm, daaa es unmöglich gewoaen wäre.
Irgendwelche andaran Geriusohe in den Sturm und "(^egan zu
uüterachaldan. Sie wären von dem schwarzen Oetöaa ▼•r-
•chlungen worden.
It dlmoert© schon, als Rudolf Ina Schlaf zlomar ein-
trat. Sybille aohlen zu schlafen. Auf -ihrara blassen Ge-
sicht waren noch «t« Spuren dar Trtni^n zu sehen.
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Am Morgen sohlen die Sonne am tiefblauen -Ummel.
Ken traf eiAaader wie gewOhnlloh beim Yrahettick« Nur Herr
Müller fehlte* Nachdem man höflich eine Welle gewartet
hatte» ging Rudolf in daa Zlnter dee Fremden und fand eB
leer« Seine Kleider hingen noch In der Kttche nahe a»
Herd, wo Sybille sie aa Abend zum Trocknen hingehängt hat-
te, fta« Bett war unbenutzt • Verwundert aahen die ?reun-
de ainonder Rn und baschlosaen, die Ineel abzueohrelten,
Sie konnten keine Spur von d^n ?raaden entdecken» 3eln
Boot lag festgebunden und nur leicht besohfidl^rt am Ufer
der geschützten kleinen Bucht, gan^ so wie Herr JüUller ee
am Abend vorher dort gelaesen hatte.
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•in klartr, h«Xl«r T«c b«t«hl«d«n ««ia wird. Oute Na«ht'.
Rudolf hatt« SybilloB Arm i;«noma«a und führte si«
aooh Ui tf r«ob«n der
z\x, Sie v«rXi90«a xusamatn des
bt nach daa Z.urfl«kg«bXi ebenen ui
Sybille, die sich an ihren Mann anlehnte, sab kleiner und
aehr aerbreoblloh au». »lÄolfa Haltung dem aohreokllchen,
unerwarteten iCrelgnla gegenüber hatte faat einen ^wang auf
die drei Freunde ausgeübt, die nun ihreraeita ■ohweleend
Ihren Wirten folgten un<3 auch ausserhalb das Wohnilramera,
In de« der Fre««e allein geblieben war, mit einer verl*«»*
s JLcli
nen Raaehhelt^von einander trennten. Jeder »ohien auf's
tueeers*' ~ atrengt, die in ihta erweckten Gefühle zu be-
herrschen una vor den anderen äu verbergen. Mao f^elang
Ihnen u« so eher, da ihre Schlaf zlamer rtumlich auseinan-
derlagen. Keinricfc und Marianne achliefea gawohnhelts-
■Itlg In getrennten HSomen; sie nahaen von einander wort-
los ait einer kurzen leidensohaftllchen UmarjaunK für dl
Wacht üboohied. John hatte schon die Tür xu seinem neben
de» *ohn;ilra«»r gelegenen ^Itamer geschlossen, als f?udolf in
■ein ArbeltazluÄor ging, in den: er wie gewöhnlich noch eini-
ge Stunden mit Lesen oder .ohrelben verbringen su wollen
sohlen. Da Aas alte Haus solide gebaut war, Konnte nle-
■and hbren, ob eich die Tür üu dem Oaßtziaaaer, das Herrn
miller angewiesen war, öffnete tui4 sshloö. —
Keiner von den Freunden er^artots sich sohnellen
Schlaf, so sehr ein J«*«r such 4m Wunsch nach Ruhe verspü-
ren au£te.
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21
Joün safi rauchend aa y«B8t«r und tohaut«» In da«
du&kl« Toben hinauf. ff«nn er «n die letztan Srelgnlts«
des Abends dachte, so sah er Sybilles blasses Gesicht vor
sich und hörte isHMr wieder Ihre aeluMrzerfailt« Stlmne»
das erauenTolle Erlebnis mit dam alten Juden und den S.:i.
Leuten erzählon. .?a wer lh0, als ob er selbst bei den
Mord ztt«a««ken hatte, und es bemttchtigta sich seiner ein«
Wm
rasende Wut. Dieses wilde, unbeherrsohbar« Qeftthl war
ihm nur z\x gut bekannt oua sein«s vergangenen Leben.
hatte zu Taten geführt, dla er für gewöhnlich von seinem
Oedüehtnl» f«rn halten könnt«, die «r aber nie bereut
iMtta. Nur durften sie nicht störend in sein gegenwörti-
ges, g»or4nste8 Loben eindringen. Wieder schauten Ihn
Sybilles ersohrookte Au«en aus dem Dunkel, aas dreuiüan
heiwiohte, an. Sie wurden allmöhilch ©Ina alt einam Paar
andrer Augen, öle schwarz und feucht «Ich vor ^ngst aus
ihren Sockeln au wölben echiouon. Wie oft hatte er dia-
M Auc«B mit dam verzweifelten Blick eines gehetzten Tie-
res in seinen Träumen gesehen — die Att^en des kleinen
NegermMdeheas ««ra, 'Iv w&t damals ein Enabe von IC oder
11 gewesen auf aoiwaerferlen bei seinen Verwandten in einem
kleinen Ort In WlmÄlMippi. Ler wilde, fantaslevolla
Bmrsche, d«r «r damals war, hatte bald eine .-^zahl Spiel-
gefährten unter den bonachbarten Faiailien gefunden. Ali
ein Fremder aua den fJorden hatte ar für die übrigen Kna-
ES
b«n «lattn basondaren üeiz, dar wohl auf dtn S«lt«nh«it8»
«•rt beruht«. So kä« •&, dAä «r «loh bald von einer
Gruppe lltorer Riader ftufgenommeß fand, was aelner Sltel-
kalt aohmalohalt«. H» lag il» viel daran, nloht nur Ihaen
glaloh zu tun, sondern sie duroh seinen baaondaran l«ut und
sein« Mimllehkelt zu beelndruokan. Ir trieb sioh mit Ih-
nan herum, naha an Ihren Otrelehen teil und ging mit Ihnan
•ohwimmen und fischen. Daia sie eine Bande von uner2;ogenen,
Mlfeblldaten und brutalen /ttt^n^lichan waren, wu2te er sieh
auf Irgendeine ifelse zu vorhelral lohen, uä Ihre Freundschaft
nicht xu verlleraa. i21ne« korgone «iniBien •!• siusasuMin an
«ine beatimte Stelle dea Fluasea, wo ale gewöhnlloh bade-
ten, Sa war noch sehr früh, und der leichte Jiorf?ennebel
lag auf
Masen
wie auch das nasser des Flusses
rosenfarbig von dar eben aufgaganAsaen 96nne getönt. Dl«
Luft war frisch und würzig; elae groiia Stille Im^ aooh
über dar Natur. Alt si« an das Ufer dea Fluasea IcasMn,
sahen sie zwei Begsrlcindar ita ^iiasser stehen. Der Knab«
war vielleicht in Johns Alter, das U.«ima MAdehen ein ^Mtf
Jahre jdneer. 31« waren beide nackt und wahrsohelnlleh
gerade dabei, heiisllch ein Morgenbad im FluÄ wi nehoMS an
dl«s«r Stelle, wo nur W«lö« das Rsoht hatten au baden.
John erkannte sie als äie Kinder einer Negerin, die aanchaal
1a Haus« seiner Verwand t«ta arb«lt«te. Das kl«in« ICIdchen
hlaS Sara. Ale die Xnaben die Kinder aaliea, blieben ale
I
•rat «inen ^ugenbilok 0t«h«n, ua dann «bar pl&t/^liob wla
•in Uaim sloh mit grOStar Oaaohwindigkalt auf dla beiden
Opfer zu atUrzea. Sie bem&ohtigten sich daß nackten Kna-
ben, dar aioh nur versuohaweiaa zur Wahr setzte. Sie war-
fen ihn nieder, aohlugen erbarmungsloa auf ihn ein mit
Fausten und raaeh aufgehobenen Stöcken; ja aiaar hatte ao-
eiaan großen stein gefunden, mit dem er den Hilfloaan
auf den Kopf »ohlug. Sie rissen an ihm herum und hielten
Ihn »chlieülioh unter .esser, da» aich um IM aoah röter
färbte. Dann lieSen sie den schon Bewußtlosen an Ufer lie-
gen
hatte nackt und zitternd dabei geatöndan, ihr»
groden Augen weit aufgerissen vor An^st; sie hatte zunächst
Tersucht, dem Bruder zu helfen, wurde aber mit Fußtritten
zur SErde geworfen, wo sie nun unbeweglich saß, TrÄnen
lief an ihr über daa kleine achwarze Gesicht, ihr iJund war
*
weit aufgeriaaen, aber kein Ton kam aus ihrer Kehle. Ihre
kleinen schwarzen Hfinda terauchten ihre Blööe zu decken,
John war fon der Gruppe seiner Freunde mitgerissen worden
und hatte sich mit ihnen auf den Knaben gestürzt, war aber
Ton den.OrWeran iurüokgedrlagt worden. Ar war dahar eher
ein .-luaohauar als ein Beteiligter gewesen. Ale er das
klein« Äädohen mit den aataetzten Augen und dem rerzerrtan
••sieht sah war er plötzlich zur Beainnung gekommen, Sr
hatte sich weg gesohlichen und hatte stundenlang ▼arborgan
weinend im Grat gelegen, «r war von peinigender Scham er-
füllt, weil er nicht eingeschritten war gegen die Brutall-
24
tlt d«r rateran, weil er zu f»ic« £ew»ß«n war, alch der
li^ute entgegsnKUctellen und nicht «Inmel waiJte, «ea Hl«
§wm kl*la«n Lüdchen noch aneetan hettea.
Nachte konnte er nicht schlafen. Sara» Augen var-
folgtan ihn Im Dunkeln.
©lUckllcharwaiae war diese Splaode am 2nde aelner
Ferien vorgefallen. Ir fuhr In den Norden zurück zu ael-
nen Sltern nnA aelner ochule und seinen vertrauten Kamera-
iMi« tir aprach zu nieaianÄam Ub«r daa ürlebte, aber «r
Ifonnte sich apöter erfolgreich weigern, je wieder MÜM
Verwandten ira 'üdön su basuohtn. Smimi Auf^n h«tten ihn
jedoch durch die Jahre begleitet und hatten ihn in den
verhängnisvollen Augenblicken aelnea Lebena lamer «i«4«r
aus dem Dunkel hereue angesohen.
nachdem Heinrich oaln ..iramer botraten hatte, trat
euch er ans Fenetör, nn einen Augenblick in die «acht
hlnauBsuschauea. Dann warf «r «loh, ohae Licht zu aaabM
•RA ohne alch auszuziehen, auf sein Bett. Er lag alt ge-
schlosoeuen Augen und horchte mtf daa üröhnaa 4«t 3turm»,
daa alch alt daa wilden lulaieren aelnea Blutea verband
und zu einem qualvollen lauten üerÄuach in a«i««n Ohren
wurde. Ir hörte den unabliaaigan Lira der FlugzeufBOto-
ren über Barcelona und daa Oaachrel der fliehenden Mna-
, daa .Explodieren der 3o«ben und wieder daa Eeulen dar
Verwundeten. Schreiende üaaaan walzten aloh auf den Straa-
. \' i~* ^ . . .■!.' \ : • t. > ä1 ..^y^.ut-i
•>.V... ■ , *. ,», ... ... /.- T..
25
—n Btrlint; mit hoch «rHo^MM AroMS b«er13t9n •!• and«-
y^ llj^t««n, 41» mit Tr«BWln und Trompeten In endloßen Hel-
iMn ▼orbeliMraohierten, grau», braun«, •ohwarz« liatalllone,
unaufbalta««, «aiahlnanglaloh, allaa ttbarrannand, daa «loh
In Ihran vra« stallt«. Dar wilde rhythmlsoha Lira wurd« au
reltachenhiaban, die «chaellor und achnellar anarblttllch
«uf ihn niaÄaraausten, zu horten, dla Im glelcbon Takt fla-
laa Vuflanachweln, Soziallatenhund," und aloh alt ••tnem
•igartan nicht mabr xu boharr wehenden Schreien ▼arbandan,—
S«hwaia«ab8d«t »ffnate er die Außen und konnte nur mit
Mttha alch arlnnern, w» ar war. Hooh halb In dem Albtrmi»
bafancan »ah er das Bild dar cchwarz pekleideten Oaatalt
mit den hohen Stiefeln und dar Raltpeitpche im Kabal rar-
sohwimmam« und atlaö keuchend die wort« heraus: "Du hast
lecht, Mutter - Ar Ist eine Gefahr für die üensohhaltl"
Cl« ganze Nacht hindurch heulte und tobte der 3tur«.
JU wer ein solcher LBra, daes es unsabglioh gewesen wftra,
Ifgendwelche andaran Oeräuseha in den .-Jturm und ^apen zu
xKst er schal den. Sla wlren von dem schwarzen OetBsa var-
schlun«an worden.
•• HiifH schon, 9 18 Rudolf ins ^-chlafzlamar ein-
trat. Sybille schien zu schlafen. Auf ihrmn blassen Ga-
Sicht waren noch die Spuren dar TrRn^n zu sehen.
Am {yiorir»n schien di« Sonn« am tl<9fblau9n HIbbi«!.
Man traf «Inander wl« t«wÖhnllch b«lm Trühttück. lur Herr
Müller fahlte. Naohdam aaa hönich «Ina Walle gewartat
batta, ging !?udolf in da» 2la»ar da» ?ra»dan und fand «8
Xaar. ialBa Kleldar binden noch In dar Ktteha naha um
Rard, wo Sybllla ale am Abend zum Trocknan hln^rahün^t hat-
te. Mm Batt war unbenutzt . Verwundert sahen die Treun-
i« ainandar an und beechloessn, die Insel abzuschreiten.
«1« konnten keine Spur von da« fremden entdecken. Sein
l«ot lag faatgebunden und nur leicht b«schlldl<irt ans Ufer
der peachützten kleinen Bucht, «anx «o wie Herr üüller ••
a«
Abend- vorher dcrt gelaseon hatte.
,1- ,» ,■ Yt . i. ..• J. »il
l.'."* V'>
2C
•in klArer, heller Tttg beschl«d*a Mla wird. Out* Nacht;
B«4olf hatt« Sybilles Ars genoiscien und führte sie
noch 1» Sprechen der Tür z.U. Sie yerlleßen
ZioaMr und Mhen sich nicht nach den Z>urQokj
das
Sybille, die sich an ihren l^ann anlehnte, aab kleiner und
sehr zerbrechlich aus. Hudolfs Haltung da« sehrecklioheu,
lamriMirteten Xr«si£nls e^^C^^nüber hatte fast einen Äwar.g auf
die drei Freunde ausgeübt, die nun ihrerseits sohweleend
Ihrem Vflrten folgten und auch ausserhalb des 'Wohnilamers,
in d«s der Freade allein geblieben war, mit einer verlege-
sich
nen iNischhelt von einander trönntan. Jeder sahien auf»
A
Sussersto angeetrengt, die In Iha erweckten r.efühle zu be-
herrschen und vor den anderen zu verbergen. Dies gelang
ihnen utt so eher, da ihr« Schlaf alaatr riuallch ausalnaa-
darlegen. Heinrich und Karlann« achliefen ^ewohnhelts-
nMiiig in getrennten Haua«in; sie nöhmen von ainander wort-
los alt olnor kurzen leidensohaftliohon UtaarmuniK fUr diese
lacht «bflchiöd. J'ohn hatte schon die Tür zu seinem neHea
«es: viohaalra^ör islagaaaa Zlauier geschlossen, als «udolf In
sein ArbeltszlBKor ging, in dem er wie gewöhnlich noch eini-
ge atunden alt Lesen oder ichreiben verbrin^jon xu wollen
sohlen. Da das slte Hous solide gebaut war, konnte nie-
mand hbren, ob eich die Tttr au dea Gastzloiaer, imm Herrn
Müller angewiesen war, öffnete und schloß. —
Keiner von den Freunden erwartete aich schnellen
Schlaf, so 89hr ein Jeder auch den vunseh nach Ruhe verspü-
ren nuute.
21
John Sit rauchend am Fenster und «chaute In da«
dunkle Toben hinaus, f}%nn er an die letaten Srelgnlsöe
des Abende dachte, »o seh er Sybille« bleseee Geeicht vor
eloh und hörte IßLuor wieder Ihrrj achmer*erfüllte Stlaanei
dee fr^rftüMlvelle Srlebnl« mit dm alten Juden und den S.U.
Leuten erzählen, B:e war Ihm, ale ob er eelbet bei dem
Mord augeeehen hatte, und ee berüchtigte aloh aelner eine
raeende Wut. i)leaee wilde, unbeherraehbare OefQhl war
Ihm nur zu gut bekannt aue seinen
Leben • Sa
hatte zu Taten ßoführt, die er für gewöhnlich von aelneai
Gedöohtnls f<*rn halten konnta, die ar aber nie bereut
Iia1it#« Kur durften ale nicht störend In aaln (n:afenwartl»
gea, geordnetes Loben eindringen • Wieder schauten ilM
SjHbllloa erachrooJcte Augen aua den. Dunkel, das draußen
herrschte, an. ;;la wurden allia&hiich elna alt einen l^aar
andrer Augen, die schwarz und feucht sich vor Angat eua
Ihren v^ockeln zu wftlben schienen, »le oft hatte er die-
se Augen salt den varawelfelten Blick elnea
tzten Tle
res In seinen l'rÄumen f,eaehen — die Augen des kleinen
laSt^»^lldolü«»a8 Snra« Er war MsHila ein Knabe von IC oder
11 f;:eweeen auf :50Mflierferlen bei aelnen Verwandten In ein
kleinen Ort In klsslealppl. D%r wilde, fantaalevolle
Bursche, der er
Is war, hatte bald eine Ansiahl Spiel--
gefihrten unt<i>r den benachbarten Familien gefunden. Ala
•la rresider aus dem Norden hatte er für die Ubriffan Kna«
SS
b«ii «In«!! basonddren Reiz, d«r wohl auf daa 8altÄnh«lts-
wart boruiJta, So kam «s« da« ar alcü bald von alaar
Gruppe filtarar Klndar aufgaüo— an fand, waa aelnor r;:ltal>
kalt sehaaioüalta. iSa leg Ihis vlal daran, nlott nur Ihaan
glaloh SU tun, aocdarn sla durob ssiaan baaondaran ik<ut und
Ina Mlnnllciikalt zu baalndrucican. Ir trlab slok mit Ih«
nan haruun, n«hm an lbr«n Strelohon tdll und ging nlt ihnaa
t : ..OD und flaohan. Dai^ slo alna laada Ton unar^oganaa,
ungablldaian und brutalen Jugandlleban weron, muäf ar slob
auf Irgandalna V»aiaa zu ▼orhairalichen, ua ihre Fraondaohaft
nleht %u Tarllaren. Illlnes korgens gln«;an ala '4ui
an
alna baatlMita Stalla daa Fluasas, wo sla ««wöhnlloh bada-
t«n. la war noch aehr früh, und der laichte Uori^aanabal
lag auf dan v.'laaan und war wie auc^i das .£(9«or das Fluaaaa
roaonfarblg von dar aban «nufgegöngönsn K>onna getönt, 01a
Luft wer frisch und würilg; olna grofia Stille lag nocb
über der Natur. Ml» sie an dac L-for dea Flusses kamen.
aabe& ala swal Be^;«rkludar Im äm9mr ataliaa.
Knctb<
«ar Tlallelcht In Jonas Altar, das kleine Uttdoben ein paar
Shhre jUngör. 81e warer. beld© nackt und wahrachelnlloh
gerade dabal, belallch ein l^^orgenbad in ?lu0 s.u iiebaaa aa
dlaaar Stelle, wo nur '#eliüe das Recht hattaa 2u baden.
John arkMMt« sie als dl« Kinder einer Xatarla, die menchm
la HGtuta aalner Verwandten arbeitete. Das kleine MIdohen
hlaS Sara. Als die Knaben 'Ue Kinder aahan, blieben ala
i i
C«n
SS
•r»t einen Augenbliok »t«h«n, u» dum «b^r plötillob wie
•ia MAttii »loh mit gröüter 0««ohwlndlgk«lt «uf dl« b«ld«a
Opfer XU stürzan, Sl« bwslchtlgten «loh d«s naekt«n Kna-
ben, der sioh nur verauohiwei»« xur f»hr setzte. Sie wer-
fen Ihn nieder, »chlugea erbaraungslos auf Ihn ein mit
Fäueten und rasch aufgehobenen otöokenj Je el«er hatte so-
gar «Inen großen itoln gefunden, rait dem er den Hilflosen
auf den Kopf «ehlug. 31» rissen an 1ha herum und hielten
Ihn schließlich unter ^'aJSPor, ift» sich um Ihn noch röter
färbte. Denn lloiSsn sie don schon Bewußtlosen aa Ufer lle-
'"sra hatte nackt und xltternd dabei «•»tanden, Ihre
großen Augen weit aufgerissen vor Angst; sie hatte zunächst
Tersucht, dem Bruder zu helfen, wurde aber itlt fuBtrltten
»ur 'i?rde geworfen, wo als nun uobev/egllch saß, Trünen
liefen ihr über des kloln» schwarze Gesicht, Ihr i'und war
weit anfEerlösan. aber kein Ton kam uns Ihror Tehle. Ihre
kloinen schwarzen FlSnde versuoht«n Ihre Slöö« «u decken.
John wer von der Gruppe seiner Ireunda mitearlasen worden
und hatte sich alt ihnen auf den Knaben gestürzt, war aber
von den Größeren zurückgedrängt v/order. ISr war dah«r «h^r
ein ;:.uschauor als ein Beteiligter gewesen. Ale er das.
kleine MMdohen mit den «ntsetÄten Augen und dem verzerrten
O««loht sah war or plötzlich zur Besinnung gekoauaen. Sr
ttaitte eich we«^ geschlichen und hatte stundealt«! ▼•rborgen
iwinend Im aras gel«««n. Ir war von peinigender Scham er-
füllt, well er nicht eingeschritten war ••«•n die Brutall-
■• t-v
II
24
tlt der Xiter«n, w«!! or iu feig« gewesen war, alch der
Meute entgegensttetellon unä nicht elnraol wui^te, vas »ie
dea kleinen aiÄdohen nocä angetan hatten.
Raehtt konnte er nicht echlefen. Saraa Augen ver-
folgten Ihn Itt Dunkeln.
OlttekllcheviMilee war diese iEplsoi» am Snde seiner
ferlen vorgefallen. :^r fuhr in den Norden zurück r.u sel-
uan iltern und seiner Schule und seinen vertrauten Kanera-
(2eu. Sr sprach zu aiemandaB übor da» SrletJte, aber er
konnte eich später erfolgreich weigern, Je wieder seine
Verwandten in ^Uden 7.u besaoli«B. ßarae Augen hatten Ihn
Jedoch durch die .Tahre begleitet und hatten ihn in den
▼erWtngnißvollen AtiftnblickeE seines Lebens loaer wieder
eua dem Duixk«?! haraus engoaehen.
Nachdem Heinrich sein .'.laiaer betreten hatte, trat
auch er ans Jenster, um einen Augenblick in die Naoht
hinausauBohauen. Dann warf er sich, ohne Lioht au aiAOhen
und ohne sich auszuziehen, auf sein Bett. Ir la^ alt R»-
schlosaenen Augen und horchte auf das ürdimen dös 5tui«l,
das sich mit 4em wilden iulsleren seines Blutes verband
und au einem qualvollen lauten aeräusch in seinen ührea
wurde. Kr hörte den unablHsslgen LBria der Flugmeugaoto-
ren über ImreelOGa und das Geschrei der fliehenden Mas-
sen, das Explodieren der Boaben und wieder das Beulen der
Verwundeten, :ciirei«nde ISassen wälzten sich auf den Stras-
TsPüfüjsnsi
SS
••n B«rlia8; nlt hcoh «rhobMiva Aratn begrasten sio ande-
r« Mait««n, dl« adt TronmeXn und Troap«tMi in «ndlo&on aoI-
hen vorbelMraohlorten» greu«, >r«aft«, »ohwara« Bataillon«,
lUMuftieltaan, BMtsohinanelaioh, alias ttbarrannaad, ämn sieh
In Ihren .»« stellt« . Dar wilde rhythalaoh« Urm wurde au
faitsotenhieban, die lohnallar und aehnaller unerbittlich
auf Ihn niederaauatan, «u Worten, die in flelohan Takt fla-
i«i "JaAansehwalD, SoKlfillstanbund," und sich mit seine«
•igenan nicht taehr 7.u beherrschenden Schreien verbanden. --
S«hw«ltt|?ebaäet öffnete er die A«ean und konnte nur mit
Mttha sich erinnern, wo «r war. ffoch helb in dar. Albtreum
befanden sah «r das Bild der schwarz golcleidotan Oaatalt
«it 4«ft lK)hen Stiefeln «Ad Amt Beitpeitcoho im Nebel var-
Bchwlmmend unö stleL^ keuchend die Wort« heraus: ''Du hast
Recht, Mutter — Ir ist eine Oefahr für die Mansohheitl'»
Cie frenze Maeht hindurch heulte und tobte der Sturm.
la war ein solchör LMrra, daaa «a unmöglich Rewo«en w8re,
irgendwelch» anderen CJorSusohe in dem äturm und ^tagan zu
unterachaiden. Sie wSren von dem schwarzen Crstös« ver-
•ohlungen worden.
t» «Rmnsorte schon, als Rudolf In« Schlaf xlomar «in-
trat. : ybillfl schien zu aohlsfon. Auf ihrara bln9««n 0«-
alcht »Armi noch die ?pur>^n der Tränen xu ««ftM.
26
j-lorgen schitn öl« Sonn» an tiefblauen niam«l.
lUft tr«f «Inander wl« istwöhnlloli b«lm Trühstücic. Nur Herr
llttll«r fehlt«. Keohd«»
höflich •!»• W«ll« gewort«t
Matt«, ging Rudolf In <I«b lAmier de« Freaden und fend ••
leer. Seine Kleider hin«en nooh in der Küche nehf» •»
Herd wo Syblllo eie a» Abend zua Trocknen hlnrehinft hat-
te. t>«» Bett wer unbenüt«t. Verwundert aahen die Treun-
d« einender an und beacfclooaen, die Inael abzuiohr'')lten.
Sie konnten Jcalne :'^pur von dem Freaden entdecken. 3ein
Boot lag festgebunden und nur leicht benchfidl?^t aa Ufer
der (?«80hüt?.ten kleinen Bucht, «ranx eo wie Herr Vüller es
ff
•0 Abend vorher dort «elesaen hatte.
.'X'^.Cr^:' t .üi^-/^'\ff!'"/. 'l[^fj ■. '^'t- <\ ■*"'
so
UIa klamr, heller Tag b«sohl«4«n stla wird. Out« Naobtl '
M« gani&# Haoht blnduroh beult« und tobte der f^turai«
!• war ein lolohar Lim« das» •• uimögllob ge-ireeen wSre,
irgeadwelche anderen Oeräuaohe In dem
und Regen %\x
untersobelden« Sie ittren Yon de« MiMirsen Oet5ee ver-*
eehlunran worden«
tl
k
^/ktL iftfllKHik Morgen eeblen die Sonne am tiefblauen
Hlvmel. Mm traf einander wie fVwCbnllcb beim frUbatUok:*
Nur Herr iiüller foblte, Kaohdesi man höflich eine welle ga-
«artet hatte, ging :<udolf In daa ^iHimor da« fra«i4Hi iMii
fand ea leer« Seine Kleider tilngen nooh in der KÜehe nahe
am Herd, wo Sybille die am Abend 4;ua Trocknen hinf^ehängt
batte» Ca&
t war MllMiallt^te Verwundert aahen die Freun*-
de einander an und b^^iaobloaeau, die Inael abi^uschreiten«
81a konnten keln^i» :>pur Toa de» fraiidan entdecken« ^eln
Boot la£ festgebunden und ^mr lo>lcht beaeb&digt an T^fer
der gaeehUtxt^n Iclelnen Buobt^ gaii:iti so wie Herr Httller aa
am Abaad vorher dort galaaaan hatte«
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^r^-^ ^^^ JT;, / ^^ ^ '^/. ^^
^^^'^^i^aJT,
^^ve^
20
ein klarer, heller Tag beschieden sein wird. Gute Nacht* "
Rudolf hatte Sybilles Arm genommen und führte sie
noch im Sprechen der Tür zu. Sie verließen zusammen das
Zimmer und sahen sich nicht nach den Zurückgebliebenen um.
Sybille, die sich an ihren Mann anlehnte, sah kleiner und
sehr zerbrechlich aus. Rudolfs Haltung dem schrecklichen,
unerwarteten Ereignis gegenüber hatte fast einen Zwang auf
die drei Freunde ausgeübt, die nun ihrerseits schweigend
ihren Wirten folgten und auch ausserhalb des Wohnzimmers,
in demi der Fremde allein geblieben war, mit einer verlege-
nen Rasohheit^von einander trennten. Jeder schien auf s
äusserste angestrengt, die in ihm erweckten Gefühle zu be-
herrschen und vor den anderen zu verbergen. Dies gelang
ihnen um so eher, da ihre Schlafzimmer räumlich auseinan-
derlagen. Heinrich und Marianne schliefen gewohnheits-
mäßig in getrennten Räumen; sie nahmen von einander wort-
los mit einer kurzen leidenschaftlichen Umarmung für diese
Nacht Abschied. John hatte schon die TOr zu seinem neben
dem Wohnzimmer gelegenen Zimmer geschlossen, als Rudolf in
sein Arbeitszimmer ging, in dem er wie gewöhnlich noch eini
ge Stunden mit Lesen oder Schreiben verbringen zu wollen
schien. Da das alte Haus solide gebaut war, konnte nie-
mand hören, ob sich die Tür zu dem Gastzimmer, das Herrn
Müller angewiesen war, öffnete und schloß. -
Keiner von den Freunden erwartete sich schnellen
schlaf, so sehr ein jeder auch den Wunsch nach Ruhe verspü-
ren mußte«
21
John saß rauchend am Fenster und schaute in das
dunkle Toben hinaus. Wenn er an die letzten Ereignisse
des Abends dachte, so sah er Sybilles blasses Gesicht vor
sich und hörte immer wieder ihre schmerzerfüllte Stimme,
das grauenvolle Erlebnis mit dem alten Juden und den S.S.
Leuten erzählen. Es war ihm, als ob er selbst bei dem
Mord zugesehen hatte, und es bemächtigte sich seiner eine
rasende Wut. Dieses wilde, unbeherrschbare Geftthl war
ihm nur zu gut bekannt aus seinem vergangenen Leben. Es
hatte zu Taten geführt, die er für gewöhnlich von seinem
Gedächtnis fern halten konnte, die er aber nie bereut
hatte. Nur durften sie nicht störend in sein gegenwärti-
ges, geordnetes Leben eindringen. Wieder schauten ihn
Sybilles erschreckte Augen aus dem Dunkel, das draußen
herrschte, an. Sie wurden allmählich eins mit einem Paar
andrer Augen, die schwarz und feucht sich vor Angst aus
ihren Sockeln zu wölben schienen. Wie oft hatte er die-
se Augen mit dem verzweifelten Blick eines gehetzten Tie-
res in seinen Träumen gesehen - die Augen des kleinen
Negermädohens Sara. Er war damals ein Knabe von 10 oder
11 gewesen auf Sommerferien bei seinen Verwandten in einem
kleinen Ort in Mississippi. Der wilde, fantasievolle
Bursche, der er damals war, hatte bald eine Anzahl Spiel-
gefährten unter den benachbarten Familien gefunden. Als
ein Fremder aus dem Norden hatte er für die übrigen Kna-
22
ben einen besonderen Reiz, der wohl auf dem Seltenheits-
wert beruhte. So kam es, daß er sich bald von einer
Gruppe älterer Kinder aufgenommen fand, was seiner Eitel-
keit schmeichelte. Es lag ihm viel daran, nicht nur ihnen
gleich zu tun, sondern sie durch seinen besonderen Mut und
seine Männlichkeit zu beeindrucken. Er trieb sich mit ih-
nen herum, nahm an ihren Streichen teil und ging mit ihnen
schwimmen und fischen. Daß sie eine Bande von unerzogenen,
ungebildeten und brutalen Jugendlichen waren, wußte er sich
auf irgendeine Weise zu verheimlichen, um ihre Freundschaft
nicht zu verlieren. Eines Morgens gingen sie zusammen an
eine bestimmte Stelle des Flusses, wo sie gewöhnlich bade-
ten. Es war noch sehr früh, und der leichte Morgennebel
lag auf den Wiesen und war wie auch das Wasser des Flusses
rosenfarbig von der eben aufgegangenen Sonne getönt. Die
Luft war frisch und würzig; eine gro£e Stille lag noch
über der Natur. Als sie an das Ufer des Flusses kamen,
sahen sie zwei Kegerkinder im Wasser stehen. Der Knabe
war vielleicht in Johns Alter, das kleine L.ädchen ein paar
Jahre Jünger. Sie waren beide nackt und wahrscheinlich
gerade dabei, heimlich ein Morgenbad im Fluß zu nehmen an
dieser Stelle, wo nur Weiße das Recht hatten zu baden.
John erkannte sie als die Kinder einer Negerin, die manchmal
im Hause seiner Verwandten arbeitete. Das kleine Mädchen
hieß Sara. Als die Knaben die Kinder sahen, blieben sie
23
erst einen Augenblick stehen, um dann aber plötzlich wie
ein Mann sich mit größter Geschwindigkeit auf die beiden
Opfer zu stürzen. Sie bemächtigten sich des nackten Kna-
ben, der sich nur versuchsweise zur V/ehr setzte. Sie war-
fen ihn nieder, schlugen erbarmungslos auf ihn ein mit
Fäusten und rasch aufgehobenen Stöcken; Ja einer hatte so-
gar einen großen Stein gefunden, mit dem er den Hilflosen
auf den Kopf schlug, Sie rissen an ihm herum und hielten
ihn schließlich unter V/asser, das sich um ihn noch röter
färbte. Dann ließen sie den schon Bewußtlosen am Ufer lie-
gen, Sara hatte nackt und zitternd dabei gestanden, ihre
großen Augen weit aufgerissen vor Angst; sie hatte zunächst
versucht, dem Bruder zu helfen, wurde aber mit Fußtritten
zur Erde geworfen, wo sie nun unbeweglich saß, Tränen
liefen ihr über das kleine schwarze Gesicht, ihr Mund war
weit aufgerissen, aber kein Ton kam aus ihrer Kehle. Ihre
kleinen schwarzen Hände versuchten ihre Blöße zu decken.
John war von der Gruppe seiner Freunde mitgerissen worden
und hatte sich mit ihnen auf den Knaben gestürzt, war aber
von den Größeren zurückgedrängt worden. Er war daher eher
ein Zuschauer als ein Beteiligter gewesen. Als er das
kleine Mädchen mit den entsetzten Augen und dem verzerrten
Gesicht sah war er plötzlich zur Besinnung gekommen. Er
hatte sich weg geschlichen und hatte stundenlang verborgen
weinend im Gras gelegen. Er war von peinigender Scham er-
füllt, weil er nicht eingeschritten war gegen die Brutali-
24
tat der Alteren, weil er zu feige gewesen war, sich der
Meute entgegenzustellen und nicht einmal wußte, was sie
dem kleinen Mädchen noch angetan hatten.
Nachts konnte er nicht schlafen. Saras Augen ver-
folgten ihn im Dunkeln,
Glücklicherweise war diese Episode am Ende seiner
rerien vorgefallen. Er fuhr in den Norden zurück zu sei-
nen Eltern und seiner Schule und seinen vertrauten Kamera-
den. Er sprach zu niemandem über das "«Irlebte, aber er
konnte sich später erfolgreich weigerni je wieder seine
Verwandten im Süden zu besuchen. Saras Augen hatten ihn
jedoch durch die Jahre begleitet und hatten ihn in den
verhängnisvollen Augenblicken seines Lebens immer wieder
aus dem Dunkel heraus angesehen.
Nachdem Heinrich sein Zimmer betreten hatte, trat
auch er ans Fenster, um einen Augenblick in die Nacht
hinauszuschauen. Dann warf er sich, ohne Licht zu machen
und Ohne sich auszuziehen, auf sein Bett. Er lag mit ge-
schlossenen Augen und horchte auf das Dröhnen des Sturms,
das sich mit dem wilden Pulsieren seines Blutes verband
und zu einem qualvollen lauten Geräusch in seinen Ohren
wurde. Er hörte den unablässigen Lärm der Flugzeugmoto-
ren über Barcelona und das Geschrei der fliehenden Mas-
sen, das Explodieren der Bomben und wieder das Heulen der
verendeten. Schreiende Massen wälzten sich auf den Stras
25
sen Berlins; mit hoch erhobenen Armen begrüßten sie ande-
re Massen, die mit Trommeln und Trompeten in endlosen Rei-
hen vorbeimarschierten, graue, braune, schwarze Bataillone,
unaufhaltsam, maschinengleioh, alles überrennend, das sich
in ihren Weg stellte. Der wilde rhythmische LSrm wurde zu
Peitschenhieben, die schneller und schneller unerbittlich
auf ihn nieder sausten, zu Worten, die im gleichen Takt fie-
len ♦» Judenschwein, Sozialistenhund ,»♦ und sich mit seinem
eigenen nicht mehr zu beherrschenden Schreien verbanden.—
Schweißgebadet öffnete er die Augen und konnte nur mit
Mühe sich erinnern, wo er war. Noch halb in dem Alb träum
befangen sah er das Bild der schwarz gekleideten Gestalt
mit den hohen Stiefeln und der Reitpeitsche im Nebel ver-
schwlmmend und stieß keuchend die Worte heraus: "Du hast
Recht, Mutter - Er ist eine Gefahr für die Menschheit»."
Die ganze Nacht hindurch heulte und tobte der Sturm.
Es war ein solcher Lärm, dass es unmöglich gewesen wäre,
irgendwelche anderen Geräusche in dem Sturm und Regen zu
unterscheiden. Sie wären von dem schwarzen Getöse ver-
schlungen worden.
Es dämmerte schon, als Rudolf ins Schlafzimmer ein-
trat. Sybille schien zu schlafen. Auf ihrem blassen Ge-
Sicht waren noch die Spuren der Tränen zu sehen.
26
Am Morgen schien die Sonne am tiefblauen Himmel.
Man traf einander wie gewöhnlich beim Frühstück. Nur Herr
Müller fehlte. Nachdem man höflich eine Weile gewartet
hatte, ging Rudolf in das Zimmer des Fremden und fand es
leer. Seine Kleider hingen noch in der Küche nahe am
Herd, wo Sybille sie am Abend zum Trocknen hingehängt hat-
te. Das Bett war unbenutzt. Verwundert sahen die Freun-
de einander an und beschlossen, die Insel abzuschreiten.
Sie konnten keine Spur von dem Fremden entdecken. Sein
Boot lag festgebunden und nur leicht beschädigt am Ufer
der geschützten kleinen Bucht, ganz so wie Herr Müller es
am Abend vorher dort gelassen hatte.
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-1-
PROLOG
1
Matthias war unter einem glücklichen Stern
geboren. Dies war schon daraus hersichtlich, dass er
seine Kindheit überlebt hatte. TZr stammte aus Hamburg,
der älteste Sohn eines Fuhrwerkbesitzers und Transporteurs,
der ein brutaler, selbstsüchtiger, kleinlicher und
• •
geiziger Mann war. Er misshandelte Frau und Kinder und
hatte häufig Händel, besonders wenn er, wie es oft geschah,
getrunken hatte. Seine Frau war eine schüchterne Person,
mit einst zärtlichen Anlagen, die ihm wie eine Sklavin
gehorchte, auf Befehl sein Bett mit ihm teilte, und vor
ihm zitterte. Nur heimlich wagte sie es, ihre Zärtlichkeit
den Kindern zuzuwenden. Matthias, der ee als selbstver-
ständlich hinnahjij,dass er selbL vom Vt.ter geprügelt
wurde, fühlte .jedoch wilde, kaum zu unterdrückende Wut,
wenn er Zeuge sein musste, wenn der Vater die Mutter
erniedrigte und misshandelte. Schwangerschaft folgte
auf Schwangerschaft, aber das verhinderte den brutalen
Christian Witte nicht, Matthias' Mutter zu schlagen,
zu beschimpfen, oder seine Lust an ihr zu befriedigen,
wenn seine Laune ihn dazu trieb. Als Matthias fünfzehn
war, lief er davon. T5s ergab sich eine Gelegenheit für
•
(
538
4«n «In lt»llenl8oh«r Jplon mit Nflm«r Barroate n«oh Deutsch-
land elnpeschmuff^lt uni duroh einen Kommunlgtcn, namena
Kerl P'lacher, G^nth°r zukooiwn IsBBen h«tte. Dieser 3rlof,
fior hurcilosen Inhelt«? schien, enthielt eine wlohtlfo polltliüohe
Klttellune In ein«« e«lMiB«n Go-le).
(2J ;:)f.af5 er mit Joner oben erwähnten Trtiher^n 3o/3flllntln,
j«t:'.b l\or;nlun.l8^,in, aelt 1927 In enpeter ilezlchunr atehe, nie
und Ihr ;.lnd erhslta, ihr verhelfen habe, in die Gohweiz zu
r.lieh«n, un<-; durch slo alt anderen ho—iun^nten U.^irpnf pfle-re,
('>.) Di'PiH er euch Im Dritten '(floh weiter dleae ne^iehunp
fortfefahrt h&bo, und df.n;^ er cktlv den ihia befreundeten Ko;r.rnu-
niaten alt Geld und vat ftoholfon und ihre verbrecherisohon Üö-
tl^jkeltQn untorRtiltst mibe,
(A.) Dfjgs er trotz der :^a8enconel7.e«bur.c rnit besagter
Saloaea Fernsndl, die der Jüdischen I^.B30 nnc-.ehHrt, r.eßchlöoht-
Uchnn Verkehr euagtübt und ihr unehelichem ilind sin sein ei-
genea ang^^Ctreben habe,
(5) Oc?? or flo weit in ':l...3er krlrrilnollen Btzlehunf ver-
wlokelt sei, daafl or einen froßsen Teil sein«» und aoiner ?rou
Vtraidpena seinem Jüdiaohon itistard an ihre« elnundzwfmzia-sten
Oeburtatae; zu äberfeben f^plant höbe, wofür Hewelne in einem
schon Trü)r.9r abpefertlf tan TontaaMint und in einer »ohrlftllch
nloaerfelepten und dokurjentlerten üntorredunf, mit «einem An-
walt PiÄberleln vorlögen (-3öilse© ß. ), Bcilaee C ©üthlelt
Zwttjfenausaee.ön aber aüntnera Beziehunp: zu ':'»elorne», die nicht
-' ■ ^-i^^fc
, .^^A J .
-'^•r* A'.'"- ■*:■ ,-. 3^',;,'y ':^. .»^ ,4..-> ,st-:^,j^'U-<u<^: ;a:t.-^<igi)3f 1
.•K.frrn
I I
SCHWARZES ELFi:.NFEIN
Günther kam am 2. Septembor 1871 Im deutschen Hel-
denjahr 7,ur IVelt als zweiter Sohn des Hamburger Kaufmanns
Hans Hoyk. Man hiubf diese Tatsache erwähnen, nicht aus na-
tionalen Gründen, sondern well sie einen Elnfluss auf das
Leben ÜUnthere zu haben schien; wäre er doch so gerne ein
Held gewesen. Er sah aber sehr bald In seiner Kindheit ein,
dasB dieses Sehnen nach angstloser GrJJase für ihn nicht er-
füllbar war. Die Umstände In seinem elterlichen Hause dien-
ten ihm in anderer Richtung, aber entmutigten Ihn, auch nur
zu hofen, dass er Je seinem älteren Bruder Horst nicht nur
furchtlos gegenüberstehen würde, nicht nur ihm gewachsen
sein könnte, vor allem aber, dase er Je diesem Bruder an
Körperkraft Überlegen sein und ihm all die Quälerelan helm-
zahlen könnte, die er durch ihn hatte erleiden müssen. Horst
war fünf Jahre älter als Günther; er war ein schöner braun-
haariger, blauäugiger Junge, schlank und muskulös, ein guter
wenn auch nicht ausgezeichneter Schüler — aber welcher Ham-
burger Kaufmann wollte schon, dass sein C-ohn ein ausgezeich-
neter Schüler sei; das würde doch nur zu Schwierigkelten füh-
ren — man denke nur, dass er ein Gelehrter, vielleicht ein
Bücherwurm werden könnte, der sich für alle möglichen merk-
würdigen Ideen interessieren möchte.
Nein, Horst war gerade richtig, er würde Tee Im-
portieren wie Bein Vater, oder vielleicht sogar, wenn es
sein cnUsete, In eine befreundete Bank eintreten, 3ankdl-
rektor Lange hatte zwei Töchter etwa Im Alter Irmgards,
einer Schwester, die Im Alter zwischen Horst und Günther
stand, fian hätte annehmen können, dass Irmgard, die nur
«wel Jahre älter als Günther war, den kleinen Bruder dem
älteren vorziehen würde« Schliesslich neckte er sie nicht,
zog sie nicht an Ihrem dicken blonden Zopf wie Horst es tat,
sondern zeigte ihr seine Bewunderung und sogar, obgleich sie
ein iiiädchen war^ Respekt. Er verstand nie, auch nicht spä-
ter, als er schon erwachsen und mit Oertrude verheiratet war,
warum Frauen sich perade über diesen Zug In seiner Beziehung
zu ihnen lustig machten und Ihn zum Anläse nahmen, Günther
von oben herab zu behandeln«
Der Tee -Import Ist, eollte man meinen, kein sehr
roraantlschee Geschäft, aber für den kleinen Günther war er
eine Quelle aufregender und Interessanter Spekulation. Tee
kommt von weit her, von fremden Ländern, wo es i^enschen mit
geschlitzten Augen und bunten Kleidern und merkwürdigen Hü-
ten gibt; oder er kommt aus Ländern, wo die Menschen dunkel-
häutig sind und die Fürsten in Sänften getragen werden, an-
getan In Seide und Juwelen, wohnen sie In ralästen mit herr-
lichen Frauen, die für sie tanzen« niemand verlangte, dass
diese f'rlnzen gross und stattlich und mutig sein müssten;
die Bilder auf den Teebüchsen zeigten eher etwas fette, voll-
leiblge ältere Herren, die bequem auf einem Dlvan zurückge-
legt, flieh von Ihren halbnackten Dienern fächeln lleesen.
Dl« herrlichsten Mädchen tanzten vor Ihnen* Ja, das Tanzen!
Irmgard und Ihre Freundinnen lernten ea In der Schule. Horst
lernte Geige spielen — und öUnther, wenn er etwas älter wttre^
würde wohl auch die Qelge erlernen. Er hätte so sehr gerne
Irmgard tanzen sehen. Er wagte nicht einmal darum zu bitten,
denn das Lied "Schwesterchen, willst Du tanzen?'* sagte ganz
klar und deutlich, daee kleine Kinder nicht tanzen; nur wenn
der Bruder Geige spielen könnte, wUrde sich das Schwesterchen
bereden lassen -- um sich nicht einer unvermeidlichen Er-
nl^:drlgung durch Ablehnung und Ausgelachtwerden auszusetzen,
behielt er diesen Vfunsch fUr eich*
Seine T.:utter, die Frau Kaufmann Hoyk, war eine be-
queme liebenswürdige rundliche Frau, die es Ihrer Familie
behaglich zu machen suchte. Sie kam von einer Sippe von
Schiffern von der Vasperkant
Ihr Vater Heinrich Witte hatte
eine kleine Reederei gehabt, ralt der er ganz hübsch verdient
hatte, obgleich seine Schiffe nicht mehr taten als an der
Küete entlang zu fahren und Heringe von solch fernliegenden
Orten wie Rostock oder ßogar Danzlg nach Hamburg zu bringen.
Er konnte daraufhin seiner Tochter Caroline eine stattliche
mtglft In die Ehe geben und, nachdem alles gesagt und getan
war, hlnterlless er seinem Sohn ein gutgehendes Geschäft und
seiner Frau einen ausreichenden Witwentoll. Er selbst war
nie über Helgoland hinausgekommen. Er war kurz, voll-lelblg
und blond gewesen und Günthv-^r schien sein Ebenbild zu werden,
über diesen Grossvater hörte der Kleine viel, denn seine üdut-
:&:aMfa:i
!Z:UB£^:
,>* .ü ^sjAat z::? ^.a:z^rsM3!rJi\..':.i-i t .
.^jiisprast.
ter liebte über Ihn zu sprechen und auf »eine Ähnlichkeit mit
Ihm hinzuweisen« Anders war es mit seinem Qrossonkel uattje;
da gab es nur Andeutungen: wie er schon als Knabe nicht gut
getan, wie er sich mit seinem Vater — Günthers Urgrossvater --
gestritten habe und schliesslich auf und davon sei, well er
nicht mit ansehen konnte, wie sein Vater seine Mutter tyran-
nisierte* Er sei als Matrose zur See gegangen und sei schliess-
lich In Amerika gelandet, niemand wusste, ob er dort verkom-
men oder ein Millionär geworden sei* Es gab noch eine andere
Version dieser Famlllenlegende. QUnther hatte sie öfters von
Fräulein Frida gehPrt* Fräulein Frida war sehr alt. Sie war
Hausmädchen bei Günthers Grosf^eltern /«'Itte gewesen und ass
das sogenannte Gnadenbrot bei den Hoyks, für die sie die Wä-
sche ausbesserte und andere kleine Handreichungen machte. Sie
behauptete, dase Grossonkel Matt Je schon Im Alter von zehn
Jahren fortgelaufen war aus Angst vor seinem Vater, Günthers
Urgrossvater Witte, für einen kleineren Diebstahl aus seiner
üutter Börse totgeschlagen zu werden. Dieser ältere Reeder
litte war, wenn man Fridas Bericht Glauben schenken wollte,
ein wahres Ungeheuer, Er war so breit wie gross und ausseror-
dentlich stark» Man behauptete, dass er einmal, als er sich
über einen Bierkutscher geärgert hatte, der Ihn zwingen wollte,
seinem Bierwagen aun d«« '»Veg zu gehen, sich mit der Brust ge-
gen die Pferde gestemmt und diese zum Halten gebracht habe.
Dann habe er sich den Kutscher herunter geholt und Ihn ent-
MtEllch zugerichtet. Diese Gewalttat mag oder mag nicht Ihre
Berechtigung gehabt haben — die Behandlung seiner Familie war
r»öft£r.,37:faV, i7i;'„-:raK'Ä,^t* «u.
i'trry-f j
m keiner Wtlse zu rechtf ertleen. Er war dreimal verheiratet
gewesen und hatte seine drei Frauen überlebt. Sie hatten Ih«
•ine grosse Anzahl Kinder geboren, die er alle misshandelte.
Für das kleinste kindische Vergehen band er sie an einen Stuhl
und schlug sie erbarmungslos mit einer n«un schwänz Igen i>eltsohe
seine Frauen misshandelte er In gröbster W.lse. Mattje lief
davon und war auf der Str«««e. die das Holsteinische, also
nach Dänemark führte, als er von einer eleganten Kutsche über-
holt wurde. Ein Herr und eine Dame, beide deutlich auslän-
disch aussehend, waren die Insaspen dieses Wagens, der auf
ein Zeichen des Herrn anhielt. Man wusste nur so viel, dass
der kleine Mattje in den v/agen herelngenordroen wurde und mit
da« fremden Paar welterfuhr. Später seien dann Verhandlungen
gewesen zwischen dem alten v/ltte und einem Anwalt und der al-
te Witte hatte eine enorme Summe Geldes verlangt und bekom-
men. Von ilattje habe man nichts mehr gehört, aber es wäre
ein Gerücht herumgegangen, dass er von amerikanischen oder
Jüdischen ^'llllonären adoptiert worden sei.
Günther gefiel die erste Version von L'attjes Ver-
schwinden viel besser als die zweite. Heimlich, wann er Im
Bett unter seiner Decke versteckt war. bewunderte Günther
diesen fernen Grossonkel, der für Ihn mit üdysseus verschmolz,
und dem er auf ferne Inseln mit schwarzen lAännern und lieb-
lichen Mädchen folgte, wo er nach einem Schiffbruch ans Land
schwamm, alle Ungeheuer und Feinde besiegte und von allen als
der welspe Held wie ein Gott angebetet wurde. Der König führ-
te ihm dla Prinzessin zu, die wie Elfriede, Irmgards äugen-
i.-'^r.\
r-rftj-vS
bllckllch beste Freundin aueeah. Sie kam mit gesenktem Blick,
beugte sich tief vor Ihm und begann zu tanzen. Günther rles
sich gewaltsam von diesem Bild ab, die Gefühle^ die Ihn über-
strömten, waren zu stark, zu gefährlich — er wusste, er würde
nachher den entsetzlichen Angsttraum haben, der Ihn oft stun*
dtnlang In der Nacht mit klappernden Zähnen In seinem Bett auf-
sitzen Hess.
Es gab noch eine andere Wlgllchkelt, In ferne Länder
zu reisen, man musste viel Geld haben. '*7/enn man so viel Geld
hat wie die V's," sagte Günthers Vater, "dann kann man sich
alles leisten." Er sagte das zu Günthers Mutter auf eine An-
deutung hin, dass sie wohl gerne einmal mit Ihrem Mann eine
Ferienreise machen würde; vielleicht nach London, wo ein Nef-
fe gerade als "junger Mann" In ein seinem Vater befreundetes
Geschäftshaus eingetreten war, um die englische Korrespondenz
zu erlernen; oder nach Paris, wohin ihr Gatte ein- oder zwei-
mal auf «Ine kurze Geschäftsreise gegangen war. Aber sie
fürchtete slc>^ vor Paris, well sie gehört hatte, wie elegant
die Damen angezogen seien, auch konnte sie kein Französisch
•prechen* Englisch wtr leichter, erinnerte auch an Platt-
deutsch, das noch alltögllch In Ihres Vaters Familie gespro-
chen wurde. Am liebsten wäre sie In die Schweiz gefahren, na-
türlich In den deutschsprachigen Teil, der natürlich land-
•chaftllch und kulturell auch viel angenehmer war* Als Junges
üttdchen war sie einmal drei ^Vochen In iürlch gewesen; sie sprach
noch gerne und oft davon. Herr Hoyk fand es ausreichend für
••Ine Verhältnisse, dass seine Frau mit den Kindern Jeden Som-
mer auf drei ?5ochen — für Jedes Kind eln^ Woche, scherzte er --
In ein klelneß OBtsetbad, nach Grömitz, ging* Die Kinder hat-
ten dort die frische Luft, Sonne und stärkende Salzbäder und
Lina war durch drei ^»Vochen ihrer Hauefrauenpf lichten entbun*
den* Er selbst verspürte nicht die geringste Neigung, sein
bequemes HamburRer Dasein gegen all die Unannehmlichkeiten
und unvorhergesehenen Anforderungen einer Ferienreise einzu-
tauschen. Schon die gelegentlichen Geschäftsreisen waren
lästig, ebenso wie die drei Wochen, die er Jährlich ohne Lina
V#rbr Ingen musste« Wenn man bequem und angentlui reisen wollte,
musste man so viel geld haben, wie die V*s# Die V*s waren eine
bekannte Hamburger Familie, die grössten Reeder, nicht nur in
Hamburg, sondern im Reich. Günther hörte viel über die V*e
sprechen, da ''/alter V» mit Horst in einer Klasse war. Er hör-
te seine Mutter zu einer ihrer Freundinnen nicht nur einmal
sagen, dass man doch wüsste, dasß die V*8 Ihr Vermögen slt
schwarzem Elfenbein gemacht hatten. Schwarzes rllfenbein, wie
das sich wunderbar und seltsam lockend anhörte. Qünther wusste
nicht, was schwarzes Elfenbein war* Weisses Elfenbein kam von
Elephanten, er hatte selbst in einem üirkus die riesigen Stoss-
zähne gesehen. Auch gab es eine kleine chineslßche Figur in
seiner Mutter Clasvitrine, die gelblich weiss war, und die er
manchmal in die Band nehmen durfte. Sie war kühl und glatt
und hatte nichts angst erregendes an sich ungleich Jenen grossen
Zähnen der Elephanten. Er hätte so gerne gewusst, woher schwar-
zes Elfenbein kam, vor allem, well er sich dann hätte vorstel-
len können, wie man zu so viel Geld kommen konnte, um die weite
7;elt zu bereisen. Er wälzte diese Frage lange in seinem Kopfe
8
herum, bis eich die Gelegenheit bot, eine Antwort direkt von
demjenigen zu bekommenp der es ganz slcner wissen musete und
Ihm keinen Bären aufbinden würde*
Eines Nachmittags kam Horst von der Schule nach Hause
In Begleitung von mehreren Klassenkameraden, unter denen sich
Walter V* befand* Hans Wledemann und Georg Lemke kamen oft
Ins Haus und Günther war vertraut mit Ihnen. Die Jungens waren
zunächst In Horsts Zimmer gegangen, wo Günther nicht gewünscht
war, aber nach einer v/elle kamen sie alle In den Garten. Horst
war freundlicher als sonst und schien sogar mit einem gewissen
Stolz und etwa« f#lerlicher Miene Walter herumzuführen und de
m
neuen Gastfreund alle Sehenswürdigkeiten und alle seine Besit-
zungen zu zeigen, zu denen auch der Jüngere Bruder zu gehören
•Älen. "Dies Ist mein kleiner üruder Günther," sagte er. "'üu
magst Ihn vielleicht schon einmal in der Schule bemerkt haben,
er geht In die Septlma und ist iPrlmus in seiner KlasRe." Gün-
ther traute seinen Ohren nicht, nie hatte Horst ihm auch nur
die geringste Beachtung in der Schule geschenkt, noch viel
weniger hatte er seine Schulleistungen anerkannt. Walter, der
•In grosser rothaariger Knabe war, mit wässerig blauen Augen,
Sommersprossen, einem Mund, der an den Winkeln etwas herabge-
zogen war und daher den Eindruck eines arroganten Flschmauls
exnreckte, verzog diesen Ifund zu einem freundlichen Grinsen.
Er erwähnte, daes er einen jüngeren Bruder habe, der aber noch
nicht in die Schule ginge. Günther schloss sich den älteren
Kindern an, zu denen sich auch Irmgard gesellt hatte; sie
streiften durch den Garten und gingen ins Haus zurück, um die
9
Mutter zu suoherit Lina war nicht zu Hause« Dftf Damenzimmeri
wie die gute Stube bei den Hoyki genannt wurde, war leer.
Horat zeigte seinen Freunden die Glacvitrine mit allen ihren
Schätzen, besonders auch die kleine elfenbeinerne chineei-
»ohe Figur* Das brachte das ** schwarze Elfenbein*' plötzlich
wieder in Günthers Bewuesteein; schnell, bevor er es hätte
wieder vergessen können, ergriff er die sich bietende Gele-
genheit, seinen Wissensdurst an der Quelle zu löschen* "Wal-
ter," sagte er sehr höflich, '*Du wirst wissen, was schwarzes
Elfenbein ist und woher es kommt, da doch Dein Grossvater
all das viele Geld damit gemacht hat.'' Er konnte nicht fort-
fahren, weil Ihm Horst eine sehr heftige Ohrfelge gab, Irm-
gard ihn In die Rippen stiess und Walter, dessen Gesicht wie
eine Erdbeere aussah, sich umgedreht hatte und nicht nur aus
dem Zimmer, sondern auch aus dem Hause lief • Einen Augen-
blick war es still wie vor einem grossen Sturm, und dann
brach er los, so heftig und abscheulich, wie Günther ihn
noch nie erlebt hatte* Hans und Georg waren sofort Walter
gefolgt und daher nicht Zeugen des Wutausbruches ^ der Horst
schüttelte und ihn fast seinen Jüngeren Bruder ermorden Hess*
Nur die zurückkehrende iv.^.utter rettete lhn# Sie mus^te dem
völlig entsetzten und weinenden Günther erklären» was mit
schwarzem Elfenbein gemeint sei; dase es der Sklavenhandel
war, der zwar In vielen Ländern , wie Amerika, noch vor nicht
so langer Zeit gesetzlich erlaubt gewesen «ei, der aber vom
christlichen und menschlichen Standpunkt aus verwerflich und
10
somit als Quelle dee Relohtume als beschämend und eohämens*
wert angesehen werden mUeste.
II
MAX
In Jeder ordentlichen Hamburger höheren Schule wurde
Homer, natürlich In der Voss* sehen Übersetzung, in der Tertia
gelesen* Es gab nur ein huraanistischeß Gymnasium In Hamburg
in Jener Zeit; es wäre Herrn Kaufmann Hoyk nicht im Traume
eingefallen, seine Söhne dorthin zu schicken, die Realschule
war seiner Meinung nach alles, was ein Junger Mann, der den
kaufmännischen Beruf ergreifen wollte, brauchte* Diese Schule
sohloss mit der sogenannten "einjährigen'' Prüfung ab, was
gleichbedeutend war mit der Vergünstigung, nur ein Jahr beim
Militär zu dienen; ein Vorteil, der sich für einen Kaufmann von
sslbst verstand«
Günther hatte nach der gewaltsamen Aufklärung Über
das schwarze Elfenbein sich mehr und mehr seinen Schulaufgaben
und -bUchern zugewandt und auch so viel als möglich seine Wiss-
begierde auf das gedruckte '.'^ort beschränkte Ein Konversations-
lexikon, selbst wenn man es heimlich las, konnte einen wenig-
stens nicht puffen und schlagen und manchmal, w«nn man Glück
hatte, verstand man die Antworten auf den ersten Anhieb. Deutsche
und griechische Heldensagen, neben dem "Deutschen Kameraden''
machten seine geistige Nahrung aus. Er lernte den alten Kaiser
und 31
k zu bewundern und wurde von allen Klassenkameraden
11
beneidet, daee Bein Geburtstag jährlich auf einen Feiertag
fiel, nämlloh auf den Gedenktag an den Sieg bei Sedan. Er
konnte zum Indes t an seinem Geburtstag länger schlafen.
In der Tertia lernte er Max kennen, der ein Frem-
I
der war, der erst vor kurzem von Amerika nach Hamburg gekom-
Mn war. Max ging nicht in die gleiche Schule wie Günther,
er ging Ins Johanniter Gymnasium und lernte Griechisch und
Latein. Die beiden Knaben hatten aber ein Stück Schulweg
gemeinsam. Ein Zufall hatte sie einander zugeführt. Günther
hatte von Zeit zu Zelt sein karg bemeesenes Taschengeld dazu
benützt, mit einem der Alsterdampfer In die Schule au fahren,
wenn er besonders am Morgen getrödelt hatte. Er entdeckte
bald, dass mit einigem Geschick man diese Dampferfahrt ohne
die übliche Bezahlung machen konnte: man musste nur recht-
zeitig und unauffällig von der einen Seite des Dampfers auf die
andere, von vorne nach rückwärts pendeln, wenn man den Kon-
dukteur, der das Fahrgeld einkassierte, eich nähern sah,
•e5hnlich gelang ihm dieses Kunststück recht gut. War er nun
vielleicht zu selbstsicher geworden, oder hatte er sich ver-
zögert beim i3etrachten der Schwäne — plötzlich stand eines
Morgens der Kondukteur vor ihm und verlangte seine zehn Pfen-
nige für die Fahrt, Günther hatte seinen letzten Groschen
für SüBBlgkelten ausgegeben, bevor er den Dampfer bestieg,
nun stand er da und suchte in seinen Taschen nach, obgleich
er nur zu gut wusste, dass sie leer waren. Der Angstschwelss
trat Ihm auf die Stirn, «r sah sich schon In der Schule, /die
durch die Streifen an seiner Schulmütze verraten wurde,/ ange-
Ge-
12
«elgt, zum Direktor gerufen wegen de« Versuches, die Stadt-
behörden zu beschwindeln; er hörte In eelner Einbildung seinen
Vater laut schimpfen und glaubte schon die Schande und die
Schmerzen der -Prügelstrafe, die eine solche lilSRetat zur Fol-
ge haben
te, erleiden zu müseen — als eine ruhige Stim-
me mit ausländischem Akzent fragte: "Kann Ich Dir behilflich
•ein? Hier Ist ein Groschen« Du hast wahrscheinlich Deinen
durch ein Loch in der Tasche fallen lassen." Ein Groschen
erschien vor seinen Augen und wurde dem rolsstraulschen Kon-
dukteur in die Hand gedrückt. Es war wie ein Traum. Günther
wagte kaum zu atmen, aus Angst, dass alles nur ein Spuk sein
könnte. Langsam wandte er seinen Blick zur Seite zu seinem
Befreier. Er erblickte einen Knaben seines eigenen Alters
mit der Schulmütze des Johanlter Gymnasiums, die seine Zuge-
hörigkeit zur gleichen Klasse bekundete. Er war grösaer als
Günther, schlanker, mit schwarzen Augen und schwarzen Haaren
und einer nicht grospen aber leicht gebogenen IJase. Unter
der Mütze zeigte er eine sehr hohe und breite Stirn über
dicken zusammengewachsenen Brauen. Er hatte lange '/Wimpern
und einen ganz auffallend roten Mund. Günther starrte Ihn
an, erstens, well er nicht fassen konnte, dase ein Gleichal-
triger Ihm so grosszUglg mit einem Groschen zu Hilfe gekom-
men war, und zweitens, well Ihm der Fremde seltsam schön und
edel vorkam. '^Ich helspe Uax Lilienfeld," sagte der Retter,
'*und wohne Harvestehuderstrasse 10; Du kannst Jederzeit, wenn
Du willst, den Groschen dorthin zurückschicken — oder wenn
13
Du willst, kannst Du Ihn nun auch selbst zurückbringen und
mich gleich dabei besuchen." Günther stammelte seinen Dank
und um über seine Verlegenheit hinwegzukommen, verfing er
sich In einer langen Geschichte über seine Vergessllchkelt,
dlo schon ärztlich festgestellt worden sei — wl« er heute
morgen vergessen hab«, Geld einzustecken, obgleich sein Por-
temonnaie mit mehreren Markstücken doch direkt vor Ihm gele-
gen wäre. Vielleicht brauche er wirklich eine Brille, um
besser zu sehen; denn Lesen und Schreiben sei Ihm In letzter
Zelt auch etwas beschwerlich geworden. Max hörte sich all
dies mit ernster Kiene an, dann lachte er sehr fröhlich:
"Ich habe Dich schon mehrmsls beobachtet," sagte er, "wie ge-
schickt Du gewöhnlich dem Kondukteur entschlüpfst; das Ist
ein guter Trick, den Du anwendest; hast Du Ihn Dir selbst aus-
iCht? ^Ir in Amerika nennen so etwas ein "Racket," Günther
lachte nun auch und rühmte sich der Urheberschaft der kleinen
Betrügerei. "Kommst Du wirklich aus Amerika?" fragte er dann
schnell. Jedoch nicht nur, um das Thema zu wechseln. Max er-
zählte Ihm, dass er In New York geboren und erst vor einem
halben Jahr nach Europa gekommen sei, um hier die Schule und
später die Universität zu besuchen. Ihm gefiele es recht gut
hier, er fahre häufig mit dem Dampfer zur Schule, obgleich er
eigentlich lieber zu Fuss ^ehe. Aber seine Mutter habe os
gerne, wenn er den Schulweg abkürze. "Wahrscheinlich," meinte
er, "will sie das Frühstück mit mir so lange als miJgllch ge-
nlessen." M«x war wirklich ein Fremder, alle diese Dinge klan-
gen ganz unwahrscheinlich für Günther, der nie bemerkt hatte,
14
datt Caroline einen besonderen Wert i«lner GesellBChaft bel-
masfl, BChon gar nicht beim Frühstück.
So begann eine Freundschaft zwischen den beiden
Knaben, eine Freundschaft, In der es Günther schien, als ob
einer nur der Gebende, der andere der Nehmende war. Er be-
wundert« Max rpstlos, seine Furchtlosigkeit, seine Geradheit,
seinen Humor und Verstand und vor allem seine Weltkenntnl«,
die er In der freundlichsten, ja gutmütigsten v/else seinem
neuen naiven Freund zur Verfügung stellte.
Am zweiten Tage ihrer Bekanntschaft trafen die bei-
den Knaben Horst auf ihrem Nachhauseweg. Horst wer nun Jun-
ger Mann bei der Exportfirma Schuster & Howe und hielt sich
In seiner neuen Würde noch welter als früher von seinem Jün-
geren 3ruder entfexvit. Er ging, ohne zu grUssen, vorüber,
warf aber einen forschenden und mlsatraulschen Blick auf K'.ax.
Auch Günther Hess eich nichts anmerken, da es Ihm unerträglich
peinlich gewesen wäre, seinem Begleiter eine Erklärung über
•tlnen älteren Bruder geben zu müssen. Ihm ahnte aber nlchtB
Gutes. Beim Mittagstisch sagte Horst denn auch recht hämisch:
"Unser Günther scheint als Prlmua so unbeliebt zu sein, dass
er «loh einen Judenbengel als Begleiter auf dem Nachhauseweg
zugelegt hat." Dann wandte er sich scharf an Günther mit der
Frage nach dem Namen dieser Kreatur. Günther war rot gewor-
den unter d«m forschenden Blick von Vater und Botter. Er ver-
suchte, an der Frage vorbeizuhören. Es war Ihm nicht in den
•Inn gekommen, dass sein Freund Jüdisch sein könnte. Überdle«
bedeutete es auch nicht viel für ihn. Er kannte keine Juden.
15
Selnt Eltern hatten keine Jüdischen Freunde, so daee dleaea
Problem meinem Leben noch fern lag. In Preussen waren die
groflöen Vermögen der Jüdischen Schwiegerväter dem Adel recht
willkommen. Hamburg hatte keinen Adelj die Patrlzlerfamllien
hatten genug Oeld^ aber verschmähten nicht, eich mit den War-
burga und Sohwarzschtlds z\x verbinden, aolange die Verbindung
nicht zxx ostentativ wurde. Die Vorurteile der Hoyks machten
vor diesen Namen und Vermögen Halt, ''v/arum antwortest Du Dei-
nem Bruder nicht?", fragte Herr Hoyk, ''Wie heiset der Junge,
mit dem er Dich gesehen hat?'* Günther musste nun zugeben,
daßs sein neuer Freund Max Lilienfeld hlesee und Amerikaner
sei. "Wirklich ein Jude," sagte Caroline xind rümpfte etwas
die Nase. "\^artet,'' gebot Herr Hoyk, "das scheint der Junge
Lillenfeld zu sein, der vor kurzem nach Hamburg gekommen ist.
Seine Mutter war eine Deutsche, und Ich habe vor einiger ielt
an der Börse gehört, dass sein Vater, Juliua Lilienfeld, ge-
storben ist und rtJax der Erbe eines üillionen Dollar-Vermögens
ist. "Eisenbahnen," wandte er sich an Horst, "und Kupfermi-
nen. Es soll eines der bedeutendsten Vermögen in Amerika sein.
Es wird Günther nichts schaden, diese Bekanntschaft zu pflegen.**
Günther, der an seinen neuerworbenen Freund dachte, ertappte
sich bei einem Gefühl des Neides; erstens kam sein Freund au»
Amerika und brauchte sich also nicht mit dem Erlernen der engli-
schen Sprach« zu plagen, die als ein absolut notwendiges ßll-
dungselement eines r^itgllede einer Hamburger Kaufmannefamilie
angesehen wurde; und zweitens: .Max hatte keinen Vaterl Als
sich Günther bei diesem Gedanken ertappte, verschluckte er sich
'lli- 5£r^-'!l'.J.\''ii
f.\«r*; . .A a'-v...
^j»,r«,xa*iffc-a
16
und musßte eiligst den Mlttagßtlßch und das Speisezimmer
verlasoen«
Aber trotz dieses Äwlschenfallee und Giinthers Ge-
wlssensblas^nt die unvermeidlich seinem Neid auf Faxens Va«
terloslgkelt folgten, hatte das riechgespräch eine klärende,
J« beruhigende Wirkung. Günther konnte nun seinen Freund
ungehindert auf dem Schulweg treffen und Ihn sogar nach der
Schule besuchen, ohne Lügengesohlchten ausdenken zu müssen,
wozu er schon öfter In der Vergangenheit sich gezwungen ge-
Mtien hatte, wenn er ein den Eltern unliebsames Vorhaben
nach der Schule ausgeführt hatte. Seine Bewunderung für
Max nfthiQ zu, je öfter er Ihn traf • Er hätte sich nichts
Schöneres ausmalen können, als zusammen mit Max In vergan-
genen Jahren am ''Laternengehen'' teilgenommen zu haben und
nun mit dem Freund die Erinnerung an Jene seltsamen August-
nächte zu teilen, in denen die leuchtenden, von Kindern ge*
tragenen Laternen lange Schlangen formten, gegen die alles
andere im Dunkel verschwand* Er liebte ;-lax mehr als er er-
innern konnte, Irgend jemanden gellebt zu haben, mit Ausnahme
vielleicht von Irmgard, als sie beide noch sehr Jung waren*
Aus einem unklaren Akt von Grosszügigkelt hatte damals Irm-
gard Ihm einmal erlaubt, mit ihren eigenen Gespielen und Ge-
spielinnen am ''Laternengehen'^ teilzunehmen* Sie hatte ihm
sogar eine ihrer alten Papierlaternen geschenkt. Es war ein
grosses Erlebnis gewesen, das selbst durch ein etwas er-
schreckendes und beechitmendes Ende nicht völlig ausgelÄecht
oder verdorben werden konnte* Seit jenem Augustabend rief
17
das alljährlich eich wiederholende •^Laternongehen'* In den
schon dunkel werdenden Strassen mit dem eintönigen Gesang
der Kinderstlmmen immer das gleiche sUss-qualvolle Sehnen
In Ihm hervor, eine Sehnsucht, die Ihm unstillbar erschien*
''Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne,'*
«angen die Kinder In allen Straaaan der Stadt, durch die sie
In langen Reihen zogen mit den schwingenden, leuchtenden i^a-
ternen In der Hand*
"Brenne ab mein Licht, brenne ab mein Licht
Kur meine schöne i-aterne nicht"
Immer wieder wurden diese Strophen wiederholt. Im Rhythmus
mit dem zunächst sanften Schwenken der Laternen; dann änder-
te flieh das Tempo plötzlich, laut, aufreizend und spöttisch
klangen die letzten Verse:
«»TT
Und die Olsch mit dem LUcht,
Die, die LUt betrügt.
Die, die liier holt
und sie nicht betolt*'
Immer aufregender wurden die Stlrnji^en der Kinder Je
Öfter sie zu diese» Schluse kamen; man hörte Lachen und Krei-
schen und die Laternen wurden heftiger. Ja fast wild geschwun-
gen — bis es ganz dunkel wurde und der Augustmond organgen-
farbig am Himmel stand«
Die kleineren Kinder wurden von Müttern oder Kinder-
frauen nach Hause geführt; die älteren zögerten noch ein wenig,
riefen einander Scherzworte zu, aller nach kürzester Zeit waren
rrrtff t»frf •
18
auch «le von den Strassen verschwunden. Die Gaslaternen be-
leuchteten nun die stille Stadtt
Der kleine Günther ^rar jedoch beim Singen und Lachen
80 aufgeregt worden, dass er ganz unachtsam wurde und Beine La-
terne 80 unvoreichtlg schwenkte, dass die Kerze innen umfiel,
ium gröBsten Entsetzen das Kleinen fing die Laterne Feuer. Al-
le Kinder liefen sofort zusamiaenp die Kleinen begannen auf die
Flammen zu pusten, die urösoeren riefen Günther zup die Laterne
fahren zu lasBen. Dies tat er auch und stand dann hilflos da-
bei wie seine bunte Laterne unter den zahllosen Stiefeln ver-
schwand.
Vor Kumiaer und Angst näsate er eich ein und musste
sich gefallen laeeen, von der ärgerlichen älteren Schwester
abgeführt zu werden. Dieser demütigende Abschlues gab Jedoch
der ganzen Begebenheit einen zusätzlichen FwelZo illt Uax teil-
te er andere Freuden. Die griechischen Helden wurden ihm durch
Kax wirklich nahe gebracht; er konnte sich mit Achilles eins
fühlen In der Liebe für Patrokles. Er erlitt mit ihnen alle
Schmerzen und Leiden und bewunderte Odysseus* Klugheit und
geistige Stärke, ii'.ax schien Ihm eine zweite Ausgabe dieses
unverwüstlichen Helden zu sein, dessen iVltz und Schlauheit ihn
durch alle Gefahren sicher wieder zu seiner gellebten, treuen
Penelope führten. Der einzige Komerlsche lield, der ihm Unbe-
hagen verursachte, war Agamemnon, deseen schrecklicheß Ende
Ihn mit Grauen und Ilasß gegen Clytämnestra erfüllte, aber
gleichzeitig ainen Zweifel , wenn auch nur ganz halmlich, auf-
komaien lless^ ob er nicht muglicherweise dieses Schicksal ver-
.'■■'". .ü.-.!^.* .•&>a'3Ci;ifc?^SBr' x'se ,
19
dient oder zumindest, es s#lb«t herauf b^BChworen hatte. Wie
dem auch sei, er hatte eher noch Sympathie für den triefäugi-
gen Thersltee als für den charakterlich fragwürdigen Agamea*
non. ^-ax hingegen war ganz auf Selten der Trojaner engagiert j
er fand Paris' Verwegenheit und Schönheit wunderbar und Hektor
»chlen Ihm die Verkörperung aller Tugenden, die ein Held haben
muflSe Die tragische Greetalt dee alten Könige erregte sein Mit*
gefUhl und er hatte BOgar etwas Gutes über Hekuba und Caapandra
zu sagen. Nur Über Helena sagte er nichts, aber Günther schloss
gerade daraus, daae hinter seines Freundes Parteiganger tum für
Troja wahrscheinlich das Bild der Helena stand. Er wusste all-
mählich aber ßescheid über die Erapf indsamkelten seines Freun-
des. Fast war er auf diese mit Ihm ungeteilte und verborgen
gehaltene Liebe zu Helena elf ertüchtig* Er war deiwegen umso
mehr geneigt, die üröase seiner Griechen hervorzuheben, nicht
nur In ihren Taten, sondern auch in Ihren Qefühlen.
Im Herbst, als Günther dreizehn Jahre alt war, soll-
te er nun auch zur Tanzstunde geheno Fräulein Csraers, ein
siebzigjähriges Fräulein, hatte durch viele Jahre hindurch
den Kindern der besseren Hamburger Familien i;ienuett und Rhein-
länder beigebracht; aber vor Allem war sie damit beauftragt,
sie In allen Aspekten gesellschaftlichen Benehmens zu unter-
weißen» Das moralische Benehmen war die Angelegenheit ihres
EeliglonBunterrichtes in der Schule und des Kinder-Gottee-
dlenetee am Sonntag In der Kirche* Man erwartete mit Recht
von den jungen Leuten, daes sie zur Zeit ihrer Konfirmation
•ich nicht nur in der Kirche, sondern auch im Damen- und Her-
'^ij-^'^^l^.^f^-'Wi^
^im^rsm^
20
r«nz;liHMir zu benehmen wüsBten. Qünther war bedrückt und mlsß-
mutlg; beim MechhauBepehen etiess er mit der StlefelBpltze
Steine zur Seite und war ungewvihnllch schweigsam. ''Was Isßt
Dich?" fragte Max, ein amerlkanlP'ches Idiom direkt Ins Deutsche
übernehmend, wie er es öfters tat, um seinen Freund xura Lachen
zu bringen. •^Ach, nichts/* antwortete Günther, fügte aber
hinzu, "nur soll Ich jetzt In die Tanzstunde gehen." Auf
Kaxens Frage nach dem lirund seiner Ablehnung, brach Günther
aus mit dem Ausdruck von Angst und Widerwillen: erstens hless
es, einen Nachmittag, der nowieeo beschränkten Freizelt her-
geben, zweitens "Mädchen'' und drittens überhaupt -• er wäre
ungeschickt. Ja geradezu plump, was täte er in einer Tanz-
stunde, alle ^vUrden über ihn herfallen oder lachen. Er brau*
che diesen Unterricht in feinen rianieren nicht, wollte er
doch später xur See gehen. Aber das, natürlich, sei ein Ge-
helmnls. Max schwieg eine \;elle, dann fragte er den Freund,
warum er seinen Eltern nicht sagte, dass er nicht zur Tanz-
stunde gehen wolle, niemand könne ihn dazu zwingen. Günther
Btarrte Ihn an, als ob er plötzlich delirierte: "Ihnen sagen,
dass ich nicht gehen will? Mich weigern -- was würde das
nützen? Du kennst meinen alten Herrn nicht!" Er beschrieb
darauf, all die Straf Prozeduren, die er in seinem kurzen Le-
ben durchgemacht hatte: vom Eingeeperrtsein auf dem Boden bis
zur Prügelstrafe mit dem Rohrstock, Je nechdem wie sehr er sich
der elterlichen Autorität widersetzt hatte. Max schwieg. Nach
einer lelle fragte Günther: ''ist es wahr, dass Du nie bestraft
worden bist? Wie haben denn Deine Eltern Dich erzogen? Was
y.f
21
haben sie getan, wenn Du Ihnen nloht gehorcht hast?*' ••Gewöhn-
lich haben sie mit mir besprochen, was sie von mir erwarteten;
alle Pläne wurden mir zunächst mitgeteilt* Oft änderten sie,
was sie vorhatten, wenn sie sahen, dasa es mir zu schwer fiel
oder Ich eine unüberwindliche Abneigung dagegen hatte. Öfter
nooh iconnten sie mich von der Vernünf tlgkeit Ihrer Vorschläge
überzeugen. Bein Vater war sehr gut," fügte Max hinzu und
irandte sein Gesicht zur Seite« "So hast Du nie etwas tun müs*
aen, was Du nicht wolltest; Ich meine, nichts von Wichtigkeit?"
''Nur ein einziges Mal," sagte Uax nach einer Pause, ''aber das
ohne Wissen meiner i^lutter« Ich spreche ungern davon, well es
mir peinlich Ist; aber Dir kann Ich's erzählen» Ich wollte
nicht herüberkommen; ich wollte in Amerika bleiben; nicht et-
wa, weil ich ein so eingefleischter Amerikaner bin -- sondern
ganz einfach aus Angst, aus schrecklicher Angst vor der Über-
fahrt, vor der Seereise, Ich werde nämlich seekrank, und das
ist ein so fUrchtörllcIier Zustand, dass Ich glaube, keine Stra-
fe kann ärger sein« Ich habe nur schwache Einwände beibringen
können, als meine Mutter mir ihre Absicht, mich In Europa zu
bilden, mitteilte* Ich konnte ihr nichts von meiner Angst er-
zählen. Siehst Du, wie merkwürdig ähnlich ich mich da verhal-
ten habe wie Du mit der Tanzstunde! Seltsam, seltsam," sagte
er und schüttelte seinen Kopf, den er beim Geetändnis seiner
Angst vor der Überfahrt zur Seite gewandt hielt; aber Günther
bemerkte doch, wie sein Freund blase geworden war* Angst vor
der See, vor der Fahrt über das grosse Wasser — und er hatte
lax so sehr darum beneide t« Günther versuchte eich vorzustel-
22
len, was Seekrankheit war; em war vergebena. Erst als .«äax Ihn
an Sensationen erinnerte, die von einem überladenen oder ver-
dorbenen üagen herkamen, an die Übelkeit, den Brechreiz und
die Hilflosigkeit seinen eigenen Gedärmen g^^genüber, konnte
er sich wenigstens von den körperlichen Leiden ein Bild machen.
Die seelischen konnte Ihm soßar M«x weder beschreiben noch
erklären. "Wan möchte nur tot sein," wsr allee, was er sagen
konnt*^.
Bs verstimmte Günther; er wusste nicht recht warum,
aber ?r konnte mit dem besten "Tillen sich nicht Cdysseue see-
krank vorstellen.
•sftm-
4
Ruth 3* Elnoler
AGA!!li>'.NON
auonthor kam ani 2. September I87I In doutoohen Helden-
Jahr zu Welt <i1f] zweiter Sohn deo HGunburger Kaufmanns Hajis
Hoyk« Man muns diese Tatsache on^rMuien, nicht aus nationalen
Gruonderi sondern well sie einen Elnfluss auf das Leben Guonthers
zu haben sohlen; waerc er doch so seme ein Held ^e^jeson* Er
sali aber röhr bald In seiner Kindheit ein, dass dieses
Sehnen nach nngstloser Groosr.e fuer Ihn nicht erfuellbar war»
Die Umstaende In seinem ol torilohen Haune dienten ihm in an-
derer Rlohtuns, aber enturntlßten ihn, auoh nur zu hoffen,
furchtlos
dass er Je seinem aeltoren Bruder Horst nicht nur Gegenueber
stehen wuerde, nicht nur Ihm gewachsen sein koennte, vor allem
aber dass er Je diesem Bruder an Xoeroerkraft ueborlegen sein
und ihm all die Quaelcrelen heimzahlen koennte, die er durch
ihn hatte erleiden muer^.^en# Horst was 5 Jalire aelter als
Guenther; er war ein sohoener braunhaar Iger, blauaeucis^^
Junge, schlank und muskuloes, ein cuter ^^nn auch nicht aus-
gezeichneter Schuelor — aber vreloher Hamburger Kaufmann
wollte schon, dass sein Sohn ein auQger'.elclineter Sohueler sei;
das iworde doch nur '^.u Gohvriorigkelten fuehren — man denke
nur dass er ein Gelehrter vielleicht, ein Bueche}?A'narm werden
konnte, der sich fuer aJLle moegllohen merkwuerdi^en Ideen
interessieren moechto«
Nein, Horst war gerade richtig, er \fuerde Tee impoiiiieren
Agaüiemnon
wie nein Vatert oder vielleicht sogar, wenn qb denn sein muesste,
in eine befreundete Bank eintreten« Bankdirektor Lanr^e hatte
zwei Toeohter etwa in Alter Irmgards, einer Schwester, die im
Alter zwischen Horst und CJucnther stand. Man haette annehmen
koennen, dass Irmf:ard, die nur 2 Jnhre aelter als G-uenther war,
den kleinen Bruder dem aelteren vorziehen wuerde. Schliesslich
neckte er sie nichts zog sie nicht an ihrem dicken blonden
Zopf wie Horst es tat, sondern zeigte ihr seine Bewunderung
und sogar, obcleich sie ein Maedohen war, Respekt f. Er verstand
nie, auch nicht spaeter, als er schon er^mohsen und mit CJertrude
verheiratet war, warum Frauen sich gerade ueber diese huebsche
Beziehung zu ihnen lustig mo.ohten und sie zum Anlass nohmenf
ihn von oben herab zu behandeln« Nausikaa behandelte den sich
ihr respekvoll nalienden Odysseue ganz anders trotz der gegen
ihn sprechenden Um st aende»
Der Tee-Im-^ort ist, sollte man meinen, kein sehr roaan-
tlsches Öeschaeft, aber fuor den kleinen O-uenther war er der
Haken, an dem er den Hut seiner Fantasie aufhing! Tee kommt
von weit her, von fremden Laendern, wo es Menschen mit ge-
schlitzten Augen und bunten Kleidein und morkwu erdigen Hueton
gibt; oder er kommt aus Laendern, wo die Menschen fast schwarz
sind xmäi die Fuersten inSaenften getragen v/erden, angetan in
Seide und Juwelen vrohnen sie in Paelasten nit herrlichen
Frauen, die endlos fuer sie tanzen • Niemand sprach darueber,
dass diese Prinzen gross und stattlich sein muessten; die
Bilder auf den Teebuechsen zeigten eher etwaa fette, voll-leibi[;e
AsQ^iönnon
-3-
aeltere Herren t die bequem auf einem Dlvan zurueokgelegt nich
von ihren halbnackten Dienern faecheln llecGen« Die herrlichsten
Maei^dchen tanzten vor ihnen. Ja, das Tanzen l Irmsard und ihre
Froundlnnfisa lernten es in ihrer 3ohule# Horst lernte O-cdge
spielen — und ffujentheri wenn er etwas aelter waere, wuorde wohl
auch die CJelge erlernen* Er haette so sehr gerne Irmgard
tanzen sehen. Er wagte nicht einmal darum zu bitten, denn das
Lied *'8ohwe st erchen »willst Du tanzen?** sagte ganz klar und deut-
lieh, dans kleine Kinder nicht tanzen; nur wenn der Bruder
Geige spielen koennte, wuerde sich das Schwesterchen bereden
lassen — also wuerde er sich nur erneuter Erniedrigung aus-
setzen, wenn er sie bat.
Seine Mutter, die Prau Kaufmann Hoyk, v/ar eine bequeme
*
lieben swu erdige rundliche Frau, die es ihrer Familie behaglich
zu machen suchte. . Sie kam von einer Sippe von Schiffern von
der Waterkant. Ihr Vater hatte eine kleine Reederei gehabt,
mit der er gaaiz huebsch verdient hatte, obgleich seine Schiffe.
nicht mehr taten als an der Kueste entlajig zu fahren und Hee^
ringe von solch femliegenden Crten v/ie Rostock oder sogar
Dan zig nach Hamburg brachten. Er konnte daraufhin seiner
Tochter Caroline eine stattliche Mitgift in die Ehe geben und,
nach dem alles genagt und getan war, hlnterliess er seinem
Sohn ein gutgehendes Öeschaeft und seiner Frau einen aus-
reichenden v;itwenteil. Er selbst \far nie ueber Helgoland
hinausgejjommen. Er war kurz, voll-lelbig ujid blond gewesen
und O-uenther schien sein Ebenbild zu werden. Ueber diesen
Ar^amemnon
4-.
GroBsvator hoerte der Kleine viel, denn neine Mutter liebte
ueber Ihn zu sprechen und auf die Aehnllchkelt mit ihm hinzu-
welcen* Andern war es mit seinem O-rossonkel Mattje; da gab es
nur Andeutungen: wie er schon als Knabe nicht gut getan, wie
er sich mit seinen] Vater — Günthers ürgrossvater — gestritten
habe und sohl iessl loh auf und davon sei, vrell er nicht mit nji-
sehen konnte, wie sein Vater seine üuttor tyrannisierte» Er
sei als Matrose zur See gegangen und c>el sohliesslioh in A^nerika
gelandet, niemand wuscte, ob er dort verkommen oder ein Mlllionaer
geworden sei. Heimlich, wenn er isa Bett unter neiner Decke
verstockt war, be^-mnderte Guenthcr dienen fernen Grossonkel,
der fuer ihn mit Odysseun verschmolz, und dem er auf ferne Inseln
mit schwarzen Maennern und lieblichen Maedchen folgte, wo er
nach einem Schiffbruch ans Land schwamm, alle Uncoheuer und
Feinde besiegte uhd von allen als der weisse Held wie ein Gott
angebetet wurde. Der Koenig fuehrte ilim die Prinzessin zu, die
wie Hlfriede, Irmgards angeblich beste Freundin aussnh# Sie kam
mit gesenktem Blick, beugte nlch tief vor ihm und begojnn zu
tanzen» Guenther riss sich gewaltsam von diesem Bild ab, die
Gefuehle die ihn ueberstroemten, vraren zu stark, zu gef aehrlich
— er wusste er würde nachher den entsetzlichen .?\ngsttraum haben,
der ihn oft studenlang in der Nacht mit klapnorudcn Zaehnen in
seinem Bett aufsitzen llens#
Es gab noch eine andere Moegllohkeit, in ferne Laender zu
reisen, man musste viel Geld haben f **Wenn man so viel Geld hat
wie die V^s*^, sagte Guonthors Vater, Maiin kann man sich alles
leisten.'* Er sagte das zu Guenthers Mutter auf eine Andeutung
Ageineanon
-5-
hin, daos ßle wohl gerne einmal mit ihrem Mann eine Ferienreise
machen wuerde; vielleicht nach London, wo ein Neffe gerade als
"Ju/nger Mann" In ein seinem Vater befreundetes aeochaeftahaus
eingetreten war, um die englische Korrespondenz zu erlernen;
oder nach Paris, wohin ihr (Jatte ein-oder zweimal auf eine kurze
Gesohaef tsreise gegangen war. Aber sie fuerohtote sich vor Paris,
weil sie gehocrt hatte, wie elegant die Daraen angezogen seien,
auch konnte sie kein Franzoesisch sprechen. English war leichter,
erinnerte auch an Plattdeutsch, das noch alltaeglich in ihres
Vaters Fnjnllle geprochen wurde. Am liebsten waere sie in die
Schweiz gefahren, natuerlich in den deutschspreohlGon Teil, der
natuerllch landschaftlich und kulturell auch viel angenehmer
war. Als Junges Maedchen vrar sie einmal drei V/ochen in Zuerich
gewesen; sie sprach noch gerne und oft davon. Herr Hoyk fand
es ausreichend fuer seine Verhaeltn 1 s c e , dass seine Frau mit
den Kindern jeden Sommer auf 3 Wochen — fuer Jedes Kind eine
Woche, scherzte er ~ in ein kleines Ostseebad, «ach Groemltz,
ging. Die Kinder hatten dort die frische Luft, Sonne und
staerkende Salzbaeder und Lina war durch drei V/ochen ihren
Hausfrauenpflichten entbunden. Er selbst verspuerte nicht die
geringste Neigung, sein bequemes Hamburger Dasein segen all die
Unannehmlichkeiten und unvorherp-eoeheneiiAnforderungen einer
Ferienreine einzutauschen. Schon die gelegentlichen Geschaefts-
reisen waren laestig ebenso wie die drei Wochen, die er Jaehrlich
ohne Lina verbringen musste. V/enn man bequem und angenehm
reisen wollte, musste man so viel Geld haben* wie die V*s. Die
V's waren eine bekannte Hamburger Familie, die groessten Ifeeder,
Agamemnon
-6-
nicht nur In Hamturg sondern im Reich. Guenther hoerte viel
ueber die V.'s sprechen, da Walter V. mit Horst in einer Klasse
war. Er hoerte seine Mutter zu einer ihrer Freundinen nicht
nur einmal sagen, dass man doch v/uesste, dass die V.'s ihr Ver-
moegen mit schwarzem Elfenbein gemacht hatten. Schv/arzes Elfen-
bein, v;ie das sich wunderbar und seltsam lockend anhoerte.
Guenther wusste nicht, was schwarzes Elfenbein war. Weissen
Elfenbein kam von Elephanten, er hatte selbst in einem Zirkus
die riesigen Stosszaehne gesehen. Auch gab es eine kleine
chinesische Figur in seiner Mutter Glasvitrine, die gelblich
weiss war, und die er manchmal in die Hand nehmen durfte. Sie
war kuehl und glatt und hatte nichts angsterregendes an sich
ungleich jenen grossen Zaehnen der Elephanten. Er hätte so
gerne gev/usst, woher schw^arzes Elfenbein kam, vor allem, weil
er sich dann haette vorstellen koennen, wie man zu ^o viel Geld
kommen konnte, um die v/eite Welt zu bereisen. Er v/aelzte diese
Frage lange in seinem Kopfe herum, bis sich die Gelegenheit
bot, eine Antwort direkt von demjenigen zu bekommen, der es
ganz sicher wissen musste und ihm keinem Baeren aufbinden
wuerde.
Eines Nachmittags kam Horst von der Schule nach Hause
in Begleitung von mehreren Klassengenossen, unter denen sich
Walter V. befand. Hans Wiedemann und Georg Lemke kamen oft
ins Haus und Guenther v;ar vertraut mit ihnen. Die Jungens
waren zunaechibt in Horst s Zimmer, wo Guenther nicht gewuenscht
war, aber nach einer Weile kamen sie alle in den Garten. Horst
I t
Agamemnon
-7-
war freundlicher als sonst und schien sogar mit einem gewissen
Stolz und etwas feierlich V/alter herumzufuehren und dem neuen
Gastfreund alle Sehenswuerdigkeiten und alle seine Besitzungen
zu zeigen, zu denen auch der juengere Bruder zu gehoeren schien.
"Dies ist mein kleiner Bruder Guenther/' sagte er, ^'Du magst
ihn vielleicht schon einmal in der Schule bemerkt haben^ er
geht in die Septima und ist Primus in seiner Klasse," Guenther
traute seinen Ohren nichts nie hatte Horst ihm auch nur die ge-
ringste Beachtung in der Schule geschenkt, noch viel v/eniger
hatte er seine Schulleistungen anerkannt, V/alter^ der ein
grosser rothaariger Knabe war, mit waesserig blauen Augen^ Som-
mersprossen, einem Mund, der an den Winkeln etwas herabgezogen
v/ar und daher den Eindruck eines arroganten Fischmauls erweckte,
verzog diesen Mund zu einem freundlichen Grinsen* Er erwaehnte,
dass auch er einen Juengeren Bruder habe, der aber noch nicht
in der Schule ginge, Guenther schloss sich den aelteren Kindern
an, zu denen sich auch Irmgard gesellt hatte, sie streiften
durch den Garten und gingen ins Haus zurueck, um die Mutter zu
suchen. Lina war nicht zu Hause. Das Damenzimmer, wie die
gute Stube bei den Hoyks genannt \'VTirde, war leer. Horst zeigte
seinen ?reunden die Glastvitrine , mit all ihren Schaetzen, be-
sonders auch die kleine elfenbeinerne chinesische Figur. Das
brachte das "schwarze 'Elfenbein" ploetzlich wieder in Guenthers
Bewusstsein; schnell bevor er es haette wieder vergessen koennen
ergriff er sich bietende Gelegenheit seinen Wissensdurst an
der Ouelle zu loeschen. "Walter," sagte er sehr hoeflich, "Du
wirst v/issen, was schv/arzes Elfenbein ist und woher es kommt,
da doch dein Grossvater all das viele Geld damit gemacht hat."
Agamemnon
-8-
Er konnte nicht fortfahren-, weil ihm Horst eine sehr heftige
Ohrfeige gab, Irmgard ihn in die Rippen stiess und Walter,
dessen Gesicht wie eine Erdbeere aussah, sich umgedreht hatte
und nicht nur aus dem Zimmer, sondern auch aus dem Hause lief.
Einen Augenblick war es still wie vor einem grossen Sturm,
und dann brach er los, so heftig und abscheulich, wie Guenther
ihn noch nie erlebt hatte* Hans und Georg waren sofort Walter
gefolgt und daher nicht Zeugen, des Wutausbruches, der Horst
schuettelte und ihn fast seinen Juengeren Bruder ermorden liess.
Nur die zurueckkehrende Mutter rettete ihn. Sie musste de
m
voellig entsetzten und weinenden Guenther erklaeren, was mit
schwarzem Elfenbein gemeint sei; dass es der Sklavenhandel war,
der zwar in vielen Laendern, wie Amerika, noch vor nicht so
langer Zeit legal gewesen sei, der aber vom christlichen und
menschlichen Standpunkt aus verwerflich und somit als Quelle
des Reichtums als beschaemend und schaemenswert angesehen werden
muesste.
In jeder ordentlichen Hamburger hoeheren Schule wurde
Homer, natuerlich in der Voss 'sehen Uebersetzung, in der Tertia
gelesen. Es gab nur ein humanistisches Gymnasium in Hamburg
in jener Zeit; es waere Herrn Kaufmann Hoyk nicht im Traeume
eingefallen, seine Soehne dorthin zu schicken, die Realschule
war seiner Meinung nach alles, was ein junger Mann, der den
kaufmannischen Beruf ergreifen wollte , brauchte. Diese Schule
schloss mit der sogenannten "einjaehrigen" Pruefung ab, was
gleichbedeutend warmit der Verguenstigung, nur ein Jahr beim
Militaer zu dienen; ein Vorteil, der sich fuer einen Kaufmann
von selbst verstand.
Agamemnon
-9-
Guenther hatte nach der gewaltsamen Aufklaerung ueber
das schwarze Elfenbein, sich mehr und mehr seinen Schulaufgaben
und- buechern zugewandtfund auch so viel als moeglich, seine
Wissbegierde auf das gedruckte V;ort beschraenkt. Ein Konver-
sationslexikon, selbst wenn man es heimlich las, konnte einen
wenigstens nicht puffen und schlagen und manchmal, wenn man
Glueck hatte, verstand man die Antworten auf den ersten Anhieb
Deutsche und Griechische Heldensagen, neben dem "Deutschen
Kameraden" machten seine geistige Nahrung aus. Er lernte den
alten Kaiser und Bismarck zu bewundern und wurde von allen
Klassenkameraden beneidet, dass sein Geburtstag Jaehrlich auf
einen Feiertag fiel, naemllich den Gedenktag an den Sieg bei
Sedan. Er konnte zumindest an seinem Geburtstag laenger
schlafen.
In der Tertia lernte er Max kennen, der ein Fremder warj
erst vor kurzem von Amerka nach Hamburg gekommen war. Max
ging nicht in die gleiche Schule v/ie Guenther, er ging ins
Johanniter Gymnasium und lernte Griechisch und Latein. Die
beide Knaben hatten aber ein Stueck Schulweg gemeinsam, ein
Zufall hatte sie einander zugefuehrt. Guenther hatte von Zeit
zu Zeit sein karg bemessenes Taschengeld dazu benuetzt, mit
einem der Alsterdampf er in die Schule zu fahren, wenn er be-
sonders am Morgen getroedelt hatte. Er entdeckte bald, dass
mit einigem Geschick ^^ diese Dampferfahrt ohne die liebliche
Bezahlung machen konnte; man musste nur rechtzeitig und un-
auffaellig von der einen Seite des Dampfers auf die andere,
von vorne nach rueckwaerts pendeln, wenn man den Kondukteur,
Agamemnon
-10-
der das Fahrgeld einkassierte, sich naehern sah* Gev/oehnlich
gelang ihm dieses Kunststueck recht gut» War er nun vielleicht
zu selbstsicher geworden, oder hatte er sich verzoegert "beim
Betrachten der Schwaen
ploetzlich stand eines Morgens
der Kondukteur vor ihm und verlangte seine zehn Pfennige fuer
die I'ahrt. Guenther hatte seinen letzten Groschen fuer Suessig-
keiten ausgegeben, bevor er den Dampfer bestieg. Nun stand er
da und suchte in seinen Taschen nach, obgleich er nur zu gut
wusste, dass sie leer v;aren. Der Angstschweiss trat ihm auf die
Stirn, er sah sich schon in der Schule, die durch die Streifen
an seiner Gchulmuetze verraten wurde, angezeigt, zum Direktor
gerufen wegen des Versuchs, die Stadtbehoerden zu beschwindeln;
er hoerte in seiner Einbildung schon seinen Vater laut schimpfen
und glaubte schon die Schande und die Schmerzen der Pruegel-
strafe, die eine solche Missetat unweigerlich zur Folge haben
musste, erleiden zu muessen — als eine ruhige Stimme mit aus-
laendischem Akzent fragte: "Kann ich Dir behilflich sein? Hier
ist ein Groschen. Du hast wahrscheinlich Deinen durch ein Loch
in der Tasche fallen lassen." Ein Groschen erschien vor seinen
Augen und wurde dem misstrauischen Kondukteur in die Hand ge-
drueckt. Es v/ar wie ein Traum. Guenther wagte kaum zu atmen,
aus Angst, dass alles nur ein Spuk sein koennte. Langsam v/andte
er seinen Blick zur Seite zu seinem Befreier. Er erblickte
einenKnaben seines eigenen Alters mit der Schulmuetze des Johan-
nitergymnasiums , die seine Zugehoerigkeit zur gleichen Klasse
bekundete. Er was groesser als Guenther, schlanker, mit
Agamemnon
-11-
schwarzen Augen und schwarzen Haaren und einer nicht grossen
aber leicht gebogenen Nase, Wenn er die Muetze abnahm, zeigte
er eine sehr hohe und breite Stirn ueber dicken zusammengewach-
senen Brauen. Er hatte lange Wimpern und einen ganz auffallend
roten Mund. Guenther starrte ihn an, erstens, weil er nicht
fassen konnte, dass ein Gleichaltriger ihm so grosszuegig mit
einem Groschen zur Hilfe gekommen war, und zweitens, weil ihm
der Fremde ueberwaeltigend schoen und edel vorkam. "Ich heisse
Max Lilienfeld", sagte der Retter, "und wohne Harvestehuderstrasse
10; Du kannst mir Jederzeit, wenn Du willst, den Groschen dortr
hin zurueckschicken — oder wenn Du willst, kannst Du ihn nun
auch selbst zurueckbringen und mich gleich dabei besuchen."
Guenther stammelte seinen Dank und um ueber seine Verlegenheit
hinwegzukommen, verfing er sich in einer langen Geschichte ueber
seine Vergesslichkeit , die schon aertztlich f estgestelltworden
sei wie er heute morgen vergessen habe, Geld einzustecken,
obgleich sein Portemonait mit mehreren Markstueckendort direkt
vor ihm gelegen waere. Vielleicht brauche er wirklich eine
Brille, um besser zu sehen; dem Lesen und Schreiben sei ihm in
letzter Zeit auch etwas beschwerlich geworden. Max hoerte sich
all dies mit ernster Miene an, dann lackte er sehr froehlich:
"Ich habe Dich schon mehrmals beobachtet", sagte er, "wie ge-
schickt Du gewoehlich dem Kondukteur entschluepfst ; das ist
ein guter Trick, den Du anwendest; hast Du ihn Dir selbst aus-
gedacht? Wir in Amerika nennen so etwas ein "Racket". Guenther
lachte nun auch und ruehmte sich der Urheberschaft der kleinen
Agamemnon
^12-
Betrliperei. "Kommst Du wirklich aus Amerika?" fragte er dann
schnellt Jedoch nicht nur um das Thema zu wechseln. Max er-
zählte ihm, dass er in New York geboren und erst vor einem hal-
ben Jahr nach Exiropa gekommen sei, um hier die Schule und spa-
ter die Universität zu besuchen. Ihm gefiele es recht gut hier,
er fahre häufig mit dem Dampfer zur Schule, obgleich er eigent-
lich lieber zu Fuss gehe. Aber seine Mutter habe es gerne,
wenn er den Schulweg abkürze. "Wahrscheinlich" meinte er "will
sie das FrUhstUck mit mir so lange als möglich geniessen. " Max
war wirklich ein Fremder, alle diese Dinge klangen ganz unwahr-
scheinlich fUr Günther, der nie bemerkt hatte, dass Caroline
besonderen Wert seiner Gesellschaft beimass.
So begann eine Freundschaft zwischen den beiden Knaben,
eine Freundschaft, in der es Günther schien, als ob einer nur
der Gebende, der andere der Nehmende war. Er bewunderte Max
restlos, seine Furchtlosigkeit, seine Geradheit, seinen Humor
und Verstand und vor allem seine Weltkenntnis, die er in der
fremidlichsten, Ja gutmütigsten Weise seinem neuen naiven Freund
zur Verfügung stellte.
Am zweiten Tage ihrer Bekanntschaft trafen die beiden
Horst auf ihrem Nachhauseweg. Horst war nun junger Mann bei der
Exportfirma Schuster und Howe und war in seiner neuen Würde noch
weiter als früher von seinem jüngeren Bruder entfernt. Er ging,
ohne zu grüssen vorüber, warf aber einen forschenden Blick auf
Max. Beim Mittagstisch sagte er ganz unvermittelt: "Unser Gün-
ther scheint als Primus so unbeliebt zu sein, dass er sich einen
Agamemnon
•■13—
Judenjiingen als Begleiter aiif dem Nachhauseweg angelegt hat*"
Dann wandte er sich scharf an GUnther mit der Frage nach dem
Namen dieser Kreatur, GUnther war rot geworden unter dem for-
schenden Blick von Vater und Mutter. Er versuchte, an der Frage
vorbei zu hören. Es war ihm nicht in den Sinn gekommen^ dass
sein Freiind jUdisch sein könnte. Ueberdies bedeutete es auch
nicht viel ftlr ihn. Er kannte keine Juden. Seine Eltern hatten
keine jüdischen Freunde, so dass dieses Problem seinem Leben noch
fern lag. In Preussen waren die grossen Vermögen der jüdischen
SchwiegervSter dem Adel recht willkommen. Hamburg hatte keinen
Adel| die Patrizierfamilien hatten genug Geld» aber verschmähten
nicht, sich mit den Warburgs und Schwarzschilds zu verbinden, so-
lange die Verbindung nicht zu ostentativ wurde. Die Vorurteile
der Hoyks machten vor diesen Namen und Vermögen Halt. "Warum
antwortest Du Deinem Bruder nicht?" fragte Herr Hoyk. "Wie heisst
der Junge, mit dem er Dich gesehen hat?" Günther musste n\m zxt-
geben, dass sein neuer Freund Max Lilienfeld hiesse, und Ameri-
kaner sei. "Wirklich ein Jude" sagte Caroline und rümpfte etwas
die Nase. "Wartet" gebot Herr Hoyk "das scheint der junge Lilien-
feld zu sein, der vor kurzem nach Hamburg gekommen ist. Seine
Mutter war eine Deutsche, und ich habe vor einiger Zeit an der Bör-
se gehört, dass sein Vater, Julius Lilienfeld, gestorben ist und
Max der Erbe eines Millionen-Dollar-Vermögens ist. "Eisenbahnen"
wandte er sich an Horst "und Kupferminen. Es soll eines der be-
deutendsten Vermögen in Amerika sein. Es wird Günther nichts
Agamemnon
-14.-
schaden, diese Bekanntschaft zu pflegen*" GUnther, der an sei-
nen neuerworbenen Freund dachte, ertappte sich bei einem GefUhl
des Neides; erstens kam sein Freund aus Amerika iind brauchte sich
also nicht mit dem Erlernen der englischen Sprache zu plagen, die
als ein absolut notwendiges Bildungselement eines Mitglieds ei-
ner Hamburger Kauf mannsfamilie angesehen wurde; und zweitens:
Max hatte keinen Vaterl Als sich GUnther bei diesem Gedanken er-
tappte, verschluckte er sich, \md muoste eiligst den Mittagstisch
\ind das Speisezimmer verlassen«
Aber trotz dieses Zwischenfalles und Gtlnther's Gewissens-
bissen, die unvermeidlich seinem Neid auf Maxens Vaterlosigkeit
folgten, hatte das Tischgespräch eine klirrende, a» beruhigende
Wirkung. GUnther konnte nun seinen Freund \ingehindert auf dem
Schulweg treffen und ihn so^ar nach der Schule besuchen, ohne LU-
genge schichten ausdenken zu müssen, wozu er schon öfter in der
Vergangenheit sich gezwungen gesehen hatte, wenn er ein den El-
tern unliebsames Vorhaben nach der Schule ausgeführt hatte.
Seine Bewunderung für P^Iax nahm zu je öfter er ihn traf; er liebte
ihn mehr als er erinnern konnte irgend Jemanden geliebt zu haben,
mit Ausnahme vielleicht von Irmgard, als sie beide noch sehr
jung waren. Aus einem unklaren Akt von Grosszügigkeit hatte Irm-
gard ihm einmal erlaubt mit ihren eigenen Gespielen und Gespielin-
nen am Laternengehen teilzunehmen. Sie hätte ihm sogar eine Ihrer
alten Papierlaternen geschenkt. Es war aie schönste imd süsseste
Erinnerung seiner Kindheit, vielleicht gerade wegen des Gefühls
Agamemnon
-15-
fast Überwältigender Liebe iind Dankbarkeit für Irmgard iind weil
dieses Geftlhl berechtigt, aiif einer guten Tat ihrerseits begrün-
det war. Seit jenem Augustabend rief das alljährlich sich wie-
derholende Laternengehen in den schon dunkel werdenden Strassen
mit dem eintönigen Gesang der Kinderstimmen immer das gleiche
sUss-qualvolle Sehnen in ihm hervor^ eine Sehnsucht, die ihm un-
stillbar erschien.
"Laterne , Laterne ,
Sonne, Mond und Sterne,"
e s ie in
sangen die Kinder in allen Strassen der Stadt, durch di
langen Reihen zogen mit den schwingenden, leuchtenden Laternen
in der Hand,
"Brenne auf mein Licht, brenne auf mein Licht
Nur meine schöne Laterne nicht"
immer wieder wurden diese Strophen wiederholt, im Rhytmus mit
dem zunächst sanften Schwenken der Laternen; dann änderte sich
das Tempo plötzlich, laut, aufreizend und spöttisch klangen die
letzten Verse:
"Und die Olsch mit dem LUcht
Die die Lttt betr\lgt
Die die Eier holt
Die sie nicht betolt"
Immer aufregender wurden die Stimmen der Kinder Je öfter sie
zu diesem Schluss kamen; man hörte Lachen \ind Kreischen \ind die
Laternen wurden heftiger, Ja fast wild geschwungen - bis es ganz
dunkel wurde und der Augustmond orangefarbig am Himmel stand.
I »
Agamemnon
-16-
Die kleineren Kinder wurden von Muttern oder Kinderfrauen
nach Hause geführt ^ die älteren zögerten noch ein v/enig^ ri'jien
einander Scherzv/orte zu, aber nach kürzester Zeit v;aren auch
sie von den Strassen verschwunden. Die Gaslaternen beleuchte-
ten nun die stille Stadt#
Günther hatte wie alle die anderen Kinder Jahr für Jahr
an dieser Sitte teilgenommen, aber er war nie mehr richtig ver-
gnügt dabei gewesen.
Jetzt war er zu alt dafür und Max hätte auch gar nicht ver-
standen, wodurch die süsse Aufregung des Laternengehens zustande
kam. Günther hätte sich geschämt, ihm vorzuschlagen, daran teil
zu nehmen; so gerne er ihm auch eine T»ate;^ne geschenkt hätte
und mit ihm den Rhytmus des alten, unverständlichen Liedes ge-
teilt hätte. Sie teilten andere Erlebnisse. Die griechischen
Helden wurden ihm durch Max v;irklich nahe gebracht; er konnte
fast sich mit Achilles eins fühlen in der Liebe für Patrokles.
Er litt die entsetzlichen Schmerzen und Leiden, die sie durch-
machen mussten und bewunderte Odysseus^ Klugheit und geistige
Stärke. Max schien ihm eine zweite Ausgabe dieses unverwüst-
lichen Helden zu sein, dessen Witz und Schlauheit ihn durch
alle Gefahren sicher wieder zu seiner geliebten, treuen Penelope
führten. Der einzige Homerische Held, der ihm unsagbares Un-
behagen verursachte war Agamemnon, dessen schreckliches Ende
ihn mit Grauen und Hass gegen Clytemnestra erfüllte aber gleich-
zeitig einen Zweifel, wenn auch nur ganz heimlich aufkommen Hess,
ob er nicht möglicherweise dieses Schicksal verdient oder zumindest
Agamemnon
-17-
sich selbst zugezogen hatte. Wie dem auch sei, er hatte wohl
sogar eher für den tiefäugigen Thersites Sympathie als für
Agamemnon, Max, merkwürdigerweise, war eher für die Trojaner
eingenommen; er fand Paris' Verwegenheit bewundernswert auch
sah in Hector den grSssten aller Helden. Auch dem alten Priamus
war er wohlgesinnt. Günther vermutete, dass es möglicherweise
doch mit Helena zu tun hatte. V/enn Max von Helena sprach sahen
seine Augen aus, als ob sie weit in die Ferne blickten.
In jenem Herbst, als Günther zwölf Jahre alt war, sollte
er zur Tanzstunde gehen. Fraülein Osmers, eine 70 Jährige
Jungfrau, hatte durch viele Jahre hindurch den Kindern der bes-
seren Hamburger Familien Menuett und Rheinländer beigebracht;
aber vor Allem war sie damit beauftragt, sie in allen Aspekten
gesellschaftlichen Benehmens zu unterweisen. Das moralische
Benehmen war die Angelegenheit ihres Religionsunterrichtes in
der Schule und des Kinder Gottesdienstes am Sonntag in der
Kirche. Man erwartete mit Recht von den jungen Leuten, dass
sie zur Zeit ihrer Confirmation sich nicht nur in der Kirche
sondern auch im Damen- und Herrenzimmern zu benehmen v;üssten.
Günther war bedrückt und missmutig; beim Nachhause gehen stiess
er mit der Stiefelspitze Steine zur Seite und war ungewöhnlich
schweigsam. "Was isst Dich?" fragte Max, ein amerikanisches
Idiom direkt ins Deutsche übernehmend, v/ie er es öfters tat,
um seinen Freund zum lachen zu bringen. "Ach, nichts," ant-
wortete Günther, fügte aber hinzu, "nur soll ich Jetzt in die
Tanzstunde gehen." Auf Maxens Frage nach dem Grund seiner
I I II
Agamemnon
-18-
Ablehnune, brach Gunthar aus mit dem Ausdruck von Angst und
Wiederwillen: erstens liess es einen Nachmittag der so v/ieso
"beschränkten Freizeit hergeben, zweitens Mädchen und drittens
überhaupt ~ er wäre ungeschickt, ja gerade zu pl'omp, was täte
er in einer Tanzstunde, alle würden über ihn herfallen oder
lachen. "Sr brauche diesen Unterricht in feinen Mannieren nicht,
wollte er doch später zur See gehen. Aber das, natürlich, sei
ein Geheimnis. Max schwieg eine Weile, dann fragte er den
Freund warum er seinen Eltern nicht sagte, dass er nicht zur
Tanzstunde gehen wolle. Niemand könne ihm dazu zwingen. Günther
starrte ihn an, als ob er plötzlich delirierte: "Ihnen sagen,
dass ich nicht gehen will? Mich weigern — was würd« das nützen?
Du kannst meinen alten Herrn nicht!" Er beschrieb darauf, all
die Straf Prozeduren, die er in seinem kurzen leben durchgemacht
hatte: vom Tüinge sperrt sein auf dem Boden bin zur Prügelstrafe
mit dem Pohrstock, ,1e nachdem wie sehr er sich der elterlichen
Authorität widersetzt hatte. Eax schwieg. Nach einer \Veile
fra<?-te Günther: "Ist es wahr, dass Du nie bestraft worden bist?
Wie haben denn deine Eltei-n Dich erzogen? Was haben sie getan,
wenn Du ihnen nicht gehorcht hast?" "Gewöhnlich haben sie mit
m.ir besprochen, was sie von mir erwarteten? alle Pläne wurden
mir zunächst mitgeteilt. Oft änderten sie, was sie vorhatten,
wenn sie sahen, dass es Tdr zu schwer fiel oder ich eine i.müber-
windliche Abneigung dagegen hatte. Oefter noch konnten sie mich
von dar Vernunft igkeit ihrer Vorschläge überzeugen. Mein Vater
war sehr gut," fügte Max hinzu und wandte sein Gesicht zur Seite.
"So hast Du nie etwas tun müssen, was Du nicht wolltest; ich
meine, nichts von Wichtigkeit?" "Nur ein einziges Mal," sagte
Agamemnon
-19-
Max nach einer Pause, "abar das ohne Wissen meiner Mutter. Ich
spreche ungern davon weil es mir peinlich ist; aber Dir kann
ich 's erzählen» Ich wollte nicht herüber kommen; ich v/ollte
in Amerika bleiben; nicht etwa, weil ich ein so eingefleischter
Amerikaner bin — sondern ganz einfach aus Angst, aus schreck-
licher Angst vor der Ueberfahrt, vor der Seereise. Ich werde
nämlich seekrank, und das ist ein so fürchterlicher Zustand,
dass ich glaube, keine Prügelstrafe kann ärger sein. Ich habe
nur schwache Einwände beibringen können, als meine Mutter mir
ihre Absicht, mich in Europa zu bilden, mitteilte. Ich konnte
ihr nichts von meiner Angst erzählen. Siehst Du, wie merkwürdig
ähnlich das ist Deinem Verhalten in bezug auf die Tanzstunde 1
Seltsam^ seltsam*', sagbeer und schüttelte seinen Kopf, den er
beim Geständnis seiner Angst vor der Ueberfahrt zur Seite ge-
wandt hielt} aber Günther bemerkte doch, wie sein Freund blass
geworden war. Angst vor der See, vor der Fahrt über das grosse
Wasser — und er hatte Max so sehr darum beneidet. Günther
versuchte sich vorzustellen, was Seekrankheit war; es war ver-
gebens. Erst als Max ihn an Sensationen erinnerte, die von
einem überladenen oder verdorbenen Magen herkamen, die Uebel-
keit| den Brechreiz und die Hilflosigkeit seinen eigenen Ge-
därmen gegenüber, konnte er sich wenigstens von den körper-
lichen Leiden ein Bild machen. Die seelischen konnte ihm sogar
Max weder beschreiben noch erklären. "Man möchte nur tot sein",
war alles, was er sagen konnte.
Es verstimmte Günther | er wusste nicht recht v/arum, aber
er konnte mit dem besten Willen sich nicht Odysseus seekrank
vorstellen»
'*' \%
. \ \
1)
EINER UNTER UNS IST EIN NEGER
<-c
Es gil^t eine Insel in der Penobscot Bay im Staate Maine ^
auf dey sich eine seltsame und tragische Geschichte abgespielt hat.
DasÄfierkwUrdige Geschichten auf Inseln sfa.#J^»i ist nichts Sel-
tenes, geht5rt so zu sagen, zu den tljilichen Erwart iingsvorste Illingen. ^^
Aber diese Geschichte, die sich wirklich zugetragen hat, wird da-
durch tragisch, dass »far durch unsinnige und leichtsinnige Ver-
kntlpfijngen ein ^immuG^ts und wertvolles Schicksal zerstWr-
tf^^und auf viele Jahre hin, Mis trauen und Scham ujiter die Gemein-
de
/*
'>^, «-
^v.iCL>Lc .
Die Insel heisst Rockhaven und ist eine der reizvollsten
Inseln der Gegend. Tannenwälder lond Wiesen wechseln miteinander ab.
Tiefe einschnitte des Meeres bilden FJOrde jeglicher Poi^ an deren
Ufern riesige Steingebilde e4««jn ein \irzeitliches Bild voropiogelm
Die Insel hat,, jetzt brachliegende, Granit Steinbrüche, die mit
Wasser gefüllt, lieblichen Seen gleichi€&«#n. Am, südlichen Ende
ist ein' kleiner Ort,
eine Stadt^^
Die Ereignisse von denen* hier die Rede/^wird, spielten
Kreigi
ä-<^ws.u>£^i
sich in Äte^!r^a? frühen, aber schon geschichtlichen Periode Rockhavens
ab. Die noch frtlhere — man konnte sagen prö-historische Zeit,
.*,%:
' da sie vor dem Unabhängigkeit^ Krieg liegt — ist nur durch mUnd-
liehe Wber1»4|fttftg bekannt, die wenig feststellbare Tatsachen enthalt.
I I
2)
^^M
V'd-w
Man MB^xSM't^f dass die ersten. Ansiedler 0^44; den Indianern
freundlich riJ^ptTi rfci^U V "^TtTt ^^^ dass sie sogar indianische Frauen
heirateten. Sie wurden von dem ^^weiligen Stamm adoptiert und ^^
, flrhwqr]^i3fn nyyf Hi ffgft ^BU4^fl^, Aeiiii ihre haltoindismischen Kinder waren
^ * SjuMA
von den vollblutigen nicht zu \mterscheiden. DaHH aberf kamen ander*
weisse Seefahrer^ dj.e. w^htr sölionschrec^te ErfahrungenröTmacht hatteni
>3i^~^ingen: sofort agr-^^atili^^ie sich Nähernden .jfca^aQbieooen, siua^iXamiiü^ I
CO war natürlich von freundlichem Zusammenleben keine Rede mehr# Geschich-
ten TO^fGrausamkeiten der Indianer , von< Skaj^pieren und von
gab es zu Genüge und man fand es daher gerechtfertigt^ dass
schliesslich alle Ureinwohner der Insel ausgerottet wurden und die
weissen Sieger sich entweder ansiedelten oder zu mindest andere
^reiheitsuchendej|[ Weisseji ermutigten^ dieses bewaldete Land fUr
\
alles(sicn\ ^-oz^
Ackerbau \and Fischfang brauchbar zu machen. Wann
zugetragen hatte, konnte man nicht mehr feststellen. Im Unabhängig-
keits Krieg allerdings waren die meisten Inselbewohner von den
Loyalisten und Englandern vertrieben und ihre HSuser
nieder-
gebrannt worden. Viele von ihnen schlössen sich der Armee Washingtons
an. Nachdem die grossen Umwälzungen des Krieges vorüber waren, sie-
delten sich etwa vierzig Familien auf der Insel an. Viele von ihnen
waren schon während des Krieges zusammen gewesen, hatten zusammen
gegen die Engländer gekämpft und beschlossen, ein neues Gemeinschafte-
leben zu beginnen. Mehrere Familien waren untereinander verschwä-
gert und verwandt. Sie kamen von Dörfern und kleinen Städtchen von
Massachusetts und Maine. Sie trugen meistens englische oder irische
I I
I I
5)
Namen, aber auch einige französiche waren dabei ^ wie man es in
Maine gewohnt war. Sie waren Fischer, Handwerker \ind Farmer, tta^L ^
ihnen konnte(^l>aen nrier/ schreiben. Sie Iiielten nicht viel
/
von der Kirche, welcher Art sie auch immer sein mochte, und betrach-
teten Religion als eine private Angelegenheit; aber sie waren ent-
schlossen, ihren Kindern eine bessere Erziehung zu geben, als sie sie
erhalten hatten; sie wollten eine Schule haben, sollte die Schule auch
noch 80 klein und einfach sein. Sie bauten einen kleinen Ort mit ei-
nem Ha g en , uad-ürirte^pinom Ladeir, • 4ft-d4fim man ,.jAlre- War»ttir-ti±r- nxjtwen-
dig iff^brauSht wurden^ -erhandeln konnte, st^^auten ein GebSude,
dass als eine Verssmmlungshalle diente, -und sie wählten Jedes Jahr
drei Männer, die die Geschäfte ihrer Ortschaft oind der Insel ftlr
sie führten. Bevor aber alli^dires- e(Jb^)»lfjag^ war , hatten sie sich
darüber versicheren müssen, dass ihnen auch wirklich das Land gehörte,
von dem sie Besitz ergriffen hatten. So schickten sie ein Gesuch
nach Boston, an den Regierungssitz und suchten um Bestätigung ihres
Besi:^zes an. Alle männlichen Mitglieder der Gemeinde unterzeichneten
mit Nahmen; das Dokument schloss aber mit dem merkwürdigen Satz:
" einer unter ubs ist ein Neger."
Der Neger war Jephta Stone. Er war gross und kräftig; seine
Haut war fast so schwarz wie Ebenholz. Er war gleicherweise ge-
schickt mit der Axt wie mit der Feder. Er konnte lesen und öchrei-
ben. Er hatte mit ihnen zusammen gekämpft, um ihre und seineJTreiheitT"
^ hatte mit seinel^ körperlichen Grösse und Kraft H^ldeatateaa^ goloiatet
vjßär mit seinem Wissen und seinem Verstand, seinen Mitkämpfer und
Kameraden mehr als einmal aus grösster Bedrängnis herausgeholfen.
O
K'
Nim war er "einer" von ihnen geworden. Aber einer^ den sie schtlt-
zend iimringten^ dessen Identität sie nicht an die Behörlen preis-
geben vollten, und doch intr5Bi>#n.::r84e- erwShnjen^ dass einer unter
ihnen ein ITeger war. Sie schienen zu sagen, es kann jeder voBe tmd
\ ii
sein.' PUr die Behörden war e^ unkenntlich geworden, da die Schatten
von 59 Männern ihn.^vg^I11g vftrdi7nKp1 ten. Aber ifur die 39 war er cdo^tA^
sehr sichtbar uB4--e^rlteÄBbar , nicht nur durch seine Haufarbe. S o-ocO^jul^^^^
jCiL Ar -toHPde der Lehrer ihrer Kinder 4/^lt>ü^^(i , ^
Er hatte ngalich in Boston eine gute Erziehung genossen.Hprl^^ba?
-.-fieöeh ihr Siclab3*e4ber , und dlljfSifM^h wurde ^ von fast allen als ein
weiser Mann angesehen, zu dem man kam, um Rat zu erbitten, oder den
man ersuchte, Streitigkeiten zu schlichten; er wurde eine Art
-4?voffl7.1pller Richter. Mk^b^ Jephta war als kleiner Knabe mit
seiner Mutter zusammen von e inemXXIISXXlffiSMIS^^X feindlichen
afrikanischen Stamm gefai:.gen und an eiaen^^ Sklavenhändler verkauft
worden* Er konnte sich nur noch dukel an das ^^chiff erinnern; nur
daran^ dass man ihn von seiner ii4utter fortgerissen hatte, die exnes
i^^crgens if;anz stili gewesen war und nicht mehr geweint und gesprochen
hatte. Ein weisser Mann aus Boston hatte das Kind schreien gehtJrt
und hatte ihn tröstend zu sich genommen. Er hatte Jephta als Ge-
schen^k ftlr seine junge Frau gekauft und ihn in seiner Kajüte
auf einem Polster an seinem Bett zusammen mit einer englischen
Buldogge schlafen lassen. Er brachte auch nech weisses Elfenbein
und Straussenfedern fUr seine Prau aus Afrika mit , abgesehen von
he^ia^üchen- Diamanten, die er noch ungefasst bei sich in der Rock-
tasche trug. Jephta hatte es viel besser auf dem Polster in der
Kajüte, als bei den übrigen Skla\ien, wenn auch der Hund ihm den
* -
kleinen Platz zunächst mit Knurren und Schnappen streitig machte.
(,*
5)
Bald aber waren sie die besten Freunde und teilten Essen und Lager.
Sein Gönner und Meister erzählte ihm yiel später^ dass seine Mutter
sich 'rerffift^t habe, da sie ein Leben als Sklavin nicht ertragen
konnte ^-^-^ ^^^^ ^^^^^ ^ ^C&^ "itcA^ sUM ^U^ Le^()<u^ ^HÄjiHua.
Jephta wuchs in Boston auf undjyxarde gut behandelt. Er wurde
vO/AVi>J4t
Sorgfalt ig^^rzogenr^usammen mit den weissen Kindern der Familie
:r'-6fltil t
t
christlichen Religionsunterricht. Er war gut
und geftlgig, hilfsbereit und gelehrsam. Niemand konnte sich Über
Ungehorsam oder Unarten beklagen, aber es konnte sich auch niemand
damit brüsten, dass Jephta ihn zu seinem Vertrauten gemacht habe,,
oder dass er wusste, was in Jephta vorging. Ery\1a0aattt»%o jede Ge-
legenheiVi'
,^ Er waiL^ein Vorbild fUr die anderen Kinder
des Hauses, die ihn/^lDewunderten und ^of^-tt- beneideten. So schien es,
als oB der kleine schwarze Waisenknabe^ den man gewaltsam seiner
Heimat und Familie beraubt hatte, in jOa^üeifi] üjöt'^ßfS^ Bostoner Haus
alles^'oder noch meh3?^gef\inden, was er verloren hatte. Er war klüger
\md besser als seine gleichartigen^ Spielgefährten und wurde wfißPtti
i^J^Ji^jgt^l4^^^ Er selbst^liebte nur f^^L|^;,(#ieji^^ die kleine
Tochter des Hauses, Peggy, die etwa drei Jahre Jünger war als er.
Er beschützte Peggy gegen alle Unbilden, die vor allem in den
Neckereian ihrer Brüder bestanden. Er war immer bereit, ihr bei
ihren Aufgaben zu helfen, ihr Geschichten vorzulesen und für sie
Botengänge imd Dienste zu tun# Er schnitzte Puppenmöbel für sie
und machte sogar ein Puppentheater für sie, um sie zu unterhalten,
als sie einmal mehrere Tage einer Erkrankung wegen im Zimmer blei-
ben musste«
(
^^^cp^c\,^^^jp^^ Yu elneiv'jiilng^n^Jia&e gWiDsl^t ^Mi^&t sollte.
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X9cr Olli t^'i^'i^'J 'lOfiif'i 'ir.'A 't7 .ctef • 30 19' ••'fl TOTjclr ruaiGTSTloev:
sie -1WI: b'tr; aeh^lu^-rov aaetrlDirio^jaO -iril ^n9^X9/i js nadBijluA xietdi
j.'.:9*XexiTa^xia x;.^ 9X8 nu ^9^^ '^^^'^ •:t3J-e9rid09n'.7L;^ ni-> ^?-?c:? ^irloBm bnu
-ieXcf lemÄX" ml ne^sw ;^mj:}iaf9t>[ia isni) ogßT 9T«>frf^m r8mni9 -^f« aXe
*j siiv> i* F Ä#^ . Äx 9 al Yj-jiT^'' •-'••• f"*5x^' n© i/s 09. ffti^'8 .s^eeuffl ixacf
• 9;]Xrc^ nsbi^' ir^bXxi -.LßG. a9 iib«. -rani^ jjü uie Ov^ .^Vrir^ rf>fox4pae??
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Jephta war inzwi sehen
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eingetreten. Sas-sollte^iSlles lernen, was mit dem
ExportgtechSf t zu tun hatte, denn Mr. Stone hatte *» Absicht (^i^^
Jp^fiMm jwf^i> MWgXdr^hlTAT t;^ «T_cb--
T— »u--gaben>- — ^- -^
P6KP>y musste von vielen Verwandten und Freunden Abschied
nehmen, bevor sie abreiste. Ihre Tage waren von diesen gesell-
schaftlichen Verpflichtungen einerseits und von Schneiderinnen
und ModistK^n/anderseits ausgefüllt. Jephta sah sie kaum in jener
Zeit. Vielleicht einmal bei einer MaMzeit, bei der sie aber auch
nur einen Gedanken zu haben schien, nömlich so schnell wie mtJglich
wieder vom Tisch aufzustehen zu dürfen. Sie scherzte und redete
viel, aber zeigte in keiner Weise
•, dass es ihr etwas ausmachte,
sich von ihrer Familie oder gar von Jephta trennen zu müssen. Alle
ihre Gedanken schienen schon auf die zu erwartende neue Umgebung
und an die möglichen Ereignisse und die neuen Menschen, die sie
ff
dort treffen wurde, zu richten. Jephta verbrachte einsame Abende
in dieser Zeit. Gewöhnlich sass er in seinem Zimmer und las.
t\ k4 9
Häufig, ;jedoch, liess er das Buch auf den Schoss sinken
und hing seinen Gedanken nach, die sich alle um Peggy drehten und
xm die Veränderung in seinem leben, die ihr Pemsein verursachen
würde • Er wurde sich tiefer, leidenschaftlichen Gefühle für die
kleine blonde Pflege Schwester gewusst, xind er war unglücklich. Er
wusste natürlich, dass Peggy ihm zugetan war, dass sie mit kindlicher
Zärtlichkeit an ihm hing - aber was half das ihm* der nun eine ganz
andere Beziehimg zu ihr entdeckte, die nicht nur den Wunsch bein-
haltete, ein brüderlicher Beschützer zu sein. B3^-gloubte s^b0 —
- B hnungs^ ^ l^Mrtt sohwanktay zwischen den] Wunsch, sich ihr^ mitzuteilen.
7)
U^M^
ihr alles zu sagen, was er mif dem Herzen hat Ww^sle
.^^[zokXv^
zu zwin- , ^
'^^^^Äfe^lJeTBEl von Schuld und verzweifelter Schami Ax^ )
'i.c{>uicAt:
30 weit es möglich warf iinaT suchte sogar die
Begegniingen bei den Mahlzeiten zu vermeiden, indeii er
?fi^
ißchienen ihm keinerlei besondere Aufmerksamkeit
zu schenken, und Peggy hatte, ,^^y^^f^\^p^^)S^^. ^O^^t s^i^ ihren Reise-
vorbereitungen weder Auge noch Ohr fUr ihn übrig.
Wie erstaunt war er fl4tP(pchw als am A^end vor Peggys Abreise,
als er schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, sie auch nur auf ein^^^
j§gmm^ Augenblicke allein zu sehen imd yl i Jhl^n seine Traumereien
versunken in seinem Zimmer sahs, sie zu ihm hineinschlUpfte« Sie
r7
ganz leise geöffnet un(L\wieder geschlossen.
raschr-im4-~XeJLsa- ZU Jephta hin imd-^^amgcUlang- ihn mit ihren Armftn>
Ihr Köpfchen mit den blonden Locken lag an seiner Brust und Jephta
merkte/dass sie weinte. Sie weinte so sehr, dass ihr ganzer Körper
*
krapfhaft erschüttert war \ind Jephtas ^emd ganz nass wurde. Er
hielt sie fest an sich gedrückt und wagte kaum mehr als beruhigende
zärtliche Worte zu sagen, so wie er es früher getan hatte, als sie
noch Kinder waren. Nach einer Weile hörte das Schluchz. -en auf und
Peggys |g|*g|^ wurde still. Sie hob lKr---G^^JLChii-:vQn-BBiner Brust-
und schaute ihn Tiit ihren groBoon blauen, feucht sc hj^imm^den Augen
,mii?\inendlicher Sanftheit iMA^i^^ an. " Wie werde ich ohne Dich
leben, Jephta?" sagte sie " Wer wird mir helfen, wer immer da sein,
wenn ich Angst habe ? wer wird mich beschützen? Ich kann nicht
fortgehen; ich kann ohne Dich ja gar nicht sein - oh, Jephta, ich
habe solche Angst, allein zu seini
I tt
4)4^#
—dKCjJIÖB
t) -VIA v-^r-n»^ j '
^*lA,
'^
aJo
altereA^Bruder» zvac BeschUtzer, wm star-
anderen Gefühle r'die
-e4« sich anhalten durfte. 4M»
heftigen, wilden Urgeftlhle7*die durften nun nicht^^ gelten; merk-
würdigerweise 8p*urte er wirklich in diesem wunderharen Augenblick
nur Zärtlichkeit. Seine kleine Peggy brauchte ihn wieder, noch war
sie nicht entschwxmden, noch war sie bei ihm in seinen Armen. Er
tröstete sie; malte ihr ihr Leben im Pensionat in den freundlichsten
ParbenAund versprach, sie sofort zu holen, flM falls sie sich nicht
eingewöhnen könnte oder wirklich so grosse Angst leiden müsste^ <>hß ßo ^
Er kUsste sie auf die Stirn und löste sie von sich. Peggy ISchelte
aua schon wieder, und da sie sehr müde war, küsste sie leicht seine
braune Wange wie im Halbschlaf, sagte "Auf wieder sehen" und ging
rasch in ihr eigenes Zimmer. Sie schlief sofort ein, so^ie ihr
Kopf das Kissen berührte, tficht so Jephta - er konnte diese Nacht
überhaupt nicht schlafen. c^^| ^ «VctCec,
Es war Ostern, als Peggy abreiste. Weihnachten kam sie^nach
. Sie hatte Jephta öfters geschrieben und im
Hause
letzten Brief, tojirz vor ihren Ferien, klang eine fast unbändige P
Preude durch die kindlichen Worte, mit denen sie ihre Erwartung,
ihn wieder zu sehen, ausdrückte. Jephta bewahrte ihre Briefe auf
wie Kostbarkeiten. Weihnachten wxirde im Hause Stone als ein Familien-
fest Kefeiert. Peggy schien gewachsen; sie hatte an Haltung gewon-
nen, sie Äiea- erwachsen/. -Bie bekam von allen Seiten Komplimente
und war bald wieder in einem Rausch gesellschaftlicher ^^^^^ij^^^^.^^^^^
d^m Sie Sich ganz hinzugeben s^;^hien^Aber i^^ ?TJS''ai:" wT^ L.^^
jBeffe^^Bi vpc ihrer Abreise
^«^i^WV^K^* ^^ ^^* ^^^^ ®^^® Gelegenheit bot, suchtesie
-„*> dA^ Vom orto-fiT» ins aeachöft ihres Vaters, nur. um ein paaI^
9)
mit Jephta zu wechseln. Bevor sie zurück ins Pensionat fuhr,
»ie wieder gu 4tem, xmA diesmal waren ihre UmarmungenKnicnt menr
kindlich; Jephta musste seine ganze Willeiiraft zusammen reissen,
um sich von ihr zu trennen; aber sie hatten einander i^iM^ ihre
Liebe gestanden und versprochen aufeinander zu warten. Sie waren
heimlich verlobt. Sie waren beide so j4ng, dass sie gar nicht an
dem guten Willen des ihr Schicksal lenkenden Gottes zweifelten.
Nur noch oin pao^ Monate langer sollte ihre Trennung dauern, dann
wUrde Peggy zurück sein und ihn nie mehr verlassen. Es folgten
Briefe, die diese Schwüre in uoandXio hon Variationen wiederholten.
Kurz ilevor dem grossen Tag ihrer Heimkehr, liess Peggys Vater
Jephta zu sich kommen. Er sprach sehr freundlich zu dem ;j\ingen Mann,
lobte die Arbeit, die er im Komptoir geleistet habe, seine Klug-
heit lind seinen Takt, ja sein natürliches Geschick mit Menschen
umzugehen. i-a^äiTmÜsse nun doch ernstlich an seine Zukunft denken,
; er sei nun bald wie alt ? Einundzwanzig Jahre;
hier in Boston künne er schwerlich viel weiter kommen. Aber jTinge
Leute kannten anderswo in der Welt einen Platz für sich machen
vorausgesetzt, dass sie Jephtas Begabung und die Hilfe \ind Unter-
sttzung eines fay^^^ji^^ hatten und guten Willens' seien. Er wolle
ihn zunächst zu einenj Geschäftsfreund nach London schicken, um eine
bestimmte geschäftliche Angelegenheit .über d#« er ja gut informiert
sei, zu erledigen. Dieser Geschäft sfrexmd werde dann das Weitere
für ihn untemehmÄn \ind ihn anweisen. Es töte ihn, l^^g^c^i^'^ß^ sehr
leid, wie es, allen in der Familie fast das Herz brache, dass Jephta
4^A sie verlassen müsse, aber sie könnten seinem Fortschritt imd
seiner Entwicklimg nicht im Weg stehen. Hier war ntm eine glanzen-
de Gelegenheit für ihnl Das Schiff ginge in 2 Tagen nach London ab.
"I
10)
sagte er. "Ich bin nicht mehr Jimg .\ind ich will mein Haus so
bestellen, dass allen Gerechtigkeit widerfahren soll," Jephta
l
starrte seinen P:^egevater erschrocken und vt511ig fassungslos an;
er wollte sprechen, wollte Mr. Stone erklären, dass er unter keinen
Umständen reisen könnte, bevor Peggy zurUck gekommen sei; dass
er mit ihr verlobt sei, mit ihr zuerst sich ins Einvernehmen set-
zen mUsste - aber Mr. Stone fuhr fort, ohne ihn Gelegenheit zu
geben, etwas zu sagen r^^^^^cBT^eiss ,' was" Du f tlhls t » Jephta; ich
weiss^ was Du Peggy gegenüber empfindest. Das ist verstandlich, ja
ich würde sagen natürlich, da sie wirklich sehr liebenswert ist;
jeder, der mit ihr näher bekannt ist liebt sie.
?.
wSre kein Grund ^
Dich fortzuschicken, weil Du si« liebst. Ich vertraue Bir und weiss ^
dass Du ein Ehrenmann bist. Jeder Junge Mann mag durch eine sodche
unglückliche Liebe oder eine tiefe Leidenschaft gehen, die ihn wohl
nur reifer und ernster machen wird. Nein, es ist geradeyPeggys wegen-,
dass Du gehen musst. Denn ich weiss , dass Peggy Deine Gefühle er-
widert - sie hat es mir selbst geschrieben - und das ist eine an-
dere Sache, da haben wir keine Wahl, das siehst Du ein: Du musst
unser Haus verlassen, bevor sie zurückkommt. Du kannst nicht mit
ihr unter einem Dach lebenl/'sie ist kein Kind mehr;" Er lies Jephta
nicht zu Worte kommen, legte eine wohlgefüllte BOrs# auf den Tisch
mit der Anweisung sich zu beschaffen, was er für die Reise brauche
\md in 2 Tagen fertig zu sein. Er würde inzwischen für die notwen-
digen Empfehlungte xind Kreditbriefe sorgen. Bevor er das Zimmer
verliess, erwähnte er^ dass niemand vom eigentlichem Grund seiner
Abreise \mterrichtet sei,HB€l er reise in Mr/ Stones Geschäften, dass
chjy/ (yiu,LA,c4 <SJii'»^\-- mixtAX,
sei dC^voiL-ihin g{»fundonc J(f^fkm}\S^^^ die für alle eine Lüsung sei und
allen - mit Ausnahme von ihn und Jephta grosses Herzleid ersparen
11)
würde. Er verpflichte Jepl^ta, bei allem, was die Familie Stone für
ihn bedeute, '^^^lip^jAJ^y^^itÄ^J^^^^^^ V-<>^' cA'Y-^il\
Jephta^ d^r ppraohlooe» war zimäciiat in Verwirrung und Schmer:
^-^ UA^ «^>»-^ ^/^"^ '"^^W '"^ '^^
Weile ^ ^b44ii:^Öäh- eigentliche Bedeutung von Mr* Stones
. Er war ein Ver-
bannter • ein Verworfenere So sicher er sich im Gefühl der Liebgj
die ihm seine Pf legefamilia gezeigt hatte ^ gefühlt hatte, so
die Erkenntnis ^ dass er nur ihr schwarzes
war nunXdas Erwachen
Pflegekind war, jemand den man liebte und auf den man stfclz war,
wie auf einen scnünen Hund oder ein v>/^^/f\?^^^* Pferd|
der aber nie zu ihnen gehört hatte oder je zu ihnen gehören durfte*
Selbst wenn er eine prinzliche Geburt nachweisen konnte - sie wÄre
teea^ immeryivon schwarzen Prinzen, und das allein nahm ihm das Recht
auf Peggy und Peggy das Recht, ihn zu lieben oder sogar nur mit
* •
ihm in einem Haus zu leben, weil sie ihn liebte.
Der Zustand hilfloser, lahmender Qual, der eine Weile daueroe \ind
ihn an den Hand des Selbstmords brachte, wurde von Wut und fildem
Aufruhr gegen seinen Pflegevater abgelöst. Seine Männlichkeit sowohl
wie sein sittliches Gefühl waren im ^!^ Tief sten verletzt. In die-
ser Empörung traf er seine Entscheidting. Er schwor, nie wieder Fuss
tlber die Schwelle dieses Hauses zu setzen. Er brach mit seiner Ver-
gangenheit, seine Kindheit *w^^3nm endgültig hinter ihm. Er verlieös
das Ston*sche Haus in der Nacht, um nie zurCl^zukehren. Nie wieder
sollte er mit einem Mitglied seiner Pflegefamilie zusammentreffen.
Endgültig war dieses Band zerrissen. Er verschwand aus ihrer Welt
so vollkommen, als hatte er nie an ihr teilgenommen; er liess keine
spur .urBok. ^-^1^ j;iöä£U^
Dies war um so mögiirch^ als die Unruhen, die de« Unaohangig-
keits Krieg vorausgingen, eine Art Untergrund-Bewegving mit sich
:\
12)
^^g^^^4^^J4r^c^e<A^Sga^[t^^
^Mi&^^/^ fanden Hilfe und Beistand, ja wohl auch Beteiligung
in vielen Schichten der Bevölkerung, oftmals in Kreisen, die man
nie verdachtigt hatte. Es ist fast sicher, dass Jephta sich der q^daX,^
Bewegung an.schloss. i^S/p^J^i^\ aus dem Gefühl tiefer Empörung
gegen Mr. Stone, dessen gesellschaftliche Vorurteile Jephta selbst
betroffen hatten. Er wusste Übrigens, dass sein Pflegevater und
ito^t seine Familie England in grtJsster Loyalität verbunden! waren,
was wiederum dafür sprach, dass er sich den Rebellen anschliessen
musste. Die Stones.' gaben das Suchen nach ihm erst auf, al3 sie
Krieees nach England 'gingÄÄr wo sie ^<^4Ä7lrt«*
'/
verwandte hatten, die ihnen eine neue Heimat schafften. Sie hatten
nie verstanden, warum ii« geliebter Pflegesohn - und geliebt war er
trotz seiner Farbe - sie so pH5t*^lich verlassen hatte. Sie glaubten
an einer Unfall, die ihn betroffen haben mochte, oder dass er einem
verbrechen zum Opfer gefallen war. Es wäre Mr/ Stone nie eingefallen,
dass er sich seiner Stellung als Neger nicht ^/ollig bewusst gewesen
.are* ..^..^f^ ^'^^'i^^^^:iSZ^'ci''ch^£;pi^
als seinen Vertreter in cWpüälöi^Ä^^eAsrtJ^ schicken J^eft«c
Ji^e ein Zeichen von Gunst und Vertrauen gewesen undj^^auch
ein Versuch Jephta einen Ausweg aus seinem Leiden zu f^^f^kf- Dass
Jephta darin eine Herabsetzung seiner menschlichen Würde, ja,
seiner selbst ^^Mß^4p(m sehen musste, wäre jM^^s^if«^ den Stones
nicht einmal im Traume eingefallen.
Und Peggy? Wer wusste schon um ihre Traume; oder richtiger
gesagt, wer kümmerte sich um die TrBume eines jungen MS^ch^?^^^
Sie wurden nicht ernst genommen, schon gar nicht in jener^Zeit.
15)
Sie lernte in England einen in Jeder Beziehung passenden jungen
Mann kennen, der ihr ein angenehmes Heim bieten konnte* Sie hei-
ratete \md liess sich die ehelichen Intimitäten gefallen* Sie
konnte das um so eher , als man sich auch um die TrSume jungen
Frauen damals nicht ktlmmfcrte,- oilfayt^wenn 4i^4re- während solcher ehe
liehen Intimitaten stattfanden. Ihr Kind, allerdings, war nicht
lebensfähig und starb nach ein paar Tagen. Er war blond und blau
öugig gewesen und von schneeweisser Hautfarbe.
II
In den ersten Wochen und Monaten
HaaA Xßv^u^ tCoicAi
e unmittelbaren
Ereignisse Jephtas ganzes Denken und Fühlen in Anspruch. Er muss-
te stSndig auf die- seine Sicherheit bedacht sein, darauf, sich
zu ernähren und ein Versteck zu finden. In all seiner GUte und
Rechtschaffenheit hatte Mr/ Stone Jephta so vtJllig zur Familie
p;erechnet, dass er verabsSumt hatte, ihm^Sü^-Scs li isn erklären >
So war-f Jephtay juridiseh gesehen, ein Sklave, nömlich Mr. und
V
/
Mrs# Stones* Eigentum. Er konnte jederzeit von HÄschern fest ge-
nommen und seineJi^/rechtmÄssigen Besitzern gebunden Überleben werden.
Er musste auf der Hut sein, immer gewärtig verraten zu werden.
Auf seinen heimlichen WanSrungen traf er andere Neger, die entlau-
fen waren. aber auch solcheidie freigesetzt waren. Die meisten ka-
men aus dem Stlden, wo ihr Schicksal ein wesentlich andres gewesen
war als Jephtas. ßle erzBhlten ihm von all den Leiden, die sie er-
lebt hatten, von Ketten und Peitchenhieber, von schwere/? Arbeit auf
den Feldern, Hungerkost und elenden Hütten. Sie sprachen eine fremde
Sprache, die oft/schwer zu verstehen war, da sie nur Brocken von
richtigem Englisch enthielt. Aber er lernte sie zu verstehen und
14)
sog den Inhalt dieser Berichte in sich ein \md stärkte damit seinen
Fntschlues, /Ifcu kämpfen. Denn manchmal, in schlaflosen Nichten, ^»sjeBU
I
Gefühle wach und wagten sich hervor, die er am Tage von sich gestos-
Ben hatte; weiche Geftlhle, ^hnsucht nach seiner Familie, nach
seiner Pflegemutter, Peggy.jlmd sogar /lÄf/Stone. In solchen NHchten,
*
war er bereit zu verzeihen - ja sogar, um Verzeihung zu bitten; er
musste alle seine Kräfte aufbieten, nicht aufzustehen und den Weg
nach Boston anzutreten. So-JKar^Är^ie Berichte der anderen Neger ^vMa^/h/'
gut und nützlich; sie machten ihn hSrter und bestimmter in seinem
j4ls^ er erfuhr,_dass
Entschluss, für dwl^i^eiheit zu kämpf en^.
iifiivKrx
ein Neger in Boston bei einem Aufstand^ett)tet/\war,Xals einziges^
Opf er J da gab es keine weichen Gefühle mehr während der Nacht und
kein Verzeihen a^g^^^^kß^^^ ^o^^ Se^uu i.-dU fCy
' M Er war nun im Dienst der Revolution; und da er
durch seine Bildung und seine Kenntnisse und durch eine Gabe
des Redens und des ZuhOrens, wurden ihm bald Aufgaben zu teil, die
seine ZuverlHssigkeit , seine Loyalität und sein Geschick a\if die
Probe stellten* Er wurde als EmissaV nach New England gescaickt, um cpic^
Teute für die Sache der Revolution, [der Freiheit zu werben. Es
*
waren guBstenteils Bauern und Fischer oder Handelsleute. in den
kleinen SStewifcit'^wHid Dörfern; hatte und mistrauische Leute, die selbst
wenig sprachen, aber desto besser ziihörten. Er musste vorsichtig
sein, musste einen Ansatzpunkt ^^yl)^^^^^yi finden, denjenigen, nttm-
lich, der sowohl selbst denken konnte .und auch Einf luss hatte :slUi '
seineJ Mitbürger^. Manchmal war es der Pfarrer, manchmal der Bürger-
meister oder ein Kaufmann, in dessen Laden die -B««e«i sich gewohn-
heitsmSssig versammelten, um über ihren Fischfanf oder ihre müh-
seligen Farmarbeiten zu reden. Aber am häufigsten waren es die
15)
Lehrer der kleinen Gemeinden^ die eine besonder« Stellung inne- ._
hatten^ da sie gewöhnlich auch Schreiber waren. Sie kannten die I^JnsäsUAi c
Verhältnisse |^u^^en~Bl:trl7g^8uchen, die sie^^auf setzten -fttp
feemeind-emitfeliedrf- sie wussten, wer reif war für (H^i
Ideell ^fcei? Gleichheit -«ftd-Freiheit*/'§'ie~l?are^"arelbs"^f^^ ausser-
^ l
ordentlich schlecht besoldeten Stellungen und daher von Beginn gu-
tes Material ftlr Jephtas Überzeugende Beredsamkeit* - So kam er
'r .
Jis JLan4l immer weiter nach dem Norden und traf
immer wenige rrlSeiner eigenen Rasse an. Sie waren die Kälte nicht
gewöhnt; das harte Klima brachte sie um^ besonders die Alten und cLCc
ganz jungen.
W
— ^1
In einem der kleinen Lager, die sich im Wald gebildet netten
#8rM' er einen greisen Neger mit seiner jimgen Enkeltochter. Der
Ite war erschtSpft von seinem Leidensweg. «ad hatte sich eine Lungen-
entzündung zugezogen, die mit hohem Fieber einherging und ein Weiter-
ziehen unmöglich machte. Er lag auf dem schon kalten, spÄtherbst-
lichen Waldboden \ind sang leise mit seinem letzten Atem «I4*ej tl^UgA%/i^
^M^eiodie. Jephta horchte auf; ein merkwürdiges süsses, schweres Ge-
fUhl Umspannte sein Herz; etwas ganz f Grosses .Schattenhaftes schien
sich in seinem Geist zu drSngen. Fast? konnte er eine Form imter-
scheiden, fast sie greifen - da brach die Melodie ab und alles war
ins Dunkel hinab gesunken. Er kannte diese seltsamen Geschehnisse;
sie ereigneten sich manchmal, wenn er müde war, oder auch wenn er
Fieber gft^OviltH:? hatte; irgend etwas brachte diese^^^Ächattenhaite
Formen herbei und gab ihm das GefUhl, des Wiedererkennend. Nie war ^s
ihm vergönnt gewesen,|'zu|^erkennen, was es wer, dass wiftderftpleanirtr
^werd«^^ -3^1 1 1 e » Heute aber war es anders; er war sicher, dass er die
Melodie erkannt hatte; dass sie von weit, weit, her kam, aus einer
16)
um ihn zu fragen, woher die Melodie kam; aber es war zu spftt^ der
Alte hatte ^Mimtirl^^^ mehr\zu sprechen, viel w enige r^'Sfü s tügeir;
Er bftjbre ^d4r#^JlugeEnp55^^ und war ^chon dei^-Welt entrückt.-;,^
Jephta blieb bei ihm sitzen, twbeg-ihm oaoc Leil|(r"äie Junge
(^^kelinTv^r sah zum ersten Mal den Tod in unmittelbarer W9he, siBei^
er war noch zu o^^S* ^^ ^^^ unentrinnbare Geschick des Menschen|
zu begreifen, Leila sass bei ihmjimä^sie musste getröstet werden,
und jemand musste sich um sie ktlmmern, da sie erst 16 Jahre alt war.
Sie konnte nicht einfach hier im Lager den aufgeregten, oft wilden
Mönnern überlassen werden, MSnnern die sicH von ihren eigenen Frauen
hatten trennen mtlssen, die es vielleicht nicht so genau nehuiien wür-
den mit einem NegermHdchen, wenn sie auch Skrupel hatten einem weis-
sen Mödchen gegenüber. Sie war ein liebliches Kind; hübsch ge-
wachsen von hellbrauner Hautfarbe, eine Mulattin, deren Mutter von
dem weissen Plantagenbesitzer ins Haus genommen worden war. Sie
wurde, als sie schwanger war mit einem Neger verheiratet, der auf
dem Felde arbeitete lund der geduldig trug, was der Himmel ihm auf-
erlegt hatte. Aber er war nicht stark genug und starb Jxing und die
Mutter folgte ihn bald nach. So blieb Leila allein bei dem Gross-
vater, der nur einen Wunsch hatte, zu Äitf liehen. Durch Jahre hatte
er ihre Flucht vorbereitet. Leila war inzwischen herangewachsen und
war von dem Plantagenbesitzer bemerkt worden. Sie wurde ins Haus
genommen, und man lehrte sie alle Verrichtungen des Haushalts,
Kochen und NShen. Eines Nachts, als sie vor dem Hause stand, hörte
sie ein Wispern neben sich^ diftBin, als sie erschreckt aix^J;^Bum faehen^ /
jÄWidrt^ eliie( süsse, leise Melodie, dfci^^selfe^ die Jephta den ster-
benden hatte summen hören. Sie erkannte den Grossvater an dieser
Melodie.
17)
Er nahm sie bei der Hand iind flüsterte ihr zu, sie solle ihm
folRen^ es sei niin so weit, und sie verlief In zusammen die PlantagBi
um die grosse Wanorung anzutreten* Sie waren -nun schon über zwei
Jahre auf der Flucht. Zum erstenmal^ seit seineft A^lwaefei^ von
Peggy empfand Jephta ein inniges ^ zartes Gefühl für ein MSdchen,
ein Gefühl der Rührung über soviel Hilf losigkeit ^ soviel ünbe-
schütztheit und den Wunsch, sie auf den Armen zu tragen, zi be-
schützen, für sie zu kämpfen. Er giiatg--«4*--4iir- »-tt- einem Pfarrer,
der §eH im Lager war luadr-it^e^e -s-i^h mit ihr trauenSTV/Das hin- a, 7Z T^
und her der Flucht und der darauffolgenden KriegBenlThetiTUiTgen [ ^^7^^/^
hatten aber die Gesundheit der jungen Frau zermürbt. Jephtas Für-
sorge /jRfcSy'VV^e konnte es nicht verhindern, dass sie in ihrem ersten
Wochenbett starb. Sie hinterliess ihm einen Sohn, den er Benjamin
nannte. * ,
Jephta und Benjamin siedelten sich mit den anderen 39 Fa-
milien in RiMJ^M(30tiBga an. Eine alte weisse Frau, die ihren Mann und
ihre StJhne verloren hatte, hatte sich des schwarzen Babies ange-
nommen und war dann mit Jephta auf die Insel gezogen, wo sie ihm
*
den Haushalt führte und sich um Benjamin kümmerte. Benjamia v-ar
übrigens nicht sehr dunkelhSutig, eher olivenfarbtg- glich er seiner
Mutter mehr als seinem Vater. Er wuch^j^uf ( mit den Kindern der
^achbarn,J ging mit ihnen zur Schule, wo sein Vater ihn wie alle
unterrichtete und tummelte sich auf den Wiesen herum. Als er heran-
wuchs kannte er nur eine Leidenschaft: die See. Er konnte Stunden-
lang auf den Klippen am Ufer sitzen xmd den Anprall der Wellen zu-
sehen. Er kannte sich bald in den Geze/ten aus , wie kaum ein
Erwachsener und verbrachte 4^^ freie -Stunde damit ^ .g^inon^ ^
,?n^ \^,flri ihn in ein CsnQ.a....zu_verw angle In. Er hatte
r >
18)
wenig Interesse für Bücher xmd ging nur ungern zur Schule. Auch
darin ^f»r er .s^br ifaT^finhi^^pn von seinem Vater* Jephta versuchte
vergeblich seinen S-^hn für die Dinge zu interessieren^ die für
ihn seihst so wichtig ^5#wf*4«n waren. Benjamin wurde ein Fischer ,
sobald er sein Boot fertig gestellt hattej \|«U er fühlte sich auf
dem Wag^ser zuhajise und -war-^^fla- Iieb6^t^n-jft44;;— dee-^«^ zu^
^^"iTTlftP f 1^^*^^^^^ ^^^ \/iAt:rPT> y.n flhi^-rmi gr>b war, um hinauszufahren, sass
er daheim und knüpfte seine Netze, fieine Ktmeraden ^nd Ar hattejji,
eine ftpt\ Falle ^AMj>U'iPriV* ^^ Hummer zu fangen. Diese "Pallen wurde4
aus Holzleisten zusammengezimmert und mit einen kleinen Netz ver-
..V ^
sehen, in das der Hummer hinein- aber nicht wieder heraus- itonnte.
Der Hummerfang hatte sich als eine^Verdienstquelle erwiesen, da
immer wieder Segler anlegten, die die Hummer in PSssem mit kaltem
^.eewasser verstauten, so dass die Tiere lebendig blieben und selbst
nach langen Tagen, Ja Wochen noch frisch auf die Tafel der Reichen
in Boston oder NewYork gelangten. Benoamin verdiente sich also als
Hummerf isoher seinen Unterhalt, tanzte am Sonnabend Abend mit der
übrigen Jugend entweder auf der Dorf wiese oder im Versammlung8hsi;us,
FTinc: Sonntags wohl auch zum Gottesdienst uad bowarb^oioh fii4--'di» «
«and' elnes-^x^ungeil MSdchena, ntit .rlftm in> tiufji,wmm'hHi>H wap u»d die er
.rKNe^< ' \> . . ^ / r - -» >'
seit seinem zehnte^^^LebensJahr x^iebte* «Föhn und ^ary Carter waren
f.V. ^Jephtta vvon jeher zugetan und dankbar/ da er bilden da
^ rettet hasfete, alsNein Tr^PP engUrächer S
r^^9
und die bei<
\
eben ge--^^
en sie iimrinkt hatte,
V'^-^'
ihcoa
oren
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,e hatten im Lauf* der
Jahre eine tücXtige und')B{^fot^eiche Milchwirschaft a\if der InsXl
iS^itgl
v.> > i -^ '■^
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entwickelt und gehörj^en zu (ä^n i^nge
r der Gemeinde.^
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Eine eheliche VerbinOsung IhrervTAChter Calista mit Ben,iamin war
ihnen sehr wiHa)mmen, Jephta hiei\^grosse Stücke auf das MMdchen,
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AK>v (U^ Cc^^^^tdu^^ ^^ ^I/^hA-t,
S^i^^ftfucip. '^^ .iM ^^.^c^^^^Ut/iiA^^^k^js^ i,^_^^^
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•e^ /Y- : *^ ^c«^.^^,^it ^ci^Jj a i. trV., Vl
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, '^riobf^^" B'ßb tue -'AüUja ^bbci^ ""-Mii ßitr!-r'/^ „ .!^'. ■ rCiw Tn'-^«f3 aenrii
:* 0 ^
(-4^
19)
und er hoffte sich eüien guteii/Einf luss auf Benjainin von''einer
frühen H^rat; s
jamin
nd dieser Vereinigung nL<f1its \im .Wege. Ben-
d Cal^st^ warlen>^n schünes aber/mxch rtlt;i4p.de s Brautpaar;
zwanzi
Jahre u^ sie gerade 17
r nach der Eheschliessiing
sie w^i^en X«i4^ so äujar^» er wa,
gewa^Ml'. M nachsjyen sAmmer, ein
br^Kte jefalista.^ein TUch^erl&lfi/Zur Welt. Jephta glaubte in seinem
ganzem Leben nichts liebreizenderes gesehen zu haben als dieses
Kindchen mit den riesengrossen grauschwarzen Augen, dem feinen el-
fenbeinfarbenen Gesichtahen und dem dunklen lockigen Haar. Es herr-
schte grosse Freude in seinem Haus, das die Kinder und die alte
Anna mit ihm teilten. Caliista war kräftig und erholte sich schnell
von dem Wochenbett. Sie nShBte ihr Kind und pflegte es mit Hilfe der
alten Prau, die schon Benjamin aufgezogen hatte. Sie tauften das
Kind Hachel. Jephta liebte sie «it ooinem ganzem Herzen ./»ris—
zwei Johro alt war fahren Oal/i
Boot
p bfcii^^iBiTttirxyiX JLaa
^— we9-^e©<riiehe#- wa »*-
^- - " " v?Sis^
lihre Leichen wurden erst 10 Tage spater geborgen,* Äse^adem sie^ia
einer etwas abseits gelegenen Bucht angeschwemmt «^yea-. Das Boot
war schon mehrere Tage vorher an Land getrielaen ««aiBn. Jephta war
weiashaarig geworden; er hielt sich aber aufrecht, versorgte seine
Ämter, schlichtete Streitigkeiten, unterrichtete die Kinder und
war immer bereit, z u helfen und zu raten. Er gehtSrte nun der Ver-
waltung des Stadtchens an. Die kleine Rachel abpr war das einzige
Wesen, das ihm zum lieben geblieben war4fa'äs LeBelT^^ wert gelebt
zu werden, ijg»**««i er ^^r sie lebte. So vergingen die Jahre und
'•f
Rachel wuchs heran. Sie war recht verwöhnt, eigenwillig aber dabei
von einem grosszugigen \md gutherzigen Wesen, ^^edoch mit starken
Leidenschaften begilbt; sie konnteAaus Liebe nachgebenoder_Ver^cht-i
leisten,
Selbstbeherrschxing und GehorsanVihr schwer« wurden.]
20)
Jephta erzog sie mit Liebe und Vernunft und war Überzeugt davon^
dass keine Strafe mehr bei ihr erreichen konnte als der Au3<lruck
seiner Enttäuschung oder einer ihrer geistigen Entwicklung ange-
passte Unterredung* Die alte Frau Anna war dem reizenden Kind
völlig ergeben, Sie konnte auch nicht den geringsten Fehler an ihr
entdecken, ,ia sie fand sogar manchmal, dass Jephta zu hohe Anfor-
derungen an des jvuige Madchen hab*4^, besonders, wenn er darauf be-
stand, dass Rachel nicht nur Lesen und Schreiben und etwas Rechnen
lernte, sondern ihren Jungen Kopf auch mit anderen gelehrten Sachen
füllte, die nun einmal ein schönes, junges Ding nicht interessieren
konnten. .j?«4ml4rCfegjüiiiwg uinh Jephtarmit dem Gedanken, Rachel als
seine Hilfe heranzubilden. Sie sollte einmal die kleine Schule tÄer«
nehmen, die er leitete, sollte die Kinder der Farmer und Fischer
unterrichten und in ihnen den Wunsch nach Wissen und
Wahrheit
anregen. Vielleicht war Rachel nicht so begabt, wie er sich vor-
stellte, oder vielleicht war es wirklich so viel natürlicher —
das war Annas Meinung — dass sie sich mehr für BUaus und Hof, Wie-
sen Und Felder und spftter für Spinnen und Weben und Schneidern interes-
sirte, Jedenfalls hatte Rachel nicht allzuviel Geduld mit Büchern.
Sie fand immer eine Ausrede, um schnell von Stuhl und Pult aufzu-
springen \md sich ein Geschäft im oder ausser dem Hause zu machen.
Sie lernte aber genug, um ihren Gespielinnen Eindruck zu machen und
half sogar oft sowohl Fremden wie auch Freunden mit ihren Aufgaben.
Rachel war ausnehmend beliebt, nicht nur zu Hause, sondern auch im
Ort, ganz allgemein, vor allem weil sie liebreizend und anmutig
und. weil sie Jephtas Enkelin war. Sie hatte ka\im erkennbare
negroide Züge, wenn man dasxkrause Haary^r^^^ kooteanionf arbig war^
und den etwas zu vollen aber kleinen Mund nicht dafür ansah. Ihre
Pc
21)
Augen
|V^'U>^
4^ t-Wi
KjL^i U.^t<J^^ ^p^XX^. ö ci^AiLK ^ C&,t ixc l'tKo^
£eu^ aAXi^j
e^ ^ö^LiKi^
nen Tor hatten^ Sie Awar mittelgross ^ schlank xind von
aus seiN^ewtJhnl icher Grazie und körperlicher Geschicklichkeit. Sie
trug ihren kleinen Kopf sehr stolz auf e ine nrj sehr zierlichen, langen
Hals* A?»uk die Qrooüoltern Partei liebten—ai-»^ konnte» oioh aber ^
nich
:(g an diesem Enkelkiira erfreuen^
einerJ[jQÄha
— Die Milchwirtschaft
ging nach ihrek Tod an ±nren Sohn, Jonathan, Rachels Onkel, über,
der mit seinen eilsenern Sorgen und seiner wachsenden Familie be-
schäftigt, nur wenagNlnteresse an seiner Nichte nahm. Auch lebte
er einige MeiLra ausserhalb des schnell gewachsenen Ortes und Besuche
erforde rten/gewtJhnl ich Zeit\ einen Wagen \md Pferde land fanden daher
im Ort»! Ate
V^
nur um >dle Zeit der grossen Pesttage statt. ^
Mit 16 Jahren^ wan Rachel einCder begehrenswertesten Mädchen
jungen Louto riccen sich darum^, mit ihr zu tanzen-. J^ie
tanzte gerne xmA sie. lachte gernei^ab^r ^ie hatte ihr Herz noch nicht
entdeckt^ aitflSÄFTÄhrrTB dU»eh konnte man inr, schon
\jf^r^r^ 1 a -i r^ nnnnh n ^hn ff h^n OMmy-m^^mi^ nnnnhftn. An einem Sommersbend,
bei einem Tanz auf der Dorfwiese wurde ihr^Matthias , vorgestellt.
Sie ^Buias^e- ihm wohl gefallen hiufee»-, denn er bat sie fast um jeden
Tanz. Er war ein grosser blonder Junger !\/rann von germanischem Typ,
mit weizenblondem Haar und heiblauen Augen. Er war braungebrannt
und seine Züge zeigten eine gewisse SchÄrfe, die weniger von Natur
als durch Erfahrungen erzeugt schien. Obgleich er erst 25 Jahre alt
war, schien er Rachel sehr viel erwachsener imd männlicher als die
Burschen, mit denen sie täglichem Umgang pflegte. Seine Aufmerk-
samkeiten, sein deutliches Vl^hlgefallen an ihr und seine Fremdheit,
Ja sogar die ihm eigene Art Englisch zu sprechen, gefielen ihr
22)
ausnehmend. Nachdem sie sich von ihm getrennt ^^J^'^^p}^}^'!^^,
ttcc
fGef Uhl Xn ihrer
wach in ihrem Bett \ind dachte an ihm, mit ein(
C daa fefä^z^neu^d l^r^imr^SwiV Matthias hatte auf
seinem Segelboot am frtlhen Morgen achon RimMib » in verlassen; auch
er hattfi die Nachii^Ubej^an ««ripe junge Trmifaptnerin gedact^t. Aber
ol ,\
^ er nattfi aie «acni^uD&x .»xi x^j-^^ S/ "^ ä ^
tftAo Verlangenpieftig«
Ragkhayen^ tliebi
berten ihm
wieder die entzückende Gestalt, das kleine herz-
förmige Gesicht mit den goldenen Augen und dem vollei|1«mdvor. Er
war allein auf seinem Boot, das beladen mit jeglicher Fracht, die
es halten konnte, weiter nordwärts segelte.
III
war
Matthias war unter einem glücklichem Stern geboren. |^^
schon daraus ersichtlich, dass er seine Kindheit Uberlebt^^r
stammte aus Hamburg, Sp war der Älteste Sohn eines Fuhrwerk Se-
sisitzers und Transporteurs, der ein brutale», selbstsucht^iAer,
und hatte
häufig Hfrandel mit ondoren-, besonders wenn e
ßuH
getrunken hatte. Seine Frau war eine dchUchterne Person mit^zart.
liehen Anlagen^» ttwtwtr^ die ihm wie eine Sklavin gehorchte, sein
Bett mit ihm teilte, wenn er es bef ahl| und vor ihm zitterte. Nur
heimlich wagte sie es ihre Zärtlichkeit den Kindern zu zeigen.
Matthias, der 9^W>»t die Prttgel seines Vaters als seLbsWerstand-^
lieh (St^lbverdient/fTTTV^^^^i IJtgbtySjlitg Mut4<ei ae Icidenoohaft-
iWLb. dAnn er in unbMnfJliro Wnt?" rftirit^, wona #r oahf aasB
25)
^^^l^^yk<%li|)iiM ^\ l'^Httf ' h das verhinderte aber den brutalen Christian V/itte
nichts sie zu schlagen zu beschimpfen oder seine Lust an ihr zu
befriedigen, wenn seine Laune ihn dazu trieb. Als Matthias 15 war,
hatte er 5 lebende Geschwister und eins war wieder auf dem Weg,
sieben Kinder waren kurz nach der Geburt oder in den ersten Lebens-
;jahren gest
die,,anfiftyn F> a
c.ie.|annftyn h
^'^ Cllu^ H.LjuI
heranwuchs
oLd^-^-^UULM^
V/
taßiMnv^Lex- 4fhö stttndig
blBliei' eb -njoht f erti
^JU&4- tv ^^^^^^-t^^^-.^LM-'^^ ^^-^-^o ^^^ 2"^ «^-oc/LJT/^j-fi-^
ycht. dey Mutter wegen
iSSÄi^rin ^^^ Hoffnung ^
bis sich
64^
eben«
für sie eine Gelegenheit _
^Empömuig I Eke 1 und Entsetzen erkennen, dass sie
bei ihrem
Mann zu bleiben gedachte trotz der Roheit und Mishandliing. die ihr
Teil der Ehe war* In ooineg VorBwciflxmg, Wachdem ev wieder^ einmal
aus dem Schlafzimmer der Eltern wilde, ihm iMAWüiuliUiidlluhu GerSusche,
die ihW niit Angst und Hass erfttlltfin, htJren musste, beschloss er
seinen Fluchtplai^ durch zutVJciren . (fn dery\Nacht, die Stiefel in der
Hand tragend schlich er sich die Stiegen herunter. nahm aus der Speise-
kammerrein Brot mit, öffneterd^ie" schwere HaustUre und i»e«('im Freien«
Er war aber noch nicht frei, denn noch konnte ihn der Vater selbst
zuUckbringen. solanee
er auf Hamburger Gebiet war. ^fi^HWö^^^ ir(lm Dunkeln^ und nur der
Mond, der manchmal zwischen zwei schwarzen Wolken hind\irchschien,
zeigte ihm an^ wohin er lief • Stxmden mussten vergangen sein, denn
das Dunkel lichtete sich, \md er sah die schweren Umrisse der Bauern-
wagen, hörte den gleichmassigen Trott der Pferde, die die Wagen zum
Markt zogen. Er fürchtete sich gesehen zu werden aber fUrchtete sich
24)
auch vor der dänischen Grenze, deren Überschreitung sein Ziel war.
Glücklicherweise war es neblig, so dass selbst der hereinbrechen-
de Tag nicht lichte war und Matthias Sicherheit ^llzusehr gefghr-
i^^^U^T M^x-4 A-u-V»^ .Ue^**<-
f^ -'- -f ' • • -^ --J- -""r konnte^icht mehr weit von der
Grenze gewesen sein, als ein< geschlossene^litni f ac<" von i schtJnen
Pferden gezogen^mit einem Kutcher und Laqai vorne auf dem Bock
und vielen Koffern rückwärts angobraeht . herannahte « Als Matthias
die Koffer sah, **fe=-eT»,'(Ws.er^\oft im ausgelassenen Spiel getan ^xjluc.
hangt ^v/sich rückwärts an den Wageny.<t»BB. cvu.^
schwang «^ sich mit einer letzten Anstrengunjg auf die Koffer
/«"ItaBd/^inen ausreichenden Platz zwischen ihnen^^nsc he inend waren
die Insassen de^ Equipace den Zollbeamten gut bekannt, denn sie
liessen Wagen, Koffer und Matthias passieren, nur mit Scherzworten
an den Kutcher 8*Ä«-ohne i^iVinzuhalten. Matthias war nun im Dä-
nischem; er machte seinen Weg vm. nach Glückstadt, das oberhalb '
Hamburgs an der Elbe lag und ein Hafen für Skandinavische Schiffe war,
die nach allen Hftfen Europas aber auch nach denen der neuen Welt
segelten. Bald ergab sich eine Gelegenheit für ihn, auf einem Nor-
weger als Schiffsjunge geheuert zu werden.
aoin — -
^^»j^'guKui or krankt wa-r^. Der 7;alf is^h unter der Führiang von Kapi-
tän Hilgerson Jja^delte nicht nury^Kohlen, die er nach Spanien brach-
te, sondern ^4fi viel wertvolleren/ Gut_, das er in Nprdafrica auf-
iren Noga
schwarzes Elfenbein bezeichnet und geführt wurden. Matthias war
an Brutalitat \md Mishandlung gewohnt, w%s er aber von selten des
Kapitäns und ersten Steuermanns fty»«*»-, und was er aitaaiBehen muoote.
0
f
liess ihn manchmal fast wünschen, wieder daheim zu sein# Er
25)
"brauchte sich *«i«fr-a"ber niir das Gesicht seines Vaters \ind seiner
Mutter hüffmmiTBlnnnyfTi ^* | ^"^ ihrem schweren körperlichen Zu-
stand vorzustellen, «ftd Hilgersons Pratze ftjqrhi»n ih» fast mensch-
lichVUn^en'im Bauch des Schiffes lagen die Neger, wie einst Jonas
im ^rcprtocl tohom Walfisch," aber sie lagen in Ketten, MSnner, Frauen
imd Kinder. Die Kinder taten ihm leid, denn sie hotten um keinen
Preis entkommen können, und es wSre besser gewesen, wenn sie nicht
geboren worden waren. Manchmal schlich er sichCliSTuhd gab ihnen
etwas von der immer spärlichen Wasserration. Die Kinder schienen
2u^»rkennon tmd sich nicht vor ihm zu furchten, sondern ihn gern
zu haben. Aber er setzte sich argen Strafen vmd schweren PrUgeln
aus. da es der Mannschaft verboten war, unbefugt sich dem targo zu
en-
bein bestand. Als die Mishanainng linftrtrnglirih miT*(ip>, biss Matthias
den Kapitän < 4t b ttr-on ~i-hm=^v»3r3bg«g- ins Bein. Der Kapitän schrie
auf, liess ihn gehen iind alles rannte herbei, um die Bisswunde zu
versorgen. Matthias wurde nicht mehr geschlagen; er konnte es sich
nicht anders erklären, als dass er endlich eine Sprache gefunden ,
hatte, die sein Kapitön verstand xmd dass dieser /8iTs~seinesgieichen
ansah. In New York,
r lyrrTTty fa» ^ gelang es Matthias an
Land zu gehen und im Gewirr der Grossstadt zu entkommen. Er war nun
nicht nur ein flüchtiger Knabe, der das Elternhaus unbefugt verlassen
hatte, sondern ein Verbrecher, der seinem Schiff und seinem Kapitän
entlaufen war. Fr musste sich vi«j?e%-e«ireirfund wSre wohl umgekommen,
hatte nicht ein gütiges Geschick ihm den Skipper Petersen zugeführt.
<5it>V
den Jimgen völlig erschöpft an einer Strassenecke 1 legen -^i-ut^.
26)
t^
(Geschichte 4^Ä.^c^*v-
^tltterte er ihn, pflegte ihn \md liess sich
»rgPhilf^: sogar die Episode vom Beinhiss erzahlte ihm Matthias
und Peter Petersen konnte sein lergntlgen daran nicht verhehlen.
Als Matthias sich erholt hatte, machte ihm Petersen den Vorschlag .
fluf sein eitrenes flohlff zu kommen. Er sei nur ein^Zwoiaaotor, aber
nu^^
durchaus zureichend. Er brauche aberAeine üana^una Macxjnxas
thm utiii garrhaffnr Er warnte ihn allerdings, dass es kein leichtes
Leben sei, dass man das Meer lieben müsse, Ja dass man es im Blut
haben müsse, um dieses Leben auszuhalten, gäbe es doch kein^uhause
als eben das Meer, selbst wenn man sich hie und da irgendwo auf-
hielte, wie er es jetzt tue; das sei aber nur, weil sein Schiff
einige Reparaturen brauche. Er schilderte Matthias die Hörte des
Lebens, dem er entgegenseh, die Entbehrungen und vor allem die Tat-
sache, dass ein Leben auf dem Wasser keine bestandige Beziehung
ZU anderen Menschen, besonders nicht zu Frauen zulasse. Denn sol-
che Beziehiingen ziehen den Schiffer ans Land zurück, machen ihn
unzufrieden und unglücklich. In diesem Zustand aber sei man geneigt
unachtsam, Ja unvoriichtig zu werden.
Matthias sog alle diese Worte in sich hinein. Zum erstenmal
in seinem Leben sprach ein erwachsener Mann mit ihm wie zu einem
Gleichgestellten* Er wSre für Petersen durchiPeuer gegangen. Es
war sein Glück, dass Petersen zumindest in Bezug auf die meisten
Dinge, ein anstandiger xmd grossherziger Mensch. Er hielt nicht
viel von Frauen und hatte Matthias angedeutet, dass eine Reihe
unerfreulicher Erfahrungen für diese Eins teil nng verantwortlich
^. So suchte er, wenn sie an Land waren, nur die kSuf liehen
Mädchen auf und schien damit ganz zufrieden zu sein. Seine freund-
27)
o^puotet -er schien den jungen Mann an Sohnes
schaftlxche]
zu Matthias
statt anzunehmen und schien es zu geniessen. dass er ihm b^c^s^a^ s Luu,
was er »uootQ^sei »a Wronrf^egein^ ü^ischen oderdie Welt im All-
gemeinen mitamteilen juil '>w J '"ftijilTil Matthias war ein begabter \md
gelehriger Schüler. Er konnte bald das Boot ebensogut handhaben
verwaohseu*
wie der Skipper und fühlte sich völlig mit
Bald nachdem er Petersen getroffen hatte, d.h. noch in New York
hatte er seiner Mutter geschrieben j um ihr weiteres Sorgen 'im ihn
zu ersparen.
erste Nachricht nach seiner gluo ht,
ULL-tat na oiir Anraten von Petersen. /TNach i/T^Joju.
Wochen, als sie wieder in N.Y. eintrafen, erhielt er eine Antwort.
Sie dankte ihm^ und Gott, der i^/^^gen erhalt h^t^t^e^^r^die^^ ^^
Nachricht aber flehte ihn an, nicht mohp zu schreiben, fda sein^^^^-Ji{f^ ^^ ^
Vater isoaa* in seiner Wut, sie erschlagen möge. Sie habe nach dieser
ersten Mitjje
Wochen
unter seinem Zorn so leiden mUssen, dass sie seit
htttetOi^ ÄUi/älierdings/gabe^ feter ^. iej^j^^ejae nh e i
diesen Brief durch eine Nachbarin, die üMah ihi ürliuiite, heraus-
zuschmuKßeln. Von seinen Geschwistern seien nur noch 5 am Letoen, da
die anderen drei durch eine schwere
den seien. Auch sei das
g zu Gott berufen wor-
m einem sehr geschwacSten
Zustande Sie habe ihn Christian Peter genannt; den letzteren Namen
habe sift Matthias Skipper zu Ehren gewShlt. Wolle Gott das Kind
erhalten. Er tröste sie über Matthias Abwesenheit. Sie bat Matthias,
sie nicht zu vergessen, barmherzig zu sein und nicht mehr zu schrei-
ben und an sie zu denken, wenn er sein Abendgebet •«teSStt. Auch er-
mahnte sie ihn. gut iind sittlich zu bleiben und Gottes Gebote zu
I
befolgen. Durch Jahre hindurch erfüllte Matthias wenigstens einen
28) \, CL IC a^<y^^ [ t't^
Teil ihrer Bitten; er vergass sie nicht, er dachte an sie
^omi 'cT*Dcin A*«reK^ebet verrichtete. Da er aber Gottes Gebote
nicht halten
«^ betete er
xind nicht gut und sittlich bleiben konnte,
h nicht mehr^ ._ . . _ _ ^
ä4^ 1(Ult4$4A
Nach sieben Jahren starb Petersen an einer L\ingenen.t zUndung ;
da er niemanden asser Matthias auf der Welt zurUckliess, hinterliess
er ihm das Schiff und die wenigen Besitzttlmer, die er während seines
einsamen Leben angesammelt hatte, i^^arit S<l^ift K^' tuü lglll^Jft.■lt^^«--
««& war Matthias/ganz auf sich selbst angewiesen. Geld hatte
Petersen ihm nicht hinterlassen, »«- hiess es es denn entweder
weiter zu fischen, vielleicht sogar einen Partner zu finden, da e»
allein wohl kaum mit Boot \ind Fischen fertig geworden ware| oder
sein Boot für «tdere Geschäfte zu benutzen. Auf ihren vielen Fahr-
ten entlang der langen und wechselnden KUste hatte Matthias *ie-
Augen offen gehabt;. Er hatte sich gemerkt, was die Bedürfnisse der
verschiedenen KUstenbevülkerung war, so dass ihm diese Beobach-
tung nun gut zustatten kam. Er wurde eine Art Agent, schaffte von
Norden nach SUden, von Süden nach Norden, von einer Insel zur an-
deren dieöenAgen Dinge, die am notwendigsten gebraucht wurden; ja,
er führte auch Waren mit sich, die nicht wn d^Q. Lebensnotwendigen
zahlen, sondern das Begehren des Beschauenden erregen und sie da-
durch zum kaufen verfUhrea Rollten'. Kleiderstoffe und Hauben
oder hübsche Tüicherf'MesserfÜr die Manner oder wohl auch Spiri-
tuosen, manchmal handp;ewebte Teppiche .oder gekltJp^elte Spitzen,
Zuckerwerk und Obst aus dem S'üden, dasTti^hJ; \y%3i^ ^ . Bald machte L.
er die Erfahr\mg, dass jede Ware sich verkaufen liess, wenn man
29)
nur don rechten Kunden, den entsprechenden Markt kannte. Sogar
Tiere, Himde, Katzen /Tanninchen konnte man ljajsw««dani ja, sogar
kleine Negerkinder. Im Süden wurden Negerkinder gerne gekauft; sie
brachten nichti, allzuviel ©in, da ihre Arbeitskraft nur eine pg^en
Iß war^der Käufer sie füttern musste und keine Garantie dafür
Ue
JtiAllt
, dass sie ein nützliches Alter erreichen würden, ^ber auch
junge Kinder können schon etwas arbeitend fast wie im Spiel be-
merkten sie wohl nicht einmal, dass es Arbeit war. Nun war Matthias
kein wirklicher Sklavenhändler, zumindest würde er niemanden erlaubt
haben, ihn des Sklavenhand^s zu bezichtigen. Es geschah auch nur
"U^-xJUjUi, d*^t ^*^«v<4-v^ tc^iXu^ I4iu.c^kx<i ^^t>MK4-i^
selten, »•"« ^«ini r.r>.ahw.ftmnrta tlrint^ •ingetraf n-war. dass er
ein paar Negerkinder auf sein Boot nahm. GewtShnlich geschah das in
New York, wo kleine Kinder in Mengen auf den engen schmutzigen und
übervölkerten Strassen spielten. Niemand schien sich um sie zu
kümmern. Matthias sagte sich, dass die schwarzen Eltern ihre |(leinen
i^Äff- nichty^ vermissen würden, vielleicht sogar froh wSren, einen
hungrigen Mund weniger füttern zu müssen. Er hatte die kleinen
gerne, und er war gut zu ihnen, gab ihnen Süssikeiten
i^[(|an
nicht eigentlich sagen, dass er sie stahl. Er hatte nie ein Kind mit
Gewalt entführt, dessen war er ganz sicher. Die Kinder mus st en na-
türlich in der iaSiÄ« sein, wenn sie sich einem Hafen näherten,
damit sie nicht gesehen würden und unnützer Verdacht eXEjOgt würde.
r
Zu diesem Zweck, und auch wenn sie am Abend unruhig wurden und zu
ihren Müttern wollten, hatte Matthias Opiumtrop^en bereit, die er
einmal ^on einem Arzt erhalten hatte, als er an Dyssenterie erkrankt
war. Die Tropfen wirkten Wxmder, die Kinder schliefen "tacSB^fegt- ein.
Matthias brachte sie nach dem Süden, wo die von irgendeinem Plan-
30)
tagenbesitzer erworben wurden* Er dachte gerne daran^ dass sie
n\m im freien Feld an der frischen Luft sein würden , statt in den
tätlichen Strassen der Grossstadt ^ und dass es ihnen vergönnt seii^
ytliAe ein gesunderes Leben zu führen* Auf diese Weise ersparte er
sich Gewissensbisse; im Gegenteil letzten Endes konnte er sich sa-
gar als
Wohltater vorkommen. Er hielt aber dennoch diese gele-
gentlichen HandelseigentUmlichkeiten streng geheim; niemand schien
eine Ahnung davon zu haben* Sein Verdienst war kein sehr grosser*
Ptir junge Erwachsene wurde weit mehr gezahlt^ aber zu Erwachsenen
hatte er nicht die verführerisch warme Beziehung wie zu Kindern
\ind wusste gar nicht , wie er sie auf sein Schiff hatte bringen
künnen* Auch erinnerte er sich noch an den Walfisch \md die schreck-
lichen Dinge, die er dort mit angesehen hatte* Nein, sie muösten
«
freiwillig zu ihm kommen, mit Gewalt wollte er nichts zu tun haben*
Auf seinen Fahrten nach Ä dem Norden war Matthias auch zu den
Inseln in Maine gekommen und hatte RflWÄSHpfl« kennen gelernt. Ihm
fiel auf, dass die Insel aus Granitfelsen bestand und seine Ein-
bildung begann sich mit den Möglichkeiten dieses Gesteins zu be-
schäftigen* Er verschaffte sich so viel Information Über die Ver-
wendungsmöglichkeit von Granit tals es ihm möglich warH
Je mehr er darüber erfuhr, je sicherer war er, dass er auf eine ganz
grosse Zukunftsmöglichkeit cestossen war* Es musste möglich sein,
den Granit zu schlagen und ihn/zu
/«K
iogon, wo man ihn brau-
chen konnte, hatte man doch sogar Marmor geschlagen \ind befördert*
Granit wurde seine Passion, er trHumte sogar davon. Er kehrte immer
wieder nach Rtf^MtfritsooL zurttck, wo ihn die Fischer und Farmer gerne
sahen, da er ihnen Neuigheiten/^vom Festland brachte* ftio ka^iften
aueh wohl manche seiner Waren A^^^^J^ i^J^ ein mit ihnen zu trinken
51)
und scherzten über sein Interesse an ihrem Granit. Sie wurden aher
bedenklich, als er Land kaufen wollte, dass fast nur aus ^teeem
Gestein bestand. Sie wollten seine Besessenheit, die sie für eine
Art Wahnsinn hielten, nicht ausnutzen. Aber schliesslich gaben sie
nach. So erwarb er sich denjenigen Grund. auf »dem spöter die ersten
Steinbruche entstand^!, Nachdem er
oft genug in R
angelegt
hatte, wurde er schon regelmässig erwartet tmd fast als ein Zuge-
4
htJriger angesehen. So geshah es denn auch, dass er zu Jenem Tanz
gebeten wurde, auf dem er der j\uigen Rachel begegnete.
Matthias war nicht unschuldig geblieben, was Frauen anbelangt.
Er hatte normale Bedürfnisse und war oft in Hafenschenken einge-
kehrt, \m sich ein MSdchen mit aufs Boot zu nehuen. Aber er war
auch einige Male recht heftig verliebt gewesen, gewöhnlich aller-
dings in etwas altere Frauen, die schon Erfahrung hatten und bereit
waren diese Erfahrung mit dem jimgen Burschen zu teilen. Es war ihm
nie der Gedanke an Heirat oder Sesshaftigkeit gekommen; seine Be-
dürfnisse waren bald gestillt, und seine Verliebtheit liess ihn
keine Narrefei begehen. Er hatte §;Lch lie Warnungen seines wohl-
meinenden
Aber mit Rachel schien es anders zu sein. Sie war sehr jung,
unberührt 4nd wohl behütet, ja es schien ihm, als ob der ganze Ort
ItoolihoTiP ato junge Rachel bewachte. Bei ihrem zweiten Zusammen-
treffen sah er ihren Grossvater; nun erst bemerkte er, dass Rachel
eigentlich eine Farbige war. Er wurde Jephta vorgestellt, der sich
sehr zurückhaltend gegen den jxingen Mann benahm und ihn nicht in
sein Haus einlud. Jephta wer ein besonders gastfreier Mann, so dass
dieses Verhalten einem Fremden gegenüber, der deutlich die Sympathie
seiner Enkelin und der ganzen Ortschaft genoss, recht tmgewühnlich
52)
war. Wahrscheinlich machte die Liebe zu Rachel den alten Mann
hellhöriger und feinfühliger als die anderen Leute. Er mistraute
Matthias, ^a er fUhlte sogar eine ausgesprochene Abneigung cregen
den Jungen Mann, die er nicht begründen konnte* Bg bogrUfoto oo,
(fass Matthias bald wieder die Insel verliess um seinen Geschäften
nachzugehen, er ahnte nicht, dass Mjatthias Rachel versprochen
fwiederzukoÖLmen. JJas wusste nur Rachel , die sich
gegeben hatte und zwar 4n pinftr
hatte,
esen-
mit ihm ein heimliches
Woche nach seiner Abfahrt, auf dem Felsen, den er sich erworben
hatte* Dieses Grundstück war nicht weit von Jephtas Haus, man
mviB3te(^eT eine htJlzerne Brücke gehen, um es zu erreichen. Der
Mond, der im: letzten yi^^t^l ^av^ warf ein freundliches silbernes
Licht auf die Liebenden, die eng ineinander geschmiegt^ sas^en und
einander küssten. Sie vergassen Völlig (i*€ Zeit^-^tTephta war in
eineiy Stadtversammlung und die jungen Leute hatte
tg^nutzte- \xm einander ohne sein Wissen zu treffen. Die alte
^rau glaubte Rachelfiin ihrem Zimmer. Es war spSt gewordenjA Jephta
^^Irte nach Haus^; als er die Brücke erreichte, sahy^die beiden Schat-
ten auf dem Felsen; er erkannte Rachel und rief ihr zu, nach hause
zu komümen. Matthias war aufgesprungen und der Alte sah ihn beim
Licht des Mondes^ wie einen bösen, bleichen Geist.r:5inen Augenblick
^kannte er ihn. Er rief noch einmal dAn beiden jungen Leuten
schweigend. vor ihm das Haus betreten; mit einer eher bef ehlerischen
als einladenden Handbewegung deutete er ihnen an, dass sie in das
Wohnzimmer, das in ?^einem Hause von der Küche abgetrennt war, treten
sollten. Rachel stand einem ihr völlig fremden Jephta gegenüber. Sie
hatte ihren Grossvater nur gütig und freundlich gekannt; nicht nur
53)
zu ihr war er immer liebevoll und sanft gewesen, auch zu allen
f
anderen Leuten, so weit sie sich erinnern konnte. Nun sah sie ihn
zornig und hitter, die Stirn gefurcht «b4- mit einem hasserfUllten
Blick in seinen schwarzen tiefliegenden ^ugen, den er auf Matthias
eerichtet hielt. T^r hatte sich ah eirln^der Gewalt . •*© dase seine
i^
Stimme zwar sehr kalt \mä unnahbar rKTang, abeg er }ror\nte-M«a4
x'uhiff; oprcchnrn Die Vorte, die er sprach, waren daher i^i sj echSr-
fer, um so verletzender. Er nannte Matthias einen hoimliohett- Schur-
ke^, der in sein Haus eingebrochen sei, und versucht habe ein junges
Mädchen zu stehlen, der die Welt völlig fremd sei. Er habe das Ver-
trauen, das Ettl)<tot?ttJl iiini erwiesen habe, schmSlich misbraucht, er
verböte ihm sich in Rachels Nöhe zu zeigen, sonst wtlrde er von sei-
nem Recht Gebrauch machen^ «ör auf ihIv^schiessen. Er erlaubte Mat-
r
thias nicht, sich zu rechtfertigen, nicht zu erklären, wer er sei
und das er vielleicht ehrbare Absichten habe, so sicher war Jephta,
dass er es mit einem üblen Menschen zu tun hatte. Er wies ihn aus
seinem Haus.vindVl^tthiasibliebjnichts übrig »als dem alten Neger zu
I ^' -> ...
gehorchen. Seit er dem Kapitän des Walfisch entkommen war, hatte
er sich nie mehr so gedemütigt gefühlt.
IV
Als Matthias das Haus verlassen hatte, lief Rachel weinend in
ihr Schlafzimmer. Sie warf sich auf Ihr Bett imd schluchzte ver-
zweiflungsvoll. Sie konnte den Grossvater nicht verstehen, konnte
den sonst so gütigen und vernünftigen Mann nicht in dem halrten, zor-
nigen Menschen wiedererkennen, der ohne jeglichen Anlass einen
anderen beschimpfte und bedrohte. Auch als Jephta nach einer Weile
zu ihr kam, um sie zu trttsten, htJrte sie zwar bald zu weinen auf und
erwiderte seine Zärtlichkeit, aber in ihr Herz war Furcht eingekehrt,
34)
Furcht vor Jephta und damit auch der Wunsch. sich vor ihm zu schüt-
zen, ja sogar ihn zu hintergehen. Am nächsten Morgen erklSirte ihr
der Grossvater, dass bei der Versammlung, die er am Abend vorher
besucht hatte, man ihm den ehrenvollen Auftrag gegeben habe, die
Stadt in einem Civiidisput in Boston zu vertreten. Er habe eigent-
lich geplant, sie mit Anna in R
zu lassen; die jllngsten
Geshehnisse hatten ihm aber bewiesen, dass Anna zu alt seit um auf
Rachel einen Einfluss auszuüben oder sie gar beschützen zu können.
Auch sei sie keine rechte Gesellschaftferin für ein faslr erwachse-
nes Mädchen. So müsse er andere P18ne machen, da ihre Verwandten
auch nicht geeignet seien, ihn zu vertreten. Er würde sie gerne
mit sich nehmen, wolle und könne sie/\nicht einer so beschwerlichen
langen Reise aussetzen; Boston habe er vor sehr vielen Jahren ver-
lassen \ind sei nun selbst fremd und unbekannt dort. Es sei wohl
auch schwierig für einen Farbigen ein entsprechendes Unterkommen
zu finden; dies sei w#hl der Hauptgrund, war\xm er Rachel nicht mit
sich nehmen könne. Rachel hatte bisher nichtjvon Rassenhass ge-
merkt, niemand hatte je zu ihr darüber gesprochen, sie hatte sich
nie als Negerin gefühlt; es war schon richtig, dass ihr Grossvater
schwarz war, aber er war einer der geehrtesten Leute in ihrer
kleinen Stadt \md sie selbst war völlig weiss. Jetzt erschien es ihr,
als ob ein Vorhang von ihren Augen gerissen worden war: sie war
nicht weiss — ihre Haut war elfenbein, sie war anders als die an-
deren /die ihre Gespielen und Freund von Kindheit an waren. Sie hasste
Jephta für das, was er ihr angetan hatte, und sie sehnte sich \m
so mehr nach dem blonden Matthias. Der Schmerz machte sie stumm
/
sie schien sich %^ in alles zu fügen, was der besorgte und
liebevolle Grossvater anordnete. Die Lösung, die er gefunden hatte.
55)
imi Äii^^' UU|> . sie passte auch in Racliels Plöne. Wie sollte mit
ihm Über die Bay aufs Festland fahren. Anna oollte ?iie bes^.elten
^jj^^t__3^i4-:t^^-:b^4_a±nÄ3B4^^S5^ Jahre Älteren verheirateten Preun-
din bleiben, die sie gerne aufnehmen würde. Sie habe zwei Zimmer,
die sie ihnen vermieten ktJnne, \ind Rachel habe auf dieser Weise
die Gesellschaft ihrer Freundin und den Schutz einer Familie. Sollte
sich in Boston eine gOnstige Gelegenheit bieten, so würde er nach
ihr schicken, um nicht zu lange von ihr getrennt zu sein. Die Reise-
vorbereitungen nahmen einige Zeit in Anspruch jund es schien Jephta,
als habe Rachel sich vtJllig in ihr Schicksal gefunden. Ja als habe
sie sich Matthias schon W^^^i^ aus dem Kopf geschlagen. So war es
wohl doch nur ein flüchtiges Verliebtsein gewesen, dachte er, denn
er hOrte sie lachen xind singen und sie schien sich sehr auf die
Reise und die damit verbxindenen neuen Erlebnisse zu freuen. Niemand,
ausser einen andegea. jungen Burschen, der mit Matthias sehr be-
freundet war, wusste von dem kurzen heimlichen Treffen zwischen
Rachel und Matthias, bei dem Rachel ihm ihre Liebe bekannte und
ihm mitteilte, wo sie am Festland leben würde. Sie machten Zeichen
aus, die Matthias ihr geben würde, \im seine Anwesenheit ihr anzuzei-
gen. So war es wohl verstandlich, dass Rachel lustig war \ind nicht
um
Matthias trauerte. Sie konnte sogar zSrtlich zu Jephta sein. Der
wilde Hass, den sie einen kurzen Augenblick verspürt hatte, war
verschwunden. Sie fühlte sich ziinÄchst etwas schuldig, weil sie
Jephtas Verbot zu umgehen trachtete; aber es gelang ihr sich zu
überreden, dass, nachdem sie und Matthias verheiratet seien, Jephta
ihn besser kennen lernen würde. Es konnte gar kein Zweifel daran
bestehen, dass er ihn dann ebenso lieben würde wie sie. Nur manch-
mal, wenn sie an den Abschied von Jephta dachte, war es ihr zum
Weinen zu Mute und sie kam sich schlecht^ Ja verworfen vor. Ein-
56)
mal tn einer dieser Stimmungen wollte sie alles Jephta bekennen,
ihn bitten, sie nach Boston mitzunehmen. Sie lief in sein Zimmer
aber er war ausgegangen; als er zurückkam war diese dUstere Stirn-
mung verflogen; sie lachte und scherzte mit ihm und dabei dachte
nicht mehr daran, ihm ihre Plane zu beichten.
Matthias Verlangen nach Rachel
umso heftiger.
n
je mehr Widerstände ihm entgegen getreten waren. Er hass-
«
te den alten Neger, der sie ihm verweigerte und gleichzeitig be-
neidete er Rachel um ihr geschütztes und geliebtes Dasein. Alles
war fUr ihn, der nie das GlUck des Geliebtwerdens erlebt hatte, nur
eine Herausforderung. So war seine Phantasie durch seine Leiden-
schaften angeregt, und er lebte^durch Wochen in den Vorstellungen,
t waren. Endlich, nachdem Jephta
die mit Rachels Besitz
seine Reise nach Boston angetreten hatte, Rachel sich bei ihren
Freunden auf dem Festland befand, und Matthias' Geschäfte ihn wieder
in diese Gegend brachten, gelang es den Liebenden sich heimlich
zu treffen. Rachel war eines Abends unbemerkt aus dem Haus ge-
schlüpft und auf Matthias Boot gekommen. Erst in der «^ -Dam*vi *«i axt^
verliess sie ebenso unbemerkt wie sie gekommen wieder das
Boot \and erreichte ':ö« ihr Haus. Diesas Abenteuer^ das mr Rachel
eine vTSllig neue Veit ^aofüaftto und sie Matthias hOrig machte^
wurdefBfters widerholt. FUr Rachel zahlten nur noch die Stunden,
die sie mit Matthias verbrachte, der Rest ihres Lebens hatte keine
Bedeutung mehr. Es war ihr gleichgültig, mit wem sie auch immer
sonst zusammen war; Jephta schien nicht mehr zu existieren, bei
ihren Freunden führte sie ein Scheindasein. Konnte sie die NSchte
nicht mit Matthias verbringen, so konnte sie doch «wenn sie allein
war. an ihn denken oderkKachts von ihm trÄumen. Sie zog sich früh
36)
auf ihr Zimmer zurück, weigerte sich, an der üblichen Geselligheit
teilzunehmen und wurde verschlossen und still. Ihre Freiinde, die
wussten, wie sehr a4^e ihr Leben mit Jephtas verbunden war, glaub-
ten, ijpQa gj^ r.-ifth f\Hi\\i ihm schnfeet Als Matthias ^ sein Verlangen
t^'tK
so mühelos und weitgehend gestillt hatte und -ef*y er Rachel
80 völlig ergeben sah, geschah, was Ammor boi ihm geoohah; sein
für das Mädchen ncagCtoBMttd^> Er hatte -m oehr gehofft,
dass es mit Rachel anders sein würde als mit all den anderen Frauen,
die sich ihm hingegeben hatten^ Er begann sich zu langweilen und
Huschte seine geschäftlichen Verpflichtungen dt4»- Ausrede y^jagufeaJLd. l
^k^-dali?filClCl[lJeai3r^^^ Er versprach^ in einigen '/lochen wie-
6U.W
der zu kommen^und obgleich seine Sehnsucht und sein Verlangen nach
l
ihr nicht mehr sehr stark waren, hielt er sein Versprechen. In-
zwischen hatte Rachel mehrere Briefe von Jephta erhalten, die ihr
von dem Fortgang der Verhandlungen, die er führte berichtete, sie
über die lange Trennung tröstete und ihr versprach, dass er sie
nach Boston kommen lassen würde, so bald er ein passendes Unterkom»
men für sie gefunjälen hatte. Er erzÄhlte ihr auch von mehreren far-
bigen Familien, k^i denen er als Gast' aufgenommen worden war und
liess einfliessen.dass ^^t» eine dieser Familien einen sehr sym-
pathischen, gebildeten irnd begabten Sohn hatte^j^. Zu Rachels Sehn-
sucht nach Matthias trat nun
die Angst, von ihm für immer durch
ihres Grossvaters ahnungsloses Planen, dass er in die Tat umzu-
setzen suchte, getrennt zu werden. Die Tatsache, das sie schwanger
geworden war, hatte sie nur noch enger mit Matthias verbunden; sie
hatte keinen Augenblick an ihm und seinen guten Absichten ^-ezweifelt*
E s yÄard^nun >£^r sleOmr nc^eh eine F
ruck sein würde, um sie zu heiiVtr^, be
ihr
iy-t>-4-u-^ l
5V) ^^e-^ ItiUXix.^^'^^'^^^ (LsiM. (X^^^l^'^v^
ujuMtlLtir. Tatsächlich, kam Matthias g!|^||t%fp imd musste bei ihrem
ersten Zusammentreffen erfahren, dass er in einer Falle war. Selbst
wahren;»|der kurzen Zeit seiner heftigsten Verliebtheit, seines
stärksten Verlangen nach Rachel war ihm nie der Gedanke gekommen,
sie zu heiraten. Hatte sein Begehren nach ihr sowieso schon nach-
gelassen, 80 war sie ihm durch ihre Schwangerschaft vt511ig zuwider
geworden. Er hatte von jvlier schwangere Frauen nicht leiden kttn-
hBit, sie erfüllten ihn mit einem fast körperlich empfundenen Un-
behagen, ja, in Rachels Fall empfand er sogar Ekel vor ihr* Noch
dazu war sie eine Farbige, eine Negerin, wenn man es ihr selbst
auch nicht ansah — \md nichts lag Matthias ferner als der Wunsch,
^der Vater von Negerkindern zu sein. Gleichzeitig ^%a4rtift ihn eine fa^t
ngst vor dem alten Ne«er Jephta B^ßmei^t^ vor seiner Rache^
^ '^ ÖffTTCh im ntiin)i Innqen Er wTlrde sich nicht mehT»
auf
hatte vor
/
zeigen dürfen — aber da war sein Granit, und er
[mehr Granit zu kaufen, hatte er doch gehört.
dass irgendwann in der Zukunft — aber sicher noch zu seinem Leb- ^ -
Zeiten — die grosse Erfindung der Dampf kraft ausgenutzt ^»CMte
cffleai Schiffe jtobon <»ttpAe, die von Dampf getrieben wUrden.
scUüM ilaTttbei' • Er gedacitte all ^eine Ersparnisse dazu zu benutzen,
um Granit zu kaufen, für den es viele Verwendungen geben muootei'
Alle diese Zukunftsplane sollten nun einfach zu nichts werden, nur
«
weil ein MSdchen, das verwöhnt und unerfahren war und noch dazu
farbig, sich an ihn hangen wollte. Sie verstand ja nicht einmal zu
lieben, da waren die Y BarmSdchen und verheirateten Frauen ihm viel
bequemer. Er musste einen Ausweg finden, und er fand ihn auch.
Rachel war ahnungslos, sie hatte nicht den leisesten Zweifel an
Matthias • Liebe, und er liess sich nicht anmerken, dass er ihrer
58)
satt war. Er war zHrtlich \md besorgt irnd bat sie, ihm alles zu
überlassen, was mit ihrer Zukunft zusammenhing^. Er e^h oi-ti, dass
sie schnell handeln mUssten, um den Grossvater zizvor zu kommen
und er war sicher, ihr in ein paar Tagen, die Einzelheiten seines
Planes mitteilen zu künnen. Sie machten eine Zeit aus für ihr
Tref f en |und Rachel konnte ihre freudige Erwarttmg nur schlecht
verbergen, Matthias hatte kurz nachdem er Rachel verlassen hatte
und wieder klar denken komnte einen sehr einfachen Weg gesehen, wie
er mit dieser Unannehmlichkeit fertig werden konnte. -8u leuclilete —
Sein^Plan, ziimindest der erste Teil,'^xind nur diesen unterbreitete
er 4lMaj^^ch Rachel sofort ein. Er wollte sie so schnell als mtJg-
lieh heiraten, und dann, da Jephta vor vollendeter Tatsache stünde,
noch dazu, da ein Kind unterwegs sei, könne er gar nicht anders
handeln. als das ^unge Paar willkommen heissen. Aber sie mussten
' u
heimlich heiraten |Und das konnte nicht hier geschehen. Dazu mussten
sie in einen anderen Ort, ja wohl einen anderen Staat segeln, wo
ma]vl?achel nicht kannte^ ctbor ihft und deshalb keine verfänglichen
Fragen nach Alter xxnd ^Itern fragen würde. Da eB vorläufig nicht
gesehen werden Öfürfe -und niemand hier von seiner Beziehimg zu ihr
wisse, habe er gedacht, dass sie von Jephta« Absicht, sie nach
Boston kommen zu lassen, Gebrauch machen ktSnnten. Er, Matthias,
wUrde ihr einen Brief schicken, als kSme er von ihrem Grossvater
und sie müsse nur den Freunden sagen, dass ihr befohlen sei mit
der Post an den nächsten grösseren Ort zu fahren, wo Freunde von
Jephta sie erwarteten, um sie nach Boston zu bringen. Dieser Ort,
«
der etwa 6 Stunden mit der Postkutche von dem Ort entfernt war,
in dem Rachel bei ihren Freunden lebte, hatte einen ansehnlichen
Hafen; hier also würde Matthias sie erwarten und sie würden so
59)
bald wie möglich weiter segeln^ d.h. bei Nacht natürlich^ da sie
ja nicht gesehen werden durfte, bis sie an ihrem Bestimmungsort
angekommen und wirklich getraut waren. Er müsse sie also in seiner
kleinen Kajüte versteckt halten und er wolle sie darauf vorberei-
ten, dass es eine nicht zu behagliche Reise sein würde •
Alles war Rachel ^echt, das* sie der endgültigen Vereinigung
mit ihrem Geliebten naher brachte. Der Brief kam, die Lügen mach-
ten ihr keine Schwierigheit. Ihr Koffer war rasch gepackt, und sie
konnte ehrliche Freude zeigen, wenn sie auch nicht dem Wiedersehen
mit Jephta galt. Die Postkutsche brachte sie an jenen Ort, wo Mat-
thias sie erwartete. Sie war im Gasthaus abgestiegen, angeblich
\m. Jephtas Boten dort zu erwarten. Am Abend ging sie, wie sie de*
Wirten mitteilte, auf einen kleinen Spaziergang. Sie ging zum Hafen,
fand Matthias Boot und verschwand in seiner Kajüte. Niemand hatte
es gesehen. Ihr Koffer blieb im Gasthaus — einy\Zeichen, dass sie
nicht freiwillig verschwunden war«
Matthias hatte Rachel nun einfach umbringen können. aber zu
seiner Ehre muss gesagt werden, dass dieser Gedanke ihm nie ge-
kommen war. Er hatte andere Pltoe, die kxirz erzfthlt sind. Sie se-
gelten nach dem Süden; es war eine lange lond unbequeme Reiae für
ein junges MSdchen, dass nooch nie anders als im bequemen Bett ge-
schlafen \md vom gedeckten Tisch gut gekochte Speisen gegessen hatte
Sie lebten von gepökeltem Fleisch imd Schiffszwieback und schliefen
auf hartem Holz, das nur mit einigen Decken belegt war« Nichts
machte ihr etwas aus, ihre Fröhlichkeit und ihre freudige Erwart\mg
stellten Matthias Selbstbeherrschung auf eine hatte Probe. Er spiel-
te den zärtlichen Liebhaber, allerdings war es auch manchmal beqmem,
0
eine Frau neben sich zu finden, selbst wenn es ein NegermSdchen war
^
^0) cU
und noch dazu schwanger, ein Negermadehen, an 4i« er nur noch als
Ware denken sollte. Es war wie mit den kleinen Negerktndern, er
konnte sich einreden, dass er sie nicht gezwungen hatte, mit ihm
zu gehen — sie war freiwillig auf sein Schiff gekommen.
Sie segelten nach dem Süden. Rachel war entzückt Über die
W«rme, die Sonne, die tropische Vegetation. Sie legten an einem
Hafen an, wo nicht allzuviele Schiffe vor Anker lagen. Matthias
half ihr aus dem Boot ans Land. Sie hatte zunächst Schwierigkeiten^
ihr Gleichgewicht zu halten, aber bald konnte sie wieder auf fes-
tem Boden gehen. Sie war überglücklich. Sie gingen zusammen zu
einem Gasthaus, wo sie anscheinend erwartet wurden. Matthias liess
sie kurze Zeit in einem kahlen Kam; dann kam er zurück mit einem
Mann und einer Frau, die er ihr nicht vorstellte. Sie sahen aus
wie Farmer und betrachteten sie mit prüfenden etwas strengen Blicken
Sie sprachen zu Matthias in einer Sprache, die Rachel nicht ver-
stand — aber sie war sicher, das es Englisch war, nur anders als
es daheim gesprochen wurde. Matthias forderte sie auf, mit ih»-;E
\md den fremden Leuten vors Haus zu treten und in den dort bereit-
stehenden Wagen zu steigen. Es war ein Lastwagen, wie Landleute
ihn benutzten, um Vieh zu transportieren, aber Matthias sagte, die
Fahrt würde nur ICurz dauern, sie solle nur voranfahren mit den
Leuten, er müsse noch die notwendigen Vorbereitungen für ihre Trau-
ung, die in einer kleinen Kirche, nicht weit von diesem Ort statt-
finden solle, zu machen. Er vertraue sie diesen Bekannten aur für
eine Weile an. Man half ihr in den Karren und die Frau setzte sich
zu ihr und hielt ihren Arm. Dann sah sie noch, dass Matthias und
der Mann ein paar Schritte zur Seite gi^igen und der Mann Matthias
etwas Überreichte das wie Geldnoten aussah; er drehte sich um und
41)
I
winkte ihr zu, wÄhrend der Mann den Kutscherbock bestieg und die
Pferde anzogen. Das war das letzte, was sie von Matthias sah: er
stand und winkte. Niemand in ihrer Heimat hörte je etwas wieder
von Rachel, aber von Matthias sollte man noch viel htSren, denn
er kaufte Granit, auch mit dem Geld, das er für Rachel bekam |
«eine Vision was ßb^ Granit anbetraf verwirklichte sich; er wurde
ein sehr reicher Mann.
Jephta hatte nichts von dem Verschwinden Rachels erfahren.
Die Besitzer des GasthofHj; wo sie ihren Koffer zurückgelassen
hattefi, hatten zunächst auf ihre Rückkehr gewartet; da es aber
kein sehr respejlftables Wirtshaus war, sonst hatte ein junges Mäd-
chen, das ohne Begleitung reiste, wohl ungunstiges Aufsehen er-
regen müssen — ^ machten sie kein Axifheben von ihrem Verschwin-
den und eigneten sich die wenigen Sachen, die sie in ihrem Koffer
fanden als Entgelt für die Mahlzeit, die sie bei ihnen eingenommen
hatte, an. Rachels Freunde glaubten, dass sie sicher in Boston
angekommen war, saibat-^^eBn ihre Ankunft^nicht gemeldet würfle.
Da es schien, als ob die Angelegenheiten, die seine Reise notwen-
dig gemacht hatten, sich nun doch schneller abwickelten, als er
vorausgesehen hatte, plante Jephta, seine kleine Enkelin zu über-
raschen. Deswegen schrieb er nicht, da er hoffte, sie so bald zu
sehen. Allerdings, wie es unvermeitlich ist, traten Veraügerimgen
ein, so vergingen viele Wochen bis er ;jenen kleinen Ort wieder
erreichte, wo er Rachel bei ihrer Freimdin untergebracht hatte.
Es herrschte ein Zustand völliger Verwirrung, als sich heraus-
stellte, dass Rachel weder mit ihrem Grossvater noch bei ihren
Freunden war. Der alte Mann war verzweifelt, er konnte sich ihr
42)
Verschwinden nicht erllSren. Er hatte zunächst Matthias in Verdacht,
aber die ganze Angelegenheit machte keinen Sinn. H**Btte Rachel
ihn heimlich heiraten wollen, so wSre die Entführung, das ge-
■
fälschte Schreiben, das vt511ig spurlose Verschwinden doch unnötig
hatte „ . ^
gewesen. Auchmiemand Matthias um diese Zeit in dieser Gegend gesehen
Die Freunde versicherten ihm, dass Rachel niemanden ohne ihr Wissen
hotte treffen oderj^lielilich Post empfangen können. Ihr Verschwin-
den blieb ein Rätsel, da auch der Postkutscher sich nicht entstn-
nen konnte, dass Rachel o« ^^^ i^ gefahren »ei-; so koimte er na-
türlich auch keinerlei Angaben datlber machen, wo sie abgestiegen
. Jephta setzte alle ihm zu Gebot st ehende», Mittel in Bewegung,
um wenigsten eine Spur von Rachel zu entdecken. Alles war vergebens.
Nach schrecklichen, genponnlten Wochen kam immer der gleiche Be-
scheid: sie war nicht aufzufinden. Jephta kehrte nach Rijilrha«iin
als ein gebrochener Mann zurück. Dass er die Verhandlungen in
Boston zu feunsten ftoekLuveno abgeschlossen hatte, war ihm nun
völlig gleichgültig. Man hatte ihm viel Anerkennvmg sowohl als
auch Mitgefühl zunächst entgegengebracht, aber er zog sich in seiner
Trauer von allen Freunden zurück imd schien völlig vereinsammt.
Er wollte auch Anna nicht um sich haben, sondern liess nun sein
Haus von einer Nachbarin in Ordnung bringen. Sonst liesorgte er -f»-*^
sich selbst.
Matthias erschien in Reeltha^ia wie gewöhnlich zur erwarteten
Zeit; er zeigte sich entsetzt und tief betroffen, als man inm
Rachels seltsames Verschwinden berichtete; aber auch er, der ja
viel erfahrener in weltlichen Dingen war, konnte ke inei**i -pä^-
Erkiatrimg finden. Er sajis mit seinen Kiimpanen zusammen und LLi>u^i
l^^lCLu. bespract^^lle spoglichkeiten.
^5)
Es waren ein paar neue Gesichter in
zu bemerken,
Zugezogene, die von wer weiss welchen Gegenden stanunten, stÄm-
«ige Burschen, ^^^j^ ^^<^U^Z ^^^"St'^^Vtl^'r
und den Jungen in R^lBb%vtp4(^?öHrTi5pöhTerten, Sie machten den
Eindruck von Leuten, die ein recht huntes Lehen hinter sica hatten
und in ihrer Zeit vor nichts zurückgeschreckt waren. Sie sahen mit
Terachtung auf alle herah, die nicht ihres gleichen waren: abeijvor
allem sprachen sie in schamlosester^ Ausdrucken von FarhiKen, ob
tm Neger ©*«r Chinesen ^unä'spücK^ten'^s, wenn sie ♦«•Wmt=MBa*«fi ^vv'U^
Mit ihnen nun kam auch Matthias zusammen und musste mitanhOren,
was sie über Rachel zu sagen hatten. Sie tranken und machten ihre
groben Scherze \md kamen immer wieder darauf zurück, was für eine
schändliche Angelegenheit es doch sei, dass Jephta, ein Neger, eine
Ehrenstelle in ihrem Ort iimcha»o . Es konnte natürlich nicht mehr
festgestellt werden, wem der Verdacht «^*'sP^.^6^.°^$i^;^^;J!^ ,^^^^
den pruten Boden ahnend, scl&uerweise pflanzte; jedenfalls plützlichn^
war der Verdacht ausgesprochen: Hatte nicht vielleicht Jeptite selbst
etwas mit dem Verschwinden Rachels zu tun? War das nicht die ein-
. tt ^ ^
fachste, naheliegendste |::os\ing des Ratseis? ^
(gründe für das Verschwindenlassen seiner Enkeltochter würden
sich schon finden, wenn man zunächst überhaupt eine solche Müglichli
keit ins Auge fasste. Der alte Neger war ja sehr lange fortge-
blieben, viel langer als es den Verhandltingen, die er zu führen
hatte entsprach. War es denn so unerhört anzunehmen, dass er selber,
der doch in das Mödchen so ogfentlich vernarrt war, vielleicht
seiner Beziehung zu ihr weiter gegangen war als das Gesetz es ge-
stattete. Alle Neger waren doch Lüstlinge und irgendwie musste
44)
doch wohl auch Jephta fleischliche Bedttpfnisse haben. War man so
weit in den VerdMchtigungen gegangen, so sah man doch auch, was
die wahrscheinliche Folge war. Rachel musste wohl die Pugckt der
Unzucht in sich geliKagen^ haben. Der Alte konnte aber die Anschau-
lichkeit seines Verbrechens nicht riskieren — so musste er Enkel-
tochter und Urenkel zusammen los geworden sein. Urenkel, man bedenke,
gleichzeitig sein eigenes Kind — was für eine komplizierte
Situationnlenn war nicht auch Rachel gleichzeitig die Mutter und
Urgrossmutter ihres Kindes! Sie ergingen sich in n jcht endenwoUen- ^^
den. immer neuen Vorschlagen und Vorstellungen i^toag^t, DuC ^Ka^
i<. Matthias hatte sie langst
verlassen. Ganz frllh am nächsten Morgen setzte er Segel und verliesa
R
. Wer konnte sagen, was in Matthias vorging. Fatte er
Gewissensbisse; konnte er vielleicht nachts nicht schlafen, weil
er Rachels liebes Gesichtchen vor sich sah^ wie er es zuletzt ge-
sehen hatte, ganz erwartungsvoll und ein \iischen Ängstlich aber
völlig vertrauensvoll? Niemand wusste in jenen Jahren, was in dem
Mann vorfeich ging. Allerdings, als er ein ganz alter Mann war und
ein vielfacher Millionär jjaber ganz vereinsamt ohne Nachkommen oder
^■Albat jpgAnHiiiri Wesen, das ihm nahe stand, als er auf seinem Be-
sitz in riüDiili^yOT tiilfln- und krank in seinem Bett lag, da besuchte
ihn ein anderer alter Mann, mit dem er einst als er a\ing war und
in Rachel verliebt I^meradschaf t gehalten hatte. Diesem Natnanael
Brown gestand er
schrecklichste Tat seines Lebens und ver-
sicherte ihm, dass er seither keine einzige Nacht habe schlafen
können. In seinem Testament, in dem er einen weitläufigen Verwandten
und zwar den Jüngsten, der ihn Überlebenden Enkel seines jüngsten
Geschwisters als Erben eingesetzt hatte, hatte er ^ine ansehnliche
^5)
Stiftung zur Besserung des Schicksals seiner farlDigen Mitbürger
gemacht
VI
Jephta lebte allein in seinem Haus* Er verwaltete seine
Ämter, er unterrichtete sogar noch einige Kinder, aber er hatte
sich so sehr in sich selbst zurückgezogen, dass man ihn naob itgtriger - .
Zeit allein liess. Seine Freunde mtisaton ihre erfolglosen Versuche
ihn abzulenken, bald ein»tellen> Sein Haar und sein Bart waren
weiss geworden und, obgleich er sich aufrecht hielt, schien er
zart und zerbrechlich geworden zu sein^Am Abend blieb er zuhause,
s€^s in seiner Stube oder wanderte/von Raum zu Raum, ^f t ^tunden-
lachte an Rachel, an die Zeit als sie so klein war, dass
er sie mit sich herumtrmg; an seine erste Bekanntschaft mit ihr,
als sie neben ihrer Mutter im Bett lag, ein winzigej^ SÄugling mit
einem Schopf Sftgfe^^ÄnlxraaffiÄr Haare und überraschend grossen grau-
schwarzen Augen* Wo war sie jetzt, lebte sie noch? Er zweifelte
daran, denn sie hütte wohl einen Weg gefunden, ihn wissen zu las-
sen, dass sie noch am Leben war. Aber wenn sie nicht mehr lebte,
so musste ihr ein Leid zugefügt worden sein. Er konnte nicht glau-
ben, dass es irgend einen Menschen gab, der Rachel, ihretwegen,
etwas Böses antun wollte. So konnte es nur ihm gelten* Man hatte
ihn treffen wollen, irgend jemand hatte sich mit teuflischer Klug-
heit ausgedacht, wie er Jephta den grOssten Schmerz bereiten könne;
eine nie endende Polterqual, die den Rest seines Lebens unerträglich
machte. Er musste sich Feinde erworben heben in seinem langen tä-
tigen, öffentlichen Leben, Feinde, von deren Byistene er nicht ge-
wusst h^tte, deren Hess er ahnungslos auf sich gezogen hatte^'^ei-:;:.
<ti.
46)
Er der Gerechte und Gute musste geirrt haben, musste Menschen,
wenigstens einen, gekrankt haben, ^o unverzeilich gekrÄnkt, dass
er ihm dies antun konnte. Er versuchte, sich vorzustellen, wer
\md wann e^ gewesen sein kOnnte. Er fand ni^emandenin der Ver-
gangenheit mit Ausnahme der H4feyift VQ Ai ^^^teOaeaJJiniie^ , gegen die
erVekaipf t hat te ; aber es war ka\im anzunehmen, dass irgendeiner
cy,ooor frWherftn- ?ft1n^fr ihm die Feindschaft nach so langen Jahren
in sein Privatleben .binaintrug. Er schritt durch die Rftume seines
Hauses und dachte an seine Vergangenheit: Er hatte jeden verloren,
den er geliebt hatte. Vielleicht hatte er zu sehr geliebt — und
immer^einen Menschen. Weit weg in der Ferne^ aber mit schärfster
Klarheit|War seine Mutter. Er konnte sich pltStzlich an sie -ßrin-
nern; fast spürte er die Weichheit und den Duft ihrer braunen
Haut, den Druck ihrer Arme um ihn. Dann war die Wfirme versohwun-
den; sie war kalt, geworden, und \mbewegt durch sein Weinen und
B/^tten. Peggy, das kleine blonde MSdchen hatte etwas später sein
Herz gewonnen, bis zu dem Tag als sein Pflegevater ihn fortschicken
wollte^ "^Peggys wegen. Er hatte damals geglaubt, dass er den
%
Schmerz nie wttrde ertragen können. aber er war Jung und er fand
leila und sein Glück, dass fast dem seiner frühesten Erinnerxmg
gleichkam, i^r es waren schwere Zeiten(imdLeila gi^^g von ihm;
doch sie liess ihm SStet. Wieviel Zärtlichkeit, wieviel Sorge, wie-
viel^Mühe \ind Hoffnung ^m^^fi in jene^t Jahre investiert in denen er
nfuhri hnrnnwfrrhffnn sah. Sicher, er war enttauscht gewesen, dass sein
Sohn so wenig ihm nachgeraten war, nur das Wasser, aber nicht die
Bücher liebte. Aber er war auch stolz auf ihn gewesen, auf sein
Geschick als Fischer, auf das Boot, das er sich gebaut hatte und
i
^7)
auf die reizende kleine Frau, die er ins Haus brachte. Wie glück-
lich und reich war Jephta in jenen Jahren geworden, nicht so sehr
<
an materiellen Gütern, obgleich auch die nicht viel zu wtlnschen
übrig Hessen — aber an Liebe undV Vertrauen in seinem Haus.
Sie hatten ihm Rachel geschenkt, und sie war ihm wenigstens ge-
blieben, als die entsetzliche Katastrophe über ihn und sein Haus
*
hereinbrach, Jene schreckliche Tsgectmd NHChte, als man das Boot
mit Sm und Cal/ista nicht finden konnte, als es schliesslich
unumstrittene Wahrheit wurde, dass sie beide im Meer, das sie so
liebten, umgekommen waren, beide zusammen; man fand sie am .Strand
\
einer im Arm des anderen liegend. Es hatte damals lange gedauert,
bis er sein Schicksal als meines angenommen hatte. Er hatte sich
nicht darunter gebeugt; er hatte an den Krieg gedacht, in dem er
hatte kämpfen dürfen, und dass er mit an der Republik gebaut hatte,
an der Freiheit für seine Mitbürger und für sich selbst; es hatten
andere ebensoviel oder sogar noch mehr zahlen müssen als er und
hatten nichts dabei gewonnen. Auch hatte er ein noch winziges
Leben zu betreuen, das heranwachsen sollte -und das sein Leben
vtSllig ausfüllte. N\m hatte er auch sie verloren, unverstandlicher-
V. «^ I,
weise, -sinnlos, fast musste er denljen, nur weil er sie geliebt hatte.
Aber seine Liebe hatte sie nicht ders- Verderben geführt, es sei denn
dass man sie benutzt hatte, um ihn zu peinigen.
Er kam immer wieder zu diesem Gedanken zurück und damit zur
Jüngsten Vergangenheit, zu Matthias. Hatte dieser Bursche, der
vom ersten Augenblick an so abstossend erschienen war, docn
mit Rachels Schicksal zu tun? Aber wie war das möglich? Niemand
brachte ihn mit ihr in Verbindung, niemand hatte ihn um die Zeit
in diesen Gegenden gesehen; und Rachels Freimde hatten geschworen,
I I
48)
dass sie nur Umgang mit Leuten hatte , die sie kannten^ und nur in
ihrer, der Freunde, Gegenwart* Rachel war wohl etwas flatterhaft
und ihr Character deutete starke aber noch verhaltene Leidenschaft-
lichkeit an, wj
aber um einen solchen Betrug zu planen und
durchzuführen — • denn es musste ein Betrug sein, wenn sie selbst
daran beteiligt war, — dazu fehlten ihr ein klar überlegender
Sinn und weltliche Erfahrung, Matthias hatte wohl der Planer sein
I
ktJnnen, er hatte aber Rachels Einwilligung und H^ilfe gebraucht.
Wi#i4lephta wiederholte dies immer wieder, hatte Rachel sich dazu
bereit gefunden, ihrem Grossvater einen solchen Schmerz zuzufügen.
Warum sollte sie verschwunden sein — aus Angst vor ihm? Sie kann-
te ihn doch zu gut, um nicht anzunehmen, dass er ihr schliesslich
doch in Allem nachgtlÄC^ö^cx^ *Ä^//^^
Matthias aber kannte ihn nicht ^und Matthias konnte man alles
zutraufe. Nur wusste Jephta nicht, was er Matthias in dies^m Fall
zur Last legen konnte. Es war als hatte Rachel plötzlich sich in
Nichts aufgelöst, keine Spur war vorhanden. Jephta saSs stundenlang
in seiner Stube vor seinem Tisch der mit B BUchern feehauf t war. Er
las das Buch Hiob. Sein eigenes Geschick erschien ihm so fremd und
wie Hiobs. Das war aber kein Trost. Hiob hatte ^a Recht
gehabt; es war nicht sein eigenes Tun oder Wesen, das sein vmvor-
stellbares Leid heranbeschworen hatte — nein, es war die Laune
eines anderen gewesen, der sich Gott nannte und einer teuflischen
Laune nachgab. Oft wurde es draussen schon licht b« Jephta er-
schtJpft auf sein Bett fiel und in %hu paar Stunden Schlaf Vergessen
fand.
^9)
Jephta war so in sich gekehrt und mit seinem sich endlos
» *
wiederholenden Gedanken beschäftigt^ dass er nicht einmal merkte ,
wie sich die allgemeine Stimmimg gegen ihn geändert hatte. War er
früher der geschStzeste Bf^rger des Ortes gewesen, so war er Jetzt
ein Gegenstand der Verdacht igimgen* Vielleicht war das möglich,
weil eine neue Generation herangewachsen war, die von Jephtas
grossen Verdiensten, Ja von seinen Heldentaten nichts oder nur
durch HtJrensagen wussten; Fremde waren gekommen und hatten sich in
Ro^ÜiiiiKn angesiedelt. Die Gerüchte, die an jenem Abend an dem
Matthias mit seinen Kumpanen trank, entstanden waren, verbreiteten
sich schnell. Das Mitgefühl für das tragische Schicksal des alten
f 5
Negers hatte sich in Mistrauen verwandelt, das von Misgunst ge-
speist wurde. Seine Zurückgezogeiiheit kam diesem Mistrauen ent-
tf
gegen. Warum musste sich ein früher so sehr in der Öffentlichkeit
lebendeJ^Mensch verstecken, wenn er nicht die Zeichen seiner Schuld
verbergen wollte. Dies war die halböffentliche Meinung. Die Zahl
von Jephtas Freunden war gering geworden und die meisten von ihnen
I» '
waren alt. Öffentlich wurde diese Meinung erst «jf bei der Stadtver-
samml\mg, die Jephta nie versöumt hatte, solange die Gemainde auf
R
n bestanden hatte. Auch diesmal, trotz seiner Schwermut
und eines Widerwillens-seine Trauer zur Schau zu stellen, tat er
seine Pflicht. Er kam sp8t zu Versammlung -\ind gleich beim Betreten
des Raumes spürte sogar Jephta eine merkwürdig* gespannte Atmosphäre.
«
Die Anwesenden beobachteten schweigend, wie der alte Mann zu sei-
nem gewohnten Platz in der vordersten Reihe zu gelangen versuchte,
der ihm in seiner Rolle als Gemeinderat zukam. Er fand die Reihen
r
dicht besetzt, niemand machte ihm Platz. Verwirrt durch dieses
50)
ungewohnte mid unerwartete Vorgehen, Hess er sich auf den nächs-
ten Sitz nieder, der frei war. Ein Gewirr von Stimmen war auf der
einen Seite des Raumes zu htJren, wie das btJse Summen gereizter
Hummeln. Nachdem der Vorsitzende die Versammlung eröffnet hatte,
aber bevor er noch die Liste der zu besprechenden Themen vorlesen
konnte, meldete sich jemand heftig zu Worte. Es war einer der
zugereisten Grobiane, der schon seit einiger Zeit seinen Binfluss
auf die jüngeren Leute, Mönner und natürlich auch Frauen — er war
gross und stattlich tmd brutal — geltend gemacht hatte; einer von
jenen, die niit Matthias kameradschaftlich getrunken hatte. Hier
stand er nun in seiner ganzen unverschämten Kraft und sagte t5ffent-
lich, was bisher nur hinter Jephtas Rücken gemurmelt wurde:
" Was tut dieser Neger hier in der Versamml\ing weisser MÄnner?
Brüder, wollt Ihr das weiter dulden, dass Exire Versammlxmg zu einen
Schweinestall wird? Nirgendwo sonst würde man erlauben, dass der
schwarze Bastard sich mit einem weissen Mann niedersetzen darf. N' och
dazu dieser Nigger, der wie wir doch alle wissen, seine eigene ver-
dammte Brut geschändet xand dann ximgebracht hat. Seid Ihr denn
alle Idioten und SchwÄchlinge, dass Ihr ihm erlaubt. frei herum zu
gehen \ind noch dazu diese Versammlimg zu beschmutzen. Werft ihn
hinaus, oder wir werden es selbst besorgen. Wir haben an anderen
Orten gesehen, wie man mit diesen blutschänderischen Schweinen um-
geht lind wir werden es t\in, wenn ihr ihn nicht sofort entfernt. Die
1^»-UX^.
alten Fre\ande und ■jiii Tu Ix 'innt-n waren aufgesprxingen und
hatten sich schützend xm Jephta gestellt: es war^nicht sicher, o\)XcHx._
neunund^-dreissig itj_ip-^ iu Allwm ni.i i-j^rilL^ie drängten ihn) pt^j ,x^
zur Tür und brachten den alten, vor Entsetzen stiimmen Mann in se''"'''
51)
I^r^us. Sie wollten bei ihm bleiben, um ihn vor Gewalttaten zu
schützen I aber er verweigerte ihnen diesen Liebesdienst ^ wubste
er doch nur zu gut, in welche Gefahr sie sich seinetwegen begeben
würden. /STs'Tie gegangen" waren, nahm er sich ni(Cht einmal die
Mühe, die Türen zu schliessen.
Die Versammlung. zu der Jephtas Freunde zurück kehrten ^war
wild und stürmisch und dauerte die ganze Nacht hindurch. Man kam
nicht dazu, irgend ein anderes Thema zu besprechen als Jephta,\ind
was mit ihm zu geschehen habe. Die alten MHnner und die anstSndi-
geren hielten lange dem Ansturm der Brutalitat stand, aber schliess-
lich mussten sie der Mehrheit weichen, denn sie waren eine demo-
kratische Versammlung. Hatten sie nicht nachgegeben, so wSre wohl
^ das Recht in die HSLnde der Saufkumpanen übergegangen, die vor-
sie
fcfchatten Jephta zu hangen, so wie es im Süden und Westen gesenen oder
iiohl auch mitausgefUhrt hatten. Es wurde beschlossen, dass Jepiita
I innerhalb von 48 Stunden die Insel verlassen müsse, da er ein un-
erwünschter Fremder in der Gemeinde sei.
^(3i»j(^n Morgen, nach dieoer-^i tzii.n^ gingen die Gemeinde Ver-
walter, die noch alte Freunde Jephtas waren, zu ßeinem Haus, um
ihm den Beschluss der Versammlung bu bringen. Sie wollten ihn auch
trtJsten und ihrer eigenen l^f^y^ii^^B,^ versichern. Sie gingen schwer
mit bedeckten Köpfen, aber entfernten ihre Kppfbedeckung. als sie
sein Haus erreichten, als wollten sie eine Kirchs betreten. Sie
riefen, aber nichts rührte sich. So schritten sie durch sein Haus,
von Raum zu Ra\im, bis sie sein Schlafzimmer betraten. Jephta lag
auf seinem Bett mit durchschnittener Kehle. Blut bedeckte das
weisse Leinentuch und sein weisses Hemd. Sein Rasiermesser lag
52)
am Boden. Die Kerze auf seinem Nachttisch war fast schon vt3llig
hera^)gehrannt ; neben der Kerze lag die heilige Schrift, die beim
Buch Hiob aufgeschlagen war^^Die Gemeinde beerdigte Jephta^ nur
ein kleiner Zug folgte dem Sarg zum Friedhof. Auf dem Totenschein
waren seine Personalien angegeben, sein Alter, sein Name/ Jephta
Stone, ein Neger*
^Itk ^^^ 4Mk *^
t^iUt^ ^ t^yuhM . fU^ ^ SröUillju. xL, •Lz^ ^-a^u^ r£^
2;^ f/eu<^.cX^ t^^t^ J^' C^c^ m" i^V^tf^ tct,,; ^^<^ ^^^^^
i-tt^t-<.i^ 4^i^^KU. t^^ltc ö.uJ!.,
77
VI, Kapitel
■ II— ■ ■! ■■■ I I ^H I Uli ■ —
Dil ^
' 'XIIIG
Dr» von Ja^emaim war In ^o,y#r p^rwdn döbel^ alch seinen
ÜBT^tPl 9UBi!u«leh#*n, <!le Tour seiner N achmlttaiT-övlftiten war
bee.idlprt. ^q wr^r ein Pebruernachtrdttag mit N ehel und r^lnd;
"Hauh und unonpeneh«^ vci^ eß mir in U a.burg zu ditatr Zelt
Ist,** dachtf der Doktor, verbesserte sich aber selbst dahin-
gehend, daaa eö Wberwll IMnr^t der Oat-und Nordsee-Küste Je tat
ao sein »••uaitet T?r dachte voller aehnauoht an :3tzllien, wohin
er als ,junc?er •^ann elne^ im^^nf^^ene^^'aen Hustens vteren einaal im
?ebri2ar creachlckt worden war. Dieser Aufenthalt, der iei rere
Wocben seiner. Lebens ver'^.aubert hatte, war Ihm strahlend und
lockend in Frlnnenmr f;ebl leben. Jedem Jnhr im Herbat begann er
zu planen und «unrnrechnen, ob a-^ine Iv^er wachsende .^raxi»
ihm erlauben wtjr^ie, nlc^. zwei /ochen Kerlen sch^n im Februar
zu Rpnnen» Fn kai» nie so weit* Ger?^1e In dieaem ^rrsuen Monat
war er beschilft Ifct er als sonst* Influansa und Herzerkran-
kun^/en schienen nn der T/igesorduunf.:, und er ^^vurde soptar hSufig
nachta von Patienten f^e^nifen, denen er drinrendf^ Hilfe nicht
verweigern mochte. ?;o v78r ee nicht verwunderlich, desa er
müde war unr» -ich auf eine ruhii^re r'tunde In ^einfm Arbeits-
limmer freute. Fr war nicht ein aal lozuwekr nnieo, die Zeitung
wie frewtihnl Ich nach xlacfc zu lesen, ria er von Frau lii^irnfeld
gebeten wurde, eiligst zu kommen. Max hatte hohes lieber
und hatte die ^'acht und den ^lowren Über viel trehustot. Beim
I I
I i
VT-2
7«
Geianken an Vax wurle der Doktor besorgt; er sollte doch Jehr
entachleden raten, dasa ¥ax Haraburp; verliess — "auf immer, *•
dachte er seuf/ead, 90 »;erne er ihn auch hier behalten bStte.
nieaea Kl 1ms war Olft für ihn. Fr würde ihii oehr verniasen;
er konnte sich 30 gut mit diese-n jxingen \!en3chen imterbalten,
tie ver.itarjden eiiisrn ler trot? des Geuerationaunternchiedes.
Fr hatf? gf ode «ax von TTietzjche erzBhlt und ihm den Isra-
thustre zum leaeu p;e^reben. Fs war eine ftrosae Freude, das
Interesse und die geistige Lebendigkeit in ihm anzuregen und
zu pflegen. K ieiuend axide^ er in seinein Gesellschaftskreis
oder im Krankenhaus vermittelte ihm dieses wunderbare flefUhl,
einen neiat zu formen. Fr dachte, unmittelbar an diesen Ge-
danken anschliessond, an Irene und fühlte .vieder die «grosse
Müdigkeit, mit der er aacn Hauue gekofnaicn war. Er hürte
Stiraraen vom '^-alon her. Jcniand hotte die Tür dort geüffnet;
anscheinend war seine Frau nit eirem Benuch beschäftigt; er
glaubte Frichs ntrame erkannt zu haben. Dai)n klopfte es
leise an seine Tür und Gertru^e kam herein mit eiaeoi Ausdruck
im Gesicht, der Neuigkeiten verkündigte. Mit ftlÄnzenden Au-
ß;en und gert^teten v'anpen rief sie: "Vater, Erich hat sich
verlobt, - mit dieser Irmgsrd Hoyk. Fr sitzt bei ".»futter im
Salon und wartet auf Oich, daas Du ihn 3e<.'ne3t. '^'aa Sdf5;st Du
denn zu dieser "ahl?" "Das wird das ;junge MWichen sein, mit
dea Frich bei den Petersens so viel getanzt hat," neinte von
Jagemann. "Sie scheint ein sttraktiv<^ä und nettes Vödchen
zu sein. Die Familie scheint T.it den Tilienfelds zu verkehren."
"Nicht die F3:nilie," sagte Trude schnell und aufgeret-t.
VI-5
79
I «
"nur der ,1\lngere Bruder. Nein, sie nind bestl-nmt nicht
die Art» eo eine Familie vi« die Lilienfelda zu schützen.
Herinsrskraaier," eegte sie «rerinsrschRtzig, "otcleich er sich
Gr^SGkaufrrann nennt i Er vird eher der Tochter eine e-ute
MltP-lft sreben, 30 das? T:rich sich in seine Firme eink^\'fen
kenn und ein Haus wohl in der ühlenhorst — -nan wss ja rieht
gleich in HarvesteJi^Ude anfano-enl Du solltest dem Erich
p;ebVrlg Deine '>«einunf? sagen — vielleicht hat sich der H err
Assessor aber vorspekuliert, vielleicht hat »r von der mira-
kultJsen Erbschaft gehBrt, -Bber die ?^ehr5rt nur dem Jüngsten,
savt Max, der Yater haO nicht .ual das Versal tunj^srechtl
Mtlde und 9r"-erlich wie er bei diesen beissenden Bemerkungen
ieiner Tchter w^r, nahro Jafretiaim ^ich doch zus^Jimnen und
setzte ihr auseinander, daas seiner TIberzeu?ung nach der
Assessor nur aus Zunei?-.ung seine Wahl petroffen habe und das»
der Hoykschen ^^amilie nichts Ehrenrühriges nach^esa^t wtlrde,
80 da SS die Verbin- ung; mit ihnen allen willkoairaen sei. "Aber
was willst Du denn -'.irklich von mir, Trude. warum hast Du
nicht warten können?", fragte er misstrauisch. "Ich wollte
genau das hören, was Du geaa-^t hast, lieber V-^ter," ant-Drte-
te sie und glitt zur T«r ninauß.
Trude, die von Maxens Erkr^nkun;? gehört hatte, besuchte
ihn ein paar Tage 'spHter, nachde-n er «nieder fieberfrei war.
GUrther TP-r bei ihoi, und die beiden Freunde waren in ein Ge-
sprach vertieft, bei dem sie sich nur xangern stören liessen;
richtiger eea gt , »fax lle<53 sich nur ungern stören. Für
I I
VI-^
80
GUnthor -^i^v Trade 3 Erscheinen keine .itürunp;^ anndern noch
inaraer das grOsste under^ das sich in Fleisch naterjaliex^ren
konnte • Reibst die wichtigen Gedankeniiani^e, die er gerade
im GesprHch .nit Max zu entwickeln versuchte ^ und die von
ethischen und religiösen 'A'erten handelten ^ bekamen neben-
sächlich in Gert udes Licht. Sie spUrte MsxeijS Ungeduld und
erfasste mit ihrem feine h Gefühl fUr Nuancen die Spannung ,
die ihr Fintreten verursacht hatte* Sie hatte sofort das
Buch erkannt, dar auf Maxens Bett la^t^ es war •' Also sprach
Zarrthustra/' das sie bei ihrera Vater auf dera Schreibtisch
hatte lieeren sehen. "Ah©/' saete sie sptJttisdh, *'^.er jaensch-
enverfUhrer war hier, der »rosse Dr* von JatreT.ann^ der seinen
heidnischen Tinfluss auf die Jurend der freien Hßn.Bentadt
Hamburjz: ausübt. Rinm dich nur in Acht, Max, 0 ^er es wird Dir
p:ehen %ie Irene und Hu ^irst Deine Wutter oder die FCttchin
umbringen. Das darf mnu iion Aohl, ,%enn oian so ein tTttrmensch
ist, \ie der He^r ?Uet7.sche oder der Doctor odo^^ das rröulein
Johannsen, ohne ^'v'r.l und ohne '^eli^ion. lan eeht danach
einfach in ein Sanatorium und wiijt Schwermut ig fenannt-"
Max war bei ihren »^orten weiss ß:evvorden, er kl^'nmerte
flieh an sein B ett und schluckte hart; er schien sich nur
mit grOsste^ Anstrengung zu beherrschen. Nachdem er seiner
wieder sicher war, säurte er tait leiser obe^ scharfer Scim'ne,
dass er diere Attacke Gertrudes ©uf ihre<; Vater und fiuf ein
iWdchen, das ihr nie ein Leid zugefügt hatte, nicht verstehen
könne; dass sie aber ver^Ä/erflich sei und entwedr- von geisti-
ger Beschrüiikt^elt oder einem Grade von Seelenkalte zeugte ^
VI-5
3i
der Ihn schaudern mach«, laa Imsaar ihr Grund r;el» er wttaache
dleae» Gef.pr»^ch nlc^t fortzusetzen. Gertrudc bemerkte zu
spMt, dasn ßle zu w^lt reo-sn en war; sie «ntachuldigte sich
damit, daaa «la narvOa sei, flufP:e^«p:t aowohl über ihres Vetters
Verlobuno; ^it GTln'-her«» ?>chweater als «uch Ub«fr ihr« heran-
nwhond« Konfirmation. G«r«d« dl ae letat« TatDocha :aache
ihr 30 zu .ichnffen und iei vielleicht cnuld an Ihreji Aus-
bruch (^epen dss Heidentum der tiodernon Intollesctuelien und
Philosophen, da aia '3ooh imuer '^e'*sbr w'Trde, durch die Uun-
dan -nit Ihrea aator, vte 3ehr Jian selbst in ;:ef3hr A«ra,
'ieidnlschen lockunKen nachzutraben. Sla böte KSax nochüals,
ihr ihre Taktlosiejireit zu verpeban. üax wurde daa upfar eiueo
hafti'jreß HHu^teninfali«8 und konnte die ih« eutgcencre- treckte
Hftnd ^IcaA'^-o-«!. nicht »rnckon. Gtlnbher hat'.e ..tuasa und ver-
lasren den beiden sui^ehtJrt. Tr wußste nicht, woher or plbtz-
lich den »Jtut nchPpfte, aber %ie unter einea ..wang erhob er
«loh, aacrte den: Preund, d-^ss er glaubte, «fax brauche !?uho, er
werde Frau Lilicüfeld rufen und ßerji Trude ea j-estattcte, diese
»•ch Hauae begleiten. Frau Lilienfeld ica;n ungerufen und
Gl'ntber und Trude ver»bs»cniedeten sich.
Von die eoi Tok an saher. Gunthar und Trude elmnder
hnufier; nicht sehr bei Vax, da ßie beide unausereaprochcn
fühlten, daas es zu dritt nicht gut ei-ng. Aber diese Zeit
ijjuaste wphl reicher an Zurollen sein als alle anderen, denn
aie trafen einander isuuer zufSllig, oft -juf G"unt!i€ra TTachhau-
aeweg von der "^»chule, bevor er Sfsx besuchte, oder wenn er
Z\]OR
T^onflr-Tianden-nnterricht *'ing. iT^mer 'Aar Irude Hein,
I I
VI-6
82
hatte sich ^,eradf; von einer Freundin verabschiedet, odc war
I
auf dem 'ep: zwischen ''>chnelderin, die trgen^^wo uia uie TcKe
^anz in der NHhe wohnte ^ zu einer Bekannten^ wo ole die Mut-
ter schon er\K8rtete. Gtlnther ^Itiubtt en '^iufSllei an den
oft
besti/nmten ?.uf8ll, der th^i Gcrtrude so. ent^eP'enfVhrte •
^ie hatten .lo viel^ das sie Jetzt ü»;e.T:elnsöin beschert igte i Irm-
gard und "Pirich, Max uiid seine Erkr-^inkung und vor allem ihre
bevorötehende Kontf irmation. E3 stellte sich heraus, dass
sie zur gleichen Stunde am ^solr:-"onnt©.«r;, 7enn ^uöh in veT-
schiedenen Kirchen das Abendmahl einnehcien wUrden. GUnther^
der von vielen Zweifeln MieplsRt ^a .r, -ah Trude reicht nur ala
das schönste, sondern such eis das weiseste ' esen an, deaaaii
oft rStselhofte "^InftLhlunc^sgabe ihn entzückte und in ihji
VTi
Zukunft strSijuBe erregte. ''>ein grosser Gewissensköi)f tobte
um seine Zweifel an Gottea Allfftlte and Allvvi^senhelt. In
so vielen Beisoielff^n des Altan Testamentes erschien er eher
all»« Pin brutaler, eitler Tyrann, der unaussprechlich .',röU3ama
Opfer von seinen crlttubieen Anbetern verlan?/;te, uia ihre Er-
gebenneit auf die Probe zu stellen* Aber .ie konnte er all-
gUtlp oder allwissend sein, \^enn ea ntttlg wa^, Abraham zu
dieser Opferwilligkeit, ^'oinen Sokii zu schlachten, zu i#rei-
1^9, oder Hiobs f^anze Fa:nilie auszurotten, und nur, ^3C^ien es,
um sich vor dem Teufel mit dieser Treue einer hilflosen ideale
TU brtlstenl Und donn nusste er euch seixien c- Irenen ohn
auf*?j Graus'Ufiste töten lassen — GUnther v.usste, dass im
Flnter^run-^ seiner Gedanken der Vergleich aiit den Titanen und
den rT^ieohischen Gt5ttr:rn ^sich hervor drSngen v.ollte. Er
vi-7
85
^
/
mu3*;te (ilei^eiii Gedani<en -urOkkdSflimen rüit grosser rre\valt|
hatte doch Trude neulich bei Max eine Andeutung- ^c"e;iiacht
über die Versuchungen des Heidentums iu einem selbst* ) er
andere ':rc0^e nia ubeiis^roziflilct hatte min neine u LnverstHrid-
uis de'n Betrrif^ d^r Dreieinigkeit gegenüber zu tun. Als
er diese /"-v^eifel Tru4e beichtete, ermahnte sie ihn seufti
nicht alles verstehen 7,\x wollen, Trottes Sip:enschJ^f ten und
Gott^'? ^ntHChltJBse seien den >terbllcb<^n nicht zugcJnglich;
ein ^niter Christ sein, hie^">se^ die Onade zu habeui «klauben
zu dUfCea; r.u versteberi sei dabei gar nichts. Gtinther hotte
so j^erne ihre Überzeuf>riiiLp:sstSf ^'ke [jehabt ^-enau so^ Vvie er
sich wünschte^ Maxens durchdringende xi Verstand zu besitzen.
Bei Ihm selbst ';^ar elles ein Purche inander; das Srgste wohl
war, dass ihrn^ wenn er die v orte "heiliger Geiaf hürte^ ein
Gedicht einfiel^ in deii) ein f ^nnztJsischer Offizier ^aoolieonsi
nachdem ihm seine deutsche Wirtin, Über ein ?ild einer Taube
befragt, erklärt hatte dass es der Heilige Geist sel^ sie
auff ord«=»rte, ih:n einen Iteili^en Geist zu braten, "aber keinen
solchen alten'\ Diese alberne und kiaw:liche Gedankenverbin-
dung, die sich ihm unweigerlich aufdrSlnprte, konnte er weder
Trude noch ^^ax ein^ejtehen; er schämte r>ic.b zu öehr.
II
Irmgards Verlobung viit einen Miti.:lied der Pahiiie Jage-
mann 3tellte ein früheres Verhältnis zwisfehon den Geschwis-
tern v.ieder her. ¥ ie einst verbrachten sie wieder 'tunden
I I
VI-8
34^
vor fltÄ Zubettfreheri d^mit, einander Über ihre r>eT-GT5nlicheten
Ge fühle zu berichten. WÄhrencilriber In ^er PClrdbelfc immer
Irmpierd die überlegene und Gebende war, so warc/^ r.ie Jetzt
gleichberecbtlfft und teilten p:lelche .Ängste und Freuden«
Allerdin(Ts war Cllnther im Sachteil, da er nur im Zustand
6er Verliebtheit und ncch nicht sicher Aar, dasa die Göttin
seine CefOhle Oberhaupt er?.idera konnte. Hatte er früher ei-
ne leichte Verachtung für dien Assessor von Ja^emsnn verspürt,
weil er niemand besseren als Irmarard umwarb, so war er ihm
^etzt 80 dankbar dafür, dass er bereit Aar, -jit Irmgards
Jiugen in ihm das Ideal der 'Männlichkeit zu sehen, -nackte
Ir^nf^ards ^tlnfti^^e Ver-^anitschaf t nit den JagemannG es doch
sehr viel leichter ftJr ihn seibat, oeine Beziehung mit Ger-
trude in Zukunft aufrechtzuhalten, ohne unnötiges GeschwStz
zu errepen. Die offizielle Verlobungsfeier war auf den Son-
nabend vor Palasonntap, ji;elGy;l. Die Dr. von Jagea^nns Aaren,
da Gie die nächsten Verwandten, ^ia die eir^;entliche Familie,
des Asses ors w?5r»en, die wichtignten G^^a^^te. Gc-rtrude als
^iieblinrrakusine war gleichfalls eingeladen worden. ?,o wür-
den sie einen ganzen Abend zusaaimen Bein. Am nächsten Mor-
ien aber, nra Palmsonntag, wUrden aie beide konfirmiert zur
gleichen ^tunde, aber Gertrude in der P©t.ri;<irche und G«nther
in Sankt Katherinen. Beide j^.rossen Facriilienerelgnissf» fielen
fast zun am 'Den.
I I
In oicBpfT! freudl^ren Frw-irtungsaustande ereif^nete sich
eine bef^onr^rrB schmerzhafte SttJruiiK bei einem Besuch be. Max^
der noch Immer das Zimmer hUton musste. GUnther konnte von
nichts anderem als seiner Bewunderung fUr Trude sprechen ^
womit er den ?rcund nicht nur laneweiltei sondern auch wirk-
lich beoor^^t machte. Max ^urde sich plötzlich bewusst^ daas
das Net I das GUnti^er ein^:6fangen hatte, auB einem feinem
ntahl-Gewebe b'^^tand, da? ^chwer zerreiaebAr ^.elri vlüröei
besonders v.enn mehr und mehr FSden dazukament Auch fUhlte
er sich seibat sehr verantwortlich, da er eine peinliche
Ahnunor hatte, dass Trude weniger durch Günthers ^Persönlich-
keit und ^eln erwachendes SÄannestum als durch seine nicht
;^orden
unbedeutende Erbschaft anpexoren > war# ?r selbGt hatte ihr
leider davon bell9ufl(r erzShlt und ihre Oier anscheinend an-
geregt. Fr unterbrach GUnthers Wieder^-abe eines sehr rüh-
renden Berichts, den Gert rüde «her ihre Beziehnnjt zu ihrer
Familie p'rf2r,eberi hatte, und der darauf hinatisjscing, GtJnther
eifersüchtig nuf so viel Liebe zu inachcn^ und sa^te arger-
lieh: "Was ftJr ein^ raffinierte kleine ]tlf,nerln die^^e« Mäd-
chen ist. Sie hat nie et^^^s für ihre Brllde-^ Ubri^ ^eh?bt;
sie verabscheut ihre Mutter und verpachtet ihren Vater und
will Dir vi^eisiaachen, dass 3ie ein wirklicher Knr;el i^t. 0,
GUnther, niim Dich vor Gertrudes Appetit in Acht; yie iat
eine Menschenfresserin, die sich ein VergnA^en daraus machen
>?^?ird, Dich zum FrUhstUck zu verzehren. Denk an Circe und
sei stark wie Odysseus," fUp:te er schon wieder scherzend
i i
VI-10
86
hlnru. Fr hat:^#| aber nicht mit der» ''irkun^ ör#r^chji#»fc ^ i%
«eine wohl unbei acuten und fcftlcfclos<?'U| ^#axi -^»tcci ;^ehr wahi^^fX)
Worte bei GUi.ther hervorrief eru
Gtintbe^ö oru wor voü honeriöchea Ausaeee^ er tobte
wl# ein Beneanei^er, w^rf de« Freuu;i Uneufrichtiglcf it v: ^
nle'^^'^re Motive vor und. Bt.tJrrte vilt roten Konf und p-eballtea
Föu teii davon, Ä« <i^r fürchtete, ßlcü ar. :/ax xu verpr^^lfeat
Fr lif^ss eich nicht uöKr bei ^len Liltcnfeldö sehen« Zv^elfel
^n Ontt und '.•^ft^ifel 9n eeiaenfi Fre^ind stt^rtei: seinen Schleif,
"^»r aeh so überr.^cht und \mcr,l\lol\llcA\ sub, daac Trude sriae
Yersti ng «erkte und durch f?,eöchickte8 FrH^^n von th:c; er-
fuhr, de«« llex eineii Htos« ^ ecen sie ^ciUlirt hett«. nie
oorierte die-^ien "toeÄ mit chrlHClicber Sanftheit und Le^n-^
eiutf Indexe ^^ie nur fln wenip; '«ehmWtlP: 18chclC(^ und sich dann
seufzerid zu f»»lnf»r ^/rJ^lKrung z^^v^eap;» nie B8fz:t6 -alt leiser
stimme: -''eWen iie, (IttiithGr, ich wUl ganz ehrlich mit Ihnen
sein, de Ich Ihnen ve ^treuer. '£Bnn^^ -Ue haben 3ilr ja >uch
Ihr Vertreuen erwiesen* :"le haben vielleiciit «eaertt, daM
ich einmal Max sehr geliebt habe, eo sehr, daf?a ich ao^rsr
devon retr*?u*^t habe, mein leben mit ihm zn teilen. Mein
Vater, der «ehi? auf mich aufpesst, tuss etwai3 cbvou rremcr^kt
haben, <^ecn r^ 1 ie^^s eine nrltaeae Br nerkun>- fallen, ala ^^^ir
etnna] Ober Max und ßnintt "iUkunft v*precbet. Max, stjrte er
damalo, uei nicht wie andere jurr^ VtHnner, er sei tJber»tichtet,
vielleicht d\!rch solne Rpeie verv^eichlicht* Jedenfalls würde
er nicht vrü^ -vf^l hijchea Geßchlecht ancrezo^ ea^ er wUrie nie
he trater kennen. Das w/^r ^In röa:^er '^chock fllr o^iich, h^t
I I
VI-11
87
unendlich weh getan. Ich ging durch eine sehr dunkle "eit,
aber Ich habe damals glauben gelernt, und ao habe ich meine
Gefühle Überwunden. Ich habe nur ein Gefühl von Freundschaft
und Mitleid f«r ihn behalten. Vielleicht kenn ich ihn deshalb
bes er als ."^ie verstehen. Ich denke, dass er an Ihnen !sit so
grosser Liebe hSngt, dass er Sie mit niemanden teilen Kenn.
Das ist wohl," sagte sie trHumcrisch, "wie wenn man selbst
einen /ann liebt und nicht ertragen kann, dass er sich für ein
anderes MBdchen interessiert." Günther hatte ihr anccestreiiRt
zugehört, er ve-spürte Ancrst um den Freund und leichten Bkel
vor ihcQ. Fr errötete bei dem Gedaiiken, daos sie diese verbo-
tensten Dinge verstr.nd, Aber wer gerührt, dass die ihm ao ver-
traute, dass sie iha: dieses Ge3t?3ndnis machen konnte. Er
suchte nach einem entsprechenden Ausdruck seiner Gefühle,
konnte »be»- nur stottern und stammeln aus allzu grosser Ter-
lesrenheit. "Wir sind so viel glücklicher," fuhr Gertrude fort,
«wir sind Christer: und wir haben einander in unseres gemein-
aamen Glauben gefunden — und da sollten wir uns 'iax ^ei en-
über auch versöhnlich zeigen, sollten ihn verstehen und ihin
nie verraten, was *ir über ihn wissen. Viollen "ie ;nir das
versprechen?" Sie streckte iha ihre kleine weissa land ent-
fretren, die er mit seinen beiden langen braunen KnabenhSnden
uaf aaste. Dann beugte er sich über sie und drückte seine
-/""■•■
Lippen auf die Kand. Sie winkte ^noch ein.Tial ihm zu und p:ing
rasch durch die Gartentür ihres Hauses, das sie inzwischen,
ohne es zu bemerken, erreicht hatten.
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VI-12
88
Allein «ebl loben^ versucnte GUnther rrude» Anspieiuugen
Äuf Maxens sn^iebllche Abnora^litöt in V.ein eiw:anes Bild von
dem Freund einzupassen und au91te sich mit Erinnerungen an
alle mögliche VorfÄlle, die ihm in der Ve^piangenheit f/anz
harnilos ernchienen waren, nun ^ber plötzlich in rliesem neuen
grellen Licht eine Uberniö 531; irre, unglllckyieliKe Bedeutung an«
zuneh'tien drohten. Fr bencnloss schliesslich, zu 'lax zu ^vehen,
von dei« er nun Über z'/;ei Vochen '^•-eder» etwas reoehen noch ge-
hört bi^t-e. Er ^^usBte, daag er noch krank war, war aber nicht
vorbereitet auf die Veränderung, die mit Max x^orrcrangen war:
Maxen^i Gesicht ^^nr von piner fanlen BiBase, Peine AuKtii ein-
i^esunken, die an und fUr sich prooiinente]:! BBockenicnochen
standen noch mehr hervor und schienen nur noch von durchsich-
tiger Haut ^ekleidet. e^^tirn und Käse schienen unverhSltnis-
niassig erross. Tv S'-.h .sehr zerbrechlich avs^ vde er da in
S6»inem Bett im Schlaf zimaer ]ag. l^ein traurir-er Geaicnts-
ausdruck erhellr>e sich, als er G*'unther eintreten sah,
GUnther, der seinen Schreck über den Portschritt von Maxens
körperlichem Verfall zu ve^^berpen ouch e, wirkte unbehoifen
und verlegen. Idax 39^;te lächelnd, "Du bist rloch t:na:ier der
y\lte, r;**unther, kannst Dich nicht ver3tellenl NNoch gena
u
so tollpatachig wie deaalB auf dem Üanpfer. 3eh ich v.irk-
lich 30 au3, als ob ich rrleiob sterben T7?erde? Fs ist gut,
dass '^u frekommen bist; ich 'vollte Dir ■^ovaA'^ schreibe;],"
fuhr er fort, als er be:iierkte das^ GUnther sich no-^h riicht
ganx in der Gewalt hatte. "ich bin 3ehr krank ^:ewe3en, weinst
Du, zwf^i iVochen lanfir hatte ich f^^ehr hohes ^irber, so i^^piv es
nur gut, das^ Du nicht herkommen konntest, denn -nan h^.ote
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VI-13
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Dich nicht zu mir gelassen un^ des wHre h^sslich pevesen.^
Fr berichtete denn die Neuiffkelt^ die ihn anscheinend sehr
beschBfticrte und Günther eriChreckter Frau lilienfeld hatte
beschlossen, Ranbura end^Ultic^ mit ihrem Sohn /u ve-^L^ssen.
le klflrte Bich an, atj^i Egoismus w^axens Gesundheit durch das
Hembur^^er K] itus «reschgdifrt zu haben. Nun würden sie erst
nach de:u :j>üden, wohl Garda See ode^ Nizza reisen, damit er
sich erholen könne \ind '*wenn ich ^vieder gesund bin, rehen
wir zntJck nach Amerilra,'* ssfT-te er und >>etonte das •W'^K^^',
80 das-o e-:> Günther sehr schwer ums Herz ^urde. "Bist Du noch
i.Dtner sehr krank?**, fragte er* ^chTJchLem und versucht ^^ des
ort: Schwindsucht, das so au^ifire zeichnet auf seines '»^reundes
kf5rperlichen Zustand pasr.te, in seinen Gedanken zu unter-
drücken. "Noch krank t-^.enug, leide^," antwortete Wax^ Mass
ich nun nicht zu Beiner Konfirmation kou:iaaen kann. Ich w9re
so irerne gekorufnen! ■ , rief er plötzlich leidenschaftlich aua^
"Du bist noch (^.cv einzlrre ^'erlsch ausser Mutter und Jascmaiin,
der ^ir et^as bedeutet.*' Günther fUhlte Vviede; den Ekel auf-
stei^^en, der ihn bei Gertrudes Eröffnungen befallen hatte^
Er versuchte, ihn %u unterdrücken, aber Max hatte sofort p:e-
merkt, dass sich Günther verändert beaahii. Er wurde ff:an2
still, und erst nach einer perauiüen .eile öä^:te er leise:
"Bu bist anders zu mir als Du früher w?trr>t. Vielleicht ist
es meine dumme "Bemerkung von neulich, um die es mir sofort
leid p;etan hat. Ich wollte Dich nicht krün^en. Vielleicht
ist es auch meine Krankheit, die Dich so KrBftigen und Ge-
sunden Hbstösst — das könnte ich verstehen und hinnehraen»
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VI-14
so
Was ich nicht ertrg;j;en kannte, ^Mp.ther^ ist, Deine Preund-
sc'*?8ft zu verlieren, 3U^i Grtlnder:, die ich nicht weigs; so
dai s leb mich rjc^fc v^rtridigen, riicht>3 richtip;Gt:ellet. k^Piiin^
Vi ^ mt!^«- liehe rvei.'C frilsch un^'^. cntBtellt ist. HoC:::jeT irene
fortFejranpen lr>t — knnn ich nicht den emzi ei: ?reund ver-
l^erec , den ich .;^e rrehobt hebe*" Gtlntber versucht e zu spre-
cfer, eher Wax untf^rbrnch: '^?^ein, vcr^-^te, lesn mich erklären.
^'pV;hen hahe ich Kf^ine "^reuno^» o^ehobt, v/iel ich zu reich war.
Du verntehst rlB5-^ nicht. Tn ArrierikT haben Mult irill ion'ire
keine "r/euadei selbst wenn sie noch Kinde^- oc'er junre Bu^-
r^cheri sin--^. Man tr^^ut niemanden — nur vielleicht rinderen
M,,
ultinil] icnPrex:, urid den ist eine frRwtlrdige Gc^-ellech' ft.
•^M t Dir hebe ich Uiich r.o befreundet, neil Tu ehrlich bist
und die elt frßv r/icht kennst. '\ie davals ruf dem Dampf er^"
wiederholte er, "aln Du ver^.uchte.st , zu schwindeln und Dich
so hilflos verrietest. Auch i^echct Du Dir den leben nicht
leicht, scncicrn Du denkst. Vielleicht ist es p^ut, da^a
wir nun p:etrenr:t v^erden; den,. Gertrvi Je 'aafz; recht haben, das3
f
der "lnflijsj:> von ietzsche Feine Sveiftl nur tiefer müchen
T^yrdf :.nd d^sn Deine ""eele vielleicht der nicht standhalten
knnn, oder noch nicht.
HS'Pe , versprich iiir eines und Ich werde mich 'x^ieder
ean?" beruh! -eii? v.e:: i^Tier in Deinem lebeu r-e.icner.ien sollte,
Bolltent Du .-je 'llfe brauchen, wflche:^^ Art auch iiaaier, Üu
rauQst es T;lch v.issen lassen. Ich sterbe noch lange nicht —
Jagerr/mn h^t^e ..ilch aonst :':€'A'-rnt. 'Ür.,s versf:rach er <'ir,
l^ffann zu 'snn. " ir wt^rc'er) so wie so in ein paar Jansen uns
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gttrennt h/^ben^ selbst wtnn ich hier dßn Gyinnasiam beendet:
h«tte. Ich hl|tt<^ T:lt achtzehn uoledf^r zu"^Uc*< mlis^rn in :neine
Feim-Jt. über eines bin Ich allerdinfts rltlcklich^ das- T)ein
Crossonkel dir Bedin^unp; rrestellt hr^t, das«? sein Erbe^ falls
er noch ;^\\n.r ^enu^ -rei^ ein ßtirUerte'^ "^Bnn sein Tiüsoe. So
i^irst nu noch e,ul? Schule -eben und den: zur UnlverjitJJt •
'teile Dir vor, v:ie es hatte lein ktJnnen — Pu hattest jctr.t
in ein Geschafft eintreten ratls.^enl" Günther h>'^tte sich Inzwi-
schen • ieder in Gewalt und ver^icher^te "'ax^ das« aich aeine
"Freundschaft für ihn nicht we^ndert hebe, noch ie »ndern v;ü.r-
de. ^s spi ihra so leid^ d-^ss *^ax nicht zu seiner Konfirma-
tion of^^ zu der Abeadpssell f^chaf t kommen könne. "Fa ist
mir leid um Dich, mein Bruder Jonathan/* dachte er, und fühl-
te sich sehr schuldig. Fr konnte nicht klauben, daas sie sich
auf lange trennen v^Urden; er machte Pl»ne für sie beide für
den '^orniaer. Er ?;Ollte den Gedf^nken nicht zulassen, das«
Maxens Abreise seine eigene Titu^tion öehr erleichterte, dass
der favst unertrÄc?: liehe innere Zwiespalt zu seiner Baziehußp
zum Freund und zur Freundin d^mit versch/^inden würde. Laut
sapte er, d^ss er M«x d.^s irewüjnschte Veraf)r^ chen unter der
Bediüruni/ reben .^erde, dass der ^reund ihm ein «leiches g»be#
Gle drückten einander daraufhin die HSHde.
"N un iiusst Du p:ehen,'^ sagte -vlax und Itess ^^icn zurück-
sinken, "ich bin müde und Js^reaiann ird f^leich hier sein."
Fr IBchelte noch einrnßl dem Freund zu und schlos:. die Augen,
als ob er sich vÄllic von der Welt zurückziehen wollte«
Günther rinp auf Zehenspitzen zur Tür nlanaus.
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Vl-16 92
Er trtJstete lUch über cieee -el^i^me Szene :nlt :y58x mit
dr*m v,e<1n kea, dess der Freund durch dB3 r-leber ireschwÄcht sei,
und de^h'^lb 'n'ohl alleri 8o anders auRsShe, als es son.^^t seine
Art war» es ihn selbst betraf, seine Kraiikheit, die Zukimft,
der Abschied von Kaaibur:\, \sBr wohl Übertrieben du^^ch den
Schmerz, den die Trennunr'; von cieoi poy;ohnten lieben und von
Gnnther ve-urs^chtf* Oder ^'3V ei nicht ei^enblich doch iieine
tiefe Entt^luschunr Über Irene? '-Ünther W3r so froh, ciieoen
KrKlörung gefunden zu haben — n\m war der Freund- doch viieder
der alte, vertr-uensv',t1rdi«;e GefMnrte, der ihm die letzten Jahre
30 wunder bar est^ltet hatte, und Mit deiri ev so viel erlebt
und 'geteilt hatte. ? ine ?,ro3.ie Last schien oich von Glinthers
VievAen zu heben, er konnte wieder frei atmen, wieder '^.n sich
selbst denken* l^/.ax hatte natürlich recht, d-^sa sU. -ich in
«
<^in p'-ar J.-^hren hatten trennen müssen, denn Max ais^te nach
dem Abitur nacb Amerika 55urUck. i^s 7;or ^-^ut, dass v'^-Unther nicht
'»Ofcrt ,-^etrt entnchiiden mu8?^te, was er werden wollte. AI
ö
9V mit den Bedingungen seiner Frb-.chaft bek-^nnt remaot '^vurde,
hatte er zun^^chst innerlich rebelliert, dass ih:ri dieser un-
bekannte Grnsnonkel vor-chrieb, wieviel er nov-h lernen sollte*
"Fr hatte nicht -.lanit erechi;*t, auf eine Univen-it^'t zu c^,ehen.
Obcrleich er vusatr, daas sein Vater ihn in die kQuf .a!innl3che
lehr^zu -^rhickon b( abU^ntigfce , hatte er doch ehofft, zur
ee zu p-:eheD, vielleicht :mf eijnei^ von Cni:el Uwes chtffen;
er /.ollte Kapit9n werden, dazu brauchte 3an nicht auf der
Universltr^t ctudierer • Nun .nr ^ber alles anders. Herr Hoyk
•
VI-17 93
hatte ')uf Gtlüthers Frbech^ft hin die 'Jü'jlichkeit erwo^^ea^ den
ohn soMte'- «Is Teilhaber in sein Ge^chWft i^ufzunehnaen, aber
tr hatte die Teilhaberschaft schon For^t versprochen ctebnbti
und er k^^nnte die ien ftlteren "^ohn ^.u ^ut ^ um nicht vorauszu-
sehen, dnss er df^n JOnreren nicht neben und schon gar nicht
t!ber Bich dulden /vtJrde. Auch war ihm ßelbst der Gedanke, einen
studierten Teilhaber zu haben, auch wenn es der el^eni# lohn
v/Wre^ eigentlich peinlich, ^o ^bt er nur zu zugUnfrlich f^r
Uvves Vorschlag, Günther dem Testaaient nach die Schule been-
digen 7,v lassen, ihn dann ein paar Jahre auf eine Hochschule
zu schlck-en, wo er sich welter bilden konnte, vor allem In
fre Oden Sprachen, zuoi Beispiel in london oder Tarls und dann
ihn in Uwe5=? Reederei eintreten zu lassen, da er Ja nun ein-
-
■ mbI dlfse Vorliebe fl5r 7ss--^ev und ^'chlffe habe, ll/ie fWgte
noch hinzu, daso er ,1a Inmer Günther als einen Sohn angesehen
h^bf» und Ihn perae um sich h!ltte« Diese Lösung schien auch
Gtlnther annehmbar. !v!lt seiner Beziehung zu Gertrude än-
derte 3ich nelne Flnstellunp; der "^ou^^unft t?.efren13ber. Er
ftVnlte sich nun verpflichtet, so viel Bild uns; zu erwerben
als möglich, um in den Augen ier Gellebten und ihrer Familie
bestehen zu können. Fln akademischer Beruf '^jbv vielleicht
wOncchen^vert er von Ihrem Standpunkt aus f^la eine noch so
frut gehende Reederei.
^'le ^ut es war, d':chte GUnther, dpss er Zeit hatte,
sich aTles noch zu «beriefen. Er hatte ;ia noch drei Jahre
vor sich, bevor er eine endgttltli^e Entscheidung?* raachen iau3Ste#
Die "»^erlen lausste er allerdln^^^s damit verbringen, nach7.aholen|
VT-18
9^
was er In seiner *'chu]e versäumt h«:itt;c ^ um dir Aufnrhme-
prUfunf^. ins Gymn^^ium zw nachen* Wax hatte ihn seit dem
HtrbBt in drlech i'^ch \:n6 Tatoin unterrichtet, -^o d^ss er
nicht -rv eit zurrcfe ^3T. Noch <^^ei Johre^ dachte ^r*, mid
se
Inf ^'^^»nVrtn v^BTi'^rrte' v/elter ^u Gertrude und zu ien nächsten
drei "' en, die rilt öf^n l^trter Yovheveituzxfrf^n fWr Irin^8rd8
Verlobunsfeier und selnf^ K?n*lrT;ation erfUl Jt sein v^llr^^eru
III
Im Hnu8€ Royk nohm .xan 6ie Vcrberelfcun^^er ftlr Irr,- ards-
Yerlobunrsfrier, di«- Abendi^esellsch? ''t !?. ;i Sonnebeni vor r alm-
sonntac^ sehr ernst. Herr Hojk hatte Lina sn^^eviesen^ nicht
zu sparen; T;an sollte dter^Tial zel|7:er, 7^^t> a^r Grosskaufmann
Hoyk el?^entlich v^bt. Bei der Verlobung seiner einzlpeu Toch-
te-^ r^u^ftr nicht per^part v/erden* '^.v.el lohniiener 'x^ir-^en ge-
kreucht und eine kalt^ Mamsell; die elcene Kt5chin sei s^t ^^r
prewt^hnliche Tage aber nicht fUr die^e Gele«-'enheit . Tina hatte
zunächst etwri3 An?r-.t, ihrer ^:>5c^rin von clese^r ^nl chluss Mit-
tel! uncr zu mach'-Mi; ?rute KtJch innen nind leicht beleidigt ^ in
ihror Fhre gekrankt, :^enn fnon ihnen ,je"i^ind*='n ande-en ia Kochen
vorzieht. Aber alles ^inn; ^ut ; ,;*•■, \Mnmi und Anna ^reuten
sich auf den Trubel; eine kalte Mamsell wr- doch etwas ganz
anderes als eine regelrechte KVchin; es w^r s^ut, ' .. il etwas
neues zu lernen und auch elniial zu essen ^ was man uicht
selbst v-^ekocht hatte. Auch die Lohndiener waren akzeptiert;
es war nicht oft^ d^sf^f^ et^as ^/?fnnllch#s in der KUche erschien.
ChSTipa-ner ;;urde beateilt ind die k^lte lansell richtete die
wunderbarsten Plv^tten rjit Schinken» '^chv^elnebreten , enpll-
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vi-19
schem Rcsntbeef^ g^rB^^^^^^fte n und frischen Lr^chs an.
95
Grosse garnierte * chllBseln mit Hummernelet und mit Krebsen,
Leberpasteten urid p[:espickten GJInsebrUöten «urden ruf die
Anrichte im opeiseziramer ö;estellt. Die delikatesten BrtJt-
chen, die fichtSristeu Kuchen und Torten wurden vorbereifcf»t und
gebecken.
F8 v/or eine crroase und wl'riis^e Vorbereitunfr. Ktwa
i^
r-X,^
ffl^^ig; GÖstc- wren p:eladen, nur die nächsten Pamillenanre--
hörigen und en sten Freunde» aber doch fünfzig^ so deso es
eine runde Zahl w^r. Die Deinen w^jren ganz vertieft in ihre
Oardcpobe. 'J^an hatte natürlich für ir-ngord ein neues Kleid
macrien iGSsan aus veilchenVlauera '^■-aiTiiuet rjit echtec Brüsseler
r ~-
' ' """- •••'i'.jf
,_r»lw«'5.-4. ._
Spitzen besetzt. Sie s?ih lieMich feus darin- -'ie 3ie vor
dem '';pie»:';el paradierte und ihre Schleppe nocu rechte oder
V^..-fc» •
links schwenkte. Günther wnr voller ^irwartung land gespannt,
wie Gertrude aussehen v.Urde. "'f le imtner sie .uich ^^ekleidet
ist," dachte er, "^ie ^.ird i-nmer die JchtJnjte sein^ irrnaer
und liberal 1. "
IV
Auch in von Japremann* wichen Hause «wurden Vor bereit untren
f^emRCht. Die Da.nea v^c^reu preneu so beechaftlf^t ^ie di*^ > oyk'-
sehen ^B^r^^n. Der Doktor kam von seinen 'krankenbesuchen zurück
und wollte gerade an meiner eip.enen Haustür aniöur.en^ 3ls ein
Dlenstraonn ihci einen Brief überreichte. Fr erkannte die
i ^
▼1-20
96
^
H andschrift aofort als Irenes^ uad nochdea er -le^j^ ^.:^txL'/t^it
einem Trln<g€lr!l ab«« fertigt hatte^ risö er »;nß:edulciifr? deu
c
Ü«8Chl«(c dei* Briefe» auf • Ein Brlefbo»i.eu «It wtnifc'en .eilen
^
leg In seiner H»nd# fr ftlhlte <=^lnen heffeiipen chLors In der
H erzfregendi sl;^ er les^ dase eie Ihn so bal^ ^Is tttJj^licn
sehen wolltet ^«nn mt*;.lich noch heute. ?r /artete nur ao
lanre, bis sein Atem nicht mehr otoe^^i^else ^cami dann ^Itig
er ^nit schweren rrißchen DChrltteri , aber Iramerhin ge»IIS8i{.;t ^
80 dasB seine ^-ile nicht auffic^li zu deia v'ietkut. chenstand an
^er nächsten Fcke und Hess alch zum Senator) um fohren» Sr
kannte die Fro«e>ur, -le Ihn dort entartete, nur zu p;ut| b«tte
er doch so oft vergeblich versucht , Irene zu wichen. I..'i;uer
wieder wurde ihm nech lan|i^',ea Porten Itgetetlt, das.-: sie
niemanden sehen trollte. *^lt nie^jnnd war öuch er
€iat I
den sie frUher >aicht oft genug hatte sehen künnen. Heute |
ala er Im fnhlc^n Ifachnriittfigelicht iai Wartev Itnraer ai|.a8| war
<c.
/
er nicht einmal >::f*'ti8S, ob 3ie rieht vsleder ihrem '>lnn gelin-
dert hatte# Kr v^acte nicht ^urUcksudenKen a; ic kurze in-
tlme Beziehung^ die er ölt Ihr gjehabt hatte, wöf^te ke tm au
haffen, daaa sie ihij erlauben %15rc*ei ihr 'bieder n«hf? zu aeln«
fa war eine t'^lOckliche Zeit für ihn R^^^^-escn, :\o Rar.'? öle auch
^e/.'e?^en
^,war» Ir hatte »ich plUtzllch ^«^ieder ;'ung r^f^hlti hntte ^en
Tag mit freudiger in^artung begonnen» Er hatt^ nicht eli-üal
■jCh\Jdgr fühle aelner ^r^mu geftenUber k^ bt, : in " frhl fUr
Irene .vr^r einislr.artip , es h,/,»ttt=- iiicri.t;.:v »lit aeincr "Fihe und
dea zärtlichen Verotandnia, <laa er öelner "rau ectpregenbrachtei
zu tv;n« Fr Kor.nte es €i f:iätlich it i.icht.» frtlher 'rlebte©
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vercr] eichen, nur rntJc^lJchi^r eise mit rtnem best iTfP.ten erfri-
3chen(ien Kt)rp«rg#?ft5hl i»l€ nach etne.Q Bad In ^'er kUhlen h "^-
Bee «n einem -ommertar , -i^enn ein feiner .' ind ?ehte. r'r
konnte f^st d^s Solz ^'^iuf der Zunge und den Lippen sptlren und
Abu ei'^entttmlichen^ erregenden Geruch von Seetang, von deitt
die I.uft vibrierte. Fr riss sich aus dieser TrHumerei, seh
sich im ' ortezimmer um^ doß mit seinem Mahagoninittbeln, chine-
sischer Va^en, i-^rtluen -ofo und Sesseln und denn cencrlif feuen
Kronleuchter et^as Bin?^chtlchterndes, ,J8 Beengendes hatte»
Hier kam keine 1 uf t herein* Die Fenster weren halb von
sch?/rren s^^mtenen fortiftren verhönfTt» Er sah auf und erschrak^
als er sein eigene 3^ haderen und gealtertes Gericht ioi gold-
nwrahmten Spiegel an der ^^^and erblickte. Haar und -pitzbart
waren hell, aber er v;usr>te, dass die Helli^-^^^keit sum Teil
auf dem Weisswerden beruhte. Nim endlich nt^herten 3ich Schrit-
te, diePTlegerin k^m zurUck und bat ihn, mitzukom^ten, Fröulein
Johannsen er^^^^rte ihn. Fine Treppe hoch, einen GanrT -^ntlang^
eine halboffene TUr — die Pflegerin klopfte imd rief seinen
"f^B^pn ins Zinoier; dann trat sie zurück und liess ihn eintre-
ten. Irene :^tand im ?;irDmer; nie hob r>ich al3 Silhouette re-
gen das TJ'enster ab. Sie ^»"inf^ ihm ent*.^e^en, .;ab ihü die Hand^
Ittchplte und wehrte einem Vercrach seinerseits, 3ie zu uaaaraen,
ab. Mit einer autoiiat Ischen HanobswerunR formierte '^ie ihn
auf, sich 'AU se'^zen. Sie nahm ^mT dem anderen es^el Platz,
und da der Tisch fwlschen Ihnen war, konnte er sie nicht ein-
nal berühren» Jac:emann a.^^^te, "\?ein Lieb, Irene, wie fzut es
Ist, Dich zu sehen,'* aber sie unterbrach ihn mit einem "Nein^
nicht so, lassen "ie mich uilt Ihnen sprechen, Ihnen erklären^
I I
II
VI-?P
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bevor Ue »eiterarehen, bevor vir «inanlfr Tilssverst^hen — -
"blttp" füp-te sie ernsthaft mit eindringlicher Stimme hinzu.
"Ich habe 8«hr viel •■-«it *<eh8bt, hier nachzudenken. Ich wei .s,
Ich bin sehr icr^nk »rewestn, -^ber ich glaube nicht, dsss ich
•^etzt, uachrJem ich wieder /ejund eworden bin, zu raeineii
• Itr-'n Leben r.urUclckehrea kann. Ich tuan eine !53ang finien,
und das kann ich nur allein-^. D3vu-r\ will ich fort von hier.
Morp-en rei^e ich. Alles ist aohon arrgneiert. Mein Anwalt
bat rl n Anftrar, mein Haus zu verkaufen und meine Lie 'enschiSf-
ten ru li uidieren. Eit;eutlich wollte ich Sie nicht wieder-
sehen: aber ich sonnte d'aa ;icht tun; ich musi^te ihnea
weni^ntens eeffen , daas alles, nss zwischen un* be .tsnden h'Jt
— nur Scnall und Rauch war, dssa nichts «ehr besteht,"
"Irfne," dr»n=rte von Jaf-emenn, "Du bint noch nicht ^^anz eesund,
mein K^ind, '^u ^-pisat nicht, wa3 Du sagst, vng ')u tu^t. Warte,
tue nichts Voreiliges. Entscheide nichts, bcwor Du nicht
ranz sicher bist. Um Him-ela nilen, ^^ie k,'?nnst Du von 3chall
i'nd ?n,3ch screchen — Du bedeutest mir luehr als ^dles in der
telt — dag ist nicht Jchall und ^^auchl Erinnere Dich dach —
ich bin es .ja, ier, bei Dir. Ich bin bereit, Jedes .,pfer
zu b"inren, um Pir. d^g ?,u beweiaen — Du brauchst es nur zu
sagen und ich -Aerde aiich -cheiclen laascn und Dich heiraten,
mit Dir hin»-rehen, v^ohin Du willst — hVvtt Ou, .iedes jpfevi
Sag', dasH nu ajich noch liebnt, IreneJ" Als er vom Or-fer
bring'-n sproch, verdunkelte sich iure \nene und er wusate,
dass er den ft.urenblick verpasst hatte, dt-as er ihreii :-:tolz
und ««uch ihr tiefes Fmpfin-'en fW- j5s ^vT€n3Chlich--,chickUche
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VI-25
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verletzt hatte» Juaste er ein Cpfer brin^?<=!a, 00 war doc.
des Bedauern schon ii\ Hintergrund Sichtbar. Des ^ar 'ias
Unzutreffendste und Pölache^te srev.eseü, we« er hStte S'^en
können. Fr fQhlte eine IMhinende Verz. ciflunp- wie in eine
fÜ
Alpdruck^ den man niclit abschütteln /ann. Irene h^itte ihn
3iit einem Aufdruck jf' •; viderwiileas suge^e'^^e-o. "Wie können
Sie/' rief sie aus, "mir ein solches Anerbieten aiachea < —
nach ^llem, was p-.ewesen ist. Ich wollte ^^Ue um Ve^zeihunf;
bitten imd auch Ihnen verzeiheu^ aber nun weiss ich, dass ich
es nicht kann, nie monGn verde* Sie hab^n kein Mitr.eftlhl,
weder tiit mir, noch alit der Toten* Sie v^^ollen nicht [nelne
und nicht Ihre schuld anerkennen und wollen nur Ihr Vergnügen
haben. Gehen Sie fort, Doktor von Jap_eiQann, ich 7?erde Sie
nie mehr sehen." TrSnen liefen über ihr Gesicht, sie be-
mllhte sich nicht, sie abzu?/ischen. ^'Gehen Sie fort," v'ieder-
holte sie, "mö^en Sie einmal durch ein Inferno riehen in hoff-
nungsloser Reue darüber, daas ie ein leben 30 gründlich
zersttSrt haben.'' Von Jaremann war aufgesprungen und wollte
ihre Hand fassen oÄer sie abfanp;en lind zurHckfialten, jilj^. rie
bei ihren letzten ^'orten sich erhoben hatte und an ihm vorbei
(dem ^^Tebenz immer iiulief. Sie wich ihm aus, erreichte die
VerbindungstUr und cchloss sie hinter sich. Dae GerSJucch
der sich schlies^enden Ttlr hatte einen endgUl tif^en Klenp*.
VI-24
100
^«Ine glänzende Gesellschaft, Lina/' sr^gte Uwe, **wle
schttn Abs jiin?;e Paar aussieht.'' Man hatte gerade einen Toast
auf die Gastgeber und Eltern der Braut getrunken, Heirr Hoyk
war tief im GeaprSch Tilt Pfarrer Hellincrer, de^ mit seiner
Prau eingeladen worden \»8r# Frau Pastor hatte leidernnicht
koiTonen k^Jimen, sie war in interessanten Umstanden» iriigard
und ^rich waren umringt von ,iunf?:en Leuten, Studienfreunde
von ihm, l'Teund innen von ihr» Einige hatten 3elb3t von kur-
zem erst geheiratet* Tante Jutta und vr-^n von <iagemann spra-
chen tJber die Verantwortung, die man den Junp-en gegenüber habe.
Der DoKtor stand am Fenster und schaute auf die dunkle Strasse
hinaus. Er war erleichtert, Horst losp-ei^orden zu ^ein, der
ihm Komplimente über das Aussehen seiner Tochter gemacht hat-
te. ""Ein dam:Qert grober Kerl", dachte er, "wie andere der
Jttnf?:ere ist." Aber er war auch nicht ei' entlich inteiresslert
an den Vorgängen um ihn herum. Er wollte ralt seinen Gedanken
allein sein.
Günther schaute sich nach Gertrude um; sie war nicht
im Salon, musste wohl ^-eva^le hinausgeschlüpft sein. £r ging
hinaus in ^i^ Vorhalle; die Tür zum H errenzimmer stand halb
offen. Als er hineinschaute?, sah er Trude auf einem Sessel
sitzen, den Kopf zurück elehnt, die Augen geschlossen. Sie
hielt ein Spitzenttlchlein in ihrf^r he runterhSnu enden Hand.
Günther, der G;l8ubte, dass sie sich vielleicht unwohl fühlte,
rief sie an und fr?)gte, oTJ er ihr helfen könne. Sie schaute
•i . ä
I I
VT-?5
101
/
auf und streckte ii)z, Ihre Hand tnt«?ag#n# Sie flUsterte Ihm
zu, dnso sie tBit ihm sprechen iUasa^ daas etv'afi geschahen seif
dfls sie sehr ßufre^re^ Fr würde dss vielleicht nicht verste-
hen, sie Alsae ,;ja nicht, was er e^npflndej aber peute »a Vor-
abend Ihrer Konfirmation laUsae sie aufrichtig c^eln, besonders
de daB '"^lück der beiden Brautsleute ale ßo ^r^rührt habe* Irm-
gard aal doch nur ein paar Jahre »iter und jchon tJffentlich
verlobt; sie aber, Truda, ktJnue sich nicht verloben^ well sie
Jesnandan liebe, dar zu ^lung sei — - nicht wie der Assessor schon
um Ihre Hand anhalten könne» Ihre Fl tarn wUrden emptJyt sein,
wOrdr er es vernuchen. Aber mm habe Ihre •JJutter Ihr mitge-
teilt, das^ ale auf swel Jahre In ein r,chj?el»er Pensionat solle,
und das so bald als möglich. •*Daa helsst, ich werde "^»le nicht
üxehr sehen dürfen, Günther, und Sie werden mich Inzwischen
verfressen — und Ich, die Ich sie liebe, werde auf laixaer un-
glücklich sein!'' Günther versuchte, sie zu trt!3ten, z\x be-
ruhigen, er konnte teaum glauben, daan sie Ihm Ihre I lebe ?:e-
ntanden habe« Ir versicherte Ihr, daan nichts In dieser elt
seine Gefühle für sie Ändern würde; er -schwöre es» •'och'j^öre
nicht/' sagte öle, "das Ist nicht recht. Aber Ich weiss, was
wir tun wollen. Wir "titr^en uns einander vor Gott verleben.
Moriren, wenn wir beide das Abendmahl nahmen, werden w^^r zu dem
GelUbde, ein ffiuter Christ zu sein, hlnsufügen, dass wir auf
Immer miteinander verlobt nlndj — • bis wir es öffentlich be-
kann^ machen dürfen, werden nur Gott und wir es wlsaen» Willst
I I
VI-26
102
Du das tiin?'' Er kllsste ihre Hand; sie zog ihn zu ^ich, und
er war erschreckt und beglückt^ ihre Lippen auf deu seinen
zu spüren.
Als frtlnther am nächsten Morien dsa Abendmahl kniend
aci Altar In Sankt Katherlnen einnahm^ wusste ePi dass zur
selben Zelt Gertrude vor dem Altar in der Petrikirche kniete
und ebenfalls die Oblate und den Kelch zwischen ihre *jippen
nahm. Ir verlobte sich ihr niit seinem cranzen Herzen,
I I
Die Hönde
Da sasson sie r.un alle ia '5.sr löndlichoa \Tdhnstub3 vor da-n
#
Kemiafeuer, Isusditen halb-bev/usst cuf d-iS wilde Tobea des Sturrns
und dis GerSusch des n.^Citi^. Ijar^bstflr/o.ider. Rai'^is u..i fü'iltea sich
sicher uad z^^^^:^^* 2s •vc.rea i:.rer ftlnf, di'3 j..i da; -J.te.i Fsmhr.us
au
f dor kleinoa Insel b^ist-L^en .VL^rarx. Die 3esit^3r voa I.s-d ii;-!
Haus, Rudiir '\^i Sybilla K., acttan auf aii.er ihr.ir So r.TtGrrols^;! üoi^en
Bchc-^tz :.'.ittei ii ler lenobscot 317 ir. li-rlie 3atdec':t "lad sich so völlig
aiigo70f;eii, ja be7'iubert r-efi;.:deri, d-^ ss sie ^h::e viol Ueb^rle^'en iea
Seford::;x'tän Preis ^ez-^^lt liitteri* 3io ..^ cl.te.i sic.i nuca sofort d^ra.:^
die iui^di ^'13 Alt?r verurs-clitc:! SchSdea des Heuses ^us'/ubes ern.
Sie liess3a i-a-i Bru/iuen -^rv^^itern, d^r friscixes "uell .-^-Sc- fr für d- s
•-eu-: liefex^te u id liosse.i sici -ü le kleir.B I^irbia^ scaick-n, ^ia ?io
ta
it iClektri/it^t Vcjrsori:tG, -qs nic:;t ;.ur steti;es Lia^t v^r-^-r eh.
sorxdjrn dc:zu -lOch dea Luxus ei les Or^i: ophonj er/.Ö^-liC'.t i. !^ie lasal
selbst reichte et,v^2 eir.e i.:eil3 ia üllen Hi :.;elsrichtui:ssa. Tio .7^ r
felsi-f ^-it ■^'del- -ad 3irkeav7..1d bevncasen uad 'it o-.c-^rtl.ie- ..oss
bedeckt. Die Ufer fiel?:: steil sb, uad nur r.j ei^er 5-ito •7rr ^^la
tiifer EiascLaitt '.it Sciidi:i:e.n Boden und Siic/.tt-r^: 'T^-srcr, ier il3
geschützt ir kleiner Hcfo.i ft!r ."I^s ..btorboot dl^-te. Die Btisonloiv.oit
d3r Lcuadsch.?.ft Icz doria, dc^ss sie e'^eichzeiti^ einea 0ebira,3c: urakter
h'itte, und ia Farben und Vegetotion ^rianerun^en -ui 3-:; adin viea
-N
s
wie aa das Mlttelmeer .vochrief. So war es dieses varbiadliche
Wesea der Insel, das die E's, die -us LIitteleuropc. stü.n^ten,
so unmi darsteh 11 eh. cngezoo:en hatte. Sybille kair. aus Nord-
deutsclil'.ni, 3^udolf cus dem 30dea, Beide h-tten j>jiropc: au3 po-
litlsdien OrÜxdeii verlassen, hotten einander -jühread der 2-igr?H-
tion keniiea^elernt und raheir^^tet und "seran fire^eins.".:! in d?3
neu9 L'^nd ei.isevrcndort« Sie jcren t!!ti2e IJenschen, bei-'.e .ver-'te,
die in ihren freien Stunden ihron !TeisiLn;:ca lebten ^It Büciorr-i,
L!u3lk und Kunst un'? rdt ei ii';3n nihen Fre-.ndsn. 3o f:nden
sidi nuch in ioa Ferien i: ::er Freunde bei ihnen ^ia, 3ie
ihren Oesch:uick teilten und sidi rsrne von Sybille.^ freundlicher
Far3or^?:e unihe-^^n lies3:?n und da.s stille, frie^liaie Ferien-
leboa dar I.iselbev/ohner toiltBn, Das Hr.us b.'Stsllten ^ie -elb.^.t,
der Proviex:t Tur'le vja de., nüclisten Ort :n ier et^,r- f'hifrra'ia
LIeilsn sntfirnt^n irUste dan Boot geholt. r.:nnc:-. -.^l -uch Tihr
man lu ^jsAe^z et'-.'-s rr'5.^3er3n Inr^el, vuf den^n kl-^i.ie Fiscl:cr-
dSrfsr '.T'-r^.;, ü'ier :;::^n ko^nt? d-jrdi ein v.^r-'bre-^ ^tes Olock'^a' :i chen
die F!ihr2, die z.^oir:-! ?=^r. V'S-Z^ vcrreif'ahr, 'uf etvjs notv-'-rinfi-^^^^
suf.i:erck3s .: -^lüd'ion. Wie 'es co tvpi-sch för ir:Jul.irjo Lobon ist,
ve^'o'^s >
3n ni-cl: kürzester Zeit iie übrige Vfalt oder sccAaa ihr
dodi keine 7ichtl::keit b-ü tu lehren.
In diese-.; Jy;r '«.Tan von ien Olsten :-:=:inric:i uii :'-ri':nno
V, S. \x:A ^.oc Schriftsteller John D. bis zur Snde de.'^ -Torers
a
geblieben, ier ;:ol herzlos, so.-.nif und bl:u zeiesQn '.v-ir« I.xn hutte
'sich in die Hauscrbeit geteilt und den Rest ies Tcges verbr:icht.
I I
wie 33 Jedem Slnzolnen ^/or. ihnen klu liebsten war. Absuds f^nd
msn sich zusria.nsn ini ^ohnzl -rr.er vor da-i offenen Ksiiinfeuer, lenend
oder sich unterh^atond oder auch schwei.>9nd der !.\isi]5 Isuschend«
D-ann plötzlich eir.es ::orrens -.var der Yi
nd söko:/;^n .-^it
sns L^nd zu ziehen -jhd feszarachen. Öen? plötzlich ^v^jrde 03 dun}:el,
dar Stur::i rosts über 'iie kleine Inasl, schüttelte die 35u.:e,
heulte Uh6 :^:'•., und ler ^?-7t'i _;.3.,- ..n 7III-3.. Str?--ri
Mun
herunter, so dr-9s er eine f'-st r>chv?2r7e 7jssor.7:.nd bildete,
f^üd 3ich l-'i H.aus eingeschlossen, u.:d virl-clich von der '.^elt
abgeschnitten.
Dieses i::in5e5c:ilossen;^5oin lit ei n-r^nior ri'-^f las asftH.l :ilt3r
Vertrrj.thc-it stcr> ins Go^IJlch^jnis rarCck, ei/ier T^rtr^utheit ,
c»le diese fC.if :.^nschen vor Jahren in eine.r. .-ndero:: Cturr. ^.luf
i-.:.er verbunden h:tte. So -T-ndertxi j2t'!t ihre S^dcnlren ^.iir'Jc'r:
zu uicncl'.eru se-^einsuT./.en jirlebnls der T-ir^-:-.nre.iheit . 2ia
'Yohl^eftlM, -de 93 Lbnschen enpfiaden, iieeineü fe.st sicheren .
Verderben aitroiLaen sin5, erhöhte noch '^.as öbliche Yer-^'l5'^-n '
':im Austausch: solcher Srinaox'^unr^en.
I.iiirianne und Sybille hatten eln-:nder «^ch^n seit ihrer
i;:e:neln3a-:..en Sch.^olzeit ii inr.iger Freundschaft ci-ihe gest-nr^en.
Obgleiäi ihre beruflichen Vei^dn::^:. sie örtlich auseinander
gebracht hatte.i — Ll^^riaime hr.tte alte Sprachen und ;^chöülo.i:.ie
studiert — '.vare.i sie doch eiaan.ler nie frejid =re-7ordea und
I I
II
hotten schliesslich v/ieder ein fest seiaeinsanies Leben in Paris
Qufgeno/nnen.
I^rianne und Heinrich 'tdrec n" ch Psris von Spanien gekOT.Tien,
??o sie beide ?uf Seiten der recht n.üssi£;oa R3i-lerang r;:ek9nipft
hatten. Heinrich \inv von eltea deutchor. A-clal, der einzige
Nachkoiaiie — - das il.ide — -- einer laa:."'an Rei^:e von Ooner:tionen
von Raubrittern, Outslierron uid Offizieren. Sein Y^ter bitte
durdi Heirat -Jiit eiaer Judin 3twc^3 aeues 31ut und ein grosses
Ver.nti.^en in die -mssterb^ude 'ind rcdit de;2;Gneri2rtö Fc-ir.iilie ^Te-
bracht, und Heinrich h^tta es vohl liesor :..1Itterlichen 2rbschcft
zu verdanken, dass er sich niciit in dt s Ju^üierleben ei.ipcssea
konnte und i^ollto. Die Liebe zu seiner schönen, gel streichen unl
zÜrtlicLen i.iitter, die uiter der Brutelit^t seines T?ters "umrunde
gin?, h^tte ihi zi; eine:-, leideaschvftlich^'in I-:*!.:ipfor yjZ'^^
Jod3 ."jTt Hohalt und Ungerecht i^lcüit gs.iji.cht. 3r h.tt-^ eine
glänzende Karriere r.ls Journ^dist • uf gegeben und seine ^nnre Tr ft
und sein Yer:aöi:en in: Kaiapf ae-z^a I-Iitler und cien X^tion^lsozi-disrus
eingesetzt. Von einer:! Spitzel varr.^t^n, v/ar er verhaftet und
zu meareren J::hr^n Zuaithaus rervrteilt v;orden. Mtchde:" er
nodi ein Jcüir die Cr»3uel 3inos TTonz^ntr-t-w**^! ^
•> ■'^ c* i. •••
•-4-1, t.
^ .... V
.4 . b V« *
vTLirde er antl-jssen, und es ^el?n.j: seiner iMti^ea jungen Frau,
ihn rdt Hilfe von Freunden in Holl nd :af -abenteuerlichste TToise
au
s Doutsciil^nd her-.'iszubrini^en. Einer dieser reifer ^;cr Jcl.n D.
:;ew.=^sen, ein junger e^i-ierikanischer Schriftsteller, ier ncch
^ropa 5^v;sngen V7::5r, weil v/eder der a i.erkani.^che 3port noch das
a.nerikfinisch 3 Oon^stertafi seinen Dron-j nach Abenteuern und
seinen Freiheitssinn befriedigen könnten. Ein frühes Erlebnis
A
hatt9 seinen besonderen Sie3el 2uf seinen Charalcter sedrückt»
Er hatte einen So:2:aer Ln Sfiden verbracht. D&:r.al3 wrjr er
12 gewesen und rebelllsdi ^egen sein eigenes elterliches Milieu,
in dan gute Sitten und Ll&nieren nicht nur ^e predigt sondern
auch gepflegt vrarien. liin hatte ihn allein zu seinen stidlichen
Ver^'indten fähren lassan, u^n sei ne:n Un?bh5ngi Tkeit^bedörfnis
genug zu tun. Auf^ejecVt, rh-iutasier4ich und körperlich seiaeni
Altex^ vor-ius .vurde er ein :.:itf:liöd einer Grappe JuvenilicI^er,
die ihre r.!» nnl i ci kei t 1 n jeder üinsidit zu be-^eisen sucliten,
ge:?8'inlich in vindischen Actionen segen die 7elt der Ervachsonen.
Aber sie tranken audi und trieben es mit den ?.!9dchsn. Schuldbe-
wu
sst rwar hc^tte dodi John 3II9 diese Streich-B ger.'ia unl stolz
Itgeinacht. D'^nn 'jber, a.:. Tage vor seiner Mei-jraise, h'-itte lie
Bande sich juf r.iei hr;rJ.os'j klein3 Ifegerhinder gest^r:^t, die
unschuldig geauj nackt ir. Fluss bcdeten, oa einer StellJ uie
nur für Teisse reserviert v/er. Sie h.^tten lea kleinen Burschen
Blutif- gesd-il^gen und zu ertr'^alcen ver.rachtt und die Versuche .
des -vinzig-en L2*dchens, ihre-i Bruder tu rotten, .rit Fos^-tritten
verhindert. John hatte m dieser Oew-iLttut sich nidit beteilii:t,
a
ber er \7cr d^bei 'bestanden und hstte, zie .Tall'imt, ^^^lesch^'ut.
Sr s^-h -iie kleine S-rah c-a Boden sitzen und r.it Ihre.a schwar-.en
HSInddien ihre Blosse verdecken. Ihre sdiwirzen Au-i^en traten
vor Änv^st cus den nt5hlen h9r:ius ; sie vnr tr*tnenlos Tie oin Tier.
John v/ar d-^voc. r^l^ufen. Irgendvo hstte er sicli ins Gras gevor-
fen vnd gemeint vor 3ch?ni, Schuld und Hilflos iglci^ it. In der Xecht
war er sdilaflos Qe-:ieBQa und an nächsten Morgen fuhr ein stillerer
John nadi Kause zurttck.
'•t-
•■'^
I I
II
6
Er erzühlte nie:naaden 70a dieser Erlebais, er schff ite
sidx zu sehr. 2s hatte aber zur Fol^e, dass sich S2ia Uncbhan-
gigkeitsbedürfnis voc nun on in persönlichem R!ut Susaerte,
selbst v/enu er eiaer Orur^pe allein entgegentretea nusste. 3r
• •,
Wßr eigentlidi über Nacht tjl einea Felden gsT/orden. Sarüis
Aus^n h'iitte er ale ver/^esssa kö inea,
.3r c^öliörte einer Organi3:tion cn, d3ren Mt^liöde^» es sich zur
Aufg-ibe 3a 13 eilt h-^-tten, selbst uatej eigener Lebensgefahri
politisdi G-dfSihrdete ?us faschistischen Ländern her-jiuszu-
bringen. D::. 0^' sein eiijieaes Leben oft ciufs Spiel setzte, w r
es für ihn kein Froblorr^, in seinen H3ttun:s'.kti3n3n, \ica.\
not\vin:li2, rjch bis r^n Aeusrsersten ?ai ciehea. jIt ;7ar 'It -einrich
und LJi'riunr.e la Sr/iniea 7?A2t:zjda ^^^^vesen und lornte spftex" durch
sie Sybille kenr.en, Sie Tarde kurz dirauf Jber Rulolfs ?ruu.
Rudolf, der schoa da-,:-:d3 oiaen betrfcatlicl.en ^^2::.eii ».la IVis-on-
schcftler h:'tte, hctte ohao 7^5:ern seine Hei c-t Y3rl-',zz2a ^Is
Fristest ,T'3.2en eine Irrationalit!?t, die ih::: als Rückfall in den
Ör^:i3t an Hexen - und Aber:l -:\uben er.:ci:i3a. Er fü'nlte sidi ia ceiaer.
7/is3ensdi3ftli(Saen Denken beeintr^chti^rt, in seiner ^.'Hnnlichkeit
beleidig uad ia seiaer Creraclitiskeit 33inn e.ipört. 3jia Huf
ve^schTifte ihr Ctelo^anheit, in Paris sei.ie wi?senfech:ftliche
TÖtir^keit fortzusetzen uad so viel als 'Löblich jüngeren eni^rierten
Kollegen, unter denen sidi. -^uck Sybille befcnd, beizustehen.
Seine sinfache beschützende uid helfende "^esoaurt v;urde für Sybille
ein Srsötz für ellss,- was sie verloren hatte, John, in seiner
roynntl^chen Abenteuerlichkeit, erschien i^.r als ein Junger
• • - *
liebensTzttrdi'jer Knabe, dessen leidenschaftliche Liebe sie in eine
tiefe und rahi^e Freundschaft zu Terwandeln suchte.
•^w mt^^^^^m** ■ 'mmm'^mm^^-'M^
23 TTar 'ittlerAreil? Aband .^ov/orden. Drsu33oa v:ct.: '^.vs Un-
wetter, suf dc:s die Freunde in ihrsT. Oeroiil des Oeborgonsiins nur
gleichsam h-ilb-b9.7usst hinhöi-tea. So entring ih.ien zunächst
das klopfen an der Haustür, und erst alü ei rtärker wurde und
sich !^utlicLer von deci andern Cratöse unterschied, v/urden sie
alle fast gleicnzeitlg dcrcuf ?.uf-nerk3r:m, Sie sah^n ein^nler
unglöubis rrsgsnd an, eis ob ni^nnrid von ihnen fes^-an koriAta,
d'Biss ein Lebe^resen drtiussan stJmd und Binloss begehrto, Tis
schien ihnen völli»^ Uxi^öc^licli, d-^ss ir.^endein :.j3nsch in diesen:
«
Sturm auf ihrer Insel gelcndet rrcir, auf der es ausser ihien
nur Heaen und TÖ^el cßh. Rudolf :7cr der "Srst^i:, T r
Z*.t-
3q:.Ij.s^ !:.•-•.., d^ss das Un.vsiirscheinliche Tohl .geschehen sein .nieste.
3r erhob sich ^jud ^i.ig z^ir 3in3':n:;3tCr, die er ra-^^ch öffnete«
Gegen das Dm.iel driussen Iiob sich eine schattenh fte Oestclt
c:b, die :^uf ei.-e sinlide Oebürde luiclfo in den Italien Lic. tkrei/:;
dar 3inr3Ln£;shwlle tr^t und dort einen .-Jigenblick sch:7ei,:8nd
und {reblendet stehen blieb.
Der Frer^e ;;sr ein .^ossar, stattlicher r.;unn, d^r ro durch-
nüsst .var, d-£:ss: des Tcsser ca ihnn heninterfloss. 3r but die -n-
v!eserAaa u.i Sntschuldi^ung für sein Zindringen und 3rkl?!rte T.it
heiserer Sti~-"3, dsss er seit Stunden in seiner. Boot in otuiT:
auf den '.Ta^ser gev/esen sei und völlij Richtung und Criantiaranj
verlor-jn hsbe; durch ein*^. vinjkllch^v;:. 7uf'll sei or in di'^ kleine
Buclit der Insel frischleudert vcrdt^n. jJs sei ibir. .relun.r^n.
sein Boot fjstzu";':iChen; da er die beleuchteten Fenster des H-uses
6
erblickt habe, hsbe er sich notcö^rungen eatschlossen, enzuldop-
fen und uia CrQStfreundschaft zu bitten, bis r.ich der Sturm sei e^
höbe« 3r ^var recht erschöpft, obgleich er ein lcr?fti;?sr iMana
in nlttlersn T^ihren v;ar und sprach etv;as zö eiernd unl nüde in
eineia gevyählten Snsli^ch, dos ^^er^^de durch di9S3 Ce-.vähltueit
den Auslf'ivler verriet. Rudolf und Sybille hiesson ihn: freund-
lieh \7ill!'Co:u^*en, Fordert -:n i:in : uf , in eiaes d^-* verfügbaren
CastzlTiTier zu treten, und vftfhrend ihr:: Rudolf trockene IIlsidua£;
«
verschcfftG, berreitet^ Sybille schnell et:;£s zu essen und ein
heisses Cf8tr^*?nk 7zr. Ais er dorsuf in das V/oIinziir^ier tr,t, '.7ur-
de eine fori^elle 3esrt!3s*x.i^ und yorf:t'3llun.-^ vorzeaOi.::.eLi.
♦•Lein ?:£.ue," sc.-fte ier Fr-r.do, ^ ist K-irl :.:tlller *' und r:r
fö;:::te sch{^rrii".ft hiarj, i^^s dies v/ohl der uavarbiidlichste "Ts.-.^
sei, den sicli Ja^.^nd ir. seiner besonderen Lvi^e uu.£donken kör.nte,
obgleich in den V3reinijten Staaten ^^ohl S-^ith und Jones noch
besser de^u Zv/eck unidentifiziert zu bleiben, dienen v/tirv^jn.
Er sei ein In.j:enieur vnd, '.;ie '.to'lL seine Aussprriche verrcten
hebe, ein Deut^^cher, der vor Jähren ^3 ia^ev; ändert sei. Er vorbringe
seine Ferien in eir.e . der klei.ieren Crte an der Ktlste '/oa I.Jelae
und sei heute r/jr^en sei schöne-r. '.7 et t er 'Jus^efahren, uc. zu
fischen, nicht ahneni, .Tc^ldia Abent.^uer i^^n "ler Ta^ noch erleben
lassen sollte. yo:i Feuer ur.d dei's heissen '^rog er.7Ör.;t und'5urch i'.s
Sssen (gestärkt, verlox' er bald sein ex'schöpftes Aussehen und
schien sich liebens.vürli- und iTesellir der Cren eil s chiift unpassen
zu \T0llen. I.'len Spruch dirCber, Y7ie das plötzliche klopfen ^n
•">
dar Hinisttlr elnoA Jedan 3elt3-:.n bortlhrt hi-be uad Jed^r arr.lns sich
In d-sr beschrelbung seiner Oefflhle und Gedanken, die *"ll3 5-^3
ünheiinliche ies EreiTnisses horvorhoben. "" Ss i^t ':Tie der R3glnn
* • •
9lnor Oeschiclite, " aa^ts Il-ri-u-ma. " Odor -vie das Sade, " einte
Sybille. " D23 L^itztsre ist .ohl d-s Rlchtins, " a-h-s Herr :„Tlller
deo Faden i-uf, "zui-iifliost för ;rlch. Und aun n^£ .-iin wohl Sieea,
doss es sin • Hcppy ead * ist. T1hr-?ad ich .-Ich U.: 9oot voa
den '.Teilen hla und her geworfen f^ad, k^-a -'Ir das Groteske -..einer
Läse zun 3e'.7U33t sein. De env^hnte ich vorhin r-chorzhaft, -ie-l ale
Nev-iensvettern ich ^uf dar ^elt hnbe, und döbei h:be ich unter -i 11
den I.Hlljrn alcht eiA-^c Vervtnlten ..;ehr. Ich bin völli-: ohne Pcüi-
ille, d.-.3 erste ULI in -*J.inj ^uf eiuar * c-.pir-s - ual-fi::.!.-;?-
expeiition * 2 nz allein, i;ad T;9r3 ich heute nicht -n Tnre Inc-ol
versdil-^en jor-lin, soad-.:-a i.-. Star... i:nt3:-e:-unsen, --0 .vlre ^v/^r
ein ;.miGr -venisar ::U.r dar Talt, be.- 3ie ^^It hftt i -U-3es tr fische
.7^^ n
Erei:^ni3 nicht einnil be.ierkt.
"* Sie h-ben die K??uCiC^-eit Ihres %^5:'.ens nun Vnrra^-ls üi-7??hnt , •*
sagte Heinrich, »^uit de :. Kinvreis uf Tir^ec\:.lv.^;Sbn der Id2fitit'!t
und dei-'i^eichen.
uuter solchen ür.;3t Jf nisn .-at^rliche r-si.'se
h-'.ufi-r vo!co.-:en können. LInn ist -onei.rt, sich 3nt£pr.^chend3 3itu:-
tionen reizvoll uU'szu.Tilon. Sie •vür^^nn oft i^s :Co:-:i?chon nicht
entbehran. — Aber a:a .Tievial :^jrk7/3rdi:er und uxäieii-licher i ;t es,
wenn --/in einen richt seltenen JIv_-;en hi-t und iiia plöt-lich in va.lli.3
unerwarteter .Toise begegnet, tds ich 'Is junger Journalist bei einer
10
Berliaar Zeitung .mgüstellt war, .«urfts ich elnas T-^ges nach der.
l'oabiter Gericht cussesandt, u:n ober einaa politischer. Prozess zu
bariditeü. Vor der Tür das entaprecaeniaa Oerichtssaels ^.n-okoiTr.ea,
f::nd icxi m ^iaen Ajrser har:n3, des? ^-.a ü^ Trersa .usgeschlossea
h'tte, unter dsss hinter .^eschlosseoea Ttlroa venv-uielt 'vurde.
Vsrsti-r.t über dieaaa I.Iisc-rfolG .sines Auftr— 3S w-nderte ich ?uroh
dia ipasQ-"' h«3slid.3n Forridors und -nusste nicht rächt, -nie ich
.TMns Zelt varbrincen sollte, da iah nicht fortrahan .vollt'j. r.och
IciTer hoffend, d^-ss ich vielleicht doch noch et^^cs srSt.r Zutritt
rar Verhandlung er^v.-in-en könnte, ilir h::::: der 0-.d:.iike, Ir inz";i-
.-.dere . R -u.-ä
"sehen irgendein -.inderes Oeriohtvai'r.hren m -iin.. .
cü^ahören. Auf j;t Olttck öff -tit . ich üne Ttlr. rüe :'u ein^r d5.-
•inior-.:. 3«! 3 rtli.rta, i
.- .-■'j
-e.-'üds, vis äj -.•ci.iea, jin 3tr' fpro-
r.9S.T i.: Cnre -.T^r. Icl\ hijlt noc;
4 V ^^ ^
3iatr-at;n die rriinl:,^ Jer
TOr.' in der H'.nd, :ls ich kl^r und deutlich den Hielte;- s^.en hSit-^:
• Der Ansehl-sta v. S. ist -33t3n:is. • lÄ ^ r .vie Ir. eine-, .-n^.t-
trüur, bef^-i^en. Ivein erster Ir.puls -v^-r, die Ttlre r.;f'/;:reis3ei: und
d'-voflzurennen, .-^ber Jerude vüe in einx.. j^;ner Sahreckon-ttrSu .e
fülilte ici r-idi wie rn den Boden ^oia^» ohne uch nur oinen Paso
heben -ni hönnen. Id^ h^itte dus Oeftfhl, Ms ob eine Svi^h^it ver-
gongen sei, und doch konnte es nur ain 'rurzer Augenblick -ewesjn
sein, bis ich den arvfihnten Angckle-tea i-tohen s- h - einon .-rossen
robusten Kerl, der i=l n whl ein Vorhrechen z>jtr:uen könnt -->, und der,
ausser da-. Ka.nen - weni.."t3n biMe ich -ir d^-3 ein - ':uch nichts -.-.it
ü
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:alr ^enein hatte« D'us Unhei fliehe dieses Erlebnisses li.g eoea
d^jrin, dtss es sich nicht un 3ch:idt oder Libyer Lundolta, soniera
1121 r.elnen ITxaea, der ~ so'^volt :i:lr da^ids bek'-inat v/er — nur nuf
neir.e Fa-iilie besdirlokt ;?i r, dara.i Istztea .n2nalicl:es LIitglied
ich darstellte. ^
J.iin h':.tte iiiteressiart Hsi.irichs Srz^lilun^ i^n.^'-jhört uiri flle
i^edets-i nun lebhaft f.urchoin: nder, ein joder in sainea Srinnerua^^a
nad.fDrschead, ob nicl'.t '^-udi ih.- ein ffhaliches Srl^^bnis sich
erei.^net h?tt3, das zur ^11 '■«•3 meinen üiterh^iltun.^' beitri:/^an kor.r.t:^.
•» 3itU3tion3ii, dio in ihrer u:ühei -liehen 3t i .-u:ic ::n Tr^u e
eri.narn, *vO .-..on v/ohl htJafie; ';or, •♦ s-^ta V/yci^aae. *♦ Un' sie ':::irk?n
u::-so urjiai lichar, Je '.ehr sie sich eine- uns -johlbolc-nntan
Tr'^.U:. n'^h^rn. So 'V:tt . ich ?in-:.l ein SrL.bnis, b^i io;. ich "ich
ü-inlidi -^ie ia vl-^len Tx''?a:.^:i hilflos i-, ciiv-r v31li.^ unver-
st 'ß-:dlich3n 3itUc.tion haf ..;i. ^.: ^. r .^hrcnd d ^s 1-t-ton Trio-e:?.
Id: verbr^tf-itö alaoa Toil .i.eiii*-.- F^,!,-*. ..; T^j 7estkÜ3ty -dleia
in eir^.^r. recht bok-^inntaa Perienort. Der Crt ./-r tt^o^^x^liufcn
r-:it 3o :.er::'*3ten, £:rÖ5stenteil3 An^iehörl^en dc-s in ^ar Kühe zt-i-
tionierten IvilitSrs. Idi fvnd n^ch eini?3-3n Sc-/.7ieris:<eiten eine
cini2'jr:/:.3sec freundlid.e Unt .^.irjnft, .U3"te :-ber cie r.j-hl'/oiteri
2usserh:^lb des H':.use3 ei^anehJ-en. 3o s:-:h ich ■.ich denn uuch nc^ch
Rerti:ur:.nt3 und Gost'^irtschcften u::i, versuchte, hier und dort zu
essen, bis ich f-uf ein russisches C'--2tii:-us 3ticss, dus i.:ir gefiel
und das c^us.^ezeichnete Kost hi-tte. Di3 TTirtir., eir^e rrosse ht!b-
sehe Person, sta^rjute aus der Ul-crsine. Sie h^^tte för .lich, d^'
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Idi Ja meiAe Kindheit zum Teil in Russlsni varbr^cht hctte,
etwas Liebes und Anheiinelades. Vit ihren dunklen Ha:*r, in
der lütte gescheitelt, ihre;ii weissen und rosigen &33idit, den
blauen Augen \xrd ihrer Ueppi^keit erinnerte sie cn jene rassischen
HolzpBppen, die 3eis Sntzücken :einer Kinderjs-hre vz-ren : XJ^a
konnte sie nü.-ulid: oufschnuben und f:xad i^Jier kleinere Aus-
g'-be.i der ersten, Jöwölinlich ein-a Bäuerin darstellenden Fuppe in
ihrem Innern, sechs o^er c-cht i:n C/unzea bis rj der kleinsten,
deren M^e nun ^cl'.on nicht .lehr 3rkennb-:r v/'^.ren. Ihr VrOnnt euch
denken,. T/ie v:ohl es rir in dieser '.Tirtsciu ft gefiel. B\tld kij^i'
id-. ::uch rrdt der lirtin ins OesprSca und brachte rneine 'voni^^en
russischen 3rccken hervor, u:i r.och rielir die Intime At.'.csphffra
zu sreniessen» 3o haachloss ich '!enn, iiochde::: ich zirei:ol .vltt-^s
dort re.'^essen htitte, LUch -eine Abend. ''^hl^^":jit in .^^ner Ocsthrus
einzianea :en. Es herrscht j ein ra^er Betrieb, -her es geling rdr,
einen Tisch zu finden. Sine Kellnerin brc-cht-ü rlr z^.var die Spelse-
kcrte, c:ber d^nn Icd.r.nerte sich nia.rend :nehr um ;.ich» Ich konnte,
7de sehr ich xich --^uch ben^tthte, nicht erreichen, bedient zu worden.
Personal und Tirtin überf^ing T.ich gefli33entlic]sst , ir-^^endeine
höfliche Entschuldi^run^ ^oirnelnd« Zunächst glaubte ich, cloos sie
zu beschöfti^t seien j:it CSsten, die frflher gekorjir^en v/aren. Bald
Oberzeugte ich riich ober, dass später Oeko n.^:ene schon bedient wur-
den. Dann ir.einte ich, dass iriösücher^/'^ise Dainen ohne Begleitung
nicht er-^nscht -v^^ren, aber euch dies m^it nicht richtig : es stissen
-^\
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mehrere ?raueü allein an Sinzelt Ischen und essen. Der '^ufilende
Gedanke, dass ich hier plötzlich nieder auf eine bösartige Ealtung
gegen Juden gestossen wer, vor der ich doch vxis Deutschland ge-
fLohea ^ar, schnürte rlr die Kehle zu» Ich schaute nich uni und
seh, dass unter den essenden Gästen eine Anzahl Juden vertreten
w£irea» Ich versuchte noch CiQhr.rxjls, die AufiHerksamlceit der Kell-
nerin auf irdch zu lenken — vergebens« Schliesslich, nachdem ich
ftist eine Stunde rew'irtet und .gehofft hatte, erhob ich r.ich und
ging deci 2ins^ng zu, in dessen unrj.ttelbarer Nähe die ukrcinische
vyirtin stand. Idi wollte mit ihr sprechen, cber sie wich mit
einer undeutliche ga'^r:.:elten Sntschuldi jung von Tj.r zurück und
liess rieh ohae sine Zrklffruü^ ihrerseits hin^:iusg3hen. Auf der
Stösse fand ich .'ich zittarfld vor Aufre:Tunc^, äean d^^s eben Erlebte
hatte rieh .:1t eine.i: OefÜrJ. von verwirrende:* An^st erftlllt. D'i3
Ünvejst?^ndliche d^r-^n .^ab xir «iia Gefühl von Milflosi^keit . Ich
konnte in kein anderes Lokal ,;^eh3ü, ver'c:ichte;te aufs Zssen und
gln^ zu :neinea Logis ^niröclc. 3eini Betreten ies Kruses seh ich,
dess r.ein Hausherr i-i seiner; Zir.T.er Si^ss» Ich stieg zu veine:.
R.'3Uai hinauf und sbss eine 'Teile iT. Dun!^eln, :iocu i-^iner d'j::it ba-
schSftigt, eine 3rki5rung ftlr d^is eben Durchljbte zu finiea.
Dann eatschloss ich ..-Ich, iea Hausherrn zu fr>-cen« 2r hörte rlr
freundlich zu und schien nicht Ix, Geriajsten erstaunt tfber r.oinen
Bericht« * Die Rusrrin, • s>igte er, üIs ich reendst hatte, 'hat sie
natürlich eis Deutsche erkannt ; und de gerade die Deutschen in ihre
Heirat eingefallen sind, weisert -^ie sich, Sie bei sich zu verköstigen» •
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• Aber sie hft ii.ich doch gestern und vorgestern freunllich auf-
eenO!!ir.en, • rief Ich cus* • InCTischea hat sie Ihren N?i:r.an erfah-
Pen und ihre Schlflsae ds^r^us gezogen, • entsegaete :neln Wirt.* Sie
]aanea ihr ihre Haltung nicht cllzusehr Ubalnehien, v/enn Sie baden-
ken -^as die Deutschen in ihrer Hei aat treiben. •
*• Sine gute Anekdote und rut erzflhlt,^ ir^into John, "" aber eigent-
lich handelt es sich hier .veni^er ur:: eine Ver.iechslung als ar. ein
lilssverstÄndiils; doch ist die unheirliche 3ti r.uns .sicher nicht
Seringar.'^ Sr und Rudolf erainsen sich nun in Treiteren Beispielen
vo
11 Nar^ens -und Per-'^onenver.Techslunsen, die durch eine rischunj;
von
Oroteskem und Cr'-iuen ebenfalls ein Oifühl von Unheinlichkeit
er^ir!^en.
Der StuTu tobte weiter, uid von Zeit ?u Zeit Iraschte die
Oesellschcift ^uf de.i grossen Lür... , 5er durch 5.en endlosea Hogen
und d-:-s Aechsen der 33u.:3 v-.-^irs:>cht .rurde. D. s Feuer br-.nnte
lustit i.: Kirnin. Die V/Ür.ie 7usr.Tr]en rit cl^a ^S.-zählucjen lie3S
eine >3'.7iss3 innere Zrre ran? bei den einzelnen Anwesenden z'Ji'i
Vorschein kor. .e... die aic'^ in ^aröteten 'l'.-:iz^ci und einer C3wi:-3en
körparlichen ünr.'St uusdrtfclite. N^^ Sybille v/cr schveisexi
geblieben und schien in sich var.sunlien und :;it ihren 3i::nen Ge-
d^^nl:en besch^ftist. John, der jie i;--u3r v^ieder prüfend und=-'uf-
fordernd ^nceschcut hutte, unterbrach schliesslich die Andern
mit der Trr.Qs r.n S/biUe, v;.-s es -v^ohl sei, des sie so sehr be-
scn
afffti-'^e. 3r .-ei.ite, sie r.abe wohl !r^u-. den .^aekdoten und
I I
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KTzahlungBü 7U3oli9rt ; sie -r.tcho äen Elndjwck, eis ob sie .Mailen
eatferat irte In einer ecderea Telt sei. " D'JS Ist aur halb rlch-
tis," aftt«ortete sie uni ftt.jte 78£erfla, wie .;^e,:r9a elnea innerea
Widarstand kütrapfead, hia^^u : " E-ire OeaÄichten h- bea mich -ß et-
was erinnert, wovon ich iie sesprochea hebe, js nicht oin.n.-.l
hatte 3jr3chea Mnkon, -tsII 33 etvaa so Unh^l iliches betrir^t,
d'->s aicht nur '.n eine vcrübsi-'ö.T-aiane Situ-tioa rehsftet Ist,
fora fo-'tl-u^rt uai .Tohl aie cufsohoben vardan kuaa. Eir h-bt
In ^11 S'orsa Erlabcissen i i.er .lieier 1-" Ual;3i:ü.icb.3 voa Var.ischs-
lua? der Id3atit3t ofa- voa nsvarsttündaiai^ü In den 7ord?r3;ru--d.
SeschJb2a, aber J'-s Ui.ei -lidie, das ich :r.3ia3, hut cit de-
Gei-iafail 7u ti:n, -it d--.r T" •..-it«t3lo3i3:<-'it , die als cuf^skl-rt
-/ordaa ist und nie luf.rekl^rt -.v^rdün )cj^:i. 1>-3 Orot r:l:-yo änc!
son
f^^ ^
fehlt diesen. Srle^oen vol>> . sn ; es '.^ar Ux'^.d v/lrd i. er nur i^urcht-
b-r urd sn-ueah-^ft bleica^ ur.d kcan dcrd:t: cmq\\ nicht ixi Sia- -.llieitjü
erzShlt .•■^rdea.
" Ihr ntbt 3.-.cli oft .zi-iur^e-t»" fulir sia fort, sich ui ihre
Fr-^dde •.veadead, " warun. ich .-.icli ^STelrert hcro, > -.Tiedsr m.ch ,
Dsutsdil-.nd — selbst ^uf =inea loarzen Besuch — r.urückvukehren;
jü, das3 ich es so^ar ;blch^t3, Dautsche, die a&ch d3rü Krie^
in die Yer3iai£tea St-iaten k ..ea, kennenzulernen oder bei rlr
zu besrüssea. Ich hoffe " s-a.^te sie , sich -n Herrn IvHller -an-
ds^id, " uaser G-^st 'vird, 7:.s ich £--i'i nicht «♦••>el.ich..-5r, de er
Ja schoa l:-n.:e 7uhre la Uer.e . L^ie lebt und -..Uo nicht r:lt •
eiQ--e3chlos.iea ist in Jene Gruppe. Ihr htbt ..;ir sos.r klein-
IUI I an IM I m Hl
K^t
Ifl
llcl:keit, H::Ch3uclit und ^ie UafOhickait, zu versabea, vorcawor-
fea. Aböt as ist eher ^aa CeftEil dieses stSnila üiiliei-lichen.
das mich ai <51eser Hältuag zwLi^t. Du, LQiri.nao, erinnerst Dich
« •
vleUelcht nodi lü aiae Mtschtllsria j-us u^iserer Oz-iatsislzeit,
3all3 B., ne cici triuriiarviss nach bar-zer Oiisteskr^ol-cheit
u-sbrachte. mr ■.75ren befreundet jewesaa, und ich h^tte sie zu
3e.=-ian ihrer Sr'rrenVuns audi hffufi;.' besucht. Sie litt di.ncl3
schon cn ollen ..-»Sslichen Aenssten. Sinnal gingen -.vir ir. P^rk
spczisran, und ols vrir uns eifie/i l-leinen T3ich n9h-2-tea, liaf
sie plötzlich l'iut schreien! 3::7oa. Idi fol^Tto ihr und find lie,
von Or:uen ^eschüttalt, hinter eine ; 3:.iua verstecrrt, stehen.
Sie h'-tte iir a^sid^t rlt den HSndt^n oeleckt, uad ich l-ronnte
21:
machst nicht v^r^Jtehen, vraa ^ie in ub.^3heckten 7orten h-^rvor-
stlass. All.::?hlich '.TJLr!e 93 .i'.ir kl-'r, i^a^ An^st und Abschva
sie von de:. Tel a; we:£etriabea hLttt-n, ^reil sie ?rö^c::ö in i^.v.
7-3ser 7er..utat3 und ft!rchtete, d.ss ?iö i-^a schr-^iac infüQ'jrin
wtlrclen. r-chle.:: ci3 sich etv/us büruhicjt h-tt-i, ^^rzühlta 3le -::ir,
dass sie -jIs kleines lüdchen einrx^l Knnben beob^^chtet hatte,
die aus Lust Fr5scr.e aufsable-sen und 7u.n Platzen feebr^cht hatten.
Das ''>ir3^-i3ch sei ihr noch iir.er i:ö£en'varti^:, und die L23d;lich-.
kalt, Frösche zu sehen Dder 7u h^ren, brachte dü;3 r^anze srcuen-
hafte Srl-ibnis ihr vieler so naho, als ob ^s gerude goschnhe.
Damals erkannte ich Tohl das Krankha.te i.i Bella, ^rar cber
nidit fähig, di^s rnliei-rJ-iche, dts sie enschsinend erlebte.
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U—BaBBULWl^UH ■»»!>— »w**ww
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nachzufühlen. Heute Jedoch Kretas ich aus Eiseae:a, was sie emp-
*
■ •
fuadaa heben nuss,"
Sie schmieg eine »Teile, ols sdiOpfte sie Kraft, u:ri weiter-
zusprechea. In Ihror Stitn-iie klang uat«rdröckt9 Erre.sung. ^Is
sie rortfuhr. " Ich misste -TÜhreni dar Hitlerzeit sia-ral hilflos
zusehen, eis ein alter schwacher Jude yo.i oiaeni Sturn-Staffel
Ifcnn erdrosselt mirde. 1& -verea et.va fQafzis SS leute zu-esen,
die ia ihren sch-rarren TTalfor.iea eine viflli^ sl^iche schwsrzs
Masse bildeten. Darjeni-e, der iia ?ct be-i.in, viar nur eine
Gleicher -aater «llen endern und hatte ksin Sesicht und k^in-^n Maren;
vielleicht ist er ^esichtlos reblieban, .7eil fir L^lle nur auf
seine KSnde starrten. D-as r.r das Siazi^a, d:.3 sich hersushob;
^eissa, -rosse HSad^ r.it ^xSfti-en, cn d^n :€ndea vior-^ckl-en
Fia:ern. Seiae ''.ern.el -arsa zur-ack^e^litt ^n und r.jn sah vider-
lieh breite Esndr.jlenke; dus rechte hs.tt.'3 ein solt-K-L^es brennend
rotes, SpianenfOr-J.T^s :^al. Des ist d:.3 3inzise. des ich von
dem LOSrder iu; Oedüchtnis belvaltan habe — nichts anderes. Sonst
Tjar er nur eia identitStsloser Teil einer 5leicaför7ii,?en sch-ser-
zon
kann
iJasse. KOont Ihr nun basrsifsn, lass ich nicht ^rOckr-'^cn
? Icüsste ich nicht je.iesux.1, .Tenn ich -^i lem Fre-iien be.:,-3?.-
aete, denken, dass dieser der ä!Jrdcr sei ? Könnte ich ir-end-
einon -tohl die Hand schütteln ? K=^an -ßn denn vorlenGon, d^.s'.
er zuerst sein rechtes H^ünd^el^nk entblOsat ?"
Sie Hörte auf, zu sprachen, und die Andern v/cgten k^.uin,
sie anzuschauen, aus Furcht, dass ihre sonst so beherrschten
-•^
I I
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ZOßa die qualvolle Srresun? der Stliae wlderspiegelfl ^Tflrde.
I0 dem ^aspaantea Schwelgao hörte juifl nieder deutlicher
das Toben des Sturms. Das Feuer an.r ar. SrlOscheü, aber das
Zirj.er war schwQl. Die '.Tartne und die nastranjeniea Erlebnisse
das Tages rächten sich wohl nun bei darr. TvevAea be-erkbar. 2r
sess unbeweslich, r.it halb£eschlos33üoü Au/an, 2urad:.ieleh.-it da,
3ia sdi-.7aches L9chela spiolts u;.: jeine J.äand.viakel, die «ie It.
Schlsf stwfas schlfcff und lose erschienen. Die Jacke, die ihn
nicht rocht passte, -.vcr rdOffnet, die .^-e l-i-en r.uf den Seiten.
lehnen das Sessels. Sein Aussehen v;t.r d^'.s aia^n Menschen, der,
von.ifldiskeit über.vSltist, nicht -.^hr den Tillen oufbrinf^, die
Unordnung seiner Erscheinung zu beheber.. 3s schien :.l3 hfftte
er
nur wie von '.Leiter, den Inh-lt von Sybilles -Tortei^ v3rno:.T.en.
3r setzte sich jaloch plötzlich ruck-rti^ und -t^-if auf ; ob.gl'ji ch
seine Augen noch i— er von den Lidern h:-.lb bedeckt -Tar^n.vT.r
sein Blick aber scharf und w-chsa-i a^vor^-en. Des Lächeln 'vnr
vOllis .vegsev/ischt. Mit beve.-ter 3ti:v-e, Ue heiser 7or Zr-
res-ang klenr, s-.>ste er, sich ':n niemanden 1 : ^-.sond^ror. -.»endend:
" Tbs ftJr :terk.7tlrdig peinliche 7uf'Jlle in der Telt .-geschehen !
Ist es nicht renm: fmier z^a heissen, ein ll-ne, der einen kaux
identifizieren kann ? :.liss in'.n '•uch noch des Sin-i^e, ■.•i-.s ich
so völüs als :2ir elC'Snttt.aich an^esehon h-.bc - ein :.ial von be-
sonderer Farbe und Tora. &n einer r^ic/. beson^^ren Stelle des
Körpsrs ~ nwss dieses Lei nun -udx noch 7.u je-t-ndan cndorn
«hören — T-rr. so .vie es der Herr v.S. :'it seinen: Na.-en orlobt
hat, d'iTGals in Oerichtssacl,
wmmm
19
Nur ,iar es einfach fflr Herrn v.3. sich und EüderA 7U tevielssn,
das3 er nicht dar Varbrecher v/ar, ds doch dieser lebeadig und
allen sichtbar in eigener Oestalt 3crt jestanden ist? Hier,-
rief er bitter cus, icdei er seinen rechten Aeriiel nirflck-
streifte und ein" brandrotes spinnenför-d^es Lhl sn seinen brei-
ten Hf^d-elenk aatblOsste. " hier, sehen Sie dies f-n und .lagsn
sie 3iir, wie i± diesen spukheften Zufall arklflran, -.lie ich Sie
davon Oberzausen kr.nn, d;=.ss ich nicht Janer Anders bin !
Wahrsnd die Freunds durch diese j?hs SathüUun^ der Spriche
beraubt ihn cnsf^irrten, sprang der Fre-rde auf und rannte, ohne
sich noch eiru-äl u::zusoh:.uen, -JS der. Zli^.er. Die beötOrzte
ZurQck,^ebliebenftQ hörten ihn die TQr zu seinen ei -anex Rtua zu-
t if
S!Äl"5$:en.
Rudolf hutte eine h'-lbe 7endun,:! ^eaficht, als -.70116 er den
Dr. vonei landen auÄnltea ; st-ttde:. Iies3 er sich ;;b3r schnor
in einen Sessel falle- und s.h faSt ratlos tm Sybille hinüber.
Sie stand .:iit beiden H3ndea auf eine Stuhllehne sestfltzt, ^,13
würe 3io in Oefahr» niederzusinken. Ihre t>3str.lt schien plötz-
lich zur arSsse eines Kindeo c-oschraipft, ihr 0-3Sicht klein und
weiss und von lautlose.a Weinaa verzozen. Jo-.:n, der neben ihr
st.-jnd zwang sie senift, sich niede- zu -.et-sn. Heinrich und
Marianne sassen dicht sneim^nd^raei-flckt, ^Is suchten sie so
Schutz ge^ea alae drohende Oef«hr.
" Wie kann so etwes rflslich sein" s-gte ilarionne.-was soll r.-.n
.ua tun? Gibt es solche Zufalle oder ist ^s Spieeelf ochterei? Du
nun
II i t
20
aiusst es doch ^rissen. Rudolf, ob ein solches Stisl ler Hatur vor-
kaiucea kaan — ein solches Kai bei rvei vorschisaeaea i-ansohea J"
Budolf schien sich 3es3Juielt zu htben. 2r glaj zu Sybille,
beugte sich zu llir nieder und küs-to sanft dos Haar der ?feiaendeQ.
•• Wir v»lssea nicht eln-^.l," sagte er mit beherrschter Stl.'.ue,
" ob dieses ll'J. vlrklich Idantlsch mit deinjeüis^a ist, das -.^ine
Frau vor so vielen Tshren wflhraad eines schr^ci:llsh3n Au-enbllcks
TU sehen sl^u^^e. Bs ist eine hÄssliche Siturtion för uns. alle,
besonders aber für Herrn .Aller. -.Ter ir.ar er :virkllch sein icag.«
"Du veraaide^t eins Anf/ort zu £sben ouf ;.:tri-::n9s Frage - sagte
Heinrich jetzt heftlj -»sber ,nlr scheint, dass diesjr Herr miler
eine zu schnelle Antwort' bereit h.:tte — ver h't ilin denn aberhiurt
TObetsn, uns .sein lüxL zu zoigea— h' tta er vl^Ilolcht Anzst , d :S3
einer von uns es loch schon vorher erspüht h;'tt5 ? Tielleicht h-t
Sybille es .vlrklich vorher .zesehen, -Is ar noch nicht so '-uf ^alner
Kut •7cr, vielleicht ist dciurch üjorhcupt die 3 ehre etliche Srln-
nerung in Dir -.iieier ^vcchgar^fan v.orden, Svbille, ohna d'::ss Du Dir
ir den -Oruid Rechenschaft -sz^ben h^ist. T7ein :^jdolf,'' Tiondte er
Ob'
sich -.Tieder r-.it grosser Srreran?, an den Tra^jnd ".ir können uns
nidit zufrieden r^ben rrlt der Zuf-llthcorie, -.vir --Csien -.Tlssen,
••»en •.7ir hier beherbergten ;
I 1
Und
rrie -.yerden .7ir d&s bev7u-rki.-tellic-.in können, rein Freund?"
fr^-gte Rudolf " Sybille kenn $ioh, -vie sie selbst uns erzChlta, ca
keine lndidu.3llea ZÜze des JvSri-jrs erinnern, nur r.n des Jbl, d-.s sie
'>"- t
I f
21
nur einen lr,:rzeü Augeübllck unter ento.jtzllch ?ufregoadexi und er-
schQtternden V^tüaim sesehaa hat. Sicher küün z^rale eine solche
OeinOtaerrasins die Sinne i^ufs Asussarste schürfen, aber es kMnn
Euch des Oara^teil eintreten; es Mnaen Di.i^e ccsehon Tförden, die
nicht elmnal Torh:»nden sind, oder des 3ild kvnn eatstellt It. tJedPcht
■
nls bleiben - eil des .rissen «ir. Kein Richter köantcj Sybilles
Zeugenausscre eis bindend -.nsahen. solbst Trenn er persönlich von
ihrer Ridati-iielt voll überzeu:t ^Sre.- Sybille hatte ihr^n
Kopf on Rud3lf3 Brust gelehnt; sie veinte nicht r.ehr. Sie Sijte
mit :::aier Sti".e : "ich h?tte -.Telter schvei-on r.ollen; ich ^veiss
nicht ^:'ru.- ici -rieh heute habe verleiten lassen, aber den ;dbdruck
au sprechen. Zs ist -Tio ich jesv-t hc^bs, r.un k"nn nie v/lssen, .v-a
3'.n die H:.n2 iribt. selbst ./enn der Betreffende kein i«i.l •••.- K.nd-
f n
John btt
5 3i± bisher ..n dex CjsFr'cii ^icht batoilift. Sein
- i--»
slos, f'jst ..i.-.dl:en:v-ft rewordon. 3r schi=;n
Gesicht rar üSfracK
3i± ^f d-.3 ?lLleQ und Aozüaacn seiair Pfeife tu kon^.^ntri^ren
in einer .:!e-?l5=.?i pedantischen Art, die seiaea Frouiden sr,70halic:a
ein Zeicr.en -^r, d.ss Tohn vors-acUe. seine aufrer^.sten Oefahlc UAd
danken zu b=-.^rrsch3n. Di 3 Pfeife -./tschon .!-3n r.fluen a'.lt-^nd
Oed
bruiite er sc
idliesolich trocken hervor :" -.Tenn id^. Richter ^flre.
'sflrdo icli :-.i=:-. r'.a? un
d v311i^ -^-f Sybilles OtjdSchtnis vorli'ssen
und -^vürde eher d .s Tuhrschei.iliche as das Un.?chr"cheinllche , n««'.-
lich da SS 3^
rcr ein solches Tsl und nur bei eiaar. d-r-tschen TT-^i ^ibt.
22
Du, Rudolf, bist tolerant v..ii -.voiso uad elü Wissens chsftler - -'..ach.
nal bin ich .^Inex Sd^icksal dankbar, des ich nichts von allede:. bia."
- Wie deo 8udi sei " antwortete 'Rudolf " wir kOüasn nur hof-
fen, dsss der Stur-, xor-sn vorüber ist, und Icss -lir diesen :,riiü
so 30h.nell ^ie inOslich los worden. 3r '/rird selbst dazu cehen.
bei der ersten' ^^ic-lxea Oele-^nhait cb^^ifchren, des3ea bin ich
sicher. Sybille. D-a bist vöUis erschöpft, und -u=h .7ir -.ndern
sinl sehr ^it 3eno.--:en; .vir kennen .virklich i.: Augenblick kei:;-^
Lösung flndon; iarua schlr.g ich vor, d.ss •.7ir uns r^arackziehea. .
Also. -Ute Nacht. '^ 3r nahu: Sybilles Am und führte sie uSrtlich
aus 3e:^ Zix.uer heraus.
. Heinrich l'^^te Tonn iie H:And -iuf dia Sd^ulter und V3rlle33
l.nn ebenfalls ".it y^rianne d.n R'-u:. . Rudolf -.v.r es re^ltJckt
Sybille zu Oberrsden,. el.i 3cl:l- f.rlttel zu nehtr.sn. Sie Hrittö
sich 7.unfld-.st d'.se:2en ce^'trSubt d- sie nicht ^ev/ohnt •.v.r. 5ich
nachzug.iben. un.I du sie rl^ubte, dass sie sich ru3n.v.an neh.'.en
aflsste, ^^ R>adclf Leid zu er.r^cren. Ab.r seine beruhi-^nden
^orte hatten =ie devon äbe.z -u-t, d-'S^ auch er besser ruhen könnte,
sie sich den Schlaf erlr.ubte. 2r s£:ss bei ihr bis sie ein- •
«schlafen wer. Seine 0,d-.nken vur^n ^.it ihr beschi'fti -t, die
Ihx so selbstverständlich nech sev.eson -^r.v in den Ungen Jthren ^
^te m
(
ihrer Slie.
Jstzt schien es iliiri cuf ein:'.t:l. dass er sie k.u.a kannte.
Sie hctte das entsetzliche -rlebnls "it dem ulten Juden ihr. nie
e^nfwavmw«
4iM>
23
erzfihlt# Er h«tte nlo von Bella B« (gehört. Säirl^noe wusste njehr
toü ier Verr^tifl.^onbelt seiaer Frau «la or. Er hatte es ale recht
ertra^a kOnnon» ^vona Sybille von Jea^n 7elt«Q sprach, lo denen
er noch nicht Ihr L-^ban teiltet Er wr.r ela unseduldlfer ?uhörer
und entschulilTte seine Unrredulc! 'rilt .'fen7el -jn "^eit» Hln^^e^jen
war Sybille Iraiar bereit, 7urjih3roa, wenn or Ihr solno Ideen
Yortru«'» cd'^r eelae Arbeiten vorlns« Allr-j. pcrr^^lnllohr ?.!ltteilun-
pen w?ren ih*T selbst bei den IhT nf!*«!t ftehcn:?en Ver^chfin peln-
llcht Er h^tte ''le tiefe TTeberreu'^jn.f.i d^rs Tj^n nur schTrsirend
»eine n-i^nschllcbe '^tlrfle bnr^hrer konnte; de?7»eren hette er «uch
rfe Sybille crtüuti'^ Ih*:: von Erlebninson zu erzähl on, die sie
jpcancLr:^! 7?lo frr.f.cnd v.nzi:dcuten schien, Jrtrrt ^ft rv orcchtfttort
in der rlötrllcii^-^n ^.rfi'-nntal?: ('er V^^p Slncc^kclt rolnor '^ru, die
?11 ^5e Jahren die Loic\r;ix der Vorrria,>oßheit r^lloin Cr^tr-. o:er. h^itto»
*
Kinder und Jun-^o '-^^idchnn 'erlebten Din^'^e, die eii cchvcr für tzin -Terea
15r J^ch.Tmte 3loh n?lner 3aJ.b'!trucht. AI '5 Syblllo f^r^t r.ohliefp
Virll'irw «ir lols'? das Zlnr^'^r und zi^*r in seil Arbeit 53 r^l'^^er hln-
Qbor. Hein-) lelnon Hchritt? -raT^ar. dDch :ron ürirl-^nno i^rihört,
die 'zrxror.tranr^ lau^chand in Ihroix Bett Isß» Sie be?:öhtr5 rslch
den Lerra Jeß Stur^os ^^ufj ihren Ohren cusTiuhnlten, ut. her«ti?7U-.
flnd-,n, ob Heinrich nihig schlief* 2r h-ittte nicht Cber die O-
ßcheJinisso des /.bends sprechen .follent und liirinnne befCrchtet^»
eine schwere OerfltHerscbCttorun.^ bei de*^ flbereengitlven erreg-
teren Heinrich, dor cie nit seinen Srlebniicec Ire Konzectrstlooe-
I
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iimi I I ' — *•
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24
-leger und in Spaniea ferticT .^ö'orden \nr. Sie salbst .var geneigt,
sich Rudolfs Standpunkt zu eigen zu xcciien, lass :ian nicht zu
eineni andtitllti^ien Entschluss Über den IraiJen koi'ren dürfte,
solange auch der geringste Z^-^ifel b-^sts*:!, d'iss er der von
Sybille beschriebene sesiclitslorje IvJJrder ?rar* Ihren: ai-^^rckter
gemäss, versuchte sie dort elae günstigere i^Jit^ort einer Fr^^ge
anzunehmen, v/o sonst sie eiaerr. unertr!f jlichin, unlösbaren Dile.ri-
3» r^genüber se5;t5inden ^v5re. Sie h^^tte i-'.:er versucht, Proble':e
euf möglichst einfache Nenner zurÜckzuTühren, odr.r sie r.ur dann
wirklich anzuerkennon, vieaa ein pörsOnlich:=3 Sin^eifen eine
Aenderung herbei zuführ t3n rerj^Tr.ch. Diese praktische Seite ihnr
Natur v7sr für Heinrich 3ia ^^rosser S^^ea -re-iesen, 3ie hatte
ilan ous Deutschl'nd jerattet und ihre b-rjhirenie Oegen/rTt
rettete ihn i :':er von Neu-^jn • us sei.iea h-Mfi.jen Aa--3ttr!fix:-en,
bei denen os ^'schohen konnte, i^^ss 3r -^^us ie : Bett stOrtzto
und nt:ch Oe^enstünden wie Lc— e oder St--:hl ^rlff, un sie einem
verneint liehen An3reif9r ont^egenzuschloui^rn. 3s vi-r nicht
iLc^nsr leicht, ihn de von ubzuh^lten und ilm 7ünz zu Trocken.
Sie la.^ nun und horchte ruf den 3tur:i md z^JiT eile aBr^uscho
tn yeben7.i:'ner, in de:: Heinrich cchlief, Sie h!5rte John3 Schritte
i-n ihrer Stube vorbfcir^:;ehen und dachte; " ^ir.v.-r John, Du bir=:t
bis jetzt sllein ir Tohnzi..:.er c^'-vesBn; !>.; iDr-^t Dich, ohne
dc.s Recht zu haben, Dich zu sorgen.''
John hc^tte seine Ffoife zuende ^3:-iUcht und d-:nn vie je-
i
I
den Abend 3orss-:-r. ifn Zi-.jier Or^-"* .^ gi—
1 . '
- ••
.:.:t Svbille ax
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25
Qfldistea lireoti voa einea sfiubjrea frouailichea R=uai bssrQsst
wörde. aüstatt kalte Asche und schriitzlsa QlSaer TorzuTiaden.
Hauta hatte er besonders lange Zelt dsoilt verbracht, die Aflchen-
boclier zu leeren und die Ol?ser 7U srfllen. ^r xaclite sie!: ■•^llsr.
lei Geschäft, bis er schliesslich nichts r.2hr fi.-Jea konnte, das
Ihai Grund g&b, das Terlftssen des Wuazi . ".era hin'uszuschiebon.
Er Sias ia sein 71. .r.er und setzte sich i.z !>an;-eln oas 7ja^3ter.
Drüussan «ur es pechsch7.-3rz. Zu John besonde.-cjn Gaben gehörte
in visu6ll33 TorstellungsTar-'iJsen, das sai-.ar 3cl:rift :-.toll-.ri-
e
schon T-tiskeit sahr zu Ä-ta ki.. Aber di-se Gabe -.mrde 7ur
'iua, -Tena er, -.ile bei S/biUes irzShlun^. aio Geschehnisse
deutlich vor sich 3:ih. :T23 -r.fsra 7ort= T.-.>rän, --usste er billlich
erleben. Jedes nous Srlebnii di^-er Art vurdo -ocli von vjrjc-oaen
verstffrckt, die sich iaa :::it .lU-r Frische vi eiar vor A-^en :r.ch.
ten. 0e.7ahnlich koante er siel. vo.i fies.n i:rir.ncrMr-.i:3a nur .-.urch
eine Tat belTeien, sei c-s in Wirklicak:^lt oder in eiia-: Ro-an.
AT i^eisten lufllte ihn die i-.ier ••«ie'.er aurtauc'-.anie Srianeran^
an die kleine Ssrch.
Der Sturz heulte die J.ß-/e Nacht» Dus C^tO^e von Tind und
Ra.san w.r so Irut re^orden. dcss es ur-Ö£li=h •7..r, ir3end-7elch<.
andern GerSusche innariudb oder -.us-jerh.lb ^es H-'Oses rit Sicher-
heit zu unterscheiden, hatte sich ir-3ndj-.=:.nd ..uch noch so darux
beniü^-
^u •
Am nflclisten i^Iorsea jedoch grösste oln tiefblauer Hi--el
das va:i Regen leuchtanla GrOn. Die Sonne strahlte; der Tind hctte
sich vOUls C^Uüt und das TTasser hette seine Mttolxeerfarbe
wieder. Nur die '^B^fen flo3en noch unruhig und Sasstlich ur:h9r
uüd kreischten einander lf;ute Tt;rau;issrufö zu.
2S
Sybille viar trotz des Schi'- rnltt eis frtth -^ufsastanaea. Das
Fröhatück sttnd schon berrsit, eis sich ^ie andern Hausgenossen
wie Jeden l/jor^en aeitls -uf der Voraada einfanden. AlDer. In Oosen-
sntz zu andern Lor.'.^en herrschte alae düstera und bedrückte 3t L::-
laing. Von Freuden -.vir nichts zu sihen und nie: cnd '.7a-;:te die lei-
dige Frcige noch seiner^ Yerbloiben zu stalle.i. Sybille 3?:P:te "/ie
gLeichcjaitic,: •• Seine Ssichsn, dio er gestern zur. Tr6c>.i'".Q aufre-
hUn^ h£t, sind noch la der Kü^le.** D::-^.it .Vor d^^s ScliTfeisen
gebrochen und un redeta durchein'-^nder, Sl^-e^lich rächte r^a der
ItaiMen Vor.ifJrfe, dass er nicht schon die Insel verl-^sen habe.
Vielleicht, hr.be er cber in freniden Kleidern das 7elta gesucht.
Das vvflrde v/ohl zu seinen Cacir-iter pr;s en J Zi3^ntlich -vollte
aber nisnund -/jirldich die Ant.vort ::uf diese ?r- je har-usf iivden.
*• ?? ■^ *
Der ungebetene Oust -lOchte -vohl noch ir. s^-.iasr. Zi r.er 3ein un
sicli nicht hernustr-uen. Schliesslich becchloss RuiOi.f ^.-^-r
peinlichen Situ^^tion ei.i i:nde 7U luvichen und nnch Herrn IJlller
zu sehen. 2r kan bestürzt n: ch 3in raar Llnut^^n zurück und be-
richtete, dos-^ d-s Ö.iStzi-w.er leer sai ^irA das 3ett unberChrt.
Auf der sr.n7.on Insel .v^^r keine Siur von de.a 7r-r'd2i: zu
finden. In d'^r kloinen Bucht, die /-i-ls K^fen 'li-nt-, 1^^ ein
z/^eites Boot, .vohl befe-ti-rt, wie Herr LllUör es ihnen beschrieben
heitte. 3s ?r--:r nur leiclit beschffii-'-t u::d -vieirte sich sanft ^^uf
den '.Teilen der einströmenden Flut hin und her.
Anfang Septecber wurde eine n:.«?nnliche Leiche in einer der
vielen Buchten an der Küste von !/.Une angeschiv-.u-t. Der Ertrun-
kene r.TUSSte .Tinde^tens zwei bis drei Tochen ir ^Tüsser .-etrle'-en
worden sein. Seine 7.nze '.v-rren nicht erkennbar, in seiner KLeidunc
fand r.cn keinerlei Papiere.
27
Die K«*3t ilö das Ver3ch\7indea des Freiaden sofort der
Polizei ^aneldet hatten, wurden auf gefordert , die Leiche zwecks
Identifizierung zu bosiditisen* Abar selbst Ru'iolfs geübten Au^e
wur es un':.i!5sllch, fast zustellen, ob der Tote joner Fre.nde Tor,
der euf so draroitischa ^Yeise auf Ihrer Insel erschien^an und von
dort Yerschvunden .7ar. FQsse xirA Hflnde des Ertrunkenen 7i£:rea so
zerrissen und verletzt, d-ss ir.r-n kainsrlei Lllal n:ehr h?tto erkenndn
können. Die OrOsso und Breite der Hflnde, -Tle überhaupt der
Bau des Slcelets, d':?3 un^efÄhre Alter d-DS Tviannes und der Rest der
zerfetzton Fleldunj; h'Tttön -vohl ?uf Herrn I.mi er gepasst, abt^r
:rit irsendeiner Sicherl.eit konnte Jir.a keine Identifizierung vor-
nehn:en. Auch in lea bei den K. 's zurflck^el^'ssenen KLeilun^s*
stücken v/nren weler r.Ierkzrdchen noch rersO.iliche Doku..eQte ^3-
fundon -/vordön, die ein Fr eoz^ichen für des •Yoh^-;r l^s Fro.-.den
hCtten ^eben könnr^n. Alle 3e;:li:viri d-^r Polizei eine Firii:a zu
erruieren, die aincn In^-önijur pl<3tzlich ::uf ua:3kl?'rt3 7-i33
verloron !\ctt3, -/ar^n erfolglos x;:;bli8len. Tv^iiv.nd -.chi-3n ei.ien
L^nn 7u V;3r.aie33on, der ein so .;Uf füllendes spi/.nenr^i\:.i::3S, rotfiS
lltl 0.2 Hciidcelonl: hr^tte, ein Deutschor .7Gr und angeblich I.mior •
hiess«
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Dt 8«Mta 8id aua alle in dar Ilndliohoa ^ghABtube ror dMi
KaaBlnfeuari lautchtaa halb*
t Wf dfill Wtl4# TobaO 609 8tUW88
uod dan texüusGh d«a slohtlg liarmMtOrzendea Ha^ma und fObltaQ alob
al«har und gaborgaat Xa «araa iiarar ftlnfi dia La Amsi altaa Faxvhaua
auf dar kXalAaA Inaal balanjEsnen wi^.reo» Dia 9aait«er von loaal urvl
Haue» Hudiklf uod Sybillo K«, hattaa auf alaar ihrer cioinsarraisoa die^aa
»ehatx asittaa la iw Paaobecot Bay In ^Ide aat'Jackt und alch ao rOlllg
angaaofirao, ja ba^aubart frafuMao» deaa ala ohna ¥lal Uaberlaf:an daa
gafordwtaA Praia gaaablt battaa# Sia i&eatiten aidi aiioh aofort daran,
dla durch daa Altar raruraaohtaa Sdiid«a daa Hauaaa auasuhaasam«
Sia liaaaaQ daa Bruonaa ora^ltara, dar friatfbtea ^luellw^saar für laa
Haus liafarta und liaaaan elda ^iaa klatna Turblaa a(diiokaA| dia aia
«alt Blakt riTltit rosraorgta« wae oloht aur atatigaa Liebt Tan^pn^eht
Boodera dam aoau daa Luxus alno^ OrarcaiiophOAp arioOgilohtc« Dia iasol
aolböt ralflhta at^^a «lac Maila la tllan Hliwwilarirhtungaa# 31a war
talale, Bdt Hadal« und Birhamf^ald beaacüsaa uad tnlt srau»srtla(3:n Moaa
badeäct« Dia Ufar flalan atell ab| uad aur aa ainar oelta war oic
tlafar Slnachnltt alt aoadi|»om Bodaa uad aeichtaraia ^fo^a^er, dar ala
gaeeJifltxter klaiaarHafac för das ^torboot diaota» Dia Basoodarhalt
dar Laadechaft la^ dörlai daas ala p;LaicbreJtlf, Bin^n OaMrjjscharaWar
batta» uafl In Farban und ?ai?atation lSrlaaan;of;an aa 8}raadln©viaa
I I
a
wl« Ä1 «•» lilttAatMir v^cükTiBt. So wr m aiewa Terbindlldx«
W^u^a 4w IfitiA, 4as dla K*o, 41« ra« Mittel wiopr* «tö«ßBt(^ö,
so ufiwl(l«rot«lill<h MgeiO'ien hatt«. Sybillt km^ lus Nord^
a<!iutflchlii»l, I^iidnlf «u» dm 3Üd<iA* 8«iaa hQttea Siiropii aus po«
tiofl 1r«an<iAS«l#rat und ijwhairat^t xin6 w*srön PieiBelüHom In flaa
floue ^iHrtd elng*5^Taiidert* Sie wawa titig« ?iteiiÄ<öiea, bald« Aerrta,
iim In lhra<^ fralaa 3tuAdfltn Ihraa N#lgtia'?«n labten lalt TOohera,
MuivIV und Miatt vnd »It Malgan aahea ?re^in1en# 3o ftadfwi
öldh auoh ta den Vertan Ixmnr 'Tr^tiada bal Ihaaa «alni dla
Ihran OasohOKiak tailtaa unS al* «araa ron Sybllla« ftraiiadll*ar
JXlTtiOT^^ Oßhaff^ l.laii^^n utA da» «tlllai frleflllcha Ferien-
labea 1«r JaB«lb«»wo>iMr teilten* Baa Reu« b'^atfjlltan ala <*ftlb«t,
dar ProTlaat ^urd© ror^ dem rilchatan Ort ea dar «tvra T9nf7i^n
Mallan antferataa Yflsta dam Boot geholt* Mtoohrißal «nch f^^hr
»an ai anlarn at^ya» jPTr^aaaraa laaÄl, auf deaaa klMaa Flaolier-
dörfar aaraai oiler afvsa kennt® toroh ala T^^rabraiataa Olock^arolchea
die flhra, die rwelmrt e?^ Tage vorbeifuhr, Ruf etw«a Kr»tw^^Ml{!9S
ai).f»»arakeam madbaa* Wie ea so t3rplacto ftlr laaularea Leben lat,
▼ergea» pao oaÄi Wlr«estar 7elt dla Hbrlja ?Telt oder achlaa Ihr
do<#i Valne ^lc^tl?Velt bMmilefiieö.
In dleaem Jahr ^«rfttn Toa ^iel^ Otatan Heinrich und Marlaane
T. 9» und dar Schrlftatallar loia D* bis ma» la^a daa r^omara
gabliabaa» dar «ol Vanloa» aotialf sind blau gawaaen war« Mia hatte
alcto la die Rauaarbalt geteilt und daa Beat dea Tagesr rorbraditi
1
I I
wio 00 jddoaü Klnaalüoa von Ibaoa m Il^brt^o war« Ab^ads tma6
tt«a sldtx sufiORioiaa 1j) v/oküsd notdr vor dem offtnea KiüBiafouor, las^nd
odor aldfci uatorhidtoad od»r weh dcahvdigoad der &!usU$ Icusdiead«
^^^ DtiüA plOtxXlcU daoii iitHorftaas war dar ffind gtkoß^^a mit
d« wildM ßrcaclußgt Ha0 hatte garade nocti r^lt, dw Boot
uun Laofi tu idahoo uhd f«&?.uie(Qeheri* O^i^As pLOt»lloii wurde oa duakol^
dm: ^;turti mcte Über die kUlae Ineel, ediflttelte die Muirte,
heulte UM Haue xind der i
soae lA wilden StrOmea
beruntert ao deee er eine fest echwerxe r/eeaerwüad bildete» Mux
t&Qfi sidi iÄ Haus elaijjcachlosseQp und wlxldlch von der Welt
ebAeechnittea«
Dieaes MAgei)diloaaea&ela mitelatiudor rief dae Gofühl alter
Vertrautheit stark laß GedÄcUtais aurüek, elaer Vertrautheit»
die diese fünf Manchen vor Jahren In einea anderem äturm auf
ita^er verbuadaa nf;tta# So waadertea Jetzt ihre Gedanken säurdck
211 awncheoi gefsei natiiiiiriea .ürlebaini d^r Yert^a/?;^nlielt • JSin
Wohl^fÜhl» wie «e ImixBcJatin «sopfiaden, die einem f^&t öidaerea
Verderben afttroan^n ei od, erhöhte noch daa «bliebe VengntSg^n
em AuBtawaoh eolcher JSrlanerunßen»
Unriaane und Sybille tiatteo t\toanr\w ffchoa .r»elt ihrer
I5ei?>el neaj^Tven r>ch^ilzeit in ianie^r Freimded-jaft nahe ^star^lÄü»
Obifiieiflh ihre beruflidi^a jSel^unßea sie ertlich auaei/i&ader
aebraont hatten — Marlai4£4© hätte alte .Sprachen und Arohfiologie
studiert ^ waren sie doch einfiel er nie freind s^orden und
hattaa •ehliassliöh wieder •in fmat gMslnaamM L«b#A 1a Pari«
au f gaooR3«aa «
IkkxiuAa^ uad Hfinrlohi warao na<to Paria toh Spanian fio^o^taidn,
wo ala balda auf Scdtan dar rachtnlaaigaa Bagiarun« gaklopft
hattaa# Hainrloh war Yoa altaa dautohaa Adal, dar alaalga
Haahküiiiia — — das lüde — - aiaar langen Hatha ton Oeneratlonan
durea ilöiri^t Jiit aiuw Judixi jtnre .leuf^s FJjit v^-d ela groas^i?
Tori^iiaa ia dlt» uuaatarlGiide und rächt iegoaeri^rte F»^lll€^ 5P-
s;u vuru^-iKtiii, d^iJß ''i* aicii .lioit In d&a Tualorlebexi elnpas^an
koaata ua2 wUta« Oia Li^^bo zu aeiaor a::hC:iüi:, (.•eis'trelali.en \:nd
3iÄi:vllcii3a i'/ut1;3-.\ die uxita-: dar Jrutulitflt i^i.vji? '"öleri« :'U{irv!.:?a
g;i.aea Hatta iiüi 2a tjixiua lalJanaÄiiflliGhci^ l^iapfex ^gt-L
glilnaoadgi iUi^-rior^^ ^s J'uuriiui i;. c uui^a^'^a^ ba;i Ui-U ooiua «jani^ö IL^j-ft
alAgaaat^i^» Vüu eliiam Jpi-tMl Vorrat ea, vor 3r vtjrhaflet uacl
mi
ÄÄ^^irüa •i'iu^'^a ZuviL^tüäu,:, vüi^^urtwiit Äri;itlciu Nmdviei't f.»r
noi^ »»ia :'aar diu UivmaL diiiiäe lioxiisoati.'titi.oavJiL'.crör::; erlebt h^^Uo,
wurda ar untlAesea, uad aa ^aag aeiatir iiatlgon ju^a^sa "»^^xi,
1ha adt Hilfa ron Fraundan iü Hollaad «af •bantaaörliiyta Velße
Ma Dautadilaad barauaxubrlASan«
dlaaar Halfar w&r Jolm 0«
g^waaan, ala juagor amarikanla^ar Scüiriftstallox» d&v uach
Äiropa ge^^jangaa war, wail aadar dar ajaarkajilselxa Sport -loak das
«aarUcaaladae Qaagatartx» «alnan Oraag aaoh Abaateuöra uüd
aalMA Fraihaitaalnn bafrladigan kSüütan. üä frtüiM Jrlabnla
1« da» p?tt Slttea und lüclercA Äicbt mir ßtprudlgt aoadtro
auc^» tc^pClegt tmitieÄ* laiÄ hette IhÄ ollalü ra seluc/i aCdllchftft
T*rWÄXi5twi fthröü IftostA» ua scIomei üÄ»biL«ru;i4;k:itlts3'o%<lflrfala
f^ue ru tue, Auf^esecJt, |^tuitÄBi«r£iab uitd IrfJrpsrUÄ «tiiuM
klUü TOTtw rart'i iT «li lat^llei si:u0r lirurps Ju^Ailicäer^
6lc Vxii ftai.mlici;!!^k in Jader nii»l*:t ru bweie^a siicbt«*,
/.'üfW 3iff tr^aker ?u(i u^i -ixiobcn e:? sit der. K2ldcii»n# ^^ohulcba-
mix für 5f»l:.3«j» roßorviürt v-sir. 3io liatxa.i sJsa W-rd^i^a '1ux*<jcVwii
Blut:^ s:oa<ftil:4goa und 7^: ÄrtrS.al-on vOT^icUtt uaci ala Vargudia
TWüiri'^^^.-t^ Jx^a i;utt<:» a-x Jl#3^r aa,«VlttAt jLcfa iiiÄt b^^tdllir.t,
Tor Äa^sit «urj loa aiRilifa htiawis { öi© wr tnui&alofli wie äIjo Tliiy»
X7bii iTar düVJÄ acleufeö» Irg«difo hrttd er sich Im OrM /w^rnr^
w«r er eahlßHoci r^n^öecu vmd aa attd.i5too U^rtöü fuhr aia fetlllwr«
7ohA nach Rax20t raxllclu
Er erzählte niainandea von diacera Erlebnis, er schSfi/ite
sich zu sehr. Es hatte aber zur Fol^e, dass sich sein Unrjbh.<!n-
gi/^eitsbedörfnis von nun an in perseJnlichem Mut Äusserte,
selbst wann er einer Omppe allein entgegentreten musste. Er
war r>igentlich Aber N-hcht zu einem Helden geworden* Saruhs
Augen hfitte er nie vergessen können.
Er .z^hOrtQ einer Organisation an, deren I^Üt. Glieder es
sich zur Aufgabe geraucht hatten, selbst unter eigener Lebensge-
fahr, politisch gefChrdete aus fcschistischen Ländern heraus-
zubringen* Da er sein eigenes Leben oft aufs Spiel setzte,
war
es für ihn kein Problem, in seinen Rettungsaktionen, wenn not-
wendig, auch bis zuiu Aeusserstan zu gehen. Er war rnit Heinrich
und Marianne in Spj^nien zusammen gewesen und lernte spiter durch
sie Sybille kennen, Sie wurde kurz darauf aber Rudolfs Frau.
Rudolf, der schon damals einsn beträchtlichen Najien als ^Wissen-
schaftler hatte, hatte ohne ZQgera seine Heimat verlassen sls
Protest gegen eine Irrationalität, die ihm als Rückfi.dl in den
Srgsten Hexen-und -Aberglauben erschien. Er fühlte sich in sei-
nem wissenschaftlichen Denken beeinträchtigt, in seiner I^nn-
lichkeit beleidigt, und in seinem Gerechtigkeitssinn empört.
Sein Ruf verschaffte ihm Gelegenheit, in Paris seine wissenschaft-
liche Täti^'keit fortzusetzen und so viel als möglich jüngeren emi-
grierten Kollegen, unter denen sich auch Sybille befand, beizu-
stehen. Seine einfache beschützende und helfende Wesenart wurde
für Sybille ein Ersatz für alles, was sie verloren hatte. John,
in seiner romantischen Abenteuerlichkeit, ^jrschien ihr als ein
junger liebenswürdiger Knabe, dessen leidenschaftliche Liebe sie
in eine tiefe und ruhige Freundschaft zu verwandeln suchte.
.t. -»ill- ..■-». * . t ,r
f I
II
la ww niittl«rw«l!l« Ab«nd geworden. Dr«usB«n roat« da» ün-
»•ttar, «uf 4«« dl« rreufld« ia Ihram OafOhl das O^borgoaseinB aur
elaiohaui hnlb-b«wu««t hlnhOrtaa. So »ntRlng lhn«n zunächst
daa klopfan «n dar Hauatür, und arat «1» •» »tirkar wurda und
aidi dautlldiar roa dam aadarn Oetöa« untarachlad, wurdan sla
alla f««t ^alAaaltl« darauf »uffflarkauau Sla aahan alaandar
ua«liublg fragaod aa. ala ob alomaod toü Ihnen faanen konnta,
daaa «In Labaaaaan drauaaaa rtaad und llnlaaa bagahrta. »
achlan lUnan Tfllllg unrtJglloh, daaa Irgaadala Äaach la dlaaaa
Sturm auf Ihiar Ina«l galandat war, auf dar •« ausser Ihnen
nur Haaan und V8g«l ß«b. Rudfclf war dar Brate, dar zu dem Bat-
aehluas kaa, daaa daa Unwahradhalnllohe wohl gaeohehen sein nuast«.
tr erhob aloh und ging «ir Blngangatflr, dl« er rasch öffnete.
Gegen daa Dunkel drauasen hob aldi ein« adiattaahafte Oaatalt
ab» die auf alaa einlade Gebilde Hudolfa in den hellen Lichtkreis
der llagangahalla trat und dort einen Augenblick achwelgend
und geblendet atahea blieb.
Der Fre«le war ein groeaar, «tattllcher »an, der so durch-
nlaat war, da«« daa ^aaaer an Ihm herunterfloaa. Ir bat die An-
wesenden u« Bntaehuldlguag fllr sein Elndrlagea und erkMrte alt
helaexer Stla«», daaa er seit Stunden la seinen Boot im
auf da« Waeaey gewesen sei und rOlllg Richtung und Orientierung
Terloren habej durch einem glückliche« TUfall sei er In die kl «In«
Badit d«r Ias«l geschleudert wordea. M sei Ihm a«lune«o»
B«ln Boot festwuMchen; da er die beleuchteten Fenster des Hauaea
i^i _ •.j-v_>if'<tiaj^:.itl.
I I
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•rbllokt habai habe er aicih not g«druAg»a •ntsohlossoai tAzuklop»
ftn und un QMtfreuiidsehaft sm blttM, bl« eioh dar Sturm gelegt
hebe« Ir wer recht ersohOpft» obgleldi er ein krtftlger Mena
ia mittlerea Jehren wer und spraoh etwee aOgerad und raQde in
einem gewählten Englieoh» dee gerade durch dieee Qevthltheit
den Aualiader yerriet« Rudolf und Sybille hieasen ihm freund-
lioh willkoinmena Forderten ihn auf» in einee der Yerfttgbaren
Oeatziinmer zu treten« und wahrend ihm Rudolf trockene Kleidung
Yeraohafftet berreitete Sybille achnell etwaa zu ^mbbsx und ein
heiaaea Oetrink vor« Ala er derauf in daa iTobnzimner trat» wur«
de eine formelle Begrflaeung und Vorstellung rorgenoaraen*
••Mein Neme«** aagte der Rremde, •• iat Karl Mttller •• und er
fOgte aoherzhaft hinzu» dase dies wohl der unverbindlichate Name
sei, den sich jemand in seiner besonderen Lage ausdenken könnte»
obgleich in den Vereinigten Staaten wohl Sk&ith und Jones noch
beaser den 2^eok unidentifiziert zu bleiben, dienen wflrden*
Sr sei oin Ingenieur und, wie wohl seine Auaaprache rerraten
habe, ein Deutaoher, der vor Jahren eingewandert aei* Er verbringe
seine Ferien in einem der kleineren Orte an der Kflate von Uaine
und aal heute morgen bei schOnem Wetter euagef ehren, um zu
fischen, nicht ahnend, welche Abenteuer ihn der Tag noch erleben
laasen eollte. Vom Teuer und dem heiaaen Orog erwirmt und durch dea
tBB^a geatirkt, verlor er bald sein erachOpftes Auaaehen und
schien sich liebenswürdig und gesellig der Oesellsohaft anpassen
zu wollen« idBa sprach darttber, wie daa plötzliche klopfen an
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d«r Hmistttr einen jeden seltsem beröhrt lifibe und Jedar erging sich
in der beeohreibung seiner Oeföhle und Oed»nken, die eile das
Ünheimlidie de» Breiffnisses herTortxoben* "" Es ist vde d^r Beginn
einer Oeechichte, •• sagte Marianne. •* Oder wie das Ende, ^ nelnte
Syblllot " ßea Letztare ist «vohl das Richtige, *♦ nshin Herr Mttller
den Faden auf, ''auÄlndest fOr rieh. Und nun wfig «an wohl sagen,
dase es ein • Happy end ' ist. Während ich isich iit Boot vcm
den Wellen hin und her g9>'^orfen ffcnd, Ki»ia iislr das Groteako Miner
Lage zum Bev?uftstsöln. Dft erwShnte ich vorhin scherzhaft, wle\d ele
Namensvettern ich auf der Welt Us-be, und d^bei hibe ich unter all
den IVÜllern nicht einen Verwandten aahr. Ich bin völlig ohne T^rn^
llie, das erste I^aI in ^^iae ^uf einer ' Cirriping - und-fishing-
expedltion * giinz allein, und wfire ich heute nicht an Ihre Insel
versdilagen norden, sondern la Sturai untergegiingen, so wire zwar
ein MCLller weniger ^^iuf der /feit, aber die Welt hfltte dieses tregische
Ereignis nicht einmal bamerkt«^
^ Sie haben die HttuÄlgkeit Ihres Naaens nun »lehrmals ervtHhnt,**
sagte Heinrich, '•»it dem Hinweis gaif Verwechslungen der Identität
und dergleichen, die ja unter solchen Uratfnden aatfirliche rvvelse
hiuflg vokOMaen können, Wan ist ^neigt, sich öntsprechende Situa-
tionen reizvoll auszu»alen. Sie wQrden oft des Kowif^chen nicht
entbehren. ~ Aber um wieviel aierkwtfrdiger und unhe toi icher ist es,
wenn nan einen recht seltenen Na»en hat und ihm plOtzlich in völlig
unerwarteter Welse begegnet. Als ich ßls junger Journalist bei einer
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Berliner Zeitung angestellt wer, wurde Ich eines Tages neoh dem
Moeblter Oerldit misgeeandt» im Ober einen politischen Prozess zu
berichten« Vor der Tür des entsprechenden Oerichtssaels angakoiaBen,
fand loh nx aeinem Aerger heraus, dass nan die Fresse ausgeschlossen
hattet unter dass hinter geschlossenen Tflren veihandelt wurde#
Verstiaait Über diesen Miserfolg meines Auftra/^es wanderte ich durch
die langen hlssllciien Korridors und wusste nicht recht, wie ich
■eine Zeit verbringen sollte, da ich nicht fortgehen wollte, noch
i«Bier hoffend, dass ich vielleicht doch noch etwas apiter Zutritt
zur Verhandlung erzwingen könnte. Mr kaai der Gedanke, alr inzwi-
schen irgendein anderes Geridhtvex'fahren In einea anderem RauÄ
anzuhören* Auf gut Olflck öffnete ich eine Tllr, die zu eine» der
anderen Slle führte, in deKi gerade, wie es schien, ein Strafpro-
zess 1« CSenge war. Ich hielt noch beim Eintreten die Klinke der
Türe in der Hand, als ich klar und deutlich den Richter sagen hörte:
• Der Angeklagte v. S. ist gestlnaig. * Ich war wie in einem Angst-
trauM befangen. Mein erster Impuls war, die Türe aufzureissen und
davonzurennen, aber gerade wie in eine« Jener Sdireckenstrluiae
fühlte ich aich wie an den Boden gebaAnt, ohne auch nur einen lUss
heben zu können. Ich hatte das Gefühl, als ob eine Ewigkeit ver-
gangen sei, und doch konnte es nur ein kurzer Augenblick gewesen
sein^ bis ich den erwihnten Angeklagten stehen aah — einen grossen
robusten Kerl» dem aan wohl ein Verbrechen zutrauen konnte, und der»
ausser dem Namen — wenigsten bilde ich siir das ein — auch nichts mit
u
«ir gMMin hatte« Das Uahaiallcfae dlesaB ErlebnisBes lag eben
darin, daaa es sich nicht um 3di?aidt oder ^fey©r handelte, sondern
um seinen Noten, der ~ soweit nir damals bekannt w^r — nur auf
meine yaiallie beschrinkt war, deren letztes minnlicheB Mitglied
idi darstellte, *•
Itän hatte interessiert Heiarlchs Hr7.«hlung an^jf^hOrt imd alle
redeten nun lebhaft durch© Inrnder, ein jeder in seinem Erinnerungen
nachforschend, ob nicht auch ihm ein fhnliches Erlebnis sich
ereignet hftte, das zur f5llffer.el'ien Unterhaltung beitragen konnte,
^ Situationen, die in ihrer unheimlichen Stirarung an Trffume
erinnern, korcmen ^Aohl hÄufig vor, •• sngte Marianne. " Und nie wirken
umso unhelTÜcher, je rnehr sie sich einem uns wohlbekannten
Traum nShern. So hstt'? ich ainrsl ein Erlebnis, bei deir ich irich
Ähnlich wie Iq vielen Trfunen hilflos in einer völlig unver-
staindlldien Situation befand. Es war wÄhrend des letzten Krieges.
Ich verbrachte einen Teil iceiner Ferien an der Westküste allein
in einem recht bekennten Perienort, Der Ort war überlaufen
mit SoÄSiergCsten, grösstenteils Angehört^^en dos in der Nlhe sta-
tionierten Militirs. Ich fand n&ch einigen Schwierigkeiten eine
rfnigermassen freundliche UnterkunjPt, aausste aber die Mahlzeiten
ausserhalb des Hauses einnehmen. So sah ich mich denn auch nach
Restaurants und Gastwirtschaften uöi, versuchte, hier und dort zu
essen, bis ich auf ein russisches Oasthaus stiess, das vir gefiel
und das ausgezeichnete Kost hatte. Die Wlrtio, eine grosse hQb*
a<äie Person, stanmte aus der Ukraine, Sie hatte fOr mich, diu
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1dl JÄ meine Kindheit zu» Teil in Husaltnd verbr«oht hatta,
ttWM Ll(^be*? und Anhel^aelades. Mit ihren dunklen Hasr, in
der Mitte /^Qachelt^alt, Ihren weissen und rosigen Ckislohlr» den
hlaucan Augan Ui^ Ihrar Uopplgkelt erinnerte sie an Jene rueslsqUen
HolTpwppMf dl9 das Eatzücken tiolner Klndorjidire waren : aan
konnte sie nSnGLich «ufndirauben \md fand i^imer kleinere Aue-
/pbea der ornton, .TOwBhnlich eine Muorin derot^;!! enden Puppe In
Ihreiti Innorn, sechs oder f cht im Oan^^en bia 2u dar kleinsten,
deren ''Cj,e nun echon niclit n.ohr orkonnbar w^rea« Ihr könnt euch
denken, ;7lo ttoIiI es mir in dieaor 'Virtüch: .Tt (^oflel» Bald kcia
Idi auch rit df^r Virtin ine Gaspröch und brcchte meine V7enl/?en
rusolschcn Brocken hervor, ua noch i^tahr die intisio Atr.:oephl?rQ
ra pOiiiosnen» 3o beschloßo ich denn, nochde::: Ich zwalßjnl Kiittaf??
dort f^dgeasen h;2tte, »uch nielne Abeadait?hlzelt In jeneia Oestheue
elnzunehisen» Es harrschto ein reger Betrieb, tiber es {!:elsing lalr,
einen Tisch zu firxlen« Sine Kellnerin brachte £ilr zwar die Speise-
karte, aber dünn k£lIr^J1€rte 3 Ich nierüand oiehr ux niich« Ich könnt e»
wie j?ehr ich rieh auch bosÄhte, nicht erreichen, bedient zu werden«
Personal und Wirtin tiberf:;lng zolch geflissentlichst, irgendeine
höfliche Sntschuldiguns raur?:0lnä« Zuntchst glciubte ich, dass sie
TU becdilftist seien iziit Gisten, die frflher gekoiaaen ^^rt^a^ Bald
flberzeugte ich rsich aber, dnss spflter Oekoacnene sdion bedient wur»
den. Dann rreinte ich, dass Tiögllcherwoise Daaen ohne Begleitung
nicht erwOnsoht würen, aber ^xxdh dies war nicht richtig : es sissen
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»ohrero Fraueü all sin en 'Sinzeltiadisn und eaaen. Der qullend«
CeAaxxke, a«33 Idi hl«r platzlich ',7i9d9r auf eine b03?rtlg« Haltung
gegen Judan ©sstoasen .vtr, vor der Ich doch aus Deutschland ga-
flobaü Tjar, schnflrte rdr die Kohl« zu. Ich schaut« «ich u« und
sah, d«88 unter den eGsendon Ottsten eine Uz&hX Judaa vertrettn
waroi. Idt verauohte nach lüehrÄLß, die Aufmorksamkalt der KeU-
nerin auf reich zu lenken — vargebens. SchliesclicL, üacLde:a ich
U>3t 9iM Stunde üöffc.'tet .Jid r.ehofft hatte, ürhch ich rieh und
ginü d»:: iln^j^ng i^i, In dessen u/:Kittalb»iror Mflhe die ukrslnifche
Wirtin 8t »-nd. Idi wollte lüit ihr ^rrcchan, Jiber sie wich sit
•IMT undeutliche gepirmeltoü Entschuldigung Ton mir r.urtldc und
Hess siich ohne eino Srklfruü« ihrarfioits hinausrtshen. A^if der
fand ich .aicli zittarnd vor Aufrer.une, Sann das eben Erlebte
Stasi^a
h»*tt« iuich mit •älnenn Cxcftlhl von verwirr* ndar Angst erfttUt. De3
Ünveratindliche daran ««b itir ein GafaUL von HllflosigJtolt. Ich
konnte ia kein anloi-es Lok^il sehttn, verzichtete aufs Sssan und
ging zu Beinea Logis zurflck. Bei») Bet ret an dos Hfeußes sah ich,
daes nein Hwisherr ia seinea r.iB-:<er sesa. Ich st laß zu »einax
Beu^a hinauf uad esas eine '.feile i* Dunkeln, aoch ireiaer daait be-
schiftißt, eine Zv^Mama für das eher. Durchlobte zu finden.
Dann «otschloas ich aich, dan Hj^ushorrn zu fragen. Sr hörte mir
freuaulich zu und schien nicht iit a0rinfr:sten arstsunt Aber aalnea
Beridit. ' Die Rus.^in, • sagte or, ula ich geendst hatte, »hat sie
oatflrlich ila Dautsche erkannt ; und d« gerade die Deutschen in ihre
Hein»t oingefallGn sind, welßert «ie sich, Sie bei sich zu verkOstigen. •
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• Ab©r slo hat adoä docii gestern und vorgoatarn Traunilich auf-
goüomaaa, • rief ich aus. • Inzwischen hat sio Ihi^on Nniman erfah-
ren und iure Schltlsae daraus gezogen, • entgegnete Jiein iYirt#* Sie
können ihr ihre Haltung nicht allzusehr Ubelnehiiion, vrena Sie boden-
ken ^vrAs die Deutschen in ihrer Heimat treiben. •
♦• Sine ;juto Anekdote und gut er:;2«iat,'' .nvsinta John, " aber eigent«
lieh handelt es sich hier weniger um nino Verwechslung als um ein
MiaenrerstllndAin; doch ist die unlioiroliche Stia-nung sicher nicht
geringar.'* Ar und Rudolf ergingen sich nun in weiteren Beispielen
Ton .Nawons -und Persononverwechslungen, die clurch eine Mßchung
Ton Groteske» uüd Orauon ebenfalls ein Gefühl von Unhelmlichkeit
sr'virkten, »
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Dor St^orm todto weiter, und von Zeit zu Zoit l^ujchte die
Oesellschaft auf den grossen LÄr^. , der durch den endlosen Regen
und dÄS Aechseu der Böum3 verursacht Murde, D^ir» Feuer braxinte
lustig iiL Kamin. Die lYöriSO zusaaKen mit den iiirztiiiluagen iiass
aine e^wissü Innere iilrregung bei den einzelnen /-oiwüsonden zoia
Voröchüin kx)iai:ien, die sicü in geröteten Wangon und einer Gev^issen
körperlichen ünr-ist ausdrtlGkte. rlur Sybille wur scnwaigeaia
geblieben und scnien in sich versunicen und wit ihren eij^nen Ge-
danken beacaam^t. Joaü^ der sia tnioar .vieder prüfend ondauf-
fordernd aneosch^ut hatte, unteroracii Jcnliesslicn die Andern
Mit der Frage an Sybille, was es wohl sei, das sie so senr be-
schäftigte. i£r ifieinte, sie Habe wohl kauin den Anekdoten und
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SriBihluiigon zugehört ; sie msche Abu RÜK^tnirk, nls ob sla stelle a
antf^rot wie in einer anderen Welt sei. •• Dee Ist aur helb rieh-
tigj" enteortete sie und Ittgte zögernd, wie p:egen ei non Innerf^n
Wideralancl kiiepfend, hln^u : ** ^xre a«Bchlcbten hfl>'en Ti^ich >'n ot-
W«B erlonert, noTon Ich rJ.e gosprochoa hebe, j« nicht eiruHul
hUttt^ f^Vi^^^<^h^n kOon-^n, ^^'^IX r\<^ .^tvus -^o n-^^j^inllohes hötrlfft,
^15* nl(.iht aur nn M n*» ^nrtlbm^^oirpn^^enf'i Situfitiia '▼rthnft^t Irt.
«ondei-a f(»rt<!'-uort uad vA^hl al« nuffi^fibob^^n vmrd^^a k^ain. Ihr hnbt
in «U ^ir-^A ]?7l-jbil.«?fi'?fi liewer wle-^or i^i^' TTriheli«llc^ia von V^^rTredi«-
lung 1»r Idontltat r^lfir voi :v:inv^r<it9ndiln3<^rt In it^a Vorio/jcrinind
gesai )b3(i| ab'Br 4«« Uaiei nfTitfia, des Icii Äelao, hct mit de^
Oes:«»nt«'>il '-ni tiii, yA\ i-^r I.1oatlt^tf,loslij;Vf>tt, lle nie ^^ufgeklirt
l3a lot und nie «ufr^ftklTri: ^'»rdon ^corjuu T>n Crot^^ak-^'^'ojrlpjche
fthlt lios'^iR j)rl2b9n voikonn^n ; e^? wp.r uad wird iim-ier uur furcht-
bar uid {/rtueah^ft blelbo/\ uad k'^nn dvrir «iuch nicht In Tünt^elht^tlten
jT'sÄhlt werdf^n»
•* Inr h'^bt i3ad*. oft c:cy.?u ade - 1 , *• fur^r s-lo fort, 5^ich m ihre
Fr*«idda wendend, *• vr<}ruir. ich fuidi f!:i»*volTOrt Jü^be^ .1e wi^dnr n«ch
DfiUtndil'.nJ — seibat ßuf t?l nea jcur2;0n Besuch — '':ur<5ck7,ukfihr«n;
J9, JftSf^ Itfi Hfl 30f»8r ablofciata, Da^utache, die n«5ch '^^^ ^Trlo,'^
iü die Veroinigt<aü Stauten k^.ien, k'^innonjsulornen odsr boi mir
zu bjj£;rnssön# Idi iioffe " ne.gt^ sio , sich «sn Herrn Mail^^r i?^n-
dend» •• un^er Owst ^vlrd, •.?-i?i ich aafr« nicht flbelneh-r.eni da '^r
Ja. 3chon l'm/^e Juhre In lleii^Ä L^ji^'j labt und il«io nicht ^It
elüÄ'^s^iilonaan lot In Jene Cruppe. Ihr hebt tnir oos^r klein-
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lichk^it, Rachsucht und die Unfihlpjceitp zu vergeben, vorfijewor-
fen« Abot es Ist eher das Qeftlhl dieses stffndlg Unheimlichen^
di)8 iiich ^ dieser Hkltung zwingt* Du, Ifcrlenne, erinnerst Dich
▼lelleldit noch an eine Mitschülerin aus unserer Cymnaslalzelt,
Bella Bt, die sich traurigerw^ise nach kurzer Qelsteskrankhelt
UMbrachte# Wir waren befreundet gewesen, und ich hatte sie xu
Beginn ihrer Erkrankung auch hiufig besucht. Sie litt damals
schon an allen möglichen Aengaten, Einmal gingen wir 1» Park
spazieren, und «la wir uns einem kleinen Teich nÄherten, lief
sie plötzlich laut schreiend davon* Ich folgte ihr und fand sie,
von Grauen geschüttelt, hinter einem Baum versteckt, stehen*
Sie hatte ihr Gesicht alt den Hinden bedeckt, und ich konnte
xunlchst nicht verstehen, was sie in abgehackten Porten hervor-
«tless. AllMihlich wurde es mir klar, dass Angst und Abschau
sie von dem Teich weggetrieben hatten, weil öle Frösdie in dem
Wasser vermitete und fürchtete, dass sie zu schreien anfangen
würden* Nadidem sie sich etwas beruliigt hatte, erzflhlte sie mir»
dass sie als kleines AAddien einmal Knaben beobachtet hatte,
die aus Lust FrÖsdae aufgeblasen und z\m Platzen feebracht bitten.
Das Gerlusoh sei ihr noch inner gegenwMi-tlg, und die iM9glich-
kelt, FrOsche zu sehen oder zu hören, brachte das ganze grauen-
hafte Erlebnis ihr wieder so nahe, als ob es gerade geschähe.
Damals erkannte Idx wohl das Krankhai^e in Bella, war aber
nicht fihig, das ünheinllche, das sie anscheinend erlebte.
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nachzufQhloQ» Houte jedoch weiss ich sur Eigenem, was sie e«p»
fuaden haben nuss«**
Sie schwieg eine -Veila, als schöpfte sie Kreft, um weiter-
ziisprechen. In ihrer Stimme klanf? unterdrückte RrreCTQg, als
sie fbrtfuhr. *• Ich inisste während der Hitlerzeit einrnal hilflos
zusehen, als ein alt ernchwa eher Jude von einem Sturm-Staffel
l/fenn erdrosselt wurde, ^s waren etwa fffnfzip; SS lafüte zugep'en,
die in ihren schwärzen Unlfortaen eine v(!fllie f^l^iohe schwarze
M»8?ie bürdeten. D«n?ieni''e, der die T^t be^iaf?, war nur eine
Gleicher unter allen andern und hatte k3in Gesicht und keinen Katjen;
vielleicht ist er ,f©sichtlos c^eblloben, weil wir alle nur auf
seine Hfnde starrten. Das W2ir das Einzl/re, das sich heraushob;
weisse, grosse Hiade mit Vrf ftigea, an dea Anden vierecki/?;en
Tiüf^Tn. Seine Aernael vraren zurffck,'3:e^litten und B»n sah wider-
lidi breite Hindf^elenke; das rechte hattf^ ein seltsames brennend
rotes, SpianenfOrmifjes itflal. Das ist das Einzige, das ich von
den Mörder im OedÄchtnis behalten habe — nichts anderes. Sonst
war er nur ein identitÄtsloser Teil einer sieichförwiipen schwar-
zen Masse. Könnt Ihr nun begreifen, dass ich nicht zurückPtehen
kann ? itfösste idi nicht ledesrnal, vr^nn ich ei lem Fremden b<?p:ep:-
nete, denken, dass dieser der Mörder sei ? Könnte ich irpiend-
einen wohl die Hand schütteln ? Kann mn denn verlanr;en, dass
er aaierst sein rechtes Handgelenk entblösst ?•♦
Sie Hörte auf, txx sprechen, und die Andern wagten katw,
aie anzuschauen, aus I^ircht, dass ihre sonst so beherrschten
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Zäffß die quÄl volle Erregung der Stimme widerspiegeln wffrde.
In de« <?espannten Schweigen hörte nuin wieder 'deutlicher
das Toben des Sturms. Das Feuer v^v «rr Brlör»chen, aber d^n
Ziiraser war ßchwttl» Die Wlrme und ^ie anstrengenden Erlebnlr>ne
des ÜHfrßF Techten sich wohl nun bei dex Fre^iden benierkb^r. Sr
pess unbe^i-eglichi Tilt hrlbre^^chlo^rgenr^n Ai^/^en, :?urftck --elehnt da,
Ein s.cb'j^rcihes Löcheln fipielte urr f^.eine )Vluadv7inkel, die ifie ??:
Schlaf ctwis ^-^^chlcff *jnd lose errchienent Pie Jrcke, ile ihm
rieht r9cht passte, !?er «r^eOffnet, difij Arre Ir.Pien Quf den Seiten-
lehnen d?^s Sesf^ls. Sein /^'»^fisehen '^j^r das ein^jfi Menschen, dor,
von Wdiff-k^^lt f!berw91tl(rt, nicht 9!'^hr den '^lll^.r '*ufbrinrt, die
ünordnuap: ?*iiner Brp.ch^^loun?: zu bebeben. Es schien uls h.^tte
er rur wio von '^eitern den Tnhu^lt von Sybille?^ ^^orten verno'^Ten.
It r.^tTt^ '?lch j<?doch clötTllch ruckartig und nt^if nuf ; ob^rl^lch
seine Au^oa nocb i mr.er von den Liiei'n ^!^lb bedeckt \tirenp'i?.?r
eein Blick aber schsrf und »vach^jam g'jworden. Das Llcheln var
v0111;t »re^'revischt. I.lit be^e.'^ter .Stlu^^e, 'le helsf^r vor BIr-
re^^ng kl^nf:, r^jpte er, sich an nle'^^änden Ire «'^aondercn ;veadonr!:
•* ^os ftlr n'örkvTtJrdif polaliche '^^■f^ille in der '^elt p.eschehen I
Ist ec nicht TOnu*:* jtüller ^u belssea, ein Nsin^e, der '^daen \[H}m
Identifizieren kenn ? tvAjss »nwn «uch nocb ds^s Ein7t'/e, w-«s ich
«D vf'llig «Is mir clp^entäuaich «:ng€sehcn h?:be • ein MäI von be-
sonderer Farbe und Forfi' on einer f<an7 besonieren Stelle dos
Körx:erc ~ Küse diesef^ Mtl ajrx such noch iu jensiiuden andern
gehören -- <?«an2 so wie eg der Herr v.S. "^It selneiR Nraeen erlebt
hat, daaals im 0erlchts3'^al.
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»ur war es einfach fflr Herrn v#St sich und madern zu beweisen,
da«8 «r nicht dar Verbrecher war» da doch dieser lebendig \ind
allen sichtbar in eigener Oestalt dort gestünden istT Hierp"
rief er bitter aust Indeaa er seinen rechten Aernel zurtlck-
atreifte und ein brandrotes spinnenföraolges 1/IrI an seines brel»
ten Handgelenk antbl<!5sä tag ^ hier« selien Sie dies «n und sagen
Sie Dir, wie idi diesen spukhaften 7ufall erklären» wie ich Sie
f ft
davon tiberzeugen k%>nap duHü ich nicht jeuer Andere bin l
WaOirond die l^reunJe Airdhi diese jihe Enthüllung der Sprache
beraubt ihn anstarrten, sprang ^^sv Freiade auf und rannte, ohne
sich nocn einȀl umzuschauen, ^us deaa Ziimov. Dia besttlrzte
Zu rüd: gebliebenen hörton ilm die Tür zu aeinooi eigenem Raum zu-
8chl?5fj;en.
Rudolf hatte eine halbe Wendung /^eiaacht, als wolle or den
Davoneilenden aufhclten ; stattdea Hess er sicli aber schwer
^ in einen Sessel fallen und srdi fast ratlos zu Sybille hinüber.
Sie stand xnit beiden Händen üuf aine Stuhllehne gestützt, als
wire sie in Oefahr, niederzusinken. Ihre Cest< schien plötz-
lich 7M1' Größte ßines Kindec e^ößchruiupft, iiir Gesicht klein und
weiss und von lautlosex Weinen vorzogen. John, der neben ihr
stand zweng sie seoift, sich nioder zu setzen. Heinrich und
Ifciritnne sassan dicht aneinander .jeiUckt, ala suchten sie ao
Schutt gegen olae dronende Gofahr,
•* Wie kann so etwas iuöglich sein'' sagte jjöariiinne, '*was soll uan
nun tun? Gibt es solche ZufClle oder ist ös Spiefielfechterel? Du
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■luaat es doch wissen, Rudolf, ob ein solches Spiel der l^fltur vor-
koaiÄea kann — ein solches Mnl bei zvel vorsohlsdenen liflenschea •'•*
Rudolf öchlea sich r^esauuielt zu h?^ben. Er gln^ zv. Sybille,
beurte sich 7U Ihr nieder und Vffg-^te sanft das H««r der Wolnenden«
^ wir v>»lfi»sen nicht einmal, •* 8ö£te er mit beherrschter StLriae,
•• ob ^icsee Mel wirklich Identisch rrlt ae^lenlgan Ist, floa rn^lae
fvm vor no vielen Jähren wfhrend ©Ines schrecklichen Aurenblicks
TU se^BQ claiubtß. Es ist eine h*S3liche Situation tüv uns alle,
besonders aber für Herrn Ivlöller, w^r Ir.ajer er wirklich sein raag.*»
"Du vernieic5eat eine Antwrt 7U peben -uf Mwiannes Tr^sre •• sagte
Heinrich .letzt heftig •♦aber mir scheint, dass dieser Herr MOller
eine 2U r,d"inelle Antwort bereit hfitte — wer hfit ihn denn überhaupt
,^betnn, uns ^^eiu Mal zu zeigen— - hstte er vielleicht An,<?r,t , dass
einer von uns es doch schon vorher erspäht hatte ? Vielleicht h*>t
Sybille efl wirklich vertier (^5? eben, als er noch nicht so .luf «^»eiaer
Kut wsr, vielleicht ist dadurch überhaupt die achreckliche Srln-
nerufig in Dir wieder ^tchfonifan worden, Sybille, ohne daR*^ Du Dir
über den Oniad Hechen^^chaft f^pc^y^ea h^ at . Nein Rudolf,'' wandte er
flidh wieder i'nit {^^rosoer ßrrofnjn*^ an den T'^reund ••wir kfJnnen ^rns
ni^t ZJifrieden r^bea mit der 7uf^llthoorle, wir i:iÜRsen wi^^^en,
f ff
wen wir hl^r beherbergen ;
^ Und T7i9 werden wir das bf^ werkst eil is^en können, T(F)in T^ftund?*»
frsi^e Rudolf '• Sybille kann eich, wie nie selbst uns erzflhlte, an
keine indiduellen 7Üg© des I)Ä5rdors erinnern, nur p.n das Mal, das sia
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nur eiüon kurzen Augenblick unter onteotzllch -^ufro.^ondftn uni eiv
•loFititterxiäea Unistlndftn P'oflehan hnt. Slchor kam) x^orade oine solche
Oe-Ätsdrraö^iJCifi die ninne üufo Anwsrmrst© schf^rfen, aber on kann
euch dnn Or?i;T:ent«ll ^Intraton; es Mnnsn Dinr© rerohen ^ordoa, die
nioht ftlnwal vorhanden .«^ilad, od^r dao Bild ksrin entstellt ia OedHoht-
iilö blölboa • nll das vl^sia V7lr# Köln Richter könnte Sybilles
rei^TennnnRrfto 1I3 blal^nd nnsehon, ^elbrt Tfonn r^r persflallcb von
lhp«r TUd\tir/*kolt voll über/.nu^Tt tfi-ti»'^ Sybille hGtts lhr«,n
Ko-^^f QQ Rjdolfm "^ruBtr .Tielihnt; r^l^ //«^Inta licht nehr« :•>!© r»«::te
Vit -Ttldflr Sti'ft-^o : ''ich h^ttr» •.yr^ite'' TchT(^lp:rjn rollon; ich \foi83
nicht TJirum ich vlch houto hßba verleiten lassc^n, ^bor den /.Ibdruok
Hl 3pr30hen« Ss ist wie ich ge3a/rt hnho^ man ktan nie Trlr.sen, m^m
rmn die IT^nd ?ibt, f^olbtit •r7Qnn der Hetreffonde kein M*?l «ni Hand-
f *•
f^eak hat !
John h»tto r>ich bisher an dem OosTTÄch nicht botoill.^* Sein
0681 cht v:ar ausdruckslos, faßt afinkexüitft r:(rvordon. Er ficnien
eich auf A^s Völlen und AnTtlnden nolner Pfeife ot ^onr^ntrieron
in elnor gPivi^f^ea pedantischan Art, dia ßeinen .Freunden ge':7C3hnlIch
ein beiden w?-r, dass lohn versuchte, rjcine TOff^erf^c-ten G^fflhlQ unä
OedanVon zu beherrschen* Die Pfoifo '^Inchon den !^ihnen hnltoad
braditQ er schliesalich trocken horvor :•• "^ona ich Hiohtor '^flre,
wflnlo Ich mich ^rin?. und völlig ^r:T Sybilles Oedffchtnls verlnec^^n
und TTtfrde fti^v 6^s ^sihrnchciinliche eis das ünwr^hrRchelnliche , n«iii-
lieh d«i?.9 69 nur ein Rolches fsfel und nur bei einem deutschen Nczi gibt«
I I
22
Du, Rudolf, biet tolerant uad weise und ©in wißsenschaftler - mtnch-
i»l bin ich mainem Schicksal dankbar, dass ich nichts von alledea bin»^
•• Wi« dem «u«ii sei •• antwortet« Rudolf •♦ wir können nur hof-
fen, düss (1er Sturm morgen vortlber ist, und dass wir diesen Mann
80 schnell wie möglich los werden, Tür wird selbst daru sehen,
hei der rrsten nöf?:lichen Gelegenheit sbruf^hron, dessen bin ich
slchor. Sybiric, Du bist vOllig erschöpft, und nuch wir andern
sind sehr ^Itfreno-^nen; ^Ir kennen wirklich ins Augenblick keine
Lösung finden; darum v^^jchla/r ich vor, dnss wir uns zurückziehen,
Al^o. njte Nacht. •* Sr nahm vGybillei Am und ftllirte «5ie r^örtlich
«US dew 7iiTimer her«u8#
Heinrich l^gte John die Hand ^uf die Schulter und verliess
dann ohenf-^lls alt Marianne ^.e^n Ti^^m. Rudolf w^r es 3:e.^,lüclrt
Sybille zu Überreden, ein Schlafrilttel zu nehmen* Sie Hatte
sich zunfdiflt dagegen gesträubt da sie nicht gewohnt wer, sich
nach7ij|freben, und do sie glaubte, dcss sie sich zusaBmcn nehmen
iflösste, UJD Rudol-" Leid zu ersparen. Aber seine beruhigenden
Worte hatten sie d&von <!ber7eup:t, dass auch er becser ruhen könnte,
wean sie sich den Schlaf erlaubte. Kr saas bei ihr bis sie ein-
geschlafen wer. Seine Gedanken waren mit Ihr beschffti^, die
§m so selbfltverstflndlich nach fljowesen vht in den Icngen Jehren
ihrer Khe#
Jetzt schien es Ihia nuf einraal, Anso er sie kaum k^^nnte.
Sie hsttG das entsetzliche Erlebnis mit derri alten Juden ihm nie
23
erzflhlt. Er hatte nie von Bella B* f^ehört, ÄÄrl^^nne wusf^t« nehr
von ^nr VerpfinTOnheit seiner Frau tls er. Er h^tte es nie recht
ertr«i*geo könaon^ '3na S?/bille von jenen Zeiten sprich, in lenen
er noch nicht Ihr loh^n teilte. Er w^r ein unp:edul(^l^er Zuhörf^r
und entschulUc^te soine UnJ^edull nit 14Bn^el en 7©it. Hinf^egen
var Sybille i-ner bereit, zuzuhören, wenn er ihr seine Ideen
vortnjfl' odr-^ seine Arbeiten vorlud. All^u persönliche Ätttteilun-
gen waren ihr. ßclbst bei ^ca Ihü? nichst st^hen^'^n Menschan pein-
lich, ^r h^ttf^ 11c tl3fr; ^eber7euTOav'^, de?« ^nü nur schwelgend
seine -en.^chlicha '^tlrde be\^r^hren konnte; deswegen b»tte er auch
nie r-ybUIe »PWJtl-i: Ihrr von ErleboiBsen m er7«fhLen, die ?ie
jranchwnl ttIo fr^Jf^^nd Rnztideutan schien. Jetzt war er erschüttert
in der plOtrl.ichon Erkenntnis der V#a» Einsannkeit meiner ?r?«u, die
fil dir. Jahre '^le Leiden '1er Vore:'^n«»:enhelt allein getragen hatte.
Kinder und junge MSdchen erle^bten Dinre, die zu schwer fftr sie waroA
Kr schÄifte sich f^einer 3elb^t^^ucht. Als Sybille fest schlief,
verliens er leise r^fie Tiwmer und p:lnr»- in sein A.rb«its7iTnmer bln-
über. Seine leisen Schritte wurden doch von K^rlanne gehört,
die an/:^errtren/rt lauschend In ihren Bett leg. Sie berstJhte sich
den LSriü des Stur'^es «?ue ihren Ohren aufzuhalten, uw hereus au-
fladen, ob Heinrich ruhig schlief. Sr hotte nicht über die Oe-
schohnlsse (!ei3 -^bcndj? sprechen wollen, und Iferinnne beftlrchtote
eine schwere Oeiafltserscbtftterung bei dem flbersenflitiven erreg-
baren Heinrich, der nie wit neinen llrlebnlssen i« Konzentrations-
24
-Itgar und in Spanien fortig gowordon frtr. Sie selbst vftir geneigt,
sich Rudolf^'. 3t«udpunkt zu elfjon zu aachon, dass ri&n nicht 7.u
oiar»» endgaitir);en Entschluss über lex; ?rejidan kor.oien ötirfto^
solnaw fluch d^r s:»^lfi.^^to Zweifol bostisnd, daes er der von
Sybille beschriebene .^esichtslose Mörder v»ar. Ihrein Charakter
geoifsn, veravichte gie dort eine .rrtlnst irrere '^nt^^oi-t elaer Tn^^o
ijnzuneh^on, 'vo so aßt sie '^ineni unortrff,^lich'3n, unlÖFbflröQ ^ilen;-
na ^^e^entlbot' ger;tü»nden ^fjl?r^# Sie hnjtt3 iii-nor versucht, rrobl6;::a
auf nöglichf^it oinfache Nerjier zurückzurtlhrsn, od?:r sie iiur döun
wirklich ^nzm^rkennon, ',7onn ojn pors^nliches ßin^reifen r^lne
ilendcrang herbeizuftlhron versprf.ch. Diese pr?iktlrcbe Seits ihr^^r
Nstur war fflr Heinrich ^lin ßvos^ev Sor.en ."re^'ß^en. Sie h:-.tte
ihn aus Ofiutschl^nd gerottet und ihre beruhip-ende Ge/?:err,v. rt
rettete Ihn immer von Nouen cus selaeii Ul^ufigen An^sttrA-oruen,
bei d^nen '?s r^esohohcin könnt?, dass er r-us der Bett sttlrtzt'^
und ntich Oe£:en.^tf!ndßn wie Lrir.pe oder Stuhl i^riff, uja sie oincMii
vermeint lieh on Angreifer ent»^egen7.uschlead^rn. j)ß ^ar nicht
iirjuer leicht, 1ha davon abzuh-nlten und ihn sri.ci7. rn vncken.
Sie lEhz nun wnd horchte ■ uf den Sturm und «uf eil« Ooräußoh
ß
im NobeaTilnmer, In de»n Keiarich schlief, Sie hOrt'^ Johns .'Ichritte
«in ihror Stube vorbfeigehen und d.'jchte; ** erirrr John, Du bint
bl3 jetzt allein im Wohnzlnimer c'^wec^^n; ?>i iscrgGt Dich, ohne
des Rocht zu haben, nieb 7u sorgen,'*
John hatte seine Pfeife 7uendo ^oraucht und denn v/ie je-
den Abend sorp:8«in i« Ziinriier Ordnung gemacht, ^amlt Sybille «c
I I
80
V
nfchsten Margen von «inam sauberen freundlichen Reu« begrttoit
«Oxd«. enetett kelte Asche und schmutzige (Uiser rormufinden.
Heute hette er besonders lange Zeit d««lt verbrecht, die Aschen-
becher su leeren und die Ollser zu spfllen. Sr «eöhte sich »ller-
lel Oeschfft, bis er schliesslich nichts »ehr finden konnte, des
Ih« Grund geh, des Verlassen des Wohnzlamers hinauszuschieben.
Br ging In sein 7lo«er und setzte sich Im Dunkeln ens ?enster.
Dreussen war es pechschwarz. Zu John besonderen Gaben gehOrte
•in visuelles Voratellungsvernflgen, das seiner schrlftatellerl-
schon Tätigkeit sehr zu Oute kam. Aber diese Gabe wurde zur
^iual, 'tenn er, wie bei Sybilles Erzfhlung, allo Geschehnisse
deutlich vor sich sah. ^as andern Worte waren, ausste er bildlich
erleben. Jedes neue Brlebnla dieser Art wurde noch von verganenen
versttrckt. die sich Ih« «It aller msche wieder vor Augen brach-
ten. Qwiffhnllch konnte er sich von diesen Erinnerungen nur durch
eine Tat befreien, sei es in Wirklichkeit ofer In eine« Ro««n.
A« «eisten qullte ihn die l««er wieder auftauchende Irlnneiung
an die kleine Sarah.
Der Stui« heulte die ganze Nacht. Das Getöse von Wind und
Regen war so laut geworden, dass es uniaOgllch war. Irgendwelche
andern Oarfusche Innerhalb oder ausserhalb des Hauses «It Sicher-
heit zu unterscheiden, bitte sich Irgendjemand auch noch so daru«
beaOht.
A« nidisten Morgen Jedoch grOsste ein tiefblauer HL-noel
das vom Regen leuchtende Grtln. Die Sonne strahlte; der Wind hatt(
sich völlig gelegt und das Wasser hatte seine ldlttel«eerfarb.
wieder. Nur die WJwen flogen noch unruhig und fngstllch u«her
und kreischten einander laute Warnungsrufe zu.
25
Sybille wir trotz des Schlaftalttelfl früh aufgestanden« Das
Frflhetflck stand schon berreit, als sich die andern Hausgenossen
wie jeden Morgen awitig auf der Veranda einfanden« Aber in Gegen-
eatz zu andern Morgen herrschte eine düstere und bedröokte Stia-
Äing» Vom Fremden war nichts zu sehen und niemand wagte die lei-
dige Präge nach seinem Verbleiben zu stellen, Sybille sagte wie
gleichgflltig: •• Seine Sachen, die er gestern zut Trocknen auf ge-
hingt hat, sind noch in der Küche ••• Damit war das Schweigen
gebrochen und man redete durcheinander, ilffferlich machte man dem
Fremden Vorwürfe, dass er nicht schon die Insel verlassen habe«
Vielleicht habe er aber in fremden Kleidern das Weite gesucht«
Das würde wohl zu seinem Charakter pasnen J Eigentlich wollte
aber niemand wirklich die Antwort auf diese Frage herausfindexu
Der ungebetene Oast mochte wohl noch in seinem Ziamer sein und
sich nicht heraustrauen* Schliesslich beschloss Rudolf der
peinlichen Situation ein Ende zu machen und nach Herrn MTller
SU sehen. Kr kam bestürzt nach ein paar Minuten zurück imd be-
richtete, dass das Gastzimmer leer sei und das Bett unberührt.
Auf der ganzen Insel war keine Spur von dem fremden zu
finden. In der kleinen Bucht, die als Hafen diente, lag ein
zweites Boot, wohl befestigt, wie Herr Mttller es ihnen beschrieben
hatte. Es war nur leicht besch«dl/rt und wiegte sich sanft auf
den Wellen der einströmenden Flut hin und her.
Anfang September wurde eine mÄnnliche Leiche in einer der
vielen Buchten an der Küste von Maine engeschwammt. Der Ertrun-
kene fflusste mindestens zwei bis drei Wochen im Wasser getrieben
worden sein. Seine Züge waren nicht erkennbar, in seiner Kleidung
find man keinerlei Papiere,
27
Ol« £•*•» die das Yorachwindda das Ftaadan aofort dar
Polisal gaBMldat hattaüi wurdaa auf gafordart » dla Laloha sweoks
Idaixtifisiarung zu besichtlgan« Aber salbst Rudolfs gafibtan Auga
war as iinaDglloh» fest zuatallan, ob dar Tote Janar Franda wart
dar auf so draaat Ische Welse auf Ihrer Insel erschieaen und von
dort varsotairuAden war« FQsse und Binde des Ertrunkenan waren so
zerrissen und verletzt» dass aan keinerlei Mal mehr bitte erkennen
kOnnen» Die OrSsse und Breite der Hindei wie ttberhaupt der
Bau das SkeletSi das ungefihre Alter des Mannes und der Rest der
zeirfetzten Kleidung bitten wohl auf Herrn MtULler gepasstt aber
■it irgendeiner Siohertieit konnte man keine Identifizierung yor-
nehaen« Auob in den bei den K« *s zurfickgelassenen Kleidungs»
stfldcen waren weder Merkzeichen noch persönliche Dokumente ge«
funden worden» die ein Fragezeichen fOr das Woher des Trenden
bitten geben kOnnent Alle Beaaben der Polizei eine Fima zu
arruieran, die einen Ingenieur plötzlich auf ungeklfrte Weise
verloren hatte» waren erfolglos geblieben» Nieaand schien einen
Mann zu Taraiessen, dar ein so auffallendes spinnenfOrmiges» rotes
Uli aa Handgelenk hatte» ein Deutscher war und angablich MBllor
hiass«
t I
II
Dift Bind«
0« Basstto alt nun alla in dar lindllofaan ii^olinatube ror dam
Kaalnfauar» lauadbt an halb^bawuaat auf daa vllda Toban das Sturms
und das Oarluacb daa aiohtlg harabatürzandan Ragana und fflhltan aloh
alohar und gaborgan« la waran Ihrar fünfi dla in dam altan Fartnhaus
auf dar klalnan Inaal baiaanan waran« üia Baaitser ?on Inaal und
Haus« BudAlf und Sybilla S«i hatt an auf alnar ihrer Soaaaarraiaan diaaan
Schats mittan in dar Panobaoot Bay in Mii na antdackt und aloh ao TOlllg
angaaogaa, Ja bazaubart gafundan» deaa ala ohna vlal Uabarlagan dan
gafbrdartan Prala gaaAlt battan* Sie zoaditan alcb auch sofort daran,
dla durch daa Altar raruraaehten Sehtdan das Hauaaa auaaubaas am«
3ia liaaaan daa Bxunnan orweltarn, dar friaäiaa viuallwaasar fflr das
Haus llafarta und liasaon sieb aina Irlal na Turbina sdbicltant dla ala
alt jElaktriKLtlt reraorgtag aas nicht nur atatigas Licht yarspraeht
aondarn daau noch dan Luxus ainaa GrasBuophons ari&Oglichta« Dla Inaal
aal bat ralchta atwa alna Maila in allao Himialsrlchtunii^an« Sla war
falaigt alt Nadal-» und Birkanwald bawachaan und ;xlt grau^grQnm Moaa
badackrt« Dla Ufar flalan stall ab» uad nur an aloar 5aita war aln
tlafar Sinaohnitt mit aandigam Bodan und aaichtara^a vraasar» dar als
gaaohüta^ter idainer Hefaa fflr das «btorboot dianta» Dla B^aoiidarhalt
dar Landschaft lag dsrlni daas sie glalchTaltig alnan Gablrgaoharaktar
hatta, und in Farban und iAogotQtlon Krinnarungcn an J)randlo«vlan
wie mn dM llin#l»wr wachrief» So wwr •• dieses rerbindllche
Wesea der lasel, dss die K»s, die azs Witteleuiope steatrtea,
so UÄWiderateliilch aageTOgeü hstte» SybiUe km« au» iSoxd-
deutecal«ad, .Rudolf *us de» SÜdea* Seide hatten JCuropa sub po*
lltisdioa Ortlidan rar lassen, hatten elnaüdsr wthread der 2nigra-
tioü ksaneasolorüt und gohelratat oad waren «a.aaiuaam in das
neue iMai eins©J3Lndart, Sio \Taren tätiga j^enrchoa, beide AÄrrte,
die in ihren freien Stondai ihren Neiguni^en lebten ^t BüÄera*
lAisik ^Juid Kunst und Jiit eiaigaa nahen freunden. So fanden
eldi auch in don Ferien l^msr Treundö boi ihnen aln, die
ihren Cks3c^ha;ack teilten und ßlA gfsrae von Sybllleß fi^eundlicher
Fürsorso ucihogea lle?2en ufld las stille, friedliche Ferien-*
lebon der Inselbewohner tollton. Das Haus bestellten sie selbst,
der Provient wurde Ton dem nicheten Ort an der etwa fünfzehn
Meilen «ntforntaa EÜste Adcm Boot geholt. Ifenchmal auch fuhif
i&an m c^idern etvyas /crÖSfieren Inseln» ^^^ denen kleine fischer-
dörfer w^xron, oder ma koxinto durcb. ein verabredetes Olocdcenzelchea
die fahre, die aweim'^l am Tage vorbeifuhr, Ruf etwas j/otwendlges
wf»er*k»aat cwidjen. Wie es so typiacb fflr insulares Leben ist,
ver«as.i man nach kürxeöter f^it die übrige ^elt oder schien Ihr
dodi keine Wirtxtigkeit beisilogen*
In diese« Jahr waron von den OÄsten Heinrich und Sferlanne
T. 3. und der 3 ehr lit steiler John D. bis na Bade des Somers
gablieben, der wolkenlos, sonnig und blau gewesen war. Afen hatte
sich in die Housarbelt geteilt und den Reot des Tages verbracht,
UmM\a
/:
SifttfriLflw. Ton Ihnea «& llebsttiiai war« Abazida fand
ttüA sldi RusQfiBMia IB WohxislfaMr Tor des offaaen Ca&lafeuar, laaand
oder 8l<^ unterhalt oad odor auch schwolgead der lysuakli Imischend*
•~ Eann plOtzlioh eiaea Morgans war der Wind ^koHsaiaa «It
dw wlldea ßrendiu^t Itlan h^tta gerade noch Zeit, das Bcot
a&a Land ^ cLaiicn ubd fefiKu^J^dbia:;« Qax;^ plStxll^h wurde ea dunkel,
lar Stuzm rasts Ölor die i^löina Ixiael, eciiSttalte die BSua»,
hoiulte a-'^is f^aiis und der Regen <sösö in «illden StrCineu
hcruntöv^ so daas or aina faat ochwarzö ^^sserf/suil bildete« Usui
fwjad rjicfe \y^ Haus oliieoscniosaon, uAd ^tlrJclloli von dar »Veit
wbgüsoiaaitte;;«
Dioaoc Si-a{jf»£di1oön^aöoin :^lt olasuiler rlof das a^rüLl fclter
Vöitrauthoit sterl: ir£ Ccdöchtais aairtlok, einer VertrautUeit»
aie diase 1^ixt ^JaI:.sche^ vor ^aliren in eicea Uidereu: Stursi auf
iirnßer verbußdcn hatte« So T^aiiderten jöt^t iha-e Gödaükou aaurück
SU mand. otc gemel nactimen i'rlebiils der VorgÄneeiüielt • Elü
Wotl^^lUhl, wie es yeufichcii ea;priadcn, die eiiiooi faat alciierea
Vorder bau eatroxi&aa sind, erhöhte uoch 4äs tStbllclie Tergiittgen
aia AuctauBcfc aolcher Erinnerißgen»
ilariar.ne und i^ybllle tJ^ttot «Inaad^jr achon aelt Ihrer
pi««l naatmeß Schulzeit In Inniger Freundocfcaft nahe gestanden«
ObslelA ihre beruflichen Keigunfie^a sie Ortlich auöeiasnder
g^brac>!t hettön — -yariaiuxo hrtte alte Sprachen und ArchÄologie
ntudlert — waren öle doch einander ole rremd e^-'^'^rden und
I I
hatten adilUsalldb wieder ein feet seMlneeftee Leben la Perle
euflBeaoflaneat
Uiriexuie uad Helari<Äi wareo each Perle toü Spealen gekoemee,
wo ele beide euf Saltea fler reditnieeleea Beglerun« gekl^ft
hetteAt HelnrlÄ wer yoü elteiDdeutdii» Adel, der elnsige
Nedxkome ^« dee lade <~« eliier leogen Reihe yfon Oeaesretlonen
ton Reubrlttemt Outeberren uad Offlaleree* Sele Veter bette
durtfi Helmt slt eleer Judla etwee aenee Blut uad ele groeeee
T-arafig^A 1a die eueeterbeode uad redit degeaerlerte Twillle ge*
bredbti ua! Kelnrl* hatte ee wohl dleeer aBtterlichea Irbeoheft
SU werdaalceA, deee er sl<^. nicht la deo Tuokerleben elapewen
konnte und wollte. Die Llabe m «einer BCix9Mn^ fjeletrelcfcen und
«nrtllAen JAitter, die unter 4er Ürutelltit e eines Vatare augrunde
ging, hatte Ihn m elnea leldensoiieftllchei lÄa^pjfer s^gen
Je^t Vrt Hoheit uft« üaserechtlrfcelt geMoht* tr bette eine
(l^gn^eade Xarrlare «le JouTnalist aufgegeben und eolne genee Kraft
und sein Yer^ögen Im Keapf gesea Hitler uid den üatlonelaoelelleaMte
elngeeatÄtt Von eine« Splt«eX yerraten» wer er werhaftet uad
2a mahreren Jabröa ?ac3htheu« verurteilt worden« Ifechdem er
nodb ela Tahr die Qreual ei nee Koneertretlonelagere erlebt hatte»
wurde er eatlessan, und ea aßaög selaer »atlfen jungen ?reu.
Ihn alt Hilf* von Freunden In Hollaod «ruf obenteuerllehete Welee
©ue re^itadiland harauassubrlagea« Ilaer dleeer Helfer war Joho Dt
geweaeat ein Junger amerlka nie eher Schriftsteller, der neeh
SUropft gasanctn war> well wader der eweTlrfinl^ohe ^port nooh das
«merlkanlacftie Gaas»tertua aalaen Draa« nach Abenteuern und
ael:ian rrelhelteelxm befrleligen könnten« Sin fröhee Srlebnle
hatte n^Loma beaoaS«rea Sl0gel auf sei aaa Charaktar godrflokt«
Xr iHttta elMA Sowar Im Sffdan Tartaradht« Daaala war ar
18 eawaaan und raballiach gagaa aain alganaa altarllahaa MlllaUt
la daa gata Slttao und Ifanlaraa niaht mr gapradlgk aoodara
auch c^pnagt mirflaat Ifcn hatte Ihn allaln w aalnan afldllehan
Terwandtea fahren laaaan» \m aalnan UAabhlnglgkaitabadllrfaia
genug SU tun» Aufgawaalrt, jiiaataaiartleh uad kOrparlleh aalaan
Altar Toraua wurde ar ein Mitglied einer tlruppa Jugandllciier,
die Ihre l«nnlldikelt In jeder Hinsicht aaa bewelaen suahtea,
gewOhnlieh In klndlaehaa Act Ionen gegen die Welt der Xxvachaanea«
Aber sie tranken auch und trieben ea alt den IMdehen« SAuldba«
wuaet swar hatte dooh John alte dleae Streiche gerne und atolz
altgeaaoht« Dann aber, tm Tage yor seiner Heisre laa, hatte die
Bande alob auf swel harsdoee kleine Negarklnder geatflrKt, die
unschuldig genug naokt Im Tluaa badeten« an einer Stelle die
nur fOr Welaea reearrlert war« Sie hatten den kleinen Bursohen
Blutig gaa<falagen und zu ertrSnken versudit» und die Ver&uohe
des winzigen Midchena» ihreA Bruder ra retten, alt füastrlttea
rerhlndert« 7ohn hatte an dleeer Oewalttat sich aidtit beteiligt»
aber er irar dabei fceatanden und hatte» wie geiehmt» migeaehaut«
Xr aah die kleine Ss^rah aa BDden sitzen und la^t Ihrem schwarzen
mnddien Ihre BlOese verdecken. Ihre schwarzen Augen traten
Tor Angst aus den HWilen heraus j sie war trtnanlos wie ein Tier.
John war Abjoü galaufen. Irgendwo hatte er sich Ins Oraa geworw
fen und geweint Tor 8diaa, Schuld und Hllfloalgkeit. In der Hecht
war er sdilaflos gewesen und a© ntcbetan Uorgan fuhr ein atillarer
7ohn nach Hause zurtlck.
I f
»->y«'
Br erzfhlte nieBaadam yon diosea Erlebnis ^ er schinte
slöh zu sahr« Is hatte aber zur Fblgei dass sich sein Unabhla-
glj^oltsbadflrfnls yon nun an in persOnllohaM Mut luasorta»
selbst wenn er einer Oruppe allein entgegentraten musste. Kr
war eigentlich über Nacht zu eine» Helden geworden« Sarahs
Augen hatte er nie vergessen ktfxuren.
Er gehörte einer Organisation an, deren Mtglleder es
sich zur Aufgabe gecaacht hatten, selbst unter eigener Lebensga*
fahr, politisch gefährdete aus faschistischen Lflndern heraus-
zubringen» Da er sein eigenes Leben oft aufs Spiel setzte, war
es fflr ihn kein Problen, in seinen Rettungsaktionen, wenn not*
wendig, auch bis zum Aeussersten zu gehen« Sr war mit Heinrich
und Marianne in Spanien zusaiu&en gewesen und lernte spiter durch
sie Sybille kennen« Sie wurde kurz darauf aber Rudolfs Frau«
Rudolf, der schon daiaals einen bet rechtlichen Namen als Wissen-
schaftler hatte, hatte ohne ZOgern seine Heimat verlassen als
Protest gegen eine Irrational itlt, die Ihm als Rückfall in den
ttrgsten Hexen-und -Aberglauben erschien« Er fflhlte sich in sei-
nem wissenschaftlichen Danken beelnt rieht igt, in seiner Minn-
lichkeit beleidigt, und in seinem Gerecht Igkeitssinn empOrt«
Sein Ruf verschaffte ihm Gelegenheit, in Paris seine wissenschaft«
lldiie Titi^elt fortzusetzen und so viel als mOglich JfljQgeren emi-
grierten Kollegen, unter denen sich auch Sybille befand, beizu^
stehen« Seine einfache beschützende und helfende Wesenart wurde
für Sybille ein Ersatz fflr alles, was sie verloren hatte. John,
In seiner romantischen Abenteuerlichkeit, erschien ihr als ein
junger liebenswtlrdiger Knabe, dessan leidenschaftliche Liebe sie
in eine tiefe und ruhige Freundschaft zu verwandeln suchte«
i^fcjgfc— ^■■^"- - — — -^^^^^^^^^^^^jt^
■^•» 1- ■■'-- 1-ah.^^iMj
- . »^ ^ ^ *- »^w^Bi^iifi _^^^ — 1--J— • - '*
S« war mittlarw^l&o Aboad geworden« Orausaen raata daa Un-
wattar, auf daa dla Fraunda In ihrem Qafflhl daa Oeborgense ine nur
glaiohaaa halb«-bewiiaat binbOrtan* So entging Ihnen zunScbat
daa klopfen an dar Hauatflrt und erat als aa attrkar wurde und
al(di deutlleher Ton dem andern OetOae unterschied, wurden sie
alle faat gleichzeitig darauf aufmerksam« Sie aahen einander
ungltublg fragend aA| ala ob niemand Ton Ihnen faasen konnte«
daaa ein Lebeweaen drauaaan atand und llalaaa begehrte« Si
achlen Ihnen rOlllg unmttglich, daaa irgendein &tonsch in dleaem
Sturm auf Ihrer Inael gelandet war, auf der ea ausser Ihnen
nur Haaen und 70gel gab« RudDlf war der Srata, der zu dem 2nt«>
sohluas kam« daaa daa XTnwataraehalnllohe wohl geaohehen sein musste«
Sr erhob sich und ging zur Mngangstflr, die er rasch öffnete«
Qegen das Dunkel drauaaan hob sich eine aohatt anhafte Gestalt
abt die auf eine einlade Oebirde Rudolfe la den hellen Llohtkrela
der Magangahalle trat und dort einen Augenblick achwelgend
und geblendet atehen blieb.
Der Fremde war ein grosser, stattlicher Ifcnn, der so durch-
niaat war, daaa daa Waaaer an Ihoa harxmterfloaa« Ir bat die An-
weaenden um Entschuldigung fflr aeln Bindringen und erkbtrte mit
heiserer Stlmmm, daaa er aalt Stunden In aelnem Boot Im Stuxm
auf dem Waaaer gewesen sei und TOlllg Richtung und Orientierung
rerloren habe; durch einem glücklichem Zufall aal er in die kleine
&icht der Insel geschleudert worden« Si sei Ihm gelungen,
sein Boot festzumachen; da er die beleuchteten Fenster des Hauaea
8
erblickt habe, habe er sich notgedrungen entschlossen, enzuklop-
fen und um Oestfreundschaft zu bitten« big sich der Stur» gelegt
hebe« Br wer recht orschöpft, obgleich er ein krlftiger Uenn
In mittleren Tehren war und sprach etwas zOgernd und mOde in
einem gewählten Englisch, das gerade durch diese GewShltheit
den Ausllnder rerriet« Rudolf und Sybille hlessen ihm freunde
liA willkommen. Forderten Ihn euf, in eines der verfQgbaren
Oestzizamer zu treten» und
ihm Rudolf trockene Kleidung
verschaffte, berreltete Sybille schnell etwas zu essen und ein
heisses OetrSnk yor* Als er darauf in das Wohnzimmer trat, wur-
de eine formelle Begrflasung und Vorstellung vorgenommen,
••Mein Name,'* sagte der Fremde, •• ist Karl lÄlller •• und er
fügte scherzhaft hinzu, dass dies wohl der unverbindlichste l^me
sei, den sich Jemand in seiner besonderen Lage ausdenken könnte,
obgleich in den Vereinigten Staaten wohl Smith und Jones noch
besser dem »reck unidentifiziert zu bleiben, dienen würden.
Ar sei ein Ingenieur und, wie wohl seine Aussprache verraten
habe, ein Deutscher, der vor Jahren eingewandert sei* Er verbringe
seine förien in einem der kleineren Orte an der Mate von Maine
und sei heute nsorgen bei schönem Wetter ausgefahren, um zu
fischen, nicht ahnend, welche Abenteuer ihn der Tag noch erleben
lassen sollte. Vom Feuer und dem heissen Grog erwlrmt und durch das
Issen gestirkt, verlor er bald sein erschöpftes Aussehen und
schien sich liebenswürdig und gesellig der Gesellschaft anpassen
zu wollen. Man sprach darflber, wie das plötzliche klopfen an
I I
di«r Htustttr einexx jtdsn soltsoÄ bsrOhrt hßb« und leder Bv^ing sich
in d«5r boschreibung seiner Oafahle und 0«d«nk#n, dla «IIa das
Unheialldie des Sreigniflsee hervorhoben* *" Sa iat wie der Beginn
einer OeacLichte, "^ a>e Mtrl*»nne, *• Oder wie das Ende, ** aielnte
Sybille. " D«8 Letztore Ist Nvohl das Rieht isOf "^ ör.h^ Herr ^Äller
den Faden auf, ''zutaindost för nicht Und av^n SM« aaa wohl sagen,
<Uae oc ein • Ilappy end • ist, r/ührand ich Älch 1» Boot vom
den -Vellen hin und her geworfon f^d, kaa ^nir das Groteske -aeinar
Lage zuikt Bewuscitaain. Do ar-vahate ich vorhin schort^nft, i^ie^d ele
H«ienBvett9rn ich auf der Welt habe, und dabei h«be Ich unter nll
den .vllllern nicht einen Veni^eadtan luehr. Ich bin völlig ohne Fam-
ilie, das erste Mal In Mslna auf einer • carrping - und-fishlng-
axpedltion * gsnz allein, und wfire ich heute nicht an Ihre Insel
varÄohlagen wrdea, sondern Im Stursa untergegungen, so wire zwar
ein 1.1111er wümlö^r auf der Talt, aber die ^^elt hi^tte dieses trsglscha
Ereignis nicht einmal bomerlct**'
^ Sie haben die lISuJEigkeit Ihres Naaons nun mehraaals arwthnt,'*
•at^te üeinrldi, '•mit dorn Hinweis auf Verwechslungen der Identität
und dargleichen, die Jg unter aolchen ÜMstinden r^atürliche rweise
hiufig vokoüiaien könnon. Man iat i?enai3t, sich ant sprechende Situa-
tionen reizvoll auszumalon. Sie \ttlrdan oft des Komischen nicht
entbehren« ~ Aber uix» ;7levial ixßrkwtfi'^U^ar und uaheialichar ist es,
wenn ma ainan rächt seltenen Naaen hat und th» plOtzllch in völlig
unerwarteter i'^ei.se begegnet« Als ich «Is junger Journalist bei einer
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Barllaer Zelttin« angestellt war, wrde ich elaea Tages naoh de«
Moablter Oerlcht «aisgesandt, u« über einen politischen rrozess zu
berldtitent Vor 4er Tür des entsprechenden Oerlcht soaals ÄngekOTwen,
fand idi m laeinea Aerger heraus, dass tuin die Presse misgeßchlossen
hatte, unter dass hinter geschlossenen Türen verhandelt wurde*
Varstlaat Über diesea Miserfolg meines Auftrages wanderte ich durch
die lan/^en hlss liehen Korridors und wusstc nicht recht, wie loh
Mine Zelt verbringen sollte, da idi nicht fortgehen wollte, noch
laner hoffend, dass ich vielleicht doch noch etwas spiter Zutritt
Tur
Verhandlung erzwingen könnte. Mir kam der Gedanke, adr inzwi-
schea irgendein anderes Qerlchtver fahren In einem anderem Raum
anzuhören. Auf mt Olttok öffnete ich eine Tür, die z\x einem der
anderen Sile führte, in dem gerade, wie es schien, ein Strafpro-
zess im O&nge war. ld\ hielt noch beim Eintreten die Klinke der
Türe in der Hand, als ich klar und deutlich acn Richter sagen hörte;
♦ Der Angeklagte v. S. ist geotflndig. ^ loh war wie in einem Angst-
traum befangen, h'eia erster Impuls war, die Türe aufzureisson und
davonzurennen, aber ^gerade wie In einem Jener Schrockonstriume
fühlte lA laich wie im den Boden gebannt, ohne nuch nur einen Ries
heben ai kOnnen. lÄ hatte äas Oeftfhl, als ob eine Eklgkeit ver-
gangen sei, und doch konnte es nur ein kurzer Augenblick gewesen
sein, bis ich den erwfhnten Angeklagten stoben s^ih — einen {rroseen
robusten Kerl, dem mn wohl ein Vorbrechen aiutrauen konnte, und der»
ausser dem Namen — wenigsten bilde ich mir dfes ein — auch nichts mit
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u
mir gwMin hvtt«. Das Uaheinaidie dlesss Erlebnisses lag ebea
daria^ dM8 es sich nidit um SchnJidt oder Mayer handelt«, sondern
nm Minen VmBa^ der ~ soweit mir daisifllß bekannt war — nur auf
meiae Ftttllie beachrtnkt war, deren letztes raÄnnlichas Mitglied
Ich d^^rstellte. ^
Mtfi hotte interessiert Hoinrlchs Sralhlung angehört und alle
redeten nun lebhaft durcheinander, ein Jeder in selnea Erinnerungen
nadiforaohend, ob nicht auch ihia ein ihaliches Krlebnis sich
erei^Mt hitte, das zur allfstejaeinen Unterhaltung beitragen konnte.
^ Situationen, die in ihrer unheimlichen ötinanung an Tr«unie
erionarn, kotiaaen wohl htufig vor, ^ sagte Marianne. *• Und sie wirken
umo unheimlicher, je mehr sie sidi einem uns wohlbekannten
Traum nShai'n, So batt(5 ich oinrial ein JErlebnis, bei der: ich inich
tthalidi wie In vielen Traiinen hilflos in einer völlig unver-
staindlldiec Situation befand. Es war wlthrond des let:?^en Krieges.
Ich verbrachte einen Teil inoiner yerien an der Westköste nllein
in elaea recht bek^uinten Perlenort. Der Ort war überlaufen
mit BQGf2nerf7??8ton, ^össtenteils Angehöri !^,en dos in der NMho sta-
tionierten ydlitÄrs. Ich ffcnd nach einIren Schwlerigk-eiten eine
aittlgermassen freundliche Unterkunft, TOSste «ber die \«©hlzeiten
ausserhalb des Hauses einnahmen. So sah ich wich d^an auch nach
Restaurants und G^stwlrtecheften um, versuchte, hier und dort zu
essen, bis ich auf ein russisches Gasthaus stieas, das »Ir gefiel
und das ausgezeichnete Koet hatte. Die Wirtin, eine grosso hfllb-
sdie Person, stammte «la der Ukraine. Sie hatte fflr mich, JitXL
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/
Ich Ja meine Kindheit zu« Teil In Russliüd Terbracht hatte,
etwÄS Liebes und Anheimelndes • VÜt ihren dunklen Hear, in
der Mitte frisch eitel t, Ihrem weisaen und rosigen Ooslditp den
blaien Augen und ihrer üepplgkeit erinnerte sie en jene russischen
HolÄptrppon, die dfcs Entzücken meiner Kinderjöhre wtron :
konnte sie attmLich a uf s di rtiu ben und fand i!nraer kleinere Aus-
gaben der ersten, gewöhnlich eine BÄuerln darstellenden Puppe In
ihrem Innern, sechs oder acht im Ounzen bis zu der kleinsten,
deren ?Hpß nun r:chon nicht niehr erkennbor waren» Ihr könnt euch
denken, wie wohl es mir in dieser '^irtschalt gefiel. Bald kam
ich such ??jlt dor ^Virtln ins Cesprv^ldi und brachte »tielne wenigen
xussischon Brocken hervor, um noch m^^r die int iipe Atniosphfre
m geaiesRen» 3o baschloss ich (\^im, nachdeiu ich zwaimal ^Itt^igs
dort pegessen h«tte, auch Tieine Abenduphlreit in jenem Oasth'^us
el nzu neh '«en# Sa herrschte ein reger Betrieb, nber es {gelang tiIp,
einen Tisch zu .Cinden» Eine Kellnerin bi-achte rdr zrrar die Speise-
karte, ^ber d*^nn Vfitinerte -^ich niemand mehr ur? mich« Ich konnte,
wie selur ich ^la-i aucli heirjflhte, nicht erreichen, bedient zu werden«
Per^oaal und 'Virtln flberojlng mich gefli^gentliclist, irgendoine
höfliche Kntschuldlguag ^airmelnd, 7!unÄchst glaubte ich, dößß sie
zu beschifti.^ seien iiiit Gißten, die früher gekonjmen wraren. Bald
überzeugte Ich r^ich aber, d^ss spflter Oeko-ciene acrtion bedient wui>
ä.9n. Dana :Tieinte ich, dass mflglicherwölse Damen ohn« ^{iLeitung
nicht erwffnscht wären, aber audi dies war nicht richtig : es sassen
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Mehrere yrauen allain an ülxizöltlaolieii und essen. Der quÄleade
Qedanke, dass Ich hier plOtzlioh wieder auf eine bösartige Haltung
gegaa Judea geetoesea wer, vor der ich doch eius Deutschl^ind ge«
flohen wtr, BChiiflrte Mr die Kehle zu. Ich schaute mich um und
sah, daes unter den eeaenden Oflaten ©Ine Anzahl Juden vertreten
waren* loh 7orsuchte noch umlxi^iMla, die Aufiaerkcankeit der Kell-
nerin «uT idch zu lenken — vergebens. Schliesslich, nachdem ich
fjköt eine Stunde gewartet und .^öhofft hatte, erhob ich iwich und
ging dem Singftng zu, in dessea unmittelbarer Nihe die ukr«inißcho
Wirtin ötrtnd. Ich vfollte mit ihr sprachen, aber sie wich Lilt
einer undeutliche ge^ruielten iSntacbuldi^ng von ilIt zurück und
Hess aich ohne eine Erklirung ihrorsoits hlnausGc-'hen. Auf der
Staaae fand ich taich zitternd vor Aufre^ng, c'enn daa eben Erlebte
katte fliich Jiit äinem Genihl von verwirrender Angst erfüllt. Das
UnverstÄndliche dtr&a yal aiir öin Ooftlhl von Hilflosigkeit. Ich
konnte in kein mderea Lokal ^ehen, verzichtete Äufs Essen und
ging zu raeliau Lo£i3 zurück. Beiri Betreten des Ki.u£es sah ich,
da8£ Jkeia Euujtherr in soiaeiii Ziriiktör sass. Idi stieg ::u meine»
hiAUui hinauf und öt^ss »lue Weile i^i Dunkeln, aocU imiiier dsiiiilt bo-
fichöftigt, eine ErkMruiia für d^iG ebeu Durchlebte zu finden.
Dann Äutschloes icli lalch, den Hi-ushei'rn zu fr^^gen. Er hörte piir
freundlich x\x und üchion nicht ihi Oeriugüten orstciint ober ciolnen
Bericht. • Die Russin, • sagte er, als ich geendet hatte, 'hat 3le
natürlich aie Deutsche erkannt ; und d» gerade die Deutschen In ihre
Heiisat olngefc-llen sind, weigert sie sich, Sie bei sich zu verköstigen. •
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• Aber sl« h»t mich 4och gestern und Torgsatern fr'iundlich auf-
genoitiuen, » rief Iah aus. « Inrwlsohea h»t sl« Ihren Namen erfeh-
i\ Ihro Scüilflsse laraua neroirßa, • entgeEnete rein Tlrt.» Sie
r«n um
Kötiaac llr Ihro Hei tun? nicht ollzuaehr tTb-jlnahnen, wenn Sie be(5?n-
Icen ^tts <*.!« Deutschen In Ihrer Hsi-nst treiben, •
• Eine (?ato Anekdote und s-ut err.iUt," Twlnte Tohn» " «iber elgent-
lidi han-lelt ee sich hier weniger «-: elno Vemeohslnng als \m ein
J.'lsavarstSadkls; ''.och ist -'Ic unliclnllohe nti-irrunc sieher nicht
f«ringor," Er vnd Eu-Jolf Pr^-lnc^n Jich nun in weltoren Beispielen
von NcoBxir. -und Per9oneav?r^'ichrr"np;en, die dur-h eine Aflschnna:
Ton CrotoiikotD iiad Omuen '»beafalls ein QefOhl von UnhelTBllchkelt
erwirkton.
Dar Zt\xm tobte reitor, und von Zeit ro. ^elt l?vu?chte die
Ceißllschart auf den {proosen LÜrr.. , der durch den endlosen Regen
und das Aechsen der Sauna verursacht wurde. !)aa Feuer brnnnte
luRtle ii"' rai:in. Die warne r:uo.in»«!en mit den ErzÄhlunRon Hess
eine cpttIbso inner'.« Hrrsfjun^s bei den einzelnen A.nwosr.nden 7Am
Vorschein toir.':en, die nlch in serOteten ^Rnf^ien und einer Gewiesen
körperlichen Unrast »usdrfldcte. Nur Sybille -srnr schwelpeam
gsbliobon und schien in sich versunken und r,lt Ihren «eignen Qe-
dankon beschfffti.rrt. Jolin, der sie larL-Mr wieder pröfend undauf-
fordojnd «uireschout hatte, unterbrach ßchllensllch die Addern
«dt der ft-ußo -m Sybille, wes efs nohl sei, dwn alo go sehr be-
schSfttst«. Kr lÄlnte, sie habe wohl kaum den Anekdoten und
, <l, • .A-». tS .
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Srsihlungsn zugehört ; sie mcche den Siadvucki als ob sie l^loUen
eatfernt wie la einer «äderen Welt sei. *• Dee Ist nur halb rich-
tig," antwortete sie und fögte zögernd, wie 5?egen einen Inneren
Wldorstend kimpfand, hin^u : •• Sure Oeschichten heben mich ^n et-
wHß erinnert, wovon loh nie gesprochen habe, ja nicht eln»nl
bitte sprechen können, well ßs etiles ^>o IJnhelÄiliches betrifft,
dar. nicht nur r^n fiine verüb er f^e gar frene Situotion freheftet Ist,
sondern fortdauert und wohl nie aufgehoben werden k&nn» Ihr hebt
In »11 Rhiren Erlebnissen Iraner wieder das Uaheimllche von Verwechs-
lung der Idantltflt oder von Msveratindnia^en in den Vordergrund
geschoben, aber das UnJieiraliche, das ich meino, hot »it dem
Gegenteil tu tua, r^it der Ir1entitf!tslogl/;^keit, die nie euf(^ekTffrt
worden ist und nie aufgeklart werden kann. Des Grotesk-Konische
fehlt diese« Erleben volkorrimen ; es w^r uiid wird insier nur furcht-
bar und fi^röuenh«ft bleiben und kann dtru» «ucb nicht in Einzelheiten
erzihlt werden«
^ Ihr h'>bt Euch oft gewundert,** fuhr sie fort, iiich cn ihre
Freudde sendend, •* *.v«ru^ loh Tdch roToi-^ort h«be, .1e wieder nach
Dsutsdil'iind — selbst auf ^Inen kiarzen Besuch — zu iflck zu kehren;
Ja, dns.*=^ Ich sn no/ror ablehnte, üeut«?che, die nnch '^S!« Yviopt
in die Vereinigten Staaten knnceüi kennen^sulernen oder bei »nir
zu begrüssea, Ic^i hoffe "^ säurte p1» , sich v,n Herrn Möller wen-
dend, " unser O^at wird, w?^8 Ich ^nfre nicht tfbelnehron, dn nr
ja schon Isn^-e J«hre in diese« Lende lebt und nlso nicht ^It
eingeschlossen ist In jene Gruppe, Ihr habt air sogar klein-
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llchk#it, Rachsucht uad dl« üaflhlf*oit, zu vergeben, vorgewor-
fen, Abe^ es ist eher dss Oeftihl diesee stindlg Unhelallchen,
des mida. au dieser Haltung zw lagt. 0U| yruriaxuiei erinndrst Dich
V ^- * -
vlelleldit noch an eine I\ütsch Hierin aus unserer Gyianasialzait,
BaUa B., die sloh trauriger* :laa nach kurzer Oeisteskrankhöit
umbrachte« Wir v?ar«a bafreiindot ^o^^es^a, und ich hatte sie zu
Bee5i nn ihrer Erkrankung fiud; hfufl« besucht. Sie Litt daaala
scjhon an allen »äglichen A'^ng>^ten. Äimaal gingen \^iv im Park
spazidran, und ^ils wir uns ela»w kleinen Taicb rillhorten, lief
9l0 plötzlioii laut schreiend da/on* Ich folgte ihr nrA fttM aie,
von Qrouen iienoii üttelt, Jiinter einoia 3i*im versteckt, .itöhon.
3ia hatte ihr Ge?9icht -alt don HUndon bedeckt, und ich konnte
:w nächst nicht verstehen, was sie in «»b^ehacktan Vortea hervor-
otless. Alln^hlich wurde e3 iüir klar, daae ÄAüst und >Absch:4U
-?ie von deü Teich we':?g9triab6a hutten, weil wie Fi-ödche in dea
Wasser verisatete und TÖrchtete, dass sicj -m achreioa auX^ini^on
wtlrdea» Nadidem sie sich etwas beruhigt h^1;t^, er^fihit^ 3ia .Bir.
dass 3ie öLs kleines iJläohen öianifid Knaben beobachtet hatte,
die aus Lust Fröscae «ui'geblassn und -zum ilötzen ipäbr^iciit ulttten.
Das Oerlusch sei ihr noch iaazier gogonwfertig, und die kÜGliöh-
kelt, Fröeorie zu sahen oder zu hören, brachte das gan'-^e grk^uöa-
harte Krlfäbniß ihr v;ieder so nahe, aie ob eö ^.erada gcschiiLe.
Danalö erkannte ich wohl dus Kranldiaite in BollJä, war t^bor
nidit fihig, düB Unheimliche, das sie anscheinend erifcbte.
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caehzufühlaa« Heute jedoch weisa ich aus Elganemi was sie emp»
fuadaa hsbsn rmiss«**
Sie schwieg eine ^eile, qIs sdhOpfte sie Kraft» um weiter-
wisprechen. In Ihrer Stimme kleng uaterdröckte Erregung, als
sie fbrtfuhr. " Ich iiusnte Tihrt^nd der Hltlerzeit elniral hilflos
zusehen, als ein alt er schwacher Jude von ei neu Stum-Staffel
Ifenn erdrosselt wurde. Hs waren etwa fönf^ip; SS Imjte zugegen,
die in Ihren schwarzen Uni forraen eine rmiq gleiche schwarze
Masse bildeten« Dot Jenire, d«^r die Tat be^la^f^, war nur eine
Gleicher ^jnter allen andern und hatte kein OeRicht und kein^-jn Kamen;
Tielleicht ist ar ^oslchtloa gebliob^n, weil wir alle nur auf
seine Hlnde starrten« Das war das Einzl^ye, das sich heraushob;
weisse» /zrosse Hlnde lalt krÄrtip;en, an den Snden viereckigen
Fln/^ern. Seine /^ernael waren 2urf!cli:ic^aglitten und aian sah 'fider-
lieh breite Handf^elenke; das rechte hatt^ ein aoltaames brennend
rotes, Spianenförmi^s >lal« Das ist des Sin^üige, das ich von
dem JiSSrdar im CJer^lchtnis behalten habo ~ nichts anderes. Sonßt
war er nur ein idonti tatslos er Teil einer c^leichfömdgen schwär^
zen L!asse» KOnnt Ihr nun begreifen, dass ich nicht zurflckgehen
kann ? Msste ich nicht ledesnunl, wenn ich einem Frenden bep:eg-
nete, denken, dass dieser der Mörder sei ? Könnte ich irgend-
einen? wohl die Hand schütteln ? Kann main denn verlangen, dass
er zuerst sein rechtes Handgelenk entblösst ?'*
Sie Hörte auf, zu sprechen, und die Andern wagten kau»,
sie anzuschauen, aus Furcht, dass ihre sonst so beherrschten
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zage die quÄl volle iSrregiiQ/? der Stlaa» widerspiegeln würde.
In dorn gespannten Schweigen hörte sniia nieder deutlicher
tes Toben des 3turnc?. Des Teuer
ßm ErlOfJchfta, abor d^^s
ZisäüßT mr BOhwöl. Die 'tBrwe und die «nstran^enden Erli^bnir'?«
dea Tages rachtwa fslch wohl nun hei dem Fremden borerkber. Sr
B9BQ unbeweglich, mit h^^lbftJ^chlo.v.st^nrjn Auvon, r^nrC rk/^elehnt da.
Ein sAwoches Lflcheln Bpl«lte ua; ceine ^^mdwinkel, dl« wie Im
Sdilef et'^i\s ßahlaff und loee erf^chienen. Die Jzcke^ f^ie ih»
nicht recht p«inHte, wer sreOffnet, die Aroie iRgen ftuf den Seiton-
lehnen den SeöoelB. Sein Auesehen w«r ümß einen LCenechen, der,
von ^tldirkelt flberwiltifrt» nicht ^^^hr r^.«a '^ll Ten eufbrir.Tt» die
ünordrmnf: ßeiner Br^cheiaung zii behebet. Er schien rls h^tto
er nur wie Ton vf eitern den Inhalt von Sybilles ^^orteo vornonwen.
2r setzte nich Jedoch plOt7lich ruckertlf »m^ '^toif ?mf ; ob;Tlf5ich
seine Augen noch l^n^ier von d.Gn Lidern halb bedockt v;t.ron, r-^r
sein Blick nber rch^rf und ivj'ch^eE ^^^wor^ion. Das Lfch<?ln var
völlir: vegfrewischt« Mit bc^er'ter Stiw'^ie, -^ie helF^r vor Tr-
rogung klan/^j neßte rxr, sich '^n nieT.enden im ^'^aondcren sendend:
^ "^^Hs fOr n^erkwtlrdi.c? peialicho Zufille in der ^alt ^eschehe?.n !
Ist er. nicht renn^, MQllei* txi helsp^n, ein Mf^nje, der einen Vc. u?c
ldantifl7.ieren kann ? ^4lS8 oßn ruch noch des ISin^ire, \tk5 Ich
so vOllie'^ ?l9 i?ir eirentfl^ilich ? nrf?rehen h'^be - ein Mal von be-
sonderer Ferbe und Tornvi en einer r;9^T beson^ *ren Stelle des
Körpern — mübs dieses Ifel n^ui tuch noch zu JeTcnden andern
frebOren
<^n« so ^^le ^^ der Herr v.S. "»it selneiR Namen 'triebt
hat, dauwln üa Oarichtssaal»
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Nur wmr ee einfach fflr Herrn v.S# slcjh und andora zu fceweison,
dasa er nicht der Verbrecher wtr, dt doch dieser lebenüig und
allen sichtbar in eigener Oeetalt dort sestätoden istV Hior,^*
rief er bitter tfua» indeit er «einen rechten äeri^iel zurück-
fitraiftö und ein br&ndrotos Q\>iimeaS!(icaiiß3B lHnl an seine» brei«
ten HÄndßelenk oatbWcate, " hier, sehen Sie dies en und sag^n
Sie wir, wie ich. ciieöea ßpukhaften Zufall erklai^en, wie ich Sie
devoü überz^iugea k&un, duss ich nicht jüiicr Andere bin l ••
WaOiründ die Freunde «Jurdi cUqsö JäIiq Enthüllung dar Sprache
beraubt ihn ensterrteu, sprang der frejidö euT und rannte, ohne
6ich noch elniu^-l OÄra^cUauen, iuö Jen Ziib^iier. Die besltlrrte
Zurücki^ebliebeAen hörten ihn die Tür zu selne^a ei^-^enem ]Raua zu-
odil^gen»
Rudolf hatte eine h«lbe "Yendunc geaacht, alß wolle er len
Dövünetlenden aufiiaiten ; 3t?Attdea liess er öldi aber schwer
in einen Sessel fallan und stdi fast ratlos zu Sybille hinüber,
Sie ötoiiid aiit beiden Mnden auf eino Stulilluline fjescötzt, ols
w9re sie in Ooiahr, niiaerzusiniien. luxo 03dt^.lt :^chien pldtz-
lidi 7ur Qr^ase eines Kindes ::es ;:hrun:pft , ihr G^aloht klein und
weiss und Y.>a luutlos*a] Weinen Yerzo:.en* John, der neben ihr
stsind z'/an^j sie attaft, sich nieder zu setren, H©i;n:'ich und
lABrianne aassjn dicht i^aeink^ndergertfckt, als nuchten «i« .^o
Hchutz (iegen oine drohende Cerahr«
7ie kann no öt?/*3 möglich sein'' Bi^e aari«n.iß,'Vao soll i
r.t
mm tun? Oibt es öololie Zuffllle oder ist es öpiegelfechterei? Du
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eo
Baisflt öS doch wissen, Rudolf, ob aln solches Splgl '5er !<?«tur vor-
koxftefl kenn ~ eir. solches M«l bei zwei verßcbledsaöG ^feaschea l^
Rudolf achlea sioh ,7e8aii.f*elt zu heb«n» Er rlas 7U Syblllo,
bcuf^te ulch zu lUr nieder uaä lrt!.«>^te saaft dag H»B«r der ?!rclnf^nd(5n#
^ ^ix Älcsea /ilcht elricail,^ eogto 3r mit beherrschter Stimme,
•' ob -Meeee ürt A'lrkllcl:: idonticch 3;it iOTJeoifen i^it, ds» »r:alna
FrfD vor £»0 viriler) Tnbi'or] wAbr^-ad olr.^f pchrncVlirhen Auc^enblldra
7i\ oehon cA'VJbte, Eb int eine h*s«llche Sltiu^tioa ftfr uns eile,
botjoriflors i'bw Itlr Fr>rm ^^tJlTrr, wer I^raer ar irlrlclich ?eln mm^."*
'Tu Vfc*r3ioiae.'it eine Act von ru febon .:uf Msrla.ines ?rÄ??e •* «Jftrto
ilfilxiricli .inv'.t hoitic **abnv wir icheint, d:>3G ilccsr H?rr !«lller
eine aj r.d-.nollfJ Ant?iort bereit h^tts — ner h? t ihn denn üherhnipt
^^jjoboton, uns r^etii r^CriL :',u r.ols^a — h'-tta --.r \ritsll3f. cht Aa^nt, d-!r>3
idn<3i 70IJ Uiia tdö :locii Sv:hon vorhe^r orsp2ht hattr. ? Vielleicht hsit
Sybilla or v/irklich vorhej* jr^r^hen, j.'If> --r noch nicht so auf -^.Giner
Hut m^Tf vielleicht ist dadurch Überhaupt die schreckliche 5ria«
aaruiig ia Dir wieder wocbc;oixifftn Kordon, wSybilla, ohne dir^i Du Dir
Ober Jen OriKid fiechr^nschoft ßes&toa hr^pt. TJain Rudolf,'* wandte er
sicü wieder ralt erosßer Ärro-maß an don 7*ri>A]nd "ivir ]iÖaM£i uns
nicht »^frieden ^rebe.a mit der Zuf'-iiltheorie, wir rtflsMen wif?r^en,
wen A'ir :Jer beho. rbarp.en 2 "
** Und ^7ia ^erdan ^vir das bowertet^^lll^ren können, r^in flrmind?^
fr«^a Rudolf "" Sybille k-^in f'ich, ^A^le de selbst uns er^Shltö, an
kf5la^ indirluallen rCLc^e d'jß .'58rd'?r8 erlaiovn, nur an dac Bhl, das sie
I I
aur 9ia«n kurzen Augeübllck unter ©ntsi9t«llch «ufreRandsn nad eiw
echatteraden U«atiDd«a ^eaehea hat. Sicher kann porade «ine solche
OeaQtserreguag die 31nne aufa Aeugsrtrnt» sch«Irf«n, aber es kena
«ich *B 0«ßenteil .'»intreten; es können Dinge /resehen werden, die
nicht elnm«! Torhsnien "Ind, oder des Bild k^on entstellt 1» Qedlcht
nie bleiben - all das wissen wir. Kein Richter könüte Sybilles
^Iwsfenousfloxje Ua bindend ^jnsehen, nelb-t wenn er persönlich
von
Ihrer Rid\tl{3:kelt voll Ober^-ur^t wii'e." Sybille hatte ihrsa
Kopf an Rudolfa Brust 3:el«hnt; 3ie »einto nicht xähr. Sie ssfte
nlt -sOder Rtitrte : "Ich h'tta w-jitsr sch'.voi,ian sollen; ich iralas
nicht warum ich »Ich heut's h«be verleiten lassen, Aber den Albdruck
w sprechen. Ss ist wie ich g«««Gt hf;be, m»n knna nie wlcßen, w<i«
ma die Hand fl;ibt, seibot vveiin der Betreffende kein ivid rm EaaiU
gelenk hat J"
John hatte sich bisher an dorn Oeoprffch nicht beteilijat. Sein
Gesicht wer mjBdmcksloe., ffist me8kenh».ft gevorden. Er echitn
sidi auf das POlloa und Anjvflnden seiner Pfeife zu konzentrieren
In einer ßßwlssea pedantischen Art, die seinen Freuaden gewöhnlich
ein Zeichen war, dass John versuchte, seine »"urcreref^en OfPhle und Cs
Oedsnken ni beherrschen. Die Pfeife zwischen den ZShnen haltend
brachte er schliesslich trocken hervor :" Wenn Ich Richter wlre,
wOrde ich mich E^m urd vfllllg atif Hybllles Oedfchtnls vorlsssen
und wfirde eher das Wahrscheinliche «Is das Unwehrschelnllche , neu-
lich dass es nur ein nolches Mal und nur bei eine»! deutschen N*7l gibt.
I §
82
r>u, Ruiolf, bist toleraat und welfle und ein '^ifisenscheftler - ntncb-
r«l bin Ich uelnsw Sdiickflal dankbar, dcaB Ich nlchto von nlledca bln#
*♦ Wie dmm «idi 5 ei " uiitwortete Rudolf •• v:ir können nur hof-
fon, dase d«r Stu» Ror^ea vorüber Ist, und dcgß vrir llegon Jtoin
90 ßdinoil v7io mö/?iich los verä^ea. Ür wird solbft datni sehen,
bei (ior orsten !iP53lich«n O^-^le^enhelt '^bnjfnhren, ietsen bin Ich
slü^iör. Sybille, Du bist vöUlf erochöp-^t, und nuch ^Ir andern
3ini sotir Tit'^^^-aoT-ten; Tilr klfinen wirklich 1t AUv'^,oabllck keine
LÖTiriß -fincle.!; lariir:' ßahlni/r ich "'^ir, dr^.SG '71 r unn Turflckzl'^hen*
Alt^o, -^t?» *fic'.it**' •!!:: n?3hro Sybillen ^^xro und führto sie zärtlich
«18 de» ?lTjrer h-^r^'us»
Heinrich l^'^^ts lohn {li<^ Hand 9-jf ile Schultor und verlie.gs
dann obanfalls .'J.t 'v'irianne lf?n IV.um, t^^dolf '7?ir ^r> .^crltJckt
Sy'oiilo zu übQrredoa, (^Iti Schlbf^^ittal zu oehjnen, Sie Hctto
.«ilch 2"anff cfcst da^sjcijoa r/.ei^t rlubt da «=5i3 nicht t>ewohnt '/:cr, ^ich
nacnzugeben, und d« .''ile glau^'^tGt dßfls sie 3lch zusarirnnn aohson
rö533te, ^xt Rudolf Leid 'na erspairen. Aber G©iao beruh! :T:'^nd*n
Worte hatten sio davon ebor7'^u,^, dr.8s auch er bonsor ruhen kOnnte,
worin sie sich den ochl&f erlaubte. Kr .:?aas bsl ihr Mo rle ein-
föochlafen w<?r» 3oinft Oed'inken .^ar^^n frlt Ihr beschtfti^-^, die
Ihn r!0 ßelh*2tv*.rc!tl^ndlich noch gewesen war in den langen Jähren
Ihror Eiie.
J(!?t2t sclilan en Ihr. ^mt einrael, dasG er sie Y'^um kinnte.
Sie hatte dos oat??et?!:llcbe Erlr^bnln nilt do» alten lud an Ihra nie
23
erzthlt. Er hatte nie von Bella B. gehört. ]\*iri?inne misste 'nehr
von der Versan^nheit seiner Frau als sr. Er hatte es nie recht
ertr'L'gen kOnüen, W'3na Sybille von jenen Zeiten sprach, in denen
©r noch nicht ihr Leben teilte* Sr war ein ungeduldiger Zuhörer
und entschuldi^^te seine Ungeduld mit i^ngel an 7eit. Hingegen
war Sybille irimer bereit, zuzuhören, wenn er ihr seine Ideen
vortrug oder seine Arbeiten vorlas. Allzu persönliche Mitteilun-
gen waren ihin selbst bei den ihm nöchst stehenden Manschen pein-
lich. Er hotte die tiefe Ueberzeup^ung, dass man nur schweigend
seine nienschliche ^Ürde bev?ahren konnte; deswegen hatte er auch
nie Sybille er:mitigt ihm von Erlebnissen zu erzShlen, die sie
mnchmal wie fragend anzudeuten schien. Jetzt war er erschöttert
in der plötzlichen Erkenntnis der ^^« Einsamkeit seiner Freu, die
all die Jahre die Leiden der Verg^ngenlieit allein getragen hatte.
Kinder \md junge Midchen erlebten Dinge, die zu schwer für sie waren.
Er schÄnite sich seiner Selbstsucht. /\ls Sybille fest schlief,
verliess er leise das Zimmer und ging in sein Arbeitszimmer hin-
über. Seine leisen Schritte .vurden doch von Marianne gehört,
die angestrengt lauschend in ihren Bett lag. Sie bemtlhte sich
den LÄrm des Sturmes aus ihren Ohren auszuhalten, um heraus zu-
finden» ob Heinrich ruhig schlief. Er h'itte nicht über die Ge-
schehnisse des Abends sprechen wollen, und Ikbrianne befürchtete
eine schwere Oaaifltserschütterung bei dem übersensitiven erreg-
baren Heinrich, der nie mit seinen Erlebnissen im Konzentrat ions-
-l&ger und ia Spöixien fertig getordoa trcr» Sie salbst ^ar genei^,
sich Rudolfs Staadpur^lrt zu uigea zu aachea, itas litn eicht zu
eiae» •ad.'^Oiti.ren Entöchluss über dea yremdeü ko .cec dürft:?,
sol^^-ngei i-iucL dor i^erla^ste Zweifel b^stsnd, d^^ßs ex« der vcn
Cyblllt beschriebe at gcßlchtr^losc ilöi^dor v/er» Dire^ CSiriraktor
öcrx'eß, versuchte rie cci*t eir.e fMixstir.^re Antwoit i?lner JV^i
ge
aii:uacL-j:xii, v;o aoact lAt cii:o-\ unertivf glichen, unlOcbarer: Tilei*.
nvi trccciitlbc^' ,::öi.teact:'* v;Crrc, Sie hett? iLCier vürfruc'it, Problei?^»
uir :*i6'gliciict eiafrciio Keaaer zurtlckzuTtüu^ea, od'-r ^ie aur dana
T-lrklich aa:iUü.'l:oxinoa, .voa^ uia p**'i^^^«^^-li^-i'-ü 3iacxeif.:>n .-»ia«
Aeadcruag hurbf!i:2uf(llir-a vsrs-rach. Disae pr3niyc!ho f-eit-i; ihror
Natar v;ur :i^ir r^larich .;ia ;2r->süor Segoa .'::;ü"?esen* Sio h tto
iJui uuß Deutr.cl:l: at^ <!;erett'Jt uacl ihre b;j.'uhi;>^ai3 Gyfjea/^^rt
»Xt3t*i iha ira^ner 7üa Noueu juq aöiüOü iit»uri,^3a Aa,^sttrö'^'vea,
bei doaoa cc ^üiciiüliea l:üaa':.5, dase c;r : us dö^ti Bett 'sttirtzto
uad nocli 03geai.it/iodea wlft Lcwnpc odor Stuhl griff, uin sie ciaa«
variielatiichoa aagx-alfcr oatso{>en'/.u3d:l'3ud'jra* 2? tct nicht
iiaiTier löicät, iha d^voa ab2uh::lt sa urid iaa gtirj» 7x\ weckea,
Sio Ig-:^ nua und .:oroi:te vvi ^eti Stuim wnd ouf eile 0'£rflusche
im 5iobea?iia.:iar, ia dt« Rijinrich scrdief. Sie bfJrt^i Johas r>cbritte
m ijaror 3tuoo voroijÄcohoa und dachte; ♦♦ sr.:} t John, Du bist
bl9 Jatiit r. 11 ein ia Tonazin-aer ,;uw;?r.^n; *Ju ;^orr?.t Dich, ohne
das '^3cht zu lu^boa, Dica .ra t^ox'^rßam'^
Joha iiatte noinö Pfoifn 5:uaatio ,'>3-r.äuclit und diim '?i3 .jo-
(loa .i.^aad sor.jsfj.ii in ^irorjcr Ordauag .'5äL:acht, "^n'jdt 3ybille ra
25
Atfchsten Morgen von einem sauberen freundlichen Reu« begrOsst
wflrdei enstett kelte Asche und schimitzlge Qlteer Torxuflnden.
Heute hette er besonders lange Zelt demit yerbrecht, die Aschen«
beoher su leeren und die Oliser zu spfllen« Er mschte sich aller-
lei Oeechift, bis er schliesslich nichts mehr finden konnte, das
ihm Orund gab, das Verlassen des WohnzlBuners hinauszuschieben«
Sr ging in sein Zinaer und setzte sich im Dunkeln ans Fenster«
Draussen war es pechschwarz« Zu John besonderen Gaben gehOrte
ein visuelles Vorstellungsvermögen, das seiner schriftstelleri-
sehen Titigkeit sehr su Oute kam« Aber diese Gabe wurde zur
^al, wenn er, wie bei Sybilles Erzihlung, alle Geschehnisse
deutlich vor sich sah« Was andern Worte waren, musste er bildlich
erleben« Jedes neue Erlebnis dieser Art wurde noch von verganenen
verstirckt, die sich ihm mit aller Frische wieder vor Augen brach-
ten« Gewöhnlich konnte er sich von diesen Erinnerungen nur durch
eine Tat befreien, sei es in Wirklichkeit o«er in einem Roman«
Am meisten quilte ihn die iinmer wieder auftauchende Erinnerung
an die kleine Sarah«
Der Sturm heulte die ganze Nacht« Das Getöse von Wind und
Regen war so laut geworden» dass es unmöglich war, irgendwelche
andern Oeriusche Innerhalb oder ausserhalb des Hauses «it Sicher-
heit zu unterscheident hitte sich irgendjemand auch noch so darum
bem&ht«
Am nichsten Morgen Jedoch grüsste ein tiefblauer Himmel
das vom Regen leuchtende Grfln, Die Sonne strahlte; der Wind hatte
sich völlig gelegt und das Wasser hatte seine Idttelmeerfarbe
wieder« Nur die Möwen flogen noch unruhig und tngstlich umher
und kreischten einander laute Warnungsrufe zu«
26
Sybille war trotz das Schlafmittels frflh aufgeatandoa« Das
Trabst ttck stand schon berreiti als sich die andern Hausf^enosssn
wie jeden Morgen seit ig auf dor Veranda einfanden» Aber in Oegen^
satz 2u andern Mor(j;en herrschte eine dUatere und bedrOokte Stia-
iming» Vo« Fremden war nichts zu sehen und niemand wagte die lei»
dige Trage nach seinea Verbleiben zu stellen« Sybille sagte wie
£^leichgaitig: ** Seine Sachen, die er gestern zua TrAcknen aufge-
hingt hat, sind noch in der Kflche«^ Damit war das Schweigen
gebrochen und man redete durcheinander, i^Terlich atachte aan des
Treaden Vorwurfe, dass er nicht schon die Insel verlassen habe«
Vielleicht habe ar über in frenden Kleidern das ^eite gesucht«
Das würde wohl zu seinem Charakter passen } Eigentlich wollte
aber nieoand wirklich die Antwort auf diese Trage herausfinden«
Der ungebetene Gast aochte wohl noch in seinexs Zinmer sein und
sich nicht heraustrauen« Schliesslich beschloss Rudolf der
peinlichen Situation ein Ende zu machen und nach Herrn Iflller
au sehen« Er kam bestflrzt nach ein paar Minuten zurück und be«
richtete, dass das OastziosBer leer sei und das Bett unberOhrt«
Auf der ganzen Insel war keine Spur von deia Wremdea zu
finden« In der kleinen Bucht, die als B[afen diente, lag ein
iweites Boot, wohl befestigt, wie Herr UBller es ihnen beschrieben
hatte« Es war nur leicht beschltdigt und wiegte sich sanft auf
den Wellen der einst rOaenden Flut hin und her«
Anfang September wurde eine aiinnliche Leiche in einer der
Tielen Buchten an der Küste von Uaine engesohweut« Der Ertrun-
kene iDUSste mindestens zwei bis drei Wochen im Wasser getrieben
worden sein« Seine T^flge waren nicht erkennbar, in seiner Kleidung
find man keinerlei Papiere«
r
Dis K.^Si dla das Verschwlndon das Frsaden sofort dsr
Follzsl gsBsldat hsttsa» wurden suf gsfordtrt » die Laiche zweoks
Idejztlflilerung zu best cht Igen* Aber salbst Rudolfs geübt an Auge
war es uiuitfglioh, festzustellen! ob der Tote Jener Fronde war»
der auf so draaatische ff eise auf Ihrer Insel erschienen und von
dort verschwunden war« FQsse und Hinde des Ertrunkenen waren so
zerrissen und verletzt» dass aan keinerlei Mal mehr bitte erkexmen
kflnnen« Die OrOsse und Breite der HInde, wie fiberhaupt der
Bau des Skelets» das ungefihre Alter des Ntonnes und der Rest der
zerfetzten Kleidung bitten wohl auf Herrn MOller gepasst» aber
■It irgendeiner Sicherheit konnte mmn keine Identifizierung rop-
nehJBsn* Auch in den bei den K. *8 zurflckgelassenen ELeidungs»
stocken waren weder Markzeichen noch persönliche Dokumente ge«
funden worden» die ein Fragezeichen fttr das Woher des fremden
bitten geben kOnnen* Alle Beallhen der Polizei eine Firma zu
erruieren« die einen Ingenieur pltftzlich auf ungeklirte Welse
verloren hatte» waren erfolglos geblieben« Niemand schien einen
Uann zu vermiessen» der ein so auffallendes spinnenfOrmiges» rotes
Mil am Handgelenk hatte» ein Deutscher war und angeblich MBller
hiess«
I
J
gla-3äaa^
Da Sassen sie nun alle In der ländlichen y.'ohnstube vor
dem Kcoflinfeuer, lauschten halb-bewusst auf das wilde Toben
des Sturms und das Geräusch des mächtig herabstürzenden Regens
und fühlten sich sicher und geborgen. Es waren ihrer fünf, die
in dem alten Farinhaus auf der kleinen Insel beisomiuen waren.
Die Besitzer von lusel und Haus, Rudolf und Sybille K., hat-
ten auf einer ihrer Somoierreisen diesen Schatz mitten in der
Penobscot Bay in Maine entdeckt \ind sich so völlig angezogen,
ja verzaubert gefunden, dass sie ohne viel Ueberlegen den ge-
foruerten Preis gezahlt hatten. Sie machten sich auch sofort
daran, die durch das Alter verursachten Schäden des Hauses
auszubessern. Sie Hessen den Brunnen erweitern, der frisches
Quellwasser für das Haus lieferte und Hessen sich eine klein«
Turbine schicken, die sie mit Elektrizität versorgte, '>vas nicht
nur stetiges Licht versprach, sondern dazu noch den Luxus eines
Grammophons ermöglichte. Die Insel selbst reichte etwa eine Mei-
le in allen Himmelsrichtungen. Sie war felsig, mit Nadel- und
Birkenwald bewachsen und mit grau-granem loss bedeckt. Die Ufer
fielen steil ab, und nur an einer Seite war ein tiefer Einscnnitt
mit sandigem Boden und seichterem Wasser, der als geschützter
kleiner diäten für das Motorboot diente. Die Besonderheit der
Landschaft lag darin, dass sie gleichzeitig einen Gebirgsch&rak-
ter hatte, und in Farben und Vegetationy\sowohl ah Skandinavien
■jtf f Willi *-'^V-*^>-> ^^^m -.^i*-^^'^ '-^^.tkwL..^,,
•.^ . .ft^c-i^.
J^vkW t^^^rAk't^ IL 14^.«^' ^ .Jb„iA
wie an das Mittc^lmeer wachrief* So war es dieses verbindliche
Wesen der Insel, das die K^s, die aus Mitteleuropa stammten,
so unwiderstehlich angezogen hatte* Sybille kam aus Nord-«-
deutschland, Rudolf aus dem Süden* Beide hatten Europa aus po-
litischen Gründen verlassen, hatten einander während der Emigra-
tion kennengelernt und geheiratet und v;aren gemeinsaio in das
neue Land eingewandert* Sie waren tätige Menschen, beide y^erz-
te, die in ihren freien Stunden ihren Neigungen lebten mit Bü-
chern, MusiK und Kunst und mit einigen nahen Freunden. So fan-
den sich auch in den Ferien immer Freuride bei ihnen ein, die
ihren Geschmack teilten und sich gerne von Sj^billes fr-jur-dli-
cher Fürsorge umhegen Hessen und das stille, friedliche Feri-
enleben der Inselbev/ohiier teilten. Das Haus bestellten sie selbst,
der Proviant vmrde von dem nächsten Ort an der etwa fünfzehn
Meilen entfexviten Küste mit dem Boot geholt. Manchmal auch fuhr
man zu andern etwas grösseren Inseln, auf denen kleine Fischer-
dörfer waren, oder man konnte durch ein verabredetes Glockenzei-
chen die Fähre, die zweimal am Tage vorbeifuhr, auf etwas Not-
wendiges aufmerksam machen. Wie es so typisch für insulares Le-
ben ist, vergass man nach kürzester Zeit die übrige Welt oder
schien ihr doch keine Wichtigkeit beizulegen.
Ul.
In diesem Jahr waren von den Gästen Heinrich und Marianne
V. S* una der Schriftsteller John D* bis zum Ende des Sommers
geblieben, der wolkenlos, sonnig und blau g#wesen war* Man hatte
•Ich in die Hausarbeit geteilt und den Rest des Tages verbracht.
tt,^
« "K . jl
■ .. I.l I ■■!<)
/
wie es Jedem Einzelnen von ihnen am liebsten war# Abends fand
man sich zusammen im Wohnzimmer vor dem offenen Kaminfeuer, le-
send oder sich unterhaltend oder auch scnweigend der Musik lau-
sehend* — Dann plötzlich eines Morgens war der Wina gekommen
mit der wilden Brandung* Man hatte gerade noch Zeit, das Boot
ans Land zu ziehen und festzumachen. Ganz plötzlich voirde es
dunkel, der Sturm raste über die kleine Insel, schüttelte die
Bäume, heulte ums Haus und der Regen goss in wilden StroÄto
herunter, so dass %r ein« fast sclnrarze Wasserwand bildete* Man
fand sich im Haus eingeschlossen, und wirklich von der Welt ab-
geschnitten*
Dieses Eingeschlossensein miteinander rief dao Gefühl al-
ter Vertrautheit stark ins Gedächtnis zurück, einer Vertrautheit,
die diese fünf Manschen vor Jahren in einem anderen Sturm auf
JÜBiner verbunden hatte. So v;&naertea jetzt ihre Gedanken zu-
rück zu manchem gemeinsamen Erlebnis cier Vergangenheit. Ein
WohlgefiÄl, wie es nur ikeuschen empfinden, die eiriem fast siche-
ren Verderben entronnen sind, erhöhte noch das übliche Vergnü-
gen an Austausch solcher Erinterungen.
Marianne und Sybille hatten einander schon seit ihrer ge-
meinsamen Schulzeit in inniger Freundschaft nahe i—ttaAm. Ob-
gleich ihre beruflichen i^eigunge» sie Örtlich auseinander ge-
bracht hatten — Maxianne hatte alte Sprachen und Archäologie
studiert — waren sie doch einander nie fr-md geworden und
'4.f .• in * •' ' I
tiMiiayuiMii*^
f
hatten schliesslich wieder ein fast gemeinsames Leben in Paris
aufgenommen»
Marianne und Heinrich waren nach Paris von Spanien gekom-
men ^ wo sie beide auf Seiten der reohtiaässigem Regierung ge-
kftmpft hatten* Heinrich war von altem deutschem Adel, der ein-
sige Nachkomme ~ das liinde ~ einer langen Reihe von Generatio-
nen von Raubrittern , Gutsherren und Offizieren* Sein Vater hatte
durch Heirat mit einer Jüdin etwas neues Blut und ein grosses
Vermögen in die aussterbende und recht degenerierte Familie ge-
bracht, tmd Heinrich hatte es wohl dieser mütterlichen Erbschaft
zu verdanken, dass er sich nicht in das J\uikerleben einpassen
konnte und wollte* Die Jjbbe zu seiner schönen, geistreichen und
zärtlichen Mutter, die unter der Brutalität seines Vaters zu-
grunde ging, hatte ihn zu einem leidenschaftlichen Kampfer gegen
Jede Art Roheit und Ungerechtigkeit gemacht* Er hatte eine glän-
zende Karriere als Journalist aufgegeben und seine ganze Kraft
und sein Vermögen im Kampf gegen Hitler und den JNational Sozia-
lismus eingesetzt* Von einem Spitzel verraten, war er verhaftet
und zu mehreren Jahren Zuchthaus verurteilt worden* Nachdem er
noch ein Jahr die Greuel eines Konzentrationslagers erlebt hat-
te, wurde er entlassen, und es gelang seiner mutigen jungen Frau,
ihn mit Hilfe von if^reunden in Holland auf abenteuerlichste Weise
aus Deutschland herauszubringen. Einer dieser Helfer war John.
D. gewesen, ein o^i^ger amerikanischer Schriftsteller, der nach
Europa gegangen war, weil weder der amerikanische Sport noch das
amerikanische Gangstertum jlgptMiMi seinen Drang nach Abenteuern
und seinen Preiheitssinn befriedigen k^nnlen. Ein frühes Erlebnis
hatte seinem besonderem Siegel auf seinen Charakter gedrückt«
Er hatte einen Sommer im Süden verbracht« Damals war er
12 gewesen un rebellisch gegem sein eigenes elterliches Milieu^
im dem gute Sitten xind Manieren nicht nur gepredigt sondern
auch gepflegt wurden« Man hatte ihn allein zu seinen südlichen
Verwandten fahren lassen, um seinem Unabhängigkeit abedürfnis
genug zu tun« Aikf geweckt, phantasiereich und körperlich seinem
Alter voraus wurde er ein Mitglied einer Gruppe Jugendlicher t
die ihre Männlichkeit in Jeder hinsieht zu beweisen suchten,
gewöhnlich in kindischen Actionen g
die Welt der Erwachsenen.
Aber sie tranken auch und trieben es mit den MKdchen« Schuldbe-
wusst zwar hatte doch John alle diese Streiche gerne und stolz
mitgemacht« Damm aber, am Tage vor seiner Helmreise« hatte die
Bande kich auf zwei harmlose kleine Negerkinder gestürzt, die
unschuldig genug nackt im 71us8 badeten^ an einer Stelle die
nur für Weisse reserviert war« Sie hatten den kleinen Burschen
blutig geschlagen und zu ertrftnken versucht, und die Versuche
des winzigen MSdchens, ihren Bruder zu retten, mit Fusstrlttem
verhindert« John hatte an dieser Gewalttat sich nicht beteiligt,
aber er war dabei gestanden und hatte, wie gelahmt, zugeschaut«
Er sah die kleine Sarah am Boden sitzen und mit ihrem schwär«*
zen HKndchem ihre Blt5s8e verdecken« Ihre schwarzen Augen traten
vor Angst aus den Kühlen heraus; ele war trUnenlos wie ein Tier«
John war davon gelaufem« Irgendwo hatte er sich 1ms Gras gewoJ^^
fem und geweint vor Scham, Schuld und Hilflosigkeit« In der Hacht
war er adtmflos gewesen und am nächsten Morgen fuhr ein stillerer
John nach Hause zurück«
Er evzUhXte niemandem von dieeem Erlebnis ^ er schämte
sich zu sehr# Es hatte aber ztir Folge, dass sich sein Unabhän«»
gigkeitsbedUrfnis von nun an in persönlichem Mut äusserte ,
selbst wenn er einer Gruppe allein entgegentreten musste» Br
war eigentlich Über Nacht zu einem Helden geworden* Sarahs
Augen hatte er nie vergessen kOnnen«
Er gehörte einer Organisation an, deren Mitglieder es
sich zur Aufgabe gemacht hatten, selbst unter eigener Leb#nsge-*
fahr, politisch Geftihrdete aus faschistischen LKndem heraus-»
zubringen« Da er sein eigenes Leben oft atxfs Spiel setzte, war
es für ihn kein Problem, in seinen Rettungsaktionen, wenn not-
wendig, auch bis zum Aeussersten zu gehen« Er war mit Heinrich
und Marianne in Spanien Zusammen gewesen und lernte später durch
sie Sybille kennen« Sie wurde kurz darauf aber Rudolfs Frau«
Rudolf, der schon damals einen beträchtlichen Hamen als Wissen--
schaftler hatte, hatte ohne ZtJgern seine Heimat verlassen als
Protest gegen eine Irratioxialität, die ihm als Rückfall in den
ärgsten Hexen* und Aberglauben erschien« Er ftlhlte sich in sei-
nem wissenschaftlichen Denken beeinträchtigt, in seiner Mann«*
lichkeit beleidigt und in seinem Gerechtigkeitssinn empOrt« Sein
Ruf verschaffte ihm Gelegenheit, in Paris seine wissenschaftliche
Tätigkeit fortzusetzen und so riel als möglich jtLngeren emigrier-
t%x^ Kollegen, unter denen sich auch Sybille befand, beizustehen«
^eine einfache beschützende iind helfende Wesensart wurde ftlr Sj-^
bille ein Ersatz für alles, was sie verloren hatte« John, in sei-*
ner romantischen Abenteuerlichkeit, erschien ihr als ein Junger
liebenswürdiger Knabe, dessen leidenschaftliche Liebe sie in eine
tiefe und ruhige Freundschaft zu verwandeln suchte«
tat^^ ' "IJ •■■■ ■ Mti^'*
ib^
Es war mittlerweiit Abend geworden. Dr lussen raste das Un-
watter^ auf das die Freunde in ihrem Gefuehl des Geborgenseins
nur £lelchsc:m halb-be^AOisst hiiihörten# So entging ihnen zunächst
das Klopfen an der Haustür, und erst als es stärker wurde und
sich aeutlicher von dem andern Getöse unterschied, wurden sie
alle fast gleichiseitig darauf aufmerksam* Sie sahen einander
ungläubig fragend an, als ob niemand von ihnen fassen konnte,
dass ein Lebewesen draussen stand und Einlass b^gahrte. Es
schien ihnen völlig unmöglich, dass irgendein Mensch in diesem
Sturm auf ihrer Insel gelandet war, auf der es ausser ihnen
nur Hasen und Vögel gab. Ruaolf war der Erste, der zu dem Ent-
schluss kam, dass das Unwahrscheinliche wohl geschehen sein
mus
ste# Er erhob sich und ging zur Eingangstür, die er rasch
öffnete* Gegen das Dunkel draussen hob sich eine schattenhafte
Gestalt ab, die auf eine einladende Gebärde Rudolfs in aen hel-
len Lichtkreis der Eingangtmalle trat und dort einen Augenblick
schweigend und geblendet stehen blieb«
Der Fremde war ein grosser, stattlicher Mann, der so durch-
nässt war, dass dns Wasser an ihm herunterf loss. Er bat die An-
wesenden um Entschuldigung fülf sein Eindringen und erklärte mit
heiserer Stimme, dass er seit Stunden in seinem Boot im Sturm
auf dem Wasser gewesen sei und völlig Richtung und Orientierung
verloren habe; durch einen glücklichen Zufall sei er in die klei-
ne Bucht der Insel geschleudert worden* Es sei ihm gelungen,
sein Boot festzumachen; da er die beleuchteten Fenster des Hauses
» . t , .>>.
[■jjw 'IW"!»! '■ ■a^^^mamm
s
?
erblickt habe, habe er sich notgedrungen entschlossen, anzuklop-
fen und um Gastfreundschaft zu bitten, bis sich der Sturm gelegt
habe^ Er war recht erschöpft, obgleich er ei/ kräftiger Mann
In mittleren Jahren war unu sprach etwas zögernd und müde in
eineiD gewählten Englisch, das gerade durch diese Gewahltheit
den Ausländer verriet • Rudolf und Sybille hiessen ihn freund-
lich willkommen, forderten ihn auf, in eines der verfügbaren
Gastzimmer zu treten, und während ihm Rudolf trockene Kleidung
verschaffte^ bereitete Sybille schnell etwas zu essen und ein
heisses Getränk vor. Als er darauf in das 7/ohriziJBmer trat, wur-
de eine formelle Begrü^ssung und Vorstellung vorgenommen*
»Mein Name,^» sagte der Fremde, ^ ist Karl Müller^ und er
fugte scherzhaft hinzu, dass dies wohl der unverbindlichste Na-
se sei, den sich jemand in seiner besonderen Lage ausdenken kön-
nte, obgleich in den Vereinigten Staaten ^ohl Smith und Jones^
noch besser dem Zv^eck unidentifiziert zu bleiben, dienen wUr-
€mn. Er sei ein Ingenieur und, v/ie wohl seine Aussprache verra-
ten habe, ein Deutscher, der vor Jahren eingewandert sei* Er
▼erbringe seine Ferien in einem der kleineren Orte an der Kü-
ste von Maine und sei heute morgen bei schönem 'Vetter ausgefah-
ren, uro zu fischen, nicht ahnend, welche Abenteuer ihn der Tag
noch erleben lassen sollte» Vom Feuer und dem heissen Grog er-
wärmt und durch das Essen gestärkt, verlor er bald sein er-
schöpftes Aussehen und schien sich liebenswürdig \xnd gesellig
der Gesellschaft anpassen zu wollen* Man sprach dar: ber, wie das
/^)r lD1^6 y , ^\f f'^^-^^Jir, J
t A'
^
\
i^'J> ^ ' "^ ■' ' <i' s 'Ussu^,
•^
Brie f o
Noch bevor O^öth«*^ seine letzten und eigentlichen
Ingenleursprüfunpen an der Te-'hnlsohen Hoohsohule In
De3*=<GU bestanden hatte, fanden zwei Srelpnlsse statt,
die auf sein Leben einen beträohtllchen Slnfluss nehmen
sollten* Sein Vater starb ganz plötzlich auf einer
Geschäftsreise In seinem Hotelzimmer. Der Hausbursche,
der Ihm des warme //asser am Morgen Ins Zimmer brachte,
fand den Unglücklichen röchelnd, nur mit einem Nacht-
hemd bekleidet, am Boden llaf?en* Er starb bevor der
schnell herbeigerufene Arzt Ihm Hilfe bringen konnte.
Ganz klar war die Todesursache nicht. Man nahm an,
da SS er, der schon lange Immer wieder über Magenbe-
schwerden geklagt hatte, am Abend vorher wohl zu viel
gegessen und vielleicht auch zu viel getrunken habe
und damit das an und für sich gefährdete Org^n über*
reizt und zu einer akuten Entzündung veranlasst habe,
die dann zu diesem rafliöhen Tod führte. Tfen musste sich
mit dieser wissenschaftlich nicht ganz bewiesenen
Hypothese zufrieden geben.
Lina, dlo nun frei von Ihrer ehelichen Bürde war,
schien sich Ihrer F*i?elhelt nicht zu freuen, im Gegen*
teil, sie nahm Ihre Witwenpflichten sehr ernst und
2
verlangte auch von Ihren Kindern, desa sie das Trauerjahr
einhielten, keinerlei Pestllohkelten besuchten und alle
Plän«, die ..Mw» öffentliche Kund^ebuneen fröhlicher Natur
<kxö^M/ , zum Beispiel, Verlobungen oder Hochzeiten,
bl3 auf weiteres verschöben. 31q konnte allerdinge nicht
verhindern, dass Irmgard die Geburt Ihres vierten Sprösa-
lln^g nur eln«n Monat nach ihres Voters Tod anzelp-t«,
Günther hatte kurz vorher seinen 21. Geburtstag
begangen, und somit war er mündig geworden. Er war damit
der Vormundschaft seines Älteren Bruders entkommen, ein
Ereignis, das Ihn aller Vei-w Irrung zum Trotz, sieb glücklich
preisen Hess. Das Ereignis seiner Mündigkeit brachte es
mit sich, dasB er noch Amerika reisen musate, um sein
Erb© dort anzutreten und sich von den Anwälten, die das
Vermögen bisher verwaltet hatten, Abrechnung vorlegen zu
lassen. Er hatte gehofft, diese Reise glelolizdltlg zu
seiner Hochzeitsreise zu machen, aber da er seiner r'utter
Standpunkt verstehen konnte, obgleich er Ihn nicht teilte
und nicht glaubte, dess eine so baldige Shesohllessung
nach seines Vaters Tod In Irgendeiner Melae seine
Beziehung zu dem Verschiedenen Änderte, verhielt er sloh
doch aus Liebe und Respekt für Lina wie sie es für richtig
hielt. Vielleicht hätte er eine andere und einfachere
Lösung gefunden, nämlich eine stille und ganz private
Trauung, gegen die seine Mutter wohl nichts einzuwenden
gehabt hätte, aber Gertrud.^; von Jogemann weigerte sich
dleaen vlohtlpsten Schritt Ihres Lebens ohne die üblichen
und Ihr zustehenden Pelerllohlielten^ ohne den herkömmlichen
Pomp und die traditionelle Zur-'chaustellung z\x untemehnent
31e bedauerte zwar, dass sie nun ein weiteres Jahr warten
mÜ83ten| aber b^c^üpte sich daralt, Ihren nflohaten Ver-
wandten mitzuteilen, dass sie und Günther seit Jahren
heimlich verlobt waren und nach Ablauf des Treuer Jahres
mit allem Zeremoniell heiroten würden« 31g schien nicht
einmal z\x unglücklich Über die Trennung von Ihrem Ver-
lobten 7.U sein, sondern nahm welter am gesellschaftlichen
Leben in Hamburg teil, tanzte auf allen Bfillen und war der
strahlende Mittelpunkt bei Jeder Abendgesellschaft, bei
Schlittenfahrten und Eislauf-Partien* Diese Genüsse hßtte
sie sich versapen müssen, hÄtte sie um diese Zelt Ihare
Verlobung öffentlich kundgegebn; aus 3chlckllohk#lt hfitte
sie daheim sitzen müssen , da Abwesenheit des Verlobten
und seines Vaters lod sie zur Zurückhialtung gezwunifen
hfitten* Günther konnte keinen Einspruch erheben, da der
Aufschub Ihrer Vermahlung auf seine Bitten geschehen war«
Er war sehr glücklich, dass Gertrudeso gefällig war, und
das« es nicht ru einem Konflikt zwischen den beiden Frauen,
die er von Herzen liebte, kam. Sr war Ihr so denkbar, das»
er eich bereit erklärte, nach seinen SchlusaprÜfungen Im
nÄohsten Herbst oder Frühwlnter seine Reise anzutreten und
an dem folgenden Oster- "Sonntag zu heiraten. So arbeitete
•r mit grÖ83ter Energie und Konzentration für die Prüfungen,
die er auoh im Oktober "bestand.
Im November konnte or endlich die wichtige ilölae riehh
Anerlka antreten, obcleloh das v^etter nicht gflnstlc war
und die an und für aloh aohon sehr lange Seefahrt dadurch
noch bedeutend verlängert wurde. Er reifte ber sehr bequem
auf einem Schiff, das der von Witteschen Reederei pehörte.
Sein Onkel hatte ihm die 3taatskablne belegen lesaen. Er,
der später einen leitenden Posten In dieser Reederei
elnnehnen sollte, fond das Schiff so put geführt wie ein
Luxus hotel. Er sah notürlloh nicht, wie es auf anderen
Teilen des Schiffs aussah, 7,um Beispiel am Zwischendeck,
noch hörte er die hesserfüllten und höhnischen Bemerloineen
des Schiffpersonels, die sie untereinander austauschten,
wenn sie nicht belauscht werden konnten, Günther lebte
in seiner Traumwelt.
Eigentlich wer diese Schiffsi^lse seit Johron die
erste Gele|?enhelt für Günther, sich unfrehindort von
pflichtmlsaieen beruflichen Denken und arbeiten seinen
Gedanlcen und seinen r.inblldungon zu überlassen, Sr war
mit Büchern aller Art wohl versehen auf diese Eela« ^ it
gegangen, aber zur Untätigkeit verurteilt, auf jelnem *"
Strecksessel llepend und auf die unendlichen Weiten des
Ozeans und des Himmels schauend, oier des Nachts in seiner
liijüte träumte er von einer Zukunft, deren Mittelpunkt
Trude war. Das aber brachte mit sich, dasa er an die
9
Verc-angenhelt denken musate. Die letzten Gymnaslfeljshre und
die Jtihre auf der Ceclmlaohen Hoohschule waren Johre des
Wartens gewesen, 3eln Ziel war klar und deutlich vor Ihm.
Alles was ihn verhindern wollte^ dieses Ziel so aohnell
wie möflloh zu erreichen, musste aus dem Weg gesohefft
werden. Er wollte kein Odysseua sein. Er war ein zäher
Arbeiter. Er welrerte aloh, seine Zeit mit nelnen Kommili-
tonen bei 3piel| Trinken und sexuellen Ausschreitungen zu
verbrinpen. Er hielt sich rein für seine Braut. Obgleich
er sein Versprechen, die Verlobunp: geheim zu halten, hielt,
obgleich er 3pott und Verdächtigungen von seinen Kameraden
ertragen musste, obgleich er Trude nur während der Semester-
ferien und auch dann nur selten und fast nie allein sah,
konnte er sich nicht deren erinnern, diese Jahre der harten
Selbstdlsciplin Je bedauert oder gar verwünscht zu heben.
Die fleischlichen Anfechtungen, iie ihn oft und sehr
heftig quälten und denen er in Jüngeren Jahren wohl hin
und wieder nachgeben musste, konnte er nun durch .studieren
und lange, oft ermüdende 3pazlerp;änge beherrschen und
durch sein festes Vertrauen,
dsa Jlädchen, das ver^
sprechen hatte seine Frau zu werden, (^keusch wie die
Mondgöttin von ihm diese Jahre des Verzichts erwartete,
um ihn später um so reicher zu belohnen*
Auf dieser i^ise fragte er sich zum tausendsten l-fel,
wie Gertrudcdle Trennung von ihm ertragen kffhnte; sie hatte
ihm so häufig versichert, dess es für sie viel schwerer sei
zu werten, da sie keine beruflichen Interessen hätte, die
Zelt und 31nn ausfüllten; alles, was Ihr gegteben war das
Warten zu erlelohtern, seien die pesellsohaftllohen Zer-
streuungen^ denen sie deswegen oblag, und die sie auoh
darum in seinem Trauerjahr nicht aufgeben konnte« Er sah
das ein und war auoh ehrlich genug sloh einzugestehen,
dass weder er noch Trude eigentlichen Oxnind hatten, seinen
Voter zu betrauern» Wenn er zu diesem Punkt In seinen Oe-
danken kam, machte er gowöhnlloh eine Schwenkung und begann
sich wieder mit der Zukunft zu beschäftigen. Eines Nachts
wachte er auf und konnte nicht wieder einschlafen« Es war
sehr still; er hörte nur den Wellenschlag; durch das
Ka Jütenrenater sah er nur einen Stern, ganz gross und
kalt, und so weit entfernt, dass ein Gefühl unendlicher
Einsamkeit Ihn ergriff und er an den Tod denken musste.
Er dachte an seinen Vater, der sein Knde allein In einem
Hotelzimmer gefunden hatte« Er dachte an seines Vaters
Leben, und es erschien Ihm plötzlich, dass sein Vater
auoh In seinem Leben allein gewesen war« Der alte Hoyk
war von niemandem gellebt worden, das stand absolut fest
für Günther« i?Ür Ihn war der Vater nur ein unangenehmer
Fremder gewesen, dessen Slnmlsohungen In sein Leben er
der Mutter zuliebe ohne Protest ertragen hatte —ohne
äusseren Protest, denn Innerlich hatte er In den letzten
Jahren wohl häufig den Veter zurückgewiesen. Ihn lächerlich
und ebstossend, Ja raanohmal sogar veräohtlloh^ gefunden;
Jedooh hotte er sohlloBslloh eine Lösung In einer begtlmm-
ten Form höflicher Nichtbeachtung erreicht» Die Tatsache
seiner finanziellen Unabhängigkeit hatte Ihm dabei sehr
geholfen» Nun aber wurde es Ihm zum ersten Mal klar^
dass er seinen Vater überhaupt nicht gekannt hatte. 2r
wusste nichts von seinem Leben ausser der äusseren Form;
wie hatte er nur einen Kenn hassen können^ den er nicht
kennte? Seine Geschwister hatten ebenfalls keine Beziehung
zu dem Vater gahabti zumindest hatte Günther das Immer
angenommen. Allerdings hatte Irmgard, selbst während der
Intimeren Beziehung zu Günther^ nie über ihren V^ter ge«
sprechen. Nach seinem Tod aber war sie so sehr mit Ihrer
eigenen Porallle und besonders mit dem Neugeborenen be-
schäftigt, dass der Bruder keine Zeichen der Trauer an
Ihr entdecken konnte. 31e hatte allerdings des Jüngste
Kind nach dem Vater benannt^ als wollte sie dadurch kund-
. geben, dass ar nicht ganz aus Ihrem Leben verschwunden
sei. Hatte Horst den Vater ebenso verabscheut wie Günther?
Der ältere Druder, der sonst Immer so ßelbstnulcher und
ohne Jedes feinere oder warme Gefühl ersjhlen, war bei
der Todesnachricht seltsam zusammengeschrumpft} tränenloa
und hilflos sass und stand der sonst so Geschäftige Im
Hoyk* sehen Haus herum und Hess den Schwager Jagemann
alle wichtigen und notwendigen Vorkehrungen treffen.
8
ala sei der v/lnd^ der aonat Ihn auf dem Meer der 3elbat-
wlohtlgkelt uraherge trieben hatte, plötzlich aus seinen
Segeln genomnen worden. Hatte er vielleicht doch den
Vater geliebt?, frapte aioh Günther. Aber er war sicher,
da 98 dem nicht so sein konnte, denn Horst hatte sich
bald wieder erholt und war, wenn das überhaupt noch
möglich war, vielleicht noch unangenehmer und arroganter
geworden. Der Tod des Vaters hatte sicher ^ie Brüder
nicht einander nflher gobrocht, besonders da Erbschaf t#^
B Feindseligkeiten
des
Junge reiy^nur zu deutlich den Charakter des uJ4<^xz^
Bxu Oia I^utter aber hatte den Vater nie
wirklich geliebt, dessen war Günther ganz sicher. 3ie
hatte' sich vor ihm gefürchtet und sich ihm angepasst
und hatte sein Bett geteilt und ihm Kinder geboren,
aber sie hatte ihn nicht geliebt, wie Günther Trude
liebte. und wie. er sicher war, Trude ihn liebte. T}eT
\ I /
Vater war ohne Liebe durchs Leben gegangen, hatte ein
nutzloses, einsames Leben verbracht, und vielleicht
war grade dieses Fehlen der Liebe in seinem Leben dafür
irtrantv/ortlioh gewesen, dass er so unangenehm erschien,
sich nicht mitteilen konnte ohne harsch zm sein, dass
seine Frau und seine Kinder ihn nicht einmal kennen
lernen wollten, und dass er allein in einem Hotelzimmer
starb. Günther fühlte ein j^lf^kM^*^ Mitleid mit
f
seinem Vater und mit sloh seibat ~ er weinte, wie er seit
seinen Kinder Jahren nicht mehr geweint hatte, und fühlte
sloh klein, verlassen und voller Bangen und Sehnsucht nach
seiner Mutter. Endlich schlief er ein und hatte einen
Traumi
Er lag im Bott, und nur die Laterne vor seinem
Fenster W(?rf ein blasseg Lloht Ins Zimmer. Er blickte auf
die ^rür, die in dem Laternenlicht weisslich leuchtete,
sie
und sah, wie/sich lon^asm, panz langsam öff'note. Er
hlolt den Atem an vor Anpat und Spannung, aber niemand
kam hei?oin. Doch fühlte er einen Blick auf sich gerlohtet
von ?.wel dunklen Augen, einen ernsten, strengen, unver-
wandten Blick, der ihn prüfte und zu verurteilen schleh.
eine ^
Dann Hof er, lief und lief durch/morgengraue Strasserff
und plötzlich sah er eine dunkle Gestalt In langen Mantel,
die nur etwas über dem Boden schwebte, weder gehend noch
fliegend, und es schien ihm, daes das das Traurigste war,
das er Je erlebt hatte. Er erwachte mit von Trönen
feuchtem Gesicht. Es war Morgen geworden, und er war
froh, dass es licht war und er aufstehen und an Deck
gehen konnte. Aber die Stimmung des Traumes folgte ihm
durch den Tsgj ^f«^ er konnte den Traum lange nicht
vergessen*
xo
IZ
Max Lilienfeld bewohnte ein schönes Haus In New York
am Waahlnston Square. Günther wurde von Ihm und Frau
Llllenfeld so herzlich erapfane-en, daaa kein Gefühl der
Premdhelt oder Verlegenheit In Ihm aufkommen konnte. Die
Freunde hotten einander seit Jahren nicht mehr gesehen,
und der Briefwechsel zwischen Ihnen drohte zu versanden,
hitte nicht Max Immer wieder den Freund um Nachrichten
gebeten. Als er erfuhr, dass Günther eine Itelse nach den
Staaten plant«, hatte er darauf bestanden, dass er In
New York sein Gast sein müsste, und Günther hatte dl©
Einladung mit Dankbarkeit ongenomTnen, da er sich doch
vor dem fremden Land und der grossen flUbökennten 3taflt
und dem Alleinsein nohaute. Er wuaste, dass Max die Rechte
Studiert hotte, dass er versucht hatte sich für die Unter-
nehmunjren, die sein Vater Ihm hinterlassen hatte, zu In-
teressieren, ober nach etwa einem Jahr diese Beschäftigung
aufgegeben hatte und nun UAAAL^^^^kmA^o }^o4
*ö<%<fe^^|^<^:i^3h^. ar.4^ährte das Leben eines Privat-
gelehrten, das allerdings hSuflg durch schöne Reisen
unterbrochen wurde. Er war mehrmals wieder In Europa
gewesen, aber nur In Ländern mit südlichem Klima, und
sogar in Sgypten. Auf einigen Ftelsen hatte seine Mutter
Ihn begleitet. Obgleich er erst In seinem ?4. Jahr war,
machte er auf Günther den Sindruck eines durch Leiden
und Leben weit über sein Alter gerelften Mannes. Soweit
11
Jwund- wu83te| war er an keine Frau 0§iflß^ifUBA uw3 hatte
kB ine Absicht, r^eln Junp-pesellentum oufzupeben. Sein
HöU3 war unf!;e wohnlich ruhig, Im hollflndlschen 3t 11
gebaut relohte es wotüL In die Vereanpenhelt zurück.
Die enge Fa98de aber täuschte, denn Innen war es weit-
läufig und Im besten modernen Geschmack elnj':erlohtet.
Eine schöne und kostbare Gemäldosaramlung war von ??elnem
Vater begonnen und von iMax sehr prosszÜglg ergänzt worden.
Neben alten Meistern fanden auch neue Ihren Platz In der
Gallerle, Ein von Sargent gemaltes Porträt seines Vaters
hing In der Bibliothek; sein eigenes und das.jaelner
Mutter waren. von Llebermenn gemalt
X
Bi4Jfc3g[tS3gtgiJ!»lid^^
Es war behaglich In der Bibliothek, Plax und
^^^' i^olH^ tLLCH.
^HLtO
Günther sassen vor dem Kaminfeuer zum ersten iMal allelne
seit Günthers Ankunft,
nach Boston^ wo er mit seinen Anwälten zu-
sammenkommen sollte. Er rechnete mit einem längeren
Aufenthalt dort und Hess sich daher von seinem Freund
über Boston erzählen, über die dortigen Sitten und
Anschauungen, die sich so deutlich von denen der
New Yorker unterschieden, Sie schienen Günther dem
Hamburger Wesen sogar verwandter zu sein, Max kannte
Boston recht gut, da er dort studiert hatte. Er hatte
sein Doktorat der Rechte von^arvar"(f erhalten. Er
/i
f
JiA^\)' hatte auch Veivandte In Boston, Vettexm väterlicherseits.
kM^iku \k<i ^^^^k'^^Hu^iUA
'O /
12
die mit einer ehrvürrtlgen Bonkflrma verbunden waren,
Günther hatte Max von seiner eigenen Familie taerlch-
tat, von seines Vaters plötzllohera Hlnsohelden, seiner
Mutter Zurüokgezogenhelt In Ihrem Wltwentumj von seiner
Schwester und Ihren Klndem^an deren Heranwaohsen Günther
viel Anteil nahm; von seinem Studium und seiner beruf-
lichen Zukunft, die mit der von Witte' sohen Reederei
eng verbunden war. Er hatte aber noch nicht völlig die
alte Vertrauensbe Ziehung zu Max In sich wiedergefunden,
zu
deswegen zögerte er/Ihm von den persönlichsten Dingen
seines Lebens zu sprechon, wie er es In den Jahren Ihrer
Knabenfreundschaft getan hatte. Statt dessen begann er
sich nach Maxens Familie zu erkundigen, und da Ilax
ausser der Kutter keine nahen oder Ihm nahestehenden
Angehörigen hatte, brachte Günther das Gespräch auf
Mixens verstorbenen Vater, der bisher zwar eine grosse,
aber nur eine schattenhafte Gestalt für Günther war.
Max war Immer sehr zurückhaltend Inbezug auf seine
Beziehung zu seinem Vater gewesen. Er hatte Ihn lange
betrauert und hatte Ihn nur selten erwähnt. Die fünf-
zehn Jahre, die seit seinem Tod vergangen waren, er-
schienen dem Sohn nur wie Wochen, wenn er an seinen
Vater dachte, obgleich der Schmerz und das Gefühl des
Unfas blichen nicht mehr da waren. Die frühen Erinnerungen
an seinen Vater waren wohl auch etwas bless geworden.
il
13
i
waa aber geblieben war, war die Oberzeugung von diesem
Mann gellebt und gef3chÄt2t worden zu eeln als ein Kamerad
und Freund. Er erinnerte sloh an die vielen Abende, die
er mit Ihm In der Bibliothek verbracht hatte, w«5«r1nujft — '
mit Günther BassJ an lange Gespräche, In denen der Vater
Ihm zuhörte, Fragen beantwortete und Ihm von der Welt,
die Ihn erwartete, erzählte. 31e lasen zusammen, oder-'»
noch flffüher In seiner Kindheit^ hatte der Vater Ihm vor-
gelesen. Frau Llllenfeld war häufig zugegen, ml3ohte sich
aber nur selten In die Gespräche zwischen Vater und Sohn
•In. Es gab aber auch 3tunden Im Mualkzlmmer, wenn die
Mutter Klavier spielte oder sang und Vf^ter und 3ohn yylhr
bezaubert llÄö^GTrten. Dann ^|wtoter--wT:g(ae r Tage ode^r 'lochen,
n der Vater nicht da war; er machte lange Helsen,
von denen er dem 3ohn Immer Interessante und wichtig©
Andenken mitbrachte und Berichte gab, die seinem Ver-
ständnls engepaaat Ajchlenon^ Allerdings sprach der
Vater selten von geschäftlichen Dingen, und Max hatte
keine rechte Vorstellung von dem was seines Vaters
Geschäft war. Lange Zelt hindurch hatte er mit Geschäft
nur die Idee eines Ladens verbunden. Aber Im letzten
Jahr bevor Äeiai Vater starb hatte er angefangen Zeltun-
gen zu lesen und hatte seines Vaters Namen erwähnt gesehen
/
14
im Zusammenhang mit Berlohten von^rbsltert^m^feG-Pe-i««
In Bergwerken und an Eisenbahnen, mit Gewalttätigkeiten
und mit aßßfiLhllahe« Hunp-er von brauen und Kin<i«ym i?«
hatte den Vater gefragt und nur unzureichende Antowrt
bekommen, denn ea sohlen, daas sein Vater selbst nicht
wusate, was die Wahrheit In diesen Berichten war. Er wer
sehr beunruhigt und besorgt gewesen und versprach dem
3ohn, einen vollständigen Bericht, nachdem er a4«e-^^ÖR%<Hw
a;ifllma6b:^ft^J!tt4i»oohon vorgenommen hatte, Max hatte dieser
Bericht 9^ von seinem Vater bekommen, de der Vater von
seiner Reise noch den Kohlenbergwerken >l^i*«d. nicht -»»hr
zurückkehrte. Er war mit den Arbeitern zusammen In den
Schaft hinuntergefahren, um sich selbst von den Verhält-
nissen zu überzeugen und war einer Explosion zum Opfer
gefallen. Erst nach vielen Tagen wurde er mit vierzig
anderen Toten ausgegraben. Dieses Bergwerkunglück, In
dem ein so bekannter Millionär wie Herr Llllenfeld ums
Leben kam, war dann der -Anlasa zu bedeutenden techni-
schen FerbQsaerungen In den Kohlen- und Kupfermienen
geworden. Das war nüt-nllch und ein Segen für viele
hunderte Familien, In denen die F*rauen und Kinder
nicht mehr Ihre Tage In zitternder Angst verbringen
mussten; aber Max hatte seinen Vater verloren, >laxens
'^^^^g^^^^sS^!sisA
"-"^•^•^'*^
15
\
örossvoter hatte sein Leben elnpebüsat als er einen Streit
zwischen
aolner Aufseher In den Petroleumfeldern
sohllohten wollte; einer von Ihnen sohoss Ihn nieder •
Es schien dem heranwachsenden Knaben^ dasa viel Gewalt-
tat l?;lrelt mit solchen Untemehmunpen wie öroasvater und
Vater sie besasson, verbunden war. Er hätte es vorpezopen
der 3ohn eines Lodenbesltsers zu sein, wenn das Ihm den
Vater erholten h^tte. Nach dem Tod seines Vaters war
seine Mutter lanrr,e krank peweaon; er selbst war sehr
einsam und sehr unglücklich. Als die iMutter gesundete,
war er so desnkbari dass er bereit war alles zu tun was
sie von Ihm erwartete und sograr die grosse Reise Übers
V/assor zu unternehmen, vor der er sich sehr fürchtete,
Max erzählte Günther von den vielen Reisen seines
Vaters, der soj^ar In Afrika pev/esen wtir,Sr hatte elnlpe
schöne wilde geschnitzte Gottheiten seinem Jungen Sohn
von dort mitgebracht, die dieser nun seinem F^reund
zeigte, 30 kam das Gespräch auf Afrika und damit auf
eine Neuigkeit , die I^x noch nicht (rehört hatte und
mit
die Günther benutzen wollte, um/deft -freund von seinen
\ eigenen Afffi ren zu sprechen, Dr. von Jap^emann war vor
einigen .ioneten für die deutsche ite gierung nach 3iiBh«k-
Afrika {Tepßno:en, um dort ein vorbildliches 3pltal für
16
dl« Armee elnzurlohten, Dleseg Ansuchen war aohon vor
länperer Zelt an Ihn peatellt wordeni aber er hatte Immer
wieder gezögert und nlle mÖgllohen Gründe gegen ein sol-
ches Unternehmen vorpehracht. Der Dinick von Seiten der
Rep;lerung musste aber wohl stärker geworden seln^ denn
die Entscheidung wurde plötzlich von Ihm gemaohti und
er verlless Hamburg danach In kürzester Zelt. Günther
hatte Ihn nur flüchtig, vor seiner Abreise gesehen und
den Eindruck gewonnen^ dass der Professor völlig mit
seinen eigenen Gedanken beschäftigt war und nicht das
geringste Interesse für die Geschehnisse um Ihn herum
bezeugte^
"Selbst Trudea Mitteilung^ dass wir seit Jahren
verlobt sind, schien keinen Eindruck auf Ihn zu maohen^^-
sagte Günther und schaute den F'reund erwartungsvoll an.
*'0 Günther, was hast du getan, wie konntest Du
mir das antun?!** -rief Max entsetzt aus*
Er war bleich geworden und hielt sich ni|% zitternd
flfffilBn an seinem Sessel fest, als raÜsstc er sich zurück-
halten aufzuspringen und sich auf vdon i?reund zu stürzen»
Qilnther, der I-Iax nie In solcher Erregung gesehen
hatte, schaute ratlos auf fi^n völlig veränderten freund*
Er blieb stumm. Max versuchte seine Selbstbeherrschung
vile der Zugewinnen Indem er sein
s Gesicht In
(
/
s
17
seine Hönde verrrub. Für Günther gab es fast automntlsoh
nur eine lirklflming für diesen Ausbruch seines i^reundest
von ,/ rv ^
Eifersucht« 't^ar er doch/ Je davon Überzeugt gewesen, dass
Max Gertrud nur darum so heftig abgelehnt hatte, well
sie Ihn, Günther, bevorzugte, und dass Max sie noch Immer
unglücklich liebte. Das war natürlich der Grund warum
Max weder verlobt noch verheiratet war. Ja nie von einem
Mädchen, das eine Rolle In seinem Leben spielte, dem
Freund Mitteilung gemacht hatte. Günther nahm sich vor,
sehr zartfühlend und freundlich zu lAax zu sein und Ihm
nicht zu sagen, was er zu wissen glaubte. De Ihm kein
Zweifel an solner eigenen Erklärung kam, war er völlig
unvorbereitet auf das, was Max Ihm nun berichten musate.
"Verzeih mir diesen Aufbruch, mein Freund,^ -sagte
er nun mit noch Immer bewegter 3tlmme. "Du welsst, es
Ist nur sehr selten, dass Gefühle die Oberhand über
mich gewinnen. Aber wenn der Ichmerz zu gross wnr für
•In stilles Dulden, haben selbst die griechischen Helden
geschrien, Sie konnten es allerdings viel besser und
dramatischer tun als loh,'*-fügte er mit bittendem Lächeln
hinzu,
"Deine Verbindung mit diesem Mädchen Ist nicht nur
so schmerzhaft, well loh dadurch den einzigen mir noch
nahen Freund verliere, sondern well Ich weiss, dass dieser
18
Freund In seiner klndl lohen Vertrauensselip.kelt In ein
Netz geraten Ist, aua dem er aloh kaum mehr heraushelfen
kann» Lsas mloh aussprechen^ gelbst wenn es Dloh empört*^
bat er, als öünther bei seinen Worten wA^ iiJLAha^jQdan Aupen
von seinem Sesael aufsprang. -'•Bitte , lass mloh Dir erklären
was loh meine, loh will nloht über Gertruds: spreohenp denn
das Ist vergebens. Selbnt wenn loh Dir Beweise Ihrer Charak-
terlosigkeit sohwarz; auf weiss hier auf den Tlsoh legte —
Du würdest mir nloht glauben. loh will Dir nur von Ihrem
Voter erzählen^ der mir einst ein Idealer ?reund tind Lehrer
war, dem loh ein Sohn war, wie er mir Immer wieder ver-
alohe rte. Du bist Zeuge unBeror nahen und liebevollen
Beziehung gewesen. Du walsi^t, dass loh Ihm vertraute - Ja
dass loh glaubte > fast einen Vater In Ihm wiederzufinden.
"Du erinnerst Dloh vlelleioht auoh an Irene /\
ßxJLcc-
Freundln Deiner lohweater, die In eine traurige Skandal«
geschlohte verwlokelt war. Auch sie war unter der gütigen
Fürsorge Dr. von Jt^remanna g^wesen^ der sie sofort In
ein Privatsanatorium brachte, wo sie duroh Wochen niemanden
sehen durfte. Sie war In eine uoliMire BüpügBnion verfallen,
aus der ?ilo er?^t n»oh langer Zelt wieder zu sich kam. Ihre
Haushälterin hatte Selbstmord verübt, und Irene, In der
sohreckllchen Umnachtung Ihrer Sinne, ha^Lta^^ohnuptot^
sie sdba umgebracht li^ittifl. Natürlich war das eine
Phantasie gewesen, eine Einbildung, mit der sie sloh
I I
19
quälen musato, Sie war völlig alloln, elß sie do3 Sanato-
rium verlleaa^ Selbst molne liutteri die sie ßerne hatte,
konnte ^le weder Im '3anatorlun besuchen noch wurde nie
bona ohrloht Igt, als Irene von dort fortging. Der einzige
Menaoh^ der es wusste, wer Professor JBßemann. Er erzählte
uns nloht davon« '^Tlr trafen Irene ganz zufällig wieder,
uns
»eine Muttor und loh, als wlr/lm Herbst vor zwei Jahren
In in.orenz auf einige Wochen n'»ederliessen» 31o lebte
in einer kleinen, sehr exolusiven Pension, nur nm» filnnr
J£flmwirflflfQ.iibOjji>iiettott 31e war allerdings sehr wohl behütet
und beschützt in Jener Pension, die einer älteren aristo-
kratischen Dame gehörte, die Irene wie eine Tochter liebte
und elfersüchtig übenfaohte.v;ir trafen sie mit dieser
Dame In einem Konzert, das im Garten des Palazzo Plttl
gegeben wurde, ./ir erneuorten unsor*e Bekanntschaft und
wurden nahe freunde. \'ir verbrachten sehr viel Zeit
mlelnander, entdeckten ge^ielnsame Interessen, und am
Ende unseres Aufenthaltes gestand ich ihr meine Liebe
und meine Hoffnung, dass sie meine v'mxx werden würde,
eine Hoffnung, die ich schon als I.nube in Haraburg gehegt
hatte. Ich ahnte, dass Irene nicht gleich eine Entschei-
dung treffen konnte, ich wollte sie nicht drängen, bat
sie nur, mir Gelegenheit zu geben ihre Zuneigung und
Liebe zu erwerben. Ich wollte in Florenz bleiben oder
zui^ckkommen, aber sie verbot mir das zu tun. Ich besohlosa
20
In New York auf Ih^ Antwort zu warten und Inzwlgohen ver-
suchte loh mloh «Ai-unae^ i^ainlllenuntemehmen ^^^^^^'^^^
um Ihr zu beweisen, daaa loh bereit sei Pflichten
und Verantwortungen auf mich zu nehmen, dl« man von einem
Mann erwarten konnte.
"Im Frühjahr kam Irene nach Kew York, 31e hatte FVau
von Steinen, bei der sie In Florenz gelebt hatte, einge-
laden^ sie als ältere Freundin zu begleiten und einige
Monete mit Ihr zu verbringen. Die beiden Damen wohnten
In meiner Nähe In einem Prlvathotel. Nichts konnte Irene
dazu bewegen, meine und meiner Jiutter Gantfreundaohaft
länfrer als ein paar Top:e anzunehinen.
"Ich erzähle Dir diese Einzelheiten" -unterbrach sich
Max- "domlt Du ein Bild von Irenes Art, von Ihrer Zurück-
haltung und ihrem Stolz bekommst. Wir kamen einander sehr
nahoi sie wurde In der Oeaallachaft hier aufpenomnen; sie
versuchte Ihre vielen Inteptasen hier zu befriedigen, In-
dira sie Vorlesungen anhörte, Konzerte und Theater besuchte
und sich an wohltatl£:on Untemshmunpen beteiligte. Prau
von Steinen verliess sie nach einigen Monaten, nachdem sie
sich vercewiaaert hatte, da es Irene von treuem und umsich-
tigen Per^^onal umgeben war. Die I^ßdchen in Amerika sind,
wie Du weisst, aelbstständlger und unebhän^^ieer als In
Europa, so dass es nicht eesoHschaftlich gepen sie sprach,
dasa sie allein lebte. 3o freundlich Jedoch wie sich ouoh
die Gesellschaft um sie bemühte, Irene war so zurückhal-
tend, da BS sie ausser mir keinen nahen Menschen hatte,
und auch ich wusste nicht viel mehr von Ihrer Vereongen-
\
M
\ I
?1
h6iV,aiÄ ^BM^ was mir oft ungebeten und nloht von Ihr an-
vertraut Ina GedÄohtnla kam, loh hatte nach einigen Mo-
naten meine i^erhxxnp wiederholt^ und Irene verlobte sloh
mit mlrj das war Im vorigen Winter. Wir hatten beechlosaen
Ostern In Rom, dae wir beide sehr liebten. In aller Stille
zu heiraten. 31e wollte kein Aufsehen, keine grossen Fest-
llohkelten, sie wollte nur mit mir allein sein. Me war
80 sicher, dass sie mich liebte. Ich war sehr glüoklloh,
und sie schien auch eilüöklloh zu sein.
^^Das war Im Februar» Am Ende des Monats schrieb sie
mir einen langen Brief, well sie mich an dem teilnehmen
lassen wollte, das Ihr Leben durch Jahre verdunkelt hatte;
teilnehmen sollte loh daran, aber auch wissen, dass loh frei
war mich von Ihr zurückzuziehen. In diesem Brief teilte
sie mir Ihre frühere Beziehung zu von Jage mann mit. Sie
war grausam gegen sich und mloh, sie sohonte uns nlohtj
aber sie sohonte auch Ihn nloht, der Ihr Vertrauen ausge-
nutzt hatte, sie verführt hatte, und der am Tod Ihrer
IhushSlterln schuld war. Nach diesem Bekenntnis glaubte
Ich, dass «le nun diese schreckliche Episode Üben-mnden
hStte, dass sie mir nun voll vertraute und ganz mein
sein konnte. Ich war so dankbar sogar für den Schmerz,
den Ihre Geschichte mir bereitet hatte, denn er war ein
Beweis meiner Liebe. Ich machte Pläne für die Zukunft,
22
für unsere Reise, Vorbereitung für die Hochzeit und unnere
Rückkehr hierher. Wir wollten Anfeng April reisen,
•'Es war schon Mitte UBrz als loh bemerkte, daas Irene
zögerte notwendlp,e ij*lnkäufe zu machen, 31e zog sich auf
mehrere Tage zurück und erlaubte keinen Besuch, Nach etwa
einer V/oohe, in der loh fast verrückt vor Sehnsucht und
Sorge war, schickte sie mir ein Briefchen, In dem sie mich
bat sie Ins Konzert zu begleiten. 31e war so unendlich
lieb und gut zu mir an diesem Abend, dass loh Überzeugt war,
dass nun keinerlei Beden;;en Ihrerseits mehr vorhanden waren,
was auch Immer der Orund für Ihr plötzliches Zurückziehen
gewesen sein mochte. Beim i\bsohled vor Ihrem Haus erlaubte
sie mir sie zu küsnen und bat mich — was loh für einen
Scherz hielt— sie nicht zu vergessen. Sie schien zufrie-
den, ruhig und. Ich dachte, glücklich. Am nächsten Morgen
erfuhr loh, dass sie tot wer. Ein Brief, den sie gesohrle-
ben hatte bevor sie diesen letzten Schritt tat, erreichte
mich am selben Tag.
•'Du sollst beide Briefe lesen, Günther. Sage Jetzt ,j
nlchtsj Ich habe es fast nicht überstanden, war sehr krank.
Aber nun weiss lo^, dass niemand mir Irene mehr rauben kann;
alles Ist milder geworden, und Ich kenn an sie denken, ohne
selbst sterben zu müssen, V/enn Du diese Briefe liest, wirst
Du verstehen -das hoffe Ich von ganzem Herzen— warum loh
23
80 entsetzt übar Deine Beziehung zu Gertrud bin. Versuche
gereoht zu aeln, Günther, aelbat wenn Du nloht loyal
sein kannst*'*
^,
Er hetto zwei Briefe aus der Sohrelbtlsohlade genom-
men und reichte nie Günther hlnj der zögerte nur kurz und
nahm sie daxm sohwelg-end In Smpfang, Er stand noch einen
Augenblick da, als wollte er dem Freund etwas sagen, konnte
ßlch aber nicht antachllesson, und verlies» mit gesenktem
Kopf rasch das Zlmaer.
III
"^yn «^ fr% vi^«3j f, r-
Dej er^%ß Brle;^
27# Februar 13 ••
Mein llebfiter Freund,
Du wirst ea seltsam finden, dess Ich an Dich, den
Ich doch täglich sehe, einen langen Brief wie diesen sende}
aber loh hoffe, dass Du, nach dem Du Ihn gelesen hast,
vorstehen wirst, dass loh selbst Dir, den Ich auf dieser
Welt am meisten liebe und zu dem loh das grösste Vertrauen
habe, dass loh selbst Dir nloht mündlich aapen könnte, was
loh zu sagen habe. Ich habe Dir mein V/ort gegtbtn Dich zu
heiraten, aber loh habe kein Reoht dazu gehabt, zumindest
nicht solange Du nicht diesen Teil meiner Geschichte
kennst, den zu gestehen Ich nie gewagt habe, loh weiss,
24
döQS Du frossmütlg un^ taktvoll vermlefien hast mich Je naoh
Janer sohreokllohen Zeit In Hamburg zu fragen^ nach Jonen
WocJJen unsäglicher '^ual und noch den voranp.e^an ebenen Er«
eifrjilagen. Aber wie konnte Ich Deine ?rau werden^ wenn loh
diese lirelgr.nlsge Immer verbergen raüaBte, Inuner In der Angst
lebandi daea Du erfahren könntest wa3 ^.eachahi dess loh
mich vcjrraten könnte, und dasfl solch ein Verrat nloht nur
Dir Leid bereiten wilrde, aber auch Dfiine Voraohtungi Ja
Deinen IIa 3g ^epen mloh verursachen wÜl^de« Ich könnte Dir
und mir das nicht antun« Darumt nein i^Veund, lege loh
Deinen Ring in diesen Briefi damit Du, nachdem Du mein
Bekenntnis gelegen hast, Dich nicht gebunden fühlst durch
Ring oder Vergprechen,
Alg ich naoh Hambur-g kam, war ich ganz allein. Ich
hatte keine Verwandten* Frau Mller begleitete mloh; mein
Vorinund hatte sie auf Empfehlung von guten Freunden engagiert;
sie war als Junges liÖdohen Krankengohwester auf der Kran*
kenabteilung meines Vaters gewesen und sohlen Ihm In Ers-
inne rung ergeben zu sein. In Hamburg sollte ich noch ein
oder Äwel Jahre ins Lyzeum gehen und dann entscheiden, wo
loh leben wollte» lilln früherer Assistent meines Vaters,
Professor von Jagemann, war von meinem Vormund von meiner
Ankunft benachriohtlgt worden und war gern bereit mir und
Frau Kuller behllflloh su sein, die entsprechende Wohnung
zu finden • So lernte ich die Jagemonns kennen. Mein Vor-
mund gtarb bald darauf, und loh gewöixnte mich daran den
I I
25
ProfesBor als seinen Stellvertreter anzusehn, Ja noch mehr
sogar —als einen gütigen Vater ^ den mir das Schicksal als
Ersatz für meinen so früh verstorbenen pepeben hatte • Die
Frau Professor war 55war freundlich zu mir, zelp;te aber wenig
Interesse, wie sie auch weder für lh3?e eigenen Kinder oder
n'Miß Ihren yi&nn besondere Teilnahme oder :^rtllchkelt zeigte^
Jöfenann half uns ein Haus flndeni das auf unbeschränkte
Zelt zu verinietan war und In der Kähe seines elj^onen e'^ele-
ren war, Tir half uns Personal heuern un^l fand dlo passende
Schule für mich. Kr besuchte mich häufig, um, wie er be-
houptete, sich zu überzeugen, dass ralr nichts abging. Bei
diesen Besuchen sprach er gewöhnlich von meinen Eltern
und wies alle meine Dankeabezeufrung damit zurück, dass
er glücklich sei einen Teil seiner eigenen Dankesschuld
an meine Eltern -besonders meinen Vater- abzutragen, die
sich seiner so herzlich angenommen hatten, als er In
Dorpat studiertet Er erzählte von meinem Vater, von sei-
ner Arbeit, seinen Verdiensten um die Wissenschaft, von
seiner Menschlichkeit. 3o p^ewann er meine ganze
Zuneigung, mein Herz, mein Vertrauen, mein ganzes Sein.
Ich lebte von seinen Besuchen und 4«^ L.rwartung. Slnmel,
•Is wir zusammen beim Tee sassen, erschien plötzlich,
unangemeldet, seine Tochter Gertrudi^die einige Jahre
Jünger als loh war, aber mich Immer durch ihre Weltwels
helt beAftndruokt hatte. Ich merkte, dass es Jagemann
peinlich war, seiner Tochter bei mir zu begeg^ien. An
26
diesem Naohinlttag hörte ich Ihn die erste Unwahrholt aaeen,
ala er als 4*!»' Grund für seinen Besuch eine Unpässllohkelt
meinerseits anpab. Trudos Lächeln zeigte mir, dass cia Ihre
Zweifel hatte, sie war eher taktvoll nloht welter nach
■lelnejn aneebllohen Leiden zu fragen, Jedooh kam sie nun
hÄuflp^r, unf-ebeten und unerwünscht, und pab vor.sloh nach
meinem Gesundheitszustand erkundlp^n zu wollen, Jassraenn
schien sehr rerelzt durch Gert rüdes /.ufraerksemkelt und kam
nicht mehr so hfluflg. Nach elnlfon v/ochen erschien er eines
/.berds. Er erklärte, dass er dem Spionieren seiner Tochter
u entcehen versuche und warnte mich vor Ihr. Er war be-
4JI
Icümnert eino solche roohter zu haben, machte Andeutungen
übor ihren schlechten Charakter und vor sllem, dass er
Dich, Kax, vor Ihr zu beschützen twchte. Er orzöhlte mir
von Dir, von Deiner Mutter und versprach. ralph bei Such
einzuführen. I^r .sprach von T)lr mit mehr Liebe als er von
seinen eigenen Kindern sprach; Ja, er gestand, dsss Ihm
nichts Lieberes geschehen könnt© als Dich zum Sohn zu
haben, dass er aber alles unternehmen würde, um eine
zul^nftlge Verbindung 7.wlsohen Dir und Gertrude zu verhüten^
Er sacte, dass sie nur an sich dichte, für niemanden auoh
nur das leiseste Empfinden hebe, und Dich nur an sich
binden wolle, well Du ein Millionär seist. Dann pe stand
I I
27
er mir inlt grosser echter Verzwelflunß, dssB Crertrude sohon
als Junpies Kind ein sohreokllohee Verbrechen zu begehen
▼•rsuoht höbe^ nflmlloh einen Mordversuch an Ihruren Jün-
geren BrÜdom, die sie Ins Wasser (blockt hatte. Man habe
nie e-^ vrirkllch nachweisen können, dasa es absichtlich
geschehen vrar, er habe versucht es za-J^m imoJre In , aber
es sei Ihm nletljrelunpren.Sle verberge unter Ihrer Ilaske
von unnchuldl^or Schönheit eine maasloso Gier und völlige
Herzlosigkeit tSr v/ar so unp-.lüokllch, dess Ich meine g:e-*
wohnliche Zurückhaltung vorf?ess und seine Hand nehm und
sie küsste. Ich v/äre so g-lÜckllch gewesen seine Tochter
zu sein, Dan v/ar nlr nicht vergönnt, /^n Jenem /ibond wur-
de loh seine Geliebte. Mein Loben v/uruo nun von Leiden-
schaft und Liebe für ihn erfüllt. Ich wurde vorsichtigt
um ihn nicht zu verraten. Ich ptfir/terte durch die Tage mit
ihren Jflichton und Verpflichtungen und e3:>/achto erat am
Abend zum eigentlichen I^benj denn ich lebte nur noch
ih Ihjn. Kr konnte natürlich nicht Jeden Abend kommen^
sein 3eruf, seine Panillo, seine gesellsohdftllchen Vöf^riloh^
tungen erlaubten das nicht. Aber er kam doch so häufig, dass
l*rau J-tfiller mich mit mlstrauischer I-Iiene beobachtete und
hie und da warnende Worte fallen Hess. Das nachte mir
keine Sorge; aber ich hatte das onhelmllche GefÜhli dass
Oertrude wieder angefsnj^^en hatte zu splonioreni dass sie
sichtbar um mich herum v/ar, bis ich entdeckte, dass sie
sich an Frau Müller heranpomacht hatte oline mein ^/Issen.
'• ■•-■"-■■ --^. ■
28
loh fand 3le eines Tages In ITrau >füllers Zlrameri wo die bei-
den zusammen Tee tranken^ und iiiutfi-Bh^zuaümiiieiiführeni als-
45Jöriiftx»fari««BT- Ich weiss noch heute nicht was Gertrudes
Abslohten waren. Frau Malier erzählte mlr^ dass sie sie
mit Prägen übersohüttete und versuchte , herauszufinden, ob
und warum Ihr Vater mich be Buchte • 31e bot Ihr sogar Geld
für diese Auskünfte an,
Jaremann hatte sloh verändert; der— sonst -a^iJbetaeyrs-f^htei
gJjklcMflsslpe y^reci war launisch geworden und oft nloht
berechenbar .Er machte Bemerkungen und Anspielungen, die
je Ine entsetzliche Eifersucht bezeugten und deren Bedeutung
mich tief verletzte. In einer solchen Soene verlangte er
von mir, dass loh Frau Mller wegschickte, da er Ihre
sittlichen Grundsätze verdflohtlge. Er habe von seiner
Tochter erfahren, dass sie versucht habe.raloh mit Jungen
Männern bekannt tai machen, um mich sowohl von Jage mann
zu trennen als auch sich einen guten Nebenverdienst zu
sichelt. In seiner Elfersucht befangen zweifelte er
nicht einmal mehr an der Wahrheitsliebe seiner Tochter,
von der er selbst als Intrigantin gesprochen hatte. Er
hatte eine Unterredung mit Freu Müller, die Ihn aus Sorge
um mich wohl ungesohlckterwelse ersuchtey seine Besuche
einzustellen und andeutete, dass seine Frau von diesen
Besuchen benachrichtigt werden könnte. Jage mann antwortete
1
29
r
Ihr In kaltem Ton, daaa sie es nicht wapen sollte etwas zxx
unternehmen, was sie nur bedauern würde, de er etwas aus
Ihrer Vergangenheit wüaate, dessen Mitteilung ihren
Aufenthalt In Hamburg unmöglich machen würde. Ich hatte
keine Ahnung was diese Drohung bedeutete; loh war so
müde und so unglücklich, dsss Ich mich In mein Zimmer
elnschloss und mich In den Schlaf weinte. Ich ha äste
Frau Müller und besohloss Jagemanna Wunsch zu erfüllen
und ale wegzuschicken. Kein einziges Verlangen war die
alte Beziehung zu Ihm wiederherzustellen, meine Sinne
verlangten mit Leidenschaft nach Ihm, und mir erschien
Preu Müllers zukünftiges Geschick In Jener iNacht völlig
unwichtig. Ich konnte nicht ahnen, dass loh mich unlös-
lich in Schuld verstrickt hatte. loh kann noch heute
nicht ohne tiefste Erschütterung daran denken, dass nur
wenige Räume von mir entfernt ein menschliches ¥esen,
dem ich mein Mitgefühl versagte, einen Verzweiflungs-
kampf völlig allein kämpfte, ein Gethsemane, dass In
einem Golgatha enden muaste. Sin iflenÄoPntlchiiiM'Weafen,
r-
das mir tief ereeben yfBVp und das duroh meine Gleich-
gültigkeit sterben muaste.
Man fand Frau I^ller am nächsten Morgen tot auf
ihrem Bett liee;en. Sie hatte sich mit Rattengift das
Leben genommene Sie hatte einen Brief an mich hinter-
lassen, in dem ale erklärte warum sie nicht weiter
leben könnte. Ihr Name war Therese Mühlhelmer, Sie
30
hatte als Junpe Krankenaohwester auf meines Vetars Abtei-
lung gearbeitet. 31e wer eine gute 3ohwester gewesenj sie
hatte meinen Vater sehr verehrt. Aber sie war Jung gewesen
und hatte den dringenden Liebeserklärungen eines Jungen
Arr.tea nicht wiederstehen können. Ea war die alte Geaohloh-
te» sie war In gesegnete — weloh aeltsaraes v/orti — UmatÄnde
gekommen, hatte auf Heirat gehofft und war auf Kllte und
Unverständnis gestossen. Er war mit einem Mädchen aus
einer anderen Qesellaohaftsklasse verlobt. Am Tage seiner
Hoohr.elt gebahr sie ein Kind In Ihrem Zimmer Im Kranken-
haus, 31e hatte durch Ihre weite Schwesterntracht Ihren
Zustand verbergen können. Allein Im Zimmer und In Ihrer
Angst und Verzweiflung, erstickte sie das Kind, 31e
wurde auf dem Kinde liegend gefunden. Unter den Ärzten,
die mit meinem Vater zu Ihr Ina Zimmer kamen, war auch
Jagemonn, sein damaliger Oberarzt. Nk»«L hatte «p- sie st^F^-jCT
wiedererkannt? Ihre Tat hatte damals und auch heute
nichts für Ihn bedeutet, aber er hatte sie wieder Ina
Leben gerufen, um sie damit zu vernichten. Durch die
Fürsorge meines Vaters war sie damals nicht des Kinde s-
mordes angeklagt worden, sondern nur der fahrlässigen
Tötung. 31e wurde auf J'.wel Jahre Ins Gefängnis geschickt.
Nach Ihrer Entlassung hatte sie In einem russischen Kloster
Zuflucht gefunden/bis sie wieder fähig war zu arbeiten.
31
Endlloh hatte sie eine Gelerenhelt Ihre üankberkelt für
meines Vetera Güte zu zeigen^ seinem Kind alle die Treue^
Liebe und Ergebung zu irldm©;|^|^41e sie dem eigenen nicht
geben konnte • 31e glaubte, dosa sie damit Ihre Tat sühnen
konnte. Aber, so sagte sie als Letztes In Ihrem Brlef|
Gtott Hesse sloh nicht betrügen; er wolle sie nun mit
dem strafen^ was für sie das Grauenhafteste und Uner-
träglichste sel| In dem er mich vor Ihren Augen verder-
ben lasse I well sie das Leben Ihres eigenen Kindes ver-
dorben hotte ♦
Des v/eltere welsst Du. nein Freund, Ich war durch
lange Zelt wie umnoohtet; loh wollte nicht leben, Ich
konnte die Schuld, die Ich durch meine leidenschaftliche
Liebe zu Jcgemann auf mich geladen hatte, nicht ertragen.
Aber allmählich wurde Ich ruhiger und war schliesslich
bereit wieder In das Leben zu treten. Ich sah Jogemann
noch ein einziges Mal. Er wollte sloh mir hoffend und
liebevoll nähern - mein Herz schrie nach Ihm, aber loh
sohlcltte Ihn fort - auf Immer. Ob ich meine Schuld ver-
büflst habe —Ich weiss os nicht. Du sollst aber wenigstens
Dich frei entsohllessen. ob Du mit mir Dein Leben teilen
willst.
I»
In Treue
Irene
32
Der zweite Brief
"Lieber MaXt treuer ?round^
loh lege nun mein Herz und meine Seele In Deine HÖnde^ mit
diesen Zellen, die sllee sind was von mir geblieben Ist.
MaX| lieber Max^ verzeih mir, dass loh Dir den 3ohmerz
des Abschieds zufüge —vlelleloht kennst Du mir verzeihen,
wenn Du daran denkst, dosa Trennung von einander unumgflng^
lloh Int, da 8 3 es nicht darauf ankommt, ob es heute oder
In 50 Jahren lat und nur, ob man das Wesen des gellebten
Menschen In sich aufgenommen hat. Ich möchte Dich trösten
und von Dir getröstet werden. Du bist der einzige Mensoh,
der mich damit versöhnt, dass es ein Leben überhaupt
gibt* Warum denn kann loh nicht bei Dir bleiben und mit
Dir leben? Du musst mich vorstehen, der Du meine Oeschlohte
kennst. Wir haben so viel und vertraulich miteinander
gesprochen, und Du kennst den besten Teil meiner Per-
sönlichkeit. Aber mit Dir würde auch der verworfenste
Mensch ein Stück göttlicher Natur zelpen. \'füB an mir
schlecht und verworfen Ist, hast Du nie zu fühlen be-
kommen. Vielleicht auch hat es nur existiert als Spie-
gelbild eines anderen Menschen, der auf Immer den
Stempel des Besitzes auf mich gedrückt hat. Denke an
Freu Müllers v/orte, dass Grott sich nlcli betrügen iSsst,
selbst wenn wir Menschen Erbarmen empfinden. Ich welsa
I I I i
33
Du hast Erbarmen mit mir/ aber loh finde nlohta In Gott-
dle entsetzliche Schuld muga/ gteaühnt werden. Ob ea
Thereae Müllers Tod -oder lrp:end ein Tod Ist- loh rauaa
dafür bÜaaen, und loh kÖnnto ea nicht ertragen von Neuem
durch Wochen und Monate entaetzlloher Gewlaaenaqualen
zu leben, loh hatte pehofft, daas Du mich retten könntest,
daaa unaere Li«be, unser Vertrauen ein Bullwerk daf^egen
sein würde — aber loh welaa nun sicher, daaa ea diesen
Auaweß für mich nicht s^lbt. Ich kann Dein Leben nicht
zeratören! Ich welaa, daaa Ich Jagemanna Eigentum bleiben
werde, Immer mit Ihm In Schuld und 3ünde verbunden und
Immer, Immer nach Ihm verlangend.
Mein llebater, liebster Max, Du wKreat bereit mich
sogar unter dleaer Bedine^ng zu lieben und zu stützen -
•b«r Ich bin nicht fähls mich selbst zu ertragen, dies
abgründige Schlechte In mir, das keine Erlöauns duldeti
loh kann die HÖlle In mir nicht dulden— -'die Liebe aber
Ist die Stärkate unter Ihnen,' das Ist mein Troat In
diesen letzten Augenblicken ~ Deine Liebe wird atark
sein und mir verzeihen. Du Guter, Du Lieber, leb wohl,
loh nehme Dein Bild mit mir, Dein LScheln, Deine Grossmut.
Adieu
Irene "
I I II
7
34
Günther aess ©in Penaten und sohpute auf den ver-
schneiten atmen Platz hinaus. Er hielt die Briefe,
die er golesen hotte, In seiner Hand, er hatte seit
Stunden so reaeagen, fest ohne aloh zu beweren. Noch
dem ernten fast wlldon Gefühl von Abacheu, Empörunc,
Zorn und einem fiOtt, körperlichen Widerwillen, war all-
mählloh eine Reaktion elnpotreten. Er hatte nun keinerlei
Smpfinden mehr, er konnte ober auch nicht denken. 3o
905S er und beobachtete den Lichtschein, der von der
öeslsterne über den 3ohnee fiel, seh die wenlf-en Puss-
päneer elllcat den Platz Übe räch reiten, hörte das Geläute
elnea verspäteten Pferdesohllttena, und folgte mit den
Aupen einer kleinen schwarzen Katze, dl© vorsichtig und
latlioa In den alten Fusatapfen der FHiaagänprer elnherschllch.
35
I
3©^
Langsam erlÖaohten die Lata man ♦ Es wurda kalt im Zimmer |
so das 3 er oufötehen mugstOi um das Kamlnfeuor wieder an-
zufachen und Holzsohelta darauf zu werÄen^ Diese Bawepwnc
tat ihm ßutf löste fa^^^^-KÄaijiJf seines panzen Körpers und
vor allem der i^ln^sri die die Briefe umklammert hielten.
Sr schaute auf die Briefe i lepte sie auf den Tisch
und durchquerte einlf.o Male das Zimmer und merkte, dass
er zu denken bejjrann, Er dachte zunächst an Irene, deren
Selbstmord ihn unfraheuarlich erschien, fremd, unver*
ständlich und abatossend. Dobel ober socte t:>twas in ihm,
dass er sich umbrinrten würde, wenn Irenes Brief die ^B)ar^
halt enthielte, die Wahrheit Über Gartrude. hr könnte es
nicht ortraron.wenn seine Geliebte wirklich ein so bös-
artif.aa CTeschÖpf sei wie Irene sie schilderte, Gartruda
w8re sfaom ja an Frau Müllers und damit auch an Irenas
Tod schuld — wenn Irene Recht hätte • Irene konnte
nicht Recht haben, 3s konnte nicht sein —hatte sie
doch auch in ihrer 3ohv/ermut behauptet, dass sie Frau
Mller umf^ebrscht hftte; durch Wochen hatte sie das
behauptet, und es hotte sehr lan^^e (tedauert, bis sie
wieder aus den "Sanntoriura entlassen werden konnte • War
•e denn nicht möglich —Ja sogar wahrscheinlich-- dass
ihr Bekenntnis, das Trofesnor Ja ermann und Gart rüde
In abstossand-unnoralischo Beziehungen und Taten ver*
wickelte, auf krankhafter Einbildung beruhte? Wenn sie
36
x^^x
einmal In Ihrer ümnaohtung sloh mit völlig haltlosen Selbst-
vorvrürfon duroh viele Wochen quälen konnte, so muaste man
annehmen, dess die Anklagenge pen andere genau ao haltlos
i
und krankhaft waren. Dloae Sohluasfolgerung sohlen Günther
überzeugend, und er war nun willens welter zu denken. Aber
er war ao müdG| daas er plötzlich auf dem Sessel altzend
einschlief» Sr sah die eohwarze Katze lautlos mmä, geister-
haft Über den Johnee aohleiohenj unter der Laterne sass
ein kleiner Vopel. Sr hotte seine ?edem aufgeplustert
und hielt des Köpfchen auf die Brust eenelct und schlief.
Lanpaam fielen Schneeflocken auf Ihn hinunter. Die Katze
machte plötzlich einen Sprung und packte den Vopel mit
iMaul und Klauen; sie zerbiss und zerriss ihn, Sie drehte
ihren Kopf nach Günthers Fenster zu^ und Günther sah^
dasfl die Katze Ihn mit Gertrudea lixxßen anblickte. Dann
hörte er einen schrillen Todessohrel.
Günther erv/achte.; seine 3tlra war auf die Fenster-»
bank gefallen, und er hatte dadurch eine kleine Schale,
die einige Itosen enthielt^ heruntergeworfent Die Schale
lag In Scherben, und die Rosen waren entblättert. Er
musste ein Gefühl des blkels, den der Traum verursacht
hatte, bekämpfen, trotzdem war er ruhiger und gefasster
als vorher. Er fragte sich wie [Max ^rÄur- die Hirngespinste Ci.x^^
37
^
V
seine Mutter war mit Ihm befreundet ßeweaen, V/Sre Jaf^emann
ein Mengoh wie Ihn Irene de rateilte, go müssten AGferüohte - AT
Im Umlauf eein. Aber ao viel er wusete,
hatte man nie irfrendetwas Anräohipea aber Ihn c"ohört, mmi vu-Oi^
immer Gutes, Bewundernawerteoj niemand hatte Je eine ab-
trägliche Bemerkung ober Ihn eerasoht« So viel du weiset»
sagte eine kaum hörbare Gtlnime in Günthers Innerem. Er
braohte die Stinme zum Sohweig-enf inden or sich Jacemanns
ernste, vergeistigte Züge ins Gedächtnis rief. Sr dachte
an die Stille, die ihn umgab, an die Ehrlichkeit und
Direktholt, mit der er Günther beceg-net war. Er konnte
nicht zug;eben, dass dieser Mann heimllch^leldenscheften
naohrab. Er liebte Gertrude, und da er sie liebte, mus^t«
sie sut sein. Er welgterte sich afRzufarkennen, dass er die-
selbe BeweisführunF anwandte wie Max, dem er vorwarf, deaa
er durch seine Liebe /geblendet ^isubte, dass ■iPone.o Be-
aohuldlfTungen wahr seien.
V
dass Jagcimanns Veränderung und sein plötzlicher Entsohlusa
nach Afrika zu f-ehen, nichts mit der Itechrioht von Irenes
Selbstmord zu tun hatten und nur zufällig zeitlich zusam-
I
menfielen.
Es dämmerte schon, als er sich endlich niederlegte
und mit dem Vorsatz einschlief, dem Freund rücksichtsvoll
aber doch unweigerlich mltRutoilen, dass er Irenea Geschichte
3
f
für dl© Hlmgeaplnate einer öerafltakrenken hielt, dass er
aber verstände, d&ss I4ax, d^iep Iwfio liebte, Ihr glauben
OUL4J r^«^«**^^
mflaBöi und dass er deswegen sein Roua /(verlassen raflsste,
wenn er dejn iilfmennd nloht zu seiner eigenen Ansloht herüber-
ziehen könnte
Tv ,
39
Vk
#^
Max ßass lange unbeweglloh, den Kopf In dlo Hände ver-
grabeni vor seinem Schreibtisch. Nach der erre^^^nden 3cene
mit O^lnther \^ar er recht eraohftpftt Er fühlte, dasa er
Btt einer Entscheidung gezwungen war, und dass er nicht
Imstande war sie 7.\x machen. Es wör unver0ieftai4hti,da8s die
neubelebte Freundschaft mit Günther eine weitere Belastung
nicht trafen würde. Sr bedauerte schon aufs Tiefste, dass
er Ihm die zwei Briefe von Irene gegeben hatte; er hatte
sie nie Jemandem 6ezel£;t. Es konnte nichts Gutes dabei
herauskommen —wie hatte er so Impulsiv handeln können?
Er wurde sich bewusst, da es Günthers Besuch, Günthers
Freundschaft 4^ ersehnt und berehrt waren, dass er zu
heftig und unklug gehandelt hatte. Mit ungewöhnlicher
Klarheit erkannte er den Grund dieses so ungestümen
Bedürfnisses! Günther hatte Irene und seine Knabenjahre
bedeutet, seine erste und seine letzte Liebe. Er sohfimte
sich, da 3 3 er nicht eigentlich um den Freund geworben
hatte sondern um Irene, oder vielmehr hatte er versucht
In Günther einen mffkw^ tür Irene zu werben. Sr hatte,
ohne es zu wollen, ihm ein Leid angetan. Aber der Freund
wer In Gefahr, selbst wenn es sich nicht um Irene handelte,
niemand wusste besser als I^ax, was Günthers Schicksal sein
würde, wenn er Gertrude heiratete —oder sie Ihn. Er nahm
aus der Schreib tischlade elwm Packe^Brlefe, sie waren
u.^'Aij^u — ^^ .^ : ^
40
9S
In Qertrudea grosser höhnischer Hand geschrieben» Er
fröpte sich €aat verwundert .worum er sie aufbowahrt hritte.
f
Hatte er auf diesen Aupenbliok pewsrteti wo er sie dem
Freund trlumphlGi^#nd zeigen konnte? Triumphierend Über was?--
Über Günthers Elend undANlod^i^ö^^e, Er wusBte was In den
Briefen stand; es waren Immer neue Versuche Max zxx gewinn en,
Max z\x betören» Gertrude versuchte Mddap Mittel* sie war
völlig schamlos In Ihrem Begehren* Ble war oynlsch und
axiorallÄeh- und nahm kein IJoln, In v/oloher i^orm auch Immer
es gegeben v^ar, iviuit« 31o hate allerdings nie ervrähnt, daas
sie mit Günther verlobt wer, dos hielt sie geheim und hatte
Ja auch Günther davon üborzougti dass er es geheim halten
raüsste* Sie machte sich Jedoch über Ihn von Zelt zu Zelt
In Ihren Briefen an Max lustig^ ohne Rücksicht auf l-Iaxens
Freunische ft mit Günther. 31e beschrieb seine unglaub-
liche Naivität und Ungeschicklichkeit, seine Bravhelt|
Vertrauensseligkeit und Narretei, und schilderte andere
Verehre r, doren Vortrüge sie In Einzelheiten auf?^ählte|^
wobei sie nanchmal^^so weit glng,> daon oo Jedem Anstand
wldorffi^ractt» Anscheinend hoffte sie durch diese Briefe
Max zu erregen, seine Neugierde und Eifersucht zu entfachen
sich vor Ihm zu entblössen«
Max hatte kaum je geantwortet} endlich teilte er Ihr
mit, dass er anderwärts gebunden sei, dass es sinnlos
sei Ihm zu schreiben, auf Ihn zu hoffen« 31e glaubte Ihm
y
.U
A ^'i!^^. ... ■ t3""".i
kl
nlohtp bis er Ihr Irenea Neman nannte, dann wurde ale auf
einmal vernünftig In Ihren Briefen^ aaohlloh und freund«
lieh und Bchien sieh für alle9|Wa8 Irene betraf, zu Inte-
resalerent Das war natürlich bevor Max von Oertrudea Rolle
In Irenes Tragödie wusate^ Die Hamburg-er Zeltun^-en ÄriNetm-
rauanten wohl die Nachricht von Irenes Tod gebracht
haben, donn elnl£;e V/ochen später kam ein Oondolenzbrlef
von Gertrude, den er nur formell beantwortete; und dann
kam sehr bald ein neuerlicher Versuch. Max zu eewlnnen«
Der Brief war voller Sympathie für Ihn, aber er enthielt
Anaplelunßen auf die Vergangenheit, auf Irenes Beziehung
zu Gert rüdes Vater und Ihre Ver^ilcherung, dass Professor
Jagemann die Zeltuncsnachrloht g^e lesen habe und sicher
mit Max fühle; Jedenfalls sei er sehr verändert und habe
für niemanden v/eder ein gutes ftoct ein böses Wort mehrt
Max konnte wohl reten.^wer die Zeitungsnachricht dem
Profesrior vor Augen gebr^^oht hatte» Obgleich noch weitere
Briefe Icamen, hatte ale Ihm nichts von Ihres Vaters Reise
nach Afrika mitgeteilt, nichts von Ihrer nun der Familie
wenigstens bekannten Verlobung mit Günther, über den sie
nur wenige und wegwerfende Bemerkungen machte» 31e bat
nun um Kexens Freundschaft, um Antwort auf Ihre Briefe,
Max antwortete ihr nicht» Nun stand er vor der rcntschel-
düng, ob er dem Freund diese Briefe zeigen sollte» Er war
/^
zu müde, um zm olnem iinteohluss zu kommen. Er wollte
^^arton,w,e (Klnthors ^m^^UmS^. Irenes BrlefeH^lÄ^^^
würde, wollte es davon abhfin£flr machen, oh er bereit sei
die v/ahrhelt zu sehen- konnte er sie nloht In Irenes
2Si!S" .:i!!r ^"u!<.^^ Vielleicht ein^ «tärlce,^- 1^^^
. Sr i«iA}e len Freund
GUU.—
E
nicht j
^W '"«t ^/€,t<.
-42-
enjoyed th« friandshlp of eo manj ot ths townspöople^
vi'ös v«ry unu;^ual. Hie lov« for Rachel may have
helght ened hls sensitivitj ; h© feit a dlstrust, a atrong
dlslike for Matthias that ho hiiaself fölt was not quitö
rational. He falt safer when Llatthias left the icland
agjain to attend to his husindsB,
He did not know^ howover^ that Matthias and
r?achdl had an underatanding that the young sailor would
return to R. within a week for a tryat^ on the granite
rock which he had bought. This property was located rather
cloae to Jephthah's; only a wooden bridge acro$:ö a narrow
inlet of the aea separoted thom frosi each other# Thd
laoon was almost füll and bathod tha lovera in its silver
light* Thay lay in aach othor'ß arsis^ kiaced, and forgot
tima and space«
Jephthah^ had to attand a town maating that night*
(Rachall of coursa, had known of hie abssnce and had
takan advantaga of it.) Old Anna balievad her in bed
long 8inca#
Tt was lata whan Japhthah hurrlad home^ Crosaing
the bridga he noticad the shadows on the rock; ha
recognizad Rachel and called to her to coiua home# Matthias
Jumpad up and Japhthah saw him in the light of the moon
looking like an evil^ pale ghoat^ bat it was a faw momants
i I
-^3-
before he could really iddntify hlm* He aBked the young
people to follow hixu but then hö waitad &il«intly and made
them precedo him Into the houöe, With a commandläg ruther
than inviting gooture he indicated Tor them to atep into
the parlor» Mvhich in his houso was soparated Xrom th»
kitchen.
Rachel facod a Jephthah coaiplatoly unknown to her;
he had alv/ays baen friendly and Idndly^ not only with her
but with ev'üfryone. Now ha was angry and bitter, frowning
and glowering at them* Hiß deej^aet black eyes glared
with an expreseion of violent hatred at Jlatthlae.
NeverthelesQ he was so mach in control of hiiaaelf th&t
he spoke calmly, if coldly and unapproachably* Hia
words therefore appeared the harder and the more offensive •
He called the young man a sneaking rascal, who broka into
hiß house and tried to steal the young gi^lf ^^o ii^d no
knowledge of the world. Ee accuaed him of having iiisused
the hospitality and trust of the Island people; ha forbade
hirü to approech Rachel in any way, othonviso hc \7ould laake
use of his right to shoot him down for breaking tho peace
of hia home. He did not even penait üatthiaa to Juatify
himaelf , to explain his actions and his interitione, so
sure was Jephthah that ho was dealing with pure malice
and evil on Matthias 's part. He orderad him out of his
house aiid taero waö nothing left for Httthias but to obey.
£ince hiß seinrice on tho «hale he had nevar feit so
mmmmmmmmmmm
humiliatdd«
17
As »oon as Matthias had left^ Rachal ran to h«r
bedroom whera she threw herßalf on her bed crying as if
har haart would break:* Sha was ihfWJked and pussrAad at
tha saiua tlma; sha could not undaratand tha raason for
har grandjrathar'a hostlla T.rt^ •^«•-•«mi bahavlor toward
Matthias« Pha was frightaned^ too^ by a savarlty In him
which was coaplataly alian to har» "Svnn aftar Japhthah
had coma to har room and, sitting on har bad, triad to
comfort and raessura har, tha faar ramainad in har haart
and the wish to protact haraalf from him in har aindt
although aha saamingly raspondad to hia affactlon. Fha
was abaolutaly firm in har intantion not to loaa Matthias
9Y^n if aha had to dacaiva har grandfathar.
The naxt morning Japhthah had a long talk with
har, yat ha could not convinca har that har lovar'a
daportmant was criminal or that sha had baan gullty of a
mi8damaanor# Lova in har opinion rightad avarything and
sha was anR:ry and indignant about har grandfathar'a
ausplciona and low opinion of Matthiac^s charactar»
-^5-
Just
J«phthah dld not try to prolong th« argumentj thero was a
n«w developaent in their liv«a that h« had to talk to her
about. At th« meetlng whlch he had attended the previoue
night he had been asked and appointed to represent the
town in a lawsuit in Boaton. Thia meant that he would
probably have to spend a long time away froa» hoffl«.
getting to Boston would take almoat a week. He had thought
that he would leave Bachel with old Anne at home, However,
after the evente of last night he had to make other plan».
He feit that he could not entrust her to anyone on the
Island. On the other hand, it was impossible to take her
with him to Boston. Traveling conditlons were too unsafe,
and in Boston, which he had left so many years ago without
ever revlsiting it, he was not at hoae any more, did not
know where he himself could find accommodations, not to
speak of finding a proper and safe place for a young girl.
Now for the first time h« spoke of racial prejudice to her,
who never had been exposad to it. He was afraid that ehe
would experience it in Boston and he would not be able to
Protect her from it. Thus he had to make quickly a plan
that would deal with the Situation for both of them.
Rachel was aghast* Suddenly she feit self-conacious at
the thought of being conaidered colored. Her grandfather,
in spite of his very dark ekin, was so highly reapected
* ..»■ »■'■£'
■■■---*-
^"*T'^5*»
In the town that she had naver thought of hersalf ae
different from anyone elsa* She Jiad an ivory complaxion
thüt had alwaya bean lookad upon by avaryona as a
parttcular part of her baauty* Now aha suddanly falt
insecure bacause of it — not accaptabla^ almost dirty -•-
and now aha hated the old man whosa fault it vras that aha
was not whita llka all tha othars and so imhappy bacausa
of hiß hataful bahavior egainst her lovar, who in this
naw light saemed avan more desirable and worthy to tha
confusad young girlt
Laft alona for sevaral hours^ sha thought only of
maans to maat Matthias again. Sha had to think up a plan
that would satisfy har grandfathar in his concarn for har
and at tha sama tima giva har har chanca. Sha suddanly
had tha right idaa: a formar school friand of hars had
married a young wall-to-do man on tha mainland^ in ona of
tha coastal towns of Meina. Sha had racaivad lettars froa
this friand I now Mary PlaasantSi with invitations to coma
and Visit har any tima it was convaniant# Mary had a
larga housa and offarad har and old Anna aach a room for
as long as thay wantad to stay» Rachal had had no
intantion bafora of availing harsalf of this invitetion*
But now it appaarad to har lika r godsand» Sha immadiataly
ran to inform har grandfathar of this opportunity^
"X-
^ ^ - . Ju ^im.,.. ■ ^ >Iu^JmA.VaÄ«4 t A lAilk-AÄ &kV
-47-
stresßing the frlendship with Mary^ the reliability of her
husband^ and her certainty of being welcome and protected
in their houset ßhe assured Jephthah that ahe would do
everything to please him and convince him once more that
he could trust her. Her only wish was not to disturb and
worry hini| partlcularly at this moment when he had so many
Import ant things on hia mind. Jephthah was deeply moved»
He accepted her plan and added to it the proapect of
Coming back to fetch her as ßoon as he had established
himself properly in Boston. Rachel was cheerful again^
sang and laughed and pr epared for her Joumey*
Jephthah was happy and grateful and only reproached
himself for his foolishness^ that he could have believed
his Rachel in danger; she was so young and good and the
incident with Matthias had been not hing but a fleeting
moment of infatuation. He did not have the slightest
suspicion of hiß granddaughter 's deception.
There was a young f ellow in town who was a particular
friend of Matthias 's. Rachel met him secretly to give
Matthias a message. Matthias anchored not far from the
Island and he and Rachel met again^ though only for a very
Short time, at a place where no one could see them. Ther«
they made further plana to see each other on the mainland«
Matthias promised to send her a message as soon as he was
% . t* .-( _ -j
4
I I
-48-
abl» to Visit tii» town «liera Raoh«l was going to etay.
Aftar awcaring eternal love to aach other they partad.
Rachal was affactionat» with Japhthahj sh© was aot
rasantful any raora; tha hatred ehe had falt for her
frandfatbar had vaniehad; instaad, aha triad to ward off
8 faaling of guilt by talling heraelf that avarythlug
would tum out well even if ehe had to deceive Japhthah
for 4u8t a Short time until she and Matthias wäre narriad.
Than her ganaroue and good grandfathar would laam to lova
■atthiae aa aha did and would easily forgiv« her. Howevar,
now and than whan aha thought of parting froa Japhthah
aha had to fight hack har taars and sha reproachad harself
for baing dapravad and not worthy of hia lova. Onca evan,
ovarcoma by thia deaparata faaling, sha ran into his room
to confasB avarything to hin and to iaplora him not to
laava har bahind but to taka har iomadiataly to Boston
with him, But sha found tha room a:;pty; Japhthah had gona
out» and whan ha raturnad aha wa» calm »gain, laughad and
amuead him with har chattar and did not think again of
tha momantary impulaa to throw haraalf on hie marcy,
Svarything was going to ba all right.
Matthias 'a dasira for Rachal bacam« tha aora iatansa
tha graater tha obataclae to tha satiafaction of this
dasira. Ha hatad tha old Nagro with a violant paaaion.
^ j^^g^^g
.49-
and 76t hd anvlad Rachiil Ixis lova and hia oonoarn for har»
Ht anviad har aecura and protactad Ufa; thls bacama to
hli&i who navar had Jcncvm such paaca and lova^ only a
challanga to Invada it. For savaral we^ks ha livad In
his fantaslaa of poaaasaing Rachal^ almoat burnlng with
paaalon and loslng Intareet in avarything alaa»
FlnalXy Japhthah and Kachal and i^nna croaaad tha
bay and Pachal and old Anna wara astablishad at Mary*6|
Japhthah contlnuad on his Journay to Boston« Tha aaparatJon
from his granddaughtar v/as very palnful for tha old man;
ha almoat could not control hia taara. Kachal harßalf
was torn batwaan har lova for hlm and har OYerwhalming
daalra to hava him gona that aha mlght maat ^latthlae aa
eoon aa poaalbla. ßha was afrald that sha could not
contain har lova ax^ longar; aha had to ba v/ith Matthias 1
had to ßatisfy har sanaas by hia physical presenca^
otharwisa sha falt aha would Just burat and dia« Thus
as aoon as har grandfathar %aa aafaly on his way« sha
alippad out of tha house that vary night to maat Matthiaa
on his boat« Sha stayad with him through tha small hours
of tha night almost until dawn« Than in tha uncortain
ahadows of tha vaniahing night aha raached Mary*8 houaa«
Tha had laft it aft ar avaryona had gone to bad and had
prudantly laft tha backdoor opan* Ünnoticad by anyona
-50-
she return^d to har room and bed and was Btill sleeplng
whtn old Anns came in at nlna in tha mornlng^ wondering
about her not baing up and aroiind# Sha mada up a story
about not havlng bean abla to fall aalaap bacause of har
worries for Japhthah on hie long lonely trip; but secretly
ßhe mado up har mind to avoid any suspicion naxt tima by
gatting up at har usual tima in apita of tha night apant
with Matthlaa in tha paesionata ambracea of lova.
Everything alsa bacamö meaninglaaa to har; sha want
through tha motions of aocial ralatioxiahips^ baing a
friand to Mary^ a plaasant guast to har husband and aa
usual to old Anne* Only those hours countad which aha
apant with her lover* Sha looked pale and vary delicöte
becauee of her lacfc of slaap; avaryona asBumad though^
that the Separation from Japhthah was responaibla for it.
Rachel scarcely aver even thought of Japhthah.
Her life seamed to be without past or futura and was linked
to those nichts when ehe could be with Matthias, At first
he also was possessad by his longing for her* However»
once he had satisfied his appetites and saw Kachel
comi letely devoted and submiasive to every whim and wiah
of hisi his ardor gradually diminishad« This always
happened to him; the storm of passion Just subsided* He
had hoped so much th^t it would be different this time*
\~-^ --■■ •*^'- ■ - .M^..
-51-
H« feit hlmaelf gatting tirad of Rach«l. ßiiico ha waa not
in love with her any mor© he etarted to feel bored with
her and rea«!n"bered hls skipper's warning not to get
permanent ly involved with any woman, aince this would meke
a man who was married to hiß boat and the »ea Imprudent
and put hiffl in danger for hls life. He therefore uaed hiß
busineas obligatione as an excuaa for leaving but promlsed
to come back in a few weeks.
Rachel in the meantime had received aeveral lettera
from her grandfath^r telling her of the progr»«» of the
lawsuit and trying to console her for the long Separation.
He agaln promised to come for her as soon aa he had found
an appropriate place for her to atay. He mantioned
eeveral colored fawilies who had opened their houees to
him and stressed in particular that he had met the sou of
one of the f amilies who seemed to be educated, gifted, and
very attractlve. He indicated that this young man could
be c onsidered as very eligible as a future hußband for his
Eachel. This place of confidential news frigntened her
very much. What if her grandfather caaie for her before
Matthias returned? How couid she teil him what had
heppened between them; yet how could she follow him to
Boston, where he would purau« hie plans to wed her to «
man whom she did not even want to meat? She only wiehod
^yrr- -».-r:;-r
kX^L^.i^ki •» .A.«jMwy JC. ...BMlAk..
• ^i^ll^OlAV'
-5i^-
ITatthlas would com« back* She eoon diacovered that she
höd böcome ^ragnant. Thie boand h<ir ev«n mora closaly to
Matthias and made it imparativa to sae him bafore Japhthah
could put any of hia plana In effact»
Matthias arrived indaed bafora Jophthah and laarnad
at thoir flret sacrat maatlng of T^achel^s condltlon* Ha
falt trappad* Evan during his ßhort-llvad infatuation wtth
tiar^ avan at tha paak of hia paesion^ ha had navar aeriously
considarad marriaga with har. His dasira for har had
wtakanad bvbh beforo ha laft her; prägnant, sha now bacama
rapulslva to hlm* Ha had loathad prägnant woman from way
back; ha suffarad an almoat physical abhorrance that
incx^aasad to ravulsion in Röchal*s casa^ In addition, aha
was a Nagro evan if sha did not appaar colored, and nothing
was furthar froia hie xaind than to bacoma tha fathar of a
Nagro Childs Mixad with thia intanse avaraion was faar
of tha old Nagro Japhthah, of his ravange for tha disgraca
and dagradation of his granddaufjhtar* Ha would not ba abla
to ahow his face on tha islond — and hia property waa thara,
his granlta* His graad for granita was immensa; ha wantad
to buy mora and laora* Ha wantad to invast all hia aavinga
in it, sinca ha foreoaw such unlimitad usa for it in tha
futura* And all thasa hopas wara to ba daatroyad just
bacausa a spoilad and inaxpariancad girl, a colorad ona to
-53-
did not övan kjxow iiow to maüe lovo| th« tav^rn m^idb öJod
the laarriöd women wer« »ore satißfying aad vt^ry auch mor«
convenlant. H# had to find a Solution to free himaalf
from her — and a Solution he foundJ
Rachel had not the slighteet doubt of Matthias'©
love for her; no suspicion dampened her joy in belng ^ith
him» He was able to hide from her how much he wiohed to
get rid of her. He ahowed hirjself attentiv^ and affectionate
and begged her to trust to him everything that had to do
with preparations for t;heir future* Ke admicted that they
had to act quicKiy and promised to tall her at thelr next
meeting all the v/oriced-out detaila ot his plan. Shortly
after he liad gone^ ha was able to thinJc v^^ry clearly» and
when he aaw her the next night he cozamunicated to her hie
definite intentions — at leaat the part that was acceptable
to her. He insisted on marrying her as soon as poaaible.
Howevert eince here ehe wouid need her grandfather'ß
consent I they had to get away to anotner ßtate. If
Jephthah came back and discovered her in her prägnant
condition there v/ould be hell to pay. They would have to
get married aecretly and he^ Matthiaa^ knew trxe place
where it could be done. He had frienda there, no queatione
would be aiBked about where she came from or her age, since
■ lilüii^fc^aai la^a i»
k..*LjLX —-»•*» .- ^ _ ^ -^ ■ .«j..
II
«.^/u»
^y*^^
ht w«0 w«Il known th«re and truat«d# Ono« th«y wer«
»arrltd, h«r grandfathar would aceapt thmm^ aapacially
alnca aha was going to hava a child» Now, though^ thay
had to act In parfact sacracyj nobody muat know of him and
hia ralationahip to har yat« Thay would taka advantaga of
Japhthah*8 iiitantlon of lattlxig har coma to Boaton» Bha
would recalva a lattar seetningly froa har grandfathar
talling har to taka tha coach to tha naxt largar town^
about a aix houra* rida away# fhara mhm would ba mat by
frlanda of har grandfathar *8 who wäre to ascort har to
Boaton« Sha waa to laava by tha naxt coach aftar racalpt
of thla masaaga« Rar grandfathar would axpraea hia ragrat
for not balng abla to maat her himaalf ^ alnca ha would ba
datainad by hia businaaa« Aftar Rachal arrivad at tha inn
sha waa to laava to maat Matthias on hia boat, which would
ba aioorad at tha barbor« Bha had to ba vary careful not
to ba saan Coming aboard# Bar trank with all har clothaa
had to ba laft at tha inn in ordar not to arouaa auaplcion«
Kobody would aaauma that a girl who waa planning to run
away would laave all har finary bahind« Thay would aail
tha aama night. Sha would hava to atay hiddan in hia
amall cabin and ander no condition ahow haraalf on dackf
alnca aha muat not ba s^nn bafora thay raachad thair
daetination» Ha was afraid tha Journay night not ba vary
-55-
comfortable for har^ but once athor* again averythlng
would ba «ond ar ful«
Bachal accaptad avarything and waa ao happy about
tha liapandlng marrlega that it was not avan difflcult for
har to IIa when tha fakad lattar arrlvad« Evarythixig
workad out as plannad and har frlands and old Annai
thlnklng that Rachal's radiant Joy waa dua to tha proapact
of being soon raunitad with Japhthah, wara vary happy with
har» Sha laft by coach aa plannad and arrivad alx hours
latar at tha appolntad placa^ wfaara sha took a room at tha
Goldan Star« Toward avening^ \vhan the dark sattlad ovar
tha town and averythlng and avaryona lookad shadowy^ sha
laft tha inn^ making a polnt of talllng tha landlord
that sha waa going for a twalk to taka tha alr« Tha Izm
was closa to tha harbor; it was aesy for har to find
Matthias* 8 sloop« It was suppartima ax>d thara was nobody
around so sha cama aboard without baing obsarvad by anyona»
Onca on board tha sloop and out on tha aaa Matthias
could aaaily have klllad har; yat this thought had navar
occurrad to him* Ha tihb a practical man and had thought
up a watartight plot# Thay sailad southward« Tha Journay
took a long tima and was e naw and hard axparianca for a
girl who was usad to a comfortabla bad and wall-cookad
food. Thay livad on aalt peric and hard atala braad; only
-56—
raraly dld Matthias cook soma fish; thay alapt on woodan
blinke covarad with a thin blankat. Bha was saaslck and
auffarad from morning sicknaßs» Sha loat walght and har
radlant fraehnasa fadad but sha andurad avarything
chaarfully^ chattaring gaily about thair futura Ufa
♦•ftthar and Matthias had to mustar all his aalf-control
not to loea his patianca and shov; his raal faalinge* Ha
pratandad to ba concarnad for har and tharefora to avold
saxual Intimacias. Only onca^ during tha night bafora
thay raachad thalr dastination^ dld ha glva in to a suddan
passionata Impulaa and lia with har« Otharwisa ha had
tralnad himsalf to think of har only as a Nagro glrl» a
prägnant Nagro glrl^ who was a piaca of marchandisa vary
much In damand on tha markat of tha Southarn town to whioh
ha was sailing. Tat ha could aalva his consciancai Just
aa ha had dona aarliar in tha casa of tha Nagro ohildrani
by talllng hlmself that ha had navar forcad har to coma
with him — that sha had coma to htm on his boat of har own
fraa will*
As thay sailad along tha southarn coast Rachal
baskad in tha sun and was dallghtad by tha warmth and tha
aubtropical vagatation« Thay moorad tha boat in a amall
cova, a natural harbor whara only vary faw boats wara
anchorad* It was difficult at flrst for Rachal to hold
^ -■--' -■■■ *- — *•- - '■ - ^^
-57-
h«r balanct on land, bat aoon aha was abla to walk eacurely«
Matthias took har to an ampty hall whlch lookad lika a
markat« Ha aakad har to walt for hlm whlla ha lookad
for hia frianda» Ha appaarad agaln accompaniad by a man
and woman who lookad llka farmare. Matthias murmurad an
indlstinct introduction and tha ooupla lookad atarnly at
Rachal« who^ smiling^ expactad a smiling raspon&a, ßha
falt frightanad becausa thara was no smlla and no walcome,
Thay spoka to Matthias^ not to har^ in low voioes in a
languaga that aoundad lika English and yat quita foraign;
Fachal could not undaratand what thay wäre aaying* Bat
8ha did not worry: aftar all Matthias was with har and
ha would taka cara of averything« Thay thay walkad to a
horaa-^drawn cart^ a primitiva wagon^ whlch was uaad to
tranaport cattla and farm producot Mitthlaa axplainad to
har that sha was to climb into tha cart and driva to tha
farm paopla'a housa« Ha had to fetoh tha miniatar who was
to wad tham in a small church on tha bordar oJT town and
ha would follow har immediately« Bachal did as sha was
told and tha woman sat down by har and hald har arm« Than
Matthias and tha farmar steppad asida and aha could aaa
that tha man handad a bundla of bank notaa ovar to Matthias*
Whila tha farmar climbad on tha cart and took tha raina
and tha horaaa Start ad moving^ Rachal lookad back at
-58-
Matthiae wlth love, trust, and happlnase in har oyaa,
Matthias waved to har chearfully. Thia was tha last
imaga of him that eha ratainads ha stood thare in tha
sunlight and wavad to har.
Not>ody at homa avar haard of Bachal again, Yat
of Matthias tha island R. saw and haard a great deal. Ha
bought mora and nore granita; tha money that ha racairad
for Pachal was invasted in the roclcy ground. Aftar soma
tima his Vision of tha great importanca of granita wa«
raalizad. Ha bacame a very waalthy man.
Japhthah did not know for a considarabla time that
Rachal had diaappaarad. Nor did old Anne and fiachal's
friands hava any inkling of tha truth. Thay baliavad her
ßafe in Boston with har grandfathar and did not avan wondar
that thara was no maesaga of har arrival, aasuming that
Japhthah and Rachel wäre too much praoccuplad with
thanselvas and thair naw eurroundinga to find tima to writa
80 aoon. Tha ownars of tha Golden Ftar did not give tha
alarxn bacause thay wäre afraid lest thia incident hurt
the reputation of thair establishnient. Thay waitad awhila
for har to ratum and than, convlncad that aha had run off
— it was not too common a thing for a young woman to
-59-
traval without escort — th«y kept thelr own counsel^
comptneatlng themselves for tha food thay had aorvad her
with the trank and Its content i abandoned by the young
girl. For thla reaaan^ toO| thay kept quiet*
Jephthahi foraaaelng an aarly and to hia litigatlon
in Boaton ^ plannad to aurprlaa Rachel by an unannouncad
return« Howevari In apit« of all hia hurrying aeveral
weeks paased before he was able to Start his Journey homa
and raach the houaa of Rachel *8 frienda« Shock and
ccnfuaion followed hia appaarance when it bacame clear
thöt tha young girl was neither with her grandfather nor
with old Anne and her frienda« Japhthah laarned about the
letter which had called Rachel away* Too mach time had
paaaed for the coachiaan of the atagecoach to remember
where the girl had gottan off« There wtre quita a faw
atopa on hia way and nobody remembared her« Jephthah
waa desperate I he could not find any explanation for what
had happenad«
Strangaly enough, he did auapect Matthias but ha
could not comprahend tha reaaon for the faked letter and
Hechelte complete diaappaarancai if it waa a matter of
aloping and gattlng marriad, even if it waa done againat
hia wiah« Knowing hia granddaughter ^a attachemant to hia
and to her home he falt quite sura that t^ now aha would
-60-
r
t
»
havo ratuxned to asJc for hie f orgiven.aa . Th« Pleasantees
•wore that Hachol had not mt aa/on« without their
knowledg« and nobody had aeen Matthias around duriag the
tlme in queetion. Japhthah tried evarything in hls power
to traca Rachel, but all in vain. Aftor weeka of terrible
worry, paln, and auffertng the newe was th© sam«: thare
was no trace of Rachel,
Japhthah returndd to the Island a broican man. He
Indifferent to the praise and appreciation of hls
Community for the splendid reeults he had obtained in
their behalf in Boston. The news of Rachel 's disapi earance
caused a great daal of horror, «rief . and compassion for
the old Negro, but he withdrew into himself. He was
terribly alone. He did not aven keep old Anne wlth hin.
He paid her well and sent her away. Sxcapt for a naighbor
who cleaned his house, ho took caro of himself.
At the expected ti^e Matthias appeared in R. again
and iamediately was told about Rachel. Even he, so auch
more experlenced in the ways of the world than the
lelanders, professed to bo aghast and completely puzzled.
He could not think of angr posaible explanation — "ehe
Just aust have met with foul play,»' he said in a sincerely
sad voice.
He sat drinking with a few friends and sev«flwl
-^
"^'H*** I ^ M*^
-61-
other man who wera nawoomex^'ö to th« Island; thay had com«
from far away, big strapplng ftllowa who impreBsad th*
youngar crowd by thair graat strangth and thalr loud
indapandant bahavlor* Thay looicad lika paopla who had lad
a chackarad Ufa and in thair tima had not baan ecared by
anything» Thay ahowad contampt for anyona who did not act
or think aa thay dld{ thay hatad avaryona who waa not whita«
Nagroast Chinaaa, and Indiana; thay avan apat on the tloor
whan aomaona mantionad a Nagro« Matthlaa aitting with
tham liatanad to what thay had to say about Hachal; thay
mada gross drunkan Jokae and rapaated sevaral tiiaae that
thay conaidarad it diagracaful for a niggar to hold an
honorad position in tha communityt
Nobody evar could traca back how and whara tha
rumor originatad that Japhthah himaalf waa involved with
and rasponsible for hia granddaughtar'a stränge disappaaranca#
Waa it poaaibla that Matthias himaalf had plantad thia
saad in tha minda of his drixxking companiona? Or did
soraaona alaa of tha rough and raw group auddanly concaiva
it in hia stata of drunkannaasV Nobody would avar know«
But it saamad so convincing and so simple a Solution to
tha riddla that many wondarad how thay had not thought of
it bafora nowt It would not ba difficult to find a raason
for his doing away with hart Aft ar all^ tha old niggar
II
-62^
had 8tayad away for a long tlme^ much longar than waß
uaceaa&x^y to teka cara of tha Job in Boc^ton« Wae it
raally ao unthinkable that this man» who doted so siuch on
hia granddaughtar that he did not parmlt anj young man to
approach her^ might hava gona too far with her and did
with her what was againat tha law? After all it was an
opan secrat that all Hagroa^ wäre posaasaad hj their
sexual paasionat they luated aftar any girl or woman they
oame cloaa to# Jephthah aiust have had urgee of the fleahi
how did he satisfy tham? Kotody could anawer or deny
thaoa ineinuations« Onca the suspiclon had gone that far»
it went even further, and could no longer he stoi)ped; the
a&aumption waa that Rachel carried the fruit of thia
horrible Inceatuous relationship in her v/omb« The old
nigger could not have riaked discovery of this crirao
againat natura and the commandmönts of the Lord — he
muat have eliminated the evidence by removing his
granddaughter togather with the future great-grandchildJ
^llia great-grandchildl'' they roared» "and at the same time
his own ohild — what a monstroua aituation!" Rachel
would be the mother and at the same time the great-
grandmoth'^r of her own childt if ahe was married to her
grandfataer» of couraei Thare waa no end to the fun they
had thinking up new combinationa of relationships, but
I i
~63-
vith this growlng salaclty thair oonTlctlon elso grew that
Japhthah had oommlttad a crime agsinat hls vanlahQd
granddaughtar«
ilatthlaa raturnad to hls boat unnoticad by anyona
and salldd away aarly in tlxa morning. Nobody evdr laarnad
whathar he was tormented by hls guiltj nfhathar in sleapless
night 8 he saw again and again tha Image of Rachel* 8 lovely
face as ehe looked toin^ard him from that cart that took her
away forevePi wlth her amber eyes füll of love^ hope, and
truat»
VI
Japhthah livad alone in his houae« He took cara
of hia Job8| hie obligationai ha even continued teaching
for a while» Yet othez^ise he seemed ao withdrawn that
hia friends did not dare to intrude^ hoping that as time
went on he would overcome hia terrible grief • His hair
and beard were now completely white | and though he etill
kept himaelf very ereot he aeemed to have to put a great
deal of effort into it, and he had become delicate and
frall-looicing« At night he walked for hours through hia
houae from room to room« He thought of Rachel ^ of the
paet when ahe waa ao tiny that ha carried her in one hand^
of the time of her birth v^hen ahe lay in her mother*a
II
^6^«
arms, an Infant with a head of dark curlß and huge alate-
colorad ayas in tha lovaly llttla faca# Ha tormantad
hlmaalf wlth tha sama quaetiona ovar and ovar: whare waa
8ha, waa aha Btill aliva? Ha doubtad it; aha would hava
found soma way to aand hlm a massaga if aha wara atill
aliva» But If aha was daad^ than somaona muat ba
rasponalbla for it« He could not haliava that anyona
would hava harmad Rachal bacauaa of haraalf • It could
only hava haan aomaona who wantad to gat at him^ Japhthah«
through Rachal« Somaona with daviliah malica and
ilavarnasa had found tha maana to hit Japhthah whara ha
waa moat vulnax^abla; a navar-anding tortura waa infllctad
on hiiQt which aada tha raat of hia Ufa almoat unbaarabla«
Ha wondarad whara ha could hava mada auch anamiaat of
whoaa axlatanca ha had baan ao Ignorant ^ whosa hatrad ha
had provokad without intantion or awarana&a« Ha had triad
to ba good and juat^ but aomatlxaai aomahow^ ha muat hava
committad an arror^ ha muat hava hurt at laaat ona human
baing ao badly that hia ravanga muat ba commanaurata to
tha inJury unwittingly inflictad by Japhthah« Ha triad
again and again to imagina^ to ramambar, yat ha could not
idantlfy anyona from hia paat axcapt for aoma political
advaraariaa againat whom ha had fought in tha war; yat
ha baliavad it vary unlikaly that any ona of thoaa would
-65-
act on hiß hatred after so many ytars# Thua ha wandered
from rooa to room^ rastlesely thinklng^ He had loat all
thoae whom ha had loved# He had loved too well — alwaya
only one alngle person. Par from the paßt rose the dlm
Image of bis mother; suddenly ha could remember her^ he
almost feit the softness and tha scent of her brown skin
and the warm praß eure of her arm©* Then she suddenly
became cold» unmoved by his beggiiig and crying* Feggy^
tha llttle blond glrl^ who later filled hia whole heart
up to that day when his foster father wanted to send him
away — becauaa of Peggy* He was young and strong then»
and though he thought he never would be able to bear the
paln and heartache, he mastered it^ he found Lella and
happiness that almoat matohed that of his earliest memorles«
Times had been so hard^ and Leila was taken from him, but
she left him their Infant son, Benjamin, How much concern,
how much affection, how much äff ort and hope, were invested
in those years! He had been disappolnted when his son
preferred the aea to the scholarly life that Jephthah had
hoped he would pursue, but he also was proud of him, of
his youthful strength, of his skill, of hie inventive mind*
How beautiful the young couple had lookedi Jephthah had
been so happy, so rieh, during those years, rieh not in
maberial goods but in love and in trust in his home# They
^1 ■ ^ »ßm^ w .. ^ _
* W. — u ^4_ * 11 . I :
irä±:.-=i.
-66-
pr«s»iit«d him with the great«8t gift of all: Rachel. fÄhe
had b»en left to him when the tragedy of thoae yettrs broke
upon him» when he had to live through those endless nightß
and daya before Benjamin 's and Caliata'a bodiea were given
up by the sea. It took a long time before he could
acknowledge and accept his fate. He did not bend, thoughj
he remembered the war in which he had been privileged to
partlcipate, and that he also had taken part in the
bullding of the great republic, of freedoia and liberty for
hiß fellow citlzena and for hiaaelf, Others had aacrificad
much, poaslbly even more than he. He could be uaeful still;
a young life was entruated to hie care, a tiny child who,
growlng up, became hie whole present and future. Now she
was loat to him; in a aenaeleaa unundaratandabla manner;
"Just becauae I lovad her ao much," he thought; "but my
love would never have harmed her,** Someone must have used
her to torture him.
He could not let go of theae thoughta and thua they
turned to the racent past, to Matthlaa. Could he have been
responsibla for Rachel *8 fate? Jephthah remembered that
Mary Pleasants had aworn that Hachel had neyer aeen anyone
alone, that ahe aaaociated only with people who -were
frienda and acquaintances quite well known to her friends.
He knew that Rachel was a bit fllghtly and that she was
-67-
pa.alonatt and impulsive, but ah« waa utterly unable to
daceiv« or to lio or evan to think up a very complicated
plan —and it had to be a planned dacaption if Rachal
dlsappeared voluntarily, sh« was not clavar anough for
tlut aithar. But moet of all - what could aha hava gainad
by disappaarixi«? m Japhthah's nlnd. Matthiaa was capabla
of any kind of devilry; he could hava thought up « plot
but not without Rachel 's consent. He never would bellava
that Rachel voluntarlly and knowingly could hava inflicted
auch pain on her «randfather. Ihat reason could hava mada
her run away; fear of hin. to hide froiE him? It aeemed
Inposaibla, eince she knew hia absolute devotlon to her.
and that in the and aha would alv/aya gat from htm whatever
Äe wanted. Aa to Matthias - no evil deed was beyond hia;
only Jephthah could not imagine what Matthiaa oould have
done to make Rachel diaappear in auch a manner that no
trace was left bahind.
Japhthah ramained so preoccupied with thee« questions
for auch a long tima that he was not aware of a change of
aood about him in the Community. If in the past he had
been an ob^Ject of their truat and respect. now there were
rumora and auapicions and gossip about him.
genaration had auddonly grown up that did not know much
about hia heroic paat and hia great work in building and
A naw
-68-
d«v«loping their own town, although many of tham had t)ciexi
his pupil». But for t es« youjig«r paopl« the old man inay
heve b««n too atrlct and too damaading • taachar. Eine»
they, in contrast to thelr parents und grandparants, took
schools fop granted and longad to be frae of any pressure
and compulalon, thay did not faal any such vanaratlon or
raspact for Jephthah aa tha older genaration still dld.
Tberö was, too, tha group of nevly oattled paopl», those
©an who cama from othar parts and who wäre not acquainted
with tha tradltions of tha Island. Thay wera probably
responsible for tha spraading of the rumors that arosa whan
Matthias had been drinking with tham. The compaaaion for
th« old Nagro had changed into distrust fod by malice.
Hla withdrawal from avaryone aupported suspicion. Why did
a man who had bean so much in the public aye in the past
hide now, unlea« to cover up avidonce of guilt? This was
the unofficlal ^Judgmant of the graater part of tha town.
Hla fr lande wer« old and not very active, and they had
dwindled to only a few,
The accusötions and euspicione wäre finally publicly
exprasied in the annual town meatlng» which Jephthah never
once had missed ae long as it had «xieted. Even now in
hie bereavement and grief he did not feil to attend th«
meeting, though he came rather lete. On entering the hall
-69-
he became aware of a stränge and tenii>0 atmosphere • R«
ftlt an alian silance around kirn whan he trled to mak«
his way to tho first row of seatß^ where he habitually
took his place a& one oX th<» selectmen« He found hla
place occupied; all the front ßoats wäre taken and nobody
mado room for him. ßomewhat confusod by thia unexpocted
hoBtillty^ ha aat down on a frea soat In one of the rows
further tack* Then suddenly thore was a murmur and whir
of voicea from the opposlte aide of the room that aounded
llke the furloua humniing of oxclted hornetSt The first
selectman opened the laeeting at once^ but even before he
had a Chance to announce the businesa of the meeting
someone insisted on taking the floor# Tho Speaker was
one of the newconers^ a powerful crude man whoae influence
on the young man and women of the coiosiunity was con£idarable
and who had been one of Matthias •s drinking coiapanlona»
He was Standing up in the consciouaneas of hie power ful
phyeique and his ruthlees impertinence and denouncad
Jephthah openly:
"V/hat iß thiß nigger doing here in the meeting of
white "s^^ilI Brothers I do you want just to looK on when
your aceembly ie being turned into e pigsty? Fowhere
eise would a black baetard be allowed to sit dxmti with a
white man — thie nigG^r who haßt aß all of you know^
^jp-
a.i.^^^i>üi --- ^ r — — "■!_ «■fcAtiia^i lü In
-70-
raped Ms own damned brood and kllled herj Are you Idiots
and coward. ov .eakllngs that you pennlt hl. fco run loose
and to dlrty .your meetlng'/ Throw him out er w. will tak«
care of Mb; wa icnow tor to daal with thaae r.plng swlna,
wa saw It don« In other placas ... end we will do it if
you don't reaove Mm Imniadiataly.«
Jephthah'e cid frianda and the falr-ninded peopla
Of th« assambly Jumpad up «nd eurroundod Mm prof ctivaly,
but ha was not sura whathar tHalr numbar all tcld was
even tha tMrty-ntna it had baan many yaara bafora whan
thay Bignad thair flrat patltlon. Thay urgad hlm toward
tha door and «ceompanl^d tha ßilant, horriflad old «an
to Ma houaa. Thay implorad Mm to lat tham stay with
Mm, to protact hi« againat any violanca, but ha rafuaad.
knowing that thair o^ livaa w.uld ba andangarad. For
tha last tiaia in hi« Ufa ha could protact thaa.
thay finally laft. ha did not avan bothar to lock hls door.
Tha aasambly continuad Into tha night. Japhtha'a
frianda raturnad and triad to fight for raa«on and ordar.
but tha maating becana stormiar and wlldar; no othar topic
but Japhthah was admittad for discussion. Tha old and tha
dacant nambara triad in vain to ward off tha brutnlity
and violanc. of tha groap of nawccmars and their foliowar..
Finally, in ordar to aave at la.Bt tha appaaranca of a
After
■ ijM Maiafciaifcifciaia aiimi ■
-71
denocratlo procadura th«y had to ylald to the m©jorltyj
otharwlso a lynchlng would have reaultad, whlch actually
was what thosa rlolant man intandadj thay avidajQtly had
axparianca in it and quita obvloualy wara dlaappolnted In
not balng abla to axacuta it. Tha assarably accaptad a
motion that ordarad Japhthah to laava tha island within
forty-aight houra, ainca ha was considerad an undaairabl«
alian.
Tha naw moming had alraady dawnad whan tha
salactman who wara cid frianda of Japhthah »a want to his
houaa to inform him of tha assembly'a daciaion. Thay wanted
to aaaura hina of thair lova and loyalty and offar their
halp. Thay ramovad thair capa whan thay antarad his houaa
aß thay did in church. Tha house was quiat and ampty,
their voicaa aoundad hollow whan thay oallad him, Walking
from room to room, Thay antarad his bedroom and found
Japhthah on his bad with his throat cut. Blood coverad
tha white sheet and his white Shirt. The Sharp razor he
used for ehaving his beard lay on the floor. Tha candle
on hie night table was almost completaly burned down; the
holy Bible, next to the candle, was opanad at tha Book of
Job.
Thay buriad Japhthah on the following dayj only •
'•w followed his ooffin to the cametery and threw a few
I i
V^v:
-72-
handful» of eoil on lt. The d«ath ctirtificate showad only
hifi narnft: Jtphthah Ston«, a Negro.
Some yearß paesttd bafore tha nam« of J«phthah Stone
«•0 mantioiiad again on th« Island of fi, When th« small
town cölabratad its fxftieth annivörfcary h© was rdasmbörad
by th« fttir-mind«d msrnbers of the oommunity. Msn and
wooen who gathe>röd for tiiis ovent had baan tiia puplla. The
Petition which had baen instruzaental in eetabliahing the
rights of thfeir town had been written by Jephthah. They
listönad with shaae and eorrow in their haarte when the
text of the petition was read to thani, the petition which
kaA beon signed by forty man and which endad with the words:
*'One of U6 ia a ■•gro."
• • * « *
,-^
JLL
Am näoh 8 ton normen, als
-43-
^-^ ^ , 8«ln Frühstück
-. Bott bracht.. ,ab or .„„eisung „i„e Koffer .u parken
Er wor er«.o „u .„.leiten foniß. al. M., a„ »eine Tflr '
■clopfte. Er betrat da, z^^, „,, .8^™d.r. f „,,,„,„
«lane. Die .™,„ae „.„,,„ einander verlern .e^nflber
"W.™», wiust ^ an, 3*on ao ™,oh verXasaen," . fragte
»■ax. Muas „i.kUoh unser. Freundaohaft ,u«n.nde ,ehe„. „an
Du die Wahrheit nloht ertropen kannst?"
«Inther hatte nooh nicht "Alt pehabt .u antworten, als
«BX eahon die beiden Brl.fe. dl. auf de™ Tlaoh la,en. nah„
und ele i„ ^u Bn..,ttaaohe s,i„ee acckea ateo.te. «tather
sagite mit einer Ifcelfheif -?«« „11
'heimelt, aie all seinen foiten Vorafitzen
zuwiderlief:
"loh tonn in el„e„ „„„„ nicht bleiben, vle Du verstehen
wirst. VC die Ehr. „einer 3ra«t und .eines Wnftleen 3chwle.
fervoters vorletzt wonJen Ist. Ich „flrde „Ich .It Dir
duellieren, wenn loh nicht In B^chnune a.t.te, dass Du
nooh l^r 1„ zustand der r«uer u» Deine B^ut bist. Ich
bin sicher, das., wenn ^ dies, T™,«dle vaille überwunden
/^
H>t^
• Du einsehen wlrat, dasa die Anaohuldlgungen
und Anklagen einem kranlien, Ja unmachteten Qolat entsprunpon
fllnd, da83 sie die Slnblldunsen einer aaraütskranken waren,
die sohon frflher einmal solcho felachen Ankla^on^
aber ^epen sich selbst, Z'-^mcht hat|^. Ich werde nicht
welter an dl'jae traurlpen Olnfte denken, sondern nur daron,
daaa Du fointon haat, und Ich verapreche Dir, deas wenn
Du bereit aoln wirst yDelnen Irrtum elnr.uaehen, Ich wieder
Dein Pround sein werdo,"
30 rauss oa wohl aoln," sacte l'^x traurig, "ein 3ohatten
kann alch nicht verteldl^-en, und ich bin M^^^fcS^nlcht
stark c-enurr^dem Schotten so vlol Kraft zu ßeben, daaa er
lebendig wird und Elnfluag auf die labenden bokonimt. Leb
wohl, Oünthor," und mit lelaor verzweifelter Stlraine fü^te
«r hln7.u, "könnte Ich Dich nur vor Deinem Goachlck rotten,"
is.r wandte sich rasch um, aloor hörte nochAGünthera^
Worte, "Ich nniaa —wie Du den Deinen— mslner Liebe treu
bleiben, Ich habe ea nicht nur Trude, aondorn Gott f-oachwo-
In seiner Bibliothek aa Ichrolbtlr.oh sltaand
Kax Gert rüde 8 Briefe Xn tiolnor Ilnnd; er woß slo li
Hand und dachte dabei an Günthora 3chlck3ol; dann warf
«r Bio mit einer raaohon, unp-eduldlren Bewegune In dao
hall-lodomde Kaminfeuer.
U^lMcc^
vi^'^^j^
A^ I0U6 y^^ f
(> L /V ' i/ o 0 j / 'vy
^ ''/*>* r^^l^ ^ >
"J
asjiiJBBaai
-25-
Chaptar III
IRENE
Es war ein Wlhler feuchter Aprilmorgen. In der Nacht
hatte ea geregnet; noch waren Pfützen auf der Strasse zu se-
hen und der FussgÄngerstelg war feucht. Günther war frtlher
als sonst von zu Hause weggegangen, ohne sein PrtlhstUck zu
Ende zu essen. Er wollte niemanden von der Familie treffen.
HStte ihm jemand zugeschaut wie er fast in Zickzack seinen
Weg verfolgte, so hKtte der Beschauer vielleicht gemeint, dass
er einem bestimmten Inneren oder vorgeschriebenen Rhythmus
folgte. Aber es waren nur die Regenwürmer, die ihn dazu ver-*
anlassten von einer Seite der Strasse zur andern a\is zuweichen.
Nach einer Regennacht gab es so viele Regenwürmer. Es ekelte
ihn vor ihnen, vor ihrer Nacktheit und Weichheit, und der Mög-
lichkeit auf einen Wurm zu treten, ihn zu zerquetschen oder
entzwei zu schneiden. Er hatte auch das ?ischen seit einiger
Zeit aufgegeben, weil er es nicht über sich bringen konnte ei-»
nen Wurm an den Haken zu stecken. 7s war bekannt, dass ein
zerteilter Wurm keine Finbusse erlitt, ja man konnte sagen Im
Gegenteil davon profitierte, da er nim zwei Würmer wurde —
aber das erhOhte nur den Abscheu und das Gefühl der ünheim«*
lichkeit. Einmal vor Jahren hatte Günther mit andern Kindern
Eidechsen fangen wollen. Es gelang ihm auch eine zu erwischen,
exihielt sie an ihrem Schwanz fest \md musste zu seinem Grauen
erleben, dass nur der Schwanz in seiner Hand blieb; der Rest
der Eidechse war in ein Loch in der Erde geschlüpft. Auch an
Ch. III
-24-
dlf 1el«in«n nao1ct«n ifttuse «rurd« «r erinnert, die er einmal
«uf einem Feld aufgesrmben hattet alle dieae Erinnerungen
naren imangenahm und etwaa beüngatigeni* Aber heute bei sei-
nem Versuch nleht atif Rei^nwltraer tu treten, var er mit etwas
anderem besohüftigt, etwas viel BeMngstigenderes» daa er gea-
tem Ton Maxens Mutter gehDrt hatte«
Er hatte heute morgen seine Pamilie vermieden, «eil er
SU sehr mit seinen Gedanken besehXftigt war tind nicht gefragt
werden wollte aber auch nicht in die Versuchung kommen wollte,
selbst einige Fragen su stellen*
Frau Lilienfeld war gerade gestern die Treppe in ihrem
Hause hersuf gekommen, als Gttnther hinunter stieg, nachdem er
Maxens Zimmer yerlassen hatte* Wie isner grUsste sie ihn
freundlich« aber statt der Üblichen Frage nach Schule und
Wohlergehen sagte slet "Deine Fltezsx und Deine Schwester aus-
sen wohl sehr mitgenommen sein von dieser entsetzlichen Sache,
mit Irmgards Freundin* Alle Zeitungen sind voll davon» Eine
sehr traurige \md verwirrende Angelegenheit, in die ao ein
armes junges Ding hineingerit und sich nicht mehr su helfen
weiss* und dann kommt die ganze Meute auf sie su, Polisei lasid
Presse, und zerreisst sie und zerztUokelt sie und IVsst nichts
von ihr ttbrig*** Gttnther war 15 Jahre alt; er hatte biaher keine
Zeitung lesen dürfen« weil Zeitungen nicht für Kinder schrieben.
Br war entsetzlich verlegen und gleichseitig aufgeregt» Er
kozmte Frau Lilienfeld nicht geatehen, dass er nicht wusste wo-
von sie redete, dass man ihn zuhause noch wie ein Baby behan-
". !>*»•
I I
Ch. III
-25-
dtlt«« 81« hHtte wohl darttber gelHchtlt mitleidig xmd ver-»
Mohtlioh» ISr bitte ein GefUhl, als ob tr bersten sollte vor
Neugierde und gleichseitigsA
• 7rsu Lilienfeld t
die mehr alt ihren eigenen Gedanken besohsf tigt war als sonst ^
nahm die Stimsiheit des Knaben als Zeichen seiner ErschUtteruog;
und sagte: ^^ioh werde versuchen ^ Irene in UntersuchungsgefSng-*
nis SU besucheui ich habe ihre Mutter geksnnti als wir beide
,iung waren." Sie legte ihre Hand gans leicht auf Günthers
Schtilter« wie um ihn su trbsten und ging an ihm Torbeii die
Treppe hinauf*
"Also es war etwas mit Irene'; dachte Günther ^ '•Hatte
darxm Irmgard so merkwürdig mürrisch ausgesehen ^ als habe sie
eine MlgrMne^ mit etwas geschwollenen Augenlidern« fr hatte
gestern nicht mit ihnen Mittag und Nachtmahl gegessen^ weil
die Damen angeblich su den Grosseltern nach Wandsbeck hatten
fahren müssen und der Vater in seinen Club gegangen war# Was
meinte Frau Lilienfeld mit ^^zerstückelt" werden
wie konnte
man Irene zerre lasen xmä. nichts Ton ihr übrig lassen ««* war
daa wbrtllch oder bildlich zu nehmen? Sollte er zu Max zu«*
r^ckgehen; der war krank und lag im Bett und hatte seltsam
zurückgesogen ausgeschaut, als ob er sich nicht bewegen wollte«
Er hatte auch kaxim gesprochen« Günther hatte all das dem Fie-
ber zugeschrieben und der Influenza, an der Max erkrankt mr«
Jetzt zweifelte er an allemi Max hatte Irene einige Haie ge-*
aehen, sufMllig auf der Straase waren sie an ihr rorüber ge«-
gangen und GUnther hatte sie gegrüsst« Max war heimlich in
Cht III
•i# Terlltbt« glaubte Gttnthari wtll «r «rrtttet war, als sie
das avtlta Mal ihr bagagnat; waran und aalna A\igan dlaaen faiv
Dan Blick bakonman hattan» GUnthar atand noch imaar auf dar
Trappai sOgamd, ob %t hlna\if** odar hlnuntargahan sollta«
••Uta ar Max fragan ~- ar ftbrchtata aber, daas Max ihm hexita
nicht antworten wUrde; htittar ar ihm doch aonat wohl frei«-
willig etwaa arailhlt» So ging GUnthar nach Hauaa. Er hatte
gehofft, daas auch an dieflem Abend die übrigen Feailianiftit-
glieder nicht dahaia aein wttrden; aber eia kanan xua Eaaan,
aaaaan laihr oder weniger atuaa da^ und beeilten alch , ao
achnell wie abglich ait der Tafel fertig «u werden» Horat
fing an, etwaa au sagen, aber Lina machte ihm ein Zeichen,
nicht fort anfahren, war ea um Irmgarda GafUhle au achonen
oder ua nicht Tor Gunthar die aufrage näa Angelegenheit au be«*
aprechen» Da aie alle auhauae waran, konnte er auch nicht
heimlich aich die Zeitung auaamaenauchan oder In die Küche
gehen, und Minna oder Anna befragen« Die beiden, fCtSchin und
StubenmUchen, eraVhlten ihm gewttnlich die Geheimnisse aoweit
aie aie wusatan* Es war erstaunlich wieriale Geheimnisse ea
gab in der Familie, von denen Günther aonst nie etwaa erfahren
hMtte« Aber ea brauchte Zeit und geachicictaa fJantJvrieren, um
aie aua Sprechen au bringen, man konnte das nicht awiachan
Tür und Angel machen« Heute war man nicht aicher, dasa nicht
Mutter oder Schweater in die Küche kommen würden; aie durften
unter keinen Umstunden Günther dort finden«
Bo blieb ihm nichts anderes übrig, ala in aein Zimmer
» - '^w..
Ch. III
-27-
zu gehen. Er versuchte, seine Hausaufgaben zu machen^ aber
er konnte sich nicht konzentrieren« Er ??ing ruhelos auf und
ab und stand eine Weile am Fenster und scuaute in die dunkle
Nacht hinaus. Schliesslich schlich er sich wieder aus dem
Zimmer heraus ^ ging ganz leise die Treppe hinunter, und auf
Zehenspitzen nftherte er sich der Tür des Herrenzimmers, in
dem die Erwachsenen versammelt waren. Er drückte sich flach
an die Wand und lauschte. Es schien ihm, dass er Irmgard
weinen hörte und ohne sich über äen Grund dafür klar zu sein,
fühlte er eine groc.'se fast beschämende Zärtlichkeit für sie.
"Sie ist doch gut** dachte er.
Herrn Hoyks Stimme kam klar durch die Tür: "Höre auf zu
weinen, Irmgard, ^s besteht kein Grund, Dich auch nur im ge-
ringsten zu besorgen dass Dein Name in irf2;end einer iVeise mit
Irene im Zusammenhang gebracht wird. Schliesslich hast Du sie
nicht einmal sehr gut gekannt. Fs ist sehr bedauerlich, dass
so ein Skandal in unseren Kreisen vorkommen kann, aber verglas
bitte nicht, dass diese Person doch eine Fremde ist^ wenn sie
auch angeblich mütterlicherseits von Adel sein soll* Es geht
doch nicht an^ Lina, dass wir unsern Verkehr auf Kreti und
Pleti erstrecken. Diese Affaire soll uns allen eine Lehre
sein." "Fs ist wirklich kaum zu glauben, wie sich diese Per-
son aufgespielt hat'\ warf Horst ein, "sie hat gtwöhnlich getan^
als ob ich Luft wäre oder als ob sie zu hoheitsvoll war, um
überhaupt einen Gruss zu bemerken und dabei hat sie
ti
'Schweig still" unterbrach der Vater, "Du bist hier in Gegen-
Ch. III
-28-
wart von Deiner Mutter Schwester^ vergiss das bitte nicht 1 "
"Waxnim sie den Namen des Mannes nicht nennen will^ verstehe
ich nicht" sagte Günthers Mutter^ **und warum sie sich nicht
varteidigt^ nicht den wirklichen Grund sagt, warum sie die Frau
Müller umgebracht hat, die doch seit ihrer Kindheit bei ihr wari
Es ist alles so ganz entsetzlich und grauenhaft und \anverstand-
liohj"
Günther httrte nun wieder Irmgard aufschluchzen. Er war
so aufgeregt, dass er am ganzen Körper zitterte und musste war-
ten, bis das Zittern nachliess, so dass er sich zurück in sein
Zimmer schleichen konnte. Irene hatte eine Frau i-üller umge-
bracht und hatte eine geheimnisvolle Beziehung zu einem Manni
eine Jener Beziehungen, die man nicht in Gegenwart von Mutter
und Schwester erwöhnt, über die Schuljungen im Geheimen tuscheln
und lachen und über die Günther immer noch nicht gewagt hatte,
Max um Aufklärung zu bitten* Aber wie konnte man diese Dinge ^
Mord und verbotene Beziehungen, nur slt Irene in Verbind\ing
bringen, mit einer Irene, die am ehestt>n einer Lilie Bhnlich
war. Sie war so zart, schlank und schön und sah Mihi und ent-
rückt aus* Selbst Horst hatte es bemerkt.
Irene Johannsen war in Dorpat auf die Welt gekommen, ei-
ner Universitätsstadt in den Baltischen Provinzen, wo der müt-
terliche Grossvater^ ein Baron von Schulmann, als Professor
der Juedizin tatig \ind berühmt war. Seine Tocher Emanuela war
bei Verwandten in Hamburg zu Besuch als sie den Jimgen Arzt
und Wissenschaftler Johan Johannsen kennen lernte. Die beiden
i i
Ch. III
-29-
ijungen Leutt verliebten sich leidenschaftlich in einander und
d« es dem Professor von Schulmann gerade an einem tüchtigen
Assistenten gBbrach, Hess er JohÄnnsen nach Dorpat kommen und
verschaffte ihm die sehr begehrte Stellung an der Unlversitöts-
klinlk* Johann und Fiaanuela heirateten und lebten viele Jahre
in einer Liebeaehe^ die nxxr durch die Tatsache ihrer Kinder-
losigkeit getrUbt wurde • Der alte von Schulmann starb und hin-
terliess seiner Tochter ein grosses Vermögen und seinem Schwie-
gersohn seine Professur^ eine blendende wissenschaftliche Kar-
riere und eine weit ausgedehnte KonsultationspraxiSe
Endlich^ als Emanuela schon fast 40 Jahre alt war^ wurde
sie schwangere Sie gab einem TOchterchen das leben, verlor
aber das ihrige im Wochenbett. Professor Johannaen ging mit
einer Expedition nach Stld -Afrika um eine dort ausgebrochene
Epidemie der afrikanischen Schlafkrankheit zu studieren* Er
infizierte sich und starb ungefähr 6 Monate nach dem Tod sei-
ner 7rau#
Irene wuchs ohne Eltern auf. Sie hatte einen Vormund ,
der sich darum kümmerte^ dass sie die richtigen Pf le0;er innen
hatte , in die richtigen Schulen ging und engagierte schliess-
lich eine Frau Therese MUller, die gerade verwitwet war» als
eine Art Gesellschafterin oder Duenna für das heranwachsende
Mtldohen. Frau MUH er war ihm von Bekannten recht empfohlen
worden, als eine verlassliche, sittenstrenge, religiöse Per-
son, die man wohl einem Jungen Madchen aus gutesa Hause ziar
Seite stellen konnte, und mit der man ein solches junges Mgd-
Ch. III
«Jo-
chen wohl auch auf die Reiae schicken konnte. Dieser Aspekt
war "besonders wichtig, da Irene nach Deutschland gehen sollte,
vn dort eine ht5here Töchterschule bu besuchen. Man einigte
sich auf Hamburg. Es wurde durch einen Agenten ein Haus in
Harvestehude gekauft und eingerichtet. Irene tmd Frau stiller
belogen es im. Hertöt S^. Sie war damals 16 Jalire alt und trat
In die oberste Klasse der Schule eln^ In der die jungen lÄdchen
mvM guten Hamburger Familien Ihre Erziehung erhielten, und die
auch Irmgard Hoyk be suchte # Irene war still und surückhaltend
und schloss sich nicht leicht an Ihre Altersgenossinnen an#
Sie besuchte jedoch Irmgard einige Msle und lud sie mit anderen
jungen \mdchen zu sich zum Tee ein# Sie wurde von allen benei-
det und bewundert, da sie ein völlig unabhängiges Leben zu füh-
ren schien; jedenfalls war keine Autorltütsperson zu bemerken.
Frau \miler, der die Prundlnnen höflicherweise vorgestellt
wurden, machte eher den T^lndruck einer Untergebenen, die sich
Irenens Anordnungen fUgte* Irenes Vormund lebte auf seinen
Gutem in Kurland, und falls sie Verwandte in Haflflburg hatte,
so schien sie jedenfalls nicht auf sehr intimem Puss mit ihnen
zu stehen. Irmgard, die von jeher dazu neigte ihre Freundin-
nen zu idealisieren, war ganz und gar in Irene vernarrt. Sie
verteidigte sie sopcar Horst gegenüber, der sich durch ihre her-
ablassende Haltung gekränkt und zxirückgewiesen fühlte. Nach-
dem sie nach einem Jahr die Schule beendet hatte, hörte und
sah man wenig von ihr. Nur sehr gelegentlich kam sie mit Irm-
rung
ziitun schien.
Ch. III
-51-
Am 10* April 1886 brachte das Hambiirger Fremdenblatt und
die Hamburf?;er Zeitung die Nachricht^ dass yrÄulein Irene Johann-
sen, Harvestehuder Weg 21^ ihre langjährige GefMhrtin und Haus-
dame mit Rattengift vergiftet habe# Sie habe das Verbechen ein-
gestanden, sich aber geweigert einen Grund dafür anzugeben.
Erst nachdeoa das Hausmädchen bei der Zeugenvernehmting ausgesagt
hatte, dass das Fräulein hSufig am Abend Herrenbesuche empfan-
gen habe, fand sich Irene dazu bereit, eine weitere Aussage
zu machen* Sie gab zu, eine Liebesbeziehung zu einem verhei-
rateten Mann seit einiger Zeit unterhalten zu haben* Er habe
ihre "insamkeit und ünerfahrenheit, wie sie Jetzt wisse, mit
Hilfe ihrer früheren Hausdame ausgenutzt* Eine Mitteilung sei-
nerseits, deren Inhalt sie nicht preiszugeben gedächte, habe
direkt zu ihrem Entschluss geführt, Frau Müller zu töten. Prau
Müller sei eine verräterische Ratte gewesen und habe daher eine
gerechte Bestrafung erlitten.
Die Zeitungen wiesen darauf hin, dass die junge Dame kei-
nerlei Anzeichen von Reue oder Kummer über die Tat zxxr Schau
trüge. Sie wurde als wortkarg, unmitteilsam und unnahbar be-
schrieben. Im allgemeinen schienen die Vertreter der Presse
darüber beunruhigt, dass sie sich weder in einem Nervenzusamr-
menbruch noch im Zvistand tiefster 2:erknirschung befand.
Den Namen ihres Liebhabers weigerte sie sich zu nennen,
im Stt genug Unheil angerichtet hmh% und keinen Grund habe,
seine Familie in Schande und Unglück zu stürzen. Dabei ver-
blieb sie. Auch dem Anwalt, den der telegraphisch benachrich-
Ch. III
^32-
tigte Vormund telegraphiöch fUr sie bestelltet machte sie keine
weiteren Mitteilungen. Die gute Gesellscheft Hambiirgs, insbe-
sondere Jene Hluser, die sich dem Jungen FrÄulein gastfretind-
lich geöffnet hatten, war Skandal isierti schockiert urid gleich-
»eitig heimlich erregt als hatte sie Champagner getrunken.
Es war GAlnther in der Früh gelungen, die gestrige Morgen-
zeitung und auch das Abendblatt zu finden. Er war sehr früh
aufgestanden, bevor noch die JJiadchen auf waren. Er war mit
A(M Gelesenen und Erlauschten beschäftigt \md versuchte zu ver-
stehen, mis die Zettungen nur angedeutet hatten. Er war ver-
wirrt, wenn er an Frau Lilienfelds mitleidige Worte dachte und
sie mit der scharfen Rede seines Vaters oder gar mit Horsts hiss-
lichen Bemerkungen verglich • Er fragte sich, ob Irmgard so ge-
weint hatte, weil sie Mitleid für die unglückliche Freundin
empfand oder weil sie selbst im zweideutigen Licht erscheinen
könnte, da sie aus ihrer Zunei^-img und Bewunderung für Irene
keinen Hahl gemacht habe, Ja sich ihrer Freunschaft wo immer
und wann immer eine Gelegenheit sich bot, gerühmt hatte. Würde
der junge Assessor Jagemann sich nun z\n?ückziehen, wie di« Mut-
ter fre Stern befürchtend erwähnt hatte; würde man sie vielleicht
gesellschaftlich schneiden? Günther trottete zur Schule und
wünschte, dass er ^ax schon befragen könnte; Max, der krank im
Bett lag und gestern ein so leidendes Gesicht hatte* Plötzlich
kam es Günther vor, als ob Max vielleicht geweint hatte. War
er wohl Irenes wegen krank?
Ch. III
-35-
GUnther konnte sich wahrend der Schulstunden nicht kon-
«entrleren. Er wurde mehrmals berxifen und Herr Prof. Meyer.
8€in Klassenlehrer, verlor schliesslich die Geduld mit ihm und
trug einen Tadel ins Klassenbuch ein. GtLather nausste eine halbe
Stxinde nachsitzen. Er sah Prof. Meyer mit so unverständlicher
Miene an, dsss der lehr er ihn schliesslich fortschickte, weil
er sicher war, dass der Junge krank sei.
^3*-
Ctmpttr lY
Dr# von Jagaaaxm
Der faehVrstllohe Bericht Über Irene Johannseae Gesimd-^
helte«* und Geieteexuetend erschien in der Abendauegabe der
Hamburger Zeitung schon am Tag nach der ersten Nachricht von
dem vermuteten Mord an Frau Müller. Das Gutachten war von Dr.
Klaus von Jagemann unterseichnet # In dLesem Gutachten vertrat
der Arzt die Meinung^ dass Prttulein Johannaens Geständnis uod
Selbstanklage kranWiaf ter Natur seien. Er selbst kannte das
Frllulein seit ihrer Ankunft in Hamburg. Sie hatte ihn öftere
konsultiert wegen vorwiegend nervöser Beschwerden, von denen
Schlaf loaigkeit die hervorstechezidste gewesen war. In den
letzten Wochen habe sich eine deutliche Schwermut bei ihr ein-
gestellt, die sich in Nahrungsverweigerung und Vor-sich-hinbrUten
audgedrtlckt hÄtte. Sie hatte oft geweint ohne wirklichen Grund,
hatte aber als Grund Sehnsusht nach ihrer Heimat und den ver-
storbenen Eltern, die sie nicht einmal gekannt hatte , angege—
ben und dem Arzt auch einmal erklttrt, daas sie am liebsten tot
sein möchte. Dr. von Jagetoann war Überzeugt davon dasS| was
auch immer mit der Frau •stiller geschehen wÄre, es sicher nicht
in Irene* s Macht stand oder ihrem Charakter entsprach, einen
solchen Mord zu begehen. Sie hatte keine oder sehr wenig Ahnung
von Ratten- oder anderen Giften gehabt oder wie man aolche er-
langen könntet sie sei eine ;]unge Person, die in praktischen
Dingen völlig unerfahren sei. Hingegen sei es nicht untypisch
Ch. BT
für an Schwermut Leidtnde sioh solch grauenhafter Verbrechen
SU beschuldigen, selbst wenn kein Todesfall sich gerade ereig-
net habe. Unter den obwaltenden Uoisttlnden aber habe sich Frtfu-
lein Johann8en*8 Gemlltserlcrankung durch den Tod ihrer Hausdame
so vertieft, dass ihr Gestllndnis, sie umgebracht su haben, nur
auf dieser Grundlage asu verstehen sei. Dr. von Jageoann fUgte
ninsu, dass er Frau ifttller Öfters als Begleiterin des FrKulein
Johannsen gesehen habe, ihm die Besiehung der beiden Damen nicht
als besonders nahe aufgefallen seij er habe vermutet, dass Frau
Maliers Gesundheitssustand su wtlnsohen tibrig Hesse. Si« habe
Ihn aber nie ihrer seihst wegen konsultiert«
Herr Dr. Rtider, der vom Vormund bestellte Anwalt, hatte
auf Grxuid dieses Gutaehtens den Untersuchungsrichter ttberseugti
dass Irene Johannsen an einer schweren Gemütskrankheit litte
und hatte bewirkt« dass sie aus der tlntersuchuni^shaft entlas«^
sen wurde« Sie wurde sofort in ein Privat Sanatorium ausserhalb
Hamburgs gebracht«
Es stellte sich übrigens heraus« dass Prau MUller völlig
ohne Familienanhang war« Sie schien auch keine nahen Freunde
SU haben« So verlor sich das Interesse an ihr sehr bald und
die Hamburger Gesellschaft kümmerte sich nicht darum« was mit
ihrer Leiche nach der gerichtlichen Sektion geschehen war«
Günther hbrte allerdings von Max« dass Dr« von Jagemann die
Beerdigungskosten auf sich genommen hatte und dafür gesorgt
habe, dass Frau Müller in Ohlsdorf anstKndig begraben wurde«
Ihn rührte und bedrückte diese Fürsorge des Arztes für eine
Ch* IV
-36-
Frau, die unter so merkwürdigen Umstanden gestorben war^ \md die
er doch kaum gekannt hatte. Das Gericht hatte sich davon über-
zeugt, dass kein Mord vorlag^ sondern dass Frau Wüller das Rat-
tengift aus Versehen zu sich genommen hatte. Niemand konnte
zwar erklären woher sie es hatte und wozu sie es brauchte ^ da
In Harvestehude das Vorkommen von Ratten unwahrscheinlich war«
Ja, es wSre wohl anders gewesen, hätte sie in einem jener alten
HHuser gewohnt, die tief in einen der Fleete eintauchten ~ Ja,
da wimmelte es von Ratten* Aber in Hamburgs vornehmstem Stadt-
wohl
teil? Nein^ Frau Mtillers Tod warAdoch kein Versehen. Die ein-
zig mögliche Erklärung war, dass sie sich selbst das Leben ab-
sichtlich genommen hatte. Bei cter Obduktion hatte man ein Schwe-
res, unheilbares Leberleiden gefunden, das war wohl, worauf auch
Dr. von Jagemann mit seiner Vermutung in dem Bericht hingewie-
sen hatte •
Gtother kannte den Dr. von Jage mann vom Sehen und Hören,
wenn man das sagen kann. Er hatte ihn einige Male bei den
«
Lilienfelds gesehen, wenn er iiim mit Frau Lilienfeld begegnete«
Er war F3?e\ind und Hausarzt der Lilienfelds. Sein Ruf war her-
vorragend, wenn auch seine Herkunft nicht ganz so eindeutig war.
Sein Vater war Pfarrer in Altona an der Kirche St. Georg gewe-
sen. Aber die Familie stammte nicht aus der Gegend, sondern
war von dem Kaschubischen Grenzgebiet West- oder Ostpreussens
einr.e wandert. Er selbst hatte in Dorpat Medizin studiert, wo
er wohl ein Schüler Professor Johannsens gewesen war. Er war
ein bekannter Spezialist auf dem Gebiet der Inneren Medizin und
Ch. IV
-57-
Nenrenhell^imde geworden ^ der auageseiohnete wissenschaftliche
Beitrüge gemacht hatte imd eine wissenschaftliche Laufbahn an
einer der testen medizinischen Fakuktitten seiner Frau wegen
aufgeben musste. Seine Frau die aus einer sehr reichen Familie
stammte und auf deren Vermögen, wie es hless^ der Doktor ange-
wiesen wsTt hatte darauf bestanden In Hamburg In der NÄhe Ihrer
Eltern zu lebeui von denen sie nicht getrennt zu sein wtlnschte*
Ein gegenteiliger Versuch hatte fast zu einer Entfremdung der
beiden Gatten ge fuhrt« Dr« von Jagemann hatte nachgegeben und
daraufhin auf die Universität verzichtet« Er nahm eine leitende
Stellung In einem der besten Hamburger Kranke nhtus er an# Cr hatte
drei {C Inder» von denen Trude gleichaltrig mit Max \ind Günther war^
Max hatte sie bfters erwähnt^ und brschrleb sie als eine Mischung
von Krlmhllde und Clrce» also sohbn und verderblich* WMhrendbrttn-*
thers Phantasie durch diese Beschreibung sehr angeregt wurde »
erklärte Max einfach» dass sie Ihm viel zu blond sei«
■
Es gab noch eine andere , für Günther interessante, Bezle-*
hung zu den Jagemanns» nämlich Über Irmgards Assessor von Ja<»
gemann. Der war ein Junger Vetter des Arztes; sein Vater, ein.
Bruder des Pfarrers» war ein bekannter Anwalt gewesen und hatte
ebenfalls In eine wohlhabende Hambxirger Familie eingeheiratet«
Ir war mitsamt seiner Frau auf einer Reise an der Cholera ge-
storben, als der Assessor gerade die UnlversltMt bezogen hatte*
Klaus von Jagemann hatte sich sehr gewissenhaft um den Jungen
Verwandten gekümmert und bis zu seiner Mündigkeit dessen Kapl-*
tal verwaltet« Man hatte davon gemunkelt» dass der Doktor auJT
Ch^ IV
•58-
eine apütere VtTt)lndux:ig zwischen seiner Tochter Tr\uie und dem
Jüngeren Mann gehofft habe« Der Assessor hless übrigens Erich
lind war rothaarig, womit er von Triade , die keine besonders
herzliche Zuneigung zu Ihm zu haben sohlen^ oft gehttnselt wurde«
Wenn man gewissen Zeichen trauen konnte i wie ZtB« dem häufigen
Erscheinen des Assessors auf ;jenen Gesellschaf ten^ wo Irmgard
eingeladen war, oder seinem Drängeni so viele Tttnze als nur
Immer schicklich auf den Bttlleni die sie beide besuchten^ mit
Irmgard zu tanzen, oder seiner ausgesuchten Höflichkeit Herrn
«id Frau Hoyk gegenüber, hatte Irmgard zu erwarten, das« er bald
bei Ihrem Yater offiziell vorsprechen würde« Baas sie Ihm ge-
neigt war, daran konnte er nicht zweifeln, Jeder konnte das
sehen« Ein gemeinsames Gesprächsthema zwischen ihm und seiner
Zukünftigen war der ausgezeichnete Ruf und die Bedeutung seines
Vetters Klaus von Jagemann gewesen, damit sollten die Eltern
wohl mit seiner Familie bekannt gemacht sein« Mit der Affaire
Irene Johannaen hatte es zianächst geschienen, als ob Irmgard
durch ihre freundschaftliche Beziehung zu Irene in den Augen
des Asseasors herabgesetzt sein kt5nnte, aber die Verbindung des
Hit
Jagemann mit dieser Affaire hatte die Situation sozu«-»
sagen ausgeglichen«
Als Günther die Schule verlless, hatte er noch nichts
von der neuesten Entwicklung, die der Fall Irene genommen hatte^
gehttrt« Er beeilte sich, zu Max zu kommen, den er aueh heute
nicht auf dem Schulweg getroffen hatte« Er sorgte sich sehr
um den Freund und war In einem Zustand von Ratlosigkeit und
w
II
Ch. lY
-39
Verwirrung. Dabei fürchtete er sich, diirch Fragen Max zu ver-
wunden oder seine eigene NalYitltt 'blosezustellen. Das Lilien-
feldisohe Haus schien ihm unheimlich ruhig. Als er vor Maxens
Ttlr stand, hörte er Stimmen, Er klopfte, erhielt keine Ant-
wort, ttffnete aber trotzdea die Ttlr. Max lag im Bett und auf
dem Bettrend sass Dr. von Jagemann. Günther erkannte ihn so-
fort^ obgleich er Ihm den Rücken zuwandtea er hatte etwas so
Unverkennbares In seiner Gestalt xind Haltiing, der mUchtlge ei-
förmig ausgezogene Hinterkopf » die etwas nach vorne gezogenen
Schultern^ der lange gerade Rücken und der schlanke Hals -~
Günther hJJtte es nicht in Worte fassen können, aber der Körper
des '.Cannes drückte einerseits einen starren Willen und ander-
seits eine fast überfeinerte Zartheit aus. Max und der Arzt
schienen so sehr im Gespräch vertieft, dass sie erst nach eini-
gen Augenblicken die Anwesenheit eines dritten bemerkten. Max
begrüsste den Freund mit einem LUcheln. J)r sah elend aus, mit
seinen eingefallenen Wangen^ die sehr blass waren^ und dunklen
Schatten unter den Augen. Aber er schien etwas ruhiger als am
vergangenen Tag. Jagemann erhob sich und reichte Günther die
Hand. Sein Gesicht passte zu seiner langen hageren Gestalt.
Es war gross angelegt, mit hoher Stirn und eckigem Kinn. Die
Augen lagen tief unter gutgezeichneten aber blonden Brauen,
deren Schwung dem Gesicht eine leichte Ironie verlieh. Die
tiefen Falten, die von der grossen etwas gebogenen Nase zu dem
weiten geschwungenen Mund liefen, vertieften noch diesen iro-
nischen Ausdruck. Ein kurzer dichter blonder Backenbart
Ch. IV
-i*0«
timrahot« das 0«8loht und setzte die 8«hr grossen, ausserordent-
lich fein ausgebildeten Ohrmuscheln ab. Er trug ein Plnce-nez
das die Augen noch grtJsser und tiefer erscheinen Hess* Ob-
gleich die Stirn sehr bedeutend war, so schienen doch In die-
sem Gesicht die Sinnesorgane wie überbetont. OUnther ertappte
sich dabei, dass er an den ?/olf im ?iJttrchen Tom Rotkäppchen
dachte. Ohren, Augen, Nhind und Nast — was Immer durch die
Sinne erfasst werden konnte, würde diesem Menschen nicht ent-
gehen. Die Hand, die Günthers Hand einen Augenblick lang
hielt, war fest und ktthl und dabei verführerisch zart — "fast
zÄrtlich" dachte Günther und schämte sich dieses Gedankens»
Er fühlte In diesem Augenblick dass etwas in ihm vorging, das
mit der Gegenwart dieses Mannes zu tun hatte, md das ihn ver-
wirrte, erschütterte und unerklärlich erregte. Er spürte eine
wilde schmerzliche Sehnsucht, die in dem Wunsch gipfelte auf
immer In Jagemanns N»he zu bleiben und gleichzeitig wünschte
er, dass der Arzt weggehen und nie wieder seinen Weg kreuzen
•eilte. Er hatte sich am liebsten aus dem Zimmer geschlichen
und irgendwo draussen, wo man Ihn nicht hbren konnte, laut ge-
brüllt. Statt dessen blas er die Zühne zusammen und errOtete
Ms unter die blonden Haarwurzeln. Klaus von Jagemann hatte
sich inzwischen wieder Max zugewandt, von dem er sich verab-
schledete. "Nun gut, mein Junge", sagte er, "mlss Deine Tem-
peratur. Auf alle TBlle bleibst Du morgen Im Zimmer. Hast
Du kein Fieber mehr, so darfst Du wenigstens etwas aufstehen.
Du hast wahrscheinlich eine leichte Influenza, aber man soll
/
I ,
K^i
Ch. IV
-41-
doch vorsichtig stixi — besonders bei Dir", fügte er mit einem
bedeutungsvollen Blick hin«u. "Yor allem aber ist es gut, dass
Du nun Gesellschaft hast. Mach Dir keine Sorgen und nicht so
viele Gedanken, Wir kttnnen awar nicht alles wissen und tun,
aber doch manches", dann lachte er und setzte hinzu: "Mwie im
Paust". Er nickte Günther su, berührte fast aHrtlich Maxens
Schulter und verliesa das Zimmer.
Nachdem der Arzt das Zimmer verlassen hatte, schwiegen
die Freunde eine Weile. Jeder schien seinen eigenen Gedanken
nachzuhängen. Endlich sprach Max mit belegter Stimme: "Ich
habe mich gestern und auch heute morgen nicht wohl gefühlt;
starke Kopfschmerzen und etwas erhöhte Temperatur, weisst Du«
■eine Mutter hat den Jageaann alarmiert, aber ich weiss und
sie weiss es auch, dass ich nicht wirklich krank bin. Du hast
sicher gewusst, dass mich die entsetzliche Sache mit Irene Jo-
hannaen sehr aufgeregt hat, und ich habe schon als Kind oft
Fieber gehabt, wenn ich mich aufgeregt habe. Es war aber gut
von meiner Mutter^ dass sie Jagemann gerufen hat — loh habe
mit ihm sprechen kUnnen, und er hat mich sehr hertihlgt»" "Wie-
so"^ fragte Günther» "es ist alles doch ganz schrecklicht der
Mord» land die andere Sache mit dem Manne» •" "Nein, nein» das
ist Ja alles schon nicht mehr wahr» schon Überholt" fuhr ihm
Max rasch dazwischen. "Jagemann hat das alles schon richtig
gestellt — Irene ist auch nicht mehr in Haft« Sie haben sie
schon entlassen und sie ist nun zur Beruhigung und Reconvalescenz
in ein«m privaten Sanatoriume Aber Du Icannst das Ja noch nicht
i
i
Ch. IV
"M-Z-
«l8S«n, da Du j« gar keine Zeitungen gelesen hastl Also, Ich
werde Dir alles erzUhlen. Der Jagemann Ut einfach herrlich,
80 furchtlos und gerade und geschickt'." Er erzahlte nun dem
gespannten Günther von Jageawnns Gutachten und dessen sofortige
Wirkung und auch von der wirklich väterlichen Fürsorge des
Arztes fUr Irene.
"Kun ;Ja", meinte Günther, "was er Über Irenes Schwermut
sagt, mag Ja wohl richtig sein — obgleich so etwas schwer
vostellbar Ist, dass man zu seinen eigenen Ungunsten Lügen-
teschichten erztthlt — Du weisst schon — die eklige Sache mit
dem Mann — das ist doch gar nicht erklärt mit dem was Jagemann,
ich meine der Herr Dr. von Jage mann sagt — der >!ord wohl schon,
mit dieser Gemütskrankheit aber.." "Oh, das ist alles ünainn"
unterbrach ?iax ungeduldig. "Jagemann hat itir auch das erklört,
wie er es auch dem Anwalt — und dieser darauf dem Untersuchungs-
richter — erklärt hat. Siehst Du, gerade well Irene schwer-
mütig ist, ist sie bereit alles was man ihr nur vorhalten will,
als wahr anzuerkennen und sich dann selbst zu bezichtigen — ob
es nun ein Mord Ist oder solch eins unredliche, hÄssliche Be-
ziehung. Jage mann sagte, dass er mehrmals von Frau J-miler am
spateren Nachmittag gerufen wurde Irenes wegen, da sie wsder
essen wollte noch schlafen. Er kam dann am Abend, wurde von
Frau '^lüller hineingelassen und versuchte sogar Irene in einen
hypnotischen Schlaf zu versetzen. Br ist sicher, dass das
?adchen ihn gehört habe und daraufhin ihre eigene unsaubere
Ch. IV
-45-
Phantasle hat walten lassen. Irene, In ihrem schon Überreiz-
ten Zustand hat dann auoh diese Schuld und Schande auf sich
sehnen wollen. Sie soll jetast gana still und apathisch sein",
•etzte er mit leiser stimme hinzu. "Was mir leid ist," fuhr
Max fort, "ist, dass ich nun wohl kaum mehr Gelegenheit haben
werde, ihr vorgestellt zu werden. Ich hatte darauf so gehofft,
sie bei den Jagemanns zu treffen. Sie stand so gut mit ihnen.
Mit dem Doktor tind seiner Prau, sollte ich sagen — denn Trude
hat irgend etwas gegen sie gehabt, sie hat iaier an ihr her-
umgeinakelt , kein gutes Haar an ihr gelassen — fast so als ob
sie neidisch oder eifersltohtig auf sie wttre. Dabei ist Irene
doch viel Mlter — drei oder vier Jahre — als Trude. Aber
Trude hat es immer zu verhindern gewusst, dass Irene da war,
wenn ich bei den Jagemanns eingeladen war. Ich könnte Dir noch
eine Menge von dem Doktor erzählen — er war nicht nur su Irene
so gut; er ist Jemand, dem ich voll und ganz vertraue \ind mit
dem ich alle solche Dinge besprechen kann, über die man sich
sonst so geniert zu sprechen."
Voller Erstaunen hörte Günther seinen Freund sagen, dass
es Dinge gab, ttber die zu sprechen er sich genierte. Es war
ihm nie in den Sinn gekommen, dass auch Max solche Dinge und
Gefühle kannte. Wenn immer der Freund schweigsam oder nicht
mitteilsam war, hatte Günther angenommen, es mit wirklich
mttnnlicher urückhaltung zu t\m zu haben. Worüber konnte Max
sich genieren zu sprechen. Er schob die auftauchenden Ge-
danken rasch beiseite und erinnerte sich an die merkwürdigen
Ch* IV
-44-
Worte die Max in Bezug auf Irenes Dienstmädchen geäuscert
hatte: "Sie hat ihre eigene unsaubere Phantasie walten lassen" •
Er wollte bestimmt nicht in der selben Klasse mit diesen Mäd-
chen sein* "Er musote sich von Max verabschieden^ da es spät
war und er ungern die Aufmerkasmkeit seiner Familie heute auf
sich gezogen hätte. So versprach er^ llax am nächsten Tag wieder
zu besuchen und verliess ihn mit etwas leichterem Herzen als
er gekommen v/ar* Max war wenigstens in einem besseren Zustand
als gestern. Er beschimpfte sich aber^ dass er aus ihm unklaren
Gründen^ nicht völlig von Jagemanns Erklärung überzeugt war# Br
ärgerte sich darüber und versuchte , sich selbst ausschaltend^
sich zu der Annahme dieser Erklärung zu zwingen. Es feing nicht.
Irgend etwas schien nicht zu stimmen — er wusste nicht was.
Vielleicht war es Jagemann selbst und dies ungev/Shntei Öber-
v/ältigende Gefühl, dass er ihm gegenüber empfunden hatte# Er
konnte es nun sehr leicht und schnell wieder hervorrufen^ v/enn
er es zuliess — aber er kämpfte dagegen an. Was hatte dieser
Mann an sich^ dass man ihm so verfallen konnte | ohne ihn über-
haupt zu kennen? Und Max? War er ihm auch verfallen? Glaubte
er darum alles | was von Jaremann gesagt hatte ^ so unbedingt?
Günther rannte nach Hause. Sr wollte nicht mehr denken, nicht
an Irene und all das Schreckliche und Unverständliche: Mord
oder GemOtskrankheit — nicht an Jagemann und was er ihm antun
konnte, und vielleicht nicht einmal an Max, Frau Müller —
warum sollte sie sich getötet haben? Well sie totkrank v;ar —
sagte Max. Günther wollte nicht an den Tod denken — er hasste
4 •
/
i *
/
1 • ' * ' ' f
Ch. IV
-/^5-
die Dämmerung und das fahle Licht, das von den Gaslantemen
schien. Er war erleichtert, als er bei seinem Haus ankam.
Die Vorhalle war beleuchtet, und es duftete nach Kalbsbraten.
Noch von ein paar Tagen hatte er sich geniert, dass man so
häufig in der Halle roch, was in der Küche gekocht wurde. Heute
heimelte es ihn an, gab ihm ein Geffthl von WSrme und Geborgen-
heit, und ganz unvermutet grOsste er seine Mutter, die aus dem
Damenzimmer in die Halle trat, indem er seine Arme um sie
schlang. Caroline, überrascht durch diese völlig ungewöhnte
Zärtlichkeit ihres Jüngsten, legte ihre Rand sofort auf seine
Stirn, da sie überzeugt war, dass er Fieber hatte.
41 « * « * *
Klaus von Jagemann stand einen Augenblick unschlüssig
da, nachdem er die Haustür des Lilienf eidischen Hauses hinter
sich zugezogen hatte. Es fiel ihm ein, dass seine Frau, Ilse,
heute nachmittag ihren Jour hatte. Daraufhin entschloss er
sich, nach Hause zu fahren. 15r hielt eine vorbeifahrende Drosch-
ke an und gab seine Addresse. Im Wagen zvirÜckge lehnt dachte
er an die verflossene Stunde zurück, in der er eine schwierige
Arbeit vollbracht hatte. Ss schien ihm, dass er mit dieser
Leistung manches, was er sich vorzuwerfen hatte, zumindest wett-
gemacht hatte, wenn er es auch nicht gut oder ungeschehen machen
konnte. Wie dieser Knabe ihm vertraute i Es war ihm gelungen,
seinen Glauben an die Welt, an die Gute, an die Menschheit
wieder aufzurichten, eine Geele zu stützen, die im Begriff war,
\
,. 4
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4
i. i.
l
i
1
Ch. IV-2
-46-
zu zerbrechen. Was machte es aus, o"b es auf Grund von Wahr-
heit oder Unwahrheit geschehen v;ar. Ueherdies, was war in
diesem Zusammenhang schon Wahrheit. Er hatte Max sehr gerne.
Es gab in Hamburg — vielleicht auch anderswo — nicht viele
solcher gescheiten und dabei sensitiven und idealistischen
Knaben. Seine eigenen beiden, Petsr und Paul, waren völlig
anders. Die interessierten sich nur für praktische Ding© —
von Trude gar nicht zu sprechen. Wenn Trude von etwas Unbe-
kanntem hörte, v/ar ihre erste Frage: "Kann man das essen?"
War Ilse auch so gewesen, als sie Jung war? Er konnte sich
das nicht recht vorstellen. 5r hatte sie als elfenhaft zart
in Erinnerung, als ob ein Hauch sie unwerfen konnte. Er hatte
sie auf einem Ball beim Bürgermeister Petersen kennen gelernt
und hatte nicht mehr schlafen können, bevor es ihm gelang bei
ihrem Vater eingeführt zu werden. Er hatte seinen ganzen
Willen und sein ungeheuer einfallsreiches Gehirn ans Werk ge-
setzt, und es wahr ihm nach etwa einer Woche gelungen, eine
solche Einführung zi einer passenden Gelegenheit zu bekommen.
Daraufhin schlief er 16 Stunden lang. Bei diesem ersten Wieder-
sehen mit Ilse gestand er ihr seine Liebe und schilderte ihr
seinen Zustand während der vergangenen Woche. Ilse war über-
rumpelt von seinen Gefühlen. Ausser seiner begonnenen Univer-
sität srjarriere und seiner glänzenden Zukunft hatte er nichts
zu bieten. Aber Ilses Vater konnte seiner einzigen Tochter
nichts versagen: so verlobten sie sich. Nach einem Jahr
heirateten sie — aber mit der wissenschaftlichen Laufbalin war
es aus. Er gab nach, wie er in seiner Ehe immer nachgegeben
//
Ch. IV-2
-47-
hatte — obgleich er^ besonders im letzten Jahr^ sich sehr
weit von Ilse innerlich entfernt hatte* Das hatte aber nicht
die Frage nach einer Aehnlichkeit mit seiner Tochter beantwortet.
T?r glaubte nichts dass Trade irgendv;ie Aehnliclikeit mit ihrer
Mutter hätte* Ilse war zwar nicht mehr aetherisch^ v/ar es viel-
leicht nie gewesen ^ aber sie war ein warmer und freundlicher
Mensch, Von Trude fürchtete er sich fast; sie v;ar von einer
unbeschreibbaren Rücksichtlosigkeit ^ berechnend und völlig ohne
sittliches Gefühl. Sie war allerdings auffallend schon. Sie
war licht-blond mit veilchenfarbigen Augen ^ die von £Chv;arzen
VJimpern eingerahmt v/aren. Diese Augen waren die ärgsten Be-
trüger; Klaus Jagemann erschauerte^ als er daran dachte^ wie
seine Tochter schon von klein auf sich der Macht ihrer Schön-
heit und besondere ihrer Augen bewusst gewesen war^ und wie sie
von allen, ihren Vater miteingeschlossen, erreichte, v/onach sie
gerade begehrte. Dabei kam es ihr nicht auf die Mittel an, die
sie benutzte. Sie konnte mit dem unschuldigsten Gesicht lUgsn
und verleumden, und häufig schob sie z.B. den Brüdern Dinge in
die Schuhe, die sie begangen hatte. Peter und Paul, die Zwil-
linge, \ aren Trude gegenüber von Jeher hilflos gewesen — ^Won
Jeher?" fragte sich von Jagemann und verbesserte sich dahin-
gehend dass er diese HilfloGi«gkeit zurückführte auf ein Ereignis,
in dem er die beiden Söhne aufs strengste bestraft hatte auf eine
Anklage seines Töchterchens hin. Damals war er noch Kon ihr
völlig bestrickt gewesen und hatte ihr blindlings geglaubt«
Die Sache hatte sich an der Nordsee abgespielt, v/o die ganze
Familie Jagemann ein Paar Wochen im Sommer zubrachte. Trude
r*i
i*^ .X
^
Ch. IV-2
^48-
war 8 Jahre alt und die Zwillinge fünf. Die Kinder waren un-
beaufsichtigt am Strand gewesen. Er war öterzeugt gewesen,
dass es auf Grund einer Nachlässigkeit des Kindermädchens ge-
schehen war. Er hatte sich hicht einmal die Mühe genommen, nach-
zuforschen, sondern die Frau sofort nach dem Ereignis entlassen.
Br hatte sie fortgewiesen, als sie ihn flehentlich bat, ihr zu-
zuhören. Tatsächlich war, dass die Kinder unbeaufsichtigt am
Strand waren, und dass Trude weinend nach Hause gelaufen kam^
mit der völlig verworrenen Geschichte, dass die Zwillinrre im
Wasser seien. Sie hätten ihr nicht gehorcht und seien immer
tiefer hineingelaufen, und sie habe vergebens versucht sie zu-
rückzuhalten. Sie v/ar so ausser sich, so verzweifelt, dass niemand
ihre Worte bezweifelte. Jagemann jagte den Weg vom Haus zum Strand
hinunter. Die Gezeiten hatten gerade gewechselt; die Flut hatte
die Ebbe abgelöst. So war der Wasserspiegel noch nicht sehr
hoch und die Wellen umspielten die blossgelegten Felsen nahe am
Ufer, aber etwas weiter draussen waren sie schon mächtiger und
spülten über die Felsenklippen hinweg. Auf einen dieser Felsen
sah or seine beiden Jungens sich anklammern, sov7ohl an den un-
wirtlichen Stein als auch aneinander. Von Zeit zu Zeit schwemmte
eine V/eile über sie hin. Sie Hessen ilir-en Grii'f noch nicht los,
prusteten und versuchten^ zu schreien. Jagemann war in kurzes-
»
ter Zeit bei ihnen, nahm sie beide je auf einen Arm und brachte
sie in Sicherheit. Er war so zornig und ausser sich, dai-s er
sie dann auf der Stelle züchtigte. Erst danach hörte er, was
die weinenden Kinder sagten. Sie behaupteten Trude habe sie /
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Ch. IV-2-
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überredet, mit ihr so weit hinauszugehen zu dem Felsen, auf
dem der Vater sie gefunden hatte. Gio versprach ihnen dort
etwas ganz Wundorbares zu seigen. Kaum seien sie dort ange-
kommen, sei die Flut gekommen; Trude sei davon gerannt, sie
seien aber zu klein um den grossen Wellen zu entwischen. Sie
hätten schreckliche Angst gehabt* Jagemann glaubte kein ..ort
davon; er war überzeugt davon, dass die Jungens nach einer Aus-
rede suchten, ^^o bestimmte er, dass sie sofort ins Bett mussten,
und dass sio nicht zum rCinderfest am nächsten Tag gehen durften,
ein ''^reignics, auf das sich alle Binder bes'^ders freuten, da
es allerlei ; ettspiele dabei gab, in denen man sein Geschick und
seinen Mut zeigen konnte und die Möglichkeit hatte, Ireise und
Ehren zu gevvimien. Feter und Paul durften nicht hin(3;ehen. Trude
Y/urde von ihrsm Vater zu dem Fest hingeführt* Für Peter und Paul
mochte diese Ereignis in dem Maee verblesst sein und vielleicht
ihnen nur noch mit Fantasien verwoben erscheinen, in dem es für
den Vatc-r mit den Jahren klarer und unheimlicher wurde. Sr wehrte
sich zwar gegen den Gedanken, dass Trude willentlich die Brüder
ins ::'eer hinausgelockt hatte, aber Je älter sie wurde und je
besser er ^^ie Scannte, um so st'irker v;urden die Sweifel an ihrer
Un^chvll. Die Brüder hatten aber nie wieder irgendetr/es sagen
die ältei*e Schwester ausgesagt.
Jagenann Öffnete die Haustür mit seinem Schlüssel. Im
Parterre, wo die Gesellschaftsräume lagen, hielt er sich nicht
auf. Er horte r.timinen und Jachen aus dem Salon kommen. Sr
stieg die Treppe hinauf und ging in sein Arbeitszimmer. Mantel
und Hut warf er auf einen Sessel. Es war 5 Uhr. Er hatte etwa
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eine Stunde Zelt bis die Gäste fortgingen* Das Zimmer war warm*
Kr ging an den grossen weissen Kachelofen heran ^ und fand ihn
heisß. Dann setzte er sich auf den Schreibtischsessel, achloss
die Schreibtischschublade auf und entnahm ihr einen Packen
Briefe, "Rlinen Augenblick zögerte er, schaute auf und ging wieder
zu dem Ofen* Diesmal öffnete er die Ofentür und v;arf die Briefe
in die Glut. T'^ine Flamme zischte herauf und leckte an den
Briefen; dann waren sie völlig von Feuer eingehüllt und nur für
eine Tekunde etwa sah man deutlich die Anschrift auf einem der
Briefe: ^'Geliebter Klaus i" 3r echloss rasch die Ofentür • Als
er sich umdrehte, sah er, dass seine 'Tochter Trude im Zimmer
stand»
"Ich habe geklopft, Vater" -- "v/irklich" fügte sie sehr
dringlich hinzu, als sie seinen zweifelnden Blick bemerkte
*'v/irklich — Du warst so in Gedanken vertieft, dass Du m.ich
nicht gehört hast. Ich hörte Dich in Dein Zimmer sehen vor
kurzer Zeit — so v/usste ich, dass Du hier bist; sonst wäre ich
natürlich nicht in Dein Zimmer geganp^en. " Klaus erkundigte sich,
was sie denn von ihm wollte. Seine Zweifel waren nicht beige-
legt dur^h Trudes hastir^e "^rklHrunc. ^r wusste auch nicht, wie
lange f.?ie schon dort gestanden nnd ihn beobochtst hotte. Tüs
war aber besser, der Angelegenheit nicht zo viel Wichtigkeit
durch Fragen beizulegen» "Soll sie sich denken, was immer sie
mag" dachte er. Trude wollte vrissen, sagte sie, v/ie es Max
ginge. Sie wisse, ihr Vater sei gerade von einem Besuch bei
ilim zurückceküiamen — sie habe ihn zur Mutter sap-en hSren, dass
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er zu den Lilienfelds müsse, da Max krank sei — heute morgen,
meine sie, als Mutter ihn an ihren Jour eri^ert habe. Sie,
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Trude, höbe den ganzen Nachmittag nach der Cchule .gewartet, da
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sie doch um Max recht besorgt sei. '^Diese ekelhafte Irmgard
Angelegenheit muss ihm wohl Jetzt bezeigt haben^ v/as für eine
Person sie wirklich ist. Ich habe immer gewusst, dass sie eine
Scheinheilige und Heuchlerin ist — so ein ^'BlUmchen-ruhr-nich-
nicht an" irnd nun so etwas T^ Trude lachte verächtlich und
Klaus fühlte, dass er ärgerlich wijirde. Das war nicht gut. Er
musste auch den Vorurteilen seiner eigenen Tochter gegenüber
sachlich und geduldig bleiben. So erklärte er ihr kurz die neue
Sachlage und fügte nur hinzu, dass es Max besser ginge, dass er
eine Influenza habe, noch zu Bett liege, aber morgen, falls er
fieberfrei sei, aufstehen dürfe. Dann sagte er in einem etwas
persönlicheren Ton: *'Du scheinst Max etwas zu v/ichtig zu nehmen,
Trude. Ich Habe Pich nie so interessiert nach Jemanden anderen
fragen hSren. Du bist ungerecht gegen Irene, v^eil Du mit Recht
annimmst, dass sie Max gefallen konnte. Du hast möglicherweise
sogar im Sinn, dass Du Max Lilienfeld heiraten wirst. Du bist
schliesslich schon 15 Jahre und in Deinem Alter macht man viele
solche Pläne. Dieser eine, mein Kind, kommt absolut nicht in
Frage. Glaube mir, dass ich nie meine Einwilligung dazu geben
würde.** Er hatte das Letztere leidenschaftlicher gesagt als er
beabsichtigte und sah sofort Jenen schlauen und berechnenden
Blick in Trudes Augen, den er vor allem an ihr verabscheute aber
auch fürchtete; denn nun bereitete sie einen Cchlachtenplan vor.
Er musste auf der Hut sein, dass sie ihn nicht überrumrelto.
"Warum" fragte Trude "bist Du so gegen eine Heirat mit Uax,
Ich hatte gehofft, dass irr. Gegenteil Ihr, Du und ?^utter, sehr
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dafür seid» ISr ist sehr klugi er kommt aus einer guten Familie
und — was Ja wohl auch wichtig für ein Mädchen ist — er ist
eehr nett und sieht sehr gut auß#" "Und hat sehi* viel Geld^
Trude — Du hast vergecsen, diese kleine Tatsache hinzuzufüt;;en
— Millionen, die Dich verblenden» Du kannst aber sicher sein^
dass keine Millionen mich dazu bringen werden^ Dir zu erlauben,
einen Juden zu heiraten» In unserer Familie versippt man sich
nicht Jüdisch»" Gott verzeih mir diese Gemeinheit^ dachte Klaus
während er sprach» Was würde ich nicht darum e^beni diesen Sohn
zu haben; aber nicht in dieser Weise; Trude 7.ürda ihn umbringen»
8ie v/ill nur böin Geld» "Wie seltsam", sagte seine Tochter, "ich
war so Oberzeugt davon, dass Du mit den Lilienfelds befreundet
seist» Du bist sonst auch ganz tolerfxnt Juden gegenüber; Ja, ich
dachte immer, dass Frau Lilienfeld Dir' ganz besondere c^^fallt»
Du gehst doch so oft hin und bleibst so viel länger dort, als
bei Deinen sonstigen Patienten» Auch hast Du Max ins Haus einge-
laden — und jetzt auf einmal ist er nur ein Judenbengel und Du
bist gegen eine Heirat mit ihm» Ich verstehe das einfach nicht."
"Trude" sagte Klaus eindringlich, "höre mir gut zu» Max ist
nicht für Dich. Deine Bemerkungen über meine Beziehung zu den
Lilienfelds sind ganz unangebracht. Ich bin auch ziemlich sicher^
dass Dir Max nicht so viel bedeutet, sondern dass Du Träume hast^
wie Du seiner Millionen habhaftig werden und sie ausgeben kannst."
Er hatte versucht mit dem letzten Satz schon einen leichteren
Ton anzuschlagen und fuhr in derselben Art fort: "Du brauchst
aber seine L.illionen nichts Du wirst eine sehr ansehnliche Mit-
gift haben von mir und von Deinem Grossvater^ eine Mitgift noch
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Ch. IV-2
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Kloxxß
dazu, die Dir gehören wird, wxd über die nur Du das VerfU^ungs-
recht haben v?irst. Das sollst Du wissen, damit Du Dich nicht
in unerwünschte Abenteuer einläset . nur weil Du von Geld trgumst,
wie das GMnschen vom laaic." Trudes Blick war in die V;eito
gerichtet, sie ISchelte vor eich hin, und sagte mit ihrer
feinsten Rtinmie träumerisch: "Geliebter Klaus" — Yater, v/er
hat die Briefe geschrieben, die Du verbrannt hast?"
holte innerlich tief Aten. "Kur ruhig bleiben" sagte er sich,
"sie hat ihre Kai^te nun iusgtspielt ." ^ schauts sie e-'.ne V'eile
mit zusammenßGZ-ogerien Breuen sch^^eif^end an, bis sie die Augen
niederschlug, darji sagte er; "lieine Angel egenheiten gohen Dich
nichts an, Drude. Di.3 Briefe waren von jemandem, der mir Behr
nahe gestanden hat aber leider nicht mehr e:<iEtlort zu meinem
sehr «-roBsea Schmerz. Darum will ich nicht dnrübar sprechen.
Aber um auf Deine Iläne in Bezug auf Max zurückzuicommen — wenn
es wirklich sein Varmösen ist, das Dich so lockt, so sollst Du
das Folgende wissen: Das Lilienfeldsche Vermögen ist in einem
sogenannten Trustfund angelegt, von dem die Mutter nur die
Nutzniessung hat. Max wird im Alter von 25 Jahren einen Teil
iieses Vermögens ausgezahlt bekommen, und dann wieder mit 55
und 45 Jahren. Sollte er sterben, so erben seine Kinder oder
wenn er keine Kinder haben sollte, geht das ganze VormSgen an
seinen nächsten väterlichen Verwandten. Seine Frau kann and
wird nicht erben j sie v^rde nur eine beschränkte 3umne als
Witwengeld erhalten. Du siehst also, dass er nur beschränkten
finanziellen Wert für Dich hat." "Und nur solange er am Leben
ist" fügte er zynisch in Gedanken hinzu. "Ich hebe gsr nicht
/ y^
Ch. IV-2
-54-
gegen Deine Freundschaft mit !l!ax, solange Du Dich daran
erinnerst, dass keinerlei Intimitäten zwischen T=)uch erv/ünecht
cind, und nun geh bitte, ich hahe zu arbeiten." Er wandte
sich mit diesen Worten seinen mänigfaltigen Papieren, die den
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Schreibtisch bedeckten, zn und schenkte seiner Tochter keine
weitere Beachtung. Trude warf Ihm einen hasserfüllten Blick
zu. Sie verliesE sein Zimmer ebenso geräuschlose, wie sie es
betreten hatte. Sie entschied sich in einem kurzen Augenblick
der Ueberlegung dafür, ins DamenziEiner hinunterzugehen und die
Gäste ihrer Mutter zu bezaubern. ■
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-25-
Chapter III
mmmmuamm^mmmmmmmmmmmmmmmmmim
IRENE
Es war ein kühler feuchter Aprilmorgen. In der Nacht
hatte es geregnet; noch waren PfUtzen auf der Strasse zu se-
hen \md der Fussgftngersteig war feucht. Günther war früher
als sonst von zu Hause weggegangen, ohne sein Frühstück zu
Ende zu essen. Er wollte niemanden von der Pamllie treffen.
Hatte ihm jemand zugeschaut wie er fast in Zickzack seinen
Weg verfolgte, so hatte der Beschauer vielleicht gemeint, dass
er einem bestimmten Inneren oder vorgeschriebenen Rhythmus
folgte. Aber es waren n\ir die Regenwürmer , die ihn dazu ver-
anlassten von einer Seite der Strasse zur andern auszuweichen.
Nach einer Regennacht gab es so viele Regenwürmer. Es ekelte
ihn vor ihnen, vor ihrer Nacktheit und Weichheit, und der Mög-
lichkeit aiif einen Wvirm zu treten, ihn zu zerquetschen oder
entzwei zu schneiden. Er hatte auch das Fischen seit einiger
Zeit aufgegeben, weil er es nicht über sich bringen konnte ei-
nen Wurm an den Haken zu stecken. Es war bekannt, dass ein
zerteilter Wurm keine Einbusse erlitt, Ja man könnte sagen im
Gegenteil davon profitierte, da er nun zwei Würmer wurde —
aber das erhöhte nur den Abscheu und das Gefühl der Unheim-
lichkeit. Einmal vor Jahren hatte Günther mit andern Kindern
Eidechsen fangen wollen. Es gelang ihm auch eine zu erwischen,
erhielt sie an Ihrem Schwanz fest und musste zu seinem Grauen
erleben, dass nur der Schwanz in seiner Hand blieb; der Rest
der Eidechse war in ein Loch in der Erde geschlüpft. Auch an
^
Ch. III
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die kleinen nackten Mause wxirde er erinnert, die er einmal
euf einem Feld aufgegraben hatte; alle diese Erinnerungen
waren unangenehm und etwas beängstigend* Aber heute bei sei-
nem Versuch nicht auf Regenwürme r zu treten, war er mit etwas
anderem beschäftigt, etwas viel Beängstigenderes, das er ges-
tern von Maxens Mutter gehört hatte*
Er hatte heute morgen seine Familie vermieden, weil er
zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt war und nicht gefragt
werden wollte aber auch nicht in die Versuchung kommen wollte,
selbst einige Fragen zu stellen.
Prau Lilienfeld war gerade gestern die Treppe in Ihrem
Hause heraufgekommen, als GUnther hinunter stieg, nachdem er
Maxens Zimmer verlassen hatte. Wie immer grUsste sie ihn
freundlich, aber statt der üblichen Frage nach Schule und
Wohlergehen sagte sie: "Deine Eltern und Deine Schwester müs-
sen wohl sehr mitgenommen sein von dieser entsetzlichen Sache,
mit Irmgards Freundin. Alle Zeitungen sind voll davon. Eine
sehr traurige und verwirrende Angelegenheit, in die so ein
armes Jimges Ding hineingerat und sich nicht mehr zu helfen
weiss. Und dann kommt die ganze Meute auf sie zu, Polizei und
Presse, und zerreisst sie und zerztUckelt sie und lässt nichts
von ihr Übrig." Günther war 15 Jahre alt; er hatte bisher keine
Zeitxmg lesen dürfen, weil Zeitungen nicht für Kinder schrieben.
Er war entsetzlich verlegen und gleichzeitig aufgeregt. Er
konnte Frau Lilienfeld nicht gestehen, dass er nicht wusste wo-
von sie redete, dass man ihn zuhause noch wie ein Baby behan-
Ch. III
-25-
delte. Sie hatte wohl darüber gelächelt mitleidig und ver-
achtlich» Er hatte ein Gefühl, als ob er bersten sollte vor
Neugierde und gleichzeitigem Erschrecken* ?rau Liltenfeld,
die mehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war als sonst ^
nahm die Stummheit des Knaben als Zeichen seiner Erschütterung;
und sagte: "ich werde versuchen, Irene im üntersuchiingsgefang-
nis zu besuchen, ich habe ihre Mutter gekannt, als wir beide
jung waren." Sie legte ihre Hand ganz leicht auf GUnthers
Schulter, wie um ihn zu trösten und ging an ihm vorbei, die
Treppe hinauf •
"Also es war etwas mit Irene*; dachte Günther, ""Hatte
darum Irmgard so merlcwürdig mürrisch ausgesehen, als habe sie
eine MigrSne , mit etwas geschwollenen Augenlidern» Er hatte
gestern nicht mit ihnen Mittag und Nachtmahl gegessen, weil
die Damen angeblich zu den Grosseltern nach V/andsbeck hatten
fahren müssen nnd der Vater in seinen Club gegangen war# Was
meinte Frau Lilienfeld mit "zerstückelt" werden ■^- wie konnte
man Irene zerreissen und nichts von ihr übrig lassen — war
das wörtlich oder bildlich zu nehmen? Sollte er zu Max zu-
rückgehen; der war krank und lag im Bett und hatte seltsam
zurückgezogen ausgeschaut, als ob er sich nicht bewegen wollte.
Er hatte auch kaxm gesprochen. Günther hatte all das dem Fie-
ber zugeschrieben und der Influenza, an der Max erkrankt war*
Jetzt zweifelte er an allemj Max hatte Irene einige Male ge-
sehen, zufällig auf der Strasse waren sie an ihr vorüber ge-
gangen und Günther hatte sie gegrüsst. lax war heimlich in
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Ch^ III
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sie verliebt^ glaubte Günther, weil er errötet war^ als sie
das zweite Mal Ihr begegnet waren irnd seine Augen diesen fer-
nen Blick bekommen hatten. Günther stand noch immer auf der
Treppe, zögernd, ob er hinauf- oder hinunter gehen sollte.
Sollte er Max fragen — er fürchtete aber, aass Max ihm heute
nicht antworten würde; hatte er ihm doch sonst wohl frel-
w
1111g etwas erzählt* So ging Günther nach Hause* Er hatte
gehofft, dass auch an diesem Abend die übrigen Familienmit-
glieder nicht daheim sein würden; aber sie kamen zum Fssen,
sassen mehr oder weniger stumm da, und beeilten sich, so
schnell wie möglich mit der Tafel fertig zu werden* Horst
fing an, etwas zu sagen, aber Lina machte ihm ein Zeichen,
nicht fortzufahren, war es um Irirgards Gefühle zu schonen
oder um nicht vor Günther die aufregende Angelegenheit zu be-
sprechen* Da sie alle zu Hause waren, konnte er auch nicht
heimlich sich die Zettung zusammensuchen oder in die Küche
gehen, \md Minna oder Anna befragen. Die beiden. Köchln und
StubeninJJdchen, erzahlten ihm gewöhnlich die Geheimnisse soweit
sie sie wussten. Es war erstaunlich wieviele Geheimnisse es
gab in der Familie, von denen Günther sonst nie etwas erfahren
hätte. Aber es brauchte Zelt und geschicktes Manövrieren, um
sie zum Sprechen zu bringen, man konnte das nicht zwischen
Tür und Angel machen. Heute war man nicht sicher, dass nicht
Mutter oder Schwester in die Küche kommen würden; sie durften
unter keinen Umständen Günther dort finden.
So blieb ihm nichts anderes übrig, als In sein Zimmer
Cht III
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SU gtthen# Fr versuohtti seine TTauaaufgeben zu machen« eher
er konnte sloh nicht kon«entrieren# Er Ring ruhelos auf und
ab und stand eine Welle aa Fenster und schaute in die dunkle
Nacht hinaus» Bchlleaslich schlich er sich wieder aus den
Zinuner heraus« ging genz leise die Treppe hinunter« und auf
Zehenspitzen nHherte er sich der Ttlr des Her renz Immers « in
dem die Erwachsenen versammelt waren* Er drückte sich flach
an die Wand und lauschte« Bs schien ihm« dass er Irmgard
weinen hörte und ohne sich über den Grund dafllr klar zu sein«
fUhlte er eine grosse fast beschämende Zärtlichkeit fUr sie«
'*Sle ist doch gut** dachte er#
Herrn Hojks Stimme kam klar durch die Tttr: ''Höre auf zu
weinen« Irmgard. Tb besteht kein Grund« Dich auch nur Im ge-
ringe ten zu besorgen dass Dein Name in Irgend einer -eise mit
Irene im Zusammenhang gebracht wird« Schliesslich hast Du sie
nicht einmal sehr gut gekannt« Ks ist sehr bedauerlich« dass
so ein Skandal in unseren Kreisen vorkommen kann« aber vergiss
bitte nicht« dass diese Person doch eine Fremde ist« wenn sie
auch angeblich mtt tt er 1 Ichers eits von Adel sein ßoll# Tb geht
doc^ nicht an« Llaa« dass wir unsem Verkehr auf Kreti und
Pleti erstrecken. Diese Affaire soll uns allen eine liehre
aein.'* "Fa ist wirklich kaum zu glauben« wie sich diese Per-
son auffitresplelt hat"« warf Horst ein« "sie hat gewöhnlich getan«
eis ob ich luft «•*• oder als ob sie zu hoheitsvoll war« um
tlberhiupv einen Grass zu bemerken tind dabei hat sie .••••#*•
•'Schweig still" unterbrach der Vater« "Du bist hier in Gegen-
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wart von Deiner Mutter Schwester^ vergiss das bitte nicht I "
'fWamm sie den Namen des Mannes nicht nennen will, verstehe
Ich nioht" sagte Günthers Mutter^ "und warum sie sich nicht
verteidigt I nicht den wirklichen Grund sagt, warum sie die Frau
Müller umgebracht hat, die doch seit ihrer Kindheit bei ihr warl
Es ist alles so ganz entsetzlich und grauenhaft und unverständ-
lich:"
Günther hlSrte nun wieder Irmgard auf schluchzen • Er war
so aufgeregt, dass er am ganzen Körper zitterte und musste war-
ten, bis das Zittern nachliess, so dass er sich zurück in sein
Zimmer schleichen konnte. Irene hatte eine Frau Müller umge-
bracht und hatte eine geheimnisvolle Beziehung zu einem Ifenni
eine Jener Beziehungen, die man nicht in Gegenwart von JJutter
und Schwester erwähnt, über die Schuljungen im Geheimen tuscheln
und lachen und über die Günther immer noch nicht gewagt hatta,
Max um Aufklärung zu bitten. Aber wie konnte man diese Dinge,
Mord und verbotene Beziehungen, nur mit Irene in Verbindung
bringen, mit einer Irene, die am ehesten einer Lilie ähnlich
war. Sie war so zart, schlank und schön imd sah kllhl und ent-
rückt aus. Selbst Horst hatte es bemerkt.
Irene Johannsen war in Dorpat auf die Welt gekommen, ei-
ner Universitätsstadt in den Baltischen Provinzen, wo der müt-
terliche Grossvater, ein Baron von Schulmann, als Professor *
der Medizin tätig und berühmt war. Seine Tocher Emanuela war
bei Verwandten in Hamburg zu Besuch als sie den Jungen Arzt
und Wissenschaftler Johan Johannsen kennen lernte. Die beiden
II
Ch. III
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jTongen Leute verliebten sich leidenschaftlich, in einander und
da es dem Professor von Schulmann gerade an einem tüchtigen
Assistenten gebrach, liess er Johannsen nach Dorpat kommen und
verschaffte ihm die sehr begehrte Stellung an der Universitäts-
klinik, Johann und Emanuela heirateten und lebten viele Jahre
in einer Liebeaehe, die nur durch die Tatsache ihrer Kinder-
losigkeit getrUbt wurde. Der alte von Schulmann starb und hin-
terliess seiner Tochter ein grosses Vermögen tind seinem Schwie-
gersohn seine Professur, eine blendende wissenschaftliche Kar-
riere und eine weit ausgedehnte Konsultationspraxia.
Endlich, als Emanuela schon fast 40 Jahre alt war, wurde
sie schwanger. Sie gab einem Tttchterchen das Leben, verlor
aber das ihrige im Wochenbett. Professor Johannsen ging mit
einer Expedition nach SUd-Afrika um eine dort ausgebrochene
Epidemie der afrikanischen Schlafkrankheit zu studieren« Er
infizierte sich und starb ungefähr 6 Monate nach dem Tod sei-
ner Frau.
Irene wuchs ohne Eltern auf. Sie hatte einen Vormund,
der sich darum kümmerte, dass sie die richtigen Pflegerinnen
hatte, in die richtigen Schulen ging und engagierte schliess-
lich eine Frau Therese Müller, die gerade verwitwet war, als
eine Art Gesellschafterin oder Duenna für das heranwachsende
Ädchen. Frau Müller war ihm von Bekannten recht empfohlen
worden, als eine verlassliche, sittenstrenge, religiöse Per-
son, die man wohl einem jungen Mädchen aus gutem Hause zur
Seite stellen konnte, und mit der man ein solches Junges Mgd-
Ch. III
«30-
chen wohl auch atif die Reise schicken konnte» Dieser Aspekt
war besonders wichtig» da Irene nach Deutschland gehen sollte,
um dort eine htJhere Töchterschule zu besuchen» Man einigte
sich auf Hamb\irg. Es wurde durch einen Agenten ein Haus in
Harvestehude gekauft und eingerichtet. Irene und Frau ^füller
bezogen es im Herbst 84 • Sie war damals 16 Jahre alt \ind trat
in die oberste Klasse der Schule ein, in der die Jungen Mödchen
aus guten Hamburger Familien ihre Erziehung erhielten^ imd die
auch Irmgard Hoyk be suchte • Irene war still und zurückhaltend
und schloss sich nicht leicht an ihre Altersgenossinnen an*
Sie besuchte Jedoch Irmgard einige Male und lud sie mit anderen
jungen \'!adchen zu sich zum Tee ein. Sie wurde von allen benei-
det und bewundert^ da sie ein völlig unabhängiges Leben zu fuh-
ren schien; jedenfalls war keine Autor itötsperson zu bemerken.
Frau ^ifUlleri der die Frundinnen höflicherweise vorgestellt
wurden^ machte eaer den Findruck einer Untergebenen, die sich
Irenens Anordnungen fügte. Irenes Vormund lebte auf seinen
Gütern in Kiirland^ und falls sie Verwandte in Hamburg hatte ^
so schien sie Jedenfalls nicht auf sehr intimem Fuss mit ihnen
zu stehen. Irmgard^ die von Jeher dazu neigte ihre Freundin-
nen zu idealisieren^ war ganz und gar in Irene vernarrt. Sie
verteidigte sie sogar Horst gegenüber , der sich durch ihre her-
ablassende Haltung gekrankt und zurückgewiesen fühlte» Nach-
dem sie nach einem Jahr die Schule beendet hatte, hörte und
sah man wenig von ihr. Nur sehr gelegentlich kam sie mit Irm-
gard zusammen, deren Bewunderung und Anhänglichkeit ihr wohl-
zutun schien.
Ch. III
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Am 10. April 1886 brachte das Hamburger Fremdenblatt und
die Hamburger Zeitung die Nachricht, dass Fröulein Irene Johann-
sen, Harveatehuder Weg 21, ihre langjährige Gefährtin und Haus-
dame mit Rattengift vergiftet habe. Sie habe das Verbechen ein-
gestanden, sich aber geweigert einen Grund dafür anzugeben.
Erst nachdem das Hausmädchen bei der Zeugenvernehm\ing ausgesagt
hatte, dass das FrSulein häufig am Abend Herrenbesuche empfan-
gen habe, fand sich Irene dazu bereit, eine weitere Axissage
zu machen. Sie gab zu, eine Liebesbeziehung zu einem verhei-
rateten Mann seit einiger Zeit unterhalten zu haben. Er habe ■
ihre Einsamkeit vxxä. Unerfahrenheit, wie sie oetzt wisse, mit
Hilfe ihrer früheren Hausdame ausgenutzt. Eine Mitteilixng sei-
nerseits, deren Inhalt sie nicht preiszugeben gedächte, habe
direkt zu ihrem Entschluss geführt, Frau Müller zu töten. Frau
?/!üller sei eine verräterische Ratte gewesen und habe daher eine
gerechte Bestrafung erlitten.
Die Zeitxmgen wiesen darauf hin, dass die Junge Dame kei-
nerlei Anzeichen von Reue oder Kummer über die Tat z\ir Schau
trüge. Sie wiirde als wortkarg, unmitteilsam und unnahbar be-
schrieben. Im allgemeinen schienen die Vertreter der Presse
darüber beunr\ahigt, dass sie sich weder in einem Nervenzusant-
menbruch noch im Zustand tiefster Zerknirschung befand.
Den Namen ihres Liebhabers weigerte sie sich zu nennen,
da sie genug Unheil angerichtet habe und keinen Gr^lnd habe,
seine Fainilie in Schande und Unglück zu stürzen. Dabei ver-
blieb sie. Auch dem Anwalt, den der telegraphisch benachrich-
Ch. III
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tlgte Vormund telegraphisoh für sie bestell te, machte sie keine
weiteren Mitteilungen. Die gute Gesellschaft Hamburgs^ insbe-
sondere jene H^useri die sich dem jtingen PrSulein gastfreund-
lich geöffnet hatten, war Skandal isiert» schockiert und gleich-
zeitig heimlich erregt als hatte sie Champagner getrunken«
Es war Gllnther in der PrUh gelungen^ die gestrige Morgen-
zeitung und auch das Abendblatt zu finden • Er war sehr frtlh
aufgestanden, bevor noch die Madchen auf waren* Er war mit
dem Gelesenen und Erlauschten beschäftigt \ind versuchte zu ver-
stehen, was die Zeitungen nur angedeutet hatten* Er war ver-
wirrt | wenn er an Prau Lilienfelds mitleidige Worte dachte und
sie mit der scharfen Rede seines Vaters oder gar mit Horsts hflss-
lichen Bemerkungen verglich* Er fragte sich, ob Irmgard so ge-
weint hatte, weil sie Mitleid für die unglückliche Freundin
empfand oder weil sie selbst im zweideutigen Licht erscheinen
könnte, da sie aus ihrer Zuneifjung tmd Bewunderung für Irene
keinen Hehl gemacht habe, Ja sich ihrer Preunschaft wo immer
und wann immer eine Gelegenheit sich bot, gerühmt hatte* Würde
der Junge Assessor Jagemann sich nun z\n?ückziehen, wie die Mut-
ter gestern befürchtend erwähnt hatte; würde man sie vielleicht
gesellschaftlich schneiden? Günther trottete zur Schule und
wünschte, dass er ?^ax schon befragen könnte; Max, der krank im
Bett lag und gestern ein so leidendes, Gesicht hatte* Plötzlich
kam es Günther vor, als ob Max vielleicht geweint hatte. War
er wohl Irenes wegen krank?
Ch. III
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Gttnther konnte sich wahrend der Schulstunden nicht kon-
zentrieren. Er vmrde mehrnials berxifen und Herr Prof. Meyer,
sein Klassenlehrer, verlor schliesslich die Geduld mit ihm und
trug einen Tadel ins Klassenbuch ein. Gtlnther musste eine halbe
Stunde nachsitzen. Er sah Prof. Meyer mit so unverständlicher
Miene an, dass der Lehrer ihn schliesslich fortschickte, weil
er sicher war, dass der Junge krank sei*
•3^-
Chapter IV
Dr# von JaKemann
Der fachSrzt liehe Bericht über Irene Johannsens Gesund-
heits- und Geisteszustand erschien in der Abendausgabe der
Hamburger Zeitung schon am Tag nach der ersten Nachricht von
dem vermuteten Mord an Frau MUller» Das Gutachten war von Dr.
Klaus von Jagemann unterzeichnet* In diesem Gutachten vertrat
der Arzt die Meinung, dass Fröulein Johannsens Geständnis und
Selbstanklage krankhafter Natur seien» Er selbst kannte das
Fräulein seit ihrer Ankunft in Hamburg* Sie hatte um t3fters
konsultiert wegen vorwiegend neiTVÖser Beschwerden, von denen
Schlaflosigkeit die hervorstechendste gewesen war. In den
letzten Wochen habe sich eine deutliche Schwermut bei ihr ein-
gestellt, die sich in Nahrungsverweigerung und Vor-sich-hinbrUten
audgedrtickt h^itte. Sie hotte oft geweint ohne wirklichen Grund,
hatte aber als Grund Sehnsucht nach ihrer Heimat und den ver-
storbenen Eltern, die sie nicht einmal gekannt hatte, angege-
ben und dem Arzt auch einmal erklärt, dass sie am liebsten tot
sein möchte. Dr. von Jagemann war tiberzeugt davon dass^ was
auch immer mit der Frau Müller geschehen wÄre, es sicher nicht
in Iraners Macht stand oder ihrem Charakter entsprach, einen
solchen Mord zu begehen. Sie hStte keine oder sehr wenig Ahnung
von Ratten- oder anderen Giften gehabt oder wie man solche er-
langen könnte; sie sei eine j-unge Person, die in praktischen
Dingen völlig unerfahren sei. Hingegen sei es nicht untypisch
Ch. IV
-55-
ftlr an Schwermut Leidende sich solch grauenhafter Verbrechen
zu "beschuldigen, selbst wenn kein Todesfall sich gerade ereig-
net habe. Unter den obwaltenden Umstanden aber habe sich Pröu-
lein Johannsen's Gemntserkrankung durch den Tod ihrer Hausdame
80 vertieft, dass ihr Geständnis, sie umgebracht zu haben, nur
auf dieser Grundlage zu verstehen sei. Dr. von Jagemann fügte
Sinzu, dass er ^rau Müller öfters als Begleiterin des FrSulein
Johannsen gesehen habe, ihm die Beziehung der beiden Damen nicht
als besonders nahe aufgefallen sei; er habe vermutet, dass Frau
Iftlllers Gesundheitszustand zu wönschen übrig liesse. Sie habe
ihn aber nie ih]?er selbst wegen konsultiert.
Herr Dr. Räder, der vom Vormtmd bestellte Anwalt, hatte
auf Grtind dieses Gutachtens den Untersuchungsrichter überzeugt,
dass Irene Johannsen an einer schweren Gemtttskrankheit litte
imd hatte bewirkt^ dass sie aus der Untersuoh*ungshaf t entlas-
f
sen wurde. Sie wurde sofort in ein Privat Sanatorium ausserhalb
Hamburgs gebracht.
Es stellte sich übrigens heraus, dass Frau Müller völlig
ohne Familienanhang war. Sie schien auch keine nahen Freiinde
zu haben. So verlor sich das Interesse an ihr sehr bald und
die Hamburger Gesellschaft kümmerte sich nicht darum, was mit
ihrer Leiche nach der gerichtlichen Sekt ton geschehen war.
Günther ht5rte allerdings von Max, dass Dr. von Jagemann die
Beerdigangakosten auf sich genommen hatte vnä. dafür gesorgt
habe, dass Frau Müller in Ohlsdorf anstftndig begraben wurde.
Ihn rührte und bedrückte diese Fürsorge des Arztes für eine
Ch. IV
- 51 -
nur fUr eine Sekunde etwa sah man deutlich die Anschrift auf
einem der Briefe: "Geliebter Klaus!" Er schloss rasch die
OfentUr. Als er sich umdrehte, sah er, dass seine Tochter
Trude im Zimmer stand.
X "Ich habe geklopft, Vater" — "wirklich" fügte sie sehr
dringlich hinzu, als sie seinen zweifelnden Blick bemerkte
"wirklich — Du warst so in Gedanken vertieft, dass Du mich
nicht geh-ört hast. Ich hörte Dich in Dein Zimmer gehen vor
kurzer Zeit — so wusste ich, dass Du hier bist; sonst wHre
ich natürlich nicht in Dein Zimmer gegangen. " Klaus erkun-
digte sich, was sie denn von ihm wollte. Seine Zweifel waren
nicht beigelegt durch Trudes hastige Erklärung. Er wusste
auch nicht, wie lange sie schon dort gestanden und ihn be-
obachtet hatte. Es war aber besser, der Angelegenheit nicht
zu viel Wichtigkeit durch Fragen beizulegen. "Soll sie sich
denken, was immer sie mag" dachte er. Trude wollte wissen,
saprte sie, wie es Max ginge. Sie wisse, ihr Vater sei gerade
von einem Besuch bei ihm z\irUckgekommen — sie habe ihn zur
Mutter sa -en httren, dass er «u den Lilienfelds müsse, da Max
krank sei- — heute morgen, meine sie, als Mutter ihn an ihren
Jour erixu.ert habe. Sie, Trude, habe den ganzen Nachmittag
nach der Schule gewartet, da sie doch um Max recht besorgt
sei. "Diese ekelhafte Irmgard Angelegenheit muss ihm wohl
jetzt gezeigt haben, was für eine Person sie wirklich ist.
Ich habe immer gewusst, dass sie eine Scheinheilige und Heuch-
lerin ist — so ein "Blümchen-rühr-mich-nicht an" und nun so
etwas: " Trude lachte verächtlich und Klaus fühlte, dass er
Ch. lY
- 52 -
Ärgerlich wurde. Das war nicht gut# Er musste auch den Vor-
urteilen seiner eigenen Tochter gegenüber sachlich und gedul-
dig bleiben. So erklärte er ihr kurz die neue Sachlage und
fügte nur hinzu, d^ss es Max besser ginge, dass er eine In-
fluenza habe, noch zu Bett liege ^ aber morgen, falls er fieber-
frei sei, aufstehen dtlrfe. Dann sagte er in einem etwas per-
sönlicheren Ton: "Du scheinst Max etwas zu wichtig zu nehmen,
Trude. Ich habe Dich nie so interessiert nach Jemandem an-
deren fragen hören. Du bist ungerecht gegen Irene, weil Du
mit Recht annimmst, dass sie Max gefallen könnte. Du hast mög-
licherweise sogar im Sinn, dass Du Max Lilienfeld heiraten
wirst. Du bist schliesslich schon 15 Jahre und in Deinem Alter
macht man viele solcher PlSne. Dieser eine, mein Kind, kommt
absolut nicht in Frage. Glaube mir, dass ich nie meine Ein-
willigung dazu geben würde." Er hatte das Letztere leiden-
schaftlicher gesägt als er beabsichtigte und sah sofort jenen
schlauen und berechnenden Blick in Trudes Augen, den er vor
allem an ihr verabscheute aber auch fürchtete; denn nun berei-
tete sie einen Schlachtenplan vor. Er musste auf der Hut sein,
dass sie ihn nicht überrumpelte. "Warum" fragte Trude "bist
Du so gegen eine Heirat mit Max. Ich hatte gehofft, dass im
Gegenteil Ihr, Du und Mutter, sehr dafür seid. Er ist sehr
klug, er kommt aus einer guten Familie und - was Ja wohl auch
wichtig für ein Mädchen ist - er ist sehr nett und sieht sehr
gut aus." "Und hat sehr viel Geld, Trude — Du hast vergessen,
diese kleine Tatsache hinz zufügen — Millionen, die Dich ver-
i i
Ch* IV
- 53 -
blenden. Du kannst aber sicher sein, dass keine Millionen
mich dazu bringen werden, Dir zu erlauben, einen Juden zu hei-
raten. In ujiserer Familie versippt man sich nicht jüdisch."
Gott verzeih mir diese Gemeinheit, dachte Klaus während er
sprach. Was würde ich nicht darum geben, diesen Sohn zu haben;
aber nicht in dieser Weise; Trude würde ihn umbringen. Sie
will nur sein Geld. "Wie seltsam", sagte seine Tochter, "ich
war so überzeugt davon, dass Du mit den Lilienfelds befreundet
seist. Du bist sonst auch ganz tolerant Juden gegenüber; Ja,
ich dachte immer, dass "Frau Lilienfeld Dir ganz besonders ge-
fallt. Du gehst doch so oft hin und bleibst so viel länger
dort, als bei Deinen sonstigen Patienten. Auch hast Du Max
ins Haus eingeladen- — und Jetzt auf einmal ist er nur ein
Judenbengel und Du bist gegen eine Heirat mit «dbr« Ich ver-
stehe das einfach nicht". "Trude" sagte Klaus eindringlich
"hbre mir gut zu. Max ist nicht für Dich. Deine Bemerkungen
über meine Bezieh\mg zu den Lilienfelds sind ganz unangebracht.
Ich bin auch ziemlich sicher, dass Dir Max nicht so viel be-
deutet, sondern dass Du Tröume hast, wie Du seiner Millionen
habhaftig werden und sie ausgeben kannst. " Er hatte versucht
mit dem letzten Satz schon einen leichteren Ton anzuschlagen
und fuhr in derselben Art fort: "Du brauchst aber seine Mill-
ionen nicht. Du wirst eine sehr ansehnliche Mitgift haben von
mir und von Deinem Giossvater, eine Mitgift noch dazu, die Dir
gehören wird, und über die nur Du das Verfügungsrecht haben
wirst. Das sollst Du wissen, damit Du Dich nicht in uner-
wünschte Abenteuer einlässt, nur weil Du von Geld trHumst,
Ch. IV
- 54 -
wie das Ganschen vom Mais." Trudes Blick war in die Weite
gerichtet, sie ISchelte vor sich hin, und sagte mit ihrer
feinsten Stimme träumerisch: "Geliebter Klaus" — Vater, wer
hat die Briefe geschrieben, die Du verbrannt hast?" Klaus
holte innerlich tief Atem. "Nur ruhig bleiben" sagte er
sich, "sie hat ihre Karte nun ausgespielt". Er schaute sie
eine Weile mit zusammengezogenen Brauen schweigend an, bis
sie die Augen niederschlug, dann sagte er: "Meine Angelegen-
heiten gehen Dich nichts an, Trude. Die Briefe waren von je-
mandem, der mir sehr nahe gestanden hat aber leider nicht
mehr existiert zu meinem sehr grossen Schmerz. Darum will
ich nicht darüber sprechen. Aber um auf ueine Plane in Be-
zug auf Max zurückzukommen - wenn es wirklich sein Vermögen
ist, das Dich so lockt, so sollst Du das Folgende wissen: Das
Lilienfeldsche Vermögen ist in einem sogenannten Trustfund
angelegt, von dem die Mutter nur die Nutzniessung hat. Max
wird im Alter von 25 Jahren einen Teil dieses Vermögens aus-
gezahlt bekommen, und dann wieder mit 35 und 45 Jahren. Sollte
er sterben, so erben seine Kinder oder wenn er keine Kinder
haben sollte, geht das ganze Vermögen an seinen nächsten va-
terlichen Verwandten. Seine Frau kann und wird nicht erben;
sie würde nur eine beschrankte Summe als Witwengeld erhalten.
Du siehst also, dass er nur beschränkten finanziellen Wert
für Dich hat." "Und nur solange er am Leben ist" fügte er
zjmisch in Gedanken hinzu. "Ich habe gar nichts gegen Deine
Freundschaft mit Max,..solange Du Dich daran erinnerst, dass
Ch. IV
-55-
keinerlei Intimitäten zwischen Euch erwtlnscht sind, und nun
geh bitte, ich habe zu arbeiten," Er wandte sich mit diesen
Worten seinen mänigfaltigen Papieren, die den Schreibtisch
bedeckten, zu und schenkte seiner Tochter keine weitere Be-
achtung. Trude warf ihm einen hasserftlllten Blick zu. Sie
verliess sein Zimmer ebenso gerHuschloss, wie sie es betreten
hatte. Sie entschied sich in einem kurzen Augenblick der
Ueberlegxing dafür, ins Damenzimmer hinunterzugehen und die
Gaste ihrer Mutter zu bezaubern.
A
f-',
\
I I
Ch. IV.
-5-
gemunkelt, dass der Doktor auf eine spätere Verbindung
zwischen seiner Tochter Trude und dem jüngeren Mann gehofft
habet Der Assessor hiess übrigens Erich und war rothaarig,
womit er von Trude, die keine besonders herzliche Zuneigung
zu ihm zu haben schien, oft gehä/tfselt wurde. Wenn men gewissen
Zeichen trauen konnte, wie z.B. dem häufigen Erscheinen des
Assessors auf jenen Gesellschaften, wo Irmgard eingeladen war,
oder seinem Drängen, so viele Tänze als nur immer schicklich
auf den Bällen, die sie beide besuchten, mit Irmgard zu tanzen,
oder seiner ausgesuchtenHöflichkeit Herrn und Frau Hoyk gegen---
über, hatte Irmgard zu erwarten, dass er bald bei Ihrem Vater
offiziell vorsprechen würde. Dass sie ihm geneigt war, daran
konnte er nicht zweifeln, jeder konnte das sehen. Eine gemein-
sames Gesprächthema zwischen ihm und seiner Zukünftigen war
der ausgezeichnete Ruf und die Bedeutung seines Vetters Klaus
von Jagemann gewesen, damit sollten die Eltern wohl mit seiner
Familie bekannt gemacht sein. Mit der Affaire Irene Johannsen
hatte es zunächst geschienen, als ob Irmgard durch ihre freund-
schaftliche Beziehung zu Irene in den Augen des Assessors herab-
gesetzt sein könnte, aber die Verbindung des älteren Jagemann
mit dieser Affaire, hatte die Situation sozu^^sagen ausgeglichen.
Als Günther die Schule verliess, hatte er noch nichts
von der neuesten Entwicklung, die der Fall Irene genommen hatte,
gehört. Er beeilte sich, zu Max zu kommen, den er auch heute
nicht auf dem Schulweg getroffen hatte. Er sorgte sich sehr um
den Freund und war in einem Zustand von Ratlosigkeit und
c^ ♦
I I
'1
Ch. IV.
-6-
Verwirrung. Dabei fürchtete er sich^ durch Fragen Max zu
verwunden oder seine eigene Naivität bioszustellen. Das Li-
lienfeldische Haus schien unheimlich ruhig. Als er vor Maxens
Tür stand, hörte er Stimmen. Er klopfte, erhielt keine Ant-
wort, öffnete aber trotzdem die Tür. Max lag im Bett und auf
dem Bettrand sass Dr. von Jagemann. Günther erkannte ihn so-
fort, obgleich er ihm den Rücken zuwandte: er hatte etwas so
Unverkennbares in seiner Gestalt und Haltung, der mächtige
eiförmig ausgezogene Hinterkopf, die etwas n^ch v^-^ne gezogenen
Schultern, der lange gerade Rücken und der schlanke Hals
Günther hätte es nicht in Worte fassen können, aber der Körper
des Mannes drückte einerseits einen starren Willen und ander-
seits eine fast überfeinerte Zartheit aus. Max und der Arzt
schienen so sehr im Gespräch vertieft, dass sie erst nach einigen
Augenblicken die Anwesenheit eines dritten bemerkten. Max be-
grüsste den Freund mit einem Lächeln. Er sah elend aus, mit
seinen eingefallenen Wangen, die sehr blass waren, und dunklen
Schatten unter den Augen. Aber er schien etwas ruhiger als
am
vergangenen Tag. Jagemann erhob sich und reichte Günther die
Hand. Sein Gesicht passte zu seiner langen hageren Gestalt.
Es war gross angelegt mit hoher Stirn und eckigem Kinn. Die
Augen lagen tief unter gutgezeichneten aber blonden Brauen,
deren Schwung dem Gesicht eine leichte Ironie verlieh. Die
tiefen Falten, die von der grossen etwas gebogenen Nase zu d
em
weiten geschwungenen Mund liefen, vertieften noch diesen iro-
nischen Ausdruck. Ein kurzer dichter blonder Backenbart
I
II II
Ohapter 11/
•% - ».
Lp
In der Erde seachluepft# Auch an die kleinen nackten Maeuse
v/urde er erinnert, die er einmal auf einem Feld aufgegraben
hatte; alle diese Erinnerunp:en waren unangenehm und etwas be-
aencotlgend» Aber heute bei seinem Versuch nicht auf Regen-
wuerner 7^ treten, \mr er mit etwas anderew beschaeftigt, etwas
viel Beaens^tisendereG, das er ßestem von Maxens Mutter p^ehoert
hatte»
Er hatte heute morgen seine Familie veraiiedent weil er
zu sehr mit seinen Gedanken besohaeftigt war und nicht gefragt
werden v/ollte aber auch nicht in die Versuchung kommen wollte,
selbst einige Fragen zu stellen ^f-^ Frau Lilienfeld war gerade ^^«LcVt^
die Treppe in ihrem Hause heraufgekommen, als Guenther hinunter
stiep^, nachdem er Maxens Ziiimier verlassen hrtte« Wie immer
gruesstE sie ihn freundlich, aber statt der ueblichen Frage
nach Schule und Wohlergehen sagte sie: ^Deine Eltern und
Deine Schwester rauessen wohl sehr mitgenommen sein von dieser
entsetzllchaa Sache, mit Irmgards Freundin • Alle Zeltungen
sind voll davon« Eine sehr traurige und ven>rirrende Angelegen-
heit, in die so ein armes Junges Ding hineingeraet und sich
nicht mehr zu helfen welss# Und dann kommt die ganze Meute
auf sie zu, Polizei und Presce, und zerreisst sie und zerstueck-lßt^""
sie und laesst nichts von ihr uebrig»^ Guenther war 15 Jahre
alt; er hatte bischer keine Zeltung lesen duerfen, well
Zeitungen nicht fuer Kinder schrieben* Er war entsetzlich
verlegen und gleichzeitig aufgei-egt. Er konnte Frau Lilienfeld
nicht gestehen, dass er nicht wusste, wovon sie redete, dass
Chapter II
^
man Ihn zuhause n~öh wie ein Baby behandelte« Sie haette wohl
darueber Gelaeohelt mitleidig und veräohtlloh. Er hatte ein
O-efuehl, als ob er beraten sollte vor Neugierde und glelch-
zeltigem Ernchreoken# Frau Llllenfeld, die mehr mit Ihren
eigenen Gedanl:en beschaeftigt war als sonst, nahm die Sti:umm-
helt des Knaben als Zeichen seiner Erschuettemng;und sagte,
'^ioh werde versuchen, Irene im Untersuchung sgefaengnls zu beh-
auchen, loh habe ihre Kutter gekannt, als wir beide Jung waren »^^
Sie legte ihre Hand ganz leicht auf Guenthers Schulter, wie
um ihn zu troesten und ging an ihm vorbei, die Treppe irhiimnMr
••Also es war etwas mit Irene** dachte Guenther, •'hatte
darum Irmgard so merkwuerdig muerrisch ausgesehen, als habe sie
eine Mlgraene. mit etv:as geschwollenen Augenlidexm- Er hatte
gestern nicht mit ilinen Mittag und Nachtmahl gegessen, vrell
die Damen angeblich zu den Grosseltern nach Wandsbeok hatten
fahren muessen und der Vater in seinen Olub gegangen war» Vfas
If
meinte Frau Lilienfeld mit, zerstueckelt werden — wie konnte
H
man Irene zerreiscen und nichts von ihr uebrlg lassen — war
das woertlich oder bildlich zu nehmen? Sollte er zu Max zu-
^m
rueckgehen; der war krank und lag im Bett und hatte seltsam
zurueckgezogen ausgeschaut, als ob er sich nicht bewegen
wollte. Er hatte auch kaum gesprochen • Guenther hatte all
das dem Fieber zugeschrieben und der Influenza, an der Max
erkrankt war. Jetzt zv:elfelte er an allem; Max hatte Irene
I I
Chapter Il| ,
2^.4
ejjilge Male gesehen, zufaelllg auf der Strasse waren sie an
Ihr voruebergegangen und Öuenther hatte sie ^ßruesot. Max
war heimlich In sie verliebt, glaubte Guenther, well er erroetet
war, als sie das zweite Mal Ihr begegnet waren und seine Augen
diesen fernen Blick bekommen hatten. Guenther stand noch Im- "
mer auf der Treppe, zoegemd, ob er hinauf- oder hinuntergehen
sollte. Sollte er Max fragen — er fuerchtete aber, dass Max
Ihm heute nicht antworten wuerde; haette er Ihm doch sonst wohl
freiwillig etwas erzaehlt. So ging Guenther nach Hause. Er
hatte gehofft, dass auch an dienern Abend die uebrlgen Familien
Mltßlledor nicht daheim sein wuerden; aber sie kamen zum Eer.en,
Sassen mehr oder weniger stumm da, und beeilten sich, so schnell
wie moegllch mit der Tafel fertig zu werden. Horst fing an,
etwas zu sagen, aber Lina machte ihm ein Zeichen, nicht fortzu-
fahren, war es um Irmgards Gefuehle zu schonen oder um nicht
vor Guenther die aufregenden Angelegenheit zu besprechen. Da
sie alle zuhause waren, konnte er a uch nicht heimlich sich
die Zeitung zusararaen suchen oder in die Kueche gehen, und Mlana ^
oder Anna befragen. Die beiden, Koeehin und Stubenmaedchen,
t
erzaehlen ihm gewoehnlich die Gehelmnlaae soweit sie sie \>russten.
Es war erstaunlich, wie viele Geheimnisse es gab in der Familie,
von denen Guenther sonst nie etwas erfahren haette. Aber es
brauchte Zeit und geschicktes Man oevr leren. um sie zum Sprechen
zu bringen, man ko>nnte das nicht zwischen Tuer und Angel machen.
Heute war man nicht sicher, dacs nicht Mutter oder Schwester in
die Kueche kommen vmerden; sie durften unter keinen Umstaenden
Guenther dort finden.
I I
^'
So blieb iliiii nichts anderes uebrig, als In oeln ZLrjner
au gehen. Er versuchte, ceino PI au sauf gaben zu machen, aber er
konnte sich nicht konzentrlei'en. Er ging ruhelos auf und ab
und stand eine ^^iTelle am Fenster und schaute In die dxxnkle
NQCht hinaus. Schliesslich schlich er sich wieder auG dem
Zliamer heraus, ging ganz leise die Treppe hinunter und auf
Zehenspitzen naehcrto er sich der Tuer dos Ilerrenzicmcrs, in
dem die Erwachsenen vorsammelt waren. Er dru eckte sich flach
an die Watjd und lauschte. Es sohlen ilim, dass er Irmgai'd
weinen hoerte und ohne sich ueber den Grund dafuer klar zu sein,
fuehlte er eine togbo fast boschaemonde Zaertliolilcelt fuar sie.
"Sie ist doch gut" dachte er.
Herrn Hoyks Stlnune kam klar durch die Tuor: '*IIoero
auf zu weinen, Irmgard. Es besteht kein GrundÄfflÄ» Dich, auch
nur im Geringsten ^^' zu besorgen dass Dein N-oine in irgend-
einer Welse mit Irene im Zusainaenhang gebracht vrird. Schi Ions-
lieh hast Du sie nicht einmal sehr gut gekannt. Es ist sehr
bedauerlich, dass so ein Sliandal In unseren Kreisen vorkommen
kann, aber verglss bitte nicht, dass dies^ Person doch eine
Fremde Ist, v;enn sie auch angeblich muetterlicherseits von
Adel sein soll. Es geht doch nicht an, Lina, dass wir unseren
Verkelir auf Kretiund Fl eti erstrecken. Diese Af faire soll uns
allen eine Lehre sein." "Es ist wirklich kaum zu glauben, wie
sich diese Person aufgespielt hat," warf Horst ein, •*sle hat
gewoehnlich getan, als ob Ich Luft vraere oder als ob sie zu
Chapter llf
^-
ZU hoheitsvoll war, um ueberhaupt einen Gruss zu "bemerken
und dabei hat sie
fi II
Schweig still" unterbrach der
Vater, "Du bist hier in Gegenv/art von Deiner Mutter und
S
chv/ester^ vergiss das bitte nicht I" "VJarum Hie den Namen
des Mannes nicht nennen will, verstehe ich nicht" sagte
Guenthers ^Tutter. "und warum sie sich nicht verteidigt,
nicht fsägir7'~waFiiir''^^ die Frau ^'^"^-ller umgebracht hat, die
doch seit ihrer Kindheit bei ihr war! Es ist alles so ganz
entsetzlich und grauenhaft und unverstaendlichj"
Guenther beerte nun wieder Irmgard aufschluchzen.
Er war so aufgeregt, dass er am ganzen Koerper zitterte
und musste warten, bis das Zittern nachliess, so das er
sich zurueck in sein Zimmer schleichen konnte. Irene hatte
eine Frau Mueller umgebracht und hatte eine geheimnisvolle
Beziehung zu einem Mann, eine jener Beziehungen, die man
nicht in Gegenwart von Mutter und Schwester erwähnt, ueber
die aber die Schuljungen im Geheimen tuschefe^und lachen und
ueber die Guenther noch immer nicht gev^/agt hatte, Max um
Aufklaerung zu bitten. Aber v;ie konnte m.an diese Dinge,
Mord und verbotene Beziehungen, nur mit Irene in Verbindung
bringen, mit einer Irene, die am ehesten einer Lilie aehnlich
war. Sie war so zart, schlank und schoen und sah kuehl und
entrueckt aus. Selbst Horst hatte es bemerkt.
Irene Johannsen war in Dorpat zur Vvelt gekommen,
einer Universitaetstadt ^JU^^i^^^tm^ wo der muetterliche
I I I i
n
Chapter 11/
z*-
i^
Grossvater, ein Baron von Schulmann, als Professor der
Medizin taetig und beruehmt war» Seine Tochter Einanuela
war bei Verwandten in Hamburg zu Besuch als sie den Jungen
Arzt und Wissenschaftler Johan Johannsen kennen lernte.
t
Die beiden jungen Leute verliefen sich leidenschaftlich in
einander und da es dem Professor von Schulmann gerade an
einem tuechtigen Assistenten gebrach, liess er Johannsen
nach Dorpat kommen und verschaffte ihm die sehr begehrte
Stellung an der Universitaetsklinik. Johann und ^manuela
heirateten und lebten viele Jahre in einer Liebesehe, die
nur durch 'die Tatsache ihrer Kinderlosigkeit getruebt
wurde. Der alte von Schulmann starb und hintarliess seiner
Tochter ein grosses Vermoegen und seinem Schwiegersohn
seine Professur, eine blendende wissenschaftliche Karriere
und eine weit ausgedehnte Konsultationspraxis.
Endlich, als Bmanuela, schon fast 40 Jahre alt war,
wurde sie schwanger. Sie gab einem Toechterchen das Leben,
verlor aber das ihrige im Wochenbett. Professor Johannsen
ging mit einer Expedition nach Sued^Afrika um eine dort
ausgebrochene Epidemie der afrikanischen Schlafkrankheit
zu studieren. Er infizierte sich und starb ungefaehr 6 Mo-
nate nach dem Tod seiner Frau.
Irene wuchs ohne Eltern auf. Sie hatte einen
Vormund, der sich darum kuemmerte, dass sie die richtigen
Pflegerinnen hatte, in die richtigen Schulen ging und en-
gagierte schliesslich eine Frau Therese Mueller, die
Chqpter 11/
Jj^
• ■••• •• • VW*.,
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gerade verwitwet war^ als eine Art Gesellschafterin oder
Duenna fuer das heranwachsende Maedchen. Frau Mueller
war ihm von Bekannten recht empfohlen v;orden, als eine ver-
laessliche, sittenstrenge^ religioese Person^ die man wohl
einem jungen Maedchen aus gutem Hause zur Seite stellen
konnte j^und mit der man ein solches junges Maedchen wohl auch
auf die Reise schicken konnte. Dieser Aspekt war hesonders
wichtig, da Irene nach Deutschland gehen sollte, um dort
eine hoehere Toechterschule zu besuchen. Man einigte sich
auf Hamburg, Es wurde durch einen Agenten ein Haus in
Harvestehude gekauft und eingerichtet. Irene und Frau
Mueller bezogen es im Herbst 84. Sie v/ar damals 16 Jahre
alt und trat in die oberste Klasse der Schule ein, in die
jungen Maedchen aus guten Hamburger Familien ihre Erziehung
erhielten, und die auch Irmgard Hoyk besuchte. Irene v/ar
still und zurueckhaltend und schloss sich nicht leicht an
ihre Altersgenossinnen an. Sie besuchte d^^och Irmgard
einige Male und lud sie mit anderen jungen Maedchen zu sich
zum Tee ein. Sie v/urde von allen beneidet und bevmndert^
da sie ein voellig unabhaengiges Leben zu fuehren schien;
jedenfalls war keine Authoritaetsperson zu bemerken« Frau
Mueller, e^aen die Freundinnen hoeflicherjA^eise vorgestellt
wurden, machte eher den Eindruck einer Untergebenen, die
sich Irenens Anordnungen fuegte, Irenes Vormund lebte auf
seinen Guetern in Kurland, und falls sie Verwandte in
/
Chapter II|
3^-
Hamburg hatte ^ sxd schien sie Jedenfalls nicht auf sehr
intiman Fuss mit ihnen zu stehen. Irmgard^ die von Jeher
dazu neigte ihre Freundinnen zu idealisieren, war gan^i und
gar in Irene vernarrt. Sie verteidigte sie sogar Horst
gegenueher^ der sich durch ihre herablassende Haltung ge-
kraenkt und zurueckgewiesen fuehlte. Nachdem sie nach
einem Jahr die Schule beendet hatte hoerte und sah man wenig
von ihr. Nur sehr gelegentlich kam sie mit Irmgard zusam-
men, deren Bewunderung und Anhaenglichkeit ihr wohlzutun
schien.
Am 10. April 1886 brachten das Hamburger Fremden-
im
blatt und die Hamburger Zeitung die Nachricht, dass Fräulein
Irene Johannsen, Harverst ehuder 7;eg 21, ihre langsjaehrige
Gefaehrtin und Hausdame mit Rattengift vergiftet habe. Sie
habe das Verbrechen eingestanden, sich aber geweigert einen
Grund dafuer zu geben. Erst nachdem das Hausmaedchen bei
der Zeugen"Vernehmung ausgesagt hatte, dass das Fraeulein
haeufig am Abend Herrenbesuche empfangen habe, fand sicti /
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_ nennen, da sie genug Unheil angerlcht?et häTi^Ä^u^ k^i^en
Grund habe, seine Pamilie in Schande und Unglueck zu stuerzen*
Dabei verblieb sie. Auch dem Anwalt, den der telegrephisch
benachrichtigte Vormund telegraphisch fuer sie bestellte,
machte sie keine weiteren Mitteilungen. Die gute Gesellschaft
Hamburgs, insbesondere jene Haeuser, die sich dem jungen
Fraeulein gastfreundlich geoeffnet hatten, war skandalisiert ,
schockiert und gleichzeitig heimlich erregt als haette sie
Champagner getrunken.
Es war Guenther in der Prueh gelungen, die gestrige
l'lorgenzeitung und auch das Abendblatt zu finden. Er war sehr
frueh aufgestanden, bevor noch die Maedchen auf waren. Er
war mit dem Gelesenen und mit dem Erlauschten beschaeftigt
und versuchte zu verstehen, was die Zeitungen nur angedeutet
hatten. Er war verwirrt, wenn er an Erau Lilienfelds mit-
leidige Worte dachte und sie mit der schai^fen Rede seines
Vaters oder gar mit Horsts haesslichen Bemerkungen verglich.
Er fragte sich, ob Irmgard so geweint hatte, weil sie Mitleid
fuer die unglueckliche Freundin empfand oder weil sie selbst
im zweideutigen Licht erscheinen koennte, da sie aus ihrer
Zuneigung und Bewunderung fuer Irene keinen Hehl gamacht
Jfc
Ch. IV.
-5-
gekannt hatte. Das Gericht hatte sich davon überzeugt dass
kein Mord vorlag, sondern dass Frau Müller das Rattengift aus
Versehen zu sich genomn^en hatte. Niemand konnte zwar erklären
woher sie es hatte und wozu sie es brauchte, da in Harvestehude
das Vorkommen von Ratten unwahrscheinlich war. Ja, es wäre
wohl anders gewesen, hStte sie in einem Jener alten Häuser ge-
wohnt, die tief in einen der Flwte eintauchten — ja, da wim-
melte es von Ratten. Aber in Hamburgs vornehmstem Stadttei.
Nein, Frau Müllers Tod war wohl doch kein Versehen. Die einzig
mögliche Erklärung war, dass sie sich selbst das Leben absicht-
lich genommen hatte. Bei der Obduktion hatte man ein schweres,
unheilbares Leberleiden gefunden, das war ^'-'ohl, worauf auch
Dr. von Jagemann mit seiner Vermutung in dem Bericht hinge-
wiesen hatte. •
Günther kannte den Dr. v. Jagemann vom Sehen und Hören,
wenn man das sagen kann. Er hatte ihn einige Male bei den
Lilienfelds gesehen, wenn er ihm mit Frau Lilienfeld begegnete.
Er war Freund und Hausarzt der Lilienfelds. Sein Ruf war her-
vorragend, wenn auch seine Herkunft nicht ganz so eindeutig
war. Sein Vater war Pfarrer in Altena an der Kirche St. Georg
gewesen. Ab-^r die Familie stammte nicht aus der Gegend, sondern
war von dem Kaschubischen Grenzgebiet West- oder Ostpreussens /
eingewandert. Er selbst hatte in Dorpat Medizin studiert, wo
er wohl ein Schüler Professor Johannsens gewesen war. Er war
ein bekannter Spezialist auf dem Gebiet der Inneren Medizin
und Nervenheilkünde geworden, der ausgezeichnete wissenschaftliche
y
■7
Ch. IV.
,i\.^
Beiträge gemacht hatte und eine wissenschaftliche Laufbahn
an einer der besten medizinischen Fakultäten seiner Frau
wegen aufgeben musste. Seine Frau die aus einer sehr reichen
Familie stammte und auf deren Vermögen, wie es hiess, der
Doktor angewiesen war, hatte darauf bestanden in Hamburg in
der Nähe ihrer Eltern zu leben, von denen sie nicht getrennt
zu sein wünschte. Ein gegenteiliger Versuch hatte faJ 7.\x
einer Entfremdung der beiden Gatten geführt* Dr. von Jagemann
hatte nachgegeben und daraufhin auf die Universität verzichtet
Er nahm eine leitende Stellung in einem der besten Hamburger
Krankenhäuser an. Er hatte drei Kinder, von denen Trude
gleichaltrig mit Max und Günther war. Max hatte sie öfters er-
wähnt, und beschrieb sie als eine Mischung von Krimhilde und
Circe, also schön und verderblich. Während Günthers Phantasie
durch diese Beschreibung sher angeregt wurde, erklärte Max
einfach, dass sie ihm viel zu blond sei.
Es gab noch eine andere, für Günther interessante, Be-
ziehung zu den Jagemanns, nämlich über Irmgards Assessor v.
Jagemann. Der war ein junger Vetter des Arztes; sein Vater,
ein Bruder des Pfarrers, war ein bekannter Anwalt gewesen und
hatte ebenfalls in eine wohlhabende Hamburger Familie einge-
heiratet. Er war mitsamt seiner Frau auf einer Reise an
der Cholera gestorben, als der Assessor gerade" die Universität
bezogen hatte. Klaus von Jagemann hatte sich sehr gewissen-
haft um den Jungen Verwandten gekümmert und bis zu seiner
Mündigkeit dessen Kapital verwaltet. Man hatte davon
3y
IK
Ch. IV.
Dr« von Jagemann
■■■^■■■^■■■■■■■■■MaHMMUMMaktMiiiMhMMMa^^lh
Der facharztliche Bericht über Irene Johannsens Gesund-
heits- und Geisteszustand erschien in der Abendausgabe der
Hamburger Zeitung schon am Tag nach der ersten Nachricht von,
dem vermuteten Mord an Frau Müller. Das Gutachten war von Dr.
Klaus von Jagemann unterzeichnet. In diesem Gutachten vertrat
der Arzt die Meinung, dass Fraulein Johannsens Geständnis und
Selbstanklage krankhafter Natur seien. Er selbst kannte das
Fräulein seit ihrer Ankunft in Hamburg. Sie hatte ihn öfters
konsultiert wegen vorwiegend nervöser Beschwerden, von denen
Schlaflosigkeit die hervorstechendste gewesen war. In den
letzten Wochen habe sich eine deutliche Schwermut bei ihr ein-
gestellt, die sich in Nahrungsverweigerung und Vor-sich-hinbrüten
ausgedruckt hätte. She hätte oft geweint ohne wirklichen
Grund, hätte aber als Grund Sehnsucht nach ihrer Heimat und
den verstorbenen Sltern, die sie nicht einmal gekannt habe, an-
gegeben und dem Arzt auch einmal erklärt, dass sie am liebsten
tot sein möchte. Dr. von Jagemann war überzeugt davon, dass,
was auch immer mit der Frau Müller geschehen wäre, es sicher
nicht in Irenes Macht stand oder ihrem Charakter entsprach,
einen solchen Mord zu begehen. Sie hätte keine oder sehr wenig
Ahnung von Ratten-oder anderen Giften gehabt oder v/ie man solche
erlangen konnte; sie sei eine Junge Person, die in praktischen
Dingen völlig unerfahren sei. Hingegen sei es nicht untypisch
für an Schwermut Leidende sich solch grauenhafter Verbrechen zu
K
Ch. IV.
-2-
H '1 - ^
ZU beschuldigen/ selbst wenn kein Todesfall sich gerade ereignet
habe. Unter den obwaltenden Umständen aber habe sich Fräulein
Johannsens Gemütserkrankung durch den Tod ihrer Hausdame so
vertieft» dass ihr Geständnis, sie umgebracht zu haben, nur auf
dieser Grundlage zu. verstehen sei. Dr. von Jagemann fügte hin-
zu, dass er Prau Müller öfters als als Begleiterin des Fräulein
Johannsen gesehen habe, ihm die Beziehung der beiden "Damen nicht
als besonders nahe aufgefallen sei; er habe vermutet, dass Frau
Müllers Gesundheitszustand zu wünschen übrig liesse. Sie
habe ihn aber nie ihrer selbst wegen konsultiert.
Herr Dr. Raeder, der vom Vormund bestellte Anwalt,
hatte auf Grund dieses Gutachtens den Untersuchungsrichter über-
zeugt, dass Irene Johannsen an einer schweren Gemütskrankheit
litte und hatte bewirkt, dass sie aus der Untersuchungshaft ent-
lassen wurde. Sie v/urde .sofort in ein Privatsanatorium ausser-
halb Hamburgs gebracht •
Es stellte sich übrigens heraus, dass Frau Müller völlig
ohne Familienanhang war. Sie schien auch keine nahen Freunde
zu haben. So verlor sich das Interesse an ihr sehr bald und die
Hamburger Gesellschaft kümmerte sich nicht darum, was mit ihrer
Leiche nach der gerichtlichen Sektion geschehen war. Günther
hörte allerdings., von Max, dass Dr. von Jagemann die Beerdigungs-
kosten auf sich genommen hatte und dafür gesorgt habe, dass Frau
Müller in Ohlsdorf anständing begraben wurde. Ihn rührte und
bedrückte diese Fürsorge des Arztes für eine Frau, die unter so
merkwürdigen Umständen gestorben war, und die er doch kaum
ift:gaJiTeflU!i©il
Chepter 11/
■^
habe, ja sich ihrer Freundschaft wo immer and v/ann immer
eine Gelegenheit sich bot, geruehmt hatte. Wuerde der Junge
Assessor Jagemann sich nun zurueckziehen, v/ie die Mutter
gestern befürchtend erv/aehnt hatte; wuerde man sie vielleicht
gesellschaftlich schneiden? Guenther trottete zur Schule
und vmenschte, dass er Max schon befragen koennte; Max, der
krank im Bett lag und gestern ein so leidendes Gesicht hatte.
Ploetzlich kam es Guenther vor, als ob Max vielleicht ge-
weint hatte. War er wohl Irenes wegen krank?
Guenther konnte sich waehrend der Schulstunden
nicht konzentrieren. Er vmrde mehrmals berufen und Herr
Prof. Meyer, sein Klassenlehrer, verlor schliesslich die
Geduld mit ihm und trug einen Tadel ins Klassenbuch ein.
Guenther musste eine halbe Stunde nachsitzen. Er sah Prof.
Meyer mit so unverstaendlicher Miene an, dass der Lehrer
ilin schliesslich f oi-tschickte, weil er sicher war, dass der
Junge krank sei.
l;
^.S
Chapter 11/
Es war ein kuehler feuchter Aprilmorgen. In der l>Jacht
hatte es geregnet; noch waren Pfuetzen auf der Strasse ::u
sehen und der Pussgaengersteig war feucht. Guenther v/ar irue-
her als sonst von zu Hause weggegangen^ ohne sein Pruestueck
zu Ende zu essen. Er wollte niemanden von der Familie treffen.
7
Haette ihm Jemand zugeschaut v/ie er fast in Zickzack seinen ;veg
t .,
verfolgte, so haette der Beschauer vielleicht ge^ eint| dass
er einem bestimmten inneren oder vorgeschriebenen Rtij^thmus
folß:te. Aber es waren nur die Regenwuermer , die ihn dazu veran-
lassten von einer Seite der Strasse z\ir andern auszuweichen.
Nach einer Regennacht gab es so viele Regemvuermer. Es ekelte
ihn vor ihnen, vor ihrer Nacktkeit unÄ Weichheit , und der
Koeglichkelt auf einen Wurm zu t..'eten, ihn ^ zu zerquetschen
oder entzwei zu schneiden. E- hatte aufjh das Fischen seit
einiger Zeit aufgegeben, weyL er es n.icbt; ueber sich bringen
konnte einen Wurm an den n/cen zu ^^tecken. Es war zwar be-
kannt, dass ein zerteilte/ Wurm keine Einbusse erlitt, Ja man
koennte sagen im Gegenteil davon -orofitierte, da er nun zv;ei
Wuermer wurde — aber das erhoehte nur den Abscheu und das
Gefuehl der Unheimlichkeit* Einmal vor Jahren hatte Guenther
mit anderen Kindern Eidechsen fangen wollen. Es gelang ihm
auch eine zu erwischen, er hielt sie an ihrem Schwanz fest
und musste zu seinem Grau in erleben, dass nur der Schwanz in
seiner Hand blieb; der Rest der Eidechse war in ein Loch in
r.
II
^o
Ch. IV.
-7-
**ij
umrahmte das Gesicht und setzte die sehr grossen, ausserordent-
lich fein ausgebildeten Ohrmuscheln ab. Er trug ein Plnce-nez
das die Augen noch grösser und tiefer erscheinen liess. Ob-
gleich die Stirn sehr bedeutend war^ so schienen doch in
diesen Gesicht, die Sinnesorgane wie überbetont, Günther er-
tappte sich dabei, dass er an den Wolf im Märchen vom Rot-
käppchen dachte. Ohren, Augen, Mund und Nase — was immer
durch die Sinne erfasst werden konnte, wurde diesem Menschen
nicht entgehen. Die Hand, die Günthers Hand einen Augenblick
lang hielt, war fest und kühl und dabei verführerisch zart —
"fast zärtlich" dachte Günther und schämte sich dieses Gedankens.
Er fühlte in diesem Augenblick dass etwas in ihm vorging, das
mit der Gegenwart dieses Mannes zu tun hatte, und das ihn ver-
wirrte, erschütterte und unerklärlich erregte. Er spürte eine
wilde schmerzliche Sehnsucht, die in dem V/unsch gipfelte auf
immer in Jagemanns Nahe zu bleiben und gleichzeitig wünschte
er, dass der Arzt weggehen und nie v/ieder seinen \1'eg kreuzen
sollte. Er hätte sich am liebsten aus dem Zimmer geschlichen
und irgend wo draussen, wo man ihn nicht hören konnte, laut ge-
brüllt. Statt dessen biss er die Zähne zusammen und errötete
bis unter die blonden Haarwurzeln, Klaus von Jagemann hatte
sich inzwischen wieder Max zugewandt, von dem er sich verab-
schiedete. "Nun gut, mein Junge", sagte er, "miss Deine Tem-
peratur. Auf alle Fälle bleibst Du morgen im Zimmer. Hast
Du kein Fieber mehr, so darfst Du wenigstens etwas aufstehehn«
Du hast wahrscheinlich eine leichte Influenza, aber man soll
■.IIPIIHIIJ-
y
Ch. IV.
-8-
doch vorsichtig sein — besonders bei Dir", fügte er mit einem
bedeutungsvollen Blick hinzu. "Vor allem aber ist es gut, dass
Du nun Gesellschaft hast. Mach Dir keine Sorgen und nicht so
viele Gedanken. Wir können zwar nicht alles wissen und tun,
aber doch manches", dann lachte er und setzte hinzu: "wie im
Faust". Er nickte Günther zu, berührte fast zärtlich Maxens
Schulter und verliess das Zimmer,
Nachdem der Arzt das Zimmer verlassen hatte, schwiegen
die Freunde eine Weile. Jeder schien seinen eigenen Gedanken
nachzuhängen. Endlich sprach Max mit belegter Stimme: "Ich
habe mich gestern und auch heute morgen nicht wohl gefühlt;
starke Kopfschmerzen und etwas erhöhte Temperatur, weis st Du.
Meine Mutter hat den Jagemann alarmiert, aber ich weiss und
sie weiss es auch, dass ich nicht wirklich krank bin. Du hast
sicher gewusst, dass mich die entsetzliche Sache mit Irene
Johannsen sehr aufgeregt hat, und ich habe schon als Kind oft
Fieber behabt, wenn ich mich aufgeregt habe. Es war aber gut
von meiner Mutter, dass sie Jagemann gerufen hat — ich habe
mit ihm sprechen können, und er hat mich sehr beruhigt." "Wie-
so", fragte Günther, "es ist alles doch ganz schrecklich; der
Mord, und die andere Sache mit dem Mann...." "Nein, nein, das
ist Ja alles schon nicht mehr war, schon überholt" fuhr ihm Max
rasch dazwischen. "Jagemann hat das alles schon richtig ge-
stellt — Irene ist auch nicht mehr in Haft. Sie haben sie
schon entlassen und sie ist nun zur Beruhigung und Reconvalescenz
in einem privaten Sanatorium. Aber Du kannst das Ja noch nicht
/'
/
H
Ch. IV.
-10-
Phantasie hat walten lassen. Irene, in ihrem schon über-
reizten Zustand hat dann auch diese Schuld und Schande auf
sich nehmen wollen. Sie soll Jetzt ganz still und apathisch
sein/' setzte er mit leiser Stimme hinzu. "Was mir leid ist/'
fuhr Max fort, "ist, dass ich nun wohl kaum mehr Gelegenheit
haben werde, ihr vorgestellt zu werden. Ich hatte so darauf
gehofft, sie bei den Jagemanns zu treffen. Sie stand so gut
mit ihnen. Mit dem Doktor und seiner Frau, sollte ich sagen
— denn Trude hat irgend etwas gegen sie gehabt, sie hat immer
an ihr herumgemäkelt, kein gutes Haar an ihr gelassen — fast
so als ob sie neidisch oder eif errsüchtig auf sie wäre. Dabei
ist Irene doch viel älter — drei oder vier Jahre — als Trude.
Aber Trude hat es immer zu verhindern gewunst, dass Irene da
war, wenn ich bei den Jagemanns eingeladen war. Ich könnte
Dir noch eine Menge von dem Doktor erzählen — er war nicht nur
zu Irene so gut; er ist jemand, dem ich voll und ganz vertraue
und mit dem ich alle solche Dinge besprechen kann, über die
man sich sonst so geniert zo sprechen."
Voller Erstaunen hörte Günther seinen Freund sagen, dass
er Dinge gab, über die zu sprechen er sich genierte. Es war
ihm nie in den Sinn gekommen, dass auch Max solche Dinge und
und Gefühle kannte. Wenn immer der Freund schweigsam oder
nicht mitteilsam war, hatte Günther angenommen, es mit wirklich
männlicher Zurückhaltung zu tun zu haben. Worüber konnte Max
sich genieren, zu sprechen. Er schob die auftauchenden Ge-
danken rasch beiseite und erinnerte sich an die merkwürdigen
y
Gh. IV*
-11-
Worte die Max in Bezug auf Irenes Dienstmädchen geäussert
hatte: "sie hat ihre eigene unsaubere Phantasie walten lassen".
Sr wollte bestimmt nicht in der selben Klasse mit diesem Mäd-
chen sein. Er musste sich von Max verabschieden, da es spät
war und er ungern die Aufmerksamkeit seiner Familie heute auf
sich gezogen hätte. So versprach er, Max am nächsten Tag wieder
zu besuchen und verliess ihn mit etwas leichterem Herzen als
er gekommen war. Max war wenigstens in einem besseren Zustand
als gestern. Er beschimpfte sich aber, dass er aus ihm unklaren
Gründen, nicht völlig von Jagemanns Erklärung überzeugt war. Er
ärgerte sich darüber und versuchte, sich selbst ausscheltend,
sich zu der Annahme dieser Erklärung zu zwingen. Es ging nicht.
Irgend etwas schien nicht zu stimmen — er wusste nicht was.
Vielleicht was es Jagemann selbst und dies ungewöhnt;e, über-
wäM^ande Gefühl, das er ihm gegenüber empfunden hatte. Er
konnte es nun sehr leicht und schnell wieder hervorrufen, wenn
er es zuliess — aber er kämpfte dagegen an. Was hatte dieser
Mann an sich, dass man ihm so verfallen konnte, ohne ihn über-
haupt zu kennen? Und Max? War er ihm auch verfallen? Glaubte
er darum alles-, was von Jagemann gesagt hatte, so unbedingt?
Günther rannte nach Hause, ^r wollte nicht mehr denken, nicht
an Irene und all das Schreckliche und Unverständliche: Mord
oder Gemütskrankheit — nicht an Jagemann und was er ihm antun
konnte, und vielleicht nicht einmal an Max, Frau Müller ~
warum sollte sie sich getötet haben? Weil sie totkrank war —
sagte Max. Günther wollte nicht an den Tod denken — er hasste
Vb
Ch. IV.
-12 -
die Dämmerung und das fahle Licht, das von den Gaslaternen
schien. Er war erleichtert, als er bei seinem Haus ankam.
Die Vorhalle war beleuchtet, und es duftete nach Kalbsbraten.
Noch vor ein paar Tagen hatte er sich geniert, dass man so
häufig in der Halle roch, was in der Küche gekocht wurde. Heute
heimelte es ihn an, gab ihm ein Gefühl von Wärme und Geborgen-
heit, und ganz unvermutet grüsste er seine Mutter, die aus dem
Damenzimmer in die Halle trat, indem er seine Arme um s.ie
schlang. Caroline, überrascht durch diese völlig ungewohnte
Zärtlichkeit ihres Jüngsten, legte ihre Hand sofort auf seine
Stirn, da sie überzeugt war, dass er Fieber hatte
e
0m***
V6
Ch. TV-r2
-15-
Klaus von Jagemann stand einen Augenblick unschlüssig
da, nachdem er die Haustür des Lilienfeldischen Hauses hinter
sich zugezogen hatte. "Es fiel ihm ein, dass seine Frau, Ilse,
heute nachmittag ihren Jour hatte. Daraufhin entschloss er
sich, nach Hause zu fahren. Er hielt eine vorbeifahrende Drosch-
ke an und gab seine Addresse. Im Wagen zurückgelehnt dachte
er an die verflossene Stunde zurück, in der er eine schwierige
Arbeit vollbracht hatte. Es schien ihm, dass er mit dieser
Leistung manches, was er sich vorzuwerfen hatte, zumindest wett-
gemacht hatte, wenn er es auch nicht gut oder ungeschehen machen
konnte. Wie dieser Knabe ihm vertraute I Es war ihm gelungen,
seinen Glauben an die Welt, an das Gute, an die Menschheit
wieder aufzurichten, eine Seele zu stützen, die im Begriff war,
zu zerbrechen. Was machte es aus, ob es auf Grund von Wahr-
heit oder Unwahrheit geschehen war. Ueberdies, was war in
diesem Zusammenhang schon V/ahrheit. Er hatte Max sehr gerne.
Es gab in Hamburg — vielleicht auch anderswo — nicht viele
solcher gescheiten und dabei sensitiven and idealistischen
Knaben. Seine eigenen beiden, Peter und Paul, waren völlig
anders. Die interessierten sich nur für praktische Dinge —
von Trude gar nicht zu sprechen. Wenn Trude von etwas Unbe-
kanntem hörte, war ihre erste Frage: "Kann man das essen?"
War Ilse auch so gewesen, als sie Jung war? Er konnte sich
das nicht recht vorstellen* Er hatte sie als elfenhaft zart
in Erinnerung, als ob ein Hauch sie unv/erfen konnte. Er hatte
sie auf einem Ball beim Bürgermeister Petersen kennen gelernt
^7
Ch. IV^2
•14-
und hatte nicht mehr schlafen können^ bevor es Ihm gelang "bei
ihrem Vater eingeführt zu werden* Er hatte seinen ganzen
Willen und sein ungeheuer einfallsreiches Gehirn ans Werk ge-
setzt, und es wahr ihm nach etwa einer Woche gelungen, eine
solche Einführung zu einer passenden Gelegenheit zu bekommen.
Daraufhin schlief er 16 Studen lang. Bei diesem ersten Wieder-
sehen mit Ilse gestand er ihr seineLiebe und schilderte ihr
seinen Zustand während der vergangenen Woche. Ilse war über-
rumpelt von seinen Gefühlen. Ausser seiner begonnenen Univer-
sitätscarriere und seiner glänzenden Zukunft hatte er nichts zu
bieten. Aber Ilses Vater konnte seiner einzigen Tochter nichts
versagen: so verlobten sie sich. Nach einem Jahr heirateten
sie — aber mit der wissenschaftlichen Laufbahn war es aus. Er
gab nach, wie er in seiner Ehe immer nachgegeben hatte — ob-
gleich er, besonders im letzten Jahr, sich sehr weit von ih^ fti^
innerlich entfernt hatte. Das hatte aber nicht die Frage nach
einer Aehnlichkeit mit seiner Tochter beantwortet. Er glaubte
nicht, dass Trude irgendeine Aehnlichkeit mit ihrer Mutter hätte.
Ilse was zwar nicht mehr aetherisch, war es vielleicht nie ge-
wesen, aber sie war ein warmer und freundlicher Mensch. Vor
Trude fürchtete er sich fast; sie war von einer unbeschreib-
baren Rücksichtslosigkeit, berechnend und völlig ohne sittliches
Gefühl. Sie war allerdings auffallend schön. Sie war licht-
blond mit veilchenfarbigen Augen, die von schwarzen Wimpern
eingerahmt waren. Diese Augen waren die ärgsten Betrüger* Klaus
Jagemann erschauerte, als er daran dachte, wie seine Tochter
^
Ch. IV. -2
-15-
schon von klein auf sich der Macht ihrer Schönheit und besonders
ihrer Augen bewüsst gewesen war, und wie sie von allen, ihren
Vater miteingeschlossen, erreichte, wonach sie gerade begehrte.
Dabei kam es ihr nicht auf die Mittel an, die sie benützte.
Sie konnte mit dem unschuldigsten Gesicht lügen und verleumden,
und häufig schob sie z.B. den Brüdern Dinge in die Schuhe, die
sie begangen hatte. Peter und Paul, die Zwillinge, waren Trude
gegenüber von jeher hilflos gewesen — "von Jeher?" fragte sich
von Jagemann und verbesserte sictldahingehend dass er diese
Hilflosigkeit zurückführte auf ein Ereignis^ in dem er die beiden
Söhne aufs strengste bestraft hatte auf eine Anklage seines
Töchterchens hin. Damals war er noch von ihr völlig bestrickt
gewesen und hatte ihr blindlings geglaubt. Die Sache hatte sich
an der Nordsee abgespielt, wo die ganze Familie Jagemann ein
Paar Wochen im Sommer zubrachte. Trude war 8 Jahre alt und die
Zwillinge fünf. Die Kinder waren unbeaufsichtigt am Strand
gewesen. Er war überzeugt gewesen, dass es auf Grund einer
Nachlässigkeit des Kindermädchens geschehen war. Er hatte sich
nicht einmal die Mühe genommen, nachzuforschen, sondern die
Frau sofort nach dem Ereignis entlassen. "Br hatte sie fort-
gewiesen, als sie ihn flehentlich hat, ihr zuzuhören. Tat-
sächlich war, dass die Kinder unbeaufsichtigt am Strand waren,
und dass Trude weinend nach Hause gelaufen kam, mit der völlig
verworrenen Geschichte, dass die Zwillinge im Wasser seien.
Sie hätten ihr nicht gehorcht und seien immer tiefer hinein-
gelaufen, und sie habe vergebens versucht sie zurückzuhalten.
y
/ Ch.
IV-2
-16-
Sie war so ausser sich, so verzweifelt, das s niemand ihre Worte
bezweifelte. Jagemann ,1agte den V/eg vom Haus zum Strand hin-
unter. Die Gezeiten hatten gerade gewechselt; die Flut hatte
die Ebbe abgelöst. So war der Wasserspiegel noch nicht sehr
hoch und die Wellen umspielten die blossgelegten Felsen nahe
am Ufer, aber etwas weiter draussen waren sie schon mächtiger
und spülten über die Felsenklippen hinweg. /Vuf einem dieser
Felsen sah er seine beiden Jungens sich anklammern, sowohl an
den unwirtlichen Stein als auch aneinander. Von Zeit zu Zeit
schwemmte eine Welle über sie hin* Sie Hessen ihren Griff
noch nicht los, prusteten und versuchten, zu schreien. Jage-
mann war in kürzester Zeit bei ihnen, nahm sie beide je auf
einen Arm und brachte sie in Sicherheit. Er war so zornig und
ausser sich, dass er sie Tauf der Stelle züchtigte. Erst da-
nach hörte er, was die weinenden Kinder sagten. Sie behaupte-
ten Trude habe sie überredet, mit ihr so weit hinauszugehen
zu dem Felsen, auf dem der Vater sie gefunden hatte. Sie ver-
sprach ihnen dort etwas ganz Wunderbares zu zeigen. Kaum seien
sie dort angekommen, sei die Flut gekommen; Trude sei davon
gerannt, sie seien aber zu klein um den grossen Wellen zu ent-
wischen. Sie hätten schreckliche Angst gehabt. Jagemann
glaubte kein Wort davon; er war überzeugt davon, dass die
Jungens nach einer Ausrede suchten. So bestimmte er, dass sie
sofort ins Bett mussten, und dass sie nicht zum Kinderfest am
nächsten Tag gehen durften, ein Ereignis, auf das sich alle
Kinder besonders freuten, da es allerlei Wettspiele dabei gab,
5^
Ch.IV-2
-17-
in denen man sein Geschick und seinen Mut zeigen konnte und
die Möglichkeit hatte, Preise und Ehren zu gewinnen. Peter
und Paul durften nicht hingehen. Trude wurde von ihrem Vater
zu dem Fest hingefügt. Für Peter und Paul mochte dieses Ereig-
nis in dem Mafiose verblasst sein und vielleicht ihnen nur noch
mit Fantasien verwoben erscheinen, in dem es für den Vater mit
den Jahren klarer und unheimlicher wurde. Er wehrte sich
zwar gegen den Gedanken, dass Trude willentlich di^ Brüder ins
Meer hinausgelockt hatte, aber Je älter sie wurde und je besser
er sie kannte, um so stärker wurden die Zweifel an ihrer Un-
schuld. Die Brüder hatten aber nie wieder irgendetwas gegen
die ältere Schwester ausgesagt.
Jagemann öffnete die Haustür mit seinem Schlüssel. Im
Parterre, wo die Gesellschaftsräume lagen, hielt er sich nicht
auf. Er hörte Stimmen und Lachen aus dem Salon kommen. Er
stieg die Treppe hinauf und ging in sein Arbeitszimmer. Mantel
und Hut warf er auf einen Sessel. Es war 5 Uhr. Er hatte etwa
eine Stunde Zeit bis die Gäste fortgingen. Das Zimmer war warm.
Er ging an den grossen weissen Kachelofen heran, und fand ihn
heiss. Dann setzte er sich auf den Schreibtischsessel, schloss
die Schreibtischschublade auf und entnahm ihr einen Packen
Briefe. Einen Augenblick zögerte er, schaute mit einem schmerz-
haften Ausdruck auf die Briefe, seufzte, stand auf und ging
wieder zu dem Ofen. Diesmal öffnete er die Ofentür und warf
die Briefe in die Glut. Eine Flamme zischte herauf und leckte
an den Briefen; dann waren sie völlig von Feuer eingehüllt und
I t
ch. ly
-36-
?rau, Ale unter bo ae rk^rtJrdl g«n UMtitnden gestorben iw«r, und die
er doch Ybvm ge kennt hatte. Da« Gericht hatte «ich davon Über-
leugt» da«« kein Mord rorlag, «ondem da«« Frau mier da« Hat-
tenglft au« Ver«ehen «u »loh genommen hatte, niemand konnte
8war erklären woher ale e« hatte und woau «1« e« brauchte, da
In Hairveatehule das Vorkommen von Ratten mwahreohelnllch war.
Ja, e« wtre wohl andere gewesen, hUtte «le in einem Jener alten
H»u«er gewohnt, die tief In einen der Fleete eintauchten — ja,
da wimmelte e« von Rattea. Aber in Hamburg« vomehmatem Stadt-
wohl
teil? Kein, Frau 'milera Tod war^doch kein Veraehen. Die ein-
«Ig mögliche Erklärung war, da«« «le «Ich selbet da« Leben ab-
«lohtlloh genommen hatte. Bei *r Obduktion hatte man ein Schwe-
re«, unheilbare« Leberleiden gefunden, da« war wohl, worauf auch
Dr. von Jageoann mit «einer Vermutung In dem Bericht hlngewle-
sen hatte.
Gttother kannte den Dr. von Jageoann vom Sehen und Hör«i,
wenn man da« «agen kann. Ir hatte ihn einige itele bei den
Llllenfelda gesehen, wenn er Ihm mit ?rau Llllenfeld begegnete.
Er war Freund und Hauaarat der Llllenfeld«. Sein Ruf war her-
vorragend, wenn auch seine Herkunft nicht gana so eindeutig war.
Sein Vater war Pfarrer In Alton« an der Kirche St. Georg gewe-
sen. Aber die Familie stallte nicht au« der Gegend, «ondem
war von dem Kaaehub Ischen Grensgebiet Weat- oder G«tpreu««ens
eingewandert. Er seibat hatte in Dorpat «edlsln «tudlert, wo
er wohl ein Schttler Professor Johannsens gewesen war. Fr war
ein bekannter Spe «lallet auf dem Gebiet der Inneren Mediain und
Ch^ IV
•37-
Nerrtnhtllkundt geworden^ d«r aus gts« lohne te Wissenschaft liehe
Beitrüge gewoht hatte und eine issensohaft liehe Laufhahn an
einer der besten «edisinisohen yakuktlten seiner Frau we^en
aufgeben musstSt Seine Frau die aus einer sehr reichen Familie
stsmate und auf deren Vermögen^ wie es hlesSt der Doktor ange-
wiesen wsTi hatte darauf bestanden in Hamburg in der NKhe ihrer
Eltern zu leben, von denen sie nicht getrennt su sein wtlnschte«
^in gegenteiliger Versuch hatte fast su einer Entfremdung der
beiden Gatten geführt« Dr« von Jage mann hatte nachgegeben und
daraufhin auf die UniversitHt yerzichtet« Er nahm eine leitende
Stellung in einem der besten Hamburger Krankenhtuser an# ür hatte
drei Kinde rt von denen Trude gleichaltrig mit l\lax und Günther war^
Max hatte sie bfters erwUhnt^ xmd b schrieb sie als eine Mischung
von Krimhilde und Circe^ also schön und verderblich • Wührendbttn-
thers Phantasie durch diese Beschreibxing sehr ax^eregt wurde t
erklärte Max einfach^ dass sie ihm viel zu blond eei#
Es gab noch eine andere , für Gtbnther interessante, Besie«
hung SU den Jagemanns , nämlich über Irmgards Assessor von Ja«»
gemann« Der war ein Junger Vetter des Arztes; sein Vater« ein
Bruder des Pfarrers , war ein bekazmter Anwalt gewesen und hatte
ebenfalls in eine wohlhabende Hamburger Familie eingeheiratet«
Kr war mitsamt seiner Frau auf einer Heise an der Cholera ge«-
sterben« als der Assessor gerade die Universitilt bezogen hatte*
Klaus von Jagemann hatte sich sehr gewissenhaft um den Jungen
Verwandten gekümmert und bis su seiner Mündigkeit dessen Kapi«»
tal verwaltet* Man hatte davon gem\nikelt| dass der Doktor auf
Ch. 17
«58*
•Ina spMt«r« V«xblxidusig zwi80h«n ««Iner Tooht«r Trtad« und d«i
;)Unger«n Vazm g«hofft hab«. D«r AsMMor hless ttbrlseixs Brich
und var rothaarig, womit ar von Truda, dia kaina baaondars
harzlicha Zunaigung zu ihm xu haban aehian, oft gah«ii>aelt «urda«
Wann aan gawlaaan Zaichan trauan konnta* wla s.B. dam htlufigan
Erachaiaan daa Asaasaora auf ;Janan Gaaallschaftan, «o Iragard
aingaladan war, oder aalnam Drüngan, ao vlala TKnza ala nur
iaaar aehieklioh auf dan BMllan, dia ala baida baauahtan, mit
Irogard au taxuan, oder aalner auagaauohtan HOfliohkait Harrn
und ?rau Hojk gaganttbar, hatte Irmgard au ar«artan,daa8 ar bald
bei ihren Tatar off isiall Torspraohen wtlrda. Baas ala ihm ge->
neigt aar, daran konnte er nicht awelfeln, jeder konnte daa
aehen. Ein genalaaaaea GeaprVohathama xwiaahan ihm und aeinar
Zukunft iiren war der ausgase iehnete Ruf und die Bedeutung aeinea
Vettara Klaua Ton Jagamann gaweaan, damit aollten die Eltern
wohl alt aeiaer Familie bekannt gemacht aain« Mit der Affaire
Irene Johannseii hatte es Buntfchst geschleneiif eis oü) Irmgard
daroh Ihre freundsohaft liehe Besiehung zu Irene In den Augen
des Assessors heral^gesetst sein kt5nnte, aber die Verbindung des
mteran Jagemann alt dieaer Affaire hatte die Situation aosu-
aagan auagegliehan,
Ala Günther die Schule verlieaa, hatte er noch xilohta
von dar neueaten Entwicklung, die dar Fall Irene genommen hatte,
gehbrt* Er beeilte aich, zu ifax au kommen, den «gr auoh heute
zxicht auf dem Schulweg getroffen hatte. Er aorgte aich aehr
xw den Freiuod \md war in einem Zustand Ton Ratloaigkait und
/
Ch. IV
-56-
Frau, die unter so merkwUrdlsen Uastinden geatorban war, und dla
er dooh kau« gekannt hafct«. Das Gericht hatte sich davon Über-
zeugt, dass kein Mord vorlag, sondern daaa Prau '»ttller das Rat-
tengift aus Versehen za sich genonaen hatte. Niemand konnte
zwar erkl)9iren woher sie es hatte und wozu sie es brauchte« da
In Harvestehude das Vorkoinmen von Ratten unwahrsohelnlich war.
Ja, es wtlre wohl andere gewesen, hVtte aie in einem jener alten
Häuser gewohnt, die tief in eii»n der ?leete eintauchten — ja,
da wimmelte es von Ratten. Aber in Hamburgs vornehmstem Stadt-
wohl
teil? Nein, Prau MMllers Tod war/»loeh kein Versehen. Die ein-
zig mbgliche Erklärung war, dass sie sich selbst das Leben ab-
sichtlich genommen hatte. Bei Ar Obduktion hatte man ein Schwe-
ilbares Leberleiden gefunden, das war wohl, worauf auch
res.
Dr. von Jagemann mit seiner Vermutung in dem Bericht hingewie-
sen hatte.
Gtlnther kannte den Dr. von Jage mann vom Sehen und Hören,
wenn man das sagen kann. Er hatte ihn einige Male bei den
Lilienfelds gesehen, wenn er ihm mit Prau Lillenfeld begegnete.
Er war freund und Hausarzt der Lilienfelds. Sein Buf war her-
vorragend, wenn auch seine Herkunft nicht ganz so eindeutig war.
Sein Vater war Pfarrer in Alfcona an der Kirche St. Georg gewe-
sen. Aber die Pamllle staamte nicht aus der Gegend, sondern
war von dem Kaschubiaohen Grenzgebiet West- oder Ostpreussens
eingewandert. Er selbst hatte in Dorpat Medizin studiert, wo
er wohl ein Schüler Professor Johannsens gewesen war. Er war
ein bekannter Spezialist auf dem Gebiet der Inneren Medizin und
l
Ch. IV
-37-
Nervenheilkunde geworden^ der ausgezeichnete wissenschaftliche
Beiträge gemacht hatte und eine wissenschaftliche Laufhahn an
einer der besten medizinischen Pakuktaten seiner Frau wehren
a-ufgeben musste» Seine Frau die aus einer sehr reichen Familie
stammte und auf deren Vermögen, wie es hiess, der Doktor ange-
wiesen war, hatte darauf bestanden in Hamburg in der Nahe ihrer
Eltern zu leben, von denen sie nicht getrennt zu sein wtlnschte.
Ein gegenteiliger Verfluch hatte fast zu einer Entfremdung der
beiden Gatten geftthrt» Dr# von Jagemann hatte nachgegeben und
daraufhin auf die Universität verzichtet • Er nahm eine leitende
Stellung in einem der besten Hamburger Krankenhäuser an^ Er hatte
drei Kinder, von denen Trude gleichaltrig mit Max und Günther war,
Max hatte sie Öfters erwähnt, und brschrieb sie als eine Mischung
von Krimhilde und Circe, also schön und verderblich* WöhrenclGUn-
thers Phantasie durch diese Beschreibung sehr angeregt wurde,
erklärte Max einfach, dass sie ihm viel zu blond sei«
Es gab noch eine andere, für Günther interessante, Bezie-
hung zu den Jagemanns, nämlich über Irmgards Assessor von Ja-
gemann. Der war ein junger Vetter des Arztes; sein Vater ^ ein
Bruder des Pfarrers, war ein bekannter Anwalt gewesen und hatte
ebenfalls in eine wohlhabende Hamburger Familie eingeheiratet.
Er war mitsamt seiner Frau auf einer Reise an der Cholera ge-
storben, als der Assessor gerade die Universität bezogen hatte •
Klaus von Jagemann hatte sich sehr gewissenhaft um den jungen
«
Verwandten gekümmert und bis zu seiner Mündigkeit dessen Kapi-
tal verwaltet* Man hatte davon gem\mkelt, dass der Doktor auf
h
j
ch. rv
-58-
eine spätere Verbindung zwischen seiner Tochter Trude und dem
jüngeren Macn gehofft halje • Der Assessor htess Übrigens Erich
«
tuid war rothaarig, womit er von Tri:de, die keine besonders
herzliche Zuneigung zu ihm zu haben schien ^ oft gehänselt wurde.
Wenn man gewissen Zeichen trauen konnte, wie z.B# dem häufigen
Erscheinen des Assessors auf jenen Gesellschaften! wo Iriugao^d
eingeladen v^ar, oder seinem Drängen i so viele Tanze als nur
iramer schicklich auf den Ballen^ die sie beide besuchten, mit
Irmgard zu tanzen, oder seiner ausgesuchten Höflichkeit Herrn
und Frau HoyR gegenüber , hatte Irmgard zu erwarten, dass er bald
bei Ihrem Vater offiziell vorsprechen würde. Dass sie ihm ge-
neigt vjar, daran konnte er nicht zweifeln, jeder konnte das
»then. Ein gemeinsames Gesprächsthema zwischen ihm und seiner
Zukllnftiaren war der ausgezeichnete Ruf und die Bedeutimg seines
Vetters Klaus von Jageroann gewesen, damit sollten die Eltern
wohl mit seiner Familie bekannt gemacht sein. Mit der Affaire
«
Irene Johannsen hatte es zunächst geschienen, als ob Irmgard
durch ihre freundschaftliche Beziehung zu Irene in den Augen
des Assessors herabgesetzt sein könnte, aber die Verbindung des
älteren Jagemann mit dieser Affaire hatte die Situation sozu-
sagen ausgeglichen.
Als GUnther die Schule verliess, hatte er noch nichts
von der neuesten Entwicklung, die der Fall Irene genommen hatte,
gehört. Er beeilte sich, zu Max zu kommen, den er auch heute
nicht auf dem Schulweg getroffen hatte. Er sorgte sich sehr
vm den Ereund und war in einem Zustand von Ratlosigkeit und
4a
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i
-25-
Chapter III
IREITE
Üs war ein kühler feuchter ^prlloiorren. In der Kecht
hatte es geregnet; noch waren Pfützen auf der Strasse zu se-
hen und der 7ussr«infrer9telg war feucht* Günther war früher
ala sonst von zu Hause wep;ge
n, ohne sein Frühstück zu
l&Ae zu essen* Fr wollte nlaasnden von der Pamille treffen*
Hütte ihm Jemand zugeschaut wie er fast in Zickzack seinen
Weg verfolgte, so hatte der Beschauer vielleicht gemeint^ dass
er einem bestiaaten inneren oder vorgeschriebenen tMgrth:nua
folf^te. Aber es waren nur die Regenwürmer, die ihn dazu ver-
anlassten von einer Seite dar Strasse zxir andern auszuv^eichen»
Nach einer Regennacht gab es so viele Rerenwürmer* Es ekelte
ihn vor ihnen, vor ihrer Nacktheit und Weichheit, und der ?^-
lichkeit auf einen Kvorm «u treten, ihn zu zerquetschen oder
Mitswei zu schneiden* T?r hatte auch das Fischen seit einiger
Zeit aufgegeben, weil er es nicht über sich bringen konnte ei-
nen Vi^urm an den Haken zu stecken • Fs war bekannt, dass ein
zerteilter Wurm keine Finbusse erlitt^ ;Ja man könnte sa^en im
Gegenteil davon nrofitierte, da er nun zwei ürmer wurde —
aber das erhöhte nur den Abscheu und das Gefühl der Unheim-
lichkeit • Einmal vor Jahren hatte Günther mit andern Kindern
Eidechsen fangen wollen. Es gelang ihm auch eine zu erwischen,
•rfhielt sie an ihrem Schwanz fest und musste zu seinem Grauen
erleben, dass nur der Schwanz in seiner Hand blieb; der Rest
der Elde.cV^e -^ar in ein Loch in der Erde geschlüpft. Auch an
Ch. III
-24-
öie Icletaen nackt*a Müuae wurde or erinnert, die er einmal
auf einem Feld aufgegraben hatte; alle diese Frinnerungen
waren unangenehia und etwas "beöngstigend. Aber heute bei sei-
nem Versuch nicht auf RegenwMrraer zu treten, war er mit etwas
anderem t«?3Ch»ftigt, etwas viel Beängstigenderes, das er ges-
tem von Maieens Mutter gehbrt hatte.
Er hatte heute morgen seine Familie vermieden, weil er
zu sehr mit seinen Gedanken "beschäftigt war und nicht gefragt
werden wollte aber auch nicht In die Versuchung kommen wollte,
selbst einige Fragen zu stellen,
Frau Lilienfeld war gerade gestern die Treppe in ihrem
Hause heraufgekommen, als Günther hinunter stieg, nachdem er
Maxens Zimmer verlassen hatte. Wie immer grUsste sie ihn
freundlich, aber statt der «blichen Frage nach Schule und
Wohlergehen sagte sie: "Deine Eltern und Deine Schwester müs-
sen wohl sehr mitgenommen sein von dieser entsetzlichen Sache,
mit Irmgards Freundin. Alle Zettungen sind voll davon. Eine
sehr traurige und verwirrende Angelegenheit, in die so ein
armes junges Ding hineingerät und sich nicht mehr zu helfen
weiss. Und dann kommt die ganze Meute auf sie zu, Polizei und
Presse, und zerreisst sie und zerztUckelt sie und lösst nichts
von ihr Übrig." GUnther war 15 Jahre alt; er hatte bisher keine
Zeitung lesen dUrfen, weil Zeitungen nicht für Kinder schrieben.
Er war entsetzlich verlegen und gleichzeitig aufgeregt. Er
konnte Frau Lilienfeld nicht gestehen, dass er nicht wusste wo-
von sie' redete, dass man ihn z\ihause noch wie ein Babj behan-
Cta* III
-25-
dal««« Sl« hMtf wohl d«rttb«r g«Hleh«lt »ItUidlg \md T«r-
■chtllch. Ir taitt« «In OefUhl, al« ob tr b«r*ton sollt« vor
HOugltzd« und glelohseitigoa ErachMokea* Trau Llllonfold,
dlt «Ohr alt ihren olgonon GedanloBn he»oh«f »Igt »»r «la aonat,
naha dl« 8tuAah«lt das Rziaben als Zaloben Miuer EraohUtt«r\mg(
und ••!(%•( "Ich ward« yarauchan, Irana im TtotarauühtingagafMng-
nia 1« baauohen» ich haha ihre Mutter gakanat, als wir baida
,iUBg aaran.** Sia lagte ihra Hand ganz laicht auf GUnthara
Schulter» wia ua ihn »u trOstan und ging an i ha rorbai, dia
Treppa hinauf«
"Alao aa war ataaa mit Irana"» daohta Gunthar, "Hatta
darum Irmgard ao markwAlrdig mürriach auagaaahan, ala haba sia
aiaa MigrIIna, mit ataaa ga ach wo IIa na n Auganlidam. Br hatta
gast am nicht mit ihnan Mittag und Nachtmahl gagaaaan, wail
dia Daman angeblich au dan Groaaeltem nach Wandabeok hatten
fahren mUaaan und dar Vater in atinen Club gegangen war. Waa
meinte Frau Lilianfald mit "zeratUckelt" werden — wia konnte
omn Irena aarraiaman und nichta von ihr Übrig laaaen — war
daa wbrtlich oder bildlich zu nehmen? Sollte er au %x tu-
x^kgehaB} dar war krank und lag im Bett und hatte aeltaaa
BurUokge Bogen ausgeschaut, ala ob er aioh nicht bewegen wollte«
Br hatte auch kaim gaaproohan* Günther hatte all das dam Fie-
ber zugeaehriaben unfl der Influenza, an dar Max erkrankt war«
Jatst sweifalta er an allemi Ilmx hatte Irene einige liila ge-
aehan, aufUllig auf dar Straaae waren aie an ihr rorlibar ge-
^ngen tyiid Günther hatte aie gagrUsat. Vax war haimlioh in
i I
Ch* III
sie verliebt» glaubte Günther» weil er errötet war» als sie
das zweite Mal ihr begegnet waren und seine Augen diesen fer-*
nen Blick bekommen hatten» GUnther stand noch imaer auf der
Treppe» zögernd» ob er hinauf- oder hinuntergehen sollte.
Sollte er Max fragen — er fürchtete aber» dass Max ihm heute
nicht antworten würde; hatter er ihm doch sonst wohl frei-
willig etwas erzahlt. So ging Günther nach Hause* Er hatte
gehofft» dass auch an diesem Abend die übrigen Familienmit-
glieder nicht daheim sein würden; aber sie kamen zum Essen»
Sassen mehr oder weniger stumm da» und beeilten sich » so
schnell wie möglich mit der Tafel fertig zu werden, Horst
fing an» etwas zu sagen» aber Lina machte ihm ein Zeichen»
nicht fortzufahren» war es um Iracards Gefühle zu schonen
oder um nicht vor Günther die aufregende Angelegenheit zu be-
sprechen» Da sie alle zuhause waren» konnte er auch nicht
heimlich sich die Zeitung zus ammensiic hen oder in die Küche
gehen» und Minna oder Anna befragen» Die beiden» Köchin und
Stubenmädchen» erztthlten ihm gewönlich die Geheimnisse soweit
sie sie wussten. Es war erstaunlich wieviele Geheimnisse es
gab in der Familie, von denen Günther sonst nie etwas erfahren
hatte • Aber es brauchte Zeit und geschicktes Manövrieren» um
sie zum Sprechen zu bringen, man konnte das nicht zwischen
Tür und Angel machen» Heute war man nicht sicher» dass nicht
Mutter oder Schwester in die Küche kcMnmen würden; sie durften
unter keinen Umständen Günther dort finden.
?o blieT ihm nichts anderes übrig» als in sein Zimmer
^ {
)
\
/
Ch. III
-27-
zu gehen. Er versuchte, seine Hausaufgaben zu machen, aber
er konnte sich nicht konzentrieren. Er ging ruhelos auf und
ftl) und stand eine Weile am Fenster und schaute in die dunkle
Nacht hinaus. Schliesslich schlich er sich wieder aus dem
Zimmer heraus, ging ganz leise die Treppe hinunter, und auf
Zehenspitzen näherte er sich der Ttlr des Herrenzimmers, in
dem die Erwachsenen versammelt waren. Er drückte sich flach
an die Wand und lauschte. Es schien ihm, dass er Irmgard
weinen hörte \uid ohne sich Über den Grund dafür klar zu sein,
fühlte er eine grosse fast beschämende Zärtlichkeit für sie.
"Sie ist doch gut" dachte er.
Herrn Hoyks Stimme kam klar durch die Tür: "Höre auf zu
weinen, Irmgard. Es besteht kein Grund, Dich auch nur im ge-
ringsten zu besorgen dass Dein ITame in irgend einer Weise mit
Irene im Zusammenhang gebracht wird. Schliesslich hast Du sie
nicht einmal sehr gut gekannt. Es ist sehr bedauerlich, dass
so ein Skandal in unseren Kreisen vorkommen kann, aber vergiss
bitte nicht, dass diese Person doch eine Fremde ist, wenn sie
auch angeblich mütterlicherseits von Adel sein soll. Es geht
docl nicht an, Lina, dass wir unsem Verkehr auf Kreti und
Pleti erstrecken. Diese Affaire soll uns allen eine Lehre
sein." "Es ist wirklich kaum zu glauben, wie sich diese Per-
son aufgespielt hat", warf Horst ein, "sie hat gewöhnlich getan,
als ob ich L\ift wäre oder als ob sie zu hoheitsvoll war, um
überhaupt einen Gruss zu bemerken und dabei hat sie "
"Schweigest ill" unterbrach der Vater, "Du bist hier in Gegen-
Ch. III
$
wart Ton Dtin^r Mutter Sohwesttr^ irergiae das bitte xxiohtl*'
*^Warua ala dan Namen des Vannes nieht nennen will^ verstehe
leh nicht ^ ssste Günthern Mutter^ **iuxd warum sie sich nicht
verteidigt« nicht den wlxkllchen Grund sagt« warun ale die Frau
^c^Uller umgebracht hat, die doch seit Ihrer Kindheit bei Ihr warl
Ist slles so gans entsetzlich und grauenhaft und Unverstand--
llchJ"
Günther hbrte nun wieder Irmgard aufschluchzen # Er war
so aufgeregti dass er am ganzen Kbrper zitterte und susste war-
tMin, bis das Zittern nachlless« so dass er sich ztxrttck In sein
Zimmer schleichen konnte* Irene hatte eine Prau ^»fUller umge-
bracht und hatte eine geheimnlevolle Beziehung zu elxiem Mann«
eine Jener Beziehungeni die man nicht In Gegenwart von Mutter
und Schwester erwVhnti Über die Sch\il;jungen Im Geheimen tuscheln
und Ischen und Über die Günther Immer noch nicht gewagt hatte ^
Wwlx um AufklMrung zu bitten« Aber wie konnte man diese Dinge ^
Kord und verbotene Bezlehungeui nur mit Irene In Terblndung
bringen^ mit einer Irene« die am ehesten einer Lille Shnllch
war« Sie war ao zart« schlank und schOn und sah kUhl und ant-
rttckt aus. Selbst Horst hatte es bemerkt •
Irene Johannsen war in Dorpat auf die Welt gekommen« el«*
ner Universitätsstadt In den Baltischen Provlnzeni wo der mttt--
terliche Grossvater« ein Baron von SchulHÄnn« als Professor
der ^.iedlzin tut lg und berühmt war« Seine Tocher Emanuela war
bei Verwandten in Hamburg zu Besuch als sie den Jtmgen Arzt
und Äispcj^ischaf tler Johan Johannsen kennen lernte. Die beiden
^
A.
Ch^ III
-.29-
(Jungen Leute verliebten sich leidenschaftlich in einander und
da es dem Profesaor von Schulmann gerade an einem tüchtigen
Assistenten gebrach , Hess er Johannsen nach Dorpat kommen und
verschaffte ihm die sehr begehrte Stellung an der Univers ItHts-
kllnlk* Johann und Fmanuela heirateten und lebten viele Jahre
in einer Liebesehe, die nur durch die Tatsache ihrer Kinder-
losigkeit getrübt wurde • Der alte von Schulaann starb und hin-
terlless seiner Tochter ein grosses Vermögen \ind seinem Schwie-
gersohn seine Professur , eine blendende wissenschaftliche Kar-
riere und eine weit ausgedehnte Kcmsultationspraxis«
Endlich, als Eaanuela schon fast 40 Jahre alt war^ wurde
sie schwanger« Sie gab einem Tt5chterchen das Leben, verlor
aber das ihrige im ^^/ochenbett* Profesaor Johannsen ging mit
einer Expedition nach Süd-Afrika um eine dort ausgebrochene
Fpidemie der afrikanischen Schlafkrankheit su studieren* Sip
infisierte sich und starb ungefähr 6 Monate nach dem Tod sei-
•n:».
ner /rau#
Irene wuchs ohne Eltern a\xf* Sl^ hatte einen Vormund,
der sich darum kümmerte, daas sie die richtigen PfleR;erlnnen
hatte, in die richtigen Schulen gixjg und engagierte schliess-
lich eine Frau Therese ?^ü)ler, die gerade verwitwet war, als
eine Art Gesellschafterin oder Duenna für das heranwachsende
inidchent Frau Müller war ihm von Bekannten recht empfohlen
worden, als eine verUlssliche , sittenstrenge, religiöse Per-
son, die man wohl eine« jungen Mfidchen aus gutea Hause zur
Heite stellen ^cnntSi und mit der man ein solches ^tinges Mgd-
Ch. III
-30-
ch«n wohl «uch auf dl« Htls« »ehicken konnte. Dieser Aspekt
war besondere wlehtig» da Irene nach Deutschland gehen sollte,
um dort eine h!5here Töchterschule zu besucheng Man einigte
«Ich auf Hamburg. Es wurde durch einen Agenten ein Haua in
Horvestehude gekauft und eingerichtet. Ir«» und Frau «ttller
bezogen •■ im Herbat 34. Sie war damals 16 Jahre alt und trat
in die oberste Klaaaa der Schule ein, in der die jungen üWdchen
aua guten Hamburger Familien ihre Erziehung erhielten, und die
auch Irmgard Hoyk besuchte. Irene war still und axirückhaltend
und schloss sich nicht leicht an ihre Altersgenosainnen an.
Sie besuchte (Jedoch Irmgard einige Pfeile und lud sie mit anderen
jungen '.mdchen zu sich zum Tee ein. Sie wurde von allen benei-
det und bewundert, da sie ein völlig unabhängiges Leben zu ftlh-
ren schient jedenfalls war keine AutorltÄtaperson zu bemerken.
Frau \'miler, dar die Prundinnen höflicherweiae vori»t teilt
wurden, machte ehar den Findruck einer Untergebenen, die sich
Irenens Anordntmgen fügte. Irenes Voriaund labte auf seinen
Gütern in Kurland, und falls sie Verwandte in Hanburg hatte,
so schien sie jedenfalls nicht auf «ahr intimen Ptiaa nit ihnen
zu stehen. Irmgard, die von jeher dazu neigte ihre Freundin-
nen zu idealisieren, war ganz und gar in Irene vernarrt. Sie
verteidigte sie sogar Horst gegenüber, der sich durch ihre har-
ablasaande Haltung gekrUnkt und zurückgewiesen fUhlte. nach-
dem sie nach eittt« Jahr die Schule beendet hatte, hörte und
sah mßn wenig von ihr. Nur sehr gelegentlich kam sie mit Irm-
gard zusammen, d'sren Bewunderung und AnhUnglichkelt ihr wohl-
zutun schien ,
I I
Ch. III
-31-
Aa 10. April 1886 brachte das Hamburger Premdcnblatt und
die Hamburger Zeltung die Nachricht, dass Fräulein Irene Johann-
■en, Harvestehuder Weg 21, Ihre langjährige GefBhrtln und Haus-
dame mit Rattengift vergiftet habe. 31e habe das Verbechen ein-
gestanden, sloh aber p^eweigert einen Gr\md dafür ansugeben.
Erst nachdem das Hausmädchen bei der Zeugeavernehmvmg ausgesagt
hatte, dass das "Fräulein hiluflg am Abend Herrenbesuche empfan-
gen habe, fand sich Irene dazu bereit, eine weitere Aussage
zu machen. Sie gab zu, eine Liebesbeziehung zu Hiiem verhei-
rateten Mann seit einiger Zeit unterhalten zu haben. Er habe
ihre "=; in samice 1 1 \md Un erfahren hei t, wie sie Jetzt wisse, mit
Hilfe ihrer früheren Hausdame ausgenutzt. Bine fiitteilung sei-
nerseits, deren Inhalt sie nicht preiszup-eben gedächte, habe
direkt zu ihrem Fntschluss geführt, Frau '■•üllcr zu töten. Frau
MUller sei eine verräterische Ratte gewesen und habe daher eine
gerechte Bestrafung erlitten.
Me Zeltxingen wiesen darauf hin, dass die .junge Dame kei-
nerlei Anzeichen von Reue oder Kummer über die Tat zur Schau
trüge. Sie wurde als wortkarg, tinmitteilsam und unnahbar be-
schrieben. Im allgemeinen schienen die Vertreter der "Presse
darüber beunruhigt, dass sie sich weder in einem nervenzusaan
aienbruch noch im Zustand tiefster Zerknirschung befand.
Den Namen ihr«s Liebhabers weigerte sie sich zu nennen,
da sie genug Unheil angerichtet habe und keinen Grund habe,
seine Feailie In Schande und TMglück zu stürzen. Dabei ver-
blieb sie. Auch dem Anwalt, dtn der telegraphisch benachrlch-
Ch. III
-?2-
tlgte Vormund telegraphisch für sie bestellte, machte sie keine
weiteren Vit teilungen. Die gute Gesellachaft Hamburgs, Inabe-
sondere .jene Heuser, die sich dem Jungen KrMuleln gastfreund-
lich geöffnet hatten, war Skandal isi er t, schockiert und gleich-
seitig heimlich erregt als hUtte sie Champagner getrunken.
Es war Günther In dar Früh gelungen, die gestrige Morgen-
zeitung und auch das Abendblatt zu finden. Er war sehr früh
aufgestanden, bevor noch die MMdchen auf waren. Er war mit
dem Gelesenen und Frlauschten beschilft igt und versuchte zu ver-
stehen.
die Zel'^ungen n\ir angedeutet hatten. Er war ver-
wirrt, wenn er an Frau Lilienfelds mitleidige Worte dachte xmd
sie mit der scharfen Red« seines Vaters oder gar mit Horst s häss-
lichen Bemerkungen verglich. Er fragte sich, ob Irmgard so ge-
weint hatte, weil sie Mitleid für die unglückliche Freundin
•mpfand oder weil sie selbst im zwtideutiaren Licht erscheinen
könnte, da sie aus ihrer Zuneiiung und Bewunderung für Irene
keinen Hehl geroacht habe, ;Ja sich ihrer Freunschaft wo immer
und wann immer eine Gelegenheit sich bot, gerühmt hatte. Hürde
dsr junge Assessor Jagemann sich nun sturückzlehen, wie die Mut-
ter frestem befürchtend erwBhnt hatte; würde man sie vielleicht
gesellschaftlich schneiden? Günther trottete zur Schule und
wünschte, dass er Max schon befragen könnte; Max, der krank im
Bett lag und gestern ein so leidendes Gesicht hatte. Plötzlich
kam •• Günther vor, als ob üJax vielleicht geweint hatte. War
er wohl Irene« wegen krank?
Ch^ III
-53-
arinther konnte sich wahrend der Sohulstunden nicht kon-
zentrieren. Br wurde aiehrmals berufen Uxid Herr Prof. Meyer»
Min Kleö<^enlehrer, verlor schliesslich die Geduld mit Ihm und
trug einen Tadel Ina Klassenbuch ein. Otlnther naisste eine halbe
n
t )
tunde ßÄchaitzen. Sjr sah T^of. Meyer mit so unverst Und Hoher
Miene an, dass der I ehr er ihn schliesslich fortschickte» weil
er sicher war» dass der Junge krank sei«
-34-
Ctopttr IV
Dt« Ton Srnmum
D«r faehirstlleh» B«rioht tfber Ir«iit Johannscns G«suad-
hclts- tmd 0« Ist •«zustand «rsehisa in dsr Absudsussab« dsr
Hsaburger Zsltung sohoa mm Tsg nsoh dsr «rstsn Raohrioht ron
dsm vsranitttsn Mord an Prau Mülls v. Das Gutaehtsn war voa Dr.
Klaus Ton Jagsaiaxin untsrss lohnst • In disssm Gutsohtsn vsrtrst
dsr Arst dls Msinung, dass Frtulsin Johsnnssns Gsstlndnis und
Ankunft
tnr ssisn. Er sslbst Itanats das
Ln Hamburg. Sis hstts ihn tSftsrs
konsultiert wsgen vorwlsgsnd nsrvössr Bsschwsrdsn, von dsnsn
Schlaf loslgkslt dls hsrvorstsehsnists gswsssn war. In dsn
Iststsn Wochsn habe sieh sLns dsutllobs Schwsraut bsi ihr sia-
Vshrungsvs rwsigsrong
Grund
hntt« absr als Grund Sehnsucht nach ihrsr Heimat und dsn ver-
storbenen Eltern, die sie nioht sinaial gekannt hatte, angege-
ben und dem Arst such einmal erklitrt, dass sie am lisbsten tot
sein mochte. Dr. von Jagenann war ttberseugt davon dass, was
sush immsr nit dsr Frau *<miler geschehen wtre, es sieher nleht
in Irene* s Msoht stsnd oder ihrem Charakter entsprach, einen
solchen Mord su begehen. Sie hMtte keine oder sehr wenig Ahniug
von Ratten- oder anderen Giften gehabt oder wie man aolehe er-
Isagea ktJnatei sie sei eine Junge Person, die in prsktisehen
Dingen vbllig unerf ehren sei. Hingegen sei es nicht untypisoh
Ch. I?
-35-
fUr •» SöhwtrBTOt LtlÄtnd« »loh so Ich gr»u«nh»ft«r Verbrechen
SU betchuldlgta, »elbst wenn kttn Tode»f»ll «Ich gerade ereig-
net h»be. Unter den obwaltenden Umstanden aber hebe eich Fräu-
lein Johennsen«« Gemütserkrankung durch den Tod Ihrer Hauadaoe
ao vertieft, daaa Ihr Geatlndnla, ale uagebracht su haben, nur
auf dleaer Grundlage «u veretehen sei. Dr. Ton Jageaann fügte
Gniu, daea er Frau Wller »ftera ala Begleiterin dea PrUuleln
Johannaen gesehen habe. Ihn die Beziehung der beiden Damen nlchl
ala besonders nahe aufgefallen sei; er habe ▼ermutet, daaa Frau
lüllers Gesundheit saust and «u wCnschen tlbrlg Hesse. Sie habe
Ihn aber nie ihrer seibat wegen konaultlert.
Harr Dr, HUder, der voa Vormund beatellte Anwalt, hatte
auf Grund dieses Gutachtens den Untersuchungsrichter überzeugt,
dass Irene Johannaen an elatr achweran Gemüt akrankhelt litte
und hatte bewirkt, daaa ale aua der Untereuohungshaft entlas-
sen wurde, Sie wurde sofort in ein Privat aanatorlo« ausserhalb
Hamburgs gebracht.
Es atellte alch «brigena heraus, daaa Frau Müller vOlllg
ohne Pamllienanhang war. Sie sohlen auch keine nahen Freunde
au haben. So verlor alch daa Intereaae an Ihx «ehr bald und
die Hamburger Geaellachaft kUimerte alch nicht darum, was mit
Ihrer laiche nach der gerichtlichen Sektion geschehen war.
Günther httrte allerdinga von Max, daaa Dr. von Jageaann die
Beerdlfungakoaten auf alch genommen hatte und dafür geaorgt
hao«, daaa Frau Müller In Ohladorf anatindig begraben wurde.
Ihn rührte und bedrückte diese Füraorge dea Aratea für eine
Ch. IV
-59
T^rwlrrun«. Da1>al fürchtete er sich, durch Fragen Max su ver-
mmden oder seine eigene 17«lTitVt blosssuatellen. Das Llllen-
feldlsohe Haus sohlen 1ha unhelalloh ruhig* Als er Tor &!arens
Tür stand, hOrte er Stimmen. I^r klopfte, erhielt keine Ant-
wort^ ttffnet« sber trotzdem dlt TUr. Max lag Im Bett und auf
dam Battrand aaas Dr» von Jageaann« Gtlnthar arkannta ihn ao-
fort, obgleich er ihm den RUoken auwandtai «r hatte etwaa 8o
iJ^Terkannharea In seiner Geatalt und Haltung, der oritehtige ei-
förmig auageaogene Hinterkopf , die etwaa nach yoma geaogenaa
Schultern^ der lange gerade '?tlckeK und dar achlanke Hiila —
Gtbathar htttte ea nicht in ?/orte f aasen kOnnen, aber der KOrpar
dea Spanne a drückte eineraeita einen atarren Willen und ander«*
aeita aina faat Überfeinerte Zartheit aua« Max und der Ar«t
schienen so sehr im GesprHoh vertieft, dass sie erat nach eini-»
fen Augenhlicken die Anwesenheit einea dritten hemarktan« Max
begrUaate den ?reund mit einem LAchelne Er sah elend aua, odLt
aeinen eingefallenen Wangen, die aehr blaaa wai«en, und dunklen
Sehatten unter den Augen« Aber er schien etwaa ruhiger ala am
vergangenen Tag# Jagemnn erhob aich und reichte Günther die
«
Hand* Sein Gesicht passte zu aeiner langen hageren Geatalt#
Ea war gross angelegt, mit hoher Stirn und eckigem Kinn« Die
Augen lagen tief \inter gutge zeichne tan aber blonden Brauen,
deren Schwung d«n Geeicht eine leichte Ironie verlieh« Dia
tiefen halten, die von der grossen etwaa gebogenen Naae au dem
weiten geschwungenen ?jund liefen, vertieften noch diesen Ire«»
nisohen Ausdruck, Ein kurzer dichter blonder Backenbart
i i
Ch^ IV
-40-
yarahmte das Gesicht und sststs die sehr grossen^ ausserordeat«*
lieh fein ausgebildeten Ohrmuscheln ab«
trug
das die Augen noch grösser und tiefer erseheinen Hess« Ob-
gleich die Stirn sehr bedeutend war^ so schienen doch in die-
sem Gesicht die Sinnesorgane wie tiberbetont* Günther ertappte
«ich dabei ^ dass er an den Solf im Mttrchen vom Rotkäppchen
dachte« Ohren I Augen ^ Mund und Nase «*- was laoBr durch die
Sinne erfasst werden konnte, würde diesem Menschen nicht ent-
gehen* Die Hand| die Gtüathers Hand einen Augenblick lang
hielt, war fest und kühl und dabei verführerisch sart —
fast
zirtlich'' dachte Günther und schtimte sich dieses Gedankens*
Er fühlte in diesem Augenblick dass etwas in ihm vorglngi das
*
mit der Gegenwart dieses Mannes zu tun hatte i tnd das Ihn irwr-
wirrte« erschütterte und unerklMrlich erregte* Er spürte eine
wilde schmersllche Sehnsucht^ die in dem Wunsch gipfelte auf
immer in Jagemanns Nthe su bleiben tind gleichseitig wünschte
•r, dass der Arst weggehen und nie wieder seinen Weg kreuzen
sollte* Er htttte sich am liebsten aus dem Zimmer geschlichen
und irgendwo draussen, wo man ihn nicht hören konnte, laut ge-
brüllt« Statt dessen blas er die ZSihne zusammen und errOtete
bis unter die blonden Haarwurseln« Klaus von Jageiaann hatte
sich inzwischen wieder Max zugewandt^ von dem er sich verab-
swhledete« ''Ifun gut, iMln Junge *% sagte er, "mlss Deine Tem-
Haat
peratur* Auf alle ?alle bleibat Du morgen im Zimmer«
Du kein Fieber mehr, so darfst Du wenigstens etwas aufatehen*
Du hast wahrscheinlich eine leichte Influensa« aber man soll
Ch, IV
-41-
dooh ▼oreichtlg st in — btsondtrs bei Dir", fUgt« er mit elnea
bed«titung8voU«n Blick hlnau, "Vor «Htm »btr ist ts gut, data
Du nun Gtttlltohtft hast. Maoh Dir ktlnt Sorgen und nicht so
▼ielt Gtdanktn, Wir WJnntn zwar nicht allta «laatn und tun,
abtr doch manchta", dann lachte tr und attztt hlnxut "wlt im
Faust". Er nlcktt Günther »u, berührte fast zürtllch »azans
Schulter und vtrlies« das Zimmer«
Nachdem der Arst das Zimmer verlasatn hattt, schwiegen
die Freunde eine Walle. Jeder schien seinen eigenen Gedanken
naohzuyiasaa. T^ndllch sprach Itex mit belegter Gtimmei "Ich
habe mich gestern und auch haute morgen nicht wohl gefühlt;
stark» Kopfschmerzen und etwas erhöhte Temperatur, weisst Du«
•eine Mutter hat den Jagemann alarmiert, aber ich waiss und
sla weiss es auch, dass ich nicht wirklich krank bin. Du hast
sicher gawusst, dass mich die entsatzliche Sache mit Irena Jo-
hannsen aahr aufgeregt hat, und ich habe schon als Kind oft
Fieber gehabt, wann Ich mich aufgeregt habe. Es war aber gut
▼on meiner Mutter, dass sie Jage mann gerufen hat — ich habe
mit iha aprechen kbnnen, und er hat mich sehr beruhigt." "Wie-
so", fräste Günther, "es ist alles doch gans schreckllchi der
Mord, und die andere Sache mit dem Mann..." "Hein, nein, das
ist im alles schon nicht mehr wahr, schon überiiolt" fuhr ihm
Max rasch dazwischen. "Jagemann hat das alles schon richtig
gestellt — Iren» Ist auch nicht mehr in Haft. Sie h^en aie
schon entlassen und sie ist nun zmt Beruhigung und Recozrvslesoens
in elnam privaten
um. Abar Du kazmst das Ja noch nicht
Ch, IV
-42-
wlsatn, d« Du J8 gar lc«lii« Zeltungtn gÄlestn hast! Also, ich
wtrd« Dir all«8 «rzlihlan. Der Jagemann Ist einfach harrllch,
so furchtlos und gsrade uod gasehlcktl" Er arzÄhlte nun den
ga spann tan Gttofehar voax Jagananas Gutaehtan und dassan sofortlga
Wirkung und aueh von dar wirklich vlltarllchan Ftlraorga das
Arstas ftbr Iran«.
f
"Nun ;Ja", meinte Günther, "was er üher Irenas ?5ohwermut
sagt, nag Ja wohl richtig sein — obgleich so atwaa aohwar
Tostallhar tat, dass man eu seinen eigenen Ungunsten LUgan-
gaschlehten ersMhlt — Du welsst sehen -— die eklige Sache mit
dem Mann — das ist doch gar nicht erklBrt alt dam waa Jagemann,
Ich meine der Herr Dr. von Jage mann sagt — der ^»ord wohl schon,
«It dieser Gemüt skrankbeit aber» ." "Oh, daa lat alles Unsinn"
untarhrach ICax ungeduldig, "Jageoann hat mir euch daa erklärt,
wie er ea auch dam Anwalt — tmd dieser darauf dam Untereiichungs-
richter — erklÄrt hat. Siahat Du, gerade well Irene schwer-
■Utlg lat, lat sie bereit allaa was ssn ihr nur Torheiten will,
ala wahr ansuarkennen imd aich dann seibat su bezichtigen •— ob
es nun ein Mbrd lat odsr solch eine unredliche, hÄssllche Be-
ziehung* Jagemann aagte, dass er mehnaals -von Frau MQllar a«
aplteren Nachmittag gerufen wurde Irenes wegen, da sie weder
essen wollt« noch schlafen, fr kam dann am Abend, wurde von
freu MtÜLler hineingelaaaen und verauehte aogar Irene In einen
hypnotischen Schlaf zu versetzen. 15r ist sicher, dass das
mdchen Ihn gehört habe und daraufhin ihre eigene unsaubere
Ch. IV
-43-
*
I
'■\
Phantasie hat waltan laaaan« Irtne^ In Ihrem aohon Überreiz-
ten Zuatand hat dann auch diese Schuld ixod Schande auf sich
nehmen wolle». Sl« aoll Jetzt ganz atill und apathisch seln*^,
aetzte er alt lelaer "itlrniM hinzu# '*Wa8 mir leid iatt" fuhr
Max fortt ""lat^ daaa ich nun wchl kaum mehr Oalegenhelt haben
werdet ihr yorgeatellt zu werden. Ich hatte darauf m gehofft^
ale bei tet Jagemerma zu treffen« Sie stand so gut ndt ihnen«
Mit dem Doktor ual seiner ?raU| sollte ich sagen — denn Trude
hrit irgend etwas gegen aie gehabt, aie hat Imar an ihr her-
ungemHkelt , kein gutea Haar an ihr gelassen — fast so als ob
sie neidisch oder elfersttchtis auf sie w8re. Dabei ist Irene
doch viel mter
drei oder vier Jahre
als Trude» Aber
Trude hat es laiMr zu Tex^indern gewusst^ dass Irene da war«
wenn ich bei dan Jageaanns eingeladen war« Ich könnte Dir noch
eine Menge von dem Doktor erzählen *~ er war nicht nur zu Irene
ao gut; er ist ^jeiBand« dem ich voll und ganz vertraue und mit
de« ich alle solche Dinge beaprechen kanui Über die oan eich
sonst so geniert zu sprechen«'^
Voller Erstaunen httrte Günther seinen Freund sagen, dass
es Dinge gab, ttber die zu sprechen er sich genierte« Tm war
ihm nie in den Sixm gekommen, dass auch Masr solche Dinge und
Gefühle kannte« Wenn Immer der ?reund schweigsam oder nicht
mitteilsam war, hatte Günther angenommen, es mit wirklieh
mtnnllcher Zurückhaltung su tun zu haben« Worüber konnte Max
sich genleren zu sprechen« Er schob die auftauchenden Ge«»
dank -» raaeh beiseite und erinnerte sich am die merkwürdigen
/
I
/
/
I I
Ch. IV
-39
Verwirrung. Dabei ftlrchtete er sich, durch Fragen Mioc zu ver-
wunden oder seine eigene Naivität hlosszustellen. Das Lilten-
feldisohe Haus schien ihm unheimlich ruhig. Als er vor Maxens
TUT stand, hörte er Stimmen. Er klopfte, erhielt keine Ant-
wort, ttffnete aber trotzdem die Tür. Max lag im Bett und auf
dem Bettrand sasa Dr. von Jagemann. Gtlnther erkannte ihn so-
fort, obgleich er ihm den Rtlcken zuwandte« er hatte etwas so
Unverkennbares in seiner Gestalt und Haltung, der mächtige ei-
förmig ausgezogene Hinterkopf, die etwas nach vorne gezogenen
Schultern, der lange gerade Rücken und der schlanke Hals —
Gtlnther hatte es nicht in 7/orte fassen können, aber der Körper
des Mannes drückte einerseits einen starren Willen und ander-
seits eine fast überfeinerte Zartheit aus. Max und der Arzt
schienen so sehr im Gespräch vertieft, dass sie erat nach eini-
gen Augenblicken die Anwesenheit eines dritten bemerkten. ?tex
begrüsste den Freund mit einem Lächeln. Er sah elend aus, mit
seinen eingefallenen 7;angen , die sehr blass waren, und dunklen
Schatten unter den Augen. Aber er schien etwas ruhiger als am
vergangenen Tag. Jagtaann erhob sich und reichte Gtlnther die
Hand. Sein Gesicht passte zu seiner langen hageren Gestalt.
Es war gross angelegt, mit hoher Stirn und eckigem Kinn. Die
Augen lagen tief unter gutgezeichneten aber blonden Brauen,
deren Schwung dem Gesicht eine leichte Ironie verlieh. Die
tiefen Falten, die von der grossen etwas gebogenen Nase zu dem
weiten geschwungenen Mund liefen, vertieften noch diesen iro-
nischen Ausdruck. Ein kurzer dichter blonder Backenbart
1
Ch. IV
-^-
umrahmte das Gesicht und setzte die sehr grossen, ausserordeat
lieh fein ousgehlldeten Ohrmuscheln ab. Er trug ein Pince-aez
das die Augen noch grösser und tiefer erscheinen Hess. Ob-
gleich die Stirn sehr bedeutend war, so schienen doch in die-
sem Gesicht die Sinnesorgane wie ttberbetont. Gtlnther ertappte
sich dabei, dass er an den Wolf im MSrchen vom Rotkäppchen
dachte. Ohren, Augen, Mund vnA Nase — was immer durch die
Sinne erfasst werden konnte, würde diesem Menschen nicht ent-
gehen. Die Hand, die Gtothers Hand einen Augenblick lang
hielt, war fest und kUhl und dabei verführerisch zart — "fast
zärtlich" dachte Günther und schämte sich dieses Gedankens.
Er fühlte in diesem Augenblick dass etwas in ihm vorging, das
mit der Gegenwart dieses Mannes zu tun hatte, und das ihn ver-
wirrte, erschütterte und umerklHrlich erregte. Er spürte eine
wilde schmerzliche Sehnsucht, die in dem Wunsch gipfelte auf
immer in Jagemanns Nöhe zu bleiben und gleichzeitig wünschte
er, dass der Arzt weggehen und nie wieder seinen Weg kreuzen
sollte. Er hatte sich am liebsten aus dem Zimmer geschlichen
und Irgendwo draus s en , wo man ihn nicht hören konnte, laut ge-
brüllt. Statt dessen biss er die Zöhne zusammen und errötete
bis unter die blonden Haarwurzeln. Klaus von Jagemann hatte
sich Inzwischen wieder Max zugewandt, von dem er sich verab-
schiedete. "Nun gut, mein Junge", sagte er, "miss Deine Tem-
peratur. Auf alle Falle bleibst Du morgen im Zimmer. Hast
Du kein Fieber mehr, so darfst Du wenigstens etwas aufstehen.
Du hast wahrscheinlich eine leichte Influenza, aber man soll
Ch. IV
-41-
dooh vorsichtig sein — besonders bei Dir"» fUgte er mit einem
bedeutungsvollen Blick hineu. "Vor allem aber ist es gut, dass
Du nun Gesellschaft hast. Mach Dir keine Sorgen und nicht so
viele Gedanken. Wir können ZTwar nicht alles wissen und tun,
aber doch manches", dann lachte er iind setzte hinzu: "wie im
Faust". Er nickte GUnther zu, berührte fast zÄrtlich Maxens
Schulter und verliess das Zimmer.
Nachdem der Arzt das Zimmer verlassen hatte, schwiegen
die Freunde eine Weile. Jeder schien seinen eigenen Gedanken
nachziihSngen. Endlich sprach Max mit belegter Stimme: "Ich
habe mich gestern imd auch heute morgen nicht wohl ^fUhlt;
•tarke Kopfschmerzen und etwas erhöhte Temperatur, weisst Du.
■eine Mutter hat den Jagemann alarmiert, aber ich weiss und
sie weiss es auch, dass ich nicht wirklich krank bin. Du hast
sicher gewusst, dass mich die entsetzliche Sache mit Irene Jo-
hannsen sehr aufgeregt hat, xind ich habe schon als Kind oft
Fieber gehabt, wenn ich mich aufgeregt habe. Es war aber gut
von meiner Mutter, dass sie Jagemann gerxifen hat — ich habe
mit ihm sprechen k'önnen, \ind er hat mich sehr ber\ahigt." "Wie-
so", fragte GUnther, "es ist alles doch ganz schrecklich; der
Mord, und die andere Sache mit dem Mann..." "Nein, nein, das
ist ja alles schon nicht mehr wahr, nchon Überholt" fuhr ihm
Max rasch dazv;i3Chen. "Jagemann hat das alles schon richtig
gestellt — Irene ist auch nicht mehr in Haft. Sie haben sie
schon entlassen und sie ist nun zur Beruhigung und Reconvalescenz
in einem privaten Sanatorium. Aber Du kaxmst das Ja noch nicht
KtMt
Ch. IV
-42^
wissen^ da Du ja gar keine Zeitiingen gelesen hast l Also, ich
werde Dir alles erzählen. Der Jagemann Ist einfach herrlich^
so furchtlos und gerade und geschickt l" Er erzählte nun dem
gespannten Günther von Jagemanns Gutachten und dessen sofortige
Wirkung xmd auch von der wirklich väterlichen Fürsorge des
Arztes fUr Irene.
"Nim ja*', meinte Günther, '*was er über Irenes Schwermut
sagt, mag ja wohl richtig sein — obgleich so etwas schwer
vostellbar ist, dass man zu seinen eigenen TJngxxasten LÜgen-
geschichten erzählt — Du v/eisst schon — die eklige Sache mit
dem Mann — das ist doch gar nicht erklärt mit dem was Jagemann,
ich meine der Herr Dr* von Jage mann sagt — der Mord wohl schon,
mit dieser Gemütskrankheit aber.*" '^Oh, das ist alles Unsinn'^
unterbrach Max ungeduldige ''Jagemann hat mir auch das erklärt,
wie er es auch dem Anwalt — und dieser darauf dem Untersuchungs-
richter — - erklärt hat. Siehst DUf gerade weil Irene schwer-
mütig ist, ist sie bereit alles was man ihr nur vorhalten will^
als walir anzuerkennen und sich dann selbst zu bezichtigen — ob
es nun ein Mord ist oder solch eine unredliche, hässliche Be-
ziehung. Jage mann sagte ^ dass er mehrmals von Prau Müller
am
spateren Nachmittag gerufen wurde Irenes wegen, da sie weder
essen wollte noch schlafen. Er kam dann am Abend, wurde von
Frau Müller hineingelassen und versuchte sogar Irene in einen
hypnotischen Schlaf zu versetzen. Er ist sicher, dass das
Mädchen ihn gehört habe und daraufhin ihre eigene unsaubere
II
Ch. TV
-43-
Phantasie hat walten lassen. Irene ^ in ihrem schon überreiz-
ten Zustand hat dann auch diese Schuld xind Schande auf sich
nehmen wollen* Sie soll Jetzt ganz still und apathisch sein'*,
setzte er mit leiser Stimme hinzu# '^Vas mir leid ist/' fuhr
Max fort, "ist, dass ich nun wohl kaum mehr Gelegenheit haben
^ werde, ihr vorgestellt zu werden. Ich hatte darauf so gehofft,
f.
, sie hei den Jagemanns zu treffen* Sie stand so gut mit ihnen.
Mit dem Doktor und seiner Frau, sollte ich sagen — denn Trude
hat irgend etwas gegen sie gehabt, sie hat immer an ihr her-
umgemSkelt, kein gutes Haar an ihr gelassen — fast so als ob
sie neidisch oder eifersüchtig auf sie wHre. Dabei ist Irene
doch viel alter
drei oder vier Jaiire
als Trude. Aber
Trude hat es immer zu verhindern gewusst, dass Irene da war^
wenn ich bei den Jagemanns eingeladen war. Ich könnte Dir noch
eine Menge von dem Doktor erzählen — er war nicht nur zu Irene
so gut; er ist jemand, dem ich voll und ganz vertraue und mit
dem ich alle solche Dinge besprechen kann, über die man sich
sonst so geniert zu sprechen*"
Voller Erstaunen horte Günther seinen Freund sagen, dass
es Dinge gab, über die zu sprechen er sich genierte. Fs war
ihm nie in den Sinn gekommen, dass auch Max solche Dinge und
Gefühle kannte. Wenn immer der Freund schweigsam oder nicht
mitteilsam war, hatte Günther angenonmien, es mit wirklich
mannlicher Zurückhaltung zu tun zu haben. Worüber kannte Max
sich genieren zu sprechen. Er schob die auftauchenden Ge-
danken rasch beiseite und erinnerte sich an die merkwürdigen
Ch. IV
-44-
Vvorte dio Max in Bezug auf Irenec riensbmadchen p:e:^\),^B3rt
hatte: "-ie hat ihre eigene unsaubere :hajntasie v/alten lassen^'.
Er v/ollte bestimmt nicht in der selben Klasse mit diesen liäd-
chen ^:ein. Er musste sich von Max verabschieden, da es spät
v/ar und er ungern die AufmerkasmKelt seiner Bamilie heute auf
sich frezogen hätte, ^o versprach er, iViax am nächsten Tag wieder
zu besuchen und verliess ihn mit etwas leichterem Herzen als
er p;ekommen v;ar. Vex v/ar vvenigstens in einem besseren Zastand
als gestern. r^ir beschimpfte sich aber, dass er aus ihm unklaren
Gründen, nicht völlig von Jagemianns -rklärunf:'; überzeugt war. Er
ärgerte sich darüber und versuchte, sich selbst ausschaltend,
sich zu der Annahme dieser -.^Irklärung zu zwingen. Es ging nicht.
Irgend etwas schien nicht zu stimmen — er wusste nicht v/as.
Vielleicht war es Jagemann selbst und dies unfj^ewölmoe , über-
wältigende Gefühl, dass er ihm gegenüber erapiunuen ha'Gte* Sr
konnte es nun sehr leicht und schnell wieder hervoi^rufen, x^enn
er es zuliess — aber er kämpfte dagegen an# Was hatte dieser
f';anii an sich, dass man ihm so verfallen konnte, ohne ilin über-
haupt zu kennen? Und Max? War er ihm auch verfallen? Glaubte
er darum alles, was von Jagemann gesagt hatte, so unbedingt?
Günther rannte nacn tiause. tür wollte nicht mehr danken, nicht
an Irene und all das Schreckliche und Unverständliche: Mord
oder Gemuübki^ankheit — nicht an Jagemann und was er ihm antun
konnte, und vielleicht nicht einmal an Max, ffi^au ulier —
warum sollte sie sich getötet haben? ..eil sie totkrank v;ar —
4
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at3te .uax. Güuth'ar v/ollte nicht an den Tod denken — er hasate
%^i
Ch» IV
-.^1-5-.
die DSmmerung und das fahle Mcht^ das von d^n Gasl&ntWHü^n
schien* Sr war arleichtort^ als er bei seinem Haus ankam«
Die Vorhalle v;ar beleuchtet^ \md es duftete nach Kalbsbraten*
Noch von ein paar Ta;:en hatte er sich geniert^ daes man üo
häufig in der ::3lle roch^ was in der ICOche ftkocht wurde. Heute
heimelte eß ihn an^ gab ihm ein Geftlhl vor. VSrme und Geborgen--
hcit^ und ganz unvermutet grüsste er ßeiüe Mutter, die aus dem
Damenziiimer in die TIalle trat, indem er seine Arme um sie
echlang. Caroline, Überrascht durch diese völlig una;ev;Öhnte
Zärtlichkeit ihrer Jüngsten, legte ihre )!and cofort auf Mine
rtirn, da rio überzeugt v:ar ^ daos er Fiaber hatte.
Klaus von Jagemann stnnd einen Augenblick unschlücsig
da, nachdem er die HaustUr des Lilienfeldischen Kausee hinter
eich zugezogen hatte. ^8 fiel ihn ein, dass reine Frau, ^loe,
heute aochmittag ihren Jour hatte. Daraufhin entschloss or
sich^ nach Hause zu fahren. Ir hielt eine vorbeifahrende Trosch-
ke an und gab seine Addresce. Im Waffen zurCckcelehnt dachte
er an die verflocsene -tunde zurück, in der er eine schwierige
Arbeit vollbracht hatte. 5e schien ihm, dass er mit dieser
Leistung manchea, v;aß er Bich vorzuwerfen hatte, zumindoöt wett-
enacht aatte, wenn or e:: auch nicht ftoit od?r untjeEChebcn itachen
konnto. Wie dler??r Knrtbe ihm vortT^aute! Ss war ihm frelur -en,
Geinen Glauben an die <velt, an die Gute, an die l^nechheit
wieder aufzurichten, eine Seele zu stützen, die im
/
•
iff war,
i
\
A^
Ch, IV-2
•46-
anders.
zu zerDrechen. Wbs nachte es aue, ot es auf Grund vor Wahr-
heit oder Unwahrheit geschehen war. Ueberdies. was v'«r In
diesen Zusammenh^mg schon Wahrheit. Kr hatte L^ax sehr gerne.
Es gab in Hamburg -^ vielleicht auch anderswo -- nicht viele
solcher gescheiten und dabei sensitiven und idealistischen
Knaben. Reine eigenen beiden, Peter und Taul, waren völlig
Die interessierten sich nur fttr praktische Dinge—
von Trude gar nicht zu sprechen, '/.enn Trude von etwas Unbe-
kanntem hörte, war ihre erste Frage: "Kann man das essen?"
war Ilse auch so gevrecen, als sie Jung v.ar? Er konnte sich
das n^cht recht vorstallen. 3r hatte sie als alfenhaft zart
in 'i*inn:jrung , als ob ein Hauch sie unwerfsn konnte. Ur hatte
sie auf einem Ball beim Bürgermeister Petersen kennen t^elarnt
und hatte nicht mehr schlafen kennen, bevor es ihm gelang bei
ihren Vater eingeführt zu ..erden. F.r hatte seinen ganzen
Willen und oein ungeheuer einfallsreiches Gehirn ans V/erk ge-
setzt, und es wahr ihm nach etwa einer v,'oche gelungen, eine
solche Flinftlhrung zi einer passenden Gelegenheit zu bekommen.
Daraufhin schlief er 16 r-tunden lang. Bei diesem ersten Wieder-
sehen mit Ilse gestand er ihr seine Liebe und schildorte ihr
seinen Zustand wShrend der vergangeren ' oche. Ilse v.ar über-
rumpelt von seinen Gefühlen. Ausser seiner begonnenen Untver- ii
sitgtscarriere imd seiner glänzenden Zukunft hatte er nichts
eu bieten. Aber Ilses Vater konnte seiner einzigen Tochter
nichts versagen: so verlobten sie sich. Nach einem Jahr
heirateten sie - aber mit der v.lssenschaftlichen Laufbahn v.ar
^s aus. Kr gab nach, wie er in seiner Ehe immer nachgegeben
fj
V
}
V
Vi
Ch. IV-2
-47-
V
)
jaatte otglolch er, "beEonderß Im letzten Jahr, sich cahr
weit von Ilse innerlich entfernt hatte. Das hatte aber nicht
die Frage nach einer Aehnlichkeit mit seiner Tochter b«*ntv/ortet.
l?r glaubte nicht, dass Trade irgendwie Aehnlichkeit mit ihrer
Mutter hStte. Ilse war zwar nicht mehr aetherisch, war es viel-
leicht nie gewesen, aber Bie war ein 's-armer imd freundlicher
Mensch. Von Trude fürchtete er sich fastj sie war von einer
unbeschreibbaren Rücksicht ioßigkeit , berechnend und völlig ohne
sittliches Gefühl. Sie war allerdings auffallend schön. Hie
war licht-b-ond mit veilchenfarbigen Augen, die von *thM.r£,en
Wiüiparn eingerahmt waren, riaoe Augen waren die Srgctsn Be-
trüger; Klaus Jagemann erschauerte, als er daran dachte, wie
seine Tochter schon von klein auf sich dör Wacht ihrer Schön-
heit und besonders ihrer Augen bewusst gewesen wer, und \vie sie
von allen, ihren Vater miteingeschlossen, erreichte, wonach sie
gerade begehrte. Dabai kam es ihr nicht auf die :.:ittel an, die
eie benutzte. Sie konnte mit dem unschuldigsten Gesicht lU^^en
und verleumden, und häufig schob sie z.3. den Brüdern Dinge in
die Cchuhe, die . ie begangen hatte. Peter und ?aul, die :3wil-
ling«, v,aren Trude gegenüber von ;jeher hilflos gewesen — "von
Jeher?" fragte sich V'.n Jagemann und verbesserte eich dahin-
gehend dasß er diese Kilfloßimgkeit zurUckführte auf ein .Ereignis,
in dem er die beiden G'dhna aufs strengste bestraft hatte auf eine
Anklage seines TSchtercbea:: hin. Danals war er noch aon ihr
v-dllig bestrickt gexvesen and hatte ihr blindlings geglaubt.
^ie Saci'3 hatte sich an der Nordree abgespielt, wo die ganze
/
j »• 4 «
J> \
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u
Ch. IV-2
«mn^Qm»
war r. Jahre alt und die Zwillinge fünft Pie Kinder v/aren un-
btaufsichttgt am Strand gewe.-en. Er war überzeugt gewesen ^
dann er ruf Grund einer NachlSceißkeit des ICIndermSdchenB ge-
schehen rart Fr hatte eich nicht einmal die J/Ühe gencmren^ nach-
znforrcben^ rondern die Frau nofort nach dem Freignic entloGsen*
Er hrtte sie fortfrewieöen^ alß sie ihn flehentlich bat^ ihr zu-
zuhören. 7f?tßüchlich Y'ar, das£ die Kinder unbeaufi ichtigt am
Strond Y:areni und dacß Trude vsinend nnch Fcmre gelaufen kom^
*
•it der völlig: verworrenen Crerchichte^ dasr. die Zv/ililn^e im
Waewir reien^ Fie hStten ihr nicht gehorcht urj:" r.elen immer
tieff^r hireingelaufen^ und rie habe vergebens versucht sie zu-
rückzuhalten* Sie var so auMNir sich^ so vei zweifelt^ Aass nionand
ihre Worte bezv^eifelte, Jafreirtann Jagte den ^'eg vom ''aus zum Strand
hinunter« "Die Gezeiten hatten orerade gev/echeelt ; die Flut hatte
di? :T)be abjelSst» So viav der Wasßerspiegel roch nicht sehr
hoch und die V eilen umspielten die blosegelegten Felsen nahe am
Ufer, aber etwas v.eitar drau3sen waron sie ^jchon macht iger and
spülten Ober die Felsenklippen hinweg. Auf einen die -:er Felsen
«ah or seine beiden Jun^rens sich anklamnarni Bov/ohl an den im-
wlrtllchen ^^^ein ale auch aneinander. Von Zeit zu Zjit schwerunte
eine ?velle über sie hin. Sie Hessen ihren Crritf noch nicht los^
prusteten und versuchten, au schreien« Jagemann war in küri^es-
ter Zeit bei ihnen , nahm sie beide Je euf einen Arm uixd brachte
sie in Sicherheit. liJr war so zornig und ausser ßich| da:ie er
sie dann auf der Stelle züchtigte. Srst danach hörte er, was
/ *^" dl 3 ^'.einenden Binder sagten. Sie behaupteten Trude habe sie •
i
Familie Ja^ .ai^
^
-xi faai »vocuda Im
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i
Ch. IV-2-
-49-
< ♦Ih-
Überredet, init ihr so ;veit hinauszugehen zu dem Folsan, auf
dem der Vatex' sie gofunden ha.te. Cie versprach ihnen dort
etwas gan» Wundorbaros zu sei'Seru «rauit seien ßie dort ange-
kommen, sei die Fiat t5ekoinraenj f^rude sei davon gerannt, 5^ie
seien aber zu klain um den Grossen *^'ellon zu entwischen, Sie
hatten schreckliche AngEt gehabt. J8f3;emann erlaubte kein '^'ort
davon; er v-ar Überzeugt davon, dass die Jansens nach ein?r Aus-
rede suchten. So boctimmte er, iass sie ßofort inr Bett Tr!U8ßten,
und da^^s sie nicht zum K:inderfe£t aia nSchßten Tag pehen durften,
ein *;reigniLS, auf dae t^ich alle Inder be£ianderG freuten, da
es allerlei "ettspicle dabei gab, in denen nan nein Genchick und
seinen Mut zeigen konnte und die Möglichkeit hatte, ^'veive und
Ehi-en zu gewinnen. loter und Paul dujrften nicht hingehen. Trude
wurde von ihrem Vater zu dem Pest hingeführt. Für eter und '^aul
mochte diese 'Ereignis in dem Btee vex^blasst sein und violleicht
ihnen nur noch mit Fantasien verwoben erscheinen, in den er. für
den Vater mit den Jahren klarer und unheimlicher v/urde. Er \vehrte '
sich zwar gegan den Gedanken, dasß Trude willentlich die 'Rrüder
ins reer hinausgelockt hatte, aber je Slter sie 7vurde unxl ,je
v
besser er ^i-i kannte^ um £0 BtVxx^T vrurJan iie Zvvüifel «1 ihrer
üncch'jld. rie Pxlldcr hatten ^bor nlr^ vljder irgendjtv.Mfi £'egen
die eitere r^chv;eeter c:;u8gftflec:t.
I
Jageniann öffnete die Haustür mit seinem SchlÜBcel. Tm
Parterre, wo die GesellcchaftßrSuEie lagen, hielt er eich nicht
^ auf. ^r hörte Stinunen und Lachen aus dem faion kommen. Tür
V
•stieg die Treppe hinauf und ging in i^eiix Arbeit ezimr.orr '^ant-^l
/
/
f
und Hut W8a:f er auf einen reseel. "^p wa-»^ 5 Uhr« '^ "•'"'
v/
/
Ch. TV-2
-5)-
/
der
eine Stunde ^slt bis dlo fxäßte forfsin^en. Des Zimnör war warm.
^;r ging an den gronson weisGön ICacholofan horon, und fand ihn
heies. Dann setzte er sich auf den nchreibtiecnseosel, schloss
die r-chreibtischachublade auf und entn-'hm ihr einen lacken
Briefe. Einen Au}?enblicV. zögert ü er, Behaute auf und Bing wieder
zu dem Ofen. Diocsal öffnete er die Ofentür und v/arf die Briefe
in die Crlut. Eine Plainme zischte herauf und leckte an den
Briefen; dann waren sie völlig von Feuer eineehüllt und ntir für
eine ."ekunde etwa sah man deutlich die Änsclirift auf einem
Briefe: "Geliebter Klausl" ^.r schloss rasch die Ofentür, Als
er sich umdrehte, seh er, dess teine Tochter Trude im ZiTnmer
stend«
"Ich habe geklopft, Vater" — "wirklich" fügte eie sehr
dringlich hinzu» als sie seihen zweifelnden Blick bemerkte
"wirklich — Du warst sc in Gedanken vertieft» dass Du mich
nicht gehört hast. Ich hörte Dich in Dein Ziauaer gehen vor
kurzer Zeit — so wusste ich» dass Du hior bist; sonst wäre ich
natürlich nicht in Dein Zimner gegangen." iClauo erkundigte sich,
was sie denn von ihm wollte. Seine Zweifel waren nicht beige-
legt durch Trudes hastige ^^rklärung. Er wussto auch nicht, wie
lange cie schon dort gestaüden und ihn beobachtet hatte, fis
v.-ar aber bosser, der 'Ingelegenheit nicht zo viel Wichtigkeit
durch Fragen oeiKulegen. "Poll nie s.ich denken, ?;as i««er sie
g" dachte er, Trude wollte wissen, sagte sie, wie es Max
ginge. Sie wisse, ihr Vater sei gerade von einem Besuch bei
ilm zurückgekocmen — sie habe ilin zu-"
er zu den .ilienfelds münne» da Mf
Mutter sagen holten, dass
• sei — heute mc.
' meine sie, als ''utter '
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Ch. IT-?
-51-
Trudc, ..*. .en e«..on »«.«Utag nach aor Sc.ul, .»,„t.t. da
Sie doch un .a. r«c!,t b^orgt s.l. -^u.o ...i^,„ ,^„,
-6 i..!r. Bou Jdtit bezalgt haben, w«» «ff ^ing
re.son .i. „1X.UC. Ist. Ic^ h.be l^er s,,:u..t. aa.e .u el.e
UhelnhelUge und H.uohlerl. ist - so ein ■•.l».,h.r.-r„h.-.ich-
nicht an" und nun .0 et..M" Irude lachte verSchtUoh >u,4
Klaue mite. d„e. er argerUch wurde. Dae war „leht gut. Kx
.ue.te auch den Vorurteilen seiner eigenen Tochter gegenüber
..chlioh und eeduläie bleiben. So er.lSrte er Ihr .ur. dl. reu.
e-hl.Ee und fü,te nur hin^u. da« .s M« be..er Blnce. das. er
eine Inf iuenze hebe, noch 7r t^-h+' n«
e, nocn zu Jett lieee, abor norgen, falls er
X, cuictehen dürie. Dnnn cacte er In einen etwas
persönlicheren .on, -Du scheinet .a. etwas .u .Ichtl, .u nah.er,
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UÄLö-vcn-c gegen Ipfjna, well Du rait Pecht
anni».st,da33 .le Ma.. 6ef.,.n.n Wnnte. Du ha.t mSsUeh.rweiB.
soäar 1, Sinn, dase Du riax Lilienfeld heiraten ^Irat. Du bist
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103
Briefe
Noch bevor Günther seine letzten und eigentlichen
Ingenieursprüfungen an der Technischen Hochschule in
Dessau bestanden hatte, fanden zwei Ereignisse statt,
die auf sein Leben einen beträchtlichen Elnfluss nehmen
sollten. Sein Vater starb ganz plötzlich auf einer
Geschäftsreise In seinem Hotelzimmer. Der Hausbursche,
der ihm das warme Wasser am Morgen ins Zimmer brachte,
fand den Unglücklichen röchelnd, nur mit einem Nacht-
hemd bekleidet, am Boden liegen. Er starb bevor der
schnell herbeigerufene Arzt ihm Hilfe bringen konnte.
Ganz klar war die Todesursache nicht. Man nahm an,
da SS er, der schon lange immer wieder über Magenbe-
schwerden geklagt hatte, am Abend vorher wohl zu viel
gegessen und vielleicht auch zu viel getrunken habe
und damit das an und fÜr sich gefährdete Organ Über-
reizt und zu einer akuten Entzündung veranlasst habe,
die dann zu diesem raschen Tod führte. 14sn musste sich
mit dieser wissenschaftlich nicht ganz bewiesenen
Hypothese zufrieden geben.
Lina, die nun frei von ihrer ehelichen Bürde war,
schien sich ihrer Freiheit nicht zu freuen, im Gegen-
teil, sie nahm ihre Witwenpflichten sehr ernst und
104
verlangte auch von ihren Kindern, daaa sie das Trauerjahr
einhielten, keinerlei Festlichkeiten besuchten und alle
sich auf
Pläne, die jotnee öffentliche Kundpehung'en fröhlicher Natur
, zum Beispiel, Verlobungen oder Hochzeiten,
bezogen
bis auf weiteres verschöben. Sie konnte allerdings nicht
verhindern, dass Irmgard die Geburt ihres vierten Spröss-
lings nur einen Monat nach ihres Vaters Tod anzeigte,
Günther hatte kurz vorher seinen 21. Geburtstag
begangen, und somit war er mündig geworden. Sr war damit
der Vormundschaft seines älteren Bruders entkommen, ein
Ereignis, das ihn aller Verwirrung zum Trotz, sich glücklich
preisen Hess. Das Ereignis seiner Mündigkeit brachte es
mit sich, dass er nach Amerika reisen musste, um sein
Erbe dort anzutreten und sich von den Anwälten, die das
Vermögen bisher verwaltet hatten, Abrechnunr; vorlegen zu
lassen. Er hatte gehofft, diese Reise gleichzeitig zu
seiner Hochzeitsreise zu machen, aber da er seiner Mutter
Standpunkt verstehen konnte, obgleich er ihn nicht teilte
und nicht glaubte, dsss eine so baldige Ehe Schliessung
nach seines Vaters Tod in Irgendeiner Weise seine
Beziehung zu dem Verschiedenen änderte, verhielt er sich
doch aus Liebe und Respekt für Lina wie sie es für richtig
hielt. Vielleicht hätte er eine andere und einfachere
Lösung gefunden, nämlich eine stille und ganz private
Trauung, gegen die seine Mutter wohl nichts einzuwenden
gehabt hätte, aber Gertrude von Jageraann weigerte sich
1Ö5
diesen wichtigsten Schritt ihres Lebens ohne die üblichen
und ihr zustehenden Feierlichkeiten, ohne den herkömmlichen
Pomp und die traditionelle Zur-3chau3tellung zu unternehmen.
Sie bedauerte zwar, dass sie nun ein weiteres Jahr warten
müssten, aber bepnüpte sich damit, ihren nächsten Ver-
wandten mitzuteilen, dass sie und Günther seit Jahren
heimlich verlobt waren und nach Ablauf des Trauerjahres
m
it allem Zeremoniell heiraten würden. Sie schien nicht
einmal zu unglücklich über die Trennung von ihrem Ver-
lobten zu sein, sondern nahm weiter am gesellschaftlichen
Leben in Hamburg teil, tanzte auf allen Bällen und war der
/ strahlende Mittelnunkt bei Jeder Abendgesellschaft, bei
Schlittenfahrten und Eislauf-Partien. Diese Genüsse hätte
sie sich versagen müssen, hätte sie um diese Zelt ihre
Verlobung öffentlich kundgegebn; aus Schicklichkeit hätte
sie daheim sitzen müssen , da Abwesenheit des Verlobten
und seines Vaters Tod sie zur Zurückhaltung gezwungen
hätten. Günther konnte keinen Einspruch erheben, da der
Aufschub ihrer Vermählung auf seine Bitten geschehen war.
Er war sehr glücklich, dass Gertrud so gefällig war, und
dass es nicht zu einem Konflikt zwischen den beiden Frauen,
die er von Herzen liebte, kam. Er war ihr so danlibar, dass
er sich bereit erklärte, nach seinen Schlussprüfungen im
nächsten Herbst oder Frühwinter seine Reise anzutreten und
an dem folgenden Oster-Sonntag zu heiraten. So arbeitete
106
er mit gräaater Energie und Konzentration für die Prüfungen,
die er auch im Oktober bestand.
Im November konnte er endlich die wichtige Reise nach
Amerika antreten, obgleich das Wetter nicht günstig war
und die an und für sich schon sehr lange Seefahrt dadurch
reiste
noch bedeutend verlängert wurde. Er jfsi*Ksber sehr bequem
auf einem Schiff, das der von Witteschen Reederei gehörte.
Sein Onkel hatte ihm die Staatskabine belegen lassen. Er,
der später einen leitenden Posten in dieser Reederei
einnehmen sollte, fand das Schiff so gut geführt wie ein
Luxus hotel. Er sah natürlich nicht, wie es auf anderen
Teilen des Schiffs aussah, zum Beispiel am Zwischendeck,
noch hörte er die hasserfüllten und höhnischen Bemerkungen
des Schiffpersonals, die sie untereinander austauschten,
wenn sie nicht belauscht werden konnten. Günther lebte
in seiner Traumwelt.
Eigentlich war diese Schiffsreise seit Jahren die
erste Gelegenheit für Günther, sich ungehindert von
pflichtmässlgen beruflichen Denken und /irbeiten seinen
Gedanken und seinen Einbildungen zu überlassen. Er war
m
It Büchern aller Art wohl versehen auf diese Reise
gegangen, aber zur Untätigkeit verurteilt, auf seinem
L
Strecksessel liegend und auf die unendlichen Welten des
Ozeans und des Himmels schauend, oier des Nachts in seiner
Kajüte träumte er von einer Zukunft, deren Mittelpunkt
Trude war. Das aber brachte mit sich, dass er an die
107
Verrsngenhelt denken rausste. Die letzten Gymna3ialjahre und
die Jahre auf der Technischen Hochschule waren Jahre des
Wartens gewesen. Sein Ziel war klar und deutlich vor Ihm,
Alles was ihn verhindern wollte, dieses Ziel so schnell
wie möglich zu erreichen, musste aus dem Weg geschafft
werden. Er wollte kein Odysseus sein. Er war ein zäher
Arbeiter. Er weigerte sich, seine Zeit mit seinen Kommili-
tonen bei Spiel, Trinken und sexuellen Ausschreitungen zu
verbringen. Er hielt sich rein für seine Braut. Obgleich
er sein Versprechen, die Verlobung geheim zu halten, hielt,
obgleich er Spott und Verdächtigungen von seinen Kameraden
ertragen rausste, obgleich er Trude nur während der Semester-
ferien und auch dann nur selten und fast nie allein sah,
konnte er sich nicht daran erinnern, diese Jahre der harten
Selbstdisciplin Je bedauert oder gar verwünscht zu heben.
Die fleischlichen Anfechtungen, die ihn oft und sehr
heftig quälten und denen er in Jüngeren Jahren wohl hin
und wieder nachgeben musste, konnte er nun durch Studieren
und lange, oft ermüdende Spaziergänge beherrschen und
auf
durch sein festes Vertrauen, ekzaa das Mädchen, das ver-
die
sprochen hatte seine Frau zu werden, /keusch wie die
KondgÖttin von ihm diese Jahre des Verzichts erwartete,
um Ihn später um so reicher zu belohnen.
Auf dieser Reise fragte er sich zum tausendsten Mal,
wie Gertrud die Trennung von ihm ertragen könnte; sie hatte
ihm 30 häufig versichert, dass es fÜr sie viel schwerer sei
zu warten, da sie keine beruflichen Interessen hätte, die
108
Zelt und 31nn ausfüllten; alles, was Ihr gepeben war das
Warten zu erleichtern, seien die gesellschaftlichen Zer-
streuungen, denen sie deswep-en oblag, und die sie auch
darum In seinem Trauerjahr nicht aufgeben konnte. Er sah
das ein und war auch ehrlich genug sich einzugestehen,
dass weder er noch Trude eigentlichen Grund hatten, seinen
Vater zu betrauern* Wenn er zu diesem Punkt in seinen Ge-
danken kam, machte er gewBhnlich eine Schwenkung und begann
sich wieder mit der Zukunft zu beschäftigen. Eines Nachts
wachte er auf und konnte nicht wieder einschlafen. Es war
sehr still; er hörte nur den Wellenschlag; durch das
Ka jütenrenster sah er nur einen Stern, ganz gross und
kalt, und so weit entfernt, dass ein Gefühl unendlicher
Einsamkeit ihn ergriff und er an den Tod denken rausste.
Er dachte an seinen Vater, der sein Ende allein in einem
Hotelzimmer gefunden hatte. Er dachte an seines Vaters
Leben, und es erschien ihm plötzlich, dass sein Vater
auch in seinem Leben allein gewesen war. Der alte Hoyk
war von niemandem gellebt worden, das stand absolut fest
für Günther. Für ihn war der Vater nur ein unangenehmer
Fremder gewesen, dessen Einmischungen in sein Leben er
der Mutter zuliebe ohne Protest ertragen hatte — ohne
äusseren Protest, denn innerlich hatte er in den letzten
Jahren wohl häufig den Vater zurückgewiesen, ihn lächerlich
109
und abstosaend, Ja manchmal sogar verächtlich, gefunden;
Jedoch hatte er schliesslich eine Lösung in einer bestimm-
ten Form höflicher Nichtbeachtung erreicht. Die Tatsache
seiner finanziellen Unabhängigkeit hatte ihm dabei sehr
geholfen. Nun aber wurde es ihm zum ersten Mal klar,
dass er seinen Vater überhaupt nicht gekannt hatte. Er
wusste nichts von seinem Leben ausser der äusseren Form;
wie hatte er nur einen Mann hassen können, den er nicht
kannte? Seine Geschwister hatten ebenfalls keine Beziehung
zu dem Vater gahabt, zumindest hatte Günther das immer
anprenommen. Allerdings hatte Irmgard, selbst während der
intimeren Beziehung zu Günther, nie über ihren Vater ge-
sprochen. Nach seinem Tod aber war sie so sehr mit ihrer
eigenen Familie und besonders mit dem Neugeborenen be-
schäftigt, dass der Bruder keine Zeichen der Trauer an
ihr entdecken konnte, Sie hatte allerdings das Jüngste
Kind nach dem Vater benannt, als wollte sie dadurch kund-
geben, dass er nicht ganz aus ihrem Leben verschwunden
sei. Hatte Horst den Vater ebenso verabscheut wie Günther?
Der ältere Bruder, der sonst immer so selbstsicher und
ohne Jedes feinere oder warme Gefühl erschien, war bei
der Todesnachricht seltsam zusammengeschrumpft; tränenlos
und hilflos sass und stand der sonst so Geschäftige im
Hoyk' sehen Haus herum und liess den Schwager Jagemann
alle wichtigen und notwendigen Vorkehrungen treffen,
110
als sei der Wind, der sonst ihn auf dem Meer der Selbst-
wlchtipkelt umherpe trieben hatte, plötzlich aus seinen
Segeln genommen worden. Hatte er vielleicht doch den
Vater geliebt?, fragte sich Günther. Aber er war sicher,
dass dem nicht so sein konnte, denn Horst hatte sich
bald wieder erholt und war, wenn das überhaupt noch
möglich war, vielleicht noch unangenehmer und arroganter
geworden. Der Tod des Vaters hatte sicher die Brüder
nicht einander näher gebracht, besonders da Erbschaft -
in Sachen der Horstes Feindseligkeiten dem jüngeren
Bruder nur zu deutlich den Charakter des älteren vor Augen
führten. ikoti/SXh^ Die Kutter aber hatte den Vater nie
wirklich geliebt, dessen v/ar Günther ganz sicher. Sie
hatte sich vor ihm gefürchtet und sich ihm angepasst
und hatte sein Bett geteilt und ihm Kinder geboren,
aber sie hatte ihn nicht geliebt, wie Günther Trude
liebte und wie er sicher war Trude ihn liebte* Der
Vater war ohne Liebe durchs Leben gegangen, hatte ein
nutzloses, einsames Leben verbracht, und vielleicht
war grade dieses Fehlen der Liebe in seinem Leben dafür
verantwortlich gewesen, dass er so unangenehm erschien,
sich nicht mitteilen konnte ohne harsch zu sein, dass
seine Frau und seine Kinder ihn nicht einmal kennen
lernen wollten, und dass er allein in einem Hotelzimmer
starb. Günther fühlte ein schmerzhaftes Mitleid mit
111
seinem Vater und mit sich selbst — er weinte, wie er seit
seinen Kinder Jahren nicht mehr geweint hatte, und fühlte
sich klein, verlassen und voller Bangen und Sehnsucht nach
seiner Mutter. Endlich schlief er ein und hatte einen
Traum:
Er lag Im Bett, und nur die Laterne vor seinem
Fenster warf ein blasses Licht Ins Zimmer. Er blickte auf
die Tür, die In dem Laternenllcht welssllch leuchtete,
sie
und sah, wle/slch langsam, ganz langsam öffnete. Er
hielt den Atem an vor Angst und Spannung, aber niemand
kam herein. Doch fühlte er einen Blick auf sich gerichtet
von zwei dunklen Augen, einen ernsten, strengen, unver-
wandten Blick, der ihn prüfte und zu verurteilen schien.
eine
Dann lief er, lief und lief durch/morgengraue Strasse
und plötzlich sah er eine dunkle Gestalt In langem Mantel,
die nur etwas Über dem Boden schwebte, weder gehend noch
fliegend, und es schien ihm, dass das das Traurigste war,
das er Je erlebt hatte. Er erwachte mit von Tränen
feuchtem Gesicht. Es war Morgen geworden, und er war
froh, dass es licht war und er aufstehen und an Deck
gehen konnte. Aber die Stimmung des Traumes folgte ihm
durch den Tag}
er konnte den Traum lange nicht
vergessen.
112
II
Max Llllenfeld bevvoliTite sin schönes Haus In New York
am Washlnpton Square, Günther wurde von Ihm und Frau
Llllenfeld so herzlich empfanden, dass kein Gefühl der
Fremdheit oder Verlegenheit In Ihm aufkommen konnte. Die
Freunde hatten einander seit Jahren nicht mehr gesehen,
und der Briefwechsel zwischen Ihnen drohte zu versanden,
hätte nicht Max immer wieder den Freund um Nachrichten
gebeten. Als er erfuhr, dass Günther eine Reise nach den
Staaten plante, hatte er darauf bestanden, dass er in
New York sein Gast sein müsste, und Günther hatte die
Einladung mit Dankbarkelt anprenommen, da er sich doch
vor dem fremden Land und der grossen unbekannten Stadt
und dem Alleinsein scheute. Er wusste, dass Max die flechte
Studiert hatte, dass er versucht hatte sich für die Unter-
nehmungen, die sein Veter ihm hinterlassen hatte, zu in-
teressleren, aber nach etwa einem Jahr diese Beschäftigung
aufgegeben hatte und nun stRiüXxksclaÄKxxKicaÄksaxxaracJcKQro
Mgt!s3c2Qrxx3tKkKac{x;l>cto^ das Leben eines Privat-
führte
gelehrten/ das allerdings häufig durch schöne Reisen
unterbrochen wurde. Er war mehrmals wieder in Europa
gewesen, aber nur in Ländern mit südlichem Klima, und
sogar in Egypten, Auf einigen Reisen hatte seine Mutter
ihn begleitet. Obc^lelch er erst in seinem 24, Jahr war,
machte er auf Günther den Eindruck eines durch Leiden
und Leben weit über sein Alter gereiften Itonnes. Soweit
113
er wusste, war er an keine Frau gebunden noch hatte er die
Absicht, sein Junggesellentum aufzugeben. Sein Haus war
ungewöhnlich ruhig, im holländischen Still gebaut reichte
es weit in die Vergangenheit zurück. Die enge Facade aber
täuschte, denn innen war es weitläufig und im besten
modernen Geschmack eingerichtet. Eine schone und kostbare
Gemäldesammlung war von seinem Vater begonnen und von Max
sehr grosszügig ergänzt worden. Neben alten Meistern fanden
auch neue ihren P^-atz in der Gallerie. Ein von Sargent
gemaltes Porträt seines Vaters hing in der Bibliothek; sein
eigenes und das seiner Mutter waren von Liebermann gemalt
und leuchteten von den mit weisser Seide bespannten Wanden
des Musikzimmers.
Es war behaglich in der Bibliothek. Max und
Günther sassen vor dem Kaminfeuer zum ersten Mal alleine
seit Günthers Ankunft. Günther hatte schon viel von New
York gesehen, Theater, die Oper und Konzerte besucht und
einige Abendgesellschaften. Er wollte nun bald nach Boston,
wo er mit seinen Anwälten zusammenkommen sollte. Er rechnete
mit einem längeren Aufenhalt dort und liess sich daher von
seinem Freud über Boston erzählen, über die dortigen Sitten
und Anschauungen, die sich so deutlich von denen der
New Yorker unterschieden. Sie schienen Günther dem Hamburger
Wesen sogar verwandter zu sein. Max kannte Boston recht gut,
da er dort studiert hatte. Er hatte sein Doktorat der Rechte
von der Universität Harvard erhalten. Er hatte auch
Verwandte in Boston, Vettern väterlicherseits.
lu
die mit einer ehrw^lrdlpen Bankfirma verbunden waren.
Günther hatte Max von seiner el^^enen Familie berich-
tet, von seines Vaters plötzlichem Hinscheiden, seiner
Mutter Zunückgezogenhelt In Ihrem Wltwentum; von seiner
Schwester und Ihren Kindern, an deren Heranwachsen Günther
viel Anteil nahm; von seinem Studium und seiner beruf-
lichen Zukunft, die mit der von Witte' sehen Reederei
eng verbunden war. Er hatte aber noch nicht völlig die
alte Vertrauensbeziehung z;u I^x In sich wiedergefunden,
zu
deswegen zögerte er/ihm von den persönlichsten Dingen
seines Lebens zu sprechen, wie er es In den Jahren Ihrer
Knabenfreundschaft getan hatte. Statt dessen begann er
sich nach Maxens Familie zu erkundigen, und da Max
ausser der Mutter keine nahen oder Ihm nahestehenden
Angehörigen hatte, brachte Günther das Gespräch auf
Maxens verstorbenen Vater, der bisher zwar eine prrosse.
aber nur eine schattenhafte Gestalt für Günther war.
Max war Immer sehr zurückhaltend Inbezug auf seine
Beziehung zu seinem Vater gewesen. Er hatte Ihn lange
betrauert und hatte Ihn nur selten erwähnt. Die fünf-
zehn Jahre, die seit seinem Tod vergangen waren, er-
schienen dem Sohn nur wie Wochen, wenn er an seinen
Vater dachte, obgleich der Schmerz und das Gefühl des
Unfassllchen nicht mehr da waren. Die frühen Erinnerungen
an seinen Vater waren wohl auch etwas blass geworden.
115
was aber geblieben war, war die Überzeugung von diesem
Mann gellebt und geschätzt worden zu sein als ein Kamerad
und Freund. Er erinnerte sich an die vielen Abende, die
er mit Ihm In der Bibliothek verbracht hatte, in der er nun
ra
It Günther sass; an lange Gespräche, In denen der Vater
Ihm zuhörte, Fragen beantwortete und Ihm von der Welt,
die Ihn erwartete, erzählte. Sie lasen zusammen, oder
noch früher In seiner Kindheit hatte der Vater Ihm vor-
gelesen. Frau Llllenfeld war häufig zugegen, mischte sich
aber nur selten In die Gespräche zwischen Vater und Sohn
ein. Es gab aber auch Stunden Im Musikzimmer, wenn die
Mutter Klavier spielte oder sang und Vater und Sohn von ihr
bezaubert lauschten. Es gab aber Tage und Wochen, wenn .
affxxäöcoBsn der Vater nicht da war; er machte lange Reisen,
von denen er dem Sohn Immer Interessante und wichtige
Andenken mitbrachte und Berichte gab, die seinem Ver-
ständnis angepasst waren, xx Allerdings sprach der
Vater selten von geschäftlichen Dingen, und Max hatte
keine rechte Vorstellung von dem was seines Vaters
Geschäft war. Lange Zelt hindurch hatte er mit Geschäft
nur die Idee eines Ladens verbunden. Abor im letzten
Jahr bevor sein Vater starb hatte er angefangen Zeltun-
gen zu lesen und hatte seines Vaters Namen erwähnt gesehei .
[
116
meuternden
Im Zusammenhang mit Berichten von/Arbeitermeuterelen
In Bergrwerken und an Elsenbahnen, mit Gewalttätigkeiten
und mit 9dk9ißa0^iß}äxxiK Hunger von Frauen und Kinde rn. Er
hatte den Vater gefragt und nur unzureichende Antowrt
bekommen, denn es schien, dass sein Vater selbst nicht
wusste, was die Wahrheit In diesen Berichten war. Er war
sehr beunruhigt und besorgt gewesen und versprach dem
Sohn einen vollständigen Bericht, nachdem er eine Unter-
-nie
suchung der Tatsachen vorgenommen hatte. Max hatte /diesen
Bericht Kkac von seinem Vater bekommen, da der Vater von
seiner Reise nach den Kohlenbergwerken Sörbcscsdk nicht iradxK
zurückkehrte. Er war mit den Arbeitern zusammen In den
Schaft hinuntergefahren, um sich selbst von den Verhält-
nissen zu überzeugen und war einer Explosion zum Opfer
gefallen. Erst nach vielen Tagen wurde er mit vierzig
anderen Toten ausgegraben. Dieses Bergwerkunglück, In
dem ein so bekannter Millionär wie Herr Llllenfeld ums
Leben kam, war dann der Anlass zu bedeutenden techni-
schen Verbesserungen In den Kohlen- und Kupfermienen
geworden. Das war nützlich und ein Segen für viele
hunderte Familien, In denen die Frauen und Kinder
nicht mehr Ihre Tage In zitternder Anf^^st verbringen
mussten; aber Max hatte seinen Vater verloren, Maxens
117
Groa^^vater hatte sein Leben elng'ebässt als er einen Streit
zwischen zwdlen seiner Aufseher In den Petroleumfeldern
schlichten wollte; einer von Ihnen schosa Ihn nieder.
Es schien dem heranwachsenden Knaben, dass viel Gewalt-
tätigkeit mit solchen Unternehmungen wie Groasvater und
Vater sie besessen, verbunden war. Er hätte es vorgezogen
der Sohn eines Ladenbesitzers zu sein, wenn das Ihm den
Vater erhalten hätte. Nach dem Tod seines Vaters war
seine Kutter lange krank gewesen; er selbst war sehr
einsam und sehr unglücklich. Als die Mutter gesundete,
war er so dankbar, dass er bereit war alles zu tun was
sie von Ihm erwartete und sogar die grosse Reise übers
Wasser zu unternehmen, vor der er sich sehr fürchtete,
Max erzählte Günther von den vielen Reisen seines
Vaters, der sogar In Afrika gewesen war, Er hatte einige
schöne wilde geschnitzte Gottheiten seinem jungen Sohn
von dort mitgebracht, die dieser nun seinem Freund
zeigte. So kam das Gespräch auf Afrika und daralt auf
eine Neuigkeit, die Max noch nicht gehört hatte und
mit
die Günther benutzen wollte, um/dem Freund von seinen
eigenen A-^f'^ren zu sprechen. Dr, von Jag.emann war vor
einigen Monaten für die deutsche Regierung nach
Afrika gegangen, um dort ein vorbildliches Spital für
118
die Armee einzurichten. Dieses Ansuchen war schon vor
längerer Zelt an Ihn frestellt worden, aber er hatte Immer
wieder gezögert und alle möglichen Gründe gegen ein sol-
ches Unternehmen vorgebracht. Der Druck von Selten der
Regierung muaste aber wohl stärker geworden sein, denn
die Entscheidung wurde plötzlich von Ihm gemacht, und
er verllesa Hanburg danach In kürzester Zelt, Günther
hatte Ihn nur flüchtig vor seiner Abreise gesehen und
den Eindruck gewonnen, dass der Professor völlig mit
seinen eigenen Gedanken beschäftigt war und nicht das
geringste Interesse für die Geschehnisse um ihn herum
bezeugte.
"Selbst Trudes Mitteilung, dass wir seit Jahren
verlobt sind, schien keinen Eindruck auf ihn zu machen",-
sagte Günther und schaute den Freund erwartungsvoll an.
"0 Günther, was hast du getan, wie konntest Du
mir das antun?!'* -rief Max entsetzt aus.
Er war bleich geworden und hielt sichxtttfc zittern^«!
üikxAaafL an seinem Sessel fest, als müsste er sich zurück-
halten aufzuspringen und sich auf den Freund zu stürzen.
Günther, der lyiax nie in solcher Erregung gesehen
hatte, schaute ratlos auf den völlig veränderten Freund.
Er blieb stumm. Max versuchte seine Selbstbeherrschung
wiederzugewinnen indem er sein s^^jtxftKxksa Gesicht in
^119
'seine Hände ver^inib. Für Günther ^ab es fast autorastisch
nur eine Erklärnang für diesen Ausbruch seines Freundes:
von jeher
Elfersucht. War er doch/^ davon Überzeugt gewesen, dass
Max Gertrud nur darum so heftig abgelehnt hatte, weil
sie Ihn, Günther, bevorzugte, und dass Max sie noch Immer
unglücklich liebte. Das war natürlich der Grund warum
Max weder verlobt noch verheiratet war. Ja nie von einem
Mädchen, das eine Rolle In seinem Leben spielte, dem
Freund Mitteilung gemacht hatte. Günther nahm sich vor,
sehr zartfühlend und freundlich zu Max zu sein und ihm
nicht zu sagen, was er zu wissen glaubte. Da Ihm kein
Zv/elfel an seiner eigenen Erklärung kam, war er völlig
unvorbereitet auf das, was Max Ihm nun berichten rausste.
"Verzeih mir diesen Ausbruch, mein Freund," -sagte
er nun mit noch Immer bewegter Stimme. "Du welsst, es
Ist nur sehr selten, dass Gefühle die Oberhand über
t
mich gewinnen. Aber wenn der Schmerz zu gross war für
ein stilles Dulden, haben selbst die griechischen Helden
geschrien. Sie konnten es allerdings viel besser und
dramatischer tun als Ich, "-fügte er mit bittendem Lächeln
hinzu.
"Deine Verbindung mit diesem Mädchen ist nicht nur
so schmerzhaft, well ich dadurch den einzigen mir noch
nahen Freund verliere, sondern weil ich weiss, dass dieser
120
Freund in seiner kindlichen Vertrauensaelie^eit in ein
Netz geraten ist, aus dem er sich kaum mehr heraushelfen
kann. Laas mich aussprechen, selbst wenn es Dich empört",
bat er, als CxÜnther bei seinen Worten adctcxbtkk1tc3«uJid«KxAo%9t9ES
von seinem Sessel aufsprang. -"Bitte , lass mich Dir erklären
was ich meine. Ich will nicht über Gertrud sprechen, denn
das ist vergebens. Selbst wenn ich Dir Beweise ihrer Charak-
terlosigkeit schwarz auf weiss hier auf den Tisch legte —
Du würdest mir nicht glauben. Ich will Dir nur von ihrem
Vater erzöhlen, der mir einst ein Idealer Freund und Lehrer
war, dem ich ein Sohn war, wie er mir immer wieder ver-
sicherte. Du bist Zeuge unserer nahen und liebevollen
Beziehung gewesen. Du weisst, dass ich ihm vertraute - Ja
dass ich glaubte, fast einen Vater in ihm wiederzufinden.
"Du erinnerst Dich vielleicht auch an Irene .Johannsen, eine
Freundin Deiner Schwester, die in eine traurige Skandal-
geschichte verwickelt war. Auch sie war unter der gütigen
Fürsorge Dr. von Jagemanns gev/esen, der sie sofort in
ein Prlvatsenatorlum brachte, wo sie durch Wochen niemanden
sehen durfte. Sie war in eire Schwermut verfallen, .
aus der sie erst nach langer Zelt wieder zu sich kam. Ihre
Ha
ushälterln hatte Selbstmord verübt, und Irene, in der
schrecklieben Umnachtung ihrer Sinne, klagte sich an,
sie umgebracht zu haben. xx>c;c Natürlich war das eine
Phantasie gewesen, eine Einbildung, mit der sie sich
L21
quälen musste* Sie war völlig allein, als sie das Sansto-
rlum verlless. Selbst meine Mutter, die sie gerne hatte,
^konnte sie weder im 3anatorium besuchen noch wurde sie
benachrichtigt, als Irene von dort fortging. Der einzige
Mensch, der es wusste, war Professor Jagemann* Er erzählte
uns nicht davon. Wir trafen Irene ganz zufällig wieder,
uns
meine Mutter und ich, als wir/im Herbst vor zwei Jahren
in Florenz auf einige Woohen n^ederliessen, Sie lebte
in einer kleinen, sehr exclusiven Pension, stDtiS^xXftKxJtics^SJ^
X9CKKaQexis£KxXQcx^9dcXQC)^^ 3ie war allerdings sehr wohl behütet
und beschützt in Jener Pension, die einer älteren aristo-
kratischen Dame gehörte, die Irene wie eine Tochter liebte
und eifersüchtig Überwachte. Wir trafen sie mit dieser
Dame in einem Konzert, das im G-arten des Palazzo Pittl
gegeben wurde. Wir erneuerten unsere Bekanntschaft und
wurden nahe Freunde. V/ir verbrachten sehr viel Zeit
mieinander, entdeckten gemeinsame Interessen, und am
Ende unseres Aufenthaltes gestand ich ihr meine Liebe
und meine Hoffnung, dass sie meine Frau werden würde,
eine Hoffnung, die ich schon als Knabe in Hamburg gehegt
hatte. Ich ahnte, dass Irene nicht gleich eine Entschei-
dung treffen konnte, ich wollte sie nicht drängen, bat
sie nur, mir Gelegenheit zu geben ihre Zuneigung und
Liebe zu erwerben. Ich wollte in Florenz bleiben oder
zurückkommen, aber sie verbot mir das zu tun. Ich beschlosa
122
In New York auf ihre Antwort zu warten und inzwischen ver-
suchte ich mich |{*K unser« Fanillienunternehnien einzuarbeiten
um ihr zu beweisen, dass ich bereit sei Pflichten
und Verantwortunren auf mich zu nehmen, die man von einem
Mann erwarten konnte.
"Im Frühjahr kam Irene nach New York, Sie hatte Frau
von Steinen, bei der sie in Florenz gelebt hatte, einge-
laden sie als filtere Freundin zu begleiten und einige
Monate mit ihr zu verbringen. Die beiden Damen wohnten
in meiner Nähe in einem Privathotel. Nichts konnte I
rene
dazu bewegen, meine und meiner Mutter Gastfreundschaft
länger als ein paar Tage anzunehmen,
"Ich erzähle Dir diese Einzelheiten" -unterbrach sich
Max- "damit Du ein Bild von Irenes Art, von ihrer Zurück-
haltung und ihrem Stolz bekommst. Wir kamen einander sehr
nahe; sie wurde in der Gesellschaft hier aufgenommen; sie
versuchte ihre vielen Interessen hier zu befriedigen, in-
dem sie Vorlesungen anhörte, Konzerte und Theater besuchte
und sich an wohltätigen Unternehmungen beteiligte. Frau
von Steinen verliess sie nach einigen Monaten, nachdem sie
sich vergewissert hatte, dass Irene von treuem und umsich-
tigen Personal umgeben war. Die Mädchen in Amerika sind,
wie Du weisst, selbstständiger und unabhängiger als in
Europa, so dass es nicht gesellschaftlich gegen sie sprach,
dass sie allein lebte. So freundlich Jedoch wie sich auch
die Gesellschaft um sie bemühte, Irene war so zurückhal-
tend, dass sie ausser mir keinen nahen Menschen hatte,
und auch ich wusste nicht viel mehr von ihrer Vergangen-
123
helt.ala das, was mir oft ungebeten und nicht von Ihr an-
vertraut ins Gedächtnis kam. Ich hatte nach einigen Mo-
naten meine Werbung wiederholt, und Irene verlobte sich
mit mir; das war Im vorigen Winter« Wir hatten beschlossen
Ostern In Rom, das wir beide sehr liebten, In aller Stille
zu heiraten. Sie wollte kein Aufsehen, keine grossen Fest-
lichkeiten, sie wollte nur mit mir allein sein. Ich war
so sicher, dass sie mich liebte. Ich war sehr glücklich,
und sie schien auch glücklich zu sein.
''Das war im Februar, Am Ende des Monats schrieb sie
mir einen langen Brief, well sie mich an dem teilnehmen
lassen wollte, das ihr Leben durch Jahre verdunkelt hatte;
teilnehmen sollte ich daran, aber auch wissen, dass ich frei
wa
r mich von ihr zurückzuziehen. In diesem Brief teilte
sie mir ihre frühere Beziehung zu von Jage mann mit. Sie
war grausam (rer^en sich und mich, sie schonte uns nicht;
aber sie schonte auch ihn nicht, der ihr Vertrauen ausge-
nutzt hatte, sie verführt hatte, und der am Tod ihrer
Haushälterin schuld war. Nach diesem Bekenntnis glaubte
ich, dass sie nun diese schreckliche Episode Überwunden
hätte, dass sie mir nun voll vertraute und ganz mein
sein konnte. Ich war so dankbar sogar für den Schmerz,
den ihre Geschichte mir bereitet hatte, denn er war ein
Beweis meiner Liebe. Ich machte Pl^ne für die Zukunft,
124
für unaere Reise, Vorbereltun;? für die Hochzelt und unsere
Rückkehr hierher. V/lr wollten Anfang April reisen.
"Es war schon Mitte März als ich bemerkte, dass Irene
zög-erte notwendige Einkäufe zu machen. Sie zog sich auf
mehrere Ta^-e zurück und erlaubte keinen Besuch. Nach etwa
einer Woche, in der ich fast verrückt vor Sehnsucht und
Sorc'e war, schickte sie mir ein Briefchen, in dem sie mich
bat sie ins Konzert zu begleiten. Sie war so unendlich
lieb und gut zu mir an diesem Abend, dass ich überzeugt war,
dass nun keinerlei Bedenken ihrerseits mehr vorhanden waren,
was auch immer der Grund für ihr plötzliches Zurückziehen
gewesen sein mochte. Beim Abschied vor Ihrem Haus erlaubte
sie mir sie zu küssen und bat mich — was ich für einen
Scherz hielt — sie nicht zu vergessen. Sie schien zufrie-
den, ruhig und, ich dachte, glücklich. Am nächsten Morgen
erfuhr ich, dass sie tot war. Ein Brief, den sie geschrie-
ben hatte bevor sie diesen letzten Schritt tat, erreichte
mich am selben Tag.
"Du sollst beide Briefe lesen, Günther. Sage Jetzt .'
nichts; ich habe es fast nicht überstanden, war sehr krank.
Aber nun weiss Icft, dass niemand mir Irene mehr rauben kann;
alles ist milder geworden, und ich kann an sie denken, ohne
selbst sterben zu müssen. V/enn Du diese Briefe liest, wirst
Du verstehen -das hoffe ich von ganzem Herzen — warum Ich
L25
so entsetzt über Deine Beziehung zu Gertrud bin. Versuche
gerecht zu sein, Günther, selbst wenn Du nicht loyal
sein kannst."
Er hatte zwei Briefe aus der Schrelbtlschlade genom-
men und reichte sie Günther hin; der zöperte nur kurz und
nahm sie dann 3chwel£^end In Empfang. Er stand noch einen
Auö:enbllck da, als wollte er dem Freund etwas sapen, konnte
sich aber nicht entschllessen, und verlless mit gesenktem
Kopf rasch das Zimmer.
III
Der erste Brief
27.Februar 18..
Mein liebster Freund,
Du wirst es seltsam finden, dass ich an Dich, den
ich doch täglich sehe, einen langen Brief wie diesen sende;
aber ich hoffe, dass Du, nach dem Du ihn gelesen hast,
verstehen wirst, dass ich selbst Dir, den ich auf dieser
Welt am meisten liebe und zu dem ich das grösste Vertrauen
habe, dass ich selbst Dir nicht mündlich sagen könnte, was
ich zu sagen habe. Ich habe Dir mein Wort gegeben Dich zu
heiraten, aber ich habe kein Recht dazu gehabt, zumindest
nicht solange Du nicht diesen Teil meiner Geschichte
kennst, den zu gestehen ich nie gewagt habe. Ich weiss,
L26
dass Du frossmütlg und taktvoll vermieden hast mich Je nach
Jener schrecklichen Zelt In Hamburg zu fragen, nach Jenen
Wochen unsäglicher Qual und nach den vorangegangenen Er-
elg^lssen. Aber wie konnte Ich Deine Frau werden, wenn Ich
diese Ereignisse Immer verbergen raüsste, Immer In der Angst
lebend, dass Du erfahren könntest was geschah, dass Ich
mich verraten könnte, und dass solch ein Verrat nicht nur
Dir Leid bereiten würde, aber auch Deine Verachtung, Ja
Deinen Hass ^e^en mich verursachen würde* Ich könnte Dir
und mir das nicht antun. Darum, mein Freund, lege ich
Deinen Ring in diesen 3rief, damit Du, nachdem Du mein
Bekenntnis gelesen hast. Dich nicht gebunden fühlst durch
Ring oder Versprechen.
Als ich nach Hamburg kam, war ich ganz allein. Ich
hatte keine Verwandten, Frau Müller begleitete mich; mein
Vormund hatte sie auf Empfehlung von guten Freunden engagiert;
sie war als Junges Mädchen Krankenschwester auf der Kran-
kenabteilung meines Vaters gewesen und schien ihm in Er-
innerung ergeben zu sein. In Hamburg sollte ich noch ein
oder feiwei Jahre ins Lyzeum gehen und dann entscheiden, wo
ich leben wollte. Ein früherer Assistent meines Vaters,
Professor von Jagemann, war von meinem Vormund von meiner
Ankunft benachrichtigt worden und war gern bereit mir und
Frau Müller behilflich zu sein, die entsprechende Wohnung
zu finden. So lernte ich die Jagemanns kennen. Mein Vor-
mund starb bald darauf, und ich gewöhnte mich daran den
127
Professor als seinen Stellvertreter anzusehn, Ja noch mehr
sogar — als einen gütigen Vater, den mir das Schicksal als
Ersatz für meinen so früh verstorbenen gegeben hatte. Die
Frau Professor war zwar freundlich zu mir, zeigte aber wenig
Interesse, wie sie auch weder für Ihre eigenen Kinder oder
oder Ihren Mann besondere Teilnahme oder Zärtlichkeit zeigte,
Jagemann half uns ein Haus finden, das auf unbeschränkte
Zelt zu vermieten w^^r und In der Nähe seines eigenen gele-
gen war. Er half uns Personal heuern und fand die passende
Schule für mich. Er besuchte mich häufig, um, wie er be-
hauptete, sich zu überzeugen, dass mir nichts abging. Bei
diesen Besuchen sprach er gewöhnlich von meinen Eltern
und wies alle meine Dankesbezeugung damit zurück, dass
er glücklich sei einen Teil seiner eigenen Dankesschuld
an meine Eltern -besonders meinen Vater- abzutragen, die
sich seiner so herzlich angenommen hatten, als er in
Dorpat studierte. Er erzählte von meinem Vater, von sei-
ner Arbelt, seinen Verdiensten um die Wissenschaft, von
seiner Kenschllchkelt. So gewann er meine ganze
Zuneigung, mein Herz, mein Vertrauen, mein ganzes Sein.
in ihrer
Ich lebte von seinen Besuchen und/^tesr Erwartimg. Einmal,
als wir zusammen beim Tee sassen, erschien plötzlich,
unangemeldet, seine Tochter Gertrud^, die einige Jahre
Jünger als ich war, aber mich immer durch ihre Weltweis-
heit beeindruckt hatte. Ich merkte, dass es Jagemann
peinlich war, seiner Tochter bei mir zu begegnen. An
128
diesem Nachmittag hörte ich Ihn die erste Unwahrheit aagen,
als er als
G-rund fillr seinen Besuch eine Unpäsalichkelt
meinerseits angab. Trudes Lächeln z;elgte mir, dass sie Ihre
Zweifel hatte, sie war aber taktvoll nicht welter nach
meinem angeblichen Leiden zu fragen. Jedoch kam sie nun
häufiger, ungebeten und unerwünscht , und gab vor sich nach
meinem Gesundheitszustand erkundigen zu wollen. Jagemann
schien sehr gereizt durch Gerti\ides Aufmerksamkeit und kam
nicht mehr so häufig. Nach einigen Wochen erschien er eines
Abends. Er erklärte, dass er dem Spionieren seiner Tochter
zu entgehen versuche und warnte mich vor Ihr. Er war be-
kümmert eine solche Tochter zu haben, machte Andeutungen
über Ihren schlechten Charakter und vor allem, dass er
Dich, Kax, vor Ihr zu beschützen trachte. Er erzählte mir
von Dir, von Deiner Mutter und versprach mich bei Euch
einzuführen. Er sprach von Dir mit mehr Liebe als er von
seinen eigenen Kindern sprach; Je, er gestand, dass Ihm
nichts Lieberes geschehen könnte als Dich zum Sohn zu
haben, dass er aber alles unternehmen würde, um eine
zukünftige Verbindung zwischen Dir und Gert rüde zu verhüten.
Er sagte, dass sie nur an sich dächte, für niemanden auch
nur das leiseste Empfinden habe, und Dich nur an sich
binden wolle, well Du ein Millionär seist. Dann gestand
129
er mir mit grosser echter Verzweiflung, dass Gertrude schon
als Junges Kind ein schreckliches Verbrechen zu begehen
versucht habe, nämlich einen Kord versuch an ihreren Jün-
geren Brddern, die sie Ins 'Nasser gelockt hatte. Man habe
nie es wirklich nachweisen können, dass es absichtlich
geschehen war, er habe versucht es zu verleugnen^ aber
nicht
es sei ihm xoi»/ gelungen • Sie verberge unter ihrer Maske
von unschuldiger Schönheit eine masslose Gier und völlige
Herzlosigkeit.Er war sc unglücklich, dass ich meine ge-
wöhnliche Zurückhaltung vergase und seine Hand nahm und
sie küsste. Ich v/äre so glücklich gewesen seine Tochter
zu sein. Das war mir nicht vergflnnt. An Jenem Abend wur-
de ich seine Geliebte. Mein Leben wurde nun von Leiden-
schaft und Liebe für ihn erfüllt. Ich wurde vorsichtig,
um ihn nicht zu verraten. Ich geisterte durch die Tage mit
ihren If lichten und Verpflichtungen und erwachte erst am
Abend zum eigentlichen Leben; denn ich lebte nur noch
ih ihm. Er konnte natürlich nicht Jeden Abend kommen,
sein Beruf, seine Familie, seine gesellschaftlichen Verpflich-
tungen erlaubten das nicht. Aber er kam doch so häufig, dass
Frau Müller mich mit mist raulscher Miene beobachtete und
hie und da warnende Worte fallen Hess. Das machte mir
keine Sorge; aber ich hatte das unheimliche Gefühl, dass
Gertrude wieder angefangen hatte zu spionieren, dass sie
sichtbar um mich herum war, bis ich entdeckte, dass sie
sich an Frau Müller herangemacht hatte ohne mein Wissen.
130
Ich fand sie eines Tspea In Frau Müllers Zimmer, wo die bei-
den zusammen Tee tranken. \xsckyä(ßnxk^ickaäxzc
icaäx
Ab «» ^i'w.uAi. 4»;«>:4» 4»:«m; «»:
:;c Ich weiss noch heute nicht was Gertrudes
Absichten waren, Frau Müller erzählte mir, dass sie sie
mit Frapen überschüttete und versuchte ,he raus zufinden, ob
und warum ihr Vater mich besuchte. Sie bot ihr sogar Geld
für diese Auskünfte an.
Jage mann hatte sich verändert; er x9axDC9d>c300c:)d»d:
pdockjdmÄsadfccgpc^dfeOTac wa r launisch geworden und oft nicht
berechenbar .Er machte Bemerkungen und Anspielungen, die
eine entsetzliche Elfersucht bezeugten und deren Bedeutung
mich tief verletzte. In einer solchen 3cene verlangte er
von mir, dass Ich Frau Müller wegschickte, da er ihre
sittlichen Grundsätze verdächtige. Er habe von seiner
Tochter erfahren, dass sie versucht habe, mich mit Jungen
I^nnem bekannt zu machen, um mich sowohl von Jagemann
zu trennen als auch sich einen guten Nebenverdienst zu
sichern. In seiner Elfersucht befangen zweifelte er
nicht einmal mehr an der Wahrheitsliebe seiner Tochter,
von der er selbst als Intrigantin gesprochen hatte. Er
hatte eine Unterredung mit Frau MÜller, die ihn aus Sorge
um mich wohl ungeschickterweise ersuchte , seine Besuche
einzustellen und andeutete, dass seine Frau von diesen
Besuchen benachrichtigt werden könnte. Jagemann antwortete
I t
131
Ihr In kaltem Ton, dasa sie es nicht wagen sollte etwas zu
unternehmen, was sie nur bedauern würde, da er etwas aus
Ihrer Verp-anfrenhelt wüsste, dessen Mitteilung ihren
Aufenthalt in Hamburg unmöglich machen würde. Ich hatte
keine Ahnung was diese Drohung bedeutete; ich war so
müde und so unglücklich, dass ich mich in mein Zimmer
einschloss und mich in den Schlaf weinte. Ich hasste
Frau Müller und beschloss Jagemanns Wunsch zu erfüllen
und sie wegzuschicken. Mein einziges Verlangen war die
alte Beziehung zu ihm wiederherzustellen, meine Sinne
verlangten mit Leidenschaft nach ihm, und mir erschien
Frau Müllers zukünftiges Geschick in jener Nacht völlig
unwichtig» Ich konnte nicht ahnen, dass ich mich unlös-
lich in Schuld verstrickt hatte. Ich kann noch heute
nicht ohne tiefste Erschütterung daran denken, dass nur
wenige Räume von mir entfernt ein menschliches v/esen,
dem ich mein Mitgefühl versagte, einen Verzweiflungs-
kampf völlig allein kämpfte, ein Gethsemane, dass in
einem Golgatha enden musste. Ein menschliches Wesen,
das mir tief ergeben war, und das durch meine Gleich-
gültigkeit sterben musste.
Man fand Frau Müller am nächsten Morgen tot auf
ihrem Bett liegen. Sie hatte sich mit Rattengift das
Leben genommen. Sie hatte einen Brief an mich hinter-
lassen, in dem sie erklärte warum sie nicht weiter •
leben könnte, Ihr Name war Therese Mühlhelmer, Sie
132
hatte al3 Junpe Krankensohweater auf meines Vaters Abtei-
lung gearbeitet, 31e war eine gute Schwester gewesen; sie
hatte meinen Vater sehr verehrt* Aber sie war Jung gewesen
und hatte den dringenden Liebeserklärungen eines Jungen
Arztes nleht wiederstehen können. Es war die alte Geschich-
te: sie war in gesegnete — welch seltsames Wortl — Umstände
gekommen^ hatte auf Heirat gehofft und war auf Kälte und
Unverständnis gestossen. Er war mit einem Mädchen aus
einer anderen Gesellschaftsklasse verlobt. Am Tage seiner
Hochzeit gebahr sie ein Kind in ihrem Zimmer im Kranken-
haus, Sie hatte durch ihre weite Schwesterntracht ihren
Zustand verbergen können* Allein im Zimmer und in ihrer
Angst und Verzweiflung, erstickte sie das Kind. Sie
vmrde auf dem Kinde liegend gefunden. Unter den Ärzten,
die mit meinem Vater zu ihr ins Zimmer kamen, war auch
Jagemann, sein damaliger Oberarzt. Er hatte sie sofort
wiedererkannt; ihre Tat hatte damals und auch heute
nichts für ihn bedeutet, aber er hatte sie wieder ins
Leben gerufen, um sie damit zu vernichten. Durch die
Fürsorge meines Vaters vfar sie damals nicht des Kindes-
mordes angeklagt worden, sondern nur der fahrlässigen
Tötung. Sie v/urde auf zwei Jahre ins Gefängnis geschickt.
Nach ihrer Entlassung hatte- sie in einem russischen Kloster
Zuflucht gefunden bis sie wieder fähig war zu arbeiten«
133
Endlich hatte sie eine Gtelerenhelt Ihre Dankbarkelt für
meines Vaters G-üte zu zelrren, seinem Kind alle die Treue,
Liebe und Ergebung zu wldme9,,dle sie dem eigenen nicht
geben konnte. Sie glaubte, dass sie damit Ihre Tat sühnen
konnte. Aber, so sagte sie als Letztes In Ihrem Brief,
Gott Hesse sich nicht betrügen; er wolle sie nun mit
dem. strafen, v/as für sie das Grauenhafteste und Uner-
tr^p-llchste sei. In dem er mich vor Ihren Auf^en verder-
ben lasse, well sie das Leben Ihres eigenen Kindes ver-
dorben hatte.
Das 'keltere welsst Du, mein Freund. Ich war durch
lange Zelt wie umnschtet; Ich wollte nicht leben, Ich
konnte die Schuld, die ich durch meine leidenschaftliche
Liebe zu Jagemann auf mich geladen hatte, nicht ertragen.
Aber allmählich wurde ich ruhiger und war schliesslich
bereit wieder in das Leben zu treten. Ich sah Jcgemann
noch ein einziges Mal. Er wollte sich mir hoffend und
liebevoll nähern - mein Herz schrie nach ihm, aber ich
schickte ihn fort - auf immer. Ob ich meine Schuld ver-
büsst habe — ich weiss os nicht. Du sollst aber wenigstens
Dich frei entschliessen, ob Du mit mir Dein Leben teilen
willst.
In Treue
Irene
134
Der zweite Brief
"Lieber Max, treuer Freund,
loh le£:e nun mein Herz und meine Seele In Deine Hände, mit
diesen Zellen, die alles sind was von mir geblieben Ist.
Max, lieber Max, verzeih mir, dass ich Dir den Schmerz
des Abschieds zufillge —vielleicht kannst Du mir verzeihen,
wenn Du daran denkst, dass Trennung von einander unumgäng-
lich ist, dass es nicht darauf ankommt, ob es heute oder
in 50 Jahren ist und nur, ob man das Wesen des geliebten
Menschen in sich aufgenommen hat. Ich möchte Dich trösten
und von Dir getröstet werden. Du bist der einzige Mensch,
der mich damit versöhnt, dass es ein Leben überhaupt
gibt, Warum denn kann ich nicht bei Dir bleiben und mit
Dir leben? Du musst mich verstehen, der Du meine Geschichte
kennst. Wir haben so viel und vertraulich miteinander
gesprochen, und Du kennst den besten Teil meiner Per-
sönlichkeit. Aber mit Dir würde auch der verworfenste
Mensch ein Stück göttlicher Natur zeigen, Was an mir
schlecht und verworfen ist, hast Du nie zu fühlen be-
kommen. Vielleicht auch hat es nur existiert als Spie-
gelbild eines anderen Menschen, der auf immer den
Stempel des Besitzes auf mich gedrückt hat. Denke an
Frau Müllers Worte, dass Sott sich nict betrügen Ifisst,
selbst wenn wir Menschen Erbarmen empfinden. Ich weiss
135
Du hast Erbarmen mit mir, aber ich finde nichts In Gott-
dle entsetzliche Schuld mussjif gesühnt werden* Ob es
Therese Müllers Tod -oder Irp.end ein Tod Ist- Ich muss
dafür büssen, und Ich könnte es nicht ertra{?"en von Neuem
durch Wochen und Monate entsetzlicher Gewissensqualen
zu leben. Ich hatte gehofft, dass Du mich retten könntest,
dass unsere Liebe, unser Vertrauen ein Bullwerk dagregen
sein würde — aber Ich weiss nun sicher, dass es diesen
Ausweg für mich nicht g-lbt. Ich kann Dein Leben nicht
zerstörenl Ich weiss, dass Ich Ja^-emanns Elgenttam bleiben
werde, Immer mit Ihm In Schuld und Sünde verbunden und
Immer, immer nach ihm verlangend.
Mein liebster, liebster Max, Du wärest bereit mich
sofrar unter dieser Bedingung zu lieben und zu stützen -
aber Ich bin nicht fähig mich selbst zu ertragen, dies
abgründige Schlechte in mir, das keine Erlösung duldet I
Ich kann die Hölle in mir nicht dulden — 'die Liebe aber
ist die Stärkste unter ihnen, * das ist mein Trost in
diesen letzten Augenblicken — Deine Liebe wird stark
sein und mir verzeihen. Du Guter, Du Lieber, leb wohl.
Ich nehme Dein Bild mit mir. Dein Lächeln, Deine Grossmut.
Adieu
Irene "
f I
IV
136
Günther sass am Fenster und schaute auf den ver-
schneiten stillen Platz hinaus. Er hielt die Briefe,
die er gelesen hatte, in seiner Hand, er hatte seit
Stunden so gesessen, fast ohne sich zu bewegen. Nach
dem ersten fast wilden Gefühl von Abscheu, Empörung,
Zorn und einem Sosct körperlichen Widerwillen, war all-
m
öhlich eine Reaktion eingetreten. Er hatte nun keinerlei
Empfinden mehr, er konnte aber auch nicht denken. 3o
sass er und beobachtete den Lichtschein, der von der
Gaslaterne über den Schnee fiel, sah die wenigen Fuss-
gänger eilirst den Platz überschreiten, hörte das Geläute
eines verspäteten Pferdeschlittens, und folgte mit den
Augen einer kleinen schwarzen Katze, die vorsichtig und
lautlos in den alten Pusstapfen der Pussgänger einherschlich.
137
Lengsam erlÖschten die Laternen, Es wurde kalt im Zimmer,
so dass er aufstehen musste, um das Kaminfeuer v^ieder an-
zufachen und Holzscheite darauf zu werfen. Diese Bewegung
die Steifheit
tat Ihm gut, löste /^öcxxxxxxKÄ seines ganzen Körpers und
vor allem der Finger, die die Briefe umklammert hielten.
Er schaute auf die Briefe, legte sie auf den Tisch
und durchquerte einire Male das Zimmer und merkte, dass
er zu denken begann. Er dachte zunächst an Irene, deren
Selbstmord ihm unp-eheuerlich erschien, fremd, unver-
ständlich und abstossend. Dabei aber sagte etwas in ihm,
dass er sich umbringen würde, v;enn Irenes Brief die Wahr-
heit enthielte, die Wahrheit über Gertrude, Er könnte es
nicht ertragen , wenn seine Geliebte wirklich ein so bös-
artiges Geschöpf sei wie Irene sie schilderte, Gertrude
wäre iscKH Ja an Frau Müllers und damit auch an Irenes
Tod schuld — wenn Irene Recht hätte. Irene konnte
nicht Recht haben. Es konnte nicht sein — hatte sie
doch auch in ihrer 3chv;ermut behauptet, dass sie Frau
Müller umgebracht hätte; durch Wochen hatte sie das
behauptet, und es hatte sehr lange gedauert, bis sie
wieder aus dem Sanatorium entlassen werden konnte. War
es denn nicht möglich — Ja sogar wahrscheinlich — dass
ihr Bekenntnis, das Professor Jagemann und Gertrude
in abstossend-unmoralische Beziehungen und Taten ver-
wickelte, auf krankhafter Einbildung beruhte? Wenn sie
I I
138
einmal In ihrer Umnachtung sich mit völlig haltlosen Selbst-
vorwürfen durch viele Wochen quälen konnte, so musste man
annehmen, dass die Anklagenrepen andere g-enau so haltlos
und krankhaft waren. Diese Schlussfolperung schien Günther
überzeugend, und er war nun willens weiter zu denken. Aber
er war so müde, dass er plötzlich auf dem Sessel sitzend
einschlief. Er sah die schwarze Katze lautlos
geister-
haft über den Schnee schleichen; unter der Laterne sass
ein kleiner Vogel. Er hatte seine Federn aufgeplustert
und hielt das Köpfchen auf die Brust geneigt und schlief.
Langsam fielen Schneeflocken auf ihn hinunter. Die Katze
ma
chte plötzlich einen Sprung und packte den Vogel mit
Fiaul und Klauen; sie zerblss und zerrlss ihn, Sie drehte
ihren Kopf nach Günthers Fenster zu, und Günther sah,
dass die Katze ihn mit Gertrudes Augen anblickte. Dann
hörte er einen schrillen Todesschrei,
Günther erwachte,; seine Stirn war auf die Fenster-
bank gefallen,- und er hatte dadurch eine kleine Schale,
die einige Rosen enthielt, heruntergeworfen. Die Schale
lag in Scherben, und die Rosen waren entblättert. Er
musste ein Gefühl des Ekels, den der Traum verursacht
hatte, bekämpfen, trotzdem war er ruhiger und gefasster
als vorher. Er fragte sich, wie es möglich war, dass Max die
Hirngespinste einer
139
Kranken ;-lauben konnte. Er hatte doch Japemann gut gekannt,
seine Mutter war mit Ihm befreundet gewesen. Wäre Jagemann
ein Mensch wie Ihn Irene darstellte, so raössteii auch andere
betrafen im
Gerüchte, die seine Sittenlosigkeit/ Umlauf sein. Aber so viel er wusste
hatte man nie irgendetwas Anrüchiges illber Ihn gehört, nur
Immer Gutes, Bewundernswertes; niemand hatte Je eine ab-
trägliche Bemerkung üb^r Ihn gemacht. So viel du welsst,
sagte eine kaum hörbare Stimme In Günthers Innerem. Er
brachte die Stimme zum Schwelgen, indem er sich Jagemanns
ernste, vergeistigte Züge ins Gedächtnis rief. Er dachte
an die Stille, die ihn umgab, an die Ehrlichkeit und
Direktheit, mit der er Günther begegnet war. Er konnte
heimlichen
nicht zugeben, dass dieser Mann i»ixi±KVLeid.en3chaften
nachgab. Er liebte Gertrude, und da er sie liebte, rau3<^te
>
sie gut sein. Er weigerte sich zu erkennen, dass er die-
selbe Beweisführung anwandte wi« Max, dem er vorwarf, dass
zu Irene
er durch seine Liebe/geblendet glaubte, dacs ihre Be-
schuldigungen wahr seien. Schliesslich gelang es ihm, sich
einzureden, dass Jagemanns Veränderung und sein plötzlicher Entschluss
nach Afrika zu gehen, nichts mit der Nachricht von Irenes
Selbstmord zu tun hatten und nur zufällig zeltlich zusam-
menfielen.
Es dämmerte schon, als er sich endlich niederlegte
und mit dem Vorsatz einschlief, dem Freund rücksichtsvoll
aber doch unweigerlich mitzuteilen, dass er Irenes Geschichte
IV
140
für die Hirngespinste einer Gemütskranken hielt, dass er
aber verstünde, dass Max, der sie liebte, ihr glauben
müsse, und dass er deswegen sein Haus auf immer verlassen
müsste, wenn er ihn nicht zu seiner eigenen Ansicht
her aberziehen könnte .
141
Max 3ass lanpe unbeweglich, den Kopf In die Hände ver-
graben, vor seinem Schreibtisch, Nach der errettenden Scene
mit Günther war er recht erschöpft. Er fühlte, dass er
zu einer Entscheidung gezwunp-en war, und dass er nicht
imstande war sie zu machen. Es war unvermeidlich, dass die
neubelebte Freundschaft mit Günther eine weitere Belastung
nicht tragen würde. Er bedauerte schon aufs Tiefste, dass
er ihm die zwei Briefe von Irene gegeben hatte; er hatte
sie nie Jemandem gezeigt. Es konnte nichts Gutes dabei
herauskommen — wie hatte er so impulsiv handeln können?
Er vmrde sich bewusst, dass Günthers Besuch, Günthers
Freundschaft 2u ersehnt und begehrt waren, dass er zu
heftig und unklug gehandelt hatte. Mit ungewöhnlicher
Klarheit erkannte er den Grund dieses so ungestümen
Bedürfnisses: Günther hatte Irene und seine Knabenjahre
bedeutet, seine erste und seine letzte Liebe. Er schSmte
sich, dass er nicht eigentlich um den Freund geworben
ha tte^ sondern um Irene, oder vielmehr hatte er versucht
Kämpfer
in Günther e ine n/ÄSstetaar für Irene zu werben. Er hatte,
oline es zu wollen, ihm ein Leid angetan. Aber der Freund
war in Gefahr, selbst wenn es sich nicht um Irene handelte,
niemand wusste besser als Hax, was Günthers Schicksal sein
v;Ürde, wenn er Gertr^de heiratet-^ --oder sie ihn. Er nahm
Päckchen
aus der Schreibtischlade ein«» i^susiPSiA Briefe, sie waren
-142-
In Gertrudea grosser höhnischer Hand j'e schrieben. Er
fragte sich fast verwundert, warum er sie aufbewahrt hatte.
Hatte er auf diesen Auf^enbllck £:ewartet, wo er sie dem
Freund triumphierend zelp$n kennte? Triumphierend über was?—
seine ^
über Günthers Elend und/Nie d«^ag:e. Er wusste was In den
Briefen stand; es waren Immer neue Versuche Max zu gewinn en,
Max zu betören. Gertrude versuchte Jedes Mittel, sie war
völlig schamlos In ihrem Begehren, Sie war cynlsch und
sittenlos und nahm kein Nein, in welcher Form auch immer
es gegeben v;ar, ornst. Sie hate allerdings nie erwähnt, dass
sie mit G-iünther verlobt war, das hielt sie geheim und hatte
Ja auch Günther davon überzeugt, dass er es geheim halten
raüsste. Sie machte sich jedoch über ihn von Zelt zu Zeit
in ihren Briefen an Max lustig, ohne Rücksicht auf Maxens
Freundschaft mit Günther. Sie beschrieb seine unglaub-
liche Naivität und Ungeschicklichkeit, seine Bravheit,
»
Vertrauensseligkeit und Narretei, und schilderte andere
Verehrer, deren Vorzüge sie in Einzelheiten aufzählte,
wobei sie manohmsl so gegen jedem Anstand verstiess.
x±:^Kxx^^QeKHk:y Anscheinend hoffte sie duroh diese Briefe
Max zu erregen, seine Neugierde und Eifersucht zu entfachen
xx3bOsxxx:kxJCKX3^K^xx}(t)^XK]^^ sich vor ihm zu entblössen.
Max hatte kaum Je geantwortet; endlich teilte er ihr
mit, dass er anden>rärts gebunden sei, dass es sinnlos
sei ihm zu schreiben, auf ihn zu hoffen. Sie glaubte ihm
% i
-143-
nlcht, bis er ihr Irenes Namen nennte, dann wurde sie auf
einmal vernünftig In Ihren Briefen, sachlich und freund-
lich und schien sich für alles, was Irene betraf, zu Inte-
ressleren. Das war natürlich bevor Max von Gertruden Rolle
In Irenes Tragödie wusste. Die Hamburger Zeitungen
?«38 mussten wohl die Nachricht von Irenes Tod gebracht
haben, denn einige Wochen später kern ein Condolenzbrlef
von Gertrude, den er nur formell beantwortete; und dann
kam sehr bald ein neuerlicher Versuch Max zu gewinnen.
Der Brief war voller Sympathie für Ihn, aber er enthielt
Anspielungen auf die Vergangenheit, auf Irenes Beziehung
zu Gertrudes Vater und ihre Versicherung, dass Professor
Jagemann die Zeitungsnachricht gelesen habe und sicher
mit l'lax fühle; Jedenfalls sei er sehr verändert und habe
für niemanden weder ein gutes noch ein böses vVort mehr.
Max konnte wohl raten, wer die Zeitungsnachricht dem
Professor vor Augen gebracht hatte. Obgleich noch weitere
Briefe kamen, hatte sie ihm nichts von ihres Vaters Reise
nach Afrika mitgeteilt, nichts von ihrer nun^^der Familie
-^weniH?s4-«Tm bekannten Verlobung mit Günther, über den sie
nur wenige und wegwerfende Bemerkungen machte. Sie bat
nun um Maxens Freundschaft, um Antwort auf ihre Briefe.
Max antwortete ihr nicht. Nun stand er vor der Entschei-
dung, ob er dem Freund diese Briefe zeigen sollte. Er
war
144
4J.
ZU müde, um zu einem Entschluss zu kommen. Er wollte
abwarten, wie Günthers sich zu Irenes Briefen verhalten
würde, wollte es davon abhängig machen, ob er bereit sei
die Wahrheit zu sehen — konnte er sie nicht in Irenes
Briefen erkennen, so mSsste vielleicht ein stärkeres
Mittel angewandt werden um eine Erschütterung herbeizu-
führen. Er konnte den Freund nicht blind in sein
Verdorben gehen lassen.
iw».. v. .•«« -
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Äteft t;
ans Bett brachte, gab er Anweisung seine Koffer zu packen.
Er war grade mit Ankleiden fertig, als Max an seine Tür
klopfte. Er betrat das Zimmer mit zögernder, fragender
Miene. Die Freunde standen einander verlegen gegenüber.
**Warum willst Du uns schon so rasch verlassen?" - fragte
Max. "Muss wirklich unsere Freundschaft zugrunde gehen, weil
Du die Wahrheit nicht ertragen kannst?'*
Günther hatte noch nicht Zeit gehabt zu antworten, als
Max schon die beiden Briefe, die auf dem Tisch lagen, nahm
und sie in die Brusttasche seines Rockes steckte. Günther
sagte mit einer Steifheit, die all seinen guten Vorsätzen
zuwiderlief:
"Ich kann in einem Haus nicht bleiben, wie Du verstehen
w
irst, wo die Ehre meiner Braut und meines künftigen Schwie-
ge
rvafcers verletzt worden ist. Ich wörde mich mit Dir
duellieren, wenn ich nicht in Rechnung setzte, dass Du
noch immer im Zustand der Trauer um Deine Braut bist. Ich
bin sicher, dass, wenn Du diese Tragödie völlig überwunden
146
h-^
hast
ixJcxxxx*x3CX3j; Du einsehen wirst, daas die Anschuldigungen
und Anklagen einem kranken. Ja umnachteten Geist entsprungen
sind, dass sie die Einbildungen einer Gemütskranken waren,
die schon früher einmal solche falschen Anklagen,
»;s-:'f.<fL<l <
aber pepen sich selbst, gemaoht hattec^ Ich werde nicht
welter an diese traurigen Dlnpe denken, sondern nur daran,
dass Du gelitten hast, und Ich verspreche Dir, dass wenn
Du bereit sein wirst, Deinen Irrtum einzusehen. Ich wieder
Dein Freund sein werde."
So muss es wohl sein," sagte Max traurig, "ein Schatten
kann sich nicht verteidigen, und Ich bin MtÄflotot»« nicht
stark genug, dem Schatten so viel Kraft zu geben, dass er
lebendig wird und Elnfluss auf die Lebenden bekommt. Leb
wohl, Günther," und mit leiser verzweifelter Stimme fügte
er hinzu, "könnte ich Dich nur vor Deinem Geschick retten."
beim Herausgehen
Er wandte sich rasch um, aber hörte noch /Günthers
Worte, "ich muss — wie Du den Deinen — meiner Liebe treu
bleiben, ich habe es nicht nur Trade, sondern Grott geschwo-
ren,." aax9ae©DdciBC3ffli!k>c3üöo^
In seiner Bibliothek am Schreibtisch sitzend HÄhlit
aus der Lade;
Max Gert rüdes Briefe ^Z3a:i2zz}22ä3e2^; er wog sie in docDc seiner
Hand und dachte dabei an Günthers Schicksal; dann warf
er sie mit einer raschen, ungeduldi^r^en Bewegung in das
hell-lodernde Kaminfeuer.
/
-1^
Salomeas Kreik
Nach der Beerdigung in Rom reisten der Aasesor und
die Zwillinge sofort zurQck« Behrens und Qtfnther beschlossen t
in Rom zu bleiben -- oder zumindest in Italien; beiden
achien eine so baldige Rückkehr nach Hamburg unmZfglich
obgleich aus sehr verschiedenen Orönden. Behrens fürchtete
die Leere und Einsamkeit, die Jagemanns Tod in seinem
* .
beruflichen als auch perslfnlichen Leben notwendigerweise
mit sich bringen muaste, auch wollte er Entscheidungen
seine Zukunft betreffend nicht unter dem Eindruck dieses
Verlustes machen, wollte Familie und Freunde in Rom sehen
und sich mit den Folgen einer möglichen beruflichen
Uebersiedlung nach Italien vertrattt machen^ Bei Günther
war es ein Gefifhl von Angst, das ihn zurSckhielt. Er
hatte Angst Gertrude wieder zu sehen, Angst vor seinen
Gefühlen, Angst vor ihrer Reaktion. Am grSssten aber war
die Angst, die Wahrheit herauszufinden; eine Wahrheit, die
er ja langst wusste, die nur die Beatfitigung seines
bewussten Denkens bencftigte, sozusagen seiner Einwirkung,
den Schmerz zuzulassen und zu ertragen, um Wirklichkeit
zu werden e Die Nachte, in denen er sich über seine Frau
und vor allem über ihre Beziehung zu Wolf klar war, waren
viele gewesen« In TrSumen hatte er die Bitternis ihres
Betruges erlebt -- aber am Morgen waren die Gespenster
verschwunden, oder schienen weit fort hinter den Nebel,
-2-
\\
der gewZJhnlich die Strassen Hamburgß undurchsichtig
machte, gedrangt zu sein* In der feuchten Kalte, die so-
gar in seinen geschlossenen Wagen drang, flihltc er ihren
Kuss auf seinen Lippen noch so warm und so viel versprechend;
und ihr schlaftrunkenes Gesicht schien ihm so kindlich
und unschuldig wie das seines kleinen Sohns. In seinem
Bureau nahmen seine Geschäftsinteressen ihn dann vSllig
in Anspruch. Er hatte sich nie Gelegenheit gegeben, seine
Nachtgedanken bei Tag zu untersuchen; aber er wusste, dass
er sich so sehr von Gesellschaft und intimeren
Beziehungen zurückhielt, weil er es verzog, blind und taub
zu sein. Nun brauchte er Zeit. Er wollte Zerstreuung,
jir wollte nicht allein sein. Er hatte sich ja diese
Wochen frei gemacht, um mit Jagemann zu sein; jetzt konnte
er, unbesorgt um die Folgen dieser Freiheit, von seinem
Geschäft fortbleiben und sich von Behrens, mit Menschen
bekannt machen lassen, die mit keinem Zuge an Gertrude
oder Hamburg erinnerten. Er musste nicht an Gertrude
denken. Er konnte ein neues Stück Leben kennen lernen,
bevor er seine alte Wirklichkeit erwggen und beurteilen
musste.
Salomea hat schon bei ihrem ersten Zusammen-
treffen einen reichen und tiefen Eindruck gemacht. Er
fragte sich später, was es war, dass dieses Gefühl von
•3-
innerem Reichtum gab. Sie war ke neawega eine Schönheit
zu nennen. Ihre Züge waren eher unrege Imassig, die Nase
etwas zu schwer, der Mund gross mit voller Unterlippe
unter der achmaleren geschwuntigenen Oberlippe. Eine hohe,
von kastanienbraunen Haaren umgebene Stirn und dunkle
Augenbrauen liber groaaange legten mandelförmigen goldenen
Augen. Sie war klein und zierlich und hielt sich aehr
gerade, so daaa aie gröaaer wirkte als sie war. Sie hatte
einen elfenbeinfarbenen Teint ohne auch nur eine Spur von
roaiger Farbe, auf die die meisten Mädchen und Frauen
seiner Bekanntachaf t stolz waren. Sie war einfach und
dunlcel gekleidet, und soweit er sehen konnte, trug sie
keinen Schmuck ; am vierten Finger der rechten Hand, die
sie ohne Handschuh ihm entgegengestreckt hatte, sah er
zwei einfache goldene Reifen übereinander; sie war eine
Witwe. Sie schien sehr viel junger als Behrens, wahr-
scheinlich Mitte Zwanzig, aber sie machte den Eindruck
eines völlig gereiften, so noch recht jungendlichen
Menschen. Als er sich ihre Erscheinung so untersuchend
wieder vor Augen führte, kam Günther zur Entscheidung,
dasa ea ihre goldenen Augen waren, die die Voratellung
von Märchen und Träumen hervtrzaabcrten. Schon am ersten
Tag ihrer Begegnung, ala er und Behrena mit ihr dem
Sonnenuntergang auf der Via Appia zuaahen und aie nur vor*
-X
-4-
Zelt zu Zeit eine Bemerkung machte, die Behrens zu
historischen und kunstkrit Ischen Ausfuhrungen anregte,
sonst aber schweigsam war, und als sie ihn nachher wie
selbstverständlich mit Behrens zusammen in ihre Wohnung
zum Abendessen aufforderte, ganz als gehöre er schon dazu
~ fühlte er sich zu dieser Frau hingezogen, die wie
Behrens vorher, ein lang vergessenes Gefiihl von Warme und
Vertrautsein, aber auch Vergessen, in ihm erweckte.
Am Ende ihres S^przterganges forderte Salomea /
ihren Vetter und Günther auf, mit ihr nach Hause zu kommen.
Sie könne zwar , meinte sie, kein grossartiges Mahl den
beiden vorsetzen, aber wenn sie mit einfacher Kost vorlieb-
nehmen wollten, so seien 8±e ihr sehr willkommen. Sie
hatte in der Nahe der Spanischen Treppe, im 2. Stock eines
alten Hauses mit ihrem Vater zusammen eine Wohnung, die
selbst am Abend hell und freundlich erschien. Der alte Mann,
dem Günther vorgestellt wurde, sprach ein fliessendes, ja
sogar schönes Deutsch. Er sah ehrwürdig aus mit seinem
weissen Haar und langem, dichtem Bart. Es stellte sich
heraus, dass er zwar zum Rabbiner bestimmt gewesen und auch
die Rabblnatschule absolviert hatte, dann aber zum Studium
der Philosophie, Sanscrit und vergleichender Sprachwissen-
schaft ifbergetreten war, wobei er «ich einen bedeutenden
Namen aber kein Vermögen erworben hatte. Er lebte von
II
-5-
einer kleinen Pension und seine Tochter unterichtete
Sprachen in einer Madchenschule. Ein wesentlicher
Charakterzag ihrer Wohnung war eine Harmonie, die auf
das Ueber einstimmen beider Menschen in ihrem Lebenstil
hindeutete* Bücher und Bilder schienen das Wohnzimmer
zu füllen; dazu einige Vasen mit Blumen, deren Frische und
Farbe von liebevoller Pflege zeugte. Professor Gabriele
Morini unterhielt seine Gäste während Saloraea die Vor«
bereitungen zum Abendbrot machte* Er liess sich von
Behrens über seine Tätigkeit in Rom berichten, und sprach
sein Beileid aus, als er von Jagemanns Tod hSrte. Er hatte
den Verstorbenen auf einem seiner Besuche in Hamburg
kennen gelernt, als er an einer fieberhaften Erkrankung
litt und Behrens darauf bestand, den älteren Arzt als
Konailariua zuzuziehen. Während er seinem Bedauern Ausdruck
gab, trat ein junger Mann ins Zimmer, der anscheinend ein
vertrauter Freund war. Jedenfalls wurde sein Eintreten
nicht besonders beachtet, er vurde Günther als Giovanni
Barreate vorgestellt. Was sein Beruf war konnte Günther
nicht erraten. Er hatte ein langes hageres dunkles Gesicht
mit einer Adlernase und sehr dunklen tiefliegenden Augen.
Seine hohe Stirn war von einer Menge fast buschigem Haar
umgeben, wozu ein etwa^chtltterer kleiner Spitzbart einen
merkwürdigen Gegensatz bildete. Günther vielen die kleinen
ITi
so-
sehr weissen Hände auf, die in standiger nervöser Unruhe
waren, am Bart zupften, tiber die Stirn strichen oder
auch einfach gefaltet und wieder entfaltet wurden. Das
Gesicht dagegen blieb fast unbeweglich, nur die Augen
schienen voller Leben zu glühen. Beim Essen, an dem auch
Signor Barreste teilnahm, befragte Professor Morini
Günther nach seinen Reisen, besonders nach seinen Eindri3cken
von Amerika. Die herzliche Atmosphere, der Wein, Salomeas
Ftirsorge hatten ihre Wirkung auf Günther. Er fühlte sich
frei und weniger gehemmt als sonst. Er erzahlte von New
York und Boston, von Oper und Theater, von all dem, was
för ihn den Unterschied zwischen Hamburg und Amerika aus-
machte. **Und,'' frage Barreate, "was für einen Eindruck
haben Sie von den Arbeitsverhaltnissen, den'Sweatshops*
den wirtschaftlichen Unruhen bekommen?'^ Jetzt erst wurde
Günther gewahr, dass die anderen seinem Bericht schweigend
und wie verwundert zugehSrt hatten, ohne ihn nach den
ersten Fragen zu unterbrechen. Er merkte, dass Behrens
bei der aggressiven Bemerkung Barreates etwas verlegen
schaute und Salomea leicht errötete. Der Professor sagte:
''Giovanni, was für Fragen — woher sollte Herr Hoyk solche
Auskünfte geben können. Ich bin sicher, dass er nicht
weiss worüber Sie sprechen'' d/ann begann er Günther aus-»
einanderzusetzen, dass Barreste ein grosses Interesse an
•7-
der Arbeiterbewegung hatte und natSrlich hoffte von einem
Augenzeugen ober die maerikanischen VerhKltnißse etwas zu
hören. Die schrecklichen Bedingungen, unter denen die
Arbeiter drüben Lebten, seien wohl auch Günther zu Ohren --
wenn auch nicht zu Gesicht -- gekommen. Man müsste
naturlich hoffen, dase bald eine Aenderung zum Besseren
einträte, wenn eine gewaltsame Umänderung vermieden werden
sollte. AllmÄilich hatten sie noch einige Freunde ein-
gefunden. Es schien Günther, als ob dieser Abend, der ihm
etwas so Einzigartiges schien, den anderen ganz gewohnlich
war. Sie waren alle bei Salomea und Morini zuhause, kannten
einander und führten Gespräche fort, die sie anscheinend
erst vor kurzem abgebrochen hatten. Unter diesen Gästen
.:!>.
^.r
v.{\.
war auch eine junge Frau von zwergraassigem Wuchs. Ihr
Korper, der unschön und schwer war, ruhte auf kurzen Beinen
Die ganze Person reichte gerade etx^as über den Tisch heraus
She hatte einen sehr grossen Kopf, mit schonen, klugen
braunen Augen und regelmässigen Zügen und einer I oben
Frisur, die sie etwas grosser erscheinen lassen sollte.
Sie wurde ihm als Rebecka vorgestellt. Ihren Familiennamen
verstand er nicht. Rebecka war Lehrerin, unterrichtete
aber in einer Volkschule in Deutschland und war nur während
der Osterferien in Rom, um Salomea zu besuchen. Es stellte
sich heraus dass sie aus Hamburg kam, wo sie in einem
• 8-
Waisenhaus aufgewachsen war. So merkwürdig ea auch war,
diese groteske Person unterrichtete nicht etwa Madchen,
sondern Jungens, besonders solche Jugendlichen, die schwer
ersiehbar waren. Es wurden Probleme besprochen, die
GHnther so völlig fremd waren, dass er wie gebannt zuhörte.
Man sprach Deutsch oder auch Englisch und obgleich man
bald genug herausgefunden hatte, dass er nichts zu diesen
Themen beitragen konnte, liess man es nicht einen Augenblick
an Höflichkeit fehlen, indem man in das allen vertraute
Italieniech verfiel. Sie schienen ihn nicht besonders zu
beachten, liessen ihn aber auf diese Weise in ihrer
Diskussion teilnehmen. Es schien ihm, dass Barreste eine
besondere Stellung in dieser Gruppe einnahm. Er sprach
viel und leidenschaftlich und, wie es Günther erschien,
eher zornig. Ganz unvorhergesehen fing er plötzlich an
auf die Juden zu schimpfen und behauptete, dass sie an all
dem Elend der Arbeiter und der Brutalitat und Unmenschlich-
keit des Kapitalismus Schuld seien. Günther konnte sein
Entsetzen ob dieser Taktlosigkeit kaum verbergen. Zu seinem
Erstaunen, schienen die anderen diesen Ausbruch nicht ganz
ernst zu nehmen und bevor ihr Vater etwas sagen konnte,
sagte Salomea wie erklärend und wohl als ob sie über ein
unartiges Kind spräche '^Giovanni meint diese Dinge nicht
wirklich, er hat sich darüber gekrankt, dass Max seinen
«9-
es
Plan abgelehnt hat und ihm das Geld nicht geben will/'
"l-Iax" griff Morinl diese Bemerkung auf "ist viel zu
gescheit, um sich auf solche Extravaganzen einzulassen.
Er ist inuner bereit zu helfen, aber sicher nicht wenn
sich um Gewalttätigkeit, was auch immer die Ziele sein
rab'gen, handelt. Max hat noch nie jemanden im Stick gelassen/ h,
— aber was Sie vorhaben, Giovanni, ist einfach grocesk."
Das wollen wir gleich sehen" antwortete dieser und sich
an den erstaunten Günther wendend fuhr er fort: "Sie
Signore Hoyk, sind kein Jude, Sie sind aber ein Millionär,
sie haben grossen industriellen Besitz in Amerika —
mit anderen Worten, es muss in Ihrem Interesse sein, wenn
Ihr stärkster Konkurrent Scuvierigkciten in der Produktion
tr
?
hat; wenn Sie in uns eine gewisse Summe investieren,
werden wir für solche Schwierigkeiten wie Strike oder / ^ n"^^ ''-t
****' .......1 "* t
Explosionen sorgen. Was sagen Sie dazu? Ist das nicht
ein genialer Plan? Sie helfen uns, wir helfen Ihnen —
eine bessere Kapitalsanlage kann es fHr Sie doch nicht
geben. Der jüdische Kapitalist hat natürlich moralische
Skrupel -- aber Sie würden sogar für Ihren christlichen
Glauben etwas tun, wenn Sie einen jüdischen Konkurrenten
von uns in die Luft sprengen lieseenl" Günther fühlte sich
geniert, da er so plötzlich der Gegenstand von Giovannis
bitterem Humor geworden war; er versuchte, sich dieser
• 10«
Aufmerksamlcclten dadurch zu erwehren, dass er sein völlig
steifes, undurchdringliches GcaclJfftsgesicht aufsetzte
und tat, als ob er die Anzüglichkeiten nicht verstanden
habe. Der Name ''Max'* hatte in ihm eine innere Unruhe
ausgelöst. Er wandte sich an Saloraea mit der Frage, ob
jener Max, vielleicht Max Lilienfeld sei. Dies wurde
bestätigt und man wollte wissen, woher ihm der Name bekannt
sei. "Er war ein Freund von mir; ging ein paar Jahre
mit mir zur Schule. Wir waren einander sehr nahe, sind
aber auseinander gekommen'* erwiderte er, '*ich habe ihn
seit meinem ersten Besuch in den Staaten nicht mehr
gesehen." "Ein Freund und auseinandergekommen" wieder-
holte Mörini 'Vie seltsam — das hört sich so gar nicht
nach Max an. Max halt an allem fest, an dem er einmal
ein Interesse gewonnen hat, wie auch an jedem Besitz,
geistig wie materiell. Ich habe noch nie gehört, dass er
je eine Freundschaft abgebrochen oder irgend eine Beziehung
aus den Augen verloren habe; diejenige zu Ihnen muas
wohl eine Ausnahme gewesen sein. Wir, die wir hier bei-
sammen sind, selbst Signor Barreste obgleich er heute so
wenig schmeichelhaft über ihn sich ausgelassen hat, sind
Max sehr verbunden, ja w^ir konnten wohl sagen, dass wir
ihn lieben und trotz aller Gegensätze in sozialen Ver-
haltnissen, Weltanschauungen und politischen Glaubens*
-11-
o
bekenntniflsen gehört er zu unserer Welt. Zu meiner besonders,
weil er begabtester Schüler gewesen ist und nun nicht nur
mein Kollege sondern oft auch mein Lehrer sein kann.
Max ist, abgesehen von seinen grossen Talenten, ein
seltenes Gemisch von Vernunft und Treue -- seine Be-
ziehungen haben schwere Belastungen aus gehalten/' ''Mein
Vater'' sagte Salomea lächelnd '*ist immer bereit für Max
eine Rede zu halten -- aber er hat recht, wir lieben ihn
alle und was eher wunderlich ist, ist, dass er uns liebt.
Als ich ein kleines Madchen war, war Max mein Held, ich
war in ihn verliebt." "Wer war das nicht?'* sagte Rebekka
und sah mit traurigen Augen zu Salomea hinüber. "Er hat
Euch alle gekauft" warf Giovanni ein, dann aber fügte er
hinzu: "trotzdem er mir meinen Plan nicht finanzieren will,
muss ich zugeben, dass die Welt um vieles unglücklicher
und armer ohne ihn wäre. Basta. Lasst uns über wichtigere
Dinge sprechen I"
Behrens und Günther verabschiedeten sich und
gingen zu ihrem Hotel. Günther was erregt und gequält.
Haxens Persönlichkeit war ihm so lebhaft wieder vor Augen
geführt worden und hatte damit auch alle die schmerzhaften
Probleme, die er von sich geschoben hatte, wieder herauf-
beschwören, so dass er nur mit Mühe seine düstere Stimmung
-L2-.
verbergen konnte. Nachdem sie eine Weile schwelgend neben-
einander hergegangen waren, fragte Günther den Doktor aus
seinen Gedanken heraus, ob auch er Max gekannt habe,
Behrens bejahte diese Frage und fügte hinzu, dass er Max
in Afrika, als dieser Jagemann besuchte, kennen gelernt habe
'»Max hat Jagemann besucht!'' rief Günther aus und blieb un-
willkürlich stehen ''aber das ist doch unmöglich. Das muss
doch nach . • . /' er wollte, nach Irenes Tod sagen, unterbrach
sich aber. Behrens sagte es für ihn "nach Irenes Tod. Mir
ist die Geschichte bekannt." "Aber, um Gotteswillen, wie
ist das möglich. Er hat Jagemann gehasst." "Nicht genug,
um ihm die Bitte, zu ihm zu kommen abzuschlagen. Jagemann
wandte sich in seiner Verzweiflung an ihti und Max blieb
sich selbst treu — und kam." "Das muss doch gewesen sein,
nachdem ich ihn besucht hatte — nachdem unsere Freundschaft
an seinem Haas und seinen Beschuldigungen zerbrach!" "Ich
würde nicht so sicher sein, dass Maxens Freundschaft zer-
brochen ist. Nein — er wird Sie wohl verstanden haben,
was auch immer Sie veranlasst haben mag, von Ihrer Seite
her den Abbruch herbeizuführen." Günther konnte nicht mehr
an sich halten, er begann Behrens zu erklaren, warum er
damals sich von Max trennen musste und er wiederholte mehr-
mals, dass er nun sicher sei, dass seine damalige Auslegung
^13-
der Angelegenheit richtig gewesen sein miisse — sonst hatte
Max Jagemanna Bitten nicht nachgeben kSnnen. Behrens
achiittelte den Kopf, schwieg eine Weile und sagte in gewohn-
lichem Gesprächs ton: ''Sie haben ganz Unrecht. Es hat
sich alles so zugetragen^ wie Max Ihnen es erzatilt hat.
Vielleicht hatte ein anderer Mensch seinen Hass behalten,
vielleicht Rache genommen und sich an dem Leiden seines
Gegners ergötzt, ja zu dem Leiden beigetragen, indem er
dessen Bitte um Hilfe abschlug und ihn auch noch demutigte.
Das wäre eben nicht Max gewesen, Max ist kein Wilder.
Max ist ein Kulturmensch. Er wusste, was geschehen war.
Er wusste auch, dass Irene nicht wieder zum Leben erstehen
konnte, ob ar sich auch noch so rächte. Er liebte Irene.
Aber Jagemann hatte Irene auch geliebt -- leidenschaftlich
geliebt. Max wusste, dass ein Mensch aus leidenschaftlicher
Liebe für einem anderen Menschen, eine Frau, einen Freund
oder sogar eine Sache Dinge begehen kann, die ihm sonst fremd
sind." ''Max muss ein Heiliger sein, ein Apostel" rief
Günther aus. "Durchaus nicht; er ist ein Realist, Er
musste nicht erst blind werden, um sehen zu lernen -- wie
Paulus, Sie, mein Guter, sind ein Romantiker; Sie sehen
nur ihre TrSume, Ihre blaue Blume -- Ihre Leidenschaft macht
Sie ebenso blind, wie Barreste blind ist und daher sind Sie
'k
-u-
?
, i^„ J^t'i.
(i
</5
I
/
ebensowenig wie er — oder wie es Jagemann war •- geneigt,
Verbrechen zu begehen. Emporen Sie sich nicht darüber,
dass ich Sie mit Barreste im selben Ater.. nenne. Barreste
hat noch kein Verbrechen begangen — obgleich er es konnte,
fdr seine Idee, fCr seine Leidenschaft, dem Proletariat
zu helfen. Sein Scherz heute, kann morgen Ernst werden*
Sie aber haben schon ein Verbrechen begangen, haben sich
selbst gebllndet, um ihrer blauen Blume willen, weil Sie
\^
■«II II miwpW*'
nicht wahr haben wollen, was wahr ist. Sie haben einen
Freund verraten und nicht einmal mehr den Hahn krähen
gehSrt, und Sie wollen auch jetzt wieder das Gleiche tun.
Sie begehen das Verbrechen gegen sich seibat, lassen sich
nicht mehr leben -- weil Sie den Schmerz der Gegenwart so
hoch einsetzen, als ob Sie ein hilfloses Kind waren.
Sie würden lieber den Sterbenden, der Ihnen die Wahrheit
sagte. Lögen strafen, indem Sie ein weiteres Stück Leben
von sich nehmen, als dass Sie ehrlich mit sich -- und Ihrer
Frau sind'* fHgte er nach einer ganz kurzen Pause hinzu.
"Max war bei Jagemann, Max half hira; er teilte seinen Schmerz
Hatte er ihm vergeben? Ich glaube gar nicht, dass er mit
diesem Begriff etwas anfangen kannte. Er hatte Jagemann
gehasst -- aber das war vorbei. Jagemann war krank und
brauchte ihn.'* Sie waren an ihrem Hotel angekommen und
Behrens streckte Günther mit einer versöhnlichen Geste
• 15-
seine Hand hin: ''Berauben Sie sich nicht Ihres vollen
Lebens, mein Freund. Lernen Sie verstehen und nicht
urteilen. Out und Böse sind Begriffe aus der Kinderstube
oder dem Märchenbuch," damit ging er in sein Zimmer.
II
Ein von qualenden Traumen durchsetzter Schlaf
liess GUnther am nächsten Morgen mit einem Gefühl von
Erschöpfung und Abneigung diesem und der Reihe der
folgenden Tage entgegensehen. Er zwang sich aufzustehen,
konnte sich aber nicht entschliessen auszugehen, um Rom
zu besichtigen; ebensowenig wollte er aber allein in
seinem Zimmer sein. Einen Brief Gertrudes, der ihm gebracht
wurde, liess er ungeöffnet auf dem Tisch liegen. Der
Gedanke an Behrens machte ihm Angst; die Vorstellung, dass
Max möglicherweise in Rom war verursachte in ihm fast ein
Gefiihl von Uebelkeit. Als er so mit sich selbst verfehdet
und unglücklich vor sich hingrubelte, trat plötzlich
Salomeas Bildnis vor sein inneres Auge und er fühlte einen
unüberwindlichen Drang, sie zu sehen und mit ihr zu sprechen,
Er versuchte diesen Wunsch nicht einmal, wie es sonst
seine Gewohnheit war, logisch zu begründen oder vor sich
*.
II
-16-
selbst zu rechtfertigen* Er erinnerte sich, dass in der gestri-
gen Gesellschaft ein Cafeehaus auf der Pia2>za Narvona
erwähnt wurde, wo sich täglich eine Gruppe von Salomeas
Freunden am frühen Nachmittag traf, auf kurze oder
längere Zeit, wie gerade der Einzelne Zeit hatte. Es war
anscheinend ein unformelles Zusammentreffen und der sonst
so zurückhaltende Günther beschloss ohne zu zc5gem
dorthin zu gehen, um Salomea zu sehen. Er war sicher sie
dort zu finden. Seine Ungeduld trieb ihn aus dem Hotel
und schon sehr viel früher zu dem kleinen Cafeehaus, das
eigentlich eher den Charakter einer Taverne hatte a Er licss
sich dort so nieder, dass er den Eingang im Auge behielt
und versuchte die Zeit damit zu verkürzen, dass er sich
alle Einzelheiten des herrlichen Platzes mit geschlossenen
Augen ins Gedächtnis zurückrief; aber an Stelle der
Brunnen und Paläste sah er Salomeas Gesicht, das sich in
dasjenige von Max verwandelte; oder er sah das spöttische
Auge Barrestes und öffnete seine Augen^ um diese Bilder
los zu werden. Endlich sah er eine kleine schlanke
Gestalt hereinkommen; sie sah sich um und entdeckte
Günther, der aufgesprungen war und nun sie erwartend etwas
ungeschickt und verlegen dastand. Salomeas LScheln war
überrascht aber freundlich, sie begrÜsste ihn, wie einen
alten Bekannten und liess sich auf seine Aufforderung hin
an seinem Tisch nieder; er merkte aber, dass sie sich
-17-
^
weiterhin umschaute, als erwartete sie jemanden Bestimmten.
^'Barreste sollte hier sein und Reb«cka/' sagte sie und
filgte erklärend hinzu dass Giovanni ihre Freundin unter
seine Fittiche genommen hatte, um ihr die grauen Seiten
Roms zu zeigen. Rebecka habe diesem Vorschlag nicht
widerstehen kJJnnen; sie sei so völlig innerlich mit den
4
••
Problemen der Kinder der Ärmsten beschäftigt; sie habe
ihr Leben wirklich dia Ärmsten gewidmet und habe dadurch
Sinn in dieses Leben gebrecht. Sie sei Sozialistin,
aber nicht nur in der Theorie, sondern sie arbeite sehr
aktiv überall dort mit, wo ihre grossen Talente gebraucht
werden konnten. Sie hatte ein andere?, bequemeres Leben
führen können; trotz ihres körperlichen Defektes hatte
sie gute und ehrenhafte Heirats an träge bekommen von Männern,
die ihren menschlichen Wert erkannt hatten, aber sie konnte
sich zu einem Schritt in eine so völlig private Welt
nicht entschliessen. So lebe sie alleine und sorge für
sich und eine schwachsinnige Schwester, die noch im Waisen-
haus lebe. Ihr einziger Bruaer sei als Junge aus dem
Waisenhaus davongelaufen und zur See gegangen. Er sex
jetzt auf irgendeinem Schiff der kaiserlichen Marine als
Steuermann oder dergleichen tätig. Günther horte Salomea
ernsthaft aber dabei doch ungeduldig zu; es rührte ihn
dass sie so viel Interesse an dieser unscheinbaren Freundin
V
-18-
y.
nahm, gleichzeitig beneidete er diese Freundin schon and
wollte Salomeas Mitgefühl für sich in Anspruch nehmen.
Er wartete nur auf eine Pause in ihrem Bericht, um
schnell und dringlich seine Bitte vorzubringen. "Signora
Fernandi" sagte er "ich muas mit Ihnen sprechen; muss
Ihre Meinung und Ihren Rat hören. Bitte hSren Sie mich
an und sagen Sic mir, was ich tun soll. Sie sind gütig
und weise und nicht eine Träumende, die nach der blauen
Blume sucht, wie Behrens von mir es behauptet. Sie kennen
die Welt, Sie haben selbst, wie ich an den beiden Ringen
Ihrer Hand sehe, einen grossen Verlust erlitten, Sie
wissen, was Leiden ist und können mir Ihre Hilfe in
meinem jetzigen Zustand nicht versagen." Er hatte ihre
Hand mit seinen beiden Händen ergriffen und sah sie
flehentlich an. Sie entzog ihm ihre Hand und bat ihn
nicht fortzufahren; sie kenne ihn ja erst seit gestern
zwar wisse sie von Behrens, dass der Tod seines Schwieger-
vaters und andere traurige Ereignisse ihn schwer betroffen
und sein Gleichgewicht erschüttert hätten; sie glaube
^ aber, dass sie durchaus nicht in der Position sei, ihm zu
raten, da sie ihm eine völlig Fremde sei. Aber das sei
ja gerade das Notwendige, rief Günther aus, dass sie eine
Fremde sei und ihn und seine Angelegenheit sie persönlich
nichts angingen, dass sie nur gütig sei und ehrlich und
• 19-
i|Sid ihm helfen kcfnnte in seiner Verwirrung und seiner
eigenen Blindheit, mit der er, wie Behrens sagte,
sich selbst geschlagen habe; sie kffnne ihm doch helfen,
m
die Wirklichkeit zu sehen und nicht nur Bildnisse und
Fratzen. '^0, Signor Hoyk,'* sagte sie lächelnd, ''Sie haben
xxxx sich da doch schon wieder gleich ein Bildnis gemacht.
Sie kennen mich doch gar nicht und wissen nicht, ob ich
giitig und weise, oder bösartig und engstirnig bin. Warten
Sie eine Weile, bis Sie mehr von mir wisecin, dann diirfen
Sie sich mir anvertrauen; sonst, sehen Sie, kannte es wohl
sein, dass Sie wieder enttauscht wurden und dass zu allem
jetzigen Leid Sie auch noch das der Selbstbeschämung hinzufügten.
Nein, lassen Sie uns warten, bevor wir diesen Schritt des
Vertrauens und der Verantwortung unternehmen und dann,'*
fugte sie hinzu ''sollte er auf Gegenseitigkeit beruhen.
Übrigens kommen hier schon einige Freunde, denen ich Sie
vorstellen werde." "Ist es dann ein Versprechen, dass
wir einander Sfter sehen werden -- dann will ich warten"
sagte Günther leise und fühlte sich seltsam zufrieden.
III
Man kSnnte wohl den Eindruck bekommen, dass
Günther ein Narr war. Aber dieser Eindruck wäre irrig;
er war nur naVrisch was sein Gefühlsleben anbelangt. Das
I I
-20-
i.Ki*-' '
(^
war nur eine Seite seiner Persönlichkeit. Er schien naiv
inbeaug auf die Unterhaltung zwischen Salomeas Freunden,
eine Unterhaltung, die grösstenteils sich um soziale
Probleme, Arbeiterbev/egung, Strikt?? oder anarchistische
Gewaltakte drehte; es war aber weniger Naivität als ein
«Mangel an Conceutration. Er war in «einem Berufsleben
kein Geschäftsmann, obgleich er einer sich immer ver-
grcJssemden Reederei vorstand und in den Staaten ein
beträchtliches Kapital in grossen Unternehmungen investiert
hatte. Er war vor allem ein Schiffsbauer, ein Ingenieur
mit solider, ja ausgezeichneter T^achkenntnis und Begabung,
die ihm in seinen Fachkreisen schon viel Anerkennung
gebracht hatte; er war klug genug, den geschäftlichen
Teil einem GeschSftsleiter zu überlassen, und auch in
Amerika hatte er einen Geschaftsrat, der seine Angelegen-
heiten führte. Seine eigenen Angestellten waren gut be^
zahlt; er war auch nicht unfreundlich Gewerkschaften
gegenüber gesinnt. Seine beruflichen Interessen nahmen
ihn sehr in Anspruch. Die seelische Blindheit, die
seine persö nlichen Beziehungen so einengte, das Schul-
jungenhafte dieser Beziehungen dehnte sich nicht auf diese
andere Seite seiner Persönlichkeit aus. Eher hatte sie
noch einen Einfluss auf Vorliebe und Auswahl seiner
Lektüre • Er liebte die Klassiker, aber vor allem die
•21-
lateinischen and griechischen Schriftsteller, die er in
der Schule gelesen hatte, vor allem Homer, dann aber
auch Virgil und Horaz. Eines Tages hatte er in einem
Bucherladen heruragesucht und eine kleine Ausgabe von
Catullufi' Gedichten gefunden, die er mit nach Hause nahm.
Die Gedichte hatten ihn seltsam berührt, sie hatten ihn
erregt und ein grosses Verlangen in ihm wachgerufen. Er
las die ganze Nacht in dem kleinen Buch und verschloss
es dann in seinem Bacherschrankials ob irgendjemand andrer
in seinem Haus je daran gedacht hatte, Gatullus oder
irgendeinen anderen lateinischen Schriftsteller zu lesen.
Das war das knabenhafte in ihm, seine jugendlich-
träumerische unrealistische Seite. Aber in seinem Beruf
mit Kollegen und Angestellten nahm er ohne zu zogern
seinen Platz ein. Vielleicht brauchte er da nicht blind
zu sein, sich nicht in seine Träumereien zu fliehen, weil
ja von jeher alles so gut fiir ihn arrangiert schien.
Durch seine Erbschaft sov/ohl des Matthias * sehen Vermögens
als auch der de Witt 'sehen Reederei war er weit über dös
Notwendige hinaus versorgt, und konnte ein gutes Teil
seiner technischen Ideen einführen und vervollkommnen;
die klugen Investierungen, die seine üerärer für ihn
machten hatten ihn über einige allgemeine Krisen sicher
herübergebracht. Er hatte nie mit beonsderen Problemen
-22-
Skonomlscher Natur zu kSrapfen gehabt, seine berufliche
Arbeit war wirklich eine Quelle der Befriedigung gewesen.
Während er nun aber den Gesprächen im kleinen
Cafcehaus auf der Piazza Norvona zuhSrte, nur mit halber
Anfmerksamlceit, da seine Gedanken mit aich selbst beschäftigt
waren, fiel es ihm dcx:h auf, dass auch auf seinem beruf-
lichen Gebiet er ganz eingeengt war, nur seine eigenen
Interessen im Auge hatte und dem allgemeinen Geschehen
wenig oder gar keine Aufmerksamkeit schenkte. Was konnte
er wirklich von seinen Reisen berichten, was von Amerika,
J 1.
das er sich eingebildet hatte so gut zu kennen. Die
Menschen, die er drüben kennen gelernt hatte, gehörten
zu einer bestimmten Klasse; sie waren sauber, höflich,
wohlerzogen und reich; sie hatten schöne Häuser in der
Stadt und gewöhnlich auch auf dem Land und luden Ihn^ z"
■r> ■■'« '>«««i .^M/^
Dinieren oder zumkuf enthalt über Wochenende auf dem Lande
Oder auf einer Yacht ein: sie sprachen über geschäftliche
Angelegenheiten, aber nur vom Standpunkt des Unternehmers
aus; unangenehme Themen waren taboo. Ihre Frauen und
Töchter waren reizvoll und amüsant — er hatte sich aber
nie darum gekümmert, ob sie ausserdem auch noch etwas
anders waren. Und doch las er Zeitungen, wusste dass es
A
Unruhen gab, dass Korruption herischte, dass die
^
i
-23.
MuLtlmllLionäre ihr VeriuSgeti, wenn sie es nicht ererbt
hatten wie er selbst, gewöhnlich auf unlauterem Wege
erworben hatten. Sie hatten geraubt und gemordet, und
sie taten es noch immer, indem sie Millionen von Menschen
i wie Sklaven behandelten, ihren Arbeitern Hungerlohne
zahlten und deren Kinder in Kohlen- und Kupfermi/^nen, wo
sie n'e das Licht uer Sonne erblickten, arbeiten liessen.
Er wusste natürlich von dem Kinderelend drüben -• Rebecka
hfftte ihn nicht darüber belehren müssen.
Das Licht auf dem grossen Platz vor ihm wanderte,
der Himmel färbte sich rosig, als ob die roten Steine der
Hauser ihren Schein nach oben warfen, das Blau des Himmels
das vor kurzem noch ganz tief und dunkel war, leuchtete
jetzt grünlich wie Glass, durch das ein Licht schimmert
und die Brunnen schienen nun ernst und kühl. Die Kinder,
die dort gespielt hatten, waren nach Hause gegangen.
Katzen wanderten über die Steine und sassen in dem Dunkel
der geöffneten Haustore. ''Und wie'' sagte eine spöttische
Stimme "hat ihr Vorfahre sein Vermögen gemacht, Signor
Hoyk?"
■'OS*!^'
Ikk
V
2u müde, um zu einem EntachLu«« «u kotniaen. Er wollte
abwartet», wie (ÜHtliftra sich au Irenes Brief aa verhalten
würde, wollte es davon abhffngiß machen, ob er bereit sei
die Wahrheit zu sehen — konnte er sie nicht in Irenes
Briefen erkennen, so müsate vielleicht ein stÄrkeres
Mittet angewandt werden um eine Erschütterung herbeieu-
f Uhren. Er konnte den Freund nicht blind in «ein
Verdorben gah«n lassen.
IV
38
für die Hirngespinste einer Gcmatskrankcn hielt, dass er
aber verstünde, dass Max, der sie liebte, Ihr glauben
niQsse, und da«« er deswegen sein Haus auf immer verlassen
masste, wenn er ihn nicht zu seiner eigenen Ansicht
herüberziehen kannte.
113
er wusBte, war er an keine Frau gebunden noch hatte er die
Absichtt «ein Juniigesellentum aufzugeben* Sein Haus war
ungewöhnlich ruhig, im hollÄndiachen Still gebaut reichte
«• weit in die VotrganäCinheit surUcxc. Die enge Pacade aber
tKuscht^, denn innen war es weitläufig und im besten
modernen Geschtoack ein^serichtet. Eine schöne und koatbare
GeaifildeÄacamlung war von aelnem Vater begonnen und von Max
sehr groaazügig ergSnzt worden. Neben alten Meistern fanden
auch neue ihren P^atz in der Gallerie. Ein von Sargent
gernaltes Portrat seines Vaters hing in der Bibliothek; sein
eigenes und das seiner Mutter waren von Liebcrniann gemalt
und l€:uchteten von den mit weisser Seide bespannten Winden
dea Musikasitmnera,
Es war behaglich in der Bibliothek. Max und
Günther sasöen vor dem Kaminfeuer jsum ersten Mal alleine
seit GJinthers Ankunft, Günther hatte schon viel on New
York gesehen, Theater, die Oper und Konzerte besucht und
«ini^ie Abendgesellschaf ten. Er wollte nun bald nach Boston,
wo er ruit seinen Anwälten zusaiamenkoinmen sollte • Er rechnete
mit einetu längeren Aufenhalt dort und liesa sich daher von
seinem Freud ober Boston erzählen, über die dortigen Sitten
und Anschauungen, die sich so deutlich von denen der
New Yorker unterschieden. Sie schienen Günther dem Hamburger
Wesen sogar verwÄ^ndttr zu sein. Max kannte Boston recht gut,
da er dort atiitlert hatte. Er hatte aein Doktorat der ^.echte
von der Universität Harvard erhalten. Er hatte auch
Verwandte in Boston, Vettern va'ter lieber aeitSt
II
er wusste, war er an keine Frau gebunden noch hatte er die
Absicht t sein Jun^^^gesellentum aufcugeben« Sein Haus war
ungewöhnlich ruhi^, im holländischen Still gebaut reichte
es weit in die Vergangenheit ssurScK« Die enge Facade aber
tifuschtet denn innen war es weitliTufig und im besten
modernen Geschnack eingerichtet • Eine schöne und kostbare
GemXlde Sammlung war \ron seinem Vater begonnen und von Max
Mito grosazCigig ergSnst worden. Neben alten Meistern fanden
auch neue ihren PJ^atz in der Gallerie. Ein von Sargent
gemaltes PortrSt seines Vaters hing in der Bibliothek; sein
eigenes und das seiner Kutter waren von Liebermann gemalt
und Ivjuchteten von den mit weisser Seide bespannten WMnden
des Husikiziiouiera.
Es war behaglich in der Bibliothek. Max und
GCinther sasaen vor dem Kaminfeuer zum ersten Mal alleine
seit GtJntherö Ankunft. Ollnther hatte schon viel on New
York gesehen, Theater, die Oper und Konzerte besucht und
einige Abendgesellschaften. Er wollte nun bald nach Boston«
wo er Qiit seinen Anwälten zusaaimenkoinmen sollte. Er rechnete
mit einem längeren Aufenhalt dort und liesa sich daher von
SMilnem Pr^eud liber Boston erzlfhlen» Sber die dortigen Sitten
und Anschauungen 9 die sich so deutlich von denen der
New Yorker unterschieden. Sie schienen Günther dem Hamburger
Wesen sogar verwandter ssu sein, Max kannte Boston recht gut,
da er dort studiert hatte. Er hatte sein Doktorat der Fechte
von der Universität Harvard erhalten. Er hatte auch
Verwandte in Boston, Vettern väterlicherseits,
11
er ' wusste, war er an keine Pra^^ gebunden noch hatte er
die Absicht, sein Junggesellentum aufzugeben. Sein
Haus war ungewöhnlich ruhig, Im holländischen Stil
gebaut reichte ^eö weit In die Vergangenheit zurück.
Die enge Fayade aber täuschte, denn innen war es weit-
läufig und im besten modernen CJeschmack eingerichtet.
Eine schöne und kostbare Gemäldesammlung war von seinem
Vater begonnen und von Max sehr grosszügig ergänzt worden.
Neben alten Meistern fanden auch neue ihren Platz in der
Galle rie. Ein von Sargent gemaltes Forträt seines Vaters
hing in der Bibliothek; sein eigenes und das seiner
Mutter waren von Liebermann gemalt und leuchteten ^^oti den
mit weisser Seide bespannten Wä*nden des Mus ikz immer s .
Es war behaglich in der Bibliothek, 14a x und
Günther sassen vor dem Kaminfeuer zum ersten Mal alleine
seit Günthers Ankunft, Günther hatte schon viel von New York
gesehen, Theater, die Oper und Konzerte besucht und einige Abendgesellschaften
Er wollte nun bald nach Boston, wo er mit seinen Anwälten zu-
sammenkommen sollte. Er rechnete mit einem längeren
Aufenthalt dort und Hess sich daher von seinem Freund
über Boston erzählen, über die dortigen Sitten und
Anschauungen, die sich so deutlich von denen der
New Yorker unterschieden. Sie schienen Günther dem
Hamburger Wesen sogar verwandter zu sein, Max kannte
Boston recht gut, da er dort studiert hatte. Er hatte
der Universität
sein Doktorat der Rechte von/Harvard erhalten. Er
hatte auch Verwandte in Boston, Vettern väterlicherseits.
11
er wusate, war er an keine Frau gebunden noch hatte er die
Absicht, sein Jun^gesellentum aufzugeben. Sein Haus war
ungewöhnlich ruhig, im holländischen ^till gebaut reichte
es weit in die vTex^^angenheit zuriicK« Die enge Facade aber
tauschte, denn innen war ee weitläufig und im besten
modernen vjeschmack eingerichtet« Eine schöne und kostbare
Oemfildesammlung war von ßeinem V^iter begonner. und von Max
sehr grosszügig ergänzt worden. Neber» alten Meistern fanden
auch neue ihren Platz in der Gallerie. Ein von Sargent
gemaltes Porträt seines Vaters hing in der Bibliothek; sein
eigenes und das seiner Mutter waren von Lieberoann gemalt
und lt.uchteten von den mit weisser Seide bespannten Wänden
des Musikzimmers.
Es war behaglich in der Bibliothek. Max und
Günther sassen vor dem Kaminfeuer zum ersten Mal alleine
seit Günthers Ankunft. Günther hatte schon viel von New
York gesehen, Theater, die Oper und Konzerte besucht und
einige Abendgesellschaften. Er wollte nun bald nach Boston,
wo er mit seinen Anwälten zusammenkommen sollte. £r rechnete
mit einem längeren Aufenhalt dort und liess sich daher von
seinem Freud über Boston erzählen, über die dortigen Sitten
und Anschauungen, die sich so deutlich von denen der
New Yorker unterschieden. Sie schienen Gttr.ther dem Hamburger
Wesen sogar verwandt^sr zu sein. Max kannte Boston recht gut,
da er dort studiert hatte. Er hatte sein Doktorat der Rechte
von der Universität Harvard erhalten. Er hatte auch
Verwandte in Boston, Vettern väterlicherseits,
I I
37
zu müde, um zu einem Entschluss zu kommen. Er v/ollte
v^grten was Günthers Reaktion auf Irenes Briefe sein
würde, wollte es davon abhängir machen, ob er bereit sei
die Wahrheit zu sehen-- konnte er sie nicht in Irenes
Briefen erkennen, so müsste vielleicht eine stärkere
Erschütterung he rvorf^eb rächt werden. Er wärde den Freund
nicht in sein Unglück rennen lassen.
/](< WlJ-b y^^ ]fL(>i , r^o-J^uf^hi- /y»j^m';j
\
-1-
Da Günther dazu ausersehen war, die Reederei
seines Onkels zu übernehmen, und da seine amerikanische
iärbschaft ihn finanziell unabhängig von seinem Vater
gemacht hatte, und da auch seine Neigungen ihn in diese
Richtung leiteten, so sollte er seine Abiturientenprüfung
machen und dann eine Technische Hochschule besuchen. Die ^
letzten Schuljahre waren recht einsam für ihn. Max war in
New York und Gertrude war in einem Pensionat in der
Schweiz. Seine Freundschaft mit Max hatte ihn unter seinen
Mitschülern isoliert; obgleich er nicht unbeliebt war,
so war er ihnen und sie ihm recht fremd geworden, als ob
er ihnen und ihren Interessen entwachsen war. Er befreundete
iBiÄ sich nut mit einem Jungen in seiner Klasse, der aus
einer jener Patrizierfamilien stammte, deren männliche
Mitglieder gewöhnlich Senatoren oder Konsuln wurden. Georg
von der Harden war ein Träumer und ein Musiker und seine
Familie beachtete ihn wenig. Er ging seine eigenen Wege,
lae. viel, besonders eine Literatur, die eigentlich sich
gar nicht für einen Hamburger Senatorensohn schickte und
die von fremden Schriftstellern geschrieben dem Hamburger
Seelenleben fremd waren. Russen und Franzosen, in etwas
holperiges Deutsch übersetzt, waren in seinem Bücherschrank
zu finden. Aber er las auch Deutsche Literatur, nicht nur
-2-
Klassiker, sondern z.B. Fontane, der ihm zusagte, weil
er zwar in beherrschter Weise aber doch kritisch das deutsche
Grossbürgertum betrachtete. Andere Bücher wurden nicht
einmal in seinen Bücherschrank gestellt — sie waren in
Schubladen vergraben unter seiner Wäsche. Als er sie
einmal Günther zeigte, glaubte Güntter zunächst, dass sie
verbotenen erotischen Tnhalts wären. Tut war überrascht
und enttäuscht, als es sich herausstellte dass sie von
Revolutionären^ die aus Deutschland verbannt oder von
Deutschland geflohen waren, geschrieben waren. Günther
wusste sehr wenig über die revolutionäre Bewegung von 1848;
sie wurde sehr einseitig in dem Geschichtsunterricht be-
handelt. Obgleich zwar die Hamburger weder Sympathien
für das Oesterreichische noch das von Preussen geleitete
Kaiserreich hatten — waren sie doch von Jeher eine freie
Stadt gewesen mit mehr oder weniger demokratischem* oder
wohl besser patrizischer Regierung — aber Revolutionäre
waren eben eine Menschenrasse für sich, gefährlich und
gewalttätig waren sie und wollten allen Besitz enteignen
und die wohlhabenden, in jedem Sinne verdienstvollen Leute
entweder hinrichten oder doch in eine Art verächtliche
Stellung pressen. So tat man am Besten, die Jugend vor
ihren Ideen und ihrer Ideologie zu beschützen. Georg
zeigte Günther seinen heimlichen Bücherschatz und liess
-5-
ihn einige seiner bewunderten Autoren lesen, aber Günther
war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, als dass er
sich wirklich auf die sozialen Probleme, über die sie
schrieben, konzentrieren konnte, "Er wollte mit Georg
über seine sexuellen Befürchtungen und Gewissensbisse
sprechen, wollte wissen, ob auch er von Zeit zu Zeit seinen
Trieben und Fantasien nachgab, ob er Angst hatte. "Br
sehnte sich nach einer beruhigenden, helfenden Aussprache»
Er konnte nicht darüber an Max schreiben, konnte sich
nicht einmal mehr an Dr. Jagemann wenden, da er ja heimlich
nun in einem Sohn-Vater Verhältnis zu ihm stand.
Als er einmal allen Mut zusammennahm und das
Gespräch mit Georg auf diesen verpönten Gegenstand brachte,
fand er den Freund nicht dazu geneigt, auf feinere Dinge
einzugehen: "Was willst Du denn wissen?" fragte er
Günther, warst Du nie in einem der Häuser?" Er merkte,
dass Günther nicht einmal wusste, wovon er sprach: "Na,
das ist doch ganz einfach; er gibt Häuser — Freudenhäuser —
in St. Pauli meistens, wo Du ein Mädchen bezahlst, die
Dir alles beibringt, was Du wissen willst und Dir zeigt,
was Du tun musst. Die Hauptsache ist, dass sie rein ist
und keine Krankheit hat. Ich kann Dir eine Adresse geben.
Es Kostet 5 Mark für einmal und wenn Du länger willst.
I i
-4-
musst i^u mehr zahlen." "Aber, mein Gott, Georg, wie
kannst Du das tun — Du kennst doch das Madchen nicht, wie
kannst Du da einfach, so etwas mit ihr tun?" rief Günther
aus, "Aber dazu sind sie doch da, Dummkopf — mit einem
Mädchen das Du kennst und gerne hast, wirst Du doch sowas
nicht tun wollenl" Das war alles, was Günther erfuhr
als Georg ihm den Namen des Hauses in St. Pauli gab.
Günther konnte sich nicht entschliessen, dass Freudenhaus
aufzusuchen, obgleich er nehrmals Ansätze dazu machte;
immer fiel ihm, im letzten Augenblick, Trude ein, und
dann packte ihn fast ein Grauen und Widerwillen bis zum
Ekel, zis zum Erbrechen. So kehrte er um und ging stunden-
lang durch die Stadt.
Er sprach nie wieder mit Georg über dieses Thema,
und Georg war so beschäftigt mit seinen politischen
Geheimnissen, dass er ihm nicht einfiel Günther nach seinen
sexuellen Erfolgen zu fragen. Seine Beziehung zu Georg
endete ganz plötzlich in Oberprima kurz vor dem Abiturienten-
Examen. Er kam nicht mehr zur Schule. Er konnte zuhause
nicht erreicht werden. Günther hörte nichts von ihm und
erfuhr erst einige Tap:e nach Georgs Abwesenheit, dass er
bei einer geheimen politischen Versammlung von der Polizei
überrascht und festgenommen wurde und der Senator durch
-5-
seinen Rinflues und mit Hilfe von Georgs Minder,1ährip:;keit
ihn aus der Haft befreit hatte und ihn zu Verwandten nach
T5ngland geschickt hatte. Viele Wochen später erhielt er
Günther einen Brief von Georg, der voller Bedauern war,
Günther nicht mehr gesehen zu haben und die Mitteilung
enthielt, dass er sich auf Oxford vorbereite, wo er Philo-
Sophie zu studieren gedachte. Er wollte, so schrieb er,
ein Schriftsteller werden.
Max schrieb selten. Er war zum Studium nach
Princeton gegangen, war begeistert über alles Weue, dass
er erfuhr und reiste viel durchs Land. Trude schrieb
überhaupt nicht» Wenn sie in den Ferien zuhause war,
wurde Günther eingeladen und hatte Gelegenheit seine
grosse, heisse Liebe und Bewunderung für sie anzuschüren,
indem er sie betrachten und mit ihr Nebensächliches besprechen
oder mit ihr auf den Neujahrsbällen tanzen konnte. Aber
alles dies geschah öffentlich, in Geß:enwart von vielen
Menschen. Keine intime Unterredung konnte stattfinden,
nur manchmal ein heimlicher Handdruck.
Eiii sehr aufregendes grässlicltes Ereignis aber
fand statt fast um die gleiche Zeit als Georg verschwand.
Ein Mitschüler — Südamerikanischer Abstaininunff durch seine
Mutter — aber aus sehr respektierlicher und eher wohlhabender
-6-
Famille väterlicherseits — erschoss sich, da er ein junges
Mädchen geschwängert hatte, ^r hinterliess einen herz-
zerreissenden Abschiedsbrief. Des Mädchens Name war
nicht gekannt, aber man erfuhr, dass eine sechzehnjährige
Schülerin aus einem der feinsten Privatlyzeen ganz plötzlich
an einer rätselhaften Erkrankung — eine Unterleibsblutung
wurde gemunkelt— gestorben sei. Günther bestand sein
Abiturientenexamen. T5r hatte beschlossen Ingenieur zu
werden und vor allen, alles zu studieren, was mit Schiffs-
bau und mit Marinewesen zusammenhing.
Er bezog die Hochschule in Danzig um später
nach Dessau zu übersideln, um sich dort ganz spezielle
Kenntnisse zu erwerben. Auch war er entschlossen, sein
Dienstjahr bei der Marine während seiner Studienjahre zu
erledigen.
Bevor er Hamburg verliess, gelang es ihm doch
sich von Trude zu verabschieden, ohne von den anderen
Familienmitgliedern beobachtet oder bewacht zu werden.
Die beiden jungen Leuten hatten Ausreden gewählt um mit-
einander allein zu sein und trafen einander nun an der
Alster, wo sie die Schwäne beobachten konnten und neben
einander dahin schleuderten. Es war ein etwas nebliger
Tag, die Alster war silbergrau, die Schwäne waren faul
-7-
und deutlich in schlechter Laune. Getrude strahlte in
Schönheit, so dass Günther wohl nicht einmal merkte, dass
die Sonne nicht schien. "Er war so errep;t, dass das Sprechen
ihm schwer fiel aber er brachte es doch fertig, Gertrude zu
fragen: "Hast Du Dir überleg-^ ob Du auf mich warten willst?"
Es kam komisch und wie gestolpert und so plötzlich heraus
aber Gertrude schien nicht Überrascht. Sie sah ihn mit
ihren grossen blauen Augen ernsthaft an: "Wie kannst Du
nur fragen, Güntheri Ich werde auf Dich warten, wie lange
es auch dauern wird. Du darfst nicht zweifeln — es ist
sehr schwer, auch für mich aber haben wir nicht beide einen
Schwur getan? Dies ist unsere Prüfung." Dann fügte sie
hinzu: "Ich habe Dir etwas mitgebracht und entnahm ihrer
Handtasche ein winziges in Seide eingebundenes Büchlein,
"dies ist der Kathechismus , den ich zur Konfirmation bekommen
habe. Ich habe ihn immer bei mir gehabt — auch wenn ich
schlief unter meinem Kopfkissen — und habe dabei immer an
Dich gedacht. Nimm ihn von mir, diann weiss ich, dass Du an
mich denken wirst." Günther nahm ihre Hand und küsste sie
und legte das Büchlein ehrfurchtvoll in seine Rocktasche*
Dann nahm er aus derselben Tasche eine kleine Schachtel
heraus, öffnete sie und bot sie offen Trude an: ein einfaches
goldenes Band war darin. Innen im Ring waren die Namen
H.
Gertrude und Günther eingraviert. Aber Trude zö>erte den
Ring zu nehmen: "Wir können uns noch nicht Öffentlich
verloben/' sagte sie, "meine Eltern würden es nicht erlauben,
denn sie bestehen darauf, dass ich noch ein Jahr zur Schule
gehe. bis ich 18 Jahre alt bin* Ich will aber diesen Rin^
immer bei mir tragen," fügte sie hinzu, **und ihn nie von mir
lassen, selbst wenn ich ihn nicht am Finger trage." Dann
schaute sie sich um, und da sie sich mit Günther und den
mißmutigen Schwänen allein sah, hob sie sich auf ihre
Zehenspitzen, legte ihre Arme um Günthers Hals und küsste
den Erstaunten und Verwirrten auf den Mund. Als er nach
ihr greifen und die Umarmung verlängern wollte, liess sie
es einen Augenblick lang geschehen, aber löste sich schnell
von ihm und ging ein paar Schritte in der Richtung nach
Hause voran. Günther stand ganz still, eine heisse Welle
unbekannten Drängens erfüllte ihn, dann ein unbändiges
Glücksgefühl, das aber in einer Flut unbeschreiblichen
Wehs mündete und ihm Tränen in die Augen und einen Schrei
in die Kehle trieb, den er unterdrückte — er glaubte zu
ersticken. Aber der Schmerz verging und er folgte Trude.
Günther fühlte sich einsam in Danzig. Er hatte
zwar T5mpfehlungen an einige Familien, aber das gesellschaft-
liche Leben in Danzig was sogar steifer als in Hamburg,
und nachdem er seine Karte am Sonntag morgen pflichtmassig
-9-
abgegeben hatte, wurde er wohl erst nach einigen Wochen
zum Tee oder Mittagessen gewöhnlich mit einigen anderen
Studenten eingeladen. Wenn Töchter vorhanden waren, so
waren sie gewöhnlich schüchtern und nahmen kaum an der
Tischunterhaltung teil. Nach dem Essen blieb man mit dem
Herrn des Hauses noch eine kurze Zeit zusammen und musste
sich dann taktvoll verabschieden. Die Stadt war schön,
die Weichsel, die Motlau, die Radaune gaben der Stadt und
Umgebung besonderen Reiz. Die gotiiische Architektur, die
Tore und vor allem die Marienkirche erinnerten nicht nur
an die Vergangenheit sondern überwältigten mit ihrer
Schwere und ihrem Ernst die engen Gassen. Nicht umsonst
waren an fast allen Fenstern sogenannte Spoone angebracht,
d.h. Spiegel in denen man sehen konnte, was auf dör Strasse
vorging aber selbst nicht gesehen wurde. Die alten Frauen
und die jungen Mädchen hatten auf diese Weise viel Stoff
für Unterhaltung, wenn sie so brav und ungesehen hinter
ihren Fenstern in ihren guten Stuben sassen.
Nur am Hafen fühlte sich Günther wohl, wenn er
die Schiffe beobachten konnte, oder wenn er zur anderen
Seite der Stadt auf der Fähre herüberkreuzte, dann hatte er
wohl auch die Fantasie, dass er die dunkle strenge Stadt
verliess und nun zu fremden Ländern schiffte. Von akademischer
Freiheit war nichts zu merken. Er besuchte die vorgeschriebenen
-10-
VorlesuriKen und selbst die Studenten Verbindungen schienen
ihm einen Zwang auf ihre Bundesbrüder aus zu üben, weil
man an so vielen Abenden bei den Versammlungen anwesend
sein und Bier trinken musste, ob man wollte oder nicht.
Er trat einer Burschenschaft bei, lernte sich schlagen und
erhielt die vorgeschriebene Zahl der Schmisse. Er hatte
ein recht nettes Zimmer mit der üblichen betreuenden
Wirtin, die aber fett und unhübsch war. Er hatte Sehnsucht
nach hause ond träumte nächtlich von Gertrude. Seine
Kommilitonen . redeten viel von Mädchen und ihren sexuellen
Erfolgen, besonders wenn sie viel Bier getrunken hatten.
Aber trotz seiner inneren Abneigung konnte sich Günther
nicht der Atmosphäre von Bier und Sexualität entziehen.
Er hörte den anderen zu und fühlte sich mehr und mehr erregt.
So verliess er eines Abends das Bierlokal und schleuderte
durch die dunklen Strassen dem Hafen zu. In einem der
offenen Höfe stand eine Frau. Er trat dicht an sie heran,
um ihr die Gelegenheit zu geben, ihn anzusprechen, aber
anstatt dessen streckte sie ihre Hand aus und berührte ihn.
Es machte ihn wild, und er vergass alle Keuschheitsgelübde
und Gertrude und griff nach der Frau, die sich ihm entzog
aber eine Gebärde machte, ihr zu folgen. Sie stiegen eine
steile Treppe hinauf, und sie öffnete eine TÜr. Durch
-11-
eine dunkle enge Halle gingen sie in ein Zimmer, dass
mit einer Petroleum Lampe erleuchtet war. Er sah nur das
Bett, sonst nichts. Er wusste nicht, wie es kram, dass er
ausgezogen neben der Frau im Bett lag, wie sie ihn dazu
brachte, den Akt zu vollziehen, wie es war, dass rir durch
eine Phase fast von Bewusslosigkeit schliesslich wiede
r zu
sich kam und in einen tiefen Schlaf verfiel. Er wusste
nicht, wie lange er geschlaffen hatte. Als er erwachte
beleuchtete die Lampe noch trübe das Bett. Die Frau neben
ihm war nackend, ihr Gesicht war zerfurcht, ihre Brüste
hingen schlaff herunter und die ^ Schamhaare waren grau '
oder sahen zumindest so aus. Sie schnarchte mit offenem
Mund und es fehlten ihr zwei Zähne. Ein Gefühl des Ent-
setzens, der tiefsten Einsamkeit und unbeschreiblich qual-
voller Reue ergriff Günther. Er musste an seine Mutter
denken—die Ekel schüttelte ihn. Er merkte erst, dass
er weinte, als er seine Tränen salzig im Munde spürte.
Er verliess das Bett, hoffte die Frau, die sich rührte
und etwas murmelte würde nicht aufwachen. Belm>üt
Anziehen verwickelte er sich in seinen Hosen und fiel fast
hin, aber er weckte sie nicht auf; es gelang ihm 5 Mark zu
finden, die er auf dem Tisch neben der Lampe liess, dann
stolperte er aus dem Zimmer. Draussen im Gang lehnte er
" - - ^j^—
-12-
p;eß;en die Wand und weinte, dass es ihm schüttelte. Dann
ging er in der Dämmerung nach Hause.
T5s vergingen Monate, in denen er das Leben
und sich selbst hasste. Er versäumte eine Reihe von
Vorlesungen und i^ierabende, aber allmählich zwang er
sich wieder in seine Routine. Seine Kameraden redeten
von ihren sexuellen Eroberungen, wenn sie betrunken
waren, und Günther schob die grauenhafte Nacht mehr und mehr
aus seinem Gedächtnis in eine Sphäre, die weit weg von seinem
Bewusstsein zu sein schien. Es war wie ein Traum, der
allmählich verschwindet und dann nicht mehr erinnert werden
kann. Er liess sich von seinen Kommilitonen verleiten
mit ihnen zu gehen, wenn sie ein Freudenhaus besuchten.
r
Er fühlte keinen^bscheu aber auch keine Freude. Die
Mädchen waren fast alle ,iunK und hübsch und verstanden
ihr Geschäft. Günther träumte nicht mehr, weder von
Gertrude noch von anderen Göttinen, aber er konnte wieder
arbeiten und übersiedelte im Früh.iahr nach Dessau.
ft
I
259
\
berkelt ab. 31e auoht« Ihn r.u überzsagen, dess In Ihrer Llebea-
beziehung nloht nur ale die Gobenc!« wsr, da na er sie beglückte,
und da»3 sl« als Frau nicht nur leidend die Leldennohaft des
Mennea über aloh ergehen lleaae. Eb e»b ober trotz alledem
AuFenbllcke, In ienen aioh Günther plöt7.1ioh an seine verponce-
ne Liebe für Gortrud« erlmierte, die ao emiers gewesen war,
Jünp;llngah8ft und foet unachuldlg. in solchen Aueenbllqken
sehnte er sloh nach der KÜhle aeinea Hauses, Ja aelnes Lebena
in HamVNure;, aorar noch seiner Elnaamkoit. ür eeb es sloh nloht
zu, aber er war eigentlich nicht unfaüokllch iarüber, dasa
eine endgÜltipie -Entscheidung noch aufgeschoben war,
3«lomea war viel mehr dazu geneigt, ihre Gefühle mit gros-
ser Ehrlichkeit zu untersucj^en. 31e wer gewohnt, sloh Rechen-
schaft zu geben, und hatte von klein euf eine /.rt Üewiasens-
forsohung «nepeübt, die ihr nur selten erlaubte, .ilch selbst
zu belügen, logar in 3ezug auf Liobeaboziahunpen war sie sloh
selber gegenüber ehrlich gewesen, /ruh schon hutte sie dl«
ellgenelnen Vorurteile, die für das lexual verhalten der *3fld-
chen und i-^fiuen galten, durchschaut und abgele^xnt. Tis war ihr
selbst nicht schwer geworden, ihre linne zu beherrschen. Aber
sie hatte früh geheiratet und hatte ihr« ersten sexuellen Er-
fahrungen In Ihrer Lhe erlebt, lait einem Jungen i-Iann, dem sie
tief ergeben war, dessen itieclistische Oberzeugungon ele teil-
te und bei dem sie sich geborgen und verstanden fühlte. Wie
239
•♦I
bsrkelt ah. 31o suohte Ihn 7.u übörÄ^ufren, dess In ihrer Liebes-
beziehung nloht nur fllo die Gebende w$r| deaa er ale beglückte^
und daaa sie ols Freu nicht nur leidend, die Leldenaohaft des
Mannes über sich erf:ohen lleoae» üs e;i»b aber trotz alledem
j\ufenbIloke| In denen eidh Günther plötzlich an Beine verponge-
ne Liebe fÜr CJertrude erinnerte, die so ©nders gewesen wer,
JÜnf;llng8h8rt und foet unaohuldlp. In nolohen Aurenbllckon
sehnte or sich noch der KÜhlo solnea Hnunes, Je aolnes Lebens
In Hembur^;, Bopor nnoh seiner Slnflerakelt, Xr peb es sieh nloht
zu, eher er wer elc'üntlloh nicht unrjüokllch darüber, dsss
ein« endpultrlfe .:ntscheldanp noch tufpe^chobon war^
.^loriea wsr viel mehr dazu e;enel^,t, ihre Gefühle mit prros-
ser /:hrllch>.elt zu unterfluc^en» 31 *? köt gewohnt, eich Sechen-
Qohfti't zu frebeni und hette von klein auf eine Art Gewissens-
forsohunp ©uapeübt, die ihr nur selten erlimbto, f»loh selbst
z\x belügen, loöiar in Bee.ug auf Liobesbeziahungen war sie sloh
aolbar fepenÜbor ehrlich pe\toBon. Früh schon hntte ale die
allj^enelnon Vorurteile, die für das :iexual verhalten der I^läd-
öhen und rrauen galten, durchschaut und abf^olrhnt. lels war Ihr
selbst nicht aohwer geworden, ihre linne zw beherrschen. Aber
sie hatte früh r.^hoiratet und hatte ihre ersten sexuellen Er-
fehrunf^'jn In Ihror P^he erlebt, wlt einem Junten Viannf dem sie
tlc3r ert^eben war, dessen 1 let^ll;»itisoho ÜbcirzeuHungen sie teil-
to und bei dem sie sloli peborf^an und verstanden fühlte. Wie
A'«
2^0
^
^^
euoh naoh seinem_Tod^(ile vielen Freunde, die al© umwarben,
hatte er für sie die Anziehung des Vertrauten, Geschwister-
Hohen gohabt, aber Ihre grosse leldonsohaftllche 31nnlloh-
kelt war In dieser Bezlohunp nloht befrladlet worden. Sie hatte
Bloh elnlßö Male hrfM*^ In. Männer verliebt, die Ihr eigentlich
sonst fremd waren. Einen engllsohon Schüler Ihres Vaters hfltt«
sie fast eehelratet, hatte sich aber doch zugeben müssen, dass
Ihre Beziehung zu Ihm nur eine körperliche war und sie sein
Leben nloht teilen konnte. Barraste war Ihr näher als die ande-
ren tlänner, die sie umgaben. Er zog sie an, atleas sie aber
auch ab. 31e fürchtete sich vor seiner Gewalttätigkeit; ale
war auch davon Überzeugt, dass er, so sehr er sie Hebte, sie
aufopfern würde, sollten seine politischen Verpflichtungen ein
solches Opfer verlangen.
Mit Günther wer es änderst er zog «le sinnlich an und be-
friedigte gleichzeitig Ihre Mütterlichkeit; und was anderen
möglicherweise als naiv und unreif erschien, erhöhte seinen
Itolz für sie. da es so sehr Im Widerspruch war zu seiner fri-
schen und rationellen üuffassungagabe. seiner beruflichen Aus-
geze lehne thelt, seiner männlichen Besonnenheit und geschöft-
Hohen laughelt. Seine Augeschlossenhelt neuen Erfahrungen
gogenüber und aoln noch Immer vorhandener Protostantlsmus
bildeten reizvolle Gegensätze für ale. Obglolch ale wünschte,
daaa diese Beziehung eine bleibende würde, wollte sie Günther
nicht dröngen. seine Ehe zu liquidieren. iNoch war sie ge^^uldle.
239
berkelt ab^ 31o aaohte Ihn zxx üborz^ujren, dass In ihrer Llobes-
bezlehung nloht nur alo die Gobende wari deaa er ale beglÜokte^
und daaa ale ela Frou nicht nur leidend die Leldenaohaft des
Mönnes über sich erhöhen lleDae. Ea gi^b aber trotz alledem
j^uperAblloke, In denen aidh Günther plötzlich an aelno vergange-
ne Liebe für Clertrude erlniierte, dU^ ao ©n'iera geweaen war^
JÜnglln^Bhaft und foot unachuldlg. In aolohen Aufenbllokon
aehnte or sich noch der Kdhle aoln^^a HnuBea, Ja aoinoa Lebena
In Hanburp, aorar nach aeinor Elnaarakoit, Kr peb ea aloh nloht
zup aber or war eli^^ntlloh nicht unpjüoklloh daKlber, daaa
eln«^ endfrültliP;e .;nt90holdunp; nooii oufpe!ichobon war^
^ploi^-iea wör viel melir da^u genei^Ttt Ihre Gefühle mit proa-
aer i^ihrllohltelt zu unterauo^^on» .519 war gewohnt, aloh Rechen-
aohert zu frebeni und ^lotte von klein auf eine Art Gewlaaens-
forsohunp öuageiibt, die Ihr nur aelten erlnubto^ aloh «elbat
zu bolügen, loi^rar In Bezugr, auf Llebesbczlenunt^^en war ale aloh
aolbar f.ef^enabor ohrlloh pewoaon» Früh aohon hatte ale die
allgenelnon Vorurteile^ die für daa 3exual verhalten der Mäd-
chen und trauen gcalteni durchschaut unri abfolf^hnt« Ea war Ihr
seibat nicht schwer pewordon, Ihre linne zu beherraohent Aber
ale hatte frÜii f^e heiratet und hatte Ihre eraten aexuellen Er-
fahrunf>''3n In Ihr^r Khe erlebt, wit einem Jungten Mann, dem ale
tief er4?:ebon war, dessen 1 ienlL^tlfloho UboirzeuHung^n ale tell-
to und bei doT. alo aloli peborf?on und veratanden fühlte» Wie
^•'
2^0
■' 1.
^t
euoh naoh seinem^To^^ die vielen Freundei die ale umwarben^
hatte er für ale die Anziehung des Vertrauteni Goschwlater-
llohen gehabt I aber Ihre grosBe leldonv«^ohaftllche Sinnlich-
keit war In dieser Beziehung nloht beTrladlgt worden« Sie hatte
sloh elnlgo Wele linüiHrti; In, Männer verliebt, die Ihr eigentlich
öonst fremd waren. Einen englischen Sohtiler Ihres Vatera hätte
sie fast geheiratet, hatte sich aber doch zugeben müssen, dass
Ihre Beziehung zu Ihm nur eine körperliche war und ale sein
Leben nicht teilen konnte, Barreste war Ihr näher als die ande-
ren Münner, die sie umgaben. Er zog sie an, atless sie aber
auch ab. Sie fürchtete eich vor seiner Gewalttätigkeit j ale
war auch davon Überzeugt, dass er, so sehr er ale liebte, sie
aufopfern würde, sollten seine politischen Verpflichtungen ein
solches Opfer verlangen«
Mit Günther war es änderst er zog sie sinnlich an und be-
friedigte gleichzeitig Ihre Mütterlichkeit; und was ßnderen
möglicherweise als naiv und unreif erschien, erhöhte seinen
Iteiz für sie. da es so sehr im V/iderspruch war zu seiner fri-
schen und rationellen i^uffassungsgebe, seiner beruflichen Auß-
gezeichnetheit, seiner männlichen Besonnenheit und geschäft-
/-V
liehen iQughelt. '3eino Augeschlossenheit neuen Erfahrungen
gegenüber und sein nooli immer vorhandener Protestantismus
bildeten reizvolle Gegensätze für sie. Obgleich sie wünschte,
dass diese Beziehung eine bleibende würde, wollte sie OÜnther
nicht drängen, seine Ehe zu liquidieren. Noch war sie geduldig.
240
1
(
«uoh naoh *mlntfa üod die vielen F*r©unci©, eil« oie umwarben,
hfitto er für ale die Anzlehun(T dee Vertreutön, Geschwister-
lichen p^habti aber ihre grcsf?ie leidenschaftliche llnnlioh-
kelt war in dieser 3ezlohune nicht bofriedlet worden, 31e hatte
Blch einige 141». le
in Kinner vorliebt, die ihr eigentlich
aonst fromd wehren. Einen enfjiachen 3ohiller ihre« Viütera hÄtte
sie fs3t ceheirateti hf.tte sich aber docVi zugeben müaaenp deas
Ihre nexiehunr zu ihn nur eine körperliche v/er und Ria sein
Leben nicht tollen konnte^ ii^rrei^te wer Ihr nSher eis die ende-
ren MÄnner, die nie umfcihen. Er zop sie on^ atlees ale sber
euch ab. Sie fürchtete flieh vor seiner öewclttätlfkeit; ale
wi»r auch devon überzeucti lass er, no aenr er sie liebte, ale
aufopfern v/Ürde, nollten f^elne polltlr^chon Verpflichtune:en ein
solches Opfer verlangen.
llit Gunthar wer en enders j er zo^^ ale sinnlich an und be-
friedigte [rleiohseitie' ihre HÜtterlichkeit; un^ w©ä anieren
fi6£5lichorweiBe ale naiv und unreif ernohien, erhöhte seinen
Reiz für Pie, de eß so «?ehr Im v/iderepruch war zu ^^einer frl«
ßchen und rationellen iiuffensunfyßfCibe, aeineij^ beruf liehen Aua-
i
pezeichnetfcsein, peiner männlichen FieBonnenhelt und freachöft-
llohen Klugheit, lein. Au^^jpschloapenhelt neuen Erfahrungen
föpenÜber und sein noch Inmer vorhandener Prcteetentiftmus
bildeten reizvolle OepensKtze
. Obglüioh sie sich wünschte,
/
daaa dlefle Mezlehun,i5^, eine bleibende würde, wollte ale Günther
nicht dröneien, seine Ehe zu licuidloren. Noch wer ale gevluldlg.
I I
^'f • ,31 W, T ;.« '
III
Familie väterlicherbeits--örscho89 sich, da er ein jMUfTen
Mädchen geschwängert hatte* ^r hinterliess einen herz-
zerreißsendan Abaciiiedsbrief . Des Mädchens Name war
^^M^julmT nicht ge^^umiU öt)0r man erfuhr, dass eine sechzehnjährige
Schülerin aus einem der feinsten Privatlyzeen ganz plötzlich
an e^:ner rätselhaften "Rrkrankung — eine ünterleibsblutung
wurde gemun'<elt--'geBtorben sel^l Günther bestand sein
Abiturienteneyamen. Kr hatte besc^ilossen Ingenieur zu
werden und vor allem, alles zu studieren^ was mit Schiffs-
bau und mit Mnrinewesen zusaramenhing. ^ LLm^ kß
"Cr bezog die Hochschule in Danz ig TSfcr- spater /
nach Dessau zu üb^srsideln, um sich dort ganz spezielle
Kenntnisse zu erwerben. Auch war er entscnlossen, sein
Dienst.iahr bei der Marine während seiner Studienjahre zu
/
V
erledigen.
Bevor er Hamburg verliess^ gelang es ihm doch
sich von Trude zu verabschieden, ohne von den anderen
A ^. i A ^> Familienmitgliedern beobachtet oder bewacht zu werden.
/^ €<^j[^t^p4€^^ Die beiden Jungen Leuto» hatten. ^^^Hisreden /yiiiulil'^rTum mit-
einander allein zu sein und trafen einander nun nn der
Alster, wo sie die :':chv/sne beobachten konnten und neben
'o^/ef^c^%44iV\ einander dahin schleuderten. Bs war ein etwas nebliger
Tag, die Alster war silbergrau, die Schwäne waren faul
-10-
Handelseigentümlichkeiten streng geheim; niemand
hatte die leiseste Ahnung davon« Pein Verdienet war
kein sehr grosser. Für junge "F^rwachBene wurde weit
mehr gezahlt » aber zu ^erwachsenen hatte er nicht die
verführerisch werme Beziehung wie zu Kindern und wusste
nicht, wie er auf sein Pchiff hätte brinpen können*
Auch erinnerte er sich noch an den "Walfisch" und die
>
schrecklichen Dinge, die er dort mitangesehen hatte.
Nein, sie mussten freiwillig zu ihm kommen, ihn liehen
und bewundern — Gewalttätigkeit war ihm ein Greuel.
Auf seinen Fahrten noch dem Norden war Matthias
auch zu Inseln in Maine gekommen und hatte öfters an der
Insel T?. angelegt. Ihm fiel auf, dass die Insel aus
Granitfelsen bestand, und seine Pantasle begann, eich
mit den Möglichkeiten der Verwendung dieses Gesteins
zu beschäftigen. Er verschaffte sich soviel Kenntnisse
über Granit wie ihm zugänglich war. Je mehr er darüber
erfuhr. Je sicherer war er, dass er auf ein ganz grosses
Zukunftsgeschäft gestossen sei. "^b musete mögglich sein,
den Granit zu schlagen und ihn (;forthin zu verfrachten.
wo man ihn brauchen ko
n un
hette man_d, _
Gränlt^ IJm^dS^seTnsrTa sslön^
er träumte sogar davon. /\T?r kehrte immer wieder nach R.
lU^i^/l^
r
3?»:^ 261
(
(
chlrurp;lBchon Elnfrlffen mltzuholfenj aie war ganz beaonlera
31e hatto Gunthar nie Geler^nheit gepeberii Über die Ver-
gangenheit zu Rprochen. 3elrjo Gefenwrirt nfihm öle xur Kenntnla,
B0t
wlo dl<? einen beknxinten liOblllBri^* 31e war nicht unfreundlich,
BhQT vülllf, unlnter«?^55Blert, ■)r> ni«^- nicht v;ie aniere In peut^oh-
durch den schwarzen Markt ^
land hung'cm nuR??te, fi0nr?era^^^tti.«€!n4 unl rut zu ef^nen hetto,
eixL, entsprechend
1 sie vlf.l ^iint-^r^ al!5 ihr Alter/uncl noch Ini'üier flehr schön
AUS. c.ß w?r fdr G-Ünthor ^tn p-roaaes 'Jnf lÜok in ihrer KÖhe z\x
le''.on, ohne nie zw fee.^^ity.en* 'ir .Ipchte isnn oft an Irlomen,
die Ihm eini^l von iiom, wohin nlo kurz vor It;?:ilionfl iilntritt
in .:len Krieg 7.urüok^;e'ce>irt wrr, froschricben hctte. Der nrlef
wi^r ihm iurch Bot^n üb(?rbraoht worrlen» iJiner ihrer noziftllRtl-
ach^n ?reun1e hstt^ ^ich nr<ch Dcnit^chlsnd cinpenchnufrr.elt und
hatte auch für Günther eine ^:ittei1un£r ß:eh€5btt Sr hntto nicht
antworten können. Ctirtrade, 1er er von dieser i^iöchrioht erzfihl-
tCp Ja er Ißn/il-^i noch hoffto, durch voll>.o:nmcnc Offenheit eine
neua 3^2iehunp" zu bewirken, h^itte nicht?? weiter iBWlber be-
Ä#rkt, el^ 1a aa er .«lich ^^ea rloohverrntea schul dif mschen würde,
wenn er aritwortete» 3o ti«4ia er e?^ auf f^icr: b«weAd©n.
Aber zeitweise störte der T^un^^ch, 3slo:noß wiederzusehen,
iion beim V.lnachlofen, und er mahnte sein Alkoholqur^ritum er-
höhen, 2r he^tiPiQ ein H-ut i:n Holsteinischen, -^o If^s?» er und
sein HßUB vor \c ^em körperlichen Dßrbon pesohÜtzt warben, «her
seine 3e3€le ^arbte sehr* ::r hfitto >iaum noch .^rounde. >ein
( )
/^R )on(> 'U ^^(-^ '
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J
zvrsiffia BUCH
1» Kapitel: Tod In Rom
I.
Ea war ein spätes Ostern In diesem Jehr, In Hamburg lapen
Im April nooh Beste aohrautzlgen 3chneea auf der Strasse,
So viele Leute weren sn der leidigen Influenza erkrankt
und hotten sloh dann Im Zuge dieser Erkrankung noch Lungen-
entzündungen zugezogen. So wor es auoh dem Professor von
Jagemonn erganeen. Er hotte diese unangenehme, Ja für Ihn
recht gefährliche Erkrankung auf einem der nun noch sehr
seltenen Krankenbesuche erwischt, le waren nur ganz privi-
legierte Patienten, die er mit einem Hausbesuch beehrte,
alte F'reunde oder vielleicht hin und wieder ein Würden=
träger, dem er dieses Zeichen von Respekt nicht versagen
konnte. Die über achtzigjährige Kedlzlnalrätln Helle,
Witwe eines seiner geschätzten Kollegen, hotte Ihn zu sich
rufen lassen während einer nebeligen und feuchten Nacht.
Sobald er Ihr Zimmer betrat, schloas er von Ihrem fieber-
haft geröteten Gesicht und den schwer- keuchenden Atemstöasen,
dass sie Ihn dringend brauchte. Er tat und verschrieb alles,
was In seiner Macht stand, verschaffte ihr eine Kranken-
schwester und blieb selbst nach deren Erscheinen nooh eine
lange Zelt an Ihrem Bett sitzen. Erat als sie in einen ruhige-
ren Schlaf verfiel, verliess er Ihr Haus,
\
#>
-2-
Er selbst war nun ßchon ein ©Iter Mann« "Aber ich bin
nicht alleine," dachte er^^ ala er wieder In «meinem Wapon ^bbb.
Er dachte an seine FVau und seine Kinder und seinen Junpen
Enkel, auf den er sehr stolz war, Dadrlnnen aber In dem
Heus, das er grade verlasf^en hatte, lag eine alte Frau,
nur auf bezahlte Dienste angewiesen und auf die Fürsorge
einen alten Preunded, der sie nur sehr selten seh und den
sie nur in dringendsten Umstanden rufen Hess, Es war ihm
kalt; von weitem hÖrte man die Schüsse, die das Hochwasser
anzeigten und die Nebelhörner vom Hafen. Zuhause angekommen,
fand er auch sein Haus kalt und seltsam Öde. Er Hess sich
von seinem alten Diener, der auf ihn gewartet hatte, einen
Grog£, brauen und in seinem Schlafzimmer ein Feuer legen,
und doch fröstelte ihn selbst unter den wernnen Decken«
Am nächsten Morron hatte er hohes Fieber und sein
Husten hörte sich gefährlich an. Seine Frau, die überängstlich
für sich selbst und die beiden nun schon herangewachsenen
Söhne war, hielt sich nach Möglichkeit von Ihm fem. Er
schickte den alten Martin aus, um seinen Assistenten, einen
Dr. Behrens zu rufen. Dieser Dr. Jakob Behrens war sein
begabter Schüler gewesen, einer der wenigen, mit dem es
ein Vergnügen für Jagemann war, sich fachlich zu unterhalten.
Auch sonst h^tte er den Jungen Arzt gerne, obgleich es ihm
an Benehmen fehlte. Er war Jude, kam aus sehr kleinen
Verhältnissen und hatte mit eiserner Energie, oft hungernd,
es fertig gebracht Medizin zu studieren, lein ganzes Junges
Leben war ein harter Kampf gewes^m, einerseits gegen die
Orthodoxie seiner i::itern, die ihn zum RabMner ausersehen
hatten und ihm sein Medlzlnstudlura verübelten, als sei er
-3-
vom Judentum abe-efallQn; andrerseits gerben die ohrlstllchen
Vorurteile, die er bei Jodern lohrltt In seiner Loufbohn
•l8 Hemmschuh zu spüren bokara. Nur Jogeraenn helf Ihm, maohte
Ihn 7.U seinem Prlvatasalstenton, da das Krankenhaus nicht
geneigt war. Ihn Kum Oberarzt zu ernennen, Hlnfepen war
die ?rau von Jegemann den Behrens nicht sehr geneigt, weigerte
sich Ihn bei Ihren Abendgesellschoften zu haben und sogar Ihn
einfach zum Pamllienmlttagessen einzuladen, 31e redete sich
auf seine unmöglichen Monieren aus, Jagemann, der sich nie
In diese Dinge elngemisoht hatte, konnte nicht plötzlich
SQlnofl Assistenten wegen seine langjährigen litten ändern,
:3o nehm er den Jungen Mann gelegentlich in ein Rstaurant
nach apSter Arbelt oder einer wissenschaftlichen Sitzung,
Krank wie er sich nun fühlte, konnte er sich nl«nonden
besseren für seine eigene Behandlung denken als Jakob Behrens,
der doch neben seinem wohl fundierten '.»'isaen eine so ermutigende
Haltung am Krankenbett hatte. Auch konnte er, wenn er seine
anfängliche Verlegenheit überwunden hatte, alle möglichen
Anekdoten und eigene Erlebnisse erzählen, die er unter dem
Söramelnamen 'Sohnurren' zusaramenfasste, und die pewöhnlloh
so{7;0r den crlOvSgramlgBten Kranken erheiterten«
1^1^ Jareraann auf Ihn wartete, lleB3 er aloh das alles
durch den Kopf gehen. Er überlegte, wie lange er Behrens
kannte und rechnete aus, dass der sogenannte Junge Mann
ein Vierziger war. Der Professor fühlte wieder die soltsa
me
Kfllte, die er gostem nach dem Besuch bei der alten Frau Halle
empfunden hatte, und als Behrens eintrat, fand er den Kranken
-4-
In einem heftigen Sohüttelfroat.
Jogemann, stellte ea sich heraus, war sehr krank,
I'tertln und eine Pflegerin aus dem Krsnkenhsua, die dem
Chefarzt sehr orfohen war, wechselten sich in seiner Pflege
ab, Behrens verbrechte mehr Zelt mit ihm als mit all seinen
anderen Patienten; oft sasa er die Nacht hindurch mit dem
alten Martin, den er mit seinen Geschichten zu zerstreuen
suchte. Die Freu Professor schlich mehrraala am Tag auf
Zehenspitzen bis zur Krankenzimmertür, um sich nach dem
Befinden ihres Xennes zu erkundl,f?en. Von den iClndern und
Freunden kamen Zeichen ihrer Aufmorkeamkeiti Bücher, Blumen
und Süsaie-.kelten. Nioraend durfte den Krenken besuchen, der
mit einer schweren Lunpenentzündunp um sein Leben kfimpfte.
Seine sehr wideratondsfähipe Natur siegte. Aber
die Krankheit llosa ihn schwach und piealtert, und er erholte
sich nur lan^rsam, Kln hässllcher acharfer Wind wehte von
der Nordsee herüber, so dasß an ein aus dem Hause gehen gar
nicht zu denken war. Sogar der Oedanke daran mochte ihn
frieren,
Behrens fand seinen Patienten am Nachmittag am Fenster
sitzen und in den allmählich (rrünwerdenden Garten hlnaua=
«eben. Auf die übliche Frof-.e nach seinem Befinden sagte er,
"Ja, wohl ganz gut — aber kann man denn Je wieder warm
werden In dieoem Klima? Denken Sie, Behrens, wie schön es
wSre , Jetzt in Afrika zu sein ~ oder selbst Italien würde
wohl fenügen. Sollte man nicht nach Sizilien gehen, um sich
-5-
aufzuwärmen? Aber wer hnt denn die Zelt de zu?"
Behrens hatte Interessiert eufgöhorcht und hatte dann
gtmelntt daaa der Herr Professor wohl In zwei bis drei
Wochen so weit sein würde ^ solche PlÄne In die Tet umzu=
eetzen, Devon wollte Jepemenn nichts wiaseni *'Ioh bin ein
alter Menn, Behrens; habe nicht mehr viel Zelt zu verschwenden»
Zwel| drei Wochen warten und denn reisen, nein, das kann Ich
mir nicht leisten. 31o sind Übervorsicht lg mit mir, mein
Freund, und nehmen nicht zur Kenntnis, dass Ich eine
unverwüstliche Konstitution habe. Denken 31e doch daran,
dass Ich die iMalarla überstanden hebe, damals als wir In
Afrika waren, und so viele sind Ihr erleben»**
**31e erinnern mich an meinen Grosavater,'* aapte der
Junpe Behrens, **der hielt sich für den stärksten Mann In
Hamburg, Er i/urde der rote Behrens (.renant, war ebenso breit
wie hoch und wirklich sehr kräftig« Einmal schrie llim ein
La stwap-en-Kut scher zu, ^'Aus dem Weg, Judi" als er Über die
Strasse gi^Ä» ^^ wurde so wütend, dass er sich gegen die
Pferde stemmte, den Wapren zum Halten brachte, sich des
Kutschers bomächtlpte und Ihn ao zusammenschlug, dass der
LastWGf.enkerl Ina Krankenhaus musste. Der rote Behrens
war der stärkste Mann — aber er starb doch nicht so lanpe
nachher an einer Flschpräte, die Ihm Im Hals stecken
geblieben war; die wc^r noch stärker als er.**
"Sie sind ao aufheiternd heute, lieber Behrens,"
sagte von Jagemann, "Um aber auf meine Reise zurückzukommen.
Ich möchte es doch so bald wie möglich, sagen wir In etwa
drei Tagen versuchen*"
-6-
Behrens Hess aloh von dem älteren und so e;e9chflt7.ten
Kollee.en bereden, konnte es aber durohaetzen, daai Jagomnn
voraprsoh, nicht all eine r.u fahren. Allerdinßfl konnte er sich
nicht vorstellen, wen er um sich dulden könnte, und wer, von
Bohrens Gealchtapunlct aus, ftolpjiet wfire, Ihn zu bep.lalten«
Weder Frau noch Söhne schienen Ihm (senehm, Behrens wurde
gewahr, daas Jap:emann oln sehr elnaaiaer Menaoh war,
"Der olnzif-e, der mich nicht fltöron würde, ist mein
3chwlef^er30hn,'' sagte der Irofesnor noch langer überleping,
tr Ist 30 i^uhlgf de 93 man selnö G^penwart nicht merkt , aber
Immer doch gef:enwörtlp, wenn man 3lch unterhalten möchte.
Ich wel33 nicht ellzuvlel über IhJi, eher Ich glöube, Ich könnte
Ihn wohl um mich leiden» **
3o wurde also die Helge von Günthors BereltJ=?chaft ihn
z\x bef-.lelten abhJnplg forneioht*
Günther war recht erstaunt | daas von Ja {bemann ein eolches
Ersuchen an Ihn stellte. Er 8ög:te sofort zu, da er aus elgrenen
Gründen froh war, aus He^mburg und von seinen Geschfiften und
seiner Häuslichkeit fortaukofhrhen; Die Reise sollte zwar
»
80 schnell als möplloh, vhev auch so bequem eis möglich eln=r
gerichtet werden*
1 ':
«♦
Oertrude hatte relnerlel lillnwende ,^epen die replante
Pwelse* Sie waren nun ze^in Jahre verheiratet, hatten einen
Sohn und ein recht peselllpes Haus, und wie in ihrer Mfldchenzelt,
wer sie der eeaellschaftlloha Mittelpunkt geblieben. Wenn möglich
I I
•7-
war Bio noch sohönor e;oworden. Qünther hlnpepen wer von
seiner beruf Hohen Tätigkeit vernohluckt; so sohlen es Jeden»
fölla^ Er war zurflokßezofren, hotte aelbat keine freunde
obr.lolch Behr viele Dekannte, Nfioh dem Tod seines Onkela hätte
er die Reederei übarnomrr.en und sie In den letzten fünf
Jahren gehörig erweitert; er hotte einen Teil aelnes
amerlkanlaohen VermÖpens dazu benutzt, hatte die Beziehungen
zu Amerika p;e9ohlokt benutzt, um nun eine ref^alreohte
♦■
Pasaa^lerdampfer-Llnle Hanburg-Amerlka zu betreiben. Er
hotte mehrmals den Ozean Üborquerti hatte die modernsten
und sichersten Erflndunpron ausgewertet und sah den Erfolg
daran^ dass seine lohlffe die Reise In kürzester Zelt
zurüoklef^ten. (Jbordles hatte er auch neue Prachtdarapfer
bauen lassen, die naoh Afrika gingen« Nun hatte er eine
neue Idee, die Ihm reizvoll und vlolversr^^ohend erschien!
Er plante mehrwöchent liehe V^^rgflügungsrolseni die einer
beschränkten Anzahl Passagiere erlauben sollten. Je nach
der Jahreszelt In nöHllchen oder südlichen Zonen einher»
zukreuzen. Gerade, zum Beispiel, In Jagemanns Fall wäre
so eine Möglichkeit von grossem Nutzen gewesen. Aber nun
musaten sie mit der 3a hn fahren, und das würde anstrengend
sein für den noch nicht ganz Genesenden*
Behrens gab Ihm genaueste i\nwelsungen über Jagemanns
Gesundheitszustand und warnte Ihn besonders davor, dass der
-8-
M
Professor auf die nur longseme Verbesserunfr seines Allgemein^
beflndens mit proaser Unreduld reepieren mögei Ja dass er sich
mehr en körperlicher Leiatunp deswegen zumuten würde als er
wlrklloh leisten könne« Er bat Günther drlngendst, mit Ihm
in regelrechtem Briefwechsel zu bleiben, Ihm alle Beobaohtunpen
über Jcigemanna Zustand mitzuteilen und Hess sich das Versprochen
gebeni dass er ihm sofort telegraphieren würde, sollte Irgend
eine Veränderung ungünstiger Art elntretent
Günther hctte Behrens nie getroffen, sah nun einen Kann
vor sich, dessen menschlicher und beruflicher Ernst einen
grossen L-lndruck auf Ihn machten, so sehr Im Gegensatz zu den
schnippischen und sarkastischen Bemerkungen, die Gertrude
gelegentlich über diesen Mann zu machen pflegte. Er war
sicher keine besonders schöne Erscheinung, wenn man sich
den deutschen Turnverein als männliches Ideal dachte* Er
war untersetzt, rothaarig, mit einer fast assyrischen Nase
und dabei wasserklaren, hellen Augen, die unter roten buschigen
Brauen einen durchdringenden Blick zu haben schienen» Der
Kund war gross zügig angelegt, von einem rotblonden Schnurrbart
und Klnnbart umgeben, Günther fühlte sich In der Gegenwart
dieses Mannes wohl. Er sohlen Ihn nicht als einen fremden
zu behandeln, sondern ganz ohne Aufdringlichkeit als Jemanden,
der zu Jagemann dazu gehörte, Ihm also vertraut sein musste
und auch wertvoll. Er behandelte auch Martin In dieser '.Velse,
nur mit grösserer Wärme, und der alte Mann hing mit Vertrauen
und Zärtlichkeit an ihm. All dies konnte flünther in der
-9-
kurzen Spanne Zelt bis zu seiner Abreise mit Japemann und
Mertln beobachteni und er übernahm seine Aufgabe mit einem
seltsam petrösteten Gefühl, das er seit seiner frühen
Kindheit nicht mehr empfunden hatte. In der dritten April-
woohe verlless Japremnnn mit Günther und Martin Hamburg«
Sie kamen noch pTede rechtzeitig In Rom on, um die
Osterfelerllchkelten In und vor Senkt Peter zu sehen»
Jepjemenn konnte sich nur ouf kurze Zelt an dieser Praohttr
sohaustellung erfreuen, da er zu raüde wurde; so begleitete
ihn Martin zurück Ins fiotel. Er hatte das Santa Chlara Hotel
eusgesucht, das Ihm bei seinem früheren Aufenthalt In Rom
gut gedient hatte. Es lag bescheiden In einer schmalen^
ruhigen Gasse, war aber bequem und gediegen eingerichtet,
hatte ausgezeichnete Bedienung und war nahe genug dem
Pantheon, dass man es Jederzeit aufsuchen konnte.
Im Pantheon hatte Ja^emann oft und oft gestanden,
hatte Raum und Licht auf sich wirken lassen und hatte
gewöhnlich ein klareres Denken, beruhigte Sinne, Ja manbhmäl
sogar die Lösung eines wissenschaftlichen Problems mit
fortgetragen. Das hatte er vor seinem Inneren Auge gehabt|
als er vorgeschlagen hatte, In Rom halt zu machen. Er hatte
Beschwerden eigener Art empfunden, die er sich selbst und
seinem Reisegefährten nicht eingestehen wollte; so prätendierte
er einfach Müdigkeit von der schon mehrtägigen Elsenbahnfahrt.
Er war aber ein zu guter Arzt, um sich wirklich über den
G3?ad seiner Erschöpfung zu täuschen. Zu Zelten hatte er ein
Oj^re SS Ions ge fühl, das Ihm das Atmen schwer machte und sein
sonst eher longsamer Pulaschlag konnte nach leichteren
-10-
Anatrengunf.en wie Treppensteigen plötzlich unraaaalre Jlle
zelfren. Er wollte Ina Pantheon; es war wie aln Zwang, Doch
wollte er allein dort sein, aonat hotte ea keinen 31nn für
Ihn. Überrascht ertappte alch der Atheist und fiatlonallst
Jafemonn dabei, deaa für Ihn das Pantheon wirklich der 31t z
übemstürlloher Kräfte war, doaa &r ein froramea Gefühl hatte,
wenn er aloh das von oben horelnstrBmende Licht In dem runden
hohen Raum vorstellte — und die weihevolle, göttliche 3tllle,
Er lächelte erstaunt über sich aelbat und doch trieb es Ihn
dort hin, zu einer msglsohen Kur seines kranken Herzens,
Als Ihr Wagen am Hotel hielt, llesa er Martin vorangehen
und versprach sehr bald Ihm naohzukonnen,
Jagemanna Besuch Im Pantheon hatte Ihm Jedoch nicht
die helmlloht erwartete Hellung gebracht. Im Gegenteil, In
der gtllla des Tempels hatte er die alte Klarheit der Sinne
zurückerhalten, die Ihn zu dem ausgezeichneten Arzt und './lsaen=r
HChaftler , der er war, gemacht hatte, und die er nun ohne
besonderes Selbsterbarmen auf aloh und seine Symptome richtete.
Er konnte sich nun zugesteVien, dasa er am Rande seines Lebens
stand, da SS die vielen kleinen Zeichen, dl© er unwillkürlich
an sich beobachtet hatte, eine Erschöpfung des Herzens an=
••Igten und dass er rasch d*JB^Hllfe seines guten Behrens
bedurfte — falls noch Zelt dazu war — um nicht auf dieser
Reise zu sterben. Er ertappte sich dabei, dasa der eigene
Tod Ihm völlig unnatürlich und genau so rätselhaft war wie
In Jenen Tepen, eis er, ein sehr Junper Mann, von Grauen
-11-
überföllen wurde, wenn er dleaem Gedanken aloh auch nur nfiherte,
Elpentlloh hatte Ihn dieses Leiden zum Studium der Medizin
veronlaaat, 3r hcstte sich selbst auf die Probe stellen wollen;
5 er hette dem i\n8tomlecliener ein Trinke;eld crefrebeni damit er
ihn helmlioh, bevor er sieh in die Studöntenliste eintrug^
in den Sectionsraum liess, so dass er dem Erfolg des Todes
allein g;apenÜber stand und mit eigenen Aupen das Oefürchtete
Mh. Aber er wuaste, daag er das ertrap:en konnte. Er hatte ^
den Tod so oft in anderen bekämpft; er hatte verlernt an sich
selbst zu denken, wenn es um Krankheit oder um Experimente
gingt Er dachte an soino Erlebnisse am Tropenkrankenhaus,
wo er nun nach seinen drei JTehren in Afrika die leitende
Stellung: innehatte. Damals^ bevor er nach Afrika ginpi hatte
er wieder oine Zeitlang das Grauen empfunden, hatte Ta^e und
Nächte im inneren Kampf zuKöbraoht, weil Irenes Selbstmord
\ ihm das Leben leer und lächerlich erschienen liess und er
selbst nicht mehr leben wollte. Aber das Grauen vor dem
Nichts war stärker, er ging nach Afrika, um, wie all© -.- ausser
Behrens — meinten, den letzten Stein dem Gebäude seines
Ehrgeizes anzufÜßan. Bohrens wusste, dass dem nicht so sei;
und Jafremanni der nie den Jungen Arzt zu seinen Vertrauten
gemacht hette, fühlte sich wenifstens von einem Menschen
verstanden,
3o war es natürlich, dass er Jetzt an Behrens dachte,
der Ihn so gut durch die letzte Krankheit gebracht hatte
und dessen besorgten Ausdruck beim Besprechen der Reisepläne
-IP-
und beim Abschied er wieder vor sich seh; hetto er doch den
Anderen ob seiner übertriebenen Pürsorge etwas ausgelechtt
Er glnp lunpsam, ein müder, wissender Mann, zum Hotel
zurück und sendte ein Teleprom an Behrens, In dem er Ihn
bat, siofort z\x kommen. Günther und Martin sapte er, dsss er
sich welter elnlpe Tape In Rom aufhalten wollte, um den
Letzten Teil der Reise besonder?? zu penlesaen. Da er sich aber
doch so krank fühlte, dass er om Abend viel früher als sonst
sich zu Bette lefte, wurde Günther recht besorgt und beriet
mit Martin, ob sie, ohne Jafomf^nn Tavon etwas zu saren,
von sich aus Bohrens telegraphieren sollten« 31e beschlossen
aber, mehr aus Angst vor der Srrerllchen Reaktion des
Professors als aus vernünftigen t)berlefrun(;an, bis zum
irfichsten Morien zu warten.
Günther war seit seinen Jünplin^^^^^tagan zum ersten
Mal wieder In näherer Beziehung zu seinem ^chwlepervater.
Während clor ersten Jahre seiner I:^he war Japomann In Afrika,
mit Ausnahme der kurzen Zelt, die er aur Hochzelt Gertrudes
In HE^mburf verbracht hr,tte. 3o sehr Günther sich auch
bemüht hatte das, was er bei seinem ersten Besuch In New
York von Itox über seinen zukünftlfren Schwiegervater erfahren
hatte, zu verfressen, es war Ihm nicht ganz gelunpen. Er
war mlstraulsch {reworden un 1 ertappte sich dabei, dass er
bei Ihren kurz'?n und seltenen Beisammensein Jede von Jage=r
mann gremochte jlusserung- sozusagen auf die Wagschale legte,
um Ihren WahrheltsFohalt festzustellen. Er war überkritisch.
i
-li-
eber euch übersenaltlv In neiner Beziehung zu dem elnBt 30
Verehrten geworden; doch muaBte er sloh Iratner wieder gestehen,
dass nloht der Hauch elnea Verdachtes von UnmoralltSt an dem
Kenn zu haften schien» Der einzige Vorwurf, der mit Recht
geuacht werden konnte, wer seine Zurückhaltung und die
Abwesenheit Joder Spur einer menschlichen Wärme seiner Tochter
gegenüber. Es aohien Günther ,dö83 er sie ebelchtllch vermied»
Er kam nur SusBorBt selten zu Ihren geaelligen Veranataltunf-en,
schien sloh In seinem eigenen Kauae ebenso auf Arbelt auszureden,
wie wenn Gert rüde und Günther zu Senuch kamen, und Günther
empfand es als recht sohmerzheft, dass Jsgerasnn auch keinen
Anteil am Aufwachsen seines Enkels zu nehmen schien« Manchmal,
wenn er zufällig doch bei einer Ihrer Visiten zugegen war,
beobchtete or mit fest düsterem Blick den Jungen Knaben, als
ob er In seinem Benehmen etwas Verborgenes und übles zu
erwarten sohlen« Zu andei^on Menschen war er dagegen freund^lch,
wenn auch nicht besonders herzlich« Die Zwillinge, die
beschlossen betten nicht zu studieren, waren offensichtlich
eine iiinttäuschung für ihren V^ter gewesen« Aber er behandelte
sie eher mit einem Piumor, der zwar etwas von seiner Verachtung
Ihnen gegenüber be Inhal täte, aber doch gutartig war« (Sie waren
beide, nachdem sie ihre Militärpflicht erledigt hatten, in
den kaufmännischen Setrieb ihres mütterlichen Grossvetera
eingetreten, wo sie sloh wohl fühlten und für das Unternehmen
vielversprechend entwickelten)«
-14-
Obfloloh also Günther den iilndruok go*ftnn| daaa keine
sehr Sterken Llebesbezlehunfren seinen 3chwlogrei^v£iter an seine
?erallle beenden, hotto er doch nie ein zweldeutlp^ea V/ort oder
ger ein Gerücht über eheliche Untreue Über Ihn frehört. Er
^ — '" — '-^^
war ,^war allgeraelnNela ein sehr ehrg-elzlper aber duroh^^ua
'>•«».•»•
rechtschaffener Mann angesehen, beliebt bei seinen Patienten,
fresohStzti aber auch pafürchteti von seinen Mitarbeitern,
Die Pürsorge und Liebe, die Behrens so unverholen seinem
Lehrer und Vorf^e setzten entn-egrenbrechte, wirkte daher r : •. t
elfrentlloh recht überraschend und sehr anziehend auf Günther;
errerte Jedoch ein Gefühl von Slfarsucht auf den Jüngeren
Ärzt| der anscheinend zu Japemann In einem einzigartigen
VerhjWltnls stand. Er konnte sich aber des Gefühls nicht
erwehren, dass er schon einmal In der Vergangenheit Zeu^e
eines solchen Verhältnisses gewesen war.
Die Tapo seit Ihrer /abreise von Hannburg hatten Ihn
seinen Schwiegervater In einem anderen Licht sehen lassen.
Klne andere Seite aelner Persönlichkeit schien zum Vorschein
zu kommen, Der sonst so ernste und zurückgezogene Kann
zeigte sich Günther liebenswürdig, heiter und dan-^bar. Er
war mlttollsani, Ja unterhaltend und machte den ^ilndruok
eines .^'enschen, der Irgendwelchen ITesseln und Quälereien
entronnen war oder auch Jemandem einen Streich gespielt hatte.
ir erzählte Günther von früheren Reisen und besonders von
seinen i:-rlebnisson In Afrika. Er sprach von Ja 'tob Behrens und
seiner grossen ärztllc^ien ilegabung, und wie grossartig er
sich bei der Behandlung und Untr^rsuchunig der Verursachung
der Tsetsekrankhelt bewährt hatte. Zum ersten Mal hörte Ihn
^
^15-
QÜnther auch von oelner Kindheit und aelnen Oupondjahren
apre oben.
Er hotte einen baltischen Vpter und eine rusalsche
Mutter (Tohöht» Die J^nromanns waren eine nlte edllge ?^mllle
In Revöl pawesent Seine frühe Kindheit hotte er dort verbracht
und auf dem Gut seines GroBSvatera In Finnland* 3elne Mutter
W8r früh peBtorben, wie so viele demslSi Im Kindbett^ und
hatte Ihn und seinen älteren Bmider untröstlich Über Ihren
Tod zurückgelassen, 3eln Veter, der ein schweip;samer und
fast düsterer Mann peweaen war^ hatte nach Ihrem Tod viel
Zelt auf Reisen verbracht und brachte dann von einer dieser
^^Isen eine Junpe 3tiefmutter ml$# 31e war aus Hamburp und
erkrankte so stark an Helmweh| dass die ganze Mamille nach
Hamburg übersiedelte. Die Ferien verbrachten die Brüder
aber Inner bei Ihren Gro^seltern, auch die vVeihnachtaferlen,
In denen der Grossvater sie mit auf die Büren Jagd nahm« Es
waren prossartlfe Zelten auf dem alten Besitz, so viel
heiterer und freier als In Hamburgt Viele i^este wurden dort
gefelerti es g-ab Immer gute Geselllfrkeit und welch* eine
Verschwendunpi JiBperaenn fügte mit einem LÖoheln hlnzUt
dass allerdln/f.s na/ch seines Grossvaters Tod auch nichts
von dem BeRitz Übrlp reblieben war, Nur ganz undeutlich,
safte er, erinnere er sich an seinen väterlichen Grossveter
In Dorpat; der war ein ernster Wissenschaftler und bedeutender
•16-
Kun?^thlf=^torlk8r pewenen. Er f^el ober gestorben, gIs Jnfremonn
nooh sehr Junp, war. Die Qroaamutteri die eine IchÖnhelt
goweaen sein sollte , habe er ger nlcVit gekonnt, 3öln
Medlzlnetudlum habe er In Dorpat bekommen* Das war damr^la
eine berühmte Fekultät peweaenp mit vielen bedeutenden Männern,
denen er viel zu verdanken hStte, Ja^emann schwieg und sohlen
eine Zeltlenp seinen Gedanken naohzuhönren. Er keim nloht
wieder auf seine JuB^^ndgaRchlohte In späteren Gesprächen
zurück*
Jagemonn hatte schon mehrmßls In den letzten lochen
nach Tajren grösserer körperlicher Anatrongunß und auch see-
lischer Anspannung ein unbequemes Gefühl In der Brustj^epend
p.ehebtj man konnte es nicht recht als Schmerz definieren,
obrl^^loh es den franzen Brustkorb aozusap-en gefangen hielt
und auch einen v/eg In den linken Arm bahnte t Sr wusste
natürlich, dasa es anglnöse Erscheinungen waren, die von
einem leichten Verkrampfen der Herzgefässe herstemmten»
Er war aber immer imatande gewesen, einfach durch Untere
brechung der Jeweiligen Tätigkeit oder ein Icurzes Ausruhen
diese Belästigung los zu werden* Nach seinem Besuch im
Pantheon aber, obgleich er im 3ettvlag und schon seit
mehreren Itunden völliger Ruhe pflegte, überfiel ihn der
Schmerz unei^ortet mit gross ter Intensität •
Es war nun als ob ein Tier seine Rloaenklauen in
seinen Brustkorb grübe und ihn zusammendrückte, dass er
nicht atmen konnte vor angstvoller Pein; heisse quälende
-17-
Strahlan lief an in den linken Arm uni sopar In seine Holas
rrube, Sr fühlte seinen Herzachlsg rasen und sprlnp-en und
von Zelt ?.u Zelt ausaetzen, Der Schmerz wer so stark,
da 93 er fürohtete bewuastloa zu werden. Er wollte um Hilfe
rufen oder die Hand nach der Glocke auaat recken, um I'Iartin
oder Günther daa verabredete Zeichen seiner Hllfsbedürftlp-keit
zu eeban, aber er wagte alch nicht 2U rühren, aua Angiat den
Anfall zu verschlimmern orlor zu verlängem. Er konnte nicht
aapen , wi^; lanfre dieser Zustand anpedauert hatte, er schien
ausserhalb measborer 7,eit zu soln.
Der Schmerz hörte auf, und er fiel in einen Schlaf
tiefster SrschÖpfung, Nach einigen Stunden oder Minuten
wachte er auf und aeh, dass die Nacht in namtnerune übe rpe ^a npen
w«r. Er hatte nun Anpat allein zu aein, konnte dem Morpen,
den er ao dringend herbeisehnte, doch nicht allein entpepen«
sehen, so läutete er, und iMartln kam aofort In sein Zimmer,
4
ala w^re er ggr nicht zu Bette peweaen, aondem hätte Im
Hebenziramer gewacht und gewartet. Der alte Mann hatte - »
nie jemandom erzJhlt, deRB er seinen Herrn weinend im rte tt
vorf^efunden Unfl^lhn wie ein Kind in seinen r.rmon eetröstot
hatte«
Günther schickte ein paar Stunden später ein Telegra
m
an Behrens, als Japemann einen erneuten Herzanfall hatte
und auf kurze Zeit bewustlos wurde. Er schickte aber auch
pleichzeltif* nach oinom /.rzt, der auch in wenigen Augenblicken
da war« Weder Martin noch Günther konnten ihm einen zusammen-
hÄnj^'onden Bericht geben, dn ihr italienisch nicht imsreichta
•18-
und der Dootor Glanottl weder Deutsch nooh lilnpllsch apreoh»
Vfas Immer sein Eindruck von der Erkrankung Jepemanns war,
er brachte den Professor durch Irgendwelche iMassnchmen wieder
zu aloh, und de der Arme an schwerer Atemnot litt, legte er
Ihn 90^ desa er mit Unterstützung von vlolen Kissen fest Im
Bett oufsess* Pur Günther, der ratlos und ohne Sechkenntnis
das Leiden seines Schwiegervaters mit ansehen musste^ WcH ren
es ho rz zerre Issende 3tundoni es war ihm als ob er selbst dort
läge, blau Im G-esloht und nach Atem rlnf^endj es schien als
nun 'L
ob die {Tanze Welt für Ihn/zusammengeschrumpft war in Immer
den nächsten Atemzug, den er Jsgemann seiner Brust abringen
sah unter so qualvollen Schmerzen, die das Gesicht des Leidenden
bis zur Unkenntnis veränderten^
Der Italienische Dootor flÖsste Ihm verschiedene
Tropfen ein, die wohl die Herztätigkeit unterstützen sollten?
was Immer sie bewirkten, sie veränderten den Zustand nicht.
Günther warte kaum Je das Zimmer zu verlassen; er sah wie
der Kranke seine Hände In die Bettdecke krampfte, sah wie
Ihm der Schwelss über das Gesicht rann, das Martin Ihm immer
wieder abwischte. Er hörte Ihn ^/orte ausstossen, die er
nicht ganz vernehmen konnte und doch verstand, und hörte
Ihn einen Namen, der wie Irene klang, anrufen. Er betete
Innerlich, daaa Behrens kominen möge, obgleich er sich aus-
rechnete, dass er nicht vor dem nächsten Abend eintreffen
könnte, denn er wusste Ja nicht, dass Jagemann schon vor Ihm
-19-
don Arzt benachrichtigt hotte.
In all dem hatte Günther wieder ein undeutliches
Gefühl, ala hotte er diese flohrechllohen Stunden des Wr^rtena
schon frflher durohlebt und konnte «loh doch nicht beginnen,
etwea so iintsetzllohea Je erlebt zu heben. Flüchtig dachte
er an den Tod seines eigenen Vaters -- aber er war nicht zun:
pepen pewesen und hatte sich des?^en Hinscheiden auch nicht
In seiner Phantasie so ausgemalt. Denn dachte er an Gertrude,
en Ihre l^ntblndung und an die Geburt seines kleinen Heinrich.
Des ^^arten war qualvoll gewesen mit all der Anpat um Gert rüde,
die Furcht sie oder das Bable zu verlieren — aber er war
nicht Im Zimmer, wo die GebSrende lap, anwesend p:ewesen#
Arzt und Hebamne hatten Ihm verboten hereinzukommen. Ja,
das 'Varten damals war schracklloh pewesen, vielleicht
prausamar noch als Jetzt, well er das Stöhnen und Schreien
seiner pellebten ?rau durch geschlossene Türen hören musste
und nicht Bsh was vor sich ging.
Der Dootor flÖa'^te Japemenn neue Medizin ein, dann
geb er einige Anweisungen, wie ihn warm zu halten und Ihm
nichts zu essen zu peben, oder nur, wenn er danach verlangte,
ein v;enlg Hühnerbrühe, und ging seinen Geschäften nach.
Zeltwelse schien Japenann auf einen /»ugenblick zu
schlafen, oder vielleicht wer er auch momentweise bewusstlos;
dann schien der Kampf wieder verstärkt vor sich zu gehen;
er knirschte mit den Zähnen und verzerrte sein Gesicht vor
3ohmerz, und manchmal schien er um Hilfe zu rufen. Es war
schon fast Abend ala Behrens ankam.
-20-
Günther plaubte ein /ander zu erleben» Dr* GlenotLl
r grade wieder bei dem KrenV.en und schien ebenfio hilflos
wie Günther und Martin, Behrens , der merkwÜrdlfrerwelae
Itellenlfloh sprsoh| Hess aloh von Glanottl raaoh berlchteni
dtnn untersuchte er Jopemann, schnell aber mit so zcrter
Geschlokllchlcelt, dasf^ es sohlen^ als ob schon die Berührung
seiner HUnde dem Kranken Erleichterung brachte. Er trat auf
einen Aupenbllck mit Glanottl ans Ponster , und von der heftig
abwehrenden Bewegung des Italieners konnte Günther entnehmen^
dass Sehrena einen Vorschlaft gemacht hatte , der dem anderen
ge föhrlich schien. Behrens trat nun wieder ans Bett heran
und sagte mit ruhiger Stimme i
"Herr Professor, 3l9 haben einen Herzinfarkt erlitten,
loh kann Ihnen nur cirlalchterung geben, wenn Ich Ihnen eine
I'iorphlnlnjektlon machen darf. 31e müssen sich auf mich
verlassen. Ich habe Erfahrung darin."
Jagomann konnte nloht antworten, er hatte die Augen
nun r-eHffnet und blickte den Jüngeren Arzt an, als ob er
eine tiefe, nicht 7U beantwortende ?r&pe stellte} seine
Hände umklem-xerten den Ftend des Bettes, seine trockenen
blauen Lippen waren geöffnet, um mehr Luft hineinzuziehen,
der Brustkorb schien kaum mehr die heftige Arbelt des
Slnatnens bewältigen zu können. Behrens hatte eine
Phiole geöffnet und hatte eine kleine Spritze mit Ihrem
Inhalt gefüllt; er betupfte den Ann des Leidenden rasch
mit etwas Alkohol, bevor er die Nadel unter die Haut stless.
Denn nahm er Jago^nanns Handgelenk In seine Hand und zählte
-?!-.
seine Pulsßohlöce» ^r Kampf umfl Atmen wurde schwächer.
Jeroraanna verkrempfte Züpe lösten slohi er lehnte den Kopf
oufB Kissen zurück und achloas die Augen, ein p:onz fölnea
Ucheln flchwebte um Beine Lippen, die "Mutter" lispelten;
denn schlief er ein,
Behrens tr&t ans ?enater, und als Günther auch hlnr.u-
tr©t, sah er 7.\x seinem unhaher'' Ichen Srstaunen, daas dem
Mann Trönen übe>^ die ./en/^en llefeni die er ohne Zeichen
der Vorlefenhelt mit der Iinnd wefrwlschte, 3r sarte mit
leiser^ orrrlffener 3t Imme j
"ir hette mir teleprraphlart, er muss eine Ahnung
p^ehaht haben, dass ea am Snde Ist. Nur ein Vunder kann Ihn
retten — und loh kann es nichtl"
(Nieder standen Ihm Trönen In den Auj^en, und Günther
merkte, daas auch seine elpenen feucht wurden, "v/le lanpe,"
brachte er mühsam hervor, "wie lange — es war so sohrocklloh,
er litt so entsetzlich — Gott sei Dank, daas 3ie hier sind.
Wir telegraphierten, aber 31e müssen schon unteivegs gewesen
sein. Er serte nichts davon, dass er Ihnen tolec^raphlert
hatte. — ^te lanpe, glauben 31e, ".versuchte er wieder, ohne
doch sich zu trauen, die elfentliohe ?vc\^e zu stellen.
Behrens antwortete nicht; er kehrte zum Bett zurück
und löste Martin ab, den er fortschickte. Martin weigerte
sich zunächst, seinen Herren selb^-^^t auf kurze Zelt zu verlassen,
aber Behrens machte Ihm klar, dass er Ihn spöter dringend
brauchen würde, und dass er deshalb Jetzt die Zelt eusr:
nutzen musste, um sich auszuruhen. Auch gr^b er Ihm ein
-22*
leichtes 3eruhlf:une;3mlttel, voreprach eher, Ihn sofort zu rufen, wenn
sein Herr erwechte^
3o hielten Behrens und Günther V/ache an Jafonannsi Seite.
Sein Atem p;ln£^ rahlfer, aber nelne Lippen und nein rronzeB Gealcht
hotten eine kalte blau-graue Farbe, die Ihn schon tot oraohelnen
llesfl. Er v;aohto noch etwo einer 3tunAe auf, iScholte seine beiden
WSohter ^n und begann zu reden* Es erschien Günther, daas er wenlper
oder vielleicht ^,sr nicht mehr von Ichnerzen gequält vmrde, aber ouch,
dasB seine ^inne nicht inmer völUp klnr ^i^ren. Er nchien, wenn
auch nur seitwelöo, gelne Unfrabun(?; zu v rkennen, redete sie zum
Beispiel in einer fronden 3prf^che an, die anscheinend HiiSBlsoh
wer^ Günther hntte nicht frov/uBat, dfiag sein ^chwiepervoter Russlach
beherrschte» Seine Itimr^ie kleng weich und zSrtllch, und Günther
me
rkte, da Bf: er {rar nicht zu Ihnen sprach, sondern dass Jemand
anderes für ihn im Zimmer war. Er schien um ^^twan zu bitten
m
It verführerischen Gelten aber dem LÜoheln eines kleinen Klndea»
Plßt^.lich war or wieder bei ihnen und sprach mit ihnen Deutsch,
als hotte die russische Episode nicht stettpefunden. Er vrar
wieder klar bei Sinnen und wandte sich nn Günther mit den
Wörtern
"loh weiss, es geht zu Bnde mit mir; ich habe nur kurze
Zeit noch. Dir etwas zu sa^en. Behrens soll Zeupe sein, daas
Ich'a wirklich pesapt habe» Ich glaube an nichts, keinen
Gott, aber ich will nicht e:ehen olrine zu aagen, dass ich
Irene reliebt habe, dass loh schuld bin en Ihrera Tod. Ich
konnte sie nicht retten, f!lo wollte nlc>xt. Es gl^^t koino SÜhne
.P3-
defür — nloht für Ihren Tod — für meine Fei ehe lt. Wenn
ich nur u.etan hStte — wofs loh 3o- oft hohe tun wollen.
In Ifmer ^elt — nur* fort eua der i-^npe, nur mit ihr
leben --ein neues Lebenl Aber ich konnto nloht — •
Polfhe.iti Unehre/' f^tVefi«j er 7.v/lsohen schweren Atemzügen
hervor^ "mach nloht den Fehler, raeln Sohn — das Leben iBt
es nloht wert — nur eine ^^rosae SnttöUBchung, raelne Frnu,
ma
Ino "ohne — und Trude, sie Ist böse, bÖse und sehr
I ft
unp;lüclclloh;
Er quälte Bloh welter zu sprechen, wie In Hast,
llesa sich nicht unterbrechen trot7^ ungeheurer Fein, die
Ihrn In den Augen standt "Geh von ihr, Günther, wenn Du
Dich retten willst — nur ich kenne sie — und Max; grüsse
Max von mir/' D(?nn, <=jlch an Bohrens wendend, mit nun
fl^ihender 3t Imme: ''loh ksnn es nloht mihr ert raffen,
nicht welter — Du sertest, Du seist m^^in ?reund, Jr«kob,
nun hilf Du mir — und sei frosep.not," füg:.te er fast un=:
hörber peinncht durch sein;^ röchelndes /»t-.en hin.'^u. Ein
nsuer schwerer KD-npf schien sein Herz bofnllen 7.u hahen,
denn er flnr t.n wieder aeln 3ott zu umklprnr.ern und nach
Luft zu rlnren, ^elno Auren wsron weit f-cöffnet und
atsrrten vcM Greuen In ein Nichts,
B'^hrens, der Inzwischen Msrtln f-erufen hntte, bat
den Alten aelnen Herrn zu halten und fsh Japsmann eine
^.e
?A
weitere Itorphlumeinsprltrüung^ die ßehr bald eine beruhigende
V/lrkunp. hfitto^ Er ?^chllef nun fest; nelne Atem7l{cß $ die erat
Icut und f^tosowclse kernen, wurden leiser, bin ale allmÖhlloh
nur wie ein Hauch waren^ Qepon I^orpen zu, alß der HiinnGl
enilnr Rieh zu rftten, verschied Hr^nnn Jafemsnn in aelnem
3ohlf.f,
II.
Günther erinnerte 5^1ch, doB«? Jaftemonn, alfi er wflhnnd
ihrer Reise ncoh rlora so viel von sich erzählte , erwShnt hette,
dösfl er wünschte auf dem kleinen ?renidenfrledhof In Rom be=:
graben zu werden* Er hatte ralt Zärtlichkeit von diegem
Friedhof gesprochen, a^a von etwas Intimen, i^reundlichen,
Ja v/örmen* Shelley und Keats waren dort ^osfrehenp und man
war dort nicht einsam. Daran dachte nun Günther, als es
galt eine Sntacheidunf?; zu treffen, was mit Jafem<?,nn9 Laiche
pesohehen sollte^ Die italienischen Behörden w^ren von
Dr. Sehrens vorständifrt worden und hotten iceinerlel
Schwlerlplcelten gemacht, da Ja auch ein Itol ionischer
Arzt zurezopen worden war, der seinen Zustand für
hoffnunflos erklärt hatte. Es schien Günther nur recht, dass
der letzte iunsch, den Jaremann ausresprochen hotte,
erfüllt werden sollte. Behrens stimmte mit ihm übereln,
?5
und 30 sandten ale lanre relep-ramm'^ an die Frau ProfesBor
Jar'ömonn un.1 an G^rtrude und die Zwillinge , wie Quch an
A^n Ju^^tlzrst Jafeniarm, In denen sie erklärten, dc^Bs der
Profesf^or verBchloden ael, und dö38 das Be^rgbnl^ In Rom
In drei Ta.^en stattfinden würde. G/lnther fürte sein tiofea
Mlt.'^efühl im Telegrnm an aelne 3chvflep;ermutter und die
Schwäger hinzu, nicht aber in Gertrudea.
Er handelte In ^i^lleni korrekt und geaohiokt, hr-tte
abor aolt JajreT.anna Srkr&nkung, dem schrecklichen Miterlaben
aelnoa Sterbens, dem aufwühlenden SterbebettFeatändnia und
dorn Rtillen ^nde, ein Gefühl von Selbatentf remdung, ala
ob elno Glaaaohelbe aich !^wlBChen ihn und die /elt f^eschoben
hätte \xn6 er aelbst nur wie ein aufpexopenea Uhrwerk
funktionierte ♦ Er konnto in dlosem Zuatend ao.^ar Martin
trösten und Behrena aelne Kllfe anbieten.
Behrena brauchte keine Hlire, er war sehr traurig
und verbarp nicht, da.'^i'^ ihm mit Ja^emanna Tod ein rroasea
Leid poachehen war. £r war abfo^^ponnt uni niüde noch der
lön{ren R^iiae und dar bei goinem freunde duroliwaohten fecht;
aber aohlafloae Mächte war er ^^ewohnt, er hatte deren un-^r
gezahlte in seinem ärztlichen Beruf erlebt, und or hf^tte
die Gabe, aelbat öuf Minuten elnzuachlafen, v/enn eine
Köo^lichkeit aich bot, und aich auf dieae /oiae t,u erfrlaohen.
Jetzt wollte er aber nicht achlafen, aondorn wollte
Bewegung haben. Ihm war ea nicht entp'.anp'on, daaa Qünthor
^26^
nur sohelnbor In voller Jelbstbeherrschung war; nnohdem,
was er mitönpeaehen hettei konnte es per nicht anders sein.
Der Mann hätte Ja eufl 3teln aeln müssen, wenn er wirklich
so wenig gefühlBmBsBle; schon nuf das, wes Japemann über
seine Prsu pesap't hstte, re^glerfeB. 3ehren5i hatte zu oft
geaehen, wie Menschen auf einen rrossen Schock renplerteni
manche brachen zusamnoni wurden völllj^ unbeherrscht und
pabon sich wild Ihren (refühlen hin — andere ^ Im Gef^entell,
vorsperrton 3ich alle Geraütawage und blieben eine Zeitlang
wie Automaten. Man mus^te Ihnen 3elt lassen unri sie nur,
ohne es sie merken zu lassen, sanft leiten und sie im
Augo behalten, so do^ns man zur rlohtlgien Zelt sie wieder
sich selbst zuführte. 3o formierte er Günther auf, Ihn
auf einen 3pazierp"8ne; zu begleiten.
Er zelf^'to Ihm Rom bei untergehender lonne, die Ihren
rötlichen Schein über den Fora spielen Hess, so dass die
alten Zeichen einstiger Kraft und Iracht wie von innerem
Peuer glühten. 3ie icrlnren zum Capltol hinauf und schauten
hinunter auf Rom, und als der Mond aufplng wanderten sie
noch Immer durch die Strassen, sahen die Brunnen spielen
und die alten Paläste an der Piazza Narvona sich mit 3ilber
überziehen. Der Hlmnel hlnp" wie ein Dach leuchtenden 3amta
über Ihnen, und Günther füWte lamgraam sein Leben zurüokir
kom^ien» Noch war es aber nicht schmerzhaft, sondern wie
die römische ^/elt Im sanften kühlen Mondlloht elne:etaucht/
schien, so war auch ein wehmütiger schimmernder Schleier
-27-
nooh Über sein Empfinden gelegt. Behrens spürte die Ver=
finderune, die In GÜnthor vorging, er bepann zu Ihm zu
sprechen, über sich selbst, sein Leben, seine Vereanpenhelt.
Er brachte GÜnthor auf diese Welse wieder In menschliche
Nähe und beantwortete Praxen, die der andere sich nie
getraut hätte ihn nach so kurzer Bekanntschaft zu fropen.
"Ich weiss, 31e haben sich gewundert darüber, dass
loh mit Rom so vertraut bin und euch, dass Ich die Italienische
Sprache beherrsche; Ich sah Ihr Erstaunen, als loh mit
Dr. Glanottl sprach," begann er. "Das hat eine höchst
einfache Erklärung; meiner Mutters Familie sind se; bardische
Juden, die sich In Italien vor einigen Jahrhunderten
ansiedelten, als die Inquisition sie aus Spanien vertrieb.
Obgleich sie streng orthodoxe Juden gehlieben sind, so hat
sie nichts daran gehindert, sich auch als Italiener zu
fühlen und am Italienischen Leben schon seit mehreren
Generationen teilzunehmen. Meine y.utter sprach Italienisch
und lehrte uns Kinder die Sprache schon im frühen /ilter;
man könnte sapen, dass Ich Italienisch und Deutsch gleichs
zeitig pelemt habe. Ich habe mein Medizinstudium eigentlich
dieser 3prachkenntnls zu verdanken, da loh mit Unterri-ht
geben mir was ich brauchte verdienen konnte. In meiner
Kindheit und Jufend war Ich mehrmals In Rom zu Besuch
bei meinen Grosseltern und Onkel und Tanten, so erwarb ich
mir eine gewisse Ortskenntnis, loh habe einmal sorer In Rom
-P8-
gelebt und eine kurze Zelt hinduroh meinen Beruf hier
auflp:eübt*'^ ü fügte er naoh einer kurzen Pause hinzu,
"Das war, bevor loh mit Ihrem 3ohwlegervater nach
Afrika ging, Dami-^la wuaate loh nloht, wie loh welterleben
sollte; loh hatte meine Frau und einen kleinen Sohn
verloren •— sie starben In einer Typhuaepldemle. Es war
schreokllohi mir war nichts mehr f.eblleben — nichts.
Wenn Jagemann mloh damals nicht gerufen hätte , Ich wäre
wohl nie mehr fähig gewesen zu leben. loh verdanke Ihm
letzten
alle diese/ Jahre, In denen Ich Arbeit und frieden gefunden
habe»"
"loh weiss nicht wie man welter leben konn,^ stleas
Günther hervor, "wenn man einen iMenschen verliert, den
man Über alles liebt — Ich könnte es nicht, Ja loh wollte
es nicht einmal."
*'rflr werden nicht viel gefragt, mein Freund," sagte
Behrens, '^auoh Ist es seltsam an sich zu erfahren, dass
man viel mehr aushält als man sich vorstellt; Ja, dass man,
wenn man nicht wirklich gemütskrank ist, dem Leben unvers
brüohllohe Treue hält. Man möchte sterben, aber gleichzeitig
klammert man sich an das geringste bischen Lebenskraft, des
sich In einer Erinnerung oder In einem //unsoh oder selbst
In einer Träne manifestleren kann. Ein Traum mag einen
trösten oder eine bestimmte Naturerscheinung. Als Arzt
sieht man natürlich sehr londerbares; wie, zum Beispiel,
Kranke, die totkrenk sind, es nicht zugeben, sondern bis zum
Letzten noch hoffen und davon sprechen, dass sie gesund werden.
Jfc.l*', •■' •
.P9-
*'Ioh habe damals auch geglaubt i dasa nachdem Ich
das mir Liebste auf der Welt verloren hatte, zusehen musste
wie sie beide elend zugrunde gingen — und andere konnte
loh retten — Ja damals dachte loh, dess loh nie wieder
mloh freuen wollte , nie wieder etwas anderes spüren wollte
als mein tiefes Unglück, Wissen 31e was mloh wirklich
daraus herausrles? Es war Japemanns Verzweiflung« Ich
me
rkte, da SS er auch Jemanden verloren hatte, und dess er
nun
sein Leid In sich vergrub und sein Lehen/nur noch In den
Dienst seines Berufes stellte, Sr sprach nie direkt über
seinen 3c^nerz, aber er suchte Ihn nicht zu verleugnen;
er war gut zu mir, verständnisvoll und hilfreich und Hess
mich on aller Arbelt teilnehmen, die er sich selbst auf=r
bürdete. loh hebe seitdem fÜr und mit Ihm gearbeitet —
und nun Ist euch das zu linde."
"Was werden Sie nun tun?"
"0, loh weiss nicht — violleicht In Hamburg meine
eigene Praxis vergrBssern \xnr\ ein vielbeschäftigter
Speziellst sein. Ich habe Ferallle und Freunde noch in
Hamburg oder ich könnte hierher zurückkommen, und hier
von Neuem verbuchen. Dbs alles muss überlegt werden."
Eine Depesche, die Günther bei seiner Rückkehr
ins Hotel fand, teilte ihm mit, dasa seine Schwiegermutter,
Gertrude und die Zwillinge 7um Begräbnis In Hom sein würden.
•30-
Es war einen Aup'enbllck lang, ala verstünde er den Inhalt
des TeleprerameB nicht, ala müsse er sich aus einem Zustand
losrolsaenp in dem Gertrude nicht existiert hotte, und als
müsate er sich nun erat wieder einen »V^ep zu dieser anderen
Existenz bahnen. Dann überfiel Ihn aber mit gröaster v/ucht
die Srlnnerunp an Japeraenns schreckliche /forte über seine
Tochter. Obpleloh er nicht vorstand, was Japamann gemeint
hatte und nun sich einzureden geneigt war, daaa sein
Schwiegervater nicht mehr bei 31nnen gewesen war, so fühlte
er doch, dass Gedanken angeregt worden waren, die er zu
denken sich grade Jetzt nicht gestatten durfte. Er musste
verbergen, was er selbst fühlte, und Japemanns Familie
durfte nicht erfahren, was der Sterbende über sie gesagt
hatte. Er fürchtete sich vor der langen Nacht, da er
überzeugt war, dass er nicht schlafen könnte; aber sowie
er sich niedergelegt hatte, verfiel er in einen bleiernen
Schlaf der r-rschöpfung.
Am Morgen benachrichtigte ihn ein zweites Telegram,
dass seine Schwiegermutter auf den Schock der Todesnachricht
hin erkrankt sei, und dass sie und Gertrude nicht reisen
könnten. So erwartete er also nur die männlichen Kitglieder
der Familie. Zu seiner Beschämung fühlte er sich ungeheuer
erleichtert. Behrens hatte versprochen, bis zur Beerdigung
zu bleiben. Er ging seine Verwandten besuchen, nachdem er
-31-
Bloh mit Günther verabredet hatte, beim Sonnenunter^ong Ihm
die Via Apple zu zolfren*
Günther war Bloh selbst überlaaserit Er wanderte
duroh kaa die römischen Strassen und Plätze, ohne recht
zu bedenken, wo er war. Sr betrat viele Kirchen, wo er
nur für kurze Zelt verwellte. Etwas trieb Ihn fort und Immer
von Neuem wieder In eine andere Kirche. Vielleicht war es
das Halbdunkel oder die Ifcllle, die Ihn anzog und elelchzeltlg
vertrieb. Es fiel Ihm auf, dass f^at In Jeder Kirche alte
Leute -• manchmal nur einer, manolimal mehrere — schliefen.
Es schien sie nicht 7.u stören, wenn Kenschen an der Bank,
auf der sie schlafend aassen, vorbeigingen. 31e waren wie
kleine Kinder, die, nachdem sie sich müde gespielt, In den
Armen der Mutter zur Pluhe pepanp-en sind und auf Ihrem
Sohoss sitzend fest schlafen. "Sie scheinen sich hier
so sicher zu fühlen,'' dachte Günther, '^sicherer wohl als zu
Ilause während der Nacht,*' Es war Ihm als hörte er Japemann
sagen, ''sie können Ja nachts nicht schlafen, well sie sich
fürchten. 31e fürchten sich, dass sie alleine des Nachts
sterben werden." i:-ln Gefühl tiefsten Mitleids erprlff Ihn,
wie er es erlebt hatte, als er über seines Vaters Al'^elnseln
und Tod na chpeda cht hatte. In Jener Nacht, auf der Reise
nach Amerika, als auch er nicht schlafen konnte. Plötzlich,
zum ersten Mal, wurde er sich bewusst, wie einsam er selbst
II
•32-
war, und er fühlte alch sehr unplücklloh.
Es war eine neue liintdeckunf für Ihn, (Ibbb er einsam
war« Hotte man Ihm noch vor elnlpen Tapen danach gefragt,
80 hätte er, erstaunt über einen solchen Gedanken, Ihn als
völlig unwahr zurückgewiesen. Aber nun wusste er es; und
er wusste auch etwas anderes: er musste sich selbst einer
♦
Prüfung unterziehen, musste untersuchen, wie seine Beziehung
zu seiner Frau aussah und worauf sie gebaut war. Sr wollte
sich nicht, noch nicht, daran wagen, denn er ahnte, dass
viel Leid auf Ihn wartete, und dosa er an einer .Vendung
In seinem Leben stand.
Während er von einer Kirche In die andere ging, hatte
Günther, fast ohne es zu merken, fast mechanisch, die
vielen Darstellungen der Martyrien der Heiligen betrachtet,
die Grausamkeiten, denen sie ausgesetzt waren, das viele
Blut, das sie vergossen, alle die -Entsetzlichkeiten, die
der menschliche 31nn ausdenken konnte, dargestellt von
Meisterhand oder von primitiver Gläubigkeit, "Aber das ist
Ja Bett^ug," sagte etwas in Günther, "des kenn nicht selnl
Christus allein sollte das Leiden der Menschen auf sich
nehmen; dos war doch der Inhalt des neuen Bundes; er war
der Sohn, der geopfert wurde von seinem Vater — damit
die Welt vom Leid erlöst würde — Hier aber sind sie alle,
die vielen, vielen Männer und ?rauen, die umgekomn-ien sind,
I I II
-33-
well sie an dieses Verspreohen peplaubt haben. Betrug,"
sagte er wieder, "was für ein Betrugl" Er konnte den Gedanken
nloht los werden, dass alles dooh ein Betrug sei, waa er
als den Intimsten Inhalt seiner Religion aufgefasst hatte.
Es war Ihm vorher nie von Bedeutung erschienen, dass so viele
Menschen dieselbe Qual erlitten hotten wie Christus, Warum
war das nötig? Wo stand es geschrieben, dass das eine Opfer
nloht renug war? Was denn bedeutete das Lamm Gottes noch,
wenn es so viele Lämmer gab, die auf die Schlachtbank
geführt wurden, — Ja sich willentlich dorthin begaben?
*Vas für ein schrecklicher Betrug — was für ein Wahnsinn,"
wiederholte er Immer wieder, und plötzlich erschien ihm,
als sähe nichts mehr als Blut und Tod Ihm In seiner Religion
entgegen* Es fröstelte Ihn und er trat aus dem Halbdunkel
der Kirche In das helle, klare Kachmlttagsllcht Roms.
An der Spanischen Treppe wartete Behrens auf Ihn.
Er hatte eine junge Dome mit sich, die er Ihm als seine
Cousine, I^onora Fernandl, vorstellte.
I I
-3''^-
Zweites Kapitel
E3 dunkelte schon, und Gertrude aasa noßh Immer in
Ihrem kleinen Selon, wo ale seit Stunden fast unbeweelloh
am Fenater geaeaaen hotte. 31e aohoute auf die Straaae
hinaus ohne wirklich zu sehen. Von Zeit zu Zeit wiaohte ale
die Tränen fort, die immer wieder ihr über daa /.ntlltz liefen.
Gestern als die Nachricht von ihres Vaters Tod kam, war ihr
erster Impuls gewesen, ihren Koffer zu packen und nach Rom zu
fahren, als ob sie nicht zu seinem Grub sondern noch zu ihm,
dem Lebenden, eilen würde. Erst als sie bei der Mutter war
und diese in einem Zustand grosser Erregung sah, die dann zu
Migräne und Bettlögerigkeit führte, brach die Wirklichkeit
über sie herein. Die ganze Nacht hindurch hatten qualvolle
Erinnerungen sie wach gehalten und erst gegen Morgen einen
unruhigen 3ohlaf erieubt.
Heini kam in der Früh herein bevor er zur 3chule ging;
sie konnte ihm wenipstens vom Tod seines ü^ossvstors ruhig
berichten, auch dsss sie nun doch beschlossen hatte, nicht
zur Beerdigung zu fahren, da sie Jf. gar nichts weiter tun
konnte und die Groasmutter sie womöglich brauchte. Heini,
der wenig Beziehung zu seinem Groasvater hatte, erkundigte
sich nur danach, wann der Vater zurückerwartet wurde, und
da daa noch nicht genau bestim^.t war, küsste er seine
Mutter und glnr wie gewöhnlich zur 3chule.
Mit dem Frühstück kamen die Zeltungen und die ersten
I I
•15-
TellnehmebazeugrunP'en. Die Zeitungen brochten Todesanzeigen
und Innrere Artikel übar den Verlust eines so bedeutenden
und wertvollen Mannes, der bo lanf^e Jehre hinduroh sein
Leben In den Dienst der Allgemeinheit (regten t hatte,
Gtert rüde wurde während deB Le^^ens wieder von Ihren Gefühlen
üborwöltlpit, 31e zwanp eich aber, Ihre jMutter aufzusuchen,
fand aber auch hier, dass Ihre SgÄH Gegenwart überflüssig
war. Zuhimflt* wieder angekommen zog sie sich In ihren
3älon zurück, Sie hatte sich ::,ewel(;;ertt j»-*lttöp su easen oder
auch nur etwas Toe zu sich zu nehmen«
Es war noch lia::::ei- nicht richtig: Frühling^ das Zimmer
war kalt^ aber sie sohlen es nicht xu beaohtc^at Sie hfitte
nicht sa P-en können, was an Gedanken durch ihren Kopf gingaaij
sie verspürte ein dumpfes Gefühl des Schmerzes, das ihr die
Tränen In die Aup.en trieb, ähnlich wie in der Kindheit,
wenn der Vater sie zurückpestossen oder gestraft hatte,
oder Ihr einen ./unsoh versa pt hatte und sie sich so
ohnmUchtlp fühlte und nur in ihrer Phantasie sich rSchte.
Aber an wem konnte sie Bioh nun rächen — er war Ja nicht
mehr da und keine J-inbildunp-skraft konnte ihn wieder
hervorzaubern* Dachte sie an ihn, so waren es nur
schmerzhafte iirinneninpen peinlicher oder verletzender
Natur. Alle ihre i^rwartungren und Hoffnungen doch endlich
seine Bewunderung;, vielleicht sopar seine Liebe zu
gewinnen waren nun zerschmettert unri sie war allein
geblieben mit dieser aufzehrenden Sehnsucht ihres panzen
Lebens •
I I
-36-
31e hörte die Hausglocke läuten, und bald derauf kam
Helga, ihr Midchen, herein um Wolfgang Runge zu melden. Aber
Trude wollte sogar Wolfgang nicht sehen und llesa sich
verleugnen, Sie wandte sich wieder dem Fenster zu, aus dem sie
in die Dämmerung schaute. Die Laternen wurden angezündet.
Hinter sich fühlte sie die Türe gehen, sie wollte mit einem
ungeduldigen -Vort Helga wieder hinausschloken, sah sich aber
Wolfgang gegenüber,
"Ich höbe mich nicht abweisen lassen," sagte er, "Du
musst schon entschuldigen} aber es geht nicht, da^s Du hier
alleine sitzt und, wie das Mädchen sagt, niemanden siehst
und nichts isst. Es scheint, dass auch niemand hier ist,
um sich um Dich zu kümmern. Erik ist mit Deinen Brüdern
nach Rom gefahren, und Irmgard acheint es nicht für nötig
zu halten, sich um Dich zu kümmern. Darum bin ich hier."
Er nahm ihre kalten Hände in die seinen, beugte sich
über sie und küsste sie, dabei spürte er die Tränen auf
ihren .Zangen. Oertrude versuchte sich von ihm zu befreien.
"0 geh fort," rief sie, "lass mich in l^hel Ich will
allein sein. Ich kann Dein Mitleid nicht ertragen, da ist
mir Günthers Abwesenheit ein Trostt"
"Ich wusBte nicht, hatte keine Ahnung, dass Du so
an ihm hängst — Du hpst nie von ihm gesprochen, oder eher,
als ob Dir Dein Veter gleichgültig oder sogar unangenehm wäre."
-"57-
"0, mein Qott, mein Gott," rief Gertrude aus, "was
hilft dys alles Jetzt, da olles vorbei Ist, alles ein
Nichts —Ich kann so nicht welter lehenl" Sie verprub Ihren
Kopf In Ihren Armen, und Ihr ganzer Körper zitterte von
Schluchzen. Wolf lepte seinen Arm um Ihre Schulter und
Hess sie weinen. Allmählich hörte das wilde Schluchzen
auf und sie wurde ruhig, dann richtete sie sich auf und
blieb nun von seinen Armen umfangen an ihn g-elehnt sitzen,
"Das Schreckliche," murmelte sie, "ist, dasa er mich
pehasst hat von Anfang an; er war, wie Mutter mir schon ganz
früh sagte, enttöuaoht, dass ich ein Mädchen war. Er war
nie liebevoll zu mir gewesen, uni besonders nachdem die
Jungens auf die »^elt kamen, war ich nichts mehr; nein,
das ist nicht ganz wahr — ich habe immer das Gefühl
gehabt, dass er mich beobachtete, voller Mlsatrsuen und
Ablehnung, wie etwas Fremdes, Ungewolltes, von dem man
nichts Gutes erwartet. Und nun ist alles vorbei, nichts
mehr im Laben, das mir wert latl "
"Wie kannst Du das sagen, Trude, wie kannst Du mich
vergessen — oder sogar Heini. Du bist nur Übermüdet
und siehst alles nur Im Gefühl des plötzlichen Verlustes,"
versuchte Wolf gong einzuwerfen; aber Trude Hess sich noch
nicht ablenken, immer von neuem brachte sie die Klage
gegen Jagemann vor, dass er sie nie geliebt. Ja, wohl gehasst
habe und dasa er der Mittelpunkt ihres Lebens gewesen sei;
-38-
dessen Schwerpunkt — und deshalb sei Ihr Lebon nun ohne
Bedeutung.
Wolfgang versuchte vergeblich sie zu überreden,
mit Ihm ein wenig; auszufahren, um sich aus der Trostlosigkeit
Ihrer 3tlmmung zu befreien. Sohllesslloh konnte er sie
wenigstens fitearr«*« dazu bewegen, sich Ins Bett zu legen
und etwas helsse Brühe zu trinken. Heini war längst aus der
Schule zurück, hrtte sein Nachtmahl in seinem Zimmer
gehabt und kam nun Gert rüde gute Nacht sagen. Er schien
nicht besonders erstaunt Wolf gang Runge Im elterlichen
Schlafzimmer zu sehen; aber es war Ihm etwas unangenehm,
da 93 seine Mutter Ihn mit einer Heftigkeit an sich zog,
die Ihrer sonstigen Beziehung ganz fremd war. 3o war er
recht zufrieden, dass sie Ihn so hastig wieder fortschickte.
Wolfgang blieb an Ihrem Bett sitzen, bis sie einschlief.
vvolfgangs Beziehung zu Gertrudo war eine recht
Intime. 3r war Srlks Sozius und hatte die Jagemanns durch
viele Jahre gekannt. Er h^tte Erinnerungen an Gert rüde
als ein langbeiniges, blondes, sehr hübsches Kjdchen,
das fest knabenhaft mit dem Wa vieles älteren Vetter
Im Segeln, Schlittschuhlaufen und Tennis wetteiferte.
Später sah er sie als Junge elegante Frau auf Höllen und
Gesellschaften wieder. Zur Zelt von Günthers erster Reise
nach Amerika umwarb er Gertrude, In die er sich leiden«
schaftlloh verliebt hatte. Sie hatte Ihre Verlobung geheim
-39-
3fr"
gehalten, und ea aohlen Ihm, als wäre sie in einer besondera
sprühenden und glänzenden Stimmung, die ale zxim Mittelpunkt
Jeder Gesellaohaft raschte. Seine LlcbeaerklÖrunren, begleitet
von Blumen und Süasigkelten, wurden von ihr recht launenhaft
behandelt, aber aie geatottete ihm -eitweillg Freiheiten, die
sie ihm zu anderen Gelepenhelten wieder versagte. Er hatte
manchmal allerdings den Eindruck, daaa aie nicht ihm sondern
sich selbst eigentlich dieae Freiheiten erlaubte. Je nach
Lust und Beclürfnis. Da Günther län^rer fortblieb als er
anfangs geplant hatte und bei seiner Rückkehr seine Militärs
Pflicht absolvieren musf'te, und da Jagemann nicht so rasch
wieder von Afrika zurückkommen konnte, verzögerte sich die
Hochzelt ein weiteres Jahr, Fast am iCnde dieser Wertezeit
gab sich Gertrude einea Tagea dem hochbeglückten Volfgang
hin/, Donach gestand aie ihm, daas sie aeit Jahren mit
Günther verlobt war und ihn nun bald heiraten würde, Sie
zeigte keinerlei Verständnis für .i/olfgangs .Vut und Verzweiflung?
sie hatte sich ihm hingegeben, weil er ihr sympathisch war
und sie von aeiner Liebhaberfähigkeit überzeugt war, Sie
wollte nicht von einem ungeschickten Anfänger wie Günther
übertölpelt werden. Sie heiratete Günther aus vielen Gründen,
wovon einer aicher mit seinem groaaen Vermögen zuaamnenhing.
Aber don war nicht alles. Wenn nur daa grosse Vermögen da
gewesen wäre ohne Günthers vollkommene Ergebenheit, Ja
Hörigkeit, ao hätte ihr das wenig bedeutet. "3ie wollte
besitzen — Vermögen und Äann, ./olfgang konnte man nicht
•40^
besltzerii er wer nicht mehr vollkommeni andere Frauen hatten
Ihn beseaaen, da er allere vor Ihr pellebt hatte* Wöre er
hätte
noch so reich — waa er nloht wer— sie wttrdÄ/lhn dennoch
nicht heiraten wollen, denn wo war die Sicherung;, daas er
ihr immer gehören würde? Zv hatte sich damals von ihr
getrennt in leldengohaftliohor Wut über ihre Sachlichkeit,
er plaubte, auf imraer. Nach zwei Jahren sah er sie wieder,
3ie war verheiratet, hntte vor nicht per Itmper Zelt ein
Söhnchen zur Veit gebracht. Sie war noch schöner als sie
vor Ihror .ihe gewesen war; noch immer mädchenhaft schlank
und biersam, aber mit rrös^erar Varhaltonhett, ruhlper,
wie mit einem ranz feinen Sohleier verhüllt. Sr konnte sich
diese Wirkung nicht erklöron. Pa^t Bchion sie eine Tiefe
zu besitzen, die er früher vernls??t hatte. Er näherte Bioh
ihr wieder und wurde als alter Freund becrrüsst, als wäre
nie etwas anieres zwischen ihnen gewesen* Sr wurde bald
Hausfreund bei ihnen, da Günther ihn sehr schätzte und
seinen beruflichen Rat in '^elnen GeschO ftsunternehnunFen
fast dauernd in Anspruch nahm. Da er ihn selbst so häufig
mit nach Hause brachte oder einlud, so entrlnp ihm völlig,
da SS zwischen seiner Frau und seinem Rechtsfreund ein
weit intimeres VerhSltnls bestand, als durch diese von
ihm herbelreführten Besuche gerechtfertigt schien. Dem
scharfen i^upe seines Schwiefrervaters entgingen allerdings
nicht die kleinsten Zeichen, die auf dieses andere geheime
Verhältnis seiner Tochter hinwiesen. Und Gertrude wusste,
dass ihr Vater es wusste«
I I
n i
-41^
Hätte men sie gefreut, ob sie r/olffreng liebte, so
hätte sie wohl die Frage mit Erstaunen verneint • Sie wollte
Jeperaann zelpen, daga nicht nur ein Günther sondern einer
*
der begehrtesten, ResohelteBten und amüanntesten Junfrgeaellen
der Harnbur^er Oeaelllachpft Ihr verfallen war. Er hotte
Ihr den einzigen Mann, den sie wirklich zu lieben reploubt
hatte, entfremdet, Je hatte Ihn vor Ihr gewarnt, 31e war
sicher, dasa Max nur auf Ihres Vaters ^^arnung hin sich
von Ihr zurückgezogen hatte, Sie hatte I4ax gellebt und
• gewollt, \inr\ nicht seines Geldes we£-en wie Jap:emann Ihr
vorgeworfen hatte. Max war der Beate nach Ihrem Vater;
wie oft hatte sie Jagemann aag-en hören, dasa er wünschte,
er hotte soloh einen Sohn. Aber Max hatte alle Ihre
behauptet
Liebesbeweise zurückp-eatossen, hatte fcakßcpkaJfe eine andere
Frau zu lieben, eine Prau, die auoh von Ihrem Vater
gellebt worden war. Gertrude hatte diese Kränkung nie
überwinden können, 31e fühlte sich ausgeschlossen, ja
auspestossen aus der rfelt der beiden, die Ihr ein Paradlee
erschien. Darum hielt sie an Günther fest.
sie wachte nachts auf aus schrecklich traurigen
Träumen, deren Inhalt unfassbar war. Sie war in Trönen
g/-^badet, Sie war Im Traum am Meer gewesen, aber als sie
Ins '//asser hineinwaten wollte, zop es sich Immer mehr
zurück, bis nur ein endloser feuchter Sand sich In der
I I
.4o-
Abendsonne kalt leuchtend dahlnstreckte und nur ferne am
Horizont ein weisser Schaumatrelfen die Wellen anzeigte •
Hin und wieder glänzten vereinzelte Pelakllppen euft
Es war ein unendlich einander, traurlper Traum»
Ihre Gedanken wanderten zurück zu Ihren Klndertapen^
zu dem Soramerij^p die sie an der Nordsee verbracht hatte und
die Ihr nun seltaam verschleiert erschienen, besonders
der eine 3ommer, In dem die Zwillinge fast ertrunken waren*
Sie hatte Ihnen gezelpt, wo die schönsten Muscheln waren
und wo sich die Seeattrme und die Seepferdchen aufhielten,
Sie waren zu den Felsen pelaufeni da es Ebbe war und die
'bellen nur die Klippen umspielten. Sie selbst hatte sich
Muscheln suchend Immer mehr von Ihnen entfernt. Ss war
helss r^e^esön und sie plnp zurück zum Haus. Im Gerten stand
ein Baum, an dem sie einen bequemen Ast entdeckt hatte;
dort saas sie In ein Buch vertieft, als die e'ross® Unruhe
und Aufrerune entstand. Die Zwllllnpe wären fast ertrunken,
da sie von der Flut überrascht worden waren. Der Vater hatte
sie dann so merkwürdig kalt betrachtet, als wäre sie ein
"V übles '^^Tesen, als hätte er sie verantwortlich gemacht für
die Gefahr, In der die Brüder waren. i::r hatte viele Tage
nicht mit Ihr rresprochen, und sie war hilflos gewesen und
hatte Ihre Katze In den 3runnen Im Garten geworfen, um
Ihr Schwimmen beizubringen. Die Katze konnte nicht schwimmen
und wöre fa^t untergeganren, hätte Trude sie nicht gerettet.
Sie hatte sie dann In Ihrer »/ut gekratzt und hatte nie mehr
•A3-
etwas von ihr wissen wollen, — Ihr Vater hatte In späteren
Sommerferlen die Zwillinge auf Reisen mitgenommen^ er hatte
Gertruds der Mutter Überlassen, die sie weiblicher maohen
sollte, 31e hatte wenljre Freundinnen, da sie keinen Gesohmaok
an dem Geplapper der kleinen Mfldohen finden konnte; In die
unvermeidlichen ''Kränzchen" trat sie nur ein, um die Geheim-
nisse der Natur von den anderen zu lernen, aber nachdem sie
sich Zufranp zu Ihres Vaters Bücherschrank verschafft hatte,
brauchte sie die unzulänglichen Wissensbrocken Ihrer
Gespielinnen nicht mehr.
Alles was der Vater tat, was Ihn anfing, war für
sie von £;rösatem Interesse. Sie war unheimlich geschickt
Im Aufspüren dessen, was Ihn beschäftigte. 31e spürte
sofort, ob er Jecianden gerne hatte oder ablehnte, seibat
wenn er keinerlei Urteil abgab. 3o war es auch, als Max
sein Patient wurde} er erwähnte Ihn beim Mlttagstl^ch
und Gertrudes -^Einbildungskraft war angeregt, üs dauerte
nicht Ipnge, bis sie Max kennen lernte und In seinem Haue
ein willkommener Gast war. 31e waren so nahe Freunde geworden
~ und denn war alles zu Ende, , Günther war der Ausweg
gewesen, )
Nun war alles zu linde, ralt Ihres Vaters Tod mechte
auch Ihre Ehe und die Beziehung zu '»^olfgang keinen Sinn
mehr.
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And our yesterdays, are they all vanlahed?
That life lg ghort^ I know, but memory Is long.
The daya that glld away cannot be banlahed:
They llnger on §m and on, aweet-bltter as a song.
Remembrance' 3 purple robe la often faded,
And In Ita folda Ghe world of yore lies still.
Yet Its Inhabltants, however shaded,
Who are no more, live on beyond the Hill.
Your face, beyond the Hill, la dlmly llghted
By flicke ring rays of now uncertaln paln:
But you are there, not totally benlghted.
And my heart's eyea dld not look out In valn.
And grlef Is present, as on a summer day/
Through shlmm'rlng heat the hum of chlldren's play.
HUiiok^ Od#tc/t /HH
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NATIONAL ADVISORY BOARD
6ARl G. HARRISON, CHairman
Former Diractor. A!t«n Reqisfration
MARSHALL E. DiMOCK
Associatt Comrpisiionef , Immifjratlon
and Naturaltzation Service
HENRY B HAZARO
Directof of Resea^cK lnform»^ticn and Educa
tlon, Immigratiop and Naturrtlizatior Service
FLORENCE KERR
Atsistant Commissioner.
Work Proi.cts Administration NATIONAL CITIZENSHIP EDUCATION PROGRAM
WALTER M-. KIPLINGER
National Director, War Services Program »
Work Projects Administration
JOHN W. STUDEBAKER
Commissioner, OfTice of Edücatlon
Federal Security Agency
LEWIS R. ALDERMAN
S*n«or Sp«cialist in Adult Education
O^fic« oi Education. Federal Sacunty Aqency
WILLIAM f. RUSSCLL
Director
WASMINGTON, D. C.
TO NONCITIZENS I
You have made America your home. Do you intend to
become a Citizen of the United States?
If you say 'Tes*' then you must meet certain teste.
You must be able to speak English. You must know about
the Grovemment and Constitution of the United States«
:7
The Government wishes to help you. It has started
tho National Citizenship Education Program. You can go
to classes offered by the public schools, by the W.P.A.,
or by others. If you have applied for citizenship and
ahould attend a public-school or W.P.A. class, you may
reoeive a textbook provided by the Immigration and
Naturalization Service of the United States Department
of Justice.
It is not easy to become a Citizen. It will take
worke But ive are at war. Enemies are trying to destroy
use We must pull together. We must ahow our love for
and loyalty to our country, The more we know— the more
we shall love the United States » the more we shall
treasixre the American way of lif e, the more we and our
ohildren will be glad to make the sacrif ices necessary
to victory.
Cordially yours
William Fe Russell
Director, National Citizenship Education Program
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NORTHERN DISTRICT OF ILLINOIS
RCTURN IN FIVE OAYS TO
OFFICE OF
UNITED STATES ATTORNEY
CHICAGO, ILLINOIS
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'Ö' JUN 9
1942
PENALTY F«Rj;RIVATE>t*g.-»aQg^ _
Mrs. Jenny Selke,
50^S Woodlavn Avenue,
Ohloago, Illinois.
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^ • . m-nSD 3TATE3 DEPARTMENT OF JUSTICE ^„^^. . TTTTHOTfl
OFFICE UNITED aTATBa-TSo^EY. ROOM Ä50. U.3. CÖURI Hüt"-<tg, CH^CAQOf ILLINOIS
. ■ APPLICATION POR TRAVEL OF ALIEH3 OF ENEMY KATI0NALITIE8 • , •
■•;.■■■'"' . ' ■ '• . . ' ■
An allen bf eneny natioriality shall not travel or nake trips or ff ^fg» /^JJ,^
Tocality to another except aa herein provided. The allen «h'^^f i^^^.'^^JiXeX
the United Statea Attomey of the dlatrlct öf »^« ?:«|ij^n??' fi Jif Jn wm ?^^ITEI
the particularB hereiaafter enu»erated, WE=i°!^^^^^i^!'^^S7JS.S J'T
aTATES ATTORNEY AT LEAST SSVSN (7)
3ELF-ADDRE33ED, STAlUPED BU3IUB33-S
PEPARTÜRE. A
ON.,
1. NAiyiE
NATIOtlALITl/ .
First Namey ' Middle Nane)
., ' Print nane - Use typewriter 1
PUOS & DATE OF BiRTH^
HCIdS ADDRESS & TELEPHONE NO.
OCCUPATION MJtijJ.
BUSINESS ADDRESS & TELEPHOIE NO, MHJ ^ :
E^^>LDIER' S NAMS &' AT5DRE3S
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6,
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\ (AdditlonaGL Statements mayrbe' attached on separate sneet; «^ - -^
XOt FINAL DESTINATION OF TPTP^^/f /IfjJJM^/ye/^
11, 3T0P-^OVERä/lF ANT, ON WAYTQ^ FINAL DESTINATION AND N.'WES Aliü ADDRESSES OF
PERSONS WHERE YOU CAN B5 REACHED^«.^ >^tf<4^/ ^^y'^gl^^ Wia^
• AlJeR REoWiUTIQN N0.fi-?2i^ CERTIFICATE OF IDENTIFICATION ^.^^
' DEIAILED STATEMOT OF THE PÜRP.OSE FQR WHICH THE JMP; IS JO BE^.M^OTMD PEftSONS
TO.BE VISITED WITH TKEIR ADDRESSESi
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JS^^C.
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miS. FRCM
12. ADDRESS OR,>DDRESSES^AT WHICH ^ALI|N MA? BE^ FOTD
13. ROUTE TO BE FOLLOTED TOAND FRCW POINT OF DESTHIATION, THE COMMON
• OTHER MEANS. OF TRANSPORT.ATION TO BE USEIJ (if ^^^^"^J^ ^ive maJce^«
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lER OR
no)
\k. INTENDED DATB OF DEPARTÜRE.
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SIGNATURE OF ipPL!
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PERMI3Ä0N QRANTED TÖ TRAVEL A3 INDICATED
^RateV^^ United States Attomey f or Wfe^tTDi^rTcT-^fnB^ols .
, Thla perBtt does not grant the allen the right to enter upon «ny area prohibit
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Mrs. Jenny Selke
4901 Drexel Blvd.
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HEBREW IMMIGRANT AID SOCIETY
130 NORTH WELLS STREET
CHICAGO 6. ILLINOIS
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TIME:
SATURDAY, NOVEMBER 27, 1943, 8:00 P.M. SHARP
PLACE:
ASSEMBLY HALL - KOZMINSKY SCHOOL
54TH STREET AND INGLESIDE AVE.
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»a]Bm»i^Mi II I i| n
Artists:
Helen Golden
Hans Alten
Mildred Post
Sretel Hauclc
Walter Rudolph
Hilde Freund
(Mezzosoprano)
(Baritone)
(Violoncello)
(Dancing group)
(Speaker)
(at the piano)
Scenery:
Frank Durban and Ernest Dreyfus
/
The great history of our people . . . a hlstory of greatness and grlef, splendor and sorrow
. . . the great geniuses of all ages wäre aiiured by it . . . have caught Its highllghts in poetry
and muslc. In fact, befter than hlstory books can describe it, art is able to bring betöre
your eyes what happened to the Jewish people during the centurles. hlow it rejoiced, how
it mourned . . . how It hoped, how It despalred . . . how it falied and succeeded ever agaln
... all this will be presented to you In this unique show. It will lead you from the early
biblical creatlons to the helghts of classlcal achlevement, In Mendelssohn-Bartholdy and
Heinrich Heine and from there to our contemporary scene . . . !
Music bv ^®''^ Mendelssohn-Bartholdy, Georges BIzet, Jacques Offenbach, Ernest Bloch, Herbert Fromm,
Max Kowalski, Julius Chajes.
Poetry bv Heinrich Heine, Stefan Zweig, Bert Brecht, Franz Werfet, Julius Bab, Jacob Beer-Hoffmann and
. "The song of songs".
Dances fronn Modern Palestine
RITUALMUSIC. PALESTINIAN FOLKSONGS.
CANTATA for Baritone and Choral Speakers "WHAT IS THORA"
Choral Speakers:
Gretel Haas, LIlo Haas, Marianne Haas, Alice Danziger, Lee Klein, Kitty Potter.
DancerSS Mlldred Farkas, Seanle Michel, Nettl Rossman, Selma Singer.
10 minutes intermlssion after Part 2.
PLACE: Kozminsky School, 54th Street and Ingleside Ave.
TIME: Saturday, November 27, 1943 — 8:00sharp.
ADMISSION: 55c. Tax included.
HEBftEW IHHIGRAUfT im SOCIETY
130 NORTH WELLS STREET
TELEPHONE: FRANKLIN 9555
CHICAGO
Deoember 6, 1943.
Dear Frlend:
r.lat??«°l:S li^nlef'"* "'™° '°'" "«Istratlon for your
_ Please fill them out and return them promptly to us
If you have any difficulty in filling out thesTfo^rms. come
«n/firnn •? «® ^* any time between the hours of 9:00 A.M.
and 5.00 P.M., er call us by telephone - Franklin 9555
We are closed on Saturday. ^ramciin yooo.
Assuring you of our desire to be of help to you. and
asking you for your prompt Cooperation, we are
Cordially yours,
CHICAGO HIAS
Committee for Registration
Arthur Strauss, Chairman
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J. Tucker
Executive Dlrector
Hebrew Shelterinc and Immicraimt Aid Society (IIIAS) ^hlCap-Q J-ffae
INQUIRER p ^ "'s St.
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(Last Name — Print)
(First Nom» --^ Print)
Kq% Uff JOf Place ol birth
Qtizen
Fccupation..
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RelaÜonship to person %oyif^\ /Sjt^ff^M^ When heard from last? 'T.£^ * /Jf t^M
Will Sponsor Immigrotion? ..Jt^^.. .Will send financial aid? ^^2i^Sf^
Namos« addresses and relationship ol other relatives willing to help persons soughi
Individual sought
(Name and Address)
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Hebrew Shelterinc and Immigrant Aid Society (HIAS)
INDIVIDUAL SOUGHT
REGISTRATION FOR LOCATING PEOPLE
Chicago liias
BO N^ Wei:s St
Rooin 8i7
Name
(Last Name — Print)
(First Name — Print)
Lcnt known address
(Print)
Previous address
(Print)
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Father's Name Mother's Name.
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Name
Address
Age
Relationship
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Inqulrer
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(Name and Address)
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Hebrew Shelterinc and Immigrant Aid Society (IIIAS)
Chicago Hias
130 jM. V/eüs St
Neon«
(Last Name — Print)
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REGISTRATION FOR LOCATING PEOPLE
JA^jO.^^
(First Nom« — I%lnt) C/<yC'
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Addr.M -#/#/. ZI/t-«!f^ül^Z ßLlüA/^tAÄL.
(Prlnt) ^ ^
Ag« £A Place ofbirth /l^JKi^^^ J^t^^ A5f!#riÄ«>!
Data arrivalU. S. %fYyl^lMf€jH.^^^Ä //..if..^..
Ralationship to person ^oy^q^vJijUf/S/^ heard £rom last? i^«4^^ ^^^
Will send finonciol cdd?
Tu
Will «ponsor immigrotion? ..^ir<^. WUl send flnancial aidf ^.i
Nconei« addresseB and relatipnship of other relatives wiUing to help persona sought ..^.^ ^....^Af4f^..y.^..Jr^. /
^^......../lUMr. JlUA^^^'t^fii^jCii^^^ J2f>jfj m
g.
Individual sought
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(Name and Address)
Remarks:.
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Hebrew Shelterinc and Immigrant Aid Society (HIAS) ChrC^o^O I liaS
INDIVIDUAL SOUGHT 130 H. Wehs St^
REGISTRATION FOR LOCATING PEOPLE
Name
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(Last Name — Print)
(First Name — Print)
toi faKm. ,ridWK!**«Ä»|f ß>i!l,t1!^:Ai.eA-J&^ '^CAtttdS^..
- -
Pittvloiu address r^^X^ff^-,
Follisr's Name
Ag. AM !(^y4 ...Marital slahis *!«Ä««*A<«^ BWhplace^3^^**^:4(«i^:^. ^ Occupatton
Mother'.Nome -I^MÄi^.. id.. ^.<&f^k^**:*r..
Addres**^^
Other immediate members o! famüy:
Name
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Relationship
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Hebrew Sheltering and Immigrant Aid Society (HIAS)
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REGISTRATION FOR LOCATING PEOPLE
Chicago Hias
I3ÜN. Wells St
Koom 8i7
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(Last Name — Prlnt)
(First Name — Prlnt)
Address
(Print)
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Occupation
Dote arrivcd U. S.
When heard from last?.
.Will send finoncial cdd?
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Hebrew Sheltering and Immigrant Aid Society (HIAS)
INDIVIDUAL SOUGHT
BEGISTRATION FOR LOCATING PEOPLE
Chicago Hias
130 N. Weiis St
Room 817
Name
(Last
Name -
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(First
Name
— Print)
Lost known address.
(Print)
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(Name and Address)
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BUXTON, INC.
SPRINGFIELD, MASS.
^.011,846, Des. 83.307; Des. 90,956. Del 9°S'!is."98 lÄXS" ''°" '•'^'"''«^
RICAN NATIONAL
ED GROSS
ig)4;S
^J« CERTIFIES THAT
m-^^M^ -
American J^ational
Red Gross for ig 42
^m^ss^smm^^
Chairman
I i
CALENDAR 1942
JANUARY
MAY
SEPTEMBER
S M T W T F S
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FEBRUARY
JUNE
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MARCH
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AUGUST
OECEMBER
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27 28 29 30 31 . .
Your menibership entitles you to vote at Uie
Annual Meetins: to elect Chapter Officcr« and
plan Service projrrams.
Only 50 cents of each mennberbhip fee ie UBC<i
iö Bupport National Red CroHa servico. The bal-
ance 13 rot.iine<l by your Chapter for loral work.
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fmSil^&lkcAt tanjfo
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gfiti^t ttbetttttöbacl
\S\i Ritogtamm
gllHö oom lö. 7.
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1 «Jcele et«bt \
3^ 0otgt«ttg attfbewaftrttt
^rlorent i^often »erben
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IV4 iiaeotonnn
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öllttfi «om IS. 9.
bl» 14. 10. "^
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(®td6er SKetoefciietn)
^SC^ 19^Jf...
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ri^k;L^4l^.^...*£.'^.
152. üdF . ItllK
* 2 l.Fß1935
4
Ret)ier-(rage»ftempe(.
Stra&c
gfir. ~.
J?ret8 -^ Staat
fttei« ~ jugesogen
(Ort, CrtJteil)
I
10
11
12
13
/amtltenname
(6ei |/rauen au(§ (Beburts-
nanti uni) gegcbcnenfallö
Marne au* öer legten
früheren (E^v)
V
Borna men
(füTTtlliC^e,
.'Kufname \\i ju
unter[lret(!^en)
/ami-
licn-
\im^
(leb ig,
rerip.,
gcfc^.)
Beruf
(genaue Angabe,
ob fefdflänbtg
ober ilngcftellter,
Jlrbciter ufto.)
\
©eburU
a) (J5eburt»or^
b) ^reij5
Mx
Staatö-
ange-
^örig-
kett
Keli-
gion
^iöen§änbtge|llnter|(^rtji
be» HJo^nungein^abere bei Untermietern
(Pb fc^on früher
im l^iefigen
Ö)rt&poIijeibe3irfe
gexDo^nt,
toenn ja,
toann yxnt xdo
((Drtöteil,
Strafe, -
^auö-Hr.)
Vi^tnxi von Keifen,
Ißanberfcftaft ober
Sc^iffa^rt
angemelbet;
a) le^ter
bauernber
Zßojnort
(Strafe, ^ouö-5^r.)
b) ^reis
c) Staat
(tüenn Sluölanö)
H5o^nung
(Ö)rt, Strafe,
$au0-Hr.)
bei ber
it^itn
perfoncn-
fiojtbs-
a7;jj|b:7ie
(ifi^tober
Jebk.n 3ö^««)
eigene
HJo^rtung
ober bei toem
ie|t in
Untermiete,
5(f)IaöJene,j
/j^^
«Prt)
^ <Jigen|änbige Unterf4rijt
be» ; Hauseigentümer» ober feine» XJertretcr*
ben 1J>-/^--..|^*Iä.... 19
((tag bjltr Jlbgabe an bie^j^olijei)
CB(
I
:^ 1-
(1) a)lelbcbei)örDt ift m ötäbten öic Crtsi.oli;,<lbehörüe. .n bn i.'oii.M' mfiiütn ecir
fTt!^äT'^-^^'l "i^^'San öer OrtsjiüIijciheDörbe. Oft in einer eonftq^mtinfic (Kmüf
ftellen (^olMetreoitrc), |o gilt als ä)tclbcbel)örbe bie öttlid) Auftni.bige OTelbeifHIe
II. SDlflbepflir^t bei JDolmfiß ober bouernbcm aufentöoi:. »
§ 2.
)i„J^hni,'"'-^^'j''l! /'"m '-'•''«"i<:l'e'J*rö«. (3JJciaeftelle) itinc. iBubnfi^ ober D.uunoer.
^ufcntbalt nimmt, t)Qt lic^^unb bic ^u |cincm 5)ausftanbc acl)örenbcn ^erfonen, bu mit
;Öm «UMcOen bei bteier a«olbebcl)ötbr (DJlclbcflellc) unt« ^Jlbgabc bcs ihm n^n \rimr
bisberiflcn aifeibebebörbc (OTclbeftdlc) erteilten 'Mbinelbcfcbcins nnsumelben
'W.S..il?^^'*f ^^.°^K*l^ r,^i''' Cjauccnöcn ^iuieatl^ali i:ii ^^eaue einer DiclCeUel)örö»t
iil)ldt)efclle) aufgibt, I)üt f!d) unb bic ,u feinem ^ouoftanbe Js^örcnbcn ^erfonen bi
jlcid)5citi.q mit iftm il)rcn ^ol]n)iö ober bauernben ^ufcmi)a1t aufaebcn bei ber fü
'eine bislienpe ^ol}nunfl /luftnu^Mncn OHcIbebcliörbc (^Jölelbeftelle) ab^^umelbcn.
Wa mnerjulb Des ^23e,yrUo bor ^Jö]cli)cbel)üröc (tUielbefteile. in öem or lemer-
iBol)nu6 ober bauernbcii ^2lufentlialt Ijat. feine 215olinunq n)ecl)felt. t)at fidi unb bic /ü^'
•m^\T ,p!l"ff^^"^c flcI)o;enben Tierfonen. bic mit ihm utmielien. bei ber ^JDTelbobel).irL
.a3i€ibe)telle) un^uineiöen. 1^
(I) 3u Den ium y)au5|UinD im ciinie ber §§ 2 bis 4 ijeljorcnDen >15erionen ^lihl. .'
leben ben 5amilicniinge.I)drinen auch biejeniqcn ^V^fonen. bie als öoueanoeftcllte oV- a
.11 einem lonfUßcr ^lenftncrtjöltnio (,^. ^. nio @cfd)öft5pcrfonal, ©efellen, iJebrliiKy
,u]a) ). eber auA^^ne ein faltftcs 'MrbeitsDerivütnis in bie fini«c;itcf.c Ocmciiiiihun i^a^i^
AoJU^oiifgernrrfim^ i^.r.b. ^y ^*"^ * v
2i^cji(2)^_^j3crjo^^^^ anDeren /^3erjOIlen m '^cl}nungöiicmcin]cbart
I 1 (i i;ausftanb ^n gcl)örcn, finb felbftdnbiä mclbeptlichtTo
br V Unter „bauembem ^ufcntf)ült" im cinne her ^^ 2 bis
ils amei 'iDIom^ten ^u Dcrftel)cn
^^A '2lnmelbuni) (§ '), Die ^ilbmelbung (§3) unD Die
eben, oljnc &i
4 iH ein '^lutenthalt uc2.v
UmnieiDuny (^4) muB ipötcfter,').
l^^'nt."h,fi.^'llH''.^' Des 3us ^ib. unb Um^mio )d)riftlicf) bei%eV3ndbebröörlC
Li ^fD\ie) öurd) ilboübc eines bem i^ 7 cntfpredjenben tmelbe)d)cins (^orbrud^e a b
i lifod)er. im Cfülle bcs S l '^bf. /2 in breifad)cr ^Musfcrliflunp erfolgen.
^) V
ef J.RelDc)d)e:ii (großer JJiclbefd)ein. ^i5t)rDruclu- a d
unbjbcr neuen ^^Bo^nung fülgenbe ^inqabcn entt)alten
ümiüennomcn (bei brauen aud) *ien (^eburtsnamen unö
r Icijtcn frül)cren (J^e); )
lornomen (fömtlic^c, Rufname ift ju untcrjtreidien)
1-) mut3 außer Der
ggl öcn \T?omen
biS'
au.«»
Sl ^V - ^'^v/ 'Ö' ocrl)eiratet, tcrmitmet. 5cjd)ieben;
'üngobe. ob ylbftönbig ober '^Ingeftclit*.. -arbeitcr
(menn '^luslonb)
uito.
d) SÖ\%uf ncbft gennuer
e) OelVrtöbatum;
f) (Scb\tsort, S\rei5, otoöi
f) ötoDiöang^obörigl^eit:
h) 9^eligion;
i) ob bie ^u metDenDcn >|5erionen id)on frül}er im 'öe^irU Der :IJIclbeüel)öroe (^JJleiöe
ftellf gen »Ijnt l)üben, rnenii lo, mann unb roo (Drtsteil. etrafee. ^önusnummer/
^ ^mZl.lZ.^lT' F^^^ ^*^ff«^^^ ongemelbet: legten "auerVbrr
^2I5oönort Mratje ©ousnummev), Ä'reis unb etaot (menn ^2iuöionb);
S^Sbi?1ibe?'S^^^ ^'' '^'^ ^''^''" ^^erfonenftonbeoufnaös^c
ai)ob bie au melbenben "^Jerfonen \m neuen ^XBoljnon eigene Woi^nuna brVicücÄ
•ber bei mem f^^e in Untermiete, te^lafftelle. ^ienft «ber ^u ^efU mÄ
1t
li
.^«M
, )»fern U* unoer«
ift für lebe '|5erf»ffi
\
(2) (^bdeute unö ibre öen gldd)en \f(omen fübrenöen yptn
iieiraiet i;:iy, finb ouf einem yjlelbcfdieine ä" melöen. 3m übrig
eilt befonberer 'JJ-elbefd)dn ^u oerroenben.
CVür Den 3nl)alr Der Ü}?elbu;:g ift jcber iHdbcptltdjtige (S§ 1f bis 5) oeranimortUc^.
5)cr Jlldöcpflichtige t)ot, ToUs er nid)* l^lbft ^auseiaentimiei ift, Die oon it)m
unterfd)ricbencn 9JIeibefd)eine bem ©ou^ngentümer ober Deffen ^eauftrogten ^ur Unter*^
fc^rlft öor;^ulc9en unb alsbonn on bie 'jJ1clbebel)örbe (SÖTelbcftdlc) ein^ureid^en. 3ft bei
lOauseigentümer eine juriftifc^e \perfoii, fo finb bic 2nelöcfd)dne uer ocrtretungsbered)^
tiflten^ nQtürIid)en ^erfon ober beren Sßeouftrögtcn ^ur Unterfdjrift ooraulegen.
§ 10.
Durdj Ortspoliäeioerürönuuß Uann bejttmmt roerben.
1. hai für bie •^Mn- unb llmmelbung ber im § 5 "ilbl. 2 genannten -l^ertoncn öe:
5üU5t)altungöDor;tQnb mitnerantmortlidi ift,
ÖöSi, fa'I'j lor 2)Ielbepfad)tigc nic^t 'iHIolinungsinbober (ir)auptmietcr) t|t, oieiei
bie 2nclbefd)etne untcrfd)reiben mu6,
tiai, ber 5:)üUöeigentümer ober fein '23eau|trui]tcr Die UJielbe|d)eme un otelle De*
231elbepilid)tigcn Der Sülclbebdjörbc (JJlelötftdle) ein^urddjen \^at,
4. bofe, folls ber ^ouseigentilmer ober fein ^eauftrogtcr bie im §9 oorgcfrt)rieben«
Unterfd)rift Dcriücigcrt, ber aJidbepflirf)tige bgro. ^:2Bol)nunq5öcbcr ben Si3ermerk
Jlnterfcörlft üermeigert" mit einer ({ur^cn ^egrünbung urib feinem ^lamca auf
Die' 'Jltelbung ^u fetjen unb biefe an bi( aT?dbcb€l)örbe (ä)?e{bcftelle) üb/^ugeben M
/ ^ M. l
Meber Dte_a}ielbung (ft dnc ;öe)d)dnigung ^u ertdlen. '2115 |old)e gilt öie ie
ü.
8.
'V
aicnfn^ nad) "ißorbrudi^I. falls nifftt ber /jj{dbc^fiici)tige dn brittcs. im' Orolle besi^ \
2 ein uicrte?
^berföfien ift.
Stüd^'bes '>I)?eIbcfd)dn5 ^ur ^^ibltempelunQ norlejt, Doe it)
e|rt).(
in
•metbeüflidit bei mel>rfad)cni 'J33ol|nfij^c.
oljne il)ren üisl)crigen ^215ol)niii^ aufzugeben. uriWöedirR
m roeiteren ^]Bof)nfiö im 6inne Des § 7 <ö(ö^ bcgrü
emei
rünben
'lOeref.-
0/0 r hVit
^i^cr)ünen, Dtc
Dlclbebel)örbe einen roeircrcn ^^oi)n)ig im omne oes ^ 7 *ü(9^ia bcgrünben o/or knn
'lirbdtsaufna^me 5I3ol)nung nel)men, ^. SB. oaifonarbeiter, unterlifeen an bief cmABoftn» |
ort ebenfalls ber 931elbepflid)t nod) §^5 2 bis 10 unb Ijabcn bd ii/rer OJIelbung /ine vm>
Der ü}Ielbebel)örbe öeo alten ^obnfifeee und) Sßorbrudi li gebübnuifrd au ertd|i(?nbe SBe^j
jdjcinigung Darüber aor^uleqen. Daf^ fie am alten Wohnort ihren ^IBobnfit; nid)t auf,
qcqeben bnbcn.
/
5 IV.
aebcrjteigi öer ,>iu|emt)alt m (ÖaUböufern Ulm. (^ 13 '2Jb) i) Die -öaurr oon.
Diouaten, fo ift ber ^23ol)nung5nel)mer nad) k^ 2 bis 10 melbepflid)tig. 3n ,bieji
\)üt ber ^ohnun9snel)mer binnen einer W\ d)e noA biefem 3dtpunUte D\ie
mit bem SD?elbefd)eine nad) "öorbrucb
Der DJIelbebebörbe au crftatten.
J (S "' unter Angabe bes ^ages bes
h
*öe|urt)9tremdc
19.
?^
U) '^er m unDeren als Den im § K^ 'äb\. i Deaeict)neien, Der
>öct)erbcrgung oon ^remben bienenben @inrict)tun9cn oorübergel)enb
m Unterkommen beaiel)t, t)at fid) bei ber ü)?elbebet)örbe (2IlelbeftelK'
auiunielben, trenn ber 93efud)5aufentt)alt bie IDauer oon 2 aJIonote
biefem 5alle l)Qt Der ^iBol)nunöönd)mcr binnen einer ^2Büd)e noc^ bV
anelbung mit bem 3ndbefd)dne nod) ^orbruck 4 (§ 7) unter ^2In
3u(iUös bei ber a)Ielbebel)örbe a" erftatten.
(2) ^ot ber "ißcfudjsfrembe bagegen keinen' :ü3oÖn)t| ober ^
(m ^U3lanb, fs ift bie "Jlnmelbung burd) ben ^2l5oftnunfl5ncömer
Douer bes iJlufentftalts )d)on binnen einer ^Bo/che nac^ bem 3:a
»Bcnujjung bes a}Ielbe)d)ein5 nac^ ^orbrucb a /(§ 7) äu erftatte
(3) Vit ^bmelbung ber na(^ 2ibfag 1 unb
!ffiod)e nad) bc» 3=»rtaufl unter ^enalttny
|tt erfilgen.
.1
ctnaemelbeten
e« ^Uibefel^tfit
fud)i,ame&en
ti:'%T^^ Me
unter
)v.
\
^
9mt0A bf» 35. «uAvft 1033.
9lf9alf(De Settmig
Kr. 102
m
9entf(9(Qnb9 2ribntref(e.
@cit bem ÖQufanner 9Ibfommen Dom Suli 1932
^ bic 5Cributfrngc borüBcrflclöenb i^re t)oIitif(^c
64ärfe berloten. SWelc önberc »<rtfcf)attIirf)o imb ^o.
Itlifcf)c 'I)infle finb in bert 53orberGnmb antreten unb
^oBen beraeffen In[fen, bcfe ^ie Sfiewreöelunfl bet M.
tute, trie fie in Jöaufannc fcftflciHt irorbcn \\\, norf)
ttictt bur(f)gcfiif)rt tnerben fonnte. SBeber rcrfitlicfi norf)
kHti*Iitb trifft olfo bie meit öerbreitetc ^rtfidbt aw.
ba| btc ^^ributfrage für 1)eutf(f)rnnb cnbflülttg eric.
Mo^ ift. 5)er STu^njärtigc 5tufifd)uft bc« JReidi^tofleS Iiat
Wnfnng b. ^. eine leiber metiia bcorfitetc nationolfo-
fioliftifcfic Gntfd)licfeuna angcnomincn, in bor mit
ficcht feftgeftcllt mirb, bnfj fti« öuf meitereS bto ?^röge
tto* offen ftefit, ob bn§ S?onfanncr 9(bfnmnicn itbcr-
imH)t SBirffornfcit erlangt. "JDie (5tlIIf, bic über bem
5!rtButfuni|)f lagert, barf Qtff>'nicf)t bnrüBer l^innjcgtnu.
f*e«. bafe aul ifim ftSnbig giftige Dampfe mtffteigen.
Engcft(f)t8 ber .?iinou§fdhicbung bor .Qricfl•^fd)urben.
fegplung burrfi b-f' ^erciniaten ©tcinton unb ber bctii.
fen^orilifdf)e« ®rf)»teriafeiten 5)eutf*r(inb« erf*eint e«
8»ecfmn^ig, ficf) micber cinmol böriibcr flor su »et.
be«, »rclrf)e ^ributlaftcn aucf) Ijcutc nocfi auf Dcutfrb-
bnb liegen.
STuf örunb ber <n Caufannc aBgegebcnen (frf(ä.
nirgen heuert bio Äanfcrenj eigentlidf) nod) fort: fie
ifl mit einem börrSufigen GrgebniS mir hertogt mor.
ben. ^ie öu^crft fcfimale trirüirfic 33nfi§ für bcn ow-
«nbrieffirfjen »tanb ber StriMttt>ert)fIt(f)tuTiflen T^eutfcf).
ÜnthS bilbet bic om Scginn ber .^onfcrcna abgegebene
ftflorung, tid^ bie JRc^orationcn unb Äricgsfrfutiben,
Me ben ^ilnebmetit ber Omifmincr .Q^onffrenj gefrfntl
btt njurbeit, icölörenb ber Itouer ber Äonferenj au*gc-
f^ n^erben folltcn. ^iefe ©rftärung mürbe burdi bie
6onber.5fi»mQ(ftung ber ©roubiger crgiinat, bofj fie
bo* getroffene STbfommen erft bann al? gültio crfln.
fcn merben, toenn fie felBft eine befricbigenbe JJcge.
fung ibrer ^IriegSfcfiuIben on Sfmerifa erreirbcn. 9^afli
bem SBortTaut \i^% 5rbfr>mmen§ tritt c§ erft bann in
Jhöft, menn olte löetciligten cl ratifizieren; e§ mirb
aber fofort aufgcboben, menn eine ber beteiligten lT?e»
0ierungen ben onbcren anzeigt, bofi fie befdiloffen bot,
irtdfet iVL rotifijieren. '©urcf) eine fotdje Wnjeige mürbe
rein reditlid) bic S^ributfragc auf ben Huftanb bot
bem ^^oober.SKoratorium sttrTicfgeniorfen merben,
b, b., bie 93ertQgung ber Öaufanner .Qonferenä m^
beenbct, unb neue ^erbanbfungcn müßten einfe*f^n.
IBie bic 5Dinge Ilcaen, lebt olfo bie Öaufanncr 5lonfe.
rcna meiter fort, unb eS ift niinbeften« mit ber Ü^Sg-
rid)feit au red)nen, bafj ifjr in obfebbarer Seit neue
STufgoben gefteltt merben, \iOi e« ja oudj ber betttfrfjen
JWegienmg böllig freiftebt, bie Slatifiaierung a" boll-
aic^en ober oBauleFmen.
üöon erbeblidf) größerer ^rnftifdier iBebeutung finb
gcgenmärtig bic öerfc^iicbcneu bcfonbercn 'iNcrliflid).
tungen ^eutfdbtönb^, bie meber boni ."CtooberKan no(<)
bom Saufonner 3{bfomnicn norfi bon ber legten 3luf.
fdmberflörung bec (^laubiger unb bem befc^ränften
^ran^fermorntorium *5putf(filanb« berftbrt morben
fiub unb c8 bcigbnlb ow^y beute nodi ftarf belaftcn.
Die Stbfidit ber ^ributolnubiger, bclitifdie ®d)ulben
in internötionafe ?fnleiben unMumanbefn, fie au
„fonimersialifieten", ift glürffidiermeife nur in be-
frfuriiufteu! Umfange gelungen. Tniöbem belaften un<5
beute bie Qu?acöcbcncn „^fnreibeii" fd]mcr genug. 9^nd]
bem ^ome^bron feilten »ir unS ben gröf^teu teil ber
Xiibutaaöluug b«i» crfteu '^so^\z^ 1021/25. ndmlid)
ftOO W?}nionpn ÄJeid)imarf bur«*» Auflegung einer
jruSfonböQnfei^c be|d)affen. Xie '^nmcS.'?(n leibe ift
fomit eine rein bi>ritifrf)e ®rf)ulb; liroftifd) fdiutbcn mir
oter bie f,in8. unb TiIgung«rotcn ben clnacrncn bri-
böten ^eft^mt ber ^rnfei^cftürfr ?fu8 biefeui (^runbc
mürben bie 'öerbflidjtunöer ou^ ber T)nmeS.?fnleiöc
bon feinem ber fbötcren «bfommen beriiftrt. ^uraeit
miiffcn »rir 84,1 SWirrionen SWoi-f inbrfirf) bafür ouf.
bringen, ^m ?)pung'^Uan mar grunbfntjliffi bie M^^v
fifienmg" ber beutfrf)cn Sabtuiuien borgcfeben. (Je
ficj^ fidi ober nur bie ?)ouiig.9rii(eibc (^suternationarf
%\\\^\\t be5 ©eutfdien .^Heidic« JOfiO) im ilioniinalbe.
trage bon :M0 Wiflionen lionor« aufncbmen, mobon
inbell nur a^nei 'Trittef hen (Gläubigern augeffoffen
finb. ^er für Tribxtimerfe beftitnmte 5'cil ber ?lnleibc
erforbert bi§ 1065 einen afeidibfoibenben Tienit bcn
iäbriidi fi4 'iPtiniiuien 'il'Jorf. Tie ^erbffiditnngen ckw^
bem Befgifcften fWnrfobfomuten, ^^^^ cbenfoll« eine
boubtfncfiTirfi j»oritifd)c ^abfung barftcITt, betragen
juraeit jäbr*t«b 2ß Willionen H^arf. ©ir muffen alfo
audi beute norfi trofe ber ?fufbannuna unferer 8ab-
funn^birma a(§ Tributrefte 171,1 Wilfionen Warf
jöbrlidi in Xebifen an \>a^ ^fu^fanb abfübren, bn fie
borfä'ifig bom Iran^ferauffcbub berfdiont gebfiebeii
finb.
8u ben ^ributreften gebf^ren ferner norfi bie ^er-
pffidituuflcn nu$ bem beutfdi.auicrifnnifdien 'Jlbfoni
nien. C^3 bnnbclt fidi bnbei \\m C?rfatjanfbrüd^c anieri-
fr-nifificr ^ribatberfonen auS .^riegSfdiäben unb um
bic ÄToften für bie amerifanifdien ^J^efntjungätrubben,
bie bi« 1923 im St^einlanbe lagen, ^ic ®rfa^Qnft)rüdie
erforbern jäbrTirf) 40,R <[)?irTionen, bie natiTungen für
bie öefatjung^foften 18,« a)?ir(ioneu Warf. Csm 3In.
fd)tufj an bo8 .'ySoober-SWoratorium finb uuS bie ^s^%»
reSrateu für bie (Jrfa^teiftnngen biö lOJil, für bic
ÜPefafenugSfofteu bi* 1035 geftunbet morben. SÖirb bic
etunbung nic^t berlängcrt, erbör)en fid) in ben nädiftcn
beibcn "^obren bic ßeiftungen ber SCributreftc auf über
230 Wiffioncn OTnrf.
^n ttx\. Stributreften babcn mir befonberc 33er.
bfrirf)tungeu au fcEien, bo fie in bie brci aWilliarben be«
Caufnnner ?fbfonunen§ nidit eitibeaogen morben finb.
Ü&er "tsci^ ^d)icffal bicfeS ^rbfonmieiis! braudien mir
un6 t>orräufig materiell feine grof^cn Sorgen au mg.
dien, benn ber 'v^nternntionafen 33auf in ^-öafel mirb
e§ faum gelingen, in "b^w näd)ftcn a^bn ober fünfaebn
Csabren neunen§merte Sdnilbberfdireibungen 'Deutjd}.
fcrnb« auf bem tnteruationolen f^innnamarft unterau.
bringen, ^ie .Q^rebitfrife '^oX ben au8fänbifd)en !!abi'
toliftcn eine Öobre erteilt, bie länger al« fünfaebn
^abre narfimirfen mirb. '^a Sd)ulbberfd)rcibungen,
bic bis 1047 nidit bermertet merben fönnen, berfal»
(en, bfitte bie (?nbfunime be3 Öaufnnner 9lbfonnncni
mir einen frfieinbnren 3öert für bie bolitifdien C^fäu.
biger — menn e8 eben fd)on ratifiaiert märe. IJie
WSglidhfeit, baf^ irgcnbcine '^c^.i)^ m% bolitifdiett
Bmerfgriniben erftärt, l^% ^Tbfommen nidit ratifiaic
ren au moricn, beftebt aber meitfc, unb ber ^fnftiftung
neuer tributbolitifdier 53eruiirruug ift nodi fein ^Wieget
borgefrfioben. vCnatt>if(f»en nuif^ ^eutfrf)ranb bie Tribut-
refte meiter Teiffen, affo bolitifdie Babfnngen au^fül^.
ren, obmobl hie ^'Jotmenbiafcit, ben Transfer elnau-
frfiränfen. oudi im ^fut^fanbe anerfannt morben ift.
Tic 1711 'il'lirlioni'u Wcxxi. bie mir in l^ebifen oll
tienft für bie Tribntrofte an ba§ ^fnSTanb abffibren
muffen, fonnten norfi im ^oriabre obne grof'^e Wu^e
gcleiftct uicrbcn. beute bilbcn fie eine auf^erorbcntlicf)
bobe ^cToftiuig, bic in abfebbarcr p»eit au einer 9?a(b»
brüfung ber T^erträac über bic reftlirfien Tributbcr»
bflifbtnngen fübren muf?. Tn? gilt befonber« für baB
befnififie Wnrfiibfouinien, über beffen ^Neuregelung
nun bcrbüubclt mirb, unb bor aHem für bie amerifa«
tnfrf)on ^^efnfenng^foften, bie anf f^rnnb einer intcral»
rücrtcn .'v^aubfung borgenommen morben finb unb auS
N-^Tt *T?r^nrntii'>!'?;abrunnen au berfen maren.
wmmmmamammmmmmmmmmmmmmmmmmimmmmmmmmmm
BctrmttDortntfter €djriftlcitcr: «jcl be »rief.
©erauSgcbcr: !)icua(f(f>c CcrlaoBflCHoffcivfifjOfl.
?TÜr bit 12ln<teiacn (»erantmotüidb: tt. Üinifl.
^mKffmm^mi
Aniassllch des plötzllcHeti Todes des Herrn Dfrektors der !?evaler Aktienbank
LUDWIG SELKE
spricht dar Familie das tferscniedanan ihr tiefes BEIL ei D aus
die Verwaltung
der A.-G. ^RAUANIIT"
> -v. .S<»»h./-.4A -v
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wtrt^ebaftllcha« AuMteUnnt}.
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I J
9lr. 192
KfDalKDe T^ltnnq
^mtttn htn 25. «nftnft 1033,
km 24- d. M. verschied nach kurzer Krankheit
Herr Direktor Ludwig Selke
Seine arowe Erfahrung und Energie und seine wertvollen menschlichen Eigenschaften sichern Ihm ein bleibendes ehrendes Andenken.
Vepwaltun^sraS uni Direktion
der RevaSer Afctienbanic.
]^'/^'^
■\.':v''
■:-;<» •liJ'^' :>•*?"'■:'*
•^v^C^^
Am 24. August 1933 verschied nach schwerem Leiden mein ge
llebter Mann, unser geliebter Vater, Schwiegervater und Grossvater
Ludula
im 59. Lebensjahre.
Im Namen der Nlnterblietoenen
Jenny Selke,
S,..^->,i*^i '•c.^w;i»'.?,v>*'}^'^>'-.'1^ "-^fi
Am i4 d. M. verschied umer hochgeich«t»ier,
stets wptiiwollender Vorcpesetzter
Mm
Wir i>ewe«iteii mm ein btei:>endes Andenken.
Die Beamten
cfer Revaler Aktienbank.
tifl
AnlAs«lich des Hinscheldens des
Her
iil
sprechen der Pamili« iür moi^itte« B£ILIdlü aus
Ludwig Selke
E. Lerenmann und Frau.
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«m 11. Sonntofl ito« Xxxn. beu 27. Stuflufl.
©t. Dt«i-««r*e. Um V2II U^c bünnittage: ^oUe$^
Mcnft ijSöitor iK S|>ccr. Stille .«ommimion. .stoucUc ,uiiu
23cjtcn bcr rcflclmnfeißcn Vlnneti^flcflc. «crtcilunß t>e^ »t.
beUalcnbcrö für bnä Ic^tc 25rittel beä '^(xiive^.
"üecthiQi: Wanc Sictiemami, ü8 ^. alt, oett. oen
18. «.ufluft. ^ „^ _, .. ,
aiti Srcitafl, bcn 1. '2\>et. um 5 Ul^r iwdpnuttcß« —
©tBunn bcr amcnjjflege im ^totat unten. —
25ic St. Okri^^kmetnbcnlicbcr Jucrbcn um Gittiimtuiifl
btt rü(fft5nbi0«u Wcmd^^cl)ClträQC gebeten
«t. »ilolat Siu*c. Um %11 U^r: Oiotte«bicnft (l.'uc.
18 9—14). ©tittc j^ommuiiton. ^iftor 91. SBalter. Stoaefte
für .?>tIf8bcbürfttGe. „« n «
W ei taut: «nniti SoUto»" niit Tlaxt) «oioneffc
Scbiüine. SBoXfßanfl MUmcntn niü t^rl. SJwrt^a «re^er.
Sciit^oS mhcxQ mit ?rX nUm (?Iifabctl) ^^ufdjmunii.
Xflmßctnctnhe (in bct 3t. 5«i'o^''\\i^*^''- ,«""|, '1'^
Ufir: Oiotte-:*Moiu't. StiUe Atonimniiioii. "ipHjtorJK. '^':Jtcr.
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Uni öerft töte*« ird^e. Um %12 U^r ©otteS»
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ojcrrtOtt — St. «afolaiRir^c. Um %11 U^r öormit^
ta^i: WotteSbtcnft. ^\tot X^omfon. SVoüette aum aJeftcr.
ber firdjlicften Hnnenpflcge. „ . „
We tauft: «iltor Cttomar 9?euenborff.
äihttiuodj ben 30. «unu^t um 6 U^r iiodjmittaö^, m
^ci Siiidbe: « b e 11 b m u f i f beö gcmifdjtcn iS,f)otS bc« Hir«
cfKnmufrfalifdjcti ::i|nftitut« am ilcipmtt Jotifertwtorium.
Leitung: .^irt St)omn«(. «n ber Orgel: K. 51ctiwr.
«Knrüo — 3t. ::i!olianm«. Um 10 Ul^r (»otteöbiciiit. SiuU
Icftc für i>ci^ armeti^aii^.
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läfeUc^ bc.t »cginnö bc-3 Sd)uhmtcirici)t5 für bie Sdjulcr,
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aBcfcnbcrgct Xeutf*c ©emctnbe. Um 12 IQr Doomt*
tagö ©ottcSbienft.
5|m ?§uli unb 9tuguft mürben getauft: ®ert 'äxam
SBei^m, geb. am 5. ä«ai 1938. • ^ x •^«
® c t r a u t: qs^otograp:^ ^cing Wtcbel mtt <Scnta Ihfi*
Icr, nm 12. «uguft 1939. , ,« •.
©eerbtgt: Helene ölubanifotü, ge*. Xflomel, 78 9.,
geftorbcn am 8. «uguft 1933. ^^ ^^^
{R8mifd|-!ot6oHf*c ^eter-^ttulsKrcfte. Um 9 IQr ^I.
äJ^effe um 11 Ul^r Qoäfamt unb polnifd^ ^rebigt. Um 7
Ul^c nnbaäit.
Cftriftion Sctenee OtotteSblcnftc, gnblaftrafec Ar. 10,
Sonntaguormittag um 11 U^r. «m 24. ©eptcnrber um %1
U^r ®ottc.^btenjt in enelifd^r Spratfy;. 8eugni8<*citb am
13. September um 7 Ul^r afcenb§.
TctttfAe eiitiftUt^e ©cmeinftfjoft, ®to|e «ßetnaufc^ «tt.
iSlx. 19. ©onutag ben 27. 3liiguft um %4 U^t »ibclftunb«
bon^tebi9et®c^ncpt)er unb ^onnerätog um %7 Uljt
abcnbi öebctftunbc. «Uc jinb ^crjUt^ ctngclabeit.
Wuffifdie e()tiftli(^c (»cmelnf(^aft. ©tofjc «ßemaufc^ ®tt. 1».
Sonntag um Vj6 U^r abcnbä (SüongcUfation. SKitttoot^ ue
»^7 U^t «tbclftunbe. Eintritt frei. tUe ^etjlt^i wiafomme«.
IV« yfllMBa M^U.C, i;ii.i»|'.
\t\ • uti>. !u>aug c«
_ cobn I« iirtuai
Vj.B nuu'«n .... •»'- '^'"VVÜI.ÜIISi «Tk An« !Riaol4V eirrak ^7nli.' «Jurtj^onMuno Winj
, ^,rt.4,„^ ^,.(UMiiA(.. mmim (n;fles«i aunidnno i^.efcboro«. ftifllnjlo« (SH- »jpUMaftgt. *%
l«|«i«<imm<r« octiaiifw Mt »(a,.iiof«(M.*<>on5Jun9«n m |>«l|inaiort m. »tn greftmii etAftUiu A»l»it«» rtwl»
tnigeatn: Conomolt^ti«« 3lmottu«oimm» O. U SU-iteoanu» Ännoortv« A. a. fütfaabnQfitan 40^^ M«
iÜdM ■ lU- 6. «MUMbfltttan 10. 0« «•nn« *■•»•■•« «t^m«« ABinfl«« «t««atn tn #<»»*«: Wirt. IMJi
'{. JUvNm : fttTw. ai.»fr ft«mbu'o » •" «t^«- «»>• V*VK>^ 6«)«iin«n»taet l». 0- 6(fti«»i<«. HoUftr. id.
9^MM^ 2>nKtKtl H.^, 9toM|, 9UiMtr<«e Sir. 10.
/ u
TalllDDa Unna
Perekoflnaseisaaniet.
o^uUiJU.
•/■•••
Surmaregister JVj /t
Ä r a k i r i.
Lk.
Tuhat üheksasada ^O^rr\tMUrnAA hLC^^^^
aastal O-UXiU^^ )iiyx^^9^i<lAjl^^ nn >\j^ k^jQ^ q t^^c/^^ päeval
suri
vanus ^nyC^i'UJiJoC ^ 9\C'VJU\/U>^tAJZ> /?/V^
elukutselino tegevus ^ClAAy^Ctctc'Xt^(^^
alaline elukoht
^r(X£jUnnjas PoU^C\. JV'i^-^
surma
pöhjus ^^^^^>U^A7/H/i7^^
perekondlik seis CX-^ tt^S
rrrr^^r^^f^m^^r^^^^^^mm^^^
Maetakse ...^.<<-^^Ci.(r}<P^^
Käesolev akt on tehtud tuhat i\heksusada c/<^
aastal CUOkUJ-bC kuu '^ ^
i?^</2>t4C< Ji^^ %%!?£^}^^f^
päeval
^,aeit:^..^Ä /^^h^:''^...:^A-A
teadaande pöhjal.
A 1 1 k i r j a d :
laandja
ja ; ^^-"^^^^
Algki
Tallinnas
,li^Q-^
193 2.
Perekonnaseisiiametnik.
Perekonnaseisuametnik.
m
/:<^
tf
« ♦>
Übersetzung,
Abschrift,
( Wapj)en
der
Stadt
Tallinn.)
Standesamt
der Stadt Tallinn.
Nr,688,
S e 1 k e ,
L udv i g
Sterberegister Xr.l4.
Seite 4,
Im Jahre eintausend neunhundert droiunddreissig am
vierundzv/anxigsten August
verstarb in Tallinn, Poska-Strasse 51- - 2,
S e 1 k e , Ludvig,
deutscher Heichsangehöriger,
Alter: geboren am Q.Hovembor 1874,
Berufstätigkeit - Bankdirektor
ständig wohnhaft in Tallinn, Poska-Strasse 5l5 - 2,
Todesursache - Lunt^enverhiärtiing
Familienstand - verheiratet
.i
(Zwei Kanzleigebüh
der Stadt Tallinn
Beerdigt in Deutschland^ Hamburg
Vorliegender Akt ist im Jahre eintausend neunliund-
dert 53 am 25. August auf Grund der Anzeige der Tochter
der Verstorbenen,Kvelyne Klimpt, wohnhaft in Tallinn,
Poska-S^rasse 51^ - 2, aufgenoiamen worden.
Unters chriftenx
Die Anzeige hat erstattet: t^ez. Kveline Klimpt.
:»enmarken
entwertet. )
gez. V. Avesson,
Standesbeamter.
Pur die Richtigkeit der AV'schrift:
Tallinn, den 29. August 1935.
gez. V. Avesson,
Standesbeamter
(Siegel: Stadtverv;altung Tallinn. Standesamt,)
Am«*^
f,'-:i
itcn
Hiermit bescheinige ich, der
vereidigte Dolmetscher und Über-
setzer Albert Leopas, die tJber-
^^££.^^ Yie^££^ j^^fu^ß^^^ ^^^^^^^._, einstimrnung vorstehender tjber-
/y<r.^ocoi . dh/. ^/^ay(^/UiA. y}^y7^^^'f\ . Setzung mit dem estnischen Origi-
f^r-^ ^ ^^. / jq J^^l derselben, welches mir von
^4^*aA!, / ClA^U^^^^.^^ , yi^uyLA/L ^'-^^z "" Herrn ver, Rechtsanv/alt Heinrich
^ ^^^.
2Jx
t
öivers, Tallinn/Kstland, Kinga t.
Nr.l, W.o, vorgestellt v.ordön ist.-
Tallinn, den 29. August 19ö5,
Reg. Kr.
^,
Vereidigter Dolmetscher und tjbersetzer.
0«8el)ffD|lm T>^tj5rhpn Konsnlat zu Pev8l xnr B^'TlJiiihi^DQ: vornt^hendei
7T'i)t'^rc)iriftr^l'-
■ ^"■'" rs'tvriL '^^\
[• M !l . '
'f^
^ Gesehen im Deutscheu Konsulat zn Raval xur BaglaibiganK ▼prAt^^t^ndei
Uiitjrchrifl<n des vorridipten rboivtz«n A. Leopas und des-7ti/^/
diu 7.VV .^' v,:i'i;i«n'; vurstobender Urkondo nMch den kie«if«(\^ ^adeigeieUfii
legi. T^og. Ar .J/.k^/iy Dor DeutB0h6 KiiBll
,.y//. ^.^ UM. (ßetraj/ 4.
iWe
la iier
«Qiünie) erbaiWu.
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DEUTSCHES
REICH
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DEUTSCHES #E 1 CH
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REISEP
Nr. gBl^»tS,«
: n F. S PASS 1 JS^ff A ß E R s
r A :> ;^ 1 ^b" a ß r. n
BEGLEITET VQf^ SEHIEK lail'iriVAU
CUa
UND VON KINDERN ..Vivif
S T A A T S A N G E H Ö R 1 G K E (^§t
DEUTSCHES R E I C ff^^^ \^,
Dieser PxÜ enthält 32 Seiten
Unterschrift des Paßini
^ und seiner Ehefrau
Es wird hiermit bescheinigt, daß der Inhaber die durch
das obenstehende Lichtbild dargestellte Person ist und
die darunter befindliche Unterschrift eigenhändig voll-
zogen hat.
Hamburg, den ^l*i(drZl939
Der PolizeM)iäsidit*nl,
Abi
PERSONENBESCHREIBUNG
Beruf
Ehefrau
Geburtsort ^^ß4<i.J^^
Geburtstag ><:^/v "^r J V
Wohnort IJ^IIlblir
S
Gestalt
Gesicht
t/Cxtx "^^<^^L^
Farbe der Ausen r-r V^ f^'^':^:*^
6
Farbe des Haares Z^^^^^
Besond. Kennzeichen
KINDER
Name
Alter
Geschlecht
f
^«i.
GELTUNGSBEREICH DES PASSES
In- und Ausland
Der Paß wird ungültig am
.2l..Mär2).94Q.
Ausstellende Behörde
Hamburg, den 2t .MÄTZ 1939
Der- Poli/oii)
Al.t
J
fi^^-2^}<' i^y^f^c (W.u. f-'^K.
^ t ■
VERL Ä N (; K R II N G E N
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Dienststej
Deutsche ßotschaff Jttaenos
Unterscj
VcMiangcMl bis
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V^erläiigtTt bis
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Dienststelle
Unterschrift
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Dienststelle
Unterschrift
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Devisenmerkblatt ausgohandigt.
0EUT6CHE BAfULälL^
Sorte.
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Immiffratiou Visa
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AmericYi^Consul at
Bui huö*^ires, Argentina
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giina reclarnaciüTTTptirsioui
8e riKc excJusivaniente pu,
Anote al reverso e] aombre y
ursqdelasct'rtificadoa
iijjero (Je impr»8ici<5n.
ciun dei dedt
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0ORREO8 Y TELEQRAFOa
IT ARG&NTINA'
RECIBO DE CERTIFICADO
Rrm« d«l «mpUado r«cIbldor
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0«ard* ett« eomurobante. 81b tt m
g«aa reclamad6n pucBioqued curvo d« lascrrlif
■e rise rxclusirimente por d nflm«;ro d* Inipi
Anoir al rererao d nombre j dlreodön del 4etti
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Form. 1450 A
CORREOS Y TELfeGRAFOS
SERVICIO POSTAL ^^/
R. ARGENTINA
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ECIBO D^
rma del imple/dTficibidor
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Quarde este corriF^oban
ninguna reclamaciön, puesto
se rige excluaivamente por
Anote al reverso el nombre
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lue el cur so
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"airecciön del destinalShri«,.
de IdißiM^gip <*-> A
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RECIBO DE CERTIFiCAD<;X ^ >><> *^1^X ,AR ^
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CORREOS Y TELEGRAFOS
SERVICIO PÜSTAL
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RECIBO
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Guar^^r^e^te cimprobacie. Sin 6\ rto serÄ pos
Riina rcclama<j5n. puos^que el curs) da las cerl.. ^^
(Josse rige e'cclu!*ivan»t3.il0 p)r el iiu naro de irnp-osi
oi6n, Anote al reverao el noinhro y direccl6a do!
dostinatario.
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Postage j£j. cts.
Insurance ^^^
fee paid^^icr:!__.cts.
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RECEIPT FOR INfiURED MAIL
DOMESTIO (Inoludin« CmuwU »nd NawfoandUnd)
FEEI INDEMNITY
Sc _. — _. __._ Value up to $S
lOc Valuaupto S25
ISc Valu« up to iSO
25c« Valu« up toSlOO
30c - Value up to S150
35c V«Iueupto$200
* Maximum eharsaabl« to Npwfouudland. Apply
»tpo«t ofFic« windovr for Informatioa conoernlng W««
Api>lio*bU to inaurad mail for (oraica oouatri««.
OPO
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Fee paid for relum recdpi .
Resiricte4 deCrcry fee dl.
Special deÜTcry fe« ... d^
SpcdaJ haMlIüit äkUf cts.
Aeeaptinc amptoyM wlU pl*oa bla laitlala in •immmc »p|>lla*bl« to tadloaU andaraamaatc aad
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(TO BE RETAINED BY PURCHASER)
MEMORANDUM OF CHEQUE
Issued subject to Conditions printed on back hereof
CAUTION— SEND CHEQUE BY REGISTERED MAIL
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thi» day VT(
Date
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At (Place)
For ( Amount)
At Rate of Exchange
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SEA ^^^.,
TO BE ADVISED BY aIR MAIL
\Uarh out »ervice I^OT toJke u»ed
Sold to
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Name and Ad(^es8 of Issuer aai iir> Ao<
,,„ed i^NIVERr^iT- 1-^. ■■■.:...- b...-K. CHICAG'
At State
(5016. SERIES F ) PRINTED in U. S. A.
AGREEMENT
THE CHEQUE SPECIFIED IN THE MEMORANDUM ON THE
OTHER SIDE HEREOF IS ISSUED SUBJECT TO THE FOL-
LOWING CONDITIONS:
It is understood and agreed by and between the Iisucr of this
Cheque and the person (herein referred to as the Retnitter) to
whom thit Memorandum and the Cheque referred to herein ace
iuued, that the trantaction is subject to the foUowing conditions :
1. — If the Cheque referred to herein is paid in accordance with
the laws and usage of the country in which it is cashed, guch
f>ayment shall be deemed to be due and proper for all purposes.
In certain foreign countriet Identification of the payee or holder
of a Cheque it not required in order to secure payment.)
2.—U for any reason said Cheque is not paid by drawee and i«
presented to the Issuer for refund, the Remitter will accept refund
on the basis of the market buying rate, at place of issuance, on the
date o^ refund, for the foreign money specified on the Cheque,
IcM any charges and expenses incurred on behalf of the Issuer.
3«~"lni tl*e event that this Cheque is lost, stolen or destroyed, no
"refund will be made until the daimant has furnished a satisfactory
bond of indemnity.
4. — Any alteration or mutilation of this Memorandum or of said
Cheque by any person will render the entire transaction void.
5.— Nothing contained in this Memorandum shal! be deemed a
waiver of the Obligation and duty of the holder of the Cheque to
present the same for payment promptly to the drawee and to Pro-
test the same in the event of its non-payment.
6.— TKe face of said Cheque and the conditions printed on this
Memorandum State the exact obligations of the Issuer and shall
not be altered or supplemented in any manncr. No oral or col-
lateral agreement shall bind the Issuer.
^'
/
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Btienarenser von Eugenio seike
Manchmal lesen wir hier drüben, was in Europa ao über Argen-
tinien gedruckt wird. Wenn man von einiger Speziallitcratur
absieht, bleibt herz^lich wenig übrig, was erstens Anspruch aul
Wahrheit hat und römisch II ~ wie Pallenberg sagen ^«ie "-
überhaupt auch nur lesenswert wäre. Nicht nur die ^genannten
authentischen Berichte über Argentinien, sondern auch ziemlich alle
Filme die Argentinien behandeln, einschließlich der Superproduktion
der li. S. A. („Der Gaucho". ..Seftorita; et cetera) sind nichts als ve^
schrobene, unwahre ZerrbÜder eines Landes und ein^s Volkes, wie
CS gar nicht existiert und auch nicht existiert hat.
Es gibt nichts Nüchterneres, nicht Langweiligeres als
Buenos Aires Eine Zweimillionenstadt, die in kulturellen Dingen
kaum Anspruch hat. mit Königsberg. Bukarest oder Reyal in emem
Atem genannt zu werden. Die Großstadt dokumentiert sich natur-
lich in geschäftlicher Beziehung, in dem Riesenverkehr aui den
Straßen, in dem Hochbetrieb der Prostitution. Letztere
auf ein paar hundert Meter Straßen zusammengedrängt und ao
den Anschein erweckend, überall vorherrschend zu sein. Wenn ea
auch wohl dreihundert öffentHche Häuser in Buenos Aires gibt, so
muß man gleichzeitig berücksichtigen, daß e« also auch nur drei-
hundert Prostituierte in diesen gibt, da nach Stadtgesetz immer nur
eine Frau in jedem Hause diesen Beruf ausüben kann. Daß, andrer-
seits. die Polizei hier immer offene Hände hat und von Zuhalteni
tmd Dieben gerne und oft Schmiergelder nimmt, laßt sich nicht ab-
streiten, aber dies ist ja bekanntlich auch in andern Städten so.
Wera ir^^nd jenipnid in EiiTop$t e«: ab^r wAgt, einige. Wahrhcitci:
übet Argentinien im allgemednen und über die deutsche Koioni«
in Buenos Aires im besondern zu schreiben, wie zum Beispiel 1^ rau
Alice Schalck in ihren Berichten, so erheben die armen, sich ge-
troffen fühlenden Landsleate uniscLO Protest. Dann stind sich sogar
die wie Hund und Katze lebenden beiden deutschen Zeitungen hier
einiö Wenn die etwa dreißigtaus^ind Deutschen hier auch politisch
differieren, so stehen sie doch kultureU auf dem gleichen Niveati.
Und das ist dasjenige von 19ia, wenn wir nicht noch weiter zurück-
datieren wollen. Die geistige Kraft der neueinwandernden Intel-
lektuellen zerbricht an dem Spieliertum, dem Schema F und dem
Dummstolz unsrer Undsleute. Die deutsche Kolonie duldet nichts,
was über den Rahmen des täglichen Eseltrotts hinausgeht
Dem einwandernden Deutschen wird das Leben nicht grade
leicht gemacht. Im Gegenteü ... Und wenn es ihm schließlich ge-
lingen sollte, in einer der deutschten Großfirmen unterzukommen, so
erhält er ein Gehalt, von dem er kaum leben und seme Wasche-
rechnung bezahlen kann. Dafür abar muß er auch noch auf Schwarz-
weiß-rot schwören. Einig, einig, einig sind hier die meisten Deut-
schen: im Biertrinken, im Spießbürgertum, im Dummstolz. Nur
mit dem Unterschied, daß es die ^dchen aus Überzeugung sind,
während ein Prozentsatz der Abhät gen, der Not gehorchend, mit-
tun muß und schließlich damit aiis reiner Gewohnheit iortlahrt • . .
Fast 85 Prozent der hiesigen Deutschen sind rechts gerichtet,
fast noch rechtser als rechts, deun selbst die hier geborenen, noch
nicht geschlechtsreif.*! teutschen J'inglinge, renommieren und sauten
für Kaiser und Rei<^. Daß diese Firma längst liquidiert hat, stor4
sie nicht weiter. Der „StahlhUm" blüEt und gedeiht m Buenos
Aires, man weiß nur nicht wofür und weshalb.
295
/
r
Man katin nicht b^hauptea, daB die hiesigen Deutschen «ich bei
M^AtV^^'^AT ^''^''t. ^'^i>^^^^^' ^^^retieZ Eher die deXhen
Madchen und Frauen. Denn die Portefios (Buenarenser) haben s^hr
schnell herausgefimden, daß sie sicii sehr leicht - wie ^^t man so
schön - flirten lassen Der Gent von Buenos Aires ist von mor-
|ens bis morgens darauf bedacht, auf der Straße,, im Bureau, in der
Straßenbahn dem weiblichen Geschlecht Zoten zuzuflüstern oder un-
auffällig emen gemeinen Griff zu riskieren. Der Hunger nach dem
Weib steht ihm in den Augen, und er versäumt keine Geleijenheit.
Ihn zu s illen oder aufzureizen. Für eine Frau, die auf sich hält
ist es^ auf den beleble.>tcn Straßen unmöglich, aUein zu gehen, ohne
-wörtlich! - auf Schritt und Tritt belästigt zu werden. Gemein-
öeiten zu hören, Männerhände an ihrem Körper zu fühlen
EHe Argentinierin jedoch hat dies Ansprechen auf der Straße,
die offene Begehrlichkeit der Männer gern, würde erschreckt s^in,
wenn an einem Tage ihr niemand kleine Cochonnerien zuilüstern,
niemand vcrsuch^a würde, mit ihrem Fleisch in Berührung zu kom-
men. Das hieße, sie wäre redzloa, häßlich...
Über die argentinische Frau sind viele Märchen im Umlauf.
Mag sein, daß der Kern gut ist, aber bei der heutigen Erziehung
— soweit man überhaupt von Erziehung sprechen kann — wird sie
nur zur Puppe und meist zur käuflichen Puppe dressiert. Geistige«
hei den hiesigen Frauen zu suchen, wäre genau so zwecklos wie
lon^.L •• l^ .P/'''P5^1^^f"'i "^^"^ ^^^^'^ ^^* ™it materiellem Vor-
teil verknüpft ist Mitgiit kennt m^n in Argentinien kaum, deshalb
bemuhen sich alle, sich so günstig wie möglich zu verkaufen. Es
gibt hier |a relativ wenig Frauen, und so werden die Mädchen vjdÄ
Jugend auf zwangsweise von Männern abgeschlossen, und nur SiJn-
tags vor der Kirche dürfen diese den Mädchen Zoten zuflüstern, olme
daß die Eltörn oder Begleiterinnöta daran Anstoß nehmen So wer-
den die jungen Dinger darauf vorbereitet, daß sie eine wertvolle
Ware sind. Das Zusammenleben ohne staatliche Konzession ist
noch durch keine PoUzeivorschriften beschränkt, und so stehen die
brauen vor der Wahl, sich entweder gut zu verheiraten oder besser
zu verkaufen und vice versa, wobei der pekuniäre Vorteil immer den
Ausschlag geben wird Da ^iie Argentinier ja von Natur aus stark
erotisch veranlagt »ind, so sucht der weibliche Teil das Angenehme
mit dem Nützlichen zu verbinden. Staatlich konzessionierte Ab-
steigequartiere (Casa Amueblada), die öffentUch ihre moderne hygie-
nische Apparatur anpreisen, erleichtem das ungemein. Wenn eine
Argentinierin, einerlei welchen Standes oder ob verheiratet oder
nicht, einem ihrer Kavaliere ein Rendezvous bewilligt, so setzt sie
als selbstverständlich voraus, daß dies eben in einer Casa amoieblada
endet, und wenn dies nicht der Fall sein sollte, wird der prüde oder
schüchterne Galan überall lächerlich gemacht. Es ist nicht übhch,
sich nur zum harmlosen Flirt zu treffen, denn da lohnt sich das
Risiko des Fortschleichens, der Ausreden, des Gesehenwerdens
nicht . . .
Für kulturelle Dinge hat der Argentinier keine Zeit, wenn er
auch zu jeder Tageszeit Straßen und Kaffeehäuser füllt. Die
Theater brmgcn fast ausschließlich Revuen oder schlechte Burlesken,
m denen möglichst viel nacktes Frauenfleisch gezeigt wird. Dramen
sind Luxus, Kunst ist für die Reichen, Bücher, die wohl nirgends
so billig sind wie in Argentinien, werden nur gelesen, wenn sie
derbe Erotik enthalten. Es gibt natürlich Auv.iahmen, aber in der
Regel beschränkt sich das Interesse des Buowarensers auf grobe
Sexualität, GlückspieL Sport und Politik, während die Damen in
Mode und Glückspielen aufgehen und in der Liebe, wenn sie blanke
Münze einbringt und ohne Risiko ist . . .
296
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Runa reclamaciön, pui'sto que el
se rige exclusivamente por el
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CORREOS Y TELrGHAFOS
SERVICIO POSTAL
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CORft^EOS Y TELEGRAFOS
^ SERVICIO POSTAL
ARGENTI/MA
ECIBO DE EXPRESO^
Firma del empleado recibidor
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Prix de passage.
Puisque le luxe est evite, le prix Je passage
est modere dans les mesures du possible. Un
tarif de passage est envoye sur demande.
Pour de plus amples renseignements soit
verbalement ou par ecrit, on e^st prie de
s' adresser a \
VAN NIEVELT, GOUDRIAAN & CO'?
STOOMVAART MAATSCU1APPIJ
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Frau Jenny Selke
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and Bubfuit thia receipt in case of inquiry (VÄ^pbonl-ion for indeinnity.
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tbe specific dornestic reKistry fees und surchar^ and aa to the reKiatry fees charjceablo on ro';i8tercd
parcel-post packaKee for foreign countries. Feap on dornestic regiatered CO. D. iiiiiil ränge fron»
26 centa to $1.20. Indemnity claims rnust be filed within one year (C. O. D. six months) from dato
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(TO BE RETAINED BY PURCHASER)
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THE CHEQUE SPECIFIED IN THE MEMORANDUM ON THE
OTHER SIDE HEREOF IS ISSUED SUBJECT TO THE FOL.
LOWING CONDITIONS:
It is understood and agreed by and between the lasuer of this
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whom thit Memorandum and the Cheque referred to herein ate
issued, that the transaction is subject to the foUowing conditions:
1. — If the Cheque referred to herein is paid in accordance with
the laws and usage of the country in which it is cashed, such
payment shall be deemed to be due and proper for all purposes.
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of a Cheque is not required in order to secure pa-yment.)
2. — If for any reason said Cheque is not paid by drawee and is
presented to the Issuer for refund, the Remitter will accept refund
on the basis of the market buying rate, at place of issuance, on the
date of refund, for the foreign money specified on the Cheque,
less any charges and expenses incurred on behalf of the Issuer.
3. — In the event that this Cheque is lost, stolen or destroyed, no
refund will be made until the daimant has furnished a satisfactory
bond of indemnity.
4« — Any alteration or mutilation of this Memorandum or of said
Cheque by any persoa will render the entire transaction void.
5. — Nothing contained in this Memorandum shall be deemed a
waiver of the Obligation and duty of the holder of the Cheque to
present the same for payment promptly to the drawee and to pro«
test the same in the event of its non'payment.
6. — The face of aaid Cheque and the conditions printed on this
Memorandum State the exact obligations of the Issuer and shall
not be altered or supplen\ented in any manner. No oral or col«
lateral agreement shall bind the Issuer.
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InLecTTO FINAL PAVMENT IN CA8H OR SOLVENT CREDITS IN THE EVENT OF
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ALIEN REGISTRATION
ADDRESS REPORTS
The Alien Registration Act,
1940, requires all resident aliens
to report each change of address
within 5 days of such change.
Other aliens, for example : Visi-
tors, students, and others not
admitted for permanent resi-
dence in the United States, must
report their address every three
montha whether they changre
their address or not. A penalty
of fine and imprisonment is pro-
vided by law for failure to make
the required reports. When
reportin g, give both your number
and name.
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1CENT
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HERE
DEPARTMENT OF JUSTICE,
IMMIGRATION AND NATURALIZATION SERVICE,
AUEN REGISTRATION DIVISION,
WASHINGTON, D. C.
16—10437
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Form AR-11
ADDRESS REPORT CARD— ALIEN REGISTRATION
(This Card may be used for both types of reports mentioned on the face of this card)
Name (print or type)
Registration No ._
(COPY FROM REQIBTRATION RBCEIPT)
My last address was
(STREET ADDRESS OR RÜRAL ROUTE)
(POST orricE)
(STATE)
My present address is
(STREET ADDRESS OR RURAL ROUTE)
(POST OFFICE)
(STATE)
Date ....
Signature
16 — 16437 OPO
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NOTICE TO DEPOSITORS
"In receiving items for deposit or collection,
thia Bank acts only as clepo«itor's coUecting agent
and assumes no responsibility beyond che exercise
of due care. All items are crediced conditionally
and subjecc to final payment in cash or solvent
credits in the event of forwarding of items received
for collection to correspondents. This Bank as-
sumes no responsibility except for due care in the
selection of such correspondents and will not be
liable for losses in transit. This Bank or any cor-
respondent selected by it may send items directly
or indirectly to any Bank, including the payor, and
accept its draft or credit as conditional payment in
lieu of cash; it may charge back any item at any
time before final payment, whether returned or not,
also any item drawn on this Bank not good at
the close of business on the day deposited.''
All items drawn on Chicago Banks subject to
payment through Chicago Clearing House accord-
ing to its rules. AH items payable through any
Fcderal Reserve Bank or Clearing House Associa-
tion will be subject to payment according to their
rules. Delivery to this Bank of items for credit
shall constitute acceptance of these conditions.
Checking Accounts
Savings Accounts
Time Certificates
Foreign Exchange
Drafts issued on all Countries
Travelcrs Checks
Payable in any part of the world
Safety Deposit Boxes
Banking By Mail
We acknowledge receipt of all
deposits received by mail
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DEPOSITS AND WITHDRAWALS IN THE SAVINOS DEPARTMENT OF THIS BANK
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ALL DEPOSITS ARE MADE SUBJECT TO THE REOULATlONS OOVERNINO
DEPOSITS AND WITHDRAWALS IN THE SAVIN08 DEPARTMENT OF THIS BANK
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ALL DEPOSITS ARE MADE SUBJECT TO THE REOULATlONS OOVERNINO
DEPOSITS AND WITHDRAWALS IN THE SAVINOS DEPARTMENT OF THI8 BANK
SOUTH SIDE BANK 8C TRUST CO.
RULES GOVERNING SAYINGB
DEPOSITS
1. OepMlt». Savingi depoiiti of one dolUf and upwardi may
be reoelved.
All depoaiti shall be entered in the booki of the Bank, and alao
in a book given to each depoaltor. and tbe aame itiaU be tlie
voucher and evidence of auch d«posita.
2. Withdrawalt. Money depoaited for lafingi, and the int«r-
eat thereon may be withdrawn by the depoiitor perionally, or by
written order, if the Bank have the signature of the depositor of
record, or by authority of a power of attorney, duly authentlcated;
but no Orders for money shall be payable on account of auch de-
poiiti, unless the depoaitor's bank book be produced, in order
that auch paymenta may be entered therein, unleaa the depositor
shall prove to the aatiafaction of the offlcers of the Bank that
auch book haa been lost, atolen or deatroyed. and in auch caae
a written discharge with indemnlty to ttie Bank againat all loaa
or damage for the payment made without the production of auch
bank book. shall be given by the depositor to the Bank. Begin-
ning October lat, 1944 Pour (4) savlnga withdrawala are pennit-
ted each month. A Charge of 25c will be made for each wltb-
drawal in ezcesa of the 4th permitted.
3. Paasboeks. Ab the offlcera of the Bank may not be abl«
to Identify every depositor, and aa the possession of the depoai-
tor'a book may. if in improper handa, tend to mialead the aaid
offlcera in making paymenta, the Bank will not be responsible for
paymenta to anyone having the depoait book and not entitied
thereto, if preaented, after being loat. mialaid or atolen. unleaa
wiltten notice thereof ahall have been promptly given to the Bank,
by or on behalf of the depositor.
4. DepMitor's Assent te Rufet. AU peraona making deposita
for savings must, at the time of making the flrst deposit. leave
their signatures on record wlth the Bank, and they must also take
a deposit book in which thelr deposita are to be entered, as made,
and every such depositor by so depoaiting ahall be deemed to
gfve unconditional assent to the terma and conditiona ao far aa
the aame shall appeaf or are prlnted in the deposit book.
5. Intereat. On the flrat daya of January and July in each
year, intereat at auch rate as may be flxed from time to time by
the Board of Dlrectora will be computed and credited on the booka
of the bank and payable to the depositor or entered in hls pass-
book on or after the tenth day followlng auch credit.
Intereat Is computed by calendar months and no intereat shall
be payable for parts of a month or parts of a dollar. or for any
part of the half year included between the flrst days of January
and July or July and January on sums withdrawn between those
periods. Interest shall not be paid on average or minimum bal-
ances, and all withdrawala between the interest days shall bo de-
ducted from the flrst deposit«. Savings deposits made within the
flrst ten (10) calendar days of January and July, and the flrst
flve (5) calendar days of all other months shall bear interest from
the flrst day of the calendar month within which auch depoaita
are made. Deposits made after the 5th day of every ottier calen*
dar month, shall bear interest from the flrst day of the calendar
month within which such deposits are respectively made.
No interest shall be allowed on any savings account for any
Said slz months' period on which the interest for the period shall
be lest than one dollar.
6. Return tf Deposits. The offlcers of the Bank shall be at
Ilberty to return at any time, to any depositor, any part or the
whole amount deposited in the Bank, for which the depositor may
have credit, and may at any time decllne to receive deposits, or may
limit the amount of deposits to be received from any person; and
It is hereby provided that where any account is closed, the books
and vouchers pertaining thereto shall be returned to the Bank.
7. Notiee «f Withdrawala. The Bank may allow moneys tö be
withdrawn or paid on account of savings deposits at any time
during its business hours. But, because it is necessary to loan
out its funds to enable it to pay interest, and as time to get
in the same may sometimes be desirable, this Bank thefefore re-
serves the rlght, and makes it a condition of all savings depoaita,
to demand and have aixty days' previous notice in writing as a
condition of payment, on all sums whenever, in the opinion of the
Direktors or any of the offlcers of the Bank, the same may be
deemed advisable; and payment by this Bank without a previous
written notice. as aforesaid, shall not be considered a waiver of
rlght to demand such notice. All savings deposits shall he made
and received subject to these conditions. The amount that may
be due upon accounts shall be payable only to the depositof, his
or her order, or his or her ezecutors, administrators, heirs, lega-
tees or assigns.
In the event that a savings depositor shall decease. and the
Bank is notifled that his or her estate is being admlnistered up-
on. in a County, Probate cm* other Court having Jurisdiction there-
of, the amount that may be due upon such deceased depoaitor's
account shall be paid to the executor, adminlstrator, legatees or
helrs of such deceased depositor, only when the Bank has been
furnlshed with a certifled copy of letters testamentary or letters
of acHninistration of the estate of such deceased depositor, which
ahall be retalned by the Bank.
Joint accounta may be opened and depoaita made in the names
of t,wo of more persona, payable to them iolntly or aeverally.
Ruch depoaits or any part thereof or any intereat or divldend
thereon, may be paid to any one of said persons. whetber the
othcr or otheri b« llvlng or not; proTided an Agreement ilgned by
all the peraons to such an account, permitting auch payment, haa
been given to the Bank. The receipt or acqulttame of the peraon
or persona so pald shall be valld and aufflclent dlscharge from all
parties to the Bank, for any paymentg ao made.
When two or more periona have an account, not aa Joint ownera.
i. e. John Smith and Frank Jonei, no paymenti shall be made
by the Bank therefrom without the written order of all the per-
sona of such an account.
Only one deposit book shall be Isaued by the Bank on Joint
accounts oi* on accounts of two or more persona.
Chari« f«r Temporary Aeeeunts.
When a savings account Is closed within one year after the date
of openlng the account a servlce Charge of one dollar ($1.00) will
be made against it to reimburse the bank for the cost of opening
the account.
8. Min«rt and Married WaiMen. Whenever any woman, marrled
or afterward becoming so. shall, while married or Single, oflTer
to mnke any deposit in her own name, and whenever any minor
shall. in bis or her own name. ofTer to make any deposit, in
every such case, the same, if received, shall be deemed to be
oflTered and taken upon these amongst other conditions, that is to
say: That thlt Bank may pay out the amounts. or any part thereof,
so deposited, upon the written order' solely of such person or per<-
sons making such deposita; and such order oi* orders shall be a
füll acquittance and dlscharge to this Bank for what Is thus
paid. And further, that such accounts shall in all other respects
be subject to and be governed by the provisions of these By-Lawg
in llke manner as the accounts of other persons. ezcepting in
those particulars conceming whlch special provisions may be mad«.
9. Inaetive Aeeountt. All accounts on which no deposit or draft
shall have been made for ten years, shall ceaae to be entitied to any
further Interest after the ten years from the last deposit or draft.
except by special written agreement.
10. Ltfal Expenset. All ezpenses Incurred by thli Bank on
account of garnishment of any depositor's account or other pro-
ceedings afTecting such account, includlng court clerk's or at-
torney's fees. shall be charged up against such depositor.
11. Claims. No one shall be entitied to make any claim upon
the Bank upon any contract or act of any of its Offlcers. Agents
or Servants not in conformity with its By-Laws.
12. Banking Haurs. The Offlcers of this Bank shall from tlme
to time make regulations for the banking hours of the Bank, and
notice of such banking hours shall be posted in the bank.
13. Amendments ff Rufet. These rules may be altered, amend-
ed or rescinded, or new rules made at any time and from time to
time, by dlrection of the Board of Dlrectort.
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OPA Form No. R-803
HOW TO USE YOUR WAR RATION BOOK
IMPORTANT— Before the stamps of the War Ration Book may be
used, the person for whom it was issued must sign it as indicated
m the book. The name of a person under 18 years of age may be
signed either by such person or by his f ather, mother, or guardian.
For future reference, make and keep a record of the serial
number of your book and the number of your issuing Ration Board
0 as indicated in your book. '
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Rat on Stamps Other books may be issued at later dates. The foUowing instructio"
T^C^ ''Tj!if'^f'- '^^ *'" *PP'^ *° ^^ l**««- ^^^' ""•««« otherwife ordered by
the Office of Pnce Administration. In order to obtain a later book, the first book must
be tumed in. You should preserve War Ration Books with the greatest possible care.
.»^ ^: ^°T *!"'*' *» .*™* *^ ^^"^ °* ^"^^ Administration may issue Orders rationing
certain products. After the dates indicated by such Orders, these products c.n be pu,^
chased only through the use of War Ration Books containing valid War Ration Stamps.
„«./; '^l ^^''^ "^ ""/ ^^''* "' ^''"^ Administration will designate the stamps to be
used for the purchase of a particular rationed product, the period during which each of
these stamps may be used, and the amounts which may be bought with each stamp.
3. Stamps become valid for use only when and as directed by the Orders of the Office
of Pnce Administration.
*•. Unless otherwise announced, the Ration Week is from Saturday midnight to the
following Saturday midnight. « ■*» mto
II att» 1
«. War Ration Stemps may be used in any retail störe in the United States.
the War'^RltfofBÖof "'^ """' "^ ""' ""'^ "' "' '"' '"' ^^'^ --«^ -<1 <^-Hbed i„
7. Every person must see that his War Ration Book h Ic^nf in « «of^ «i
SÄc^'"'^ ''^^ '-°-'^'* ^- ^'^ — ^- -^ - o^ t^:il':;^^"Ä
K a stamp ,s torn out of the War Ration Book in any other way than abXe indicated it
Srr K T ; • " ' r^"""?«'! P"*''' '»'^" °' '""'"»'«<^ *"<» "<"« than one half offt reLlln,
m the book, it is vahd. Otherwise it becomes void. remains
thatL^t'oXTo^aS "wd '''^*' ''-'"''''• ''"''"' - '""'"''*«'^' ^- ^^-^'^ -Po^
10. If you enter a hospital, or other institution, and expect to be there for more than
W days you must tum your War Ration Book over to the person in Charge U wil b"
retumed to you upon. your request when you leave.
11. When a person dies, his War Ration Book must be retumed to the local Ration
Board, m accordance with the Regulations. Kauon
12. If you have any complaints, questions, or difficulties regarding your War Ration
Book, consult your local Ration Board. «ation
NOTE
wk ""it*";!' ^'*'"'". '" ^^ '*'""" ^"^ 0"' "•" ''* ^<^ f"' the purchase of suwr
When .h.8 book was .ssued. the regis.rar asked you, or the person who apphed for you'*
book. how much sugar you owned on that date. If you had any sugar. you were a Iowed
to keep .t. but stamps representing this quantity were torn from your \Lk (excep for «
small amount which you were allowed to keep without losing any stamps). If your War
Ration Book One was issued to you „n application by a memb^r of your fam ly. the „"mb^r
of stamps torn from the books of thefamily was based on the amount of sug.r ownJd by
the family. and was divided as equally as possible among .11 these book». ^
"Ä V. t. •ovtnumKttr raiNTiN« orpicc 10 — 96«4ft-l
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f THIS SIDE QFCAR
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strictions such as tirc and gas rationing. our young men
collectors being drafted. our carrier boys finding füll
time employmcnt. etc.. but wc arc happy to comply
with these rcstrictions to help win the war, so you can
help to overcome coUection difficulties by mailing your
check or money ordcr.
STATEMENT
John H.Newman Newspaper A^ency
81S E. 471h Street OAKland 1263
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Daily News
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AT ONCE.
TO RECEIVE PROPER CREDIT
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Chicago Salesbook Co., Chicago, Illinois 12-784
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Chicago Salesbook Co., Chicago, Illinois 12-784
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Olficiod Carri«r For Chicago N«wspapen
818 EAST 47th STREET
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11 Paper Is Missed Please Phone Oakland 1263
0407-43
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Chicago Salesbook Co., Chicago, Illinois 12-784
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MADE TD MEASURE AND
READY MADE
1711 EABT 55TH ST. CHICAGO
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Modein Prmting & Calendar Publishers, Chicago
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OHictal Cartler Toi Chicago Newspapers
818 EAST 47Ui STREET
Not Responsible
for Ccmcellations
Given to Boys
PAID COLLECTOR.
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Chicago Salesbook Co., Chicago, Illinois 12-784
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Chicago Salesbool^ Co., Chicago, Illinois 10-692
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JOHN H. NEWMAN
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Chicago Salesbook Co., Chicago, Illinois 12-784
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1S34 Hyde Park Blvd. Tel. KENwood 4832 l
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^Rund ums
t/P'ischfilet
1 FiJ
Filet mit Senf: Ein Fischfilet wird
mit Salz und Pfeffer bestreut und mit
■ Senf dünn bestrichen. Dann rührt man
einen dicken Pfannkuchenteig aus 125
^ Gramm Mehl, einem Zehntelliter
Milch, einem Ei und etwas Salz, taucht
das Filet hinein, dreht es in Bröseln
und bäckt es in Oel schwimmend aus.
Genau so kann man das Filet mit To-
matenmark, geriebenem Käse oder mit
Meerrettich zubereiten.
In Weisswein: 2 Stunden vor Ver-
wendung legt man das FUet in WeisSf
wein, bestreut es dann mit Salz und
Pfeffer, taucht es in d)en angegebe-
nen Teig, dem man etwas Wein bei-
gemischt hat, dreht es in Bröseln imd
bäckt In Oel schwimmend gar.
Im Schlafrock: Ein mit Senf bestri-
chenes Filet wird in ein grosses, iii
Salzwasser abgebrühtes Weisskraut-
blatt gewickelt, mit e^nem Faden zu-
sammengebunden und in Oel schwim-
mend gebacken.
In Reisteig: 250 Gramm Reis werden
in Fleischbrühe duck ausgequollen und
zum Erkalten gestellt. Hierauf füge
man 2 bis 3 Esslöffel Mehl, fein ge-
wiegte Petersilie, etwa« Muskatnuss
und 1 Ei .dazu, umhüllt ^amit ein To-
maten- oder PaprikafUet, wendet es in
Bröseln und bäckt es schwimmend in
Oel.
Mit Speck: Die Fileta werden mit
Rauschfleisch (durchwachsenem
Speck) gespickt. In Ausbackteig ge-
taucht, in Bröseln gewendet und! in
Oel ausgebacken.
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OPA Form No. R-dOS
HOW TO USE YOUR WAR RATION BOOK
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IMPORTANT — Before the stamps of the War Ration Book may be
used, the person for whom it was issued must sign it as indicated
in the book. The name of a person under 18 years of age may be
signed either by such person or by his f ather, mother, or guardian,
For f uture .ref erence, make and keep a record of the serial
. number of your book and the number of your issuing Ration Board,
as indicated in your book.
Xour first War Ration Book has been issued to you, originally conteining 28 War
Kation Stamps. Other books may be issued at later dates. The following Instructions
apply to your first book and will apply to any later books, unless otherwise ordered by
the Office of Price Administration. In order to obtain a later book, the first book must
be turned in. You should preserve War Ration Books with the greatest possible care.
1. From time to time the Offlee of Price Administration may issue Orders rationing
certam products. After the dates indicated by such Orders, these products can be pur-
chased only througlf the use of War Ration Books containing valid War Ration Stamps.
2. The Orders of the Office of Price Administration will designate the stamps to be
used for the purchase of a particular rationed product, the period during which each of
these stamps may be used, and the amounts which may be bought with each stamp.
3. Stamps become valid for use only when and as directed by the Orders of the Office
of Price Administration.
4. Unless otherwise announced, the Ration Week is from Saturday midnight to the
following Saturday midnight.
5 War Ration Stamps may be used In any retai. störe in the United States,
e. war Ration Stamps may be used only by or £or the person nan>ed and descnbed «
the War Ration Book. ^^^ ^^^ ^^^^
7. Every person must see *»* ^-/J^^^JXeping and use of their cl,ild«n's War
trly used. Parents are responsible for tl»e saleKeepi g
"""r wC'you buy any rationed r>ro^^^\^^Vro^i:^^2^^^^^^ «
presence of the storekeeper. h- empJoyee^Vtn aToTher wa>'than above indicated. it
L-r^irTar^tp^r-o^^^^^^^^^
^Z hook it is valid. Otherwise it becomes void. • |
4V«f fftPt to the local Ration Board.
that lact lo i.ne luv» ^ 1.^ vo flirre for more than
12 If you have any complaints, questions, or
Book, consult your local Ration BoarcL
NOTE
^e «rst st..ps in .Var Bation Book O. >„ .e J^f J^ J^ ^/J;-^^^^^^^^^^^
When this bock was issued, the regi.s rar asked you or ^^^ p^^ ^^^^^^ ^^^ ^^^^ ^^^ ^^
Wk. how much sugar you »''"^.«1 »" *f^''* ''^„t'^ty J^e torn from your book (except for a
t« keep it. but stamps --«^P"««" "^'J' X" ^ithout losing any stamps). U your War
»mall amount which you were »"»7;»;" ^ J„ ^^ ^ „ember of your family. the number
Bation Book One was issued to you o„ aPP -'.Uon by ^^ ^^^ ^^^^^^ ^^ ^^^^^ „^„^^ ^^
'RIBÜNE I NOVEMBEK 23, 1941.
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Encouraged by Secretary of Agrl-
culture Claude Wlckard't inslstenct
that there li llttle Ukellhood of over-
I productlon of pork and lard In thli
country In vlew of world conditions,
farmer« are laylng plana for break-
Ing: all records In pl«: ralslng next
year, Chicago live stock Interests
Said yesterday.
Market «xperts who have Inter-
vlewed hundreds of farmer» durlng
recent weeks cstlmate that 10 to 15
per cent more sows will be held off
the market for spring plg ralslng
than were kept thls year. Such an
Increase would send the 1942 spring
pig crop to 55 to 57^ mllUon head.
The rccord to date is 54,502,000. es-
tablished In 1927. The 1941 spring
crop was 50 million head.
The prelimlnary government est!-
mate of thls fall's crop, 33 million, is
12 per cent above 1940.
Big Increase in Prospect.
Thls represents a potentlal In-
crease of more than 600 milUon
pounds of pork and lard, almost equal
to the quantlty bought by tha gov-
ernment since last March.
Private surveys Indlcate a wlde
dlfference In increases planned on In-
dlvidual farms for 1942. Many hog
raisers who fear a shortage of labor
will adhere to the 1941 program.
Others plan Increases as large as 25
per cent, and some farmers who al-
lowed hog productlon to drop last
year because of low prlces will keep
up to 50 per cent more sows than
they kept thls year.
Wlckard's encouragement of ca-
pacity productlon, as interpreted by
hog raisers, Is bascd on the belief
that England and other nations fight-
ing the axis will nced vast quantltles
of pork and lard during the war, and
that at Its conclusion this country
will be callcd upon to fecd almost all
Europe during the period of recon*
struction.
Taxes Nation's Capactty.
Almost all farmers Intervlewed
agree that such a postwar program
would tax the nation's capaclty for
producing pork.
As a result of lend-lease buying for
England, pork costs to consumcrs are
outstripplng the advance of the
World war. Packers paid an average
of $10.25 a hundred pounds for hogs
during the flrst 22 days of this month,
the highest November cost in 15
years. The price was $9.80 In the
27th month of the World war.
Sharp advances occurred in most
branches of the market last week.
Gains In hogs ranged from 10 (o 40
Cents. Heavy steers, recently neglect-
ed by packers at the lowest prices
of the season, rose 50 cents to $1 dur-
ing the week. Slaughter lambs were
50 to 65 Cents higher.
use~of1lumber
est im at ed at ii
pct. above 1940
Washington, D. C, Nov. 22 OP).—
The department of commerce estl-
mates that lumber consumpllon thls
year will total 32 billion 200 million
board feet, 11 per cent more than last
year. Domcslic production is estimated
at 30 bilUon board feet, a gain of 13
per cent.
The National Lumber Manufactur-
ers' association reported today that
production for the week ended Nov.
15 stood at 118 per cent of the aver-
age of the corresponding weck in
19;i5-'39 and shipmonts 130 per cent.
Production tolalod 229,131,000 feet,
8 per Cent less than the previous week
and 1 per cent greater than the cor-
responding 1940 week. Shipments ag-
gregated 230,450,000 feet, 3 per cent
less than the previous week and 3
per Cent less than the like 1940 week.
Orders booked were for 216,937,000
feet, 1 per cent less than the previous
week and 19 per cent less than the
1940 week.
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mtfift or inaut
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addretaed env\
of pubho <nf«rj
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longer establlj
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prices a mercj
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lower. If he-
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customers' accl
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either are una^
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do not guarar
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that often inves
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of domestic and foreign c.
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42,476,000,
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'ALPHABETIC'AL
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namei have been created in recent
years that thelr Sponsors and the
newspapers have found It convenlent
to Identlfy them whenever possible
by Initials.
The general public knows a great
many of the abbreviations— WPA,
TVA, SEC, and OPM among them.
But any one might reasonably be puz-
zled by the news that the OFF Is ex-
posing the intricate flnanclal dealings
of the DLC. The list below of 68
such agencies is a glossary that may
help unravel such mysteries:
AAA— Agrlcultural Adjustment adminls-
tratlon.
AFL— American Federatlon of Labor.
ASCAP— American Society of Compos-
eri. Authors and Publlshers.
CAA— Civil Aeronautlc« adminlstration.
CAB— Civil Aeronautics board.
CCC— Clvlllan Conservatlon corps.
CCC— Commodlty Credit corporatlon.
CEA— Commodlty Exchange admlnls«
tratlon.
CIO— Congress of Industrlal Organiza-
tions.
CSC— Civil Service commlsslon.
DHC— Defense Home» corporatlon.
DIX^— Dlsaster Loan corporatlon.
DPC— Defense Plant corporatlon.
E)SC— Defense Supplles corporatlon.
ECC— Employes Compensatlon commls-
slon.
EHFA— Eltctrlc Home and Farm au-
thorlty.
FCA— Farm Credit admlnlstratlon.
FCC— Federal Communications commls-
slon.
FCIC— Federal Crop Insurance corpora-
tlon.
FDA— Food and Drug admlnlstratlon.
FDIC— Federal Deposit Insurance cor-
poratlon.
FFC— Federal Flre Council.
FPMC— Federal Farm Mortgage corpo-
ratlon.
FHA— Federal Houslng admlnlstratlon.
FHLBB — Federal Home i-oan Bank
board.
FLA— Federal Loan agency.
FPC— Federal Power commlsslon.
FREB— Federal Real Estate board.
FSA— Federal Securlty agency.
FSA— Farm Securlty admlnlstratlon.
FSLIC— Federal Savlngs and Loan In-
surance corporatlon.
FTC— Federal Trade commlsslon.
FW A— Federal Works agency.
GPO— Government Prlntlng offlce.
HOLC— Home Owneri' Loan corpora-
tlon.
ICC— Interstate Commerce commlsslon.
MLB— Maritime Labor t>oard.
MRC— Metal Reserve Company.
NACA— National Advlsory Commlttee
for Aeronautlc«.
NLRB— National Labor Relallons
board.
NMB— National Mediation board.
NRA— National Recovery admlnlstra-
tlon.
NYA— National Youth admlnlstratlon.
OCD— Offlce of Clvlllan Defense.
OEM— Offlce for Emergency Manage-
ment.
OFF— Offlce of Fact and Flgures.
OFLA— Offlce of Federal Loan admlnls-
trator.
OGR— Offlce of Government Reports.
OPACS— Offlce of Prlce Administration
and Clvlllan supply.
OPM— Offlce of Productlon Manage-
ment.
OQG— Offlce of Quartermaster Ueneral.
PRA— Public Roads admlnlstratlon.
FW A— Public Works admlnlstratlon.
REA— Rural Electrlflcatlon admlnlstra-
tlon.
USHA— United States Housing author-
Ity.
USO— United Service organlzatloaa.
RFC— Reconstructlon Flnance corpora-
tlon.
RRB— Rallroad Retlrement board.
RRC— Rubber Reserve Company.
SEC— Securities and Exchange commls-
slon.
SMA— Surplus Marketing admlnlstra-
tlon.
SPAB— Supply. Prlorltles and Alloca-
tlons board.
SSB— Social Securlty board.
SSS— Selectlve Service System.
TVA— Tennessee Valley authorlty.
VA — Veterans' admlnlstratlon.
WPA— Works ProJecU admlnlstratlon.
All but a few of the agencies named
are governmental, and many have
grown up during the armament pro-
gram. Washington observers belleve
there will be more as burocracy In-
vents more forma thru which to
function.
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Private
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1,650 seats,
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Lyriker dahin gegangen. Wie wild sich sein Herz auch in mancher
Stunde gebärdete — es schlug, ^yenn es still wurde, in den mildesten
und reinsten Tönen. Es horchte schwermütig in diese schlimme
Welt mit einer fast überzarteii Empfindlichkeit, es blutete oft
und es trug viele Narben.
Riugelnatz strebte nicht nach feiner besonderen Form, er suchte
nicht nach einer schwebenden Woi tmelodie. Sondern er packte mit
naiver SelbkS.tyerfittiDdlicbl^eit irgenftein Alita^sding, um es .nujEi so
zu behandeln, als sei es für ihn und nur für ihn allein vom Mars
herunter gefallen. Eine Rose? t: gut und schön, äusserst be-
innern.
Indem er Abschied nahm — er tat es f/ohl immer in' den
letzten Jahren — gewann er uns ganz. JeneJKrophetischen Worte,
die er einst seiner Frau schrieb, stolz uny bescheiden zugleich,
jetzt werden sie in Erfüllung gehen:
„Wenn ich tot bin, darfst du gar nic/lt trauern.
Meine Liebe wird mich überdaueri/,
Und in fremden Kleidern dir begegnen
Und dich segnen.** H. F — g.
ZWEI GEDICHTE /
Von JOACHIM RINGELNATZ
so
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Iviel
roni
^he-
iter-
icht
Ibe-
iolz
ler
ide
en
Schlechter Tag
Müde streichen meine Finger
Ueber Runzeln, über Narben»
Ueber graue Haare.
Prost, ihr Freunde, die hx diesem Jahre
Mir entstarben! — Bunn!l
Bums und kf-irr!! — Nun hob Ich soztuagen
Eine Fliege totgeschlagen.
War es nicÄ/, (As ob sie Hilfe rief?!
Glos l^aputt. So! Und jetzt lost mein vierier.
Letzter Knopf sich scheu von Hose und Faden.
Muss ich alles, alles ausbaden!?
Ach, ich werde invner deprmierter.
Wenn doch eine Motte jetzt geflogen käme.
Ach, ich n?ürde sie zu Plüichsasdn einladen.
Und noch Samt ihr hinlegen,
iVeil ich mich doch wegen
Der Fliege so schäme, *
Wie machai wir uns das Leben leichter)
Wir haben zu grossen Respekt vor dem.
Was menschlich über uns himmelt.
Wir und zu feig oder sind zu bequem.
Zu schauen, was unter uns wimmelt.
Wir trauen zu wenig dem Nebenuns.
Wir träumen zu wenig im Wachen,
Und könnten so leicht das Leben uns
Einander leichter machen.
Wir dürften viel egoistischer sein
Aus tierisch frommem Cemüte. —
In dem pompösesten Leichenstein
Liegt soviel dauernde Cüie.
Ich habe nicht die ger'mgste Lust,
Dies Thema weiter zu breiten. ,
Wh tragen alle in tmsrer Brust
Losung und Schwierigkeiten,
.}
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PLANTS
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CARE
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Zweischrauben -Motorschiff
MONTE ROSA
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M O t^ rl °^orscHiff
Dieser Gutschein gilt nur auf diesem SdiifTe
und für diese Reise Wird er nid>t In Zohlung
gegeben, so ist derselbe n<xh vor dem
Verlassen des Sdiiffes dem Zahlmeister zu-
rüdezugeben. Noch dem Verlassen dmt
5c\if*-j| wrliert er jede Gültiglceit.
"•^U yUjijfer Is valid (or paymenti only o«i
bourd tne steameron the presentvoyage ^no(
u.sed it should be relumed to the Purser bs«
lor« Uc^ving the steam«f After ihe di»-
»Tibarkcrlonno refundwhatevercan bemode.
El presenle vale es völido unicamente en est*
vopor y para este via|e. En caso de no ser
utilizado se canjearä al Comisario OfltSf
de desembarcor Pierde tu valor inmedlato-
menie daspuAs de haberse abandonodo
•i vopor.
O presenle vole 6 valido unicamente nette
vopor e para esta viogenn. No caso de nio
ter utilizodo, troco-se com o Comissario
Ontes de desembarcor. Perde o seu valor
Imediatamente dttpoit do desemborquo.
V'v
• I
,•••••'*'
Verlassen des Srhifl«. h-«. 7 u, ^
rüdc^ugeben. Noch dem V r'"*'i^
S^..«V^er.ierterTedeGX'er"-" ''*
«sed ,♦ hooid be returned to tSe Purser b^
X ■ ?• 2^'"ö ♦♦'• steamef Aftar »k- wi
f'^o^.Vonno ^-fund whoteverVarblmod:
El presente vale e, vdlido ünicomer,re e„ ^,^
vapor y para «„e viaje fn ca*n h-
H«. ^ i- conieard al Comiforio OntOl
de desembarcor PierH« ... i ••••fwe
•I vopor '^ *^' ^""^^"^ abandonodo
O presente vole 4 volido unicamente nesf.
?ntii d« h' °"r^ ''"^ ° Comissario
onTOt de desemborcar Perde o ,eu valor
•n^ed.otomen.e depol. do de.emt:;,;«^
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3 Insures against all accidents
covered in the ordinary Travel
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1001 ways accidents can and do
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4 10% increase on Principal
Sums every year for 5 years ex-
cept under the $12.000.00 clause,
which remains unchanged.
5 Medical fee for minor injuries is
paid up to $5.00.
6 Total disability payments begin
with üist day of time lost.
7 Railroad switchmen, brakemen,
yardmen and locomotive engi-
neers — street car. elevated, bus
employees, policemen, firemen,
covered on duty as well as off.
8 So-called "impaired risks" are
eUgible — people lacking one arm
or leg, one eye, or deaf are eligi-
ble at half benefits.
9 Wider age limits— 10 to 79
years, inclusive.
10 No physical examination re-
quired.
11 Hospital benefits added to
disability payments if confined to
G hospital. ^
12 Pays ambulance fee up to
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103
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Fell down stcdrs whil«
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$30.00
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Clement Zang
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Kewanee, Hl.
Cough! fingers in punch press
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Painter
$58.66
142»/^ Eiden St.
South Bend, Ind.
Fell from scaflold
Walter Tysh
Laborer
$36.66
4410 S. Wood St.
Chicago, 111.
Struck loot with pick while
at work
Edward Broom
Laborer
$23.33
4028 South Parkway
Chicago, 111.
Injured by falling wheel
barrow
Harriet Szymalka
Housemaid
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3337 S. Aberdeen St.
Chicago, 111.
Fell down steps —
injured ankle
l
Peter Lambson
Truck Driver
$31.00
3621 S. Wolcott Ave.
Chicago. 111.
Stepped from truck —
twisted ankle
^tPL
^
George H. Howard
862 N. Mozart Ave.
Chicago, 111.
Betty L. Pfeiffer
3007 Eshcol Ave.
Zion. 111.
Frank S. Miller
Wheeling. 111.
Eimer L. Champlin
204 Boulevard St.
Sandwich, 111.
Golf ball hit eye
Injured wrist playing
basketball
Injured playing at carnival-
hand crushed
Sprained ankle playing
leapfrog
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$60.00
i
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$12.33
$6.00
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Od««8a 39. Juli T9T8
^^•In litbt» ,fcldlg«i Kvtlt
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Ptln litttr Brltf vom 30. er kam htutt In
TTitintn Bttltz und macht« mir g r o • » t , »thr
gro^at friud«, Wi« gtrn •11t« loh «ofort zu Euoh ,
mtlnt Ll«T:«n ,naoh dtntn Ich mich schon all« dl« Jah
rt 90 gtsthnt h9Lt0 ,ganz bteondtr» attr ,al« für mich
dlt rr«lh«ltsttund« »chlug und mir »chltn- «Ine^zwil
drtl- und Ich wtrdt b«l Euch itln. T.u l»t ja andtri
gtkommtn ,wlt Du wohl w«l8i^t ,m«ln Goldmädml. Dl«
Rtlä« hat 5 Wochtn gtdautrt bl* Od«»»% und von da
lä»it man mich nicht fort. Allt Dtutschtn müs^tn bisj
auf wtlttr« Verfügung un»«r«r Ragltrung h 1 • r ^
bl«lb#n. Wa« daraus wird ,lst noch nicht zu »ag«n.
Ich bin als krlsgstaugllch bsfundsn wordsn und muss
also jWsnn man übsr mslns Disnsts nicht andsrs vsr-
fügt ,gswärtlgsn ,frühsr odsr spätsr als Soldat sin-
gszogsn und zur Ausbildung nach draus^sri ausschickt
zu wsrdsn. Dann würdsn wir uns allerdings wohl
öshsn ,da loh sicher 2 Monats Urlaub bskäwis , aber
sonst flshs Ich noch nicht ,msln Llsbss, wann Ich
endlich Dich und Dslne Geschwlstsr und die liebe Ma-
^nma wieder einmal werde umarmen und kUsdsn können »Ach
wir werden noch viel Geduld brauchen.
Dass Du Dich v^-rändsrt hast -sbenso wie Deine Geschwl
»ter , - das Ist mir 1a sehr verständlich, denn Du bis
nun ja kein kleine« Find mehr ,eortdern schon eher ein
klein«« Fräulein. Mama lobt Dich sshr ,sbenso Ruth-
chen und Angela . Das Ist lieb und brav, mein Evchen,
dass Du Im Faushalte Mama so zur Hand gehst und Ihr
In allem zu erleichtern und zu lindern suchst , was
besonders bei Mama'a angegriffener Clesundhelt ihr so
aohwer ankommen muss. icn habs nie gezweifelt ,dass
. Du ein so gutes und herziges Kind bist und freue mich
doch doppelt ,es von ?^ama b«atätlgt zu hören. Dass Du
vsr setzt worden bist , macht mir auch Freude ; mehr
aber noch ,um Deine thalben , daee Du Dich mit Rudjs
so gut erholst und noch so lange Ferien vor Dir hast.
Bitte sage Deinen freundlichen Wirthsleuten auch, wie
dankbar ich Ihnen bin dafür ,dass sie «o gut mit Dir
sind. Hoffentlich kann ich ihnen noch einmal spätsr
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atlbit danktn. Auch dase Cu in dltstn Woohtn dtr
Farltn mit Rudolf noch engliihh und französlaoh Ut>8t
l»t »thr richtig, W«nn Du auch übrlgtns in dtn L#hr
fäohtrn nicht »o firm dtin »ollttst .so ist das w#i-
ttr noch nicht nchlimm, winn Du nur guthan hawt , was
Du lolltegt und konrtsst. Lüoksn im Wisdsn las«tn
sich Immsr »pätsr noch ausfüllsn. Fauptsaohs ist ,das
dsr Charaktsr rsin sich sntwickslt und dsr Msnsch
Pfliohtbswusitssin in gsnügsndsm Maas« hat.
Gsnitsßs nur noch rsoht mit Ruia di's
frsisn Stundsn in dsr schRnsn Mscklsnhurgsr Schws^z
und nimm dann nach dsr Hsimkshr wlsdsr mit frischsm^
Muts und dsm Bswussssin • was andsrs könnsn auch zu
könnsn - Dsins Schularbsltsn wlsdsr auf. Grüsss _^
mir d«n Rudja schön • Ich habs ihm gsschrisbsn und sr
wird msinsn Brlsf sichsr bsrsits srhaltsn habsn.
Kohans lasasn alls grUs^sn ^bssondsrs absr Gusta.Sls
hat Dich nicht vargsassn ,ira Gsgsntsil immsr nur da-
von gssproohsn ,dass so sin Mädchsn wis dis Evs gar
nicht mshr von ihr gsfundsn wird, Sls ist gross
gswordsn ,gsht Imrrsr noch nicht zur Schuls ^sondsrn
wird im Hautts von Anna Markowna und slhsr Französin
untsrrichtst, Sls Intsrsssirt si ^h am mslstsn für Li--
tsratur ^lisst «shr vlsl und dscla^-irt ««hr ft^-h«rj
Auch schrsibt sls sslbst schon manchss in Prosa und in
Tlsimsn und man musa sagsn ,daas sis für ihr Altsr
ausasrordsntllch sntwlckslt ist.
Ich will noch Mama sohrslbsn und
schli«s3s deshalb disssn Brlsf.
Tl«l« Grüas« und KU»«« für Rudja und
Dich ,nnln Blond«».
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Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel. -Adr.: „STARBÄNK"
Riga, den 192
M 89 5000 21 8 29
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel. -Adr.: „STARBANK"
Riga, den
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itk Hab« Dir gtatem g990hrt€b€n» In 4er Ein-
iofl« fimämmt Om €im§n Brief für Qumtav Setmlsm O^n lamme bitte a« 9«
me AAresme geiuag~a» l9k mili 1« der ammne keine weitere Mchreiberei
'im^'em nnd wmmn die Herrmoka/ten mit meinem VersoMage aiokt eimmer^
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Jnt m/ Plant ^Stiejtl zu kaufen au/ Mes^roe^
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ikPMi€ ich au^h mchi sokm, mm ^ät. 0€r ärcMt^üt tet /«r McnM 5#te
6#fell# ^y«! JlBir« A^te anlegen mümsmiu
^"^ theetUtr^bittat ilk Je4^m Mriefe^dasa die Kimäer
tfäofc an Ürol^MMt Attmibmiä sofireitmn mffmkten^die dann bestimmt un
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r#« Israeli. afjf0iUMr iBt mdkiJkärUJ fiioht a gtkommmm. SPiUm uia«^
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un^ertf'JTlndär rKlII« cfen JU^un§ mäükmn und wenn es mit Mniilmoh nicht
am »iii»mm aalMen sie ruhig ä^uiack^okreien^ Tämedorm Adremme imte
Jd«f -M «irr««« Brookli0% M»T* Oir liegt iaran^daaa cLim Ktm^
4er bmla aohrei en^ ifuh'ei kgnmen ate Jm Jedenfalla eräannen^damm die
Jnivorl ft«*««r '^^rt m/Mr^sse hi-rhep gehen. smÜ^meiJ sie BuoH in Jlanig
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mmki mmftt mehr irii/gjbmsa katte Th abgerattn^meine Srspamiamm A«r<-
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SM a ihimlimuTh' aah^ibi dmn^uf t wenn ein Seike ikm rate »m mimme er
4fma^ *r mi^h biind darauf herlaamtm kffnne^Jgbenae »ie er tum UmgeMehr
tmm übcwmemgi miipwinn min JÜmven^O/ug ihn su etvua ratem JOcr gtnmcarei
h4 r''ef iai Übrigens mecn mimM da.
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Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel. -Adr.: „STARBANK«
Riga, den ^0, jRnuor 192Q.
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CodM:
Peterson's International 2nd Edlt.
A. B. C. 5th & 6ÜI .
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Bentley's
Rud. Moat«
Meine liebe Jenny /
loh empflnp Deine I.Zellen vom 28. er und
sehe,dass Du leider dooh nicht Dloh so gnt fühlst: diese Schwäche-
anfalle gefallen mir gar nloht. Es Ist ja ganz schön, dass Du Dloh
ausruhen kannst und vielleicht Ist es auch nur das Bedürfnis nach
Ruhe , verstärkt durch die wohl fällige Monat sgeschlohte. Aber weiss
man es denn ? loh hätte dooh gern,das8 Du Dich untersuchen lässt
wenn nicht bald eine Aenderung In Deinen Befinden eintritt. Es kann
sehr wohl bei Dir mit einem organischen Le-'.den, vielleicht mit der
Leber, zusammenhängen und durch Behandlung gehoben werden, während
bei Vernachlässigung das dicke Ende nachher nach kommt. Die Aerzt--_
rechnung soll Dich nicht kümmern; bis die kommt, Ist alles , nehme Icn
an,allrlght mit uns. Die Diathermie hat mir sicher genützt: ob da«|
relativ anhaltend gute Befinden im ganzen nur darauf zurück zu füh
ren ist, kann Ich ja nicht wissen, aber mitgewirkt neben anderen Ur-
Sachen wird Diathermie schon haben. Speziell für Deinen Arm wäre
diese Behandlung notwendig und ich möchte Dich deshalb ganz ernst-
haft bitten, Dloh behandeln zu lassen. Ich denke, dass Du mich nicht
nötigen wirst, in dieser Sache mit Dir eine lange Korrespondenz zu
führen, sondern verstehst, dass das sein muss und danach Deine Ein-
wendungen aufgibst
loh werde heute abd nach Reval fahren u
telegraflre Dir noch das mitteilen .Mögliche-^^weise finde Ich es nö-
tig ,von Reval aus noch ein paar Plätze zu bereisen.Das weiss ich
aber natürlich noch nicht im voraus. Meine Adresse hast Du. Wie
M 89 5000 21 8 29
ki
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zu schaffen.
lange loh unterwegs sein werde, das Ist noch nicht zu übersehen. Del-
e Briefe werden mir aber »wenn ich wieder nach Riga fort sein soll
te, nachgesandt, so dass Du ruhig schreiben kannst. Gestern Abd war
ich in der Oper (Mephistopheles) .Der beste Platz kostet 2 Lat, Schü-
ler die Hälfte. Es war feanz nett.
Die Affäre Rahn nimmt üble Formen an, wie es aus-
sieht. Ob Rahn nicht sein Mandat niederlegt? Dann käme Moderegger
daran und der bringt es fertig ,sich vor Freude und Aufregung tot
, zu saufen, so dass ich der Nächste wäre. So etwas wie Kronprinzentum
also. Es ist gut, wenn Du für alle Fälle und Jedem gegenüber nlchta
über meine Stellung und Aussichten hier verlauten lässt. Also auch
Frau Müller gegenüber nicht, um nicht ev eine spätere Komplikation
Die Sache interesslrt mich; wenn neue Veröffentli-
chungen sind, schicke sie bit"e;auch '.tenn im Volkstage darüber ge-
sprochen wird.
Von Eve habe loh seit einiger Zelt nichts. Sie ist
hoffentlich mar beschäftigt und kann deshalb nicht schreiben.
^ Gestern ist hier der erste Schuss gefallen d.h.
ein stellvertr. Direktor ist gekündigt worden -auf m/Veranlassung.
Das ist nun der erste Schritt zur Säuberung. Ihm werden noch einige
folgen und möglicher ^^V,ise wird der Betreffende selbst den Anstoss
geben zu der Hauptaktion,da er wahrscheinlich in Berlin vorstellig
Wird -vielleicht selbst hinfährt- nm die Schuldfrage zu erörtern ,diJ
^fUr sota. „atUrlUh katastrophal liegt, rera^e um dleae Au3.vlrkung
nloht zu hlndern.lst os ganz gut,a.s3 l.h etwas von hier fort gehe,
-ch veratehe.dasa Du «naohat.ea mflohte schneller gehen; Ich nicht
^ minder wünsche das. Aber man muss warten können und kann man es nicht
y« rauss man es lernen.
^
RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
RIGA, den
/«^
193
^
RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
RIGA, den
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Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel.. Adr.: .STARBANK"
Riga, den I7..Januar.
193Q.
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Codes: ^'«•'^
Ptttrton'8 Inttrnational 2nd Bdlt.
A. B. C. 5th A 6th .
Bentity's
Rud. Motte
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Liebe Jenny /
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•Ji *■■
-V . ,
Im Anschluss an meinen gestrigen Brief
bitte loh Dich ,ln meinem Schreibtisch • eine der links be-
flndllchen Schubladen- nach einer Akte zu suchen, welche das
Projekt der polnischen Kxportbank enthält und dieser Akte
das Expose ssu entnehmen (es "ist auf gelbem Durchschlagspa«
pler) .Dieses Expose schicke mir doch bitte hierher«
Der junge Lelck meint, französisches Kapital Interessiren zu
können; also muss man das mal versuchen,
Post habe Ich heute von niemandem*
Hier hat sich auch nichts neues zugetragen, Herr Swltgal Ist
nach Berlin abgereist. Die Besprechung In Berlin Interesslrt
mich aus dem Grunde, weil Herr L.ihm telegraphlrte,dass zwar
zweifelhaft sei, ob Herr Schultze anwesend wäre, aber mit der
Anwesenheit von Direktor Neuerbourg gerechnet werden könnte.
Man könnte daraus fast den Schluss ziehen, als ob nun dieser
-anstatt Seh.- entscheidenden Elnfluss auf die Rigaer Sache
t-r, -»- -1*- -t r-
t fynf ."vf f)V
^viul nimmt ,was eine complete Umstellung bedeuten würde .Herr N«
- IT .
kennt mich und ich glaube, dass er auch mich schätzt; noch eben
:-^-d 1 kam er mir in B'^rlin ganz unerwartet im Foyer der Bank entge-
gen und begrüsste mich ganz von sich selbst aus: ich hätte ihn
t r r% fr
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gar nicht einmal ohne weiteres wieder erkannt. Aber trotzdem
wäre mir lieber, wenn Herr Seh. nach wie vor die Leitung hätte.
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^i a Na, das wird sich ja bald finden.
Die Ralf f eisen -Affäre in Berlin ist
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ein Skandal, das ist schon richtig. Aber wenn Du wüsstest,wie
Ht 89 5000 il 8 29
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Viele derartige Skandale in allen Banken sich ap8plelen,ohne dass
alch die Oeffentllchkelt damit beschäftigt. Die Kindlichkeit, kann
man sagen, Ist rührend, die da zu Tage tritt .Und wenn ernsthafte Ge-
schäfte vorgeschlagen werden, verfallen sie regelmässig und ohne wei-
teres der glatten Ahlehhung. Das Ist schon mal so und darüber muss
man sich nicht welter aufregen. Die fiauff eisen -Bank In Danzlg hat
auch ganz schöne Sachen gemacht. Der Prozess kommt noch erst. Wenn er
nicht In letzter Stunde unterdrückt wird.
Den Brief von Rudja lege Ich wieder bei, da Du
Ihn vielleicht brauchst zur Beantwortung.
Nun einiges zu dem Roman der Interessanten Agn<
Smedley. Bis zu einem gewissen Punkte gehe ich durchaus mit der Ent-|
Wickelung, die sie schildert, überein. Dabei darf man aber nicht über-
sehen,dass sie bereits in dieser Zeit eine Art von Bildungsniveau
vortäuscht, das sie aber gar nicht hat.Mr sehen sie beispielsweise
als Studentin mit einer Vorbildung, die in gar keiner Weise ausreicht.
Was mich nun abstösst ,lst eine mir schwer erklärliche Einstellung
der Agnes zu ihren Jüngeren Brüdern. Gewisa, sie sind #ünger.Aber Agnes
selbst hat in noch viel jüngerem Alter bereits ihr Brot selbstständig
verdient und trotzdem für ihre geistige Entwickelung gearbeitet. Me-
so sieht sie nun ihre Brüder für Menschen an, die nicht ebenso gut
sich selbst durchschlagen können »sondern von ihr bemuttert werden
müssen? Die Jungens sind ja keine Kinder. Der Jüngste ist 18-19
wenn er nach Frankreich geht. Wenn Agnes als Frau (oder Mädchen)&
entgegen der allgemeinen Sitte sich eine Position erkämpft hat, wenn
sie in diesem Kampfe gestählt und hinreichend hart wurde gegen
sentimentale Rücksichten auf ihre Familie etc, dann erscheint es
unlogisch und inkonsequent, dass sie plötzlich auf ihre Brüder wie
^•
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel.. Adr.: »STARBANK«
Riga, den 192
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Codes:
Pcteraon's Inttrnatlonal 2nd Edit.
A. B. C. 5th St 6th .
Btntlty's
Rud. Mmm
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,->5> -TW^lC^
- r auf schutzlose und sohutÄbedürftlge ,vor allem Ihres
M Geldes bedürftige, kleine Kinder blickt. Ich finde auch das Ver-
hältnis,das/ sie zur Indischen Bewegung hat , abgesehen von den da-
raus entspringenden erotischen Bindungen, etwas verlogen, denn man
darf wohl voraus setzen, dass die Führer solcher Bewegung , besonders
einer Fremd stämmigen gegenüber, erheblich urteilsfähiger und kriti-
scher eingestellt sind —oder sie wären eben keine Führer. Hier
xnlsoht sich bestimmt Wahrheit und. Dichtung. Und nach meiner Empfin-
dung mischt Agnes nicht gut und das verleidet mir das Buch* Aber
da es Dir trotzdem gefällt, so hat vielleicht Agnes so Unrecht nicht
und es ist nur Sache des Gefühls es kann Ja so gewesen sein, nu:
glaube ich es nicht und das stört mich*
Jch habe hier ein Buch ,in Berlin gekauft, das den
ehemaligen Kronprinzen behandelt und ganz amüsant ist. Es macht S.M
furchtbar lächerlich und der Kronprinz selbst empfindet ebenso und
macht aus seiner Ansicht kein Hehl. Er selbst ist nicht unsympathlsa
geschildert und es kann sein, dass man seine Fähigkeiten und Jntelli
genz unterschätzt hat.
Augenblicklich bin ich etwas freier in meiner Zeit,
da die Buchhaltung noch rückständig ist und mir das Material nicht
geben kann, das ich brauche, um welter zu gehen* Aber ich kann mit
meiner Zelt auch nichts rechtes anfangen. Alles, was man machen kann
kostet Geld und Geld. Sonntag war ich mit Leick in Mltau.VAr fuhren
ralt der Bahn hin , aasen da Mittag eto und fuhren gegen Abd mit dem
Autobus wieder nach Danzlg zurück. Was Ich am kommenden Sonntag
* . •
Ut 89 5000 21 8 29
unternehmen werde, das weiss Ich nooh nicht, Theater Ist hier billig
und angeblich gut (Oper : lettisch) .Aber mich zieht nun mal nichts
Ins Theater*Dann gibt es russ.und deutsches Theater. Die reizen mich
ebenso wenlg.Circms hat auch wenig Interesse. Bleibt ...Kino & Cafe*
Q Tov Ausverkäufe sind hier auch überall. Aber ohne Preise Im Fenster .Und
also totsicher Schwindel. Nur Pelz Joppen ,slnd billig . Schade, dass
Rudja sich seinen Bedarf n^cht hier eindecken kann. Für 100 Lat Ist
schon eine nette Joppe zu haben. Das ist für dortige Begriffe spott
billig.
Jrr^j:;
Na, zunächst wünsche Ich also Euch einen angeneh-
men Sonntag mit besserem Wetter, als anscheinend augenblicklich über
Deutschland steht. \*a8 macht Angela denn? Hat sie sich nun ausgeruht
und kommt sie In der Schule mit ? Ich schicke ihr Grüsse und Küsse.
Und ebenso grüsse und küsse Ich Dich, liebe Jen-
ny und verbleibe ,Dloh umarmend.
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Dein Dich liebender
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Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel. -Adr.: .STARBÄNK«
16. Januar 1930
Riga, den i?..-.'^..^^^^.^,...^^.'^.^ 192
Codes:
Peterton's International 2nd Edit.
A. B. C. 5th & 6th .
Bentiey's
Rud. Most«
Meine liebe Jenny /
Deinen lieben örief vom 13. finde ich in der
bank vor und kann also in einem gleich ihn mit erledigen. /.uerst
was hve angeht, so sehe ich keinen Grund zur »r^eunruhigung nach
den iViitt eilungen von Ruthchen, ^ie hatte schon in ^^anzig mir
von Darms törungen gesprochen und ich sagte ihr^dass sie ernst-
lieh eine Durchreinigung machen müsse .Dasselbe wird ihr die sie
behandelnde Aerztin .^iKü:!- .g^^^ten oder sogar besorgt haben. Wer
ist iiilena ? Von dieser mystischen Person höre ich meines ;Vissens|
zum ersten i..al.Da der Käme im Zusammenhange mit Hudja erwähnt
wird, so mache ich mir einen i:eim , vielleicht ist er aber unrich
tlg? Ich geniesse nicht H-s Gonfldenz und sehne mich auch nicht
danach; seine Bemerkung über iienny lässt aber vermuten, dass das
i:.nde dieser lang andauernden Freundschaft nicht weit ist und
n
icht harmonisch ausfällt. Was Kudja sonst mitteilt /besonder
wegen der hilfe für i:.ugen,i3t nicht erfreulich. Ich möchte doch
glauben, dass R.sicb bei der ijehandlung .iieils vielleicht im Ton
oder in der Kritik et.vas übernommen hat und dieser üerr scheint
empfindlich zu sein, wenn es ihn selbst betrifft und nur bei an-
deren die vyahrheit zu schätzen. Ich weiss nicht, was an da tun
kann und es bedrückt mich sehr stark,i^ .nicht Irgendwie beisprin
p-en zu können.- .^as Rud ja .vegen Angela ,als seinen ii^indruck
schreibt, hat etwas für sich ,wenn man einen bemerkbaren Ueber-
schwang zu Gute hält .A. verspricht , etwas zu werden. Aber es ist
nicht sehr gut, Ihr das zu oft und z\i dick vor Augen zu halten,
da sie leicntlich sonst glauben könnte, schon jetzt etwas so
Uk 89 5000 21 8 29
au
s der r-elhe Fallendes zu sein* - Ich kann nur wiederholen, dass ich
keinen anderen Ausweg zur Zeit öehe,etv/as Geld flüssig zu machen, als
den, etwas zu verkaufen. Ich schlage also nochmals die öchreibmaschine
als Verkaufsobjekt vor. Du kannst ja mit tSchmidtke (der hat sein Ge-
schärt gegenüber Potrikus , neben den Automaten-rtestaiirant auf der iitage
klt der Automaten-oache kann ich ralch jetüt nicht befassen ;ich habe den
Glauben an die Geschichte verloren und jet/.t ist es erst recht schwer,
Leute mit Geld zu finden. Von ßlumstein haöe ich hier noch nichts gesehen
Jch hatte weder Zeit ,noch besonderen Drang ,ihn auf/.usuchen;ich ineine,
dass vielleicht die ^.ntjvickelung der Dinge hier doch einen Gang nimmt
(jedenfalls sieht es so aus) der sorgsam verfolgt werden inuss.i eber den
anderen Jnhalt Deines lieben Briefes werde ich bei ehester Gelegenheit
Dlaudern. insbesondere über die i^'rau allein", nei der mir nicht ein happ;
end vorschwebt, sondern die i:.ntwickelung in violer Hinsicht gekünstelt
-um nicht zu sagen; verlogen -erscheint ;üDrigens stimme ich da ja mit den
i.ädeln überein.
"Und jetzt muss ich mich etwas an die Arbeit machen, die
in diesem Falle das bokar:nte Sprichwort Lügen straft. :iie hängt mir näm-
lich zum lialse hinaus.
Also, liebe Jenny, bleib gesund und sei Du,w.ie auch An-
'gela herzlich gegrüsst.Ich wünsche Luch einen recht frohen Sonntag. Ges-
tern warst Du wohl mit Frau I. /aller wieder zusammen?
Jch umarme Dich und bin mit einem Kusse
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Dein Dich liebender
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Rud. Mosse
28. April
0
RIGA, den
193
Meine liebe Jenny!
Eben erhielt ich Deinen I.Brief vom 24.
der also wieder sehr lange unterwegs war. Von den Berliner Herren
ist weder Herr Leick noch Herr Frank bis jetzt eingetroffen nnd es
fehlt jede Nachricht. Vielleicht kommen sie nachm. mit dem Stettiner
Dampfer oder abds oder erst morgen früh. Also das reine Rätselraten.]
Von Dr Grünspan hatte ich Brief , der ziemlich verheissiingsvoll ist
•und hoffentlich später das hält, was er im Anfangs Stadium verspricht|
, Ich sehe,dass auch Du den Eind2nick hast,
den ich in meinem Briefe ja schon von mir selbst aus Dir mitteilte
dass unser Zusammensein doch noch etwas mehr hätte gehen können. Icl:
erkenne durchaus an, dass die häusliche Beengung Aussprachen im all-
gemeinen und bei uns xm so mehr, nicht günstig ist« Insbesondere wai|
mir auffällig, dass Du auf verschiedene Angelegenheiten nicht zu-
rück gekommen bist , obgleich Du frülier in Briefen gerade selbst ei-
ne Aussprache dainiber wünschte st. Aber vielleicht war das jetzt auckj
nicht mehr nötig«
Ich würde mich sehr freuen, wenn Deine Voil
Stellung, dass Du mich bald hier aufsuchen wirst, sich verwirklicher|
sollte, denn ,von allem anderen ganz abgesehen, hängt mir der gegen-
wärtige Zustand so stark aus dem Halse heraus, dass eben nur die
Zwangsläufigkeit ihn erträglich macht. Ich hoffe also, dass Du mit
Deinen Ahnungen da recht behältst.
Ruthchens Brief war mir sehr interessant.]
Von ihrer Absicht, gleich den Doktor im Anschluss an das Staatsexa-
men zu machen, war mir nichts bekannt. Ich weiss auch eigentlich
nicht, ob das in .jeder Beziehimg gerade für mich gut ist, denn es
muss also nicht nur bis Ende Juli der Monatswechsel von 200 Emk
weiter von mir an Deinen Einnahmen gekürzt werden, sondern darüber
hinaus auch die Prüfungsgebühr (ich glaube das sind 500 Rmk) Druck
legung der Doktorarbeit etc aufgebracht werden. Ich sehe nicht,
k» 89 10000 28 1 3d
wie die Dinge heute liegen, dass ich das ohne weiteres schaffen
kann und selbst wenn,... der Umstand, dass doch auch die Entwicke-
lung bei Evele allerlei Ausgaben nötig macht ,wenn nur Mittel
vorhanden sind, ist diesem Zusammenfallen von Verpflichtungen
höchst abträglich. Ich würde auch gar nicht wünschen, dass Ruth
noch einmal Herrn Jmmerglück in Anspruch nimmt, denn seine Einkünf
te sind sehr viel kleiner geworden und ich glaube, nicht erst von
jetzt. Ich werde also darüber noch mit Ruthchen mich \mterhalten
müssen. Erfreut bin ich über das, was sie über Klimbt schreibt.
Weniger darüber, dass sie für sich auf derart geruhige Bindung of-
fensichtlich noch immer nicht reflektirt. Natürlich, besser nicht
heiraten, als ohne beiderseitige Ueberzeugung,dass man die richti-
ge Wahl getroffen zu haben meint. Ruthchen hat nun, wie ich sie ve
stehe, überhaupt wenig Neigung eine ernstliche Wahl für dauernde
Bindung in Erwägung zu ziehen; das ist ein prinzipieller Stand-
punkt, den ich gerade bei einer Frau nicht goutire,weilbei ihr die
wechselnden Beziehungen ,wenn man nicht gerade eine Colette ist,
doch nur bis zu einer idcht zu grossen Anzahl zulässig erscheinen
ohne dass man schlechte Aus-oder Neben Wirkungen befürchten
muss. .Vas Du mir in der Beziehung neulich sagtest, trifft nicht de
Kern meiner Besorgnisse . Ich hoffe immer noch, dass Ruthchen Rai
son annimmt, wenn nur sie sieht, dass Evele es gut getroffen hat.
Ich höre hoffentlich mit Deinem nächsten Briefe
dass Du Dich wohl fühlst, liebe Jenny .Desgleichen, dass Angela in
ihrer neuen Klasse mit Freude arbeitet. Wie war es mit Frau Mülle
In der Berliner Zeitung las ich eben, dass nun also die Büxger-
regierung perfekt ist in Danzig. Lange wird das ja nicht dauern,
da man so verschiedene Elemente zusammen gekoppelt hat. Immerhin
strahlt Blavier wohl ;)etzt Über alle vier Backen. Pardon. Komisch,
was so alles in Danzig vorkommt.
Sei bestens gegrüsst
terprimanerin Angela. Ich umarme Dich
Herzlichen Gruss für Un-
n Dich lieben
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Rud. Mosea
Liebe Jenny !
No 17
G-estern schrieb ich und sandte ein Muster
von G-rütze. Heute ist nun Dein gestern eingetroffener Brief (No II) zu:
Beantwortung fällig. Du brauchst meinetwegen nicht besorgt zu sein: ob-
gleich ich natürlich in Olgas Sache sowohl ihretwegen wie auch Jcmer-
glücgs wegen erregt v/ar,so wird das mich nicht umwerfen. Ich habe meine
Nerven zur Zeit doch gut in der Hand. Vielleicht v/eiss Olga wirklich
etwas Amuröse s von Jmmerglück.Ich möchte in diesem Falle aber um so me.
wünschen, dass sie sich nicht hinreissen lässt,in unschöner Weise von
ihren Kenntnissen Gebrauch zu machen, denn ich werde natürlich nicht
schön finden bei m/Schwester,was ich bei Jedem anderen auf das Bestimm
teste verurteilen müsste. Olga schickte mir eine Karte aus Genf .Der
Jnhalt besagt noch nichts, höchstens dass ihre Stimmung keine schlechte
war, kann man heraus hören. Vielleicht gelingt ihr doch, irgend wie anzu-
kommen, entgegen unseren Befürchtungen. Das wäre natürlich die beste Lö-
sung.
Ich schicke Dir einliegend einen Briefent-
wurf an mich. Ich glaube, dass ich einen solchen Brief ruhig in der näc.
sten Zeit mal Herrn L. einsenden könnte mit entsprechenden Bemerkungen
dazu von meiner Seite. Vielleicht ist das auch noch nicht nötig, später.]
Jmmerhin, wenn Du selbst keine Bedenken hast gegen den Text, so kannst
mir vielleicht einen solchen Brief zusenden. Ich will gleich sagen, dass
ich doch dabei/i noch den Hintergedanken habe, dass einer oder der ander(
der jetzigen 3 Direktoren sich -falls Berlin das Ansinnen an sie stell"
-sich nicht einverstanden erklärt und dann vielleicht die Sauhe
damit in Pluss kommt. Uebrigens verhalten sich alle 3 jetzt gegen mich
als wenn sie mich als 4tes Direktionsmitglied heute schon ansehen. Ich
kann in der Beziehung mich jetzt nicht beklagen.
Ich höre zuerst jetzt von Dir, liebe Jenny,
dass bei Klimbt die Stppendienfrage in -ungünstigem Sinne sich entschie-l
den hat. Ich weiss also noch nicht, ob das nicht aufschiebend auf die Ehe|
Pläne wirken muss. Eve wird mir wohl im nächsten Briefe darüber mehr
Ns 89 10000 28 1 30
schreiben können.
Heute also steht Ruth wieder im Feuer. Sie wird auch
in Chirurgie , denke ich, keinen Versager haben und dann die Müsse bis
zur nächsten Prüfung sowohl für ihre Erholung wie zur Doktorarbeit gut
brauchen können. Ich sehne mich sehr nach den beiden Mädeln und der Ge
danke, dass vielleicht nicht so schnell ein Wiedersehen mit ihnen sich
machen lässt,hat sehr viel Niederdrückendes. Denn wenn Ruth erst ihr
aktives Jahr ab so 1 vi rt, wird sie natürlich im Laufe desselben kaum sich
freimachen können und was weiss man, wohin schliesslichlich Eve verschla|
gen wird?
Ich hoffe, Du hast über einen gut ausgelaufenen Geburts]
tag zu berichten und anschliessend über einen schönen Damenkaff e.^on
Eugen wirst Du rechtzeitig Brief bekommen haben, nehme ich an. Und Ru-
dolf wird »entgegen sonstiger Gewohnheit, Deinen Geb\ixtstag wohl benutz
haben, Dir nun endlich etwas Einblick zu geben in seine Gedanken- und
Gefühlswelt, hoff entlich, ohne damit allzu stark an Deinen Nerven zu zer-|
ren. Dein Unwohlsein ntmmt Dich dieses Mal .besonders wenn Du das Mit-
tel dagegen verwendest, hoffentlich nicht sonderlich mit. Halte aber je-
denfalls Bettruhe und lass auch die Brief schreiberei nur sachte angehenj
Du triffst es anscheinend mit Eino nicht besonders.
Ich habe inzwischen ein paar interessante Filme gesehen d.h.interessantj
wegen der Darstellung. Das Sujet ist mehr lustig, als seriös zu nehmen.
Ein Film, den ich Dir empfehlen möchte ,ist „Lied von Liebe und Leid"
aber auch Jhre erste Liebe " könnte Dich wegen der lustigen Stellen
darin zerstreuen.
Was werdet Ihr am Sonntag t\m? Ich denke, wenn das
Wetter nur einigermaassen ist, mit Sw. auszugehen. Er hat etwas auf dem
Herzen. Ich weiss nur, dass er nach Berlin geschrieben hat (aber ich weiss|
nicht weshalb und nicht was) und dass die Antwort ihn verstimmt.
Schreibe mir, ob das Mehl, die Grütze und die Erbsen gut waren. Grütze un(
Llehl habe ich noch Vorrat. Erbsen müsste ich noch besorgen.
Für heute ist es mal wieder Zeit ,Schluss zu machen.
Morgen ist Dein Geburtstag. Ich werde ihn in der Oper feiern, wo ein Bal-|
let- die schlaff ende Prinzessin- gegeben wird ,das ist unser ^^Dornrös-
chen" . •
REVALER AKTIENBANK
-*+rTi f"»t ■♦T'V»R-r«-»r1'^f «J ••Tl-^IjO'f 1« ji -»Xi J XWE ftf^J «I X«* -» t -t ?»i *» irf ^ Pt ' /
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Rudolf Mosse
•JÄ ♦rr xK 't
-xit-^i^ 1 '^*^i
^ J I ^i.' I ff '^iJ
"♦^ 'n! TIO / '^^
^ "^ ' Df^in Iriftf lom -^P.i^^it mir hierher
nmchge 'schielet worden« Ich freue michidass es Dir besser
geht mit lein \rme.\ber selüst\er3tänllich itrfat T)u ihn
nicht tlüermTi3trenger mit j^rief schreiüen .
Soeben erhielt ich las einliegende '^elegramm. Ich fahre
ffio^< -iiilz'f^p-^ Vr' •triwRi.FH -x*^( "^^l^oft •t;hx ♦f^'^XP'^J s^i/'^'^o'^ •ü
morgen nacht nach Ili;2a furöcx und finde dann dort wohl
^(T*S ^>^i /^xe '>rtft4«i>i -ii( .rfm^r^P it^ r iJ^ t-'r ♦rj/ , ^r'o-ri
mit dem erwähnten vertraulichen Einschreibebriefe ?ugleicA/
die \ntwort , vielleicht schon die ^nscheidung ,auf die un«
besonders interessirenden Fragen Tor#
^ir kamen gestern mit ca *> Stunden verspfttung an#Er«t auj
den '^eitunge"?i"eYf unt" lcTi'"Ten arund: durch d^n Sturm waren
opCf te
I^-"^/^. tjfT
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g^i" rn«»l lin b
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rr^Sfi^i "•»äill« *if FWfJ^^f^äÖ^hlitfJh
f^r •rfT-'P^
„^■s i->rPoiiv 8<lÄ»^r«ÄB3Jwipr*«mt^io*;r-i«»Jtflpr««5 3antes ileinoirftnwftrk \on Pjrar>k
o^ ftor^iPU-^J il«^r4«OjM:rl^*^«L'*chJeT. i^«rWflri^.» V^^ dwopnid^tss ich
rtox FPiew i*ri'Äi'fo*f»
•i^lJFl^Äirs r» leaeiof — Iwjrn i>ir da^üüifch dort
rro/ rt>xp elrrfir^ > HD Iw^ «ras« ^3lt>«6l^fr erhalt efr)^^ ""a^.
rioxp tr'oxefa p^fi^pil^Upp^^ ^gkf^
■MMlUtlMlII III
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:'l yik >i .! / /
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lerschiftdenater leuenairicht iger TroX^l^m^ Leachterjawert und inte-
X/fasarrti ialirttiso irürie ich mir ungefähr ^ine Vorstellung machen,
4a33 ein Mensch wie ^ugen in der gleichen Situation sich ebenso
aof die i.eine stellen X « n n t e (oder gekonnt h fi t t e) .
3 0 wenigstens fasse ich es auf i wenn jemand die i^rticlcen hinter
r fw ii \
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sich aüoricht und in die 7elt geht , not abene wenn er g«ntlg«i^i in-
t-.elligent iat. i'^ir hat das buch einig» ingenehme Stunden Leht-ür"
geschenkt »obwohl ich nicht 1 00'^ mit allem ti ter einst imme.
fyrti uC *ct'ifl liojli rii1teiP/lPj I*P i«j/ .eni'i/ nei -»iti -trleö
Ich halte eine tiietaerhfthung bei f;uch,urd te -.
sonders in lern \a8Tnaa3,ftlr gan« ausgeschlossen. Ist dem^ to» ^t
die Wohnung besichtigt worden*? Der Hauswirt hat natürlich kein
Irfow tioi -"'Pl elTXl /rfij ^^ihti.'s i^iil riorr» ,^r*Of fre^itorn
Hecht ,\tstand tm, v-rlangen. 3ie Mieten sind doch gepfändet , erst,
oxe rax;" «^«»iij ''JX*tf**')f"'X'' rteri^i rx/ri"»'!"/ '♦•■tTriHwre uiei .-fim
ton der Steuer und hinterher Ton jemand anderem. Du kannst also
• "^i eil ^iJPi s^i/I ie.iip.-''^ »ii '»ofloB .+il )i*riei /, -»lowl"/ eü
nichi- einfach etwa nach Verfügung ton Lf^wenthal die riete irgend
• — " ii; iif II I I I > li^i " ii| I i r r '' I rr I I I
.xD^'^wn~*if"i
•5
jemandem rahlen. Du musst feststellen, wie die Sache hängt .^le^^tl
mu33 die Miete bei u er i cht eingezahlt werden f-ör Rechru^^g wen es
•tetf'w mti *' ''ei {*.'itH :t"n.x.7 TAT rirr xrfL-ti« <'>»ji'^^ *•''"" '^^^
a'^geht t
mit "•• ♦ii'^ar t'^u r^itinorf«!, n«DWii«öht,»a»r'»lnwrwivwi«raP*»tf L.ist .Ich hate
sie nur ein paar Stunde iffe'arwlrtm'' urrtl ffl**^ WWh^futfem Ja noch in d.
^„4sj^ i nixatr,±±B'^ i'ta!Mtvit\ätBr^'\Z) iv (r*aratuf^ l)filt^'1i«aT^iT»M mit dem Typ^
gemein hat>der Dir ja bekJm»»t 1»*;-Ü»i«^l|u*;;jf1ir Ifl^elligenff tlgCfry^
rfTi.fnrM«ai.haü*iu iflftvxröirt örxaltrtPirUe fVhlTtfrj^ctrtftjÄii^ilrblftrtiiig.Ich sandte
•xf » g-^i; llw*»tii isliÄteff'.x It^ fltffk»i dlmF^ihi 'tmfi'Wiio^i^^ an
.e-»-")p^d»«<e *ifei^i'fi'Wi»te l%u»Ä*litT,f** >ra^f^4<rti>^l<<h4;' jil'njnal sagen, da
- f f i-^j, iishT s^i kÄl**' ^rt*r^ erufrg' ttwy» *1ci>tfl afctif %««* J»- ' x- « -x
jf^nS rrQf :fiewrreiione:i ce.-tr'«B'<itri)i>|m*i*ti»|j^l»aÄrr Wil'^ i*©hmr%l'ea grosser »imp-
rlox erifiang:ÄeT -lf>.t*«ti^i^ *i^««Jtflt e, ufi^"' i)»Ä«iiflf ^fll;>*iix •i»i^ deutscher Fo-
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wahr3cheinl*fc aus)
..ißr.i/is '^/eh aehe/itas Ou reicht r-cht. larar^ gl^ubsT^
^j*x.i X 1J.J i V '^.^^gg ^^^ ^;^g gpj^jj^ g^ ^,,14 3^h«r werl«n. Ich bi-^I^i*, d^s
'^k*aV s^n? pl«trllch komBien. Selbsirelenl hft^ + « ich eler^s«.
Lftiue» Ti»ch lar^rig koffioeyi k«nn»n-iT5 Jr?t-. *»ri-rechurg 4ftr
R«i3e »^ach i.^rlin- wie Dich nach i^ari-^nturg titt«n.\ler
erat-.lich macht las ^epftck «inige umstände und dann würde
ich Dich in Oanrig doch nicht so ausschliftsslich hab^n
irte wenn wir uns treffsn.
Heine Garderou© verlangte eigentlich sehr
dringend ',rgän«ung. \ber was ist da ?u tun? Man muss iie
Dinge \on der humoristischen Seite nehmen. Ich habe nur
früher nie so beobachtet »wie die Sachen sich \erschleis-
sen*
In der obersten Schublade ^linlcs) im
Ichreibtisch liegt meine ST'k:UT?R- «C"!; und darin findet st
Oa ein 1:1 att mit Motifsn tiber das Jahr/Wf (unter an-
derem Mummer des Steuertuches etc etc ) Dieses j:>latt
hätte ich gern . ua ich nicht gut noch einmal um '^rolonga
tion beim Steueramt einkommen will and nicht weiss, ob
ich bis If/4 in :)an?!ig lasu komme, so mlisste ich also d.
•Deklaration unter umständen in Riga fertig stellen ken-
nen und dara brauche ich das jjlatt .Willst Du bitte mal
sehen, ob Du •■ findest.
i I
-AViiMV.'-' 11 Ak M-ia/ VW '.
' r'
i , ' . .'
^ ihh-iuma
"^as ich morger^ i^or^rt: ag;am ''ag© urt<»rn^hme, d%8
weiss ich r>och micht .uw i^ aiöds fahr» ich nach Rigt u^d
1/ |[(M)
tin %lao Montag früh wieler in der Jnter^ationalen i.anlc«
Euch wünsche ich viel Vergnügen uni recht gutes
Wetter. Seil bestens gegrtiast .
«»jijc [3 r^fxri ^r'O'^T tfloi'^ i;;( RPfit*.'^«*r .^c^t
Ich umarme Dich, liebe Jenny, und bin in Liebe
Dein
fT^Jrr' rfii iRf^xIriirrx/r oc l.lol'^ •lool j^ir'^rc rrx :iiic riDX
• nrelleit crx/ Tiw '▼täw •J*
tss'^ ejrrf rl'>l . rrearl^T e.-tXAf rrerfißx tBxiOfcu/rl -i«i ro/ ej^^xC
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Fgrrolof" au; CffC3'^i<» rfoo'r .füg trloi'^ iloi f ( . rri^g r^oi et-^öff
. f) oplr ff^x «^tppü-m oRt ^rfT'tio^f ij^'f! sx^rri rrx ^\11 bxo ri^i
rpTi -^^tij xC tp iXxr, t-tr IjL ßrt rtoi •r'oxji^-xj xtfI Irrx '^•^
..teeirril •# i/C JOffterleB
Commerz- und Privat-Bank
Aktiengesellschaft
Filiale Danzig
Aktienkapital und Reserven M. 250 000 000.—
T«l.-Adr.: Commtrzbank
Danzig, den
Breitgasse 111
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Commerz- und Privat- Barrk
Aktiengesellschaft
Filiale Danzig .
•Aktlenkapital und Reserven M; 250000 000.— -
T«l.-Adr. : Commerzbank ^
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Danzig, den
Breitgasse 111
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Rigas Starptautiskä Banka A.|S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel. -Adr.: „STARBÄNK"
Codei:
Pttcnon*! Internittooal 2nd & Srd Edit
A. B. C 5 A 6th Edit
B«ntl«y't
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Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Riga International Bank Ltd.)
Telegrams: „STARBÄNK«
Codtt:
Pftterson*t International 2 od & 3rd Edit
A. B. C. 6 A 6th Edit
^ Bcntlcy't
^^ Rud. MoiM
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Nk 43 3000 7 U 29
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Riga International Bank Ltd.)
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Petcnon*! International 2nd & 3rd ^dW. y;p^Cn,
A. B. C. 6 Aith Edit
Bcntley*a
Riga,
19.
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Rigas Starptautiskä Banka A.|S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel.-Adr: „STARBÄNK"
19. März
lO.'^O
Riga* den 19
CodM*.
Ptt«non*t lottnutlonal 2nd A 3rd Edit
A. B. C. 5 A6th Bdit
BfntUy'f
Rud. McMM
Liebe Jenny.
E^en erhalte ich Deinen l.Rrief von 17.
- ■ f m
und ersehe aus den schwankenden Schrift zilgen sehr deutlich, wie viel
Anstrengung es Dich (gekostet hat, den Brief zu schreiben. Das tut mir
sehr leid und ich wiederhole meine Bitte, dass Du ruhig eine Zeitlang
das Brief schreiben lassen möchtest, bis die Wirkung der Massagebehand
lung Dir das erlaubt.
Sehr froh bin ich iiber das Ergebnis der
ärztl. Untersuchung Angelas und darüber, dass ihr die ärztliche Hehand
lung so gut tut und so gut zu bekommen scheint. Man wird also da sich
grosse Sergen vor. der Hand nicht zu machen brauchen, scheint mir.
Ich habe aus dem Schulbrief gerade heraus gelesen, dass man Angela als
angehende Unterprimanerin wegen ihres Penehmens so scharf tadelte •
Ich sehe also Deine Befürchtung wegen Nichtversetzung zu Ostern als
ganz unbegr*?ndet an. Durch den Tadel wird ja nicht die Verseljzung
aufgehalten«
Evele schrieb mir heute wieder. Sie ist
in sehr froher und glücklicher Stimmung: dazu trägt auch wohl bei, dass
sie nun nit Ihrem Freunde Werner zusammen ist. Sie will ihn während
der Ostertage nicht allein lassen und hat deswegen Ruths Einladung
nach Freiburg abgelehnt und ihrerseits mit Einladung nach Frankft be
antwortet. Ich finde das sehr richtig und sehr nett. Ein paar Tage
später ist ja Eves Geburtstag — 26///.
Heute fahre ich auf /Vunsch der hiesigen
Herren auf ein paar Tage nach Reval zur Peststellung einiger wichti-
ger Umstünde;
Ht %9 5000 16 11 29
wenn
* Riga
Ich rechne, Montag/Dl onstag wieder In ÄnxEi zu sein
n nicht unvorhergesehener Aufenthalt nötig wird. Schreibe also
ruhig nach Riga.
Sonst ist nichts Neues zu berichten.
Die Entscheidung
Rückkunft hierher.
mindestens die Antwort auf meinen Brief wird wfthl nicht lange
auf sich warten lassen. Ich erfahr© sie aber kaum vor einer
Uebrlgens ist es nicht komisch, dass ich
nun tatsächlich durch Abreise das eben empfangene 2 Monatsvisum
für Riga zwecklos mache. So geht es mit? Immer.
bei Müllers hast Du Dich hoffentl^ich gut unterhalten
Du erwähnst davon nichts. Ich wünsche Dir und Angela für den kom-
menden Sonntag viel Vergnügen und gutes Wetter: es Ist ja Fr^^h-
lingsanfang --nach dem Kalender. Hl er- Ist es warm, aber grosses
Sauwetter sozusagen.
Herzlioh Grüsse f'ir Dloh und Angela. Ich umarme Dich
und bin mit Gruss und Kuas
t-^
/K
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Bontley'8
Rud. Mosee
9 •Oktober <
RIGA, den 193
Meine liebe Jenny !
Heute hatte ich grosse Privatpost, darunter
auch einen Brief von J^ir. Ich verstehe sehr gut,das8 es eine starke Nerven-
probe für Dich bedeutet , jetzt wochenlang in dieser Ungewissheit zu schweben.
Du sollst aber es nicht Dir so nahe gehen lassen.Wenn bis hJnde des Monats
noch keine ^Entscheidung da sein sollte, so werde ich vermutlich nach Danzig
fahren, um billiger auszukommen -einerseits- und dann überhaupt. Herr Krona-
cher ist zur Beerdigung von Herrn Frank nach Berlin gefahren. Vielleicht bring
er schon Neuigkeiten mit. Vorgestern war ich abds bei Switgalls und traf
dort mit Goldbergs zusammen. Von allen soll ich Dir Grüsse ausrichten. Heute
werde ich wohl abds zu Goldbergs gehen. Die Bekv^stigung in der Pension ist
doch, von Einzelheiten, die besser sein könnten (zB Kaffee u. Butter) abgesehen
ganz gut und reichlich. Nur an und für sich ist es in der Pension nicht
unterhaltsam. Unter den Pensionären ist ein Schauspieler vom hiesigen Deut-
schen Theater und der Regisseur Arenstein vom Jüdischen Theater, den man den
jüdischen Reinh€u:dt nennt. Aber interessant sind diese zwei Herren nicht/
I
^,-
für einen Sechser, dafür, wenigstens der Arenstein, hinreichend arrogant.
Angela habe ich separat geschrieben, noch
ehe ich Deinen Brief hatte.
Ein Steuerbuch wirst Du nicht bekommen;
ein solches gibt es nur für Lohnempfänger. Eine Declaration hast Du auch
jetzt nicht nötig abzugeben, das geschieht so im April auf besonderen Exempla-
ren. Du rausst nur ausfüllen ,da88 Du kein Steuerbuch hast \ind Einkommen
beziehst vom Manne, der im Auslände lebt.
Ms 80 10.000 2 6 30
/
y
Euer Hauswirt scheint starke Phantasie zu haben. Die Antwort
welche Ihr ihm auf sein Ersuchen gegeben habt, ist richtig gewesen. Von Cläre
hatte ich eine Karte -.sie fährt nach Köln zurück .Ich denke nach dem, was ich in
der Zeitxxng gelesen habe, gehen ihre Hoffnungen in Erfüllung. Ich wünschte es
sehr für sie und die Kölner. Emil schrieb mir.dass er es nicht übers Herz br»
gen könnte, stempeln zu gehen.Der Gedanke schon brachte ihn um. Das kann ich ihm
ja nachfühlen. Aber lOOOOOe dachten ebenso und mussten doch diesen Weg gehen.
Wenn er ihm aber erspart werden könnte ,zB durch Cl re ,80 wäre ich sehr glück
lieh. Ueber Brzynski braucht man sich nicht zu wundem. Die Versendung von
Rxind schreiben geht ja automatisch nach der Kundenliste vor sich. Schitteks
wollten wohl von Dir etwas heraushören. Die Sache ist nicht die,da8s Seedorf
Geschäfte für sich gemacht hat^ Das hat er wohl getan und ist ja schliesslich
auch abgehalftert worden. Die Erreg:ung von Seedorf gegen Sch.muss einen ganz
andern Grund haben. S. sagte u.a.„ was Seh gegen ihn verübt hat, das könne man
nicht ander« ale schwärzesten Verrat gegen einen Freund bezeichnen".
Also der Wahlrumnel ist nun schon im Gange bei Euch. Die Nazis werden sicher
auch bei Euch stärker werden. Sie hatten ja schon früher mal so ca 7 Abgeordne
te und zuletzt nur einen. Dummheiten wirken ansteckend. Und so werden
wohl 6 Stück Hanswürste in den Volkstag allein von den Nazis einziehen. Dr
Grünspan ist schon amtsmüde, schreibt er, und will nach den Wahlen zurück tre
ten.tYau Dr Gr liess mich durch Dr G mitgrüssen.Das war früher nicht. Sollte
ihr Zorn (ich glaube nämlich, dass ein solcher immer bei ihr bestand und mit
Eugen zusammenhing) jetzt verraucht sein?
Ruth hat allerlei Pläne, die
re
cht wild scheinen : sie möchte nach dem Pflichtjahr ins Ausland und anschei
nend je weiter je lieber. Na, ich denke ,bis es soweit hält, wird sie schon
wieder anders denken. Die alten Herrschaften Meiss hat sie noch immer nicht
kennen gelernt. Aber im Krankenhause kommt man ihr abseiten des Chefs und des
Dr Steininger sehr frexindlich entgegen. Sie hat also wegen des Verhaltens Ihre
Vorgesetzten kaum Grund, die Veränderxing und schnell dazu zu wünschen.
RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
Tel.-Adn: „STARBANK"
RIGA, den 193-
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Bentiey'8
Rud. Mosse
Unter anderem erwägt sie aber doch die Möglichkiit
wenn sie nicht in Frkft zusammen mit dem Dr Meise unterkammen kann, ob sich
nicht solche Möglichkeit in Hamburg bietet, da Dr M.ja gern im Tropeninstitut
arbeiten mochte. Diese Unruhe gefällt mir nicht .Sie passt auch gar nicht
zu unserem Ruthchen» Eve's Brief waren 2 kl.Photos. beigelegt. Ich nehme an
dass sie Dir auch diese geschickt hat .Wenn nicht ,dann sende ich sie Dir eia
Werner hat bei Dr Pollok einen geldlichen, aber nicht den vollen Erfolg gehab
Eve will jedenfalls, auch wenn Werner nach Berlin geht um seine Sachen zu
betreiben, vorlc^ufig ruhig weiter in Frkft bleiben. Jhre Tierliebhaberei ist
unverändert. Sie hat auf der Strasse ein halberfrorenes kl Kätzchen aufgega-
belt und zu sich genommen. Das ist wegen der Jnfektionsmöglichkeit nicht seb
vernünftig von ihr
So viel ich mich erinnere, hat E.den Radio immer
bei uns verlacht. Und nun haben sie doch sich als Abonnenten und noch dazu
mit Kopfhörern angemeldet und sind sehr damit zufrieden. Apropos : kannst
Du nicht sehen, die 2 Radioapparate zu verkaufen? Später wirst Du es doch
müssen. Was Du dafür bekommst, ist ja egal. Ueberhaupt überlege doch mal, was
«
Du abstossen kannst von Deinen Sachen. Du erleichterst Dir das für später.
Schade, dass Du den Ofen im Speisezimmer und den im Schlafzimmer nicht jetzt
verkaufen kannst. Jetzt wäre die rechte Zeit dafür und Du bekämest etwas
Geld in die H^nde.
So ,nun habe ich genug getippt für heute. Ich wünsc
Euch einen recht angenehmen Sonntag zu verleben. Sei bestens gegrüsst
und gekässt.
Jch verbleibe in Liebe
Dein
Wj 80 10.000 2 6 30
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
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Riga, 4^
\9Jy
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Bcntlcy's
Rud. MoMt
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Hotel Metropol
Teleffr. Adr.: METROPOLHOTEL
Telephon :
Portier — 3511 Bareau — 34870
RIGA, den
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Hotel Metropol
Telerr. Adr.: METROPOLHOTEL
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Langgass« 67 (■•t»ieh*r Klnsan«).
^•taraons lnt«rn«tlon«l Banking Coda usad.
Maine lieben Kinder !
^ " *'^ Haute erhielten wir Ruths Brief v.25.
Eves Brief vom 26. und ein Telegramm von Rudja. Dagegen v/er-
det Ihr aus dem ^estri^en Eilbrief wissen, dass ohne Opera-
tion nicht auszukommen ist .Prof Klose sprach sich aber sehr
b-stiD;mt dafdr aus,dass der Krüf tezustand -soweit von Gewähr
gesprochen werden kann , natiirlich-fiir guten Verlauf der ßpe-
ration ,wenn sie netzt vorgenommen wurde, Gewähr zu bieten
scheine. Ohne Operation ist S.Ansicht nach ein lataler Aus-
gang der Krankheit ziemilich sicherund ein längeres Zuwarten
verschlechtere die Operationschanca, i^£ama hat sich also zur
Operation entschlossen und siedelt um I Uhr ins städt. Kran-
kenhaus über. Augenblicklich schläft sie. Ihr Zustand ist heu-
te ,von mir aus gesehen, entschieden zuversichtlicher zu be-
urteilen, als es gestern war. Ich benutze diese Zwischenpau-
se ,um BvLCh zu schreiben und Ruthchen einl.ihre Rm. 200.-
zu senden für Decbr.
Ich telegrafire später noch,Rudjas
Wunsch entsprechend. Ich hatte erst mit Eurem Karkoiiimen ge-
rechnet,da man ja nicht wissen kann ,ob Ihr Eure ivlutter noch
w
ieder zu sehen bekommt, Aber ich bin jetzt so ausgepumpt
dass ich nicht in der Lage war, Buch Reisegeld zu überweisen.
Sollte ich aber ,wie ich hoffe, in den nächsten Tagen, etwas
ta-^CL,
>SM Aa 3 J AM O ITA H 5=13 T 1/11
T^AHOBJ J il£>H3rr>*A
G-ftld flüssig maclien können und sollten die Ümstända es er-
fordern, SO werde ich drahtlich überweisen und Ihr miisst dann|
■
verstehen, dass L\ier beschleunigtes flerkocimen zum Abschied
notv/endig wird. Ich hoffe aber,dass dieses ivlal Irof Klose
mehr Recht hat, als meine xjrinzlijlelle Einstellung gegenüber
dar Operation. Im Uebrlgen bemerke ich mir Eure Telefon No
und kann ja auch v/ohl abds jemanden von Such antreffen.
Eves G-rippe soll sie nicht leicht nehmen.
*
tasse da mal energisch auf, liebe Ruth. Wir fürchten, dass sie
das viel zu leicht nimmt. Die Folgen von verschleppter G-rip
pe sind ganz üble. Also lieber zu Hause und zu Eett bleiben.
hMii Sohluss für heute. Hoffentlich kann 1 cl
. •>
milt weiteren fri<*fen ii:x.er nur üutes melden.
Grüsse und Küsse für Euch Drei
Euer Euch liebender
Papa
oo
z
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l^^r
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Riga, den ^:''!^^J^^° 192
f'
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A. B. C. 5th & 6th .
Benticy's
Rud. MotM
Liebe Jenny /
;Wle Ich vermutete, so war es: ich fand heu-
te In der Ban k Deinen I.Brief mit Einlage von Angela und Im sep.
Kuvert das Expose vor* loh antworte also gleich.
Zunächst lege loh 40 Rmk bei und hoffe, da-
mit Dir die dringendete Oeldsorge vom Halse zu nehmen. Ich lasse
Dir z\m ersten , vielleicht schon zum 31., Pönk 400-450 aus Ber-
lin zugehen, so dass Dein Bedarf für Februar gesichert Ist. Ruth ,
bekommt Ihr Geld separat und ebenfalls aus Berlin.
. , Gegen den Verkauf des Services (Rosenthal
«so viel loh weiss; es rauss ja doch die Marke zu sehen seln?)|>abe
Ich an sich nichts »loh denke jedoch, dass Du noch nicht den Sten
Teil heraus bekommst, von dem, was es mich gekostet hat, nämlich 800
Gulden. Du kannst Ja sehen. Vielleicht findet sich doch ein Liebha-
ber,der Geld für ein reiches Service über hat. Es kommt auf die Pas
sung des Jnserates an. Du wirst dann zuerst wohl Jemanden vom Steu-|
erarat sehen, noch ehe Du einen Käufer siehst, der sich für die Um-
satz-Steuer Interesslrt.Aber das Ist nicht welter schrecklich.
^^ Schmldtke Ist ein Gauner, das Ist alles«
In dem Augenblick, wo er etwas angestellt bekommt,! st die Sache na-
türlich nichts wert j vorher läuft er sich Hacken und Zehe danach ab|
Du. kannst Ja auch wegen der Maschine Dich herum hören oder annon-
olren,wenn Schmldtke sie nicht will. Unter 200 G verkaufe sie aber
nicht.
Elhe Verzögerung In der Verteilung der
Post findet hier In der Bank bestimmt nicht statt, da loh die Brle-|
fe direkt vom Secretarlat bekomme, also ehe die Direktion sie gese-
hen haben kann. Du musst Immer rechnen, dass die Post mit dem Zuge
mitgeht, der um 4 aus Marlenburg abgeht.Brlefe ,dle also diesen
Nachmittagszug erreichen, kommen schon am nächsten Morgen um II Uhr
In meine Hände. ^^ ''^*
Ich habe keine Ahnung, was das mit Rahn Ist
Jch glaube aber nicht, dass e r damit etwas zu tun hat. Ob seine
Angestellten mit Zollbeamten Durchsteojerelen gemacht haben können
erscheint mir auch rätselhaft. Aber R.hat Im Danzlger Hof Immer
mit ein paar Zollbeamten früher gelumpt. Trotzdem glaube loh, dass
er so vorsichtig Ist (nicht so morallsch-das Ist ganz etwas ande-
res-) und seine weisse Weste In der Welse nicht bekleckert.
Frl Sachse Ist und bleibt eine Kuh. Von ei-
ner solchen kann man natürlich nicht viel Weisheit erwarten. Gewiss
haben die deutschen Herren (die übrigens Volkspartei und nicht DN
sind) geholfen. Aber doch Ist das Verdienst der Delegation aus Dan-
zig gar nicht wegzuleugnen.
M 89 5000 21 8 2d
? / r.^JfrrS*
*?f»^ftt«^^?
f% <•• j i A A
. •►!
V
F.i
r'
Joh freue ral3h,dass Du es mH^rllch gemacht hast^Ange-
gela trotz Deiner Bedrängnis ein Kleid zu schaffen. Hoff entlieh
hat sie Freude darin und darin. ITnren Brief beantworte Ich Ihr
demnächst.
Herr Jmmerglück hat am 24. Geburtstag.
Me lange Ich nooh hier bleibe und ob ich dann nach
Danzlg oder gleich welter nach Reval fahre, das Ist nooh völlig
unüberslchtllch.lch denke, dass loh hier noch eine gute Welle zu
schaffen habe; vorläufig komme ich nur schrittweise welter und von
den eigentlichen Aufgaben habe loh noch keine gelttst.loh erwarte
Herrn Lelck erst in ca 2 Wochen, wenn er sich nicht verspätet.
Uebrlgens ist Herr Schultze nur auf einer geschäftlichen Reise,
also nicht, wie ich fürchtete, jetzt gar nicht mehr mit unseren
Angelegenheiten befasst. Es scheint, als ob Herr L# es für ntttlg
ansieht, mit ihm gleich. nach seiner Rückkunft über die hiesigen
Vorkommnisse zu sprechen wenn Herr Swltgal ihn nicht etwa
umstimmt, der gerade in Berlin ist.
4
Natürlich verstehe loh ,dass Dich ,auch wenn Du sehr
vernünftiger Weise in Deinen Briefen nicht darauf eingehst, die
Dinge hier und meine Mittellungen darüber sehr interesslren.loh
mlsverstehe also Dein Schweigen nicht. Ich freue mich über Dei-
ne Briefe, aber Du sollst Rücksicht auf Deinen Arm nehmen und lie-
ber nicht so ausführlich schreiben.
Frau Rasmusaen werde Ich gratullren. Bitte grüsse Du
sie und Frau Müller. Brlnnere diese Damen doch mal daran, dass sie
Frl V.R. etwas Näh -oder Schneiderarbeit geben wollten.
■ IUI «IM II I i I I !■ 11 I ■
Das Ausbleiben von Briefen aus Buenos Aires kann Ja
mit rein postalischen Verhältnissen zusammen hängen. Fällig ist
jedenfalls ein Brief und leider ist zu erwarten, dass er nichts
Erfreuliches enthält. IVenn E. etwas q;iehr ijit dem Argentinischen
Geschäft und Handel zu tun gehabt hätte, vielleicht wäre es doch
möglich gewesen, dass man ihn In irgend ein europäisches Export-
geschäft untergebracht hätte. Aber so sehe ich so gut wie keine
Chance.
Für heute muss ich aber schliess'en- Nochmals herz-
liche Grüsse für Dich und Angela. Und alles Gute.
f .
Dein>Blch liebender
r •
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer internationale Bank A.-G.)
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28. Januar 30
Riga, den 192
'TPt
<>
CoUei:
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Bentlcy'8
Rud. MosM
Kß 1
Meine liebe Jenny
/
Aus m/Brlefe vom 25. weisst Du bereits
wonach Du mich in Deinem Briefe vom 26. fragst. Ich war Sonntag bei
dem wunderbar sonnigen Wetter morgens nach dem Bade ein paar Stunden
spazieren und habe dann auf Einladung von Herrn Sw.bei ihnen zu Mit-
tag gegessen. Nachmittags war ich im Hotel, hatte gelesen und war eln-
gedruselt; dabei passirte mir das Komisohe,dass ich aufwachte und
auf meine Abendbrotbestellung vom Kellner gefragt wurde, ob ich noch
'TOV i
I
1*« a r m e s wünsche. Dadurch wurde ich , durch den vorwurfsvollen Un-
terton aufmerksam gemacht, erst gewahr,dass es bereits yt II war. Ja,
da staunst Du, was ? Uebrl ens liebe Jenny hast Du nicht den richtl-
%' ■
gen begriff von Rigaer Hotels, wenn Du meinst, dass es da eine hall
gäbe,rat?gli3herweise noch mit Tanz und dergl. Nein, es gibt nur einen
furchtbar faden gemeinsamen Esssaal. Und gar nichts. sonst . üeberhaupt
ist in Hinsicht auf das Fremdenpublikum Riga ein Kaff.
Danke für Nachsendung des Briefes von
Eugen. Ich bin ganz Deiner Meinung, dass er in seinem Schreiben an
Dr Weil nicht die Linie hält, die er anständiger Weise auch dann in
seinem Briefe halten müsste,wenn er sogar mit Dr W.sehr vertraulich
stünde, was mir auch noch zweifelhaft ist. loh habe E. heute geschrie
> <
ben.Viel Tröstliches kann ich ihm ja nicht sagen. Ich möchte, dass er
sich mal um das Geschäftsleben kUmraeBt und zusieht, ob er nicht irgem
I
wie 'die Möglichkeit findet, für hiesige Firmen zu arbeiten, die z.B.
solche Artikel exportiren, welche die russ. Juden gewohnheitsmässig
auch in der Fremde gern konsumiren. Vielleicht kann i^h ihm da doch
Uk 89 5000 21 8 29
.2 .A i:L\::y- ^rfr>ml;^^ ^v^
nützen. Ich hoffe,dass Inzwischen Rudolf endlich den Vors.^.huss los
machen kann und Ich schreibe heute noch nach Frkft auch In dieser Sa-
che.
Die Sache Rahn scheint Ja gehörig zu stinken. Fällt
Dir nicht auf,dass die Ztg nicht ein einzi^^es Wort gegen R. persönlich
sagt, sondern Immer nur von der Firma R.und den Angestellten spricht?
Die Gomraerzbank kommt gar nicht in Frage. Ausser der Dresdner Bk hat R.
meines Wissens mit der British !>< Pollsh Trade und vielleicht auch noch
mit der Deutschen Bank gearbeitet. Herr IVeinkrantz wird sich langsam
überzeugt haben ,dass auch Bankdirektoren Pech haben können, was er
einmal vor Jahren in Abrede stellte.
I f
'\
'■\'enn ich jetzt erst 3 Wochen weg bin, dann kann Frau
öalomon doch nicht auch s ;hon 3 Wochen krank sein. Aber wenn es auch
nur 14 Tage sind- für Dich ist das eine extra schwere Zeit und hof-
fentlich hat sie nun ein Ende. Deine Hennun^en gegenüber fremder Hil-
fe und auch der Portierfrau gegenüber verstehe ich vollkommen. Aber was
hilft es ? Du musst eben aus dem Hause geben und liegen lassen-andera
gibt es doch nichts und das ist nicht schlimm.
*
Jch schickte Dir ein Buch Der Prinz auf Wireland"
ff
das den Kronprinzen betrifft und ganz amüsant (übrigens durchaus gegen|
S.M. und nicht sehr liebedienerisch) geschrieben ist; der Autor scheint
'y m <
sich da auszukennen. Hoffentlich amüslrt Dich das Buch.
«
Ich nehme Notiz von Angelas Mitteilung, dass sie
['immer noch ni '.ht verlobt lst;na,dann ist es Ja gut. Die Krabbe hat
Hvimor; ich wollte, sie hätte nur auch so viel Geld.
Morgen will ich vielleicht in die Oper und Mephi
stophilea hören. Und Donnerstag, wenn Berlin nicht anders bestimmt, fah-
re ich dann nachts nach Retial.
Rigas Starptautiskä Banka Ä./S.
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Riga, den .I8...Ma.rz 19/^0 19
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B«ntlty's
Rttd. Motte
f •
.t.t.
"leine liehe Jenny
Deine TJRchachrlft zu Angelas Brief
besagt, dass die elektr.Massaße Dir gut tut. Ich freue mich,
und Ich bitte Dich, nicht .durch Schreiben langer Briefe die
gute Wirkung zu gefährden. Inzwischen warst Du nun bei
dem Schultyrannen, hoffentlich ohne Dich aufzuregen: ausge-
richtet wirst Du -davon bin ich überzeugt -gegen den Stumpf-
sinn in der Holzgasse nicht viel haben. Ich hätte es mir
nicht nehmen lassen, den Herren dort einige pädagogische
Wahrheiten zu sagen .Vielleicht ist es besser so. Denn m'dg-
licherweise hätte das auf das Abgang szelgnis abgefärbt und
es kann ja sein, dass solches bald in Frage kommt.
Einliegend sende ich Dir den Durch-
schlag meines Briefes an Herrn L-^lck von gestern: ich habe
einen Vorwand(deutsch-poln Vertrag) bei den Hcirnern genom-
men und diu Frage wie der Russe sagt :rebrom gestellt. Ich
hoffe, Herr L.wird ebenso unumwunden antworten. Dann sehen
wir klar. Die Folge kann aber auch sein, dass man mich
nach Berlin ruft zur Aussprache. Ich habe gerade hier 25 Lta|
für Verlängerung meines Visums um 2 Monate bezahlt--bel de
bekannten Tücke des Schicksals könnte ich eigentlich darau:
wetten. In dem Falle sehen wir uns schon bald und es würde
die Frage schneller akut, ob wir uns In Marienburg treffen
wollen, als 'ch annahm. Ich will also für alle Fälle Dir
folgendes wogen eines Treffens sagen: wenn Du dort mit dem
MORGENzuge 10 Uhr 5ü nach Marienbiirg fährst, so würdest viDu
Ni 89 5000 16 11 29
i
gerade zurecht konmen^denn d«r
)lf?g<!
1
soß.ANSCHLUSSzug nach Berlinf vonKÖ-
nlgsberg kornmend) ist der Zug auch, mit dem Ich eintreffe, wenn
ich hier nachts abfahre •Fahre ich aber morgens fr^h ab, so treffe
ich so gegen Mitternacht in Marienburg ein und Du könntest belifeljt
big am Nachmittag oder Abd dort abfahren, Wann ich in Marien
bürg sein werde, mittags oder abds , würde ich telegrafiren und zwa?
nur mittags" -dann würdest i>.i verstehen, dass Du um lo.r^O fahy^
ren musst am Morgen- oder nachts" -dann welsst Du, dass Du nifc
erst gegen Mitternacht erwarten kannst. Am besten erfährst Du dort
wann mein Zug in dem Falle (der von Riga morgens abfahrt) in M
genau eintrifft. Im Lloyd sagt man es Dir bestimmt auf telef.Anru£
Du würdest am besten mich einfach im Wartezimmer II. Gl erwarten*
Wir brauchten also keine besondere Verabredung mehr und es genügte
für mich, Dir entsprechend zu telegrafiren. Vorläufig ist es aber
noch nicht so weit. Und vielleicht ist es überhaupt leerer Lärm.
Eve schrieb mir, dass ihre jetzige 'Virtin be-
freundet ist mit der Tochter der Frau v. Winkler, bei der ich frühe?
gewohnt habe, die in Frkft im Krankenhause -Schwester ist. Man über
zeugt sich immer mehr davon, dass die Krde doch eigentlich nur ein
ganz kleiner Stern sein muss. . .
^ • Ohne mehr für heute, w'msche ich Dir weiter gu-
te Besserung und Erholung. Sobald ich was weiss, hörst Du von mir
das versteht sich von selbst. Hit der Lotterie war es v/ohl die-
ses 1/lal nichts.Allzuviel auf einmal darf man ja nicht verlangen.
Mit bf^sten Grüssen und Küssen verbleibe inh
Dein J)ich liebe
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Ludwig Selke.
TELEGRAMME: „SELKIWAN" HAMBURG
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Ludwig Selke.
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Ludwig Selke.
HAMBURG, DEN 190
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Ludwig Selke.
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HASSOCM« AURORA
HALPERINS
WIEQERS (1906) BLITZ ,,
ALLE PRODUCTE
VON UNO NACH RUSSLANO.
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TELEPHON I, NO. 2505
UNTER IWAN SCLKB.
HAMB^fl«; DEN
OR098E RElCHCNSTRASte NO 17 ••
Ludwig Selke.
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HA8S0CH« AURORA ,.
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VON UND NACH RUSSLARD.
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TELEPHON I, NO. 2505
UNTER IWAN SCLKE
HAMBURG, DEN
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TELEGRAMME: „SELKIWAN" HAMBURG
TELEPHON I, NO. 2505
UNTEF IWAN SELKE.
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HASSOCH« AURORA
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WIEGERS (1906) BLITZ ,,
HAMBURG, DEN
GROSSE RIlCHENSTRAtSE NO. 17 ••
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VON UND NACH RUSSLAND
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(REVAL)
P~
Meine liebe Jenny '•
j
Besonderes und Neues liegt nicht vor. Ich
■bin seit gestern in m/ heuen Zimmer. Leider hat es so viele Unbe-
quemlichkeiten, das s ich des Umzuges nicht froh bin - vorläufig!
und mich auch nicht heimisch fühle. Die Wirtsleute sind hochanstän-
dige Menschen »aber das hilft nicht nur nichts, sondern ,da man ge-
wisse Rücksichten nehmen muss, ist es vielleicht in mancher Hin-
sicht etwas vom üebel.denn, es entwaffnet mich vollständig, der
nalten Dame etwas zu sagen etc . Es ist ein Gartenzimmer mit
allen 7or-und Nachteilen eines solchen. Das Möblement ist sehr un-
vollständig, das W.O. für mich so gut wie nicht vorhanden, weil ich
nur am Tage es benutzen könnte ,nach Sachlage, und dann durch die
Küche hindurch eine kleine Weltreise dahin erst machen müsste.Am
Schlimmsten war die Sache mit dem Bett. Ich hatte gar nicht daran
gedacht, dass sich da aus dem Fehlen von Kissen und Decke und ei-
genem Bettzeug Schwierigkeiten ergeben würden. Sie sind schliess-
lich von Frau Peinstein durch Hergabe von Sachen beseitigt, aber
nach dem schönen Bett im Hotel Rom schlafe ich wohl nicht nur
diese erste Nacht , sondern noch lange /hoffentlich nicht immer!/
sehr mies in diesem Bette. Und bei allem Bemühen, es mir recht
zu machen mit der Versorgung mit Tee etc , merkt man doch das Unbe
holfene der alten Dame \md natürlich ist es bei weitem nicht so,
v.ie man es möchte. Aber man muss schon so schlafen, wie man sich g
gebettet hat. Vielleicht gewöhnt man sich auch schneller, als ich
jetzt glaube.
Gestern Abd war ich im Russ. Drama. Man
gab : die 12 Stühle " Ich fand es ziemlich plump, Stück u. Spiel
gleichmässig. Andere schienen begeisterter zu sein, denn es fehlte
nicht an Hervorrufen. Die russische Gesellschaft , die man im Theate
sah, war bestimmt nicht die feine intelligente ,die hier lebt.ü^s
;i/A<4/..ii . Ak m;-i iavm"
waren siihr viel Mosaiker da.
««•»ibA-
Das Wetter ist , nachdem es gestern tagsülDer
gehörig geregnet hatte, heute wieder blendend. Vielleicht steht
uns ein angenehmer Herbst bevor.
j-xic Herr Switgall nahm heute am Telefon namens
seiner Prau Deine Danziger Adresse. Prau Sw lässt Dich grüssen,
sie hatte gehofft, Du würdest Dich auf der Rückreise noch in Riga
aufhalten.
Damit ist mein Material erschöpft und ich
muss mich wieder aufs Fragen legen: Wie es Dir geht ? Was An-
gela und Olga machen ? etc Ich hoffe,dass es Dir und den
beiden Genannten in jeder Beziehung gut geht. Morgen bist Du wohl
wieder mit Frau Müller zusammen?
verbleibe ich
Beste arüsse für Euch Alle. Mit einem Kusse
ich liebende.
l
i itiMt <f "'~ ' - "'-■•' -^-'■^■'-^ '■■-■
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Bentley's
Rudolf Messe
TALLINN, den .6..»..S.e.p..t I.93.Q.
(REVAiv)
f», mt m
Meine liebe Jenny !
Gestern nach Absendung meines Schreibens an Dich
empfing ich zwei Briefe von Dir, die sehr viel Liebes enthielten. Ich
möchte Dir gern darauf auch Angenehmes sagen. Aber vorerst muss ich das
Laufende erledigen und behalte mir deshalb ein Eingehen auf Deine Aus-
führungen für eine etwas freiere Zeit vor.
«
Du sandtest verschiedene Einlagen mit. Die Ange-
legenheit betr. die Frankfurter Kinder war mir schon bekannt und ich
habe schon selbst Dir darüber geschrieb^^m. Die Rechnungen von Dr Ja
coby laufen eine so grosse Summe hinaus, dass ich sie leider nur in Tei
len bezahlen kann. Die Rechnung für Rudja war mir sehr peinlich zu
emp 'angen,um so mehr, als ich bald annehmen muss, dass es sich dabei um
die Lieferung der Weltbühne handelt. Ich habe R.die Rechnung mit Ko-
pie meines Briefes an den Buchhändler nach Hamburg gesandt. Hoff ent-
lich bringt er die Sache in Ordnung. Formal hat natürl ich der Buch-
händler nicht das geringste Recht ,mit Klage mir zu drohen.
Die Ausrechnung, welche Du wegen der Möbelbezüge
schickst, ist erfreulicher Weiss bedeutend niedriger auslaufend, als
ich im stillen annahm. Aber .... der Minister hat vorläufig ablehnen-
den Bescheid erteilt /ohne näheren G-rund anzugeben/ und ich muss nun
natürlich erst mal abv/arten,wie sich die Sache entwickelt. Riga und
Berlin werden jetzt durch den deutschen Gesandten hier oder den esthn.
Gesandten in Berlin Schritte tun. Ob diesen ,wenn überhaupt > schnel-
ler Erfolg beschieden sein wird.... wer kann das wissen ?
Ich habe so das Gefühl ,als wenn da eine Jntrigue , vielleicht von der
Dame A. , spielt. Beziehungen hat sie ja allerlei. Herr A.ist sicher
daran nicht beteiligt und v^iellcicht :\ab die Lame etwas Vorsehung
spielen woll n. Ich begegne ihr bisweilen auf der Treppe. Aber meist
ist mit einem Handkuss und flüchtiger Begrüssung die„Konversation "
zwischen uns beendet.
Möglich dass diese Entwickelung verstimmend
auf mich wirkt , möglicher Weise sind es auch die veränderten atmosphä
rischen Bedingungen in diesen letzten Tagen, jedenfalls fühle ich mich
zur Zeit oft von den Pressungen belästigt. Mein Patentmittel, das Nitrd)
Glycerin hat mir dabei leider nur wenig geholfen. Die Anfälligkeit
geht zwar vorüber, aber sie ist dafür schnell wieder kehrend und die
Schmerzen im linken Arm weisen klar auf den Ursprung hin. Ich arbeite
deshalb nicht viel , sondern liege ,so viel wie möglich, auf der Chaise-
longue. Essen tue ich ziemlich unregelmässig, wie es gerade kommt, mal
früh mal spät, mal hier mal da. Meine alte Dame, eine frühere Musik-
künstlerin ,ist sehr lieb und zuvor kommend .Gestern war ich bis spät
abds bei ihnen .Die ganze Familie ist musikausübend , lehrend und kon-
zertirend. Heute ist ein Quartettabd bei ihnen. Ich habe aber dankend
meine Teilnahme abgesagt, da ich für Kammermusik jetzt nicht gerade
Bedarf habe. Die Leute sind sehr nett und der Herr Feinstein ist arin
berühmter Schachspieler.
1
>IZ/ H/ 'i 1 l/i A M:l
} /
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Das V/etter ist schon , trotz angenehmer Wärme am Tage,
abds und in der Frühe recht rauh-kalt. Der Herbst steht ante portas.
Jhr habt möglicher Weise schon angefangen ,zu heizen? Morgen werde
ich wohl etwas in die Umgegend schweifen.
Du hast ganz recht, wenn es nur geht, von unserem evtl
Nachfolger in der Wohnung den Umzug heraus zu holen. Aber ich glaube,
da die Wohnung so sehr remontebedürf tig ist, wird das nur guter und
frommer Wunsch bleiben. Jch erinnere mich übrigens, dass sich Prl von
Rosbitzki mit der Vermietung solcher Wohnungen beschäftigt .Vielleicht
rufst Du sie mal, wenn es so weit hält. Sie kann die Sache, wenn sie Re^
flektanten hat besser unterhandeln, als wenn Du selbst annoncirst und
man kann in dem Falle auch den Umzugs termin leichter verabreden, weil
es nicht gerade ein bestimmter Stichtag sein muss.
Ich hoffe, dass Jhr morgen einen angenehmen Tag habt.
Jch grüsse Olga und Angela bestens. Und ich sende Dir, liebe Jenny
Grüsse und Küsse und verbleibe in Liebe
Dein
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.**• rf »^ r
7
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Rudolf Mosse
TALLINN, den
(REVAL)
.a...3ei)tember 1930
Meine lie'^e Jenny !
Ausser 2 Heften der Weltbühne /34 und 36/
ist heute nichts mit der Post für mich gekommen. Meine Briefe
werden Dich enttäuscht haben, in Bezug auf die verweigerte minis-
terielle Genehmigung. Berlin und Riga arbeiten nun, auf diploma-
tischem V/ege eine Abänderung der Verfügung zu erlangen und ich
möchte glauben, das s sie das durchsetzen werden. Man muss nur mal
wieder Warten.
'ich hoffe,dass Du Dich wohl fühlst uni diese
dumme Geschichte Dich nicht zu sehr erregt, las gibt es sonst
bei Euch? Konntet Jhr gestern etwas unternehmen ? Hier war
es kühl und bewölkt, abds wurde es direkt kalt. Ich bin trotz-
dem auf den lachsberg gezogen, den Oberen See zu sehen, und hatte
den 7jährigen Enkel der Peinbergs / Sohn ihres 'in Russland von
den Bolschewiki zurück gehaltenen Sohnes/ mit mir genommen. Es
ist das ein sehr aufgewecktes Bürsch* hen. Später wurden wir
von einem Privatauto überholt, zufällig, darin sassen Herr Pein-
berg und eine Tochter, sowie der Besitzer des Autos Goldmann mit
Anhang. Die schifften uns auch noch ein und so endete dieser als
Spazierp^üjl gedachte Ausflug als Autofahrt . Hachlier spielte
/und verspielte / ich etliche Schachpartien mit Herrn P. und im
Anschlu s speiste ich ruit Jhnen'^^für meine Rechnung natürlich,
en famille zu Mittag. Abds fühlte ich mich v/ieder recht mies.
Und auf Abendbrot verzichtend, legte ich mich erst auf den Diwan
- lesend - und dann ins Bett ,ujn vielleicht durch Ausruhen das
Befinden zu bessern. Ich meine, dass es doch mit dem atmosph.
Druck irgend einen Zusammenhang hat, dass mich jetzt so oft und
wiederkehrend die Prossungen plagen und der Arm sclimerzt. Ma-
chen kann man dabei ja nichts. Als ■ muss man hoffen, dass es hes-
ser geht, wenn die Witterung sich stellt. Heute ist es wieder son-
nig,aber nicht warm.
>]/. A HKH II /!A MH.i///,IM
V^irst Du auskoraraen diesen Monat wenn ich Dir noch
200 Gulden schicke ?
Ich kaufte mir ein Badelaken. Also ist schon was fü
den jungen Haushalt da.
Ich erwartete Zusendung der eingelaufen n Post
aher Du hast v;ohl daran vergessen ?
Am 28. ist Emils Geburtstag. Ich denke, ich muss ihm
doch etwas ffeld schicken, was meinst Du ? Ich werde dann Herrn
Jmmerglück vorläufig ausfallen lassen.
Hat Olga sich schon geäussert, was sie zu tun ge-
denkt bezw wie und wo sie sich einrichten will?? Da hier ,wie
mein eigenes Rencontre mit dem Minister zeigt, schwerlich etwas
füi: sie zu hoffen ist, so tut es mir furchtbar leid, dass ich in
dieser Form leider nichts für sie werde tun können. Aber ich den-
ke,dass sie zunächst 6 Llonate dh bis April ihre Bezüge aus der
Srwerbslosenversicherung nehmen soll. Bis dahin kann sich vieles
geändert haben in der Wirtschaf tsverfassung Deutschlands, Das
Jnstitut f .Konjunkturforschung meint, dass vielleicht noch nicht
sofort der Aufstieg einsetzt , aber dass Anzeichen da sind, dass
der Tiefstand ziemlich erreicht ist. Es kann also bis April
so manches zum Bessern sich g wendet haben und vielleicht finde
ich bis dahin einen Ausweg .Auf alle Fälle aber kann Olga darauf
rechnen, dass ich sie in jeder Hinsicht unterstütze, damit sie durc^
halten kann. Bitte sage ihr das, damit sie sich nicht immer mehr
verbittert .
Das wäre für heute wohl wieder alles. Grüsse Ange-
la und Olga bestens. Ich hoffe bald gute Nachrichten von Dir zu
bekommen.Bis dahin sende ich Dir Grüsse und Küsse.
Dein Dich lie^lc^nder
-f rJ".
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Rudolf Mosse •) £-
TALLINN, den 18. 3.e.p.teinhe.r....I.95Q-
(REVAL)
. n '
• G C:.
Liebe Jenny !
Jch bin heute früh von Riga zurück und fin
de Deine lieben Zeilen vom 15. vor. Was mich angeht, so fühle ich mich ge-
rade gestern und heute weniger von den Herzschmerzen beschwert. Es scheint
dass tatsächlich die Witterungsverhältnisse da eine Rolle spielen.
Bei Switgalls war ich zu Tisch eingeladen. Prau Sw erkundigte sich sehr
nach Dir. Sie hatte in der Annahme, dass Du in Rigaa auf der Rückre ise
Dich aufhalten würdest, bei allen Hotels nach Dir gefragt. Sehr nett, aber
sehr komisch, finde ich. Uebrigens hat man sie auf der Datsche am letz-
ten Tage bestohlen und aus der geschlossenen Kommode 600 Lats bares Geld
entwendet. Das war also ein trauriger Abschluss ihres Landaufenthaltes.
Sov/ohl Prau Switgall wie auch Leicks hoffen, Dich bald wieder in Riga zu
-»eheji.-4.h* auf dem definitiven ^ege nach hier^
In dieser Beziehung complizirt sich die
Geschichte immer mehr. Heute war 2 mal Polizei in der Bankrman hat mich
denunzirt,dass ich so und so viel Gehalt bereits bezogen hätte, ohne ange .
stellt sein zu dürfen, und in der Bank auch arbeite trotz der ausstehen-
den Genehmigung des Ministers.!! Du siehst, woher die Schwierigkeiten
kommen. Aber ich zweifle nicht daran, dass schliesslich alles in Ordnung
kommt."
Die Nachricht, dass j^-ve schon zum I.Oktober
auf halbe Tätigkeit übergeht , freut mich nicht, denn ich dachte erst vom
Novbr ab den Zuschuss zu leisten. Und dass nun auch mit der Wohnung eine
gewisse Enttäuschung für Eve verbunden ist, dazu eine, die ihnen grössere
Auslagen auferlegt, ist gleichfalls ein Glied der unangenehmen Kette von
Ueberraschungen,die letztens wieder uns umspannt. Zu machen ist da nichts
Unsem Rücken müssen wir schon hinhalten, wenn es dem Schicksal so gefällt
>^^^ \ Von Dir selbst hast Du wenig geschrieben.
Ich hoffe, dass Du ganz all right bist. Ruth hat mir auch selbst geschrie-
ben , gerade heute kam ihr Brief, so dass die eingelegte Briefhälfte mir
dem Jnhalte nach schon bekannt war. Rudja hat über sein Verhältnis zu
^lenny sich in dem Dir gesandten Briefe ja hinreichend deutlich selbst
ausgesprochen. Vorlauf ig ist dieser Kelch an ihm vorbei gegangen... aber
>! i/1 A a Ka I T M A >I H J A VH M
ich fürchte Rückfälligkeit. ;-<».-.-.bA-...r
M/-Du nirarast Herrn Müller viel zu tragisch. Seme
politische Rolle ist ja sowieso ausgespielt, denn dass er -selbst wenn
er wieder aufgestellt wird- in der Neuwahl noch einmal als Gefolgsmaa
Blaviers gewählt werden könnte, halte ich ganz für ausgeschlossen.
Die '7ahl in Deutschland ist betrübend. Aber man darf nicht vergessen,
dass wenn Zentrum und SPD sich verständigen/und sich nicht zu verstän
digen wäre einem Verbrechen gleich/ die Nazis auch mit 107 Abgeordne
ten nichts zu bestellen haben und nur durch ihre Skandale im Reichs-
tag das Volk auf klären, welche Dummheit es begangen hat, von ihnen das
Heil und die Rettung zu erwarten. Wohl aber steht zu befürchten, dass
es ohne konstantes Blutvergiessen jetzt zum Winter nicht abgehen wird
und leichtlich daraus ein richtiger Bürgerkrieg werden Tann.
Einen Mietskontrakt hat es nie gegeben, denn
als ich einzog, zog ich in mein eigenes Haus. Später, als ich das Hau
verkauft habe, wurde auch kein neuer Vertrag formell gemacht, soviel
ich mich erinnere, sondern einfach das alte Verhältnis fortgesetzt ,
da ich It Vertrag noch eine Zeitlang umsonst wohnen konnte/ich den-
ke 2 Jahre/ und dann die Miete wie im Verkaufskontrakt vorgesehen
war zu zahlen war. Was kann der Hauswirt hinsichtlich der
Miete für Schwierigkeit machen? Die Miete ist doch eben erst vom 5i-
nigungsamt festgelegt. Und nach dem Gesetz sind Wohnungen, für die
Miete in Monatsraten gezahlt wird, nonatlich kündbar, wenn nicht an-
deres vertraglich bestimmt' ist. Da kein Vertrag existirt,so kann al-
so auch die monatliche Kündigung gar nicht bestritten v/erden.
' Zu Deinen Plänen vioßen Auffrischung der Küch^^
und der Möbel aus Angelas Zimmer Irann ich vorläufig aus bekannten
G-ründen nicht viel sagen. An und für sich hast Du natürlich ganz
recht.
Es soll gleich eine Sitzung sein. Ich komme
deshalb jetzt* nicht dazu, weiter zu schreiben. TT imm begliche Grüsse
für Dich, Angela und Olga.
Dein Dich liebend^'?r
REVALER AKTIENBANK
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Rudolf Mosse
TALLINN, den .19 ,jei)t:)r... 1.95.^.
(REVAL)
Liebe Jenny !
Gestern habe ich Dir geschrieben, heute empfing
ich da^ßegen einen Brief von Dir mit Einlage von Kohan. Letzterer schreibt
nicht viel jMeues von sich. Er und Anna M.und Gutja gratuliren uns und Eve
b 'ZW Ruth zur Hochzeit bezw Beendigung des Studiums .Jhnen geht es unver-
ändert.Anna Markowna arbeitet nach wie vor, scheint es, für die ganze Fami-
lie. Gut ja hatte Eerien ,\var aber vrährend derselben immer von ihrer Bron-
chialkrankheit geplagt, und fängt nun v;ieder an die Kurse engl. Sprache beim
Technikum zu besuchen* ^ -
Du möchtest Rudjas Uebersetz^xng haben. Jch sen-
de sie Dir später scp* Ich habe sie nämlich nicht in der Bank, sondern bei
mir zLihause. . '
Leider nimmt hier meine Angelegenheit durchaus
noch nicht den erwa teten Verlauf .Vielmehr scheint man an maassgeblicher
Stelle besonders geärgert zu sein durch die Jntervention des lettl. Gesand-
ten und sich vorläufig auf den Standpunkt „nun erst recht nicht " zu stel-
len.Gestern war X mal die Polizei in der Bank ,um "Feststellungen zu machen
und abds war die Polizei bei Direktor A.in ut-*r «yoimung 2 Stunden , machte
Protokolle und verhiess,alle 3 Direktoren würden vom Minister administra-
tiv und auch gerichtlich bestraft werden, weil sie trotz der verweigerten
Genehmigimg gestatten, dass ich mich betätige* Heute Hittag muss A.wieder
zur Polizei, die wissen will, wieviel Geld ich bisher entnommen habe u.s.v;*
Du begreif st, dass solche Dinge mich v/enig empfänglich machen, J^etzt über
alle die Prägen und verhältnismäsnigen TTebensächlichkeiten nachzudenken,
die mit der späteren, vorläufig aber in Präge gestellten, üeborsiedelung
zusammen hängen.Du hast natürlich ganz recht, dass Du Dich darum kümmerst
aber ich v;eiss nicht, was ich Dir darauf schon jetzt bei dieser verrückten
Sachlage antworten soll. Ich habe soeben mit Piga gesprochen und Berlin
angemeldet. Nämlich der Hinister droht, um zu zeigen, dass .mit ihm nicht zu
spn.ssen ist, 6 Jngenieure ,die Scheel -das grösste Bankunternehmen hier -
für eine eben gegründete Brennschief ergesellr^chaft hat kommen lassen, heute
per Etappe ausser Landes zu schicken ,um zu zeigen, dass er sich von den
Deutschen keine Gesetze vorschreiben lasse. Ich ha})o nun gar kein Ver-
langen danach, dieses Schicksal zu teilen und möchte, dass die Banken das
A Z ;, H H H I T >i A M A A /
1 M
.O O
Problem so lösen, v/ie q,;?^ eigentlich hier zu Lande erlöst worden muj
Herrn Jianer£;lück habe ich noch nicht wiedor geschri
"ben.Aber ich inurjs nun wohl ihn schreiben*
Eye geht es ,wie ich ihrem heutigen "Rriefe entnahm,
im Jnstitut verhältnismässis -ut.Sie wird bis I.April ihr volles G-ehalt
haben, obgleich sie demnächst nur halbtägig beschäftigt sein v/ird und
dann überhaupt nicht mehr. Was nach dem April sein wird,muss man abwar-
ten# Mit ihrer Wohnung ist sie sehr zuf rieder. Jhre T3ekannten proph^^
zeien ihr Zwillinge , weil sie so stark geworden iot. Hoff entlich irren
sie sich. •
Wenn Olga nur die ca 150 Rmk aus der Erwerbslosen
und Angestelltenorganisation für 6 Monate erst mal hat, so muss man bei
/ihr dasselbe ,v/ie bei Eve , sagen : erst mal abwarten, was wird, ^chlim-
mor ist die Lage bei Jwan ,dem ich leider gar nicht helfen kann und für
den -ich auch keinen Trost weiss. Cläre schrieb mir,dass es auch bei Em-
mi sehr kritisch stehe, weil ihre Forderungen nicht eingehen. Oläre hat
mir die (Jesetze über Erwerbslosenvirrs. eingesandt. "rründlich sie durchzu ^
sehen , hatte ich noch keine Zeit.Aber doch habe ich festgestellt, dass
Emil , selbst wenn er freiwillig auf seine Stellung verzichtet, Anspruch
behält. Die Kölner sind also nicht ganz richtig informirt und ich wer-
de da aufklären. Am 28. hat Emil Geburtstag. Bitte denkt daran, ihm eine
G-ratulation zu senden.
Liebe Jenny, sehr erfreulich sind die TTachrichten
ja nicht, die Du heute erhältst .Aber nimm sie nur sehr kühl und errege
Dich n-'Cht. Ich habe meinen Vertrag auf 3 Jahre in der Tasche und die
Banlvon werden schon sorgen, dass sie nicht das G-eld umsonst zahlen. Das
ist mein Standpunkt. Etwas anderes ist noch da :Abr.hat eine Gruppe,
welche die Bank abkaufen will. Jch stehe der Sache sympathisch gegen-
über. Verkauft' die Jntemationale ihre Revaler Majorität, so mag sie se-
hen,wie sie den Kontrakt mit mir erledigen kann. Wurschtigkeit ist
also Yor der Hand das Beste. Jch hoffe, dass Du Dich also nicht so
niedergeschlagen fühlst. Die "Plamme v/ürde ich vorläufig ruhig weiter
zahlen. Es ist ja keine grosse Ausgabe.
Mit herzlichen Grüssen für Dich, Angela und Olga
verbleibe ich, Dich küssend als Tröstung für die Hinauszögerung unsere^-
Wünsche,
Dein Dich liebender
f
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Rudolf Messe
I
4
TALLINN, den ....5..f..Septbx...I.9.3... ...ö..
(REVAL)
- r ,.
Liebe Jer^ny !
Gestern habe ich Dir geschrieben und heute ka-
men 2 Briefe von Dir an, einer mit Einlage der Briefe aus Bue-
nos Aires und einer mit der Kopie m/seinerzeitigen Briefes an
das Amtsgericht in Frkft. Ich danke Dir zunächst für Uebersen
düng der Sachen. Auf sie einzugehen, ist keine Ursache, denn
*
was Eugen betrifft, so hat sich kaum etwas verändert. letzt ist
drüben Revolution gespielt worden. Hoffentlich hat weder er
noch die Bank Schaden gelitten. Die Verhältnisse in Argentini
nien können kaum schlechter, eher nur besser werden nach dem
Umsturz. Ich plane verschiedenes .Darüber werden wir uns spä-
ter unterhalten, wenn die Dinge in Buenos Aires erst wied r no
mal sind.
Dass Du Dich erregt und nicht wohl fühlst, da-
bei jetzt wieder nach langer Zeit unwohl geworden bist, ist
vielleicht nicht eine Häufung , sondern eins vom anderen be-
dingt? Auf alle Fälle wünsche ich Dir, dass Du recht bald
wieder ganz in Ordnung kommst .Hoffentlich hat das Kino ,das
Du besuchen wolltest, Dich etwas aus der Stimmung heraus ge-
rissen. Hinsichtlich Ruth, so würde ich doch wünschen ,
dass aus der Sache etv/as wird, wenngleich ich eigentlich noch
immer gewünscht hätte, dasn wir bei der Verheiratung schon
in der Lage gewesen wärenJ das Mädel etwas wenigstens aus-
zusteuern. Nach der Auskiinf t ,die Rudja über den Kurt gege-
ben hat, denke ich, dass Ruth schon mit ihm glücklich werden
kann, auch wenn er nicht ga'^jiz der Kraftmensch wäre-geistig od
körperlich- den Du für sie als nötig ansiehst. Ich hatte heu
te vo n Ruthchen Brief .Darin erwähnt sie nichts von schwieger
väterlichem Besuch und nichts davon, dass etwas in Vorbereitun
sei. Evele hat also ab 16. „Hüsung ".Ich freue mich sehr
für sie und '■^en&e ihr mürgen die versprochenen Rmk 100.- da-
mit sie nicht allzu sehr in] Druck kommt.
>J>^AaKI 1 T.! A MH.IAV?!!-!
f
•r>*T
n
r^
Ich fragte Dich gestern, ob Du mit G 200.- Zuzahlung
reichen würdest. Aus Deinem Briefe entnehme ich,dass Du wieder vin-
vorgesehene Ausgaben hast und schon zum I5.G-eld brauchst. Ich
erhohe also den Betrag von 200 auf G 230,- It elnl. Scheck. Damit
rnusst Du. nun allerdlnp:s bis Ultimo auskommen.
Gleichzeitig lege Ich einen Scheck ü/ G 173.- bei
an die Ordre von Sanitätsrat Jacoby zur Heglelcbimg seiner 2 Rech
nungen für meine und Deine Behandlung. Es bleibt die dritte Rech-
nung für Behandlung von Angela also vorläufig offen. Jch bitte Die
Ihm Brief und Scheck hinüber zu schicken.
Nim etwas von mir ,ln Antwort auf Deine Besorglsse
etc. Ich denke nicht auszuziehen. Die Leute sind sehr nett und
gefällig und Ich glaube Prau P.wlrd Dir vielleicht Ersatz für
Prau Müller sein können. Die Unbequemlichkeiten werden sich wohl
durch Gewöhnung weniger fühlbar machen. Wechseln hat schon darum
keinen Sinn, weil alle Vermieter, die ich bei der Zimmersuche ge-
sprochen habe, feste Bindung für IstxtÄXKx längeres Y/ohnen forder
ten und überdies war da in den meisten Fällen auch nicht alles
ideal. Ich könnte schon einiges darüber Bprzählen. Jch bin also
ganz zufrieden, elnlgermaassen untergebracht zu sein.
Gesundheitlich ,so fühle ich mich sehr oft von den
Herzpressungen gequält, aber schliesslich, wenn es manchmal auch
aussieht, als wnrde ein schlimmerer Anfall daraus, so Ist doch bis
jetzt noch alles so leidlich abgelaufen und vielleicht ,mlt ver-
ändertem Luftdruck v/lrd vielleicht auch der Blutdruck besser.
Morgen wird Herr Swltgall mit einem der letti-
schen Herrn der Rlgacr Bank hier sein, um den lettischen Gesandten
aufzusuchen und zum Einspruch gegen den Ministerialentscheld zu
veranlassen. Berlin will erst auf treten, wenn dieser Schritt ohne
den erwarteten Erfolg bleibt. Für morgen abd haben mich soeben
telefonisch Herr und Prau Seedorf zum Abendbrot gebeten. Das sind
alte Freunde von Schittecks ,mit denen ich 1922 Beziehung hatte.
Was die Leute veranlasst, mich einzuladen, weiss ich nicht. Ich werde
ja sehen.
Es wird Dich interesslren,dass ich Herrn Jacoby
Zoppot geschrieben habe,dass ich für ihn hier ein Arbeltsfeld
v/ohl vorhanden glaube, wenn er tatsächlich von dort weg will. Das
Holzgeschäft ist hie:C noch nicht s o verdorben, wie in Riga und
Danzig
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Bentley'8
Rudolf Mosse
TALLINN» den
(REVAL)
Der beigelegte Artikel über die Nazis/ist selir nett
geschrieben, er wird Dich auch interessiren. Zum 30.Sept hört
ja wohl Zusendung der Weltbühne auf ? Ich wäre sehr dafür. Viel-
leicht schreibst Du das Rudja mal gelegentlich direkt .Uebrigens
wo ist die No 35 hin verschwunden ?
Zum Verkaufe des Ofens ist ja gerade gute Zeit. Ich
denke, vielleicht übernimmt der Nachfolger mit der Wohnung auch
den Ofen, das wäre doch das Beste . Aber ich will Dich nicht be-
einflussen, vielleicht tut er das nachher nicht. Den damals in Pa-
piermark gezahlten Preis weiss ich wirklich nicht mehr. Du kann
aber doch einfach bei einer Ofenhändler pro forma Dir so einen
transportablen Ofen ansehen und dabei den Preis erfahren. Was Du
schliesslich heraus bekommst ,ist rein verdient.
Der Werner ist rührend aufmerksam und lieb mit Eve«
Ich hoffe sehr,dass es gehen wird,dass wir ihnen ,wenn sie die
Arbeit aufgeben muss. einen ausreichenden Zuschuss geben können.
Wegen Emil und auch wegen Olga haben sich unsere Gedanken begeg
net,in m/letzten Briefe habe ich bereits zu beiden Fragen Stel-
lung genommen.
Für heute genug von alle dem. Ich sende Olga, Angela
und Dir herzliche Grüsse. Ich hoffe,dass Du Dich nun gut ausru-
hen und nach Beendigung des Unwohlseins auch wieder ins Gleich-
gewicht kommen wirst. Um mich sorge Dich nicht. Unkraut vergeht
nicht. Ich habe Dich lieb und verbleibe mit Küssen
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Rudolf Mosse
TALLINN, den 24..vSeptb.r.. 1.9.50
(REVAL)
Liebe Jenny !
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Ich war eben draussen,den Zeppelin zu sehen .Es
waren viel Leute auf der Strasse und es herrschte auch grosse Be
geisterung im Publikum. Aber obgleich, auf Anfrage, die Polizari
erlaubt hatte, zu flaggen/!!!!/ ,so waren doch nur im gan-
zen 2-3 eutsche und auch nicht mehr estnische Plaggen ausgehängt
Das ist symtomatisch für die Beliebtheit ,der sich hier alles
Deutsche erfreut.
Bei m/llückkunft fand ich Dein I.Schreiben vom 21
vor und einen Brief von der Firma WohlgemuthAegehr/,den ich Dir
beilege. Er enthält nicht viel ,was mich direkt interessiren könn-
te und insbesondere auch nichts über den Kos tenbetrag* Schliess-
lich kann ich ihm ja abel* die Hauptfrage /wann?/ nicht beantwor-
ten und ich bitte Dich, ihn vielleicht telefonisch aufzuklären
über die entstandene Schw erigkeit.
Bitte, versuche ganz ruhig zu bleiben, liebe Jen-
ny und nimm vorläufig die Dinge nicht tragisch. Danzig hatte eine
gewisse ,hier nicht erörterbare, Maassnahme getroffen, von der man
erwartete, dass sie die Sache beilegen würde und in der Tat ist es
auch wohl nur infolge dieses Schrittes ,dass man mich von Montag-
^^h. heute hier in Ruhe gelassen hat. Aber in Berlin ist man mit diesem
.191 inoffiziellen Vorgehen nicht einverstanden und hat gestern stren-
gen Befehl gegeben, ihn rückgängig zu machen. Ob das überhaupt noch
geht, weiss ich nicht .Mir v/äre es schon lieber, wenn nicht. Aber
Berlin erklärt, sich die Behandlung imter gar kein n Umständen
gefallen zu lassen und will ganz offiziell durch das Auswärtig.-
Amt vorgehen. Palls man mich ausweist, was ja bestimmt zumindest
mit Ablauf des Visums am I5/I0 kommt ,wenn nicht bis dahin der
Berliner Schritt sich ausgewirkt hat, so mache das nichts
ich würde dann eben in Rigaabwarten u.s.w.
So stehen diese Dinge heute . Vielleicht ist
inzwischen bereits der Schritt von Riga "rückgängig" gemacht u.
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ich erfahre bald darüber ,sei es telefonisch von Riga oder
durch die hiesige Polizei. Die Sache mit den Jngenieuren hast
Du nicht recht verstandenrAufenthaltsrecht für 2 Monate haben si
als Deutsche ohne weiteres. Aber das gibt ihnen kein Recht auf
Annahme einer Anstellung. Aufenthaltsrecht und Erwerbsrecht
ist nicht dasselbe. Natürlich ist Aufenthaltsberechtigung im-
mer die Voraussetzung für das andere. Beispielsweise gibt hier
der Besuch der Musikschule .... Wohnrecht. Meine Wirtsleute ha-
ben mir im Ernst /und weil sie auch die Sache verwechselten/vor-
geschlagen, ich sollte als Musikschüler mich aufnehmen lassen undk
meinten, das wäre die Lösung. Selbst wenn ich so das Wohnrecht be
käme, so nützte es mir v/egen der Anstellung gar nichts und übri-
gens könnte die Behörde jederzeit der Sache ein Ende machen im
V/ege der Ausweisung.
._ Eine Folge scheint die Geschichte hier in-
sofern zu haben, als die Herren v. Seh. und L. plötzlich etwas den
Kopf heben und die Gelegenheit für günstig für ein Pronunciamen-
to in dem Sinne halten, dass sie erklären: wir sind alle gleichbe-
rechtigte Direktoren. Ich habe aber in aller Ruhe ihnen auseinan
der posamentirt,dass mir davon nichts bekannt ist und dass ich
auf einem ganz anderen Standpunkte stehe. Soweit ich sehe,arbei
tet ziemlich alles gegen und so gut wie niemand ehrlich für mich
Das Wetter ist heute recht herbstlich-Kühl.
Das bringt mich auf die Garderobenfrage. Mein Pelz muss wohl in
Ordnung gebracht werden und ,da nichts anderes da^st, Deiner
auch. Aber damit habe ich den Pelz ja noch nicht hier.
Der Hauswirt scheint komplet v rrückt zu
sein. Gib ihm nur wegen des Badeofens ordentlich auf den Kopf,
damit er gleich die Lust verliert , noch weiter zu quängeln. Die
Treppenreinigung ist It den alten Kontrakten ebenso wie Beleuch
tung in der Miete enthalten. Den Heizer hat der Hauswirt zu stel
len,das ist ,so viel ich weiss, geltendes Recht im Einigungsamt
Svele schrieb, dass sie sich sehr über Dei
nen Blumengixiss gefreut hat.
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Rudolf Mosse
TALLINN, den
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2.
Morgen schreibe ich Emil. Ich wollte ihm 50 Rmk ein
legen, aber es werden doch nur 25 Rmk he rauskommen, fürchte ich.
Den Film "die zärtlichen Verwandten" kenne ich nicht
aber ich glaube ,es ist doch nur eine Umwandlung des Henny Por-
ten Films Kohlhiesels Töchter ??? Ich habe hier „Westfront
I9I8 " gesehen. Der Film ist gut »aber sehr erschütternd.
m die Angelegenheiten von Jwan kann man sich
nicht hineinmischen. Es wird jetzt klar,dass sie schon lange
still ihre Lage getragen haben. Rat erbittet Jwan ja nicht und
ich werde ihm deshalb auch ke nen Rat schreiben, obgleich ich
auch für vernünftig halte, was Du in Bezug auf die Zusammenle -
gung d r beiden Haushalte meinst.
Heute bist Du 3 Wochen wieder zu Hause. Ist
es nicht komisch, wie in so kurzer Zeit alles ein anderes Ge-
sicht angenommen hat ? Ich hoffe aber,dass diese jetzige Wol-
kenwand bald sich verzieht und wir dann ernstlich an die ueber-
siedelung herangehen können.
' Olga wirü also morgen iiuch verlassen. Was
Du früher schriebst , wie schwer es war, immer in Gutem mit ihr
au zukommen, das verstehe ich nur zu gut. So ist schon das Le-
ben: man kommt manches mal geraae mit Leuten, die man sehr gern
hat, im Briefverkehr besser aus als im persönlichen, wenn dieser
eine gewisse Dauer übersteigt. Ich hofie,ulga ist von ihrem
Gelde doch noch etwas übergeblieben? In Dan^.ig hat sie doch
nicht viel gebraucht. Herr J.hat schon recht gehabt ,dass es
richtig gewesen wäre, wenn sie damals gleich ,als sie das Geld
noch schön zusaiiuiien natte, sich um einen i.assxererinposten be-
worben hätte oder als Filialleiterin und dann notfalls Katimix
ivau-uion zu steigen m der liage war.
xch nabe ü^ugen geschrieben, dass ich natür-
lich, so lange die tiachen nier ungeklärt sina. Keine Garantien
iür Ihn übernenmen kann.
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Montag wollte Hemer mit Pollok wegen seines B
üucnes spxecnen.xcn wünscnte aen i^inaern senr,uass sie damit Er-
folg haben mochten. Hat Ruth etwas über ihre Begegnung miv uem
alten Herrn Meiss geschrieben ?
Was macht Angela ? i'rauert sie senr aarüoer,
uass x.evax xn weitere x-erne für sie gerücict istV una was ex-wartei;
Hie voiu ..ichaelis-Zeugnis ? Ruth schreibt, das s Renate Müllers
vater uedalcteur in lüannüeiiü ist una sie inn gel«gentxion aufsu-
cnexi will.
Sonst vmss-ce icn für neute nichts zu schreibe
Ich hoffe,dass Du wirklich Dich berunigt nast una senae x.ir bes-
te vxrusse.eDenso iingexa. una mit einem Kusse verbleibe ich
Dein Dichr liebender
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Rudolf Mosse
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Oofangon In dorn kalten Bussenland
Bist Du I mein Ludv/lg^nun zwei lange Jahre i
Und bis erschallt die Friedonsschlussfanfare
Bist Du von Deinen Lieben noch verbannt«
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Die Briefe t die Dir Deine Gattin schrieb,
Kan unterschlug sie Dir in Deinen N5ton|
Die Ungewissheit kann den l£ann wohl t5ten,
Wenn er nicht v;eiss,wo Frau und Kind verblieb«
Du denkst v;ohl nicht, dass einer Dich vergass,
Und Frau und Kinder v/erden Dich umschv/eben,
:^u Jeder Zeit in Deinem Geiste leben,
Dass Jeder stets bei Dir am Tische spsst
Doch v/elche Qual ist Dir nun auferlegt,
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Welch •grausam Schicksal hat Dich trennen müssen 1
Kur in Gedanken kannst Du alle küssen '
Und musst verschv/eigen,was Dein Herz be\fegt|
Doch auch Gedanken fliegen durch die Welt!
So wirst Du stündlich von den Deinen wissen.
Wie alle schmerzlich Dich zu Haus^vermissen,
Wie Ihr Q e b e t um Dich sie aufrecht hSltl
Emil Seiice«
Ludwig Selke.
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Tel.- Adr.: „STARBANK"
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A. B. C. 5 A 6th Edlt
Beotley's
Rud. MoMC
Liebe Jenny,
Dein Brief vom f'. «traf heute oln^Ich emp
f1,nde dentlioh-unrt verstehe ja auch Gründe und Veranlassung dazu-
wle sehr Du augenblicklich Innerlich Dich ungeraütlioh fühlst. Ich
kann vielleicht -oder bestimmt-mit den nachstehenden Mittellungen
Deine Stimmung verbessern und ich boeile mich, es zu tun.
Gestern abd hatte ich nämlich Gelegen-
heit,den jungen Herrn L.auf eine halbe Stunde in ein Cafe zu neh-
men und dabei etwas freier mit Ihm zu sprechen. Er war es übrigens
selbst, der dabei zuerst die Frage berührte, die am meisten Jn-
teresse für uns hat. Er entschuldigte sich zunächst, dass er über et
was spräche, das geheim zu halten ihm anbefohlen sei, und sagte: er
freue sich, gebeert zu haben in Berlin, dass ich in Riga bliebe, denn
er schätze meine Geschäftskenntnis ,aber darüber hinaus habe er
die Empfindung, als \^enn dadurch die M'^glichkelt für einen angeneh-
men Verkehr für seine Frau entstände . Ich antwortete ihm, dass
die Notwendigkeit mir einleuchte, meine Ernennung nicht vorzeitig
bekannt werden zu lassen, dass aber es einige Schwierigkeiten damit
hätte, wenn andere darüber sprächen und damit mich oder
Dich in eine recht schiefe Lage brächten. Ich zeigte L.den bewuss-|
ten Brief von Dir und sagte, dass Du doch in eine grosse Verlegen-
heit gekommen seist . L. meinte, Schitteck sei ein furchtbarer Schwät
zer und sicher habe sein Bruder ,wenn er ihm derartiges gesagt, es
unter ausdrücklicher Forderung der Discretion getan.
Na, das ist ja uns ^^rst .L. erläuterte,
dass die C^^cP sich wegen Schm.in einer grossen Verlerenheit befände
Er war der von der Bank herausgestellte Vertrauensmann und es be-
deutet jetzt für die G^P einen grossen Prestige-Verlust gegenüber
der Dresdner, Wenn nun ausgerechnet dieser Herr offiziell wegen der
hier erlittenen Verluste verantwortlich gemacht würde mit dem Ef-
fekt der Absetzung. Es sei eine sehr geschickte Hand nötig, um den
dicken Knoten zu lösen, so dass die C&P ohne eine direkte Blamage
heraus komme. Das ist Ja auch verständlich. Ich teile Dir das so aus
führlich mit, weil Du ja nicht so im Bilde bist. Aber selbstverständ
lieh sind diese Mitteilungen ganz ausschliesslich für Dich bestimm"
Jn den letzten Tagen kann ich nur des
Abends in der Bank etwas tun und so wird es immer 12 Uhr. Die Gewohi
heit spät abds zu arbeiten, ist hier in der Angestelltenschaft auch
stark verbreitet, ffierr L. sitzt auch von ^ 10 morgens bis Mitter-
nacht in der Bank in diesen Tagen. Seine Frau bekommt ihn fast gar
nicht zu sehen und da sie noch möblirt leben, so kann man sich vor-
stellen,wie ungemütlich es ihr in diesen ersten Tagen in einer
fremden Stadt mit absolut fremden Sprachen ist. Ich habe sie noch
nicht gesehen, denke aber morgen vielleicht Gelegenheit zu haben.
Vorläufig regnet es heute zwar. Aber morgen kann es doch ganz schön
werden und dann wollen wir mal zusehen.
Gestern war Aufregung in der Bk: der
Sohn von Herrn Switgall fiel hin und z.mr muss er wohl herzschwach
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sein. Man hatte ihn/auf einen Stuhl gesetzt ,a])er vielleicht war er
ohnmächtig: er fiel vorn Stuhl und voi^letzte sioh am Auge ,Er ^vurde
naoh Kause gebracht und der Arzt hat ihm dann die IVixnden vernäht.
Es ist ein Junger Mann ,der wie ein Mädchen wirkt, und augenschein|
lieh nichts abkann.Kerr 3w. meint, dass ernste Folgen nicht ku er-
warten sind*
"ü^n Rrief von Rudja lege ich wieder bei. loh kenne mich|
nicht aus und für mich haben alle seine Erklärungen keine Ueber-
zeugungskraft, vielleicht deshalb nicht, weil sie immer im Mder-
spruoh stehen mit seinen früheren. Schliesslich aber ist er alt ge|
nug,um selbst zu wissen, was ihm not tut.
Ich finde, Du solltest besser nicht die Armschmerzen
einrelssen lassen, bis sie so werden wie bei Thekla. Vielleicht be-
darf es keiner langen Pehandlung,wenn Du sie Jetzt durch Diather-
mie beseitigen würdest. Mein Rat wogen des ausser-dem-Hause-Essen
geht ja auch nur dahin, dass Du Dir auf diese Art und ohne Dir et-
wa Vorwürfe wegen Verschwendung zu machen wenn und s o oft
es Dir passt sowohl die unangenehme Küchenarbeit wie auch alles
andere, damit Zusammenhängende, vom Halse schaffen kannst. Das nimmt
Dir doch den Abwasch z.B. ab und ich glaube ab und zu wirst Du auch|
die Kost vertragen.Bei Freymann oder Sternfeld soll es mittags
ganz gut sein. Du könntest Dich mit Angela treffen und Jhr spe is-
tet zusammen. Ueberlege das Dir mal. Du kommst dann auch etwas unter
Leute.
Jch glaube kaum, dass ic- vor Ostern zu Hause sein wer
de und dann vielleicht auch nur auf kurze Zeit. Air müssen schon
uns mit dieser Lage abfinden, inzwischen richten wir unsere Gedan-
ken auf die Zukunft. Wir nähern uns Ja nlt Jedem Tage der Entschei
düng, die uns die Zunge löst (einerseits )und uns ermöglicht , die
notwendigen Entschlüsse zu fas3en(andererseit3) .Jch denke, dass
meine Mittel lungen Dir neuen Lebensmut geben und Dich aufmuntern»
und küsse Dich.
Sei bestens gegrüsst, ebenso Angela. Ich umarme Dich
Dein JPlch liebender
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-Q.)
Tel. -Adr.: „STARBANK»
Riga, den I.3...M.rz 19.5.0.
Codes:
Ptttnon*t International 2nd ft 3rd Edit
A. B. C. 5 A 6th Edit
Bcotley't
Rud. Motte
Meine liebe Jenny.
,. Ich erapflnß Deinen l.Prlef vom 9. und die
separat gesandten schreiben von Eugen. Die beigepackten Nitro
glyoerin-Tabletten baben kein Ueberporto verursacht . Ich habe
sowohl an Herrn Velnkrantz,wle an Direktor Frank in Berlin
wegen der Auskünfte für Eugen (bezw über inloh) geschrieben.
Kopien sandte Ich Eugen ein und ersuchte ihn, dafür aber zu soi
gen,da3s keinerlei Klagen über seine Führung etc kämen, die
für mich einen schweren Rückschlag b^^deuten würden. Ich denke
sowohl W.wle F. werden In einem Sinne nach Buenos Aires schrei
ben,der Eugen nützlich ist.Dass es ihm auf der Bank nicht ge-
füllt bis Jetzt, ist ja unerfreulich. Aber vielleicht kommt er
in eine andere Abteilung und dass man ihm die Abfassung der
'/Vlrt Schaft sberichte anvertrauen will, ist ja ein gutes Omen.
loh freue mich, aus dem Zettel zu sehen,
dass mein Brief an Dich die erwartete gute Wirkung gehabt hat.
Gestern war ich auf Einladung von Herrn Lelck mit ihm und sei
ner Frau im Cafe zusammen. Dabei kam von Frau Leick Ue
Verwunderung zum Ausdruck, dass Iferr Schmalefbei dem sie tags
zuvor zum Essen eingeladen war) noch ....eine Sommer wohnun^l
am Strande suche. Sie tauschte einen Blick mit ihrem Manne aus|
-etwa sich entschuldigend, wenn sie :!U viel gesagt hätte. Dann
meinte sie: Ich höre ja, dass Sie auch nach Riga ganz übersie-
deln. Sie werden ja eine famose Wohnung haben(dle Schmale ^sche )|
etc Ich erzähle Dir das, weil es als weitere Bestäti-
gung für die Regelung der bewussten Sache dienen kann. Die
Generalversammlung findet hier am 29/4 statt .Gewöhnlich pfleg
ten sowohl Herr Leick wie Verr Frank dazu her zu kommen. In ei
nem heute bei der Bank eingetroffenen Briefe schreibt Herr L.
aber gerade, dass seine Herkunft fraglich ist. Vielleicht hängt|
das mit der Sache Schmale zusammen. Aber gerade bei der G/V
müsste eigentlich die Klarstellimg erfolgt sein. Ja, liebe Jennif\
gewinne nur tüchtig und komme dann ellig her, mit oder ohne
Ueberraschung,lch würde mich über Gewinn Txnd Kommen -also über|
beides -sehr freuen.
Ruthchen schrieb mir bereits, dass sie ein
Bild von Dir erhalten habe. Den Artikel von Ernst lege ich
Dir bei; er scheint ,da er im Correspondett" schi-^if tstellert ,
schon nicht mehr Demokrat, aber mindestens D.Vp zu sein .Der
Young-Plan ist ja übrigens Inzwis^.hen vom Reichstag angenommen
worden; <iamit ist man über die Einwände von Ernst ja zur Tages-]
Ordnung übergegangen. Es handelt sich um folgendes: Bis Jetzt
war zur Regelung der Reparationsforderungen etc der sogenannte!
Üawes-Plan in Kraft, der aber in vieler Hinsicht für Deixtsch-
land untragbare Opfer verlangt und nicht mxr der Höhe nach,
sondern auch noch unbegrenzt , falls Deutschland sich als sehr
leistungsfähig erweisen sollte im Laufe der Jahre. Das heisst
dann sollte das Tribut-Maass dieser gesteigerten Leistungs|
fähigkelt noch angepasst und vergrössert werden. Es erwies
Afe 89 5000 16 11 29
^ k li/;
•^ fl*ftli «*> M-^ «^ ^
1
sich aber,dass bereits Jetzt die deutsohen Finanzen einfach die
immer hclher werdenden Jahresbetrage nloht mehr aufbringen kann
und es ergolgte eine Neuregelung oben durch den Young -Plan, der
auch schwere Opfer verlangt auf lange Jahre hinaus, aber zunächst
grosse Erleichterungen schafft (für 1930 über 400 Millionen Mark)
dann Im ganzen nicht entfernt so viel beansprucht wie der Dawes
plan und schliesslich das Maximum bedeutet , also über die festge-
setzten Beträge in gar keinem Falle zu leisten ist. Uass demnach
der Youngplan gegenüber dem Dawesplan ganz ungeheure Vorzüge hat,
kann niemand übersehen. Gewiss, auch nach diesem Plane sind Repara-
tionen von ungeheurem Ausmaasse zu leisten .Aber wenn man einen
Krieg von solchem Ausmaasse verloren hat,nuss man eben a\ich solche
Riesensummen im Laufe langer Jahre opfern. Die Frage ist nun, ob
Deutschland das dauernd kann. Diese Frage muss offen bleiben; man
kann sie mit ja und mit nein beantworten, denn wer kann voraussagen
wie sich die deutschen Finanzen im Laufe der Geltungsdauer des Ver
träges (über 50 Jahre/) gestalten wferden ? Man weiss nur:vorerst
bedeutet der Youngplan etwas Besseres und Definitives, dann sind als|
Auswirkung in politischer Hinsicht ausbedungen Befreiung von der
fremden Besatzung im Rheinland, schliesslich bleibt im Falle der An
nähme, wenn sich die Unhaltbarkelt ausweist, laut Vertrag vorbehalten]
in neue Verbandlungen einzutreten. Nimmt man ihn nicht an:bliebe
nur der sofortige Zusammenbruch, wenn man nicht bei dem Dawesplan
verbleiben wollte, was natürlich Unsinn wäre. Und dann bliebe auch
das Rheinland bis IQ^.*^ besetzt. So, jetzt weisst Du, um was es
geht. Ernst sieht schwarz in die Zukunft und hat möglicherweise
damit Recht .M^5glicherweise kommen aber Faktoren, Z.B.Zusammenbruch
Sowj et russlands -womit ich ziemlich sicher rechne- die man heute
gar nicht in die Kalkulation einsetzen kann und die das Bild von
Grund auf verändern würden. In jedem Falle bleibt -auch bei Annahme
des Plans-die Möglichkeit der Revision , falls sich die Unerfiillbar
keit erweisen sollte.
Ich wünsche Dir Sonnt a^r viel Vergnügen bei
Frau Müller. Ich sende ihr eine Karte. Fvele ist doch ein prachtiger
Kerl. Was sie so alles noch nebenher schafft. Mir Ist nicht klar
geworden, warum Du Deinen beabsichtigten Daraen-Gafe aufschie-
ben willst??
Du, hast schon ganz Recht mit der Anspielung
auf den Deutsch-polnischen Handelsvertrag. Ob er sich noch irgend
für mich auswirkt?Wer kann es wissen. Schliesslich ist es ein Elsen
mehr im Feuer.
Ich muss sagen, dass
te Veränderung im Wesen von Angela doch s
muss da doch vielleicht etwas gut dahlnte
zB vorstellen, dass sie sexuell nicht mehr
früher, und da Erscheinungen zu Tage trete
mit Ihr -so ganz nebenbei natürlich- unte
helt,dle man ihr nicht abstreiten kann,wl
heraus gehen und Dir doch Einblick gewähr
ne '/"i/inkel ihrer Seele. Ich halte das doch
man nicht falsch experlmentlrt .
mir die von Dir berlchte-
ehr zu denken gibt .Man
r schauen. Ich kann mir
so uninteressirt ist, wie
n. Du solltest mal Dich
rhalten und bei der Offen-
rd sie vielleicht aus sich
en in gewisse verschwiege
für sehr wichtig, damit
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel. -Adr.: „STARBANK"
Riga, den 19
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A. B. C. 5 A Sth Edit
B«Qtlty't
Rud. M.OM«
Dem sogenannten geistij^en Leben in Higa stehe
ioh natürlich fern und die Frage ,ob es eine passende Schu-
le gebe für Angela, habe ich mit Absicht nicht welter unter-
sucht. Denn das hatte natürlich meine Karten aufgedeckt .Aber
ausserdem ist es allgemein so (auch in Heval erfuhr ich das)
dass man bei Einschulung doch noch 3 Jahre machen miisste.
ich glaube, das wird hier nicht anders sein, wie in Reval.
Deshalb frage ich mich, ob gegebenen Falls es nicht besser
wäre, Angela draus sen (in Danzig oder in Deutschland) zu Ende
lernen zu lassen.In Danzlg hätte sie nur 2 Jahre noch und
wenn wir uns die Sache so einrichteten, wie bei Ruth s.Zt,
so könnte Angela sogar noch Zelt gewinnen zum Abitur.
Das will gründlich überlegt sein und ist eine derjenigen Fra
gen, mit denen ich Dir früher nahelegte Dich schon zeltig zu
i^eschäf tigen.
Die Hochschule ist hier lettisch. Kommt also für
Angela gar nicht In Betracht .Auch Dorpat In Esthland ,das
nahe liegt zu Riga, ist jetzt , so viel Ich hörte, auf esthn.
Sprache ganz abgestellt und fiele aus.
Von Kallanskv habe ich nichts gehört; ich habe
auch keinen Anlasfs,lhm zu schreiben.
lieber meinen Sonntag habe ich Dir ja schon in
zwischen berichtet .Gestern(Busr3tag) war heller Sonnenschein
aber es war saukalt .Nachmittags war ich 7i Stunden in der
bank und mirde dann von Ke^^rn Leick und Frau abgeholt. Wir
waren bis gegen g-8 zusammen. Dann ging ich Abendbrot essen
und im Anschluss nach hause. Heute ist es noch kälter und
es weht eisiger Vdnd.Das Barometer kündigt Sturm an. Das
kann also gut werden.
Ja, liebe Jenny, Ich habe schon selbst daran
gedacht, ob Du nicht etwa für kurze Zelt mal hier her kommen
könntest. '!'Jenn Du gewännest, so wäre das die einfachste Lö-
sung. Aber zu viel darf man auf einmal nicht verlangen. Ich
zerbreche mir schon etwas den Kopf, wie man die verd
Geldfrage lösen könnte, die in noch viel anÄerer Hinsicht mirl
Schmerzen macht. T5s geht halt imn.er nur schrittweis. Und wenn|
es nicht anders geht, so muss man sich damit abfinden. Ich
höre von t" rlln gar nichts, ob man mit meinen Rntnahmen von
700 Rmk monatlich zufrieden oder unzufrieden ist. Und das he
deutet Unsicherheit, ob ich in Perlin eine Nachzahlung er-
warten kann, die ich ja zum Durchhalten unbedingt brauche.
M S9 5000 16 11 29
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Ostersonntag ist der 20.Apr»ll und die Generalver^sarmnlung
Ist am 29. Da wlr^ft steh auch wieder die Frage auf, ob unter
diesen Umständen ein Hinausfahren r];ic5glich oder angebracht ist.
Aber werden wir l^^ben, werden wir sehen. Für heute mag
ich mir darüber nicht den Kopf zerbrechen.
Joh sende Dir und Angela beste Grüsse. Und loh küsse
Dich, liebe Jenny ,und verbleibe in Liebe
?; r
Dein
r
Jl
RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
Tel.-Adr.: „STARBANK"
CODES!
Potorson'8 International 2nd A 3rd Edit.
A. B. C. 5 Ä 6th Edit.
Bentley's
Rud. Mosse
RIGA, den .28 .Mär;5 193 0.
Einschreiben.
Liebe Jennv .
Mein üestrl^es wirst Du erhalten haben.
Hier Ist niohts Neues, ausser dass Berlin sich einverstanden da-
mit erklärt, dass loh zur Vertretung des Direktors Abramskl wäh-
rend dessen Urlaubs nach Reval gehe. IVann das sein wird, steht
heute noch nicht fest, well dles'^r Urlaub dem Ab-r. etwas gegen
seinen Aillen und ohne dass er bis jetzt davon weiss aufgedrun-
gen wird; es geschieVt das etwas auf m/Veranlassung,well ich der
Meinung bin, dass sonst in kurzem der Mann einen totalen Zusam-
Kienbruch seiner Serven erleidet. Ich nehme an, dass loh in der
kommenden Woche nach Reval fahren kann und bis dahin A.infor-
mirt sein wird.
Morgen- Sonnabend- bin ich abds bei Herrn und
Frau Leick zum Essen eingeladen. Und der Sonntag wird hoffentlic
Euch und mir Möglichkeit zu einer kl. Wanderung bieten.
^/t^ r9^^'^'^^^&^^^ findest Du Scheck a/Commerzbank
in Höhe von G
und ich bedaure,dass icli den Betrag
nicht vergrössern kann, da ich doch weiss, wie eng Du mit Geld
bist. Aber loh kann nicht gut mehr in Berlin disponiren als 700
(500 für Dich und 200 f .Ruth) ohne befürchten zu müssen, dass
man dort findet, Ich sei fürs erste lange gemig hier unten gewe-
sen.Und wann ich dann wieder los geschickt würde, ist doch sehr
fraglich. Und in der Zwischenzeit? Ich rauss mich also bescheidenl
und Du wirst Dich schon einrichten, nicht wahr?
Hi 89 lOOOO 28 1 30
Gestern war loh auf einer interessanten Versaranlung
des Verbandes der Holzhundler in dem wunderbar einfreriohteten grosse'
Börsensaale (weiss Marmor) ; loh habe zum Schlüsse als Bankenvertreter
auch gesprochen und anscheinend mit kräftigem Beifall einige ganz ne\:
Töne in die Debatte hereingebracht.
Hoffentlich trifft Dich der Brief bei gutem Vi/ohlbe-
finden. Angela berichtet nichts mehr über ihren Zustand und ob sie
weiter mit Arsen und Bestrahlung behandelt wird. Ich denke, sie wird
wieder ganz in Ordnung sein.
Mit herzlichen Grüssen für Dich und Angela verblei-
be ich in Liebe
Dein
INTERNATIONALE BANK
AKTI ENG ES ELLSCHAFT
DEPOSITEN KASSE ZOPPOT
SCKSTRASSE 62
TELEQR.-ADR.: INTERBANK, DANZIQ
TELEFON: NO. 7264, 7266
POSTSCHECK-KONTO : DANZIQ 7660
DAN ZIG,
LANGGASSE 67 (SEITLICHER EINGANG)
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Rigas Starptautiskä Banka A./$.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Riga, den 19.
Tel.- Adr.: „STARBÄNK"
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Codei:
Petenon'f International 2n(l & 3rd Edlt
A. B. C. 5 A 6th Edlt
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Rud. Moasc
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M 89 5000 \^\ 7ä
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-Q.)
Tel -Adr.: „STARBANK"
Riga, den 19,
CodM:
Petersen*! Interoetlonal 2nd & 3rd Edit
A. B. C. 5 A 6th Edit
Bentley's
Rud. Motse
^
^^i^ '^k^^fti:/^
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel. -Adr.: „STARB ANK"
Kiga, den
24 .März
19,1^
Codti:
RtUrion's Intcrnatioaal 2nd A 3rd Edlt
A. B. C. 5 A 6th Edit.
Btotlty's
Httd. MoM«
Mein'/ liebe Jenny.
Jöh bin heute früh wieder hier eingetroffen. Ob-
S3hon l3h erster Klasse und dazu noch allein Im Coupe gefahren blnl
konnte Ich dooh n^.cht schlafen und fiJhle mich also made. Ich f andl
hier Deinen I.Brief vor , desgleichen von Eve und Ruth einen und
endlich den bevmssten von Herrn Lelck. Aus der einliegenden Ab-
schrift ersiehst Du alles TJühere. '»Vas Ist da viel zu sagen: man muss
halt hoffen, dass diese zähe Speise doch noch gar wird.
Uebrlgens Ist es möglich, dass Ich schon bald wiede
und auf einige Wochen nach Reval gehe ,um den einen Direktor dort
zu vertreten, der stark urlaubsbediirftlg Ist. Ich werde Dich evtl
rechtzeitig verständigen.
Nun zur Beantwortung Deines I.Briefes: Nat'lrllch
hättest Du dem Löwenthal Im Februar die Miete nicht zahlen dürfen.
Du hast ülück gehabt^idass es so abgelaufen ist. Ich widerrate Dir
in jedem Falle, die Märzmiete nach der Verfügung von LÖv/enthal zu
zahlen. Nach meiner Meinung ist die Pfändung im Januar vollkommen
rechtskräftig gewesen, da sie meines '1/lsseris eine richterliche war.
Du musst das Schriftstück in der Schreibmappe finden. Ich sagte Uli
schon, dass ich an Deiner Stelle, wenn die oteuerbehörde nichts mehr
«
zu bekommen hat, den Betrag bei der Gerichtskasse deponlren würde.
Dann mögen sich die Leute darum streiten.
Ich bin neugierig.
was morgen beim Einigungsamt heraus kommt; da sicher ja Braue khoff
und Willich auch vorgeladen sind, so werden die es schon schaffen,
dass unberechtigte Forderungen des Lowenthal abgewiesen werden.
Natürlich war in der Vorkriegszeit der llelzbetrag in der Miete ein
geschlossen.
M 89 5000 16 11 29
4£n
i i . i)
Ruthohen hat ihr letztes Exanen mit l" bestanden: na.
ff '
was will man denn mehr? Das wird Ihren Mut wehren ^^es v/eiteren
doch stark heben. Ich hätte Dir sehr viel zu einzahlen. Schreiben
lässt sich ja nicht alles, oder doch nicht sehr gut. Wann aber wer
den wir uns schon sehen? Gestern war das Wetter in Reval wieder
scheussllch; an einen Spaziergang war nicht zu denken. Ich ging al-
so um I2 ins Kino (Palästina und die ;indischen Kolonlsirungen etc)
und um 2 -im Anschluss- in ein anderes Kino. Da gab es u.a. eine
amerikanische Groteske: Trautes Heim-Glück allein. Und ich habe vor
Lachen bald TrLJhen vergossen. Um 6jj bin ich abgefahren und im Zügel
habe loh gespeist. In Riga war gestern, wie man sagt , herrliches Wet|
ter und ich habe also • lal Pech gehabt.
Die Sache mit der Frau Momm in Potsdam ist nat*'rlioh für|
den Mann, der deshalb seine Stellung quittiren musste,ein grosses
Unglück. Es gibt halt allerlei Krankheiten und man muss sich trös-
tenrmanchesraal wirken sich anormale Veranlagungen noch viel tra-
gl scher ^aus.
Herrn Bernhard Müller, Bildhauer und M.d.V. scheinst Du
*
1a i';efressen^'zu haben . Tust Du ihpi nicht etwas Unrecht?Ich glaubel
II '
er kann manchmal nicht dafür" -wie der Danziger Ausdruck so schön
lautet. Kommst Du mit dem Arrowsmith zurecht? Die Schornsteinfe-
ger-'^chweinerel ist wirklich zum Auswachsen. Und man kann nichts
dagegen tun, höchstens sich bei Löwenthal beschweren und der kann
ihm die Hölle helss machen.
Angela geht es hoffentlich weiter gut, ebenso Dir mit
Jeinem Arm. Ich sende Euch beste Grüsse.Jnteresslrt Dich der etnl
Marktbericht von Riga ?
Jch mmarme Dich , Li ehe, und bin
Dein
Küssen
Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-G.)
Tel.- Adr.: „STARBÄNK"
CodM:
Petenon*t IntenuUonil 2nd & drd Edlt
A. B. C. 5 A 6tta Edlt
Btotl«y*s
Rud. Motte
Riga, den
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Rigas Starptautiskä Banka A./S.
(Rigaer Internationale Bank A.-(i.)
Tel.- Adr.: ..STARBANK"
Riga, den .: 19.
k 89 5000 16 il 2i
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REVALER AKTIENBANK
DIREKTION
TALLINN.
REVAL
193
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REVALER AKTIENBANK
J^ tr <f elegr^mm-ÄcÄesjfe : ^ ^
.AKTOBANK"
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irfi Mpr* floi •l^of< i)e i "x; en*siTJ^ Ft X't.
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.>-ira4 tu- ■»•iWs'Sf*^««? »«>?Ix^?tih?5 ^9ob5aS^lJ1i|SCjl?ffi^t^|r^rd »s doch
rieht ig^|ff^^^l4.jio;;;fn^ijif^^h»^ ajf mrt^^^;. ^«^^^n«
-^..., ^.H,R 3O.^%:4f*ifir*tta|«.^0 öraouB 35 Pfg und fllr jede weiter*« 9c
nSX,-{ "X *ul«rj rfo5^§^eeji iü".! iieH rarix tfri tri oi« 11*1 /; .Vxl f-i
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fpfurd UoakmuÄr Zacker^^rtaen • Di« Drusen m^ aaen iC/I? 1t d
"^i^^cf"^'*** kochen Aufgeweicht werden in kaltem WaaeextDas weiaat
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Da J% tlDrig»na und so hoff« Ich h»ot Ihr »in -pinx %r>g^n^Ymm
lAahlz^it»«. Sollt» Kxr Zoll verlang««, so kar^n las ja r«ur «in«
Lag^tftll« 3»in und lÄsÄ«'^ alao'^^'k^ PäckchÄr nicht wieder yurtick
T-j . ri!vr250-^^jj^„>'r,^^^j^^^„^~^^^9^;;x4j_^j^;r^^(^^3^^ ^^^^ auch nicht billig
rt-»x ßR/i.oep^i4:rÖ^5%^tjrilS"^*it43''lJ^&i,^ railW^^a^a ?Hni.Vter mar last
,Vf -i'-i i-Jf.rl^Tt iJ- rtoo- e* ^Bi n;;^V»g*iVfe^hf. a5Li'o"^au?"lia3kentall cd«r
— li rtox -ii^t^^^^gJ-fiH^f^ÄJitfiifftT^li^'^sli^^Äs^^^o^i^^ciibi^ mit Kaj hi«t-T
««^^'•ü'^ ''Si^fe:^loff*ti.fli6fi^^'A*'f*l*i':K:Hht''l^li 4f.^k'iut mach-u k'^».er.
Ir i»r H»t«# passirfiS^ScÄ6ft'idai8t»l^Rt"41l^i"90 auskomrt , wi#
t^-r-i-a •X'^fi^r.^;Jit|4^^fg^j^^gj,|j^4^^ji 'jp^i^ Provision muas mar für Iäh V-r
i/TFf R<''»^$r^§yiflfe„^iaf''jSa#>.>Äil^i*4i?8*«&mlAiio~ÄkcÄ*.''so ab-'b-^i ^ec Q-
f..j.itr^.r^^ u4ri;;.^^,i4-^3'^Ä8lir il8 ?>%fe'4f'^i5llf"iffa'':Äas wird g»t^ilt.
riooi P- ■ft!$\s"^**fäSt?"d4?'^iSr"?»^6 S^ftMi^Mfe g;^i'ii"g4ft8rt zur Hftlft« u-d
•JTo^> wo/ -äio^ TBOTv iTX« --irfw ^t' - . — ^ g^^^ij! ^^|^ filth^'das« in aT' schon i«
Mär« das üeld für Kuth braucht umd sitl«^''ir<$fii auch überhaupt
rlox -jrr' flicht 'gl5ifcR'"äU-ölfi*i^^l#f Hir ihr» üarlexoi»« «tc wird si*
x;r — w,i-ji^ix4^^J'^j^^.^ge^llif enucÄW.![fcr?S8ä;A iffefc dies« lextras mit
r r,*T-.n«w *1«L -i^t ^-T^ £^^ =5^ '^aci{} ^57«g5«^4»r*!§l?h'f^i^»clc' sch^p i;-»r#r-
»■•. ^-^r-if ,f^Ä„|^>3-liiiir.^;8^s«liild^fei^4r-«3icV"g^"'«i'?iitf 'rieht ig t^rstar-
d«»B hat ;\i«ll»icht hat ihn H»rr L.nur g»3ag#,ich bleib« in Riga
■^Tf" "^^'^di8^Sfal^l''it^igSgw'^^^ o^c'fi J^ Riga. Das hängt ganr ^cn d«r \rt
lea ü^flinrBcha ab und wie uan auf mich fu sprechen gekOKmen iat •
REVALER AKTIENBANK
Telegramm-Adresse :
.AKTOBANK"
Codes: Peterson's Ist, 2nd A 3rd. Ed.
Bentley'8
Rudolf Messe
TALLINN, den
(REVAL)
Du hättest tibrig»Ä8»weiiT» Du reicht j#tBt noch «im
mal TAX ^ch.hiwg«h#i«» machet ,;5 eh. g^r»» mal t#l»foiiisch heraus-
rufe« lt«r.n«i!,aBi mal genauer \o« ihm «u httre«, was na« Uter
mich gesprochen hat d.h.ir! welchem zusammeTnhaTigw.Du ka^^rst
• ••
ihm ;)a sage«, ich hätte Dir noch richts i<e8timiite« mitgeteilt
und DU machtest loch gerw wissen u.s.w. Ich lenke, las Ica"»»
Da ruhig mache« unl wem lu ihn nicht ir der i;ani aT»rufew
willst ,30 hat er doch auch Primat -''el-fca ru Hause. Du wtirdes
ianr schon empfinden »et «r nicht schwindelt und etwas \orfS-
grif f er> hat •
Na,mach Las wie Du «einst. Ich hoffe, dass es so
kommt, aber dem Seh. glaube ich nicht ganfe ICO<.
Was habt Jhr gestern gemacht? Ich war morgens i«
einem /ilm Oas deutsche Lied» and sah ia so ziemlich die ga
ze deut8che*Kolonie.Das war auch'itsT 7weclt der iJetung.Denn
\on dem Film haoe ich mit Recht ntf .t viel erwartet. i>ann
ging ich nach Hause, futtert» an Stelle des wegen wetel ausge
fallenen Mittagessens Im Hotel 3 fcnnanen und eine \pfelsire
und hatte keine Lust, wieder ausfogehsB.So v-rging der Sc-n-
tag mit L*3en und Schlafen«
NUBil^t wohl, li^b^ J^nny und
m??gep#hnieT! Stoff für Deine i^rtefe. vjr«3»^
Dir seilest h^rfüche lirtlase und Küsse.
3«BmEle weiter so
ftir ^rgel«. Und
Dein
ch liei^ni^r
Ludwig Selke.
TELEGRAMM^: „SELKIWAN" HAIVIBUR
TELEPHON {, Uo. 2506
UNTER tWAN SELKE.
LIEBent STANDARO CODE
HASSOCHa AURORA
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WIE0ER8 (1906) BLITZ ,,
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VON UND NACH RUSSLAND.
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Ludwig Selke.
TELEGRAMME: „SELKIWAN" HAMBURG
TELEPHON I, No. 2505
UNTER IWAN SELKE.
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HASSOCN8 AURORA
HALPKRINS
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OROasr RIlCHINSTRAttK NO. 17 ••
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VON UND NACH RUSSLAND
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Ludwig Selke.
TELEGRAMME: „SELKIWAN" HAMBURG
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UNTER IWAN SELKI.
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Ludwig Selke.
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HASSOCHt AURORA
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UNTER IWAN SELKE.
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Ludwig Selke.
TELEGRAMME: „SELKIWAN" HAMBURG
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INTERNATIONALE BANK
KAPITAL 1.6 MILLIONEN DANZiaKR OULDCN
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T«ltt8r.-Adr«ss«( Interbank Danslg
T«ittphon 7aS4, 728S
Postach •ckkon tot Oanzlg 7680
airo- Konto I Bank von oanxfg
DANZIG, iC.Juni X929
Lanoa*»^ €7 (••Itilohar BIn«ang).
Liebe Jenny !
* In ein paar Stunden musst Du in Hambg
ankociinen^und hoffentlich s o gut ausgeschlafen und frisch,
wie wir es Dir v/dnschen. Das ^«etter ist hier heute sonnig.
Vielleicht triff;Cst Du es dort bei Deinem Einzug auch gleich
so an, dann sieht sich die Vi/#»lt noch r.al so gut an.
i
Von hier ist natürlich noch nichts Neu-
es von Jnteresse zu melden, ich erwarte crit grosser Spann\xng
Deine Berichte ,wie es Dir dort gefällt und wenn Du nur
fest daran hältst im Glauben, dass der Aufenthalt in Hattiburg
Dich beruhigen und damit auch wieder kraftigen wird,
dann wird es auch schon so sein. Heute hast Du gewiss den
grössten Teil der Verv/andtschaf t schon zu sehen bekorrimen.
Von Iiive kaei eine Karte an Angela mit
Anfrage, ob sie ihr zixtx Ü-eburtstag eine kl. Angorakatze icitbri
g-%n solle. Ich habe A^die Karte unterschlagen und Eva gesohri
ben,dass von solchem Mitbringsel gar keine Kede sein könne ^
\ind dass wir übrigens vor Angela noch geheim halten, dass sie
zu deren G-eburtstag hier sein will. Was die I^inder sich so
alles ausdenken!
Ruthchen sandte auch ein^n Brief, den
ich beilege, besonders, weil sie an Herrn Jmmergldck sich ge-
wendet hat wegen Edrgschaft. wie ich J. beurteile, wird er die
Bürgschaft nicht leisten, aber das Geld anbieten, das er ver-
bargen soll. T'as trifft sich nun mal wieder eigenartig, nicht
wahr, gerade wo Du Dich anschickst, J. zu sehen? Aber, was kann
man da machen! ich habe Ruth geschrieben, dass sie ihren Juli
Wechsel von aiir bekommt. Das Formular habe ich gar nicht mehr
und ich weiss dbrigens auch nicht, ob ich es ausfüllen warde.
Die Leute können mehr fragen, als 10 Vveise ihnen beantworten
können.
Ich will Dir mit diesen Dingen nicht
die gute Stimmung verderben . im Gegenteil: Du sollst so, wie
Du es Dir vorgenommen hast. Dich mit Deinen Gedanken vollkom
men los losen von all dem Unangenehmen und Schweren des
Danziger Alltags, ich werde mich sehr freuen, wenn das Dir
m.öglichst vollkocr.men gelingt.
X n A a 3 J A l/| O f '^' ^
HJIQJUO HaOtXMAQ
ürasse bitte all© -Liaben dort von nir und B^i Du
salbst iiorzlioli gegrusst und gakds
iierzlichft üräsr.ff von An;i:^l
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Lieb©
RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
Tel.- Adr.: „STARBANK"
CODES:
Pöterson's Intarnatlonal 2nd <& 3rd Edit. /;,'
A. B. C. 5 A 6th Edlt ."^Z
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Rud. Mosse
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RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
Tol.-Adr: „STARBANK"
RIGA, den 193
CODES:
Peterson's International 2nd & 3rcl Edit.
A. B. C. 5 & 6th EdIt.
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Rud. Mosee
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REVALER AKTIENBANK
Telegramm- Adresse :
„AKTOBANK"
Codes: Petersou's Ist, 2tid & 3rd Ivd
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Rudolf Mosse
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(KivVAL)
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REVALER AKTIENBANK
Telegramm-Adresse :
„AKTOBANK**
Codes: Peterson's Ut, 2tid & 3rd Rd
Beiitley's
Rudolf Mosse
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RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
Tel.. Adr.: „STARBANK"
CODES:
Petereon'8 International 2nd d 3rd Edit.
A. B. C. 5 & Oth Edit
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Rud. Mosse
T.Oktober
RIGA, den
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193-
Meine liebe Jenny !
Post von Dir ist nicht gekommen • Auch der aviair
te Brief von Angela fehlt noch. Hoffentlich hat das nichts zu bedeuten.
t .
Von Rud ja kam eine Karte, dass er nicht nach Paris , sondern nach Berlin
übersiedelt .Er deutet Gründe an. Ich verstehe nur die Andeutung nicht. Er
schreibt aber,das8 Wieland Herzfelde diesen Entschluss,nach Berlin zu ge-
hen, sehr begrüsst. Er war bei Abgang de» Harte noch in Hamburg und wollte
am 8. abreisen. Nebenbei stellt er auch ein baldiges Wiedersehen in Lanzig
als sicher hin. E r scheint zumindest mit seinem Hinkommen ziem-
lieh sicher zu rechnen danach. Ich soll Dich benachrichtigen von seiner
veränderten Disposition.Seine Karte ist vom 2. und erreichte mich via Re-
val. Soll man nun diese/ Berliner Sache als etwas Günstiges werten?
Vorläufig möchte ich es wohl.Warten wir ab, was er später berichten wird.
Soeben sagt man telefonisch aus Berlin durch, dass
Direktor Prank nachts am Herzschlag gestorben ist «Da hast Du! Niemand hat
das im entferntesten vermutet und gestern abd um 6 hat er noch am ^'ernspre
eher selbst mit hier gesprochen. Schade um den Mann! Wer weiss, wie wir
mit seinem Nachfolger auskommen werden.
Die Direktion in Reval hat jetzt von sich aus A.
per 6/4«3I gekündigt. Ich habe vorsichtiger Weise heute nach Reval noch
schreiben lassen, dass man ausdrücklich im Anschluss an den Kündigungsbrief
auch noch die Wohnung kündigen soll, damit wenigstens formal alles
in Ordnung ist. Der esthnische Gesandte war gestern in der Dresdner Bk
und hat versprochen, von sich aus dam esthn.Aussenminister zu schreiben.
Sicherer hilft aber meiner Meinxxng nach ein ganz anderes gewisses Mittel.
J* 89 lO.OOO 2 6 30
Merkwürdiger Weise habe ich von Sve schon seit mehr als einer
Woche keine Zeile .Merkwürdig deshalb .weil sie sonst wirklich immer sehr
darauf hält.dass ich alle paar Tage von ihr höre.
In meiner Pension fühle ich mich noch nicht sehr zu hause und
insbesondere bin ich auch mit der Kost nicht restlos zufrieden:der Kaffee
zum Beispiel ist furchtbar, so dass ich nun schon ihn durch Thee ersetze.
Aber für hiesige Verhältnisse muss man doch wohl die Verpflegung trotz al-
lem für gut bezeichnen. Die Pensionäre , 15-16 an der Zahl, flössen mir
vorläufig noch keinerlei Jnteresse ein.Meist sind sie Juden mit allen die
sen Rassegenossen anhaftenden negativen Eigenschaften. Mein Zimmer ist seil
gross ,aber dito ungemütlich—alles in allem. Die Wirtin ist früher in
guten Verhältnissen gewesen und leidlich liebenswürdig, weiss aber ihren V» t\
teil sehr gut zu wahren. Gestern abd besuchte ich Herrn Leick, der
wegen Srkältung fehlt. Ihn reisst so etwas immer gleich herum, eine Folge
des im Kriege Dtirchgemachten
Heute abd werde ich entweder zu Switg.
oder zu Dr Goldberg gehen ,um meinem Riesenzimmer und dem Alleinsein zu
entgehen. Sonntag nachm. war ich im Kino /Anny vom Rummelplatz/ und habe
mich angenehm unterhalten.Da Abendbrot um 8 h. ist, so kommt Teaterbesuch
nicht in Frage, denn schenken will ich der Madame mein Abendbrot nicht.
Ich höre nun gern von Dir, liebe Jenny ,was es dort gibt,
wie es Dir selbst geht und was für Zeugnisse Angela nach Haus gebracht hat
Inzwischen sende ich Euch beste Grüsse und ich küsse Dich
n Dich liebender
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Telegramm-Adresse t
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RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S,
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
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A. B. C. 5 & Oth Edit. C^
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RIGAS STARPTAUTISKR BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
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RIGAS STARPTAUTISKÄ BANKA A./S.
(RIGAER INTERNATIONALE BANK A.-G.)
RIGA, den 193
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