This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world's books discoverable online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that 's often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use of the file s We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can't off er guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
any where in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world's books while helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web
at|http : //books . google . com/
über dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google -Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http : //books . google . com durchsuchen.
x^-v^
rr f
4:^w ^
yj^^H-.Jk ^r^^ f
-t::^
."',-'¥-
;/*^ ^
.t:-^
«^ .•'/■
' ^-^^
K. B. Akademie der Wissenschaften
zu ÄCüuchen
THIS ITEM HAS BEEN MICROFILMED BY
STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES
REFORMATTINGSECTION 1994. CONSULT
SUL CATALOG FORLOCATION.
Verlag der K, Akademie
1905.
In Kommlnlon dw Q. Vrvaa'^hm VerUg« (J. Rolli).
175381
AkadeBlMh« Ba«hdnickttrei ron F. Straub in Manchen.
iDhaltstlbersicht.
T, Sitznigabericht«.
'iMmif: Muncker; v, Eorkin^er, Pöhlmann
0. WAntSti Krumbacher; Prutz ...
6. Mftrs: Schlagintweit, Meieer; Kig^auer, Dueberl
ÖffetlUiche SitzUDg am 14. M^rz: Ansprache des Prä^iil unten
V- Heigel (Thereiauos - Fonds, Zographos - Fonds),
Nekrologe {Köhler, Momineen; v, Hefner-Ältaneck,
Mühlbauer). Feetrede von Pringsheim . , .
Hai: Herbig, WerklPin, Sandberger; v. Rockinger,
Qnidde .
4. .Toni : C r u a i u s ; T r a iitn? , * T r iui e r t > V. K e b e r
2. Job: Torp und Herbig, Schlagintweit, Schmidt, Furt-
w&ngler; Traube. Brentano
5. November: i\ Amira; Riehl, Simon sfeld .
Öffentliche Sitzung am 12. November: Anapn&che des Prüaidenten
V. Heigel (Hard y-8tiftting), Wahlen (Vahlen, v, Wiln-
mowitz-Moellendorff. Omontt Windelband, Braune,
Thomsen; Rigganer, Preus», GoetK, v. Below, Vicomte
d'Avf»nel, Monaci)» Festrede von J, Friedrich
S l)H7t^mi»**r' V. Hertiing; v. Hei gel
Solu
271
TL AbhandloBgen*
R. Pöhlmann: Znr Geschichte der antiken Pabliciitik . 3
F. Moncker: Dramati«ehe Bearbeitungen de» ^Pervonte* von
Wieland 81
H. Prutx: Die eiemte Stellung des Hospitaliter - Orden». Ihre
Entwickelung» ihr Wiesen und ihre Wirkungen .95
K. Meiser: Kritische Beitrüge zu den Briefen des Rhetor* Alkiphron IIU
E. öchlngintweit: Verzeichnis der tibcÜHchen Handschriften der
Königlich Württembergischen Landesbihliothek %u Stattgart 245
IV Ifihaltsübersicht.
Seit«
G. Herb ig: Vorarbeiten zum Corpus inscriptionum etruscarum. Ein
Reisebericht 283
A. Sandberger: Über eine Messe in Gmoll, angeblich von
W. A. Mozart 297
K. Erumbacher: Eine neue Handschrift des Digenis Akritas.
(Mit zwei Tafeln) 309
A. Furtwängler: Zu früheren Abhandlungen. I. Zu den mara-
thonischen Weihgeschenken der Athener in Delphi. II. Zu
den Tempeln der Akropolis. III. Zum Tropaion von Adam-
klissi. — Anhang zu I. Zum platäischen Weihgeschenk in
Delphi. (Mit Abb. im Text) 365
F. V. Reber: Die Korrespondenz zwischen dem Kronprinzen Ludwig
von Bayern und dem Galeriebeamten G. Dillis. (Mit einer
Tafel) 419
A. Torp und G. Herbig: Einige neugefundene etruskische In-
schriften. (Mit vier Tafeln) 489
G. Frhr. v. Hertling: Augustinus - Ci täte bei Thomas von Aquin 536
III. Verzeichnis der eingelaufenen Drnckschriften I*— 54*
8itzimgsberichte
der
KönigL Bayer. Akademie der Wissenschaften.
Sitzung vom 2. Januar 1904.
Philosophisch-philologische Klasse.
Ik*rr Mimc'KXK spricht (in Ergäu/.uiig zu Sitzungsberichte
1903, 8, 121 ff):
Ober dramatische Bearbeitungen des »Pervonte*
von Wieland.
Neben verschiedenen Opern- und Schauspiel Jichtungen»
die nur scheinbar mit Wiebinds Märchen zusammenhangen,
wurde besonders Kotzebues mehrfach komponierter Opern text
von 1814 genauer auf seine Abhängigkeit von Wit'ltmds Dar-
stellung untersucht.
Derselbe spricht ferner:
Über einige Romanzen Heines,
Das Verhältnis Heines zu seinen Quellen, die Selkstäntlig-
keil seiner Auffassung und künstlerische Freiheit in seiner
Neugestaltung des Oberlieferten Stoöes wurde an mehreren
seiner Romanzen, die ihren Inhalt teils dem Alten Testament,
teils mittelalterlichen Sagen entnehmen, gezeigt und daneben
auf einige Nachbildungen seiner Balladen in der späteren
dramatischen und epischen deutschen Dichtung (bei Richard
Wagner, Alfred Meissner, Ludwig Gangbofer) hingewiesen.
6itiing vom 2. Januar 1904.
.., *•. *••' Historische KlaBse.
• • •
• .-. •
- ' Der Klassensekretiir legt vor den zweiten Teil der Ab-
handlung des Herrn vux Ruckinger:
Deutschen Spiegel, sogenannter Schwabenspiegel,
Bertbolds von Regensburg deutsche Predigten
in ihrem Verhältnisse zu einander.
Steht das Ergebnis der ersten Hjilfte der Untersuchung,
soweit es sich um das zweite Rechtsbuch liandelt, dass dieses
von Berthold, wie in seinen früheren Predigten der Deutschen-
s|>iegel, so in den späteren verwertet worden, dass es demnach
vor seinem Hinscheiilen am 14. Dezember 1272 in Umlauf ge-
wesen ist, in entschiedenem Widei^sprucbe mit der in den (1 rund-
rissen und Lehrbüchern der deutschen Rechtsgeschichte ver-
breiteten Annahme seiner Entstehung erst in den Jahren 1274
oder 1275, so soll in der zweiten Hälfte gezeigt werden, dass
es keinerlei Halt für die Möglichkeit einer Abfassung des
Rechtsbuchs in den bezeichneten Jahren gibt. Es steht dies
auch in vollkommenem Einklänge damit, dass es mehr oder
weniger vor Mitte Dezember 1272 als üusserster Endgrenze
zur Benützung vorgelegen, also in der Zeit des sogenannten
Interregnum, wohl in den ersten Jahren der Herrschaft des
Königs Richard.
Herr Pöhlmann hält einen Vortrag:
Zur Geschichte der antiken Publicistik, Zweiter Teil.
Die Abhandlung sucht durch eine umfassende historische
und politische Analyse nachzuweisen, dass die aus dem Alter-
tuin erhaltenen Denkschriften ,An Cäsar', mögen sie nun ein
|>ublicistisches oder rhetorisches Erzeugnis sein, als Quelle fCir
die Erkenntnis des Ideengehaltes und des Geistes der Puldi-
ciütlk der Übergangszeit von der Re{mblik zum Cüsarismus
eine Bedeutung besitzem, die man biab4är verkannt hat.
Zur Geschichte der antiken Publicistik.
Von Itobert Pohl mann.
|Tiir(?r'ti:it'i-![ ni «Tor lurtf nr, Klasse am 7. Nmv VM)?» wuA \t .l.tii. iDitj.
L
Die Überlieferung über die welthistorische Krisis, in der
die römische Kepublik zusammenbrach und der Sieg des Cä-
ftari^mufi sich entschied, enthalt Für uns eine empHndlii^he Lücke*
Was die spätere Geschichtscbreibung aus den vcrtoreiien Ori-
ginalquellen ül>er die Zeit unmittelbar vor dem Staatsstreiche
Cäsarn mitteilt ^ zeugt von wenig Verständnis für das innere
Leben der sterbenden Kepublik. Das Hauptinteresse der er-
haltenen Literatur konzentriert sich auf die PersÖolichkeit der
Aktiture in dem grossen Drama, auf das wechsekolle Spiel der
Intriguen^ Interessen und Leiden schalten , sowie auf die £nt*
Scheidungen des Schlachtfeldes. Wa^ die gewaltige Gärung
drr Epoche an politischen und sozialen Ideen, an reformato-
riscben Gedanken zu einer Neugestaltung von Staat und 6e-
(dbcLuft erzeugt hat, das tritt in der Überlieferung ebenso
r«urück, wie in den Motiven der Machthaber, für die ja im
letzten Gmnde auch aicht politische Prinzipien im höheren
Sinne des Wortes das Entscheidende waren.*)
1) Cicero ad Att, T1I, 3, 4: de sun potentia dimicant hotniDes hoc
tmpore poriculo ctvitutu. £bd. VIll, 11, 2: dutninatia quüeaita ab
troque efii, non id actum, beata et hoiie«tu civitaa ut cwet, . . . noairi
0Mo,r6^ e«! ille, ut not beati simut: uterque regnare vult. V^l Nissen,
r
Boherl Pöfdmann
Tjpiscli für dies Überwiegen der persoulicheu über die
politisclien Gesichtspunkte sind die Denkwürdigkeiten Cäsars.
Sie führen T ohne sich irgendwie mit Prinzipienfragen aufzu-
halten, unmittelbar in das Thema ein, das Mommsen als «die
Kechtstrage zwischen Cäsar und dem Senat* bezeichnet hat.
Die Katastrophe, welche die Erhebung Cäsars über die Re-
publik lieraufbeschwor, erscheint für ihn in erster Linie unter
dem Gesichtspunkt der Notwehr gegen persönliche Feinde. Was
er später gelegentlich über die Wiederherstellung der von der
herrschenden Üligarchie unterdrückten VolkÄfreiheit hinzufügt,^)
hat lediglich dekorative Bedeutung. Aber auch sonst tritt in
der Pubücistik und der iSchriftstellerei der Epoche überhaupt
dies persönliche und individuelle Moment sehr charakteristisch
hervor. Ich erinnere nur an die Korrespondenz Ciceros, an
seine (rein literarische) zweite Philippika, an das wenn nicht
gleichzeitige, so doch der Zeit nahestehende pseudosallustische
Pamphlet gegen Cicero,^) sowie an die erhaltenen Angaben
über den Inhalt verlorener politischer Pamphlets*) und be-
Der Auebruch des Bürgerki-iegea 49 v. Chr. Hiat. ZeitscKr. Bd, 44, 8. 116.
— Aach Seneca teilt die genannte Ansicht; ep. 14,13 sagt er im Hin*
bhi^k auf die Politik Catos: iam non agitur de Ubertatc: oltm peaaum
data aat. quaeritur utmiu Caesar an Pompeius po^sideat reiupablicam*
») B. c. 1, 22.
*) VgL Reitaeastein, Pseudosallas tische Invectis^e gegen Cicero.
Hermes 33 (1808). — H. Wir?,^ Sal]i)«itius iu Ciceronem; ein kliwsiache;*
Ötilck Anticicero- Festgaben zu Ehren Bödingt^rs 1898, 8, 89 ff. — Scholl,
Zu pBeuJosallustd [nvectivu. Rhein. Mus, 19172, S. 159 ff. — Peiaer« D&
iuvectivii^r qua© ^aUu^tii et Cict^ronit* Mnii.iiiil.m f.riHitur. l*ü!=njn Pro-
gramm 1903.
*) Wie X. B. die Flugschrift Ciceru> ^^rgeu Cioani.^ und Curio, so-
wie die t lugüchritt Cttrios gegen Cfbnr. S. 0. E, Schmidt, Fhigschiiften
an» der Zeit des L Triumvirntes. Neue Jahrli. i\ d. klaM«. Altert. IWIt
ä. 62<) ff. Vgl. auch die Lobachrift Cicerot auf Cato und die Invectiven
gegen Cato, wie t* B. die de« HirtiuB und CiUa» Antk-atoiie«! welch*
letztere di»r SchoüäHt tu Juvonul Siit. Vf, 338 alfl .libros furionigHjmaH*
beieithnük. — Vi|L Cipftfo ad Att. XII, 4, l «tu» 40» 1, Plutarch, i^aia
r Alt. IV^ltJ, H. bi*i H, r
l' dm über dt« .tt bin 'l'li i
•im» i. lfd. r« 1U3 ff.
Zur Geschichte der antiken PuhUcisHk, 6
sonders jener Flugschrifton in Briefform, deren sich die Par-
teien mit besonderer Vorliebe bedienten, um ihren Hoffnungen,
Wönschen und Leidenschaften Ausdruck zu geben. ^)
Und doch wissen wir, dass gerade die Agonie der Re-
publik, welche die bange Frage, was wohl aus dem Chaos sich
talten möchte, jedem Denkenden aufdrängte, zu einem über-
iis lebhaften Meinungsaustausch über die Grundfragen der
Politik gefUhrt hat. Aber gerade diese Richtung der da-
maligen Publicistik ist — abgesehen von den Schriften Ciceros
— in der erhaltenen Literatur nicht mehr vertreten. Und selbst
ron Cicero fehlt uns gerade das Wichtigste aus der Zeit der
Krisis. Wir hören wohl von einer politischen Denkschrift
Ciceros för CHsar, aber diese Schrift ist infolge der absprech-
enden Kritik einiger Cäsarianer von dem Verfasser noch vor
der Absendung unterdrückt worden.*) und wir haben keinen
anderen Ersatz, als die bekannten an Cäsar gerichteten Pam-
phlets,^) die sich in einer alten Chrestomathie neben Briefen
und Reden aus den Werken Snllusts erhalten haben, und als
deren Verfasser lange Zeit kein anderer galt als eben der 6e-
schichischreiber selbst. Wenn diese Ansicht begründet wäre,
wenn wir Denkschriften über die Loge des Staates aus der
Feder eines der hervorragendsten Geister der Zeit besässen,
*) Cicero, Ad Att. Vlli. 2, 1 und 'J, K S. H. Peter, Der Brief in der
römlscben Literatur. Abhandl. der Sachs. 6eB. d. Wiss. 1901, Bd. 20,
s. 2u er.
») Ad Att. XU, 40, 2. XriL 2G. 2 uij.l 27, 1; vgl. 30, 2 mit der von
Tyrell hergestpllten Lesart.
■) Ich gt?brRuchc» di*n Auedtuck »PaiiipbliU' für beide Schriftstücke,
obwohl da» erste tinjg lieh erweise »l» Red«? geda»^bt ist, — Wenn ea Jor-
dnri in seiner Au9j3:abQ ohne weiteres alä solche bezeichnet, so ist das
;iU€xdiiigs in dem Inhalt des Pamphlet« nicht begründet. Die Worte
C. 1, 9 ergo oranes magna inediocri aapientia ree hnc vocat. quae quin-
qtie optuma pote«t ntei dicant; nmj 8,8 non peius videtnr pauca nunc
d«? fucto meo disM^rere, Hfiid keineswegs so unzweideutig, wie er an-
nimmt So könnte man auch in einem Sendschreiben sich ausdhlcken,
Vis). Tordan Xh> «ti:*ij<»inri a«l Caesarcm seneiu de vo publica inscriptis
6
Robert Föfilmann
eines Mnnnes, der inmitten der grossen Krisis selbst in den
leideuscbaftlichen Kämpfen des Forums als Volkstribnn in d*?r
vordersten Reihe der Streiter stand und seinen unversöhnlichen
Hass gegen die regierende Oligarchie mit schimpflicher Aus-
siossung aus dem Senate zu biissen hatte, so würden wir
Stimmungsbilder aus dem Todeskampf der Republik besitzen,
die schon als solche von höchstem Interesse wären.
Leider hat sich nun aber dieser scheinbare Ueberrest zeit-
genusaischer Publicistik unter der Hand der moderner Kritik
sozusagen in Nichts verflüchtigt.
So hat man zunächst zu erweisen versucht, dass schon die
Alten und insbesondere der Redaktor der genannten Chresto-
mathie die beiden Schriftstücke nicht för sallustisches Gut ein-
gesehen haben. Eine Ansicht» deren Begründung allerdings
nicht zwingend ist.*) Denn wenn man z.B. geltend macht,^)
dass der Redaktor die Pamphlets als eine ^getrennte anonyme
Sammlung* behandelt hat, so lüsst sich dagegen einwenden,
dass dieselben gar nicht anders als getrennt von den anderen,
sallustischen Stücken behandelt werden konnten, da sie ja
weder unter die .excerpta de bellis* (d, h. Catilina und Ju-
gurtha), noch unter die .excerpta de historiis* gehörten. Und
was die »Anonymität* betrifft, so verfUhrt unsere — einzige —
Handschrift*) in Bezug auf die Benennung der Exzerpte so
wenig genau und folgerichtig, dass z. B. die ,excerpta de bellis*
ebenfalls ohne Vorsetzung eines Autornaraens gegeben werdeo,
also auch zunächst ,anonym% obwohl dann am Schluss, »owie
an der Spitze der folgenden ,excerpta de historiis' der Name
SallusU genannt wird. Eine Nachlässigkeit» die es uns nicht
gestattet, aus dieser einen Handschrift sichere Schlüsse auf die
Stellung des alten Sammlers zur Autorenfrage zu ziehen, da
eben bis zu ihm keine Überlieferung zurückreicht
*) iiL'gvn tlii* von Hiu-tun^, [i ,n
HnJie 1874 uugtlUhriftj Gründe «i. m-
aarem epLttoU cum incerti ttlicuioi mnMorm iuncta. L«5ipzig 1873, 8. ß.
») Haider, Zw öttlhi.tkritik. Wicni«r Studien, Bd. J7, 18Ö6, 8. I»a
») Vat. 8S04,
fr (mUfi€n Pume
Doch sei dem wie ihm wolle! Soviel ist gewiss: dio längst
zweifelte Autorschaft Sallusts gilt gegenwärtig als rlefinitiv
'ausgeschlossen. Ein Ergebnis, das ein paar vereinzelte Ret-
tiingsversuche ^) nicht zu erschüttern vermochten.
Auch das Werturteil über den Inhalt pflegt das denkbar
ungünstigste zu sein. Man sagt» als wertloses Rhetorenmach-
werk würden die Schriften schon dadurch charakterisiert, dass
die in ihnen enthaltenen politischen und sozialen Reforniideen
unpraktisch, unreif und trivial,') die erwiihnten geschichtlichen
Tutsachen teilweise ebenfalls trivial, teilweise offenkundig falsch
seien, ^) oder man gibt zwar ein gewisses Mass Yon geschicht-
licher Kenntnis zu, sieht aber in der Art und Weise, wie die-
»elbe sich äussert, einen untrüglichen Beweis dafür, dass die
I Pamphlets in einer Zeit verfasst sein müssten — - etwa gegen
Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. — , die der Epoche Cäsars
und Sallusts schon sehr ferne stand.*) Ergebnisse, die die
Hoffnung auf irgendwelche nennenswerte historische Ausbeute
9Q gut wie aussichtlos erscheinen lassen und in der Tat dazu
gefilljrt haben, dass die Geschichtschreibung und Forschung die
>i»>n1pn Schriftchen fast völlig zu ignorieren pflegt,*)
^) Von Spandnu, Eine Salluststudie. Bayreuth 1869, der beide
Scbriftchen, und Hellwig a, &. 0., der wenigstens daa zweite als echt
erweisen wollte. Die von E. Hanler a. a. 0. erwähnte Schrift von Pajks
(Progr. d. Franx JosephB-Gjmn. 1893/4), welche die beiden .Suaaorien*
wieder S&Ilast znschreibt, ist mir nicht jiUßdng^Hch gewesen.
t) So H. Peter a. ti. ()., 8. 175.
«) 8o TeuflTel, Sallost nnrl Taeitus. Tübingen ISm, S U. Gnn9ti>er
arteilt wenig^tt^na über das zweit« Pamphlet Schenkl in seiner Besprech-
ODg der Schrift Jordan«. Zeilachr. f. öiterr, Qjmn. 1671, S. 672.
*) Jordan a. 0., S. 23,
*) Krat in allemeueeter Zeit scheint «ch eine Wandlung zu voll-
»ehco. VgL die mir erst inw!h Abschlufls dieser ünteraachung zuge-
kommene schöne Schrift von F. Cauer, CicerOB politische» Denken, S. 131,
der den Verfasser der Pamphlets einen , wohl meinenden und Weitblicken*
den Monarchisten* nennt, der ,dio Schäden von St^at und Geaelbcbaft
klar erkaont* habe. — Allerdings konnte Cauer au dieser Stelle nicht
weiter auf die Frage eingehn.
Robert Pdlhlmann
Sollte aber das Problem wirklich so einfach liegen und
niifc den konventionelleD Formeln imd Schablonen Idsbar sein,
mit denen man hier gearbeitet hat?
Der Historiker kann nicht den Anspruch erheben, auf dem
Gebiete der Sprach- und Stilkritik ein entscheidendes Wort
mit'/.uredon; aber gegenüber der doktrinären Sicherheit, die in
der üblichen Behandlung unseres F*roblems überall zu Tage
tritt, dürften ihm einige Fragezeichen wohl gestattet sein. Man
sagt, der oder die Verfasser der Pamphlets seien schon deshalb
in den Reihen später Rhetoren, etwa der archaisierenden Fron-
tonianer zu suchen, weil das , antike Kolorit* (color antiquus)
ihrer Schreibweise ein noch intensiveres ist, als das der Sallu-
stischen. Sallust werde hier durch einen Hyperarchaismus noch
überboten, der doch anderei*seits nicht habe verhindern können,
dass gelegentlich eine moderne Form mitunterlief, die das jün-
gere Rhetorengesicht hinter der altertümlichen Maske deutlich
verrate,*) Schade nur, dass bei dieser Rechnung ein Faktor
ausser Ansatz bleibt, der für die Beurteilung der sprachlichen
Anachronismen und der altertümlichen Färbung der Sprache
sehr ins Gewicht fällt, die Überlieferung der Texte, Wenn
man berücksichtigt, wie ungleich mehr die sprachliche Form
der durch die Hände zahlloser Abschreiber gegangenen Ge-
schichtswerke Salhists dem Schicksal der Modernisierung aus-
gesetzt war, so wird man an der altertümlichen Schreibweise
der beinahe in Vergessenheit geratenen Paniphlets an sieh kaum
einen Anstoss nehmen können, und wamm soll andererseits
wieder der Text der Pamphlets gegen die Gefahr gefeit ge-
wesen sein, dass der Feder eines Abschreibers eine jüngere
Form entschlüpfte, die dem ursprünglichen Text fremd war?
Wie oft kommt es auch in guten Handschriften vor, dass ori-
ginale Wortfarmen den vulgaren geopfert werden!*) Wie kann
da die einseitige Vergleichung der Überlieferten Texte einen
*) Jortlun. S, 25.
-) Kin Motnmi, dw Atich Win &. ft. 0., S. KK) mit Ilm^ht für dto_
Efitik der Oberliefctriiog äallu«!« (^eltMid miu'kt
Zur Geschtchte der antiken PiibHcistile.
8D entÄcheidenden Boweis für die Beurteilung der Sprache der
Autoren gewühren?^
Und vollends der BejBp*iff des Archaischen und des Ar-
chaismus selbst! Wie wenig lässt sich ihm ein wirklich si-
cheres Kriterium für die Beurteilung der Echtheit und der
AhfassuDgszeit unserer Schriften entnehmen I Die Sprache SaU
lusts selbst ist eine künstliche und gerade wegen ihres ,Hyper-
archaismus* schon von den Zeitgenossen angefochten. Asinius
Polho nannte nach Sueton'*) seine Schriften geradezu nimia
verborum priscorura atiectatione ohlita. Und zwar tritt diese
archaisierende Einseitigkeit um so entschiedener hervor, je
jünger Sallust bei der Abfassung der betrettenden Schrift
war. Wenn also die Pamphlets in dieser Hinsicht die Öe-
schichtswerke Sallu.st-s noch Überbieten, so könnte man das
viel eher für die Echtheit geltend machen, al« für die ün-
echtheit^ vorausgesetzt, dass nicht ganz untrügliche Anhalts-
punkte für die Urheberschaft eines späten archaisierenden
Rbetors vorliegen. Und solche sichere Anhaltspunkte fehlen
durchaus! Ja nicht einmal das Wesen des Archaismus selbst
ist unbestritten! Gar manches, was man Archaismus nennt,
stammt einfach aus dem tatsächlichen Sj) räch gebrauch der Zeit
Sallusts und Cäsars. Und wenn Wölfflin einmal gesagt hat,
dass man oft l>esser täte, bei diesen sogen. Archaismen von
vulgärem Demok raten latein zu reden/) so ist jedenfalls soviel
gewiss« dass die an den Pamphlets geübte W^ort- und Stil-
kritik zum Teil mit ganz unsicheren Begriffen operiert und
durch die Sprache des Lebens, wenn sie uns genauer bekannt
wäre, oft genug ad absurdum gpfiihrt würde.
Aber auch sonst herrscht auf dem Gebiete der Stilkritik
eine Willkür, die gebieterisch eine Revision der ganzen Frage
*} Einige gut^ Bemerk ungen über tÜeaen Punkt etithriU schon die
^bbuidlung von Spandau« der allerdings in denselben meihodiBchen
Fehler vergilt, wie Jurdan und andere Verfechter der ünechtheit, in-
dem er gowi»Kt} ,Arcbai8inen* der Pamphlets bei ilen Frontonianern für
.nninuglieh' ürkliiit,
*) De graunn. lu. 3) VulgarUtein, 8. liÖ,
10
Bttberl Pohlmann
fordeii. Man sagt, ©ine gan/ie R^ihe von Worten und Wen-
dungen könne unmöglich von Sallust gehraucht sein, weil sie
entweder für seine Schreibweise ,zu kühn' oder ,imgewöhnHch*
seien, weil sie in seinen Geschichtswerken überhaupt nicht vor-
kommen oder in einem anderen Sinne gebraucht sind, als in
den Pamphlets, weil sie aus der Vulgarsprache stammen und
den , besten 8chril't«tellern' fremd sind, oder aber, weil sie zwar
bei den .besten Schriftstellern ^ aber nicht in den erhaltenen
Werken Salhisis vorkämen, oder endlich, weil sie überhaupt
nicht älter seien als Seneca, Quintih'an oder FliniusI^)
Das 7t()mtoy i/;frdoc dieser Logik fällt sofort in die Augen.
Das literarische Porträt Sallusts, welches die Grundlage
der Vergleichung bietet, ist für sie sozusagen eine konstante
Grosse. Dass ein Politiker und Agitator, dem brennender
Ehrgeiz, Hass und Leidenschaft die Feder in die Hand drückt,
ein Publicist, dessen Hede auf den erregten und gehässigen
Ton des politischen Pamphlets und des Parteiklatsches ge-
stimmt ist, naturgemäss eine Sprache führen muss, die an
, kühnen*, nachUissigen, vulgären Wendungen reicher isi,*) als
die Sprache des Goschichtsch reibers» der nach Jahren in der
friedlichen Stille seiner Gärten über die Dinge der Vergangen-
heit schreibt, — dieser Gesichtepunkt ist für die übliche Stil-
kritik nicht vorhanden. Und was die ,Kühnheit* des bildlicheii
Ausdruckes betrifft, ist nicht gerade die «audacia iu translatro-fl
nibus* schon nach dem Urteil der Alten*) recht eigentlich
sallustischV Wer will die genaue Grenze feststellen, wo diese
Kühnheit und das Studium verborum fingendi et novandi*)
bei ihm ein Ende hatte? ^)
*} Unter «liest* Kategorien fallen so ziemlich ttlle die Bei»pielei
welche Jordan, S, 23 ff. aufführt, V^l. noch Harinnj?, S, 21 <f. «nd Hellwijifi^
*} Eiu Bprechendea Bmsph?! dafiir i»t I, 4, i: »corta aut corivivt«
extrcu4*rint. Kine Wpndunjf, dio gatia dein Ton d«r vulgaren Partei-
]>ületTiik etjUprirht und dnher tiä<i hei «ieni Qiwtorlker Sallnst
sich nicht tindf^t. Vgl Planta« A= v. 132.
«) Sucton, a- 0., c- 10.
*) Gdlinn. N. A. IV. 15.
*) Vgl bei Hollwig, a. 0^ 8.7 ff. dto LiwU^ i-on WotIcji mid W«ü-
Zur Creschiehte der antiken Publimtik,
IE» ist ein Gnindirrtum unserer Echtheitskritik, wenn sie
das, was man einmal als die Reliquien aus dem Schiffbruch
der Sallustiana bezeichnet hat, gewissermasseu kanonisiert,
ohne Rücksicht darauf, dass nicht einmal der Geschicht-
schreiber Sallust zur Aufstellung eines solchen einheitlichen
Kanons berechtigt. Denn auch in seinen Oeschichtswerken
ist ja eine genetische Entwicklung, eine fortschreitende Ver-
Tollkommnuug, Um- und Weiterbildung von Sprache und Stil
Bo deutlich erkennbar, dass man geradezu gemeint hat. die
Historien würden, wenn vollstfindig erhalten, eine ganze Reihe
wesentlicher stilistischer Unterschiede gegenüber dem Cati-
lina und Jugurtha erkennen lassen.*) Wenn es endlich richtig
ist, dass das älteste Geschieh ts werk Sallusts an bewussten
Abweichungen vom üblichen Sprachgebrauch reicher ist, als
die späteren Schriften Sallusts,*) wie kann da schon der
Umstand gegen den sallustischen Ursprung beider Pamphlets
sprechen, dass sie, die im Falle der Elchtheit eine Reihe von
Jahren älter waren, als der Catilina, eine noch grössere Zahl
solcher Abweichungen bieten, also gerade das 8tilgepräge
leeigen, das man aus dem Entwicklungsgang des sallustischen
Stiles für seine Erstlingsschriften mit höchster Wahrschein-
liehkeit erschliessen müsste?
Würden sich nicht umgekehrt die Pamphlets gerade dann
als eine plumiie Fälschung verraten, wenn sie sich sklavisch
an die Sprache des Historikers Sallust gehalten hätten?')
Wenn man wegen derartiger Unterschiede den Pani-
pbletisten Sallust ohne weiteres als eine Unmöglichkeit er-
klärt, so ist das ungefähr ebenso willkürlich, wie wenn man
Sallust den Catilina absprechen wollte, weil in dieser Schrift
dungen, die aich gexeti Jordans Bedenken sehr wohl als sallüstiscb hal-
ten liesaeu.
M Wölfflin, Philoloäsrua. Bd. 25, S. 95L Vgl, »u der Frage Kunze.
8allo&iiana III (2), S. 301 fif,
«) Teuffei a. 0-, S, 6.
•) VgL aoch die Bemerkiing von Wirz» a.a.O., S. 111 «bor ,dic
nu^iillttfliiache Spruche' des Verfassers der Invective gegen Cicero.
12
Robert Pöhlmann
das Wort ceterum nur dreimal, im Jugurtha dagegen nicht
woniger als ftinfziginal vorkomnit!
Eine Logik, deren man sich übrigens allen Ernstes be-^
dient hat, um das erste der beiden Pamphlets als unsallustisch
zu erweisen,^) Weil in demselben das Wort ceterum nur ein-
mal, im zweiten aber viermal vorkommt» weil Nn 1 die bei
Sallust so gewfjhnliche Partikel quippe — ,mit einer gewissen
Schüchternheit*, wie man meint, — nur einmal gebraucht,
wahrend sie sich in Nr. 2 viel öfter findet, weil endlich in
Nr. 1 tametsi gar nicht, in Nr. 2 aber fünfmal vorkommt, ho
soll der Verfasser des zweiten Schriftstücks ebenso sicher
Sallust sein, wie der des ersten nicht! Schade nur, dass man
bei dieser Rechnung ganz tibersehen hat, dass die durch ihr
häufigeres ceterurn u. s. w. als sallustisch legitimierte Schrift
auch die weit umfangreichere ist,*)
Übrigens wird die Beweiskraft dieser Wortstatistik schon
dadurch zum grötswten Teile illusorisch, dass wir das Auftreten
und Wiederverschwinden von Worten und zwar keineswegs
bloss von ungewöhnlichen und von sogen, Archaismen inner-
halb der historischen Schriften Sallusts genau so feststellen
können.*) Was kann es überhaupt für eine geschichtliche
Auflassung der Dinge thörichteres geben, als diese rein mecha-
nische und schablonenhafte Handhabung der Sprach.statistik/)
für welche die einfachsten Prinzipien echter Statistik gar nicht
vorhanden sind! Man vergleicht ohn© weiteres, was gerade
») So Hellwig, a. 0., S. 12.
*) Das Verhaltni» iat 4^-3 zu 7^2 Smten (bei JonUn).
^) Wie achoii Hellwig, a. 0. mit ^vht gegen Jordan geltend ge-
macht hat.
*) Dauiit »oll tiutürlirh der Wert ik»r Spr k an und ff\r
lieh in keiner Weis^ vrTkannt Würdeii. AUrr tu. ;,...k.. .icti denkt man
doch aogeaicbU der ob«?n erwähnten VerirrunRcn i*n diM Wort Rohdei
von de»r ^dhatxnfriedfnen 8ekte» w^Irbß r ' ' " nud dtm ' ^
nicht fllr mehr zu halten «rh<>int aU ein xempeU r
tuit kidlich g*?»undcn 8inneri aiiM dt*n ein/»?]n*»n J inten sieh /.itHrimiiieti-
reiChtien k^IIIlte^ ^ Filiflt Vo^a^jI.*.« Firii-fw^N Iim«! mit Frvvin Rolirlr«
2. AaiL, a sah
Zur Geschichte dtr antiken VuhUcUHJc,
tufüliig an Material vorlieget;. Die Frai,^e nacli der statisti-
schen Beweiskraft dieses Mater iales. Dach dem quantitativen
Verhältnis zwischen dem erhaltenen und dem verloren en Ver-
gldchsmaterial ist für diese Pseudostatistik einfach nicht vor-
handen. Wenn sie so glücklich ist» ein Wort oder eine
Wendung zu finden, welche wir ausserdem erst bei Seneca,
Quiutilian oder Plinius konstatieren können , so ist das für
sie ohne weiteres ein Beweis späteren Ursprungs. AI« üb
wir es nicht mit einem verwüsteten und halbzerstörten Ma-
terial zu tun hätten, das uns auf Schritt und Tritt die für
diu Statistik notwendigen grossen Zahlen vorenthält! Und als
ob ein Ausdruck, dem wir jetzt bei diesem oder jenem Autor
zufällig zum ersten Mide begegnen, immer auch in dessen
Zeit geprägt sein niüsstel Ja diese Echtheitökritik ist sogar
so genügsam, dass Wendungen der Pamphlets, die in den er-
haltenen Schriften Sallusts fehlen, ihm selbst dann ohne wei-
teres abgesprochen werden, wenn sie sich noch in der Lite-
ratur seiner eigenen Zeit z. B. bei Cicero nachweisen lassen!^)
Noch grössere Triumphe feiert die Methode in der Auf-
«pUrung der in den Pamphlets augeblich enthaltenen litera-
rischen Keminiszenzen und Entlehnungen.^) So soll
z. B. der im ersten Pamphlet (I, 10) zitierte Gemeinplatz: ,pes-
sumus quisque asper rume rectorem patitur' die Kopie eines
gleichlautenden Satzes bei Seneca (de ira III, 36, 4) sein und
dn weiterer, ebenda (I, 3, 2) sich findender Geniein platz ,ne-
que quemquam multis metuendum esse, quin ad eum ex multis
formido recidat* wird ohne weiteres als oöeubare Nachbilduog
eines Verses des Decimus Liberius bezeichnet: ^necesse est multos
timeat, quem nmlti timent*, obgleich man zugestehen nmss,
da.ss dieser Vers möglicherweise auf eine alte Gnome zurück-
gebt l^) Ja man ist sogar so weit gegangen, die Bemerkung
M 3c. B, additanientum fnotionii« tl, 11, G. S. Jordan, S* 2(j.
^) Zur Charukteristik dieser Methode im allgemeinen vgL die tref-
fanden BcmerktiogeD von Aljr« Der Eiubruch de« Matdrinlijmus iu die
hittoNHcheu Wia><ea3chaftcn- Preüija, Jabrb. lÖUr», Üd. Öl, S. 210 ff.
«) Sclierik). a. 0-, S, (jr.9.
u
Röbirt PöMwann
I, 8, 1 über den Kontrast zwischen der manilisclion Vernach-
lässigung des eigenen Innern und der krankhfiften Sucht nach
einer möglichst pomphat teu Ausgestaltung des äusseren Lebens
auf die Benützung der Schrift des Apuleius über den üt^tt des
Sokrates zurückzuführen!*)
Allerdings hat sich diese schlimmste Ausschreitung der
Parallelenjagd nur ein älterer Kritiker erlaubt und die neuere
Echtheitskritik gibt wenigstens zu, dass hier die Grenze des
bios Möglichen und des wirklich Wissbaren überschritten ist;^)
aber auch sie ergeht sieh doch mit Vorliebe in Kombinationen,
welche diese Grenze fortwährend verwischen. Wenn z. B. der
Verfasser der zweiten Schrift (1, 3) seinen Anspruch, über den
Staat mitzureden, darauf stützt, dass er sich theoretisch und
praktisch um die Kenntnis des Staates aufs Eifrigste bemüht
habe, so soll er dabei an die Worte Ciceros de oratore II, 3S7
gedacht Imben ,ad consilium de re publica dandum caput est
nosse rem publicam*. Als ob nicht — um mit einem modernen
Kationalökonomen zu reden — ,das nosse rem [»ubitcam an der
Schwelle der Politik stünde*!
Auch für seine Vorschläge im Einzelnen glaubt man zum
Teil mit absoluter Sicherheit die betreuenden Vorlagen nach-
weisen zu können. So soll er da, wo er fiir geheime Abstim*
mung im Senat plädiert, die Stelle Ciceros de leg, III, 34 im
Auge gehabt haben, wo von der Beschränkung der Optimaten-
herrschaft durch die lex tabularia die Rede tst.^) Wenn er
fenier 11,6 von den Anhängseln der Machthaber redet (addita-
nienta factionis), so ist auch d»iÄ wieder eine Frucht der Lektüre
Ciceros, eine Reminiszenz an das in der Sestiaua § 68 erwähnte
,additumeütum inimicorum meoruni*/) Wenn er von den beneücia
populi Kornani spricht, welche der gegnerische Konsul Ciisam
streitig mache (2, 3), so soll das eine Iteminiszenz sein an ditfl
praedia pofmli UomaDi bei Cicero 2 Verr. 7/) ebenso wie die
4 Corte «ti d^T 8ie\ln.
«I Härtung, a, 0„ S. 20. *) Jowljitt, S, 28.
'^) Ebd. Hl, AU ob nicht auch CAnr (B, c. 1, 9) von Hern ,papuli
antiken PMfe
i&
EinffihniDg von Vaterland und Ahnen im 13. c. eine Beminis-
zutiz an Ciceros 1. Cat. 18 imil 27.*)
Wenn der Pamphletist ferner Cäsar als Zierde und Hort
der Partei feiert (decus praesidiumque nobis 13, 1), so soll er
dabei an das Horazischc o et praesidiuni et dulee decus nieom
gedacht haben /'^) ebenso wie I, 5, 9 eine horazischü Epode (16)
benützt sein soll, weil hier wie dort von Bürgerkrieg und Unter-
gang Roms die Rede ist! Wenn es endlich II, 13, 4 von Cäsar
heisst, dass die Kunde von seinen Taten die ganze Welt durch-
fliegen werde (per gentes omnes tama virtutis tuae volitabit),
so muss das natürlich unfehlbar Entlehnung aus Knnius (volito
vivus per ora viruni) oder aus Vergils Georgica sein (3^ 9 victor-
que virum volitare per ora)!^)
Mit dieser Methode, die weniger für die Belesenheit des
l*aniphletisteu, als für die seiner Beurteiler beweist, könnte
man ebensogut zu Gunsten der Echtheit operieren. Und in
der Tat haben es die Verteidiger der letzteren fertig gebracht,
Seneca und Apuleius zu Abschreibern des Paniphletisten zu
stempeln und daraus Kapital für die Autorschaft Sallusts zu
schlagen!*) Ganz im Sinne einer Methode, die eben nur mit
solchen Namen und Schriften zu rechnen weiss, die zufallig
überliefert sind.
Romatii benericium' und sogar Siillust selbst von den ,benefida* des rö-
mischen Volkes aprächen! (Jug. 85,8 vgL 4).
^) AIb ob Salluät. der im Jug. 85, 16 mgt: Ac ai iam a patribus
Albim aat Beetia«? quaeri poöset, mene an illoa ex se gigni inalüerint,
quid reaponsttro» creditis, niöi eeae Hberoa quam optumoa voluisse? —
ab ob der nicht auch gesagt baben könnte: Quodai t^cum patria atque
parcntes pos^ent loqui, äcihcet hoc tibi dicerent: o Caesar, nos te ge-
naimiis fortisaimi viri etc.
*) Ebd. 5. Dagegen Hellwig, S. 25. Wie nahe die beiden Begriffe
Itegeu, wie wenig es einer poetischen Vermittlung bedurfte, zeigt Ta-
citiw, Germania 13, G: in pact* decua, in hello praeaidium. Vgl. übri-
geiM t»ucb tJbland, Herzog Ernsit 4, 3: Sie seien Euch im Frieden eine
Zier, Im Krieg ein Beistand! -- und gan» ähnlich sagt .ja kein öe-
fisgercr als Snlluat selbst (von den afrikanischen Gründaugen der Phö*
nider) , . . pari» originibiia suis praeaidio aiiae decori fuerif!
3) Jordan, S. Ü. *<) Simndati, S. 14.
Hubert PAHlmann
ÜbrigenB würden die meisten dieser LesefirÜchte^ selbet
wr^nii sie wirklieh solche wären, für die spate Herkunft der
PufTiphlets gar nichts bfiwefsen. Denn warum sollte ilie Kenntnis
und gelegentliche Verwertung ciceromscher Schriften für einen
Schriftsteller aus der Cbergangwepoche von der Republik zur
Kaiserzeit etwas Auffallendes haben V Genau dieselbe Kenntnis
hat der Paniphletist, der die Invektive gegen Cicero schrieb,
und wer wird dieselbe etwa aus diesem Grund für ein spätes
Schulerzeugnis halten ♦ trotz der Geschäftigkeit, mit der man
auch bei diesem Autor alle möglichen Lesefrüchte aufzuHnden
gewiisst hat?*)
Merkwürdig, dass die Verteidiger der Echtheit nicht auf
den naheliegenden Gedanken verfallen sind, in den Faniphletä
den etwaigen Spuren derjenigen Literatur nachzugehen, die
nachweislich gerade die Schriftstellerei Sallusts beeintlusst
haben. Die Beweiskraft der hier sich ergebenden Parallelen
ist gewiss nictit schlechter als die Beweiskrai't derjenigen, welche
für die Unechtheit iuß Feld geführt werden. — Kein Wunder,
dass die Verteidiger der Unechtheit sich instinktiv gehütet haben,
ihre Vergleichungen auch auf dieses Gebiet auszudehnen, wo ihr
Verfahren sich selbst ad absurdum geführt hätte!
So stellt z. B. das zweite Pamphlet den Satz auf, da^s die
Auslieferung der Gerichte an eine Oligarchie im Grunde nichts
anderes bedeute, als die Alleinherrschaft: ,iudices a paucis
probori regnum est* (7,11). Warum kann hier dem Verfasser,
wenn er so viele andere Reminiszenzen im Kopfe hatte, nicht
auch die Stelle des Thukydides vorgeschwebt haben, wo es
heisst: JyyvTdjw Tvgdv^*ov dvyaoTna dUyiüv ärSgcbv^ (3. t52,2)?*)
Und wenn er ein andermal die Ueflexion anstellt (13, 7), dass
d^ Neid in der Hegel die Lebenden verfolgt» mit dem letzten
^} Mit Eadil bat die Methode Jai^afia f^r clieicn Autor xurUck-
ewie«en ReitÄenntpi«, a. a. 0„ 8. 119, wa* auch derjenige xugeben wird,
— wi» ich — döBten poBitiven Er^ebniMtea «keptiHch j^e^enaborst^^ht,
' > ^ freilich i*:t, r^'i^rt
ilch i. >J denkt: .yaucoiiiiu
dommaiiu regiuä IHudiai propior esi^
Gtiehichte der antiken^
fliehtik
17
Ldbcnshaucli aber die Balin frei wird für die Anerkennung des
Verdienstes ,Tivos . . . saepe invidia fatigat: ubi anima natunie
ee^it, deuiptis obtrectatoribus ip^ja se virtus niagis inagisque
exfeollit, warum soll er da nicht, — falls der übüclien Methode
einige Beweiskraft zu kommt, — an die ganz analogen Reflexionen
in der Kranzrede des Demosthenes gedacht haben (§ 315); jig
yag oix oldev rwv TtdvifoVf 5u rolg ^ikv ^ü>ot Jtäotv vjieotl Tic
fj jfXiiatP ij ikdTTa}%* qj^ovog, rohg red^'e&iag (S* oMi tüjv ix^gwv
m oMelg ht fumT; oder auch an die berUhraten Worte der periklei-
H sehen Leichenrede hei Thiikydides: ^fp&6vog yäfj rolg C<^jöi Tioog
■ tA äviinaAovt tö dk iiii ifAitodojv äyrayaxvwTq) evvola reTifirj-
^kpi* (H. 45, 1)? Und nmss sicli das Bild von dem unaufhalt-
^^VsTOen Indiehöhewachsen des Nachruhms für jene Methode nicht
wie eine Keminiszenz an den ebenda ausgesprochenen periklei-
sehen Gedanken ausnehmen, dass der für die Lebenden erreich-
Ilulim immer etwas hinter dem der Toten zurückbleiben
Kann es ferner — vom Standpunkt dieser Methode aus
— ein Spiel des Zufalls sein, dass die Charakteristik des
«taatsmUnnischen Genies Cäsars bei demselben Pamphle-
fcisten in ganz auffallender Weise an jene berühmte
Thukjdideische Charakteristik der politischen Ge-
niali tat des Theraistokles 0 erinnert, die bekfinntllch von
Sybel ohne weiteres auch auf Bismarck übertragen worden ist?
Kquidem mihi decretum est, — sagt der Famphletist, — nihil tarn
ex alto repeti posse^ quod non cogitanti tibi in promptu
sit*) Was hier an Cäsar gerühmt wird, ist dieselbe
Kaschheit der Reflexion (^uUujg ßoa/vnjg\ die Thuky-
dides an dem genialsten Staatsmann der Griechen her-
vorhebt, die sichere Intuition, die im Moment das Richtige
zu finden weiss {a{^iooxrdidCeiv rd diovta)^ auch da, wo für
andere die Sache noch im tiefen Dunkel liegt {h Jfß ätpavety
Kurz das Bild des Staatsmannes Cäsar bei dem Pamphletisten
eotspricht genau demjenigen, welches Thukjdides mit den
«) I. 138. «) c. 2, 1.
lOUi. mUffulL d. plii1öe.'philot, ii. d. hUt. Kl.
18
Robert PölilmanH
Worten 9:eichnet: to/i* rt nagaxQfjf^ia it^ Uaxhttjg ßovX^c ngd^
Tiarog yvcofimv xal xmv fielhh'jojv im TtketoTuv tov yevtjoo^ivov
Aber auch im ersten Pam(>falet fehlen solche Anklilnge an
Thiikydidt'S nicht. Wie deru Geschichtsschreiber Athens wieder-
holt der Gedanke an den Untergang oder Verfall des Staates
sich aufdrängt im Hinblick auf das allem Irdischen inne-
wohnende Gesetz der Vergänglichkeit: TidvTa ydg nitpvHB Kai
IhioöovoOat (II, 64, 3), so finden wir auch hier (c. 5, 2) einen
Hinweis auf die Zeit, in der das Geschick Homs sich ernilleo
könnte,^) und die ganz analoge Begründung: ,orta omnia in-
tereunt'. — Ebenso hat die berühmte psjchologisclie Analyse
der Ursachen des Verfalles und der Auflösung der hellenischen
Staatenweli ihr Seitenstück an der Stelle desselben Pamphlets,
wo die Zeitmode der Umwertung aller sittlichen Werte ganz
ähnlich, wie bei Thukydides gegeisselt wird.
Man vgl. nur I, 5, 5 , is incessit mos, ut homines
adulescentuli . . . nihil libidinei atque aliis rogantibus dene-
gare pulcherrinium putent, eam virtutem et magnitudinem
animi. pudorem atque modestiatn pro socordia aestiment*
mit Thukydides III, 82, 3 nai fi/v ilay&vtQV äiimaiv libv (Vo-
fidiüiv ig xä igya ärrijilXaSQv rfj dixaithoEi' lökfia fihv yäq
äX6yioio<: ävÖgia iptkiraiQoq ivo/iloötj, , , . to di oojffoov
Toü (irävAgov nQ6op}^ta Hul x6 ngog tmav Svr£x6i^ ijil näv
dgyov.
Auch die schon von dem alten Coiie angenommene Be-
nützung des Aristoteles könnte die übliche Kchtheiti*kritik nicht
leugnen, wenn aie den Satz des ersten Pamphlets (6, 2) ,Sa-
pientes pacis causa bellum gerunt, laborem spe otii sustentant*
vergleichen würde mit Politik IV, 15 § 16 (1334 a) ^üog yäo
. . . Elgfjvij fih 7ioMp,ov^ o^olij ä^ äoxoUtw\ Jedenfalls Iäg6
diese Stelle inhaltlich näher, als etwa Cicero de off. 1, 1 1 : quare
h Ein Hin wein, der nbngeni ican» df^Tu U«ti«i(« ein«?«» Jabrlnindert«
'^Bxit«! »riebt, in tUiii — wie ZielJi " 1" ' hat — tUö
Fnigt^ ob Weltnjitcrgarift oder v mlv Frago
iCi^iit«»* war.
5iir
4§aernfm4C0ni*ütm€imk
10
SQScipienda quidem belU sunt ob eam causam, ut sine iniuria
in pace rivahir.
Sollen wir angesicbts dieser vom Standpunkt der herr-
iieudoD Methode kaum i!u leugnenden Anlehnungen an die
riechen, besonders an Tliukjdides und DeinosUienes, annehmen,
dass ein Khetor oder Rbetorenscbüler, der in seinem (Juintilian
gelesen hatte ,ex graeca translata vel Sallusti phirimaV,i) im
Hinblick auf das Verhältnis seines Vorbildes zu Thukjdides
und Demosthenes diese letzteren nach Phrasen und Reflexionen
durchstöbert hat, um durch eine thukydideisclie oder demosthe-
nUche Färbung den Eindruck der Ecbtbeit seines Elaborates
erhöhen?
Die Annahme ist möglich. Aber sie drängt uns freilich
auch sofort die weitere Frage auf: Kann ein Autor, der so
systematisch vorgeht, um die schriftsteüerischo Individualität
eines Andern getreu nachzuschafleo , wirklich so nichtig ge-
wesen sein, wie es die herrschende Anschauungsweise behauptet?
Und andererseits! Warum sollte nicht auch der Schluss zu-
lässig sein, dass ein so geschickter Nachahmer thukydideisch-
Bmosthenischer Gedanken, wie ihn die Methode wenigstens in
bm zweiten Pamphletisten sehen müsste, möglicherweise doch
mit dem Geschichtschreiber identisch ist? Denn die Anlehnung
diese beiden Griechen, insbesondere an Thukjdides ist ja
cht eigentlich für Sallust charakteristisch. Man denke nur
— Ton allem Anderen ganz abgesehen — an den bedeutsamen
Hinweis auf die perikleische Leichenrede, wie er sich im Ca-
tilina findet!*)
Ja man könnte für die Scblussfolgeruug, dass in den oben
angefllhrten Reflexionen Sallust, der Kenner des Thukydides
_ ^) IX, 3. 17. Vgl. Dolega, De Salluatio imitatore Thucydidi« De-
OtiheBis aliorumque scriptorum Graecorum. Vratialaviae 1871.
') S. 6» 3 über die magaa iagenia acriptoruai , deßen Atben «einen
Ruhm wesentlich mit yerdanke: ita . . . virtus tunta habetur, quantiim
eam verbia ijotiiere ex^loUere praedara ingenia. Über die BeiuUztini^ dor
Leicliearedti in d^m Schriften Öallustst vgl. Mollniäiiii, Quatenun SalhiktMin
•ft ad esetit|dütti Gmeconnn toaroriuuvuni, S, ß ff*
20
liohert Pühlmann
ZU uns spriclit, eine Bestätigung in dessen eigenen Werken
finden, wo ja ganz ähnliche Gedanken wiederkehren. Man
denke an die Äusserung im lugurkha 2, 3 über die Vergäng-
lichkeit alles Gewordenen: ^Omnia orta occiduni* und im Ca-
tilina 12, 2 über die sophistische Umprügung der sittlichen
Begriffe. *)
Nun sind freilich andererseits die Anklänge, welche sich
in sprachlichen Wendungen und Gedanken zwischen den histo-
rischen Schriften Sallusts und den Pamphlets ergeben, ein
Hauptarguuient für diejenigen, welche in den Pamphlets ledig-
lich sklavische NacbahmuDgen Sallusts sehen. Man geht ja
nicht mehr soweit wie jener alte Herausgeber, der durch seine
geradezu kindische Jagd nach TuraUelen zwischen den Pam-
phlets und den historischen Sallustiana unfreiwillig eine köst-
liche Satire auf die ganze Methode geliefert hat. Aber der
Geist dieses Pendantismus ist doch noch lange nicht über-
wunden. Und nur zu Vieles hat sich auch noch in die mo-
derne Echtheitskritik hinübergerettet, was bedenklich an den
alten Corte erinnert!
Dass sich die Pamphlets, — vorausgesetzt, dass sie b^ide
nicht sällustisch sind, — vielfach in bewusater Weise an Sal-
lust anlehnen, soll ja nicht bestritten werden, aber es lässt
sich doch leicht nachweisen, dass die neuere Kritik durch ihre
einseitige mechanische Behandlungsweise des Proljlems, welche
den oder die Verfasser der Pamphlets förmlich zu , Affen Sal-
lusts' stempeltt jenen Sachverhalt masslos übertrieben und da-
durch eine unbefangene literarische Würdigung der Pamphlets,
sowie die Erkenntnis ihres historischen Wertes unmöglich ge-
macht hat.
So soll z, B. der Verfasser des zweiten Pamphlets an der
Stelle, wo er von der Schwierigkeit spricht, Fürsten und Feld-
herm zu beraten (1, 1), nur an den 3. § des 2. Kapitels des
Catilina gedacht haben können, weil auch hier von reges und
inipprntores die ll«»de i.'<t.'^) Wenn er ferner von dem Volke
' \s\. auch diH R^df.« di«« Ltf|ndi]i hn den Hl v tonen S 24.
*) Jordan, S. 3.
Zur GeichtchU tlrr afUikfn Pithlichtih,
21
spricht, das einst einer Welt geboten und jetzt von seiner
Ackerscholle vertrieben, durch Arbeitslosigkeit und Hunger zu
iner unsteten Existenz verurteilt sei (,sed ubi eos paulatim
cpulsos agris inertia atque inopia incertns domos habere sub-
egit, coepere alienas opes petere, libertatem suani cum re pu-
plica venalem habere.' 5, 4), so soll die eine Hälfte dieses
Satzes auf bewusster Anlehnung an eine Stelle der Hede des
Lepidus in Sallusts Historien § 24 beruhen» wo» — freilich in
ganz anderem Zusammenhang, — auch von der expulsa agris
jdelies die Rede ist, und die andere Hälfte soll die Kopie einer
anderen Stelle derselben Rede sein (% 11)» wo es von dem rö-
mischen Volke heisst: ,populus Rooianus paulo ante gentium
moderator exutus iniperio gloria iure agitandi inops despectus-
qae ne servilia quidem alimenta reliqua habet.* 0
Als ob ein Schriftsteüer, der so ganz und gar aus dem
Geiste der Zeit heraus zu schreiben weiss, wie dieser Pam-
phletist. es nötig gehabt hätte» die WoHe für die Charakte-
riii^tik des die Revolutionsepoche beherrschenden schneidenden
Widerspruches zwischen der formalen Rechtsstellung
des Bürgers und seiner wirtschaftlichen Lage mühselig
aus verschiedenen» weit voneinander getrennten Sätzchen jener
Rede zusammenzusuchen, um einem Gedanken Ausdruck zu
geben, der längst zu einem populären Schlagwort geworden
ir, seitdem Tiberius Gracchus von den Herren der Welt ge-
Eirochen, die auch nicht eine Scholle ihr eigen nennen könnten!
Man vergisst bei dieser Annahme die bedeutsame Tatsache»
dsiss wir es hier mit einem Manne zu tun haben» der hei sei-
nen Vorschlägen zur Demokratisierung des Stimmrechtes ge-
lade die Gracchen im Auge hat und in deren Geschichte so
tit Bescheid weiss» dass wir ihm eine überaus wertvolle Mit-
Teilung über die von C. Gracchus geforderte Stimmrechtsreform
verdanken^ die wir in der ganzen sonstigen Literatur vergeb-
lich suchen!
Man wundert »ich nur» wie der Pamphletist bei der me-
I) Jordan» S. 24.
22
Hölftrt Pohl mann
chanischen Ko|>isteü arbeit, die man ihm zuscbreibt, noch selbst-
ständig genug war, das Schlussergebnis seiner Reflexionen über
den Wandel der Zeiten ganz anders zu formulieren, als seine
angebliche Vorlage! Wohl um sein Plagiat zu verdecken? —
Während nämlich jener Redner der Historien die Erniedrigung
des Volkes besonders darin sielit, dass man ihm sogar die ser-
vilia alimenta der hauptstädtischen Kurnverteilungen genommen
habe, besteht das, was der Famphletist als unwürdige Knecht-
schaft des Bürgers bezeichnet, darin» dass die haus- und herd-
los gewordene Masse sich gewöhnt hat, ihre Freiheit samt dem
Staate ffjrmlich feilzuhalten.
Aber was kümmert es die Schablone, wenn die Gedanken-
gänge der künstlich identifizierten Schriftstücke noch so weit
auseinandergehen! Ihr genügt schon die Übereinstimnmng ein-
zelner Worte, z, B. des Ausdrucks composita für ^staatliche
Ordnung* in dem ersten Pamphlet 5, 6 und in der Rede des
Lepidus g 25, um sofort an eine direkte Nachahmung der Hi^-
storien und zwar gerade dieser Stelle zu denken!*)
Nicht minder bezeichnend für die Genügsamkeit dieser'
Kritik ist die Kühnheit, mit der sie die Charakteristik der
Plebs des Revolutionszeitalters im zweiten Panifdilet in einen
ursächlichen Zusammenhang bringt mit der Schilderung der
rfimischen Urgeraeinde im Catilina.*) Von jener Plebs sagt der
Pamphletist, dass sie — sittlich korrumpiert und durch die
Gegensätze des Berufes und Gewerbes und der ganzen Lebens-
weise in sich ge^iipalten — zu einer einhelligen Will(?nsmeinung,
zur Bildtmg einer volonte gun<^rale nicht föhig sei und erst
durch Zufuhr frischen Blutes — d. h, durch Ausdehnung des
Bürgerrechte — wieder politisch handlungsfiihig und zu einem
Organ bürgerlicher Freiheit werden könne! 5, 6: ,Haec igitur
multitudo primum raalis moribus imbuta, deinde in artis vitas*
quo varias dispalata, nullo modo iriter so congruens, parum
mihi quidem idonea videtur ad c^ipeasendam rem publicnm. c<^-
teram additis novia dvibus magna me spes tenet fore ut omneai
1} Jordati, a. 0.
«) Kbd. S, d(K
Znr Gc^chichle der nutilen PubliciHtik.
eipergiscantur atl libertatem: tiui|Tpe cum illis lihertatis reti-
oendae, tum his serritutis amittendae cura orietun*
Und nun vergleiche man mit dieser AusfHlirung ihr an-
gebliches VorbilfK das sechste Kapitel des Catilina! Hier ist
die Rede yon der aus verschiedenen Bestandteilen erwachsenen
AJtbÖrgerschaFt Roms, von der jcresugt wird, dass ihre dnrcli
Abstammung» Sprache und Sitte so verschiedenen Bestandteile
sich mit wunderbarer Leichtigkeit zu einem Ganzen verschmol-
zen hätten und so durch Eintracht aus einer atoraistischen und
unsteten Menge ein einheitliches Volk geworden seien: Hi post-
qnam in una nioenia convenere, «lispari genere, dissimili lingua.
ftlii alio more viventes incredibile niemoratu est quam facile
coaluerint: ita brevi niultitudo dispersa atque vaga concordra
civitas facta est. Ich frage mich vergeblich, worin hier die
Nachahmung bestehen soll. Die einzige Ähnlichkeit zwischen
den beiden Stellen besteht darin, dass beidemal von einer Volks-
menge die Rede ist, welche der nötigen Einheitlichkeit entbehrt
Aber bei der Charakteristik dieser Bimtscheckigkeit bedient sich
der Pamphletist ganz anderer Wendungen, als der Historiker,
wie man es bei einem sklavischen Nachahmer gewiss nicht er-
warten sollte. Und andererseits ist die eigentliche Pointe
der Schilderung bei dem Pamphletisten eine ganz an-
dere, als in dem Geschichtswerk. Der Pamphletist erhofft
von dfT Aufrrahme neuer Elemente eine Neubelebung des Geistes
bürgerlicher Freiheit, während es sieh bei der sallustischen
Schilderung der Urgeraeinde um den Übergang aus der Unge-
bundenhf^it anarchischer Zustände zu fester bürgerlicher Ord-
fiung und Zucht handelt.
Ebenso willkürlich ist die Konstruktion eines mechanischen
Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem sonstigen Inhalt dieser
Einleitung des Catilina und dem kurzen historischen Expos*^,
mit welchem der Pamphletist seine Forderung einer Regeneration
der rTimischen Bürgerschaft durch die Aufnahme neuer Bürger
chichtlich begründet.') Einzelne Anklänge finden sich ja
*) Jordan, 8. IR.
24
Sobmi Pöhimatin
auch hier. Aber die Behauptung, dass dieses Expose lediglich
aus salliistischen Redewendungen zusammengestöppelt sei, ist
eine masslose Übertreibung, Denn diese Anklänge unterscheiden
sich in nichts von denen, die sich zwischen den echten sal-
lustischen Schriften finden, und könnten daher ebensogut für
die Autorschaft Sallusts geltend gemacht werden, wie fUr die
Annahme eines Imitators. Auch ist der Ideengang in bei-
den Fällen ein ganz yerschiedener. Während in jener
Einleitung zum Catilina die kapitalistische Entartung der römi-
schen Oesellschaft im Zusammenhang mit der Weltmachtspolitik
geschildert wird» handelt es sich bei dem Pamphletisten um
eine kurze Darlegung der Folgezustände, welche sich unter
dem Druck dieses Kapitalismus in der Masse des Volkes her-
ausbildeten, um den Verfall der plebs rustica und ihre Um-
wandlung in ein arbeitsloses und käufliches Proletariat: Er-
scheinungen, von deneji im Catilina an jener Stelle überhaupt
nicht die Rede ist!
^un könnte man ja einwenden: ,Hier hat eben der Pam-
phletist nebenbei noch eine andere Schrift Sallusts benütsit\
die Historien — eine Möglichkeit, die Jordan ausdrücklich be-
tont. Und in der Tat wird in den Historien auch einmal die
Vertreibung der plebs von ihren Äckern erwähnt — in der
Hede des Lepidus JJ 24 (expulsa agris plebes!); — und ebenso
erinnert das, was hier Salhist Über den Kontrast zwischen der
Herrscherstellung des römischen Volkes und der materiellen Er-
niedrigung des Bürgers sagt,^) an die Worte des Pamphletisten:
,tta paulatim popuhis, qui dominus erat, cunctis gentihus im-
peritubat, dilapsus est et pro communi imperio privatim sibi
quis(|ue servitutem peperit*, — aber im übrigen ist doch die Art
der Darstellung eine so selbständige, dass ein zwingender Grund
für lue Annahme eines sklavischen Abhängigkeitsverhältnisses
absolut nicht vorliegt, Und mit vagen Möglichkeiten ist
uns ja in keiner Weise gedient. Mit ihnen kann man alles
beweisen; sie beweisen also nichts. Mit demselben Rechtet
') § II. S. oben S, 2L
Zur GeschichU der antiken Puf^iciMtk,
25
könnte man z. B. den Pamphletisfeen zum Nachahmer der be-
kannten Hede des Tiberius Gracchus machen!^)
So bleibt denn nur noch Eine Ubereinstimniung übrig,
die den geistlosen Nachahoier unfehlbar verraten soll! — In
dem zweiten Pamphlet (c. 8, 4) findet sich nämlich gelegentlieh
der Polemik gegen die plutok ratische Entartung des Staates und
gegen die hohen Prämien, die in Korn gerade den Skrupel-
losesten zuteil würden, — der allgemeine Satz ausgesprochen,
dass mit dem Wegfall dieser Prämien auch der Korruption das
FM abgegraben würde, da ja niemand umsonst schlecht sei:
malitia praemiis exercetur; ubi ea denipseris, nemo oninium
gratuito malus est. — Und diese Reflexion soll einer Stelle
der sallustischen Historien nachgebildet sein, wo es — in der
riede des Philippus JS 9 ^ heisöt, dass es ein uninteressiertes
sitiltcbes Handeln kaum mehr geben könnei wo nur der Schlech-
tigkeit Preise winken: nam ubi malos praemia secuutur, haud
facile quiijquam gratuito bonus est.
Ich gebe zu, dass hier eine starke Ähnlichkeit des Ge-
dankenganges vorliegt, obwohl die eigentliche Pointe auch hier
neder eine ganz verschiedene ist. Denn in den Uistorien
bandelt es sich um ein Urteil über uninteressierte Sittlichkeit,
in dem Pamphlet um ein solches über uninteressierte Sc hie ch-
kigkeit. Jordan hat diese für die Beurteilung der Arbeitsweise
Pamphletisten doch keineswegs bedeutungslose Verschieden-
heit völlig übersehen, indem er in blinder Voreingenommenheit
die Stelle des Pamphlets, die er in seiner kritischen Ausgabe
auz korrekt wiedergibt, in seiner Abhandlung über die Echt-
beitsfrage unbewusst verfiibcht, indem er den Beweis für die
sklavische Abhängigkeit des Pamphletisten auf die Yoraus-
etscung stützt, dass in dem Pamphlet die Worte .gratuito bonus*
^»tthen, und so triumphierend eine »fast wörtliche^ Überein-
stimmung konstatieren zu können glaubt,*) die in dieser Weise
gar nicht vorhanden ist!! Aber auch wenn sie vorhanden wäre,
*) S. Pluiarcb in der vitti des Tib. Gracchu«: ♦ . * xvgim rijc o/«ar-
26
Pählmann
was wRre damit für die Echtheitsfrage bewiesen? Wissen wir
doch gerade von Sftlliist, wie gerne er einzelne LieWings Wen-
dungen und -gedanken wiederholt! Eine Eigentümlichkeit, die
es von vornherein aussichtslos macht, wegen einzelner sol-
cher Ähnlichkeiten oder t bereinstimmungen mit den Geschichts-
werken Salhists die Pamphlets ohne weiteres zu sklavischen
Nachahmungen derselben zu stempeln. Mit demselben Recht
könnte man von dem Verfasser des Jugurtha sagen, er sei nur
ein geistloser Nachahmer des Sallust, weil er c» 80 von der käuf-
lichen Optimatengesellschaft sagt: ,nmn(a honesta atque in-
honesta vondere mos erat', — und sich dabei genau derselben
Worte betlient, wie der Verfasser des Catilina, der c, 30 von
derselben CIi<jue wörtlich sagt: ,omnia honesta atque inhonesta
vendere mos erat*.
Auch könnte man angesichts dieser Eigentümlichkeit Sa I-
luats aus Übereinstimmungen zwischen den Pamphlets und
echt-salhistischen Werken gerade den umgekehrten Schluss
ziehen, den man daraus zu ziehen pflegt, d, h, man könnte
auf Grund derselben auch für die Identitüt ihrer Verfasser
])liidieren, und diese Schlussfolgerung hatte gerade Jordan
sehr nahegelegen, da er auch in den Pamphlets dieselbe lite-
rarische Eigentümlichkeit wiederfindet! Er konstatiert näm-
lich eine Reihe von Wendungen und Gedanken, die in beiden
Schriftstücken in gleicher Weise wiederkehren und er zieht
daraus den ^ an sich ja möglichen — Schlusg, dass dieselben
das Werk eines und desselben Verfassers seien;*) — ohne zu be-
merken, dass er damit in den schroffsten Widerspruch mit
seiner eigenen Tlieorie gerät! Denn wenn die l bereinsüm-
mangen zwischen den Pamphlets die Autorschaft Eines Ver-
fassers beweisen sollen, wie können dann Obereinstimmungen
zwischen den Pamphlet-'^ und den sallustischen Geschichtswerken
gegen die Identität des PrnnpM^f »^hn hthI dns llishtrikers
zeugen y*)
»1 8. 80 r
^ Mit Hvcbt tiigt Spundao S. 16, fU»i gcnkdü du« FebUn Hilchttr |
Zur Ge'chichU tUr antiken Pub!ici$tik,
87
Nun findet sich freilicli neben Anklätigon an echt sallu-
stifiche Schriften auch einmal eine frappante Übereinstimmung
mit einer unzweifelhaft pseudosal lustischen Schrift: dem be-
kannten Pasquill gegen Cicero. *) In dieser Schmähschrift wird
an Cicero im wahrsten Sinne des Wortes kein gutes Haar ge-
ia.s:sen. Er wird einer Art moralischer Vivisektion unterworfen,
bei der Seele und Leib von Lastern förmlich durchseucht, jedes
Glied des Körpers als Sitz einer andern SchäotUichkeit er-
scheint: . . . raercennarius patronus, cuius nulla pars corporis
a turpituduie vacat^ lingua vana, manus rapacissimae, gula im-
mensar pedea fuguces: quae honeste nomiiuiri non possont, in-
honestissima (III, 5). Und eine ganz ähnliche schonungslose
Zergliederung der Persönlichkeit des Gegners findet sich in
dem zweiten unserer Pamphlets gelegentlich der überaus derben
und bitterbiSsen Charakteristik einzelner Fillirer der Optiniaten-
partei: quoius nuUum membrum, — heisst es von einem der-
selben, L. Doraitius — a flagitio aut faeinore vacat: lingua vana,
manus cruentae, pedes fugaces: quae honeste nominari neque-
uot, inhonestissima (9, 2)*
Allein ganz abgesehen davon, dass diese Übereinstimmung
;emeswegs eine so absolute ist, dass man die Benützung des
tinen Pamphletisten durch den andern notwendig annehmen
mösste, wer kann sagen, dass hier unser Pamphletist den Ver-
ler der Invektive vor Augen hatte? Genau mit demselben
echt liesse sich das Umgekehrte behaupten! Und zugleich
legt, mindestens eben so nahe, wenn nicht noch näher eine
dritte Möglichkeit, nemlich die, dass unser Paraphletist diese
Art der Angriffs weise der in jener Zeit überhaupt üblichen
Terminologie der Parteipolemik entnüOHuen hat. Zu der un-
glaubhchen Gehässigkeit und fanatischen Verbissenheit die^r
I
AnkllLnge an ecbt-ftalhifti^be Sihriften die Echthcnt der Pamphlets ver-
dttebtigeii wOrde.
') Jordan limlet allerdinga neben der ol»en genannten noch eine
andere Oberem in Stimmung, indem er das Wort insiticia II, Ol« S für eine
Nachbild ung den Inaitiis in der Invektive I, 3 erklilii;. Aber dajrüber
28 BobeH PMmann
Pülemik ^) stimmt ja eine solche anatomische Zergliederung des
Gegners vorzüglich; und sie ist von dem Verfasser der Invek-
tive ganz gewiss nicht erfunden. Ist uns doch zufiiUi^ bekannt,
dass von dem Redner Licioius Cassus an dem Vater unseres
Domitius eine ganz ähnliche Kritik geübt worden ist, wie von
dem Paniphletisten an dem Sohn, Jn hunc dixit, — heisst es
bei Sueton (Nero c* 2), — non esse mirandura, quod aeneain
barluim baberet, cui os ferreum, cor plurabeiim esset I*
Also diese Art Polemik ist ebenso konventionell ge-
Imndhabt worden, wie die ganz schablonenhafte Unterstellung
immer wieder derselben körperlichen Ausschweifungen, die zu
dem stehenden Inventar dieser total verwilderten Parteipolemik
gehört^): Typische Äusserungen südlichen Volksnaturells, wie
sie ja auch später im Parteileben der romanischen Volker so
chfirakteristiscli hervortreten. Und gerade bei dem stürmischen
Volkstribunen, bei dem diese leidenschaftliche Erregbarkeit aufe
Höchste gesteigert erscheint, und der diese Art der landes-
üblichen Beschimpfung sozusagen am eigenen Leibe erfahren
ujusstc, würde uns eine auf denselben Ton gestimmte Pole-
*J Man denkt dabei un willkürlich an daa, was Juvenal »ur Charak-
tcnstik der politischen Satire dea Lnciliu« sagt: itncto ease ardens in-
treinuit. Vgl, Birt, Zwei politiacbe Satiren dea alten Rom, S. 20. —
Wft« in dieser Hinsicht seibat ein Cicero sich gestattete, «eigen recht
drastisch die genieinen Schirapfworte ujid SchmUhnngen in meiner Hedr
gegen Vfttiniua (5G), von denen Ihn»? (B. G. ü, 445) mit Becbt bemerkt
bat, das» taaa bei der blossen Lektüre fast der Atbem ausgebt*. Vgl.
auüh üaoner, Uüliatbe Volksjustiz. N. Rhein. Mus.. Bd. 56 (lfK>l), 8. 22
nnd die hier a»igefOhrt.e Stelle aus dem Briefe Cicero« ad Qtnntum Fr.
II, li, 2 ea res acta est, cum born soxta vlic Pompeius prtroraHnet iiRfjn^
ad horam VIII, com omnia malfdicta» versufi denitjue ot*<< rnissimi
in Clodium et Clodtam dicerentur.
') V(jL Ci«:ero» Phil, 1^ 19^ «ed iauj Mujna et flagitia onnttara, wunt
qaaedain cjiiae houctte non posaum dicerr; nnd pro CaeL fß: nam
quod ohiectnm t*jit de pudiciüa qnodijue omninm arriisniortim
iion criniinitiui« sed vucibiu maleiiiottiqui« eelebratum est, — id niinqnam
tarn acerbe ferei M. Cüeliiu, — Juni a&lm lila maledlrta per?oU
gata in cimiteM, quaruui ii ' ' ii et specie» fuit ]?■'
Vgl. auch Wir/, xn der hiv. o, a. Ü^ 8. 95 u-
Zur Geschichte der affiik^n Puft
29
mit am wenigsten verwundern! Hat sich doch noch der spä-
tere Sallust als Geschichtschreiber — bei der psychologischeu
Charakteristik gewisser Elemente der ru mischen Gesellschaft
genau derselben drastischen Zergliederung des Menschen be-
dient, wie der Pamphletist! »(Jnicunque — sagt er von den
Catiliiiariern — manu, ventre, pene Ivona patria laceraverat,
• > » quos manus atque lingua periuno aut sanguine civili
alebat,**) Und so müssen wir jedenfalls das Jline zugeben»
da£8 der Paniphletist, wenn er etwa nur unter der Maske Sal-
lüsts schrieb, es ausgezeichnet verstanden hat, die Sprache des
Lebens zu reden. Eine Tatsache, die für die Würdigung
dieses zw€*iten Pamphlets als eines Zeugnissos für vergan-
genes geschichtliches Leben gewiss von wesentlicher Bedeutung
ist Es ist nicht so ausschliesslich dem Staube der Schule ent-
sprungen, wie man anzunehmen pflegt
.Aber' — wendet man ein — ,sagt nicht der Verfasser
selbst von sich, das» er die Welt sozusagen nur aus Büchern
kennt?* Jordan liest das nämlich aus dem Text heraus und be-
merkt dazu allerdings mit Itecht, dass €*ino derartige Erklärung
nicht für Sallust, wohl aber für den lihetor pjvsst, der im
Dunkel seiner Studierstobe »dem Sonnnenlicht des öffentlichen
Lebens und dem Kriegsliirm* völlig fernegeblieben sei.^) In der
Tat, wenn der Imitator Sallusts so schmählich aus der Rolle
gefallen wäre, würden wir von seiner Begabung und seiner ge-
schichtlichen Kenntnis die denkbar ungünstigste Meinung hegen
dürfen. Nun sagt aber de i* Pamphlet ist in Wirklichkeit
gar nicht das, was man ihm hier unterschiebt, dass er
nämlich zwar als ganz junger Mensch den Gedanken an eine
öffentliche Laufl:)ahn gehegt, als Erwachsener aber sich aus-
schliesslich der Wissenschaft ergeben habe und insbesondere
allen Waffenübungeu fernegeblieben sei.^) In Wahrheit sagt er
'} 14, 2.
^ S. 9: qaae ut personae parum eotivenienter acrtpdt, ita digiui
fO ipflO, hoc est rhetore qai fuerit a luce fori et strepitu belli iiiti«
ali^nus,
^ Ebd.: tj&rrat igitur libri secondi «criptor Satlu^Uania verbia iidii-
30
kfwmwf»
vielmehr, dass er allerdings in die Araterlaufbalin eingetreten
sei und dass es ihm andererseits nicht bloss um das Amt sondern
ganz, besondei*« darum zu tun gewesen sei, durch das Amt sich
einen praktischen Einblick in das gesamte Getriebe des staat-
lichen Organi.smus zu verschaffen! ^Hed mihi Studium fuit adu-
lescentulo rem publicam capessere, atque in ea cognoseenda
mulbam niagnamque curam habui: non ita ut magistratum modo
caperem, quem niulti malis artibus adepti erant^ sed etiani ut
rem publicam domi militiaeque, quantumque armis viris opu-
lentia posset, cognituni habuerim» Auch sagt er keineswegs,
dass er als Erwachsener sich ausschliesslich auf die Bücher
zuriickgezügen, sondern nur, dass er eben nicht mehr viel Zeit
auf Fecht- und Reitkunst verwandt habe; ^) und zum Schlüsse
fügt er hinzu, er verdanke seine Kenntnis der Dinge nicht nur
dem Umstand, dass er viel gelesen, sondern auch, dass er viel
gehört haber*) Kurz die Erklärungen des Pamphletisten ent-
halten nichts, was nicht Sallust selbst von sich hätte sagen
können. Sie lassen sich mit Sallusts autobiographischen An-
gaben im Catilina (3, 3) sachlich durchaus vereinigen.
Denn dass der Famphletist von dum brennenden Ehrgeiz
schweigt, der den jungen Sallust in die vorderste Reihe der
Kampfer riss, das kann doch niemand Wunder nehmen!
Aber es muss eben die Individualität de^ Autors um jeden
l'reis in die nun einmal beliebte Schablone gezwängt werden!
So hat man z. B* im Hinblick auf die Rolle, welche das ,coii-
silium dare* als bbungsthema der^Rhetorenschule spielt. An-
fatoss daran genommen, dass das genannte Sendschreiben ?or
leseeil tul um »ese nun Holuin rem publicam lapetsere verum etiam coguo-
scere decrevisäe, adulta aeiattü ab arinorum exercitio abstitiuisse «t
litteri» totum se deili'we.
') 10. 3: poitqtuMü mihi aeiöa ingeninrnque adele vi t, band fermfi
jtruiid atque «'quia corptja exercui, aed ariiiMum in Utteris itgiUivi. Die
richtige Erklllrung dieser Worte gibt bereit« Hdlwig-» S, 20.
*} atque ego in «a Vita, malta legendu atquc* audiecdo ita cam*
"ptirt etc. Uns VerfiLMi^r tagt aUo vga «ich |(enati dtuiirlbe, woji SallitJii
Ciit. 53, 2 von licli sogt: . « , mihi muHn legeiiti molta amünnti, itoae
poptilij« Kr^mauas domi militiac«qmi mari iitqne tiirm pmoclura fsicinom («^riU
»
fem Gedanken Ausdruck gibt, wie schwierig es sei, den
Groiiäen dieser Erde, zuiiuil einein Cäsar sich mit Ratsclüägen
zu nahen, *j Ab ob es für ein derartiges Scliriftstück überhaupt
eine naturgemässere Einleitung geben kiinnte! Und wenn dann
der Verfasser ebenso sacb gemäss zu den Motiven seines Schrittes
und ^'iner persönlichen Legitimation übergeht, wenn er weiter-
hin die allgemeine politische Situation, die Gesamtlage des Staates
^hildert und dann mit den politischen Forderungen und Vor-
»ehlagen endigt, die sich nach seiner Ansicht aus dieser Situa-
tion und den Interessen von Staat und Volk ergaben, so soll
dos auch wieder nichts als ein Schema sein, das sich nur aus
den Kegeln der Schule erklären lasse, in der Schule und für
die Schule ausgeklügelt sei!*)
Und dabei kann nmn nicht einmal leugnen, dass der Ge*
daukengang dieses wie des andern Pamphlets von den Quiuti-
lianischen Schulvorschriften im einzehien doch recht beträchtlich
abweicht! Aber das soll dann entweder sträfliche Nachlässigkeit
sein oder aber, — wie bei den echt-sallustisch formulierten, aber
gegen die Kegeln Quintiürms arg verstossenden Proimiien, — sich
daraus erklären, dass der betreffende Autor, nur um das sallusti-
sehe Kolorit recht getreu wiederzugeben, auch vor den schlim ni-
sten Sünden gegen die Schultradition nicht zurückgeschreckt sei,^)
Und so zeigt bei dieser Art der Betrachtung das Bild des
beurteilten Autors je nach dem momentanen Stand|Hmkt des
Beschauers ganx verschiedene Züge! Während die Pamphlets
nach der Einen Ansicht geradezu Musterbeispiele, also Vor-
i^ilder für die Schule gewesen sein sollen, sind sie nach der
ideni mehr oder minder unbeholfene Übungsversuche von
Schülern über ein von dem Magister gestelltes Schul thema!*)
t| H, h ») Jordan, S, 16. ») Hartun(f, S, 8,
«J Teuffel, a. O», S, 14. Dosa die Pamphlets in der uns erhaltenen
Qnilaiiig «ad Caesarein leaem' adressiert werden, beweist natürlich,
wie man likngtit bemerkt hat, nur soviel, daas der Urheber dieser für
Schühweckü gemachti-ii Sammlang sie anter diesem Titel derselben
einverleibt bat« aber nicht, daa^ schon die ursprünghche Adresse dicäe
rill liatte.
Bnbert Pöhlmann
Darüber kann ja freilich kein Zweifel sein, döss die Pam-
phlets überall die rhetorische Schulung verraten. Aber wo wäre
in der ganzen, hier überhaupt in Betracht kominenden Zeit
Rhetorik und Kunstprosa zu trennen i' Und gerade von Sallust
hat ja der Historiker Licininn das bezeichnende Wort gesprochen,
dass man ihn eben wie einen Redner, nicht wie einen Historiker
lesen müsse!*) Es würde daher ein sicheres Merkmal der Un-
echtheit sein, wenn die Pamphlets diesem literarischen Typus
nicht entsprächen, während mau jetzt umgekehrt gerade diases
der Zeit und der Schriftstellerei Sallusts genau entsprechende
rhetorische Gepräge als Beweis gegen die Echtheit geltend
macht! ^)
Aber nicht bloss in Bezug auf die Form, sondern auch
auf den Inhalt begegnen wir derselben in höchstem Grade
problematischen, ja 2um Teil geradezu ti*ügerischen Art der
Argumentation. Man hat nämlich auf die bekannte Vorschrift
Qiiiutilians für die Rhetorenschüler hingewiesen, denen etwa
die Aufgabe gestellt sei, ein zur Übernahme der Alleinherrschaft
aufforderndes Memoire an Cäsar auszuarbeiten, und die dabei
von der Grundidee ausgehen sollen, dass ohne die Monarchie
der Staat nicht mehr bestehen könne. ,C. Caesari suadentes reg-
num affirmabimus stare iam rem ptiblicam nisi uno rege nie
non posse.'*) Diese Anweisung Quintilians hatten die Pamphlets
vor Augen gehabt, wenn sie der Überzeugung Ausdruck gäben.
dass nur Cäsar die Krankheit des Staates heilen könne,*) dass
nur er dem Ausbruch eines allgemeinen Krieges vorbeugen
künne,') — Die Annahme ist möglich, aber nicht zwingend;
denn es ist ja ohne weiteres klar, dass sieh sehr wohl echte
^ SaHufltiuni noti ut hittorieum neu ut oratorem lei^endum. Lle.
ed. pbiiol. BoTiri. liepta« 1858, p, 42,
^) Selbxt wenn fii**b la Uexug auf den G«?brauch vulglLrer rlietori-
HfhfT Effektmitiel, die ja allerdings der Qt»8chicbtichreiber 8itllu«t aidit
Uöbi, ein tirferer öegennat» «wiscben ihm und den PatnphleU heraua*
ateJlcii «oUte, wflrde immer noch die Fni^e offtsn bleibet!, ob SalhiH
anch in jtmj?cien .labrrn imd in *^mt\T etwair isÜachen Tiltig^
keit afinor 8pmcbc »chon dan%elbc Oripriljfe g^j if.
») HI, a iT. *) I. ^i, 4. •') 11, 18. O/
Zur Geschichte der antiken Puhlicisiik.
33
publicistis^he Erzeugnisse oder auch Khetorenprodukt« denken
lassen, die genau dersell>en Idee Ausdruck gaben» ohne etwas
von Quiutilian zu wissen.
Und dabei ist es gar nicht einmal richtig, dass das von
den Pamphlets Cäsar gesteckte Ziel dem Quintilianischen Schul-
thema entspricht. Dieses Scholthema bezieht sich nämlich offen-
bar auf die berühmte Forumssitene vom 15. Februar 44, auf die
Darbietung des Königsdüidems durch Antonius, und es will die
Übertragung der Krone dadurch motiviert wissen, dass nicht
nur das Königtum Casars, sondern die Monarchie als dauernde
Institution durch die Lebensbedingungen des Staates gefordert
sei, ähnlich wie später Tacitus gesagt hat; Jramensum imperii
corpus stare ac librari sine rectore non potest/^)
Das ist im Hinblick auf das Vorgehen des Antonius durch-
aus konsequent gedacht. ,Regnuni detulit\ heisst es von ihm
bei Cicero 2. Phil. 34. Wenn aber dies Vorgehen schon auf der
Höhe der Machtstellung Cäsai-s leidenschaftlichen Protesten der
öffentlichen Meinung begegnete,*) wie konnte da ein mit der
Zeitlage genauer vertrauter Schriftsteller sich in einem für die
Öffentlichkeit bestimmten, sei es nun echten oder fingierten
Schriftstück so unzweideutig und grundsätzlich niitnarchisch
äussern, wie man dies den Pamphlets unterschiebt? Wenn sie
es taten, dann läge in der Tat der Verdacht nahe, dass sie
beide nichts sind, als plumpe Schüler- oder Stil m perarbeit,
denn sie hätten eine Sprache gewagt, wie sie wohl tnn Ctissius
Dio in der fingierten Ministerratsszene dem Mäcen in den Mund
legen konnte, wie sie aber der grosse Cäsar selbst noch nicht
za reden gewagt hat,')
1) Eist 1, 16.
^) Auf dem Namen »König* lag fldt dem Sturz der Tarquinier em
Fluch. Ein feierlicher Eid verpflichtete die Bür>^ei-«chaft» nie wieder
tönig über »ich zu dulden. Wer nach der Königakrone utrebte,
Dlfrei, und jeder Bürger berechtigt, ja verpflichtet, ilin zu töten,
') Damit toU natürlieb nicht gesagt seuL, daaa eine aokhe Sprache
ttt dem Munde Irgend eines leidenschaftlichen OtUariaaers überhaupt
tinui&glich gewesen wäre.
u
E^€H Pählmanm
In der Tat hüten sich die Pamiihlets wohl, diesen Tao
Bnzu£cblagen. Ja der Verfasser des zweiten Terwiihrt sich
sogar auf das EDtscliiedenste dagegen, dass die Art und
Weibe, wie er Cäsar als Retter des Staates begriiastt und wie
er sich das Keforniwerk desselben denkt, den Optiuiaten irgend
ein Recht zu der gehässigen Missdeutung geben könnte, als
habe er bei diesem Rettung^werk die Umwandlung des
Freistaates in eine Monarchie im Äuge!^) Kann er doch
selbst der Optimatenjustiz keinen schlimmeren Vorwurf machen^
als den, dass sie ganz in monarchischem Sinne organisiert
sei!^) Denn sein Ideal ist die Wiederaufrichtung des durch
die Platoknitie geknechteten Freistaates, die Wiederherstellung ■
der gesiilrzten Freiheit: ,Non flagitium a te neque nialum
facinus petimus, sed utei libertatem eversam restituas.*)
Als die Grundbedingung dieser Freiheit aber wird ausdrück-
lich die bezeichnet, dass niemals die Macht eines Einzelnen
höher stehe, ak das Gesetz (nullius potentia super lege*!)!*)
Und er trifft damit aufs glücklichste den Ton, den damals die
cäsarianische Demokratie überhaupt und ihr Führer selbst an-
geschlagen hat, auf den ihre ganze Agitation gestimmt war.
,Ich habe, — sagt Cäsar nach Überschreitung des llubico —
meine Provinz verlassen, um für mich und das römische Volk,
das durch eine Parteiclique geknechtet ist, die Freiheit zurück-
') II, 6, 1: ifidiguabuniur, omnia funditus niiäceri, antiquit d*
vibu« hanc BerYitutem inipoDi, regDum denique ex libera civituto
futurumt ubi uoiua munari* maltitudo iogens in uivitatem pervenent
^ S, die oben S. 16 zitierte Stelle c. 7, 11. — Wenn Jordan sogar
in den Worten ,cttpe8»e rem publicam* dea enten Pamphleta (6, 3) einen
Anklang an das ,regnum cupere' findet, um das es sich bei Qufntilian
bandelt, »o übersieht er, duas diese Worte eine viel allgemeinere Bedeu-
tung haben und daher von dem Verfaeaer dea sweiten Pamphlets (1, IS)
ttuf B«ine eigene [»oliU^che Lttufbnlin ungewandt werden. S. oben S. 30
ond diizu 11,5» 7, wo dieaclbo Wendung vom Volke gebraucht wird!
S, oben S. 2^2. Selbst ein Republikaner wie Cuto ruft *- bei Sallust,
Cat. 5^, 5 ^ »eine» Parteigenoaeen zu: expergiidmtni ftliquando vA vn-
pvasit« rem publicam. «Nehmt Euch de» BUuktum anT
') 6. Z, d» et 6 6 re publica reilitutjt.
•} r. ö. ».
Zur Geschichte der antiken PMicUtik.
zufordem.**) Und bekanntlich liat es der grosse Mime auf dem
Cäsaren thron, sein Nefle und Erbe Octavian, noch im Jahi-e 27
?, Chr, für zeitgemäss gehalten, in feierlicher Weise die Wieder*
hersteUung der alten republikanischen Verfassung zu prokla-
mieren.*) Ja noch viel später, in dem Kechenschaftsbüricht über
.•ain« Taten, bekennt er sich ausdrücklich und im wörtlichen
Anschluss an die Erklärung Ciusars zu jener am Kubico ausge-
gebenen Parole: ,liem publicam dominatione factionis oppres-
sam in liberiatem vindiea\T!^)
Man sieht: Der Pamphletist hat sich im richtigen Gefühl
ftlr die Zeitlage und Zeitstimmung genau derjenigen lUiraaeo-
logie bedient, deren sich ein demokratischer PubJici&t der cä-
^rianischen Zeit naturgeniäss bedienen musste. Er hat sich
iteioeswegs sklavisch an eine quintilianische Vorschrift gehalten!
Nun soll sich freilich der späte Ursprung und die ge-
schichtliche Unkenntnis der Pamphlets gerade durch die Ana-
chronismen verraten, die man ebenfalls in sie hineininter-
pretiert hat! So verlangt z, B. das erste Pamphlet^ dass das
Volk durch die Beseitigung der korrumpierenden Getreidespenden
wieder zur Arbeit zurückgeführt werde: ,Igitur provideas oportet,
uti plebs largitionibus et publico frumento corrupta habeat ne-
gotia gUÄ, quibus ab malo publico detineatur/*) Das soll ge-
schrieben sein im Hinblick auf die bekannte Verminderung der
Kortiverteilungsfcemiine durch Augustus, deren Motiv Sueton
in seiner Biographie (c. 40) mit den — allerdings an die For-
*J c* i, 2:i: ae non maleficii causa ex provincia egressum, aetl uti
. . . popolum Romanum factione paueoruin opprea^UDi in liber-
iatem Tiadiearet.
*) Mon* Ancyr. ed. Monmisen'-^ 614: Rem publicain ex mea pote-
itaie in senatua populique Romaiti arbitnum träne tu H.
^) Ebd. 1, 2, Utid dem entspricht ja auch durcbaus die offizielle
Anilkifinng der kniserlit'hen Historiker. VgL Velleius Paterrulua 2» 89:
Finita ficenimo anno bella civilia . . . restituta vis leg^ibus, iudiciia auc-
toritodf aenatui maiestas, imperium magistratuum ad priatinaiu re-
dactom modam . . . Pritoa illa et aniiqaa rei publicae forma
ravooata« rediit eultus agrit etc.
*) c, 7. 2.
rlerung des Fatiiphletlsten anklingenden — Worten charakie*
risiert: ,iie plebs frumentationum causa frequentius ab negotüs
avocai'etur** \) Aber ist dann dieser Gedanke erst ein augustei-
scher? Haben nicht schon die Zeitgenossen des C. tiracchits
die Frumentationen »ofbrt mit dem Hinweis darauf bekämpft,
das« durch sie das Volk der Arbeit entfremdet und zum Nichts-
tun verführt werde? ßepugnabant — sagt Cicero — boni» quod
ab industria plebem ad desidiam avocari putabant.^) Also der
Gedanke lag doch nicht so ausserhalb des Gesichtskreises der
Zeitgenossen Cäsars! Und andererseits weist das, was der Paui-
jdiletist will, nicht vit4mehr auf die K^formtätigkeit Cäsars hin,
als auf die des Augustus?
Der l'amphletist fordert die Beseitigung oder Verringerung
dur hauptstädtischen Kornspenden, also eine lieform, die aller-
dings auch Augustus einmal rein theoretisch erwogen hat, deren
aügemeioe Tendenz aber in den Refonnmassregeln Cäsars mit
ganz anderer Energie zum Ausdruck kommt, als in den augu-
steischen, Cäsar ist es gewesen, der die Zahl der Kornempfanger
— mehr ab 300000 — bis auf <Jie Hälfte herabgemindert hat,*)
während sie Augustus wieder bis auf 200000 Kopfe anschwellen
liess und nicht einmal den schon erwähnten schwächlichen K^-
formversuch, das Getreide nur alle i Monate statt monatlich
verteilen zu lassen, aufrechterhielt !*) Die Möglichkeit, dasa
der Pamphletist an Augusius gedacht hat, ist ja nicht zu leugnen,
aber viel näher liegt doch — angesichts der hervorgehobenen
Tatsachen — die andere Möglichkeit, ja die Wahrscheinlich-
keit, dass die Reformbestrebungen der cäsarianischen Zeit
bei ihm zum Ausdruck kommen. Auch die Art und Weise,
wie er die Reform der Korn Verteilung in Zusammenhang bringt
mit der Veteranenvorsorgung in den Munizipien und EolonieUi
erinnert lebhaft an die Politik Cäsars.*)
») Jordan, a. 0^ S. 15, ^ Pro »Sestio 103. ») Sueion, COearil.
*) Suetoa, Augr 42; Oasiiiui» Dio 64. IL
^) Aiicb bei Siieiou, c. II f. wird d^ Kulmttttlpulitik Gftjiür« tu uq*
ailttelbiu^em Zuüaiumeuliaiig mit ilt*r Venatiidei uug dt^r Eoraeaipftlttgar
gedacLt.
Zur Gtschidkie der antiken Ptthlicistik,
37
Aber freiHch der Paniphletist gebraucht zur Bezeichnung
der Arbeitstätigkeit des Volkes Dicht den Ausdruck industria^
sondern negoiia, ebenso wie Sueton! Da inuss er doch wohl
den letzteren ausgeschrieben haben! Schade nur, dass sich die
Redeweise des Pamphletisten zur Genüge dadurch erklärt, dass
er des Wortes indiistria fllr den unmittelbar folgenden Satz
bedarf: iuventus probitati et industriae non smiiptibus atque
diTitiis studeat! Khngt übrigens das ciceronianiscbe ab indu-
stria avocari weniger an das suetonische ab negotiis avoeari
als die Worte unseres Pamphlets?
Dass hier der Pamphletist nicht Sueton vor Augen hatte,
sondern im Sinne eines Zeitgenossen Cäsars schreibt, das zeigt
eine Vergleichung seiner Worte mit dem, was Sallust über
die Folgen der Largitionen sagt. Wie von ihm^ so wird von
dem letzteren die Menge arbeitsfähiger Männer (iuventus) unter
den Empffingem der Kornspenden hervorgehoben. Und wie es
nach Sallust das , öffentliche Unglück' ist, welches diese arbeits-
scheue Masse nährt (eos atque alios omnis mal um |Mil)licum
alebftt),*) so fordert der Pampbletist, dass dieselbe aufhöre, das
^öffentliche Unglück* zu fördern (ab mal o publico detineatur),
Übereinstimmungen, die kaum zufällig sein dürften*
Noch übler hat die Willkür der konventionellen Methode
einer anderen Stelle desselben mitgespielt, die sich ebenfalls auf
die Frumentationen bezieht und die Forderung ausspricht, dass
das Koni, welches bisher der Lohn des Mtlssigganges gewesen sei,
an die Veteranen verteilt werde, dif nach vollendeter Dienstzeit
in ihre Heiraatgemeinden zurückkehren würden: Et fruraentum
id, quod antea praemiuuj ignaviae fuit, per municipia et co-
lonias illis dare conveniet, qui stipendiis eraeritis domos rever-
ierlnt (8, 1), Bei diesem Vorschlag soll nämlich der Pamphletist
auch wieder an eine Massregel Kaiser Augusts gedacht haben,
nämlich an die im Monumentum Ancyranura 3, 28 ff. erwähnte
Abfindung der in die Heimat entlassenen Veteranen Augusts;
inilit[ibus, qu|t)s emeriteis stipendis in sua municipi[a remis]!,
*) CatiliiiÄ 37, 7.
38
Bohtri Pohl mann
praem[ia njunierato persolvi. ^ I[n] aerariuni militare (jviod
ex consilio in[eol co[nstitut]um est, ex [q]uo praemia darentur
niilitibus, qiii vicena [aut plu]ra stifpendija eraeruissent, niil-
*liens et septmg[e]nti[eiis ex pa]t[nm]oiiio [m]eo deiuli.^) Und
zwar soll der Pampbietist die Kenntnis dieser Akte Augusts zu
ebenso kühnen, wie törichten Fiktionen raissbraucht haben! Er
habe nämlich an Stelle der Geldprämien willkürlich die Ab-
lohnung in Getreide gesetzt und dann die weitere absurde
Fiktion hinzugefügt, dass das hiezu verwandte Getreide früher
an solche verteilt worden sei, welche die gesetzliche Dienstzeit
nicht aufzuweisen hatten!
Nun wird ja allerdings auch von selten unseres Verfaaaera
Klage darüber geführt, daas die Dienstpflicht höchst ungleich
verteilt sei und manche an die dreissig Jahre zu dienen hatten,
andere gar nicht.^) Aber sind denn solche Klagen erst unter den
Veteranen Augusts aufgetaucht, »o dass wir mit Jordan*) an-
nehmen niüssten, die ^Geschichte Augusts* habe das Material
für die Formulierung der in unserer t?lchrift erhobenen Forde-
rungen geliefert? Als ob sich nicht schon die Veteranen des
hannibalisehen Krieges sehr energisch dahin ausgesprochen
hätten: fiuem aliquem militandi fieri aequum esse!*)
Ebenso willkürlich aber, wie die Verquickung der militäri-
schen Anliegen des Verfassers mit der Sache der augusteischen
Veteranen, ist die weitere Annahme JoHans, dass seine Äusse-
rung über das Getreide, das bisher die Prämie der ,ignavia* ge-
wesen, sich auf diejenigen bezieht, welche nicht gedient und
trotzdem dieses Getreide erbalten hätten. Denn man braucht
sich ja nur der in dem unmittelbar vorhergehenden Kapitel
ausgesproclienen Klage über die verderblich© Förderung der
Arbeitsscheu durch das Staat^korn zu erintiemf um sofort su
Q TgL die bei Ca^sitis Dio 45, 23 erwähnt« Klage der angusteiscben
p^f^iemnaiir dÜM de ^f$tti roCt tätay^ivöv rijc trtgmtlac otpiet jr^drot;' hAtten
lienffii mdfün.
') 8, S: ittm no, uti arlhtic, tnilitin iniuNtn mit ifiaeqimli» cit, omn
all! triginta, paT« uTilluin utipendinm fftcieni.
Zi»r Geächtete äef antiken Puhlimtih.
39
erkennen, dass hier der Verfasser die hauptstädtische Getreide-
verteilung im Auge hat, die er durdi die Verlegung in die
Munizipien und Kolonien aus einer gemeinschädlichen in eine
gemeinnützige Institution verwandelt wissen will. Nur durch
diese Erklärung der Stelle wird man dem Verfasser gerecht,
und fttatt der Torheiten, die man ihm unterschiebt, treten uns
Ideen entgegen, die — wie gelegentlich schon Momnisen wenig-
s&eiis in diesem Falle anerkannt hat -- ^ihren guten Sinn^ haben. ^)
Sieht doch Momnisen in dem Projekt des Verfassers geradezu
eine Parallele zu den staatsmännischea Gedanken, die ,bei der
grossartigen munizipalen Waisenversorgung unter Trajan ge-
waltet haben!'
Nun ist aber freilich mit diesen Stellen das Sündenregister
der Pamphlets noch nicht erledigt. Im Gegenteil! Das zweite
soll sich sogar noch viel schlimmere Fiktionen gestattet haben,
ab das erste. Sein Verfasser soll der Optimatenpartei und zweien
ihrer hervorragendsten Führer» Cato und dessen Sch^viegersohne
L. Domitius^ Greuel angedichtet haben, die nicht nur ander-
weitig nicht bezeugt sind, sondern auch — wenigstens was Cato
betrifift — anderen Nachrichten diametral widersprechen. Der
Pamphletist — sagt man — erhebt gegen Guto und seine Partei
die Anklage, dass durch ihre Schuld nicht weniger als vierzig
S^iaioren und viele holfnungs volle junge Männer hatten in den
Tod gehen müssen.^) Eine Anklage, der man mit Recht das
bekannte Wort d^ Rhetors Seneca entgegengehalten hat, dass
^Catos Hiinde bis auf seinen Tod rein waren von Bürgerblut*.*)
In der Tat, wenn hier der Paniphletist so willkürlich mit
der geschichtlichen Wahrheit umgesprungen ist, wie man ihm
iii die Schuhe schiebt, dann kann er weder Sallust sein, noch
auch eine genügende Kenntnis der Geschichte der späteren Re-
publik gehabt haben.
Wie steht es aber mit der Begründung dieser Anklage?
Sie beruht auf einer Konjektur, die zwar von Mommsen her-
i) R. a 3. 8. 4t>8 A. «) Jordan, S. 17.
■) H, Ä, 2: illa« HBque ad ultimam diem puraa a cirili «an^nni'
manna.
40
Schert FMmaim
rührt« aber nichts weniger uls zwingend ist. Wir lesen nämlich
jetzt in der einzigen uns zu Gebote stehenden Handschrift: ad
hercuiem Catonem L. Domitio ceterisque eiusdem factionis qua-
draginta senatores, multi praeterea cum spe bona ndulescentes
sicutei hoaliae mactati sunt. Daraus macht Monmisen ad her*
cule a M. Catone etc. Eine Konjektur, aus der sich dann aller-
dings der von Jordan u, A. angenommene Sinn ergibt.
Efi ist schwer verständlich , wie sich gerade die Theorie
von der Herkunft des Pamphlets aus der Rhet^renschule bei
dieser Auffassung beruhigen kann, mit der sie nur neue Ratsei
schafft. Denn es wäre doch gewiss in hohem Grade auffallend,
wenn ein Rhetor, der sonst das traditionelle Zeitkolorit so glück-
lich zu wahren weiss, die von ersten Schulautoritäten aner-
kannte Tradition Über einen Mann wie Cato einfach über den
Haufen geworfen hätte, auf die Gefahr hin, damit den Zweck
seiner Stilübung selbst auf das Äusserste zu gefährden!*)
Nun hat man freilich die Stelle dadurch mit der geschicht-
lichen Wahrheit in Einklang zu bringen gesucht, dass man
durch Änderung von Catone in Catoni den Sinn der Worte
abschwächen zu können glaubte. Der Sinn würde dann nicht
der sein, dass die Vierzig von Cato und seinem Anbang wie
Opfertiere hingeschlachtet wurden, sondern der» dass sie
ihnen gewisserniassen .geopfert* wurden, wobei man an wirk-
liches Blutvergiessen nicht zu denken brauche, wenn auch der
Famphletist den Mund mögliehst voll nehme und von dem Blute
80 vieler unglacklicher Bürger spreche, an dem sich jene ver-
worfene Menschenbrut nicht habe ersättigen können.
Wer die Sprache der damaligen römischen Partei polemik
keimt, wird die Möglichkeit einer derartigen Interpretation
an und fElr sich nicht in Abrede stellen und ohne weiteres zu-
gebeUt da*s man die blutigen Bilder dieser echt Küdländischen
Rhetorik keineswegs immer im buchstäblichen Sinn zu vexw
t) Jedünfatlfl w&re die« lucbt im Siniie QuintüianB gewesea! Vgl.
l e^ Ig. _ lT|,er dl " Hrung Cttttw gfsmde io der Rhetorün-
•cbttle I. Breuer, von ik*r Verfwwijög de« StAÄt».,,
Arohiv für rhiluaophie 14*03.
Zur Geschichte der anÜken Publicistik,
stehen hat. Gebraucht doch z. B. Cicero das Wort mactare
von Opfern des Partei kämpf es, ohne dabei an Hinrichtungen
zu denken. Er spricht von dem Opfer seines eigenen Blutes,
wo es «ich um weiter nichts handelte, als um seine Verban-
nung!^)
Allein so richtig das alles ist, auf den vorliegenden Fall
acheint es mir doch nicht anwendbar. Denn wenn zwischen
dem, was der Paniphletist als persönliche Anschauung Sullas
ausgibt — dem Verzicht auf zahlreichere Hinrichtungen — ,
und dem, was nach seiner Ansicht iu das Schuldbuch der Ari-
stokraten überhaupt gehört, ein wesentlicher Unterschied be-
stehen soll, so kann der Sinn doch nur der sein, dass sich
letztere wirklich blutgieriger gezeigt haben, als jener, dass
zahlreiche Bluturteile auf ihr Konto kommen.
Die Zeit, in der diese Bluturteile erfolgt sind, wird nicht
Iher angegi^ben ; aber der Text enthält doch einen Fingerzeig,
»n man bisher übersehen zu haben scheint, der aber für die
Beurteilung der Frage entscheidend ist. Ea werden nemlich
unter den zahlreichen Opfern dieser aristokratischen Justiz in
erster Linie 40 Senatoren genannt, genau so viele, wie nach
Appian b. c. 1, 95 auf der suUanischen Proskriptions-
liBte standen. Eine Übereinstimmung, die doch Beweises ge-
nug dafür ist, dass der Paniphletist die Zeiten der suUanischen
Schreckensherrschaft im Auge hatte.
Dann müssen aber auch die Namen, die man jetzt in un-
serem völlig verderbten Text liest, ursprünglich so gelautet
haben, daaa sie in den Kahmen dieser Zeit hineinpassen. Nun
begegnet uns unter den Opfern der Restauration und zwar ge-
rade unter denen, deren Untergang recht eigentlich das Werk
des Pompeius ist, ein Carbt) und ein Domitiüs. Auch in dem
einen unserer Pamphlets werden sie als solche namentlich auf-
*) Vgl. die von Hellwig, dem Vertreter der geuannteu Anßicht zi*
tierteii täiellen (S, 23) bes, pro Flacco 52: liuic illi legiito patroniun e«*
am L, Flaccinn mactandum civitatifl teatimonio tradidiBsent; und post
r<vl. ad Quirit. 16: cum omnia cum ohum1)Us foedera recoiiciliiitione izni-
tiarutn languine meo Bancireutur.
42
Haben Pähimamn
geführt,') Liegt da nicht die auch schan von ao derer Seite*) aus-
jfesprochene Vermutung ausserordentlich nahe, dass diese bei-
den Namen ursprünglich auch im Texte des zweiten Pamphlets
standen und erst von einem Späteren, der die hier erzählten
Schlächtereien auf die Zeiten des Kampfes mit Cäsar bexog,
mit den Namen der damaligen in demselben Pamphlet ge-
nannten aristokratischen Führer, des Cato und L, Domitius')
vertauscht wurden?
Allerdings müsste der ursprüngliche Text bei dieser Auf-
fassung gelautet haben: at hercule cum Carbone Domitio ce-
terisque etc. Allein der Ausfall dieses cum kann sehr leicht
durch das cu in Hercule veranlasst worden sein, an das dann
von der mechanisch fortschreitenden Hand der Endkonsonant
von cum angeRigt wurde. Durch das Wegfallen von cum aber
wurde auch die Bedeutung des Namens Carbo unverständlich
und eben jene andere Erklsirung nahegelegt, dass es sich hier
um Männer handelte, die nicht Opfer, sondern Urheber der
im Text erwähnten Bluturteile waren: eine Deutung, aus der
sich die Änderung von Carbo in Cato und die von Dornitius
in L. Dornitius von selbst ergab. Wurde doch diese Umdeutung
Ufich dadurch erleichtert, dass beidemal ein Dornitius in Frage
kam und — wie das Fehlen des Pränomens bei Catonem be-
weist — im ursprünglichen Text die Pränomina fehlten, also
die Wahl zwischen verschiedenen Domitiem freistand.*)
Die Möglichkeit, um nicht zu sagen Wahrscheinlichkeit,
dass die Heilung der verderbten Stelle auf diesem Wege xu
suchen ist, kann nicht bestritten werden und solange hier Mög-
lichkeit gegen Möglichkeit steht, kann die Stelle jedenfalls bei
der literarischen Würdigung Am Autors nicht in die Wagscbale
fallen.*)
'I l, 4. L VrI, Vttlt'riiis ^luximuu VI 2,8. *^) von c^pandau, 6, 11.
•) Jdner andere Douiitins hiefd Cn^ f^oiTiiiiua.
*) Ich vcrwoiiM^ hier auch ftufdii rx,
tt. 11,0,, 8. 102 aber ,f|jw betjneme Wit i'tt
»iifÄU bürden*, ohne A^vm rtian tiedftikt» ,wie tlM in be«*/en Hand«clmfteif
of!. di*Ti Kisr^nnjimoTj mit 't win!*,
*) Alloniing"« 5»et?.t .torpretatioi] bei dein Pamphlet isten eiat?
Zwt QeBchidUe der antiken FubUdMilt.
Für die Annahme, dass derselbe die Gräuel der sullani-
len Restaurationszeit im Auge hatte» spricht übrigens auch
r umstand, dass diese Greuel ohne Zweifel eine Hauptrolle
in dem Sündenregister spielten» welches die demokratischen
Agitatoren und besonders die cäsarianischen Volkstribunen, ein
Sallust, Curio u, A., nicht müde wurden gegen die Optimaten
auszuspielen.^) Und in deren eigenen Keihen wurde es ja ganz
offen au8gesp rochen, dass der Sieg über Cäsar gleichbedeutend
sein werde mit sullanischen Proskriptionen und Schlächtereien/^)
Der Verfasser des ersten Pam|>blets hat daher ganz Reeht, wenn
er Ton den Beschuldigungen redet, welche kurz vor dem Aus-
bruch des Bürgerkrieges gegen die Feinde Cäsars erhoben wur-
den, und die sich eben auf diese Vergangenheit des Pompcius,
sowie auf den »sullanischen Sieg* bezogen,') Und wenn der
Verfasser des zweiten Pamphlets sagt, dass nie ein Mensch im
Siege so schonungslos verfahren sei, wie die verbasste Aristo-
kratenbrut, kann er da einen anderen Sieg vor Augen gehabt
haben« als ^ben die victoria Sullana, die diesen Leuten so um-
nde Gelegenheit gab, ihre blutigen Instinkte zu befriedi-
m? Sie iüt ihm Beweises genug dafür, wie diese Leute eine
ihnen durch Zufall und fremde Xachgibigkeit zugefallene Macht
ausnützten!
Und vielleicht hat hier das eine der beiden Pamphlets
eben die antiaristokratische Polemik des anderen im Auge ge-
habt! Eine Vermutung, die sich darauf berufen kann, dass
zwischen den beiden Schriftstücken ohne Zweifel irgend ein Zu-
sammenhang besteht. Es würde den mannigfachen wörtlichen
gewlaae iprunghafte Art in der Aiioiiiaiiderreihuiig der Gedanken voraus.
Aber ganule das i^t ciiie Schwäche, von der die Schrift auch sonst nicht
frei iit. Man vgl, z. B. nur c. 10 § 5 u. 6, wo der fitilistische und logi-
iche Ziiaammenhang der Gedanken ebensowenig einwandfrei ist!
M Vgl. z, B. Cicero ad fam. VIII, 11.
*) Cicero ad Att. IX, 7, 3: tnirandnm in modtns Gn^as no8ter Sul-
lani regni irimilitudineni concupivit. — Ib, fX. 10. 6: Sullftturit ani-
mtu etiia et proixmpturit iftm diu. — 1h. X^ 7, 1; si vincit, Sullano
moT«^ exemploque vinret.
«) l i, L
^^f*
44
BobeH PMmann
Übereinstimmungen nur nocb eine weitere hinzufügen, wenn
der Hervorhebung des an Carbo und Domitius verübten Mortli^s
in der einen Schrift eine ähnliche Bemerkung in der andern
entsprochen hätte.
So kommt man denn bei einer unbefangenen und beson-
nenen Analyse immer wieder zu dem Ergebnis, dass die üb-
liche Art der Beurteilung im Eifer der Destruktion den rätsel-
haften Schriftstücken nicht im mindesten gerecht wird. Man
mag die Autorschaft Salhists auch fernerhin bezweifeln, — da-
mit, dass man nun die Pamphlets irgend einem späten Dekla-
mator zuschreibt und sie dann achtlos bei Seite legt, — damit
ist für den Historiker die Frage nicht erledigt, und am aller-
wenigsten wird er einer Methode zustimmen können, welche
Angaben der Pamphlets, für die sich in der sonstigen Über-
lieferung keine Belege finden lassen, einfach als Erfindung
dieses Deklamators hinstellt.
Man vergleiche nur einmal das zweite Pamphlet mit einem
wertlosen Machwerk der letzteren Art, wie wir es 7. B. in der
Invektive Ciceros gegen Sallust besitzen. Die geschichtliche
Kenntnis erhebt sich hier nicht Über das, was sozusagen auf
der Strasse lag, jede Anspielung auf eine bestimmte Zeit, jede
etwas individuellere politische Äusserung wird sorgfältig ver-
mieden.*)
Wie ganz anders der Verfasser jenes Pamphlets! Er
schreibt unter der Voraussetzung einer ganz bestimmten, zeit-
lich engumgrenzten politischen Situation, er kennt und cha-
rakterisiert — zum Teil sehr glücklich — eine Keihe einzelner
Persönlichkeiten und Zeitereigniiswse, ohne dass ihm bisher ir-
gend ein AnHchronisnius, irgend ein Herausfallen aus der Rolle
wirklich nachgewiesen wäre; er scheut endlich nicht vor Ur-
teilen und Schilderungen zurück, die ein recht individuelles
flepräge zeigen ♦ wie es sich nur erklärt , wenn der Verfasser
entweder der Zeit selbst nahestand oder aus guter — ^i es
nun zeitgenössischer oder auf seeitgenossische Quellen zurück-
'I Vgl. ditt duuiLkterifftik ron Rejfcxensicdn, a. a. 0., S. 9S.
Zur Geschichte der üniiken PuhlidstiTc,
45
gehender — Lberlieferung gescliöpft hat. Eine Annahme, die
^ durch eine genauere historisch-politische Analyse nur besttitigt
winl.>)
n.
I
I
Für die Beurteihnig der Echtheit eines politischen Schrift-
stücken oder der geschichtlichen Kenntnis seines Verfassers ist
von grundlegender Bedeutung die Frage, ob die Situation, aus
der heraus der Verfasser schreibt oder zu schreiben vorgibt,
richtig gezeichnet ist oder nicht. Allerdings können auch in
den echtesten Schriften der Art die gröbsten Nachlässigkeiten
vorkommen, wie wir denn z. B. von einer Flugschrift Curios
gegen Cäsar wissen,*) dass der Autor das in derselben ent-
haltene fingierte Gespräch in Cäsars Konsiilatsjahr verlegte und
trotzdem darin auf Handlungen Cäsars Bezug nahm, die erst
io das Jahr 58 und die folgenden Jahre seiner gallischen Ver-
waltung fallen- Allein im allgemeioen wird man in dem Fehleu
solcher Anachronismen immer ein Präjudiz wenn nicht zu Gun-
sten der Authenticität, so doch wenigstens der geschichtlichen
Kenntnis des Verfassers erblicken dürfen.
Es ist daher gewiss nicht bedeutungslos, dass das (zweite)
Pamphlet an Cäsar, welches denselben angesichts seines Kon-
fliktes mit der herrschenden Oligarchie zu einer umfassenden
llcfonn des Staates aufruft, in dieser Hinsicht allen Anforde-
rungen der historischen Kritik entspricht.^)
^) übrigens müöden auch philologiaclie Beurteiler, wie £. B. Schenkl,
der Bonst gaii2 auf Jordniis Staadpuakt ateht, zugeben, dane die Spruch-
liehe ArgumpDtiitiou Jorda.oei diircbuus mebt genügt, um mit Jordan die
Taiiiphlets in die Zeit der Fluvier oder später zu setzen. Schenkl meint
M»gEr: pSie sind unter dem frischen Eindruck des Staat^lebena und der
Vcor^uiUlig wilhrend der Uerrschaft des Augustus geBchiiebeu!' A. a. O,,
») Cicero, Brutus 218 f.
^) Ich behandle den in der Überlieferung der , Rede* Jiachgeietstten
Brief stuerat, weil «ich sein Inhalt auf die Situation vor dem Siege Citaar«
bezieht, wührend die ,Eedo' an den Sieger Cn^iar gerichtet ist. Wenn
Hftiilvr, IL. a. 0, 8, 130 UDij^ekehrt die .B^de' tin älter und es daher auch
^A
4«
Sobert PMmmm
Der Autor rersetzi uns in eine Zeit, in der die Verkajid-
lungen über die Vollniacbten Cas&rs ftuf eme Katastrophe hin*
drängten, die extreme Senatsftartet io Rom vollkommen das
Übergewicht gewonnen hatte. Und wenn der Verfasser diesen
Sieg der 0{jtimaten näher dahin bezeichnet, dass sie, sei es in
folge der Torheit der Pompeius oder infolge seiner Feindselig-
keit gegen Cäsar, die Waffen gegen den letzteren in die Haad
hekonunen hätten,^) so ergibt sich als der entscheidende Mo-
ment der grossen Kri.si8, der zugleich als der eigentliche An-
las» der Flugschrift erscheint, der Staatsstreich des Konsuls
C. Claudius MarceUus, eines leidenschaftlichen Optimaten, der
sich — in Verbindung mit den ftir 49 erwählten Konsuln und
anderen gleichgesinnten Senatoren, — Anfangs Dezember 50
auf eigene Faust mit Pompeius dahin verständigte, dass der*
selbe den Oberbefehl über die Truppen in Italien und zugleich
das Mandat übernahm, dieselben durch Aushebungen in Italien
2U verstärken* Eine Entscheidung, durch welche die Optimaten
in der Tat erst aktionsfähig wurden, sodass der Pamphletist
sehr wohl von Pompeius sagen konnte: ita lapsus est, ut bo-
stibus tela in manus iaceret. Ohne den Imperator und seine
Legionen wäre die Verfassungspartei ohnmächtig gewesen!*)
Daher rechxiet auch Cäsar den Beginn des Kriegszustandes, das
initium tumultus von dem Zeitpunkt an, in den diese Ent-
scheidung des Pompeius fiel.*) Und ohne Zweifel hat der Pam-
phletist dasselbe im Auge, wenn er Pompeius der conturbatio
rei publicae beschuldigt*).
ftlr lach] ich ricbtlg hält, dtuu der Kedakt<»r nach der hei den änJlmit-
exzf^rptcn beobaehtetifu Heibenfolg^ die »Ro«!«* vor <1^ii Brief ietst, so
^vermipAe ich für dieaf Ansicht «»ine g'enü^ende BegrüuiJung.
*) 8, l.
*) Vgl. den b«»»eichi>^nden 1 unweit» des Pomptiuü im CHsar, h, f VM
cöpias flua« exponit. legioDefi habere »ese paniUä ]%,
>) b. V. l 2, 3: 4, 6; 7. 7, Vgl. Cicer ' ' : Vir, 4 «nd daxu die
AuÄfrkhruiig«»!! NJÄnetui, Der Aufbruch de* '*gea iiJ v. Chr. lliiit-
f^iUchr. Bd. 46, 8, 55 ti. 75.
*) ^, 1. VgK tmub die ZtifninnieiiAiiiiUiig d«r Ergt^bnisi«* der Opti.
miitimpotitik \m CmLT U 6: cmttiia lUWna luimaiiatjue ium p<iriittflO(iiitiir*
Zur Oeachichte der antiken PttUkintik,
47
Als weitere Folge dieser ^Verwirrung* des Staates wird
dann in unserer Denkschrift der ^Umsturz der Freiheit* be-
zeichnet (libertas eversal)/) zu deren Wiederherstellung Cäsar
aufgerufen wird. Eine Äusserung, die sich zur Genüge aus
dem SenatÄbeschluss vom 7. Januar 49 erklärt; dem senatus
cotisultuni ultimum, das ja gleichbedeutend war mit der Sus^
pensioD der wichtigsten Volksreohte, mit der Beseitigung aller
verfassungsmässigen Schranken. Der Senat konstituiert sich
als eine Art Wohlfahrtsausschuss mit unbeschränkter Souve-
ranetät. In seiner Hand vereinigt sich die höchste administra-
tive, wie gerichtliche Gewalt, Was ihm die Zeitlage an Mass-
regeln in Bezug auf Rüstung, Kriegführung und Ergreifung
?0D Zwangsniassregeln jeder Art gegeu Bürger und Bundes-
genossen zu erfordern scheint, darüber entscheidet er oder viel-
mehr diejenigen, denen er die Exekutive anvertraut, mit ab-
Printer Machtvollkommenheit.^)
Diese Situation, in der der Pamphletist ebenfalls eine Kon-
8ei[Uenz des Verhaltens des Pompeius sieht, wird von ihm da-
hin charakterisiert, dass das Recht der obersten Entscheidung
über Einnahmen und Ausgaben des Staates, sowie auch die
Gerichte an eine Handvoll Senatoren ausgehefert seien, duss
das römische Volk seiner Souveränetät beraubt in Knechtschaft
herabgedrückt sei, dass in Rom wie in einer eroberten Stadt
an Stelle des Gesetzes die Laune und W^illkür einer Furtei-
dique herrsche.^) Eine Schilderung, die lebhaft an die Rolle
finnnert, welche in den Tagen der Krisis die zur Einschüchte-
M 3. 3.
^ Citdftr. a. a. 0. Da^u Salluat, Catilina c. 29i ea potestaa per te-
natutn more RomaDo magiatratui muxuma, permittitur ^ exercituxn pa-
rare, bellam gerere, coercere omnibus modia socio« atque civie. domi
miliiiaaque Imperium atque iudicium Buminum habere; aliter
populi iufiau nuUiuj t^arutn rerum consuli iua est.
^) S, 2; primum omDitmi summam poteBtatem moderaiidi de vecti*
g^ibus duoiptiboa iudicii^ teaatoribus paucis tradidit, pk«bem ßom&naiii,
quoiu^ anlea summa poteeta« erat, ne aequels quidem legibus io «ervi*
tute reliqiiit.
48
Mebm Pöhlmann
rung der cäsarianisclieii Masse in ßom Tersammelten potnpeia-
uischen Veteranen und Soldaten gespielt haben.*)
Auch das ist ein bedeutsamer und richtiger Zug in seiner
Darstellung^ dass er den Sieg der Aristok raten als einen »un-
verhofften* hinstellt. Man denke nur an die zögernde, dem
Drängen der Extremen ranglichst ausweichende Politik der Se-
uat«mehrheit| an die unentschiedene und zweideutif^^e Haltung
des Pompeius selbst, die bis zuletzt — noch im Januar 49! —
eine Verständigung der beiden Machthaber über die Köpfe der
öptiniaten hinweg befürchten liess!'^) Diese bis zuletzt be-
stehende Mciglichkeit eines Kompromisses zwischen den Impe-
ratoren wird uns nicht nur durch spätere Autoren, wie Vel-
leius (II, 49) und Plutarch {Pompeius 59, Cfbar 31), sondern
durch keinen geringeren, als den damaligen diplomatischen Ver-
mittler selbst, durch Cicero ausdrücklich bezeugt.')
Wenn uns femer als derjenige, auf dessen Vorstellungen
hin noch in letzter Stunde die Verhandlungen zwischen Pom-
peius und Cäsar abgebrochen wurden, (neben Cato) der Konsul
Lentulus genannt wird,*) so liegt schon in dieser Nachricht
ein Fingerzeig dafür, wer wohl der adversus consul sein mag,
gegen den Cäsar nach der Meinung des Paraphletisten die ihm
verliehenen beneficia populi zu verteidigen hatte.*) Er ist es,
der gleich am ersten Tag des entscheidenden Jahres 49 in der
berühmten Senatssitzung, in der das Ultimatum Cäsars verlesen
ward, als der leiden seh al'tl ich ste Gegner Cäsars auftrat Er ist
es, der als Vorsitzender Konaul an diesem und in den folgen-
den Tagen durch die Alt der Fragestellung die Abstimmungen
des Senates zu Ungunsten Cäsars beeinflusste und dem bekann-
ten die Entlassung der Heere beider Imperatoren fordernden
') terror prueaeiiUs exeiTÜns! Uä^ar 1, 2 ff,
^) T^l, Nisne^, a. a« 0., S. 66 nnd die dort angefahrton Stellen.
') Fiim. VJ, 6^6: victii e«it niictoritfv» tne« non tarn a Pompeio, —
na ED is miiTttbatur, — qaaui nb iiä, qui ducf; Pompeto freÜ peroppor-
ttjuam ei rebuf domeatid« et cQpiditatibua »ais illin» belli victoriam forc
|iut;tbaijt«
*) Vgl Nisaea« ft,*.0, »> 2, a.
Zur GtMchichle der antiken Pt^lkistik.
49
rStnilllujigsantrag mit rien drastischen Worten entgegentrat,
iXMia brauche Wafien gegen einen Räuber, nicht Stimmen!^)
Er ist es endlich, der in der entscheidenden Senatssitziing am
7. Januar die Initiative zur Vergewaltigung der cäsarianischen
Volkstribunen ergriff.
Kein Wunder, dass ihn Cäsar in den Denkwürdigkeiten
lüs den Hauptschiirer des Konflikts an den Pranger stellt und
mit ganz besonderer Bitterkeit hervorhebt» dass in den ersten
fünf Tagen, in denen nach dem Amtsantritt des Konsuls Len-
tulus üt^erhaupt eine Seuatssitzuug abgehalten werden konnte,
ilie Entacheidung über sein Imperium und die Vergewaltigung
der Volkstribunen im Senat erfolgt ist.*)
Man siebt, wie ganz und gar aus der geschichtlichen Si-
tuation und aus dem gegenseitigen Verhältnis der entscheiden-
den Persönlichkeiten heraus es gedacht ist, wenn der Para-
phletist den Kampf Cäsars um sein , Recht* geradezu mit einem
Kampf gegen den ,Konsul, seinen Widersacher* identifiziert.*)
Kurz man kann nach alledem sagen: Der Verfasser hat
aus einer höchst verworrenen Zeit, in der Verhandlungen und
Entscheidungen sich förmlich drängten, ein Augenblicksbild
gegeben, welches die wichtigsten Momente so scharf und klar
hervorhebt, wne e^ nur auf Grund einer klaren Anschauung
der Zeitverhältnisse möglich war.
Diese für die Beurteilung der Schrift gnmdlegenden Ge-
sichtspunkte, die gerade nicht für die Abfassung durch einen
späten Rhetor oder gar Ithetorenschüler sprechen, hat die bis-
herige Kritik völlig verkannt und daher als die — sei es nun
wirkliche oder fingierte — Abfassungszeit entweder das Jahr 51
oder das Ende des Jahres 46 zu erweisen versucht, obwohl die
Schilderungen der Zeitverhältnisse bei dem Pamphletisten sich
zum Jahre 51 nur durch eine sehr künstliche Interpretation
in B«>zug setzen lassen*) und bei der zweiten Datierung vollends
») Flutarch, Äntoniiia 5, 4 oiid Caaar 30, 3. ') I, 5, ») 2. 3.
*) Nftch dieaer von Hellwig, S. 2d f. vertretenen Hypothese aoU sich
i«r 8ftt% über Pocupeius c. 3, I aaf desBcti 3. Kou^ulat, daa .teU in ma-
niw iftcore* auf die Gerichte beziehen! Die Äuaüeruiig »Poiupeiiu aut
liNM. 8iix«ab. et pbUoB.-pbllöL u. d bist. Kl i
50
Hohert Pöhlmtmn
angenommen werden niüssie, dasa der Parapliletist die betutin-
testen Männer wie z» B. Cato in einer Zeit als lebend aufge*
RUirt hat» in der dieselben bereit« verstorben waren!*) Eine
Annahme, die eine so kindliche Unwissenheit bei ihm V€>rau8-
setzt, dass, wenn sie Recht hiltte, seine Schrift allerdings? ohne
weiteres al« spätes Machwerk der Khetorenschule gebrandmar|
wäre!
Schade nur, dass dieser künstlich in die Schrift hincm-
gelesenen Unwissenheit in Bezug auf die Geschichte allbekannter
Zeitgenossen eine lebhafte Charakteristik derselben Männer
gegen übei^steht, zu der der Verfasser das Material nur aus einer
genaueren sei es persönlichen oder geschichtliehen Kenntnis
entnehmen konnte!
Äusserst geschickt lasst der Paraphletist diese Reihe too
Aristokratenporträts, welche die ganze Erbärmlichkeit und Nich-
tigkeit der Gregner veranschaulichen soll, mit dem Konterfei des
ehemaligen Kollegen Cäsars im Konsulat (59) beginnen: des
starrsinnigen Schwachkopfes M. Bibulus, der damals CSsar von
der Nobilität zur Seite gesetzt worden war, um seine Plane zu
' durchkreuzen, aber dabei nicht nur völlig Schiffbruch gelitten
hiitte, sondern auch noch durch die Art seines Vorgehens, —
er sehloBs sich uemlich nach »einem Fiasko während der ganzen
übrigen Zeit seines Konsulates schmollend in sein Haus ein, —
den Fluch der Lächerlichkeit auf sich geladen hatte. Von seiner
ohnmächtigen Wut gegen Cäsar zeugten noch den Späteren
seine Edikte, die mit so boshaften InvekUven gegen Cäsar ge*-
animi pravit&te aut quia nihil eo tualuit quod tibi ob€R»et, ii* Upeo«
eBt etc/ pa«se nicht in eine Bpät^re Zeit, wo aa der offeaeD Gegner-
schaft dea Pom peius gegen CiUar nicht mehr su £Wi«ifeln gewesen aet.
Als ob man nicht noch bi^ in den Anfang des Jahren i^ an die Mög-
lichkeit einer Ver»tJlniligung geglaubt halte! S. oben 8. 48.
*) Jordan, der dieite Anklage gt^gen den Verfkaeer isrhehi, itütst
dieselbe auf die faluche Annithnie, das« die 3, 1 enthaltenen Worte aber
Pompeiuti vrti »ach deawm Niederlage geschriehmi sein kOnafi^a, und
äüM» ilie Heforraronichlttge des Verfassers die ühertnigung dtir Diktatur
an VüAiLr im Jalire 46 vomusiotaen. B<«hauptungeti, du* kt^iner Widar*
liigung bedürfen.
Zur Geschichte der antiJcen PuhJicisii'k.
Spickt WBreiit dass sie Cicero förmlich ,archilochiscli* anmuteten
und von ihm sy»teniatiscli verbreitet wurden.*)
Kann et^as treffender und zugleich boshafter sein, als die
Bemerkung, mit der der Vejfüi^aer diesen öegner abtut: »des
M. Bibalus Heldensinn und Geisteskraft ist in das Konsulat
eingedrungen: der zungeiilahme Mann, mehr bösartig als schlau^
was wird der wagen, nachdem ihm das Konsulat, die höchste
Wflrde zur hÖchi>ten Schmach geworden ist?'^)
Dem Charakterbild des ehemaligen Amtsgenossen reiht sich
die schon früher erwähnte moralische Vivisektion von Catoa
Schwager L. Domitius an,^) die keineswegs bloss die typische
Phraseologie der damaligen Parteipolemik erkennen lässt, son-
dern ohne Zweifel auch die Kenntnis wirklich vorhandener Cha-
rakterzüge nnd ganz bestimmter Vorkommnisse im Leben des
Manties voraussetzt. Die Verlogenheit (lingua vana), die als
erster Zug in seinem Charakterbild vorangestellt wird» ist ja
»ich nichts, was ihn von den zeitgenössischen Politikern
^rhiiupt unterscheidet, Dass er aber selbst dasjenige Durch-
schcittsiRftss von Verlogenheit, das man an dieser Gesellschaft
gewohnt war, um ein Erhebliches übertraf, das hat er noch in
demselben Jahre (Febr, 49) als Kommandant des von Ctisar be-
lagerten Corfiniuni bewiesen, wo er den verunglückten Versuch
machte, «eine eigenen durch falsche Vorspiegelungen getäuschten
Truppen verräterisch zu verlassen und bei Nacht und Nebel mit
«einen Offlzieren auf- und davonzugehen I Eine Handlungsweise,
die snigleich eine trefiHche Dlustration zu dem in unserer Schrift
gfgen ihn erhobenen Vorwurf der Uasenfüssigkeit (pedes fu-
gBces) bildet. Wahrscheinlich ist Übrigens dieser letztere Vor-
wurf des Pamphletisteu eine boshafte Anspielung auf eine Epi-
siode dea Jahren 55, wo Cato, Domitius und ihre Gesinnungs-
genossen durch ihr Auftreten gegen die Triumvirn auf dem
Harsfeld in ein Gefecht mit einer bewafliieten Bande verwickelt
wurden, in welchem Cato den Domitius fast mit Gewalt auf
«J Ad Att. 2, ly U. 20. 6. Vgl. Sui^on, Cll^nr r, 9 10 >i. 41).
»1 II, h ») S. oben, S. 27,
4»
Mobert Pöhhnaim
dem Kampfplatz festhielt, zuletzt aber doch Alle FerseiigeH
geben mussten!') Eine Episode, die der Polemik der Volkspartei
gegen die beideu aristokratischen Führer gewiss Stoff geinig sfiu
Spott und liohn gegeben hat.
Auch der Vorwurf der Verlogenheit hätte im Munde eil
cäiäarianischen Parteigängers eine ganz besondere Bedeutung ge**^
habt, augebichät der schadenfrohen Bemühungen des Dumttius,
die übertriebenen Berichte über einen militärischen Misserfolg
Ciisars im Jahre 51, auf die er »Üe grusst^L^ üoffnung setzte,
überall zu verbreiten.^) Was endlich den Blutdurst (manus
cruentael) des Domitius betrifft, so hören wir, dass er einst als
Sullaner sich aus den Gütern der Geächteten bereichert hatte,')
also in der Parteipolemik ohne Zweifel unter den Mitschuldigen
der sullanischen Greuel figurierte, dass er ferner als Prtitor im
Jahre 58 den, — allerdings auch gewaltsamen, — Versuch des
Volkstribunen Maiilius, den Freigelassenen das Stimmrecht in
allen Tribus zu verschaffen, im Blute der Gegner erstickte und
sich dadurch den Hass einer grossen Bevdlkerungsklasse zuzog,*)
dass er endlich später im Senat des Pompeius derjenige war,
der als der Einzige für den Fall eines Sieges der Senatspartei
die Ermordung nicht bloss der Gegner, sondern auch der neu-
tral Gebliebenen gefordert hat! Kein Wunder, dass Sueton^ der
ihn ganz im Sinne unseres Pamphletisten einen ,vir neque satis
constans et ingeoio truci' nennt, bei der Vorführung von Cha-
rakterk^pfen aus der Ahnengalerie des Kaisers Nero gerade
seiner besonders ausführlich gedacht hat!^)
Sehr geschickt ^ ' ■ 'h der Verfasser aus der Schwierig-
keit, mit einer Per- it wie Cato fertig zu werden. Er
^] riulanh, Pi>ti]|>eiua 52, Cato 41, Ci ;tr 21. — Ca^u«
Dio 39, 31. Vgl. übrigeBs nuch den Sclil ^Uara Über Pbar-
h^luH II L 99; L. Domitius ex eaitri» la moote^m refisgieua etv.
>) Cicero. Farn, 8, 1, 4.
•) Cimmm IHo 41. 11.
*) S. A^r, - jl: «^uij huto vi pur
hem itifiwam tu init?mt.
Zur Oe$ehichte der antiken PMieMk.
53
I
ID tiicbt umhin, zuzugestehen, dass dieser Mana unter den
Spttxen der konservativen Partei der einzige sei, der ihm nicht
ohne weiteres verächtlich erscheint. Er spricht von seiner gei-
sdgea Gewandtheit, seinem Wissen, seiner Beredtsamkeit, aher
freilich in Wendungen, die diesen Zügen einen bedenklichen
Beigeschmack geben, Sie herssen ihm Verschlrigenheit, Schlau-
heit, Zungenfertigkeit, Eine Charakteristik, bei der man sofort
an die Rolle denkt, die Cato als einer der gefürchtetsten Dauer-
redner im Senate gespielt hat. Und die Hervorhebung gerade
dieser Züge gibt dem Verfasser dann weiter die Müglichkeit,
von der Person des Cato ganz abzuspringen und seine Beweis-
ftihruog auf das Gebiet allgemeiner Erwägungen hinüberzu-
apielen. ,Solche Eigenschaften, — meint er, — erwirbt man
in der Schule der Griechen/ Was man aber bei den Griechen
nicht finde, das sei Tapferkeit, Wachsamkeit, praktische Arbeits-
leiBttmg. Was der Verfasser dem gefeierten Republikaner nicht
gerade direkt absprechen will, wird als Defekt seiner griechi-
schen Lehrmeister und Vorbilder hervorgehoben und so we-
nigstens mittelbar auch bei ihm in Frage gestellt; — woran
«ich dann die nur zu nahe liegende Bemerkung knüpft, ob man
denn im Ernste glaube, dass es möglich sei, mit den Theorieu
ton Leuten, die durch ihren Mangel an Tatkraft die eigene
Freiheit verloren hätten, einen Staat z\i regieren. Ein Argu-
ment« das die eigentliche Schwäche des Catonischen Stand-
Punktes, seine Abhängigkeit von doktrinärer Schulweisheit tref-
fend kennzeichnet und ja auch schon von den Zeitgenossen ge-
gen diesen ^politischen Don Quixote der Aristokratie' geltend
gemacht worden ist*
Oberhaupt entsprechen die Schlagworte, deren sich der
Verfasser bei seiner Kritik Catos bedient, durchaus der An-
schauung der Zeit und zwar gerade der Partei, in deren Na-
men er spricht. Eine Tatsache, die man merkwürdigerweise
btsber völlig übersehen hat. Denn wenn er als die Eigen-
schaften, die man in der Schule der Griechen nicht erwerben
}nne, virtus, vigihmtia, labor bezeichnet, so hat ganz ähnlich
loai in der vergleichenden Charakterschilderung, die er im
ü
Jtufrerf Pmmanm
Catilinä v/)n Cäsar und Cftto gibt,^) von dem ersteren — Jl
Hinblick auf seine ungeheuere Arbeitsleistung — gesagt: ia
nniinum induxerat laborare vigilare*; und dem grossen Demo»
kraten Marius legt er im Jugurtlm*) die Worte in den Mund,
er sei nie in die Schule der Griechen gegangen und habe sich
nie um griechische Literatur gekümmert, da dieselbe den Lehr-
meistern selbst zur Tüchtigkeit (virtus!) nichts nütze gewesen.*)
Ein Ausspruch, ganz im Sinne eines Geschlechts, das mit ,mi4-
leidvoller Verachtung auf die ,F^atxo* Kai oxohwnxoi*^ herab-
blickte, die — vaterlandsloH, wie sie waren. — nichts Iiessere«
zu tun hatten, als literarischer Muse zu leben',*) Und hat nicht
die moderne historisch-politische Kritik gegenüber dem gehÜg
hcr\"orragendsten der Männer, die damals ftir das Best^iend«
eintraten^ ein ganz analoges Moment hervorgehoben, um die
Schwäche seiner politischen Position zu kennzeichnen? Was
man neuerdings gegen dieselbe — echt doktrinäre — , Verbin-
dung von griechischer Theorie und römischer Praxis* bei Cicero
eingewandt hat,*) berührt sich doch recht nahe mit der Pole-
mik des Pamphletisten gegen den Doktrinarismus Catos!
Man sieht, was es mit der Behauptung Jordans auf sich hat,
dass diese Polemik nur die , alberne antihellenische Schuldekla-
nuition eines Magisterleins* (inepta magistelli contra Graecos
declamatio) sein könne.*) Eine Polemik, die genau denselben
Gedanken enthalt, den der grösste Geschichtschreiher der Zeit
den Cberwinder der Cimbem und Teutonen auf dem romischen
Forum aussprechen lasst!
Am glücklichsten ist nun aber wohl die Art und Weise,
wie der Pamphletist zum Schlnss nacVi ein paar der schwäch-
sten Kämpen der Ollirarchie aljtnt, einrn ^«'♦•wissen L. Postümius,
*) neque Uttttros (iraecii« didld: jArvtm plmeebat üftAcüicere quippe
i|iiae ad virtut«m doctoribus nlhW prafucraiiL
^} N ordern, Antike Kunslpro^tA I, 24 L
^)fr, Caner. CiceroR politiscbci Denken, S. 3€, Vgl Schwarldi^ |
ChÄrnktiirk/Tpff» aun At^r antikr^n Lit(*ratnr, S. 108.
«) A. a, 0.» S. 17.
Zwr GeschiekU *ifv nntikmk PMicistik.
55
wir überhaupt nur aus seiner Schrift kennen, und M. Fa-
voniu«, einen bekannten Prinzipictinarren und Phrasenhelden,
der seinem Abgott Cato überall wie ein Schatten folgte*) und
trotz seines unverfälschten Kepublikanismus durch seine pol-
ternde Art den eigenen Parteigenossen lästig wurde. Cicero
fergleicht einmal seine Beredtsamkeit ironisch mit dem Gang
eines Mühlen werks;^) und Brutus hat ihn einmal einen cyni-
scboD Dummkopf genannt und ihm ob seiner Zudringlichkeit
geradezu die Türe gewiesen!^) Der Pamphletist aber sagt von
ihm und jenem andern uns unbekannten, sie kämen ihm %^or,
wie der Ballast eines grossen Schiffes. »Kommt man wohlbe-
Iten an, so kann man sie gebrauchen. Hat man aber mit
Schwierigkeiten zu kämpfen, so wirft man sie ^oerst über Bord,
weü an ihnen am wenigsten verloren ist!**)
und nun vollends der Hohn, der über den vornehmen
Pdbel in seiner Gesamtheit ausgeschüttet wird, diese »adeüchen
Nulidu', die den Verfasser an die Inschriften von Statuen er-
innarti^ — wohlklingende Namen, — sonst nichts!^)
Man sieht: all das ist ganz und gar auf den Ton ge*
ßtimmt, wie man ihn nur immer von der politischen Parteipo-
lemik einer Zeit erwarten kann, die an , politischen Zerrbildern
überreich* war. Es sind Stimmungs- und Charakterbilder, die
ikiten Ursprung nicht dem Dunkel der Studierstube, sondern,
sei es nun unmittelbar oder mittelbar den Kärnpten des Tages
und einer lebendigen Anschauung von Menschen und Dingen
verdanken.
^) aemnlua Catonia nennt ihn SuetoD, Octavian c. IS*
«) Äd Att. n, 1, 7. ») Plutarcb, Brutus 34,
*) 9, 4: L, Poatuinii M. Pavonii mihi videntur qaast magnae na vis
•vpervaeanea ooera ewe: ubi falvi pervenere, tisui sunt; si quid adverri
ooortum e^t, de illeis potii^siTnain iactura fit» quia pretii mmimi sunt.
Dieser Vergleich entbehrt nicht eines gewifiaen pikanten BeigeschmackeB,
wenn man an das von Cicero gebrauchte Bild von dem Schiff denkt, in
d«n er alle .Guten' vereinij^t aieht; una navia est iam bonoram omnium.
Ad &m. Xn, 25, 5 (nach Casani Tod!).
^ reliqm de factione sunt inertisBimi nobiks, in (iiiiba« dcut in ii<
talo pra4>ter bonum nomen nihil mt additamaiti.
M
Jiobefi P<fhlmann
Von dei'selben lebendigeo Kenntnis zeugt der glückliche
Gedanke, die Erbärmlichkeit der herrschenden Klasse an dem
Scliicksal des Mannes zu veranschaulichen, der, — aus ihren
eigenen Reihen hervorgegangen und ein überzeugter Vertreter
der konservativen Interessen, — die Bahn grosser organischer
Keformen beschritten hatte, aber an der Haltung seiner eigenen
Standeagenossen gescheitert war: des ,njachtigen Tribunen")
des Jahres 91 M* Livius Drusus.*) Der Hinweis auf den Miss-
erfolg dieses »Gracchus der AristokmtieS wie ihn Mommsen
treffend genannt hat, war in der Tat nur zu geeignet, die
Unfähigkeit und Unverbesserlichkeit der oligarchischen Klassen-
herrschaft an den Pranger zu stellen. Wenn allerdings das
selbstmörderische Vorgehen der Kegieningspartei gegen diesen
Patrioten einzig und allein aus der Furcht vor einem Staats-
streich desselben und diese Furcht nur aus den eigenen bösen
Instinkten der Aristokraten erklärt wird, so ist das ja keine
streng objektive, geschichtliche Auffassung, aber an eine solche
ist ja hier von vorneherein nicht zu denken; und es ist jeden-
falls diejenige, welche die antiaristokratische Parteitradition
ohne Zweifel tatsächlich formuliert und nicht ein später Rhetor
aus den Fingern gesogen hat.*)
Doch wir kommen zu dem Helden des VerfaBsers, zu Ju-
lius Clisar! Was die Denkschrift von diesem zu sagen weisd,
zeigt nicht nur eine genaue Kenntnis der bisherigen Laufbahn
des Mannes, sondern auch in der ganzen Art, wie hier das
Fazit derselben in kurzen prägnanten Sätzen gezogen wird,
eine beachtenswerte Gabe, aus der Fülle des Lebens das Ent-
scheidende herauszugreifen und plastisch zusammenzufassen.
,Wenn das, was Du im Innersten der Seele planst, — so
redet der Verfasser den Imperator an, — sich nur darauf be-
schränken sollte, d< * mIT Deiner Widersacher abzuwehreni
und gegen den feiu i Konsul das zu bcliau[)ten, was Du
dem Volke verdanksfc, bo dSehteat Du Gedanken, die Deines
*) Wio ihn Cicero nenuL
•) Zur r ^ '.
luai III 2 Uli
«) e, 0, S ff.
vjtl. Vollcinii 11» i:k vairnu* Maxi-
Zwr GtMchitMe der antiken F^bliciMlk, a7
hohen Sinnes nnwUrdig wären. Lebt aber in Dir noch der alte
Geist, der gleich im Anfang die Adelsclique auseinandergesprengt
hat und dem r(^niischen Volke nach harter Knechtschaft die
Freiheit wiedergab, der Geist, der Dich befähigte, als Prätor,
obgleich selbst waffenlos, den Feinden die Waffen aus der Hand
zu schlagen, der duheim und im Felde so herrliche Taten voll-
brachte, das? selbst Deine Feinde von nichts Anderem zu spre-
chen wagen^ als von Deiner Grösse» so vernimm, was ich Dir
er die Lebensfragen des Staates zu sagen habe!*')
Diese Charakteristik geht von der richtigen Auffassung
aus, dagg (Tiisar gleich in den Anfangen seiner öffentlichen
Laufbahn auf den Sturz der sullanischen Verfassung und auf
die Wiederherstellung der Denuikratie hingearbeitet hat; — eine
Auffassung, die die genauere Kenntnis der Zeit voraussetzt, in
der der jugendliche Demagoge Cäsar sich an der Agitation für
f Wiederherstellung der tribunicischen Gewalt und gegen die
T^na torische Monopolisierung der Gerichtsgewalt auf das Eif-
rigste beteiligt hatte. Was ferner das Urteil über die Prätur
Cftsars (62) betriff't, so wird natürlich wohlweislich verschwie-
Bn« das» es sich bei den Vorgängen, die der Pamphletist im
'Auge hat, ursprünglich um demokratische Gewaltpolitik
handelte^ in deren Dienst sich damals eben der Priitor Cäsar
stellt hatte! Er und seine Parteigenossen hatten versucbt,
trotz der Interzession des Volkstribunen Cato einen Antrag zu
Gunsten des Pompeius auf dem Forum mit Gewalt durchzu-
setzen, hatten aber vor den bewaffneten Banden der Regie*
rungspartei das Feld räumen müssen; — worauf Cäsar vom Se-
nate seiner amtiichen Tätigkeit enthoben wurde und sich —
_oach einem vergeblichen Versuch, dem Senat zu trotzen, — in
^m Haus zurückziehen musstel In dieser Situation, auf die
ler Verfasser mit der Bemerkung über die damalige Wehr-
losigkeit Cäsars anspielt, versammelten sich wütende Volks-
massen vor dem Hause Cäsars und boten ihm ihre Fäuste an,
uro die W^iedereinsetzung in sein Amt zu erzwingen. Er be-
») 2. 3 f.
Mtlbm Pöhlmann
sichwor sie, Äuseinanderaugelien ; — wnrauf der Senat, den
reits vor einer grosseu Volksbewegung bangte , den Bescbluss
Ober die Suspendiierung Cäsars wiederaufhob. ^) Ein Erfolg,
den eben der Parapliietist ira Auge hat, wenn er von der Ent-
waffnung der Gegner durch den waffenlosen Prator spricht.
Nun gibt uns aber der Verfasser nicht bloas för die Re*
volutionsepoche ein bedeutsames Stock Zeitgeschichte in demc
kratisch-cäsaristischer Beleuchtung; — auch die Art und Weil
wie er über die Vergangenheit der Republik*) denkt, re-
flektiert auf das Getreuest« die Anschauungen, wie sie sich
von» Standpunkt der Demokratie aus naturgeniäss ergaben.
Das ausschlaggebende Moroent in der inneren Entwicklung
Roms ist für ihn das Verhältnis zwischen Patriciat, bezw, No-
bilität einerseiU und Volk (plebs!) andererseits; und der poli-
tische Fortschritt besteht für ihn darin, dass sich die Macht
der Aristokratie gemindert und das Recht des Volkes gemehrt
habe. Ein Recht und eine Freiheit, die nach seiner Ansicht
dadurch verbürgt waren, dass damals noch nicht einzelne
Männer soviel Macht besassen, um sieh über das Ge^U: zu
erheben, und der Unterschied von Hoch und Niedrig noch
nicht durch Reichtum und KUssenhochnmt, sondern durch das
Verdienst bestimmt wurde, während andererseits der Bürger
als freier Mann auf freier Scholle sass und anch dem niedng-
«ten Volksgenossen bei der friedlichen Bebauung seines Bmlens,
wie im Heeresdienste nichts von dem mangelte, was zu einem
würdigen Dasein gehört. , Damals genügte jeder Bürger
sich selbst und dem Vaterland!*') Wie ganz anders jetxt,
wo der Bauer von seinem Gnmd und Bodf*n vertrieben und
ein heimatlOBer Mann t^eword^n ««^i, der , seine Freiheit zusamt
r lü.
Nprocheu: die vctuatutis exemtdii, wje m im b. c* t«
hnmillimiui qnisqne in njfrifi {*o oder arvia tnueii natürlich
ge1i*«en werdttn, nic^i armia, wie Jordan niicli der Handiichnfk. »cbreibi)
ant hl militiii nullius bonestnc m c^gcnt «att« tibi •atiüjue patriae
e r a L
») S»1H-
*) Ca.
G
heisst.
•I 5, S;
Zwr Oeschidiie ihr anüktn Puhliehtil',
59
dem Staate feilhalten^ müase, wo das alte Herrenvolk, das einer
Welt geboten, so tief gesunken sei, dass dem Bürger statt de^
Anteils an der Herrschaft nur noch ein Sklavenlos Übrig bleibe.^)
Die Art und Weise, wie hier der Verfall rler plebs ra-
stica als die entscheidende Peripetie in der inneren Entwick-
lung des römischen Volkes dargestellt wird, sowie die echt
gracchische Betonung des schneidenden Widerspruches zwischen
dem überkoronienen formalen Recht des römischen Bürgers und
seiner jetzigen wirtschaftlichen Lage lässt eine lebendige An-
schauung der politischen, sozialökonomischen und psychologi-
ßchen Tatsachen erkennen, von denen der Verfasser bei seinen
Kefonn vorschlagen ausgeht. Insoferne enthält diese kleine
Schrift mehr sozialpolitisches Verständnis, als sämtliche Werke
Ciceros, dem zeitlebens alles Wohl und Wehe des Staates
durch das Dasein und Tun einzelner Männer bedingt schien,
nicht durch eine gründliche Reform der Zustände.*)
Das Gebiet, auf dem die ungeheuere Schwäche in Ciceros
'politischem Denken liegt, ist gerade rlie Stärke des Pamphle-
tisten. Während wir bei Cicero vergeblich eine wirklich klare
und entschiedene Antwort auf die Frage suchen, weshalb denn
eigentlich Staat und Gesellschaft so tief gesunken waren, und
was zu geschehen hatte, um eine Regeneration herbeizu-
führen,*) sehen wir hier von dem Vorkämpfer der Demokratie
dcn-h einmal wieder in echt sozial refnrmerischem Sinn die Ver-
lältnisse ins Auge gefasst, über die der Führer der Pluto-
ratie mit opulenter Gleichgültigkeit hinwegsah!*)
So liest sich unsere Denkschrift wie eine flammende Phi-
lippika gegen die satte Selbstgenügsamkeit dieses Predigers
•I c. 5, 1 ff» Ein sprechender Kommentar zu der Kritik, welche der
y '* Tjrann Nnbia j^egetiHber Flaniinin an dem rÖniis»chen
1 Vätern fibt: paucoü excellere opibu«, plebem subiectam esse
m« vuitu. Liviws XXXIV, 31, IL
*} CfttJÄT, *. a. 0., S, 117. »1 Eba. S.€7.
*) Vgl. meine Auaführuögen über Uicen>i sozial politisch«*« GUuben»-
jitantnin in meiner Geecbiehte des üntikiMi Kommnnismns und äo^iii'
ans n, 487 £
60
Robert l^lmann
der sozialen Siag-nation ! ÜberliRiipt ist auf dag Glf^cklichsie
der Ton getroffen, auf den damals die antiplutok ratische Kritik
der Gesellschiift und die demokratische Geschichtsansicht ge-
stimmt war.
Die wirtschaftliche Autarkie, das , Sichselbstgen iigen' des
Bürgers, wie es der Verfasser nicht ohne eine gewisse, — aber
auch wieder ganz den herrschenden Ideen entsprechende, —
Idealisierung in der guten alten Zeit der Republik verwirklicht
sieht, entspricht genau dem sozial-ökonomischen Freiheits-
hegriff, der uns in der Literatur der Revolutionsepoche und
der beginnenden Kaiserzeit öfters begegnet, und dem gemiiss nur
derjenige wahrhaft frei ist, der auch wirtschaftlich frei ist, der
sich selbst Zweck sein darf und nicht bloss Mittel und Werk-
zeug für Andere, Diese Anschauung des Famphletisten von
der wirtschaftlichen Autarkie und Autonomie des Bürgers als
dem notwendigen Komplement seiner bürgerlichen Freiheit, so-
wie die Klage über das, was er die ,Sklaverei' der Enterbten
nennt, ist kein Erzeugnis der Schulrhetorik, sondern wurzelt
in dem tatsächlichen Empfinden und Denken der Epoche, in
der die Republik an diesem ungelösten Problem zu Grunde
ging.^)
Man spricht gegenwärtig von einer ,neukantischen^ Bewe-
gung im Sozialismus, w^elche die ethische Begründung seiner
Forderungen in dem Fundamen talgebot der Kantischen Ethik
sucht, keinen Menschen bloss als Mittel zu betrachten.*) Wa«
hier von einem universalen Standpunkt aus für die Wertung
des Menschen gefordert wird, fordert der Pamphletist als
Römer für die des Bürgers. Wenigstens die staatsbürger-
liche Gemeinschaft soll eine Gemeinschuft frei wollender Men-
schen sein oder, wenn man seinen Gedankengang in die Sprache
von Marx Übensetzen darf, — ,eine Assoziation, worin die freie
*) Vtrl. die Bringe in meinem f^oniuintiin Buch II. 58f» f. ü, eA>0 t
*) Vjfl. Ö. Iterliirh, Kjint nnd der ßnxiiüiiBiua uiitt»r be#ouaerer Ht-
rftcknichtij^ing der nfinerrn thf^cirptidcben Bi*wi»gQng inncrbülb d&L Moi--
xi8mU5. Zeitüobr, f. SoidaVwitiNstniiriuift IINB. 8* N)l W. und dio dort gi».
nannte Literatur.
Zur Geschichte der antiken Puhlicistik.
61
fickluog eines Jeden die Bedingung der freien Entwick-
ttg Aller ist*.
Es ents|>richt durchaus der allgemeinen Tendenz dieser
Anschauungsweise^ die womöglich jedem Staatsbürger einen
Anteil am nationalen Boden verschaffen möchte, wenn derVer-
fastser im Anschluss an die Klage über den Verfall der Plehs
Landanweisungen im grossen Stil ftlr die alten und zugleich
lür die neuen Bürger fordert, durch die er der bürgerlichen
Bevölkerung frisches Blut zuführen und den Geist wahrer Frei-
heit verstärken will: echt demokratische Zeitgedanken, wie sie
seit den Tagen der Öracchen immer wieder Yon neuem auf-
tauchten. Und indem der l*itniph!etist diesen Gedanken Aus-
druck gibt, proklamiert er zugleich den Kampf gegen das ganze
plutokratiseh-oligarcbische System, in welchem er das Haupt-
und Grundübel der Zeit erkennt.
Er lüsst uns einen tiefen Blick tun in das ,Gewoge* schmerz-
licher Empfindungen, die angesichts dieser Allgewalt des Ka-
pitalismus in Staat und Gesellschaft ,die Brust des ebrliclien
Mannes durchstürmen\*) Und aus dieser sittlichen Empörung
heraus fordert er mit emphatischen Worten die Emanzipa-
tion der Itegierung, Justiz und Verwaltung von der
Herrschaft des Kapitalesl Die Wahlen zu den liüheren
Staatsämtern, zu Konsulat und Prütur sollen dem Einfluss des
Geldes entzogen werden. Statt des Reichtums soll das Ver-
dieost entscheiden.*) Ein Ziel, das ihm vor allem dadurch
rreicfabar scheint, dass die Ausübung des Stimmrechtes im
linne des C. Gracchus eine demokratische Umgestaltung er-
führe. Nicht mehr sollen in den Zenturiatkomitien die Zensus-
klassen, also die Wohlhabenden zuerst zur Abstimmung auf-
jerufen werden, sondern die Zenturien durch einander nach
BT Entscheidung des Loses.
') 7, 6: aam ubi bonua deterlorem divitiis magis claram magisque
acceptam videt, primo aesiuat moHaque in pectore valvit
') 7, 10: neque de eapite neque de boiiore ex copiia qui»i|()aiii
gü aut minue iadieaverit, sicot nequr- praetor iieque consul ex opu-
Itniia vcram ex digtiitate creetur
R2
Pöltimann
Besonders verderblicli erscheint dem Verfasser die Herr-
schaft der Hochfinanz über die Justiz, Er bezeichnet die be-
stehende Oerichtsver lassung, welche die Zulassung zu den Ue-
schworenenfunktionen von einem Zensus Ton 400 000 Sestorzon
abh singig machte, geradezu als eine Schmach! Richter, —
meint er, — solle man nicht nach dem Gel de wählen!') Min-
destens müsse der ganze Mittelstand herangezogen werden, in-
dem man den Qeschworenendienst sämtlichen Angehörigen der
ersten Klasse zugänglich mache, also den Richterzensus auf
den zehnten Teil herabsetze und zugleich die Zahl der Bei-
zer der Gerichtshöfe vermehre.*) Ja er würde es persönlich
Itir vollkommen unbedenklich halten, wenn man sich ent-
schliessen könnte, bei der Aufstellung der Geschworenenlisten
von dem Vermögen überhaupt abzusehen, ühnlicb wk
in Rh od US und anderen Staaten, wo Reich und Arm ohne Un-
terschied, wie jedem das Los falle, Übei die schwersten und
über die geringfügigsten Fälle entscheide. Eine Einrichtung,
bei der man sich Tollkommen wohl fühle !^)
Als Abscbluss der Reform endlich fordert er eine Um-
gestaltung der Regierung d. h. des Senates, der zu einem
willenlosen Werkzeug in der Hand der herrschenden Adels-
clique geworden sei. Diese Cliquenherrschaft soll gebrochen
werden durch einen starken Pairsschub, sowie durch die
Einführung des geheimen Stimmrechtes. Die grössere Zahl
der Senatoren würde eine zahlreichere Beteiligung an den Ge-
schäften herbeiführen und so eine oHgarch Ische Entartung der
Körperschaft wesentlich erschweren; die geheime Abstimmung
aber würde es dem Einzelnen wieder ermöglichen, sein Vottnn
') 7, 11: iudice« . . ex |>ecuDiii legi inhoDeHum,
^J quare omnes primae cla««u iiidicare placet. t»ed uuutera plures'
(|uaiu iiidicaüt.
^} i 12: noqae Bhodir;« tiec|ue oXitkA mvitiite« UD<|utun iudiuianim
(tuünim pufsnituit, tibi proiniflcue dive« ei piiu|ier, Mi cuiqoe fon tuHl,
da maximii r«bui iiuU ac de riiioimi« cii«ciipiai. Vg^L su dii'^^r Cha*
mkUriilik Cicero de r« publ. lU, 4b imd Tndiui Amt. VI, 42.
Zur Geschichte der antiken
memtH
63
frei und unabhängig abzugeben, wovon bisher bei tler Über-
macht einer Fraktion keine Rede gewesen sei.*)
Auf die weitere Ausführung seiner Refomiideen glaubt
der Verfasser verzichten zu dörfen. Es würde ihm zwar nicht
schwer fallen, über die wünschenswerte Zahl der Senatoren,
über die Verteilung in die einzelnen Kommissionen, über die
Aufstellung der Geschworenenliste, über die Mitgliederzahl der
izelnen Gerichtshöfe u. s. w. Vorschläge zu machen, aber er
iroUe sich auf die allgemeinen, grundlegenden Gedanken be-
schränken! Denn wenn Cäsar diesen zustimmen werde, würde
sich alles Übrige leicht Ton selber ergeben.
HU ist nicht zu leugnen, dass diese letztere Ansicht und
ie Zukunftserwartungen des Verfassers iSberhaupt einen starken
Optimismus verraten. Es ist eine Illusion, wenn er meint, die
von ihm vorgeschlagene Reform der A^olksabstimmung würde
; lein gewaltiges Heilmittel gegen den Reichtum* wirken, weil
das grosse und das kleine Vermögen an Geltung gleichge-
stellt und ein Wettstreit entfacht würde, in dem es sich nicht
mehr um die Überlegenheit des Besitzes, sondern der person-
Hcheri Tüchtigkeit handeln würde. '^) Es klingt echt doktrinär,
m er von Cäsar hoflFt, dei*selbe würde der Urheber des hoch-
stet! Glückes für das Vaterland, für die Mitbürger, ja für die
Menschheit werden, wenn er die Geldgier verbannen oder we-
nigstens nach Möglichkeit mindern, wenn er dem Gelde seine
Ehre nehmen würde!*)
Allein sowenig man hier die hohle Rhetorik verkennen
^) e. 11, 3: . . . seDtetitiäd eonim a luetu hbera: ita in oooalto ^bi
quiüque alterias potentia carior erit. A bauche Keformgedaiiken über die
i^ebetiiie AbBtiinmung legt Casalui Dio II, S3, 4 iiucb dem Mlicenaa in
* Mund*
*) c. 9, 8: ita coaequatur dignitate pecunift, virtute anteire
alitts aUum properabit. haec ego mag^na remedia contra divitiai
tlatuo.
•) 7, 10: ergo in primis au ctori tatein peconiae detnito. Vgl.
7, 3: ... muUo tuaxuniaiB boimm patriae civibua [tibi liberis] postremo
homanae genti pepereri^, st atudium pecuniae aiit sustoloris aiit,
qooad res feret, minueriB.
64
Mobert Föhlmann
darf, sowenig ist doch der Scliluss zulässig, dass diese iloinfi-
näre Phraseologie nur im Schatten der Schule entätanden sein
kiiune. Wie ein moderner Italiener mit Re^ht bemerkt hat,
ist die Neigung, sich in grossartigen Prograniioen und glän-
zenden Perspektiven zu ergehen, eine Eigentümlicbkeit der la-
teinischen Kasse überhiiupt Und welcher Extravaganzen ge-
rade in Rom die politische Phrase fähig war, dafür haben wir
einen klassischen Zeugen aus der cäsarischen Zeit selbst, nem-
lich Cicero, Die Art und Weise, wie Cicero einmal in der Se-
stiana^) wenige Jahre nach der Katastrophe der Catilinarier
die angebliche soziale Harmonie des damaligen plutokratischen
Roms gefeiert hat, ist mindestens ebenso utopisch, wie die Zu-
kunftstränme, welche der Pamphletist an eine demokratische
und antikapitalistische Umgestaltung dieses Uorns knUptlfc.
Auch sind ja noch weit grössere Geister dem Zauber des
Mannes erlegen, von dem sich unsere Denkschrift so Gewaltiges
verheisst! So 55. B. kein Geringerer, als Mommsen, der dem
politischen Denken Cäsars Motive und Ziele zuschreibt, in denen
sich ein ausgeprägt doktrinilrer Idealismus kundgibt. Da soll
Cäsar ,in seiner Seele den hoffnungsreichen Traum einer Ver-
einigung freier Volksgenossen und absoluter Herrschaft gehegt
haben* !'^) Er soll ferner ,zuni ersten Mal in der Geschichte*
im grossen Stil die ,Idee der Solidarität der Interessen* ver-
wirklicht haben, iudem er durch seine Annonarpolitik «eine
Einrichtung, die für den Staat eine Last und eine Schmach
war, umschuf in die erste jener heute &o unzählbaren wie se-
gensreichen Anstalten, in denen das unendliche menschliche
Erbarmen mit dem unendlichen menschlichen Elend ringt'. ^)
Ja Monirasen Ist auf diesem Wege der idealistischen Verklä-
rung Cäsars am Ende auf einem Punkte angelangt, wo er sich
von unserem Pamphletisten kaum mehr unterscheidet. Ich er»
innere nur an seine Behauptung, dass Cäsar ,das Gemeinwesen
von sämtlichen Parasiten hohen und niederen Ranges be-
^) 104 ff. Vgl, Dieiiit Oeick. d. a. E. und 8. U, 520 ff.
Zur Geschichte d«f antiken Fublicisiüc,
freien wollte'/) und dass im Falle des Gelingens seiner Wirt-
scbaflsreforra »di^ Klasse der von ihren Zinsen lebenden Ka-
pitalisten in Italien giinzlicli verschwunden wäreM^) Das ist
ffeist vom Geiste der Schrift ,ad Caesarem*. *)
Aber auch noch eine andere Analogie drängt sich auf, die
flir die geschichtliche Beurteilung unserer Schrift besonders be-
deutungsvoll istl
Die ganze Anschauungsweise des Verfassers erinnert nem-
lich lebhaft an Idoengänge, die wir in der Geschichtschreibung
Sallusts wiederfinden. Wenn die Zukunftsromantik des Pam-
phletisten von einem Zustand träumt, in dem der Gott des
Reichtums gründlieh zerschmettert ^ die Herrschaft des Kapi-
talismus über den Staat gebrochen und die Geldgier wenn nicht
völlig aus der Welt geschafft, so doch stark abgeschwächt sein
würde, so berührt sich das auf das Engste mit dem Ideal,
welches Sallust in einer älteren glücklicheren Periode der Ge-
schichte bereits verwirklicht sah, wo, — wie er sich ausdrückt,
— das Leben der Menschen noch frei war von der Begierde
und jeder an dem Seinigen sein Genüge fand.*) Und wenn der
Pamphletist ferner meint, man brauche nur dem Gelde seine
Ehre zu nehmen und die Tugend würde leicht über die Macht
der Gewinnsucht den Sieg davontragen,*) das materielle Über-
bieten im Kampf um die Amter würde aufhören und Jeder dem
Andern nur noch durch grosseres Verdienst den Rang abzu-
laufen suchen, so rühmt Sallust von der guten alten Zeit der
Republik, dass hier dank einem Minimum von Habsucht ein
Maximum sozialen Friedens erreicht worden sei, dass alles, was
Streit und Kampf heisst, hier dem Feinde gegolten habe, Bür-
ger mit Bürgern aber nur in der Bürgertugend gewetteifert
*) S. 490. «) S. 52 L
^J Eine bewaasie Anlehnung Mommiens au die Schrift halte ich
aUerdingB für anageschlofiaen f
*] CfttUina 1, 2: tum viia hominum siue cupiditate agitabatur. sua
cuiqae Aatis piacebant.
^) Ö, 5: 81 pecuoiae decus ademeria, magna ilhk via avaritiae fiusüe
bonii morlbaa vineetnr.
1904. ailCfib. d. pliilo«.-^liUol. o. d. himL KL 6
Bobert P^maMm
hätten.^) Und auch er sieht, wie der Paaiphletist, die Weo-
dyng zum Verderben darin, dass das Geld eine Ebrei Armut
eine Schande, Roicbtuiii eine Macht geworden sei.O Ja in
seinem Eifer gegen die plutokratische Entartung der Gesell-
schaft geht Sallust .sogar soweit, sich ohne weiteres den Qe-
danken der Stoa anzueignen, — deren Einfluas sich ja hier
überhaupt überall fühlbar macht, — dass das Geld für den
Weisen niemals ein Gegenstand der Sehnsucht gewesen sei!^}
Ein Standpunkt genau so utopisch, wie die Ansicht des Pam«
phletisten von der psychologischen Möglichkeit einer Ausrot-
tung oder Abschwächung des studium pecuniae durch eine
moralische Wiedergeburt der damaligen Welt.
Dass es sich bei dieser antikapitalistischen Anschauungs-
weise in der Tat um echte Zeitideen handelt, sehen wir sogar
aus den Schriften ttLsars selbst. Ich erinnere nur an die be-
kannte Stelle des b. g, VI, 22, wo von den Gründen die Rede
ist, welche für die Feldgemeinschaft der Germanen geltend ge-
macht würden, und diese Feldgemeinschaft u. a. mit der Furcht
vor der ZersUirung des sozialen Friedens durch das Eindringen
der pecuniae cupiditas motiviert wird. Man hat von dieser Ar-
gumentation mit Kecht gesagt, dass sich in ihr der Geist ei^er
Zeit auspräge, die ,voll sozialer Fragen* war.*) Dasselbe gilt
gewiss auch für die sozialpolitischen Gedankengänge, die uns
bei dem Pamphletisten vorliegen. Sie gehen in letzter Instanz
auf die Schlagwörter der Parteipolemik und des Klassenkampfes
der untergehenden Republik zurück!
Und warum soll es bei den übrigen, unmittelbar in das
praktische Leben eingreifenden Keformideen des Verfassei-s an-
1) Cftt. 9, 1; cottcordia maxnnia, minama aTaritiü emt — iurdtA
diacordias aimnliates cum hoatibu^ exerccbAiit, cives cum civibui de vir-
tute cei'iahant.
^} c 12« i: Poitqiiani dttitiae honori mm GO«f)if« «t ea« f^lorta Im-
perium patentia sequebalnr, hebetcere virtm pau|Mriai piübro haiitri
. . . coepit.
') c. 11, 2; avaritia pecuniae studiam bsUxt, quam nemo lapicisi
oQueopmi
*) 8. meia genanntes Buch IJ, 8. 002*
Zur Ge^chicMi der antiken Puhlicistik.
G7
der» »ein? Dass sein Vorschlag einer demokratischen Reform
des Stimmrechtes auf das gracchische Pro^anim zurückgeht,
sagt er ausdrücklich; uod dass dieses Ziirückgehen auf C. Grac-
chus recht eigentlich dem Geiste der cäsarianischeD Demokratie
spricht, ist allgemein bekannt. Warum sollte das, was er
^nst vorbringt, rein willkürliche späte Ertiodung oder nur
aus einer Kenntuia der augusteischen Vert'assung zu erklä-
ren sein?
Wer das Letztere annimmt, verkennt entweder den Grund-
charakter dieser Verffissung oder die ganze Tendenz unserer
Denkschrift. Diese Tendenz ist ja eine ausgesprochen anti-
kapitalistische. Sie möchte das plutokratische Gepräge des
Staates möglichst beseitigt oder wenigstens stark ab-
geschwächt wissen. Dagegen bedeutet die Verfassung
des Prinzipats, — soweit die Amtsgewalt des princeps nicht
in Frage kommt, — den systematischen Ausbau der plu-
tokratischen Organisation von Regierung, Verwaltung
und Justiz. Für die Besetzung der Senatoren-, Beamten-,
Offiziers- und Bichterstellen ist gerade das massgebend, was
der Verfasser so energisch bekämpft; die auctoritas pecuniae,
der senatorische (eine Million!) oder Ritterzensus (400 000 Se-
sterzen!). Und wenn Augustus, weil sich nicht genug Richter
mit so hohem Zensus fanden, für geringere Zivilsachen not-
gedrungen eine vierte Kichterdekurie mit halbem Uittei*zensus
schuf, 0 ^^ ^**t diese kürgliche Konzession an eine unabweisbare
Notwendigkeit erst recht bezeichnend ftlr den Geist des ganzen
Systems. Diesem System gegenüber würde die in unserer Denk-
schrift geforderte Justizreform, wenn der Verfasser der Zeit des
Prinzipats angehörte, als der Ausdruck der entschiedensten Op-
position erscheinen«
In Einem Punkt unterscheidet sich nun allerdings das Pro-
gramm des Verfassers ganz wesentlich von dem, was die radi-
kale Demokratie der cäsarianiBchen Zeit als Erbin der grac-
chischen PoUtik erstrebte. Während diese Demokratie mög*
^} Saeton» August 32,
Boberi Pahlmann
liehst darauf binarbGitete) den EinSuss des Senates zu brechen
und das Schwergewicht des staatlichen Lebens in die Komitien
zu verlegen,^) will der Paraphletist umgekehrt den nach seineu
Vorschlägen reformierten Senat wieder im Besitze jener mora-
lischen Autorität sehen, die er zum Heile des Staates iu den
gi'ossen Zeiten der Republik besessen habe.*} Er hebt sehr
scharf hervor, dass das jiolitische Verantwortlichkeitsgefühl und
das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlicheD Ord-
nung in der besitzlosen Masse, die wenig oder nichts zu ver-
lieren habe, nicht entfernt in dem Grade entwickelt sein kdnne,
wie bei denen, die im Besitze einer hervorragenden sozialen
Position bei jeder Störung des politischen Gleichgewichtes schwere
Einbijsse an Ehre, Freiheit oder Vermr»gen zu befürchten hät-
ten,^) Sein Ideal ist daher unter der Voraussetzung, dass der
Seuat wirklich seinem staatlichen Berufe gewachsen sei, ein
Zustand der Dinge, in dem das Volk dem Seuate, wie der
Körper der Seele gehorcht und seine Beschlüsse ausiilbrt, so
dass, wie der Autor bezeichnender Weise hinzufügt, eine be-
sondere Intelligenz auf Seiten des Volkes nicht vonnöten sei.*)
Das klingt so underaokratisch wie möglich. Aber der Ver*
fasser ist ja auch kein einseitiger Parteiraann. Er schreibt als
Patriot, der sein Auge den Staatsnotwendigkeiten nicht ver-
M Vgl. Nissen« a. a. 0. 435.
*) 11, 1: ♦ . , patres qiiorain consilio anttia dubia rea publica stn^
biliebatur.
3) 10» 4: cuicuDciue in Hua civitate ainplior inhiitriorque locua quam
aliia est, ei magiiaii] curaui esse rei publicae. nam ceteri^ saWa urbe
tatitum modo liberias tuta est: qui per virtutem sibi divit.iaj< tiecu» bo-
. norettj peperenint, ubi paulnm indmiiltt res publica !i>;itari roepit, luul-
' tipliciter animaa curia atqne laboribus fatigatur; ant i^loriam auf. über-
tatem aut rem familiärem defeDsat, omnibu» locin adest feBtiimt, quanto
iD seeundia rebua florentior fuit» taot^ in a^i vereis aüperius magiüque an-
xie ngitat. Eine Schilderung, die sehr treffend das Gofübl der Ünaicber-
hell cbarakterisiert, das die höheren Klassen in der letxten Zeit der Be>
publik in beständiger Spannting erhielt.
**) lOt C: igitQr tibi plt^hs irnAttii Bicuti cnrpuji auimo oboi^dit ein»*
qne con»iilta exÄequifur, patre» confcilio valerr ilu* ♦'! normb» J^u|»^'^vill-il-
nea est ealliditaa.
Zur Geschichte der antiken Publieiatik.
69
aohlioBflt. Uüd was hätte es damals neben dem Kampf gegen
das verrottete Plutokraten- und Aristokrateiiregiment fUr eine
L dringendere politische Zeitforderung gegeben, als die, dass die
Tragikomödie der Forumsherrschaft möglichst unschiidJich ge-
macht und das Schwergewicht der Gesetzgebung in eine re-
präsentative Versammlung verlegt wurde, zumal wenn diese Ver-
mnmlang, — wie der Verfasser wollte, — der Koteriewii-t-
pfehaft der Nobilität entzogen \) und zu einer Vertretung der
Bürgerschaft in ihren tüchtigsten und intelligentesten Elementen
L umgestaltet wurde? ^)
Auch will ja der Verfasser in der Hauptsache nur eine
Verstärkung des moralischen Gewichts der senatus consulta,
keine Beseitigung der formalen Rechte des souveränen Volkes.
Jlirgends findet sich bei ihm die Forderung, eines der formalen
jfouveränetätsrechte der Bürgerschaft, die freie Strafgewalt oder
die Beamtenwahl und die Gesetzgebung auf den Senat zu über-
tragen etwa in der Weise, wie es später der Prinzipat tatsäch-
lich durchgeführt hat. Wird doch dem seine Beamten selbst
wählenden Volk sogar ein sehr gesundes Urteil, die Fähigkeit,
die richtigen Männer herauszufinden, ausdrücklich eingeräumt!')
Insofeme bleibt der Verfasser auf dem Boden der republika-
nischen Ideologie stehen, wenn er auch gleichzeitig die poli*
tische Unföbigkeit der damals das Forum beherrschenden Masse
zugibt und eine bessere Zukunft fiir wahre bürgerliche Frei-
heit erst von der Erneuerung der Bürgerschaft durch Aufnahme
frischen gesunden Blutes erhofft*)
Man sieht: Auch in verfassungs^eschichtlicher Hinsicht ist
in der Denkschrift das Zeitkoiorit wohlgewahrt. Warum hätte
*) Vgl. wft8 der Verfttaser von »einer Senatereform erhoflFt (11, 2):
maioribni opibus res publica et minus potena nobiHta« esset.
*) Der VerfüSBer berührt sich hier ein igerm ästen mit Cicero, vgl,
E. B. de re pnbl. 1» 51, nur das» er mit viel grösserer Energie die Frage
nach dem Charakter und der Zusamnaenaetzung jener Ariätokratie von
Führern «teilt, die in der Tat auch die Demokratie iilelit nntbehren kann.
Wgl F. Cauer. a. a. 0.« S. 48 ff.
*) 7, 11; de magistratu facile populi indicium ai.
n 5. 7.
^
70
Bobert PöMmann
also ein zeitgeDÖssischer Politiker, ja Sallusi selbst sieh nicht
in demselben Sinne äussern können?
Anch Salhist ist trotz seiner leidenachaftlichen Erbitte-
rung über die Optiniatenhen-sehaft durchaus kein Anbeter
der Masse. Wir haben eine sehr bezeichnende Äusserung von
ihm über das Verhältnis von Persönlichkeit und Masse, die,
wie er selbst sagt, das Ergebnis langen Nachdenkens war. Er
stellt die Frage: Ist die Grösse Roms ein Werk der Masse oder
der IndiTiduen? Und die Antwort lautet schroff inTidualtstii#cb:
^die ausgezeichnete Tatkraft weniger lierv^orragender Bürger hat
ie Grösse Roms geschaffen, nicht die Masse* J) Ihr sei es zu
verdanken, dass die Armut der alten Republik dem Reichtum
ihrer Feinde, die Minderzahl der Menge überlegen war. Eine
Anschauung, die, auf die inneren Verhältnisse des Staates Ober-
tragen, ungefähr auf das hinauskommt, was der Paniphletist
über das Verhältnis zwischen Regierung und Volk sagt, nem-
lieh auf die Überzeugung, dass eine Minderheit, die zugleich
die höchste Intelligenz und Tüchtigkeit repräsentiert, kraft
dieser ihrer inneren Überlegenheit die natürliche Anwartschaft
auf die Leitung der Mehrheit besitze.
Alle diese Beobachtungen über den Inhalt unserer Schrift
können ja nun allerdings die Möglichkeit nicht aus der Welt
schaffen, dass dieselbe ein Erzeugnis der Schulrhetorik ist. Aber
soviel lässt doch eine möglichst umfassende und unbefangene
Analyse deutlich erkennen, dass das, was die Rhetorik leisten
konnte, um den Geist und den Ideengehalt der Publicistik des
sallustischen Zeitalters zu reproduzieren, hier jedenfalls in an-
erkennenswerter Weise geleistet ist. Jene fast völlige Abwe-
senheit alles Gefühles für das Historische, jene nur auf den
Effekt berechnete willkürliche Vermischung von Wahrheit und
Dichtung, kurz jene systematische Abkehr von der geschicht-
lichen Wirklichkeit, die der Schulrhetorik der Kaiserzeit je
langer je mehr ihr Gepräge gibt, ist dem Geiste dkser Denk-
schrift ,an Cäaar' noch durchaus fremd. Kann man »ich d€»ch
*) OatilinÄ W, 4.
Zw Geschichte der antiken PMieietik.
71
bei der Lektüre uDmöglich des Eindruckes erwehren, dass der
Liitor wirklich ein tieferes politisches Interesse gehabt hat;
ich möchte daher immer noch die andere Möglichkeit often
lassen f dass hier Tielleicht doch ein echtes Erzeugnis der pu-
blicistischen Literatur der Übergangsepoche von der Republik
Ear Kaisen:eit vorliegt*
Nicht auf gleicher Höhe stellt das andere weit kürzere und
Hehr in Allgemeinheiten sich bewegende Schriftstück, das uns
ID die Zeit nach Cäsars Sieg in die Ära der Reform selbst
hineinversetzt. Aber bei aller rhetorischen Phraseologie ist
doch auch hier der historische Gehalt nicht so gering, dass
man es in der üblichen Weise beiseite legen darf. Es enthält
immerhin bemerkenswerte Züge genug, bei denen man sogar
an die Möglichkeit denken könnte, dass beide Schriften von
Einem Verfasser herrühren. *) Jedenfalls ist soviel gewiss, dass
die eine Schrift im Hinblick auf die andere geschrieben ist.
Nicht nur dass einzelne Ged sinken wörtlich in beiden wieder-
kehren, sondern es ist auch eine Art Arbeitsteilung eingehalten,
die sich nur aus bewusster Rücksichtnahme auf das Thema der
P^^lelschrift erklären lässt. Während nemlich in dem bereits
beafirochenen Pamphlet dies Thema ganz überwiegend die po-
litische Reform ist, stellt die kürzere Schrift eine andere Seite
der casarischen Publicistik dar, die Sozial- und Wirtschafts-
reform.
Die allgemeine Situation, an welche die Reflexionen des
Verfassers anknüpfen, ist auch hier recht treffend gezeichnet
Zur Entscheidung steht die inhaltsschwere Frage, die auch Ci-
cero in den Briefen aus jener Zeit so lebhaft beschäftigt, und
die er ohne weiteres bejaht*): Ist es wahr, was der auf den
Anteil an der Siegesbeute lauernde Anhang der Machthaber
behauptete, dass der Kampf, der über das Schicksal der Re-
*| Die 8chlü88e , die Öchenkl, a. a. 0. ime der VerBchiedenheit von
onti Inhalt sieht, sind rnolnes firacbtens nicht zwingend, wie denn
rbiittpt ein zwingender Beweis auch in dieoer Fra^^e nicht 2u er-
Dgen iit.
^ S. oben S, 1.
Eobtrt Pohl mann
publik entschied, lediglich ein Kampf um die Macbi war, um
die Durchsetzung der souveränen Gelüste der Föhrer? Wie der
Verfasser unserer Schrift sich ausdrückt: ad quae te idem illi
hortantur: [et] scilicet id certatuin esse» utrius vestrum arbitria
iniuriae fierent, neque receptain sed capiam a te rem pubUcam»')
Und auf diese Frage hat der Verfasser nicht etwa eine
geschieh tswidrige rein verneinende Antwort. Er denkt nicht
daran, — wie man bei einer unreifen rhetorischen Scbülerarbeit
leicht erwarten könnte, — ahne weiteres ein ideales Ziel als be-
wegende Kraft bei der politischen Aktion Cüsars vorauszusetzen.
Denn wenn er ihr seinerseits eine solche ideale Aufgabe stellt,
so entnimmt er die Berechtigung dazu lediglich der Erwägung,
dass Cäsar die Erhebung über eine rein persönliche Intereasen-
politik der Ehre seines Namens schuldig sei, eine Auffassung,
die sich mit der des anderen Pamphlets aufs Engste berührt.*)
Nicht minder treÖend ist die Art und Weise, wie die Hin-
demisse charakterisiert werden, die sich der Verwirklichung
dieser Aufgabe entgegenstellten. ,Die Sieger fordern Beute, und
die Besiegten sind Bürger!^ D. h, es galt, die Sonden nieressen
derjenigen, die sich in den Dienst des Siegers gestellt, auszu-
gleichen mit dem Gesamtinteresse des Volkes und Staates oder
vielmehr das erstere Interesse dem letzteren zu unterwerfen*
Zugleich wird die Rolle, welche die schlimmsten dieser
cäsarischen Parteielemente im Bürgerkriege spielten, näher cha-
rakterisiert; eine Schilderung, die im Vergleich mit unserer
sonstigen Überlieferung einiger bemerkenswerter individueller
Züge nicht entbehrt, wie wir sie in dieser Weise sonst nicht
finden. Es beisst von den katilinarischen Existenzen, die von
Cäsar Vernichtung der Schuldhücher, umfassende Konfiskationen,
Ächtungen und Bluturteile erwarteten, dass sie zuerst in Haaae
»I I, 4, 8.
*) h 1,6: at contm id eniti decet, mm ipsp hon na atqu^ «trenaut
Kifi, uti quam optimia imperiies. Vf(L 1K2.I>! imtuqttt^ tibi et id modo
in pectore coimtlii etit, nt ie «b inimicomm intp«in viiiUici» qnoqno mo-
do rontra »tlvprstim coinnlem h^ueflma popuH naiinen«, indigna vir-
täte taa cogitas.
Zur Geschichte der antiJcen Piä)li€iitik.
73
in Casfirs Lager zusammengeströmt, dann aber, als die erhofiften
Schüldenkassierungen und Mordbefehle ausblieben, sich zum
grossen Teil wieder verlaufen hätten. Nur eine Minderzahl sei
eurückgeblieben, Leute, die sich im Heerlager sicherer fühlten,
als in Rom, wo ihnen gar zu riele Oläubiger auf dem Nacken
Sassen.^) Eine Schilderung, an die sich dann spater einige dra-
stische nur hier sich findende Mitteilungen über das skandalöse
Treiben dieser Schmarotzerexistenzen anreihen, wie sie damals
vor dem Siege im Gefolge des Cäsarisraus auftraten.^)
Übrigens sei keineswegs Ciisars Lager allein eine solche
Zufluchtstätte zerrütteter Existenzen gewesen! Im Gegenteil!
Dasselbe Motiv habe in der Folge zahlreiche BHeniente aus den
besten Kreisen auf die Seite des Pompeius geführt, dessen sich
die Verschuldeten während des ganzen Feldzuges wie einer hei-
ligen und unverletzlichen Freistätte bedient hätten!
Wir können die Richtigkeit dieser Behauptungen im Ein-
zelnen nicht mehr feststellen, Dass aber das katilin arische Ge-
sindel von dem Moment an, wo es über die wahren Absichten
Cäsars im Klaren war, sich von ihm zurückzuziehen begann
und dass umgekehrt, je sicherer die Aussichten auf eine Ära
der Konfiskationen im Falle eines Sieges des Pompeius wurden,
viele verschuldete Existenzen ihre letzte Hoffnung auf die Ge-
genpartei setzten und durch diese Hoffnung in das gegnerische
Lager getrieben wurden, das ist selbstverständlich.
Was den ersteren Punkt betrifft, so sehen wir ja an Leuten
wie Cälius Rufus und Dolabella und den von ihnen geleiteten
Straasenrevolten, wie man io diesen Kreisen durch eine Politik
auf eigene Hand das zu erreichen suchte, was Cäsar versagte.
und was die Bemerkung über die pompeianischen Parteigänger
betrifft, so hat sie, wie gesagt, — auch ohne sonstige Belege
— nicht nur alle Wahrscheinlichkeit für sich, sondern hat ge-
wiss auch in der Parteipolemik der Zeit eine Rolle gespielt.
L Da man angesichts der katilinarischen Anhängsel der cäsari-
■ 0cb«n Partei den Befürchtungen der Gegner vor einem neuen
^L ») 3, 5 t
») 3» 5 t «) 4, 4 f.
74
Bobert PMmann
Cinna und Catilina*) eine gewisse Berechtigung nicht ganz ab-
sprechen konnte, so hat man ganz gewiss den Anklagen der-
selben die Spitze abzubrechen gesucht durch den Hinweis darauf^
diiss jene Klasse ruinierter Existenzen, die bei einer Entschei-
dung des grossen Kampfes im Trüben zu fischen hofil^n, auch
auf pompeianischer Seite zahlreich vertreten seien.
Wenn also der Verfasser diesem Gedanken Ausdruck gibt,
so ist dies von neuem ein Beweis dafür, wie lebhaft wir auch
durch dieses Schriftchen in die wirkliche Stimmung der Zeit
hineinversetzt wenkn. Alles spricht dafür, dass er hier, wie
bei den Mitteilungen über die internen Vorgänge im Lager
Cäsars aus wirklicher, — und sei es auch nur literarisch ver-
mittelter, — Kenntnis der Dinge geschrieben hat, dass es also
vollkommen unberechtigt ist, wenn man hier immer wieder von
, dreister Rhetorenerfiudung* spricht,*)
Was das positive Programm des Verfassers betrifft, so
fordert es von Cäsar vor allem eine entschiedene Bekämpfung
der antisozialen Instinkte der damaligen römischen Gesellschaft,
der zügellosen Verschwendungssucht und der durch sie gross-
gezogenen Raubsucht; jener , Verwilderung, die in brennender
Begier bald über Bundesgenossen, bald über Bürger herfallt,*
eine ununterbrochene Quelle bürgerlicher Zwietracht!^) Hier
wird dem siegreichen Imperator das höchste Ziel vor Augen
geführt, das sich dem Staatsmann stellen h'isst, dass er nicht
blos politischer Organisator, sondern in gewissem Sinne auch
ein Bildner des Volksgeistes sei, dass er das Einigende pflegt
und das Trennende einschränkt, das Allgemeine zum Bewusst-
sein bringt und dem Staaistfedanken wieder zu seinem Recht
verhilft.
Dass zur Erreichung des Zieles staatliche Beschränkungen
des masslosen Luiuslebens und der ebenso roasslosen Kredit-
wirtschaft vorgeschlagen werden, auf der sich dieses Luxusleben
1) Benorgniii««, wio «i€^ besonde» lablmft bei Oieero ximi Aiwdrttdt
komTO4*n. mi AU. 7, T« ^2, — 9l 91; Sil* — lOi ^ ^ 9t 7, ^ — 7. Sw t^
Vgl. üoitton, Div. Jtii. c. 27.
«) Wie ». B, JoMan, 8, 14, •) 6. 3 C
Zur GeachiMt der antiken Publiciatik,
75
mm grossen Teil aufbaute, entspricht durchaus den Anschau-
ungen der Zeit, wie denn auch Julius Cäsar in der Tat durch
eine umfassende Luxus- und Kreditgesetzgebung eine Gesun-
dung der wirtschaftliclien und sozialen Verhältnisse herbeizu-
ruliren gesucht hat. Dabei zeigt der Verfasser ininierhin eine
gewisse Kritik gegenüber mächtigen Voi-urteilen, wenn er vor
einer mechanischen Wiederauffrischung der längst zum Gespött
gewordenen rigorosen Lnxusordnuogen einer älteren Zeit warnt*)
and ein milderes System der Abstufung des zulässigen Auf-
wands nach der Höhe des Besitzes vorschlägt.
Noch mehr verspricht sich der Verfasser von einem syste-
matischen Vorgehen auf dem Gebiete des Kredits, Die Macht
deß gewerbsmässigen Geldverleiherturas soll gebrochen, das obrig-
keitliche Amt flir das Volk, nicht für den Gläubiger verwaltet
werden, und Jedermann lernen sich innerhalb des Seinigen zu
bescheiden P) Kein Amt soll mehr dem blossen Geldbesitz zu-
gänglich sein» überhaupt die Allmacht des Kapitals im Staate
gebrochen werden. Eine Forderung, die fast in dieselben Worte
gekleidet wird, wie in dem andern Pamphlet, dass nemlich
.dem Gelde, welches der Urquell alles Verderbens sei, EinHuss
und Ehre genommen werde*. ^) Und von dem Gelingen dieses
Werkes erhofft sich der Verfasser nichts Geringeres, ala ein
allmäliges Verschwinden jenes Triebes, nach Aussen glänzen
zu wollen, den Reichtum zum Gegenstand der Schaulust zu
machen, wie er in den Ausartungen des Paläste- und Villen-
bauea, in dem Prunk und der Pracht des Lebens überall zu
Tage trete.*)
Dasi auch hier der Politiker zum poetischen Träumer wird»*)
') c. 6, 4< Eine Skep^in. die btH asii einem gewisden Grade an die
Tibt*re erinnert. Tac. ann, IIT, 52.
*) ö, 7.
*) 7, 3: id ita eveniet, si pecuniae, quae roaxuma omnlum pemiciea
vs»U cMoe atqtie deciui dempsent. Vgl. c. 8, S und FI. 7, 10. S. oben S. 65.
*) 8, 1,
^) Ei beisut 8. 9 gerai]es;u: baec et omnia mala pariter cam ho-
nor<- pecnniae definent, vi neque nittgis^tuja neque alia Tolgo cupienda
vt^nalia eruntl
76
Bobert Phhlmann
darf uns nicht wundernehmen. Dieses Stück Bomantik ist ja
geradezu ein charakteristisches Produkt der Zeitalter, in denen
das Alte zusammenbricht und auf den verschiedensten Gebieten
Neues nach Gestaltung ringt, wo der Widerstreit alter und
neuer Bildungen noch unausgeglichen fortdauert und Naturen
von lebhafter Empfindung und Einbildungskraft immer das Be-
dürfnis empfunden haben, in echt romantischer Weise wenig-
stens im Geist einen Ausweg aus den Widersprüchen des Tages
und dem Drucke der Gegenwart zu suchen, indem sie aus der
Wirklichkeit in das Land der Träume flüchten.
Auch begegnen wir hier wieder, wie in der anderen Schrift,
der Ideenverwandtschaft mit einem klassischen Vertreter einer
solchen Übergangszeit, mit Sallust. Die von den Griechen
überkommene Philosophie des Geldes, die uns hier ent-
gegentritt: die Auffassung desselben als eines Haupthebels
menschlichen Verderbens, die Forderung einer siegreichen Er-
hebung des Geistes über das, was der Verfasser die Freude
am Gelde und an sinnlichem Genüsse nennt, ^) die Behauptung,
dass die Ursache der Grösse und dea Verfalles der Völker von
iem Verhalten gegenüber dem Reichtum abhangt, das« die Ver-
ßhtung desselben eine Bürgschaft, des Sieges und der Macht,
Liebe zum Reichtum der Weg zum Untergang sei» — all das
ist echt sallustisch gedacht,^)
Und nicht bloss dies, sondern es gilt hier auch dasselbe,
was von dem analogen Ideengang des andern Pamphlets ge-
sagt ist'): d. h. wir haben es auch hier mit Schlagworteti zu
tun, die nicht bloss in der Scliultheorie,^) sondern auch in der
sozialpolitischen Partei poIemik gegen die HerrHchaft des Kapi-
talismus eine Rolle gespielt haben. Wie in Hellas neben dem
Schulsatz des Stoizismus: tpiXagyvQia fit]TQ6jtohi: ndyrcor tmr
xaxan*^) der in rein praktischeD so^ialpoh tischen Tendenzen
^ 7, 5: » . ♦ oini^sis pt^mnmf i*i corporis gaudiis,
^) Vgrl. di(* KinliMiung xum Caiilina.
») Vgl Ih 7, 6 uiiil dii»w oben 8. *»6.
*) ßo bi?li«?bt hier i*uch gorad*» diesfn Tbe^njÄ war.
^) Vgl. meine G^echiolite dea ant. Kümin. u. Sox. 1, a06b
Zur Geschichte dir anOken PuhlicistiJt^
77
wurrelnde Götterspruch steht, wonach Geldgier, sonst nichts
Sparta verderben werde,*) so hat auch der Satz unserer Schrift
über die staatsverderberische Wirksamkeit des Kapitalismus ohne
Zweifel gleichfalls seine Parallelen in der Terminologie der
mmisclien Klassenkämpfe gehabt.
Ganz besonders aber gilt dies von der in demselben Zu-
Dmenhaug ausgegebenen Parole: »Fort mit dem gewerbs-
mässigen Verleiher für alle Zukunft' (tollendus est foenerator
io posterum)/*) Es dürfte nicht zu viel behauptet sein, wenn
man sagt: Hier haben wir die Parole vor uns, unter der schon
dio altplebeiscbe Bauernschaft gegen den Wucher, ja gegen
das zinsbare Darlehen überhaupt zu Felde zog^ und die dann
anch die Parole zahlreicher notleidender E^stenzen der späteren
Zeiten geworden ist. Der lludikalisnius und Doktrinarismus,
der hier ja in den Äusserungen beider Pamphletisten nicht zu
verkennen ist, ist eben der naturgeraässe psychologische Reflex
der ganzen soziatokononiischen Lage, der ungeheuren Konzen-
tration des Reichtums auf den Hohen der Gesellschaft und der
schnöden Spekulantenherrschaft, deren roher Materialismus kein
oberes Ziel kannte, als die rücksichtslose Vennehrung des er-
innerten oder erplünderten Keichtums, wie es eben in unseren
ächriftchen so tief beklagt wird» Wer hier nur an Schulphrasen
akt, verkennt die Macht der Empfindungen, die, — wie der
"n^ne Pamphletist so treÖ'end hervorhebt, — angesichts dieser
bodenlosen Entartung des Kapitalismus die Brust des ehrlichen
Mannes durchstürmten ! *) Wie sehr derartige Reflexionen auch
in der Schulrhetorik dem wirklichen Leben abgelauscht sind,
das beweist die in den Kontroversen des Rhetors Seneca*) ent-
haltene Klagerede de« armen Kleinbauern gegen seinen reichen
Gntsnachbar und die pseudoquintilianische Deklamation^) ^de^
Artnen gegen den Reichen', die sich wie Musterbeispiele zu der
*) u fptXnxgrif*at{a ^jiaQTar öXeT, äXXo ds ovöev. Kin Satz« der nacli
aiarcb fAgin 9) in der Agitation der au tikapitalia tisch en Partei Spartas
rine Bolle geitpielt hat.
«) ö, 8. ») II, 7, 6. S. oben S. ÖL
^i 6p &. ►) 13,
78
Bobert Föfdmann
genannten Bemerkung über die psychischen Wirkungen des
rüinisjcben Kapitalismus ausnehmen.
So radikal und leidenschaftlich Übrigens unser Verfasser
in diesen Fragen sich äussert, so ist er Joch andererseits weit
davon entfernt mit der extremen Demokratie durch Dick und
Dünn zu gehen. Er bewegt sich auch hier ganz in der Rich-
tungslinie, welche die Politik Cäsars selbst eingeschlagen hat,
indem er mit seiner Opposition gegen die Plutokratie eine eben-
so entschiedene Stellnogsnabme gegen den souveriinen Mob,
gegen die Herrschaft des hauptstädtischen Pöbels verbindet.
Aus derselben sozialethischen Stimmung heraus, die das Ge-
meinwesen von allem Parasitentnm befreit wissen möchte, for-
dert er eine entschiedene Abwendung von jener einseitig haupt-
städtischen Sozialpolitik, die besonders durch die masslose Über-
spannung des Systems öffentlicher Kornvert^ilungen das faule
Bettelproletariat zu so unheimlichen Dimensionen hatte empor-
wachsen lassen.*) Allerdinga hat selbst der grosse Cäsar es
nicht gewagtj auf diesem Wege so weit zu gehen, wie der Pam-
phletist, der geradezu die Aufhebung der stadt römischen Fru-
mentationen und ihre Verlegung in die Munizipal- und Ko-
lonialgemeinden fordert, und der sie zugleich auf diejenigen
Bürger beschränkt wissen will, die dem Staate wirkliche Dienste
geleistet hätten.^) Allein wenn hierauch die Theorie der Pra-
xis vorauseilt, so folgt daraus doch keineswegs, dass diese Ge-
danken sozialpolitischer Dezentralisation lediglich von der Schul-
rhetorik ausgeheckt worden sind. Sie können sehr wohl in der
politischen Diakussion und in der Publicistik eine Rolle ge-
spielt haben. Und es ist durchaus willkürlich, wenn mau auch
hier wieder von einer sapientia ex umbra et scholis hausta,*)
von »leerem allgemeinem Gerede* spricht.*) Davon kann umso-
weniger die Hede sein, als wir ja zufallig wissen, dass gerade
die am schwersten durchführbare Forderung de^ Pamphletisten,
die Aufhebung der hauptstädtischen Fruraentationen z, B. den
Kaiser Augustus tatsachlich beschäftigt hat, da»s also dieser
^)7.2.
n 8, Ö. ») Ilellwiir, B. 18.
«) Sdienki, S. 672.
Zur Geschichte der antiken PMicistik. 79
Gedanke jedenfalls nicht ,dem Schatten der Schule^ entstammt.
Warum soll dies bei anderen Ideen des Pamphletisten der Fall
sein, wenn wir zufälligerweise sonst keine Parallelen dazu haben?
So können wir auch von dieser Schrift sagen: Sie enthält eine
— wie nun immer vermittelte — Reproduktion von Ideen und
Stimmungen der Übergangsepoche von der Republik zur Kaiser-
zeit und hat insoferne für die Frage nach dem Charakter der
Publicistik dieser Epoche ebenfalls eine gewisse geschichtliche
Bedeutung, wenn sie auch an innerem Wert hinter dem an-
deren Pamphlet wesentlich zurücksteht.
81
Dramatische Bearbeitungen des „Pervonte" von
Wieland,
(Zur ErgänzEng des Vortrags Tom 7. Februar 1903.)
Von Franz Mancker«
(Vorgebnxgen in der philos.-philol. Klaaee am 2. Januar 1904J
Wenige Monate, nachdeoi mein Vortrag über Wielands
^Pervonte* in den Sitzungsbericliten der bayrischen Akademie
der Wissenschaften (pbilos.-philoL und histor, Klasse 1903,
S. 121 - 211) erschienen war, brachte August Sauer in seiner
Vierteljahrschrift „Euphorion*^ (Bd. X, S. 76— 90) einen kür-
zeren, gleichzeitig mit meiner Abhandlung und völlig unab-
hängig von ihr ausgearbeiteten Aufsatz von Bernhard Seuffert,
dessen Ergebnisse in den Hauptpunkten mit den meinigen über-
einstimmen. Verscliiednes, was ich ausführlicher behandelte,
iireift Seuffert nur mit wenigen Worten; in andern Fällen
wieder ergänzt seine Untersuchung die meinige. So weist er
dem pPervonte* seine Stellung unter Wielands übrigen Erzäh-
lungen in Versen aus den Weimarer Jahren an und sucht psy-
ehologidcb aus den sittlichen und künstlerischen Anschauungen
des deutschen Dichters zu begründen, warum er den Schluss
des Märchens gegenüber seiner französischen Vorlage ändern
und demgemäss schon vorher Einiges in der Charakteristik der
Hauptpersonen vertiefen musste. Besonders aber teilt er zur
letzten Ausgestaltung des Gedichts vom Jahre 1794 Mehreres
US Handschriften des Goethe- und Schiller- Archivs in Weimar
Eid der königlichen öffentlichen Bibliothek in Dresden mit.
Neben dem auch von mir abgedruckten Schreiben Herders führt
IMM. attsgab. d, phfl(Mi.-phUoL a. d kiat Kl. %
dl
Fram MuncJcer
er einige StelleTi aus Briefen Wielands an Göschen und Böttiger
und grössere Abschnitte aus zwei Briefen des Prinzen August
von Gotha an, der ebenso wie Herder verschiedne, Ton Wie-
land grossenteils befolgte BesserungsvorschJäge im einzelnen
machte.
Auch Seuffert deutet, obgleich nur flüchtig, auf die von
mir ausführlich besprochene Opembearbeitung des „Pervonte*
dui-ch Fülleborn hin. Nun machte mich aber Artur L. Jellioek
in Wien darauf aufmerksam, dass anscheinend derselbe Stoff
auch sonst als Gegenstand von Opern erwähnt werde, und als
ich diesem Winke nachging, begegnete ich derartigen Hinweisen
sogar noch öfter, als ich nach dem Briefe des Wiener Biblio-
graphen vermuten durfte.
Freilich ist aus den blossen Titeln noch wenig zu schliessen,
wenn sie auch den UnvorslGhtigen leicht irre führen können.
Nicht al!e Opern, welche „Die Wünsche* überschrieben sind,
hängen mit dem , Penion to"* Basiles und mit dessen Umdich-
tung durch Wieland zusammen. Mehrere von ihnen gehn auf
Perraults Märchen von dem Holzhauer und den drei Wünschen
(,Les souhaits ridicules*) zurück, einige auch auf das Grimm-
sehe Märchen „Der Arme und der Iteiche* oder auf verwandte
Ausbildungen desselben Grundmotivs bei andern Völkern,^)
So ist die am 18. Februar 1763 in Paris aufgeführt« ein-
aktige Oper ^Le bücheron ou les trois souhaits* von Jean
Fran<;ois Guichard und Gastet, in Musik gesetjtt von An*
dre Danican Philidor, um anderthalb Jahrzehnte älter fils
der Auszug aus Baaües ,Pentameröne* in der ^Biblioth^uii
universelle des romans* und die Wielandsche Neudtchtung des
MärcheuB; ihr Inhalt ist aus Perrault gesch^lpft. Ins Deutsche
Übersetzt, erschien »Der Holzhauer oder die drei Wünsche,
eine komische Operette* mit Musik von Georg Ben da 1774
zu Berlin, im Klarierauszug 1778 zu Leipzig. Aus der natu»
') Vgl. i^üpold Sülimitlt. 5&ur aeachichte der MariUenaper (Halb
a. S« IBOö), H, 60 r,, 75: und Mütcuh Latiduu, Ih^ Erden waiidt^rucigbti der
Hl«imli«ohfii und die WOniche «ler Menacben, in Mftic Kotbn Zeit!«chrill
nir v^rglekbendo Literaturicwebklite, N^u« Folf^t.', ßd.XIV, H.20ff, {\9m].
Witlandt f^Permnte**,
88
liehen Quelle siammt zweifellos, wenn es nicht ganz und gar
f«^r gleiche Text ist, der von Johann Friedrich Reichardt
komponierte ^Holzhauer* (Berlin 1775).
Auch das Singspiel ^Die drei Wünsche oder der Berg-
von Joseph Alois Oleich (1819), das in eineoi haiid-
»chriftlichen ^Verzeichnis des deutschen Schrifttums nach den
Stotfen geordnet** (1878) auf der Münchner Hof- und Staats«
bibliothek erwähnt wird, über das ich aber sonst nichts Oe-
loere^ ermitteln konnte, dürfte in denselben Stoffkreis ge-
lleren; der Dichtung Wielands oder ihren Vorlagen ist es kaum
nachgebildet. Recht zweifelhaft wenigstens ist die Ableitung
atus diesen Quellen bei der zu Königsberg am 2L November
1824 aufgeführten Zftuberoper Joseph Brauns, deren Titel
nach Hugo Kieraann (Üpemhandbuch, Leipzig 1887, S. 613)
^Die Wünsche oder der Prüfuiig.^jtraum", nach Leopold Schmidt
frgen ,Üie drei Wüni^he* lautete. Ist die erste Angabe
lehtig, HO wäre die Mughchkeit nicht ausgeschlossen, dass der
Stoff dieser Zauberoper von Wieland oder seinen romanischen
Vorgungern stammte; bei dem zweiten Titel wäre dies im höch-
9D Grade unwahi*scheinlich. Ein bestimmteres Urteil wird hier
[ähwerlich zu erzielen sein, da die Oper, wie Schmidt mitteilt,
Hiebt im Druck erschienen ist und nirgends etwas Näheres über
ihren Text verlautet.
Gar nichts zu tun hat mit unserm Märchen Ernst Bati-
pachs komisches Singspiel in drei Aufzügen „Die drei Wün-
sche*', das rait der Musik Karl Lowes am 18* Februar 1834
ixn Berliner Hoftheater aufgeführt wurde* Der zu Bonn bei
N. Simrock als op. 42 des Komponisten gedruckte Klavieraus-
xug bietet neben den eigentlichen „Tonstücken* auch einen
, Flüchtigen Überblick der HandluDg", die laut dem Titel .nach
ftinem orientaUschen Märchen* gebildet sein soll* Sie spielt
rmr im Morgen lande, dürfte aber kaum unmittelbar aus einer
morgen ISndischen Quelle geschupft sein. Vielmehr stimmt sie
in ihren Grundzügeri mit der Geschichte „Per Arme und der
iieiche* überein, welche die Brüder Örimm 1814 im zweiten
ßaude ihrer , Kinder- und Hausmärchen'' erzählt hatten.
84
Auch die einer viel spätem Zeit angehörenden franzosi*
sehen Märchenopern von J. A. F. Poise (Paris 1873) und van
Goarges Vi Ilain (Paris 1890), beide ^Les trois souhaits* be-
titelt, sind von Basiie und Wieland ganz unabhängig.
Dagegen scheint das von Larousse komponierte, von Hus
le jeune njit Balletten ausgestattete dreiaktige Melodram ,Per-
vonte ou le don des souhaits" von 1805, vnn dem ich nur den
Titel aus Jellineks Mitteilung kenne, sonst aber nirgends etwas
erwähnt finde, wenigstens auf die französische Nacherzählung
des neapolitanischen Märchens in der ^Bibliotheque des romans*,
wenn nicht auf Wielands Dichtung selbst zurückzugehn*
OJienkundig schloss sich an Wieland nach FQlleborn noch
August von Kotzebue an* Von verschiednen Tonkünstlern
zu wiederholten Malen um eine Operndichtung gebeten, gab er
1815 (genauer wohl schon 1814) zu Leipzig einen „Opem-Al-
manach für dris Jahr 1815* heraus, der als zweites unter fünf
Stücken (S. 61 — 128) die komische Oper in drei Akten ,Per-
vonte oder die Wünsche*' enthielt. Öleichzeitig erschien diese
Oper auch 1814 im ersten Band der pNeuen deutschen Schau-
bühne oder dramatischen Bibliothek der neuesten Lust*, Schau-,
Sing- und Traut^rspiele' (, Augsburg und Leipzig, in Kom-
mission in der von Jenisch und Stagescben Buchhandlung*),
S. 255 — 314;*) später wurde sie im 89, Teil von Kotzebues
sämtlichen djamatischen AVerken (Leipzig 1829, S. 175 — 230)
wieder abgedruckt.
Mit Wielands Dichtungen war Kotzebu© von Jugend auf
vertraut. Mehrfach schon hatte er sich in denselben oder doch
in ähnlichen Bahnen bewegt wie der Verfasser der .Abderiten*'
*) Die einsselnen Bande dieser Sammlnng smd zwar nicht mit Jakre-
inihlcn versehen; doch erschienen nach Wilhebn Heinsiua (Allgemeine*
BUchorlexikon, Bd, V, Leipxig 1617, S, 485) die ertten •cch« BJinde 1814
und IU15» der erate Baud ali^o ibi4. In Kaysen Uikcherlexilcon wird
i\WM(ttr nämliche Band rihrigpii« al« Band XXIH der ,I»i .i.
UOhii« oder dmmuli«rben Bibliotlnjk dvr neuesten bu»-l
nd Truurrnpiolc bia I8l^i' bcACichnet. die im |?leichcn Veriug, etieiilAll«
k»ii» An^'K^"* «1«'« Tu>n »ya})! niif dcD einzelnen Btini?**rT *'*M'öfT.Titli*:hi
wunli).
Wielands ,,PervonU".
85
uod des ^Oberon*, dem er bei verschiednen ßelegenbeiten seine
Zustimmung: und Bewunderung zu bezeigen suchte. Manches
komische oder satirische Motiv seiner Dramen ging zunächst
luf Wieland zurück. Aber auch ganze Lustspielstoffe hatte
Kotzebue schon von ihm geradezu entlehnt, so z. B. erst 1810
in der Posse ,Des Esels Schatten*. Gern erklärte er denn auch
jet^t, dass er ^nach einem bekannten Märehen von Wieland*
seinen „Pervonte* ausgearbeitet habe.
Kotzebue wusste, wie wenig das Publikum selbst bessere
Opern texte zu beachten pflegte, und sprach daher im Vorwort
zu seinem flOpern-Ahiianach'* die Hoffnung aus, dtiss man an
sein Buch keine allzu hoch gespannten Forderungen stellen
werde. Er wollte seinen Zweck schon erreicht haben, wenn
seine Stücke den Komponisten willkommen seien und ^Veran-
lassung zu der Entstehung mancher geflilligen Musik" gäben.
Was er im ,Pervonte* lieferte, steht nun freilich auf einer
sehr niedrigen Stufe. Seine Operndichtung ist zum grössten
Teil ohne jeden künstlerischen W^ert, weist weder von den
philosophisch-sittlichen Absichten Wielands viel auf noch von
dem frischen Humor und der leichten Anmut, die trotz aller
ulksiümlichen Derbheit die Darstellung des kunstreichen £r-
Ithlers auszeichnet, vergröbert ganz witzlos die komischen Züge
des Märchens bis zur plumpsten Karikatur und soll daneben
doch auch wieder als eine Art von Parodie satirisch wirken.
Bezeichnend für Kotzebues niedrige Auffassung der Komik in
dieser Oper ist schon der Name Pumpapump, den er dem Für-
sten von Salern verleiht, die ganze Art, wie er die Dummheit
nod Faulheit, die läppische Unbeholfeuheit und hernach die
sinnlose Wut dieses würdelosen Operettenprinzen ausmalt, wie
ebenso lächerliche und geistlose Höflinge um ihn versammelt,
e er einen chinesischen, einen afrikanischen und einen india-
lUBcben Prinzen als Bewerber um Vastolas Hand mit allerlei
HÄn»wursfc8pässen zur Audienz aufmarschieren und nach der
al ' ' Ten Antwort der Prinzessin wieder abziehen lässt, und
gleichen.
Von Wieland entlehnt er dabei Grundzüge für den 0ha-
Be
Frans Mumker
raki€<r üi^itiar wichtigsten Personen und im Allgemeinen den
lanx der Handlung, auch öfters kleinere Einzelheiten; aber in
Ifielen Haupt- und Nebensachen hält er sich mehr oder we-
lligt*r froi von ilira, viel freier jedenfalls als Fülleborn, und
iiiimentlich bedient er sich nicht leicht, wie dieser es so gerne
tut, der eignen Worte seines epischen Vorgängers.
Wllhrand der Breslauer Schriftsteller seine Oper erst mit
dem Schliias von VVielands erstem Gesang eröffnet, fängt Kntze-
hue die Miirchenhandlung von allem Anfange an. Er führt
un» Eunäclist den Hof des Fürsten von Salem vor — an die
Stelle des Wiekndischen Seneschalls tritt dabei ein possenhaft
gt*«eichneter Hofmarschall — und unterrichtet uns durch 6e-
flUnge und Wechselreden des Fürsten und seiner Höflinge über
die Hartnüekigkeit, mit der Vastola all die vielen Freier ab-
weist. Wieland hatte charakterisierend erwähnt, sein Märchen-
kHnig sei «sich Grosspapa begrössen zu hören eben noch nicht
niÄchtig lüstern* gewesen. Aus diesem Satze greift Kotzebue
nur das eine Wort ^ Grosspapa " auf, kehrt den Sinn de^ Ganzen
aber geradezu ins Gegenteil um und lässt die Klagen seines
Fürsten über die Sprödigkeit der Prinzessin mehrfach in die
Verse ausmünden:
»Poch die schöne Vastola
Macht uns nicht zum Grosspapa !**
worauf der Chor mit einem Triller das Wort «Groaspapa!*
wiederholt.
Die Scene wird durch die Ankündigung dreier fremde
Prinzen unterbrochen ^ die alsbald mit den lacheriichsten Mb^
nieren auftreten und das Glücke das sie ihrer künftigen Briiut
«tigedneht haben, in komisch abschreckender Weise beschreiben.
Die jiüfort herbeigerufene Vastola spricht jedoch deutlich ihren
Abttcheu vor ihnen und überhaupt ihre Männerfeind^chaft zu»
ümi in Prosa, dann in einer konventionell gereimten Arie au&
ItuMih getröstet entfernen sich die exotis^chen Freier; der Ilof
iibtr »itimuit uui* Befehl des Fürst^m ein Klagelied an Amor«
i|i»ri Kchclni, an« der allein zu helfi'H Tcmnöehle — endlich ein-
Wielantk ^t^ervonte*'.
87
ein paar Verae von liebenswürdig-munterem Humor, die
^uch in der äussern Form nicht übel geraten sind.
Daran schliefst sich die Scene auf einem freien Platz im
Walde, wo Pervonte unter einem wenig charakteriötiscben Selbst-
g^pnkh Holz hackt, bis er die i>chlafende Fee erblickt, sie
gegen die Sonne schützt und der Erwachenden vergnügt ins
flcöicht lacht. Statt der drei Feen Wiohinds führt uns Kotze-
bud nur eine vor; ihre Schönheit bereitet aber dem betrach-
tenden Tölpel bei ihm das gleiche Behagen wie bei seinem
Vorgänger; ja selbst die derbe Äusserung des Wielandischen
Pervonto Über die schlafenden Frauen kehrt in der Oper bei-
nahe wörtlich wieder: , Jammerschade, dass das arme Ding da
wie ein Kalb in der Sonne liegt!' Die unbeholfene Verlegenheit
ab^^r, die bei Wielanfl den Burschen vor den erwachten Feen
belillt, verwandelt Kotzebue in eine plumpe Verliebtheit. Sein
Pervonte läast sich in ein ziemlich umstiindliches Gespräch mit
4^r Fee ein, rühmt ihre Schönheit, schildert ihr seine eignen
rien, ihm aber vollauf genügenden Verhältnisse, die ihn nichts
weiter wünschen lassen, und erntet dafür von ihr das wieder
atark an Wielands Verse anklingende Lob: ,Du bist der wahre
Philosoph, ohne es zu wissen; und das sind heutzutage die
besten.'' Na<5h ihrer Gabe, dass jeder seiner laut ausgespro-
chenen Wünsche sogleich in Erfüllung gehn solle, fragt er
den Henker; für seinen Dienst will er einen Kuss. Er „tram-
pelt* auf die Fee zu, sie verschwindet lachend, und er umarmt
an ihrer Statt einen Affen. Missmutig setzt er sich auf sein
Bündel Holz, das er nun heimtragen nmss, tut so den vom
Märchen her überall gleichmässig überlieferten W^unseh und
rutscht auf dem Bündel davon.
Wieder verändert sich die Scene in eine offene Gegend;
Vastola erscheint mit ihren Frauen» als eine zweite NausikaA
den Federball schlagend, freilich unter höchst uuhomerischen
OpereUenge^nngen. Da reitet Pervonte auf seinem Holzbttndel
herein, wegen seiner Hässlichkeit von allen» zuletzt am
sscblimuiston von der Prinzessin verspottet. Ähnlich wie bei
Wieland nennt sie ihn einen „Wechselbalg'' und eine , elende
88
Frane Muncker
Missgeburt an Leib und Seele**) und erhält dafür statt
derben Wunsches mit den Zwillingen, den von Bastle bis auf
Fülleborn alle Bearbeiter des Märchens festgehalten hatten^ die
aus sittlich-gesellschaftlichcn Rücksichten sehr abgeschwächte,*)
nur in der Anrede noch deutlich an Wieland erinnernde Ant-
wort: ^YA verflucht! Prinzessin Jesabel! so wollt* ich doch
gleich, dass Ihr Euch in mich verlieben müsstet bis über beide
Ohren.* Mit der sofortigen Erfüllung dieses Wunsches, die dch
in verzückten Reden und Gesängen Vastolas kund gibt, schliesst
der erste Aufzug.
Diese prüde Milderung des Grundmotivs führt naturgemäss
noch zu mehr Änderungen im folgenden. Zunächst sehen wir
die Freude des Fürsten über die Bekehrung seiner Tochter zur
Liebe und den jähen Umschlag dieser Freude in Schmerz und
Wut, als er den mit Gewalt an seinen Hof geschleppten Per-
vonte erblickt, der selbst von der Liebe zu Vastola nichts wissen
will. Auf Pumpapumps Ablehnung eines solchen Schwiegersohns
*) pLasät doch tlen Wechöelbalg Äufneden. Ilir seht ja. dass csr
nicht einmal eine menschliche Form hat; eine elende Misageburt an Leib
und Seele, taug-t XAom ausgestopft in ein Naturalienkabinett/ Wllhrend
»ich Kotzebue aonRt (/.. B* gleich in dem folgenden ^Prinxesnin Jesab^J*)
an den Text in , Wielands auserlesenen Qedichten'' (1785} hielte acheiiii
in Vastolas Spottrede neben den Worten dieser Ausgabe fast noch ein
Nachhall aus der früheren Faat^ung de» Märcheus Im «Toutschen Merkur*
niitzuklingen , wo die Pnnze8,sin den vorbeireitenden Pervonte »Bären-
häuter*, , Vogelschreck* und «miasgeschaffnes Tier*, aber nicht ,Wech«oI-
balg' »chimpft, Oder sollten die Schmähungen der Prinzessin in dfr
Oper, die das tiemcbe Äussere Pervontes treffen» vielmehr auf den
zweiten Teil ron Wielands Gedicht weisen» auf das Gespräch der baidetti
Ünglückagenossen in dem schwimmenden Fasse, wo Pervonte (Äuaerle-
aene Gedichte, Bd. V, S. 210j die Schimpfwörter aufzählt, die Va^töla
ihm einat zugeworfen: »Und hieHMt mich Weeh*<e1balg und KatiK und
Murmeltier, und wa*» vors Maul Euch kam't
^) Oder Sollt« Kot£ebti<» ron sdnem AufentbaJi in Rutialand her oiwa
das dem »Pervonte^ entsprechende ulaviM'ht* (niftKiHche und polnJRcbo)
färrdM*n (?ek»nnt haben V l!i*'r fehlt da» I^acUen der Pririzt'sgin, und der
Fl' * nur, da»»* «if mcb in ihn verlieben m5ge; der weitere
\ nhte paiwt freiUch da«u nicht recht. Vgl Reinbr»ld
KOhJer, lUeiaere Schrift^, Bd, 1. S. 406 (Weimar 18U8K
atitwortet die PrinÄes&iu mit trotzigen Drohungen; die Ein-
wände des Hofmarschalk und des gegen ihre verliebte Toll-
heit herbeigenifenen Leibarztes vergilt sie mit Schlägen und
Püffen und läuft endlich davon, ihrem Pervonte in seine Hütte
nach. Hier sträubt sich der Tölpel trotz dem Zureden seiner
Mutter lange gegen ihre Liebesversicherungen, gibt aber end-
lich nach, als sie ihm bestes Essen und Trinken im reichsten
verspricht. Da erscheinen aber auch schon die Tra-
banten des Fürsten, um Vastola mit dem Burschen gefesselt
an den Hof zurückzuholen.
Der dritte Akt führt uns ans Ufer des Meeren* In grösster
Wut auf- und abgehend, erwartet der Fürst hier die Gefan-
genen. Da Vastola um keinen Preis ihrer Liebe entsagen will,
lasst er sie mit dem jammernden und sich sträubenden Per-
vonte in eine Tonne stecken, aus der die beiden übrigens um
des komischen Effekts willen mit den Köpfen herausgucken
aollen, und ins Meer werfen.
Die Scene verändert sich in eine wüste InseL Auf ihr
choint die Fee, erstaunt, dass selbst in der Todesgefahr der
Dummkopf seiner Zaubergabe nicht gedenkt, und lässt durch
Geiarterhilfe die Tunne ans Land treiben. Hier erst — offen-
bar aus bühnentechnischen Gründen, der bequemeren Darstel-
lung halber — erklärt Pervonte der Prinzessin auf ihre ver-
reiflungsvolle Frage, w^oher ihre rasende Liebe stammt, und
Bfreit sie auf ihre Bitte durch seinen Wunsch zunächst von
dieser Liebe. Entzaubert, beginnt sie von neuem ihn zu schmähen,
muas aber sogleich wieder durch Liebkosungen (wenn auch nicht
durch einen Kuss, wie bei Wielaud) seine Bereitwilligkeit zu
weiteren Wünschen erkaufen. So verwandelt er das Faas in
eine bequeme Gondel, sich selbst in einen schönen Jüngling,
wünscht für sich einen kahlen Baum am Ufer mit Bretzeln,
einen andern mit Bratwürsten behängt und für Vastola ein
prachtiges Schloss am Gestade. Endlich, nachdem er gehörig
gege^isen, durch seine Wunderkraft sich auch trefflichen Wein
herbeigezaubert und dann unter Vogelgesang ein wenig ge-
•chlunimert hat, wünscht er sich noch auf den Rat der Prin-
90
Frans Muneker
zessin Verstand* Alles andre war in der Oper Tiel rascher vor
sich gegangen als hei Wieland; nur bei diesem letzten Wunsche
zögert Pervonte zuerst ein wenig. Dann aber, obgleich VastoU
meint: ,Es braucht eben nicht viel zu sein; das könnte mir
leicht zu viel werden % begehrt er doch «recht viel und vom
besten* Verstände. Sofort verändert sich seine ganze Haltung
gegenüber der Fürstin; nun wirbt er, ohne jedoch die Zauber-
gabe brauchen zu wollen, um ihre Liebe, und von ihr erhört,
will er nur noch ,ein Glück, das Liebe schafft". Wieder er-
scheint die Fee, nimmt die Wunderkrat't zurück, die den Glück-
lichen keinen Segen mehr bringen kann, führt aber durch ihre
Genien die Liebenden in ihre Heimat zurück, ihren Elteni
wieder zu.
Der ganze zweite Akt bringt keine unmittelbaren Anklänge
an Wielands Dichtung, die erste Hälfte des dritten Akts nur
sehr wenige. Erst mit der Ankunft des ungleichen Paars an
der wüsten Insel setzt die Ähnlichkeit mit dem Märchen wie-
der ein, zuerst mehr in allgemeiner Art, dann auch im ein-
zelnen, so bei dem Wunsche der Bretzeln und Bratwürste, wo
Kotzebue einen von Wieland (Auserlesene Gedichte, V, 247)
nur flüchtig angedeuteten Einfall scenisch in aller Breite
ausführt, und bei dem Verlangen nach Verstand; denn auch
bei Wieland sträubt sich Pervonte zuerst gegen diesen Wunsch,
um sich dann bewonders guten Verstand von den Feen zu er-
bitteUf und diese erhören ihn
,mehr vielleicht, als Vastola
Am Ende selber gerne sah*.
)agiagen weist der Schluss der Oper keinerlei Abimngigkeit
von Wieland auf.
Wie sonst in seine Lustspiele, so webt Kotzebue auch hier
allerlei Satire ein, meist Satire althergebrachter Art' auf Miintu^
und Frauen, auf das Hof- und Geselkchaftsleben, auf das über-^
all herr^ichende HrotektionKweüen — »elbst duK Amt eina»
Schweinehirten wird in Prrvuntei^ Darf nach Gunst» an don
Vetter des Scbulxen, vergehen (S. SO f.) — , nuf andere aocimle
Widanda „PeroonU"»
91
Schäden^ auf Literatur und Theater. Da findet sich» recht
Ettfl^rlieb angebracht, eine Anspielung auf Zacharias Werners
Sonette (S, 82), dort ein Spottwort über ^mystische Poeten"
und ȟbergeschnappte Philosophen'* (8. 102). Dann wieder
parodiert der Verfasser geradezu die landläufigen Theaterraa-
nieren und Tlieaterphrasen, indem er Vastola und ihren Vater
bei der grossen Umarmung im zweiten Akte (S, 93 f.) mehr»
mals »einige Schritte zurücktreten und dann mit Gravität auf
einander los gehn*, sie dabei ,Ha, mein Vater!* und „Ha^
meine Tochter!** ausrufen, die Prinzessin zuletzt »Wo bin ich?"
fragen und den Fürsten ,In meinem Studierkabinett " antworten
lässt. Und ebenso satirisch ist es wohl gemeint, wenn im dritten
Akte (S. 118) der aus der Meeresgefalir gerettete Pervonte beim
Anblick der wüsten Insel anhebt: »Tot bin ichl schon vor einer
Stunde bin ich ertrunken — folglich ist hier das Himmelreich
— es sieht aber eben nicht lustig hier aus. — He! Jungfer
Prinzessin! seid Ihr auch gestorben? — guckt einmal heraus,
wir sind im Himmel angekommen." Das sieht fast wie eine
beabsichtigte, aber freilich wenig geglückte Parodie auf Orests
lonolog beim Erwachen aus seiner Betäubung und seine näch-
Anrede an die Schwester aus (Goethes ^Iphigenie", UI, 2
tind 3, Anfang). Auch sonst fühlt man sich öfters bei dieser
Oper Kotzebues versucht, der ausserdem gar zu unschmack-
haften Komik durch die Annahme parodistischer Absichten we-
nigstens einige Würze zu geben.
Von dem ausgelassen muntern Leben und der wirklich
lustigen Beweglichkeit, die in den meisten Schwanken und
Possen Kotzebues waltet, ist in seinem » Pervonte*" nur wenig
zu spüren: die ihm sonst geläufigen und bei ihm stets thea-
ralisch wirksamen Motive der Verkleidungen und Verweehs-
jen liessen sich hier nicht anluingen; ebenso war keine Ge-
leit zu einem verwirrenden lutriguenspiel gegeben. Dazu
sind die Personen fast durchweg Karikaturen der schUm nisten
krt, die Einfälle gar zu plump und arm an Witz, die Komik
ftusserlich und bisweilen pöbelhaft, die Sprache meist
l06, sehr niedrig, prosaisch auch wo die Leute in Versen
92
Franw Muncker, Wielands ^.Pervonte**
und Reimen sprechen, der Dialog freilich leicht und lebendig.
Nicht einmal besser gegliedert und aufgebaut als Ftilleborns
schwaches Singspiel ist Kotzebues Oper, und geistig überragt
sie jenes in keiner Weise.
Und doch verhalf ihr der Bühneuruhm ihres Verfassers
alsbald zu mehreren Komponisten. Gleich in den allernächsten
Jahren (gegen 1815) setzte sie Kapellmeister Leopold Karl
Reinecke zu Dessau, 1817 Peter Joseph Lindpaintner zu
München in Musik. Lange hat sich freilich von diesen Per-
vonte-Opern keine auf der Bühne erhalten. Nach Felix Cle-
ment und Pierre Larousse (Dictionnaire lyrique, Paris [1869],
S. 526) wurde zwar Lindpaintners Oper in Stuttgart gegen
1830 gegeben. Doch auch vorausgesetzt^ dass diese unl • ' U*
Angabe auf Wahrheit beruht/) so verlaut<*t doch von ^n
Aufführungen des Werkes um diese Zeit und vollends später
so wenig, dass es unmöglich einen grossen Bühnenerfolg ge-
habt haben kann«
^) In den Schriften Clber dai Stattgorter Hoftheriter im ii>. Jtthr-
hnndert von C. A. v, Scbi-viishnon (1878) und Adolf Palm (1881J wird
Ltndpaintnera nPervonte* nicht erwö^hnt.
98
Sitzung ?oiü 6. Februar 1904
Philosophisch-philologische Klasse.
Herr Kbitmbacher hält einen fllr die Sitzungsberichte be-
stiminten Vortrag:
Eine neue Hantlschrift des Digenis Akritas.
Vor etwa dreissig Jahren wurde in Trapezunt eine Hand-
dchrift des verschollenen byzantinischen Epos entdeckt, dessen
Inhalt die Erzählung der Taten des tapferen ürenz?erteidigers
(Akriten) Digenis bildet. Der historiscLe Kern des Gedichtes
ist im 10. Jalirlmndert zu suchen. Bald fanden sich drei an-
dere Handschriften: in Grotta Ferrata, Oxford und auf Ändros.
lede Handschrift enthiilt eine stark abweicbende Redaktion des
»'^erkes. Zu diesen vier Handschriften ko!noit nun euio fünfte,
in der Bibhotfaek des Escurial. Auch hier haben vrir es mit
einer neuen Bearbeitung zu tun; sie ist am nächsten verwandt
mit dem Texte von Andres, steht aber, soweit sich nach den
bis jetzt zugänglicheu Textproben urteilen lässt, hinter dieser
wie den übrigen Hedaktionen an Reichtum des Inhalts und
Gediegenheit der Form erheblich zurück.
Historißche Klasse.
Herr Prütz hält einen für die Sitzungsberichte bestimmten
Vortrag;
Die exemte Stellung des Hospitaliter-Ordens.
Ihre Entwickelung, ihr Wesen und ihre Wirkungen.
Auf Grund der neuenUngs ei'schlossenen Schätze des ehe-
maligen Ordensarchivs in Lavaletta auf Malta führt er den
94
Sitsung vom 6. Februar 1904,
-Nachweis, dass die dem Orden durch die päpstliche Kurie ver-
liehenen Privilegien in ihrer Gesamtheit ein System von Ex-
emtionen darstellen, durch das der Orden nicht bloss finanziell
von aüen üblichen Leistungen an die Kirche befreit» sondeni
auch in den Stand gesetzt wurde vermöge des Ordensklerikates,
des vielfach geübttin Kirchenpatronates und im Besitz der Si-
cherheit gegen die bischüfliche Strafgewalt weite Kreise der
ordentlichen kirchlichen Gewalt zu entziehen, indem er auch die
Massen der Affiliierten, seiner Dienstleute^ Arbeiter u. s. w. und
selbst nur geringen Zins zahlende Fremde zum Mitgenuss seiner
Ausnahmestellung zuliess. Ursprünglich ein nur lockerer Ver-
band zur Armen- und Krankenpflege, dem man nur auf Zeit
beizutreten brauchte, und damals namentlich auf Aragonien und
die pyrenäische Halbinsel gegründet, von wo ihm zuerst reiche
Mittel zuflössen, erlangte er eine herrschende Stellung durch
die Errichtung von dem Haupthause zu Jerusalem untergeorf-
neten Hospizen an den für den Verkehr mit dem Hl. Lande
wichtigsten Plätzen Italiens und Südfrankreichs. Indem ©r sich
der päpstlichen Autorität fast ganz entzog, fand er allmählich
Mittel und Wege, sich mit ihrer Hilfe auch in weltlichen
Dingen unabhängig zu machen und durch die Erwerbung der
Gerichtsbarkeit und deren zuweilen geradezu chikanöae Übung
in manchen Distrikten eine Art von Herrschaft zu usurpieren,
die ihm vielfach heftige Feindschaft zuzog.
Die exemte Stellung des Hospitaliter- Ordens,
Ihre Entwiokeluag» ihr Wesan und ihr« Wirkuiig«ik
Von H, Pmtz,
(Vorgetragen in der hialoriBchen Klaeee am 6. Febraar 1904.)
In der Geschichte der geistlichen Ritterorden ist eine Seite
llbiBher ohne die gebührende Beachtung geblieben, obgleich sie
die historische Wilrdigang dieser merkwürdigen Bildungen
anders lehrreich ist und ihr neue Gesichtspunkte erschliesst.
"Nur bei der Vorgeschichte des Untergang<3S des Teruplerordens
ist sie wiederholt gestreift, hat aber da bei der Lückenhaftig-
keit der Überlieferung nicht in befriedigender Weise erledigt
werden können. Weit bedeutender aber, als man bisher annehmen
. konnte, erscheint nach neuerdings erschlossenen, ebenso um-
fiinglichen wie wertvollen Quellen materiaiien der Anteil der
geistlichen Ritterorden an der Vorbereitung und Herbeiführung
des Zersetzungsprozesses, der seit dem Ende des zwölften Jahr-
hunderts in den kirchlichen und staatlichen, gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen des Abendlandes die Grund-
lagen der mittelalterlichen Ordnung auflöste und allmählich
aden neuen Lebensformen Licht und Luft zu freier Ent-
Ifatog YerschaÖle.
Hatte der Gedanke, dem diese grossen ritterlich -mön-
aen Genossenschaftun entsprangen, von den geistigen und
lieben Triebkräften, welche die Entfaltung der mittehilter-
lichen Kultur vornehmlich bestimmten, zwei der stärksten
und fruchtbarstea zusammengefasst und ^r einige Menschen-
96
H, Pnäs
alter zu gemeinsamem und daher unvergleichlich machtvollem
iifitl erfolgreichem Wirken verbunden, so war es doch nicht
iriüglich, den Gegensatz, der ihrem We^en nach nun einmal
zwischen diesen bestand, wirklich auszugleichen oder auf die
Dauer unschädlich zu machen und so die Konflikte abzuwenden,
in welche die Orden vermuge ihrur Doppelnatur mit den ihnen
verwandten, aber doch auch wieder mit ihnen konkurrierenden
Gewalten geraten mussten.
Seitdem der besondere Beruf» für den diese Orden in
einer Zeit hochgehender kirchlicher und ritterlicher Begeiste-
rung geächatFon und dem ihre Institutionen mit grossem
Geschick angepasst waren, ohne darum die znr Einfügung
auch in andere Verhältnisse unentbehrliche Dehnbarkeit einzu-
bü&sen, durch den Zusammenbruch der christlichen Herrschaft
in dem heiligen Lande unerfiillbar geworden war, büssten sie
die sittliche Bads und die ideelle Berechtigung ein, welche
sie früher 2U allgemein gefeierten Trägem einer unwider-
stehlichen geistigen Strömung erhoben hatten. Hinfort log
die Gefahr nur allzu nahe, dass sie vermöge der bevorzugten
Ausnahmestellung, die um jenes ursprünglichen Benifos willen
Kirche und Staat ihnen wetteifernd eingeräumt hatten, weniger
berechtigte, mehr oder minder selhstsQchtige Ziele erstrebten
und ihre kin^hlichen und weltlichen Voireelite und Fnnheiten
in den Dienst aafeclttbarer Sonderinteras« stellten. Waren
sie doeh in der glClcktielieii Luge, diese eolspreeliend ihrer
DoppabAtttr hM mit geistlidieii^ bmld mit welilkliai Waffen
wirbun fördere n kSmmi, Der Kirdia, die ae de bevor*
tilgte Lieblinge ^eiehmn veriÄbdidl halte, eotwueboeii se
mfyignimaM je linger je mebr md iiwkm ikr im Gefllhl der
ikmm, irieUiidi vwlirMlIeB DwdihiMgiigfriil tind tlirar TvaMOi^
Udien UiMDlbelirlidikcit gelegwUidi mit htrmmtimimminä
Dbermitl und sogar k Mlbaer AufMumsg eolgegeii. Auf der
madefen Seil« «mnliii sie durdi den [iljorniHrigm Auebra der
Mli eriaiigUo SoodiffaliUatig ubeqwntf O^gMr da- mA mU*
and m
iogar «m
Hiadan» Ar
Die exiwtt Stellung des Hospüdliter'Ordens,
97
AbsclUuss. Indem sie auf der einen Seite die ohnehin schon
erschütterte Ordnung der Kirche, wo sie ihnen unbequem
wurde^ rücksichtsios durchbrachen, stemmten sie sich auf der
anderen dem erstarkenden Fürsten fcnm entgegen und suchten
die straffere Anziehung der staatlichen Verbände bald auf
Umwegen, bald in direktem Widerstand zu hindern. So
mochten sie sich hier wie dort unversühnliche Feinde, deren
Zusammenwirken sie schliesslich erliegen musstan.
Mag auch das ebenso fesselnde wie schwierige Problem,
das in dem Untergange des Tempelhermordens vorliegt, noch
immer nicht als ohne jeden liest gelöst gelten können: auch
diejenigen, die in der Frage nach der Schuld des Ordens ent-
gegengesetzte Standpunkte einnehmen, werden dariiber einig
sein, dass die Katastrophe der stolzen Genossenschaft, auch
wenn die gegen sie erhobenen Anklagen ganz oder nur zu
einem Teil unbegi^ündet gewesen sein sollten, doch überhaupt
veranlasst worden ist durch die Feindschaft, die sie bei den
Bischöfen und Geistlichen gegen sich erzeugt hatte, und durch
den Gegensatz, in den ihr Machtstreben sie auch zu dem
Fürstentum bringen musste, als dieses anfing sich seines Berufes
iiod Hechtes bewusst zu werden. Dem Zusammenwirken dieser
beiden Mächte, gegen die sie in der öffentlichen Meinung
l&ngst den Rückhalt verloren hatten, erlagen die Tempelherrn,
indem nach den einen bei ihnen eingerissene, bisher aber ge-
duldete Irrtümer und Missbräuche plötzlich als Handhabe
gegen sie benutzt, nach den anderen aber sie in ein raffi-
niertes Lügengewebe verstrickt und schuldlos durch rohe Ver-
gewaltigung zu Fall gebracht wurden.
Nach der anderen Seite hin finden wir das kirchlich-
politische Problem, das in den geistlichen Ritterorden gestellt
war, entwickelt in der Geschichte des Deutschen Ordens. Es
bat ©ine Zeit gegeben, wo dieser von geistlicher und welt-
tichejr Seite ebenso heftig wie die Tempelherrn angefeindet
und in ühnlicher Weise verdachtigt wurde, ja, sich unter
dem V'orwand einer Reform von dem gleichen Verfahren
bedroht sah, während diese Angriffe tatsächlich seiner kirch-
t«04. Sttigab. d. |iJiaoi.'pliiIoL iL d. bkt KL 7
n, Pruti
liehen Ausnahnjestellutig und stolzen weltlichen Macht galten.
Doch gelang es ihm, diese siegreich abzuwehren, weil er da/>
Glück hiitte, flureli die Einchtunt^ eines Onlensstn/iles den
Konflikt mit den konkurrierenden Gewalten des Königtums
und des Bi^itums auszuschliessen und unter Wahrung seines
geistlichen Wesens doch auch das damit verbundene weltlieh-
ritterliche weiter auszubilden und bis in die letzten Konse-
ijuenzen IbljL^erichtig zu entwickeln. Schliesslich aber ist er
doch zu Grunde gegangen, weil er im Widerspruch mit der
hohen staatsmännischen Einsicht, die er in seiner grossen Zeit
betätigt hatte, sich eigensinnig der erstarkenden populären
Strömung entgegenstemmte, die seit dem 14, Jahrhundert infolge
groHser wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wandelungen
auch die Masse der Bürger und Bauern einen ihrer Belastung
entsprechenden Anteil an den öffentlichen Angelegenheiten
immer dringender fordern Hess: die «iudurch heraufbeschworene
Kebellion seiner Untertanen hat den Ordensstaat schlieaslich
2U Fall gebracht.
Einfacher und daher weniger gewaltsam wurde der hier
?on Anfang an vorliegende Widerspruch gelöst bei den mehr
national und territorial gebundenen geistliehen Ritterorden, die
in der pTreniiisehen Halbinsel als TrUger de» dauernden Kampfes
gegen die Ungläubigen zu ähnlicher Macht und Bedeutung auf-
stiegen. Ourch sein Bündnis mit dem Bürgertum der StÄdte
von den feudalen Schranken gelöst, war das Königtum dort
gegt^n Ausgang des Mittelalters stark genugi um die Orden
ton Calatrava, Aleantara und S. Jago, die ihm 1 Isr-
lieh werden können, unschädlich und schliesbh- „:i.*n
reichen finanziellen und militärischen Mitteln sich dienstbar zu
machen, indem der TriigtT der Krone s^Wysi m ihre Spitze
Imt und das Meistertum ein fiSr allemal mit der K"---'''*heo
'Herrschaft vertHnigt^. Nicht gan« so rudiknl, aber v av^
Wirkung war das Verfahren, das lonn in Portugal anwaiidiet
^nb bei fier Auflöaung de« Tempellierniortleiis di*ssni dort
intRdier Zwmg tu» CShriütiisiifdaii nig«rt«liei wurde. Kur
loy etD# Ntuening dbibd inaoftni nielil vor« da mich der
Die exemte Stellung da Hüspitalüer-Oräens.
09
Tempelhermorden dort dem Staat gegenüber sich keineswegs
der Unabhängigkeit erfreut hatte, wie anderwärts. Der portu-
giesische Provinzialmeister durfte nur mit Zu»timinyng des
K5nigs gewählt werden; der Gewfihlte inusste dem Könige
Treue schwören und dem Thronerben huldigen. War er ein
Fremder, so muHste er die Königliche Bestätigung einholen,
bevor er das Land betreten durfte. Ebenso durfte er es ohne
Königliche Erlaubnis nicht verlassen, ausser zum Kampfe gegen
die Ungläubigen. Die portugiesischen Tempelherrn waren
durchaus Königliche Loliensleute und hatten alle Pflichten zu
erfüllen, die solchen oblagen. Wenn Alexanders III. grosser
Freibrief Orane datura Optimum vom 18. Juni 1163 den Rittern
dieses Ordens die Leistung von Lehens- und Treueiden verbot,
so hat er jedenfalls in diesem Punkte in Portugal niemals
Geltung gehabt* Selbst das Aufnahmerecfat des Ordens war
dort beschränkt; nur Portugiesen durften den Mantel mit dem
roten Kreuz erhalten, Ordensbesitzungen durften nicht ohne
Königliche Zustmimung veräussert werden und selbst Zuwen-
dungen aus Ordensmitteln an das Haupthaus zu Jerusalem
mussten vom König gutgeheissen werden. Wenn der Orden
seine Pflicht zum Kampf gegen die Ungläubigen vernach-
lissigte, war der König befugt, über seine Güter anderweitig
zu verfögen.*)
Auch der Orden vom Hospital Johannes des Täufers zu
Jerusalem hat vielfache Anfeindungen erfahren. Sowohl mit
den staatlichen wie namentlich den kirchlichen Autoritäten
hat es ihm an wiederholten ernstlichen Konflikten nicht gefehlt.
Dennoch hat er eine Katastrophe, wie sie den Tempelherrn-
ordeo ajerschmetterte, glücklich vermieden. Andererseits frei-
lieh hat er auch nicht entfernt die grosse geschichtliche Rolle
^-spielt, y.u welcher der Deutsche Orden «Is Staatsgründer und
pmicber berufen wurde. Durch eine eigentümliche Verkettung
der Umätande hat er zugleich mit dem Beruf, für den er einst
*) Prutz, Entwickelung und Untergang des Tempelherrn ordent.
Berlin 1ÖÖ8. S, 59.
7»
100
F, Pruii
urrichfcet war, die Form und die Verfassung, durch die er xu
seiner Erfüllung hatte befähigt werden sollen, bis tief in die
modernen Zeiten hinein bewahren können, mochte er diesen
iiuch itls Vertreter einer längst entschwundenen Epoche wie
ein sonderbarer Fremdling erscheinen, um schliesslich recht
kläglich zu Grunde zu gehen. Als eine gefallene GrösHe sich
zu überleben, ist sein Schicksal gewesen. Indem er das ihm
einst aufgeprägte Wesen auch in der so ganz anders gewor-
denen Welt noch anspruchsvoll zu vertreten suchte und dazu
veraltete Formen mit dem trügorischen Schein einer der grossen
Vergangenheit entsprechenden Existenz zu unikleiden strebte,
wurde er schliesslich zu einem Zerrbilde seiner selbst. Der
Kampf gegen die Ungläubigen, den er von Malta aus doch
eigentlich nur gegen die nord afrikanischen Seeräuber llUhrte^
war tatsächlich nicht viel mehr als ein legalisierter Seeraub
und trug diesen Charakter vollends nnverhiillt an sich, wenn
er gelegentlich gegen die ketzerischen Kaui'leute der nieder*
iiindischen und hanseschen Städte unternommen wurde.
Der historischen Forschung aber ist aus diesem ihm be-
schiedenon Schicksal insofern reicher Gewinn erwachsen, als
seine Fortdauer bis m unsere Tage dazu beigetragen hat, von
den auf seine Vergangenheit bezüglichen Urkunden eine ganz
erstaunlich reiche Fülle zu erhalten. Ursprünglich hat der
Orden sein Archiv natürlich in dem Haupthause zu Jerusalem
aufbewahrt. Nach dem Verlust der heiligen Stadt 1187 wurde
08 nach Margat Übertragen, der gewaltigen Veste, die der Orden
in einem 11^*1 erworbenen Gebiet im Fürstentum Antiochien
aufführte und die auf unstugiinglicher Bergeshöh thronend der
Mittelpunkt wurde für die Anfange einer Art von Ordensstaat
dort im Norden Syri<»is.*) Als abisr auch dieser Platz keina
Sicherheit mehr gewälirte, wurde es in dem Haupthause zu
Aocon geborgen. So viel von seinem Bostando bei dem Falle
dieser Fei»tsang und der tlberfitbruog erst naoh Cypem (1290)
und dann 1307 nach Uhodos im Stich gelassen odor in der
^) FraU* Knlturgwihifihie dar KrtnaaUgt 8, :Ma.
DU exemU äteliui^ 'd/ß bospifaHUr-Orden».
101
Folge auf andere Weise verloren gegangto -sein nia^: ätch
hir^t das ehemalige Oi'densarchiv in Lavaletta auf Malta* m
dem jetzt von dem englischen Gouverneur bewohnten Hoch-
meisterpalast erstaunliche Schätze, die für die Geschichte des
►Zeitalters der Kreuzzüge nach jeder Richtung hin die reichste
Atisbeute gewähren. Nachdem zuerst Karl Hopf aus Anlass
mner Forschungen zur (xeschichte Griechenlands im Mittel-
Alter davon Kunde gegeben*) und namentlich auch auf die
kostbaren Reste hingewiesen hatte, die zugleich mit den Gütern
der Tempelheixn aus deren einstigem Archiv an die Hospitaliter
gekommen und eben dort aufbewahrt sind, habe ich zunächst
die-se letzteren, soweit es bei beschränkter Zeit und beschränkten
IMittfdn möglich war, zu heben versucht^) Als eigentliche
Lebensaufgabe aber hat wiedernra ein Franzose, Delaville Le
Roulx, die Erforschung des Ordensarchives in Lavaletta erwählt
und von dem dort gewonnenen Urkundenmaterial aus allen
luren nachgehend und räumlich immer weiter um sieh greifend»
unternommen, die Ge^samtbeit der auf die Geschichte des
Ordens bezüglichen Urkunden bis zum Jahre 1310 zusammen-
nbringen und in einer dem heutigen Stande der Diplomatik
Htspreeh enden Gestalt der Wissenschaft zugänglich zu machen.
Da der Orden vermöge seiner Organisation auch späterhin
Idas ganze Abendland umfasste und in den Haupthäusern oder
Prioreien der einzelnen Provinzen nicht blos die auf deren
besondere Verhältnisse bezüglichen Urkunden, sondern auch
diejenigen in beglaubigten Kopien vorhanden sein mussten, die
sich auf die allgemeinen Ordensprivilegien bezogen, so gibt es
unter den grösseren Staatsarchiven Europas kaum eines, das
nicht Hospitaliterurkunden enthielte und zu der von Delaville
Le Rouli unternommenen Sammhmg beigetragen hätte. Von
dieser, dem Cartulaire general de POrdre des Hospita-
liers de S.Jean de Ji^rusalera (1100—1:110) liegen bisher
drei mrichtige Foliobände vor. Die darin enthaltenen etwa
*) MonaUb. d. Berlioer Akademie 1864, S. 20i u. £
*) Prot 55, MalteH^r Urkunden und Rege«ten tnt üeachicbt«? der
Tempelherrn and Johanniter. München 1889.
j«a
•^5^, U^nden 'und Hegesten, ron denen nahezu ein Drittel
^•;# ;bi*4K«¥i*'tfberlmiipt nicht oder doch nur dem ungefähren Inhalt
nach bekannt war» stellen die wertvollste Bereicherung dar,
welche die Geschichte der Kreuzzngszeit in unseren Tagen
erfahren hat. Sie betreffen alle Verhältnisse des Ordens bis
1800, die allgemeinen so gut wie die der einzelnen Prioreien,
«eine kirchliche Stellung so gut wie seine Beziehungen «ir
Stnatsautorität in den verschiedenen Ländern, seine Besitzungen
und Gerechtsame, seine Regel und seinen Brauch, seine Mit-
glieder so gut wie seinen Anteil an den Weltbändeln in Krieg
und Frieden, seine militärischen und seine gelegentlich recht
bedeutenden finanziellen Unternehmungen, die Bewirtschaftung
seiner Güter und Liegenschaften namentlich im heiligen Lande
und seine Tätigkeit in Handel und Seefahrt. Noch lange wird
die £inzelfor8chung zu tun haben, um die Fülle des hier
gehoionen Neuen zu durchdringen, zu sichten und für die
einzelneil Gebiete wissenschaftlich eu vorwerten.
Einen Beitrag dazu bieten die nachfolgenden Studien 2ur
Qüohichtf^ des Hospitaliterordens: sie eröffnen zugleich einige
Itööe Ausblicke auf allgemeine Verhältniss<^ und lassen ein über-
raachendös Licht fallen auf die Bedeutung, welche die geist-
lichen Kitterorden überhaupt für die allmähliche Auflösung
der nn'ttelalterlichen Kirchen- und Staatsordnung erlaugt haben.
Stellt man die General- und Sperialprivilegien, die i»m
llanpitalitiTorden in den i^twu 200 Jahren, die der Schwerpunkt
seines Wirkens erst tatsächlicli und dann angeblich im Osten
lag, dareh die vielfacli als übertrieben augvfttcJit^fne*) Ounjt
der r5iniscben Kurie verli«>hon wurden , nach Kategorien zu-
aainmen, an ergibt dch ein fnat in sich geseKlossenes System
füQ Exemtionen, durch da$ der OHkn d«r Einwirkung der
«) Otfteliar« a. nm (11, 8. im iMMTlii Ui^ffor IX. in mmBa Krta«
iNMn SIS. A|tid ISM. viele lieliaitT»!«*» Wiw »nMiUi^t lu^. tmiftln fftv..ro otifl
vobii üniM&iien* imw
Die exemte Stellung des HospitaHter-Ordena,
103
kirchlichen Autorität<?ii so gut wie entzogen war, und zwar
nicht blos die eigentlichen Ordensbrüder, sondern auch die ihm
ab Oblaten, Donaten oder Konfratres nur locker Affiliirten,
ja sogar die ihm irgendwie zu Dienst oder Zins yerpSichteten
Leute und selbst die als Konsorores ihm beigeordneten Frauen:
ai^ alle konnten eigentlich nur von dem Papste sei bat oder
auf gmnd einer von ihm filr den ausdrücklich genannten be-
80o4eren Fall erteilten äpeziellen Yollinacht mit kirchlichen
Zenairen belegt werden.
Diese kirchenrechtliche Anomalie wird dadurch nicht weniger
auaseiordentlich und folgenreich, djxss sowohl der Tempelherrn-
erden als der Deutsche Orden ^) sich der gleichen Ausnahme-
Stellung erfreute. Leider entziehen sich nicht nur die Motive,
welche diese Ounstverleihungen veranlassten, sondern auch die
Absichten, die damit verfolgt wurden, unserer Kenntnis. Denn
wenn auch die Angabe eines wohl unterrichteten Zeitgenossen,
^ier Kardinalkauzler Rohmd habe neben den Mailändern dem
Hospitttliterorden und dem König von Sizilien die Geldmittel
zu verdanken gehabt, die ihm ermüglichten, als Alexander HL
die Tiara zu gewinnen und zu behaupten, begründet ist*) und
die außerordentliche Gunst erklären kann, die gerade dieser
Nachfolger Petri dem Orden erwies, und wenn man das Gleiche
gleiten lassen will von der von eben diesem Gewährsmann dabei
gegen denselben Papst erhobenen Anklage, für die den Hospi-
tal item erteilten Dispense, die auf eine Auflösung des Kirchen-
regiments hinausgelaufen seien, habe er persönlich grosse Summen
von ilinen erhalten,^) so ist doch die enge Verbindung des
') Am 9. Januar 1221 verlieh Honorina Hl, sumraariseb dem Deutachen
Orden alle bisher den Hoapitalitern und Tempel hpiTii gewährten Frei-
sten: Htrehlke, Tabulae ordiiiia Thevitooici n. »09 (S. 281).
^J G erhöh Reicheraperg. de invctaiigatione Antichristi (Archiv f.
Rttnde Österreich. Geschichtflqnellen 20, S. 170): . . , . , Alexandrum, qui
et ipic argontum Hospitalenffiam, ut pal am est, argentutn quoque
et MediolaueoBiam, ut imperiutu couqueritur ac publica fama
|uiiur, 8ut)«^r imliciis et cau iaaticiB cum cet^ris ucceperit etc.
^) Ebd. . . tUesiaaroa ab \l üibu» pro diapeiiBatioue, irania
vero dissipatione eccleaiaatici regimliiia acceptos ip«e poaiddet
104
H, PnUi
Ordens mit der römischen Kurie älteren Ursprungs. Das fÖr
seine Entwickelung wichtigste Privileg, das ihn von der bischof-
lichen Gewalt so gut wie unabhängig machte und von dem de?
Gerboh von Reichersperg Bedauern über seine für die Kirchen-
zucht nachteiHgen Wirkungen besonders gelten konnte, ver-
dankt er bereits Anastasius IV., während es die von Alexander IE.
so ausserordentlich bevorzugten Tempelherren erst acht Jaire
später erhielten. Als selbstverständlich aber wird angenoniTjen
werden können, dass solche Ziigeständnisse, die dem Orden Auch
der Kurie gegenüber frühzeitig eine Htellung verschaffteil, auf
der fussend er immer neue ertrotzen konnte, gewährt würden^
um ihn auf das Engste an das Papsttum zu fesseln und mit
seinen weitverzweigten Verbindungen, seinem moraliscien Ein-
fluss und fUr gewisse Fälle auch seinen reichen finanziellen und
militärischen Mitteln diesem dienstbar zu machen. Freih'ch
wird auch zugegeben werden müssen, dass der Gebrauch, den
der Orden von dieser Ausnohmestellung machte, für die Kurie
gelegentlich eine unangenehme Enttäuschung bedeutete. Sie
musste diese um so lästiger empfinden, als einige der dem
Orden besonders geneigten Päpste sogar Bestimmungen ti*aten,
durch die sie sich und ihren Nachfolgern selbst gegenüber
einem Missbrauch seiner Vorrechte durch den Orden die Ilände
banden^ so dass ein Einschreiten kaum noch möglich war ohne
die unfehlbare Autorität des römischen Bischofs mit sich selbst
in Widerspruch zu bringen. *)
Diese beiden Momente, die wie in der Geschichte der geist-
lichen Ritterorden überhaupt, so namentlich auch in der der
Hospitaliter teils zusammen-, teils einander entgegen wirkten ^
in der Art ihrer Betätigung völlig klar zu legen, fehlen uns
leider auch heute noch die Mittel. Wohl aber darf jetzt auf
einige bisher unbekannte oder nicht gebührend gewürdigte Um-
*) Vorgl. t, ß. Innocen» [\L öe«cheid vom ÖL Jnnuar 1207 auf doa
Patriarchen von Jcnioüeni Aufra^o betreffend il^n Schvitz, den die Ilitter-
onleri iiti 1 Lüiidti Üb<*ltateni
eine Eni ;4 ab» ue for^aii ini
ßoutmiret. Oartubkir« nu. 124i> (U* 8. Üd).
Die €xemte Stellung des HospUalüer-Ordens,
105
itände hiDgewiesen werden, die bestimmend auf sie eingewirkt
haben und die Keime zu ungewöhnlichen RiHungen spiiterer
Zeit bereits überraschend früh als vorhanden erkennen hissen.
Die anfängliche Enhwickelung des Hospitaliterordens steht
zu der der bedeutendsten gleichartigen Genossenschaften zu-
nächst insofern in einem Clegensatz, als jene, namentlich der
Orden der Tempelherrn und der der deutschen Ritter zu S. Marien,
früh fest in sich abgeschlossen, Yon einem bestimmten iSitz ans,
der auch in der Folge ihr Zentrum blieb, mit dem Wachstum
ihres Besitzes durch Erwerbung weitab und zerstreut liegender
Güter sich ei'st allmählich mit ihren Interessen und Einfluss-
kreis Ober grössere Gebiete ausdehnten. Das Hospital Johannes
des Täufers dagegen verdankt seine Bedeutung dem Umstände,
dass es sich gleich anfangs auf eine grössere Anzahl weit von
einander entfernt liegender Punkte? stützen konnte, und erst
im Laufe ungefähr eines Menschenalters hat es seine räumlich
grosse Dimensionen umfassende Organisation zu einem wirk-
lichen Orden angezogen und zusammengeschlossen. Gerade über
diesen Punkt verbreiten die durch Delaville Le Rouli veröflent-
lichten Urkunden willkommenes neues Licht: was von den
Ajitangen des Ordens gemeinhin berichtet wird, erscheint dar-
nach vollends legendarisch.
Bekanntlich bringt die Tradition den Ursprung des Ordens
in Verbindung mit der alteren Stiftung eines reichen Bürgers
von Amalfi, Pantaleon Mauro, der wie schon früher iu Anti-
schien so in Jerusalem selbst auf einem ihm von dem Khalifen
Mostansir Billah eingerüumten Grundstück in dem Christen-
viertel das Kloster S, Maria Latina mit einer Pilgeiherberge
errichtete. Nach dem ersten Kreuzzug sollen dann neun edle
Jünglinge unter einem Oberen Gerard zur Pflege der Pilger
und Kranken in der heiligen Stadt zusammengetreten sein und
sich in der Nachbarschaft jener älteren Stiftung niedergelassen
&n.*) Dies räumliche Zusammentreffen scheint den Anlass
^gebeo zu haben, dass man die beiden Stiftungen in der
*i VergL Hejd, Geachichte des LevaiitehiindeU [, S. 115 U7.
106
m BruiM
Überlieferung! die der Orden freilich niemals bat gelten lassea,
als xusanniien gehörig darstellte. Nun wird aber in den hier
in Betracht kam inenden ältesten Ordensurkunden jenes Anialfi-
tanerhospitals in Jerusalem ebensowenig je Erwähnung getban,
wüe der Schwesteranstalt in Antiochien,') Vielmehr weiseu
dieselben für das Hospital^ aus dem der nachmalige geistliche
Ritterorden hervorging, auf andere Verbindungen hin, welche
die Vermutung nahe legen, die Stiftung Gerards, Geralds,
Giralds oder auch Girauds, der darum doch, wie Delaville I^e
Kf»ulx nachgewiesen haben wil],^) schon vor dem Kreuzzuge
in Jerusalem gelebt und zum Besten armer und kranker Pilger
gewirkt haben kann, sei in ihrem Ursprung vielmehr mit der
pjrenäischon Halbinsel und insbesondere mit Aragonien in Ver-
bindung zu bringen und habe demgemäs auch die Mittel z\x
ihrer Erhaltiing und Erweiterung zunächst namentlich von
dorther zu beschaffen gesucht* Zwar fehlt über die Herkunft
ihres Stifters jede zuverlässige Angabe.^) Aber es ist doch
sehr beachtenswert, dass nach einer der ältesten erhaltenen
Ordensurkunden der päpstliche Legat Kardinulbischof Richard
von Alhano gerade die Bischöfe Spaniens verptlichtet, das
Hospital zu Jerusalem unter ihren Schutz xu nehmen und die
Schenkungen nicht zu künden, welche die Gläubigen ihrer
Diözesen ihm zuwenden: allen denen, die sich dem dort ge-
^) Denn wenn Patriarch Bernhard von Antiot-hieti (MÜ0--US4) Bacb
einer undatierten Urkunde Cartalaire au. 5 (T, S. 9) den Brilderu vom Hospital
XU Jerumleni auf ihre ßittci schenkt ftloeuni quendtini in drcuitu B. Mariae,
qtii est ante eonim hoapitiuin, ad stabulum ftirietnJum, nbi mm» rrrlti-
dant et collocent equiUtunu*. 00 Ifisai ichon die Bestimmung des Plaicet
erkennen, Am» «0 »ich uni eine acae Anlage handelt«, nicht abtr lua
eine flotcho, die »chon lao^ dem Pilgerverkebr i^edieut hatte.
*) De (>rima ongine Boeipitalänorum HieroBoljinttiuiorum, Pan« 1885.
^) Dean «fnn Gcraldai» iwrvtis et minisitiT IIöepitAUa, am 1110 in
rlnontr^ S Sntamini tu Tonlon^e fttr den Abt xcm Oluny Qine Urkmadn
AiiMt^'IU (rartiifatri^ no. 18. T, S. 2(». »0 fblgt dtLTAU» fQr »inen Hjuto,
drr im Inl^w»» «ftn&ffi vkl tmlBrir »<%
nicht« in Ik^M r ffw »of mmm 'l .q
dem Stift« S. iSeursia in T<'
Die e^tmte Stellung des Haspitaliter-Ordens.
wt
t»ten LiebesTrerk dienstbar machen, sollen sie dauernden Frieden
sicljern, indem sie sie und ihre Besitzungen mit strengen kirch-
lichen Zensuren gegen Störung schützen.*) Wenn ferner Papst
PaschaJis IL am 15. Februar 1113 von Benevent aus den Prä-
laten und Gläubigen Spaniens den von Qerard, dem Probst
|j^es Hospitals, zum Einsammeln von Almosen dorthin geschickten
Palacius empfiehlt,^) so wird man als dessen Namen mit viel
Wahrscheinlichkeit Pelagius, Pelayo vermuten dürfen, also
einen in Spanien besonders häufigen, der anderwärts in jener
Zeit nicht leicht vorkommen dürfte. Noch Gerards Nachfolger
in der Leitung des Hospitals, Haimund du Puy, stattet den
BrQdem in Aragonien besonderen Dank ab für die Fortschritte,
die das Hospital durch ihre Bemühungen dort gemacht habe,
tnid für die reichen Almosen, die ihm infolgedessen von dort-
her zuströmen.*) Angesichts einer solchen augenscheinlich
besonders innigen Verbindung des Hospitals des heiligen Jo-
hannes zu Jerusalem mit Spanien und namentlich mit Aragonien
erhält nun auch die Tatsache grössere Bedeutung» dass bereits
1134, d. h. zwanzig Jahre ehe jener Verband frommer Kranken-
pfleger 2U einem festgeschlossenen Orden umgeformt wurde,
Konig Alfons L von Aragonien und Navarra ihn, das heilige
Grob und den Tempelherrnorden zu Erben je eines Drittels
von seinem lleiche einsetzte* Doch wurde dies Testament
schliesslich nicht ausgeführt. Am 16. f^eptember 1140 gab
vielmehr Raimund du Puy dem Gnifen Raimund Berengar IV.
van Barcelona, der nach der kurzen Regierung von Alfons^
Bruder Ramiro IL als Verlobter von dessen unmündiger Tochter
die vomiundschaftliche Regierung in Aragonien antrat, das dem
t) Cartulaire no. 6 (I, S. 12). Aus dem Eingange: , Novit, fratres,
«Ho vesira dompnum papam oinnlbiis rebus »?ccle8ia8ticia et
Irvouia paeem omni tempore servandam decrevi8»e et decretum
tttviolabile oxcoDimnnicatione firmaase't möchte tnau einen beachtens-
«Ttfrten GegennsitA beniiidhöreu gi?geD die bt^küunte Formel, mit der im
Aofichluiia äD deD LüMii her tuid Kölner GottesfHedeu der vod Heinrich IV,
verkündete äuoitht h hegrenzte Etficbäfnetle tnngäführt war*
«I Ebd. no. U iU 8. m
^•J KUl. tio. 123 (1, 8. 102).
108
H: Pntii
Hospital vermachte Drittel des Reiches ausdrücklich zurück J)
Aber erst am 24. Juni 1158 wurde dieser Verzicht durch Papst
Hadrian IV. bestätigt.^) Die Sache scheint demnach eine ganze
Reihe von Jahren in der Schwebe geblieben zu sein. Warum
das geschah und was die schliessliche Entscheidung veranlasste,
wissen wir nicht. Vermuten möchte man^ es sei mit der
Änderung in Verbindung zu bringen, die inzwischen nament-
lich durch Anastasius IV. Privileg von 1154 in der Stellung
des Hospitals eingetreten war. Der Gedanke an die Errichtung
eines Ordensataates^ zu der die Gewinnung eines solchen festen
territorialen Röckhalts ihm die Möglichkeit bot, trat begreif*
lieherweise zurück, seit der geistliche Charakter der Genossen-
schaft mehr als bisher betont wurde, wird auch den Beifall
des neuen aragonischen Königs nicht gefunden haben und von
diesem nachdrücklich bekämpft worden sein, ürasomehr ist
man darauf zurückgekommen, als im Laufe der nächsten Jahr-
zehnte vielmehr die weltlich-ritterliche Seite des Ordens immer
entschiedener überwog: nur war damals gerade die pyrenäische
Halbinsel mit ihren verhältnismässig starken Monarchien dazu
nicht mehr das geeignete Gebiet') Für die Annahme eines
ursprünglichen besonderen Zusammenhanges zwischen Geralds
Stiftung und Aragonien und damit überhaupt den Ländeni
und Stämmen Spaniens spricht auch die Erwägung, dass ohne
einen solchen die Gläubigen gerade jenes Landes, die dauialü
noch selbst in unausgesetztem Kampfe mit den Mohammedanern
zu ringen hatten, kaum so erfolgreich hätten aufgefordert we-r*
den können ein Unternehmern zu unterstützen, das doch eigent-
lich die daheim nötigen Mittel und Kräfte zu ihrem Schaden
nach einem andern Schauplatz abzuleiten drohte.
Freilich bandelte es sich bei dem Johanneshospital zu
Jerusalem ursprünglich und oüenbar noch längere Zeit gar
nicht um die Beschaffung von Mitteln zu dauerndem Kampf
^ Ebd. im (1, B. 111).
tj Ebd. 267 (l S. 201).
*) Über emtju «lomrtigen Vereucli im Gebiet« Vt.n Trit.nl i* um] h«
AaÜocMeti v«rgL Prutx» a. a. O. 8. 247, Ir
Die exemte Stellung des Hospiialiter-Ordens.
109
lie Ungläubigen, sondern — ähnUch wie das auch bei
dem nachmaligen Tempelherrnorden ursprünglich der FaU
war — nur von solclien zur Übung einer grossartigen Annen-
und Krankenpflege» die auch den aus Spanien nach dem hei-
ligen Lande ziehenden Pilgern zu gute kam. Zunächst näm-
lich bildeten die unter Gerards Leitung vereinigten Brüder
nicht einen nach Ordensart l'estgeschlossenen Verband, sondern
nur einen Verein, dessen Glieder sieb auf unbestimmte Zeit
rerpflichteten und wenn sie wollten, zurücktreten und das weltr-
liehe Leben wieder aufnehmen konnten. Von einem endgiltig
bindenden Ordensgelübde war anranglioh auch bei denen noch
nicht die Rede, die sich durch Ablegung des Professes der
Brüderschaft anschlössen. Vielmehr bat erst Papst Anastasius IV.
vermöge der Bulle vom 2L Oktober 1154, durch welche er die
dem Hospital von seinen Vorgängern und namentlich Inno-
cenz IL am 7. Februar 1137 verliehenen Privilegien, insbesondere
betreffend die Sicherung seiner Genossen gegen Literdikt und
Exkommunikation, und die bisher von ihm erworbenen Be-
sitzungen aller Art bestätigte, ihm auch erlaubte, zur Seelsorge
Geistliche und zur Krankenpflege Laien anzunehmen, die ße-
»limmung getroffen, es solle den unter Ablegung des Professes
der Brüderschaft Beigetreteneu hinfort nicht mehr gestattet
«ein, das Gewand wieder abzulegen oder zu einer andern Ge-
nossenschaft überzutreten^ ohne die ausdrückliche Erlaubnis^
des Meistei's und die Zustimmung der Brüder. Diese Neuerung
wurde dabei ausdrücklich dargestellt als eine Gegenleistung,
welche die Brüder übernahmen für die Gewährung der kirch-
lichen Vorrechte und Freiheiten, die ihnen zugestanden wurden,*)
Bisher nämlich war die Organisation der frommen Ge-
nossenschaft insofern nur eine lockere gewesen, als auch alle
*) Ebend* no, 226 (l, 8. 174): Fratribut vero veatria aemel devotia
^nc in eacro vestro collt^gio ret!<*ptis poit factum profesaionem et habi-
religioDij! nssumptum reverictidi ad seeuluru inteniieimua facoltatem
&ec alicui eorum las ait assumptam cructsm dominicam et habitum
veatrö prgfefisiouis abjicere vel ad alium locum ..... iaviüs seu iacon-
fuiiig fratribua aut ejua, qui mugiäter exatiterlt, liceatia tr&iiemigrari.
110
E, PtuiM
diejenijB^n, die ihr zur Förderung ihres Liebeswerkes tliireli
milde Gaben Hilfe leisteten, als ihr zugehörig betrachtet wurden
und als Teilhaher der davon ausgehenden hininilischen Gnaden
galten. Jeder, der zu der dort geübten Gastfreundschaft gegen
die Pilger und Armen- und Krankenpflege irgend mitwirkte,
sollte schon nach des hoch angesehenen und eintiuisareichen
Richard Yon Albano Meinung auch den besondeni dauernden
Frieden mitgeniessen^ der dem Hospital Tom päpstlichen Stuhle
gewährt war.V) In der Empfehlung für Pelagius an die Prä-
laten und Gläubigen Spaniens erklärt auch Papst Paschalia IL
geradezu, wer den nach der heiligen Stadt ziehenden Pilgern
etwas zuwende, sei deg Lohnes gewiss, welcher der Wallfahrt
dorthin verheissen sei.') Ebenso sagt Raimund du Puj% wer
die von ihm zur Sammlung milder Gaben ausgeschickten Boten
gut aufnehme^ sei teilhaftig der Wohltaten und Gebete, die in
Jerusalem selbst geschehen, diejenigen aber, welche der BrUder-
Bchaft beitreten» seien der Barmherzigkeit Gottes so gewiss,
als ob sie in eigener Person in der heiligen Stadt an dem
frommen Werke teilnähmen.*) Oft'enbar galten demnach alle
diejenigen, welche dem Hospitale milde Guben zuwandten —
mag es sich dabei um eine einmalige oder um eine regelmässige
Beisteuer gehandelt haben — fUr ihm als Konfratres affilürt
ohne darum das dreifache Gelübde ablegen zu müssen, das
Kaimund du Puy von den als vollberechtigte, aber auch voll-
verpflichtete Brüder Eintretenden verlangte. Diese Auffassung
wird bestätigt durch den Wortlaut des Privilegs Innocenz^ U.
vom 7. Februar 1187. Wenn es da nämlich heisst:*) «Decemi-
1) VergL S. 107 Aom. 1,
^) Cartulaire no, 31 (I, S*30): Noti enim JerosoHmitaüe peiegri-
aationiB mercede vacaus est qui ..... peref^rinis suarum rerum adanni-
cidum aiibininiitrat.
*) Khd. nti.4M (I, S. 89): b#^nefjvßtomm et amtiomtm, qxte fluni
V t »o eiHH ' welche die Boten gut anfoebiiitii
1 ibr^Tu t ' autmti in aottrain frateFniiattfin
k intrnverutit vel intinbiint, ita trat lecori de Düuiim miauriooniimf <|itlfi
mUitent in Uioroeolimii.
*) £ba* no. ixa (1, 8. im*
Die exemte Stellung des Hospitaliter-Ordem.
111
iDüs ©rgo, ut receptores vestrarum frftternitatum seu
eolleciarum salvo jure dominorura suoriim in beati Pöfcri et
nogira protectione coiisistant'* und weiterhin: ^Fraeterea m
qui fratrutn vestrorum, qui ad recipiendas easdem fra-
ternitates vel collectas a vobis fuerint missi etc.* so sind
die Ausdrücke irateroitas und collecta vollkommen gleichge-
stellt, so dass fraternitas bedeutet den Beitrag der Brüder und
demnach, wer ©inen solchen gibt, als Bruder erachtet wird.
Demselben Sprachgebrauch begegnen wir noch in der Inhalts-
angabe eines Erlasses Alexanders IIL vom 15. Juli 1 166 oder 78,*)
die lautet: ,De confratria colligenda et de sepulturis con-
fratnini Hospttalis et de septima parte relaxare*. Demnach
scheinen anfangs alle, die das Hospital zu Händen der von
_4boi ftuggeschtckten Kotlektoren durch milde Gaben unter-
9fca&tenf ala seiner Brüderschaft angehörig betrachtet und es
scheint erst späterhin zwischen ihnen als Konfratres und den
eigentlichen Brüdern ein Unterschied gemacht worden zu sein.
Auch würde ein solcher Entwickelungsgang den Verhältnissen,
wie sie sich mit dem grossartigen Wachstum des Hospitals
estalteten, nur entsprechen. Wenn aber schon zur Zeit Rar-
'«lunds du Puy in dem fernen Spanien so viele durch den so
leicht gemachten Anschluss an das Hospital sich der kirch-
lichen Vorteile versicherten, die dafür verheissen waren, und
<1 fis die Zahl der durch das Gelübde ausdrücklich ge-
\r II Brüder im Vergleich mit der jener nur sehr klein
gewenen sein kann, so hat sich dieses Missrerhältnis in der
Folge sicherlich nur noch gesteigert; doch hat damit auch eine
chärfere Scheidung zwischen den beiden Arten von Genossen
Uobpitüls Platz gegriffen, die nun als Fratres und Küu-
fratres auseinandergehalten wurden. Die Letzteren, auch Ob-
laten oder Donaten genannt, traten nur noch in eine Art von
Schutzverhältnis zum Hospital, genossen aber wie auch spJiter
die den eigentlichen Brüdern gewährten kirchlichen Vorteile,
Sie gelobten der Brüderschaft, dc^r sie sich gewissermassen zu
>) Ebd. 00. 3e5 (I« S. 250).
112
H: Pruti
eigen gaben, Treue und Hold^ ohne dem weltlichen Stand zu
entsagen. In dies Verhältnis traten auch Frauen ein, die dann
ak Konsorores und später geradozu als Hospitaliterinneu be-
zeichnet wurden.*) Daraus allein erklärt sich das erstaunlich
schnelle Wachstum des Verbandes, dessen Anziehungskraft
natürlich mit seiner Verbreitung zunahm, besonders da er
seinen Gliedern bald auch allerlei weltliche Vorteile bieten
konnte. Das aber hatte unyermeidlich auch eine entsprechende
Wandelung seines anfänglichen Charakters zur Folge,
Ursprüngiich nämlich waren die Absichten Gerards Wi
seiner Stiftung auf ein viel bescheideneres Ziel gerichtet ge-
wesen. Denn dass die Pilgerherberge in Jerusalem, welche,
der Kirche S, Maria Latina benachbart, auf den Namen Jo-
hannes de^ Täufers geweiht war, die Schöpfung Gerards war
und nicht blos die Filiale oder die Erweiterung einer ähnlichen
älteren Anstalt, bezeugen die sicherlich mit gutem Bedadit
gewählten Ausdrücke» mit denen die päpstlichen BestäUgungs-
Urkunden davon sprechen, Paschalis II. schreibt am 15. Fe-
bruar 1113 Geraudo institutori et preposito Hierosolimi-
tani xenodochii und spricht von dem xenodochium, quod in
civitate Iherusaleni instituisti.*) Ebenso erwähnt Ca-
lixtus II. Gerard gegenüber jenes Hospital als a te institu-
tum,*) Die Bestimmung desselben war einmal, entsprechend
') Eine Urkunde vom Juni 1229 Cartiüaire no. 1941 [U, S. 396)
bezeugt die Aufnabme von Manu und Frau als Konfratrei gegen Ober-
laasuiig ihres Besitzen. Das Generalkapitel von 1262 beeebloM aUBdrQck*
lieh, dass im HiiibHck auf den Nutzen und die Ehre, die ileai Orden au«
der Aufnahme solcher ScbweBtern erwüehäen, und auf den Sehaden, dou
man durch ihre Abweisuni^ erleiden könnte, die Ordenaprioren befugt
sein sollten, solche Schwester« in »jugendlichem und unverdorbenen
Alter" aufzunehmen: vergl. Prutas, ft. i^* 0. 8. 241. Auch werden in
papstUchcn Erlassen vom 23. Oktober 1274 und vom 22. September 1288
Ordensschwestern auadrQc.klich erwilhnt als teilhaftig df>r dem Onii^i
darin gewilbrtcn V, »i: cbend. no. 3555 und no, 4019 (IIl,
^8.813 und 523). l' r I\arl von Anjou aU KOnig von Neapel
iji ciM«*r ürkundfl vom 21». Juni 1269: ebend. no. 8344 (H. S. 200).
«) Ebd, no. m ih S. 39).
») Ebd. no. 48 II, 8. 40).
2Xe exemie SteUun^ dtn Hospitaliter-Ordens.
113
der Bezeichnung als xenödochinm, Pilgern, welche die heilige
Stadt besuchten, auch bemittelten, Aufnahme zu gewähren,
wofür sie sich in der noch heute in solclien Hospizen Üblichen
Weise auf grund einer iSelbsteioschätzung durch niiltie Gaben
dankbar bewiesen, dann aber — und desshalb wird es auch
als ptochium bezeichnet — unbemittelten für die Zeit ihres
Aufenthalts einfache Herberge und Kost, kranken aber Pflege
la gewähren. Vergegenwärtigt man sich die gewaltige Höhe,
TU der seit dem ersten Kreuzzug der Pilgerst roni anschwoll,
der sich alljährlich wenigstens zweiraal aus allen Ländern des
Westens nach den heiligen Stätten wälzte, und erwägt dann»
irie unter dem Einfluss der kirchlichen und politischen Ver-
hältnisse sowie der dadurch gesteigerten sozialen und wirt-
schaftlichen Gärung gerade die niederen Stände daran massen-
haft teilnahmen, so begreift man die rasche Steigerung der
Ansprüche, die an Gerards Stiftung gestellt wurden, ebenso
aber auch das gewaltige Anwachsen der Mittel, die ihr von
den Frommen aller Länder wetteifernd zugewandt wurden. So
überfiOgelte sie durch die Grossartigkeit ihrer Leistungen bald
die älteren Stiftungen ähnlicher Art und erfüllte die Welt mit
ihrem Ruhm, den all die Unzähligen daheim verkündeten, die
ihre Gastireimdschaft genossen hatten J)
Doch wird das Wachstum des Hospitals Johannes des
Täufers nicht allein auf diese allgemeinen Momente zurück-
geführt werden dürfen. Entscheidend trug dazu vielmehr augen-
scheinlich auch die Art bei, wie sein Stifter das Pilger- und
Herbergewesen wenigstens in denjenigen Gebieten, welche die
Jerusalem zustrebenden Wallfahrer, von woher sie auch kommen
mochten, fast ausnahmslos zu passieren hatten, einheitlich
*) Pasebalifl II. nenjit in der Empfeblung fiir Pelagiua Gerald ,a
\ JmmaoUndM redeimtiura testimonio commendatuio, quod aincere, de?ote,
] amhie peregrioorum et pauperum curam gerebat (Cariulalre oo, 81, I, S. 30)
cotd Anafitasius IV. beruft »ich bei der Empfehlung der Ordenakollelctoren
üD djo Prülaten vom 24. Oktober 1164 (Ebenda no. 227 (1, S, 176)) ebenfalla
auf die Berichte der Pilger zum Beweis daftir, qaot bona ortentali ecciesie
«t peregrinia loca »ancta viditautibofi proTeniaut.
I «04. Sitxisiib. <L p1ii]o&*phUoL iL d. hi»L KL 9
114
mwhtiM
organisierte und dadurch für sein Hospiz in gewissem Sinne
ein Monopol schuf, dem gegenüber keine Eonkurrenz recht
aufkommen konnte.
Hospize, welche den nach den heiligen Stätten oder an-
deren berühmten Wallfahrtsorten ziehenden Pilgern Aufiiahme l
gewahren sollten, hat es namentlich an den nach und durch]
Italien führenden Strassen frühzeitig verschiedene gegeben.
Das auf dem Mont Cenia war von dem westfränkischen König
Ludwig dem Einfältigen errichtet. In Lucca und Siena hatte
in Erfüllung eines Versprechens, das sie den München von
Monte Casino gegeben, Markgräfin Mathilde von Tuscien solche ]
errichtet, und für ihre wanderlustigen Landsleute, die seit
Einführung des Christentoms besonders zahlreich nach Palästina |
zogen und dann unterwegs gleich San Jago de Compostellai
und Rom besuchten, hatten die Dänenkönige Knud der Qros
und Erich der Gute ebenfalls dergleichen Anstalten geschaffen
und reich dotiert, von denen die eine am Taro zwischen Pia-
cenza und Borgo San Donnino lag, etwa acht Meilen südlich
von dem ersteren.^) Aber all diese Stiftungen, deren Unter-]
halt zu einem Teil auf dem Ertrage der ihnen von ihren
Gründern überwiesenen Ländereien und Kenten verschiedener
Art, 2um andern Teil auf den freiwilligen Spenden der darin
beherbergten bemittelten Pilger beruhte, waren einmal jede
für sich selbständig und dann im allgemeinen vorzugsweise
für die Angehörigen einer Nation bestimmt. So genossen z. B,
die Besucher der von Knud dem Grossen errichteten dänischen j
Hospize auf grund der von dem vorsorglichen König getroffenen
Abmachungen das Privilegium der Freiheit von all den Ab-
gaben, welche andere Italien durchziehende Pilger sonst an
verschiedenen Stellen entrichten mussten.
Im Gegensatze dazu stellt sich Gerards Stiftung dar als
durchaus internationalen Charakters und erscheint sehr früh
als der Mittelpunkt eines weitverzweigten Netzes ähnlicher Ad-
fitalten^ welche« ihr untergeordnet und von ihr aus nach den
*) VergL RiAnt le« Scandinaire« es T^rre aaiate B. 69, 60.
Die €:temte Stdlung des Hospitalüer-Ordens.
115
ftlr sie massgebenden örundsützeti eingerichtet und geleitet,
den Ruhm und das Verdienst, die sie sich erwarb, auch im
Westen dauernd in Erinnerung brachten und unausgesetzt ver-
inebrten. Dahingestellt freilich niuss bkiben, ob es sich bei
deo Qcrard bisher schon untergeordneten Herbergen (xenodochia)
and Arraenhäusem (ptochia) im Abendlande, die Paschalis IL
in der für die Entwickelung des Hospitaliterordens epoche-
maclienden Bulle vom 15. Februar 1113 ihm und seinen Nach-
folgern für alle Zeiten unterstellte, um ältere Anlagen oder um
Neugründungen handelte, die ebenfalls dem Stifter desJohannes-
hospitals zu Jerusalem ihre Entstehung verdankten. Für die
letztere Annahme könnte der Umstand geltend gemacht werden,
dass die in Betracht kommenden Anstalten sämtlich auf den
Namen der heiligen Stadt geweiht waren. Andererseits führt
ihre Lage auf die Vermutung, es könnten an den betreffenden
Orten schon früher entsprechende Einrichtungen für den Pilger-
rerkehr bestanden haben und diese durch Gerard nach dem
Vorbild seines Hospitals und als Dependenzen desselben nur
reorganiaiert sein.^) Das Neue und für die Zukunft Entscheidende
aber lag eben in der Einheitlichkeit der Organisation und der
herrschenden Stellung, die das Hospital zu Jerusalem dadurch
als das Zentrum des gesamten Pilgerwesens erhielt und die ihm
naturgemäss massgebenden Einfluss verschaffen niusste auf den
gesamten Verkehr zwischen Morgen- und Abendland* Indem
Pascbalis IL am 15. Februar 1113 dem Hospital zu Jerusalem
alle die ihm bisher zugewandten» der Pflege der Pilger zu
dienen bastimmten Schenkungen beä^tjltigt und den Brüdern das
Recht der Wahl ihres Vorstehers (provisor atque prepositus)
sagesteht, ^) bestätigt er weiterhin alle von ihm in Asien und
Europa erworbenen Güter und insbesondere „xenodochia s.
^} Die Worte am SchlusB von Gartalaire nOtSO (T. S.2d) «xenodochia
ft* ptochia . Hierosolimitani n online tituli celebrata tue et succesorum
iaorum Bicut bodie ia perpetuntu manere statuimun'' lassen beide Deu-
iaogen ara, auch in Verbindung niit der Toraagehenden BestätigTjag des
ber Erworbenen ,per tue aollicitudinis insiantiam'*.
«) Ebd, a. E.
116
K Prutß
ptochia in occidentis partibus peues burgum S. Egidii, Astetise,
Pisanum, Baruni, Ydrootum» Tarentum, Messanam''. Danacb
bestanden also von dem Hospital zu Jerusalem abbiingige und
seinen Zwecken dienstbare Stiftungen ähnlicher Art in St, Gilles,
Asti, Pisa, Bari, Otranto, Tarent und Messina. Von dieseo
Orten sind nun Bari, Otranto und Tarent zu allen Zeiten als
Ausgangshäfen ivir die Fahrt nach dem Morgenlande wichtig
gewesen, mögen sie auch später in dieser Hinsicht gegen Venedig
und Genua zurückgetreten sein ; sie waren Endpunkte von eini-
gen der zahlreichen Strassen, auf denen die Pilger, die liom
besucht hatten, in Erfüllung ihres weiteren Gelübdes dem hei-
ligen Laude Kustrebten. Insbesondere war Bari, wo zudem das
Grab des hL Nikolaus noch starke Anziehungskraft besass, für
diese ein beliebter Einscliiffungsort: bei den Skandinaviern hiess
deshalb Unteritalien geradezu Bariland,*) In Pisa, das damals
der See noch näher lag als heute, trafen Schiffe aus Griechen-
land, Sizilien, Ägypten und Syrien zusammen. Auch Asti, wo-
hin die über die Westalpen führenden Pässe gleichmässig
mündeten, muss für den Verkehr nach den italienischen Hafen-
städten und inabi^ondere für die sich dort sammelnden Pilger-
schaaren Bedeutung gehabt habeu. Dafür spricht bei der Be-
harrlichkeit derartiger Verhältnisse wenigstens die Tatsache,
dass noch im 14. Jahrhundert das dortige Kaufhaus der Mala-
bayla von der römischen Kurie beauftragt war, die von ihren
Kollektoren eingenommenen Subsidien für das beilige Land 2U
sammeln und nach Rom abzuführen. Der südfranzösische Hafen-
ort St. Gilles, der für den Verkehr mit dem Morgenlande auch
späterhin noch von Wichtigkeit war, wurde namentlich von den
aus dem Westen kommenden Pilgern aufgesucht, ganz beson-
ders von den Skandinaviern, die zuerst San Jago besuchten
und dann von Spanien dorthin zogen, wenn sie nicht in Lunft
landeten, einem heute verfallenem Hafenort an der Mündang
des Magra. Denn der dort vornehmlich verehrte heilige Ägidius
genoaa weitbin ganz ausserordentlichen Rufes. Infolge seiner
() Riaiit a. a. 0. S. m.
Die exemte Stellung des HoapitaliUr-Orden»,
117
Verknüpfung mit der Karlsage galt seine Fürsprache für be-
sonders wirksam und man meinte durch seine Vermittelung von
Oott jede Gnade erlangen zu können. Es hing wohl damit
zusammen und leistete zugleich der Geltung dieses Wallfahrts-
ortes nnd daher mittelbar auch wiederum dem Rufe und dem
Ansehen des Hospitals Vorschub, dass der Kultus des heiligen
Ägidius seit dem IL Jahrhundert überhaupt weit verbreitet
w»r: nicht blos in den übrigen Teilen Frankreichs, sondern
auch in Deutschland, England, Ungarn und Polen fanden sich
ihm zu Ehren erbaute und reich dotierte Kirchen J) 80 wurde
schliesslich dieser Ort einer der wichtigsten Häfen für den Ver-
kehr der westlichen Lande mit Palästina, an dem der Hospi-
taliterorden durch seine Schiffe, die nicht blos zum Transport
der Bedürfnisse der morgenländischen Ordensburgen, sondern
auch zur Überführung grosser Pilgerschaaren benutzt wurden^
dnen sehr bedeutenden Anteil hatte. Infolgedessen erlangte
auch das dortige Ordenshaus, zumal es zu den am reichsten
begüterten gehörte, besonderes Ansehen, rangierte gleich nach
dem Mutterhause in Jerusalem und dann in Accon und galt
nach dem Verlust Palästinas geradezu als das Ordenshaupthaus.
Der Zustrom von Pilgern aus dem Westen scheint namentlich
stark gewesen zu sein um die Zeit des Festes des heiligen
Agtdius (1. September); nachdem sie daran teilgenommen hatten»
zogen die Pilger weiter südwärts nach den italienischen Häfen. ^)
Messina endlich hat durch das ganze Zeitalter der Kreuzzilge
als der eigentliche Ausgangspunkt der regelmässigen Seefahrten
nach dem heiligen Lande die grösste Bedeutung gehabt. Dort
amelten sich nicht blos die zweimal jährlich nach dem Osten
lenden Pilgerflotten, sondern meistens auch die zur Bekam p-
fuilg dar Ungläubigen bestimmten kriegerischen Geschwader«
Deraeottfprechend haben die Begüteruogen des Hospitals in und
bat Meaaina, die auf eine von König Roger L am 10. Oktober
1136 bestätigte Schenkung des Herzogs
?er zurü
mm
») Vgl U vie de 8. Gillea ed. G. Paria. 8. LXXIV.
S) Biant a< a. 0. 8. 85.
«) Cartulaire no. 119 (T, S, 99).
118
H. Prutg
beträchtlichen Umfang und Wert gehabt, da der Massenhaftig-
keit des Pilgerverkehrs entsprechend dort auch die ihm dienen-
den Anlagen in ungewöhnlicher Grosse ausgeführt sein musst^n*
Indem Gerard so in diesen für den Verkehr mit dem
heiligen Lande vornehmlich wichtigen Plätzen festen Fuss fasste
und die dortigen Pilgerherbergen seinem Hospital als Depen-
denzen oder Filialen einverleibte» sicherte er diesem weit-
reichenden Einfluss und erschloss ihm zugleich ausserordentlich
ergiebige Hilfsquellen. Auf ihnen beruht die spätere Macht
und Grösse des aus dem Hospital hervorgewachsenen Ordens,
Dass die Eetwickelung zu einem solchen in der Absicht Gerarda
gelegen habe, ist nicht anzunehmen. Dieser Zug ins Grossd
scheint vielmehr erst durch Raimund du Puy in die Genossen-
schaft gebracht worden zu sein, der sich mit der Veri"Ögung
über ungeahnt reiche Mittel Möglichkeiten erschlossen, die ihr
Stifter und seine Gefährten in den fUr sie gegebenen engen
Verhältnissen gar nicht ins Auge fassen konnten. Freilich
hielt auch Meister Raimund den frommen Zweck noch fest,
dem das Hospital ursprünglich hatte dienen sollen: er erscheint
in der von ihm gegebenen Regel noch als die Hauptsache,
während schon in seiner Zeit weltliche Interessen und Fragen
des Besitzes und der Macht für den Orden unverkennbar eiöe
bedeutende Rolle spielten und das Rittei'tum gegen das M5nch-
tum entschieden überwog. Das ist dann weiterhin je länger
je mehr der Fall gewesen, und wenn der Orden auch allezeit
einen Teil seiner reichen Mittel im Osten sowohl wie im Westen
auf die Pflege von Armen und Kranken verwendete, so war
das doch eigentlich nur die Beibehaltung eines alten guk^n
Brauches, der unentbehrlich und sehr nützlich war, weil streng
genommen in ihm die Existenzberechtigung der frühzeitig stark
verweltlichten Genossenschaft beruhte. Daher treffen denn auch
die Bestimmungen der von Baimund du Puy unter Beirat der
Ordensbrüder gegebenen Regel genau betrachtet gar nicht mehr
mit dem zusammen, was ausserhalb Stehenden bereits in der
zweiten Hälfte des 12, Jahrhunderts als das Wesentliche und
Bedeutende an dem Orden erscheinen muäs^te. Auch in diesem {
Die exemte Stellung des Sospitaliter''Oräeni»
11»
selbst, so möchtie man atinehmenf wurde der Regel praktische
Bedeutung später kaum noch recht beigelegt: der Schwerpunkt
lag auch da in den den veränderten Verhältnissen angepassten
Beschlüssen, die das Generalkapitel als Ergänzungen der Hegel
und des aus ihr erwachsenen Brauches fasste. Es ist daher
doch wohl kein Zufall, dass auf die Erhaltung dieses eigent-
lichen Grundgesetzes dos Ordens augenscheinlich viel weniger
Sorgfalt verwendet worden ist als auf die der ihm im Laufe
der Zeit verliehenen päpstlichen Privilegien und der seinem
Besitz und seine weltlichen Gerechtsame betreffenden Urkunden.
Das angebliche Original, das in dem Haupthause zu Accon
aufbewahrt war, ist bei dessen Fall 1290 verloren gegangen^
mit ihm die päpstliche Bestätigung. Infolge dessen erteilte
Papst Bonifaz VIIL am 17, April 1300 auf Bitten des Ordens
diese von Neuem^ und zwar nicht auf grund einer beglaubigten
Kopie der früheren, wie man eine solche nach den sonstigen
Gepflogenheiten des Ordens doch mindestens in dem Haupt-
hause jeder Provinz als vorhanden hätte voraussetzen müssen,
aondem auf grund etlicher mit dem Bleisiegel des Raimund
du Puy versehener Abschriften, in deren Besitz der Orden zu
sein behauptete, und zwar unter Abänderung einiger Worte
und Wendungen,*) Daher kennen wir den ursprünglichen
Wortlaut dieser Regel nicht, ebenso auch nicht die Zeit ihrer
Entstehung« Wenn man annimmt, sie sei jedenfalls vor 1153
abgefasst, weil sie von dem am 8. Juli 1153 vei*storbenen Papst
Eugen HL bestätigt sein soll, so erheben sich auch dagegen
nach dem heutigen Stande des Urkundenraaterials gewichtige
Bedenken. Ist es schon auffallend, dass Bonifaz VUL in der
erwähnten Neubestätigimg nur die mit Accon verloren ge-
t^) Zuerst gedruckt bei Priitz. Kultnrgeschiclite der Kreuxzüge S. 602,
iiocli Cartulaire no. 4496 {III, S. 801): ^ pet^bati« . . , ., üt.
TOB nonnulläs litterag condam fratris Rayinundi» tunc ejusdera
tiotpitalb custodia, qui predictam regulam condidit, cum plumbeo i?igillo
fftgoatai, in qtiibus regiila ipaa contitieiur deäcripta» prout aaaeriti^,
babeaÜi, vobis prefatam regulam 8ub bulla noatra concedere
digBaremar.* Das gej^chieht ,qmbuBdam verbia de mandato noatra amotia
et correcti* in ea»*
120
n: Prut»
gangenen »apostolicas litteras regule vestre seriem conimentes*
erwähnt, aber keinen bestimmten Yon seinen Vorgängern als
ihren Urheber nennt, so heisst es bereits in der Bulle, durch
die Lucius OL ani 22, August 1184—5 die Regel seinerseits
bestätigt,*) auch nur: ,quani felieis memorie Eugenica
papa praedecessor noster, ut accepimus, confirmavit •
Auch Lucius IIL kennt demnach die Bestätigung durch diesen
Vorgänger nur von Hörensagen, hat aber eine sie ab tatsäch-
lich erfolgt erweisende Urkunde nicht gesehen, ja der auf-
fallende Ausdruck lässt sogar vermuten, auch in den päpst-
lichen Registern sei damals ein solcher Erlass Eugens 111. nicht
mehr auffindbar gewesen. Dazu kommt endlich, dass Ana-
stasius IV. in der für die Entwickelung des Ordens besonders
epochemachenden Bulle vom 21, Oktober 1154 einer Bestätigung
der Regel nicht ausdrücklich als früher erfolgt Erwähnung
tut, sondern nur im Allgemeinen von der Bestätigung von
Ordensprivilegien durch Innocenz IL, Cölestin U., Lucius IL
und Eugen IIL spricht, denen die Ordensregel doch füglich
nicht zugezählt werden kann.
IL
So entwickelungsfahig die Stellung war, die das Hospi
des heiligen Johannes zu Jerusalem gewann durch die Unter-
ordnung oder Einverleibung der verwandten Anstalten an den
für die PUgerzüge nach dem heiligen Lande wichtigsten Orten
Sudfrankreichs und Italiens: ohne ihre fortdauernde Stärkung
und Erweiterung durch die Verleihung weittragender kirch-
licher Freiheiten und Vorrechte wäre ea doch nicht zu der
stolzen Unabhängigkeit aufgestiegen, in deren Besitz wir es
bereits nach zwei Menschenaltern finden und deren Ausbau
durch die ihr feindlichen Beschlüsse des Laterankonzils von
1179 nur vorübergehend einigermassen aufgehalten wurde. Viel-
mehr gab sie in eigentümlicher Wechselwirkung auch weiter-*
M C&Hulaire m. t»90 (I, B. 456).
Die exemie SteUung des HospitalÜcr-Ordens.
121
den Anlass, dass die päpstliche Kurie dem daraus hervor-
gegangenen Orden immer neae Gunstbeweise gewährte und ihn
dadurch gegen ihre eigene Absicht veranlasste und in den
Stand setzte, seine ursprüngliche zwiefache Aufgabe, deren
LusUDg nach der niilitärischen Seite hin ohnehin bald unmög-
lich wurde, gegen Bestrebungen weltlicher Natur zurücktreten
zu lassen und sich sclüiesshch dem Papsttum, als dieses ihn
daran eu hindern yersuchte und den ordentlichen kirchlichen
Autoritäten wieder unterwerfen wollte, in offenem Widerstand
entgegenzusetzen. Auf diese Art gewannen die kirchlichen
Freiheiten» die der Orden mit ähnlichen Genossenschaften teilte,
in seinen Händen allmählich eine Bedeutung, die ihren Ver-
leihern ganz fern gelegen hatte, während die rücksichtslose
Konsequenz, womit er sie, oft unter Anwendung bedenklicher
Mittel, gegen jeden Einspruch durchsetzte, ihm immer neue
Feinde machte. Am frühsten und in besonders hohem Masse
war das mit dem Episkopate und der Pfarrgeistlichkeit der
Fall. Dass er in solchen Konflikten meist den Sieg davontrug
oder doch eine gegen ihn ergangene Entscheidung auf Um-
wegen ausser Wirksamkeit zu setzen wusste, konnte seine An-
sprüche und seine Zuversicht nur steigern. So gelangte er
allmählich zu einer Stellung, die mit den sonst für ähnliche
Oenossenschaften geltenden kirchenreclithchen Grundsätzen über-
haupt kaum noch in Einklang zu bringen war. Diese Ent-
wickelung vollzog sich dabei im Allgemeinen in der Weise,
dass er auB der Befreiung von gewissen kirchlichen Leistungen
und Pflichten, die ihm als dem Vorkämpfer gegen die Un-
gläubigen im Interesse der gesamten Christenheit gewährt war,
im Laufe der Zeit entsprechende positive Rechte zu machen
wuBste und diese, waren sie einmal zur Anerkennung gebracht»
planmässig erweiterte. Ahnlich wie der Tempelheirnorden hat
er auf diesem Gebiete frühzeitig eine ganz konsequente Politik
entwickelt, welche trotz des Wechsels der leitenden Persön-
lichkeiten Generationen hindurch gl eich massig verfolgt wurde,
obgleich sie mit seinem ursprünglichen Beruf eigentlich nichts
mehr 2U tun hatte.
122
B, PnU^
Am einfachsten förderte die Kirche die der gesamten
Christenheit zugute kommenden Bestrebungen des Ordens, indem
sie die ihm dafür zur Verfügung stehenden Mittel dadurch
vermehrte, dass sie ihrerseits auf die Zahlungen Verzicht leistete,
die sie von ihm zu beanspruchen hatte. Dies galt zunächst
von dem Zehnten, der von den Ordensgütem an sie zu ent-
richten gewesen wäre. Das tat für seinen Sprengel bereits
der zweite hiteinische Patriarch von Jerusalem Arnulf am Tage
seiner Weihe 1112,*) Seinem Beispiel folgte zu derselben Zeit
(18, Juli 1112) Erzbischof Euremar von CtLsarea.*) Dass Bischof
Herbert von Tripolis und sein Nachfolger Pontius die gleichen
Bestimmungen zu Gunsten des Hospitals getroffen haben, lehrt
ihre Bestätigung durch Papst Calixt U. vom 19, Juni 1119.')
Im vSprengel von Nazareth befreite Bischof Bernhard das Hospital
am 20, Oktober 1125 ebenfalls von der Zehntenpflicht.*)
Dagegen bewilligte ihm Johannes, der erste lateinische Bischof
von Accon, am 30. April 1135 die gleiche Vergünstigung erst
gegen die Zusage, dass die Brüderschaft ihrerseits ihn in dem
Streite, der zwischen ihnen in bezug auf den nördlichen Ein-
gang der der Kathedrale benachbarten Kirche zum heiligen
Kreuz schwebte, hinfort keine Schwierigkeiten mehr bereiten
werde. *)
Diese Freiheit vom kirchliehen Zehnten war jedoch eu*
nächst keine unbedingte, sondern galt nur von den LUndereien,
welche die Brüder selbst und zu eigenem Unterhalt bebauten,
wie es klar in der betreffenden Stelle des Privilegs Innocenz' IT.
vom 7. Februar 1137 ausgesprochen ist:**) Doch wurde sie bald
») Cartulaire no. 25 (I, S. 25).
«) Ebd. no, 29 H, S. 28).* Die betreffeüde Urkunde «chliesst «ich wOrtr
Heb an die Arnulfs an.
«) Ebd. no. 48 (1, S. 40).
*) Ebd, no, 71 (J, 8. 68).
5) Ebd. no. 112 (I, 8.94).
^') Curtulaire no. 122 (1, S, 102): Qaia vero omnia rc-stm suiten*
taliooibuB puuperum ei per^^iuorum debent eedore ac per boo nulla-
tenuB ea alÜM utibue conventt apUcari, coimtitutmui», ut de laboribtu,
quoN vestris ufibuü coUtsa, dAre dccijoiu noa cogamiai.
Die ejoemte Stdlunff des JloäpitaUier'Ordens,
123
feiter (gedeutet und um Missbräuche, die in dieser Hinsicht
eingerissen waren, zu beseitigen und die Kirche vor finanzieller
Schädigung durch allzu weite Erstreck ung der Zebntenfreiheit
zu bewahren, hatte Iladrian IV. eine Deklaration erlassen^ wo-
nach die solchen Qenossenachöften verliehene Zehntenfreiheit
gelten sollte nur in Bezug auf die von ihren Mitgliedern eigen-
lüindig oder auf ihre Kosten bewirtschafteten oder erst urbar
gemachten Ländereien sowie von dem Ertrag des Anbaus von
Futter für ihre Tiere und ihren Gärten , denjenigen Grund-
stücken also, auf die sie mit ihrem Unterhalt unmittelbar an-
gewiesen waren. Von denjenigen Ländereien aber, die sie nicht
in Aer angegebenen Weise selbst bewirtschafteten, sondern ver-
werteten, indem sie sie gegen Zins oder Dienst austaten, sollte
der kirchliche Zelmte entrichtet werden. Zweifellos hat auch
die dem Hospital verliehene Zehntenfreiheit ursprünglich nur
in diesem beschränkten Umfange gegolten. Erweitert aber
wurde sie durch Alexander IIL, der den Hospitalitern ebenso
wie den Tempelherren und Cisterciensern den Zehnten ganz
aUgemein von den von ihnen bewirtschafteten Grundstücken
erliess*) und da» den Prälaten der Christenheit durch einen
£rlass vom 4. Juli 1171, 1172 oder 1180 in ungewöhnlich
scharfen Worten zu gewissenhafter Nach ach tung in Erinnerung
brachte,^) Auch hier hat der Orden augenscheinlich sein Stück
jprst allmählich durchgesetzt, indem er die nur für gewisse von
Binen Gütern geltende Zehntenfreiheit auf solche ausdehnte»
die darunter zunächst nicht begriffen waren, und so vollendete
Tatsachen schuf, die in Eom schliesslich anerkannt wurden
und die er dann weiterbin zur Ableitung eines Rechisgrundsatzes
zu seinen Gunsten benutzte. Lehrreich in dieser Hinsicht ist
ein Streit über eine Frage derart zwischen dem Hospital und
den Kanonikern der heiligen Grabeskirche zu Jerusalem, in dem
Alexander IIL selbst noch eine andere Stellung einnahm als
in dem angeführten späteren Erlass zu Gunsten des Ordens.
Das darin ergangene päpstliche Schreiben lässt zugleich er-
«) Kbd. no. 276 {X S. 207).
») Ebd. HO, 428 (I, 8. 296),
B, Fruit
kenDen, dass die Praktiken des Ordens io solchen Fällen ge-
legentlich recht bedenklich waren. Auf eine Beschwerde der
Kanoniker der Grabeskirche, die sicher wirklich nach Rom ge-
langen zu lassen diese zwei der Ihrigen dorthin entsandt hatten,
zumal es zugleich Klage zu führen galt über den Missbraucb,
den der Orden mit den ihm in bezug auf interdi eierte Kirchen
verliehenen Vorrechten trieb, hatte dieser Papst noch am
15. Februar 1168 verfUgt, dass der Orden nicht berechtigt sei,
im Sprengel von Jerusalem die Zehntenfreiheit ober die her-
kömmlichen Grenzen zu erweitern und wegen anderer Fragen
entstandene Streitigkeiten als Vorwand zu benutzen, die Zahlung
des Zehnten von den bisher dazu verpflichteten ßrundstüeken
zu verweigern. Am Schluss werden die Kanoniker bevoll-
mächtigt» das päpstliche Schreiben selbst dem Orden vorzulegen,
falls dieser den in dem gleichen Sinne an ihn ergangenen Erlass
des Papstes verheimlichen oder die darin enthaltenen Weisungen
unbeachtet lassen sollte.^)
Solche Erlasse aber, in denen die Kurie den Eigenmächtig-
keiten des Ordens einmal schärfer entgegentrat, sind offenbar
nur vereinzelt geblieben, hatten auch sachlich keine weiteren
Folgen und wurden daher bald wieder vergessen. So scheint
68 denn schliesslich etwas Gewöhnliches gewesen zu sein, da^s
die dem Orden ursprünglich nur für gewisse Teile seines Land-
besitzes zustehende Zehnten fireiheit auch auf die übrigen aus-
gedehnt wurde und namentlich auch auf neu erworbene Lau*
dereien, die bisher den Zehnten gezahlt hatten. Das ist sicher-
lich nicht immer auf dem Wege einer besonderen Verleihung
geschehen, wie sie mit Rücksicht auf die Opfer, die der Orden
im allgemeinen Interesse der Christenheit brachte, durch Papst
Alexander ^\^ im Jahr 1254 für all die Ordensgüter erfolgte,
die im Geluete des als Grenzfestung wichtigen Kurdenschlosses,
heute Kaln'at-el-hösn, lagen und in ihrer Vereinigung eine ftlr
die Verteidigung der christlichen Grenze im Tripolitanischen
besonders wichtige Grenzmark bildeten,*) und wie sie ihm van
1) Ebd. nu. 305 (T, S, 270).
*) Vgl I'rut«, Kulturgcscbicht« der Krftu^üge & 247.
Die exemte SuUung des HöspitalUM''Ord€ni,
125
demselben Papste am 8, April 1255 in bezug auf Kerak oder
MoDtroyal zugestanden wurde.*) Vielmehr wird häufig dor
Orden die bei der Erwerbung neuer Güter auf diesen lastende
Zehntenpflicht alUnählich abzustreifen gewusst haben, obgleich
Clemens IV. ihm am 24. Oktober 1265 im Widerspruch eigent-
lich mit dem in der Ordensregel enthaltenen Verbot der Ein-
gehung derartiger Abhängigkeitsverhältnisse ausdrücklich ge-
stattete bewegliche und unbewegliche Güter anzunehmen, selbst
unter der Bedingung der ferneren Zahlung des bisher darauf
lastenden Zinses.^) Wenn dann 1274 das Konzil zu Lyon die
lum Schaden der kirchlichen Finanzen allzuweit erstreckte
Zehntenfreiheit der Güter kirchlicher Genossenschaften zu Gunsten
des hilfsbedürftigen heiligen Landes durch eine Reihe von neuen
Bestimmungen einzuschränken suchte» so wurde der Orden
auch dayon wiedermn nicht getroffen, da r*ap8t Gregor X. ihn
und alle seine Glieder am 23. Oktober 1274 ausdrücklich davon
ausnahm, indem er auf die besonderen Gefahren hinwies, denen
er bei der Verteidigung F'aliistinas ununterbrochen ausge-
is&tzi sei.*)
Demgemäsa sehen wir denn in Füllen, wo von Seiten der
Kireheufürsten versucht wird, die Zehntenfreiheit der Ordens-
güter auf das herkömmliche kanonische Mass zu beschränken,
die Kurie sich ihres Grünstlings annehmen und die von ihm
bisher genossene Freiheit verteidigen. Was aber vom Zehnten
galt, wurde natürlich auch angewandt auf kirchliche Abgaben
wie den Vierten, den Zwanzigsten u. s. w., wie sie von dem
Orden zugewandten Schenkungen oder von ihm ausgesetzten
Legaten die Diözesanbischöfe beanspruchten. Solche Forde-
rungen verbot den Prälaten Gregor IX. durch einen Erlass
vom 20. November 1228,*) und speziell für Deutschland, Mahren,
Böhmen und Polen eximierte dann am 28. Juli 1249 Innocenz IV,
den Orden von dem Zwanzigsten, der durch päpstliche Legaten
») Cartülaire no. 2727 (II, S. 777).
«) EV>d, HO. 3189 (III, S. 125).
«) Ebd. HO. 3555 (III, S. 313).
*) Ebd. no. 1929 (11, S. 390),
126
H, Pmtr
Eeitweilig zum Besten des heiligen Landes ausgeschrieben
wurde, ^) Gregor X. verbot den Kollektoren am 6. April 1275
allgemein den Orden mit derartigen Zumutungen zu belästigen/*)
So galt scfaJiesBlich geradezu der Grundsatz, dass überhaupt
allgemeine Erlasse , durch welche geistlichen Körperschaften
irgend welche finanzielle Lasten aufgelegt wurden, auf den
Orden keine Anwendung fanden, wenn er nicht ausdrücklich
als mit darunter begriffen darin genannt war, wie Clemens IV.
am 18, Mai 1265 feststellte,^) Das war die natürliche Kon-
sequenz der Bestimmung, die Innocenz IV, am 23. August 1250
getroflen hatte, wenn der Orden sich auf ein ihn eximierendea
Privileg berufen könne, sollte selbst aus seiner ausdrücklichen
Nennung in dem päpstlichen Erlass nichts zu seinem Nachteil
gefolgert werden dürfen.*) Das Prinzip dei* Steuerfreiheit des
Ordens in bezug auf seine kirchlichen Emkünfte wird daher
auch dem König von England gegenüber durch Nikolaus IV»
in einem Schreiben vom 14. Mai 1290 uneingeschränkt ver-
treten.*)
Ein Rechtatitel für derartige Exemtionen lag doch aber
streng genommen nur vor, soweit es sich um besondere Leis-
tungen für das heilige Land handelte, dem die Tätigkeit und
die Mittel des Ordens ohnehin geweiht waren. Dementsprechend
nahm der Orden denn auch nicht teil an den Auflagen, die
zum Zwecke von Kreuzzügen und ähnlichen Unternehmungen
durch die Päpste ausserordentlicherweise ausgeschrieben wurden.
Innocenz IV, erklärt am 20. Juni 1245, derselbe könne zur
Unterstützung des heiligen Landes und des lateinischen Kaiser-
tums nicht herangezogen werden.*) Dementsprechend weist
derselbe Papst am 15. Juli 1246 seinen Legaten Eudea Yon
Chateauroux, Kardinalbischof von Tusculum, an den Zwanzigsten,
^ Ebd. HO. 2505 (11, S. 660).
«) Ebd. no. 3569 (lU, S. 320),
») Ebd, HO. 3i:U (III, S. 101).
*) Ebd. no. übm (II, 8. C06).
^} Ebd. no. 4098 OH, S. öSi).
<"') Ebd, üo. 247S Ül S. 035).
}ie exemie Stellung des Hoipitaliter-Ordens» 127
der Ludwig IX* von Frankreich zu dem von ihm geplanten
Kreuzzug von den kirchlichen Gütern seines Reiches bewilligt
i»t, von dem Orden so wenig wie den Tempelhen-n, Karthäusern
und Cisterziensern und dem Orden von Fontrevault einzufordern. \)
Qeiuäss dem damit anerkannten Grundsatz entscheidet denn
auch Alexander IV. am 8. April 1255^ daas der Orden die ihm
zugemuteten Abgaben für die Unterhaltung des Schlosses Kerak
oder Montroyal,^) der Hauptfestung zur Deckung des christ-
licben Besitzes gegen einen Angriff" von Ägypten her, nicht
XU zahlen brauche,') und erklärt am 9, Februar 1256 die Ho-
spitaliter zugleich mit den Tempelherrn und Cisterziensern für
nicht betroffen von dem Zehnten, den die Prälaten der Diüzese
Antiochien drei Jahre lang dem dortigen Patriarchen zur Be-
tigung von Kalaat ez Zair zahlen sollen.*)
Schliesslich verzichtete die Kirche eigentlich überhaupt auf
Inanzielle Beihilfen des Ordens für ihre besonderen Zwecke^
wie sie ähnliche Körperschaften sonst aufzubringen hatten.
Qanz allgemein weist Innocenz IV. am 11. Mai 1247 die Prä-
laten an, Unterstützung für die Kirche von ihm nicht zu for-
dern und ihn gegen Belästigungen möglichst zu schützen,^)
Als Alexander IV. im August 1255 den Erzbischof von Arhorea
iavollm ächtigt, den sardinischen Klerus zu Beiträgen zur Be-
testigung von Qropella heranzuziehen, nimmt er wiederum mit
den Cisterciensern, Tempelherrn und dem Orden von AltopasÄc»
die Hospitaliter davon aus,^) Das Gleiche geschieht am 19* März
1265 durch Clemens IV. in bezug auf den Zehnten, der in
Frankreich zu gunsten Karls L von Anjou, des Königs von
Neapel, auf alle geistlichen Güter gelegt war.^) Derselbe Papst
verfügt am 24. Oktober 1264 ganz allgemein, der Meister und
*) Ebd. no. 2409 (II. S. 644). VgL no, 24U.
«) Vgl. oben S. 125.
^ Cartulaire no. 2727 (11, 8. 777).
*) Ebd. no. 2788 (11, S. 804).
») Ebd. no, 2441 (II, S. 666)*
•I Ebd, no, 2764 (II, S. 791).
T) Ebd. no. 3122 (III, 8. 97).
128
li. Pniti
die Brüder des Ordens dürften von kirchlichen Autoritäten so
wenig wie vun weltliehen irf^eiidwie ungebührlich besteuert
werden. Es scheint sich dabei um Güter zu handeln» die den
Genannten persönlich gehörten» woraus hervorgehen würde,
dass der Orden es mit der in der Regel vorgeschriebenen
Armut seiner Glieder d. h. ihrer persönlichen Besitzlosigkeit
ebenfalls nicht mehr allzu gennu nahm.') Nur in ganz ver-
einzelten Ausnah metallen suchte die Kurie auch diesen Orden
finanziell für ihre Zwecke heranzuziehen. Am 10. Oktober 1268
weist Clemens IV. seinen Legaten, den Kardinalbischof von
Albano Rudolf de Chevrieres, ausdrücklich an, wie von den
anderen eximierten Orden auch von den Hospital item den noch
ausstehenden Rest des Zehnten einzutreiben, der zur Unter-
stützung des Königs von Neapel ausgeseh rieben ist, und das
eingehende Geld zunächst zur Befriedigung der Gläubiger der
Kurie in Siena, Rom und Florenz zu verwenden.*) Nikolaus IV.
aber ersucht den Orden am 22. August 1291, ihm zum Unter-
halt seiner Galeeren die Summe zur Verfügung zu stellen, die
er sonst jährlich auf die Unterstützung des inzwischen ver-
lorenen christhchen Besitzes im Osten verwandt habe,*) Der-
selbe Papst hatte am 20, September 1290 in einem Schreiben
an die drei grossen geistlichen Hitterorden ausdrücklich aner*
kannt, dass sie zu finanziellen Beihilfen für die Kirche nicht
verpflichtet seien, indem er sie zugleich bat, ihr angesichts
ihrer dermaligen Geldnot freiwillig Unterstützung zu gewähren.*)
Bedenkt man, welche Summen die römische Kurie auf
Grund der Rechtstitel, deren Geltendmachung dem Orden gegen-
über sie durch die ihm verliehenen Privilegien aus der Hand
gegeben hatte, von anderen geistlichen Körperschaften jahrein
1) Ebd. DO. 9188 (in, S. 124) ut nuila eccleataatica iecularitfire
persona vob occasione prediorum, que forte posaideti^ in eonua diatric-
iibiin, indebiti^ exactionibus gravare Tel ratloae prediomm ip«orQm vobjs
uliquam coUectam ». exactionem imponat.
*) EbcL no, S318 flll, 8. 189). ~
«) Ebd. HO. 4168 (lU, 8. 598).
<) KbcL no. 41tG (Ul. S, 671).
i>t^ tX€fnt€ Stellung di» Hospitaliter-Oräens,
129
j&bmus zog und zu welchen Beträgen dieselben durch ausser-
ordentliche Erhebungen derart zeitweilig noch gesteigert wurden,
so wird man den Gewinn jedenfalls sehr hoch anschlagen
dQrfen, den der Orden infolge seiner fast vollständigen Exemp-
tion von all dergleichen Zahlungen jährlich machte und für
seine besonderen Zwecke zur Verfügung behielt. Seinen Betrag
auch nur annähernd zu schätzen, ist unmöglich: dazu fehlen
uns alle Anhaltspunkte. Wohl aber ergibt ein Vergleich mit
dem Bilde, das wir uns auf grund einiger Angaben von dem
Gesamteinkommen des Ordens machen können, das eine mit
Sicberbeit. dass es sich dabei um sehr beträchtliche Summen
gehandelt liaben muss. Wenn nämlich der gesamte Grund-
besitz des Ordens im 18. Jahrhundert auf 19000 Manoirs ge-
schätzt wurde, deren jedes zur Ausrüstung und Unterhaltung
eines Ritters die Mittel lieferte, und wenn man den Ertrag
eines jeden dieser Ritterlehen nur auf den dafür später im
Königreich Cypern geltenden Satz von 200 Byzantinern, das
läi 1900 Franks deoi Metall wert nach abschätzt, so würde das
immerhin eine Jahreseinnahme fiir den Orden von 36100000
Franks ergeben, die auf den heutigen Wert oder die Kaufkraft
des Geldes berechnet etwa das Achtfache in heutigem Gelde
bedeuten würde*) — eine Summe, welche vollkommen erklärt,
wie der Orden ebenso wie der der Tempelherrn die Stellung
einer finanziellen Grossmacht gewann und auf den Geldverkehr
namentlich zwischen Abend- und Morgeuland und infolge dessen
auf die kommerziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse hier
wie dort vielfach entscheidenden Einfluss ausüben kunnte, auch
wenn er es in späterer Zeit noch mit der Bestimmung genau
nahm^ dass er den dritten Teil seines Jahreseinkommens zum
Besten des heiligen Landes verwenden sollte/^) Geld aber war
in jener Zeit noch melir eine Macht als heutigen Tages, und
die dem Orden nicht eben günstige öffentliche Meinung wird
nicht so unrecht gehabt haben, wenn sie entsprechend der
*) Prutz, Kulturgeschichte der Kreuz/.u|fe S, 253.
>) Da« erwähnt Nikolaus l\\ in dem ErlasB vom 20. Februar 1201,
Cartniaire iio. 4U7 (111, S, 586).
1904. SlUgab. d. pliÜ<>t,-ptiilol ii, d. blii. Kl.
d
130
H. PruU
Bedeutong, die des Ordens Schätze bereits zur Zeit Alexanders IIL
für das Papsttum gehabt hatten,') dessen sowie seiner Nach- fl
folger Vorliebe für ihn wenigstens zu eineni Teile von hier ■
aus erklären wollte und in der Nachgiebigkeit der Kurie gegen
die steigenden Ansprüche und sich häufenden Übergriffe der ab ■
verweltlicht und eitel verrufenen Genossenschaft auf den Zauber
zurückführte, den deren Geld auch in der Folge noch dort ausübte.
Bestätigt wird diese Auffassung durch den Gebrauch, den
wir den Orden auch anderweitig von seinen für jene Zeit '
enormen Mitteln machen sehen: für geistliche und weltliche
Grosse ist er der Bankier, der ihnen in Verlegenheiten aushilft j
und grosse Geschäfte ermöglicht Dass er das nicht Dhnej
entsprechend reichen Gewinn tat, versteht sich von selbst.
Begreiflicherweise ist uns aber nur von verhältnismässig wenigen
Geschäften derart sichere Kunde erhalten. Im Aagust 1254
kauft der Orden von Julian, dem Herrn von Sidon und Beau- 1
fort, einen Güterkomplex zwischen Nazareth und Tiberias*)
flSr 24000 Byzantiner d. h. 228000 Franks Metall- und etwa
das Achtfache, also 1824000 Franks an heutigem Geldwert*
Von dem Erzbischof Heinrich von Nazareth i)achtet er 1259
eine Anzahl v(»n Caaalien auf 50 Jahre gt*gen 2000 Byzantiner
jährlich, das ist 19000 resp, 152000 Franks. >) Im Jahr 1261
wird die Pacht, die er Balian von Ibelin, dem Herrn von
Arsur, jährlich für eine Anzahl von Gütern gezahlt hat, von
4000 Byzantinern, das ist 38000 resp. 304000 Franks auf
1000 Byzantiner, daa ist 9500 resp, 76000 Franks herab-
gesetzt.*) Für einen Ankauf von Land verwendet der Orden
im Herbst 1264 12000 Byzantiner, das ist 96900 rt^sp.
775200 Franks. Beachtet werden muss dabei auch der Um-
stand, dass diese und ähnliche Geschäfte von geringerem Um-
fang, itlr die uns urktindliche Zeugnisse vorliegen, sämtlich in
eine Zeit fallen, wo die ijn Osten heimiseh gewoseaen fräa-
M VwgK oben 8. 103.
«) Cartulaire no. 2G88 (11, S. 716),
') Rbd. no. 21184 (U. S. 680).
4) Ebd. tio. 2972 m, a IK
Die exemte Stellung äes Sospüalüer'Ordenä,
131
kischen Adelshäuser wegen der Aussichtslosigkeit; der dortigen
Verhältnisse sich von dort zu lösen trachteten, um nach dem
Westen zurückzukehren. Um so mehr lässt sich annehmen,
dlflB der grössere Gewinn dabei auf der Seite des Ordens war.
hm darf man aus der bedeutenden Rolle schliessen, welche
Bemühen ura die Vermehrung und Verbesserung des Ordens-
Bitzes in der Tätigkeit der Ordeusbeamten augenscheinlich
gespielt hat: die ritterliche Genossenschaft ist offenbar stark
K vom Geiste kaufmännischer Spekulation ergriffen gewesen.
■ Daher werden dejm auch nicht selten durch Kauf geraachte
■ Erwerbungen hinterher so dargestellt, ab ob sie durch eine
H fromme Schenkung an den Orden gekommen wären, und der
^^^afÜr gezahlte Kaufpreis wird in der betreffenden Urkunde
^^BlBgegeben für ein Geschenk oder ein Almosen, das der Orden
m seinem angeblichen Wohltäter „zur grösseren Festigung des
" Geschehenen^ gemacht haben soll. Auch legte der Orden, um
sich im Besitz solcher Neuerwerbungen gegen Anfechtungen
Zü sichern, nicht selten dem Schenker oder Verkäuier und
dessen Erben oder sonstigen liechtsnachfolgern die Pflicht auf,
Iin allen Kechtsstreitigkeiten, die um das betreflfende Grundstück
entHtehen sollten, ihn zu vertreten und alle daraus erwachsen-
den Kosten und Verluste auf sich zu nehmen* Weiter wird
iime Seite der Ordenstätigkeit in ein merkwürdiges Licht ge-
reckt durch den Beschluss, dass die W^iederer Werbung von
Ordensgüt^m, die Ordensbearate früher eigenmächtig veräussert
hatten, namentlich denjenigen Personen gegenüber versucht
werden sollte, die ausser Stande wären, dem Orden dafür beson-
deren Schaden zu tun, \) Wie der Orden seine Geldmittel auch
anderwärts nützlich zu verwenden wusste, ersehen Tvir daraus^
da.ss 125^ der Patriarch Juknb von Jerusalem bei ihm mit
pipstUcher Erlaubnis für seine Kirche eine Anleihe von 150 Unzen
Gold aufnahju*) und 1272 Papst Gregor X, ihn um ein Dar-
lehen votn 25000 Mark Silber angeht.")
') Prutx, Kulturgeschichte der KreuxÄUge S* 2ßO, 51.
>) Cwiuliure uo. 2786 HK 8, 8021.
») Ebd. nc. 5440 OH 8, 263U
132
E. Prute
In anderer Weise kam dem Wohlstand des Ordens ferner
der Verzicht zu gute, den die Kurie ihm gegenüber auf ge-
wisse Rechte leistete, deren Geltendmachung denselben mittel*
bar in etwas verkürzt haben würde. Auch der Orden war
eigentlich verpflichtet, Prälaten und namentlich päpstlichen
Gesandten auf ihren Reisen in seinen Häusern Herberge und
Unterhalt zu gewähren. Damit werden diese Herrn bei ihrer
bekannten Abneigung gegen den Orden freilich gelegentlich
wohl Missbrauch getrieben haben, indem sie mit unnötig grossem
Gefolge und zahlreichen Reittieren einherzogen, sich länger als
geboten aufhielten oder in bezug auf die Bewirtung besondere
Ansprüche stellten. Auf eine Beschwerde darüber nimmt sich
Honorius IIL in einem Erlass vom 11, Dezember 1220 des
Ordens energisch an: er sollte nicht mehr zu leisteji gehalten
sein, als auf dem Laterankonzil in dieser Hinsicht bestimmt
war.^) Doch war damit dem Übelstand nicht abgeholfen, wie
denn Klagen darüber auch anderweitig vielfach laut werden.*)
Deshalb erneute Gregor IX, am 1. Dezember 1228 jenes Verbot:
er könne nicht dulden, dnss dem Orden unter seinem Ponti-
fikate neue, bisher nicht übliche Lasten aufgelegt würden.*)
Die Sache blieb trotzdem zunächst noch streitig, schliesslich
jedocli drang der Orden auch hier durch» Am 25. Oktober
1266 erklärte ihn Clemens IV. im allgemeinen ftlr eximiert
Yon dem Herbergerecht der l'rälaten, und zwar sollte diese
Exemtion auch in den Fällen gelten, wo ihrer nicht ausdrück-
lich Erwähnung getan war**) Hinfort wurde nur einzelnen
mit Gesandtschaften betrauten Prälaten vom Papst ausnahms-
weise das Recht verliehen, auch in den Häusern der Hospita-
liter Aufnahme zu fordern.*) Mao sieht, die eximierte Stellung
*) Ebd. no. 1690 (11, S. 277). Vergl. aocb Clemw« IV- firiau vom
23. Januar 1267. Ebd. tio. 9242 (III, 8. U9).
*) Vergl. Prut», Malteser Ürkuuden no. 222.
•) Cartulaire no. 1931 01. S. 391).
^) Ebd. no. 8288 UH« S. 144).
^) Qr90or rX. am SL Mai 128S Carttilair« ao, 2055 (II, B, iE
lemcus lY. aiu 9. April I2S8 ebcnd. ua.SaiO mU 8.4411); Hononus !
Die exemte Stellung des Hospitaliter-Ordena.
133
I
Ordens wurde der Kurie selbst gelegentlich unbequem, da
sie ihr die Führung der Geschäfte erschwerte und hlstige Aus-
gaben zumutete. In aolchen Fällen ging sie darüber hinweg,
freilich wohl nicht immer in der raililen Form» deren sich
Nikolaus IV, bediente, wenn er am 22, Juni 1290 den Orden
anwies, seinem Legaten Bischof Benveiiutx^ von Gubbio, der
nach Dalmatien, B(»snien, Steiermark und Kärnthen gehen sollte,
oach Kräften behilflich zu sein.*) Da die zur Forderung von
Herberge berechtigten Prälaten befugt waren, statt derselben
auch Geld zu nehmen, war der Orden natürlich auch von solchen
Zahlungen befreit; Alexander IV. autorisiert ihn am 11. JuU
1286 ausdrücklich, sie zu verweigern: nur die Kardinäle sollten
solche zu beanspruchen berechtigt sein. Es sollten durch diese
Befreiung dem Orden für die Armenpflege noch reichere Mittel
xur Verfügung gestellt werden.^) Aber auch Kardinälen gegen-
über ist der Orden, w^ie es scheint, nur ausnahmsweise zur
Leistung dieser procuratio pecuniaris angehalten gewesen. Er
scheint sich ihrer in der ihm eigen^^n Art lärmend erwehrt zu
haben: wenigstens teilt ihm Nikolaus IV. unter dem 4. Oktober
1290 mit, obgleich er die Procuration zum Unterhalt papst*
lieber Legaten zu leisten verpflichtet sei, habe er den von ihm
tma Legaten ernannten Patriarchen Nikolaus von Jerusalem
angewiesen, ihm gegenüber darauf zu verlieh ten, , um Ärgernis
zu vermeiden*.^)
Die Bereitwilligkeit der Kurie, den Orden von allen finan-
ziellen Verpflichtungen frei zu machen, die seine Leistungs-
fähigkeit im Morgeiilande lieeinträchtigen oder durch den Wider-
stand der ebenso un fügsamen wie einflussreichen Qenossen-
aeh&ft ihr selbst unliebsame Weiterungen zuziehen konnten,
macht es begreiflich, wenn sie derselben auf diesem Gebiete
gelegentlich auch da gefällig war, wo sie es ohne eigenen
STD 81. Mai 1286 ebend. no. 3929 (TH, S, 489) und Nikolaus IV. am
9, AprU 1290 ebend. no. 4086 (Hl. 8. 558).
») Ebd. no. 4105 (III, 8. 569).
») Ebd. HO. 2821 (11, S. 820).
*) Ebd. no. 4118 (lli, S. 572).
184
H. Pnä»
Nachteil auf anderer Leute Kosten sein konnte, und sie ron
weltlichen Lasten frei zu machen suchte, indem sie um de«
heiligen Landes willen die Berechtigken zum Verzicht auf ihr
Recht bestimmte, Bereits Alexfinder IIL wies die Prälaten der
ChrLstenhoit an, den Orden gegen die Erhebung des Zwanzigsten
zu schützen, den die Grossen in manchen Gebieten zu inili-
tärischen Zwecken zu beanspruchen pflegten.^) Lucius IIL al>er
eximierte den Orden durch eine Bulle vom 17. Dezember 1184
ohne weiteres gar von all den Auflagen, die zu Arbeiten von
öÖeutlichem Nutzen erhoben wurden/*) Diese Vergünstigung
iBt dann am 5. Sej>tember 1256 von Alexander IV. wiederholt
worden.*) In gleicher Weise weist ara 17, März 1267 Clemens IV.
den Prior von S. Amand de Ilodez an, die Konsuln und die
Behöi'den der Städte und Schlösser der Provence zu liindera,
dass sie von dem Orden seinen Privilegien widersprechend Auf-
lagen fordern,*) Es entspricht durchaus der in solchen Erlassen
zu Tage tretenden hierarchischen VnrsteUung von der unbe-
dingten llberordnnng der Kirche Über alle weltlichen Auto-
ritäten und dem daraus folgenden Anspruch auf die Befreiung
aller GeistUchen von dem für Weltliche geltenden Kecht, wenn
ebenfalls Lucius IIL am 20. Januar 1185 verbot, das?« der
Orden in Prozessen zur Führung eines Beweises durch gericht-
lichen Zweikampf genötigt würde: man sollte sich ihm gegen-
über unter allen Umstanden mit dem einfachen Zeugenbeweis
begnügen.^) Übrigens traf Innocenz 111, am 28, Februar 1218
in bezug auf den Tempelherrnorden die gleiche Bestimmung, I
indem er dessen Brüdern in Frankreich die Teilnahme an dem
dort , verderblicher Weise** üblichen Beweisverfahreu durch ge-
richtlichen Zweikampf ausdrücklich untersagte: dasselbe heisse
Oott Tersucheo und verfälsche nicht selten seine urteile.*)
*J Cttriulairo no. 420 (T. S. 201).
«) Ebd. ao. 707 (1, S. 464).
«) Ebd. no. 2829 (II, S, 823).
*) Ebd. 110. 3248 (lU, ä. 152).
*i Ebd. no. 537 (1, S. 476). Vergh ijo. 786.
*) Prut«, Maltetter Urkunden no. 08: , , . interdicere abu»uiit, jSSI
Ueus teiuptatur et vera ftt^ptui» judiciü per vertan tur.
Die exemie Stellung des HrnpitdiUr^Ordens.
Konnte man zu Gunsten dieser Bestimmung auch den üra-
stand anftlhren, dass die dem Kampf für den Glauben geweihten
iUtter nicht anderen Fäbrlichkeiten ausgesetzt werden sollten,
IShi I2688 sieh eine solche Erwägung doch nicht geltend machen
fUr das Asylrecht, dessen der Orden in PaUlstina für seine
Burgen genoss: die dorthin flüchtenden Übeltäter waren nicht
bloe der weltlichen Gerechtigkeit entrückt^ sondern auch ohne
Verletzung der Ordensprivilegien für die strafende Gewalt der
Kirche unerreichban Daraus ergaben sich Übelstände, die
selbst Innocenz III. auf die Be.sch werde des Patriarchen von
Jerusalem nicht in Abrede stellen, nach seinem eigenen be-
dauernden Eingeständnis aber auch nicht beseitigen konnte. V)
Es war nur die Konsequenz der Ausnahmestellung, die dem
Orden auf diesem Gebiete zunächst in einzelnen Beziehungen
eingeräumt worden war, wenn er schliesslich weltlicher Gerichts-
barkeit Oberhaupt nicht mehr unterstellt sein wollte: seine
Exemtion von dieser sowohl in sachlicher wie in persönlicher
Hinsicht ist denn auch von Alexander IV, am 2. Januar 1257
Ausdrücklich anerkannt worden.^)
Hielt man daran fest, dass der Orden neben der Arraen-
und Krankenpflege und nach der gelegentlich freilich selbst
von der Kurie angefochtenen Ansicht vieler seiner Glieder noch
mehr als zu dieser zum Kampf gegen die Ungläubigen berufen
war') und seine Mittel vor allem auf diesen verwenden sollte,
») Ebd. no. 1249 (II, S. 68). Vergl. oben S. 104.
*) Ebd. no. 2849 lll, Ö, 835).
8) Bereite Alexander IlL schreibt zwiseben 1178 und 1180 dem
Meister Roger de Molius die Mahnung, ,ut aotlkitiorom curam pauperum
luibeas et competentiu» Christi charita« valeat ordinari, ab armia ferendis
juxt» conBuetudinerti predicti Raitnmidi omnino quieacaa, ntsi fort« tunc«
cnm vexülmn 1. crucii pro defensiona regtii atit pro obtidione aliciiiu«
civitatis paganoram delatum fuerit^ pro quibus aubsidium necessarium
68»et armorum, quia congruum et consonnin rationi, ut, sicut domtis üla
ftd easceptionem et refectionem pauperum est institiita, ita qooque per
tnam instantem soll icitnd ine m in boc debeat cooservari, presertim cam
magia per c&ritatem et misericoniiam erga pauperea exbibitam quam per
fortitudinem armomm credatur posse defendi*. Ebd. no. 627 (1, 8. 360).
18«
K Frmit
so koante es zunächst ja nur gerechtf»3rtigt erscfaeinen, wenn
man ihm auch die Beschaffung all desjenigen, was dazu nötig
war, nach Möglichkeit erleichterte. Nur sind auch derartige
Freiheiten bald über das ursprüngliche und sachlich berechtigte
Mass hinaus erweitert und dadurch dem Orden Vorteile zuge-
wandt worden, die mit seinem kriegerischen Berufe nichts zu
tun hiitteu. 80 untersagte Honorius IIl. am 19. Dezember 1216
dem Erzbischof von Arles von dem Holze, das der Orden zum
Bau von Schiffen verwenden wollte, bei der Ausfuhr aus seinem
Gebiet einen Zoll zu erheben; dasselbe sollte überhaupt von
allem gelten, was der Orden von dort nach dem heiligen Lande
versandte, und zur Gewährung der gleichen Vergünstigung an
den Orden sollte der Erzbischof geistliche und weltliche Grosse
seines Sprengeis nötigenfalls durch kirchliche Zensuren anhalten,')
Im Einklang mit diesem Grundsatz hatte der Orden nach der
Bestimmung Alexanders IV. (August 1255) denn auch für die
Befestigung von üropella in Sardinien ebenso wenig etwas bei-
zutragen/^) wie er die Abgabe entrichtete, die dem Patriarchen
von Antiochten zum Zwecke der Befestigung von Kalaat ex
Zair von den geistlichen Gütern seiner Diözese auf einige Jahre
bewilligt worden war.*) Natürlich aber wurde auch diese ihm
gewährte Freiheit bald ins üngemessene erweitert. Am 5. Januar
1266 eximiert Clemens IV. den Orden in Deutschland kurzweg
von jeder Zahlung, die Grafen, Barone oder Schlossherm von
ihm fordern würden.*) Am 2L Dezember 1267 befiehlt der-
selbe dem Bischof von Olmütz, unter Androhung des Bannea
dafür zu sorgen, dass in seinem Sprengel der Orden so wenig
wie dessen Leute zu irgend welchen Abgaben von Lebensmitteln,
I Kleidern oder Vieh oder sonst seinem Unterhalte dienenden Besitz-
[tünrem herangezogen werde, wogegen von Seiten der Stadt
Olmütz und des Bischofs und seiner ZoUeinnehmer Verstössen sel.'^'i
n Ebd. no. 1518 (n, S, 208).
IE) Ebd. HO. 4iO (1, S. 291).
aj Ebd. DO. 2764 (II, 8. 7111),
«) Ebd. HO. 3204 (11 1, ä. 180).
»} Ebd« ao. 9287 (lU, S. 160),
Die exenUe StcUimg du HospHaLiter-Ordenü,
137
Wenn die römische Kurie den Grundsatz der Freiheit des
Ordens von allen derartigen finanziellen Leistungen gegenüber
geistlichen und weltlichen Grossen mit solcher Entschiedenheit
vertrat, konnte sie ihm natürlich auch ihrerseits die Übeniahnie
von solchen Lasten zu ihren Gunsten nicht zumuten, sondern
inu^ie da ebenfalb fiuf seine Beiliilfe, so erwünscht sie ihr
gewesen wäre, wohl oder übel verzichten. Daher befreit ihn
Alexander IV. am 9. Januar 1261 ausdrücklich von der Zah-
lung der Auflagen, welche die von der Kirche gegen die
Anhänger der Htaufer in Waffen gerufenen Grossen Siziliens
mit seiner Zustimmung ausgeschriebeD hatten, obgleich er in
der betreffenden Bulle nicht ausdrücklich als eximiert genannt
worden war,*) und Clemens IV. verbietet am 3L Mai 1265
ganz allgemein den Grafen und Edlen, den Orden zu belästigen
und irgend welche Zahlungen von ihm sm verlangen. Ja, am
19- Februar 12fif» autorisiert dei^selbe den Orden ausdrücklich
zur Verweigerung der Abgaben, die Edle und Prälaten unter
verschiedenen Vorwänden von ihm zu erheben versuchen.*)
Am 25. März 1267 nimmt er ihn gegen alle derartige Zu-
mutungen von selten der weltlichen Gewalt in seinen Schutz/)
Im Einklang damit schreitot denn auch am IL August 1275
Gregor X. gegen den Senesehall von Navarra ein, der obenein
noch versucht hatte, den Orden vor dem weltlichen Gericht
aburteilen zu lassen.*)
Wurde dem Orden schon durch alle diese Exemtionen eine
Menge von Ausgaben erspart, die andere geistliche Körper-
achaften von ihren Einkünften regelmässig zu leisten hatt^S'n,
so erschlossen ihm andere päpstliche Gunsterweise unmittelbur
bedeutende Einnahmen, die ihm jahraus jahrein aus allen Teilen
der Christenheit zuströmten. Am ertragreichsten war in dieser
Hinsicht wohl das Recht, durch ausgesandte Brüder in allen
*) Ebd. no. 2977 (lll S, 2).
«) Ebd. HO. 3211 flll, 8. 134).
») Ebd. no, S244 (in, S. 160). V|?l, den KrlftHB vom 6. MÄrz 1267,
wiederholt am 3. September 1267 no. 3244 und 46 {111, S löO, 51).
*) Ebd. no. 8ÖÖS (111. y, WOl
1S8
Ji FmM
Kirchen ohne ßiicksichi auf ihre Zugehörigkeit zu einem be-
stimmten Si»rengel Kollekten für seine Zwecke abhalten zu lassen*
Bereits der von Gerard nach Spanien geschickte Pelagius hatte
von Paschalis IL die Erlaubnis zum Kinsamnieln von Almosen
erhalten.') Kalixt IL erteilte solche den Boten Raimunds du
Puy.'*) Doch scheint es sich damals noch nicht um eine förm-
liche Organisation des Kollekten wesens für das Hospital ge-
bandelt zu haben. Eine solche lässt erst die mehrfach ange-
führte Bulle Innocenz' IL vom 7. Februar 1137 erkennen, durch
welche die Einsammler von milden Gaben für das llospital,
deren Spender daflir demselben hinfort als Fratres, nachmals
Konfratres zugezählt wurden, unter den besonderen Schutz
St. Peters gestellt werden, so dass sie überall besonderen
Friedens geniessen.^) Diese Ürdenskollektoren^ die von dem
Ordensmeister regelmässig ausgeschickt wurden, um milde Gaben
zum Besten des Hospitals zu sammeln und die z. B. Anasta-
sius IV., sicherlich im Zusammenhang mit der Bewilligung des
epochemachenden Privilegs vom 21. Oktober 1154, den Prälaten
der Christenheit am 24. Oktober 1154*) zur Befürwortung ihres
Anliegens bei den Gläubigen empfiehlt^ haben offenbar allezeit
in der Agitation zu Gunsten des Hospitals sowohl zum Zweck
der Beschaffung immer neuer Mittel ftlr dasselbe wie zur Kr-
weitening und Steigerung seines Einflusses eine sehr bedeutende
Holle gespielt, zumal sie auch t^r Laienkreise, die mit dem
Orden sonst in keiner Verbindung standen, die Träger zeit-
weiliger kirchlicher Vergünstigungen waren.
*) Ebd. no. 81 {I. 8. 80). Vgl. oben S. 107.
«) Ebd. no. 47 fl. 8. 39).
") Ebd* HO» 122 (I, S. 101): deceniiimii , iit receptorea veakm^
ram fraternitatutu t*. coUectanim »alva jure dotninorum duorum in beaÜ
Petri et tiOHtm protectione consistant et per terra«» in quibu^ fueriut,
pacem babeünt. Aqb dem Zusatz aalvo jure dominorum äuorum ergibt
lieh eine Bef«tätigung für die oben S. 110 entwickelte Anaicht. daea die
r 1 ift ilaa Hüjfpilul« dtunrwla die A^blegung wne» Gelübdea nicht
') idbd. DO. 227 (I, ^. 175).
Dit exemt€ Stellung dßs HospUaltter-Ordens.
139
Oerade diese Ausgestaltung des Kollektetiwesens zu Gunsten
Jes Hospitals brachte nun aber für Bisehöte und Pfarrer in
mehr ah einer Hinsicht St<>rungen und Nachteile mit sieh,
zumal der Orden auch hier Freiheiten, die einer jungen und
hüfsbedürfti gon Stitlbung gegenüber wohl am Platze gewesen
jraren, in der Folge entsprechend seiner gesteigerten Macht
P*1ilich mit gesteigertem Nachdruck geltend machte in einem
Stnn, in dem sie ihm ursprünglich sicherlich nicht verliehen
woi-den waren. Das Erscheinen der kollektierenden Ordens-
brüder in ihren Kirchen war Pfarrern und Bischöfen begreif-
licherweise nie besonders erfreulich, schon weil dadurch die
Mildtätigkeit ihrer Pfarrkinder für die von ihnen selbst empfoh-
lenen frommen Werke beeinträchtigt wurde. Sie verw^eigerten
daher wohl ihre Aufnahme» verwiesen sie aus ihren Kirchen
oder machten ihre Zulassung abhängig von der Einräumung
eines Anteils an dem Ertrage der Kollekte. Bereits Alexander IIL
befahl den Bischöfen, ihre Pfarrer bei Verlust des Amtes und
der Pfründe (aub pena officii et beneticii) von so »unver-
schämter" Hinderung des Liebeswerkes der Hospitalbrüder abzu-
ItenJ) Ganz besonders beschwert aber mussten sieh die Geist-
chen durch das dem Orden eiiigeräuinte Recht fühlen, dass
«eine Kollektoren in interdizierten Orten erscheinend einmal
im Jahr die Kirchen iiffnen und unter Ausschluss der Exkonj-
oiuniziertün Gottesdienst halten durften»*) namentlich seitdem
letEtere Einschränkung in der Praxis nicht mehr beachtet wurde
und es ebensowenig bei der einmaligen Öffnung im Jahr wie
bsi dem Ausschluss der Gebannten blieb/) ja die Suspension
ij Ebd. DO. 356 (I. S. 246).
*) Vgl. die Beatiramneg in dem Privileg Innocenz* IL a. a. 0.:
Praeterea ei qui fratnim veBtrorum, qui ad rt^dpiimdas easdem frater-
niiates vel oisllectati a fobia fuerint missi, in quamtibet civitateis, castel-
lum Tel vicum advenerint» ei forte locua ipse a divinis officüa sit inter-
|ictu«, pro omnipoteutis Dei rererentla in eorum adventu semel in anno
iantur eccleaie et exelueis eicommuniealia divina ofticia celebrentur,
*) Cartulaire no. 4029 {lll* S. 581). Die Bescblüsao dor Synoden von
Cfthom, Kodt'2 und Tüll sbillen dm alte Recbt, das der Onlnri willkürlir)]
geändert hat, 1289 in diesem Siiuie wieder her.
140
H, PrutB
des Interdiktes nicht selten gegen ausdrückliches Verbot be-
initzt wurde, um inzwischc^n Verstorbene während derselben
kirchlieh zu begraben.
Abgesehen von diesen Kollekten aber, die auch den Orden
der Tempelherrn*) und der deutschen Ritt-er*) zustanden, da
jedoch nie eine iihnliche Bedeutung gewannen zu haben scheinen,
wurden die Prälaten bereits von Innocenz IL angewiesen, ihre
Diözesanen Almosen für das Hospital sammeln zu lassen, da
es den durch die Pilger- und Annenpflege gestellten Ansprüchen
aus eigenen Mitteln nicht genügen könne :^) sie sollten die-
selben zur Annahme der Brihlerschaft ermuntern. Man be-
greift, dass die Ptarrgeistlichkeit diese Begünstigung einer
Genossenschaft, die den von ihr selbst vertretenen kirchlichen
Interessen gelegentlich unbequem Konkurrenz machte, mit
wachsendem Missbehagen sah, der Orden dagegen auf sie ganz
besonderes Gewicht legte, da sie ilim nicht blos eine wichtige,
von Zeit zu Zeit immer wieder reichlich fliessende Einnahme-
quelie erschloss, sondern auch eine kirchlich einflussreiehe
Stellung einräumte, die er unabhängig von den Bischöfen
gleichmilssig in allen Diözesen gelti;*nd machen konnte, um
immer weitere Laienkreise an sich zu fesseln. Mit Recht sah
er darin eines der Fundamente sowohl seiner finanziellen wie
seiner kirchlichen Machtstellung und trug daher für seine regel-
miissige Erneuerung und Anerkennung eifrigst 8orge. Kein
anderes der ihm von den Päpsten bewilligten Privilegien hat
er sich so hHutig bestätigen lassen wie Innocenz' II. Bulle Quam
amabilem:*) sie hat für seine Entwickelung ähnliche Wichtig-
keit gehabt wie Alexanders UI, grosser Freibrief Omne datum
I) Prutz, Malteser Urkunden no. 1.
«) Strtfblke. Tab. Ord. Theut. ao. S21,
>) 7. Mfti 1139 oder 1140, Cartulsire no. 130 (U S. 107).
*) Bcstfttigiitigen liegen vor durch Hadrian IV. vom IS^. Novemli
1156, 37. April 115Ö und IL Febniar 1157, 58 oder 69. (*^bd. no. ÄSflt
248. 254 I, 8, 181, 189, 193). dnrch dfn G^genpajint Viktor IV. vom
Ü9. November 1169 nö. 281 (1, S. 209) und durch AlexHnd<*r III, vom
15. Mni 1166, 67, 7B, 7U inul 10. S.^p!*-fnbfi 117!^. 74. IC, m, nf*-} uuA
44i) (1, a 24d, 31 Ij
DU exemte Stellung des Hospüaliter-Ordens.
141
uptimum für die des Tempelherrnordens.*) Besonders nach-
drücklich wurde das olFeiibnr ini grossen Sfrile organisierte
Kollekten Wesen zu Gunsten des Hospitals dadurch gefördert,
dass diejenigen, die sich ihm unter Gewährung eines Beitrages
2U seinem frommen Werk als Konfratres anschlössen, dafür
besonderer, ihr Seelenheil fördernder kirchlicher Vorteile ver-
mchert waren; denn das übte begreiflicherweise weitlün eine
starke Anziehungskraft aus. Bereits Innocens II. bewilligte
denen, die das Hospital unterstützten» jährlich den Erlass des
siebenten Teils der ihnen auferlegten Kircheubussen"^) und
veraicherte die in einem interdizierfcen Gebiet verstorbenen
Konfratres des kirchlichen Begräbnisses» Beides wurde von
Alexander III. ^) und Clemens IV.*) bestätigt. So gross die
Anziehungskraft war, welche diese dem Hospitale gewährte
Yei^ünstigung ausübte, indem sie den massenhaften Anschlu^s
von Konfratres herbeiführte, so setzte die Kurie doch wieder-
holt auch noch andere Mittel in Wirksamkeit, um die Zahl
der Genossen und die Mittel des Hospitals zu vermehren. Am
21. Januar 1217^) gewährt Honorius HI. z, B. allen denen
»ligeraeinen Ablass in der ganzen Welt» die reuig und beichtend
während der Fastenzeit dreimal eine Ordenskirche besuchen und
dem Orden etwas zuwenden. Ähnlich verhiess derselbe am
13, Dezember 1226*) einen zwanzigtägigen Ablass den Be-
suchern der Kirche und des Hospitals Johannes des Täufers
in Jerusalem, namentlich um die Zeit des Johannesfestes. Das
piederholte Clemens IV. am 22. Juni 1265.'^) Was dem Orden
'"^f solche Veranlassungen hin an Zuwendungen gemaclit wurde,
ist sicherlich sehr bedeutend gewesen, da namentlich mancher
ea sich gern etwas kosten Hess, auf jeden Fall unter dem
*) Prot», Entwickelung and Untertfang dm Terap^lherrnordena
I: 34 ff.
«) Cwiulaire no. ISO (I. S, 107K
^) Ebd. no. 305 (I, S. 2&Ü).
*) 29. Mtti 12G6, ebend. no. 3153 flll, S. 107).
^ Ebd. no. 15S6 (II, S. 210).
•1 Ebd. no. 1840 {11. B, 357).
T) Ebd. no. 31Ü3 lllf, S. 112).
\t2
H. PnUe
Sdkutai im Ordens eines kirchlichen Begräbnissee versichert zu
»111. BiaelU^fti Utid Pfarrer nber waren damit wiederum gnr
* ''«>verHianden: wie von den iü ihren Kirchen zu Gunsten
\u :i5s gfhultenen Kollekten, verlangten sie auch van diesen
ano^üuneti desselben ihren Anteil Dagegen verfügte bereits
jjßlA^t IIL, von den dem Orden zufliessenden Almosen hätten
Mt'Pvttl^en gur nichts, von den ihm ausgesetzten Legaten nur
l^iu Viertel zu beanspruchen.^) Letzteres verbot Alexander IV*.
Atu U>, Okiober 1256 ausdrücklich für solche Legate, die dem
i>rden von den auf seinen Kirchhöfen Beerdigten ausgesetzt
wurden.*) Übrigens wurde nach dem Beschluss des im Juni
1^70 unter dem Meister Hugo Revell gehaltenen Öeneralkapitels
ein »treuger Unterschied gemacht zwischen solchen Legatt^n,
dio ausdrücklich den Kranken zugewandt waren, und solchen,
die dem Orden im allgemeinen ausgesetzt wurden: erstere unter*
.Htandcn der Verwaltung des S[>ittlers (hospitalarius), letzkn.^
der des Grossprilzeptors, der als Schatzmeister die Ordens-
tinanzen leitete.*)
Es scheint nun, als ob gerade diese sozusagen finanzielle
Konkurrenz des Ordens demselben die besondere Feindschaft
der Prälatur und der Pfarrgeistlichkeit zugezogen habe. Es
entwickelte sich da ein Gegensatz, der zu fast unausgesetzten
Ileihereien und gelegentlich zu erbitterten Streitigkeiten fühii;«.
Dies Missverbiiltnis wuchs in demselben Masse, wie intblge des
viilligen Wandels seiner Stellung der Orden die Armen- und
KrankitnpHege mehr nur noch al» eine durch einen ehrwürdigen
alten Brauch gebotene Nebensache trieb, den Schwerpunkt
mner Wirksamkeit aber in ganz anderen und keineswegs immer
gemeinnützigen Unternehmungen suclite und demgemiiaB oucb
nur noch einen verhfUtnismn ringen Teil seiner reichen
KiTikünfte auf den Schutz h i;^en Landes und die Be«
kiimpfung der ungläubigen verwendete.^) Letzteren sollten
1) Ebd. no. S60 ih B. 2m.
«) Ebd. nu. 2?-
■) Vrnit, Kur
«) Vgl ob^ S. 12y.
>ier Kreu£7.ügn B. ^lU Art. U4,
Die exenUe Stellung des HospUaliter-Ordens.
143
iJBch päpstlicher Bestimmung insbesondere die Summen dienen^
die sich aus dem Rückkauf unerfüllbar gewordener Kreuzzugs-
gelübde ergaben, ') desgleichen das, was infolge kirchlicherseits
auierlegter Bussen als Schadenersatz für Diebstahl und Wucher
gezahlt wurde: bei ihm eingegangene Gelder derart wurde der
Bischof von Ferrao von Alexander IV, am 15. Dezember 1258
angewiesen dem Orden auszuliefern/*) wie derselbe bereits am
4. Mai 1257 die Prälaten Frankreichs und namentlich die
Bischöfe von Cambrai, Verdun und Metz erniahtit hatte, zur
Unterstützung des heiligen Landes ausgesetzte Legate auch
wirklich dazu zu verwenden, dabei aber jede Verletzung der
Rechte der Hospitabter und der Tempelherrn zu vermeiden.')
Am 19. Dezember 1286 erlaubt Ilonorius IV. dem Orden dann
weiter, auch solche Gelder als Zuwendung anzunehmen, die
aus Wucher oder Diebstahl oder anderem unehrlichem Erwerb
stammen, vorausgesetzt, dass die zur Wiedererlangung getanen
Schritte erfolglos geblieben sind.*) Wie wenig genau aber es
mit der Verwendung solcher Einnahmen genommen wurde,
beweist die von Aleiander IV. dem Orden am 7. Oktober 1255
erteilte Erlaubnis, das aus dem Rückkauf von Kreuzzügsgelübden
stammende Geld statt zu Gunsten des heiligen Landes zur
Tilgung seiner Schulden zu verwenden.^)
So erschloss die römische Kurie dem Orden immer neue
EinnabmequeUen, mochten auch die Interessen anderer kirch-
licher Körperschaften dadurch geschädigt werden. Schliesslich
gab es infolge dessen für denselben Überhaupt kaum noch eine
feste Schranke rechtlichen Erwerbes. Auch war die Art, wie
er seine ausserordentlichen Befugnisae auf diesem Gebiete gel-
tend machte, nicht geeignet, sie den davon betroffenen Kreisen
minder anstossig erscheinen zu lassen. Es musste doch zu
^) VgL den Erlasa Innooens* IV. vom 18. März 126L Cartalaire
ao. 2655 {Ih S. 706).
«) Ebd. HO, 2906 ai. S. 864).
») Ebd. Tjo. 2894 {II, S. Ö48K
*) Ebd. no. 3962 (ill, 8. 498).
») Ebd. no, 2772 (11, S. 797),
144
H. Pruts
sehr bedenklichen Konsequenzen führen, wenn Innocenz IV.
am 5. August 1243 dem Orden die Erlaubnis erteilte zu unge-
hindertem Erwerb auch derjenigen beweglichen und unbeweg-
lichen Güter, die seinen Konfratres zugefallen sein würden,
wenn sie im weltlichen Stande verblieben wären. ^) Das hies«
doch eigentlich diese Körperschaft zu einer fürmlichen Jagd
nach Besitz antreiben, ähnlich wie sie der Volksonund den
Tempelherrn nachsagte. Eine solche aber musste ihr in all
den dadurch gescliädigten oder bedrohten Kreisen erbitterte
Feinde erwecken, da sie dabei mit Hilfe der durch die Üunst
der Päpste erlangten kirchliehen Vorrechte weltUche Ziele und
zwar oft recht bedenkliche verfolgte. Es mag nicht an Leuten
gefehlt haben, die es als einen Missbrauch der kirchlichen
Autorität betrachteten, wenn, wie es am 24. April 1289 durch
Nikolaus IV. in den Diözesen Köln, Mainz und Münster ge-
ßhah, die auf den Ländereien des Ordens sitzenden Leute auf
päpstliche Weisung durch kirchliche Zuchtmittel zur Zahlung
des rückstandigen Zinses angehalten werden sollten.^) Bedenkt
man, dass Ahnliches in den über das ganze Abendland ver-
streut liegenden umfänglichen Begüteruu gen des Ordens gewiss
rielfach geschah, so wird man als unvermeidliche Folge der
dadurch bewirkten Verschiebung oder gar Aufhebung der sonst
geltenden Grenzen zwischen den verschiedenen Kechtssphären
eine fortdauernde und allmählich gesteigerte Verwirrung der
darauf beruhenden Verhältnisse annehmen, welche die bisher
geltende Ordnung durch die Untergrabung auch der jjrivaten,
Wirtschaft liehen und gesellschaitlichen Verhültnis.se störte und
zersetzte. Der Üegensatz zwischen einer reicher als Könige
begüterten Körperschaft, die von der höchsten kirchlichen
Auttjrität eigentlich Über alles kirchliche Hecht erhaben ge-
stellt war» da es in dit*seni üebiete kaum etwas gab, was
sie nicht durch irgend ein päpstliches Privileg als ihr erlaubt
oder ihr nicht geboten hätte erweisen könnoUt und der grossen
Menge all derjenigen, Geistlicher m^hI Wrlflirlur, TTi.hMr und
I) Ebd. HO. 2299 (U, S. 005).
«) EIkL ho. 40^7 (III, S. 535).
Ui« exemU Stellung des JJoHjdiaUter'Ofdens,
14S
Niedriger, Reicher und Armer, die sich wehrlos der Aus-
beutung durch sie preisgegeben sahen, niusste dazu beitragen»
die Krii^is zu beschleunigen, welche die mittelalterliche Welt
bereits ergriffen hatte. Das war um so mehr der Fall, als
bei dem internationalen Charakter dieser Genossenschaft von
ihr ausgehende Wirkungen dieser Art räumlich nicht beschränkt
und an keine politische Grenze gebunden waren, sondern ent-
sprechend der Geltung ihrer Vorrechte im Gebiet der gesamten
Christenheit sich ziemlich gleichmässig auf alle Länder der
Christenheit erstreck ten.
m.
Weit empfindlicher als die kirchlichen Vorrechte des Ordens,
die sie durch Minderung ihrer Einnahmen finanziell benach-
teiligten, trafen Bischöfe und Pfarrer diejenigen, durch die
ihre geistliche Autorität gekürzt und schliesslich in gewissen
llüeksichten aufgehoben oder doch illusorisch gemacht wurde.
Denn gerade auf diesem Gebiete gelang es der von dem Orden
konsequent verfolgten Politik dank der Fügsamkeit und Lang-
mut der päpstlichen Kurie gewissen Hechten und Freiheiten,
die ihm zur Zeit seiner bescheidenen Anfänge eingeräumt waren
und sich unter den damaligen Verhältnissen auch mit der sonst
in der Kirche geltenden Ordnung noch hatten in Einklang
bringen lassen, durch planmässige Erweiterung einen Inhalt
XU geben, von dem dies nicht mehr zutraf, allein schon wegen
der über alles Erwarten grossen Masse der Fälle und des
ungeheuren Gebietes, worin, was früher nur eine vereinzelte
Ausnahme gewesen war, nun als geltendes Recht durchgesetzt
wurde* Freilich aber gewann der Orden gerade dadurch immer
grössere Anziehungskraft: statt sich seiner gefährlichen Gegner-
schaft auszusetzen, drängte sich Hoch und Niedrig, Reich und
Arm zum Anschluss an ihn, um den Mitgenuss dieser kirch-
lich bevorzugten Stellung und der dem Einzelnen daraus er-
wachsenden kirchlichen Vorteile zu erlangen. In den niederen
aostalen Schichten wiederholte sich unter solchen Umständen
190«. 8ili««b. (L pMlot^-pMol n, d. liisfc. Kl iO
146
H. PnUß
Ähnliches wie in den Kreisen des ritterlichen Adels, welcher
deu Eintritt in den Orden vielfach als die einfachste und
sicherste Versorgung für seine jüngeren Söhne ansah und es sich
daher gern etwas kosten liess, ihnen denselben zu ermöglichen,
2umal manche Prioren alsdann gern die Hand dazu boten.*)
Infolgedessen wurde durch das Generalkapitel von 1312 im
Hiobück auf die bereits Übergrosse Zahl der Kitterbrüder und
der adeligen Donaten bestimmt, ohne ausdrückliche Erlaubnis
des Meisters solle hinfort kein Prior solche aufnehmen, aus-
genommen Spanien, wo der ununterbrochene Kampf mit den
Ungläubigen möglichste Stärke des Ordens wünschenswert
machte, und mit Ausnahme des Grosspräzeptors jenseits des
Meeres, der Aufnahmen derart erlauben kann, wo sie ihm
notig scheinen.*)
Hierhin gehört zunächst das bereits von Innocenz ü. den
Brüdern des Flospitals, auch soweit sie nicht das Ordensgeltibde
abgelegt hatten,^) gewährte Recht auf kirchliches Begräbnis
zur Zeit des Interdikts.*) Welchen Wert man ihm beimass,
ergibt sich schon daraus, dass Raimund du Puy seine Ver-
leihung den Brüdern in Aragonien alsbald besonders kund tat:
wie viele würden sich anschliessen, wenn feststand, dass von
den das Hospital Unterstützenden hinfort bloss die namentlich
Exkommunizierten des kirchlichen Begräbnisses nicht unter
allen Umständen teilhaftig würden,*) Auch der Papst selbst
macht, indem er den Prälaten aufgibt, ihre Diözesanen zur
Spendung von Almosen an das Hospital aufzufordern, gerade
diese demselben gewährte Gunst als einen besonders wirksamen
Antrieb dazu geltend/) Ohne Frage galt sie ursprünglich nur
t^r die Brüder des Hospitals, das Wort in dem den damaligen
*) Vgl, den dagejftfn gmclitettui Erlas» Alexanders IV. vom IB. Mirx
1257. Ebd. tjo. 2864 (11, Ö, S431.
*) Prut2, Kuliurgeachichte der KrcuMüge 3. 61@ Art. 162.
») Vgl oben 8. 109.
«) Ciirttikire no. 122 H S. lOJ).
») Ebd, no. 129 (I. 8. 102).
») Ebd. no. I»0 (K 8. 107K
Di€ eaoemU SuUung dts JJoRpitaUta'-Ordens.
U7
Verhältnissen enfcsprechenden weiteren Sinn genommen. Aber
auch nach dem strengeren ordensniilssigen Abschhiss nahmen
die durch kein förmliches Gelübde gebundenen Konfratres,
DoDüten oder Oblaten daran teiL^) Gerade deshalb werden»
wie wir das auch vom Tempelherrtiorden wissen, zahh*eicha
Leute jeden Standes sich dem Hospital in dieser lockeren Weise
angeschlossen haben. Für die Bischöfe und die Pfarrgeistlich-
keitf deren geistliche Autorität doch Schaden litt, wenn das
▼on ihnen über einen Ort verhängte Interdikt gegenüber nicht
bloss Einzelnen^ sondern gelegentlich grosseren Gruppen seiner
Einwohner wirkungslos blieb, ergaben sich daraus begrei flieh er-
vreise häufig unbequeme Verwickelungen. Obenein wurden
diese und ähnliche Vorteile, die ursprünglich nur den Brüdern,
dann aber auch den Konfratres eingeräumt worden waren» im
Laufe der Zeit sogar auf die grosse Masse der Leute ausge-
dehnt, die auf dem Orden gehörigen Ländereien sassen oder
sonst in irgend einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihm standen,
mochte auch nur der Schein eines solchen dadurch erzeugt
werden, dass sie ihm eine kleine Abgabe entrichteten.*)
Schliesslich wird es hier gewiss ebenso gegangen sein wie beim
Tempel hermorden, der auf diese Weise ganze Ortschaften und
Gemeinden der ihnen eigentlich vorgesetzten ordentlichen kirch-
lichen Autorität entzog. Dementsprechend wuchs im Laufe der
|2iit natürlich auch die tinanzielle Bedeutung dieses Begräbnis-
chte^ für den Orden, Die Personen, welche sich das Kecht
kirchlicher Bestattung auf den Ordenskirchhöfen sichern wollten,
werden ihren Dank für seine Gewähiung wohl nicht immer
bloss durch Vermächtnisse von Watfen, Betten und alten Klei*
dem betätigt haben. ^) Jedenfalls hat der Orden hier früh-
zeitig eine dem Sinne der ursprünglichen päpstlichen Ver-
*J Ebd. no. 866 (T, S. 250).
») Ebd. no, 961 ([, S, 0O9).
^ Ygh Alexanders IV. Mahmmjjf an die Pr&lfttea zur Respektierung
solch «^r Legate, von denen sie keinen Anteil verlangen dürfen, 15. Oktober
1256 (ebd. no. 2886. U, S. 229), wo insbesondere Leprnte erwähnt werden
de armiii« lectis et pannis.
10»
148
Ä Prnis
leihung Dicht entsprechende Praxis geübt und wenigstens in
einzetuen Gebieten als die berechtigte schJiesslich zur Aner-
kennung gebracht» indem er gelegentlich auch Exkommunizierte
auf seinen Kirchhöfen bestattete. Bereits Alexander IIL niusste
Erzbischof Richard von Canterbury anweisen, das zu hindern.')
Als dieser damit nicht durchdrang, gab er ihm am 23. M*Ari
1175 den Befehl, Hospitaliter und Teropelberrn, welch Letztere
sich der gleichen Ausschreitung schuldig gemacht hatten, durch
Bedrohung mit Exkommunikation zu nötigen, die auf ihren
Kirchhöfen begrabenen Exkommunizierten wieder auszugraben.*)
In ähnlicher Weise musste derselbe Papst dem Ordenspräzeptor
von St* Gilles ausdrücklich verbieten, die unter dem Banne
des Bischofs von Beziers Verstorbenen kirchlich zu begraben.
Nach dem betreifenden Erlass handelte es sich dabei um einen
vom Orden vielfach geübten Missbrauch, durch den wie durch
andere Übertretungen er seine Verachtung gegen die kirchliche
Disziplin betätigte.^) Dennoch setzte der Orden auch in diesem
Falle eine Befugnis, die ihm im Hinblick auf die hier und da
obwaltenden besonderen Verhältnisse nur filr ganz bestimmta
Fülle erteilt war und die, dementsprechend geübt, andere Rechte
nicht gekränkt haben würde, schlie^sslich durch vielfache eigen-
mächtige Übung in beträchtlich erweitertem Umfange durch.
In der Bulle vom 7. Februar 1137, an welche auch hier die
Entwickeluog anknüpft, hatte Innocenz U, dem Hospitale näin«
lieh nur die Erlaubnis erteilt, die Brüder sollten, wenn ihnen
unbewohnte Orte geschenkt würden, daselbst nicht bloss Dörfer
aalegrai dürfen, sondeni auch Kirchen und Kirchhöfe einiichten
tum Bedarf der Einwohner. Wenn ihnen aber bebaute oder *
noch unbebaute Ländereien zugi^eignet würden^ sollten sie dort
«) Ebd. no. 27a n, S. a05).
*) EUd. na. 476 (1. S, 8:21).
•) f I S. U<J4),
, . . pa ■■'■*, quot i|
\ «tiüouU luirittj^tt, 1^ ilivina afttciii i^i lul
Tultinttiti* Tr''-'^ — ^ '*i in i?Mtiteiii|ilit I
i|n«H)iiiii altu '' nun vunnilur
-In
nni-
)tk imuttiD {im sttA
' --»^t*- Httriptine
Die exemte Stellung des Haspitaliter^Ordemi,
149
Eapellen bauen und Kirchhöfe anlegen dürfen nur zum Bedarf
der ihren Tisch teilenden Brüder.*) Es sollte also in dieser
Hinsicht augenscheinlich ein scharfer Unterschied bestehen
zmschen städtisch oder in Dörfern beschlossenen Gemeinden
und über mehrere Feldmarken hin ländlich zerstreuten, welch
Letztere demnach in kirchlicher Hinsicht wohl immer der
Pfarrei der nachstbenaclibarten Ortschaft zugeteilt bleiben
sollten, so dass ihre Bewohner mit ihren kirchlichen Bedürf-
nissen, Rechten und Pflichten dorthin gehörten und nur die
ater ihnen lebenden Ordensbrüder eine kleine exemte Gemeinde
Ideten. Diese Bestimmung wurde zunächst in Bezug auf die
Konfratres durchbrochen» wenn die Prälaten solchen aus irgend
einem Grunde das kirchliche Begräbnis verweigern zu müssen
meinten*^) Lucius 111, autorisierte den Orden am 7. September
1183 ausdrücklich, solche in den Ordenskirchen zu bestatten
imd die ihm daraufhin von deren Familien gemachten Zuwen-
dungen anzunehmen. Es handelte sieh also auch hier wiederum
nicht bloss um eine Minderung des Ansehens der Geistlichkeit,
sondern zugleich um ein den beiden streitenden Parteien gleich-
massig am Herzen liegendes finanzielles Interesse. Wenn aber
die Prälaten gedacht hatteu, da Abhilfe zu schaifen, indem sie
die Anlage neuer Ordenskirchhöfe dadurch zu hindern suchten,
dass sie die kirchliche Weihe derselben verweigerten, so wurde
ihnen auch das durch die Nachgiebigkeit der Kurie gegen den
Orden unuiüglieh gemacht. Denn Lucius IIL erlaubte diesem
ausdrücklich, wenn seine ehrerbietige Bitte darum von dem
Bisehof der betreffenden Diözese abgeschlagen würde, die Weihe
i) Ebd. no. 122 (I. S. 101): _ . , liecut vobia ibidem villas
edificare» ecclesiixa et ciraiteria ad opus ho min um ibi maueiitium
&bnci»r€. Cum autem vobis terre eulte vel inculte .... C4>nferentur,
.... lieeniiam habeatis ibidem oratoriE construendi et cimiteria faciendi
Ad opus tantumodo fratrum, qui de vestra fuerint mensa.
*) Es heisat in dem hierher gehörigen Erlass Liiciu's ÜL vom 7. Sep-
ieraber 1183 ebd. no, 657 (1, S. 442), wiederholt bereits am l». Oktober
no. 606 (li S. 443): «... Uceat vobis eoädem confratrea, quo» ecclesiarum
prelaii non presumpserint sepelire, ad eccleaioa HospitoJiB aucio-
ritate no»tra tumulandos deferre.
im
H, Pndi
eines neuen Kirchhofs durch jeden andern katholischen Bischof
vornehmen zu lassen, es sei denn, dass jener för seine Weig^
rung triftige Grünfle anzufiihren imstande sei,*) In einzelnen
Sprengein aber schwebte diese Streitfrage, an der auf Grund
der Gewährung entsprechender Rechte ausser den Hospitalitern
übrigens noch andere Orden beteiligt waren, auch in der Folge
und hier und da trug der Episkopat schliesslich den Sieg davon.
Wenigstens erteilt Innocenz IV. am 5, Juni 1247 dem Kon-
stanzer Bischof Heinrich von Tann- Waldburg (1233 — 48) aus-
drilcklich Vollmacht, sowohl die Hospituliter wie die deutschen
Kitter und die Brüder vom heiligen Geist an dem Missbrauch
ihres Bechts zu hindern/) und am 15. Oktober 1248 benach-
richtigt er dessen Nachfolger Eberhard von Waldburg (1248
— 1274), die drei geistlichen Kitterorden und die Lazaristen
aeien in seinem Sprengel fernerhin nicht berechtigt, auch während
des Interdikts in ihren Kirchen Messe zu halten und auf ihren
Kirchhöfen zu begraben.^) Doch scheint es sich dabei nur
um einen Ausnahmefall gehandelt zu haben.
Denn wie in so vielen anderen Fällen, so befanden sich
die Bischöfe auch in diesem dem Orden gegenüber bei der
Verteidigung ihrer Kechte in Übler Lage, weil die Kurie ihnen
den Gebrauch der wirksamsten Waffen, des Bannes und Inter-
dikts, gegen ihn unmöglich gemacht hatte: die Didzesan-
bischöfe durften Ordensbrüder nicht exkommunizieren und
Ordenskirchen nicht interdizieren. Es muss dahin gestellt
bleiben, ob der Ursprung dieser Bestimmung, die in der Folge-
zeit für den Orden die grösste Bedeutung erlangt hat, vielleicht
auf einen ähnlich einfachen, in den anfänglichen Verhältnissen
M Ebd. verfngt Ltidui III., «ut si cimiteria, que vobis a tede apo-
«tolica HOtit eoncesBa, dioce^atii episcopi b»?n«*dicert? humilüer requiiiÜ
aotuerint, Uceat vobiti qiiemctimqnt* mahieriiis eathoUcum udvocare pon>
^titieem, qui eadr^m cimitt^rift nnctonfute iipoKtohca benedirnt, niai forte
rdiocoeani »^piscopi aliquam caiiium rttüonabiliter podtint ti rclint njilL«ii-
cli^re, qua munu» poshtlnln boTiedictioiiift ddbeant cimiitirii dimogare.
») Ebd. no. 3440 (II, S. «60).
') Ebd. HO. 2487 (11, 8. Ö76).
Die extmie Stellung des HospitoJiter-Ordem, 151
des Ordens begründeten Ansatz zurückzuführen iat wie wabr-
pheinlich bei dem Tempel herrnordeo, der des gleicbeti Vorzugs
bhoss. Diesem nämlich war der Verkehr mit Gebannten
gestattet, er also gegen die sonst damit verbundenen Wirkungen
ansdrücklich geschützt für den Fall, dass es gebannte Ritter
zum Anschluss zu gewinnen galt.*) Doch wird, als Honoriuis III.
am 20, Dezember 1225 dem Meister des Hospitals die Er-
laubnis erteilt, mit Gebannten zu verkehren, einer älteren
Bestimmung derart nicht Erwähnung getan. ^) Dagegen verbot
bereits Innocenz IL in der Kaimund du Puy am 16. Juni 1135
zu Pisa ausgestellten Bestätigung der Privilegien des Hospitals
den DiÖzesanbischöfen, die Ordenskirchen mit dem Interdikt
zu belegen.*) Das wiederholt Eugen III. am 29. Juni 1153*)
und Anastasius IV. in seinem grossen Freibrief vom 21. Oktober
1154.*) Es handelt sich bei dieser Exemtion vielleicht um
eine Konsequenz aus dem dem Orden im Interesse seiner
Kollekten verliehenen Recht, in interdizierten Orten einmal im
Jahr die Kirche zu öflFnen und unter Ausschluss der Exkommuni-
zierten und namentlich Interdizierten bei geschlossenen Türen
und ohne Glockengeläut in aller Stille Gottesdienst zu halten.®)
Ganz entsprechend erlaubt Honorius III. am 22. November 1224
die Abhaltung des Gottesdienstes in dem Ordenshause zu St.
Gilles zur Zeit eines Generalkapitels, selbst wenn die Stadt
*) Prutz, Entwickelting und Untergang des Tempel hermorden« 8. 8.
») Cartulaire no. 1825 lü, S, 344).
«) Ebd. no. 113 a S. m).
*) Ebd. no. 217 (I, S, 167).
^) Ebd. no. 226 (l, S. 174).
^} In der Bulle Anastasius IV, Cartulaire no. 226 (l» S. 174) vom
21. Oktober 1154 heiist es nach Wiederhaliing der Bestim muntren Inno-
f!0n3c*n. vom 7. Februar 1137 weiter im Anscblu^B an Eugen III. Erlas»
vom 29. Januar 1153 (no. 217, I, S, 167): .Stiituimua etiam, ut nulli
pi»eof>o in ecclesiis vobis siibditifl interdicti» snr|>en8ioniH vel excom-
tinic*tiüni8 »ententiam licent promulgare. Verumtamen ri generale
inierdictum in locia UUb fnerit prolatum. exclusisi excommnnicati« et
Qomlnatiro interdictis, clausb januia abaque campanamm pulstttione plane
diviua ofticiä celebrcntur.
1&2
H. Prntz
und die Abtei gerade interdiziert sein sollten: daran soll es
sogar nichts ündern, wenn etwa der Papst seihst das Interdikt
gegen sie verhängt haben sollte. *) Andererseits aber ermahnt
derselbe Pajist den Orden am 20. Dezember 1225 bei den
gottcsdienstlichen Feiern unter dem Interdikt die gebotenen
Voi*siclitsniassregeIn gewissenhaft zu beobachten und alles zu
vermeiden, was ihn der Gefahr aussetzen könnte, selbst dem
luterdikt zu verfallen.'*) Nach einer anderen Seite hin .sicherte
Innocenz IV. das Ordenshaus zu St. Gilles noch durch die Be-
stimmung vom 5. April 1251, wonach auch pujistliche Legaten
und Subdelegaten das Interdikt dagegen nur auf Orund eines
ausdrücklichen pripstlichen Befehls sollten verhängen können,
in dem obenein der dem Orden eingeniumton Ausnahmestellung
bestiuuut Erwähnung getan sein müsse.^)
Höchst bezeichnend för die Stellung des Ordens zu den
Strafmitteln der Kirche ist ein Erhiss Clemens' IV, vom 29* Ok-
tober 126ti, welcher die Ordensbeamten ausdrücklich der Ver-
pflichtung enthob, der Kirche bei ihrer Anwendung irgendwie
Hilfe zu leisten. Falls nämlich vom päpstlichen Stuhl dele-
gierte Richter dem Meister oder den Prioren des Ordens schriiV
lieh den Auftrag geben sollten, Wohltäter des Ordens oder den
betreffenden Ordenshausern benachbarte Burgen, iStädte oder
Gemeinden als von ihnen exkommuniziert öffentlich zu ver-
kündigen, sollten dieselben der Weisung nachzukommen nicht
gehalten sein, damit nicht das friedliche Verhältnis des Ordens
zu seinen Kachbarn, das zu seinem öedeihen unentbehrlich
sei, gestört werde.*)
All diese Privilegien des Ordens ei*schwerten Bischöfen
und Pfarrern die Aufrechterhaltung der Kirchenzucht in den
dem Orden verbundenen oder von ihm abhängigen Kreisen
natürlich um so mehr, je mehr mit dessen Territorialbesitz
^) Ebd. no. 1297 (U. S. 326).
*| Ebd. DO. 1826 (Jl. S. 344): ,. , , , dummodo caasam ne dederiUs
iiiterdicti, ne id cotitiujrat vobia apectjtliter interdicL*
«) Ebd. no. 2561 lU, Ö. 708).
*) Ebd. no. 3234 (III. S. U5K
DU exemte Stettunp des HospüaUter-Ordens,
153
auch die Zahl seiner Konfraires und der an seinen Exemtionen
teilnehmenden Ordensleute wuchs. Dadurch erbittert scheint
die Geistlichkeit nicht leicht eine Gelegenheit sich haben ent-
gehen zu lassen, um dieser neuen Ordnung gegenüber ihr älteres
Recht in Erinnerung zu bringen und zu verteidigen, und der
Orden bot ihr dazu offenbar nur allxu häufig Gelegenheit durch
die gewaltsame Art, wie er sowohl den Geltungsbereich der
papstlichen Freibriefe zu erweitem als auch ihren Inhalt über
das ursprünglich zugestandene Mass hinaus zu erstrecken suchte.
Statt einmal im Jalire suchten seine Kollektoren manchen
bisehöflichen tSprengel innerhalb desselben Jahres wiederholt
heim, öffneten wiederholt die interdizierten Kirchen zum Gottes-
ohne dabei die gebotenen Vorsieh tsraassregeln zu be-
Bn ') und bestatteten dann wohl auch die während des
Interdikts Gestorbenen mit kirchlichen Ehren.*) Andererseits
werden auch die Prälaten nicht unterlassen haben, wo sie es
irgend konnten, dem Orden Schaden zu tun. Daher hatte
jeder von beiden Teilen über den anderen fast unausgesetzt
Beschwerde zu führen und Klage zu erheben, und die Kurie
scheint eigentlich dauernd mit der Untersuchung solcher Streit-
falle 7M tun gehabt zu haben. Der Orden aber war dabei
meistens im Vorteil, da seine Prokuratoren den Gegnern nicht
nur an Geschäftserfahrung und juristischer Gewandtheit über-
legen waren sondern auch reicher mit den Mitteln versehen,
die in Rom in solchen Angelegenheiten anerkaontermassen am
sichersten zum Ziele führten. Fast regelmässig stellte sich nach
den uns vorliegenden Materialien die Kurie daher auf die Seite
des Ordens und vertrat die von ihm erhobenen Ansprüche gegen-
über dem Klerus, indem sie diesen gelegentlich niit strengen
oder gar drohenden Worten zur Fügsamkeit ermahnte. Nament-
lich geschah das durch Alexander IIL»") der sich dem Orden
*) Vgl. oben S. 161.
*) Darüber klagte man nach Alexander lÜ. in England namentlich
in der Diözese York: . . , rjiiod non sc»nn.'l tantiitn In anno, acd frequenter
«(liiicopatum ejus visUatia etc. Cartulaire no. 275 (I» 8. 20«?),
•) Vgl, afiine Mahnung an die Prälaten Fraukreicb« no. 272 (1» S, SK>6).
164
ff. Ptuti
allerdings ja finanziell ganz besonders verpfiichtet fühlen sollte,^)
Fllr Bischöfe und Pfarrer wurde dies Verhältnis vollends un-
erträglich, da auch den Tempelherrn und in mancher Hinsicht
den Cisterziensern ähnliche Vorrechte eingeräumt wurden. Die
dadurch aufs höchste gesteigerte Erbitterung kam denn auch
bereits auf dem Laterankonzil im März 1179 zu heftigem Aus-
bruclh Unterstützt von der Klo«tergeistlichkeit, die den Hitt^r-
mönchen um nichts freundlicher gesinnt war, rangen die
BischVjfe Alexander IIL eine R^ihe von Zugeständnissen ab»
durch die dem Orden der Missbrauch seiner Privilegien wenig-
stens in einigen besonders lästigen Punkten unmöglich gemacht
werden sollte. Der Erfolg war freilich nicht von langem Bestand*
Von diesen Vorgängen und ihrem Einfluss auf die Ge-
staltung des Verhältnisses des Ordens zu dem Episkopate auf
der einen und der Kurie auf der anderen Seite entwirft uns
der englische Geistliche Walter Mapes^ ein ausgezeichneter
WVlt- und Menschenkenner, der die in intimer Stellung am
englischen Hofe gemachten Beobachtungen und gesammelten
Erfahrungen gegen Ende der Regierung König Heinrichs II.
nicht ohne scharfe satirische Tendenz aufgezeichnet hat, in
seinem lehrreichen Werke ^De nugis curialium* ein merk-
würdiges Bild, das, mag es auch in manchem Zug etwas stark
auftragen, der Wirklichkeit doch im wesentlichen entsprechen
dürfte.*) Er ist voll des Lobes für die Anfänge des Ordens
und seiner damaligen Verdienste um die Armen- und Kranken-
pflege: dereinst sei sein Haus in Wahrheit als eine Wohnung
der Biirmherzigkeit erschienen. In der Folge aber, nrteüt er,
habe sich das geändert: der massenhafte? Zustrom Ton solchen«
die an seinem Gott wohlgefälligen Wirken teilhaben wollten,
und die ihm gemachten überreichen Zuwendungen haben dem
Orden nicht wohlgetan, insbesondere haben die Brüder nach
pHöflingsart an der päpstlichen Kurie sich Privilegien ausge-
M V|rl oben S. 103.
*) Bd. T^ W rt,-v,f, Lofiiloii IÖ5i> iCmm^t^n fs^unrUi D««tioet|o I,
e. ia (8. 36).
jy%€ exemte Stelhing dts Bospitaliter-Ordem,
155
rkt, die mit den kirchlichen Satzungen nicht mehr yereinbar
"Sud. Deshalb sei der Klerus auf dem Laterankonzil in den
Papst gedrungen, dass da Abhilfe gescliaÖ't werde. Nur habe
er damit nicht viel erreicht. Während des Konzils selbst freilich
hätten die Hospitaliter geschwiegen» hinterher aber habe ^Frau
Börse* (Joniina bursa), w^elche, „obgleich sie nicht die Liebe
sei, in Hom dennoch alles besiege*' — der gelehrte Walter
Mnpes spielt hier an auf Virgil Belöge 10, 69^) — die »Falten
ihres Mundes geöffnet** und die Öeistlichteit sei wiederum die
Beute des Ordens geworden, dessen Privilegien nun erst recht
wirksam bestätigt worden seien.
Die Beschlüsse des Laterankonzils, auf die Walter Mapes
hier anspielt und deren Wirkungslosigkeit er beklagt, sollten
den ftlr Bischöfe und Pfarrer so gut wie für die Kloster-
geistlichkeit unerträglich gewordenen Übergriffen der geist-
liehen Ritterorden Überhaupt Schranken setzen, indem sie die
ihnen verliehenen Privilegien, die sie ungebührlich ausdehnten,
authentisch interpretierten. Es wurde geklagt, dass die Orden
sich namentlich gegen die bischöfliche Autorität viel heraus-
nähmen, was den OlUubigen Ärgernis gebe und ihr Seeleuheil
gefährde. Zum Belege führte man an, dass sie Kirchen von
Laienhand in Empfang nähmen, Tnterdizierte und Exkommuni-
zierte zum Gottesdienste zuliessen und bestatteten, an ihren
Kirchen Geistliche eigenmächtig ein- und absetzten, bei den
Kollekten denselben Sprengel mehrmals im Jahre heimsuchten,
dabei interdizierte Kirchen wiederholt öffneten und unter dem
Interdikt Gestorbene alsdann begruben und durch die von ihnen
errichteten Brüderschaften auf Grund der ihren Privilegien ge-
gebenen willkürlichen Deutung die bischöfliche Autorität ausser
Wirksamkeit setzten, mochte man auch entschuldigend hinzu-
ftigeu, es geschehe das alles wohl weniger nach Absicht und
Willen der Oberen als infolge von Unbedachtsamkeit der unteren
Ordensbeamten,*) Insbesondere handelte es sich bei dem letzten
M Omnjti vincit amor, et noä redamus amori«
^) Man«!, Collect, concil, ampl. XXU, S. 222-23.
156
H. FrutM
Beschwerdepunkte, wie die von dem Konzil gefassten BeacUfl
erkennen iasseii» um den vom Orden auf Grund seiner Exemtion
von der bischöflichen Strafgewalt erhobenen Anspruch^ dass
die gegen ihm irgendwie verbundene verkündete E^ckomrouni-
kntion oder Interdizierung durch die von ihm auf Grund seiner
Privile^j^ien erhobene Einsprache zunächst; unwirksam gemacht
werden sollte. Das Konzil erklärte dieses Verlangen ausdrück-
lich für hinfallig und bestimmte, dass in solchem Falle das
bischöfliche Strafmandat zunächst trotz der eingelegten Berufung
als zu Recht bestehend befolgt werden müsse, die von ihm
Betroffenen also als ititerdiziert oder exkommuniziert zu erachten
und Kirchen, die sie trotzdem besuchen würden, ohne weiteres
dem Interdikt verfallen sein sollten. Jeder dagegen fehlende
Geistliche sollte, so verfügte das Konzil weiter, sofort der
Suspension und Exkommunikation verfallen. Würde Jemand
trotz des Interdikts kirchlich begraben, sollte das Interdikt so
lange auf der ganzen betreffenden Pfarrei lasten, bis die Leichen
ausgegraben und ausserhalb des geweihten Bezirkes eingescharrt
seien, wahrend diejenigen, die das Begräbnis vorgenommen oder
veranlasst haben, gebannt bleiben sollten, bis sie mit einem
Schreiben ihres Bisehofs zur Leistung gebührender Genugtuung
vor dem Papste erscheinen würden. Bereits im November 1179
fjillt denn auch auf Grund dieses Kanons des Lateran konzils
der Erzbischof von Narbonne, Ponce d*Arsace, gegen Häretiker
in seinem Sprengel ein entsprechendes Urteil.^) Diese Tat-
sache legt die Vermutung nahe, die Missachtung, die der
Hospitaliterorden in Bezug auf die Verhangung von Bann und
Interdikt der Autorität der Bischöfe erwies, indem er von ihr
Getroßene in seinen oder den bei seinen Kollekten in inter-
idizierten Bezirken vorübergehend geöffneten Kirchen an dem
Gottesdienst teilnehmen liess, sei namentlich den um jene Zeit
in Südfrankreich bereite zahlreich vorhandenen häretischen
Genossenschaften zugute gekommen* Das$ von hier aus attch
auf die Frage nach den vielumstrittenen haretisQhen Verirrungen
H Caituhure ao. 57ä (i. S. 36«,
Die exemtt SuUunß des HaspitaUter-Ordens,
157
wenigstens in einem Teile des Terapelherrnordens ein sehr
beachtenswertes neues Licht fallen würde, mag nur heiläufig
bemerkt werden* Ist doch auch den Hospitaliteru selbst der
Vorwurf nicht erspart geblieben, manche unter ihnen seien mit
gutem Gmnde der Ketzerei verdächtig, wie Papst Gregor IX.
1238 dem damaligen Hochmeister schreibt.^)
Doch haben die Beschlüsse des Laterankonzils von 1179
weder allgemeine noch lange Geltung genossen. Zwar ermahnt
Cülestin lll, am 9. Mai 1194 im Sinne derselben den Prior
und die Brüder des Hospitals zu Arles ihre Privilegien nicht
zu niissbrauchen und das von dem Erzbischof von Arles über
die Stadt verhängte Interdikt nicht dadurch unwirksam zu
machen, dass sie alle diejenigen als Konfratres in Anspruch
jiehmen und ihre Freiheiten niitgeniessen lassen, die dem Orden
jährlich etwas zahlen, tatsächlich aber ihm gar nicht
angehören und auch sein Gewand niemals tragen: der Orden
bringe sich damit in den üblen Kuf, um Geld ziir Unter-
drückung der Gerechtigkeit die Hand zu bieten/*) Am 2L Januar
1201 verbietet dann auch Innocenz HL auf Klage der Kano-
niker von Reims dem Orden die Abhaltung von Gottesdienst
in dem Gebiete der gebannten Herrn Nikolaus de Rumigny
und Itoger de Rozoy: es scheint ihn dabei allerdings besonders
die Rücksicht auf die hochangesehene Reimser Kirche zu be-
stimmen.^) Andererseits aber fehlt es auch nicht an Beispielen,
wo iie Kurie sich im Widerspruch mit den Beschlüssen des
Laterankonzils auf die Seite des Ordens stellt und gegen die
Bischöfe Partei nimmt, die ihr Recht zur Verhängung von Inter-
dikt und Exkommunikation üben wollen, wie z. B, Clemens IV.
am 9, Februar 1268*) und Gregor X., der dem Orden am
1) Potthaatf Reg. pontif. no. 105S7* Er sagt: ceterum plures ex
6alnbufl veatm de baere^i probabili haberi dicuntur ratione saapecti.
*) Cartulaire no. 961 (I, S, 609).
') Ebd, no. 1137 ill, S* 4). Es heiast da: aicut vestria noa nolumua
privilegÜB defrtiuduri, tic occl^sie Keinen si que magnum locum obtinet
in occlesia (j^Uicana.
*) Ebd. no, 3299 {IIF, S. 178),
SS
IL Prtds
17. November 1274 mitteilt, er habe den Di5z6fltUlbiichdfen
verboten, sich dieser Waffen gegen ihn zu betlienen.O
Mit dem Verlust der kirchlichen Disziplinargewalt übc^r
den Orden, der sich aus diesen Verhältnissen illr sie ergab,
biJssten die Bischöfe überhaupt das Recht zu seiner Kontrolle
ein. So auch der Patriareh von Jerusalem, dessen besonderer
Aufsicht die Brüder vom Hospital ebenso wie die Tempel-
herrn'*) ursprünglich unterstellt waren. Bereits Alexander III.
nahm ihm ausdrücklidi da.s Recht, den Orden und seine Leute
5£U Gxkomnumizieren, In der Erneuerung dieses Erlasses^ den
bereits Honorius HL und Innocenz IIL wiederholt hatten, führt
Alexander IV. am 4. Februar 1266 als Grund dafür an den
Unwillen seines Vorgänger« darüber, dass der Patriarch gegen
Priester und Laien^ die dem Orden teils unentgeltlich, teils
gegen Lohn dienten, die Exkommunikation verhängt habe und
durch die Fortsetzung des Verkehrs mit diesen dem Orden
selbst als ihr verfallen habe betrachtet sehen wollen, während
derselbe doch durch die Gnade des päpstlichen Stuhls das Vor-
recht besitze, dass er und seine Dienstleute nur durch den
Papst selbst oder einen von ihm ausdrücklich dazu Bevoll-
mächtigten exkommunizieii oder interdiziert werden könnten:
das gelte auch von jenen Klerikern und Laien, so lange sie
im Dienst des Ordens stünden, und eine von anderer Seite
gegen sie ergangene Sentenz dieser Art sei daher einfach null
und nichtig. Der Papst fordert den Orden geradezu auf, wenn
der Patriarch trotzdem so gegen seine Leute vorgehen würde,
den Kirchenbesuch und die Teilnahme am Gottesdienst darum
doch nicht einzustellen.') Dadurch wurde allerdings dasSchreiben
vom 18. Februar 1256 vdUig entwertet, worin der Papst den
Orden angewiesen hatte, dem Patriarchen zu gehorchen trotz
üiwa dagegen geltend zu machender Privilegien,*) Man sieht,
^ Ebd. no. 3550 Uli. 8. 315).
^ Protz, Entwickelang und Untergang d«« Teinpelbermondetui
S. $3. Malteser Urkunden no. 223.
«) Cartulaire no. 2787 (lU S. 803J; wiederholt 20. September 1258
öo, 2901 (U, S. 858).
^) Ebd. no. 2797 üh S. 806).
iTJe exemte Stellung des Haspitalitif'Orämm.
159
me kart die Kurie gelegentlich zwischen den von ihr begün-
stigten Ansprüchen des Ordens und den alten Recliten der
Prälaten ins Gedränge kam und wie sie sich durch die daraus
entstehenden Schwierigkeiten ebenso wenig ehrlich wie glück-
lich hindurch zu winden suchte, wofür es gerade auf diesem
Gebiete auch sonst nicht an Beispielen fehlt. Nur scheint der
Orden sich dabei nicht beruhigt zu haben: er bestand otfen-
bor auf einer klaren und unzweideutigen Anerkennung seiner
eximierten Stellung und ruhte nicht, bis im gegebenen Fall
auch tatsächlich die Konsequenzen daraus gezogen wurden.
Daher kassierte Alexander IV. am 21. Oktober 1256 die von
Diözesanbiächofen gegen den Orden ergangenen Urteile auf
Exkommunikation^) und wiederholte aus Anlass eines neuen
Streites zwischen dem Hospital und dem Patriarchen vuo Jeru-
salem am IL Januar 1261 die Exemtion des Ordens und seiner
Leute von der Exkommunikationsbefugnis der Bischöfe ohne
ausdrückli eben Befebl . *)
Tatsächlich war also schliesslich auch für den Hospitaliter-
orden der Grundsatz zur Anerkennung gebracht, sein Bischof
sei der Papst selbst und daher könne er nur von diesem mit
kirchlichen Zensuren belegt werden. Er erschwerte den Bischöfen
die Aufrechterhaltung der Kirchenzucht ausserordentlich, ja
machte sie in gewissen Ftlllen geradezu unmöglich, zumal er
bei der ausserordentlichen Ausdehnung des Ordensbegriffcs auf
immer weitere Kreise angewandt wurde. In welchem Mass©
das geschah und wie sogar eine rein geschäftliche Verbindung
mit dem Orden als Grund angesehen wurde, um die betreffenden
Leute als Teilnehmer an den Ordensprivilegien den ordentlichen
kirchlichen Autoritäten zu entziehen, lassen einige spätere
pS[istüche Verfügungen erkennen, mögen sie auch zunächst
nur bestimmt gewesen sein, den Orden gegen gewisse bischöf-
liche Chikauen zu schützen. Honorius III. untersagte am
8. Januar 1221 den Prälaten Prankreichs, von dem Orden be*
*) Ebd. DO. 2837 (11, 8. 830).
2) Ebd. üo. 2^78 (Hl. S, 4).
160
H, Pr§Ug
schäftigte Arbeiter zu interdizieren oder zu exkommunizieren. ')
Arn 10. Dezember 1227 erlässt Gregor IX, das gleiche Verbot
in Betreff derjenigen, die ihr Getreide in den Ordensraühlen
mahlten oder ihr Brod in dem Orden gehörigen Backöfen backen
lassen.'^) Innocenz IV. verbietet am 18. Mai 1245 den Bischüten,
diejenigen ihrer Pfarrkinder zu bannen, die für den Orden
arbeiten.^) Ganz allgemein untersagt Clemens IV. am 24. Oktober
1265 den Prälaten die Verhängung des Bannes gegen die
, Freunde des Ordens" in der Absicht, diesen zu treffen**) Lässt
dieser letzte Zusatz vermuten, es habe sich in den Fällen,
welche diese päpstlichen Verfügungen veranlassten, allerdings
zunächst um Versuche der Bischöfe gehandelt, den ihrer Straf-
gewalt entrückten Orden auf einem Umwege dennoch zu treffen,
um ihn durch den Verkehr mit Gebannten in den Augen streng
kirchlich Denkender als dem Banne verfallen erscheinen ^u
lassen — obgleich dem Orden, nachdem Honorius IIL am
20. Dezember 1225 dem Ordensmeister ausdrücklich erlaubt
hatte, mit Gebannten zu verkehren,*) wohl auch zur Abwehr
eines solchen Angriffs die Mittel nicht gefehlt haben würden, —
so kann man aus derartigen Vorgängen doch jedenfalls einen
SchluHs ziehen auf den Grad der Erbitterung, die in den Kreisen
der Prälaten gegen den Orden herrschte. Diese ist begreif-
lich, wenn man sieht, welche Konsequenzen sich aus der Be-
schränkung der bischöflichen Disziplinargewalt gegenüber all
denjenigen ergaben, die irgendwie mit dem Orden in Verbin-
dung ständen. Bereits Urban IIL hatte am 10. März 1186
oder 87 den Prälaten verboten, den Leuten des Ordens, die
sich des Ehebruchs oder anderer Vergehen schuldig machten,
Bussen aufzuerlegen,^) Allmählich hat der Orden sich gelegen t-
t) Ebd. no, 1704 (II, S, 280). Vgl ämi Erla« Clemeoi* IV. irom
^•/'febniar 1268 ao. 8299 (lll, S. 178).
-r- *) Ebd. 00. 1894 (II, Ü, 87«), wiederholt dtircb Iitnooenss IV. 3S, Juli
1260 HO. 2627 (11, S. 690). Vgl. Mi*lte»er Urkunden no. 2S6.
») Cartulair« no, 2369 (11. S. tJ30)
^) Ebd. DO. B187 (IIL S. 124)*
^) Ebd. HO. 1826 (11. S. 3U). Vgi, or>en 6. löl.
^ Ebd. uo. 769 (1, S. 497).
Die tKtmte Sullung dt$ HoapitaMer-Oräetu.
161
I
lieh selbst eine geistliche Gerichtsbarkeit angeniasst ußd durch
seine Beamten auch die Sittenzucht gegenüber den von ihm
i>hängigen Leuten auf seine Art geübt.
Die meisten Streitigkeiten zwischen dera Orden und den
Bischöfen entsprangen daraus, dass beide Teile über den Um-
fang des dem Orden zuzurechnenden Kreises von Personen
verschiedener Meinung waren. Der Episkopat wollte als solchen
und daher als zum Genuss der pfipstlichen Privilegien berechtigt
gelten lassen nur die eigentlichen Ordensbrüder, die wirklich
Profesu} getan hatten und das Ordenskleid mit dem weissen
Kreuz trugen. Der Orden begriff darunter auch alle ihm nur
Affinierten, Konfratres, Donaten, Schutzbefohlene, Grundsassen
und Zinsleute und beanspruchte für diese den ungeminderten
Mitgenuss der jenen verbrieften Ausnahmestellung gegenüber
der Jurisdiktion der Ordinarien. Von dieser hatte bereits
Imiocenz IV., wie er am 18. März 1251 dem Kantor von Sens
kund tat, den Orden eiimiert,\) was Alexander IV. am 20. Jinii
1255 bestätigt hatte, in der Weise, dass der Orden, wo es sich
am die Aburteilung eines Vergehens oder um einen Prozess
aus Anlass eines Vertrages, die ihn berührten, handelte, nicht
bei dem Ordinarius des Sprengeis, in dem das Vergehen verübt
oder der Vertrag geschlossen war, Recht zu nehmen brauchte^
Hondern sich damit hinwenden konnte, wohin er wollte.*) Es
liegt auf der Hand, zu welcher Verwirrimg es führen musste,
wenn dies Recht auch für alle ibm irgendwie verbundenen
Leute gelten sollte. Gelegentlich ging der Orden mit der Be-
messung dieses Kreises doch selbst der nachsichtigen römischen
Kurie zu weit. Das lehrt ein Erlass Alexanders IV, vom
26. März 1256, der sich zugleich auch an die Tempelherren
und andere dergleichen Exemtionen geniessende Orden in Frank-
reich wendet,") Ihmach entzogen die^se auch die ihnen als
Oaste (hospites), Donaten oder Oblaten nur locker Verbundenen,
ja sogar solche, die ihnen nur einen ganz geringen Zins zahlten.
>) Ebd. no. 2556 (11, S. 706).
«) Ebd. no. 2742 (II, S. 784),
») Kbd. no. 280n (ü, S. Hll).
IfMH. Sllfgih, rl, plillo«. i^lloK II. d. »liBt. Kl. 11
162
H, Prut$
auf Grund ihrer Privilegien durch die ihnen zum Schutz ihrer
Rechte yoiq apostoli^hen Stuhle bestellteu Kanservatoren auch
iiu Falle von Diebstahl, Ehebruch u» s. w. der Jurijsdiktiou
ihrer kirchlichen Ordinarien, denen sonst Laien gegenüber die
Sitienzucht oblug. Ja, sie verhfiugteu sagar über diese Leute
für gewisse Verfehlungen ganz bestimmte Strafen und briichten
dadurch geheime Sünden unnötiger und nachteiliger Weise stur
Kenntnis weiterer Kreise. Demgegenüber ordnet der Papst an.
GS sollten diese alle, die solchen exemtun Genossenscltafton nur
locker verbunden wären, sich ihnen aber nicht ausdrücklich
ergeben hätten, also im vullen Besitz ihres Eigenturaü geblieben
wären, in derartigen Fällen der Jurisdiktion ihrer Bischöfe
unter keinen Umständen entzogen werden, sondern die^se die-
selbe über sie wie über alle ihre Pfarrkinder üben und die
Ordenskonservatoren dagegen nicht einschreiten dürfen. Von
einem anderen ähnlichen Missbrauch, den diese Orden im Ge-
biete der weltlichen Hechtspflege eingeführt hatten und dessen
Abstellung auf die darüber erhobenen Klagen hier ebenfalls
verlangt wird, wird weiterhin in anderem Zusammenhang xu
sprechen sein.
All diese widerrechtlichen Erweiterungen der ihm ver-
liehenen, ohnehin schon reich bemessenen Freiheiten erklären
vollauf die lebhaften Antipathien, die namentlich unter den
Prälaten gegen den Orden herrschten und gelegentlich Aktis
erbitterter Feindseligkeit veranlassten. Entzog der Orden den
Bischöfen, was ihnen gebührte, so vergalten diese, wo es mdg-
licli war, Gleiches mit Gleichem. Weni^ man hört, dass später-
hin darüber geklagt wird, die Bischöfe begünstigten aus Feind-
schaft gegen den Orden den Übertritt der Brüder zu anderen
Orden, und wenn Innocenz IV. am 12. September 1244 sie
anweist, ihre Pfarrer dar»in zu bindern,*) so wird nuin die
Vermutung nicht zu gewagt finden, diLsH ahn liehe päpstlichn
Erlasse au& früherer Zeit unt^r gleichen Umniänden entstandim
»ind. Einen solchen haben wir, eine bestimmte l'ersi^nlicfakeit
M Ebd. DU. 23ä7 (II. a eni
Die exemU Stellung des HöspitalÜer'Ordens.
163
betreffend, vrm Alexander II L *m den Erzbiachof von York.^)
Am 30. Jaouar 1209 verbietet Innocenz IIL den Hospitalitern
Portulak, das Ördenskleid abzulegen und den Vergnügungen
der Welt nachzugeben.'^) Honorius ill. aber erteilt am
18, Dezember 121t> den Ordensoberen besondere Vollmaclit zur
Hinderung dor Ordensritter, die den Orden verlassen und zu
anderen Genossenschaften übertreten wollen/) und weist am
26. Januar 1217 die Prälaten Englands an zur Verhängung
des Bannes über diejenigen Brüder, die den Orden verlassen
oder zu einem andern übergeben/) während er am 28. Januar
1217 an die Ordensbrüder im allgemeinen eine entsprechende
Verwarnung richtet.*) Ea scheint eben Zeiten gegeben zu
haben, wo die Verhältnisse Manchen das abgelegte Gelübde
bereuen Hessen und er sich demselben zu entziehen suchte.
Ausserdem aber hat es in einer so grossen Gemeinschaft natür-
lich auch zu keiner Zeit an bedenklichen Elementen gefehlt:
«ie werden zugenommen haben mit der furtschreitenden Locke-
rung der ritterlichen und tler kirchlichen Zucht. Aber auch
diese scheinen gelegentlich bei den Feindon des Ordens einen
Rückhalt gefunden zu haben. Wenigstens musste Gregor X
am 23, Oktober 1274 ausdrücklich verbieten, dass man den
Abtrünnigen oder gegen ihre Vorgesetzten aufsätzigen Brüdern
irgendwie Hilfe oder Vorschub leiste.*) Gelegentlich scheinen
ach Veruntreuungen an Ordt'nsgidd vorgekonmien zu sein.
Lus einem Erlass Martins IV. vom 5, Februar 1285 an den
Ordensgiossprior von Frankreich ersehen wir sogar, dass Ordeus-
jtter Jean d'Isca aus dem im Erzbisium UoueT) gesammelten
Kehnten 12000 Livree veruntreut haben sollte/j die der Ordön
ersetzen musste,
M Ebd. ao. 271 H, ö. JOfi).
*) Ebd. no. 1322 (ü, S, 100).
>) Ebif no. 1501 i\l S. 199).
«) Ebd, no. 1538 (U, 8. 212).
*) Ebd. no. 1539 (II, S, 212).
«) Ebd. nti. ;iü55 (in, S. 3i:i).
h Ebd. UQ, 3d9o mi S, 473), Vgl. no. 3607.
li'
lU
n. pftäg
War der Orden vrui) Hospitfil tle« heiligen JdLaniieß txi
Jerusalem durch die lange Reihe der hisher besprocbenen
Privileg^ien fast aller finanziellen Verpflichtungen so f^ut wi«
entledigtf die geistliche Genossenschaften seiner Art der Kirche
gegenüber sonst zu tragen hatten, und weiterhin nicht bloss
vor der Disziplinargewalt der Bischöfe, sondern überhaupt vor
deren richterlicher Befugnis gesichert, so wurde er durch eine
Anzahl anderer, für seine weitere Entwickelung besonders wich-
tiger päpstlicher Gunsterweise dem EinÜusä der Kirche über*
haupt in wesentlichen Stücken entzogen und sogar befähigt,
unter Uraständen auf sie und ihre inneren Angelegenheiten
von sich aus einzuwirken. Das geschah einmal durch die Ent-
stehung eines zwar nicht eigentlich zum Orden gehörigen, aber
ihm doch eng verbundenen, von ihm abhängigen und zu seiner
Verfügung stehenden Klerikates und dann durch die Erwerbung
des Patronatärechts über zahlreiche Kirchen, deren Pfarrer
infolgedessen ebenfalls in Abhängigkeit von ihm kamen und
aus der engeren Verbindung mit dem Bischof ihrer Diözese
und daher auch aus der mit der Qesamtkirche einigermasnen
gelöst wurden. So weit allerdings wie bei dem Tempelherrn-
orden, dessen anfangliche Einrichtungen auf diesem Gebiete
denen des Hospitutiterordens zunächst n^i ' ' Hilet waren, ist
diese Entwickelung hier nicht gegangen, ir im Vergleich
mit jener gewissermassen auf halbem Wege stehen geblieben.
I Daher hat sie auch nicht zu den weitgehenden Konsequenzen
geführt, die dort gezogen wurden. Der Grund dat\lr lag aber
nicht in dem Wesen der neuen Einncbtuug, sondern in der
verschiedenen Politik der beiden Orden, die sich wiederum aus
den besonderen Verhaltni.ssen eines jeden erklftrt Doch war
auch der der Uospitaliter wobi in der Lage, sich der kirch-
lichen Aufsicht zu entziehen und durch Einsetzung ihm ge-
nehmer Pfarrer auf die von ihm abhängigen Gemeinden in
kirchlicher Hinsicht bestimmend einzuwirken. Nicht mindei*
hat der deutsche Kitterorden ähnliche Vorrechte genossen: uur
Die ixemie Stdlung des ffospiifiUter-Ordenn,
[id die Konflikte mit der Kirche, die von ihrer Übung kaum
^U trennen waren, bei ihm weder so regelmässig noch in der
Scharfe eingetreten wie bei jenen beiden, weil ihm auch hier
die territoriale Geschlossenheit des von ihm beherrschten Gebiets
einen starken Rückhalt ^ab und die Ausbildung einer Art
von Ordenslandeskirche ermöglichte. Davon konnte für die
Hospitaliter schon deshalb nicht die Rede sein, weil ihr Land-
besitz, so umfänglich er war, trotz vereinzelter Ansätze dazu
doch nirgends wirklich Landesherrschaft wurde und über das
Gebiet der gesamten abendländischeu Christenheit verstreut lag.
Daher sind bei ihm die Anfänge dazu, obgleich sie nicht gänz-
lich gefehlt haben, doch unentwickelt geblieben,^)
Grundlegend für die Zukunft des Ordens wurde in dieser
Hinsicht Anastasius' IV. Bulle Christianae fidei religio vom
21. Oktober 1154»*) auf der ja auch seine Unabhängigkeit von
den Ordinarien durch die Exemtion von Bann und Interdikt
beruhte.^) Um ihm Alles zu gewähren, was zur vollen Selig-
fcit seiner Mitglieder für die Seelsorge notwendig sei, und ihm
fazu namentlich den Genuss der Sakramente und die Abhaltung
des Gottesdienstes unter allen Umständen zu sichern, erlaubte
darnach der Papst, dass der Orden Kleriker und Priester, nach-
*) über die Erwerbunj? eines Drittels dea Königreichs Aragonien
uiid die Yereitehmg der dem Orden dadurch frühzeitig erscblosaeuea
Aussichten vgL oben S. 107. Nach dem aog^enannten viei-teti Kreuzzug
schenkte der lateinische Kaiser Balduin T> dem Hospital den nerten Teil
erangturas Navarin: Cartulaire no. 1213 (II» S. 47). Einen Versuch
Jena, dich itn aüdlieben Frankreich, inabesondere im Venaissin auf
Kosten des Papsttums einzunisten, könnte man vermuten, wenn am
27. April 1274 Gregor X, Wilhelm von ViUaret, den Groasprior von
St. Gilles, mit der weltlichen Verwaltung dieser Grafschaft beauftragt
<ebend, no. 3536, lll. S. 306), Nikolaus llt. denselben am 2L Januar 1278
Ja dieser Stellung beötütigt (ebend. no. 3648, III, S. 35ö) und Martin V.
"" 27, Januar 1282 die Vollmacht erneut (ebend. no. 3778. III, 8. 422),
ftnn aber Nikolaus IV, den von ihm zum Rektor von Venaiasin beatellten
Philipp de Bernissoii beauftragt, die von dem Orden widerrechtlich in
Besitz genommenen Burgen zurück Anfordern. Kbd. no. 3293 IUI, S, 7Ö).
^ Cartulaire no* 226 (I. S. 174).
») VgL oben 8. lOÖ.
166
H. Prutx
(lern er sich zuvor soweit als möglich duiTh briefliche Erkun-
digimg oder glaiihwördige Zeugen ihrer Ehrbarkeit und recht-
in fissigen Ordination vei'i^ichert hätte, woher nuch immer sie
knniinen mochten, sowohl in seinem Haupthause als auch in
den ihm untergebenen Gebieten {lufnelmie und behalte, voraus-
gesetzt, dftss sie keiner andern Genossenschaft durch ein Ge-
lübde verpflichtet seien. Nur sollte er, wären sie aus der
Nachbarschaft, ihre Überlaftsung von dem ihnen vorgesetzten
Bischof erbitten. Verweigere dieser dieselbe, so .sollte der
Orden knift der Autoritjit der römischen Kirche befugt «ein,
sie dennoch aufzunehmen und hei sifh zu behalten. Solche
Geistliche sollten ausser dem Hrd^mskapitel nur dem Papste
selbst unterstehen. Diese Bestimmung entzog, in gWteerera
Massstab durchgeführt, die Seelsorge nicht bloss innerhalb des
Ordens, sondern auch in den Gemeinden der unter dem Patronat
des Ordens stehenden Kirchen den Diözesanbischöfen und deren
^Pfarrgeistlichkeit, und daran änderte es nichts, dass auf piipst^
liehe Weisung gewissermassen als Gegenleistung des Ordens,
kder sich zu seiner Unterstützung bei der Krankenpflege nun auch
der Laien bedienen durfte^*) die UnUisbarkeit der Gelübde der
eigentlichen Ordensbrüder eingeführt wurde. Auch gewährte
es den Bischöfen keine genügende Bürgschaft für die Aufrecht-
erbaltung der ihnen belassenen beschninkten Autorität dem
'Orden gegenüber, wenn ihnen die Weihe der Altüre und der
Ordenskirchen und die unentgeltliche Erteilung der Weihen oo
die zu ordinierenden Kleriker im Dienst des Ordens vorbehalten
wurde. Denn wenn diese von dem betreffenden Bischof ver-
weigert wurde, sollte es dem Orden frei stellen, sich deshalb
an einen anderen katholischen Bi^^chof zu wenden, der sem
Verlangen dann kraft dieser päpstlichen Vollmacht erfüllen
knnne< Welche Bedeutung der Orden dietter Bulle beiniass,
zeigt zur Genüge schon die grosse Anzahl der für sie nacb-
esuchten Bestlltigung<*n.*)
<j ^. *u wt v«>n IliulrUn IV. troni 12. Jiuttuir 110>if no. 233
(1, S. 170), Aiexaiiij^r tll. vom I. Augu«i 116^ no. S47 11, 3. 341), vt^m
€se^mie Stelluntf den Hogpitaliter^Ordens.
167
Mit der praktischen Durcliführung dieser Einrichtimg, die
ihn auch in bezu^ auf die Kirchen der auf seinem Grund und
Boden sitzenden Gemeinden von den Diözesanbischöfen ud ab-
hängig machte und diese Unabhängigkeit immer weiter aus-
zudehnen erlaubte, stiess der Orden bei d€»m Episkopate natür-
lich auf heftigen Widerstand, zumal er sich auch hier wieder
gelegentlich offenbarer Übergriffe schuldig machte, indem er
Geistliche berief, gegen deren Würdigkeit berechtigte Ein-
wendungen erhoben werden kenn ton oder die mit ihrem Bischof
offen »prfallen waren. Mit der drohenden Bemerkung, dass
w^r solche Freiheiten, wie sie dem Orden Terliehen seien, über-
schreite, verdiene sie zu verlieren^ rügt Hooorius III. am
26. März 1224, dass der Orden in der Diözese Arras Geist-
h'che, die wegen Vergehens exkommuniiiert sind, in seinen
Kapellen Gottesdienst halten lasse. ^) Am 11. April 1226 da-
gegen erklärt derselbe, so wenig wie zur Annahme von Almosen
und zu Begräbnissen auf seinen Kirchhöfen l.iedürfe der Orden
2ur Aufnahme von Priestern in seinem Hause zu Messina päpst-
licher oder bischöflicher Vollmacht.*)
Noch anders gestaltete sich die Sache, als die so in den
Dienst des Ordens getretenen Priester autorisiert wurden, auch
die Beichte der Brüder zu hören und sie zu absolvieren. Ver-
iliisst wurde das» wie es scheint, durch die Scheu, den ihm
lehin nichts weniger als geneigten Geistlichen anstössige
Vorgänge innerhalb d^s Ordens bekannt werden zu lassen und
dadurch ihre Antipathien gegen ihn noch zu steigern. Am
15. April 1226 bevollmticlitigte Houorius IlL, auf Bitten des
Ordens, in Frankreich die Prioren der dortigen Häuser den
Ordensrittern für gegen einander geübte Gewalttaten Absolution
zu erteilen:*) danach scheint es doch in den Konventen nicht
U. Jani 1167 no. 378 (I, S. 209), vom 10. Januar 1169 no. 406 (1, S. 280)
und vom 9. Februar 1171 no. 425 (1, S. 291). Der auf die Aufnahme von
Klerikern bezüglirlie Paaaus iat wiederholt von Ürban Ol, am 6. Juli
n&G. Ö7 no. 810 (t, S, 505).
») Ciirtnliiir^ no. 1783 (11, S. 319),
2) Ebd, no. 1844 (U, 8. 354).
») Ebd. HO, 1846 (ü, S, 365).
Ifi8
immer ganz friedlich hergegangen zu sein. Als dann am
15. Februar r22f^ Gregor IX. erlaubt» dass die Ordensritter
in Betreff privater und in der Verborgenheit begangener Ver-
stösse den geistlichen Ordensbrüdern beichten dürfen, begründet
er das mit der Bemerkung, es sei unziemlich und widerspreche
dem Wesen des Ordens, wenn die Ritter in solchen Fällen
fremde Priester aufsuchten: er will durch die eingeführte
Neuerung des Ordens Frieden und Ehrbarkeit fördern. Sollten
aber, bestimmt er weiter, die von den Ordensbrüdern gebeich-
teten Verirrungen so schwere sein, da,s,s der Ordensgei.stliche
sich bei anderen Oeistlichen Kats zu erholen für nötig halte, so
solle er, damit dem Verirrton für sein Seelenheil geholfen werde,
das tun unter Verschweigung des Namens des Beichtenden.^)
Es handelte sich hier doch wohl um Verirrungen # die im
Interesse des ohnehin schon vielfach angefeindeten Ordens mög-
lichst geheim bleiben sollten. Natürlich aber wurde dieser
besondere Gesichtspunkt auch hier in der Folge aus dem Auge
verloren und es ging in diesem Falle ähnlich wie in so vielen
anderen: das im Hinblick auf ein ganz spezielles Bedürfnis
und nur zu dessen Befriedigung erteilte Privileg wurde ein-
fach verallgemeinert und schliesslich auch da, wo es ursprüng-
lich sicherlich nicht hatte geUen sollen, geltend gemacht und
trotz an tauglich en Widerspruchs als geltend durchgesetzt. Am
U. Oktober 1250 erlaubt Innocenz IV. dem Groasprior und
den Rittern des französischen Ordenszweiges ohjie jede Ein-
schränkung bei den Ordenspriestern zu beiditen und bevoll-
mächtigt diese* sie zu absolvieren. Ob die Brüder von dieser
Erlaubnis Gebrauch macheu oder sich an andere, dem Orden
nicht angehOrige Geistliche wenden wollten, blieb ihnen über-
lassen.^) M«»' ^vird annehmen dürfen, dass die meisten ©a för
^) fCbiL ng. 1%)^ (H, S. 380). Im Eingnng beiiit es: Vnm indöcontia
i«i et omnino rrsitr« reHgions aWurdttm voa iacertlutei cxtnuieoi |in>
pHmtift et orculti« peocati» adira, nos pact el hooetttaU vcülrii volenidi
fÜM^ieiü, uuui t4«£%:i9«w ftactii, pii«a»AUA ««tc» eonfttm fjireciitii, ^iilliat
€m€mte Stellung rfe# HosininUiff-Ordena,
im
gewöhnlich getan haben. DafUr spricht auch die Bitte um
Losung einer durch die neue Beichtpraxis in manchen Ordens-
häusern entstehenden Schwierigkeit, auf die Nikolaus IV. am
22. September 1288 verfügte. Da nämlich, wie der Orden
berichtet hatte, manchen Ordenshäuaern ein nicht zum Priester
geweihter Bruder vorstand und dann etwa zwanzig Brüder
unter sich hatte, darunter auch einen Priester, der die Beichte
der übrigen horte und ihnen die entsprechenden Bussen auf-
erlegte, waren Zweifel darüber entstanden, ob Letzterer dazu
berechtigt sei, da er jenen doch nicht als Leiter (rector) über-
geordnet sei. Der Papst entschied dahin, dass dazu hinreichend
qualifizierte Ordenspnester, die von den Prioren und den erfah-
reneren Brüdern der betreffenden Hüuser dazu berufen wurden,
im Bedarfsfalle die Beichte der übrigen hören und ihnen unter
Erteilung der Absolution angemessene Busse auferlegen könnten,
ausgenommen die Fälle, wo es sich um Verirrungeu handelte,
über die an den papstlichen Stuhl berichtet werden musste.')
Gerade in Betreff dieses wichtigen Punktes liegt ein Ver-
gleich nahe mit den entsprechenden Brauchen des Tempel-
berrnordens, für dessen Entwickeln ng erst das Recht und dann
die Pflicht zur Beichte bei Ordensgeistliehen besondere Bedeutung
erlangt hat. Mun mag zweifeln, ob das Beichtprivileg nicht
ursprünglich nur in dem Sinne gemeint war, dass die Ordens-
brüder, abgesehen von solclien Fallen, wo die in der Bulle
Gregors IX. berührten Rücksichten auf den Ruf des Ordens
Platz griffen . ihre Zuflucht zu Ordensgeistlichen nur dann
nehmen sollten, wenn ihnen, wie z. B, in entlegenen Grenz-
burgen oder im Felde, andere Geistliche nicht erreichbar waren.
c^ritate nostra liceat veHtras confesfiioues audire, cum opportuaitae
»aper bac auaserit iriquirenrloa etc,
') Ebd. 110. '1019 {Hl, S. 523): .... ab ftliquibtia dubitatur. an aacer-
dotera predictum liceat talia exercere, pro eo qtiod rector toUium non
tixistit, und weiterhin : .... concedimiis, ut fratre» idonei vestn ordini»,
in Aacerdotto r.onfltitati, in domibus Teatria conventnalibus existenteB, qni
(kd boc de consilio priorum et diäcretiorutu fiütnim dotnorum ipaai'uin
foeriiit deputati, confesffionee fratrum lororinnque audire valeant etc.
m
B, PmtM
Bei dc^n Tempelherren ist schliesslich die Beicht© bei andet'eli
als dem Orden selbBt angehörigen Geistlichen den Brüdern durch
die Regel ausdrücklich verboten gewesen mit der chunikteri-
stischeo Bemerkung, einem Onlenskaplan stehe infolge päpst-
licher Verleihung in bezug auf die Absolution weit grössere
Machtvollkommenheit zu als selbst einem Bischof.*) Soweit
scheint es nun allerdingy bei den Hospitalitern nicht gekommen
zu sein, obgleich nicht ausgeschlossen ist, da^ bei ihnen auch
ohne statutarische Festsetzung tatsächlich die gleiche Praxis
geherrscht habe. Beachtenswert ist ferner, da^ die beiden
angeführten päpstlichen Erlasse sich nicht an den ganzen Orden
wenden, sondern nur seinen fraozosisrhen Zweig betreffen.
Vielleicht handelte es sich also um eine Vollmacht, die zu-
nächst nur den französischen Hospitalitern gegeben wurde.
Dann aber führt der Eingang der Bulle Gregors IX.*) auf die
Vermutung, sie habe eine augenfällige Ungleichheit zwischen
den beiden Orden in Frankreich beseitigen sollen, damit die
Uospitaliter nicht in den Augen von Klerus und Laien in einer ■
ihr Ansehen schädigenden Weise hinter den Tempelherrn zurück- "
ständen» Beruht nämlich Alexanders IIL grosser Freibrief für
letztere, die Bulle Ornne datum Optimum vom 18. Juni 1163»
im wesentlichen auf der von Anastaslus IV. am 21. Oktober
1154 dem Hospital erteilten und stellt sich dar als eine Wieder-
holung uml Erweiterung dieser, so haben doch in der Folge
die grösseren Rechte, die der jüngere Orden von ihr aus erwarb,
wiederum auf die dem älteren eingeriiumten Befugnisse ein-
gewirkt und zu deren entsprechender Erweiterung geführt.
Immerhin aber scheint Am OrdeuHklerikat des letzteren an
Bedeutung dem der Templer nachgestanden zu haben. Es hatte
weder innerhalb des Ordens eine so hohe Autorität, noch nach
aussen hin ein so grosses Ansehen wie jenes. Der Gnmd davon
lag in der Verschiedenheit der Satzungen, die in dieser Hin-
sicht in den Orden galten. Von diesem Oesichtspunkte mua
*) Prutt, EniwicIceUing und Unt«r(i^nj; rtei *l>inpi>lhi»miörcl«iiÄ
& 44} uacl 47.
<) V^. oben a, 16» Anmerkung I.
DU extmte Stellunff dws ifnupitaliter'Ordens,
171
Rinil die Erweiterungen lehrreich, welche Hie Bulle Omne datum
Optimum gegen die als Vorlage benutzte Ohristianae fidei religio
erfAhren hat. Sind dannch nänilicli auch die Bedingungen
;leich, nnk^r denen trotz der Weigerung ihres Bischofs Geist-
liche zum Dienst in die Ordenshäuser aufgenommen werden
können,') so wird doch den Tempelherren ausdrücklich das
Recht eingeriinint, als ungeeignet befundene wieder zu ent-
fernen, die anderen aber, wenn sie sich in einjähriger Probe-
zeit bewährten, in den Orden aufzunehmen mit dem Gelöbnis,
nueli der Ordensregel zu leben und dem Meister gehorsam zu
in, 80 jedoch, dass sie sich nicht unbefugt in die Ordena-
n* ' tlieiten einmischen dürfen, abor niemandem ausser dem
('. . iiiitel untergeordnet siml. Bezeichnend für das Klenfcat
de« Tempelherrnordens ist dagegen namentlich das Verbot de»
Predigen» für Geld oder um anderen Gewinnes willen.^) Im
allgemeinen scheint demnach in diesem der Ordenskleriker
rei^ntlich enger an die Genossenschaft gebunden, dafür aber
Äüch ihrer Ehre und ihres Ansehens in höherem Masse teil-
haftig gewesen zu sein.
Diese Verhältnisse werden auch auf die Stellung einge-
frirkt haben, welche Ordensgeistliche als Pfarrer an Ordens-
kirchen einnahmen, namentlich an srdchen, die nicht zu einem
Ordenshause gehörten, sondern nur unter dem Patron ate des
Ordens standen. Hier entsprang die erbitterte Feindschaft, von
der wir die Woltgeistlichkeit gegen den Orden erfüllt finden.
Schwerer noch als dw Hiscliöfe sah sie sich durch diesen ein-
mal tinanziell geschädigt, ausserdem aber in ihrem Einfluss
ftuf die Laien und damit in ihrem Ansehen beeintriichtigt.
*) VgL obcMi 8, 160, Denn dawa iii**r von der den Hospital itom
fOrjfe^chriehotii^'n Einholung eine« Zeuffttisae« ftt»er die betreffend eo üeist-
ben nicht ausdrücküeb ^esptochon zu werden «cbeint» Uegt nur an
anderen WortfaseuoK. die genau genommen doch dasselbe sagt:
* . , liceat Vobis hoaeato» dericos et sacerdotei sec an dam De um,
Dtum ad veatram «eientiam ordioiitoa .... »uecipere.
*) Fer*>ir8, Meaioria» de celebre Urdeui Am TeuipJaHot, Lidboa
1735. a 779.
172
n, B^ff
Wird doch bei dem wohlunterrichteten Walter Mapes^) geradezu
die Klage laut, durch die Art, wie der Orden sein Patronats-
recht übe, sei die Weltgeistlichkeit von den doch eigentlich
für sie bestimmten Pfarrstellen so gut wie ausgeschlossen und
finde daher immer schwerer und immer seltener gebührende
Versorgung. Wie dieser ungesunde und auch filr die Kirche
in mehr als einer Hinsicht schädliche Zustand eintrat, läsat
sich ziemlich deutlich verfolgen. Der Orden erscheint auch
da nicht eben in einem günstigen Lichte, hat sich vielmehr
auf diesem Gebiete offenbar häufig wirklich rücksichtslos des
schnöden Eigennutzes schuldig gemacht, den Walter Mapes
ihm nachstigt. Will dieser die schliessliche Erfolglosigkeit des
auf dem Laterankonzil 1179 unternommenen Ansturms gegen
die übermächtige Stellung des Ordens*) auch nicht allein auf
die von diesem an der Kurie getlbte Bestechung zurückführen,
sondern schreibt er sie zum guten Teil der grösseren Geltung
zu, die das Ordenskleid und der einheitliche Ordenswille gegen-
über dem geistlichen Kleid und der ungenügenden Vertretung
der Weltgeistlichkeit einzusetzen hatten, so steht für ihn doch
fest, das« jener immer wächst, diese ilagegen immer mehr
herunterkommt. Die eigentlich für sie bestimmten und ihnen
einst auch verliehenen Altiire bleiben, so klagt er, den Klerikern
jetzt versagt: Erwerb suchen dürfen sie nicht, alüo können
sie betteln geben; denn fast alle Altäre und damit die Unter-
halt gewährenden Pfründen befinden sich in den Händen von
Ordonsleuten, nur vereinzelte in denen von W " 'liehen,
deren es ohnehin viel mehr gibt als Altäre. In-i r»^ ver-
drängen gerade die Hospitaliter sie aus den Kirchen» Denn
wenn ritterliche Herreu, denen das Patronat Über eine Kirche
zusteht, in Verlegenheit sind und bei den Tempelherren oder
den Hospitalitern um Hilfe nachsuchen, erhalten aie die Ant-
wort, Mittel dazu seien wohl vorhanden, doch könne der Orden
sie nur seinen Brüdern zuwenden, die Bittsteller möchten sich
^ Um tiagiii ctirl&Uuiii« Disüiict. K c 2» (S. mi V|cU üben 8* 154.
^ Vgl. «ibon S. 155.
IHe exemU Stellung des Hasjyitaliter'Ordeiu,
173
ihm also anschliessen und dagegen ihrerseits etwas darbringen:
dann solle ihnen geholfen werden. In dieser Lage bringen
dann die nofcleidenden Herren in Ermangelung eines andern
BeBitzes, den sie dem Orden überlassen könnten, die Kirchen
auf ihren Gütern dem Orden dar, der damit das Recht erlangt,
fdr sie die Pfarrer zu bestellen. War das so schon zu Ende
des zwölften Jahrhunderts, so haben sieh die Verhältnisse im
Laufe der folgenden Jahrzehnte sicherlich nicht zu gunsten
der Weltgeistlichen geändert, eher wird man vielmehr das
Gegen teU annehmen dürfen,
Urspriinglich lagen auch hier einfache und klare Verhält-
nisse vor. Sie entsprachen einerseits der Stellinig des Ordens
als des anerkannten Verteidigers des heiligen Landes und dann
aeiner Eigenschaft als GrossgrundbesitÄcr. Erst die Kombina-
tion beider und die Anwendung der kirchlichen Privilegien,
die ihm in ersterer zustanden, auf die letztere und zwar in
etnem Umfang und unter Umständen, die zur Zeit ihrer Be-
willigung nicht entfernt in Betracht gekommen waren, hat
die spätere abnorme Entwickelung ennögUcht und gefördert.
tnnocenz IL hatte dem Orden das Recht zum Kirchenbau und
zur Anlegung von Kirchhöfen nur für die ihm zufallenden
wüsten Orte — das kann nach Lage der E>inge und späteren
päpstlichen Erlassen füglich nur von verlassenen und durch
ihn neu zu besetzenden Ortschaften an der Grenze des moham-
niedanischon Gebietes verstanden werden, — gewährt, ander-
wärts sollte er nur für den Bedarf seiner auf den betreffenden
Landgütern verweilenden Brüder Kapellen errichten dürfen.
Die Absicht war also augenscheinlich, die Bewohner dieser
ländlicheo Ordensbesitzungen in den benachbarten ordentlichen
kirchlichen Verbänden 2u lassen und nicht zu besonderen Ge-
meinden zusammenzuschliessen,^) Wenn die Errichtung von
Ordenskirchen in wiedergewonnenen Orten an der Grenze des
iristlichen Gebietes nur selten und erst spät wieder zur Sprache
üint, 80 hat das seinen Grund wohl darin, dass die kirch-
1) Vgl. oben B. IGG.
174
H. Pffd»
liehe Organisation des christlichen Palästina nitk ihnen kleio
Sprengein und auf ihre Rechte eifersüchtigen Bischöfen Über-
haupt zu kirchliehen Anlagen des Ordens unabhängig von
seinen Häusern weder Anliü^s noch Raum bot. Dan geschah
erst, als sie mit dem Verfall der Kreuzfahrerstaaten und dem
.«tätigen Vordringen der mohammedanischen Eroberung teil*
weise vernichtet wurde. DeiMgernäss erteilte erst am 27- Januar
1207 Inuocenz IIL dem Orden die Erlaubnis, das» er in den
bisher wüst liegenden Ortschaften, die er in der Nachbarschaft
der Sarazenen wieder aufbauen würde, xuni Gehrauch der dort
angesiedelten Leute Kirchen bauen und Kirchhöfe anlegen dürfe,
jedoch nur, wenn in der Gegend nicht schon eine Abtei oder eine
Ordensniederlassung wäre, die dadurch gestört werden könnte,')
In etwas erweiterter Fassung wiederholte am 3. Januar 1217
Honorius Hl. diesen Erlass, indem er d^m Orden erlaubte,
überhaupt in den durch die Christen den UnghUubigen ent-
rissenen Gebieten, soweit sie rechtmässig in seilen Besitz kämen,
^ebenso wie in den von ihm selbst eroberten dies Kecht zu üben.*)
Doch müssen sich über die Stellung der Ordenskircheu in diesen
Grenzgebieten Zweifel erhoben haben und die von Innocenz III.
gestellte Bedingung bei ihrer Errichtung nicht eingehalten wor-
den sein, wenn Gregor IX. die Erlaubnis, die seine Vorgänger
gegeben, am 25. Juni 1227 erneut, jedoch mit der Beschränkung
auf solche Gebiete, wo der christliche Kultus überhaupt noch
niclit herrschtf dann aber mit dem wichtigen Zusatz, dass dieue
Ordenskirchen unmittelbar unter dem Papste stehen soUtiOi**)
*) Cartulaire no. 1247 (11, S» 63) .... ut in locis ddaertis, qoe
I Venerabilis vestra iloniii» tibicimquo et iin/Mt^rtim In coiißnio Karacenorum
liabtfre nüteitur, vÜlan vubis editiciLrM liceat et t*eelefliiii ac* etinm ad
upm hominum ibidem morautium dmiteha fabricar«. proTm lamtn,
i|Uod abbatia vel religioeurum virorutu coUi^^um in iUa vi^iaiii ti<Mi
^txietdt, qae ob hac valeai p*'rturbu.n.
*) Kbd. no. lo2s (11, S. 207): , , , . . ut in lemu, quos .... jiopuliT«
cbrijftiiiniis a 8iiniut?jjorum eripucTit manibtiiu «i uJ vt^ juitw titalrj riiciifit
di«Tolnie, ac eis etiatn. qua« vo« iptt eiiKimn aoferre potfiiü» ol«-
•j KUd. IIO, 1667 (il» 8. $a7l: rri In^tr, in tjmbll« tiMmidin
(ml tu« «^brnttkin« fldH «dt iatrodurtUM
Die tätemU Stellung des HaspitnUter'Ordem.
175
Wesentlich anders lagen die Dinge von vornherein einmal
bei den Kirchen in den vom Orden als Grundbesitzer erwor-
bc^nen Gebieten und dann bei denen, über die er, ohne Grund-
^ besitzet zu sein, irgendwie — etwa in der von Walter Mapes
gtjscbilderten Weise ^) — das Patronatsrecht an sich gebracht
hatte. Denn da handelte es sich zunächst nicht um exemte
äabiete, wohl aber war auch da das Streben des Ordens kon*
Plt|ueDt darauf gerichteti sie als exemte zur Anerkennung zu
bringen und darin seine kirchlichhchen Privilegien gegen Bischöfe
und Pfarrer durchzusetzen. Das hat ihn augenscheinlich früh
mit diesen vielfach in Streit gebracht Bereits auf dem Loteran-
koDzil von 1179 wurde als einer der Misabräuche, durch die
er xum Nachteil der bischöflichen Autorität dem christlichen
Volk Ärgernis gebe und sein Seelenheil gefährde, an erster
Stelle der £mpfang von Kirchen aus Laienhand angeführt
Ferner warf man ihm vor, an diesen Kirche setze er eigen-
mächtig Pfaner ein und ab.*) Damit wird es in Verbindung
zu bringen sein, wenn Alexander IIL in einem der Zeit nach
nicht näher bestimmbaren Erlass im Hinblick auf den Tadel,
den sich der Orden dadurch zuziehe, und den Schaden, dem
er seinem Rufe tue, vorschreibt, wenn er durch den Ankauf
von Lehen oder auf andere Weise das Patron at über Pfarr-
kirohon erwerbe, Pfarrer für diese nicht anders als unter Mit-
wirkung des Bischofs zu bestellen und die bischöflichen Rechte
i^nch sonst gewissenhaft zu respektieren,^) Darnach stand dem
Orden in solchen Fällen auch nach der Ansicht diesem ihm so
besonders geneigten Papstes doch nur ein Präsentationsrecht
zu, während die Bestellung des Präsentierten Sache des Di<Vzesan-
bifichofs war. Da nun aber der Orden solche Pfarreien offen-
1) V»?l oben S. 172.
') Matitii, Coli. coDcU. ampl XXU, S. ±22: cantra epia-
(.*0}j;^kMti iiQlhuritaltjm itiultu pre^iimimt que et t^caudalum geaerant in
p«)pnlo CLrUti et ^rikve puriunt pencylum aniiiiarum. Proponuut euiuv«
4uad eccltfuias recipiaat de mtinibuM loicorum .... et in eccleatia suis
pr«ti«r t^urum oüiucientiain et iontitimut et aniuveant in^erdotes.
«j CoitüLurt* üo. 277 (1, 8. 207),
176
K PrutM
bar nicht bloss benutzte, um in seinen Dienst getretene Geist-
liche, die eigentlich keinem Diuzesan verband angehörten und
gelegentlich gar gegen den Willen ihres Bischofs sich ihm
angeschlossen hatten,') angemessen zu versorgen, sondern auch
andere ihm fremde, aber von ihm ous irgend welchem Ghnind
begünstigte, dafür präsentier te, so entstanden Schwierigkeiten,
indem die Bischöfe diese letzteren als Pfarrer nicht annahmen,
während der so eintretenden längeren Vakanz die Einkünfte
der betreffenden Kirchen für ihre Zwecke verwandten und
schliesslich, wenn die Kirchen nach Ablauf der vom Lateran-
konzil festgesetzten Frist noch ohne Pfarrer waren, ohne Rück-
sicht auf den Patron solche eiTiannten. Dagegen richtet sich
ein Schreiben Honorius III. vom 16, Januar 1217 an die Prä-
laten Englands.*) Aus ihm erfahren wir zugleich, dass über
die Würdigkeit der Vorgeschlagenen von dem Bischof und dem
Orden gemeinschaftlich ernannte Gutachter zu befinden hatten.')
Mögen zu diesen Differenzen auch die politischen und kirch-
lichen Wirren noch besonders beigetragen haben, die England
gerade damals zerrütteten/) so sind ähnliche Streitigkeiten
doch auch anderwärts nicht ausgeblieben. Denn am 21. Juni
1217 richtet Honorius 111. an die Prälaten überhaupt eine Ver-
warnung, w^eil viele ron ihnen böswilliger Weise die ihnisn
vom Orden präsentierten Creistlichen zu den vakanten Pfarreien
ohne triftigen Grund nicht zulaasen, diese vielmehr ausschliess-
lich solchen gegeben sehen wollen, die in einem Ordc^nshause
als Mitglieder des Konvents gelebt haben, mögen sie auch
weniger geeignet sein.*) Nun braucht ja die Weigerung der
1) Vgl oben S. 166.
«} Cartulaire no, 1629 (11, S. 207» 8).
*} Ebd.r . . . quos consÜtent easc» idoaeo9 arbttrio bofiorum virorum
octumimiter electorum.
*) Anf !4ie e^iielt an die Wendung ebd.: unde cum satis guerrartiin
tiirbtnibu)* agiUiti pro co qtiod ventus viilidna venieni a rcgiono dv^erti
qnatuor anf^ulo» AngHat jam concuimt.
^) Kbd« AO. 158^ df« B. 209) ..*<•* quidatn eptttcopi, ftrcbidifteoDi
et dt^cant, ad qiiOi tllAr ' m invitstituni portinet, dtiricon, iino«
iideni fratre»» idorjeu« n j Lpt?n* pro ütm volmiUitf contt;«i|in«nt, i
JKe $xemJt0 StcUang des Hospitcüitet-Ordens,
17T
Pr&Uieti nicht imwer durch das Tom Papst angeführte Mutiv
Teranlasst zu sein, wird vielmehr ihren Grund für gewöhnlich
darin gehabt haben, da.ss sie nicht Leute zu Iranern beätellen
Boditen, die* unter Berufung auf die exemte Stellung des Ordens
sich ihneiD abbald entzogen und nur das Ordenskapitel und
weiterhin den Papst selbwt als übergeordnet gelten Hessen.
Auch die ausserhalb der Ordenshäuser mit der Seelsorge be-
trauten Brüder des Hospitals in Frankreich nahm Honorius lU.
am 8. Dezember 1220 ausdrücklich ftus von der Beitragspflieht
zu kirchlichen Abgaben und Kollekten,*) Anderwärts wird
doch wohl die gleiche Bestiinnmng gegolten haben. Tatsäch-
lich waren abo die Geistlichen, die vom Orden als Patron ihm
gehörigen Pfarrkirchen vorgesetzt waren, wenn sie ihre eiemte
Stellung, wie meistens der Fall gewesen zu sein scheint, auf
gruod der päpstlichen Privilegien gegenüber dem Bischof ihres
Sprengeis zur Anerkennung brachten, ftir diesen gewissermassen
verloren, da sie sich seiner oberhirtlichen Autorität nicht fügten
und zu den finanziellen Bedürfnissen seinerKirche nicht beitrugen.
Das war um so übler, als dem Orden als solchem an der
Bürgschaft für eine geordnete Seelsorge unter den Eingesessenen
der betreffenden Pfarreien im allgemeinen wenig gelegen war,
er vielmehr vornehmlich die Einkünfte schätzte , die er yoo
liier solchen Kirche aus ihrem Vermögen zog. Auch hat man
ribst an der römischen Kurie gelegentlich auf dieses sozusagen
fiskalische Moment den liauptnachdruck gelegt. Am 23. März
1299 bestätigt z. B, Bonifaz VII L dem Orden das Patronats-
recht über die Kirchen zu Kirton und Horkstow in der Diözese
Lincoln in der Weise, dass er mit Rücksicht auf die schweren
Opfer, die der Orden noch in letzter Zeit an Personen und
Gütern im Kampfe gegen die Mohammedaner gebracht hat,
ihre Eankünfte vollständig für seine Bedürfnisse soll aufwenden
können: scheiden ihre dermaligen Pfarrer aus dem Amte oder
fterben sie, soll der Orden von beiden Kirchen Besitz ergreifen,
aisi ea«deiu ecclesiaa cJericis, qui de Üloruui xneiiia fneiint,
licpt nunus ezteiit idoaei, Urgiantur.
1) Cartulaire n«. 1695 (11, S. 276),
1901 aJii«»b. d. phUos,'pbIlol. II. d. lil»t. KL 1^
aliis*
IT?
ff. Pridi
ohn^ daiu dm IKözesaribtschofs oder sonst Jemandes Zustimmuog
m'^tiK »u haben, und von ihren Einkünften nur sariel aus-
ych«*iden, als zu angemessener Versorgung der für sie zu be-
«Mlenden Vikare nötig ist*) Es scheint überhaupt nichts
Ungffwöhnliches gewesen zu sein, dass der Orden an den ifam
untivmtellten Kirchen Vikare mit der Wahrnehmung der unbe-
»etitt gelassenen Pfarren betraute, um einen Teil der für deren
Ausstattung bestimmten Mittel für sich einzubehalten. Diest* |
Vikare aber zogen es gelegentlich auch ihrerseits vor^ sich
wiederum durch andere, natürlich noch dürftiger bezahlte Geist-
liehe vertreten zu lassen: das zu hindern und die Vikare an
den Ordenskirchen zur persünlichen Leistung des übernommenen
Dienstes anzuhalten, mahnt Clemens IV, die Bischöfe durch
ein Ausschreiben vom 27. Juni 1265,^) Das kirchliche Leben
sowohl wie das Ansehen der Geistlichkeit konnte durch dos
hier gerügte Verfahren allerdings nur geschädigt werden. In
jedem Fall aber ergab sich aus der Art^ wie der Orden sein
Patronatsrecht übte, die fortschreitende Durchsetzung der bischöf-
lichen Diözesen mit exemti^^n Kirchen und um sie gesammelten
Gemeinden, die dann von dem Orden ebenfalls als zu ihm ge-
hörig und seiner privilegierten Stellung teilhaftig in Anspruch
genommen wurden.
Nur den weiteren Fortgang dieses Prozesses hat die Kurie
schliesslich eiaigermassen aufzuhalten gesucht, indem sie dem
Orden den Neubau von Kirchen und Kapdien auf nicht exemtem
Gebiet ohne ausdrückliche Zustimmung des betreffenden Bischofs
untersagte.') Die mehrfache Wiederholung des Verbots ^eigt,
dass der Orden auch hier sich über den Willen der piipstlicheAj
Kurie möglichst hinwegsetzte.
Das Verhältnis der Pfarrgeistlichkeit zum Orden blieb unJ^r
solchen Umstünden dauernd ein feindlichem. Von der Kuri'
^ Ebd. üü. 4451 (in, 8. 760).
*) Ebd. Du. 3165 Ullt i>. Hi^l
*} Aleiciiuder IV, atu 26. Mär/, 1256 ebd. üu. 2805 (II. 8. 811). 17, Mlri
Iift7 tio.2ö63 111, S. B42). 22. Jimi 1260 00.2Ö61 \ll > "-^n' <'rMi rl^^m,*n- IV
a. November 1S^G6 no. 3235 IUI S. 145)«
Die e^eeml« Sidinng des HospUiüHer-Ofdem,
179
Stich gelassen 4 machten die Vertreier der ersteren mehrfach
den Versuch, sich selbst, zu helfen, nur sahen sie sich auch
dabei durch die Parteinahme des Papsttums für den Orden
gebiDdert. So faaste z, B. 1261 eine Provinzialsyuade im
Mainzer Sprengel den Bescbluss, Ordensleuten dürfe ein Kirchen-
patronat durch Weltliche nicht übertragen werden: geschehe
es dennoch, so sollte der Übertragende seines Rechtes auf die
betreffende Kirche ohne weiteres verlustig und dieses auf den
Uiöze^anbischof übergehen: nur wo das Patronat dem betref-
fenden Weltlichen von einem andern zu Lehen gegeben war,
sollte es an diesen als Lehensherrn zurückfallen. Auf seine
Beschwerde wurde jedoch der Orden durch Urban IV. am
9, Oktober 1261 autorisiert, dies Statut der Mainzer Kirche
einfach als nicht vorhanden anzusehen und auch in Zukunft
Kirchenpatronate von Laien anzunehmen und die sich daraus
ergebenden Rechte wie bisher zu üben,\) Andererseits machte
die Kurie allerdings dem Orden zur Pflicht, für vakante Pfarreien
den Bischöfen nur wirklich geeignete Geistliche zu präsentieren,
durch welche die betreffende Kirche in bezug auf den Gottes-
dienst keinen Schaden erlitte. Wenn die Mahnung hinzugefügt
wurde, diese Geistlichen sollten die bischöflichen Rechte ge-
wigsenhaft achten und trotz ihrer Zugehörigkeit zum Orden
dem Diözesanbischof genau so untergeordnet sein wie anderen
Kirchen des Sprengeis vorgesetzte Weltgeistliche/^) so wird
das eine Änderung in der herkömmlichen Praxis des Ordens,
der sich dem gegenüber auf eine lange Reihe von päpstlichen
Freibriefen berufen konnte, gewiss nichts geändert haben,
Andererseits suchte die Kurie die Bischöfe zu bestimmen, dem
Orden die Übung seines Prosen tationsrechtes durch wohl-
wollendes Entgegenkommen zu erleichtern.
Jedenfalls war bei der Abgrenzung der beiderseitigen
Rechte und Pflichten der Orden Bischöfen und Pfarrern gegen-
über durchaus im Vorteil, und die Kirche sah die Autorität
1) Ebd. no. 2994 (III, S. Hl
^} ürban IV. la. Mai 126:2 tio. 302S ULI, S, 2%
H: PruiM
über ihn ihren Händen immer mehr entgleiten. Sie konnte
sie eig'entlich nur noch geltend machen» wenn ihr Oberhaapt
selbst unmittelbar in Aktion trat. Doch war auch dies nur
noch ausnahmsweise möglidi, da der Orden vermöge seiner
Politik rücksichtsloser Selbstsucht, die er frühzeitig zu einem
festgescblosaenen System ausgebildet und Generationen hindurcli
konsequent yerfolgt hatte, wohlweislich dafür Sorge getrag^i
hatte, daas ihm auch da, wo in dem kunstreichen Gewebe
seiner ineinandergreifenden Privilegien doch einmal eine Lücke
geblieben war, Änfordemngen gegenüber, weiche direkt zurück-
zuweisen ihm die Mittel augenblicklich fehlten, immer noch
die Möglichkeit eines Entweichens oder wenigstens eines Auf-
schubs blieb. Alexander IV. verdankte er das dafür wichtige
Recht (2L Februar 1256)» dass auch Privilegien, von denen er
lange Zeit keinen Gebrauch gemacht hatte und die infolge-
dessen in Vergessenheit geraten waren, trotzdem unverändert
Gültigkeit behielten.*) Diese Bestimmung wurde durch Gregor X.
am 3L Oktober 1274*) und durch Martin IV. am 1. Juni 1282
erneut: nur ausdrücklicher Widerruf konnte solche Privilegien
unwirksam machen. Femer waren nach päpstlicher Erklärung
von der Kurie im allgemeinen ergangene Ladungen für den
Orden nicht uhne weiteres verpflichtend ^ vielmehr brauchte
er nur solchen zu folgen, die ausdrücklich als auch fftr ihn
verbindlich bezeichnet waren.') Es war der Kirche also selbst
in der obersten Instanz schwer gemacht, auf ihn irgend einen
Zwang auszuüben und ihn unter ihren Willen zu beugen: wo
sie seiner bedurfte, musste sie iliu notgedrungen zu gewinnen
suchen. Der Preis aber^ um den das ge^chiih, war doch immer
wieder die erneute Anerkennung der ihr selbst die Hunde
bindenden Ordensprivilegien und nicht selten ihre Erweiterung
zu noch grösserem Umfang- Ahnlich wie die Tempelherni
haben auch die Hospitaliter auf die ihnen bitiher gewälirten
Ejtemiionen jxjchend neue ertrotat. £a mUfisen daher schon
») Ebd. no. 279d (II, S. 807).
»J Ebd. DO. 3668 (lil, S. 214).
«) Vgl. oben S. ISö.
Die exemte SuUunff des HöspitaUter-Ordens.
181
mhr arge Übelstände und Missbräuche gewesen sein, solche,
M^ der Gesamtkirche Ärgernis gaben oder für da» Papsttum
Ibst bedenkliche Folgen zu haben drohten, wenn ein Papst
iiilasst werden sollte» dem Orden ernst entgegen zu treten:
sie vermieden es alle möglichst, sich mit dem verzogenen
Günstling einzulassen, den sie nicht beherrschen, aber auch
nicht entbehren konnten. Was aber die Kurie so an ihn band
und bestimmte, ihm gegenüber eine Langmut »u üben, die
vielen als unwürdige Schwäche erschien und, indem sie einen
Schein von Abhängigkeit erzeugte, ihr eigenes Ansehen minderte,
vermögen wir nicht zu ergründen. Vielleicht lag der Schlüssel
cUkq wie zur Zeit Alexanders III. ^) im finanziellen Gebiete.
Im Verhältnis zu den zum Teil sehr erbitterten Streitig-
keiten, in die der Orden mit Bischöfen und Pfarrej-n eigent-
lich dauernd verstrickt war und die der römischen Kurie fast
unausgesetzt zu tun gaben, sind jedenfalls päpstliche Erlasse
eine Seltenheit, die nicht die Partei des Ordens ergreifen. Auch
wird diesem gegenüber regelmässig ein viel weniger scharfer
Ton angeschlagen, nh wenn es sich um die Sicherung seiner
Rechte gegen AngritFe der Prälaten handelt. Am 10. Oktober
1175 ermahnt Alexander III. die Huspitaliter der Provinz Toledo,
die liechte der Bischöfe dort nicht zu stören.'*) Urban IIL
richtet spater die gleiche Aufforderung an sie und die Tempel-
herrn in Betreff der Kirche zu Acqui, deren Pfarrkinder die
Orden weder zu öftentl icher Busse noch zum Begräbnis an-
nehmen .srjllen, weil er sich dadurch beschwert fühlen würde
und es nicht mit Gleichmut hingehen lassen könnte.*) Doch
handelte es sich auf der Seite des Ordens nicht immer um
solche verhältnismässig einfache Übertretungen. Einen ganz
besonders überraschenden Einblick vielmehr in die i\jrt, wie
derselbe auf grund seiner exemten kirchlichen Stellung auch
seine weltlichen Hechte zu erweitern wusste und dadurch mit
dbr kirchlichen Ordnung zugleich auch die staatliche plan-
M Vgl. oben S. lOS,
«) Ebd, no. 485 {I, S. 384).
»1 12. Februar 1186, 87. Ebd. nc 786 U, Ö. 496).
182
H. PndM
massig untergrub, eröffnet uns ein Erlass Gregors IX. vom
23. April 1236, der schon durch seinen ungewöhnlich ficharfen
Ton und die Androhung strenger Massnahmen erkennen lILs&t,
dass da wirklich eine ganz ausserordentliche und nach mehr
als einer Seite bin gefährliche Ausschreitung des Ordens vor-
gelegen haben rauss.*)
Höchst unangenehm erklärt der Papst berührt zu sein
durch die von vielen Seiten unausgesetzt an ihn kommenden
lauten Klagen über das schwere Ärgernis, das der Orden In
der Diözese von Saintes und den benachbarten Sprengein der
Kirchenprovinzen von Bordeaux und Tours durch die Art gebe,
wie er die zu seinem Schutz bestimmten päpstlichen Privilegien
und andere Freibriefe boshafter Weise zur Beschwerung und
Kränkung anderer niissbrauche. Er Ia«ise, so werde berichtet,
durch seine Konservatoren und Richter allgemein bevollmächtigte
Anwälte (citatores generales) bestellen und jeden» der ihm oder
seinen Leuten in Wort oder Tat irgendwie entgegen sei» zur
Verantwortung ziehen und zwar bald an diesem, bald an jenem
weit entlegenen Ort, wohin man oft nur unter grossen Gefahren
elangen könne. Habe der Orden oder einer seiner Freunde
^'etwas gegen Jemand, so lade er ihn zuweilen durch die Brüder
irgend eines andern Ordenshauses vor verschiedene Richter an
verschiedene Orte und bereite ihm dadurch Beschwerden. Auch
nehme er gegen Entrichtung des Zinsen Geistliche und Laien
in seinen Schutz und gehe dann gegen diejenigen, die ihm
von diesen Leuten als ihre Gegner bezeichnet werden, auf grund
seiner päpstlichen Privilegien vor, als ob sie ihm selbst Unrecht
zugefügt hätten, indem er sie nach Möglichkeit chikaniere und
zur Verantwortung ziehe vor weit entfernten , oft des Recbta
unkundig»'n und zu seinen Gunsten befangenen Richtern, wctbei
irgend einer seiner Freunde die Rolle des Klägers übernehme^
Obenein würden dann den Beklagten so kurze Fristen gestellt,
dass sie nicht rechtzeitig erscheinen könnten, um hinterher
gegen sie als Rechtsverweigerer in ihrer Abwesenheit zu ver-
>) Ebd. no. 21S^ qi, S, 4W.
Die ea:tmte SteUung de^ HospUaiiter-Ordtm*
183
Wenn sber gar einer von den so Geladenen Zweifel
an der Echtheit des richterlichen Siegels auf dem betreffenden
Schreiben äussere — dieses Hessen die Oi'densleute sich immer
sofort zurückgehen — oder am Mangel eines solchen Anstoss
nehme und deshalb nicht erschiene, werde er dafür durch eine
andere Ladung gestraft, die ihm eine R^eise von sieben oder
acht Tagen auferlege und Kosten und Mühe bereite. Derartige
Rechtshiindel erklärt der Papst für unvereinbar mit der Würde
Ordens. Besonders schlimm sei aber, dass Kleriker und
Laien dies hose Beispiel nachahmten und auf grund päpstlicher
Briefe ebenso verfahrend das Ansehen des apostolischen Stuhles
schädigten. Denn dafür machten viele diesen mit verantwort-
lich, indem sie behaupten, nur durch die übermässige Begün-
stigung, die er dem Orden zuteil werden lasse, sei dergleichen
möglich geworden. Der Orden mache sich dadurch bei vielen
verhasst, so dass der Pa})st dergleichen ohne schweres Ärgernis
nicht länger dulden könne: er verlangt grCindliche Abhilfe, damit
nicht enieute Klagen ihn zu strengem Einschreiten nötigen.^)
Dass die hier gevschilderten Missbräuche, durch die der
Orden viele Leute ihren rechtmässigen weltlichen Richtern entzog
und durch parteiisch fiir ihn eingenommene aburteilen liess,
also den Rechtszustand in manchen Gebieten planmässig unter-
grub, allein im Sprengel von Saintes vorgekommen sein sollten,
läast sich nach Lage der Dinge nicht annehmen. Vielmehr
wird die von dorther in Rom angebrachte Klage nur den Anlass
gegeben haben, einem auch anderwärts geübten Verfahren ein-
mal nachzugehen: dass dieses auf einem wohl durchdachten
und mit kluger Berechnung durchgeführten System beruhte,
liegt auf der Hand« Auch sonst fehlt es nicht an Beispielen
dafür, dass der Orden — ähnlich wie der der TompelheriTi —
überall bestrebt war, auch seine gutsherrlichen Befugnisse über
*) Gegenüber Jen hier geachilderten Praktiken de« Orden» gewinnt
rechte Bedeutung erst die in Art. 3 der Deutscliordens- Regel (ed, Perl-
bitfb) enthaltene Mahnnng, die eximierte Stellung nicht zu mi^sbrauchen:
,non ex proposito maliciQae et indebite vexent eoa quoa couveuiunt, et
ab iiliiii ronventi non doloaa vel capcLoaa quemnt imbt^rfugja/
184
ff, Pnt^
ihm eigentlich nicht uniertänige Leute auszudehaen und ihnen
möglichst den Charakter von Herrschaftsr echten zu geben.
Dabei gebot ihm freilich, namentlich iu Frankreich, die er-
starkende Autorität des Staates schliesslich HalL Dbs Purisdr
Parlament z. B- sprach ara 11. November 1260 die YasaUan
des Ordens frei von der Zahlung der fouage genannten Abgabe
(das ist Herd- oder RauchfnnggeldX die der Orden trotz ihrer
Exemtion durch den König von ihnen forderte.^) Am 24. Mai
1265 weist es den Anspruch zurück, den der Orden gegen den
Abt von Clunjr auf die Gerichtsbarkeit in £scuro]es erhoben
hatte. '^j Hierher gehört aucli seine Entscheidung vom IG. Mai
1266t wonach in der Normandie die Leute des Ordens vor die
Königlichen Gerichte nicht durch seine, sondern des Königs
Sergeanten zu laden waren. ^) Übrigens brachte der Orden
gelegentlich die Gerichtsbarkeit in ganzen grösseren Bezirken
auch durch Kaufan sich. Wenigstens kassiert am 8. Juni 129^
Bonilaz VIII. einen Vertrag derart, wonach König Jakob IL
von Arogonien die Gerichtsbarkeit in den Schlössern und Dörfern
Onda, Gallur und Avenionet in Catalonien, die sein Vorgänger
Peter Ul. sich bei einem früheren Abkommen ähnlicher Art
ausdrücklich vorbehalten hatte/) dem Orden gegen die Summe
von ftinfzehntausend Denaren überlassen hatte, mit Rücksichi
auf den zu niedrigen Preis und die bei dem Abkommen geilbl;e
Ausnutzung der augenblicklichen Notlage des König)^ durch
den Orden, der in jenem dem Ordemischloss Ampoeta banach-
barten Gebiet dadurch die Rechtsprechung in Zivil« und
Kriminalsacben an sich gebracht zu haben glaubte.^) Dieiee
Vorgänge, besonders charakteristisch fiir die OrdenspolitiJ^
werden sicherlich nicht vereinzelt geblieben ttein.
Andere Eigenmächtigkeiten des Ordens ähnhcher
lernen wir aus den Akten des Provinzialkonzüs zu Ri^z L
H ELmI. HO. 2967 Hl S. mil
<} Ebd. no. 3137 (ILl, S. 10*4.
*i Ebd. no. nm iiii; s. isi^).
*i V«rlnig voi» 7, Uirsi^ailioi' VJükK
^ Khd, HO* 4tftf ilU. S, Uli
a7S6 mr* S. 3dil
Die exemte Stellung dta Hogpitaliter-Ordens.
unen.^) Dort wurde nicht bloss über die Missachtimg ge^
klagt, mit der der Orden sich über kirchliche Strafurteile hin-
wegsetze, indem er von ihnen Getroffene sogar als Konfratres
aufDahm und sie dadurch unwirksam machte, sondern insbe-
sondere noch darüber, dass er die Häuser anderer Orden und
Kloster okkupiere, gelegentlich sogar gewaltsam. Diejenigen
Ordensleute, die dergleichen begangen und nicht binnen acht
Tagen gut machen, sollen, so erklärt das Konzil, ohne weiteres
exkommuniziert sein: denn so lange der Orden den Prälaten
nicht die schuldige Ehriurcht erweise, sei auch von diesen nicht
za, Terlangen, dass sie seine Privilegien achten und schützen,
vielmehr müsse er mit dem Masse gemessen werden, das er
selbst anwende* Remgemäss wird weiter bestimmt, diejenigen
Angehörigen einer anderen Genossenschaft, die zu einer solchen
Übertragung ihres Konventes an das Hospital Hilfe leisten*)
oder selbst übertreten würden, sollten aus der betreffenden
Qenossenscliaft ausgestossen und in einem anderen Hause der-
selben auf Lebenszeit eingeschlossen werden. Die Strenge dieser
Bestimmung beweist von neuem die gegen den Orden herr-
schende Erbitterung.
Von solcher finden wir aber auch in anderen Kreisen früh-
zeitig Spuren. Ja, sie scheint sich gelegentlich in Gewalttaten
gegen die Rittermönche entladen zu haben. Bereits Alexan-
der Hl, befahl den Prälaten, diejenigen zu exkommunizieren,
die einen Hospitaliter festhielten, vom Pferde würfen oder sonst
vergewaltigten,') und Honorius UI, wies am 21. Januar 1217
die Geistlichen an, diejenigen von ihren Pfarrkindem, die ver-
dächtig seien, einen solchen geschlagen zu haben, zur Leistung
des Rjeinigungseides anzuhalten.*)
>) Martene, Tbea, «leedot. IV, col. 196, ean. 12.
*) Am 22. September 1297 inkorporiert Bgnifaz VUI. die Benedikt
iutembiei S. Atigelo del Pakz^ dem Orden. Ebd. no. 4S56 (II, S. 721).
Ein Beifipiel von dem friedlicben Übertritt eine« Konvents zum Hospital
gibt CftTittlftire no. 4477 (III, 8. 788) vom 14, Norember 1299.
«) 19. Juli 1171, 78 oder 80 Cartulaire no. 439 (I, 8,297).
*) Ebd, no, 1533 (IT. S. 210),
186
H, PfuU
In einem auffallenden Missverhältnis zu alledem steht die
bis zum Ausgang der Ereuzzüge nicht abreissonde Reihe der
päpstlichen Qunster weise fiir den Orden, Es handelt sich dabd
nicht bloss um die immer wieder erneute Bestätigung der für
dessen Grösse grundlegenden Freibriefe Innocenz' II. und Ana-
stasius'IV., sondern auch um Erlasse zu seinen Gunsten in
minder wichtigen Dingen, Vermahnungen der ihm abgeneigten
Prälaten und für ihn eintretende Verftlgungen in einzelnen
Streitfällen mit geistlichen oder weltlichen Grossen. Die von
ihm an der ramischen Kurie bestellten Prokuratoren haben
augenscheinlich eine unermüdliche Tätigkeit entfaltet, deren
Spuren uns namentlich im Beginne eines neuen Pontifikates
und wahrend der Vorbereitung eines neuen Kreuzzuges in der
päpstlichen Kanzlei auch zahlenmiissig deutlich entgegentreten .
Es liegen z. B. von Honorius UL aus der Zeit vom 1. Januar
bis zum 5. März 1217 nicht weniger als neunundvierzig für
den Orden ergangene Breven und Bullen vor.*) Entsprechend
gross ist die Zahl der ganz allgemein gehaltenen päpstlichen
Erlasse, die ihn dem Wohlwollen der Prälaten empfehlen oder
diese zur Bannung derjenigen auffordern, die den Orden schädigen
oder in seinem Besitz kränken — BegrifiFe, denen der Orden
allmählich eine von der Kurie ursprünglich wohl nicht gewollte
Deutung gab. Aber selbst in diesen päpstlichen Schreiben
findet zuweilen die gegen den Orden umlaufende Üble Nach-
rede eine Stelle: Honorius HI, erwähnt am 24. November 1218
der ungünstigen Berichte, die aus Palästina Heimkehrende über
seine dortige Wirksamkeit erstatteten, und meint, danach würde
auch er tibles zu denken genötigt sein, hätte der Orden nicht
gerade in der letzten schweren Zeit sich so glänzend bewährt.^)
Beachtenswert ist es, dass allgemeine päpstliche Mahnungen
zu Gunsten des Ordens besonders häufig nach Frankreich er-
gangen zu sein scheinen, Innocenz IT* richtet solche am
11. November 1250 an die dortigen Prlilaten zu Gunsten den
'» Ebd. HO. 1527 II. ff.
«) Ebd. no. 1632 (H, 8. 353).
Die exemU Stellung des HoapUaliter-Ordem.
187
französischen Ordenszweiges.*) Bereits am 24. März 1251 muss
er sie wiederholen: die Prälaten sollen Ordensleute nicht vor
ihr Gericht laden und das dem Orden widerrechtlich Entzogene
zurückgeben.*) Noch Martin IV, hat das am 1. Juni 1282
Klerikern und Laien in Frankreich zu untersagen.*)
Danach gewinnt es doch den Anschein, als ob die Mias-
stände, die sich aus der dem Orden eingeräumten Stellung für
Kirche und Staat ergaben, in Frankreich lästiger empfunden
und daher auch kräftiger bekämpft worden seien als anderwärts.
Das aber entspricht vollkommen dem Vorsprung, den Frank-
reich infolge der Erstarkung das nationalen Königtums durch
seine straflFere staatliche Organisation vor den übrigen Ländern
damals bereits gewonnen hatte. Im Hinblick auf ihre Zukunft
war es für den werdenden Staat und das ihn tragende König-
tum eine politische Notwendigkeit, dass den zersetzenden Wir-
kungen rechtzeitig Einhalt getan wurde, welche unter dem
Schutz ihrer sie eigentlich über alles Recht stellenden Privi-
legien die grossen geistlichen Ritterorden vermöge ihres unge-
heuren Besitzes und der entsprechend grossen Masse der von
ihnen abhängigen oder an ihr Interesse gebundenen Leute auf
die kirchliche und staatliche Ordnung ausübten und die um
so verderblicher zu werden drohten, als bereits auch im gesell-
schaftlichen und im wirtschaftlichen Gebiete grosse Neubil-
dungen im Gange waren. Deren energischen Vertretern bot
der Hospitaliterorden zu seinem Glück jedoch nicht die Hand-
habe, vermöge deren sie den ganz ähnlich gestellten Tempel-
hermorden zu Fall brachten.
1) Ebd. no, 2543 (II, S. 700).
*) Ebd. no. 2558 (U. 8. 707).
•j Ebd. no. 3792 (III. S. 431).
Sitzungsberichte
der
König! . Bayer. Akademie der Wissenschaften,
Sitzung vom 5. März 1904.
Philosophisch-philologische Klasse.
Der Klassensekretär legt vor eine Mitteilung des korre-
Etndierenden Mitgliedes Dr. E. Schlag intweit in Zweibrücken:
Verzeichnis der tibetischen Handschriften der
Königlich Württembergischen Landesbiblio-
thek zu Stuttgart.
Diese Sammlung, deren Zustandekommen durch die Be-
ziehungen der beiden Höfe zu Stuttgart und St. Petersburg
erklärt wird (eines der Stücke trägt den Namenszug der Kaiserin
Katharina IL in Golddruck), besteht ohne die Schriftproben
und Bruchstücke aus zweiundzwanzig Werken und Abhand-
lungen, welche eingehend beschrieben werden.
tHerr Mfiseb halt einen lUr die Sitzungsberichte bestimmten
Vorbrag:
L Kritische Beiträge zu den Briefen des Ahetors
W Alkiphron.
Im Anschlüsse an die neue kritische Ausgabe Alkiphrans
foo Menno Anton Schepers (Groningen, J» B. Wolters, 1901)
spricht er über Wert und Abfassungszeit dieser Briefe, über
die Sprache Alkiphrons und seine Beziehung zu Lukian. Er
weist nach, da&s Lukian als Hilfsmittel der Kritik für Alki-
phron beigezogen werden müsse, und sucht auf Grund der
neuen kritischen Ausgabe schwierige Textesstellen zunächst de^
1. und 2. Buches der Briefe AJkiphrons zu verbessern.
190t, 8IUs»b. d. |>bi1oft.-phlloL n. d. biiiL Kl. iS
190
Sitzung vom 5. Mörss 1904.
Historische Klasse.
Herr RiaoAUKK macht eine für die Sitzungsberichte be-j
stimmte Mitteilung:
Kleine Beitrüge zur antiken Münzkunde^
worin er eine Bronzemtoze yon Kremna in Pisidien mit eii
HarpoknitesdarstelluDg, ein bis jetzt unbekanntes attisches 1
Tetradracbmon Jüngeren Stils mit dem Beizeichen einer drei*J
gestaltigen Hekate, ferner eine Reihe von bisher unbekannten
Diobalen vod Apollonia Pontica bespricht und schlie.sslich einige
wichtige Fundstücke aus der frühgeschichtlichen und römi^hen
Zeit Bayerns bekannt gibt.
Herr Doebebl hält einen für die Denkschriften bestimmt
V^ortrag:
Bayern nnd die deutsche Erbebung gegen Napoleon I.
Auf ßrund der ihm zum ersten Male zugfinglicb gemachten
Münehener Staatsakten schildert er zunächst die Ge^amtötimmung
der Zeit, die Zwangslage Bayerns insbesondere, aus der heraus
sich der Anschluss an Frankreich vollzogen hatte, die äusseren
Vorteile und die inneren Reformen, die eine Zeitlang Napoleon
als den Wohltäter Bayerns, Frankreich als das Land des poli-
tischen Fortschritts erscheinen Hessen, Dann zeigt er, wie
diese Sympathien schon vor der russischen Katastrophe sehr
ins Wanken gekommen waren. Zur Zeit des Frühjabrsfeldzugs
1813 war die Mehrheit des Volkes nicht bloss in Neubayern,
sondern auch in Altbayern gegen Napoleon. Die Regierung
selbst erfüllte keineswegs, wie Treitschke meint» mit gewohntem
Eifer ihre Vasallenpflichten gegen den Beherrscher des Rhein- \
hunds; sie war vielmehr nehon April auf Mai. trotz des Ab-
bruchs der diplomatischen Beziehungen zu Preussen, auf dem
Sprung, über Österreich ins Lager der Verbündeten hinüber zu
achwenken. Zuletzt wird Schritt für Schritt der wii^ ' ' \o-
achluas Bayerns an die Alliierten während des Heii jgs|
geschildert, das kluge Vorgehen der österreicbischen Üiplomatio,
die Haltung des Königs von Bayern, der Anteil, der Montgclaa ]
und Wrede an dieser bedeutungsvollen Wondung gebührt.
Das Jahr 1901 hat uns eine neue kritische Ausgabe der
Briefe des Rhetoi*s Alkiphron gebracht, in Groningen bei Wolters
erschienenf von einem jungen Niederländer Menno Anton Scbepers,
fUr einen Anfänger eine sehr anerkennenswerte Leistung, die
von der tüchtigen Schulung der jungen Philologeu in den
Niederlanden ein rühmliches Zeugnis ablegt. Da die Ver-
gleichuDg der Handschriften in der Ausgabe von Seiler, welche
1853 erschienen war, nicht genügte, hat Schepers 8 Pariser,
2 Wiener und die Leidener Handschriften sorgfältig neu ver-
glichen und hiemit eine feste, sichere Grundlage für die Kritik
dieses Schriftstellers geschatten. Da keine Handschrift über
das 11. Jahrhundert hinaufgeht, die meisten späteren Jahr-
hunderten angehören, ist der Text noch vielfach entstellt, er
leidet an Verderbnissen aller Art, ist durch Auslassungen,
Zusätze und Interpolationen nicht selten schwer geschädigt.
Ohne Zweifel wird sich der kritische Apparat durch Aus-
scheidung unnützer Handschritlen vereinfachen lassen , doch
wird es selten einem Anlanger gelingen, einen kritischen Apparat
in der knappsten Form herzustellen. Allein etwas praktischer
hätte Schepers die Sache anfassen können. Es sind, von deu
Fragmenten abgesehen, im ganzen 118 Briefe» die Schepers 1
t\xm erstenmale auf Grund der ältesten und besten Handschriften {
13»
192
K. MeiÄer
in vier Gruppen oder Bücher eingeteilt hat, so dass wir
nun 22 Fischerb riefe, 39 Bauernbriefe, 41 Parasitenb riefe und
1 6 Hetärenbriefe zählen. Keine Handschrift enthält sämtliche
Briefe» sondern jede nur eine Auswalil. Da nun die Kume*
rierung der Briefe bei Scbepers mit der alten in der Ausgabe
Seilers nicht mehr übereinstinintt, so braucht er beim Zitieren
für jeden Brief, obwohl die Dreisten Briefe sehr kurz sind|
5 Zahlen: die 2 alten und die 2 neuen Nummern und die
ParagraphenzahL So ist der Apparat schon durch eine lästige
Masse von Zahlen überladen* Hätte er sämtliche Briefe von
1 — 118 fortlaufend numeriert und eine Tabelle mit einer ver-
gleichenden Übersicht über die alte und neue Zählung seiner
Ausgabe beigegeben, so hätte er beim Zitieren meist mit einer
einzigen Zahl ausgereicht Ich werde bei AnlXlhrungen im
folgenden der Einfachheit wegen die alte Zählung beibehalten»
Wir wissen von Alkiphron nichts als dass er ein Uhetor
war. Auch die Zeit der Abfassung dieser Briefe ist uns al»o
unbekannt. Sie muss aus Inhalt und Sprache, so weit dies
möglich ist, erschlossen werden. Schepers schliesst sich hier
ganz au die Ergebnisse der Untersuchung von Hermann Reich
^de Alciphronis Longique aetate* (1894) an, wornach Alkiphron
zwischen Lukian und Alian anzusetzen wäre und die Abfassung
der Briefe in die Zeit von 170 — 200 nach Christus fiele. Aber
diese Ergebnisse sind durchaus nicht feststehend. Vermutlich
konnte Schepers die von Fritz Scholl im Jahre 1900 besorgte
zweite Auflage von Erwin Rohdes bedeutendem Werke „Der
griechische Roman und seine Vorläufer* nicht mehr benutzen«
worin Rohde (S. 535 Anm. 3 a) die Aufstellungen Reichs einen
ganz unhaltbaren Bau von Annahmen nennt Denn er habe
weder bewiesen, dass Alkiphron den Longus nachahme noch
dass Alkiphron von Alian in seinen Bauernbriefen nachgeahmt
werde, und damit falle seine ganze Kombination über den
Haufen. Es sei ganz ebenso möglich (eigentlich aber viel wahr-
scJieinLicher), dass Longus aus Alkiphron und dass Alkiphron
aus Älian schöpfe. Rohde selbst (S. 369 und 535) betrachtet
Alkiphron als einen Zeiigeno^sen des wenig filteren Lukian und
Ober die Briefe des Hhetorg Älkiphron,
193
stützt diese Annahme durch die (von Franx Passow zuerst her-
vorgehobene) Vereinigung der beiden Namen bei Aristänet 1, 5
\4l?(iq?ga}V Aovxtarto und 1^ 22 AovHiarog \ilxi<foov(. Doch
kann auf diese willkürlichen und ersonnenen Briefüberschriften
durchaus kein Beweis gegründet werden. Wenn man die Sprache
Alkiphrons genauer studiert, die nicht mehr die Reinheit und
Glätte der Sprache Lukians zeigt, wird man vielmehr zu der
Überzeugung kommen, dass Alkiphron um mehrere Jahrzehnte
nach Lukian anzusetzen ist. Alkiphron bemüht sich, rein
attisch zu schreiben; aber es wäre verkehrt, alle Verstösse
gegen den attischen Dialekt» die sich in den Hundschriften
finden t aus dem Texte entfernen zu wollen. Schepers sagt
daher mit R^cht (praef. S, 21): ,An Cobet mich anzuschliessen,
was Hercher fast überall getan hat, wagte ich nicht, in der
Überzeugung, dass die Rhetoren und Sophisten des sinkenden
Zeitaltera mit dem attischen Dialekt in Wirklichkeit nicht so
vertraut waren, dass ihnen nicht dann und wann wider ihren
Willen Formen und Wendungen der gemeinen Sprache ent-
schlüpft wären." (Cobetum sequi, quod fere ubique fecit Her-
cher us, non ausus sum, opinatus sequioris aevi rhetores atque
sophistos revera non ita dialectum Atticara imbibisse, ut non
idanttdem invitis iis exciderint fc*rmae ac dictiones r^/c xotvtjg,)
So urteilt Schepers in der Vorrede mit gesundem Sinne, aber
tatJänchlich hat er sich doch bei der Ausführung seines Planes
I allzusehr von Cobet leiten lassen. So schliefst er gleich im
■ 1. Briefe Ix <PakfiQiov ,aus Phaleron* mit Hercher ein, weil Cobets
" Machtgebot lautet ,Attici fPaXt]o6&Ev\ wie im IL Bnefe richtig
^ steht. Allein wer möchte glauben, dass Alkiphron im 1. Briefe
nicht habe ix ^aktjgmr schreiben können nach Analogie von
|pc Jfovfv^üa^, das im 2, Briefe steht, wofür er nach Stephanos
Wn Byzanz auch MovrvyJai^Ev hätte sagen können? Wie man
hei solchem Purismus dem überlieferten Texte Gewalt antun
muss, zeigt ein kleiner Satz aus 3,40, der deutsch lautet: ^es
ist offenbar, dass er das Geld verachtet und die Landwirtschaft
hasst^, griechisch nach der Überlieferung in den Handschriften:
tvdfjkoy M iaxi aal XQimdxmv nagiogär xal yecoQytav mvyBir*
IXH
K, Meiser
Tm ^ba SikU attisch zu machei), muss für nEgtagäv ^negogäv
bd4i werden, und da e{fd7)kov nicht mit Infinitiv kon-
JkUaM^it w^rdon darf", niuss man verbessern entweder mit Cobet:
^^O^Aoii W tüTt — önegoQiöv und arvycov oder mit Karl Friedrich
I llvitiiann: tßdrjXov dk Su — {me^og^ und arvyet Schepers hat
iimch an Hermann angeschlossen. Aber darf man so mit dem
llWrlif^forten Texte umgehen? Heisst dies nicht den Autor
'^Ibnt statt des Schreibers verbessern? Ich glaube« der über-
Itt^forto Text muss in diesem Falle unangetastet bleiben. Auch
rhitarcli setzt, vielleicht unter dem Einflüsse von TttoiyiyvEfr^i,
niQtf:tvai nvogt jregioQäv mit Genetiv (amator. p. 764 D töiv
d* äXXu}v 7idvrü}v Tiegtogäv, wo freilich Herwerden ebenfalla
Imigogäv verbessert hat). Ferner macht man die Beobachtung,
dass Aikiphron zuweilen eine unkorrekte Inflnitivkonstruktion
zulüsst, vielleicht durch Einwirkung der lateinischen »Sprache.
So setzt er, wenn auch nur vereinzelt, den Infinitiv statt ön oder
Partizip nach oUn (1,25), ytyt'a)axü> (3,10), Lilarajuai (8,29),
Es versteht sich, dass man solche Stellen nur notieren, aber
nicht emendieren darf.
Die Sprache des AJkiphron ist Überhaupt höchst merk-
würdig. Er schreibt nicht mehr, wie er spricht. Seine Sprache
ist eine Kunstsprache. Sie beruht auf einem sorgfaltigen
Studium der besten Schriftsteller von Homer bis Luldan, die
er mit gross ter Meisterschiift ausbeutet, ohne den Fundort
anzugeben. Wenn alle entlehnten Ausdrücke mit Anführungs-
2eichen versehen würden, bliebe von eigenem wenig mehr übrig.
Seltsam ist dabei, dass kein Unterschied gemacht vnrt] zwischen
poetischen und prosaischen Ausdrucken, Er nimmt die Au^
drücke, wo er sie findet, ob sie nun bei einem Dichter oder
Prosaiker stehen, wenn sie nur in Sinn und Zusammenbang
passen. Poesie und Prosa fliesst in einander üben Warme
Winterkleider nennt er (3,41) dhimißw , windabhaltende*
weil t» bei Homer Od. 14,529 von Eumaios heisst:
Einen Rpit/.l)uben, der \m einem Bauern eingebrochen ilfT
um /u stt'lilrn. srhiMi'rt fl«*r Hain*r\ der sirli vor iliin niitbfr't,.
über die Briefe de» Bhetore ÄlHphron.
195
mit den Worten (3, 19): ,er blickt wild darein, zieht die Augen-
brauen zusammen, hat üppip^ entwickelte Schultern uod kräftige
Schenkel* dgtptv ßkinn nai xo^oitotd tag offQVQ xal og Qtyajyjag
l^ci Toi'^ fti/iovc xal ^6quv ti)v iTityovvida rpaivEi. Die ersten
Ausdrücke finden sich bei Aristophanes, die letzten Worte
imyovvida tpalvii sind der Ausgang eines Hexameters bei Homer
Od, 18, 74, wo Odysseus sich zum Kampfe mit Iros rüstet und
line kräftigen Schenkel aus den Lumpen zum Vorschein kommen,
'2&S die Freier erstaunt ausrufen: Mit Iros wird ea bald aus
ßUS, nach dem Schenkel zu schliessen, den der Alte aufweist.
Von den Philosophen sagt Alkiphron (3, 14); «Jene Gross*
Sprecher, die keine Schuhe tragen und bleiche Gesichter haben*
lorc dkaCowag ixetrov^ rot^- drvjiodtjrov^ xal ct>;f£jt(yi'Tac. Diese
drei Ausdrücke stehen bei Aristophanes in den , Wolken** Vers 102.
Alkiphron ist Atticist, aber seine Sprache steht um eine
Stufe tiefer als die Lukians. Er gebraucht Ausdrücke und
Formen, die sich bei diesem noch nicht finden, wie yeriota
«Geburtstag' statt yevi&ha^ den Superlativ aln)^g6TaTov statt
aTöXioxov^ das Futur i^Blovrrat statt iiatgfjoo^Tai^ den Imperativ
(▼on ii^tl) loo statt la&i^ den Aorist ihXiodtjaiv statt mhoBiv u.s. w.
Soll all das hinweg emendiert werden, um ihn attischer zu
machen^ als er in Wirklichkeit war?
Er liebt die attische Sprache, er liebt Athen und Attika.
Einen Parasiten, der den Peloponnes und Korinth besucht hat
und unbefriedigt nach dem geliebten Athen zurückkehrt, lasst
er (3, 51) ausrufen: „Möge es mir vergönnt sein, Vorkänipferin
Athene und Schirmerin der Stadt, in Athen zu leben und zu
sterben! [i^l yh'oijo, ngdfia^e \i^rjvfi xal jjohovx^ '^^^' äaiEog,
*Adrjvriot xal l^ijaai xal xov ßiov 6noXt7%eiv.) und so hat er uns
in seinen Briefen kleine Kulturbilder aus dem reichen attischen
Leben geschaffen, von denen einige zu den Ferien der grie-
ebiaoben Literatur zählen, viele uns durch ihre schlichte Natur-
inihrfaeit und Treue ungemein anziehen und fesseln. Wenn
&wiii Rohde sagt (a, a. 0. S. 369): „Alkiphron, wohl ohne
Zweifel von dem wenig älteren Lukian angeregt, aohöpffc seine
Stoffe vornehmlich aus der neueren Komödie: er stellt uns das
TW
K, Mtiser
^ptaiKgr^sukUÜ'iA^^ gmksstmie Stilleben der AUiener der be*
Ijiiii^tiiirTi iMlIniiftwbeo Zeit in fein gezeichneten Skizzen Tor M
ib|||«i*'* iö cfenkl er dabei vorzugsweise an die Parasiten- und n
h^^bmbfUiil^ unter denen der Briefwechsel Menanders und Gly-
bifih^ vln^ hi>A<t*» Uterargeschicbtliche und allgemein menseh- M
ÜlsIkM^ hlhtunw «rweckt. In den Fischer- und Bauernbriefen,
MH ÄMM Vm mnächst die Rede sein soll, werden die Leiden i
tMnl VWitil^a dieser beiden Berufsarten in bunt wechselnden ■
IWtJkit«! kOtllsl anschaulich vorgeführt Es ist zwar an sich
^ V«fll#llfi«r Qedanke, Fischer und Landleute, von denen
HmiM attaunehmen ist, dass sie lesen und schreiben konnten,
te Urimftimbäal treten zu lassen, aber im Grunde ist dies doch
iMA ikraiger zu beurteilen als unsere Dorfgeschichten^ die ja
m/tk lliiit nur eine idealisierte Wirklichkeit widerspiegeln,
X^h hui sich Alkiphron mit feinem Geschmaeke im allge-
üMitt^n wohl gehütet^ seine Fischer und Bauern allzuviel Kultur
y^ Bitdung verraten zu lassen, aber sie zeigen eine schiine ^
MilvldliUchkeit, die uns wohltuend berührt. Obgleich der Ver- I
|fb»»r noch durchaus auf heidnischem Boden steht» erfüllen
W» dttS Gebot «der Mensch sei hilfreich und gut*; denn der m
S||inio)t »Freunde haben alles gemeinsam" {^oird ra rojv ^f^iXojy) |
wird immer wieder hervorgehoben. Ja selbst die Mahnung
^ImImiI einander!* klingt aus dem Adjektiv r^dnUfi?.ot (3,73)
wWiW, ein Wort, das zuerst bei Epiktet sich findet, der an die
Slidlf» des aristotelischen 6 äv&gmnog ipiaei noktrtxAv C^oy <
(l\A, 1, l, 9) i<poy ipddlhjkov setzte. (Epict. disa. 4^ 5, 10
«ind 17 vergL 3, 13, 5. 4, 1, 126.)
Auch zu den Tieren stehen die Menschen in einem freund*
lioboti Varhiiltnisse. Wie hübsch ist es, wenn der Landmaon, |
%\f^t tut Geburt4*tagsfeier seines Sohnes seinen Freund mit Weib,
Kindern und Knecht einlädt, hinzufügt: ,, Wenn Du willst, kannst
Uli «luch deinen Hund mitbringen^ der ein so wackerer Wachte
tii und durch ^eiu lautes Gebell diejenigen verscheucht, die
den Uffdon nachstellen. Ein so braver verdient es wohl, mit
uns gi^meinsam zu schmausten* (3, 18). Auch der Segen der
Arbeit wird anerkannt. Wenn der Bauer seiner Frau Wolle
über dU Briefe den RheiorE Alkiphran,
197
schickt, die sie zu Sommer- und Winterkleidern verarbeiten
8oUf mahnt er sie, auch die Tochter anzuhalten, Seissig mit-
l^arbeiten, damit sie dereinst als Frau ihren Eltern keine
j^Bcbande mache, und fleissige Mädchen, schreibt er, sind in der
Regel auch sittsame Mädchen (3« 41). Die Anziehungskraft,
L welche die Stadt auf das Landvolk ausübt, wird lebhaft ge-
rBcbildert. Ein Bursche vom Lande sehnt sich, die Stadt und
das Leben in der Stadt kennen zu lernen. Er bittet einen
älteren Freund, der öfter in der Stadt weilt, bei seinem nächsten
Besuche der Stadt auch ihn mitzunehmen. „Denn auch ich,
meint er, bin jetzt alt genug, mich weiter auszubilden, da mir
bereits der Bart sprosst; und wer wäre so geeignet wie Du,
mich in die Geheimnisse der Stadt einzuweihen?" (3,31),
Das Mädchen vom Lande schwärmt für die religiösen Feste
in Athen. Voll Entzücken schreibt sie aus der Stadt an ihre
Hutter: „Bei alieo Göttern und guten Geistern beschwöre ich
Dieb, meine liebe Mutter, verlass doch auf kurze Zeit die kahlen
Felsen und das Land und betrachte Dir noch vor Deinem Ende
die Herrlichkeiten in der Stadt 1 Denn was bleibt Dir alles
I unbekannt, was kennst Du alles nicht! Die Haloen, die Apa-
llurien, die Dionjsien und das heiligste Fest» das jetzt eben
gefeiert wird, die Thesmophorien. — — Wenn Du Dich be-
eilst, kannst Du morgen noch das Fest der Kalligeneia mit
den Athenerinnen leiern. Komm also, zögere nicht, ich be-
schwüre Dich bei meinem und meiner Geschwister Heil, Denn
sein Leben zu besch Hessen, ohne die Stadt kennen gelernt zu
haben, das verhüte der Hinmiel, da es tierisch und stumpf-
sinnig ist. Verzeihe, liebe Mutter, meine freie Rede, die nur
Dein Bestes will; denn schön ist es, mit allen Menschen rück-
h^tlos zu verkehren, vor allem aber ist es Pflicht, den eigenen
Angehörigen gegenüber die Wahrheit zu sagen* (3,39).
Man braucht nur wenige derartige Briefe gelesen zu haben,
um sich J5U überzeugen, dass Älkiphron ein begabter, erfinde-
rischer und selbständiger Kopf war, der es nicht nötig hatte,
bei anderen zu borgen. Er gehört nicht zu jenen geistlosen
Kachahmern, von denen Horaz sagt (Ep. 1, 19, 19)i „0 ihr
198
K, Mewer
Nachahmer, ihr Sklavenj^ezüeht, wie hat mir euer lärmendfl
Treiben oft die Galle erregt, oft mich zum Lachen gebracht!*
(0 imitatores» servum pecus, ut mihi saepe bilem, saepe iocum
veatri movere tumiiltus!). Wie weit er etwa von den Dichtern
der neueren attischen Komödie abhängig war, können wir nicht
beurteilen» da uns die betreifenden Stücke fehlen. Für seine
Abhängigkeit von Lukian in stofliicher Beziehung führt man
hauptsächlich zwei Schriften Lukians an: ,den Hahn* und «das
Symposion*- Allein eine genauere Vergleichung der beiden
Schriften Lukiaas mit den betreffenden Briefen des Alkiphron
(3, 10 und 3, 55) füllt durchaus nicht zu Alkiphrons Ungunsten
au8. Seine Briefe sind meist kurz und gut, er weiss mit wenig
Worten viel zu sagen, Lukian ergeht sich in behaglicher und
gefälliger Breite, Eine Nachahmung dürfte schon aus diesem
Gnmde sehr schwierig sein, und was wollen 2 Stücke gegen
118 Briefe besagen?
Dass einem Annen träumt, er sei plötzlich reich geworden,
ist ein naheliegender, allgemein menschlicher Gedanke. Lukian
bedient sich dieses Traumes als Einleitung zu einem längeren
Gespräche, in welchem die Vorzüge der Armut und die Nach-
teile des Reichtums auseinandergesetzt werden. Bei ihm ist
der Träumende Mikyllas, ein armer Schuster in der Stadt, der
einen Hahn besitzt; vielleicht weniger gut erfunden, weil der
Arme, der selbst nicht genug zu essen hat. diesen Hahn doch
täglich füttern muss, aber Lukian braucht den Hahn, weil
dieser durch sein Krähen den Traum stören soll und mit ihm
das folgende Gespräch geführt werden muss. Bei Alkiphron
ist es ein Bauer, der träumt» der naturgemäss auch einen Bahn
besitzt, Lukian begründet umständlich, wie Mikjllos zu diesem
Traume kam. Er war nämlich zum erstenmale in seinem Leben
eingeladen und zwar bei dem reichen Eukrates /.ur Feier dos
Geburtstages der Tochter (an sich nicht gerade wahrscheinlich,
das« einer der Heichston einen armen Schuster ^u Tische hidti
weshalb Lukian ihn nur als Ersat*/mann für einen krank ge-
meldeten Ga.^t eingeladen sein h'isKt) und in der Nacht nacli
diesem glän'^^niden Mahle träumte ihm, (\ü»i< Kukratea sierbend
über die Briefe dei Rheton Alktphrov,
199
ihn zum einsiigen Erben eingesetzt habe. Bei Alkiphron steht
ron all dieser unnötigen Begründung des Traumes nichts. Der
Schuster sieht sich also bei Lukian im Traume plötzlich reich,
Gold und Silber kann er mit Scheffeln messen, die ganze Ein-
richtung und Dienerschaft des Eukrates ist sein. In einem
Schimmelgespann fahrt er spazieren mit VniTeiteni und Gefolge,
Tou allen bewundert und beneidet. Priiehtig gekleidet, mit
schweren Ringen an den Fingern, etwa 16 Stück, lässt er ein
sartiges Mahl für seine Freunde bereiten. Eben will er
IS goldenem Becher auf die Gesundheit seiner Freunde trinken:
da kräht der Hahn und die ganze Herrlichkeit ist dahin.
Es ist gewiss sehr realistisch ausgedacht, dass der arme Schuster
kein grösseres Glück kennt als die Tafelgenüsse, aber der Bauer
bei unserem Alkiphron ist ohrgeiziger und hat sich ein höheres
Ziel gesetzt. Auch er sieht sich im Traume plötzlich stein-
reich, ein Schwann von Dienern folgt ihm, eine Menge Ringe
mit wertvollen Steinen tragt er an den Fingern, seine Hände
sind zart und zeigen keine Spur von grober Arbeit. Schmeichler
stellen sich ein, und die Athener wollen ihn eben im Theater
zum Heernihrer ausrufen: aber mitten während der Abstimmung
kräht der verruchte Hahn und die Erscheinung verschwindet.
Sehr passend lässt Alkiphron den Land mann seine briefliche
Mitteilung des Traumes mit dem Hinweis auf den Volksglauben
chliessen, wornach Träume zur Herbstzeit, wenn die Blatter
abfallen, nicht in Erfüllung gehen. Bei Lukian ist davon
nicht die Rede.
Zeigt sich hier bei Behandlung des gleichen Stoffes Alki-
phron durchaus selbständig, so ist dasselbe auch der Fall bei
dem Symposion. Symposien, an denen Philosophen teilnehmen,
zu verfassen, war seit Piaton und Xenophon ein häufiger Stoff
und die Philosophen zum Gegenstande des Spottes zu machen,
war seit den Wolken des Aristophanes ein Hauptvergnügen für
alle witzigen Köpfe. Lukians Gespräch, das »das Trinkgelage
ier die Lapithen* betitelt ist, ist eine dramatische Posse
Brbster Art, die sich in 48 Kapiteln (19 Seiten in der Teubner-
Ausgabe) entwickelt. Den Mittelpunkt bildet der Brief des
200
Jt Mmer
nicht geladenen Stoikers Hetoimoklea, der seineni Unmute Aus-
druck gibt, dass er bei der Einladung übergangen worden sei^
eines der witzigsten Stücke Lukians. Dieser Brief, der nach
Luldans Erzählung wie ein Erisapfel in der Gesellschaft wirkte,
führt die Katastrophe herbei. Unter den streitenden Philo-
sophen kommt es zu einer förmlichen Schlacht, bei der es Blut
und Wunden absetzt. Welcher ungeschickte Nachahmer hätte
sich diese lustige Prügelszene entgehen lassen? Aber nichts
von alle dem bei Alkiphron* Der betreffende Brief (»3, 55), der
in der Ausgabe von Schepers 39 Zeilen umfasst, ist der Stoss-
Seufzer eines Parasiten, der darüber klagt, dass Parasiten,
Sanger und Spassmacher bei dem Qelage nichts galten und
tiberflüssig waren, da die Kost-en der Unterhaltung die Philo-
sophen allein bestritten. Bei Lukian feiert Aristänet die Hoch-
zeit seiner Tochter Kleanthis mit dem jungen Philosophen
Chäreas, dem Sohne des Wucherers Eukritos» wozu er Vertreter
von 4 philosophischen Schulen einlädt: die Stoiker Zenothemis
und Diphilos,') den Peripatetiker Kleoderaos» den Epikureer
Hermon, den Platoniker Ion; der Kyniker Alkidamas kommt
uneingeladen. Bei Alkiphron feiert Skamonides den Geburtstag
seiner Tochter, zu dem ausser Vertretern des Reichtums und
des Adels auch Philosophen eingeladen sind. An die Stelle
des Platonikers tritt hier ein Pythagoreer, Es ei-schienen der
Stoiker Eteokles, der Peripatetiker Themistagoras , der Epi-
kureer Zenokrates, der Pythagoreer Archibius und zuletzt der
Ejniker Pankrates,^) Alkiphron be^sch rankt sich darauf « das
anfiingliclje anspruchsvolle Auftreten der Philosophen im Gegen-
satze zu ihrem späteren unwürdigen Verhalten bei dem Gelage
zu schildern, wobei er in witziger Weise die einzelnen philo-
sophischen Systeme charakterisiert. Wenn die beiden Kyniker
bei Alkiphron und Lukian am meisten Ähnlichkeit zeigen, so
hat dies darin seinen Grund, dass die hündische Natur, die
bei beiden Kynikern zum Ausbruche kommt, sich nicht auf
^ Einen Stoiker DipbiJos gtib m im 2. Jahrhundert r» Chr.
«) Ein Kyniker Piinkr«t4*9 wirtl erwähnt Phlloitr. vil. i^hist 1, S
(rar 7jeii dar AntoDine).
die Briefe äe$ Bheiors Älkiphron.
maDnigfaltige Weise darstellen läset. Beide Autoren haben die
gleiche Absicht: die Philosophen an den Pranger zu stellen.
Es veranlasste sie dazu die Heohachtung, dass gerade die Männer,
die mit dem Ansprüche der Bildung und Gesittung auftraten» bei
Trinkgelagen Anstand und Sitte mit Füssen traten. Alkiphron
sagt daher: , Während die anderen Leute von Anfang bis zum
Ende ein gleichnaässiges und unverändertes Verhalten bei dem
Mahle beobachteten, begingen die Philosophen im Verlaufe des
Trinkgelages und bei dera fortgesetzten Kreisen des Bechers
bald diese bald jene Ungeheuerlichkeit. " Und er beginnt den
Brief mit der allgemeinen Betrachtung; , Wenig oder gar nicht
unterscheiden sich von den gewöhnlichen Leuten die Stolzen»
die das sittlich Schöne und die Tugend immer im Munde führen:
diejenigen meine ich, welche die jungen Leute für sich auszu-
beuten suchen.* Ausführlich aber äussert sich hierüber Lukian
in seinem Symposion (c. 34 f,) in diesem Sinne: „Während
dieser Vorgänge stellte ich bei mir allerlei Betrachtungen an,
mein Pfailon, zunächst kam mir der naheliegende Qedanke, dass
die Kenntnis der Wissenschaften offenbar keinen Wert hat,
wenn einer nicht auch sein Leben in Einklang bringt mit
dem Edleren. Ich sah wenigstens, wie jene Männer, die doch
in der Wissenschaft so hervorragend sind, im wirklichen Leben
»ich lächerlich machen. Dann fiel mir ein, dass am Ende doch
fdie Behauptung der Leute wahr sei und das Studium der
Wissenschaften diejenigen, die ihr Auge unverwandt nur auf
lie Bücher und die darin enthaltenen Gedanken richten, von
lern gesunden Menschenverstände ablenke. Wenigstens konnte
man von so vielen Philosophen, die anwesend waren, auch nicht
zufallig einen frei von Fehltritten sehen, sondern bei den einen
war ihr Tun, bei den anderen noch mehr ihr Reden schimpflich.
Denn ich konnte das, was geschah, auch nicht mehr auf
Rechnung des Weines setzen, wenn ich in Betracht zog, was
Hetoimokles geschrieben hatte, ohne noch gegessen und ge-
trunken zu haben* Es war also die verkehiie Welt: die
gewöhnlichen Leute, die ganz tadellos am Mahle teilnahmen,
Zeigten weder Trunkenheit noch unanständiges Benehmen, aon-
202
K. Meiser
dem sie lachten nur und Yenirteilten wohl diejenigen, welche
sie sonst bewunderten, weil sie etwas besonderes hinter ihnen
vermuteten nach ihrem äusseren Anftreten, Die Weisen aber
benahmen sich ausgelassen« schimpften aufeinander, Übernahmen
sich im Essen und Trinken» machten ein tolles Geschrei und|
schritten zu Tätlichkeiten.*
Es ist also nicht frivole Spottsucht, was Lukian und AIki«
ffhron gegen die Philosophen ihrer Zeit reizte, sondern, wie!
man schon aus dieser Stelle sieht, der Widerspruch «wischen
ihrem Leben und ihrer Lehre, und Lukian verdient nicht die
abfallige Beurteilung, welche ihm der geistreiche Verhss^r
der »Grundlagen des 19. Jahrhunderts* (4. Auflage 1903, L ■
8. 298 fl.) zuteil werden lässt« weü es m seine Kassen theorie m
nicht passtf dass ein Syrer irgend etwas bedeutendes geleistet
haben soll Es bleibt aber Lukians Verdienst, dass er aller
Heuchelei den Krieg erklärte, und unter den Vorkämpfern für J
Wahrhaftigkeit steht er in vorderster Reihe. ■
Auch sonst zeigt Alkiphron seine Abneigung gegen die
Philosophen seiner Zeit. Er nennt sie die un beschuhten, die
leichen blassen, die aufgeblasenen Männer, die weder etwas wiss«;n
noch etwas zu tun imstande sind^ was für das Leben nützlich
wäre, die sich unnötigerweise mit den Dingen am Himmel
zu schaflfen machen (8, 14). Er erzählt von einem Vater, der
aus Unverstand und altfränkischer Gesinnung seinen Sohn zur
Unterweisung einem Stoiker übergab, einem gestrengen Alten,
der niemals lachte. Der Sohn zeigte sich sehr gelehrig, denn j
er ahmte vor allem den lockeren Lebenswandel seines Meisters I
getreulich nach (3» 64). Nicht selten mag es vorgekommen
sein, dass selbst Söhne vom Lande solchen Philosophen in die
Hände fielen und dadurch ihrem Berufe, der Landwirtschaftt j
und dem Elternhause entfremdet wurden. So klagt ein Land^l
mann in einem Briefe, dass er seinen Sohn in die Stadt ge»
schickt habe, um Holz und Gerste zu verkaufen, aber er habe
»ich dort an einen Kjniker angeschlossen, der den jongido
Menschen völlig umwandelte, dass er ¥om Land« und aetnenj
Kitern nichts mehr wissen wollte. Er schlieast saina be«)egti^|
her di€ Briefe des Wietars Älkiphron,
Klage mit dem Ausrufe: ^Weh mir, wie hat Dicli, o Land-
wirtschaft, die Schule dieser Betrüger geschädigt! Ich tadle
den Solon und den Dnikon, die es für recht fanden, Diebe,
die Trauben ätehlen, mit dem Tode zu bestrafen, während sie
diejenigeu, die Menschenraub begehen an den jungen Leuten,
straffrei ausgehen liessen" (3, 40),
Ein Gegenstück dazu bildet der Brief einer Mutter vom
Lande, deren Soho Rir den Soldatenstand schwärmte und sich
wohl irgendwo anwerben Hess, „Tue das nicht, mein lieber Sohn,
schreibt die besorgte, soödein kehre zurück zu uns und gewinne
das ruhige Leben lieb (denn sicher und gefahrlos ist die Landwirt-
schaft, da gibt es keine Kriegsrotten, keine Hinterhalte, keine
Schlachtreihen) und werde unsere Stütze im Alter, indem Du dem
zweifelhaften Leben die anerkannte Sicherheit vorziehst** (3, 16).
Ich erwähne noch, um die Stellung Alkiphrons zur Philo-
}phie zu veranschaulichen , den übermütigen Brief, den er
Phais an ihren früheren Liebhaber Euthydem schreiben lässt.
, Seitdem Du Dich entschlossen hast, Philosophie zu studieren,
beginnt sie, bist Du gar vornehm geworden und hast die
Lugen brauen über die Schläfen emporgezogen. In stolzer Hal-
tung und mit einem Buche in der Hand steigst Du in die
Akademie, an unserem Hause aber gehst Du vorüber, als hättest
Du es früher gar nie gesehen.'' Sie enthüllt ihm sodann, dass
sein philosophischer Lehrmeister durchaus nicht der Weiber-
feind seil für den er dich ausgebe, sondern dass er sich schon
lange um ihre Gunst bemühe. »Geflunker sind seine schönen
Ki'den, Aufgeblasenheit und Ausnützung der jungen Leute."
In einem Funkte sei kein Unterschied zwischen einer Hetäre
und einem Lehrer der Weltweisbeit, denn beiden sei es nur
um die Einnahme zu tun. Aber besser sei die Schule der
Hetären: unter ihren Schülern gebe es keine Gottesleugner
und Staatsumwälzer. Aus der Schule der Aspasia sei Perikles
hervorgegangen, aus der des Sokrat-es Kritias. Sie fordert ihn
dann auf, wieder zu ihr zurückzukehren: für so schöne Augen
pa&se nicht der Enstere Blick, und schtiesst ihre lauuige Epistel
mit den Worten: „Nicht lange währt die Zeit, die uns die
iC MeUer
Gottheii zu leben rergöDiit; vergeude sie nichts oline dass Du
es merkst, auf Rätsel und Faseleien!* (1,34).
Weiss Alkiphron in sachlicher Beziehungf auch wenn er
den gleichen Stoff wie Lukiau behandelt, durchaus seine Selbst-
ständigkeit zu wahren, so liegt die Sache ganz anders in sprach-
licher Beziehung. Hier ist er so vollständig von Lukian ab-
hängig, dass die Schriften Lukians geradezu als Hilfsmittel der
Kritik für Alkiphron bei gezogen werden müssen. Dies scheint
mir Schepers allzusehr ausser acht gelassen 2U haben, was
manche Irrungen zur Folge hatte. Ich will daher zunächst
an dem ersten und zweiten Buche bei Schepers den Nachweis
liefern, wie sehr Alkiphron in seinen Ausdrücken und Rede-
wendungen Yon Lukian abhängt und auf der neu gewonnenen
handschriftlichen Grundlage einzelne Stellen des Textes zu ver-
bessern suchen. Den einzelnen Briefen schicke ich eine kunte
Inhaltsangabe voraus; die Briefüberschriften, deren Namen frei
erfunden und meist mit Rücksicht auf den Inhalt des Briefes
gewählt sind, lasse ich ausser acht, dem Herausgeber bereiten sie
bei der Verderbnis der Handschriften keine geringe Schwierigkeit.
L. bedeutet Lukian; [L.] bezeichnet die dem Lukian falschlich
beigelegten Schriften.
Fischerbriefe.
L L
Reicher Fischfang nach dreitägigem Sturme.
1. (bg yäQ rgirrjv raifrrjv elx^ ^ ;f€f/i(l;y t)fiioav. Da es
unten § 3 heisst: TitdQirj de avu} — f)piiQ<i, muss xavtf^v nach
TQiitjv gestrichen werden. Es stammt aus 3,21: *0 f^h dvijQ
dn6dt]^6g loit jLWt tQhrjv ravTf^v tj/tiQuv. Denn wir werden
öfter die Beobachtung machen, dass Parallelstellen aus anderen
Briefen ani Rande beigeschrieben waren, durch welche der
ursprüngliche Text Veränderungen erlitt Es kann nur hoisden:
ojg yiifj T(jitrir rlxtv 6 ;^fi//(J>i' t)^i(jar (,denn wie der Hiorm
drei Tage anhielt*), vergleiche [L.] Hole. 3: imgoxa^, — r^riyi*_
t}b€r die Briefe des Bhetors AlJiiphron,
205
i(fir§9jxti^ ebenso L. ver. bist, 2, 30.
inixXmftiviov rcav HVfidioiv^ L. Tox. 20 toi* vhaxiK im*
8. dJixvong — ^ptigci^ [LJ Haie. 2 tdg äXxttövidag Ttgoa-
ayogevofiivag fjfiioag und bald darauf: (iIhvovI<; i) jt^juegov —
flfUoa. Aristophanes Aves 1594 äkxvoviöaq — tjfjtigag.
oxaffddtov, ebenso Ii. Char. 23 (öfter).
4, q)iklöiLfg^ ebenso L. Tox. 20 (öfter).
xaraßnlövTeg ägyvQtov, Cobet verbesserte richtig jägyvgtov.
Dies zeigt 1» 9 ^Qog tf) xaTaßo).fi rägyvolov und L. vit. auct. 18
tägyvgiov — xaraßaha, ibidem 27 rägyugtoi' xajißalov.
I. 2.
Der Fischfang trägt nichts ein; es ist zum Davonlaufen.
L vTib rfjg (ikiag q^layoitih^otg, so dürfte wohl zu schreiben
[s^D, da der codex Ven. dXeäg hat. L. ver. bist 2,2 äUa re
fjdt) r/y. Die andere Form clXi; hat L. Lexiph, 2 ngog T»)y
Big Tfiv Tojv Javatdwv — nißov. Die Handselirifteu schwanken
Dhen xbv nidov und rohg mdovg. Der Singular wird ge-
stützt auch durch L. Tim. 18 Ig tiy libv Aat'atdmv niSov.
3, tov fUiQaxioHov^ L. mort. d. 7, 2 6 ^etgaxloxog (öfter).
onoyyovg tj^iiv Inharze xo^il^eiv xat rd ix Tijg dakdutig
tg%a, ä (pvEtat iTttnxmg Iv e^gvvA^rjg Etg kfjfjvov. Mit td Ix
rfjg d^akdxrtjg £Qia sind die feinen, braungelben, seidenartig
glllnzenden Byssusfaden der edlen Steckmuschel (Pinna nobilis)
gemeint* Diese Seide wurde gesammelt, gesponnen, zu Kleidern,
Handschuhen, Strümpfen gewebt und zu anderem Putz ver-
arbeitet (s. Jacobitz und Seiler, Handwörterbuch der griech.
Sprache sub v. mwtxdv^ auch myvivov^ sc. eqiov). Was in
unserem Texte auf igta folgt h — kfj^vov ist ein locus despe-
ratus, dessen Herstellung ich auf Grund der Lesart des cod,
Ven. versuche* Diese Handschrift ist sehr nachlässig geschrieben,
wimmelt von Fehlern und ist mit Vorsicht zu gebrauchen, gibt
doch nicht selten einen Fingerzeig zur Gewinnung des
ItO«. SHsffii)}. d. pbUt»B. pbil(>l. 11. d. h\Kt KL U
206
K, Meiser
richtigen Textes. So hat sie im ersten Briefe statt täs AoUla»;
mit leicht erklärlichem Fehler rag vlag. An unserer Stelle
bietet sie merkwürdig statt evQvvofjLtjg das seltsame äßnßnvv6fnjg.
Ich gewinne aus der ersten Silbe äß den zu iv notwendigen
Dativ ßd§et und aus dem Reste den Genetiv äßgom^vijg^ der
abhängt von ftV h]fi^ia, das ich aus dg Xrjfivov verbessere.
Die ganze Stelle würde demnach lauten id — tgia» ä q^verm
imeixcog h ßd-äei äßgoovvTjg Big Itj^ßn lanam, quae nascitur
large in profunde luxuriae in lucrum, (,ünd jüngst gebot uns
der Herr Schwämme zu liefern und die aus dem Meere ge-
wonnene Seide, die in der Tiefe reichlich wächst zur Förderung
der Üppigkeit*.) VergL Elg ßd^og 3, 47, elg tgvtptjv 3, 6*
äßgößiog 1, 12. ix yijg «er! ^aXdxTfjg TQvqprjuaTa 1, 12.
4, Von dem jungen Sklaven Hermon, der, des Fischer-
gewerbes überdrüssig, die Flucht ergriff und sich an Rhodier
anschloss, heisst es nach den Handschriften:
itol 'Podloig ßakavxovQydtg dyajLitx&^k' Aber nicht alle
Handschriften bieten dasselbe: ßaXavotovgyolg NJ, ßalavtovQ'
yoJg FloT. Ven. Dies führt auf ßavavoovgyoTg. Auf Rhodos
sind die Metallarbeiter (die Teichinen) zu hause. Also mit
solchen Arbeitern von Rhodos ging Hermon durch. ßavavaovQ-
yog findet sich bei Pollux 7,6. Justin. Mart. apoL p. 179;
ßavavoovgyia bei Plutarch Marcell. c, 14, Mor. p, 743 F,
L 3.
Nur eine schmale Bretterwand trennt den Fischer vom
To<le; der Landmann hat es besser.
!♦ JitiQ^ — fiadihv L. Herrn. 46 nttQti ^a9tov.
3, Tci^ TQiHv^iag^ ebenso L. merc. cond. 1 (öfter)*
L 4.
Ein Fischer schreibt seinem Weibi?: 1>«> ' ' \si
Clement des Fischers, wie der Fische. Auch ül... .u mt
dieses Leben teilen; wean Du lieber in der Stadt Fcsste feiem
willst^ dann sind wir geschiedene Leute.
über die Briefe den Ehetor $ Älkiphron,
207
L Von den Bewohnern der Städte heisst es: ot ^dv yä^
TU th]fioTu(d bezeichnet nicht, wie Jacobitz und Seiler in
tbreni Wörterbuche angeben, , Staatsgeschäfte ''^ sondern Hand-
werke und Gewerbe, wie deutlich hervorgeht aus L, paras, 1:
rü)v dk dt]fiOTt>c(oi' (seil. T^;f»^ü>v) uva, texrortHi^v tj oxvtoto^uxtjv \
ibidem 20: lix^f^^ — öiajiQfhieü&at. Meineke und Schepers
hatten also zu dieser Stelle Lukian beiziehen und keine Kon-
jekturen machen sollen.
2, Das handschriftliche rip' (iHiip' äjiohTiovaa hätte nicht
angetastet werden sollen, da es durchaus geschützt ist durch
die Parallelstelle 3, 39 xaiaXmovaa tovi oxonelov^,
L 5.
Ein Fischer macht dem siuderen Vorwürfe, der Goldstücke
aus der Zeit des Darius im Meere gefunden (vielleicht von
einem Perserschiff, das in der Schlacht bei Salamis unterging)
und nun durch höheren Lohn die Arbeiter dem anderen ab-
wendig zu machen sucht. Wenn Du reich geworden bist, so
wende Deinen Reichtum edel an!
fl. jiao^ ißol &iji€vovtag L. raort, d. 15^ 1 &f}T€V€tv nagd nn.
H deksdC^y L. pisc. 47 dehdaag 48 dihdoü}f.i€V.
■ ^o&Wfidicjv L. Tim. 22 fxia§€Ofia (öfter).
Xgvaovg x6fi/iiaTog Aageixov L. Tox. 57 äagetxovg pisc. 14
TOic XO^ßUOi.
2* Der Schlusssatz: ytviaßoj dt oot 6 nXoTnog fii] xaxlag,
mä xaXoxayaSiag vntjQh^g ist aus Isocrates ad Demonic, 6
entnommen, wo es heisst: nXoviog ie xaxlag ^äXXov fj xaXo-
xaya&iag {jjiijgintji; loriv, ein interessantes Beispiel, wie Alki-
ron die attischen Schriftsteller ausnutzt, ohne sie zu nennen.
I. 6.
Die Fiscberin Panope ruft ihren treulosen Mann Euthybulös
zur Pflicht zurück. Lass Deine Weibertollheit oder ich kehre
xu meinem Vater zurück, der Dich gerichtlich belangen wirdi
208
K. lSi€ker
K Ta>v äoTJßimv L. mnrt. d. 1,1 rajT^tvoifg xal <JarJ/iot»c,l
inl Jtaidmv äootw yyTjouov L, TJm. 17 in^ dQOtai 7iaido)v yvf]auov,
Olam* Alex. Strom, II, p. 181, 15: ydfiog fUv ohv iaii avvoAog
AvÖQog xa! yvvaiHOs ») ngiartj HOjä vdfAor im yrrjotmv Tixrwv
anoQ^" 6 yovv xiofiixög Mivavögog*
naidiov hi ägdico yvtjolwv
diöojjiit ooi ye n)v l/naviov dvyatiga
(vergl. Apul. apol. p, 576).
2, ch dk ^4^iog &v idj ^(p&alpLdi xal ngög näaav tJAor^»''
äfp(}odlmov iHHSXVf^^^^^'
Li, merc. cond. 40: oh Ak^Ekltiv xal ^(f,diog rov tqotzov
ngAg näaav ddi^(ay evxoA(K-
Wie man sieht, hat Alkiphron seinen Satz genau nach
Lokiati gebaut und es unterliegt keinem Zweifel, dass offAtog
hei Alkiphron richtig und nicht zu ändern ist: leichtfertige
Augen hat einer, der sich leicht verliebt. Statt xE^vfiivog
schrieb Cobet richtig ixxexvjuivog* L. de sacrif, 5 igotrixog As
(ör y.al ig rd äcpQoÖiota ixxExv^i^iyog, So lautet die Stelle in
der Ausgabe von Sommerbrodt(1889), wohl nach Handschriften,
da der kritische Kommentar über ^3<xc;|ju/i£vog schweigt; früher
las man auch bei Lukian xexvfiivQg.
xwfidCovot yijQ dg avi/fv L, bis acc. 17 xmfidCüiv inl jtm*jQg.
veolnia L* Phalar. 1,3. Anach. 38,
3, ^lamdag L. gallus 22,
iglykag L. ver. bist. 37 rglykt^g nUvgq,
ätpfjItxiüTegog L. pseudoL 15.
naQayxtüvioQödat L. Tim. 54 (öfter).
xEXQV(pälovg L, merc. cond. 33.
4, xaxdJotQjg L. bis acc. 29.
I. 7.
Wer Geschenke verlangt, muss auch Geschenke machen.
i/»r)TTar L. [»i^c. 49.
xtmäyT} htit der cod. Ven, un<i L. somn. 3; diese Form wird
hImi herzustellen satn«
mQox^<^c ebenso h* pisc. 12.
Übtr die Briefe des Bhetors Ätkipkron.
209
I, 8,
Ein Fischer will aus Not Seeräuber werden; aber die
Stimme des Gewissens mahnt ihn, zuerst seine Frau um Bat
zu fragen.
Ta& apQQt^ diaXaXi^oag vergleiche das hübsche Gespräch
mit der aura bei Ovid met»7»813ff, (Kephalos und Frokris)
und die Worte der Elektra bei Sopbocles El. 86 oj fpuog äyvby
Hai — äfjQ.
Statt ovdk yäg ovöiv Termute ich ovdhv yäq ovdh\ Solche
Wiederholungen des gleichen Wortes liebt Alkiphron; vergL
3, 1 xalbg ydg loxit x(xX6g 1,27 fptvyeiq ße — <pevyitg 3, 36
jraXtJtb^ Jjv — ynlendg 3, 39 61a ytkq ofa 3, 55 olov ydg olov,
Auch hierin folgt er dem Lukian, aus dem ich folgende Bei-
spiele anführe: pisc. 37 eiol yaQ, doi rtveg Icarom. 34 änaita
äx^xoag, fljraiTa meretr. d. 13, 5 /mvov — /.letrov gallus 7
naiiS ddor, jro^i' tjrannic. 18 otf yäg ^yvSovv — oin ^yvöovv,
2- Totl lol/ijj^arog ebenso L. Harmon. 3. Icarom. 11.
Ttdgovg in noQoyy ev^ieyedetg vTnoxi'ovfiEvoi, Schepers streicht
mit Hercher ev^iiy^Eig, Aber der Fehler liegt nicht in diesem
I Worte, sondern in 7i6Qon% wofür <püvmr zu schreiben ist. Dies
zeigt die folgende Ausführung des Gedankens deutlich. Denn
XQvoog und io^/jq sind die jioqou die der arme Fischer ersehnt^
(hdgofpovog aber bezieht sich auf die <p6vot^ ohne welche die
^dgot nicht zu haben sind. tv^t€yf9t]g gebraucht Alkiphron
öfter: 1,17 iv^tytßrj xdfitjkov, 3,7 xojiatoy evfiiye&fg, 3,36
Hvhxa Btffiiyidt], 3, 66 S^lov Ei^iyt&Eq, Auch Lukian hat
ttATig. 22 evfieyH^eig ßägfiagoi,
3. TiQog — tbv j^gvobv — xi^^va L. pisc, 34 Jig6g i6
ä^yvQioy xe^V^'^^*^-
ivdg(Hp6rog L. pisc. 14 (öfter).
ivOgo) L, tjrannic. 17 atfiaiog xal Ivdgov meretr, d, 13, 4
sreviqi avCdn'Ta L. de salt. 1 ßlfiy avxj^fjQiß ov^mv.
q6 ipoQipov L* Tim. 23 oöxiti tpogijxog iort.
210
A'. Meiser
L 9.
Ein Fischer, dem es schlecht geht, wendet sich an einen
Parasiten, um durch dessen Vermittlung bei einem Reichen
seine Fische abzusetzen. Er hofi't auch sonst noch dabei zu
gewinnen.
(m in MarSgoßölov x^Q^^ ^'^ ngäy^naia L. merc. cond, 21
htl Mavöfjoßfdov x^Q^^ ^^ n^ayf^ia (nach Sommerbrodts Aus-
gabe), Bei Lukian wird ebenfalls Inl xd zu schreiben sein.
q^EQii rrjv jiQoajÄvMav {xriv om. Yen.) L. mort d. 15,3
fptQEt TiaQa^wMav,
L 10. I
Ein Fischer nimmt sich vor, die nach einem Sturme etwa
ausgeworfenen Leichen (bei dem Vorgebirge Kaphareus) zu
bestatten, um damit ein gutes Werk zu tun» das nicht unbe-
lohnt bleibe und jedenfalls ein frohes Gewissen schatfe.
lEimg L. Ter. bist. 2, 2 XeitDQ xal jiQoarjvmg bist, conscr. 55
2. V7i' dji^ijx^^'^^^i ebenso L, merc. cond. 24.
jiolXdxtg övy awCovtai — ol nQojnfjOovf^in'ot — ilal ik oY
— <piQEa§aL &d€v äxovofiev etc. Statt (pigeo^at muss natür-
lich (pigovrat geschrieben werden, allein zugleich ist ein Gegen-
satz zu oat^ovrat erforderlich. Denn der Sinn ist: alteri (seil,
providi) servantur, alteri (seil, temerarii) pereunt. Diesen Ge-
danken gewinne ich, indem ich ergänze (pigoviat {el>; dle^gov),
das vor ö&ei' ausgefallen ist. Vergleiche 1, 37, 5 änoaH/jJtTiiv
elg öXeOqov.
3. o Kaq^tjQEvq L. Jupp, tr. 15 tieqI tov Kafpf^gia.
5* diax^i T>/v xagdlay L. sympos. 18 cbg eu ^lallov ol
avfjuidrai Siayv'^euv.
rijy EimoiSav L. abdic. 25, imag. 21,
Der Schluss des Briefes ist bemerkenswert: Die Pflicht
der Totenbestattung bezieht sich zunächst auf vfiofpvkoi. Ab- ^J
geseheD von dem siusseren Lohne tragt tlie gute Handlung H
ihren Lohn in »ich selbst (id ü\n*u66g\ Das Strandgut erwähnt
er nicht.
über die Briefe deB RHetors Älkipkron,
211
I. 11 und 12 (3,1 UDd 2).
Glaukippe schreibt ihrer Mutter Charope^ dass sie den ihr
' Tom Vater bestiramten Bräutigam nicht heiraten werde, sondern
[nur den Jüngling, den sie in der Stadt kennen gelernt habe,
i dessen Schönheit sie begeistert schildert Nur den werde sie
[lieiraten oder sich wie Sappho ins Meer stürzen.
Die Mutter rät ihr» von der Torheit abzulassen, sonst
werde sie der Vater den Tieren im Meere zum Frasse vorwerfen.
2 f. xal rag ßokaq x<bv d/AfidTüiv iorl xvavavytjgf olog id
TtQOiToy V7t6 rcov fjhaxojy finrivon* 6 Ji6vTog HmnXafmofiEyo^,
Hier ist Punkt zu setzen und dann mit Umstellung von Ü
zu lesen: (paiveTat di tö okov TiQSmojiov (,es leuchtet aber sein
ganzes Antlitz**) vgl, L. meretr. d. 15, 1 lo jiQAoionoy oXov.
Fährt man dann fort: ai'rac lvoQXf^loß<ii ^(tlg TtagetaJg euiotg
äv id^ XdQitag^ so ist alles in bester Ordnung, dti^v^^tarai L.
imag. 11 dtrivdtQ^hog. Hippias 6, bis acc. 16.
4. l^mviijv dg t6 HXvdojvtov ajooj. Herod. 7, 167 ojoe kovrov
lg ro nvQ. L. Tox. 20 §iipat favidv elg rijy &dlatrav.
2. ix^ irgi/ia xai xaid OEaimir ^iTit^e ro xan^v iifo§0¥oa
tijg dtavoiag. Statt {ßlntCe oder gdmC^ (Ven.) vermute ich djro^-
QtCov („verhalte Dich still und reisse in Dir das Übel mit der
Wurzel aus, indem Du es Dir aus dem Sinne schlügst'*) vgl.
3, 66. 5 äjteggiCojoa iTQix^q)f wo das Wort im eigentlichen
Sinne steht. Lucretius 3, 310:
nee radicitus evelli mala poase putandumst.
L 13 (3, 3).
Ein Fischer erzählt, wie er bei einem Wucherer 4 Gold-
stücke zu leihen genommen habe, um ein zerrissenes Netz
fticken zu lassen^ und wie er den Wucherer nur durch Ver-
kauf einer goldenen UaLäkette seiner Frau habe befriedigen
I können. Er schwört zu keinem Wucherer mehr zu gehen.
212
K, Meis er
iyo} 6e tijv oaytjvrjv Ankioüaq ijnoQOvv Sri ngä^atfu. Zwischen
aayrjvf^v und änXcoang ist änEo^ia^iv^jv ausgefallen. Das Par-
tizip enthält, wie häufig, den HauptbejC^riff: „Da aber das Netz,
das ich entfaltete, zerrissen war, wusste ich nicht, was ich
tun sollte.*
xaivovQyfjaai L, Proni. 6.
2. xai£oxh}HOK Ij.' hist. conscr. 35; jo ooifia xntEaxlriH6xa\
L. Herrn. 2.
Aristoteles hiat. an. 1,9: dcf^mq* al ah* Em%Tai ficuaxov
rj§ovg oj]fiEiov — — at de xaTeanao^uhat q^06vov,
tavQf}ddr — imoßXintov Plat. Phüdon 117 B TavQfi6iy\
{fnoßki^fag.
4. XijLifü xataoxkT}d^fjvai {xaTaoxlTJvat Berg^ler) L. mort, 1
d. 27, 7 ki/aoJ — äTteaxXfjxivai, Es wird also mit Meineke die
Form HatEoxXfiHivat vorzuKiehen sein, wie § 2 <5 xatEaxXrixw^]
steht, t>7toxeifievov dtjfionxrn xal (piXuxEgdeJ JtQeoßvTfj. Da der
Begriff , Wucherer* ausgedrückt sein nmss, wird statt dtjfionxM
zu schreiben sein davEiatixu) L. mort, d, 27, 7 BXi^iUiq re i
davEiOTixog. Schepers hat Xfj^ujtiarixcß in den Text gesetzt.
Vgl. auch Plutarch Agis 13 of ^ih TtXovatoi xai SavetanxoL
1, 14 (1,11).
Es gibt Krieg! Es droht Gefahr, dass wir ausgeiioE ^
'Werden. Fliehen wir oder bleiben wir? Die Flucht erscheint |
vorteilhafter.
raxtframovaai [L,] anior. ß rax^raviovr axätpog.
2. fpEvyo jitEv fj fiho/iEv; Seh luss eines Pentameters. Anthol. |
PaJ. 5, 74 epigramma liufini:
ärööoXoyovm L. Tox. 58 äi'dQoXoyri^h*tig.
ix IJEiQatojg L, pisc* 47*
Zowiov L. bis accus. 8.
rsomorol L. Jupp. tr. 25 ^t FfgataroJ,
foff ngay/Adtoiv,
über die Briefe des Bhetora Alkipfmm,
213
I. 15 (1, 12),
Ein Fischer bericbtet, dass er einen jungen reichen Athener
mit Herren und Damen auf dem Meere spazieren gefahren habe;
die Damen machten Musik und es ging sehr lustig zu. Dies
habe ihm den Neid seiner Genossen, aber auch ein hübsches
Stück Geld eingetragen,
2. bil — iff€üjgidü)v L. mort. d, 10, 4 t{}v €q:>£aTQidn Char. 14»
meretr. d, 9, 1,
lijv aavida L. Jupp, tr. 48 im yvfivtov nov oayiöojy,
xi)y — cti^dövn L, deor, conc. 10 airdtimv.
3. ri/uv di — // a^rouddC^^at Imtr ov dwafiivoig rfj eUfj
&iQ€ndm. iv tofo yao xgv/^iot; xal Odkaxxa,
So die besten Handschriften. Der Sinn der Stelle ist klar:
der verwöhnte junge Herr aus der Stadt will Schatten, wir
Fischer aber sind um die Sonnen witrme froh, denn KüHe und
Meer sind gleichbedeutend. Die verderbte Lesart der Hand-
schriften ist also entstanden aus: ^fitv de — eoii ßovko/ihHHg
Tg eUfi ^igeaüat. Zur Erklärung von fart ßovXofihoiQ war
Übergesch rieben f] oTtovödCerai (= unser Bestreben ist es), was
in den Text geraten und demnach zu streichen ist.
Tjy EtXf) 9iQeoßnt L. Lexiph, 2 JiQ^g lijv etXriv ^igeo^at
(Schepers liest lUfj^ Seiler eUfj),
4. jitQvoovQyoi L, galUis 11,
hteHooTii L. mar. d, 15, 3 al NijQtjidas — iTTtxQOTovoai,
5. nav ^vfif}diag ävdtieatov {jiav&vftTjdiaQ ist unmüghch,
da :täy als Subjekt notwendig ist wegen des folgenden TTlijv
ifti: denn der Sinn ist: alles war in heiterer Stimmung, nur
ich nicht) L, rhet, praec. 8 §v/ifjdi(^ xai iQvtpfi. Kronos 13,
abdic. 5, Plut. Mor. 713 D EVfpQocvytjg küI ^v^itidtag jingovcffg.
6. oödk yäg oim 6Xiyoi raw öuoßimv. Hiezu fehlt das
Verbum, das offenbar in ovdi liegen muss, wofür irpdovow
herzustellen ist; vergL 3, 30» 3 (p&ovovoi dk ol nortjgoi rmv
ytttöyajy. Vom Neide der Berufsgenossen Hesiod i\ h, fj, 25 f.
L. abdic. 32 Eaoov vno tviv 6^iozi)^vu)v (piyoveXGÜat,
ßaüKülviüv L, philops, 35, navig. 17*
214
K, Meiser
I. 16 (1,13).
Ein Fischer vertraut einem anderen an, dass er ein Mädchen
liebe, das er heiraten wolle. Wie kommt doch die Liebe zu
dem Armen?
ßvOl^exm L. Alex. 13 ßvMoaq.
2. äyanrixü^g jrjv drayxatav ixjioQtCovja öiaTQoffijv [h/\
amor, 33 äyojifptbg foi' afna rä dvaykäia ovy^otilÜiBTo.
iQCDg — ivxaHtk L. de morte Peregr. 22 ¥Q(ag xijg A6ii^g
&alaTTovgy6g L* Herc. 1 öl &QiatTovQyol yiQovrsg,
l 17. 18. und 19, (1, 14. LS. und 16).
Ein Fischer bittet einen anderen um ein altes, zerrissenes
Netz, das dieser seit 4 Jahren nicht mehr benützt. 18. Ab-
schlägige Antwort. 19. Erwiderung auf diese Antwort.
Die gestellte Frage ist zweifach: 1. Wem gehört das alte,
zerrissene Netz? 2. Auf welche Weise ist es zerrissen? Antwort:
L Es war vor 4 Jahren Dein Eigentum. 2. Es ist an einem
unterseeischen Felsen hängen geblieben und in der Mitte aiM-
einander gerissen. Also kann die Frage nur lauten: orov sTrj
xal Ttva jQOTioy diEogajyog äjioxioijo. Das dazwischen stehende
[ovx — jiaXmonjTog] ist Randbemerkung eines weisen Lesei-s,
der überflüssig und pedantisch hinzufügte, dass der Riss also
nicht etwa durch ÜberfQllung des Netzes entstanden sei {ovx
i^oyxovfierov^ dies Wort fand der Leser in Epistel I. 1,4) und
dass es jetzt auch durch die Länge der Zeit Schaden gelitten
habe {tjdtj dk nal f^no ^gövot* nalaidrrjrog). Da die Handschrift 11
änonpaf^ijvai statt dnoaxiot^h* hat, so ist diese Randbemerkung
wohl abhängig gedacht von al dk ^rpaoav. Es ist sinnlos, diese
Randbemerkung im Texte zu belassen und irgendwie emen-
dieren zu wollen, da ja der Fragende xon vorneherein nicht
wissen konnte, auf welche Weise da» Netz zu schaden ge-
kommen sei. Er sieht nur, daas es alt und schadhaft ist
(naXntov nal tetQvxoy/ievov) und fragt deshalb, wie es in diesen
Zustand gekommen sei.
2. &fpdiqf — nhgq L. merc. cond. 2 Jittgav nvA (ftpnior.
über die Briefe des Ehetors Alkiphfon,
215
18.
Mlxövi; ahexv ydona^. Statt MIxoik hat der Vat. äoiixovg.
In diesem Worte liegt also, wie auch der Sinn 2eif.(t, ein Fehler.
Zu dem komisch übertreibenden Ton dieser Antwort würde
sehr gut passen das Adjektiv dveffixrovg. Durch Auslassung
einer Silbe scheint daraus ävixTovg, dann doiixovg und ädbcovg
geworden zu sein. Vgl. 3» 67 äveffinuDy igav. Soph. Antig. 90
a^tf}Xäro>v i(jf}g, L, merc. cond, 34 x^Q^'^ öv fiixgciy uhovof]. pro
imag. 23 elxovag äveqHxxQvq, Tim. 71 IffiXTa Ev^^'^di* Hermot. 67
ät'i(fHHiO¥^ 72 iXjiidag ävEfpixrovg IhilCovta.
19,
Die Erwiderung auf die abschlägige Antwoii ist ein echtes
sophistisches Kunststück, das für sich wie ein unlösbares Rätsel
klingt.
I. 20 (1, 17).
Der misslungene Fischfang: statt der erhofften reichen
Beute wird der Leichnam eines Kameles aus der Tiefe gezogen.
i^urvon* L. Tim. 22 o ^v%'vog,
2. xbv xohim HXov JiegieXdßofiey (Ven. nBQteßdXofim\ fehlt
ei Schepers). Dass neQiekdßofiev richtig ist, zeigt L, deor.
ri 20, 8 ^kov 7tEgi€tkf](pi /iC.
iinfAiOfA^a L. ver. hist. 42 ihyirjodjtie&a. evikTiidEg L.
Demon, 6 ngög lö /.iMor Eveljiidag.
eI avXXdßotvTQ fjjutv xat ovfAnovrjaatEv, Soph, Antig. 41 £^
^vfuioyf]OEti; xal ^vveQydöf], oxojtet.
3. ^idycp TioXkip labore multo, das vorzüglich passt, war
in keiner Weise zu beanstandeü, Hom. II. 4, 27 Tdgtoaa ßöyq).
diiXfig dyyktg L. catapl. 12 nigi iMt}v dtfdav ver. hist. 2, 32.
bis accus. IL Kronos 14.
fwdiooav ifdf} L, mort. d. 14, 5 fwimvra ^drj. xal cxm-
Ifj^iv Intßgvovaav {xal roXg ox. Vat.) [L. | asin. 25 xal roJg
axo^kri^t netpvQfiivt}. xaxaymvl^sxat L. Jupp. tr. 40. ^Agt)V xaxa-
ywvi^ETOi.
216
K, Meiser
L 21 und 22 (1, 18 und 19).
Du liebst eine Sängerin, wie ich höre. Nirain Dich in
acht» das9 Du nicht auf dem Lande Schiffbruch erleidest und
die Sfcylla Dich verschlingt!
ineQjuaCf}^ ebenso L. navig, 15.
2. nal ovH äv Ttore ipcEivog Eig ^pevdfjyogiav (hUa^rjaEv. Da
der Sinn sein muss: er nimmt es mit der Wahrheit genau und
hat noch nie gelogen, ist für ötix är note herzustellen ovnihmnt,
Vergleiche: 1,23 ovnwjiors — vTiifiuva^ 3,31 oijtmjtote ek
ä<nv xataßdg,
ydgor [L.] asin. 47 iv yd^tp.
eyteov L. Prom. 18 EyovjEg,
ji6§Er ovv, eljti ^loi, jUGVOiH^g oot ; (sciL ßtheanv) [didro^ov
xai xQtoimTiKöv xal irag/idnov ßiilog lorlv] ihg <o) avxiyg ifpuontv
änayyiXkdjv' öuov yäg tfj mgri jrjg naidiaxfjg ^ydo^tiQ xal roic
XQQVfiaoL Das von mir Eingeklammerte [difitovor — fiiXog
imir] ist augenscheinlich lnieri)olation, Randbemerkung eines
gelehrten Lesers. VgL Flut, de muaica 32 igiatv yäg Svuor
fiegcot% etg ä Stfjgjjjm Ttjv xa96kot^ Ataigeoty fj naaa fiovoostj,
dtaTÖvov ;|foa>/iaTOi^ ngjLioyiag etc. Plut. sympos. 9, 14, 3 ui
jiuXq^dovßui'a yivf], r& didroyor nai t6 /ocu/iaitxAv xal t6 ivag-
fidnop. Boetius de instit. mus. 1,21 de generibus meloruro.
sunt auteui tria: diatonum. chroma, enarmonium (warum also
bei Alkiphron ^Ulog in yh^og abändern?). Älkiphron würde
ganz aus der UoUe fallen, wollte er einem ungebildeten Fischer
solche musikalische Kenntnisse zuschreiben und diese Einteilung
in den Mund legen. Dagegen konnte er wohl einem Fischer
Kenntnis der Skylla und der betreffenden Odyssee-Verse zu-
trauen. Vgl, L. Char. 7 oV /«»%C oM' afytov dailhfitov üytn
fi€ i&y 'O^i^got* ; Herrn, xal nd^t^* ttv i^^g u t (Itk ixilwov Miym
yainf^g AeI xal jtg6ax<üJiog c5v;
Meineki»s ümsteUimg der Wort« Ar — äMayyill<i3v nnch
> lieint nicht notwendig. Soda« hat d«ni Euploos
a :. ^ : det, daas Tkalaaseroe jetat mttsilnJiaeh ml Daran
Mohlidaisit «ich richtig die Begründung <5/mm^ yi^ — x^ov^tMi.
über die Briefe dett Bhetors Alkiphron.
217
Dagegen hat Meineke wohl richtig tiyda&tjg statt des band-
schriftlichen rjodo&fjg geschrieben. VgL L. Charid. 16 oüto} rt/c
digag Idihv ^yda&tj.
3- r^g tffahgiag L* bis accus. 16. y^fakiglag l^^y.
xataywYtoy L- phüops. 35*
22.
Deine Warnung ist umsonst. Meer und Liebe gehören
zusammen. Ich glaube die schönste Nereide zu besitzen.
r^C ärÖQotJiöv L. Hermot. 73 fj är§Qü)7iog avit],
2. Tlavönji L. diaL mar. 5.
laXareiq L> dial, man 1, ver. hist. 2, 3 Faiarelag lijg Nrigt^ldog,
Bauerobriefe.
IL 1 (3, 9).
Die missluugene Hasenjagd: eine junge Hündin bricht sich
einen Vorderfuss, der Hase ist halb zerrissen,
kayojov L. pisc. 34 deiXÖTEQoi tcüv Xaycoibv,
er rtri ddjuvcp — ^ drioxrjoa Babrios 69, i^dpvoi' kaycoop —
äyaortjoag xvojv und 87 in.
tpwkEov Tivog L. Char. 6, xal uvag q>o>X&oig,
2. 7i€QiH€xtp'via L. merc. cond. 3 okov jieQixanov jo ÖikEag,
loTr TtQoa&iöiv Jioöotr L. musc. eoc. 3. Toig dk nQOC&loig dvalv,
II. 2 (3, 10).
lophon teilt seinem Nachbar einen herrlichen Traum mit,
wie er plötzlich reich gev^orden sei. Im schönsten Augenblicke
habe ihn der verfluchte Hahn mit seinem Krähen aufgeweckt.
{nngißFirj L* gallus 1 ijurgly^eie, y,ax6g naxcag L, philops. 20.
^dvy Öretgov L. gallus 1 f^dioTCO dvElgatu
Avaßoriaag iSrjyetgev L. gallus 1 Avaßot^oag inf'jyagag^
itf^ijtFo^ni (ßrtEodm Ven.) L. gallus 12 emorro nkelovg,
2. daHtvlkov L. gallus 12 daxTvliovg.
nokvtaXdvTovg L. Jupp. tr. 7 jtolvrdlavtog (öfter).
3. nQoxngtoaodm L. pisc. 23 ngQX€tgiOU>fiEda (öfter).
K, Meiitr ^^^^^^^^
fiEOovafj^ de zfjg ;|fftßOTOvfoc L. sjmp. 1 ^öovü^g — I^A^f
T^c pAxfl^^ Hermot. 16 A» rcus ;j£tßorai'6ifff,
TtQfmdvfjQo^ L. Tim. 13 (öller).
qdaßta L. rhet* praec* 11 (öfter).
n. 3 (1, 24).
Dor Hagel hat uns die Saat vernichtet; hilf uns mit
20 Scheffeln Weizen aus, dass wir nicht zu gründe gehen ujOss^i!
f) x^^C<^ ßagiiog ißjtneaovoa L« Ter. bist 1, 24 Ifmsoatv
av€/iog — xaiojtljnet ^ x^^^^'
did andvtv xeg^dtcov Demosth. de falsa leg. 153 )c^r//idTaiy
^v ojidyet,
2. avTcß r(p fdrgq) xal Imov aus Hesiod. l. x, ^. 350 too
Uerel hergestellt, die codd. haben den Akkusativ. L. imag. 12
^vdov Anl fiv§ov äuetipai avrol tro fihofo, (paoh, fj xal koiiov,
dg m€v6v L. Hermot. 63 ovvtXavviig ig atevdy musc. enc. 4,
n. 4 (1, 25).
Da der Landbau nichts einträgt, will ich lieber auf die
See gehen, wo man reich werden kann. Sterben muss man
da wie dort.
xäv h olxlaxip rtg airov xadelgSag tfjgfj aus Demosthenes
de cor. 97, L. Demosth. enc. 5, wo ebenfalls die ganze Stelle
sich findet.
2. iv€Qy6g h, Tim. 3 ivegy&g — 6 xcQavvog i}y. ^ dfio^-
^tl — &<pvKioy L. Jupp. con£ 1 negl ttjg il/mQßivfig xal tmv
uoiQtbv — &<ffVHta tlvm, ibid. 3 fj iluagfAev^ — xal ij tvxfl-
wxvfMQöi L. Char. 19 dßxv^ogov t6 q^fiomm. muse. enc. 4
d)x. ovoa,
fiQxgSßioi L. Macrob. 6.
xatißUooav L, ver. bist. 1, 12 xataßiü}Qta&£.
3. üjoit — ßaStov^tat xal — cJ/iiifjoc» L. de«>r. cK 7, 4 <3or^
ßadiQVfiat dnoXfjyfdfitrog (Naber wtU aueb bei Alluphroii d/ii-
Xfjaaiv herstellen, vgl. 3, 7, 5),
die Briefe des Rhetors Alkiphron,
219
ve6jilovioy L. Tim, 7 6 vtojiXoviog.
rl zatg — loxanaTg L, Tim, 42 Jiäaav jiQidfievog t^v
ibid. 6, 30.
ii/Modeg Hai avx^^Qi^ IgvyydvEir. Plutarch 751 A (ama-
torius) äya<p&£yyo%'rat tt Xt/tajSeg xal oh^giiHov, L. ep. Sat, 21
Igvyydvovra ibid. 28, dvocodig xi xal xQjtvoydioxBQov iQvyyd-
vovxiQ. Alex. 39.
IL 5 (1, 26).
Ich bin einem Wucherer in die Hände gefallen; vor diesen
Wölfen mögen mich künftig die Götter bewahren!
loxoyXvqoi L, Menipp. 11. toKoylv<poi — thxQoi xai tiqo-
ydatoQBC xal nodaygoL vit, auct. 23.
^Bvayt}oavt6g jui rivoc L. pisc. 12. ^n*aytjoavr6g nvog Char, 1.
ierayi^aetg — /i£ Scyth. 4. mort. d. 18, 1.
2. (iiHt'ov L. bis accus. 16 ^txvig lö ooj^ia. Anach. 25
§ixvol xal HaxBoxXfix6xtg,
ovvEüTtaxöxa xäq ötpQvg. L. vit. auct. 7 avviojiaxE xdg örpQvg^
vnd — ot]xmy ^ßißQcoxa L, ep. Sat. 21 vjjo ot]x<ov öiaßQOJ^
&ivxa,
ifffäav fjyovfitvoq L. Lexiph. 24. C^fihv fjyfj.
3. Aihixvev evdiüig L. merc. cond. 30 xaxeq^Qovfiaev ev^vg
xal dtijnvüE,
xijv ovolav vTioxi&aßivog tj eaxi ^ioi. Statt ovoiav schreibt
Schepers mit Hermann olxlav. Allein ovoiav ist dem Sinne
nach besser («mein ganzes Vermögen**, nicht bloss das Hans!)
und steht auch bei Deraosthenes contra Timotheum 12 p. 1188, 1
vnoxi&f]oiy avxoig xi]v ovoiav und contra Polyclem 7, p. 1208, 13
vjto&elg di xi^v oioiav xrjv l/iovrov {^^ Fj iaxi fxoi bei Alkiphron).
n. 6 und 7 (1,27 und 28).
Anikeios beklagt sich, doss 6r bei Phoibiane trotz aller
Geschenke keine Gegenliebe finde.
ovxmg 5Xov fi£ avxfj . . . xaid xijv jiagatfiiar dvarghi^aoa
^Xev€tv ijiijvdyHaoag, Das Sprichwort, auf das hier Bezug
genommen wird, lässt sich nicht nachweisen. Aber mit Recht
K. Meiser
hat Meineke nach atT;} eine Lücke angenommen. Er wollte
avrfi (oxdfpfi) ergänzen. Doch würde dies eratens eher für
einen Fiacherbrief als für einen Bauernbrief passen, zweitens
achliesst sich an den Gedanken ,cum ipso alveo ut atunt me
subvertisti* nicht gut Sovktvfiv ijitjvdyyMoac an und drittens
sagte man in dieser Verbindung nicht ovTfj oxdfpjj^ sondern
amro oxdqiEt. So Anaxilas in seiner Neottis (Athonaeus 13,558 A);
7J ök 0gvvti T^v Xdgvßdiy oi^l nÖQQm nov noitl, t6v le
vavxXf)gor Xaßovon xaxaniTimx' avitü andtpei; L. ver. hist, 1, 33
avr(o a>td(p£i — xaianodevtEg und Alkiphron selbst sagt 1,2
rifiä^ avTO} axdtpei (vgl. L. ver. bist, 1, 30 fj^äg avrfi vrjl xaiinttv).
Für einen Bauem» der mit Tieren zu tun hat^ scheint mir
eher zu passen der Ausdruck Qvrfj {dogrj): ,Du hast mich ganz
mit Haut und Haar, wie es im Sprichworta heisst, in Deine
Gewalt gebracht und genötigt Dir als Sklave zu dienen/
dvatghiEtv ist vom Hahnen- und Athletenkampfe entlehnt; s.
Bergler zu dieser Stelle. L. de sacrif. 13 inidtixe tpigtov airrß
doQfJ T/y** alya. Plutarch sjmpos» 6, 1 rar^^oi* — xaraxdif^avieg
aviddoQov öXoxavrovaiv,
Statt bni]vdyxaoag war aus der ältesten und besten Hand-
schrift B xaxiivdyxaoag aufzunehmen* L. mort. d. 1 2, 7 (pvyuy
xarijvdyxaoa. tyrannic. 18. vit, auct. 9. Anach, 15.
7.
Phoibiane weist den verliebten Alten mit derben Wor
zurück.
i^dnivfjg Imardg [L.] aain. 26 iBakpvfiq itplmatm nX^&ag
üTgatKüitm*.
ti}y digrjv AvaxXdoag xvaat L, meretr* d. 3, 2. ävaxldaaQ
i6y at';ffFa ifj^ ßatdog IrpUrjoev,
raldyiQTov Aristoph. Plut. 684 und 1060 laidrrax^ di*^^d>y.
YeQ6vnQv L. Menipp, 21 (uft^r).
naoöjv — i)/^g L. deor. d, 6, 1 fitifv — InuQa xtvd\
fd^ hfi' fßtxlag äy^ovcag [L.j amor* 3 fie^ä natiotr tö
xaX6v äir^vytujv.
über die Briefe des Bhetors Älkiphron,
221
2a i^y&g — 7tQoioiäiLin'o<;\ mau erwartet das Adverbium ägyrng,
iiitüaai^^ L. calunin. 10 dri/twg ^ieojorai.
taxegov ßlEiiaq [L.j amor. 14 raxegfU' n xal ^iov h iol<;
S^ptact TiA&oq &vvyQiimoi% ibid, 3 llagal ra>v u^ißtätojv al ßoXal
xaxiQmQ drvyQahorxo.
AraorivBii zu dieser Verbesserung Bergloi's ilir das hand-
scbriftlicbe ävanvitti vgl. L, deor. d. 6, 2 von dem verliebteo
bdoni 6 dk xal Eoteve xal ImeddHQve,
KiQHoyf ädkie L. Alex. 4 TfJ>i' inl xaniq, dtaßoTJrmv ängo-
Taj<K äjieieXio^ri vjieg xovg KtQxionag,
IL 8 (3,11).
Drvantidas macbt seinem Weibe Vorwürfe, dass sie dem
Landleben untreu geworden sei und die Stadt vorziehe, wo sie
mit den putzsüchtigen Frauen wetteifern wolle.
2. äsiihkio^E fiov lijg ^vrifo^q xä TilBtova L. sonin, 8 tu
niewta ydg fiov lijv fivrifxtjv f}dri öiiffvyer,
3. ov aajfpQovEig — ovdk ifyiig rt ^larojj, älXä äfnXXäGai
h rmlg iatiHnTg xaviawL Die einfachste Herstellung dieser
fehlerhaften Stelle gewinnt man, wenn man nach dtavof^ Komma
Stützt und aiuXXiiot^at schreibt, so dass dieser lofinitiv von
itQvofj abhängt, wie dmvoeJo&m mit Infinitiv konstruiert ist
1,11. 3,70. iv ist nicht zu beanstanden, denn es gibt den
Kreis an, in dem sie mit den Schönsten wetteifert („Du hast
nichts vernünftiges im Sinne, sondern zu wetteifern unter diesen
Stiidterinnen*).
vno rgvipijg Aiaggsovaaig L, moit. d. 11,4 diBggvTiHÖreg
{fjxd igvtpfjg,
rö ng6aa)nov iTttnXaojov L, mort. d. 27, 7 imb — <\axQvmv
[doKüv,
qyvHU yäg xai yn/iw&lq) xal naiMgayxi.
xal Txmdigfüu om. B vortrefflich! Denn wozu soll nach
Erwähnung der roten und weissen Schminke nochmals rote
Schminke erwähnt werden? xal naidegwn stammt aus 1,33
cfc ro fpvx6€ fi£ Kai röv Jiaiöigtoxa loxmnxev. Es war über
tpma übergeschneben oder an den Rand gesetzt und ist so
K. Heiser
in den Text geraten. Vgl. L> pisc. 12 ynfiv&tov xal tpBxog
hist. conscr. 8 ^vxtov — xal yn^iv^toi* epigr. 88 o^^nme tptjxog \
xal tiHfiv&o^ tEv$n Tjjv ''Exdßfjv ''Ekiv^v tnerc. cond. 3?t rfwxo^\
[L*] amor. 41 tö^ ivamxvvxovQ Ttngeidg igv&alpcn'otv tnixgiürod
tpvxBotv. Drei Glieder finden sich L. adv. ind. 23 tpifiv9tov xai
fiamiy^ xal <pvxo^^ olq vfuiq xoo^biü&e. Da aber jnaorix^j keine
Schminke, sondern nach Suidas eiue wolilnechende Salbe be-
deutet {Eldog ftvQetptxov\ iat die Wortstellung auffallend und
es wird wohl araznstellen sein fiaoitxf] xal yn^iv^iov xal tpvxo^.
devooTioiovöt L. imag. 1 6 devooTToioit; xtm ^QQßdxotg. b. accus. R
xh ^v^fta L. Lüxiph. 2 ^rft^axa,
U, 9 (3, 12),
Pratinas teilt seinem Freunde mit, er habe jtlngst die
Beobachtung gemacht, dass seine Ziegen die Musik lieben.
<pdtivE/nov — Tiirw Plut. sympos* 5, 1 (^ Tiirvg) tpUfjvE^Ac
iojiv &anig i) §dXaaaa,
ßj^ovoixfjg ijta<ptjono9at h» meretr. d. 12, 3 inaq^wfuvog
Tov toixov.
2. TOI' '/Wojvav B allein; tiusgezeiclinete Lesart, die anderen'
Handschriften laFc ^dovaU. Den Edoner = Thraker = Orpheus
(Sohn der Kalliope).
javxd Goi iivv evayytXi^o^tai {aot Schepers statt of) h,
Icarom. 34 rofe — negmaxovöi — nrrn Ttwta eiyayyeXiovfiefog»'
philops* 31 tiayy£liC6^ierog avrtß»
abtdXiov L. catapL 8.
n. 10 (3, 13),
Ein dreitägiges Unwetter bat meiner Hände Arbeit 2a|
nichte gemacht; ich rausj» einen anderen Beruf ergreifen, viel-
leicht ändert äich dann auch mein Öeschick.
ix tijg — fpdgayyoi: h, Prom. 1 ifnig r^c tpigayyo^.
2* h tQuQ fjßiioa^ xal %*vHxa4 foag. h, ver. hist. 2» 1, ^^iiga^
fih btxA xal iaag itJxra?.
Iavv L. ver hist. 1,31 ix rijff üt?oc.
ta64tsia [L.] Nero 4 hunidot»^.
ober die Bnefe de$ Wietors Älktphron.
ä23
3, tI; äv — Jiovolr] ^dii/i' L, deor. d. 21, 1 fitÜTri^ navr]aeTE.
XQQQÖuHüjr; L. navig* 4 xa^adoHelv.
jU€raoxt]fi^'f^C^o^m h. pro imag, 9 /iFtanj^fj^uauoetv [L.]
Ualcyon 4,
IL 11 (3,14).
Halte Dich fern, mein Sohn» von den Schwätzern in der
Akademie und werde Hober orn tüchtiger Bauer wie idi!
Xaio€iv dazu komnit, auffallend weit getrennt, erst in der
Tierten Zeile iüoai; nach linTTj^evovrai:, aber om. B. X'^^Q^^^
iät* i>der iär x^uonr wird fast immer unmittelliar neben ein-
ander gestellt; Phitarch z, ß. hat es 22niaJ verbunden, nur
2 mal durch wenige Worte getrennt (in den vitae p. 610 D
laigeiv tÖv vofiov inong und 1034 E yaiQUv /th* \inoißia,
Xalgiir de tovg yAfwis f/wac). An unserer Stelle wird also
Moag ;^a/^«y zu schreiben sein. Nach fpoorth ist wohl Idaaq
ausgefallen und dann an unrechter Stelle in den Handschriften
eingesetzt worden. Alkiphron scheint folgende Vorbilder im
Gedächtnisse gehübt zu haben: Plat Euthyd. 307 B ^daag
fuiQ^iv loiK iniTfj^rvovran; fpiXonorflnv L» gallus fi hi x^lgitv
ih/t Ifjgov Ixiivov ncnjrijy ovdkr eldörn ArsigtüV negi, deor.
1 4, 3 TidvTQ ;faf|Of ef ia meretr. d. 1 , 2 rovrof^ Ak xalQBiv &,
ßin^tpiUc [L.] ainor, 51 ihcotpelkc ^gäy/ia,
ta fieriüiga dk noXxmQcty fioveXv L. Icaroni. 20 nuv t^tXo^
ov — , oh ovÖEV hegth* iartv Foyov Tj ui^ta (seil, ra ii]g
^BXtjyfjg) noXvngnyfioveTv (öfter).
iianovovvTi L. An ach. 15 dtanovelv tb a^fia (öfter).
napoJiiQfuag L. Herntot. 61 navoJTegjnh ng.
äfitpogag L. ver. bist. 1, 9 i\^(pogia<; (öfter).
n. 12 (3, 15).
Leihe mir Körbe für die Ernte, ich kann Dir dafür mit
tien aushelfen: xoira rd xtuv tplXwv,
ö jgvyfjTog L. philops. 22 d^tpl tgüy^jUiv,
oÖH ik pioxgAv L. somn. 10* Prom. 20.
16*
224
K, Meiser
Tii^ikxvia (so Bergler statt m^'^dxia) L, bist, conscr. 41
i^(ptXöx^()tiv L, bist, coDScr. 1 i^tfiXo^^WQovofjg riyc *Av6qO' j
n. 13 (3,16).
Eine Mutter rät ihrem Sohne seine Schwärmerei für ilen
Soldatenstand aufzugeben und das ruhige, sichere Landleben
vorzuziehen.
xtnbv xal däq^vag xal ^VQglvag h. hist. conscr, 19 ;tf<rTOt?j
xal fiVQQlvrjg xal dd(pvfig — avfi7i£<pvx6twi\ iud. voc. 9 fdci
/WQQlrag, ^
änoiyXi^^ag L. iud. voc« 2 äjioi^Xl^fEL
ßödXag: L. diss. cum Hes. 4 ßddXXttv,
2. *ÄHaQvdv L, meretr. d, 1, 1 riv oTQaimrrjv — tö
*ÄxaQväva.
3. ov Xdxovg — ov tpdXayyag L. Bacch. 1 i} f^h <pdX€ty5^^^
xal Ol Xöxot,
ytjQOHd^og L. Tox. 22 yn^goxo^lv.
iv äfi<ptß6X(p L. mort, d. 1, 1.
Merkwürdig, dass B an 2 Stellen einen verkürzten Text
hat: om. ßddXag id afyidta und äygf^v — äjiarcävjj. Scheint i
absichtlich verkürzt, da auch di nach xQdrovg fehlt.
n. 14 (3, 17).
Ein Bauer, der in die Stadt abgeschickt war, uro Geachiir
einzukaufen» hat die Nacht bei einer Flötenspielerin zuge-
bracht, dass er verspätet heimkommt. Er schreibt dieser einen ^
Absagebrief.
xataxotptiaaoa (B, Ven.) L. ver. hisL 2, 34 Koroxoi/ifJ- ]
aavreg cod. Mutin. (die anderen IIH. xaraxot^ionviig ^ wie!
Cobet auch bei Alkiphron xajQHOtfuaaoa hei^telleu will). VgLj
[L-] asin. 6.
ßoadvv dniqn]vag Soph. Aias 739 iqdv^v iyä) ß^MgA
id xegdfUin CHtvrj L. gallui« 14 t& xtga^ieovr tQvßXtar, SjrzQ^j
pDs. 14 7tüv xegofu^* Uermot. 65 x^qdfuov.
über die Briefe des Bhetors Älkiphron,
22ä
2. fyäi dk 6 ;u^i^oot5c L, pro lapsu 1 iyo} de 6 ;|fgi'OQi>c.
x€stavloi'}fievo^ h. bis accus, 17, de salt. 2. Phal. 1, IL
änu% L. philops. 14.
Ti na^t^iyt^Eg ebenso L. catapL 12.
xax6%* Ti — TtQooXnßovoa änikivofi L. Tim, 34 änlm^iEV —
fi^ it Hanor dnildoj ngoalaßciv.
n. 15. und 16 (3, 18. und 19).
Eus-tachys lädt seinen Freund Pithaknion zur Geburtstag»-
feier seines Sohnes ein mit Weib und Kindern, Taglöhner und
Hund. Es werde sehr lustig zugehen.
yevima iograCtov L. Hermot. 11 yevi&lia {^vyaTg6g iart-
&vti, gallus 9 '^tymg^g rtjfUQov iorm yevi^Xta. deor. d. 20, 16
iogrä^etr — rovg yäuovi; (öfter),
TtavSataiav h. inaag, 15 iogrtjv — nal Jiavdmolav,
naganakm L, rifc. auct* 27 fi/4äc — 7iagaxaXovfiey\
2. xrjg hXaxf]^ L, philops, 24 vXnxrjg dk rjxovoa.
änoaoßovoav L, pro i mag, 29 aTioooßüK navig, 4 änoooßmiK
inißovXEvovraq xo7g 7i otfiviotg L. mar. d. 2, 2 ijiißovXEvovrag
ijjlov Sti töig jtotjuvloic.
3, fidX^ fjÜmq L. bist, conscr. 11 ^tdXa f^iv,
xoghaxlLttv L, Baccb, 1 xdgÖaxa dgxovfihovg,
t6 xot%'6v om. B: scheint absichtlich abgekürzt zu haben.
^wxaycnyfjoEt [L,] asin. 48 y'v;faya>5'«>' övrdv. ibid, 11.
ßiil fiiXXe ol^v ebenso L. pisc. 28.
iy ralg xat^ ^^*XV*^ iogtaig L. syrapos. 10 xi)»- eüxiatoTdiiiv
logjTjv äya)v,
16.
Pithaknion nimmt die Einladung für Weib und Kinder
er selbst sei verhindert, da er einen Dieb erwischt habe,
er mit seinem Hunde bewachen müsse bis zur Ankunft der
10 Hilfe gerufenen Dorfbewohner, Sein Taglöhner sei krank,
xotvannxdg L, Tim. 56 Tf7>i' St'tfov xoirojvixdv^ piac, 35
X0tva>vixov Elyai deiv.
qiditmgog L. Tox. 7 tö maxöp xal ^tXhatgov.
226
K, Mmser
övmo oaviov nal x^g ywamög L« merc, cond. 34 ofifcucj
Sraio. Icarom. 20. meretr. d. 4, 1 ps6udol.22 övati ya tf}^ etmXelag,^
nlcojta L. Tox. 57 xAcojicc.
tfcogaoag L. PhaL 1, 4 ffU}Qdaaft&g Tt)i^ imßovhir,
IxetXriv L. Jupp. tr. 31 Ixhhjq.
tovg xojfifjTQ': [Ij.] asin. 26 ol dk xtofiijtai li^ uTtv xojfArjrS!^
2. 7(0 X^*Q^ lni(ldlhty (nrol L. Tini, 4 «('rnl aoi rdc X*^U^^
— ijttßeßlf]XQatv.
dgiftv ßXijiet L. sjnipos. 16 dgifw — ßiina/v.
0<pQiy(jjyTQg [L.] aniar. 12 vti* dxjufjg affQtycbvm
3. jfjg ÖiyJkhig L. Tim, 12 dixEklav (oft).
xai€0Hk7}Hn L. galliis 29 Haximih}HSv SÜog,
TtUöt*^ ^dv h* raig x^Q^^^ L. somn. 6 t<ij x^h**^ tvXcov dvd.-jlftSgi
i.eJitüTEQOv [L,] asin. 43 kEJtrnc orr nurv ylyvofuu xal\
ßialancäg i^^t ebenso L. door. d. *>, 1. guUu» 0.
II. 17 (3,20).
Ein Bauer erzahlt von einem Tasclienspieler, den er h
Theater in der Stadt gesehen» und wünscht, dass ein Holcheri
Unmensch, der alles verschwinden lassen könne» nie aufs Li)
kommen möge.
bnon^avra tiiv Srov [L.] ttäin. 16 rov — övov xal
Ttuiot inlöälm* L. Baech. 3 rohg Ikiqfaviag intod^arrtg,
Ttaid&ag ebensii L. vit auct. 19. plsc. 41 jtakd^hiv h^dötov.^
xatayaydvta (seih ffc rijv AyaQdv) braucht wie das latcii-
nische deferre (zu Markte bringen) keine nlihere Ortsbestimmung J
Ttüv iivi yrrngifitiiv äyei fiF ng kaßutv so B: statt Tivt wirdi
//Ol zu lesen sein »einer von meinen Bekannten'^, VgL Plut.
sympos. 172 A lün* ovv yvotgi^toji* rtg — Honötoy ßs — ixdk^aeJ
2. dxar/fg L. Icarom, 23 Flart^xnv — dxnvi)g,
ävavdog L. ver. bist. 1, 33 äravdat naoiartjx^otiv,
V7i6 tnvimg l<fxe^$ L, pi«t€* 29 ^Wi aoi ox€Jt6fitvo^.
kevxd xiva xnl ßiikga xal mQnyyvkn kiHStn. An dieser Lll
der IliinUsch ritten ifet nicht da^ gerin g??ie auszusetiien. Schi
hat flinh durch Hir»ch!i? zu wiUkUrlieben Änderungen verleiteu
Es heisst: ^einige weisse, kleine, runde Steinchen*'; es
erden wobl mehr als drei gewesen sein, die Zahl der Steinchen
ganz gleichgültig. Ebensowenig ist tnxod bei XtiHöta zu beau-
indon. Alkiphron gebraucht mit Vorliebe aus der Sprache
der Komödie die Verkleinerungswörter und Koseformen (so
gleich im ersten Briefe xalvßiov, xopLudxiov, oxarfMtor, TiQtdtov)^
^^ber die Verkleinerungsformen werden nicht mehr als solche
^Hmpfunden. Daher sagt auch Lukian hist. conscr. 4 ngdg
^^MHid» u iii}idiov ngoaTitaioavTa.
^^f^ ktl tatt; ^p^^aig L. mar. d. 13, 1 tieqI rac öx^dc;.
^^ Auch ävevQioHOftev hätte Schepers belassen sollen; denn
wenn wir weisse, kleine, runde Steinchen sammeln wollen,
müssen wir allerdings erst suchen.
3. Das handschriftliche Tot'ra (nämlich ra Xi^fflia) mit
Heineke in zaviag zu verwandeln war ungeschickt, weil da-
durch die Zweideutigkeit entsteht, dass tamag sich auf Tiago-
y*ldac beziehen könnte. Auch die weiteren Änderungen des
^^extes scheinen mir durchaus vertehlt. Ich halte die Über-
^Beferung ftlr ganz richtig. Die Steinchen waren zuerst unter
^Ben 3 Bechern verteilt {{fnö xat'Tai^), dann brachte er sie in
^^inen Becher zusammen (xarä ^tfav — miQOfi*ldn), dann
zauberte er sie unter diesen einen {vjrd ifl ^Hf}\ dann Hess
er sie ganz verschwinden»
xtnaßgox^taag L, Prom, 10 xaxfßQdyßtoej*, Nach tU fdnov
muss (rcüF ynjtpojv) ausgefallen sein, daher r^v /<e>' — r?)v Ai
tmig — EvQvßdif}v L. Alex. 4 irniq t6v El^Qvßarov, Schon
i Plat. Protag. 327 D eI ivrvxon Evgvßarq>.
rävdov [L,] asin. 47 laxoJiovrTo lävÖor.
(pgovda L. merc. cond, 24 (pQovöa jidrra.
U. 18 (3,21).
Eme Bäuerin klagt ihrer Freundin, dass während des
lufenthaltes ihres Mannes in der Stadt der Wolf durch Schuld
trägen Taglöhners ihr die schönste Ziege geraubt habe.
228
K Mfiier
rghrjv tavxrjr ^pii^av ix^ov h äotch statt l'jfaw mvm <
äywv heissen: s, zu II. 30 (3,32).
&t]TEikop Jiag' (jfuv L. mort. d. 15, 1 Otjreimv nagd xtvt.
3- HQEfu]oEnii ebenso L. fugit. 31.
a 19 (3,22).
Ein Winzer schreibt seinem Freunde: Eine Fuchsfalle stellt«
ich auf, weil die Füchse die Weinpflanzungen schädigten, aber
statt des Fuchses gißg das Malteserhündchen meiner Herrin
in die Falle und verendete. Da mein Herr ein Tyrann ist,
der mir dies nicht verzeihen wird, muss ich die Flucht ergreifen,
um mein Leben zu retten.
Tfic oxa<pvXdg — jag gayag [L.] Macrob. 24 ^äya CTa(pvl^g
xaxamwv.
öXoxlrJQOvg [L.] asin. 33 öX6Hlf}Qog — vengA^. L. philops. 8
iv 6loKh]Qcp TOJ avTov öiQ^iiajL
tohg ßfhovg [L.] amor. 12 ä^meXoi jivHVotg — ßdtgvmv^
xaxf]yyiXXav L. paras. 39 natayyiXXEig.
2» yvmfiidta xai jtQoßovXev^diia. L. paras. 42 yvcofildta
xal TtgovßovXiv^idjta mfVTf&h'iig,
im ri]g Jtrvxog [L.] amor, 29 h nrvxi (öfter),
did oHQiötfiia tgöjiov, L, Tim. 44 tov tgdnov &i yymgiofuna
— %gaivi}}g xal oxaidtuji;.
detvörr^ra gi^ftdimv, L. bist» conscr. 58 r/yr xmv X6ymv
diivdxfjxa,
htl Tohg Mexa L. bis accus. 5 nagadodelg roTg lydixa.
3. Meltxftlov xvvtdiov ebenso L. sympos. 19.
ä&vgfia h. mar* d, 1, 5. d&vgfidTwv ägxxov oxvlaxa
ngoofjric L. imag. 13 ijdvQ xal ngocfirfjg.
ItXveiag ebenso L. Tim. 55 (öfter).
xilxat — ixtddtjp t*iHg6v fj&f} jiwdfjüQv h, mort d. 7«
ixiddfjv ixeifitjr — vicxgog mort, d. 14, 5 fi^i* ymgiv — /xrrf
ihiv Hctfievor ftvdwvxa ijif]^
dy rc L« An ach* 21 draggt^! ' ;').
4. , }7irt) L. deor. d* 14, 1 xi tr*ftfr).
nvyyvt^Hf] Tj. m<*rc. oond. 8 cvyypiifAii (dfter).
Ober die Briefe deg Metors Alki^wm, 229
Xaighw 6 äygog xal rä^d ndvta L. gallus 33 x^^Q^^ ^^
XQvmov xal rd dihira (öfter).
€oga ytiQ owC^tv L. deor, d. 20, 1 coga M — dmivm,
Soph. Aias 245 (oga — JtodoJv xXojiär dgio^aL
IL 20 (3, 23).
Thallos macht seiDom Freunde frisch gewonDene Honig-
waben zum Geschenke.
tQvyäv h, catapl. 20 tk — xgvyijüei;
xaQjic^ dnodgiTiio^ai L. ver, hist. 1 , 8 dginsü^m — rov
djiwtßf} Slxaiog [L.] asiii. 27 dfiotßfj Tfj dixair^.
xä afirivf) L. Char. 15 xoXg ofiffveotv.
olfißlovg h, epigr, 12 fiihaoa jiokvTf>f]xotg M nl^ßXoiz,
bno xfj 7ihof/i L. Tim. 10 jieqI rfj jiexQq.
HfiQla L, Demon. 52 xd xTjQta,
ngtüxov fiky — ^nena (ohne ds) war aus B aufzunehmen.
dnfjQ^ä/^irjv — dnufj^^o^iat L. de dea Syr. 60 djidgxoyxai.
2. elg vioiTa L. Tim. 52 yafAm — ig vicoxa (Öfter).
ßiell^ai xovTCüv f} xal fjdlova 80 B, Ven. Eine Änderung
^dieses Textes war unnötig.
U. 21 (3,24).
Philopoinien klagt über einen nichtsnutzigen Sklaven, der
ihm die Ziegen teils verkauft, teils geschlachtet habe und aichs
wohl sein lasse. Wenn er ihn erwische, werde er ihn mit
chweren Strafen wieder an ländliche Genügsamkeit gewöhnen.
IvHov ioma xgitpetv Soph. Antig. 531 iog t^tdv^ vq^Ei^ivfj \
lf}9ovoa /i* iitjxtvig öi'ö^ i/uirt^avor \ tgf^^tüv öv^ 6xa, L. Tim* 8
o^ ovvUi xdga^i nal kvHOig ;|ja^(to/i£ro^.
2, Tfjg ngaindlfig: l^nmlaxat L. pro lapsu 1 Hgaindkrjg
dßAeaxoy,
3* yfikta HQtaxelvag L. Leriph. 3 f^x^M^ y^vTxa xaxaxefyag.
ep. Saturn. 35 ogrtg yttkxa xaxardvaoaL
Imovgmv L. ver. hist- 2, 46 nodtigcig tovg ;|ft?a>Fa^ im*
ovQdfiEvat,
230
IL Meiner
Yvioaerai olov f^v t6 rijv äygotxov om(pqQam*fiv dojidoaa&aL
So hätte aus B aufgenommen werden sollen^ denn es gibt den
passenden Sinn: ^Er wird zur Einsicht kommen, wie gixt es
war die ländliche Genügsamkeit zu lieben." Vgl, 1, H toy
äatpakrj xal äÖeä ßlov äondaaoßat. 3, 16 r6v h fjav^i^ ßlov
Aond^ov.
U. 22 (3, 25).
Hyle macht ihrem Manne Vorwürfe, das» er sich in der
Stadt in den verrufensten Gegenden herumtreibe.
OaulCiis — HOTKÜv, Warum streicht Schepers xQjtüji\
wenn doch bei Piaton i-es publ. 1 p. 328 C stellt i^aniCa^ —
Hataßalvfov d^ töv IletQatä und schon Homer Od. 8, 451 sagt
ov T( xojU(C6^i€v6g ye ^dutl^ev?
oiö' änagfj ebenso [L.] amor. 10.
T&y i/iTTovomiüJv. Dies ist durchaus nicht 2U ändern;
vgl. Tacitus Germ. 46 ingemere agris.
oixovQoi L, Nigr, 57 oIhovqhv.
äyani^Tiüg ebenso [L.] amor, 33.
rä Ttaidia ßovxolovna L» Lexiph. 13 nai&oßooxög. Maximu
Tyrius L p. 171 Ha&djTiQ al xir^m tobe TtaTSat; diä /ÄV^loyia^
ßovHoXovot.
2. fLEigdmov danxdv dvE(pdvt]g Plat, Jon 541 E orguTtfyig
dytipdvtjg,
inl — KtQafitixov L. pisc. 18 h KeQa^iBixip (öfter).
i$(oXt(rrdtovg L. Nigr. 23 iirolEOTtQovg,
§^oT(oyf} L. Demon. 5 tfj lov ßiov ^ürtuyfj (hier in gutem
'Sinne).
IL 23 (3, 26).
Der Sklave Lenaios erzählte wie ihm einer seinen Kittel
gestohlen habe, so dass er zum JSchaden auch noch den Spott hatte.
6 Ttajtmoyjjgog L. meretr. d. 1, 1 // 7ia^nAyr}Qog,
atavoar L, rhet, praec. 16 otovga rntv nax^imy,
hn6 fidlfjq — (ptomy L. Alex. 15 mh fidXijg iymy (i%fter).
xmy StwAnvltov L. Tim. 23 Yovg Sfiodovlovg (uft«r).
c&c — noocoffkijaui yiluita L* Jupp. ir. 27 cSorr xiXmta
&<piiöHd^itv deor. d, 22, 2 yürnza A^lilioo} naQQ näout (Ofler).
Gemellos mahnt die Salakonis, eine ehemalige Sklavin^^
nicht so spröde und hochmütig gegen ihn zu sein, sonst werdJH
er ßie den Herrn fdhlen lassen und sie wieder zu Skiaven-
diensten verurteilen.
v7teQ}]<pavFU — Tf'>i' öeonAtrjv B- Dies passt sehr gut,
wenn es auch ungewöhnlich konstruiert ist. Ein Akkusatit
der Sache, wenn auch nicht der Person, steht bei L. Nigr. 31'
10 6^ Iv xmoqj Hcd Karä ffvotv ibg eifi^li^ vTfeQfjcpavoviTas
(s. diojtora auch in der ei^sten Zeile der Antwort). ^
€lg Toigyaojriotor L* pseudoL 9 ol ijil Tc5y iQyaoTtiQtmv
fugit. 17 ol Ix Tojv iQyaoTfiQUüv (cifter)»
2. jtaiAtaxnoioy [L.] asin. 3 x6 naidtnxdgiov. L, mort, d. 7
rot; TtatdioHagloiK
rrjg AyEQür/^iQs: [L.] asin. 40 ok t\yiQ(t}j^ov S%*ov.
xä^QVs ebenso L. Lexiph. 2.
tpQ^fyetv [L*] asin, 6 qygvyei^ 28 fpgvyovoa.
ol xüHOJv L. Alex. 55 61 xivövvov xaSetajTjxnv,
oavrijv Iviarioa^ L. raerc. cond, 30 £k oJov ßdqa9QOV (pigt
ifiavToy hoioHHd. [L,] asin. 31.
*7.n
SalakoDis antwortet» sie hasse ilm und sei entschlossen
zu sterben; denn sie empfinde Ekel vor ihm.
{fJto/iivnv — ool avyxQ^eMetv L, meretr, d, 13, 4 ovx äv
f>7tQßehaifti dvöoofji^6yco tnfyxa^Evietv, Dass auch die Lesart
der Yulgata ovyHai'}€vd£i¥ jCierd oot» zulässig wäre, zeigt L* ,
meretr. d. 3, 1 ovdi — avytxä&ev&ei; /iiri^ aiToi^.
ii)r xdgdoTiop ebenso L. Lexiph. 3.
2. ßgdycp ebenso L. raeretr, d, 12,2.
tov ßiov IxXiJtf'iv [L.J Macrob. 12 iSÜPie tov ßiov,
ä¥ag)avd6v h. ver. hist. 2» 19 (öfter).
ßdelvTTOfiivi] pLf.] philopatr, 26 ra xtiXXioni ßAelinTeo
toanfo u xlrado^ ixrotJtouivtj L. Hermot* 86 lxxgam]ttap^
-*- &csieg töhq Ivrxmvtai; x^v nin^m*.
232
K. MiUer
3, lijv dvfj^iQBiav ebenso L. de domo 82.
tfjg qxxQvyyog ebenso L. Tim. 18. (öfter).
TfjV Sffooofdar L, Henuot. 34 dvomSeg — ro arofia xtni
tijv dvooidiav,
lf)fHaoav — YQQVV L. mort, d, 9, 2 yigotTn — y,at Xfj*
^i<b%*rQ (ötler),
yofitfHfp L. ver. bist, 2, 1 lovg yo^itphvg.
oaleiovaav L. Menipp, 10 äjTavra — iaaleveto.
t(ß ix Ttjg nljTTjg iXaiw L. Tim. 44 jiitt^ xal Halip,
U, 26 (3, 29).
_ Horios schreibt: mit Freuden habe er entdeckt, dass sein
'^f'lEiuiid auch ein guter Redner sei^ er solle ihm also helfen,
wenn sein Eigentum von anderen angefochten werde.
anloixöv — ävdoojixov L. Tim, 56 äv^Qa — änXoixoy (öfter).
äygoiHov L. Herraot. 81 Sygoixog äv&Qionog (öfter),
2. ^axdQt€ T^c yltüTTfjQ L. mar. d. 15» 4 <5 ^xdate —
ialtaxeQe L, gallus 2 laXtoidtov — &Bwr Bacchus 7 XaliataTog,
Igualfö L* adTersus ind. 1 igfiaiov d (öfter),
xovio dij tA tou löyov ebenso L. sympos. 28.
o<fnfQtCBa^i L. calumn. 8 oip^eQi^öfier*og.
f ^v t)avxlov — ix i^g djtgayjnoavrfjg L, Nigr. 14 ^av^^hv u
Vita] dngayfioovrtiv.
a 27 (3,30).
Ampelion schickt seinem Freunde 25 Stück Vögel als Teil
, Ton einem Fange, den er bei strengem Winter gemacht
i^ftfirdv war au&unehmen, da aueh 1, 23 €lonfjT6v auf-
genommeii ist. Vgl. Xenoph. Mem. K K 14 limftiior,
nina — f) xtuir xaiaki}^ L* Satiani. 9 r) x^^ ^^^^X^
Td ndpta,
d^y^k a xma^ijr R Plot Cic 4 ip ^^*xh M*^ ^oco^
Affodii^pop ebenso L. ajmpos* 37,
dii Briefe des Bhetürs Alkipktron^
233
trjg xalvßrjg L. pro imag, 20 ne^i rvjg ovßunov xaivßfjg,
nngavoi^ag tö ^vgtor L. bis accus* 31 naQavolyovaa tag tfit^a^,
vifftxi^ [L.J philopatr. 24 vitiexov.
xooüv^vg B (andere no^^lxovg) L. iud. yoc. 8 xoawyoi^
lopod. 118.
2. ri}f Zfxdi'i;^ [L,] araor. 39 lexandag.
lioif ebenso L. bist, conscr. 57 catapl. 14 ifcJ tivi.
Toic xXddovg L. ver, bist. 1,22 xAd^ot;^ xal q>fHXa 2,5
Ih tcüv fJ^oJd/ivöji' ebenso [L.] amor. 31.
diafia ^dtf L. mort. d. 27, 1 t/dv to diafta man d. 15, 3
^dv tovro &iafia,
3. ti^adgxovg L. Lexipb. 17 cvoa^xor, [L.] asin. 39,
U. 28 (3,31).
Ein Bursche vom Lande will die Stadt kennen lernen; er
bittet einen Freund, der öfter in die Stadt kommt, ihn das
nüchstemal mitzunehmen.
jiegtßoXcü L. ver. bist. 2» 33 6 jteQlßoXog Trjg ndhwg Tox, 6
ir tfp jiEQtßöXo) Tov vew,
2. xal ycLQ lycoy^ äyeit* ol^ai tov nXelöy n fiaOeJr» So B.
Der Gedanke muss sein: „denn auch ich glaube alt genug zu
sein, um mich w^eiter auszubilden." Dies ergibt folgende Ver-
besserung des Textes: xcd yäg fywye i^^iv olfim (wqqv) tov
nktiov ri fm&eiv (3, 49 Iv Sgqi tov ndax^^^)» Vgl. L. Alex. 33
TOV 7iatd6g — natdtiag ajqav l';ro»To^,
^votayioyelv [L.] philopatr. 22 fwmaymyf^ooy qe ra xdXktora,
ilg — iTiiTiqdetog fj ov: so die codd, Schepers bemerkt:
^btiTrjditog ij nihil est.* Allerdings, aber tlg — >? ^= ^k äXXog ij
kommt doch wohl vor, Fllr den Komparativ hätte er anführen
können und sollen L. vit. auct 15 rfe d* äv imnjÖEiöxEQog l/nov
yivoiTo ovP€ivai xaXcp;
n. 29 (3, 73).
Unser Mutterschwein hat geworfen. Jetzt gibt es Ferkel
in Menge: 2 erhältst Du davon, denn mir sind es zuviel und
Freunde mUdsen teilen.
234
K, Meuief
inkE^ L, merc. cond, 34 Mftef iotlv,
iiXfpdxtov L. ep. Sat. 23 lä dtkfpdxta — ÖTrrtb^M&va,
yQvCovoi L. iud. voc. 10 ^if)dk yQvC^tv,
idd>di/nov (seil, dikipa^ iortv: „aber es ist ein guter Bissen*).
Eine Änderung scheint nicht nötig. L. Tox. 16 Idojöi/ior niort.
d. 20, 3.
2. ra)r xgiOthv {xQtdtaiV codd») L. Tim. 14 tü>*' xgtßuit^,
ujiXoixfW'; xal q)tlaXXtjXov<: Plut, luor. 977 C to xotvwvixur
xai t6 qxXrmrikov und 979 F. L- Tim. 5G nnloixov xal nov
^vtmv xot%*iDVix6v,
TOVQ ßaviijg TQOcplfwvg L> bis accus, 6 rgofptfiog tj/c &ö€Trjg,
ävB^QiywLXO L. abdic. 9. xciiq — dvadge^^afiivoig.
n. 30 (3, 32).
Die Trunkenheit soll doch der Kuckuck holen! Bin ich
da jüngst in eine Gesellschaft von Trunkenbolden geraten und
nun habe ich es drei Tage z\x büssen.
Dieser Brief zeigt deutlich, dass unsere Handschriften inter-
poliert sind. Zu totg i}(}i*oiy^ii%'oig war als Erklärung beig^
schrieben: et ng ^^gvEtzo r^v xra^ov (steht in B nach iartäy)
und zu ^v — rovmtifuoi' lautete die ünischreibung fiu yäg a^ovg,
oh6fpkvyig L» niere. cond, 15 otv6(flv^ ric.
üvvBX<^g if) neQiqfego/iivfjg rrjg xvhxog L. synipo«, 1 5 owr^mg
nEgiEaoßEiTO ^ XlUlf.
2. T^y — Tovmti^iov L. Tox. 10 bztxifuöv iarn* Sat 4 lovtn
yaQ Toimaifuov,
ßaardoag ebenso [L.] aain. 44.
TQiTfjv tavTfjv fifiigav i^mi statt f^^ ist wie 3,21 äym CT
schreiben. Xenoph. Kjmp. ?♦ 1» 14 imoram*^e yrlg oTm» vf ot
äyaßül h' taig fiäxdig f)ftiQav äyovot xnl oTat* ol xanoL VgL
auch die Verwechsluag von äyetv und f^etp in 3, 3L
xaQ}jßaQw L. Bacch. 7 xagrjßagovrn — HaucEV. ep. Sat. 28
Hagrjßagovvtts: dpamaii]t" Rf fg t^$* vorrgalav (öft#r).
t^r HQtimdlviy L. pro lapsu 1 ;j^^(Jo*iJc xgni^dXffg dt^d/i^moK
änsQvyydycü L. Alex. 39 tiiv x^xoQQidX^rjv lgvyydvoytr^(ß{itT%'
jber die Briefe deg Bhetors Älkiphnm,
n. 31 (3, 33>
Eine Frau schreibt ihrem Manne: 30 Jahre sind wir ver-
heirateti haben bereits Enkel und jetzt läufst Du einer Zither-
rsängerin nach* Du machst Dich lächerlich bei den jüngeren
[Xieuten.
ä(pf)ltHiaT€Qog L. pseudol. 15 yigxor &y Hol ätpijli^.
ihjaigtdovg L. deor. conc. 4 tov Kdöfiov dvyajQidovg.
xpiCbiq L, meretr. d. 10, 4 Hepiviojat,
2. Süov oc avToig äygotg xaiQTttovoa L. Jupp, tr. 1 d ^u^
EvQtmdi]p okov xaTaj¥ejiü)xafi£y, ver. bist. 1 , 33 aörcp oxufpet
— xaraTTöihivisg.
TtatyvHn* L. deor, d. 7, 4 (öfter).
n. 32 (3, 34).
Qnathon schreibt an einen Landmann: Tinian, mein reicher
Gönner, ist arm und Menschenfeind geworden, die übrigen
jüngst zu Reichtum gehingten Athener sind elende Knicker:
so muss ich mich zur Arbeit entschllessen. Nimm mich als
Knecht in Deinen Dienst! Ich bin zu jeder Arbeit bereit,
wenn ich zu essen bekomme.
Dieser Brief gehört zu den Parasitenbriefen {fi^mg xohg
nagaobov^): er ist nur an einen Landmann gerichtet.
Tiuwva olo&a — lov ^E'/^exgaTidov lov KokXjMm L. Tim, 7
äyvong Tlfion^a tov ^Ex^xaaTldov t&p Kokktniai {KoUvteiÖQ ist
die inschriftlich beglaubigte Form; Sommerbrodt liest 1860
KoXXinia^ 1886 KoXvriia.)
anaOf]oai; L. Prom. 19 ojta^öjyta (öfter)»
rovg nagaolxovg xal rdc haigag L. Tim» 12 nagaaltotg nal
H6laii Hai hatgatg,
sig djtoQhv mfVf]ld^fi L. Hermot. 63 ovvEiavvng ig <n£v6v.
fnoav&Q{D7tog L, Tim. 35 fnoär^^gfüTtor 44.
2. Tfjv ^oji^aTtay L. Tim. 6 ijti tqvttjv tt)»' iaj^nitav (öfter).
raTg ßtoloig toifg Jiagt4vtag ßiXXi.i L. Tim. 34 fyth yao vfmg
airtixa fidXn ßällojv loig ßdiloig xal xoig At&otg ottvxghifco (Bergler
termutet auch bei Lukian talg ßfüXotg),
236
K. Memr
tfjv xoivijv (pvaiv äjiiozQajtjm L. culuiüö. 14 thtiar^wtjai
3. xüiv — veonlovTCüP L. Tox. 12 viönloviov (Öfter).
fiiHQongE7tiüT€Qoi L. ep, Sat. 32 rotavta /nxQonoejifj,
Tidna imojLih'€iv 4i'f;fa/(troi' ß durchaus richtig; vgl. 3, 28
Ttdvra vTzo/iiretr oTa xe elfd. dvixo^iai mit Infinitiv auch 1, 39. 3, 1.
(= sustiueo) L. gallus 1 1 fttjdevog ävExo^hov nlrjolov xataxeToitm.
dTtX/jQmTov — yaoriga L. merc, cond. 39 rr/y yaotiga —
^Xi^q(ot6v Tt xul &naQalr}]Xijv xuKdv,
U. 33 (3, 35).
Ein Landmann klagt; es will nicht regnen, und docl
haben wir alle im Dorfe dem Regengotte schon geopfert, so viel
wii* konnten. Aber Zeus hurt nicht; er scheint ven*eist zu sein.
avxf^^^ ^' Lexiph. 1 av^ßiöv,
6u dk htofißgia*; h* Icarom. 24 rd kAx^tva deitm nleloviK
inofißgiag,
2. ijjiuv — li^viai L. Sat. 1 ri&vrm xal xenaXXtigfjTai
Tiag'^ ^ftcör.
ixaXXt£g7joafi£v L. Demon. 11 ixalltEgfioare,
(bg manioi; dvratitmg i) negiovoiag {^h/}- Dass Bergler
richtig ergänzte und auch die richtige Wortstellung traf, zeigt
L. synipos. 8 log tKaojog äiiai el^t. Tox. 44 c/jc t^c i} yh^ovQ
ij nXovTOV i} dvvd/ieojQ exot.
ovreiafjviyxato B. Das Medium scheint nach Analogie von
üv^ißdXXea&at gesetzt, also nicht zu beanstanden.
6 ^ihif xgtbv 6 dk igäyov. L. de sacrif. 14 6 ^kv — vnidv
tgdyor, 6 dk xg^dv,
ndnavov ebenso L, de saerif, 12,
[eI ßdXa ibgaixi<bvraf\ Seiler» weil aus 3, 53 (vgl, L. Jupp.
tr. 15) entnonjuien. Es waren otienbar Parallelstellen an den
Rand geschrieben, wodurch falsche Zusätze entstanden sind,
3. ßooxfjfidxüjv ebenso L. Tox, 41.
Arjtxoyeaiv L, patr. enc- 10 dycuicüot xi)r ;'»7*' ^^ *f'^'* ^fl
jffia»^ xal iEJtJÖyiOjv,
öanavTj/idxmv L« patr. enc» 7 ia^iavf'ifAaxa,
Üher die Briefe da EheU^rs Älkiphron,
237
n, 34 (3» 36).
Pratinas beklagt sich über den Besuch eines prahlerischen
Soldaten. Dessen Aufschneidereien zum Schweigen zu bringen
habe auch der grösste Becher mit Wein nicht hingereicht.
(Jftti;^ d^nag L. catapL 12 71£qI dfihp' (hfiar (öfter).
Horijx^ L. lud. voc, 7 Kajfjyo^ifjv de nagd — ttvi noit^rß.
roK iiriY^iiaot ebenso L. meretr, d, 13, 4,
dexiiöaq xivnq xal ffdlayya^ L. bis accus* 6 naxa Hag xal
fdiayyag.
aaglaoag Bergler (otadgag B), aagioag Hercher* Hiezu
bemerkt Schepers: ,quae forma mihi ignoia est" und doch steht
bei L. mort. d. 27» 3 rfjv odgioav, nieretn d. 13^3 rfj mighf),
xaxaniXiag Polyb. 1,53, Ih
öiQQug Thukyd. 2, 75, 5.
2. ävirgey^e rohg Ogtlxag L. meretr. d, 13, 1 ävaTgimo ^ar
»I* inrd (= p roste roo). Mit Unrecht tilgt also Schepers dv.
Hoytip ebenso L, Tox. 55.
diQTiflgag L. meretr* d. 13, 1 ötinetga,
dgiateiag — yigag L. meretr. d. 13, 5 dm&dvovg ägtarelag
Nigr. 22 yigag di rfjg — negtodov.
3. xvXixa EVfuyi&f] — ^)Q€yor L. Tira. 54 o jiatg fiBydlrfV
irjy KvXixa dgi^aev aruo sympos. 14 söfiEyah} axvtpov.
q?Xvagiag fpdgfiaxov L. deor. d. 21,2 t?/c (plvaglag mori
d. 27j 9 ddvaxov wg jöjv Iv T(p y*}Qfi^ xaKmv qjdgfiaxoy,
a 3S (3, 37).
Eine junge Witwe erzählt ihrer Freundin, wie trotz ihres
Wunsches Witwe zu bleiben Moschion sie gezwungen habe
seine Gattin zu werden.
Gerne raöchte man den ersten Satz dieses Briefes so deuten,
wie ihn bereits Herel in seiner deutschen Übersetzung des Älki-
phron (Altenburg 1767) verstanden hat (^Ich hatte einen Kranz
?on Blumen geHocIiten und ging in den Tempel des Herma-
phroditus, ihn meinem Gatten aus dem Alopekischen Stamme
XU weihen*'), allein der griechische Text gestattet dies nicht.
IMM. Slltgilk, d. pliIlo«.-p]iÜ«l u. ± liitt. Kl 16
S36
JSr, Meiser
Von ihrem Gatten spricht sie oiTenbar erst § 2 (rdv ^cuca^hfiA
— fpaidgiav und löv 7JQ(o ^Paiöphr), Wonn der erste Satz,]
dessen Erklärung dunkel bleiht, wirklicli von einem HeiligtumeJ
des Hermaphroditos in Alopeke und einem religiösen Feste]
daselbst zu versieben ist, so niüsste man etwa annehmen, dass]
das argivjsche Fest, von dem Phitarch spricht (mulier. virt. 4):1
/t^XQ^ ''***' ''^ vßQiötiy.a TeXovat, wobei Frauen als Männer, MannerJ
als Frauen verkleidet erschienen, auch in Attika Eingang
gefunden habe. Merkwürdig ist wenigstens, dass in diesem!
Briefe von einem vßgioTiig v^haio^ die Rede ist und Epi-|
phyllis sagt: t)i<ü xov H vfigew^ ^rdön.
Über solahe Vorkommnisse bei religiösen Pesten vergleich«
Miiller-Heitz, Geschichte der griechischen Literatur 11* S. 254:1
,eine fortgesetzte Liebschaft mit einer Athen isclien Bürgers- j
tochter war nac^h diesen Sitten nicht möglich und kommt aucli
in den Fragmenten und Nachbildungen der Menandrischenl
Komödie nie vor; wenn die Verführung einer Athenerin den]
Knoten des Stückes bildet, so ist sie bei einer plötzlichen]
Begegnung, etwa bei ein^m Pervigilium» dergleichen die Religioa]
Athens seit alten Zeiten sanktioniert hatte, in jugendlicher]
Lust und Trunkenheit verübt worden*.
Bergk-Peppmüller, Griechische Literaturgeschichte IV 8, 20S]
Anmerkung 103: ,Eine momentane Begegnung bei Festauf-]
Zügen, noch häufiger bei nächtlichen Festen (:i(ivyv/tAf^) bot
gewöhnlich dazu (zu einer Verführungsgeschichte) den Anla
denn nur hei solchen Gelegenheiten traten athenische Jung-
frauen aus der Abgeschlossenheit des Elternhauses heraus.]
Daher schreibt Philostr, Epist. 47: doxds f5e' fiot . . . ^a^d^
\irTiH/i (drat)' tdc yag :tavvvx^dag nal rag ioginc xal in Alrvar-^l
Aqqv dgufiaia q&h üp ^yvirfoag. Vgl. auch Alian H. A. VlL 19:
äHoXaota.^ Aus der neuen Knnindlt' -Jn-r futnithm Alktphroul
tinsweifelhaft manche StofVi
1...,., vglJ
über die Briefe tU$ JUktofs Älkiphron,
m
rimy Ayi^toxoyv [L.] asin, 40 äyigwy^op l'n*ov.
In* Iptk nvvirrayuiymv [L.] lusin, 22 otn^rtArrovio ijt lue
j(D Mooxiowt ovvijiQQjiEv. L. DeraoD. 8 fptXoi^ dh oin^ingatie.
2* TOI* ^ianagafp* L, meretr* d. 6, 1 ii ov j^rtiHet* & ßa^a*
Qh^g a&v Tiai/jg (öfter).
är^vnto ohne Augment aus Homer IL 23, 204 i} tY nvO*
fd vmyvA naidta L. mort. d. 10, 12 rd jtaidia v£oyyä övia
rmot 10 n. V, mort. d. 27, 2,
vßotojtp' vfiivaiov L. deor. d. 11*1 /xea'oc (sc. iQUig) ißgi-
3, TO avvfjgetpig L. philops. 50 h' to} avytjQe^pet, Anachars. 18.
aldovpiai djidv, L, deor* d. 23, 2 aiSov^iai de kiyetv.
(iTTEioaTov Eivat tmv dßoulrjimv L. Nigr. 15 änElQatOs &k
^fiolag (öfter).
U. 36 (3, 38).
Eudikos schreibt an seinen Freund: Der Knecht, auf den
ich beim Kaufe alle Hoffnung setzte, hat sich als unbrauchbar
erwiesen: er isst für vier und schläft für drei. Rate mir, was
soll ich mit dem Unmenschen anfangen?
äjiißt} totovTog L. deor. d. 22, 2 5/io<oc d^f^^/c-
f^C änißti rotovTo^ iirl rmv dygwr^ Meineke, Schepers. Aber
Jer RelaÜTsatz kann nicht fehlen; an ihn schliesst sich ja der
folgende begründende Satz i&g ydg an. Erst auf dem Lande
hat er sich so entpuppt, denn beim Kaufe machte er den
besten Eindruck, Aber dieser Eindruck erwies sich als falsch:
er war offenbar von jeher ein Nichtsnutz,
Tjj fvj] r.nl vf(} ebenso L. Herniot. 80.
2, knttjiQu Crjiiin ,ein Prachtexemplar von einem Tauge-
nichts* Aristoph. Acharn. 737 ff^avtfQAv C*^jiUfiy.
oxanavEdiv L, Tim. 7 aKQTtarevg Vit. auct. 7 ananavta.
fmvoT L. ver. bist. 1,39 hnvmoai Hom. 11.24,344 f>7ivui'
tq iyEtQEi.
lixvqmifihov notptüjov L. Nigr. 1 äyorjtöv le xal t£t%^iüßipov.
24Ö
K Meiset
*Eni^Evl6ii%* itvä Kgfjra xexotftfjn9tH. L« Tim. 6 i^Jiiq riv
*Emjitevidf]y yag xeKoi/nfiaaL Älkiphron fügt Ttv6 KQfjia hin:
weil der Sclireibemle unwissend sein muss.
rip' ^Ilgfixkioifg rgtianfgoi' L. .som. 17 fj id^o ^ov jQiicTiiQOZf
äojtiQ 6 ^HgaHlijg, xal avro^ iozi (sc. o övetgog),
[>} c&c aHOVo/uev tijr^HQaxXEovg TQiianegot'J Meineko, Schepers:
mit Unrecht, denn es passt sehr gut, Epinieuides soll 40 oder
50 Jahre geschlafen hiibon; wem aber dieses Beispiel eine zu
kolossale Übertreibung scheint, der glaube, dass er wenigsten«
dreimal solange, wie ein gewöhnlicher Mensch schläft: seine
Nacht dauert solange wie die, in der Herakles gezeugt wurde.
Beide Beispiele stehen bei Liikian; schon deshalb ist das zweite
nicht zu streichen. Audi hätte Meineke bedenken äoIleD, da&a
gerade diei>e Sage von der Verlüngerung der Nacht bei der
Zeugung des Herakles ein beliebter Stoff* der Komiker wnr,
aus denen Lukian und Alkipbron schojjften,
dgyvgidtov „ein schönes Stück Geld' oder »mein lieber
Geld" Anstoph, Plut* 147 din /uxgor ngyrgidiov. Bei Älkiphron
d»is Verkleinerungswort, obwohl .teures Geld* gemelnf ist: also
in anderem Sinne: Schnieichel- und Koseform»
II. 37 (3, 39).
Eine Tochter schreibt ihrer Mutter, sie solle vor ihr
£nde noch die Herrlichkeiten der Stadt kennen lernen. Wtforil
sie sich beeile, könne sie morgen noch den 3. Tag der Tbes-
mophorien mitfeiern- Siesolle also unverzüglich kommen, denn
sterben, ohne die Stadt gesehen zu haben, verrate Mangel aiij
Bildung. Das sei ihre offen ausgesprochene Meinung.
-t^6? §eo}v — {^iaom L. Prom. 18 ngQ(; ^€tbv — d7t6Hgivai^
n^6c dXt'yov (= paululum) ebenso L. deor. d- l*S, L
xuKUijiovoa roix ay.onikov^ L, deor. d, 2U, IS djtuhsi6vitg\
7av£ fixonikov^.
xat* äotif eb<Mi»o L. dt*or. d. 20, I?,
'Akftin h. in«*rcir. d. Kl h' ttnc Whinuc 7, I f»/fJi
'AMd /(rri.
Übm" die Briefe des Rhetors Alkiphron,
ztt
Jtovvata L. merc. cond. 16 Atovvaia iogidaetv pisc. 14 ly
TOK Aiovvalotg,
rtüv Sia^iofpoQiiov [L,J amor. 10 ük iv fhouofpoQint?.
2, xard rr/v Jigionjr yiyoyn' rijuepay B, ganz richtig: am
ersten Tage (des Festes) fißdet der Aul'ziig »tatt** (nicht , gestern
fand der Aufzug statt*, wie Scliepers will).
ra Kalhyhna kann man nicht sagen, da KaXktyivBia der
Name der Göttin ist: ta KaXhyeveiag wird das Richtige sein,
3. /i^ uUXe ebenso L, Prom, 1,
äyei^ojov ndhmg L. Nigr. 15 äyivotoq /ih iX^vüegtag,
dnoTQdnalov L, pis<:. 33 dnorgoitatov (bg hqI aJo;f^(Jv. •
'&7]QiwdEg L. vifc, auct- 10 §ijQUüdri ra ndvra y.al äygta
pseudol. 31 äygiop kqI {^i^quoAbq Anach. 37 &rjgiajd£g yäg nal
thtvfbi; oxaiov,
T^C i^l Tcß 0Vfiq?iQont Jiaggtjohi; L. calumn. 24 Inl t(ß
IhiIvcdv ovfKpiQorii. Ju[iii. tr. 19 Im rro ov^(f'ligo^'r^ ;ia^{>ijowi-
nöfin'og,
dvayxaiov i6 ist ganz richtig; rlenn auch in xalov liegt
der BegriiF öiov oder yQfojv: was schön ist, muss man tun*
IL 38 (3,40).
Eatliydikos klagt seinem Freunde: mein Sohn ist in der
Stadt einem Kjniker in die Hunde gefallen und hat sich ganz
von diesem betciren lassen. Seine Eltern und seinen Beruf, die
Landwirtschaft, verleugnet er» Man sollte diese Seelen räuber
nicht ungestraft lassen!
TtnQiyyimv L. rnort. d. 1,2 Jtaoeyyva.
^6kog — datfi6v€ov (ira deum) [L.] amor. 2 *A(pQodh fjg
Es wird heissen müssen: ;KrWoc <5f i^iJieothy öatfidvtüv pJg
avj6y {ovx ixtu liyeiy ü orotf) vergleiche das parenthetische
o^H oW ÖTtwg 1, 13, 3, 12, 3, 20, Die Verschiebung von U örov
ist dadurch entstanden, dass ein Leser am Rande bemerkte, i$
Srav gehöre zu fSaitnjriov. Die Hinzufilgiing von i^ ist nicLt
aulfallend: da elg avtoy vorhergeht, hatte dg die gegensiltz-
liche Präposition 1$ zur Folge«
K. Meüer
2. Tovrcovi rmv fiefif^vÖTOv L, de salt. 6 fAi^t^v&xo^ ät^^^-1
7t€}v abdic. 30 Ivxräv xal fiefif)virat. Hermot. 86 tovg ivrtmvta^i
TU)V XVVÜJV,
AQXtjytttiv L. syiupos. 16 'liQaxXiovq &QXiiyitov.
3. diafm änoxQdnaityif xal fpoßEQÖv L. Tim. 5 dvüdvtTjroy
xal äjtoTo6jiamy diaßia.
xöurjv avxftfjQap ävaaefijüv L, soiun. 6 av^^njQa zip' xo^tiv
Alex. 13 ödmv äfm t}]v xöjttfjr Sviiov.
fru/ioc L, Vit. auct. 10 ita^idv xQ^j «7»'Ot.
t6 ßkifjL^ia L* Zeux. h xo ßkifiaa — 9t]Qtü}(^i^.
fl^äyvfirö^ L. mar. d. 15» 3 tjfdyvfivoi (öfter).
h TQtßwvkt} ebenso L. paiiis. 51 (öfter).
TtYiqlöiov iSf}Qrf]fiivog Aristoph. uub. 923 ix nt]QiiioiK L*'
Vit. auct. 7 6 triv nrjQQv l^rjQjijfih'og.
Sojiakov — uerä x^^Q^^ ^x^-or L. Herc. 1. ro §6jiaXor l^eij
iv xfi deiiq (öfter).
(h'VTiödtjTog L, navig. 1 (öfter).
§V7id}v L. vH. auct. 7 ^vncTjvxi (öfter).
änQaxroQ ist ganz richtig; es bildet den Übergang zum
folgenden (^ohne nützliche Beschäftigung"), vom Äusseren zum
Inneren, tlxagiog passt nicht, denn vom Haare vrar schon die
Rede. L* piae. 3 6 fiiv "Ofujqog fj/biiv ängaA^oc (=z büft uns
nichts) (öfter).
XQt}^itmv negio^äv L. eunuch. 3 ;rß»y^cita;F xaraifjgovd}^
(öfter).
4. f^f alAc^ xmv ngoarnntay dni^vmat L. vit. auct 10
al&u>g 6k xal btudxem xal ^iezQiötris äniaio), xal lo Igv^giäv j
&7i6Seaoy tov ngoomnov navitXmg {.An6ivoov F = Yaticanus 90). |
Anmtdivwiv L. de electn S änatethv xal iptviok&fo^ 2k*
Ö^omoQ* Jupp. tr* 40.
qfQovtiaiiljgiOp [L.] Neno 1.
littgaXi^XtaE L, Tox. l^ ^ di Jtalkovg ijöti viovQ ixtga-
^fijlioaon (öfter).
t<p £6X€üri xal r^ Ag^Hovn L. calunui» 8. 6 ^dXa^ Hal\
i Agäxmy.
fjhe9- die Briefe den Ehetm-ä Alkiphrun.
243
ivdgQ^oSiCovtai; L. bis accus. 16 äviQunodioniiievf] nhöv,
[dnö Tov tpQoveJyj Randbemerkung zu q?Qovuar^giov. Wim
zeigt schon die Gleichmässigkeit des Satzbaues und der ein-
zeluen tilieder:
johg fikv xlijiToyiag oxafpvXdq
IL 39 (3, 41),
Drjades schickt seiner Frau Schafwolle, aus der sie Kleider
für Sommer und Winter fertigen solle. Auch die Tochter
solle sie fleissig arbeiten lassen, damit aie dereinst als Fmu
ihren Eltern keine Schande mache, und fleissige Mädchen seien
in der Kegel auch sittsame Mädchen.
tmv — nooßdjmv ilnoxdQaq L. fugit. 14 äjioKEtQovm tä
ngdßara,
^progag vnunkfa L. bis accus. 34 iijv ipu>Qav. somn. 4
Zu fJngout hat B in inarg. ovona UynaL Solche Rand-
bemerkungen sind oft in den Text geraten,
%^ö&ai lg Srt äy ^iXu L. merc. cond. 9 Inagijtovm —
Xgfjo&Qi ngog 8ji äv i&iXojot.
TiQiv qSdom dtaq^&agfjvfu (,ehe sie noch zu gründe gehen*)
L, roort. d. IS» 2 ou ydg itfdaoa Intoaippai xt (,ich hatte dar-
öber noch nichts bestimmt*, nämlich Alexander über seinen
Nachfolger). Schepers tilgt mit Cobet rpMaai, aber Alkiphron
Terwendet (pddvoj öfter mit Infinitiv: 2, 4, 17, 3, 3, 4,
2. iSv(pf)voy L, fugiL 21 tmooov ydg dtj (vl^lnwhr flA
iya} tivfpjjvm.
ia&fjuara Thukyd* 3, 58, 4 ia^^tjfiaot,
Ttgöofpoga ebenso L. fugit. 13, gallus 5.
XenTovfjfyfi [LJ amor. 41 hnroVipiig — ia^fig.
Ti/g xg6x7]g L. Jupp. tr. 51 än6 Xemtjg xgdHtig (öfter).
äh^nvtfia Hom. Od» 14, 529 dle^dve/inv.
244 K, Meiser, Über die Briefe des Bhetars Mkiphran.
3. h &Qq. ydfJLOv L. meretr. d. 2, 2 ^yaxiga — (bQalav
fldri ydfiov,
^eganaivloiv [L,] amor. 39 i^eganaivldcov Sx^iog.
ek ävdQog ll&ovaa L. Lexiph. 11 i^oixietv yäg (fieXXe
TYifiEQOv elg ävdQÖg t^v ^yaxsQa,
fAYi xaxaioxvvf] xovg naxigag L. deor. d. 22, 3 oä xaxat-
axvvcb ae, & näxeg,
HÖojuq) ßlov xal ooxpQoavvfj oxoldCovoiv, L. ver. hist. 2, 15
piovoiHfj x€ xal cßdäig axoldCovaiv. Tim. 55 negl acotpQoovvrjg
xal xoojbuöxfjxog.
245
Verzeichnis der tibetischen Handschriften
der Königlich Württembergischen Lande^bibliothek
zu Stuttgart
Von Emil ScIiLt^lutweit.
fVorgeleg't in der pMloa.-philol. Klasse am 5, März 1904,)
Dio Kgl. Lamlesbibliothek zu Stuttgart besitzt eiot» Rtsihe
tibetischer Werke. Ein Verzeichnis fehlte; auf Ersuchen der
Vorstandschaft, des Kgl Obersiudienrates Herrn Dn Sfceiff,
enjtellte ich ein solches.
Die Sammlung war in 9 Nnirmiern verteilt; im j^anzen ent-
mlteii diese ohne die Schriftproben und Bruchstücke 22 Werke
ind Abhandlnngeiit Fast sämtliche Stücke sind Handschrift
n der leicht leserlichen Druckschrift U-can (dbu can) ond diese
it teilweise von grosser Schönheit. Da^ Papier ist haltbar,
vorwiegend gut geglättet und diinn; die dicke Sorte, welche die
äteren Handschriften aus Nepal kennzeichnet,^) findet sich nicht.
Bei der Auswahl waltete nicht, wie sonst, ausschliesslich
der Zufall; einzelne Teile sind einheitlich zusammen gekommen.
Den Anfang machte eine grosse Kapsel in Buchform mit rotem
Maroquin-Leder überzogen und mit dem Namenszug der Kaiserin
Katharina H. von Russland in Golddruck geziert; diese Kapsei
war nach Stuttgart geschickt worden und das beigegebene
Schreiben bezeichnet die innen liegenden Stücke : eomme pieces
en langue mongole et tungouse. Zu dieser Grundlage kamen
dann unter den Beziehungen der beiden Höfe zu Stuttgart und
*) Vgl. Prof Cecil Bendall: ^ik^&aamaceaya in Bibliotboca Buddhiea
7ol. 1 (1902K P.XXIV.
246 E, Schlagintweit
St. Petersburg die weiteren Nummern. Die Korrespondenzen
sind im Archiv der Bibliothek nicht hinterlegt. Das Prunk-
stück der Sammlung und eine Zierde für jedes Museum ist ein
langer dicker Band, die Blätter nach Landessitte zwischen
geschnitzte, rot gestrichene Bretter eingelegt; das Ganze wird
von zwei festen Liederriemen, wovon der eine mit Schnalle,
zusanmiengehalten und ist entsprechend der solchen Werken
gezollten Verehrung in ein rotes Seidentuch eingeschlagen.
Dieses Buch ist zu kostbar, um im Handel erworben zu sein;
es nahm seinen Weg sicher aus den russischen Vorräten, die
Prof. P. S. Pallas und nach ihm Baron Schilling von Cann-
stadt von den burätischen Mongolen und dann über Peking
mit überaus wertvollen Stücken beschickt hatten. Alle Stücke
zeichnen sich vorteilhaft durch gut erhaltene Einbanddecken
ujid grosse Vollständigkeit aus. — Inner-Asien ist als Herkunfts-
land der Sammlung auch nach ihrem Inhalte anzusprechen;
nicht blos in den Abhandlungen aus der Kapsel, sondern auch
sonst wird örtlichen Schutzgottheiten Verehrung erwiesen, deren
Namen in Tibet selbst nicht auftreten. Die Rechtschreibung
und die Satzbildung weichen von der Büchersprache vielfach ab.^)
Abkürzungen in den Zitaten: Buddhism = Mein Buo-
dhism in Tibet. Engl. Ausg. 1863; französische 1881. — Grtir-
wtulül: Die Mythologie des Buddhismus (1900). — Feer: Analyse
\U\ Kandjour et du Tandjour, par Alex. Csoma de Koros, tra-
diüle de Tanglais et augmentee, in den Annales du Musee Guimet,
Vt»l. II (Lyon 1881). — Padma Sambhava = Meine Lebens-
ln^rtrhreibung von P. S. Abhandlungen der K. Bayer. Akademie
^01 Wlss., I. Kl.: Teil I in Bd. 31, S. 419, Teil II in Bd. 32,
*) IJiuBohrift des tibetischen Alphabetes:
k
kh
g
n»
ts
ths
dz
V
c
ch
j
ny
zh
z
0
y
t
th
(1
n
r
1
s
8
P
ph
b
m
h
A
V\\\ ^AH»krit itt das eingeführte Alphabet benützt.
Tibeti»di(s Handschriften.
247
S. 619. — PeL Hdsch.: Verzeichnis der tibetischen Haiid-
ächriften und Holzdrucke im Asiat. Museum der Kais. Akad,
d. Wias., verfasst von L J. Schmidt und 0. Böhtlingk, Bullet,
Vol. IV (1848), auch separat 8^ — Waddell: The Buddlii^m
of Tibet or Lamai^im. (London 1895),
Nr. 1 des Bibliotbekverzeichnisses der Lande.sbibliüthek ent-
hält die Nummern 1 bis 8,
372 Blatt, 7 — 45 cm Schriftbreite. PapiiT vun brauner
Farbe, gut geglättet Der 8ammelband enthält 2 Sütras,
4 Tantras, die letzteren tragen auf dem Titflblatte ein ktilo-
riertes Bild einer Gottheit; eine solche Gottheit ist auch auf
dem Schlussblatte gezeichnet Aussenlem ist jeder Gruppe eine
RiuleituDg beigegeben, die den Inhalt der folgenden Werke
dem Verständnisse der Leser näher bringen soll; denn alle
Begebenheiten spielen in Indien, die Namen sind aiieli indisch«
Nr. 1.
Die Einleitung zum nachfolgenden Sütra. 1 Blatt, 7 — 45 cm,
9 Zeilen wie meist. Die Schreibweise ist eigentümlich, ich
gebe sie unverändert.
Diese Einleitung lag hinter der Schmutzdecke und zerfällt
in drei Teile.
Der 1. Teil beginnt: Die drei Körper sind selbst das
Böchste, sind die kostbaren Kleinodien, sind „die Siegesstaml-
arte** der nie sinkenden Lehre, welche die Wesen auf den Wt-g
der Seligkeit bringt Verneigung sei vor den unvergleichlichen
drei Kleinodien; hurtl (sku gsum bdag njid dkon cog rin
chen rtso(l) | mi nub bstan pai rgjal mthsan gyur cing | ngro
mams mthar pai lam la ogod mdzad pai | bla med dkon cog
gsum log(!) phyag othsal stod < £ ma ho » «Siegesstandarte'' ist
dfts Stichwort im Titel des folgenden SAtra, — Es wird nun
pakyamuni Verehrung gezollt, der die Haufen der bösen Geister
(bdud) bezwingt und in einem Augenblicke die drei Körper
nehmen kann. Dann heisst es: Mit dem GesetsBe^ikilrper,
24S
B, SMaffimweU
dem ^körperlichen Körper* (gxugs sku) und dem magischen
K/irper sind die 30 Buchstaben angekommen, Verehrung sei
dem Haufen der Konsonanten; merkt es Euch (ka kha phn
ma snm bcu byon gm\ byed yi gel thsogs ia phyags atbaal
lo , E ma ho \ Dieses Lob der Heilslehre als Trägerin v«m
Schrift und Literatur ist merkwürdig.
Den zweiten Teil bildet eine Lobpreisung des Landes Tibet
in der hiefQr eingeführten Form. Das Land bilde einen Teil
von Jambudvipa oder Indien: in seinen Bergriesen wurzele die
Erde. Am Kaihisa (Tise) habe sich der Tathägata nieder-
gelassen, Manasasaroyara sei der See, in weichern diejenigen
baden, welche die höchste Vollendung erlangten. In Vajräsana
sei die Lehre des Meisters vorgetragen worden; im Norden
davon Hege Tibet ,das Königreich der Verstorbenen" (spur rgyal
bod kyi yul). So ist es (kai lags).
Der dritte Abschnitt ist der längste, bietet aber «ui wenigsten
Allgemeines Interesse. Die ersten zwei Siitze sind noch — wie
der bisberige Vortrag — im üblichen Versrnass von 9 Silben
geschrieben, dann folgt Prosa. Gepriesen wird bLobzang
gragspa, ,der wegen seiner Klugheit Berühmte*» was der
Funiiliennanie ist von Tsongkh»pa, dem grossen Reformator
des tibetischen Munchswesens, der unter den Nordasiaten mehr
geehrt wird als in Tibet selbst. Sodann sind der Verehrung
verschiedene unbekannte Ortsgottheiten empfohlen wie Hamlr
srid, Vater und Sohn; Apa, Ama, Aco, Aneba; diese werden
den Befreiungsweg schon nach zwei Lebensdasein finden lassen
(thse odas gnyis kyi thar lam thobpa). Statt mit dem üblichen
Segensspruch ^GiUck sei und Segen "* schliesst das Ganze mit
Sa 81, Erdo und Pfeifen, Die Verehrung der Erdgeister ent-
spricht dem Volksglauben; sie wird insbesondere durch die
Uonpo*4 gepHogt
Die Bezeichnung von Tibet als Königreich der Verstorbenen
(spur rgyal) findet sich selten, spur heiast Leichnam. Bereits
bei den Indiern war die fiebirgaregion im Norden berühmt
aU Wohnsitz der Verstorbenen, König Yndbi^j^him, der ülktsto
der 5 Pä^dn - Prinzen , gilt mythologisch nls der Sohn fo
Tihetiifche Handschriften,
249
Dharma, dem Gotte der Gerechtigkeit. Nach der Schilderung
im 18. Buche') des Mahäbharata-Epos besucht Yudhisthira die
Schneeregion, ehe er in den Himmel eintritt; er sieht hier
seine Verwandten unter den (Qualen der Hnlle leiden, zieht aber
jschliesslich mit ihnen in den Himmel ein. — Den Buddha-
bekennern im ganzen weiten Zentralasien gilt Tibet heute als
Land des ßar-du oder als der Ort, \v(*hin der Venitorbene in
der Zeit zwischen Tod und Wiedergeburt sich begibt. Bar do
heisst ZwjÄchenzastftnd; wähiemi desselben können keinerlei
Taten, auch keine guten verrichtet werden, demnach lassen
dann Verdienste nicht sich anhäufen. Der Zwischenzustand gilt
deswegen als ungünstig. Er sr^ll iiussersten Falls 49 Tage
dauern; aber die Lamas vermügen ihn nicht nur abzukürzen,
sondern auch zu bewirken, dass die Diener des Herrn über die
Toten vor ihren Richter ein unrechtes menachh'ches Wesen
bringen, und besonders haben schlechte Menschen, über die
kein Schutzgott wacht, solches zu befürchten, was man als
vurzeitigen Tod bezeichnet (Buddhism s. v. ; S. C. Das, Lex. s. v.
bor do). Den Gläubigen dient es zur Beruhigung, dass die
Ihrigen den Zwischenzustand im Schneereiche abwarten dürfen
und dadurch an seinen Onadenspenden teilnehmen, — In der
Literatur wird der Name im Sinne einer Sage behandelt. Im
4. christlichen Jahrhundert habe König Grigum btsan po im
mittleren Tibet, im Yarlung Tale, seine Residenz an der Hohle
iPu aufgeschlagen, so dass man Tibet das lieich sVii nannte;
unter diesem Kamen wird Tibet noch im IL Jahrhundert in
einem indischen Reiseberichte erwähnt.^)
Nr. 2.
Dieses bildet das erste Werk im Sammelbande. IRO Blätter;
6 Zeilen. Zeilen weite und Schrift grösser aU in den übrigen
*) Mehrfach öberaetzt, a. A. van Monier William». Indian Epic
PüHtry (Loüdcm 1Ö68) p. 29.
^ 8. C. Dai, Tndian PandiU (Calc, 1893) p* 73; Lex. a, v. «pur TgyA\;
nirui.? Könige von Tibet (18G6; Abb. der Kßl. Akad. d. Wih». Bd. X
Index s. V. aPu).
250
E. Schlmfintiüeit
Nummern dieses Bandes. Titel in Sanskrit (die Fehler ira
Original sind hier wie später Wrichtigt): Mahfi sannipiUa rat-
nnkt^tu flharant luahayuna sütra.
Tibetisch: oPhagspa oduspa ehen tog gi gasungs xhes by«
ba theg pa chen poi mdo.
,Das ehrwiinlige Mahäjäna Sütra. genannt die DhärÄfiT
liiM* Standarte der gesammelten Kleinodien-
Das Werk ist in den Kandschur aufgenommen und ist diirt
mit anderen Siitras, bald 7 bald 9^ zu einem Bande vereinigt
Im Index des Kandschur von I» J* Schmidt steht unser Sütra
im 12. Bande unter Nr, 138; in Osoma-Feers Ausgabe bildet
es Nr. 135 im 10. Bande der SiUras. Eine Analyse des Siitni
gibt Feer S. 250. Zwei Sonderausgaben verzeichnet Pet» Hdsch,
unter Nr. 281.
£iner solchen besonderen Zusammenstellung gehdrtc auch
unser Stuttgarter Kxeraplar an, denn der Schluss auf Foi 179
lautet hier: In der I^harani von der Standarte der gesr" ^^f^n
Kleinodien bildet diese Dhara^ii das Kapitel von der i i,»
nämlich das 13, (gxungs la nithar phyin pai leu ste. beu gmtiii
pao). — Ebendort sind als itbersetzer genannt: ('iiendrabodlii,
Jinamitra, Surendradeva und , der grosse Vergleicher d«n- Ober-
setzungen (zhu eben)', der Lot^iava- Bande: Ye ^es sde. Nachdem
die^ser die Prüfung der Sprachen vollzogen hatte, wurde die
ObersitUung fUr gut befunden {skmA sar (sie) cad kyis kjang
beos nas btan las (sie) phab pa rdzogs so). Im ^Vocubolaire
de l'Analyse du Kandjour* (Guimei H 381) teilt Feer aodi
die Namen der Cbersetxer mit ' ' tib^tisiib^n Kandsebitr
mitwirkt4?n, Ira Index von ^ l die Angaben reich-
lieber; nach meinen] Auszüge hiit ^^^lleodrabodhi 41 maU Jinii-
nuira — aus Kik^mir — llBrnml, Sareadnibodhi mit-
gewirkt. EiiMß Obenms grossen Eifer filr das ' ,-.n^.
werk «eigt« der Mönch tBand»»^ Vp m^^ »de, 4, i Pri«
hrit^klasst*. Dieser mit R '^ava twler DolmHsch^ir
r ' \ritd<T! ' iriiU*n sah *' r
raguog.
durch und
iit
mimmh »rdaog» m* gut, ttm«n>iii ImpftiDaltir!
T&tetisthe Htmd»chnften.
251
Nr. 3—8.
Es folgen nun im Pruokband 5 Werke mit einer Ein-
leitung, die y.usammen ein Ganzes bilden. Sehr schüne Hand-
schrift, f>— 45 cm Schriftfläche, 6 Zeilen.
ALs Titel des Sammelwerkes ist ein Blatt vorgelegt mit
dem Inhalt: i^Phags pa gzungs cheri mo grang.s Inga bzhu gs
so: Hierin sind enthalten die ehrwürdigen Dharar.iLs, 5 an Zahl.
Dieses Blatt ist von sehr starkem Papier und hat seitlich einen
Anfass aus landesüblichem Canevas: Gewebe aus Hanf, gemengt
mit einer einheimischen Gespinnst faser.
Hinter diesem Samnieltitel liegt zunächst eine Einleitung.
Nr. 3.
Ein Blatt; In }*apier und Schrift sorgfältiger als bei Nr. 1 ;
die Beziehung zu den folgenden 5 Tantras auch deutlicher
als dort.
Im Beginn deckt sich der Vortrag mit der anderen Ein-
leitung: es wird den drei Körpern Verehrung gezollt, Janibu-
dvlpa der vorzüglichste der Kontinente genannt, Vajräsana als
Lebrsitz gepriesen und das Schneereich als der nachtbigende
Sammelpunkt der Lehre bezeichnet. Als Orte, wo hier die
heilige Lehre ihre Verbreitung fand, werden »Guge und Zhang
Zhung'' genannt Der grosse Gebieter der Menschen, Khri Ide,
setzte den Helm auf den Kopf; sein Reich erhielt die Fülle
des Meeres; unter der Herrscliaft dieses GesetzeHkönigs, dessen
Leib schien umgürtet war mit der magischen Kette, war der
Segen der Freude. So ist es (mi dbang chen po gong ma Khri
Ide dbu rmag btzug zhing | chab srid rgya mthsoi dpal I dga
ba dei bilab phreng rol pas mdzes pai sku chos rgyal dei
üOgnia I kye legs). Im folgenden Schlusssatz wird der Text
Bhr s^ ; der Inhalt ist folgender: Segen sei dem lleichen,
fem U... . ., ,.* nder, dem Herrn des Lebens. In der Zeit, in
welcher man nachdenkt (wörtlich abwägt) über Vater und
Mutter» welche die gröasten Wohlthäter sind (tibetisches Sprich-
lort), und viele angesammelte Sünden das eigene Leben ver-
mSM
252
E, SehiapntweU
Jimkeh)T da haben uns insbesondere zur heiligen Lehre geführt
pdie ehrwürdigen, die 5 Schulen (grva Inga) enthaltenden grosseo
Dharauis" (ohyor Idan yon gyi bdagpo thse dbang bkra $is
gyis dria chen pha mai drin lan gzhal ba dang rang g!
thse rab bsags pai sdig bsgrib phyir dus | dam cbos khyad
ophags gzungs eben grvas higa slus.
Die 5 Schulen, eigentlich Ecken (grva), auch 5 Klassen (sde)
sind Bezeichnungen von Schulen in der Zeit des mjrstischen
Binldhismus und sollen Zaubersprüche erklären; ihre Bücher
gehören der ältesten Gruppe der Schriften des Mystizistnus zu
laid ziihh^u zu den Werken, welche Ananda, der Schüler des
Ueligionsstifters, in Indien hatte vergraben lassen, als die Keligion
dort in Gefahr kam. Bereits im 11. christlichen Jahrhundert
wurde uligemein geglaubt, dass die 5 Grva-Bücher auf dem
Leichen acker <|.*ltavana geborgen wurden (Padnia Sambhava II
540). Die Titel dieser 5 Dhärapts wurden später personifiziert;
dies geschieht auch in der nun tidgenden Ausgabe.^)
Im Übrigen ist noch zur Erläuterung vorzutragen. Die
Landschaften Guge und Zhang zhung liegen in der Umgebung dets
Maruisasarovara-Sees (oben S, 248) im westlichen Tibet, Provini
Ngari Khorsura; sie gelten den Tibetern als das UrsprungJiland
der als Bonpo-Keligion zusamniengefassten Lehrsätze, soweit
nie noch als buddhistisch anzuerkennen sind. Im 8. christ-
lichen Jahrhundert bestanden diese Länder als eigene Reiche» die
Krjuige erschienen an indischen Höfen mit Geschenken ; es mufis
^ Ndhere« siehe im Pet. Wort, ntiter mah&nik^ u^d bei 8. C.
|)|Mi Lfix- unter gxungs angags* — Hemi ProfesBor Ä. Grünweciel dankr
I, iif> gütige Mitteilungen; Die Mongolen nennen die 5 GQttinncn
1 ikisu, die 6 Hülfen; bei Schieftior Bulletin 1B77, Ersülblung
Nr. 45 ü. 468 findet sieb ilie abweichende Über««t7.ung gC4in riropa Inga
|ilii^ 6 Reihen der ,,,..,?). Int«reiMtinte Sarmkrit* Texte Ubor di«c
Üftttinni'H bietpn die Ztipiski Yi>9tocn»gü Otdeltrnija linp. Raa§k. Archeol
liingcG der Güttinnen kommen aU \\ö\u
I vor aI0 in Bronzen. Di»^ Hrun^eu «ind
^»iMi tdmer m heHtimim^n, da ihnen vjelfuch die Attribule veriore»
j<ind. An»ftibrliche Rr^ichn'i**nn.*.M* .h«r Mnupifonntai «nihlUi
\\\ ' tiiuuAlJL
TibtHnhe HaftthchrifUn,
2S3
dort Wohlstand geherrscht haben, sonst hätt« sich ein Kriegs-
zug in das QueUgebiet der Satledsch- und Indusflüsse nicht
haben lohnen können. Es bestehen dort alte Klöster,^) die
Mönche gelten als hochgelehrt — Der Lebensherr unseres
Textes, Thse dbang, gilt als ein Sa bdag-üngeheuer, ist also
ein Oott der Bonpos und der Volksreligion.
Nr. 4.
62 Blatt, Nr. 22 fehlt Marginalbezeichoiing k. Ayf dem
Titelblatt rechts wie links eine Figiir; links ein Buddlia, rechts
eine Figur mit 8 Armen in einem Flammenkreise stehend, wie
sie zum Heile der Menschen Chenresi an nimmt, dpr Schiifezgott
aber Tibet (Buddhism Tafel IV, Grünwedel p. 130).
Titel in Sanskrit: Mahasahasra pramardana sütra ^das
Sttra vom Zermalmen der tausend Grossen". Titel in Tibetisch:
oPhag« pa stong chen rao rab tu ojoms pa zhespai mdo: Das
iSütra vom völlig Zermalmen der grossen tausend ehrwürdigen
(Gdttinnen).
Dieses Sütra ist oft aufgelegt: Kandschur Nr. 558, unter
der Taotra-Abt^ilung (Analy&e bei Feer p. 316), Pet Handsch.
Nr. 250—253; hier ist zu tauaend ergänzt , Welten*, Dies
stimmt nicht zum tibetischen Text, der die Ehrwürdigen mit
Idem weiblichen Artikel aufführt, Hiezu passen die neuen Auf-
schlüsse über die Personifikation der Trägerinnen der 5 Grva
(A^t), Es handelt sich demnach, statt von Welten, um Schutz-
g5ttianen oder auch die mystischen Zeichen und Sprüche, die
auf ihre Eingebung zurückgeführt werden. Es liegt hier
unzweifelhaft eine Umdeutung des ursprünglichen Sinnes Tor;
einigen Anhaltspunkt hiefür gibt sTong, Tausend. sTong mit
pa heisst die Leere und in einem Hauptwerke der Bonpos ist
I der Frage ^ über die Leere, welche die Befreiungsgesetze lehrt*,
ein eigener Abschnitt gewidmet.*)
*J Siehe den schönen Farbendruck, Bd. II der Riwilts meiner Bröder,
welcher da» Innere de« berühmten KJoatera M&ngnan^ daraiellt — Über
KMch^r beiteht aas diesen Landstreifen noch heute ein lebhafter Ver>
ihr mit den nördlichen Ländern.
^ A. Scbie^ier, Das weisse Käga-Hunderttauaeud, PeU 1680, S» 109.
IfM. SiUyMb. d. phUos.-p]ii)ol xl <L MmL KL 17
X SMaginH^eU
Nr. 5,
43 Blatt- Auf dem Titelblatie edoe weisse, in einem Feuer-
strahlenkranze sitzende Figur mit 8 Armen. Marginalbesteich-
nuDg kJi.
Titel in Sanskrit: Map] pratisarä yidyä räjni; in Tibetaseb:
oPhags pa rig pai rgyal mo so sor obrangma eben mo «Die
grosse Königin der Weisheit, die Schutzgöttin Mauipratisarä.
Pratisarä beisgt Perlenschnur, Amulet. Analyse: Feer 317.
Nr. 6.
62 Blatt In der Mitte des Tittflblattes eine gelbe achf
arraige Figur, in einem Feuerkranze sitzend. Marginatbezcick-
nung g.
Titel in Sanskrit: Mahämajüri vidyä rajnl dbitrapl. Tibei-
tisch: rigs (sie) sngags kyi rgyal rao mia bya eben mo: ,Die
Königin der Zauberkünste, das grosse Pfauen weibehen * . Anal^r^e:
Feer p. 316.
Nr, 7.
22 Blatt. In der Mitte des Titelblattes eine schwarze acbl
armige Figur, in einem Flammeukreise sitzend. Marginal-
bezeichnung ng.
Titel: Mabacltavanl ^tra; tibetisch: bsil bai thsal eben
pai mdo. ^Üas Sfitra vom kalten Walde* = ^Itavana. DieJS ist
der Name eines boriUimten Leicbenackers im Qangeslande, auf
welchem nach diesem Sütra bereits der Religionsstifter predigte;
später liess sich darauf Padma Sambhava nieder^ der Begründer
des heutigen Lamaismus. Analyse bei Feer p.317, wo ^ttavana
zu lesen ist; Padma Sambhava II p. 536.
Nn 8.
H Blatt; in der Mitte des Titelblattes eine rote acht*]
armigo Gottheit in einem Flammen kreise, mit der rechten Hand
vor der Brust eine nindrü machend. Marginalbex^-ichnung e«. 1
Titel: Mabamantra anudbäraul s^ütra; tibtitisch; SQ^a|{a
cbegi pa rjes au oda^in pai mdo: «Das grosse Sütra, das sstur
Tibetische Handschriften,
255
Bewahruog im Öedäclitnis das gi'osse Mantra zusammenfasse*.
Der Ausdruck rjes su oditin pa iat in der Erklärung schwierig;
aber alle Beispiele beweisen seinen Gebrauch im Sinne vom
Erwerben durch geistige Arbeit» vom Festhalten der Anwendung
von Zaubersprücheo. Analyser Feer 317.
Das letzte Blatt hat als Schlusswort byon und ist hiedurch
ausdrücklich als ^Schluss" des Sammelwerkes erklärt; dies spricht
sich auch in dem Schlussatze aus ,5 an Zahl sind die b Dhäraui-
Schutzgöttinnen* (gzungs chen mo grangs Inga) und in Aer
m Verdickung des Schluasblattes unter Durchzug von Lederriemen*
^v Von den Übersetzern heisst es: »Die Übersetzung haben
^Kv^ii*^^ der Indier (^'Uendrabodhi , Jnanasiddbi , (^likyaprabha
und der Lotsava Ye ^es sde; im Ganzen nind es 700 (^Uokas.
PDen üblichen Segen»s[»rüchen ist beige ttigt: Mögen alle Wesen
sofort Buddhas werden» welche Geschenke darreichten (jon mchod
brtso bjas sems can thamscad sangs rgyas myur sgriib ^g).
Im Index wird Jäänasiddhi 9 mal, (,4ikyaprabha II mal
genannt
Nr. II des Bibliothekverzeichnisses wird gebildet von der
durch Kaiserin Katharina IL geschenkten Kapsel und enthält
die Nummern 9 bis 14.
Nr. 9.
51 Blatt Holzdruck; auf dem Titelblatt zwei Figuren: rechts
ein Buddha, links eine 4 arniige sitzende Gottheit 4 zu 10 cm
Druckfläche, 4 Zeilen. Schöner deutlicher Druck, aber Marktware.
Titel: aussen rDo rje ;^codpa. Innen: Arya vajracchedika
Drajna puramitä nama mahayana sütru. Tibetisch: oPhags pa
%h kyi pha rol tu phyin pu rdoije gcod ps zhes bya
Da theg pa chen poi rado. »Das ehrwürdige Sütra, genannt
der ans Jenseits der höchsten Weisheit gehmgte Diamant*
zerscbneider,^
£s gibt kaum ein anderes Werk, das in den Landern des
heutigen Lamaismus su oft aufgelegt und verbreitet ist als
dieft^K Sf^tru; in Europa iat es in jeder öffentlichen Bibliothek
17*
056
K Schla
vurhaDden; eine ÜbersetzuDg aus dem Tibetischen lieferte
h J. Schmidt 1832, aus dem ChinesischeD Rev, S, Baal 1876; I
den Sanskrit-Text edierte Max Müller 1881. — Auf S, 51
unseres Druckes sind handschriftlich Beschwörungsformeln bei-
gesetzt in schlechtem Sanskrit.
Nr. 10.
Handschrift, 4 Blatt, 4 — 30 cm. Stork abgegriffen, die
GrifiBächen voll Schmutz, sohin ist das Exemplar vielfach ge-
lesen worden. Auf dem Aussentitel eine Zeile Cursivschrift.
Titel: Suvarpa prabhasa uttama sütra Indraraja nama
mahäyana siitra. Tib: oPhagspa gser aod dam pa mdo sdrJ
dbangpoi rgyalpo (Text hat dragpo) zhes bja ba iheg pa
eben jK)i mdo. »Das erhabene Sötra vom Goldglanze, der
mächtige König der Sötras.* dbangpoi dragpo hat den Sinn:
Indras furchtbare Gottheit.
Das Sütra ist sonst lang und bereits von Burnouf bear-
beitet worden; es ist im Kandschur enthalten und gibt Feer
515— 51 ö eine längere Analyse davon.
Nr. IL
Handschrift, 2 Blatt, 9 — 48 cm. Zierliche, schSne Schrift,
6 Zeilen auf der Seite. Papier hell und sehr dünn.
Der Text ist durchgehends in 7 silbigen W^rsen; ein liUl
ist nicht vorge^setzt. Der Text beginnt: ßlUck werde, Ehr-
erbietung sei den alles Wbsenden, den Buddhas; an welchen
von ihnen man sich hält, es fUhrt zu Glück und ist ein Mittel
des Gelangens zur Befreiung vom Da-sein. Der Inbegriff der
Lehre des Tathagata ist die Befreiung, so sor thar pa. W«
als solche berühmt ist, das lasst uns, alle Ktassen und jeden
Einzelnen erfassen und im Leben festhültt^n pa dmtg )
ngo bo dang ni rab dbye dang i so soi ngo^ yj bai rien)*
Im Geben ist Verdienst (phan yon te); wie es sich daoiit ver-
bUt» wird auf sechserlei Art ej-klart. Ist der Oodanke an Eni-
»agen entstanden, dann tat der Samen gt^legt (apang bat «ein«
pa rgyan chags po | üa bon dang em yio ue dies. So iai Ott
Handschriften,
In Allem gibt es zwei Arten von Wünschen (odod pai thsul
gnjis); hei Jedem liegt die eine nach oben, die andere nach
tmten.
Es folgt nun die Aufzählung der Grade der Mönche; jeder
untere sei Vater und Mutter des höheren Grades. Diiran schliesst
sich eine längere Aufzählung der Gelübde (sdom pa), die jeder
dieiier Grade ablegen milsÄe und nicht übertreten dürfe J)
Der Schlussabsatz behandelt sodann allgemein die Not-
wendigkeit von Gelübden; nur durch solche werde vermieden,
dass die von frülier herüber genomnienen (rtsa bai Itung ba,
wörtlich: wiis herabgefallen ist) Sünden weiter wirken und dass
die Lehre nicht abnehme. Gleich wie der Schuldner sich nach
Edelsteinen sehnt, so müsse Jeder sein Gelübde hoch halten;
dann werden im jetzigen Leben die Früchte davon erhingt
werden als Gott (1ha) oder Mensch und im späteren Leben
die ti Vollkommenheiten (byang clmb gsum). Die sich ihrer
Gelrdmisse Befleis^igenden erhalten als Lohn der treuen Be-
achtung die Befreiung (so sor thar); wer infolge seiner tugend-
haften Lebensweise einen Körper annimmt, soll jederzeit ein-
gedenk sein seiner GelrVbtiisse (dge des skje dang lus can
raams ' rtag tu thsangs spyod la gnas 250g. ,
No. 12.
Deutliehe Schrift.
I
Handschrift, 9 Blatt, 7—27 cm, 7 Zeilen,
Papier zart, etwas morsch.
Titel: ^Ätasahasrika Prajnä Päramitd: „Die aus 1000 Versen
bestehende vollendete Weisheit*. Tibetisch: 9esrab kji pha
rol tu phyin pa la phyag othsal lo: Verehrung sei der ans
Jenseits gelangten Weisheit.
Das Werkchen ist eine der unzähligen Aufigaben der
Gruppe von Zusammenstellungen der Prajna Paramitä. Vgl.
Pet. Hdsch. 102, 187-- 193; eine Analyse der ganzen Bücher-
gruppe gibt Feer p. 199—208.
^) Genauer dargelegt im Pratimokfe. SQtra; tiehe da« Niiherp bei
Peer S. 182; vgl. auch Waddell p. 171.
358
PT ScMaffiniweü
Nr. 13.
Handschrift, 3 Blatt, 5 — 15 cm, 5 Zeilen.
Titel: thanis cad mkhyea pai brtan bzhiigs. Hierin AüA
enthalten die niemals sich verändernden Taten der alles Wis-
senden (Buddhas, Götter und Heiligen).
Der Text ist eingeteilt in 5 Strophen von 8 YerseB zu je
9 Silben. Glück sei. Die der Erflillung der Wünsche ßich be-
fleissende Göttin Qrtdevl (dPal Man 1ha rao) bringt alles zur
Ruhe, was an Krankheiten, an Hindernissen und sonst von
Schaden ist; sie besitzt alle Arten für die Bewirkung der Huhe;
sie ist sehr scliun und angenehm, sobald sie ins R-eicli der
Ruhe geschlüpft ist (dge legs gdod dgu rtsol bai dpal Iha mo
»ad dang bgeg (sie) dang par (sie) du gcod pai thsogs | ^lu
iDifidad 1ha mo zhi bai dang thsul can zhi ^hing odzul la rab
mdzes yid ong ma). Die folgenden Strophen schliessen mit
dem Scbhißsvers: ophrin las rnams bzhi phjogs bcor rgyas
par mdzod: In den 10 Himmelsgegenden verbreite sie die
4 Arten der Taten der Werke (der Buddhas, Götter und Heiligen).
Sodann bringt der Text den Satz: Nach (dem Kloster) Rasa
gekommen, dem wunderbaren (ophrul snang)« wurde sie zur
Beschützerin für die Schäden an den Menschen,
dPal Idan 1ha mo gilt als ^^devl oder ^Vlnmti devl als
Gattin des Totengottes Yama. In Tibet schreckt sie die bösen
Geister^) und ist zugleich die Schutzgöttin Über Lhasas wo sie
in dem in unserem Texte genannten Tempel Rasa, einem
geradezu als wunderbar bezeichneten Bauwerk thront, dessen
Errichtung in das siebente Jahrhundert verlegt wird. Kaaa
bedeute ^ Ziegenland* und sei dies der alte Name für Lhasa
gewesen; der Name sei gegeben worden^ weil der Bauplatz für
den Tempel zu tief lag und Ziegen es waren, die mit dem
Grund zur Auffüllung beladen wurden. Die Umwandlung des
Wortes für Ziege in Gott, Lha, sei die Folge davon, dass im
Tempel die berühmte Bi)*l'^l'?»->^^fi^iJf nux Simdi Ihol/ aufgestellt
^) Siohe üiff Legende ioi buJil^Uia |>. ii'i VSlJi GtHuwcdnl p 173»
Tibet iMche Hanchchriften.
259
ist, die TOT Altera in Magadha^ dem IJrsprungslande des Bud-
dhismus, geschnitzt worden sein soll; um das 1. christliehe
JahrhunJert sei dieses Kleinod nach China g^'kommen und von
dort einer Gattin des Königs Srong btsan sgarnpo (629—98)
als Brautgeschenk mitgegeben worden, — Über die 4 Arten
der Taten (t»pbrin las rnains bzhi) bestehen zwei Erklärungen.
Jäachke erklärt sie als das Stillen von Krankheiten, das Ver-
leiben von Glück und Reichtum, als Gewalt über alle Wesen
und als Sieg über alles Wilde, Feindliche. 8. C. Das bringt
nach seinen Quellen: milder worship, abundant service, religious
Service to obtuin power, terrific methods in coercing a deity bj
charms. Ein tibetischer Text liegt noch von keiner Seite vor,
Nr. 14.
Handschrift. 5 — ^15 cm. 5 Zeilen. Numeriert als 20 Blatt,
Nr. 17 fehlt, Text in 9 silbigen Versen ; Schreibweise phonetisch,
i. B. ngur smig für snirig. Viele Zusammenziehungen und schwer
aufzulösende Abkürzungen.
■ Ohne Titel. Inhalt: Änrufungsformeln für den einzelnen
" Tag (de ring). Die einzelnen Absätze abgeschlossen durch
_ Worte mystischer Bedeutung wie kjai, bhyo.
^L^ Sehr abgegrifi'en, voll Schmutz, ersichtlich viel gelesen,
■ An diese Nummern sind in der Kapse! 10 Schriftproben
angeschlnssen Tibetisch, Mongolisch und doppelspräichig in
den beiderseitigen Alphabeten. Schrift: Druck-, Kurrent- und
Schoellschrift; meist Handschrift. Das Papier ist durchgehends
von der feinsten, besten Sorte,
Es folgt nun Bibliothek -Verzeichnis Stuttgart: Nr. III,
3 Nummern,
No, 15 17.
Ein Sammelband von 24 Blatt, 5— lOcm^ an der schmalen
Seite geheftet in eine Schutzdecke aus grober Baumwolle, mit
260
E, ScMagintweii
Indigo gefärbt» Das Buch ist in der Mitte gefaltet, um .
bequem einzustecken; zum Zusammenhalten ist eine lange Schnür"
eingeheftet, die um das Buch gewickelt wird wenn gefaltet^
und vertritt diese die Stelle des Schlosses in unseren Mess-
und Gebetbüchern- Stark abgegriffen.
Die Abhandlungen enthalten die Mantras, Beschwörunj
formein, wie Anleitungen zum Gebrauch des Nagels oder Phurpa,
durch welchen die bösen Geister gebannt werden. AI» Ver-
fasser und Lehrer des Phurpa wird darin Pha dam pa sangs
rgyas genannt. Über diesen Mönch ist neuerdings das Folgende
bekannt geworden.
Pha dam pa, der jetzt in Tibet zu den Landesheiligen
z^hltf stammt aus Indien; als sein Geburtsland wird Zentral-
indien genannt und als Ort Jara Sindha (? Jaora oder Jawm). ^
Sein Name bedeutet: , Heiliger Vater, Buddha*, Die Sanskrit- ■
Tibetischen Wörterbücher übersetzen Pha dam pa mit ambuja,
was für den Donnerkeil von Indra gebraucht wird und, in
dieser Bedeutung im Namen unseres Mönches angewendet, be-
deutet dieser , Donnerkeil Buddha*^ was zu seiner Tätigkeit
paastf wie wir sie im Folgenden kennen lernen.*)
Pha dam pa besuchte Tibet erstmals um den Beginn deß^
12. Jahrhunderts; er war über Kasmir aufgestiegen und sull
7 Reisen dorthin gemacht haben; auf der letzten, die angeb-
lich in das Jahr 1112 fiel, gelangte er bis China und «itarb 1
dortp Pha dam pa wurde in Tibet Gründer der Zhi byed pa
Schule, eines Zweiges der bKa rgud pa. Seine Anhänger be- '
sitzen verschiedene Klöster; als seine eigene Gründung gilt das 1
Kloster Dingri nordwestlich der Bergkette Labphjn, in welcher j
dtir höchste Berg der Erde liegt, Gaurisankar-Everesi
Vgl. meine Abhandlung: Der Narae des höchsten Berges!
der Erde in Petermanns Mitteilungen 1901 und 1902.
M Die HöRköberBetÄtm«? von Wa-ddoll p. 74 nai*h d»n Angaben letmo'^
iÜB tut ganx unbi'f ri F*ba khol:
F. W. Thomuft: M <. im Inüivu |
Antiqoitrjr Vol 82 UOOSy |n **r. \l 1 .iVTutpatti M. 106 ü.
Tibetische Handschrißen,
281
Nr, 15.
7 Blatt; Anfass auf Blatt 2 und 8.
Char chod pai sngaug la ni ^Die« ist der Sclirecken des
iu Teile Zerschnitten werdens*. Om vajra guru padina siddhi
hum. Durch die von Pha dam pa sangs rgyas verfasste Lehre
werden wir Orthodoxe insgesamt erschreckt pha dam sangs
rgyas gyis nulzad pai nang rgya sngang cig la, |
Pha dam pa rühmt sich, durch seine Lehre alles Elend
auf Erden zu vernichten und Leiden van denjenigen ferne zu
halten, die seine besonderen Sprüche oder Mantras aussprechen.
Seine in dieser Nummer enthaltenen Sprüche können uns zu
einer besonderen Bewunderung nicht liiiireissen; es sind sinn-
lose Aneinanderreihungen einsilbiger Worte, die den einzigen
Vorzug haben mögen, sich leicht dem Gedüch tu is.se einzuprägen.
Eine solche Mantra-Ueihe aus unserem Text wird genügen:
Om naga duna { thsil thsil, sul sul« ram ram, sod sod, hüin
htüm, phags SV aha.
Vom Pfeil, der mit den Mantras zu verwenden ist, wird
der Schaft sei von Berberitzenholz, die Feder von der
Eule; soll als Waffe gehraucht werden ein Mantra gegen Gift,
80 ist es mit einem Steinchen zu verbinden und der Bogen
hat die Möglichkeit die Vollendung zu geben (skjer mda la
oug agro I rdeu la dug sna thsong sbyar la thsar rgyui gzhu
byas la (in der (hihographie de>* Textes eingestellt.*) Es
werden verschiedene Gottheiten zur Verehi^ung empfohlen ; ihre
Namen werden nicht ausgeschrieben, sondern jedem sein Mantra
beigeschrieben (hns) und dieses gibt die Erklärung.
Des weiteren schreibt sich Pha dam pa die Macht zu, die
vor ihm Padma Sambhava gehabt habe, und er zeigt, was dieser
Zü Myang ral (einem Orte westlich von Lhasa) verborgen habe.
.Gekommen sei er aus Jogdan in Purangs" (westlich von
Tashilhunpo gelegen); er habe hei vielen Kindern das Sterben
aufgehalten und darnach gestrebt^ dass auch nicht hei einem
1) Die Formeln der Gtft-Mantras sind naehsulesen bei S. C. Daa
Wort erb. unter Dug sngags.
JB. SchlaginiiDeii
Kinde Erkrankung aus Erkältufig auftrete (bu mang po sibai
j?i pbro jod pa la rtags pas | bu la nad cbam pa cig kyang
ma byung bar skyeng che bar byung)» In Tibet herrschen
ausserordentlich kalte Winde vor, die Kindern jedenfalls
besonders geflihrlich sind. — Die Segensformeln ersetzt am
Schluss die Formel Itha und sind die beiden Buchstaben in
ganz ungewuhnlicher Weise unter einander statt neben ein-
ander geschrieben. Angeschlossen sind einige Zeilen in gröberer
Schrift mystischen Inhaltes.
Nr, 16.
9 Blatt; 3, 4 und 5 Zeilen.
Titel: Hierin ist enthalten die Wahrsagekunst durch den
Pfeil, wie sie Dam pa sangs rgyas verrichtete (dam pa sangs
rgyas kyis mdzad pai mda mo bzhugs), Verehrung sei (Pha-)
dam pa sangs rgyas.
Im Text sind viele Abkürzungen gebraucht« auch Aus-
<1 rücke verwendet, die als technische der schwarzen Kunst zu
bezeichnen sind; der Inhalt ist folgender: Es wird der Pfeil
beschrieben» seine Feder müsse stets von einem Raubvogel sein*
Es wird dann von Zaubersprüchen gehandelt, welche die bösen
Geister erschrecken und deren viele auszusprechen sind, wlihrend
der Pfeil geworfen wird (gzungs sngang gang mang grangs
nas [Öleichlaut!]) mda la btab). Es folgen Anleitungen über
den Gebrauch des ersten und des zweiten Pfeiles; es werden
.Regeln gegeben für den oDre mda oder den Pfeil der Unholde
und den Lha mda» den Pfeil der Götter niederen Ranges; in
der Einltlhrong des aDre mda aLs Bannungsmittel zeigt sieh, dass
hiemit Bon-po Gebräuche angenommen sind» denn diese rufSeii
die weissen Dre etc. zur Abwehr noch «w^hlimmerer Dämonen an.
Der Götterpfeil ist nur zusammen mit dem Dre-Pfeil zu v«r*
wenden, dessen Erginzung er demnach bildete Mit der Haod-
>) Nach J. J0II7« Ober <imire bidiflche fiochietUfarebrandi« (AXbiUB-
lern p, K " n Pfei! tu d«r Bafid. Die
licslitüi L$re Beoba^te- der bir&b»
Oebrtttcbe; der Ptol virci aii Öjmbol tkei Knafpefitssfiot
Tibetische Handschriften.
263
babimg sind kui^e Mantras auszusprechen« immer doppelt:
tsag tsag; tfiig tsig: ^og sog u. s. w. Als Preis der Zeremonie
wird Befreiung von Unheil durch die Scharen der Widersacher
(dgra) zugesichert.
Die Abhandlung sckliesst mit den Worten: dies ist der
Spiegel der voraussehenden Gabe, iu welchem klar von Ange-
sicht erblickt wird die Ffeilkunst von Dam pa: dam pai mda
ino thong ba gdong gsal mngon §es rae h>ng,
Nr. 17.
Eß folgen nun in diesem Sammelbande 8 Blatt, die ersten
vier mit Anfass versehen. Papier stärker, Schrift grüber, alle
Blätter stark abgegriffen. Inhalt der ersten 4 Blatt.
Statt des Titels zeigt Blatt 1 in zierlicher Schrift «3 Zeilen,
jede gelb getönt: „Subarta, Mutter der Selbsterkenntnis,
vollendet in allen Zeichen, emporgetragen zu Deinem Sitze zu
Haupten von Vajradhara, dem Obersten, Du Heldin in der
Bitte um Bar do. gej»riesen seist Du als DtikinL Dreimal seiest
Du angerufen, damit beim AuslüHchen des Leben« nicht ein-
trete das Los des Zwischenzustandes Bar do^« rang rig ma \
mthsan rnams yongs dzogs bla um rdo rje üchang spyi bor
bzhugs pai thsogs nas , bar do gsol udebs pao nikha ogi'o Su
bar byin gyis brlobs, de nas chige moi min nas lan gsum bos
la nas. Die Schreibweise ist die derS Textes; chige steht für
(»chi kha, Moment des Todes, dann die Gebete in diesem Augen-
bhcke zur Verhinderung von Bar do (s. S. 241)). Subar» Ab-
kürzung von Subarta, angeblich Tochter eines Königs Kabula
und als Tochter eines Gandharva verehrt. Über Bar do heisst
es dann; der äussere Atem höre auf, nicht aber der innere,
dieser bleibe in der Mitte und dieses Fortdauern kennzeichne
Bar do. Der Schluss des Ganzen lautet — dem Sinne nach:
Demjenigen, der ohne Begehrlichkeit ernstlich und inbrünstig
bittet, sei der Nagel, damit sich aus der Herzensgüte des Lama
gtdeotet (Winternit^). kann aber auch auf alte Yolkaanschauungen
Zurückzuführen »eia^ denn Fha dam pa hat die Anwendung des Pfeilee
wohl Ulis seiner xentmlindiacben Heimat nach Tibet gebracht.
264
E, Sehiajfintteeit
seine Bitte im Himmel erfillle. So wird er, wie der Pfeil, der
vom Bogen der grossen Heldin abgesandt ist, eilig (über Bardo)
hinwegkommen: gang la yang chags pa zlien pa ma byed par
snjing khong rus pai gting nas gsol ba rts€ eig tu gtab nm
bla mai thugs dkar nam kha la hj^a phiir ba ©o.
Von Form und Gebrauch des Phur pa oder Phur bu,
Nagel, ist bereits mehrfach gehandelt J)
Hinter diesen 4 Blatt liegen Eunäcbst 2 Blatt, die susammen
gehören uud enthalten, ,was auszuspiechen ist beim Anfassen
der Haare"; o na (jetzt): skra gzungs la bijod. Unter den
Haaren sind jene des Schnitzwerkes am Knopfe des Nagels
gemeint» welcher stets einen Kopf darstellt. Diese mysiischpn
Worte und Sätze werden mitgeteilt Die 3 Kleinodien (Buddha.
Lehre und Geistlichkeit) seien der lobegriff allen Schutzes,
Pha, d. i. Plia dam pa sang« rgyas, sei der Inbegriff der dkar
rgyud pa (= bka rgyud pa), das Dankgebet habe der im
Akanistha-Himmel thronende, d. i, Vajradhara zu empfangen*
Als Erfolg wird versprochen, dass man nicht mehr umherirre
im Kreise der 3 Reiche, sondern geleitet werde in die Schar
des reinen Kreises. Als Stilprobe setze ich die Schlusszeile
her: o^ü ni kho bo päd kad bzang pai obris pao; bkra nis
niangalam: die^ ist geschrieben worden von mir, dem , , *;
Glöck sei nnd Segen.
Es folgen nun 3 Blatt in nicht mehr einheitlicher Schrift;
gerühmt werden besonders Vajradhara und der erste dkar rgjiid
pa Lama, der die drei Kleinodien sammelte. Hinter vielen
Sützen steht ein Kreuz, was angebracht wird, wenn eine Strophe
nach Art der Litanei-Geslinge wiederholt werden solL
Den Schluss des ganzen Sammelwerkes bildet der Satt:
[Nges par mkha spyod ogrub par hyin gyi * ' " ' ^^it
' «••» r.ur Banoung insbesond»*re nikha spyod. t n*
lieb d^r OandharTa bezeichnet; anch wird damit Kha^pAr^a
wieti t*ö, ein Beiname ?on Chenresi, dem Schutzgofete
von i.^vv.
p.atT. TML la Ofiuiwtdsl aai WaildeU n r.
Tibet%$(^e Handschrißen,
265
Bibliothek -Verzeichnis Stuttgart Nr, IV.
Nr, 18.
.^^yBapclschrift 7—22 cm, 6—7 Zeilen. 4 ganze, dazu ein
ulbes Blatt. An der Längsseite in grauen Canevjis-Umschlag
geheftet.
Titel; skyabs thugs ijes ma bzhngs so. »Das durch den
Helfer, den All barm herzigen (Avalokite^vara)» Ma enthaltend*.
Ma heisat Mutter, dann Kein und dieses wird auch in der
Bedeutung gebraucht des nicht Hängens an irgend Etwas; in
diesem Sinne kann es auch hier verwendet sein.
Der Text beginnt: Durch den Helfer, den Allharmherzigen
ist für mich selbst (Zuflucht) beim Lama, dem Schutzgeist und
dem Lha, Ich und die übrigen Se mas can- Geborenen drehen
das Rad des Todes (skyabs thugs rjes bdag njid bla nia yi
dam 1ha | bdag sogs se mas can skje ochi akhor lo bskur. ,j
Diese beiden Sätze kehren nach jeder Strophe von 3 Zeilen
vrieder und sind am Anfang wie am Schluss durch ein liegendes
Kreuz gekennzeichnet. — Se uias can ist nicht zu erklären;
nach S. C. Das Lex, s. v, thsogs okhor werden zu den Tan-
trika-Gebräuchen besondere technische Ausdrücke verwendet.
Vom 3. Blatt au zählt unser Text 21 Lebenslagen (thse)
auf, in denen Zuflucht zum All barmherzigen hilft; hinter jedem
thse stehen zwei Kreuze. Diese 21 thse behandeln Vorkomm-
nisse des täglichen Lebens, als: Todesstunde^ die Gefahren bei
E^lzbereitung, bei der Jagd, bei Dunkelheit, bei Hindernissen,
K Unglück, beim Ertrinken u. s. w.
Ira Schluss tritt dann wieder die Mystik in ihre Rechte;
der letzte Satz lautet: Zur Bannung des Lebens (bringt es)
die Hingebung bei der Meditation. Glück sei und Segen (thse
»grub pa snyoms pai zhe gzhad (= bead) sogs, bkra §is»
206 E. Schlaffintweit
Bibliothek -Verzeichnis Stuttgart Nr* V,
Nr. 19.
Handschrift, liings geheftet ohne Umschlag, dafür in dtr
Mitte eine lange Schnur eingeheftet zum Umwickeln und Ver-
schliessen beim Einstecken. Papier glatt und dünn. 10 Blatt,
8—25 cra, 5 Zeilen.
Titel: Thugs rjes eben po aptags pa spyan ras gzigs inavi
snyings hzhugs so: Hierin ist enthalten der Inbegriff* das
sechssilbige Gebet, durch den AUbarmherzigen, den groeaen
ehrwürdigen Chenresi.
Auf eine mystische Einleitung folgt der Satz: Durch den
AllbarfnlierzifTfen ist aus allen Lehren eine geworden von gar
nicht auszudenkendem Segen. Darum gebeten, stellte er als
den Inbegriff des Schutzes die 6 Buchstaben zusammen, und
dieser Inbegriff ist Oni ma^i padme hörn. Nun folgen wieder
mystische Erkhirungen, wie der Kräfte der Silben öm, k^ hüm;
es werden Mantra-Sprüche eingelegt, der Vajra, die hohe Geist-
lichkeit der Verehrung empfohlen. Die Schlusszeilen lauten:
Der Allbamiherzige hat gesagt: Dazu muss es kommen, daas
.Lehrirrtum und zweierlei Anschauungen verschwinden; sonst
'werden verkehrte Methoden gelehrt (sems gnyis chos okhrul
yin par bus dgos byung | rnyams su slads lugs sad nas de
Itar yin* ' Glück sei und Segen.
Bibliothek -Verzeichnis Stuttgart Nr. VL
Nr. 20.
Handschrit^ auf ausnahmsweise tief braunem groben Papier;
in einen mit Indigo gefärbten Umschlag eingeheftet. 1 1 Blatt,
nicht numeriert, 10 — 25 cm.
Eine Sammlung voq S kurzen Abhandlungen, ersichtlich
zum Gebrauch hei Krankheiten zusammengestellt; Hutiptzweck
ist irach Nn i die Beseitigung ^der Ursachen des Wassers*
(chu rgyu). Ober die einzelnen Abteilungen ist TorzutrHgtcrti:
Tibetisdhe Handschriften,
267
1. 2 Blatt, kein Titel; aus dem Inhalt ein Satz als Probe:
Der Schreckliche lässt beim Hersagen Speichel (nag po skad
don khai chu). Nasenschleim sind eingetrocknote Triiuen; ge-
reinigter Schleim ist üerzwasser. Ob Wasser in dieser oder
in anderer Form (eig. Reihenfolge) vorkommt, die Hauptsache
und Kennsfieichen ist Wasser. Sitzt der schwarze Schiangen-
geist im Geschwür, dann ist die Diagnose richtig (klo ni nag
po chigä sur gnas pas de la nyal thag chod do | zhes sogs
Lsarra mangalam.
2. Kräftige Schrift, 3 Blatt, 5—6 Zeilen.
^ Titel: spjod khrid /.ab moi brgyud (sie) pai gsol odebs
Kfaugs so. Hierin ist enthalteo die Bitte um einen Führer
für die tiefen Meditations-Reibeu, Alle Worte im Titel wie
im Text haben Bezieh im g auf die Erlernung und praktische
Erfahrung in der Zauberei. Im Beginn des Textes wird eine
Aufzählung der Führer gegeben: Segen sei und Ehrerbietung
dem Guru. Gesegnet seien: Deirjenige^ der im Palaste im
Akaniötha-Himmel in den Grundlagen der Lehre den Segen
der grossen Prajnii Päramitä besitzt (d. i. Vajradhara); Bha-
gavan ^^'äkyathubpa, der auf dem Berge Gridhraküta den Segen
spendet, und Manjui^-rl auf dem Berge mit den 5 Spitzen
(angeblich in Schansi gelegen).
3. Besteht aus 2 Blatt Mantras.
4. 5 ßlattt Nr* 8 ist herausgerissen. Titel: rnal obyor thun
bzhii nyams len bjin blabs kyi chu rgyn na zhes bya ba
bzhugs so: Hierin ist enthalten in der „Wasser-Ursache* des
Segens der Denkvers einer Tages-Meditation (?). Es folgen
Beschwörungsformeln; der Schiusasatz lautet: Während dieQeist-
lichkeitf die den Sieg errungen hat, und die Schüler solcher
Art die Einleitungsreihe der nicht gewübulichen Lehre laut
hersagen, werde ich mich für den dritten Puntjartka vorbereiten.
De Itar thun mongs ma jin pai sngon agroi rim pa adi nyid
dge odun com grva pa rnaras kyi kha odon du padma dkar
sum pa bdag gyis dbyar bao. Sarva mangalarn. ,Unge-
hn liehe Lehre' wird von der mystischen Lehre im Gegen-
E^ ScMßffintweit
Matz zu dem alten tltnajana-Systeni gebraucht: com ist sonst
nicht goliniuctilicli; sbyorba hat den Sinn der Vorbereitung zur
Muditiition; tIfT j^anze Satz im Einzelnen schwer zu erklären.
. KIn Hinit Mantras in Sanskrit; Schrift sehr flüchtig*
Stuttgarter Bibliothek -Verzeichnis Nr. VIL
Nr. 21.
Himdwchrirt. Papier hellgrau, zeigt Ameisengange. 16 Blatt»
9 — 2ri cTii, i) Zeilen, Längs geheftet in Canevas; auf diente
8t'hutzdt?eke ist das Titelblatt aufgezogen. Die Blätter sind roh
benchnitt-en worden; dabei ist die oberste Schriftflacho öfters
aügc»*ohnitti*ri.
Titel: Urg^'an «kad du: Buddha dharnia samgha nanij\va.
In der Sprache von üdyuua: Verehrung sei Buddha« seiner Lf hr«
und der öebtlichkeii Tibetisch: Bod skad du. Sangs igyrn»
wtho» dang dge «dun la rtag tu gus pas phyag thsal la
Gleicher Sinn.
Der Text ist in 7 silbtgen Versen gesdiriebeii. Gleich der
erste Vets bringt den Namen ?t»o Padm« Sambh»vm (pa^A
l>ung gna»). dem ernten Heiligeii der heotigeti lainaisclicfa
Kinrhe, und nennt ihn den FOhirer itt Menschen (eden jm
kym UuV Hiemnf versaaunelt<» Kilnig Mu Khri brtna po
röfi — 804 tider 816) die Prieeleraeliaft aaf dem Dmche de«
nnd Ken »e mitf Thnmati aus 9 Oberaiumder grieglm
Decken {m #09 dm brts^ khri) Plsti ne&nieii. Des
Voi^li f&hrli^ Vairocmm, Tvdils und Imks roo ihm mkmnm
IMmetelier, Imiidig des Tihctiadieii wie das Satukrit. Pb^
XkmsL He«» der K6ttig KoOliMiEeilea aller Att berixibriagvii,
Htwlile mimtf V«i¥lirai|r dar md biU «b MekniBf . — Die
CMsUicIikeil antwoHele »HAre iumm^t B aa lia, uf»d tiim wird
la VsKl «ear AaMMim^^ drr TOm toq Redaia
«ittfeüedt ia l« Ka|Mtel rai je 8 Te
T^etigche Handschriften.
269
sichttgt, welche den Heiligen nach der Legende im Verkehr
mit übernatürlichen Mächten zeigen. Jedes Kapitel schüesst
lait E ina ho. Die Kapitel-Überschriften lauten:*)
1. Die 8 Kamen des Guni; 2. seiner Väter; 3. seiner Mütter
in seinen magischen Geburten; 4. seiner selbst als magischer
Sohn; 5. die Länder, die er besuchte; 6. die Orte, an denen
er verweilte; 7. seine Lehrmeister; 8. seine Bannungen (auf
den im 6, Kapitel genannten Plätzen, alles Leichenäcker);
9. das Hinzukommen der 8 Vollendungen, um den 8 Klassen
(sde) der Dämonen entgegen zutreten; 10. sein magisches Er-
scheinen in 8 Schülern; IL seine Einsiedeleien; 12. seine
Frauen; 13. seine Taten, um in Jambudvipa den bösen Geistern
zur Seligkeit zu verhelfen; 14. die verborgenen Schatzkammern;
15. das Sicheinprägen der tiefen Lehren; 16, die 8 Länder des
Gebieters über die Erde, des Padraa Sambhava,
Im Schkisssatz wird das Ganze dann als eine abgekürzte
(mdor bsdus) Lebensbeschreibung des Heiligen erklärt, - — Wie
in allen Padma-Schriften , so ist auch in diesem Texte als
Interpunktion statt eines senkrechten Striches ein wagrechter
I Strich gebraucht mit je einer Null oben und darunter.
Stuttgarter Bibliothek -Verzeichnis Nr. VlIL
Nr. 22.
Handschrift, 1 Blatt dünnes gelbes Papier, 6—26 cm,
^ Zeilen.
Titel: thsong mchod ni: Opfer für den Handel, Man
erhebt die linke Hand und sagt Om» dami die rechte Hand
, und spricht A; nach einem unverständlichen Spruche wird Htün
»ausgesprochen» Die Ausmf, rnr dieser drei Buchstaben oder
von Ha, Ho, Hüm wiederh^jlt >*ich; jeder Ausrufung geht eine
Handreichung voraus.
*) Zar Aufklärung kann iob mich auf meine Ausgabe de» Paduia tbari
jig oder der Lebensbeschreibung dieses Heiligen bezit^beu: aiehe 8. 216«
ItO« flltt^iib. 4. pbUo«.-|»bilo1. Q. d. bist Kl 18
270 E, ScMagintweü, tibetisehe Handschriften.
Zum Verständnis dieser Nummer müsste die g^nze Hand-
lung durch kundige Lamas vorgeführt werden; auf solche Weise
kam Waddell zu seinem Buche über den Lamaismus.
Stuttgarter Bibliothek -Verzeichnis Nr. IX.
Diese Nummer besteht aus einem prächtigen farbenreichen
Blatte, 20—25 cm, den Heiligen Padma Sambhava darstellend,
umringt von anbetenden Bodhisattvas.
271
öffentliche Sitzong
zur Feier des 145. Stiftungstages
am 14. März 1904.
Die Sitzung eröflfnete der Präsident der Akademie, Geheimrat
Dr. Karl Theodor v, Heigel, und brachte in seiner einleitenden
Ansprache zunächst den Dank für den höchsten Beweis des
Vertrauens zum Ausdruck, das der Regent ihm durch die Er-
nennung zum Präsidenten bewiesen habe. Er gedachte sodann
in längerer, in einer besonderen Schrift der Akademie er-
schienenen Bede der Verdienste seines Vorgängers^ Geheimrats
Dr. V. Zittel, um die Wissenschaft im allgemeinen und um
die Akademie im besonderen und gelobte, an Hingebung und
Pflichttreue keinem seiner Vorgänger nachstehen zu wollen.
Er feierte Zittel als den Meister der Paläontologie; als würdigster
Nachfolger Pettenkofers habe er das verantwortungsvolle Amt
eines Präsidenten der Akademie verwaltet, bedeutende Neu-
erwerbimgen wurden unter seiner Amtstätigkeit gemacht und
namhafte Zuwendungen und bedeutende Stiftungen wurden der
Akademie zuteil. Wenn auch sein Lieblingsplan, ftlr die wissen-
schaftlichen Sammlungen des Staates und die Akademie auf dem
Areal der Türkenkaserne einen Neubau entstehen zu sehen, an
Unüberwindlichen Hindernissen scheiterte, so wurden doch tHir
Abb alte Akademiegebäude hochei-ireuliche Aufwendungen ge-
macht. Der K. Staatsregierung und der Volksvertretung gebühre
daher der Dank der Akademie für diese Bewilligungen* Eine
18»
272
Jf. Th. V. Hei^d
Erweiterung der alten Räume sei dringend geboten, und es
zu hoffen^ dass eine solche in Bälde erfolge.
Der Präsident machte sodann folgende geschäftliche Mit-
teilungen: m
Aus unseren Stiftungen konnten eine Reihe wissenscKaft-
lieber Unternebmungen unterstützt und angeregt werden.
So wiirden aus der Gramer- Klett-Stiftung nnd der
München er Bürgerstiftung bewilligt:
1. 2500 M. für eine Informationa- und Sammelreise das
Garteninspektors Bernhard Othmer nach Westindien; ^^^|
2. 2500 M. für eine zoologische Studienreise des zweiten
Konservators der zoologischen Staatssaomilungen Dr. Doflein in
das Gebiet des nördlichen und mittleren Stillen Ozeans. Zu den
Kosten dieser Heise hat ilim ausserdem Se» Kgl. Hoheit der
Prinz-Regent allergnädigst einen erbeblichen Beitrag bewilligt.
Fem er haben die Herren Direktoren der Ludwigshafener Farb-
werke, Kommerzienräte Brunck und Glaser, Geh. Kommerzienrat
R. Siegle in Stuttgart, Reichsrat Graf Moy in München durch
Zeichnung von namhaften Summen sich beteiligt; auch sind
noch weitere Zuwendungen zu erwarten.
Aus der Königs- Stiftung für chemische Forschungen^
wurden zu Studienzwecken verliehen:
L dem Privatdozenten an der Technischen Hochachula
Dt, Emil Baur (Mönchen) 500 M,;
2. Professor Dr. Oskar Piloty (München) 300 M.;
3. Professor Dr. Karl Hof mann (München) 100 M.
Aus den Renten des Tbereianos-Fonds wurde zunüchstj
ein Preis von 800 M. vorliehen an
Ilerm Cli. Tsounias, Üniveraitite-ProfeawMP m At
ftlr sein Werk üb^ t Mvk«^nft4*. diut 1897 b engtiaciher Bearbnife
er^hienen isit.
Mitteilungen.
Femer wurden daraus verliehen:
273
1. 1500 M. an Professor Karl Krumbacher (München)
sur UnteratÜtzung der Byzantinischen Zeitschrift;
2. 250 M. an Dr. Paul Marc (München) als weitere nach-
trägliche Remuneration für das von ihm bearbeitete Verzeichnis
mittelgriechischer Urkunden ;
3. 900 M. an Professor Adolf Furt wängler (München)
zur Portfilhrung seines Werkes über , Griechische Vasenmalerei* ;
4. 1200 M. an Dr* Them. BoHdes in Kairo zu Unter-
isuchungen griechischer Handschriften in Ägypten und auf
dem Sinai;
5. 600 M. an Gymnasialprofessor Dr. L. Dittmeyer in
Würstburg zu den Vorbereitungen für eine neue Ausgabe der
zoologischen Schriften des Aristoteles;
6. 600 M. an Gymnasiallehrer und Privatdozent Dr,
A. Heisenberg in Würzburg zu Untersuchungen über mittel-
griechische Handschriften in Italien;
7. 650 M, zur Anschaffung eines Annackerschen photo-
graphiscben Apparates zur Aufiiahrae von Handschriften.
Die Kommission für den Zographos -Fonds hat folgende
Preisaufgaben gestellt:
1, »Die meteorologischen Theorien des griechischen Alter-
tums auf Grund der literarischen und monumentalen Über-
lieferung.* Endtermin 31. Dezember 1905.
2, »Die Metrik der kirchlichen und profanen Poesie der
Byzantiner/ Endteraiin 31. Dezember 1906.
274
NekTütoge.
Darauf gedachten die KLAS8EN»EK&ETifcE der seit März 190S
verstorbenen Mitglieder.
Die philosophisch-philologische Klasse hat zwei Verlu
zu beklagen. Am 24, Oktober 1903 starb zu Berlin das'
korrespondierende Mitglied Professor Dr. Ulbick Kuhlkb, ein
hervorragender Förderer der griechischen Inschriftenkunde.
Ebenfalls zu Berlin starb am 1. November 1903 das aus-
wärtige Mitglied Professor Dr. Theoi>or MnmisEN, der unver-
gleichliche Kenner des römischen Altertums, welcher unserer i
Akademie seit dem Jahre 1852 angehört hat.
Die historische Klasse verlor durch den Tod am 19. Mai 19<
ihren Senior Jakou HErNBrcu V(pn Hefner- ALiEiratTK.
Hefner, der seine , mitunter wunderliche Laufbahn* Ik
seinen ^ Lebens-Erinnerungen* selbst beschrieben hat, war am
20. Mai 1811 geboren zu Aschaffenburg, der Residenz
kaum mehr dem Namen nach bekannten, von Napoleon L
für den letzten Mainzischen Fürstprimas Karl von Dalberg
geschaffenen ßrossherzogtums Frankfurt. In dieser Mainsuseb*
Aschaffenburger Atmosphäre wuchs er auch heran* Doch wurde
schon der Sinn des Kindes durch das Vaterhaus, einen ' Musen*
tempel, wie es Dalberg zu nennen pflegte, der K ' i^^i
wendet. Das Zeichnen und Sammeln wurde seine g^
beschäftigung, und bald überragte sein InteresBe daran daa
flir die gelehrten Studien. Da aber in seiner Jugendzeit die»
dem deutschen Mittelalter zugewandte romantische Strömung
herrschte, widmete er seine Aufmerksamkeit zunächst den
gerätlichen Leistungen des Mittelalters — eine Tätigkeit, die
freilich damalsi wo von Kunstgewerbe kaum mehr die
war, «als etwas Absonderliches ohne Wert Hlr das praktisdie^l
Leben galt^. Tiefer blickte indessen schon der Minister def»
Nekrologe.
275
Innern, Fürst Ludwig von Öttingen -Wallerstein, der sich die
Hebung der Volksbildung, der Gewerbe und der Landwirtschaft
zur Aufgabe gesetzt hatte. Er wurde nicht nur der Begründer
der Gewerbeschule in Bayern (1833), sein Plan, wie er ihn
amtlich ror Hefner und anderen aussprach, ging noch höher:
Kunst und Gewerbe sollten nicht länger voneinander ge-
schieden, sondern wieder, wie in der deutschen Vergangenheit,
verbunden sein, und zu dem Zwecke neben den Museen für
Kunstwerke auch Museen tllr Industrie und Kunstgewerbe,
nicht als Aufbewahrungsorte für Kostbarkeiten und Selteu-
heiten oder als Schaubuden, sondern als Lehranstalten geschaffen
werden. Und wenn der Fürst auch nicht in der Lage war,
seinen Gedanken auszuführen, so hatte er doch dem Sainmel-
fleisse Hefners, wie dieser dankbar anerkannte, eine neue
Richtung gezeigt.
Eine noch entscheidendere Anregung erhielt Hefner im
Jahre 1839 durch den General Kadowitz, in weiteren Kreisen
I durch seine Tätigkeit im Frankiurter Parlament und als ver-
trauter Ratgeber König Friedrich Wilhelms IV. von Preussen
bekannt Der geistvolle Mann hatte Wohlgefallen an Hefners
Xon, meinte aber, „wenn er etwas schaffen wolle, was Bedürfois
pr Zeit sei und eine Zukunft habe, so wäre es ein Werk über
die Trachten des Mittelaltei's, direkt nach gleichzeitigen Kunst-
Idenkmalen und Kunstwerken jeder Art, welche noch nicht
veröffentlicht seien**. Der Gedanke, schon 1828 beim Albrecht
Dürer-Fest in Nürnberg ausgesprochen, aber nicht ausgeführt,
zündete bei Hefner und schon seit 184U konnten die ersten
Lieieruügen unter dem Titel „Trachten des christlichen Mittel-
alters nach gleichzeitigen Kunstdenkmalen ^ erscheinen, vollendet
1854 in 3 Bänden mit 420 Kuptertafeln. Das Werk war^
obwohl er keine wesentlichen Vorarbeiten benutzen konnta«
gleich eine seiner bedeutendsten Leistungen, für die Gegenwart
Inur dadurch an Wert verringert, dass er genötigt war, in
seinen Handzeichnungen zur Darstellung zu brbgen, was jetzt
auf photographischem Wege ungleich deutlicher und genauer
wiederzugeben ist, wenn er auch mit unglaublicher Mühe« die
27ß
y0lmhg$.
sich durch den Mangel der rechten Hand erhöhte, es zu seltener
Treue freihändiger Wiedergabe gebracht hat.
Das Werk , Kunstwerke und Gerätschaften des Mittelalters]
und der Renaissance'', drei Btiude mit 216 kolorierten Kupfer*
tafeln, 1847 — ^1862, steigerte seinen Ruf, der daon in der!
l'ulilikatinn , Eisenwerke oder Omauieritik der Schmiedekunst I
des Mittelultors und der Renaissance" (,1861 -70 und IH85 — 87)
«einen Höheimnkt erreichte. Gan« auf seine persönlichen Er-
fahrungen gestellt und literarischen Studien abhold, sind aller-
ding?; die Begloittexte weniger belangvoll als seine Bestimmungen. ■
Auch wurde diesen Missverhältnis fühlbarer im Laufe der Zeit, |
In welcher sich das literarische Material mächtig häufte. Aber
sein seltener Kennerblick blieb ihm nichtsdestoweniger treu*
auch durch das ^unehmende Alter nicht gemindert.
Hefner war demnach nicht Gelehrter im gewöhnlichenj
Sinne, aber eine Autorität in seinem Fache und einer der
Begründer der deutschen Altertumswissenschaft
Ein unvergängliches Vordienst hat Hefner sich erworbenl
als Mitsehöpfer des Bajerisehen Nationalmuseums, das König
Maximilian II. hochherzig seinem Volke ^zu Ehr und Vorbild*
widmete. Penn er hat nicht bloss einen grossen Teil der ko
baren Sammlungen aus allen Provinsen des Landes zusammen*^
getragen, er hat sie als Vorstand des Museums auch so g^
ordhei, duss si^ ' ' h^ Bild von Sitte^ Kultur nnd
Kttosltiiiigkeit r t^chlands, von der karolingiBdien
h» in die neuere Zeit bieten. Und was kaum geringer man*
setikgen ist, (■' Ktiehte auch die Idee des FOrslef) Ludwig
tdh Ottingen -V ...... otoin und machte das NaÜonalmttseami
zugleich et] einer LeKnuistalt für Kun^ und Knnatgewerl]
Wenn daher erfreitlicherweiae der Kunsteiinn tn immer wrii
-: * ** r&f Vnficeff dritiirt, mt hat Huftier «nnen wi^aenU
taran.
aPtiUmar -««de. Tm 90. GeKort»
»Bi»fb«r-J
Kt^l^ Kl
Nekrologe. 277
Ferner starb am 17. Juli 1903 das korrespondierende
Mitglied Engelbert Mühlbagher, Professor an der Universität
Wien, ein ausgezeichneter Forscher auf dem Gebiete der älteren
deutschen Geschichte.
Zum Schluss hielt Professor Dr. A. Prinusheim, ordent-
liches Mitglied der mathematisch -physikalischen Klasse, die
inzwischen im Verlag der Akademie erschienene Festrede:
Über Wert und angeblichen Unwert der Mathematik.
Sitzung vom 7. Mai 1904.
Philosophisch-philologische Klastte.
Der Klassensekretak lejL^t vor eine Mitteihing des Sekretä
an der Kgl, Hol- und Staatsbibliothek Dr. UiröTAV UfiRntG:
Vorarbeiten zum Corpus inscriptionum ©trus-
carum. Ein Reisebericht.
Diese Mitteilung» in welcher der Verfasser die hauptsäch-
lichsten Ergebnisse seiner im Frühjahr 1903 mit Unterstützung
der Klasse ausgeführten Reise in Italien übersichtlich zusammen-
stellt, wird in den Sitzungsberichten gedruckt werden.
Herr We^klein legt vor eine für die Denkschriften be-
stimmte Abhandlung des korrespondierenden Mitgliedes Professor
Dr. Ar>oLF Roekes in Erlangen;
Zur Kritik und Exegese von Homer, Euripides,
Aristophanes und den alten Erklärern derselben.
Im ersten Teile sucht die Abhandlung an einigen lehr-
reichen Beispielen Umfang und Bedeutung von Aristarchs Homer-
kommentar nachzuweisen. Der kurze Abschnitt über Eurtpides
nimmt einige verurteilte Verse und Lesarten in Schutz. Der
griisste Teil der Abhandlung Lst Aristophunes gewidmet. Er
bietet einige Konjekturen und behandelt dann eine Raihe von
Stellen auf Grund der antiken Quellen exegetisch, wobei ver-
schiedene Bemerkungen der alten Exegeten in ihr Recht öin-
gesetzt werden. Durch eben dieselben alten Erklärer auf dia
mythologisch*parodische Komödie der Griechen geführt, sucbl
SitÄimj? vom 7, Mai 1904,
279
der Verfasser einige besonders charakteristintrhe Eigentlimlich-
öifcen dieser Gattung zu bestimmen. Den Schluss der Ab-
handlung bilden Konjekturen und Emendationen zu dem Texte
der Schollen des Sophokles und Aristophanes,
Herr vhn Amiba berichtet in Abwesenheit des Verfassers
über eine ttir die Sitzungsberichte bestimmte Abhandlung des
Herrn Saijdbergeh:
Über eine Messe in c-nioll, angeblich von Wolf-
gang Amadeus Mozart.
Diese seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts bekannte»
in den Handschriften sowie von Drobiscb und Gathy dem
W. A. Mozart beigelegte, von 0, Jahn ihm abgesprochene Kom-
position wird aus inneren und äusseren Gründen als apokryph
nachgewiesen. Insbesondere wird dar getan, dass die zu München
beündÜche Partitur einerseits das Autogramm des Komponisten,
anderseits aber nicht von der Hand Mozarts ist.
Historische Klasse.
Klassenhekhetär legt vor eine für die Denkschriften
bestimmte Abhandlung des Herrn von Rockinuer:
Von der Zeit der Abfassung des Kaiserlichen
Land' und Lehenrechts.
In der ersten Hälfte der Untersuchung ^Deutschenspiegel,
sogenannter Schwabenspiogel, Bertolds von Regensbiirg deutsche
Predigten in ihrem Vorhältnisse zueinander'' hat sich heraus-
geftlellt, dass Bertold den Schwabenspiegel vielfach verwertet
hat, dass dieser demnach vor dem Schlüsse des Jahres 1272
in Umlauf gewesen ist. Das Ergebnis der zweiten Hälfte,
hauptsächlich ans inneren Gründen, war die Unmöglichkeit
der Annahme einer späteren Entstehung, insbesondere vermeint-
lich erst 1274 oder 1275. Es liegt hiemit die nähere Zeit-
bestimmung zwischen der Anfangsgren^e, die bei der Kenntnis
Sitztmg Tom 7. Mai 1904.
des Verfassers von den Königs wählen von 1257 und von Vor-
kommnissen aus dem Schlüsse des folgenden Jahres nicht vorher
lallen kann, und der nunmehrigen äussersten Endgrenze von
1272 noch nicht vor, Ihre FeststeUung innerhalb dieser 14 Jabr^
hezweckt diese Auseinandersetzung.
Herr Qiohde hält einen vorläufig nicht zum Druck bestimmten
Vortrag über die Frage:
Wann wurde Kaiser Sigmund geboren?
Mit der bisher ganz unbestritten geltenden Annahme,
dass Sigmund am 14. oder 15. Februar 1368 geboren sei, steht
iu Widerspruch eine von Sigmund selbst herrührende Angabe
in einem Schreiben aus Siena vom 5. Februar 1432 (Deutsche
Reichstagsakten Bd. 10» Nr* 205), wonach seine Geburt erst
nach seines Vaters Kaiser Karls IV. zweitem Romzug, und
2war in die Zeit zwischen 22. September und 25, Oktober 1369
zu setzen wäre. Mit Sigmunds Behauptung stimmen einige,
bisher nicht beachtete Äusserungen gleichzeitiger oder späterer
Autoren überein (in Sieneser Quellen^ bei Enea Silvio, im Mag-
num Chronicon Belgicum und im Schreiben eines päpstlichen
Kurialen von 1414). Zum Teil gehen diese Äusserungen aller-
dings mehr oder minder direkt auf Sigmunds eigene Abgabe
zurück, können also einen selbständigen Wert nicht bean-
spruchen; aber zum mindesten die eine Äusserung, die er-
heblich älter als Sigmunds Schreiben ist. scheint die Existenz
eiuer damit übereinstimmenden, weiter zurückreichenden Tra-
dition zu beweisen. Anderseits sind die Zeugnisse für das
bisher geltende Datum sehr stark und die Schwierigkeiten, die
^ Sigmunds Behauptung > ^stehen, sehr erheblich. Daas
um H. mW \h. FebruAT lern Kaiser Karl ein Sohii ge-
boren wurde, der Sigmund genannt und wenige Tage diuuM^i
■.schon mit einer Tochtar im Burggrafen Friediidi foo Nllni-
|1»erg T^bbt wtffde, ist niehi xn bezweifeln. Mngiieh wilre,
dieser ente Slgmtmd ganz jung gi^^torben isl und gegen
Ende Sefilioiber 1B49 ein alldi^r«r Sohn Karls g«»bnrai wnrde«
Sitzung vom 7. Mai 1904.
281
der ebenfalls den Namen Sigmund erhielt, auch ohne weiteres
für seinen verstorbenen Brader in den Ehevertrag, wie darin
schon vorgesehen war, einrückte. Aber bedenklich ist, dass
die Kaiserin schon ara 22. Juni 1370 wiederum einem Knaben,
Johann, das Leben gab» und noch bedenklicher vielleicht, dass
der Prager Chronist Beness von Weitmul, der die Rückkehr
der Kaiserin von Italien nach Prag am 2Ü. August 1369 ver-
zeichnet, von der wenige Wochen später anzusetzenden Geburt
nichts weiss, obschon er sonst die Ereignisse in der kaiser-
lichen Familie sorgsam verfolgt. Anderseits fällt es schwer,
zu glauben, dass Sigmund selbst und andere Zeitgenossen sich
so sehr im Irrtum über das Geburtsdatum befimden haben,
dass sie dieses nach Karls IV. zweitem Rom xug statt vor den-
selben verlegten oder dass sie aus gewissen politischen Gründen
bewusst die Unwahrheit gesagt haben. Ausdrückliche, be-
stimmte Angaben über Sigmunds Geburtstag oder sein Alter
fehlen bisher; die gelegentliche Bemerkung, dass er zur Zeit
seines Todes ein Siebziger war, kann nicht entscheiden, und
sein Grabdenkmal ist in den Türkenkriegen zu Grunde gegangen.
Redner neigt nach aUem zwar dazu, die bisherige Annahme
für richtig und Sigmunds Angabe für falsch zu halten, glaubt
aber vorläufig doch ein ,non liquet* aussprechen zu sollen und
meint, dass die Beobachtung gelegentlicher Angaben, auf die
zu achten bisher keine Veranlassung vorlag, vielleicht die Ent-
scheidung bringen werde. Er wird im Vorwort zum 10, Baude
der Deutschen Reichstagsakten auf die Frage zurückkommen.
283
Vorarbeiten zum Corpus inscriptionum etruscarum.
Ein Reiaebericht von öasta? Merbig,
(Vorgelefrt in der pliiloa.-philoh KlaBse am 7- Mai 1904,)
Nachdem ich im Dienste des mit Unterstützung der KgL
Preussischen Akademie der Wissenschaften und der KgL Sächsi-
schen Gesellschaft der Wissenschaften herausgegebenen Corpus
itiscriptionum etruscaruni den April 1901 in Lugano mit Pro-
fessor K, Pauli und in Florenz, sowie den Oktober 1902 in
Orvieto, Rom und Cometo-Tarquinia, zusammen mit Professor
0. A. Danielsson, gearbeitet hatte, war es mir vorzüglich durch
lie Munifizenz der KgL Bayerischen Akademie der Wissen-
haften und durch das Wohlwollen des KgL Bayerischen
Ministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten
vergönnt, im Frühjahr 1903 drei Monate in Italien mit dem
Studium und der Kopierung etruskischer Orginalinschriften
_2U verbringen.
Ein Stadium an Ort und Stelle schien bei dem Zustand
fieler Inschriften, bei der häufig ungenügenden Art ihrer Ver-
öffentlichung, besonders aber bei dem Charakter des Corpus
als künftigen Quellenwerkes ebenso selbstverständlich wie die
mechanische Kopierung aller Inschriften durch Abklatsch, Pho-
tographie, Staniol-, Siegellack-, Wachs-, Papierabdruck, Durch-
reibung, Pausung oder Zeichnung. Auf Grund dieser Kopien
soll, so weit als möglich, das ganze Material in Faksimile
wiedergegeben werden: hat doch die bisherige Erfahrung deut-
lich gezeigt, dass bei einer noch fast durchaus Unverstand-
284
G, Herhiff
liehen Sprache wie der etruskischen mit einer bloss mibje
tiven Transkription dem künftigen Benutzer des Corpus wenig"
gedient wäre.
Neben der Neuaufnahme eines grossen Materials musstea
während der Reise auch bei vielen schon in Paulis Nachlass
vorhandenen Inschriftenkopien wesentliche Lücken in der Be-
schreibung ergänzt werden: Angaben Über Fundstätte, Fund-
zeit, Aufbewahrungsort, Art und Form, Material und Maße
des Gegenstandes, über Technik und Maße der Schrift, über
die zerstreute Literatur und manches andere, was bei der
Herausgabe für jede einzelne Nummer des Corpus immer wieder
von neuem in Betracht kommt.
Nachdem der erste Band des Cor|ms die Hauptmasse der
in Etrurien selbst gefundenen Grabinschriften enthält, sollen
den Inhalt des zweiten bilden: die noch ausstehenden sQd*
etruskischen, dann die sog, faliskischen und die ausseretrus-
kischen Grab- und Monumental-lnschriften, das Instrumentum,
eine Bibliographie, sowie genaue Indices, Den ersten und letzten
Abschnitt wird der Mitbearbeiter des ersten Bandes O. A. Daniels-
die mittleren Teile werde ich vorbereiten und heraus*
'^geben. *) Für die Vorarbeiten an den Originalen, also für die
Reise selbst, galt natürlich diese Arbeitsteilung nicht; ich habe
vielmehr stets an Ort und Stelle auch die von Danielsson aus
der vorhandenen Inschriftenliteratur und dem Nachlass von
Pauli zusammengestellten Fragehefte über die ihm zufallenden
Edenda, soweit es anging, zu erledigen gesucht. Dabei galt
68 als Grundsatz, an entlegeneren Orten das ganze Material
genau aufzunehmen, in grösseren, bequemer zu erreichenden
Städten dagegen bei Zeitmangel sich auf die für die ersten
Hefte des zweiten Bandes in Aussicht genommenen Inschriften
ZM beschjinken. Sehr viel Zeit in Anspruch nahm in ver*
sehiedenen Orten das Aufsuchen und Identifizieren älterer In-
sclirifteiif die ihr Besitzer vernachlässigt oder verkauft hatte,
M l>uiif^)Mon, PfMAitio ftun CIK I S. TUT -IX und Herbi^» Beib
Ml^mMii«» ^dtusir. M(lticb«n 1902, Nr 109 lom 19. Mai 8. 283-28S.
Vorarbeiten gum Corpm inseriptionum etruscarum.
285
oder neuerer Funde, die man zurückhielt oder die, von Hand
zu Hand wandernd, noch keine aichere Unterkunft gefunden
hatten. Eine Reihe blieben überhaupt vei-schollen, und alle
Nachfragen waren vergeblich.
Ausser dem Studium, der Kopierung und Beschreibung
schon bekannter Inschriften handelte es sich in zweiter Linie
auch darum, etwaige noch unveröifent lichte aufzuspüren. Dies
tat mir in verschiedenen Fällen gelungen; doch wurde ein
Abklatsch oder eine Photographie nicht immer und in der
Regel nur für eine VerüflFentlichung im Corpus selbst gestattet
Einen Erfolg des Aufenthalts in Italien erblicke ich schliess-
lich in der Anknüpfung persönlicher Bekanntschaften» die zu
gelegentlichen weiteren Auskünften gern bereit sind und schon
erfreuliche Beiträge geliefert haben.
Wenn mir aber auf dieser Reise etwas geglückt ist, so
verdanke ich es vor allem den ausgezeichneten Anleitimgen
in epigraphischen und et ruskologi sehen Dingen, die mir Pro-
fessor 0. A. Danielsson im Oktober 1902 auf unserer gemein-
schaftlichen Studienreise und schon vorher bei einem längeren
Zusammenarbeiten in München aus dem reichen Schatz seiner
Erfahrungen gegeben hatte.
Vom 18. — 26. März hielt ich mich in Bologna auf.
Im Museo Civico war mir Professor E. Brizio ein freundlicher
Führer. Es galt besonders die altertümlichen Sandsteinstelen
genau zu beschreiben, auf photographische Platten oder Ab-
klatschpapiere zu übertragen und zu den verschiedenen Lesungen
früherer Publikationen vor dem Original Stellung zu nehmen.
Das Instrumentuni konnte ich ausser den wenigen Helmen und
Öemmen nicht erledigen; späterer Untersuchung blieben vor-
behalten die Spiegel und namentlich die Buchstaben, Ziffern,
Marken und Zeichen auf Gegenständen der Ausgrabungen in
der Certosa, von Villanova und in der weiteren Umgegend der
Stadt Bologna, wie sie in den Veröffentlichungen von A, Zan-
ooni, Q. Gozzadini, E. Brizio niedergelegt sind, und bei denen
hüufig sehr schwer sein wird, Etruskisches und Nicht-
iiisohes zu scheiden.
1904. 8itsg«b. d. phfl<M.-phaoL o. d. lilit. EL 19
m
G. Heftig
Über einen Monat, vom 27. Märss — 30. April» war ich
in Rom beschäftigt. Den Professoren und Museumsleitern
E, Petersen, W. Heibig, B. Nogara, A. Pasqui und L, Pigurini |
bin ich zu besonderem Danke verpflichtet. Den Hauptzweck
des römischen Aufenthaltes bildete die Aufnahme der falls-
kiächen Insch ritten jeder Art, der rein faltskischen, der auf
faliskischem Boden gefundenen rein etruskischen und der ge-
mischtsprachigen. Die Hauptarbeitsstätte war das unter Paa-
quis Leitung stehende ,Museo Falisco di Villa Papa Qiulio* vor
der Porta del Popolo mit seinen Magazinen. Als Vorarbeiten
durfte ich benutzen den offiziellen handschriftlichen Inventario
delle Anticbita, von Q. ßatti angelegt, und einen kleinen Zettel*
katalog mit Rotstiftzeichnungen von B. Nogara. Da die weit-
aus meisten Inschriften mit schlecht erhaltener roter Farbe
auf rotbraune oder rotgelbe Ziegeln gemalt sind, verbot sich
ein Abklatsch ganz, und die Photographie versagte fast immer,
so dass ich zu Durchpausungen greifen musste. Sehr viele
der Ziegi»linschriften sind noch unveröffentlicht, leider mit
wenig Ausnahmen elende Fragmente; meine Uoffhungen, eine
Anzahl derselben nach den genauen Pausungen, die immer mudi
die Fragmentränder umfassen, wieder zusammenaetzen zu kilnneji,
hat sich bis jetzt wenig erfüllt. Die etwa 100 Inschnllen in
W. Deeckes ,FaIisker' (Strassburg 1888) werden immerbin auf
mehr als 250 steigen. Die Aufnahme dieser sprachlich fer<*
eohicdenartigen« mit einem rein geographiaehen Sammelnameii
ala «faliakisch* (im weiteren Sinn) bezeichneten Ijischnfteii m\
ein Corpus inscriptionuni etruscarum ist von K. Pauli auf
S. 1 und 2 des Prooemiums zum ersten Band verbrochen and
begründet worden.
Im Museo Kircherianos wo Profe^or I^. Pignrini sich sehr
' ' t^rwiea, wurden die wenigeii noch dort befind*
' sahnfleii neu aufgenoauuen* Im Klostor Saa
Flaolo fnori le Mura konnte ich mit Krlaubni« des Cadodicii
Or ' ri die cApt 'nÄe stndioreii i
und .*. abpausen. 4 .. ., ,.^. ,.. ,; in Knm gilt
dem M. mo im Vatikan. Ein Teil dea Apparstoi
Vorarbeiten tum Corpm insertptionum etrtMcarum,
287
fand dch in guten Kopien schon in Paulis Nachlass; ich
ergänzte ihre Zahl nach Kräften, namentlich durch Photogra-
phieren und Abzeichnen der feinen Metallinschriften. P, Ehrle,
der Präfekt der Vatikanischen Bibliothek^ und Dr. Nogara ge-
währten mir jede Erleichterung, Nogara hat uns auch weiter-
hin ausgezeichnete Dienste geleistet und steht fllr die Zukunft
zur Verfügung: ich verdanke ihm u. a. die sorgfältige Aus-
fdllung eines Frageheftes über Terracotta- und Metallgegen-
stände, die ich in Rom nicht mehr zu Gesicht bekoui oder aus
Mangel an Zeit nicht mehr erledigen konnte*
Acht Tage, vom 1* — 8. Mai^ arbeitete ich in Viterho.
Zu meiner Freude fand ich hier unvermutet im Museo Civico
die faliskischen Ziegeln aus Carbognano.') Die Schrift Ist bei
vielen ganz verwischt, doch liisst sich noch soviel ersehen, dass
Deeckes und der Früheren »Lesungen' häufig genug nur Kon-
jekturen waren. Auf der hübschen Terrasse des Palaz20 del
Comune konnte ich bei sehr gutem Lichte die Inscliriften
wiederholt studieren und abpausen. Die im Museo befindliche,
I nicht »ehr bedeutende roba di Bomarzo (ciotoIa-Fragmente meist
nur mit einzelnen Buchstaben) wurde bei Gelegenheit neu auf-
genommen.
Die wichtigsten Denkmäler des Museums sind eine Anzahl
der berühmten Alednas-Sarkophage aus Musama (Civitä): es
galt vor allem diese Grabinschriften*) immer wieder zu ver-
gleichen und für die Wiedergabe im Corpus abzuklatschen.
Ich hatte Grund zur Annahme, dass in derselben Nekropole
I in den letzten Jahren neue Ausgrabungen stattgefunden hatten,
und auf Anfrage teilte mir Herr Luigi Rossi Danielli am
6. Mai mit, dass im Jabre 1900 (richtiger vielleicht 189R)
von dem jetzigen Eigentümer Alarico Piatti 14 Nenfro- und
1 Terracotta-Sarkophag neu gefunden wurden. Über die Hälfte
davon hätten Inschriften getragen und seien nebst einigen Sar-
kophagdeckeln nach Amerika, z« T. nach Penusylvanien (Phila-
Seo.
^ Deeoke, Faltsker Nr. 47—55.
*) Fftbretti, Corpu« iaacr, ital, Nr. 2055—2069, Pr, SuppL Nr. 378 -380,
Soppl. Nr. 96—96, Ter. ßuppL Nr. 318—341, Appendico Nr. 740,
19*
288
delphiaX z. T. nach Kalifoniien, Überführt worden. Die übrige
keine Inschriften tragenden, fand ich zutaUig auf der Rückkell
von einem Ausflug nach Castel d'Asso, wo ich einige Feli
inschriften nachzuzeichnen und zu photographieren versucht
in einem Gehöfte vor, wahrscheinlich der Fattoria di 8. Caterina.
Denn dorthin waren, wie A. Pasqui inzwischen^) mitgeteiM
hat, alle neu gefundenen Sarkophage und Sarkophagdeckelr
im ganzen 23 Stück, zunächst v€>rbracht worden. Seine An-
gaben weichen in unwesentlichen Punkten von den mündliche
des Herrn Rossi Danielli ab, nur über das weitere Schicksd
der Sarkophage gibt er keine Auskunft. Dass es aber difl
selben Sarkophage sind, geht unzweifelhaft aus zweien vc
den vier Photogi-aphien hervor, die ich der Güte des let
genannten Herrn verdanke, und deren Inschriften mit den unt
Nr. 6 und 7 von Pasqui mitgeteilten übereinstimmen. Pasqu
Lesungen müssen freilich, wie die Photographien deutlich zei^
an vei^chiedenen Punkten revidiert werden* Indessen hat
die Sarkophage und Deckel jedenfalls noch in besserer Ordnun
bei einander gesehen, als wie sie die Photographien wiede
geben. Auf dem Deckel der cassa di nenfro, die Pasqui uni
Nr. 6 beschreibt, liegt nach unserer Photographie eine Jugend
liehe männliche Gestalt mit nacktem Oberk^irper, wahren
der Deckel, den Pasqui auf dieser cassa sah, noch das na
der Inschrift sicher zu erwartende weibliche Bildnis zeig
(. • . donna recombente siil fianco sinistro, mn Inne^a v**st<i,
allacciata al seno . . «)*
Für die unb*^schränkte Arbeitsfreiheit im Museum
ich dem Leiter der Sammlungen im Palazzo del Comntie
Viterho, Herrn C. Pinzi, ergebenen Dank.
Das Entgegenkommen des Herrn Grafen GentiU
sowie dex Herren Leiter des Seminarium episeopale ermciglichii
mir di© rasche Erle<ligung einiger Architrav-, Kand<:«laWr-'
Cippen- und Ciotolainschriften, Im Laden des Antiquars Fa
eioni jun. machte mich Herr L. liossi DaiiitsUi Auf aici mh
t) Not d. Se«vl XL, 190S, 8. Ue-I20.
Vararbtiten Mum Corpus inscriptionum etruscarum.
289
hübsches Bucchero-Schöpfgefass {xva^og) aufmerksam » das er
1902 in San Francesco presso Ferento gefunJeD hat; es trägt
auf dem Henkel und auf den äusseren Gefliiisrändern rechts
und links vom Henkel eine Inschrift, die bis jetzt nicht ver-
öffentlicht ist. Eine Pausung und Beschreibung wurde ebenso
eitwillig gestattet, wie die genaue Aufnahme einer Anzahl
iche piramidette mit Buchstaben und Marken aus Castol
d'Asso und der übrigen Umgebung von Viterbo.
Am 9, Mai brachte mich die Post nach Toscanella,
Der einst durch die in ihm aufgestellten etruskischen Alter-
tümer so berühmte giardinetto vonSecondianoCampanari befindet
sich in einem wenig erfreulichen Zustand. Die Rente der alten
Flerrlichkeit sind z. T. durch Holzstösse verdeckt; der Boden
ist durch einen Überlaufenden Brunnen in einen Morast ver-
woodeli, in dem sich Enten und Hühner tummeln. Viele Sarko-
phage wurden verkauft und sind verschollen; fast nur die in
die Wände des Höfchens fest eingemauerten Inschriftensteine
verdanken eben diesem Umstände ihre Erhaltung, Ich liess
das Holz wegräumen oder den Morast damit überbrücken, und
fertigte mit Hilfe eines Enkels des ehemaligen Besitzers Ab-
klatsche aller noch vorhandenen etruskischen Inschriften an.
Ein paar weitere Kopien wurden im OHo di Livio und im
Palazzo Municipale nach Danielssnns Frageheften gemacht.
Dagegen gelang es mir nicht, in zwei anderen Fragen
Klarheit zu schafien. Gamurrini berichtet im Anschluss an
die Inschrift, Appendice Nr, 769: tEsiste nell' archivio del
comune di Toscanella una copia di alcune epigrafi etrusche
redatta nel secolo scorso, ma b cosi confusa ed incerta che ho
stimato opera vana di qui riprodurla'. Ich habe mit dem Sin-
daco Onofrio und dem Segretario Comunale und Ispettore degli
iScavi Giuseppe Cerasa im Archivio Comunale vergebens nach
ähnlichen Notizen gesucht.
Die andere Frage ist wichtiger, und nun auch zu einem
guten Ende geführt. Danielsson und ich hatten im Herbst
1902 bei dem Photographen Moscioni in Rom einige uns niibe-
te Sarkophag-Photographien (sarc agi trovati recentemente
A ToaeaDclla), dAnmter drei mit Inscluiftati,
gekMifl. Ich eriniiidigte loicli in To6caiMsUA aad srhidt
Aufllronft, dmas sich eine Afizahl neu geAuidMiar Sutephagi
im CaiiT«iilo del Biposc» bdaadtii. Deradbt wmr
tmd Herr Cera» erklSii« mir. das Eig^otittiisreclil
and bit aar Erkdigitiig der Ftaga dttrÄ» dii i
ai^peathaa wwdM. Itt aelbsi w^oQe aie fUmgaiia noah
des Jahres YeiüHbiÜieheti und mis ftlr das Corpas i
flbeiaeiideii. Da ich weiter keine Kachricht etUeli, taüfa
Profmor k. Torp, der im Aprü 1904 diesa <
daa Tattwiland mit nnd hal ihn, eir. wttlei« SekiiHa an Im.
& 8chmbl mir anter dem d. April d. J.: ^ Tnananrila sind
jaM die Yerhiltiiiaaa gaas aadera ak Torigaa Jahr. Dar Kaft^
▼aal ist aagiagli^ ich ging hinein und kennta mkii W^aam
nnMahan. Es befimdaii aich dort im gaaaen 90 Sartopliaga,
an iw€i der Winde aogaMitit Sie waren gerade daanb c. T.
nil Hob and Pümhen belegt» einige aneh mtl der InachiifW
eefle gq^ die Wand gekehrt Wir hatten riet Affhait» se
mmuwälxen und das Holz wegzitfinaian, Anf 14 der Sark^
phi^ baindeo eieh Inaehriften. 18 aingehnaan and 1 gemnlt
Imgnnaen mnd eia voU arhalien. kh haha
Abkbiteht and Kopien gamneht, die ich aaafa
briaga. Die aiatalen der Ineahnftan aind knm»
eu^ga miei an Billige Wfirlart ao awei nena ZaUwQMar^^ In
Schretban ^cxn 2S. Aprü beiael ee: JÜe Sar^
'oBeanalln aoUan in einer bei Eaai
Ihm wasdieh fon Tdeemelhk im Jahre 13M
gefkaalen aein. Der
ei haMeii aiah einige
gi|pn 50 Sarkophage, jeM eod ee daraa ai,
Nenfrc^. Wo die thrigen sieh jeM befinden, wi
in fegen Anch ftber andere tn der Orotte
altoda (Vma, äfuc««!. OaUkaMen) war nichia
^eimseeln*
Von T«nM]li fafal» iek Ma 11. Ii»i X«
Vitart« mtet fiikr B in if^rtk«
Vorarbeiten zum Corpus inscripHonum etrasmrum^
Montefiascone und von da per legno nach Bolsena, Es handelte
sich dort vor allem darum, eine Anzahl Inschriften auf kleinen
Basalt- und Nenfrocippen zn untersuchen und abzuklatschen;
ihnen gegenüber kam von ein paar sehr grossen Terracottft-
vasen (zum Autbewahren von Flüssigkeiten) nur eine für das
Corpus ernstlich in Betracht. Meine Arbeiten im Museo Civico
fanden an dem Ispettore degli Öcavi Ingenieur B. Leoneini,
jene im Museo della Collegiata di S, Cristina an Canon ico Don
Ferdio. Battaglini tätige Förderer. Leoncini war mir überall
ein unermüdlicher Wegweiser. So wurden mir auch einige
Privatsammlungen erschlossen: bei Herrn Giuseppe Menichetti
und namentlich bei Herni Angelo Ovidi konnte ich mehrere,
X. T. noch unbekannte Cippusinschriften kopieren. In der Via
Alessandro Donzellini (Haus Nr. 46) fand ich zutallig eine nicht
unwichtige Inschrift: der Stein (pietra calcarea dura), auf dem
sie steht, wurde vor einigen Jahren als F Ullstein in den arco
delia porta eingemauert; bei dieser Gelegenheit musste er erst
zugehauen werden, wobei die 4, Zeile stark beschädigt wurde.
Der Hausbesitzer Constantino Colesanti gestattet« gern durch
einen Abklatsch nebst Teilabklatschen von der Inschrift genaue
Kenntnis zu nehmen. Von Herrn Pietro Moscini erwarb ich
eine einfache patera aus Ton a vemice nera mit einer auf der
Innenseite leicht eingeritzten etruskischen Inschrift. Moseini
erhielt diese patera von Herrn Cesare Bianconi; sie wurde vor
etwa 3 Jahren bei Bolsena oder Montefiascone gefunden; niiheres
war nicht mehr festzustellen. Jedenfalls stammt sie nicht von
den Ausgrabungen her, die Moscini auf dem Hügel Madonna
dei Cacciatori, etwas nordwestlich vor der Stadt im Jahre 1901
veranstalten Hess, und Über die E. Gabrici jetzt*) berichtet hat.
Bei diesen an sich recht erfolgreichen Ausgrabungen scheint
anwer einigen vorrömischen Mauerresten überhaupt nichts Etnis-
kisches zum Vorschein gekommen zu sein.
Gar nichts erfuhr ich in Bolsena selbst von einem, wie
es scheint, sehr wertvollen, nicht lange vorher erat gemachten
») Not d. Scavi XI, 1908, S, 367—375.
Fand von Gold-, Silber- und Metallgegenständeu, darunter 10
oder 12 mit Instrumentiiminschriften. Der Fund war, wie mir
Nogara und Heibig unabhängig von einander schon in ßom
erzählt hatten, ihnen unter sonderbaren, nicht zu erfüllenden
Bedingungen zum Kauf angeboten worden — sie sollten die
Inschriften und Gegenstände oder wenigstens die wertvollsten
derselben vor Kaufabschi uss nicht ansehen dürfen, weil die
Herren Archäologen sich alles so rasch merken könnten und
dann nur noch die Hälfte zahlten. Nach meinem Bolsener
Aufenthalt erzählte mir in Florenz der Antiquar Giuseppe Pacini
ganz gelegentlich (um mich von der Höhe der Preise zu Über-
zeugen, die ein Antiquar heutzutage zahlen müsse) genau die-
selbe Geschichte und, dass die Besitzer jener Funde auch bei
ihm angeklopft hätten. Auf eine Anfrage schreibt mir Nogara
unter dem 30. März dieses Jahres: Jje iscrizioni che Le aeg-
nalai lo scorso anno a Bolsena e delle quali Ella [uire si
interessö nel suo viaggio (dieci o dodici iscrizioni di imtrumen'
tum d'oro e d^argento ecc) sono scomparse, a quanto mi dice
il Dr. L. PoUack, fin dal maggio passato, vendute ad un signor
Vitalini di Roma, che le ha portate o le porta direitamente
sul mercato di Pangi, senza lasciarle vedere qui ad alcuno. . /
Den 15. und 16. Mai verbrachte ich in Pitigliano, Ich
konnte im Hause des Herrn Giuseppe Denci noch die archäologisch
bedeutsame Sammlung von Gegenständen hei einander sehen,
die er im Jahre 1902 aus 1 tomba a fossa und aus 3 toinbe
a camera ans Licht gefördert hatte. Die einzige dabei ge-
fundene etruskische Inschrift im Innern eines piattino durfte
ich anschauen, aber nicht abpausen. Professor G. Pellegrint«
der die Sammlung im März studiert hatte, könnt« mir bald
darauf in Florenz mitteilen, dass die Inschrift für das Musdo ,
Archeologico angekauft sei. Er hat jetzt ^) über die Fimde i
Denci Bericht erstattet und auf den Wert dienar Inschrift auf- ^
merksam gemacht. Herr Kun&tmaler und Scavivtore R. Mad»
AVi ilpr in Sovana, Poggio Buco und Pitigliano erfolgreich«
^} Kot. d. Scavi XI, 1908» a 2^7 -279.
Vorarheitßn tum Corpus inseriptionum etruscarum.
293
Ausgrabungen veranstaltet hat, über die G. Pellegrini in ver-
schiedenen Aufsätzen der Not d. Scavi VI, 1898 orientiert,
besitzt Docb eine Saramlung dabei gefnndener Instnmientum-
InscbrifteDf die ich in Pitigliani3 vermutete. Mancinelli befindet
sich jedoch fast ständig in Satumia, und sein Instnimentum
in Poggio Buco, Bei meiner immer knapper werdenden Zeit
Uess sich eine Zusammenkunft nicht mehr einrichten, doch war
Mancinelli so liebenswürdig, mir in einem Brief vom 6. Juni
1903 Pausungen aller Inschriften filr unseren Apparat in Aus-
sicht zu stellen. Femer will mir Herr Canonico und LokaU
antiquar G. Fabriziani in Pitigliano von den einst der Familie
Busatti aus Sorano gehörigen Inschriften,^) falls diese noch
existieren, Pausungen verschaffen und nach München senden.
Die Herren Clorindo und Francesco Merlini besitzen von ihren
Ausgrabungen in der Nekropole von Sovana eine Inschrift
auf dem Frontstück einer Tußcassa in Pitigliano, von der ich
einen Abklatsch nahm. Die übrigen Fundgegenstände — von
weiteren etruskischen Inschriften ist mir übrigens nichts
sicheres bekannt — befinden sich teils in Merlinis Magazin in
Florenz, teils wurden sie von Professor L. A. Milani für das
Museum dieser Stadt, '^) teils von Herrn Alfred Emerson für
amerikaniache Sammlungen angekauft. Herrn Grossgrundbesitzer
Cafiimiro Martinucci schulde ich für sein liebenswürdiges Ent-
gegenkommen in vielen Punkten verbindlichen Dank.
Am 17. Mai bemühte ich mich, unter der bewährten
Führung und Beihilfe des Herrn Aro Francesco Merlini die
z. T, im Grundbesitz der Familie Martinucci liegenden Feis-
und Grabinschriften in der Umgegend von Sovana zu studieren.
In Fosso di San Pietro, ca. 1 Stunde von Pitigliano gegen
Sovana hin, konnte ich zwei in neuerer Zeit gefundene Fels-
inschriften abzeichnen; in Poggio Pischero, Sopraripa und
*) Gammrini, Appendice Nr. 764—760.
*) Vj?l. neben d«in FuDdbericht von G. Pellegrini in den Not. d,
Scavi X, 1*J02, S. 494—509 jetzt auch die nähere Beachreibung der fQr
Florenz angekauften Gegenstände von dem gleicken Verfasser, ebenda XI,
1903, 3. 217 -a25.
294
Q. HetUg
Poggio StaazJale mussten die schon aus Fabretti CII 2025 ff.
bekannten Inschriften identifiziert und genau aufgenommen
worden. Wo Leitern fehlten, wurden Baumäst« und Bauern-
schultern in Anspruch genommen, und von dort aus die Fels-
inschriften von Moos und Schmutz gereinigt, gemessen oder
auch nur in die eine Abzeichnung möglich machende Gesichts-
weite gebracht. Die Arbeit nahm den ganzen Tag in An-
spruch : bei sinkender Nacht musste die Suche nach zwei weiteren
Inschriften notgedrungen eingestellt werden.
Am nächsten Tag, den 18. Mai, brachte mich eine
9 stündige Postfahrt, von San Lorenzo ab unter Carabinieri-
Bedeekung, nach Orvieto.
In der hochgelegenen , Alten Stadt* mit ihren reichen
Schätzen hatte ich schon im Oktober 1902 mit Danielsson
gearbeitet, und in Paulis nachgelassenem Apparat fand sieh
manche brauchbare Kopie. Trotzdem reichte die Zeit vom
19. — 26. Mai nicht aus, um die Arbeiten zu Ende zu führen.
Ich machte Herrn Cav. R. Mancini und Herrn Commendatore
Franci meinen Besuch und darf hier dankbar ihrer freund-
lichen, stets bereiten Hilfe gedenken. Im Oktober 1902 hatten
wir die photographischen Aufnahmen der Architravinschrifte«
Iber den Orabeingängen in der Nekropole Mancini wegen an-
"gflnsf igen Wetters abbrechen müssen, und uns in den dunkeln
Golini-Gräbern mit Blitzlich taufhahmen lange Zeit abgequUi.
Leider geht auch der Rest der Wandgwiälde and Inschrifteo
dieser in der etruskologischen Archäologie und Linguistik so
berühmt gewordenen Grabstätten durch die starke Feuchtigkeit
der Wände dem unaufhaltsamen ünttTgang entgegen. Ich rer-
8uchti5 hier zunächst missglQekte Aufnahmen des vorigtoa Jahres
durch neue Photographien und Pausungen su ersetzen. Mslmekr
Hoffnung auf gutes Gelingen konnte iob etne qrsienHititdie
Aufnahme aller Steininschriften des priTaleo und staaUicheu
Teiles der Nekropole Manchii und der slaatUehen Nelcropole
Bracmrdi Yomithmen. Phologrmpbie und Abklatsch ergimteii
eimatidür. Entere vef^agle dÄecs» imoil die Ginge ivisebttii den
Grftberraben
all
flir die AttfiileQiaig dea
Vorarbeiten Mum Corpus imeripH&num etruacarum.
graphischen Apparates» oder bei den Bracardi-Inschril'ten, weil
die Architrave zu tief Ingen und erst wieder aus der Erde
herausgeschaufelt werden mUBsten, Abklatsche dieser letzten
Inschriften verdanken wir der Güte des Cav, Mancini und des
Herrn De-MoUi, da ich selber mein in Rom nachbestelltes
Abklatsch papier nicht mehr in Orvieto abwarten konnte.
In der Privatsammlung im Hause Mancinis, im Museo Faina
und der Opera del Duomo nahm ich eine Reihe von Kopien
ab: neben ein paar neueren Cippusinschriften war namentlich
noch ein Teil des Inatrunientnms durchzuarbeiten, vieles an der
Hand von Notizen und Pausungen, die sich in Paulis Nachlaas
vorfanden. Schon bei meinem ersten Aufenthalt, Oktober 1902,
hatte ich mit dieser Arbeit begonnen. Nogara, mit dem wir
damals in Orvieto zusammentraten, hatte, da ich weiter reisen
mtiste, die grosse Güte, einen Fragebogen, den ich für die
Bedürfnisse des Corpus zusammen j^^estellt hatte, auszufüllen
und mit den nötigen Staniolabd rücken und Durchpausungen
zu versehen ,
Am 27. Mai fuhr ich nach Civitä Castellana (Falerii
veteres). Ich bemühte mich, nachmittags die faliskischen In-
sehriften der in Tuffstein eingehauenen Felsengräber rechts
und hnks vom Ponte Terrano nach früheren Veröffentlichungen
zu revidieren und von neuem abzuzeichnen. Ein Felsengrab
wird jetzt als Stall benützt, ein anderes dient zur Autl>ewahrung
landwirtschattlicher Geräte. Die Inschriften im Freien sind
zum Teil verwittert und moosüberwachsen, der Weg zu ihnen,
wenn er Überhaupt noch aufzufinden ist, durch Gestrüpp ver-
sperrt. Ein paar von Gamurrini veröffentlichte Ziegeünschriften
aus der contrada Regoletti, l km südlich von S. Maria di
Falleri (Falerii novi), befanden sich damals im Besitze des
Herrn Sebastianini. Derselbe hat, wie mir Canonico G. Orazi
mündlich mitteilte, mittlerweile alles verkauft; an wen, ist
unbekannt. Den Vormittag des 28. Mai benutzte ich zu einem
Ausflug nach den gut erhaltenen Ruinen von S. Maria di
Falleri, den Nachmittag zur Fahrt nach Florenz,
Hier hatte ich im April 1901 meine epigraphisch-etruskische
296 Q. Herbig, Vorarhtiten $um Corpus inmipiwmm elfüjoanim.
Tätigkeit begonnen und die reichen Vorarbeiten im Nachlaas
Paulis systematisch nach dem handschriftlichen Katalog de
Museums und namentlich auch durch Nachträge aus den Be-1
ständen des 1897 eröfineten, musterhaft eingerichteten ,Museo
topografieo delF Etruria* zu vervollständigen gesucht. Mein
neuer Aufenthalt vom 29. Mai — 6. Juni hatte vor allem den
Zweck, die im Museo Archeologico aufbewahrten südetruskischen
Inschriften noch einmal genau zu vergleichen und namentlich
von den Cippusbaseo von Cometo, Bolsena und Toscanella
brauchbare Abklatsche herzustellen. Auch eine Anzahl noch
vorhandener Lücken im Apparat der Instrumentum-Inschriften
konnten ausgefüllt werden; so wurden die piramidette tob
Telamon*) und die erst in letzter Zeit ins Museum gelanj
Inschriften neu aufgenommen; nur die Spiegelinschriften mi
ich auch dieses Mal zurückstellen. Ich brauche kaum eigens
beizufügen, dass Direktor L. A. Milani und Professor G. Pellegrioä
mit bewährter Liebenswürdigkeit das Arbeiten erleichterten und
jede mögliche Freiheit gewährten»
Nicht unerwähnt will ich hier lassen, dasa es mir am di
und 10. Oktober des gleichen Jahres möglich war, die nord*
etruskischen Inschriften des K. K. Ferdinandeunis zu Innsbruck
unter der freundlichen Führung des Direktors F, v. Wieser ein-
zusehen, zu beschreiben und zu kopieren. Es handelt sich mit
einer Ausnalune um Instnimentum-Insch ritten aus Dercolo im
Nonsberg, Stadelhof-Kaltern bei Vadena, Matrey, Moritzing,
Tisens und Sanzeno. Besonders aus dem letztgenannten Fund-
ort stammen ein paar merkwürdige, noch nicht veröffentlichte
Inschriften, deren wichtigste mir mit seltener Liberalität zu
längerem Studium Überlassen wurde. Wenn ich recht sehe,
bedarf die ganz€< Frage der ,nordetruskisch6n* Inschriften nc
einer gründlichen Nachprüfung,
*) Milaui, Ma8t*o t^pogr. dell* Etniria, Firenze-Boraa I8i>0, S.
and 160, Nr. 123.
297
Über eine Messe in Cmoll, angeblich von W.A. Mozart
Von Adolf Sandbergfer.
(Vorgelegt in der pMlos.-philol. Klasse am 7. Mal 1904.)
In Privatbesitz zu München befindet sich die unzweifelhaft
Snde des 18. Jahrhunderts geschriebene Partitur einer Messe
in C moU» auf welcher von wenig späterer Hand als Komponist
W. A. Mozart angegeben ist Der erste Fachmann, welcher
das lange Jahre hindurch in Verborgenheit aufbewahrte Werk
etwa um das Jahr 1850 wieder zu Gesicht bekam J) der acht-
bare Augsburger Komponist und Kapellmeister Karl Ludwig
Drobisch (f 1B54), erklärte es ohne Zögern für echt, ebenso
der Pariser MusikschriftsteUer August Qathy in dem Aufsatz
^ün manuscrit inedit de Mozart* (Kevue et Gazette musicale
de Paris, 23. mars 1856, No. 12).
Als Otto Jahn im gleichen Jahre den ei*sten Band seiner
Mozartbiographie fertiggestellt hatte, war er noch ohne Kennt-
nis unseres Manuslcriptes gewesen. Durch Gathys Arbeit auf-
merksam gemacht, verschaffte er sich dann die Partitur und
besprach sie in der zweiten Ausgabe seines Buches. Deiters
hat die betreÖende Stelle in der dritten, von ihm besorgten
Auflage (1,412 Anra.) mit übernommen, Jahn konstatiert zu-
nächst die Unterschiede in der formalen Behandlung, welche
Werk gegenüber anderen Messen Mozarts aufweist, Unter-
ßhiede, die sich indes nach seiner Meinung auch aus der ab-
weichenden Augsburger Tradition erklären Hessen, und fahrt
i) 8. S. 300.
298
Ä, Sandberger
dann fort: ,zu geschweigen, dass in den Briefen (Mozarts aus
Augsburg, s. u.) von keiner Komposition die Rede ist — die
Komposition selbst ist so wenig Mozartsch als die Schrift*.
Dass Jahn für dies kategorische Urteil Gründe nicht an-
führt, mag sich aus seiner Absicht, kurz zu sein, erklären
hissen. Die Angelegenheit könnte trotzdem bei der bekannten
grossen Verlässigkeit dieses Gelehrten in Mozartsthen Dingen
damit fUr erledigt gelten, wenn auch nicht in ganz befrie<li-
gender Weise, wäre nicht in jüngster Zeit ein wichtiges» bisher
unbekanntes Dokument aufgetaucht, welches eine neuerliche
UntersHchung zur Pflicht macht.
Der im folgenden mitgeteilte bisherige Bericht über die
Schicksale unserer Handschrift, der auch Jahn vorgelegen
hatte, nahm an, Mozart habe die Messe für das Kloster zum
HL Kreuz in Augsburg komponiert. Nun hat kürzlich die
Inventarisation der auf dem Chor der genannten Klosterkirche
noch heute aufbewahrten Musikalien für die , Denkmäler der
Tonkunst in Bayern**) ergeben, dass sich dort, mitten unter
Stimmen von echten und erwiesenermassen zum Teil von
Mozart selbst dem Kloster geschenkten Stücken auch die
Stimmen unserer Messe vorfanden und dass sie mit , Mozart'
von derselben Hand, die auch die Noten schrieb, signiert sind.
Unsere Partitur und diese Stimmen sind in allen wesentlichen
Dingen identisch, die vorhandenen kleinen Abweichungen
kommen für die vorliegende Untersuchung nicht in Betracht.
Diese Tatsachen verleihen gewissen äusseren Gründen des bis^
herigen Berichts Verstärkung und Bestätigung; ich mache also
im nachfolgenden den Versuch, die ganze Angelegenheit end-
gültig 3SU Uluren.
Auf der Reise nach Mannheim und Paris 1777 weilte Mozart
mil seiner Mutter vom 11, hii« 26. Okt^>her in Augsburg. Dort
belHob der ältere Bruder seines Vaters, Franz Alois, das Ge-
soblft eines Buchbinders, dem auch der Orcissvat«*r obgelegen
*) Vori^&amiMin von Umm Pnvftiiioiciiteii Dr, Kroj«r, dar mai
tufin»:'!! lK*MOiui«r«ii Wutiacb auch di«» dort befindtidiea Moxiii'tiiUi& mit
atifnuhm.
über eine Jfe«se in CmöH.
299
hatte; Franz Alois nahm sich des Neffen und der Schwägerin
fireuBdlich an und diente ihnen als Begleiter in der Stadt; er
war es auch, der die Beziehungen Mozart« zum Kloster HL Kreuz,
in dessen nächster Nähe, nämlich in der Jesuitengasse, er selbnt
wohnte, vermittelt bat, ^Bald nach der Ankunft in Augsburg*,
so berichtet Mozart an seinen Vater nach Salzburg,^) ^führte
mich mein Herr Vetter zum Prälaten vom HL Ki'euz, der ein
recht braver, ehrlicher alter Mann ist. Den Samstag ehe ich
auf St. Ulrich ging, war ich mit meiner Base (Franz Alois'
Tochter) nochmals im HL Kreuz -Kloster, weil das erstemal
der Herr Dechant und Prokurator nicht hier war und weil mir
mein Bäsle sagte, dass der Prokurator so lustig sei. . , . Ver-
gangenen Sonntag (19. Oktober) war ich im Amt beim HL
Kreuz. , . . Hernach speiste ich mit meinem Vetter beim Hl.
Kreuz. Unter der Talf 1 wurde Musik gemacht so schlecht als
sie geigen, ist mir die Musique in dem Kloster doch lieber als das
Orchester von Augsburg/ Ich führe diese Stelle im Wortlaut an,
weil sich aus ihr entnehmen lässt, dass unser Künstler erst in
diesen Tagen, erst 1777, mit den Herren von HL Kreuz in Verbin-
dung trat. Mozart blieb den ganzen Sonntag bis in die Nacht im
Kloster, Hess sich als Violin-, Klavier- und Orgelspieler hören,
improvisierte und schenkte schliesslich vor der Abreise dem
Prälaten (Barth. Christa) zwei Messen in F und C („von den
kurzen Messen in C die erste*) sowie ein Misericordias Domini
und versprach ihm eine Litanei de venerabili. Jahn erklärt^)
mit Hecht Nr. 8 der ersten Serie der Gesamtausgabe (Köchel
Nr. 220) ftir die in Frage kommende Messe in C: es kann sich
hier schon deshalb nicht um unser Manuskript handeln, weil
Mozart sonst» seiner Übung entsprechend, geschrieben haben
würde: C minor, und weil unsere Komposition nichts weniger
als eine missa brevis darstellt. Sowohl von dieser Cdur-Messe
als der in F dur, jenem auch Fe rnei'steh enden bekannten, innig-
schönen Werke des Meisters (komponiert 1774, Gesamtausgabe
M Momrt^ Briefe, h^raung. von L. Nohl, 2. Aufl., Leipz. 1877, 8. 68.
X) A. a. 0., 1. Aufl., I, Beilage VllI» Nr. 9; 3. Aufl., 1, 412.
300
X SäfMefffcr
Serie I, S. 6, Köcbel 192) finden sich unter den obenerwähiit$^|
Mozartiana auf dem Chor von HL Kreuz die Stimmen* Nun
berichtet der frühere Besitzer unseres Manuskriptes ohne Kennt-
nis von den bei der Säkularisation der Klosterkirche verbliebenen
Musikalien — um welche zu wissen flir seine Zwecke so wichtig
gewesen wäre — in einem Briefe vom 6. November 1855:*) ,Die
Messe ward von Mozart im Kloster der Chorherren zu Hl. Kreuz
in Augsburg komponiert» woselbst er als Knabe jährlich (sie!)
gelegentlich des Besuches bei seinem Vetter (d» i* Verwandten)
Buchbinder Mozart in Augsburg einige Tage zubrachte. Ich
habe sie von dem vor ca. 12 Jahren verstorbenen Buch-
binder Mozart in Augsburg gekauft, der sie von seinem
Vater (d, i, Franz Alois) ererbt hatte; letzterer erhielt sie
nach der Säkularisation von einem Pater der erwähnten
Abtei mit dem Bemerken: Das ist vom Vetter Mozart* So
mangelhaft sich der Schreiber hier über den Beginn von Mozarts
Beziehungen zu Hl. Kreuz informiert zeigt, die Hauptsache seiner
thirstellung^ dass nämlich die Partitur wirklich aus dem Kloster
stammt, und dass man sie dort für eine Komposition Mozarta
hielt» wird durch das Vorhandensein der Stimmen nachträglich
unzweifelhaft beglaubigt.
Trotz alledem ist nachzuweisen, dass Jahns Urteil auch
fernerhin zu Recht besieht. Die Hesse ist weder von Mozart
komponiert, noch, was auch bei einer fremden Komposition
der Fall sein könnte, Ton ihm geschrieben.
D robisch verlegte die Arbeit in Mozarts früheste Jugend
und hatte, wie der frühere Besitzer in dem obenerwähnten Briefe
weiter mitteilt, für ihre Echtheit fünf bezw. vier besondere
Gründe angegeben, die sich auch Gatbjr in seinem Artikel zu
eigen macht:
0 t>«r Schrvibor ist der BucbhJliidkr Karl WeUh(>fer in l>omiQ-
wArth, der Adrf'ssat »ein Jugcndfreaud, dw Arzt und Chirurg Ur. EolU
(fttui MOncben) ia Pmifl, df*w dAB Mänuikript nadi ftTmchiodeiieii Vcr>
«neben, e- '4db#4l&rfT ^nd tti v«rlaiitff(n, sdM «marh
tjbit eine Messe in CmoU.
301
,1, Die Doppelgriffe der Violinen, uamentlich in hohen
eu (vor Mozart nicht vorgekomnien).
2. Die bewegten Figuren der Violinen , besonders Auf-
P*" mg der J^ Figuren bei den Singstimmen in ß bei den
linen --■--
Singstimme J J '
Violini I I I J > i \\
ä ^ J J ä 0 ^ ä
3* Die unverkennbare Ähnlichkeit mancher Qesangsschemata
mit Stellen aus Mozarts Opei-n, z, B. das schöne Doniine Deus,
I Tenor-Solo, das originelle Benedictus,' Tenor-Solo.
4. Die nicht selten planraässig angelegte und durchgeführte
Selbständigkeit der Instrumente gegenüber den Singstimnien.
5* Das alles kann in einer Zeit, aus der dies Manuskript
stammt} nur mozartisch sein/
Von diesen Punkten fallen für jeden, der nur einigermassen
die Musik des 18. Jahrhunderts kennt, Ziffer 2 und 4 sofort weg.
IBei Graun und Hasse, bei Jomelli und Gluck findet sich, was
hier für Mozart angesprochen wird, schon so häufig, dass es
eiübrigt, spezielle Beispiele anzuführen.
Was die unter Ziffer 1 erwähnten Doppelgriffe in hohen
Lagen betrifft., so ergibt eine Durchsicht der Partitur, dass
es sich in diesen Lagen bei den weit überwiegenden Fällen ent-
weder um schon seit dem 17, Jahrhundert übliche Griffe, wie
M. ^ handelt, ^) oder um Teilungen, d. h, der
~^3~ ff h^ Jf — ?~^^^ ^^^^ Spieler an einem Pulte spielt die
TO. L:^rr f höhere, der zweite die tiefere Note.
r l Diese Absicht des Komponisten ergibt
Äich z. B, unzweifelhaft aus folgender Stelle der , Sinfonie*:
Viol. 1 =5
^) Von solchen Doppelg^riffen machte zur Zeit des junüren Mozart gerade
Gluck befioöderfl wirkaugsvoUen, cbunikteriatinehen Gebrauch. VergL zahl
reiche »einer izeniüchen Tdnxe oder js* B, den letzten Chorder AUmi^
190i. Bit«gib. d. p)il1oii.-|»tii]»l, II. d. hlat. Kl. 20
302
jL Sandhtrger
zu deu wenigen, nicht zu diesen beiden Kategorien gehörenden
FiÜlen aber ist wiederum unter Verweisung auf die gleich-J
y,nitigo Miiisik 7U beraerkcm, dass solche Doppelgriffe keinesw^^J
etwa zuiji aus8chllessliclien Hiistzeug gerade MozarL«i gehÖnmJ
Wan die unter Ziffer 3 angetiihrten Mozartisraen betriffl,]
»o ('nthäli unsere Messe deren allerdings eine ganze AnzahÜ
darunter auch die von Drobisch erwähnten Beispiele:
(ToiiorSolo,)
^^
ts
a^^gfeg
£
und
Do * mi ne De - ua rex
1# ' ttiil
(Tenor-Solo,)
=P1
ßene die tu« qui ve
nii in oo-nu-ii«
^^ wird auch später weiter deutlich werden« dass es sieb bei
ilinen um wirkliche HosarüsiDen und nicht nur um Allgemein
gut der Zeit handelt
Aber diem HosartisiiMii trschein^n gleichsam iosserlii:
mi^esetai« usler Aneii bricht als wahre stilistJeche Phjsia
gnooiie der Komposiiion ein anderes dairh, das sich tc
aarts Waise deatlieh ahhehl Melodisch gewahreo wir
pointierte Umpriginigeii alier LombardinDen, wie:
'V. Viol. BH««* r'm -^iif «)«^ «Iritit»- Vl.Ti#l>
r
nrK9 « «
m macht sich ^ Viwliehe (Klr triTiale T^neftgiage 1
«erklkh, wie ^ihalich Kjnii Talii it> f.
über eine Messe in CmoU,
303
Harmoaiscli erscheinen Stellen, wie im Et incartiatus
► (Takt 12 ff.) der Uebergang von F nach Düs dur
^ (Bässe.)
(Qit.)
Cm -d
ie die Modulation nach Es diir im Gloria Takt 24 ff, oder
im Kyrie die Wendung nach D dur bereits im 8, Takte bei
Hauptionart CmoU. In der Verwendung der Mittel gewahren
wir Dinge, wie im Et resurrexit Takt 8 ff. die Behandlung
der ersten Violinen
.^JL^Ai-t
^'
''^^
wie den Anfang des Kjrie, wo Streicher und Bltiser je unisono
dem Chor gegenüber treten und der Tenor unter dem Bass
steht, wie das Tremolo der Streicher bei ^miserere* im Gloria
oder das unisono der Singstimmen im Dona nobis.
Alle diese Erscheinungen weis(?n auf eine etwas spätere
Zeit, rund gesagt auf die letzten Jahre des Jahrhunderts und
stellen ein seltsames Geraisch aus Einwirkungen der norddeut-
schen Schule, aus Anfangen der romantischen Tonsprache im
Sinne Voglers und Ciniaroaaschem Neuitalienertum dar.
Vor einigen Jahren hatte ich eine gleichfalls irrtümlich
Mozart zugeschriebene Messe aus der Bibliothek des Stiftes Ein-
siedeln in der Schweiz zu prüfen,') Ihr fehlten die hier nach-
weislichen stilistischen unterschiede, die ganze Ausdrucks weise
glich tiiuschend der Mozartschen; die Unechtheit des Stückes
Hess sich aber dennoch feststellen, nämlich aus dem Mangel
jener einheitlichen Anscliauungsweise und sich treu bleibenden
*) MnzArtiiina, Jahrbuch der Masikbibliothek Petem. Leipzig» Peters,
Jtthrsrari}2 Vit!. 8. 68 ff.
20»
'M4 A. Sandberger
(i(;iMi«;Hrictitur)^ in Bezug auf die Erfassung und Interpretation
(JffK Mt'.HHiAtxUiH, welche Mozarts sämtliche Messkompositionen in
/w(*i VorioAo.n, bis zum Jahre 1770 und später zeigen. Auch
Mtiwirti Messe enthält die massgebenden Kennzeicben nicht.
Vielmehr widersprechen in der That die zahlreichen Solosätze
und das Duett Vltnn für Sopran und Alt, die lange Sinfonie
an »Siel In des (Iraduah^ das Laudate dominum als OflFertorium
durchiius Mozarts Auffassung. Aber auch durch eine besondere
Augsburger Tradition, deren Einflüsse Jahn in Erwägung zieht,
ist (lies(> Gestaltung nicht geboten, wie der Vergleich mit Messen
von Augsburgor Komponisten aus dem letzten Drittel des 18. Jahr-
iuni(h»rtM, so des I)omkap(»llmeisters Giulini und des Organisten
ScillVrt diirtut. (Janz abgesehen davon, dass sich Mozart an eine
solche Tradition, wenn sie speziell für Hl. Kreuz bestand, nicht
zu kehren brauchte — man nahm dort ja auch die obenerwähnten
MesNt»n in (• und F gerne entgegen und führte sie auf. Wa«;
die (^^samianlage betrilft, kennzeichnet sich in unserem Manu-
skript ferner als unmozartisch die gleichgültige Behandlung
tler Worte ('briste eleison, welche Mozart stets hervorzuheben
ptlegt.M Dann die Wiedergabe des Laudamus te etc. im Gloria;
Mo/.art lässt hier das laudare» benedioere, adorare, glorüicare
im (lesamtausdruck bald stärker, bald >chwächer, stets aber in
plastischer Scheidung der vier Hegrifte untereinander hervor-
treten» in unserem Manuskript aber gleitet die Musik ohne
liHederung in gleiolunä^siger Vei-sohwommenheit über die dif-
foreu.'ierten Arten der Verehrung und üWr die vier Kommata
hmweg, rnmo.-.artisoh ist auoli im Cn^do das Fehlen eines
einheitlichen U:u\des .-wisv^hen den einzelnen Teilen oder wenig-
sten> des UestivWns, ein solohe,s her.usuüen. Das Credo ist
hier vielmehr mit einem an vieren Satre. dem Gloria« durch
Witslerliolungy^n verknüpf i:. :i, f,
/\x\ aH .v.ox:^ Ker.u5etohen kon..r.i viann noch eine ganx
r.; ;.i^ KäW*:-.^:.;' V.Vt S^uotus tieklar/.ien r. a:t drti OWrstimmen
i:-4 to'4;\'*.»Jr: .:v/..Ärr:rMoher Woiiöi^:
»^ Y«yi, hxt^yji «Uy.^ il A»* l. iT;^ t
«m« MesM
305
T
=t=
Sanc
tUB
im Credo Takt 24 flF. siod die Worte unterlegt: uniim dominum
Jesum Christiun» qui ex patre filioque procedit und auch sonst
erscheint der Text wiederholt aufs willkürlichste und unsinnigste
entstellt und vergewaltigt. Neben diesen Barbarisinen aber ge-
wahrt man n)it Staunen eine nach Abzug otfenkundiger Schreib-
Tersehen verbleibende übergrosse Zahl von elementaren Satz-
fehlern in unserer Partitur. Es sind ihrer so viele und so
bösartige, dass allein schon um ihretwillen Mozarts Autorschaft
unbedingt als ausgeschlossen gelten muas. Da finden wir Ok-
taven: Kyrie Takt 23/24 (desgl. bei der Wiederholung) zwischen
den äusseren Stimmen, Takt 74/5 zwischen Alt und Bass, dito
112, Et incarnatus 4/5 zwischen Sopran und Bass, Et resuriexit
6/7 vor dein Fermate zwischen Alt und Bass (dazu Verdoppelung
des Leittons), Dona nobis 1 und 2 zwischen den äusseren Stim-
men; Quinten: Pleni Takt 19 zwischen Sopran und Bass;
weitere Verdoppelungen des Leittons: Kyrie Takt 59,
Et incarnatus 15, Credo 90 (mit Oktaven bei der Auflösung)
und andere schöne Dinge mehr.
Nach diesem Befund kann es sich für unsere Vorlage auch
nicht um die Arbeit eines geschulten Fachmannes, sondern
lediglich die eines begabten und so obenhin routinierten Dilet-
tanten handeln. Dafür spricht auch der ungefüge Aufbau der
Sinfonie; wo der Komponist der Worte entbehren rausste» Hess
ihn charakteristischerweise sein Gestaltungsvermögen im Stiche.
Angesichts dieser Beschaffenheit ist denn auch an sich
wenig wahrscheinlich, dass Mozart die Messe etwa aus freien
Stücken eigenhändig abgeschrieben hätte; immerhin aber könnten
irgendwelche unbekannte Umstände ihn hiezu veranlasst haben.
Indes ergibt die Vergleichung mit den gelungensten, mir zu-
gänglichen Nachbildungen von Mozarts Handschrift, insbesondere
aber mit den aus verschiedenen Epochen seiner Jugend stam-
menden Autographen in der Milnchener Staatsbiblinthek, dem
306
Ä,
hur^^
TagebuchfragraeDt Ton 1769/70 und der Arie für die Gräfin
Baumgarten (März 1781), dass hier seine Schrift nicht vorliegt
Wie die Buchstaben des Textes sind die Schlüssel zeichen und
NoteD, die Vortrags-» Versetzungs- und dynamischen Zeichen
von den Mozarfcjchen gänzlich verschieden. Mit diesbezüglichen
Einzelnachweisen will ich den Leser nicht unnötigerweise be-
helligen. Ueberdies aber fehlen dem Manuskript alle Kenn-
zeichen einer Kopie überhaupt. Dasselbe stellt vielmehr das
Original des Komponisten und zwar vermutlich die erste Nieder-
schrift der Komposition dar.*) Darauf deutet der ganze Schrift-
charakter, femer die Fixierung von Wiederholungen durch Zeichen
(wie im Allegro des Kyrie S. 8 jene der ersten 13 Takte), end-
lich eine Stelle S. 3, wo dem Schreibenden ofTenbar »uerst eine
andere Fortsetzung vorschwebte, die ihm aber noch während
der Niederschrift nicht mehr gefallen wollte; er nahm deshalb
eine Änderung vor, deren definitive Gestalt auf einer freien
Stelle des Papiers nachgetragen ist, während die ursprüngliche
Fassung und die Ansätze zu dieser Änderung den sonst be-
schriebenen Raum ausfüllen und dort kreuz und quer ver-
strichen und annulliert wurden. Somit steht nach jeder Rich-
tung hin fest, dass die Messe weder Mozarts Erfindung noch
seiner Hand entstammt. — Wie knnj man nun aber im Kloster
Hl. Kreuz darauf, sie für ein Mozartsches Werk zu halten?
Dem Schreiber der Stimmen galt die Autorschaft de**
Meisters als feststehende Tatsache; die obzwar etwas spaten} '
Signierung der Partitur war für ihn offenbar in ' id. In
der Partitur aber sprang allerdings dem oberfliii w Leser
pdie unTerkennbar« Ähnlichkeit mancher Oesangsschematii mit
Stellen aus Mozarts Opern* in die Augen. Die verfUhrerischeß,
wie wir Rahen : gleichsam äus^ierlich aufgesetzten Stellen laasen es
wenigstens einigermassen erklärlich erscheinen^ da» der damalig«
Pater Ka{>ollmei«ter oder Bibliothekar dem ölauben rerfiol, ein
Mozarti»chefi Werk Tor aich 2u haben.
M £• bissteht am 29 Bogea Qm*
nicht vor
-JberjeUjvi
hnJ«*fi mich
308
A. Sandberger, Über eine Messe in CtnoU.
itn Offertorium mit
(Violine I und II)
~0^&-
der Graf aus Figaro, Finale I
z\;^zi
m
Si len - zio si - len - zio u. 8. f.;
im Osanna in excelsis mit
(Violine 1)
r A f-jJtf- ^'^ f-'^f- t^ ^"ß^^ P'f^ •^'■^'F P
iSgf^
3
(HiUse u. Vol.)
dio Figur, welche den Schluss des Duetts zwischen Don GioTanni
und Zorlina beherrscht:
iViol., Fl.) fr
mif^:\^^^
Ir
'?TS>-^X'li;-i^^^
3EI
|NU?i.
an».
Xnch uns«»rvn Ergebnissen kann es si^^h bei mll diesen
Täir^iIWlen um nichts suidervä^ als um Reminisienzen aus
\Ux^;irt!> l>iH>m h^xideln: dasss dabei auch die Zaaberflöie
v>h\ September I79l> vertreten ist, macht wiederholt deotlich,
.i:(ss das \Uuuskript in die leutrn Jahn- des Jakrhaiiderts
^Eine neue Handschrift des Digenis Akritas.
Von K« Kranibacher.
(Mit K-vrei Tafeln. I
fVorgetragen in der pMlcn.-philoL Klaaae am G» Februar 1904.)
I.
Die älteren Freunde unseres Studien kreises erinneru sicti
ncK^h des grossen Aufsehens, das zu Anfang der siebziger Juhre
die Entdeckung der in Trapezunt aufbewahrten Hs des by-
zantiniscben Nationalepos vom Digenis Akritas machte. Das
Denkmal wurde nach der trapezuntischen Hs von K. Sathas
und E. Legrand in der CVdlection de rnonuments pour servir
a r^tude de la langue neo-hellenique» Nouv. serie, Nr. 6 (Paris
1875), später noch einmal von S. Joannides (Konstantiiiopel
1887) veröffentlicht.
Bald darauf fand J. MilUer eine zweite IIs inj alten Ba-
silianerkloster Grotta-Ferrata und versprach, sie zu edieren*
Der Plan blieb — wie leider so viele andere Plane des treff-
lichen Mannes — unausgeführt. Eine Beschreibung dieser Hs
gab Sp. Lampros in seiner CoUectioo de romans grecs, Paris
1880 S. XC ff. und beabsichtigte, vereint mit N. Pobtes, den
Text zu veröffentlichen. Da sich jedoch gleichzeitig Legrand
mit derselben Absicht trug, traten die griechischen Gelehrten
zurück und E, Legrand publizierte die Hs in seiner Bibliotheque
grecque vulgaire, vol. VI, Paris 1892.
Eine dritte Hs war schon früher von Sp. Lampros in
Oxford gefunden und in seiner Coli, de rom, gr*, Pariö 1880,
K. Krumhacher
horau^gegoben worden. Die in ihr bewahrte Redaktion ist im
-fabre 1670 von düiii Mönche Ignatios Petritzis in Chios ab-
gt?fjiHüit^ und die Hs, vi^rmutliüh ein Autograpb des Verfassers,*)
g<*hriri derselben Zeit an*
Ungefähr gleichzeitig tauchte in Andros eine vierte Hb,
s. XVI, auf, Sie wurde durch A. Meliarakes, Athen 1881,
VLTcjffentlieht
Seit der Auffindung dieser 4 Hss, also seit mehr als 20 Jahren,
ist koine neue Hs dos Digenisepos mehr bekannt gemacht worden,
r^ljHchon die Kunde von dem merkwürdigen Denkmal inzwischen
ihirch die „Geschichte der byz. Litt/ und durch mehrere Einzel-
dariiteüungen in weitere philologische und historische Kreise
getrugen worden war.*)
Und doch ist hier jeder Zuwachs handschriftlichen Ma-
terials von Bedeutung, weil nur durch eine möglichst voll-
findige Kenntnis der literarischen Bearbeitungen die inhalt-
liche und formale Beurteilung des in der bjzantiniseben Lite-
ratur oin/.ig dastehenden Werkes geklärt und die Heraus-
Mchiiliing des ursprünglichen Liedes aus der geschmacklos^i
UmhtiUung öder Schulweisheit and erbaulicher Tendenz g»-
*) Vsfl. Lrffronil Bibl. gr. vulg. vol. VI, p. XIJ.
*) üb^pr den Inhult und die Überlieferung de» Ihg*'iiis Akirt-Ji« rglA
in**ini' beschichte drtr hji. Lttt,* S. 827 ff. E»>f^Dda S. 831 ff. ist iliej
hin «nm Jahri' lH*M pablizifrte ljitt*ratiir vertmchn*^^ Seitdem L*rärhif*ti»'i
noch: 0. Warir'ohftfg, Da« niitt*?lgriechiBcbe B*»blenlied von HoJii Irin J
Digcni« Akriia». Gjmnitöialprogr., Berlin, R. Qürtuer 1897. Q. Wi^rtei
bf*rg, DiiJi inittelgrit*chi»che Ntttiotitüe|»oi. Biüliigi" ziir (Münchnn*
Allgcmi'iii»-!! YMimiy^ vom 6. Febr. 1899 (Nr. 30). Karl Diotirii
lini' ^tfuppc von grirrhischrn Liedern aus dem Akritdi/yklii«, fl
±VMH) 5!5-72. L Br^feii
JSine neue Bandschnft des DitjtnU Akfita».
311
deihJicb gefördert werden kann. Ich schätze mich daher
glücklich, über eine fünfte Hs Näheres berichten zu können,
die der Aufmerksamkeit der Forscher bis heute entgangen ist')
Es handelt sich um den Codex Escrvr, V— IV — 22,
s. XVI,*) aus dem ich vor kurzem das „Mittelgriechisclie Fisch-
büch*^) ans Licht gezogen habe. Die a. a. 0. S, 347 ausge-
sprochene Hoffnung, dass ich bald Gelegenheit finden werde,
die Hs zu studieren, hat sich leider nicht eifüllt; meine auf
diplomatischem Wege vermittelte Bitte um Übersendung der
Hs nach München ist abschlägig beschieden worden^ und zu
einer Reise nach Spanien hatte ich keine Zeit. Da fugte ein
glücklicher Zufall, dass Herr Professor <7erhard BMcker, Halle,
der im September 190H im Escurial arbeitete, von meiner
Eingabe erfuhr. Er erbot sich, mir eine genaue Beschreibung
der Hs anzufertigen, um die von mir a. a, 0. S. 346 f. auf-
geworfenen Fragen bez, des Inhalts der Hs aufzuklären. Für
diese ausserordentliche Liebenswürdigkeit sei ihm auch hier
von Herzen gedankt. Die von Herrn Ficker aus allen Teilen
der Hs entnommenen Stichproben genügten vollständig, um
jenes von mir (a, a. 0. S. 346) vermutete in den Roman Ly-
*) Wohl obne jede Bedeutung iat eine uechste Un, Ich meine die
im Jahre 16S2 geschriebene IIb, die vor einigen Jahren Dr. P. Paschalia
auf Androa gefunden hat. Über sie »cbeint nichts in die öffwjtlielikoit
gedrungen zu sein als die Notiz in der Deutschen Literaturzeitnng
1898 Nr. 43 Sp* 1655. Da diese Ha wie die des Meliarakea in Andros
aufgetaucht und wie diese in 10 Bücher geteilt ist, wird es »ich wohl
nur um eine alte Abachrift der von Meliarakee publizierten Hs handeln.
Das ist vermntlich auch der Grund, weshalb sie weder veröffentlicht
noch genauer analysit'rt worden ist. Nichts Weiteres ist endlich über
«sine Biebent ' tut geworden, über die vor vielen Jahren Dr. Mord t-
mann dem K r der traijezuntischen H«, S, Joaniiides, Mitteüungeu
gemacht hat. Vgl. K. Legrand. Bibl. gr. vulg. vol. VI p. U und die
Hemerkungon am Schluss dieser Abhandlung.
'^) H. Omont, deaaen wichtiges Urteil ich einholte, antwortete: ,Le
ms parait bien plutöt du XVI« siecle que du XV*. J'ai peine t\ croire
qu'il puisse ^tre de la fin du XV*,*
^) 8itzung$ber. d. philoa.-philol. und der hist. Kl. d. tC. Bayer. Ak.
löOa S. 845 -Ö8<).
^m
K, Krumhadhir
liisiroä eiDgeschobene zweite Stück mit Sicherheit sm identi-
fideren.^) Es ist eine unbekannte Bearbeitung des
Üigenis in stark vulgarisiereoiler Sprache und reim-
losen Versen.
Nachdem ich diese Tatsache erkannt Latte, liess ich
durch die Vennittehing des Direktors der Escurialbibliothek,
<leni für sein freundliches Entgegenkommen auch hier gedankt
aei, 13 Seiten aus verschiedeneu Teilen der Hs photographiereo.
Mit Hilfe dieser umfangroichen Stücke und der von l*rof.
Ficker gelieferten kleinen Stichproben lässt sich der Charakter
der neuen Redaktion, ihr Verhältnis zu den übrigen Bearbei«
tungen und ihre Bedeutung für die Überlieferungsgesctichte
des Digenis wie auch für die Geschichte der vulgärgriechiücheu
Sprache wenigstens in den allgemeinen Zügen erkennen.
Indem ich bezüglich der äusseren BeschaffeDheit und dct
Inhalts der Hs auf die früher (Das mittelgriechischo F^isehbaeh
S. 34G f.) gegebenen Mitteilungen verweise, verzeichne ich die
neugewonnenen Tatsachen, Der vulgargriechische Teil der
Hs beginnt mit dem Roman Ljbistros und Rhadamna«
foL 22^ — 137\ Dimn folgt nach einem leeren Blatte (foL 138),
mit einem neuen Quaternio beginnend, der Digrnis, fi>K IH^
bifi 1S5'. Auf Blatt 185* wird schon der Tod des Digwk
L erwähnt; doch bricht die Erzählung mttien im Verse «b; die
Seitd 8chli<»st niuiilich also:
Im folgipQdei] stod durch VerseUung von Bliitt^ni Slü^v
«US dem Lvbistrofi, dem Digeoia und den Tier- und rfiöiiMn*
hücheni durclbdiiftnder gndttdit» ttnd xwar, soweit kli mich
mraien Texiprobeo urtrilefi kann, folgi^df^nsuyttB^n:
Blatt ISe"- beginnt mft Lrbtstros ed. Wagn<r T. I9d4 IL,
liO C «cna# Aber di« d«i Diimii ^ümJ!tm^m Btia«r ifr^Mf
twm l«iH AT 0w tOU an Utimi Tnmmmt wt. aber
bat m ib» Vm^ 4m Wmmm «laas*
Eifie neue Handsehfift des Di{ienis Äkriias^
sid
Blatt 187' mit Lybistros V. 2195 tf. Beide gehören also,
wie sich aus den Notizen von Wünsch und Ficker ergibt, in
die Gegend zwischen foL 80— 90. Über Blatt 188—192 habe
ich keine Notizen; sie gehören wohl auch zum Lybistros.
Blatt 193 schiiesst mit den Worten:
Hai in if}g tpiaxiras ri vsgdv m ipdgta v' äyyiargevyouv
hqI rd äXXov TidXtr eßAeneg tov vd ßaata lu^aQtv.
Ich kann diese Verse in den Ausgaben des Lybistros
von Maurojihrydes und Wagner nicht finden; sie scheinen aber
in eine Beschreibung des Fischbassins zu gehören, das schon
V. 2193 ff. ed. Wagner ge.schildert wird. Da nun Blatt 186
bis 193 genau dem Umfang eines Quaternio enbprechen, ist
wohl anzunehmen, dass sie, worüber Ich leider keine Notiz
habe, wirklich einen (Juatemio bilden, der in die Gegend zwi-
aen fol. 80—90 gohnrt, aber durch den Buchbinder an eine
3Z falsche Stelle versetzt worden ist.
Auf Blatt 194—197 folgt schon ein Stück des Poriko-
logos, dann der Opsarologos und der Anfang des Pulo-
logos. Dann aber kommt noch einmal ein Stück Digenis;
Blatt 198—201'' enthalten eine aüsfiihrliche mit breiten reli-
giösen Betrachtungen versetzte Scliilderung der letzten Stunden
des Digenis. Blatt 198'' beginnt mit Worten, die sich offenbar
direkt an Blatt 185^ (s, o. S. 312) anschliessen:
Eh ii> nQOöxiq^aldv xov
Kai Tohq äyovöovi zov iXeyEv, ovtog rovc naqayyiloL
Mithin gehört die Partie Blatt 193—201 unmittelbar hinter
Blatt 185, Aaf Blatt 20l^ beginnt der PorikoJogos» dessen
Schlussteil auf Blatt 194*^-* steht. Die ursprünghche Ordnung
der Blätter dieser Partie der Hs, aus der fol. 186—193, wie
gezeigt wurde, ganz ausscheiden müssen, war also:
L f, 185
2. t 198
3. f. 199
4. L 200
5- f. 201
Schluss des Digenis; f. 20P Anfang des
Porikologos
SU
A*. Krumbachet
G. f. VM !
Schluss des Porikologoa; Anfang des
Opsarologos
i". 195^ Schlus8 des Opsarologos
7. t 195
8. f. 196
9. f, 197 Pulologos
10, f. 202— 213
11, f. 214—228 lleligiöse Texte (vgl Fischbuch S.347).
Digeniöstücke bewahren also nur die Blätter 139*'— 185%
198"'— 201'". Üarnach liisst sich der Versumfang dieses Teitea
wenigstens annähernd berechnen. Hinderlich ist, ausser der
Unsicherheit der Zuteilung einiger Blätter (in der Partie
füK 188—192), der Umstand, dass der Text meist fortlaufend
wie Prosa geschrieben und wiederholt durch leere, zur Ein-
fügung von Bildern bestimmte Räume unterbrochen ist. Das
Digenisepos umfasst in der Hs wenigstens 101 Seiten zu
2ä Zeilen» deren Umfang ungefähr je einem Verse entspricht
Das ergibt die Summe von 2323 Versen; dazu kommt aber
noch der verlorene Anfang des Werkes. Da foL 139 mit
einem Quateraio beginnt, wird der ausgefallene Anfangsteil
wohl einen ganzen Quatenüo umfasst haben, waa 16>'23 = 3G8,
bexw., wenn wir wegen der auch in dieser Partie vonuisätu-
sifrtxenden leeren KHumc^ einen kleinen Ab:eog uitacheii^ rund
200 — 300 Verse ergäbe. Diese lUdumiig wird durch die Ver-
^.t t -^ der Texte bestätigt: d^r erste Teis auf foL 139
« i dem Vers 324 der Kedftktioii toii Aaifaroa. Wir
habeoi abo etaea Hiaimaltnnfiuig toh etwa 2600 Versen an-
moelimeii. Die Redaktion von Grotta-F errat« siUt 3749
Verse» die trapeanntische unprünglidi wollt bedeoteiid mehr
als 4000 (gegeiiw&rlig wegen Verstümmdiing der Hs nur nock
SISäK die mm Audr^» 177$, die Oxforder 30^, Die fi^rsrnl-DB
«lelit mitliin an Umfang binler dm 4 aadeieo Hss eriMUieli
torttk. Zum Ted mag das diidareli verKlittHet «itfi, daaa
Attseer dem Anfang wohl audb notk aiiden Slfli^ mageUlea
luil; der UaoptQrraod liir|{t aber woU* Meh dea ir^itiigeaiJgM
Textprob«'« lu ^hlk':§!är4i, in drr knepMiHi Furnrnr iiir B#^
Mme neue Handschrift de» Dufenis Äkriias,
81S
11.
Um nun die Be^chaffeiihoit tler Bearbeitung des Escor,
und ihre Stellung in der Gesanitüberlieterung klar zu miichen,
lasse ich einige grossere Teitprobeii folgen und notiere auch
den entsprechenden Text der übrigen Versionen, wobei ich
die mit dem Escor, im Wortlaute wenigstens annähernd über-
einstimmenden Stellen durch gesperrten Druck hei-vorhebe
und durch Beifügung der Verszahlen des Escor, (in
Nr. 1 und 9) identifiziere. Ich gebrauche folgende Abkür-
zungen (vgl 0. S. 309 C):
Ändr. — Hs von Andres.
Crjpt. — Hs von Grotta-Ferrata.
Escor. - Cod. Escor. !P— IV— 22.
Oxon. — Hs von Oxford.
Trap. — Hs von Trapezunt.
1, Escor, toi. 139'— 140\
Das Digenislied beginnt im Escor, mit folgenden V'ei-sen:
Kqötoi )ial HTimoi xai (ini?.ah /ai} 0€ xntajttotjoovv.
fing&g xardgar (pvXaTZf, nal fii] 7tkr]yag xal
növovg. fiilrj xnl iiiXt ävot jjott'joovoir, ßkijre
htgomji* fti) nottjOK AvxaTfßovjiiEv: -f- *) i
Tovc nh*r£ äg /läg qmreioovoiy xal lAie äg rrjv hidgavi*'
fiSvQV jrQo&vjtWK fS^Xi^e dg rov d^ifjgä Ti]V ToXfitp^
rd i6o Gov x^gia (pv?MTTt. xal 6 §fos vn fing ßorjÜT'jofj.
l J3Ö«*
^ DicHCit Fra^rineiit limh bei Wünsch 8. 161, — h-h habo in diesen
4V* Versen* 7,or Probt*, die ZeUenteihinff und Orthogniphi*' der Hs beibe-
halten, im fol|ceiid«n aber den Text in Verse Äbgesetit und, aowöit al»
möglich* die ortbographiachen Fehler stillschweigend korrigiert; fttich
andere offenbiLre Fehler aind ^ebeaaert und die metriachen Unebenheiten
weni|78ten8 angpdfiit^t. Eine konsequente Kouftitution des Textes nber
muBs dm' definitiven Auntgabe vorbehalten bleiben.
U6
Ä'. Krumhachef
yMl 6 ä^ujQäg iHaßaXUH€va£V, eis avTov vnayaivn,
10 fpaglv IxaßallmtvoEv q:vTiX6v xal äoiBQärov
djUJiQog ek rö jutjcojtir rov ;f^t»öor äarfgay d^^'
xä tiooegä rov dpvxia ägyv gor ^('mwTa ijoar'
xaltyoxdQCfHa Mdgyvga tjtor xaXtycofdvoi''
fj oi^gd Totf oßvgvoifiivt] ^ik t6 ^lagyagtrdgtv, ,
Jl39^ 16 ngaoivoggobtvo^ dexbq eI^ tip' oiXXav i( djtlao},
xal fioHtdCBi Tcic HovzdXag xov in lov ijXiüv läg äxiTvag'
xovrdgiv l^iakdxt^f: ßevexoyj^vomfihov.
xal TOTE ndXiv 6 äfirigä*; tomov tüv Xoyov Xiyei'
*An6 MoX^v ifiov) nöXffwv xal änd doxijuaalag
*iO xal TidXiv ?x^ änoöoxiir, vd indgoi xal \ßTovTo%^\ lo vix<K^
yagaxf]vi^<; iidXt]agv rrlr d/jfjgäv t>}c yXajooTji;'
AvtÖ, ä^njgät /*// t& yeXr^gf fifj ro xaiovEtöiQyq'
lyo} naidlv xaXdt* ^bwqw xal äwatöv noXifiov^
xal fly iyj] xng&iav o äyovgog, oti vä yvg(Ctl lyXt}yoQa
(Metrutu!),
25 T?;»' xdXfiijv TovTf^v ffeo)Q€0 yd bidgn xat lö dMXffi [roxi]
(»- — «— w — M _) xal oXov /4rtc t6 xovgoog,
Taj^img IxaßaXXlxEvaavp eig t6v xdfjmov xajeßalvovv^
önovdrji^i^) ydg xal 6 ff:S6vo(; rov, ftii xal el^; r)eüin( rar SP^U-
Avt6q oxvXl ^Pm^aJog A*, ^t) os xaxoöixiion,
80 ^agaxjjvdg iXdXr]aey tov d^uignv rrjg yXtuaotjg'
IlidoE /iov, Xi, rdv äyovQQv, ra^img vd rov vixtjOfig*
ev^vg ixaßaXXtxevoay, elg t6p xdfinov xateßalvovv,
ibg dgdxovteg iavoiCar xal (bg XioyT€g Ißgv^ovvra
xal <hg dexol initöin^ta xal lafU$aoiv ol Avo^
85 xal TcJre vd idfig ndXEfiov xaXibv naXXtixagimVt
tHO** xal änb Tt]^ f^^X^}^ ^^^ noXXfjg xgovGtv dt aovvtofAwg
xal ä7t6 TOv xrvjiov t6p ^qXvv xal d^ib xit Aoc xal Xdßi
oi xdfiJtoi qdßov lixaaiv xfü tu ßovvla ii&avfjmtty,
fd divdgt} l^iggtlihvovvia xal 6 ^JU^ ioxorM^,
40 rd olfiQV ixatiggeev dg rd axüXäXovgä tq>v,
9 Cod. rtoavt ("• undouilicb» wiö «"') /fnayirif. Zu dem voti oiir g^
«eUt^n Accente aiiov vftl Kinmlmcbcr, E. ^ 27 (11^) 62ii{. und K. Dir
lerklj, InJogttnu Fut^h. lö <l0ü4) 17 f. 12 Cod, dgfVf^mKtiröia^
Eine neue Bandschrift des IHgenis Akritas.
317
xal 6 Tdgwg jovg i^ißatvEv äjidvo} änh rd Jiovgüita,
^Tor{e) ydg tov KoyvoravTrj yoQymiigoq 6 fxavQOQ
xai HaXbqi^^) vtihxeQoq r/rov «5 KaßeXkdQiq
Hül ixQxißtixiv Eig xov äfii]Qäi' xal xqovei tov ^aßÖia,
xal löte IxigidEvi^o) 6 äfXf}Qäg m rgi^ij) xal vd <p&vyf], 45
ZaQaxi]v6q HdXtjoev t6v äfit^gäv rijg ylu>ootig'
^Q niaae [jtov Xk} löv äyovQov, taxioj^ vci tov nxf}of^g,
fiil st^ x6 ovvxofxdv xov yvQtojna ndQfi x^v XE<paXt)v oov.
avz6g xaXd as oißr]X£v, xioga vd ok yxgefiviof],
iyd} dk \jwv Xk^ ovdh' xöv lyvoidCo/bLatf vd t6v xajanovioi]^, 50
dÜd fiij x6 xav^doETQif öxi ixQEytev fpovaodra,
xal 6 äfL^gdg c5^ xb ijxovaev, ftaxgia xov dno^£ß})V,
tgoiyfEV ro xovxaQiv xoif xal ödxxvXov xov dil^yei
xal fiExd rov daxxvXov xov xotovxov Xoyov XiyEt'
Zfjg vd ;faü|ocaai, xaXi V€(6xeQ€, idixoy aov i%'e xö vTxoq, 55
(Metrum I)
xiv Xdyov ovx IjiX/jqwöei*, ioxQdqn]v ivxQOTXiao^iivog,
xal 6 KmvoxavjXvog {—^—) vjidet Eig xovg idixovg xov, \\
Hier ein leerer Raum von 7 Zeilen, zur nachträglichen f, i4ö^
Eintragung einer Illustration bestininit. Der folgende Text be-
ginnt mit einer verzierten Initiale (A").
Kai ol Jthxe ixaßaXXixevaavM Eig tbv dfitigäv ^ndyow
*ß dfiYigä, Ttgona^utjgd xal ngwxE x^g £vgiag,
df djiifjgä, dovXe ^eov, TxXfjgcooov (bg fiäg eljifff, 60
xal ieUe fiag x6 ddiXiftv jnag vd x^Qovv ol yn^x^^ A*ac-
xal xöxE TtdXiv 6 dfifjoäg ^aivd^iEvog xov Xt/EC
Evydxe dg xd fpovoadxa ^ov, yvgEvoEXE rdc xivxag,
xal äv EvgEXE x6 ddiXfpi aag, eig f^iiav vd aäg x6 dojoco,
xal x6xB ol nevxE dÖEXfpol xdg xivxag iyvQEvoav, 66
lyvgevoat* xal ovx tjvgav xi)V, ijg^nvto miXi vd xXaiovv.
^agaxtp'bv tj7idvTfjaa%' ä7ii$m§EV rcic xivxag
xal Xdyia xov IXaXijoaoiv fuxd jtoXXrjg bdvvi^g'
Käv i^niAaq>äxe ol ägxovxtg [ojg] 6id yd/^ov xogaoiov,
va elv xal ^ xogt] i^v/iaorr/, vd \\ 70
41 Cod. ^ ö6gos \\ 51 Cod. <pcvadie \\ m Cod. i^^faro.
1904. Slisgiib. d. p}dlot.-plLUoU o, d. lUaL EL 21
318
IC, Krumhaeher
Crypt. I V. 134— gSL
Mt} SXcüg, leyayv, dÖEkrpi, (ptural yMramoifjaovv,
135 fitxgdr n dediäowoi, Tihjyai ae ixcpoß/joovv
xär yvfjtvbv tSfjg z6 ojra^Jv, ipt^yiiv oStm fii} üdioj^g,
9iäv äXXo u deirStEQov Etg TQojifjv firj hctpvyj]^*
vedrtjTOg fit] q^EtOfU av Tzagd /xf)Tgdg nardgar, (EstJOf
§c Evx^'k üTYiQt^opLtvoQ t6v ix^Q^^v xojaßdXtt^*
140 ov yäg naQ6\pEtat '^eoq douXovg ^fiag yE^'ioi^ar
äm^i, tinrov evdvfiov, /i?) dedtdüfig SXcot;.
xal (ndyteg ngdg ä^'aioXdg &e(}v ijteHaXovtTö'
Mi} üvyxo}Q^(Jf}g ÖEOTzotaf dovXovg ^fidc ytvitr&ni,
xal dojiaodjuevoi avr6%' ngo^JiE/ny^av djtövtEg'
145 'H jcör yorimv ptag tvx^} J'^»'»?^«* ßorj^Pog oavl
6 de t(p^ fjiTtov ijtißAg fiai'^Qov, ygwmordTov
OTta^iv dtaC(üödfi€vog lafißdrei ro xoridQtVy
ißdora^t xal tA §aß6ly dg x6 gaßdoßaordxtv'
TÖ dk arjftEtov lov aiavgov ipgnSd/in*og Ttm^id^Ev,
160 i6v innov lji€XdXf]oev, ek ti»^ xdfinov iS^X&t.
htai^E TtQWTOv TÖ öTtaSlVf ehT ovT(og rd xovtdgtv
Hai Tireg xwv HagaxTjvojy (bi*Eidt^QV t6%' rioV
^Ms nmov iiißaXoy ngog tö fiovofiax^oai
r6v Tgdnata Jiottjoavra ^leydXa etg ^vgiav]
155 Big öi Tig xdjv £agaxf}vrl)y äxgirrjg dtXeßhfji;
yaXfjrd ng6g tov dfiy^gäv Toiovde Xöyov ^(ptj'
'Ogqg t& xaTaTtrigvio^ia intdi^iov Snmg,
ojia^lov Tijv vnoöox^v, yvQtofitt xovTngiov*
TötTa ndyra ifiqmlvovat TttTgdr te xal ävdgEtav*
160 Sga Xomdy /i^ ifieX(og tö naidiov ngotfxgovofjg.
l(ißf] xal 6 dfiTjgäg fjg <pdgay xaßaXkdgtjg'
i^gaavraTog vndgxei yag xal tpaßegog rfj Mtjf,
tä äg/iaza AniottXßoy ^Xtnxdg ixilyag*
xovrdgty tjualAxiCi ßtvtraVf jf^ueifü/i^vöy* (E. II
165 xal Tinvrrg ovvt^tjX9aatv etg ^inp töv
S ffdgag (jtai^e tigjtvchg ndrrag (megf
ioi)g ydg MÖdag to{?Q wiaoagag dg Sr tniavydyan*/
Mne neue Handschrift den tHgeniB AJcrUan,
m
äkXoTs dk Iq^aivETo iBJitoTWHvoßadiCQiv»
(bg doKEiv fiij jtEQutajety, dlXä ;fa^ai Jtetäa&aL 170
5 li* äfu^gäg UQjzü^ievog xadmontQ insyfJa,
na^sv^b^ IneldlfjoEv, eig rdv xdfinov i^^l&e,
.XQavydCüjv ojotieq dfToc «'^t ovgiCcov ibg dgdxmv,
dfg kimv dtQvo/aivog xaxaTtiElv lor riov, (E. 32^ — 34)
6 dl rovTOv Öe^dfiEvog evüimg xal owidfÄCog, 175
xal xopiagiag dcooavteg, inkdoi^fjam' rcbv ovo,
iiEQOv fttj lox^*oavrog lov ezEgov xQjjfivtoai'
xal rd ona&ia oigavtEgj ^ow&ev xeTgag dövreg,
diX/]lovg lovvixoTixöv inl nokijAg xdg &Qag'
TU ÖQfj ävttdoyrjoaVf ol ßovvoi ßgovrag eJ^ov' (E, 38) 180"
10 alfAQ dk HaxEQQEB tijv yrjv ixeivt]r ohjv' (E. 40)
of Drjrot fiyavdxTi]oay, Jidvjag SxTikfi^ig il'^tv'
Akönhjyoi ytydvaoif ^tjöelg rgomjv tioiwv je'
wg dk xal j6 nagdöo^ov XaQaxjfivol xaieldoVt
Hai rö nokv {^av^idoavteg tu jrg6t}vjtwt* xov viov, 18B
IxGtaotv dk t^y änetQOv xal Ttjv yevvaiav jok^rjVf
5j?a»*Tf^ HQ&g xbv dpfjgäv ofiofpo>vo)g Ikdkovv
'^Äydntiv imCrjrr)00Vf xhv 6k nokefiov ätfEg,
6 'PfOfiatog deivog ioti, fiij ob xaxQdtxfjo]]. (E. 29)
xal TtQog rpvyi}v 6 äfir^gdg EV&itog i^Exgdnf}, (E. 52) 190
xal o nokkd xavx<JL>/i^evog i)xxi]di} naxd xgdrog'
xal yäg xavx^o^i ujiaoa ovx dyaiJij rvy^^dyei,
ndqQiQ^BV ^inx$i xo onadlv, j^elgag ilg v%pog ägag,
tovg daxxvkovg iaxavQOjaEVt d}g i/v aviuTg x6 ^t^oci
xal xavxtjy Ttgög xov äyovgor xijv €pa^vr]y InatpijHEV 195
IlavoaitHaki ytmtBQB' aby ydg lox^xbvlxog' (E. 53 — 55)
dtVQO kdße xfjy dÖEkq^ijy xai xijv alx^iakcoolav,
xal kvoavxEg x6 ^iaxgov dnijk&oy Eig xi^y Xfydav,
xal ijy idäiy xoifg dÖEkqRovg xaofioyfig ifijikfjot^ivxag,
^elgag dg vtpog ägapxeg ^^by doiokoyovaf 200
*H *9/5fa, ndvxsg kiyovxeg, ool /io>'<f> '^Eto TtgiTiBi*
6 yäg ikniCfoy ini oi ob /i// xarfun^v^'^^^^f
t6f äÖEkipoy fjandioyxo fuxd itigi^agiag'
81'
320
K, KrumhacJier
ol fih (pdovat x^^^^ ^^^' äXlot triv xeqxil^r rov'
2Q5 tdv Ä' äjuijgäv ä^t^poTegoi i^eg^img TiagaxaXovat'
xagdlav TtaQajuv&tjoov t^i' Ivnn ßagvv&eTonv.
(E. 58—61)
6 äfifjgäg dk jtQOg avrovg ovx äXf]i^eva)v i<^yt}'
ZtpQuylda XißttE ifii^r^ yvQevoare tag rirSag' (E. 63,
210 Tiavraxov igevvi^aaret tdete ri q>ov0üaTa'
JTjv ddeXiprjy yvcoQtaaviEg Xaß6%*TEg 7ioQEV§r}Te. (E, 6^
ol 6k jUErn noXXrjg xagäg tijv aqjgayjda Xaßdvreg,
rdv doXov äyvofjaa%*T€g im^teXoK i/Qevvövv.
xal Tiavta^ov yvQevaavxEgp ftridkv &k EÖQfjxöteg
215 Xv7iov/iti*ot iniaiQUpöv ngdg *ijiif]gäv fi'i?/a>c
xal xa^^ öAiv Hagaxfjvco dygcixtp owariafaiy* (E. f*
ixBivog i<prj ngdg avTai;^ dm tov dgovyovfi6yoif{?y
Tlra C^teTte, äyovQoit rtvog x^Q^'*' ^gf^VEiJE;
ol dk Avramxgi^oav XiyovrF.g fterd ^gj^yrüv'
220 KögT^v fixJii<^XujrEvoarE ädtXfpijv t)fi€iigavt
xal Tairrjv /i^ ivglaxomg ov C^v ^iXofier In,
Andr. V. 322—422.
(XiyBt air0 fj pt^tfig tov* rXvxvxare vU fiov,
äjiEX&e Ttghg t6v A^njoav, t%*a idr jEoXeut)afigJ
xal xgÖTot, XTVJioi^ äjitiXal /itjv oe xatanroijoovr,
826 /ir)v fpoßrj&fjg tAv ^ävatoy^ nagä ^i^rgdg xardgar,
/Afltgdg xardgav (pvXayEf xo/ifiätta KaTax67iTov*
(E. 1-4)
xal Stav ino^dvBTe ioeXg ol nivxE oXoi,
tdteg flc tifv ndgovatv ixsTvoi nävtsg, 5Xoi,
fiövoy 7too&vfi(og i^EXf^e V toi' *Aftf}gn tijr riXfiav,
880 fAk tijv ßofj&itay r^r, nrf>z tmT, m/:..^*. AwafUrov
(E. 6-8)
iX^o x6 'ßdggog e\g aviov, tijy ddEXtpi^v m ndgfig,
ti^^ibg ti" dxr>^^ -'s nfjTQÖg rovg X6yovg nagaitTtna
t&v /navQoy ^l£ V T6f *A^tigäv l^tjyEv,
xal fitt^ afnöy ol äitXq^ol lip&döaoi xandna*.
Eine neue Handschrift des Diffenis Äkritas,
321
äXaya btaßalXtHBioaoiv, iQfmrcoßivoi omoL 336
xai ihq ^H«' 6 'Afiygäg riv viov KtüvaravTtvort
xrjg xogijq xuv avzdÖEkq^ov, tiov ^qx^^ov Ttgög IhbIvov,
fpagiY IxaßaXXiHBVBV <p}]TiX6v, äotegdzov,
IfATiQoa^ev el^ rd fiirmnov XQ^^op äüTeQa eix^»
xd xiaaaQa xov 'vvx*^ AQyvgoxCdnox^ fjoav, Slü
HalXiyoHdQfpta dQyvQÜ f]xov Haikiywinivov,
ngaaivoggddtvog äexog 'g rifv oHlav ^xov ^nlao),
(E. 10-15)
ttoygaqia^ivog rjiove ßie naäagin' ;r(>rod<^e'
xä äg^azd xov id^naoiv {iXiaxdg dnxivag,
xai x6 Hovxdgt tiaxganxev odv Bivexiäg XQ'^*^^^^- ^^^
(E. 16-17)
jidvxeg dk aifveSi/jXdooar elg &iav xov noXiptov,
^ ^dgtxCa 6k enaiC^y xal &avfxaCov ol navteg
elg fM ijitovrdyovoa xd xiaoagd xrjg TidÖiat
naüdnigt tooneg ßifjxfiv}}, iHa&rjxo ixetvog'
äJÜioxe Si l(f>alvexoy Tivxvd l£7ttoßa6iCo>r, 860
xal iddxEt 'adv vd fifjv Tieginax^, dllä x^^^^^dxov.
Ixeivog dk 6 \4fif]gäg ;fa^ot5,M£vo^ tyila'
xai Ttagev&vg ävixga^ev, xoviov xdv Xdyov elnev (E, 18)
*Ex xmv nolijtiioy xwv noXXojv xal xfjg AoxifJtaalag
TtdXiv ^x^ d7iodoxt]V xal xovxov tva Xdßm, 855"
ixovoag ohv 6 dovXog xov, ^agaxtjvdg, iXdXei*
'ß *AfirjQä, fifjv x6v yeXqg, ^tjv xov xaxovEi&iCtig,
ävdga xaXdv x6v ^Emgo) xal dx^vaxiv TtoXifioV
(poßovfiai /i^ 6 äyovgog Ix Tijg TiokXfjg xijg x6Xß4r^g
Xdßf] xrjy ddeXtfijv avxov xal oXov ftag xd vJxog^ 360
(E. 19—26)
dXXd nokifirjoov ai'riy, lüyniDg xal xhv rixirjofjg. (E. 31?)
ei&vg xobg tjiTiQvg ixvtptiv, xaxi]k&ov elg lovg xd/4-
novg, (E- 27)
Ag dgdxovxig lovgiCov, cbg Xiovxeg djgvÖjyxa,
xal fbg äexol Jiexdf^ievot irojdijaav ot ovo, (E, 33 — 34)
xai xd xovxdgta xgovoayxeg, IxXda&ijoav x(bv ii&o, 365
hegog dk x6r htgov ovx Icx^^oe xgtj^vlaai'
K, Krumbad^er
Hai tä onadia favgoy horanftiog :tEü6}^eg,
äkXi'jlovg avvEx6w[ovT0 inl nolXäg rdc S^ag.
xal TcJif P^ßkentq 7t6XBfiQV Kakwv naXXt}xaQiüyv\ (E. 35)
87U ««i ^^ Tov xTvnov töv ttoXXov ol Hafinot Ifpoßovrio,
rd Sqki &vti6ovoioaütv y,ai rä ßovvä ßgoviodoav
(E. 37—38)
xal 6 lÄ^cüc xateggeiv elg id oxaXuXovga Tmv,
(E. 40—41)
Tov Kmvöjavtlvov tax^xtgo^ izvyj^avEv 6 ftavQQ^,
xal dav/^aoT&g vec^regog Jjrov 6 xaßaXXdQtfc'
375 ^aßdeav Sk jov ä^fjQäv TtQonixQovoe ^ttydXTfv,
xal r6r^ ait&gämfjgiaTövätgijif} ditXtäCtor, (E.42— 45)
fjäv eldav ol ZoQaxtjvot TragdöoSov t6 Jigay/ia,
xard JioXXä tfia^f^iacay abibv xbv viov 8X01'
fiiav (fojvfjv Acprjoaotv, y^gig Afi7)Qäv IXAXovv* (E. 46)1
380 Mi] rgifiijg, xvgte fifitbv, firj ÖEdtf^g, aMifiTO,
Tiidae fidvop röv Syovgov rax^^^^ »'d vtHrjofigt
uij €ig x6 öv;fVO^i^^<o/ia rijy HEtf'alf'jv oov ^6y*fi,
(E, 47—48)
xal Skv IvvöidCoftai lyd^ tov ^Avarov Jtfuc vixtjofjg,]
dXXd xiTvog fifjv Tu xav^tp^fj -t'wc hgaps (povoödtaA
(E. 50—51)
385 xal Ti]v äydnfj C^ttjoov, riv ndXffiov v' Afpi^oj}^,
Öturi €h*ai &i'i*QT6g nokläj fitjV oh xaranovicff.
xal TtgÖQ (pvyijv 6 äfirigäg effi^irng iiergdTtf], (E. 52)
xal ä noXXd xavxof/itvo^ ijrt/j&T) nagd viov'
xnl ydg ff jjoXXf} xa^'ytjoa; ovx dya^fj vTrag^tt,
390 Jt6gQü)&£V ^tniEi t6 ojia^lvt jj^cT^ac eIc vipog aTgei,
xal tAv ddxTvXov detifv xcnä tifv tdStv önov *;|far.
tvdhc dk ngbg i6t* äyovgov toT^tov t&v Xdyov EJni*
TFavaov, xaXk vEtnrEgE, oov vTidgytt rb vJxos;, (E.53 — 55)j
iXf9t, (miQE ri}V ddeXiptjv ix tiiv Qtx^aXmolav.
xbv X6yQv dhv inXi^gmee, änfjX^s 'vf^o.Tiao/i/rdCtl
(E. 5«)
xal jja^/ioyr^c lyifuoav t^Xoi tA AfifXfpM rtfc'
Eine nem Handschrift des Digenis Äkritm, 839
'H döSa Ttäaat liyovjEs, aol ft6v7j (1. fi6v(p) jigiTiEt 7idvra}y'
6 yao Ihtii^mv im aol ov fti] Hnrmoxvv&Eb}.
xbv äö^Xqbv ^ondi^ovio ßeiä 7t€^t][afjia^' 400
ol fiiv x^^Q^^ jjoJidCovjOt äXXot Ti^r xecpahiv tov,
ol Ttivtt HaßaillHivoav, V täf dfitjQäv ijQiiay (E. 58)
xal ehiov Xöyovq tiq^k dvröv ^c5c 'fov TiagaHaXorwtv*
YJ djurjQä xal liagx^ djidor^g tfjg ^vglag, (K 59)
änödog ^fuv xijv ädeX^pfjv, SaniQ fifjiXv vnioxov' (E. 61) 406
aal ftii nixgdvff^ xdq i^wx^Qt xadcbg fj^utv vjiioxov
xagdlaq jiaQa^w&f]ooVf lijg ^i5jTt/c jiAaQavßdatjg,
Tefrf jidXtv 6 äfAt^gäg ovh dXf]ä£VQjv elney' (E. 62)
Z^gayida XdßEre ija^v, yvQBvaaxB läg rivrag, (E, 63)
xal jtavtaxov yvQEvaa^^ug xhxaQ xal xä (povaadxa, 410
Hül 6710V avitp» EVQExev, XdßexEf ndgexi ri/v. (E, 64)
xal xtlvoi fik noXXijv x^Q^^ biijgav xijv a^gaytöav,
roy döXov ayrof/aa^^tg läg xiyxag dyfjgevymy
Hai TiavxQxov yvgevonvxeg xi^y ddeXipiiy ovx ^^gay*
Iml xal diy xi}v t^l'jgaotv, iigiayxo jtdXtv xXaieiv^ 415
(E. 65—66)
1 V Toy dfiTjgäy vjtiaxgeqyov, TtoXXd XeXvjtTjfjlivoi,
^üygoiHov ^agaxfjvvv V xöy ögöfiov djiavxfjoayi (E. 67)
hsiXyog A^ fi^i? ^Q^g avxovg dtä xov igayovjidyov
Tiya ^riTitxEt äyovgot, xqi did noioy Ogf}V£txE;
ixEivoi dn€Hgi&i}oay xal itnaaty Tt}y ahiav 420
Kdgtiy alxfJiaXiüxivaaxef xtjv dÖeXq'qv ftag xcuga,
xal xavxfjy ^i)y EvgioxoyxEg &ev {^sXofxsy rd Cov^e.
Oxon. V. 187-844.
,^Enag€ xd ddiXq^ia qov, vU ßJtov Kojvaxayxivs,
xal ovoE xal noXifia xov V 5notov xojiov eIve
xal iXm^O} elg x6y ßebv vd (pa%*ßg dyÖQEto^/Jtivog
xal d^itigäg & ämaxog yd ^ßyn ivxgomaoptiyQg.
iXniCo} xal xrjv x6gi} jiwv xal oeva ddeXtpr) oov
yd xfjyi ipigfig 'yh)yoga V xijy ovvodid fia^i oov,
vd xfjy ido> yd ^Xaipgot&m dtp* xd nsgiaata 7id&i]t
yior' d^?* ri}y Mlyny rijy noXXij ^ fcü^ fÄov ixd^fj.
190
324
K, Kmmhachtr
xdv d/if]pä, ytaTl xaXa ^EVQm Jtojg ^t rix^Gfi^J* (E- 7)
Hai nagevOifg 6 Koxvoravrtjg n;K He<pai/] xov y^Qvei
xal rijg fitjTQÖg tov rijv evxf] /*i imanoi} nalgvet,
xal odv ijtfjQ€v trjv Bvj^i), oeXltüvEi tf^ (pagi top,
'200 oßolmq h' ol iniXomot nal äkXot MeXtpol tov*
TO äXoyo TOV Ku}voTavT^ hg^x^ V tov äiga
elg TÄ xtfp&Xi eTxsvß fvav xQovod iotiga, (E. 11)
xal dniom V t^/v §(ix( rov ^?6t' Cfoj'^a^^io/iiröx (E. 15)1
dnö ;f^i'od^t xai^agü xal XUhjvg xooßit]/aSvo.
21)5 jd ägfiata xal ^ oroXf} fjrov d)gaiotdtf},
d7i6 ix^Q^^^^ oco^iarixoifg &e6g yd ttjr q:>vXdTTfi,
xaßaXXtxEmi t6 XotTtdv x* elg xd ßovvd xal ddoff
lyvgevtv xov dftrigä did vd tov x^<i^t)
x' ol äXX"* Sßiotmg ddeXrpol xal aÄi* dg^atw^iroi
210 £tg täXoya Ixdxotimv oXoi xovg ^yyiaxmfihot
xal yvgt^av xal yugevyav fit)7ioyg xal xov ivgovot.
xal fudv fl^iiga ^no fmxgeid axgdxevfia ^emgovai^
Xioiv^ ttAbxbg üv^ Afif}gäg, jn6v^ &g ögön^iamavuev,
\ x6y ndXc^iio %*d ffintofit^^ vd ßf]v irxgomaaxovfiev/'
215 T(i?e<; SXoi fie W/v X^Q*^ Jtidvnw xd otXißdgta,
V ti»» dfifigä hgix^<^^'^ <^^'*^ &yQia Xnovtdgia,
6 df-ttigdg dTih fiaxgnd t6v KcüvoxayrTro ßXi:xett
jTCog i^Qxovvrav d7td%*a} xov, odv vd öitoxfi xXtJxxf],
ßXht€i xal Tfjv dg^mxmoid Snov ^tov q^ogi^ihog,
t20 xovtdgi ägyvgoxdßmTO, X9^^^^ oTta&l C^o^iyog^
xal ^x^Q^^* ^ xagöla xov, Xeyer „fth^ tov vtxi^awt
id alfia xov xov xantivov xdxa> ^g xi)v yijv vd x^'OfO,"
eif&bg ixaßaXXtxevaev vd tov ngoVnavTf}of},
^ioa ixEi V 1^^»* Igfjfud ytd vd xov TtoXE^rjofi,
Ixd Jtov ntjyatyEr Xomiv ^i Slo tov tö i^dggoc,
Ivag tov AovXog Xiyn tov „A^ivTift z^Q*^ ßägoc
Idyov &iXa} vd oov e?;rd> xal Axovaoy, vd (ijog^,
fifj ^kg fi* niTiv nov f^ji^irai ndXtfiov vd xTvit^tj^g^
V iyd) KaXd yvmgiCi» ^oTi ^<uc tJv' ärdgafo/ifvac
(E. 21-^23)
Eim neue Handschrift des Digerm Akritas,
325
H* ik t6 Hovidgi Hai ona&l ntQiOöta ngoHOfi/iÄivog" 230
div n€i§£jQi 6 d/o/^ac V td ?,6yiat nov tov Xiyei
6 SovUq tov, fiQ ägx*^^^ ev&v^ vd rove yfiyfp
liyei tov* ,tO(ojTat &yai*SQ€, V* iyw ^iksi vixiljaio
xal JOTEg negtooSregov "dikei ai dvEidiao)"
TOVTti ^nevE 6 äfujgäs, yiarl töjv dovX(vtdda> 235
rd Xdyta dir laxvovot V lavnä tcoy d{feviddü},
KO&ihg ro Xiyu 6 ao(pog fiiyag ^AQiaTOtpdvfjg
V tifv HO}/iiq>dia nov XiyExm rov IlXomov x* ^x^t x^Q^^^-
t^Hv ydg (ffiQi rd ßiinara d'Egdmov Xi^ag rvxfl^
Tf/5 X€XTf}fiivfi} d£ ^ij dodv a?*Td yä intrvxUt 240
ävdyxfj elvm ßißata dovXov j6v xB&Xi^ifUvov
fieiix^tv rd ßovXevuara fik rov Imvrjfiiyov/'
Inttöri Xomov y^ io/iuiav xal IxatgeTtoxijxay,
6 Kmvarayuvoc xai äfit^gäg xaXd iyrü>giari}Havt
dgxii^ovotv ^tk Hoi^aoiaig i'd ÖiTiXoxaigETOvvrai 245
xal tijy C^i/v o(>dk Jioofog yd fir]V tjjr h^vfioin^xm.
^nnriXaXövv id (f>agia rovg, rd jnEQvtoxtjfna xgovot
xal ndXEfioy ixdfivamv xcd xoyxagialg xtvnovot*
odv dgdxorTes ifiovyxQiZ^v, odv XtoyxEg ßgvxovvto,
ady dexol Ijihovyxay «' fjgxovvxay xal xtvjzovyxo, 260
(E, 33—34)
6 KojyotayxTyog ^fioinCey xov *ÄxiXXk V T?)f :idXf}
xai d^ifigäg rov "Exxogog dvya/iiv Ti?/y fiEydXr)
yt) Efioia^Ev 6 Koiyoxnvxrjg Aioftf]6ovg tov Tvdimg
xal äfiTigäg {^aggm xakd tov yymattx'* ^O&voakog.
ndXefiov XotTtüv Exaf.tav TtoXXd dydget(üfiEyov (E. 35) 265
oxXrjgov xal uXoydQinntov, JiEgioata rgo/iaofiiyoy*
ödv dday Sn nmg uvdg dkv ^fondga yd Ptxtjafi
xal ft^o; räXkov Etg xijy yrjy t6 al^a ytd yd x^'^^th
&{f.iyovv td xövxdgia tovg xal mdyovy rd onaDtd xovg
yiati x6v noXifwv noXXd tjßfXty ij xagdtd xovg, 200
hqI TtdXe iayagxioaaiv, nüXr^iov ixrvnovaav
ATth Tovg XTVTtovg rd ßovvd x* ol xAftjiot idoyovaav,
(E. 38)
tdxeg hid V xm* ndX^/io af]H€üv^ S Küivarayrlyog
K, Krumbadher
/n& §dß6o Ttov IxgdiBierc V xo xiQ^ rav ixEiroc
266 hqI fik aiHr/v lxTV7tt]aBr T&^yjQä V tA n^^AXi (E. 44)
xal iJKafii Ttn^ utdv JiXrjyyj xatd JtoJUä fieydlrj,
xal mtJco V Ttjy ytjv tneaey wadv änoi^a^ifih'og
xal Hohovvtov 6 ädXiog V to ^d^^ia '^^ankui^iBvog.
mg eIöuv Ol ^aoaHtjrnij on nmg h'ikfjt^tj
270 6 Ajutjoäg xal elg rijg yijg t6 x^M^ irvUx^h
tqSxovv xal x6v äQjid^ovmt* vä /iijv xov ^avaidüfi
6 KmvomvxTvog x^ elg jijg yijg i6 x^^^ ^^^*^ X^^ft^
xal xa&wg roy ä^nd^amv, rov XeotV ,,/i^ ^iXfjaijg
nXei* ifpevTti^ fdk ror Kairotavtt] i'd ßyfjg vd noXeuriOf^g^
276 fJLdvQ äydjtTjv flf ^fMJioofjg xdfiE ßi^ avtöv yta vd ^Xft^
ävdjiatpir xal ätpoßtä Etg ojiotov totio kaxfig-**
Sfiojg oäy iovyiiptQev u d/ttjQäg tpoßii^i]t
^i^jtmg xal ätp^ xar Kayymavrfj ndyff fiha V xd ßu^
Tov Z4tdov xal hqdfiaiev xal ytd xavto xa&iC^i
280 elg läXoyo xal yXfjyoga V to orgdriv^m yvglC^i'
xai tpBvyomag l)*voioiy ndki xal (poßi^iCu
xhv Kajyoxarttyov x' ij^x^oEv fik X6yia vd vßgiCff-
rb ddxtvXö tov roeitve, i^ovyetev xo xeq^'dXi. (E. 54)
„ÄifQto, tov Xdyit» diXei ^dßg xal ot» ^irydXti Cairi***
1^285 Sg eUav ik 6 Kaivtrrayxijg 'xl nmg riw (poßegiC^i
6 äfir^gäg xal ßgi^FA xov xal ^niom dkv yvgiC^t
dgxi^ii xai xov xi^njyn dtd vd rovt fpxd^fj,
ßii x6 xovxdgt Jtov xgaxiT vd ovQjj vd xov oq?difj.
xal Sxay Ixivriyfev xovxd x' ij/^eiX^ vd xov m^
2&0 Xfjy xüvxngtd xal elg xfjv yfjv xfiro» vd xovt yvgff,
hgOjim^ir 6 dfujgäg, dgxiZ^i fivgtoXoyia»
xov Kwvaxavxirov Ueyev /Jlttxetd xm xald XAym.
„UagaxaXm oe, xttv *Xeytv, nnvoe^ Ä di*6geiu}pLivr,
x^v ßidx^v xal tov :t6Xeßttn\ vh juaötio^/w^-"
295 xöxeg xov Xi' i Kmr<navifji' ^A äilffg ym vd C'Jöfj
xal ^ xifiii V ti amti oov iimtu vd yvgioffg,
ä dig vd Txavff* 6 jtdXifioQt rd naimovirn* oi .t<}vo<i»
vd navoovotv xd daxgva, vd navo4»votv ol if6vou
vd '^c tfyrfapp ßmd /i4r. Afe f^on t^v Adei^^ poi
Eine neue Handschrift des Vigenis Äkritas.
327
n ä^if]gng' „Mfrd yßQ^^> Xiffit vd aov rrfv ddtöo),
^iari iyvj dkr övvofiat ßii oiva %*ä fiakkihaui,
4iJ 710V iloyäntaCnv Hat icpikovemoimav
3I Toic äydnaiQ xal (piXiatq vä nd^ovv i^tiovoav,
JA^ay x' ol äXloi dd£X(pol odv kvxot äygimfievot,
l:tdrco elg tov dfitjQäv IrQi^av ^v/tioj^ivot. (E. 58)
Köic, dwdv iygolxrjoav t6 noK iX€v§FQ(ovei
Tnvaaoiv dtp* ror &v^idv x^ i^X&av dg '^lEQCoai'vri.
ta nQOjrfirä tä ddxgvn tjfpfQav V ev<i^goovvrit
xat tov &eov Idd^aoav /ik Sltfv rijv HagähVf
fiazi V t//»' &ki\fnv Tijr jioXXijy f^vgav jzaQrjyoQtar,
I9' ov Xquiov hiXetwoav td Xoyia jtov ^uXovoav,
tddiXtpia xbv ä^if^gav fjgxtoar xal ^giotovonv
H^|/7^ piag, dq^ivri] dfirjgä, nov ih*^ ^ ddeXffn'j fiag;
^By^ trjv IdovfÄFV §iXofA£v, 't^ IßyaivEt rj y^^X^l ß^C-
^^■oS er»"* vd t7]ve ndgcü/titv, vä näfiev elg xrjv pjoi^a;
■■■ (E. 59-61)
^^öo^fidg Tjyv Tibga yXfjyoga rä <pvy(ofiev /ik ojga,**
Ifovia ixBivot iXsyov, /id 6 dfi)]Qäg ndXt
Wx^ 'c rd vov tov dtyv(o^id xal ^mßovXi) fteydXtjt
md tovg IßydXfj dn' ixd, Siteita vd ml x^^U
T^v x6gf], Sr* f*' fjt^eXev 7ioo(bg vd ry/Vf öioo^,
xal div d^tfjyev f^k airovg did vd Tip* yvgevcovr
xdde ixarSvzaQxov xal Snov 0iv^ futogiaow,
fjScoxSv Tovg öQtof^tli, ixitvot ^wvaxol jovg
ndyovy vd yvQevöovmv vd ^ßgovv Ttjr dAiXfpi^ rovg,
xal xiivog eTx^ve ßovXi) vd Jtdyf] äXXo fiigog
xfjye fcgv^ffj, VI fi' avxt^r ^lov ^(utiovmfUvog*
^aJ Tci siatdid dh fj^EVQav Tijy yvw^ttjv tov Ttjv äXXtj,
yid T0V10 Jialgvovv to X^Q^^ i^* evfpgoavvri fisydlfj
il Ji^yav V rd (povüodra tov^ Wft> h^ ixet SAevovv, (E, 63)
talg riviatg xal otoarrvfiarn jioXXd xaXd yvgevovv, (E. 65)
fvoEvovoiVf oxoxdCf^vxat, jtoofTig dh' tfjt* Evgloxovv
(E. 66)
300
310
315
320
328 K, Krumbacher
yid rovTo ndV ägxl^ovaiv, fivQtokoyovv xal nkrjoxovv,
335 aäv sldav 'tL jicog nnorig dhv xd/nvovv, /liovq/hovqICovv
Hai fxk &vfi6 V Tov djurjQä näh SavayvQiCovv.
V ttjv orgdra, nov Inijyaivav, vä näv vd xov yvQSVOvv,
HaQaxtjvog rovg dnavxq,, ^Qoyxq, jovg, nov ödevovv. (E. 67)
„Uov Jiäxsve, Tovg igcorq, x^ eloxeve kvTtrjjLiivoi;
340 yiaxi xaXä atoxd^o/Liai, Jicbg eloxeve xkfjajLiivoi/'
ixeh'oi ijioxQl&fjoav „Ftaxi alxfiaXoyxio^rj
fl &deXq>ri jnag xal yC avxö 6 vovg jnag ioxoxlo^rj»
xal Tcoga xtjv yvQsvo/uev, /niJTicog xal xrjv ebqovfiev,
jigi^ov vd (XTto^dvcojuev ol ä^Xoi vd xrjv dovjuev,*'
In Trap. fehlt die ganze Stelle durch Verstümmelung
der Hs. Sie beginnt erst mit V. 435 Andr.
2. Escor, fol. 146^—147'.
el dk ovx ^{^jig x6 yogyöv,
jud xdv 7iQoq?ijxrjv xov xaXov xov jtiiyav Maxovfiexrjv,
xd xixva oov vd ocpdl^ovoiv xal i/nevav deXovv nvi^f}'
xd de xogdoia oov xd xaXd äXXovg vd jiegiXdßovv.
xal äv ovdev SX&fjg xd yogyöv, . . .
Crypt. n V. 84 ff.
El /ii] TiageX^fjg ydg xaxv xal eX&j]g elg Svgiav,
ol diujgädeg ßovXovxai ijue vd noxafuoovv,
xd xExva oov vd o(pd$a)oiv wg Jiaxgog änooxdxov,
xd Tfo-ird oov xogdoia rd Tiagadcooovv äXXoig,
tt xal oxevdCovv did oe, vno/Liovijv ovx ^xovv.
Trap V. 211 ff.
7iX}}v el fii] Jiagayiveoai xdxiov elg 2!vgiav,
ol 'Agaßlxai ßovXovxai ijue xov &a%'axcooai,
vd oqd^CDoi xd xixva oov naxgog wg änioxovvxog,
oov xd xegnvd xogdoia äXXotg nagaöo&fjvai,
ä Aid ak oxetHi^ovatv tj^tegag te xal rvxxag.
i^'ue neue HandHhriß deg Digenü Äkritas.
329
Andr. V. 666 ff.
7rlf]v d fiii Ttagaylreoai td^^iov ek Svgiav,
of 'ÄQaßijm ßovXovxQi l/ii rov &QvaT€üoait
rä 0(pd^ajot rä riKva ooxu jiaxQ^g vjg d:xicnovvTOgf
Qov ta legTtvd xogdoia äiioig nagadof^fjrm,
xal 6 ^e6g x^^^^^* ^^ ^tbvra dnö rov H6ofwv.
Im Oron. fehlt der ganze Passus^ dessen Stelle hier zwi-
Lflchen V. 617 und 618 wäre.
a Escor, fol. UV^UV.
dviyvowav rd yonufima xal ovkoq idi]lo}rav'
xal (os rjxovoev rd ygäfißara, ldXißi}y ij tfn^x^) toi»i
ixav&fjxap rä osiXäyxy<^ tov, ix^i^riv ^ xagdtä rar,
ijxovoev 6iä t^v fidwar tov , . .
Crypt n V. 105 f.
d>g dk eISip 6 ä^trjgäg zip' ygaiptp* t>]s uijJQog toi»,
ionXayxvioüt] xaxä noXv cbg vidg Tijv ft^iigaf
Trap. V. 235 f. '
xal c5^ fiHovo& rä ygäf-i^iota, l&Xißi] ^ ^'^X^ ^***^
xal ^ xagöia zov nigwaxetai, fiXitjoe rtjv fifiriga^
Andr, V. 686 t
xnl <bg f^xovüs rä ygdfijunrat l&Xlßij tj v''*iK*? ^^^>
xal xijv xagdlav rirgwaxETai, ^jXifjoe rijv ^tjiSga,
Oxon, V. 655 ff,
tcJtc tov Sivovv Ti/r yga^^ff, dvoiyei xal diaßd^it
xal t6t€C iip^ rijy ntxga tov ßagtid dvaarevd^u,
ytax^ Imxgd^tjxtp noXXd rd nmg tov xajagäxat
»J /iidva , , .
4. Escor, fol. 158^
ijvgiv tAv 0donajjövv xal iH£lT€fo\^v\ etg ro xXivdgtv,
oXXc^v tir]glaji* digfiata elxe^* dTidray [^änoJxdTCOt
t6v Xiavta xal £täv| avaygov eJx^ TtgoaxetpaXddtv.
330 K, Krumbaeher
In Crypt. fehlt die ganze Episode, die hier nach IV
V. 25; J folgen sollte.
Trap. V. 1061 f.
xal fVQR xi>v 0iX6na7i7iov 5t' ^xeixo elg xUvtjv,
7t()kkd)v {^tjQicov diQfiaia elx^v äjidvco xdtCD.
Andr. V. 1599 f.
xal fVQOv t6v ^doTiajiTiov x' ixohexo V xijv xXlvrjv'
7iokk(7)v ih]QUi)v diQfxaxa sJx^v djtdvcD, xdxco,
Oxon. V. 1453 ff.
(^iXtmdjtJtovv xoy X(j<rTagxov XQdCot*v xal ovojudCovv,
Od' ijxavf (h'jdfia xov, okoi xove XQOfm^ovv)
xafh'iUFViK xQtyvQov xov JioXXibv i^egiwv deg^dxia
rrgiaxorrxai' xal elx^y xa axißddeg xal difidxia,
h. Escor, fol. 170^.
«,Ti/Atl><^ fiV XOY olxor xov xal i&gfjrt^oe ßAryaixo^'
xal j(«4>4*aiiarn o4xor6uf^oti\ 5n ra xov dneaxfUfy
tVinVxd .nu>tV>rc diajiexxovg tuio ^voiag cirr/oio.
llior biotou dio vior anderen Hss einen Tiel ausführlicheren
Text, tünen dem zweiten Verse des Escor, entsprechenden
Vors hat nur Trap. V. lo9l:
IVr dritte Vers lautet in Orypt. IV V. d«>4 :
in Trtip, V. l:>9^:
in V'' -r. V. ^^r^O ^c^r:a<\
irt ^H-ix. V. :iv.>^;
yi^^iim^ :mä^Aiitr^ AM/^ttW^- i»tT^''*"B$M^ mak JLum
neue BaneUchrift des Digenis AX^ritoi^
331
6. Escor, fol. 171\
Hai rd xogaoiov iyifuoEv, fi€ydJi(o^ x6 dneäix^y^
xal 6 avQtafidg zov dgä^onog tA yihov jrjs xaXrjg ficv
Crypt. VI V. 86 fif.
^ dk HÖgf) jiQög yilmxa ä^ieTgov Hivt^x^Eiaa
fpandofLaxa xov ÖQdxovxog q^EQoxma hil fjtvij/afjg
xal xov ovrxofiov ^raxoy ixiivov xov f.tey{dovg,
Trap. V. 1964 ff.
otmco d* fj Tidgi} JTfJoolaßchv aviov yMTtjyoijia^f
^XX" av&ig wg JiQog yilojxa anttQov xivii&sloaf
irxdofiaza xov dQdxovxoq (pigovoa ötJ fanififig
nal oiirxofAov xiv ^dvaxoy ixelycv xov fieyi&ovg,
Andr. V. 2925 ff.
oiinoi 1] xÖQr] noolaßojv avrov TtagtjyoQiag,
dJU' avdig mg ngog yikwxa ÜTtagov ixtvri^yj,
(pavxdofiara xov ÖQdxoyxog ixalrtj iv&vfutxo,
xal ovvxofiöv xov &dvaxoy Ixilrov xov 9figtov,
' In Oxon, (V. 2420) fehlt die Stelle.
7. Escor, fol. 17i^— 178^
yjBvdBlg k6yot*g n/c emev*
Ek T(i ßowd in£QixQEx<^ ^al Hogv(pdg {xatv] dgiiüVt
t&eiOQOvy xd xkadta xai xäg (jxevag xhtoovgag.
Il^eiigow xal tohg Xlovxag dntom dg tö xaXdfuv
xai xovg ildqovg ißXemi unioa/ Eig xo dXaog.
Die Stelle stammt offenbar aus der Rede, durch welche
Digenis seine treue Gattin über seine hedenklichen Beziehungen
5U der Heldenjungfrau Maximo zu beruhigen sucht. Sie fehlt
in den vier ajideren Versionen, wo die ^lügenhaften
Bn* wohl ab unpassend für den Helden befunden wurden,
332 K, Krnmhaeher
und nur schonend angedeutet wird, dass Digenis der besorgteii
Genialilin seinen Fehltritt klug verheimlichte. Orypt VI
V. 824—883. Trap. V, 2671—2682. Andr. V, 8841— 3852,
In Oxon. (V* 2963 L) ist die unrühmliche Epiaode fast völlig
wegretouchiert.
8. Escor, fol. 180^
xal iyä} fjkjii^a vä arjxwßjjt va eIöji TiQoq ifiivav*
ilXQ t6v rotn* fiov eiV ^(nov^ nnl 6 ylgcov 6 0tkondnc
in6 nXuyhv fiov ^I^fv xal HOVTaQmv ^^ idwxev
Tf}y (pagav dq lel firigla . , .
Die Stelle, die aus der Schilderung des Kampfes des Di-
genis mit Philopappos und Maximo stammt, gehört vermutitcfa
Yor Nr. 7; das Blatt 180 wäre also falsch eingeheftet
Crypt* VI V. 507 ft
lGi&f.u]V dk iyo) rtjQCjy, &i iyeg&rjrat exft'
xal (bc iv JovTcp ^ov t6y vovv eig wQav iaxokoufitjv,
Xa&iov fi€ 6 0iXoJtanjiovg Hai il^cbv ix nkaylov,
HOVTQQiaV h Tfp ftf)Q(p Ttt^idoXEl flOV TOV TjiTior.
In Trap. ist die Stelle durch die grosse Lücke nach
V. 238i ausgefallen.
Andr. V. 8487 ff.
lordjbLfjv ißXenop amov^ äv ndXiv iyeg&eit},
xal ms h tovxq} ^ov tov vovv ixo^tjv MI iS^ar,
TtXavöJyiag jae 6 0iX6jiajtJtog fjX&er ix TtXfiyhif
xal V TU fi€Ql iXdßüioev to äXoyov fAov ixelrog,
Oxon, V. 2751 ff.
6 ^iXoTtdnnovg^ ßXiTioyiag, xovQipä Ajti^ t6 nXdyi
€k täXoyo TOV Aiyirij /^^ h*av xortagt ndyn
xal xoytagid läXöyov tqv th to fug iÖooev tov
Eine neue Üandsehnß des Digenie Äkriiaa.
333
9. Escor, fol. 185'-% 198' % 199' % 200' % 201'.
15
avva jia%*a}fjatQ t 185'
:i ärtiivfo^ev imitjiTjatv xtßovQir tov ^m^diov^
€v^g Tva äTTOjtüfj xd oö}fia tov rexarigov: —
Mx0t»aaFf, r^fivadoare rcW Td<pov tov vtanigov,
Sri ^lor äavftaoju^ TioXXä Tiagd rov<; älXovg, nXiov 6
naod tov ßaothiwavrog ix fiyc IlEQaia^ X^Q^^-
kioitjoii* (so) Jiokv^triya%niv Hat TtavatQaJov rdtpov
f Hai irix^^^v ^ ßaolXioou tov ngog jiagaooydgdotK f
ovTog yng S iiayHdXXiotOi; xal jjavojomog (Hs: nm'awg)
Td(f>oi;
ibg TOV doxEiTf:» ol äg^oytE^, ^ti yfnfdfjc f%-Tap;^n[?]. 10
m^ ix JtavT^tg mötEven, Sn dkfjMg vTtdgx^it
Sil ßeßotmq (He: ßalßeog) elgrjTat ek ndiTag äXji^EVEtv,
Ioi ^övov eh T^iyy {^draTor, äjidfay eig tov zdtpov [yovj,
(** — «—« — ^—) iv Ah}^Blf^ 70 liyoj,
elg t6 xovßovxktv de oi^id, ijaitgoo^ev Tfjg tpiaxtvag,
dg t6 djTEöxinofta tov ÖevÖgov cbgaTov xgeßßdTtv oTixei"
ol ^Cfc ^oav ofiagaydol xal td xavdt'ia novo
xal jä TtoMgia ökö^Qt^oa did Xi^v>v jiohni/uioy*
^ fiimi ^^ ^**^' Hgaßßdrov Öe/iAivf} d(vv /nerd^tv,
xai xelTni £agaxf}Vixo%* ^iiTa^mTbv t6 TiEVXiV.
HOi ändvm xeitui TitXoiTÖv ö$m* Ttgaairoßoidtv
xal vtfdjiXcüfja oeXivcoTov jueTa XQvang vegd^ag,
xal Hitrai äjidllyoi 6 Atycvijg nldytov Axovfi7ttojnh*ogt
xal tu7tQ€io\^tv Ton* yovnTmv tov xdthTai ij TioOtjtfj roi'
xal TQiyvQov rov oxexovoiv rgtaHoma naXXrixdgta,
xal ot xgiQHdotoi Jioav ifiog<pot xal xdxxtya ipogovatv*
ßaoTovv ajia^ia tiXoy*)]fpüJta xal arixovv ^fAjigom'^iv tot\
Tovg Etx^r JidtTag (fvXaxag ilg tag axf^dg xXtiOovgag,
xal iff^daxTov Ttjv 'Pfoiiaviav än<J ßdgßaga ^ihi^
xal wadv JtovkhCin jrdytigjtva, Stav äjiojtETdoovVt 30
xal q)igi'ov%* xTv:tov :idrTeonrot* tor {^avfinoTov \4xQmjv.
*E7i€tÄij TidrTa rd rir^jrm tov nXdvov x6o/wv toviüv
ßdvoTog td {t:toxüaTBl xat '^Ai/hjg zA xrgöatvEif
IM«, mu^h. d. piiiicui.-piiiioK Q. it bist ja ^2
20
f. 186»
25
336
Jff. Kftmtacher
110
f. 199^
115
hqI iq>6xov AnsnltiQü^oev SXfjr tfjv x*^Q^^ roun;!',
laxitp&rjv äyyeXov Jtvgoq Ati^ o^gavou dneX^ovro^'
xal mg x6v eIöev A Jtyft'^Ci hQ6^ua(€v ^teydim^
106 xal xijr nahjv rov Itfdjvia^Ev (Hs: ixpovln^ti*) vä Idfj rf/v
tpavtaniav'
DXinetqt Hah)t rdi' äyy^kov, önov U8 &ikEt ndgf):
eXväfjOuv rä ;fc^ta ^ov ix r^r Idiav lov äyyiiov
Hfii Ikv&rjoav ot mfioi /äov bi t^v Idiav %ov äyyiXov.
x&v äyyeXov dinoloyq, xal Tfjv xaXrjv rov Xiyer
Kaklet OK tldig AtC äQxV^> ^^' eix^i^ev t6v nd^öv,
o/]\\/iegov x^^Q^Co/i^^^^ 9ial ämQXOfim tk toi^ hoo^iov,
t6v fiavQOP oxoTetv6raTOv xal 7idy€i> xätcü elg "Atdfjv*
ori^iegov nh}Qihvei fis 6 ßdyarog xal viidycü,
xaXtj fjLoVf //?J fie öinao^ßg dg tov ixelae xoofwv,
lyo) Ma' (f^ydv xal mEiv ej^Etg xal kovoi^g xal äXid$f]g
xal iaiv dqjtjvu} m nkovmav noXXd &nb Jiavtd&ev"
koydgiv ix^K nEQioodr, do/ijutv «ai ;^^üo<i^it»''
ol TQlxltvol fiov yfpLovmv ßXatila vtpaofiiva.
xal firjöky äXXov ivßv/ifj&fjg, äXXov vä negtXäßfjg'
AXXa äv §vjU7jt^fig, §v^u)oov aXiov yiwrigov dydjtfjp*
vä fii} ipoßäxai ndXi^wv dg tovg ßagiavt noXifAOvg,
xal jiävxag ^tigvE xaxd vovv xal fih tiij iiyo/iorijo^g*
^vfiäaat xal fj^evgeig, Xvyegi^, rd Ttgioxitva ixitvOt
125 Sri noXXd ißottXtvßtjoav rov vä ^€ ^aynTtnoavv,
xal iyw ndvza iCvyiova tovg xai äXXa nXia ^nagd lotna^
IxQ^d TOt*C.
Xi}oxd6ng { — J indxn^n xal HXriv xijv ^vgiav
tag kg^fAovg xaxoixfiaa ndketg xaxaiHrjiiiivag'
Tüma ijioirjaat xaX^, ksiva rd x£gdioto.
116 Ht: t]^ l^^*^ ^afifv um ntnifV ixnCm xal lopo^tii xai dX4^ri€.
Der Sinn Ui wohl.* .Ich woU« ' und itu trinken h nd
lü baden und die Kleider m v Nach Oeiu vorii -n
utid füllenden Verein mauste man aber ein« Au^Majjje dr* Pigüui« «h*f
sich «L*lb*»t t»rwarten. Ea »»ili 'ip* -^'n*- T.r.rlff, ,uh'i- -m.»- V,., iM--«'fM' ift
der Vttrifolge vonsulieg^itt
Eine neue Handschrift des Bigefiis AJcritas.
337
Alla nXrjQöfpöqioov ro, 8tt iyto äjto^^yi^axQ}' 130
6 Xdgog TQETtet ix navrig tov jti/)7T0TE x^ajiSvia'
ü Xägovra^; x^^Q^C^i /*f änd oov Ttjg tpiXjaTrjg'
6 ^Aid})g jragaXafißdvet fie, noXvv {j^m thv n6vov (|
üov xrjg d'ßXiag ivinev, tfjg jaTieivrjg r^g x^Q^^' *^- -^0^
louiov dvoojjiei rdv i^edv ix ßd'&ov tfjg xagSfag 1S5
xaid rd ovfijra^kg ("— J xal ipiXdv§Qm7iog fiovogp
Snmg vn fiexa^ufXfi&f} xai dtprjof} t^v ^>VJ[''^v f.iov.
et di av TiQQQxlfi'df} 6 ^edg xal dilEt vd djio^dvQ},
T&v tfjg x^oQiag xnvomva oö dvrafiat uno^iveiv,
Ag dtarl oifdiv rjrf*? rtvdv Elok rovrov töv x6öfiov, 140
öbdh HVQiVf ovdk ädilrpta, ovdk TiQooxdrrjy (Hs; nQoxofrxd-
xY}v) äkXor.
htelvf) 6i c5c ijxovoev xä Xdyta roß xaXov rtjg,
ei&icog Jigog dvatoXag Tdc X^^Q^^ ixnexdaag
xal TiQog {}edv iXdXfjaEv fpo)vfjv noXXd &li/[iuivj}*
KvQiE &ei, na^tßamXEVf & xriaag rovg alrhvag, 145
Ö axEgEwaag ovgnvov xal y^v dEjUEXuoaagf
6 ^dinaonv xfjv äneigov yfdii/tcp negitEixloag
xal xovg l^^vag jro(K- nvxtjg ngoaxd^ag Cfooyovdo^ai,
6 jiXdoag Ak xai rov *Add/i djio yi}g xal xrjv Evav,
6 x^ XEQnr*6v nagd&Etaov X^^Q^ xaxatpt^xevoag, 150
6 idyco ovartjaduEvog Sgi] xe xal rag vdnag,
tpä)g xal digav di^ i^tk dsi^ag xfj afj ddXi(^^
ö xaxeX^iov 1$ offgavov, (hg f]diXf]aag, Aöye,
nal oagxofpdgog th' Ifih yiyovoigi nXaoxovgye juov,
ual ^fjxigav xrjv äxgavxov ovgav^v djieigydoax 155
<w — v_Lv_iw_) xal yEt'rtjüelg äggevaxayg
xal Jiadüiv Ag a^nog oJSag xai cbg tjMdxtjoag aravQw-
drjvai, XtMori ftov (Vers?)
dv&mamv dtogav^ievog xdfwl t<j} Ttejttmxöxi,
ivdortjaov, <ptXdp^g(ünet nal xiv \\ IfiAv ad&Evxff t 200^
xal iög xov vyEiar djio dgxyg dfg iXiijfucüv, A6ye, 160
nal ßf} idö) (rov) üdvaroy noxi xov nodijxov fjov,
dW (hg noxk xhv Adi^agov AvEoxtjaag, Xgiüxi ßwv,
xal olhag ynOf fpiXnvßgamE, AldgSag xal tijg Magiag»
338
K. Krunila>cher
digfimg Htvovaa (?) ddxgva («^w — i-r—v),
165 ovTü}g Hai vvv ivdojf^oov veov fljieAntüpUyoy
äno jiavTa}v{so) {lan'} laxQmv, yvojgifuor re xal <piiu}v
pcal iöol ivai^ifievov idc iXnldag ändaas
Kai dg T?)!* ariv ßot'j&eiav dd(^) fi*^^o^ot»VT<i»
val difTJioza, (ptkav^gcoTtEt fxovE xaQÖioyvaHna,
170 6 <Jr i^k ( w _ V — ) iHovoioK ntv>x^voag,
6 TTjv ijurjv äof>iv€iav i^eiotfil tpogiaagj
{naiy i\ia&Qhpaq äjieiQov nXij^og in :ievji äQxmv
^ij naQldjjg xi}v dhjoiv i/tiov tfjg (i)^a|iac,
dii* l$a7i6o7€dov raxi^ ihoq i^ äylov,
176 xkJvov td offg aov, dioTioTat Eiodxoifoov tvx^}^ f^ov,
ngoifdaoov iv dvdyxatg n'v, JtQÖrfOaoov h tfj &l(yf€i^
IX&i €lg Ti]v ßoTj^etay ^ßi^mr rujv deofievcov,
xal Tcl IXhj üov f)fid>v ^av^dotmoov, oIxxIqjhov,
[ix ^avdjov dvdoirjoov Ixhrjv]
ix {}avdiov ärdarrjaoVf EVOTikayxySt o6v txiTf}i%
Ix davdiov i^dQTiaaov viot* fAi] /uejayvdyia,
avrög yäg Etpr^gt dioTtOTQ, xäv Slütg /4r/ ^aktioai(?)
&fiaqxOi)Xov xbv ddvaxov, 8no>g vd ijiiojQiyffj,
xal vvvt (pddv^Qcont ^ti, ßo}]{>Ei xcß xeifiirqit
IxxEivov I <— > xfiv HQmatäv x^^^^ ^^ evsQyhtjg
xal (og xiv IlixQOV (Hs: naqbv) iomoag öakdxxiqg ro
(Hs; ^aidttoo]"^^ yj%*dv%*uv,
ovxo) xal injv iihjaoy IxhtiP aov äxQ^^^
t&ov, x^Ibvüov, dioTioxa^ tiqwxov ißik lEih^dyai,
^O] Tdco xovxov ä<po}rov (Hs: &fA(po%*ov) xaraxei^ivov
(Ha: xaxix£t/j^:yov) äTtvovv,
xal xakvfifihovg Afp&aljLiovg ^pfoyra xovg ibgaiovg'
190 fit) tdiö x^^gag xAg xakag idgayaOtj^iarovöag
deÖEfjiivalg^ axavgoEtdwg vexgtxd ovaxalfiivag,
fifj fwv rd 66txQva, Xgitni^ nc^&fig hiofiivtig*
fiif fik xoaamtiv xaxtddv nagax^agfjäjfg (Hs: nagctxtogimgf^
dJU' Inagdv ^mv i^y ^pvxh^ ^Q^ ^ov yevi^T&m xavra.
W} ndvta yäg Xdyq^ itn^aöait o&div dÖvraxi^OFi,
180
f. 20K
185
Mm neue Handschrifl du IHgenis Akriiav.
e&c dk nal {Tai;>Ta Heye fiExä noV,ü>v daxgvioVf
atga^etoa (Hs: ojgatpfj) toviov ahpvtdog (Ha: i^rtdoi) oiga
ifwxOQgayovvui
Hai tdv novov tir äjteigoy tpigetv fitj dvvafihti (Hs: dvvdfifi)
Jtdw ikiyib^ifi fii) oeßanxia^iioai^) (Hs: fif)üitßaniio&fioa)
xai neaovoa Inl zfjg yijg TragidwHir td nr^vfin. 200
oß yäg eytvwoxE noxk ti}v vn^Q^iivt}v ^Xltpiv
Hai iv fitq[ (Hs; ifnä) äfjUfoteQoi tr^v &Qav ulevttbaa.
III.
Die genealogiscbe Stellung des Em^or. uml ntnin^ liktrnrinaha
und sprachgeschichtlicbe Bedeutung la^en sich auf Orund d^r
im vorhergehenden Kapitel DiitgeteiUen Proben ziemlirb gc^imu
bestimmen. Um die selb^ndige Vergleichung At^i Teit** und
die Kontrolle der folgenden Cntemichung zu «rbiichi^rn, hiibii
ich die dem Escor. entspr^eheiideD Btflck«« der i\hrigim Hönr-
beiiungen, deren zum Teil telUoe Aii«gab#n wohl nur i
gen Bibliotheken Tereintgt «et« dSrflcn, in «»steri^j b'
Dadurch wurde ancli die Mflgtkhkefl g&wimumf diu if#rfrAndt-
scbaMiche Beziehung der eioxeliheii BrntMit^ngm %u KmttTf
dureb Anwendimg dee geeperttCB Droeket ibemehtliith ^(H
Äageo SU fähren. Ich hiwpreelif Don dit fMebirMNPn nn^h
ihi^r Reihenfolge in Kapitel R
Hr. l.
Die Vetgleicfaung der ühn^^-n T^Ut tmifK Jmi ^
An&Bg 4m Vimkm » Lmte«» fm t'-^ '^
loreo gegBD^eii iil (#. a. B« 914)1 Wie» 4«n
der aus Eeeor. nnisiiäaim Partie h^
70 Ve»eo dei Emit. i» Crfpt ^ die MKiOd«» '
aiui&beRid su itigteiiefi^ wesl MfU ifMK ääM
«ntopreebeiide MTii tirrt m bmJmw lel * »7# \n kn^f. Um,
tu OioiL 1S7 Tene. Ia Tr*f^. «I 4m pmm MMMk iwr« 4mi
338
K, Krumhacher
I6& ovjoyg xai vvv m*doTijaor viov äjiEXnio^evov
dno JiarfO)v(so) (lojy) laxQOiv, yvmQif^uov xe xal <pUwv
xal iaol ävQi&i^tyov id^ ihti^ag ändaa^
val diojtöja, tpddr&Qionef jn6vf xaQ^ioy vmmat
170 6 äC ifiE ( w ^ ^ _) ixovohog jttiDj^evoagt
ö t^v Ififiv äo&SvEiav i^Elavtl tpogioagt
{xal} dia&giyfag Snetgov nXijdog ix nevts äQttor
firj jiagiöfig xi^v difjoiv ifiov tijg äva$iag,
dlX^ i^ajtOüxeiXov xaxv ihag iS äylov,
175 hXTvov tö €fig oov, dianoxa, dcdxovoot^ eifxtjc fiov.
TiQOip&nüov iv ävdyxatg yvv, ngöfpüaaov Ir xfj {^klym,
IX&k elg xrjy ßof]&eiav ^fiojv x(7}v Öeofiiyajy,
xal xd iUrj oov ^^mv ^avfidaxmoov, olxTlQfAOv,
[hc &avdxov dvdnxtjaov Ixerr/r]
ix Oardxov ävdaxrjoov, evankayx^e$ aar IxcTtjVp
180 ix {^avdxov iidgnaooy rior ptif ^sxayvdrxa,
avxog ydg l(prjg, dionoxa, xäv Sltüg uii ^£^r;cKi((?)
djuaQxmkov x6v i^dvaio»', S7iQ>g vä imaxQh^ff),
xal >njvt (pddr&gojnB ihi, ßofii^et xtp xa^ivcpt
201'* ixxetvov II ( — ) T^v xQaraidv x^^Q^v tbg evRgyhi^g
186 xai (bg r&v llixQOV (Hs: nagov) Xotoaag &aXdxxffg rtn^
(Hb: ^aXdtiöov) xtvdvvov,
ovxQ} xal vvv iüfiüov Ixixrjv qov ä^geloy.
tioh, xÜBvaov, diosroxa, ngonov i^ tt^drah
fiil tdm xovxQv d(pü)vov (Hs: d/nporor) xaxaxufiivav
(Hs: xaxtxfi/iÄivoy) äjxy(}v%%
xal xcdvftßiivovg dtp&al^ovg txorxa xxAg mgaiovg*
/ifj Tdü) x^^Q^"* ^^^ xaXdg ddQayathjjnaxoifoag
dedsfiival^gl^ oxatfQondc^g vexQixd ovaxakfiirag.
ßil ßioü td ddx^VQt Xgtaxif Jiagidfjg äeo/^hnig,
fii) fik Toaavxtiy xaxidnv naga^mgr^ofig (Hs*: .Ta^d;^co^/oac)
AXk^ tnagdv fiov rrjv tp^x^*^ ^^^ ^^ yfifAitfai xavxa,
195 ndyxa ydg Xoytp Avvaoau oiAir etdt»rari}<7ft.
Mn€ neue Hamhchriß des Diffenis Äkriia»,
339
c6^ de Hai {Tav)za Heye ^rrd nollcov iaxQvmr,
üiQQ^JEiaa (Hs: argatpff) tovxov a^tpnöog (Hs: iff^Pidag) aiga
tf'V/yggayovyra
xai töv n6vov x6v äneigov (pigeiv f^r^ dvvafiivf) (Hs: dvpd^t})
jtdw iXtyca&rj fiij Qeßajttic&€Taa{?) (Hs: jui/joeßQnTtrr&rjoa)
Tf]y &Xiiptv
xal neaovoa bii rijg y^g nagidtünev td Jtrevjua. 200
oif yäg iyivoyoxE noik vijv V7ii]gf4h'7]v 'dXixptv
Hai h fuq (Hs: ^fuä) äfofoisgot ttfv ägav jeXEVja>oa.
IIL
Die genealogisch© Stellung des Escor, nnd seine literarische
and sprach geschichtliche Bedeutung lassen sich auf Grund der
im vorhergehenden Kapitel mitgeteilten Proben ziemlich gonau
bestimmen. Um die selbständige Vergleichung der Texte und
die Kontrolle der folgenden Untersuchung zu erleichtem, habe
ich die dem Escor, entsprechenden Stücke der übrigen Bear-
beitungen» deren zum Teil seltene Ausgaben wohl nur in weni-
gen Bibhoiheken vereinigt sein dürften, in extenso beigefügt.
^ Dadurch wurde auch die Möglichkeit gewonnen, die verwandt-
schaftliche Beziehung der einzelnen Bearbeitungen zu Escon
durch Anwendung des gesperrten Druckes übersichtlich vor
Augen zu führen. Ich bespreche nun die Stichproben nach
ihrer Reihenfolge in Kapitel H.
der
Nr. 1.
Die Vergleichung der übrigen Texte zeigt, dass in Escor,
der Anfang des Werkes im Umfange von 200 — 3U0 Versen
verloren gegangen ist (s. o. S. 314)* Was den äusseren Umfaug
der aus Escor, mitgeteilten Partie betrifft, so entsprechen den
70 Versen des Escor, in Crypi — die folgenden Zahlen sind
annähernd zu verstehen, weil nicht ganz sicher ist, wo der
entsprechende Einschnitt zu machen ist — 87, in Andr. 100,
in Oxnn. 157 Verse. In Trap. ist das ganze Stück mit dem
340
JT, Krwnbacher
Anfang des Gedichtes durch VerstüiiioieluDg der Hs verloren^
gegangen. Das verwandtschaftliche Verhältnis des Escor* zu
den Übrigen drei Texten wird aus der Vergleichmig der imi
Drucke hervorgehobenen Stellen klar. Unter den 87 Veraeo (
des Crypt. sind 20, die im Inhalt oder Wortlaut genauer mit
Escor. Übereinstimmen, unter den 100 Versen des Andr. 54,
unter den 157 des Oxon. 23. Am weitesten entferat sich von i
Escor, also Oxon* Er geht zwar, wie die erwähnten 23 Parallel^ i
stellen beweisen, auf ein mit dem Escor, und den Übrigen Ver-
sionen verwandtes Original zurück, ist aber eine ganz freie ver-
gröbernde Nachdichtung, in der nur der allgemeinste Gedanken-
gang beibehalten ist. Wie tem der Verfasser von Oxun. dem Ori-
ginal und den in ihm vorausgesetzten Zuständen steht, bewei&t
u. a. das grobe Missverständnis V, 285 f., wo er das Aufheben des
Fingers als eine Drohung und Schmähung auffasst. Ebenfalls
ziemlich fenie steht CrjjiL ; doch ist hier eine grössere Zahl
einzelner Motive mit Escor, identisch. Sprachlich stellt Crj])t.
den äussersten Gegensatz zu Oxon. dar, d. h. er bietot eine ge-
lehrte Bearbeitung, in der die sicher volksmässige Diktion des
Originals im weitesten Umfange nach den Hegeln der ult-
griechischen Schulspracbe zugestutzt ist. Bei dieser gewalt-
samen sprachlichen Umarbeitung hat das Werk auch sachlich
manche Einbusse erlitten.
Viel näher steht dem Escor., wie nicht nur das angeführte
Zahlejiverbältnis, sondern auch die zusammenhängende Ver-
gleichung des Textes zeigt, Andr, Das Verhältnis ist s^), dass |
wiederholt ganze Verse und Versgruppen auch im Detail ziem- '
Uch übereinstimmen, dann aber wieder auf grössere Strecken
nur ein loser Zusammenhang besteht In der Fassung ist Andr.
Öfter etwas breiter als Escor. Aus den 3 Versen des Escor.
V. 6— B z. B. werden in Andr. 4 (V. 327-^330); aus dem
einen Verse Escor. 18 werden in Andr, 2 (V. 352— 35S), Dazu
kommen in Andr, überflüssige ErklÄrungen und Betrachtungen
die in Escor, fehlen, wie V, 38« f., 391. Natlhlich aber besteht
kein direkter Zusammenhang zwischen den beiden TezttD^ trie j
man u. a. daraus sieht, dass manche Verse (z. B. 14, 30, 49) des
Hn« neue Hafids^mft ehs JM^enis AkrUat,
341
Escor, in Andr. fehlen und umgekehrt. Auch die Erzählung ist«
vielfach verschieden; z. B. kehrt in Escor. (V, 57) Kontitantin
nach dem Siege zu seinen Augehörigen zurück, in Andr.
(V. 396 ff-) scheinen die Brüder dem Kampfe beizuwohnen,
freilich ziehen sie später (V. 402) doch aus, um den Emir zu
treffen. Sprachlich ist Andr. zwar etwas mehr nach den Regeln
der Schule adaptiert als Escor., bewahi't aber doch grösstenteils
den volksinässigen Ton. Wir erkennen also schon jetzt in Escor,
-f- Andr. eine sowohl inhaltlich als formal enger zusammenge-
hörige Grui*pe, der Crypt. als eine ziemlich freie gelehrte Um-
arbeitung und Oxon, als eine völlig freie, stark vulgäre Nach-
dichtung gegenüberstehen.
Diis oben erwähnte im Umfang dieser Partie bemerkbare
Zahlenverhültnis (Escor. 70, Crjpt. 87, Andr. 100) stimmt mit
dem Gesamtumfange der drei chronologisch nicht näher be-
stimmbaren Texte Escor. (2600 Verse), Crypt. (:3749 Verse) und
Andr. (4778 Verse) überein. Ob sich nun freilich, nach Analogie
einiger anderer durch spätere Überarbeitung allmählich anwach-
senden Tulgärgriechischen Texte, aus dem Gesamt um fange der
drei bezw. vier Di genistexte — die freie Nachdichtung Oxon.
muss aus dem Spiele bleiben — ein Sohluss auf ihre chrono-
logischen und genealogischen Verhliltnisse ziehen lässt, bleibt
ganz unsicher, solange Escor, nicht vollstiindig bekannt gemacht
fft. Zur Vorsicht mahnt schon jetzt die Beobachtung, dass in
iEscor,, teils durch Ausfall von Blättern oder Zerstörung von
Blattteilen in der Vorlage teils durch Willkür oder Nachlässig-
keit des Schreibers, zahlreiche Lücken sind. Eine kleine Lücke
klafft nach V, 4. Der Übergang von V. 8 — 9 ist unvermittelt
und unverständlich. Nach V. 17 Escor, scheint die Beschreibung
des Pferdes, die Cry^pt, und Andr, übereinstimmend bieten, aus-
gefallen zu sein. V. IR Escor, erzählt: xni xon ndXiv 6 dfxt]oäg
tcBtoy Toy ISyoif kiyii, obschon der Emir noch gar nicht ge-
sprochen hat. Ebenso sind Lücken anzunehmen zwischen V. 24
bis 26, wo völliger Wirrwarr herrscht, zwischen V. 27 — 28
(vielleicht gehören aber V, 28— 31 noch zu der in V. 23 be-
gonnenen Rede und sind durch Versehen verstellt), nach V, 03,
S, Krumbachür
wo das wichtige Motiv des Siegels fehlt und zwischen V* 68— 69,
wo die Anrede der Brüder und die Einführung der Antwort
des Sarazenen vermisst wird. Ich bemerke übrigens, dass ich
auf die Lücken, Wiederholungen, Unebenheiten und Wider-
sprüche, die mir in Escor, und auch in den underen Texten
bei der Vergleichung aufgeatossen sind, hier absichtlich nicht
näher eingehe. Das könnte mit Nutzen nur im Zusammen-
hange einer umfassenden Studie über die Geschichte und das
innere Verhältnis der Digenistexte geschehen*
Nr. 2—8.
Die vergleichende Betrachtung dieser kleinen Stücke ist
namentlich dadurch von Bedeutung, dass hier auch Trap., der
leider t"ür das Anfangs- und Sclilussstück fehlt, beige^ogen
werden kann. In Nr. 2 steht Escor, für sich, während Crypt,
Traj>., Andr. näher zusammengehen und unter diesen wiederum
Trap. und Andr. enger verbunden sind (beiden gemeinsam:
'Agaßtraif tov ^avarwaai, dtg dmazovyzog, jiaQado{H}vm), In
Nr, 3 stehen Ciypt. und Oxon. ähnlich für sich wie in Nr. 1;
ihnen gegenüber steht die Gruppe Escor., Trap., Andr.; in ihr
aber gehören Trap., Andr. ganz eng zusammen. In Nr. 4, wo
leider Crypi fehlt, gehören wiederum Trap., Andr. eng zusam-
men, während Escor, einige Abweichungen im Wortlaut und eine
sachliche Erweiterung (Löwen- und Wildschwein haut) bietet,
die auch in Oxon. fehlt. In Nr. 5 ist ausser der erheblichen
Erweiterung der ganzen Stelle, die alle vier Redaktionen von
Escor, trennte, in einem Verse wieder der enge Zusammenhang
von Trap., Andr. bemerkbar; ihnen steht Escor, nfihe, femer
Crypt, noch femer Oxon. In Nr. 6, wo Oxon. fehlt, bilden
wieder Trap.. Andr. eine Gmppe. der hier Crvpt näher pt 1 '
als Escor. Nr. 7 zeigt, dass Escor, ausser der ihm eigen ii
liehen Schlusspartie auch mitten im Gedichte gewisse in allen
übrigen Texten fehlende Stücke besitzt. In Nr. 8, wo Trap.
fehlt, geht Andr. etwas nüher mit Crypt. ala mit Escor, zu-
sammen. Interessant ifljfc, wie sich die Verschiedenheit der
stilistischen Tendenz und der Zeit hier im Worte für „Pfenl*
Mne neu€ Handschrift des TH^fenis AkrUm*
343
w^iederspiegelt ; Escor, bietet das mitt^ilaUerliche (paQu^ Crypt,
das gelehrte tnnoQ^ Andr. und Oxon, das geraeinmitiel- und
neugriechische äXoyov.
Nr. 9.
In dieser Partie, die den Schluss des Gedichtes bildet,
I steht Escor, ganz für sich, Die übrigen vier Texte bieten
gleiche Grundschema, das in Oxon. allerdings durch die
irke Verkürzung nur noch schwach erkennbar ist. Die Er-
zählung von Crypt., Trap., Ändr. kann in folgende Haupt-
punkte zerlegt werden:
1. Allgemeine Betrachtung über die Ünvermeidlichkeit des
Todes. In allen drei Bearbeitungen wie auch in Escor* (V. 32)
beginnt diese Partie mit dem Verse: ^EueI 6k {'Ejieidi] Crypt,
Escor.) Tidvta xä rsQTiva tov nXnvoi} hüo/iov toviov.
2. Digenis fällt in eine schwere Krankheit. Nur in Crypt.
das Detail, dass er mit Leuten aus Emel auf die Jagd ging,
■ dann ein kaltes Bad nahm und sich dadurch den Opisthotonos
\ ZU20g*
I 3. Beiziehung des Arztes-^)
■ 4, Letzte Worte des Digenis an seine Gattin: Rückblick
^■ftl seine Taten, die Besiegung des Drachen^ der Löwen, der
^Hpelaten, der Maxime.
I 5. Antwort der Gattin des Digenis.
I 6. Weitere Zwiesprache beider (nur in Andr.; urspriing-
" lieh jedenfalls auch in Trap.).
17. Gebet der Gattin zu Gott für Digenis.
8. Digenis und seine Gattin sterben gemeinsam.
9. Schilderung des Begräbnisses der beiden.
10. Lob des Digenis und seiner Gattin. Schlussbetrachtungen
über den Tod.
*) In Crypt. wird Dur ein Arzt erwähnt; deoD V. 64 (S. 127 ed.
Legrand) i^t statt
7'tov InxQiJLiY xaiatTto iis nör foi5 aigatov ir fdxft
MuUürVich, wie aua«er der Syntax aucL V. 55 und 68 »eigen, jcu achreiben:
344
K, Knimbacher
Am ausftihrliclisten sind diese Punkte in Andr. entwickelt;
erheblicli knapper (mit der erwähnten Abweiclmng in Punkt 2
und anderen kleineren Differenzen) in Crypt. Die Bearbeitung
Trap., die wie im ganzen Gedichte so auch hier eng mit
Andr. übereinstimujt., bricht jetzt durch Verstiimmelunj^ der
Hs schon im Anfange der Rede des Üigenis an seine Gattin
ab (Punkt 4; Andr, V. 4437); sicher aber bestand das enge
Verhältnis zwischen Trap, und Andr» auch in der jetzt in
Trap* verlorenen SchlusÄpartie. In Oxon, liegt zwar oflFenbar
dasselbe Schema zu gründe, die Erzählung ist aber der meisten
konkreten Motive entkleidet und auf einen ganz farblosen^
äusserst knappen Bericht zusammengedrängt ^ dem man deut-
lich anmerkt, wie der Verfasser ungeduldig dem Ende ani-
strebte. Die Partie umfasst hier nur 47 Verse (V. 3015—3062),
denen in Crypt. 313, in Andr. 411 Verse entsprechen»
Von dieser hier kurz analysierten Schlusspartie des Ge-
dichtes weicht nun der oben mitgeteilte Text des Escor, ganz
wesentlich ab. Völlig neu sind, von kleineren Dingen ab-
gesehen :
L die Beschreibung des kunstvollen Sarges des Digeiii>i.
2. die Boschreibung seines prächtigen Totenbettes,
3. die grosse R«de des Digenis an seine 300 Krieger und
das ihnen gegebene Vermächtnis,
4. der Totenengel*)
Einige Motive aus der Rede an die Krieger (Kampf mit
dem Drachen, dem Löwen,*) den Apelaten*)) kommen in den
*) Dea Totenenjpel erwähnt auch ein Volkslied aas deto Akrtti»ri*
kreis«« Ygb Legrand. Coli, de tnaiu, noQv. e^rie Nr. 8 S. LXIII.
*) In Ciypt. YTTl 90 nnd Andr, V 4445 ist e» nur uin Löwe i^
tn&Ai Crypt. Vi 91 ff. und Andr. V. 2»30 ffJ, in Encor. V. öS siod m
20, wonach wohl auch eine Verschiedenheit der Er«jlhhmsr der L<>weii-
episode selbst anasunehraen int
•) THü ApelAt«»Ti *>rwabn* d\r AbflcUiMsrede in Orypl. VlII 97 ff und
[Andr. V. 4168 ff., 'i*
rtein**n Freunden uii ^hl
fljt ia Tmp. V. 2003 und Antlr. V. :r94)7 vorktyinmeodttn 900 Apelatvn.
Eine neue Handeckrift du Digems Akritas,
345
anderen Bearbeitungen (Crjrpt., Andr.) in der Abschiedsrede
an die Gattin vor, aber eine nähere Verwandtschaft zwischen
der Rede an die Krieger und der an die Gattin besteht nicht,
und künstlerisch steht die Ansprache an die Krieger höher
als die an die Gattin, ¥rie sie in Crypt, und Andr< vorUegtj
denn während in dieser eine ziemlich pedantische Uekapifculu-
tion der trüber erzählten Helrlen taten, eine Art Sachindex zum
ganzen Gedichte» gegeben wird, beschränkt sich die Krieger-
rede auf die Hauptpunkte und bringt einige neue, für die Er-
forschung der Quellen des Digenisepos bemerkenswerte Züge.
Das Gold echter Volkspoesie «chimmert hier raehrtach deut-
lich durch. Sehr ursprünglich klingen z. B. die Verse (46 ff.):
Sv^modi, naXhjxdgia ßiov» Tjjg *Agaßiag tovg Hdfviottg,
Su ^oap nd^noi Srvdgoi xal Havfima fiEydXa u. s. w.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass wir in der Schilde-
rung des Sarges und des Totenbettes und in der Krie-
gerepisode die Reflexe volksmässiger Digenislieder
vor uns haben, die in keiner der übrigen literarischen
Bearbeitungen des Stoffes Verwertung gefunden haben.
Diese Tatsache verleiht der neuen Digenis-Hs eine hohe Be-
deutung. Inwieweit Escor, auch noch in anderen Partien eigen-
artige Züge enthält, kann ich auf grund der mir bis jetzt zu-
gänglichen Proben nicht beurteilen. Die Spur eines neuen
Motivs bietet da« kleine Stück Nr. 7 (s. o. S- 331 1). Die Freude
über die Entdeckung dieser neuen Digenisredaktion wird leider
stark getrübt durch den erbärmlichen Zustand der einzigen
bis jetzt bekannten Hs. Der Text ist in Escor, teils durch
den sclilecbten Zustand der Vorlage, teils durch die seltene
Nachlässigkeit und Ignoranz des Schreil)ers auf Schritt und
Tritt durch Lücken, unsinnige Schreibungen, sprachhche und
metrische Fehler aller Art heillos zugerichtet,*) und es wird
^ DiLfis der Schreiber den Ercov« sieb de« metriflchen Chamlcter«
itttt Textes nur undeutlich bewüsftt war, wird ante» gezeigt worden.
Aber auch die Worte hat er viidfaeh j^r nicht verstanden, wie ?5ahl-
reiche gi^ni unainnige Seh reib ungea beweisen. In Nr. 1 V* 12 aclireibt
346
K^ Rrumhachcr
eine schwere Mühe kosten, aus dieser US einen lesbaren Text
herzustellen und so ein wenigstens annähernd getreues Bild
der eigenartigen Redaktion zu schaffen, auf welche der Escor,
zurückweist. Eine vollständige Publikation des Textes wäre
sowohl wegen der genealogischen Sonderstellung dieser Be-
arbeitung als auch aus spraeiigeschichtlichen Gründen wün-
schenswert. Hoöentlich gelingt es mir die materiellen Schwierig-
keiten zu überwinden, die der AustÜhruDg dieses Plans ent-
gegenstehen.
Dann erst wird die Zeit gekommen sein, die Yerwandt-
schaftlichen Verhältnisse der fünf Digenistexte durch ein© um-
fassende Untersuchung in allen Einzelheiten festzustellen, um
dadurch die weit wichtigere, aber auch weit schwierigere Frage
nacli den ui-sprünglichen Bestandteilen des Epos aufzuklären.
Die genealogischen Örundlinien lassen sich aber schon jetzt
auf gnmd der oben gegebenen Vergleichung erkennen.
YöUig sicher steht der enge Zusammenhang von Trap.
und Andr. Doch ist Andr. durch reichere Ausführung man-
cher Episoden und durch allerlei Zusätze bedeutend umfang-
reicher als Trap., obschon auch Trap. ein grösseres Stück
(vgl. Andr. S. 44) und viele einzehie Verse hat, die in Andr.
fehlen. In sprachlicher Hinsicht steht Andr. dem volksmSlssigen
Ausdruck erheblich näher als der halbgelehrt stihsierte Trap.
Die Verwandtschaft von Trap. und Andr. spricht sich auch in
der ihnen gemeinsamen Einteilung in zehn Bücher aus, denen
in Crjpt. und Oxon. acht Bücher gegenübei*stehen, während
Escor, ohne Bucheinteilung ist.
Neben dieser Gruppe steht Crjpt, als eine wesentliclij
durch schulmässige Prinzipien bestimmte gelehrte Überarbei-|
tung einer Redaktion, die im grossen und ganzen mit dem]
Archetypus von Trap., Andr. übereinstimmte, aber doch manche
»tatl €(i
Nr. 1 ^
rct (Vgl. Andr. V. 8401
er jfanz deutlich aoyr
tiöJ Du Cnnge «. v. - , , ^, r^^ ,
^e^aro (wie V. r,ü); Nr. H V. 64 /Ämir H. Um^vi Nr. » V. 105 ««p^
•t. IJhgov und i^akdttaov «t. i^aldrtyi^ tftT' ^^ " ^' ^ "^^ ^ffnnitagiaae il
Mn€ neue Bandschriß de» Diffenis Akritait,
347
eigenartige Züge besass (vgl. die oben S. 34fS erwähnte Epi-
sode der Jagd und des kalten Bade-s).
Escor, stammt aus einer Hedaktion, die dem Arcbetypus
von Trap., Andr. näher stand ak dem des Crypt. und stellen-
weise besonders enge mit Andr. verwandt, aber in einzelnen
Partien besonders gegen den Schluss des Werkes durch neue,
in der literarischen Überlieferung des Stoflfes sonst nicht vor-
kommende, vermutlich aus älteren Volksliedern stammende Ele-
mente bereichert war. Sprachlich steht Escor, dem vulgären
Ausdruck noch bedeutend näher als Andr. und erscheint von
gelehrten Einflüssen fast völlig frei.
Über die Entstehungszeit dieser vier Bearbeitungen
lässt sich vorerst nicht viel mehr fe>ststollen, als die durch das
Alter der Uss gegebene Öpätgrenze. Die Hss Trap., Andr.
stammen aus dem 16. Jahihundeii/) ebenso Escor.; Crjpt, ist
wohl etwas älter, gehört aber, wie mich eine zu Ostern dieses
Jahres vorgenommene erneute Prüfung belehrt hatt schwer-
lich dem 14. Jahrhundert an, wie man angenommen hatte/-*)
sondern wohl sicher dem 15. Jahrhundert. Aus derselben Zeit,
wie die Hss, stammt wohl auch die letzte sprachliche und
metrische Formgebung, wie sie in den Hss vorliegt; dagegen
müssen die ürtypen (oder der Urtypus) dieser Bearbeitungen,
in denen noch mittelalterliche, echt byzantinische Verhältnisse
vorausgesetzt werden, sehr erheblich älter sein. Es ist also
verfehlt, wenn man, wie oft geschieht, die uns erhaltenen
Fassungen des Digenisepos etwa ins 11. Jahrhundert setzt und
als Denkmäler dieser Zeit sprach geschichtlich verwendet. Wir
müssen uns vielmehr klar bewusst bleiben, dass nichts
von dem, was uns heute an Digenistexten vorliegt, in
seiner sprachlichen Fassung mit Sicherheit über das
15. Jahrhundert hinaufgerUckt werden kann.
*) Nach der Annahme der HerauBgeber: doch m5rhte ich sowohl
Trap. alfl Aodr. nach den in den Ausgubeii luiti^el eilten FurKiinduH li^lt^T
dem 17. Jahrhundert zaweiien.
*) LamprQ9, Coli, dit rom. gr. S. XC: E» L*'irraini, iiinJ, ^t. \m\^.
Tol. VI H. XVII.
348
K, Kruitibacher
Fern ab von den vier undatierten Digenistexten steht;
Oxon., die von dem chiotischen Mönche Ignaüos Petritzis im
Jahre 1670 in seinem Heiniatsdialekte und in gereimten Versen
ahgefksste Bearbeitung. Dieser späte Nachzügler bi<Rtet genea-
logisch und stofflich wenig Interesse. Petritzis hat offenbar
eine mit Andr. nahe verwandte Vorlage ') benützt, sie aber in
völlig subjektiver Weise umgestaltet Er folgt dem Gang der
Eraählung nur in den allgemeinsten Zügen und ändert die
Einzelheiten nach seinem Vermögen und dera Verständnis
seiner Zeit Wajsj er selbst beiträgt, sind ausser der nnfas^
baren Geschniaeklo&igkeit seiner matt dahinscbieiehenden ge-
reimten Verse vor allem bei den Haaren herbeigezogene
LesefrUchte aus alten Dichtern, wie Homer, Arist^jphanea^
Euripides u. a. und eine naive Steigerung der scbrm in den
älteren Bearbeitungen hervortretenden erbaulichen Tendenz.
Hinsichtlich der Sprache repräsentieren die fünf Texte
fn Igende Stu tenrei he :
Stark antikisierende Form
Volksmässig temperierte Schulsprache
Schulmässig temperierte Volkssprache
Vom Sehuloinflusa fast ganz freie Volks-
sj»rache ohne deutliche dialektische
Färbung
Chiotischer Dialekt des 17. Jahrhunderts
Natürlich beweist diese Stufenfolge nichts für das chrono-
logische Verhältnis der vier undatierten Bearbeitungen; denn
die Wahl der Diktion hing von der Bildung und dem £rmei6S€fD
des Bearbeiters^ dem Milieu, in dem er lebte, und manch anderen
Umstanden üb/^l
Crypt.
Trap.
Andr.
Escor.
Oxon.
N Vgl, h, Legrand, BibL gr, vulg. vol. VI 8. XIV.
«) Mit Recht, drückt sich daher L »in pro«» CHI He mm. pr. fi.XCVl!!
»ehr vorsichtig ntw: »la langnc (de la vmioTi il -tiratt
upfin-rtenir h \m Ä.ge pln« HDcien quo ccUi* th^ \a i lonäm^*
Li'^rand, Bibl. gr. valg, toL VT S. XX koniQii &uf gmnd 9pnbcKlich«r
Ihdif.ieo /Auri Scblüi«: .Si le Span^'ft« c>it du il ' '' * ii
poiirniil biffti «trtf da unzieoie!"^ kürrigiert Bich lO
Mne neue HamdechHfl des Digenk Akritoi,
I
I
349
Auch in der Metrik zeigen unsere fünf Texte, obschon
alle in politischen Versen abgefasst sind/) manche Sonderheiten.
Legraud hat schon darauf hin gewiesen,*) dass Crypt. und Trap.
in der Behandlung des politischen Verses sich grosse Freiheiten
erlauben: In Crypt. und ähnlich in Trap. sind die einzigen
unantastbaren liegölu des Verses der Accent auf der 6. oder
8, Silbe des ersten Haibverses und auf der 6. Silbe des zweiten
Halbversea. Bezüglich der übrigen Silben herrscht völlige Frei-
heit; häufig ist die 3. und 5, Silbe betont. Bekanntlich ist
diese subjektive Neuerung nicht durchgedrungen, und in allen
späteren Gedichten bis auf die Volkslieder der Gegenwart
herrscht der regebnässige Bau der Verse. Wie Legrand an
einigen Beispielen zeigt, hat schon der Bearbeiter von Andr.
die Willkür in der Behandlung des politischen Verses, wie er
sie in Trap. bezw. einer verwandten Vorlage fand, durch freie
Korrekturen zu beseitigen gesucht. Wie Andr. folgt auch
Oxon. der üblichen Accentregel
Escor, weicht von dem üblichen Schema des politischen
Verses mannigfach ab teils durch die unerhörte metrische
Weitherzigkeit des Redaktors, teils durch den üblen Zustand
der Überliefenmg; zuweilen lassen sich diese beiden Faktoren
nicht mit Sicherheit scheiden; manchmal scheinen sie zur Ver-
unstaltung eines Verses zusammengewirkt zu haben. Sicher
auf Rechnung des nachlässigen Schreibers fallen die zahlreichen
grösseren und kleineren Verslücken (Ausfall eines Halbverses,
eines Fusses oder Fussteiles), Viel Unheil hat hier wohl der
Hangel einer übersichtliclien Versabteilung angerichtet. Die
Satze: »Mais qu'on veuille bieo ue pau s'j mäprendre, ce n'est pfu
twe opinioti bftsee eur des faits que j^exprime ici ; car le terme de com-
paraiflon datd fait defaut, ei un puriatne relaiif peut fort bien n*&tre
qn*ftrtificieP. Ganz richtig; nur begreift man nicht» zu welchem Zwecke
Legrand dann den doch leicht irreführenden ersten Satz hat stehen
Uw»en*
*) Eine Ausnahme bilden nur die in Oion. (S, 214 f.) eingeachobenen
achtailbigen Trochäen (z* B, Afiyv Jlr.Tdoai, diysrtj fxov). Vgl. Oetch. der
byi. Litt.« 8. 846 unten.
«) Bibl. gr. nilg. vol. VI S. XV f.
I»0C 81tEgBb. d. pbao<.-ptaioL n <L bbt. la 28
350
K, Rrumba£h€t
Verse sind, wie in vielen anderen vulgärgriechischen HssJ
nicht in Zeilen abgesetzt, sondern nur durch Punkt-e (an
Schluss der Ganzverse) und Kommata (ara Schluss der Halb^
verse) getrennt. Dieses System ist an sich etwas uudeutlicl]
und wird noch undeutlicher dadurch^ dass die Punkte und
Kommata sich sehr ähnlich sehen. Eine ganze Reihe voq
solchen Lücken ist oben ira Texte Nr, 9 durch ( ) angedeutet
Der gi'ösate Teil der metrischen Freiheiten scheint abe
von dem Bearbeiter der Redaktion Escor, selbst herzurühren
Er macht nicht nur von den legalen Synizesen und Klisione
einen ungev^öhnlich weitgehenden Gebrauch, sondern erlaubl
sich auch aUerlei sonstige Verkürzungen und Sprünge» so ds
es zuweilen nicht leicht ist, seine langen Zeilen auf den ersten
Anlauf als richtige politische Verse zu lesen. Ich lasse einige'
Beispiele folgen:
Nr. 1 V. 9 lautet in der Ha:
HoX & äfivgäc Ixaßak^xevüEv, fjaavx ^nayivfi
d. h. der erste Halbvers hat 11 Silben statt 8* Mit der üb-
lichen Sjnizese xt 6 erhalten wir 10 Silben. Schon etwas be-
denklich ist die zweite Synizese xt S dfitjQagj wenn man nichf
etwa XI 6 äfignq lesen will. Die letzte überschüssige Silhn
kann nur durch Tilgung des syllabischen Augments in &«-
ßakli^evosv beseitigt werden, also:
Ein anderes Beispiel ist Nr. 4:
K€J 1}vQ€v Tcbv tpdonanovv, xal ixirerav ek
td xXrjvdgiv, TtoXXwv ^rfgUf)v digfiara ij^fev
äsiAvü} inoxdTiOt töjv hd^ta/v xal rdiv e»idy^V\
^X^ nQOOX€fpaXddtv . .
Hier ziihlt der erst-e Vers, wie er in der üs steht,
der zweite 17, der dritte 16 Silben. Um das richtige
von 15 Silben berzustellen , mUsste man im trsUnx Vene
Mne neu€ Handschrift des Digenis Akritas, SSI
Inhmov ein dreisilbiges Wort wie Ixmo (?) setzen oder, was
besser zum Sprachcharakter des Textes passen würde, ixektr''
V 16 schreiben, im zweiten ndroj statt dnoxdKo korrigieren
(?gl, Trap., Andr.)i iu3 dritten wäre rtoy vor oiayo'^'^ zu streichen
aad ausserdem roy liovinv (da die Beziehung zu nolktov ^rjgimv
löglich erscheint) zu schreiben, wenn man nicht etwa (mit
icksicht auf ngr. hovtagt) die bedenkliche Lesung rov Xiovtav
(xal i6v öiiayQov) wagen will Dazu kommen noch einige
Eliaionen und Sjnizesen. Wir erhalten dann folgenden Text:
Kit fjVQtv t6v ^tXonnnovv xt IxHTer^ V r^^ xlivägtr *
noXkmv '&ijq((ü%* digf^ara eI^ev dnavcüHdroj^
tdr liovxav xal oimygov elxBV ngooHi<pakdStr,
Anderer Art sind die Fehler im folgenden Stück (s. oben
8*332):
^X^ rdv vovv ^ov Eig avTovg. xal 6 yig(Ov ötpiXona
Jiov^f äji6 nXaylov fwv ^Xt^ev. xal xovxagiav
jC/£ idwHßv Ti^v (pdgav £fc rd f/vgla . , .
Im ersten Verse muss xi lym t^Xml^a gelesen werden, im
zweiten avjovg statt des überlieferten und in mittelgriechischen
Gedichten allerdings häufigen avtovg^) und etwa 6 yigtoy
0iXondjiJtovg^) Ganz inkorrekt ist der Ausgang ^X&n* im ersten
Kolon des dritten Verses; doch ist die Umstellung: ^X^ev äjid
nXaytov fiov zu gewaltsam; im zweiten Halbvers genügt die
leichte Accentverschiebung l^toxtv}) Also:
xt iyoj tjXjitCaf vä mjxcodf], vd lütf^ ngog i/iivav*
dxo rdv rovv fiov «fc ahovg xt 6 yigmv ^tXondnnovg
äjto nXayiov ^ov ^Ad«' xal xoytagidv ^^ ldd>xEv
M Vgl, oben S. 316 Anm,
*) Nur Oxon. bietet diesen Accent {^tXo^djt:tov^ ; auch ^doTtdno^
und 0iXojiiuiaTog i vgL Lampros. Coli, de rom. gr. S. CYU). In CrypL
TLnd £BCnr. heisst der Apelat 0iXtmajr:iovf (0iXwian<ws Eboot.), in Tnip
nnd Andr. ^tidjfojrnoe,
») TgL K, Z. 27 (1884) 624 f.
352
K. Krttmhacher
Eine ganze Musterkarte ähnlicher schwer zu lesender Vene |
und zahlreiche Beispiele verstümuielter Verse bietet das um-
fangreiche Schlussstück (S, 3^3 ü\). Wie diese holprige Metrik ^
in der Hs aussieht, lehren die zwei Facsiniiletafeln. Viel I
haben sich die Herausgeber den Kopf über die Frage zer-
brochen, wie solche widerspenstige Verse im Drucke wieder-
zugeben seien, um sie auch für den weniger Geübten lesbar
zu machen. Die häufigste Elision, die der Partikel xat^ gibt
Wagner durch xi (z. B. x* 6) wieder, wobei das i den pala»
talen Klang des x ausdrücken soll. Die Verschlei fangen
kann man durch Verschiebung des Aceentes ausdrücken z. B.
dv6s Q}gm6g, wobei aber der Übelstand bleibt, dass der dem
Accent vorhergehende Laut ungenau wiedergegeben ist* Dera
suchte man durch Anwendung von Verbind angshaken unter
der Zeile abzuhelfen z. B. dv6^ mgatdg^ ein ebenso unprakti-
sches als unafithetisehes Mittel, durch das die Zeilen auseinander-
gesprengt werden und ein abschreckendes Aussehen erhalten.
Die einzigen anwendbaren Mittel scheinen mir die Andeutung
der Elision durch den Druck (z, B. t<Jt') und die Andeutung
der Synizese durch den Accent; aber von Haken und son-
stigen ungewohnten Zeichen sollte man Abstand nehmen. Un-
kundige werden sich ja ohnehin nicht an vulgärgriechische
Texte wagen. In der obigen provii^orischen Mitteilung ein-
zelner Proben habe ich auch die erwähnten Mittel nicht an-
gewandt, sondern, von den notwendigen orthographischen und
formalen Korrekturen abgesehen , einfach die Schreibung der |
Hs vriedergegeben.
Für eine definitive kritische Ausgabe der ganzen Ite*- 1
daktion müsste bei aller Konserrierung des im Escor, über-
lieferten Wortlautes doch als Prinzip festgehalten werden, dass
aus dem wüstrn Schutte der Hs nicht blos die Üliliche Ortho- *
graphie und das grobe Gciilst eines erkennbaren Verses, son-
dern auch das Werk des unbekannten Bearbeiters so treu alsl
möglich hergestellt werde, ein lesbarer Ti -"^ - riubert Ton
grammatischen und lexikalischen UnmOglicii / verstiüd-
*) Vgl. oben 8.846 Anm. l-
Mne neut Handschrift deä Digenis Äkritas.
S68
lieh und zusammenhängend. Diesem Unternehmen stehen frei-
äch die grössten Schwierigkeiten entgegen. Zahlreiche Lücken
lai^en sich teils aus inneren Gründen^ teils durch Vergleichung
der übrigen Digenistexte erkennen; aber eine wirkliche Ergän-
zung des Wortlautes verbietet die starke allgemeine Abweichung
ies Escor, von den anderen Bearbeitungen; der Herausgeber
nrd sich also auf eine kurze Andeutung der Lücken, ev, mit
einer Notiz über den Inhalt der verlorenen Stellen beschränken
müssen. Aber auch die formale Konstitution des überlieferten
Textes ist eine Aufgabe voll von Unsicherheit und Zweifeln.
Wir wissen nicht, von welcher lokalen und zeitlichen Stufe
des Neugriechischen der Verfasser ausging, und noch weniger
Lwissen wir, welche subjektiven Freiheiten in der Behandlung
näer Sprache und Metrik sich der offenbar in formalen Dingen
recht weitherzige Verfasser erlaubt hat. Dazu kommt, dass
die vulgäre Sprachform und Metrik für den literarischen Ge-
brauch niemals in feste Regeln gebracht wurde, und dem Ein-
zelnen dahiT immer ein weiter Spielraum blieb. Besonders
hinderlich für die Kritik ist der Mangel an Eioheitlichkeit in
der SprachfoiTO der meisten vor oder ausserhalb des kretischen
Literaturkreises des 16. — 17, Jahrhunderts entstandenen vulgär-
griechischen Werke; der allenthalben spukende Makaronismus
macht es oft unmöglich, mit Sicherheit zu sagen, ob eine be-
stimmte Wortform in einem Texte möglich ist oder nicht.*)
Wir müssen uns daher hüten, die für die antiken Texte (auch
bei ihnen oft unrichtig) angewandten Grundsätze der Einheit-
lichkeit und Konsequenz oder die durch die neueste Sprach-
forschung gewonnenen Einsichten auf die Herstellung vulgär-
griechischer Texte zu übertragen. Manche Hilfe gewährt für
die Emendation die Beiziehung der übrigen Bearbeitungen ; aber
auch dieses Mittel darf nur mit der grössten Vorsicht benützt
^ So bfigegnet in Nr 9 V. 116 (oben S. 3Sfi) die Form r*\ai oh-
•chon d«»r Sinn »ein mviM ,ich v?ei^*, entschlösBe man uich iingedciiti
de« vulgÄreo Charakters der ganzen Umgebunj? nur zweifelnd ztir Öcbrei-
bung oWä, wenn nicht eine zweite Stelle (Nr- 9 V, 167) deutlich bewiese,
das» der Verfasser diese gelehrte Form tatsächlich gebraucht hat.
354
JT, Krumhaclier
werden, da ja kein direkter ZusammenhaDg zwischen Escor.
und den übrigen Texten besteht.
Die eigenttimliche Behandlung der njetrischen Form im
Escor, gibt uns auch den Schlflssel zur Lösung der Frage, ob
jemals eine Prosaversion des Digenis existiert hat. Dr. MordU
mann hatte einst dem Sabbas Joannidis, wie dieser in der
Vorrede seiner Ausgabe berichtet» mitgeteilt, das« er in Kon-
stantinopel eine Prosabearbeitung des Digenis gesehen habe.
Diese Nachricht wurde dann zusammengebracht mit einer
Äusserung des Konstantin Dapontes, eines griechischen
Polyhistors des X^^1I. Jahrhunderts. Dieser erzählt in seiner
BißXo? ßaoiknojv^ er habe zwei Exemplare des Digenis Akritas
gesehen, ein illustriertes und ein zweites ohne Bilder. Dann
klagt er, dass zwar der Erotokritos, die Erophile und andere
tlhnliche Werke gedruckt seien, nicht aber der Digenis. So
Gott ihm das Leben schenke, wolle nr ihn in Verse bringen
und in Venedig herausgeben. Der Buchdrucker^ der ihn drucke,
werde viel Gewinn und Ruhm ernten.
Kai SXa Sk ;f€i^/*Tfa" Skv etAa xvnmfihov,
öihv Tvnovt xudcüs" (pafveiatt t^h' ßahH^jai ßak^iirov.
Tvntnoa%* ^EganÖHgirov, ^'ayonvrat*, *Egco(pilr]
aal Skka xai dtv rvmooav, ngT/tta, xnl tov Bantlff,
Za}ijv äv ^x^ ^ f^eov, 0ikm /li ortxovgytar
ru TOV ovv&iooj xal avzov, xt evI^v^ triffv Bfn^jitw.
Xnod ordv oTafinadovQor de önov rove orafiTia^fi,
Lani[>ros (a. a, 0.) bat diese Stelle meines Erachten» zweifel-
los richtig so interpretiert, dass Dapontes, der offenbar die ge-
reimte Bearbeitung des Petritzis nicht kannte, die Absicht
hatte, das Digenislied in gereimte Verse, wie sie zu setner
Zeit allgemein üblich waren, zu übertragen. Legrand*) be-
merkt dagegen, der Ausdruck mtx^vqyh schliesse k«*ine8we^
den Begriff ^Reim* in sich und beruft sich für die Auffassung,
^) Nach Lampros, Coli, d« rotu. gr. d« C.
^ BibL gr. vtilg. voL Vi S. XI*
Eine neue Handschrift des Digeni« Äkritct»,
355
dass Dapontes einen Prosadigenis vor sich gehabt habe, auf
die erwähnte Mitteilung Dr. Mordtmanus. Aber aus dem Zu-
sammenhang der Stelle des Dapontes und aus seiner früheren
Bemerkung, dass an der Spitze jedes Buches eine Inhaltsangabe
in fünf Versen stehe, geht deutlich hervor, dass er Bearbei-
tungen in reimlosen Versen vor sich hatte, in denen, wie in
Ändr., jedem Gesänge ein kurzes ebenfalls metrisches Argu-
ment vorausgeschickt war. Als wahre artj^ovQyta galt dem
Dapontes aber offenbar erst die schwierige Umsetzung in ge-
reimte Verse. Dr. Mordtmann aber hat offenbar eine Hs ge-
sehen, in welcher der Text ähnlich wie im Escor, ohne Her-
vorhebung der Verse durch Zeilenabteilung und mit starker
Verwischung des metrischen Charakters geschrieben war.
Auch die andere Bemerkung des Dapontes, dass er ein
illustriertes Exemplar des Digenis gesehen habe, wird
nun durch den Escor, aufgeklärt bezw, bestätigt. Sowohl im
Lybistros- als im Digenistexto ist öfter (im Lybistros durch-
schnittlich alle 4 iSeiten) ein leerer Kaum von 10—12 Zeilen
gelassen, offenbar zur nachträglichen Ausfdhrung der in der
Vorlage an diesen Stellen eingefügten Bilder. *) Die Hoffnung,
dass ein solcher illustrierter Digenis eines Tages noch gefunden
werde, scheint mir freilich gering.
*) Vgl. Wonach, B. Z. VI S. 160 f., der auch den Zweck der leeren
Räume richtig erkannte. Seine Angaben beziehen sicib nur auf den Lj-
biBtros. Aus Fickers Notizen und meinen Photographien lehe ich aber,
da«8 ähuliche Zwischenräume auch im Digenia rorkommen.
356
BerichtigaiigaD .
S. 316 mu88 zu V. 17 im Apparat bemerkt werden: Cod. ßevho^
XQvooftepcjv,
S. 322 V. 3% lies: x^Qf*^^^^ st- X^Qf*^*'^^^'
S. 329 Nr. 4 V. 3 lies : Uovxav st. Xeovia.
7,iar KbbandUic von KrumliBfliAr „tm vnt nunilKrlirill Ick Diü^'ttii UrtUs". V^l. iJ. Slft.
B -r» I ^'A H frr.tTft^ | tCig^A^rt | ^«^ • «m» <9f t iiirf W<f «n^ *<^ ' •
' / V \^* f t
a-^^DAÄ^f d*i
CodBx Escor. ir-lV-22. (ol 139^.
190L Rlickil ]>M)itM.'pkiWl. ti. d l^ffi KI
rirn.r^'ri v»v Ji K OtniKrukti»*, fti(tiii«4i«»
• ••
• • •
' •• •
Tafel II.
7.nr Abhandliini; von KriiiiibiKhrr ,*,Ki1irJHllc'|liöi(ls<4ir9°t:«!rsl)ls<-ni8AkritiUi>'. .V>'l.
i^Vp
v/:\_j. -' • ' '
. '' r , \ .' V c' .. -»
rrn
■% f
[i:;4.
/. i<
l'^Ol. Sil/.l). .1. i-lii..^ -i.liil..!. n..i l.i>,i.KI.
I \. ■: .1 i; <.l.ri:.tl I, Mihu-
Sitzungsberichte
der
KönigL Bayer. Akademie der Wissenschaften.
Sitziing vom 4. Jimi 1904.
Philosophisch-philologische Klasse.
HeiT Ckösius legt vor eine für die Sitzungsberichte bestimmte
Abhandlung:
Studien zu neueren Papjrusfunden.
Er besprach einige nachträglich zutage getretenen Frag-
mente des Mimen dichte rs Herondas, durch welche u. a. die
Situation des zum grössten Teil verlorenen letzten Mimus, der
.Frauen beim Festmahl* aufgeklärt und auf einen Hauptakt
der attischen Thesmophorien, das , Kinderfest* der KalUgeneia
neues Licht geworfen wird. Bemerkenswert sei es, dasä auch
in dieser Dichtung (ebenso im 3. Mimus) die Kinder eine FtoUe
spielten, wie die Puttentypen in der gleichzeitigen Kunst durch-
gebildet seien. Im Anschluss daran wurden Bemerkungen über
die Possen- und Mimenfragraente aus Oxyrhjnchos mitgeteilt,
die Grenfell und Hunt veröffentlicht haben. Die durch eine
kühne Mischung von Poesie und Prosa, von Griechisch und
Barbarenkauderwelsch ausgezeichnete Öesangsposse (Griechen
im Barbarenland) verarbeitet Euripideische Motive (Iphigeneia»
Helena, K jklops), ohne eigentlich parodisch zu sein ; die Mimen-
1904. SiUKSb. d. |»liÜQt,-pliUol n. d. hisL KL M
358
Sitxung yom 4. Jimi 1904.
fragmente spinnen das aus Herondas bekannte Thema der
, Eifersüchtigen** weiter; für beide Dichtungen lassen sieh
Nach- und Anklänge in der späteren Roman- und Novellen-
litteratur nachweisen. — Angeregt durch Arbeiten von Albrecht
Dieterich bemerkte der Vortragende einiges über das Zauber-
ritual der Papyri und benutzte diese Gelegenheit, um eine ^
unverulleutHchte Zauberlampe aus dem Besitz des Mr. Warren
vorzulegen, mit apotropäi scher Inschrift {Xvnav näliv v^lv, <Jfc); j
gegen manche Versuche Dieterichs, Reste reh'giöser Liturgien
(in den Papyri, bei Klemens von Alexandrien, Apuleius, Lucian, ^
Hesych) nachzuweisen, erhob er Einwände. — Schliesslich Ä
machte er vorläufige Mitteilungen über unveröffentlichte litte-
rarische Papyri in Heidelberg (Choliamben des I'hoenix Ton
Kolophon, Fragmente seltsamer Verwandlungssagen in Qink-
anapästen) und London (Choliamben, Pap. CLV; Bruchstücke
eines lehrhaft-erbaulichen Romans, der den Typus des alexan-
drin ischen Volksbuchs zu repräsentieren scheint, Pap. CCLXXIV).
Historische Klasse.
Herr Tbuiube spricht
über kleine Perganientstreifen mit Uncialschril
des b. Jahrhunderts,
die ihm zur Begutachtung von ihrem Finder, Herrn Joh. Fischer,
dem Vorstand der KgL Bibliothek in Bamberg, zugeschickt
waren und aus einem Einband einer jungen Bamberger Hand-
schrift stammen. Sie erwiesen sich als die Überreste des Arche-
typon der vierten Dekade des Livius. Es gelang, nacb
und nach den grösseren Teil zweier Blätter zusammenzuaetzeiii {
die einige Kapitel aus dem 33. und 39. Buch enthalten. Trotz
des geringen Umfangs der Bruchstücke erhält die Kritik der |
vierten Dekade damit das lang entbehrte Richtnmss und ein
wesentliches neues Hilfsmittel,
Sitzung vom 4. Juni 1904. 359
Herr Grauebt hält einen fUr die Sitzungsbericlite bestimmten
Vortrag :
Jordanus von Osnabrück und Alexander von Roes.
Er behandelte dabei den Tractatus de praerogativa Romani
Iraperii, die Noticia Saeculi und das allegorisch-satirische latei-
nische Gedicht, das unter dem Namen des Pavo bekannt ist.
Auf Grund erneuter Prüfung des Inhaltes aller drei Schriften
sprach er sich abermals dahin aus, dass nur der Traktat dem
Jordanus von Osnabrück zugewiesen werden könne, die beiden
anderen Schriften aber aus der Feder des Alexander von Roes,
Kanonikers von S. Maria im Kapitol in Köln hervorgegangen
seien. Der von Waitz hergestellte Text des Traktates bedarf
einer Revision, bei welcher die Handschritten der Klassen E
und F mehr zu berücksichtigen sind.
Herr von Rebek legt eine fUr die Sitzungsberichte bestimmte
Mitteilung vor:
Die Kunstkorrespondenz zwisclien dem Kron-
prinzen Ludwig (König Ludwig L) und dem
Galerie-Inspektor, nachmals Galerie-Direktor
Gg. Dillis.
2t*
360
Sitzung vom 2. Juli 1904.
Sitzung vom 2. Juli 1904.
Philosophisch-philologische Klasse.
Der Elassen8ekb£tär legt vor eine Abhandlung:
Einige neugefundene etru»kische Inschriften.
Herausgegeben von Alf Torp und Gustav
Herbig,
Einige auf zwei italienischen Reisen von den beiden ge- ,
nannten gesammelte Inschriften werden hier zum ersten Male
kritisch mit genauen Faksimiletafeln herausgegeben. Es handelt
sich um etwa 60, meist kunae Inschriften: einzeln ist keine von
bemerkenswertem umfange doch enthalten sie im ganzen nahezu
200 Wörter, leider zum grössteiv Teil wieder Personennamen, ,
die indes Öfters durch besondere Bildung aufMlen. Die Fund-
gegenstände zeigen eine bunte Mannigfaltigkeit, und Sarkophag-,
Cippus-, Ossuarien-, Grabziegel- und Steininschriften wechseln
mit Instrumentuminschriften der verschiedensten Typen. Die ^
Fundstätten verteilen sich über einen grossen Teil des einst von I
Etruskern besiedelten Gebietes; Cortona, Chiusi, Cittä della
Pieve, Perugia, Orvieto, Bolsena, Proceno bei Acf|ua|)endente,
Viterbo, Toscam'Uu und Corchiano t*ind vertreten. Im Mittel-
punkt des Interesses stehen die Sarkophaginschriften und anter
diesen zweifellos die Funde von Toscanella. Geben verschiedene
der Cippen- und Instnunentuminschriflen zunächst nur neue
Kfibiel auf, so scheinen einige Aufsi^hriflen der altcTtümlicben
ToficaneUa-Sarkophage die Lüsung eines andern zu fördern :
Sitxung vom 2. Juli 1904.
m
des heisa umstrittenen Probleraes der etruski&chen Zahlwörter,
das einem älteren Toscaneller Fund, den berühmten Würfeln,
seine Formulierung verdankt.
Die Abhandlung wird iti den Sitzungsberichten gedruckt
werden.
Herr ScuLAoiNTWErr hält einen für die Denkschriften be-
imten Vortrag:
Bericht über eine Adresse an den Dalai Lama
in Lhasa (1902) zur Erlangung von Bücherver-
zeichnissen aus den dortigen buddhistischen
Klöstern,
dessen Abdruck ^ mit dem Texte der inzwischen über Peking
nach Lhasa übermittelten Adresse — die sämtlichen auf den
Gegenstand bezüglichen Aktenstücke beigegeben werden sollen.
Der ELASsENSEHiKErriit legt vor eine Abhandlung des Pater
W, Schmidt in St. Gabriel, Mödling bei Wien:
Qrundzüge einer Lautlehre der Khasi-Sprache
in ihren Beziehungen zu derjenigen der Mon-
Kh nier-Spruchen. Mit einem Anhang: Die
Palaung-, Wa- und Riang-Sprachen des mitt-
leren Salwin.
Es wird nach einer eingehenden Analyse der Präfix-
uud Intixbildungen des Khasi das gesamte Lautsystem einer
spezieilen Erforschung unterzogen und auf Grund derselben fest-
gestellt, dass das Khasi den eigentlichen Mon-Khmer-Sp rächen
gegenüber ein selbständig entwickeltes Glied des diese und
andere Gruppen umfassenden Sprachstammes darstellt. Die im
Anbang erörterten Sprachen bilden dann — wie nach ihrer
geographischen Lage zu erwarten ist — die Vermittlung
zwischen den beiden.
Die Abhandlung wird m den Denkschriften gedruckt werden.
362
Siixung vom 2. Juli 1904.
Herr FüktwInöler luaclit eine für die Sitzungsberichte
besti mmte Mitteilung :
Zu früheren Abhandlungen.
L Zu den marathoniachen Weihgeschenken d<
Athener in Delphi. Mit Bezug auf die neueren Ver-
öffentlichungen von Homoll© und Poinptow wird die Frage
über die Topographie der Denkmäler am Anfange der
Periegese des Fausanias von neuem behandelt.
IL Zu den Tempeln der Akropolis. Es wird die neue j
These von Dörpfeld behandelt, wonach das Erechtheionfl
nur einen Teil des ursprünglich geplanten viel grösseren
Baues darstellt und werden die sich daraus ergebenden ^
Konsequenzen für die Geschichte der Akropolis gezogen. |
Dabei kommt auch die Frage nach der Zeit der Erbauung
der Propyläen und des Atbena Niketempels zur Erörterung.
IIL Zum Tropaion von Adamklissi, Es werden die neueren
Behandlungen der Frage erörtert und wird die Datierut
des Denkmab in die Augusteische Zeit neu gestützt
HiBtoriache Klasse.
Herr Tbaübi legt den in den Denkschriften gedruckten]
dritten Teil seiner Palaeographischen Forechungen vor:
Jean-Baptiste Maugerard. Ein Beitrag zur
Bibliotheksgeschicbte von L. Traube und
R, Ehwald.
Es wird in dieser Abhandlung der Versuch gemacht, dial
mannigfachen Transaktionen aufeuklären, durch die der im]
Titel genannte Bibliophile in den Jahren 1766 bis 1815 Ver-
wirrung in die Bestände hauptsächlich der französischen undl
dimtschen Handschriftensammlungen gebracht hat. Die Biblio-|
theksTorstände werden ersucht, der Abb: '^^■•'' ihre Aufmerk-
samkeit zu »cbenken und weitere B ^^*n MaugtbiirdaJ
nachzuweisen, an denen es nicht fehlen wird.
Sitzaing vom 2. Juli 1904.
363
Derselbe spricht ferner:
Ober den Anonymus Corteaianus.
Im Jahre 1884 fand Herr Giacomo Cortese, jetzt Lehrer
an der Universität zu Kom, ein Fragment wie er njeinte, der
verlornen Vita Catoni« de^ Cornelius Nepos^ das erlesene und
sonst nicht überlieferte Nachrichten über literarische Strömun-
gen in Rom zur Zeit des Dichters Ennius und des Historikers
A. Postumius Älbinus enthält, und veröffentlichte es zusammen
mit einem Faksimile, Obgleich alsbalJ aus der Sprache der
Nachweis erbracht wurde, dass Nepos nicht der Verfasser sein
kdnne, hat man doch sonst dem merkwürdigen Stück, das man
einem späteren römischen Historiker zuschrieb, vollen Glauben
geschenkt und sein Inhalt ist längst Gemeingut der römischen
Literaturgeschichte geworden. Allein Herr Cortese war das
Opfer einer frechen Fälschung geworden. Der Nachweis kann
auf palaeographischem Wege geführt werden. Uud da die
KenntnisBe des Fälschers gering waren, so genügt, um ihn
zu entlarven, das erwähnte Faksimile.
Herr Brentano hält einen für die Sitzungsberichte be-
stimmten Vortrag:
Über die Entstehung des modernen Kapitalismus.
Nach einer Kritik der Meinung Somberts, welche er ab-
lehnt, führt er aus, der moderne Kapitalismus habe sich in un-
unterbrochener Kontinuität aus den Ansätzen entwickelt, welche
bereits in der römischen Kaiserzeit dazu vorhanden gewesen
und welche in Byzanz und den sarazenischen Staaten weitere
Portbildung gefunden hätten. Im Occident habe der moderne
Kapitalismus seinen Anfang in Italien genommen. Der Vor-
tragende scheidet Italien in eine nordöstliche Hälfte, in welcher
eine Landwirtschaft möglich gewesen, ausreichend, um die dort
Wohnenden zu ernähren, imd in eine südwestliche, in welcher
die hierzu nötigen Bedingungen fehlten. Diese Scheidung falle
im grossen und ganzen mit den Grenzen der Langobarden-
364 Sitzung vom 2. Juli 1904.
herrschaft und denen der Stadtgebiete zusammen, die mehr oder
weniger byzantinisch geblieben. In den letzteren entwickelte
der Handel mit dem byzantinischen Reiche und den sarazeni-
schen Staaten sowie mit dem germanischen Hinterland schon in
der Zeit Tor den Ereuzzügen die kapitalistische Unternehmung
und die ihr adäquate Wirtschaftsverfassung in einem Masse, dass
dort schon lange Tor dem Jahre 1202, welches Sombert als
das Oeburtsjahr des modernen Kapitalismus betrachtet, dieser
über die feudale Wirtschaftsorganisation, welche den Gegen-
satz zu ihm bildet, triumphiert hatte. Der Vortragende betont
die Dringlichkeit von Forschungen über byzantinische Wirt-
schaftsgeschichte, damit die wirkliche Genesis des modernen
Kapitalismus geschrieben werden könne.
Zu früheren Abhandlniigen.
Von i.« Furtwäng'ler.
(Vorgetragen in der philoa.-philol. Klasse am 2. Juli 1904.]
L Zu den marathoniscben Weihgeschenken der Athener
in Delphi.
Die schwierige Frage der Topographie der Denkmäler am
Anfange der delphischen Periegese des Pausanias, die ich in
diesen Sitzungsberichten 1901 ^ S. 396 f. behandelt habe, ist
kurz darauf von Th. Honiolle in den Comptes rendus der
Pariser Akademie 1901, p. 670 f. sowie von Pomptow im
Jahrbuch deg archäologischen Instituts 1902, Anzeiger S. 14 ff.
und S. 80 f. neu vorgenommen worden. Ich hübe nun im Früh-
jahr dieses Jahres Gelegenheit gehabt, die Frage an Ort und
Stelle in Delphi von neuem zu prüfen und bin zu Modifika-
tionen meiner früheren Ansiebt gelangt. Um es kurz zu sagen,
ich glaube, dass die umsichtigen Erwägungen von Pomptow
im wesentlichen das Richtige getroffen haben.
Wenn man den Worten des Pausanias folgt, ohne eine
Änderung zu machen oder einen Irrtum anzunehmen, so muss
die Phidias zugeschriebene Gruppe, das marathonische Weih-
geschenk der Athener, auf die rechte Seite der Strasse in die
dort befindliche grosse Kammer angesetzt werden. Da diese
aber aus bautechnischeu Gründen nicht vor die Epoche um
400 V. Chr. gesetzt werden kann« so ergeben sieh daraus die
Ton mir früher gezogenen Konsequen7en.
3ft6
J. Furttcängler
Allein diese unterliegen unleugbar schweren Bedenken.
Schon die Periegese des Pausanias wird danii sehr unklar;
denn es ist nicht zu verstehen^ dass Pausanias, nachdem er
die arkadischen Heroen rechts an der Strasse genannt hat^
nicht gleich die unmittelbar dahinter in der grossen Kammer
befindlichen Figuren, sondern erst eine gegenüber an der linken
Seite gelegene Gruppe erwähnt und dann erst jene Figuren in
der Kammer genannt, sie aber nicht nach den Arkadem, soa*
dem nach einem irgendwo — ein wirklich geeigneter Platz ist
nirgends vorhanden — höher aufgestellt gewesenen Pferde topo-
graphisch fixiert haben sollte.
Alle Schwierigkeiten hangen an dem Worte äjtavftxov, mit
welchem Pausanias X, 9, 7 die Lage des Lakedaimonier- Weih-
geschenkes als gegenüber dem der Arkader bezeichnet. äjiamKgv
heisst nichts andere« ak gegenüber, und der Ausweg TOn
Horanlle (a. a. O. p. 680), es könne wohl auch »tont droit en
avant* bedeuten, ist sicher nicht gangbar. Es bleibt vielmehr»
wenn wir den Sinn des Wortes , gegenüber* nicht brauchen
können, nur übrig mit Pomptow ein Versehen des Pausanias
oder unserer Überlieferung anzunehmen. Pausanias kann beim
Ausarbeiten seiner Notizen ja gewiss leicht der Irrtum passiert
sein, änavtiXQv statt etwa öjito^Ev zu schreiben.
Sobald wir letzteres annehmen, fügt sich alles leicht und
gut: Hinter den Arkadern stehen in der grossen Kammer
Lysander und die Nauarchen. An diese knüpft wegen dee
Sibjllenorakels Pausanias das liölzerne Pferd der Argiver und
orientiert nach diesem als unterhalb desselben befindlich (r-^ia
roi* ijinov) die marathonische Gruppe der Athener, und als
nahe bei dem Pferde (nlTjalor tov Ijtjtm') die anderen argivi-
sehen Weihgeschenke, die Sieben gegen Theben und die Epi-
gonen, deren Standort links gesichert ist. Ich möchte nun,
naehdem ich mir die Situation am Orte frisch vergegenwärtigt
habe, vorHchlageo, das Pferd links oben auf die Temt^nos-Muuer
anzusetzen, wo es weithin sichtbar und als f4>pographt8cher
Fixpunkt gei^ignet war. Gerade unterhalb desselben, i^to toy
TTtnov^ stand die (Jruppe der Athener mid weiterhin nlfjciop dia
L Zu den maifathm. WeikgwAenken der Athtmmr m DdfM. 367
a/giTische Ghiippe der Sieben. Pomptow mdchte das Pferd
gleich links vom Eingang ansetzen;') allein dann erklärt, nch.
das Imo nicht gut, denn die Athener standen dann Tieimebr
hinter dem Pferde, und noch weniger stimmt das nXriohw da das
Pferd dann von jenen anderen argivischen Votiven weit getrennt
ist. Auch die Annahme von Homolle, der das Ross unmittelbar
neben die Epigonen am östlichen Ende von deren Halbkreise
ansetzen will, passt nicht zu Pausanias; denn wenn die Sieben
zwischen dem Roese und der Athenergruppe standen, so wfiren
Pausanias Angaben unverständlich. Dagegen scheinen sie mir
völlig klar bei meiner Annahme, wo das Pferd links etwa in
der Mitte hinter und über der Athenergruppe stand.
Leider ist das ganze Terrain links von der Strasse bis xu
dem Halbrund der Epigonen jetzt nur ein Loch, indem man
die ganze antike Anschüttung, auf welcher sich einst die Basen
erhoben, ausgehoben und entfernt hat. Ich muss noch einmal
betonen, was ich schon Sitzungsberichte 1901, S. 398 hervor-
gehoben habe, dass an dieser ganzen Stelle überhaupt keine
Reste von Basen,*) sondern nur Reste von kleinen alten Stütz-
mauern erhalten sind, und dass Homolle hier mit Unrecht von
«fondations'" von Basen spricht, was auch Pomptow irre ge-
leitet hat.
Die grosse Kammer rechts kann, wie ich früher gezeigt
habe, nicht wesentlich vor die Epoche um 400 v. Chr. datiert
werden. Die Analogien in Del]>hi gehören alle erst dem vierten
Jahrhundert an. Die Bauart ist im wesentlichen dieselbe wie
sie für uns zuerst in Athen am neuen Dionysostempel mit dem
Bilde des Alkamenes und den, wie ich Sitzungsber. 1901» S, 411
') Vgl. seinen kleinen Plan im Arch. Anzeiger 1902, Ö. l&,
*) Ganz phantaetiach und töricht ist die Angabe der Bimen ho
dieser Stelle auf dem reBt^urierten Plane der delphiachcn Publikntion,
Delphe», Albnin pL 6. Das bei allen reBtatrrierten Plilm^n und Zrirh-
nungen dies«*» Werke» herrechende System, dan was willkürlirh«t.r modt^me
Fbantafii«' ist in der Wiedergabe ni<!ht zn unterscheiden von tlern dTinb
antike Reste todi zierten, tat eehr bedauerlich ttnd mindtyrt de«»eu wttiaen-
•ehaftlicben Wert erheblicb.
Ä. Furtwän(fler
gezeigt habe, zugehörigen Teilen des grossen Theaterbaues, d, t,
gegen Ende des fünften Jahrhunderts auftritt. Danach besteht
kein Bedenken, in die delphische Kammer die lakedamonische
Oruppe zu setzen, die um 400 v. Chr. aufgestellt sein mrd und_
die vorzüglich hereinpasst.
Meine frühere Annahme, dass die Aufstellung des Arkader-*
Anathems der Anlage der grossen Kammer gleichzeitig sein
müsse (Sitzungsber. 1901, S. 403), halte ich nach erneuter
Untersuchung an Ort und Stella nicht mehr aufrecht. Sicher ist
s ''"
''m
m
w
Eck« d«r BASia dei Ark«d«r-WciilageBcboakM in Dflt|»hi.
allerdings, dass die vorspringende entlang der grossen Kammer
laufende horiÄontale Terrasse, auf welcher das Arkader-Anatbem
aufgestellt wurde, ein Teil des Baues der Kammer selbst ist
(vgl» a. a. 0. und die beistehende Skizze der Ecke der Kammer
mit der Ecke der Arkaderbasia);*) allein nicht sicher ist, dasa
diese Terrasse für das Arkader-Anathero bestimmt war; ja eine
Einarbeitung oben auf dem Konglomerat- Vorsprung der Kammer
scheint darauf zu deuten, dai*s liier etwas Grösseres lag oder
liegen sollte als es die Arkaderbasis ist. Es scheint mir also
jetzt möglich , dass die Arkaderbasis erat spSter auf die vor-
') In der Skizifce bedeute 1 11 ' ^ ' "' '* ' t,
die unten in ila^ Futiilameiit der h i
«eititj ist; n^ beller schraffiert, i«t der iieiie Kalk.?tmn, die üntewtofe
der Arkaderb&Hf«' I *ii.» -»>>twHr/i^ Afirmorsehieht mit äi^n FiiJ4*"-^.iir».ti .)«r
Arkadergnippe,
J» Zu ätn marathon, Weihgeschenken der Athener in Delphi. 369
handenef ursprünglich zu etwas anderem bestimmte vorsprin-
gende Terrasse der grossen Kammer gesetzt worden ist. Ur-
sprünglich stieg die Strasse wohl nicht als schiefe Ebene an,
sondern von der Horizontale neben der Stierbasis führten wahr-
scheinlich Treppenstufen zu der Horizontale entlang der grossen
Kammer.
Somit besteht jetzt auch kein Grund mehr, an dem Alter
der athenischen Gruppe und der Angabe des Pausanias, dass
sie vom Zehnten von Marathon geweiht wurde, zu zweifeln.
Ob die Urheberschaft des Phidias freilich glaubwürdig ist, ist
eine andere Frage.
Wenn aber diese Gruppe das delphische Weihgeschenk
der Athener für Marathon war, so war der Thesauros oben
gewiss nicht von demselben Zehnten errichtet. Pomptow wird
Recht haben, wenn er annimmt, dass der Thesauros etwas älter
war und aus der Zeit um 510—490 stammte, sowie daas er
gar nicht infolge eines besonderen kriegerischen Ereignisses
errichtet wurde; denn Pomptow zeigt (Areb. Anz. 1902, S. 84),
I die älteren Thesauren gar nicht mit Kriegsbeute zusam-
menzuhängen pflegen. Das Original der uns nur in einer ver-
stümmelten Kopie des vierten Jahrhunderts erhaltenen Basis
mit den dxoo{^tvta von Marathon vor der Südseite des Tliesatiros
mag wirklich nach dem marathonischen Siege dort aufgestellt
^worden sein.*) Es ist recht wohl denkbar, dnüs Athen nach
larathon unten die Gruppn gleich links vom Eingang ins
') Die ÜliterBtufe ist aichiSr all, weicht nher m der Form der
KUmitiem ab von dt-m Thesauros (l^ts^tercr hut ^cbwiilbens^t^hwan/förruige
aiD in er II, jene Unterstufe aber Z-fÖnuige, ho wie die Kpigouenbiwi* u, üj;
rauch diea tpricht für verschiedene Entat^^hung^özeit. Zwischen dieser er-
halten«n ünterftnfe und der Oberstufe mit der Inschrift ist wahracbeinlicb
nach eine vcHoreno Stufe zu ergönzen. Die Inschrift «tanimt gandi**h
au» dem vierU*n Jahrhundert und ist keine Spur der Exiatenz einer {Utercn
*-■ Auf der ObertliU'he der Ba^ia «ind nuj- wenige undeutliche flache
\ gen lu sehen; auf den meisten Blöcken i«t gar nichts. E«* wird
hii*r nicht »^hr viel tiufgesteUfc gt»w€>«t«n nein: «icher keine Statuen. f>ii»
«•ttaurii'rte Zt^ichnung Delphes, Album pl. 12 ist ebeniia phiintiutisch
unwahr wie abHcheuürh.
Ä. Furtwän^ler
Heiligtum und gleichzeitig oben am Thesauros einige Beute-
stücke aufstellen liess. Dann aber ist es wahrscheinlich» dass
damals die Stoa an der Terrassenmauer des Tempels noch
nicht existierte; wäre sie dagewesen, hätte man jene äxQO&tvia
doch wohl in der Halle aufgesteUt. Ich halte es jetst mit
Pornjitow (Arch. Anz. 1902, S. 85) für wahrscheinlich, dass
die Halle erst nach der Schlacht von Salamis errichtet worden
ist') und bestiDimt war, die umfangreichen Beutestücke jener
Seeschlacht aufscunehmen*
II. Zu den Tempeln der Akropolis.
iVgL SitziingöVKT. 1898, I, 349 f.)
Es ist nicht meine Absicht, hier auf aUe die mannig-
faltigen Forschungen zur Geschichte der Tempel der Akropolis
einzugehen, welche seit jener meiner letzten Abhandlung er-
schienen sind* Nur an einen Punkt mochte ich hier anknüpfen,
an die sensationelle neue These Dörpfelds über den ursprüng-
lichen Plan des Erechtheion (Athen, Miti 1904, S. 101 ff.).
Wenn auch wohl mit Widerstreben — ist doch das ge-
wohnte Bild des Erechtheion ein gar zu reizToUee — wird
man doch zugeben müssen, dass Dörpfelds Annahme, das Erech-
theion sei ursprünglich ganz anders, viel grOsser und in völlig
symmetrischer Anlage geplant gewesen (s, die umstehende
Wiedergabe von Dörpfelds Plan), eine grosse Wahrscheinlich-
keit für sich hat.
Wenn dem so ist, wenn das Erechtheion beabsichtigt war
wie Dörpfeld annimmt, dann scheint mir aber Eines ganz
evident: der Bau war als ein streng symmetrischer Doppel-
tempel angelegt; er enthielt nach Ost^n eine Cella, und genau
^benso eine nach Werten. Hier kann man gar nicht von vorne
fid hinten sprechen; die beiden Seiten, die östliche und die
0 Datm bmuebi iriün »ii« il^ot ümittatide, diUA di« ßa««» iler SAiil^n
anü |>aiii!cljeoi, die Öchafi (
iDfi^hr auf ipütere Ec'statir I I
»921 Ut
IL Zu den Tempeln der Akropdü.
371
che, waren durchaus gleich intendierl Daas Dörpfeld
gleichwohl in der westlichen Cella den ^interbau'', den ^Opistho-
dorn" sehen will, ist nur zu erklären durch seine vorgefasste
Meinung, die den Opisthodoni ^) im ^alten Tempel'* und im
Erecbtheion den Ersatz dieses sucht* Für den Unbefangenen
^äTt &
jjt^iy**
Bor tinpriiiigUcb« Plan dsi Er««htbekin umH Dörpf^ld,
kann es nicht zweifelhaft sein, dass, wenn die östliche Cella
einer Gottheit galt, die völlig gleich angelegte westliehe Cella
dieselbe Bestimmung haben niusste. Da wir nun über die ge-
raeinsame Verehrung der Athena und des Poseidon-Erechtheus
*) Über die OpUthodomfra^e kann ich jet7;t auf di<^ treflflirlipn Am-
fühnmgen von Michael 18 im Jalirb. d. Iiittt IdOi, 8. 24 ff. verweisen.
372
Ä, Furtwängler
in einem Tempel auf der Akropolis die unzweideutigsten Zeug-
nisse haben/) so ist es unzweifelhaft, dass» ebenso wie die äst-
liche Cella die der Athen a, die westliche die de-3 Poseidon-
Erechtheus sein sollte.
Von den drei mittleren Bäumen des ursprünglichen Planes
war nach Dörpfeld wahrscheinlich nur der mittelste gedeckt;
er war im wesentlichen nur Verbindungs- und Durchgangsraum;
die beiden ofiPenen seitlichen Räume waren für die heiligem
Wahrzeichen der beiden Gottheiten, für den Ölbaum und den
Salzquell bestimmt. Das Dreizackraal kam unter die nördliche
Vorhalle zu stehen, ward aber durch eine besondere kleine
Türe mit dem Innern in Verbindung gesetzt. So entsteht ein
überaus einfaches und klares Bild des ursprünglichen Planes:
an den beiden Enden nach Osten und nach Westen die Gellen
der beiden Gottheiten, Athena und Poseidon-Erechtheus, beide
mit einer Säulen vorhalle; in der Mitte die heiligen Wahrzeichen
derselben beiden Gottheiten, von Norden und von Süden durch
Eingangshallen zugänglich* Natürlich boten diese Räume auch
Platz genug, den Kult der beigeordneten Gottheiten und Heroen,
des Butes, des Kekrops, der Erichthoniosschlange, des Hephaistos
und der — bei dem Ölbaum verehrten — Pandrosos aufzunehmen.
Der von Dörpfeld rekonstruierte ursprüngliche Plan des
Erechtheion scheint mir eine schöne Bestätigung lür das Haupt-
resultat von MichaeUs' jüngster gründlicherUntersuchung der alten
Tempelfrage (Jahrbuch d. Inst, 1902, S. 1 f.) zu bieten. Micha-
elis hat, wie mir scheint durchaus mit Recht, den Dörpfeld-
sehen sogenannten alt^n Tempel als das Hekatompedon,
einen Bau des sechsten Jahrhunderts, von dem äox^iog vfußi;,
dem alten Tempel, geschieden, den er als Vorläufer des Erech-
theion un dessen Stelle als Doppel tempel der Athena und den
Poseidon-Erechtheus supponierte. Wenn nun der wiederher-
gestellto ursprüngliche Plan de« Erechtheion ergibt^ dass dieses
ganz anders deutlich, als dies in der wirklichen Ausführung
hervortritt, als Do|»pelt«rtiipe] beabsichtigt war mit zwei sich
0 Vgl. Sit/QQKibtir* ims, I. S. mi liud >lidmelb. Jäkth, 1Ü02. S. U.
IT, Zu den Tempehi der Älerapolui,
373
entsprechenden Gellen nach Ost und West und mit Räumen
für die gemeinsamen Wahrzeichen in der Mitte, so wird da-
durch offenbar die Ansicht bestätigt, dass, der alte Bau, an
dessen Stelle das neue Erechtheion zu treten bestimmt war,
eben ein solcher Dnppeltempel bei den Kultmalen war.
Ausgeführt wurde nur die Ostcella, die der Aiheua, in
welche das alte Bild der Polias kam, wonach der ganze Bau
ja in der Inschrift der Tempel iv ![/ r6 äg^aJov äyalfia heisst;
vor das Bild wurde die für den Neubau gearbeitete Prachtlampe
des Kallimachos gesetzt. Für den Kult des Poseidon-Erech-
theus musste man sich nach der eingetretenen Beschränkung
des Baues mit den allein ausgeführten zwei östlichen Mittel-
räuraen behelfen, was insofeni anging als ja wenigstens die
Male des Poseidon hier miteingeschlossen waren; der Ölbaum
mit dem Kulte der Pandrosos konnte schon draussen im Freien
bleiben.
An dem Baue blieb die Bezeichnung äQxaios vecog haften,
weil er eben der Tempel mit dem ägj^aiov (lyakfia war. Auch
jtaXaid^ veiic bei Xenophon ist doch nur eine Variante jener
Bezeichnung und kann nicht einen anderen Bau meinen. Ich
lialt^e Michaelis Gedanken (Jahrbuch 1902, S. 22), der Brand im
smifiidg v£€Üc Ton 406/5 bedeute das Ende des Hekatompedon,
nicht für glücklich. Ich kann nicht annehmen, dass man darauf
gewartet habe, bis ein Zufall dem Hekatompedon ein Ende
machte; auch bedeutet ^v^ji^*;ödr/, wie Michaelis selbst betont,
ja nicht, dass der Bau niederbrannte. Michaelis muss ferner
annehmen, dass der Rratid auch hinüber auf das Erechtheion
gegriffen habe; da ist es doch einfacher, den jtnXatög raos als
dasselbe zu verstehen wie den dgxaiog v€wg. Der Brand mag
leicht im Holzdache der Polias-Cella entstanden sein, da der
Rauch fang der ewigen Lampe von Kallimachos ja durch da^s
Dach ging. Dass der Brand nichts mit einer noch kenntlichen
Restauration von Marmorteilen der Westseite und nördlichen
Vorhalle zu tun hat, da diese fr Oh römischer Zeit angehört^
zeigt Dörpfeld, Athenische Mitteilungen 1903, S. 466. Was das
Ende des Hekatompedon betrifft, so bleibe ich aus den früher
l»D^ a)t««ib. d. plilloi^'phllol. ta, d. hUL KL S5
374
A, Furiwänghr
(Sitzungsber, 1898, I, S. 351) entwickelten GrÜiidt^n bei der
Annahme, dass es mit einem Male ganz abgebrochen wurde,
wa^ spätestens geschehen sein rauss, als der Neubau des!
Erechtheion auf die Ringhalle des Hekatompedon übergriff*
Indem ich indes Michaelis in der Annahme einer alten dos |
Idol enthaltenden Polius-Cella nördlich vom Hekatompedon folge,
erscheint es mir auch als mügiich, dass das HekatompedoD
schon früher abgebrochen worden ist.
Hier sei bemerkt, dass Dörpfeld durch seine xlunahmi%
die Westcella des ursprünglichen Planes des Krechtheion sei
als „Opisthodom'' beabsichtigt gewesen, «eine neue wertToUe
Stütze* für seine bekannte These von dem Fortbestehen de»
Hekatompedon, des sogenannten alten Tempels zu gewinnen
glaubt (Äth. Mitt. 19Ü4, S. 106); die Nicfitausfülirung de^*
»Opisthodoms" des Krechtheion habe als Grund zur Krhaltung
des , alten Tempels* beigetragen. Die angebliche Stütze ruht
also auf der, wie wir sahen, verkehrten Deutung der beab-
sichtigten Westcella des Erechtheion als Opisthodoni. Die
Ostcellft Hess Dörpfeld früher ganz unbenutzt sein; jetzt nimmt
er an (Ath. Mitt, I90a, S. im und 1904, S. 107), dass hier
Hephaistos, Erechtbeus und Butes verehrt worden sei, Erech-
theus also in beiden Gellen des Neubaues Kult genossen habe
— eine neue von jenen verxweiftilten Konsequenzen, 'a\i df*nen
Durpfeld dadurch getrieben wird, dass er entgegen dem sonnen-
klaren Zeugnis der Inschrift, die den Neubau den vmc iv ift6
ägx^^*^y äyul^a nennt, das alte Bild der Atheiia nicht in der
Ostcella des Krechtheion, sondern im alten Hekatompedon sucht.
Im übrigen verweise ich für diese Frage auf meine AusfÜli*
rungen Sitzungsber, 1898, I, 349 fl'.
Die Gründe, welche zur ßeschrlinkuug des Bauplanes das
Erechtheion geführt haben, werden im weKentlicheu dieaelben
gewesen sein wie die« welch« di<» Verkürzung de4S Planes der
Propyläen zur Folge hatten: es war der Einspruch der Gi^er
^des Perikles, der sich gewiss auf allerlei h '*''-^ *^ V- \'im
»tütete; dict$»er Einspruch hatte den Erfolg, a .gv
keii der porikleischen Baupläne wtoseotlicii geschmiUert wttrd»
JT, Zu dm Tempeln dir Älctvj)oiis, 375
Dass der Neubau des Erechtheion ebenso wie Parthenon und
Propyläen zu einem einheitlichen grossen perikleischen Plane
gehören, davon bin auch icli jetzt überzeugt (vgl, Dürpfeld in
itk, Mitt. 1902, S, 414 f,). Freilich, dass ein ,il11 gemeiner Burg-
bauungspian " schon 457 aufgestellt worden sei« kann ich
Iiirch Bruno Keils an eine doch sehr zweifelhafte Lesung und
Ergänzung des , Anonymus Argentinensis** anknüpfende Kom-
binationen noch nicht für erwiesen halten.
Das Erechtheion wurde, wie Dorpfeld gewiss mit Recht ver-
mutet, wohl gleichzeitig mit den Propyläen 437 begonnen,
nachdem der Parthenonbau im wes*^ntlichen vollendet war. In
diese Zeit fallt Prozess und Flucht des Phidias (vgl, in Melanges
Perrot S. 109 ff.X Die Macht des Perikles begann ins Wanken
zu geraten, und die Beschränkung dts grossartigen Bauplanes
von Propyläen und Erechtheion ist gerade in dieser Zeit ver-
standlich. Der verkürzte Propyläenbau wurde vor dem Kriege
.gerade noch im wesentlichen fertig; nur die letzte Vollendung
'fehlte und ward nie nachgeholt; viel mehr fehlte am Erech-
theion, und dieses wurde denn auch später vollendet.
Propyläen- und Erechtheionbau sind auch verbunden durch
die beiden gemeinsame Neueinfühning des eleu^inischen sichwar-
zen Steines und die Absicltt, durch diesen einen neuen kolo-
ristischen Reiz des Baues zu erzielen. Der gleichzeitige pht-
diai^ische Einbau in der Colla des Zeustempels zu Olympia zeigt
bekanntlich diei^elbe Erscheinung (vgl. in Melanges Perrot S. 1 17).
In einem soeben erschienenen Aufsätze (Jahrbuch des arch.
Instituts 1904, S. 22 ff.) hat allerdings Löschcke die Meinung
ausgesprochen^ es lasse sich beweisen, dass die Propyläen
schon bald nach 460 zu bauen begonnen worden seien, und
dass der Unterbau derscdben schon vor 445 fertig gewesen sein
mdsse; nur das könne zweifelhaft sein, ob damals auch schon
der Hochbau der Pinakothek und des SüdHügels ausgeführt
gewesen »ei oder nicht.
Wie mir scheint, eine ganz unhaltbare These. Doch hören
wir den angeblichen Beweis. Weil die eine, ältere der beiden
Wüihinschrifteüi welche sieh auf den Basen der Keiterstatuen
2ß*
376
A, Furlieän^ler
befinden, die auf den Anten des Unterbaues der PröpflÄ<M5J
standen, der Zeit vor 445 angehöre, müsse dieser ganze Unter-
bau in jene frühe Epoche gesetzt werden. Ich folge gerne
mit Lüschcke der Autorität Ad, Wilhelms, der in der Anzeige
von Uitten bergers Sjlloge, Göttrnger geL Anzeigen 1903, S. 773,
bemerkt, dass die ältere jener beiden Inschriften für ,die ur-
sprüngliche, Mitte des fünften Jahrhundeiis eingezeichnet«* zu
halten sei, während Lolling auch sie für eine jüngere Er*
neuerung angesehen hatte. Allein, folgt denn daraus irgend
etwas für die Zeit des Propyläenunterbaues? Doch nur dann^
wenn sich beweisen liesae, dass jene Basen für die Propylilen*
anten gearbeitet wären, also nicht älter als diese sein könnten.
Allein diesen Beweis bleibt uns Löschcke schuldig. Er kann
nicht geliefert werden; denn die Basen stehen in gar keiner
engeren baulichen Verbindung mit den Anten; auch ist ihr
Marmor von dem des Propyläenbaues verschieden; sie sind auf-
gelegt auf die Anten; sie können jederzeit hierher gelegt worden
sein. Einen terniinus ante quem gibt nur die Germanicua-
Inschrift auf der einen Ante,
Die Basen sind bekanntlich zweimal verwendet worden.
Die Reiterfigur, die zu der einen älteren, nach Wilhelm ur-
sprünglichen um die Mitte des fünften Jahrhunderts einge-
hauenen Inschrift gehörte, das Werk des Lykios, des Sohnes de«
Myron, ist herausgerissen und die Basis umgedreht worden.
Auf der jetzt zu oberst gekehrten ursprünglichen Unterfläche
wurde wieder eine Reiterfigur aufgestellt, die aber, den erhal-
tenen Fiissspuren des Rosses nach» etwas anders dastand als
die ursprüngliche; gleichwohl wurde die alte Inschrift mit dem
Künstlernamen des Lykios genau wiederholt; diese Kopie der
Inschrift datiert Lolling (wegen der Gestalt des Theta mit
Strich statt Punkt) nicht vor das ernte Jahrhundert vor Chr,
{JfXHop 1889, S. 188). Offenbar sind die Originale als wert-
volle Kunstwerke geraubt worden, und man er.<ietzte sie durch
,twei undem Rfi^ " r>» wiederholte aber die Inschrift, als
Db es noch die :.- orke wären. Dieser Vorgang bat seine
gienaue Analogie in Olympia bei d^r Statue de» Pythokle« von
JJ, Zu den Tempdn der AkrüpoU8.
377
Poljklet; auch diese wurde geraubt und durch eine andere
Statue mit anderera Standmotive ersetzt, gleich wohl aber die
alte Künstlerinschrift erneuert» und zwar geschah dies, wie es
scheint, im ersten Jahrhundert vor Chr. (vgl meine Meister-
werke d. griech. Plastik S. 472 und Olympia V, die Inschriften
Nr, 102, 168). Es wäre nicht undenkbar, dass die Autstel-
lung der Heiterstatuen bei den Propyläen erst der Zeit jener
Erneuerung der Inschriften und des Ersatzes der verlorenen
Originalwerke angehörte; wahrscheinlicher aber ist es, dass schon
die Originale dorthin gebracht worden waren und spater, etwa
bei der Sullanischen Belagerung der Burg, in Verlust gerieten,
worauf man sie durch andere Figuren ersetzte. Die eine dieser
wurde um 18 nach Chr, dem Gemianicus zu Ehren auf diesen
umgeschrieben.
Die Beiterstatuen waren, wie LoUing (Aehiov 1889, S. 186)
^aus den Standspuren schloss, unterleben sgross. Bei der weiten
Entfernung der beiden Propyläen-Anten und den mikhtigen
Dimensionen des Baues müssen die Figuren recht klein und
keineswegs als passender tektonischer Schmuck gewirkt haben.
Auch dies spricht gegen ihre ursprüngliche Zugehörigkeit zu
den Propyläen des Mnesikles. Eher könnte man vermuten,
dass sie vielleicht einst zu den Seiten des Einganges der älteren
vorperikleischeu Propyläen aufgestellt waren und dann zum
Schmucke des so viel grösseren perikleischen Torbaues ver-
wendet wurden, wo sie freilich nicht mehr recht passten.
Es ist klar: der mnesikloische Propyläen-Unterbau und die
Hei tersta tuen gehörten von Haus aus gewiss nicht zusammen.
Es hat weder der Propyläen-Architekt mit seinem Bau gewartet,
bis die athenischen Ritter gerade einen Anlass hatten zwei Reiter-
statuen zu weihen, noch haben die letzteren mit ihrem Weih-
geschenke gewartet, bis man die Propyläen-Anten baute.
Die Zweizahl der Reiter auf zwei getrennten Basen deutet
indes auf ursprüngliche symmetrische Aufstellung, So mag die
obige Vermutung, dass sie zu den Seiten des alten vorperiklei-
schen Torbaues aufgestellt waren ^ wohl die am meisten wahr-
pheinliche aein. Mne.H(ikles benutzte dann die vorhandenen
378
A, Furtwängiler
Figuren zum Schmucke der Anten seines Aufgangs. Neuen
eigenen plastischen Schmuck an den Propyläen anzubringen,
dazu haben bekanntlich Zeit oder Mittel nicht mehr gereicht
Weder Giebelfiguren noch Akroterien, die doch gewiss beab*
sichtigt waren, sind je ausgeführt worden.
Der Vorschlag Löschckes hat sich also als unmöglich er-
wiesen. Seine Meinung von dem hohen Alter eines Teiles der
Propyläen erscheint aber auch allein schon ausgeschlossen,
wenn man sich gegenwärtig hält, wie absolut einheitlich der
Propyläenbau ist Er ist völlig aus einem Gusse und damit
steht die Überliefemng im Einklang; Heliodoros berichtet be-
kanntlich (bei Harpokration), dass die Propyläen in fünf Jahren
vollständig erbaut wurden und dm^ die grosse Summe von
2012 Talenten für sie in diesen Jahren verausgabt ward. Da
handelt es sich zweifellos um den ganzen Bau, nicht um die
Fertigstellung eines längst begonnenen. Die Einheitlichkeit des
Baues erhellt namentlich auch daraus, dass der Zustand der
ünfertigkeit — namentlich das Stehenlassen des Werkzolls — an
allen Teilen des Baues, den unteren wie den oberen der gleiche
ist* Dann sei auch noch einmal an das Auftreten des schwarsen
Marmors erinnert, der gerade im unterbau der Propyläen er-
scheint, und endlich wie unglaublich: den Unt-erbau des un-
fertigen und als Bauplatz liegen gelassenen Baues sollen schon
die Bronzestatuen der ReitcT geschmückt haben!
Doch genug;') die Veranlassung, die Lüschcke auf den
Gedanken der Möglichkeit jenes hohen Alters der PropylÄen
brachte, war die Entdeckung der Herme von Pergamon mit der
Inschrift, die Alkamen es nennt und den Hermes als rov .t^ä
mdän'^ d* h. als Propylaios bezeichnet. Wie Conze sofort er-
') leb kann bi'j^F noch anlOhrua, daiM nacb Dörpfelil, wid ich dtirüh
briefliche Miiteiliing wüinb, dtt« Aaiit'lit LövfhckeM ftir ^ranz imsulliAiiir hlklL
^' , ^ Hilf (llt^ tjj i]t»n F' n-n
1 hin Vro^t} : mi^irnn? HcbauUe u» ihre
r» ._ j könnivu ..,, . , * |frwo•^n
periklemrben Propjl Ann verbaut iinci
.t,
TT, Zu den Tempeln dir ÄJcropolis.
379
kannt hat^ ergibt sich <lie Herme offenbar als Kopie des am
ünganp der Akropolis zu Athen aufgestellten Hermes Pro-
rpjlaios, der sonach von Alkamenes war. Mit vollem Hechte
betont Löschcke den altertümlichen Charakter des Kopfes» Dieser
tritt aber noi^h besser hervor in anderwärts erhaltenen besseren
Repliken;^) die pergamenische Herme, die ich unlängst in
Konstantinopel studieren konnte, ist ein recht flaues iind ge-
ringes Werk; eine sehr viel bessere, schiiifere und offenbar
stilistisch treuere — auch in den grösseren Mi\ssen mit dem
)riginal wohl genauer übereinstimmende — Kopie ist die in
der Münchner Glyptothek (Nr. 200 meines Kataloge» von 1900).
In meiner Beschreibung diese« Werkes (a. a. 0.) habe ich dessen
Original in die Zeit um 470 vor Chr. datiert und in Athen
angesetzt. Die Inschrift des pergamenischen Exemplare« lehrt
uns nun, dasa es in der Tat in Athen stand. Allein der AI-
kamenes, der es schuf, kann nicht derselbe gewesen sein, den
wir in den letzten Dezennien des ftinfteu Jahrhunderts (vgh
Meisterwerke S. 122 und 741) wirksam finden, Löschcke er-
innert mit Recht an die früher schon von ihm und mir be-
tonte Möglichkeit eines älteren Alkamenes. In den attischen
Bildern der Hekate, die auf des Alkamenes nahe dem Hermes
Propylaios aufgestelltes Werk zurückgehen müssen, sah ich
schon 1878 tsine „Bestätigung dafür, diiüs ein Alkamenes noch
in altertümlichem Stile gearbeitet hat" (Ath. Mitt. 1878, S. 194).
Das Charitenrelief des Sokrates» dm ebenMls in unmittelbarer
Nühe des Hermes und der Hekate sich befand, gehört auch
stilistisch in dieselbe Reihe; nicht nur wie ein ^jüngerer Bruder
der mittleren Charis*, wie Lösclicke (S. 24) sagt, sondern wie
ein gaoz gleichaltriger sieht der Hermes in den guten Kopien
US* Rs geht nun aber absolut nicht an, die Propyläen des
Inesikles nacli diesen Werken datieren zu wollen. Sie sind
älter und gehören der Zeit bald nach 480 an, da man die
*) E» gibt sabllose Wiederholungen des Tjrpas, daruntex Bcbon recht
lie» So Ist du* Henne, auf tlk' eine derThessaler-Stkitueu mis Delphi sich
Eltst, eine HepUk des Typu«; ilie Sttttnu ist gewisü ebenso wie der Agia«
-~ dmn L/sipp gAnzHclt ferne efceht! — voa emem Atheaisr gemaeht.
380
älteren Propyläen in Stand gesetzt hat. Die dort angesiedelten,
durch die Perser jedenfalls zerstörten kleinen Rultstätten des
Hermes^ der Chariten, der Hekate mussten vor allem wieder-
hergestellt und für die Gottheiten neue Bilder beschafft werden.
Mit dem Probleme der Propyläen hängt das des Athen a
Nike-Tempels eng zusammen. Es ist dieses letztere seit
meinen Ausführungen in den Sitzungsberichten 1898, I, 380 f,
von Bruno Keil, Anonymus Argentinensis S, 302 f., noch
einmal behandelt worden. Durch eine sorgfaltige F ' Ti-
ung über die Inschrift ^Efprjfi. doy. 1897, Taf. 11 gel; - il
zu einem einleuchtenden wichtigen neuen Resultate. Die jüngere
auf der Rückseite des Steines eingegrabene Inschrift gibt, wie
Bruno Keil erkannt hat, den Beweis^ dass der schon gegen die
Mitte des Jahrhunderts beschlossene Bau eines Tempels der
Athena Nike erst wesentlich später ausgeführt worden ist. Die
jüngere Inschrift i^erfügt, dass nun erst die früher für die neu
einzusetzende Priesterin beschlossenen 50 Drachmen Einkünfte
von der Staatskasse ausgezahlt werden sollen; offenbar« wie
Bruno Keil gesehen hat, weil jetzt erst der früher beschlossene
Tempel und Altar gebaut worden sind und die Priesterin jetzt
erst ihr Amt antreten konnte. Man bat meine Annahme, daas
zwischen dem Beschluss des Baues und der Ausführung ein
Zeitraum liegt, bezweifelt, freilich ohne Gründe anzugeben;^)
die Inschrift, richtig erklärt, bestätigt sie nun.
Bruno Keil mcichte nun die jüngere Inschrift wegen des
AntragstelhTs Kullias, den er vermutungsweise mit Kallias des
Kalliades Sohn identifiziert, der Herbst 482 starb» noch kura
vor diese Zeit ansetzen. Allein jene Identifikation ist ganz un-
sicher (vgl. E. Meyer, Forschungen II, U8). Im nllgemeinen
mag man es dagegen wahrscheinlich finden, daaa der Tempel
1) Ed. Mi^Tör, Fomhungeii 11. B. 118 Ani», und GtÄcb, d. Altert. IV,
S. SCi tin(i*«t p« nifht wrihri<^hevnlirli, dä»9 zwiÄch*^n fU'm Be«chlnH8 tmd
der AuHführiinir oine Ulii^^f^rL» Z^t TorÄtricb: GrJInün >?iht er nicht au,
ttl • ■ rft
laiige aac'Molgte*
Xr. Zu den Tempeln der Äkropolis,
381
auch noch vor der Xriegszeit erbaut ward. Dann müsste sein
Bau 432 vollendet und kurz vorher begönnen worden sein, und
jener Kallias könnte irnraerhin des Deiniades Sohn sein. Was
feststeht ist nur, dass der Niketempelbau etwas jünger ist als
der d(ir Propyläen. Dieser durch die Tatsachen unumgäng-
lichen Forderung würde jene Datierung gerade noch entsprechen.
Die ionischen Siiulenkapitälo des Atbena Niketempels stehen
denen der Propyläen sehr nahe, sind aber zweifellos von jüngerem
Charakter; sie vertreten eine in der strengen Folge der Kapitäl-
tyjien dezidiert jüngere Stufe als jene. Ich habe diese von mir
zuletzt in den Sitzungsberichten 1898, I, S. 386 eingehend dar-
gelegte Tatsache kürzlich an den Originalen von neuem kon-
statiert. Es ist undenkbar und gänzlich ausgeschlossen, dass
die Niketempelsäulen älter wären als die der Propyläen. Zu
demselben Resultate, dass der Niketempel jünger ist als die
Propyläen, haben bekanntlich die Untersuchungen von Wolters
geführt (Bonner Studien S. 92 f.); die Bedenken von Üörp-
feld dagegen sind durch die Ausführungen von H. Bulle in
meinem letzten Aufsätze (Sitzungsber- 1898, I, S. 385 f.), wie
mir scheint, erledigt worden. Endlich beweist der Stil der Fries-
reliefs des Niketempels, die, ein integrierender Teil des Baues,
mit diesem zugleich ausgeführt worden sind, unwiderleglich und
zweifellos, dass der Bau jünger sein muss als der Parthenon-
fries. Denn die Bildung des Gewandes steht auf einer wesent-
lich vorgeschrittenen, jüngeren Stufe als dort (vgl. Sitzungsber.
1898, 8, 386 und Griech. Originalstatuen in Venedig S. 10);
die ruhig stehenden Gewandfiguren des Ostfrieses des Nike-
tempels haben dagegen nächste Verwandtschaft mit den Koren
vom Erechtheion; der Niketempel muss diesen gleichzeitig, aber
jünger sein als der Parthenonfries.
Ich muss hier noch einmal wiederholen, was ich schon
Sitzungsberichte 1898, I, S. 387 bemerkt habe, dass die Tat-
sachen des successiven Fortschreitens in der ionischen Kapitäl-
bildung ebenso wie in der Stilisierung des Gewandes der Figuren
in jener Epoche zwar bisher vielleicht weniger bekannt, aber
deswegen nicht weniger strikt beweisend für die Datierung von
.9BS' -4. Furhcätt0lef
Bauten und Skulpturen als die Tat.sachen der Entwicklung iler
Schrift für die der Urkunden sind.
Sonach ist die Zeit unmittelbar vor Aus]>rucb des Krieges
die frühest mögliche Datierung flir den Niketempel. Die Ba-
lustrade kam erst später, wahrscheinlich in der Zeit wo man
das Erechtheion fertig stellte, hinzu.
Br. Keil hat sich gegen meine Auffassung gewendet, wo-
nach der Niketempel von einer der perikleiachen feindlichen
Richtung herstammt. Er will nur eine friedliche Einheit in der
ganzen Burgbebauung gelten lassen und altes, auch den Nike-
tempel, auf einen einheitlichen Bebauungsplan vom Jahre 457/6
iiurikkf (Ihren,
Daas die These von dem grossen Burgbebauungsplane aus*^
dem Jähre 457/6 doch auf ganz schwachen Füssen «teht, daran
habe ich oben schon erinnert. Es fehlt ihr jeder wirklich zuver-
lässige Halt; so ist es erlaubt, sie stark in Zweifel zu ziehen.
Allein wie dem auch sei, der erhaltene Beschluss über den zu
entwerfenden Bauplan eines Tempels für Atbena Nike gibt
jedenfalls nicht die geringste Andeutung von einem Zusammen-
hange mit anderen Baupllinen auf der Burg, sondern steht gana
t^r sich isoliert. Ferner aber scheinen mir die folgenden Tai
Sachen festzustehen.
Zunächst der unversöhnte feindliche Gegensatz» in welchem
der Bau des Niket^mpek zu dem der Propyläen steht (vgl,
Sitzungsber, 1898, I, S, 388 und 388)v Hier ist es ganz an-
möglich, die friedliche Einheitlichkeit zu sehen, die Br. K«^il
vorausetzt. Die grelle Disharmortie ist unverkennbar, und «ij
erscheint mir nach wie vor undenkbar, ,^dass beide Bestandteil!
dea Bauprogrammes gewesen sein sK>]lten, durch das Perikles die
athenische Burg Über alle anderen Uoili^tümer in Griechenland
erheben wollte/ Der grossartige, streng »ymnietr tische und gemd-1
linige, breit und mächtig auagreifende Plan der Propyläen schloss
einen Tempel bau schräg vor der Front de>ä einen Flügels ge^
aus: das alte Heiligtum auf dem Pv* - -H meinem Altar, nacfc
welchem die Huulenstellung »ich öl!' u', konnte dem Pia
nicht «chadtfn, wohl aber der Bau des Tttmjiels.
IIJ, Zum Tropaion rön AdamMissi,
388'
Ferner wissen wir nun ja, dass sowohl der Plan des Erech-
theion wie der der Propyläen sich hat eine bedeutende Ein-
schränkung geiküen lassen mQ:ssen, was doch von einer jenen
Plänen feindlichen Macht sicheres Zeiip^nis ablegt.
Endlich wissen wir, dass der Beschluss, der Athena Nike
einen Tempel zu bauen, zwar schon in kimonischer Zeit ge-
fasst, aber erst ausgei'Ührt worden ist frühestens unmittelbar
vor dem Kriege, als des Perikles Macht schon bedeutend ins
Schwanken geraten und die grossen Pläne von Ereclitheion
und Propyläen schon eingeschränkt waren.
Aus allen diesen Umständen, glaube ich, darf, ja muss
mau den Schluss ziehen, dass es auch bei den Bebauungsplänen
der Akropolis zu Athen ebensowenig, wie dies auf dieser Welt
bei verwandten Anlässen an anderen Orten und zu anderen
Zeiten zu geschehen pflegt, ganz friedlich zugegangen ist. Ich
hatte früher nur darin Unrecht, dass ich auch das Erechthcion
als einen der der perikieischen entgegengesetzten Richtung
entsprungenen Bau ansehen zu dürfen meinte. Im Athena
Niketempel und in der Verkürzung von Propyläen und Erech-
theion sehe ich ein untrügliches Spiegelbild des Widerstreites
der Parteien in der glänzendsten Epoche der Geschichte Athens.
III. Zum Tropaion Yon Adamklissi.
(Vgl. 8itzUDg8ber. 1897, I, 247 ff, Abhandl. h Cl. Bd. 22, 3. 1903, S. 455 ff.)
und nun — zum vierten, doch wie ich hoffe nicht letzten
iB — ZU meinem geliebten Tropaion von Adamklissi! Ich
bin zwar seit einiger Zeit init der Ausarbeitung einer Abhand-
lung beschäftigt, deren Grundüüge ich im November vorigen
Jahres vorgetragen habe (vgl l:5itzungsber» 1903> S. 513) und
m welcher auch die Stellung de» Denkmals von Adamklissi
innerhalb der ronuschen Kunstgeschichte noch schärfer zu be-
stimmen gesucht wird.
Wenn ich hier vor Vollendung dieser Abhandlung in der
Adamklissi-Frage noch einmal das Wort ergreife, so geschieht
384
Ä, FurtwäftfiUr
es, weil mittlerweile als Antwort auf meine let2te BehaDdlutig
derselben (in den Abhandl. I CI. Bd, 22, 3, 1903, S. 455 ff.;
im folgenden nur als meine Ahh, zitiert) nicht weniger als vier
Aufsätze erschienen sind, welche die von mir bekämpfte alte
Datierung des Denkmals in die Zeit Traians zu yerteidigen
suchen. Sie rühren von denselben vier Gelehrten, Benndorf,"'
Petersen, Cichorius und Studniczka her, die auch bisher
schon für jene Datierung Stellung genommen hatten. Die Frag
wird auch gewiss so bald noch nicht von der Tagesordnung vcir'«
schwinden. Dergleichen Dinge brauchen ihre Zeit* Ich rechne
auf das allmälige Wachsen unserer Kenntnis der lange Yemacb-
|ässigten römischen Kunst, indem mir selbst, je weiter ich in
meinen Stadien auf diesem Gebiete komme, meine These von der
Unmöglichkeit des traianischen Ursprungs jenes Monumentes
sich immer mehr und mehr bestätigt und befestigt. Ich bin gcy-
wohnt allein auszufechten, was ich für richtig halte, und der
Zeit das Übrige zu überlassen. In demselben Bande (.Inter-
mezzi", 1896), in welchem ich zuerst meine These über Adam-
klissi aufstellte, habe ich auch zuerst eingehend meine Ansicht
über die berühmte „Tiara des Königs Saitapharnes* begründet.
In dem darum entbrannten Streite, der sich lange Jahre hin-
durch hinzog, stand ich ohne Helfer allein. Dagegen befanden
sich zwei der oben genannten Adamklis^i^Forscher, Benndorfj
und Studniczka, auf der Seite meiner Gegner, indem ihr Stil-
gefühl ihnen erlaubt hat, eben jene Tiara für echt zu haltea
und zu bewundern,') die sich bekanntlich unlängst definitiv
als das herausgestellt hat, wofür ich sie damals erkhlrt hatti?,
als das stümperhafte Machwerk eines kümmerlichen Fälschers.
Die erst erschienene und die wenigst bedeutende der oben
erwähnten vier neuen Abhandlungen zur Adamk!is«?i-Fra^e ist
die von E, Petersen in den Mitteil. d. archjiol. löstiluis, Rom,
1903, S. 68 — 72. Der Verfasner hat keine eigene Anschauung
von dem Denkmale; wenn er dennoch über die Dinge ab-
*) rublfsi<*rt itt der B€»Hcht von Bonmlorf im Tiisrait) tum H. Ar Hl
190S; vgl. Kerue arcb. 1908» II, 105, L
III, Zum Tropaion ton AdamJeliiH,
38S
sprechen will, zu deren Beurteilung jene unentbehrlich ist, soJ
erhellt schon daraus, welcher Wert dem zuzumessen ist» Es
folgte die Ahhandlung von Benndorf in den Jahresheften des
Österreich, archiiolog. Institutes, Band VI, 1903, S. 251 — 2^6,
Benndorf ist also seinem früher, 1898 ausgesprochenen festen i
Vorsatze, es werde jenes seine , letzte Äusserung* in der Adam-
klissi-Frage sein (vgl. meine Abh. S, 455), untreu geworden.
Er hat offenbar mittlerweile einsehen gelernt, daas die Frage
trotz all seiner lauten Versicherungen eben doch keinesweges
so einfach ahzutun ist, wie er glaubte. Ebenda, in den österr.
Jahresh- 1903, S. 247—251 hat G. Niemann meine neue Ke-
konstruktion des Oberbaus des Denkmals akzeptiert. In einer
eigenen kleinen Schrift „Die römischen Denkmäler in der Do-
brudscha*, Berlin 1904 handelte C. Cichorius von Adamklissi.
Er war an Ort und Stelle und ist der einzige unter den vier
Gelehrten, der etwas neues Tatsächliches beibringt, das für
die Beurteilung der Frage von Wichtigkeit ist. Es ist ihm ge-
lungen, das äoldatendenkmal neben dem Tropaion neu zu da-
tieren: auch dieses wird jetzt der traianischen Epoche ent-
zogen. Endlich hat Fr. Studuiczka io einer ausführlichen
Abhandlung ^Tropaeum Traiani' im 22. Bande der Abh. d,
philol-hist Classe d, k. sächs. Gesellsch. d. Wissensch,, Eeft 4,
1904 die traianische Datierung des Tropaions durch kunst-
geschichtliche Erwägungen zu stützen gesucht.') Eigene An-
schauung des Denkmals besitzt er ebensowenig wie Petersen;
mit letzterem berührt er sich auch sonst und führt vielfach
nur dessen Behau [»tungen näher aus. Seine kunstgeschicht-
lichen Betrachtungen bewegen sich naturgemäss auf demselben
Gebiete wie meine oben erwähnte noch nicht fertiggestellte
Abhandlung. Es ist sehr zu bedaueiii, dass er seine Zusam-
menstellungen über einige römische Kunstformen nicht mit
weniger befangenem Blicke ausgeführt hat Mit dem leiden-
schaftlichen Eifer eines Inquisitors verhört er seine Zeugen und
*) Vgl. auch eine Aiuzeige der Schrift von mir in der Berliner
Philol. Wochenschrift ,
ö86 A, Furlwänffter
erprobt so lange an ihnen die Folterqualen der Tortur, bis sie
ihm günstig aussagen; während dieselben, nihig verhört, teils
nicht für ihn, teils direkt gegen ihn zeugen. Das wird Jedi?m
bei unbefangener Prüfung deutlich werden, und alle Emphase
der Behauptungen und aller Zitatenschwall, den 8t auflnf^t^^t,
wird daran nichts ändern. Offenbar durch unsere notgedrungene
jLbwehr einiger seiner früheren Aufstellungen (Abb. S. 510 ff.)
^reizt, greift er zu jedem Mittel/) uneingedenk ofienbar des
"Sprichworts vom blindeu Eifer. Durch seine kunstgeschicht-
lichen Ausführungen aber zeigt er nach meiner Ansicht nur,
wie wenig er es verstanden bat» in der Fülle der erhaltenen
Denkmäler die Grundlinien der Entwicklung zu erkennen und
wie falsch seine Grundanschauungen von der ronaischen Kunst-
geschichte sind» in welche er seine Schlagworte wie .illusio-
nistische Nonplusultraplastik der domitianischen Zeit* (S. 73)
hoffentlich vergeblich einzuführen bemüht ist. Doch darüber
mehr an anderem Orte,
Indes die vier genannten Schriften zeigen deutlich, das«
die Verteidiger des traianischen Ursprunges des Tropaion sich
eigentlich in vollem Rückzuge befinden und diesen nur durch
eine recht lebhafte Kanonade zu maskieren suchen. Tatsache
jöt, dass sie alle ihre bisher als uneinnehmbar gepriesenen
Aussenforts aufgegeben und sich in ihren letzten Zufluchtsturm
gerettet haben; allein auch dieser ist alles andere als sicher^j
er ist ganz wackelig und morsch. Es ist die Inschrift, aufdÜ
sich jene jetzt allein sttitzen, nachdem durch mich der Nach-
weis erbracht worden war, dass di*^ Platte, auf welcher die In*
schrifl steht, wirklich zu dem ursprünglichen Bau und zwar
zu dem oberen Geschoss der turraartigen Tropaionbasis gehörte.
Allein mit völliger Verdrehung des Tatbestandes wird nun g©-
^J So ist er auf 8. 111 glücklich dainu^i, m nll
gnnv^ *1r*»i Bei^pifle von Veraehen in der Bi»-rhftMl'niii
IV * ä hiibiMi ! Ich jifMniJO iliin (lii'Hi»
Up t diirfh dftH GttfQlil vordorbcni w-
ttdlc — uiiwQrdi^ imi
WIMIII Uli« jibii
Art der Vol4
Ur. Zum TropawH w>n AdamJdmi.
387
redet, als ob ich das klare ausdröckliclie Zeugnis der Inschrift
^verwerfe* und bloss aus Belieben und WillkUr , allem Ge-
gebenen und Überlieferten*' zum Trotz nach einer anderen Da-
tierung suchte! Wie kann ich „verwerfen* was gar nicht da
ist! Der Inschrift fehlt ja die Hauptsache; wir wissen ja gar
Dicht, was von Traian in ihr ausj^esagt war. Kein Mensch
weis«, was in den verlorenen drei Zeilen der Inschrift Btand,
von denen nur wenige Buchstaben geblieben sind. Nur so viel
ist sicher, dass hier eben das gestanden hat, was wir wissen
wollen, nämlich was Traian getan, ob er das Tropaion selbst
errichtet hat oder nicht. Solange die fehleuden Zeilen nicht
wiedergefunden werden, solange besitzen wir ein iuscliriftliches
Zeugnis über die Herstellung des Tropaion durch Traian, das
ich angeblich , verwerfen"^ soll, nicht. Wir wissen durch die
Inschrift nur, dass Traian das Tropaion dem Mars Ultor weihte.
Allerdings würde man natürlich, da die Platte für eine In-
schrift ursprünglich bestimmt war und dem Bau selbst ange-
hört, ohne jedes Bedenken annehmen, dass in den fehlenden
drei Zeilen nichts stand, was die Annahme, Traian sei auch
der Erbauer des Tropaion, ausschloss: man würde dies, sagej
ich, unbedenklich annehmen — wenn eben nichts gegen Traian 1
als den Erbauer vorläge. Allein es ist ja wieder eine völlige
Dmkehrung des Tatbestandes, wenn die Verteidiger des traia-
nischen Ui^prungs so tun, als oh alles aufs beste zu der traifu
nischen Datierung stimme, wahrend doch alles an dem Denk-
male das entschiedenste Zeugnis dagegen ablegt. Und deshalb
dürfen, ja müssen wir vermuten, dass in den fehlenden drei
Zeilen der Inschrift nicht, dass Traian der Erbauer sei. son-
dern etwas Anderes gestanden habe.
Ich vermutete in den drei Buchstaben ilu am Ende der
8. Zeile rest]iiu[iL Cichorium hat jetzt an dem Steine zusam-
men mit Tocilescu konstatiert, dass hinter dem V sich noch
die Spur einer senkrechten Hasta befindet (Cich, S. 16). Er
schliesst daraus, dass meine Ergänzung resütidf unmöglich sei,
weil dann das schliessende T allein abgetreutit die nächste Zeile
begonnen haben müsse. Obwohl dieser Schluss nicht absolut
388
J. FurtwängUr
zwingend ist — denn, soviel ich sehe, scheini die analoge Ab-
trennung eines einzigen Buchstabens doch nicht ganz uner-
hört*) — so wird die Ergänzung restUuit durch jene Beob-
achtung doch unwahrscheinlich; allein ich sehe nicht, wodurch
es verwehrt wäre tropaeiim restUtä \ iussit zu ergänzen. Immer
wird es, wenn man bedenkt, wie ausserordentlich häufig das
Verbum resütuere in den römischen Bauinschriften vorkommt,
ganz abgesehen von allen sachlichen Gründen schon an sich
die grosste Wahrscheinlichkeit für sich haben, dass der Laut-
korn plex Uta in einer Bauinschrift eben von jenem Verbum
herrühre. Auch macht in unserem Falle der Versuch jeder
anderen Ergänzung die grössten Schwierigkeiten, Danach wird
man dem Vorschlage resätui iuiisit, auch wenn mau von allem
anderen absieht und nur die erhaltenen Buchstaben nach der
Analogie anderer Bauinschriften zu vervollständigen unternimmt,
eine hohe Wahrscheinlichkeit nicht absprechen dürfen.
So gerät denn auch jener letzte vermeintlich feste Turm,
iu den sich die Verteidiger des traianischen Ursprungs zurück-
gezogen haben, ins Wanken; auch die Inschrift gewährt ihnen
nicht den gewünschten Schutz. Alle die Aussenforts aber, auf
die man früher so stolz war, hat naan schon freiwillig aufgegeben.
Wie hat man doch früher mir triumphierend entgegen-
gehalten, es sei der traianische Ursprung ganz sicher; denn
der Kaiser sei ja selbst im verkennbar deutlich auf dem Denk-
mal mehrfach porträtiert; ja Benndorf verstieg sich sogar da-
zu, die Perrücke, die Traian vielleicht in Wirklichkeit gehabt
haben könne, auch unverkennbar abgebildet zu finden! Irh
habe (Abb. S, 492) diese schöne Entdeckung durch photo-
graphische Aufnahme und genaue Beschreibung des betrelfen-
I) leb finde zufallt^ bt^iio BlCitieru Desaau 351 (CIL VI II 329) im/i*
t'acü'T' Ae\l* und CIL HI tappL 12477 an\n% In dü*«t«ij B«-! ' f
tritt der BiiphstÄbc lUlcrdingt ei»e gnnze Silbe. Nirht «o i 11
«uppL 14184, 25 Valn'iu\m, eim« nJU'rdini?* a}iAti! Ja»i^lmfl. n
erglänzte in der Tfopaion-Inftchrift CIL III ««ppL 124^ exerf ^ md
in der folgenden Zeik tH[b ofTenbar In di^r falichon Annahme, e« m
ler Stein ' ^ ' .lig. Statt #« in der Ö. Zeile hat Cl-
III, Zum Dropaion von Adamklis$i,
389
den Reliefs ins rechte Licht gesetzt. Mao ist seitdem mäus-
chenstill davon und hat das Lächerliche wohl empfunden.
Studniczka giebt nuu auch offen zu (S. 122), daas das mit
dem Porträt Traians — nichts war.
Und wie hat man ferner früher van einer Münze von Tonii
geredet, die beweisen sollte, dass Traian der Erbauer des Tro-
paion sei. Auch davon wagt Niemand mehr zu sprechen —
weil der Schluss doch etwas gar zu unlogisch war (vgl. Abh.
S. 472)!
Und nicht anders ist es mit jenem früheren vermeintlichen
Beweis aus dem Namen der Stadt Tropaeum, den man auch
nicht mehr zu wiederholen versucht (vgL Abh. S. 471).
Wie frisch und tröhlich hat ferner Benndorf früher Ge-
schichte konstruiert! Unbekümmert um alle Tatsachen der
Überlieferung hat er Traian in phantastischer Weise mit ko-
lossalem Umwege über Korintb nach dem dakischen Kriegs-
schauplatze reisen und unterwegs in der Dobrudscha eine grosse
Schlacht personlich schlagen und dafür das Tropaion errichten
lassen. Die Idee war wenigstens konsequent und kühn durch-
geführt; sie ging von der ganz richtigen gesunden Grund-
anschauung aus, dass der Feldherr, der dies Tropaion errichten
liess, auch zweifellos selbst in eben diesen Gegenden einen
[)ssen Sieg erfochten haben musste; da für Benndorf nun
3al Traian der Erbauer war, ao musste er denn auch, wie
sehr es gegen alle Überlieferung ging, Traian selbst hier siegen
lassen. Allein dies ganze Gebäude haben Cichorius^ sorgfältige
Untersuchungen (Traianssäule) vollstiiudig zerstört (vgl. Abh.
S, 476). Traians Dakerkriege haben weit, weit von Adamklissi
entfernt gespielt, und Traian ist niemals in jene Gegend ge-
kommen. Also der früher als tatsachUch gepriesene angeb-
liche Anlass zur Errichtung des Tropaions durch Traian ist
als ein blosses Hirngespinst erkannt worden.
Und endlich das letzte wichtigste der Forts, auf welches
sich die Verteidiger der traianischen These zu stützen pHegten,
das augeblich traianische Soldatendenkmal neben dem Tropaion
— es wird durch Cichorius' neue scharfsinnige Untersuchung
19M. SiU^b. d. philotU'pbUol 11. il. hlat Kt 2^
390
Kerstörtl Cichorius weist nach, dass das Soldatendenkmal gar
nicht einmal traianisch, sondern älter, oifetibar dotuitiauisch
iät! Damit ist den versinkenden Verteidigern des traianischen
Ursprungs des TropaioDS der letzte Strohhalm entriaseu, nach
dem sie greifen konnten, um doch etwas von militärischer
Aktion traianischer Epoche in der Gegend von Adatnklissi zu
erweisen. Nachdem das Soldatendenkmal nicht mehr traianisch
ist, fehlt alle und jede Spur irgend welcher kriegerischen Er-
eignisse zu Traians Zeit in der Dobrudscha. Und dies ent-
spricht auch allein den historischen Verhältnissen der Epoche,
welche durch die traianische Inschrift am Tropaion bestimmt
wird. Die bisherige, jetzt von Cichorius als falsch erwiesene
Annahme eines traianischen Gefechtes in der Dobrudscha war
ein unglücklicher , wenig befriedigender Notbehelf* (Cich,);
denn in die Geschichte der Dakerkriege konnte, wie Cichorius
gezeigt hat, der Kampf keinesfalls eingereiht werden» und nach
Beendigung der dakischen Kriege einen von keinem Autor er-
wähnten Krieg in der Dobrudscha anzunehmen, war, wie
wiederum Cichorius betont hat, unzulässig, indem gerade dieser
Zeitpunkt der , denkbar ungünstigste Moment für eiuen Ein-
fall der Barbaren in das römische Gebiet gewesen" wäre (Uich*
S. 18).
Dieser Anstoss ist nun behoben durch Cichorius' scharf-
sinnigen und öberzeugenden Nachweis, dass das Soldatendenk-
mal nicht traianisch, sondern domitianisch ist. Durch richtigere
Lesung und Ergänzung der Inschrift ward Cichorius äu dem
Resultate geführt, dass das Monument — ein Ehrenmal oder
Kenotaph*) — von Domitian um 89 n. Chn für die nicht lange
vorher in einer grossen Niederlage des Oardepräfekten Cor-
nelius Fuscus gefallenen Soldaten errichtet worden ist Auf
den vier Seiten waren die Namen der Gefallenen aufgezählt;
Cichorius berechnet ihre Zahl auf ungefähr 3800. Eine Frage
^) leb faabe «ebon Abb. 3. 479 anf Grund meiner Buobü'htitiigfta
an OH luid !?lt*Ue bemerkt, das» df*r Hau nuth dem H<«auUütc dc^r Au»*
Ifralmng offenbar nieinaln t^u^" HniTisträü*^ »ijtljit^It Al^ f' (\)hn^ü al«)
mchi lu*r beittiiit^t waren.
in. Zum Tropaion von Athmklim.
391
von sekundärer Bedeutung ist es, ob Gichorius Recht bat (S. 18
und 37 f".)» in dem ganz nahe beim Tropäon, Tom Soldatcn-
denknml jedoch weiter entfernt gelegenen Tuuiulus das Keno-
tftph des Fuscus zu erkennen* Der Tumulus ist noch nicht
genügend untersucht und bekannt*)
Das eine aber wird durch Cichorius nun offenbar: die
traianische Datierung des Tropaions wird, nachdem das Sol-
datendenkmal der traianischen Epoche entzogen und der do-
mitianischen zugeteilt ist, und nachdem nun jede Spur einer
kriegerischen Tätigkeit Traians in der Dobrudscha fehlt, vol-
lends zu etwas ganz Unverständlichem, zu einem Absurdum,
Allerdings hat Cichorius den Versuch gemacht, auch jetzt
noch die traianische Datierung historisch begreiflich erscheinen
zu lassen. Allein dieser Versuch ist ein Notbehelf, dessen
Schwäche und ünhaltbarkeit gar zu deutlich ist. Auch setzt
sich Cichorius dabei sofort mit sich selbst in Widerspruch: auf
8. 36 nimmt er auf Grund der Überlieferung gewiss richtig
an, dass i^Traian bei dem schroffen Gegensätze, in dem seine
ganze Begierung zu der Domitians gestanden hat, nicht daa
mindeste Interesse ftir Domitians Gardepräfekten und seine Sol-
daten haben konnte*; dagegen glaubt er S. 39, dass Traian
doch eben »den Tod jener Soldaten (des Domitian) und ihre«
Peldherm* dadurch zu ,, rächen* bestrebt gewesen sei, dass er
sein eigenes ^grosses Siegesdenkmal über die Daker" an diese
Stelle verlegt und es dem „Mars Ultor, dem rächenden Kriegs-
gotte* geweiht habe. Also aus Rücksicht auf die verlorene
Ehre des domitianisclien Feldherm und jenen Gefallenen des
Domitian zuliebe, für die er doch ^ nicht das mindeste Interesse
haben konnte* (Cich, S. 36), errichtet Traian das Denkmal für
seine eigenen weit davon in ganz anderen Gebieten erfoch-
') SitnationsslQÄae, Grundriß und Durchschnitt bei Todlefiro, Fooilleei
et nouvellt!8 recherchea» p. 68, Mir selbst gebrach e» an Ort uihI Stelle
I an Zeitt die Ruine genauer zu uuterBuuhen; doch schien e» mir dort
' nicht, daae aie einen hohen Aufbau getragen habe; derselbe niö«8te denn
von Lehm und Holz fjeweaen sein; denn von einem iiteiiiernen Borh-
, bau wüixJpn Reste vorhanden lein.
26»
892 A. Furticänght
ienen Siege ^gerade an dieaer Stelle der Dobrudscha, so fern
von dem Schauplatz seiner eigenen Kriege und Siege"! Ich
kann kaum glauben, dass Cichorius dies ira Ernste selbst fÖr
etwas Wahrscheinliches hält. Er hat selbst ausdrücklich her-
vorgehoben (S. 17), dass /rraians Kriege sich weit von hier
im Banate^ in der kleinen Wallachei und im Siebenbilrgischen
Berglande abgespielt" haben, ^eio Siegesdenkraal anläasiich
jener Kriege also unbedingt in einem jener von ihm neu er-
oberten Länder zu erwarten" wäre, « nicht aber auf eineii)
Terrain, das sich bereits seit längerer Zeit in römischem Be-
sitze befand und noch dazu an diesem entlegenen Flecke der
Dobrudscha, der an sich so durchaus bedeutungslos, so ohne
jede strategische Wichtigkeit, so entfernt von allen Kultur-
zentren und von den grossen Strassen liegt, und wo ausser den
Bewohnern der Umgegend kaum je einmal ein Mensch das
Siegesmonument zu Gesicht bekommen haben würde*. Diesen
seinen eigenen treffenden Erwägungen gegenüber glaubt er
(S. 38) indess ^besonderes Gewicht" darauf legen zu müssen,
dass das Denkmal , gerade dem Mars Ultor geweiht* sei.
Allein dieser Umstand hat doch gar nichts Besonderes und
Individuelles; denn es war seit Augustus einfach das einzig
KoiTekte» ja Notwendige, dasa ein Denkmal für 8iege des rö-
mischen Heeres dem Mars Ultor geweiht wurde, dem alle
Siegeszeichen von Rechts wegen zukamen* Also ist aus dem
^Ultori" sicher nicht zu schliessen, dass Traian hier eine be-
sondere Rache, das Rächen des Todes jener domitianischen
Soldaten (^für die er nicht das mindeste Interesse haben
konnte!*), habe ausdrücken wollen.
Hervorzuheben ist auch, dass Cichorius, indem er selbst
erwiesen hat, dass Traian in der Dobrudscha abj>»olut nichts
Kriegerisches zu tun gehabt hat» genutigt ist anzunehmen, das
Tropaion sei das , grosse Siegesdenkmal Traians ilber die Da-
ker*; er «agt aber nicht, wie er sieh mit der Tatsache aus-
einanderBetzt, dass die Darsf " n di-r Tropaiou-Relief* ab-
solut nichts mit denen de^ «Siegesdeukmalx Ober diu
Daker', der Traiansilule gemein liaboo, vielmehr diifisen be-
ni. Zum Tropaion mn Aäamklism,
998
baanUich in allem und jedem, vor allem aber in der Haupt-
sache, der Bezeichnung der Gegner der Römer widersprechen!
Jene Annahme ist ein nnmügliches Absurdum.
Verweilen wir dagegen ncvch etwas bei den Konsequenzen
Ton Cichorius' schönem Resultate, dem domitianischen Ursprung
des Soldatendenkmals. Nach der Niederlage des Cornelius
P^uscus folgte ein entscheidender Sieg des Nachfolgers desselben,
des Julianus. Domitian war schon nach des Fuscus Niederlage
selbst auf den Kriegsschauplatz geeilt Es wurden nun die
ganzen Verhältnisse an der unteren Donau neu geordnet. Wir
wissen, dass Domitian Mösien in zwei Provinzen zerlegte und
die Provinz Moesia inferior zusammen mit den beiden Legions-
lagem von Troesmis (wohin die legio V Macedonica kam) und
Durostorum (mit der legio I Italica) neu errichtete.*) Duro-
storum lag nicht weit westlich von Adamklissi. Ferner ist es
wahrsclieinlich (vgl. Cichorius S. 8. 40), dass Domitian, der
Linie eines älteren vorrömischen Walles folgend, den grossen
an die gleichfalls domitianischen Limesanlagen in Germanien
erinnernden Wall nordöstlich von Adamklissi zum Schutze gegen
Barbarenein lulle hat errichten lassen. In diesem Zusammen-
hange steht nun die von Cichorius erschlossene Errichtung des
Ehrenmales fttr die mit Cornelius Fuscus gefallenen Soldaten
durch Domitian bei AdamkUssi.
Wenn man diese grossartige schöpferische Tätigkeit Do-
mitians eben in dieser Gegend recht bedenkt nnd sich femer
erinnert, dass, wie ich (Abb, S. 469) nachgewiesen habe, das
Soldatendenkmal mit der Anlage der Stadt von Adamklissi
durch die Verwendung des gleichen, von dem des Tropaion*
baues verschiedenen Materiales eng verbunden wird, so liegt
es nahe zu fragen, ob denn nicht auch die Gründung der Stadt
von Adamklissi vielmehr Domitian und nicht Traian zuzu-
schreiben sein wird. Es ist doch gewiss an sich wahrscfaein*
lieber, dass, nachdem Domitian eben die Gegend von Adara-
klisai ganz speziell durch den Wall gesichert und die Legions-
*) Vgl, V. Premerstein in den österr. Jabreah. BeibL I, 177. 184. 19 L
Karnemann in Lehmanna Beltr. z, alten Gesch. l (1902) S. 135.
394
Ä, Furitffänsler
lager an der unteren Donau errichtet hatte» auch er »chon
eine bürgerliche Ansiedlung hierherzog und sie mit stiirken
Mauern umgeben liess, als dass dies erst unter Traiiin gc*
sthehen sein sollte. Denn bei jener ersteren Annahme ist die
Gründung ein Glied in einer festen zusammenhängenden Kette
von Tatsachen, was sie bei letzterer nicht ist. Die überlieferten
zahlreichen Stadtgründungen Traians im unteren Donaugebiete
liegen, ausser Dacien, im Inneren oder längs der Nordgrenze
Thrakiens, Wenn also nichts Entscheidendes im Wege steht,
werden wir die Stadtgründung von Adamklissi lieber Domitian
als Traian zuschreiben. Ich glaubte früher mit Anderen an-
nehmen zu sollen, dass der Name der Stadt den Beweis ent-
halte, dass sie von Traian gegründet sei (vgL Abh, S* 471).
Bei genauerem Zusehen ist das aber gar nicht der Fall. Die
Stadt heisst in den Inschriften') ganz regelmässig municipium
TrojHtmm (z, B. CIL III 12481. 12473. 14214, G); unter Kon-
stantin wird sie Tropacensium civUas genannt (CIL HI 13734),
Nur ein einziges Mal (CIL 111 12470) kommt die Bezeichnung
Trauinmses Tropaeenses vor und zwar in einer 115/16 datierten
Inschrift, welche die Widmung einer Ehrenstatue von Traian
eben durch diese Tralanensts Tropaeemes enthalt. Liegt es hm
diesem Sachverhalt nicht nahe* den auch sonst bezeugten Fall
anzunehmen, dass „in die bereits bestehende Stadt neue An-
siedler deduciert^ worden sind und diese neu i, angesiedelten
Colonisten als solche einen Namen führten, den andere Bürger
derselben Stadt zu führen nicht berechtigt waren* (E, Borniann
in Archiiol. epigr. Mitt. aus Osterr. XLX S. 184 Anm,), dass
also die Traianenses von Traian in der Stadt Tropaeura an-
gesiedelte Kolonisten sind, Veteranen aus dem Heere, mit dem
l«r die Dakerkriege gefllhrt hatt^? Dass diest^ die danach
Tmianenses Tropaeenses hiessen» dem Traian eine Ehrenstatue
errichteten, ist überaus natürlich. Indem dies neue Bevdlke*
rungselement als besonderes getrenntes wohl bald £tt exiätiereu
^ Die gwamixi^H »infl tm CIL Ul p. ISSI: natnA t^ JIOO. 234/^.
2816, 49. 2B2d, 90.
tu. Zum Tropaion ton Adamhlitai.
395
I
P
aufhörte, erklart es sieb, dass nur die eine Inschrifl von ihm
Kunde gibt.
Wenn es sonach als historisch wahrscheinlich gel ton mua^,
dass die Stadt Tropaeum schon voo Doinitian gegründet wor-
den» so passt dieü natörlich vortretilich zu unserer These, wo-
nach das Tropaion, von dem sie den Namen hat, vortraianisch
ist; wogegen es unvereinbar ist mit der von uns bestrittenen
traianischen Datierung.
Vielleicht wird man fragen, ob das Tropaion nicht selbst
auch domitianisch sein und den durch *TuIianu8 erfochtenen
Sieg feiern könne. Indes abgesehen von allen anderen gegen
eine solche Annahme sich erhebenden Bedenken scheitert die-
selbe schon allein an der von mir Abh. 8. 468 flF. nachgewie-
senen Tatsache, dass Tropaion und Soldatendenkmal bei gleicher
Bauaufgabe ein verschiedenes Bamuaterial verwenden, während
Soldatendenkmal und Stadtanlage darin übereinstimmen, woraus
der Schluss gezogen werden muss, dass letztere gleicher Epoche,
das Tropaion aber einer anderen angehört.
Studuiczka hat allerdings die Berechtigung dieses Schlusses
in Zweifel gezogen oder vielmehr in seiner lauten, alles andere
als ruhig sachlichen Weise bestritten (S, 14)* Er will nicht
anerkennen, dass eine gleiche Bauaufgabe vorlag, sondern will
einen , schreienden Unterschied* statuieren zwischen dem n sta-
tuengleichen Riesentropaion auf reliefiibersponnenem Unterbau*
und dem »bescheidenen . . nur sparsames Architektururnament
tragenden Kriegerdenkmal und vollends den schlichten Nutz-
bauten des Municipiums einschliesslich der Stadtmauer*. Der
Unterschied sei derselbe wie der zwischen dem Parthenon und
den Akropolismauern und der Unterschied des Baumateriales
dort ebenso begründet wie hier.
Ich habe Studniczka früher (Abh. 8. 510 f.) den Rat geben
müssen, sich doch die Zeit nehmen zu wollen, die Zitate, die
er gibt, etwas genauer anzusehen, damit er nicht das Gegen-
teil von dem behaupte, was diese aussagen. Ich möchte ihm
jetzt raten sich doch Zeit und Mülie zu nehmen, um einen
originalen Einblick in die Dinge zu gewinnen, über die er so
396
Ä. Furtwänffler
lauttönend sich v^ernetmen zu lassen gedenkt; er würde dann
vermeiden, dass derjenige, der eigene Anschauung von der Sache
hat, lächeln musa bei Bis Behauptungen, die wirklich nur er-
kl urbar sind bei völliger Unkenntnis der tatsächlichen Ver-
hältnisse. Wäre Studniczka je an Ort und Stelle in Adamklissi
gewesen» würde er nie so weit haben abirren tonnen.
Die technische Aufgabe des Baues am Tropaion und am
Soldatendenkmal ist, wie ich Abh. S. 469 hervorgehoben habe,
die gleiche: beide male handelt es sich um einen Bruchstein-
kern und Hausteinverkleidung, welch letztere hier wie dort
zum Teil glatt zum Teil verziert ist; ein Unterschied besteht
nur darin, dass am Tropaion zu der tektonischen auch figür-
liche Verzierung kommt. Es würde ganz verständlich sein^
wenn am Tropaion eben diese figürlichen Zutaten aus einem
anderen feineren Maieriale beständen als der Bau selbst; allein
dies ist nicht der Fall; das Ganze ist von unten bis oben aus
einem und demselben Materiale hergestellt, und die ornanien-
talen wie figürlichen Teile bestehen aus demselben Stein wie
die rohen Brocken^ welche, mit Mörtel gemischt, den Beton-
kem ausmachen,*) Und dasselbe ist am Soldatendenkmal d*T
Fall: auch hier besteht alles, Kern, Verkleidung, Zierstücke
aus einem und demselben Materiale — und dies ist ein anderes
als am Tropaion. Wenn, wie Studniczka meint, die Verschie-
denheit des Materiales durch das Anspruchsvollere des einen
und das Bescheidenere des anderen Baues veranlasst wäre, aa
müsste man doch erwarten, daas an beiden Bauten die ge^
längeren nicht sichtbaren oder unverzierten Teile aus dem einen
geringeren, die Zierstücke aus dem anderen Steine gearbeitet
^ien* Da dies nicht der Fall ist, muss der Orund doch wo
anders liegen.
*) Studniezka S, 14 ft^gt, ob ich ^verburgi'ir könne, »ia^s nicht in
dem Brtichtrteinkerne doch irgend ein Brock»?« tl»»8 anderen QpBteii)<>a wi
finden sei. In das Innere kon^n gelbst vorstand lieh Niemtind hineinsehe
alleiii der ganze biossliegende aasftere Umtütii; de« fi^iirne» and 4»h«
die ganze Bekleidung desselben zeigen mn^ to ahaolute Einheit des Ma-
teriales, «lasB damoü das Qleiche für diu Hicbtflichtbare ertdüoeecn wrr^
den mufts.
III, Zum Tropaiün von ÄdamUUsi,
397
Aach bei der Sfcadtraauer handelt es sich um wesentlich
dieselbe technische Bauaufgabe: Bnichsteinkem nüt Verklei-
dung von Quadern in Haustein. Studniczka spricht gar gering-
schätzig von den „schlichten Nutzbauten des Municipiums"^
die er doch durch gar nichts anderes kennt als durch das, was
ich über dieselben Abh, S. 469 kurz angedeutet habe. Er hätte
wenigstens dies etwas genauer ansehen sollen, ehe er urteilte. Ich
habe doi-t hervorgehoben, dass die Stadtmauern in ganz gross-
artig monumentaler Weise gebaut sind mit vorzüglicher Quader-
bekleidung des Bruchsteinkernes; ebenso die grossen sowohl
runden wie viereckigen Türme; auch hier die gleiche Aufgabe
wie an dem grösseren Teile des Tropaionbaues; allein das Ma*
terial ist das des Soldatendenkmals. Und ferner das grosse
basilikenartige Gebäude mit der „stattlichen Reihe grosser
Säülenbasen** (Abb. S. 469), die auf Postamenten stehen —
es war wahrlich nichts weniger als so ein verächtlicher Nutz-
bau, wie StudnicEka ohne jede Sachkenntnis redet, der in
seinem Gleichnis das Tropaion gleich dem Parthenon, die »Stadt-
bauten gleich den Akropolismauern setzt! — sondern ein ganz
prächtiger Säulensaal Wenn der Wechsel im Materiale, wie
Studniczka meint, dadurch bedingt gewesen wäre, dass man
gleichzeitig das eine &ir die vornehmeren, dos andere für die
geringeren Zwecke benutzt hätte, so müsste jener Säulenbau
notwendig aus dem besseren Steine bestehen; er hat aber das-
selbe Material wie die ganze Stadtanlage und das Soldaten-
denkmal; wogegen das Tropaion vereinzelt steht. Der Grund
muss also ein anderer sein: es kann nur der verschiedener £nt-
stehuBgszeit sein.
Nichts ist bekannter — und man sollte unter Archäologen
kaum daran erinnern müssen — als dass verschiedene Zeiten
bei gleichen Bauaufgaben verschiedenes Material zu bevorzugen
pflegten ; jede neue Ausgrabung lehrt uns neue Tatsachen dieser
Art. Besonders bekannt ist der Wechsel von Burgkalkstein,
ein von Kara, Piräuskalk, Konglomeratstein bei Fundamenten
Eid gewtihnlichen Mauern in Athen, oder der Wechsel von
Peperin und Travertin in Rom, oder der von pariscKcm,
Sd8
A. Furtwängler
hymettischem, pentelischem Marmor in Athen, wo überall der
Wechsel durch den Wandel der Zeiten bedingt ist.
Benndorf (S. 254 f,) glaubte den Wechsel in Adanikh'ssi
freilich auf eine sehr einfache Weise erklären zu können. Er
verweist auf einen früheren Bericht von Tocilesco über den
noch kenntlichen Steinbruch, aus dem das Material für das
Tropaion gewonnen wurde.*) Nach diesem Berichte liegt das
letzt-ere in der Tiefe der Gruben und darüber liegen andere
geringe Schichten, zu oberst Lehm, dann Kalkkonglomerat,
dann Löss, Benndorf identifiziert nun ohne weiteres jenen
„Kalkkongloraerat** mit dem Mat-eriale des Soldatendenkmals
und der Stadtanlage, und schlieast weiter, da jenes oben, der
Tropaionstein unten liege, sei alles aus jenem Stein gebaute
älter und das Tropaion jünger. Ein Überaus naiver Sehluss
— als ob in einer Steinbruchgrube jede Schicht von oben nach
unten einer Periode entspräche, und als ob man nicht nach
einem gesuchten Materiale gleich in die Tiefe gehen könnte;
danach müsste die erste Periode in Adamklissi nur Lehm ver-
wandt haben u. s, f. Dazu ist Benndorfs Identifikation jene«
^ Kalkkonglomerats** mit dem Materiale des Soldatendenkmals
und der Stadtanlage äusserst zweifelhaft; die Beschreibung,
von der Benndorf den Zusatz „das horizontale Schichtungen
zeigt und mit rötlichen Steinadem durchzogen ist* weglässt^
passt absolut nicht zu jenem Baumate riale; und dann kon-
statiert ja Tocilesco die „Spuren der antiken Meisself üb rung",
die von dem säubern Herausarbeiten grosser Blöcke zeugen^
nur an der unteren Schicht, der des „kostbaren* Tropaion»
Steines. Das Material des Soldatendenknuüs und der Stadi-
anlage muss nach dieser Beschreibung offenbar aus ganz an*
*) Herr Tocilesco hatte auch mich an Ort und Stelle in AdamkUati
auf dia £xUt6nz dieser Brüche aufnitirkttatii gemacht; zn ihrem Beeuolie
blieb leider keine ZoH- Beim N' - iben von Abh. 8* 470 war mir
*die Existetis; der BrUche alk*ri3iti: ll-d; von dtii drei Gründen do»
Wecbael«, die ich dort zur Wahl stellte, sollte nur d«y dritte anf^vftlhrt
werde«: .weil «le — die eipäterrn Archit«lct4m — f**^ ».- r,,...,pr.r .., i.a^
arbeiiendet wdchertt Material suebtca^.
III, Zum T^opaion von Ädamklijtsi,
399
deren Brüchen stammen; die beschriebenen waren nur die des
Tropaionbaoes.
Benndorfs , merkwürdig einfache** Lösung des Tropoion-
problemes, mit der er allein schon meinte mich ganz wider-
legen zu können, ist denn auch sa merkwürdig, dass selbst
Stndniczka (S, 13 und S. VI) den Schluss aus der Schichtung
auf die Zeit der Verwendung nicht angenommen hat.
Der Material Wechsel in Ädamklissi ist also durch den
Wandel der Zeiten zu erklären. Da wir jetzt das Soldaten-
denknial und die Stadtanlage als doraitianisch ansehen, so
würde die traianische Datierung des Tropairm jener Forderung
schiedener Entstehungszeit desselben entsprechen. Allein
ler Gedanke an diese Datierung unter jener Voraussetzung
wird ja allein schon ausgeschlossen durch den Namen der Stadt
Tropaeum, der die Existenz des Tropaion zur Zeit der Stadt-
gründung voraussetzt; auch das passt nicht, dass nicht nur die
Stadtgründung, sondern auch die ganze ihr folgende Bautra-
dition in der Stadt, also auch die der traianischen Zeit, daa
vom Tropaion verschiedene andere Material verwendet, indem
der Tropaionstein in der Stadt zu Quadern überhaupt nicht
mehr benutzt worden ist.')
Es bleibt also nur übrig, dass das Tropaion älter ist als
die domitianische Epoche. Das schon vorhandeue Tropaion zog
unter Domitian da& Ehrendenkmal für die unter Cornelius Fus-
cus Gefallenen an sich und gab der nahebei entstehenden Stadt
den Namen. Dies ist gewiss an sich schon die natürlichste
Folge der Ereignisse, und das Umgekehrte, dass das kleine
Ehrenmal das Tropaion zu sich gezogen hätte, ganz unwahr-
scheinlich. Auch ist das Tropaion etwas, das in einem frisch
eroberten Gebiete als Wahrzeichen der neuen Herrschat^ vor-
trefflich passt; der Eroberer muss sein Heer aus der Gegend
zurückziehen, da er an dauernde Besetzung noch nicht denken
kann; allein er hinterliisst ein unverwüstliches Zeichen seinem
*) Vgl. Abk. S, 469. Nur Seh welle nsteine ond auch jejue« stümper-
hafte konstatitinische Tropnion (Mon. v. Adamkl. S. 100, Fig. 126) sind
imn dem hiirten Trupttionsteine gearbeitet.
400
A, Furtwän^ter
Sieges (Tgl. Abk. S, 482). Dagegen das Ehrenmnl der 6e^
fallenen nur verständlich ist auf fest und duuernd besetztem
und besiedeltem Boden; es verlangt die römische Stu<li \u A*^r
Nähe, verlangt Kultus und Pflege.
Meine Hypothese, dass das Tropaion von Crassus, dem
ersten Eroberer dieser Gegenden, errichtet vrorden sei, ent-
spricht den dargelegten Indizien. Die historischen Bedenken,
die Cichorius S. 12 ff. dagegen vorgebracht hat, scheinen mir
nicht stichhaltig zu sein. Er bezweifelt, dass die nötige Zeit
für den Bau des Tropaions in Cra^ssus' Feldzug zu gewinnen
seL Offenbar mit Unrecht. Wir lassen es dahingestellt, ob
Crassus' zweiter Feldzug erst im Frühjahr 28 v. Chr. (Cich,
S. 14) oder, wie ich (Abb. S. 483) annahm, im Winter 20/28
begonnen habe; da die Barbaren regelmib^g im Winter übor
die nur dann für sie passierbare Donau zu setzen iind ihre
Einfiille zu macheu pflegten und Crassus nach Dion nur un-
willig aufbrach {aHoyy l^uvioirf}^ so wird der Winter wahr-
scheinlicher sein; allein abgesehen davon bleibt für den von
Dion erzählten Feldzug die Zeit bis in das Frühjahr 27 v. Chr.,
da Crassus erst am 4. Juli dieses Jahres in Born den Triumph
^ex Thraecia et Qeteis' feierte. Crassus musste jedenfalls eine
nicht zu kurze Zeit in den neu eroberten Gegenden verweilen,
indem er mit all den einheimischen Fürsten zu verbandeltj hatte,
denen er als römischen Vasallen den Schutz der neu gewonne-
nen Donaugrenze übertrug, und indem er nach Erledigung dos
grossen Krieges noch verschiedene kleine Stämme, die sich bis
dahin nicht ergeben hatten, besonders die Artakier, zu be-
kriegen hatte. Diese Umstände setzen gerade ein nach dem
Hauptsiege folgendes längeres Verweilen des Crassus in dem
Gebiete voraus. Und während dieser Zeit eben wird, wie ich
annehme, eine aus den dafür Geeigneten gebildet« Abteilung
des Heeres — Belbstverständlich musste nicht, wie Cichorius
(8. 13) meint, «die ganze Armee ausaclüiesslich für diese Bau-
arbeit verwendet* werden — das Tropaion errichtet haben.
Die dafür nach der von mir Abh. S. 4B1 erwähnten fachmin'^
nischen Berechnung nötig« Zeit von ungefähr sechs Monatifii
in. Zum Tfopaion von
401
ist innerhalb der gegebenen Zeitgrenzen offenbar verliigbar ge-
®en. Man hat jene Berechnung angezweifelt; Studnicaka
18» 8 teilt mit, dass der Arckitekt H. Jacobi ihm zwei Jahre
als Minimum angegeben habe* Mein Gewährsmann war der
L Architekt; Dn ing, E. ß. Fiechter in München. Vorausgesetzt
war natürlich grösstmögliche Arbeitsteilung und eine reichliche
Arbeiterzahl, so dass gleichzeitig der Betonkern errichtet und
die Steine für dessen Bekleidung und Krönung zugehauen
|lfiirden. Auch in unseren Tagen sieht man ja oft, wenn es
feilt, Bauten, die sonst unter gewöhnlichen Umständen Jahre
brauchten, in wenigen Monaten entstehen, ür, ing. Fiechter
■ hat jetzt die Gefälligkeit gehabt unter Zuziehung des grossen
Bau- und Stein geschafis Zwisler und Baumeister in München
die Berechnung der notwendigen Bauzeit des Monumentes noch
genauer auszuführen, woraus hervorgeht, dass die Annahme von
Petwa sechs Monaten reichlich genügt.')
Wenn Cichorius es ferner (S. 15) unwahrscheinlich findet,
dass Crassus den Bau ^mitten im Feindesland* emchtet habe,
I
') Dae genannte Rallg^^srbäfl. berecbnet die Zeit fnr die Stüinmetz-
arbeit auf ea. 1*/^ Jahre (450 Tage), wenn 18 Mann werktäglich »ehn
Stunden arbeiten ; uuf 135 Tage, wejin 60 Steinmetzen angenominen wer-
deiii eine Zahl, die gewias nicht zu hoch gegriffen ist. Dazu kämen dann
ca. 100 Leute am Baue (50 Bauarbeiter, 50 Hilfskräfte); ferner die Arbeiter,
welche die Steine in den nahen Brüchen brechen und auf den Platz
transportieren, eine Arbeit, die ständig neben der Herrichtung und dem
Aufbau fortgehend anKiinehmen wÄre. Für die Maurerarbeit sind hei
einer Zahl von 50 Mann am Bau «nd 360 Mann drauasen rund 120 Tage
au berechnen; die Arbeiterzahl konnte aber leicht eine höhere iiod da-
mit die Arbeitflzeit eine noch geringere sein. Die Stein- und Mauj-er-
axbeiten gingen sicher ju einem groäsen Teile nebeneinander her, bo
daM sich» bei der angenommenen eher zu niedrig als «ii hoch gegriffenen
ArbeiterzaKlf eine eigentliche Bauzeil von immer noch nicht mehr ah
cü, fünf Monaten ergäbe. — Dr. Fiechter weist auch darauf hin, da^a
der Aufbau eigene Substruktion bat. man also nicht etwa auf das Er-
härten des groasen Kerns zu wai'ten hatte (technisch wfire es leicht niög-
licb gewesen den Aufbau auf den Bruchsteinkem 2u 9t.ellen, wenn man
diesen hätte völlig erhärten lassen, waa ab^r 10—12 Monate erfordert
hätte).
402
A, F'urtwänifter
so ist dies nicht zutreffend; denn für Crassus war die Oegend
nicht mehr ^Feindesland**, indem er alle Öegner besiegt hatte,
das Land bis zur Donau für Uom in Anspruch nahm UDd die
einheimischen Fürsten zu römischen Vasallen machte, denen er
die Obhut der Grenze Übergab und damit auch die des Siegen
denkmals. Dass das Tropaion dann in der Folge trotz mancher
Barbareueiotalle im wesentlichen unversehrt blieb, ist bei 86iner
Bauart und bei der Unfähigkeit der Barbaren, mit ihren Mittehi
ihm etwas anzuhaben, nichts wenigem als •unmöglich*', sondern
vielmehr sehr natürlich.
Femer meinten Benudorf (S. 257), Cichorius (S. 15 f.) und
Studniczka (S. 9), meiner Annahme stünde die Tatsache im
Wege, dass Mars Ultor erst seit dem Jahre 2 v, Chn mit der
Inauguration seines Tempels zu dem ^ obersten Siegesgotte der
Armee* wurde. Allein was sollte denn Traian in dem von
mir gesetzten Falle, indem er die Wcihioschrift an dem Baue
anbrachte, der ohne jede Inschrift dastand, anderes tun als was
er tat? Er musste doch einfach als selbstverständüch an-
nehmen, dass das Tropaion dem Mars Ultor gehörte, und so
durfte er es ihm auch restituieren; er war ja kein Archäo-
loge; seit melir als hundert Jahren war Mars Ultor der Gott,
dem alle Siegeszeichen römischer Heere gehörten; dass der
frühere rumische Feldherr, der Erbauer des inschriftlosen Tro-
paions dasselbe etwa nicht dem Mars habe zu weihen beab-
sichtigt, das konnte Traian gar nicht annehmen; für ihn musste
Mars Ultor der rechtmässige Besitzer des inschriftlos überkom-
menen Denkmals sein.
Man hat es endlich unwahrscheinlich gefunden, daasCraaaus
die beabsichtigte Inschrift nicht angebracht habe (Cichorius
S. 17, Studniczka S. 7 f.); doch ohne die Sonderart der hier
vorliegenden Verhältnisse zu würdigen, die mir jene Annahme
als sehr naheliegend erscheinen lassen (vgl. Abb, 8. 485). E»
war wahrlich keine «Übergroese Gewissen haftigkeit*, wenn
^Crassus bei seinem Auftraggeber wegen V" -7 der Inschrift
st anfragte» sondern einfache Notwt. Weuu die
Athener in einer Ehreninscfarift (CIA lU 57^2) dem Crassua
III, Zum Trapaion von Adamklüsi
im
den von ihm gewtinscliten und beanspruchten Imperatortitel
gaben, so mochte dies leicht hingehen; allein etwas ganz an-
deres wäre es gewesen, wenn Crassiis selbst sich an dem Mo-
numente für die im Auftrage Octavians erfochtenen Siege den
Imperatortitel beigelegt hätte; dies durfte er als kaiserlicher
Mandatar keinenfalls ohne Ein vernehmen mit Octavianus wagen.
Die Fassinig der Inschrift an einem solchen Monumente war
nichts unbedeutendes, sondern eine grosse und wichtige Sache
nach römischer Auffassung. Ein deutliches Zeugnis von der
Diiferenz zwischen Crassus und Augustus ist die Tatsache» dass
Crassus zwar den Triumph durchgesetzt hat, nicht aber den
Imperatortitel und nicht das Recht die Waflen des Deldon als
spolia opima zu weihen. Die Inschrift an dem Tropaion unter-
blieb, wie ich annehme, weil ein Einvernehmen mit Augustus
sich verzögerte oder wohl gar nicht erzielt ward, indem Augus-
tus in der Verweigerung des Imperatoiiitels beharrte und ihn
sich selbst beilegte. Crasaus hätte Augustus als den Weihen-
den in der Inschrift nennen müssen; es wird sein Trotz ge-
wesen sein^ wenn er nun auf die Inschrift überhaupt ver-
zichtete, die unter diesen umständen für ihn keinen Wert
mehr hatte. Einen Nachklang dieses Streites glaube ich noch
in dem Umstände zu sehen, dass Augustus im monumentum
Ancyranum des Feldzugs des Crassus und seines Sieges gar
nicht erwähnt. Und doch war dieser eine gewaltige Sache ge-
wesen; denn zur Zeit des aktischen Krieges fürchtete man in
Italien die ägyptische Flotte nicht mehr als die Daker und die
Geten (Mommsen, mon. Ancyr.* p. 130), und von dieser Furcht
ward Rom zunächst durch niemand anders als Crassus befreit.
Drum musste Augustus ihm auch den Triumph in Rom ge-
statten; in der für ihn prinzipiell ungleich wichtigeren Frage
des Imperatortitols blieb er beharren.
War aber die beabsichtigte Inschrift an dem Tropaion van
dem Erbauer nicht ausgeführt, so bot sich nachher natürlich
kaum Gelegenheit dies nachzuholen; es war ja auch schon
technisch nicht leicht und nicht ohne Gerüst zu machen; und
wer sollte gewagt haben es zu tun? Es war Traian vorbe*
404
A. FurtiOängilBr
halten, der j^herba parietaria*, dem Kaiser, der die Leiden-
schaft hatte» seinen Namen in monumentalen Bauinselirifteo
verewigt zu sehen- Diese Schwäche des grossen Kaisers uA
wohl bezeugt durch Konstantin, und ich glaube immer noch
annehmen zu müssen, dass dieser seinen Vorfahren auf dem
Throne doch besser gekannt hat als alle modernen Gelehrten
zusammen. Die Anregung, das inschriftlose Monument mit einer
Inschrift zu versehen, das offenbar Fehlende nachzuholen, winl
von den durch Traian in der Stadt Tropaeum angesiedelten
Veteranen, welche die Liebhaberei des Kaisers gewiss kannten,
ausgegangen sein. Die in der Inschrift von uns vermutete
Fassung ^resHitd iussit'^ passt sehr gut zu dieser Annahme*
Unsere Kenntnis des Denkmals verbietet zwar irgend eine
durchgreifende wesentliche Ilestauration anzunehmen, nicht aber
Ausbesserung im Kleinen« Reinigung und Instandsetzung, die
in der auf Befehl Traians erfolgten Restitution enthalten zu
denken sein wird.
So scheinen mir die historischen Bedenken, die man gegen
meine These vorgebracht bat, nicht haltbar zu sein; und das
gleiche ist der Fall mit den kunsthistorischen, die namentlich
Studniczka zu sarimieln sich bemüht hat* Im Gegenteil, meine
These wird ebenso von den historischen wie von den kunst-
historischen Verhältnissen gefordert. Da ich über das Kunst-
geschichtliche an anderem Orte eingehender zu handeln ge-
denke, verweise ich hier nur auf meine früheren Ausführungen,
die ich in vollem Umfange aufrecht erhalte und die sich nair
immer und immer — auch durch das was Studniczka beibringt —
bestätigt haben. Studniczka hat trotz allen Bemühens auch
Dicht einen einzigen Punkt aufdecken können, der den Ver«
iteiJigem der traianischen These irgend etwas Festes, Ent-
i scheidendes in die Hand gäbe. Dagegen muss er viele Punkte
berühren, die aufs Deutlichste die frühere Datierung empfebleiL
Tatsaclie ist und bleibt vor allem, dan^s es aus truianiscfaer
Epoche etwas mit dem so eigenartigen provitiziollen liarteti
iStilcharakter des Monumentes von Ädamklissi irgend Vergleiche-
bares nicht gibt, wohl aber nnu augusteischer J^eit. Das einzige
XII. Zum Tropaion von Adtimklitsi.
405
I
I
erhaltene monumentale Beispiel eines anaIo]^en Stiles ist der
Bogen von Susa mit seinen KeliGfs, und im Gebiete der niedri-
geren Kunst finden sich die Änalogieen nur in den Irührötui-
sehen Grabsteinen wieder.
Über die seltsame Behauptung von Petersen und Studniczka,
die Reliefs von Adaniklissi seien denen der Traianssäule stilistisch
ähnliüher als denen des Susa-Bogens, wird man am besten
schonend schweigen. Es ist ein arges Beispiel, wie weit Vor-
eingenommenheit blind macheu kann, so dass alles Wesentliche
nicht mehr gesehen wird. Ich fordere jeden Unbefangenen
auf, die IMiotographieen der Traianssüule neben die von Adam-
klissi und Susa zu legen und dann zu sagen, was sich mehr
gleicht. — Der Fehler von Petersen und Studniczka liegt übri*
gens auch darin» dass sie immer reden, als ob Susa und Adam-
klissi Werke einer primären, aus sich emporstrebenden Kunst
wären und als ob Komposition, Baume, Verkürzung, Schmerz-
ausdruck u. dgl Dinge wären, die in Augustus Zeit noch gar
nicht existierten und selbständig hätten geschaffen werden
müssen. Doch genug von dieser Verirrung.
Tatsache ist ferner, dass es keine erbauten TropUendenk-
mrder gibt, die später wären als die augusteische Epoche (vgl.
Benndorf S. 261), dass aber aus dieser und der nächst voran-
gegangenen Zeit eine Reihe schlagender Parallelen zu Adam-
klissi bekannt sind. Diese wichtige und wesentliche Tatsache
sucht man vergebens zu verschleiern.
Ich habe Abh. S. 480 das 7/6 v. Chr. errichtete Tropaion
von Iju Turbie, die tropaea Augusti, einen dem von Adamklissi
verwandten, doch reicheren Bau genannt. Benndorf glaubt
jetzt (S. 265 f.) sagen zu können, das Gegenteil davon sei
richtig, der Bau stehe ,in vollkommenem Gegensatze'* zu Adam-
klissi. Wieder ein merkwürdiges Beispiel von Unfähigkeit, das
Wesentliche zu sehen. Weil La Turbie keine Wiederholung
7on Adamklissi ist, sondern eine den lokalen Verhältnissen
atigepasste Variante, soll es im Gegensatze stehen! Das ge-
meinsame Wesentliche wird ganz übersehen. Welch kUmmer^
lieber Begritf von augusteischer Kunst, als ob sie nur dasselbe
1«04. 6it<g«t». d. ptaiOL-ptaiDl. a. d. hfit. Kl. 27
i
A, Furiw&ngftr
wiederholen, nicht frei Tariieren durfte! Und bei dar Fb
des axigeblicheD Gegensatees pariert Benndarf noch mn sehlk
nies Versebeo: er sagt «als Basis des Siegeszeichens' «1
Adamklissi «ein rings in die Breite weit ausgreifender .
nerter Tomnlus*, tn La Tnrbie »ein hocbcjlindrischer gesault
Etagenbau*. Benndorf war hier wohl noch in der alten von
mir beseitigten falschen Rekonstruktion Ton Adatnkliasi
fangen! er hätte sagen müssen, die Basis des Tropaioms
dort in Adaniklisai ein sechseckiger Tunn, der auf runder, hier
in La Turbie ein runder Turm^ der auf viereckiger Basis mbt*
Das ist der gan^e ^Gegensatz*. Die Yerscbiedenbeit der Pro-.
Portionen aber, dort gedrungener breiter, hier schlanker höhn
ist ja offenbar aus den gänzlich verschiedenen örtlichen VerJ
hältnissen entsprungen, und wird dem Betrachter an Ort und
Stelle sofort klar: das Tropaion von La Turbie liegt auf delf
Höhe eines steilen Berges oberhalb Monaco Qber dem Meere«
Adamklissi auf dem breiten Rücken einer weiten leicht g^
wellten Hochebene, Für den Architekten, d^r auf kQnstlerisdie
Wirkung bedacht war und nicht, wie Benndorf zu verlungen
sclieint, nach Schablone arbeitete, ergab sich dadoreh jene
vollkommene ^.Gegensatz*: er muaste die Tropaionbasb in
Turbie schlanker emporstreben, in Adamklissi breiter ooc]
m;issiger ausgreifen lassen. Deshalb mi dort auch die Basi«
viereckig T hier rund. Das Wesentliche aber» die eigeoUiche'
Bauidee, der aus mächtiger Basis aufsteigende Turna als Tri*
ger des Tropaion», »owie der Wechsel von rundem über vie
eckigem oder poljgonem über rundem Geschoss ist hier wiel
dort ganz gleich. Dieser Wechsel ist ein spezii'll hellenistischer i
Baugedanke und erscheint, wie H. Thiersch nachzuweisen im
Begriffe ist, insbesondere schon an dem berühmten Pharos vottj
Alexandrien,
Benndorf hat das Verditmst eine ältere Rekonstraktioii de
Tropaions von La Turbie aufgespürt und neue Rekonstruktiaiis-l
versuche veranlagst zu haben, die ein .fippn^iimativr *''■ - Hit-|
>ild* geben mögen.*) Indium der das Tropaion trag.
rm
*) In den MC»m, dö centeDaire de l* »oc. nat tki aatj<|tuwM d#j
Ilt, Zum Tropaian von Ädamkliasi,
40?
mit einem Kranze freistehender marnionier Säulen in zwei Ge-
s<;ho8sen geschmückt war, erhellt rleiitlich, dass der Bau ^rei-
cher* als der von Adaiuklissi war, wie ich früher hemorkte.
Ich habe im Herbste 1903 das Monument von La Turbie
besuchen und in Müsse studieren können. Der Eindruck, den
die gewaltige Ruine in ihrer herrlichen Umgebung noch heute
macht, ist ein ausserordentlicher. Was mich aber, nachdem
ich gerade ein Jahr vorher auf der Basis des Tropaions von
Adamklissi gestanden hatte, geradezu überwältigte, war die
Evidenz der Gleichartigkeit beider Ruinen. Ich mächte allen
denen, die über das Adamklissi-Problem etwas lernen wollen
und nicht schon alles zu wissen vermeinen, raten kurz hinter*
einander die beiden denkwürdigen Ruinenplätze La Turbie und
Adamklissi zu besuchen. Der Eindruck höchster Gleichartig-
keit des Baues ist von zwingender Kraft; mit Worten lässt er
»ich nicht beschreiben. Es sei nur darauf hingewiesen, dass
hier wie dort ein Turm aus Quadern von unten aus empor-
steigt und unten eingebettet ist in einen niHchtigen massiven
Bmchfitein-Betonkem, der nur dort viereckig, hier rund ist und
nach aussen mit (Quadern verkleidet war. Man weise mir einen
wirklich analogen Bau aus der traianischen oder überhaupt der
späteren Kaiser-Zeit nach und ich will gerne daran lernen.
Bis dahin aber halte ich mich an die Überlieferung, welche
derartige Tropaion bauten in nachaugusteischer Zeit nicht mehr
kennt, und sehe ferner eine weitere Bestätigung meiner Datie-
rung von Adamklissi in der, wie ich früher schon bemerkte,
so 9 überaus verwandten" Gesamtanlage und, wie ich neu hinzu-
fügen kann, überraschenden Gleichartigkeit der Bauausführung.
Die Krönung beider Bauten, das Riesentropaion mit den
jtwei am Boden sitzenden traueniden Figuren muss, wie Benn-
dorf selbst zuerst erkannt hat, hier und dort ganz gleichartig
gewesen sein.
France 1^4; kurz ist d&s Wesentliche zusummeugefasst in Oiterretch«
JühreBh. 190S, H. 204 f. Die eratere Publikation enthalt eine gute pboto-
gniphläche Änaicbi der Ruine sowit* atiaaer dem Niemannschen noch
einen etwaa ab weich enden Eekonatiuktionsentwurf von WUberg,
87*
408
A. FuHwangUr
Zu dem unteren kreisninden, zinnengekrönten Teile de«
Denkmals von Adamklissi hatte ich (Abb. 8.481) als Däch«d
vfTwandt den aus der augusteischen Epoche vielfach erhnltenfl
und gerade damals zweifellos sehr beliebten Grabmaltypus vei
glichen, von dem die Caecilia Metella das bekannteste Exen
plar ist; ich nannte noch da«» Grabmal der Plautier bei Tibü
und hätte als besondei-s gute Beispiele noch anführen könne
das Grab des Munatius Plancus zu Gaeta (vgl. Benndorf S. 26S
Anm. 17)i das schöne Grab in Villa Patrizi %\x Rom (Stud
niczka S. 21, Anm. 12), die Fragmente eines gleichen aus F«
lerii in Berlin (Skulpt. KataK 992; Studniczka S. 50) sowiJ
mehrere Beispiele an der Via Appia, die, soweit erhalten^
Kunstfornien ein Urteil gestatten, alle früh sind. Das Wc^senk
liehe dieses Grabtypus ist die einem kreisrunden Festungstur
gleichende quaderbekleidete und zinnengekrönte Gestalt. De
obere Abschluss mit «amt den Zinnen ist zum Teil reich ver^
ziert. Diesem durch datierte Beispiele als in der letzten re
publikanischcn und der augusteischen Epoche beliebt erwc
senen Grabtypus folgt der kreisrunde unterbau des Monument
von Adamklissi. Allein bei jenen Grabujäloni ist der Hund^
türm das oberste, die Krönung des Monumentes; liier
Adamklissi sollte er nur die breite Basis für den empomtci^
genden sechseckigen Tu nn bilden; daraus ergab sich natürlich
dass, der ganz verschiedenen Funktion entsprechend, der Uund^
bau dort schlanker, hier gedrungener gebildet werden niusst
Dies hat Studniczka wieder gar nicht verstanden; er stellt dii
gedrungene Kundform von Adamklissi, die ein spätes ,Archai-l
sieren*^ bekunde, mit der des Mausoleums Uadrians zuüannnei;
und will dies für die traianiKche Datierung von Adamklissi be
nutzen. Überhaupt hat nmn ujir die raoles Hadriani eutgegen-*|
gehalten als nahe Analogie zu Adamklissi» die für dessen traia
nischen Ursprung zeuge. Ich hatte sie früher aU Analogii
nicht gelten lassen, weil der llundbau des Mausoleums nieblj
als glatter Turm, ^sondern von Silulen oder Pilastern umgi^bonl
rekonstruiert wird; Benndorf S. 262 und Studniczka S, 21 f
nehmen die Rekonstruktion mit Pilo*tera an, dw ünter»cbii
JII, Zum Tropaion t?o?i ÄdamkliBm.
409
ist aber unwesentlich für diese Frage; sie hätten weitergehen
und darauf hinweisea könnea, dass auch die Bekleidung mit
Pilastern gänzlich willkürlich ist und der Bau violleicht wirk-
lich jenem Typus der glatten Hund türme angehörte. Auis den
Proportionen aber (die übrigens nicht einmal genau bekannt
sind, da die Hr»he des ganz überbauten Rundes unsicher ist)
ist nichts zu schliessen; denn wir wissen nicht, wodurch sie
motiviert waren; wahrscheinlich wie bei Ädamklissi durch
den Oberbau, der aber hier gänzlich unbekannt ist; ein
rundes Friesstück wird zwar von demselben stammen (Riim.
Mitth. 1893, 323), allein in welcher Hohe und in welchem Ge-
schoss es sass, ist unbekannt. Es ist also nicht unmöglich,
dass die moles Hadriani Ädamklissi näher war als Benndorf-
Studniczka annehmen, die ohne Kritik die letzt veröffentlichte
Bekonstruktion zu Grunde legten. Allein was wäre daraus zu
liessen? Die Tatsache, dass der Rundturmtypus bei Grab-
'^Slern gerade in der augusteischen Zeit besonders beliebt war,
der gegenüber man nur ein einziges vereinzeltes kleines Beispiel
antoniniseher Zeit in Kordafrika hat namhaft machen können,^)
wird eben zu dem Schlüsse führen, dass Hadriiui sich an Vor-
bilder jener Epoche angeschlossen hat. Dazu passt recht gut,
dass die Stierkopf-Guirlanden^Friese des Hadrianischen Baues
sich offenbar als, in der Ausführung freilich schon weit ab-
stehende, Nachbildungen augusteischer Vorbilder bekunden:
das Ornament war in jener Epoche überaus beliebt. Wir wissen
aber femer, dass Uadrian das Mausoleum als Ersatz für das
das Augustus baute, indem das letztere voll war und eine neue
Grabstätte tllr die Kaiser notwendig wurde (Dio (>9, 23), Schon
deshalb offenbar scbloss sich Hadrian an einen augusteischen
Typus an. Auch das Mausoleum des Augustus war bekannt-
lich ein gewaltiger Rundbau, der uns leider nur sehr schlecht
bekannt ist; über demselben stieg ein mit Bitumen bepflanzter
Tumulus an. Es liegt der alte Tjpus des Tumulus auf ge^
1) Studnicstka S. 20, Grab des Q. Lollitia ürbictis bei Cirta, Gaell,
MöTi. de TAlg^rie !I, 9Ö. — Der Rtindturra von Attakna, den Stiidnic»ka
8. 23 auch beiÄuzieht, i«t nicht datiert und von j^w^ifelbufter Bod^utnng,
410
X FmHwmtfUr
mAueriem Unterbau zu Grunde, Der Kund bau des Hu
Uausoleums war im wesentlielieii durdi dies Vorbild bciding
so TerscliiedeD auch die Aosgettaltung im einzelnen gewm^
seüi tDi^.
Studniczka hat dann die Einzelformen des I>enkmals ro
Adamklissi behandelt. Keine einzige Form ist es ibm
langen etwa als Indaiiiseh nachzuweisen; dagegen vieles ro
dem, was er gesanmidt hat, auf die frühe Datierung binweij
So die »Zwei^feiler* mit den ,Metop«*n**, ein Mutir, da
hellenistischen, spätetniskischen, frührGmischen und frdlmagu
äteischen Beispielen eigen ist; so femer das Motiv des g^
schmückten Zinnenkranzes; so die Eigenart and Yerwendund
de>s Strickornamente^ die an dem Späth ellenistischen oder früh«^
rdmischen ,Absalomgrab* seine nlicliste Analogie hat (Htudi]
8. 76) und vieles Andere, wofQr namentlich auch die früh«
provinziellen Grabst*^ine Analogieen bieten, über all die
werde ich^ wie schon oben bemerkt ward, an anderem Or
eingehender handeln. Von dem Akanthoskelch am Panzeü
über den ich Abb. 8. 510 ff. gegen Studniczka sprach, gili
dieser jetzt (S. IH) selbst zu, dass er wohl schon vor du
Flavier zu datieren sei. Es ist sellsam» wie man gerade die
in der augusteischen Dekorationskunst so ganz besonders be-
liebte Motiv hat meinen können gegen au-
verwenden zu dürfen. Das Kapitel Sti,
Akantfaosranke S. 93 ff. übersieht wieder das Wesentliche: di|
Umgestaltung der älteren StieURank«^ zu der Blätterranki^
in augusteischer Epoche bereits vollkommen vollzogen. Diö
Form in Adamklissi ist ein trockener provinzieller Auszug auB_
dem, was die Vorbilder der grossen augusteischen Kunst boten
Wie gänzlich verschieden aber diese magere knH[»i»e Uank^
nebst ihren zierlichen Vügelcbtjn von der wuchtig sehwüLstigeji
Pracht traianischer Friese ist, lehrt ja gerade die Nebeneinander
Stellung von Studniczka S. 94, Abb. 54, &5. Doch auch hier
über auderwiirf ^ -.
In dem . • Ober die Reliefs hat Studujczka ei»
gute Beobachtung mitgeteilt Benndorf hatte bekanntlich
TU, Zum Tropuion x^n AdamMhw^
411
meint, auf einer »Metope* (Nr. 6) ,vollkoniraen deutlich* eine
statuarische Gruppe. Kaiser Traian als Reiterstatue über einen
Barbaren reitend dargestellt zu sehen, was ich als verfehlt
zurückwies (Abh. S. 490). Studniczka (S, 146) weist jetzt auf
ein Relief aus Ljdien hin (abg. bei Sfcudo. S. 134 Fig. 70),
das eine auffallende Verwandtschaft mit Adamklissi bekundet
in dem ganzen hölzernen Stile und besonders in der Wieder-
gabe TOn Ross und Reiter; auch hier stehen die Ilinterbeine
des Rosses auf einem gerade abgeschnittenen Stücke stehen-
gelassenen Kelietgrunds! Mit Recht betont Studniczka die auf-
fallende Übereinstimmung in dem „so befremdlich irrationalen
Detail**. Wenn das Relief ihm nun nur auch den Gefallen tun
wollte und sich in Traians Zeit datieren Hesse! Allein — es
hat eine Inschrift — und diese benennt den Reiter als rdtog
ViQ^avixdg^ sei es des Drusus Sohn oder dessen Sohn Caligula,
der als Besieger der Germania dargestellt ist. Es ist zu fatal,
wenn irgendwo einmal etwiis mit Adainklissi wirklich Zusam-
menhängendes herauskommt — es ist allemal früh und liegt
weitab von Traian!
Studniczka verweist auch auf ein Relief aus dem Hau ran
(bei Clermont-Ganneau, Etudes d'archeoL Orient I (1895) p. 179),
das wiederum einen solchen Reiter mit der scheinbaren Plinthe
unter den Hinterbeinen des Rosses zeigt; derselbe schiesst Bogen
auf einen schlangenbeinigen Giganten. Der sehr hölzerne Stil
ist Adamklissi verwandt. Eine Inschrift fehlt; es nützt uns
also hier nichts; nach allen Analogieen prorinzialer Kunst ist
es früh zu datieren.^)
Benndorf und Studniczka haben es verschmäht die Ent-
wicklung der provinzialrümischen Kunst, in der ich einige
Grundzüge bestimmt zu haben glaube, zu verfolgen; der ihnen
freilich sehr wenig paösenden Tatsache, dass alle datierbaren
stilistischen Analogieen zu Adamklissi der augusteischen oder
^) Die ErkUirung von Clennont-Ganneau , ea stelle Ma]rim]aD und
Diokletian dar, igt gänzlich auB der Luft gej^riffen und verfehlt. GlfT-
mopt-Gunneau ist noch in der gewöhnlichen Meinung befangen, wüa
UMcböii «ei, müese mögliclist ip&t datiert werden.
412
A, Kurtwäntjfer
frühkaiserlichen Zeit angehören, stellen sie nur das bequemo
alte, einfach auf Unkenntnis beruhende Gerede von der aDgel>«
liehen ^Zeitlosigkett* aller , Pfuscherei* entgegen.
Allein der Stil ist ja nur ein Grund gegen die traianiaclie
Datierung des Tropaions, und zwar einer, der für mich erst
sekundär hinzukam. Die Hauptsache ist ja immer, dass die
ganze Tracht und Bewaflnung der Römer im voUaten Gegen-
satze zu der traianischen Epoche steht und dagegen in Z4ihl-
reichen wichtigen Punkten auf eine bedeutend frühere Zeit
weist; sowie ferner, dass die Tjpen der Feinde der Kömer
ganz andere sind als an den die traianischen Kämpfe Terherr-
liebenden Denkmälern; und endlich, dass das Tropiiion histo-
risch in der ti*aianischen Epoche absolut unverständlich wäre.
Die Verfechter der traianischen Datierung müssen ao-
nehmen, dass dieselbe Armee, dieselben Legionen in Bildrrn
desselben Krieges an der Säule Traians und am TropaioQ in
gänzlich verschiedener Ausrüstung dargestellt worden seien!
Früher hat Benndorf versucht den dem Tropaion unjjekannten
Schienenpanzer der Traiansäule als eine frei erfundene Kunst-
fonuel hinzustellen, was dann durch die Auffindung von Ori-
ginalen solcher Schienenpanzer erledigt worden ist (vgh Ablh
S. 478). Jetzt behauptet man (Petersen S, 71; Benndorf S, 259;
Studniczka S. 120)/) Traian habe wohl gleich nach dem Kriege
mit einem Schlage die ganze Bewaffnung jener Legionen total
geändert, und die Süulo zeige dann diese R4ffor0ieo, nicht die
wirkliche Rüstung des Krieges! Und die Barte, die den Adam-
klissi-Soldateu (bis auf eine zweifelhalle Ausnahme^)) fehlen,
') Studniczka übergeht die ganze ftindiinjentule für die Datienanf»*
fra^je entscheidende Differ<*nz der lipwiiffmmg und l»»gt dagfgen aufitwd
Liklle Beh-i»ptiifi**eii ' nif dio Kniehosen und den Pf^ndfr
rJchmuck, die zur 1 . int nirlii zu verweiidcn niiul. Uh
Ktiichoaen aiod sicher ücbon vortmiHiiisc-h naebge wichen und «iud bei dar
überhaupt in Adttüiklingi d ar freut idUün Wint^rtmcht ja «uhr boffrfiflich.
Df^r Si'htnnck der Home mit B(*hansr idt abor ffanst tiich^r aaeh lAogii
vor Traiftii ■ n (irftb^m
und Stopli
'] Nor an ^tandart^ntruger vou Adümkliwfti (Met^^pe IS) i«t^ mmn
Platäisches WeihgeschenJc.
m
welche aber an denen der Traiansiiule sehr gewöhnlich sind,
bütten die Bildhauer eben aus „Bequemlichkeit" weggelassen!
Diese traurigen Ausreden werfen ein grelles Schlaglicht
auf die verzweifelte Lage, in welcher sich die Verteidiger der
traianischen Datierung befinden. Wenn sie sich indes auf diese
Art zu trösten vermögen» so Überlassen wir sie ruhig ihrem
Glauben und forschen unbeküniuiort weiter an dem Probleme,
das uns Adamklissi stellt.
Unsere Hypothese, dies haben wir erkannt, entspricht
Allem was die historischen Verhültnisse, was Tracht und Be-
wafiiiung der Körner, was die Barbaren typen, was Inhalt und
was Form des Denkmala fordern; und ebenso widei*streitet allem
diesem die Datierung unter Traian.
Anhang zu L
Zum platäischen Weihgescbenk in Delphi.
Bei den Erörterungen über die Gestult des berühmten
Schlangendreifuüses, den die Üriechen nach der Schlacht von
PlatEä in Delphi errichteten, ist der wichtige tatÄ*^chliche An-
halt, den der erhaltene Teil der Basis gibt, bisher nicht be-
nutzt worden. Auch die letzt veröffentlichte Rekonstruktion
von Lücke nb ach, 01ym|)ia und Delphi, 1904, S. 55 nimmt
keine Rücksicht darauf. Ebenso ist Reise h, der soeben bei
Pauly-Wissowa V S, 1688 über die Frage gehandelt hat, über
jene Tatsache nicht orientiert Da mir dieselbe schon bei einem
früheren Besuche in Delphi und jetzt wieder aufgefallen ist,
sei hier in aller Kürze darauf hingewiesen. H. Bulle hat die
Freundlichkeit gehabt, mir für diesen Zweck seine Auftiahme
der Schein nicht trügt — ich habe mir am Orij^inale nichts darüber be-
merkt; der Kopf iat sehr verstümmelt — bärtig* Ich habe SitTJung^ben
1897, I, S. 276 diese eine Aaanahme auBdinlcklich konsluHprt.
der erhaltenen Bassstufe mit den Einlassspurea zur Verftigujig
EU stellen (s. betstebeode Figur).
Diese Stufe besteht aus drei mit Klammem verbundenes
Steinen. Schon aas der Tatsache der sicbtbaraii Klmnttier«
spuren erhellt, dass dies niebt die oberste Stufe war. Es fehlt
noeb eine Stufe, die um so riel xurüektrat als die feine Itand-''
Phitäiaches WeÜitfeschtnk,
415
Damit ist die von Pomptow (Berl* PhiL Wochenschr.
1903, 268 tf.; Areh. Anzeiger 1904, 157), Michaelis (Springer-
Mich., HarKlbuch"' S. 174 mit Zeiclinimg Fig. 822)» Luckeü-
bach und Heisch vertreteue Annjihüie, wonach die SchLmgen-
säule» uöten kreislÖniiig aufruhend, allein emporragte und oben
auf den Köpfen der Schlangen die Dreifussbeine trug, ausge-
schlossen. Indes, da der Wortlaut bei Herodot und Pausunias in
der Tat darauf weist, dass der Tgijiovg oben auf den Schlangen
ruhte, kam mir der Gedanke, es niüchten die drei Schwanz-
enden der Schlangen unten ähnlich auseinandergegangen sein
wie oben die Hälse, und die drei Löcher stammten von der
Belestigung der drei Schwanzenden, Ich ward darauf gefuhrt
durch einen Bronzekandelaber in Neapel,^) der mir wie eine
kleine Nachbildung der delphischen Schlangensäule erschien;
hier gehen die drei Schlangenschwänze unten in der angedeu-
teten Weise auseinander und auf ihnen ruht das Ganze. Allein
dieser Gedanke erwies sich als unmöglich, indem die erhaltene
SchlangensHule , wie an dem Abgüsse in Berlin deutlich ist^*)
unten im wesentlichen volktändig ist, und die Schwanzspitzen
teils vollständig erhalten teils im Kontur noch sichtbar sind.
Übrigens hätte auch Herodot die Schlangensäule schwerlich
einen jQixdo^rog Sqng genannt, wenn die Trennung in drei
Leiber unten deutlich sichtbar gewesen wäre.
Die drei Einlassungen können also nur von den drei Beinen
des Dreifusses herrühren. Es muss angenommen werden, dass die
Schlangensäule als Mittelstütze fungierte und nur in der oberen
(verlorenen) Stufe der Basis eingelassen war, während die Drei-
neh X. B. üu dem Dreiftisse derVaae Furt wün gier- Reichbold, Gr.Yasenmal.
Taf, 19. — Unter der zweiten Stufe der lielphischen Basis befinden sich
noch drei andere sichtbare Stufen und darunter noch eine, die als Funda-
ment dient. Die zerstreut gewesenen Blöcke sind von den Franzosen
susammen^estellt worden.
*) Den auch Fabriciiia, Jahrb. d. Inst I, 1886, S. 186 Anm, 15 an-
führt, ohjie indes die Bedonderheit der drei Stützen 3£u erwähnen.
*} Vgl. Friodericha-Wolteri, Gip«abgöjae Nr. 227; fi^nndliche Mit-
teilungen von Br. Schröder haben mir den Ttitbestand noch gena«t»r
nufgeklilri.
416
Ä, FufiwängUf
fussbeine bis in die zweite Stufe henmtergriffen* Die RekoD-
struktion von Fabricius und Paul Graf (beistehend nach Juhrb«
d. Inst. I, 1886, a 189 wiederholt)
behält also in einer Haüptsaelie
Recht.
Allein sie ist freilich giinzlich
verkehrt in Bezug auf das tirüssen-
verhMtnis des Dreifusses atu der
Schlangensüule. Wenn man den
unteren Durchmesser der Schlangen-
säule (0,55) io die Mitte der er-
haltenen Basisstufe einzeichnet» so
ergibt sich, dass die Drei fussbeine
derselben ganz nahe, nur etwa ge-
gen 30 cm weit von ihr aufruhlen.
Es ergibt sich daraus eine sehr
enge schlanke hohe Gestalt des Drei-
fusses, Auch ist der Kessel bei Fii-
bricius viel zu gross angenommen.')
leb denke mir, dass nur der
Kessel von Gold war und nur er
bei Herodot und Pauisani?is mit dorn
Worte jQbiovg gemeint ist; dann
passen die Worte i IM tov iQty.a*
j Q}'jTov öipio^ . , * hfeojtmg (Derodot)
und '/^Qi^oo^if iQiJioön dgdxovrt Int
R«ko»i.tnikiianro,iu^rkiu«u^^^ ^ain^) (Pftus.) recht wohL
Die Dreifussbeine, die wie di£
Schlangensilule von Erz waren, er-
iJahrli.
^) Die Kins^ifbrmen d^a P. GdifAcben KritwiufH Hind imtQrlich iraux
verfelilt; er hat Fornien der JÄbrhunJerte Ältweii (reom<?tri«cben Drei*
fÜ88«t von Olympin * t und dieJiilbeti daxii noch willkürlich mit
urieuUIiaien^ndijn 1 i» mit denen «le ni^nmlf ^iiHnmmon vw>
Dmmcn, vomii»cht Wdi mftn dro Ürdfüiw r wird man
lio Form^ von Va^etibildßni der Mi den etnriv - .lin m «nt.
nebnten haben. Hier komasen tchoA tf^hr «dilanke DreiBlo« vor.
Platäisches Weihgeschenk,
417
wähnen Herodot und Pausanias als unwesentlich nicht. Zwi-
schen den enggestellten Dreifussbeinen schauten oben unter-
halb des Kessels die drei gewaltigen Schlangenköpfe heraus.
Über die allgemeine Anordnung der Schlangenhälse und -köpfe
und deren Wendung nach aussen kann nach
der von Mordtmann publizierten türkischen
Miniatur des 16. Jahrhunderts (beistehend
nach Dethier und Mordtmann, Epigraphik
von Byzantion und Constantinopolis, in den
Denkschriften der Wiener Akademie XIII,
1864, Taf. I, 14c) kein Zweifel sein. Die
Hälse wurden bekanntlich erst um 1700 ab-
geschlagen. Die Säule, die man gewöhnlich
als Kern der drei Schlangenleiber rekonstru-
iert, hat sicher nie existiert; es müsste auch
an dem Erhaltenen oben die Spur sichtbar
sein und sie müsste auf jener Miniatur er-
scheinen. Die Idee, den aufgerichteten Schlangenleib als Stütze
zu verwenden, ist eine der archaisch griechischen Tektonik ge-
läufige, wie Reste alter Bronzegeräte beweisen (s. meine Nach-
weise in Olympia Bd. IV, die Bronzen Nr. 906. 907 ; Taf. 54).
419
Die KorrespoiideDZ zwischen dem Kronprinzen Ludwig
I von Bayern nnd dem Galeriebeamten G. Dillia
I Beh
I försters
Von F. T, Iteber.
(Mit «iD€r Tkfol)
(Vorgelegt in der historiaclieii Klasse am 4. Juni 1904.)
Bekanntlich Imtte Georg v. Dillis, als Sohn des Revier-
försters Wolfgang Dillis zu Giebing bei Wasserburg 1759 geb,,
sich frühzeitig dor Hofgtmst zu erfreuen, indem schon Kur-
fürst Maxiinüian ITL den Knaben in München erziehen liesjs.
Allein nach dem Tode des Kurftlrsten wnr es ihm unmögh*ch
geworden seine üniversitätsstudien in Ingolstadt fortzusetzen.
Zum Priester geweiht suchte er, schon früher durch den Land-
schafter Dorner vorbereitet, an der Akadenjie der Kilnste sich
■ weiter auszubilden und begann durch Zeichenunterricht sein
Brot zu verdienen. Durch die letztere Tätigkeit, wie es scheint,
»kam er in Beziehung zu dem Grafen Maximilian v. Preysing,
dessen Sohn Karl wie den Kanzler von Vacchiery er auf einer
Reise in die Schweiz und in die Rheinlande begleiten durfte»
Es muss 1786 gewesen sein» denn er malte damals in Strass-
bürg den Zweibrücken-Birkenfeldschen Erbprinzen Ludwig in
erster Begegnung mit seinem nachmaligen grossen Gönner.
(Dieser gedenkt noch nach 38 Jahren dieses Vorgangs^ indem
er einen an Dillis gerichteten Brief dd. Brückenau, 29, August
1824 mit den Worten beginnt: , Meinen Dank für die treff-
lichen Wönsche eines meiner ältesten Bekannten und des ersten
mich abgebildet habenden Künstlers^ der ich erst sechs Wochen
auf dieser Erde war."
420
K ü. Beher
Bald naeli seiner Rückkehr durch Karl Theodor 6a
Inspektor zu München 1790, wurde er später (1799) als solcher
dem Galeriedirektor Job, Christian v. Mannlich (geb. 1740 xu
StrassburgX welcher als Schützling der Zwei brück enschen Pfak-
grafenfamilie mit Maximilian IV. nach München gelangt wiir,
uiitorstellt. Inzwischen hatte sich aber Dillis durch Studien
in den Galerien zu Dresden, Prag und Wien in seinem Beruf
gefestigt und namentlich 1794/5 als Begleiter des Gilbert EUioi,
nachmaligen Vizeköuiga von Korfu, Italien und besonders Rom
gründlich kennen gelernt, welcher Heise er 1805 einen aber-
maligen Besucli Italiens folgen liess. Diese Beweglichkeit ver-
anlasste den damals zum König erhobenen Maximilian L, den
erfahrenen Galerie -Inspektor dem Kronprinzen Ludwig zum
Reisebegleiter durch die Schweiz, das südliche Frankreich und
Spanien wie nach Paris zu bestimmen. Der Kronprinz gedenkt
auch in späteren Briefen in dankbarer Freude dieser Heise*
Kein Wunder, dass sich dabei Beziehungen anknüpften,
welche Dillis während seines ganzen späteren Lebens zum ver-
trauten Ratgeber des Kronprinzen und Könige Ludwig in allen
Kunstangelegenheiten machten.
Da aber der Kronprinz bis zu seiner 1825 erfolgenden
Thronbesteigung selten in München verweilte, vollzog sich der
Verkehr grossen teils auf brieflichem Wege, und bei der Ängst-
lichkeit des Kronprinzen vor der Öffentlichkeit wie vor der Kri-
tik seines königlichen Vaters nur in seltenen AusnahmelüUen
durch die Hand eines Sekretärs. Es liegen (Bibliothek der A.
Pinakothek) 212 eigenhändige Briefe vor, abgesehen von unda-
tierten und uanumerierten Z«ittüln, Nicht blos mit Ort und Zeit
datiert, sondern mit fortlaufenden Numern versehen, sind sie
durchaus aphoristisch gehalten: alle Wünsche und Entschlics-
sungen sind zieujiich zusammenhanglos aneinandergereiht und
auch satzweise numeriert, wubei der Füi-st verlangte, dass auch
die Autworten ähnlich behandelt wurden. Der erbolti^ Rat
furdv in der Hegel berÜekHichtigi, wi«? auch die Ent-
ßhlicssimgen keineswi*gj» unreformiert blieben. jj-l ist
der Kampf zwischen den Wünschen de« Prinsim und aeijien
Kronpring Ludwig von Baifem und G, Dillis. 421
geringen Mitteln. Die Finan^lragen und -anordonngen Mlen
ein Dritteil der Briefe utid nicht selten fühlt man die Qual
des Entschlusses, auf eine Erw'erbung aus finanziellen Gründen
zu verzichten oder peinlich zu markten. Niemals ist von Luxus
oder Liebhaberei die Rede, es handelt sich immer um höchste
Ziele: der Prinz will das Beste erwerben^ Grosses schaffen^ die
in München zusammengeströmten reichen Schätze namentlich
im Gebiete der Malerei mehren und ergänzen.
Merkwürdig ist auch das Zurücktreten des Persönlichen.
Wir erfahren soviel wie nichts von den grossen Ereignissen
und Schicksalen der napoleonischen Zeit und von den Ver-
wicklungen, in welche Bayern geraten war, nichU von Politik,
nichts von Familienbegebnissen.
I, Walhalla.
So begreift man kaum» dass schon der erste Brief der
Sammlung, datiert PuUusk (dem französischen Hauptquartier),
L Mai 1807, der politischen und Kriegsereignisse» die des Prin-
zen patriotisches Herz schwer betrüben mussten, nicht gedenkt.
Er spricht nur zum Maler: „Die Lage von Pultusk ist male-
risch, sie nmss es vorzüglich sein von dem linken, dem jen-
seitigen Ufer (der Narew), wo die Russen stehen, deren ich
täglich mit freiem Auge sehe." Dann spricht er eingehend
von Bestellung bei Thorwaldsen, von einer Büste der Ang. Kauf-
mann, für welche Dillis einen deutschen Künstler ermitteln
solle, von den Büsten Gessners und Pfeffels, die er dem Bild-
hauer Christen überwiesen, vou der Büstf^ Schillers, des grossen
Dichters Freund zu übertragen, dessen Namen er sich nicht
augenblicklich erinnert (Dannecker), der lorbeerbekränzten Büste
des Erzherzogs Karl, die er bei Prof. Zauner um 250 Dukaten
bestellte. Weiterhin ,wer mir die Büsten von Uui. v. Habsburg,
Maria Theresia, Haydn und Mozart diese 4 würdig skulpiren
kann, vors erste mir ihre Meinung, denn Zauner wäre mir
dazu zu teuer. Selbstverständlich alles in gleichem Maass und
in Carrara-Marraon Einheit muss werden/ Schliesslich folgt
1904, SiUgBb, d. pbüOi.-phllol o. «L bbL KL 28
422
F. V. Ileher
noch Verfügung über einen Raberschen Kupfersticli mit deml
Bildnis des Kronprinzen und der Auftrag „schreiben sie mir,
was es neues bei uns giebt in Produkten als in Einrichtangen 1
in den Fiichem der Kunst", Es beschäftigte ihn also aufj
russischem Boden im Lager und in den Zeiten tiefster Erni<>d-
rigung Deutschlands bereits der Gedanke an einen RuhmefibAU
verdienter Deutscher* j
Im zweiten Brief, Pultusk, 17. Mai 1807 gedenkt er derm
kriegerischen Ereignisse lediglich auf die Anregung des DiUiü,
dass ein flüclitiger Entwurf von den militärischen Begeben*
heiten gemacht werden möge: «der 14. wo den glücklich ab- i
gelaufenen Übergang auf das Hnko Ufer der Narew wir be-
werkstelligten und der gestrige Tag wo unser der Sieg ward
in einem Tretten, gaben Gelegenheit dazu, die auch nach Ihrem ^
Wunsch benutzt worden". Des Prinzen Gedanken lenken «berl
sofort vom Kriege ab. , Sagen Sie mir lieber Dillis im nächsten 1
Brief, w^as aus Salabert's Gaiien [zwischen Galerie- und von j
der Tannstrasse] geworden? Ich vernahm, m. Vater liiltte ihn!
gekauft. Wohin hat man die Abbildung der Mühldorfer Schlacht |
aus dem Herkulessaale gethan? Was giebt es sonst Neues an
Produkten oder Anordnungen im Kreise der Kunst? SoIlt€t|
Dr, Gall [der bekannte Phrenologe] noch in MUnehen, lassen
sie mir wenn möglieh seine Büste in eben festgesetztem For-
mat aus Gips verfertigen durch Kirchnjnier dem ich es zahle. {
Leicht kann es sein, dass in der Folge in Marmor ich sie aus-l
führen lasse, jeUt aber noch nicht *"
In einem dritten Brief aus Pultusk vtmi IL Juni IH07
findet sich kein Wort mehr von den kriegerischen Verhalt- 1
nissen. Wieder die Bestellung der Pfeffelbüäte, wot)ei »(Christen ,
gleich sagen soll, was er verlangt, und gleich zu bilden an-
fangen. Nicht die Zeit bestimme ich der Eniligung, lieber]
dfrure es lange und werde ein Meisterwerk* Ehe ich wegen]
den andern 4 Büsten in Wien zu machen etwas bestimme, willJ
ich erst den Namen etn- - » ^^^ - nd doch nicht so theure.n|
Künstlers wissen.* Tli er für eine n»innliche
Statue (seiner Wahl) lUOO scudi bieten unter Besorgung dtrj
Kronprins Ludwig von Bayern und G. DüH$,
423
I
I
I
BesteUung durch Bischof Uae^Telin. für die Büste der A. Kauft-
mann wird Eberhard anzugehen sein, diejenige Schillers werde bei
Scheffauer bestellt. Der Kupferstich Raber's mit dum Bild des
Kronprinzen werde aufgeschoben bis er selbst dazu sitzen kann,
vorausgesetzt, dass Raber's Geld Verhältnisse ihn nicht bewegen,
den Stich gleich zu machen, in welchem Fall der Prinz, ,wenn
Artaria es nicht thut/ zahlen wird. „Der Ausgaben habe ich
viele.* Dann die in fast allen Briefen sich wiederholende Wei-
sung, über die Kunstaufträge zu schweigen: , Weder Sie, lieber
Dillis, noch der Bischof sollen was sagen von meinen Bestel-
lungen/ Gelegentlich sind sogar einige Worte cbitfriert, in
grösserem Umfang jedoch nur in einem Briefe dd. München,
4. Oktober 1808 nach Rom,
Dasselbe Schweigen über kriegerische, politische und pei-sön*
liehe Verhältnisse im vierten Briefe (aus Kolaki, 27. Juni 1807).
«Ich bin beinahe gewiss dass der König Salabert^s Garten be-
hält» dieses genüget mir obgleich für jetzt noch an keine Ver-
grösserung der Galerif wohl zu denken ist, aber befindet man
sich nur in des Lokales Besitz, das andere kann geschehen
dann wann der König will. Sollten in München oder im Lande
besonders schöne Werke der Kunst sein oder kostbare der Sel-
tenheit wegen und der König kauft sie nicht, so trage ich
Ihnen auf sie gleich für mich zu kaufen, wenn die Summe nicht
hoch, im entgegengesetzten Falle mir mit dem ersten meiner
Kuriere Nachricht davon zu geben. . , . Können Sie nicht
erfahren , wo unsere Kame<:>saromlung bewahrt wird, vielleicht
durch Bisch. Ilaeffelin . , ,
PS, Was macht «lie Akademie der Künste, hat sie das
Tageslicht erblickt, oder nur eine fausse couche? SoUte die
Zeit der Schwangerschaft schon verflossen sein, bin ich be-
sorgt, dass sich das liebe Kind nicht gar versteinert.*
„Mein erster Ausgang^, schreibt der Prinz am 1. August
1807 aus dem französischen Hauptquartier in Berlin, ,war wie
Sie vermuthen werden, lieber Dillis, zu Schadow, wo ich die
Büsten Friedrich II und Wieland^s schon vollendet, zwei an-
dere angefangen fand. Die Höhe griechischer Kunst erreichea
ad*
424
P, V. Beber
sie nicht, sind aber schone Werke, sie gewähren, Friedr
vorzüglich^ einen herrlichen Anblick.* Es folgen dann weitere
Büsten bestelluDgen.
Zwei Tage später berichtigt der Prinz die Bestellung bei
Scheffauer, da Dannecker, „des Dichters Freund*, die Schill«
büste machen solle. ^Aueh wenn Schefiauer sie gcbon an«
fangen hätte, wäre es mir sehr lieb, wenn er statt deren
von Rudolph v. Habsburg machte . . . Ihr nächstem Schreiben
nach Dresden poste restante. Ich lebe in der Kunst, vereinigt M
niit schöner Natur, gei.streicher Literatur, ist das schönste auf"
Erden/
Am IL August 1807 aus Berlin folgt auch ein Widerruf j
wegen der A, Kauflfmann-Büst^. Eberhard solle ^wcnn die |
Sache nicht schon bekannt geworden ist und namentlich wennj
die Künstlerin noch nichts v. d. Vorhaben weiss, statt die
Büste jene Winkehnann's machen*.
Man würde diesen Anteil für relativ Untergeordnetes wie
Knnstangelegenbeiten in der damaligen Lage des Kronprinzen
nicht begreifen, wenn man nicht wüsste, dass des Kronprinzen
und nachmaligen Königs Kunstliebe eine geradezu leidenschaft-
liche war. Denn wenn man sich bei der Lektüre der vier
Briefe Tor Augen hält, wie widerwillig der Kronprinz sich
dem Befehl seines Vaters fügte, das bayerische Kontingent im
Dienste Frankreichs gegen Preussen-Russland zu führen, und
wie todesmutig er sich wiederholt in den Gefechten aussetzte,
80 dass der Marschall Massena den General Wrede sogar mah-
nen musste, für das Leben des Prinzen mr^glichst Sorgt? zu
tragen, bann man nur staunen, wie er Spannkraft genug hatte,
seinen in den Tagen der französischen Besetzung der Haupt-
stadt Preussens gefassten Beschluss» dem deutschen Vaterlande
eine Ruhmeshalle zu errichten, im Stillen durch die Büsten-
besorgung ins Werk zu setzen.
Die ersten sieben Briefe bezieben sich demnach fast aus-
schliesslich auf die Bestellung vnn Bunten berühmter T^ ' ^►r,
ohne dass ein bestimmter Zweck irgendwo in der i ,ii-
denz ausgesprochen worden wäre. Doch erscheint ea bei der
Kronprinz Ludwig von Bauern und G. Dülis,
425
steten Betonung der Mass- und Materialeinheitlichkeit der
Büsten unzweifelhaft, dass der 21jührige Kronprinz schon 1807
einen fertigen Gedanken in der Hichtung mit sich herumtrug,
eine grosse Zahi von Büsten berühmter Deutscher in einer
deutschen Ruhmeshalle zu vereinigen. Es wird bereits, abge-
sehen von Bestellungen, die vielleicht schon vor 1807 gemacht, in
zwei Jahren eine ganze Anzahl Büsten in Auftrag gegeben, so
bei Jos. Christen [geb. 1769 zu Buochs (Schweiz)» t 1834 in
Basel] Pfeffel und Pestalozzi, bei Joh. H. Dannecker [geb. 1758
in Waidenbach bei Stuttgart, f 1841 in Stuttgart] Schiller,
bei Franz Zauner [geb. 1746 zu Kauns (Tirol), f 1822 in Wien]
Erzherzog Carl, bei Jos. Kirchmair [geb. 1773 zu Rockersing
(Niederbayern), f 1845 in München] der Phrenologe Gall, bei
Konr. Eberhard in Rom [geb. 1768 in Hindelang, f 1^^^^ in
München] erst Ang. Kaufmann, dann in Berichtigung Winckel-
mann, bei Gottfried Schadow [geb. 1764, f 1850 in Berlin]
Friedrich II. und Wieland, bei Phil. Jak. Scheffauer [geb. 1756,
t 1808 in Stuttgart] Keppler und Itudolph v. Habsburg, bei
Christ. Friedr. Tieck [geb. 1776, f 1851 in Berlin] Gothe, bei
J. M. Fischer [geb. 1740 zu Bebele (Algäu), f 1820 in Wien]
Mozart^ bei Landolin Ohmacht [geb. 1760 in Dunningen bei
Rottweil ^ f 1834 in Strassburg] der Marechal de Saxe, bei
Rabatz (verschollen) in Wien Haydn und Friedrich d. Gr. Nach
1809 tritt dann eine Stockung ein, da sich der Kronprinz un-
sicher fühlt wegen anderer tüchtiger Kräfte, bei denen nur
feststeht, lediglich deutsche Künstler zu beauftragen (1. Mai
1807). Noch ist die Frage über die Lokalität einer deutschen
Huhnie^halle ganz unklar. Vorläufig sucht der Prinz nach
architektonischen Eindrücken und nach einer hervorragenden
Kraft. Dillis wird beauftragt, Notizen im vatikanischen Mu-
seum zu sammeln» er selbst hat Weinbrenners Werke in Karls-
ruhe prüfend besichtigt, schreibt aber darüber aus Baden, 12. Juli
1810. Jn Carlsruhe und hier sah ich öffentliche wie private Ge-
llide von Weinbrenner, z. Th. wenn auch Grösse in ihnen
Kleinliclies ist beigefügt was sich nicht gehurt dazu, das
Ganze liissrt unbefriedigt. Manches hillig gebaut, wie fUr dieses
i2(\
F, V, Reher
gilt das ürtheil für das viele was noch zu werden a
den gesehenen Planen, Wie andei-s unser Fischer! i
es dem Könige, der auch mit mir übereinsttnimt."*
Karl V. Fischer, K- Baurat und Professar der Architektur 1
an der Akademie der Künste, geb. zu Munnheinj 1782, f ztt
München 1820, hatte bis 1806 unter lier Ägide seii ^rrin-l
heimer Lehrers M. v. Verschaifelt, welcher vom kui; hen
Hofdienst in Esterhazysche Dienste getreten war, zu Wien ge-j
wirkt und hatte schon dort an einem Entwurf für das M un-
ebener Hottheater gearbeitet, dessen Neubau bereite unter Karl
Theodor durch Verschaffelt geplant worden war. Fischer, der I
sieb zunächst durch das kleine Palais Salaberts, des bajerischtn
Minister- Abbes (jetzt die österr.-ung. GesanilUchaft am engl
Garten), einen Namen gemacht, hatte am Karolinenplat/, und
Umgebung mehrere herrschaftUche Häuser gebaut, worunter |
das Kronprinzenpalais» jetzt Törring- Palais am Karolinenplatr,
und schuf schliesslich das noch bestehende hiesige Hoftheater,
welches 1818 eröffnet auch nach dem Brand 1823 seine ur-
sprüngliche Gestalt belialten hatte. Fischer waren jedoch
schwere Kämpfe niclit erspart geblieben, in die wir z.T. durch
die vorliegende Korrespondenz Einsicht gewinnen.
In einer Nachschrift des Briefes dd. Innsbrnek, 1. No-]
vember 1810 stellt der Kronprinz die Frage: »Hat Qua
[Cav. Giac. Quarenghi, geb. 1744 in Bergamo, f 1817 dil
Kaiser!. Staatsrat in St Petersburg] Zeichnung zum Theater
sch(m entworien?*
Und in einem Schreiben vom 26, November 1810 frigij
der Prinz: „Hat Klumb als Mibtärbaumeister dessen gantos]
Bauwesen Plan-Bntwerfung und Anii^icht der Ausführung unter |
sich? Sahen Sie schon seine Arbeiten? Wen halten Sie vor« |
»Oglicher Fischer oder ihn? Wie sind Hie zusammen? Werl
brachte Klumb in Dienst?* warauf sich LHIlis den zurückge-
haltenen Ärger gründlich von der Seele rodet; «Elumb^ wel-j
eher in iU\m eben keir ' ' ^ ^* ' ^ Hn nnd sich ml
8t Vaterlande keim»i gud konnte, snchU«
hier bei Gärtner Zutritt und T^riinbt« aich in die Tochter im*
Kronprinz Ludwig mn Bayern und G. DÜlis,
427
selben, Gärtner [Joh, A* Gärtner^ geb. 1743 zu Dresden» täti^
in Polen, Paris, Koblenz und Würzburg, 1804 Hofbau Intendant
in München, Vater des unter König Ludwig tätigen Architekten
Friedr. v. Gärtner, f 1826] hat bei Triva, Kraus und Langlois
das Gesuch seines künftigen Schwiegersohnes unterstützt und
Klunib erreichte seinen Zweck. Der Architekt Morell erklärte
schon in Koni, weil in Bayern soviel Ausländer angestellt wer-
den, werde ich auch dort meine Anstellung suchen und auch
er erreichte schon vor 2 Jahren durch Gärtner seinen Zweck,
dem nur daran gelegen ist, seine Partei gegen Fischer stärker
zu machen. Dabei ist dann kein anderer Plan, als dass kein
anderer ehrlicher Bayer mehr aufkommen kann. Diese An*
Stellung hat hier grosse Sensation gemacht: es wird in den
Kunstsacheu wie in den wissenschaftlichen gehen. Die Aus-
länder erhalten die besten Stellen, vor denen sich der Inländer,
obgleich mit mehr Kenntnissen, beugen niuss: sie machen sich
noch obendrein lustig Über uns, entwerfen ungeheure Pläne
die nicht auszufühi^en und schimpfen dann auf unser Vater-
land — so hat Morell einen Plan zu einem Scbrannengebäude
vor dem Karlsthor entworfen und dazu die Rotonda von Rom
zum Modell genommen^ aber mit einem hölzernen Dach — hat
man je etwas alberneres gesehen? Klumb weiss aber noch
nicht seinen Wirkungskreis, der Referendar Langlois wird erst
seine Instruktion entwerfen/
Darauf der Kronprinz Innsbruck, IL Dezember 18 10: «Das
ist wirkhch auffallend einen Architekten, dessen Fähigkeit nicht
bekannt, anzustellen, ohne nur von der Akademie der Künste
ihn prüfen zu lassen, die in der selben Stadt, und sie gar
nicht um ihre Meinung zu fragen. Als Stiefkind wird bei
uns die Kunst behandelt, eine Luxussache; ich höre sie die
gehaltlosen Reden, was braucht man Künstler zu sein fiir das
Militär, das Landbauwesen? als wenn Kuunt nicht in Allem
sein sollte, so lange dies nicht ist, sind wir immer z, Th. noch
Barbaren. Lassen Sie Sich doch von Klumb Pläne weisen.
Sehen Sie nach bei dem Portugiesen d'Herigoyen, durch Regens-
burg auch in unseren Diensten, wie ich glaube,*
428
F. i\ Beber
Gleichzeitig erscbeinfc in der Korrespondenz zum erstenmal
der Name ^Walhulla* (Brief des Kronprinzen vom K Dezeinb^ i
1810). In der ersten Hälfte des folgenden Jahres muas dmnii
Fischer den Auftrag eines Planentwurfs erhalten haben, denn
der Kronprinz schreibt aus Salzburg, 19. August 1821: «An
Architekten v. Fischer meinen Auftrag, ich wünschte sehr,
dass der Plan für Walhalla vor Neujahr beendigt sei. Wenn
das Parthenon die vortrefflichsten Säulen dorischer Ordnung
enthalt, sollen an Höhe und DurchmeHser, welche an WalbulU
kommen, diesen gleich sein. Wenn vereinbar mit der Kunst
Kaum auf dem Fronton haben für ein grosses Bassorilievo und
anderen für die Aufschrift; wird doch schwerlich tunlteh sein;
In der Alternative will ich die Aufschrift einzig und allein den
Namen W^alhalla, oben über der Pforte in das Innere gleich-
falls Raum für eine Aufschrift aus wenigen Worten bestehend.
Das vergesse v, Fischer nicht, dass hundert Gestelle fiir BUsten
zu ordnen, die Namen jener, von welchen keine Büsti*n be-
stehen (und deren sind nicht wenige) an die Decke aus £nc
von gleichen Kränzen umgeben zu kommen haben. Dieser
Vorschlag rühret von Fischer, wüsste er aber einen besseivii
noch, wende er ihn im Plane an."
Die Baufrage ruht wenigstens in der Korrespondenz drei
Jahre. Etwas rätselhaft ist eine Briefstelle dd. Wien, 9. No-
vember 1814: , Schreiben Sie Metzgern [dem in Florenz wohn-
haften und für die Gemaldeaukäufe des Fürsten vielfach be-
schäftigten Kupferstecher], dass ich wünsche, die vorzttglich*
sten Architekten möchten sich mit den drei Preisaufgaben be-
schäftigen, und sollten auch die Pläne für das zweite mid
dritte Gebäude der Aufgabe gleich nicht gemäss ausfallen (widi
jedoch mir nicht so lieb)^ werden aie dennoch wenn nur jene
stark entsprechend, angenommen zum Concurs, der Entschei-
dungstag ist um Va^Tahr hinausverlegt, folglich am L Juli 1815.*
Der Sinn der Stelle ist übrig^nB belanglos, denn der Kron-
jirinz hatte schon 1813 den ausser Diinist gesetzten Hofbau-
riirektor von Kassel, L, v. K lenze, in München kennen gelernt,
1815 in Paris an sich gezogen, wie auch bewirkt, da«s Künig
Jbm§fin£ lAidwig ison Bauern und G, Dülis. 429
Maximilian L ihm die HofbauinteDdantenstelle in M uneben
verlieh. Zwar frligt der Kronprinz dd* Wien, 18. Januar 1815
bei Dillis an: , Wären Sie der Meinung für Walhallas und des
Antikengebiiudes Fussbodeu Mosaik verfertigen zu lassen oder
für welches oder flir gar keines? Glaube für Walhalla, das
aber ist dabei zu beherzigen, der Teutschen Ausgezeichneter
Brustbilder und die Namen derer von welchen es keine zu ver-
fertigen giebt^ sind die Hauptsachen, alles muss yeruiieden
werden, was die Aufiuerksanikeit abzöge." Darauf Dillis aus-
weichend: Wenn hei Walhalla Bildhauer und Architekt nicht
im Einklang stehen, wird die Wirkung nicht erreicht. In
Walhallas Aufgabe finden die grössten Architekten in der Ver-
einigung des Stils und der zweckmässigen Aufstellung und Be-
leuchtung die grösste Schwierigkeit — und viele sind schon
zurückgetreten.
Da Fischer 1820 in seinem 38. Jahre starb, wird sich
wohl auch die Stelle eines Briefes des Kronprinzen dJ. WUrz-
burg, 16. Juni 1820 schon auf Klenzes Werk beziehen, zu
welchem freilich erst am 18- Oktober 1830 der Grundstein ge-
legt werden sollte. Der Kronprinz erholt bei Dillis ein Gut-
achten über den Plan und sagt; „Bin begierig auf Ihre Be-
merkungen über die Pläne, begierig auch auf die welche Ringseis
was Cornelius Walhalla betreuend schreiben wird/
Darauf erwidert Dillis am 28. Juni 1820: »Den Plan über
Walhalla neuesten Entwurfes habe ich eingehend gesehen und
habe mich tiberzeugt, dass vorzugsweise die Pantheonsform
[im erhaltenen Konzept verschrieben für Parthenonsfurm?] mit
dem oben einfallenden Licht zu wählen und die allerzweck-
mänagste von ausnehmender Wirkung im Innern und durch
den umgebenden griechisch dorischen Säulengang von aussen.
Bei der erhöhten Stufenreihe eintretend, wie herrlich! Ein
Gebäude muss sich vom Boden erheben, dass man nicht nöthig
hat, das Terrain abzugraben [vielleicht ein Tadel der Glypto-
thek], Für die Aufstellung der Büsten dUrfte wohl noch der
plastische Künstler zu Kat gezogen werden — ich weiss nicht,
ob die der dritten [Reihe] angezeigten Büsten zu 2 und 2 nicht
430
F. r. JMer
am s&eiBtreut leicht Tapfen geWo, tiod ob nicht eine zweifii'
Reihe der BQst^^n nuf einer leb^indigiäii Harmorwiind eail
gr5ssem Eindruck gewähren würde. Mein Aug« ist fär
Linien und es scheint etwfts gebrSckelt« wenn man nc»ch 2 Ba-
sten Qber der 2. ßeihe so in entfernten Distanzen erblickt.*
Mit dem Bau der Walhalla hatte es übrigens keine Eile,
da derselbe dem Kronprinzen doch neben der Oljfttothek qd-
erschwinglich sein, namentlich aber, da die Beschaffung der
Büsten noch riele Zeit erfordern mttsste. Vergingen doch Jaihre
mit den Recherchen nach authentischen Bildnissen der be-
rühmten Deutschen Tor dem 15» Jahrhundert« deren Erfolg-
losigkeit heutzutage Jedermann begreift. Die Briefe sind durch
einige Jahrzehnte hindurch reich an Fragen nach di» - *? h-
tung, die nicht blos bei dem damaligen Stand der D- r-
künde unerledigt bleiben mussten, sondern auch heutentage bei
fast allen berühmten PersunliehkHten der Zeit vor dem !•>. Jahr-
hundert nicht beantwortbar wären. EheuHOwenig konnte na-
türlich Dillis Aufschlüss geben über Geburts- und Sterliedaten
eines ülphilas, Marbod, Äthaulf, Hermanrich, des Ostgothen
wie des Westgothen Tbeoderich, eines Alarich, Genserich und
Clilodwich, riach welchen der Prinz in einem Schrpfben tom
4. Mai 1804 gefragt.
Trotz dieser Schwierigkeiten und anderweibger In; h-
nahme der Mittel des Kronprinzen besonders in Antik ...„,: u
und Erwerbungen von iTemälden alter wie neuer Meister setzen
lieh die Bestellungen bezw. Abliefenmgen von Büsten berühmt.er
)eutscher fort So ergehen in erster Reihe an Rauch die Be-
stellungen auf Büsten des Grossen Kurfürsten und der Kaiserin
Katharina IT. von Russland. des Hans Sachs (vollendet 1812),
der Büsten von van Dyck und Snjders und auffallendere »ise
des L/indscliaft^rs Beieh, des GeneraU Gnei^^enau und doa Ad-
mirals Tromp, BlücherE^ Jan van Bycks und SchamhorsU, un-
gefähr in der Zeitfolge der Aufträge hier wie bei den fniginden
gereiht. Dann nn Tieck Btlstena-'* - - für Kaiser Fri«^drich L
und IL, Bernhard v. Werumr, W u, Lessing und Niko-
laus von der Fltle^ Horit^ t« Sachi^en <^Mar^chaI de Saxe) und
Kronprinz Ludwig von Bauern und G. DülU, 4al
Kaiser Heinrich ^\^, Ernst den Frommen v. G<»tha, Willielm v.
Oranien, Hugo Grotius, Landgräftn Amalie von Hessen, Wür-
ger, öeschiclitsschreiber Tschudi, Graf L. F. Stolberg, J, P,
Hichter, Voss nnd Rudolph v. Habsburg. G. Schadow lieferte
noch Heinrich den Löwen, Rud. Schadow Händel, Kirch-
mai er U, T. Hütten und Markgraf Ludwig von Baden Ftdd-
marschall, Ohm acht den Erwin v. Steinbach, Weisser in
Gotha die Büste Cranachs, Eberhard Mich. Wolgemufc und
Herzog Karl V, von Lothringen. Bei Dnnnecker wurde die
Büste Schillers bestellt, bei Christen U, v. Haüwyl, der bestellte
Pfeife! aber nicht angenommen, weil er in Schweizer- statt in
Carrara-Marmor ansgeftjhrt, bei Haller Wilhelm HL von Eng-
land und Fürst Wrede und eventuell Pfarrer Schmidt v* Mies-
bacbf wenn er sich als der wirkliche Entdecker der Litho-
graphie erwies, wie Theophrastus Paracelsus, bei Wagner in
Stuttgart Graf Eberhard im Barte, bei Losch in Baden J, A, Koch,
bei Wich man [Ludwig oder Kar! ?] Th. Kömer. Die Liste
der vor des Kronprinzen Thronbesteigung (1825) bestellten und
ausgeführten Wal hall ab unten kann jedoch nicht als vollständig
erachtet werden, weil manche Bestellungen vom Prinzen direkt
gemacht oder mit Dillis mündb'ch vereinbart wurden. Einige
Bestellungen verschlugen sich bei der UnausfÜhrbarkeit ent-
sprechende Vorlagen zu gewinnen , namentlich wenn in Er-
nianglung von Gräberbildnissen zu Siegeln gegrififen werden
musste.
n. Glyptothek.
Nicht minder als die Sammlung von Büsten berühmter
Deutscher beschäftigte den Prinzen die Erwerbung antiker
Skulpturen, seitdem er 1804, mithin noch vor seiner näheren
Bekanntschaft mit Dillis seine erste Reise nach Italien unter-
nommen. Seit Dillis Ratgeber geworden, fragt ihn der Prinz
im Frühling 1808 um die Antikensammlungen ürimaTii und
Rondanini, auch um »ein Urteil über bereits gekaufte Werke
(Zeno, die sog. Muse, das Relief mit dem Priapusopfer und
anderes). ^Die einzige Gelegenheit klassische Hauptwerke zu
432
F. V. Beber
kaufen, ist im Falazzo Braschi*" schreibt Dillis aus Rom, und
empfiehlt den kolossalen ^Antiiious Bacchus, Draperie ebemaLn
in Bronze* den „kleinen Bacchus erst zusammenzufügen* den
,,Cincinatus [Hermes] schöner als der Pariser* den Indischen Bao
chus, die * Venus» Oberleib Ton der besten Zeit". Bezüglich der
Sammlung Rc^ndaninis, Über welche der Prinz, nachdem er deren
Preise erfahren, am 21. September 1808 Dilüs^ Gutachten er-
holt, scheint er die Preise zu hoch zu finden: »Medusenhaupt
650 scudi, Basrelief der Masken 40O, Basrelief der Bacchanten
460, Basrelief der Thiere 400, Kopf des Marius und BrutuK
460, Corbolon 200 scudi, summa 2570*, wenigstens fägt er an:
„Da sie, wenn ich will, mir nicht entgehen können, kaufeich
sie noch nicht/
Die fünf Braschischen Statuen aber hat der Kronpriui
nach eingehenden Erkundigungen über deren Wert im einzel-
nen (20. und 29, September 1809 und 13. November 1810) dem
König zum Ankauf empfohlen, der König ist dazu entschlosbea,
»Canova rouss aber ein Zeugnis über ihre Würdigkeit ausstellen*.
Damals beginnt die Erwerbungsangelegenheit des Barbe-
riuischen Fauns mit der Anfrage des Kronprinzen dd. Inns-
bruck, 27. Dezember 1810 in Fluss zu kommen: „Soll Barbe-
rini's Faun 12000 Scudi wert sein oder kosten? Sehen Sie doch
In einem Ujrer Briefe von Wagner nach, ich glaube dieses
Sommers, wo er schreibt für wie viel der vorläufige (nun nicht
mehr bestehende) Vertrag mit Lucian Bonaparte war wegen
ihm mit Pacetti,*
Ein weiteres Werk ersten Ranges wird damals feil, der
Diskobol Lancelotti. Am 30. April 1811 fragt der Kronprinz:
9 Kennen Sie den Diakobol bei Massimi, erkennen selben für
ausgezeichneter Schönheit? ganz erhalten antik? zusammen-
gesetzt?* Zunächst erwidert Dillis, dass er den Diskobol nicht
kenne. Aber am 22. August 1812 schreibt Dillb aus Kom:
„Der Diskobol ist eine Statue von erster Klasse und ganz ausser*
ordentlich schön — in der Vigna Colorobara vor 15 Jahnen gi»-
funden — mir .scheint der rechte Fuss restauriert zu aeiu, g^
wi^s ist es die rechte Hund an den Fingern, Leib und Kopf
Kronprinz lAidwi§ fKm Bauern und G> DUUh.
433
sind von ausserordentlicher Schönheit. — Von 3000 Zechinen
= 7000 Hcudi kommt der Besitzer nicht herab, was uns ein
übertriebener Preis scheint. Man muss also noch einige Zeit
zusehen bis der Besitzer etwas von jenen hartnackigen For-
derungen zurückkommt — aber es bleibt immer die erste
Statue unter den jetzt verkäuflichen und hat mich ganz hin-
gerissen.*
Wenn dem so war, warum fand Dillis den Preis zu hoch?
Es scheint nicht blos nach eigener Schätzung. Denn nachdem
der Kronprinz am 2. September 1812 abermals der Sache mit
den lakonischen Worten „Massimi will Diskobol verkauften"
gedenkt, erwidert Dillis: , Diskobol Massimi wird zwar verkauft,
aber nur für 7000 Scudi. Nach Rauchs und aller Sachverstän-
digen (M. Wagner?) Meinung ist dei^selbe aber nur 3500 Sc.
wert/ Der Kauf unterblieb, eine der unglücklichsten Ent-
schliessungen des Kronprinzen, der auch nicht in der Lage
gewesen zu sein scheint^ seinen königlichen Vater in der Weise
zu engagieren wie bei der Sammlung Braschi.
Die Mittel des Kronprinzen waren damals durch andere
umfängliche Gelegenheiten in Anspruch genommen* Die Samm-
lung Bevilacqua in Verona lockte z. T. durch die Stückzahl,
eine Auswahl von 28 Skulpturen. Der Prinz schrieb darüber
dd, Innsbruck, 4, Oktober 1811 » nachdem General Pompei als
nicht genug Kenner einen kompetenten Beurteiler gewünscht:
„Auf Dillis sopra il Giorgio Bavarese fiel augenblicklich meine
Wahl, dass der mir schon wichtige Dienste geleistet diesen
leiste mein sehr angelegentlicher Wunsch ist; demnach viel mir
darauf ankommend, dass wenige Tage nach meiner Ankunft
zu München Ihre Abreise nach Verona erfolge, sehr wünschte
ich, dass vor ersterer Sie Ihre Erlaubnis und Pässe erhalten,
auf dass nicht bekannt werde, dass ich der Beweggrund bin;
und zu des Geschäftes [Angabe] müssen Sie sich nur als Land-
schaftsmaler, nicht als Galerie-Inspektor einschreiben lassen.
Was Ihnen günstigen Vorwand abgiebt, nämlich Zerstreuung
nach dem vielen Sitzen, hat wirklich Grund, wird wirklich gut
für Sie sein« Dass ich die Beisekosten bezahle, versteht sich,
T, e. lUhtf
ihre möglich wohlfeilste Einrichtung wird raeinein Ticlbel
Beutel lieb sein,*
Dor Aufwand tUr die wirklich zum Abschluss gekommene ^
Bevilacqua-Erwerbung war natürlich der DiskoboUFrtigo hin* ■
derlich, wie auch andere mit mehr Nachdruck betriebene Gd-
legenheiten, namentlich die drei mysteriös behandelten Fragten h
wegen des ^Kräftigen', des , Schlafes** (der barberintsche Faun) V
und des «Metalls*. Im Vordergrund des prinzliohen iDtenessed
aber stand eine Erwerbungsgelegenheit, die der Kronprinz mit
Reclit über alle anderen setzte und welche wegen des Äuktions*
tennins auch nicht aufschieblich behandelt werden konnte, nem-
lieh die Erwerbung der Agineten,
Haller v. Hallerstein hatte dd. Athen, den 23. Dezember
1811 einen ausfuhrlichen Bericht erstattet, von welchem sich
Dillis Auszüge machte, die als zusammenhangalas z. T. schwer
verständlich, z. T. was die Bemerkungen über den Tempel toii
Agina und über die Giebelskulpturen betrifft, nach spateren
Untersuchungen belanglos, z. T. endlich in den weitläufigen
Auseinandersetzungen über den Landtransport nur von rer-
kehrsgeschichtlicher Bedeutung (übrigens auch praktisch un-
benutzt geblieben) sind. Interessant ist vielleicht die Mittei-
lung über »weiters vorgefundene Sachen: 1) einen Teil eines
parallelepipedischen Marmors mit angefügter Inschrift — wel»
che ein Krgister von üerätschaften ist, die wahrscheinlich im
Tempel vorhanden waren (bekanntUeh im Aginetensaal der
Glyptothek), 2) den grössten Teil eines grossen elfenheinerneö
, Auges — das vielleicht von einer kolossalen Statue des Gatt»
abrig geblieben ist — man sieht deutlich, dass es eingeaitsi
geweseTi ist — und dass es einen eingesetzten Augapfel batti»
— vielleicht ist es eine Maske gewesen (Antiquarium zu Mün*
eben), *6) mehrere Fragmente von Vasen aus gebrannter Erde,
4) Fragmente kleinerer Figuri^n aus gebrannter Erde, Übw-
reste von Votivgeechenken to dem Tempel*'*
Von untergeordnetem Belang ist dann die Abschrift von
§ 3 der Convontiun entre ks ijuatre proprietain* -lohn Fostijr
jun-, Chr. de Haller, Jacques Linkh et Ch* Hob. Cockeridl,
Kronprini Ludwig ron Bti^ffn und G, Dütuf.
435
die Bedingung enthaltend, dass der Käufer jedem der vier
Interessen teD einen Gipsabguss des Ganzen zu liefern habe.
Aufs böcliste zu beklagen aber ist, dass die Notiz von
zwei Pterdekopfen des Parthenon, welche Lord Elgin zurück-
^lassen zu haben scheint, keinen Anklang fand. Hfiller hatte
sich darüber wie folgt geäussert: ^Die gegenwartig noch auf
dem Parthenon liegenden beiden Pferdeköpfe als die in der
Gruppe zu hinterst gestandenen, nie vollendet, sind gegen-
wärtig durch die Zeit zu einem nicht viel mehr als rohen
Marmorstücfc geworden: ich werde sie indessen einer noch ge-
naueren Prüfung unterziehen, sobald es mir gelungen sein wird,
die dazu nötige Erlaubnis des auf der Akropolis kommandie-
renden Distars erhalten zu haben/ Es können nur Giebel-
fragmente gemeint sein, denn in den Transportvorschlägen ist
von einer Wagenladung die Rede. Dillis hatte dazu in seinem
Antwortschreiben an den Kronprinzen vom 26. April 1812 be-
merkt: p,Die zwei Pferdeköpfe scheinen mir kautn für eine
kostbare Sammlung geeignet zu sein,*"
Dillis wird indes den Agineten gegenüber nicht warm. In
demselben Briefe schreibt er: „Aus den Zeichnungen der Giebel-
figuren geht ein älterer Stil als der aus der schönsten Blüte
Griechenlands hervor. Wie glücklich würde ich mich schätzen,
wenn ich die für mich gänzlich erhol ungslose Stadt wieder ver-
lassen und von E, K. H. allergniidigstem Anerbieten bald Ge-
brauch machen könnte. Aber für jetzt kann ich noch keine
Zeit bestimraen. Erat wenn das für das Galeriepersouale ganz
neu entworfene Keglement wird erschienen sein, werde ich die
llealisierung meiner Entfernung von meinen Geschäften be-
stimnien können. Seit der letzten Entwendung des Gemäldes
aus der k. Galerie wird eine ganz neue Einrichtung und Vor-
kehrung getroÖeu.** Es erscheint kaum zweilVlhaft, zwischen
den Zeilen dieser schwachen Ausrede einen Rückzug zu lesen,
sei es nun, dass dieser au» persönlicher Ängstlichkeit einem in
jener Zeit nicht ungeffLhrlichen Unternehmen gegenüber, sei es,
dass er aus der Besorgnis entsprungen war, mit der Sache an
sich keine Ehre einzulegen und namentlich jsich die Ungnade
T,m.\
Itm Kmfrns wiiDle aber dola iii^ ><'■ wirflUili n und
•ebieb 6A, JijwfhBtlbßm^ I. Joai 181t u Dflü» u. •.: .Wenn
Bm m jetzt flelum für »Imb kalfaii, IwBtuiwAw S» Sidi nü i
GUgni T. fimgdt wie skk n Wodum aa* imm Se Urlaub
and Piae, mAAm okse Anbdien mach ohne hkagen Pablikniii^
Wimen beLonmen, weiui idi wie wmhfsclräilicli (doch nicht
gtwifli] in dte$ein Somner seödeit w«de nach Zanle, Äginas
Fsod betreffend. Da es in adcher Zeit der üniuhn des Kri^n,
wOrden die Ifeitaffhen nnfeMbar sekraea^ nidit bedeckend» dass
AD« auf meme Koeteii, in Priedett tind Krieg meine Einnahsie
gleieh seL Denn erwerbe ich dieae Hamiwlimg^ ao will ich Preis
wie Fracht und die aadereD Koeleii gaos aattschlieasllch auf
eigner Bechnnng haben. Dorch Oiorgia BaTareae besorgt v^cr-
trane ich anf günstigen Etfolg,*
Dilii^ erwidert anter anderen Mitteilungen aas Floretts
darauf lakonisch: «Mit Hm v. Ringel über die bewoaste An-
I gelf^geuheit zu sprechen, habe ich noch nicht Gelegenheit ge-
funden.*
Der Kronprinz darauf dd. Salzburg, 7. Juni 1812: «Eb
anderer ab ich hatte als gewiss daa Vorhaben Sie nach Zante
zu senden, Ihnen geschrieben, aber als höchst wahrscheinlich
tue ich es. Sprechen Sie in meinem Namen mit Geh* Leg.
Rat r, Ringel, daas ich Ihnen dazu im Vertrauen seiner rast-
losen Tätigkeit für Kunst den Auftrag erteUet und er ausser
Dilli» der erste äu München sei, welcher Kenntnis davon be-
kflmmt. Was sein Hat sei, die verschiedenen zu erörternden
Punkte betreffend« Sie können (wünsche dass Sie es tun) aus
idem von Ihnen geraachten Auszug aus Haller's Schreiben ohn-
(müss zu Land geschehen)*) der
jhnliche
Igel
i\U
gewi.
Fatm«, Oreai, Vol'> THrfed
Rrmtpritu Ludmg von Baifem ttnä ß, DUIk,
437
Lubensgrosse wieget. Wann deucht beste Zeit zur Abreise, da
Versteigerung zu Zante L Nov.? Vergleichlos besser zu frühe,
als zu spät dorten eintreöen, wäre Übelangewandte Ersparnifts.
Aus Beilage berechnen Sie mir beilautig der Heimreise Kosten.
Meint Hr v. Ringel, dass um französische Pässe sich zu ver-
wenden und welcher Art es sei, schon jetzt es notwendig sei?
, . . Dillis auf Sie vertraue ich zu glücklicher Ausführung.
Freuet Sie nicht Griechenland zu berühren? . , , Lesen Sie
noch einmal bedachtsam Ihre Agina's Fund betreffenden Ab-
schriften und was davon in zwei Blättern des Morgen blattes
im heurigen Jahrgange enthalten. Irre ich nicht muss nur
^4 des Preises gleich bar erleget» wenn dieses nicht geschiehetf
Hicherheit geleistet werden. Denken Sie nach, was besser» Kredit-
brief oder Wechsel, glaube letztere ausschlieaslicli, wenn mit
nicht mehr Unkosten als jene verbunden sie sind. . . , Ich
weiss Ihre erprobte Gründlichkeit in Geschäften, in diesen
grossen weitentfernten kommt auf vorherige möglichst genaue
Bestimmung viel an, besser vergeblich als dass unterlassen
wird Ausführung.*
Noch ehe Dillis* Antwort vom 14. Juni in die Hände des
Kronprinzen gelungen konnte, dringt dieser dd. Salzburg,
15, Juni 1812 mit weiterem Detail in Dillis: ,Ich sehe Ihrer
Antwort mit lebhaftem Interesse entgegen. Wenn Ihre so
wahrscheinliche Keise nach Zante geschiehet, werden Sie nicht
Oriecbenland nur berühren, wenn Haller noch daselbst
fast mit Gewissheit Sie nach Athen selber kommen, zugleich
mir mitzubringen, wjts, sei es gleich weniger, durch Haller mir
geworden« — Halten Sie's nützlich? oder doch nicht schädlich,
wenn Ihre Ankunft dorten vorher bekannt? — Sie gehen doch?
Diese und vorige Fragen daium, weil ich gerne Haller dem
ich geschrieben er möge die Gegenstände mir erworbene nem-
Ucb in Griechenland mitbringen^ nun das Gegenteil kund ma-
ßn würde, damit nicht in der Zwischenzeit jenes erfolge,
aehrt meine Ausgaben werden. Dann alles mit Agina's
Fund in einem Transport unter Dillis' Führung, Oder halten
Sie es für weniger kostspielig, wenn aus Athen unter Haller
tOOt. SlUgtb. d. pliUot.-plilioL u. d. lii«L KT. '^9
438
die einen, aus Zanie Ägina's Fund zwar auch zu Landtt nmh"
ster Weg unter Ihnen nach Baieni kommt? Oder ersteren Fallsl
aus Zante gesehii^ z. B. nach Lepauto da haJt^ Dälis nuck
Athen, von wo nmn Eigenthuin nach Lepanto gehracht und
alles nach Baiern.
Einen in jeder Hinsicht zuverlässigen Diener fiirj
diese Reise Sie zu begleiten schlagen Sie mir vor (oder meh-
rere auf dass ich, wenn mir einer unter ihnen gefallt, ihn dazal
wähle) welcher in dem nicht zu erwartenden doch möglicbfJi|
Falle Ihrer Erkrankung während des Transportes, Sarge trage?
— Dünkt Sie nicht ratsamst Kreditbriefe (oder Wechsel) nar j
auf Sie lautende Titel beiltigend auszustellen?
Schriftliche Weisung werde ich Ihnen geben, Sterblicher'
seiend träfe mich das aUgemeine Los, sind Sie dann auch nacb
meinem Tode gerechtfertigt vor allen erscheinend, wie in Ihrem
Herzen Sie es immer sein werden, Empfehlungsschreiben bö-J
kommen Sie.
Nicht die grosse Kaufsumme und nicht der beschwerlich«^ j
Transport was mich bekümmert, sondern wie zu machen, dasa]
Sie aufisehenlos von München hingehen. Ghmleg.Rt Ringel, der!
mit rastloser Tätigkeit innig angelegen sein lägst, kann am
meisten dafür thun, und er wird es, ich vertraue darauf, aagen
Sie es ihm, legen Sie es ihm recht ans Herz. Könnte muu
nicht Reise nach Italien vorgeben» denn wenn ausser Üingei«
man es zu München erfahret, giebts ein allgemeines Geschrei '
gegen mich, und wenn dies vermeidbar, sehr ratsam. Sie kennen 1
dies Publikum!*
Der warmherzige enthufiiastische Brief kreuzte steh au
dem Wege mit der matthpi-zig ablehnenden Antwort DillisM
auf jenen vom 7, Juni, dd. München, 14. Juni 1812» natürlich
vnvi alle Antworten des Galerie-Inspektors nur im Konzept vor-
liegend: «Herr v. Ringel könne mir, wenn erst zum Vnraual
die Hei>>eroute bi\^immt angegeben is^t, nur französisch© Pässe
verschaffen; ohne das« es aber Aufsehen mache und bekannt i
wird, kann er nicht verheisi^ii* Wenn E. K, H* da« erswirckeitJ
«ollen — wäre es besser, K. K. H. schicken ilen in Rom be»J
Rronprim Ludwig ton Bayern und G, DüUjs.
439
tiadlichen Maler Wagner zur Versteigerung ab, da wird es gar
kein Aufsehen machen. Auch hat Wagner einen tieferen Blick
in die griechische Kunst. In der Lage von E. K. H, würde
ich keinen besseren Plan mir wühlen, kein zuverlässigeres Ur-
tbeil verschaffen können» — Wagner bat von Jugend auf dies
Fach studiert, bei mir sind es erst einige Jahre. Wagner hat
seit sechs Jahren seinen Blick schärfen können — auf seine
Kenninisse, auf sein richtiges Urtheil werde ich nie Anspruch
machen können. — Es wäre von mir eine Frechheit, den Wert
von G(),ÜÜÜ fl. durch mein Urtheil zu garantieren: eine solche
Verantwortlichkeit auf mich zu nehmen, dafür habe ich nicht
einmal das Vertrauen zu mir selbst, wie könnte ich dem Ver-
trauen E. K, H. entsjiretlien!
Wenn der Mensch sich Geschäften untemeht, denen er
nicht gewachsen ist, so ist es entweder Eigennutz oder Leicht-
sinn. Ehrgeiz — bisher habe ich mich noch immer gegen
diese Schwachheit verwahrt, und ohne dergleichen alles was
ich Übernora men habe, ausgeluhrt. — Einen grösseren Eigen-
nutz iilr mich könnte es nicht geben, als Griechenland und die
malerischen Küsten dahin zu sehen — aber diess hat mit der
Sendung gar keinen Verband: eigennützig wäre es von mir,
Griechenland zu sehen. Eitelkeit, einen so wichtigen Auftrag
erhalten zu haben und Leichtsinn, einem Geschäft mich zu
unterziehen, dem ich nicht gewachsen bin. Ich traue mir die
Kenntnisse nicht zu, die mich der Verantwortlichkeit eines
solchen ungeheuren Werthes überheben würden.
Bei Beurtheilung der Gemälde traue ich mir mehr zu,
weil ich n»ein ganzes Leben dem Studium derselben gewidmet
habe — für die Beurtheilung der plastischen Kunstwerke habe
ich zu wenig antiquarische Kenntnisse.
Da die Sendung nicht geheim bleiben kann — so würden
neuerdings alle Künstler über mich herfallen und das bischen
mir erworbene Zutrauen untergraben, und der Giorgio Bavu-
rese wird voll Gram bald sein mühevolles Leben endigen und
seiner Familie die bisher geleistete Unterstützung entziehen
müssen. — Ditf Ethaltuug eines FamiUenvatera ist doch die
29«
440
F. p. lUher
ei«te uod Datürlickste Pflicht. — Allein mein Leben aufisu
opferOf dazu bin ich jeden Augenblick bereit — die Aufoiifr^
rung aber meiner Ehre, meines Huhjn^ — dafilr habe ic
noch nie Anlage gehabt*
Da Dilüs den oben angeführten Brief des Prinxen you
15. Juni erst nach Absendung seines Schreibens vom 14. Juni]
erhielt, liess er (Dillis) sofort eine Nachschrift folgen, in wel-
cher er einen anderen Vorschlag zu dem vorigen fügt:
meinem letzten Brief habe ich den Punkt des Anfsehens eiuerl
solchen Heise und die Äusserung des llerm v. Ringel dariiber]
erörtert (der Reinschrift des Briefes scheint noch die Bemer-j
kung eingefügt gewesen zu sein, dass der König für den Er-
werb der Agineten nicht eingenommen sei). Dorthin zu schreiben I
und meine Ankunft anzukündigen, wird kaum von einigem Er-
folg sein. Glücklich würde ich mich schätzen, den urklasaiischenl
Boden zu betreten. Da aber E. K. H. einmal schon von Hallt*r
einige Gegenstände angekauft, da Hatler ein Unterthan, daSj
Haus Haller von Hallerstein mit Ehr und Vermögen eineoi
solchen Kauf verbürgen kann — warum soll Ilaller hieriaj
E. K. H. bei dieser Unterhandlung nicht vollkommen ent-|
sprechen können, da gerade durch ihn das Geschäft ohne Auf-
sehen zu machen und am besten besorgt werden kann?'
Der Kronprinz konnte die eigentlichen Motive der Ab-J
lehnuog nicht verkennen, wie er auch den Einwand der Ton
Dillis geltend gemachten Unzulänglichkeit de« Urteils Ange-4
aichts der sonstigen Betiitigung bei viel heikleren Antiken-j
kfiufen entsprechend gewürdigt und das etwas feige Gewimmer!
mn Schlüsse des ersten Briefes, mit Ehr- und Huhmesph rasten J
vermischt, unangenehm empfunden haben muss. Ohne aber auf-l
zubrausen, wie bei einer späteren Gelegenheit, Bchrieb er dd.l
Salzburg» 28. Juni 1812: ,Jhre Gründe tindo ich triftig und!
habe schon vorläufig Wagn<»r geschrieben. Haller soll nichtl
zur Ausführung gehöriges Geschick besitzen und ob er nochl
in jenem Lande ungewiss. Das wllre schlechto Ökonomi*^, iiini
R^i>»*tko.Hteu zu ersparen Gefahr hiufiMi, da.S8 alles unti^rbtiebetj
Antworten Bie, lieber Dillis, warum de mir seh lieben.
Kronprim Lmimtf von Baffem und G, Dillis,
441
S. M. der König schon zum vr»raus gegen den Erwerb ein-
genommen siml, ist solches? wer sagte es Ihnen?** Und als
Üiilis geantwortet: ,S. M. d* König haben sich über diesen
Gegenstand an der öffentlichen Tafel geäussert: aber nur er-
zählungsweise, dass E. K. H. zu dem Erwerb Lust haben*,
fragt der Kronprinz noch einmal dd. Sakburg, 3, Juli 1812:
»Schreiben 8ie mir ob der König nur wegen bewussten meinem
Vorhaben blos Äusserung oder missbilligende gethan, worauf
Dillis wieder ohne Angabe der Quelle erwiedert: , Seine Majestät
haben nur das bewusste Vorhaben in Anregung gebracht/
Eine Woche später, 12. Juli 1812, betraut der Kronprinz
Dillis mit einer Mission nach Rom, die z. T. mit der Ägineten-
frage, z, T. mit anderen An tikener Werbungen zusammenhängt:
»Giorgio Bavarese, den talentvollen redlichen tätigen wünsche
ich wieder in der Kunst zweiter Heimat Italien, auf dass solcher
Sammlung antiker Werke herausgeleite in das Baierland; an-
derer wichtiger Grund, von mir Aufträge auszurichten an Maler
Wagner um aus der Kunst (der herrlichsten) ursprünglichem
Mutterlande ihrer acht hellenischen, Werke uns zu erwerben.
Viel, sehr ?iel liegt mir daran, dass sie geschehe, Ihre Reise . . .*
Zwei Tage späser konstatiert der Kronprinz die durch
V. Ringel vermittelte Zusage: „Sagen Sie ihm (v. Ringel) dass
ich heute in einer Woche, also künftige Woche Sie hier [Salz-
burg] wünsche mein Dillis; dass Hr v. Ringel einige Zeilen
Ihnen mitgebe für Wagner im Fall dass solcher einen Pass
brauche, sie dem Gesandten Häffelin zu übergeben, damit dieser,
welcher Wagnern nichts weniger als liebt wie auch Sebastian
Mehlera, keine Schwierigkeiten mache. Mit Doublet ist Wagner
entzweit, wodurch Dillis' schleunige Ankunft um so erforder-
licher . . . Ihnen wird Heb sein aus den Mauern zu kommen
in den Genuss Italienischer Natur, Also spätestens 21. Juli
in Salzburg, lieber Tag früher, von da in Eile, nächsten Weg,
ohne Aufenthalt ausser Nachts, nach Rom.*
Die mündlichen Abmachungen in Salzburg reissen natür-
lich eine Lücke in den Zusammenhang der Korrespondenz, wie
wir auch die Auftrage, welche Dillis dem M. Wagner zu ver-
442
K r, Sthtr
milleln hatte, nitht kennen. D«^ Kreta iirinzen nacliste Brief«
Dich Rom eothalteD wegen Wagner, welcher nun direkt mit
dem Prinzen verkehrt, nur Nebensächliches, 2, B. : ,W«in
Wagner seinen jungen Italiener nicht mitnehmen konnte, gehe j
ich zum Toraus meine Einwilligimg zn einem andern Mensehen« I
erwartend, nur Toüig zuTerliaaigeis er nehmen wertie. Oial
wettere enthält der Briefweehsel des Kronprinzen mit Wagner, 1
aas welchem L. ütridia die Geeehiehte der Erwerbung nnd des
Transports der Ägineten *) gesehopft hat. Wir fögen dazu nur
noch eine merkwürdige leider allzu knappe Kotiz des Kn>n*
prinzen an Dillis dd. Salzburg, 3. Juni 1813: «An dem Fries
des Phygaüschen Apollotempels habe ich '/» AntheiL*
Angesichts eines solchen zu erwartenden Zuwachses der
plastischen Bestände musste der Kronprinz» den auch die
Klagen Dillis* wegen Raummangel zur Aufbewahrung emiddea
mochtisn, an ein entsprechendes Museumsgehaude denken, und 1
es scheint auch, nach dem oben erwähnten Brief des Prinr«!
vom 9. NoTember 1814, zu einem Kookurren zausschreiben mit
dem Termin L Juli 1815 gekommen zu sein. Von Erfolg war
jedoch dies nicht, da um diese Zeit der Kronprinz mit dem
1813 am Kasseler Hof stellenlos gewordenen Hofbaudircktor
in HQnchen bekannt geworden war und 1811V mit demselben
in nähere Verbindung getreten war. Es kostete auch den
Kronprinzen keine grosse Mühe den königüehen Vater Ton der
Unzulänglichkeit der bau technischen Kräfte in Hltnchen, wo
nur Fischer Anerkennenswertes leistete^ zu überzeugen and
dessen Au&ahme in den Dofdienst zu ♦ ' *■ ^ !»>r An«
nähme des Bauplanes Klenzes ftlr das r ^ ^jm en*
digte Dillis' Anteil an dem Bau wenigstens im Wesenllicheo.
Schon Tor der Gewinnung Klenzes hatte der Konig Aus*
atattungafragen an DilHs gestellt, wie dd. Wien, 18. Januar
1815, ob .für Wullialla's und des Äntikengehüude« Fus&boden
Mosaik angefertigt werden sollten • und am 26* Januar 1815
^ Vh Oljrpiothtfk 8. MaJ. dei Königt Ludwig I. tmx rtuvt^m mich
Uirer Gr^ekieht« und iknuu Bmitafiile* Th. Ackermmm lBt>
Kronf/fim Ludwig poh Baifcm und G, DüUb,
443
,ob in der Antiken Stätte Säle Gipsmarmorw linde wünschens-
wert* und , welcher Farbe zu jenen passende und z. B. zu
grüner welcher Farbe die luarmornen Büsten-Gestelle, so »u
jeder sie angebend, oder nur von einer Farbe alle» von der-
selben Gestalt alle oder von welcher alle, wovon ich mir tun-
lichst schnell Zeichnungen verlange, damit solche gleich in
Arbeit genoiumen werden können. Denn es ist sehr leicht mög-
lich, das Gebäude stehet schon vollendet, jene sind es aber
noch nicht (den Statuen ihre müssen mehr zu jeder einzelnen
gepasst werden, darum von solchen erst, wenn sie aufgestellt)
diesen § teilen mündlich oder schriftlich (vielleicht besser) an
beide Langer und Fischer, an jeden besonders als Auftrag von
mir an solche, mit beigefügt, der Grand meiner Eile.**
Schwanthalers geschieht in der priozlichen Korrespondenz
zum erstenmal flrwähnung aus Wien, 18, März 1815, aber noch
nicht im eigentlich künstlerischen Sinne: «Fragen Sie Schwan-
thaler was 20 Büstensockel kosten/
Der Klenzesche Plan war übrigens mit 1816 definitiv be-
reift, denn in diesem Jahr fand laut Inschrift in der Eingangs-
halle der Baubeginn statt. Für den Umfang des Gebäudes war
endgültig der in Paris abgeschlossene Albanische Antikenkauf
ma«igebend, welcher allein die Sammlung um 46 Stück, da-
runter 21 z. T, kolossale Statuen wie der Antinous in Rosso
autico und der Heros, sonst die Pallas, Mars Victor, Augustus,
Domitian, Sept. Sevems, der liegende Faun, die schwarze Faun-
statue, der schwarze Flussgott, die Basalt -Isis, der Granit-
Anubis, die 4 Karyatiden, 14 Büsten, 4 Heliefs, 2 Sphingen,
1 Obelisk und 4 Säulen. Einzelerwerbungen wie der herrliche
sog. llioneus, für welchen sich der Kronprinz in persönlichem
Ankauf in Wien 1814 zu dem hohen Preis von 6000 Dukaten
ent?H:.h Jossen und dafür den Hohn des kaiserlichen Hofes er-
worben hatte, kamen dabei weniger in Betracht, Wahrschein-
lich gleichzeitig wurde der Name des Gebäudes festgestellt, in
der Korrespondenz mit Dillis erscheint das W^ort Glyptothek
erst in einem Briefe desj Prinzen vom 24. September 1816. Der-
selbe Brief zeigt uucli bereits den Ent^chluss des Prinzen, sich
444
F. t, M^tr
Dicht auf die Antike zu beschränken: , Sehen Sie (in Itdieo)
für die Glyptothek wünschenswerte Werke von der Zeit der
Antiken weit bis zu unseren Tagen, wünsche ich deren genaue
Angabe.* Ein Wink der leider von den Organen des Priiwen
unbeachtet oder nur Yon , unseren Tagen" yerstanden, auch
vom Prinzen nicht weiter verschärft wurde: für die Schätzung
der Pisani und Donatello war eben die Zeit noch nicht ge-
kommen.
Das Cinquecento vertritt in der Qlyptothek nur ein 1816
in Rom erworbenes Terracottaporträtköpfchen , falschheh Ha-
phael genannt und das 17. Jahrhundert ein marmornes Chri-
stuskind, damals dem Fiamingho (jetzt Aless. Algardi) 2iig^
schrieben.
Mehr geschah von vorneherein für die Plastik des 19. Jahr-
hunderts, abgesehen von den Skulpturen für Walhalla und die
Aussenausstattung der Glyptothek: Canovas Paris wie die Paris-
büste wurden schon 1812/1813 erworben, bald darauf Thor-
waldsens Adonis auf eine schon 1807 erfolgte Bestellung, Scha- j
dowa Sandalenbinderin 1819 und Vittoria Caldoni, die Büste |
des Kronprinzen von Thorwaldsen 1821. Die Büste Napoleons i
von Spalla (1808) wie die Muse mit Amor von Eberhard war]
von König Max L erworben.
Ein Brief dd. Brückenau, 8. August 1818 beschäftigt sich!
bereits mit den Giebekkulpturen der emporwachsenden Gly]>to-
thek: ^Sagen Sie femer Klenze in meinem Namen, was er da-j
von hielte, wenn Haller schon diesen Herbst nach Rom nh^l
ginge. Wie auch seine Antwort ausfallen möchte, meinte ich,]
dass abzuwarten wäre bis Wagner's Zeichnung zu den Glypto-j
thekgiebelfiguren, die an ihn (Klenze) zu senden ich ihm heute^
noch schreiben werde, [hier], auf dass mit Haller Übereinge-
kommen werde, wie viel derselbe flür deren Ausführung in Gips
iß der erforderlichen Grösse zu bekommen habe, auf Abschlag
einstweilen in Korn die Modelle verfertigend, wo ich aber der
Pack- und Frachtkosten wegen schwerlich weder diese nocl
die in den Nischen fehlenden im Orassen werde in Gips mAchen
lassen. Wenn nicht zu vermuthen, dass letztere hedeutent:
Kfonprini Ludwig i^w Baperti und G, DiUi»,
445
werden, so bin ich schon entschieden dafür, dass solche
in München vor Rom vollendet werden."
Der Berufung des Architekten war drei Jahre später die
eines Malers gefolgt^ des P. Cornelius, welchen der Kronprinz
während seiner italienischen Reise an Freskoleistungen in
der Ca.sa Bartoldi und Villa Massimi kennen gelernt hatte.
Nach niehrmonatliüher Kaiionarheit hatte dieser 1820 die Aus-
führung der Fresken in den drei Empfangssälen an der Nord-
seite der Glyptothek begonnen und trotz eines Stabes von Ge-
hilfen erst 1830 vollendet. Der Kronprinz wollte zunächst
dd, Aschaffenhurg, 3L August 1819 von seinen Katgebern
wissen, wie er mit dem Künstler den Vertrag machen soll:
, Bald ige Antwort Ihrer Ansicht und der vom K lenze, ob es
besser sei, bei dem zu bleiben, den Cornelius betreifend, wie
Sie ihm geschrieben» oder eine Übereinkunft mit ihm zu schliessen,
z. B, für jedes Saales Cartous ^/i so und so viel, für dessen
Malen al fresco so und so viel. Würde letzteres vorgezogen,
genaue Angabe, wie es festzusetzen wäre, dass ich nicht zu
kurz komme. Der Gedanke kam mir selbst, was beaser, fragt
sich, , , , Teilen Sie als von mir Klenzen folgendes von Wagner
unterm 13. dieses mir geschrieben wordenes mit: »Hr Eber-
hard und Cornelius gedenken in den ersten Tagen Septembers
von hier nach München abzureisen und ihren Weg über Ve-
nedig zu nehmen. (■orneJius hat bereits zu diesem Zwecke sein
ihm zugesagtes Reisegeld von 200 scudi bei mir erhoben, —
In Hinsicht der Farben, nemlich des ültramarins den er noch
einzukaufen gedenkt, möchte ich einstweilen 100 scudi in Be-
reitschaft halten, worüber er mir eine spezifizierte Quittung
gehen wird.«*
Nachdem nun Dillis am 3. September 1819 dem Kron-
prinzen mitgeteilt: „Ich habe endlich einmal von Cornelius aus
Rom unterm 25. Aug. eine Antwort auf den von E. K. Hoheit
mir anbefohlenen Brief erhalten, worin er mir anzeigt, dass er
näclistens das Glück haben wird, die Entwürfe und Cartons
E, K. H. selbst vorzulegen und hiedurch um die Begünstigung
naclisucht, dass während seiner Abwesenheit seiner in llom
4M
F. iL
hma 30 m9Ü m MwUiebra Rmkm
beidUel lud liieribcr fio W«ims •■ Wiener »Imma wer-
doi dftrfit« gü« «r am C niipiiirtui 1819 den Bai, ,bm dma
K«etnkt siekai n Ueihai mmi alkrcüiBl auf die VerfertK
gnog der Ckrioii« ra dring««, 4amik im ciwBS Ar gutes Gdd
erkik\
Am 5. Jasaar 1820 war der Kroapffim in Mflnehen eia*
getroffen und balte Dillk aad Klem:e brieflick flir den 6. mor-
gaos sa sich befohko* Natfiriidi folgt jelil Hagere Pause in
der Korrespoadei». Am 21. Augnit 1890 ▼mbmgt der Priaz
aun BrOekenaa Nackriclit fiber die Fiedumialereien der 01j{ita-
tbek: «Schivibea Sie mir gleich Ihr Urteil über das
Jeder al fresco io der Gljpiolhek gemalt, die Arliett eines Jedi
aucli jedes Schulen eiazela durehgehend, was aelur sehdn«
miHelm&mtg cnler gar schlecht wirSt gsnao angebend.* Darauf
konnte DiUis am 26. August 1820 freilich keine all:
Fortsehrtite bericfaten. ,Habe ich die in der Qljrpiotliek
reits irorgeiscfaritlenen Freskogemilde eingeselien und bemerkt»
da» Qberhaopt die Künstler immer rertranter mit dieser kl
sieben Art zu malen und die Farben immer lebhafter, glOhen^
und rerschmolzener aa%etragen werden. Cornelius eilt
Itiesenschriiten Yoran. Er hatte eben zwei weibUche K5pfe
recbU ron der Nacht mit einem besonderen Schmelz,
schöner Form und Ausdruck rollendet, weldie mir einen be-
sonderen Qenufls gewährten. — Zimmermann malte eben an
dem Fries um den Bogen mit Arabesken mit einem markichl
verschmolzenen Ton so vollkommen , dsss nichts zu wftnsckan
übrig bleibt und demselben wobt auch ein Tablean mit
hi^^torischen Figuren in Zukunft übertragen wenlen kann. ^
Nach ihm bildet sich besonders für die Arabesken Sieb mann
welcher ein zweiter Jcibunn da Udine werden kann: und ein
befionders genialisches Wesen für aolcbe Gegenstände aefaon jetzt
ausspricht — Düberg könnte dem *' * ' '' 'cdte
imr Seite gestellt werd«Mi, wenn tr den
Erwerb seines Ijebenßunierhaltes verwenden mllsiite. ^ Sehol
nrbeitet fleiasiig die kleineren Arabesken, blosote VorsEiurung Okkne
Kronprinjs Ludwüf t}on Bauern und G, Dülü,
447
I
I
I
I
Figuren. — Thelot dürfte erst sich noch mehr in dein Ltninhfeen
der Farben einstudieren und öeiu Gemälde (ein Fächer) zeigt
noch etwas Härte und Trockenheit. — Küchlen, weicherden
zweiten Fücher malt, zeichnet sich durch Fleiss und Mühe aus,
da wo es Jbni an genialischem Schwung fehlt. — Schlothauer
hat erst einige Versuche gemacht, worüber man ergt das Auf-
trocknen abwarten muss/
Die Ungeduld des Kronprinzen war gross; noch waren die
Wände der l.xljittothek nicht verputzt, als zu den 46 Antiken
der Sammlung Albani noch die sog. Leueothea (Eirene mit dem
Plutos), die grosse Minervabüste und der Faun mit dem Flecken
über Antwerpen nach München kamen, der lang umworbene
barberinische Faun nach langer Winterrast der ungenügenden
Notbrücke Kufstoins wegen eintraf und endlich auch die Be*
vilacqua-Skulpturen den Weg nach München gefunden hatten»
Das Ballhaus vor dem Schwabinger Tor (jetzt Arkaden) war
zur Aufstapelung zu eng geworden, man fing an, an der Glypto-
thek abzuladen.
Es mu«5ste an die Aufstellung gedacht w^erden und selbst-
verständlich zunächst an die Vollendung der Wände, In der
Deckenornamentik hatte Klenze sein Bestes ja nicht geleistet,
zu noch weniger niusste er sich in der Behandlung der Wände
entschliessen Der Prinz hatte wieder den Rat seines Dilüs
dd, Aschaffenburg 1822 angerufen: , Darüber, lieber Dillis,
wird wohl nicht viele Verschiedenheit in der Meinung be-
stehen, dass marmorn die Wände in der Glyptothek am schön-
sten seien, aber, ein fatales aber, solche würden (52 466 fl. 10 kr.
kosten, und dieses Geld datiir hat weder der Kronprinz noch
wird es der Kronprinz bekommen. Jetzt frage ich Sie, ob Sie
riethen, dass falls derselbe einst. König würde, er diese Summe
dazu verwenden solle, oder sie dermalen mit stucco lustro be-
kleiden und diesem lassen soll, was etwa 9300 fl* kosten würde
(wohlverstanden in all diesem ist von den Freskosälen keine
R«de), oder nur provisorio mit Leinöltarben, was etwa 2780 fl.
erfonlerte. Oder auch mit stuccn lustro nur bis zu der ein-
stigen Mamiorbokleidung, von welchem dazu benritigten Ka-
US
F, tf. Beher
pitale der Aufwand für ersteres einen Sjährigen Zirrseuketrag
aiisnjachen würde. So übel auch der erste Saal al stucco lustro
aussieht, so gut lUsst, was nicht zu leugnen ist, des Herocin»
saales grauer stucco lustro* Niemandem sagen Sie, dass ich
Ihnen davon schrieb/
Niemals riet Dillis zutreffender als in seiner Antwort vom
21. Juni 1822: ,Die Bekleidung der Wände mit einem den
Marmor nachahmenden Ölfarben-Anstrich, welcher von jeder-
mann getadelt wurde [und noch wird], ist auch in dem sonst
dekorativ guten grauen Saal nicht geeignet, die darin uuf-
gestellten alten Statuen zu heben, die kalte Farbe teilt sieh
denselben mit und die griechische Wärme und der Geist wo-
mit sie gearbeitet sind, geht verloren. Die Griechen würduu
die Wände mit einem enkaustischen Anstrich bekleidet, die
liömer mit Freskogemälden geziert — und die herrliche Kuost-
epoche unter Kurf. Maximilian I w^ürde den stucco lustro (oder
Scajola) angewendet haben, worüber uns der ehemalige Schimmel*
saal, welcher zerstört wurde, ein herrliches Beispiel gab, und
wovon ich noch ein herrliches tableau vom Untergang auf dem
Lechel(?) gerettet habe. Da Marmorbekleidung zu 62 466 fl.
10 kr. freilich weder für die Ka.sse eines Kronprinzen noch
eines Königs begutachtet werden kann, so würde ich die Wände
mit stucco lustro als f. immer bestehend bekleiden lassen und
dadurch wieder die ehemals von Max I gestiftete u, in Wesso*-
brunn wohnende, jetzt ausgestorbene Stuccatorenschulo wieder
zum Lehen erwecken, welche zur Ausschmückung ööentlicher
Monumente vieles leisten würde und bei Erbauung einer Kirche
auch wieder zweckmiissig verwendet werden könnte. Sowie
dermal die Steinmetzkunst durch die v. £. K. U. unternam-
meuen Gebäude wieder ins Leben g«*treten ist/
Leider verhallten diese durchaus zutretenden Worte, und
Glyptothek wie Treppenhaus der Pinakothek und einzelne liäume
der Residenz etc. erhielten jene umso widerwärtigere Marmo-
rierung in Ölfarbe, als die Ausfuhrung flüchtig und schlecht,
die? Farbe meist ungünstig gestimmt idt. Jm übrigen war Dülia
nicht mehr mit der Glyptothek befmsüt, indem die pla^ti^ehw
Kranprint Ludwig von Bauern und G, Dütiir,
449
Angelegenheiten jet«t in Wagners Hand laufen, und für Dillis
ihn näher berührende Angelegenheiten heranreiften, nenilich
der Neubau lilr die Gemäldesammlung.
III. Die Pinakothek.
Auch wenn König Maximilian nicht selbst und der Kron-
prinz ganz besonders als Geniäldesammler grösseren Stilas auf-
getreten waren, würde ein Neubau oder erweiternder Umbau
der Münchener Galerie notwendig gewurden sein. Denn weder
Max Einanuels Galeriebau zu Schltiissbeim noch Karl Theodors
anspruchslose Galerie zu München konnte trotz Besetzung der
Schlösser Dachau, Neuburg und Nymphen bürg und trotz der
reichen Ausstattung der von Kurfürst Maximilian I. erbauten
Residenz nicht mehr genügen. Die Tausende von Gemälden,
welche seit der Verschraelzung des pfälzischen Besitzes mit
dem bayerischen, durch die Verbringung der Mannheimer Ga-
lerie unter Karl Theodor, durch die Versetzung der Galerien
von Zweibrücken und Düsseklorf, dann durch die Einverleibung
der Reichsstädte» durch die Säkularisation der geistlichen Stifter
und durch die Klosteraufhebung von Franken bis an die ita-
lienischen Grenzgebiete Tirols in München zusamiuengeströmt
waren, konnten nur mehr zum geringeren Teil und lediglich
in den hervorragenderen Stücken zur Auistellung gelangen.
Manches lagert sogar noch jetzt in den Depots ^ obwohl eine
Unzahl von Kirchen und öffentlichen Gebäuden mit den de-
korativen Bestandteilen bis auf die neuerliche Erschöpfung des
Vorrates ausgeschmückt worden ist.
Der König kaufte zwar mehr als Liebhaber besonders im
Gebiet der Niederländer des 17. Jahrhunderts oder auf An-
dringen der Akademie der Ktlnste, der Kronprinz aber von
vorneherein zielbewusst und aus eigener Initiative, mit dem
ausgesprochenen Zwecke, die Lücken auszufüllen, welche durch
das mehr einseitige und planlosere Sammeln der Vorgänger,
trotz der reifen Kennerschaft der Kurfürsten Max L und Max
Emanuels von Bayern wie des Kurfürsten Johann Wilhelm ?.
F, r. JltUr
d. Pfalz, geblieben wareru Es handelte sieb dabei IwjsoihIm»
um die bisher vernachlässigten Gebiete des italieniftchen Quatro-
und Cinquecento wie des deutschen und niederländiiscbeii 16. Jnbr*
bunderts.
Im ersteren Gebiete war die Kennerschaft Dillia^ besonder»
nützlich, womit sich die Hinneigung und auch R^iseerfahrutig
des Kroi]i»rinzen aufs förderlichste verband.
Die Tendenz des Prinzen wird uns aus der Liste der an-
gekauften wie der angestrebten Gemälde vollkommen klar, wo-
bei im allgemeinen die Wahl die vollste Anerkennung verdient
Von Venedig aus fragt der Prinz am 8. Dezember 1807, ob
Dillis den verkäuflichen Tizian, Beweinung Christi, kenne, ob
der König einen Oiorgione besitze nnd ob ein Lionardo da
Vinci in Mailand zu haben sei. Im folgenden .Jalkre wird dafi
angebliche Selbstbildnis Raphaels^ wahrscheinlich Bildnis im
Bindo Altoviti, aus Casa Altoviti in Pavia um 50f)0 Zechinen
(22 000 fl.), welcher Preis am 30. September 1808 nach Florent
abgeht, für den Kronprinzen erworben. Gleichzeitig beginiit
die Werbung um die herrliche Kaphaelsche Madonna aus de»
Hause Tempi, deren am 21. September 1808 zum erstenmal
durch den Kronprinzen gedacht wird und nach welcher der
Prinz stets und in hundertmaliger Wiederholung als Kronprinz
wie als König leidenschaftlich begehrt. Der Besitzer (March.
Tempi) wird mehrfach genannt, man war jedoch mündlich
übereingekommen, vom Bilde selbst pa^udonjm ala der »Tau*
bin* zu sprechen, da damals Brieferbrechung und ünterscbift»
gung nicht selten waren. , Sehnend girrt der Tauber» schon
lange Über die Alpen getlogen, nach der Täubin^ dass sie ihm
doch endlich folgen möge. Wenn »(cbon lange nicbt mehr hin*
geschrieben, wiederholen sie's bald* schreibt der Kronprinz am
14. April 1812 aus Innsbruck. £s wird alles aufgeboten, An*
walte, Abbates, Geliebte, Hausverwalter, Beiliente der Umgebung
desMarchese angerufen, aber erst nach /»wanzigjahrigem "Werben
gelangt die »Täubin', deren Name sich wie ein roter Fadeii
^durch die ganze Korrespondenz hinzieht, in den Bei^itsc im b-
z wischen auf den Thion gelangiuu Beworbt^m. En»t am 9. Fe-
Kronprinz Ludwig eon Bayern und G, DUli^.
451
bruar 1828 hatte Marchese Tempi das Bild am 15000 Fran-
eeftconi ^^ 75 000 M. abgetreten.^)
Am 1. Juni 1811 will der Kronprinz Bescheid Ober eine
„Ziügara^ von Correggio, kauft io Wien (10, Mär^ 1815) einen
Tizian, den Nobile mit dem Korallenkreuz (?), in Paris 1815
eine iJeihe kostbarer Werke für den König» bei deren Aus-
wahl Dillis beschäftigt war (^Murillo, Thomas von Villanueva,
Tizian, Madonna mit Kind^ Francia, Madonna im Kosenhag,
Cima da Conegliano, Maria mit Heiligen und 11 andere), wel-
cher dann eine stattliche Zahl älterer Italiener folgte, deren
Preise immerhin interessant sind. Wir lieben hervor Fiesole,
der Schmerzensmann (?) (26 Zechinen), Fra Pilippo Lippi,
Madonna (155 Zech.), Filippino Lippi, Christus erscheint
seiner Mutter (75 Zechet Predella dazu (25 Zech.), Botticelli,
Beweinung Christi (155 Zech.), Ghirlandajo, Altarwerk Ton
S. Maria Novella (510 Zech.)» Lor. di Credi, Anbetung des
Kindes (105 Zech.), Granacci, Vier Heilige auf 4 Tafeln
(200 Zech.), Beccafumi, Hl. Familie (550 Zech,)» Pontormo,
Madonna (150 Zech,).
Minder erfreulich sind die unrichtig bestimmten: Giotto,
2 Tafeln, je fünf Heilige, jetzt Spinello genannt, Starnina,
Uccelli, Baldovinetti, Fiesole, Pollajuolo, Verrocchio und der
mit 560 Zechinen überzahlte Ouercino. Innerhalb mehrerer
Jahre in Florenz und Umgebung erworben, sind alle diese
Bilder 1818 in München angekommen, nach Dillis' Bericht vom
29. August.
Wie der Mann mit dem Zirkel aus der Schule des Jan
V. Eyck, den der Kronprinz 1824 in Nürnberg hei Dr- Feust
entdeckte, Grünewald heissen konnte, ist schwer zu sagen, zeigt
aber, wie die Kenntnis der Deutschen des 15. Jahrhunderts
noch im Argen lag. Als recht betrüblich aber ist zu ver-
zeichnen, dass die Erwerbung des Donischen Ehepaars von
Raphael^ nach brieFlicher Mitteilung des Prinzen vom 15. De-
*) F. Reber, Dit* Erwerbung von ItÄphaels Madonna Tempi durch
K5nig Ludwig 1. Jahrbuch f. MOnchtmer Geschieht«« Ul, 168^, S. 1-S4.
452
F. r. Iltber
zember 1824 käuflich, daran scheiterte, dass der Prin2 mit der
Prüfung desselben dd. Würzburg, 15. Dezember 1824 den
M. WagTier in Rom beauftragte, dessen bedenklichem urteil
es zuzuschreiben, dass die zwei Bilder nicht um den Preis von
4000 Sc. (Brief Metzgers vom 14. Februar 1820) in bajerischeu
Besitz gelangt sind. Der Kronprinz hatte darüber dd. Würz-
burg, 15. Dezember 1824 geschrieben: , Könnte ich doch Über
den lieben Dillis , . . verfügen, er sässe nach Empfang dieses
Schreibens im Wagen nach Florenz eilend, aber so kann ich
es nicht einmal wäuschen des Aufsehens wegen wie des \W-
dinisses oder der Unannehmlichkeit die ihm und mir daraus
entstehen können. Also: wenn Ihrer Ansicht nach Wagner
Gemäldekenner ist . , .* Jedenfalls bleibt die versäumte Ge-
legenheit und das lahme Urteil des Bildhauers M. Wagner
ebenso zu beklagen wie bei dem oben erwähnten Verzicht auf
den Diskobol Massimi, an welchem zum grossen Teil der Maler
Dillis die Schuld trägt, wenn er sie auch auf Rauch abzu-
wälzen gesucht bat.
Von italienischen Erwerbungen folgte dann noch in der
Zeit des Dillis (Brief des Königs Ludwig L von Brückenau
17. Juli 1829) die Erwerbung des schwachen Innoeenzo da
Imola und des erfreulicheren M. Palmezzano.
Dagegen wurde die Ergänzung von klafibnden Lücken im
Gebiet der altdeutschen wie der rdtniederländischen Kunst ilureb
ungewöhnliches Glück begünstigt. Was die ersteren betrifft,
hatte schon Kurfürst Maximilian I. seine Sammlung durch
Sie Erwerbung Dürerscher WVrke geadelt, von welchen vor
^ihm nur die ^Lucretia* in hei-znglich bayerischem Besitz war
* "?inakothek). Nun hatte der Herzog und nachmalige Kurfürst
'*1C12 den Puumgnrtnef^chen Altar (Pinakothek), 1613/4 den
1G78 in der Kesidenz verbrannten Hellerschcn Altar, 1627 die
vier Apostel (l'inakothek), Maria mit der Nelke (Gal« Augs*
bürg), die Beweinung Christi (Pinakothek) und das Gebetbuch
CaiHer Maximiliane (Bibliothek in München), 1628 das Lein-
wandbild , Herkules und die stjmph&lischen Vögel* (Oerm« Mu-
seum zu Nürnberg) und die hl. Anna nelbdritt (I8S2 verkauft)
KrcmprinM Ludwig mn Bayern und G, DUlis.
453
I
I
wie der hl. Hieronynius und drei auf eine Schreibtafel ge-
zeichnete Köpfe (verschollen) erworben J)
Seinen Nachfolgern niusste dann freilich diese Richtung
unsjnipathisch sein: einem Ferdinand Maria, der die italienische
Kunst des 17. Jahrhunderts bocbhielt, einem Max Emanuel,
den niederländische namentlich vlämische Werke interessierten
und nach den sammlungsuDlustigen Zeiten eines Karl Albert
und Maximilian III, einem Karl Theodor, der wie übrigens auch
sein Nachfolger Maximilan IV. ^ nachmals König Max I. , von
der niederländischen Kunst der hulländischen des 17. Jahr-
hunderts den Vorzug gab.
Wenn 1805 durch König Max L das wundervolle Selbst-
bildnis Dürers (Pinakothek) von 1500 um 600 Gulden, viel-
leicht den fünf hundertsten Teil des jetzigen Wertes» in die
kurfürstliche Galerie gelangte, so hatte sicher schon der Kur-
prinz die Hand im Spiele, welcher mit seiner klassizistischen
Erziehung eine deutsche Gesinnung verband, die damals kaum
irgendwo dni^tischer zu Tage trat. Denn schon damals ent-
standen bereits die Keime zu der deutschen Ruhmesstätte, der
Walhalla, und schon 1809 erwarb auch der Kronprinz zwei
weitere Bildnisse Dürers aus dem Praunschen Kabinet in Nürn-
berg, den sog. Hans Dürer und das Bildnis des Michel Wol-
gemut, zusammen um 350 Dukaten, sodass die bayerische Dürer-
sammlung zu München als erste der Welt dastand. Dillis, dessen
italienische Richtung bekannt war, scheint dabei nicht zu R^te
gezogen worden zu sein, wenigstens findet sich in der Kor-
respondenz darüber keine Andeutung,
Inzwischen hatte aber die Klosteraufhebung wie die Ein-
verleibung der fränkischen Lande und die Säkularisation der
geistlichen Stifter einen ausgedehnten Zuwachs an anderen frän-
kischen und namentlich auch an schwäbischen, ober bayerischen
und ürolischen Werken ergeben. Diesen stand freilich jene
Zeit vorläufig noch ziemlich ratlos und sogar geringschätzig
^ F. Reber, Kurfürst Maxiiiülian I wU Geiniildeaamraler, Mön-
chen 1893.
ItKH. StUgBb. 4. phUoi^phUol u. d, hiaL KL 30
451
F.€
r, TOinb Pürat WallfT-
nnd Cinqueeeiilo |
SlrSmuiig
BednrangsD trageo
UniTenalat Landgut war
nd Diu» iMtte uadi Scknrilm
29. Aagmat 183t bndklel: «Bd »er inir diu^h aller-
BcÄnpi im 26. Asg. fiberti^geoeii Dnlenradituif
uni m ttefaiiui AibwU der auf der k* üasrernlal zu Laods-
hat befiodfidieii Oa^Ode kake kk wMm ein lortreff lickes alU
dMtadieaAliarbiU mit iwct Flttgd-GeiDildeQ angefunden, itnd
nebst nocb andern 40 Btldem mr Clierfiihntng nach Mancben
Terpackt« weleheB wagen ^ren asagcseiclineien Wert zur Auf-
stellung in der Pinakothek geeigiMi ist — worüber ich aber
erst den Kfinstler dahier werde nikar beetimmen können.^ Daa
Bfld, zur Zeit dem U* ApI sageackrieben, worde später der
CmTersitJit M&neben Jtnrikkgi^cbeo, ist jedoch wieder in der
Pinakothek, auf AnsocbeD des Verfnasers ron der £igentümdrin
auf 50 Jahre geliehen. Die staatlichen Klaetererwerbangen aber
^landen ihre Klärung nnd Ergänzung doich den Übergang der
Fallersteinschen Sammlung in den Basita das Königs Ludwig L
welcher sieh 1828 um den Terfailinismaasig g^iogen Preis ton
54 000 Gulden rolbog.
Der Kronprinz hatte nach eiinem Brief an DiUis dd* Din«
kelsbühl, 6. April 1823 die Sammlung im Schlosa zu Dinkels^
Dülil am 5. April d. J, besichtigt, ohne sich weiter darüber zq
^Hussem. Erst kurz nach seiner Thronbesteigung in einer am
25. Februur 1826 dem Dillis gewährten Auditmz sprach er
näher duTon und zeigte sich zum Ankauf geneigt , wegen dfa$
ftchuneii Holbein-BildniBses des grossen Fugger [r]*. Auch traf
er schon die vorläufige Bestimmung das Beste in der Pinako-
thek aufzustellen« Au» Übrige nach Nllrnberg zu bringen« Dbiib
c^s 2M;i, sugti* dtrr König, wohl dvr Mflhu wert, das Inl&ndii9ch»
nicht auH doTn Lande zu la&sen. Diese Ausscheidung wurde
luch nacb dem Kaufmbschluss betätigt: der Anteil der Pi»
uakotbek konnte freilich erst nach V^ollendung des Oebiliidas
Kronprinz Ludmg vcn Bauern umä ü, DUlis.
I
I
I
I
zur Aufi»telluDg kommen; der Anteil Nürnbergs aber wurde
sofort übergeführt. Schon am 13. April 1829 berichtet Diilis,
dass die auflässige Moritzkapelle bei S, Sebald in Einricfitung
begritten sei, und am 18. August 1H29 schreibt der König von
BrUckenau aus an Dillis: „Rühmen hörte ich die Wirkung der
Gemäldesammlung Aufstellung in der Moritzkapelle- Die Stadt
richtete ein Dankschreiben au mich.* Der (jesamteindruck war
allerdings ein guter, da aber die Bilder zur üälfte zwischen
und unter die Fenster, z, T, über Sehweite kommen mussten,
war eine entsprechende Besichtigung im einzelnen ausge-
schlossen, weshalb es später (1876) geboten erschien, dem An-
suchen der Direktion des Germ. Museums in Nürnberg zu ent-
sprechen und die Gr-mälde in das Museum zu versetzen.
Von noch höherer Bedeutung wurde die ein Jahr früher
vollzogene Erwerbung der Sammlung Boisseröe, Die könig-
lichen Galerien hatten von der niederrheinischen und nieder-
ländischen Kunst des 15. wie vom An&uig des 16. Jahrhunderts
nur sehr wenig bedeutendes besessen, wie seit Kurfürst Max I.
den Lucas v. Leyden, die Pieta von Q. Massys, die Verkün-
digung und die Anbetung der Könige von Bles, die Qeld^
Wechsler von Marinus v. Koymerswsle, den sterbenden Isaak
von Hemessen, Christus als Kinderfreund von Sellaer. Dazu
waren später gekommen: Maria mit Heiligen von Q* David,
die Danae von Gossaert, die Dreifaltigkeit, Maria und der
hl. Rochus von Patinir, der Steuereinnehmer von Roymers-
wale. Durch Kurfürst und König Maximilian aus den auf-
gehobenen Stiftern die beiden Woensam, die Anbetung der
Könige von Mostaert» weniges aus den pfälzischen Samm-
lungen ; durch Kauf die beiden Coxiescheu Kopien der Hubert
V. Eyck, die Gefangennehmung Christi von D. Boute und Jo-
hannes der Täufer von Memling. Nun bot sich in dieser Rich-
tnng mit einem Schlage ein Schatz dar, welcher zwar die vier-
fache Summe der Wallerstein-Sammlung erforderte, aber auch
hinsichtlich des Einzelnen wie des Ganzen von entsprechend
oberem Werte war.
Mit der Einleitung des Kaufes war Dillis befasst, indem
456
K V, lieber
er, wie es scheint mündlich , beauftragt wurde, die in StuitJ
gart aufgestellte Samiölung zu besichtigen. Er kannte
kein rechtes Verhältnis zu dem Inhalt der Sammlung gewoniüeiil
haben, denn er berichtet an den König anscheinend Ende
Juni 182() folgeiidermassen : ,Von den Hm Boisseree und Ber*fl
trara habe ich einen Brief erhalten, worin selbe die Summe fllr ™
ihre Sammlung auf 280,000 ti. feststellen, auch noch eine Ver- i
gütung ihrer Umzugskosten beantragen. Nach meiner unter- ■
nommenen Schätzung beläuft sich der Werth der vorzüglich
zum Erwerb geeigneten Oemälde auf U»7,000, demnach mag
sich der Wert des Ganzen auf 21Ü;000 fl. belaufen. Nach meiner
Ansicht dürfte bei Vermehrung einer schon zahlreichen Samm- i
lung eine zu treffende Auswahl jedesmal das z wec km aasigste J
Prinzip sein . . .* Wenn aber die Dillisschen Konzepte
6, August 1836 als auszuwählen vorschlagen:
n** Ift. 19, Meister Wilhelm 2 grosse Altarbilder je 4 Hei
lige [M. V. Heisterbach]
n° 56 Gerard v. Harlem. Rulie auf der Flucht,
119. 120. 121 Walter V. Assen Mittelbild: Kreuzabnalime '
Flügel: Abt Hugo u, S. Katharina [Meister v. Frankfurt]
122 Job. V. Calcar schmerzhafte Mutter,
132 Meiern Selbstbildniss
141 Schwarz v, Groningen. Anbetung der Könige,
142 Bernh, v. Orley Norbert u. Tanchlin,
so erscheint die Auswahl, wenn sie überhaupt im Konzept voll-
ständig, unbegreiflich, da dies fast durchaus minderwertige und ■
keinesfalla dem Preise von 167 000 Gulden entsprechende Bilder >
sind. Die Hauptstüeke von Uogier, Bouts und Memling. von
Lochner, vom Mei!:$ter des Marienlcbeos, des hl, Bartholomäus
und des Todes der Marin aber fehlen.
Dies konnte die Entschliessung des Königs zum Ankauf
nicht fördern, und Dillis war daher auch schon vor AufsteUung |
dieser Liste ermilchtigt worden, in einem Briefe an Melch,
Boisscree vom 4, Julf 1826 so viel wie abzuschreiben. Der |
Brief aber lautete; »Bei meiner glücklicheo Ankunft in MOn-
eben und auf den an S. M^estat enttalieten Bericht Über Aw\
Eranpring Ludwig von Baffem w^ä G, JHUU, 457
genommene Einsicht Ihrer ausgezeichneten Gemäldesammlung
und der Details Ihrer gegenwärtigen Verhältnisse und in Er-
wägung, dass die Herrn Besitzer mit dem Verkauf derselben
nicht beeilt sind — geruhten Seioe Majestät zu antworten, dass
AUerhüchstdiesülben diese Verhältnisse in Erwägung bringen
und deshalb für den gegenwärtigen Zeitpunkt in keine defi-
nitive Unterhandlung eingehen wollen/
Der König wollte indes die Ablehnung keineswegs^ wie
aus einem Schreiben an Dillis dd. Aschaffenburg, 15. August
1826 hervorgeht: ,Wie denken Sie, dass es anzufangen ohne
die ganze Boisseree'sche vSammlung zu kaufen, die Vervollstän-
digung der Alten Teutschen Maler zu bewirken? Wenns da-
mit bis zu meiner Rückkehr im Herbst Zeit hat, denken Sie
darüber nach einstweilen, um mir dann mündlichen Antrag zu
machen. Nicht als Handelsmann dächte ich wäre zu rechnen,
darum selber über Werth bezahlt dennoch ftlr des Zweckes
Erreichung nicht zu theuer,*
Am 19. August 1H26 antwortet DiUis; ^Mit der Vervoll-
ständigung der altniederdeutschen Schule aus der Boisser^'-
sehen Sammlung hat es Zeit, bis wir wieder das Höchstorfreu-
liche Glück geniessen^ Euer K. Majestät in unsem Mauern zu
verehren. Vorläufig schicke ich noch den Wunsch voraus, das«
nebst den fehlenden Meistern auch ein vorzügliches Gemälde
von Van Eyck und noch eine Perle von Hemling zum Erwerb
bestimmt werden mochte."
Dillis^ ablehnende Haltung wie seine Wahl wäre geradezu
unbegreiflich, wenn man nicht seine ausschliesslich italienische
rtichtung in Betracht zöge, abgesehen von dem Umstand, dass
er auf Künstlernamen Wert legt© und darum namenlose Werke,
wie die meisten Kölner und einige ältere Niederländer es selbst
noch heutzutage sind, trotz ihrer höheren Qualität vemachlfissigte.
Unter den folgenden Notizen Dillis' über die mündlichen
Aufträge des Königs findet sich unterm 26. Januar 1827 die
nicht völlig klare Notiz: ,Neue Auftriige zum Ankauf der Ge-
mäldesammlung bei den Hm Boisser<§e in Stuttgart, veranlasst
durch Freiherm v. Cotta.''
F, f?. Meber
Es katu glücklicherweise, ohne dass die vorliegend« Kor^
respmidcnz darüber ein weiteres Wort bringt, zum TotHJankaiifl
der öanimlung. Am 4. Juli 1827 schreibt Dillis: ^Kauui battej
ich die 50 Kisten der von E. K. M. angekauften und hieber- j
gebrachten Boisser*^e^schen Gemäldesammlung in Schieissheim, |
so kam der Engländer Calcott mit seiner Frau, einer geh, Gra-
ham und durch Bücher berühmten Frau hier an. Ob die in
Schleiasheira befindlichen Bilder ihnen gezeigt werden dürfen?!
. , .* Mit dieser Anfrage wird zugleich die Anfrage verbunden,
^ob diese Sammlung, welche in einigen Tagen voUstündig aus-
gepackt sein wird, auch so aufgestellt werden dürfte^ da» selbe
dem Besuch des Publikums geöflnet bleiben könnte?*
Die Briefe des Königs aus dieser Zeit fehlen und zwar bis
31* Dezember 1828. Doch lässt ein Schi'eiben Dillis^ vom An-
fang August 1827 schliessen, dass der König bezüglich der g^i-
sonderten Aufstellung der Boisser^e-Sanimlung noch nicht im f
Jvlareu wan ,E. K. M. haben durch Allerhöchstdero Kabi* j
netsrat Y. Kreutzer mir aufzutragen geruht, eine Kostenberech-
nimg aufzustellen für Versetzung der Boisser^e-Galerie nachj
Landshut und Aufstellung im dortigen k. Schlossgebäude, und]
zugleich die Kosten der Autstellung in SchJeissheim zur aller-
höchsten Kenntnis zu bringen/'^ Nachdem Dillis dann die Kosten
der Wiederverpackung, des Transportes und der Aufstellung auf
1200 fl. berechnet, die der Aufstellung in Schleissbeim dagegen
auf 300 fl., widerrät er die Versetzung nach Landshut; ,Den|
so zart ausgeführten Gemälden der niederdeutschen Schule, wel-
che auf Holz gemalt sind, kann das öfters wiederholte Ein-
und Auspacken nicht zuträglich sein — sie sind mehr als an-
dere Gemälde gefahrrollen Einflüssen und bei aller möglichen
Sorgtalt noch vielen unvorhergesehenen ünnUleu ausge^eUi»
und es ist sehr schwer gegen selbe eine beruhigende Bürg-
schaft zu leisten . . /
Nach diesen beiden wichtigen Masst^nerwiTliungen er- 1
^heinen in der DilÜKHchen Korras]jondunz, welcher nur wenige
Handschreiben des Königs eu Grunde liegen, nur noch Ter-
einzelte Erwerbungen für die Pinakothek, worunter die wieb*]
Kronprim Ludwig eon Baifern und G. Dülis,
459
tigste auch zeitlich obenansteht ^ nemlich Pietro Perugino, die
Vision des hl. Benihard aus der Casa Ercolani in Bologna,
nach Mitteilung Metzgers an DUlis Tom 27. Oktober und Ant-
wort Dilliü' vom 3. November um 3000 Francesconi (Floren-
tiner Scudi) weit unter dem Werte gekauft. Darauf folgte
(minder frlücklich um 550 Luisd^or erworben) Albertinellis Ver-
kündigimg (Briefe Dillis' an den König vom 29. Juni 1832 und
vom 8. Agust 1832), der schöne kleine Francia aus der (xalerie
Zambeccari in Bologna von dem Kronprinzen Maximilian ge-
kauft und der Pinakothek geschenkt (Brief Dillis' an den König
vom 4. Januar 1833) und M, Basaitis Kreuzabnahme nach Dillis'
Brief an den Agenten Ant. de Cornet in Venedig vom 5. Juli
1839 um 6000 fcs erworben. Mit diesem Jalir endigen über-
haupt die Konze]»te und Notizen des am 28. September 1841
verstorbenen Qaleriedirektors.
Schon vor der Unterzeichnung des Befehls (31, Dezember
1805) die Düsseldorfer Galerie nach München zu verbringen,
war die Unmöglichkeit offensichtlich gewesen, den Zuwachs der
kurfürstlichen Oemäldesamnilung in dem traurigen alten Ge-
bäude unterzubringen, welches Kurfürst Karl Theodor an der
Nordseite des Hofgartens hatte erbauen lassen und welches
unter Auflässigmachung der südlichen Räume des Erdgeschosses
als öffentliche Arkadenpronienade noch jetzt im wesentlichen
besteht, z. Z. benutzt für die Qipssanimlung klassischer Bild-
werke wie für die ethnographische Sammlung. Galeriedirektor
Männlich hatte um 1804 eine Erweiterung geplant, von welcher
Grundriss und Obergeschossplan, Querschnitt und Aussenansicht
bei den Akten der Pinakothek liegen und welche kunst- und
muaeumgeschichtlich interessant genug sind in der Beilage zur
Veröffentlichung zu gelangen. Angesichts dieser Entwürfe kann
«6 nur als ein Glück bezeichnet werden, dass der Umbau* wel-
cher das Gebäude um zwei Querschiffe verlängerte, nicht zur
Ausführung kam. Die öden verhältnismässig niedrigen Längs-
fluchten ohne jede Mittelbildung würden gerade durch die dem
Karl Theodorbau anzufügenden schwertaUigeii Transseptt^ mit
ihren riesigen, 60:35' messenden Inschrifttafeln, welche viermal
160
K ü, Beher
wiederholten, dass Kurfürst Max Joseph den bildenden Künsten]
dieses (traurige) Denkmal weihte^ der Gestaltung der nachma- \
ligen Ludwigstrasse wie der Galeriestrasse ein schweres Minder- J
nis bereitet und künstlerisch noch unter der etwa gleichzeitigen
Hofgartenkaserne gestanden haben, welche jetzt dem Armee-
museum Platz gemacht hat.
Der Kronprinz hatte dann, wie aus den bereits angezo-
genen Briefen desselben aus Pultusk und Kolaki vom 17. Mai
und vom 27. Juni 1807 hervorgeht, an den Sulabert-G arten
(nachoials Prinz Karl-Garten), welchen damals der König käuf-
lich erworben, für einen Galerie-Neubau gedacht; doch ruhte
die Sache weitere 15 Jahre.
Erst am 19, März 1822 erfolgte ein erneuter Antrag der
K. Galeriedirektion auf einen Erweiterungs- bezw, Neubau der
Galerie. Am 31. März gab das Ministerium des Innern die
Angelegenheit an das FinanzrainJsterium hinüber, welches am
20. April erklärte, dass sich die Direktion Ober den Umfang
des Bedürfnisses in näheres Benehmen mit dem K. Hof bau-
Intendanten Klenze setzen wolle, welchem gleichzeitig der Äiw I
trag zur Ausarbeitung und Vorlage eines vollständigen Bau-
planes und der Kosten Voranschläge zuging.
Der auf die bezügliche Entschliessung des Ministeriums
des Innern vom 1. Mai erfolgte von dem Hofbau-Intendanten
Klenze und dem Galerie-Direktor v. Dillis gemeinschaftlich aus-
gearbeitete Bericht vom 1. Juni machte geltend, dass
i»l) weder das derraalige Galerie-Gebäude noch der Platz
desselben zu vorliegendem Zwecke anwendbar sei, denn
a) sei die Lage des Gebäudes zwischen dem Uocb walle des
Palais Royal-Qartens [SaJabert-Gartens] und den Baurareihen
des Hofgartens so ungünstig und feucht, djiss die lIauptmaut»ro
schon vom Salpebrfra^se angegriffen und hi^von nicht mehr
zu heilen sind;
b) würde dieser Galerie das nötige Licht zu geben, Ar-
beiten erfordern > welche rüeksicbtlich der Küsten einem Neu- |
haue fast gleich kämen.
KronprinM Ludwig von Boffem und 0. DiHis.
46T
c) hätte der Platz doch nie die Breite, welche eine Ga-
lerie nach den wahren Erfordernissen haben müsse,
d) wäre durch einen Ban an dieser Stelle wenig oder nichts
für die so nötige Verschönornng und Vervolktändigung der
Stadt gewonnen, und endlich
e) dürfte das Lokal der jetzigen Galerie nach Erbauung
einer neuen Galerie oder Pinakothek ein sehr passliches Lokal
für Kupferstiche, Handzeicbnungent Elfenbeine und ethnogra-
phische Seltenheiten abgeben,
2) Dagegen biete der Garten, welcher jüngst von dem Ge-
neral Grafen Anton von Rechberg an den Banquier von Hirsch
verkauft worden, einen geeigneten Platz zur Erbauung einer
neuen Galerie dar und derselbe stehe zu diesem Zwecke um
den nemliehen Preis zu Geljote, welchen v. Hirsch dafür be-
zahlt hat [jetzt Oebäudekoniplex zwischen Briennerstrasse und
FinkenstrasseJ. *
Die Antwort darauf erteilte das Ministerium des Innern
am 15. Juni ausweichend: es habe bei seinen bisherigen An-
trugen über diesen Gegenstand stets nur eine Erweiterung der
schon stehenden Galerie vor Augen gehabt und hielte sich nicht
r[\r berechtigt, dem Staate unter den jetzigen Verhältnissen so
bedeutende Opfer, wie sie ein völliger Neubau erfordern dürfte,
zuzumuthen, so lange nicht eine ganz dringende und auf an-
dere Weise nicht zu beseitigende Notwendigkeit dieselben er-
heischt; allein durch den Bericht der Hofbau-Intendanz und
der Galerie-Direktion sei die Sache von einer andern Seite be-
leuchtet worden. Die Entscheidung zwischen der früher bean-
tragten Erweiterung der Galerie und dem jetzt vorgeschlagenen
Neubau hänge von Vorfragen ab» welche nur von Etinstlern
und sachverständigen Technikern geUist werden könnten und
das Ministerium des Innern müsste hiebei wieder auf das Gut-
achten derjenigen zurückkommen, von denen der neue Vorschlag
herrührt, wonach in der Hauptsache ein anderes Resultat als
das schon vorlieg*^nde mit Grund nicht wohl zu erwart<^n sei»
Das Ministerium des Innern unterstellte es daher der
näheren Erwägung des Finanzministeriums, ob die Hof bau-
462
F. V. lieber
Intendanz zur Anfeiiigung vollständiger Pläne und Kc
Überschläge filr eines oder beide Projekte angewiesen und
hienach wegen Auffindung der Mittel zum Ankauf des tc
geschlagenen Platzes und zur Führung des Baues überhaupt
"Ugt werden wolle. Sollten dann für einen Neubau über-
wiegende Gründe sprechen, so erachte das Ministerium des
Innern diesen Gegenstand in Rücksicht des Staatsaufwands wie
in Beziehung auf Kunst und öffentliches Urteil für so wichtig,
daas es die Akademie der Künste in Folge der Bestimmungen
ihrer Verfassung Art. XXII und XXXIV n** i darüber zu ver-
nehmen sich vorbehalten müsse.
Der König war jedoch bereits für den Neubau gewonnen.
Denn der Kronprinz schreibt dd. Würzburg, 25. Juni 1822 au
Dillis: »Wie freut mich, dass S. Majestät der König, wie er
mir selbst schrieb, für das neue Qaleriegebäude sich entschieden,
innig hänge ich daran, dass aus der Grundlage neu gebaut
werde, Flickwerk widerstrebt meinem Wesen, Freunde'
hat dieses wie Feinde jenes genug, aber festgehalten, Dillis,
an meinem Dillis werden alle Versuche zum Gegenteil ihn zu
bewegen vergebens sein/ In einem weiteren Briefe dd, Brücken<-j
au, 19. Juli 1822 beschäftigte sich der Kronprinz sogar schoal
mit den 12 kolossalen Künstlerstatuen, die nach Klenees Vor-
schlag an dem Neubau augebracht werden sollten, und schlug
vor: Ciraabue oder Giotto oder Ghirlandajo, Raphael, Buona-
rotti, L* da Vinci, Correggio, Tisdan, Jan van Eyck. Martin
Sehi>n oder Memling oder Scorel, A* Dürer, Rubens, Velaz-
quas, welche Liste Dillis dahin verbesserte, daas er für Cima-
bue Maaaecio, für M* Schön Holbein setzte.
Nach weiterem Hin und Her zwischen den Ministerien der
Finanzen und des Innern vom 1. und 8. Juli 1822 hatte
Ministerialrat Freiherr v. Stengel am 24. Juli ein eingehend
Referat ausgearbeitet, in welchem er der Adaptur und Erwei-
terung des alten Baues djis Wort redete und die 5 Punkte
kämpfte, welche Dillia und Klenxe gegen diesen Neubau ins Feld
geführt hatten. Es sei das ErweiteruDgsbedürfni» noch nichkJ
feortgeatellt, da noch kein Plan der auf/.unehmandrn Bilder J
Kronprinz Ludwig wm Baffem und Q, DiUis,
463
erfolgt Bei. Was dano die Feuchtigkeit betriflPb, so sei ja der
Hoclivvall des SaIabert(Palais Royal) -Gartens abzuheben und
die nächste Baiimreihe des Hofgartens zu ejiifernen. Übrigens
befanden sich die Bilder auch jetzt schon in gesundem Zustande
und der Bericht Dillis-KIenze schlage sogar vor, die dennalige
Galerie zur Aufbewahrung von Handzeichnungen» Kupferstichen
etc. zu verwenden, wozu doch gewiss kein feuchtes Lokal ver-
wendbar sein würde. Wenn femer die dermalige Galerie zu
schmal sei, so brauche sie ja nicht durch den Salabert-Wall
und durch die nächste Baumreihe des Hofgartens beschrankt
zu bleiben. Über die Behauptung aber, dass um der derma-
ligen Galerie das erforderliche Licht zu geben Arbeiten erfor-
derlich wären, welche rücksichtlich der Kosten einem Neubau
gleich kämen, lässt sich nicht urteilen ohne Pläne und Kosten-
voranschiäge. Die Ausgabe eines Neubaues käme sicher auf
eine Million Gulden und darüber, welchen ein jährlicher Land-
bauetat für das ganze Königreich zu 84d000 gegenübersteht»
Er wisse dass es sich um eine wahre National -Angelegenheit,
um die würdige Aufstellung eines Kunstschatzes handle, auf
welchen Baiem mit Hecht stolz ist. Wenn aber der Zweck
auch durch eine Erweiterung der gegenwärtigen Galerie er-
reicht, und zwar schon in 3 Jahren statt erst in 8 — 10 Jahren
durch einen Neubau und überdiess dabei eine halbe Million
Gulden erspart werden könnte! Denn die Erweiterung würde
nicht über ein Drittel hinauszugehen brauchen und wäre in
Flügelbauten gegen den Salabert-Garten hin über dieses Maass
hinauszuführen. Die Galeriestrasso würde dem allgemeinen Ge-
brauche, wofür sie ohnehin entbehrlich, entzogen und die Ga-
lerie käme unmittelbar zwischen Hof garten und Salabert-G arten
zu stehen ohne von dem einen oder andern ♦lureli eine öffent-
liche Strasse geschieden zu sein. Wo könnte eine Gemäldegalerie
zweckmässiger stehen, als hier, an dem beliebtesten Erholungs-
platze der Bewohner Münchens und doch entfernt vom Staube der
Strassen, von allen geräuschvollen und feuergefahrlichen Ge-
werben, umgeben von grossen öffentlichen Plätzen und Anlagen,
worauf niemals neue Privat-Gebäude entstehen können!
464
F. r. Jtefttff
Dem Referenten entgegengesetzt Terhielt sich der Kor-
ref€*rent Generaldirektor Ton Neumayer in seinen am 30, Juli
1822 gegebenen Bemerkungen zu Frhr. tr. Stengels Vortng«
Durch einen Vorbau an der Hofgartenseite würde die Sym*
tnefcrie der Anlage des letzteren geschädigt^ welche man rieU
mehr heben und dadurch restituieren sollte, dass die Munificeoz
der Regierung die vier Fontänen^ die ein technischer Beamter
mutwillig zerstört hat, wieder herstellt. Die Kosten des Süd-
Anbaues würden sich yerdoppeln durch die FlOgelbauten gegen
den Salabert-Oarten hin wie die hier nötigen Erdafahebungen.
Auch würde während der dreijährigen Umbauzeit der Oemälde^
mhair. abgenommen und eingepackt, somit dem Publikum ent-
zogen werden müssen, was beim Bau einer neuen Galerie, auch
wenn er 10 und 20 Jahre dauerte, nicht der Fall wäre,
Korreferent ist daher der Meinung, dass die vorgeschlagene
Erweiterung des Galeriegebäudes nicht stattfinden sollte, und
das» in dem Falle, wenn der Neubau einer Gemäldegalerie an
einem andern Platze aus finanziellen Rücksichten nicht angehen
kann« es geratener sei, die Sache vorderhand un verrückt beim
Alten zu lassen.
Der Gedanke eines Neubaues, wenn auch nur zur Vor-
bereitung der Sache verdiene dennoch nähere Entwicklung und
Prüfung.
Dabei sei aber das erste, einen Platz zu bestimmen, auf
welchem die Galerie erbaut werden solle. Denn ein Plan Über
den Aufbau kann nicht bearbeitet werden, bevor nicht den
Künstlern der bestimmte Platz gegeben ist, und da kein Grund
sei in den bezüglichen Vorschlug ,30 bewährter und hier ganz
kompetenter Künstler* (Dilüs und Klenze) Misstraucn zu setzen
„so bin ich der Meinung, dass der Garten des Banquier von
Hirsch sogleich erkauft werden solle*, bei welchem vorteil-
haften Kaufe dem Staat, auch im Fall des Niehtzustendekom-
mens des Galeriebaues, kein namhatter Schaden entstehen könne.
r '»:♦' und V. K^ - lu'en dann zur Planherstp!' nrl
sn A iLug der ischläge, ?. Dillis zur A> ^
der in Betracht kommenden Gemäldeli^en nebst Di^po^atiou
Kronprint Ludwig tton Baijern und 6, DUlis,
465
aufzufordern, wobei die Auswahl eher zu liberal ak zu streng
rorzunehraen sei* Dann erst würde es Zeit sein das ßutacliten
des angeordneten Kuustkomitüs zu erholen.
Das K. Staatsnvinisteriuni der Finunxen neigte sich dem
Referat seines Generaldirektors zu und bescbliesst den Ankauf
des V. Hirsclischen Anwesens bei S* Maj, dem König auf alle
Falle zu beantragen, überhi-sst aber in der Note vom 2. August
1822 die Entscheidung über die Sache selbst dem Ministerium
des Innern, dem es allein zukomme» bestimmt auszusprechen,
ob selbes eine Veränderung der vielfiiltig zerstreuten Gemälde
und eine zweckmässigere Aufstellung derselben für notwendig
erachte, ob selbes, um diesen Zweck zu erreichen, eine blosse
Erweiterung des gegenwärtigen Galerie-Gebäudes für genügend
ansehe, oder den Bau einer neuen Galerie auf einem anderen
Platze vorziehen zu müssen glaube • , . Die beiden Berichfc-
geber v. Dillis und v. Klenze seien nochein mal anzuweisen mit
wohlerwogenem Gutachten zugleich Pläne mit genauen Kosten-
Voranschlägen vorzulegen, letztere in doppelter Beziehung,
a) in sofeme blos eine Erweiterung des gegenwärtigen
Galerie-Gebäudes oder
b) die Erbauung einer ganz neuen Galerie an einem an-
dern Platze, nemlich in dem zunächst für diesen Zweck er-
kauften Garten des Banquiers v. Hirsch beliebt werden soll.
Nach Eingang dieser sei dann das Gutachten des Kunst-
komites zu erholen . , . Freiherr v. Stengel überreichte am
gleichen Tag (2. August 1822) noch einen Nachtrag zu seinem
Referate, um u. a. auszuführen, dass von einer Schädigung des
Hofgartens nach seiaeni Beiträte schon deshalb nicht gesprochen
werden könne, da der Umbau vielmehr eine neue Zierde des-
selben werden könne.
Wie aber die Referate im Finanzministerium, so gehen,
nach vorheriger Einhelligkeit, nun auch die Anschauungen des
Galeriodirektors und des Architekten auseinander. Der erstere
ist mit dem vorgeschlagenen Bauplatz (dem v. Hirschschen An-
wesen zwischen BneMuor- und Finkenstrasse) unzufrieden und
entwickelt dafür emphatisch den Gedanken an den Umbau.
466
Jl^. JMer
Yerschiedene Eonzeptfragmente sind leider undatiert, teDlft
ohne Adresse. In diese Zeit aber müssen einigo Konzepte fallen,
welche in Beziehung stehen zu dem ministeriellen Auftrag Tom
21. August 1822, die aufzustellenden Gemälde und deren An*
Ordnung namhaft zu machen, die Zahl der Säle and die Qrikm
der Wandflächen, die hiezu erforderlich» zu bestimmen und
in Erwägung zu ziehen, ob das alte Öaleriegebäude ganz oder
teilweise zur Ausführung dieses Planes benutzt werden könne.
Schon ein Konzept an den Kronprinzen, unten mit dem Zusatz
»Unabgesandt* (vom 15. August 1822?), lässt eine entbchieden«
Stellungnahme gegen Klenze, auffUllig nach dem einhelligeii
Vorgehen am I.Juni 1822, erkennen. «EbenfaUs habe ich bei
meiner Ankunft erfahren, dass der Antrag zu einem neuen
öaleriegebäude zu Jedermanns Kenntnis gekommen ist, dass
man die gewählte und bereits erkaufte Lokalität sich gar nieht
würde erklären können, wenn man nicht wüsste, dass solches
blos aus dem Grunde geschehen sei, um dem in Üeld Verlegenheit
sich befindenden Grafen Rechberg ein Benetice zu machen [bös-
willig und unrichtig zugleich, da damals das Grundstück im
Besitz des Banquiers von Hirsch gewesen). Die unTistheiische
Lage an den Bierhäusern, die drohende Feuersgefahr und die
nachteilige Einwirkung des Staubes lässt sich das Publikum
durchaus nicht wegdemonstrieren. Überdies hat der Bauinten-
dant bereits schon alles Vertrauen bei dem Publikum verloren,
Kelata refero,* Das Konzept an das Ministerium (?) aber spricht
sich im Anschluss an das Gutachten des Frhm. t, Stengel deui-
lichor aus: ,üie Lokalität, wo das jetzige Gal ' ' ^imht^
zwischen den beiden Gärten auf der Nord- u ist so
vorteilhaft gelegen, dasa solche nie verbaut werden kann, Tor
Feuergefahr und Staub geschützt und an der Htelle, wo die
Einwohner ung^'^tört vom iJirm der Bier- und Brauhäuser hin'-
wandeln, wo BogengÜnge und der nahe englische Garten, Auf
die ermüdenden Arbeiten sucht sieh der Mensch zu erholen,
bald in der Niitur» bald in dt^r Kunst . . . Die von IL Ilofbao-
Intendanten projektierte Lage bietet von allem die4«em ntebtii
dar, von Bier^ und Brauhäusern umgeben , wie oft wird dor
Kroytprinx iMdwig «Ofi Bayern m^ G, DtUia,
467
Gknuss der Kunstwerke durch Qeräusch gestört und wie sehr
kontrastiert nicht der prächtige Genuss an Kunstwerken mit
dem sinnlichen Lärmen in den Bierhäuseru. Der Lärmen von
Wagen, besonders der schnell vorüberrollenden ^ der dadurch
aufgeregte Staub, alles diess wirkt nachteilig auf die Kunst.
Weit glücklicher ist die Lage im Hofgarten, wo das Gebäude
von allen Gefahren gesichert ist"* . . .
Der Kronprinz schreibt d. d. Brückenau 23, Augiist 1822
ziemlich gereizt an Dillis: »Während meiner kurzen Anwesen-
heit in Wünsburg mangelte mir die Zeit Ihnen auf Ihren dort
empfangenen vorzüglich von Galerie- Baustelle handelnden Brief
zu antworten, worüber ich in den letzten Augenblicken dem
(über denselben Gegenstand mir geschrieben habenden) Finanz-
minister schrieb, ihn beauftragend meine Antwort Ihnen, lieber
Dillis, mitzuteilen, sie Ihnen solche lesen zu lassen. Machen
Sie nicht, dass durch Ihre Schuld der Bau unterbleibt. Dem
Staub (aber meistens ist Koth) dem Staub sage ich, ist leicht
abzuhelfen, und wo giebt es keine Feuersgefahr ! Die Galerie
müsste dann am Ende der Stadt gebaut werden, wo keine Ge-
t^äude stehen, und verhindert müsste dann noch werden, dass
welche hinkommen. Gegen Vergrusserung der jetzigen Galerie
und den Bau in dem darum zu zerstörenden Salabert (pavillon
royal)-Oarten » gegen beides bin ich erklärt. Mit letzterem
kam mir Jahre laug Klenze und ich war dagegen, wie ich jetzt
dagegen bin. Übrigens ist Münchens gute Löschanstalt bekannt.
Ich hoffe, lieber Diilis, dass Sie mich nie hindern werden, mich
immer nennen zu können Ihren Ihnen wohlgewogenen Ludwig
Kronprinaj.*
und d. d. Würzburg, 7* September 1822 äussert sich der
Kronprinz noch lierber: , Dillis, ich las Ihren den Qaleriebau
betreffenden Bericht, las, was Sie mir schrieben, was jenem
widerspricht, sowie das, was Sie nun sagen ♦ obgleich, seit jener
verfasst ist, keine neuen Gründe entstanden sind. Zwingen Sie
mich nicht meine allen so oft bewährten Gefühle gegen Sie zu
andern, machen Sie dass ich mich immer nennen kann , meines
lieben Dillis sehr geneigter Ludwig Kronprinz***
Kronprinz Ludwig von Bayern und G. Dülis,
469
Direktor werde sagen können. Ihre grosse Verdienste er-
kennend L. K."
Und, etwas misstrauiscli, schreibt der Kronprinz am folgen-
den Tag dd. Würzburg, vor Soiineiiautgang 16. September 1822;
»Ich wünsche und das sehr lebhaft, lieber Dillis, Ihren Be-
leuchtnng etc, der Galerie betreÖenden Aufsatz vor dessen Ein-
gabe zu sehen und dass solche erst nach Empfang meiner
Antwort darauf, die bald erfolgen wird, geschehe, denn wenn
mir der Vorschlag nicht gefiillt, werde ich, aufrichtig sage ich
es Ihnen zum voraus, mit allen meinen Kräften gegen
dessen Ausführung wirksam sein, und so können Sie
dies nach Ihrer Meinung besser haben wollend Schuld sein,
dass das Gute, dass alles Gute unterbleibt, dass nichts geschieht
und Zeit und Geld bleiben nicht aufgehoben, beide gehen weg,
und die man in Zukunft zu etwas neuem Schönen hätte Ter**
wenden können, muss man dann zu der Galerie verwenden,
weil man jetzt, da man sie hat bauen könneo, es unterlassen
hat... Dem einnlal von Ihnen unterschriebenen gemein-
schaftlichen Antrag werden Sie doch durch keinen zweiten
widersprechen wollen, das wäre ja sich selbst widersprechen.
Sollte Ihre Arbeit auch erst, wenn ich in Italien bin, fertig
werden, schicken Sie mir solche hin, denn der Verzug selber
von ein paar Monaten schadet nichts, weil es überhaupt mit
der Arbeit keine Eile, da es in jedem Fall vor Jahr uud Tag
an keinen Galeriebau gehen wird/
Es gab bald darauf Gelegenheit zu mündlicher Aussprache,
bei welclier Dillis zermürbt die Bestrebung, dem Umbau das
Wort zu reden, fallen liess, so dass der Kronprinz in einem
Schreiben dd. Tegernsee, 8. Oktober 1822 die Forderung vor-
heriger Einsichtnahme des Dillis'schen Gutachtens zurücknahm.
^Wenn Sie Ihr Gutachten über den bedürfenden Galerieraum
noch nicht Übergeben haben, so wünsche ich, lieber DiUis, dass
solches sehr bald (doch unter conditio sine qua non wonach
es Ihrer Gesundheit nichts schaden kann) geschehen möchte
^ÄDS Ministerium. Sie wissen, dass ich bei der Meinung bleibe^
der Grundlage eine Galerie zu bauen ist, dass ein
t«04. Sitxipib. ä, pbUov.-p]iUoL u. d. hiat. KL 81
4?0
K V. R€ber
Modell ¥or deren Ausführung zu verfertigen sei, diese Aimicht^
teile ich mit Ihnen, dem Finanzminister und Klenze,* Darauf
Dillis, 10. Oktober 1822: , Schon bereits vor 8 Tagen habe ich
meinen Bericht Über den bedürfenden Raum zum K. Staatü-
ministerium d. I. eingesendet und das Bedürfnis der Erbauung j
einer neuen Galerie angegeben; woraus kein anderes Kesultst {
als die Auffiihrung einer neuen Gnmdkge hervorgehen kann**
Das wieder in der alten Huld gehaltene Schreiben dd, Wör*-
burg» 4. November 1822 schliefst mit den Worten: »Nur nicht
zu viel gearbeitet damit Dilüs sich erhalte, lang. Meines lieben |
DiUis sehr gewogener L. K.
In dem Schreiben dd. Würzburg, 26. Januar 1823 frÄgt
der Prinz: ^Welche Gebäude müssen hinweg kommen, damit
Ihnen die Galerie, wo der Uechberg-Oarten , brandgesichert
erscheine? Wüssten Sie eine andere Stelle für selbe, wo sie,
nicht versteckt, die Stadt zierte und die Kabinette NordtidH
hätten? Das lieber Dillis wissen Sie, dass wenn es einmal an
einen Bau geht, nach mir ein ganz neuer aufgeführt würde,
der alte jedoch Mt andere Zwecke, wenigstens für eine Samm-
lung von Merkwürdigkeiten erhalten bleiben sollte.* Di Uis er-
widert 8. Februar 1823: , Meine Üesorgnis der für die Zukunft
in Gefahr stehenden Residenz gründet sich auf die mit beiden
Theatern mit so vielen hölzernen Hütten bestehende Verbindung
— und wird so lange nicht behoben sein, bis diese VerfainduDg
durch Abtragung des alten Theaters behoben wird. Alle Theater
sind Bränden unterworfen, besonders die von Leichtsinn dirigiert
werden. Hätte der Himmel nicht am 12. Januar alle Schindel*
dächer mit Schnee bedeckt und alle die über die ganse Schön-
felder Vorstadt Terbreiteten Flammen sogleich aasgelöscht —
die Folgen wären schrecklich gewesen. Durch den in dem
Herzog Leuchten berg'schen Gebäude bei starkem Westwind
ausgebrochenen Brand war die Galerie zum zweitenmal bedrobi.
Datier sollen die Staatsgebäude, welche viel brennbaren Stoff
enthatten, wie die Theater und noch molir Geniäl-T * - n frei-
stehen, damit man mit den KettungHmitteln Ixi n kann
und nie Mangel an Wasser leidet Daher müssten in deai
Kronprinz Ludwig von Baifern und 0, DUlis,
471
Rechberg'sclien Garten alle nördlich an der engen Finkenstraase
gelegenem Gebäude — Wirthshaus, Schmiede» Wagner» wegge-
brochen werden.
Eine bessere Lokalität zu einer Galerie würde die der
Hauptfa^ade des Sulabert^scben Hauses gegenüber rundum mit
Bassin umgebene Insel [östlich vom sog. Prinz Karl-Palais,
dem jetzigen Palais der österr.-ungar. Gesandtschaft! »larbieten,
die geeignete Nordseite erhalten und die herrlichste Ver-
schönerimg von München darbieten und nicht der mindesten
Gefahr ausgesetzt sein. — Zugleich würde das Gebäude von
allen Seiten ein herrliches Tableau geben ^ welches in der Welt
seines gleichen nie würde aufweisen können, weil durch die
.»honen Umgebungen die Natur selbst schon Zierde darböte . . .
Man würde nicht erst Häuser zum Niederreissen kaufen milsaen
und könnte mit dem Erlös des Rechberg'schen Gartens den
Grund herausmauern ..."
Der Kronprinz nahm von diesem Vorschlag kühl Akt dd.
Würzburg, 23. Februar 1823: ,,Mir war es sehr angenehm Ihren
Antrag zu vernehmen und lieb soll es mir sein, wenn Sie
nemüch Zeit haben, den von Dinen erwähnten kleinen Riss
der Örtlichkeit (Situationsplan), wohin Sie die neue Galerie
wünschen, zu bekommen. Von mir hängt es nicht ab, wohin
selbe gebaut werde, übrigens kann ich noch nicht sagen, ob
ich Ihrer Meinung beipHichte, das aber, dass wenn solche
auch entgegengesetzt sein sollte, die meines lieben Dillis zu
vernehmen mir erfreulich ist, dessen Redlichkeit ich kenne.
Von dem was Sie mir geschrieben und ich Ihnen reden Sie
keinem Menschen.^
Nachdem v. Dillis am 3. Oktober 1822 seine Gemälde-
zusammenstellung und die Auseinandei-setzung über die Vorteile
eines Neubaues einem Umbau gegenüber eingereicht, übergab
V. Klenze am 23. März 1823 den Plan und Kostenanschlag zu
einem Neubau neben einem Umbauprojekt mit dem Nachweis,
dass ersterer wenig mehr kosten würde als der Umbau» worauf
am 21. Mai 1823 beides dem Kunst-Komitee bei der Akademie
der bildenden Künste zur Beurteilung übergeben ward. Das
8l»
472
F, V. R€ber
Ergebnis der Prüfung war, dass zwar die Unmöglichkeit, durcli
Vergrösser uiig und Umbau der jetzigen Galerie den Zweck tu
erreichen, nicht einstimmig zugegeben wurde, dass aber di«
Mehrheit für den Neubau war, während alle Stimmen deo vor-
geschlagenen Bauplatz (Rechberg- Garten) ablehnten. Dioser
Beschluss vom 28, Mai 1 823 wurde vom Ministerium des Innern
am 12* Juni mit umständlichem Bericht an Seine Majestät ge-
leitet, deren Entschliessuiig dahin lautete, es solle eine neue
Galerie erbaut werden,
^Wie lieb ist es mir, ich wiederhole es*, schreibt der Priax
am 30. Juni 1823 an Dillis, ^^dass der König filr den Bau einer
neuen Galerie sich entschieden hat. Die alte, auch wenn daran
geflickt und gestückt würde, bekäme meine Gemälde nie zu ent^
halten. In der neuen, nach ihren treifiicben Gedanken beleuchtet
und abgeteilt in Säle und daranstossende Gabinete werden die
Gemälde herrlich stehen!'
Am 13. Juli 1823 berichtet Dillis an den Kronprinzen:
„Von S. Majestät dem König zn dem feierlichen Fest des
Geburtstages Ihrer Majestät der Königin nach Tegemsea ein-
geladen , , , haben mir S. Majestät der König den defioitir
bestimmten Neubau seiner Galerie bekrättigt und sich über die
Lokalität dahin zu äussern geruht, dass ein anderes Lokal al»
jenes Rechbarg'sche gewählt werden dürfte und mir autgetragen,
an E. K. U. darüber zu schreiben. Da mir E. K. U. Stillschweigen
Über den mir bei Höchstdero Aufenthalt vorgezeigten neuen
Platz aufgetragen hatten, so bitte ich E. K. H. hierüber Seinr
Majestät den König £u beruhigen/ Darauf der Kronprinz
'Würatburg, 23. Juni 1823: ,Mit dieser Post, lieber Dilli»,
schreibe ich Meinem Vater, dass ich schon lange die Meinung
.terloren habe, den Ant. Rechberg'schen Garten als 2u einer
neuen Galerie geeignet 2u betrachten. Von der bewussten Bau»
stelle in der Gegend der Glyptothek schrieb ich nichts, ebenso
wenig dass ich Ihnen bereits, bevor ich München verlieäa, von
^dieser meiner veränderten Ansicht in Kenntnis g^rf-^ ^ ttei,
lamm sagen Sie anch nichts davon,* Am 8. All iS
wiederholt der Prinz, welcher damals sehan 8 Wocheti auf dem
Kronprinz Liidwig von Batfern und G. Düli^,
473
Kraukenlager, das Gebot des Stillschweigens »auch wenn es
beschlossen, dass sie auf die bewusste Baustelle kommt*'.
Am 14. September 1823 t'rfiillte Klenze den Auftrag der
höchsten Stelle durch Vorlage eines neuen Entwurfes und den
Vorschlag von vier neuen Bauplätzen. Diese waren der Platz
an der Königs-(Brienner-)Strasso zwischen der Augusten- und
Luisenstrasse, der von Dillis empfohlene östlich vom Salabeii-
Pavillon, der sog. Zweibrücken'sche Garten [an der Stelle des
jetzigen Justizpalastes] und das vom Prinzen als in der Nähe
der Glyptothek befindlich erwähnte und dem Dillis persönlich
gezeigte, und weiterhin als der „bewusste*" bezeichnete, von
der Theresien-, Arcis-» Gabelsberger- und Barerstrasse einge-
schlossene Quadrat. Er empfahl den letzteren Platz, und v. Dillis,
dem die Vorlage am HO. September zur Würdigung zugeschlossen
worden war, äusserte ara 10. Oktober 1823 dazu »dass man
den jetzt wirklich gewählten Platz für den zweckmässigsten
erkenne, und dass die gewünschte Verbesserung des Bauplanes
im neuen Entwürfe genügend gelöst worden sei*.
Der Kronprinz hatte schon von Klenzes vier Platzvorschlägen
gehört und dd. Würzburg, 25. September 1823 an Dillis ge*
schrieben: ^Dass verschiedene Meinungen wegen der Galerie-
Baustelle obwalten sollen, hörte ich, ich aber gebe noch immer
der bewussten Ihren Beifall erhaltenen den Vorzug. Sollten
Sie einer anderen Ansicht geworden sein, wa^ ich jedoch nicht
vermuthe, so teilen Sie mir Ihre Gründe mit, wann ich nach
München komme {da ich am 4. Okt. Abends in Nymphenburg
bin). Bis dahin aber wünsche ich, dass Sie Ihre Stimme
darüber, wenn Sie nemlich nicht mehr für die bewusste Bau-
stelle wären, (ohne jedoch den Beweggrund zu sagen Missdeutung
zu vermeiden) abzugeben vorschieben möchten.*
Dillis fand es auf diesen Wink unter keinen Umständen
ftlr ratsanif wie bei der Umbaufrage eine von den Wünschen
des Kronprinzen abweichende Meinung geltend zu machen oder
gar seine gegebene Zustimmung zu widerrufen. Er schreibt
am 29. September 1823: „Da die bewusste von E. K. H. mir
vorgezeigte Baustelle bisher noch immer nicht bekannt gemacht
474
F, V. Beber
werden darf, so sied verschiedene Meinungen wegen der nento
Baustelle in Umlauf^ welche man nicht bekämpfen darf. Unter
anderen halten einige die Lage des Herzog-Zweihrücken^schen
Gartens nördlich von dem botanischen und südlich von einarn
Obstgarten begränzt für günstig. Bei einer Berathung mit
Herrn v. Klenze hat sich aber ergeben, daa«? auf der Südaeite
einige Gärten und kleine Häuser zu nahe liegen^ und wir sind
dahin übereingekommen» dass jener bewnsste freie Platz
vorzugsweise als der beste und geeignetste zu einem
unbeschränkten Bau anzunehmen sei. Demnach fand sich Herr
V. Klenze instand gesetzt^ seinen ersten Bauplan freier zu ent-
wickeln und mit Benützung von den Neugaleriebauten in Venedig,
Parma und Mailand ihm die zweck massigste Vollkommenheit zu
geben — welches E. K. H. bei Höchstdero Ankunft hier zu
prüfen geruhen . , .■
Nach dieser Erklärung hält der Kronprinz weiteres Schweigen
nicht mehr für geboten, sondern sogar für schädlich. ,Nur för
den Fair, schreibt er dd. Würzburg, 10. Oktober 1823 an
Dillis, ^wenn Sie nicht mehr mit der bewnssten Baustelle für
die neue Galerie einverstanden gewesen wären, wünschte ich,
dass Sie mit der Abgebung Ihrer Meinung warteten, bis ich
zu München mich befände; da ich aber, und das mit lebhaf-
testem Vergnügen aus Ihrem Briefe gesehen, dass Sie dieselbe m
fortwährend vorziehen, so äussere ich Ihnen meinen Wunsch» ™
dass Sie unverzüglich von dieser Ihrer Ansicht (ohne aber
meiner zu erwähnen) das angehende Ministerium offiziell in
Kenntnis setzen. Es ist keine Zeit zu versäumen, damit
noch vor meiner am 18. dieses früh zu erfolgenden Abreiae
nach Italien die Baustelle per rescripto bestimmt wird, als
woran mir ausserordentlich viel gelegen ist. Sogloicfa
reichen Sie dieses Ihr Qatachten ein lieber Dillis und bei
Ihnen ist es unnötig hinzuzufügen, da^ die mindeste Zeit-
versäumnia (denn es brennt auf den Nagel) einen unfrcnnd»
liehen Empfang bei mir bereiten und es einen gar wi^l* '"'in-
, druck bei mir hf>rvorbriugen würde, aber wie gesagt, li em
lieben Dillis brauchts die«e Bemerkung nicht von sehr viel auf
KronprifiM Ludwig von Baifern und G, Düliim
475
ikn haltenden L* K. PS. Ich hoife erwarte bestimmt, dass der
neue Galeriebau nächstes Frilhjulir beginnt, ** Die Antwort fehlt
leider unter den Konzepten, sie scheint inhaltreich gewesen zu
sein, denn der Kronprinz schreibt aus Rom, 6. März 1824:
^Mit vielem Vergnügen las ich, was Sie mir die zu erbauende
Pinakothek (Galerie) betreffend geschrieben , denn nah wie
fem liegt mir die Ausführung am Herzen.* Der Kronprinz
machte dazu mit Kleoze Studien im Braccio nuovo des Vatikan,
wie aus Dillis Antwort hervorgeht, in welcher er für die ge-
sandte Beschreibung desselben dankt und daran die Bemerkung
knüpft: ijDenn immer liegt mir noch der mittlere Saal der
neuen Pinakothek am Herzen, dem ich gerne die ganze Breite
Gebäudes, nemlich 60 statt 40 Fuss [gegeben sähe] um
»durch den Gemälden von Rubens den richtigen Stand- und
Gesichtspunkt zu verschaffen. Doch es ist mir genug, dass
E. K. H, begleitet von dem Architekten diese neue Construktion
gesehen, sich von der richtigen und zweckmässigen Beleuchtung,
den Verhältnissen, der Wirkung Überzeugt haben.''
Nach seiner Rückkehr fragt der Kronprinz dd. Brücken au,
10. Juli 1824: ,Ist die Pinakothek (Galerie) noch nicht ange-
fangen? Wenn nicht äussern Sie doch in Meinem Namen dem
aister bei welchem dieses ruht meinen innigen Wunsch, da^s
aeuer wenn gleich die vorhandenen Mittel nur wenig darauf
zu verwenden gestalten, dieses wenige doch darauf verwendet
werde, den Anfang der Grundlage machend," Sonst interessiert
ihn jetzt besonders brennend die Erwerbung der Madonna Tempi,
für welche nun Dillis der sonstigen Belastung des Prinzen wegen
den König gewinnen soll. Schon am folgenden Tage schreibt
er darüber an Dillis: „Gleich das erstemal wann Sie den König
sehen, sagen Sie ihm das was ich Ihnen gestern auftrug, wäre
er nemlich sehr gut aufgelegt, denn nur in solcher
Stimmung ist von der Bache zu sprechen. Dass ein Herrscher
sich nicht immer in solcher befindet, ist so natiirlicli, dass das
Gegenteil davon fast unnatürlich sein würde/ Die Tempi-
Angelegenheit verzögerte sich jedoch noch weitere vier Jahre.
Wenn aber dd. 25. Juli 1824 Di^llis dem Kronprinzen mitteilt
F. G, Eeher
^Über die Galerie habe icb in Erfahrung gebracht, dass man
noch nicht über das Grund-Eigentum des Platzes ins Reine
gekommen", so steht diess im Widerspruch mit einer Notiz
einer von Klenze eingeleiteten und bezüglich der aktenmässigen
Wahrheit verbürgten Dnickschrift von 1831 ^), nach welcher
der Ankauf des neuen Platzes am 8. Januar 1824 zu Stande
kam, diese aber auch mit einer anderen Stelle derselben Schrift,
wonach am 15. September 1824 vom Finauzministerium die
Erklärung erfolgte, dass gegen Platz, Plan und Überschlige
keine Einwendungen zu machen seien. Die allerhöchste Ge-
nehmigung aber erfolgte am 2. Oktober 1824 mit der Bestim-
mung, dass am 27. Mai 1825 der Grundstein gelegt werden
solle, wenn es die Finanzumstände bis dahin erlauben würden.
^Warm und schön wird das Nest [der Madonna Tempi]/
schreibt der Kronprinz am 3. Oktober 1824, ,wenn die Pinako-
thek erbaut ist, aber ich hoffe, dass die Täubin nicht viel sputer
in München einfliege, als der Grundstein in die Erde gesenkt
sein wird. Dieses hat doch an des verehi'ten Königs Namens-
tag statt » . . Oder ist es wieder Terschoben und wenn leider,
schreiben Sie mir das Warum?**
Am 24. November 1824 wurde in Audienz beim Kron-
prinzen der Plan der Gartenanlage bestimmt, im wesentlichen
so wie diese noch jetzt besteht mit Ausnahme von vier Brunnen
an der Stelle der jetzigen Sy ringen boskets, Dillis sucht sich
der Luftheizung zu erwehren, ohne jßdoch des Grundes zu
gedenken, der bald nach Eröffnung der Galerie zwang dieselbe
wieder ausser Gebrauch zu setzen, nemlich der namentlich den
rEoIzbildern schädlichen Austrocknung der Luft. Noch gedenkt
DiUis eines am 11. Februar 1825 erfolgten Auftrage» für ih
6 Wandflächen des Stift^rsaales die Stifterbildtiisse zu bestimmi>o«
*tun welchen er mit Recht und mit Erfolg die Bevorzugung des
Kurfürsten Maximilian I. vor Karl y* Zweibrückea in Vorschlag
gebraciit.
*) über <lifl Verwaltung de« HofliÄiiwesun« ii -n
Bau der Pinakothek, ilArgeatnllt mit bewilligter l> , „,
MüuchcD 1881.
Kronprin* Ludwig von Bauern und G, DüUs, 477
Damit endet die auf den Pinakothekbau bezügliche Kor-
respondenz zwischen dem Kronprinzen und Dilhs* König
Maximilian war am 13, Oktober 1825 gestorben, noch ehe die
Grundsteinlegung erfolgte» und der Baubeginn verzögerte sich
bis zum 26. April 1826. König Ludwig L hatte als König
mehr Gelegenheit mit Dillis persönlich zu verkehren, so dass
der briefliche Verkehr, auch weiterhin sachlich und liebens-
würdig, überhaupt seltener werden rausste. Obwohl jetzt die
Lage des Königs dem auf Staatskosten gebauten Werke gegen-
über ungleich günstiger war, als die des Kronprinzen, so hatte
er doch schon vor seiner Thronbesteigung erreicht, was er sich
vorgesetzt, nenilicb den Neubau statt eines Umbaues, wie auch
die von ihm selbst bevorzugte Baustelle, Freilich fehlte es auch
jetzt noch keineswegs an Bemänglungen in Landtag und Presse,
wegen der Submission^ zunächst dann wegen der aufwandvollen
Seidentapeten, und selbst wegen der Malerei in der Loggia,
ja selbst der Bilderrahmen, allein der energische Wille des
Königs brauchte nicht mehr wie in der machtlosen Stellung
als Kronprinz jede Einwendung zu scheuen, da er keine könig-
liche Instanz mehr über sich sah.
IV* Die Galerie der Zeitgenossen.
Der Gedanke eine Sammlung zeitgenössischer Malerei an-
zulegen, war bei dem Kronprinzen noch nicht zu Tage getreten.
_Zwar fehlte es ihm für die moderne Kunst keineswegs an In-
se, ohne ihr jedoch vor 1809 ernstlich näher zu treten,
tm 26. Juli 1809 konnte er von Wien aus noch die Frage an
Dillis richten „Welcher lebende Historienmaler hat grösseren
Wert als Füger, von denen nemlich Sie Werke gesehen, und
in Landschaften als Wutkj?* [Mich. Wutky, geb. 1738 f 1823
in Wien, in Rom nach Poussin und Claude gebildet], und auf
Dillis Antwort fahrt der Kronprinz dd. Salzburg, 28. August
1809 fort: «Sie schreiben mir lieber Dillis, Füger sei unt«*r
den jetzt lebenden TTistorien malern der vorzüglichste, nicht so
Wutky in Lundschaften, Mich t'i'eut, dass von dem ersten ich
ein Bild gekauft habe, eine herrliche Magdalena. Abgehärmte
478
F. ». Beher
Büsserin ist diese nicht; in Lebensgrgsse und Lage gleicbt
ieles der corregianischen, unwiderstehlich hinreissender Farben»
^hinelz; Füger will es noch kopieren, Geben Sie Keiuhard
[Job. Christ R, geb, 1761 bei Hof, f 1847 in Rom, Schüler
des Oser und Kiengel] oder welchem Künstler unter den Leben-
den den ersten Platz ira Fach der Landschaften? Wissen Sk
den Preis für den grössten? — Was thäten Sie an meiner
Stelle, wenn Sie zum Erwerben von Kunstprodukten eine
Summe bestimmt, bei gleichem Werte, zögen Sie Statuen vor
oder Cameen?" Bei Reinhard bleibt der Kronprinz auch weiter-
hin haften, obwohl er ihn noch nicht näher kennt: .Da ich
mich nicht entsinne, in welches alten Meisters Art Reinhard
malet, ob nach Claude Lon^ain» nach N. Poussin', schreibt der
Prinz dd. Salzburg, 18, September 1S09, ^da ich auch nicht
den Preis weiss seiner Gemälde, der Grösse, welcher er sich be-
dienend, so schreiben Sie mir beides. Halten Sie Reinhard ftir
solch einen, die unter die Klassischen der Nachwelt reihen
werden?*'
Dillis ist ihm hierin nicht bloss kunsthistorischer Berater,
sondern auch Künstler: als Reisebegleiter des Kronprinzen in
Südfrankreich, dann in Italien und Sizilien macht er für den
Prinzen Skizzen zu einer Reihe von Qemlilden, deren nachträg-
liche Ausführung den königlichen Besteller hochgradig ent-
zückte, wenn er sie auch mehr als R^iseerinnerung, für welche
er einen besonderen Mappenschrank bauen Uess, betrachtete.
Mit monumentaler Absicht bestellt er seit seinem Eintritt
in die Armee bei Wilhelm v, Kobell (geh, 1766 in Mannheim,
f 1855 in München) wie vorher sein Vater, Schlachtenbilder,
beginnend mit der Schlacht bei Poplavi (Pultusk 1809), wo-
rauf zunächst die Schlacht bei Eckmühl, und die Erstürmung
des Lagers von ßlatz folgten* Dann liess er Kobell zur Skiz-
zierung zweier tiroler Kampfstellen kommen, t^^^oh Würgei,
wo Wrede im Mai 1809 ein glänzendes Gefecht gegen die
Österreicher und Tiroler hatte, auch an den Kniepaaa, wie
Pompei ihn erstürmte*, 1812 bestellte er die Schlacht bei
Wagram, 1815 bei Brienne, 1816 bei Arci« »ur Anbe. Dietie
Kronprinä Ludwig von Bauern und (7. Dülü,
479
OttBÜfte erscheinen im Briefwechsel direkt, die übrigen des
Schlachtensaals der Residenz, der Pinakothek und des Arniee-
museums fallen zumeist in eine spätere Zeit. Etwas später wer-
den etliche Münchener Ansichten von Dom. Quaglio und die
Schweizerlandschaft von H. A- Koch im Besitz des Prinzen er-
wähnt. Nach Ludwigs ThronheHteignng Rottnianns Palermo^
Stielei"« Schönheiteukabinett, Landschaften von liebeil und Catel,
Oberbecks Vittoria Caldoni.
V. Persönliches.
Selbstverständlich kann es trotz der königlich reservierten
Haltung des Kronprinzen und Königs nicht ganz an intimen
Ergüssen fehlen, in welchen dann nach langem Briefwechsel
fast rein geschäftlicher Natur die tatendurstige Begeisterung
[des Prinzen wie eine mühsam zurückgedrängte Glut in lichter
Flamme zum Durchbruch kömmt.
Die Stellung Bayerns in den napüleoniachen Kriegen ist
bekannt. Der Kronprinz selbst musste sich unter das wider-
willig getragene Joch beugen, das Napoleon unter der Form
der Bundesgenossenschaft Bayern aufgezwungen hatte. Bekannt
ist, dass Ludwig seiner deutschen Gesinnung in jener kritischen
Zeit bei besonderen Anlässen wiederholt Ausdruck gab, dass
er in Russland sich in seiner Verstiranumg unnötig dem Kugel-
regen aussetzte, was den Marschall Massena sogar zu Vorstel-
lungen veranlasste, da^ schliesslich Napoleon auf die Denun-
ziation des Marschalls Lefebvre gegen den Prinzen Verdacht
schöpfte, und selbst vom Flbilieren spracht) Allein in der
Korrespondenz mit Dillis landet sich davon höchstens eine
iKusserliche Andeutung. Doch sprechen zwei verstreute Sätze
von seiner Stimmung deutlich genug. So schreibt er nachdem
der Alp der Knechtschaft genommen dd. Salzburg» 3L Dezem-
ber 1814: »Mit nächstem Postwagen sende ich an Sie gerichtet
das neueste mich darstellende gleichende Miniaturbild» damit
es der Omen bewusste mich in der Lande^bewaffnungstracht
*) Gerstenecker. Ludwig I., König von Bayern, in seinen Briefen an
Ph. T. Licbtentbaler.
480
F. V, Bd^er
in Kupfer stechende Künstler benützt, dass ich wie auf dein-
selben heiterer aussehe^ nicht düster wie auf dem von Keller-
hoven gemalten Bildnis, während Napoleonischer Untergang
drohenden Zeit, wo ich mich so vorgestellt haben wollte.*
Und wenige Wochen darauf: „Wie fiel mein Kupfersiich aus?
Gleicht er? Bin ich finsteren Aussehens? So hatte ich mich
vorsätzlich in bonapartischer Zeit von Kellerhoven malen lassen.
Diese drohenden Wolken sind verweht; freundlicher uod hell
ich wirklich aussehe und freundlich wünsche ich mich auch
vorgestellt, *
Aus seinem glühenden Patriotismus war ja auch der schon
vor 1807 entstandene Gedanke entsprungen, den verdienten
Deutschen ein Ruhmesdenkmal zu errichten, und die Briefe
geben hundertmal davon Zeugnis, welche Mühe er sich gab,
geeignete KUnstler deutscher Nationalität ausfindig zu machen
und geeignete Vorlagen zu bescliaflen. In einem Briefe dd. Linx,
25, Juni 1809 dämmert sogar schon der Gedanke an eine spe-
ziell bayerische Ruhmeshalle: ^In meinem Namen zu Westen -
lieder, wünschte von ihm ein Verzeichnis aller grossen Bayern
aus allen der Geschichte bekannten Zeiten aller Stände, der
Herrscher und des Volkes, zu erhalten; glaube schon einmal
mit ihm gesprochen zu haben/ ,Es ist eine Schande, dass tu
den K. Sammlungen zu München/ schrieb er ein Jahr später
dd. Innsbruck, 11. Dezember 1810, „die heimische Schule fast
aus allen am meisten vernachlässigt wird.' Er lässt auch von
diesem Standpunkte aus Bildnisse von Andr» Wolf und Karl
Loth für sich kaufen.
Das Land seiner Sehnsucht aber war und blieb Italien»
seit er es im Jahr 1804, als er noch Kurprinz, zum erstenmal
betreten und in Rom die Anregungen empfangen hatte» von
welchen die Mehrzahl seiner Kunstschöpfungen die Folge war.
Aus Russland und Berlin zurückgekehrt, verweilt er im Win^^r
1807 auf 1808 in Venedig und fragt Dilli« am 8. Dezember 1807
um die MUnchener Bestünde an Tizian und Giorgione, wie ob
in Mailand ein Lionardo zu haben? Die Fünf in Salzburg und
Innsbruck verbrachten Jahre von 1809 — 1814 sind ihm wie
Kronprins Ludvfiff von Baiftm und G, Dülis.
481
ein Exil, wenn sich auch anfangs noch ein Ausflug von Wien
an die italienische Grenze ermöglichte. »Von Wien begab ich
mich/ schreibt der Kronprinz am 28. August 1809, „nach Triest
— auch dorten atmet man Italien. Nach Pola die htrrlichen
Altertliroer zu sehen hatte nicht statt, du ich mich nicht aus-
setzen wollte, der Engländer Gefangener zu werden," Von
London aus hat dann der Fiiuz die Freude, am 26. Juni 1814
einen langen Brief mit Nachrichten über italienische u. a» Maler
^an DiUis gelangen zu lassen. Der fröhliche Winter in Wien
1814/15 bringt eine Anzahl von Kunstgeschaften, die sich fort-
spinnen während des Somnierfeldzuges nach Frankreich,
Nach geschlossenem Frieden aber sind die Gedanken des
Kronprinzen leidenschaftlich iilier die Alpen gerichtet. ^Glück-
licher Dillis^ ruft der Priuz dd. Würzburg, 26. November 1816
zu »der Sie so oft und jetzt erst wieder in Rom, der ewig ein-
zigen waren, in dem Blüthegarten Italiens. Mit Schiller klage
ich: ,Ach aus dieses Thaies Gründen, die der kalte Nebt^l drückt.,
könnt ich doch den Ausgang finden' und ich werde ihn finden,
doch wann? Dahin, wohin ich mich sehnte! An allen vielen
Orten, wohin es mich nie verlangt, war ich, dorten nicht mehr
seitdem, von dem ich nie sagen werde, dass ich zum letztenmal
gewesen. Glücklicher Dillis, der Sie wieder Körper- ond Geistes-
Lebensluft geathmet, eingesogen haben, dass sie auch unter
unserni rauhen trüben Himmel wohltätig fortwirken/
Ein halbes Jahr später wird dem Prinzen das ersehnte
Glück selbst zu Teil »Der König, lieber DiUis,* schreibt er
BUS Aschaffenborg, 18. Juli 1817, ^hat mir die Erlaubnis er-
teilt, Sie mit nach Italien zu nehmen. Das wäre also zum
12. Malf dass Sie über die Alpen kämen, in das Land, wo man
^das Leben lebt. Diesen Herbst gehts fort, wahrscheinlich in
Oktobers Hälfte, vielleicht früher, doch von dieser letzteren
Möglichkeit (Wah schein lichkeit ist es nicht) noch nichts. Wie
ich 66 werde beistimmt haben (täglich erwarte ich noch Nach-
ricbtcn) teile icha Ibnen mit . . . Das Leben geht mir auf
denke ich bald im südlichen Italien zu sein. Lltalia mia comiu-
oia a Taltra parte degli Apennini. Vale earo Giorgio BaTaresel*
482 F. «. Bt^er
Auf DilliV etwas gedrückte Zustimmung fährt .der Prm2
fort: .Aschaffenburg, 22. Aug. 1817. Sie möchten wissen, wie
es mit der italienischen JKeise gehalten wird: Hier folgts' und
erstlich was Sie betrifft. Die Zeicbnungen« die Sie daselbst wie
in Sizilien machen, hätten mir zu gehören uud würden ron
Ihnen wie die des mittäglichen [Frankreich] es geworden, aua^
gefiihrt in Bayern , wofür ich Ihnen 300 (iulden gehe. Diiftlr
ist nicht seu sorgen, dass Sie zu wenig zeichnen werden, eher
ist mein lieber Dillis abzuhalten des Guten zu viel zu tun.
Keine trüben Gedanken! Ueiter in das heitere Land der Kunst
lasst uns wandern. Was drückt meinen Dillis?
Schicken Sie mir einen Vorschlag wo übernacht zu bleiben
ist: den 15. oder wenn es zu spät, den 14. Oktober von München
wegreisend auf dem kürzesten Weg (aber nicht über Florenz)
den 27. Oktober Abends in Rom eingetroffen wo ich nur den
28. verweile, den 30. in Neapel ankommen, von wo auf dem
feden 1. des Monats nach Palermo abgehenden Brick dahin g^
schifft wird. Ganz Sizilien nebst dem Ätna bereisen wir zu
Pferde oder wer will nach belieben in den von Maultieren ge-
tragenen Sänften. Wo die Reste altertümlicher Kunst es wert
sind uns genügsame Zeit« damit sie gezeichnet werden können
verweilend. Nicht vorüberrennen, gemessen will ich den Seele
erhebenden Anblick, Zurück gehts nach Neapel wieder, dessen
herrliche Gegend (und Pastum) besucht wird, um Neujahr nach
Rom, wo bis zum April geblieben, dann sieh in Florenz auf-
gelialten, zu München den 26. Mai eingetroffen werden wird.*
Eine Woche später (Aschaffenburg, 6, September 1817) ve»
langt der Prinz zwei weitere Wegbeschreibungeu; „Ich wüns
dass Sie mii* über Fuligno ein Verzeichnis der Nachtlager ver-
fertigten, um wo es dessen wert mich einige Stunden oder
halben ja ganzen Tag aufzuhalten, desgleichen die Angaben
für jede dieser beiden Voraussetzungen auf die Straase nach
Ancona angewendet. Welche dieser zwei Strassen bietet in
Hinsicht auf Kum^t und v - - ^ -' ■* n mehr merk- *^"' ^«
dar?* Und schon am fi- . Sept.") bfi -r
Kronprinz noch des weiteren * u u ^ tirn bcur**!
Ktmiprins Ludwig mn Bauern und G, DtUis.
483
4 Reiseeinteilungen wünsche ich noch eine fUnffce von Ihnen
geschickt zu bekommen , nemlich über Ferrara und Eavenna,
wenigstens Über letzteres, um das merkwürdigste dieser merk-
würdig sein sollenden Stadt zu sehen/
Naturgemäss nun neanmonatliche Korrespondeuzpause,
unseres Wissens leider durch Dillia nicht tagebuchartig ersetzt.
Dass aber des Kronprinzen Begeisterung für italienische Kunst
sich die Wage hielt mit jener für die Xatur, beweisen mehrere
nach seiner Rückkehr entfallende Äusserungen. Keineswegs
unempfänglich für die Schönheiteo nordischer Natur, wie aus
den Worten eines früheren lunsbriicker Briefes hervorgeht:
II Habe oft an Dillis gedacht während meiner halbmonatlichen
Reise zu Fuss durch wilde und anmutige Taler, auf mit zehn
Schub Schnee bedeckten Höhen über den Wolken*» schwelgt
der sonst so sparsame Fürst ein Jahr nach seiner Rückkehr
(Ascbaffenburg, 8* Aug, 1818) noch in opferwilliger Erinnerung
an die lauschige Acqua acetosa bei Rom, die er mit Baum-
pflanzungen aus Platanen und immergrünen Eichen zu umgeben
besehloasen, wozu Klenze und Kobell die Entwürfe machen sollen.
Rührend ist die tröstende Liebenswürdigkeit, mit welcher
der Kronprinz stets die dUstc^re Stimmung des Dillis zu zer-
streuen und den beratenden Freund zu fördern sucht.
Anfangs Winter 1812 hatte Dillis geklagt über die Chi-
kanen der beiden Langer, welche ihm die Aufträge des Königs
zu antiken Einkäufen in Italien vergällten: „Ich kannE. K. H.
versichern, dass wenn S. Maj. der König mir ein Königreich
schenken würde, um noch einmal eine solche Reise zu machen,
ich dasselbe nicht verdienen könnte'* und weiterhin „Wirklich
Ursache alle Freude des Lebens zu verlieren. Die Statuen
haben Raphaels Schicksal, man würdigt sie nicht einmal ab-
zustäuben, den Fuss des Gennanicus anzukitten, kurz mau tut
Alles, selbe in einem schlechten Lichte darzustellen. Qanz
anders sind die Herrn Langers verfahren, wie sie ihre Gipse
aufstellten, eiu ganzes Jahr haben sie daran geflickt» ehe sie
dem Publikum das Anschauen erlaubten, ganz anders verfahren
486
F, r. Bebet
Nach der Rückkehr bleibt der Verkehr, z:war nach wie
vor überwiegend geschäftlich, herzlich und vertrauensvoll, nor ■
durch die geschilderte Differenz mit dem Pinakothelcprojekt
vorübergehend getrübt. So schreibt der Kronprinz am 21. April
1821 aus Rom ,Ss muss mein lieber Dillis sein, dass ich heute
und so kurz vor meiner (am 10. Mai Abends erfolgenden) An-
kunft selbst diese wenigen Zeilen schreibe. Herrlich hi die
Witterung in dem herrlichen Rom, Nun Gott befolüen treuer
Dillis Ihr Sie schätzender Ludwig Kronprinz**
Um Dillis' Lage zu verbessern, hatte sich der Kronprinx
bemüht, dem treuen Katgeber eine Domkapitnlarstelle zu ver-
mittein. Allein als es zur Organisation der Domstifter kam,
hatte man Dillis vor die Alternative gesetzt, entweder auf die
Galerie-Inspektorstelle oder auf die Domhermstelle zu ver-
zichten. ,Da E. K. H/, schrieb er an den Prinzen am 1. Juh
1821, , meine Neigung für die Kunst und die seit 40 Jahren
mir erworbenen Kenntnisse zur Genüge kennen, so wird es
E. K. H, nicht auffallend erscheinen, wenn ich die Lispektor-
stelle vorgezogen habe.** Huldvoll erwiderte der Kronprinz
dd. Brückenau, 8. Juli 1821 „Das war meine Absicht nicht,
lieber Dillis, als ich Sie zur Domhermstelle empfohlen, dass
Ihnen die Wahl zwischen dieser und der jetzigen gestellt wnrdc,
sondern dass zu dieser jene gefügt würde, Ihre Entscheidung
lässt mir meinen Dillis erkennen und ich hoffe, dass dem aus*
gezeichneten Künstler in Ihrem Gebiet eine würdige Anstellung
nicht entgehen wird.*
Diese Voraussage erfüllte sich bald, sicher nicht ohne Zutun
des Prinzen aber ohne dass dessen in der übrigens damals spär-
lichen Korrespondenz Erwähnung geschah, Direktor Mannlich
war am 3, Januar 1822 gestorben, und schon am 10. Januar
konnte Dillis seinem Freunde Metzger berichten, dass S. M^V
stfit ihm (Dillis) die Direktorstelle erteilt.
Die Korrespondenz erhebt sich auch nach den erzftUtoii
Zwischenfällen mit dem Pinakothekbau rasch wieder aus dem
gedrückten Tone. Der Kronprinz er/Ühlt dem Freunde SDC^ar
ausführlich das Wunder, das Fflnut von Hohenlohe 1821 an
Kronprim Ludwig von Bauern und G» DiUis,
487
einer sterbeDden Frau gewirkt, natürlich wieder mit der Nach-
schrift, Niemandem davon zu sagen * , . »ich habe meine gnten
Gründe dazu/ Auch das Ereignis der Thronbesteigung Ludwig I.
geht in der Korrespondenz spurlos vorüber, welche auch spär-
licher werden musste, weil selbstverständlich der König jetzt
zumeist in München verweilte. Der Ton der Briefe bleibt übri-
gens der gleiche bis zum letzten, vom 9. August 1833. ^Habe
vor**, schliesst dieser Brief, ,aua Rücksicht für meinen Dillis,
den Sohn dessen Neffen Lieut. Kirchmajers in das Cadetten-
corps aufnehmen zu lassen. — Sich nicht angestrengt, Ihre
Gesundheit erhalten und sich dem Ihnen recht gewogenen
Ludwig,*
Alle Briefe atmen Gerechtigkeit» den Ernst der Verant-
wortlichkeit, Festigkeit in der Verfolgung grosser Ziele, Um-
sicht und Überlegung bezüglich der Mittel zu deren Verv?irk-
lichung. — Eine riesige Arbeitskraft umfasst das Grosste wie
das Kleinste in bewundernswerter Gründlichkeit, verbunden
mit einem strengen aber idealen Zwecken gegenüber zu jedem
Opfer bereiten Haushalt Besonders wohltätig berührt dabei
des Kronprinzen zarte Rücksicht gegen seine Umgebung, Fein-
fühligkeit in der Beurteilung ihrer Schwächen, ein liebenswür-
diges Eingehen auf ihre Bedürfnisse und Wünsche, wie herz-
liche Anteilnahme an ihren Schicksalen: Eigenschaften, welche
caum irgendwo sich deutlicher aussprechen als in den Briefen
den alten Freund, welche jeder Gemütsregimg des hochbe-
ieutenden Fürsten trotz der knappen Form reichliche Ausdrucks-
gelegenheit geben.
I'
■ ;
Sitzungsbericlite
der
König]. Bayer. Akademie der WisöeoscliafteD,
Emige neugefundene etniskische Inschriften.
Von Alf Torp tind Gbsüit Uerbig.
(Mit 4 Tif^ln.)
(Vorgelegt in der pMloB.-philoL HaBse am 2. Juli 1904.)
Zwei Dritte] der folgenden Inschriften wurden von A, Torp
wälirend eines mehrmonatlichen Aufenthaltes in Italien in der
ersten Hälfte des Jahres 1904 kopiert und zum Teil erworben;
ein weiteres Drittel bat ti. Her big auf einer italienischen Iteise
im Frühjahr 1903 teils selbst aufgenoromen*), teils nach Auf-
nahmen Ton B. Nogara aus den Jahren 1902 und 1903, die
ihm gütigst überlassen wurden, bearbeitet. Der Veröftent-
lichung in diesen Sitzungsberichten und nicht erst im ClE
liegt ein vierfacher Wunsch zu Grunde: 1. die wichtigsten der
Inschriften, namentiich die aus Toscanella stammenden, den
Fach genossen so rasch als möglich vorzulegen, 2. auch weniger
wichtige, die aber im GLE erst spat erscheinen können, einst-
weilen zur Diskussion zu stellen, 3. ein paar gefälschte In-
schriften durch die Veröffentlichung unschädlich zu machen
und auf ein paar verdächtige hinzuweisen, 4, italienische und
amerikanische Archäologen zu veranlassen Inschriften, deren Ori-
ginale ihnen erreichbar sind, und die wir z. T. nur nach nicht
kontrollierbaren Kopien geben konnten« recht bald besser und
*) Vgl* dazu G. Herbig, Vorarbeiteo zitm Corpui iuscriptionuni
etruücanim, in dieflen Sitzungibencliten 190i« üeft 11» B* 283—396.
tOCM. «Ivgal». d. p1ülo*.-i>ka<»l fl. d. bist Kl. 38
490
Alf Torp und Gustatf Hahig
m einer auch ftir das CIE genügenden Faksimile-Form hc
zugeben oder wenigstens zweckdienliche Nachricbten darüber
an die Herausgeber des CI£ gelangen zu lassen* £s handelt
sich besonders um die Nummern 2, 3, 7 — 12, 35 — 36, 40 — 45.
Die folgenden Inschriften sind in derselben Weise geogra*
phisch nach Fundorten zusammengestellt wie im CIE, Fast
alle wurden von den Herausgebern einmal gemeinschaftlich
durchgesprochen, doch sind die einzelnen Gruppen und Num-
mern jedesmal mit To. oder He. verantwortlich gezeichnet.
Für die Clichevorlagen trägt He. allein die Verantwortung* J
Gelegentlich hat sowohl der eine als der andere Heraus-'
geber einen Den tu ngs versuch nicht ganz unterdrücken können:
wer mit solchen Versuchungen schon gekämpft hat« wird tms
die Sünde nicht allzu hoch anschlagen.
Cortona.
In Cortona wurde mir ein Krug aus Terracotta angeboten,
der vor 8 — ^10 Jahren bei Barallo, etwa 8 Miglien von Cortona,
gefunden sein soll. Höhe 0,22 m, Durchmesser 0,23 ra. Die |
Inschrift zwischen den beiden Henkeln. Die Buchstaben leicht
eingeritzt; Höhe derselben 0,03 --0,04 m. S. Taf. I Nr. 1 nach
einer Abpausung von min
1) an^im
Ein Mann aus dem Volke, ein gewisser Gio. Zaccaria,
teilte mir mit, dass ein Sign* Terosi bis vor 4 Monaten eine
Schale aus Bucchero besessen, dann aber an einen ,Komano*
verkauft habe. Die Schale, die vor 15—20 Jahren in einem
Tuffsteingrab bei Metigliano sopra a Bergo gefunden sein
soll, war mit Henkeln versehen, ca. 0,25 m hoch, der Fuss
unten 0,10 m breit. Sie war oben mit einem ringsumlaufenden*
nackte tanzende Figuren darstellenden Ornament geschmückt. {
Unter diesem Ornament stand zwischen den b**iden Henkeln
eine eingeritzte Inschrift Hohe der Buchstaben ca, 0,015 m.
Ich erhielt von dem Manne eiflje von ihm selbst verfertigte
I
Einige neugefundene etfuskist^e Ingckriften, 491
Zeichnung der Inschrift* Die Kopie scheint treu; der Mann
versiehertef dass er alle BuchstabeD genau gezahlt und keinen
übergangen habe. Er verstand die Zeichen nicht; auch meinte
er, dass die Inschrift von links nach rechts zu lesen sei. Es
handelt sich also um eine ganz mechanische Kopie, Natürlich
aber bildet sie für eine Publikation keine genügende Grundlage.
Ich teile sie dennoch hier mit^ so wie sie ist^ in der Hoöbung,
dass die Kunde von dem Vorbandensein dieser wichtigen In-
schrift dazu beitragen werde sie wieder einmal ans Licht zu
fordern 1), S. Taf. I Nr. 2.
2) turms - ar • apumat • apimi - raßs - trisnat
Derselbe Mann gab mir auch eine von ihm selbst verfer-
tigte Zeichnung einer Inschrift, die auf einem grossen flachen,
vor 25 Jahren nahe bei Cortona „sotto il cimiterio detto il
Monasteraccio* gefundenen Steine gestanden haben soll.
Der Stein war zerbrochen. Der gefundene Teil etwa 1 m lang,
0,60 m breit Höhe der Bochstaben ca, 0»05 m. S. Tal I Nr. 3.
3) — — ^ — ena larcana
— as& larezu
^ — Xa lare^d
— X katnial
larejFul steht auf dem grossen Cippus von Perugia (CIE
4538); auch die übrigen Wörter bieten nichts Neues. (To.)
ChiuBi.
Sign, öiometti 'besass einen piattino von Terracotta mit
Inschrift. Durchmesser des Gegenstandes 0,125 m; Höhe 0,015.
Die Inschrift ist auf der Unterseite eingeritzt; sie bildet einen
Kreis, lässt aber zwischen dem a und dem r eine kleine Lücke
übrig, so dass zweifellos mit dem v die Lesung zu beginnen
hat S* Taf, I Nr. 4 nach einer Abpausung, Die Origtnalbuch-
staben sind ca. 0,015 m hoch.
^ Oder sollte die Kopie, richtiger vielleicht: ihre Torlage, nach GIE
4152 und 4153 gefälscht «ein? Korr^Note.
■ Mf Ibrp und Onstm Herbig
4) ve : ceverpd&ts : ^vnapma
Die Echtheit der Inschrift ist aus äussern Oründeii an-
fechtbar. Die Konsonantellhäufung pddi£ an und für sich ge-
nügt nicht um eine Fälschung zu erweisen: der Buchstabeo-
komplei könnte in zwei Wörter zerlegt werden, und tjff fttr fear
geechrieben sein.
Bei Sign. Mignioni befand sich ein piattino aus Terre-
cotta und ein vasetto aus demselben Stoff mit Inschriften, deren
Unechtheit aus äusseren und inneren Gründen feststehen dürfte:
5) Piattino. Durchmesser 0,13 m; Höhe 0,02 m. H5be
der Buchstaben ca. 0,012 m. Die Inschrift ist auf dem obem
ßand eingeritzt. S. Taf. I Nr. 5 nach einer Abpauaung.
d * viieca&a
Die Vorbilder der Fälschung stammen ebenfalls auB Chiusi:
CIE 688 bringt eine tegula sepulcralis mit der Inschrift
vi : Ute : ca^a\ vi : vijfdnal
und OLE 2897 eine olla sepulcralis mit der Inschrift
vi : Ute : cada : alpisnal :
Auch die Inschrift der olla in Cittä della Pieve, CIE 4880,
vi : vUeca^a : vpmai
scheint nach CIE 638 getaucht zu sein, zumal aoeli ändere
Spuren Yon FäUchungen nach dieser Stadt weisen. S. unten Nr. 14^
6) Vasetto. Durchmesser 0,072 m; Höhe 0,05 m. Hohe
der Buchstaben ca. 0,008 m. Die leicht eingeritzte Inschrift
steht auf dem äussern Rande. Sie ist dem Schriftzuge nach
von derselben Hand gefälscht wie Nr, 5, S. Taf. I Nr. 6 imch
einer Abpausung.
evantralt
Die gleiche, offenbar yom Fälscher als Muster benuiste In-
schrift findet sich CIE 4792 und 4793 auf einer t^guIa septiU
cralis und auf einem dazu gehörigen Tasculum cinerariuru, eben»
falls aus der Nähe von Chiusi (aus Valdacqua);
evanira\lt und emn^rtdt
Einige neufefundene etrmküehe Imchriften.
493
Beide Inschriften müssen den Namen der verstorbenen
Person enthalten und können kaum etwas anderes bedeuten
als evantra l(a)utm&a ss Euandra liberia (Gamurrini» Not d*
Scavi 1897 S. 250 Nr. c und d. — Pauli, OLE L cJ). —
Wilhelm Schul ze. Zur Geschichte lateinischer Eigennamen ^^
Äbh. d. K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen. Phüol.-hisi Kl. N. F.
Bd. V Nn 5, 1904 S. 397 Anm. 6), (To. He.)
Beim Antiquar Lancetti sah ich drei Ossuarien aus Nenfro
mit Inscbriften, die ich hier nach meiner Abschrift vorläufig
mitteile. Hoffentlich werden sie später ediert werden:
7) ludlarce
lavrstiai
9)
a^ • sepäevi • vijmi
a& ' hantisaplatitia
Weiter eine Platte von Terracotta» die vor 3 — 4 Jahren
bei Chiusi gefunden sein soll. Breite ca. l m; Höhe 0,50 m.
Inschrift:
10) vipi:a>pmS
Beim Antiquar Pacini (Florenz) sah ich zwei Ossuarien,
die nach seiner Aussage vor 6 — 7 Jahren bei Villa Strada
(zwischen Torontola und Chiusi) entdeckt wurden. Auch diese
Inschriften teüe ich hier vorläufig mit:
11)
12)
pä&iveiuicaei
lardi • mwhm • faUu^,
(To.)
^) Pauli gibt die InBchriften nur in den konventionellen etrualdicheu
LetterOf nicht in Fakeimile wieder, d. h. er hatte keine Gelegenheit die
Originale im MuBeum von Chind zn kopieren, sondern er Übernahm den
TesEi der InBchriflen und die ungendgende Beachreibung der Gegenstilnde
von Gamurrini* Die endgültige Entscheidung der Frage über dai Ver-
haltoii von Nr. 6 sra GIE 4793 wird aich erst fUlIen laasen, wenn ein
Faksimile und eine genauere Beschreibung der letzteren' Inschrift vor-
liegen.
494 Alf Torp und Gmiav Herhig
13) Klemes Bleigewicht, in Form einer Pyramide; 0,02
hoch; die Schwere ist mir nicht bekannt.
Gefunden in der Umgegend von ChiuBi, Ende Juni 1903.
Jetzt im Besitze des üerrn Dr. Emilio Casuccini, wo es
Nogara Ende September 1903 abpauste. Höhe der Buch-
staben ca. 0,004 m, S. Taf. I Nr, 13.
p€se\üa (He.)
Cittli della Pieve.
14) ,In una tomba scavata il 24 settembre 1903 si troTa«]
rono due vasetti di bucchero combacianti fira loro colla boecü
che chiudevano la bocca di tin pentolino di terracotta, alto'
0,15 circa. Sulla parete esterna del vasetto superiore capovolto,
alto 0,03 e largo 0,07, e incisa riscrizione.* (Schriftliche Mit-
teilung von Nogara, der jetzt auch Besitzer der Inschrift
ist.) Höhe der Buchstaben 0,012—0,02 m. Dem Faksimile auf
Tafel I Nr. 14 liegt eine Pausung und ein Staniolabdruck von
Nogara zu Grund.
Menage • cUia
E. Lattes, dera Nogara die Inschrift zeigte, hält sie siel
für falsch. Auch Nogara hegt starke Zweifel an der Echt
der Inschrift (nicht des Gegenstandes); er wird in seinen i
Zweifeln bestärkt durch andere verdächtige Inschriften der-j
selben Herkunft und desselben Typus, die er zu sehen und zu]
kopieren Gelegenheit hatte. Ohne Autopsie wage ich kein ab- *
schliessendes Urteil. In ihrem Bau erinnert die Inschrift an eine
eingehauene Architravinschrift aus Orvieto, die R. Mancini in
den Not. d. Scavi 1886 S. 289 venim*nt1icht hat. Nach ihrem,
Wortlaut
akasearices
hätten wir wohl auch hier zwei Eigennamen anzunehmen, we^l
von der zweite im Genitiv stQnde: bei citia wilre also dftnj
schliesaende -.9 oder 4, wie öfters im Etruskischen (Mflller-
Deecke, Die Etrusker^ 11 9. 493), nicht geschrieben. Auch ftlrj
Einige ne%igefunäene etru9hi9the Imehriften.
495
das Nebeneinandervorkommen des älteren k und des jungem c
würde die angezogene Inschrift ein Beispiel bieten. (He.)
Perugia.
Bei Sign. Coppioli fand ich zwei Ossuarien mit Inschriften,
die vor 6 — 7 Jahren bei Monte Ville in der Nähe von Perugia
gefunden sein sollen. Die Inschriften sind mit roter Farbe auf
die Vorderseiten der Ossuarien gemalt.
15) Ossuarium aus Nenfro. Lange unten 0,24 m; oben
0,22 na; Breite unten 0J85 m, oben 0,17 ra; Höhe 0,21m;
Hohe des Deckels 0,05 m ; Länge der Inschrift 0,205 m ; Höhe
der Buchstaben ca. 0,03 m. Vgl. Taf. I Nr. 15 nach einer Ab-
pausung Ton mir.
laris • tipi|i • üXXsX&
16) Ossuarium aus Nenfro. Länge unten 0,27 m; oben
0,255 m; Breite unten 0^2 m; oben 0,18 m; Höhe 0,21 m;
Höhe des Deckels 0»07 m; Höbe der Buchstaben 0,02-0,03 m.
8* Tat I Nr. 16 nach einer Abpansung von mir.
aide * vijpii\ larisal
17) In Perugia erwarb ich von Sign. Mariano Rocchi
einen rollen förmigen Gegenstand aus Tuff, gefunden nahe an
der Porta S. Giovanni im Jahre 1903, Er ist jedenfalls
eines jener Webegewichte, die dazu dienten, die senkrechten
Fäden des Webstuhles gespannt zu halten. Die beiden ebenen
Flächen sind mit dreifachen roh ausgeführten Swastikakreuzen
geziert. Ringsum die Rolle läuft eine Inschrift in drei Zeilen,
von welchen nur die mittlere unversehrt erhalten blieb, während
die beiden äusseren durch Brüche an den Rändern sehr ver-
stümmelt sind. Da die Zeilen Kreise bilden, und nirgends ein
grösserer Zwischenraum vorhanden ist, lässt sich vorläufig nicht
entscheiden, mit welchen Buchstaben angefangen werden soll;
der unten gewählte Zeilen beginn ist also willkürlich. Höhe der
Rolle 0,042 m; Durchmesser der Mitte 0,025 m, der beiden
Flächen 0,038 m. Auf Tafel I Nr. 17 sind die Buchstaben nach
JÜ(tm9
a. der
Ziüe
gelfc]
AittMr eiDigeo BocbsUbeofonDen — die Schrift seil
lieft freOJch entgegen Ann g^wdlmfidiea KiuakiwJMBi üs»
TOD links nach rechtii — ttod etirm der \mu¥M^ «rf in dar
enten Zcik zeigl die ljudiriü nidila «jigiiwigt BfauAiidiML
18) Sign* Roeelii besan «icli emen kTrinpn niiid«ii Stwn,
gefunden im Februar 1904 am Ponte S. ßioranni Liage
0,06 m; Breite 0,055 m; Höbe 0,03 ol Inschrift in der Mitte.
AbpMunng Ton mir. S. Ta£ I Nr. 18.
oioef (To,
Orvieto.
1
In Orrieto erwarb ich bei Sign, LocateIH zwat Xen&o-
cippeUt die im Janiiar 1903 ganx nahe bei Orrieto geftinden
sein «ollen.
19) NeoArocippna. Höhe 0,28 m; Breite tinian 0,15. In-
sehrifl auf allen rier Seiten des oberen nnd auf der Vorder-
Bite dee unteren Stückes eingehanen. BuchstabenliÖlie 0,0l|
^tia 0,037 ro. Abklatsch Ton Herbig, VgL Taf. 11 Nr. 19.
Inschrift des oberen Stückes:
a) ?om x*efaiii*
b) links ^äe^u
c) hinten ifoaht^
d) rechts X*Mifa
Inschrift des nnteni Stückes, Tom:
e) lQg>&imX
1 Der BtMhstabsnrest ' keimte aof ein m denAan. ' Uerk-
wQrdig int das siebenstrichige m. » Wohl liemlicli aiolia-
^'fti^e neugeftmäene etrmhiichB Imchnften
497
der Form ^^ * 0^ ©in ^ od^r ^i^ P kann ich nicht entscheiden.
* Vor dem s kann ein enger Buchstabe gestanden haben. ® Viel-
leicht am nächsten v.
20) Nenfrocippus. Hohe 0,27 m; Breite nnten 0,14. In-
schrift auf drei Seiten des oheren und in zwei Zeilen anf der
Vorderseite des unteren Stückes. Buchstabenhöhe 0»027— 0,04ra*
Abklatsch von Herbig. S. Taf. H Nr. 20.
Inschrift des oberen Stückes:
a) rechts arese
b) vom l^ieaas
c) links amX^
Inschrift des unteren Stückes:
d) obere Zeile uiesa^i
e) untere Zeile eua^cU
* Der letzte Buchstabe wohl am nächsten s, (To,)
Bolseaa.
21) Inschrift auf einer pietra calcarea dura. Der Stein
wnrde vor einigen Jahren in den freistehenden Torbogen eines
Anwesens (Via Älessandro DonzeUini Nr, 46) als Fütlstein ein-
gemauert; er musste zu diesem Zweck erst trapezförmig zu-
gehauen werden, wobei die Inschrift beschädigt wurde. Nach
der Aussage des Eigentümers Costantino Colesanti wurde er
in der Umgegend von Bolsena gefunden, näheres war nicht
mehr festzustellen. Die Langseite des Steines misst jetzt
0,33 m, die Schmalseite an einem Ende 0,25 m, am andern
0,17 m. Die ganz erhaltenen Buchstaben der beiden mittleren
Zeilen sind durchschnittlich 0,06 m hoch. Ein Abklatsch und
ein Teilabklatsch von mir (Mai 1903). S. Taf H Nr. 21.
havretHe[s?J
fleres:c[a? oder n?]
ecn ceaxa
»^
Vmim
i? Di».
Ar fift 4 ZAm ier
wmAmm hm^. Dm
1.
m m
(3. Zdk)
3L nd 4. Zeile bealcid km
ndera Zeil»: 4er ScUow i
oceli XV Koi nf d9 imiprttitfiribim FUdM
da. Dagegen iit Jeraicin. mahFlMma
mf «Ilea wier Seüen eteie wagAammt, Ia di
feiilai die BMlabdmepiizeii
ftoeb die L eeokreelile Haete imd die ^neitrf^ der W
hmtem Bicki mnkv m eebea; indi dem Rrhlnw r Mmjt
effliki KoiToäoo« tu der, tdk
noch em oder nrei BoebilBbeo
ukaleode f ier 2. Ztüe eelst zwar aiaii u&ter den A, h
den lEBler dem « der 1. ein, doch ecbeöit irarho' niditi
fehle»; dag^^en wär^ am SeUii« der Zeüe noch em
Baum fflr etoeo wetteren Bochataben rorhaiideB; iigmtd welcka
Sporen aehe jeh fireUich siehL Zu Anfing dar 3. Zeile liMBOi
Aeh die 8pit»eo ron 2 oder rieUeidii 3 Qnerhasten mkemnemt
alio dftrfen wir am ersten eto e renooteft. IKe folgenden Bodb*
alabea c nod n sind tmteo etwaa geküirL Dea e in oaaj«
wohl ala «tcber gt^Uen: iat fodess die 3. Bäme nach unlea niclil
znfiUltg, dann haben wir aaeh mit etoera | xn rechnen.
kislen Bocbatabeo der 3. Zeile wQrde ich am liebetcn ak«
Einige n^ugefundene etruskiidhe Inschriften,
499
doch sehe ich nichts von einer zweiten senkrechten Haste, ob-
wohl der Stein an jener Stelle intakt zu sein scheint; es bleibt
also immerhin die Möglichkeit eines v offen. Von den erhal-
tenen Buchstaben der 4. Zeile ist das erste n ganz unsicher.
Beim letzten e sieht man von der mittleren Querhaste nur eine
schwache Spur; in der Korrosion nach dem Schluss-^ kann noch
ein Buchstabe gestanden sein. Wie viele Buchstaben am An-
fang der 4. Zeile fehlen, ist nicht mehr zu ermitteln: hier ist
der Stein am meisten zugehauen. Ich halte es freilich für denk-
bar, dass gar keiner fehlt — die Spitze des letzten Buchstabens
vor dem jetzigen tunMe milsste man eigentlich noch sehen. In-
dess will ich die Möglichkeit einer Lesung wie sfninßie nicht
von der Fland weisen,
Ist über den Inhalt der Inschrift eine Vermutung erlaubt»
so muss zunächst betont werden, dass wir die ursprüngliche
Verwendung des Steines nicht kennen und so eines wichtigen
ErklärungBmittels beraubt sind. Da wir aber aus andern In-
schriften Grund zur Annahme haben, dass fleres etwa ,Bild*
bedeutet und in ea oder cn und ecn vielleicht Demonstrativ-
pronomina vorliegen^), scheint es nicht zu gewagt die erste
Hälfte der Inschrift ungefähr so zu deuten : .Des Havrenie Bild
[ist] dieses.* Darf man femer im ersten Wort der zweiten
Hälfte ein ähnliches Pronomen (ecn), im dritten einen Eigen-
namen oder das Fragment eines solchen sehen, so mag das
zweite als Form mit verbaler Funktion gelten; es hätte sich
dann hier möglicherweise der Stifter des fleres oder der Künstler,
der es fertigte, verewigt. Die denkbaren Ergänzungen am Schluss
der Zeilen sind auf diese Deutung ohne Einfluss: havrenie und
. . . ^inMe können mit oder ohne Schlusses sowohl Nominative
als Genitive sein, und die Ergänzung des Schluss-c in der 2. Zeile
zu ca oder zu cn wäre für die Bedeutung des Wortes belanglos.
22) ,Frammento di pietra squadrata presso i signori Ni-
cola e Giuseppe Guido tti, trovata nel rifabbricare una casa
*) tJher fleres .Bild* und ecaica, tcn:tn vgl. Etaletzt Torp, Etniak.
Beiträge l (1902) S. 83 und 23/24. 92; dazu auch Pauli, EtniHk. Forach,
u. Sbid, III (1882) S. 17 und 116.
500
Alf T&rp und Gustav Herbig
di loro proprieta attigiia aUa casa padronale, ed ora posata
sopra im muricciuolo dell' orto. 0,41 X 0,26 m. La pietra ai-
tuale Aeve essere V avanzo di una pietra maggiore, sulla quäle
era iocka una lunga iscrizione, della quäle rimane ora parte
di 4 linee. Le lettere erano profondamente incise/ (Nogara,
1. X» 1903.) Ein Abklatsch von Nogara. Höhe der Buch-
staben 0,045—0,06 m. Vgl. Taf. II Nr. 22.
hescnas:^l
i:udnas:v:
23) Cippusfragment tod Basalt. Höhe 0,30 m. Gefunden
in der Umgegend von Bolsena zwischen 1890 und 1900 (B,
Leoncini); jetzt im Museo Civico von Bolsena, wo ich im
Mai 1903 einen Abklatsch nahm. Darnach das Faksimile Taf* II
Nr. 23. Buchs tabenhöhe 0,035—0,06 m.
[vjd»ur : f . . .
Eine weitere Ergänzung scheint nach dem Zustand des
Fragmentes aussichtslos*
24) Cippus von Basalt. Höhe 0,29 m; Durchmesser 0,18 m«
Gefunden ca» 1900 von den fratelli Vannini in der contrada
Pietre Liscie, l*|t km nördlich von Bolsena (B. Leoncini).
Im Mai 1903 machte ich im Museo Civico von Bolsena zwei
Teilabktatsche, die dem Faksimile Taf. II Nr. 24 zur Grund-
lage dienen. Buchstabenhöhe 0,025—0,035 m.
Ums tafHos:
Es fehlt nichts.
25) Cippus von Basalt. Höhe 0,34 m; Durchmesser 0,21 m*
Gefunden vor ca. 50(?) Jahren in der contrada Citerno, 2Vakm
nördlich von Bolsena; jetzt Eigentum des Herrn Ängelo Ovidi
in Bolsena, wo ich die Inschrift im Mai 1903 kopierte. Vgl.
das nach meinem Abklatsch angefertigte Faksimile Taf. H Nr. 25.
Buchstabenhube 0,03—0,04 m.
» f
Mnige neugefunätne etru»ki$che Imchriften,
SOI
26) Cippus aus Baflalt. Höhe 0,46 m; Durchmeflser 0,25 m,
QefuBden ror ca, 10 Jahren; FundBtäfcte und jetziger Eigen-
iünier wie Nr, 25. Vgl. das Faksimile Taf, II Nr. 26 nach
einem Abklatsch von mir (Mai 1903). Buchstabenhöhe 0,035
bis 0,06 m.
Se&ra : veliMä : uv :
27) Cippusfragment ans Basalt. Höhe 0,14 m; ursprüng-
licher Durchmesser 0,19 m; Fundzeit, Fundstätte und jetziger
Eigentümer wie Nr. 26. Vgl, das Faksimile Taf. 11 Nr. 27
nach einem Abklatsch yon mir (Mai 1903). Buchstabeuhühe
0,033— 0,043 m.
fcts . . . ; tui '
Die beiden Interpunktionszeichen (vor t und besonders
nach i) sind nicht sicher; sswischen s und t fehlen etwa drei
Buchstaben; zwischen i und /' wäre noch Raum für zwei» doch
scheint nie etwas dagestanden zu sein.
28) ZiegeUragment mit einem eingedrückten Stempel. Die
Stern pelfläche kt 0,06 m lang und 0,02 m breit; die aus ihr
hervortretenden Buchstaben 0,01 — 0,015 m hoch, Fundstätte,
Fundzeit und jetziger Eigentümer wie Nr. 26. Vgl, Taf. U
Nr. 28 nadi einem Abklatsch von mir (Mai 1903).
l:ve
29) Cippus aus Nenfro. Höhe 0,28 m; gröseter Durch-
messer 0,16 ni; gefunden ca. 1885 zu Piazzano, P,i km nord-
weetUch von Bolaena. Jetziger Eigentümer: der Sakristan An-
tonio Cevoli, bei dem ich im Mai 1903 einen Abklatsch nahm.
Die Inschriftenfläche ist stark beschädigt, eine zuverlässige Le-
sung scheint kaum möglich. Vgl, Taf, 11 Nr, 29. Buchstaben-
höhe 0,025—0,03 m.
^ * ^ Die beiden v und die drei Punkte sehr zweifelhaft»
* Zwischen s und i stark korrodiert; auf dein Abklatsch glaubt
man ein e zu erkennen, am Original sehe ieb nichts Erkennbares,
Mni^e neugefundene etrmkUche Imchriften,
503
Proceno.
(Comune del ierritorio di Acquapendente.)
Bei der Aufdeckung einiger Gräber ,al Paradiso (comune
di Proceno)* fanden Bauern eine Anzahl piatti rozzi di terra-
cotta, die im Herbst 1902 von dem Altertumshändler Ginseppe
Pacini in Florenz erworben wurden, Nogara nahm mit dessen
Erlaubnis im November des gleichen Jahres Staniolab drücke
der Inschriften, Vgh Taf. II Nr. 31-34.
31) Schale (piatto) aus gebrannter Ziegelerde mit hervor-
springendem erhöhtem Rand. Durchmesser 0,19 m; Ilöhe
0,045 m; Grösse der Buchstaben 0*02 — 0,023 m. Die Inschrift
ist auf dem imiern Boden eingeritzt, dem Kande ungefähr pa-
rallel laufend.
'&a:€aiune i
Die zwischen dem Mittelpunkt der Schale und dieser In-
schrift stehenden Zeichen (s. Faksimile) können als ein im Ver-
hältnis zur Inschrift auf dem Kopf stehendes ri{^) gelesen
werden. Der gleiche Vor- und Gentilname ist noch zweimal
belegt: CIE 4282 ^a * calunei - velsis ^ namultl auf dem Deckel
eines Ossuariums aus Perugia und CIE 1511 ^ania : calund i
ptimpuval auf einem Qrabziegel aus Sarteano.
32) Schale (piatto) aus gebrannter Ziegelerde. Durch-
messer 0,20 m; Höhe 0,04 m; Grösse der Buchstaben 0,01 bis
0,015 m. Die Inschrift ist aussen unter dem Rande emgeritzt.
vdxera . . i
Das a wurde aus den geringen Buchstabenresten nach
OLE 624, 550, 549 velxera, vdxcirct, tW;^ra wieder bergesteUt;
der näcliste Buchstabe bleibt freilich unklar,
33) Schale (coppa) aus gebrannter Ziegelerde, Durchmesser
0,19 m; Hohe 0,06 m; Grösse der Buchstaben 0,01 m; sie sind
unter dem Fuss eingeritzt.
av
S«M
Alf Tbfp ml GmUm BeMff
34) Sog. etr.-camp. Schale (piitloX sehwvi;
Stück des Randes Ist ausg^brodiaiL DurchnMaflser 0»21
Höbe 0,25 m; Grösse der Bucli^tabea 0,0^5 tmd 0,02 m. Dis
e ist IQ der Nabe des Ifittelpxankies, das e in der nikhiiao
Zone des innem Bodens eingeritzt.
e e
Viterbo,
35) Sarkopbagcaasa, aus einem einsigen Ken&oblock roh
zngehauen mit Decket Länge nngefthr 2,15 m; Breite 0,75 m;
Höhe 0,60 m. Gefunden 1898 nebst zehn andern Sarkaphagra
tmd zwölf einzelnen Deckeln in dem schon früher so ei^ieU-
gen Boden Ton Musarna bei Viterbü Ton Alarieo Pistti und
Mancinelli-Scotti (Pasqui). Nach mündlicher Anssage (Mai
1903) des Herrn Liugi Bossi Danielli aollen es dagegen
vierzehn Nenfro- und ein Terracottasarkophag geweaen sein,
|jdie im Jahre 1900 gefunden wurden und too denen etwa die
Hälfte d. h. alle, die Inschriften tragen, nach Amerika über*
führt wurden. Vgl zum Gammen A. Pasqui, NoL d, Scavi
XI (1903) S. 116—120 und G. Herbig, Sitzungsberichte o.
S« 287—288, Die Inschrift ist am oberen Bande der Torderea
Längsseite der cassa eingeschnitten und mit roter Farbe aua-;
gemalt. Das Faksimile (T^f. U Nr. 35) wurde nach einer Pholc^
graphie gemacht, die ich der Freundlichkeit des Herrn Luigt
Rossi Danielli verdanke.
Pasqui liest (Nr. 6 8. 118):
nefinal • ratwtfti • auUs • ril • tllX • uücrav ta&uras ud&ur9 •
la&alc
Nach der Photographie ergibt sich die Lesung:
f f
nermai • ravn^ • avUs * rü • f IIX • td • cravsa^uras vd^tirs •]
Die Punkte narb mils uud at fehlen auf dem Faksimile,
scheinen indess auf dor l^hotographie, wenn auch ftusserst
schwach, noch henrorzutreten.
Einige neugefunäene etruskiiche Inschriften,
SOS
Herr Prof, A. Pasqui hatte die Güte, mir am 24. Juni
1904 brieflich mitzuteilen, dass er die M 13 sarna- Inschriften
unter sehr ungünstigen äussern Verhältnissen kopierte und
drucken lassen musste ohne die notwendige Korrektur lesen
zu können, so dass einige Irrtümer stehen blieben; nur statt
des ai hält er seine Lesung aü aufrecht. Auf der Photographie
kann ich nur eine nicht senkrechte, schmale, scheinbar zufäl-
lige Furche in Stein erkennen; doch ist die Möglichkeit eines
i inimerhiu zuzugehen.
Die Inschrift ist sehr durchsichtig gebaiiL Auf einen
Gentilnamen mit weiblicher Endung folgt ein weiblicher Vor-
name und darauf die übliche Altershezeichnung, Die drei letz-
ten Worte bedeuten ,des Veh^ur und (-c) Lar^ Oravzai?ura'; es
handelt sich also um zwei Brüder des Gentilnamens Cravzaöura.
In welchem Verhältnis stehen diese zu der im Sarkophag bei-
gesetzten weiblichen Person oder, grammatisch gefragt, wovon
hängt der Genitiv crav^aOuras ab? Ein Genitiv der Abstam-
mung ist unmöglich, denn Ravn»>u kann nicht die Tochter
zweier Brüder sein. Wir müssen also den Genitiv mit at (oder
ati) in Beziehung bringen und dürfen in diesem Wort am ehe-
sten einen weiblichen Verwandtschaftsnanjen oder die Abkürzung
eines solchen vermuten. Am nächsten lägen etwa ,Gattin*,
»Schwester* oder ,Mutter'. Dabei ist zu beachten, dass die
Gentilnamen (Nerinai und Cravza?9ura) verschieden sind, dass
also, wenn wir die Möglichkeit eines Adoptivnamens auf der
einen oder andern Seite ganz ausser acht lassen, bei der Be*
deutung, Gattin* oder , Mutter* die ursprüngliche gens der Ravn^u,
bei der Bedeutung ^Schwester* die neue gens, in welche sie durch
Heirat eintrat, gemeint sein müssten. Am natürlichsten wäre
zweifellos die Bedeutung ,Mutter*. Denn für ,Gattin* haben
wir das sichere Wort pula; auch müssten wir den ganz be-
sonderen Fall annehmen, dass Ravnt^u zuerst die Gattin des
Velour und dann die des Lan? Cravzai>ura gewesen sei. Bei
der Bedeutung , Schwester* müsste auffallen, dass auf dem Sar-
kophag einer verheirateten Frau ihre Brüder und nur diese
genannt werden. Statt »Mutter* könnten in zweiter Linie auch
1904. SiUgiib. d. pbn<»ii.-|»tiüol, v. d. lifat Kl. 94
■Ü Deckd. Alka wtäete vm Kr. SS.
titbt mof Aen Oeclcel «ad swar aof
s Buhdageffs, te* od ier FwIwfiW 4cr os» is
Eb€M liegt Sie Ooft m einer ga»'« Zäfe vb4 radktt
laf dem ^Uer KügeoJcu aekr ichkdit moAdUacrtoi
nliclM Geitmit ^rnnrnm. etwa nm üaM bis
Aaa Seliatteo sitf im' PbotograpUe iei m
wohl Mxuh mit roler Farbe unB^malt gewesen« Dm Fak*
Taf, n Nr. 36 nacli eiiier Fholopapliie wie Xr. S^
ka!>e <& InaduiR oben S. 288 mit Pasqais Xr. 19 wm-
wollen (wobei ärgei&Iier Weise statt
K mmner 7 ia «teo Text geratoi lat). Die Wien kdnttaii
trotz gnisier liusKchkeit aoch icB geaaea SaricopHagdedEeb
aicht i<feiiCisch sefo« Pa^qui bringt abgeselieo too den Teiaeiue»
dtmen Lenungen am Anfang (doch s. tt.) luid am Rdihiaa ctne s we^
zeilig«^ Iti$fhrift; auch die Angabe« dais sie aürmmm S cmxitm
Koft« stintnit nicht mit der oben gegelieiien Besehreibung.
Iheiffjks TgT. **€« Fabr. CU 2334, ^wMß] CfE 4721
9vcBUei Fabr. Suppl. n 104: auch Pasqai a. a. 0. Kr. 7
und die rer&iQimnelteo Anfiftogsw5rter Toa Nr. 19 ood 21
wohl nach ^eaen Beispielen zn berichtigen and an ergicai»!*
7m\
37) Scb5p%eßia ^ßvfi»^ aaa Boeeheiia Dui
tiaK> m; üahe aha» ttndcd a,0f>5 m« nit Henke'
Uahii lief ßuehslabem OjMfr— «,0l ai. äeftiodea bit .- i.-
«MC(^ priau» Ferei^ (aadl des AiMana «iaaa Bmi»w) isa
Jali^ 1908* KigieiilfliD^ " r Lm^ Boaat Daniel! i^ di^r
mir daa Oefaiw aaüni0^ _. - ' »3 \m Qenihifti d«s Amit.tr
Ifi^Uiaiit jitik aeigl4fv VgL yhim 3.988—289.
Einige mwfefundene etrttHkisi^€ Injtchriften.
507
Von den drei Würtem der Inschrift ist a) auf der iassern
Seite des Henkels, b) auf dem äti^idera ßefässrand links und t)
auf dem äussern Gefiissrand rechts vom Henkel eingeritzt, so
dass die Buchstaben von b) und c) bei liuhelage de»s Öefasses
auf dem Kopf stehen. Die Inschrift ist, Taf. II Nr. 37, auf
etwa ^ji verkleinert, nach einer Pauaung von mir wiedergegeben.
a) ünia b) arvnde c) mia
Zu a): tima bekannter etruskischer Göttername, der be-
sonders auf Spiegelinschriften den Gestalten des .Tuppiter-Zeus
beiges<;hrieben wird. Zu b): W. Schulze schreibt (Lat, Eigenn.
S. 128): ,dass Arv-mim CIL V 2096 (Asolo) Ärb-mius 2898
(Patavium) Arb-orÜHS VI 1058 XÜ 568671 .h^-enÜHS IX 890
(Lnceria) etruskische Formen des Tjpus tarcna tarxu iar^nte
sind, scheint das Cognamen des C Cadius C. f. Ärtentus domo
Lucanm VI 2572 zu lehren. Vielleicht sind Arventns und Ar-
ventius identisch, wie das Gentilicium llsckis und das Cognomen
Visctis (der Vibii Visci)^ die beide dasselbe etr. visce repräsen-
tieren: nur die verschiedene Geltung im römischen Namen-
system hat die verschiedene Behandlung des Suftixes bedingt.
Die Veränderlichkeit des Lautstandes, die Armndius Pais 228
(Aquileia) zeigt, würde zu einem etr.*ar«w^ oder arvn&e recht
gut stimmen . ♦ .* Diese von Schulze bloss erschlossene
Form wird jetzt durch das artmdv unserer Inschrift be-
legt. Zu c): arta scheint am ehesten nur eine graphische
Variante zu dem bekannten Genitiv m^dal zu sein. Die Nicht-
Schreibung des n und des schliessenden ^ sowie die Schreibung
t statt ü lässt sich mehrfach belegen; ich fdhre beispielsweise
nur an ar»al (GIB 35), artal (CIE 1653); über die Möglichkeit
der Nichtschreibung des Schluss-? vgl Müller-Deecke» Die
EtruskerlP (1^77) S. 403 {am(^a und lari^a, Not. d.Scavi 1898
S. 312 Nr. 41 und 45, sind falsche Lesungen, wie aus CIE 4685
und 4718 hervorgeht; sie gehören also nicht hierher), (He.)
In Viterbo erwarb ich beim Antiquar Falcroni eine Tasse
von Buccboro und einen kleinen schwarz bemalton Cylkrug von
Terracotta,
84 •
SlO
AlfTmpmmd
4€) ämkopbmg mi^ Ikdad, woranf im
i^m tiaktm Ann nikendcD jumge^ WmImsl _
phiga 2,03 m: Hohe 0«60 m; Breü» 0,M b; Bite dm IhAA
bit £un Gipfd des Kopfi» 0«S8 n* üwlrrfalh der ¥^6mm im
BaUouKS biUcfc dfr Ded^el iwti sduige PBcImo; nf dtr forw
dem TM iiasn ni die laaelirift Mgehmnu HAh« d« b*
selifift 0415 m; Bmle OM m; Buhe dar
0^6 mi, AbkUlscli Ydi mir. Pbatogrm|»bie voa Ifoseirai
Auf d€r PhoiogTaphie seht Bum ton der leixleo Zmim
Opur^ d& flk daueh die aafgewidcelte BoUe, in welche
ichrige Fliehe rasteft dan Amge wmrieAi wird. S. Taf.
h>. 46.
In zilinat ist das ( gmaz deutlich. Abo 6«9iitiir,
Dach steht r»m&a Hir ram&asi OenitiT mit Schwund der
dupg -f. In der letzten Zeile sind die Buchstaben kleiner
dia der Gbrigen Zeilen and sehr Terwitiert. Hinter dem
glaabt man ein k xu entdecken. Nach dem 0 ein rerhült
mfisstg tief eingehauener vertikaler Strich» Von dem ot
Ende de»s<tlben scheint ein «ehr schwacher gebogener Zug naeb
unten %u liiufen* Wenn dieser Zug nicht ^fällig istt wiid
dfUB Zeichen ab a, anderenfalls als i zu lesen sein. £s folgt
einQ aenkrecht« Hoste; ob dabint43r nach etwas g^^tanden ist»
lilsst fiieb kaum entsclioiden.
Int " - 1 ist das Zahlwort dunem : raÖr?fiw5, Nach
Auseiti^" aingon (Etr. Beitr. I 04 ff. und Etr. Monat
paaaim) bedeutet es 19. Das Alter stimmt vollkommen mit de
dat^estfjllleu Figur. Auf meine Fnige an die beiden MfinDi
die mir btbilflich waren, wie hoch sie das Alter des Weil
wohl absetzen würden, antwortete der eine ,auf 19 Jalir^*J
der undero ,auf 18 — 19 Jahre*.
47) Harkophag mit Dookel, auf welchem das Bildnis eii
auf dem h'nken Arm ruhenden jüngore^n Mannes. Lange
Sarkophagea 2 mi Höhe (^HH m; Breite 0^63 m; HOhe dca
lieckeU biH /.um Ciipfel de» Kopfesi 0,77 m. Die Infichrift
Einige neugefundt'ne tlrw^]£i^feflK tnäcJuifUn. Sil
tindei steh auf der Vorderseite des Sarkopliages, eingehaueo
und rot gemalt. Länge der Inschrift 1,98 »i; Höho der BucIh
staben etwa 0,U4 — 0^*45 m. Abklati^cli von mir, Pliotographio
von Moscioni, Leider ist mir der Abklatsch des umgebogonen
Teiles der Zeile abhanden gekommen; das lujm erscheint aber
deutlich auf der Photographie. S. Tat III Nr. 47.
sUoilam'S ' lard - velus : hqm ^ avUs ■* XXX AI nmru ■ paxa&nrm ;^
mt>56" I iupu
^ Das 5 etwas verwittert, aber deutlich, '^ Nach avils wohl
ein schwacher Punkt. ^ Wohl Doppelpunkt, sehr schwach.
Die Verbindung marti * pft/aßuras : ca&sc habe ich ,Vor-
riechische Inschrift von Leninos* S. 41 — 42 näher besprochen.
48) Sarkophag mit Deckt?l ohne Bildnis. Länge des Sar-
kophages 2,05 m; Hohe 0;ß4 m; Breite 0,60 ni; Hohe des
Deckels 0,255 m» Die Inschrift ist auf dem vorderen Itaod
des Deckels eingehauen, die letzte Hälfte in zwer Zeilen ge-
ordnet. Länge der Inschrift 0,82 m; Uöhe der Buchstaben
0,03—0,04 m. Abklatsch von min S, Taf, III Nr. 48.
. , . sfahnes rvelus
c^tanu:ptna
* Nach rami^a wohl «wei Punkte, der eine sehr weit unten,
der andere sehr hoch oben. '^ Wohl sicher c. Allerdings scheint
das Zeichen im Original unten einen ganz unbedeutenden nach
rechts gerichteten Strich oder eine Vertiefung zu haben, aber
die Vertiefung ist gewiss nur zufällig.
Das Wort danll ist neu. Hier ist es offenbar an puia
attributiv angefügt Man könnte dann an so etwas wie „ge-
lieht* denken. Mir ist es aber weit wahrscheinlicher, das» es
Diit dem Zahlworte ri, für welches ich den Wert ^drei** nach-
gewiesen habe, zusammenhängt, und ,^ dritter" bedeutet. Also
wohl: „des Vel Stalane dritte Frau."*
49) Sarkophag mit Deckel ohne Bildnis. Länge des Sar-
kophages 2.08 m; Höhe 0,63 m; Breite 0,62 m; Höhe des
Alf Torp und Gustav Htrhlp
Deckels 0,22 m. Die Inschrift ist auf der Vordersi'ilr Je
Sarka|ihages cingehauen. Länge 1,49 in: Hulio der ßucfa«UUtfi^
0,06— 0»08 111. Abklatsch von mir. S. Taf. lll Nr. 4'J.
eea : mutna : ^^el/hims: stalanes j lariscäiMa
50) Sarkophag mit Deckel ohne Bildnis. Länge des Sar
kophages 2^08 m; Höhe 0^64 in; Breite 0,62 m. Höbe de
Deckels 0,22 nu Die Inschrift ist auf der Kopfseite des SarkcN
]>hiiges eingehauen; Länge 0,52 m; Höhe der Buchstaben Ofii
bis 0,00 ni. Ahklatsch von mir, S. Taf, UI Nr, W,
ca mufnavdus j stathncslan j sal
51) Sarkophagdeckel mit dem Bildnis eines auf dem liCtcke
liegenden Weibes» dessen Kopf abgebrochen ist. Liinge 2 m{
Höhe 0,Ü0; Breite 0.63 m. Die Inschrift ist auf dem Tordereo
Hand eingehauen; Länge 0,56 m; Uöho der Buchi^taben 0,C
bis 0,05 m. Abklatsch von mir. S. Taf. HI Nr. 5L
eea : mutna : ramOas : man'm
Nach mania hat gewiss nichts gi^tanden. Es fehlt
die Genitivendung,
52) Sarkophag mit Deckel ohne Bildnis. Länge des Sar-^
kopbugiis 1,02 m; Höhe 0,50 m: Breite 0,5i m; Höbe de
Deckels 0,52 in. Die LiMcIirift ist auf dem vorderen Hand d»"
Decktds erngehauen und rot gemalt; Länge 0,50 m; Höbe d«r ,
Buohfttftben 0,05-^0,08 i\u Abklatsch von mir, 8. Taf. Hl Nr.52.|
sÜanes j vd : amtJal
53} Sarkophag mit Deckel, auf welclicm das Bildnis etoe»!
Kindes. Länge des Sarkophage» 1.24 m; Hohe 0,52 m; Breitt]
0,48 m; Höhe des Deckels bis zum öi|»fel des Kopfes 0,22
Dio Inschrift hi auf der Vordei-seito des Sarkophage« oin^«-]
hauen und schwarz genmlt* Läoge 1,02 m; Höhe der Bueb»]
fttaben 0,06 m, Abklatsch toh mir, S, Taf. HI Nr. 53.
cm mfdnavtl^HfvsIvduila
Einige nenffefnndene ttrtiM^che Inschriften.
54) Sarkophag mit Deckel ohne Bildnis. Längi» des Sar-
kophage« 1,SU m: Höhe 0»62 m; Breite 0,52 m; Höhe des
Deckels 0^20 m. Die Inschrift ist auf dt'jn vorderen Rand des
Deckels eingehauen, Länge 0,68 m; Höhe der Buchstaben
0,05-0,06 111. Abklatsch von min S. Tai Ül Nr. 54,
ahaÜ : i^anyvil
55) Sarkophag mit Deckel, auf welchem das Bildnis eines
auf dem Rücken ruhenden Jünglings, der in der rechten
Hand ein Täfelchen hält. Länge des Sarknphages 2,05 m;
Höbe 0,65 m; Breite 0,57 m; Höhe des Deckels bis zur Stirn
des Jünglings 0,10 m, Die Insclirift ist auf dem Fussende des
Sarkophages eingehauen. Breite der Inschrift 0,50 m; Höhe
0,52 ni; Höhe der Buchstaben ca. 0,0r) m, Abklatsch von min
S. Taf ni Nr. 55.
larisalluri I salLsla j ßanxi'iittslmlmtmljclanl^ avilsjhnßnars
^ Ich lese danL wenn auch das zweite ? umgekehrt ist
und mit der zweiten senkrechten Haste des darunter stehenden
n zusammenläuft. Diese Form des Genitivs ist freilich höchst
auffallig, da cl^n sonst den Genitiv clertii bildet, hier niuss
aber das Wort notwendig im Genitiv stehen, da es zu }ansal
Apposition bildet. Die Inschrift bietet uns ein neues Zahlwort,
huOnar-^ das erste Beispiel einer Bezeichnung von 10 + Einer.
Nach meiner Anordnung der Zahlen ist hu§ 6, hudnar- also 16.
Dieses Alter stimmt vollkommen mit dem Aussehen des dar-
gestellten Jünglings, In meinem Aufsatze ,Die vorgriechische
Inschrift von Leranos*, S. 64 f., habe ich versucht die Annahme
zu begründen, das etruskische Wort für 10 sei /u. Wenn dies
richtig ist, so würde es sich jetzt zeigen, dass das Wort für
16 und wob! auch die Übrigen Zahlwörter, die die Zahlen
10 + Einer bezeichnen, nicht mit dem Worte für 10 zusammen-
gesetzt sind. Darin läge nichts auffallendes. Man vergleiche
z, B. die germanischen Zalil Wörter df und zwölf, hußnm'-
könnte etwa ^(j darüber hinaus* bedeuten.
56) Sarkophag mit Deckel, auf welchem das Bihlnis eines
auf dem linken Arm ruhenden Mannes in mittlerem Lebens-
[es Sarkophages ist mit zwei
ausgeschailickt. Länge des Sarkophages 1^95 m; E
Breite 0,64 m; Höbe des Deckels bis zum Grjpfel des Kc^fn
0,76 m. Die Inschrift enthält zwei Zeilen. Die 1. ZeiJe sMii
auf dem Tordereo liand des Deckels, die 2. gerade unter der
l. auf dem Sarkophage selbst Die Inschrift ist sowohl einge^ i
hauen wie mit roter Farbe gemalt Länge der Inschrift 1,49 m; m
Höhe der Buchstaben 0,05—0,06 m. Die ersten Hälften der "
Zeilen, besonders ein grosser Teil der L, sind stark TerBiüm-
nielt und abgeschabt Die eingehauenen Züge sind an melu^roii
Stellen ganz verschwunden, von den gemalten sieht man einige
Flecken. Die Flecken sind oft sehr schwach gefärbt, so schwadu
dass mau ihre Grenzen nicht genau bestimmen kann. Fj
nirgends decken sich die F'arbenreste ganz mit den eingeha
Zügen, an mehreren Stellen weichen sie vollständig ab, so
auch da sich Farbenreste vorfinden, wo kein eingehat]
Schriftzug gewesen ist Abklatsch und teilweise Abpausung
der Farben reste von mir, Photographie von Moscioni. Die
beiden Abklatsche sind mit darunter gesetzten Ahpausungen
auf Tafel IV Nr. 56 in Faksimile wiedergegeben. Leider treten j
die leisen, unsichem, häufig kaum fühl- und sichtbaren Buch- ■
stabenspuren im Clicht^- Abdruck, der freilich nur ein getreues "
Abbild der Cliche-Vorlage bringt, viel zu deutlich und bestimmt
hervor. Es empfiehlt sich also nicht sich an ihnen oder nur
an ihnen mit Textverbesserungen zu versuchen.
Z. L lese ich:
so dasV
bauener ^
4c ft
x^x^e^^xyj^u^^
»»♦ex»^w»*fi
* Ein n glaubt man auf dem Abklatsche sehen zu können;
auf der Photographie ist es recht deutlich. Von Farbe keine
Spur. * Die Farbenflecken unbestimmbar. Auf dem Abklatsch
wjire ein P möglich. ^ Nach den Farbenflecken am wahrscfaein»
liebsten e, * Farbenflecken unbestimmbar. Die Breite des Räume»'
deutet am ehesten auf ein a* 'Das s recht dentltch sowohl auf
dem Abklatsch wie in den Parbenresten. Danach ziemlich siolier
Einige neugefuwiene ctruskUd^e Inschriften,
515
zwei pLiakte. ^ Nach dem c des Abklatsches d. h, der deutlicher
erkennbaren Rückseite des Abklatsches, auf der die Buchstaben
natürlich im Gegensatz zu denen auf unserm Faksimile von
links nach rechts häufen, hebt sich durch ander© Färbung de«
Steines (ein Eindruck ist nicht wahrnehmbar) ein kurzer senk-
rechter Strich ab^ von dessen unterem Ende ein anderer schräg
nach oben läuit: /V, viellmcht lleste eines n, "'Die Farben-
reste deuten auf ein v; oben rechts ein ziemlich grosser Flecken,
der wohl nur zuriillig. Dann gefiirbt zwei Punkte, * ^ Auf dem
Abklatsch wie auf dem Original etwa ^^V. Mit dem ersteren
• dieser Buchstaben reste stimmt auch ein Farben flecken. Daneben
Farbenflecken links oben und unten. Vielleicht .s. Mit dem
zweiten Buchstabenrest decken sich die Farben flecken nicht
'*^Auf dem Abklatsch ziemlieh deutlich i\ *'Die Farbenflecken
(deuten am meisten auf ein s. Kaum mehr als ein Buchstabe.
l* Wohl sicher ff mit folgendem Punkt. "Auf dem Abklatsch
erkennt man ic. Hsimi wohl zwei Punkte. ** Auf dem Abklatsch
[lieht man ziemUch deutlich ^ -< . Das eratere könnte man fllr
len Keet eines a halten, aber die Farbenreste deuten vielmehr
auf ein ». Mit dem zweiten stimmen die Farbenreste nicht, sie
sehen ganz deutlich wie ein e aus, also ne? Danach wohl Punkt.
*^ Auf dem Abklatsch sieht man nur einen nach oben rechts
hinlaufenden Strich /, der auch in der Fitrhong vorhanden ist.
^Danach aber mehrere gefärbte Flecken. Ich weiss nicht, was
laraua zu machen ist. ^^ Auf dem Abklatsche glaubt man ein
m und danach ein u zu erkennen. Die Farbenreste deuten
aber viehnehr auf ein n und danach vielleicht auf cc. ^'^ So-
wohl Abklatsch wie Färbung ziemlich sicher u. Danach fast
[ganz sicher L Das darauffolgende udu ist auf dem Abklatsch
deutlich erkennbar.
Z, 2 lese ich so:
XXX lane v^els^e&al * a^cilc • t - f\* - cetc^ : ceamtÜ : avih*
^ Wohl iK Der Abklatsch hat die beiden Seitenstriche ',
die Fiirbung nur den unteren Strich, Dann nach der Farbe
deutlich eL Das e ist auch auf dem Abklatsch recht deutlich.
516
nnfi
* Die Farben resto tk'utea um iiüclisten auf.v. Die schriig'O
rechts ist aucb auf tiem Abklatsch vorhanden. Dann ^ef
deutlich cOuL Das i^ und das / sieht mau auch auf dem Ab-
klatsch. ' Nach der Farbe deutlich aäic. Auf dem Abklatscli |
tritt cllc klar hervor. * Wohl Ziöer /\, Den scheiobBren mitt-
leren Strich halte ich für eine Absehälung des Steines. ^ Wahl
sicher t\ Den kleinen das untere Ende de^ c durchkrettzendfio
Strich halte ich für zufällig.
Auch hier' begegnet uns ein neues Zahlwort Cfximiß. Dhä
vorausstehende eelc ist, trotz des fehletiden l^ ganz sicher Seiten*
form von cialxlf cealyl ^^ 30. ceanud ist offenbar in CM9§'-u9 '
zu zerlegen. Es enthält die beiden Zahlwörter d und haß, die
entweder zu addieren oder zu multiplizieren sind* Ich hallo ar
nicht für wahrscheinlich, dass die Zahl B, abweichend ton d^n
übrigen Einern, durch Addierung zweier Einer bezeichnet seiD
sollte. Dagegen wäre die Bezeichnung von 18 als , dreimal
sechs" nicht auffallend. Man vergleiche die von mir schoo
früher erkannte Bezeichnung von 12 (,Monatsdaten' 9 f.), die nur
insofern abweicht, dass es dort nicht 3x4, sondern ,3 Tetraden*
heisst {ds:ians). celc ceanuü wäre dann 30 und 1H= 48, ein
Alter, das mit dem Aussehen des dargestellten Mannes vollkoin*
men stimmt. Es würde sich also zeigen, dass das Einisktscbe
lür 40, und demnach wohl auch für 60 und 80, kein besonderes
Wort hatte, sondern von 30, 50, 70 an w*eiter zählte. 50 heiast
nach meiner Anordnung muvalyL Die beiden anderen bis jätet
bekannten Zehner ce^jKifyJ und seniqalyl werden also bezw. 70
und 90, nicht 70 und 80 oder 80 und 00, bedeuten. Die Er-
klärung Yon ceanud' als 18 wird nicht dadaroh widerlegt^ das»
es auch eine andere Bezeichnung von 18 gibt (fslemsa&ntmj^
8o hat ja das Lateinische auch dcc^tn et octo neben duöde^
viijintL AuffaHend ist hei iins4?rn beiden Zahlen celc ixanu^
das Fehlen der Genitivendung i?, die in dem damit verbundeni*«
müs vorliegt.
In der Z, 2 iat da-s zweite Wort affenbar der Vornamo vd.
In dem vorangehenden Wort hat man demnach einiMi Familien-
nanien xu suchen. Wenn man nun bedenkt^ dasa dir moiaipfi
Einige netigefundene etruskische Inschriften,
517
Sarkophage dieses Grabes Person eu angehören, die den Namen
sialane tragen, so wird die Annahme wohl fiir eine fast sichere
gelten können, dass das Wort zu [siajlane zu ergänzen ist.
Das folgende iedal wird der Familienname der Mutter im Ge-
nitiv sein. Dieser Name ist mir sonst nicht bekannt. Es wer-
den also in unserer Inschrift zwei Pei'sonen mit verschiedenen
B'amiliennamen erwähnt: Z« 1 ein Velchas und Z. 2 ein Stalane.
Es fragt sicli, wie das VerhäUnis zwischen beiden zu denken
ist, und wer von beiden in dem Sarkophage ruht. Das lässt
sich» wie ich glaube, leicht entscheiden, [siajlane veJ ist durch
*€ ^und'' mit ,.acU W verbunden, acü hat man gewöhnlich
mit .Eigentum** übersetzt, was an den verschiedenen Stellen
ziemlich gut zu passen schien. Hier zeigt sich nun aber, dass
das Wort vielmehr adjektivisch ist und wohl , eigen, zugehörig'*
bedeutet. Es heisst also wohl: ,Vel Stalane und 15 Zugehörige*
(d. h. Verwandte), und das Ganze bildet gewiss das Objekt des
Verbs ptidce Z. L Vor piidce steht iu&u^ ein Wort, das offen-
bar mit ki^i verwandt ist (Lokativ auf fi? Der gewöhnliche
Lokativ des Wortes lautet ku7it{i)X Man kann wohl mit ziem-
licher Sicherheit vermuten, dass in unserer Inschrift gesagt
wird, dass der Velchas, welcher in dem Sarkophage ruht, den
Stalane Vel und 15 Angehörige in sein Grab aufgenommen hat.
Zuletzt wird das Alter des verstorbenen Velchas angegeben.
Mit diesem Inhalte vergleiche man die Sarkophaginschrift Fa.
2335, wo es offenbar beisst, dass der Bestattete, Camnas Lard,
für ^ muri/ XX* im Grabe Raum gewährt hat.
Der Nominativ der Familiennamen hat in unseren In-
schriften immer die Endung s. Hier bei [siajlane fehlt das s.
Liegt hier ein Akkusativ vor? Vielleicht hob sich zu jener
Zeit der Akkusativ der Familiennamen durch das Fehlen des
-Ä vom Nominativ ab,
57) Sarkophag ohne Deckel Länge 2,02 m; Höhe 0,67 m;
Breite 0,63 m. Die Inschrift ist auf der Vorderseite, von der
Mitte derselben an, rot gemalt. Länge 0,7H m; Höhe der Buch-
jituhi n 0,05—0,07 m. Abpausung von mir. S. Tflf, IV Nr. 57.
larOal : stntlanes : vdtdJa
58) Sarkophag ohne Deckel Länge 2 m: Höbe 0,69 9|
Breite 0,64 m. Die Inschrift ist auf der Kopfseite rot gemalt
Länge 0,56 m. Abpausung ?on mir. S. Tat". IV Nr. 58.
Der erste Buchstabe ist offenbar ein c, das sekr weit naeli
unten verlängert ist. Die übrigen Buchstabenreslie sind kBom
bestimmbar. Ich vermute
camutaIna ^am[vUusJ
p * *?p ^p "
59) Kleiner Nenfrocippus (Basis mit Kegel), i^efunden b
derselben Grotte, worin die Sarkophage standen. Habe ikf
Basis 0,19 ra; der Langseiten 0,28 m; der Breitseiten Ot25 m;
Höhe des Kegels (Gipfel abgebrochen) 0,05 m. Die Insclirifl
ist auf der einen Langseite eingehauen und sehr verwittert
Schrift rechtsläufig. Breite der Inschrift 0,135 m; Hohe 0»10 m;
Höhe der Buchstaben 0,02—0,03 m, S. Taf. IV Nn 59,
(kt. ?) su^. u^n
(etr.) fil f»^I
(lat,) eomo
(lat.) v-a'LXl
^ Scheint ein r, wenn auch der Vorsprung rechts sehr
eng ist und sehr hoch steht, so dass der Buchf^tahe fast win
ein i aussteht. ^ Von dem schrägen Strich unten sieht tOBU
nichts. Das Zeichen sieht ganz wie ein » aus. Wenn wirklich
ril LXI zu lesen ist, haben wir, wenigstens was Z. 2 und 4
;rifft, eine bilinguis vor uns. (To.)
u ^MP
Corchiano«
(Zwei Intfchnften falkkiflcben Dialektes.)
60) Fnigaieut eines Grabssiegeb; Grüase 0,46x0,42 m.
funden bei Corchiano, war Juni 1903 im Besitze des Herrn
AquiliAO Creacenzi ebenda. Die Inschrift ist «tngiescfanitten;
die Grösse der Buchstaben ach wankt zwischea 0,025 und
0,03 ni, die Läng« der gan»etj Inschrift beträgt 0,82 m. Ihm
(Faksimile (Taf. IV Nr, (10) wurde itach zwei Dorchmtbunjofnn,
[die Nogara sandte, gefertigt.
f ^f"
SMgt neayefMNdeiM etrutkiiche Inschriften.
519
I
arwf : cesve : aruto
FalLsk. amj^ (z = ts?) neue Form zu lat. Äruns aus '^'Arunis,
etr.-lat. Aros, etr. ami?; arnto, zum gleichen etr. Stamna ge-
hörig, neuer Beleg neben den ebenfalls in Corchiano gefun-
denen Formen aruto, uronfo bei De ecke, Falisker Nr. 57
und 5(). Die ganze Frage über arwt? und seine Verwandten
bedarf einer gründlichen Neunntersuchung; einiges hoffe ich
gelegentlich geben zu können.
Die Formen des js und des vierstricliigen 5 deuten auf ein
hohes Alter der Inschrift (vgl. das Faksimile und den Text zu
l>eecke, Falisker Nr. 47); die Form des v (^ statt falisk, V)
ist ganz etruskisch, ebenso wohl auch die Endung -c.
61) Grabziegel; Grösse 0,48x0,66 m. Herkunft und Be-
sitzer wie Nr, 60. Die Inschrift ist eingeschnitten ; Grösse der
Buchstaben 0,03—0,04 m; Länge der Inschrift 0,37 + 0,05 ra.
Dem Faksimile auf Tafel IV Nr. 61 liegt eine Durchreibung
Yon Nogara zu Grunde.
uendtes : sapnon / ia
Die Lesung f ist nicht ganz sicher; doch zeigt die Durch-
reibung eher ein t als das zu erwartende i. Sollte das Original
ein i bieten, dann reiht sich das Wort an lat. VeHelius (Belege
bei W. Schulze, Lat Eigenn. S. 379, 445, 462); statt der
falisk. Endung 4o hätten wir, wie öfters in falisk, Inschriften
(De ecke, Falisker S. 263)» die unter etrusk. Einfluss stehende
Endung -ies vor uns. Sapftonia scheint eine Weiterbildung
aus dem etrusk. Stamm saj)(i)n' zu sein (CIE 1976, 2094, 2915)
und gehört zu etr. sajm (CIE 2713), lat. Saho (CIE 4840).
Falisk. Carcmüa dagegen (De ecke, Falisker Nr, 42) ist wie
etn carcunia (CIE 1906, 1908) unmittelbar aus ceircu (CIE 1710),
nicht aus carcna (CIE 1956) gebildet. Über die Ableitungen
aus sapu und carcu vgL jetzt auch W. Schulze» Lat. Eigenn.
8,222-223, 171—172, (lle.)
520 Alf Torp u. Gust. Herbig, Etruakisehe Insehrißen.
Nachtrag.
Während ich die Korrektur abschliesse, scheint der auf
S. 489 — 490 geäusserte vierte Wunsch schon in einigen Punk-
ten in Erfüllung zu gehen. Dr. B. Nogara teilt mir in einem
Briefe vom 26. Oktober 1904 mit, dass gute Aussicht besteht,
die vorläufigen Mitteilungen über Inschriften bei Herrn Lan-
cetti in Chiusi (S. 493 Nr. 7—10), über Sarkophagaufschriften
bei Herrn Rossi Danielli in Viterbo (S. 508 Nr. 42—45),
sowie den Fundbericht über die To s c an e IIa -Sarkophage
(S. 289-290, 508—509) bei nächster Gelegenheit teils zu be-
stätigen, teils zu ergänzen und zu berichtigen. (He.)
Zur Abhandlung von Torp und Herbig, Einige neugefundene eir
I
^A\\\i\
^
H/iHtii-'''
03
\C
8.
A\
,T^^^
>
^
^
3.
U.
^'1f?1
15.
16.
1904. Sitzb. d. philo8.-phnol. u. d. hist Kl.
Insekriften.
Tafel I.
"■ ; • Ji j ■■ II ■ 4 ■ . r
^^» iHv/1-^'1f?/^v^7/I*^^.MWv^'
2.
AcTTn^ /^(oT^7?>\
5.
^n/1^
^iy
^ V 1/ p ^^\AoV^\D
17.
Keprod. von Joh. Ainbr. Barth (A. Meiner), I^ipzi<if.
Zur AbhandluDg von Torp und Herbig, Einige neygefundene e
m
b ^ÖÄj^
®7
21.
^^^ '/mm
19.
20.
(^
i/'älf?^
22.
:>
-7
^^
1(
:{0.
^;
w
^^3
^.
/_ 33.
o> nj üi
^.
34.
31.
\
^flA^) |/v,
\
(\ ^ ^
38.
32.
1904. 8iUb. d. philos.-philul. u. d. bist. Kl.
nschriften.
.•. ..... TafelJL, ..
'•t.** • ••••
»••.•• • • •••
I ■ ■ 1 ■ ■ > ■ I I w
^ • . • • « .. a « -•
85.
V
l^-"'^"* A + <j^J^Oi;<?^
37.
c^
>
imts'i
39.
46.
Keprud. von Job. Anibr. Rartli (A. Meiner), Leipzig.
Zur Abhandlung von Torp und JJerbig, Einige neugefufidene et
>i^^ >^^Ä*5^@ ^>i-fli-^^ ^ä^pax^.
>
>
\iy\mßix.\y^
50.
53.
54.
1904. Sitzb. d. philoti.-pliilol. u. d. hUt. Kl.
Inschriften. Tafel III.
^^^'Viv^;W5^'©^i^U'i3^A 411^11
■7.
:{^J4I1V^^®«!J4@
I.
Keprod. von Job. Ambr. Hartb (A. Meiner), Loipzig.
Zur Abhandlung von Torp und Herbig, Einige neugefundene
SMi
^v.-'**'»'^:/^.»'c^
ß^i..^0.%^iBM^^'m
57.
50.
Orvp,d:.ii^m-ti^-^^
60.
1904. Sitzb. (l. philort.-philoI. ii. d. lii.st. Kl.
Inschriften.
Tafel IV.
^fjzct^^
m
'^'L*
A^n
. 1.
y
• • •
• •••
^mi^y
rl^lAC^^^-V^. S^V-^v'f '**" .
u 2.
M
6
58.
Gl.
Reprod. von Job. Ainbr. Bnrth (A. Moiner), Lei|>zi«(.
521
SiUung vom B. November 1904.
Philosophiech-philologieche Klasse.
Herr ton Amiba hält einen für die Denkschriften bestimmten
Vortrag:
Die Handgebärden in den Bilderhandschriften
des Sachsenspiegels. (Erste Hälfte.)
In den 950 — 1000 Illiistrationeii, womit eine Familie von
mittelalterlichen Handschriften den Text des Sachsenspiegels
begleitet, fallt vor Allem die ungewöhnlich lebendige Gesti-
Lkulatinn der Figuren auf. Es wird nun untersucht» inwieweit
die dort vorkommenden Handgebärden unmittelbar dem Leben»
insbesondere dem Reehtsbrauch entnommen sind und inwieweit
sie auf freier Erfindung der Illustratoren oder auch auf künst-
lerischer Überlieferung beruhen. Der Vortrag erstreckte sich
fürs erste nur auf die sogenannten Redegesten and auf die
hinweisenden Gebärden und gelangte zu dem Ergebnis, dass
in beiden Klassen nur gewisse Gruppen Geschäftsformen des
wirklichen Rechtslebens wiedergebeni alles übrige dagegen zu
einem sehr ansehnlichen Teil älteren Vorbildern entlehnt ist,
zu einem anderen Teil aber der subjektiven Symbolik der
Illustratoren seinen Ursprung verdankt.
lOOi. StUgvh. d. i^hlloiL-pMloL a. d. liisl KL
S5
522
Sitzung vom t* November 1904.
HiBtorische Klasse.
Herr Riehl spricht ausgehend Ton den Bildern der Ulrichs-
legende in St. üirich zu Augsburg über:
Die selbständige Entwicklung des Naturalismus
in der oberdeutschen Kunst des 15. Jahr-
hunderts und den nur sehr sekundären Ein-
fluss der Niederländer auf die Malerei dieser
Schulen,
Der Vortrag wird zusammen mit dem vom 13. Juni 1903
«Nationale und internationale Züge in der Entwicklung der
deutschen Kunst* in den Sitzungsberichten erscheinen.
Herr Simoh8Fei,d spricht Über:
Aveniin und das PriTÜegium minus*
Der Vortragende behandelt im Anschluss an Erben, Das
Privilegium Friedrichs I. für das Herzogtum Österreich» die
von diesem aufgeworfene Frage» wieweit aus Aventins (ge-
druckten und ungedrucktenj Schriften sich entnehmen lEsst,
ob es neben der Ausfertigung des Privilegium minus von 1156
für den neuen Herzog von Österreich auch eine bayerische fiJr
Heinrich den Löwen gegeben habe. Der Vortragende stellt
fest, döÄS» wenn ein solches bayerisches Exemplar wirklich ron
Aventin benutzt wurde, dasselbe keine wichtigen Differenzen
gegenüber dem sonst bekannten Texte des Privilegium minus
entbalteu haben dürtUs dass insbesondere die von Erben (nach
der Meinung des Vortragenden unrichtig) für interpoliert ge-
haltenen Stellen in der bayerischen Überlieferung ebenso, wie
sonst bekannt, gestanden hätten. Er weist namentlich auch
nach, dfiss die Abweichungen in der Zeugenliste bei Aventin
auf dessen eigenes Konto zu setzen sind^ zumal dessen Nach-
richten über den ganzen Hergang in den Annalen unrichtig
und entstellt sind.
Der Vortrag wird in den neuen pFor»chungi?n zur Qe-
schichte Bayerns* veröfTüntlicht werden.
523
Öffentliche Sitzung
zn Ehren Seiner KöniglicheD Hoheit des
PriDz-Regenten
tm 12. November 1904.
Der Präsident der Akademie» Herr K. Th, v. Hei gel,
i eröffnete die Festsitzung mit der folgenden Ansprache:
Das erste Wort gebührt heut^ dem Landesherm. Die
Akademie der Wissenschaften hat sich nur mit wissenschaft-
Ijchen, nicht mit politischen Fragen der Qegenwart zu beschäf-
tigeUf aber wir erfüllen nur eine Ehrenpflicht, wenn wir ehr-
furchtsvoll und freudigen Herzens zugleich dem Dank Ausdruck
pgebeOf dass wir in einem monarchischen Staate leben, dass wir
den Schutz des Wittelsbachischen Hauses geniessen, das allzeit
sein köstlichstes Reservatrecht in der Pflege von Kunst und
Wissenschaft erblickt hat, dass an der Spitze des Staates ein
Fürst steht) mild und gütig auf dem Thron» schlicht und brav
in seinem Daheim, ein ritterlicher Degen und ein unparteiischer
Hüter des Rechts, auf dass alle Stände in gleicher Weise ge-
deihlich sich fortentwickeln mögen 1 Dem Allverehrten und
seinem blühenden Hause möge der Segen des Himmels aller-
_ wegen beschieden bleiben!
Unser Landesherr» die Königliche Staatsregierung und die
im Landtag verkörperte Volksvertretung sind die drei Faktoren,
denen wir zu danken haben, dass wir uns ungestört und unab-
hängig unseren wissenschaftlichen Aufgaben widmen können.
Doch auch der Spenden grossmütiger Gönner haben wir zu ge-
3&*
Sä4
K. Th. V. Heigd
denken. Wir brauchen uns des Bekenntnisses, dass uns frei-
gebige Wohltäter nötig sind, nicht zu schämen. An die Regie-
rungen treten in unserer Zeit immer stärkere Anforderungen
heran, und zumal in wirtschaftlich gedrückten Tagen kann
wirklich nicht alles zur Förderung eines grossen wiasenschaft-
liehen Betriebs Notwendige oder doch Nützliche vom Staate
geleistet werden. Die Hilfe von einsichtsvoileu und opferwilligen
Privaten ist dazu unentbehrlich. Der Reiche wird, wenn anders
er das Herz auf dem rechten Flecke hat, selbst sich verpflichtet
filhlen, seinen tiberfluss zum Wohl der Allgemeinheit nutzbar
zu machen, und wie könnte dieser Bürgurpllicbt auf edlere
Weise nachgekommen werden, als durch Fönlerung der Auf-
gaben von Kunst und Wissenschaft? Ks ist bekannt, welch
ungeheure Summen in Amerika für sokhe Zwecke von Privaten
geschenkt werden. Bei uns sind — ich darf wohl sagen: Gott
sei Dank! — so märchenhafte Reichtümer nicht in PrivatbesibB
aufgestapelt. Doch auch in deutschen Landen wird zwar in
bescheidenerem Masse, sicher aber nicht mit geringerem Ver-
ständnis gespendet. Wenn wir Galerien und wissenschafUiche
Institute in Berlin, Leipzig, Hamburg, Frankfurt und anderen
deutschen Städten besuchen, begegnen wir auf Schritt und
Tritt erfreulichen Beweisen bürgerlicher Muniüzenz. Auch
unserer Akademie wird zur Vervollständigung der Sammlungen«
tut Stellung von Preisaufgaben, zur Untej*stötzung von For-
schungsreisen immer wieder von hochwillkommenen Oüunem
hilfreiche Hand geboten. Wir graben die Namen unserer
Bundesgenossen dankbaren Sinnes in steinerne Tafeln, doch ein
schönerer und dauerhafterer Lohn bietet sich ihnen im Anteil
an den segensreichen Wirkungen, welche die echte Wijasen-
scbaft zu allen Zeiten auf das gesamte Kulturleben ausgeübt hat.
\Um den zahlreichen beschenken und Widmungen, welche
die wissenschaftliehen Staats&ammlungen im Jahre 1904 erhalten
haben und welche anderweitig veröffentlicht werdou, «eien lii^r
nur einzelne h^r ' Wn:
Die Herren 1 lut Ernst August Ferdinand MQIIi^r,
Oberförster a. D. Max MttlUr und Rechtsanwalt Oiio
Änttprache
525
Eretschmarf sämtliche in Dresden wohnhaft, haben die
unpemein wertvolle Käfersammlung, welche der verstorbene
Fabrikbesitzer Klemens Müller in Dresden hinterlassen bat,
der zoologischen Sammlung zum Geschenk gemacht.
Sie ist eine der reichhaltigsten und wertvollsten privaten
Käfersammlungen Deutschlands, in welcher das paläarktische
Faunengebiet in ganz aussergewrjhnlicher Vollständigkeit der
Arten durch hunderttausende von Exemplaren vertreten ist;
ihr wissenschaftlicher Wert wird noch dadurch gesteigert, dass
sie die berühmte Kiesen wetter'sche und Haag-Ruteu-
berg'sche Sammlung enthält, aufs beste geordnet und samt
einer etwa 1200 Bände» darunter sehr seltene Werke ent-
haltenden entomologischen Bibliothek übergeben wurde*
Herr Krapfenbaur hat der zoologischen Sammlung
8 — 9000 Konchylien in auserlesenen schönen Exemplaren ge-
widmet. Der besondere Vorzug dieser Kollektion besteht darin,
dass manche seltene Arten in grossen Serien vertreten sind und
iftus Gi'genden stammen, deren politische Verhältnisse Auf-
immlungen nicht mehr gestatten.
Die paläontologische Sammlung wurde durch Aus-
grabungen bereichert, welche der Forschungsreisende Herr
Eugen Wolf auf Madaga^ikar hatte vornehmen lassen. Aus
den dort gefundenen Bruchstücken lässt sich das Skelett einer
nur auf Madagaskar vorkommenden subfosailen Hippopotamusart
zusammensetzen. Ein ausserordentlich dankenswerter Zuwachs
für unsere Sanmilung!
Die von Qeheimrat von Zittel hinterlassene^ sehr reich-
haltige Bibliothek, welche fast sämtliche, während der letzten
30 Jahre auf dem (iebiete der Paläontologie erschienenen
Schriften enthält, mithin für die Fachwissenschaft von unschätz-
barem Wert ist, wurde von drei Akademiemitgliedern, deren
Namen nicht genannt werden sollen, ei*worben und der paläonto-
logiscben Staatssammlung zum Geschenk gemacht.
Der W Ö If f 1 i n'sche Reservofond für den Thesaurus
linguae Latin ae hat durch Vermittlung den Herrn Qe-
K, Th. tK Htigel
heimrats von Wöllflin von Herrn Profesaor Tbeadoi
Üsfceri in Zürich einen stattlichen Zuschuss erhalten.
Die silberne Medaille Bene raerenti widmete unsere Aka-
demie dem Herrn A, Fruhstorfer flir Schenkungen von In^
sekten und Reptilien aus Annam und Tonkin an die zoo-
logische Samralung, sowie Herrn Paul Bau d in, Direktor
der Eisenbahn Smyrna-Kassaba, für die Zuwendung trissen-
schaftlich wertvoller Grabfunde und späthell enisclier Terra-
kotten an das K. Antiquariuni.
Der Grosskaufmann Bernhard Lust in Charlottanburg^ aus
Nürnberg gebürtig, widmete aus Anlasa des 60 jährigen Be-
standes seines Geschäfts dem K. Münzkabinett die Sumnte
von 25 000 M. zum Ankaufe wertvoller Münzen.
Endlich hat der in Bonn am 10. Oktober ds. Js. verschiede«
Universitäisprofessor a.D. Edmund Hardy durch rechtsgültigt»
Testament vom 28. Oktober 1901 die K. Bayer. Akademie der
Wissenschaften zur Erbin seiner Hinterlassenschaft eingei^Ut
mit der Bestimmung, dass aus der Erbschaftsmasse, abzüglich
einiger besonderer Vermächtnisse, mindestens 50 000 M. zu
einer Stiftung für indologische Studien verwendet werden* Die
Stiftung, zu deren Annahme das K. Staat^ministerium des Innern
für Kirchen* und Schulangelegenheiten durch Entschliessung
vom 27. Oktober Nr. 22978 die Akademie bereits ermächtigt
hat, soll den Namen »Hardy-Stiftung' führen. Über ihre
Verwaltung hat Hardy folgende Bestiaimungen getroffen: ,Der
Zinsertrag soll alljährlich am 9. Juli entweder a) zur Unter-
stützung eines jungen Gelehrten, gleichviel welchem deut^hen
Bundesstaat er angehören mag, der seine üniversitütsstudien be-
reits vollendet hat, behufs Fortsetzung seiner Fachstudien, oder
b) zu Preisen ftlr vorliegende, wi&äenschaftliche Leistungen oder
c) zur Unterstützung wissenschaftlicher Unternehmungen ver-
wendet werden, — alles jedoch unter Beischränkung auf das
Gebiet der Indologie in dem Umfang dienes BegriÖes, wie e£_
Tfissenschaftlich anerkannt wird.
Anspra^
527
Die Verleihung eines Preises f^r gedruckte Worke ist
auf solche zu beschränken, die iiu Laufe der letzten 3 Jahre,
fVOId Verleihungsterniin an gerechnet^ erschienen sind. In diesem
^Falle, aber auch nur in diesem allein, soll die Zugehörigkeit
oder Nichtzugehürigkeit des Verfassers zu einem deutschen
Bundesstaat keinen Üntei-schied begründen.
Bei der K. Bayer, Akademie der Wissenschaften soll es
atehenf im Falle, dass es sich um eine wissenschaftliche Reise
oder um Unterstützung grösserer wissenschaftlicher üntemeh-
imungen handelt, auch über den Zinsertrag von zwei oder
nebreren aufeinander folgenden Jahren kraft eines einmaligen
Beschlusses zu verfügen. Für die Verlängerung über das dritte
Jahr hinaus soll es jedoch eines erneuten Beschlusses bedürfen.
Die Verwendung des Jahresertrages der Hardy-Stiftung
tfioll jedesmal an einer geeigneten Stelle bekannt gegeben werden.
Wenn Verhältnisse irgendwelcher Art die Inanspruchnahme
der Zinsertrage der Stiftung tur ihren eigentlichen Zweck der
Förderung der Indologie aussehliessen, so bleibt es der K. Bayer.
Akademie der Wissenschaften anheimgegeben, sie für andere
Zweige der orientalischen Forschung, jedoch unter Bevoi-zugung
solcher Zweige, welche sich rait der Indologie berühren, ent-
sprechend zu verwenden/
Hardy schliesst seine Bestimmoogen mit den Worten:
iMöge diese Stiftung Zeugnis ablegen von meiner Vorliebe für
ein Forschungsgebiet, das mir den Vorteil gewährte, in geistigen
Verkehr mit vielen Mitstrebenden zu treten, älteren und jüngeren
aus der alten und der neuen Welt, und manche dei*selben mir
als Freunde zu erwerben!*
Dem edlen Stifter sei an dieser Stelle der wärmste Dank
der Akademie ausgesprochen. Nicht bloss die 6abe selbst ist
für uns wertvoll, sondern auch die Tatsache, dass ein Gelehrter,
der zu unserer Akademie nicht in nfiheren Beziehungen stand,
uns sein Gut anvertraute, weil er die Überzeugung hatte, dass
es hier zu Nutz und Frommen der Wissenschaft vorteiUiaft
verzinst wird.
528
K Th, v\ fTeifjel
Ich komme sicberlich nur einem Wunsche der Mitglieder
der Akademie und ebenso auch unserer verehrten Gäste ent-
gegen, wenn ich nach Mitteilungen unseres Mitgliedes Herrn
Professor Kuhn die wichtigsten Daten über Leben und Wirken
unseres Gönners bekannt gebe.
Edmund Georg Nikolaus Hardy wurde am 9. Juli 1852
zu Mainz geboren, studierte daselbst ara bischöfliclien Seminar
und war, 1875 zum Priester geweiht, mehrere Jahre als Kaplan
zu Heppenheim an der Bergstrasse tätig. Nachdem er 1879
in Heidelberg zum Doktor der Philosophie promoviert und
später noch einige Zeit in Berlin philosophischen Studien ob-
gelegen hatte, veröfiFentlichte er 1884 eine geschätzte Abhand-
lung ,Über den Begriff der Physis in der griechischen Philo-
sophie*. 1885 in Freiburg im Breisgau zum Doktor der Theo-
logie promoviert, habilitierte er sich 1886 in der dortigen
theologischen Fakultät und erhielt noch im gleichen Jahre
eine ausserordentliche Professur» die er mit der Rede »Die
allgemeine vergleichende Religionswissenschaft ttn akademischen
Studium unserer Zeit* öffentlich antrat und bis 1893 bekleidete.
1894 übernahm er eine ordentliche Professur des Sanskrit und
der vergleichenden Religionswissenschaft zu Freiburg in der
Schweiz, legte jedoch infolge bekannter Vorgänge im Frühjahr
1898 zugleich mit acht anderen reichsdeutschen Kollegen sein
Amt nieder und lebte dann als Privatgelehrter zuerst in Würz-
burg, seit 1903 in Bonn, wo ihn am 10. Oktober dieses Jahre«
ein vorzeitiger Tod ereilte.
Von Hardys fachwissenschaftlichen Arbeiten können hier
nur die ^vichtigsten genannt werden. 1890 erschien ^Der
Buddhismus nach älteren Pali- Werken dargestellt', 189S »Dk
vedisch-brahmanisclie Periode der Religion de« alten Indiens* —
zwei Werke, die ihm sofort die allgemeine Anerkennung der
Fachgelehrten eintrugen* Seit 1894 beteiligte er sich auf das
eifrigste an den Arbeiten der Pali Text Society, eines von Pro-
fessor Rhys Davids in London begründeten Vereins, der sich die
Herausgabe der tu Pali (der ältesten Tochtersprache des Sans-
krit) geschriebeDOD Religionsbücher des südlichen Buddhiaiuns
Amprathe
529
zur Aufgabe gesetzt hat. Sechs Bände dieser Reihe hat Uardy
mit unermüdlichem Fleisse und ^rössfcer Sorgfalt nach den Hand-
schriften herausgegeben- Daneben liess er in diesen Jahren
drei selbständige Schriften erscheinen: in der von Kampers,
Merkle und Spahn herausgegebenen »Weltgeschichte in Cha-
rakterhildern**, die wertvolle Monographie , Indiens Kultur in
er Blütezeit des Buddhismus. König Asoka" 1902, eine ein-
ßhende Würdigung dieses berükmten Königs aus dem 3. vor-
christlichen Jahrhundert nach seinen Inschriften entworfen,
und in der bekannten Sammlang Göschen zwei anspruchslose,
aber tüchtige Büchlein: ^Indische Religionsgeschichte* 1898
und ^Buddha" 1903, in welch letzterem der Versach gemacht
rird, den Religionsstifter und seine Weltanschauung auf Grund
einer eigenen Aussprüche psychologisch zu begreifen. Dazu
kommt in der Abhandlung »Zur Geschichte der vergleichenden
Religionsforschung* in Band IV, 1901 des „Archivs für Religions-
wissenschaft* ein wertvolles Zeugnis, wie allseitig und um-
fassend Hardy die Ziele der Religionsgeschichte aufgefasst
wissen wollte. In den letzten Jahren beschäftigten ihn die
Vorarbeiten zu einem Wörterbuche der Pali- Sprache, dessen
Vollendung wir voti dem vorher genannten Rhys Davids er-
hoffen dürfen*
Hardy hat sich in verhältnismässig kurzer Zeit vom ein-
eiigen Parteistandpunkt zur Unbefangenheit des freien For-
chers hindurchgearbeitet und bei unverbrüchlicher Treue gegen
die Kirche, der er durch Geburt und Erziehung angehörte, steht
er mit seinen späteren Arbeiten sichtlich unter dem Einflüsse
des friedvollen und toleranten Geistes, welcher die Lehre des
Fürstensohiies von Kapilavastu so rühmlich auszeichnet.
Die Stiftung des hochherzigen Gelehrten in seinem Sinne
zu verwalten, wird der Akademie stets eine Ehrenpflicht sein.
Endlich habe ich noch bekannt zu geben, dass das Kura-
torium der Liebigstiftuug auf Antrag seines auswärtigen Mit-
gliedes, des Geheimen Hofrats Prol Dr< 0. Kellner in Möckem-
530
WaM€n
Leipzig, dem Zivilingenieur Professor Dr. Adolf Frank in Chir-
lottenburg die goldene Liebig-Medaille verliehen hat. Frniik
hat durch die Einführung der Düngung mit Kaliaaken und
durch seine erfolgreichen Bemühungen, den Luftstickstoff 1
in ein wertvolles Düngemittel zu verwandeln , sich um die
Landwirtschaft hervoiragende Verdienste erworben und d}\ftir
eine öffentliche Anerkennung nach dem Stiftungszwockc verdient
Das Kuratorium hat weiter, dem Antrage desi^lben Mit-
glieds und dem vorgelegten Versuchsplane zustimmend« dem
Direktor des Landwirtschaftlichen Instituts der Universität Kiel,
Professor Dr. Rodewald, zur Ausführung von Ven>uchen übi*r
die Selbstentzündung des Heus aus den Erträgen der Stif-
tung eine Beihilfe von 1000 M, gewährt.
Dann verkündigten die Klassensekretäre die Wahlen.
Es wurden gewählt und von Seiner Königlichen Hoheit
dem Prinz- Regenten bestätigt:
L In der philosophisch-philologischen Klasse:
als korrespondierende Mitglieder:
Dr. Johannes Vahlen, Geh. Regierungsrat, Profesaor der
lateinischen Philologie an der üniversitlii zu Berlin;
Dr. Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, Geh* Regie-
rungarat, Professor dt-r griechischen Philologie an der
Universität zu Berlin;
Dr, Henri Omont, Direktor der Uandsehriftenabteilung m
der National -Bibliothek zu Paris;
Dr. Wilhelm Windelband, Geh. Hofrat, Professor der Philo-
sophie an der Universität zu Heidelberg;
Dr. Wilhelm Braune, Geh. Hofrat, Professor der deuiüebett
Philologie an der Universität zu Heidelberg;
Dr. Vilhelm Thomsen, Professor der verp'-'-^ — ^*n Sprach- i
wii>8enschafl an der CmVcn«itat zu Ko^ i.
Wahlen
5^1
II. In der historischen Klasse:
als ordentliches Mitglied;
Dr. Hans Riggauer, Honorar-Professor der Numismatik an
der Universität zu München;
als ausserordentliche Mitglieder:
Dr. Georg Preu8s» Privatdozent der Geschichte an der Uni-
versität zu München;
Dr. Walter Goetz, Privatdozent der Geschichte an der Uni-
versität zu München;
als korrespondierende Mitglieder:
Dr. Georg von Below, Professor der Geschichte an der Uni-
versität zu Tübingen;
Georges Vicomte d'Avenel zu Paris;
Dr. Ernesto Monaci, Professor der romanischen Philologie
an der Universität zu Rom.
Darauf hielt das ordentliche Mitglied der historischen Klasse,
Herr J. Friedrich, die hesonders veröffeütlichte Gedächtnisrede
auf Karl Adolf von Cornelius.
532
SitzuDg vom 3. Dezember ld04.
Philosophisch-philologische Klasse.
Herr vo» Hertlinu halt einen für die Sitzungsberichti]
bestimmten Vortrag:
Auguatinus-Zitate bei Thomas von Aqnino.
Es wird imtersucht, welche Stellung Thomas von Aquino
bei dem Gegensätze zwischen Augustinismus und Aristotelismus, ^
der sich in der Scholastik des 13, Jahrhunderts entwickelt hatte, fl
zu Augustinus selbst einnimmt, und in welcher Weise er sich
mit den in grosser Zahl von ihm herangezogenen AtissprOchen
des Kirchenvaters auseinandersetzt. Die Prüfung ergibt, dass
er sie zu einem Teile nur konventionell verwertet, wie die«
durch die scholastische Lehrmethode herbeigeführt wurde, teils
stillschweigend seiner Denkweise eingliedert, teils aber auch
im Sinne dieser letzteren vollständig umdeutet. Zwar weiss
eff dass Augustinus durch die Platonische Philosophie beein«
flusst war, aber er kennt die letztere nur aus dem» was Aristo-
teles von Plafco berichtet, nicht ihre spätere Ausgestaltung im
Neuplaionismus. Zugleich wirkt offenbar die Absicht mitt
den Gegensatz gegen die gleichfalls dem Neuplatonismus ent*
stammte Lehre des arabischen Philosophen Arcrroes scharf
hervortreten zu lassen.
Sttsung vom 3, Desteraber 1904.
533
Historische Klasse.
Herr fon Heigel hält eineD für die Sitzungsberichte
bestimmten Vortrag:
Das Projekt einer Vermählung des Herzogs
Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg mit der
^grande mademoiselle* 1652 — 1653.
Herzogin Anna Maria von Montpenaier, bekannter unter
dem Namen «la grande mademoiselle*, spricht in ihren Me-
moiren in spöttischem Ton von dem Annäherungsversuch eines
, kleinen deutschen Fürsten aus dem Witteisbach ischen Hause*,
des Herzogs Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg, der durch
Vermittlung eines Neuburger Jesuiten ihr Geld und ihre Hand
habe erschleichen wollen; die Erzählung von der Brautwerbung
Ae% „drolligen* Paters liest sich wie eine burleske Operetten-
ene. Dagegen lässt sich aus bisher unbekannten Archivalien,
Briefen des Herzogs an die grande mademoiselle und die Mit-
glieder des königlichen Hauses, insbei^nndere aber aus zahl-
reichen und sehr ausfuhrlichen Berichten des Brautwerbers^
P. Antoni, — Berichten, die ein originelles, fesselndes Bild von
den Zuständen in Frankreich und speziell am französischen
Hofe nach der Niederwerfung der Fronde gewähren, — fest-
stellen, dass die Erzählung der Dame wohl in den Hauptzügen
richtig ist, aber in groben Übertreibungen sich gefällt und das
W^ichtigste nicht erwähnt. Das Projekt einer Vermälilung des
Herzogs mit der französischen Prinzessin ist auf kirchlich-
politische Motive zurückzuführen. Der EinQuss und das Ver-
mögen der Herzogin sollten vor allem dazu dienen, in Jülich
und Berg die Alleinherrschaft des katholischen Bekenntnisses
wieder zu begründen.
Aus den vorliegenden Korresponderizen und Berichten lässt
auch ersehen, dass nicht bloss, wie es in den Memoiren
stellt ist, einige bestochene Hofbeamte, sondern die Eltern
ler Prinzessin, die Königin-Mutter und Kardinal Mazariu den
534 Sitzung vom 8. Dezember 1904.
Plan begünstigten. Die preziöse ^ Jungfrau von Orleans *" selbst
zog die Heirat sehr ernsthaft in Erwägung, und wenn sie
schliesslich eine ablehnende Haltung einnahm, so geschah dies
nur, weil sich auf einen Augenblick Aussicht eröffnete, dass
sie zur Gattin des jungen Ludwigs XIV. erhoben werden könnte,
um die Aussöhnung zwischen der Krone und der besiegten
altnationalen Partei zu besiegeln.
535
AugustinusCitate bei Thomas von Aquin.
Von G. Frhn Ton UertUng.
(Vorgetragen in der philoB^-pbtlol. Klaisae »m 8, Dezember 1904 )
Die Beachtung, welche dor Geschichte der mittelalterlichen
Philosophie in der wissenschaftlichen Forschung der Neuzeit
zuteil geworden ist, kann sich mit derjenigen, welche andre
Perioden der Geschichte der abendländischen Spekulation ge-
funden haben, in keiner Weise messen. Immerhin haben die
letzten Dezennien erhebliche Fortschritte gebracht. Die Durch-
forschung der Bibliotheken hat die Aufmerksamkeit auf früher
übersehene Schriften gelenkt, von wichtigen Werken sind neue,
den heutigen Anforderungen entsprechende Ausgaben veran-
staltet worden, vor allem aber haben sich die Gesichtspunkte
in aller Schärfe herausgestellt, welche ftir eine wissenschaft-
liche Erkenntnis und Würdigung der Scholastik massgebend
sind. Worauf es in erster Linie ankommt, das ist, für jede
Phase der Entwickelung und für jeden selbsttätigen Förderer
derselben genau festzujib^llen, welches der Umfang überlieferten
Materials an Problemen und Lösungsversuchen, Ausdrucks-
formen und Gedankenreihen war, worüber sie verfügten, um
sodann zu untersuchen, was sie daraus gemacht, wie sie es
angewandt und verwertet haben. Das Material stammt zu
einem Teile aus dem klassischen Altertum, aus der griechi-
schen Philosophie, und dann handelt es sich weiter darum,
die Wege aufzudecken, auf denen es den mittelaUerlichen Ge-
lehrten zukam. Es stfiTrinii /um andern Teile aus der patri-
stischen Litteratur.
S86
Frhr, v. fferUing
Arbeiten zur Geschichte der niittelalterUchen Philosopl
welche unter diesen Gesichtspunkten unternommen «nirden,
haben das Bild verändert ^ das früheren Cveneratiooen geliltifig
war. Wir wissen jetzt, dass sich auch in der Periode der FrOh-
scholastik das spekulative Denken nicht in dem Streite uin die J
Existenzweise der Universalien erschöpfte; wir wissen, dws$\
der Strom der Überlieferung^, der seine Quellen in griechischer |
Wissenschaft hat, schon vor dem Beginn des 13« Jahrhundert« \
viel breiter floss, als man früher anzunehmen geneigt war; es
ist deutlich geworden, in welchem Umfange Augustinus nicht
nur in der Theologie Führer und Lehrer war, sondern auch
darüber hinaus die Gedanken der Scholastik auf metaphyai-
schem, p^chologischem und ethiscliem Gebiete bestimmte, und
ebenso» dass Boethius keineswegs nur für die Aristotelische
Logik, sondern auch für andere, fundamentale Lehrsätse der
peripatetischen Schule der einflussreiche Vermittler gewesen tit |
Auch der Fortgang der Entwickelung stellt sich infoigede
in verändertem Lichte dar. Die gewaltige Vermehrung dot
überlieferten Materials beim Beginn des 13. Jahrhunderts dcircb
das Bekanntwerden der Aristotelischen Schriften samt den Er-
klärungen der arabischen Philosophen kann nicht mehr ab
der allein ausschlaggebende Faktor in detn bedeubiainen Auf- ;
Schwünge angesehen werden, der im Verlauf eines halben Jahr*
hunderts die Scholastik auf ihren Höhepunkt führte. Weit eher
wird mau geneigt sein, diesen Aufschwung einem gr^ssser^n
Zusammenbang einzureihen, und sich an den Nachdruck «r«^
innern, mit welchem zuerst hervorragende Kunsthistoriker der
Gegenwart die gesteigerte Lebensbrtütigung der eur<>[uüi!(chdli (
Völker seit dem Ausgange des 12. Jahrhunderts betont hab^n
und die mächtigen religiösen und sozialen Bewegungen, deren
Führer Franz von Assisi war. Di<* gesteigerte wiÄianschaft-
liche Tätigkeit, welche der Richtung der Zeit gemäss sich nur
nach der philosophisch-spekulativen Seite äussern konnte, wüni«}
hiernach nur eine Seite dieser Gesamt« ' > - ''*'n, i
L>afUr tallt zugleich ins Gewicht^ dass i .^. im
ersten Drittel des IS. Jahrhunderts entstandenen Orden der
ÄuffHstinfni-Citate hei Thomas oon Äqnin,
537
Franziskaner und Dominikaner auch die vornehmsten Träger
eben dieser wissenschaftlichen Tätigkeit wurden.
Die stoMiche Unterlage für die letztere gaben dann frei-
lich die zur Kenntnis des Abendlandes gelangten naturwi.ssen-
scbaftlichen, metaphysischen und ethischen Schriften des Ari-
stoteles und seiner Kommentatoren. Aber das Verhältnis war
doch nicht dies, dass man jetzt erst Kenntnis von dem Lehr-
gebäude des Stagiriten — abgesehen immer von seiner Logik
— als von einem bis dahin völlig Unbekannten erhalten hätte,
vrohl aber war man nunmehr in den Stand gesetzt, die ein-
zelnen und in ihrer Vereinzelung nicht immer richtig aufge-
fassten Bestandteile jenes Lehrgebäudeb in ihrer wahren Gestalt
und ihrem systematischen Zusammenhange kennen zu lernen.
£bea dies, dass eine Tradition Aristotelischer Lehrmeinuugen
End Aristotelischer Terminologie schon vorher bestand, lässt
auch die oft hervorgehobene Tatsache minder befremdlich er-
scheinen, dass der unglaublich verderbte und verdunkelte Text
der mittelalterlichen Übersetzungen dem Verständnis der Zeit-
genossen kein merkliches Hindernis entgegenstellte. Indem sie
aber in ihren Sinn eindrangen, und ihnen die getrennten Bruch-
stücke, mit denen man sieh vorher beholfen hatte, wieder zu
aem Ganzen zusammenwnchseUf gewannen sie selbst eine ein-
heitliche Denkweise, welche den ganzen L^mfang der Probleme
von einer festen prinzipiellen Grundlage aus in strenger Folge-
richtigkeit zu lösen unternahm. Aus dieser geschlossenen Denk-
weise, aus dieser strengen Schulung und schulraässigen Kon-
sequenz entsprang der Gegensatz gegen die bi-sherige Weise
des Philosophierens, der als Gegensatz des Aristotelismus gegen
den Augustinismus bezeichnet zu werden pflegt. Durch Al-
bertus Magnus ist der Aristotelismus in den Dominikanerorden
eingeführt worden, in seinem Schüler Thomas hat er den be-
deutendsten, durch die Jahrhunderte fortwirkenden Vertreter
gefunden.
Auf diesen Gegensatz soll im folgenden etwa.s näher ein-
gegangen werden, und zwar in der Weise, dass die Stellung
untersucht werden soll, welche Thomas persönlich dazu ein-
1«04. Bitfgib. d. |»1iUos.-philol u. d. hiat. KL 96
S38
Jyfcf, «, BeHUn0
genommen hat. Thomas galt den Zeitgenossen als der gros«**
Neuerer» dem die einen ebenso ergeben anhingen, wie ihn die
andern eifrig befehdeten, weit mehr als seinen Lehrer Albert>
den wir doch als den eigentlichen Begründer der neuen Kicfa-
tung anzusehen haben. Die Frage ist: wie dachte TboniM
über jenen Gegensatz? Wie stellte er sich persönlich zu dem
grossen Kirchenvater, der bis dahin in den Schulen des Abend*
lands unbestritten als die erste Autorität verehrt worden war.
Man wird nicht erwarten, dass er selbst sich diese Fragm
vorgelegt hätte, um sie in einer zusammenhängenden Er5rte-
rung systematisch und allseitig zu beantworten. Das lag nicht
in der Art des wissenschaftlichen Betriebs, wie ihn die Zeit
kannte, derselbe verweist vielmehr auf den Weg der Einiel-
untersuchung und zeigt zugleich die Richtung^ in der sie zn
erfolgen hat.
Über den Ursprung und die Entwickelung der schola«ti*
sehen Lehrmethode kann seit Denifles Untersuchung über die
Sentenzen Abälards vom Jahre 1885*) ein Zweifel nicht mehr
bestehen, aber es scheint, als ob die daraus sich ergebende
Auffassung nicht überall die gebührende Beachtung gefunden
hätte, daher mit einigen Worten daran erinnert werden miürt.
Die scholastische Wissenschaft lebt in ihren Anf&ngen
zum grossen Teile von dem Erbe der Patristik. Ihre früheste
kümmerliche Regung zeigt sich in den Sentenzensammlungi*n,
welche Aussprüche der Väter über einzelne Punkte der christ-
lichen Lehre zusammenstellten, zuerst nur je einen von einem
Kirchenvater, dann mehrere und von mehreren. Dabei ergnb
sich, dass die Autoritäten nicht immer übereinstimmten, und
so erwuchs die Aufgabe^ die Öegeusätze auszugleichen und ,
durch die wirklichen oder scheinbaren Widr^rsprüche hindureh
zu einem einheitlichen Lehrinhalte vorzudringen, Ahälardit Inv
kanntes Werk mit der kecken Aufschrift Sic et non verfolgt
nicht etwa eine skeptische Tendenz, sondern will durch die
I) Archiv für Litterat up und Kirch engoDchicb tu dM MitteUlteni,
bt^rdu^g. von H. DetilBe uml Fr. Ehrle. l Bd. Berlin 1685. S* 402—409 |
^und 5^ 621.
Äugu3iinus-Cäate bei Thomas von Äquin,
539
Gegenüberstellung der einander widerstreitenden Aussprüche
den Scharfsinn der Leser antreiben, die Auflösung zu suchen,
und gibt die Regeln an, nach denen dabei zu verfahren ist.
Die von ihm aufgebrachte Methode wurde vorbildlich für die
Einrichtung der Quaestionen und Disputationen der späteren
Epoche auf theologischem, philosophischem, kanonistischem und
civilrechtlichem Gebiete, Aber an einem Punkte wurde eine
wichtige Ergänzung hinzugefügt. Abälard setzt voraus, dass
es eine Versöhnung der einander widerstreitenden Autoritäten
gebe, und deutet den Weg an, auf dem sie zu suchen ist, aber
er bringt sie nicht selbst. Seine Nachfolger ergänzen diese
Lücke. Damit sind die Elemente bezeichnet, aus denen sich
die einzelnen Artikel in den grossen Summen und Quaestiones
disputatae zusammensetzen. Zuerst die genau foimulierte Frage,
die in der Regel mit ja oder nein zu beantworten ist. Dann
eine Anzahl von Argumenten für diejenige Meinung, welche
er demnächst zu begründenden entgegengesetzt ist, in den
leisten Fällen aus Autoritäten bestehend, hie und da auch
aus einem Einwurfe, den der Autor sich selbst macht. Hie-
rauf folgt die Beantwortung der Frage und ihre Begründung,
wiederum mit einer oder auch einer Reihe von Autoritäten
eingeleitet. Den Schluss bildet sodann die Auseinandersetzung
mit den an die Spitze gestellten gegenteiligen Aussprüchen,
den sogenannten Objektioneu. Auf eine sachliche Würdigung
dieser Methode einzugehen, ist hier nicht der Ort. Zu ihrer
Rechtfertigung berief sich schon Abälard und später Albertus
auf Aristoteles, der verlange, dass wer einen Knoten lösen
wolle, verstehen müsse, ihn zu schürzen. Tatsächlich aber ist
sie nicht in Nachahmung der Aristotelischen Aporien ent>
linden, sondern sie war das Ergebnis eines in der Eigenart
der mittelalterlichen Wissenschaft begründeten geschichtlichen
Prozesses.
Wünscht man also zu wissen, welche Stellung Thomas von
Aquin, der diese Methode mit grösstor Virtuosität handhabt,
Augustinus gegenüber einnimmt, so bleibt nichts übrig, als im
Einzelnen festzustellen, wie er sich im Rahmen derselben mit
3ö^
540
Frhr, v. HtriUnff
den Aussprüchen des Kirchenvaters auseinandersetzt. Eß gillj
also^ die Augiistinus-Citate bei Thomas zu saminelu und zuieo«|
sehen, welchen Gebrauch er davon macht oder was er darül
zu sagen weiss. Dabei muss man sich freilich erinnern,
die Bedingungen, unter denen die mittelalterlichen Uelehrtenj
zu arbeiten pflegten» weit ungünstiger waren, als sie seit der
Erfindung der Buchdruckerkuust sind. Citieren sie einen Aua-
spTUch, so beweist das nicht, dass ihnen die Schrift des Autcirs
vorgelegen habe, der er entnommen ist, und sie Kenntnis ron
dem Zusammenhange besitzen, in welchem sich derselbe dort.
findet. In vielen, vielleicht den meisten Fällen werden sie ihn
einer Sentenzensammlung verdanken, und sie citieren ihn mAg*
1 icherweise so, wie er sich ihrem Gedächtnisse eingeprägt hat,
ohne das Bedürfnis zu empiinden oder die Verpflichtung zu er-
kennen, eine Vergleichung mit dem Original vorzunehmen, Bfti 1
dem häufigen Aufenthaltsweichsel, welchem die Lehrer an den
Ordensschulen unterworfen waren, und der Beschaifenheit der
Klosterbibliotheken konnte eine solche Forderung gar nicht j
als Regel aufgestellt werden.
So sind denn auch die Augustin us-Citate bei Thomas in '
vielen Fällen keine wörtliche Wiedergabe von Aussprüclien den J
Kirchenvaters. Häufig ist nur der Sinn einer längern Erörterung
in einen kurzen Ausdruck zusammengedrängt. Dabei legt dtej
mehrfache Wiederkehr der gleichon Formulierung die Vermutung
nahe, dass es sich um ein in den Schulen umlaufendas Citat j
handelt, und nicht erst Thomas nach Einsichtnahme des Ori- |
ginaltexts diese Form der Anführung gewählt habe. Damit ist
dann aber die weitere Möglichkeit gegeben, dass ein solches |
vermeintliches Citat schon längst in einem Sinne umgeprägt |
war, welcher der wirklichen Meinung des Autor» fremd bt |
A.\
<?r-
Alsdann kann es auch geschehen, dass nur durch ^^
haften oder veränderton Wortlaut der Schein eines <« u^\
der Ansichten hervorgerufen wird. Was die Art des CiUereas
betrifft, 80 begnügt sich Thonww maTirlimal damit, einen S^tz
oder eine Lehrmeinung kurzerband alb von Augustinus bisr-
rührend zu bezeichnen, in d^ Reg^l aber gibt er die Sciirifti
AuguBtinu4i-CüaU bei Thomoi von Afuin,
541
an, welcher das Citat entnoraoien ist. Später sind dann die
Herausgeber mit grösserem oder geringe rem Erfolge bestrebt
gewesen» die Fundstellen genauer zu verzeichnen*
Ich bin bei der Untersuchung von der theologischen Summe
auBgegangen und habe dann zur Ergänzung namentlich die
Quaestiones disputatue und die sogenannte Summa contra gen-
tilea lierang6zogen. Obwohl alles spezifisch Theologische bei-
seite gelassen wurde, alles was sich auf Trinität und Erlösung,
auf Prädestination, Gnade und Sakramente bezieht, ebenso die
Engellehre, die Auslegung des Mosaischen Schöpfungsberichts
und die spezielle Moral, ergab sich die beträchtliche Zahl von
über 250 Citaten, aufweiche die Untersuchung sich zu erstrecken
hatte, darunter mehr als 200 allein aus der Summa theologica.
Die Prüfung dieser Citate und ihrer V^erwertung durch Thomas
wirft ein scharfes Licht auf die Arbeitsweise der mittelalter-
lichen Gelehrten und das allmäbliche Heran wachsen der Jahr-
hunderte lang herrschenden Schuldoktrin.
Unter ihnen nimmt zunächst eine Gruppe einen breiten
Haum ein, welche man als die der konventionellen oder
dekorativen Citate bezeichnen kann. Es sind diejenigen, welche
sich aus den Anforderungen der zuvor geschilderten scholasti-
schen Methode und der Form des Lehrvortrags ergeben. Da
die theologische Summe ttir die von Thomas selbst vertretene
Ansicht fast immer nur eine einzige Autorität beibringt, —
ich nenne sie im folgenden die Hauptautorität — so gehören
die in Rede stehenden Augustin us-Citate der Mehrzahl nach
den Objektionen an. Sie scheinen nein zu sagen, wenn die an
die Spitze gestellte Frage ein Ja verlangt, und ja, wenn das
Umgekehrte der Fall ist. Das einzelne Citat muss filr sich selbst
sprechen, der Zusammenhang, in den es hineingehört, bleibt
zunächst ausser Betracht und wird auch späterhin nur hie und
da berücksichtigt. Vielmehr geschieht die Lösung der Schwierig-
keit fast immer auf dialektischem Wege, durch Distinktion, Es
wird unterschieden zw^ischen den verschiedenen Bedeutungen,
in denen ein Ausdruck gebraucht wird, oder den verschiedenün
Gesichtspunkten, unter denen die Erörterung eines Problems
HeHling
erfolgen kann, so dass je nachdem die Antwort veracbieden aus-
fiillt und trotzdem ein Widersprucli nicht vorliegt. Einig*» Bei-
spiele werden dies erläutern.
S. th. L Q. 14, a. 5 wird gefragt, ob Gott AussergrtttlichÄi
erkennen könne? Die Frage hatte dnrch die Beschäftigung mit
der Aristotelischen Metaphysik ein erhöhtes Interesse n,
waren doch schon von griechisclien Erklüreni die b* „ i**ii
Aussprüche des XIL Buchs dahin verstanden worden^ dass oaeh
Aristoteles Gott lediglich um sich seihst wisse, aber niebi am
die Welt. Man konnte also erwarten, dass einer dieser Aii»-
sprtlche unter den Autoritäten für das Nein aufgezählt ware^
dagegen gründet sich der erste Einwurf auf Augustin De diveras
quaestionibus 83, qu. 46 und führt den Satz an: m* id-
quam Deus extra se ipsum intuetur,') Ist dies schon n iid,
so zeigt eineVergleichung mit dem Originaltexte, dass nur die
ungenaue Art des Gitterens den Schein einer gegenteiligen
Meinungsäusserung hervorbringt, denn Augustin sagt dort in
Wirklichkeit: non enim extra se quidquani positum intueViatur
ut secundum id constitueret quod constituebat. Y^ ist die klsts-
aische Stelle für die in christlichem Sinne umgebogene Ideen-
lehre; aus den für sich bestehenden Wesenheiten sind Gedanken
Gottes geworden, Thomas aber geht darauf nicht ein, sondern
hält sich nur an sein Citat und erklärt in der Beantwortung
der Einwürfe, Augustinus meine nicht, dass Gott nichts er-
kenne oder schaue, was ausser ihm ist, sondern, dass er das,
was ausser ihm ist, in sich schaue.
Q. IG, a. 1 lautet die Frage, ob Wahrheii sich nur in ihr
Erkenntnis finde? So behauptet in der Tat Aristot -les, der
ausdrücklich erklärt,*) Wahrheit und Falschheit finde sich nichk
in den Dingen, In der ersten Ohjektion werden xwei Defini-
tionen des Wahren angeführt» welche Augustinus in den 8<*U-
loquien erörtere und aus dem Grunde verwerfe, weil sie eine
^ Tidetur qac^d Dent non cognoidt alia a ti^ Qnär« tintme
iiunt aJia u Deo, sunt exiru ipjlutn. Bed AugU4tiiio$ äh> n
im Text) Ergo non rogiio«cit alta a »e.
*) Met. VI. 4, IU27»' 25.
I
I
AuguatinuH'Cüate hei Thomaä mn Aquin,
543
Bezugnahme auf das erkennende Subjekt enthalten;^) dagegen
stelle er ebendort die andere auf: verum est id quod est. Er
nehme sonacb aüi da^^ die Wahrheit in den Dingen und nicht
im erkennenden Verstände sei. Die positive Erörterung im
Hauptteil des Artikels führt aus, da&s sich die Wahrheit pri-
mär im Intellekt befinde; die Erkenntnis wird wahr genannt
wegen ihrer Übereinstimmung mit der erkannten Sache. In
übertragenem Sinne aber kommt sie auch den Dingen zu, in-
sofern diese auf den Intellekt bezogen werden; per se, wenn
sie in ihrem Sein von dem Intellekt abhängen, per accidens, so-
fern sie erkennbar für unsern erkennenden Verstand sind. Daher
könne man in verschiedenem Sinne von dem Wahren und der
Wahrheit reden, was an zwei weitern, aus Augustin, De vera
religione c, 36 entnommenen Definitionen erläutert wird. Von
jenen beiden aus den Soliloquien angeMirten aber sagt die
Responsio mehr spitzfindig als zutreffend, Augustinus spreche
dort voD der Wahrheit der Sache und lasse die Beziehung dieser
Wahrheit auf unsern erkennenden Verstand weg, weil das, was
nur per accidens ausgesagt wird, von einer Definition ausge-
schlossen bleiben müsse.
Q. 79^ a. 1 will feststellen, dass der Intellekt ein Vermögen
unserer Seele ist. Aber aus Augustinus, De Trinitate IX, 4, glaubt
die erste Objektion die Meinung herleiten zu soUen, der Intellekt
^) Videtur quod veritas non sit tantuni in inteUei^tUf aed rnagis in
rebus Auguatinm emm üb. 2 Solüoq. reprobat haue uotificationem ?eri:
irerum est id qmxi videtur; quia Becundum hoc lapidea, qui sunt in ab-
ditiasimo temie ainu, non essent veri laptdea, quia non videntur. Repro-
bat etiam eod. libro iatam; verum est quod itn tte habet ut videtur cogfii-
iori, jri velit et pfjsmt cogtioscere, quia jieeundum hoc aequeretur quod nihil
et verum si nullos poaset cognoscere. Et definit eic verum: verum €»i
^uoä est. Et aic videtur quod veritaa »it in rebus et non in intel-
lectu. — Von den drei Ci taten findet sich daa erste in dieser Form bei
Auguitinua nicht, Tielmehr heidat ea a. a. 0. c. 4» n. 5: R. Eeaponde un-
de tibi videatnr pariea iste veru« esie? A. Quia eiua non f&llor adapectu.
B. Ergo quia ita est ut videtur. A. Etiam. E. Si igitur aliquid inde
Maiim eat quod aliter videtur atque eat, inde verum quod ita ut est
videtur etc.
514
Frhr, «?, Htrümg
bezeichne vielmehr das Wesen der Seele. ^) Die Erklärung geht |
dahin, wie man unter sensus bald das Vermögen der Sinnen
Wahrnehmung, bald die anima sensit! va verötehe, so auch werde I
die auima intellectiva gelegentlich intellectus genannt: f|aast n {
principaliori sua virtute. So sage ja auch Aristoteles,^) der i
vövg sei eine Substanz^ und nicht anders meine es Augusiiiitt»*
Q. 87, a. 1, und im engsten Anschlüsse daran Kapital 46
des dritten Buchs der SuBima contra gentiles erörtern den
Aristotelisch-scholastischen Satz, dass die Seele sich nicht im*
mittelbar erfasse, sondern nur durch Vermittelung ihrer Be-
*) Videtor qiiotl intellecUis non ait iiliqua potentia animae, m^ tit
ipia eiuB estentia. InteUi'ctue enim idem videtur eeae qood mens. 8ed
meni non est potentia animae aed e4iaentia; dicit eniui ^u^^ti^tnuji ^. di
Trinii. : »iow» et »pintus tton relative dicuninr grd fAsctttuim ihmfrnxtrnni.
Ergo intelloctus est ipsa eösentia antinae. Drj Citat ist ungenau« wenn
auch dem Sinne nach nicht anrichtig. Auffallender ist die Abwpirhnng
qu, 77, a. l, utrutu ipaa easentia animae ait dua potentia? Ob. 1 be-
sagt: Yidetur quod ip«a essentia animae tit eiua potentia. Dicit tuim
Auguitinus in 9 de Trinit., quud men» notitia ei amnr »unt suhHanti'a-
Hier in anima vel, ut ita dicam, essentialiter ; et in 10. dieit quod iwii-
moria intellifjenfia et volufttm ifunt una vitn w«« mens *t unn rturfnlvt.
Auf die erste Stelle verweist ebenso Qt$, dkp, de ftpirttualibtts cneaturu,
a. U, wo es mit Besiig auf dieselbe Fra^e hetMt: Videtur qnod sia 0i* |
cit enim Augustinus 9, th Tiinüatti adnmnemur Kaec, ifcihcet mentem
fiotitiam et amorent in anima existert nthstantialiter give esttentialiier,
tton tamquam iti suhiecto ut ciflor aut figura iii corjiore aut uUa alitt
quantitas aut qunUtaa, Dortselbst aber heisst es i*ap. 4, n. 4: Men« et
atnor et uotitia eins tria quaedam «unt et haee tria unum sunt: et cuns |
perfecta sunt» atiqualia sunt. Sodann n. 6: Simul etiam admuneoiur ,
hnec in anima eiciatere et tarnquatn involuta evolvi ut sentiantur et di- 1
numerentur ajubstantialiter vel, ut ita dicam, ewsentialitrr» non tanquani
in atibie^to etc, wie oben ,.,»., Qfiamobrpm non amor et cognitirt
tamquam in subitirto inaunt menti; sed irub*iiantrialiter etiam ista «110!, {
sicut ipsa men»: quia etsi relative dieuntur ad iuvicem, in «na tameti |
sunt singula quaeque subatantta. -- Das Cilat aus dem selinien Bticli«l
kehrt in vOlUg d- * jils üb. ^ 1 m tial aber |
steht 0. U, n. 1B: 1 nemoria 1 üs, quo*
jMm non ^unt insi vtiae, eed nna vita« nee in*« mcntes, sed uua mtjui, j
Misequenter utiqae nee tres suhstaiitiat^ sunt, sckI una »mli^tantia*
S) Ue anima l, 4, 408^ 18.
Auifuntinue-Cüatt! bei Thrnnaa van Aquin,
545
tätif^ng, also nicht per essen tiam, nicht seipsam per se ipsam.
Augustinus ist anderer Meinung; aus De Trinitate IX, 3 citiert
die erste Objektion: mens seipsam novit per seipsam quoniam
est incorporea. Ohne tieferes Eingehen auf die Denkweise des
Kirchenvaters sagt die Responsio: man könne das per seipsam
gelten lassen, denn es ist ja die intellektive Seele selbst, die
durch ihre Erkenntnistätigkeit sich selbst erkennt.
Kann Gott durch seine Allmacht etwas ins Nichts zurück-
fuhi-en? Für eine verneinende Beantwortung verweist in Q. 104,
a, 3 die erste Objektion auf den Satz Augustins aus De diversis
quaest. 83, (|u. 21: Dens non est causa tendendi in non esse.
Der Ausspruch gehört dort einer Erörterung über das Übel an,
das seiner Natur nach als etwas Negatives, ein Nichtseinsollendes,
eine privatio boni, bestimmt wird. Die Beantwortung ignoriert
dies ganz ebenso wie die Objektion und begnügt sich mit der
Bemerkung^ Gott sei allerdings nicht Ursache des Nichtseins
im eigentlichen Sinne, wohl aber sei er es per accidens, indem
er den Dingen mit seiner Wirksamkeit die unerlässliche Stütze
ihres Seins entziehe.
Koramt den Körpern eine Kraft zu wirken zu? Einwand 1
in Q. IIa, a. 1, citiert die merkwürdige Stelle aus De civitate
Dei V, 9, wo Augustinus nur die geistigen Wesen aU wirkende
Ursachen anerkennen will/) und führt in freier Wiedergabe des
dort Gesagten die Dreiteilung auf: actum et non agens, sicut
sunt Corpora; agens et non actum, sicut Dens; agens et actum,
sicut substantiae spiritualest Die liesponsio will dies dahin ver-
standen wissen, daiss hier nur von der Körperwelt im ganzen
die Rede sei, die kein Substrat ihres Wirkens mehr unter sich
habe, wie es die geistige in der körperlichen Natur besitze.
Aristoteles lehrt und Thomaa iblgt ihm darin, dass der
Intellekt den Willen bewege- Die Erörterung im zweiten Teil
der Summa, 1» Q. 9^ a. l, bedarf entgegengesetzter Aussprüche
*) Causa itaque rerum, quae facit. nee fit, Dem e«t. Aliae rero
causae et fociant ist Sunt, licut iunt omnei oreati sptritui, ma»me ni'
tionnles. Cotportiles autem causii.e, quae magifi fiunt, quam f&ciuntt non
BUßt inttfr causa» efficientes adnunieraudae.
546
Frhr. v, Merilmg
und findet einen solcben in einer Predigt Augustins, Enarr, in
Psalm, 118, sermo 8, n, 5, den sie folge ndermassen wiedergibt:
praeyolat intellectus, sequi itur tardus aut nullus affectus, sciiiius
bonum» nee delectat agere.^) Die Auflösung der Schwierigkeil
aber wird darin gefunden, dass die angezogene Autorität nicht
besage, quod intellectus non moyeat, sed quod noii niaveat ex ne-
cessitate. Zu einer eingehenderen Untersuchung, welches lüer«
über die Meinung Augustins gewesen sei, findet »ich Thomas
nicht veranlasst*
P. II» 2| Q. 58, a. 11 bestimmt, dass die Gerechtigkeit
dem reddere unicuique» quod suum est» ihr Wesen habe. Aber
Augustin, wirft die erste Objektion ein, sagt De Trinitate XIV,
9, zur Gerechtigkeit gehöre das subvenire miseris. Das verschlägt
nichts, besagt die Antwort, denn zu der Gerechtigkeit als Kar-
dinaltugend treten andre, sekundäre Tugenden hinzu, daruntt^r
die misericordia, und so kann auch^ was Augustinus an der
citierten Stelle anführt, per quandam reductionem der Gerech-
tigkeit als der prinzipalen Tugend zugeschrieben werden.
Diese Beispiele können genügen.*) Man sieht, ron einer
'} Wörtlich heisst es a. a. 0.: Praevolat intellectue; et tarde it-
qaitur et aliquando noa sequitur huroanus atqne infirmus alfeetiu.
^) Dieaelben lassen sich beliebig vermehren. Ich greife heraus: i', l,
qu, 14, a. 12 stellt fest, dass sich die Erkenntnis Gk)ttes auch auf Un-
endliches — infinita — beziehe, und bedient sich als Hauptautontftt
eines Ausspruchs auH De civitate Dei, Aber aus einem und demselben
Kapitel dieses Werks -- XU, 18 — stammt auch der eraie Einwurf:
quidquid »cknHa comprehenditur scientis compTehi!nsi4}ne finiiur, Bed
infinita non possunt finiri, etc. Bei Aufj^uütiniiiii bildet jener Saie kei*
nen Einwurf, sondern nur ein Mittel^ ilie Unver^^^lcicbli tt*
liehen Wissens hervortreten zu laesen. Thomas aber un ia
cogiioscere infinituni secundum moduni infinitt, ein tu Ende Zahlen un-
endlicher Teile ist unm(>gl]ch; da« göttliche Denken aber ist ein simul-
tanes, in ihm ist alks zugleich. — Qu^ 17, a. 1 fragt, ob es Falsehheii
in den Dingen gebe, und citiert uns Df vera rfUmotu!, wit« sich freiUeh
dort iK» nicht findet^ wenn es anch an dii* ünti^rsurhung in cap. S3 ao*
klingt r re« non fallnnt, quin non Mtendunt aliuä quam attam itpeei^m^
Aus dem folgifuden Kapitel der gleichen Schrift ist die Uituptaatoriykl
entnommen: mnne coryM est verum corim* et falsa uniUu. Di« Anl>
AugtMtifHM*Citaie bei Tlhoma» v<m Aquin,
547
wirklichen Auseinandersetzung mit Augustinus ist nicht die
Rede, sie liegt gar nicht in der Absicht; es sind konTeutionelle
Citate. und die Erörterung bleibt überall an der Oberfläche.
Man kann auch nicht sagen, die Aunösung des Gegensatzes
tue ihnen Gewalt an. Der Sinn wird nicht verändert, aber so»
wie sie dastehen, erhalten sie die Etikette aufgedrückt, die sie
als verträglich mit den Lehrsätzen der Schule erscheinen liisst.
Nicht minder zahlreich aber sind die Stellen^ an denen
sich aus der Verwertung der Citate die inhaltliche Beeinflussung
des mittelalterlichen Denkens und Wissens durch den afrikani-
schen Kirchenvater ermessen lässt. Dabei sind wieder zwei
Gruppen zu unterscheiden. Die Citate der einen gehören mit
verschwindenden Ausnahmen sämtlich dem grossen Werke de
civitate Dei an. Wie dem Mittelalter überhaupt dient es dem
Aquinuten als Quelle für seine antiquarischen und philosophier
geschichtlichen Kenntnisse. Dort findet er die Angabe, Anaxa-
goras sei von den Athenern angeklagt worden, weü er die
Sonne für einen glühenden Stein gehalten und geleugnet habe,
dass sie gottlich sei^*) und nicht minder die andere, dass Plato im
Timaeus unter dem Feuer den Himmel verstehe;*) von dort über-
nimmt er die berühmte Stelle aus dem gleichen Dialoge, welche
den Willen des obersten Weltbaumeisters als das festeste Band
derUnauflrjsbarkeit für die gewordenen Götter bezeichnet;') von
dort weiss er, dass zu denen, die Fatum und Providenz ge-
wort lautet: res per «e non fallunt, aed per accidena. — Der dritte Ar-
tikel eben dort «teilt feat» da«B sich Wakrbeit und Falflchbeit nur im In-
tellekt tindet. Aber, wird ei n ff e wendet, Angiiatinus» De diversiti quaetft 83^
qti, 32 iiügt: Omni», qui faUitur, id in quo ftdlitur non inteUiffit. Er-
_ kennen wir also^ so täugcben wir un£ nicht, und es kann sonacb keine
■ Falachheit im erkennenden Yeratande geben. Die Antwort betagt:
■ Augiiaiinua bat Recht, wenn man von Erkennen im strengsten Sinne,
H vom Erfassen dea Weaenabegriffa redet.
H 1) Dr ciritate Dei XVIll, 41 in S tK ], qu, 70, a, »,
^^^ >) Ibid. Vni, 1 1 in qu, 66, a. 1 ad 2.
^^B "} Ibid. Xül, 16 in qn. diap. de itpint. crefüuris a. 1« ob. 16. Tho>
itui0 bemerkt dara, Plato meine nicht die Engel, aondera die Himmid»-
kOrper.
548
Frhr, V. Eertling
leugnet haben, auch Cicero gehörte,^) und dass dieser loeutor
egregius keinen Anstanrl nahm, die Barmherzigkeit eine Tiigtetid
zu neonee;"'*) von dort kennt er die acht Strafarton, welche ein
Fragment aus Ciceros Werk de legibus auf/Jhlt.*) Wenn er
an zwei Stellen von Varro berichtet, dass dieser Gott fUr die
Seele der Welt gehalten habe, so beruft er sich dafür ebenäio
auf Augustin,*) wie da, wo er eines Ausspruches des gleichen
Varro gedenkt, nicht die Seele allein und nicht der Körper
allein, sondern beide zusammen machten den Menschen aus.*)
In dem gleichem Werke hat er gefunden, dass und warum
einige von den alten Philosophen die Ewigkeit der W^elt be-
haupteten,^) dass ebenso manche einen W^ecbsel der Weltperiodcii
gelehrt haben;'') aus der gleichen Quelle hat er geschöpft, waa
er über die Lehre von der Seelen Wanderung wusste.'*) Aus ihr
hat er entnommen, dass in der Lehre von den Affekten eine
Diiferenz zwischen den Peripatetikern und den Stoikern be-
stand,^) dass die Griechen die motus animi midt] nannten, was
Cicero mit perturbationes übersetzt habe, andre mit afPectiones
oder affectus, wieder andre in näherer Anlehnung an die Qriecheo
mit passiones,*^) dfiss die Stoiker tlen perturbationes drei evnd&am
entgegenstellten»^^) Dort fand er einen dem Hermes Trismegtatas
zugeschriebenen Ausspruch/*) dort die Lehre des Apulejus und
andrer Platoniker über die Dämonen,^') dort insbesondere wis
i) Dt civitate Bei V, 9 in S. th. I, qu. 116, a, 1.
*) Ibid, IX, 5 in 5. th. IL 1, qu. 69. a. l.
*) Ibid. XXI. U in qu, 105, a« 2, ob. 10.
*) Ibid. VII. 6 in I, qu. 90, a. 1 nnd qu. 8. a. B.
&J Ibid. XIX, 3 in f/w. 76, a. 4.
«) Ibid. XI, 4 in qu ifi, a. 2 ad l.
') Ibid, XII, 13 in Summa e, n, 17, c. 82.
»I Ibid. Xir« 13 in H. ih. U qn- 40, a. ^ ad 8.
») Ibid. IX, 4 in n, l, «TM. 59, a. 2.
>«) Ibid. IX, 4 in II, 1, qn. 22, &. 2,
^») Ibid. XIV, 8 m qu, 59, a. 8.
»*) Ibid. VIU. 23 in Summa r, ß, jU. o. 104,
^>) Ibid. VUl, 16 ta qu. 116, a. 6, 11 Diiil, 8, //m. 1, a. 1, ob. ];
8. e, jT. HI. 109: in 6. e^ 1, f|ii. i2, a, 8 b^richt^t Th., die Platoniktr
h&tten DainonHn al» Mittelwi.*«äti swiüirban ÜOtt^ni und Menicbea an*
ÄugusUnus-Ckate hei Thomas van Äquin,
S40
er des öfteren von Meinungen des Porphyrius zu berichten
weiss.*) Dagegen ist die Notiz, Demokrit lasse die Sinneswalir-
nehraung durch Bilder zustande kommen, welche von den Ob-
jekten ausströmen, nicht dem grossen Werke, sondern einem
der Briefe Augustins entnommen.*)
Weit wichtiger ist die andre Gruppe. Sie Ulsst erkennen,
in welchem Umfange die eigenen Gedanken Augustins zu festen
Bestandstücken der christlichen Spekulation geworden waren.
In mehr als vierzig Artikeln der theologischen Summe, in
welcher Fragen erörtert werden, die in das philosophische Ge-
biet einschlagen, heisst es nach der Aufzählung der üblichen
Objektionen: sed contra est quod dicit Augustinus, und bildet
ein Ausspruch von ihm die Hauptautorität, welche für die nach-
folgende Auseinandei'setzung massgebend ist. Dazu sind dann
noch weiter die zahlreichen Stellen zu rechnen, an welchen
Augustin zur nachträglichen Bestätigung der entwickelten Lehr-
meinung herangezogen wird.
Mit Augustinus lehrt Thomas, dass in Gott Sein und Denken
zusanunen fallen,^) dass das göttliche Denken kein diskursives,
sondern ein simultanes und stetiges ist*) und sich auch auf
^Dommeti, denen die Fümor^'e für die letzteren Übertragen seit und be-
ruft »ich dafHr auf CitK Vei IX » wo in c. 1 und 2 davon die Rede ist,
daas die Platouiker gute Dämonen angenoninien bäUen, welche im Inter-
ei»e der Menschen zwischen ihnen und den Göttern vermittelten; Civ.
Dfi Vlir, c. 13 u. 14 in qu. 63, a. 5.
») Ibid. X, 11 in qu. 63, a. 4. ob. Ij X, 0 in qu, 6U, a. 3; X, 11 in
q*t, 116, a. 5, oh, 3; Xll. 26 in 11, I, qn, 4, a. 6; X» II in 5. c. (f. HI,
c. 106 0. 107.
*) Ad Dmcnruw, Ep. 118» c* 4 in 8. th, I, qu, 84» a. 6.
') .S. th. qii. 14, a. 4: ntrum ipsiitu intelligere Üei mit eiua sabBtan*
titt. Nach den Objektionen: Sed contra ett qnod didt Augustinus in 7 de
Trift, Dm fioc est ejtae qitod Hapientem esse, Daa Citat fasat eine länfj^ere
Erörterunpf in eine kur7.e Formel zuaammen. Bei A. a.a.O. c. L n, 2
hei«at es: . . vere ibi est »lutnma siniplex essen tia: hoc ergo est ibi esse
qnod sai^ere, Jn der von Thomas gegebenen ßegrftiiilung ist von bt?-
<toad«retn Interesse die Beziehung auf das BwÖlft« Buch der Metaphysik
dev Anstotetes.
♦} Ibid, a. 7» Hauptaatorität. De Trm. XV, 14, n. 23; g«. 12, a, 10.
550
Ffhf, t\ HtHUn0
das Ünendliclie erstreckt,') von ihm übernimmt er die chri^tlielil
gewendete Ideenlehre.^) Mit ihm lehrt er, dass ein Schiifftrtij
aus Nichts allein Gott zukommen könne,^) dass sich Gott beij
der Gestaltung der Dinge keiner Zwischenwesen bedient hftbe,^)!
dass auch die materia prima von Gatt geschaÖen sei,*) ihin
folgt er in der Verwerfung der Lehre des Origeues, welcher
das Entstehen der materiellen Welt mit dem Falle der Geister
in Verbindung gebracht hatte.^) Mit seinen Worten lehrt «r,
dass die Welterhaltyiig nichts andres ist, als eine fortgessetxti»
Weltschöpfung;') was er über die Weltregierung^) und die
Hftuptautorität De Tri«. XV, 16, wo aber der im übrigen wörtlicli d-
tierte Satz durch fortaftsis eingefüiirt wird.
1) Ibid. a. 12, Hauptaut, Civ, Bei XII. 18.
^ ^1*. 15, 8. 1, «trutn ideae aint: a. 2, iitrum eint plures idtme;
a. 3, uirtim omnium quae cogDOscit Dens aint ideao. In allen dreieii
bildet die Hauptautorität De divers, quae^t. 83 « qu. 4G. Die gleicJie
Stelle Hauptaut, qu. 45, a. 3, utrum causa «Xfiuplari« ait aliquid pt]
ter Deum.
■) Qu. 45, a. 5» utnim aoliui! Dei ait ereare. Nach Anführung
Objektionen: 8ed contra est qiiod dicit A. in 3. de IVtw, quod ne
honi tieque mali angeli posaunt esse creatorea alicuiua rei« Multa muiiia
igitur ahae creaturae, A, a. 0., c. 8 will A. sceigenf dass die DJLmoiie]]
nicht seibat etwas schaffen, »ondern nur die den Dingen anerachaSimiiii
Kräfte und Samen zur Entwiekelung bringen: Invisibilium enim Hcmi-
num Creator ipse Creator est omuiiini rerum: quouiam quaecuTn<)ue nft*
Bcendo ad oculos nostros exeunt^ ex occuUis aeminibus accipiunt progre*
diendi primordia . _ _ Sicut ergo nee parentes dicimuH cr«/atore(t hib-
minum, nee agricolas creatorea Crugtim : tta nan äolum malo«,
sed nee bonos angeloa fas est putare crefttores. Dom Gott lülein die
Schöpfermacbt eigne, ist somit alletdingn seine Meinung.
*) 0«. 65, a. 4, utrum formae corporum «int ab angeht. lii<? Haupt-
autoritltt ist abermals De THn* 111, c. 8, wo A. *»age; Non cat putjin*
dum angelis ad uutum aervire banc coqioralem maleriam ^ed potins Dto.
Wörtlich hdast es dort: Nee ideo putnndiim est i»tiii tninsgresiiaribm
angelia ad nutum servtre hiuic Yisibilium rerum materiam.
^) 9m. 44, tt. 2, H.. ' '■' . 7.
«I Qu, 47, Ä. 2: m. igen Ciü. />ci XT. r 1ä3,
'^} i^u, 9, a. 2 erörtert die üuvf^riuiderlidikeit alt« a*i Im
Merkmal Gottes. Diift Uauptautoritlt mt iler aus De natur. ^ I
nioht wDriÜdi nbor sinngemiLsa zitierte Aussprudi: Bolmi Dm» inuAilUl!-
Äugustinm-CUat^ hei Thomas mn Äqutn.
551
Unterbrechung des regelmässigen Naturlaufs durch das Wuu-
der,*) was er über Wesen und Ursprung des Übels*) zu sagen
weiss, stützt sich auf Augustins grundlegende Erörterungen.
Nicht minder folgt er ihm in der Lehre von der Subsistenz,*)
Immaterialität^) und Gottebenbildlichkeit der menschlichen
Seele.*) Nur an einem Punkte nennt er ihn nicht. Ihm hat
bilis est, quae autem fecit, quia ex nihilo sunt, mutabüia sudI. Die Aus-
einandersetzung bewegt «ich gans in A/schen Gedanken, und beruft aich
für den Satz, daaa die Dinge ins Nicbta zurückfielen, entzöge ihnen Gott
Beine Wirksamkeit, auf Gen, ad liUeram IV, wo c. 12, n. 22 der Gedanke
mit aller Schärfe auagesprochen wird, der von da in die christliche Spe-
kulation übergegangen ist.
®| Qu. 103, a. ö, Hftuptaut. Civ. Dei V; U; a. G, Hauptaut. De
Trin, lU, 4.
*) Qu. 105, a. 6, utrnm Dens poasifc facere aliquid praeter ordinem
rebus inditum. Massgebend ist Contra Famtum XXVI, c. 3. Ob. 1 citiert
daraus Deus conditor ei aeafor omruum nafurarum nihil contra naturam
facit (das gleiche Citat auch S. c, g. 11 1, c. 100). Von dort ist, nicht wÖrt-
lieh, aber dem äinne nach richtig die Hauptautoritat entnommen: Deus
aliquand<i aliquid facti contra cur$um naturae^ Äti* der gleichen Schrift
zieht sodann die Erörterung im Hauptteil noch zwei Sätze heran; Deas
contra ^olitum cursain mUurae facit: ned contra Btimmam legem nulh
modo facit quia cofilra seipsum non facit (verkürzt wieder gegeben) und :
id tftt euüihet rei naturale qtwd üle fecerit a quo est omms modus nu-
et ordo naturac. Damit sind zugleich die sämtlichen Funkte be-
eichnet, auf welche die Erörterung sich erstreckt.
^1 Qt4 48, a. 3 u. 4, Hauptaut Euchirid. c. 14; qu, 49, a. 2, Hauptaut.
De divers, quaest 83, qu, 21 (nicht wörtlich, aber dem Sinne nach richtig).
^) Qu. 75, a. 2, die menschliche Seele ist aliquid subtistens, Haupt-
au ton tat De Trm, X, 7, n. 10 (nicht ganz wörtlich),
*) Qu 75, a* 1, Hauptaut. De Trin, VI, 6, quod anima simpiex di-
citur respectu corporis qma mote non diffundilur per spatium loei, Wort-
Heb heis&t ea a.a.O.; Creatura quoque apiriUlis, sicut est anima, est
quideni in corporis comparatione simplicior ..... Nam ideo stmplicior
est corpore, quia non mole diffunditur per spatium loci. Ibid. a. 5»
Hauptaut. Gen, ad litt, VIT (c. 6, 7, 8), wo A. beweise, quod anima non
est facta ex materia corporali nee ex materia äpiritali. Doch kann man
zweifeln, ob hier wirklich eine Kontinuität der Lebre besteht.
^) Qu, 98, a. 1. Die Darlegung im Hauptteil nimmt Aufgang von
^ De dieers, quaest, 83, qu. 74; a. 2, die Hauptautorität aui Gen. ad lUt.
VI, 12, n.2l.
552
^hr, V. HeriUftff
Aristoteles für die Ansicht des sogenannten Creatiantsmos neue]
Stützen geliefert; dass Augustinus zeitlebens zwischen diaser j
und der des Generatianismtis geschwankt hat, wird nicht er-1
wähnt.^) Von ihm übernimrat er dagegen wieder die Fonnelt I
welche das Verhältnis von Seele und Leib ausdrückea st»U.
dass sie nämlich ganz im ganzen und ganz in jedtmt sdnür
Teile sei.^) Auf Augustinus stützt er sich, wo er beweisen
will, dass der Intellekt dann, wenn er sich auf sein eigent»
liches Objekt, die qaiddita.s rei, richtet, niemals falsch aM*iD
könne, ^) und da, wo er bestreitet, dass ratio und intelligeDiia
getrennte Vermögen seien.*) Augustin ist sein Föhrer, wenn
er lehrt, dass es Für den Willen des Menschen ein letztets Zid
gebe, einen obersten Endzweck, in dem alle übereinstimmen/)
dass auf dieses Ziel, das höchste Out, die Glückseligkeit, iitr
Wille mit Notwendigkeit hin gerichtet ist,^) dass er da^^egen«
was er im einzelnen erstrebt, die verschiedenen Kinzelgüter,
nicht notwendig wollen muss.'O Augustinus ist endlich Führer
in den grundlegenden Bestimmungen auf dem ethischen Ge-
biete. Die Lehre Ton der lex aeterno, dem ewigen Weltgesetz,
welches zugleich die Norm für die Ordnung des Menschenlebens
enthält, war von der Stoa ausgebildet worden, mit allem Glänze
seiner Rhetorik hatte Cicero sie verkündet, durch Augu»tinu9
aber war sie unter ausdrücklicher Zurückführung jenes Oesetzea
auf den göttlichen Willen dem christlichen Gedankenkn^H»* ^m^
^) Be&onders auffallefid i^t diese« Scbweig^a qtt. ]18, ti. 1^1^.
*) Qu. 76. a, 8. Hanptaut. Dt Tfimt Vi, 6, ebenso V«. ^^P «*<
Spiritual, creaiur,, a, 4 erste Autonlät, Qu, disp, de amma, a. 6 HaapU
aiitoritAt
•) Qt4, 65, a. 0, Rauptaut De 4ii>ers. quakst, 83. qu* 32,
«) Qu. 79, a. 8, Hauptaut Oen, etd Un, Tlf, 20* wo rnnlith nur
[ratio, mens tmd int«lHgentia ab gleichwertige AusdrQcke neben einander J
ehen.
^) 3. tK Ih 1. qu. 1. a. 0. Haoplaat Civ. Du XIX tUupl-
auiorität De Trin XTU. 3 wuä 4 ffonuelh&fl ;- i Aigi^ni.
«) S. tK h qu. 82, a. l, Uiiuptuut* De Tt
^) Ibid. Ä, a. Hauptaut- Httraei. l. 9» o. 4.
Äugustinna-Cilale hei Thamas von Aquin,
ssd
gefügt worden. Von ihiD übernimmt sie Thomas;*) mit ihm
erblickt er den Sitz des moralisch Guten and Bösen im Willen
des Menschen ^) und den Masüstab dafür iiu Verhältnis des Willens
2ur lex aeterna.^) Mit ihm bekennt er sich zu dem bei richtigem
Verständnis unbestreitbaren Grundsatz, dass sich der moralische
Charakter einer Handlung durch den Zweck bestionue,*) mit
ihm ist er tiberzeugt, dass die Glückseligkeit nicht in einem
geschaffenem Gute,*) sondern nur im Schauen der absoluten
Wahrheit bestehen könne,*^)
Trotzdem wäre die Annahme irrig, dass Thomas in allen
Fällen der Autorität Äugustins den Vorrang vor jeder anderen
einräume. Es fehlt doch nicht an Stellen, an denen die Meinung
dieses Kirchenvaters nur als eine neben anderen aufgeführt wird,
aber sie sind häufiger, wo das theologische Gebiet berührt wird,
als bei rein philosophischen Erörterungen,'') Wichtiger scheint
etwas andres zu sein.
Wo die ün Veränderlichkeit Gottes den Gegenstand der
i) De libero arbitrio l, 6, n. 15: tiiiid illa lex, quae summa ratio
iiominaiuT, cui semper obterBperandum est et per quam mall miaerain,
boiii beatfini vitam merentur, per quam denique illsi, quam temporalem
vocandam diximuB, recte fertur, rectcque mutatur, pote»tne cuipiam in-
tellipenti hqii incommatabilia aetemaqae videri? Daraus in S.th. [1, 1,
qu. 91, a. 1 al8 Hauptautoritäi eitiert: Lex quae Humma ratio nomiDa-
tur non potest cuipiam iDteUigenti non incommutabilis ueternaque vi-
dm; ebenso qu. 93, a. 1: lex aetema est summa ratio, cui semper ob-
teinperarjdum est. Im weitem Verlauf heisgt es a, a. 0,: üt igitur bre-
l^iter aeteniae legis notionemf quae impreflsa nobis e«t, quantum valeo
verbi« erplicem, ea est qua iuatum est ui omnJa siut urdiimtiflaima» Mit
Bejcug hierauf eitiert die Hauptautorität (Jit. 03, a. 2: aetemoe legia
Uo nobia impreasa est. — VgL Qu, 93, a, 6, Hauptautoritllt Civ. DH
M2.
«) 8, ih, 1, 2, qtK 20, a. 1, Hauptaiit* BettacL I, 9, 4,
«) Qu. 19, a. 4, Hauptaut. Contra Fausinm XXII, c. 27.
*) Q^' 1* a. 3, Hauptaut. Dt vmrihun Manich, c. 13 (s^usantmea-
gcxogeü),
*) Qa. 2. a. 8, Hauptant. Civ. Dei XIX, c. 26.
^ Qn. 3, a. 5, Hauptaut. Df Trtn, l, c. 10 (lusammonge^ogen).
'^) VgL beiapielawei^e: S, th, I, qu. 19, a, 6; tjti. 6G, a. 1; */m. 67, a. 4;
qu 69i a. l; a. 2; qu. 71. a. 1: qu, 74, a. 2.
1001. S$U««b. d< pbitot.<phIIo1. o, d. Übt. Kt 97
554
Frhr, t\ Heritin^
Untersuchung bildet,^) wird ein Ausspruch Augustins imjss s*ii>c
Erläuterung der Genesis^) in Form eines Einwands heranj
Spiritus Creator movet se nee per tempus nee per locuoi. AI
wenn er überhaupt sich bewegt, so ist er in einem be^iimiDteB
Sinne veninderlich. Die Antwort besagt: Augustinus Hprich4^
dort im Sinne Piatos, der vom ersten Beweger lehrt, duss
sich selbst bewege^ wobei er jegliche Tätigkeit, also auch Denke
und Wollen unter dem Begrifl' der Bewegung subsumiert. Dw
aber sei ganz etwas andres, als was man jetzt in den Schulen
unter Bewegung verstehe — ut nunc loquimur — , wo mau mit,
Aristoteles die Bewegung als die sich verwirklichende Fot«tiirj
fasse, insofern sie im Prozesse der Verwirklichung begriffe
ist. — Aus dem gleichen Werke wird anderswo die Meinungl
angeführt,^) die Dämonen hätten luttartige Leiber, aber inifc
der Bemerkung zurückgewiesen: Augustinus non loquitur
serendo, sed opinioue Platouis utens.*) Die Bemerkung isi
nicht unberechtigt, da Augustinus jene Meinung, die er de
Apulejus zuschreibt, nicht ausdrücklich billigt, sondern zeigi^n|
will, wie mit ihr, wenn sie als richtig vorausgesetzt wird, derl
Text der hl. Schrift in Einklang zu bringen ist. Wieder anf
einer andren Stolle^) wird den Confessionen, Xll, 2, die An-
sicht entnommen und der aristotelisch-thomistischen entgegeks*!
gehalten, dass es nur eine Materie för alle Körper gebe. Di^l
Antwort besagt: Augustinus sequitur in hoc opinionem Pl&iDnbl
non ponentis quintam essentiani. Hit diesem Namen bezeichnet I
bekanntlich Cicero den von allen irdischen Elementen durchaoa^
unterschiedenen Äther, aus dem nach Aristoteles die Htintiiek-
^ Qu. 9, ft. i.
<) Gen, ad liU, VHI, c. 20, wo es wörilieb hm%t: Si!>intm «isttca]
Creator movet seipftum sinfi tempore nc loco, movei couditum npirilae
per tempu» »iue loco, movet corpus per tmnpiii» «t loctitn,
>) Oen, aä lUi. IIl, lü.
^) ^. ih. I, //». 51, a. 1, üb. 1 u. lul 1. Wörtlich (lU'.rcia«Uiiai3ii»jd
Qua€0t, tUäputai, de ttptrüuah ^eat, a* 7« ob. I u. a^l L
^) Qu, 66, a. 2, ob. L
Ängmiinu^CUaU bei Thomoi von Äquin.
S55
körper bestehen sollen. Und von der an dem gleicheo Orte
sich findenden Änsserung über eine gewisse prophetische Kraft
der meDSchlichen Seele meint Thomas, sie lasse sich nur ver-
teidigen oder sei nur in dem Falle rationabilis, wenii man .^ich
zu der Platonischen Ideenlehre bekenne.^)
Dürfen wir hierin die Ansätze zu einer geschichtlichen
Würdigung erblicken? Erkannte Thomas an, da8S Augustinus
in manchen seiner Ansichten auf einem andren Standpunkte
stehe, dass sich sein Denken unter andersgerichteten Einflüssen
entwickelt habe? In der ersten Periode der Scholastik bis hin-
auf 2U Abälard hatte Plato als der grösste unter allen Philo-
sophen des Altertums gegolten. Begreiflich genug; denn be-
man auch von seinen Schriften nichts als den Timäus In
er Übersetzung des ChalcidiuSi so hatte doch Aogustiiuis von
ihm gesagt, dass sein Euhm den aller andren verdunkelt habe
und dass er von allen dem Christenfcume am nächsten gekommen
sei. Jetzt aber galt in den Schulen der Albertisten AristoteleB
als der erste Meister in der Philosophie; ihm folgte man auch
da, wo er sich in seiner Polemik gegen Plato wendet, während
diejenigen» die in den alten Bahnen weiter gingen, an dieser
Polemik Anstoss nahmen. War Augustinus von Plato beein-
flusst, so konnte es wohl kommen, dass einzelne seiner Be-
luptungen sich den Gedanken der neuen Aristoteliker nicht
ügen wollten. Sollte Tlionias dies erkannt und unbefangen ge-
würdigt haben? Die letzten Anitlhrungeo betrafen nebensach-
liche Dinge. Können wir erwarten, dass in wichtigeren Fragen
Thomas sich mit dem platonisierenden Augustinus wie mit einem
wissenschaftlichen Qegner gemessen und ihm das Gewicht der
von Aristoteles hergenommenen Argumente gegenübergestellt
habe? Das würde völlig aus dem Rahmen der mittelalterlichen
Denkweise und jener die Scholastik von ihren Anfangen an be-
herrschenden harmonisierenden Ten<!Mn/ li^i .austreten. Tutsüch-
') Qu, 66, a. 4, ad 2 ciiiert aus den Confemanes: anima habet quan*
Jttrn vim «arfii ut ex siia natura possit futura cognoacero. Zur Suche
z. gl. A. a. 0. IV. 3 und VH, 6,
87 ■
&56 ^VÄr. p, Htflämf
lieh ist er Ton einer solchen SteUangnahme wril ratfemt mA
sein Verfahren ist ein andres.
S. Th. I, qu.84, a-6 bringt einen ansfährlicben Berii r
die Lehre Plaias vom Zustaniiekommen unserer Krk^
der höheren wie der niederen, und darin die suis Aagasliii g^
schöpfte Angabe, Plafco habe im Gegensatz zu Arisftotelea dk
Sinnestatigkeit als eine der Seele selbst zukommende beseieknet.
Dann heisst es weiter: et hanc opinionem tangere videtur Augis^
stiniis, Gen. ad liti XII, 24, ubi dicit quod corpus ncm seotti,
sed anima per corpus, quo velut nuntio utitur ad formaiMii
in aeipsa quod extrinsecus nuntiaiur. Aber an der angegi
Stelle findet sich keine Andeutung, dasa Augustinus nur mt
fremde Meinung habe berühren, nicht seine eigene Tortragee
wollen*') In der Untersuchung über die Seelen vermdgea und
ihr Verhältnis zueinander, welche qu. 77, a. h anstellt, wird
aus der gleichen Stelle eine der üblichen Objektioneii eot-A
nommen.^) Die Besponsio sagt, nach Plata solle das aentirt^
») In dem gleichen Artikel wird in ob. 2 ao« Gtn. ad hU, JtU, lt.
33 angefTihrt: Non nsi putandiim facere oliqaid irorpo« in Bpiritam tMm^
quam spiritufi corpori facienii materiae vice atibdatnr. Omni entia modi^
praestantior est qui faeit ea rtj, de qua aliqtiid ttkcit, Dte Solutio flk]ict|
aus: A. ipreche nicht ?on der InteUektualerkenutnifl, Bondem roo
tina{;(inaiiveD, und da Plato annehioe, dais dtestf Knit' Htfi^
zukomme, bediene «ich A. hier dcMelben Argumenta»
teleä zur Einführung de» intellecius agena bediene (vgl. De ammm JIL 3
430» 18: agi yäg tifttäntgop t6 ,tötot:'r rot} :tdaxovt<K Mai i} dg^ff ^'^ vlffti*
Et procnl dubio oportet saenndom hanc pogitiouem in vi imaginaria ]
weate non äolum |>otentiam piMitivam» ued etiam aetivam. VI
andeTB. wenn man hiö mit Ariätüteles für eine vi« cuniunct*
corpus »entibile est nf^biliun organo animiiUfl« Man könnf aber
sagen, es sei Kwar die immutatio virtutis imAginartae per motum it
üum. wie Arifftoteles lehre» daxn komme dann al>er noeh eine weiti
Beeleakraft im ]^r ndo et di ' He FhaataMi^'
Uldar gefltalu«: ^^uot ac^ , AugaaUai --
der e« abe* offenRichtlit'h nicht so gemeint hat.
«) Wahrend aber in V«. 84. a (J wörtlich ciiiert wird, heuat e« I
untar wahrscheinlicher Nachwirlmng dftr Auifnhmngen ia 0«i. «4 <
XII» 24. n, 50, quod in titti! i
por<*. ut e«t timor et i *■•
AngustinuM-Citaie bei Thoma» ^'>on Aquin.
557
ganz ebenso eine Tätigkeit der Seele allein sein, wie das in-
ielligere, und fügt bei: in multis autem quae ad philosophiam
pertinent, Augustinus utitur opinionibus Piatonis, non asserendOt
sed reciiando,^) Dadurch wäre freilich eine wirkliche Divergenz
der philosophischen Lehren ein für allemal beseitigt, wenn man
jede Äusserung, welche den Einfluss platoTiisierender Denkweise
verrät, als blosses Referat verstehen dürfte. Aber an den an-
geführten Stellen erscheint dies doch wie ein blosser Notbehelf,
der bei öfterer Wiederholung seine Wirkung verlieren mösste.*)
^) GanK das gleiche Verfahren befolgt Qu* 89, a. 7, ob. 2. Aus
Aug. De ditinatione daemoitum wird citiert: daeraonea propter celerita-
tem motu» aliqua nobi» ignota denuntiant. Die Solutio besagt, A* spreche
hier im Sinne einiger, die da angenomtneti b&tten, die Dämonen h<en
Körper, eine Meinung, die er dort ansdrücklich berühre — exprease ian-
git — , aber magia recitando quam a^gerendo. Davon iät indessen an
Ort nnd Stelle nichts 2U bemerken. A. stellt sich bei seiner Erklärung
dnrchaui auf den Boden eben dieser Meinung. Wenn sich indessen die
Solutio zur Bestätigung auf Cit\ Dei XXI, 10 beruft» ao ist riehtig, das«
A. dort die gleiche Meinung al» eine Bokhe 1>ezeicbnet, welche von »ge-
lehrten Männern* gehegt worden sei» und bintiiftigt» wenn dagegen an-
dere meinten, die Dämonen hlltten keine Leiber» so wolle er darüber
nicht streiten.
«) Auffallender noch ist daa Verfahren Qu, 77» a.8, wo gefragt wird,
üb der aniraa separata, der durch den Tod vom Körper geschiedenen
Seele» die sämtlichen Vermögen verbleiben. Für Ja wird in ob. 6 aus
Gen, ad litt. XFf angeführt: »icut anima, cum corpus iai-et «ine sensu
nondum penitus mortuum, videt quaedam secundum imaginariam visionem:
tta cum fnerit a corpore penitua separata post mortem. Das Citat hat
den Text der Stelle, c, 32, vollständig verändert, so daas er einen ganz
andren Sinn gibt. Dort handelt es sich um die Frage» ob die Seele sich
nÄch dem Tode an »?inen bestimmten Ort begebe, und ob sie dazu einer
neuen körperlichen Hülle bedürfe, M, vgl a. a. 0. n. 60: lam utnim ha-
beat aliqnod corpus; cum de hoc corpore exierit» ostendat qui potest,
cgo autem non puto: spiritaleni enim arbitror esse, non corporalem. Ad
9piriUlia vero pro meritis fertur, aut ad io(^ poenalia similia corporibus;
qualia saepe demonatrala sunt üb qui rapti sunt « con^ons senaibus et
inortuis Himilcs iacuenait et infemaleä7poenns viderunt, cum et ipsi in
fgiptis gererent quandivm aimilitudiuem con>oris sui per quam possent
ad lila f»'rri et talia Himilitudiiiibu» Hmsuum Mperiri, Neqae enim Video
riir habeüt anima similitudinem corporis sui» cum irtc^^nte sine sensu ipw.«
§56
^Vfcr, V. Herüing
In der Regel befolgt daher Thoraas eine andre Methode: die
Augustinus-Citate werden unigedeutet durch stillschwei-
gende Assimilieriing, durch leise Korrektur oder auch durch
völlig gewaltsame Interj)retHtion,
Der Übergang von der zu Anfang besprochenen konveo
tionellen Verwertung zur t^ tillschweigenden Eingl*
das eigene Lehrsystem ist ein kaum merklicher; niai -L- clleii
lassen sich ebensowohl der einen wie der andren Kategorie
einordnen. In fjü. 88, w, 1 wird gefragt, ob die menselilic!)
Seele in diesem Lehen geistige Wesen oder Substanzen un-1
mittelbar oder als solche erkennen könne. Die Erörterung,J
welche zu einem verneinenden Ergebnisse führt, nimmt An
gang von der Lehre Piatos, wonach die Ideen, also immateriell^l
Wesenheiten, nicht nur überhaupt für uns erkennbar, sondc
sogar das erste in unsrer Erkenntnis sein sollen. Und in
Objekiionen wird aus De Trinitate IX, 3 der Satz angefllltrt:!
mens ipsa sicut corporearum rerum notitias per sensus corpor
colligit, sie incorporearum rerum per seipsam. Über den Sinn de
selben ist ein Zweifel kaum möglich: wir erkennen die Körper-
welt durch iinsre körperlichen Sinne, das Geistige erkennt uoserJ
Geist aus sich selbst oder durch sich seihst. Die Beantwortung]
aber meint, man könne ihn dahin auslegen — ex üla auetori-
täte Augustini haberi potest — > dass unsre Seele nach Ana-
logie der Erkenntnis, die sie von sich selbst besitzt^ auch dirJ
übrigen geistigen Substanzen erkenne. Damit ist dann di«|
Möglichkeit gewonnen, die Übereinstimmung mit Aristoteles
behaupten,*) der Augustmische Gedankengang aber völlig auf-]
corpore, nondnm tarnen penitiis mortuo, videi talia, qtuilia mdti es illaj
fubdiictione vivig redditi nanraveroDt, et noii babeat ciim perfecta mofimi
nitDB de ci»p[iore eiierit. Die Aniwart Uiitetf A. loqtntnr iht inqnir
nori aflserendo* tiiide quiiediira ibi dicU rotmctat« Nnn ta^gi iway A|
Betract. U, 24, wo er von dieser teiner Krkldtiiitf der Qeneiii npHelit:
in quo operts plorti qQKi^ita quam iii?eTita fttint, et eorum quii« iaTentaj
•oüi, piindom flrmiisi, ccttjra vero it* powta v * ' r^' niliiiat |
ZurQokgencmiiiion aber hat er von ^in«elü«ii i ^ Bvtcht \
niebt mi^br al« von deueo ' 'h.
M A. a,0. ad 1: . . t i q venim c*t. ui otiam apm! Phil*»- 1
Ättgtigtinus-Üiiate bei Tfumoi tmn Aqum,
559
giigibeii.^) — Kurs zuvor — qu. 87, a. 3, — wird fUr den
Satz, dass der lutellekt imstande sei, seine eigenen Akte 2U
erkennen, die Hauptautorität aus De Tri ni täte X, 11 genommen:
intelligo, me intelligere — , was aber mit der aristotelisch-
thomlstischen Lebre von der Erkenntnis der Substanzen aus
ihren Akten nichts zu tun bat, aondern nur das unmittelbare
Zeugnis des Bewnsstseins wiedergibt Qu. 84^ a, 6 handelt von
dem Zusammenhang der IntelJektualerkenntnis mit der sinn-
lichen. Die Einwürfe bringen Autoritäten, aus welchen sich im
Gegensatze zu der aristotelisch-scholastischen Doktrin die Leug-
nung eines solchen Zusammenhangs zu ergeben scheint, dar-
I unter eine auch sonst mit Vorliebe herangezogene Stelle aus
den 83 Quästionen — qu. 9 — , wo Augustinus mit den Ar-
gumenten der griechischen Philosophie den Satz begründet,
quod non est expectanda sinceritas veritatis a corporis sensibus.
Die Antwort will dies dahin verstanden wissen, dass man die
Wahrheit nicht von den Sinnen allein erwarten dilrfe, es
müsse die Tätigkeit des intellectus agens hinzukommen; sie
■ verknüpft also kurzerhand die dort sich tindenden Ausfüh-
rungen mit einem ihnen fremden Bestandteil des mittelalter-
lichen Aristotelismus, ganz ebenso wie anderswo Augustins
Äusserungen über die materia informis, gleich als könne hier-
■Dpbum dicatur . . lib. 1 De anima, quod acieDtia de aaima e«t pnnei-
pium quoddam ud cOjBnioBcendum eubstantias neparatjis. Per hoc etiim
quod anima riostra cognoscit aeipsanj, pertingit ad cognitionem alic|tiam
bttbeadam de subatantiia iocorporpiä, qualem etun contijigit habere, non
quod «implieiter et perfecte eas cognoscat cognoscendo seipaaui. Die t^n-
g^S^^ene Stelle hi I» 1. p» 402^ 4: dvxet 6e nal Jttjvi dXrjthtay ä.^aoav j}
yv&as avt^i fityaku nvftßtiXlen^at , ftaXtaxa t\k itQd^ ttj^y <jpvoty* ran yü{*
ftw dgirj rdJy Cu"*^*'- In »einem RommentÄre erläutert Th.: Ad onines
Bnim partes philosopbiae insignes dat oruasionea (sie), quia si ad pbüo-
iophiam primam itritendanms, non poäsumui^ de venire in Cognition ein di-
vinarum et altiasiniarum cauaarurß, niai per ea qiiac ex virtute intellectus
poeüibili» acquLrimu9. Si enim natura intellectua posFibilia esiet nobia
igziota^ noii po^iMemus scire ordinem anbatantiarum aeparataruiD : Aicut
dicit coinmentätor auper undecimo Metaphyi^icae.
^) Trot/Aknn bildet das gleiche Citat mit der glotclien Auslegung
den Anfangspunkt für ilie Erdrterung in Vm, 8S)» ii, 2.
560
Frhr. v. Hertling
über gar kein Zweifel bestehen, im Sinne dieses letzteren
standen werden. ^)
Anderwärts muss eber von einer Korrektur y^fesprocbei
werden, nur tritt sie nicht als siilche auf; es soll nur der 1
einer Äusserung richtig gedeutet werden. Bekanntlich war
der Plrttonismus Augustins nicht der der alten Akademie^ Hiio^fl
dern vielmehr der des Platin und der Neuplatoniker überhaupt ^
Lesen wir also De doctrina christiana I, 32 den Satz: qaia
bonus est — sc. Deus — sumus, so erinnern wir uns, dam
Plotin das überweltliche Eine als das Gute bezeichnet bat, um
dadurch sein kausales Verhältnis zu dem abgeleiteten Sei« aus-
zudrücken, das aber nicht mit Bewusstsein, nach Zwecken^ von
ilim hervorgebracht wird, sondern mit Notwendigkeit aus ihm
hervorgeht Augustiu ist weit entfernt, ihm hierin zu folgto,.
daran hinderte ihn sein christlicher Standpunkt, Auch betont I
er mit Nachdruck die Freiheit des göttlichen Wirkens. Sejul
Gedankengang an jener Stelle ist ein andrer, denn er fährt 1
fort: et inquantum sunius^ boni sunius, und weiterhin: iu-
quantum mali sumus, minus sumus. Gott ist das absolute 6ol«-|
und das absolute Sein» unser kreatürliches Sein ist nur ein
mitgeteiltes, wir sind nur durch Teilnahme am gf>ttlichen Sein« |
und insofern wir sind, nehmen wir auch teil an Gottes Oöti» 1
*) Vgl. Qu dhp. de npirit. creat., a. 1. wo auf Gtn, ad liit, I. U ti. 1& j
Bezug getiOiumen wird. — Hierher gehört auch die Erörterung Qbo
die AllgtsgtiiiwHrt Guttes in S, th. 1, </», 8, a. 1. Ob. 2 dtiert aus De d»ü€rm\
qaatd. 83, qu. 20: in ipso potius sunt omniu quam ip«« alicubi. Bei A.
bedeutet dies eine Steigenuijr der TransarendenÄ in der An • y*w^'
riotina, und «eine Argumentation verlauft folgendorniaaiaen: rid'
wö Lit, ist von einem Räume umscbloBsen; wtki sich ho verhält, int «sa
Körper: aber Gott ist kein Körper, also u. s. w. Th. dagegen tsrgunimiti^H
qtiod est in aliquo, c^^niitietur nb i^o, sed Deus non conti netur a rM^ui, [
!*ed mngis continet res. Am inj
der Responsior licet corput nti.
nent^r, tarnen spiritualia eontinent ea in quihuji aunt, «iout aauxiti oon*
tiaet corpus (RcfiiiSmscenz aus Ar, He an. I, 5, 411^7). Unde i*t D^ru»^
««t ia rebui* sicut conünons rea; lamon per quandam simOittiditieiii ci
poralinm dicuntur omnia e«c in Deo, in qna
A. dfigegen sagt a. a. O«: N«c tamea ita iu ii
Äu§u3tinujit'Citate bei Thomas von Afiuin,
561
und Vollkominenheit Aber das aus jedem ZusammeDhange los-
gelöste Citat gibt keinerlei Andeutung darüber, in welchem
Sinne es zu verstehen ist, und dass auch dem Mittelalter eine
pantheistische oder emanatistische Deutung des^selben nicht völlig
fremd war, ersehen wir aus Thomas selbst,') Um so eifriger
ist er bemüht, dasselbe anders zu erklären und die Beziehung
auf den göttlichen Willen zu gewinnen. Daher erliiutert so-
gleich in Qu* 5, a, 4, wo das Citat unter den Einwürfen vor-
kommt, die Responsio das bonus: dadurch werde bezeichnet:
qui habet bonam voluntatern. Der Wille aber bestimme sich
aus dem Zweck, und so spreche jener Satz nicht von Gott als
der wirkenden, sondern als der Zweckursache- Später, in Qu. 19,
a. 4, wo es sich darum handelt, den göttlichen Willen als die
Ursache der Dinge zu erweis<Bn, erscheint der gleiche Satz
wiederum unter den gegenteiligen Argumenten. Die Übjektion
leitet daraus ab, ftott sei vielmehr durch seine Natur Ursache
der Dinge, wie das Feuer Ursache der Wurme; die Antwort
aber erklärt: bouum est obiectum voluntatis, und deutet den
Satz dahin, dass die 6üte Gottes fUr ihn der Grund sei, das
andre zu wollen, was er will. Und in Qu. 104, a. 3, wo aus
dem gleichen Satze der Einwand hergeleitet wird; wenn wir
sind, weil Gott gut ist^ so müssen wir immer sein, weil Gott
immer gut ist, — wird ausgeführt; Gott ist die Ursache der
)inge^ aber nicht aus Notwendigkeit, sondern mit Freiheit»
ienn die götthche Güte hängt nicht von den geschaffenen
Dingen ab. Wie es also seiner Güte keinen Eintrag getan
hätte, den Dingen rlas Sein nicht zu verleihen, so kann es auch
ohne Beeinträchtigung derselben geschehen, dass er sie nicht im
Sein erhält. Wie sehr ihm daran gelegen ist, nach dieser Rich-
tung jedes Missvers tändnis auszuschliessen, ergibt sich da, wo
LBuch vom göttlichen Wissen gesagt wird, dass es Ursache der
)inge sei. Qu* 14, a. 8 führt dort als Hauptautorität aus De Tri-
nitateXV, 13 au: nniversas creaturas, et spirituales et corporales,
non quia sunt, ideo novit Dens: seJ ideo sunt, quia novit. Die
1) VgL S. e. tf. 11. c. 28.
Erörterung aber hebt ausdrücklich hervor, dasa zum Erkent
das Wollen hinzutreten müsse, wovon bei Augustinus nichli
steht» was aber seiner Meinung auch nicht widerstreitet.^)
Ein weiteres Beispiel. Qu, 17, a. 2 behandelt die Frage, ob
die Sinneswahmebmung falsch sein könne, und citiert aus De
Vera religione c- 33 eine Autorität für die verneinende Beant*
wortung. Wenn dort Augustinus sage: si omnes corporis nensüs
ita nuntiant ut afficiuntur, quid ab his aniplius exigere debeamos
ignoro, so behaupte er damit, dass uns die Sinne nicht täusclseii
und es keine falsitas in sensu gebe. Die Auseinandersetzung
im Hauptteil, welcher bezeichnenderweise eine andre aus Augusiiti
geschöpfte Stelle als Hauptautoritäi vorangeht,*) reproduziert
die Aristotelische Lehre von der verschiedenen Weise, in welcher
etwas Objekt der Sinneswahrnehniung sein kann, und entwickelt
danach die drei Richtungen, nach denen die Sinne uns tauschen
oder uns Falsches zuführen können. Im Anschlüsse daran wird
mit Bezug auf jene Autorität für die eutgegengesetzte Meinttng
gesagt: dass der Sinn affiziert wird^ ist eben das, was sein Emp-
finden ausmacht. Daraus also, dass uns die Sinne melden, wie
sie af&ziert werden, folgt, dass wir uns nicht täuschen, wenn
wir erkennen, dass wir emplinden; daraus aber, dass die Sinne
in einer den äusseren Objekten nicht entsprechenden Weise
affiziert werden können, folgt, dass gelegentlich ihre Meldung
der Sache nicht entspricht, und wir daher in bezug auf dies«,
nicht in bezug auf unser Empfinden in Täuschung verfallen.
Ferner: im Anschlüsse an Avicenna lehrt Thomas, dass es
fdnf Vermögen des inneren Sinnes gehe, den aensus communiii
die Phantasie, die Einbildungskraft, die sogenannte vis ae^tti-
luativa, woraus die instinktiven Handlungen der Tiere erklärt
werden, und das Gedächtnis. Durch eine etwas künstliche Kon-
^) Das gleiche in Qu, disp. de i^eritaie LI» de «ci«ntia Dm, luri. 14,
*) Citiert whd uus Sohhq». II, 6: Äpparet iioh in nv u«
. Minilitudme leoötinaiit»; feUi, doch wird der Uwiankc »i^ i-r
|leichen absotutefi Weise auigesprochen, vielmehr beisft m n. 12: apparel
DOS in atnnibtiJi BenaihiiR mve aeqnalitas iiivo in detenorihtis rebiia aal
mmilitudine leDoclnautc falli. aut etc.
Au^ittfius-Cüate bet Thomas von Äquin,
563
struktion wird aus Augustin, De Gen, ad litt. XU^ 7, der Ein-
wurf hergeleitet, die vis imaginativa allein stehe zwischen den
äusseren Sinnen und dem Intellekt in der Mitte. Thomas weist
ihn zurück mit der kurzen Bemerkung^ was Äugustin dort Ton
der Einbildungskraft sage, passe vielmehr auf die sämtlichen
etatigungsformen des inneren Sinnes (Q. 78, a. 4).
Ich komme nunmehr zu dem Punkte, an welchem der
tärksfce Zusammenstoss zwischen dem scholastischen Äristotelis-
raus und dem Augustinismus erfolgen musste, zu der Lehre
von der Intellektualerkenntnis» ihren Bedingungen und ihrem
umfange. Es wird gut sein, der den einzelnen Citaten folgen-
den Untersuchung einen kurzen Bericht über Augustins An-
sichten voranzuschicken* wie sie sich aus seinen Schriften er-
geben. Dabei besteht freilich die Schwierigkeit, dass Augusti'n
dieselben weder systematisch entwickelt, noch auch die erkenntnis-
theoretischen Probleme rein für sich ins Auge fasst, sondern
fast immer die Erörterung derselben mit theologisch-ausdeuten-
den oder mjstisch-erbaulichen Nebengedanken verknüpft Immer-
hin lajisen sich gewisse Gedankenreihen herausstellen, welche,
cliarakteristisch für seine Auffassung, zugleich wichtige Elemente
deutlich aufweisen, die der Aristotelischen Spekulation fremd,
und durch die spätere Entwicklung der griechischen Philosophie,
insbesondere auch durch das Aufkommen und die Bestreitung
der akademischen Skepsis bedingt sind. Hat er doch Anlass ge-
nunimen, sich mit der letztem eingehend auseinanderzusetzen.
Mit ganz besonderem Nachdrucke betont er demgemäss
die Objektivität der intelligibelen Wahrheit, Wie es die gleichen
Gegenstände der äusseren Welt sind, welche die verschiedenen
Menschen mit ihren Sinnen erfassen, so sind es die gleichen
Wahrheiten, auf die sie mit ihrem Denken treffen. Es hat nicht
der Einzelne seine Wahrheit für sich, sondern eine und dieselbe
ist da für alle, sonst könnte es ja auch keine Verständigung
darüber unter verschiedenen denkenden Subjekten geben.*) Be-
*) De libero aibitrio II» c, 12, n. flÖ: Quapropter nuHo modo nega-
veri«, es»e inc^tumutabilem veritatem» haec omnia quae incommutabiliter
Vera sunt continentem, quam non posaiB dicere tuain vel meura ?el
564
Frhr, u, HeriUnff
sonders deutlich zeigt sich diese allen geroeiDsaine AVahrlieifc
in den mathematischen Wahrheiten') und in den logischen Ge-
setzen,^) Im Unterschiede von den der Veränderung untcr-
cuiuscamque botuiuis, 4ed omnibus ineommutabilia vera cerBentibos« taai<
quam luiria modia flecretum et publicum lunien, pnieato esse ac «e prmc^
bere communiter: omne auteni, quod cotnmuniter otnnibus ratiocinantilHi«
atque intclHgentibus praesto est, ad nllius eorum proprie natunini fKir
tiuere quia dixerit? Meministi enim, iit opinor» quid de ftenfiiboi cor-
poris panlo ante iractatum sit; ea sciliiet quae oculorum vel nttriiaai
seDsu commuuiter tangiroua, sicuti sunt colores et aoni, qaos ego ei tu
siiun] irideinus vel simul audimus, non pertinere nd oculorum uosirontm
anriunive natiir&ra, «ed ad sentienduni nob!» esse communia. Sic ergo
etiam illa quae ego et tu comiimniter propna quisque meinte coafptd*
mus, nequaqimm dixeris ad meniis nlieutuB iiostrani pertinere uatunuiu
-- ConfenH. XU. c. 26, n. 35*. Si ambo videmus verum esse quod dicis «ft
aiubo videmua verum esse quod dico, ubi quaeso id vtdemua? Nee ego
utique in te nee tu in me, sed aiubo in tpen, quae aupra mentes nost7%t
est iuconimutabili veritate,
1) Ü€ lih. arb, II, c. 6, n. 20: Omnes nitiocinarites ßua quisque m-
tione atque meute communiter vident, cum illud quod videtur pme^to
itit Omnibus ratio et veiitaa numeri omnibus mtiorinautibtt»
pmesto est . , n, 24t Hin et talibus multis do< fatm»
quibus diflputationia Deua donavit ingeiiium et i m nos
obducit» rationem veritateuique nuraerorum et ad sensus corj»ons non
pertinere et invertibilem sinceramque eonsistere et omnibus nitiociuaji»
tibua ad videndum esse communem. Quapropter rum multa alia poflsittil
occurrere, quae communiter et tamquaiu publice pra^'sto sunt rmtioci*
nautibus et ab ris videantur mente at^jue rationc »^ingulorum qoomiilr
que cernentium, eaque inviolata et incommuLabÜia uianeant otc^
*} Dt dociiina chmUana II, c, 31, u. ßO: lata tarnen vmtat con-
nezionuiu — die ItjL'biigkeit der Schluasfolgernngen, w#ilcbe ru von allen
t?leicbniilaaig anprkauuten VVahrbeiten fiihvi — noii inntitiita sed ani*
miulveraa mi ab bominibu« fi notat«» ut eam posfint vel dicere vel do-
cere: uam #tst in rtTum ratione perpetna et diviaitus ini*titut&. Sicui
entm qui nnrrat ordjnem teutporum« udq eum ipse componri; ut loconiiti
Situs aut natura^ aniinalium vel stirpium vel Lipidiim qui o«t«ndit hau
res ostendit ab bumiuibus in-i ^s-
que motus« non a «e vel nb , t;
sie eiiam quj dicit: cum faUnm e«! quod ixiDML'quUur, neeesM est ut
fklsum sit quod pmec^dit, veriasima ^ -' ^ Tfrsi* facti itt ila iÜ»
w^ tuntum itA os«e deiuoDstmt
AugustinuS'CUate hei Thomas wm Äquin,
worfenen Gegenständen der sichtbaren Welt ist die intelligibele
Wahrheit unveränderlich und ewig.*) Darin ergibt sich neuer-
dings eine Bestätigung für ihre Objektivität. Denn auch wer
über den Lauf der Gestirne oder die Beschaffenheit von Tieren
i und Pflanzen berichtet, will nicht erfinden, sondern unabhängig
von ilim Vorhandenes aufweisen* Die mathematischen Wahr-
heiten aber können gar nicht von einem in der Zeit stehenden
Geiste erfiinden werden» denn sie sind ewig. Erweist sich somit
unserro vergänglichen Geiste gegenüber die Wahrheit als da»
Höhere» so noch weiterhin dadurch, dass sie filr uns die Regel
abgibt, nach der wii* urteilen. Wir messen die Dinge der Aussen-
welt an Massstäben, die wir in uns vorfinden und die wir nicht
ändern können, denn sie stehen fest, wie die unveränderlichen
Zahlen Verhältnisse, wie die obersten Prinzipien des Gut- und
Rechttuns.*) Wie könnten wir die Dinge nach ihrem Werte
^) De hb, arb. II, 8, n. 21i Quidquid leiisu corporis tango, veluti
est hoc coelum et haec terra, et qnaecimique in ei» alia corpora sentio,
quamdiu futura sint nes^cio, Septem autem et tria decem sunt et non ao-
lum Tiunc% sed etiam semper neque ullo modo aliquando septem et tria
non erunt decem. — SoUloqu, 11, 19 beweist A. aus der ünvergänglich-
keit der Wahrheit — nee interire veritas poteat — die Unsterblichkeit
der Seele. — Ue immoriahiate ammae^ c, 4, n. 6: Cum vel nos ipsi no-
bisrum ratiocinante» vel ab alio bene inten^ogati de quibnsdam libera-
libns urtibuä ea quae invenimue, non alibi quaui in animo nostro inve-
nimufi, neque id etit invenire quod iUcere aut gignere, alioquin aetemu
gignerei animiis inventione temporali, nam aeterna saepe invenit, quid
eDim tarn aeternum quam eirculi ratio vel ii quid aliud in huiuscemodi
artibufl nee non fuisee aliquando« nee non fore eomprehenditur?
^) De /i6. arb, II, 12, n. 34: Hanc ergo Teritatem« de qua iamdiu
loquiniur et in qua una tam umltn coiispicimu«, exrellentiorem putaa
eme^ quam mens nostra est, an aequalem mentibus nostria au etiaiu in-
feriorem? Sed ai esaet inferior, non aecundum illam, sed de üla itidica-
remua. «icut iudicamua de eorporibuB, quia infra sunt, et dicimus. ea
plernnique non tan tum ita esse vel non ita, Bed ita vel non ita ü5«<* de-
ere: sit- et de animis noatris non solum ita ea^e animnm novimu«, sed
plerumquß etiam ita esse debere. Et de coq>oribu8 qnideni aic iudica-
mua, cum dieimus, minua candidum eafc quam debuit aut minus quadrum
et miilta aimiliter. De animiü vero; minus aptus est quam debet aut
minu» leiiib aut minuti velieinond, «acut noDtranim momm se ratio tulerit.
566 Frhr, v, Hertling
Abschätzen, weno wir nicht den Begriff eines höchsten Wer
eines absolut Guten, besässen?*)
Et iudicamu3 haec secundum illaa interiores regula» veritatii, quas com-
rauniter oerninius: de ipais vero duIIo modo quiB iudicat: cum enim *iuU
dixerit, aetertia temporalibiM eaae potiora aut aeptem et tria decem e«»e,
nemo dicit ita esse debuisae, «ed tantum ita esae cognoscene , non e»8-
rainator currigitt «esd tantum la^tatiir iiiventor. Si ailtem esset aeqtiitlts
mentibus nostria haec verita«, mutabiUs etiara ipaa e«ä<it. Mentea enim
nostrae aliquiindo cum plua vident aliquaudo minua et ex hoc fateiitar
ae eaae miitabües: cum illa in ae manena nee proficiat cum plua a not
videtur, nee deficiat cum minus, eed int^gra et incorrupta et conve
laetifieat lumine et averaoa puniat caecitate. Quid quod etiam de if]
mentibua nostris aecundum illam iudicamus, cum de illa nuUo mo
iudicare possoniua? Dicimus enim: minua intelligit quam debet, aut
tantum quantum debet intelligiL Tantum autem mens debet intelligerev
quantum propiua admoveri atque inbaerere potuerit incommutabili veri-
tati, Quare m nee inferior nee aeqaalis est, reatat ut ait auperior atqne
eicelleutiür De vera religione^ c. 31, n. 68: üt enim noa et omnes aoi-
mae rationalea aecundum veritatem de inferioribus recte iudicamas, wc
de nobia quando eidem cobaeremua, sola ipsa verita» iudicat
Sicut in istia temporalibus legibus, quamqnam de hia hominet iudicaot,
cum eaa inatitmint, tarnen cum fuerint institutae atque firmatae, non
Itcebit iudici de ipaia iudicare, aed Hccuudum ipsaa. Conditor tarnen Iv-
gum temporalium, ai vir bonus est et aapiena, illam ipaam conaulit aetcr-
nam, de qua nuUi animae iudicare datum est: ut secundum eiua incom-
mutabilea regnlae, quid sit pro tempore iubendum vetandumque disceriiAt.
Aeternam igitur legem mundis animis faa est cognoscere, iudicare non
faa etc. De TrifK IX, c. 6, n. 10: . * , regulia super m entern nostram in*
commutabiliter manentibua . . . viget et claret desuper iudicium veritatia
ac sui itu'ia Lncorruptiaaimia reguliä firmum est. ~ XU, c. 2, n. 2: Subli^
moris rationia est, iudicare de iatia corporalibus eecundum ratione« incsor-
poralüfi et sempitemas: quae nisi sapra mentem humanam esaent. inconi-
mutabilea profecto non essen t, atque bis niai subiungeretur aliquid nostnim,
non iecundnm ea» poasemua iudicare de corporalibua. ludicamn» aut«m
de corporalibua ex ratione dimensionum . . , quam inconvmut-abiliter manon*
mens novit — XIY, c. 15, n. 21: Gott ist immex und überall, daher die
Menachenseele in illo et vivit et movetur et est, et ideo reinlnisci eins
potcHt, nicht freilich in eigentlichem Sinne, »ed coramemorator, ut cun*
vertütur ad Dominum, tamquflm ad eam lucem qua etiam cum ab Ulo
gverteretur quodam modo tangebatur. Nam hinc est quod etiam iropü
oogitant aeternitatem et multa recte reprehejidunt rCKrti^qoe laudant in
hominum moribus, Quibus e«. t&nd^n regults iudicant, nisi in qnünts
Ä^igusHnm-Oitate hei Thomas von Aquin.
So erweist sich die Wahrheit zugleich als ein System von
Wahrheiten,^) und darunter sind nicht etwa nur Urteile zu ver-
stehen^ sondern ebenso auch Begriffe, wie die der Gerechtigkeit,
videut quemailmodum quiaqiie vivere debeat, etiamsi Bec ipsi eodem
modo vivant? Übi eas videntV Neqiie enim in yiia outura» cum procitl
dubio meote ista videaütur, eoriim*nie mentea constat esse miitabile?,
has vero regulas immiitabilea \^deat, qiuaquia in eis et hoc videre po-
tuerit; nee in habitu suae mentis, cum illae regulae sint iti»iitiae, roent««
vero eorum conatet esse iniusta.^, übinam sunt istae regulae scriptae
. . . ubi ergo acriptae iunt, riiai io libro lucis illioa quae veritas dicitur?
unde otnniH lex iusta daacribitar et in cor bominiB qui operatur iuisti-
tiam, Qon migrando 8ed tamqu&m imprlmenda tranafertur; iicut iniafi^o
ex anulo et in ceram transit et anulum non relinqnit.
^ De Trin VIIT, c. 3, n, 4: Neque eniin in bis omnibus bonia . . .
diceremus aliud alio cnelius cum vere ludicamus, nisi esset nobis im-
presaa notio ipaius boni, aecundum qnod et probaremua aliquid et aliud
alii praeponeremua.
*) De Ith. arh. II, c. 13, n* 36: Haec enim veritas oatendit omnia bona
quae Vera aunt, quae sibi pro auo captu intelligentes hominea vel singula
vel pluru eligunt, quibus fruantur. Sed quemadmodum illi qui in luce
aolia eligunt quod libenter adapiciant et eo adapectu laetificantur, in
quibus si qui forte fuerint vegetioribua saniaque et fortiasimis oculia
prae^liti, nihil libentiua quam ipaum aolem contuentur, qui etiam cetera,
quibua inßnniorea oculi delectantur, illuaferat: sie fortia aciea mentis et
vegeta, cum multa vera et incommutabilia certa ratione conapexerit,
dirigit ae in ipsam veritatem, qua ctincta monetrantur, eique inbaerens
tamquani ohliviacitur cetera et in illa aimul omnibua fruitur* Quidquid
enim iuL'undiira est in ceteris reris ipsa utique veritate incunclum esfc. —
De Trin, IX, c, 6, n. 9: Manifestum e»t, aliud ununiquemque videre in ae
quod sibi alina dicenti credat, non tarnen videat: aliud aulem in ipaa
veritate» quod aliua qnoque poaait intueri: quornm alterum mutari per
tempus, alterum incommntabili aetemitate consiatere, Neque enim oculia
corporeia uiultas mentea videndo, per aimilitudinem colUgirnua generalem
Irel specialem mentis humanae notitiam: aed intuemur inviolabilem veri-
atem, ex fjua perfectej quantum poaauraua, definiamua, non qualia ait
aniQacQiuaque hoininia mena, aed quaiis esse aempitemia rationibua debeat,
— XII, c. 15, n. 24: Credendiun est, mentia intellectuali« ita conditam eaae
naturam. ut rebua intelligibilibua naiurali ordiue, diaponente Conditore,
aubiuocta aic iafji videat in quadam luce aui generia incorporea, quemad-
modum ocnlua carnia videt quae in hac corporea luce circumadiaceiitf
cuiufl lucta capax eiqae coDgriieiid est creatua.
568
Hr. V.
der Weisheit u. a.*) Liegt nun schon in dem Bisherigeti mnt
Richtung auf Verdinglichung der Wahrheit, so tritt dietsefbe
anderwiirts ooch deutlicher hervor. Aus Wahrheiten, weicht?
gelten, werden Dinge, die sind.*) Mehr noch, als die geznhlUan
Dinge, so wird eingeschärft, sind die Zahlen, mit oder nach
denen wir sie zählen, und ebenso wird den Wisseuschaftan ein
eigenes Sein zugeschrieben.') — Noch in andrer Weise zeigt
sich diese Verdinglicbung. Das einzelne Wahre, hören wir, ist
nur wahr durch die Wahrheit. Völlig im Sitine Piatos erscheint
der abstrakte Begriff hypostasiort und zur Ursache dea nach
ihm benannten Einzelnen gemacht.*)
Wie aber und wo erfassen wir diese höhere Wahrheit <Kler
dieses System von Wahrheiten ? Sicherlich nicht durch die äusser*!D
*) Ep, 120, c. 2, n. 9: Qan.e vero itu. sunt ut ncqae praeter ne
futura »mt, aed aeterna permaneant, partim sunt invidbilia, -li-
tift, fiicut aapientia, partim visibilia . . »ed invisibilia intellecta contipici*
untur ac per hoc et ipsa modo ({nodam aibi congruo videntur. et cum
videntur, multo certiora sunt quam ea quae corporis seasus adtineiU
^) De Tritt. XII, c. 14, n. 23: • , . aapientia, ad qtiam i' a,
qaae nee fueruat nee futura suat, aed sunt, et propter eain «ii :m
in qua sunt et fuisse et esae et futura easa dicuntur, sine idla mulftbiti-
tate temporam. Non enim sie fueruat, at esae deaioerent, aut «ic fatuiA
sunt qnm'i nunc nou äint« sed ipsum eeae aeiziper habueruiit, «eai|)€T bi^
bitura sunt. Maueut autem non taniquam in epatÜH lucorum llxa viduti
Corpora, ied in natura incorporali sie ioteüigibilia praeat.o aunt meaÜ«
adapec-tibua, aicat iata in locia fiaibilia vel coatr^ctabiHa carporia «itiiia*
biig. Non autem aolum rerum aen&tbitium in locis pi>€itanim siae spatH*
löOtilibuB naanent intelligibilea incorporalosque ratiouea. verum eti»m tm»-
tioniim in temporibue iran&euntium aiae temporali trausitu •in
i]>8ae utique intelli^ibiles, non sensibiles. Ad qua« mentia nci' in»
paucorum eat« et cum pervenitur. quantum lieri potuat, non in via sumtl
ipse penrentor. aed veluti aciu ipsa reverberata ropcllitut, et fit rei noa
tranaiioriae tranäitoria uoi^iatio.
«") SnHioqu. IJ, c. 11, n. 21: 8i eo verae «unt quo sunt dindpliß«^
negabitne C|ui«piam» veritatem ipaani e^^te per quam ümnea vtinus «tuil
diaciplinae? rVwi/fw, X. c. 12, d. 19: Seniti etiam numcrcM omnibfiia oof
pöfh anuvibuti quoa numerarnua, aed iUi alü auxit, qtiibu« nuiSRtmiiM^
acc imagiac«! euram «ant, i*t ideo valde nuut.
*) üolilQqu, I, c^ 16» n. 27 u. 28. />f ^Arn rtliffiant, c. 39» tt. 73.
ÄugustintM^Citate bei Tk&mm von Aquin. S69
Sinne, denn, wenn wir beispielsweise ein Gesetz erkennen^
welches von allen Zatlen gilt» so können wir dies unmöglich
den Sinnen verdanken, mit denen wir niemals die unzähligen
Fälle erreichen würden, welche die Allheit ausmachen,"^) — Von
den Inteltektualerkenntnissen haben die einen schlechterdiogs
nichts mit den Sinneswahinehmungen gemein, wie wenn ich
den Intellekt selbst denke oder die verschiedenen Tugenden. Ihr
Inhalt ist von dem der körperlichen Erscheinungen durchaus
verschieden. In andren Fällen bringen die Sinne als Boten der
Seele Angaben aus der äusseren Welt» der Verstand aber urteilt
Ober sie, ihre Bedeutung und ihren Wert. So gibt es ein inner-
liches Sehen oder Schauen ^ welches freilich mit dem äusseren
nicht zu vergleichen ist, aber grössere Gewissheit als dieses
gewährt.*)
*) De lüf, arb. II, v. S, n. 23: Hoc erjfo qiiod per ornnoö ntimeroa
eise immobile, fii-mum incürraptumque conspicimut, unde conapicimu»?
QOn enim uJlus ullo sensu coi^oria omnea adtiog^it; inuuuieraliiles enim
«iint: uude er^o novinius per nmnes hoc esse aut qua pliantäsia ve) phsmtas-
mate tarn certa veritaa numeri rea iDiiunierabilia tara tidenter, nm in
lüce interiore consplcitur quam eorporftlis senaus ignorat.
•) Oen, adlUL XII, c, 24, u. 60: . , . illud mentia atqui« iiitt?Hit,^vii'
tiae Itimeu, quo et iata inferiora diiudicantur et ea cernuntvii-, quae neque
nünt coq)ortt neijue ullas gerunt forrnftu similci corparuni, velot ipsa mens*
et omnid animae afPectio bona, cd! €ODtrari& sunt eiua vltia . . « Quo
enim aho mf>do ipac intdlectiia niai intelUgendo conspicitar? Ita et Ca-
ritas, gaudiiim, pax, longatiiitutaSp benigtiitaa ..... et cetera huiiis*
inodi. — Kp, 147 {De videndo Deo) c. 17, n, 41: Cum ergo interiorea oetili
indices %h\i o<'\ilorum exteriorum, isti autcm illie quodam officio nuntian-
di et ministeno famulentur, «lultaque illi vidcant, quae isti nou vident,
mhil isti vident, unde non ille tamquam praeaid^» iudicant; quia nou
illoa incomparabili aestimatione praeponat? Ep. 120, c. 2, n. 10: lu«ti-
tiam et supientiam qiiidqidd eiusmodi est « . . boec inviüibilia siruplid
meiiti« atque ratiouia intentione intellecta cODspicimua sine tdlia forniia
et motibua corporalibas . , . . Ipsumque lumeu, quo cunctÄ iäta discer-
lüinua .... non utique sicut huius solis et cuiuaqQü corporel himinii« ful-
gor per localia spatia circumqunqiie difiTunditur menternquu noBtnim
qua«! visibili candore illüstrat» aed invisibiliter et jneffkbiliter et tarnen
iotaUigibililer lucet, t^rimque noble certum est, quam nobia efficit certa,
ijtme •ecundum ipsum cuncta congpicimoB« — De tera rehgione 30, n. 65. —
570
Prhr, r, MerÜinff
Darum ist die Bedingung jeder höheren Erkenolnts,
Voraussetzung jedes eigen tlicheu Verstehens und Wisseits, di^
Einkehr in uns selbst» Äussere Belehrung kann nur den
folg haben, dass sie uns hierzu anregt. Denn nur in ut
Innern findet sich die Wahrheit; hier beurteilen wir, ob dai
Gehörte wahr ist; in den verborgenen Tiefen unseres Oaisto»
erfassen wir die wahren Begrifie; im inneren Menschen walm^
die Wahrheit Aber er selbst findet sie nur, wenn er nidil
an das Sinnliche und Ausserliche gefesselt ist, und der
mehr, der andre weniger.^)
Als bedeutsames Moment ergibt sich sodann die enge» Be-
ziehung, in welcher für Augustinus die Wahrheit noit Gofc
steht» Menschliche Weisheit ist Teilnahme an der Weis^heilj
Gottes.*) W^enn die Schrift sagt^ der Mensch sei nach
Bilde Gottes geschaffen, so bezieht sich dies auf die Vensui!
oder den Verstand oder die Intelligenz, oder welchen Aus»dnick
man wählen will: es besteht nicht in körperlicher Öeetal*
tung, sondern im Lichte der Erkonntniskraft.') Gott ist di«
ßen. aä liU, XII, c, 36« tu ÜÜ: Sapientes autetn ita nuiil lu lu'^ ti>r{HimU-^
bufi yiais, ut quatnvis ea pnieaeDtiora videantnr« eertiörei mint iameii m
Ulis quao praeter corporis speciem praeterqtie corpori« «iinsi ,j ijj*|
telligendo utcunque perspiciunt, quamris ea tion Tale&Dt it > *.tm^
spicore, nt haec aensn corporis intucntnr. Tgl. Kp, IS ad Neifridmm4,M
^) De immortalüate anfmae, c. 10, n. 17: Ea quae intelllgit tttumail
cnm 9e avertit a corpore, non sunt profecio corporea et tamen •uu^j
maximeqoe sunt, nana eodem modo semper sef?e hjibeat, Nam nihil äI»*
s^urdiuB dici potest, quam esse quae oculia videmus. ea non es«c quA«J
Intel] igen tia cernimus, enm dubitare deaieotis »It, inteUigentiam iDooni«r
parabiliter oculia anliefern. Flaec autem quae inti*l!igiintur eodem modol
aese Läbentia, cnnj ea intiietur iinimua. fltttis ostendit, «e illis enjie coii-
iunctuni tniro quodam eodemque incorponili miido, gci licet iiou lücalitt^i]
Ibid, c, i, n, 6: Miinjfestum est iminortalciii ense iininiuni htimanum ^U
omnes varns rotiones in secreti« (>ivt9 este, qtianirin eaa nvB ignorntioii^
BiTe obljvione atjt non habere aut am5jii«fle videator,
*) De Genr^i^ op, imperf^ c 16, n, 57 . , , in Dco, ubi «Ät etiao
ilb aapientia quae non participanilo sapieiia ent« t^ed cuiui paitidpatton^
fiapieiu est anima quaecunqu» sapieai tut.
t) Qen, ad hti. }\l, 20, d. 90.
Augustinnn^CiMe bei Thamm w>n Aquin^
%n
Wahrheit und das Licht der menschlichen Vernunft,^) Dass
der Mensch in der Erkenntnis mit der Wahrheit vereinigt wird,
ist gleichbedeutend mit dem Sut/e^ da^s er mit Gott in Ver-
bindung trete."-*) Durch den Blick unsres Geistes erfassen wir
die ewige Wahrheit, nach der alles Zeitliche geschaffen wurde.*)
Das ist das Ziel wissenschaftlicher Unterweisung, dass sie den
Geist vom Irdischen abzieht und zur Vereinigung mit Gott ohne
Scheidung und Trennung hinleitet,*) Oder auch die Wahrheit
*) Ep. 137, c. 6, n. 17 (Ea iat vom Gebot der Gottes- iiud Niichötbu-
liebe die Rede): Hie logica, quoniaJii veritu^^ luii^eticjue aDimae rationsiliKi
nonmsi Deaa est.
*) De utUitate credendi c. 15, n. 33: Cum eniiu sapiens sit Pea ita
mente coniunctu«, ut nihil ititerponatur quotl separet» Deus enim est
veritaa. nee ullo pacto sapiena quisqaam tni^ si non vmtatem mente
contiagat.
8) De Trinü. IX, c. 7, n, 12: In illa igitur aeterna Teritate, ex qu»
temporalia facta sunt omaia, fonnam secnadum quam suuuiä et hecun-
dam quam vel in nobis vel in corporibua vera et recta ratione aliqaid
operainiia, visu mentia adspicimns: aique inde conceptam reruro veracem
notitiam tamquam verb;im apud nos habemas.
*) De di^em. quaest. 83, qu. 51, n. 2: Quae sapiunt, ita illi similitn-
dine sunt proxinia» ut in crcaturi» nihil sit propinquiue . . . qiiare cum
komo postii particeps esse sapientiae äeeundnm interiarem hominem, fe-
cund nzn ipsum ita est ad imaginenif ut nulla natura interposita forme-
tw, et ideo niliil ait Deo coniiinctins- — Qu, 54: Qnod e*t omni anima
melius, td Deum dicimui, cui qaisqala eium int-elli^t, inncttiB emt. Qaod
«■iiD intelligitur verum est . . . Deo igitnr iunctum t^t quod intelligit
DeoD. Intelligit autem rationalis anima Deum, Nam intelligit quud
aemper eiusmodi est, neque ullam patitur miitationem . . . Quod autens
msnpet eodem modo est* melius profecto est quum \ä quod non ita e*it.
Nee qnidquam est melius rationali anima, nist Deu9. Cum igitnr intel-
ligit aliquid, qnod semper eodem mode »«ac habet, ipsum aiue dubio in-
telligit. ilaec atttem est ipea veritae« cm qoia inteUigetidc» mnima mtio-
nalia iungitur etc. De vera religione c. 6ö, n. 113: Inter mentem nnstram
qua illum intelligimu« Patrem et Veritatem id eat lucem interiorem nulla
int«?rpci8ita creatura e«t. — De wusica VI, 1: Die Schrift will dazu bei-
tmgen, da^s alle, quos botio ingenio dona^t Deus . . , a «ensibut« eumis
aJtqne camalibnfl litterii « . « duee nttaune avellerentor atqni:^ otii Deo tt
Dominik rermn amnium^ qui kumania mentiboa nulla natura inierpodta
pfaesidet, iueommutabilis veritati» amore adhaerescerent
SS*
572
fVhr, V, Ürrtfing
wird mit dem Logos der chrisÜicheu Heilslehre identifiziei
Chnstus erscbeint ak der Lehrmeister, der in uoserm Imia
wohnt und von uns zu Kate gezogen wird und sich im« m
dem Masse unserer Fiissungskraft und unseres gut^n WiU
mitteilt.^) Wie gross auch der Abstand zwis^^hen dein Sehd|i
und den Geschöpfen gedacht werden muss, Gott ist uhä den
noch näher als vieles von dem, was er hervorgebrxicht hiit**]
Üeon in ihm, wie der Apostel sagt, leben wir und bewi
wir uns und sind wir. Es gibt nur eine Wahrheit, und doch
kann der Psalmist von vielen Wahrheiten reden, denn
und dasselbe Antlitz in vielen Spiegeln, so spiegelt m
eine göttliche Wahrheit in der Vernunft der verschiedeni
Menschen.*)
Im Zusammenhange dieser Gedanken kehrt daa Bild
der Sonne immer wieder, das zuerst von Flato im sechsten und
siebenten Buche der Republik angewandt worden war. Intelli^fl
gibel ist Gott, int^lligibel sind die Lehren der Wi^enschafWo,
aber zwischen beiden besteht ein grosser Unterschied* Denn
wie die Sonne sichtbar ist und die Erde, die letztere aber oor,
wenn die Sonne sie bestrahlt, so erkennen wir auch die inteU
'A
A) 2}e magiitro c. 11» n. 86: De univertiit autem quae mtelltgtiBi]^
non loquf ntcni qtii personat fori« eed intus ip«i nienii praesidenUm <
(lulimu^ vtTitatcfin, verbi« fortAsse, ut cnniiulainiu, admoniti. llle
qtit eotiiriilitar, doc^t, qui in interiore homino habitaro dictu« mi Obfteliu,
id eit ineouimutabiliH Dei vtriu^i ät4|ii« Ml^lupit<^^xla a&pieLitta, tjuaiit qvA*
dam (JOuiiB mtionalls anititti i:onffulit, aed ttuitum cuiqut* Kindittir« qiwn*
tntn cnpere {^ropter prupriiim äiv« rnalani (iiv<d bun mi potcti.
') Gtn, ad htL V. e, lö, n. Sil . . . tarnen pt h est q«t
fecit» quam mnlta qua« facta sunt. In illo «nim vivimus et iiiovi*n>iir H
»umiiJi: illornm autem pleraqoe remota tniit n mente nnsLra propt^r lÜi«
ittuiilitndint*m »ni gfinuri», quoouuu coq>oniba »ant» nt*c tdoiic^ est i|Ma
metifi nottra in iptls rutiantbus
ot p«^ boc iciiauus quot cd quA
■■MM9 Wpoii« spniiM.
• ^^'JMarr. m P^aim, XI, cu 2: Tent^i« uaa est, tp» Ulottimutisr
animai tanela«: ted qao&iaai oialtaa «tuit anigiae, iii ipti» majtit
vtritatai did fUMfitiit; ijeai ab «aa &cst molta« in t|)«CQlia imgiaM
apiwrtati
AaguMiinitH'Citate het Thomas von Aquin, S7tS
ligibelen Wahrheiten nur, wenn sie beleuchtet sind von dem Lichte
ihrer, der geistigen Sonne, und wie die sichtbare Sonne für uns
ein dreifaches einschlieast» dasa sie ist, dass sie glänzt und dass
sie andres erleuchtet, so gilt von Gott, dass er ist» das« er
erkannt wird und dass er andres erkennbar macht.*) Denn
ein anderes ist» was in der intellektuellen Anschauung die Seele
in sich selbst erblickt, ein andres das Licht» welches sie er-
leuchtet» damit »ie es erblicken könne. Jenes gehört, wie die
Seele selbst» der geschalfenen Welt an^ dieses dagegen ist Gott.
Versucht sie aber ihren Blick zum Lichte selbst, zu dieser
geistigen Sonne zu erheben, so wird sie geblendet und vermag
es nichts und doch erkennt sie, was sie erkennt» nur in dem
Lichte, das von dort stammt»^)
*) Soltioqu, I» c. 6, D. 12: K. Bene moveria, Promittit enim ratio
qiiae t^cum loquitur, ita st? JenionstnUtirum DeiUD tuae menti, ut oculia
8ol demonatratur, Kum mentis quii^i sui sunt oculi aensus animae: dia-
ciplinarum autem quaeque certiseima talia sunt^ qualia illa quae eole
iUufftrantor i»t videri posaint, vehiti terra est atque terrena oirjnm: Dens
autem est ipse qoi illustrat. Ego autem ratio ita aum in raentibu» tit
in oculia eat aspectus. c. 8, n. 15: Intdli^biiiä nempe Deus est, intelli-
gihilia etiam illa disciplinarum 3pe*:tamina, tarnen plurimura differunt.
Nam et terra visibilia et lux, aed terra niai liicc illu^trata videri non
potest. Ergo et illa, quae in diBciplinia traduntur. quae quisquis intel-
ligit, verisBima ease nuUa dnbittitione concedit, credendum est, ea non
posae intelligi nisi ab alio quasi «uo aole illustnuitur. Ergo quomodo in
hoc fiole tria qaaedam licet animatvertere, quod est» quod fulget, qaod
illuminat, ita in illo aecretissimo Deo, quem via intellipere, tria quaedam
innti qur>d est, quod intelHgitur. et qaod cetera facit iTitelligi.
*) Gin, ad Htt, XU, c. 31, n, 59-: In illo genere intellectualiuni
vitionum alia aimt, quae in ipsa anima ridentur, velut virtutes . » . .
aliad eat ipsum luineu quo illustratur anima, ut omnia vel in »e vcl tn
illo veradter intellecta con«piciat; natn illud iam ipae Deus eat, haec
autem creatnva» quamvi« rationalia et intellecttialia ad eiut imaginem
fkctoLt quae cum conatur lumen illud intueri, palpitat infimiitate et
minua valet. lade est tunien tjaidqnid intellipt sicut valet. Cum ergo
illiir riipitur et a carnalibua aubtracta senaibua illi vitioni expreasiua
prmeMentatur, non apatüa localibus aed modo quodam auo, etiam supra
r videt illud, quo adjuta videt quidquid etiam in se intelligendo videt.
Jn Johann, tract, XIV, l: Aliud eat euim lumen quod üluminat et
5?l
Ffhr, V. HerOm^
Der Ursprung dieser Gedanken aus dem Neupltttoiil
iät unverkennbar« aber sie sind in christlichem Oei&tii uoige-
schmolzen. Der vovs des Plotinos ist mit dem Elherfr^^llliebtti
Einen zuisamniengefftUen oder zur Weisheit Gottes, zum hoffm
und der zweiten Person der Gottheit geworden. Geblieben
der xoo^toQ %*o7jt6^, die inteUigibele Welt,^) in der »leh
Fülle des vov^ auseinanderlegt und mit welcher die remUnf
Seele in Verbindung steht, nicht räumlich, sondern in luidrer,
eigenartiger Weise, Gott ist die absolute Wahrheit, welefae die
einzelnen Wahrheiten in sich umfasst. Indem die Seele i^ich iah
sich selbst zurückzieht, ündet sie diese in sich vor. Die intel«V
ligibele Welt, in die sie eintritt, ist wie die lichte Atmospbire,
die die ewige Lichtquelle umgibt; was sie erkennt, erkemii
sie in ihr und durch sie, jene selbst aber bleibt ihr verborgeii*
Sie erkennt die Richtung, in der sie Gott selbst suchen nitw;
nur indem sie über sich selbst hinausgeht, kann sie ihn zu
finden hoffen, aber das letzte Ziel^ die wirkliche Vereinigulig
mit ihm selbst^ wird ihr in diesem Leben höchstens in ein»,
zelnen flüchtigen Augenblicken, in der Bk#t4W* zuteil.*)
Der Lehr- und Lernbetrieb der mittelalterlichen Schulen |
brachte es mit sich, dajss man weder Anlass hatte» noch dasj
Bedürfnis empfand, sich mit diesen weit ausgreifenden und hn\
aliud Inmen ij^Lnui illuminatiir, nam et ocali Hu«ni hiuhmu (ucuntur rtj
tarnen in tenebrid patent et iioti videiit. Lumtia autem Ulumimtaf a i»-1
ipso luiaen est et sibt luiu^n tut et non iadt^et aÜo lumÜM tii |iio«f
pOMit. «ed ijwo iadigtat cetera ut luccimt.
4 A. verwahrt sich Reimet. I» 3, d. 2 geg^ri da« Wort» w^ldiet
der kirchliche Sf . ' ' nicht kernte, uud mi^ybilUgt, iLim ist
l)€ Qi'dine I, c. II iih bei Joh* 18, 3t) auf die io teilt ffibrlii
Welt Ptutos und «icr i'btoiiiker gedeutet habt«. Die Siichu verwirfl
nicht: Ncc Plaio c|uidviD in hoc erruvii, quia etiie oiuiidum iateUifnhilfi
dixit, 01 non vocabulum, qood «cdeftiaaticae coniuetudiai in re ilU mom
■ '" , '- ' "' ' , r].p9 ini«t-
-tabil«!!^
V|tub lt;c4t D4Mi?< iiiiiDÜum. i>4imit i»t Wt ittl«UigtbaJ#a
VVüdt aiii iiott und der gOtÜicben \'^ „ . üjü.
1 üonfM. IX, 10, a. Oft. Setmo £i2, c. i. iL 10.
Augusiinus-Citate (m Thomtm van Aquin.
St5
Aiigimtinus »elbst von Öberschwenglichen Gefühlen getrageBen
Gedanken als mit einem zusam^menhängenden Ganzen ?on eigen-
artigem Gepräge auseinanderzusetzen. Es waren immer nur
einzelne^ aug dem ZusRmmenhange gelöste Bruehstücke, auf
welche man stiess, und das Interesse ging nicht dahin^ eben jene
Eigenart richtig zu verstehen, sondern die Autorität des grossen
Kirchenvaters für die vertretene Schulmeinung anrufen zu
können» sei dies nun die allgemein herrschende, wie sie sich in
Jahrhunderte langer Entwickelung festgestellt hatte, sei es eine
besondere, wie sie einer bestimmten Richtung innerhalb der
Scholastik entsprach.
8. th. I, qu, 16, a. 7 wirft Thoraas die bezeichnende Frage
auf, ob die geschaffene Wahrheit ewig sei? Die Antwort muss
vemefnend ausfallen, denn nichts Geschaffenes, nur Gott ist ewig.
Wie die Erörterung zeigt, ist jede Erinnerung an eine Verding-
Itchung der Wahrheit ausgelöscht, Wahrheit findet sich nur
im Denken, ewige Wahrheit setzt ewige Gedanken voraus,
kann sich also nur in Gott finden. Von dem so bestimmten
Standpunkte aus wird eine frei wiedergegebene Äusserung
Augustins gedeutet, welche als erste Olijektion dienen muss.*)
Was zum Begriffe des Kreises gehört, oder dass die Summe
von zwei und drei fünf ist, hat Ewigkeit allein im Verstände
Gottes, Aber der Gedankengang bei Augustin und bei Thomas
deckt sich nicht. Jener meint: die Wahrheit ist ewig^ die
Wahrheit ist Gott* Dieser dagegen sagt: Gott ist ewig, und
darum auch die im göttlichen Verstände beruhende Wahrheit,
Völlig in gleichem Sinne erfolgt die Entscheidung im näch-
sten Artikel, wo nach der Unveränderlichkeit der Wahrheit
gefragt wird.*)
') Das aua zwei verschiedenen Stellen zuaatnmengefloiuiene Citat
(■. oben S. 565» Anm. l) findet «ich in wörtlich gleicher Fasaung auch
Qu, disp. de varUate I, a. 5, ob. 8. Die im übrigen gleichlauteode Ant-
wort fögt dort notU den Zua&it bei: vel aceipitar aeternura pro peqietao.
*) Hier wird ans De hber, arbitr, II cttiert: verita» non est aequalis
menti quin eRsei mtitabiU» aicnt et mens, wai die Stelle zwar nicht
wörtlich, aber dem Sinne nach richtig wiedergibt, vgh S, 6%b, knm* %
576
Frhr, v. BeHJtn^
Nahe verwandt damit mi die andre Frage, ob es imr tu
einzige Wahrlieit gebe, durcb welche alles andre wahr i«t*)|
Thomas erklärt, diiss man je nachdem von einer oder niehrer
Wahrheiten sprechen könne. Das einemal meine man die Tivleni
wahren Gedanken in den verschiedenen denkenden We»oii# da«
andrenial meine man die Wahrheit der Sache nach, wdcha tu «
dor Beziehung der Dinge auf den göttlichen Verstand begründet ^
sei, von dem dann in erster und eigentlicher Weise die Wahr»
heit ausgesagt werde. Von Interesse ist dabei die Ven^
der auf Aristoteles zurückgehenden Unterscheidung ?.»'
univoker und analoger Prädikat ion/*) Unter den Obj»!
erscheint in freier Wiedergabe der Augustinische Gedanke^ j
dass die Wahrheit, weil sie höher stehe, als der uien>rl
Geist» Gott sein mlisse.^) Die Erwiderung geht leicht <i
hinweg, indem sie sich mit der Andeutung begnügt, dass die |
vielen Wahrheiten die Spiegelbilder der einen un geschaffenen ^
Wahrheit seien, um sodann hervorzuheben, dass auch die ge- ,
schaffene Wahrheit in gewissem Sinne höher stehe, als dio i
einzelne Seele, die sich in ihrer Erkenntnis vollende. Etwas
ausführlicher setzt sich Thomas mit den Gedanken Augu&tin» mi
in der Quaestio disputata de veritate I, Artikel 4, auseinander, m
Über das Verhältnis der Wahrheit ira göttlichen Yerstande atii
der Wahrheit im menschlichen Denken wird gesagt: a reritatf»
intellectus divini fxemplariter procedit in intellectum nostrum« .
ein etwas unklarer Ausdruck, der an dieser Stelle ohne ge-
nauere Bestimmung bleibt, demnächst aber »eine ErkUlrimg
finden wird. Dann wird hinzugefügt: den Mas&stab der B^ur- i
K) 8. ih. qu. le, a. 6.
>) U*it IV, 2, p, lOOS* 33 ff. wird alcbi dtiert, UeRt aber der f^
Ling tn Üroade.
') Videtiir qqöd nn« »ola «ii veritiu »Acundum quam omni« •aut^
vem. QuiM si- ■ u * * . .
m4i JJeuM. i << he« in {^ln
tu**, Ä.4, ob, 5 wifNierkebrt, &, vgK Üe hher, a/lntr. k, c. lü, ä. ZU
rationabili *>% Hapietitl meiste quidquam tu»« |irae»laiitju». Nihil pn
Daum fttbitron ^
Auguatinuä'GUuU bei Thomas von Aquin*
577
teilung könnten die obersten Wahrheiten in imsrem Verstände
nur abgeben wegen ihrer Ähnlichkeit mit der göttlichen Wahr-
heit, und in diesem Sinne könne man sagen, dass wir über
alles seeundum prinmm veritatem urteilen* Dass der Gedanken-
gang August ins damit nicht getroffen ist, ergibt sich aus der
obigen Darlegung. Weiter aber wird nun noch unter den fiir
die von Thomas vertretene Auffassung sprechenden Autoritäten
^in ungenaues Citat aus De Tri ni täte XU, 15 angeführt: Cre-
dendura est mentis huraanae mituram sie rebus intelligibilibus
connexam ut in quadam luce sui generis omnia quae cognoseit
intueatur, — und die^ dahin erklärt; das Licht, dem gemiiss
— seeundum quam — die Seele alles erkennt, ist die Wahr-
heit, also ist die Wahrheit de genere ipsius animae, und so
gibt es eine geschaffene Wahrheit und in den verschiedenen
Geschöpfen verschiedene Wahrheiten. Thomas wird hier durch
das ungenaue Citat irregeführt/) so da^ss er die Worte sui
generis auf die Seele bezieht. Augustin aber sagt ausdrücklich:
ein andres ist das, was die Seele in sich wahrnimmt, ein andres
das Licht, in dem sie es wahrnimmt; dieses letztere ist Gott,
jenes etwas Geschöpfliches.^) Die Deutung ako, die Thomas
der angezogenen Stelle gibt^ widerstreitet direkt Augustins
eigener Meinimg.
Drei Fragen aber sind es, bei denen der Gegensatz der
beiden Richtungen in der Scholastik, des Augustinismus und
des Aristotelismus, seinen deutlichsten Ausdruck lindet: er-
kennen wir in diesem Leben Gott dem Wesen nach? Erkennen
wir die geschaffenen Dinge irgendwie aus Gott oder den gött-
lichen Ideen, so dass wir also zuerst ihn selbst erkennen
müssten? Kommt die Erkenntnis Gottes auf dem gleichen
Wege zustande, wie die Intellektualerkenntnis überhaupt, oder
bedürfen wir dazu einer besonderen Hilfe? Auch jetzt kann
*) Vgl. oben S. 667» Anm, 2, Ungenau ist ebendort auch das Citat
_am De vera rtlig. c. 36: Sicnt aimilitudo e^t forma similium ita veritajs
furnia vtfroruuu Bei A. a. a, Ü. n« 66 hei^att es utn^kehrl r ui ergo
iiiuA forma verorum est, ito BittiiHiudo foru^a atmilium eat.
«) Vgl oben Ö. 573, Anm. 2.
<>€i Thomas von Äquin.
57Ö
■ Licht unsrer Vernuoft ist nichts
tw an dem göttlich eo Lichte, In
1 ja aucli, dass wir alles Sichtbaro
Lichte der Sonne, d. h. durch das
las meine auch Äugustin, wenn er in
die Erkenntnisse der Wis.se nschaften
«werden, wenn sie von ihrer Sonne be-
Gott* ^) Wie es nun ftber, um die sicht-
sehen, nicht notig ist, die Sonne selbst
es, um das Intelügibele mit den Augen
nicht erforderlich, dass wir Gottes
. Sg des Bildes ist geistreich und treffend,
^behauptet nicht, dass wir von Gott eine voll-
%Bmittelbare Erkenntnis haben; er nennt ihn
^krotzdem ist es ein von dem seinen verschie**
IgRng, der hier von Thomas in jene Auss|:irüche
ird. Der platonisierende Ausdruck participatio,
wer Vernunft an der göttlichen, verdeckt dies
ch, denn er hat bei Thomas eine völlig ver-
lung gewonnen. Er besagt nun nichts andres,
jtwas, was in ihm in absoluter Vollkommenheit
den Geschöpfen nach Massgabe ihrer geschöpf-
erliehen hat: die von Gott stammende mensch-
ist nur ein schwaches Abbild der göttlichen.
:;he, was an der früheren Stelle durch die Worte
irocedit ausgedrückt wurde» die nunmehr ihre
len. Gott ist cauaa exemplaris für die ganze
^o auch für die menschliche Vernunft und die
welcher diese sich erheben kann. Vor allem
I, c. 8, oben S. 673, Anm. 1.
K> ad videndum aliquid BenBibiliter non eit oeceme quod
ua soll«, ita ad videiidutn aliquid intelligibiliter non est
l ¥id«atur essen tia Dei.
a 8. 573« Anm. 1.
578
Frhr, !?, McHlm^
es sich nicht darum handeln, zu diesen Fragen sachlich Siellttigl
zu nehmen oder sich für die eine der beiden Ricbtungeo mi
entscheiden, die bei ihrer Beantwortung innerhalb der Scholanlik
sich geltend machen; es soll lediglich das Verfahren nntersticht
werden, welches Thomas in ihrer Erörterung den AassprOebas
Augustins gegenüber einhält; die Feststellung ihres nrsprüng*
liehen Sinnes ist aber damit untrennbar verknüpft.
Die erste Frage wird in der theologischen Summe, p« I«
qu. 12, a, 11, aufgeworfen. Im Hauptteile entwickelt und be-
gründet Thomas den Satz, dass wir in diesem Leben Ootles
Wesenheit nicht schauen können. Dem gegenüber wend<^ dMi
dritte Objektton ein: dos, worin wir alles andre erkennen und
wonach wir über alles urteilen, ist uns selbst offenbar durch
sich selbst bekannt, per se notum. Nun aber erkenoen wir
schon in diesem Leben alles in Gott, denn Auguatinns sagt im
den Confessionen , ^) wenn zwei sich über ein und dasselbe
Wahre verständigen, so kann dies nur dadurch geschehen, dass
sie es beide in der unsren Verstand überragenden einen, unver-
änderlichen Wahrheit erkennen; in der Schrift De Tera religton^
c. 31 führt er aus, dass wir alles nach der Wahrheit beur-
teilen,'^) und im zwölften Buch De Trinitate c. 2»*) dass ei
Sache der Vernunft ist, über die körperlichen Dinge nach
Massgabe der unTcränderlichen, ewigen Ideen, rationea, vn
urteilen, die nur darum unveränderlich sein können, weil
über unsrer Vernunft st6h«fn«
Folgendermassen weiss sich Thomas mit diesen Siten
abzufinden. Wenn man sagt, dass wir alles in Gott sehen
und nach ihm über alles urteilen, so heisst dies, dass wir
durch Teilnahme an seinem Lichte alles erkennen und bc^ur-
') Vgl. oben S. 569, Anin. 1.
*) »ecnndam veriUtem diviaam de omaibuB iodlcamu», wai deo Inluül
der A/ichea ErOriertniff in ♦ i *' Foruiel ' ' jü
S. &65, Awiri. 2. DerSfmt«!!?' twr. IV, i tf
citiert mit Besag aaf die |;1 ^^cundiiiD rantoan
de gmiuhun iudiirainii». S. c, *}...,,. > • iHnlf^tn r im Ht**.
>) Oben S. 566, Aam. 2,
Autfustinus-CilaU bei Thomas ton Äquin,
579
teilen. Denn das natürliche Licht unsrer Vernunft ist nichts
andres als eine Anteilnahcue an dem göttlichen Lichte. In
derselben Weise sagt man ja auch, dass wir alles Sichtbare
sehen und beurteilen im Lichte der Sonne, d, h. durch da«i
Licht der Sonne. Und das meine auch Augustin, wenn er in
den Soliloquien sage, die Erkenntnisse der Wissenschaften
könnten nur geschaut werden, wenn sie von ihrer Sonne be-
leuchtet sind, nämlich Gott.^) Wie es nun aber, um die sicht-
baren Gegenstünde zu sehen, nicht nötig ist, die Sonne selbst
zu sehen, so auch sei es, um das Intelligibele mit den Augen
des Geiätes zu schauen, nicht ertorderhch, dass wir Gottes
Wesen schauen.*)
Die Verwertung des Bildes ist geistreich und treffend.
Auch Augustinus behauptet nicht, dass wir von Gott eine voll-
kommene und unmittelbare Erkenntnis haben; er nennt ihn
secretissimum.^) Trotzdem ist es ein von dem seinen verschie-
dener Gedankengang, der hier von Thoraas in jene Aussprüche
hineingelegt wird. Der platonisierende Ausdruck participatio,
Teilnahme unsrer Vernunft an der göttlichen, verdeckt dies
nur oberflächlich, denn er hat bei Thomas eine völlig ver-
änderte Bedeutung gewonnen. Er besagt nun nicht« andres,
als dass Gott etwas, was in ihm in absoluter Vollkommenheit
vorhanden ist, den Geschöpfen nach Massgabe ihrer gescliopf-
lichen Natur verliehen hat: die von Gott stammende mensch-
liche Vernunft ist nur ein schwaches Abbild der göttlichen.
Es ist das gleiche, was an der früheren Stelle durch die Worte
exemplariter [uocedit ausgedrückt wurde, die nunmehr ihre
Erklärung finden. Gott ist causa exemplaris für die ganze
Schöpfung, also auch für die menschliche Vernunft und die
Wahrheit, zu welcher diese sich erheben kann. Vor allem
<) SoUloqa. 1, c, 8, oben S. 573, Anm. L
^ Sicut ergo ad videndiim aliqtiid eiJiisibjUter n«n rat necetrae qtiod
pdeatur aubNtitntia mlis, itii ad videnduni aliquid intelligibiliter non est
essariDn] qiiod videatiir essen tiii Dei,
») Vgl. oben 8. D73, Aam. 1.
m
Frhr. r. HeriUn^
aber ist er causa efficlens, und zwar absolute wnd tranfiBcen-
d€nt6| Ton den Geschöpfen durch eben unendlichen Ab^titod
, getrennte Ursache. Denkt man aber an dieses Verhältnis der
kreatürlichen Abbildlichkeit, so passt der Augustinityche Ver-
gleich mit der Sonne und dem Seben dicht mehr, denn nieht
das Sehen, sondern das Beleuchtetsein ist ein Teilnehmen an
ihrem Lichte. Und dass Augustinus die eigene Kraft der Seele
ausdrücklich von dem erleuchtenden Sonnenlichte scheidet, i»l
soeben erst hervorgehoben worden. Hätte Thomas die Tön ihm
.eitierte Stelle aus den Soliloquien vollständig und im Zusaniitten-
hange eingesehen, so hätte ihm dies wohl kaum verhorsren
bleiben können.
Völlig parallel mit den Ausführungen der theologtuehen
Summe gehen die in der sogenannten Suraraa contra geniUes,
wo im 47. Kapitel des dritten Buches die gleiche Frage be-
handelt wird. Zu den dort in den Einwendungen herang«^
s&ogenen Augustin us-Ci taten kommen hier noch zwai weitert
hinzu. Das eine aus De Trinitate IX, 7, wo gesagt wird, AwM%
unsre Erkenntnis vermöge eines Blicken unsres Geistes in dtr
ewigen Wahrheit zustande komme. In welcher das Zeitliche
gescliaflen wurde;*) das andre aus den SoUloquien genommen:
prius ipsa (sc. veritas) cognoscenda est, per quam possunt itia
(sc, Deus et anima) eognoscL^) Dass nun aber Augustinus
wirklich gelehrt habe, wir vermöchten in diesem Lebten Gott
dem Wesen nach zu erkennen, will Thomas trotzdem nicht
annehmen, da er in dem Briefe an Paulina, der auch ak Libcir
de videndo Deo angeführt zu werden pflegt, das Gegenteil
sage.^) Ist dies ausgeschlossen, so bleibt dann freilich zu untc^f*
suchen, auf welche Weise wir im irdischen Leben jene unrer^
') Oben 8. Ö7J, Ann». 3.
h Sülihqu, I» c, 15» IL 27: R. Animam te certc dimn wt Dctim v*»fft
Dpiotfctsre? B, Hoc est lottim negt»liaiii tneuiu. 1 =?
FA. Nihil proriiiB. R. Quid, vi»ntal«^tn non vi« cui»jii . Ml
vero poMim hmc nisi perillum «^ogiioveerd. E. ^go ]>riuf ipta eo^no*
•oeada mt, per qiiaiD poxvunt illa co^o»«.
») Fp. 147, c, 4 und 5.
Äugu9tinui-CiiaU hfi Thomas von Äquin.
581
iinderliche Wahrheit und jene ewigen Ideen — rationes —
schauen, nach denen wir, wie Augustinus lehrt, das andre
beurteilen.
Thomas nimmt Ausgang davon , dass Augustinus selbst
zugestehe, die Wahrheit finde eich in der menschlichen Seele,
da er ja hieraus sogar ihre Unsterblichkeit beweise.*) Nun
aber sei die Wahrheit in ihr nicht nur in der Weise, wie Gott
vermöge seiner Allgegenwart seiner Weisen heit nach in allen
Dingen ist, und nicht nur so, wie sich Oott der Ähnlichkeit
nach in allen Dingen findet, sondern auf eine besondere Weise,
nämlich in der Form Jer Erkenntnis und insofern das von der
Seele Erkannte ein Abbild der von Gott erkannten ewigen
Wahrheit ist, und die vielen Menschenseelen nach dem Ver-
gleich der Glosse zum elften Psalm'^) die eine göttliche Wahr-
heit widerspiegeln wie viele Spiegel ein und dasselbe Antlitz*
Das gelte» nun ganz besonders von den obersten Prinzipien,
den theoretischen sowohl wie den praktischen, bezüglich deren
alle Menschen übereinstimmen, so dass sich also mit Rücksicht
auf diese in allen Menschen das gleiche Abbild der göttlichen
Wahrheit herausstelle. Da wir nun alles, was wir mit Gewiss-
heit erkennen, in diesen Prinzipien schauen, so könne man
sagen f dass wir alles in der göttlichen Wahrheit schauen.
Aber wenn Augustinus sich in dieser Weise ausdrücke, so
meine er doch nicht, dass uns in diesem Leben eine andre als
eine unvollkommene Öotteserkenntnis zukomme. Hier also wird
das Schauen in der einen unveränderlichen Wahrheit auf da&
Erkennen des Abgeleiteten aus den Prinzipien, der Schluss-
folgerungen aus den Obersätzen gedeutet.
Das gleiche, nur kürzer, hatte Thomas schon in einem
Mner frühesten Werke gesagt, in dem Kommentar zu den
Sentenzen büchern des Petrus Lombardus, IV, D. 49, qu. 2, a. 7.
Dort aber tindet sich noch ein andres, bisher nicht erörtertes
Augustinus-Citat, In der elften Objektiou lieisst es: secundum
») ¥ifl. oben S. 565, Anni, l.
«) Oben S, 67a. Aam. 3,
Augustintim mens nosira m Deo duIU mlerposita
forroatur: sed in omni mediat» Tisiooe alii|iiid i
ergo et in hac Tita mens nostra immediate Tidet Dmib* Ffr
das Citat, das in der gleichen Farm auch im ffaimmmtir tm
dea Boethius Traktat De Trinitihte wiederfseiiii, vervmeo üt
Aoagaben auf De Oeoeai ad litt. VII. c, 13. Dort ifeelii in*
dessen hiervon nichts, anndem in einer durch mdirere KmfiM
sich hindurchziehenden Erörterung wird fesigeatellt, daaa QaftI
die Menscbenseele nicht aus einem Earper, aondern aas iisdilB
geschaffen habe. Wörtlich findet es sich dageg«si I>e divenL
quaest. 83, qu. 51, n. 2, wo ron der GottebenhiUlicfakeil des
Menschen die Uede ist: quare cum homo possil particeps mm
aapientiae seeunduni interiorem honiiaein, saeiiiidBB i|MHiin ila
est ad imaginena, ut nuUa natura interpomta ffiuwitm^ et Um
nihil ait Deo eoniunctius. £t sapit enini et ^ink d eai: qaa
creatura nihil mi melius. Der Ausspruch besagt also Uar
nicht, dass der Mensch Gott ohne jede kreatürUcbe Yernul»
telung erkenne, sondern dass er secundum interiorem hootijien
Oott am nächsten stehe. Einen andren Sinn lual alletdioga
der gleiche Ausspruch in der Schrift De yera religioBe, e. SS,
n* 1 13, wo üs heisst: inter mentem nostram, qua illum inteDigijiiiis
patrem, et veritatem, id est lucem interiorem^ per quam iliun to-
telligimus, nuHa inteq^oaita creatora est. Hier finden wimnsTiUlig
in die früher diirgelegte Denkweise zurückversetzt. Indem vsMf
Geist sich von der Aussen weit abwendet und in sick aelliat
einkehrt, tritt er zugleich in die intelligibele Welt eja« kumnil
(tr in Verbindung mit den von Gott gleichsam aaaatraUeiiditt»
in Beinern LkhUt erleuchteten intelligibelea Waluhaüeii. Bm
er nun auch Gott seinem Wesen nach schaue, ist daniii nidit
gesagt, sondern nur die hiihere Erkenntcjs auf eine direkte Ver-
bindung der Soelt mit der intelligibelen Welt zurückgeftthri.^)
»IM i!»' opcriort Qu. disp. de veritAleX, i. 11:
Ä«rh hm nnid mit dec nödren Anilei^nj^en: S^
ciindiim fi-go hoc naa in veritatü increaU illiquid videre didmur* teeon-
dum qijod pi*r utu« flimiHtudinem in nietiU nmtm niMiHaii^Eii de aliiitio
iadicamun, ut com pif priDcipia p^v »o noiaiailiaitrai de co<idattoBthii%
Augmiinus'Ckate bei TlnomoB wm Aquin,
&83
Auf den gleichen Gegenstand kommt Thomas auch noch
in einem ganz andren Zusammenhange zu sprechen in der
J^aest. disp. de spiritual. creat. a. 10. Die achte Objektion führt
'*«us einer schon früher erwähnten Stelle die von Augustin her-
vorgehobenen Gründe fiir die Unzuverlässigkeifc der Sinnes-
wahrnehmungen *) an und schliesst daraus, dass wir aus ihnen
kein Urteil über die Wahrheit gewinnen können ; da nun aber
die gleichen Gründe auf alles Geschaffene zuträfen, so sei das
Urteil über die Wahrheit überhaupt nicht bei etwas Geschaf-
fenem zu finden nnd müsse deshalb der intellectus agens —
von ihm ist in jenem Artikel die Rede — etwas Ungeschaflenes
sein. Di« Antwort unterscheidet zunächst. Wenn man aoge^
duss wir durch etwiis oder mit Hilfe von etwas über ein an-
dres urteilen, so könne man dabei an einen Massstab oder eine
Regel denken, welche wir dabei zu Grunde legen, oder an
unsre Urteilskraft. Augustinus habe das erstere im Auge.*)
Dann aber soll tiefer in die Meinung de^s Kirchenvaters ein-
gedrungen werden. Es wird berichtet, einige von den alten
Philosophen hätten kein andres als das sinnliche Erkenntnis-
unde aon oportet quod ipea increata. verita« a noLis per essen tiain
videatnr.
*) De dicers. qmtest, 83, qti.9: Omne quod corporeua fiensus ad-
tingit, quod et sensibile dicitur, sine ulla intennissione temporU com-
mntatnr: . . . Qtiod antem non manet, percipi non potest: illnd enim
percipitur quod scientia coTuprehenditur. Comprehetidi autem non pote«t
quod ftiae intermissione muiatur* Non est igiiar exspectanda ainceniu
veritatis a lenaibus .....; lUud certo nemo eat, qai non cogatur fa-
teri, nihil esse aensibile, quod non habeat aimile falao, jta ui intemosci
non poaait, Nam - . . omnia quae per corpus aentimus, etiam cum ea
non adsunt sensibus, iniagines tarnen eomm patimur tamquam prorsus
ad sin t, vel in somno vel in furore.
*) ladicare enim aliqiio de veritate dicimur dupliciter» ano modo
licut niedio, sicut iudicamufi de conclusionibua per principia et de regn-
Üa per re^ilam , et sie videntiir rationea Augustini procedere. Non
BiDi ilhn] quf>d est inutabile, vel quod habet simititudinem illins, pote«t
enM infalJibilis regula veritatis. Älio modo dicimur aliqno iutlicare de
?«ritaie aliqua, aient virtnte ludicatira, et hoc modo per intelldetixm
ageatem iudicamua de veritate.
584
JUr. r. UMiMf
vermögen angenoiniKieD und in ÜbemnstimniQog damit bt-
haupiet, das9 es wegen des steteii Flnans der Din^e und der
ÄfaDlichkeit der Tmambilder mil den YorsteUangen tin wa
Zustande keinerlei Gewissheit geben kdnne**) Damm habe
Sokrates atksschliesslich auf die Elhä geworfen, sein Sohl
Plato aber zwar um jener Gründe wtllea an der Unerkemil
keit der Sinnendinge festgehalten, daneben aber ein Vfhmm
um die Ton den Dingen getrennten spedm derselben Wigem
nommen und mit Rücksicht hierauf dem Menseben eine bdhai«
Erkenntniskraft zugeschrieben, den Verstand oder den Intelkktv
der darum Ton einer höheren Sonne erleucbtet aei. Dia Uta*
teren Worte haben in dem Berichte, welchen Artsloieles in
Metaphjsik^) über die Genesis der PI:' ' n IdeenJehre |
und welchem Thomas gefolgt ist, k viihalt Abar
Vergleich mit dem Lichte, den dieser an einer andren Stelle,
De anima III, 5,^) gebraucht, wo vom Ursprünge nnsrer Ge-
dimkf^n die Kede ist, war den mittelalterlichen Denkern sehen
allein von den neutestamentüchen Schriften her yollkommea
geläufig. Dabei bleibt es zunächst bei einem bQdlicben Ai
druck, aus dem sich Schlüsse irgend welcher Art ntebt ite
laasen. Wenn ihn Thomas hier gebraucht, do gescbiehl
wohl, um zu der Ausdrucksweise Augustins überzuleiten. Dieser»
so wird weiter gefahren, habe sich an Plato angeschlossen^
weit der katholische Glaube es zuliess, und danim habe er
Stelle der für sich bestehenden Ideen die ewigen Begriffe — *
rationes — im Verstände Gottes gesetzt und gelehrt, dass vir
durch sie vermöge des vom göttlichen Lichte erleucblseten In*
1) Von diesen beiden Argtiinenten i^ehiVrt nor dai enie df
,^»1 ,i ' "' "' ' an, dwi JEwdte em ' ntik«>o
'^'\' -tla und »telJt «?« ^i^ • l^^n tüu
>) Utt. I, 6, p. ^7« B2 ff.
»} P. 430« 10 ff, D'- . «üt-, daw, wW -*«■
Nator, tQ auch in der > k^üido» tttid 2ji rki
mdfuahmetideA Prinzip ^xidt;n muw«i drayxri Mai h wi rv'lt
f^ .TdvTa npulrp <&p t {ff u^, clor t6 ^f^ct^.
Au§U8Unu8-CitiU€ hei Thomas ^n Äquin,
585
tellckts über alles urteilen, aber tiidit in der Weise, dass wir
jene Begriöe selbst erfassten» denn das könnten wir nur durch
Erfassung des göttlichen Wesens. Denn auch Plato» so wird
versichert, habe ja das Wissen um die für sich bestehenden
Ideen nicht darauf gegründet, dass wir diese selbst schauten,
sondern darauf, dass unser Geist durch Teilnahme an ihnen
ein Wissen um die Dinge habe.^) Diese Teilnahme an ihnen
will somit Thomas ausdrücklich nicht so verstanden haben, dass
sich die Ideen als vorgestellte oder begriÖene in unsrem Geiste
ßinden. Und auch die Meinung Augustins wird ziemlich unbe-
stimmt dahin angegeben, dass jene obersten Begriffe auf unsreu
Geist einwirkten. Sodann folgt wieder der Vergleich mit dem
einen Antlitz in den vielen Siuegeln. Aristoteles dagegen, so
liihrt Thomas fort, schlug einen andern W^eg ein. Er zeigte,
dass auch in den Sinnendingen nicht alles veränderlich ist, dass
die Sinne bezüglich des ihnen eigentümlichen Objekts keiner
Täuschung unterliegen, und dass Über den Sinnen das intellek-
tuelle Vermögen steht, welches über die Wahrheit urteilt,
nicht nach Massgabe für sich bestehender inteUigibelcr Dinge,
sondern vermöge des Lichts des intellectus agens, der die in-
teliigibelen Objekte als solche hervorbringt oder die Dinge in-
telligibel macht. Während nun aber wir heute dafür halten
müssen, dass diese Tätigkeit des intellectus agens, wie sie von
dem mittelalterlichen Aristo telisQius formuhert worden war,
mit der Auffassung Augustins schlechterdings nichts gemein
habe, meint Thomas, es komme im Grunde nicht viel darauf
an, ob man sage, das Inielligibele selbst, oder das Licht,
') Au^aatinas autem Plutonein secutus quanttno fides catbolica
paiiebt&tur, noa posuit «peciea rei-um per se subaiätentes, sed loco earum
poaiiit rationes rernm in mente dirina, et |>er eaa aecundum intellectum
illuRtratum a luce divina de omnibuB iudic^miis« non quid ein eic qnod
ipinaa ratio» es videaraus, hoc eaim esset iinpoMMibilf nisi Dei esaentiam
vidareraua, eed secundiitn quod illae tapreiiia** rationes imprimnnt in
nißiitei« nofltms« 8iu enim Plato posuit BcientiaB de apeciebuti separat] i«
«M«, non ipjod ipsae videreutur, aed aecundimj quod esis muna iiostni
p(trticipat de rebus scieBtiam habet
I^. SlfevBtl». d. phUo«.-pM]oL Q. d, litst. Kl 89
welches das Intelligibele als solches hertorbringe, sei uns
Üott mitgeteilt^)
Imnierhin wird hier eine Verschied enlifjt nnt' 1|
[iiir die Bedeutung derselben herabgesetzt. Aber die i
ist zu kurz und zu wenig beistimmt, als dasa grofiMiB Ge«riclii
hierauf gelegt werden könnte. Wichtiger ist, was Thomi
dort über den Sachverhalt äussert, wo ^t Hm *^icr^Tw ?».
handlung nimmt.
8. th. I, qu. 84, a. 5 fragt, ob die veruiini^ige Seele die
Hcheu Dinge in den ewigen Ideen erkenne y Nach deai,
swben aus der Quaest. disp. de spiritualibus creaturis mitget^fUt;
wurde, möchte man eine Terneinende Antwort erwarten, AI
das öegenteil ist der Fall, wie sogleich die aus den Confes-
siouen*) genommene Hauptautarität andeutet. Dieselbe besagt,
dass wir übereinstimmend das AVahre in der unveründerlidieii
Wahrheit erfassen. Die Wahrheit aber, fügt Thomas b^i, t«tfl
in den ewigen Begriffen oder Ideen beschlossen, also erkennt
die menschliche Seele in ihnen alles andre.
So wären wir also plötzlich im Platonismus oder Augu*
stinismus drinnen? Die Darlegung im Hauptteile geht aua TOn
De doctrina christiana II, 40, wo gesagt wird, dass man das
Oute, was man bei den heidnischen Philosophen ßnde, sich
aneignen, das Falsche und Aberglüubisehe aber meiden aolle.
[Daher nun habe auch Augustinus selbst, der von den Lebren
der Platoniker durchtränkt war, angenommen» was er unter
'ihren Aussprüchen mit dem Glauben Übereinstimmend fand,
das diesem Widerstreitende aber habe er verbessert. So gleich
die Ideenlehre, indem er viehnehr geltend mache, da-- V ^ ' eo
oder WesensbegriflFe aller Dinge sich im göttlichen *^ la-
den, dass nach ihnen alles geformt sei und auch die mensdn 1
liehe Seele ihnen gemäss alles erkenne/) Bezüglich der jetarl
H Neu mnitum auiem refbii dioere qaotl iptai iji teil i gib iljA pttki- '
p^inliir m D«o, vel qtiod lotneJi fkmim« inlelli^bilJA participetur,
^ ObMi &5e8t Anm. 1
'} AmpntiiiQi . . . petuit loco fiemin i4eanini, qua^i Plato poneMt
Äugustlftus-Citate hei Thomas von Äquin,
587
zur Erörterung stehenden Frage aber müsse uiiterscliieden
werden, in welchem Sinne man sage^ dass etwas in einem an-
dren erkannt werde» Es könne das heissen, man erkenne etwas
in einem andren als in einem erkannten Objekte, so wie man
etwas im Spiegel sieht; man sieht den Spiegel und den Gegen-
stand in ihm. In dieser Weise sehen die Seligen im IJimmel
alles in den ewigen Ideen, denn sie sehen Gott selbst und mit
ihm die in ihm beschlossenen Ideen, in diesen aber das^ was
nach ihnen gebildet ist. Man könne aber mit jenem Ausdrucke
auch das Prinzip der Erkenntnis bezeichnen; in diesem Sinne
sage man, dass wir die Dinge in der Sonne sehen, weil diese
sie sichtbar macht. Verstehe man es in diesem Sinne, so könne
mit Recht gesagt werden, dass die Seele alles in Jen ewigen
Ideen erkenne, denn wir erkennen alles durch die Anteilnahme
an ihnen. Die ewigen Ideen bedeuten also das Prinzip der Er-
kenntnis, aber was ist unter Anteilnahme zu verstehen? Thomas
fiihrt fort: das lumen intellectuale in uns, also unsre Erkenntnis-
kraft, ist nichts andres als eine uns zuteil gewordene Ähnlich-
keit mit dem ungeschafifenen Lichte, ein Abbild also oder Nach-
bild des göttlichen Verstandes, in welchem die ewigen Ideen
eingeschlossen sind. In Anlehnung an die Worte des Psalmisten
kann man daher sagen, dass, weil wir bezeichnet sind durch
das göttliche Licht, in uns alles aufgewiesen und erkannt
werde.^)
rationes omnium creaturarum in mente divina eidstere, secunrlum quai
oinnia formantur et »ecundum qua» etiam anima huroana cogno8cit.
^) Cum ergo quaeritur, utrum aaima bumana in rationibaa aeternig
oinnia cognoscit, dicendam est quod aliqiüd in altquo diciiur cognoaci
dupllciter. üno modo sicut in obiecto cognito ... et hoc modo in statu
praesentia vitae mm potest ridere ornnia in ratioaibna aeternis
AUo modo . . . ^icut in cognittonis principio: Bleut si dicainus, quod in
9o\ü videntur ca quae videntur per Bolem; et sie neceaee est dicere, quod
anima humana omnia cognoscat in ratimiibuB aetemia per quarnrn par-
ticipationem oinnia cognoaciraua. Ipaam enira Innien intnll*?ctuale, quod
est in nobiy, nihil aliud eat quam qnaedam participata Himiütudo htmi-
nifl incretiti Per ipsam aigillationem divini litmtnia in nobis
umniu demonstmnttir.
30*
588
Frhr, r. fferiUn^
Das also ist es, was Thomas einschärfen will: wi
in uns, was wir erkennen, und wir sind liiezu fiUiig, weti
unsre Erkenntniskraft ein Abbild der göttlichen ist. Die Be-
deutung der ewigen Ideen für unsre Erkenntnis ist TiSllig zu»
rilckgedrängt. Der Zusammenhang mit ihnen bertibt nur oooli
auf dem Verhältnisse der Ähnlichkeit, in welchem unser Vc
stand mit dem göttlichen steht. Zum Überflüsse fährt Thomi
fort: »weil jedoch, um von den materiellen Dingen eine Wisset]
Schaft zu besitzen, neben dem Lichte der Erkenn tntakrmll
uns auch noch die von den Dingen h^i menen iniel
belen species — die objektiven West i Te — erforde
werden, so haben wir die Kenntnis von den mat^^riollen Din|
nicht, wie die Platoniker meinten, durch blosse Teilnahme
den ewigen Begriffen*. — Aber was bedarf es dieser letj&ter
überhaupt noch, wenn wir in den Dingen oder in den iron den
Dingen herrtlbrenden Phantasmen mit Hilfe des intellectus ag^ns
die Intüllektualvoi-stellungen gewinnen? In Wirklichkeit sind
sie vollkommen beseitigt. Aber ein Gegensatz gegen Augustinus
wird damit nicht zugegeben, vielmehr wird umgekehrt sseioel
Autoritilt angerufen. Sage er doch De Trinitate IV, 16, da
die Philosophen, trotzdem sie sich auf die ewigen Ideen be-l
ziehen, aus ihnen die Zahl und Art der lebenden Wesen nichlf
herleiten konnten, sondern sie auf dem Wege zeitiich^rilumlichcrl
Erfahrung aufsuchen mussten. Aber so frappant das Citafc ge-[
rade in diesem Zusammenhange wirkt» und so wichtig t^ itu i
übrigen für die genaue Feststellung von Augustina dgeoür
Deokweise ist/) so betont es zunächst doch nur die iSchmnkenj
der Intellektuaierkenntnis, und eine unbefangene Betrachtung]
') 4. a/O* IL 21: Naniquul enim quJa venssime diflputant et doca*
tnentis certiaBuntti persutulent, iMitm'ni« ri&tiouibua omnia temptir.iT " -
prujjterett pututTunt in ipsi« rniionibui p«r«pit'«»rtft vc*l ex i\mt
quot sini unimatiuiD geocra« quae i^rniiina - ^ui •
modiM in incrcmenti«, , . . qtu tuoim in a{i}m . na-^
tmain auni, fu^eodiiKiut coDimria'/ Könne inta omtiia bao per ülam
incommutabileni - ^ m, ^tfd per looorum ac temponnu htitoriasn
qmiesierout? — \ ahm S, 673, Anm. 2.
ÄuguHmuS'ihiaie hei Thowas mn Aquin.
589
kann sicherlich nicht daraus entnehmen ^ dass wir, wie der
mittelalterliche Ai'isfcotelisraus lehrt, mit HÜfe der uns ver-
liehenen Erkenntniskraft, des inteliectus agens» aus den Sinnen-
bildem die Wesensbegrifte der Dinge gewinnen.
Thomas aber möchte völlige Ubereinstiramung konstatieren.
Dass Augustinus unter der Erkenntnis in rationibus aeternis
nichts andres habe verstehen wollen, dass also der oben vorge-
norameneD Distinktion zufolge damit nur unsre gottebenbildlicbe
Erkenntniskraft gemeint sei, soll auch daraus hervorgehen, dass
er anderswo — De diversis quaest. 88, qu. 46 *- sage, nicht jede
Seele sei geeignet, die Ideen zu schauen, sondern nur die reine
und heilige, so dass er also deutlich diese andre Erkenntnis
den Seligen im Himmel vorbehalte. Aber Thomas irrt. Wie
der Zusammenhang ergiljt, spricht dort Augustin zunächst im
Sinne der Platoniker.*) Aber auch wo er weiterhin ausein-
^) Efl ist die schon erwähnte klasRiacbe Stelle, wo A. die Iileenlehre
in die chn9t.liche Spekulution eingliedert, Niichdem vod ihrer Einführung
durch Plato und dem Namen der Ideen die Hede war, heiuat es weiter:
Anima vero negatur eag intueri posse nisi rationaÜB, ea sui parte, qua
exeellit, id est ipija mente atque ratione, quasi qimdam facie vel octilo
sao interiore atqne intelligibili. Et ea quidein ipsa rationalis aniina, aon
omnis et qaaelibet aed quae aancta et pura fuerit» baec aieeritur Uli vi-
«ioni ease idonear id eat quae illum ipauui oculum, quo videntur ista,
sannm et sineerum et aerenum et äimileni hia rebu«, quas videre intendit,
bubuerit. Quis autem religioBu« et veni religione imbutus, iinatnvig non-
dum poaait hiiec intueri, oegare tarnen audeat » . . omni» qoae sunt
... Deo aactore esae procreata ? Quo conatituto atque con*
oeiflo, quia audeat dicere Deum irrationabiliter omnia condidissc?
fUba autem ratiunes ubi arbitrandum est ease, nist in ipaa mente Crea-
tori«? QuchI si hae rerum omnium creandaruTii crcutarumve
ratione« in divina mente eoiitinentur, neque in divina mente qnidquam
tnu aeteruuoi atque incommutubile potent esse ..... non soIüdi aani
tdeae, aed ipeae verae ^unt quia aeternae sunt . . . .; quaruin partici-
patione fit, ut äit rjuidquid ent, quoquomodo eat. Sed onima rationalis
inter ca>» res, quae sunt a Deo conditae, omnia aupernt et Deo [»roxima
ei*t, quando pura eat; oique in quantnm caritat^^ lohaereacit, in tantum
ab ec» lutnine illo intelligibili parfusa quodam modo et üinstrata cemit»
per corporcoa oculoa, aed per ipaiue iui principale, quo excellit, id
f per intelligcntiain auam, ietaa rationes, quarum visione tit bciitiaaima.
«ndeiselii, in welchem Sutne die Uae&ldif« mngmuMimen wer>
deo ktaoe oder angeDomoiesi werden nllne, epHdil «r gni
«mgemein toq der meDscUiefa«!! Seele, wddi« mIb ilas
ftller Geschöpfe Goit am iiä€hi$U*is siebe und um so melir
dem Lichte der göttUchen Erkenntnis dttrehsftcmUi nes«, je reise
und heiliger sie sei. Von einer Beschrinknng mut das s«1j|
Seh&ueo im Jenseits ist nicht die Rede. In den B^irmktstaMen
korrigiert Augnsünia einen Satz attö den Soliloquieo^ wo ei
faeiert^ dnas Gott nur die Reinen zur Erkenntais der Wnlulieil
zokfise, aber nicht so, dass er auf den ünter»chjed des aeUgea
Schsnens und der Erkenntnis im Diesseits hinweist, scmdem m,
daas er zugesteht, dass auch diejenigeu, welche nicht rein sind«!
vieles erkennen können;') er verwahrt sich ako ntir
einen gewissen Überschwang nenplatonischer B«fiuniaceBie
Dass er aber einen Zusammenhang zwischen dem Gradi*
Erkenntnis und dem Grade sittlicher Reinheit ßr diese
annimmt^ zeigt er ebendort, wo ein Ausspruch aas dem Bncbel
De moribus ecclesiae catholicae richtig gestellt wird.^) Dortl
hatte er gesagt« dass wir Gott, den wir erkennen woU^i^ in*
erst mit voller Liebe lieben sollen. Die W " ' 't^l
gehen ihm zu weit, sincera caritate wäre iy firl
die Steigerung der Liebe im Jenseits, wo das Sehauen von An^
gesiebt zu An gewicht eintritt, noch Raum bleibt. Auch dann
also, wenn der oben dargelegte Zusammeabang nixtht so hfr- ^
stimmt dagegen spräche, hätten wir kein Recht, jene Be- H
schrankung auf die reinen und heiligen Seelen mit einer Be>
schränkang auf die Seligen im Jenseits zu iden* "'
Verwandt mit der soeben erörterten Frag»
*) K^trtici. I. 4, n. 2.
*) Ibid. c. 7| n» 4. — Daio Soliloqu. I, e. G. ti^ VA i^isU ö\ytm S, j
Anm. 1): Koki eoiui boc ett htibere ucujan quocl ud9^itc»;re: nui uittm hat I
qiitid vidtTc. Er/
kmbmitf qaibu« in
ijtniltu oiuini niuni o«t ab omni luUct otrportih fura, %d vm% a
retum mortaiiinti tani ntmuta ai<|Qi»{»ur|r^^' ^"^ *■ *'*■ >*- iri,
Äugustifms'Citate hei Thomatt mn Äquin.
691
ob Gott das Erste ist, was der menacliliche Geist erkennt?
Die Antwort, welche S. th. I, qu. 88^ a. 8 erteilt wird, lautet
verneinend: Oott ist nicbt das Erste, was wir erkennen, son-
dern wir kommen zu seiner Erkenntnis, indem wir aus der
Schöpfung auf den Schöpfer schliesaen. Auch die Meinung
Augustins geht nicht dahin, wie aus den früheren Angaben
deutlich ist. Trotzdem wird unter Berufung auf ihn als erste
Objektion angeführt, dass wir alles im Lichte der ersten Wahr-
heit erkennen und durch sie über alles urteilen.') Die Zurück-
weisung derselben lässt die gewaltsame Umdeutung mit be-
sonderer Schärfe hervortreten. In dem Lichte der ersten Wahr-
heit, heisst es hier, erkennen wir alles und beurteilen wir alles
insofern, als das Licht unsres Intellekts selbst, das natürliche
wie das gnadenni bissige, nichts andres ist, als ein Abdruck der
ersten Wahrheit. Da nun das Licht unsrer Erkenntnis — die
Erkenntniskraft — sich zu unsrer Erkenntnis — dem einzelnen
Akte — nicht als das verhält, was erkannt wird, sondern als
das, wodurch erkannt wird, so ist um so weniger Gott das,
was zuerst von uns erkannt wird.*)
*) Omidft in luce primae veritatii* cognoadrau» et per eara ilt* om-
nibua ludicamus, ut dicit Augnstinua in üb. de Trinitata. Ea ist offßnbar
das gleiche Citat. wie oben S. 578, Aiiin. 2, doch kann auf »einen be*
»ondereu Wortlaut die Erinnerutig an De Trin, XII, 2, oben JS. 5ü6,
Anni, 2. eing'ewirkt haben. Auch Civ. Dei XF, 27 lässt sich huran/ieb*»»,
wo es lieisit: ♦ , , . bicem illara incori>oream ♦ . » , qua mens nostm
qtiodam modo irradiatur, iH de Ms omiiibiaa rocte indicare possimna.
Nam in qnantum eani capimus in tantum id possumufl.
*) Ad primum er^o dic<L*tiJum quod in luee primae veritatis omnia
intelligimus et iudicamu«, in quantnm ipaum lumen intelleftiH noi^tri,
«ivü naturale alve griituitum, nihil aliud est quam quaedam inipre«Hio
▼eritatis primae . . . üfide cum ipsnm lumen intellectua nostri non fle
habeat ad intellertnm nOHtrum mcut quod int^lliffitur, aed ticnt quo in-
telligitur. multo minuw Deus est id quod prinio a nostro inteHectu intellt-
(fitur. — Der gli^rcheu Uütenicbeiduug be<lient aich Tb. auch qu* 84» n, L
Gegen die Lehr», dnss wir mittels des IntellektB die Körper %\x erkennen
vermögen, werden »wei AunsprOche aue An^ustin anj?*»l'ührt. Der ertte:
Corpora int-ellcctn rompn^hendi non y>o8sont, nee uliquod f i ni«i
tensibus vidf^ri potest — xieht ij) eine Formel Äuaamnuin, >^ .^/. U,
JMr. c
Aiwf&hrlkli wiri das gfei^ Tknt fo
Btftr n Boeiliiiis De TrhiilftAe ctürtert. Em
Gebt erkeime oder e
dm das «nie, w
Gott mSbek. stL
aiidre erkannt wird and wodnreii
«Ue
kttEDtniflse arteilen« wird tcmi ims xncflil wAmaM^ wie ^is lidil^
den Angen frilier bdcuml bt, ak was dam gi lAf n wird»
und die PiinzipieD friber eingesdieo werden, ak da«
fojtgeningen. Aber, wie Aa^gaftin in den B&ckem De Trtnrtalp
nnd De Tera religione aagi: wir erkennen aOm in der tnlai
Wahrbeil und tutetlen durch sie aber alk» andre. Akn nl
die erete Wahrheit daa nierst roo ms Brkannte. Ans dter Bt-
gründong der gegentetligen Lehre isl
Thoiaas hier unt^ andrera auf zwei aus
nane gmadaitie süizL AUe unsre Kriiennfaiia liai ihren üiw
ii(f rufig um der StaDeswahmehauuig, €Mi aber iai am weitealia
fou der Siaoeswahniehmuiig entfernt. Panier: waa der Katar
nach apiter iit, ist frdher für uns, und daa der Kalor aadi
minder Erkennbare ist für uns das Erhennbarara» WeQ also
die Gesehdpfe ron Natur spiter und minder erkennbar sind, ab
Ootl« an bt umgekehrt (ftr uns Oott spiier etkembar* Ißt
Besng auf die Torausgesehiekte Objektion aber beiart es: aoldw
und ihnlicha Aussprüche Aogustins seien nicht 90 zu Terstehsn,
als ob die ungesebaffene Wahrheit sdbat das nächste Priusip
wäre, dureb welches wir erkennen und urteilen, sondern Tiel-
mehr dahin, das» wir durch das uns «verliehene Licht, welcbcf
ein Abbild der UDgeschafiFiien Wahrheit ist, erkennen und
c 4^ n« t ilflkl: E. Tidetume tibi qua«|Qe safpam - ntilxiüs, in«
taUfcta pows comprebeiuli? A. Kern ftdeator« D^r i-it ctsrnn U
Mupttr Gtn, ad läi, qucid Tino toisUaetwüi« out tenixit «ii^e mint per e»-
ientism tasm in anima — kann nicht einaisl slf neblige Inhsltaiagsbt
dir UrMenrng a* a. 0« c. 24 irdien. vgL uben ä. 509« Ajiui. ± Die Aal-
Vw-bttiB Aitjr«-' -lieüiijendttm -i ^1 ea qnibSi
e'EKMdti noo SU I tttm ad ea fpsi - n t»|pioeeii;
' mim cofpQcm intcüigendOr «ed mra ptr CDcpocs n«qii* per siai^
1*. - Dsteriale* et eorporsap »ed p«r «pode» immt»*»'«'»!*- *»» i.~t..|i'
IgibÜM, qiiae per tui eieentisiii in »niaiA ttmm po«<uit.
Äugustinuit'CitiUe bei Thomas von Aquin,
698
urteilen. Die Wirksaaikeit dieses Lichtes aber beruht auf
jenem ersten Lichte, wie beim Beweis verfahren abgeleitete
Prinzipien uns die Gewissheit verleihen, die sie selbst auf Grund
der obersten Prinzipien haben. Und eben darum ist es auch
nicht nötig, dass das uns eingepflanzte Licht zuerst von uns
erkannt wurde, denn w^enn wir durch dasselbe erkennen, so
geschieht dies doch nicht so, dass es, selbst erkannt, uns andre
Erkenntnisse vermittelte, sondern so, dass es das andre erkenn-
bar macht.^) Nur an oder aus diesem letzteren, dem Erkenn-
baren, müssen wir es erkennen, so wie auch das Licht von den
Augen nur an den beleuchteten Farben gesehon werden muss.
So ist der Gedankengang überall derselbe. Wir erkennen
die Dinge, indem unser Intellekt sie erkennbar macht; unser
InteUekt ist uns von Gott gegeben, er ist ein Abglanz des gött-
lichen Lichtes, ein Abbild der höchsten Wahrheit, von da
stammt seine Leistutigsluhigkeit, und insofern kann man sagen,
dass wir alles im Lichte der ewigen Wahrheit erkennen und
beurteilen. Die Theorie des scholastischen Aristotelistiius wird
in die Aussprüche Angustins unbedenklich hineingelegt.
Eine letzte Ergänzung erhiilt dieses Verfahren da, wo die
Frage aufgeworfen wird, ob der Mensch zur Erkenntnis der
Wahrheit göttlicher Gnadenbilfe bedürfe? In der S. th. 11, 1,
qu, 109, a. 1 wird aus einem Citat aus den Soliloqiiien ^) der
Einwand hergeleitet, dass der menschliche Geist ohne göttliche
Erleuchtung, die auf Gnadenhilfe beruhe, die Wahrheit nicht
zu erkennen vermöge. Thomas führt aus, die Wahrheit er»
kennen heisse von dem lumen intellectuale oder der Erkenntnis-
kraft Gebrauch machen. Jedweder Gebrauch aber oder jedwede
Betütigung schUesse eine Bewegung ein, sofern dieser Begriff
so weit gegriffen werde, dass auch Erkennen und Wollen dar-
unter fallen, wie dies Aristoteles im dritten Buche De aniuia
tue.^) Der so gewonnene Begriff der Bewegung muss nun
*) Non eniiü eo alia co^tnoHciruus, «icut cü^^noscibili niiod fit tn**.
dinm coguitiüDiJi« eed tticut eo r|uod fticit alia cognoBcibilia.
«) I, 6, n. 12, übt.ji S. 573, Antiu l.
'J Die otigciogenc Stelle ist De anima HI, c. 7, p, 4^1» 4 ff., wo
594
I^yhr. V, Ifcriling
weiter führen. Zur Bewegung, hören wir, ist nicht nur dia
Foitnalursache gefordert, welche nach Aristoteli.scher hthr
doa Prinzip der Bewegung und Tätigkeit ist, sondern auch ii
Bewegung des ernten Bewegei-s, unter dessen EinHu^s sich alle
betätigt. Wie nun — nach der miitelalterliefaen Koainologie
— alle körperliche Bewegung auf die Bewegung t^m FixHtcro-
himmels zurückgeht» der das priraura inovens corponile ist»
geht alle Bewegung überbauptf die körperliche wie die geifltig4&t|
auf den zurück, der das primum raovens Minpliciter ist, taf
Gott. Daraus ergibt sich« dass die intellektuelle Betätig
jeder Kreatur in doppelter Beziehung von Gott abhängt, rin-j
mal sofern sie von ihm die Wesensbestimmung oder Form er*]
hält, durch welche oder gemäss welcher sie sich betätigt,
dann aber sofern sie von ihm zur Betätigung bewegt wird*l
Die den geschafienen Dingen von ßott verliehenen Formea
haben nun jede eine spezifische Wirksamkeit. Wiis den Um-
fang derselben überschreitet, können sie nur leisten, weiuij
ihnen ein weiterer wirksamer Faktor mitgeteilt wird» oder
Thomas es ausdrückt: per aliquam form&m superadditam. So
reicht die dem menschlichen Geiste eigentömliehe Form, da
intelligibele Licht, aus eigener Kraft dazu aus, einen gewissoe
Umfang intelligibeler Kenntnisse zu gewinnen, diejenigen oSni- ]
lieh, zu denen wir auf Grund der Sinneswahrnehmuii :6ü
können. Was darüber hinausliegt, kann der mensch inn»^ iT^^ist
nur n»it Hilfe eines höheren Lichtes erfassen, durch das Liebt
des Glaubens oder das Licht der Prophetie; als ein dem Menscfaen
von dem Zii«tiiiidekommeii der Stnnt'8w&hntt*Hmn»g geta^ wird, ev ül \
oiao andr«! Art von Bowc»gting; At6 dllo e/doc toPto MrK#}offi»v* 4 f^9
Hierxu bemerkt Th« in »erineni Kommentar: Qnia utottm, qo] «Mi iii rebui
ittaritim, tnaaifestiiai i«t qnftl
inoim u . . iUe PffSm tnelus eil
Art II « Ö«?d hu* motu» ' .cHeeti:
•--I . uim ft^C'Ü in Mtu pw ■uaiti . ♦ . Kl
Ucilur propri« (»|>«fiilio nt evnliT» et iniellifrer« nl w^Skt4
t^ kwn/^rwsh doi 4rt«t<»t«l««, «And^ni
um 'fh^
Augusiinua-Citait hei Thomas von Aquin, Sw
hinzug^egebenes wird es lurnen gratiae genannt* Daher könne
man allerdings sagen, dass der Mensch zu jeglicher Erkenntnis
der göttlichen Hilfe bedürfe, nämlich sofern der Intellekt von
Gott zu seiner Tätigkeit bewegt werde, nicht aber bedürfe er
dazu jedesmal des Hinzutretens einer besonderen zu der natür-
lichen Erleuchtung, In der Beantwortung des Einwurfs aber
sagt Thoraas: Die körperliche Sonne erleuchtet äusserlich, die
intelligibele Sonne, das ist Gott, innerlich. Daher ist eben das
uns eingepflanzte natürliche Licht die Erleuchtung Gottes, durch
welche er uns erleuchtet, um das zu erkennen, was in das Be-
reich der natürlichen Erkenntnis fülltJ) Und in Übereinstim-
mung damit heisst es an einer andern Stelle*) mit Bezug auf Augu-
stins Schrift De magistro: Insofern belehrt uns Gott innerlich bei
der natürlichen Erkenntnis, als er die Ursache des natürlichen
Liefats in uns ist und dasselbe auf die Wahrheit hinleitet;
anderswo aber so, dass er uns ein neues Licht eingiesst.
Kein Element der Augusiinischen Überlieferung soll auf-
gegeben werden, und doch ist so gut wie nichts roxi der ur-
sprünglichen Denkweise des Kirchenvaters übrig geblieben. Es
ist, wie schon wiederholt bemerkt wurde, nicht die Absicht,
in eine sachliche Würdigung weder dieser letzteren, noch der
an ihre Stelle getretenen thomistischen Erkenntnislehre einzu-
treten und die eine und andre auf ihre wissenschaftliche Grund-
lage und ihren bleibenden Gehalt zu untersuchen. Auch braucht
nicht erst hervorgehoben zu werden, wie weit das von der har-
monisierenden Tendenz des Mittelalters geleitete Verfahren von
*) Ad 9<cuinlam dieendum quod sol corporalis i!ltj»trat eiteriii8:
eqI intr^Uii^ibUiä, qiii eil Deua, ilhiatriit inierius; unde ipstim lumen
naturale aüimne inditam est illuetratio Dei» q«tt iJluBtmioiir ab ipao ad
eognoi9CCiiriinn ea, r^nae pertinent ad naturalem cognitionem; et ad boc
non reqniriiuf alia illuHtratio, »ed solum ad illa, qtiae naturalem cx)gni-
tiottr?«» excediuit.
*) Im Kommentar 3m Boothi 118, />f rnn., fjti. l, a. I,ad 2: Secon-
dnm hon Dens nos inieritis docet in nuttituU cognitiane, qaad niitmiile
Innjcn in nnh'a raunat et illud dirigit in veritatem: in aliis vero etioto
lumou lioviiQi iiifuudcDdo,
596
Frhr, r. HtriUng
UBsren wissenschaftliclien Gewohnheiten abliegt. Zwei ÜBH:
stände aber lassen sich auizeigen, welche dieses Verfahren
den hier untersuchten Fällen leichter verntändlich modiM*^
Wenn Thomas auch darüber unterrichtet ist, dass Augusünl
unter dem Einflüsse der Platonischen Philosophie gi^t^odeti
hat, so stützt sich doch die Kenntnis, die er selbst von der
letzteren besitzt, nahezu ausschliesslich auf die Angnbrn, 4ie
er bei Aristoteles fand. Von den Neuerungen Plotins^ ron dtr
ganzen Ausgestaltung des Neuplatonismus, von eben den Ele-
menten also, deren bedeutsame Einwirkung Augustin nn sich
erfuhr, weiss er wenig oder nichts. Wo er bei den Pro-
blemen der Intellektualerkenntnis Anlass nimmt, von di^er
Einwirkung zu sprechen, denkt er lediglich an die Plaloni^whi*
Ideenlehre und bemerkt jedesmal, Augustin habe die salbit-
ständigen Wesenheiten in Gedanken Gottes umgesetzt. ') VoB
andrem ist nie die Rede. Dass die geläufigen bildlichen Aus-
drücke von Licht und Erleuchtung bei Augustin eine spezi*
fische Bedeutung haben, dass die enge Verbindung, in wddie
er die Intellektualerkenntnis mit Gott bringt, dadurch notk
nicht erschöpft sein könnte, dass diese unsre Erkenntnis ab
ein Abbild der göttlichen, unsre Erkenn tni&kraft als eine um
von Gott mitgeteilte gefasst, unsre erkennende Tiitigkeit m%»
jede Tätigkeit und Bewegung auf die göttliche Mitwirkung
zurückgeführt wird, kommt ihm nicht in den Sinn. So gewaltaain
die Umtleutung uns erscheint, so mag es sich (Qr Thomas um
mie völlig naive Assimilation der fremden Gedanken gehandoll
haben, und dies um si» mehr, als ihm die letztern in weitaus
den meist'en Fällen nicht in ihrem ursprünglichen Zusammen-
hange, sondern in Gestalt von ein?.plnen herausgerissenen An^
Sprüchen entgegentraten
Dazu kommt dann noch ein zweites. Thoraas hatte sehr
bestimmte Gründe, gegen eine andre Ausdeutung dieser Aus-
sprüche Stellung zu nehmen. Mit den Schriften des Aristoirl^
waren dem chrislUobün Abendlande auch die Schriften der
1) Oben a 586, Anm. t, S. im, Aom. d.
Au^itifiinm'CUatt hei Thoma$ «OH Aqmn. RSf
arabisclien Philosophen in lateinischen Übersetzungen zuge-
kommen. Der arabische Aristotelismus ist eine durch neu-
platonische Interpretation beeinfluaste phiintastische Ausgoütal-
tung des ursprünglichen Systems untl seiner einzelnen Bestand-
teile, in welcher die Intelligenzen als Zwischenwesen zwischen
dem obersten Einen und dem Menschen eine grosse Rolle
spielen. Zu ihnen gehören der intellectus agens und der Intel-
lectus possibilis, die, obwohl jeder von ihnen nur einmal vor-
handen ist, doch für alle Menschen Prinzip und Ort der Go-
dankenbildung sein sollen. Insbesondere in der Form, welche
die Lehre durch Averroes gefunden hatte, scheint sie die niitiel-
alterliche tielehrtenwelt sehr ernsthaft beschäftigt zu haben.
Albert wie Thomas sahen sich verauhisst, ihr nicht nur in
ihren grossen Werken, sondern auch in besonderen Schriften
entgegenzutreten. 0 So wird es glaubbatit, dass der Gegensatz
gegen den Averroismns die Deutung der Aussprüche Augustins
durch Thoraas raitbeein Aussen konnte.
Was oben S. 583 aus der quaestio disp. de spirit. ereaturia
geführt wurde, gehört in diesen Zusammenhang. Artikel 10
^irft die Frage auf, ob es nur einen intellectus agens für alle
Menschen gebe? Sehr bezeichnend verweist gleich die erste
Objektion auf den Prolog zum Johannesevangelimn: erat lux
Vera, quae illuminat etc.; das Erleuchten aber sei Sache des
intellectus agens, also sei dieser Gott, Was die achte Objekt ion
zur Begründung der gleichen Meinung beibringt, ist früher
besprochen worden,*) Aber noch drei weitere auf Augustinus
zurückgeführte Aussprüche werden als Kinwürfe in demselben
Sinne verwertet. Im vierzehnten Buche De Trinitute*) weist
dieser darauf hin, dass auch Gottlose gelegentlich richtige
^) Im Eingänge leitier kleinen Schrift De unitate intdUciuH cüntra
Acerroistas (opuac. 16) ««li^ Tb.: Inoltsvit »ifpadem iaitidodiim rircii in-
tellectum error npod ihuUq«, ex dicttn A^erroi« *uiut!iii exordiuin. Kr
apricht nur voiu int^^llectu» pu»»ibili^ aber liie Lehre dar Araber ?om
iat«nectu8 ageiiü liÄtii^'t damit auf» engste ziisammea.
») ObiftJ J5. 583 ff.
>i Oben S. 665. Ann. 8.
«M
PHkr, f. HtrÜmg
Urteile über das moralische Verhalten der Meosehen abgvbei; j
was nur deshalb möglich sei, weil sie die oiiTeräfiiierlkliea |
Regeln des Ilechituns im Lichte der Wahrheii erbUe
Daraus gehe also hervor, macht die neunte Objektion
dass uns aus dem über unsrem Geiste stehenden Lichte dus Vcr-1
m^gen zukomme, über gerecht und ungerecht su urteil«i|
dies aber sei Sache des intellectus agens, und so gebe m
einen fiir alle Menschen. Die zehnte Objekiion folgert i»\
gleiche unter Bezugnahme auf die Schrift De Tem n*ljgioiie,.|
wo Augustinus behaupte, wenn unter zwei Dingen kein b«9lMi]
sei, so lasse sich beurteilen, welches von ihnen das Bessere
nur durch etwas, was besser sei, als beide. Urteilen wir ä
daes der Engel besser oder vollkommener ist, als Atr HM8cli«i
80 können wir dies nur durch etwas, was besser ist« ab dii
also Gott, und da Urteilen Sache des intellectus agens tsl,
folgt, dass eben dieser Gott ist. Das Citat findet sich m der
von Thomas angeführten Form weder in dem erwähnten Werke.
noch anderswo, immerhin konnte der Gedanke für Augustiniäch
gelten.^) Die zwölfte Objektion endlieh zieht die Stelle am
dem zweiten Buche De libero arbitrio heran, wo von der All-
gemeingültigkeit der Wahrheit mit besonderer Hücksicht «uf I
die Zahlen verhiil tri isse die Rede ist.^) Wenn es somit etno ttn4
dieselbe Wahrheit für alle gebe, die allen in der gleichen Weise
nahe steht, so müsse eben der die aUgenieinen Begriöe bildende
intellectus agens einer und derselbe für alle sein* Daneben sind
freilich auch die beiden Autoritäten, weiche neben Aristoiel«,
De aninia 111, 5, 430 a. 13, für die gf^gputrilige Ansiehl bei-
gebracht werden, aus Augustin entnommen :'1 um so einleüch-
I) Vielleicht ist es eine EeminiBcen^ au» D^ Trin, VlII. i . 3v 0.4 ^
Obes 8. mi, Antn. L
«> Oben 8. 664, Anm, l.
•) Die Auswahl deraelUen itft höelint b<?/
oben 8.B88 mit Aiini. l bctprocheti« SU*Ui*, \¥el i ^ li€
wird: Pbiloiiojib] cetdri» meliaref nun (ront in iWU §nu\mu aekmiia^
rationihiu iiit" ^ ' tl ca, qua^ ab hiUoria v. ' ' * "^ niL ^
iDiLmuB wü'd . iuuil in al)(|tta face ftU n%
ÄngmtintiS'Öiiate bei Thomas van Aqum.
59»
tender konnte es alsdann gemacht werden, dass zwischen seinem
Standpunkte und dem der arabischen Philosophen keine Ver-
wandtschaft bestehe. Darauf ist die ganze Auseinandersetzung
angelegt
Dieselbe erinnert zunächst an die Gründe, welche Aristo-
teles zur Annahme des intellectus agens geführt hätten, und
erwähnt soditnn die verschiedenen Auslegungen» welche diese
Lehre gefunden habe. Die einen erblickten in dem intellectus
agens eine für sich bestehende immaterielle Substanz» die andren
eine jeder Einzelseele gleichnnissig zukommende Kraft. In ge-
wissem Sinne haben beide Hecht. Denn einerseits moss über
der Menschenseele ein Intellekt stehen, von dem ihr Erkennen
abhängt. Dafür werden drei Gründe angeführt. Das Eisen ist
nur warm, weil das Feuer ihm die Warme mitteilt, dieses selbst
aber ist nicht nur warm per participationem, sondern per sub-
stantiam. Der Satz wird verallgemeinert: wo immer sich eine
mitgeteilte Natur oder Eigenschaft findet, setzt dies ein andres
Toraus, dem diese substantialiter zukommt. Nun ist die mensch-
liche Seele nicht ihrem ganzen Wesen nach, sondern nur ihrem
höheren Teile nach denkend, also — was freilich durch das
obige Beispiel nicht mit illustriert wird — niiiss es etwas geUm,
was seinem ganzen Wesen nach Denken und Intellekt ist, und
wovon die Intellektualität und das Denken der Menschenseele
abhängt. Ferner: allem Beweglichen muss ein unbewegliches
vorangehen. Das menschliche Denken geschieht nach Art einer
Bewegung; es geht diskursiv vom einen zum andi-en am Leit-
faden der Kausalität, der Ähnlichkeit und des Gegensatzes,
Also rauss über der Menschenseele ein Intellekt stehen, dessen
ea eoatempläti. Lux autem in qua contcmplamor veritatem, est Intenectus
ageQH, ergo intellectus agens e«! aliquid animae. Die andre ist die etwiw
weniger utigeimu, aber auch jetjit noi.'h nicht wörtlich wiciierj^^egebene
Stelle De Tri», XU, 15, n. 24, üb^r deren raisverstlindliche Aneleguüg
oben S. 677 gehandelt wurdo: Credtmdum est lacis intellectDalit ita
conditam esi^e naturam. ut «ubatantia tata sie videat in quatlam luee sai
generiü incorporea» iiaetiiadmodum oculiia camis videt, quae in hac
corpurea luce circumivimcent.
Frhr, V. HertUng
Denken ein unwandelbares ist. Endlich: das menschliche Denkea
gebt von der Potenz zum Akt, von dem blassen Vermögen zoid
wirklichen Erkennen über. Also inuss über der Men&cheniieele
ein Intellekt stehen, der immer in actn ist und die vaUkommeod
Erkenntnis der Wahrheit in sich beschliesst.
Andrerseits aber braucht nun nicht angenommen zu
den, dass dieser höhere IntelJekt unmittelbar auf uns ejnwtrti
und das Intelligibele in uns hervorbringt Vielmehr gilt inner-
halb der ganzen Schöpfung das Gesetz, dass den Dingen eiiif
eigene, ihrer Beschaifenheit entsprechende AVirksamkeil lu-
kommt, die sie, wenn auch in Abhängigkeit von der obersten
schöpferischen Ursache, betätigen. Und so kommt auch itr
Menschenseele, welche das vollkommenste Geschöpf in dieser
niederen Welt ist, eine besondere Kraft zu, durch welche üe
die intelligibelen Objekte als solche hervorbringt. Daher ist
die Tätigkeit des intellectus agens im Menschen vielmehr eine Be-
tätigung des einzelnen Individuums, und er kommt demgemitäs
jedem Menschen seinem Wesen nach zu. Was also in uns da^
Intelligibele aktuell macht nach Weise eines mitgeteilten Lichtes,
ist eine Eigenschaft der Seele, die sich in jedem Menschen findet
Was dagegen nach Weise der Sonne das Intelligibele macht
— wie dies zu verstehen ist, wird nicht weiter erklärt — ^ i»4
ein Einziges und t\lr sich Bestehendes: Gott.*) Eben dies meine
auch Augustinus in den Soliloquien, Dort verspricht die Ver»
nunft Gott ebenso für den denkenden Geist aufzuzeigen, wie
die Sonne für die Augen. Die Kräfte der Seele sind gleichsam
ihre Augen, die höchsten Erkenntnisse der Wissenschaft laosea
sich dem vergleichen, was die Sonne erleuchtet, und Gatt iai
es, der erleuchtet.^) Aber damit wird er nicht dem inteUectuii
agens gleichgesetzt, da dieser vielmehr dos Licht ist» welches
unsre Seele von Oott empfangen hat
') Sic igitur \d, quod facit in nohU int' moduio
luminia pai-ticipati, e^t illiquid aitinitto «*t mult^ la wakü- .
iadinnu ammorum Vi hominüm* Illad tuto, quod fi&di intfrUigibilift pir]
mcKlain «olis illDmixtiLntiit, e^t unum »opamtiiin, qvod ett Donji.
^) Obou S, bn^ Aiun. 1.
Am^maimmM CMmt kä XliSiai mm
tUF.
Tmi den Aiicw«ntcii auf Ae '
Fob^ffi Sw 583 ndtgoieilt wcfde«. G«gfs ii» a«p De '
1 b hergeleitei&n Emwaiid mmA
welche aadi die GofeÜo«» i iIiiimi, mmi At
|>i€& clesi Handdos; im LicUe i» ««b Gott ■■»
intelleeta& agvos w^rdrn dies
ibersten Ibeoretiftelieii PriiiiipWii Mk
' vertnetutltdi AugasibufidbeEi AaiBprnrt witd
betirteilfio« wetehes ton iwexn d
I drittecu das beiser kk ab bade^
|uitd den Mitsssüib begretfini. micki aber,
; Erkenntniskraft gmieini isL nnd so reidhl der naa
liebe iotigllectus agens aus, um ra urteilen, dtte^ 4er Engi^l
liuber sieht als die MenadieDaeele. I>er Ein wand eodlicfa, der
I ana dem zweiten Buche De Ijbero arhitnn gesonuiieii war, I
wird durch die Bemerkimg beseitet, wenn alle in Ob^^rein-
stinuDeDder Weise eine luid dieselbe Wahrheit erkennen, so
[liegt das ta der Einheit der erkannten Sache, nicht tiariti,
ein und derselbe intellectua agens me erkennt.
Deutlich tritt hier überall das Bestreben hervor, die Augu-
[stinischen Aussprüche nicht nur im Sinne des scholastiselittii
Aristotelismus zu deuten, sondom auch der Gefahr vorzu-
beugen, dass die Anhinger des Averroe^ die Autorität de»
Kirchenvaters für sich in Anspruch nehmen könnten.
Vor einer hist«>risch-kritdschen Betnichtungswoiso hält djwi
VeriUiren nicht Stand. Das Vertrauen zu seinrn Erg<0>THss»m
moasle erschüttert werden, sobald die Alleinherrschafl der
[Scholastik gebrochen war und andre Riclitungen aufkamon.
Im fBJebzehnten Jahrhundert berief sich Mulebranelu! auf Augu-
stin filr seine Lehre» wonach wir die Dinge in Gott orkenntm
und nur in ihm erkennen können. Sowohl in seinem Hiiupt-
[werke, der Recherche de la voritö, wie in den erläuternden Kn- ,
tretiens sur la metaphysique zieht er eine Reihe der oben er-
örterten Aussprüche heran, um sie in Beinetii Sinne zu ver-
1 werten. Seinem Beispiele folgten im neunzehnten Jahrhundert
Vertreter des sogenannten Ontologismus» Beide mit Unrecht,
ItMH. SiUiE«b. d. pbnoi.-philnt. 11. d. hiiiL KI.
40
602 Frhr, v. Hertling, Atigustinus-Cüate bei Thomas von Aquin.
denn für Augustin ist Gott nicht der Anfang, sondern das
letzte Ziel der Erkenntnis, welches wir in diesem Leben nie-
mals erreichen. Ihre Gegner aber schwächten die eigene Stel-
lung, indem sie sich ihrerseits in der Auffassung jener Aus-
sprüche an Thomas anschlössen. Das Wort, dass man Augustin
verstehen müsse, wie Thomas ihn interpretiere, hat einen ver-
ständlichen Sinn, wenn es besagen soll, dass in dieser Aus-
deutung die Sätze des grossen Kirchenvaters zu bleibenden
Bestandteilen der traditionellen Schuldoktrin geworden sind:
als methodischer Grundsatz, um zum Verständnis seiner ur-
sprünglichen Meinung zu gelangen, konnte es selbstverständlich
niemals gelten wollen.
Yerzeicliiiifl der eiogelaarenen BruckRchrineii
Januar bis Juni 1904,
Dte T(*r«brliohen GMeUscbsften uüd fnBtftute, mit welchen uniiere AJcmdemto in
T»u»cb-<rflrkokr Riebt, w«rdi»i] gebeten^ nAcbaiebenile« YtirftoichtiiA xugleieb »Is fimpf&nga-
bMÜtiguitg ta betnebtea.
Von folgeaden Q^esellscliaft«!! und Institüteii :
Ge8chi<ihtsverein in Aachen:
ZeiUcbrift. Band XXV. 190S. ^.
Histonsdie Gesellschaft ths Kantons Äargau in Aarau:
Argovia. Bd. 29. 1901; Bd. 30. 1903. 8».
üniventity of Aberäeen:
Studies, No. 8. 9. 1903. 4<»,
Boyal Society of South-Au^trälia in Adelaule:
Tranaactions. Vol. 27» part 2. 1903. 8«
Süddavische Akademie der Wissemchaften in A^ram:
Ljetopis. 1903. 1904. 8«.
Rad, Vol. 168—166. 1903. 8«».
Moöumentü historico juridica. Vol. IX, 1904, B^.
Zbornik. Bd. VHI, 2;' IX, 1, 1908. S«.
Rjee^nik. Svemk 23. 1903, 4».
K, kroat-daiYni-dalmatinischei Landesarchiv in Afffrmt
Vjeätaik. Bd, VI, 1904. gr. 8".
Kroatische archäolo^schi Qenelhch&fl in Agram:
VycBnik. N. 8er. Bd. VII, Heft 1, 1903. i^.
NeW'Yink State Lütrarg in Albany:
New-Tork SUte Library. Annual Report. Vol. 84. 86, 1. 2. 1901—02, 8».
Ufiiversity of the State of New- York m Älhang:
New- York State Museum. Report. VoL 64» 1— 4; 55, 19öO— Ol. 8^
Report of the College Depurtment Vol. 4*1> 1901; 6*^ 1902. 1903. 6^
Builetin of the New-York State Moteam* No. 44; 52 — 62; 64 — 67.
1901—1908. 80.
1
ft*
VetMeichnii der eingelaufenen Druchtchriften,
AUtghen^ Obaervatory in AlUffheny:
MiBcellaDeoua scientific Paperä. N. Ser. No« 15— 17» Clilc«^ und Lar
ceiter, 190S. %^,
Sodäi des Aniiquaires de Picardie in Amt^ns:
G. Düraüd, La Cath*5drale d'Aroiens. Tom. IL 1903 fol.
Memoirea, IV* S^rie, tom. 4. 1903, 8«.
Bulletin. Änn^e 1903. 2^ et B^ trimeetre». 1^03, 8".
Historischer Verein in AndKU^:
50, u."51. Jahresbericht. l903-(>4. 4<*,
Medakiion der Zeitsdinft „Athena** in Atheh
Athena. Tom. 15. 1903. S^.
jScole frani^ai^e in Athen:
Bulletii] de corre*poiidance hell^niqae. 1890—1892; 1806 — 1001;
No. 1-6. Paria 1901—03- 8<^.
Eist&riacher Verein für Schwaben und Neuburg in Au^fs^urfi
Zeitachria. 30. Jahrgang. 1903. &^.
Johts Hopkins Unicersittf in Baltimore:
Circulara. Vol. 23, No. 166. 1903. 8«.
American Journal of MiithematicH. Vol. XXV, No. 2—4. 1908, 4*.
Tbe American Journal of Philology. Vol. XXIV, No. l— 3,
American Chemicial Journal. Vol. ^9, No. 3--6; Vol. 30, No. 1—6; Vi»l 31.
No. 1—3, 1902-04 6«
JohcB Hopkins Univeraity Stodies. Öer. XXI, Mo. 1—12. 1903. 8*.
tialletrn of the Johna HopIrina HoipiUl Vol, XI. No. 1-9, 1903. 8*.
Tiie Johna Hopkine Honpital Reports. Vol. XIV. No. 159; Vol.
No 154—157. 1903-04. 4^.
Nütur forschende Gesellschaft in Basti:
Verbandlungen. Bd. XV, 2. 1904. 8^.
Historisch-antiquarische Gesellschaft in Basel*
Zeitschrift för Oeschichtf und Altertumskunde. Bd. Ill» Heft 2. 1901. ^.
Universitätsbibliftthek in Basel:
Schriften der Universität aus dem Jahre 1902/03 in i^ o* 8^,
Bataviaasdt Genoatsekap van Künsten en Wetenschappen in Meii«mmi\
Tijdachrift. Deel 46, afl. 6; Deel 47, afl. 1. 2 19ü3-04. 8<>.
Notulen. De«l 41, afl. 2. 3 1903. 80.
Dagh- Register. Anno 1647-1648. s'Oravenhage 1903. 4*.
De Tjandi Mendoet voor de Re^ianrtatie , door B. Kersjeii en C. den
Hamer. 1903. fol.
De Java-Oorlog Tan 1825-30 door P. J. F. Louw. Deel III. 1904 4^
B. Öbaervatory in Batavia:
ObaerTationi. Vol. XXV, 1902. 1904, fol.
Eegemvaamemtngen. Jahrg. 1902. 1903. gr. 8^.
KffL natuurkuniUge Vereeniging in Nederlandsd$ Tudi^ JH BmiMWiMf j
Natuorkundig Tg'dschrifl, Deel 69. Weltevredeo IW$* i^.
Verteidutit der eingelaufenen Vruckedvtiften,
3*
HinioTiBcher Verein in Bayreuth t
"ArdiiF. öd. XXIT, 2, 1903. 8".
K. Serbische Akademie der Wi$8emchaften in Belgrad:
8 Karten zum geologischen Atlas von Macedonien. 1903. fol.
Museum in Bergen (Norwegen):
G- 0, Sars, An Account of the Ciuatacea of Norway. 1903. gr. 8^*
Aarbog für 1903. Heft 3. 1904. 8^
Unitcrtiiiy of California in Berkeley:
briften au« <L Jahre 1903*
K, preiMS. Akademie der Wisse nschaflen in Berlin:
Politisch© Correq^ondenz Fnednchs des Grosaen. Bd. 29. U>04. 8**^
Corpus inscriptioDiim latiDaruin. Pars lü. 1^4. fol.
AbhandluDgen aus dem Jahre 1903. 1903. 4^
Sitzungsberichte. 1908. No. XLl-LIU; 1904, No. I-XXIY. gr. S®.
Zcntralhureau der internationalen Erdmeasung tn Berlin:
Veröffentlichungen. N. F. No. 9. 1904. 4».
Deutsche chenmche Gesellschaft in Berlin:
Berichte. 36. Jahrg., Heft 18; 87. Jahrg, Heft 1-10. 1904. 8«.
Deutsche geologische Gesellifchaß in Berlin:
ZeiUchrift. Bd. 66. Heft 3. 1903. &>.
Mediciniscfte Gesellachaft in Berlin:
Yerhandlangen. Bd. 34. 1904. 8<^.
Deutsche physikalinche Gesellschaft in Berlin:
Berichte. Jahrg. 2, Oeft 1. Brauntchweig 1904. 6^
Verhandlungen. Jahrg. 6, No. 21, 1903; Jahrg. C, No. 2. Braun^chweig
1904. &*,
Physiologigche Gesellschaft in Berlin:
Zentralblatt für Physiologie. Bd. Vü. Ko. 2ü-26; Bd. VIII, No. 1-7.
1903. 8**.
Verhandlungen. Jahrg. 1902 --03. No, le. 17. 1903. 8^.
Jahrg. 1903-04, No. &—11. 1904. B«.
Kaiserlich deutschen ardiäologisehes Institut in Berlin:
Jahrbuch. Bd. XVHl. 4; XXIX, 1. 1904. 4^.
K, premn, geodätisches Dtstitut in Berlin:
Verhandlungen der XIV. allgemeinen Konferenz der internationalen Erd*
mesaung. 1904. 4^.
Be&nliater af Vanditandä-Obaervationer paar den Norake Kyat. Heft VI
KriHiania 1904. 4®.
VerÖffentlichani?. N. F., No. 14—16. 1904, BP.
F. R. Helmert, Zur Abt+^ilon^ der Formel toö C. F. Gauai fOr den mitt-
leren Bt'übackitun^jdieliler. 1904. 4**.
K, preues^ mettorciogisches Institut in Berlin:
ErgcbntHse der Wolkenbeobiichiungen in Poti^dam i. d. J. 1896 u. 1897.
1903. 4^
r
4* Veraichms der eingelaufenen Druckidm/Un,
Ergebniise der Arbeiten am Aeronantiicben Observafcoriom 1901 — ÖS fvt
E, Aismacn und Beraon. 1904. 4*^.
AbhandlQQgeD. Bd II, No. 3. 4* 1902—04, 4^
Die Temperatur der Luft über Berlin 1902—08 von Bicli.
1904. 4^
Deutschea meteorologUchea Jahrbuch für 1903> Heft 1. 1901. 1^.
Archiv de« Erdmagnetismui. Heft L Potadam 1908.
Jahrbuch über die Fortschritte der MathemaUk m litrim:
Jahrbach. Bd. 32, Jahrg. 1901, Heft 3. 1905. 8*.
Verein mut Beförderung des Gartenbaue» in den preu80, Siaaieu
in Berlin:
GartenOora. Jahrg. 1904. Hea I— IS. 1904. gr. B^.
Zeitschriß für Instrumentenkunde in Bertin:
Zeitschrift. XXJIl. Jahrg., 1903, Ueft 12; XXIV. Jahrg., 1904, B%ii l— e. I*.
Allgemeine geschichtsforschende Qtselhchaft der Schweiz in Bern: 1
Jahrbuch für SchweJÄeriiehe Ueechichte. XXIX. Bd. Zürich 1904. 8^.
Quellen xur Schweizer Geschichte. Bd. XV, 2 u. XXI. Ba».el 190i— (M. 8*
Natur forschende OtseUachaß in Bern:
YerhaudluDgeD in LocarDO. 2,-5. Sept 1903. Zßrich 1901. 8^. Keb
einem franzöa. Aaszug darausp Gen^ve 1903. &^,
SaciäS d*£'midation du Doubs in Bemn^on:
M^moires. VII* S^r., Vol 7. 1902 1903. 8.
U. Deputazione di sloria patria per h Prümficie di Moma^mß
%n Bologna:
Aiti 6 Memorie. Serie HL YoL XXL fa"c. 4 - Gi VoL 22« fm»c. 1-1
1903-04. 6«.
Niederrheinische GeBtlUchaft für Natur^ und Heilkunde in Botm^s
aiiziingsberichte. 1903, 1. a. 2. fl&lfte, 1908-04. ö«.
ÄusschuHS für das Kekut& Denkmal in Bonn:
Das KekuM Denkmal Berlin 1904. 6^.
NaturhiMorischer Verein der ifreusmchen Üheiftlande tu Bonn:
Verhandlungen. 60. Jahrg,, 1902« 2. H&lfte; 61. Jahrg , 1903, 1. Hillto^
1903-04. 8°.
SöcUti de g^graphie eommm-wüe in Bordeaux:
Bulletin. 1904, No. 1—12. 1004. 8»,
American Academy of Arta and Sdences in BouUm:
Proceeding». VoL XXXIX, No. 6— 18. 1903-04- 8«.
Memoirs. VoL Xllt, 1. Cambridge 1904. 4<>.
Public Library iii Bo$tcn^:
Annuat Report. Vol. 34 1903, 6^.
Verein für NaturwitMen^eliaft in Brnunnehweig:
0 und 18. Jahresbericht für di» Jahn; 1893—95 und 1901—0$.
bis 1904 8^.
Veneichnii der eingelaufenen Druckuchnften»
5*
Naturwissenschaftlicher Verein in Bretnen:
Abbandlmijfeii, Bd. XYll, 3. J903. 8«.
Deutscher Verein für die Geschichte Mährens und Schiedens
in Bri^nn:
Zeitochrift. VUI. Jahrg., Heft 1. 2. 1904, 8»
Mährisches Landesmuseum in ^ni«*i:
Zeitachrift, Bd. IV, L 1904, B^.
Cftsopis. Bd. IV, L 2. 1904, 8**,
Natur forschender Verein in Brunn:
Verbaodluugen. Bd. 41, 1902. 1903. 8^.
.21- Bericht der meteoroL KominiaaioiL 1902. 8**,
Acadiitiie Boy ah de midecine in Brüssel:
Memoire» couronnä»., Tom, XVI. XVIL XVHI» 7. 1904. B^.
Bulletin. IV. S^rie, Tom. XVII, No. IL 12; Tom. XVIII, No. 1-5.
1903. 8".
Acadhme Moyale des sciences in Brüssel:
Memoiree. Tom. 54. faac. 6. 1904. 4<'.
Mtooires conroon^e in 4<». Vol, 62, fasc. 5—. 19Ö4. 4<*.
M^moirea couronces in S^, Tom. 63, faßC. B; Tom. 64; Tom. 65, fasc. 1. 2;
Tom. 66. 1903/04. 8^.
Biographie natioiiale. Tom, XVII, 2. 1903. S«».
Annuaire. 1904. 8^.
Bulletin, a) Claiie dea lettre« 1903. No. 11. 12; 1904, No. 1--4. &o.
h) Claaee des sciences 1903. No. 11. 12: 1904, No. 1-4. 8^.
Recueil de« Instruction« g^nt^rales aux Noncea de Flandre 1596 — 1635.
1904. 8*>.
La Chronique de Gislebert de Mon^. 1904. 8^.
Matricule de Tüniversit^ de LouTain L 1903t 4^.
Acte« on Proc^s-verbaux dea seanoea tenue« par le conaeil de Tüniver-
■ sit4 de Louvain. Tom. I. 1903. 4^.
I Acte« et documenti anciena int^reMant la Belgique. Nouv. S^r. par
■ Charle» Duviyier. 1903. 8*>.
|H Bibliatht'que Bo^aie in Brüssel:
M Cfttalogne de« Manascriti par J. Tan den Ghein. Tom. 3. 1903. 8°.
■ SocietS des Bollandistes in Brüssel:
^Analecta BoUandiana, Tom. XXUI, fa^c. 1—3. 1904. 8«.
^^H S(Hsiiti entomoloffiqiue de Belgique in Brüssel:
^T&Mle«. Tom. 47. 1903. 6^
Memoire«. Tom. X. XI. 1903. 8^
SadHi beige de ghlogie in Brüssel:
Annale«. Tom. XXVI, 2. Li^ge 1903-04. 8»
Bulletin. Tom. XVII, faac. 6. 6. 1904. 8**
SoeUti beige d*astr&nomi€ in Brüssel:
8« ann^. No 12, 1903.
9« ann^e, No. 1—6. 1904. B^
-a^iü
ßalletin.
Verztithnü der eingelaufenen BmekichHfi&n,
K. Ungar, geologvfche Änettüt in Budapests*
PubliliationeD: Allgemeine und pallloßtologiflcKe Litemtor der P<»fiti«ebMi|
Stufe Ungarns. Von Gyula HalavaU. 1904. 8«.
Földtani Közlönv. Bd. 33, Heft 10-12; ßd. 84, Heft 1 — 4. 100^-
gr. 8«.
Jabresbericbt mr 1601. 1908. 40.
Geolo^iucbe Special karte der L&nder der ungantfcbeo Krön«. Blalll
Zone lö Zone 16 Zone 14
Col XX' CÖTXX' Col.XlX*
4, Nacbtrug /.um Katalog der Bibtiotbek: von Brack J6i&<h'£. 1897.
K, Ufigarische naturwi^srnschaßhche Gtstlhchnfi in Budaptft:
A Magyar Allattani irodalom wmertel^»e, III, 1891—1000. 1«>0S. Is«
Term«58/,ettudomanyi Koovvkiadö-ViUlälat Kötet LXXF, LXXII. LXXni/
1903. 4P.
Botanischer Garten in Buitenioorg (Jata):
Verelag over het jaar 1902. 1903. gr. 6®.
Mededeelingen. No. LXVL LXVII LXX-LXXll. 1903-04, 4«
Bulli^tin. No XVIll. 1904. 4».
Society of natural seiencee in Buffalo:
Bulletin. Vol VlII, No. 1--8, 1903. 8*».
Institut i^gyptien in Cairo:
Bulletin. 1902, fasc. 5-8; 1903, fa«c. l. 2. 1902—08. 8«»^
Meieorotogical Department of ihe Government of Itniia lii CatcnifaT
Monthly Weatber Review 1903. July— Dez. 1903. fol.
Indian Meteorological Memoin. Vol XV, part 3. 1904. fot
Asiatic Saciety of Bengal in Caicutta:
Bibliotbeca Indica. New. Ser,, No. 1049— 10G6. 1908—01. Ö*.
Journal. No. 411 — 18. 1903. 8*>.
Proceedingi. 1903, No. 6— 10. 1903, 8^
CaUlogue, Pasc. IV. 1904, 4»
Oeofogical Survey of India in Calcutta:
Content and Index 1887—1897. 1903, 4^
Memoirs. Vol. XXXIII, 3; XXXIV, 3; XXXV, 3. 1903. 4«
Paläontologica Indica. Serie IX, Vol. Ill, part II, No, l. 1903. fol,
General Report. 1902—1903. 1908. 4».
Museum of comparcUwe Zoology at Harvard College in Cambridge, M€m,t\
Bulletin. Vol. 39, No. 9; Vol. 41, No. 2; VaL42.Kö.5i Vol. 4&, Nq. l. ^;
Vol. 46, No. 1. 1904, 8«
Anniial Report for 1902-03. 1903. 6<*.
Memoire. Vol. XXIX, Teit and k%\%», 1908. 4®
ABtrmxomical Ohsrrvatory o/" Bartard College in Cambridge, Mast»:
58^ annonl Report for 1902—08. 1908. 6^.
Annais. Vol. 43, No, 3; Vol 46, No. 1; Vnl. 48, Kü, (1-7, •; Vol. il. |
1908. 40.
Circttlaw. No. 72. 73. 1903, 4«».
Ve¥^€khms der eingelaufenen Ikuckschriften,
7*
FMoiophieai Society in CawUmdge:
duigB, Vol. Xn, 4, 5, 1904, 80,
PnmwMjtiODi. Vol. XIX, pari 3. 19i>4, 4«.
outh Äfrtcan Association for the advancewent of Science in Capeiwon:
Heport. !•* MeeÜDg. 1903. 8**.
South African Mu^et$m in Capetown:
Äoiiala, Vol. IV, part 1-3. 1908. 8°.
tAceatUmia Gioenia di gcietue nattircdi in Catanut:
tollettioo roeneile. Nuova Ser.. f'aac. 79. 1904, 8^.
K. iechniscfie nochschule in Charloiienburg:
L Hettner» Alte mathetnatiirlie Probleme. Berltn 1904. 4^.
John Crerar Library in Chicago:
^ annual Report for 1903. 1904. S**.
fHeld Columhian Museum in Chicago:
IPablicfttioai» No. 76, 77—80. 83. 86. 87, 1903. S^
Yerhes Obsercatory of the Universtty of Chicago:
PublicatioDa. Vol III, part L 1903. 4^.
University of Chicago:
Tbe Decensial Pablicatioai» 1903. 4*»,
Beport for tbe period 1899-1902, 1903. 40
Zeitschrift ^Aatrophydcal Journal" in Chicago:
Vol. XIX, No. 1-4, 1904, gr, 8*5.
Norsk Folkemuaeum in Christiama:
Äargberetning 1903. 1904, i\
Gcselhchaft der W%a§emchaften in Christiania:
ForhaDdliai?ar Aar 1903, 1904. 8^*.
Skriller, Matbem.-naturwias. Klasse. 1903, 2 Bde. 1904. 4^,
Archiv for Mathematik og Natur videntkab. Bd. 23-25. 1900—08. 8^
■ Kgl, Nontegische Universität in Christiania:
Nyt Magazin for Natarvidenskaberne. Bd. 40, 4L 1902—03. 8^.
Historisch-antiquarische Gesellschaft für Graitbuf\d€n in Chur:
XXXllL Jahreebejicbt, Jahrg. 1903. 1904. ßO,
Lloyd Museum and Library in Cincmnati;
BoJIetin No. 6. 1903, S».
Mycological Notes No. 10—14. 1903. 8<>.
Wegipreussischer Geschichtsverein in Dataig:
Zeitscbria. Heft 46 1903. «r, 8^,
MittfiilimgeD. Jabrg 3, Nr. 1 und 2. 1904, 8^
KmserL Gouvernement van DeutschrOstafrika in Dar-es-Salam:
•ßeriebte über Land- tind Forsh- Mn neutach-Ostafirika, Bd. !♦
Ueft7i Bd- II. Heft 1—3. 11. 1903—04. 8",
VtfgeichnU der eingelaufenen Druekadkrißtn.
Verein für Anhaltüche Geschichte in Dessau:
Mitteüungen. Bd. IX, 7. 19-04. ß^.
Historischer Verein in lyüHm/jen:
Jahrbuch. XVL Jahrg. 1003. S^.
Union giographique du Nord de la Fratice in Douai:
BulletiD. Tom. 36, 8« trimestre. 1903. Ö^.
Verein für Erdkunde in Dresden:
Literaiar der Landea- und Volkikoode Sacbflüot von Faul EratI Eieiil«*
Nachtrag 4. 11)03, B«.
MitgLiaderTerfteichnis 1904. 6^.
Uoyal Iriah Amdemy in Dublin:
Froceedings. Ser. III, Vol. 24, pari 8 Q. 4, Sect Ä; pari 4 q. 5. SeetSl
part4 u. 5, Seot, C. 1903-04. 8»
Tranaactiona. VoL 32» pait 7— 10, Sect, A; pari 8. 4, Sect B; pari 3l
Sect. C. 1903-04. 4",
Eoyai Society in Dublin:
The economic ProceediDga. Vol. I, part 4. 1903. 8**.
The scientific Proceedinga. Vol. X, pari 1, 1903. 6«.
Traniactions. Vol. VIII (Serie II), No. 2—6. 1903. 4«.
AmericaH Chemicod Society in Eastt>n, Pa,:
The JournaL VoL XXV, No. 12; Vol. XXVI. No. 1-6. ISO«. §•.
Kgh Preuss, Forst akademie in Eherswalde:
Johannea Schubert. Der W&rmeauaUuach im festen Erd bauen. BerUa
1904. ßo.
Eoyal Society in Edinburgh:
Proceedings. Vol. XXIV, No. 5; Vol. XXV, No. 1-3, 1908—04, &K^
Scottish Microacopical Soaetu in Fdiubufoh:
Proceedinga. Vol. lU, No. 4. 1908. B^.
Geaelhchaft f. bildende Kun4tt w. vaterländt^che AUertümcr in Emdemi
Jahrbuch. Bd. XY, 1 1903, 8«>.
KgL Akademie gemeinnütziger Wissenst^uiften in Erfurt:
Festschrift zur Feier des l60jähngi^D Bestehens der Kgt, Aka^emie.j
1904. gr. ß«.
Ueale Accademia dei Gtorgofili in Flarens:
AttL IV. Serie, VoK 26. di«p. 4; V. Serie. Vol 1, disp. 1. 1903 -OL
Societä Atnatiea Italiana in Flotem:
Giornale* Vol. XVI, 2. 1903. 8^
Senckepdfergi-irhe natur forschende OeMlUchaft in Frankfurt a/Af,:
AbbindluDgeii. M XXVU, 2 o. 8s XXIX, l, 1908-04. 4».
IBfricbt. 1903. ßö.
Verein für Gejtchichie und AUertumMkunde in f>ankft$ri WÜHr
' Per K5nigfll(%utnant Gmf Thoranc tu Frankl^irt e/M , foa H* Orot^firrd
1904. 8«.
VerMeichnis der einffelaufenen Dn*cHr«cÄrt/Vön,
9*
Pht/dhüische GeHtllschaft in Frankfurt a/M,i
JahreBbericht für 1902-03. 1904. 8^
Waither ZurheHeD, Darlegung und Kritik der f*nt Eeduktton photogra-
pbiacher Himmeltaufnahmen aufgeiiteUten B^ormeln und Methoden.
1904. 80.
BfeisgaU'Vtrein Schawins-Land in Fretburtf i. Bt,:
,Scbau'iii8-Land'. 30, .lahrg. 1903, fol.
Kirch et} geschichtlicher Verein in Freihurg i. Br.;
Freiburger DiöxeBQn-Archiv. N. F.» Bd. 17. 1908. 8<>.
Observatoire in Genf:
Keüam^ m^t^orologiqae de rannte 1902 pour Genbve et le Grand Saint-
Bernard 1903. BP.
ObservattoDä met^orologiques faitea aux fortifications de Saint-Maurica
pendant i'annee 1902. 1903. 8^.
Sociiti de phymque et d'histoire naturelle in Genf:
Mt^moirei. Vol. 84, faac. 4. 1904. 4^
/£. Umvermtä di Genota in Genua:
Atti, Vol. XI. XVli. 1892-1902. 4«.
Oberhemicher Geschichtsverein in Gieuen:
Mitteilungen. Bd. XIL 1903. 8^.
Oberlau^trische Gesellschaft der Wianenschaften m Görlitz:
Neae8 Lannitaiflcbe« Magazin. Bd. 79 1903 S«.
Codex diplomaticua Lunatiae auperiori», Bd. 2, Ffeft 4. 1903, 8**.
J^. Geselhchaft der Wissenschaften in Göttingen:
Göttingische gelehrte Anzeigen. 1904, No. 1—6. Berlin, gr. 6<*.
Abbandlnngen. N. F.
Pbilol.-hiBt. Klasse. Bd. V, 6; VII, 5; VIll, 1. Berlin 1904. 4<».
Nachricbten. a) Philol-hiBt Klasse 1903. Heft 6; 1904. H*^ft 1—3. 1904. 4^
b) Matb.-phys. Klaftse. 1903,B«rt6j l902,H<?fll u.2, 1904. 40,
c) Geschitaiiehe Mitteilungen, 1903. Hea 2; 1904. Heft U
1908—04. 40.
Universität in Gotkemburg:
Amkrift Bd. VIII, 1902; Bd. IX, 1903. 8^.
Scitntitie Laboratories of Deniaon ünipersttg in Granvilte, Ohh:
Bulletin. VoL XII, artide 6-7. 1902-03. 8«.
Universität Grai:
Die Glaub wQrdigkeit des irenäiscben Zeugni^ges ttber die Abfassung dei
IV. Evangt^liums von F. S. Gutjahr. 1904. gr, 8*,
Biigiich'Pomnterttcher Genchichtftverein in Greifstcaid:
Pomraericbe Jahrbücber. Bd. 6. 1904. S^.
K^Institunt roor de Taal-, Land- en Volkenfcunde van NederJandsch Inäii
im Haag:
Bijdragen. VII. Reeks» Deel 2, afl. 1—4. 1904. 8».
10*
Veriiicknii der eingelauf€nen Lruekgiiuifi^m^
Cmnmknie ran Ädvies voorg lüjks Gescfmdkundise Public4iiia» im ffm
OTerRicht. 1904, 4«».
Teyler*s Genooischap in Haarlemi
Arthivea du Musie Tejler. S^. 11, Vol. S« pftrüe 4; VaL B, pmriie Su
1903-01. 40.
CatalöK'ue de la Biblioth^que pur G, C, W, Bohnensieg. Tom. $, 1688— 190i.
iy04. 40.
SociiU HoUandaise des Sciences in BaarUm
Archives N^erlandaiaefl des «ciences exactes* S^rie 11» Tom. % liwt* 1—1
La Haje 1D01. 8«
KauerL Leopoldinisch-CaroHnisdie DeutscJ^e Akademie der Naiurfarwdur
in HaUe:
Leopolditja. Heft 99. No. 12; Heft 40, No. 1-4. 1904. i^.
Abbaadlungen. Bd. 80. 8L 1903, 4«.
Deutsche morgenländi^che Ocselhchaft in HaUe:
Zeitschrift, ßd, 67» Heft 4; Bd. 58, Hea l. 2. Leipzig 190S-04. BP,
Naiuru^memchaftlicher Verein für Sachsen und Thürintfen in HMtf'
Zeitschria für Niiturwisienfcbaften- 76. Bd., Heft 3— 6. StottKart 1904, &•.
ThGkrr-sächs. Verein für Erforschu%%Q de$ vaterländischen Aliertum$
in HaUe:
Neue MiUeilaögen. Bd. XXII. 1. 1908. 8®.
Mnthemaliitche GesclUehaft in Ifambufff:
Mitteilangeo. Bd. IV, Heft 4. Leipzig 1904. 8<>.
Deutsche Stewart e in Hamburg:
26. Jahreabericbt für 1903, 1904. 4«
Siadtbibliothek in Hamburg:
Jahresberichte der Hamburger wissens(?hafllichen Anitalten a, d. J. 190S,
Verein für Hamburgische Örschichte in Hamburg:
Mitteilungen. 23. Jahrg. 1903. 1904. 6<>,
Na turwissertHchaft Itcher Verein in Hamburg:
Verhandlungen. III. Folge, XI, 1904. 8^.
Wetteramsche GeseVschaft für die gesamte Naturkunde in Hamm:
Bericht Qber den Zeitraum vom 1. April 1899 hU SO. Sept. 1903. 1908. ^*
Historischer Verein für Niedernachsen in Hannüi*er:
Zeitschrift. Jahrg. 1903, Heft 3; Jahrg. 1904. Heft 1. ßO.
Unirtrsitnt HriMhcrg:
Heidelberger Profeasoron aut dem 19. Jahrhundert. 2 Bd«. 190S, 4*/
Die Univeraität Heidelberg im 19. Jahrhundert Fettrede von Erich Marki,
1903. 8Ö.
Über die Entwicklung der Chirurgie von Vintens Ci^rny. 1903. 4^.
Hisforisrh-philnsojihischer Verein in Ifndelberg:
Neue Beidelbfrger Jahrbücher. Jahrg. XIII, 1. 190*. 8»
Veneichnia der emttelaufenen Drueksdmflen.
11*
NaturhistimtKih-meditiniseher Verein tu Heuhlherff:
"Verhandlüngeo. N, F., lid. VlI, Heft 3— &. 1904. 8^
Geschäfts^ fähre tider Ausschms der EeichsUmeskommission in HcideXhergi
Der 0 be rg^e rm an iflt'h'Hae tische Limes des Eömerreiche«, Liefg. XX u. XXI,
1903-01. 40,
Finländmhe Geleit schaß der Wis9en8ch4iften in Hehinitforn:
Acta Äociefäiis .seien tiarum Pennicae. Vol. XXV, 1; XXVIIJ— XXXI.
1899. 40.
Ufvemgt XLIV XLV. 1903-04, S*».
Bidra^ tili kännedora afFinLinda Ndtur och Folk. Heft 6L 62. 1902-03, Ö".
InBiii^ mitioroloffique centrai in Helmig fars;
Obflctvadom met^orologiqoe«. Vol. 16 u. 17. 1897 et 1898. 1904. 4®.
Etat des i^^lacea et des neiges en Finlande pendant rhi?er 1892—93,
Kuopio 1904. 40.
Vertin für siebenbürgische Landeskunde in Hermannstadt:
Archiv. N. F., Bd. XXXII, Heft I u* 3. 190Ä-04. B».
Siebe nbürgischer Verein für Natürwissenitchaften in Jfermannstadt:
rerhandlun^en und MitteiluDjjen. 52. Bd.. Jabrgr. 1902. 1903. 8**.
Die ÜBFollkomwenheit d. Stoffwechsels v. Karl F. Jickeli, Berlin 1902. 8^
Karl Petri, Monographie der Coleopteren-Tribus Hiperini. Berlin 1903. 8".
Verein für Sachsen-Meiningiscf^ Geschichte in Hddburghansen:
achriften* 46. u. 47, Heft. 1903—04. S^.
Ungarischer Karpathen- Verein in hfl6:
Jahrbuch. 31. Jahrg. 1904, 8^
Hiatoi'ischer Verein in Ingolstadt:
Sainmelbktt. Heft XX VII, 1902. 8«.
Naturunssenschaftlich-inedisinUcher Verein in Inmbruckt
Berichte. 28, Jahrg. 190-2/03. 1903. 8^,
Journal of Fhg»iaü Chtmktry in Ithaca, N,T,;
The JournaL Vol. VII, No. 9; Vol. VIII, No. 1-6. 1903-01. gr. 8.
Meditinisch-naturwissctischaßliche Gesellschaft in Jtna:
Festschrift tum 70. Geburtstag von Ernst Haecket. 1904. fol.
Jenaische Zeitschrift fQr Natur wissenichaft. Bd. 38. No. 3. 4« 1904. 8^.
Neurobiologische Arbeiten I, ?. 0. Vogt ßd. I Text, Liefg. 2; Bd. II
Atlas, Teil l. 1904. fol.
Neurobioiogijfcbe Arbeiten H. v. 0. Vogt. Bd. 1, Liefg. 2-
Verein für ThüringtJiche Geschichte und AHertumskundc in Jena:
Zeitschrift. N. F., ßd. XXIV, l. 1903. 8«.
Natttrforschende Gesellschaft bei der UniveritUät Jurjew {Darpat):
Sitiungshorii'hte. Bd. XIH, 2. 1902. 1908. S<*.
Schriften. Bd. Xll 1903. i^.
Univer^tHät Jurjew {Ikrrpai):
ßiogr. Wdrterboeh der Professoren der Universität Jui^ew. Dorpat 1903. 8^.
12*
VerMeicfinii der eingelaufenen Druckschriften^
Badischt ImtorUche Kommmion in Karlsruhe:
Zeitachrift fiir die Geecbichte dea Oberrbeim. N. F.» Bd. 19, Beft 1 m,%
Heidelberg 1904. 8^,
Bericbt über die 22. PlenÄraitÄtiiig. Heidelberg 1903, 8^,
Topographische« Wörterbuch des Grossherzogtum»* Baden. Bd* I, Halli-1
bftnd 2. Heidelberg 1901. B^.
South AfrUsan Museum in Kapstadt:
Annala. VoL fV, part 4—6. Capetown 1904. 8<>.
Departement of Mines, New Söuth Wales in Kaj^Uuu :
Annukil Report 1903. Capetown 1904. fol.
SociiU physico-mathimatique in Kasan:
Bulletin. IL S^rie. Tome XHI, 8. 4, 1903. 8«».
Ünivemtät Kasan:
ütacbenia Sapiaki. Bd. 70, No. 12; Bd. 71, No 1-6. 1903—04. ^.
W. A. Bogoroditzkij, Allgemeiner Kunj der rusa. Gnimmatik. 1!K>4.
5 Diasertationeu in raBsischer Sprache. 1904, 8^.
Verein für Jtessische Geftchichte und Landeskunde in Kassel:
Zeitschrift. N. F.. Bd. XXVll. 1903. 8''.
MitteiluDgeo. Jahrg. 1902. 1903. 6<».
Verein für Naturkunde in Kassel:
Abhandlungen und Bericht XLVÜI. 1903. S«.
SoeiM maMmntiqHe in Kharkow:
CommanicatioöB. 2« S^rie, Tom VIII, No. 1-3. 1902, gr. 8^.
Sociil4 des scii^nceit pkyitico^chimique ä VUmvirmU de Kharkow:
Traraux 6 Hefte. 1903. 8«.
Universiti Impiriale in Kharkow:
Annalea 1903, faac. 4; 1904, faio. X. 1904. 4».
GestUächaft für Schleswig- Holsteinische Geschichlt in Kief:
Zeitschrift Bd. 33 und RegiHpr zu Bd, 21— 30. 1904. 8^
Qaellensammlung. Bd. 0. 1904. B^
Kommission rur icissenschaftl. Untrrsud^Hng der äiutsehen Meere in KiU:
Wi8«enschaftlicbe Meereguntersuchungen. N, F.. Bd. 5, Abteilung HHgo>
land, Heft 2; Bd. 6, Abteilung Helgoland, Heft 1 n. 2. 1^01. 4<>.
K, üniverHitäi in Kiel:
Schriaen aus dem Jahre 1902/03 in i^ u. 8<^.
Universität in Kiew:
Uwettija. Bd, 43. No. 10— 12, Bd. 44, No. 1-8. 1904. e«.
' rerein für Kärnten in Klagen fyertt
Jahresbericht r 1908. 8<*.
Carinthia l. 98. Jahrg., No. 1—4. 1908. 8^,
NatuthiMörischeB Landesmw^um in Klagen fürt;
Carinthia U. 190S, No. 6i 1904, No. 1 u. 2, 6^.
Verxeidmü der eingelaufenen DfMcIcschriften,
13*
SithenbürgUcher Muaeumsverein in Klnmenbufffi
SiUungsbericbte. 3 Hefte. 1904. S^^
Physikalisch-ökonomiiche Geseihehaß in König nberg:
Scbrifteu. 44. Jahrg. 1908, 4<>.
K. JJtademie der Wiissemchaften in Kopctihagen:
Mtooiref. u) 6« Sürie. Section des lettre»^ t, VI, No, 2.
b) 6» , , , aciences, t. XU, No. 4.
7« . , , » t. 11. No, 1. 1904. 4».
OTersigL 1903, No. 6; 1904. No. 1—3, 1904. 8«,
Council of the Fridtjof Nansen Fund in KopertJmgen:
Tbe Norwegion North Polar- Expedition 1693— 9^. Sdentißc ResaHs.
Vol. IV. London 1904. 4".
Constil permaneut inttr national pour Vexploratiün de la wer in Kopenhagen:
Bulletin. Annde 1903—04. No. L 2, 4".
Publicationg de circonatance, No. 8 — II* 1904« gr. 8^.
Gesellschaft für nordische Altertumskunde in Kopenhagen:
Aarböger. IL Raekke, Bd. XV[IL 1903. &>.
Akademie d^r Wutsenschaften in Kräkau:
Anzeiger. Oktober und November 1903. 8^.
Bojiprawy. a) aiolog. IL Serie, Toto. 23; b) hiitor -filoz. IL Serie, Tom. 2L
1908—04, 8^.
Biblioteka piaarxow polikich, No. 47- 48. 1903. S**,
RocEDik. Rok 1902/03. 1903. S*'.
Ärchiwum Komisyi liter. Tom. X, 1904. 8*^.
Karlowitcz, Slownik gwar. Tom. IIL 1903. 8^
Katalog literatury naukowej polnkiej* Tom. III, Heft 2 u. 3. 1903. 8<*.
Bulletin in terDational. 1903, Decembre; 1904, Janvier-Mana. 1908—04. 8<*.
College of Sciettce and Engineering in Kyoto:
Mömoir». VoL L No. 1. 1903. gr. 8».
SocUtl Vaudoise des science^ naturelles in Lausanne:
Btületin. IV. H6ne, Vol. 39, No. 148. 1908. 8*.
Kansas Umversity in Lawrence f Kafisas:
Bulletin. Vol. 2, No. 1-9. 1908. 80.
Ä. OcHellschaft der Wissenschaften in Leipzig:
Abhandlungen der pbilol.-hist. Kla^^e. Bd. 22, No. 4. 6.
, math. physik. Kla»8e. B.L 28. No, 6, 7. 1904. 40.
Berichte der philol 'hi**tor, Klaaae, Bd. 66, No, 3—0.
, . matb.-phj«ikaL Klai§e. Bd. 65, No, 6; Bd. 56, No. 1—8.
1903-04. 8»
Fürstlich Jablonowskische GeseUechaft in Leipiig:
Jahresbericht, Mars 1904. 8^.
Verein für Erdkunde in Leipdg:
Mitteilungen 1903, Hett 1. 1904. 8^
WiBBenschafthche VeiOÖentlichungen. Bd. VI. 1904. 8".
14"^ Verzeichnis der eingdaufenen Bruck^ehriften.
GescfUehts- und Aliertuuuverein in LeiMnig:
Mitteilangen. 12. Heft. 1904. ^.
Cuerpo de Ingenieros de minas del Peru in lAnma:
Boletin No. 9. 1904. 80.
Sociedade de geograpkia in Lissabon:
Boletim. 1903, No. 8—12; 1904, No. 1. 2. 8».
üniversiU Catholique in Loetcen:
Schriften der Universitöt aas dem Jahre 1903.
Nationcd Physiccd Laboratory in Ijmdon:
Report for the year 1903. 1904. 4«.
The English Historiecd Beview in London:
Historical Review. Vol. IX, No. 73. 74. 1904. 8*.
Boyal Society in London:
Year Book 1904. S«.
Proceedinga. Vol. 72, No. 486—495. 1908. 8».
R, Astronomical Society in London:
Monthly Notices. Vol. 64, No. 2—7. 1903—04. 8^.
Chemical Society in London:
Journal No. 495—600 und Indexes. 1904. 8*.
Proceedings. Vol. 19, No. 274; Vol. 20. No. 275-281. 1904. 8».
Geologiccd Society in London:
The quarterly Journal. Vol. 59, part 1—4. 1903. 8*.
List. November 2«"! 1903. 8®.
Geological Literatur during the year 1902. 1903. 8^.
Linnean Society in London:
The Journal, a) BoUny: Vol. 35, No.248; V0LS6, No.253. b) Zoology:
Vol. 29, No. 189. 1903-04. 80.
E. Microscopical Society in L)ndon:
Journal 1904, part 1—3. &<>.
Zoolog ical Society in London:
Proceedings. 1903, Vol. II, part 1 u. 2. 8«.
The Cancer Research Fund in London:
Scientific Reports No. 1. 1904. 4°.
Museums 'Verein für das Fürstentum Lüneburg in Lüneburg:
Museumsblätter. Heft L 1904. S«.
Societe geologique de Belgique in Lüttidi:
Annale«. Tom. 30, livr. 2; Tom. 31, livr. 1. 1902—01. 8*.
Societe Royal e des Sciences in Lüttich:
Memoires. lU« S^r , Tom. 5. Bnixelles 1904. 8*.
Universität in Lund:
Acta Universitatis Lundensis. Tom. 38. 1902. Afdeling I. IL 49,
Sveriges offentliga Bibliotek. AccMdi<au- Katalog. XVI. 1901. Siodt-
holm 1902-08. 8».
Vereeidime der dngelauftmn Pfttekschriften,
U
Section historique de VInsHtut Etn/al Grand*DtiCal in Lttxemhurff:
Püblicationi. Vol. 5L62. 1903. gr. e«.
Acadimie dea scienees in Lyon:
Memoirea. HIß Serie, Tome 7. Parii. 1903. 8^. ~
SocirU d\jffn€ultur*i, science ei indttstrie in Lyon:
Annale«. VIL Sörie, Tome 9, 10. 190l'-02. 1903. 8^.
Societe Linnienne in Jjyon:
Annaleg. Annee 1902, Tome 49. 190S. %^,
üniteriite in Lyon:
Annales. I. Sciences, fasc. 12; IT. Droit» fftsc. U— 13. 1903. 8^.
Wisconsin Academij of Sciences in Ätadison:
Tranaactions, Vol. XIII, pari 2; Vol. XIV, part 1. 1902—03. 8<».
Wisconsin Genlogical and Natural Bisiory Survey in Madiaon:
Bulletin. No, 9. 10. 1903, 8°.
Government Museum in Madras:
ßnlletin. Vol. 6, No. l. 1903. 8^
Kodaikänal and Madras Observ^ories in Madrast
Annuiil Report for the year 1903. 1904. fol.
E. Äcademia de ciencias exactas in Madrid:
ABuario. 1904. 16«
E, Äcademia de la Mstoria in Madrid:
Boletin. Tom, 44, cuad. 1—6. 1904. 8^
U. Istituto Lnmbardo di seieme in Mailand:
Rendiconti. Ser. IT, Vol. 36, faBC. 17— 20; Vol. 37, fasc. 1— 3. 1903—04, 8^.
Memorie. CUisae di HcienKe matematiche. Vol. 19, fa-sc. 10 u. 11; VoL 20»
fanc. 2. 1903, 4»
R. Osservatorio di Brera in Mailand:
FublicaztoQL No. XL^ parte 1. Medioiani 1903. 4*^.
Socieiä Italiana di acicnie naturaii in Mailand:
Atti. Vol. 42. fasc. 4; Vol 43, fasc. 1. 2. 1901. &^
Socieiä Siorica Lomtarda in Mailand:
Ärchitrio Sfcorieo Lombardo. 8er. HI, fasc. 40, anno XXX, 1903; Ser. IV»,
Ikic. 1, anno XXXT. 1904, Ö**.
Literary apid philosöphical Society in Manchester:
Memoire and Proceedingä. Vol. 48, part 1, 2. 1903—04, 8®.
Ättrrlumsverein in Mfjrmheim:
Mannheimer OeHchichUblätter. B. Jahrg. I90i, Nö. 2— 7. 4*>.
Verein für Gesdüchte der Stadt Meissen in Meissen:
Mitteilungen. Bd. VI, 3. 1903. 8«.
Boyal Society of Victoria in Melbourne:
Proceedings. Vol. XVI, part 2. 1904* eP.
16*
Verieichnia der eingelaufenen Druckickriflen,
ÄcadSmie in Mete:
M^moirea. Annde 1900-01, 1908. B^
Irtsiituto geMgko in Me^mca;
Pareriroiie§. Tom. 1, No. 1. 1908. 4°.
Obaervatorio meteorologicO'magnSticf) centrtU in Menden ^
Boletin menraal. 1902 Marzo— Majo. 1902. foL
Sociedad cientifica „Antonw Ahaie^ in Mexico;
Memoria» j revista. Tomo XVIH, No« 6; Totno XiX, No,
e. lA
1902—03. 80.
Sociedad de historia natural in Mexieai
La Natttrale^a. H. Serie, Totno 2, No. 12; Toma 3, Ka 1. S. 6»UK^
1898—1908. fol.
University in MisBouri:
Studies. VoL 11, No. 2, 1908. &*,
Miiaee ocianograpJhique in Monaco:
Bulletin No. 1-9. IL 12. 1904, 8«
Rd«tiitati des campo^es «cientifiqups, fa^c. XXV. XXVL lllöl. Tot
Mu9to nacioncd in MontevuUo:
Annalea. Serie 11« Eotrega 1. 1904. 4.K
Acadtmie de aciences et lettrea in 3iohtpdlier:
M^moires. Section des äcience«. 2<> Sär., Tom. 8, No. 8, 1903. 8^.
NumiJunatic and Antiquarian Societjf of Montreal:
Tbe Canadian Autlqaärian and Komismatic Joarnal. IH. Seriei, VoL
Na 2— 4, 1902. 8°.
SociiU ImpShah des Katuralistea in Moikat^:
Bulletin. Annde 1908, No. 2. 3; 1904, No. 1. 8«.
Mathematische ßesellechaft in Moskau:
MatematiUeheukij Sbornik. ßd, XXIJI, 3. 4. 1902; Ud, XXIV. 2. IMI.
lAck Ob^icrvatory in Mount Jlamüton, Valifomia:
Poblicatioiw. Vol, VI. Saoramento 1908. 4<>.
Uulletiu No. 60—56. 1904 4«
HydroitchniacheB Bureau in München:
Verzeichnis der Fl lieben Inhalte der Bach* und Plu^^tgebiete ElAjeniM.
Heft ni. 1904, 40.
Jabrbuob. 6. Jahrg., Heft 4; 6. Jahrg., Heft L 4^.
Abhaudlungen. L'nter^iufibungen über den Eiufloifi d^e Walde« auf du»
GruDdwa8>ieritaDd etc. 1904. 4^.
GeneraldireUion der K, B, Posten und Tehgrnphen (n Mün^ienf
V'eneit^hni« der in und auiiit^rhalb ßajem ergcbisinenden 'At^itnnittn.
10 bexw. 6 Nivchtr»tge eu den Zeitang*jireiiVürieicbntii«m, foL
iC B. Technijtche Uochschule in Mündien:
PertODalstand. SomiDeniemeiter 1904. B\
1*
Metropolitan- KapiUl München-Preisinff in München:
SchemAtismua der Geistlichkeit für da« Jahr 1904. 8^.
Amtflblatt der Erzdiözeie München und Freiaing, 1904, No. 1—16, 8''.
K. Staatswinisierium des Innern in Münchm:
Die Massnahmen auf dem Gebieie der landwirtachaftlichen Verwaltung
in Bajern, 1897-1903. 1903. gr. 6*>.
Universität in München:
Soliriften aui dem Jahre 1908 in 4^ n. 8^.
Amtl lebet Verzeichnis deä Person ala. Soinmersemeater 1904.
AritUcher Verein in München:
fßitznngäberichte. Bd. XU, 1901 1903. 8^,
Kaufmännischer Verein in München:
, ao, Jahregbericbt fär da» Jahr 1903/")4, 8<»,
Historischer Verein in München:
AUbayerische Forschungen. Heftlf. I!I, 1904. B^
Oberbayerische» Archiv. Bd. 62, Üeft 1. 1904, 6^.
I Alibajeriflche Monataächria. Jahrg. IV, Heft 4, 5. 1904. 4^.
Verein filt Luftschiffahrt in München:
14. Jahresbericht 1903. 1904. 8<».
Verlag der Hoch^chttl- Nachrichten in München;
^Hochschul-Nftchrichten No. 160-165. 1904. 4".
Verein für Geschiciäc und Altertumskunde Weatfidem in Mümter:
\ ZeiUchrift. Bd. 61 und Eegisier %n Bd. 1—50. 1903. S^,
Söciite des Acicnces in Nancy:
Bulletin, 8ir. III, Tom. 4, fjtsc. 3. Paria 1903. 8^
Accademia delie Hcieme fisiche e matematiche in Neapel:
Bendiconto. Ser. 3, Vol. IX, fasc. 8—12. 1903* 8^.
Zoologische Station in Neapel:
Mitteilungen, Bd. XVI, 3; XVII, 1. 2. Berlin 1903-04. B^,
Historischer Verein in Ncuhurq a/D.:
Neuburger K oll ektaneen- Blatt 05. Jahrg. lOOL 8^.
Snciiti des sdences naturelles in Neuchatel:
Bulletin. Tom. 28, Ann^o 1897—1900. 1900. h^,
Institute of Engineers in Netv-CasOe fupon-TgneJ:
Tranittctiona. V0L6I, partT; Vol. 62, purt?; Vol. 68, part 3. »; Vol. 64,
pttrt2*-& und Index zu Jahrg. 1901. 1904. 8^
The American Jourfml of Science in New-Haven:
Journal. IV. Ser.» Vol. 17, No. 97— lOU 1904. 8",
American Oriental Societg in New-Hai^en:
yonmal. Vol. XXIV, 2<i Half. 1903. fi®.
18* Verzeichnis der eingelaufenen Druekeehriften.
Äcademy of Sciences in New -York:
Annale. Vol. XIV, 8. 4; XV, l. 1903—04. 8^.
American Jetcish Historical Society in Neu) -York:
Publications No. 11. 1903. 8<>.
American Museum of Natural History in New -York:
Annual Report for 1903. Vol. XVITT, 2; XIX. 1903—04. 8®.
Memoirs. Vol. I, part 8. 1908. 4®.
Journal. I-III; IV, 1. 2. 1900-04. gr, 8<>.
American Oeographical Society in New -York:
Bulletin. Vol. 35, No. 6; Vol. 36, No. 1—6. 1908-04. e9.
Archaeological Institute of America in New -York:
American Journal of Archaeology. Vol. VII, No. 4 und Sapplement;
Vol. VIII, No. 1 2. 1903-04. 8«.
Nederlandsche botanische Vereeniging in Nijmegen:
Prodromus Florae ßatavae. Vol. I, pars 8. 1904. 8®.
Germanisches Naiionalmuseum in Nürnberg:
Anzeiger. Jahrg. 1903, Heft 1—4. 8^.
Katalog der mittelalterlichen Miniataren, von E. W. Bredt. 1903. 8^.
Neurussische naturforschende Oesellschaft in Odessa:
Sapiöki. Tom. XXIV, 2; XXV, 1. 2. 1902-04. 8«
Sapieki (mathemat. Abteiig.). Tom. XX. 1902. 8«.
Historischer Verein in Osnabrück:
Oenabrücker ürkundenbuch. Bd. IV. 1902. 8®.
Verein für Geschichte und Landeskunde in Osnabrück:
Mitteilungen. 28. Bd., 1903. 1904. 8<^.
Geohgical Survey of Canada in Ottawa:
Altitudes in the Dominion of Canada by James White. Mit Atlas. 1901. 8*.
J?. Accademia di scienze in Padua:
Atti e Memorie. Nuova Serie. Vol. 19. 1903. 8®.
Bedaction der Zeitschrift „Rivista di storica antica" in Padua:
Kivista. N. S. Vol. VlII, 1—4. 1904. 8^.
Circolo matematico in Palermo:
Annuario 1904. eP.
Kendiconti. Tom. 18, fasc. 1—3. 1904. 4«
Collegio degli Ingegneri in Palermo:
Atti. 1903, Aprile-Dicembre. 1903. gr. 8<>.
Academie de niidecine in Paris:
Bulletin. 1903, No. 43; 1904, No. 1-26. 8^.
Acadimie des sciences in Paris:
Comptes rendus. Tom. 178, No. 26; Tom. 174, No. 1—26. 1908—04. 4«.
Oeuvres complätes d^Augustin Cauohy. II. Särie, Tom. 5. Paria 1909. 4P*
I
I
I
i
Maniteur Scientifique in Paris:
Li?r 746-751, 1904. 4*
Musie G atmet in Pans:
Bevue de rhi«toire des r^ligions. Ami^e XXIV, Tom. 48, No. 1. 2. 1903. B^
Museum iVhiMoire naturelle in Paris:
Ballefein. Änn^e 1903, No. L 2. B. 6. 1903, 8^
Süciiti Sanihropologie in Paris:
BalletinB. V« St«rfe» Tom. 4» faac, 1—4. 1903. 8^
SociMe de In Chromque de France in Auxerre-PariH:
La Chronique de France. 4« aoD^e 1904. Nebat Carnet bibliograjiliique,
Pani, 80.
SociHi de giogra]^i€ in Paris:
La GiSogmpbie, VoL VIU, No. 2-6; Vol IX, No. L 1902—01, gr, 8^
Sociiii mathhnatiquc de France in Paria:
Bulletin. Tom, 81, fa*c. 4j Tom. 32, fatc. 1. 1903-04. Bfi,
SocilU zoologique de France in Paris:
Bunetin. Tora. 28. 1903. &>,
Acndimie Imperiale des sciences in St. Petersburg:
Byaantina Cbronika. Tora. IX, 3. 4; Tom. X, 1—4, 1902—03, 40,
Annasire du Mu«öe 3«>ologique. Tom. VllI, 2—4, 1903—04. S^.
ComiU fjlolagique in St, Petersburg:
Bulletins. Vol. XXU, No, 1-4 1903. 8*.
M^moires. Vol. XllI, 4; XV. 1 ; XIX, 2. Nouv. S^t., Li7r,ß-9, 12. 1903. 4**.
Kaiserl. Botanischer Garten in St, Petersburg?
Acta. VoLXlX, Töm,XXT, 8; XXII, 1, 1908, 40.
Kai»tTi%€k Bussische archäologische Gesellschaft in St. Petersburg:
Sapiski. Tom. IX, 3. 4; X, 3. 4; XI, 1-4; XII, 1-4. 1897-1902. 4<»,
SapiBki. Orientalische Abteilung, Tom. XII, 2-4; XlII, 1—4; XIV, 1— 45
XV, l. 1899—1903. 40
RuasiBch-^lavonische Abteilung: Tom. V, 1. 1903. 4**.
Intcriptionei} antiquae orae Septentrionalia Ponti ßuxiri. Vol. IV. 190 U 4**,
KaiserL mineralogische Gesellschaft in St, Petersburg:
Materialien zur Geologie liusalaud^. Bd. XXI, 2 1904, 6<>.
Verhandlungen IL Serie, Bd. 41, Liefg 1, 1904. 8«.
Physikai-chem, Gesctlschaft an der KaiserL Universität St, Peter shufffi
Sobumal. Tom. 35, Hyft 9; Tom. 36, Heft 1—4, 1908-04. 8^.
KaiserL Universität in St, Petersburg:
ZapUki der bitlor. philol. Fnkultät. Bd 49. BO, 1. 62, 63. 64. 1. 55. 56,
♦52. 63. 1899-1900. 8'>.
Schriften tvai dem Jahre 1908—04.
Academtf of natural Sciences in Phüadetphia:
Journal, irdgeHe«, Vol. XI T, 9. 1903. gr 4<».
Proceeilings, VoL 55. part 2. 3. 1903. 40.
20*
VHUUkAäir ein^dwfemm DntdMMßem.
Hisiürical Society of Penns^hania in J'hüadelphiat
Tbe Pefiikajlrania lU«»»De ofHistory. Vol. 2^, No. töO. Il<), ttOi "^
Alumni ÄstoeJaühm of ihe Coli^ye of Pharmacf^ in PhiiadelphiA:
Alnnmi Report Vol. 89, No, lÄ; Vol. 40, No. 1—4. 1903 - 04. Sß.
Ainerican Pkihmphiat! Soeiettf in PhÜiHMjiMa:
ProceedingB. Vol. 42, No. 171. 1903, 6^.
E, Scmda narmaie tupmiore di Pisa:
Ji. Scienxe fiiiche. VoL tt. 1901 8P.
Soei4tä Tmcana di menst naturali in Pisa:
Ätti. Proceasi Terbaü. Vol. XIV, 2. löOL €K
Societä Jtahana di fisica im Piäa:
II BttOTO Cimenio. S^rie V, Tom. 6. Settembre— Dioambr« 1908, Omaaio
— MHrzol904. e«.
ÄlUrtumiverein in Pla^t^:
MitteiloDjfen. 16 Jahrewchrift wf das Jabr 1903—04, IIKM. ö*,
Pa8 Amt Paüaa von C. y. Haiib. 1903. 6^.
Ui^orische GeitellHchaft in Posen:
-Zeitschrift 18. Jabrfr* 1. u 2. Halbba&d. 190S. 8^.
tHisionscbe Monaliblätier. 4 Jahrsr. 1903 8^.
BÖhmuithe Kaiser fVani Josef- Akademie in Prap:
PamjUkjr archaeoloRickt5. Br». XX. 7. 8: M. XXI, 1 1908—04. !•.'
Rospr&wj. TKdal, RodoJkXl; THda 11, Roönfk XH; TKdalM. Mtloj
1903. 8^.
Hifitoneky Archiv. Öwlo 22, 23. 1903. Ö**.
Veatnfk. Ro^^nils XII. 1908. S^.
Bulieiiti interBatioaal Clae^e des ^cetenees muih^^maiiqaei. Ann^* VtlJ
VHI: MMecine Ann^e VII. VIIL 1908-04, 8*.
Almanacb. Ro^nik 14. 1904, 8^.
Bibliot^ka Klaadkö. Cfalo 6. 8. 1908-04. 8^.
Sbfrka pmmenJl. SVapina 1, Rnda 1, CnIo 5. 6; ftada 11, tU\o 6. Bk»|iii»IL 1
CMoÖ. 7; Sktipinalll, Cfilo 4, 1908. 8«»- '
Ge$elhchaft lur Förderung deuUchtr Wiinemehaflt Kunst und Lii€raiwe |
in Prag:
Recbenaohaftibenoht für das Jahr 1908. 1901. &.
K, Biihnmdie GeselUchaft der Winitemehaften in Pra^:
Joti»f Janko, Soustavti etc. 1903. 8^.
8aro*lav Bidlo, Jedöola Bnitr*ktt etc, Bd. 1. 3. lüOO -08. 8^.
Jahreabericht für da«« Jahr 1903, 1904. 8<*
8it36tingtUerichte ll>03. a) Kla^ae lar rbiloiophie.
b) Mfttbem iiiituTw. Klaw. 1903. 1904 9^|
Mathematiidi'lih^jdhiiiMehe Oeitelhdhaß in Prnf:
Öanopii, Tom. 83, Hüft 1-8. 1903 ~«U, 8^.
Lfii' nml liedehMe der deutuchf» süuilrutr*, t.« r.vi/i
^b BtritH ims. 1904. B^.
Vermt^ms der eingetaufenm J}ruekschrißen,
2V
Mm$tm de$ Königrricha Böhmen in Prag:
Beriebt für claf^ Jabr 1903. 1901. B^,
CMopis. Bd. 77, H€a5. H; Bd. 78. Heft l. 2. 1903-04. 8«.
/T. JT, Sternwarte in Prag:
Magnet Q. meteorolog. BeobftcbtunsfeQ im Jabre 1903. 64. Jahrg. 1904» 4*^,
Deutsche Karl Ferdinmtdtc ümversitäi in Prag:
Die feierliche iiwtallation des Rektow für daa Jahr 1903/04. 1904, 8**.
Verein böhmischer Mathematiker in Pcagi
ÖaMpis. Bd. 8. 1904. 8<*.
Deuticher ntUurwissenachaflL-mediMin. Verein für Böhmen „Latos*' in Prag:
Öitzangsberichte. 6L Bd, 1903. 8**.
Kgh botanische Oeselhchnß in Begensburg:
Denkschriften. Bd. VIIL 1908. 8<*.
Bibltothtque Nationale in Ria de Janeiro:
0 Tamakoard, e^peciea novas da ordeEU dat Ternstroemiaceas. Maiiäoa
1887. 40
Observatorio in Bin de Janeiro:
Boletim mensal. Abril— Jiinbo de 1903. 1903. 4*>.
Geoiogicat jSocietif of Am er im in Ixacke.iter:
Bulletin. Vol. 14. 1903. 6^
Reale Accademia dei Lincei in Born:
Annaario 1904. ßo.
AUi, Serii» TV. Claue di scienze morali. Vol. XI, parte 2. NotisJi© degli
scaai fasc. 9—12 und Indici Serie V, Vol. l faac, l. 1908. 4*».
Rendicooti. Clause di scieDze morali. Serie V, VoL Xlt fa^c. ll—l^*^ 0
Indice. 1903. b*»,
Alti. Serie Va, Rendiconti. ClasBe di iciense ßticbe. Vot. XTI, «ementre 2
fasc. 12; Vol. XUl, «emestre 1, faac, 2— 11. 1903. 4«^
JiHiliateca ApogtoHca Vaticamt in Barn:
Studie Documenti di atoria e diritto Annv XXt— XXIV. 1900—03. 4^.
B. Comitato geologico d^liatia in Bom:
BoUeltino. Anno 1903, No. 3 4. 19i»3. 6«.
Kaiserl, deutü'hts archCuilogi^dies Institut (röm, ÄbtJ in Born:
Miiteilungeti. Bd. XVIIt, Heft 3. 4. 1904. S^'.
Service de la Carte gldogique d'ItnHe in Born:
Carte g«Sologiqtic d'Italie. FeuilfeB 201-201. 213-215. 223. 1904.
B, Societä Botnana di sioria patria in Bom:
Arcbivio. Vol XXVI, 1-4 1903, S^.
B. AcCiidemia di scienie dtgli Agiati in Bmereto:
Äiti. Serie ni VoL 9, faac. 8. 4; Vol 10, faac. l. 1908-04. e<>.
Nnturwi.'ixen$chaftlicke Oesethchaft in St, Gallen:
Jahrbuch ftlr die Jahre 1901-02, 1903. S*'.
22* VerieithnU der eingelaufenen Drueksekriften,
Mis90tin Botanical Garden in 8t. JjndMz
Utk annaal Report 190S. ^.
Instituto y Observatorio de marina de San JFernaw%do (Cadix):
Anale«. Seccion 2^ Ano 1902. 1903. foL
Californio Acaderny of Sciences in San FVandteoz
Proceeding.^. III<i Seriet. Zoologv. Vol. 3, No- 6.6; Botanj. Vol. 2,No.lO;
Geoloev. Vol. 2, No. 1; Math.-PhTs. Vol. 1, No. a 1902—03. 8».
Memoiw. Vol IH. 1903. 4<>.
Cmrersifät in Sassari i Sardinien):
Stodi Sas^areai. Axino III. Sex. H, fatc. 1. 1908. 8^.
E. Accademia dei /Uioeritiei in Siena:
Atti. Serie IV. Vol. 15. No. 7—10. 19(»— Ol 4*.
iL. K. archä-?ioffiid^fs 3iuseMm in Spadato:
Ballettiao di Arrheologia. Anno XXVI. 1908, No. 12; Avao XXVIL 190i
No. 1—4. 8«.
iL. Akademie der ITissenfehaflen in Sioddkotm:
ArchiT f5r Kemi. Bi. 1. Heft 2. 1904. S«.
Archiv ßr Botanik. BJ. 1. Heft 4: Bd. 2. Heft 1—8. 1904. 8*.
Meteoroloirlsti Jaktta*re:«T i Sreripe. Bd. 48. 44 (IL Sarie. Bd. SO).
HAndiingÄT. N. F., Bd. 37. Heft 4— ä. 1903-OI. 4».
Astronomiska iakttaselser. Bd, S. Heft 1. 1908. 4«
Skrifter af Retiiu«. l'.^>2. S*.
G^:m*>ji4h.i FörfMHg in Stoeükolm:
F5rhaBdliB$rar. Bd. '25. Heft 7: Bl 26. Heft 1—4. 1904. 80.
(yf-»^"*^j'^ i'ir J'.ViV'-v'v "''•■ in*5^^«A<i/J«i in Strasrf^mrg
Monatiberi-ht. Bd. 87. fa.M.. S— 10: Bd. Sä. faac. 1-4. 1906— 04. 8».
ni<* •ny'Ch'Tr V^^f^in in Stfrtmiying:
.Tahre>>r::h:. Uhr? 1-5. :S^?-1902. S«.
IT. tc irr t*fi*:. «: v \<r i^ch r* * L'.inKie:f.vmf im St uU fori :
Wär:tc=:l:er^:v:ii-* Jahrl ich^r :1r StatJtik. JttktpkMf 131». Heft 1. 2.
I9^:t3. A'.
-lflwcr.it. 3 >i^!n A^<'\'ii:i :*^ '.r \h^ aäcaneii wtent of tdemee im Sydney:
Hepor. o: th-? IX'- Meeting IHXi. H:*iarL s^.
Dri irm^'it .•^' Minij zm»i ^^Twu'rar^ ^^' yev-Somik-Waie:§
Mecioire« er* liir Gro! .-^^i^il Si-t^t :: N. S. Wale«, öeolc^x No. 3.
IVK^. 4'
Palaeonto -\CT V:.. XI Tr»ii --ad Atla* 1*.>2. 4».
linny..!» Svvffy ■■• yftC'>ym£h'WiiU9 in Sndmep-
Pn>:eediiic*. Vol. 26, part 3. 4. 1*». S*.
ttt^ercÄt»>rw Mtrvmfmteo nfwwirf im TmenkmmmT
An:iario. Ano XXTV. 1904. M«n«o. 80.
VerieichniB der evigelaufemn Druckicfiriften.
23*
I^arthquake InüCitiffatton Commütee in Tokjfo:
Püblications. No. 16, 16. 1904. 4^.
Kaiserl. üniceraitäi in Tokio (Japan):
ICalendar 1^03—01. 1^)4. 8^.
IThe Journal of the College of Science. Vol. 18. article 6. (3; Vol. 19,
article2-ö. 11-13-16, 17. 20. llK)3-04, 4».
^ÄJitteüungen aua der mediiiniachen Fakultät. Bd. VT, No. 2. 1903. 4''.
The Bulletin of the College of Agriculture. Vol. 0. No. 1. 2. 1904. 4'.
^K Uuiversiti in Toidonse:
HAniialeB da Midi* 1903. No. 60. 61. 80.
r Anoafes de la faculte des icience«. 11« Sor., Tom. 6. Ann^e 1903. Pari«
t 1903. 40.
^K£aum oratio D des groopes d'operatioas d*or donn^ par Rajmond Le Yn*
^M Yasseor. Paris 1904. 4^.
^H Biblioteca e Mu$eo comunale in Ttient:
^ Archido Trentino. Addo XVIU, faac. 3. 1903. 8*>,
E, Äecademia dclle scieme in Turin:
ktil Vol 39, diip. 1-7. 1904. 8«>,
Varein für Kunst und ÄUerium in Ulm:
, Katalog dea Gewerbema^eumfl. 1904. 8'^.
Uumaniätika Vetenkapssamfund in Upsata:
Skrifter. Bd. Vlll 1902^-04. 80.
Meteorolog, ÖbBervfiiorium der Universität Upseda:
Bulletin menauel. Vol. 85, Ann^e 1904. 1903—04. fol.
K, Universität in üpsala-
Retnlts of the Swedish Zoological Expedition in Egjpt. 1901. Part TT
1904. 8^.
Physiologisch Laboratorium der Tloogegchöd in Utrecht:
Ondemoekingen. V. Reeks; Deel V, aflev. L 1904. 8^
Aieneo Vmeto in Venedig:
V Äteneo Veneto. Anno 26, Vol. 2, fasc. 1-3; Anno 20, Vol. 1, fi*ic. 1— S
Anno 20, Vol. 2, fasc. 1—3 und Apptudice. 1902-03. 8*^.
B. Inüiüuto Veneio äi seitnse in Venedig:
AttL Tom. Ol, diep. 10; Tom. 62, disp. 1-10. 1902-08. S^^
Memorie. Voh XX Vit, No. 1. 2. 1902-03. 4«.
Accademin OUmpica in Vi(xnia:
Uti. Annale 1901-^02. Vol. XXXIII. 1908. 8^.
Mathewaliich'physthalisch^ GtnelUdkafi in Warschau:
Prace roatematjrcxno-fixyczne. Tom. 15. 1904. 4<*.
Bureau of American Elhnoloffy in Washington:
»»»> aunual Report, 1903. 4«'.
24*
VerstiehnU der eingct4iufen€n Dnuikschriften,
CommMofier of Eäucation in Washimgtan :
Report for the jear 1902. Vol. 1 und 2. 1903. 8».
ü. b\ Department of AgricuHure in WoMhinfftaH:
NorÜi Atoericau Fauna, No. 23. 1904. Bfi,
Yearbook 19U3. 1904, B^.
Smithionian ImtUtUi^n in WaslUngUm:
Ck>iitribtitioDB io knowled^e. No. 1443. 1903. 4P,
Index to the Litemture of Thoriatn 1817—1903 by U. loaet 190S. 8*.
AnnuAl Report for the year ending June 30, 1902. 1903. 8^.
SmühfloniaD Mi.^cellaneoai CoUectiona. Vol 45, p»rU 1. 2. 1W4. #.
ü. S, Kational-Mwfeum in WaMn^tOn:
Report for 1900—01. 1903. 8®.
(J. S. Narai Observatory in Woihtn^Um:
Publication«. U^ Seriea, Vol. 6. 1908. 4^,
Export for tbe year 1902-03. 1903. 8^.
Pkihsophical Society in Waithinffton:
Bulletin. Vol. XIV, p. 233— 246. 1903. 8^.
ü. S. Coast and Oeodetit Survty in Wathinstom
Aonual Reports 1903. 4°,
UmUd States Geül&^al Sureey in Washington:
Balletine. No. 209-217, 1903. B^.
Monographa. No. XLIV, XLV and Atla«. 1903. 4«.
Water-Supplj Faper No. 80—87. 1903. 8^'.
Protessional Paper No. 9. 10. 13-15. iy03. 4«.
Hariverein für Geschichte in Wernigerode:
Zeitschrift. Jahrg. 36, Heft 2 tmd Register xu Jahrg. 25—30. 1908. $fi^
Kaiserh Ähuiemie der Wtssensciinften in Wien:
SitEungübericbte. Philoa.-hiet. Klaaae. Bd. 146. 147. 190»— Oi, 8*.
Mathem.-naturwisBeDBcbaftlirhe Kla«3e. Abt. I* 1902. Bd III,
Heft 10; Abt. IIa, 1903, Bd. 112, Hett 1-9; Abt. Hb, 1903, Bd. 111»
Heftl— 10; Abtlll, 1903, Bd. 112, Heft l—l», 1903, Bd, 112, Heft I—IO.
Uenkachriften. Philos.-hiht. Klasse. Bt], 49- 1904. 4K
Mathem.-nattirwia.qen8chaft1. Klasie. Bd, 74. 19UI
Archiv far öaierre ich iahe Geschichte. Bd. 92, 2. H&lfte; Bd. 98. l. :
1903-04, 8«.
FoQte» rernm Auütriacarotn. Abt. n, Bd. 66; Abt, 11, Bd« &7« SeripUirei
Abtl, Bd. IX. 1. 1908-04. 8«.
Almanach, 63. Jahr^- 1903. 8^
Mitteilungen der ErdbebenkommisHion. N. F., No U^23. 1903—01. 8^.
Verhandlungen. 1903, No, !«>— 18; 1904. No. 1— 8. A^,
A'. K. GeseU Schaft der Ante in Wien:
Wiener kliniiche Wochenachnfl. 1901. No. 1—27. 4«,
Zoolo^ich-bofanischf Oe Seilschaft in ITiVti:
Verhandlungen- 63. Bd., Heft lü; 64, Bd., Ri^ft J. 5. 1903— 04* 8*>.
Abhandlungen. Bd. H., Btjft 3. 4. 1904, 4«».
M
Verseidmiu der eingelaufenen Vruckschrifun,
25^
R, K naiurhüiorücfkes Mofmuseum in Wien:
Aimalen. Bd XVIIf, 4. 1903, gr. 8*5.
Oherstkämmercramt Sr, Majestät das KaUers von Österreich in Wien:
, Anicia Juliana im Wiener Diotkoridea- Kodex ron Antoo t. Premerateio.
1903. fol.
Herxogliche BibUothek in Wolfenbüttel:
Die HaDdschrillien der hcrzoflflichen Bibliothek «n Wolfenbflttel. Bd. VIII
1903. Kr. 8<*.
Physikalisch-medidnische Gcstlhch({ft in Würiburg:
Verhandlungen. N, F., Bd. 36. No, 8; Bd, 36, No. 1— 7. 1903^04. 8«».
Sitzungiberichte, Jahr^. 1903, No. 1—7. 8®.
JJhiorischer Vermn von Unietfrnnken in Wiirzhurff:
Archiv. Bd. 46. 1U03. 8^
Jaht'e«bericht tiir 1902. 1903, B^,
Schweizerische 3[eteoroloj)ische Zentral mistnlt in Zürich:
Annalen 190L SB. .Fahrg. 4^.
Antiqftariitdie Gendhchafl in Zürich:
Mitteilungen. Bd. XXVI, 2. 1901. 4«.
Natur forschen de Grsdhchaß in Zürich:
I Ueiyahrablatt auf da» Jahr 1904, 100. Stück. 4^
' VScrteljahmchrin. 48. Jahr^. 1903. Heft 8. 4. 1904. 8«.
Sdiweiterisches Landesmuseum in Zürichr
AijÄeiger fÖr Schweizerische Altertumskande, N. F.. Band V, No. 2—4.
1903-04. 40.
Von folgenden Privatpersonen;
I
Ermt Abbe in Jena:
Gesammelte Abhandlungen. Bd. I. 1904. 8^.
0. K Leo Anderlind in Baden-Baden:
Ein Sy«tein Ton Mitteln zor Verhütung ach&d Itcher Hochwftsier. hemST
1{K)4. 8*>.
Verlag ton Johann Ambro$itis Barth in Leipzig:
Beiblätter 2u den Annalen der Physik. 1904. No. l— IS. Leipzig 1904. B^,
Journal für praktische Chemie. N. F., Bd. 68, No. 1, 2. 11. 12; B. 09 ,]
Heftl—ll. Leipzig 1908-04. 8«.
Hitgo Bermühier, Verlag in Bei'lin:
Forflchungen £ur Geschichte Bayerns. Bd. XL Berlin 1903. gr. 8^«^
Ch, CK Charitoniäes in Athen:
noi3<ika ^iXol^tMd, Tom* I. Athen 1904. 8^.
28^*" Verzeichnis der eingelaufenen DrueksduriftetL.
Adolf SiöUel in Berlin:
Noch einif^es über den Brandenbarger Schöppenstnhl. 1903. 8^.
Hans Spörry in Zürich:
Die Verwendung des Bambus in Japan. 1903. 8**.
B, G, Teuhner, Verlagsbuchhandlung in Ijeipzig:
Archiv der Mathematik und Physik. III. Reihe, 7. Bd., Heft 1-4-
1904. gr. B^.
Encjklopädie der mathematischen Wissenschaften. Bd. III, 2, Heft 2.
Bd. V, 2. Heft 1. 1904. 8».
Thesaurus linguae latinae. Index librorum scriptoram u. Vol. 2, fasc. 6
1904. 40
F, Gmnes Tcixeira in Porto:
Obras sobre mathematica. Vol. I. Coimbra 1904. 49.
Eduardo Torroja y CabalU in Madrid:
Teorfa geom^trica de las lineas alabeadas. 1904. 4^.
Eduard von Wölfflin in München:
Archiv für lateinische Lexikographie und Grammatik. Bd. XIU, 4.
Leipzig 1904. 8®.
E. V, Zach in Peking:
Lexikographische Beiträge. Teil I. II. 1902—03. 8<>.
Chinesische Übersetzung der Geschichte der Ostmongolen Ton Ssanang
Ssetsen.
August Zöppritz in Stuttgart:
Gedanken über Flut und Ebbe. Dresden 1904. 8^.
29*
TerzeictiEi» der eiugelaofetieti Druckschriften
JqU bia Dezember 1904*
Di« v(»r«hrlicb«D Gesell Bcbftften und Institut«, mit w«lcb«ii uiisef« AltAdemiA in
Tfte4aliT«rlc«hr lieht, w«rdon g«b«t«a. tiiiebLBt«fa«nda« V«rMJcbniii tugleieb min Ktspfkngt-
liMÜtigiing EU betrmeht«ii.
Das Formet ist, vrenn nicht Anders angegeben, ^.
Von folgMdeB ^aBellfiehaften uski Infititntenr
SocilU d^ Emulation in Abbcvüle:
Hommage k ßoucber de Perthei par k. Tbieuller. Paria 1904. 4**.
K, kroat.'slavoH.-dcämatinist^ea Landesarchiv in Aj^am:
Vjestnik. Bd. VI. 3. 4. 1904. 4".
Kroatische archäologische Gesellschaft in Agram:
VyeifeDik. N. Ser, Bd. VU, 2. 1904. 4».
Geschieht»' und Alteriumaforsehende GeBeltschaft des Osterlandes
in AUenbwrg;
MHt^Umigen. Bd. XI, 3. 1904.
SocUU des Antiquaires de Picordte in Amiens:
M^molreB. IV« S^rid, iom, %, Paris 1904.
Baltetin. knu4e 1908, 4« tnmeitre; aoD^e 1904, 1« trimettre. 1904.
K. Akademie der Wissenschaften in Amsterdam:
VerhandeHugen. I Sectie, Deel VMJ, Nr. 6. 7 ; II. Seciie, Oeel X, Nr, 1-6.
1908-04. 4<>,
Jaarboek 1903. 1904. 4^,
Paedaf^ogiam. CarmeD Johannifi P&acoli. 1904.
VerhandeliDKtin. Äfd. Letterkande. Nieawe Reeki, Deel IV. No. 3; Deel V,
No. 4, 6. 1904- 4«.
Verslag. Wis-en natuarkuudige Äfdeeling. Deel XU, K 2. 1904. i^.
Venlagen, Afd. Letterkunde. IV. Reeki. Deel VI. 1904.
K. Zoologisch GeTWotschap in Amsterdam:
Bijdragen tot de Dierkunde. Aflev. 17 en 16. Leiden 1893—1904. fol.
Paetlologisd^fB Labor aionum der St<xdt AnHoerpen:
Paedologiscb Jaarboek« V. Jahrg. 1904.
8
32* FmeidMi 4tf
FenesNi wmt B€flMtnm§f du Garttmbtmn im dem Ptwium, 3immiem
t« BeHim:
Otttaribn. Jahrg. 1904, B«ft 14-34; 1906, Bell 1.
Vereim für Gemhk^€ der Mark Bnmdem^m^ tu Berim:
Foreclmiigeii rar ErmadenbiirgiBcbeji o. PreuMitekea Oeaoluokt«. if .
1. II. 2. HJUfU. Uipsi« 1904.
ZtUttshnß fkr Inttrmmemimikunde im BewÜm:
ZeitMsiinft. S4. ialuK« He^ 7-U. 1904. 4^.
JJZ^oRekPt« ^€9eyey^or»eftefi4J« GtsdUchaft tUr Seku^eiä m B#m,-
Qnetleii cor Scbweiier Gesdiicbt«, Bd, SS. SS. Bajel 1904.
.^j^cmetite Sehwäieriidke Gt^dUthafi für du gesamUem Hü
aehaflen in Bern:
N^ae Denktehriaeii. Bd. XXXtX^ 1. 2. Bftiel 1904. 4^.
Sdiweiserische Oeoh^ehe Kommisätm in Btm:
BeiMi^ KOT freolof^ Kart« der Schweiz. N. F., Lief. XIV Bern t90l,
Beitrige xnr Geologie der Seh weis. Geoiecbnüiche Serie. Lief. 3. 1904 4*
Historischer Verein im Bern:
AiebiT« Bd. XYil 2. 1904.
Sociiti des iciences phfmques et maiurdleM im Bmdenm^r
Proce«-ferbaux 1903-03. Pari« 1903.
VI« S^rie, tom. 3 et Appendice oii (om. 3. Parti 1903,
Soeiiti lAnnienne im Bordeaux:
Acloi. Vol. b. 8. 1908.
Societi de f^eographie oommereiale in Bardeaiixi
Bulletin. 1904, No. 13—18; 20-24.
American Academy of Arie and Smeneu im B^akm;
Proeeedings. Vol. 39» No. 19—34; Vol. 40, No. 1-7. 1904*
Meteorol(Hfiseh€s Observatorium in Bremen:
MeteorologiMcheif Jabrbuob der freien HaiiBeBiadt Bremen. Jahrg. XF
1903. 1904. 40.
Schletiische GtmUsclmfi für Vaterländische Kultur tw Breslau:
81. JabreHbericht 1903. 1904.
Die Hundertjahrfeier der Schleeiachen GeselUcbaft für Vater] And itch«
Kultur, 1904.
3fähri»che8 Landesmuseum in BrUmn:
ZeiUcbrift Bd. IV, 2. 1904.
CsMfopi«. Bd. IV, 2. 1904.
Demtächer Verein f&r die Geschieht^ Mnhrewi 11. Schiebens in Bf
Zeitüchrift 8. Jahrg., No 8, 4, 1904.
The Museum of the Brookiffn Inntituie nf Arte and Äctr*^-"^ '^ f^v^^iW^,.
Memoir« of natural iviencet. Vot. L No. I. 1904, i<^.
VetMeidkmi der eingelaufenen Druckiehriften.
I
I
»
Acaditnie BöycHe de m^dedne in Bräseel:
MdmoireB coDronn^a, Tom. 18, faic. 8 u. 9. lfK)4.
Bulletin. IV. Sörie, Tom. IB, No. 6—9. 1904. 4*";
Aeadimie Eoi/ale des sciencen in Brüsnel:
Bulletin, a) Gliwse des lettre! 190i. No. 6-11.
b) Claaie dea adence« 1904. No, 5 — 11.
öbservatoire Modale in Brüssel:
Annuaire aatronomique. 1901 — 05.
SociäS des BoUandietes in Brüenl:
Analecta Bollandiana. Tom. XXIII, 4, 1904.
HoeifU beige de glclogie in BrÜemel:
Annale». Tom. XXVin, 1—3, 1904,
Soci^t6 beige d*a3ironotMe in BriUseh
Bulletin. 9« ann^e, No. 7—11. 1904.
iT. Ungarische Akademie der Wiiiensehaßen in Budapeat :
Almanach. 1904.
Törti^nettud. Ertekex^^ek. (Hietor. Abhandhingen.) Bd. XTX, 10.
Archaeolo«iai ftrtesitö. Neue Folge. Bd. XXIII, 3—6; XXIV, L 2. i^.
Tarfladalmi ftrteke«^«ek (Staats wisaenichartl, AbhaodJtanR'en.) Bd. XH, 10;
Xm, 1. 2, 1908—04.
NjeWtodom^nji ßrtekexäsek. iSprachwisaenschaft liehe AbhandlungeD.)
XVni. 6-8; XXX, 3-'4; XXXIV, 1 1903-04.
Ctoma Jösüsef A. Mai^jar nemzets^get. 1903.
Mathematikai Krtesitö. «M^itbemat An«eiger.) Bd. XXl, 3-6; XXll, l. 2.
1903 -04,
Matbematilai Köslem^nyek. (Mathem. Mitteil ungenj Bd. XXVIII. 2 1904.
Matbemut. und naturwiasensebaftl. Berichte aus Ungarn. Bd. XIX. 1901.
Leipzig 1904.
Rapport 1903.
Bölcfleazettudomänyi l^rtekeseiek. (Philoa. AhbandluDgeii,) Bd. IJI, 5. 1904.
Analecta nova ad hiBtoriam renasc^ntium in Hungaria litterarum epec*
tantia. 1903.
K. Ungar, Geotagische AnstaU in Budapest:
Földtani Ködöav. Bd. 34. Heft 8-10; Bd. 8ß, Heft 5—7. 1904.
A. Magjar Kir. földtani int^zet ^Fkflnyve. Bd. XV, 1. 1904.
Statistiftches Bureau der Haupt- und Rend^nMtndt Budapest:
Pablikationen. Vol. XXXIU, 1/2; XXXV; XXXVI. BerUn 1904. 40.
Musen naeionnl in Bueno» Aires:
Aiialef. Serie III. toiii. 2. 3. 1903— Ot 4«.
Botanischer Garten in ButtenKK^rg (Jata):
MededeeliDffen. No. 68. 69. 1904. 4«
Bulletin. No. 19, 1904, A^,
Academia Romana m Bukarest:
Aaalele, Ser. II, Memoriile eect istorice. Tom. 26. 1904. 4**.
Memoriile «ect, stüntifice. Tom. 26, 19i)4. 4**.
Partea »claOniatrativA. Tom. 26. 26. 1903 -04. 4".
S4* Verseiehnii der eingelaufenen Dfmek§dknflem,
Bibliofirf&phiii HofD&n6icä 1608—1630.
S. \'\ MÄrian, Insectele. 1904.
S. >\ Mariftn« Lefi^endele Maicii DotnuulDi.
Diicuri^uri de receptiune XXV [. 1904, A9.
Institut ^gyptien in Cmro:
Bulletin. IV* S^rie, No. 4, fasc 8. 4, 1908.
Meteorological Department of the Oovemmem of India in Cafcrntta
Report on the Administration 1903/04, 1904- foJ.
Monihl; Weather Beriew 1904, Jan , Febr.» April-Joui. fal.
Indian MeteoroIofTical Memoirt. Vol XVIL 1904 faL
Agiatic S<yciety of Bengal in Calcutta
Bibliotlieca Indica. New Ser., No, 1067—1098, 1904
Journal. Vol, 68, part I, Extra-No. 2. 1899. No. 414— 430. 1904,
Proceediüffi. No. X, ßxtra-No. 1903, 1904 No. 1—5-
Office of Superintendent of (h^vemment Printing in C^cuiiu:
Annoal Report for the year 1902—03. 1904. fol.
Oeologicül Sumey of India in Calcutta :
Hecordfl VoL 81, pari 1. 2. 1904. 4«.
Menaoiri. VoL 35, partB; VoL 86« pari 1. 1904, 4^
Mueeum of comparative Zoology at Harvard College in Cambridge. Momm.
Bulletin, Vol. 43, No, 2, 3; Vol. 44, 46. 46, No. 3. 1904.
Annual Report for 1903-04. 1904.
Memoir». Vol. 30, No. L 1904. 4**.
Astronomicctl Ohaervatf^ry of Harvard CoUcge lu Cambridge^ Mast.
E. C, Piokering, A Plan for the Endowment of Attmnoniioat Beiett^ 1904.
The Astronomical OhBervatory of Hat ward College» 1904,
Annals. VoL 46, part, 2; Vol'öS, No. l-l. 1904. 4\
Obsenmiory in Cambridge:
Annaal Report for 1901—03. 1902-09, 1903—04. 4».
Fh^OiOphieal Society in Cambridgf:
?TOceedingt. VoL Xtl, No. 6* 1904.
Department of Agricuiture tn tapftowm
Annnal Report of the Geological Commission. ll^QS. 1904. 4*
Äccademia Öioenia di »dense naturtüi in Caiama:
BoUetüno cnentile. Noora S^., faic. 80—82. 1904.
JT. eächeieeheg meieorologinches Inätitut in GhemnUi,
Dekaden-Monaisberichte !90S, Jahrg. VL 1904. foL
Jahrbuch 1900. Jahrg. XV 111 der seaeii Reibe. 1904. 4«.
Socüti de* ideneu not umlief in Cherhourg:
Mdtnoiret. Tom. 33, Hue 2. FariM 1903
Pield Columbian Museum in Chicagin
Publkatumfi. No. 81. 83. 84. 86. 89—92. 91^ 1908—04.
VeneitAmt der eingelaufenen JJruckechriften,
36*
liUtoriaeh'afUiquariadie Geeellschaft für Graubünden in Chur:
XXXn. Jabre«bencht Jahrg. 1902. 190S.
Naturforschende öeselhchaft Ora$$büntUnM itt Chur:
Jahresbericht Neae Folge. Bd. 4$. 1904.
The University of Mwmuri in Columbia,
Balletin. Vol. V, No. 4 -7. 1904.
Studien, VoU II, No. 3v 4. IWl. 4^
The Negroe* of Columbia, Mis^onri, By William WiIbod Elwany. 1904.
A Bulletin on tbe CoDditioD of the Countj Jails of MiBsouri. 6t Charle«
A, Ellwood. 1904.
A Bulletin od the Condition of the County Almihouse« of Miesouri. By
Charles A, EUwooJ, 190 i,
IV Missouri Commieeion io the Louieiana Purchaee Exposition
in Columbias
The State of MtBaouri. 1904.
Westpreussischer Geschichtsverein in Danzig:
Geochichte der Danriger Willkür von Paul Sitnson, 1904.
Zeiti^chrift Heft 47
Mitteilungen. Jahrg S. 1904. Nr 3. 4.
KaiserL Gouvernement von Deutsch-Ostafrika in Dar-es-Salam:
Berichte Über Land- u, Forst Wirtschaft in Deuts cb-Ostafrika. Bd, II, 3, 1904.
RiBtorii<ker Verein für ätu Grosshereogtum Hessen in Darmstaät.
Archiv für He^siiche Geschichte. Nene Folge. Erg&nzungiband U, Heft 2,
1908. Bd. ni, S; IV. 1, 1904.
Colorado Scientific Society in Denver ^ Colorado,
ProceedingB, Vol. 7, p. 267-840. 1904.
Verein für Änhaltische Geschichte in Dessau:
Mitteilungen. Bd. X. 1. 1904.
Verem für Geschichte und Naturtfeschichte in Donaueschingen,
Schriften. XL Beft. 1904. Tflbingen 1904.
Union giographique du Nord de la France %n Tkmai:
Bulletin. VoL 36, irimevtr^ i, 1903. Vol. 27, trimeatre l. 1904,
K, Sächsischer Ältertumit verein in Dresden:
Neue« Archiv für atchB. Geachichte, Bd. XXV u. Register im 1—25. 1904.
Eoyal Irish Academy in Dublin:
Proce^inga. Vol. 26. Section A ; No. 1. 2. 1904.
PoUichia in Dürkheim.
Mitteilungen. No. 18 n. 19, Jahrg. LX. 1909. Ludwigthafen 1904.
^ Heinr. Schiifer. Ueber die StirnwaSPen. 1904. i^.
I American Chemicai Society in Etistont Pa,;
I Tbe Journal Vol. 26, No. 7— 12. 1904.
H Royal Society in Edinburgh:
I Prooeedingfl. Vol. 2b, No. 4. 1904
86*
Verißkhms der Hnffelm^enen Drtiekädkriften,
Scöttish Miero8€öpi€al Soeiettf in Edimhur§ht
ProceediDgt, Vol. IV, No, l, 1904.
Eoycd Phydcal Society in Edimbur§h:
Proc«edii]gi. Seuioss 1902—04. 1904.
Verein für Geschkhtt der Grafschaft Mamfeld in ^txieben :
Manafelder Blatt«r. Jahrg. XVIIL 1904.
K. Universität 9bibtinth€k in Erlangen:
Scbriaen am d. J. 1903/04 in 4<^ u. S«
Reale Accademia dei Georffoßi in f^treni:
Degli itiidi e delle ^icende dellm H. Accademia dei Geoi^ofiU dsJ
al 1908 per Tito Manicelli 1901.
Attu V, Serie, Vol. 1, disp, 2. 3. 1904.
Sodetä Äsiatica Italiana in Ftorem:
Oiornale. Vol. XVII. parte L 1904.
Senckenbergiid^ naturforschende GeselUchaft in I^ankfHri nfM,
Bericht. 1904.
KaturwiBM^ngehaftlicher Verein in Frank fmi a(0^:
Helios. Bd. XXT. Berlin 1904.
Naturfarschende Gesellschaft in J^cihura i Br.:
Bericht«. Band 14. 1904.
Kirehengesehichlhcher Verein in Frttbur^ t, .Br.;
Freiburger Diöietan-Ärchiv. 1904. L Halbjahr, fol.
Umtier$Uät in Ff^nrg iL Bf,:
Schriften aui d. J. 1903/04 in 4<» u. 8<>.
üniversüäi i« Genf:
Schriften aus d. J. 1903—04 in 4^ u. 80.
Universität in GieMen:
Schriften au6 d. J. 1908/04 in 4^ a. 8^».
Natur forschende Genellechaft in GMiU:
Abhandlungen. Bd. KXIV. 1904.
Oberlaumteische Gesellschaft der Wiuemekßfi^^ in G^iUs
Neae« LauHJUiicbei MagaKin. Bd. 80. 1904.
Codex dipIoiuatioQs LuHatiae superiori«. II. 1904.
K, GeweUgehaft der Wissenachafien m O^Umgen:
(löttingiache gelehrte Aoteigen. 1004, No. VII— XII (Jali— Ue«,).
Abhandlungen. N. F.
a) Phiiol.-hiat Kla»e. Bd. VII, No. 4, 6; VIII, % Berltb 1904*
b) Mathem.'pbjiikaL Klane. Bd. U!. No. 1. 2.
Nachriehten. Mathem -phy«. KUfiie No. 3— 6. 1904. 4*.
K. GAgetUchafl der Wtäsen$€haften m OctSernfhurg :
Handimgar. IV. Folge. Heft ft— 6. 1904 4^.
im
Verseichnii der eingelaufenen Druckschriften.
37*
Naturufifi$en»chaßlicher Verein ßtr Steiermark in Graz:
Mitteilungen, Heft 40. Jahrg. 1908, 11K>4.
Naturfüis^enschaftUcher Verein für Neu- V(yrj)ommern in Greißwaldi
Mitteilangen. 35. Juhrg.« 1903. Berlin 1904.
SöciHf: Hollan4a\Be des Sciences iw HaarJem:
Archivea Ntferlandaiaee de« «ciencee exactes. Särie JI, Tom. IX, livr. 4. ö,^
La Haje 1904.
Kaiserin LtopaUUnisdhCarolini«che Deutsche Akademie der Naturforscher]
in Halle:
Leopoldina. Hea 40, No. 5— IK 1904, 4°.
Deutsche morgenländische Gesellschaft in Halle:
Zeitäcbrift. Bd. 58, Heft 3. Leipzig 1904.
NatunmssefischaftUcher Verein für Sachsen uiid Thüringen in Halle:
Zeitüchrift für NaturwisBewcliaften. Bd. 77, Heft 1. 2. Stuttgart 1904.
Thürrsächs, Verein für Erforschung des vaterländischen Altertums
in Halle:
Neae Mitteikngen. Bd. XXIT, 1. 1903.
Deutsche Seewarte in Hamburg:
7. Nachtrag «um KatÄlog 1903. 1904.
Stadihihliathek in Hamburg:
Die im J. 1903/04 erschienenen Veröffentlichungen m 4<* u. 8^.
Verein für Hamburgische Geschichte in Hamburg:
ZeitBchnn. Bd. Xll, L 1904.
Verein für Naturwissenschaftliche UnterhaJtung in Hamburg:
Verbandlungeo 1900—03, XII. Band. 1904.
Historischer Verein für Niedersachsen in Hannover:
Zeitachrift. Jahrg. 1904, Heft 1—3.
Örossherzogl, Sternwarte in Heidelberg:
Mitteilungen. No. III. IV. Karlsruhe 1904.
üniv er Sit ät Heidelberg :
Die Matrikel der Univerait&t Heidelberg. Teil V, herausgegeben
Gu»t. Toepke. 1904.
Schriften der üniTertitat ans dem Jahre 1903/04 in 4^ und 8°.
Historisch-philosophischer Verein in Heidelberg:
Neue Heidelberger Jabrbaofaer. Jahrg. XII, Heft 2. 1908.
Badische Historische Kommission in Heidelberg:
Nevjahrfiblätter. 1905,
Geschäft »führender Auss^uss der Heiclislimeskommtssion in Heidelberg:
Der Ober germanitch-Kaet]9<;be Limef dei RÖm erreich es» Lief, XXII u. XXIH.
1904. 40.
38*
V€rw€khmi§ der eirngdamfcnen DrudtMkrift^n.
Kommimon gMogiqne de F)miande in Hdmmgfitrw*
ßüUdtin. No. 14, 1909.
Carte g^lof^ique ä 1 1 4O0»O00. Seetioo D 2, Nyclolt »iree last« me^
caÜf« 1904.
Cfnivenntät Bdmm^fors:
Scfariften aus d. Jahre I90a— 04 in 4^ u. 8^.
Wilhelm Braune, über die Einignnf; der deutschen Anwpniebe. 19DI>
Verein ß.r withenbürgincht Landeskunde im Hewmeemmttmdt :
Ajthiv. N. F., Bd. XXXI, Heft 2 1904.
Jahreibericbt für daa Jahr 190S. 1904.
Verein für Sachsen- Meininffüche Gt^efMUe m Hüdbmrghausen:
Schriften. 46. u. 49. Heft, 1904.
Ferdinandeum in Innsbruck:
ZeiUchnft 8. Fo1f(e. Band 48. 1904.
Journal of Phygieal Chemieirjf in Ithaea, N,Y,:
The Joaraal. VoL VIU, No. 6-9. 1904.
Üniversii^ de Jaemf:
Annalet tcientifiqaes. Tom. 3, fatc. 1. 1904.
Medi^nisch-naturwiäsenschaftliche Oc8eli9ehaft in Jena:
Denkschriften. Bd, TY, Liefg. 4, Text u. Atlai; Bd. VI, Teil 2. Text
Atlas. 1904, fol.
Jenaiache Zeitschrift fQr Natarwiatenichaft. Bd. 89, Heft I. 1904*
Verein für Thünn^fiiiche Gestrickte und Altertumskunde in Jena:
Zeitschrift. N. F., Bd. XIV. 2; XV, 1. 1904.
Ref^eBta diplomatic« historiae Tbürin^ae. Bd. III, 1 1904. 4^.
Gelehrte Estnische Qeselhchäft tu Jnrjew f DorpaiJ^
Sitzungra berichte 1903. 1904.
Verhandlungen. Bd. XXI, l. 1904
üniversttät Jurjett (Dorpai):
Schriften ans dem Jahre 1908/04 in 4* n* 60,
Badische Historische Kommission in Karlsruhe:
Zeitschrift für die Oeicbichte des Oberrheins. N. F., Bd. 19, HeflS«. C]
Heidelberg 1904.
Topographifches Wörterboob de« Groäshers^gtumi^ Baden. Bd. II, Hatlr- {
band 1. Heidelberg 1904
Zentralbureau für Meteorologie ete, in Karlsrulif
Jahreiberiüht fUr das Jahr 1908. 1904. i^.
Gros^^erMoghch Technische Hochsehuk in Karleruhe*
Schriften ans dem Jahre 1908/04 in 4^ u. 8^.
Naturtpissenschaft Itcher Verein in Kaeisruhe:
Verhandlungen, XVIL Bd. 1908—04. 1904.
Sot^ti phifsico-tHath^atique in Kasan:
Bulletin. \l S^rie, Tom. XIV, 1. I9ü4.
Verzeidtnig der emgeliatftnen Druektehriften.
39*
Universüät Kasan:
ütachenia Sapiski. Bd. 71, Heft 7— 11. Id04.
3 medizinische Dissert&tioneii in roiBiecher Sprache. 1904.
Vtrein für Hensinche Geschichte und Landeskunde in Kassel:
Festschrift mm Gedftchioii Philipps de« GrotRiuüti^en. Id04.
SociHe mathimaiupit in Kharkow:
Coramnaicationt, 2« S^rie, VoK VIII, No.4— 6. 1904.
Universiti Impiriah in Kharkow:
Sapiiki 1904. 6d. 0.
A^nnsles 1904, knjga B,
Gesellschaft für Schleswig- Holsteinhche Geschichte in Kiel:
Zeitschrift. Bd. 84. 1904,
K, Universität in Kiel:
Schriften aua dem Jahre 1903—04 in 4** ü. 8^.
Universität in Kisiß:
Vol. 44, No. 4-10. 1904.
Naturhistürisches Landesmuseum in Klagen fürt:
Carinthia IL 94. Jahr^. 1904, No. 8—6.
ünivergität in Königsberg:
Schriften aus dem Jahre 1903—04 in 4* u, 8^
K, Unii^ersitäiS'Sternwarte in Königsberg:
Ä. Auwert, 14 uDbekannt gebliebene Zonen von Königüberg. Berlin 1904, 4^.
AstroDomiiobe Beobachtungen, AbteiL 40. 1904. foL
K. Akademie der Wissenschaften in Kopenhagen:
Oversigt. 1904, No, 4. 6.
M^moiret. 7* Sörie, Sectinn des «cience«, Tom. I, No. 1—3, Tom. 11,
No. 2. 3. 1904. 4^
Conseil permantnt international pour Vecephration de la mer
in Kopenhagen:
Pablicatione de circooBtance, No. 12. ISA. 14—20. 1904. 4*'.
Bulletin. Änn^e 1903—04, No. 3. 4. 1904. 40.
Bapporta. Vol. IL 1904. 4°.
Akademie der Wissenschaften in Krakau:
Anieiger. 1904, No. 4. 4^.
Rozprawy filologiozne, Lom. 36 u. 39. 1903—04.
bistorycine, tom. 46. 1908.
matemat. Serya llf, tom. 8 A. ß. 1903.
Biblioteka piearzow polakicb. No. 49, 1904.
Roc»nik. Rok 1903/04. 1904.
8prEW07.danie komiäyi fizyograßciny, tom. 37, 1908,
Prace kominvi jezyk wej, tora. 1, Heft 3. 1904
Materyaly a'ntropoL Tom. VII. 1904.
übiory ludti polskiego. Zeizyt L 1904. 4**,
Fioket, BibliograSa, tom, IlT, L 2. 1904.
40*
r«riiMWt der eingelaufemn Drmkgehrißen,
Hhtorischer Verein in Latulshut:
Verhandlungen, XL, Bd. 1904.
Natuneiitsen^chaßlieher Verein in Landshut:
XVII. Bericht 1900-03, 1904.
Sociite Vattdoiae dtä sciencea nalureltefi in Lausanns:
Balletin. 4« SÄrie, Vol. 40, No. 149. 150 1904.
Kansas University in Lawrence j Kansas'
Bulletin. Vol. IV, No. 9. 1904, 4'».
K, Geselhchaft der Wü^ensd^aßen in LeipHfft
Abhandlungen der philol.-histor Klawe, Bd. XXII, No. S; Bd. XXI?.
No. 1—3. 1904. 4«
Abhandlungen der math.-physik. Klasee. 6d. XXIX, No. t u. 2. 1901. 4*
Berieb te der philoL-biator. klaaae. Bd. 56, No. 1— IV. 1904.
ünivergiti de Lülei
Tableatix de«i coun et conföreneei 1904—05. 1904.
Cuerpo de In^ienieros de minas del Peru in lAnmi
Botetfn No, 6— 8; 11—14. 1904.
Museum I*yanciseo-Carohnum in lAns:
62. Jabreibericht. 1904.
Moritz 7. Schwind u. seine Beziehungen tn Linx, von Alexander NieolüdMi.
1904, 40
R. Obgervatorio aatronomico tn Lis9al>on:
Campos Rodrigrue«, Correctioni anx Ascentiont droite« de quelquee ^i0l1«u
Kiel 1902, 4».
Cüospoi Rodrigues, Obiervations d^eclipse» de Lone. Kiel ldf)4. 4*^.
Sociednde de geographia in Lißsabon:
Boletim. 22«» S^rie, No. 5-10. 1904.
Zeüschrift „La Celtule*' in Luewen;
La Cellule. Tom, XXI, I. 2. 1904. 4«.
IT»« Englüh Historical Bevkw in London i
Eifttorical Review. Vol. XIX, No. 75. 76, 1904.
Boyal Soeiety in London:
Proeeedingi. Vol, 73, No, 496—502. 1904.
Philosopbical TraneactiODi. Series A, Vol, 202. 208; Serie« B. Vol. IS
19i>4. 40.
Obitaary Noticei. Part I, 1904.
, , offeUowe. 1904.
B, Ä3trönomic<ü Sttctety in London;
Monthly Notice«. Vol. 64. No. 8. 9: Vol. 65, No. 1. 1904.
Memoirs. Vol. 54, 1899—1901 u. Appendix. No. 1 -5 ; Vol. W, 1904
Appendix, No. l, 1904. 4^
Chemical Socieiy in London:
Journal. No. 501-606. 1904.
Proceedingi. Vol. 20, No. 282-287. IW4.
Vereiiehnii der emgdaufenen Druckschriften.
41*
Linnean Societff in London:
lietli Session from Nov. 1903 to Jüne 1904. 1904.
The Journal, a) Botany: VoL 36, No. 254; Vol. 37, No.267; b) Zoology:
Vol. 29, No. 190, 1904,
The Transactionä. 2^^ Ser. a) Zoology; Vol VIII, part IS; Vol. IX,
part 3— 6. b) Botany: Vol. VI, part 7-9. 1903—04. 4^.
List of tbe Linnean Society 1904-05. 1904.
Mtdical and chirurgical Society in Londant
Medico-chirurgical Trao^actions. VoL 87. 1904.
R. Microscopkal Sücietif in London:
Journal 1904, part 4—6, 1904.
ZiXihfficai Society in London:
Proceedingfi. VoL I, part L 1904.
SociHe giotogiffue de Belgiquc in Lüttieh:
Annale». Tom. XXXI, 3. 1903— OL
Memoire«. Tom. 11, livr. L 1904. 4^.
InatUut Bot/al- Grand Ducal in Luxemburg:
Pnblicationt de la sectinn des sciences naturelles. Tom. XXVll (B). 1904.
Historischer Verein der fünf Orte in Lusem:
Der Geiobiclitflrreund. Bd. 59. Stans 1904.
SociHi d*agrictUturef ndence ei indusirie in Lyon:
Annalei. Vlll. S^r,, Tom, l, 1903. 1904.
Soeiiti Linneenne in Lyon:
Aonalee. Nouqv. S^r., Tom, 50. 1904.
Universiti in Lyon:
Annale«. L Sciences, fa»c, 13—16. 1904.
WiBConsin Gedogical and Natural History Survey in Mmdisoni
Bulletin. No. XI— XIIL 1903-04.
if. Acadtmia de dencim exacta» in Madrid:
Revista. Tomo I, No. 1-5. 1904. 4P,
i?. Äcademia de la hi$tor%a in Madrid:
Boletin. Torao 45. cuad. 1—6, 1904.
Itistiiuto geMgico in Madrid:
PäTergonew. Tom. I, No. 3, Mexico 1904.
Natvnrissenschaftlidier Verein in Maqdehurq:
Jahresbericht und Abhandlungen 1902—04. 1904
Cmnitnto per te onoranze di Francenco Brioscht in Mailand:
Opere matematiche di Francesco Rrioscbi. Tom. 8. 1904. 49.
Ä. Istituto Lombardo di neienge in Mailand:
Heudiconti. StSr. IL Vol. 37, fa^c. 4— 16. 1904,
Memorie. Ctaaie Ui ecienze matematiche. VoL XIX. fa^ic. 12. 13* 1904. 4^.
42»
VetieiehnU der eingelaufenen DtitckMdlriftmu
Söcieta Itahnna di umeme naiufaii in Mailaml
Atti. Vol. 48, faüü. 3, 1904.
Soeieia Storica Lombaräa in Mailand:
ArchiTio Storico Lombardo. Ser. IV, anno XXXt, 2. ^ 1904«
Liter ary and pMosophical Society »w Manchester:
Memoirs and Proceedinga. VoK 48, part 3. 1904.
Department of ihe Interinr. PHihppine Wcntker Bureau in M
Bulletin for Januar^r-Mai 1904. 1904, 4^.
AU ertumtf verein tn Mannheim:
Mannheimer Geachichtablätter 1904, No, 8— 12; 1906, Nft. 1 1»
Umver&ität in Marbnrff:
Schriften aua deoi Jahre 1903/Ü4 in 4° ü, S^.
Verein für GeachidUe der Stadt Meinsen in Meis^rr»
Mitteilungen. Bd. VI, 4. 1904,
Royal Society of Victoria in Melbourne:
Pfoceedioga, Vol, XVII, 1. 1904.
Acadimie in Metz:
Annales de Bali na, publikes par E. Paolu«. 1904,
Mdmoirea. 3<» 8ene. Anne 31. 1901—02. 19U4.
Eitrait dei Mdmoirer Annee 1904
OescUßchaft für Lothringische Geschichte in Met*
Jahrbuch. XV, Jabrg. 1903. 4*».
Imtituto geolöyico tn Mextcu:
Parergones. Tomo J. No. 2. 4, ö. 1904.
Ohsertatorio meieorologico-magnitico centrat in Mexica:
Boletfn uieziiual. Junio, Julio 19ü2. 1902. foL
Sociedad cientifica „Antonio AUatt" in Mexico:
Memoriaa y revista. Tomo XIII. 7. ö; XIX, 8-10; XX, 6—10, tS
Musie ocianographique in Mnunrn
Bulletin No. 1Ö-17, 90-22, 1904.
Obsereaioire wit^ntoffique du Munt Blane:
F. Vallot es son oeu?re. Parii 1901* foh
Muaeo nacion(ü in Montetsideo:
Felii de Azara, Geograf^a fT-iica j eafdrica de las pro^tncias del Paraiffl
I9ü4. 40.
Academte de actencex et ieitreit in MonipelUer:
M^tnoirea. i>eciion des lettre». 2" Sdrie, tom. IV, Nq. 2. 1904,
Mueeo Michoacano in Morelüh Mtxieoi
Kelacion de Michoacan. 1904,
Latareü^Hche» Institut fär OrientattMche Sprachen m Mimktm:
Tnid^. Heft 17. 19. 20 il Bd, VIII»». 1904-06.
Veräeiehnia der eingelattfeften Druekichriflen.
43*
SociiU Imperiale des Naturaiisten in Moskau:
Bulletin. Annöe 1903, No. 4. 1904.
Mathematische GeaeHiidiafi in Moskau:
MfttematiiicbeRkij Sbornik. Bd. XXIY, 3. 1904.
Lick Obserentorff m Mount Uamüton^ Califofnin:
Balletin. No. 66-63^ 1904. 40.
Statisliifchejs Ami dtr Stadt München:
MüncheDer JahreHiibergichlen für 1903. 1904, i^.
Bericht über d'w. ArbeiUlo^retizäblufig' 7om 27. Nov. 1904,
Ilydrottchnisches Bureau in München:
Jalirbacb lyOS, Hefiö; ll»ü4, üeft 2, 3. fol.
Abband langen: Das PegniU-Gebiet Toa Adolf Speobt (mit 7 Tafetn).
1904. foL
K. Schwedisehen umi NorwefjUches Konsulal in München:
Sweden. lU Peopleund iU Induetry. ByGuirt, SundbÄrg. Stockholm 1904*
Generaldirekivm der K. B. Posten und Telegraphen in Müudien:
Nachtrage zu den ZeitangapreitverseichniBBeD. fol.
Met ropoiitan- Kapitel München-Fnising in München:
Amtsblatt der Erzdiözete Manchen und Freising. 1904, No. 17—82.
Mmenm voft Meüterwerken der Naturwigsefi^chaft und Technik
in München:
Verwaltungabericht über das 1. Oe^chäftrtjfthr. 1904. fol
Unhersität in München:
Schriften aus dem Jahre 1903/04 in 4^ ii. 8^.
Ärztlicher Verein in München:
Sitiangttberichte. Bd. XIll, 1903. 1904.
Verlag der Hod*ttchul'N(ichrichten in München:
Hochachul-Nachricbten 1904, No. 166-171. 4«
Äcadhnit de Stanislaa tn Nancy:
M^moirea. Ano^e 154, 6« S^rie, tooi. L 1904.
Bulletin. Serie 3, tom. 4, Umc. 4, tom. 5, fa»c. 1. Pari« 1908— Oi.
Äccademia delle scieme fisiehe e matematiehe in Neapel:
Bendiconto. Ser. 3, VoL 10, fwe. 1—7. 1904.
Institute of Engin eent in Nete-Castle (upan-TgneJ:
TransactioDH. Vol. 53, part 4; Vol. 64, part 6; VoL 65, paril. 1904.
Annual Report for the year 1903 -04, 19<)4.
The Aüthracitation of Coal. By David BurnH. 1904.
1%« American Journal of Science m New-Haven:
Journal. IV. 8er., Vol. 18, No. 103-108. 1904.
American Orienial Society in New- Hainen:
Journal VoL XXV, l«t and 3*» Half. 1904.
44*
V€fW0kkma dsr emffclamfemn DmekHskrifUn.
Academ^ of Bömeet m JVeir-rarlr:
Ansiklfl. VoL XV, 2. 1908.
Americem Museum of Natural Hudoru in Nett- York:
Journal. Vol. IV, 4. lt»04.
Ämeriean GtographicaJi SoaHu i» New- York:
ßolletin. VoL 86, No. 7— IL 1904,
Archaeölog%c(U ItutUut of America in Noneood, Maa^:
American Joarnal of Ärchaeology. Vol. VIll» 9, 1904.
Verein fitr Geschickte der Stadt NümX^^r^i
Jahr««bencbt 19U8, 1904.
MiiteilangeD. Ueft XVI. 1904.
Die ?Ütge der Dichtkunst im alten NQraberK. 1904
Departmeftt of the Inierwr in Oiiawaz
Dictionarj of Ältitadinei in C&oada. By Juuet Wliile. 1909.
BepoH on the Great Undilide at Frank, illla. 1908^ 19CM
Geological Sicrrey äf Canada m ÖUama:
Catalogae of Can&dian Birdn. PaH HL 1904.
Annoal Report New Series. VoL XIH. 1900. With U^p*. 1900.
Royat Sodetif af Camada in ^Mtawa:
Prooeedings and Transaction». 2^ Sen^d. VoL fX. 190S.
Accademia seienbßca VenetthTrenUna in Padun:
Atta, Nnova Serie. Anno I, faac. 1. 1904.
Eedaction der Zeitschrift „EtctHa di skniea antiea' im Padma:
Binita. N. S., Anno iX, L 1904.
Oweeio m4ü^matim m Palefmn:
Rendiconä. Tom. XVHL 4—6. 1904.
Sodeia di ddense naturali td eeon^tmuli m Palermn,
Giomale. VoL 24. 1904. 4<>.
AcadimU de wMeeim in Paris:
BoHetin. 1904, No. 27-8K 89—43.
Aeadimie des snences in Paris:
Oeofrei de Laplace. Tom. XflL 1904. 4^.
Compies rendoe. Tom. 1S9. Ka 1—26. 1904. 4^.
£oi>le poi^i^knique in Paris:
Journal. U* Serie» C«bier 9. 1904. 4fi.
Manileur Scientifique in Paris:
Moniteor. Litr. 7&r-767. 1904. 4*
Muses Qutmei in Par^:
JMU du Mttäite Ouiinet. 1901.
fUTne de rhiitoin» di?« r^Hgion«. T<nn. 4P V ' Tom. 49. x^n, i
19ü8-04.
der tingelaufenen Druekschriftefi,
45*
Hushim tVhi^toire natt^relh in Paris:
Bulletiö. Annee 1909, No. 7 ii, 8; 1904, Nr. 1, S.
Nouvellea Archive». IV« Sör„ tom. 6, Iimg. L 2. 1903. iK
SocUU tVanihrofioloffie in Paris:
Bulletiu et Memoire». 6«*S^rie, tom. 4. fasc, h, 6; tom. 5, fiMc* l, I90a— 04.
SoalM des etudes histöriques in Paris:
Revue 1901, Janvier Avril et Sept-D^cembre 1903. 1903. 1904, Janvier-
Dycenibre,
Sociit^ de gSo^raphie in Pari^:
La Q^ographie. IX* Annee 1904, No. 2—6; X. Annee 1905, No. L 4«,
SociiU m€fthimatique de Franee in Paris:
Bulletin. Tom. 32, fa»c. 2. 8. 1904.
Süditi toologique de France in Paris:
Mtooires. Ann^e 1903, Tom, 16.
Äcadimie ImpSriale dew seiemces in St Petershuirff:
Comptes rendua dea s^ancea de la CommiiBion sisrnique. Tom< 1^ livr. 3.
1904. 40.
M^moirea. a) Clasiie histortco-philoloifique VIII« Sörie, Vol. VI, No. 5. 6.
1904. 4^ b) Clasae phjaico-iiinthematique- VIII« Serie, Vol. 13,
No. 6: Vol 14. No. I-IO; VoL 16, No. 1— U; VoL 16, No. 1—3.
1903-04. 40.
Aonuaire du Mus^e /.oologiqae. 1904, Tom. IX, No, 1—3.
KaiserL Bibiiathek in St, Psicr^mrg:
Ot«cliet 1899. 1903.
ComiU ghAogique in 8t, Petersburg:
BulletiöB. Noav. S^r, Livr. 10 IL 18. 4«*.
Kaistd. Botanischer Garten m St. Petersburg:
Acta horti Petropolitani. Tom. 22, fasc. 2; Tom. 28, faac. I. 2. 1904. 4^,
KaiserL mineralagische Gesellschaft in St, Petersburg:
MateriaüeD zur Geologie Hudstanda. Bd. XXII, L 1904.
Verhandlungen IL Serie, Bd, XXI, 2. 1909.
Physifcalrcheni. ÖeseUschaft an der Kais. Universität St, Petersburg:
Scbumal, Tom. 86, No 6-8. 1904.
Physikai, Zentral-Obserwäorium Nicolas in 8t, Petit Anrg:
Publication«. S6f. II, Vol. IX. 3. 4. 1903-04. fol.
Annales. Annee 1900 Supplement, Annet? 1902, partie 1, II et Suppl^mentt
1904. 4<>.
Seetion ghhgiqne du cabinet de Sa Majesti in St, Petersburg:
Travaux. Vol. VI Iivr l. 1904.
Aeademg of natural Sciences in Phüadelphini
Journal, ü. Seriei. VoL XIT, 4. J904, gr. i^,
ProoeedingB. VoL 56, part L 1904.
4
46*
Vereeidinis der emgdanfentn Druek^^rtflen
Hiätorical Society of Fennsylvania tn Phiatieluhta
The Pennsylvania Magazine of Higtory. Vol 28, No, l\%. 1904.
American Philosophical Sfwiety in Phüadtlfihin:
Proceedinga. Vol. 43, No. 175. 176, 1904.
Societä Toscana di scieme naturtüi m Pi^a:
Atti. Processi verbau. Vol. XIV, 3. ö. 1904* 40.
Atti. Meroorie. VoK XX ll»04. 4^.
Societä Itaitana di fimca in Pitia:
II nuovo Cimeato. 1904. April-Juni, Aogusi-Novembre.
Kaiser Wüfiehn' Bibliothek in Po^en:
Die 6egTÜndtmg der Kaiier Wilhelm- Bibliothek in Po«en. 1904« 4^«
Böhmische Kaiser Fr am Josef- Akademie in Pra^:
PamÄtky. Bd. XX T, 2, IVJOt. i^,
Monumenta palaegrapbica Bohemiap et Moraviae, Vrdava Gast. Friedricb.
Heft I (mit Tafeln in (o\X 1904.
Geselhchaft mr Förderung deutlicher Wissenschaff, Kunst und Ijütratm
m Prag:
Bibliolbek deutscher Schrifti^teller aus Böhmen. Bd. XI u. XIV. 1904.
Mathematisch' physikalische Gesellschaft tn Prnn
Öasopis. 1904. Bd. 78. Heft 8. 4.
Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen m PrnßT
Mitteilungen. 42. Jahrg., No 1—4. 190».
Verein für Natur- und Heüktitide in Presshurg:
Verhandlungen. Bd. XXIV. (N. F., Bd. XV.) 1904,
Geological Surt^ey Office in Pretoriat Transvaal:
Annual Report of ihe Geological Snrvey for 1908. 1904. fol.
Historischer Vrrfin iti Rruftishur*!:
Verhandlungen. Bd, 55« 190r:
Natu r for schr-f - V crtifi m Ktfja:
Korrespondentblatt. No. XLVU. 1904.
Bibliothrque Nationale in Bio de Janeiro:
Relatorio de la Bibliotheca Naciosal 1901. 1903.
Observatorio in Rio de Jantwoi
Ann aar io. 19(^)4.
Boletim mensat. Julio-Det. de IfK^B. 1904.
Reale Accademia dfi Lincei in Rtrni:
Att». Serie V. Cluise di scienzt? morali. Vol VOL IX. X. 4**.
Atti. Serie V. Class«? di »cienae morali. Vo>. I, 3. 8. Noti«i# degli icaTJ.
1904. 4^,
Atti. Serie V. Glaste di >««:ien«e litiche. Memorie, VoJ. IV. 4*
Hendi(H>nti. Clasne di Ncieute roorali. Sr^rie V, Vol. JCllI. l— B. 1901.
Atti. Serie V, Bendicoiiti, Cla»«e dt wi- ^^^ Vol. XIU, ncmestjr» 1,
fa«»c. Vi, vptüt*Htre U, fa«c. l-ll. l
Atti. f <o deir adunanta «oK^nni del & Gmgno 1904. Vol. IL i**.
Frider= jUis de plauti«, lUrum i*d. Uomouldu. Ptrt:«tU. 1904» 4^.
Verseiehms der eingelaufenen Drueknehrißtn.
47"
Accademia Povtificia de^ Nufwi Idncei in Üüm:
kiil Anno 67, Hewione 1—7. 1904, 4^
E. Comitato gtologico d^Italia in Moni-
BoUettino. Anao 1904, Vol 86. No. 1. 3.
KeünerL Deiäjßrhe,s Ärchäolo/füchen Institut {rom. Äbi.j tn Rom:
MitteiluDgren. Vol. XIX, faRC. L 2. 1904.
J?. Ministerin detla InMruzioiie puhhlicn in Rmn:
U opere di Galileo Galilei. VoL XIV. 1904. 4^.
Ministero di ngricaltura, industria c commercio in Rom:
Cfttalogo della mogtra fotta dal Corpo Reale dello Miniere alT espoiwione
uniTertale di 8aint Louit ael 1904, 1904. 4^.
R Ufficiö gtologico m Rom:
Carla f^eologica dei vulcani, Vulijni. 1904.
U. Sodetä Homnnn di storia pairia in Rom:
Archivio. Vol XXVIl, 1. 2. 1904,
HiHtorificher Verein i« Rofienhcim:
Das bayerisclie Oberland am Inn. 8. Jabr^. 1904.
Universität Roatock:
Schriften aus dem Jahre 1903/04 in 4^ u. 8<*.
Bataaf^ch Genootschap der Proefondermnädijke WijsbtgMriß
in Rotterdam:
Nieuwe Verhandelinifen. 11. Heeka, V^« Deel 1904 4«.
Academie des mences im Rouenr
Pr^cis analjtique des travaux. Ann^e 1902—08. 1909.
Liate ^en orale de^ membres. 1903.
12. Accademia di acienie degli AgictH in Roveriio:
Mih Senelll« VoL 10. fasc. 2. 1904.
£colc frangaine d^Eotirtme-Orient in Saigon:
Pröcis de graramaire p&lie par Victor Henry, Paria 1904.
Bulletin. Anno IV, No. l. 3. Hanoi 1904. 4^,
GeneUschaft für Saleburger Lande»l(*inde in Sahburg:
Mitteilungen. 44. Jabr 1904.
Acndtmie of Science in 8t, Louit:
TrftoaactionH. Vol Xll, 9. 10; Vol. XIll, 1-9; Vol. XIV, 1-6. 1902-04.
Mismuri Botankal Garden in St. Louis i
15. annuai Beport. 1904.
Instituto y (Jbgensatono de manna de San Fernando (Cadig):
Almanaqne a&utico para 1906. 1904. 4<*.
Sociedade Acientifica in 8, Pauio:
EeUtorio da ülrectoria 1908-0^1. 19^)4.
48*
Ferwtftc^M der m^tlaufeiieN Dnteka&knfi^^,
Bosnmch'Hetie^f&oinisehf Landetiretfierung im S^m^^va:
ICrgebnisse der meteoroL Beobüchtongreo im Jahfe X^GÖ, Wiwi 190«.
Vereint für MecHenburgisehe Gfgchiehtt in Schwerin:
JahrbOcber und Jahreiberichte 69, Jabr^;. 1!*0I,
Register über die Jahrgänge 41—50 der Jahrbücher. 1901,
R, Äccadewia dei fiMocriÜm in Siema:
Aitt. S«rie IV, Vol. XVI, 1—6.
K, K, Arehäeiofischea Museum in SpatiUo:
Biillettmo di Archeologia. Adoo XXVÜ, 6—8, 1<»04.
K, VitierhHü Hiftime och AnttquUets AkmUmie im Stockholm:
Minadiblad, 27. u. 28, Är^raog. 1898 \Bm. 1901 q. 1902 1904.
Antiqoarisk Tidekrift P5r Sverige. Bd. XVII, 2. 8. 1904.
K Akademie der Wüsenschaften in Siockhf^im:
Archiv för zoologi. Bil l, 3. 4. 1904.
Archiv fTir bot^inik Bd, 2, Heft 4; Bd. 3, Heft 1—3. 1904.
Meteorologiska JaktageUer i Svenge. Bd. 45. 1903. 1904. 4*.
Aitrotiomiüka Jaktagelaer. Bd. VI. I, 1904. 4*».
Handliogar. N. F., Bd. 88, No. 1—6, 1904. 4^
Ärabok 1904.
Les pnx Nobel en 1901. 1904.
GtoUygiskn Förening in Stttckholm:
FörhaDdliBgar Bd. XXVI, 5 6, 1904.
Nordiska Mnuet in Stoekhoim:
Meddelandan 1902. 1904.
Oesellschaft tur Förderung der Wisaen^chaften in Stra$$burg.
MonaUbericht. Tom. 88, Heft 5—9. 1904,
Kais, üniveraitM Sirasä>urg:
Schriften am dem Jahre 1 903/04 .
Württemberg. Kommiggicn für Lande$ge$diiehit in Stuttgart:
Warttemberg. GeschichUqadleo. Bd. V. VI. 1904
Vidrte]jalire8hefte f. LandeHgeaehicJit«. N.fe^., XIII Jahrg., Heft 1—4. 1904,
IT« Wikrttemh, SUiti9ii«die.9 Lamieatimt in SitUl^^ut:
Statiitiachei Bandbach für da^ Köaigreicb WaKti^mWrg. 1904* 4®,
Linnean Socieip of New '8<hUh' Wnles im S^dn€f:
Proceedinga. Vol. XXII, pari 1 o. Vol. XXIX. pftrtS. 1904
Ob$ereatioire (utronomiqu* et pk^ftique in Ta^kent:
PublicatiODf . No. 4. 6. 1904. 4«.
Earthquake Inregligatwn Ccmmtttee %m IVii'yor
PublicationH No. 17. 18. 1904. 4^».
Deuiif^ Qeäellifchafi für Natur* u, Völkerkunde Üttusiem in Tokio:
Haofl Haa«, GMchicble d«i Cbn»tMitQm« id Japan. TmJ IL 1904.
AM^
VerMti^nU dtfr tingdaufentn Druüksehriften,
49*
7; Vol
40.
Knueri. ünwermtät in Tokio:
Th# Journal of the College of Science, VoL Xlll,
Vol. XIX, 9. 14. 15. 18 19; Vol. XX» 1. 2, 1904,
The Builetiii of the College of Agricnltnre. Vol VI
^Ältertumsverein in Torgau
VeNIflRBDtlichuiigeo. Heft XV (L 1904.
CanaMan Iftstitute in Tonmtoi
Proceeding«, N. 8., Vol, II, ß. 1904.
TransaciioDs. VoLVtl, 8, 1904.
Universiti in Toulouse:
Arninle» du Midi. XVl« lum^. No. 62. 1904.
ADHÄles de la facolte den scienceB, II* Ser,^ tom. 5* ann^e 19ü3;
aon^e 1904 Parin 1903-04, i^.
Balletin de la Station de pitcfculture No. 1. Part« 1904,
Biblioteca f MtMeo comunnte in Drientr
ArchiTio Trentino. Anno XIX, L 1904.
MuHeum für Kunst uml Gewerbe in 2Vo|»pau:
Jahresbericht 1903. 1904.
llnivcrftität Tiihxngen:
Über die Sprache der Gefi«tie, Hede von Otto Wendt. 1904. 4^.
TufU (Mtege lAbrary in Tuftn Coli Mas».:
Studien. No. 8. 1904. i^.
R, Accnäemia delle seiende in run«:
Otjerfazioni meteorologichf« Ddll* anno 1903. 1904.
Atti. Vol 39, ditp. 8—15. 1904.
Memorie. Serie 11. totii. 54. 1904. A^.
B. Aecademin d^agrieoitura in Turin:
AnnaH. Vol. 46. 1908. 1904.
Biblioteca muionale in Turin:
tofentano dei oodici «uper«ti1i uteci e latini anticht. 1904.
iC. (leHdUcha/t d^r WiRsenschafUn in Upimla:
No?a Acta. Serie Hl Vol. XX. 2, 1904. 4«.
K. Unwffrsitäi m Üpsala:
Nordiska Stadier Tillogna de Adolf Noreen. 1904.
Eranos. Acta philoloffica. Vol. 5, faic. 8. 4, 1901,
Schriften aus dem Jahre 1903/04 in 4^0. 8^
Itiiftitut Boyal Mitktrolorpqtte de^ Patfi-Ba» in UtredU:
Oeuvrea ocäano^rafiqae«, No. 90, 1904.
Annoaire meteorologique. Ann^ 1902. 1903. 4**,
Onweders enz. 1903.
Schriften. No. 94, 96 (Te^l u. AiUi) 1904. fol.
Ac€ii4€mia di ScienBe in Verona:
Atti e Memorie. Serie IV. Appendice al Vol. lU. Vol. fV.
tom. 6.
h2^
Veneichnis dir einyelaußmn Vrmkäduiften,
Verlag von Johann AnihroMi4s Barth in Leipzig:
Joaraal für prakt. Chemie. N. F., Bd, 69, Heft, lü; Bd. 70, Heft 1— U- I9UI.
Beib1&tt«r su den Annalen der PbjrHik. 1904, No. 14—23, 1004.
Manuel B, de Berlan^a in 3falci^a;
Uatalogo del Muaeo de loa Senores marquese« de CaaA-Lariog, 190S.
Hermann Böhtaut NachfaUjer m Wvimar:
Zeitschrift der Saviguy-Stiflaog für Eecbtttgei^ekicht«. )Sä. 26 def ton
niachen uod j^ermaniachen Abtei lang. 1904.
Wilhelm i'. Christ tu München:
Geechichte der griecbiacheii Literaiur. 4. Au(i. 1906.
U. Con%eentM in Ikintifi*
Die Oef^ibrdang der Naturdenkmäler a. Vorschläge iti ihrer Erhalluag. 1901.
M, Doeberl in München t
Bajern und Ftankreich. IL Bd. Mönchen 1904.
Vicomte G, tfAvenel in Pari§:
La Noblesie frangaise loas Richelieu« 1901*
Verlag von GiMtav Fischer in Lmptig:
Natarwit»»eniichaftl Woohentohria. Id04. No. 42^66; 1906, Na. L S.
Paul Fonnuer in GtenMe:
^tudes fiur lei r^nitentiels, IV, Ma9oii 1904.
K«* J. B^ Andft Qodin in Qm$t (Aime>'
Le Devoir. Tom. 28, Juillet-Decembrc 1904.
Friedrich Ofippelsrödcr in Basel:
Studien über di(' Anwendung der Capillaraoaly^e. 1904
S, Grenander in üpnaia:
Les Tariations anDueUea de la temperatare dea lacs luedoi«. 1901b
5. Qukl in Zürich:
Lücken-Qnadrate. 1904.
Victor Hantitch in Wien-
Konstruktion zur ErmOglichung d. intermittierenden Kraftau^DQtsang. 1904*
Jakob Haunf in Hüf:
Proeopii Caesarienaia opera omuia. 2 Voll Ltpiiae 1904.
Camdlo Hell m- ir.- .^ :
Ideale Planiiuetrie. 1904.
G Htnnksen %n t/iruitianwi.
On the kon Ore [»epoaitti m äydFaranger. 1DU4.
Fneändt Uuih i» A'ctt»' Ytfrkz
Chioe^iacbe Aiksichien Über die Brooaetroiuiiiiiln. lieip^iif 19<^^
Verieiehniä der emgelauftnen Druckschriften, 51*
K. K, Naturhititorutcheä Hofmwteum in Wien:
Annalen. Bd XIX, 1. 19<H. i«>,
I?. Kuffntr^che Sternwarte in Wien:
Publikationen. Bd. VI, 2—4. 1908—04. 4^.
A''. K, Unhersiiät in Wien:
Sobrifien &U8 detu Jahre 1^04. 6 SiQck.
Verein für N<x»gamBch€ AUertumskunde ttc, in Wie^aden:
Annalen, Bd, 38, Heft 2, 1904, 4«
Ndfssfmischer Verein fikr Naturkunde in Wiesbaden:
Jahrbücher. Jabrir^ 67. I9ü4.
Herzogliche Bililiaihek in Wolfenbüttel:
RegiBter zur IL a. 111. Abteiluni; des Hand sehr iftenkatalogf. 1904.
GeschichLifverein in WolfenbiUtel :
Jithrbach. 2, Jahrg. 1903.
Braunichweigiäcbes Ma|^a/Jti. Jahrg. 1903. 4^.
Phi/sikaiiHch'medieiniscke Genelhchaft in Wür^burff:
Verhandlungen. N. F.. Bd. 37, No, 1. 2. 1904.
Sitzungsberichte. Jahrg. 1904. No. l -3.
Kanion^ibliothek in Zürich:
Schriften au^ dem Jahre 1903/04 in 4<' u. %^.
Sci^weiierische Meieorologi$che Zentralanstait in Zürich;
Annalen 11)02. 1904. 4*^.
NaturfQr$chende (ieselhchafi in Zürid%:
Vierteljabriichnft. 49. Jahrg. 1904, Heft 1. 2.
Schu'eizerischeH Lattdesmuseum in Zürich:
I Anseiger für Schweizerische AUertomakande. Bd. VI, 1. 1904. 4^.
' XU. Jabreibericht 1908. 1904.
Sternwarte in Zürtch:
Astronomische Mitteilungen. No. 95. 1904.
Von folgenden Friviitpersonen :
I^'ürBt Albert von Monaco:
^fritultati de« Campagnee ecientifiques. faäc. XVII. 1904. fot.
Rafael Bamirti de AreUano in CfWtloba,
La banda real de Ca^tiDa. 16911
Jon Arginh utm j}i hnktirteat :
Uiom Roffi^nilor Mact:doneni 19tH.
54* Verzeichnis der eingelaufenen Druckschriften.
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig:
Archiv der Mathematik u. Physik. 111. Reihe, Bd. 8, Heft 1—3. 1904.
Encyklopädie der mathemat. Wissenschaften. Bd. I, Heft 8; Bd. II, 1 n. 5:
Bd. IV, 1. II, Heft 1. 1904.
Desgl. in französ. Ausgabe. Tom. I, 1, fasc. 1.
Thesaurus linguae latinae. Vol. 1, fasc. 7; Vol. 2, fasc. 7. 1904. 4«.
Giuseppe Veronese in Padua:
La Laguna di Venezia. 1904.
Eugen Wolf in München:
Henry Moi-ton Stanley, t 1904.
JFJ. c. Zach in Peking:
Spiegel der Mandschu-Sprache. Verbesserte Ausgabe des Kaisers Kien-lung
aus dem Jahre 1771. 8 Bde.
Marion Zukowski:
Die Erde ein Elektromagnet. Dortmund 1904.