Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
129. Band
Jahrgang 1920 Heft 1 bis 10
(Mit 12 Tafeln und 52 Textfiguren)
Wien, 1920
Aus der Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
III
Inhalt
Seite
Bersa E., Über das Vorkommen von kohlensaurem Kalk in einer
Gruppe von Schwefelbakterien. (Mit 1 Tafel und 2 Textfiguren.)
[Preis: 11 K] 231
Brunswik H., Über das Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamari-
caceae. (Mit 1 Tafel und 1 Textfigur) [Preis: 8 K] 115
Diener C, Neue Ceratitoidea aus den Hallstätter Kalken des Salzkammer-
gutes. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 40 K] 513
— Die Ceratitoidea der karnisch-norischen Mischfauna des Feuer-
kogels bei Aussee. (Mit 3 Tafeln und 3 Textfiguren.) [Preis: 80 K] . 589
Doelter C, Neue Untersuchungen über die Farbenveränderungen von
Mineralien durch Strahlungen. (Mit 6 Textfiguren) [Preis: 18 K] 399
Früchtl F., Planktoncopepoden aus der nördlichen Adria. (Mit 6 Text-
figuren) [Preis: 12 K] 463
Fürth P., Zur Biologie und Mikrochemie einiger Pirola-Avten. (Mit 1 Tafel
und 3 Textfiguren.) [Preis: 32 K] 559
Gicklhorn J., Studien an Eisenorganismen. (I. Mitteilung.) (Mit 5 Text-
figuren.) [Preis: 10 K] 187
Handlirsch A., Beiträge zur Kenntnis der paläozoischen Blattarien. (Mit
8 Textfiguren.) [Preis: 9 K] 431
Höhnel F., Fragmente zur Mykologie (XXIV. Mitteilung Nr. 1189 bis
1214) [Preis: 15 K] 137
Jung J., Über den Nachweis und die Verbreitung des Chlors im Pflanzen-
reiche. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 22 K] 297
Klein G., Studien über das Anthochlor. (I. Mitteilung.) (Mit 1 Tafel.)
[Preis: 27 KJ 341
Krasser F., Die Doggerflora von Sardinien [Preis : 7 K] 3
Linsbauer K., Bemerkungen über Alfred Fischer's »Gefäßglykose«.
(Mit 3 Textfiguren.) [Preis: 6 K] 215
Mohr H., Lößstudien an der Wolga. (Mit 5 Textfiguren.) [Preis: 12 K] . . 29
Molisch H., Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. (Mit 3 Tafeln.)
[Preis: 20 Kl 261
Priesner H., Kurze Beschreibungen neuer Thysanopteren aus Öster-
reich. (Mit 8 Textfiguren.) [Preis: 5 K 40 h] 71
Schmidt W., Zur Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens [Preis:
14 K] 539
Tertsch H., Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. (Mit
2 Textfiguren) [Preis: 8 K] 91
A 2*11
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
129. Band. 1. und 2. Heft
4>
Die Doggerflora von Sardinien
Von
Dr. Fridolin Krasser
(Vorgelegt in der Sitzung am 15. Jänner 1920)
I. Historisches und allgemeine Bemerkungen.
Wie A. Tornquist (04) nachgewiesen hat, sind die im
mittleren und östlichen Sardinien unmittelbar auf dem paläo-
zoischen Gebirge auflagernden Sedimente jurassischen
Alters. Kein triadisches Schichtgestein ist aus diesem Gebiete
bekannt, denn weder die pflanzenführenden Schichten von
Laconi. welche von D. Lovisato (03) als triadisch, noch die
pflanzenführenden Sandsteine von Crispusu bei Belvi, von
Tesili und der Tonnen, welche von demselben Forscher als
rhätisch oder liäsisch angesehen worden waren, gehören
diesen Perioden an. Auch sie haben sich als jurassisch
erwiesen. Die in diesen Gebieten aufgefundenen Pflanzenreste,
deren Aufschließung hauptsächlich denBemühungenLovisato's
zu verdanken ist, haben die Auffassung Tornquist's, die
außer auf die stratigraphischen Verhältnisse, insbesondere auf
die richtige Determinierung einiger Pflanzenreste gegründet
wurde, durchaus bestätigt. Lovisato's Ansicht schien durch
einige von Sterzel herrührende irrige Bestimmungen gestützt,
welche durch die im allgemeinen recht schlechte Erhaltung
der Pflanzenreste verursacht worden waren.
Aus Sardinien sind bisher nur jungpaläozoische und
jurassische Pflanzenreste bekannt geworden. Die ersteren sind
erst 1001 von Arcangeli (01) genauer beschrieben und als
4 F, Krasser,
Repräsentanten einer Permocarbonflora erkannt worden. Über
die letzteren liegen nur vor die Angaben von Tornquist (04)
über PtiJopJiyUuni pecten, Otozamites Beani und Coniopteris
cf. arguta, sowie von mir eine Bearbeitung der Williamsonien,
Krasser (12, 15), und eine Enumeratio der fossilen Flora
der die Williamsonien bergenden Juraschichten, Krasser (13),
aus welcher bereits hervorgeht, daß diese Juraflora sehr mit
der dem Inferior Oolite angehörigen fossilen Flora der
Küste von Yorkshire übereinstimmt, also eine Doggerflora
repräsentiert.
Meine Enumeratio von 1913 verzeichnet bereits unter
21 nicht weniger als 14 mit der Doggerflora der Yorkshire-
küste gemeinsame Arten. Sie bezog sich auf eine mir von
Domenico Lovisato über Veranlassung von Salfeld zur
Bestimmung zugesandte Aufsammiung. Es war Lovisato
damals in erster Linie wohl um eine Yergleichung der
sardinischen Pflanzen mit der Flora der Lunzer Trias mit
den. charakteristischen Pterophyllum- Arten zu tun, um seine
Ansicht über das Vorkommen der Trias in Mittel- und Ost-
sardinien phytopaläontologisch zu stützen. Nach meinen
Publikationen hatte er die Liebenswürdigkeit aus freien Stücken
noch mehr Untersuchungsmaterial zu übersenden, welches ich
wegen der durch den Weltkrieg verursachten argen Störung
rein wissenschaftlicher Stadien und psychischen Hemmungen
nur allmählich, mit großen zeitlichen Unterbrechungen — denn
die Arbeit war für mich nur in Wien durchführbar — , auf-
arbeiten konnte. Meine Altersbestimmung der vermeintlichen
Triasflora als Doggerflora erfuhr dadurch noch weitere Stützen,
denn es ergaben sich noch eine Reihe von wichtigen Arten,
welche mit Arten von der Yorkshireküste identisch sind,
sowie einige andere interessante Vorkommnisse.
II. Fundorte und Erhaltungszustand.
Die Fundstätten, welche Lovisato ausbeutete, befinden
sich in der Umgebung von Laconi. Die Hauptmasse der mir
vorgelegten Reste stammt von Arcidano de Laconi, die übrigen
von Costa de Mandera im Park des Marquis de Laconi in
Doggerflora von Sardinien. O
Laconi, ans den Schichten Gres de Canali ( Utastra bei
Cignoni und von Tnpe Caniga. Von der letztgenannten
Lokalität stammen die am schlechtesten erhaltenen Beleg-
stücke. In der Sammlung Lovisato befinden sich aber auch
zahlreiche Stücke von genügend guter, seltener von sehr
guter Erhaltung, so daß es möglich war, durch genaue Unter-
suchung die Zusammensetzung der fossilen Juraflora von
Laconi mit Sicherheit festzustellen und eine monographische
Bearbeitung anzubahnen.
Da ich mangelnder Detailetikettierung der Belegstücke
halber nicht in der Lage bin, die einzelnen Lokalflorulen
genau abzugrenzen, muß ich diese Zusammenstellung dem
bodenständigen Forscher empfehlen, dem durch meine Deter-
minierung der numerierten Stücke seiner Kollektion der
Weg hierzu geebnet ist.
Es wird für den Zweck der vorliegenden Arbeit wegen
der nötigen Kürze der Zitation am besten sein zu unter-
scheiden:
Lov. A: Nr Die Aufsammlung von verschiedenen
Lokalitäten, welche meiner Enumeratio von 1913 zugrunde
liegen, und
Lov. B: Nr. . . . die Aufsammlungen, welche mir nach
diesem Zeitpunkte vorlagen.
Die meisten der von mir untersuchten Pflanzenreste
liegen in einem tonigen Medium eingeschlossen. Speziell für
Lov. B gilt folgendes: Die Pflanzenreste liegen teils in einem
weißen bis gelblichen zum Teil zerfallenden feinkörnigen
geschichteten Sandstein (Lov. B: 1 bis 63), teils in einem
mehr oder weniger dunkel oder heller braungrauen Ton
(Lov. B: 64 bis 128), teils in einem festen eisenschüssigen
Sandstein (Lov. B: 129 bis 133). Die im letzteren bisher
zutage geförderten Reste sind jedoch leider von so schlechter
Erhaltung;, daß ihre Bestimmung unmöglich war.
III. Catalogus systematieus
plantarum fossilium in stratis jufassicis formationis Dogger
insulae Sardiniae detectis (Flora fossilis Laconiensis).
F. Krasser,
Die fossile Doggerflora von Laconi in Sardinien.
Da fast alle Arten der Flora fossilis Laconiensis in der
Doggerflora der Yorkshireküste Englands vertreten sind,
werden sie im nachfolgenden Katalog in der Reihenfolge
erörtert, die in A. C. Seward: The Jnrassic Flora (I. The
Yorkshire Coast, London 1900; IL Liassic and oolitic floras
of- England [excluding the inferior oolite plants of the
Yorkshire Coast], London 1904) eingehalten wird. Bekanntlieh
bildet dieses Werk den III. und IV. Teil des Catalogue of
the Mesozoic Plants in the Department of Geology British
Museum (Natural History).
Bei jeder Art, welche mit einer der Doggerflora Englands
identisch ist, wird das genannte Werk kurz zitiert: Sew. I,
p. . ., respektive Sew. II, p. . . . Weiters wird stets gegebenen
Falles meine Enumeratio (Kr. 13) und meine Williamsonia-
Abhandlung (Kr. 12) zitiert werden. Wo es notwendig ist,
wird auch andere Literatur angegeben. Es handelt sich dabei
nur um die Begründung der Bestimmung, respektive der
Nomenklatur in kürzester Form.
Bezüglich der Zitation der Belegstücke aus den Auf-
sammlungen Lovisato's wolle man die Ausführungen im
vorhergehenden Kapitel nachsehen.
Equisetites columnaris Brongn.
Sew. I, p. 53.
Low B: 1 (über 30 cm langes Stammfragment, mehrere
Internodien, Oberflächen verschieden tiefer Gewebezonen),
2 i.l bis 4), 3, 4 (1, 2: Scheide), 5, 6 (Scheide), 7 bis 13
(meist ansehnliche Stammoberflächen oder Steinkerne), 17 (ver-
■chiedene Erhaltungszustände, auch geringfügige Pagiophyllum
Wüliamsoni - Reste und Sagenopteris - Spreitenteil'), 18, 21
(Stammfragment mit Knoten im Abdruck der Oberseite und
Hohldruck, auch Ptilophyllum pecten), 23, 31 (normale Equi-
5c7/7c\v-Oberfläche mit aufgelagerter Sagenopteris Goeppertiana),
32, 42 (Diaphragma, auch Sproß von Pagiopliylhim Wüliam-
soni), 44 (reichlich verzweigtes Stammfragment, auch
WiÜiamsonia acuminata), 51 (Diaphragma, schiefer Quer-
Doggerflora von Sardinien. 7
bruch), 52 (Diaphragma), 53 (Scheide, auch ein Fragment
einer Primärrieder von Dictyopkyllum ntgosnm), 54 (1 : Dia-
phragma, 2: gänzlich zerquetsches Fragment), 59 und 60.
Ich habe sämtliche Reste unter Equisetites columnavis
subsummiert, da ich zur Ansicht gelangt bin, daß Equisetites
Beani (Bunb.) Sevv. (1851) lediglich die dickeren Achsen
(in der Kollektion Lovisato übrigens die Hauptmasse der
besser erhaltenen Equisetites) desselben Typus repräsentiert,
dessen dünnere Achsen die typischen Equisetites columnaris
Brongn. (1828) darstellen.
Laccopteris Presl.
Sew. I. p. 77. — Kr. 13.
Die Abgrenzung der Arten, welche gewöhnlich dieser
Gattung zugezählt werden, ist schwierig. Sie wird erst mit
Sicherheit gelingen, wenn sie an vollständigeren Resten, als
sie zumeist beschrieben wurden, auch nach ihrer geologischen
und geographischen Verbreitung studiert werden können. Es
kommt nicht allein auf Schnitt, Abgrenzung und Nervation
der Fiederchen, sondern auch auf die Lage und Beschaffen-
heit der Sori und der Sporangien an. Eine weitere Schwierig-
keit liegt auch in der Abgrenzung von Laccopteris gegen-
über Gutbiera, Andriama und Natkorstia.
Aus Sardinien liegen bisher ganze Primärfiedern nicht
vor, wohl aber sowohl sterile als fertile Fiederchen, auch
einzelne Spindelfragmente mit mehreren Fiederchen.
Zunächst kann man relativ breite und lange und
schmälere kürzere Fiederchen unterscheiden. Die ersteren
lassen sich jedoch trotz habitueller Ähnlichkeit nicht mit
Sicherheit der bisher aus dem englischen Kimmerridge und
aus der VVealdenformation bekannten L. I tunke vi Schenk
unterordnen, sie gehören aber auch nicht zu L. polypoJioides
Brongn., welches für den Dogger von England charakteristisch
ist. Xatlwrstia Heer liegt nach der Beschaffenheit der Sori
zu schließen, sicher nicht vor. Wir haben einen Laccopteris-
Typus vor uns, dessen Fiederchen 8 mm Breite und beträcht-
liche Länge besitzen (Lov. A: 18 ein Fragment von 60////;/!'.
8 F. Krasser,
dessen kreisrunde Soren knapp an die Mittelnerven gereiht
sind, einen Durchmesser von einem Drittel der halben
Fiederchenspreite besitzen und aus zahlreichen Sporangien
bestehen. Diese sardinische Laccopteris gleicht sehr einer
Laccopteris aus dem Unterlias von Steierdorf im Banatr
welche von Stur als L. spectabilis nom. mus. signiert wurde.
Bei Laccopteris polypodioides Brongn. sind die Sori vom
Mittelnerv um ein Nervenfeld entfernt gestellt (Sew. I, Fig. 1 1 B).
Im Inf. Oolit von Stamford kommt übrigens auch eine
Laccopteris vor, welche von Seward als höchst wahr-
scheinlich zu L. polypodioides gehörig betrachtet wird
(Seward, Matonia p. 198, fig. 9 C; reproduziert Sew. I,
fig. HC), bei welcher jedoch die Sori knapp an die Mittel-
nerven gereiht sind! Dieser Typus scheint bisher nur in
spärlichen Fragmenten bekannt zu sein. Nach der zitierten
Abbildung ist die Nervatur reicher gegabelt als bei der
typischen L. polypodioides. Es liegt mir übrigens aus Sardinien
auch ein Belegstück vor (Lov. B: 73), welches diesem Ner-
vationstypus vollkommen entspricht.
Mit Laccopteris Woodtvardi (Leckenby) Sew. stimmen
Lov. A: 81 und Lov. B: 87 sehr gut überein.
Die Laccopteris mit schmäleren Fiederchen stehen der
Laccopteris elegans Presl im Schnitt der Fiederchen, Nervatur
und Ausbildung der Sori so nahe (Lov. A: 53 a, b), daß sie
davon kaum getrennt werden können.
Zu Laccopteris gehören:
Lov. A: 3 und 18 (cf. L. spectabilis), 53 a, b (L. elegans),
81 (L. Woodwardi).
Lov. B: 37 (L. elegans, mit Ptilophyllum pecten und
Cheirolepis setosus), 64 (cf. L. spectabilis, Spindelfragment
mit 9 Fiederchen), 73 (1, 2: cf. L. »polypodioides von
Stamford) zeigt ein 1 cm breites Fiederchenfragment mit
prachtvoll erhaltener Nervatur, 74 (1, 2), 76 bis 78. 80, 82
bis 85, 86 (1, 2: schmälere Fiedern), 95 (mit ? Sporocarpium
von Si igenopteris).
Doggerflora von Sardinien. 9
Todites Williamsoni (Brongn.) Sew.
Sew. I. p. 87. - Kr. 13.
Lov. .4: 5, 6, 12, 30, 63; 8 (im Sandstein). Auf ein-
zelnen Stücken mit Ptilophyllum pecten und Coniopteris
hymenophylloides.
Lov. B: 4-3 zweifelhaft!
Coniopteris hymenophylloides (Brongn.) Sew.
Sew. I, p. 99. — Kr. 13.
Lov. A: 7, 17, 23, 27, 30, 31 bis 33, 60, 61. Auf
einzelnen Stücken mit Ptilophyllum pecten, Nageiopsis anglica,
Baiera Phillipsi, Todites Williamsoni.
Coniopteris cf. arguta L. et H.
Sew. I, p. 115. — Tornquist (04), p. 158; T. 4, F. 5.
Besitzt geringere Dimensionen als die englische Pflanze.
Im Jura von Crispisu bei Bei vi.
Dictyophyllum rugosum L. et H.
Sew. I, p. 122.
Lov. B: 47 (1: Mehrere Fiedern erster Ordnung in
beträchtlichen Fragmenten), 55 (mit Arancarites Sardiniens),
49 (1 : wahrscheinlich hierhergehöriger undeutlicher Abdruck
einer Gabelung mit Nilssonia compta; 2: undeutlicher Abdruck
einer Gabelung).
Klukia exilis (Phill.) Racib.
Sew. I, p. 130. — Kr. 13.
Lov. .4: 70a. Das einzige Belegstück.
Cladophlebis denticulata (Brongn.) Font.
Sew. I, p. 134. — Kr. 13.
Lov. A: 64 (Bruchstück einer Fieder vorletzter Ordnung
mit kleineren, also mehr spitzennahen Fiedern letzter Ordnung
vom Typus Neuropteris Ugata L. et H.).
1 f ) F. K r a s s c r,
Taeniopteris vittata Brongn.
Sew. I, p. IT) 7. — Kr. 13.
Lov. A: 45 und 72, bloß Laminarfragmente, daher die
Artbestimmung nicht sicher, wenn auch sehr wahrscheinlich.
Lov. B: 45 (Blattspitze).
Sagenopteris Goeppertiana Zigno.
1865. Zigno A. de: Enum. filic. foss. form, oolit., p. 36.
1867. Zigno A. de: Flora foss. form, oolit. I, p. 188, tah. 21 et 22.
1874. Schimper Ph.: Traite III, p. 518.
Lov. B: 31 (stark asymmetrische basale Fiederhälfte,
auch Equiseiites Oberfläche), 35 (1: mit Cheirolepis setosus,
auf der Rückseite Nilssonia coiupta), 38 (1: Gegendruck zu
31. Fast vollständige Fieder, auch Querbruch von Equiseiites
columnaris, Fragmente von Laccopteris), 39 (fast vollständige
Fieder), 40 sowie 41 und 49 basale Partien einzelner
Fiedern.
95 (Abdruck eines Sporocarpiums, ähnlich dem von
Marsileä), 99 und 101 (PSporocarpien, undeutliche Abdrücke.)
Sowohl gewisse Formen von Sagenopteris Phillipsi
(Brongn.) Stern b. des englischen Dogger, als von Sageno-
pteris rkoifolia Schenk des deutschen Unterlias gleichen
habituell ziemlich der Sagenopteris Goeppertiana Zigno. Bei
der letzteren sind die Fiedern stumpf abgerundet, die Mtftel-
ader aber breit und bis zur Spreitenmitte reichend. Siehe
in dieser Beziehung Sew. I, p. 105, und Salfeld (09, p. 19).
Sagenopteris Goeppertiana (inklusive rotundata, Brauniana
und Brognartiana als Entwicklungszuständen) wurde von
Zigno aus dem Oolith des Val Zuliani bei Rovere di Vela
im Yeronesischen beschrieben. Sie ist anscheinend für das
südeuropäische Juragebiet charakteristisch.
Baiera Phillipsi Nath.
Sew. I, p. 279. — Kr. 13.
Lov. .4: 28 (mit Coniopteris hymenophylloides und JPtilo-
phyll pecten).
Doeeerflora von Sardinien. 1 1
Czekanowskia Murrayana (L. et H.) Sevv.
Sew. I, p. 279. — Kr. 13.
Lov. A: 20, 50, 56, 58. Einzelne Belegstücke auch mit
Nilssonia compta, Ptilophyllum pecten, Spiropteris.
Lov. B: 79 zeigt Bruchstücke sehr feiner Nadeln, wohl
zu einer anderen Art (cf. Cz. sctacea Heer) gehörig. Es kann
sich aber auch um der Länge nach zerfaserte Murrayana-
Nadeln handeln.
Nilssonia compta (Phill.) Brongn.
Sew. I. p. 223. - Kr. 13.
Lov. A: 50 (mit CzekanowsTzia Murrayana).
Lov. B: 34 (Blattspitze), 35 (1, 2: Mittelpartie des
Blattes, 35/1 zeigt auch eine Sagenopteris Goeppertiana
Fiederbasis und Cheirohpis Sardiniens), 36 (mittlere Blatt-
partie), 45 (1 und 2: Spreitenfragmente), 49 (Fragment, auch
die Basis der Verzweigung eines Dicty<>/?/ivI!iim-B\&ttes) 63
(Spreitenfragment). Hierher dürften auch 97, ein warziger
Karpolith und 42, Blattstiele, gehören.
Die Mehrzahl der mir vorgelegenen Reste zeigen breite
Spreiten und den Übergang der ungeteilten in die segmen-
tierte Spreite. Die Reste repräsentieren überdies teils die
breitspreitige Form, welche Seward I, p. 227, Fig. 40, ab-
gebildet hat, oder sie stehen ihr wenigstens in den Dimensionen
wenig nach. Die Breite einer Spreitenhälfte aus der Mittel-
partie bewegt sich, querüber vom Medianus zum Blattrand
gemessen, bei den verschiedenen Exemplaren zwischen 3 und
5 cm\ Die Dichte der Nervation entspricht vollkommen der
Darstellung in der zitierten Seward'schen Abbildung.
Es ist übrigens nicht unwahrscheinlich, daß sich die
breitspreitigen, gegenwärtig zu Nilssonia compta gestellten
Exemplare aus dem Dogger von England und Sardinien
beim vergleichenden Studium größeren Materiales als eigene
Art erweisen werden. Auch für die breitspreitigen Exemplare
von Nilssonia orientalis des Kimmeridge besteht diese
Möglichkeit.
1 2 F. K rasser,
Die Gattung Nüssoniopteris Nath. (Nathorst 09, p. 29),
im englischen Dogger Nüssoniopteris tenuinervis Nath., ist
nach den Nervationsverhältnissen — sie ist bekanntlich durch
randnahe, wenn auch spärliche Gabelungen einzelner Sekundär-
nerven charakterisiert — für die sardinischen Fossile aus-
geschlossen.
Otozamites Beani (L. et H.) Brongn.
Sew. I, p. 207. -- Tornquist (04), p. 157 et tab. 4. fig. 4.
Nach Tornquist ähnlich, vielleicht identisch mit
Otozamites Ganossae Zigno aus dem Lias (calcare grigi)
des Veronesischen.
Im Jura von Crispisu bei Belvi.
Otozamites Lovisatoi F. Krasser.
Kr. 13, p. 5: Diagnose und Unterschiede von ähnlichen Arten.
Lov. A: 59 (a, b). Eine Art aus der Saporta'schen
Gruppe des O. brevifolius F. Br. Steht dem O. recurrens
Sap., sowie 0. vicentinus Zigno und O. veronensis Zigno
nahe.
Ptilophyllum pecten (Ph i 11.) Morris.
1841. Morris J., Remarks upon the recent and fossil Cycadaceae. Ann.
and Mag. Nat. History, vol. 7, p. 117.
1904. Tornquist A., Beitr. z. Geol. d. westl. Mittelmeerländer I. X. J. f.
M. G. u. Pal., Beilagebd. 20, p. 155; t. 4. F. 1—3.
1912. Krasser F., Wüliamsottia in Sardinien. Sitzb. Akad. Wiss. Wien,
m.-n. Kl., Bd. 121, Abt. I, p. 26, Textfig. 15 auf p. '11.
Synon. :
Williamsonia pecten (Phill.) Sew. ex p.
Sew. I, p. 190 ex p. — Kr. 13.
Lov. A: 1 (1 bis 6, 8 bis 12), 2 (1), 3 (1, 2, 4 bis 10),
5 bis 10, 12.7, 13, 15, 18 (3), 26, 28, 30, 31a, 33 (5), 58,
60 a, c. Im Sandstein 74 bis 79, 2 a, b. An einzelnen Stücken
fanden sich außerdem Todites Wiltiamsoui , Coniopteris
hymenophylloides, Baiera Philiipsi, Czekanowskia Murrayana.
Näheres Kr. 13.
Doggerflora von Sardinien. 1 • >
Lov. B: 19 (mehr terminale Partie), 20 (mit Equ. cohtm-
naris und Pagiophyllum Wüliamsom), 25 (mit Equisetites
columnaris), 37 (ansehnliches Blattfragment mit Laccopteris
elegans und Chcirolepis setosus), 48 (Blattspitze, mit Cheiro-
lepis setosiis und stark mazerierter Equisetites Rindenober-
fläche), 63 (1: mittlere Blattpartie), 65 (kleines Fragment mit
basalen Fiedern).
Von Tomquist angegeben für Zentralsardinien zwischen
Laconi und Nurallao und für Ostsardinien von Seulo.
Seward hat 1. c. die Art außerordentlich weit gefaßt,
Nathorst, Halle und andere sind ihm jedoch in dieser
allzu weiten Fassung nicht gefolgt, auch die Gattungs-
bezeichnung Williamsonia für diese Cycadophytenbeblätterung
mußte aufgegeben werden, da für verschiedene der unter
1 1 "illiamsonia zusammengefaßten Cycadophyten-Blütentypen
das zugehörige Laub unter den Vertretern verschiedener
Gattungen erkannt wurde, wie Ptilophyllum, Anomozamites,
Ot( >zam ites, Za mit es.
Zamites sp.
Lov. B: 33 (1 bis 3). Nur drei Abdrücke kleiner Frag-
mente. Spindelbruchstücke mit einigen unvollständigen Fiedern
letzter Ordnung, die sich gegenwärtig nicht näher bestimmen
lassen. Spindel bei zwei Stücken 2 mm, bei einem 4 mm
breit. Fiedern mit breiter, etwas verjüngter Basis auf der
Spindel inseriert; Länge unbekannt, jedoch über 22 /;/;;/, von
zahlreichen sehr zarten Längsnerven in kaum strahliger
Anordnung durchzogen. Fiederbreite am Rande der 4 /;////
breiten Spindel etwa 9 mm, Verbreiterung auf 10 mm.
Das in Rede stehende Fossil erinnert habituell auch an
gewisse Pteropkyllum der Rhät-Liasflora und selbst der Trias,
es zeigt jedoch nicht die für Pteropkyllum charakteristischen
Gabelnerven. Es erinnert auch an Pseuäoctenis Lanei Thomas
aus der Doggerflora von Marske im Cleveland-District (England)
(Thomas 13, p. 242, tab. 24, flg. 4, tab. 26), dem wider-
spricht aber der Ansatz der Fiedern, wonach eben die Ent-
scheidung zugunsten der Einreihung in die Gattung Zamites
fällt. Über die Umgrenzung der Gattung Zamites verweise
14 F. Krasser,
ich auf die klaren Ausführungen von Thore G. Halle (13,
p. 55) in seiner mesozoischen Flora von Grahamland.
Podozamites lanceolatus (L. et H.) Schimp.
Sew. I, p. 242. — Zigno A. de: Flora foss. form, oolit. II, p. 119.
Lov. B: 66 (1), 67, 68 (1, 2), 96 (1, 2). -- Durchaus in
den Details sehr schöne Abdrücke einzelner Fiedern, jedoch
sämtlich unvollständig.
Williamsonia Carr.
Sew. I, p. 177 ex parte. — Kr. 12, 13, 15, daselbst weitere Literatur!
Williamsonia Leckenbyi Nath.
Kr. 12. Fig. 1 bis 8; Kr. 13.
Lov. A: 44, 48, 49 (3, 4), 54 (a, b). — Panzerzapfen
in verschiedenen Erhaltungszuständen.
Ohne Nummer: Herausgedrückter Inhalt eines Panzer-
zapfens mit den Samen.
Williamsonia Sewardi F. Krasser.
Kr. 15, p. S; tab. :'., fig. 4 et 5.
Synon. :
Williamsonia whitbiensis F. Krasser non Nath.
Kr. 12. fig. 13 et 14. — Kr. 13.
Lov. .4: 49 (1, la), -- Verschiedene Erhaltungszustände.
Williamsonia acuminata (Zigno).
Synon.:
1885. Blastulepis acuminata Zi^no, Fl. foss. form. oöl. 2, p. 175 et tab. l'A,
fig. lo.
1888. Williamsonia italica Saporta, PI. jur. vol. 4, p. 180 et tab. 150, 151.
Lov. B: 41 (2) und 42 (2) Involukralblattfragmente, 44
(1 bis 4) mehrere zusammenneigende Involukralblätter, 1 und
2 zusammen mit Araucarites sphaerocarpus, 61 (1 bis 4)
Fragmente einzelner Involukralblätter, auf 1 und 2 Samen
ähnlich denen von Williamsonia Wettstcini Kr. 12, fig. 9, und
den an Lov. A (ohne Nummer) unter W. Leckenbyi erwähntem
Doggerflorä von Sardinien. 15
zerquetschten Panzerzapfen ersichtlichen Samen, welche bei
Kr. 12, hg. 7, abgebildet sind.
Die Reste zeigen gute Übereinstimmung mit den von
Achilles de Zigno 1885 als Blastolepis acuminata aus Oolith
von Rotzo im Gebiete der Sette Comuni im Vizentinischen
beschriebenen Fossil, welches Saporta 1888 in der Paläonto-
logie francaise nach einer ihm von Zigno zur Verfügung
gestellten Zeichnung unter Reproduktion derselben zutreffen-
der als Williamsonia charakterisierte (W. italica Sap.) und
mit einer genauen Diagnose versah, ohne jedoch auf Zigno's
Beschreibung Bezug zu nehmen. Der Schluß des 4. Bandes
erschien zwar erst 1891, Saporta zitierte jedoch, offenbar
versehentlich, Blastolepis acuminata Zigno an keiner Stelle.
Auch Schenk erwähnt diese Reste weder in seiner
Paläophytologie, noch in seinem Werke: Die fossilen Pflanzen-
reste (1888).
Erwähnenswert ist, daß Zigno eine Blastolepis Ötozamifis
beschrieb und abbildete (1. c, p. 174, und tab. 42, flg. 9),
d. i. eine Williamsonia, welche sichtlich in situ von klein-
fiederiger Ofozamiles-Beblättevung umgeben ist. Leider ist der
betreffende Rest nicht von bester Erhaltung. Es kann sich
um eine TT', acuminata handeln. Als Blastolepis hat übrigens
Zigno wahrscheinlich sowohl weibliche (seine B. acuminata)
als auch männliche Williamsonien (B. falcata, 1. c, p. 175,
tab. 42, lig. 11) beschrieben, denn die letztere gleicht habituell
ziemlich einer Williamsonia spectäbilis Nath., Sew. I, p. 28,
erklärt die Zigno'schen Blastolepis als Williamsonia sp. Er
beschreibt und bildet ab in seiner Kimmeridgeflora von Suther-
land (Sew. 11, p. 61 et tab.- 5, flg. 99) ähnliche kleinere
Reste als »Williamsonia sp.« und vergleicht sie mit Blasto-
lepis Otozamitis Zigno, Williamsonia cretacea Heer, II'.
microps Feistm. und W. oregonensis Font. In diese Reihe
kann man auch W. Froschii Schust, TT'. Fabrei (Sap.)
Sc hu st. und W. psendo-gigas Schust, sowie W. infracretacea
Schust. (Schust. 11, tab. 4 — 6, fig. div.) einfügen. Es sind
durchaus Williamsonien, die noch näherer Erforschung
bedürfen.
16 F. Krasser,
Laconiella nov. gen. et nov. sp.
Kräftige Hauptachse mit verschoben-gegenständigen, dühn-
stieligen, keulenförmigen Seitenachsen (im Abdruck von
löffeiförmiger Gestalt).
Die Hauptachse des Fragmentes fast 40/;//// lang, 2 mm
breit, läßt beiderseits die Ursprungsstellen von 6 Seiten-
achsen (Stiel 1 mm breit bis 3 ////;/ Länge wenig verbreitert,
dann die keulige Verdickung von 4 mm Länge und 4 //////
größter Breite nahe der Rundung) erkennen, von denen jeder-
seits jedoch nur 4 teils sehr gut, teils deutlich erkennbar
erhalten sind. Zum Teile noch mit Kohlebelag.
Laconiella erinnert habituell an den weitaus schmäch-
tigeren Discostrobus Treitlii F. Krasser (17, p. 47, tab. 1,
fig. 5, 6.) von Lunz, welcher aber nicht keulige, sondern
scheibentragende Achsen besitzt und als Synangienträger an-
zusehen ist. Ob auch Laconiella als Synangienträger anzu-
sehen ist oder ob es einen Samenträger darstellt, läßt sich
gegenwärtig nicht entscheiden.
Dieselbe sparrige Verzweigung finden wir auch bei den
wohlcharakterisierten Samenträgern, die als Beauia Carr.
und Stenorrachis Sap. bekannt sind.
Laconiella sardinica nov. gen. et nov. sp.
Die Diagnose dieser bisher einzigen Art deckt sich mit
vorstehender Beschreibung, welche der Gattungscharakteri-
sierung dient.
Lov. B: 24 (mit geringfügigen, schlecht erhaltenen Pagio-
phyllum 11 rilliamsoni).
Laconiella sardinica nannte ich das Fossil, um durch
den Namen an die fossile Flora von Laconi in Sardinien zu
erinnern.
Cycadeospermum Sap.
Da wir die Gattung Nüssonia nachgewiesen haben, muß
auch die Frage erörtert werden, ob auch die Samen derselben
vorhanden sind. Selbst nach den Untersuchungen von
Nathorst (09, Nüssonia) wissen wir über die Samen von
Doggerflora von Sardinien. 1*
Nüssonia noch nicht sehr viel. Er sagt darüber (1. c, p. 25):
»Diese Samen müssen zu äußerst eine dicke und harzreiche
Fleischschicht, etwa wie bei Gingko oder Cycas gehabt haben,
während eine Hartschichte entweder fehlte oder nur wenig
entwickelt war. Denn wenn eine kräftige Hartschicht wie bei
Cycäs oder Gingko vorhanden gewesen wäre, dann können
die Samen unmöglich so flachgedrückt vorkommen, wie sie
tatsächlich vorliegen. Die Hartschicht muß daher vermutlich
durch eine weiche oder dünne Schicht ersetzt gewesen sein:
die Samen von Nüssonia pterophylloides (tab. 6, fig. 1, 8), da-
gegen sind die Samen von N. brevis (tab. 6, fig. 14—16) und
N. polymorpha kugelförmig und dürften schwer voneinander
zu trennen sein. Ich halte es nicht für unmöglich, daß
Stenorrachis scanicus Nath. die weibliche Blüte von Nüssonia
sein kann.«
Wenn man die zitierten Nathorst'schen Abbildungen mit
meinen Abbildungen von Cycadeospermum Persica (Kr. 12,
fig. IIa, b) und C. Lovistoi (ibid. fig. Yla,b,c) vergleicht,
könnte man auf die Vermutung kommen, es lägen Abdrücke
von Nilssonia-Samen vor. Das kann aber nach den zitierten
Angaben Nathorst's nicht der Fall sein, denn es handelt
sich bei den sardinischen Cycadeospermum- Arten um Karpolithe
mit grubiger Oberfläche des Steinkernes. Siehe die dies-
bezüglichen Ausführungen in meiner zitierten Abhandlung
über Wüliamsonia in Sardinien. Ähnliche, jedoch deutlich
verschiedene Karpolithe finden sich sowohl in der Rhät-
Liasflora Frankens als im Oolith Norditaliens.
Cycadeospermum Persica F. Krasser.
Kr. 12. p. 15 et tab. 2, fig. 11 a, h. - Kr. 13.
Lov. A: 40 (1 bis 4). 43.
Cycadeospermum Lovisatoi F. Krasser.
Kr. IL'. P. 15 et tab. 2, fig. Y2a.b,c. — Kr. 13.
Lov. A: 40 (5, 7), 41 (1, 2, 3, 5, 6).
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. 1, 129. Bd. 2
18 F. Krasser,
Nageiopsis anglica Sew.
Sew. I. p. 288, Hg. 51. — Kr. 13.
Lov. A: 33 (14) mit Coniopteris hymenophylloides.
Nageiopsis anglica wird von Nathorst (80, Berättelse,,
p. 73) mit Araucaria Bidivilli Hook, verglichen.
Pagiophyllum Williamsoni (Brongn.) Sew.
Sew. I, p. 291. - Kr. 13.
Lov. A: 9 (a, b), 10, 73, <SO. - Besonders 73 zeigt die
Beblätterung sehr gut erhalten und zugleich Ptilophyllum
pecten. Quer- und Längsbruch eines Zapfens (Dimensionen
45 : 25 mm) zeigt 9.
Lov. B: 14, 27. 29, 51 (2), 107, 122 (1, 2). - Sehr
stark mazeriert sind 27, 51 und 107. Abgetrennte und sich
ablösende Schuppenblätter sowie den Holzkörper zeigt 27.
Auf Handstück 122 erblickt man Triebspitzen. Die Zugehörig-
keit des Zapfens, Lov. .4: 9, mag zweifelhaft erscheinen, ist
jedoch ziemlich wahrscheinlich, da im Gestein keine andere
in Betracht kommende Konifere vorkommt als Pagiophyllum
Williamsoni, welches von Saporta (Plant, jur. 3, p. 373) als
zur Familie der Araucarien gehörig betrachtet wird. Die
Oberfläche des Zapfens (im Hohldruck erhalten) stimmt übrigens
mit Araucarites ooliticus (Carr.) Sew. (Sew. I, p. 133 und
Figuren) überein, doch besitzt letzterer weitaus bedeutendere
Dimensionen.
Cheirolepis setosus (Phill.) Sew.
Sew. I, p. 294. Textfig. "i3 A, B.
Lov. B: 15 (1 bis 3), 19 (mit Pagiophyllum Williamsoni
und Ptilophyllum pecten), 22, 26, 28, 30 (1, 2), 35 (1, 2;
1 : mit Nilssouia compta und Sageiiopteris Goeppertiana), 37
(mit Laccopteris elegans und Ptilophyllum pecten).
Besonders die zitierte Fig. A zeigt beste Übereinstimmung.
Das Fossil bedarf noch weiteren Studiums. Auch im Dogger-
Englands fanden sich bisher nur wenige Exemplare.
Doggerflora von Sardinien. 19
Conf. Pityophyllum Nordenskiöldi (Heer) Nath.
Nathorst 07, Spitzbergen, p. 18.
Lov. B: 89 (Blattfragment mit der Ouerrunzelung, 91
(Oberseite).
Man kann die wenigen Belegexemplare vorläufig nur mit
denen von Heer aus dem braunen Jura des Kap Boheman
auf Spitzbergen in Beziehung bringen. Es ist bekannt, daß
die Querrunzelung zuweilen auch an Sequoia und Taxites-
blättern zu sehen ist (Nath. 97, p. 18). Im Dogger von
England kommt Pityophyllum nicht vor, wohl aber eine
Taxites zamioides (Lecken by) Sew., Sevv. I, p. 30 et tab. 10,
fig. 5, welche in Betracht käme. Da die Blattbasis nicht
erhalten ist, läßt sich nicht entscheiden, ob etwa ein Erhaltungs-
zustand von Taxites vorliegt.
Thuites expansus Sternb.
Sew. II, p. 142. - Kr. 13.
Lov. .-1: 66.
Brachyphyllum mamillare Brongn.
Sew. I, P. 297. — Kr. 13.
Lov. -4: 1 mit Ptilophyllum pecteu.
Araucarites sardinicus E. Krasser.
Synon.:
Cycadeospermwm sardinicum Kr. 12, p. 14, fig. 10. — Kr. 13.
Lov. A: 42.
Lov. B: 44 (mit Williamsonia acivminatd), 50 (1, 2),
55 (mit Dictyophyllum rugosum), 56, 57 (1: mit Sagenopteris
Goeppertiaua, Cheirolepis setosus und Williamsonia aamiinata;
2), 58.
Von Araucarites sphaerocarpus Carr. (Sew. II, p. 131;
tab. 13, fig. 2 — 4, 8) ist unsere Art durch die bedeutende
Größe des Samens unterschieden. Ich mußte diese Art
ursprünglich nach dem Erhaltungszustand von Lov. A: 42
als ein Cycadeospermum bezeichnen, da dieses mir damals
als einziges Belegstück vorliegende Exemplar nur den Samen
2<) F. Krasser,
deutlich erkennen läßt: Länge 17 mm, Breite VI mm, mit sich
scharf abhebender Randzone (Steinschale). Auffallend für
Cycadeospermum war der elliptisch-eiförmige Umriß. Erst die
in Lov. B vorliegenden Exemplare, besonders 50 (2) und 56
zeigen, daß es sich um einen Araucarites handelt, da an
diesen Exemplaren die umschließende Fruchtschuppe deutlich
zu erkennen ist.
Mit 'Araucarites -- man vergleiche auch die Samen der
rezenten Araucaria Bidwelli - - stimmen nun alle Merkmale
sehr gut. Die rezenten Ai-aucarici Samen besitzen gleichfalls
eine massive Steinschale. 50 (1) zeigt die Samenkerne
deutlich, die umwachsene Schuppe hingegen undeutlich er-
halten, während 58 wieder die stark mazerierte Oberfläche
der Schuppe aufweist.
Ähnlich sind die Araucarites der Juraflora Indiens, ziim
Teil auch in der Größe der Samen, ferner die von Salfeld
(07, p. 198, tab. 21, fi'g. 2) aus den Plattenkalken von
Nusplingen im Malm von Württemberg als »Zapfenschuppen
von Araucaria'?- und die vom selben Autor (09, p. 25, tab. 5,
fig. 1-!' als "Cycadeospermum (?) Wittei« aus dem Korallen-
oolith von Lindenberge bei Hannover beschriebenen Vor-
kommnisse.
Im Dogger von England ist jedenfalls Araucarites
sphaerocarpus Carr. aus dem Inferior Oolite von Brutton,
Somersetshire, habituell das Änalogon zur sardinischen Art.
Die Ähnlichkeit ist möglicherweise grüßer, als die Sevvard-
schen Abbildungen erkennen lassen, da sie vielleicht nur
unreife Zapfenschuppen darstellen.
Von den aus Sardinien bisher bekannten Araucarieen-
Beblätterungen kommt wohl nur Pägiophyllum Williamßoni
in Betracht.
Carpolithes Sternb.
Außer den Samen von Williamsonia, den Cycadeospermum^
Arten, dem Araucarites Sardiniens linden sich noch kleine
Karpolithe von kreisförmigem Umriß und flacher Gestalt, mit
einem Durchmesser von 2 bis 4 mm.
, Lov. B: 62 (',, 2), 66 (1, 2), 100.
Doggerflora von Sardinien. '-' 1
Einen längsstreifigen flachen Karpolithen repräsentiert
Lov. B: 100.
Schließlich seien noch erwähnt:
Lov. B: 41 (1, 3, 4, 5) und 42 (3, 4, 5): Farnspindeln.
Lov. B: 46. Ein narbentragendes Stammfragment, welches
noch der Aufklärung durch neue Funde bedarf, mit folgenden
Merkmalen:
Sardoa Robitschekii nov. gen. et nov. sp.
Abdruck einer Stammoberfläche (etwa 8 cm2 erhalten)
mit einigen in Quincunx angeordneten querrhombischen
Blattnarben mit undeutlichen Gefäßbündelspuren. Letztere
jedenfalls nicht hufeisenförmig. Die Narben messen 5 : .'i //////.
Am ähnlichsten erscheint mir Schuster's (1 1. tab. 3,
fig. 9) Abbildung eines von ihm zu Weltrichia mirabilis
F. Braun in Beziehung gebrachten Stämmchens. Die Narben
von Lov. B: 40 sind jedoch weitaus größer.
Lov. B: 90 bis 04. Längsstreifige dünne Achsen, wahr-
scheinlich zu Equisetites gehörig.
.Manche Stücke der Sammlung Lov. B zeigen nur sehr
kleine Fragmente der gleichen oder von verschiedenen Arten,
Detritus oder Häcksel, so Lov. B: 19: Equisetites, Pagio
pliyllum, Cheirolepis; Lov. B: 20: Equisetites, PHlophyllUm,
Pugiophyllwm; Lov. B: 127. vielerlei, nur Pagiophyllwnz
erkennbar.
Lov. B: 110 bis 120 zeigen ein dünnes verzweigtes
Rhizom. Nicht näher bestimmbar. In derselben Schichte kommt
reichlich Laccopteris vor.
Wie die Durchsicht dieses Katalogus systematicus lehrt,
setzt sich die Laconiflora zusammen aus echten Farnen
verschiedener Familien, Rhizocarpeen, Ginkgophyten, Cycado-
phyten und Coniferen, darunter sicher Araucarieen. Außer
Blattresten fanden sich nur wenige Blüten (Wiltiamsonia in
mehreren Arten, Panzerzapfenj und Samen (Williamsonia,
Cycadeospermum, Avauearites, < arpolithes), eine Cycado-
phyten angehörige Blüten- oder Fruchtspindel (Samenträger)
als Vertreter einer neuen Gattung: Laconiella, ferner der
22 F. Krasser,
sehr fragmentarische Abdruck einer Stammoberfläche (wahr-
scheinlich einem Cycadophyten angehörend), fossiles Holz
(Lignit).
Die meisten Reste sind sehr stark beschädigt, zur Ab-
lagerung gelangte viel Detritus und Häcksel.
IV. Die Beziehungen der Doggerflora Sardiniens zu
anderen Jurafloren.
In einer Ansprache an die Yorkshire Naturalist's Union
in Middelsborough hat vor Jahren Sevvard (10*) neuerdings
die Zusammensetzung der Doggerflora von Yorkshire und
ihre Beziehungen zu den wichtigsten bis 1909 bekannt
gewordenen Jurafloren erörtert.
Mit Recht bemerkt Sevvard, daß die Estuarlne beds
von East Yorkshire vom Standpunkte ihres Fossilgehaltes zu
den berühmtesten und interessantesten Schichten der Welt
gehören und führt des näheren aus, welche Bedeutung sie
seit William Smith für die Entwicklung der Stratigraphie
in der Geologie besitzen. In Form einer Tabelle gibt Seward
(11*, p. 93) schließlich eine Übersicht über die geo-
graphische Verbreitung der charakteristischen Typen der
Yorkshire-Flora in den wichtigsten Floren der Jurazeit. Es
handelt sich ihm dabei nicht darum, identische Formen
nachzuweisen, sondern die Aufmerksamkeit auf das Vor-
kommen von ähnlichen Typen in diesen nicht in allen Fällen
gleichalterigen Floren zu lenken.
Auch die nach Se ward's Erörterung erschienenen
Bearbeitungen von Jurafloren bestätigen diese Beziehungen.
Am interessantesten ist wohl die von Thore G. Halle (13)
publizierte Bearbeitung der fossilen Flora der Hope-Bay auf
Graham Land in der Antarktis. Sie hat unter 61 gut
charakterisierbaren Arten nicht weniger als 9 Arten mit der
Flora des mittleren Jura von England gemeinsam.
Im nachfolgenden seien nur zur Ergänzung der Seward-
schen Tabelle die auch in Sardinien vorkommenden
identischen Arten angeführt. Es sind: Equisetites coliminaris,
( ■hladophlebis denticulata, Coniopteris hymenophylloides, Dictyor
phyllum rugosum, Laccopteris cf. polypodioides (mindestens
Doggerflora von Sardinien. 2o
•die Form von Stamford), Todites Williamsoni, Brachyphyllum
mamillare, Podozamites lanceolatus, Czekanowskia Murrayana,
Nilssonia compta.
Von den Typen der Seward'schen Tabelle kommen in
Sardinien nicht vor: Sagenopteris cf. Phillipsi (in Sardinien
S. Goeppertiana), Araucarites cf. Phillipsi (in Sardinien der
an A. sphaerocarpus anschließende .4. Sardiniens n. sp.),
Gingko cf. digitata und Baiera cf. gracüis (in Sardinien
jedoch Baiera Philipsi, wie in Yorkshire), Otozamites obtusus
(in Sardinien 0. Beaui und O. Lovisatoi, ersterer auch in
Yorkshire), Dictyozamites cf. Haiveli (in Sardinien bisher kein
1 ) ich 'ozamites bekannt).
Von den in der Seward'schen Tabelle nicht an-
geführten Arten der Yorkshireflora kommen in Sar-
dinien vor:
Coniopteris cf. arguta, KlucMa exilis, »Laccopteris poly-
podioides« von Stamford, Laccopteris Woodwardi, Taenio-
pteris vittata, Otozamites Beaui, Williamsonia Lackenbyi,
Williamsonia Sewardi, Baiera- Phillipsi, Thuiles expausits,
Nageiopsis anglica, Pagiophyllum Williamsoni, ( 'heirolepis
setosns.
Von den in Sardinien vorkommenden Arten sind in
der Yorkshireflora nicht vorhanden:
Sagenopteris Goeppertiana, Laccopteris cf. speetabilis,
Laccopteris elegans, Zamites sp., * Laeoniella sardinica, *Cyca-
deospermum Persica, * Cycadeospermum Lovisatoi, William-
sonia acwminata cf. Pityophyllum Nordenskiöldi, ^Araucarites
Sardiniens, * Sardoa Robitscheki.
Die bisher nur aus Sardinien bekannten Arten sind in der vor-
stehenden Liste mit * bezeichnet. Zwei Typen von Carpolithes wurden
hierbei, weil unwichtig, nicht erwähnt.
Wie wir aus den vorstehenden Darlegungen entnehmen
können, hat also die Doggerflora von Sardinien mit der
Doggerflora der Yorkshireküste von weitverbreiteten Typen 10,
von solchen beschränkterer Verbreitung 13 gemeinsam. Es
sind identische Arten. Nicht in Yorkshire vertreten sind
14 Arten der Laconiflora; von diesen müssen bislang 5 als
in Sardinien endemisch angesehen werden, während die
24 F. Krasser,
übrigen, von den zwei irrelevanten Carpolithes abgesehen,
auch außerhalb Sardiniens vorkommen, und zwar: Sageno-
pteris Goeppertiana im Oolith von Norditalien; Laccopteris
cf. spectabilis im Unterlias von Steierdorf; Laccopteris elegans
in Rhätlias Floren von Bornholm, Deutschland und Polen;
Williamsonia acuminata im Oolith von Norditalien; Piiyo-
phyllum Nordenskiöldi im Jura des arktischen Gebietes.
Es zeigt sich somit, daß von den wohl definierten
Arten der Doggerflora Sardiniens, es sind ihrer 37,
nicht weniger als 23 Arten mit Arten der Dogger-
flora (Inferior Oolithe) von Yorkshire identisch sind.
Von Interesse ist noch, daß von den 9 Arten, welche nach
Halle (13) die Flora des mittleren Jura von Grahamland
mit der Yorkshireflora gemeinsam hat, 5 Arten auch im
Dogger Sardiniens vorkommen, nämlich: Todites WilHamsoni,
Cladophlebis denticulata, Coniopteris arguta, Kluckia axilis,
Coniopteris hymenophylloides, während die übrigen 4 Arten
durch nahestehende Arten vertreten sind. Es sind Vertreter
der Gattungen Ptilophyllum, Araucarites, Pagiophyllum und
Brachyphyllum.
Befremdend sind im ersten Moment die geringen Bezie-
hungen der Doggerflora Sardiniens zu den Jurafloren von
Italien und Frankreich. Es erklärt sich jedoch zwanglos aus
dem jüngeren geologischen Alter der letzteren. Die Juraflora
von Yenetien gehört dem Löwer Oolithe an und aus Frank-
reich sind nur aus der Umgebung von Nancy durch Fliehe
und Bleicher (82, Bull. soc. sei. Nancy) sehr schlecht
erhaltene Pflanzenreste bekannt geworden, welche keine
sichere Bestimmung gestatten. Die bekannten Jurapflanzen
Frankreichs gehören dem Bathonien (obersten Dogger im
Sinne von Oppel) und jüngeren Schichten an. Auffällig ist
in der Doggerflora von Sardinien das spärliche Vor-
kommen von Otozamites, welche Gattung sowohl in der
Yorkshireflora, als auch in Venetien und Frankreich reich
vertreten ist.
Doesrerflora von Sardinien. -•>
Übersicht über die wichtigsten Ergebnisse:
1. Es konnten 37 sicher unterscheidbare Arten festgestellt
werden, nämlich: Eqnisetiies columnaris Brongn.*, Lacco-
pteris spectabilis Stur nom. mus., Laccopteris >polypodioides
Sew.« von Stamford!*, Laccopteris elegans Presl, Lacco-
pteris Woodwardi (Leckenby) Sew.*, Todites Wiltiamsoni
(Brongn.) Sew.*, Coniopteris hymenophylloides (Brongn.)
Sew.*, Coniopteris cf. argnta L. et H.*, Dictyophyllum rugo-
sum L. et H.*, Klukia exilis (Phill.) Racib.*, Cladophlebis
denticulata (Brongn.) Font.*, Taeniopteris vittata Brongn.*,
Sagenopteris Goeppcrtiana Zigno*, Baiera Phillipsi Nath.*,
Czekanowskia Murrayana (L. et H.) Sew.*, Xitssouia compta
(Phill.) Bronn*, Otozamites Beani (L. et H.) Brongn.*, Oto-
zamites Lovisatoi F. Krasser, Ptilophyllum pecten (Phill.)
Morris*, Zamites sp.*, Podozamites tanceotains (L. et H.)
Schimp.*, Williamsonia Leckenbyi Nath*, Williamsonia
Sewardi F. Krasser*, Williamsonia acuminata (Zigno)
F. Krasser (Synon.: Williamsonia italica Sap.), Laconiella
sardinica F. Krasser n. g. et n. sp., Cycadeospermum Per-
sica F. Krasser, Cycadeospermum Lovisatoi F. Krasser,
Nageiopsis anglica Sew.*, Pagiophylhim Williamsoni (Brongn.)
Sew.*, Cheirolepis setosus (Phill.) Sew.*, cf. PityophyUnm
NordensMöldi (H e e r) N a t h ., Thuites expa usus S t e r n b.*, Brachy-
phylluni mamillare Brongn.*, Araucarites Sardiniens F. Kras-
ser, Carpolithes (2 Arten), Sardoa Robitscheki F. Krasser.
2. Von diesen 37 Arten sind 23 (mit * bezeichnet) iden-
tisch mit Arten der Doggerflora von Yorkshire.
3. Die übrigen 14 Arten sind nur zum Teil endemisch
in Sardinien, nämlich 7 Arten; Otozamites Lovisatoi und
Zamites sp. (Blätter), Laconiella sardinica (Pollensäcke oder
Samen tragende Achse), Cycadospenmim (2 Arten von Cycado-
phytensamen, nicht zu Nilssonia gehörig), Araucarites Sardi-
niens (Samen in der Schuppe), Sardoa Robitscheki (vermut-
lich Cycadophyten-Stammoberfläche). Die beiden Carpolithes-
Arten sind nicht charakteristisch. Die Laccopteris-Avten cf.
spectabilis und elegans zeigen Beziehungen zur Liasfl.ua.
26 F. Krasser,
Sagenopteris Goeppertiatia und Williamsonia acnminata sind
Vorläufer der Lower Oolite Flora von Venetien. Das als
cf. Pityophylhim Nordenskiöldi determinierte Fossil ist etwas
problematisch.
4. Die aus den Juraschichten Sardiniens zutage geförderten
Pflanzen sind demnach die Repräsentanten einer typischen
Doggerflora, welche sich enge an die Flora des englischen
Inferior Oolite der Yorkshireküste anschließt.
5. Auffallend ist das spärliche Vorkommen von Oto-
"ciurites (nur 2 Arten), weil diese Gattung sowohl in der
Yorkshireflora als im Jura von Frankreich und Norditalien
reich entwickelt ist. Von besonderem Interesse ist das Vor-
kommen von Williamsonia-Blüten (3 Typen;.
Doggerflora von Sardinien.
Literatur.
Arcangeli, A. (Ol). Contribuzione ullo studio dei vegetali permo-carboniferi
della Sardegna. Palaeontographia italiana, vol. 7, 15)01.
Halle, Th. G. (13). Tbe mesozoie flora of Graham Land. Wissensch.
Ergebn. der schwed. Südpolar-Expedition 1901 bis 1903. Bd. 3. Lief. 14.
Stockholm 1913.
Heer, O. (77). Beiträge zur Juratlora Ostsibiriens und des Amurlandes. Flora
foss. artica, Bd. 4. Abh. 2, St. Petersburg 1877.
Krasser, F. (12). Williamsonia in Sardinien. Sitzungsber. der Akad. der
Wissensch. in Wien, math.-naturw. Kl.. Bd. 121, Abt. I, Nov. 1912.
— (13). Die fossile Flora der Williamsonien bergenden Juraschichten
Sardiniens. Akad. Anz. 1913, Nr. 4, Sitzung der math.-naturw. Kl.
vom 6. Februar 1913.
— (15). Männliche Williamsonien aus dem Sandsteinschieier des unterin
Lias von Steierdorf im Banat. Denkschr. der Akad. der Wissensch.
in Wien, math.-naturw. Kl., Bd. 93.
— (17). Studien über die fertile Region der Cycadophyten aus den
Lunzerschichten : Mikrosporophylle und männliche Zapfen. Denkschr.
der Akad. der Wissensch. in Wien, math.-naturw. Kl., Bd. 94.
Lovisato, D. (03). Rendiconti R. Ist. Lomb. di sc. et lett. Serie 2, tom. 36,
1903.
Morris, J. (41). Remarks upon the recent and fossil Cycadaceae. Ann. and
Mag. Nat. Hist., vol. 7.
Nathorst, A. G. (80). Berättelse. abgifven tili k. Yetenskaps-Akademien,
om en med understöd af allmänna medal utförd vetenskaplig resa teil
England. Öfvers. k. Veten. Akad. Fürhandl. 1880, No. 5.
— (97). Zur mesozoischen Flora Spitzbergens. K. Svensk. Vet. Akad.
Handl., Bd. 30. (Zur fossilen Flora der Polarländer, Teil 1, Lief. 2.
Stockholm 1897.)
— (02). Beiträge zur Kenntnis einiger mesozoischer Cycadophyten.
K. Svensk. Vet. Akad. Handl. Bd. 36, No. 4.
— (07—11). Paläobotan. Mitteilungen: 1 — 11. K. Svensk. Vet. Akad.
Handl. Bd. 42, 43, 47,. 46.
— (09). Über die Gattung Nüssonia Brongn. K. Svensk. Yet. Akad.
Handl. Bd. 43, No. 12.
Sal fei d, H. (07). Fossile Landpflanzen der Rhät- und Juraformation Süd-
' Westdeutschlands. Palaeontogr. Bd. 7)4.
— (09). Beitrag zur Kenntnis jurassischer Pflanzenreste aus Nord-
deutschland. Palaeontogr. Bd. 56.
Saporta, G. de (78). Paleontologie francaise. Ser. 2: Vegetaux. — Plantes
jurassiques, vol. 3 (p. 241-368 et tab. 166 — 185), Paris.
— (88). Plantes jurassiques, vol. 4 (p. 177-208 et tab. 249 — 254), Paris.
Die Schlußlieferung erschien 1891.
28 F. Krasser, Doggerflora von Sardinien.
Schenk, A. (88). Die fossilen Pflanzenreste. Breslau 1888.
Schimper, W. Ph. Traite de paleontologie vegetale, tome 3, Paris 1874.
Schuster, J. (11). Weltrichia und die Bennettitales. K. Svensk. Vet. Akad.
Handl. Bd. 46, No. 11.
Seward. A. C. (99). On the structure and affinities of Matonia pectinata
R. Br., with notes on the geological history of the Matonineae. Phil.
Transact., B., vol. 191. London.
— (00). The jurassic flora, I: The Yorkshire Coast. London 1900.
(04). The jurassic flora, 11: Liassic and oolitic floras of England
(excluding the inferior oolite plants of the Yorkshire Coast). London
1904.
— (11). The jurassic flora of Sutherland. Transact. of the R. soc. of
Edinburgh, vol. 47, part. 4 (No. 23). — Issued separately, Februarv 1".
1911.
— (11*). The jurassic flora of Yorkshire. The Naturalist. London 1911.
Jan. and Feb. (The Presidential Address to the Yorkshire Naturalist's
Union, delivered at Middlesborough, December 17th. 1910.)
Thomas, II. Hamshau (13). The fossil flora of the Cleveland district.
Quart. Journ. Geol. Soc. for June 1913, vol. 69, London.
Tornquist, A. (04). Beitrag zur Geologie der westlichen Mittelmeerländer.
I: Die Pflanzen des mitteljurassischen Sandsteines Ostsardiniens.
Neues Jahrb. t. Mineral.. Geol. und Paläont., Beilagebd. 20. Stuttgart
K'i 14.
Zigno, A. de (65). Enumeratio filicum fossilium formationis oolithicae.
Padova 1865.
(67). Flora fossilis formationis oolithicae, vol. 1, cont. p. 161—223.
Padova 1S67 teste Zeiller.
(81). Flora fossilis form. ool. vol. II, fasc. 3, p. 81-120. Padova
1881.
(85;. Flora fossilis tonn. ool. vol. II. fasc. fm. p. 12] 203. Padova
1885.
29
Lößstudien an der Wolga
Von
Dr. Hans Mohr (Graz)
(Mit 5 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 8. Jänner 1920)
Dank der Fürsprache der Akademie der Wissenschaften
in Wien und der erfolgreichen Vermittlertätigkeit Sr. kgl. Hoheit
■des Prinzen Karl von Schweden (als Vorsitzendem des schwe-
dischen Roten Kreuzes) wurde es mir bewilligt, den größeren
Teil meiner russischen Kriegsgefangenschaft in Kasan an der
Wolga zuzubringen. Hier ergab sich nach einiger Zeit die
Möglichkeit, an der dortigen Universität fachlich arbeiten und
die Bibliotheken benützen zu können.
Kasan liegt mitten in der russischen Tafel, viele Hunderte
von Werst von dem nächsten gefalteten Krustenstreifen, dem
Ural, entfernt. Allenthalben liegen die Schichten streng söhlig
und es ist außerordentlich wenig, was sich in dem stark
kultivierten Lande oberflächlich oder in den seichten Fluß-
rinnen enthüllt. Was im Wolgastromtale in der Umgebung
von Kasan zutage kommt, ist Perm. Nur posttertiäre Schichten
liegen ihm auf, das alte Relief der permischen Tafellandschaft
verhüllend. Bei der ausgezeichneten Erforschung des russischen
Perm durch die einheimischen Fachgenossen und bei der
leichten Zugänglichkeit der posttertiären Ablagerungen war
es erklärlich, daß ich mich — einer Anregung Prof. Tornquist's
in Graz folgend, der mich auf die Lößarbeiten Arma-
schewsky's verwies — dem Studium des Altquartärs zu-
wandte, in welchem, wie sich bald erkennen ließ, Lößbildungen
eine ganz bedeutende Rolle spielen.
30 H. Mohr,
Zur Durchführung meiner Studien standen mir die Lehr-
behelfe und Arbeitsmittel des geologischen und mineralogischen
Kabinetts der Professoren M. E. Noinski und B. P. Krotow
an der Kasaner Universität zur Verfügung, für welche Gast-
freundschaft ich den genannten Herren vielen Dank schulde.
Im Jahre 1897 berichtete A. Stuckenberg1 in den
Schriften der Naturforschenden Gesellschaft an der KaiserL
Universität zu Kasan über ein Bohrloch, welches 12 Werst-
entfernt von der Stadt niedergebracht wurde. Seine Gesamt-
tiefe betrug 1402 Fuß; 31 Fuß davon entfielen auf das Post-
pliocän, 825 auf Perm und Permocarbon und mit 546 Fuß-
stand es im eigentlichen Carbon. Die Steinkohlenformation
kommt in der Umgebung von Kasan nirgends zutage. Wird
die Basis der posttertiären Bildungen sichtbar, dann sind es
meist die hellen, häufig Gips in Streifen und Nüssen führenden
Dolomite und Kalke des russischen mittleren Perm, zu welchen
sich noch Mergel und etwas Sandsteine gesellen. Diese Serie
wird von den russischen Autoren gern als »Kasaner Stufe«
bezeichnet.
Das scharf ausgeprägte alte Relief, welches das permische-
Grundgebirge erkennen läßt und welches größtenteils durch
die nivellierende Wirkung der quartären Absätze wieder ver-
hüllt wurde, ist von den Kasaner Forschern wiederholt hervor-
gehoben und im Weichbilde der Stadt durch zahlreiche
Bohrungen nachgewiesen worden. An der Basis der darüber
folgenden quartären Schichten hat man an einigen Stellen
Tegel erbohrt, deren Alter mangels an Versteinerungen fraglich
ist. Man vermutet in ihnen tertiäre Reste.
Über das zweite wichtige Bauglied des Untergrundes von
Kasan, das Quartär, ist eine ziemlich reiche Literatur vor-
handen. In erster Linie wird sich dies daher leiten, daß die
quartären Sandlagen den wichtigsten Wasserhorizont für Kasan
1 A. Stuckenberg, Ein Bohrloch in Kasan. Proc. verb. Soc. Natur.,.
Universität Kasan. 1897, Suppl. Nr. 159, p. 9 (russ.).
-' 1 Werst = 1067 /;/.
Lößstudien an der Wolga. oi
und dessen Umgebung abgeben. Wir besitzen eine große An-
zahl von Bohrprofilen, welche durch M. E. Noinski1 über-
sichtlich zusammengestellt wurden. Aber auch an sonstigen
tagmäßigen Aufschlüssen, in Ziegeleien, Eisenbahn- und Fluß-
einschnitten ist kein Mangel, so daß wir uns über den Aufbau
dieser Formation reichlich gut unterrichten können.
Schon ein flüchtiger Besuch der Umgebung der Stadt
reicht hin, um uns die Überzeugung zu verschaffen, daß viele
Entblößungen typischen Löß erkennen lassen. Gleichwohl
kann man in der Literatur die Beobachtung machen, daß dieser
Terminus ängstlich vermieden wird. Die Autoren sprechen in
der Regel von braunem Lehm, sandigem Lehm, seltener von
lößähnlichem Lehm. Welche Gründe können für diese auf-
fällige Tatsache maßgebend gewesen sein?
Die Hauptveranlassung hierzu mag sich aus folgendem
ergeben. Wie das Studium der russischen Lößliteratur zeigt,
ist die alte und der Hauptsache nach wohl abgetane Rinnsal-
theorie von G. H. O. Volger1 und Friedr. Mohr2 in Rußland
auf fruchtbaren Boden gefallen und hat in den russischen
Forschern P. J. Armaschewsky (Kiew) und AI. P. Pawlow
(Moskau) sehr geschickte Verteidiger gefunden, welche diese
Theorie ausbauten und auf russische Verhältnisse anzuwenden
bestrebt waren.
Die Lößtheorie von Volger und Mohr2 basiert bekannt-
lich auf der bedeutungsvollen Erkenntnis, daß es sich um eine
echte Landbildung handelt. Diese besonders seit Alexander
Brauns Studien gefestigte Tatsache hat dazu geführt, die
älteren Anschwemmungstheorien allmählich aufzugeben. Der
Ausdruck »allmählich« ist insoferne berechtigt, als auch die
Theorie von Volger und Mohr noch kleinste Wasserläufe
zuhilfe nimmt, um die Anhäufung feinsten Verwitterungsstaubes
auf bestimmten Flächen zu erklären. So wie auf einem Schiefer-
dache das angesiedelte Moos den auf das Dach niederfallenden
1 M. E. Noinski, Materialien zur Hydrologie des Gouvernements von
Kasan. Trudi zur Wasserversorgung des Kasaner Gouvernements. Lief. L
Kasan 1917 (russ.).
2 Friedr. Mohr, Geschichte der Erde. II. Aufl., Bonn 1875, p. 193-
bis 197.
-q.> H. Mehr,
und durch Regen zusammengeschwemmten Staub festhält,
ebenso wirken nach Friedrich Mohr Wiesen zwischen steueren
Gehängen Der feine Detritus des Steilhanges wird durch den
Regen^uf die Wiese gebracht und hier durch die Vegetation
festgehalten. Im selben Maße als der Wiesenboden an Hohe
und Ausdehnung gewinnt, nimmt die Oberfläche des Steil-
hang welcher den Verwitterungsstaub liefert, ab. Dieses
Spiel erreicht sein natürliches Ende, wenn die steilen Böschungen
auf Kosten der flachen verschwunden sind.
Volger und Mohr's Deluationstheorie wurde nun von
M-maschewsky auf den Löß der Gegend von Poltawa und
Charkow in Südrußland anzuwenden versucht. Indem dieser
Forscher in seiner Hauptarbeit über dieses Thema die
Schwächen der anderen Theorien, besonders der Rieht-
hofen'schen, aufzuzeigen versucht, verlegt er den Schwer-
punkt seiner Ausführungen mehr auf die kritische Richtung.
Denn neue Tatsachen, welche geeignet wären, die \ olger-
Mohr'scne Annahme zu festigen, bringt er nicht bei. Die Rinnsal-
theorie wird nur auf eine breitere Basis gestellt.
~ Armaschewsky geht von der Auffassung aus, daß der
Löß der Hauptsache nach eine postglaziale Bildung ist. Nach
dem Abschmelzen der Eismassen erfolgte eine gewaltige
Belebung der Erosion. Es kam zu einer ausgedehnten Neu-
bildung von Alluvium, welches er in Subaqualalluvium
(unterWasser in Seen und Flüssen gebildet) und Subaeial-
alluvium (unter Mitwirkung kleinster Rinnsale und Wasser-
läufe zusammengeschwemmt) einteilt. Die Geländeprofile in
Südrußland lassen sehr deutlich eine Gliederung "" ^
schnitte erkennen.« Der steilere Teil steht unter der Herrschaf
der Erosion. Diese Region ist gekennzeichnet durch steile
Einschnitte, Täler und Schluchten, welche baumartig verzweig
sind. Eine sanfter geböschte Zone, die Niederung, bereit
als Fuß die zuerst genannte Region. Hier ist der Einfluß der
Erosion geringer, die Niederschläge werden vom Boden aut-
r777r.mA»cbewäky, Augen, geolog. Karte von Rußland^ Bl 46
Poltawa-Charkow-Obojan. Mem. du Comite Gcologique. Yol.XVM.l.
St. Petersbourg 1903.
2 A. a. O.. p. 306.
Lößstudien an der Wolga. 33
gesaugt oder verdunsten. Das Areal der Niederung vergrößert
sich dauernd auf Kosten des Areals der Steilböschungen. Die
Formen runden sieh allmählich und die Erosion erleidet eine
Abschwächung: die Produkte der Erosion werden früher ab-
gesetzt. (Die an der Basis der Steilhänge sich bildenden Ab-
sätze werden Brocken des anstehenden Gesteins enthalten.)
Die Vegetation beginnt sich festzusetzen. Die Abtragung der
Steilhänge dauert aber fort, bis diese verschwunden sind, wo-
durch der Pflanzenwuchs in der akkumulierenden Zone die
Oberhand gewinnt. Die Abschwächung der Erosion steht nach
Armasche ws ky wahrscheinlich auch im Zusammenhange
mit einer Abnahme der Feuchtigkeit des Klimas.1
Dies ist in den Hauptzügen Armaschewsky's Ent-
stehungstheorie des Lösses. Es ist wohl kaum möglich, in
ihr einen Fortschritt gegenüber den Anschauungen Volger
und Mohr's zu erblicken, mit welchen sie in ihrem Grund-
gedanken vollständig übereinstimmt.
Mit diesem Lehrgebäude wollte Armaschewsky aber
nicht allein die Herkunft des südrussischen Lösses klarstellen,
er dachte an eine allgemeine Gültigkeit seiner Theorie. Für
China und Zentralasien war er wohl zu einigen Zugeständ-
nissen bereit; den dortigen auf alluvialem Weg entstandenen
Löß dachte er sich in gewissem Grade einem Yerwehungs-
prozeß unterworfen. Auf den Einwand, daß es ja Lößflächen
gäbe, welche von Grundgebirgsaufragungen nicht mehr über-
höht würden, erwidert er, daß es in vielen Fällen natürlich
schwer ist, das alte orographische Bild zu rekonstruieren. Das
Fehlen des Lösses im nördlichen Deutschland und Rußland
aber erklärt er damit, daß diese Gebiete länger vereist geblieben
sind oder daß das Klima einer Grasvegetation nicht günstig
gewesen sei. Der bei den Anhängern der äolischen Theorie
hoch eingeschätzte Fund von Resten einer Steppenfauna durch
Nehring wird skeptisch' beurteilt und seine Beweiskraft über-
einstimmend mit Wahnschaffe2 nicht anerkannt.
i A. a. O., p. 310.
2 F. Wahnschaffe, Die lößartigen Bildungen am Rande des nord-
deutschen Flachlandes. Zeitschr. d. Deutschen Geol. Ges., 38. Bd., 1886, p. 353
bis 369.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl. Abt. I, 129. tid. 3
34 ff. Mohr,
Armaschewsky's Erklärungsart des Lösses hat in Ruß-
land rasch Schule gemacht. Ich verweise nur auf A. P. Pawlow,1
Sacharow,2 Neüstrujew3 und andere, welche in den von
ihnen studierten Gebieten den Löß ebenfalls durch »Deluation«
erklären wollen oder zumindest der Richthofen'schen Theorie
ablehnend gegenüberstehen.
Diesen zahlreichen Stimmen gegenüber, welche die äolische
Theorie bekämpfen, kommen in Rußland die Verteidiger
Richthofen's fast nicht zu Worte. Ich erwähne unter ihnen
besonders Obrutschew,4 dem der wichtige Nachweis gelungen
ist, daß in Zentralsibirien das Verbreitungsgebiet rezenter
Dünen sich in auffälliger Weise mit den Lößgebieten
deckt.5
Ans diesem Widerstreit der Meinungen ist bei einem Teil
der russischen Forscher eine begreifliche Zurückhaltung ent-
standen, da — wie es scheint — manchem Bedenken auf-
stiegen, ob denn das echter Löß sei, was in Rußland als
deluvial erklärt wird.
Und so können wir das Unerwartete beobachten, daß in
einer typischen Lößgegend, wie es die Umgebung von Kasan
ist, von Löß bis auf Noinski nicht die Rede ist.
1 A. P. Pawlow, Voyage geologique par la Volga de Kazan ä Tzaritsyn.
Enthalten in Guide des excursions du VII Congres Geolog. Internat. St. Peters-
bourg 1897. (Löß deluvialer Entstehung an der Wolga südlich Kasan.)
'-' S. A. Sacharow, Über die lößartigen Ablagerungen Transkaukasiens
»Bodenkunde« 1910, Nr. 1. p. 37 bis 80 (russ.) (erklärt den dortigen Löß
deluvial).
:; S. Neüstrujew, Über den turkestanischen Löß. Tagebuch der
12. Versammlung russ. Naturforscher und Ärzte in Moskau. 1910, Nr. 10,
p. 493 bis 495 (russ.) (behandelt Untersuchungen im Syr-Därja-Gebiete, wo
sich keine Beweise für eine äolische Entstehung des Lösses aufbringen lassen).
1 W. A. Obrutschew, Zur Frage über den Ursprung des Lösses (Ver-
teidigung der äolischen Hypothese). Iswiestia des Technolog. Instituts in
Tomsk. 1911, Bd. XXIII, Nr. 3 (russ.).
5 W. A. Obrutschew, Orographische und geolog. Beschreibung des
südwestlichen Transbaikalien. Explorations geol. et miner. le long du Chemin
de fer de Siberie. Livr. XXII. Fase. I. St. Petersbourg 1914 (russ. — deutscher
Auszug), p. 751.
Lößstudien an der Wolga. 35
Als einen der ersten, welcher dieses Gebiet geologisch
durchforscht hat, werden wir N. A. Golowkinski1 zu nennen
haben. Er bezeichnet die den permischen Gesteinen auf-
liegenden jüngeren Schichten als »Sandformation«. Sie bevor-
zugt den östlichen (beziehungsweise nordöstlichen) Hang der
permischen Grundgebirgsrücken und erreicht die gleiche Höhe
mit den permischen Ablagerungen. Nach oben geht sie häufig
in einen sandigen Lehm über, der sich am rechten Ufer der
Wolga auf den Gipfeln der Kuppen wiederfindet.
Mit einem namhaften Fortschritt in der Erkenntnis der
posttertiären Schichten ist wieder die Ära Stuckenberg-
Schtscherbakow verbunden, in welche eine bedeutende
Belebung der Bohrtätigkeit auf Wasser in Kasan und dessen
Umgebung fällt. Die Art der Grundwasserführung, die Gestaltung
des permischen Untergrundes und die Zusammensetzung der
quartären Ablagerungen in größerer Tiefe ist dadurch rasch
übersichtlich klargestellt worden. Eine ganze Reihe von kleineren.
Arbeiten2 berichtet über die geologischen und hydrologischen
Ergebnisse dieser Bohrungen, aber niemals finden wir den
i N. A. Golowkinski, Beschreibung der geologischen Beobachtungen,
welche im Sommer 1SG6 im Kasaner und Wiatkaer Gouvernement angestellt
wurden. Materialien zur Geologie Rußlands ist. Petersburg 1869, Bd. I. p. 190
u. f., russ.).
- Anon. : Über artesische Brunnen in Kasan. Beilage zu den Sitzungs-
protokollen der Naturforschenden Gesellschaft an der Kaiserl Universität
zu Kasan. Nr. 133, Kasan 1S93 (russ.).
A. Stuckenberg, Artesisches Wasser in Kasan. Beilage zu den
Sitzungsprotokollen der Naturforschenden Gesellschaft an der Kaiserl. Uni-
versität zu Kasan. Nr. 134. Kasan 1893 (russ.).
A. Stuckenberg und A. Schtscherbakow, Artesische Brunnen in
Kasan. Beilage Nr. 145. Kasan 1894 (russ.).
A. Stuckenberg. Artesisches Wasser in Kasan. Beilage Nr. 100, Kasan
1897 (russ.).
A. Stuckenberg, Ein Bohrloch in Kasan. Proc. verb. soe. natur. de
l'Universite de Kazan. 1897; Suppl. Nr. 159, p. 9 (russ.).
A. J. Schtscherbakow, Untersuchung einiger Stadtteile Kasans in
sanitärer Beziehung. Mein, scientif. de l'Universite Imperiale de Kazan. Kasan
1898. II: p. 1 bis 7'2; V— VI: p. 1 bis 84 (russ.).
A. J. Schtscherbakow, Boden und Grundwasser der mittleren Terrasse
der Stadt Kasan. Mem. scientif. de l'Universite etc. Kasan 1898. p. 13 bis 36
(russ.).
36 H. Mohr,
Terminus »Löß« in Verwendung. Die ganze Serie der quartären
Ablagerungen wird in der Regel unter dem Namen Posttertiär
oder Postpliocän zusammengefaßt, an deren Aufbau sich gelb-
braune Lehme, mehr oder weniger sandig (an den Steilabstürzen
des linken Kasanka- Ufers1 bis zu 50 Fuß'- mächtig) und gelb-
braune Sande, mehr oder weniger lehmig (ebendort bis zu
60 Fuß mächtig) beteiligen.3
Übereinstimmend legen die Bohrungen Zeugnis ab von
der großen Mächtigkeit der posttertiären Ablagerungen. So hat
die Bohrung Podluschnja4 nahe der Stadt 201 russ. Fuß (etwa
60 m) postpliocäne Lehme und Sande durchbohrt, ehe sie in
das anstehende Perm gelangte. Der oben erwähnte Aufschluß
des Quartärs an der Kasänka läßt eine Gesamtmächtigkeit
von 33 /// überblicken. An tieferen Stellen kann man jedoch
nach Stuckenberg eine Mächtigkeit bis zu 45 Saschen
(— 96 m) beobachten,5 welche — wie wir später erfahren
werden — noch übertroffen werden kann. An der Auf-
lagerungsfläche des Quartärs lassen sich dem autochthonen
Untergrund entstammende Schuttbrocken beobachten, aber
auch Gerolle.
Diluviale Säugetierreste scheinen - - nach den Aufsamm-
lungen des geologischen Kabinetts an der Universität zu
schließen — im Quartär des Kasaner Gouvernements massen-
haft gefunden worden zu sein, es ist aber in der Literatur
wenig darüber zu finden. Im Jahre 1395 teilt uns A. Lawrsky0
einiges über Funde von Mammutresten im Kreise Laischew
(etwa 50 km südlich von Kasan) mit. Die Knochen lagen in
einem grünlich-grauen Ton zusammen mit einigen Resten des
Urrindes und eines Nashorns. Über dem Ton wird »lößartiger
1 Im Bereiche der Stadt, hei der ;dten Festung (»Kriepost«).
2 1 Fuß = 30 cm.
3 A. Stuckenherg, Artesisches Wasser in Kasan. Beilage Nr. 134,
1S93, p. 10.
4 A. a. O., p. 10.
5 A. Stuckenberg, Artesisches Wasser in Kasan. Beilage Nr. 160, p. 3.
,; A. Lawrsky, Mammutreste, welche im Dorfe üopaürowski Urai, Kreis
Lai'schew des Kasaner Gouvernements gefunden wurden. Beilage Nr. 150, Kasan
1895 (russ.).
Lößstudien an der Wolga. • ><
Lehm«, der in den oberen Horizonten Einschaltungen von
Sand führt, beobachtet. Zum ersten Male — so weit mir die
einschlägige Literatur bekannt ist — taucht hier der Ausdruck
»Löß« auf, eine Erläuterung oder nähere Begründung dieser
Benennung wird aber nicht gegeben.
P. Krotow1 und M. Noinski- in Kasan haben später
das Gesamtbild ergänzt und besonders dem letzteren ver-
danken wir eine Reihe von Berichten über neu ausgeführte
Bohrungen und eine außerordentlich wertvolle Zusammen-
stellung des Tatsachenmateriales, das die Tiefbohrungen im
Gouvernement Kasan bis zum Jahre 1917 geliefert haben. Im
großen und ganzen finden wir gegen früher keinen Wandel
der Anschauungen. Der Ausdruck »lößartiger Lehm« kehrt in
den jüngeren Arbeiten wohl öfters wieder, wir vermissen aber
durchwegs eine Stellungnahme zur Entstehungsfrage dieser
mächtigen Ablagerungen. Eine Diskussion entspinnt sich über
die Herkunft exotischer Gesteinsbrocken, welche zusammen
mit Kalkschutt des Untergrundes und Gerollen in den tiefsten
Horizonten des Quartärs nachgewiesen werden konnten. Diese
fremden Gesteine konnten als Carbonkalk bestimmt werden
und P. Krotow verteidigte ihre glaziale Herkunft. Es würden
also an der Basis des Quartärs Reste einer Grundmoräne
erhalten sein.
In der Zusammenstellung aller Bohrergebnisse im Gou-
vernement Kasan bietet M. E. Noinski am Schlüsse3 einen
gedrängten Auszug alles dessen, was sich bis jetzt vom
Pleistocän der Kasaner Umgebung sagen läßt. Die pleistocänen
1 P. Krotow, Zur Geologie des Gouvernements Kasan. Beilage etc.
Xr. 250, Kasan 1910 (russ.).
P. Krotow, Xocli einmal über die Spuren der Glazialzeit im Gouverne-
ment Kasan. Beilage Nr. 255, 1910 (russ.).
2 M. E. Noinski, Zwei Bohrlöcher in Kasan. Beilage etc. Xr. l;.~i>, 1910
(russ.).
M. E. Noinski, Materialien zur Geologie von Kasan und dessen Um-
gebung. II. Über den Charakter der Ablagerung bei der alten Klinik. Beilag«
Nr. 334 (russ.).
M. E. Noinski, Materialien zur Hydrologie des Gouv. Kasan. Trudyi
zur Wasserversorgung des Kasaner Gouvernements. Lief. !. Kasan 1917 (russ.).
3 A. a. 0., p. So.
3<S H. Mohr,
Sedimente sind nach Noinski hauptsächlich auf das linke
Ufer der Wolga und der unteren Kama beschränkt, wo sie
bis zu 100 Werst Breite erlangen. Auf der einen Seite werden
sie von den Alluvionen der genannten Flüsse, auf der anderen
vom Perm begrenzt. Das Relief der permischen Unterlage ist
sehr ungleich.
An der allgemeinen Zusammensetzung des Pleistocäns
beteiligen sich Tone, Sande, Kiese, Gerolle und Schutt. Von
den Tongesteinen erwähnt Noinski zuerst a) den lößartigen
Lehm. Er findet sich vorwiegend in den oberen Horizonten,
ist von sehr feiner Beschaffenheit und immer sandhältig. Der
Sandgehalt beträgt 10 bis 20%, häufiger 30 bis 50% der
gesamten Masse. Durch weitere Steigerung des Sandgehaltes
entwickeln sich Übergänge zu völlig reinen Sanden. — Kali-
glimmerblättchen sind eingestreut. — Ein CaCO,-Gehalt wird
manchmal beobachtet; er konzentriert sich um die feinen
Röhrchen, welche den Lehm durchziehen.
Unter b> führt Noinski einen sehr verschiedenfarbigen
Ton an. Er tritt in den tiefsten Horizonten auf, ist klar ge-
schichtet, wenig sandig und enthält eine große Menge Glimmer.
Fast immer begleitet ihn ein großer Kalkgehalt. Seine Farben
sind bald braun oder zimtfarbig, bald mehr grau oder gelb-
lichgrau. Er ist außerordentlich selten und gehört möglicher-
weise dem Pleistocän nicht mehr an.
Eine dritte Gruppe c) bilden Lehme, welche sehr
plastisch sind und petrographisch dem lößähnlichen ent-
sprechen. Ihre Farbe ist grau, gelblich, bläulich, grünlichgrau.
Der Verbreitung nach sind sie auf die mittleren und unteren
Horizonte beschränkt.
Als Einlagerungen wären Muschelreste und tonige Torf-
spuren zu erwähnen.
Die eigentlichen Sande werden in feine und gröbere mit
1 bis 2 min Korngröße eingeteilt.
Die einzelnen petrographischen Typen sind nicht niveau-
beständig. Immerhin kann man eine gewisse Gesetzmäßig-
keit in der Verteilung beobachten, die sich folgendermaßen
ausdrücken laßt:
Lüßstudien an der Wolga. 39
1. Gesteinsarten mit feinerem Korn, lehmige und fein-
sandige Typen sind vorwiegend auf die oberen, gröbere Sande,
seltener auch Gerolle und Schutt auf die tieferen Horizonte
beschränkt.
2. Das gröbere klastische Material hält sich an die Nahe
der Täler (Wolga, Kama und deren Nebenflüsse).
3. In der Regel läßt sich beobachten, dal.) die Lehme
nach unten übergehen in tonige Sande und hierauf in reine
Sande. Die>,e aber liegen ohne Übergang wieder auf Lehmen,
welche Lagerungsart sich mehrmals wiederholen kann. Auf
diese Weise zerfällt jedes Profil in eine Anzahl von Kom-
plexen, deren Noinski sechs bis acht, manchmal aber nur
zwei bis drei beobachtete.
4. Ist nach Noinski die Anordnung auch meistens eine
solche, daß in den oberen Horizonten lößartiger Lehm mit
feineren Sanden wechsellagert, in den tieferen aber »schlam-
miger« (?) Ton mit gröberen Sanden.
An diese rein geologische Zusammenfassung schließen
sich nun noch Ausführungen an, welche sich mit den Gesetzen
der Wasserführung beschäftigen, die aber für unsere Betrach-
tung von geringerem Belange sind.
Wir verlassen nunmehr dieses Kapitel der älteren Er-
fahrungen, aus welchem sich unschwer ergibt, daß die Literatur
vor dem Jahre 1917 dem Entstehungsproblem der pleistocänen
Ablagerungen um Kasan nur teilweise näherzutreten versuchte
und ich gehe zu meinen eigenen Beobachtungen über, welche
das aus der älteren Literatur gewonnene Bild ergänzen sollen.
Im allgemeinen kann man sagen, daß die posttertiären
Bildungen um Kasan derart auftreten, daß sie den Gesamt-
eindruck der Tafellandschaft noch vertiefen: sie spielen eine
nivellierende Rolle. Diese Wirkung läßt sehr gut die post-
pliocäne Kante erkennen, welche die Ostbegrenzung des Wolga-
tales südlich der Kasanka1 darstellt. Diese auffällige Land-
kante eihebt sich ganz unvermittelt am Ostrande des Inunda-
tionsgebietes und zieht in gleichmäßiger Höhe vom Nordende
i Ein linker Nebenfluß der Wolga, knapp nördlich der Stadt mündend.
40 H.Mohr,
der Stadt durch deren Gebiet gegen Süd. Die Stufe ist etwa
10 Saschen1 hoch. Sie besteht fast ausschließlich aus post-
tertiären Lehmen und Sanden, welche auf Perm aufliegen.
Während aber die obere Kante der »Lößstufe« — wie wir
sie nennen wollen — einen gleichmäßigen Horizont behauptet,
ist die Basis sehr ungleichmäßig. So sieht man deutlich rings-
um den Fuß der Kriepost, welche das Nordende der Stadt
bezeichnet, söhlig gelagertes Perm zum Vorscheine kommen.
Im Süden der Stadt hingegen liegen die permischen Schichten
tiefer als der Spiegel des Kabänsees,'- welcher bei stärkerem
Wellengange Brocken permischer Mergel vom Grunde losreißt
und ans Ufer wirft (s. Fig. 1).
In ihrer Nacktheit, dem söhligen Verlauf ihrer Oberkante
und dem Steilabbruch gegen Westen gewährt die Terrasse
einen eigenartigen Anblick.
Peinige scharfe Einkerbungen in den Rand dieses »Brettes«
unterbrechen einigermaßen die Eintönigkeit der Kontur. Wie
mit einem Messer geformt, sind diese modellscharfen Rinnen
und Racheln in die Stufe randlich eingesenkt und haben an
ihrer Mündung in das Überschwemmungsgebiet der Wolga
einen fladenförmig sich ausbreitenden Deponierungskegel auf-
gehäuft (s. Fig. 2).
Manche dieser jugendlichen Erosionsrinnen erreichen
bereits eine halbe Wegstunde in der Länge. Bei den Platz-
und Gewitterregen des späten Frühjahres wälzen sie eine
dicke Trübe von Sand und Schlamm gegen die Wolganiede-
rung.
Ich weise auf diese Racheln besonders hin, weil mir
dünkt, daß sie Armasch ewsky eine gewisse Grundlage für
seine Rinnsaltheorie abgegeben haben. Der vorgelagerte Kegel
wird mit Rasen schwach besiedelt und es mag dadurch eine
Anhäufung lößartigen Bodens auf sekundärer Lagerstätte
stattfinden. Ähnliche Vorgänge sind natürlich auch denkbar,
wenn das Hinterland, welches der Erosion unterworfen ist, aus
tertiärem oder sonstigem lockeren Sediment besteht. Immer
i 1 Saschen (1 Faden) = 2-13 ///.
- Alter, toter Lauf der Wolga, vom Grundwasser des Wolgatales gespeist
Lößstudien an der Wolga.
41
\
c3 o
-5 £
o
in
5
X.
c
bc
c
N
ir
M
ü
1)
0»
^i
CD
tu
's
™
O
j:
Tj
f~*
^_,
■p.
'
~
a.
c
o>
-5
<u
/:
u
öS
W3
W .. o J
U G K
:3 <G ~ =3
55 rt
— -»-» tn
a
Cu "1
•— <u £
•-, u es
_3 ~ TJ
4L'
H. AI ohr,
aber wird das Material der Aufschüttung eine strenge stoffliche
Abhängigkeit vom abgebauten Hinterlande verraten, und das
müssen wir festhalten.
Verfolgen wir nun diese Terrainkante in ihrem südlichen
Verlauf bis dorthin, wo die neue Eisenbahn nach Jekaterinen-
burg in die pleistocänen Bildungen eindringt, so finden wir
-dort einen prächtigen Aufschluß.
Junge Rachel in der Lößkante südlich der Stadt (Kasan).
Die oberste Lößläge kommt durch Steilabbruch scharf zum Ausdruck.
Gesamthöhe der Wand etwa 15 m.
Die Stufe ist hier etwa 12 bis 15 m hoch. Um Material
für den Eisenbahnbau zu gewinnen, ist sie in drei Etagen
tagbaumäßig angeschnitten worden, welche folgenden geo-
logischen Aufbau enthüllen.
I. Etage: Die Wand besteht aus typischem Löß, dessen
Röhrchenstruktur sehr gut ausgeprägt ist. Reichliche Kalk-
ausscheidungen werden beobachtet, die sich besonders längs
der alten Wurzelröhrchen anhäufen. Lößkindel sind aber spar-
Lößstudien an der Wolga.
43
lieh und in der Regel sehr klein. Sehr gut sichtbar ist auch
eine vertikale Klüftung, welche zur Bildung von polygonalen
Säulen Anlaß gibt. Schwächer ist eine horizontale Unterteilung
=- .5? 4 ■§
„*-
bemerkbar. Die im ganzen ausgesprochen massige Struktur
wird nur gegen den Rasen durch einige lehmig humose Streifen
unterbrochen, welche gewissermaßen in den gegenwärtigen
klimatischen Zustand hinüberleiten.
44 II. Mohr,
II. Etage: Bei b eine lettige, flammig gestreifte Lage, im
Streichen nicht weit verfolgbar. Darunter bei c ein dickes Nest
von gröberem Dünensand, welcher teilweise durch CaCO»
verkittet ist.
III. Etage: An ihrer Wand ist ein mächtiges, massig aus-
sehendes Dünensandlager erschlossen. Der Sand ist links vom
Beschauer (gegen N) mehr graugelb, rechts (gegen S) mehr
bräunlichgelb gefärbt. An der Kante oberhalb d merkwürdige
sackförmige, lettige Nester, schwarz (Mn + Fe?) oder rostbraun
flammig- streifig gefärbt. Diese Bildungen scheinen einer späteren
Zeit anzugehören und mit der nahen Oberfläche in Zusammen-
hang zu stehen.
Der Bahneinschnitt selbst liegt überwiegend im Löß, aber
der tiefere Teil des Steilabfalles der Lößstufe nördlich vom
Einschnitt zeigt in einer Reihe von Entblößungen, daß sich
das Flugsandlager des Tagbaues im Streichen fortsetzt.
Von diesem Aufschluß begeben wir uns zu einem zweiten
am Südufer des bereits erwähnten Kabansees (s. Fig. 4).
Etwas nördlich von den sogenannten Junkerbaracken
(Militärlager) schließt sich an das Südwestende des Sees eine
kleine Bucht, deren Umfassung durch den Steilabbruch einer
6 bis 8 m hohen Wand gebildet wird.
Der Anschnitt zeigt zwei Ablagerungsserien miteinander
in schichtiger Ablösung. Der obere, etwa 1 bis \-oni mächtige
Abschnitt besteht vorwiegend aus Lößboden, und zwar stellt
der unter dem Rasen liegende Teil eine schokoladebraune^
lößartige Masse (Tschernosjöm) mit schwachen, gelblichen
Sandlagen dar. Tiefer walten allmählich staubförmige Dünen-
sande vor, welche an einzelnen Stellen sehr deutlich die be-
zeichnende diagonale Schichtung erkennen lassen. Die gegen
die Tiefe zurücktretenden Lößstreifen sind nur etwa handbreit,
zeigen aber die Röhrchenstruktur ganz ausgezeichnet. Neben
diesen Bändern kommen noch andere braune Streifen vor,
welche aber nichts anderes als verfestigten Dünensand dar-
stellen.1
1 Diese streifenweise Verfestigung des Dünensandes könnte man sich-«
am ehesten durch periodische Überschwemmungen (Wolga) entstanden.
Lößstudien an der Wolga. 45
Daß es sich in den angeführten Fällen wirklich um Dünen-
^sande handelt, geht nicht allein aus der Erkenntnis ihrer petro-
graphischen Eigentümlichkeiten1 hervor, sondern auch aus —
teilweise — klassischen Feldbeobachtungen, wie sie z. B. am
neuen mohammedanischen Friedhof angestellt werden konnten.
Hier hatten die Arbeiten für den gleichen Eisenbahnbau einen
•tiefen Einschnitt erzeugt, der einen mehrmaligen Wechsel von
Fig. 4.
Aufschluß am Südwestende des Kabänsees.
Höhe : 6 bis 7 in über dem See ;
Tschernosjöm und Löß mit Sandlagen wechselnd.
Lehm und Dünensand entblößte. Die Dünenstruktur war hier
an manchen Stellen so gut erhalten, daß man den auf- und
absteigenden Ast der Dünenstreifung genau im Querschnitt
denken, welche den sonst völlig losen Sand mit einem tonigen Bindemittel
infiltrierten. Nach dem Abzug des Wassers legte sich neuerdings Dünensand
darüber.
1 Zu diesen Eigentümlichkeiten gehört vor allem eine bedeutende
Steigerung und Vervollkommnung des Aufbercitungszustandes, besonders
kenntlich im Ausgleich der Konigrößen, Anreicherung des Quarzes durch
Ausscheiden der Mineralien von anderem physikalischen Verhalten gegenüber
-dem Lul'tstrom, besonders des Glimmers (Muskpvit), welcher verschwindet.
40 H.Mohr
beobachten konnte. Leider war der Kriegszustand dem Vor-
haben hinderlich, diese lehrreichen Aufschlüsse im Bilde fest-
zuhalten.
Es wurden noch einige andere Quartärprofile untersucht.
wie am Fuße der alten Stadtfestung (Kriepost) und in den
Ziegelgruben im Süden der Stadt, wichtiges neues Beob-
achtungsmaterial ist aber dabei nicht zugewachsen.
Wir wollen nun auf Grund der gewonnenen fremden und
eigenen Beobachtungen Klarheit zu gewinnen trachten, welche
Entstehungstheorie sich mit diesen am besten vereinbaren
läßt.
Nach der von de Geer entworfenen Karte Europas zur
Zeit seiner maximalen Vergletscherung (enthalten in Geinitz:
»Die Eiszeit«) könnte es den Anschein haben, als wären jene
pleistocänen Bildungen, welche wir zu beschreiben versucht
haben, Absätze des stark vergrößerten Kaspisees. Nach der
Auffassung, welche in dieser Karte niedergelegt wurde, er-
streckte sich der Spiegel dieses Sees in der genannten Zeit
längs des östlichen Ufers der Wolga weit nach Norden. Sogar
das Mündungsgebiet der Kama wurde noch vom See über-
schritten und Kasan würde gerade einen der nördlichsten
Punkte einnehmen, den das Wasser des Kaspi noch bedeckte.
Worauf diese Annahme sich gründet, konnte ich aus der
Literatur nicht erfahren. Vermutlich dachte man an eine
lakustre Entstehung der tieferen Sande des Quartärs. Daß für
diese Auffassung keine Handhabe vorhanden ist, zeigen nicht
allein die Bohrungen und natürlichen Aufschlüsse in der
Kasaner Umgebung, sondern auch die örtliche Literatur der
letzten Jahrzehnte, in welcher dieser Gedanke nicht mehr er-
örtert wird. Es genügt hinzuzufügen, daß weder der obenauf
liegende »lößartige« Lehm noch die tieferen Sande irgend-
welche Berührungspunkte mit lakustren Absätzen aufweisen.
Hingegen weisen alle Anzeichen auf eine Bildung hin,
welche auf dem trockenen Lande vor sich ging. Die Sande
sind echte Dünensande sowohl ihrer petrographischen Aus-
bildung als ihrer Lagerungsart nach. Der »lößartige« Lehm
Noinski's aber ist ein schwach verlehmter Löß, dem noch
Lößstudien an der Wolga. 4 <
alle petrographischen und geologischen Eigenheiten anhaften,
die den Löß Mittel- und Westeuropas charakterisieren. Der
Reichtum an Quarzkörnchen bestimmter Größe, die unregel-
mäßig und in verschiedenen Stellungen verteilten Glimmer-
schüppchen, der Kalkgehalt und die Lößkindchen, und endlich
die Röhrchenstruktur, all das tritt uns auch an den Lehmen
der Kasaner Umgebung entgegen. Dazu kommen noch eine
Reihe bezeichnender Eigenheiten in seinem geologischen Auf-
treten, wie die Massigkeit seines Aufbaues, die vertikale Klüf-
tung, die Neigung zur Steihvandbildung, das Unvermögen,
Wasser tragen zu können, die Einbettung großer Landsäuge-
tiere, besonders grasfressender Dickhäuter und Huttiere, und
endlich die planierende Art seines Auftretens.1 Wenn wir alle
diese Beobachtungen auch an den »lößartigen« Lehmen Kasans
anstellen können, so können wir uns berechtigt fühlen, von
»Löß« schlankweg zu sprechen, wenn er auch Anzeichen
beginnender Verlehmung erkennen läßt.
Zu dieser Erkenntnis also führen uns die Beobachtungen
um Kasan.
Wenn aber der Löß der Kasaner Umgebung prinzipiell
keinerlei Unterschiede gegenüber jenem Mitteleuropas erkennen
läßt, wie dies Ni kitin2 bereits in den Achtzigerjahren für die
gleichartigen Bildungen Südrußlands festgestellt hat, dann
wird die Frage interessant, ob denn wirklich die Verhältnisse
in Rußland so ganz anders liegen, daß sie einer Anwendung
der äolischen Lößtheorie widerstreiten. Wir wollen uns deshalb
mit den nichtäolischen Theorien an der Hand der eigenen Beob-
achtungen auseinandersetzen, um deren Anwendungsmöglich-
keit zu prüfen.
Richthofen hat bekanntlich die Möglichkeit keineswegs
geleugnet, daß untergeordnet auch auf anderem Wege denn
durch Windwirkung lößähnliche Bodenarten entstehen können.
So spricht er vom »See- Löß«, den er sich als Absatz in
1 Ferd. Freiherr v. Richthof en, Führer für Forschungsreisende. Han-
nover 1901, p. 469 bis 471. Neudruck der Aufl. 1886.
2 S. Nikitin, Les depots posttertiaires de l'Allemagne dans leurs rela-
tions aux formations correspondantes de la Russie. Bull, du Comite Geol.
St. Petersbourg 1886, T. V, p. 133—185.
48 H. Mohr,
abflußlosen Seen entstanden denkt, wenn in Lößgegenden auf-
.geschlämmter Löß in den Wasserbecken zusammengetragen
wird.1 Auch die Deltas der Flüsse hält er für einen geeigneten
Ort, um lößähnliche Böden entstehen zu lassen.2 Und dieser
Art der Entstehung kommt vielleicht in einem etwas anderen
Sinne eine größere Bedeutung zu, als man bisher anzunehmen
geneigt war. Wenn wir z. B. die russischen Ströme betrachten,
so staunt der Beobachter über die Menge des feinen, gelben
Schlammes, den sie tagaus tagein ihrem Mündungsgebiete zu-
wälzen. Ich habe den ganzen Sommer über die Wolga nie
anders als gelbgefärbt an Kasan vorüberziehen sehen. Und
besonders reich an suspendierten Stoffen scheint sie im Früh-
jahre zu sein, wenn die Schneeschmelze sie das Land weit-
hin überschwemmen läßt. 5 bis 8 ui, vielleicht auch mehr,
erhebt sich dann ihr Pegel gegenüber dem gewöhnlichen
Stande im Wolgagerinne und verwandelt die ganze Umgebung
von Kasan in einen gewaltigen See. Kleinere Zuflüsse halten
nicht Schritt mit dem rapiden Anstieg der Wasserflut im
Strome und so sieht man tagelang die gelbe Trübe die kleine
Kasanka aufwärts wandern, ihrer Stromrichtung entgegen,
deren Wasser zurückstauend und allenthalben die Marschen
zu beiden Seiten des Flusses tief ins Land hinein in eine
gelbe See verwandelnd. Nach einigen 14 Tagen ist der Hoch-
stand erreicht, die Gewässer kommen zum Stehen. Etwa eine
Woche lang behauptet die Flut noch ihre Herrschaft, dann
aber sinkt der Spiegel und das inundierte Gebiet wird wieder
frei. Wenn wir aber die abziehenden Fluten betrachten, so
finden wir sie völlig klar. In der kurzen Zeit des Stagnierens
hat sich diese Klärung vollendet, der ganze suspendierte
Schlamm ist zu Boden gefallen, deckt die Marschen, wo er
.an den Grasresten des Vorjahres einigen Halt findet. Wenn
auch die heftigen Frühjahrsstürme, worauf wir noch zurück-
Jkommen wollen, sich rasch dieser Sinkstoffe bemächtigen und
sie in einer bestimmten Weise im Lande verteilen, so wird
doch ein Teil des gelben Schlammes durch den Graswuchs
1 Führer für Forschungsreisende, p. 473.
2 A. a. O., p. 474.
Lößstudien im der Wolga. F.'
verankert bleiben und im Laufe der Zeit zu einer Erhöhung
des Bodens führen. Es kann kaum bezweifelt werden, daß
auf die beschriebene Art lößähnliche Böden erzeugt werden
können. Vielleicht ist auch anzunehmen, daß sich in diesem
Flußlehm das Wurzelröhrchensystem der Marschenvegetation
erhält, dann wäre die Ähnlichkeit eine noch weitergehende. -
Niemals aber glaube ich, daß solche Böden neuzeitlicher Ent-
stehung freien Kalk enthalten werden, denn was an löslichen
Salzen vorhanden ist, ging sicher durch den Wassertransport
verloren.1
Ablagerungen dieser Herkunft werden auch einen uni-
formen Charakter besitzen. Sie werden sich nicht allein längs
des gleichen Flusses durch eine streng einheitliche Zusammen-
setzung auszeichnen, sondern die Absätze verschiedener Flüsse
werden unter den gleichen klimatischen Verhältnissen kaum
nennenswerte Unterschiede erkennen lassen.
Denn das ist eben eines der wichtigsten Kriterien: die
kosmopolitische Verbreitung des Lösses und sein uniformer
Charakter.
Und der schwerste Einwand, welchen man gegen die
Deluationstheorie erheben kann, dünkt mir deshalb der zu
sein, daß sie durch ihre Erklärungsart das gerade Gegenteil
dessen erwarten läßt, was man am Löß tatsächlich beobachtet.
»Überall, wo die Verhältnisse seine typische Ausbildung be-
günstigt haben«, sagt Richthüfen, »besitzt er die gleichen
Eigenschaften«.2 Wie kann der Löß diese merkwürdige petro-
graphische Einförmigkeit besitzen, wenn er durch einfache
Umlagerung des Vervvitterungsstaubes der nächsten Hänge
entstanden ist? Wie kann auf der kurzen Strecke Weges vom
abwitternden Hang bis zur akkumulierenden Wiese in Rinn-
salen und ähnlichen kleinsten Wasserläufen die Aufbereitung
eine solche sein, daß verschiedene Gesteine den gleichen
Detritus liefern? Wie ist es möglich, daß der Löß der Baikal-
region, welcher überwiegend saure Massengesteine und alt-
1 Der Abbruch des Kasaner Aufenthaltes hat leider unmöglich gemacht,
■diesen l'berlegungen die wünschenswerten Kontrollbeobachtungen im Felde
folgen zu lassen.
'-' Richthofen, Führer für Forschungsreisende, p. 469.
Sitasb.d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 120. Bd. 4
50 rLMohr,
krystalline Schiefer zu seinem Grundgebirge hat, im wesent-
lichen keine petrographischen Merkmale erkennen läßt, die ihn
vom Löß der Kasaner Umgebung trennen würden? Und doch
liegt dieser letztere auf Kalken, Dolomiten, Mergeln mit wenig
Sandstein auf!
Über diese Schwierigkeit hilft uns die Deluationstheorie
nicht hinweg und deshalb erscheint sie jedem Beobachter
unannehmbar, der sich den kosmopolitischen Charakter des
Lösses und besonders seine petrographische Unabhängigkeit
vom Grundgebirge zu eigen gemacht hat.
Am 9. und 10. Jänner des Jahres 1918 war ich Zeuge
eines sehr merkwürdigen und interessanten Naturereignisses.
Ganz Kasan stak im tiefen Winter und Schnee. Da plötzlich
brach am 7. von einem kräftigen Barometerrückgang begleitet,
eine warme Luftmasse herein, welche in der Nacht vom 8. auf
den 9. das Thermometer über den Nullpunkt brachte. Am
9. taute es bis über Mittag. Später gab es ausgiebigen Schnee-
fall und kräftigen Wind. Am 10. hatte der Schneefall aufgehört
und das Wetter war ruhiger geworden. Als ich um 10i;oh a.
meinen Gang zur Universität antrat, fiel bereits überall der
frischgefallene Schnee durch seine schmutzigbraune Bestäubung
auf. Im geologischen Institut angekommen, das an einem der
höchstgelegenen Punkte des Stadtgebietes errichtet ist, bemerkte
ich, daß die Fernsicht, welche normal bis weit über die Wolga
reicht, auf die nächste Umgebung beschränkt ist. Gegen lhp.
bot sich dem Beobachter der normale Winterhimmel, wenn er
umzogen ist; eine lichtgraue, ziemlich gleichmäßige Färbung
überzog ihn. Gegen den Horizont aber — vom Zenit weg —
verdichtete sich die Atmosphäre zu einer gelblich-bräunlich
gefärbten,1 nebeligen Masse. Gebäude waren auf 800 Schritte
wie in leichten Rauch gehüllt und auf 1 km verschwanden
die Umrisse.
Die nebelige Masse ließ geringe Ungleichmäßigkeiten in
ihrer Dichte erkennen, ohne aber irgendeine Himmelsrichtung
1 Zeitweise gewann ich den Eindruck, als oh auch ein Stich ins Röt*
liehe vorhanden gewesen wäre.
Lößstudien an der Wolga. 51
zu bevorzugen und war ohne Unterschied — wie es mir schien
— in und um die Stadt vorhanden.
Als ich gegen 2h p. die Wohnung neuerdings verließ, war
eine deutliche Verdichtung des »Nebels« zu bemerken.
Abends trat dann ein merkwürdiges Eisrieseln ein (es
fielen kleine Graupen).
Am 11. erfolgte Ausheiterung bei raschem Anziehen der
Kälte. Prof. H. Ficker-Feldhaus (Graz), der mein Schicksal
in Kasan teilte, berichtete, daß nachts ein Drittel Meter Schnee
gefallen war. Der frischgefallene Schnee war rein weiß, ohne
jegliche Färbung.
Gegen Abend (6h) stand über Kasan ein heiterer Himmel.
Nur gegen NW sah man dicht über dem Horizont eine gelb-
lich bis rauchgrau gefärbte Dunstmasse, die die Form eines
sehr flachen Kreisabschnittes annahm, sich scharf gegen den
ausgeheiterten Himmel abgrenzen. Sie war scheinbar im Abzug
begriffen.
Bereits am 10. war ich mir dessen bewußt, daß in Kasan
ein ausgiebiger Staubfall erfolgt war und, wie die Überlegung
sagen mußte, unter besonders günstigen Umständen.
Deshalb rüstete ich mich sofort, um an einem möglichst
einwandfreien Punkte Staubproben zu sammeln. Die Wahl des
Ortes war von außerordentlicher Wichtigkeit. Der Schnee- und
Eisgraupenfall war von starken Winden begleitet und deshalb
war der Einfluß der Umgebung auf die Zusammensetzung des
Staubes überall sehr zu befürchten.
Tatsächlich zeigte sich der Schnee in der Stadt überall
durch den verwehten Mist der Straßen stark verunreinigt.
Der Wind kam — ganz roh genommen — aus südlicher
Richtung. Deshalb empfahl es sich, das südliche Vorland der
Stadt aufzusuchen. Am 12. versah ich mich mit einigen prak-
tischen Gefäßen zum .Sammeln der Proben und verließ in
südlicher Richtung das Weichbild der Stadt. Ich überzeugte
mich aber bald, daß Wärmewelle und Sturm eine Menge
aperer Stellen geschaffen hatten und der herausragende Boden
auch hier auf den Schnee seine verunreinigende Wirkung
ausübte. Da kam mir der Gedanke, die Proben auf dem nahen
zugefrorenen See zu sammeln. In seiner südlichen Hälfte
52 H. .Mohr,
besaß ja der Kabansee eine ganz ansehnliche Breite und hier
auf dieser fast unbegangenen und unbefahrenen Mäche bestand
die beste Aussicht, einwandfreie Proben gewinnen zu können.
Zwischen der Artilleriekaserne am östlichen und der
Ziegelei am westlichen Ufer schritt ich zur Entnahme der
Proben. Ich entfernte zuerst zum Teil den noch etwa l./3 Fuß
mächtigen, rein weißen Schnee, der in der Nacht auf den 11.
gefallen war und die Staubschicht so vortrefflich vor einer
späteren Verunreinigung schützte, und stach dann mittels eines
zylindrischen Glasgefäßes einen bis auf das Eis des Sees
reichenden Probezylinder heraus. Es war folgendes Profil zu
beobachten: Zu unterst das Eis des Sees, dann etwa 2 cm
weißer, körniger Schnee, darüber 2 bis 3 cm Schmutzschnee
deutlich in Graupenform fest zusammenbackend und dann
endlich die bald ',._>, bald nur V3 Fuß mächtige Decke des
weißen Pulverschnees. Diese Probe war bestimmt, um eine
quantitative Bestimmung des Staubfalles durchzuführen. Für
qualitative Untersuchungen wurde ein zweites Gefäß mit
Schmutz -cbnee gefüllt. Damit war die Probenahme nach bestem
Können beendigt.
Prof. Ficker- Feldhaus, welcher dem Gang der meteoro-
logischen Ereignisse während des Staubfalles gleich mir regstes
Interesse entgegenbrachte, hatte die Freundlichkeit, die ent-
sprechenden Daten1 an der meteorologischen Beobaehtungs-
statiun der Kasaner Universität auszuheben und stellte mir
nachstehenden Kommentar bereitwillig zur Verfügung, wofür
ich ihm auch an dieser Stelle herzlichst danken möchte.
Bemerkungen zum Staubfall am 10. Jänner 1918.
Von Prof. Dr. H. Ficker-Feldhaus, Graz.
»Dem Staubfall am 10. Jänner, der mit SSE-Wind kam,
gingen tagelang vorwiegend südwestliche Winde beträchtlicher
Stärke voraus. Dem relativ niedrigen, wenig gestörten Luft-
druck sowohl des Vortages als des Staubfalltages selbst zu-
folge, läßt sich annehmen, daß eine ausgedehnte Depression
mit ihrem Zentrum westlich oder nordwestlich von Kasan lag
1 Siehe die nachfolgenden Tabellen.
Lößstudien an der Wolga. 53
und während der in Betracht kommenden Tage (etwa seit
3. Jänner) im wesentlichen stationär blieb. Durch das lange
Verweilen der Depression im gleichen Gebiete würde sich dann
der Umstand erklären, daß auf ihrer Vorderseite Luft aus sehr
entlegenen südlichen Gebieten weit nach Norden sich ver-
lagert hat.
Für den 9. Jänner (geringer Druckanstieg mit Windwechsel
nach SSE und Abkühlung) ist sogar eine geringfügige rück-
läufige Bewegung der Depression wahrscheinlich, wichtig da-
durch, daß Kasan aus dem Gebiete extrem warmer, wohl
ozeanischer, feuchter, südwestlicher Winde in den Bereich
einer kälteren SSE-Strömung kam, die durch Staubfall und
geringe relative Feuchtigkeit ihre kontinentale Herkunft bewies.
Der Windwechsel wurde dadurch bewirkt, daß die kalte SSE-
Strömung sich unter die warme SW-Strömung einschob und
letztere vom Boden weg in die Höhe drängte, ein Vorgang, der
zu bemerkenswerten Begleiterscheinungen Veranlassung gab.
Am Abend des 10. Jänner fiel nämlich gleichzeitig mit
, dem Staub und trotz der geringen relativen Feuchtigkeit starker
Eisregen. Der Wasserdampf der in die Höhe gedrängten, da-
durch abgekühlten SW-Strömung kondensierte zu unterkühlten
Regentropfen, die bei Durchfallen der stauberfüllten Boden-
schichten gefroren und den Eisregen lieferten.
Am 11. Jänner kam Kasan auf die Rückseite der Depres-
sion; es trat mit starker Abkühlung bei Windwechsel nach
WSW gewöhnlicher Schneefall ein.
Über die Herkunft des Staubes läßt sich aus den vor-
liegenden Daten gar nichts aussagen. Schneebedeckte Gebiete
sind als Ursprungsort ausgeschlossen, was von vornherein
auf eine Ausgangsbreite von etwa 45° schließen läßt. Wesent-
lich niedrigere Breiten sind nach der normalen Druckverteilung
des Jänner nicht wahrscheinlich. Am plausibelsten ist die
Annahme, daß die Heimat der Staubströmung in einer der
Steppen der Linie: nördlicher Kaspisee — Aralsee — Balkaschsee
zu suchen ist.
Bahn und Ausdehnung der Strömung sind mangels syn-
optischer Daten ganz unbestimmt.«
54
H. Mohr,
CO -rf 00 00 CC
■<* CO 05 05 — '
*tf -* ■* Tt1 I.O
CD N O !• Ol
^* CD O C^ O
-t ■* i-0 "* CD
Ol
CM
05
00
-*
-+
CD
-
CO
CS
-1-
-r
■*
-+
,0
o
o
05
r~
"*
^*
CO
05
oc
1 -
-f
■*
•*
■*
\a
Ol
-
~H
00
m
00
,-
o
00
,-
■>*
-r
13
rf
i.O
G5
O
—
-
«*
N
co
— ■
~
00
■*
-*
uO
-r
U0
05
CO
—
t-
-+
Ol
co
o
05
^
^
-t-
«
-+
'
-
i>
00
O
i -
-+
CO
Ol
05
-
00
CO
CT.
—
t-
•*
-t-
-tf
-r
"*
00
00
-i
CO
CO
-+
CO
—
O
--
-t
-fr-
-r
-t
-+
-t
iß
00
01
-
i.O
CO
Ol
C5
-
<*
X
-t-
Z-
CC
CD
Ol
01
05
01
C3
>o
(-~
r.
t"-
^f ~? ~~V ~ t" ~i"
00 05 O ^
»■h r- o-i co ^h
— < — i O 00 05
(D tO t> rt i"
lO h CO M OJ
t^ CO CD 0-1 — <
UO O 00 00 CO
00 CD CO
01 0-1 IO
•<# OJ O CD t-
co o »-i co t|<
co tj- -- co
Tf CO — CD 00
CO O — 00 CD
Ol O O UO C--
— < — — CO 00
-t 00 C C5 i.O
-T* 01 01 00 00
00 ~ 3 UO C5
10 00 01 -t 01
CO 00 O CD '-h
cd -* o) -t -r
~ — o -* co
CC .i0 01 tf -?
O l-O C5 CO CO
05 lO «-" -st1 ^*
Ä
00
CO
00
Ol
CO
01
CD
00
CD
01
00
U0
UO
00
IN
in
LO
1 -
C5
r
o
CC
IN
uo
CO
CO
CO
■CO
t-
00
CC
CO
1 -
00
U0
uO
l -
00
CO
CN
CO
co
CO
CO
CO
Ol
00
in
00
o
CD
Ol
Ol
CT.
CO
05
CO
1-
oc
IN
10
CT.
I- CC ~ O --
.ößstudien an der Wolga.
.).)
3
bO
C
ji
cd
B
<
<
o
X
"2
ö
'': SS.
73 oß
c/T
b£ -fi
Ö *
4-1 1
O
# # * *
bß
J3
JG
o
t/3
u
CO
Z
O
OS- •<*< ^ ^* OT
C O - N fr- *-<
Bewölkung
d,
bß
3 ' © " o o o
O O O O (33
£ £ 2 £ 2
E
Q
7. Jännei'
S.
9,
10.
1 1.
56 H. Mohr,
Die weitere Untersuchung der Staubproben wurde nun
im geologischen und mineralogischen Kabinett der Universität
in Angriff genommen.
Das Schneewasser wurde in allen Fällen unter Beob-
achtung der nötigen Vorsicht im Wasserbad eingedampft. Es
blieb ein erdbraunes, sehr feines Pulver zurück, ohne sicht-
bare gröbere Beimengungen, vom Aussehen des käuflichen
Cacaopulvers.
Bestimmung der Menge: Die zylindrische Schale
hatte einen Querschnitt von 5539 mms = 55 ■ 39 cm3. Die auf
diesem Querschnitt eingedampfte Staubmenge wog 0 • 131 ^
woraus sich eine gefallene Staubmenge von
23 g auf 1 n r
errechnet.
Infolge der geübten Vorsicht bei der Probenahme und
der Bestimmung glaube ich für diese Ziffer eine ziemliche
Zuverlässigkeit in Anspruch nehmen zu können. Sie läßt er-
kennen, daß die Staubmassen ganz gewaltige waren, welche
durch diese südliche Luftströmung bis in die Breiten von
Kasan gelangten.
Die weiteren Untersuchungen, welche zur Klarstellung
der Zusammensetzung des Staubes unternommen wurden,
konnten leider zu keinem gedeihlichen Abschluß gebracht
werden. Die außergewöhnlichen Verhältnisse des Jahres 1(,»18
schufen eine ganze Reihe von Schwierigkeiten, welche kaum
zu umgehen waren. Es wurde deshalb eine hinreichende
Menge zusammen mit dem Schmelzwasser in eine Glasröhre
eingeschmolzen und außerdem noch Trockenproben des
Staubes aufbewahrt, um die qualitative Untersuchung seiner-
zeit in der Heimat durchführen zu können. Dieser Arbeit
konnte ich mich bis jetzt nicht unterziehen, da die Mitte des-
selben Jahres unternommene Flucht aus Kasan mich nötigte,
die Proben - - wenn auch in guten Händen — zurückzu-
lassen.
Dieser Mangel wird hier sehr schwer empfunden und es
muß der Hoffnung Ausdruck verliehen werden, daß es zu
einem späteren Zeitpunkt gelingen möge, diese Lücke aus-
zufüllen.
Lößstudien an der Wolga. o7
Denn der Verdacht, daß solche Staubfälle irgend einen
Anteil haben könnten am Aufbau des Bodens um Kasan,,
mußte natürlich sofort einen mikroskopischen Vergleich zwi-
schen Staub und Lößpulver anregen. Und diese Arbeit ist
nun über eine bloße Übersicht nicht hinausgekommen. Soviel
aber verriet auch schon eine oberflächliche Musterung, daß
auf einen Vergleich im Kleinsten keine besonderen Hoffnungen
gesetzt werden dürfen. Die beiden Proben liegen in einem
grundverschiedenen Erhaltungszustande vor. Der Löß ist
merklich verlehmt, d. h. die Silikate sind in toniger Zersetzung
begriffen und ein gut Teil der löslichen Salze ist bereits
fortgeführt; beim Staub vom 10. Jänner ist dieser Prozeß noch
nicht einmal eingeleitet. Selbst bei völliger Identität des Aus-
gangsmaterials — an welche übrigens im engeren Sinne nicht
gedacht werden kann, da die charakteristischen großen Quarz-
körnchen des Lösses dem Staub völlig mangelten — ist des-
halb eine glatte Übereinstimmung des Lößpulvers mit jenem
des Staubes weder unter dem Mikroskop noch in der Analyse
kaum zu erwarten.
Es kann aber nicht bezweifelt werden, daß der gefallene
Staub dem Boden wenigstens teilweise einverleibt wird. So-
weit er nicht auf Wasserflächen auffällt, soweit ihn nicht
Wind, Schmelz- und Regenwasser einer neuerlichen Umlage-
rung unterziehen, wird ihm der Pflanzenwuchs Schutz ge-
währen, und es ist eine reine Frage der Anzahl und Aus-
giebigkeit solcher Staubfälle, ob gewisse, der Denudation
weniger unterliegende Hochflächen eine Erhöhung erfahren
oder nicht.
Die Wirkung dieser Staubfälle quantitativ zu erfassen,
ist aber außerordentlich schwierig. Während der ganzen
schneefreien Jahreszeit entziehen sie sich einer verläßlichen
Beobachtung. Denn welche Merkmale bei den geringen mine-
ralischen Unterschieden der vom Boden abgefegten Staub-
arten sollten uns instand setzen, zu erkennen, daß wir es
wirklich mit ortsfremden, von weither zugeführten Staub-
masken zu tun haben? Wenn es sich nicht um ganz charakte-
ristisch zusammengesetzten Staub handelt, werden selbst mit
aller Vorsicht angestellte meteorologische Beobachtungen keine
58 H. Mohr,
eindeutigen Beweise liefern. Daher gewinnen die Staubfälle
zur Winterszeit, wenn das ganze Umland unter einer schützenden
Schneedecke begraben ist, besondere Bedeutung.
Dann ist der örtliche Einfluß beinahe ausgeschaltet. Aber
auch für die Bestimmung des Herkunftsgebietes, der Bahn,
Ausdehnung (Streuung) und Dichte des Staubfalles ergibt sich
eine besonders günstige Konstellation der Beobachtungs-
bedingungen.
Leider haben es die Wirren des Jahres 1918 nicht zu-
gelassen, diese Vorteile entsprechend auszunützen.
Nach den Aufzeichnungen der meteorologischen Beob-
achtungsstationen des Gouvernements Kasan sind Staubfälle
keine besondere Seltenheit und es wäre denkbar, daß ihnen
beim Aufbau des Lößbodens eine gewisse Rolle zukommt.
Denn wir müssen folgendes bedenken: Ist der Boden vom
Schnee frei und der Pflanzenwuchs noch nicht in dem Maße
vorgeschritten, daß er den lose liegenden Staub festhalten
könnte, dann werden sich die auftrocknenden Frühjahrsstürme
des losen Materials bemächtigen und eine Umlagerung be-
wirken, welche durch die vorherrschende lokale Windrichtung
bestimmt ist. Der Staub wird von der Luvseite der Gehänge
verschwinden und an der Leeseite einer steten Akkumulierung
unterworfen werden. Und hier wird ihn der allmählich hoch-
kommende Pflanzenwuchs endgültig verankern.
Einer ähnlichen Umlagerung sind aber auch die Sink-
stoffe des jährlichen Wolgahochwassers ausgesetzt, welche
nach dem Rückzuge der Fluten im Inündationsgebiete zurück-
gelassen werden.
Wenn man nach Ablauf des Eisstoßes in der Wolga im
Fuchshofgarten, einem kleinen öffentlichen Park am Nordrande
der Lößkante im Stadtbezirke, sitzt, den Blick gewendet gegen
die Niederung, in welcher sonst die kleine Kasanka träge ihre
Fluten zur Wolga wälzt, so späht man vergebens nach dem
Flusse aus, vergebens nach den WTiesen und kleinen Tümpeln,
die sich zu Füßen der prächtigen Aussicht einige 30 Meter
Lößstudien an der Wolga. 59
tiefer weithin nach Norden erstreckten. Die Niederung der
Kasanka ist in einen See verwandelt, der Stromstrich aber
hat sich verkehrt und trübe stauen sich die von der steigenden
Wolga kommenden Fluten die Kasanka aufwärts. Das Wolga-
wasser ist mit Sinkstoffen beladen, die mit ihm über das
ganze Überflutungsgebiet verteilt werden.
Denn in den Tagen des Höchststandes verschwindet
rasch die gelbe Trübung und die abziehenden Fluten sind
klar und haben sich ihres mineralischen Ballastes entledigt.
Auf der von der Überflutung befreiten Niederung sieht
man dann allenthalben den lößfarbenen Sinkstoff in einer
dünnen Schicht den Boden decken.
Aber die Sonne und besonders die Frühjahrswinde trocknen
rasch, der Niederschlag wird rissig, schält sich auch vom
Boden und gerät in die Gewalt de^ Windes. Und der Mangel
einer Vegetationsdecke, in der sich der trockene Sinkstoff
verlangen könnte, begünstigt ganz außerordentlich die Frei-
zügigkeit des Staubes. Die 30 ni hohen Wände der Lößkante
im Kasankatale sind für ihn kein Hindernis. An der Brüstung
am Rande des Absturzes im Fuchshofgarten sitzend, war man
bei Wind ständig den Attaken des feinen Quarzsandes aus-
gesetzt, den der Frühjahrswind aus dem Kasankatale herauf-
brachte. Im Windschatten aller Hindernisse häufte er sich
und es läßt sich erwarten, daß auch seine Verteilung im
Gelände hauptsächlich durch die Windrichtung bestimmt wird,
welche um Kasan die herrschende ist.
Daß diese äolischen Aufbereitungsprodukte des Hoch-
wasserschlammes den weiteren Bereich der Stromtäler ganz
zu entfliehen vermögen, ist wohl kaum anzunehmen. Im Gegen-
teil, bald wird die rasch aufsprossende Vegetation die Kraft
des Windes überholen und dann ist es mit der Freizügigkeit
des Staubes zu Ende. Es wird also einerseits ein Teil des
Hochwassersehlammes das Inundationsgebiet gar nicht ver-
lassen und hier in den Marschen längs der Flüsse an einer
steten, aber sehr ungleichmäßigen Erhöhung des Bodens
arbeiten, das bewegliche Material aber wird sich dort ver-
fangen, wo im Jahresdurchschnitt die größte Windstille herrscht,
d. h. im Windschatten der Rücken.
6Q H'. Mohr,
So haben wir denn zwei aktuelle geologische Prozesse
kennen gelernt, welche noch heute der Umgehung von Kasan
Rohmaterial zuführen, dessen weitere Verteilung im Gelände
wesentlich von der herrschenden Windrichtung abhängt. Und
die Frage muß ernstlich erwogen werden, ob nicht Ablage-
rungen, deren Verteilung eine derartige Abhängigkeit verrät,
eben diesen geologischen Prozessen ihre Entstehung verdanken.
Eine Prüfung der postpliocänen Schichten, die wir unter
dem Titel »Lößstufe« zusammengefaßt haben, ergibt nun in
der Tat, daß eine solche gesetzmäßige Abhängigkeit vorhanden
ist. Es ist eine sehr bekannte Tatsache, welche in vielen
Gegenden bereits ihre Bestätigung gefunden hat, daß dem Löß
in Regionen, deren Relief eine ausgesprochene Luv- und Lee-
seite unterscheiden läßt, eine gesetzmäßige Verteilung zu-
kommt. Er hat sieh in diesem Falle mit überzeugender Folge-
richtigkeit auf der Leeseite der Rücken angesiedelt, wie dies
seine äolische Herkunft notwendig macht.
»In einer Gegend mit schroffem Formenwechsel «, sagt
Freiherr v. Richthofen,1 »wird man beobachten, daß der
Staub sich an geschützten Stellen in großer Mächtigkeit ab-
gelagert hat, dagegen an anderen, welche der fegenden Kraft
des Windes ausgesetzt sind, gänzlich fehlt«.
So hat E. Tietze die auffällige Ungleichseitigkeit der ost-
galizischen Täler und die vorherrschende Entwicklung des Löß
auf den westlichen Talgehängen damit zu erklären versucht,
daß er 'für die Zeit der Lößbildung ein Vorherrschen der West-
winde annahm. Von den Westwinden mitgenommen, sei der
Steppenstaub im Windschatten der N — S verlaufenden Höhen-
rücken, also an deren Ostabdachung abgesetzt worden. Auch
F. E. Sueß beobachtete eine ganz ähnliche Einseitigkeit der
Li")[jverteilung in den Tälern, welche die Ostabdachung der
Böhmischen Masse begleiten.
Loczi hat besonders an der Hand der Lößgeographie
von Ungarn gezeigt, wie folgerichtig sich dieses Gesetz für
einen großen Teil von Mitteleuropa ableiten läßt. Einen in-
direkten, aber wunderschönen Beweis verdanken wir Obrut-
1 Richthofen, Führer für Forschungsreisende, p. 442.
Lößstudien an der Wolga. 61
schew, dessen Untersuchungen im südwestlichen Trans-
baikalien (Zentralsibirien) das hochinteressante Ergebnis hatten,
daß sich dort das Verbreitungsgebiet des noch lebendigen Flug-
sandes vollständig an jenes des Lösses anschließt. (Die Jahres-
resultierendc der Windrichtungen hat also in diesem Gebiet seit der
Lößperiode keine kennbare Veränderung ihrer Richtung erfahren.)
Es ist sehr zu bedauern, daß diesem Gesetze der Löß-
verteilung in den neueren russischen Arbeiten, welche nicht
auf dem Boden der äol'ischen Theorie stehen, die ihm ge-
bührende Beachtung nicht zuteil wird. Denn daß diese Gesetz-
mäßigkeit auch für russische Gebiete Geltung hat, lehrt gerade
das Beispiel von Kasan.
In einer sehr alten Arbeit aus dem Jahre 1869 berichtet
ein scharfer Beobachter (N. A. Golowkinski ) über die Ver-
teilung der sogenannten »Sandformation« in der Umgebung
von Kasan. Diese »Sandformation« ist das, was wir als Löß-
stufe bezeichnet haben. Er sagt von ihr: »Die Sandformation
liegt in keiner Vertiefung, sie erreicht gleiche Höhe mit den
permischen Ablagerungen« ; und an einer anderen Stelle: »Es
ist bemerkenswert, daß Jen Westhang der Rücken per mische
Gesteine zusammensetzen, kaum verdeckt durch Lehm, während
der östliche (nordöstliche) überall gebildet wird durch die
kompakte Masse der mehr oder weniger tonigen ,Sandforma-
tioir. Dasselbe beobaclitet man auch an anderen Orten, z. B-
in der Semiosernajei Pustinja, nahe Laischew, gegen den
Osten von Sacharowka nun linken Ufer der Kunni) usw...«1
Gleichzeitig bringt er ein einfaches, aber sehr lehrreiches
Profil, welches ich hierher setze (siehe Fig. 5), weil es das
■Gesetz der Lößverteilung sehr hübsch zum Ausdruck bringt-
In einer Zeit also, da die äolische Theorie noch gar
nicht den Brennpunkt des Streites um die Lößentstehung
ausmachte, da die Lößnatur eines Teiles der posttertiären
Ablagerungen von Kasan noch gar nicht in Frage stand, hat
bereits ein scharfer Naturbeobachter diese Gesetzmäßigkeit im
Kasaner Gebiet erkannt. Und weil sie so ganz unbeeinflußt
1 X. A. Golowkinski, Beschreibung der geologischen Beobachtungen,
angestellt im Summer 1866 im Kasaner und Wiatkäer Gouvernement. Mate-
rialien zur Geologie von Rußland. St. Petersburg ]St>'.>, Bd. I, p. 2»;(> (russ.).
62 H.Mohr,
von jeglicher theoretischen Richtung festgestellt wurde, ver-
dient sie um so mehr Vertrauen.
Die Beschränkungen meiner Freizügigkeit haben es leider
nicht zugelassen, diesen wertvollen Feldbeobachtungen Golow-
kinski's nachzugehen und sie durch eigenes Tatsachen-
material zu ergänzen. Mögen künftige Untersuchungen im
zentralen Rußland diesem Lagerungsgesetz des Lösses die
gebührende Aufmerksamkeit schenken. Für unsere eigenen
Überlegungen müssen wir uns mit den angeführten alten
Beobachtungen bescheiden.
Die nächste Frage, welche dringende Erledigung heischt;
ist nun die: Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem
Verteilungsprinzip des Lösses und der herrschenden Wind-
richtung um Kasan?
Herr Prof. Fi cker- Feldhaus hat mir auch in diesem
Falle seine wertvolle Unterstützung nicht versagt und sich
der umständlichen Arbeit unterzogen, aus zehnjährigen Beob-
achtungen für das Wolgagebiet zwischen Nischni Nowgorod
und Sysran-Samara die Jahresresultante zu berechnen. Ich
möchte ihn für diese Mühe nochmals meines wärmsten Dankes
versichern. Hören wir, zu welchen Schlüssen ihn seine Berech-
nung führt :
»Im Wolgagebiet zwischen Nischni Nowgorod und Sysran-
Samara sind südwestliche Winde am häufigsten. Für vier in
diesem Gebiete gelegene Stationen berechnet sich nach zehn-
jährigen Beobachtungen (1894 — 1903) die Häufigkeit der ein-
zelnen Windrichtungen, wie in nebenstehender Tabelle folgt
(Häufigkeit in Prozenten aller Windstunden, exklusive der wind-
stillen Termin-Stunden).
Dem klimatologischen Atlas des Russischen Reiches ist
ferner zu entnehmen, daß die westliche Komponente der Luft-
strömungen in dem fraglichen Gebiete im Sommer stärker ist
als im Winter; dieser jahreszeitliche Unterschied ist sogar sehr
stark ausgeprägt. — Der Isobarenverlauf läßt südwestliche bis
westliche Winde als die häufigsten erwarten. Auch das Rechts-
drehen der Winde mit abnehmender Höhe über dem Erdboden
— in unserem Falle gleichbedeutend mit einer Verstärkung
der Westkomponente — darf nicht außeracht gelassen werden.«
Lößstudien an der Wolga.
68
D
u
:cS
^
-*
-j
^H
^
-J
D
5-i
in
■*
CO
CO
CM
s
S
cj
£
£
C
0
m
o
cn
*;
^f-
o
H
o
CM
Iß
CM
CO
S:
CO
CO
CO
^H
O
ir.
£
in
£
£
CO
j_
o
CM
fc
£
CD
■*
o
CM
CM
CO
f-
t-~
C~
CM
<M
CO
CO
r~
CM
W
CD
o
iß
CM
CO
w
O
CD
CO
iß
W
-+
CD
c
O
fc
_ o
£
m
t~
^
CO
ö
CO
oo
CM
»■^
o
■*
CD
03
OO
-*
-f
-*
-t"
b
O
t-~
es
CM
CM
~r
9-
o
CD
CD
\a
CO
uo
if2
iß
Iß
p
3
ÖD
[fl
c
?
cd
6
O
E
CJ
.__,
T3
c
c
et
c
£
g
u
X
35
O
CS
>,
iz;
W
!*
CO
0
in
4)
P ^
c S
o E
> ci
s
£ o
C>4 H. Mohr,
Halten wir uns diesen Tatsachen gegenüber noch einmal
vor Augen, was Golowkinski über die gesetzmäßige Ver-
teilung der »Sandformation - im Gelände konstatieren konnte,
so müssen wir über das Ergebnis dieses Vergleiches vollauf
befriedigt sein.
Wir haben also folgende Sachlage: In der Umgebung
von Kasan existiert eine posttertiäre Ablagerungsreihe, deren
petrographische Zusammensetzung und Aufbau eine ganze
Reihe von Merkmalen in sich schließt, welche auf eine äolische
Herkunft dieser Sedimente hindeuten, während gleichzeitig
alle Anhaltspunkte mangeln, welche einen Absatz aus dem
Wasser begründen würden. Diese »Formation- verrät eine
derart gesetzmäßige Verteilung im Gelände, daß sich ihre Ab-
lagerungsorte als die Leeseite der Grundgebirgsrücken zu
erkennen geben, wenn wir der Jahresresultante der Gegenwart
auch für die Bildlingsperiode des Lösses Gültigkeit zuerkennen
würden.
Angenommen, daß der Gang der Isobaren in Nach- und
Zwischeneiszeiten von dem der Gegenwart im wesentlichen
nicht verschieden war, so ergibt sich wenigstens für jenen
Löß, den wir als nach- oder zwischeneiszeitlich erkennen,
eine notwendige Beeinflussung durch die berechnete Jahres-
resultante. Mit größter Wahrscheinlichkeit müssen wir dem
Winde beim Absätze der Bodenarten der Lößgruppe in der
Umgebung von Kasan die entscheidende Rolle zuerkennen.
Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, daß die
den Löß unterlagernden Sande, welche nach Noinski auch
mit ihm wechsellagern, ihrer ganzen Beschaffenheit nach nur
dem Winde ihre Bildung und Ortstellung verdanken. Diese
Sande sind zum guten Teil als Dünensande klar kenntlich, sie
zeigen die für sie so bezeichnende Einförmigkeit der Zusammen-
setzung und Gleichmäßigkeit des Korns, sie zeigen wiederholt
und manchmal in klassischer Klarheit die Dünenschichtung,
wie sie z. B. vom mohammedanischen Friedhofe in Kasan
beschrieben wurde. Bei dem absoluten Mangel an Fluß- oder
Meereskonchylien unterliegt es meines Erachtens keinem
Zweifel, daß dieser Sand eine echte Landbildung darstellt und
gewissen Zwischenperioden seine Entstehung verdankt, welche
Lößstudien an der Wolga. 65
die große Phase der Lößbildung - - vielleicht nur örtlich —
unterbrachen.
Als wir auf der Fahrt von Moskau nach Samara uns von
Rusaevvka her der Wolga näherten, trat die Strecke bei
Koremeslowka überraschend aus der Tschernosjom-Region in
ein typisches Stück Steppe ein. Cremegelber Triebsand, über-
sät mit prächtigen äolischen Rippelmarken, deckt den Boden.
Spärlicher Graswuchs und schüttere Kieferinseln fristen ein
kümmerliches Dasein. Einigen großen Dünenwällen ist der
Mensch bereits erfolgreich zu Leibe gerückt: sie sind mit
mehrjährigen Kiefern bestanden.
Dieses Flugsandgebiet liegt 300 km wolgaabwärts südlich
Kasan. Aber auch dort - - in Kasan — - tritt uns dieses Stück
Gegenwart entgegen, nur »fossil«, begraben von einer mäch-
tigen Lößdecke. Ich habe mich nie des Gedankens erwehren
können, daß wir in Kasan und Samara ein zeitliches Neben-
einander vor uns haben, das in den Profilen der Lößgruppe
in ein zeitliches Nach- oder Übereinander übergeht. Und es
drängt manches dahin, die Frage, ob äolischer Löß um Kasan
heute noch gebildet wird, mit einem entschiedenen »Ja!« zu
beantworten.
Der Löß wächst noch.
Solange Staubstürme ganz ungeheure Massen von ober-
flächlichen Zerstörungsprodukten in südlichen Gebieten ab-
heben und sie hunderte von Meilen nach Norden verfrachten,
solange die Wolga hunderttausende von Kubikmetern an Sink-
stoffen jährlich über das Land ausstreut, solange ein Flecken
präquartären Grundgebirges dem Winde Angriffsfläche bietet
und der Verwitterung ausgesetzt ist, wird der Löß wachsen.
Aber dieser Prozeß geht jetzt anders vor sich, viel lang-
samer, wie wir vermuten, als in den Zeiten der Vergletsche-
rung.
Heute ist fast aller Boden um Kasan, der nicht vom
Walde bedeckt ist, Ackerland; der Mensch und die Pflanze
rücken gegen die Steppe vor. Aber wir wissen nicht, was
sich ereignen würde, wenn eine jener großen Völkerverschie-
bungen dem Lande alle Kultur nehmen, wenn sich wieder
alles Ackerland in Heide verwandeln würde.
Sitzb. d. mathem -naturw. KL. Abt. I, 129. Bd. 5
66 H. Mohr,
Verwitterungsstaub der Nachbarschaft kann ebenfalls
Stoffzufuhr für die Lößbildung bedingen. Aber wenn das ge-
samte Land mit wenigen Ausnahmen von einer Kultur- oder
Grasnarbe bedeckt ist, kann dieser Art der Stoff bringung nur
eine sehr bescheidene Bedeutung zuerkannt werden. Anders
wird diese Möglichkeit für eine Periode einzuschätzen sein,
als dieser Vegetationsüberzug noch nicht vorhanden war, als
das Eis nach Norden zurückwich und im Westen der Wolga
ausgedehnte Gebiete sich bar jedes Schutzes dem Winde dar-
boten.
Aber ist es nicht auffällig, daß die Rückzugsgebiete der
Dnjepr- und Donzunge selbst wieder von Löß bedeckt werden?
Wie kann er hier aus der Grundmoräne abgeleitet werden,
wenn sie selbst unter ihm begraben wird?! Hier ist es schwierig
zu sagen, der Löß ist örtlicher Entstehung, wie dies neuerdings
L. S. Berg vertritt.1 Auch dieser russische Forscher rechnet
mit der Lößbildung auf verschiedenem Wege. Er denkt sich
diesen entstanden einerseits durch Ausblasen fluvioglazialer
Ablagerungen, doch mißt er dieser Entstehungsart keine große
Bedeutung bei; dann auf deluvialem Wege im Sinne Arma-
schewsky's und endlich alluvial und durch Verwitterung in
situ. »Im Sakawkas und in Turkestan gibt es Ablagerungen
von ersichtlich alluvialer Herkunft. Und nichtsdestoweniger
besitzen sie eine lößähnliche Zusammensetzung. — Die Mög-
lichkeit der Bildung von alluvialen Bodenarten, welche sich
von Löß nicht unterscheiden, kann als bewiesen gelten. —
Der Löß des mittleren und nördlichen Rußland und auch
Sibiriens ist der gleichen Entstehung. Löß kann in situ ge-
bildet werden aus den verschiedensten Gesteinsarten im Gefolge
der Verwitterung und bodenbildender Prozesse unter dem Ein-
flüsse eines trockenen Klimas. Gewisse Gesteinsarten (wie
Moränen und tluvioglaziale Ablagerungen) sind zur Lößbildung
besonders geeignet. - - Die Bildungszeit des Lösses fällt in
eine Trockenperiode, welche auf die Vereisung folgte, als sich
die Steppen bedeutend weiter nach N erstreckten.«
1 L. S. Berg, Über das Auftreten des Lösses. Iswiestia der Kaiseil.
Russ. Geogr. Gesellsch., Bd. LIT, 1916, Lief. VIII, p: 579^647 (russ.).
I.ößstudien an der Wolga. (?7
Dies sind die Leitsätze des Berg' sehen Lehrgebäudes.
Vielleicht war es notwendig, den mehr autochthonen
Charakter des Lösses zu betonen, der in den südrussischen
Steppen wächst; dem Verfasser steht darüber kein Urteil zu.
Aber dem gesamten Löß des mittleren und nördlichen Rußland,
dem Löß Sibiriens die gleiche Art des Entstehens zu unter-
stellen, wie dies Berg tut, dürfte zu weit gegangen sein. Es
ist immerhin sehr bemerkenswert und soll nicht übersehen
werden, daß innerhalb des mitteleuropäischen Lößgürtels sich
beträchtliche Strecken durch sehr spärliche Verbreitung oder
völlige Armut an diesem Gestein auszeichnen. Auffällig ist z. B.
die Lößarmut auf der ganzen Ostabdachung der Alpen gegen
die pannonische Niederung; schwer erklärlich auch die Spär-
lichkeit seiner Vertretung im Regnitz- und Neckarlande (Süd-
westdeutschland) und im Moldaugebiet (Böhmen), wie dies
bereits Alb. Penck1 hervorgehoben hat. Solche Lücken in der
Lößverbreitung bereiten der Berg' sehen Theorie der Auto-
chthonie des Lösses einige Schwierigkeiten und es ist sehr
fraglich, ob nicht Alb. Penck's Auffassung dem Problem viel
näher kommt, indem sie einen Zusammenhang zwischen den
dem vereisten Gebiete entströmenden Flüssen und der Löß-
verteilung herstellt.
Es ist sehr auffällig, daß »der Löß nördlich der Alpen
gerade in den Tälern, in welchen die Schmelzwasser der Ver-
gletscherung sich zum Meere bewegten, seine größte Entwick-
lung zeigt, so längs der Donau, längs des Rheins und längs
der Rhone bis dahin, wo sie ins Waldgebiet der Eiszeit floß«.
...»Nahe liegt es angesichts der überaus mächtigen Löß-
massen der Gegend von Krems an verwehten Hochwasser-
schlamm der Donau zu denken, sowie den Löß der Mittelrhein-
ebene auf den Rhein zurückzuführen «.-
Meine Beobachtungen an der Wolga sind sehr geeignet,
dieser Auffassung als Stütze zu dienen.
Durch die Zubringung von Staub anderer Herkunft, von
fremdem, weither verfrachtetem und von einheimischem, prä-
1 Alb. Penck und Ed. Brückner, Die Alpen im Eiszeitalter, III. Bd.j
Leipzig 1909, p. 11 HO.
2 A. a. O., p. 1160.
68 II. Mohr,
quartären Entblößungen entstammendem, wird zwar das Pro-
blem ein kompliziertes, aber da diese letzteren Arten der
Staubzufuhr wahrscheinlich hinter der zuerst erwähnten in
ihrer Wirkung zurückbleiben, so tun sie der Penck' sehen Auf-
fassung wenig Abbruch.
An Yerwitterungsstauh aus Trockengebieten oder Gletscher-
schlamm werden wir aber auch deshalb denken müssen, weil
nur die unzersetzten, kalkhaltigen Silikate dieser Zerstörungs-
produkte geeignet sind, den hohen Kalkgehalt des aufgeschlos-
senen Lösses zu erklären.
Wir eilen zum Schlüsse. Das Problem der Lößentstehung
erscheint uns seinem Wesen nach kein einfaches; sowohl ört-
lich als zeitlich unterliegt es nach unseren bisherigen Er-
fahrungen verschiedenen Abänderungen.
Für den Löß der zweiten Terrasse von Kasan (Noinski)1
ist sowohl die Teilnahme von verwehtem Hochwasserschlamm
als von Steppenstaub am Aufbau bis in die Gegenwart sehr
wahrscheinlich. Für eine Anwendbarkeit der Deluationstheorie
ergaben sich keine Handhaben. Die Lößgruppe um Kasan
(Noinski II. Terrasse) ist überwiegend äolischer Entstehung;
Zusammensetzung, Aufbau und Verteilung im Gelände machen
dieses Urteil fast zur Gewißheit.
Diese Arbeit war im wesentlichen bereits während meines
Aufenthaltes in Kasan zum Abschlüsse gebracht worden. Nur
einige Untersuchungen im Kleinen, wie die mikroskopische
Durchforschung der um Kasan aufgesammelten pleistocänen
Gesteine und des am 10. Jänner 1918 gefallenen Staubes sollten
noch eine Ergänzung bringen. Nun haben die Wirren in Ruß-
land bis heute eine Nachsendung der in Kasan zurückgelassenen
Aufsammlung nicht zugelassen.
1 M. Noinski, .Materialien zur Geologie von Kasan und dessen Um-
gebung. 11. Über den Charakter der Ablagerungen bei der alten Klinik. Beil.
zu den Sitzungsprotokollen der Naturforschenden Gesellschaft an der Kasaner
Universität. Nr 334 Ouss.).
Lößstudien an der Wolga. 69
Da mittlerweile ein Jahr seit meiner Heimkehr ver-
strichen ist und die Aussichten, bald in den Besitz meiner
Aufsammlungen zu gelangen, gering sind, so übergebe ich
diesen Beitrag zur Kenntnis des russischen Lösses dem
Drucke.
Ich bin mir der Lücken bewußt. Aber da deren Aus-
füllung die Grundlinien dieser Untersuchung kaum zu ver-
rücken imstande sein werden, so kann ich der Hoffnung Aus-
druck verleihen, daß diese Mängel weniger schwer empfunden
werden mögen.
71
Kurze Beschreibungen neuer
Thysanopteren aus Österreich1
Von
Dr. H. Priesner
(Mit 8 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 22. Jänner 1920)
Farn. Thvipidae.
1. Anaphothrips silvarum n. sp.
9: Körperfarbe dunkelbraun, Thorax braun. Fühler
und Schenkel wie der Körper gefärbt, Vorderschenkel an der
Spitze heller, Vorderschienen gelblich, außen getrübt, Mittel-
und Hinterschienen graubraun, an der Spitze heller, Tarsen
graugelblich. Vorderflügel leicht gelblichgrau getrübt.
Kopf um 0"5 breiter als lang, nach hinten leicht
gerundet erweitert. Interocellarborsten sehr klein, fast zwischen
den beiden hinteren Ocellen stehend. Fühler kurz, das
zweite Glied das breiteste, das dritte viel länger als dieses,
samt Stiel um 0-3 länger als das vierte, bei seitlicher
Ansicht stark asymmetrisch, das fünfte Glied verhältnismäßig-
klein und seitlich stark gerundet, kürzer als das vierte, das
sechste um 0'57 länger als das fünfte, ohne schräge Quer-
linie; Stylus lang, das achte Glied viel länger als das
siebente. Prothorax ohne längere Borsten, sehr kurz, um
1 Die allgemeine Not in Österreich zwingt mich, die Beschreibungen
der neuen Thysanopteren nur ganz kurz zu fassen. Die neuen Formen sollen
später in einer zusammenfassenden Arbeit ausführlicher, sämtlich mit Bei-
gabe von Skizzen charakterisiert werden.
tl H. Priesner,
0*9 breiter als lang; Pterothorax breiter. Vorderflügel an
der Außenader mit drei Distalborsten. Beine schlank. Ab-
domen breit, Borsten an dessen Ende dunkel und kurz,,
am 9. Segment O'Obmm lang.
Fühlermaße in Mikron, vom 3. Glied an: 43, 32, 27r
38, 9, 13. Kopf 94 jx lang, 136 fi breit. Prothorax 94 u. lang,
179 \x breit. Pterothorax 306 \x lang, 230 ;x breit. Abdomen
595 ;x lang, 306 |x breit. Gesamtlänge fast 1 //////. — o" un-
bekannt.
Von den dunklen Arten ätroapterus Priesn., validus
Karny und similis Uzel unterscheidet sich diese Art: von
ersterer durch viel kürzere Fühler, verhältnismäßig längeres
drittes und kürzeres fünftes Glied derselben, viel kürzeren
Kopf und viel schwächere Beine, von validus durch viel
kürzeres, seitlich stärker gerundetes, fünftes und kürzeres
drittes Fühlerglied, ferner durch kürzeren Prothorax, von
similis Uz. durch Färbung und Fühlerbildung. Von dunklen
Stücken der Art ferrugineus Uzel durch kürzere Fühler
verschieden.
Vorkommen: 1 9, Hörsching in Oberösterreich,.
26. Mai 1919, geketschert am Waldrande (H. Priesner).
2. Oxythrips virginalis n. sp.
9: Körperfarbe hellgelb, Thorax und Abdomen oben
mit schwachen grauen Zeichnungen. Fühler gelb, 2. Glied
mit grauem Anflug, 4. Glied an der Spitzhälfte grau, 5. Glied
grau, an der Basis gelb, 6., 7. und 8. Glied dunkelgrau.
Borsten am Abdomenende dunkelbraun.
Ähnlich Oxythrips ajugae Uzel. Kopf breiter als lang,.
Ocellen deutlich, Kopfseiten leicht gewölbt. Interocellarborsten
knapp vor den beiden hinteren Ocellen. 2. Fühlerglied doppelt
so lang als das erste, 3. Glied samt Stiel etwas länger als
das 2. und etwas länger als das 4. 5. Glied kaum kürzer
als 4. Sechstes lang, länger als bei 0. ulmifoliorum Hai id.,
seitlich weniger gerundet, um 0-56 bis 0"6 länger als das
5. und um 1*5 bis 1*7 länger als breit.
Thysanopteren aus Österreich. 73
Prothorax um 0*25 breiter als lang, nach vorn konisch
verengt, Hinterecken mit je einer mäßig langen Borste,
welche kürzer ist als bei O. ajugae Uz. und brevistylis
Tryb., sie ist ungefähr so lang wie bei 0. ulmifolionim Hai.
Vorderflügel fast ungetrübt, äußere Ader mit 3 oder
4 Distalborsten. Innenader mit 8 Borsten. Beine unbewehrt.
i>. Abdominalsegment vor dem Hinterrande mit 6, 10. mit
4 kräftigen, nur mäßig langen, braunen Borsten. — o un-
bekannt.
Maße in ;x: Fühlerglieder: 19, 38, 40, 33 bis 34, 32, 51r
8, 15. Kopf 102 bis 110 lang, 136 bis 145 breit. Prothorax
136 lang, 170 breit. Pterothorax 238 lang, 238 bis 248 breit.
Abdomen 510 bis 560 lang, 255 bis 290 breit. Gesamtlänge
0*8 bis 0*9 mm.
Vorkommen: 299, völlig übereinstimmend, Pfenningberg
bei Linz in Oberösterreich, 18. Mai 1918, auf nicht
blühenden Pflanzen (leg. H. Priesner).
Parafrankliniella nov. gen.
Ocellen vorhanden. Körper langborstig. Kopf seitlich stark
gerundet. Fühler achtgliedrig (Stylus zweigliedrig). Maxillar-
taster dreigliedrig. Prothorax am Vorderrande jederseits mit
zwei langen Borsten, von denen die inneren, zwischen den
Vorderecken und der Mittellinie in der Mitte stehenden, viel
länger sind als die äußeren. Hinterecken mit zwei langen
Borsten. Borstenreihe der Vorderflügelaußenader mit einer
kleinen Lücke. Beine einfach, Abdomen der cfcf einfach.
Springvermögen vorhanden.
3. Parafrankliniella verbasci n. sp.
Durch den hinter den Augen etwas eingeschnürten Kopf
mit den seitlich stark gerundeten Wangen, die abweichend
gebauten Fühler, die Stellung der Interocellarborsten und
besonders durch die sehr langen inneren Vorderrandborsten
am Prothorax und die ungezähnten Vordertarsen von allen
Fr ankliniella- Arten leicht zu unterscheiden.
74
H. Priesner,
9: Körperfarbe schwarzbraun oder gelblichbraun mit
grauer Trübung. 1., 2. und 4. bis 8. Fühlerglied schwarz-
braun, 3. Glied gelb, oberseits meist leicht getrübt. Beine
schwarzbraun, Mittel- und Hinterschienen an der Basis und
Spitze heller, Vordertibien gelb, außen und innen getrübt,
Vordertarsen trübgelb, Mittel- und Hintertarsen grau. Vorder-
flügel an der Basis glashell, sonst stark getrübt, gegen die
Spitze merklich heller.
Fig. 1.
Vergrößerung: 120 fach.
Kopf viel breiter als lang, hinter den Augen eingezogen,
Wangen gewölbt. Interocellarborsten lang, vor den hinteren,
an den Seiten des vorderen Ocellus stehend. Letztes Maxillar-
tasterglied sehr lang und dünn. 4. Fühlerglied kürzer als
das 3., seitlich stark gerundet, distal stark verengt,
5. kürzer, 6. kürzer als 3., an der Spitze verengt, schräg
abgestutzt. Das erste Stylusglied breit. Prothorax an den
Vorderecken mit einer mäßig langen, an den Hinterecken
mit zwei sehr langen Borsten jederseits. Am Vorderrande
zwischen der langen Eckenborste und der Mittellinie mit
einer sehr langen Borste jederseits, die länger als die Ecken-
borste ist. Innenader der Vorderflügel fast der ganzen
Länge nach beborstet, Außenader mit einer Lücke in der
Thysanopteren aus Österreich. 75
Borstenreihe, so daß 7 bis 9 Distalborsten von den anderen
getrennt sind. Beine einfach. Borsten am Abdomenende
sehr lang.
cf: Kleiner und schmäler, heller gefärbt, Kopf und
Abdomenende am dunkelsten, 6. Fühlerglied länger als das 3.
Flügel nur schwach gelblich getrübt. 3. bis 7. Abdominal-
segment mit je einer schmalen, querovalen, lichten Vertiefung.
Länge 0'9 bis 1 nun.
Maße der 9 in ;x: Fühlergliederlängen: 27, 38, 62, 54,
41, 51, 8, 16. Kopf 119 bis 136 lang, 162 breit. Prothorax
153 lang, 213 breit. Pterothorax 340 lang, 281 breit. Abdomen
730 lang, 340 bis 360 breit.
Fühlergliederlängen der c? in ;x: 24, 34, 49, 44, 33, 54,
8, 12.
Vorkommen: Juni bis September nicht selten auf
Verbascum thapsus und nigrwm (Blüten und Blätter). Von
Herrn J. Kloiber (Linz) bei Sarleinsbach in Oberösterreich
entdeckt, von dem Genannten und mir auch bei Linz auf-
gefunden. Lebt in Gesellschaft von Neoheegeria verbasci
Osborn.
4. Thrips difficilis n. sp.
9: Körperfarbe braun oder lichtbraun, Umgebung der
Augen heller, Abdomen stets dunkelbraun. 1. und 2. Fühler-
glied gelblich, an der Basis grau getrübt, 3. und 4. Glied
gelb, 4. gegen die Spitze leicht getrübt, 5. braungrau, am
Grunde gelblich, 6. und 7. Glied dunkel. Beine gelb, Schenkel-
mitte braun, Mittel- und Hinterschienen in der Mitte schwach
getrübt. Flügel hell, die vorderen undeutlich gelblich getrübt,
wie bei T. fuscipennis var. major Uzel.1
1 Thrips fuscipennis Karny (Zool. Anz. Bd. XLIII, Nr. 3, Dezember
1913, p. 135) gehört, wie die betreffenden Präparate zeigen, nicht zur Art
communis Uzel und kann daher mit deren var. pullus l'zel nicht
identifiziert werden, wohl aber mit der du n k e I fl üge 1 igen Form des
T. major Uzel. weshalb ich, wohl mit Recht, T. major Uzel, ferner
sambuci Heeger, Uzel als Variationen zur Art fuscipennis Hai. stelle.
T. meledensis Karny scheint auch hierher zu gehören, sicher salicaria
Schule (partim) und salicaria Coesfeld, nicht aber salicaria Trybom.
76 H. Priesner,
Kopf klein, wenig breiter als lang, Wangen nicht ge-
wölbt, schwach aber deutlich nach hinten verengt. Interocellar-
borsten stehen in der Verbindungslinie des vorderen Ocellus mit
den beiden hinteren Ocellen. Erstes Fiihlerglied sehr kurz, das
zweite lang, verhältnismäßig länger als bei den verwandten
Arten, das dritte schmal, kurz, samt Stiel jedoch etwas länger
als das 2., 4. kürzer als 3. samt Stiel, 5. rundlich, kürzer
als 4. 6. Glied um 0'4 bis 0-5 länger als 5. Stylusglied
lang und spitzig.
Prothorax verhältnismäßig schmal, breiter und länger
als der Kopf, Hinterecken mit zwei mäßig langen Borsten
jederseits. Vorderflügelaußenader mit drei Distalborsten.
Beine einfach. Abdomen wenig breit, Spitze mit langen
Borsten, die aber kürzer sind als bei den verwandten Arten.
Maße des 9 in p,: Fühlerlängen 16, 32, 36, 32, 29,
41, 14. Kopf 94 bis 102 lang, 119 breit. Prothorax 111 lang,
150 breit. Pterothorax 204 lang, 204 breit. Abdomen 630 lang,
230 breit. Gesamtlänge 0'9mm.
cT. Unbekannt.
Durch den kleinen Kopf an Tlin'ps angusticeps Uz.
erinnernd, vielleicht auch longicollis Uz. nahestehend, durch
die hellen Flügel T. fnscipennis var. major Uz. ähnlich, unter-
scheidet sich T. difficüis von ersterer Art durch die hellen
Flügel, spitzigeres Stylusglied und die Körperfärbung etc.,
von T. longicollis Uz. durch den kürzeren Kopf und die
nicht gewölbten Wangen von T. f. var. major Uz. durch
schmächtigere Körpergestalt, kleineren, schmäleren Kopf und
die Fühlerbildung (kleineres fünftes Glied!).
Vorkommen: 499, 27. April 1918, bei Grünburg in
Oberösterreich in verblühten 9 -Weidenkätzchen (leg.
H. Priesner).
5. Thrips robustus n. sp.
9 : K ö r p e r f a r b e braun bis dunkelbraun, Abdomen
dunkler. 1., 2., 5., 6. und 7. Fühlerglied braun, 3. Glied gelb,
welche Art zu viminälis Uzel zu stellen sein wird. Zu fnscipennis Hai.
gehört sehr wahrscheinlich auch salicaria Uzel (partim!).
Thysanopteren aus Österreich. ' '
oben oft schwach getrübt oder ganz gelb, 4. Glied licht
graubraun, Basis gelb. Beine gelb, Schenkel und Schienen
in der Mitte braun. Vorderschienen oft nur außen getrübt.
Vorderflügel stark braun getrübt, Hinterflügel fast hell.
Kopf breiter als lang, Seiten leicht gewölbt. Interocellar-
borsten an den Seiten des vorderen Ocellus. Fühler kurz,
2. Glied breiter als bei der verwandten Art validus Uz.,
ähnlich wie bei düatatus Uz, an der Spitze sehr breit ab-
gestutzt. 3. Glied an der Basis dünn gestielt, dann sehr stark
erweitert, im ersten Drittel am breitesten, gegen die Spitze
verengt, vor derselben stark eingeschnürt: krugförmig. 4. Glied
wenig kürzer als das 3. (samt Stiel), 5. viel kürzer als das
4.; an den Seiten aber nicht so stark gerundet wie bei
Fig. 2.
Vergrößerung: 275 lach.
validus, auch nicht so kurz wie bei diesem. 0. Glied etwas
kürzer als 3. (samt Stiel). Stylusglied normal. Prothorax
an den Hinterecken mit zwei sehr langen Borsten jederseits.
Flügel verhältnismäßig kurz, Adern deutlich, Außenader mit
drei Distalborsten. Beine kräftig, einfach. Abdomen breit,
aber verhältnismäßig schmäler als bei düatatus Uz., an der
Spitze sehr lang beborstet.
Maße der 9 in ;j.: Fühlergliederlängen' 24 bis 27, 34
bis 38, 57 bis 59, 51 bis 57, 38 bis 41, 51, 16 bis ID. Kopf
128 bis 136 lang, 170 breit. Prothorax 13(3 lang, 221 breit.
Pterothorax 255 lang, 281) bis 306 breit. Abdomen 700 lang,
323 bis 357 breit. Vorderflügel 765 lang. Gesamtlänge: 1*2
bis l'Smm. — cf: Unbekannt.
T. validus Uz. und dilataius Uz. ähnlich, von ersterem
durch die Fühlerbildung und Fühlerfärbung etc., von letzterem
durch bedeutendere Körpergröße, weniger breites Abdomen,
78 H. Priesner,
kürzere Körperborsten und die Fühlerbildung leicht zu unter-
scheiden.
Vorkommen: Im Mai und Juli in Blüten von Gentiana
kochiana Perr. et Song, und clusii P. et S. in 1500 bis
1600 m Seehöhe nicht selten. — Steiermark: Mugel bei
Brück an der Mur. — Oberösterreich: Warscheneck.(leg.
H. Priesner).
6. Thrips alpinus n. sp.
9: Körperfarbe schwarz, Pterothorax schwarzbraun.
Vorderschienen gelb, außen und innen schmal gebräunt, die
übrigen Schienen braun, gegen die Spitze gelblich, Tarsen
gelb. 1., 2., 6. und 7. Glied der Fühler wie der Körper gefärbt,
3. und 4. Glied graubraun, an der Basis und Spitze scharf
abgegrenzt hellgelb, 5. graubraun, am äußersten Grunde hell.
Fig. 3.
Vergrößerung: 275 fach.
Vorderflügel stark braun getrübt, an der Basis licht, Borsten
auf den Flügeln schwarz.
Borsten am Körper sehr lang. Kopf lang, kaum breiter
als lang, hinter den Augen geschnürt, Augen hervorgequollen,
Kopf von den Augen nach hinten erweitert, am Hinterrande
breiter als an den Augen, dann wieder verengt. Interocellar-
borsten wie bei dilatatns Uz. Kopf hinter den Augen stark
querrunzelig. 3. Glied der Fühler sehr lang, dünn gestielt,
vor der Spitze halsförmig geschnürt (flaschenförmig), 4. Glied
kurz gestielt, kürzer als das 3. samt Stiel, an der Spitze
gleichfalls, aber nicht so stark wie das 3. geschnürt, 5. Glied
schmal und lang, 6. Glied lang, kürzer als das 4. Stylus
lang. Prothorax so lang wie der Kopf, zwei Borsten an den
Hinterecken sehr lang. Vorderflügelaußenader mit drei weit
voneinander abstehenden Distalborsten. Beine stark, einfach.
Thvsanopteren aus Österreich. 7.f
Abdomen breit, an den Seiten langborstig, Borsten an der
stark verengten Spitze auffallend lang.
Maße des 9 in fx: Fühlergliederlängen 30, 43, 70, 65,
46, 58, 22. Kopf 153 lang, 187 breit. Prothorax 153 lang,
255 breit. Pterothorax 323 lang, 332 breit. Abdomen (Segmente
zusammengezogen) 850 lang, 408 breit. Gesamtlänge 1 • 5 mm.
cf. Unbekannt.
Durch die Körpergröße an T. klapaleki Uz. erinnernd,
ist alpiuiis durch die Kopfform und Fühlerbildung leicht
kenntlich und mit keiner der bekannten Arten zu ver-
wechseln.
Vorkommen: Von mir 1 9 am 12. Mai 1918 bei Klaus
in Oberösterreich in Alpenblumen1 aufgefunden.
Idolimothrips nov. gen.
Ocellen vorhanden. Kopf parallelseitig. Fühler 7-gliedrig
(Stylus 1-gliedrig), 2. Glied der Fühler tonn chen förmig.
Maxillartaster 3-gliedng. (Flügel verkümmert.) Abdomen mäßig-
breit, gegen die Spitze mit dornförmigen Börstehen besetzt,
die nicht so kräftig wie bei Limothrips Hai., jedoch viel
stärker als die Abdominalborsten bei allen übrigen Thripiden-
gattungen sind. Prothorax jederseits an den Hinterecken mit
zwei Borsten, von denen die innere doppelt so lang ist wie
die äußere. Beine einfach.
Mit dem Genus Thrips L. am nächsten verwandt.
7. Idolimothrips paradoxus n. sp.
9: Körperfarbe: Kopf und Prothorax braun, Pterothorax
lichtbraun, Abdomen schwarzbraun. Borsten und Dörnchen
am Abdomen dunkel. 1., 2., 6. und 7. Fühlerglied graubraun,
3. und 4. Glied gelb, dieses ganz leicht getrübt, 5. Glied
hellgraubraun. Beine gelb, Schenkel stark, Mittel- und Hinter-
schienen außen schwach getrübt.
1 Gemischtes Material (hauptsächlich Gentiana clusii).
<so
H. Priesner,
Kopf breiter als lang, parallelseitig. Ucellen weit aus-
einanderstehend, Interocellarhorsten klein, knapp vor den
hinteren Ocellen. 1. Fühlerglied sehr kurz, das 2. mehr als
doppelt so lang als das 1., langgestreckt tonnenförmig, breiter
als die folgenden Glieder. 3. Glied kurz, gestielt, samt Stiel
kürzer als das 2. und 4., 5. kürzer als dieses, 6. solang wie 5.
Stylusglied lang und dünn. Prothorax an den Hinterecken
mit jederseits zwei längeren Borsten, deren äußere nur halb
so lang ist wie die innere. Außerdem am Hinterrande vier
kleine Börstchen jederseits. Pterothorax wenig breiter als
Fig. 4.
Fig. 5.
Vergrößerung: 120 fach.
der Prothorax. Flügel zu kleinen Läppchen verkümmert.
Vorderbeine etwas verdickt. Abdomen an den Seiten mit
kurzen, dornartigen Börstchen besetzt, die gegen die Spitze
länger werden. Am 8. Segment seitlich jederseits 2 kürzere und
2 längere, am 9. Segment 2 dorsale, 2 laterale Börstchen, ferner
•6 lange Haarborsten, am Hinterrande des 9. Segmentes stehen
-oberseits 5 sehr feine, helle, gerade nach hinten gerichtete
Härchen. 10. Segment mit 4 starren, mäßig langen Borsten.
Maße des o in ;x: Fühlergliederlängen 3, 38,32,38,33,
34, 15. Kopf 89 lang, 126 breit. Prothorax 138 lang, 175 breit.
Pterothorax 187 lang, 213 breit. Abdomen 700 lang, 264 breit.
Gesamtlänge 1 mm.
cT: Unbekannt.
Thysanopteren aus Österreich. 81
Vorkommen: 1 9 bei Grünburg in Oberösterreich
am Ufer der Steyr (27. April 1918) geketschert.
Farn. JPhloeothripidae.
8. Haplothrips vuilleti n. sp.
Durch den langen, eigenartig geformten Kopf, die langen,
nicht scharfspitzigen, hellen Postokular- und Prothoraxborsten
ausgezeichnet.
9 : Körperfarbe braun bis schwarzbraun, ähnlich H. phyllo-
philus Pries n. gefärbt, das rote Hypodermalpigment meist
Fig. 6.
Vergrößerung: 120 fach.
durchscheinend. Beine wie der Körper gefärbt, die Mittel-
und Hintertarsen etwas heller, Vorderschienen lichter, Vorder-
tarsen gelblich. Fühler dunkelbraun oder lichtbraun, das dritte
Glied gelb, oben schwach graubraun getrübt, das 4., 5. und
meist auch das 6. Glied nur am Grundstielchen gelb, sonst
dunkel. Borsten am Körper licht. Flügel glashell.
Kopf länglich, um 0"15 bis 0*17 länger als breit, an
den Seiten deutlich gerundet, nach vorn jedoch etwas stärker
verengt als nach hinten und hiedurch charakteristisch geformt.
Postokularborsten sehr lang, zart, hell, die Seiten des Kopfes
weit überragend. Die Fühler kräftig, nicht so schlank wie
Sitzb.d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 6
82 H. Priesner,
bei phyllopJiilus, das 4. Glied so lang oder etwas länger als
das 3.; das 5. kürzer, das 6. ebenfalls kürzer als das vorher-
gehende, das 7. jedoch wieder länger als das vorhergehende.
Das 4. Glied stets breiter als das 3., dieses um 0*8 länger
als breit bis fast doppelt so lang als breit. Prothorax an
den Hinterecken mit jederseits einer langen, hellen, anfangs
geraden, an der- Spitze leicht gebogenen Borste, die nicht
scharfspitzig, sondern stumpf, meist schräg abgestutzt ist.
Pterothorax mäßig breit, etwas breiter als der Prothorax.
Flügel glashell, die vorderen mit 8 bis 11 eingeschalteten
Fransen. Yordertarsen mit sehr kleinem Zähnchen. Abdomen
an den Seiten mit sehr langen, hellen Borsten. Tubus um
0-23 bis 0*28 kürzer als der Kopf, am Grunde um 0-7 bis
0'9 breiter als am Ende.
Maße der p in \x: Fühlergliederlängen 22 bis 30, 42 bis-
46, 50 bis 53, 51 bis 53, 47 bis 49, 39 bis 42, 42 bis 43,
26 bis 28. Kopf 201 bis 204 lang, 167 bis 170 breit. Pro-
thorax 153 bis 158 lang, 255 bis 303 breit. Pterothorax 289
bis 340 lang, 306 bis 340 breit. Abdomen 750 bis 800 lang,
323 bis 374 breit. Tubus 141 bis 153 lang. — Gesamtlänge:
1 • 3 bis 1 • 6 mm.
cT: Kleiner, schmäler, Kopf etwas weniger nach vorn
verengt als beim 9, um 0*3 bis 0*4 länger als breit, an den
Fühlern nur das dritte Glied (oft auch dieses nicht) rein gelb,
das vierte und fünfte wolkig, hell braun getrübt, die übrigen
Glieder dunkelbraun. Vorderschenkel etwas verdickt, Tarsen
mit einem deutlichen Zahne. Vorderflügel mit 4 bis 7 ein-
geschalteten Fransen. Tubus um 0-3 bis 0-4 kürzer als der
Kopf. Borsten am Kopf und Prothorax sind glashell, kürzer
als beim 9, an der Spitze abgestutzt. Länge 1*3 bis 14««.
Vom cf der Art acanthoscelis Karny durch bedeutendere
Größe, längere Fühler, helleres 3. Glied derselben, meist
zahlreichere, eingeschaltete Fransen, vom cf der Art pliyllo-
philus durch die Kopfform, breiteres 3. Fühlerglied und
die helle Färbung der Prothoraxborsten leicht zu unter-
scheiden.
Vorkommen: Anzahl 99 und cfc? bei Graz (21. und
24. Mai 1914, Schöckl, Rannach) in Steiermark in Blüten
ö
Thysandptereri aus Österreich. öd
(Trifolium montanum L., Anthyllis jacquini Kern.) gefunden
(H. Priesner).
9. Haplothrips arenarius n. sp.
(— H. distinguendus Pries, olim i. litt.)
Durch die kurzen Postokularborsten dem leucanthemi
Schrk. nahestehend, von demselben durch die vollkommen
.glashellen Flügel, die Kopfform und den kurzen Tubus ver-
schieden.
9: Körperfarbe schwarz, Vordertibien gegen die Spitze
heller, Vordertarsen gelblich. Fühler dunkel, das dritte Glied
gelb, an der Basis oben schwach braun getrübt, an der
Spitze ganz braun getrübt, das vierte braungrau, oben und
unten gelblich gefleckt, oft auch das fünfte Glied am Grunde
gelblich. Flügel vollkommen hyalin.
Kopf lang, um 0-13 bis 0-18 länger als breit, sofort
hinter den Augen nach hinten verengt. Postokularborsten sehr
klein, meist nicht sichtbar. Die Borsten an den Hinterecken
des Prothorax sehr kurz, starr, kaum zugespitzt. Vorder-
flügel mit 9 bis 11 (selten 7 oder 8) eingeschalteten Fransen.
Vordertarsen mit sehr kleinem Zähnchen, das nur in
gewisser Stellung sichtbar ist. Tubus um 0'3 bis 0*43
kürzer als der Kopf,1 am Grunde um 0-8 breiter als an
-der Spitze.
Maße des 9 in u/. Fühlerlängen: 22, 46, 54 bis 58, 54
bis 57, 47 bis 53, 47, 46, 34. Kopf 211 bis 218 lang, 184
bis 187 (c? 170) breit. Prothorax 153 lang, 272 bis 315 breit.
Pterothorax 289 bis 306 lang, 306 bis 357 breit. Abdomen
700 bis 800 lang, 298 bis 340 breit. Tubus 124 bis 135
lang. Gesamtlänge 1*4 bis 1 -6 //////.
rj: Schmäler, Tubus und Fühler länger und schlanker,
Kopf nach hinten noch stärker verengt als beim 9, Vorder-
beine sehr stark verdickt, Tarsen mit einem sehr kräftigen
Zahne. \rorderschienen gelb, nur an der Basis dunkel.
' Den Kopf der Phloeoihripiden messe ich stets vom Vorderrande der
Augen bis zu seinem Hinterrande.
84 H. Priesner,
Vorkommen: Vom Museum Königsberg aus Ost-
preußen eingesandt (Lötzen, 11. August 1909, Helichrysum
arenarium-Blüten). Von H. Karny im Juli 1909 und August
1919 in Oberweiden (Niederösterreich) in Anzahl ge-
ketschert.
Eurytrichothrips nov. gen.
Körper sehr breit und flach. Kopf kürzer als der Pro-
thorax, seitlich sehr stark gerundet erweitert, ohne Warzen.
Mundkegel breit gerundet, zirka die Mitte des Prosternums
erreichend, Oberlippe das Labium nicht überragend. Palpen
kurz. Ocellen stets vorhanden. 9 9 geflügelt oder rudimentär
geflügelt, cTcT mit verkümmerten Flügeln. Fühler achtgliedrig,
8. Glied so lang oder länger als das 7. Das Sinnesgrübchen
an der Oberseite des 2. Fühlergliedes befindet sich
wie bei Plectrothrips Hood in oder vor der Mitte des
Gliedes. Borsten sämtlich scharfspitzig. Vorderbeine beim
rf und 9 sehr stark verdickt, Vordertarsen auch beim 9
stark gezähnt. Tubus kürzer als der Kopf. Flügel gleichbreit,
ohne Fransenverdoppelung.
Mit Tricliothrips Uzel und Plectrothrips Hood am
nächsten verwandt.
10. Eurytrichothrips piniphilus n. sp.
(= Tricliothrips ulmi Priesn., Wiener Entom. Zeitschr.,
XXXIII. Jahrg., 1914, p. 195; nee Tricliothrips ulmi Hai.)
9 : Schwarzbraun oder braun, Vorderschienen gelb, innen
und außen braun. Mittel- und Hinterschienen an der Spitze
und alle Tarsen gelb. Die beiden ersten Fühlerglieder schwarz-
braun, 2. an der Spitze heller, 3. gelb, kaum grau getrübt,
4., 5., 6. und 7. Glied licht graubraun, an der Basis gelb,
8. Glied ganz grau. Flügel hellgelb getrübt.
Kopf um 0-18 breiter als lang, Seiten stark gerundet
erweitert, hinten eingezogen. Postokularborsten sehr klein.
Prothorax etwas länger als der Kopf und viel breiter, an
den Hinterecken stehen jederseits zwei helle Borsten, die
viel kürzer und kräftiger als bei Tricliothrips sind. Borsten
Thysanoptercn aus Österreich.
85
scharfspitzig. Pterothorax bei der f. macroptera breiter als
bei der f. brach yptera. Flügel vorhanden oder zu kurzen
mit wenigen Fransen besetzten, gebogenen, hyalinen Chitin-
plättchen reduziert. Fransenverdoppelung keine. Vorderbeine
sehr stark verdickt, Schenkel breit und flach, Tarsenzahn
sehr kräftig, Vordertibien einfach. Abdomen breit, an den
Seiten mit sehr langen Borstenhaaren besetzt. Tibien ohne
Endsporne. Tubus um 0-18 bis 0-23 kürzer als der Kopf.
Fig. 7.
Vergrößerung: 60 fach.
Maße des 9 in \i: Fühlergliederlängen: 32 bis 41, 59,
62, 81 bis 84, 70 bis 76, 59 bis 68, 59 bis 64, 38 bis 51,
46 bis 50. Kopf 230 bis 255 lang, 277 bis 289 breit. Pro-
thorax 255 bis 281 lang, 459 bis 476 breit. Pterothorax 459
bis 476 lang, 544 bis 561 breit. Abdomen 1200 bis 1300 lang,
629 bis 680 breit. Tubus 187 bis 204 lang. — Gesamtlänge
1 ■ 7 bis 2 mm.
cf: Kopf oft schwächer gerundet, Vorderbeine stärker
verdickt; kleiner als das 9. Tubus mit kleiner Basalschuppe.
Flügelsperrdornen vom 2. bis 6. Segment vorhanden, während
sie beim 9 vom 2, bis 7. Segment (f. macroptera) oder am
2. bis 5. Segment (f. brachypterd) sichtbar sind.
86 H. Priesnef,
Vorkommen: Anzahl 9 9 und cfcf Andritz bei Graz
in Steiermark (15. Juni 1913) unter losen Schuppen der
Kiefernrinde (H. Priesner).
11. Trichothrips schaubergeri n. sp.
Durch die dunkle Färbung, die gezähnten Vordertarsen,
die Form des Kopfes und die gekeulten Borsten aus-
gezeichnet; von Gryptothrips-H&bitus, dem Cr. jmwlns H 0 o d
ähnlich.
Fig. 8.
Vergrößerung: GO fach.
9: Körperfarbe schwarzbraun, Schienen ganz dunkel,
die Tarsen graubraun, Fühler wie der Körper gefärbt, 3. Glied
an der Basishälfte gelb, übrigens braun, nur an der Spitze
wieder etwas gelblich, 4. Glied im basalen Drittel gelblich,
übrigens braun, 5. Glied nur am Stielchen gelb. Flügel
braungrau getrübt, am Grunde hell, auch an der Spitze etwas
lichter, Längsader gut sichtbar.
Kopf so lang wie breit, Netzaugen klein. Ocellen ent-
wickelt. Postokularborsten hyalin, wohl entwickelt, gekeult.
Kopf hinter den Augen noch etwas erweitert, dann fast
geradlinig, ähnlich wie bei Tr. copiosus Uzel, jedoch nicht
so stark nach hinten verensrt.
Thysanoptercn aus Österreich. ö«
Mundkegel den Hinterrand des Prosternums erreichend,
an der Spitze abgerundet, die spitzige Oberlippe überragt
den Labialkegel etwas. Fühler nicht ganz doppelt so lang
wie der Kopf, 1. Glied kurz und breit, 2. länger, 3. länger
als das 2., so breit oder breiter als dieses, 4. Glied kürzer
als das vorhergehende, die folgenden abnehmend kürzer, das
7. und S. Glied bilden zusammen ein Ganzes. Prothorax
genau doppelt so breit als lang, um 0"4 bis (V5 breiter als
der Kopf, vor den Hinterecken mit zwei langen, hellen, an
der Spitze schwach geknöpften Borsten jederseits. Flügel
in der Mitte gleichbreit, die vorderen mit 8 und 11 ein-
geschalteten Fransen. Beine ziemlich schwach, Vorderbeine
kaum verdickt, Vorderschienen einfach, Vordertarsen mit
deutlichem Zähnchen. Tubus kurz, um 0*3 kürzer als der
Kopf. Die hellen Borsten an den Seiten des Abdomens sehr
lang und dünn, nach innen gebogen.
Maße des 9 in \i: Fühlergliederlängen: 36, 72 bis 75,
8Ö bis 81 >, 83, 78 bis 81, 72, 56, 35 bis 36 (7. und 8. zu-
sammen 01 bis 92 [*,). Kopf 311 lang, 323 breit. Prothorax
204 lang, 464 breit. Pterothorax 459 lang, 519 breit. Abdomen
1020 lang, 566 breit. Tubus 221 lang. Gesamtlänge:
2*2 mm. — cf: Unbekannt.
Vorkommen: 1 9, vom Koleopterologen Dr. E. Schau-
berger (Linz) am Ibmer Moos in Oberösterreich (15. August
1919) im Fluge gefangen.
Anmerkung. Ich stelle diese neue Art vorläufig ins
Genus Tricliothrips Uzel, da sie trotz abweichender Merk-
male den Tricliothrips -Arten habituell am nächsten steht.
Möglicherweise gehört sie aber in das amerikanische Genus
Symphyotjtrips Hood et Williams, dessen Beschreibung
mir noch nicht zucrän^lich war.
H. Priesner, Thysanopteren aus Osteneich.
Verzeichnis der Abbildungen.
1. Kopf und Prothorax von Parafrankliniella verbasci n. g\, n. sp. —
Vergr. 120 fach.
2. Linker Fühler von Thrips röbusttis n. sp. — Vergr. 275 fach.
3. Rechter Fühler von Thrips alpifttts n. sp. — Vergr. 275 fach.
4. Kopf und Prothorax von Idolimothrips paradoxus n. g., n. sp. —
Vergr. 120 fach.
5. Abdomenspitze von Tdolimothrips paradoxus n. g., n. sp. — Vergr.
120 fach.
6. Kopf und Prothorax von Haplöthrips vuülcti n. sp. — Vergr. 120 fach.
7. Kopf, Prothorax und Vorderbein von EutyiricJtothrips piniphilus n. g.,
n. sp. — Vergr. 60 fach.
<S. Kopf, Prothorax und Vorderbein von Trickothrips schaitbergeri n. sp. —
Vergr. 60 fach.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
129. Band. 3. und 4. Heft
91
Krystallographische Bemerkungen
zum Atombau
Von
Hermann Tertsch
(Mit 2 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 5. Februar 1920)
Seitdem die Fortschritte der Röntgendurchleuchtung von
Krystallen so überraschend tiefe Einblicke in den Feinbau
der Materie gestatteten, ist man emsig bemüht, das Geheimnis
der Struktur bis in seine letzten Ausläufer aufzuklären. Dabei
zeigt sich immer deutlicher die dem Krystallographen schon
lange bekannte, aber in den letzten Jahren etwas in Ver-
gessenheit geratene Forderung als berechtigt, daß man bei
der Konstruktion von Raumgittern scharf zwischen der Gitter-
symmetrie und der Bausteinsymmetrie unterscheiden
müsse. Auch Bravais stützt sich schon auf diese Unter-
scheidung, da er ja die Unterabteilungen der Krystallsysteme
mit seinen vollsymmetrischen 14 Raumgittertypen nicht zu
deuten vermochte und darum die Mindersymmetrie in die
Bausteine (»Molekel«) verlegte. Bei ihm ist schon aus-
gesprochen, daß z. B. ein Netz mit tesseralen Abmessungen
trotzdem nicht tesserale Symmetrie aufweist, wenn die streng
parallel gestellten »Molekel« sich nicht selbst der tesseralen
Symmetrie fügen (»Grenzfälle«). Selbst Sohncke, der nur
von »Punktsystemen« spricht, bei denen die Symmetrie des
Punktes nicht ausgesprochen ist, schreibt diesen, je nach
ihrer Lage, Symmetrieebenen zu, wenn man nicht überhaupt
die Kugelsymmetrie annehmen will. Sohncke war auch
darum gezwungen, polare Symmetrieklassen durch Ineinander-
stellung zweier Gitter mit materiell verschiedenen Punkt-
92 H. Tertsch,
massen zu deuten. Auf ihn geht also der Begriff des »Atom-
gitters« zurück, gegenüber dem Bravais'schen »Molekül-
gitter«. Schönflies (IQ)1 arbeitete mit asymmetrischen, be-
ziehungsweise mit zweierlei, zwar stofflich gleichartigen, aber
zueinander symmetrischen Massenteilchen und« gab die all-
gemeinste Form der für die festen Körper (Krystalle) maß-
gebenden Symmetrieverhältnisse. Gerade Schönflies hat oft-
mals auf die besondere Bedeutung der Unterscheidung von
Gitter- und Bausteinsymmetrie hingewiesen (16).
In der Tat haben auch die Röntgenbefunde der Krystall-
durchleuchtungen Resultate gezeitigt, welche gebieterisch die
genaueste Rücksichtnahme auf die Bausteinsymmetrie fordern.
Die ursprünglich meist verbreitete Ansicht schrieb den Bau-
steinen Kugelsymmetrie zu. Johnsen (9) versuchte durch
Feststellung der im Gitter dem Atom (Baustein) zukommenden
»Minimalsymmetrie« dieser Frage beizukommen, allerdings zu
einer Zeit, wo die physikalischen Arbeiten über allgemeine
Atomsymmetrie erst ihren Anfang nahmen.
Wenn auch sicherlich eine Annäherung an die Kugel-
symmetrie bei den Atomen schon ziemlich sicher geworden
ist, so darf diese höchste Symmetrie doch nicht schlechthin
als gegeben angesehen werden, da gewisse Tatsachen dem
entschieden widersprechen. Johnsen (9) wies schon darauf
hin, daß die Sj'mmetrieverschiedenheit von Na Gl und K Cl,
die beide genau gleiche Gittersymmetrie besitzen, ohne
Symmetrieverminderung im Baustein kaum erklärlich ist. Bei
der Genauigkeit der bisherigen Messungen müßten Ab-
weichungen der Massenpunkte von der hochsymmetrischen
Lagerung schon sichtbar sein, die Gittersymmetrie ist also
sicher nicht an der Mindersymmetrie schuld. -
' Vgl. das Literaturverzeichnis am Schlüsse der Arbeit.
- Dozent Dr. Thirring ist eben im Begriffe, eine Arbeit herauszugeben,
in welcher die Möglichkeit, hochsymmetrische Gitter im Anschluß anSchön-
flies aus mindersymmetrischen Bausteinen aufzubauen, im Hinblick auf die
bisherigen Röntgenbefunde an Krystallen eingehend erörtert wird. Es ist sehr
dankenswert, daß ein Physiker dieses krystallographische Problem auf-
gegriffen hat. um auch von der Seite der Physik her daraus die nötigen
Schlußfolgerungen zu ziehen [vgl. auch Voigt W. (19)].
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. • 93
Hätten die Atome Kugelsymmetrie, so wäre auch nicht
zu begreifen, weshalb sich unter den Elementen die ver-
schiedensten Krystailsymmetrien mit Ausnahme der triklinen
vorfinden. Für Atom kugeln müßten doch einfach die Gesetze
der Kugelpackung gelten. Wenn auch zuzugeben ist, daß die
überwiegende Mehrheit der Elemente die tesserale, also der
Kugelsymmetrie zunächst stehende Symmetrie besitzt, würde
doch der Schwefel allein schon mit seiner in jeder Modifika-
tion absolut nicht tesseralen Form die allgemeine Annahme
einer Kugelsymmetrie der Atome und der dadurch wahrschein-
lichen Kugelpackung sehr unwahrscheinlich machen. Bei kugel-
symmetrischen Atomen müßte man annehmen, daß sich die
Atome nach den Raumachsen in ihrer Struktur und Kräfte-
verteilung ganz gleich verhalten; dann aber wäre ein niedrig-
symmetrisches Gitter nur durch Annahme ganz geheimnis-
voller, unkontrollierbarer Nebenkräfte erklärbar, wozu keine
Berechtigung vorliegt.
Auch die Chemiker sind bei ihren Arbeiten von einer
Art Isotropie der Elemente ausgegangen und Kos sei (10)
betont mehrfach, daß ein der Kugel nahestehender Atombau
den chemischen Tatsachen am besten entspreche.
Dem stand ziemlich schroff das Bohr'sche Atommodell (3)
gegenüber, welches eine Art planetarischen Systems darstellt,
umgeben von gequantelten Elektronenringen mit gleichen
Rotationsebenen. Dieses Modell enthält eine ausgezeichnete
Rotationsebene (beziehungsweise -achse) und ist somit ent-
schieden nicht tesseral. An eine ständige Verschiebung der
Rotationsachse, so daß in endlichen kleinen Zeiten von den
Elektronen die Fläche einer Kugel durchlaufen würde, ist
wegen der ungeheuren Kompliziertheit einer derartigen Be-
wegung als unwahrscheinlich gar nicht zu denken. Daß auch
höchst symmetrische Gitter damit aufgebaut werden könnten,
ist schon nach den Schönflies'schen Darlegungen, die von
Niggli (13) noch besonders in bezug auf die Röntgenstruk-
turen ausgearbeitet* wurden, durchaus denkbar (vgl. Anmerkung
p. 02); es fragt sich nur, ob sie auch immer die wahrschein-
lichste ist. Das Bohr'sche Modell scheint aber nicht die end-
gültige und allgemeinste Lösung der Atomstruktur zu bedeuten.
94 H. Tertsch,
Born und Lande (4) haben gezeigt, daß sich die Kom-
pressibilität der Krystalle aus dem Gitter-, beziehungsweise
Atombau berechnen läßt, wenn man nicht eine ebene Ver-
teilung der Elektronen annimmt, sondern eine solche in den
Ecken eines um den positiven Kern als Zentrum gelegten
Würfels. Die Bahnebenen liegen hierbei in den Oktaeder-
ebenen, die Bahnzentren entsprechen den Oktaedernormalen
und die Elektronen schwingen so, als würde der Würfel
abwechselnd nach je einer der drei Raumachsen rhythmisch
verlängert, beziehungsweise verkürzt. Es haben demnach auch
die Physiker die einfachere Bohr'sche Anordnung der Elek-
tronen zugunsten einer räumlich auf Kugelschalen erfolgten
Verteilung geändert.1
Von den bisher angenommenen 92 Elementen sind 87
wirklich bekannt; es fehlen nur noch 3 Analoga zu Mn und
ein positiv und ein negativ einwertiges Element der höchsten
Atomgewichte. Unter den 87 bekannten Elementen wurden 51
auf ihre Krystallgestalt als Elemente untersucht, 8 hiervon
mit negativem Resultat. Man kennt also von 43 (rund 50%)
die Krystallformen. 28 Elemente (d. i. etwa 30 % aller) haben
mehr oder minder deutlich tesserale Formen, wobei aber Poiy-
morphie in anderen Systemen nicht fehlt. Die übrigen 15, also
ein Sechstel = 16% aller, sind dagegen ausgesprochen nicht
tesseral.
Sehr interessant ist nun eine Zusammenstellung der Ele-
mente nach ihrer Stellung im System (Ordnungszahl) und nach
den bekannten Krystallformen. Abgesehen von den empfind-
lichen Lücken in unserer Kenntnis der Formen ist doch eine
sehr auffällige Gruppierung zu erkennen (Fig. 1).
1. Die tesseralen Formen zeigen eigentümliche Häufungs-
stellen, die mit den Zentralstellen der sogenannten »Perioden«
1 Diese auf einem umfangreichen Tatsachenmaterial aufgebaute und
mathematisch wohl fundierte Anschauung wurde übrigens schon im Jahre
1917 unabhängig von Born und Lande vom Verfasser, freilich nur in Form
einer Anregung, vorgetragen, und zwar anläßlich eines durch Herrn Dozenten
Dr. A.Reis damals in Wien am Universitätsinstitut *für theoretische Physik
zustande gebrachten Referier- und Diskussionskollegiums über physikalisch-
chemisch-mineralogische Grenzfragen. Viele der im folgenden gegebenen Über-
legungen wurden schon damals zum Ausdruck gebracht.
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau.
95
6
c
1
1
c
1 1
s 1
3
Krystallgeslalt j
c
■a
c
I
•a
1
CK
c
s
2
i
H
1
2
He
—
1
3
Li
+ 1
l
1
4
Be
4 2
2
5
B
+ 3
3
1
6
C
-t-4
4
7
K
— 3
5
•»c
1
8 | O
— 2
6
1
9
F
— 1
7
~~^>
1
10
Ne
—
8
)
1
11
Na
+ 1
1
e
12
Mb
+ 2
2
rf— "•"-'
13
AI
+ 3
3
14
V)
±4
4
».^
15
P
— 3
s
?
?
16
S
— 2
6
17
O
— 1
7
1 /
1
18
19
Ar
—
8
1
K
+ 1
1
_—-■"
2,
Ca
+ 2
2
?
v
21
Sc
+ 3
3
/
1
22
Ti
+ 4
4
?
/
23
V
+ 5
5
r—
24
Cr
+ 6
6
25
Mn
+ 7
7
1
26
Fe
+ 8
8
27
Co
+ 8
•i
?
28
Ni
+ 8
10
, 1 ,
29
Cu
— 7
11
V
:,;
Zn
_6
12
v .,,,..,
31
Ga
— b
13
?
?
32
Ce
— 4
14
_.
33
As
— 3
15
~-^
34
Se
— 2
16
35
Br
— 1
17
2
36
Kr
—
18
..
37
Rb
+ 1
1
^~
— "*
— }
36
Sr
+ 2
2
s^'
39
Y
+ 3
3
40
Zr
+ 4
4
41
Nb
+ 5
5
/
42
Mo
+ 6
. 6
43 1 -
+ 7
7
44 1 * Ru
+ 8
8
45 i Rfi
+ 8
9
„
46 Pd
+ 3
! I
47
As
— 7
1 1
k
4S
Cd
— 6
12
■*-.„
49
In
— 5
13
?
*~*^.^
50
Sn
— 4
14
51
Sb
— 3
15
-~.
52
Te
— 2
16
"*«..
53
J
— 1
17
54
X
18
_„-■»
i
55
Cs
+ 1
1
„^~-~
1
56
Ba
+ 2
2
1
57
i
73
1 Seltene Erden
| (17 Nummern)
} ^ 1 7 Xummem nicht bekannt
) /
74
W
+ 6
20
75
—
+ 7
21
1
76
05
+ 8
22
?
77
lr
+ 8
23
?
78
Pt
+ 8
24
s
79
Au
— 7
25
80
Hg
—6
26
81
TI
— 5
27
1
82
Pb
— 4
28
*-»«..
vi
Bi
— 3
29
;
Po
— 2
30
•
85
—
— 1
31
/
86
Em
—
32
87
—
•+- 1
1
88
Ra
+ 2
2
89
Ac
+ 3
3
90
Th
+ 4
4
91
Bv
+ 5
5
1
92
U
+ 6
■
fco
G o .2
C - Ja! -^
"H ** '-3 TS
Ja — in
£ c 5 o
e. 33 ~ S
£ O tä a in
•5 o s «
o -- -^
3 cu ü
■a
tu
F,
tri
<D
>
UJ
(!)
0)
Q
-
H
-n
•- +
1 "
cn u
=2
c
CD
<t> 1
3 ^
<
s £ ^.
5" o
SP N
c c
•i
«
T3
o O
e E
v 33
96 IL Tertsch,
der Elemente zusammenfallen. An den Übergangsstellen von
einer »Periode« in die nächste fehlen dagegen die Elemente
mit tesseralen Formen; diese besitzen die tesserale Symmetrie
nicht einmal in Form instabiler oder metastabiler Modifika-
tionen.
Die Minima der Atomsymmetrie finden sich immer knapp
vor jenem Elemententypus, den die Chemiker als »Edelgas«-
Typus bezeichnen.
2. Kein Element krystallisiert triklin, überall ist ein deut-
lich symmetrisches Verhalten.
3. Wenn neben den tesseralen Formen noch eine andere
Symmetrie auftritt, ist dies immer die trigonale ; nur Phosphor
und Palladium haben daneben noch niedriger-symmetrische,
allerdings auch zweifelhafte Modifikationen. Die Tatsache, daß
die tesserale Symmetrie einen Spezialfall der trigonalen bildet
und mit dieser deutlicher zusammenhängt als mit der tetra-
gonalen, wird dadurch wieder augenscheinlich. Bei Na ist
allerdings neben der tetragonalen Hauptmodifikation eine tesse-
rale angegeben, doch ist diese zweite Form recht zweifel-
haft1 (8).
4. Der Grad der Mindersymmetrie wächst an den Perioden-
grenzen der zweiten und dritten Periode, um dann deutlich
wieder abzunehmen; d. h. die schwereren Elemente zeigen
ein der Kugelsymmetrie viel näherstehendes Verhalten
als die leichteren.
5. Die Größe der in diesem Symmetriekurvenverlauf er-
sichtlichen »Perioden« und ihre Verteilung fallen genau mit
den chemisch bekannten Perioden zusammen.2 Die ersten
beiden »kleinen« Perioden umfassen je 8 Elemente (He — F)
1 Hier, wie oft im folgenden, sei bezüglich der krystallographischen
Einzelheiten auf das Standardwerk P. Groth*s: Chemische Krystallographie,
1. Bd., verwiesen (8).
" Die chemische Abgrenzung erfolgte nach Kossei (10) so, daß die
Elemente, die sich durch »Abspaltung« von Elektronen auf einen vorher-
gehenden Edelgastypus zurückführen lassen, mit diesem zu einer »Periode«
vereinigt werden.
Krystallographiscüe Bemerkungen zum Atombau. 9/
und Ne — Cl), die dritte und vierte Periode (»große«) enthalten
je 18 Elemente (Ar — Br und Kr — J); die fünfte Periode (die
der seltenen Erden) weist 32 Elemente auf (X — N 85) und
dann bleiben noch die schwersten Elemente mit ihrer deut-
lichen Radioaktivität (bis U) zurück.
Nach Bohr (3) und Kossei (10) hätte man sich zu
denken, daß sich die Elektronen in gequantelten Bahnen um
den positiven Kern bewegen, wobei jedes Edelgas ein völlig
indifferentes, also mit einer undurchdringlichen und unzerstör-
baren Elektronenschale umgebenes Gebilde darstellt. Dann
müßten ebensoviele Ringe, beziehungsweise Schalen vorhanden
sein als Edelgastypen. So würde B oder N durch Abgabe
von Elektronen aus einem noch nicht völlig mit Elektronen
belasteten Ringe in den i/t'-Zustand zurückkehren oder ()
durch Aufnahme zweier fremder Elektronen einen zweiten
. vollen Ring ansetzen und damit den Bau des Ne erreichen.
So überaus fruchtbar diese Vorstellung hinsichtlich der
chemischen Verbindungen und des Verständnisses der Haupt-
und Nebenvalenzen ist, haben doch gerade die Chemiker
immer wieder betont, daß das Valenzverhalten isotrop er-
scheint, also mit dem Wirtelbau des Bohr'schen Modells
nicht recht stimmt. Ebensowenig gibt das Bohr'sche Modell
über die sonderbaren Zahlenverhältnisse der einzelnen Perioden
Aufschluß. Warum ist gerade mit 8 Elektronen ein Ring ge-
schlossen? Die Zahl 6 wäre geometrisch verständlicher. Warum
haben auch nur die kleinen Perioden diese Zahl, die folgenden
aber steigende Größen, die mit 8 in keiner einfachen Beziehung
stehen?
Born und Lande (4) haben aus der Kompressibilität
nachgewiesen, daß das Potential der abstoßenden Kräfte im
wesentlichen mit r ~9 geht, was mit Elektronenringen gleicher
Bahnebene unvereinbar wäre. Zur Erklärung hierfür ist un-
bedingt die Annahme einer so hohen Symmetrie wie die des
Würfels nötig. Nach Kos sei (10) »nähern sich auch die
Trennungsarbeiten der Ionen und was damit zusammenhängt
um so mehr den Verhältnissen einer starren, undurchdring-
lichen Atomoberfläche, je höher der Exponent des Abstoßungs-
gesetzes ist. Diese letztere Idealisierung (undurchdringliche
«ö H. Tertsch,
Kugelschalen) hatte sich bei der Betrachtung der Trennungs-
arbeiten als sehr brauchbar erwiesen«.1
Geht man von dem axialen Atombau zum isotropen über,
so heißt das, vom Ring zur Kugelschale vorschreiten. Die
Elektronen gehören also innerhalb einer Periode mit ihren
Bahnen jeweils ein und derselben Kugelschale an.
Man denke sich den positiven Atomkern mit den 2 He-
Elektronen als räumliche Masse im Atommittelpunkt und
suche nun die Niveaufläche möglichster Annäherung der Elek-
tronen, beziehungsweise Elektronenbahnen an den Kern.
Zwischen Elektronen und Kern muß sich ein bestimmter
Gleichgewichtszustand bezüglich der Raumverteilung einstellen,
der von der Anziehung der Elektronen durch den Kern einer-
seits und von der Abstoßung der einander genäherten Elek-
tronen anderseits abhängig sein muß. Denkt man sich in
ganz roher Versinnlichung die Abstoßungssphäre je eines
Elektrons kugelig, so handelt es sich einfach um die Frage
der kompaktesten Kugelpackung jeweils auf der Oberfläche
einer den Kern einhüllenden Kugelschale. Da ergibt sich von
selbst als einfachste und kompakteste Anlagerungsform um
einen Kern die oktaedrische Verteilung der Elektronen und
in der Tat enthält auch die erste Periode acht Elemente.
Da bei weiterem Abrücken vom Kern die Anziehungs-
kräfte abnehmen und damit die Abstoßungswirkung steigt,
müßte man sich die Abstoßungsbereiche der Elektronen der
nächsten Schale etwas größer denken. Auch dann ist noch
immer die kompakteste Verteilung mit 8 Elektronen in der
Schale zu erreichen, obwohl diese zweite Kugelschale schon
deutlich lockerer besetzt ist.
Aber schon bei der dritten »Schale« müßte, immer das
gleiche rohe Bild vor Augen, eine andere Gruppierung von
Elektronen zu einer kompakteren Besetzung der Oberfläche
mit Elektronenbereichen führen. Man beachte, daß die Elek-
1 Auch in mineralogischen Kreisen ist die Vorstellung von räum-
lich, nicht flächig angeordneten Elektronenschalen weit verbreitet. So sagt
Rinne (14) in einer Anmerkung: > Voraussichtlich wird die Elektronenschar
von Atomen, die krystallstrukturell eingebaut sind, sich nicht ringförmig,
sondern nach den Gesetzen der Kry Stallsymmetrie verteilen«.
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. 99
tronenbahnen in den Richtungen der Würfel- und Rhomben-
dodekaedernormalen dem Kern nunmehr viel stärker genähert
werden können als bei Festhaltung ihrer alten Verteilung an
den Würfelecken. Es bleiben, bildlich gesprochen, ungenützte
»Lücken« zwischen den Elektronenbereichen der zweiten
Schale, die nun nach dem Problem der kompaktesten Kugel-
packung ausgenutzt werden. Es ist nun gewiß merkwürdig,
daß die damit zu gewinnende, dem Kern tunlichst
genäherte Schale gerade 18 (6 = Würfel + 12 — Rhomben-
dodekaeder) tesseral verteilte Zentren der Elektronen-
bahnen aufweist, jene Zahl, die der ersten »großen
Periode« zukommt. Die zweite große Periode steht zur
ersten im gleichen Verhältnis wie die zweite kleine Periode
zur ersten.
Bei den Elementen der fünften Periode (fünfte Kugel-
schale) sind wiederum die vorbezeichneten Stellen nicht mehr
jene der kompaktesten und dem Kerne am meisten genäherten
Anordnung, sondern es ist ein neuer, günstigerer Gleich-
gewichtszustand möglich unter Ausnutzung der »Lücken«,
die zwischen den Elektronenbereichen der vierten Periode
bleiben. Diese neue Elektronenverteilung entspräche krystallo-
graphisch den Richtungen der Oktaedernormalen [8] in Kom-
bination mit den Normalenrichtungen eines Tetrakishexaeders
[24], d. h. einem 32-Punkter. Auch hier ist die Überein-
stimmung der so erschlossenen Zahl mit der Größe der
»Perioden der seltenen Erden« ganz verblüffend (Fig. 2).
Für die letzten Elemente ist eine Einordnung der äußersten
Elektronen in den Richtungen der Würfelnormalen (»Lücken«
der fünften Periode) das Nächstliegende. Gleichzeitig ist aber
die Entfernung vom Kern schon so bedeutend, daß ein
Abbröckeln dieser äußersten Elektronen leicht verständlich
wird.1
1 Durch Herrn Prof. Stef. Meyer wird der Verfasser aufmerksam ge-
macht, daß gleichwohl dadurch noch kein Zusammenhang mit der Radio-
aktivität gegeben ist. da die a- und ß-Strahlungen aus dem positiven
Atomkern stammen. Immerhin sei die Tatsache festgestellt, daß die mit der
lockersten Elektronenhüile begabten Elemente gleichzeitig auch jenen in der
Radioaktivität erkennbaren Zerfall des Atomkernes aufweisen.
100 H. Tertsch,
Bei aller gebotenen Vorsicht in der Handhabung der
eben skizzierten Versinnlichung der einzelnen Elektronen-
schalen ist doch die zahlenmäßige Festlegung der Perioden
auf diesem Wege so merkwürdig, daß wohl behauptet werden
darf, die Anordnung von Elektronen in konzentrischen Kugel-
schalen als Niveauflächen komme zum mindesten den Tat-
sachen sehr weit entgegen. Die Anordnung der ersten und
zweiten Periode wurde schon von Born und Lande (4)
rechnerisch bestätigt. Es wäre von Interesse, ob sich auch
Fig. 2.
Hie Zentren der Elektronenbahnen einzelner Schalen in .stereographischer
Projektion.
• Bahnzentren der ersten und zweiten Schale,
x > > dritten » vierten >
o > » fünften »
die folgenden Perioden mit dem oben angedeuteten Aufbau
deuten lassen.
Kossei (10) hat gezeigt, wie ungemein fruchtbringend
die Vorstellung der Elektronenschalen und ihrer Ergänzung
zum Aufbau der Edelgastypen bei der Erklärung und Be-
rechnung von valenzchemischen Problemen verwendet werden
können. Die Untersuchungen von Debye und Scherrer (7)
ergaben auch, daß tatsächlich im Krystallbau des Sylvins
oder des (Li F) K und Cl z. B. nicht als neutrale Ele-
mente, sondern als Ionen zu bewerten sind. K mit 19 Elek-
tronen verhält sich so, als hätte es deren nur 18 und erweist
sich einfach positiv geladen, Cl mit 17 Elektronen im neu-
tralen Atom ist dagegen durch Aufnahme eines Elektrons
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. 101
einfach negativ geladen. Die Ionenbildung ist also im wesent-
lichen ein Versuch, den Edelgastypus wieder herzustellen,
sei es nun durch Abtrennung einer erst begonnenen neuen
Elektronenschale oder durch Auffüllung auf eine dem nächst
höheren Edelgas nahezu gleich gebaute Elektronenmasse. Bei
den großen Perioden schaltet sich allerdings ungefähr in der
Mitte der Periode ein Nebentypus ein, welcher aber in der
Konfiguration der Elektronenschale bedeutend weniger stabil
ist als der Edelgastypus.
In »heteropolaren« Verbindungen, wie Abegg (1) den
Aufbau der Materie aus Atomen verschiedener Stoffe nennt,
ist die Ergänzung der einzelnen Elemente zum Edelgastypus,
die Ionisierung, und die damit erzielte Bindung bei isotropem
Verhalten der Elemente sehr leicht verständlich. Es ist aber
klar, daß als Ionen die Elemente nicht die ursprüngliche
Atomsymmetrie besitzen. Die Ionen scheinen vielfach eine
hochtesserale Symmetrie zu haben, wodurch die früher er-
wähnte Isotropie der Elemente im Gitter verwirklicht erscheint.
Allerdings darf nicht übersehen werden, daß wirtelige Atome
die Verschiedenheit der Na < 7- und iiTC7-Symmetrie durch
entsprechende Anordnung der Atomwirtelachsen ganz gut
erklären ließen [Schönflies (16) und Niggli (13)], was aber
bei der Kossel'schen Auffassung der Atombindungen, bei der
Ansicht von Kugelschalen der Elektronen, wieder verloren-
geht.1
Ist also hier noch eine gewisse Unsicherheit in der
Deutung der Ionensymmetrie vorhanden, so entfällt diese
Schwierigkeit bei Betrachtung der krystallisierten Elemente.
Hier ist keinerlei Aufladen von Elektronen zu erwarten, jedes
1 Oder wäre es denkbar, daß durch das Lostrennen der Elektronen im
positiven und Anlagern derselben im negativen Ion eine lineare Beziehung
zwischen beiden Elementen hergestellt wird, die dann, ähnlich wie die Wirte!
achsen, als ausgezeichnete Richtungen entsprechend den Baugruppen im
Gitter geordnet eingefügt sind ?
Alan beachte, daß in den äußersten Atomschichten eines Krystallgitters
keine vollkommene Absättigung der -+-- und Ionen mehr eintreten kann.
Sollten neben den Erscheinungen der Oberflächenspannung auch noch die
seltsame Abhängigkeit der Zerreißungsfestigkeit von der Oberfläche und ähn-
liche Rätsel damit zusammenhängen?
102 H. Tertsch,
Atom hat die ihm zukommende Elektronenzahl; es ist nur
deren eventuellem Zusammenhang mit dem Krystallbau der
Elemente nachzuspüren. Da der positiv elektrische Kern und
die negativ elektrische Elektronenhülle nicht nur im einzelnen
Atom aufeinanderwirken, sondern ihre elektrischen Anziehungs-
und Abstoßungskräfte in den umgebenden Raum ausstrahlen,
müssen auch die .»homöopolaren« Verbindungen, wie Ab egg (1)
den Massenverband durchaus gleicher Atome nennt, die Ele-
mente, zu kompakten Krystallgittern führen. In den Gitter-
distanzen muß dann das Wechselspiel zwischen Anziehungs-
und Abstoßungskräften zum entsprechenden Ausdruck kommen.
Man kommt damit zu der Annahme, daß dieselben Kräfte
und deren räumliche Verteilung, die den Atomfeinbau
beherrschen, auch für die Konfiguration des gesamten
Gitters maßgebend sein müssen, d. h. daß Baustein- und
Gittersymmetrie von den gleichen Kräften beherrscht werden.
Wenn sich die Elektronen in kugeligen Niveauflächen
vom Edelgastypus ordnen, muß den einzelnen Elementen, die
nicht selbst Edelgase sind, eine Symmetrie zukommen, die
einerseits durch die Anordnung der Elektronenbahnen in der
äußersten Schale (die inneren Schalen haben ja alle tesserale
Symmetrie) und andrerseits durch die gleichzeitige Einwirkung
aller inneren Elektronenschalen bedingt ist. So ist z. B. in
den höheren Perioden kaum eine andere Krystallisation als
die tesserale, allenfalls noch die trigonale bekannt und auch
zu erwarten. Atombaue, die schon 50 bis 60 und noch mehr
Elektronen in tesseraler Anordnung besitzen, werden durch
die Hinzufügung einiger weniger, neuer Elektronen in ihrer
isotropen (tesseralen) Fernwirkung kaum wesentlich gestört
werden.
Es liegen demnach folgende Eragen vor:
1. Wie sind bei gegebener Zahl der zu der gleichen
(äußersten) »Schale« gehörigen Elektronen deren Bahnen auf
der Kugelfläche zu verteilen und welche Symmetrie ergibt
sich hierbei für den Atombau selbst?
2. In welchen Fällen zeigt sich zwischen der auf diese
Weise hypothetisch gewonnenen Elektronenverteilung (Atom-
Krystallographische Bemerkungen zum Atomhau. 103
Symmetrie) und der beobachteten Krystallform (Gittersymmetrie)
Übereinstimmung?
Es mögen darum in den folgenden Zeilen die nach obigen
Gesichtspunkten für die einzelnen Elemente denkbaren Elek-
tronenverteilungen kurz skizziert werden, wobei die Fälle, bei
denen noch Unklarheiten und offene Widersprüche zu ver-
zeichnen sind, durch Kleindruck ausgesondert werden.
Hinsichtlich der erstaufgeworfenen Frage wäre noch eine
allgemeine Überlegung vorauszuschicken. Die im allgemeinen
kreisförmigen Elektronenbahnen könnten als Groß- oder als
Kleinkreise auf der Kugel ausgebildet sein. Bei einer Elek-
tronenzahl, die größer als 1 ist, muß hierauf unbedingt ge-
achtet werden. Nun sind sicherlich z. B. 3 oder 9 Elektronen-
bahnen als Groß kreise leicht tesseral zu verteilen, da sie ja
den 3 Haupt-, beziehungsweise 9 Gesamtsymmetrieebenen des
tesseralen Systems entsprechen. Beachtet man aber die zahl-
reichen gegenseitigen Durchdringungen der auf der gleichen
Kugelfläche eingezeichneten Großkreise und versucht man es,
sich hierbei von der tatsächlichen Elektronenbewegung ein
Bild zu machen, so scheint die Bewegung längs dieser sich
vielmals durchkreuzenden Bahnen doch nicht so einfach und
ohne gegenseitige Störung und darum auch nicht so wahr-
scheinlich, als es zunächst zu erwarten wäre.
Gelingt es hingegen, die Elektronenbahnen in der Form
gleich großer Kleinkreise mit vermutlich zentralsymmetri-
scher Anordnung der schwingenden Elektronen symmetrisch
auf der Kugelfläche zu verteilen, so fällt die gegenseitig
störende Beeinflussung der Bewegungen durch die Bahn-
kreuzungen weg. Tatsächlich ist die von Born und Lande (4)
angenommene Bahnverteilung auf Kleinkreisen parallel den
Oktaederflächen aufgebaut.
Bezüglich der Beurteilung der aus der Bahnverteilung
resultierenden Symmetrie des Atoms lassen sich natürlich die
für ruhende Körper, beziehungsweise Gitter ausgebildeten
Symmetriebegriffe nicht ohne weiteres übertragen, da in einem
willkürlich herausgerissenen Zeitpunkte der Bewegung die
momentane Symmetrie scheinbar sehr weit von der wahren
Symmetrie abweicht, wie dies gerade an dem nach den
104 H. Tertsch,
drei Raumachsen rhythmisch schwingendem Elektronenwürfel
Born's (4) zutage tritt (vgl. p. 94).
Die mathematische Behandlung der Elektronenbewegung
pflegt bei der außerordentlich großen Geschwindigkeit der
Rotation meist so zu erfolgen, als wäre die Masse gleich-
mäßig über die ganze Bahn verteilt. Es gilt also die ganze
Bahn gleichsam als einheitliche Fläche und die Symmetrie
wird in erster Linie von der Verteilung dieser Bahnebenen
abhängen. Sie wird aber auch von der durch die Phasen-
differenz der Elektronen bedingten Bahnform beeinflußt. Nimmt
man z. B. an, die Elektronen zweier benachbarter Bahnen
hätten eine derartige Phasendifferenz, daß sie bei ihrer Be-
wegung gerade in dem Punkte zusammentreffen (sich stark
nähern), in dem sich auch die Bahnen berühren oder be-
rühren sollten, so muß die gegenseitige Abstoßung eine Form-
änderung der ursprünglichen Kreisbahn zur Folge haben. Diese
Abänderung der Kreisform läuft natürlich mit einer Herab-
minderung der Gesamtsymmetrie parallel. Möglicherweise ist
durch derartige Überlegungen die Polymorphie einzelner Ele-
mente deutbar.
Das erste Edelgas, das Helium, dient für alle
folgenden Elemente als isotroper Kern.
Vom Li ist keine Krystallisation bekannt, wohl aber in
der nächsten Schale vom Xa und in der zweitnächsten vom K.
In keinem Falle ist die Krystallsymmetrie genau bekannt,
immerhin ist sie bei K ziemlich sicher tetragonal, bei Na
tetragonal oder tesseral [Groth (8)]. Bei Na und K ist jeweils
ein einzelnes Elektron in der äußersten Schale. Es ist wohl
zu erwarten, daß dessen Bahn so verläuft, daß keine andere,
innere Elektronenbahn dadurch gestört werde. Sind nun für
Xa und K die letzten inneren Schalen (Ne und Ar) mit
8 Elektronen besetzt, die um die Oktaedernormalen kreisen,
so wäre als die am wenigsten störende Bahn des neuen Elek-
trons ein Großkreis parallel einer Würfelfläche anzunehmen.
Dadurch erhält das Atom eine ausgezeichnete vierzählige
Achse (D4), was in der Tat dem tetragonalen System ent-
spräche.1 Für Rb und Cs fehlen leider Krystallisationsangaben.
1 Die Krystallsymmetrie ist bei K deutlicher ausgesprochen als bei Na.
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. 105
Das Be hat zwei Elektronen in der äußersten Schale
und ebenso Mg, Ca, Sr, Ba. Leider sind nur Be und Mg
deutlich als hexagonal krystallisierend bekannt. Bei Ca be-
schreibt Moissan (12) hexagonale Täfelchen und auch
Rhomboeder, es kann also auch das trigonale System vor-
liegen. Sucht man auf der Kugelschale für 2 Elektronen die
wahrscheinlichsten Bahnen, so wird man am einfachsten
2 parallele Kleinkreisbahnen mit zentrisch S3'mmetrischer Elek-
tronenverteilung annehmen, die etwa um eine der Oktaeder-
normalen der inneren Elektronenschale rotieren und diese
stark hervorheben, ohne die innere Schale zu stören.
Damit ist sicher eine Wirtelachse gegeben, die bei der
ersten Elektronenschale (Be) mangels einer darunterliegenden
ausgesprochenen dreizähligen Oktaedernormalen noch keinen
trigonalen Charakter haben muß. Hat man bloß die Aufgabe,
Kreisscheiben (doppelte, parallele Kreisbahnen) möglichst dicht
zu scharen, so ergibt sich eine Bienenwabenstruktur, also eine
Anordnung in hexagonalen Säulen, was auch für Be und Mg
zutrifft. Für Ca, bei dem die inneren tesseralen Schalen mit
ihren deutlichen D3 schon schärfer Einfluß nehmen, muß die
trigonale Bedeutung der Wirtelachse deutlicher zutage treten.
Auch hier fehlen von den höheren Perioden die Vergleiche
(Sr, Ba, Ra).
Die gleichmäßige Verteilung von drei Elektronenbahnen auf der Kugel-
fläche macht Schwierigkeiten. In parallelen Kreisen dürften sie kaum laufen,
da hier das äquatoriale Elektron anders zu bewerten wäre als die beiden
anderen. Bei zueinander geneigten Bahnebenen wäre einerseits an Kleinkreis-
bnhnen mit 120° gegenseitiger Neigung (auf den 3 Seiten eines trigonalen
Prismas) zu denken oder, weniger wahrscheinlich, an Großkreise, die sich
in gleicher Neigung um eine D3 scharen, etwa entsprechend der Lage von
Rhomboederflächen, aber mit zentralen Bahnebenen. Die Lage der 3 tesse-
ralen Hauptsymmetrieebenen bietet einen Spezialfall. Bemerkenswert ist, daß
von allen hierher zu zählenden Elementen (B, AI, Sc, Y . . .) nur das AI
und dieses als tesseral, nicht trigonal krystallisierend bekannt ist (2, 15).
Vier Elektronenbahnen werden sich wohl am besten nach
den 4 Flächen des Tetraeders ordnen lassen, was eine aus-
gesprochen tesserale Symmetrie ergibt, es müßte denn sein,
daß alle Elektronentetraeder sozusagen auf eine Fläche auf-
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Alr.I. 129. Bd. <s
106 H. Tertsch,
gestellt werden, was zu einer trigonalen Anordnung führt;.
Tatsächlich haben sämtliche, mit 4 Elektronen in der äußersten
Schale ausgestatteten Elemente, deren Krystallgestalt man kennt,
tesserale Symmetrie (C, 5/, 77, 77z). Der C besitzt außerdem
noch eine trigonale Modifikation (erste Periode!).
Die Fünfer-Schale stellt der Eingliederung in eine Krystallsymmetrie
fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Die an sich nicht wahr-
scheinliche Verwendung von Großkreisbahnen ergäbe im einfachsten Falle
die Anordnung nach den 5 Symmetrieebenen des tetragonalen Systems,
welches aber bei keinem Element mit Fünfer-Schale auftritt. 1
Wählt man Kleinkreisbahnen, so kann man diese nach den Mantel-
und Basisflächen eines trigonalen Prismas anordnen, was im besten Falle
(geeignete Phasendifferenz der rotierenden Elektronen) zur trigonalen Sym-
metrie führt, keinesfalls aber zu der für P und für V angegebenen tesse-
ralen Symmetrie.
Nimmt man für die Fünfer-Schale dagegen eine einfache Wirtelachse an.
dann könnte unter Zuhilfenahme der Ableitungen von Schönflies (16) und
Niggli (13) das tesserale Gitter dadurch aufgebaut werden, daß die Wirtel-
achsen in den 4 Raumlagen der D3 gesetzmäßig verwendet werden.2 Jeden-
falls ist aber dabei nicht einzusehen, warum die tesserale Modifikation dann
gerade die Hauptbedeutung besitzt.
Interessant ist die Verteilungsmöglichkeit für sechs Elek-
tronenbahnen (0, S, Cr, Mo, Nd, U). Für 0, Mo und Nd ist
keine Krystallisation bekannt. Cr und U besitzen tesserale
Formen, 5 ist das, bekannteste Beispiel der nichttesseralen
Polymorphie. Am nächstliegenden ist die Annahme der Elek-
tronenbahnen in den Ebenen eines Würfels. Bei Cr und U
verteilen sich die 6 Elektronen nach unserer Vorstellung von
dem Zusammenhange der Kugelschalen, beziehungsweise der
chemischen Perioden untereinander so um die Würfelnormalen
(»Lücken« der inneren Schale), daß hier 2 Schalen in gleicher
Weise in streng tesseraler Symmetrie zusammenwirken, was-
auch im Krystallbau zum Ausdruck kommt.
1 Die Angaben über eine tetragonale P-Modifikation sind mehr als frag-
lich [Groth (8)]. Dagegen ist eine monokline Modifikation, die sich durch
entsprechende Phasendifferenz der Elektronen aus obiger Anordnung ableiten
ließe, bekannt [Stock (17)].
2 Die tesserale Symmetrie ist allerdings die einzige, die pseudopenta--
gonale Achsen besitzt. Vgl. die Nachahmung der geometrisch regulären.
Körper: Pentagondodekaeder und Ikosaeder im tesseralen System.
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. 10 1
Anders bei S, bei dem die Wirkung der Achter-Schale der vorher-
gehenden Periode noch schwach ist. Hier ist keine tesserale Modifikation
bekannt.
Es ist leicht, die Phasendifferenz der schwingenden Elektronen so zu
wählen, daß sie in ihrer Bewegung den Anforderungen einer dreizähligen
Raumachse (Z>3) des von den 6 Bahnebenen gebildeten Würfels (beziehungs-
weise Quaders) genügen. Das entspricht dem trigonalen System und tatsäch-
lich ist auch eine, allerdings instabile, trigonale ^-Modifikation bekannt.
Ebenso leicht kann man die Phasendifferenz der Elektronen so wählen,
daß bei gegenseitiger Annäherung der Elektronen zweier benachbarter Bahnen
ein drittes Elektron genau in die zwischen den ersten verlaufende Symmetrie-
ebene eintritt und die Bahnebenen ihre Form entsprechend ändern, was zur
monoklinen Symmetrie führt, für die der 5 sogar mehrere Modifikationen
aufweist.
Für die stabile rhombische Form läßt sich dagegen derzeit keine
so einfache, leicht verständliche Anordnung angeben, wie überhaupt die
Frage der Bahnformen bei verschieden gewählter Phasendifferenz der schwin-
genden Elektronen und die daraus entspringenden Folgerungen noch völlig
ungeklärt sind.
Die systematische, röntgenologische Untersuchung der .S'-Modifikationen
wäre eine der dringendsten und nächstliegenden Aufgaben.
Sieben Elektronen finden sich in der äußersten Schale bei F, Cl, Mir.
N 43, N 61. In keinem Falle ist eine Krystallisation bekannt. Es scheint,
als wäre gerade die Zahl 7 ganz besonders ungünstig für eine krystall-
symmetrische Anordnung. Zum mindesten lassen sich keine wahrscheinlichen
Bahnanordnungen angeben.
Mit acht Elektronen erreicht man in den beiden kleinen
Perioden den in sich geschlossenen Edelgas typus (Ne, Ar);
anders aber bei den folgenden Perioden (Fe, Ru, Sm). Selbst-
verständlich ordnen sich auch hier die Elektronenbahnen nach
den Oktaederflächen und liefern eine ausgesprochen tesserale
S3'mmetrie, was auch bei Fe und Ru zutrifft.
Nach unseren früheren Bemerkungen (p. 98 ff.) sind aber
für die großen Perioden die Oktaedernormalen nicht mehr die
günstigsten Bahnzentren bei diesen schon relativ großen Elek-
tronenschalen. Wahrscheinlicher und stabiler wäre die Kom-
bination: Würfel + Rhombendodekaeder, also 18 Elektronen.
Diese geringe Stabilität der für die kleinen Perioden sonst
bevorzugten Achter-Schale bringt es mit sich, daß auch diese
Elemente chemisch deutlich aktiv wirken. Stellt man sich
in grober bildlicher Art vor, daß die neuen Elektronen sich
108 H. Tertsch,
vor allem über den -Hauptlücken- (Würfelnormalen!) der
inneren Schale anordnen, so ergibt sich ein Überfluß von
2 Elektronen, die leicht abgebbar wären, d. h. diese Ele-
mente müssen sich so verhalten, als wären sie zwei-
wertig positiv und müssen demnach zu negativ zweiwertigen
Elementen, wie z. B. O, eine große Affinität zeigen. All dieses
trifft für Fe tatsächlich zu, wodurch die Ansicht über die
Elektronenverteilung der höheren Perioden eine wesentliche
Stütze erfährt.
Weniger verständlich liegen die Verhältnisse bei den dem Fe (und Ru)
so nahestehenden Elementen Co (und Rh) mit 9, beziehungsweise Ni (und PJ)
mit 10 Elektronen in der äußersten Schale.
Die Neuner-Schale wäre leicht streng tesseral aufzubauen, wenn die
Verwendung von Großkreisen mehr Wahrscheinlichkeit in sich schloße (vgl.
p. 103). Mit Kleinkreisen allein oder mit Klein- und Großkreisen gemeinsam
läßt sich aber ebensowenig eine plausible tesserale Hahnverteilung angeben.
Dazu kommt noch, daß es nicht gelingen will, die unverkennbare ehemische
Ähnlichkeit zwischen Fe, Co und A7 durch defi Atombau verständlich zu
machen.
Die Verteilung von zehn Elektronen ist wieder inter-
essant. Neben den 6 »Lücken in den Würfelnormalen sind
noch kleinere Lücken in den Rhombendodekaedernormalen.
Legt man nun durch je 3 einer Würfelecke benachbarte
1 10 -Vertiefungen der inneren Schale eine Elektronenbahn, so
erhält man die gewünschte Zahl 10 (6 Würfel- und 4 Tetra-
ederbahnen). Diese Verteilung dürfte in der Stabilität der
Oktaederverteilung von 8 Elektronen in den großen Perioden
gleichkommen, weshalb ganz leicht ein Abspalten von 2 Elek-
tronen (10 — 2 = 8) möglich ist, was einem positiv zwei-
wertigen Element entspricht (A7, siehe auch Pd).
Elf Elektronen besitzen die chemisch einwertigen Elemente Cu und Ag,
was darauf hinzudeuten scheint, daß die relativ stabile 10-Gruppe (6 + ls. ö.)
in der Elektronenanordnung eine Rolle spielt. Gruppiert man aber (6 -+- 4) -+- 1 .
so ist eine tesserale Atomsymmetric nicht mehr denkbar, sondern nur eine
■Wirt ei Symmetrie. Merkwürdigerweise führt die Elektronenanordnung bei Au
(vgl. p. 109) zu der gleichen Wirtelsymmetrie, wie ja auch das chemische
Verhalten viele Ähnlichkeiten mit Cu und Ag aufweist.
Gleichwohl ist die tesserale Krystallgestalt für alle diese Elemente die
einzig bekannte und ließe sich nur mit den Schön fli es 'sehen Baugruppen
aus den Wirtelatomen aufbauen (vgl. p. 106).
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. 1U9
Die Gruppierung 8-1-3 (Oktaeder -t~ Ilauptsymmetrieobenen) ist trotz
ihrer tesseralen Symmetrie physikalisch und auch wegen des Mangels einer
Beziehung zu Au weniger wahrscheinlich.
Die Zwölfer- Schale {Zu, Cd, Dy) würde zunächst auf
eine Ausnutzung der Rhombendodekaederlüeken hinzudeuten
seheinen, doch blieben dabei die viel wirkungsvolleren Würfel-
normalen ganz unberührt, was augenscheinlich zu keinem
stabilen Gleichgewichtszustand führt. Geht man aber von den
Würfelnormalen aus, dann lassen sich damit nur noch 6 Okta-
edernormale kombinieren, wogegen 2 diametral gelegene un-
besetzt bleiben. Versucht man auf der Kugelschale eine dem-
entsprechende Bahnverteilung, so erhält man 2 Sechserringe,
die sich um eine tesserale Körperdiagonale scharen, wodurch
der hexagonale Typus wahrscheinlich wird, wie dies tat-
sächlich bei Zn und Cd zutrifft.
Mit dreizehn Elektronen wäre die Gruppierung 12 + 1
(Rhombendodekaeder -f- 1 Würfelfläche) oder 8 + 5 (Oktaeder +
5 Würfelflächen) möglich, wodurch man in beiden Fällen zu
tetragonaler Symmetrie kommt, die auch bei Ga angegeben
wird.
Die, allerdings fragliche, tesserale Vollt'orm des In ist dagegen auf
diesem Wege nicht zu deuten, will man nicht den schon mehrfach vor-
geschlagenen Ausweg des Aufbaues eines tesseralen Gitters aus Wirtel-
atomen beschreiten.
Die vierzehn Elektronenbahnen bei Ge, Su und Er
lassen sich leicht tesseral in der Kombination 8 + 6 (Oktaeder +
Würfel) verteilen, wie dies wohl für Ge zutrifft.
Bei Sn ist allerdings keine tesserale Modifikation angegeben, wenn nicht
das unter 20° stabile >graue Zinn« dazugehört. Wählt man die Kombinatiun :
12 Rhombendodekaederflachen -(- 2 parallele Würfelflächen, so liefert dies
eine tetragonale Form, wie dies dem gewöhnlichen Zinn entspricht.
Es wird ganz von der Phasendifferenz der einzelnen Elektronen ab-
hängen, ob statt der tetragonalen eine rhombische Symmetrie entsteht.
Fünfzehn Elektronenbahnen folgen am einfachsten der
Kombination 12 + 3, wobei die 3 Elektronenbahnen nach 3 in
einer Ecke zusammenstoßenden Würfelebenen angeordnet sein
können, was eine ausgesprochen trigonale Symmetrie gibt.
1 10 H. Tertsch,
wie sie tatsächlich dem As und 5/' entspricht, deren positive
5 -Wertigkeit (negativ 3-wertig) übrigens auf den merkwürdig
stabilen 10 -Typus zurückführt, der durch Ni und Pd reprä-
sentiert wird.1 Andrerseits ist die Aufnahme von 3 weiteren
Elektronen (negativ 3-wertig) nach den restlichen Würfel-
flächen sehr verständlich.
Denkt man sich die 3 Würfelhahnen zentral als Groß-
kreise geführt, so gäbe dies eine tesserale Anordnung, die
allerdings nicht wahrscheinlich ist. Bei As ist eine tesserale
Modifikation bekannt.
Bei sechzehn Elektronen würde man die Anordnung 12 -(-4 erwarten,
die entweder tesseral oder mindestens tetragonal sein könnte, wenn man
4 Bahnebenen in 4 Würfelflächen legt. Sowohl bei Se wie auch bei Te ist
aber das trigonale System angegeben. Sollte man an die Kombination:
12-4-3 Würfelebenen -+- 1 der besetzten Würfelecke gegenüberliegende Okta-
ederebene denken ? Das wäre allerdings eine polar-trigonale Anordnung.
Noch weniger verständlich liegen die Bedingungen bei der Sieb zehn er-
Schals. Sowohl für Br wie für / (für letzteres sicher) wird rhombische
Symmetrie angegeben. Die Kombination 1 2 + 5 Würfelebenen führt zu tetra-
gonaler Anordnung. Allerdings wäre nicht ausgeschlossen, daß durch eine
entsprechende Ausgangslage der schwingenden Elektronen eine Herabsetzung
der Symmetrie der Wirtelatome zustande kommt.
Die Achtzehner-Schale ist wieder ein ausgesprochener
Edelgastypus für Kr und X.
In der fünften Periode gehen nun die symmetrischen Ver-
teilungen der Elektronen weiter bis auf 32, also 24 + 8 nach
der früheren Auseinandersetzung (p. 99).
Bemerkenswert ist, daß bis auf Bi nur tesserale Haupt-
modifikationen bekannt sind, demnach die äußerste Schale
offenkundig nur mehr sehr geringen oder gar keinen Einfluß
auf die Symmetrie des Atoms nimmt.
Bekannt sind: das tesserale W mit 20 = 12 + 8 Elek-
tronen, das tesserale Os mit 22 = 12 + 6 + 4, das tesserale Ir
mit 23 = 12 + 8 + 3 und Pd mit 24 Elektronen. Os, Ir, Pd
haben auch trigonale Modifikationen, die sich ganz gut als
entartete tesserale Formen deuten lassen.
1 Auch bei Sn (p. 109) liefert die positive 4-Wertigkeit (neg. 4-wertig)
die Möglichkeit, 4 Elektronen abzuspalten, was wiederum zum Ni -Typus
führt, der eine Art Nebentypus der Edelgasformen vorzustellen scheint.
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau.
Die 25 Elektronenbuhnen des Au sind wieder ziemlich unverständlich,
wenn man bedenkt, daß Au nur in tesseraler Modifikation bekannt ist und
.auch ziemlich leicht krystallisiert. Au ist positiv 1- wertig, was auf die
.Grundanlage 24 -+- 1 hinzudeuten scheint.1 Das würde, ähnlich wie bei Cn
und Ag [(6 -1-4) -f-1] mit einem Wirtelbau des Atoms vereinbar sein und
das Gitter müßte wieder nach den Prinzipien von Schön flies aus solchen
Wirtelatomen aufgebaut werden.
Nach ähnlicher Überlegung müßte dem Hg die Anordnung 24 -h 2 = 26
zugeschrieben werden, was zu einem tetragonalen, also wirteligen Bau führt.
Auch hier wäre das Gitter wie bei Au aus Wirtelatomen aufbaubar (leichte
Legierung mit Aul, Amalgam).
Das Pb mit 28 = 24 + 4 Elektronenbahnen entspricht
genau der tatsächlichen tesseralen Symmetrie. Die seinerzeit
behauptete Allotropie ist nach Cohen, Inouye (6) nicht vor-
handen.
Dagegen ist die ausgesprochen trigonale Symmetrie des Bi mit
29 Elektronen nicht ohne weiteres erklärlich, besonders nicht die große
chemische Ähnlichkeit mit As und Sb. Es läßt sich mit 24 -h 5 (Oktaeder-
flachen) ganz gut eine trigonale Anordnung bauen, die auch chemisch negativ
3-wertigen Charakter hat. doch ist damit keine Annäherung oder Analogie zu
. dem Verhalten von As und Sb zu erreichen.
In der nachstehenden Übersicht der bisherigen Ergeb-
nisse ist zu erkennen, daß ein faßbarer Zusammenhang
zwischen Atomsymmetrie und Krystallform in der Tat be-
stehen und bei den Elementen auch deutlich zum Ausdruck
kommen muß. Von den 43 krystallographisch bekannten
Elementen bestätigen 23, also mehr als die Hälfte, ohne
Zwang diese Anschauung. Bei 4 Elementen läßt sich unter
Vorbehalt noch eine passende Elektronenanordnung angeben,
für 16 Elemente, also etwas mehr als ein Drittel der bekannten
Formen, ist dagegen ohne stark hypothetischen Einschlag
1 Cu, Ag, An und AI kristallisieren tesseral mit flächenzentrierten
Würfelgittern (5, 7, 18). Dabei besteht aber nur volle Mischbarkeit zwischen
Cu und Au wie auch Au und Ag, nicht aber zwischen Au und AI, was bei
der bis ins Detail übereinstimmenden Gitterkonstruktion (a = 4-07 X 10-8 cm
in beiden Fällen) ganz unverständlich wäre, wenn nicht der Atombau
selbst hier mitspielte. AI kann mit einem Kugelatom gedeutet werden.
■Cu, Ag und Au scheinen besser als Wirtelatome erfaßbar. Dieser Unter-
schied muß unbedingt in der Mischbarkeit zum Ausdruck kommen.
112
H. Tcrtseh,
Tabelle der bisherigen Ergebnisse bezüglich des
Atombaues.
Elek-
tronen-
zahl der
äußeren
Schale
Übereinstimmung zwischen
angenommener Elektronenverteilung
und wahrer Krystallsymmetrie
Gut
Zweifelhaft
Schlecht
oder gar
nicht
Keine Krystallform
bekannt
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
19
20
21
22
23
24
26
27
28
29
30
31
32
Summe
Na, K
Bc, Mg, Ca
C, Si, Ti, Th
Cr, U
Fe, Rh
Ni, Pd
Zn, Cd
Ga
Ge
W
Os
Fi
Pb
23
Su
As, Sb
Ir
AI
P, V
Li, Rb, Cs
Sr, Ba, Ra
B, Sc, Y, La
Zr, Cc
Ar, Nb, Bv, Pr
S
Co, Rh
0, Mo, Nd
F, Cl, Mn, N 43, N 61
Ne, Ar, Sm
Eu
Gd
Ott, Ag
In
Tb
Dy
Ho
Er
Tu I
Si, Te
Br, J
Ad
Gp
Kr, X
Ta
X 75
An
H?
Bi
Tl
Po
16
N 85
Em
(49)
Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. llo
derzeit noch keine befriedigende Lösung der Frage um den
Zusammenhang von Atom- und Krystallbau gelungen.
Eine Überprüfung der Liste läßt erkennen, wie viele offene
Fragen noch vorliegen, für wie viele Elemente vor allem, von
den Edelgasen abgesehen, noch nicht einmal die Krystall-
gestalt bekannt ist. Die röntgenologische Durchforschung der
Materie, und hier vor allem die Methode von Debye-Scherrer,
ist ganz besonders geeignet, auch im Falle sehr ungünstiger
Krystallisation, wenn nur überhaupt ein krystallines Pulver
vorliegt, das Krystallsystem gleichzeitig mit der Struktur auf-
zudecken. Ist auch die mathematische Auswertung der Debye-
Resultate besonders bei nicht-tesseralen Körpern sehr schwierig
und umständlich, so ist doch bei den Elementen der gewaltige
Vorteil nicht zu unterschätzen, daß nur einerlei Art von
Atomen für die Lösung des Strukturproblems zu berück-
sichtigen ist.
Jedenfalls ist heute schon klar, daß die geheimnisvolle
»Kohäsionskraft« der bisherigen Krystallphysik und Krystall-
chemie restlos durch elektrische, rechnerisch erfaßbare Kräfte
ersetzt werden muß [vgl. Born (5)] und daß physikalische
und chemische Überlegungen übereinstimmend mit den Forde-
rungen und Erfahrungen der Krystallographie zu einer räum-
lichen Verteilung der nach den chemischen Perioden zu
gruppierenden Elektronen führen.
114 H. Tertsch, Krystallographische Bemerkungen zum Atombau.
Literatur.
(1) Ab egg, Zschr. f. anorg. Ch., 50, p. 310 (1906).
(2) Behrens, Mikroskop. Gefüge der Metalle u. Legierungen, 1894 (p. 54).
(3) Bohr, Phil. Mag., 26, p. 857 (1913); 27 (1914), und 30 (1915).
(4) Born und Lande: Sitzber. d. preuß. Akad. d. Wiss., 1918, p. 1048.
Verh. d. Deutsch, phys. Ges., 20, p. 202 (1918).
— Die Naturwissenschaften, Jahrg. 1919, Heft 9.
(5) Bragg, Phil. Mag.. 28, p. 355 (1914).
(6) Cohen, Inouye, Zschr. f. phys. Ch., 74, p. 202 (1910).
(7) Debye und Scherrer. Nachr. d. kgl. Ges. d. Wiss. Göttingen, 19 18j
p. 101.
Phys. Zschr., 19, p. 23 u. 474 (1918).
(8) Groth P. v., Chemische Krystallographie (1. Bd.. Elemente usw.).
(9) Johnsen A., Fortschr. d. Min., Kryst. u. Petrogr., 5. Bd., p. 17 (117!),
1916.
(10) Kossei W., Ann. d. Phys., 49, p. 229 (1916).
Die Naturwissenschaften, 7, p. 339 (1919).
(11) Meyer Stef., Physik. Zschr., 19, P. 179 (1918).
(12) Moissan, Compt. rend., 127, p. 585 (1918).
(13) Niggli, Geometrische Krystallographie d. Diskontinuums, 2. Bd., Berlin.
Bornträger, 1917—1919.
(14) Rinne, Zentralbl. f. Min. etc., 1919, 161.
(15) Scherrer, Physik. Zschr., 19, p. 23 (1918).
(16) Schönflies, Krystallsysteme u. Krystallstruktur, Leipzig, Teubner, 1891.
(17) Stock, Ber. d. ehem. Ges., 41, p. 250, 764 (1908).
<18) Vegard, Phil. Mag., 31, p. 83 (1916); 32, p. 65 (1916).
(19) Voigt W., Physik. Zschr., 19, p. 237 (1918).
115
Über das Vorkommen von Gipskrystallen
bei den Tamaricaceae
Von
Hermann Brunswik
Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien
Nr. 135 der zweiten Folge
(Mit 1 Tafel und 1 Textfigur)
(Vorgelegt in der Sitzung am 18. März 1920)
Im Jahre 1887 beschrieb Volkens1 für einige Tamarica-
ceenarten (Reaumuria liirtella Jaub. et Sp., Tamarix arti-
culata Vahl., T. manuifera Bunge, T. tetragyna Ehrb.) das
regelmäßige Vorkommen von epidermalen Drüsen, die ein
Gemisch von hygroskopischen Salzen (Chlornatrium, Magne-
sium- und Calciumverbindungen) sezernieren. Diese Drüsen
sind wahrscheinlich eine anatomische Anpassung an die xero-
phytische Lebensweise, denn die Tamaricaceae zählen zu den
Charakterpflanzen der Steppen- und Wüstenflora. Eine zu-
sammenfassende Beschreibung des Baues dieser Drüsen, ihrer
Entwicklungsgeschichte und des Sekretionsmechanismus gab
Brunn er- in seinen Beiträgen zur vergleichenden Anatomie
der Tamaricaceen.
Die physiologische Bedeutung der so ausgeschiedenen
Salzkrusten ist freilich noch umstritten. Während ihnen
Volkens1 und Brunner2 die Fähigkeit zuschreiben, Wasser
1 G. Volkens, Die Flora der ägyptisch-arabischen Wüste, 1887. p. 27
und 106.
2 C. Brunn er, Beiträge zur vergleichenden Anatomie der Tamarica-
ceen. Mit. Botan. Staatsinst. Hamburg. 1909. p. 89 — 162.
1 16 H. Brunswik,
aus der Atmosphäre anzusaugen und der Pflanze zu über-
mitteln, deutet sie Marloth1 als Transpirationsschutz. In
jüngerer Zeit betonen Stahl-' und Haberlandt,3 daß die
Pflanzen sich dadurch nur des die Assimilation und das
Wachstum beeinträchtigenden Salzüberschusses entledigen.
Doch auch bei in unseren Breiten kultivierten Tamarix-
Arten (T. letrauJra L., T. gallica L. und T. octandvd) können
unter Umständen Krusten von ausgeschiedenem Kalkcarbonat
auftreten; so beobachtete Molisch4 nach langem Ausbleiben
von Regen einen solchen Fall am Laurenziberg in Prag.
Jedenfalls enthalten die Tamaricaceae reichlich anorga-
nische Kalksalze im Zellsaft gelöst. — Über krystallisierte
Exkrete in den Pflanzen selbst finden sich nur wenige und
widersprechende Angaben. F. Niedenzu unterscheidet bei
Bearbeitung der Tamaricaceae in Engler-Prantl's Natür-
lichen Pflanzenfamilien5 die Arten Reaumuria, Hololaclme,
Tamarix und Myricaria als krystallführend, von Fouquiera*
der er - - mit Unrecht - - den Besitz von Krystalldrusen im
Gewebe abspricht.
Solereder7 hingegen gibt an, daß »oxalsaurer Kalk in
Form von Drusen oder selten von Einzelkry stallen« bei Tamarix,
Reaumuria und Fouquiera vorhanden sei, während bei Holo-
laclme und Myricaria »keine Krystalle zur Beobachtung ge-
langten«.
i R. Marloth, Ber. der Deutsch. Bot. Ges., 1887, Bd. V, p. 321. Hierbei
eine Analyse der Salzausscheidung bei T. articulata mitgeteilt: Ca Cl2 51*9,
MgS04 12-0. MgCl2 4-7, MgHPOj 3-2, Na Cl 5-5, Na NO:5 17-2, Na2C03
3"*%-
S E. Stahl. Bot. Zeitung, 1894, Heft VI i- VII; Bot. Zeitung (Flora),
13. Bd. (Neue Folge), Zur Physiologie Lind Biologie der Exkrete, p. 30.
3 G. Haberlandt, Physiol. Pflanzenanatomie, 4. Aufl., p. 454.
1 Nach einer mündlichen Mitteilung von Hofrat Prof. Dr. Molisch. Vgl.
auch H. Molisch, Mikrochemie der Pflanze, 1913, p. 48.
5 Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien, III, 6 u. 6 a, p. 289.
,; Auf die in neuerer Zeit erfolgte Abtrennung von Fouquiera .als eigene
Familie soll erst später eingegangen werden.
" H. Solereder, System. Anatomie der Dicotyledonen, 1899, p. 129 — 132;
Nachtrag, 1908, p *J8— 39.
Vorkommen von Gipskiystallen bei den Tamaricaceae. H<
Auch Brunn er,1 dessen vergleichende Untersuchungen
sich hauptsächlich auf Stamm und Samenanlage der Tamari-
caceae beziehen, spricht von oxalsaurem Kalk, der regelmäßig
bei allen Tiimcirix- Arten, gelegentlich bei Myricaria und Reau-
muria anzutreffen ist.
Wie von mehrfacher Seite schon betont wurde, wird bei
der Diagnose »Kalkoxalat« oft etwas oberflächlich vorgegangen.
So auch im vorliegenden Falle. Schon ein kurzes Verweilen
der krystallführenden Schnitte von Tu marix- Arten in Wasser,
ja selbst in verdünntem Glyzerin zeigt nach meinen Beob-
achtungen, daß die zahlreichen Kry stalle wasserlöslich, also
sicher kein Kalkoxalat sind. Schwieriger gestaltete sich die
positive Beantwortung der Frage nach ihrer Natur. Hiezu
war eine genaue Untersuchung ihres chemischen Verhaltens
unerläßlich.
I. Chemisches Verhalten der Krystalle.
Als Untersuchungsmaterial wurden frische Stengel und
Blätter von Tamarix tetrandra L. und T. gallica L. benutzt,
Arten, die sowohl im Botanischen Garten der Universität
Wien als auch in vielen öffentlichen Gärten dieser Stadt
kultiviert werden. Nur in zweiter Linie wurde Herbarmaterial
(aus dem Hofmuseum Wien) herangezogen.
1. Löslichkeit.
Als charakteristisches Merkmal der Krystalle wurde be-
reits ihre Wasserlöslichkeit hervorgehoben.
Sobald die krystallhältigen Schnitte mit dem Wasser in
Berührung kommen, verlieren die normalerweise stark licht-
brechenden, bläulich schimmernden Drusen und Einzelkrystalle
fast momentan diese Eigenschaften, so daß sie bald grau-
schwärzlich und stark angegriffen erscheinen. In 20 Minuten -
bei nicht zu dicken Schnitten unter dem Deckglas — ver-
schwinden die letzten Krümmein restlos.
i C. Brunner, 1. c, p. 94 — 95.
118 H. Brunswik,
Die Krystalle lösen sich also schon in kaltem Wasser;
diesem Umstände ist es zuzuschreiben, daß sie in ver-
dünntem Glyzerin schon nach mehreren Stunden gelöst sind,
ja daß sie sich in konzentriertem Glyzerin nur wenige
Tage halten. Ebenso kann auch Glyzeringelatine die Krystalle
nur einige Wochen konservieren.
Unlöslich sind die Krystalle in absolutem Alkohol,
Xylol, Äther und Chloroform. Als Einbettung für die
Schnitte wurden daher Damarharz und Kanadabalsam ver-
wendet.
In konzentrierter HCl, HN03, H2S04 sind die Krystalle
ohne Fällung und ohne Aufbrausen löslich, wenn auch
durchwegs langsamer als in destilliertem Wasser unter sonst
gleichen Bedingungen (in konzentrierter HCl z. B. in zirka
30 Minuten); in Eisessig unlöslich. In gesättigter Oxal-
säure sind sie scheinbar auch unlöslich; doch zeigt ein Über-
tragen der Schnitte darauf in Wasser, daß sie nun auch
wasserunlöslich geworden sind, daß sie sich also mit Oxal-
säure chemisch umgesetzt haben (siehe Ca-Nachweis).
Alkali wie NH3, Na OH, KOH lösen sie; auf die sekun-
däre Fällung typischer Krystalle mit konzentrierter Kalilauge
soll erst beim Nachweis des Kations näher eingegangen
werden.
2. Reindarstellung der Krystallsubstanz.
Zusammenfassend können zwei Eigenschaften als für die
Substanz charakterisierend aufgestellt werden: völlige Un-
löslichkeit in Eisessig bei gleichzeitiger guter Wasser-
löslichkeit.
Dies weist auch den Weg zur Reingewinnung. In kleinen
Mengen, auf dem Objektträger, wurde die Substanz iso-
liert, indem man aus den frischen Schnitten mit destilliertem
Wasser umkrystallisieren läßt und mit konzentrierter CH3.COOH
den Rückstand gründlich spült, so daß alle anderen krystal-
linischen Ausscheidungen entfernt werden. Um den Stoff in
größeren Mengen zu erhalten, werden fein zerkleinerte
Blatt- oder Stengelstücke, die sich als besonders krystallreich
erwiesen, 24 Stunden mit destilliertem Wasser ausgezogen
Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamaricaceae. I 1 9 '
und das — eventuell eingeengte — Filtrat mit einer mehr-
fachen Menge Eisessig versetzt. Der ausfallende Niederschlag, .
in feinen Nadelbüscheln krystallisierend, erweist sich in seinen
Eigenschaften völlig gleich den in der Pflanze vorkommenden
Krystallen.
3. Verhalten bei der Veraschung.
Nach dem Veraschen der Schnitte durch einmaliges Auf-
glühen behalten die Krystalle ihre F^orm bei, sind jedoch
leicht gebräunt — wohl infolge organischer Beimengungen —
und zeigen eine gekörnt-gestreifte Struktur.
Ihre Löslichkeit wird dadurch in keiner Weise beein-
trächtigt. In Wasser bleiben sie löslich, so daß man sie
auch aus der Asche umkrystallisieren kann. In konzentrierter
CH3.COOH völlig unlöslich, lösen sie sich nur langsam und
ohne Gasblasenentwicklung in konzentrierter HCl, rascher in
HN03 und H.,S04. — Ebenso verhält sich die aus dem
Extrakt gefällte Reinsubstanz; die einzelnen Nadeln schmelzen
zu kleinen Körnchen zusammen, die wasserlöslich bleiben.
Die Substanz wird also durch das Glühen in keiner
Weise verändert; schon dadurch ist die Möglichkeit, daß
ein organisches Salz vorliegt, ausgeschlossen.
4. Nachweis des Calciums als Kation.
Empfindliche Ca-Reaktionen stehen eine ganze Reihe zur
Verfügung. Die gebräuchlichste, die Fällung des Ca als Gips,
war im vorliegenden Falle, wie noch gezeigt werden wird,,
nicht gut anwendbar. Doch verbleiben immer noch die Fällung
des Ca mit Oxalsäure und die in letzter Zeit von Molisch1
empfohlenen Reaktionen mit Sodalösung und einem Gemisch
von konzentrierter Kalilauge mit Kaliumcarbonat.
Alle drei angeführten Reaktionen fallen mit frischen
Schnitten positiv aus; jedoch ist die Fällung infolge der
leichten Wasserlöslichkeit der Krystalle keineswegs lokalisiert.
1 H. Molisch, Nachweis von gelösten Kalkverbindungen mit Soda;
Nachweis von Kalk mit Kalilauge oder KOH-|-K2C03. Ber. d. Deutsch.
Botan. Gesellsch., Bd. XXXIV, Heft 5 und 6.
120 H. Brunswik,
Der Einwand ist hiebei berechtigt, daß damit nicht das Ca
in den Krystallen, sondern nur der allgemeine Calciumgehalt
der Schnitte nachgewiesen wurde. Immerhin macht schon ein
Vergleich der ausgefallenen Menge von Kalkoxalat, Gaylussit
(Na2C03.CaC03 + 5 H20), respektive des Kaliumcalciumcarbo-
nats (2 CaC03+ 3K2C03+ 6 H20) bei einem reichlich Krystalle
führenden Schnitt und einem gleichgroßen vom selben Pflanzen-
teil, der keine Krystalle enthält, es sehr wahrscheinlich, daß
die Krystalle Calcium enthalten.
Eindeutig und beweisend wird erst der positive Aus-
fall der genannten drei Reaktionen, wie er mit der auf dem
Objektträger isolierten oder durch Eisessig gefällten Substanz
gelingt. Eindeutig ist schließlich das bereits erwähnte Ver-
halten der Krystalle mit konzentrierter Oxalsäure, wobei eine
vollkommene Umsetzung - unter Beibehalten der äußeren
Gestalt - in das wasserunlösliche Kalkoxalat erfolgt.
Die Krystalle sind demnach, wie es auch das Nächst-
liegende ist, ein wasserlösliches Calciumsalz.
Die übliche Fällung des Ca mit 2 bis 10°/0 H2S04 als
Gips gelingt natürlich auch, sowohl mit den Schnitten wie
mit der reinen Substanz. Auch hiebei ist ein lokalisierter
Nachweis infolge der Löslichkeit der Krystalle im allgemeinen
nicht möglich. Bereitet man sich jedoch die 2 °/0 Schwefel-
säure nicht mit Wasser, sondern mit einem zirka 30 °/0
Alkohol oder 30 % Essigsäure, so setzen sich bei An-
wendung dieses Reagenz - - die Schwefelsäure verhält sich
gegen Alkohol und Essigsäure indifferent im frischen
Schnitt wie im umkrystallisierten Zustand die Gipsnadel-
büschel direkt an die korrodierten Krystalle an. Diese Methode
wäre für alle leicht wasserlöslichen Ca-Salze zu empfehlen.
In vorliegendem Falle jedoch handelt es sich, wie noch ge-
zeigt werden wird, nicht um eine Neubildung von Gips,
sondern bloß um ein Umkrystallisieren des schon vorhandenen
CaS04 in die bei saurer Lösung immer auftretende Nadel-
büschelform. -- Infolge der Wasserlöslichkeit der vorliegenden
Krystalle liegt es im Bereich der Möglichkeit, daß das Ca
nicht das einzige Kation der Substanz sei, daß es sich viel-
mehr um ein Calciumdoppelsalz handeln könne.
Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamaricaceae. 121
In Betracht kommen hiebei vor allem die Alkalimetalle
und das Magnesium. Die üblichen mikrochemischen Reaktionen
auf Kalium, Natrium und Ammonium verlaufen jedoch
sämtlich negativ. Magnesium ist zwar reichlich im Gewebe
vorhanden, wahrscheinlich als MgCl2 (Halophyt); bei An-
wendung der Methode von Richter1 (0-1% NaHNH4P044-
-4-12PLO in Ammoniakatmosphäre) fallen sofort reichlich
Krystalle von Magnesiumammoniumphosphat aus, bevor noch
die zu untersuchenden Krystalle wesentlich gelöst erscheinen.
Wäscht man die Schnitte hierauf in Alkohol aus und setzt
die Magnesiumreaktion bis zur Lösung der Krystalle fort, so
fällt kein Magnesiumammoniumphosphat mehr aus. Natürlich
beweist der negative Ausfall der Magnesiumprobe mit der iso-
lierten Substanz noch viel strenger, daß die Krystalle auch
kein Magnesium enthalten.
Die bei den Tamaricaceae vorkommenden Krystalle sind
demnach ein einfaches Calciumsalz.
5. Nachweis der Schwefelsäure als Anion.
Durch die Löslichkeitsverhältnisse und das Verhalten der
Krystalle beim Veraschen, wie sie bereits geschildert wurden,
ist es möglich, von vornherein den Kreis der in Betracht
kommenden Anionen recht eng zu ziehen. Die organischen
Säuren können völlig ausgeschaltet werden und wasser-
lösliche, einfache Calciumsalze bilden von den anorgani-
schen Säuren nur: HCl, (HBr, HJ), HN02, HN03, H3P04 (als
primäres oder sekundäres Salz) und schließlich H2S04 als
den schon schwerer löslichen (1 : 400) Gips. - - Die Möglich-
keit, daß ein Doppeisalz vorliegt, wurde bereits früher aus-
geschlossen.
Da die Krystalle keine Diphenylaminprobe nach Moli seh
liefern und auch die mikrochemischen Reaktionen für Phosphor-
säure negativ verlaufen - - Phosphate sind übrigens in Eis-
essig löslich — , so verbleiben zur näheren Untersuchung nur
Schwefelsäure und Salzsäure als Anion.
i 0. Richter, Untersuchungen über das Magnesium und seine Be-
ziehungen zur Pflanze, I.Teil. Diese Sitzungsber., 1902. Bd. CXI, p. 171.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 12'.> Bd. 9
122 H. Brunswik,
Die mikrochemischen Reaktionen für das S04-Ion sind,,
wie Molisch1 betont, wenig charakteristisch und zum Teil
nicht eindeutig. Bei den relativ kompakten Mengen, welche
die Krystalle in den einzelnen Zellen darstellen, liefert jedoch
die Fällung von Ba S04 mittels einer konzentrierten BaCl2-
Lösung ganz brauchbare Ergebnisse. Trägt man die frischen,
krystallführenden Schnitte in eine Bariumchloridlösung ein, so
setzen sich alsbald die Krystalle in eine dunkle, schwarze,,
körnig-streifige Masse um, die fast gleichmäßig die betreffenden
Zellen erfüllt. Wäscht man nun die Schnitte aus und bringt
sie in Königswasser (2 Teile konzentrierte HCl + 1 Teil kon-
zentrierte HN03), so bleiben die dunklen krystallinischeu
Komplexe völlig ungelöst. Es unterliegt keinem Zweifel, daß
es sich um gefälltes Bariumsulfat handelt.
Mit den isolierten Krystallen bildet sich ein feinkörniger
Niederschlag, der ebenfalls in allen Säuren ungelöst bleibt. —
Eine mit einer größeren Menge der rein dargestellten Sub-
stanz makrochemisch durchgeführte Fällung mit Ba Cl, ergab
einen reichlichen Niederschlag, der sich auch beim andauernden
Kochen mit Königswasser nicht löste.
Schließlich wurde mit der Substanz die in der Minera-
logie gebräuchliche Heparreaktion mit stets positivem Er-
gebnis (Schwärzung des Silberbleches durch die befeuchtete
Sodaschmelze) durchgeführt. Die hiebei verwendeten Re-
agenzien, sowohl die Soda wie die Kohle, waren geprüft
schwefelfrei.
Die Krystalle sind demnach reine Gips krystalle CaS04-4-
2 H20, sowohl nach ihrem mikrochemischen Verhalten in den
Schnitten wie auch nach der makrochemischen Analyse der
isolierten Substanz. Die erschwerte Wasserlöslichkeit des
Gipses 1 : 400 erklärt es überhaupt, wieso es möglich ist, daß
eine wasserlösliche Substanz in der lebenden Zelle aus-
krystallisieren kann. Ca Cl2- oder Ca N03-Krystalle in der
Pflanze wären schon aus diesem Grunde unmöglich, da hiezu.
Salzkonzentrationen nötig wären, die auch ein Halophyt nicht
vertragen würde.
1 H. Molisch, Mikrochemie der Pflanze, 1913, p. 61.
Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamaricaceae. 1 £•>
Es erübrigt noch zu erwähnen, daß Chloride, wie es
bei diesen Salzpflanzen nicht wundernimmt — die Fähig-
keit, Chloride mittels der epidermalen Drüsen auszuscheiden,
wurde bereits eingangs festgestellt — , im Zellsaft mikro-
chemisch leicht nachzuweisen sind, mit den Krystallen aber
gar nichts zu tun haben.
II. Beschreibung der Krystalle.
Bisher wurde von den Krystallformen des natürlichen
Vorkommens und wie sie sich beim Umkrystallisieren und
Fällen des Gipses ergeben, noch nichts erwähnt, um jetzt im
Zusammenhang, als Kontrolle und Bestätigung des chemi-
schen Untersuchungsergebnisses, diese Frage zu behandeln.
Der Gips kommt bei den Tamaricaceae meist in Drusen
in der Größe von 15 jx bis 35 jx vor. In ihrem Gesamthabitus
ähneln sie den bekannten Kalkoxalatdrusen, so daß eine Ver-
wechslung bei bloßer Betrachtung leicht erklärlich erscheint.
Unter besonderen Umständen, z. B. in den englumigen Mark-
strahlzellen, kommen auch schön ausgebildete Einzel-
krystalle vor. Diese sind dann (siehe Tafel, Fig. 1) regel-
mäßig-sechseckige oder rhombische Plättchen, manchmal auch
mit abgerundeten Ecken. Die Drusen sind, wie man durch
Aufhellen der Schnitte in Damarharz oder Kanadabalsam fest-
stellen kann, eine Übereinanderschichtung solcher Plättchen
unter teilweiser Verschmelzung.
Ohne eine solche Behandlung erscheinen die Drusen als
eine homogene, stark lichtbrechende Masse; fast regelmäßig
enthalten sie einen dunklen Kern, wie es Tunmann1 für
zahlreiche Oxalatkrystalle angibt. Die Natur dieser Kerne, die
am besten in Kanadabalsam hervortreten, ist zweifelhaft. Da
jedoch diese Bildungskerne zuweilen auch in Einzelkrystallen
feststellbar sind, so dürfte es sich dabei nur um zufällige
Einschlüsse organischer Natur bei der Krystallbildung handeln.
Etwas verwirrend erscheinen die Krystallformen in
ihrer großen Mannigfaltigkeit, die man durch Umkrystalli-
1 0. Tunmann, Pflanzenmikrochemie, 1913, p. 139.
124 H. Brünswik,
sieren aus frischen Schnitten oder bei der Fällung mit
Eisessig erhält. Bestimmend für ihre Form ist vor allem
die Reaktion der Mutterlauge (sauer, neutral etc.), die Ge-
schwindigkeit ihres Ausfallens (Konzentrationsgefälle) und
schließlich die Größe des zum Krystallisieren zur Verfügung-
stehenden Raumes (unter oder außerhalb des Deckglases, im
Tropfen oder in der ausgebreiteten freien Flüssigkeit).
Man kann am besten vier Haupttypen der so ge-
wonnenen Krystalle unterscheiden, wobei zu betonen ist, daß
es unter Berücksichtigung der oben angeführten Faktoren jeder-
zeit gelingt, den einen Krystallisationstypus in den anderen
überzuführen. Daß es sich also stets um dieselbe Substanz
handelt, ist dadurch völlig unzweifelhaft.
Der erste Typus ist der Nadeltypus. Aus saurer Mutter-
lauge fällt der Gips in feinen Nadeln, nadeligen Durch-
kreuzungen und dichten Nadelbüscheln aus. Es ist derjenige
Typus, der bei der gebräuchlichen Ca-Reaktion mit ver-
dünnter H2S04 auftritt. Vereinzelt finden sich auch die charak-
teristischen Schwalbenschwanzzwillinge, für die ein Winkel
von 104° (respektive 76°) oder 130° angegeben wird.
Der Platt chen typ us entsteht bei neutraler Reaktion
(beim Umkrystallisieren mit destilliertem Wasser), wenn die
Lösung unter dem Deckglas hervortritt, die Krystallbildung
daher größtenteils außerhalb des Deckglases erfolgt. (Das
Deckglas wirkt dabei verdunstungshemmend.) Vorherrschend
sind rhombische Plättchen, häufig mit zwei gerundeten Kanten
neben langprismatischen Krystallen und linealartigen Zwil-
lingen.1
Bei raschem Verdunsten des Wassers, also bei Tropfen
ohne Deckglas, bilden sich die Gipskrystalle in quadrati-
1 Heinrich Vater (Mikroskopische Studien über die Krystallisation des
Gipses. Versuche von Otto Maschke, mitgeteilt von Heinrich Vater, Zeitschr.
f. Krystallographie etc., XXXIII. Bd., 1. Heft, 1900) wies nach, daß dieser
Typus der von Lösungsgenossen unbeeinflußte, dem Gips bei Krystallisa-
tion aus zusatzfreier Lösung zukommende ist. Zugleich stellte er auch
das Zurücktreten der Bildung von Zwillingen sowie das wechselnde Ver-
hältnis der Achsenlängen (langprismatische -- tafelförmige Krystalle) bei
diesem Grundtypus fest.
Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamaricaceae. I^;)
sehen Formen und kugeligen Sphäriten aus und sind
so für die Substanz am wenigsten charakteristisch.
Am seltensten tritt der Hanteltypus aus wässeriger,
neutraler Lösung auf; hiebei wird der Gips in Form von
Hanteln, pilzhutförmigen Gebilden, Doppelpinseln, Kleeblatt-
formen und breiteren Spießen frei in der Mutterlauge unter
dem Deckglas zum Ausfallen gebracht. Vorbedingung hie/u
ist knappes Anliegen des Deckglases ohne Hervortreten von
Flüssigkeit unter dem Deckglasrand, so daß die Verdunstung-
stark verlangsamt wird. - Dieselben vier Krystallisations-
typen können auch aus einer Lösung von käuflichem Gips
erzielt werden.
Wie die Versuche O. Maschke's1 ergaben, lassen sich
Gipskrystalle durch Zusatz von Eosin oder Hämatoxylin zur
Mutterlauge in charakteristischer Weise färben. Die Farbstoff-
aufnahme ist hierbei »molekular«, erstreckt sich jedoch nicht
durch die gesamte Masse der Krystalle, sondern es färben
sich nur die zu {101} — Poo gehörigen Sektoren (= An-
wachskegeln), so daß die Krystalle infolge der Färbung die
sogenannte Sanduhrstruktur annehmen. (Anorganische Kry-
stalle mit Sanduhrstruktur können noch aus Strontiumnitrat
hergestellt werden.) Die färbenden Substanzen sind nicht iso-
morph mit den Krystallen.
Dieses typische Verhalten des Gipses kann leicht dazu
benutzt werden, sich zu vergewissern, ob man Gipskrystalle
vor sich hat oder nicht. Tatsächlich gelangen die Färbungen
mit der aus der Pflanze rein dargestellten Krystallsubstanz in
vollkommen gleicher Weise wie mit käuflichem Gips. Am
besten bewährte sich eine nicht zu starke wässerige Eosin-
lösung, während das von Maschke ebenfalls verwendete
Hämatoxylin (Färbungen gelangen ihm auch mit Natron-
karmin und Lackmus) infolge seiner leichten Zersetzlichkeit
keine guten Resultate liefert. Mit Bismarckbraun jedoch ge-
lingen, wie ich feststellen konnte, die Färbungen ebenso
schön wie mit Eosin, während sich Methylgrün, Methyl-
und Gentianaviolett hiezu nicht eignen. Ein direktes
i H. Vater, 1. c. p. 60—67.
126
H. Brunswik,
Umkrystallisieren des Gipses aus den frischen Schnitten mit
wässerigem Eosin oder Bismarckbraun gelingt wegen des
hohen Gerbstoffgehaltes der Pflanzenteile bei den Tamarica-
ceae nicht wäre jedoch in anderen Fällen eine elegante
Methode des Gipsnachweises.
Herr W. Koppi, Demonstrator am mineralogisch-petro-
graphischen Institut der hiesigen Universität, hatte die Freund-
lichkeit, die Krystalle auf ihr optisches und krystallographi-
sches Verhalten hin zu untersuchen, wofür ich ihm auch an
dieser Stelle bestens danken möchte. Er teilte mir folgendes mit:
»Von den vorgelegten Präparaten zeigen die durch Fällung
mit Essigsäure und Umkrystallisieren in Destillat erhaltenen
Krystalle im allgemeinen das für mikroskopische Gipskrystalle
charakteristische Bild; Büschel dünner, spitzer Nadeln, größere
Schwalbenschwanz- und Durchkreuzungszwillinge, daneben
größere und dickere, rhomboidal umgrenzte Einzelkiystalle
(30X30 [i bis 30X50 ;x).
Die Doppelbrechung ist niedrig, die dünneren Krystalle
zeigen zwischen gekreuzten Nicols kaum merkliche Auf-
hellung, die dickeren ein Graublau bis Weiß erster Ordnung.
An den größeren, rhomboidal um-
9- grenzten Krystallen konnten die
Kantenwinkel und Auslöschungs-
winkel gemessen und dadurch
die Lage der Krystalle und die
auftretenden Flächen bestimmt
werden.
Die Krystalle liegen fast
durchwegs auf der {010}-Fläche-
Der Kantenwinkel an der Spitze
der rhomboidalen Krystalle ist
stumpfer als der der normal aus
käuflichem Gips dargestellten
mikroskopischen Krystalle; die Messung ergab einen mittleren
Wert von 70° (Goldschmidt, Winkeltabellen: 70° 12'), ent-
sprechend dem Winkel zwischen der Fläche {103} und der
Trace der {100}. Die {103} erscheint gekrümmt (siehe Text-
figur).
lau
Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamaricaceae. l-<
Die Schwingungsrichtung a geht durch den spitzen Winkel
•der Krystalle und bildet mit der Kante der Flächen {110, 010}
einen Winkel von ungefähr 37° (berechnet 1. c. 36° 20').
Der mittlere Brechungsexponent ß stimmt mit den An-
gaben für Gips (ß = l-5247) gut überein; er wurde durch
Einbettung in ein Benzol-Bromnaphtalin-a-Gemisch zu 1*526...
bestimmt.«
JII. Vorkommen und Verbreitung- der Gipskrystalle bei
den Tamaricaceae.
Die Gipsausscheidungen konnten im Stamm, im Laub-
blatt, in der Blüte, in Samenanlage und Samen nachgewiesen
werden.
Im mehrjährigen Holze kommen sie -- im Gegensatz zu
den Oxalatkrystallen bei vielen Holzgewächsen - - nur sehr
spärlich vor. Da einjährige Sprosse in Mark und Rinde reich-
lich Gipskrystalle enthalten, so müssen diese bei weiterem
Wachstum infolge erhöhtem Wasserzustrom wiederum in
Lösung gehen. Überhaupt scheint das Auftreten der Gips-
krystalle mehr gebunden an die stärker transpirierenden
Organe, also an das chlorophyllführende Gewebe (Blätter,
einjährige grüne Zweige) und an Blüte und Fruchtknoten.
Besonders reichlich und regelmäßig sind die Krystalle
zu finden:
1. In den Blättern. Da hiebei die Drusen in den inneren
Zellreihen des chlorophyllführenden Mesophylls, ganz ein-
gekapselt im plasmatischen Zellinhalt, zu liegen kommen,
können sie ohne Anwendung besonderer Hilfsmittel leicht
übersehen werden. Durch Behandlung der Schnitte mit kon-
zentrierter Schwefelsäure, wobei die Krystalle viel lang-
samer als das umliegende Gewebe zerstört werden, oder
durch Veraschung der Blätter kann man eine Übersicht
über ihr reiches Vorkommen in diesen Organen gewinnen.
Die besten Resultate jedoch liefert die übliche Aufhellung
der Schnitte oder ganzer Blätter in Chloralhydrat (5:2)
(siehe Tafel, Fig. 2), wobei freilich die Gipskrystalle langsam
angegriffen werden, so daß innerhalb zweier Tage in der
Umgebung des Schnittes reichlich Gipsnadeln, vereinzelt
128 H. Brunswik,
Schvvalbenschvvanzzwillinge ausfallen, während die Drusen
selbst zerkrümmein. Chloralhydratpräparate können daher
nicht zur dauernden Konservierung der Gipskrystalle ver-
wendet werden.
2. In den einjährigen Zweigen, sowohl im Mark wie
in der Rinde, manchmal in den jungen Markstrahlen. Im Mark
können im Herbst die Krystalle und gespeicherte Stärke
nebeneinander in denselben getüpfelten, sklerenchymatischen
Zellen vorkommen. - - Direkt gespeichert und förmlich ge-
staut sind die Gipsdrusen bei Tamarix- Arten in der Rinde
des Stengelfußes, wobei die Zellen, in welchen sie zu liegen
kommen, deutlich verholzt sind. Während sie bei T. tetrandra
(Exemplare aus Wien) nur einigermaßen sklerenchymatisch
verdickt sind, rinden sich bei anderen Tamarix- Arten weitaus
stärkere Sklerenchymzellen (siehe Tafel, Fig. 4), die bei
T. laxa u. a. schon den Habitus von Steinzellen haben.
Brunner1 betont in seiner Untersuchung, daß diese »diffuse
Sklerose« für alle Tamariceen typisch sei, wenn sie auch bei
einzelnen Arten vor der Korkbildung nur schwach auftritt;
zugleich stellt auch er fest, daß diese Steinzellen fast immer
Krystalle enthalten.
Da die Gipskrystalle in der primären Rinde nur in diesen
verholzten Zellen und niemals im Parenchym vorkommen,
besteht hier offensichtlich ein ursächlicher Zusammenhang.
Da nichts dafür spricht, daß die Pflanze die primär ent-
standenen Gipsausscheidungen durch diese Verholzung später
förmlich abkapselt und aus dem weiteren Stoffwechsel in
diesen »Krystallscheiden« - ausschaltet, so dürfte dieser Be-
fund wohl dahin zu deuten sein, daß die Krystallisations-
bedingungen in diesen starkwandigen, englumigen Zellen für
die bereits konzentrierten CaS04-Lösungen am günstigsten sind.
Die Krystallablagerung in Blüte, Samenanlage und Samen
wurde nur bei Tamarix tetrandra Pall. (Exemplare aus Prag
1916 und dem Mediterrangebiet) und bei T. Hampeana Boiss.
et Heltr. ('Persien) untersucht. Sie sind regelmäßig, wenn auch.
1 C. Brunner, 1. c, p. 94.
- E. Stahl, I. c, p, 85-86 {Tamarix zitiert).
Vorkommen von Gipskrystallcn bei den Tamaricaceae. 1 29
manchmal spärlich nachweisbar und kommen in allen Teilen
der Blüte, in den Blumenkronblättern, in den Staubfäden längs
der Gefäßbündel, im Griffel und reichlicher in den Kelch-
blättern vor, wobei die basalen Anteile der angeführten Ge-
bilde bevorzugt werden. — Das Vorkommen von Krystallen
in der Samenanlage und in der Samenschale bei den
meisten Arten von Reauniuria und Tamarix beschreibt schon
Brunn er,1 so daß nur nachzuweisen war, daß auch diese
Ablagerungen Gips darstellen.
Über das spezielle Vorkommen der Gipskrystalle bei den
einzelnen Arten der Tamaricaceae siehe die folgende Tabelle.
Untersucht wurden acht Arten von Tamarix, je drei Arten
von Reaiimiiria und Myricaria, Hololachne soongerica, schließ-
lich zwei Arten von Foiiquiera, einer Gattung, die erst in
neuerer Zeit als eigene Familie von den Tamaricaceae ab-
getrennt wurde (Engler2). Das Material hierzu stammt aus
den Herbaren des Hofmuseums in Wien und des Botanischen
Institutes der Universität Wien.
i C. Brunner, 1. c., p. 150, 152, 155.
2 Engler-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien, Nachtrag I, p. 251,
und Nachtrag III zu III, 6, p. 228. Vgl. auch G. V. Nash, A Revision of
the Family Fouquieraceae in Bull. Torr. Bot. Cl., XXX, 1903, p. 449-459.
130
H. Brunswik,
O
O
t t
~l
H
H
^
■Q
^
''.
'S;
o
ö
N
p
>
o
P
i—
CO
►Ö
CO
CS
(SB
tl)
»-!
3
H
CO
[0
«"»■
1 — k
cO
O
t>s
^S
p r*
O
+ 1 + 1 + +
+ +
+ + +
+ +
Standen zur Unter-
suchung nicht zur
Verfügung
+ +
W 00
<< c:
J» 3
m
CO
-i CD c
"1
O cl
tn
*
o
o
Kelc
sons
ich
o'
*-*■ 3*
U»J
Cf
cd f£
3* CO
S" 2
5 3
S-* 3 ^
CD
CO
C/2 CD D-
p: 3 3
ü ES3
CD — ■ ^
CT. pS
3* K
3
W
3 5'
«•?£
p
tri <«
O Q. 3
ES ' 3.
>a
( ,.
IT.
P
CD
3
~r-
D*
3
a
1
Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamaricaceae. 131
2. Die übrigen Gattungen.
A. Reaumuria hypericoides Willd. Fundort: Nordpersien.
Krystalle sowohl in den Blättern wie im Stengel. — In den Blättern
sehr zahlreich; formal wie die in den Blättern bei Tamarix-Arten. Drusen.
Besonders reich um die Blattnerven gelagert, sonst eingekapselt im chloro-
phyllführenden Mesophyll. — In den einjährigen Zweigen ziemlich spärlich,
doch als gut ausgebildete Einzelkrystalle (Sechsecke, rechteckige Stäbchen.
Wetzsteine etc.); nur ausnahmsweise im .Mark auch Drusen wie bei Tamarix.
Reaumuria squarrosa Jaub. et Sp. Fundort: Nordpersien.
Blattparenchym direkt vollgepfropft mit Gipskrystallen. Zentral an den
Leitbündeln Sphärite, runde Platten, die üblichen Drusen wie bei Tamarix;
mehr peripher, eckige, polygonale Einzelkrystalle. — Erstaunliche Fülle (siehe
Tafel, Fig. 2). — Im Mark und Rinde der Achse nur spärliche Drusen,
manchmal Einzelkrystalle. In der Frucht keine Krystalle.
Reaumuria vermiculata L. Fundort: Kairo-Mocatan.
Im Blatt wie bei Reaumuria squarrosa, nur nicht so zahlreich. Im
Stamm keine Krystalle nachweisbar, jedoch starker Gipsgehalt im wässerigen
Auszug der Schnitte.
B. Hololachne suongerica Ehrbg. Fundort: Riddersk (Sibirien).
Im Blattparenchym Gipsdrusen wie bei Tamarix, Reaumuria und Myri-
caria, jedoch nicht so konstant und regelmäßig wie bei diesen. Drusen meist
längs den Leitbündeln, erreichen keine besondere Größe. — Vorhanden auch
im assimilierenden Endsproß. Stamm jedoch krystallfrei.
C. Myricaria longifolia Ehrbg. Fundort: Irkutsk.
Gipsdrusen wie bei Tamarix, im Blattparenchym eingelagert, jedoch
ziemlich spärlich. Meist in den Blaurändern und am Blattgrund sowie längs
der Gefäße. — Stamm führt in Mark und Rinde keine Krystalle, nur all-
gemeiner Gipsgehalt nachweisbar.
Bei dieser und den nächstfolgenden Myricaria- Arten ist Gips in den
größeren Epidermiszellen stellenweise in Spießen und strahlig-fächrigen Kry-
stallen ausgefallen — wohl sekundär beim Vertrocknen. Dieser Umstand
weist jedoch auf den hohen Ca S04-Gehalt des Zellsaftes hin, der auch
durch wässerige Extraktion nachweisbar ist.
Myricaria alopecuroides Schrenk. Fundort: Altaigebirge (Tomsk).
Im Blattparenchym fast in jeder der kubischen Zellen eine, wenn auch
sehr kleine Krystalldruse oder Gipskörnchen. — Gipsdrusen in normaler
Größe nur am Blattgrund längs der Gefäßbündel.
Im Stamm keine Gipskrystalle zu beobachten.
132 H. Brunswik,
Myricaria germanica L. Fundort: Wien; Norwegen.
Krystalle in den Pallisadenzellen eingekapselt, äußerst spärlich. All-
gemeiner Gipsgehalt der Blätter (Epidermis!) und Stengel jedoch bedeutend. —
Es bilden sich nur keine faßbaren, nennenswerten Krystallexkrete.
D. Fouquiera formosa H. B. K. und Fouquiera splendens Engelm.
Fundort: Mexiko.
Längs der Blattnerven und in sklerenchymatischen Zellen der Rinde
reichlich wasserunlösliche Sphärite und Drusen, die sich als gewöhn-
liches Kalkoxalat erweisen (in H.,0 und Eisessig unlöslich; Ca-Reaktion
mit 2 0/0 H2S04; verascht zu Kalkcarbonat).
Bei allen positiven Angaben über das Vorkommen von Gipskrystallen
wurden mit ihnen folgende Reaktionen gemacht:
1. Wasserlöslichkeit; umkrystallisiert in den Nadel-, Plättchen- oder
Hanteltypus. — 2. Unlöslichkeit in Eisessig. — 3. Verascht, nur langsam
ohne Gasblasenentwicklung in HCl löslich.
Das Vorhandensein von Gipskrystallen in größerem (Tama-
r/.r, Reaumuria) oder geringerem Maße (Hololachne, Myricaria)
ist somit bei allen untersuchten Arten der Tamaricaceae
nachweisbar, wobei zu betonen ist, daß Krystallexkrete anderer
Natur (Kalkoxalat etc.) niemals auftreten.
Die Fouquieroideae hingegen, die wegen ihrer Sym-
petalen Blumenkrone, vor allem wegen ihres ölreichen Nähr-
gewebes (im Gegensatz zum stärkereichen der Tamaricaceae)
und anderer Plazentation als eigene Familie (Fouquiera-
ceae) abgetrennt wurden, erweisen sich auch in ihrem Chemis-
mus wesentlich verschieden, indem sie keine Gipskrystalle
wie die Tamaricaceae bilden, wohl aber das verbreitete Kalk-
oxalat führen, das dieser Familie wiederum völlig fehlt. Dieser
Befund ist also ein neuer Beweispunkt für die Berechtigung
der Abtrennung der Fouquieraceae von den Tamarisken.
Auch die systematisch und ökologisch nahe verwandte
Familie der Frankeniaceae (ebenfalls Wüstenpflanzen mit
Salzausscheidung) zeigt sich in diesem Punkte wesentlich
verschieden, indem sich bei ihren Vertretern — z. B. bei
Frankenia hirsuta L. — wohl Kalkoxalatdrusen, aber keine
Gipskrystalle finden.
Vorkommen von Gipskrystallen hei den Tamaricaceae. 1 33
IV. Physiologische Bedeutung der Gipskrystalle.
Bisher sind nur vereinzelte Fälle eines Vorkommens von
Gipskrystallen in der lebenden Zelle bekannt.
So identifizierte A. Fischer1 die bei den Desmidia-
ceen auftretenden Kryställchen als Gips und wies sie bei
Closterium, Cosmarium, Micrasterias, Euastrum, Pleuro-
taenium, Penium und Tetmemorus nach.
Radlkofer2 fand Gipskrystalle bei den Capparideen.
Ob die kleinen Krystalle bei Marattiaccac und bei Saccharum
officinarum wirklich Gips darstellen, wie Hansen3 angibt,
ist noch nachzuprüfen, da Monteverde 4 sie für Kalkoxalat
erklärt.
Der vorliegende Befund der reichlichen Ablagerung
von Gipskrystallen und Drusen bei der rein xerophyti-
schen Familie der Tamaricaceae rückt es in den Bereich der
Möglichkeit, daß auch bei anderen Familien Krystallexkrete,
die bisher als Kalkoxalat bezeichnet wurden, sich als Gips
erweisen. Eine gewisse Übereinstimmung in der Krystallform
und das gleiche mikrochemische Verhalten gegen Essigsäure
und Chloralhydrat erklären leicht die Verwechslung.
Es wurde bereits erwähnt, daß bei den Tamaricaceae
sich die zahlreichsten Gipskrystalle in den grünen Pflanzen-
teilen, also in den Blättern und einjährigen Zweigen, vor-
finden. Diese werden nun im Herbste (Oktober — November)
fast restlos abgeworfen und der Gips geht, wie ich mich
überzeugen konnte, in wenigen Tagen aus den abgestorbenen,
der Bodenfeuchtigkeit und Witterung ausgesetzten Pflanzen-
teilen vollkommen in Lösung. Der Boden, in dem die Pflanze
steht, wird dadurch neuerdings mit CaS04 angereichert; man
1 A. Fischer, Über das Vorkommen von Gipskrystallen bei den Des-
midiaceen. Jahrb. f. wiss. Bot., 1884, Bd. 14, p. 133.
- Vgl. H. Solereder, Systematische Anatomie der Dikotyledonen,
1899, p. 82.
3 A. Hansen, Über Sphärokrystalle. Arb. d. Würzburger Inst., 1884,
Bd. III, p. 109, 117—118.
4 Monteverde, Über Krystallablagerungen bei Marattiaceen. Ref. Bot.
Zbl., 1887, Bd. XXIX, p. 358.
134 H. Brunswik,
könnte also von einem teilweisen Kreislaui des Gipses in
diesem Falle sprechen.
Sicherlich kann man die Gipskrystalle als ein Krystall-
exkret im Sinne von Stahl1 bezeichnen. Andere Krystall-
exkrete, also Kalkoxalat oder Kalkcarbonat, sind bei den
Tamaricaceen nicht vorhanden.
Zur Erklärung ihres Entstehens läßt sich wohl nur
folgendes anführen: Wie schon erwähnt, sind alle Arten der
Tamaricaceae Xerophyten, Charakterpflanzen des Mediterran-
gebietes, der zentralasiatischen und afrikanischen Steppen und
Wüsten. Das spärliche Wasser, das ihnen jeweilig zu Gebote
steht, enthält reichliche Mengen anorganischer Calcium- und
Magnesium Verbindungen infolge der Bodenbeschaffenheit ge-
löst und die Wurzeln müssen sich wohl daran gewöhnen,
solche relativ konzentrierte Salzlösungen aufnehmen zu
können. Beim Durchpumpen derselben durch die Pflanze wird
nur ein geringer Teil der Sulfate zum weiteren Aufbau ver-
wertet. Der Überschuß wandert an die peripheren Pflanzen-
teile - - Blätter- und Endsprosse — und gelangt dort, infolge
der am frühesten erreichten Übersättigung (1 : 400), als Gips-
krystalle und Drusen zur Ausfällung, während die wasser-
löslicheren Salze (Chloride, Carbonate, Mg S04) durch die
epidermalen Drüsen, die sicherlich als umgewandelte Hyda-
toden aufzufassen sind,2 in Form von Salzkrusten abgeschieden
werden.
Bei den in unseren Breiten in normal zusammengesetztem
Boden kultivierten Tamaricaceae kommt es im allgemeinen
(Ausnahmen: die schon eingangs erwähnte Beobachtung von
Molisch) nicht mehr zur Ausbildung von Salzkrusten; die
Exkretion von Gipskrystallen erscheint jedoch quantitativ und
qualitativ völlig gleich wie bei den Arten der Wüste. CaS04
steht — im Gegensatz zu den Chloriden — den Pflanzen
auch hier zur Verfügung und die Wurzel behält die Fähig-
keit gesteigerter Salzaufnahme, einmal erworben, bei, so daß
auch die bei uns kultivierten oder heimischen {Myricaria
1 E. Stahl, Zur Physiologie und Biologie der Exkrete, Flora, 13. Bd.,
1919, p. 1 u. ff.
2 Vgl. G. Haberlandt, Physiolog. Pflanzenanatomie, 4. Aufl., p. 454.
Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamaricaceae. 1 35
germanica L.) Tamaricaceae ihren Sulfatüberschuß als Gips
ablagern und ihn jeden Herbst mit dem Laubfall größten-
teils abstoßen.
V. Zusammenfassung'.
1. Die bei den Tamaricaceae vorkommenden Krystalle
bestehen nicht, wie man bisher angenommen hat, aus Kalk-
oxalat, sondern aus Gips.
2. Ihre Gipsnatur wurde mikro-, makrochemisch und
krystallographisch erwiesen.
3. Das Vorkommen der Krystalle innerhalb der Familie
der Tamaricaceae erstreckt sich in stärkerem oder geringerem
Maße auf sämtliche untersuchte Arten ihrer vier Gattungen-.
Tamarix, Reaumuria, Myricaria, Hololachne.
4. Die Arten von Fouquiera (jetzt Fouquieraceae) ent-
halten keine Gips-, wohl aber Kalkoxalatkrystalle. Es ist dies
ein neuer Beweis für die Berechtigung der erfolgten Abtren-
nung von Fouquiera als eigene Familie. Auch die nahe ver-
wandten Frankeniaceae führen bloß Kalkoxalat.
5. Die Lokalisation der Gipskrystalle in der ein-
zelnen Pflanze ist folgende: Im Mesophyll, besonders längs
den Blattnerven, entlang der Leitbündel in Mark und Rinde,
dort häufig in sklerenchymatischen Zellen. Unter Umständen
sind Pflanzenteile, z.B. das Mesophyll {Reaumuvia) oder der
Stengelfuß einjähriger Zweige (Tamarix) dicht angefüllt mit
Gipskrystallen.
Am Schlüsse meiner Arbeit ist es mir ein Bedürfnis,
Hofrat Prof. Dr. Hans Molisch und Herrn Assistenten
Dr. Gustav Klein für ihre vielfachen Anregungen und ihre
Unterstützung meinen besten Dank ausdrücken zu dürfen.
136 H. Brunswik, Vorkommen von Gipskrystallen etc.
Erklärung der Tafel.
Fig. 1 a. Formen der bei den Tamaricaceae vorkommenden Einzelkrystalle
und Drusen von Gips Ca S04 -+- 2 H20. Vergr. 285.
Fig. 1 b. Mit Eosin und Bismarckbraun künstlich gefärbte Gipskrystalle
(Sanduhrstruktur). Gefärbte Anwachskegel (a). Vergr. 285.
Fig. 2. Blattquerschnitt von Reaumuria squarrosa Janb. et Sp. Vertieft
gelagerte Epidermisdrüsen (dr). Besonders reiches Vorkommen von
Gipskrystallen (g) im Mesophyll. Speichertracheiden (sp) (Vesque).
Vergr. 60.
Fig. 3. Querschnitt durch einen Endsproß von Tamarix telrandra Pall.
Assimilationsgewebe (as) noch vorhanden. Zahlreiche Gipskrystalle (g)
außerhalb des Sklerenchymringes (sk). Vergr. 140.
Fig. 4. Querschnitt durch die Rinde von Tamarix phalcrica Ndz. Ver-
streute Sklerenchymzellen (sk), teilweise Gipsdrusen (g) enthaltend.
Vergr. 140.
Brunswik H., Gipskristalle bei den Tamaricaceae.
o
o
ff
£f
®% ifr.
O
o
a
O
U.
ib.
Sitzungsberichte der Akademie d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Aht. I, 1 20. Bd., 1920.
137
Fragmente zur Mykologie
(XXIV. Mitteilung Nr. 1189 bis 1214).
Von
Prof. Dr. Franz Höhnel
k. M. Akad.
(Vorgelegt in der Sitzung am 11. März 1920)
1189. Über Celtidia duplicispora Janse.
Der , Pilz wurde 1897 in Ann. Jard. bot. Buitenzorg,
XIV. Bd., p. 202, Taf. XII, Fig. 1 bis 8, beschrieben und
abgebildet. Nach Janse soll derselbe eine nur bis 290 \l
große, in kleinen, eiförmig angeschwollenen, traubig gehäuften
Wurzeln einzeln eingewachsene, schmarotzende Tuberacee
sein. Derselbe entwickelt sich aus freien, dunkel gefärbten,
5 [x dicken Hyphen, die um die eiförmigen Wurzeln herum
einen Filz bilden. Diese Hyphen sollen Schnallen aufweisen.
Da nun unter den Ascomyceten die Tuberaceen bekanntlich
durch das Vorhandensein von Schnallen an den Hyphen aus-
gezeichnet sind, glaubt Janse den Pilz, für den er keinen
anderen Platz im System ausfindig machen konnte, zu den
Tuberaceen stellen zu müssen. Allein es ist mir sehr frag-
lich, ob seine Angabe betreffend die Schnallen richtig ist.
Möglicherweise waren die von ihm gesehenen Gebilde keine
echten Schnallen oder die Hyphen mit den Schnallen ge-
hörten gar nicht zum Pilze, sondern zu irgendeinem Basidio-
myceten. Jedenfalls ist es auffallend, daß Janse keine solche
Schnalle abbildet.
Der rundliche Pilz ist angeblich bleibend drei Zellagen
tief eingewachsen. Die etwa 140 bis 150 jj. langen, 70 bis
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 129. Bd. 1 ' '
138 F. Höhne!,
80 [jl breiten Schläuche sind angeblich unregelmäßig an-
geordnet, oben breit abgerundet, unten kurz zugespitzt, ei-
förmig und sehr zartwandig. Sie enthalten, wenn gut ent-
wickelt, 8 Sporen und liegen in einem dichten Filz von
hyalinen, nur 0-7 ;x breiten Hyphen mit verhältnismäßig derber
Membran. Die Fruchtkörper zeigen außen eine dünne, gleich-
mäßig dicke, parenchymatische Rindenschichte, die nur aus
wenigen Lagen gefärbter Zellen besteht. Die Sporen sind
zweizeilig, dunkelbraun, etwa 35 « 20 [x groß, ringsum fein
spitzstachelig und bestehen aus zwei fast kugeligen Zellen.
De; Pilz zeigt keinerlei Mündungsöffnung.
Janse stellt den Pilz schließlich zu den Elaphomyceta-
ceen.
Es ist aber klar, daß derselbe nur als Perisporiacee auf-
gefaßt werden kann. Unter diesen ist er offenbar ganz nahe
mit Zopfia Rabenhorst 1874 verwandt, ja es ist mir frag-
lich, ob Celtidia von Zopfia genügend gattungsverschieden ist.
Zopfia ist nach meiner Angabe in Ann. my-c, 1917,
XV. Bd., p. 362, eine Cephalothecacee, mit einer aus Tafeln
zusammengesetzten Perithecienmembran. Aus Janse's An-
gaben ist etwas Näheres über den Bau dieser nicht zu ent-
nehmen, jedenfalls hat er den Tafelaufbau derselben über-
sehen, wie dies ja bisher bei den meisten Cephalothecaceen
der Fall war. Im übrigen stimmen Celtidea und Zopfia selbst
in bezeichnenden Einzelheiten soweit überein, daß nicht daran
zu zweifeln ist, daß sich diese zwei Gattungen im Baue ganz
nahe stehen. Der einzige wesentliche Unterschied, der in
Betracht käme, ist der, daß Zopfia ganz oberflächlich stehende
Perithecien haben soll, während diese bei Celtidea bleibend
eingewachsen sind. Allein auch Zopfia hat Perithecien, die
aus einem eingewachsenen, aus braunen Hyphen bestehenden,
wenig entwickelten Hypostroma hervorgehen und sehr früh-
zeitig vorbrechen, so daß sie schließlich ganz oberflächlich
erscheinen, was aber eigentlich nicht der Fall ist. Auch kann
es fraglich sein, ob Janse's Angabe hierüber allgemein gültig
ist, denn er hat anscheinend nur wenig Untersuchungsmaterial
vor sich gehabt. Nach Arnaud's Angaben und Bildern in
Bull, mycol. France, 1913, XXIX. Bd., p. 253, ist auch Richouia
Fragmente zur Mykologie. 130
Boudier von Zopfia nicht zu trennen. Derselbe will Zopjid
in die eigene Familie der Zopfiaceen stellen, die hauptsäch-
lich durch den Tafelaufbau der Perithecienmembran, den er
auch bemerkt hat, ausgezeichnet ist. Er hat nicht gewußt,
daß es eine ganze Anzahl von Gattungen gibt mit aus Tafeln
zusammengesetzter Perithecienmembran, wie ich in Ann. myc,
1917, XV. Bd., p. 360, wo ich die Familie der Cephalotheca-
ceen für dieselben aufgestellt habe, auseinandersetzte. Die
Cephalothecaceen scheinen mir eine wichtige Familie zu sein.
In derselben sind nach dem Baue des Nucleus ' zweierlei
Elemente vorhanden; einige Gattungen, wie CepJialotlieca,
haben einen Plectascineennucleus, andere, wie Zopfia, Eo-
einen Sphaeriaceennucleus. Die einen scheinen
indungsglieder zwischen den Gymnoasceen und Asper-
gillaceen zu sein, die anderen die Anfangsglieder einer
Reihe, die zu den Perisporiaceen und durch diese zu den
Sphaeriaceen führen. Letztere hätten demnach mindestens
zwei Wurzeln, aus denen sie sich entwickelt haben. Die
eine Wurzel läge in einem Teile der Cephalothecaceen, die
andere in den Myriangiaceen, aus denen sich die Pseudo-
sphaeriaceen entwickelt haben, die durch dothideale Formen
einerseits in die Dothideaceen, andrerseits in die Sphaeriaceen
allmählich übergehen. Danach müßten die Cephalothecaceen
geteilt werden, je nach dem Bau ihres Nucleus, was noch
zu studieren ist.
Ich halte es wohl für möglich, daß so wie Eosphaeria
v. H. gewiß mit Bizzozeria Berl. et Sacc. (siehe Ann. myc,
1918, XVI. Bd., p. 74) zusammenhängt, auch Zopfia mit
Caryospora stammesgeschichtlich verbunden ist.
Indessen sind dies alles nur Vermutungen, die erst dann
eine greifbarere Gestalt annehmen werden, wenn die Gattungen,
die heute bei den Aspergillaceen und Perisporiales stehen,
genauer bekannt sein werden.
Nach dem oben Gesagten muß die Gattung Celtidia bis
auf weiteres als Zopfia mindestens sehr nahestehend betrachtet
werden, vorbehaltlich der Untersuchung des Urstückes der
Celtidia duplicispora Janse.
140 F. Höhnel,
1190. Asterina Loranthacearum Rehm v. javensis v. H.
Nach Theissen, Die Gattung Asterina, Wien 1913, p. 79,
ist Asterina Loranthacearum Rehm (Ann. myc, 1907, V. Bd.,
p. 522) gleich Asterina sphaerelloides Speg. Ich vermute
jedoch, daß die beiden Arten doch voneinander verschieden
sind, schon der verschiedenen Nährpflanzen wegen.
Ein von mir 1908 bei Tjibodas auf Java auf der Blatt-
oberseite einer Loranthacee (Lorantlms?) gefundener Pilz
weicht nur wenig von Rehm's Pilz nach seiner Beschreibung
ab. Ich betrachte ihn als Varietät desselben. •
Er bildet auf den abgestorbenen braunen Blättern nur
blattunterseits undeutliche Flecke. Das Subiculum ist gut ent-
wickelt und besteht aus dunkelbraunen, derbvvandigen, ab-
wechselnd reichlich verzweigten und oft Netzmaschen bilden-
den, ziemlich geraden, aber wellig, stellenweise fast zickzack-
artig verlaufenden Hyphen, mit zahlreichen, meist einzelligen
und wechselständigen, 6 bis 8 ;x langen, 4 bis 6 \i breiten,
sehr verschieden gestalteten Hyphopodien. Sie sind meist
mehr minder zylindrisch, stumpf oder spitzlich, länglich, oft
fast kopfig gestielt oder unregelmäßig, fast gelappt. Seltener
sind sie breit und flach zweilappig. Die runden Thyriothecien
sind durchscheinend dunkelbraun, 120 bis 150 ja groß, am
Rande schwach kleingekerbt, seltener undeutlich wimperig,
strahlig gebaut, mit vielen schmal dreieckigen spitzen Lappen,
die schließlich ganz aufgerichtet und zurückgebogen werden,
aufreißend. Das Schildchen besteht aus etwas welligen, 2 bis
3 [a breiten Hyphen, die aus 4 bis 6 [A langen Zellen bestehen.
Die Randzellen sind öfter gelappt. Paraphysen fehlen. Basal-
schichte fehlend. Die eikugeligen, 28 bis 40 ^ 32 >a großen
Schläuche färben sich mit Jod blaßblau und sind in viel
Schleim eingebettet. Die Sporen sind glatt, dünnwandig, durch-
scheinend braun und 20 n 9 bis 10 |A groß. Die zwei Zellen
derselben sind fast kugelig und gleich groß. Die Astero-
5/o///(.7/c7-Pyknothyrien sind kleiner als die Schlauchfrüchte
und enthalten längliche, unten meist spitzliche, 14 bis 20 «
9 bis 10 a große Conidien, mit schmalem hellem Quer-
gürtel.
Fragmente zur Mykologie. 1 4 1
Verwandte Arten sind anscheinend auch Asterina con-
fertissima Syd. und A. Crotonis Syd. (Ann. myc, 1916,
XIV. Bd., p. 90) auf anderen Nährpflanzen.
1191. Asterina subglobulifera v. H. n. sp.
Mycelflecke blattoberseits, gleichmäßig zart, deutlich
schwarz feinnetzig, rundlich oder unregelmäßig, 2 mm bis
über 2 cm breit, oft verschmelzend, Hyphen steif gerade ver-
laufend, schwarzbraun, sehr derbwandig, gegen- und wechsel-
ständig verzweigt, netzig verbunden, 6 bis 8 |i dick, undeut-
lich septiert, ungleichmäßig dick, oft fast torulös, stellenweise
knotig bis 10 \x dick; spärlich 16 \i breite, deutliche Knoten-
zellen, ohne Hyphopodien. Thyriothecien schwarz, opak, meist
elliptisch, bis 500 ;j, lang, 300 ;jl breit, oft mit scharfem Längs-
kiel, meist mit einem Längsspalt aufreißend, in der Mitte opak,
am Rande aus parallelen, 6 bis 8 \i breiten, derbhäutigen
Hyphen bestehend, meist lang und dicht gewimpert. Para-
physen fehlen. Schläuche eiförmig bis kugelig, 68 bis 74 ^
52 bis 54 \x, mit Jod sich nicht färbend, auf einem Filz von
hyalinen, zarten, mit deutlichen Schnallen versehenen Hyphen
sitzend. Sporen glatt, schmutzig durchscheinend-braun, ei-
länglich, zweizeilig, an der Querwand wenig eingeschnürt,
obere Zelle mehr rundlich und etwas breiter als die untere,
40 bis 44 ^ 18 bis 20 p,.
Auf einem Palmenblatt bei Tjibodas, Java, 1908 von mir
gesammelt.
Bildet mit den auch auf Palmenblättern wachsenden
Asterina globulifera (Pat.) Th. (Die Gattung Asterina, Wien,
1913, p. 56) und Asterina Bakeri Syd. (Ann. myc, 1916,
XIV. Bd., p. 367) eine natürliche Gruppe und stellt einen
Übergang zu Echidnodella Th. et S. (Ann. myc, 1918, XVI. Bd.,
p. 422) dar. Knotenzellen sind nur stellenweise deutlich, wie
sie auch bei .4. Bakeri nach der Beschreibung offenbar nicht
auffallend sind, im Gegensatze zu .4. globulifera, wie mir das
Urstück in Koumeg., F. sei. ex., Nr. 5969, zeigte, wo sie
sehr deutlich sind. Letztere Art hat auch Schnallenbildungen
an den hyalinen Hyphen zwischen und unter den Schläuchen,
142 F. Höhnel,
eine bemerkenswerte Tatsache, die bei den Microthyriaceen
weiter verfolgt werden sollte. Der Vergleich der A. globuli-
fera mit der A. subglobiilifcra läßt ohne weiteres die nahe
Verwandtschaft der beiden Arten miteinander erkennen, doch
ist die letztere Art viel derber und kräftiger.
1192. Asterinella tjibodensis v. H. n. sp.
Raschen blattunterseits, 5 bis 15 mm breit, rundlich, oft
randständig und verschmelzend, dann größere Blattflächen
bedeckend, anfänglich dünn, schwärzlichgrau, später dichter,
schwarz, am Rand nicht radiär gebaut, ziemlich gut begrenzt.
Hyphen dunkelbraun, derbhäutig, undeutlich gegliedert, ab-
wechselnd unregelmäßig ziemlich bis sehr dicht netzig ver-
zweigt, meist kleinwellig-zackig verlaufend, oft eckig-torulös,
4 bis (') [). breit, ohne Hyphopodien. Thyriothecien rundlich,
mattschwarz, oben flach gewölbt, ohne Papille, 200 bis 300 \x
breit, in der Mitte opak, gleichmäßig lockerer oder dichter
herdenweise auf dem Mycel verteilt. Schildchen in der Mitte
opak, gegen den Rand dunkelbraun-durchscheinend, aus 3 bis
4 ;j, breiten Hyphen bestehend, am Rande kurz unregelmäßig
gewimpert, schließlich drei- bis vierlappig, unregelmäßig auf-
reißend; Lappen aufgerichtet. Paraphysen fehlend. Schläuche
eikugelig, derbwandig, mit Jod sich vereinzelt färbend. Sporen
zu acht, lang derbwandig, hyalin und glattbleibend, reif dunkel-
braun, ziemlich feinwarzig- rauh, an der Querwand mäßig ein-
geschnürt, an den Enden breit abgerundet, meist 32 \i lang,
obere Zelle 16 bis 18 ijl breit und wenig länger als die untere,
letztere 12 bis 13 a breit.
An lederigen, kahlen, elliptischen, spitzen, 5 bis 6 cm
langen, 21 ., bis 3 cm breiten, entfernt stumpfgesägten Blättern
eines Holzgewächses mit 0*5 cm langen Stielen, Tjibodas,
Java, 1908 von mir gesammelt.
Die Schlauchfrüchte sind genau so wie bei Dimer o-
sporium Fuck. gebaut, von welchem sich der Pilz nur durch
den Mangel der Hyphopodien unterscheidet. Daher hat die
Gattung Asterinella Th. in ihrer heutigen Begrenzung nur
einen sehr geringen Wert.
Fragmente zur Mykologie. 14o
Von den rauhsporigen Asterinella- Arten : A. diaphana
(Syd.) Th.; ?Uleana (Patzsch.) Th.; multilobata (W.) Tb.;
Stuhlmanni (?. H.) Th.; Anamirtae Syd. und Dipterocarpi
Syd. (siehe Broteria, 1912, X. Bd., p. 101, Ann. myc, 1914,
p. 558) ist die beschriebene Art sicher verschieden.
1193. Limacinia graminella v. H. n. sp.
Subiculum ausgebreitet, dünnhäutig, schwärzlichgrau, aus
nach allen Richtungen sich kreuzenden, blassen bis grau-
braunen, zarthäutigen, 3 bis 5 \x breiten, gegliederten Hyphen
bestehend. Perithecien schwärzlich, abgeflacht kugelig, später
oben nabelig einsinkend, bis 120 bis 140 ;j. groß, reif mit
deutlichem Ostiolum, einzelnstehend oder in Gruppen oder
kurzen Längsreihen, öfter zu zwei bis drei verwachsen, wie
das Subiculum ohne Borsten, oben mit einigen Reihen von
niederliegenden, angepreßien, septierten, bräunlichen, ziemlich
steifen, öfter zu wenigen verklebten, 80 bis 100 ;i langen,
unten 4 bis 6 ;j. breiten Haaren besetzt. Paraphysen fehlend.
Schläuche zahlreich, zarthäutig, eiförmig bis kurzkeulig, sitzend,
28 bis 35 ^ 13 bis 16 |A groß, achtsporig. Sporen mehrreihig
stehend, hyalin, mit drei Querwänden, an diesen nicht ein-
geschnürt, zarthäutig, länglich-zylindrisch, an den Enden ver-
schmälert abgerundet, 15 bis 18 «4 -5. bis 5 \l groß.
Auf der Oberseite der Blätter von Phragmites sp. im
botanischen Garten von Buitenzorg, Java. 1907, Fr. Höhnel.
Bezeichnend für die Art sind die in mehreren Reihen
angeordneten, zum Teil büschelig verwachsenen, nieder-
liegenden, strahlig abstehenden Haare, die zum Teil in das
Subiculum übergehen. Echte Borsten fehlen.
1194. Über Botryosphaeria inflata Cooke et Massee
und Physalospora xanthocephala Butler et Sydow.
Ein von mir auf einer Rinde in Buitenzorg in Java 1907
gefundener Pilz könnte die Botryosphaeria inflata C. et M. sein.
Melanops inflüta (C. et M.) wäre in diesem Falle eine echte
Art der Gattung. Das eingewachsene Stroma ist meist nur
wenig entwickelt und enthält nur wenige Lokuli. Das Stroma-
144 I". Höhnel,
gewebe besteht aus violettkohligen, dünnwandigen, offenen,
10 bis 20 [x großen Zellen. Die Lokuli ragen stark vor und
zeigen dementsprechend oben einen bis 200 ;x langen, oben
stumpfen, unten etwa 120 [x dicken Schnabel. Sie treten auch
peritheciumartig vereinzelt auf. Dann sehen sie phiolenartig
aus, sind 500 ;x hoch, unten stromatisch 190 [x dick gestielt,
in der Mitte bauchig und 250 |x breit, mit 50 bis 60 ;x dicker
parenchymatischer Wandung und aufrecht ellipsoidischem
Schlauchraum, oben bis 200 ;x lang geschnäbelt. Der Schnabel
ist innen mit einem hjralinen Parenchym ausgefüllt. Die dick-
keuligen, dickwandigen, sitzenden Schläuche sind 90 bis 100^
26 [x groß und färben sich mit Jod nicht. Die acht hyalinen,
ziemlich derbhäutigen Sporen liegen in zwei bis drei Reihen,
haben einen gleichmäßig grobkörnigen Inhalt, sind 32 bis 36 «
10 bis 14 |x groß, spindelig-elliptisch, mit meist abgerundeten
bis stumpfen Enden und in der Mitte etwas bauchig.
Indessen scheint es mir am wahrscheinlichsten, daß
Botryosphaeria inflata C. et M. derselbe Pilz ist, der in Ann.
myc, 1911, IX. Bd., p. 408, als Physalospora xanthocephala
Syd. et Butl. beschrieben und in Ann. myc, 1916, XIV. Bd.,
p. 326, Botryosphaeria xanthocephala (S. et B.) Theiss. ge-
nannt wurde. Ich vermute, daß Cooke und Massee die
gelben Schnäbel der Stromakörper für A/tv/r/W/^-Perithecien
hielten, die sie als Nectriella gigaspora beschrieben infolge
ungenügender Untersuchung.
Ich fand die Melanops xanthocephala (B. et S.) Weese
auf am Boden liegender Rinde (von Albizzia?) in Buitenzorg,
Java, 1907, in einer durch etwas längere Schnäbel wenig
abweichenden Form.
Da der Pilz bisher nur ungenügend bekannt und sehr
eigentümlich gebaut ist, beschreibe ich ihn im folgenden näher.
Derselbe tritt bei meiner Form stromatisch auf, wenn
auch das Stromagewebe nicht ganz zusammenhängend ent-
wickelt ist. Häufig sind mehrere Schlauchfrüchte fest ver-
wachsen, stets aber finden sich zwischen denselben zahl-
reiche schwarzviolette, 4 bis 6 ;x breite, schwammig ver-
flochtene Hyphen, während im Rindengewebe darunter reich-
lich 7 bis 16 [x breite Hyphen auftreten, die Streifen und
Fragmente zur Mykologie. 145
Inseln bilden und kurzgliedrig sind, mit ei- bis kugelförmig
angeschwollenen Gliedern. Das Ganze muß als lockeres Stroma
angesehen werden. Die Schlauchfrüchte sind dothideal gebaut.
Die Dothithecien sind gleichmäßig derbwandig und aus offenen,
meist wenig abgeflachten violettkohligen Zellen aufgebaut.
Ohne Schnabel sind sie, wrenn regelmäßig ausgebildet, wenig
ausgebaucht-abgestutzt kegelförmig, 160 bis 180 ;x breit und
bis 220 ;x hoch. Die obere Fläche, auf der der Schnabel sitzt,
ist etwa 100 [x breit. Der kohlige Teil der Wandung reicht
nur bis zu dieser Fläche und ist hier scharf abgeschnitten.
In der Mitte bleibt hier eine 40 |A breite Kreisfläche leer, von
einem 12 [X breiten, scharfrandigen, ringförmigen Vorsprung
der kohligen Membran begrenzt.
Das unter dieser 40 [x breiten so entstehenden Öffnung
Nucleargewebe ist dicht, dickwandig-kleinzellig parenchyma-
tisch und enthält die nicht sehr zahlreichen Schläuche, die
samt den Sporen denen einer Melanops gleichen. Das Gewebe
des bis 150 ;x langen- und 80 bis 100 ;x dicken Schnabels ist
fleischig und innen hyalin, außen mehr minder gelb und
scharf von dem kohligen Gewebe der Dothithecien abgegrenzt.
Der Schnabel hat einen kreisrunden Querschnitt. Die Wandung
ist zweischichtig und besteht ganz aus stark zusammen-
gepreßten Zellen; die innere hyaline Schichte ist 12 bis 16 ;x,.
die äußere gelbe (außen öfter wenig schmutzigbräunlich) ist
12 bis 20 [x dick. Merkwürdig ist nun, daß der 40 [x weite
Kanal von der Basisfläche des Schnabels an bis fast zu dessen
Ende mit einer bis 100 ;x hohen Säule von meist unten kon-
kaven, strukturlosen, gelblichen, kreisförmigen, 30 bis 40 jj,
breiten, 2 bis 2*5 ;x dicken, blättchenartigen Zellen ausgefüllt
ist, die, wie es scheint, einen glänzenden homogenen Inhalt
haben. An Achsenschnitten ähneln diese flachen dünnen Zellen
manchmal Periphysen, indessen Flächenschnitte zeigen, daß es
strukturlose, flache, übereinanderliegende Zellen sind. Diese
Zellschichte endigt oben mit einigen größeren, rundlichen,
offenen Zellen.
Man sieht, daß dieser Pilz einen Schnabel hat mit blassem
oder gelbem fleischigen Gewebe, so wie eine Hypocreacee,.
während der Schlauchteil ein kohliges Dothithecium ist.
146 F. Höhnet,
Jedenfalls ist derselbe keine normale Melanops und muß
wohl in eine eigene Gattung gestellt werden, die ich Creo-
mclauops nenne und sich von Melanops durch den blassen
oder lebhaft gefärbten Schnabel mit dem geschilderten Bau
unterscheidet.
Grundart: Creomelanops xanthocephala (B. et S.) v. H.
Müßte eigentlich zu den Hypocreaceen gestellt werden, bei
denen ja auch dothideale Gattungen vorhanden sein müssen.
1195. Über die Gattung Corallomyces Berk. et Curtis.
Die Grundart dieser Gattung ist Corallomyces elegans
B. et C. (Journ. Acad. nat. hist. scienc. Philadelphia, 1854,
II. Bd., p. 259 [n. g.]). Nach der Beschreibung dieser, an-
scheinend nicht wiedergefundenen Art werden unter Corallo-
myces heute im allgemeinen solche Nectria- Arten verstanden,
deren Stroma aufrecht, einfach zylindrisch oder mehr minder
verzweigt ist, mit darauf sitzenden Perithecien und hyalinen
.Sporen.
Allein nach den Angaben von P. Hennings (Hedwigia.
1904, 43. Bd., p. 245) ist wohl als sicher anzunehmen, daß die
Grundart C. elegans im reifen Zustande gefärbte Sporen besitzt.
Daher stellte Hennings a. a. 0. für die mit hyalinen
Sporen versehene Corallomyces Heinsensii P. H. (Engler's
bot. Jahrb. f. Syst., 1897, 23. Bd., p. 538) die neue Gattung
Corallomycelella 1904 auf. Allein die bisher zu Corallomyces
gestellten 12 Arten unterscheiden sich nicht bloß durch die
Färbung der Sporen voneinander, sondern auch durch den
Bau der Nebenfruchtform, die an den Zweigenden der Strömen
auftritt, und die Standorte. Mit Rücksicht auf die Sporenfarbe
und die Art der Nebenfruchtformen lassen sich die bisherigen,
sicheren oder wahrscheinlichen Corallomyces- Arten wie folgt
einteilen:
1. Conidienfrucht: Corallodendron Jünghuhn 1838.
A. Sporen braun (soweit bekannt). Auf Stämmen und
Rinden.
C. elegans Berk. et Curt. 1854.
C. elegans B. et C. var. Camerunensis P. Henn. 1897.
Fragmente zur Mykologie. 14/
C. novo-pommeranus P. Henn. 1898 (unreif).
C. Caricae P. Henn. 1904 (Conid. Fr. unbekannt).
C. mauritiicola P. Henn. 1904.
B. Sporen hyalin. Auf Rinde.
C Heinsensii P. Henn. 1897 (Corallomycetella P. H.
1904).
IL Conidienfrucht Tkysanopyxis (?)-artig.
C. beroliucusis P. Henn. 1898. Unreif, auf Holz.
III. Conidienfrucht: Hypocreodendron P. Henn. 1897. Auf
Stämmen.
C. sanguineum (P. H.) v. H. Fragm. Nr. 605. ■Perithecien
unreif.
IV. Conidienfrucht: Microcera Desm. i848 (Patelloideae-patel-
latae).
A. Sporen gefärbt.
C. Jatrophae A. Möller 1901. Auf Stämmen und
Wurzeln.
B. Sporen hyalin. Auf Schildläusen (Coccus) parasitisch.
C. aura utii cola (Berk. et Br.) v. H. (Nectria B. et Br.
1873) Fragm. Nr. 729.
C. laeücolor (Berk. et C.) v. H. (Nectria B. et Curt.
1868), siehe Fragm. Nr. 743.
C. brachysporus Pen zig et Sacc. 1901.
Hierher gehören auch Sphaerostilbe coccophila (Desm.)
Tul., Nectria coecorwm Speg. und vielleicht auch Nectria
coecogena Speg.
Aus dieser Übersicht würde hervorgehen, daß die Gattung
Corallomyces in fünf verschiedene, kleinere Gattungen zerlegt
werden könnte. Es fragt sich jedoch, ob dies zweckmäßig ist
und ob es nicht besser wäre, nur die beiden Gattungen Corallo-
myces und Corallomycetella anzunehmen. Da bei der Gattung
Nectria sowohl die Stromaform als auch die Nebenfrüchte
148 F. Höhncl,
sehr verschieden beschaffen sind, müßte diese Gattung in
eine Reihe von kleineren Gattungen zerlegt werden, was um
so weniger durchgeführt werden kann, als bei den meisten
Nectria- Äxten die Stromaausbildung eine sehr wechselnde ist
und keine Nebenfrüchte bekannt sind. Daher wird es am
richtigsten sein, auch die beiden Gattungen Corallomyces und
Corallomycetella aufzulassen und ihre Arten bei Lctcndraea
Sacc. 1880 {— Phaeonectria Sacc. 1895 — 1913 = Macbri-
della Seaver 1909) und Nectria unterzubringen. Die hierbei
maßgebenden Gesichtspunkte wurden von J.Weese in Zentralbl.
Bakteriol, II. Abt., 1914, 42. Bd., 587, Ztschr. f. Gärungsphys.,
1914, IV. Bd., p. 230, und Sitzber. Akad. Wiss. Wien, math.-
nat. Kl., I. Abt., 125. Bd., p. 48, ausführlich und überzeugend
erörtert.
1196. Über Herpotrichia Schiedermayeriana Fuckel.
Von dem in Fuckel, Symb. rayc, II. Ntr., 1873, p. 27,
beschriebenen Pilze heißt es, daß die Perithecien eiförmig
oder stumpf kegelig, 1 nun breit und \1/2mni hoch sind. Im
oberen Teile sollen sie fast kahl sein. Die spindelförmigen
Sporen sollen ein bis drei Querwände haben und in der Mitte
stark eingeschnürt sein sowie an den Enden kleine, kugelige,
abfällige Anhängsel haben.
Der Pilz wurde bisher, soweit mir bekannt, nur zweimal,
in Öberösterreich und in Venetien gefunden (siehe Fungi
italici, Taf. 143), und zwar nur auf morschen Zweigen des
Hollunders.
Der in einem Warmhause im Berliner botanischen Garten
gefundene (Verh. bot. Ver. Brandenbg., 1898, 40. Bd., p. 154),
in Rabenh.- Winter, Fg. europ., Nr. 4060, Rehm, Asc. exs.,
Nr. 1140, und Mycoth. march., Nr. 4019, als Herpotrichia
Schiedermayeriana v. Caldariortim P. H. ausgegebene Pilz
ist meines Erachtens davon verschieden, wenn auch wahr-
scheinlich damit verwandt.
Abgesehen von dem anderen Standorte sind die Peri-
thecien nur 500 bis 600 ja groß, die Sporen sind stets nur
Fragmente zur .Mykologie. 14'.'
zweizeilig und in der Mitte nicht oder kaum eingeschnürt.
An den Enden zeigen sie überdies spitz bleibende, 4 bis 6 \l
lange, hyaline Anhängsel.
Dieser Pilz, den ich aliein untersuchen konnte, hat oben
kahle, abgeflachte Perithecien, die daselbst eine 400 ;x breite,
rötliche, runde Scheibe haben, in der sich die runde, mit Peri-
physen ausgekleidete, 60 [JL breite Mündung befindet. Die Peri-
thecienmembran ist oben 40 bis 45 u dick, nach unten zu nur
wenig stärker. An Querschnitten erkennt man, daß die Mün-
dungsscheibe weichfleischig, derbwandig, kleinzellig und ziegel-
rot ist. Dieser rote Teil der Membran ist ziemlich scharf gegen
den unteren, schwarzbraun gefärbten Teil der Perithecien-
membran abgegrenzt. Die obere Hälfte der letzteren ist kahl.
Mit Salzsäure wird der dunkelfarbige Teil der Perithecien-
membran lebhaft rotbraun gefärbt. Paraphysen sehr zahlreich,
schleimig verklebt, lang, 1 ;x dick und oben verzweigt. Jod
gibt keine Blaufärbung des Schlauchporus.
Der Pilz besitzt echte Perithecien und ist schon deshalb
keine Herpotrichia, die dothidealer Natur ist. Da die Sphaeria-
ceen Perithecien haben, die oben und unten gleichfarbig oder
oben dunkler und derber sind als unten, niemals umgekehrt
wie hier, kann der Pilz nur als Nectriacee aufgefaßt werden.
In der Tat ist der Scheitel der Perithecien ganz nectriaeeen-
ärtig beschaffen.
Nectriaceengattungen mit braunen, zweizeiligen Sporen
gibt es eigentlich nur zwei, Letendraea Sacc. 1880 und Calo-
stitbe Sacc. et S. 1902, denn Phaeonectria Sacc. 1913 und
Mactridella Seav. 1909 sind nach Weese (Zentralbl. Bakter.,
II. Abt., 1914, 42, Bd., p. 587; Sitzber. Akad. Wiss. Wien,
mat.-nat. Kl., Abt. I, 1916, 125. Bd., p. 48) bis auf weiteres
mit Letendraea zu vereinigen. (S. Frgm. Nr. 1195).
Von diesen beiden Gattungen unterscheidet sich unser
Pilz genügend durch die hyalinen, bleibenden, spitzen, steifen
Anhängsel der Sporen. Ich stelle daher für den Pilz die neue
Gattung Xenonectria auf.
Xenonectria v. H. Wie Letendraea, aber Sporen mit
bleibenden, hyalinen, spitzen Anhängseln.
150 F. Höhnel,
Grundart: Xenonectria ca Idariorum (P. Henn.) v. H.
(Syn.: Herpotriclüa Schiedermaywiana Fuck. var. calda-
riorum P. Henn., H. sabalicola P. Henn. 1898).
1197. Über Chiajaea Saccardo.
Otth beschrieb in Mitt. nat. Ver. Bern 1868, p. 57, die
Nectria (Gibbera) Hippocastani mit vierzelligen braunen
Sporen, welche in Hedwigia, 1896, 35. Bd., p. XXXIII, in
eine eigene Sektion: Chiajaea Sacc. der Gattung Calonectria
gestellt wurde. Nun fand ich am Urstücke von Otth's Pilz,
daß die Aufstellung seiner Art auf Fehlern beruht, daher diese
ganz gestrichen werden muß,, daher auch der Name ( "hiajaea
hinfällig ist. Seither fand ich nun, daß es tatsächlich Pilze
gibt, die im wesentlichen hervorbrechende Calonectria mit
braunen Sporen sind, also der Beschreibung von Chiajaea
entsprechen. Da nun der von mir seinerzeit (Ann. mye, 1919,
Myk. Frgm. Nr. CCXCVIII) geprüfte Teil des Urstückes der
Xectria Hippocastani Otth sehr kümmerlich war, schien es mir
möglich, daß mein damaliger Befund unrichtig ist. Allein die
nochmalige Untersuchung zeigte mir, daß dies ausgeschlossen
ist und Otth's Beschreibung sich nur auf ein Gemenge von
zwei Pilzen, den unreifen Perithecien von Nitschkia cupularis
und den Schläuchen und Sporen von Melanomma puivis-
pyrius beziehen kann.
Nun hat A. Möller 1901 (Phycom. u. Ascomyc., Jena,
p. 196 und 297) die Calonectria Balansiae mit kleinen, in
entleerten Perithecien von Balansia redundans Moll, schma-
rotzenden Gehäusen und vierzelligen braunen Sporen be-
schrieben, die also auch der Beschreibung von Chiajaea ent-
spricht.
Jene Nectriaceen und Sphaeriaceen, die in Perithecien
schmarotzen, haben abgesehen von dieser Eigenheit stets
noch gewisse morphologische Anpassungseigenschaften, die
es rechtfertigen, sie in eigene Anpassungsgattungen zu ver-
setzen.
Ich stelle daher für die Calonectria Balansiae die neue
Gattung Weesea. benannt nach dem bekannten Wiener Pilz-
Fragmente zur Mykologie. 151
forscher Prof. Josef Weese auf, die nach dem Gesagten leicht
zu beschreiben ist. Der Pilz hat demnach Weesea Balansiae
(Moll.) v. H. zu heißen.
In der Sylloge Fung. 1905, XML Bd., p. 811, wird die
Calonectria Atkinsonii Rehm (Ann. myc, 1904, II. Bd., p. 178)
als Chiajaea bezeichnet, da die Sporen schließlich bräunlich
werden sollen. Allein Seaver (Mykologia, 1909, I. Bd., p. 201)
beschreibt die Sporen nur als hyalin oder subhyalin und stellt
den Pilz zu Scoleconectria.
Nun fand ich aber, daß gewisse heute als Sphaeriaceen
beschriebene Pilze mit braunen vierzelligen Sporen echte
Nectriaceen sind, also der Beschreibung von Chiajaea ganz
entsprechen. Es sind dies Melanomma sauguiuariiim (Karst.)
Sacc, deren Synonymie in Berlese, Icon. Fung., 1894, I. Bd.,
p. 33, angegeben ist, und Trematosphaeria porpkyrostoma
Fuckel (Symb. myc, 1871, I. Ntr., p. 18 [306]).
Die genannten Arten haben zwar schwarze Perithecien,
diese sind aber um die Mündung herum rot. Die Perithecien-
membran ist nicht kohlig, sondern fleischig-häutig und ganz
so wie bei vielen Nectriaceen aus derbwandigen blassen oder
bräunlichen Zellen aufgebaut. Das rote Mündungsgewebe, ist
strahlig parallelfaserig. Mit Salzsäure färbt sich die 'Membran
blutrot. Paraphysen zahlreich, dünnfädig. Jod färbt den Schlauch-
porus nicht.
Es sind echte, dunkelfarbige Nectriaceen.
Obwohl nach dem oben Gesagten der Name Chiajaea
hinfällig ist und derselbe bisher nur als Sektionsbezeichnung
angewendet wurde, daher durchaus keine Nötigung vorhanden
ist, ihn noch zu verwenden, nehme ich ihn doch wieder auf,
da er der Beschreibung nach den genannten Pilzen ganz ent-
spricht, und um einen neuen Namen zu vermeiden.
Von Trematosphaeria porpkyrostoma Fuck. ist gewiß
nicht verschieden Cticurbitaria Heudersoniae Fuck. (Symb.
myc, 1869, p. 172). Von diesem Pilze habe ich in Fragm.
z. Myk., Nr. 1045, XX. Mitt., 1917, angegeben, daß es eine
echte Gibberidea Fuck. ist. Als solche ist er auch in der
Kryptog.-Fl. von Brandenburg, 1911, VII. Bd., p. 294, ein-
gereiht. Allein dies ist gewiß unrichtig. Schon die großen
152 F. Höhnel,
Perithecien und Sporen und die Form der letzteren zeigen,
daß Gibberidea, deren Grundart ich aber nicht prüfen konnte,
eine Cucurbitarieengattung dothidealer Natur sein wird.
Von Sphaeria rhodomela Fries (Observ. mycol., 1815,
I. Bd., p. 178), die in Krypt.-Fl. Brandenbg., 1911, VII. Bd.,
p. 241, genauer beschrieben ist, habe ich zwei wohl sichere
Stücke (Rabenh., Fg. europ., Nr. 1243, und am Sonntagsberg
in Niederösterreich gesammelte) geprüft.
Die jüngeren Perithecien sind blutrot und werden dann
dunkelbraun. Die Hyphen und stumpfen Haare sind hyalin
bis rot und werden nur zum Teil und im Alter braun. Irgend-
einen wesentlichen Unterschied von Melanomma sanguina-
rium (K.) kann ich nicht erkennen. Demnach gibt es bisher bei
uns zwei Chiajaea- Arten, Ch. rhodomela (Fr.) v. H. und
Ch. Hendersoniae (Fuck.) v. H. zu nennen sind.
1198. Hypocrea Bambusae v. H.
Fruchtkörper oberflächlich, zerstreut oder herdenweise
anfangs kugelig, dann etwas abgeflacht, mit stark verschmä-
lerter Basis sitzend, erst weißlich, dann gelb, reif schmutzig-
rotbraun, mit matter, fast glatter Oberfläche, bis VSmm groß.
Stromagewebe gelb, an der Oberfläche lebhaft gelbbraun,
fleischig, aus dünnwandigen, gelben, 6 bis 25 [i gioßen
Parenchymzellen bestehend. Perithecien eibirnförmig, 120 [i.
breit, 200 bis 250 \i hoch, oben kegelig, mit dem 28 \x breiten,
rundlichen, mit Periphysen ausgekleideten Ostiolum nicht oder
nur wenig vorstehend. Perithecienmembran 12 bis 16 [A dick,
aus vielen Lagen von stark abgeflachten Zellen bestehend.
Paraphysen sehr spärlich, dünnfädig, nicht verschleimend.
Schläuche sehr zahlreich, zylindrisch, unten kurzstielig ver-
schmälert, 60 bis 70 « 3 jj.. Jod gibt keine Blaufärbung. Sporen
zweizeilig, zerfallend. Teilzellen hyalin, kurzrundlich-zylin-
drisch, mit einem Tropfen, 2-5 bis 3'2|x hoch, 2-5 bis
3 (j. breit.
Auf Bambus-Rohr, Peradeniya, Ceylon, 1907 von mir
gesammelt.
Fragmente zur Mykologie. lo3
Mit Hypocrea rufet (P.), discclla Berk. et Br. und dis-
celloides P. Herrn., die ähnlieh kleine hyaline Sporen haben,
verwandt.
1199. Hypoerella lutulenta v. H. n. sp.
Strömen rundlich, fest angewachsen, blaß lehmfarben,
halbiert schildförmig, anfänglich glatt, dann mit wenigen bis
zahlreichen halbkugeligen Höckern versehen, mit den flachen,
graubräunlichen, punktförmigen Mündungsöffnungen. Rand
schmal, dünn, kurz-strahlig-faserig. Gewebefleisch dicht oder
lockere!- aus 4 [i breiten, dickwandigen, hyalinen Hyphen
plectemchymatisch aufgebaut. Strömen auf beiden Blattseiten,
zerstreut, 2 bis 3 mm breit, 450 bis 500 \x dick, mit wenigen
bis 30 Perithecien, diese ganz eingesenkt, phiolenförmig, 400 »x
hoch, 200 bis 300 \i breit, oben kegelig zulaufend. Perithecien-
membran hyalin, aus vielen Lagen von stark zusammen-
gepreßten Hyphen bestehend, unten und seitlich 20 bis 25 u,
dick, nach obenhin 40 ;x dick. Mündung flach, kaum ein-
gesenkt, rundlich, 15 ;j. breit, in einer gegen 100 fj, breiten
Scheibe liegend. Paraphysen fehlen. Schläuche zylindrisch,
dünnhäutig, oben abgerundet und wenig verdickt, unten wenig
stielig verschmälert, achtsporig, 160 bis 180 « 8 bis 9 ja.
Sporen fadenförmig, von Schlauchlänge, septiert, parallel-
liegend, im Schlauche in 8 bis 9 « 1*6 bis 1*9 {X große,
gerade oder kaum gekrümmte, zylindrische, an den Enden
abgerundete Glieder zerfallend.
Auf Schildläusen auf Blättern von Cissus sp. im Urwalde
von Tjibodas auf Java, 1908 von mir gesammelt.
1200. Über die Gattung Hypocopra Fries.
Diese wurde von Fries 1849 in Sum. veget. scand.,
p. 397, als Untergattung von Massaria aufgestellt. Als Grund-
art führt er Hypocopra fimeti (P.) an und als zweite Art
H. merdaria Fr.
Fuckel (Symb. mye, 1809, p. 240) stellte Hypocopra Fr.
als Gattung auf mit derselben Grundart. Fuckel sagt, daß
sich Hypocopra von seiner Gattung ( oprolepß (a. a. O., p. 239)
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Ed. 1 1
154 F. Höhnel.
eigentlich nur durch das fehlende Stroma unterscheidet. Nun'
hat aber nach Winter (Abhdl. nat. Gesellsch. Halle, 1873,
XIII. Bd., H. 1, p. 13, Taf. VII, Fig. III) Hypocopra fimeti (?)
auch ein dünnes ausgebreitetes Stroma, weshalb er die drei
Arten H. fimeti (P.), merdaria (Fr.) und equorum Fuck. in
eine Untergattung stellt, die er Coprolepa (Fuck.) W. nennt,
während er die Arten ohne Stroma zu Hypocopra Fuck. (non
FVies) stellt. Die Hypocopra fimeti konnte ich nicht prüfen,
allein Winter sagt, daß diese Art in allen Teilen eine solche
Übereinstimmung mit H. merdaria und H. equorum zeigt,
daß sie gewiß in eine Gruppe gehören. In der Pilzflora
Deutschlands hat Winter die Gattung Hypocopra im Sinne
Fries' wieder aufgenommen mit den drei letztgenannten Arten.
Obwohl es mir nun auffallend ist, daß bei H. fimeti, wie die
angeführte Figur III zeigt, das Stroma als Basalslroma und
nicht als Clypeus erscheint wie bei H. equorum (Fig. II) und
//. merdaria (Fig. I), so nehme ich doch bis auf weiteres auf
Winter's Versicherung hinan, daß sich H. fimeti im übrigen
so wie die zwei anderen Arten verhält.
Die zwei Arten unterscheiden sich nun aber von den
übrigen zu den Sordariaceen gestellten Pilzen dadurch, daß
sie einen Clypeus haben, weich- und dünnhäutige Perithecien,
deren blaßbraune Wandung undeutlich kleinzellig-faserig ge-
baut ist und aus ganz zarthäutigen Hyphen besteht, sowie
endlich durch eine auffallende Jodreaktion der deutlichen Ver-
dickung der Schlauchspitze.
Bei Hypocopra equorum Fuck. ist die Schlauchspitze
deutlich konvex nach innen 10 [a stark verdickt und in dieser
Verdickung färbt sich ein 7 ja hoher, 4 bis 4'5 ja breiter
Zylinder mit Jod violett. Die Färbung verläuft gegen die
.Spitze hin allmählich.
Bei Hypocopra merdaria Fr. färbt sich in der ähnlich
verdickten .Schlauchspitze ein 7 ja breiter, 5 ja hoher, ab-
gestumpfter, mit der Basis nach oben gerichteter Kegel mit
Jod schön blau.
Alle die genannten Eigenschaften fehlen den Arten von
Soradria, Delitsciiia, Sporormia völlig und zeigen, daß diese:
Gattungen ganz anderen Formenkreisen angehören.
Fragmente zur Mykologie. 155
In der Tat ist PUophragmia gleich Phospora und sind
wenigstens die großspurigen Sporormia- Arten Scleropleella-
artige Pseudosphaeriaceen.
Die beiden geprüften Arten sind aber nichts anderes als
mistbewohnende Anihöstoma- Arten.
Sollte die Grundart Hypocopra fimeti (P.) Fr. auch eine
Anthostoma sein, was mir nicht wahrscheinlich ist, so wäre
Hypocopra Fries 1849 gleich Anthostoma Nitschke 1867.
Im anderen Falle wird es sich um eine Särdaria mit Basal-
stroma handeln.
1201. Über Podospora Cesati und Bombardia Fl-
ies.
In meinem Fragm. z. Mykologie, Nr. 117, III. Mitt., 1907,
habe ich angegeben, daß diese beiden Gattungen zusammen-
fallen. Im Gefolge hat Kirschstein (Krypt.-Flora Brandenbg..
Pilze, 1911, VII. Bd., P. 179), ohne meine Angaben zu er-
wähnen, die Vereinigung der beiden Gattungen durchgeführt.
Indessen habe ich schon 1909, IX. Mitt., Fragm., Nr. 427,
nachdem ich noch zwei weitere echte Bombardia- Arten kennen
gelernt hatte, gesagt, daß es doch zweckmäßig ist, diese zwei
Gattungen getrennt zu erhalten, namentlich deshalb, weil die
echter. Bombardia- Arten ein gut entwickeltes Basalstroma
haben, auf dem sie gebüschelt oder rasig sitzen. Außerdem
haben letztere eine sehr dicke, festknorpelige, aus drei mehr-
lagigen Schichten bestehende Membran und wachsen nicht
auf Mist, sondern auf Pflanzenteilen.
Seither fand ich, daß auch in der Beschaffenheit der
Schläuche ein merklicher Unterschied vorhanden ist. Die
Podospora- Arten haben meist derbwandige, mehr minder
zylindrische, oben breit abgerundete Schläuche, während die
Bombardia-Arten meist lang- und dünngestielte, mehr minder
keulig-spindelige, dünnhäutige, oben verschmälert abgestutzte
Schläuche haben, die häufig unter der Spitze einen rund-
lichen, kugeligen, glänzenden Körper (Glanzkörper) zeigen,
den ich bei echten Podospora- Arten niemals sah.
Solche Glanzkörper, deren Natur noch näher zu erforschen
ist, fand ich bei Bombardiella caespitosa v. H. (Fragm., Nr. 378),
156 F. Huhn ei,
Bombardia fasciculata, botryosa und Pulvis-pyrius (Fragm.,
Nr. 427, 429) und Eosphacria uliginosa (Fr.) v. H. (Ann.
myc, 1917, XV. Bd., p. 360). Sie scheinen vornehmlich bei
jenen Pilzen aufzutreten, die bisher in die Gattungen Lasio-
sphaeria und Leptospora Fuck. (non Rabh.) gestellt wurden
und die ich in Ann. myc, 1918, XVI. Bd., p. 73, behandelt
habe. Die Glanzkörper scheinen sich erst während der Sporen-
entwicklung auszubilden, da man sie früher nicht findet. Ich
glaube, daß die Pilze mit Glanzkörpern in einem engeren
Verwandtschaftsverhältnis zueinander stehen, was noch weiter
zu prüfen ist.
Podospora Ces. 1856 und Bombardia Fries 1849 sind
daher auseinanderzuhalten.
Was ihre Verwandtschaft, anlangt, so wurden sie schließ-
lich beide zu den Sordariaceen gestellt. Allein damit ist gar
nichts ausgesagt, denn diese Familie beruht ganz auf bio-
logischen Merkmalen und ist daher eine ganz unnatürliche,
da die Pflanzen nur nach ihren morphologischen und stoff-
lichen Merkmalen geordnet werden dürfen.
In der Tat ist Pleophragmia gleich Pleospora; die groß-
sporigen Sporormia- Arten sind pseudosphärial (Scleropleella
v. H.); Sordaria wird den Anschluß bei Rosellinia haben.
Hypocopra equorum und merdaria sind Anthosioma-Arten.
Was nun aber Podospora und Bombardia anlangt, so
wurden die Sporen dieser Gattungen bisher stets als ein-
zellig angegeben, so auch zuletzt von Kirsch stein (a. a. 0.,
p. 173) in der Übersicht der Sordarieengattungen. Das ist nun
falsch, denn es geht aus den Angaben von Fuckel (Symb. myc,
1869, p. 245, Taf. VI, Fig. 20), Woronin, Winter und anderen
klar hervor, daß sie anfänglich zylindrisch-wurmförmig, hyalin
und einzellig sind und sich dann oben teilen, wodurch eine
schließlich dunkel gefärbte Zelle abgegrenzt wird, welche
bisher als einzellige Spore mit einem Anhängsel beschrieben
wurde. Dieses Anhängsel ist aber eine Zelle, die sich sogar
manchmal teilt, wie einige Bilder in Winter (Abhdl. nat. Ges.
Halle, 1873, XIII. Bd., Taf. IX, Fig. 13) zeigen. Das sogenannte
Anhängsel erster Ordnung der Beschreibet- ist daher stets eine
Zelle, wie schon Winter (Pilze Deutschlands, 1887, II. Abt.,
Fragmente zur Mykologie. 157
p. 171) bei einer Art ausdrücklich sagt. In dieser Beziehung
müssen die einzelnen Arten noch näher geprüft werden.
Trotzdem werden die Sporen dieser Pilze allgemein als
einzellig beschrieben.
Sordaria und Podospora sind daher im Gegensatze zu
Winter 's Meinung, der sie nur ungern auseinanderhielt, zwei
voneinander völlig verschiedene Gattungen, die sich nicht bloß
durch »Schleimanhängsel«; sondern einen ganz verschiedenen
Bau der Sporen voneinander unterscheiden.
Es ist mir nicht zweifelhaft, daß Podospora und Bom-
bardia in die Verwandtschaft von Lasiosphaeria Ces. et
de Not., Bizzozeria Berl. et Sacc. (em. v. H.) und Thaxteria
Sacc. (em. v. H.) in Ann. myc, 1918, XVI. Bd., p. 74, gehören.
Von den Sordariaceen bleibt danach nichts mehr übrig.
1202. Über die Gattung Delitschia Auerswald.
Wurde 1866 in Hedwigia, 5. Bd., p. 49, auf Grund von
Delitschia didyma Awld. aufgestellt. Die gefärbten zweizeiligen
Sporen zerfallen nach Auerswald's Angabe bald in ihre zwei
Hälften. Von diesem Pilze konnte ich nur das unter diesem
Namen in Krieger, F. saxon., Nr. 1950, ausgegebene Stück
untersuchen. Bei diesem aber zerfallen die Sporen nicht.
Nachdem nun Krieger's Pilz im übrigen ganz gut mit Auers-
wald's Beschreibung stimmt und auch bei Delitschia eUaeto-
mioides Karsten sowie bei D. Wintert' Plowr., von welch
letzterer Art Massee und Salmon sagen, daß sie wahr-
scheinlich mit D. didyma zusammenfällt, ein Sporenzerfall
nicht eintritt (siehe Fg. italici, Taf. 621), so lag die Vermutung
nahe, daß Auerswald's Angabe betreffend den Sporenzerfall
auf einem Irrtum beruht. Allein nachdem auch Winter in
Hedwigia, 1874, 13. Bd., p. 54, ausdrücklich sagt, daß
D. didyma den Sporenzerfall sehr schön zeigt, so kann es
doch nicht bezweifelt werden, daß derselbe wirklich eintritt.
Über die Stellung der D. didyma läßt sich ohne Prüfung
des Urstückes nichts Sicheres sagen. Indessen ist anzunehmen,
daß Krieger's Pilz, D. chaetomioides und Wiuteri sowohl
untereinander wie mit D. didyma nahe verwandt sind. Die
158 F. Hühnel,
Untersuchung zeigte mir nun, daß Krieger 's Pilz eine ein-
gewachsene echte Sphäriacee mit vielen verklebten Para-
physen, großen, keuligen, dickwandigen Schläuchen, die mit
Jod keine Blaufärbung geben und mit schwarzen, zweizeiligen,
mit einer dicken Schleimhülle versehenen Sporen ist. Dem-
nach ist Krieger, F. sax., Nr. 1950, eine Plwrcys Niessl 1876
im Sinne Rehm's (Ann. myc, 1906, IV. Bd., p. 268).
Es kann kaum zweifelhaft sein, daß auch D. chaeto-
mioides und D. Wintert Arten der Gattung Plwrcys sind, die
sich nur wenig von Krieger's Pilz unterscheiden. Delitschia
clnutomioides hat mit einem braunen, abwischbaren Filz be-
deckte Perithecien und 38 bis 50 er 17 bis 20 a große Sporen.
Delitschia Wintert hat mit einem sehr dünnen, hyalinen
Filz versehene Perithecien und 60 bis 66 ^ 28 |i oder 65 bis
75 ^ 29 bis 35 [j, große Sporen, während diese bei Krieger's
Pilz 43 bis 60 - 18 bis 20 [t groß sind. Letzterer Pilz, der
kahle Perithecien hat, scheint eine Form von I). chaeto-
mioides Kst. zu sein. Auf den von Karsten beschriebenen
filzigen Überzug der Perithecien ist um so weniger Gewicht
zu legen, als nach Winter's Angabe (Hedwigia, 1874, 13. Bd.,
p. 53) die Stücke Karsten's schon veraltet waren.
Alle diese Formen sind mistbewohnende Phorcys-Arten,
die Ph. Wintert (Plow.) v. H., Ph. chaetomioides (Kst.) v. H.
und Ph. eh. (K.) v. H. f. cälva v. H. zu nennen sind. Sind
vielleicht nur Formen einer Art. Unter Delitschia Awld. wird
demnach eine mistbewohnende Phorcys zu verstehen sein mit
in die zwei Zellen zerfallenden Sporen.
Mit der Grundart Delitschia didynia Awld. ist voll-
kommen gleich die Delitschia canina Mouton (Bull. soc. bot.
Belg., 1887, XXVII. Bd., p. 175, Taf. I, Fig. 4). Mouton gibt
ausdrücklich an, daß die Sporen sehr leicht in ihre zwei
Glieder zerfallen, so auch Auerswald's Angabe unwissent-
lich sicherstellend.
Unter den weiteren vielen beschriebenen Arten finde ich
nur die Delitschia leptospora Ou dem ans (Hedwigia, 1882,
21. Bd., p. 163) mit der Angabe, daß die Sporen sehr leicht
in ihre Hälften zerfallen. Ist nach der Beschreibung gewiß
keine Delitschia und noch unsicherer Stellung. Viele angeb-
Fragmente zur Mykologie. loJ
Jicbe Delitschia-Arten verhalten sich ganz ähnlich den oben
besprochenen Phorcys- Arten. Es sind sehr wahrscheinlich
lauter Arten dieser Gattung, zum Teil wohl miteinander und
mit den obigen zusammenfallend. Es sind dies: Phorcys
vulgaris (Griff.), Sporen 17 bis 30-13 bis 16 ;j.; Ph. excen-
trica (Griff.), Sporen 45 bis 50^21 bis 24 ;j,; Ph. leporina
(Griff.), Sporen 40 bis 65 « 16 bis 20 ja; Ph. apiculata (Griff.),
Sporen 28 bis 34 « 16 bis 21 jj. (alle in Syll. Fg., XVII, 687);
Ph. furfuracea Niessl, Sporen 45 bis 50 ^ 21 \x\ Ph. vaccina
(Pass.), Sporen 50 » 22 bis 25 ;i (Syll. Fg., IX, 748); Ph. pata-
gonica (Speg.), Sporen 35 ^ 16 [i (S. F., IX, 749); Ph. ligvii-
cola (Mout), Sporen 24 bis 26 - 11 bis 12 [x (S. F., IX, 749);
Ph. miniila (Fuck.), Sporen 22 ^ 8 ;j.. Bei keiner dieser Arten
findet ein Zerfall der Sporen statt.
Dblitschia sordarioides Speg. (Syll. Fg., I. Bd., p. 734)
ist nach der Beschreibung wohl sicher eine Podospora.
Delitschia insignis Mouton (Bull. soc. bot. Belg., 1897,
36. Bd., p. 13) ist nach der Beschreibung eine Phorcys oder
Massariopsis im Sinne Rehm's in Ann. mye, 1906, IV. Bd.,
p. 269, mit beidendig langgeschwänzten Sporen, die anschei-
nend in die von mir aufgestellte Gattung Ceriophora ganz
gut paßt, deren Grundart die Sphaeria palustris Berk. et Br.
in Rabh, Fg. europ., Nr. 1936, ist.
Delitschia geminispora Sacc. et Flag. 1893 (Grevillea,
XXI. Bd., p. 66, Taf. 184, Fig. 5) ist eine eigene Gattung,
vollkommen gleich Pachyspora gigantea Kirschstein (Verh.
bot. Ver. Brandbg. 1907, 48. Bd., p. 49) und hat zu heißen
Pachyspora geminispora (Sacc. et Flg.) v. H.
Die kleinen, oberflächlich stehenden, schwarz beborsteten
Arten, Delitschia moravica Niessl und D. bisporula (Crouan)
Hans, sind Trichosphaeriaceen, die vielleicht zu Proioventuria
Berl. et Sacc. (Syll. Fg., IX. Bd., p. 741) gehören, welche
Gattung ich aber nur der Beschreibung nach kenne. Die
Sporen dieser Arten zerfallen normal nicht in ihre zwei
Hälften. Erst im Alter, wenn sie sich am Miste zu zersetzen
beginnen, sieht man einzelne zerfallend.
Die kleinen, kahlen, teils oberflächlichen, teils eingewach-
senen, als Delitschia beschriebenen Formen sind offenbar Neo-
160 K. Höhnel,
peckia, beziehungsweise Didvmosphacria-Arten, die (zufällig?)-
auf Mist zur Entwicklung kamen.
1203. Über die Gattung Sporormia de Notaris.
Die Geschichte dieses Gattungsnamens hat Pirotta (Nouv.
Giorn. bot. ital., 1878, X. Bd., p. 128) erschöpfend behandelt.
Danach ist es kein Zweifel, daß Hortnospora de Not. 1844
der älteste Name der Gattung ist. Den Gattungsnamen Sporor-
mia stellte de Notaris 1849 für einen anderen Pilz der
gleichen Gattung aul. Diese Gattungsgleichheit erkannte ei-
erst nachträglich und wendete daher 1863 wieder den älteren
Namen Hormospora an. Es wäre daher dieser letztere Name
der gültige. Nachdem indes der Name Hormospova schon
1840 von Brebisson für eine Algengattung gebraucht und
seither von mehreren Algenforschern in verschiedenem Sinne
angewendet worden war, so muß statt seiner für die in Rede
stehenden Pilze der Name Sporormia de Not. 1849 eintreten,
wenn auch der Name Hormospora Breb. heute nur als
Synonym gilt.
Die meisten Sporormia-Avten sind sehr kleine Pilze, die
sich, zumal wenn sie am trockenen Miste sitzen, nicht zur
Herstellung von Achsenschnitten eignen; abgesehen davon,
daß solche kleine Formen meist, ihrer geringen Größe ent-
sprechend, einen sehr vereinfachten, wenig und nur Unsicheres
lehrenden Bau aufweisen.
Es gibt jedoch auch einige größere zweifellose Arten der
Gattung, die eine erschöpfende Aufklärung über das Wesen
der letzteren zu geben geeignet sind. Eine solche ist Sporor-
mia megalospora Awld. nach dem Stücke in Rehm, Ascom.
exs., Nr. 1391.
Dieser Pilz hat kugelige, 350 bis 450 \i breite, ganz ein-
gesenkte Fruchtkörper, die nur mit einer flachwarzigen, 110 [J^
breiten, 40 jjl hohen Papille an die Oberfläche der Kotballen
gelangen. Diese Papille zeigt eine 40 \x dicke, schwarze, klein-
zellig parenchymatische Kruste und ist innen ganz mit einem
ebensolchen, aber hyalinen Zellgewebe ausgefüllt. Periphysen
Fragmente zur Mykologie. 161
fehlen völlig und erfolgt die Öffnung durch Abbröckeln der
Papille. Die den Kern umgebende Membran ist 55 ;x dick,
davon die innere, 30 »x dicke Schichte aus etwas abgeflachten,
hyalinen, die äußere, 25 \i dicke Lage aus ebensolchen, aber
schwarzbraunen, dünnwandigen, leeren, 10 bis 20 ji großen
Zellen in vielen Lagen bestehen. Beide diese Schichten sind
durch eine scharfe, dünne, dunklere Grenzlinie voneinander
getrennt. Jod gibt keine Blaufärbung der etwa 30 bis 35 \l.
großen, derbwandigen Schläuche, zwischen welchen verhältnis-
mäßig wenige, etwa 2 [i dicke Scheinparaphysen, die oben am
Deckgewebe angewachsen sind, stehen.
Pirotta gibt von Sp. megalospora. minima, grandispora,
intermedia, lageniformis, Notarisü, gigaspora und octomera
an, daß »Paraphysen« fehlen und benutzt dieses Merkmal
sogar zur Einteilung der Arten. Allein das ist unrichtig;
schon Niessl (Österr. bot. Ztschr., 1878, 48. Bd., p. 42) gibt
ganz richtig an, daß alle Arten Paraphysen haben.
Nach der Beschreibung ist Sporormia megalospora ein
zweifelloser, ziemlich vielschlauchiger, pseudosphärialer Pilz,
der sich von Scleropleella v. H. (Ann. mye, 1918, XVI. Bd.,
p. 157) wesentlich nur dadurch unterscheidet, daß die Sporen
schließlich' in ihre Teilzellen zerfallen.
Ganz ebenso wie die Sporormia megalospora verhält
sich auch die Sporormia ligiiicola Phill. et Plowr. Diese
bisher nur auf Laubholz gefundene Art wächst nach dem
Stücke in Krieger, F. sax., Nr. 75, auch auf noch festem
Fichtenholze. Nach Berlese (Icon. Fung., 1894, I. Bd., p. 42)
ist diese Art gleich Sporormia ulmicola Pass. (Hedwigia,
1874, XIII. Bd., p. 52) und nur die holzbewohnende Form
von Sp. intermedia Awld. Wenn dies richtig ist, so ist die
Holzform wahrscheinlich die ursprüngliche und die Kotform
dadurch zustande gekommen, daß die erstere gefressen wurde,
ihre Sporen den Darmkanal durchgegangen sind, so daß sie
sich im Kote entwickeln konnten. Vermutlich gilt dies auch
für andere der bisherigen Sordarieen und wäre es von Wichtig-
keit, hierüber Fütterungsversuche anzustellen. Offenbar sind
nur die dunkelgefärbten Sporen imstande, den Darmkanal
162 F. Höhnel,
lebend zu durchsetzen, während die hellgefärbten Sporen ver-
daut werden. Daraus würde sich das auffallendste Merkmal
der bisherigen Sordarieen, ihre Schwarzsporigkeit, erklären.
Am Miste entwickeln sich die Fruchtkörper ganz anders als
am Holze, so daß man zwei ganz verschiedene Arten vor
sich zu haben glaubt. Dies würde sich nun bei der Sporormia
intermedia Awld. und ihrer (wahrscheinlichen) Holzform
.zeigen. Während die erstere 150 bis 200 jjl große, fleischig-
häutige Fruchtkörper hat, besitzt die Holzform 360 \i große,
dickwandige, harte, die nach Winter sogar 0*5 bis 0'7mm
groß werden sollen. Die Kruste ist etwa 50 [i dick und
besteht aus etwa 8 \i großen, abgeflachten Zellen. Periphysen
und eine echte Mündung fehlen, oben bricht eine 90 \i breite
Papille ab. Ist also auch eine Pseudosphaeriacee.
Auch die Sporormia gigantea Hansen, aus Krieger,
F. sax., Nr. 276, ist pseudosphärial gebaut. Die 350 ;x breiten
und 400 [x hohen Fruchtkörper sind eingesenkt, nach oben-
hin fast krugförmig verschmälert und mit einer 150 \i breiten
und 80 \i hohen, außen schwarzkrustigen, innen mit klein-
zelligem, hyalinem Gewebe ausgefüllten Papille abschließend.
Oben ist die Membran 40 ;j„ weiter unten 70 \i dick, wovon
die Hälfte auf die hyaline Innenschichte fällt. Das Gewebe
besteht aus braunschwarzen, halboffenen Zellen. Die Schein-
paraphysen sind 2 \i dick und verzweigt; in jungen Frucht-
körpern sehr reichlich vorhanden, werden sie später mehr
weniger aufgelöst.
Ebenso ist die Sporormia insignis Niessl nach selbst-
gesammelten Stücken, trotz ihres oft gut entwickelten, 300 \x
langen und 200 \i dicken Schnabels eine pseudosphäriale
Form. Die Fruchtkörper werden bis über 500 [x breit, mit
40 ja dicker Membran. Die Paraphysen sind hier auch im
reifen Zustande sehr zahlreich, nur 1 ;j. dick und oben stark
verzweigt. Es ist kein Zweifel, daß auch die kleinen Arten
der Gattung sich ebenso verhalten werden.
Die Gattung Sporormia de Not. hat als Grundart Sp.fime-
taria de N., deren vielzellige Sporen auch in Glieder zer-
fallen. Daher ist die Gattung eine einheitliche, die neben Sclero-
pleella v. H. zu den Pseudosphäriaceen gestellt werden muß.
Fragmente zur Mykologie. 163
1204. Über die Gattung Pleophragmia Fuckel.
Die Gattung ist 1869 in Fuckel, Symb. mycol., p. 243,
aufgestellt auf Grund von Pleophragmia leporum Fuck., die
in den F. rhen., Nr. 2272, ausgegeben ist. Ganz damit überein-
stimmende Stücke gab Krieger in den F. saxon., Nr. 34, aus.
Fuckel's Beschreibung der Gattung ist mehrfach falsch. Die
Sporen sollen aus drei miteinander verwachsenen Ketten von
Zellen bestehen und Paraphysen sollen fehlen. Allein es sind
zahlreiche, lange, 2 bis 2-5 »x dicke Paraphysen vorhanden
und der runde Querschnitt der Sporen erscheint kreuzförmig
geteilt, die Sporenzellen stehen also in vier Reihen.
Die Perithecien sind ganz eingewachsen, ohne Stroma,
rundlich, 240 bis 400 [i groß und zeigen oben eine kaum
vorragende, schwarze, derbwandige, 100 |x hohe und breite
Papille mit einem etwa 50 \x weiten Mündungskanal. Die Peri-
thecienmembran ist oben stärker, sonst ringsum 20 bis 30 [x
dick und besteht aus vielen Lagen von dünnwandigen, ab-
geflachten, großen, schwarzbraunen Zellen.
Der Pilz wurde bisher zu den Sordariaceen gestellt, ist
aber eine ganz echte Pleospora Rabenhorst 1857 (Bot.
Zeitung, XV. Bd., p. 428), die Pleospova leporum (Fuck.) v. H.
zu heißen hat.
Pleophragmia Fuckel 1869 ist daher gleich Pleospora
Rbh. 1857. Es gibt drei mit dieser Art sehr nahe verwandte
Pleospora- Arten. Pleospora Heuniugsiana Ruh Id. Jahn et
Paul (Verh. bot. V. Brandbg., 1902, 43. Bd., p. 105). Peri-
thecien 350 fx breit; Schläuche 160 bis 180 « 20 bis 28 |x
groß; Sporen dunkelbraun, sieben- bis neunteilwandig, 45 bis
50 ^ 10 bis 15 [x. Auf abgestorbenen Laubholzzweigen.
Pleospora ligni Kirsch st ein (ebenda, 1907, 48. Bd.,
p. 57). Perithecien 200 bis 300 ;x; Schläuche 200 ~ 24 \i;
Sporen dunkelbraun, meist neunteilwandig, 36 bis 45 ^ 12 bis
15 jx. Von der vorigen kaum artlich verschieden. Pleospora
Phragmitis Höllos 1910 (Syll. Fung., XXII. Bd., p. 274),
Perithecien 700 « 300 |x; Schläuche 130 bis 160 « 20 bis
24 |x; Sporen dunkelbraun, neunteilwandig, 44 bis 50 - 10
bis 12 ix.
164 F. Höbnel,
Vermutlich ist Pleospora leporum (Fuck.) v. H. nur die
Hasenkotform der letzteren Art.
Die von Kirschstein in Krypt. Fl. Brandbg., 1911,
VII. Bd., p. 198, beschriebene Pleophragmia pleospora ist
nach der Beschreibung gewiß auch eine Pleospora, eine
Tierkotform, vermutlich von Pleospora herharum.
1205. Über die Gattung Rhynchostoma Karsten.
Die Gattung wurde aufgestellt in Karsten, Mycol. Fenn.,
1873, II. T., p. 7. Nach der Beschreibung handelt es sich um
Ceratostomeen mit langgeschnäbelten, eingewachsenen oder
hervorbrechenden Perithecien und zweizeiligen braunen .Sporen.
Die Grundart wäre Rhynchostoma cornigerum K. (a. a. O.,
p. 57), die aber Karsten nur im überreifen Zustande beob-
achtet hat, ohne Schläuche. Außerdem beschrieb er noch die
Rh. exasperans, bei welcher Paraphysen nicht erwähnt werden,
und Rh. miuutuni mit fadenförmigen langen Paraphysen. Die
Gattung scheint sich von Lentomita Niessl nur durch die
gefärbten Sporen zu unterscheiden.
Winter (Pilze Deutschlands, II. Abt., 1887, p. 761) faßte
die Gattung anders auf, betrachtet sie als stromatisch und
brachte sie neben Anthostoma Ntke. Er stellte als erste Art
die Sphaeria apiculata Currey in dieselbe. Daher ist Rhyncho-
stoma Winter 1887 verschieden von Karsten's Gattung.
Winter hält die Sporen der Sphaeria apiculata für zwei-
zeilig mit einem hyalinen Anhängsel. Niessl (Verh. nat. Ver.
Brunn, 1872, X. Bd., p. 206, Taf. VII, Fig. 48), der den Pilz
als Anthostoma- trabeum neu beschrieb, sagt, daß die Sporen
eine zweischichtige Membran haben, deren äußere hyaline
Schichte an den beiden Enden etwas vorragt, wodurch mehr
minder vorstehende hyaline Endsegmente zustande kommen.
Ferner sagt er, daß die braunen Sporen außerhalb der Mitte
eine Querlinie zeigen, von welcher er jedoch nicht sicher
ist, ob sie von einer Querwand herrührt oder nur von einer
ringförmigen Verdickung der Membran.
Die nähere Untersuchung der Stücke in Rehm, Ascom.
exs., Nr. 614 und 614 fr, sowie Krieger, F. sax., Nr. 176,
Fragmente zur Mykologie. 165
zeigte mir nun, daß der Pilz kein Stroma besitzt, also eine
einfache Sphäriacee ist. Die zylindrischen Schläuche sind
oben nur wenig verdickt und quer abgestutzt. Sie geben mit
Jod keine Blaufärbung. Die Sporen wechseln in der Größe
sehr und sind etwas abgeflacht: 18 bis 34« 9*5 bis 14«
5 bis 6 ;j..
Ursprünglich sind sie hyalin und einzellig. Dann wird,
meist am oberen Ende, eine 3 bis 4 [x hohe Kappe durch
eine Querwand abgeschnitten. In dem abgegrenzten Teil ist
deutlich körniges Plasma sichtbar. Die Kappenzelle bleibt
meist hyalin oder fast so. Die große Schwesterzelle wird
dunkelbraun, bleibt entweder einfach oder teilt sich bei guter
Entwicklung in zwei ungleich lange Zellen, so daß nun die
Spore dreizellig wird und die Mittelzelle die größte ist, etwa
3 bis 4 ;j. länger als ihre Schwesterzelle. So hatte eine 28 [i
lange Spore eine 4 [x lange, hyaline Kappenzelle, eine 14 (i
lange, braune Mittelzelle und eine 10 ;jl lange, braune End-
zelle. An der fast in der Mitte stehenden zweiten Querwand
ist oft eine deutliche Einschnürung vorhanden, auch zeigen
sich in den beiden braunen Zellen zu beiden Seiten der
Querwand oft große Luftbläschen, die nicht miteinander ver-
schmelzen, so daß kein Zweifel möglich ist, daß es sich um
eine wirkliche Querwand handelt. An dem der Kappe gegen-
überliegenden Ende der Sporen ist häufig eine ganz schwache,
hyaline Anschwellung der Sporenhaut zu sehen.
Nach allem ist die Sphaeria apictdata Curr. eine kurz-
schnäbelige RhyncJwsphaeria Sacc. mit ungleich dreizelligen
Sporen, deren kleine Endzelle hyalin und dünnhäutig bleibt.
Der Pilz muß in eine eigene Gattung gestellt werden.
Saccardo hat in Syll. Fung., 1882, I. Bd., p. 278 und
286, bei der Gattung Anfliostomella zwei Untergattungen:
EiidiülwsiomeUa (Sporen ohne hyaline Anhängsel) und Ento-
sordaria (Sporen an einem oder beiden Enden mit hyalinen
Anhängseln) unterschieden.
Die Untersuchung der Grundart von Entosordaria, A. per-
fidiosa (de Not.) Sacc. (gleich .4. Poeischii Niessl) hat mir
nun gezeigt, daß das angebliche hyaline Anhängsel am oberen
Ende der Sporen dieser Art eine eigene Zelle ist. Die Sporen
166 F. Höhnel.
derselben sind also zweizeilig. Sehr leicht sieht man dies bei
der zweiten angeführten Art: A. appendiciilosa (B. et Br.)
Sacc, wo die zellige Natur des Anhängsels auch an den
ganz reifen Sporen sofort zu erkennen ist, weil keine Yer-
schleimung desselben erfolgt.
Entoso rJurici Sacc. emend. v. H. ist daher eine eigene,
von Enanihostomella Sacc. verschiedene Gattung mit zwei-
zeiligen Sporen mit einer großen braunen und einer kleinen
hyalinen oder fast hyalinen Zelle. Bei zwei Arten von Ento-
sordaria findet, selten oder meist, auch eine Teilung der
großen braunen Sporenzelle in zwei ungleich große Zellen
statt, genau so wie bei der Sphaeria apiculata Curr.
Selten bei Entosordaria perfidiosa (de Not.) v. H., meist bei
Entosordaria Cacti (Schw.) Sacc. Dasselbe ist stets der Fall
bei Entosordaria altipeta (P.eck) v. H., gleich Rkynchostoma
altipetum (Peck) Sacc.
Von den 155 beschriebenen Antliostomella- Arten gehören
teils sicher, teils wahrscheinlich zu Entosordaria folgende
, Arten:
Entosordaria pedemontana (Ferr. et Sacc.) v. H. (== ?Reh-
mii [Thüm.] v. H.); dryina (Mouton) v. H.; albocincta (E. et
Ev.) v. H.; cornicoia (E. et Ev.) v. H.; tersa (Sacc.) v. H.;
Magnoliae (E. et Ev.) v. H.; Cacti (Schw.) v. H.; Molleriana
(Wint.) v. H.; sabalensioides (E. et Martin) v. H.; hemileuca
(Speg.) v. H.; Ammophilae (Ph. et Plowr.) v. H.; cymbi-
spernni (Wint.) v. H.; Fuegiana (Speg.) v. H.; perfidiosa
(de Not.) v. H. (gleich Poetschii [Niessl]); appendiculosa
(B. et Br.) v. H.; umbrinella (de Not.) v. H.; italica (Sacc.
et Speg.) v. H.; tomicoides (Sacc.) v. H.; Rehmii (Thüm.)
v. H.; altipeta (Peck.) v. H.; clypeoides (Rehm) v. H. (Ann.
myc, 1909, VII. Bd., p. 406).
Auch Anthostoma urophora Sacc. et Speg. (Syll. Fg.,
I. Bd., p. 295) wird Entosordaria urophora (Sacc. et Speg.)
v. H. zu nennen sein.
In der Untergattung Entosordaria sind in der Syll. Fung.
noch viele andere Arten angeführt, die längere, borstenförmige
Anhängsel an einem oder beiden Sporenenden besitzen. Ob
diese Anhängsel nur Zellhautverdickungen oder auch zelliger
Fragmente zur Mykologie. 16«
Natur sind, muß noch geprüft werden. Bei Anthostomella
rostrispora (Gerard) Sacc. var. foliicola Sacc. auf morschen
Birkenblättern, in Rehm, Ascom. exs., Nr. 1388, scheinen die
jungen Sporen drei- bis fünf zellig zu sein und sich dann die
mittlere Zelle zu vergrößern und braun zu färben, wären also
die pfriemlichen Anhängsei zelliger Natur. S. Fr. 1212.
Alle oben angeführten Entosor dar ia- Arten sind ganz ähn-
lich der Sphaeria apiculata Curr., nur daß bei den meisten
Arten die große braune Sporenzelle ungeteilt bleibt.
Daher ist dieser Pilz auch eine Eutosordaria, E. api-
culata (Curr.) v. H.
Eutosordaria als Untergattung in der Syll. Fung. ist
jedenfalls eine Mischgattung. Aber auch Eutosordaria Sacc-
v. H. im obigen Sinne ist vielleicht keine einheitliche Gattung,
da bei einzelnen Arten derselben ein Clypeus und eine Jod-
reaktion der Schläuche vorhanden ist oder nicht, auch die
Sporen zwei- bis dreizellig sind. Sie wird daher auf Grund
der Urstücke noch näher zu prüfen sein.
Die Gattung Eutosordaria Sacc.-em. v. H. wird bis auf
weiteres wie nachfolgt zu beschreiben sein.
Eutosordaria Sacc. (ut Subg.) em. v. H. als Gattung:
Ceratostomeen. Perithecien eingewachsen, oft hervor-
brechend, mit kurzem, oft nur papillenförmigem Schnabel,
kugelig, derbhäutig, kleinzellig parenchymatisch. Paraphysen
vorhanden. Schläuche meist zylindrisch. Sporen meist ein-
reihig, länglich, an einem Ende mit sehr kleiner hyaliner
Zelle und ein bis zwei großen braunen Zellen. Mittelzelle,
wenn vorhanden, am längsten. Ohne oder mit Jodblaufärbung,
des Schlauchporus.
Grundart: Eutosordaria perfidiosa (de Not.) v. H.
Syn.: Sordaria perfidiosa de Notaris 1867.
Anthostomella Poeischii Niessl 1876.
Anthostomella perfidiosa (de Not.) Sacc. 1882.
1206. Didymella Pandani v. H. n. sp.
Perithecien die ganze Blattoberseite bedeckend, ungleich-
mäßig verteilt, kleine, dichtere Herden bildend, die durch
Stellen, wo sie lockerer angeordnet sind, ineinander über-
168 F. Höhnel,
gehen, eine Zellage unter der Epidermis eingewachsen, schwarz,
fast kugelig, 130 bis 180 \i groß, mit einer 6 bis 8 \i dicken
Membran, die aus zusammengepreßten, schwarzbraunen, 8 bis
15 [i großen, dünnwandigen Parenchymzellen besteht, außen
mit Hyphen überzogen. Zwischen den Perithecien keine ge-
färbten verbindenden Hyphen zu sehen. Mündungspapille blaß,
20 [jl hoch, die Epidermis durchbrechend, nicht vorragend, mit
rundlicher oder länglicher, 12 bis 20 \i breiter, unregelmäßig
schwarz beringter Mündung, mit deutlichen Periphysen. Para-
physen zahlreich, lang, verschleimt verschmolzen. Schläuche
zahlreich, keulig, unten ziemlich kurz knopfig gestielt, mäßig
derbwandig, oben abgerundet, allmählich wenig verdickt, ohne
Jodfärbung, 76 bis 80 » 20 \x. Sporen zu acht zweireihig,
hyalin, zarthäutig, mit vielen Tröpfchen, zweizeilig, obere
Zelle breiter und um die Hälfte länger als die untere, an
den Enden wenig verschmälert abgerundet, 20 bis 22 ^ 7 bis
8 \x. Nebenfrucht Septoriopsis Pandaui v. H. n. G. Pykniden
wie die Perithecien, aber Papille schwarzbraun, zylindrisch,
25 \). breit und hoch; Träger kurz, papillenförmig, unten und
seitlich. Conidien hyalin, einzellig, mit reichlichem Inhalt,
gerade, verkehrt keulig, unten spitzlich, darüber 5 bis 7 ;x
breit, nach obenhin allmählich auf 2 jji verschmälert, oben
stumpflich, in einer Lage stehend, 40 bis 60 ~- 5 bis 7 \i.
Auf dürren P^ m/V/ ////x- Blättern im Botanischen Garten
von Buitenzorg, Java, 1907, von mir gesammelt.
Wäre mit Didymclla pandanicola Syd. zu vergleichen,
von der ich nur den Namen aus Ann. myc, 1917, XV. Bd.,
p. 207, kenne.
Die beschriebene Didymella paßt sehr gut in die Gattung
nach den Angaben in Ann. myc, 1918, XVI. Bd., p. 64.
1207. Astrosphaeriella bambusella v. H. n. sp.
Perithecien zerstreut oder in kleinen Herden, sich fünf
Zellagen unter der Epidermis entwickelnd, mit flacher, runder,
0/5 bis l mm breiter Grundfläche der Sclerenchymschichte
aufsitzend und bis Q-7mm weit stumpf lich-kegelig vor-
brechend, von den Gewebslappen an der Basis zaekig-ring-
Fragments zur Mykologie. 169
förmig begrenzt. Peritheeienmembran spröd-kohlig, an der
Grundfläche dünner, am Kegel dick. Perithecien schwarz,
hart, glänzend. Mündung an der Spitze des Kegels, rundlich.
Paraphysen sehr zahlreich, schleimig verbunden, die Schläuche
überragend, kaum 1 ;j, dick, oben verzweigt. Schläuche zahl-
reich, spindelig-keulig, gestielt, oben zylindrisch vorgezogen,
am Scheitel abgerundet und wenig verdickt, ohne Jodfärbung,
160 bis 270^10 bis 12 ;x. Sporen zu acht zweireihig, zwei-
zeilig, schwach bräunlich, spindelförmig, spitzlichendig, meist
gerade, dünnhäutig, an der Querwand nicht oder wenig ein-
geschnürt, 44 bis 48 ^ 4 bis 6 \x.
Ari Bambusrohrhalmen, Tjibodas, Java, 1907, von mir
gesammelt.
Von der Grundart .4. fusispora Syd. (Ann. mye., 1913,
XI. Bd., p. 260) gut verschieden. Die Gattung Asirosphaeriella
steht Oxydothis, Merilliopeliis und Ceriospora (Ann. mye,
1918, XVI. Bd., p. 68 und 92) wohl nahe, wird aber wegen
der mangelnden Jodreaktion vermutlich von Didymöspkaeria
im Sinne Rehm's abzuleiten sein und nicht von Ceriospora,
was auch die schwache Färbung der Sporen zeigt.
1208. Über Pterydiospora javanica Pen zig et Saccardo.
Von diesem in Icon. Fung. javanic, 1904, p. 13, Taf. X,
Fig. 3, beschriebenen und abgebildeten Pilze wird angegeben,
daß die Sporen hyalin sind. Ich habe denselben nach dem
Urstücke im Fragm. Nr. 377, VIII. Mitt, 1909, behandelt und
die Sporen auch hyalin gefunden. Infolgedessen erklärte ich
ihn als mit Massarinula zunächst verwandt. Ich hatte dabei,
ebenso wie Penzig und Saccardo, nicht in Erwägung ge-
zogen, ob das Urstück auch völlig ausgereift ist. Nun zeigte
mir ein von mir selbst 1908 auch bei Tjibodas gesammeltes
Stück, daß die reifen Sporen schon in den Schläuchen durch-
scheinend hellviolett werden.
Infolgedessen ist die Gattung Pterydiospora P. et S. zu-
nächst mit Pliorcys Niessl 1876 = Massariella Speg. 1880
verwandt. Sie unterscheidet sich von dieser Gattung durch
die kegeligen, ganz hervorbrechender, derben, lederig-kohligen
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 129. BJ. 1-
170 F. Höhne!,
Perithecien, die mehr keuligen Schläuche, die zwei- bis drei-
reihig liegenden Sporen, die eine nur dünne Schleimhülle-
haben, welche am unteren Ende stark breit zungenförmig
vorgezogen ist.
1209. Massariopsis substriata v. H. n. sp.
Perithecien meist einzeln, selten zu zwei verwachsen, in
ausgebreiteten Herden, 50 ll tief, vier Zellagen unter der Epi-
dermis zwischen Sklerenchymfasern eingewachsen, wenig ab-
geflacht kugelig, oft etwas länglich, 350 bis 600 (x groß, oben
mit einem gut abgesetzten, 50 \x langen, dicken Hals vor-
brechend, der einen 30 bis 40 \x breiten Kanal zeigt, sich in
der Epidermis zu einem meist nur 180 \x großen Clypeus
erweitert, der die flache, scharfrandige, erst 8 bis 10 [x, dann
2' l bis 25 [x große Mündung enthält. Clypeus oft viel größer
und dann flach vorgewölbt. Perithecienmembran 12 bis 20 \x
dick, aus vielen Lagen von stark zusammengepreßten, dunkel-
braunen Parenchymzellen bestehend. Periphysen fehlend. Para-
physen zahlreich, zarthäutig, dünn bis bandförmig, kaum ver-
zweigt. Schläuche zylindrisch, kurz gestielt, oben abgerundet
und stark verdickt, ISO ^ 8 \x. Jod färbt unter der Verdickung
eine dicke Qüerplatte stark blau. Sporen zu acht, einreihig,
schön braunviolett, zweizeilig, spindelig-länglich, an den Enden
verschmälert abgerundet, gerade, an der Querwand nicht ein-
geschnürt, 1(3 bis 25 ^ 5 bis 7 \x, der Länge nach oft kaum sicht-
bar fein hyalin gestreift, auf jeder Seite vier bis sechs Streifen.
Querschnitt der Sporen kreisrund, am Rande oft fein hyalin
krenuliert.
Auf Bambusrohr in Tjibodas und Buitenzorg, Java, 1907,
von mir gesammelt.
ich stelle diese Form vorbehaltlich der Revision der in
Betracht kommenden Gattungen einstweilen zu Massariopsis
Niessl im Sinne von Rehm in Ann. mye, 1906, IV. Bd.,
p. 269, wegen der Blaufärbung des Porus.
1210. Über Cladosphaeria Sambuci racemosae Otth.
In meinem Fragment zur Mykologie, Nr. 1042, NN. Mitt,
1917, gab ich an, daß Sphaeria hirta Fries, welche Rarste-
Fragmente zur Mykologie. 1 i I
mihi kirta (Fr.) v. H. zu heißen hat, an den dünnen Zweigen
in einer abweichenden Form mit stets kleineren (20 bis 22 »
(3 \t) blassen und vierzelligen Sporen auftritt, die man für eine
eigene Art halten möchte.
Dies ist nun tatsächlich schon geschehen, denn es ist
kein Zweifel, daß der von Otth (Mitt. naturf. Gesellsch. Bern,
1871, p. 108) unter dem Namen Cladosphaeria Sambuci race-
mosae beschriebene Pilz ebendiese kleinsporige Form der
dünnen Zweige ist. Diese Form müßte nun Karstenula hirta
(Fr.) v. H. forma Sambuci racemosae (Otth) v. H. genannt
werden, welcher Name aber unpassend ist, da der Pilz nur
auf dem Traubenhollunder wächst.
1211. Über die Gattung Ophiobolus Aut. (non Riess).
In Ann. mycol., 1918, XVI. Bd., p. 85, habe ich gezeigt,
daß die Gattung Ophiobolus im heutigen Sinne in drei von-
einander völlig verschiedene Gattungen zerfällt, mit den Grund-
arten Leptospora porphyrogona (Tode) Rabh. 1857, Ento-
desmium rüde Riess 1854 und Ophiobolus acumiuatiis (Sow.)
Duby 1854. Eine nähere Prüfung der Stellung dieser Gattungen
ergab nun, daß Leptospora porphyrogona ein echt sphärialer
Pilz ist. Entodesmium rüde hingegen ist dothidealer Natur.
Die Fruchtkörper sind perithecienähnlich, aber oft sehr schön
stromatisch verwachsen, wo dann die dothideale Beschaffen-
heit ohne weiteres zu erkennen ist. Sie sind etwa 420 jx hoch
und unten kugelig ausgebaucht; die obere Hälfte bildet einen
oben abgerundeten, 220 ;x hohen, 160 \x dicken Zylinder, der
anfänglich ganz mit einem hyalinen Parenchym ausgefüllt ist,
schließlich aber kanalartig durchbrochen wird. Bei dieser
Gelegenheit wird das in der Achse des Zylinders befindliche
Gewebe in eine feinkörnige schleimige Masse verwandelt, in
der sich eine sehr zartfaserige Struktur erkennen läßt, wodurch
Periphrysen vorgetäuscht werden, die aber völlig fehlen, ebenso
wie ein echtes Ostiolum. obwohl die reifen Fruchtkörper eine
sehr regelmäßige runde Öffnung zeigen. Die schwarze, etwa
30 [jl dicke Wandung ist nach innen schlecht abgegrenzt und
besteht aus wenig abgeflachten, bis 20 \l großen, dünnwandigen
1 72 F. Höhnet,
Zellen. Auch das Stromagewebe zwischen den Fruchtkörpern
ist offenzellig parenchymatösen. Der Pilz tritt nicht selten, so
in dem Stücke in Krieger, Fg. sax., Nr. 2215, in eigenartigen
zurückgebliebenen Zwergformen auf, die eine Nebenfrucht des-
selben vortäuschen. Es sind dies meist in Gruppen stehende,
150 bis 200 [x breite, weiße, schwarz berandete, sitzende oder
kurz und dick gestielte Scheibchen, die 2 bis 2*5 ;x breite,
parallele, paraphysenartige Fäden enthalten.
Eutoihsmiiuu Wide könnte ohne weiteres als Dothideacee
gelten.
Oplüobohis niariti m ns Sacc. hat nach der Beschreibung
(Michelia, 1878, I. Bd., p. 119) fadenförmige hyaline Sporen,
die in zylindrische, zweizeilige, 15 bis 20 « 2 ;jl große Glieder
zerfallen. Die Perithecien stehen einzeln in kleinen Herden.
Von einem Stroma ist nicht die Rede. Der Pilz ist nicht wieder
und anscheinend nur spärlich gefunden worden, denn B erlese
(Icon. Fung., 1900, II. Bd., p. 127) konnte am Urstücke nichts
mehr feststellen. Da Paraphysen angeblich fehlen und kein
Stroma vorhanden ist, gehört der Pilz gewiß nicht zu Ento-
iLsmium. Ist vielleicht eine neue Diaportheengattung.
Oplüobohis cicnnünatns (Sow.) Duby ist ein sphärialer
Pilz. Echte Arten der Gattung Oplüobohis Riess (non Aut.) =
Leptosplhicriopsis B erlese sind nach des letzteren Angaben
(leon. Fg., 1900, II. Bd., p. 139) noch Leptosphacria <>p/n<>-
boloidcs Sacc. und Ophinbolns Bardanae (Fuck.) Rehm.
Oph.iobolns cnniprcssus Rehm und Oplüobohis Tainicch
(Fuck.) Sacc. haben 3*5 bis 4-5;j, breite, gefärbte Sporen
mit vielen deutlichen Querwänden, sind dothideal gebaut und
nichts anderes als lang- und schmalsporige echte Lcph>-
sphaeria- Arten.
Ganz deutlich dothideal ist auch Oplüobohis licrpolricluts
(Fries), aber mit nur 2 ;x breiten Sporen.
Oplüobohis Roslrnpii Ferd. et Winge ist, wie schon
Lind angab (Ann. mye, 1915, XIII. Bd., p. 17) gleich Lino-
spora BriincUac E. et Ev. = Hypospila Brnnellac E. et Ev.
(Proc. Acad. nat. scienc. Philad., 1894-95, p. 337, 338). Der
Pilz wurde von B erlese (Icon. Fung., 1900, II. Bd., p. 149)
zu Ceuthocarpon Karst, gestellt; indessen sagt er, daß er
Fragmente zur Mykologie. 1 73
besser bei Ophiobohis stünde. Lind sagt, daß der Pilz eine
Clypeosphäriacee ist, weil er Ceufhocttr/vm, das eine Dia-
porthee ist, für eine solche hält.
Theissen und Sydow (Ann. myc., 1918, XYI. Bd., p. 25;
sagen, daß der Pilz in der Wachstumsweise und im Bau des
Nukleus ganz mit Fhaeosphitefttta maciilaris übereinstimmt.
Sie geben an, daß eine kurze, später abfallende Scheitel-
papille vorhanden ist und die Schläuche einen grundständigen
Büschel bilden.
Die Untersuchung des Pilzes in Ellis u. Everh., Fg.
Columb., Nr. 939, zeigte mir aber, daß diese Angaben un-
richtig sind. Die zwischen den beiden Blattepidermen ein-
gewachsenen 350 |x großen, etwas abgeflacht kugeligen Frucht-
körper haben unten und seitlich eine gleichmäßig 20 bis 25 \x
dicke Stromawand, die aus meist drei Lagen von offenen,
großen, schwarzbraunen Zellen bestehen, die etwas gestreckt
und meist deutlich senkrecht gereiht sind. Nach oben hin
wird die Wandung dicker und ist an der dothidealen Mün-
dung 60 \x dick. Der 25 ;x breite Mündungskanal erweitert
sich nach oben auf 35 \x. Die Mündung ist flach oder fast
so. Eine abfällige Papille fehlt. Manchmal enthält das Stroma
zwei Lokuli. Die sehr zahlreichen Schläuche sitzen durchaus
nicht büschelig am Grunde, sondern ganz so wie bei Lepto-
spliaeria sich mehr minder weit an den Seitenwänden hinauf-
ziehend. Paraphysoide Fäden sind zwischen den Schläuchen
in großer Menge vorhanden und reichen bis zum Scheitel
des Schlauchraumes. Die Sporen sind spindelig-zylindrisch,
sind meist 125 ;j. lang, in der Mitte bis 5-5 ;x dick, nach den
stumpflichen Enden hin schmäler. In der Mitte ist eine deut-
liche Querwand mit starker Einschnürung, wo manchmal ein
Zerbrechen der Sporen stattfindet. In den beiden Hälften sind
noch mehrere, aber öfter wenig deutliche Querwände zu sehen.
Die einzeln liegenden Sporen sind blaßgelblich, der achtsporige
Schlauchinhalt ist aber ockergelb.
Danach ist der Pilz eine ganz echte, dothideale hepto
sphaeria de Not. (non Aut.) mit sehr langen schmalen Sporen.
Er ist mit Ophiobohis compressits und O. Tanaceti ver-
wandt.
174 F. Höhnel,
Für diese langsporigen Leptosphacria- Arten, die von den
sphärialen Leptospora Rbh. -Arten ganz verschieden sind, muß
doch wohl eine eigene Gattung aufgestellt werden, die ich
Leptosporopsis nenne.
Leptosporopsis ist eine dothideale Gattung, die zu den
Montagnelleen gestellt werden muß, während Phaeosphaerella
eine Pseudosphäriacee ist.
Die Opliiobol us- Arten mit ganz dünnen Sporen mit oder
ohne Knotenzelle werden wohl meist sphärialer Natur sein
und zu Leptospora Rabh. gehören. Aber auch jene Arten,
die breite, deutlich mehrzellige, gefärbte Sporen mit Knoten-
zelle besitzen, werden sphärialer Natur sein und sich von
Nodiilosplnicrid ableiten, also zu Leptospora gehören.
Es gibt aber auch Arten mit ziemlich breiten, deutlich
zelligen Sporen ohne Knotenzelle, die sphärialer Natur sind,
so Ophiobohis fruticum.
Ob es schmalsporige Formen dothidealer Natur gibt, wird
noch zu untersuchen sein. Eine Übergangsform dazu wäre
Ophiobolus herpotrichus. Diese Formen müßten alle zu Lepto-
sporopsis gestellt werden.
1212. Über die Gattung Anthostomella Saccardo.
Der Gattungsname Anthostomella findet sich zuerst in
Nuovo Giorn. bot. ital., 1876, VIII. Bd., p. 12, jedoch ohne
Beschreibung, noch ohne Angabe einer Grundart. Eine Be-
schreibung derselben wird erst 1882 in der Syll. Fung., I. Bd.,
p. 278, gegeben. Hier wird die Gattung in die Sektionen
I. Euanfkostomella (Sporen ohne hyaline Anhängsel) und
II. Entosordaria (Sporen an einem oder beiden Enden mit
hyalinen Anhängseln) geteilt. Dazu kommt noch 1905 die
Abteilung Anthostomaria für die flechtenbewohnenden Arten
(Syll. Fung., XVII. Bd., p. 595).
Welche Berechtigung die Gattung Phaeophomatosporu
Spegazzini 1909 (angeblich Phomatospora mit gefärbten
Sporen) in Anal. Mus. nac. Buenos Aires, 3. Ser., XII. Bd.,
p. 339, hat, müßte am Urstücke noch geprüft werden. Clypeus
und Paraphysen sollen fehlen.
Fragmente zur Mykologie. l/;>
Die Gattung Paranthostomella Spegazzini (Fungi chilens.,
Buenos Aires, 1910, p. 42) soll sich von Anthostomella nur
•durch den Mangel eines Clypeus unterscheiden. In der Gattung
stehen drei Arten, die, nach den Beschreibungen beurteilt, von-
einander gattungsverschieden sind. Die Grundart P. eryngii-
cola Speg. hat einhellige Sporen, keine Paraphysen und dick-
wandige, keulige, oben stark verdickte Schläuche, in denen
die Sporen zweireihig stehen. Sie weicht daher mehrfach von
Anthostomella ab und wird als eigene gute Gattung gelten
müssen. Die zweite Art, P. unciniicola Speg., hat zweizeilige
Sporen mit kleiner, hyaliner, unterer Endzelle, Paraphysen und
zylindrische Schläuche. Ist offenbar eine echte Entosordäria
Sacc. em. v. H. mit nicht (oder schlecht?) entwickeltem
Clypeus.
Die dritte Art, P. valdiviana Speg., wäre eine Ento-
sordäria ohne Paraphysen. Es sind einige als Anthostomella
in der Syll. Fung. angeführte Pilze als paraphysenlos be-
schrieben. Allein die Paraphysen werden oft übersehen und
es fragt sicn, ob wirklich paraphysenlose hierhergehörige
Formen bestehen. Vermutlich ist P. valdiviana nur eine Ento-
sordäria ohne deutlichen Clypeus.
Niessl hat 1876 (Verh. naturf. Ver. Brunn, XIV. Bd.,
p. 203) die Gattung Anthostomella Sacc. in zwei geteilt:
Anthostomella Sacc. em. Niessl mit Schläuchen, die oben
wenig oder nicht verdickt sind und daselbst keinen besonderen
Bau zeigen, und Maurinia Niessl mit Schläuchen, die oben
stark verdickt sind und einen besonderen Bau zeigen. Für
Maurinia führt er als einziges Beispiel die Sphaeria lugubris
Roberge an, die er in Verh. naturf. V. Brunn, 1872, X. Bd.,
211, als Anthostomella beschrieb. Wie aus Fig. 47 auf Taf. VII
zu ersehen ist, hat dieser Pilz an der Spitze der Schläuche
eine 4 bis 5 p, hohe und breite, zylindrische, in das Schlauch-
lumen ragende Verdickung. Dies fand ich am Urstücke in
Desm., PI. crypt. Fr., 1849, Nr. 1792, bestätigt. Ich konnte
•auch feststellen, daß sich diese zylindrische Verdickung mit
Jod stark blau färbt.
Indessen ist nach meiner Erfahrung der Bau der Schlauch-
■spitze nur bei jenen Arten mit genügender Sicherheit fest-
176 F. Höhnel,
stellbar, die breitere Schläuche haben; sobald die Schlauch-
breite auf 4 bis 6 [x herabsinkt, wird der Bau der Spitze der-
selben undeutlich. Dazu kommt noch, daß, wie es scheint, alle
echten Euanthostomella-Arten die Blaufärbung des Schlauch-
porus mit Jod zeigen, so daß auch diese keinen Unterschied
ergibt.
So zeigte mir die Untersuchung des Urstückes von
AulJiostomella punctitlata (Rob.) in Desmazieres, PI. crypt.
Fr., 1850, Nr. 2080 (vollkommen übereinstimmend mit Rehm,
Ascom. exs., Nr. 2106, die als A. pliaeosticta [Berk.] Sacc.
unrichtig bestimmt ist), daß die etwas abgeflachten, etwa
6 bis 8 ^ 4 ^ 2*6 |x großen Sporen in 40 » 4 bis 5 ;x großen
Schläuchen liegen. Der Bau der wenig verdickten Schlauch-
spitze ist undeutlich, doch färbt sich der sehr kleine Porus
mit Jod schwach blau. Die 220 jx großen Perithecien haben
eine rundliche, 20 bis 25 jx große Mündung, in der man eine
Anzahl von bräunlichen, spitzen, 5 bis 6 - 2 ;j, großen Zähnen
strahlig angeordnet sieht.
Es wird daher der Gattung Manriiiia Niessl 1876 keine
praktische Bedeutung zukommen.
Die Gattung Leptomassaria Petrak 1914 (Ann. myc,
XII. Bd., p. 474) ist begründet auf Qnatcrnaria simplex (Otth)
Nitschke 1871. Diese ist jedenfalls nächstverwandt mit
einigen großspurigen Anthosfonia-Arten und daher bei diesen
einzureihen. Als Massariee kann der Pilz nicht angesehen
werden trotz des Mangels eines Stromas.
Die Gattung Astrocystis Berk. u. Br. 1873 ist nahe ver-
wandt mit Aiühostomella und kann als Anpassungsgattung
erhalten bleiben. Siehe Fragm. z. Mykol., Nr. 225, VI. Mitt.,
1909.
Jene Anthostomel Li- Arten, welche oben oder unten ein
hyalines kappenförmiges Anhängsel haben, gehören in eine
eigene Gattung, Eutosordaria Sacc. em. v. H., denn dieses
Anhängsel ist eine Zelle, die durch eine Querwand abgetrennt
wird und hyalin bleibt, wie in dem Fragmente Nr. 1205 über
Rhynchostoma besprochen ist.
Die Grundart Eutosordariu perjhfiosa (de Not.) v. H.
gibt mit Jod keine Blaufärbung des Porus. Die meisten Arten.
Fragmente zur Mykologie. 1 < <
dieser Gattung geben aber die blaue Jodreaktion. Dasselbe
gilt auch für die Ku-Anthostomella-Arten.
Anfhostomella rostrispora (Gerard) Sacc. (Michelia, 1877,
I. Bd., p. 25), Var. foliicola Sacc., F. italici, Taf. 177 (Syll.
Fung., 1882, I. Bd., p. 287) ist jedenfalls eine eigene Art.
Die Perithecien sitzen in dem Stücke in Rehm, Asc. exs.,
Nr. 1388, auf den morschen Birkenblättern blattunterseits zer-
streut oder in kleinen Gruppen. Sie entwickeln sich unter der
Epidermis und zeigen oben einen 20 bis 25 ja dicken Clypeus,
der wenig entwickelt ist und von der warzenförmigen, 60 \i
breiten und 50 \x hohen Mündungspapille durchsetzt wird. Die
fast kugeligen, 180 ja breiten Perithecien haben unten und
seitlich eine braunviolette, 6 ;x dicke Membran, die aus zu-
sammengepreßten Zellen besteht. Paraphysen vorhanden, fädig.
Schläuche zylindrisch, 100 ^ 4 ja, oben abgestutzt und ver-
dickt. Jod färbt den kleinen Porus schwach blau. Die jungen
Sporen sind hyalin, meist gerade oder schwach gebogen und
schmal spindelförmig mit sehr spitzen Enden. Sie zeigen in
der Mitte stets zwei Plasmatropfen. Dann treten zwei oder
vier sehr zarte Querwände auf. Die so entstehende Mittelzelle
wird etwas größer und breiter (8 bis 10 ^ 3 fjt,), schließt die
zwei Plasmatropfen ein, wird derbwandig und violettbraun,
während die je ein bis zwei Endzellen sehr zarthäutig und
hyalin bleiben und Schleimanhängsel vortäuschen. Gesamt-
länge der Sporen etwa 20 ;x.
Der Pilz ist eine kleinsporige Art der Gattung Hepta-
meria Rehm et Thümen 1878 == Verlotia H. Fabre 1879
und hat Heptawievia foliicola (Sacc.) v. H. zu heißen.
In die Gattung Heptameria könnten noch gehören: Antko-
stomella perseicola (Speg.); Closterium (B. et C.) Sacc;
aclüra Speg.; unguiciüata (Mont.) Sacc. und A. rostrispora
(Ger.). Noch bemerke ich, daß auch Traverso (Flor. ital.
crypt., I. Fungi, 1907, II. Bd., p. 489) den obigen Pilz als
eigene Art betrachtet (Autliostomella foliicola [Sacc] Trav.
[1906]). Er fand auch, wie in Fig. 96, 7, abgebildet, daß einer
der hyalinen Fortsätze zweiteilig ist, was eben von der zelligen
Natur desselben herrührt.
178 F. Hühnel,
Anthostomella clypeata (de Not.) Sacc. (Syll. Fg., 1882,
I. Bd., p. 283).
Nach Traverso (Flora ital. cryptog., I- Fungi, 1907,
IL Bd., p. 481) hat das Urstück 80 bis 90 « 8 bis 9 [i große
Schläuche und dunkelbraune, 10 bis 14^5 bis 6 \x große
Sporen. Davon weicht nun das Stück in Sacc., Mycoth.
venet., Nr. 1444, das er als zugehörig anführt, ab. Dieses
paßt fast genau zur Anthostomella limitata Sacc. (Fung.
ital., Taf. 129).
Die Nr. 1444 hat in kleinen Herden stehende Perithecien,
die sich in und unter der Epidermis entwickeln und öfter zu
wenigen miteinander verwachsen sind. Sie sind aufrecht ei-
förmig, etwa 150 bis 160 \i breit und 250 ;j, hoch, zeigen
unten und seitlich eine dunkelbraune, 10 bis 12 jx dicke
Membran, die aus vielen Lagen von stark zusammengepreßten
Zellen besteht. Oben zeigt sich ein opakschwarzer, klein-
zelliger, wenig ausgebreiteter, 40 bis 50 |x dicker Clypeus-
Die rundliche, 40 |A weite Mündung ist flach. Paraphysen
zahlreich, fädig, stark verschleimend, nach obenhin in die
Periplwsen übergehend. Die fast zylindrischen Schläuche sind
bis 90 ^ 5 bis 6 [X groß, oben wenig verschmälert abgestutzt
und wenig verdickt. Mit Jod färbt sich eine dünne Quer-
platte an der Innenseite der Verdickung schön blau. Die
elliptischen, an beiden Enden verschmälert abgerundeten
Sporen stehen einreihig, sind 10 bis 14^3 bis 4 (selten
bis 5) \i, gerade und blaßschmutzig graublau, stets einzellig.
Der einzige Unterschied von A. limitata Sacc. würde
darin bestehen, daß die Sporen weniger spitzendig sind, als
sie Saccardö zeichnet. Jedenfalls ist aber der Pilz nicht die
A. clypeata de Not.
Was Winter A. clypeata nennt, ist gewiß eine andere,
von Rehm in Ann. myc., 1909, VII. Bd., p. 406, A. clypeoides R.
genannte Art. Diese ist jedenfalls eine Entosordaria Sacc.
ein. v. H., während A. clypeata de Not. Lind limitata Sacc.
zu Eiianthostomella gehören.
Anthostomella ammophila (Phil 1. et Plowr.) Sacc. (Syll.
Fung., 1891, IX. Bd., p. 513) hat etwa 340 ;j. breite, kugelige,
Fragmente zur Mykologie. 1/9
in und unter der Epidermis eingewachsene derbhäutige Peri-
thecien, die mit einem 20 [x dicken Clypeus bedeckt sind und
mit der Mündungswarze etwas vorbrechen. Die 16 bis 18 ja
dicke, schwarzbraune Perithecienmembran besteht aus vielen
Lagen von kleinen, stark zusammengepreßten Zellen. Die
zylindrischen Schläuche sind 8 \l dick, oben abgestumpft und
mit nach innen vorspringendem kurzen Zylinder, der sich mit
Jod blau färbt. Die elliptischen, dunkelbraunen, 9 bis 10 ^ 6 »j.
großen Sporen sind zweizeilig, wie man an den noch un-
entwickelten Sporen leicht sehen kann. Die untere Zelle bleibt
hyalin und ist nur 2 bis 3 ;j. hoch. Schließlich sieht sie wie
ein kleines hyalines Schleimanhängsel aus. Ist eine Ento-
sordaria mit Clypeus und Jodreaktion.
Antliostouiella Helichnysi H. Fab. f. Solidaginis Rehm
in Asc. exs., Nr. 1132, ist von Fabres' Art (Syll. Fung.,
IX. Bd., p. 508) sicher ganz verschieden. Der Pilz hat bis
über 700 fx große, in der Rinde eingewachsene, mit einem
40 [i dicken Clypeus versehene, fast kugelige, oben bauchig-
kegelige, die Rinde auftreibende, scheinbar fast halbkugelig
vorstehende Perithecien, die einzeln, oft in kurzen Reihen
stehen, öfter zu mehreren einander sehr genähert oder mit-
einander verwachsen sind. Der Clypeus ist über denselben
meist stark glänzend. In der Rinde zeigt sich ein mehr
weniger gut entwickeltes Stroma und im Holzkörper eine
dünne schwarze Saumlinie. Die ringsum gut entwickelte Peri-
thecienmembran besteht aus vielen Lagen kleinerer, stark
abgeflachter Zellen und ist 25 bis 40 \i dick. Paraphysen
zahlreich, fädig; Schläuche zylindrisch, bis 130 =; 7 bis 9 ;jl
groß, oben schwach kugelig angeschwollen und mit einer
6 bis 7 a langen und 4 bis 5 »j. breiten, in das Schlauch-
lumen ragenden zylindrisch-rundlichen Membranverdickung,
die sich mit Jod dunkelblau färbt. Die einreihig stehenden,
kahn-spindelförmigen, beidendig spitzen, einseitig abgeflachten,
meist 20 bis 24 ^ 6 bis 8 (sehr selten bis 33 « 10) jx großen
Sporen sind manchmal schwach gekrümmt und durchscheinend
violettbraun.
Der durch seine auffallend stark verdickte Schlauchspitze
und deren starke Jodfärbung bemerkenswerte Pilz ist offenbar
180 F. Höhnel,
die Anthostoma italicum Sacc. et Speg. (Michelia, 1878r
I. Bd., p. 326). Aus der Abbildung in Fung. ital., Taf. 165,
ist die auffallend starke Verdickung der Schlauchspitze gut
zu erkennen.
Anscheinend verwandte Formen sind auch Anthostomella
affinis Sacc. (Michelia, I. Bd., p. 439) und A. Intybi (Dur.
et Mt.) Sacc. (Syll. F., I. Bd., p. 285).
Anthostomella constipata (Mtg.) Sacc. Var. diminuta
Rehm in Tranzschel et S er ehr., Mycoth. ross., Nr. 73, ist
jedenfalls eine eigene Art, mit 10 bis 12^4 ;j, großen Sporen
(Anthostomella diminuta [R.| v. H.).
Der in J. Bornmüller, Plantae exs. Canarienses, Nr. 1599,
als Anthostomella lugubris Ro berge ausgegebene, von
P. Magnus bearbeitete Pilz ist falsch bestimmt und eine
eigene neue Art:
Anthostomella graminella v. H. n. sp. Perithecien 200 ;x
breit, rundlich, mit etwa 15 [x dicker, brauner, aus vielen
Lagen von dünnwandigen, undeutlichen, stark zusammen-
gepreßten Zellen bestehender Membran, unter einem kleinen
Clypeus eingewachsen, zerstreut oder in Reihen. Mündung
rundlich, mit radiären Periphysen, 25 bis 28 \l breit. Schläuche
zarthäutig, sitzend, keulig, 80 bis 84 » 20 [jl. Jod gibt keine
Blaufärbung derselben. Sporen zweireihig, flachgedrückt, ellip-
tisch mit verschmälerten abgerundeten Enden, wenig durch-
scheinend violettbraun-schwarz, 18 bis 20 » 10 bis 12«3 bis
6 ffc. Paraphysen frei, kaum länger als die Schläuche, nicht
verschleimend, zarthäutig, mit einigen Querwänden und kleinen
Öltropfen, bandförmig, 4 bis 6 \i breit.
Auf Festuca JiUformis, Teneriffa, J. Bornmüller 1901.
Diese Art ist durch die keuligen Schläuche mit zwei-
reihig liegenden Sporen und die bandförmigen, zelligen, breiten
Paraphysen sehr ausgezeichnet.
Unter den vielen Arten der Gattung fand ich nur zehn
mit angeblich zweireihig liegenden Sporen, die alle ganz ver-
schieden sind. Es sind dies: Anthostomella sniilacina (Peck)
Sacc. (Syll. Fg., I, 281); Intybi (Dur. et Mt.) (I, 285); ?Bap-
tisiae (Cooke), I, 285; melanosticta E. et Ev. (IX, 510);
Lepidospcruiiic ('ooke (XI, 281); grandispora Penz. et Sacc.
Fragmente zur Mykologie. IM
(XIV, 502); tliyrioides Ell. et Ev. (XVII, 595); Coffeae Del.
■(XVII, 594); M&lleriam Trav. et Spessa (XXII, 98); Osyridis
Bub. (XXII, 97).
1213. Anthostomella bambusaecola v. H. n. sp.
Perithecien zerstreut oder herdenweise, einige Zellagen
unter der Epidermis entwickelt, etwas abgeflacht kugelig, bis
800 [i, groß, derbhäutig, mit 8 bis 15 \l dicker, gelbbrauner
Membran, die aus vielen Lagen von stark zusammengepreßten,
etwa 2 ;j. breiten Hyphen besteht, die nach obenhin mehr
minder senkrecht parallel verlaufen. Clypeus länglich, bis
über 1 mm lang, flach kegelig, schwarz, meist matt, in der
"Mitte 80 \i dick, allmählich verlaufend. Ostiolum sehr klein,
unregelmäßig. Paraphysen lang und dünnfädig, mit Öltröpfchen,
1 bis 2 jj, breit. Schläuche zylindrisch, lang gestielt, 96 bis
120 ^ 4 bis 6 |x groß. Jod färbt eine Querplatte innen an dem
verdickten Scheitel derselben blau. Sporen durchscheinend
violettschwärzlich, elliptisch-länglich, einseitig etwas abgeflacht,
an den Enden abgerundet, 8 bis 9^5«3 bis 3- 5 \i groß.
An Bambusrohrhalmen, Tjibodas, Java, 1908, von mir
gesammelt.
Es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß Rosellinia (Amphi-
sphaerella) formosa v. ßavozouata Pen zig et Saccardo
(Icon. Fung. javanic, 1904, p. 6, Taf. V, Fig. 4) derselbe Pilz
ist, der dann ganz falsch beschrieben und eingereiht wäre.
1214. Paranthostomella bambusella v. H. n. sp.
Perithecien schwarz, rund, unten flach, oben kegelig
gewölbt, drei Zellagen unter der Epidermis entwickelt, 200
bis 250 [i breit, 200 jx hoch, in dichten, ausgebreiteten Herden
stehend, das darüberliegende Gewebe vorwölbend, nicht vor-
brechend, ohne Clypeus. Perithecienmembran häutig, 4 bis 6 \i
dick, undeutlich kleinzellig. Mündung flach, rund, anfänglich
20 bis 25 (x breit, scharf berandet; Rand von dünnen, etwa
2 bis 3 [i langen, schwarzen, radialstehenden, später undeut-
lich werdenden Borsten gezähnt. Periphysen deutlich, strahlig
angeordnet. Schläuche bereits meist zerstört, dünnhäutig, zylin-
drisch, etwa 70 ^ 6 [x groß, achtsporig; Sporen schief oder
182 F. Höhnel,
fast quer einreihig, einzellig, durchscheinend schwarzviolett,,
meist gerade, spindelförmig, an den Enden spitzlich, 12 bis
15 « 5 bis 6-5 jjl. Paraphysen bereits undeutlich.
Auf den Halmen einer dornigen Bambiisa im botanischen
Garten von Buitenzorg, Java, 1907, von mir gesammelt.
Weicht von den echten Anthostomella- Arten durch den
Mangel eines Clypeus ab. Ob es eine der Grundart Parantho-
stomella eryngiicola Speg. 1910 genügend entsprechende
Form ist, könnte nur das Urstück dieser Art lehren. Dieses
soll dickwandige, keulige, oben stark verdickte Schläuche mit
zweireihig stehenden Sporen und keine Paraphysen haben,
würde also einigermaßen abweichen. Von den bisher be-
schriebenen An thostomella- Arten ist der beschriebene Pilz,
soweit sich dies aus den Beschreibungen entnehmen läßt,
wohl verschieden.
Fragmente zur Mykologie. 183
Namenverzeichnis.
Anthostoma italicum Sacc. et Speg. 212, trabeum 205. — Antho-
stomella ammophila (Ph. et PI.) Sacc. 212, bambusaecola v. H. 213, Baptisiae
Cke. 212, Closteriüm (B. et C.) 212, clypeata (de Not.) 212, clypeoides R. 212,
Coffeae Del. 212, constipata var. diminuta Rehm 212, diminuta (Rehm) v. H.
212, graminella v. H. 212, grandispora Penz. et Sacc. 212, Helichrysi f. Soli-
daginis Rehm 212, Intybi (D. et M.) 212, Lepidospermae Cke. 212, limitata
Sacc. 212, lugubris Rob. 212, melanosticta E. et Ev. 212, Molleriana Trav.
et Spissa 212, Osyridis Bub. 212, perfidiosa (de Not.) 205, perseicola
(Speg.) 212. phaeosticta (Berk.) 212, Poetschii Nssl. 205, punctulata
(Rob.) 212, rostrispora var. foliicola Sacc. 205, 212, smilacina (Peck.) 212,
thyrioides E. et Ev. 212. unguiculata (Mont.) 212. — Asterina Lorantha-
cearum var. javensis v. H. 190, sphaerelloides Speg. 190, subglobulifera v. H.
191. — Asterinella tjibodensis v. H. 192. — Astrocystis B. et Br. 212. —
Astrosphaeriella bambusella v. H. 207. — Bizzozeria Berl. et Sacc. 201. —
Bombardia fasciculata 201. — Bombardiella caespitosa v. H. 201. — Botryo-
sphaeria inflata Cke. et Mass. 194, xanthocephala (S. et B.) Theiss. 194.
— Calonectria Atkinsonii Rehm 197, Balansiae A. Moll. 197. — Celtidia
duplicispora Janse 189. — Chiajaea Hendersoniae (Fckl.) v. H. 197, rhodo-
mela (Fr.) v. H. 197. — Cladosphaeria Sambuci-racemosae Otth 210. —
Corallodendron Jungh. 195. — Corallomyces aurantiicola (B. et Br.) 195,
berolinensis P. H. 195, brachysporus P. et S. 195, Caricae P. H. 195, elegans
B. et C. 195, var. Camarunensis P. H. 195, Heinsensii P. H. 195, Jatrophae
A. Müll. 195, laeticolor (B. et C.) v. H. 195, novo-pommeranus P. H. 195,
sanguineus (P. H.) v. H. 195. — Corallomycetella P. Henn. 195. — Creo-
melanops xanthocephala (B. et S.) v.M. 194. — Cucurbitaria Hendersoniae
Fckl. 197. — Delitschia bisporula (Cr.) 202, canina Mout. 202, chaeto-
mioides Karst. 202, didymaAwld. 202, gemininspora Sacc. et Flag. 202,
jnsignis Mout. 202, leptospora Oud. 202, moravica Nssl. 202, sordarioides
Speg. 202, Winteri Plowr. 202. — Didymella Pandani v. H. 206. —
Entodesmium rüde Ries s 211. — Entosordaria albocincta (E. et Ev.) v. H.
205, altipeta (Peck) v. H. 205, Ammophilae (Ph. et PI.) 205, apiculata
(Curr.) 205, appendiculosa (B. et Br.) 205, Cacti (Schw.) 205, clypeoides
(Rehm) 205, cornicola (E. et Ev.) 205. cymbisperma (Wint.) 205, diyina
(Mout.) 205. füegiana (Speg.) 205, hemileuca (Speg.) 205, italica (Sacc. et
Speg.) 205, Magnoliae (E. et Ev.) 205, Molleriana (Wint.) 205, pedemontana
(Ferr. et Sacc.) 205, perfidiosa (de Not.) 205, 212, Rehmii (Tliiim.) 205,
sabalensioides (E. et Mart.) 205, tersa (Sacc.) 205, tomieoides (Sacc.) 205,
umbrinella (de Not.) 205. — Eosphaeria uliginosa (Fr.) v. H. 201. —
184 F. Höhnel, Fragmente zur Mykologie.
Heptameria foliicola (Sacc.) 212. — Herpotrichia sabalicola P. 11. 196,
Schiedermayeriana Fe kl. 196. — Hormospora de Not. 203. — Hypocopra
equorum Feld. 200, 201, rimeti (P.) 200, merdaria Fr. 200, 201. -
Hypocrea Bambusae v. H. 198. — Hypocrella lutulenta v. H. 199. — Hypo-
creodendron P. H. 195. — Hypospila Brunellae E. etEv. 211. — Karstenula
hirta (Fr.) 210, f. Sambuci-racemosae (Otth) v. H. 210. — Lasiosphaeria
Ces. et de Not. 201. Leptomassaria Petr. 212. — Leptosphaeria
ophioboloides Sacc. 211. — Leptospora porphyrogona (Tde.) 211. — Lepto-
sporopsis v. H. 211. — Letendraea Sacc. 195, 196. — Limacinia grami-
nella v. H. 193. — Linospora Brunellae E. et Ev. 211. — Macbridella
Seav. 195, 196. — Massariopsis substriata v. H. 209. — Maurinia Nssl. 212,
sanguinarium (Karst.) 197. — Melanops inflata (C. et M.) 194, xantho-
cephala (C. et M.) 194. — Microcera Desm. 195. — Nectria coecogena
Speg. 195, coecorum Speg. 195. — (Gibbera) Hippocastani Otth 197. —
Ophiobolus acuminatus (Sow.) 211. Bardanae (Fckl.) 211. compressus
Rehm 211. herpotrichus (Fr.) 211. maritimus Sacc. 211, Rostrupii Ferd.
et Wge. 211, Tanaceti (Fckl.) 211. — Pachyspora geminispora (Sacc. et
Fl.) 202, gigantea Kirschst. 202. — Paranthostomella bambusella v. H. 214,
eryngiicola Speg. 212, unciniicola Speg. 212, valdiviana Speg. 212. —
Phaeonectria Sacc. 195, 196. — Phaeosphaerella macularis 211. — Phorcys
chaetomioides (Karst.) 202, f. calva v. II. 202, Winteri (Plowr.) 202. -
Physalospora xanthoeephala 15. et Syd. 194. — Pleophragmia lepornm
Fckl. 204, pleospora Kirschst. 204. — Pleospora Henningsiana Ruhld. 204,
leporum (Fckl.) 204, ligni Kirschst. 204, Phragmitis Ho 11. 204. — Podo-
spora Ces. 201. — Pterydiospora javanica Penz. et Sacc. 208. —
Quaternaria simplex (Otth) 212. — Rhynchostoma altipetum (Peck) 205,
cornigerum K. 205, exasperans K. 205. — Rosellinia (Amphisphaerella)
formosa var. flavozonata P. et S. 213. — Sordaria perfidiosa de Not. 205. —
Sphaeria apiculata Curr. 205, hirta Fr. 210, rhodomela Fr. 197. —
Sphaerostilbe coeeophila (Desm.) 195. — Sporormia gigantea Hans. 203,
insignis Nssl. 203. lignicola Ph. et PI. 203, megalospora Awd. 203, ulmi-
cola l'ass. 203. - - Thaxteria Sacc. 201. — Thysanopyxis 195. —
Trematosphaeria porphyrostoma Fckl. 197. — Weesea Balansiae (Moll.)
v. H. 197. — Xenonectria caldariorum (P. H.) v. H. 196.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
129. Band. 5. und 6. Heft
187
Studien an Eisenorganismen
I. Mitteilung
Über die Art der Eisenspeicherung bei
Trachelomonas und Eisenbakterien
Von
Josef Gicklhorn
Aus dem Pflanzenphysiologischen Institute der Universität zu Graz
(Mit 5 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 22. April 1920)
I.
A) Den Ausgangspunkt der im folgenden mitgeteilten
Studien bilden Beobachtungen an verschiedenen Trache-
lomonasarten nach Durchführung der bekannten Eisen-
reaktion mit gelbem Blutlaugensalz und Salzsäure. Für diese
Untersuchungen standen mir drei Trachelomonasarten
zur Verfügung; da bei der bekannten Variabilität dieses
Eisenflagellaten eine Bestimmung nur annähernd möglich
war, unterlasse ich die Artdiagnosen und verweise statt aller
Beschreibung auf Fig. 1.
Sämtliche Formen sind bei gleicher Vergrößerung unter
Berücksichtigung der für eine Bestimmung notwendigen
Merkmale gezeichnet, die während einer einmonatlichen
Beobachtung als konstant sich erwiesen.
Die Trachelomonaden sind als typische »Eisenorganismen«
- im Sinne von Gaidukov1 und Molisch'2 — bekannt;
1 Gaidukov N.: Über die Eisenalge Conferva und die Eisenorganismen
des Süßwassers im allgemeinen. Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1905, p. 250 bis 2 53.
- .Moli seh H. : Die Eisenbakterien. 1910. Jena, Verl. Fischer, p. 56.
188
J . Gicklhorn,
im mikroskopischen Bild zeigt der oft verschiedenartig
skulpturierte, verhärtete Panzer eine leicht gelbe bis tief
braune Färbung, die durch eingelagertes Fe003 bedingt ist.
Prüft man nun auf den Eisengehalt durch Anwendung
der von Molisch1 und anderen als sicherste und beste
Reaktion erkannten Berlinerblauprobe, so erhält man in diesem
speziellen Fall nicht nur verschieden intensive Blaufärbung
des Gehäuses, sondern auch verschiedene Lokalisation
des gebildeten Berlinerblau; entscheidend ist, wie später
begründet wird, die Art der Durchführung der Reaktion und
der Zustand des Flagellaten. Die beistehende Fig. 2 kann
die Verhältnisse am einfachsten darstellen.
Fig. l.
Die für die Reaktionen verwendeten Trachelomonas-Arten nach dem lebenden
Objekt gezeichnet. Vergr. zirka 1000 mal.
I. Kann der Panzer gleichmäßig eine tiefe Blaufärbung
annehmen, ohne weitere Veränderungen zu zeigen. Das gilt
vor allem für leere Gehäuse, aber auch für die Anfangs-
stadien der Reaktion bei solchen, in welchen der lebende
Flagellat sich noch befindet (Fig. 2a).
II. Kann die sonst auf das Gehäuse scharf lokalisierte
Reaktion auch außerhalb des Gehäuses auftreten und dieses
mit einem blau gefärbten Hof umgeben. Der Berlinerblau-
1 Molisch H.: Mikrochemie der Pflanze. 1913. Jena, Verl. Fischer,
p. 39 bis 40.
Studien an Eisenoreranismen.
189
niederschlag ist entweder körnelig oder homogen blau, ohne
Struktur (Fig. 1b).
III. Kann die anfänglich auf das Gehäuse beschränkte
Reaktion durch Bildung typischer Traube'scher Zellen als
Blasen und Beutel ein ganz absonderliches Bild bieten;
sackartig umgibt die Niederschlagsmembran das Gehäuse,
dabei in 2 bis 5 Minuten auf das Doppelte der Gehäuse-
größe heranwachsend (Fig. 2c).
Der Ort und die Art der Bildung kann unter dem
Mikroskop leicht verfolgt werden; unter gewissen Bedingungen
entstehen aber die sackartigen Niederschlagsmembranen
f\
Fig. 2.
Die drei Typen der Berlinerblaureaktion bei Trachelomonaden : a) gleich-
mäßig tiefblaue Färbung des Gehäuses, nachdem zuerst KjFeCN6 zugefügt
wurde, später HCl; b) schwache Färbung des Gehäuses, dieses von tief-
blauem, homogenem und körneligem Niederschlag von Berlinerblau umgeben;
Reaktionsbedingungen wie bei a), doch mit besonderer Vorsicht ausgeführt,
um stärkere Strömungen im Präparat zu vermeiden; c) Bildung Traube'scher
Zellen um das Gehäuse und auf diesem; Reagentien gleichzeitig zu-
gefügt. — Flagellat einfach schraffiert mit eingezeichnetem Augenfleck-
Vergr. zirka 700 mal.
ruckartig und ein förmliches Herausschnellen eines blauen
Beutels aus der mit einem versteiften Kragen umgebenen
Geißelöffnung hat in erster Linie die Aufmerksamkeit auf
sich gelenkt.
J») Als Bedingungen für diese auch durch Übergänge
verbundenen Typen der Reaktion wurden erkannt: die Art
der Durchführung der Eisenreaktion einerseits, das Fehlen
190 J. Gicklhorn,
oder Vorhandensein des lebenden Flagellaten anderseits.
Nach den Erfahrungen von Moli seh1 wird die Probe auf
Eisenverbindungen (Fe20;j locker gebunden) folgendermaßen
angestellt:
»Zarte Objekte, Algenfäden, dünne Schnitte legt man auf einen Objekt-
träger in einen Tropfen gelber Blutlaugensalzlösung und fügt einen Tropfen
verdünnter Salzsäure hinzu Ich verwende in der Regel eine 20 0 Blut
laugensalzlösung und eine höchstens 5°0 Salzsäure. Die zu untersuchenden
Objekte müssen zunächst vom Kaliumferrocyanid ganz durchtränkt
werden Dann läßt man die Salzsäure entweder direkt auf den Objekt
träger oder bei dickeren Objekten wieder in Glasdosen einwirken.
Auf diese Weise erhält man eine sichere Reaktion durch
Berlinerblaubildung; aber bei Verwendung von frischem,
lebendem Versuchsmaterial in unserem Fall fast ausnahms-
los Reaktionen vom Typus II, wie Fig. 2b zeigt.
Wenn man aber die beiden Reagentien am Objektträger
gut mischt, und dann direkt in den Tropfen das Material ans
der Pipette zufließen läßt und nach raschem Auflegen des
Deckglases beobachtet oder — was besser geeignet ist
die Probe mit dem Versuchsmaterial neben den Reagens
tropfen bringt und sodann beim Auflegen des Deckglases
auf die Diffusionszone achtet, so tritt die Berlinerblaubildung
fast ausnahmslos nach Typus III der Reaktion auf (Fig. 2c)
Wird ferner die Probe auf dem Objektträger mit einem der
Reagentien — gleichgültig mit welchem zuerst — versetzt,
nach einiger Zeit das Entsprechende, z. B. die Salzsäure mit
Filterpapier nachgesaugt, so stellt sich vorwiegend eine
Berlinerblaubildung nach Typus I ein (Fig. 2a). Nach der
Kenntnis dieser Verhältnisse gelang es mir jederzeit mit
Sicherheit, irgendeinen der erwähnten Reaktionstypen zu er-
zielen und demonstrieren zu können.
C) Die Erklärung für dieses verschiedene Verhalten ist
am einfachsten in folgender Überlegung zu geben. Fügt man
z. B. zuerst Salzsäure zu, so erfolgt rasche Tötung des
lebenden Flagellaten; durch die eindringende Salzsäure wird
das gebundene Eisen aus dem Gehäuse und dem Flagellaten
i Molisch: Mikrochemie etc., p. 39 bis 40.
Studien an Eisenorganismen. L91
— darüber später — gelöst, in reaktionsfähige Form gebracht
und kann mit dem K4Fe(CN)6 als Berlinerblau nachgewiesen
werden. Das Gleiche gilt für den Fall, als man zuerst gelbes
Blutlaugensalz einwirken läßt; auch hier werden durch die
Tötung des Objektes Bedingungen geschaffen, die ein Frei-
werden des Eisens in reaktionsfähiger Form ermöglichen,
zumindest vorbereiten, was durch nachfolgenden Salzsäure-
zusatz in erhöhtem Maße eintritt In beiden Fällen aber,
durch den zeitlich getrennten Zusatz von K4Fe(CN)(
und HCl bedingt, wird eine Diffusion des nachzuweisenden
Eisens eintreten (Typus II).
Wird beim Durchsaugen des Präparates, — auch bei
bloßem Zusatz vom Rande des Deckglases her treten
Strömungen auf — das diffundierte Eisen weggespült, so
kann nur das noch übrige, noch nicht gelöste Eisen nach
erfolgtem Freiwerden in Reaktion treten. Daher muß ein
lokalisierter Eisennachweis, in der Regel auf das Gehäuse
beschränkt, nach Typus I sich einstellen.
Wenn man aber beide Reagentien gleichzeitig wirken
läßt, so muß in dem Augenblick als das Eisen in reaktions-
fähiger Form in genügender Menge frei wird — man denke
an die enorme Empfindlichkeit der Probe — - auch schon die
Bildung von Berlinerblau stattfinden. Bei ungestörter Reaktion
wird die einsetzende Diffusion des Eisens sofort durch die
Niederschlagsmembran von Berlinerblau aufgehalten werden,
was schließlich zur Bildung von Traube'scher Zellen führen
muß, für deren Entstehung und WTachstum in diesem Falle
also die gleichen Bedingungen gelten, wie für die Ferrocyan-
kupfermembran des bekannten Vorlesungsversuches oder bei
der Pfeffer'schen Zelle. Diese Erklärung gilt auch für jene
Fälle, wo durch Gallerte oder Schleime, z. B. bei Algen,
Bakterien, Flagellaten usw. überhaupt Eisen in reichlicher
Menge gespeichert wird oder eingelagert werden kann. Die
verschiedenen Typen der Eisenreaktion hat auch Klebs1 bei
1 Klebs G. : Über die Organisation der Gallerte bei einigen Algen
und Flagellaten. Untersuchungen aus d. bot. fnstit. zu Tübingen, 11. Bd.,
1886 bis 1888, p, 3:33 bis 41 s, besondei
192 J. Gicklhorn.
Zygnema beobachtet und seine Erklärung deckt sich voll-
kommen mit der hier gegebenen, wie ich nach Abschluß der
mikroskopischen Beobachtungen beim Literaturstudium finden
konnte.
1J) Woher stammt das freigewordene Eisen?
Auf den ersten Blick scheint das Gehäuse das meiste Eisen
zu enthalten; es wäre aber auch möglich, daß der lebende
Flagellat selbst Eisenverbindungen führt, oder daß zwischen
Gehäuse und dem Flagellaten eisenreiche Stoffe gelöst oder
in Schleim absorbiert sich finden könnten. Der hohe Eisen-
gehalt des Gehäuses ist jedenfalls tatsächlich vorhanden,
wenn auch mit dieser Feststellung noch gar nichts über das
Zustandekommen der Eisenspeicherung ausgesagt werden
kann. Die Berücksichtigung der eben erwähnten Möglich-
keiten hat nun das sichere Resultat ergeben, daß die
Hauptmenge des nachgewiesenen Eisens bei Trache-
lomonas aus dem Innern des Gehäuses stammt.
Dieser Befund erklärt am einfachsten die verschiedenen
Bilder der Eisenreaktion, wenn diese um das Gehäuse
zonenförmig auftritt, was aber bei leeren Gehäusen nicht
oder nie in dem Maße als an bewohnten zu beobachten ist.
Nun habe ich nie bei den vielen Hunderten von Objekten
den Chlorophyll führenden Flagellaten selbst bei Zusatz von
K,Fe(CN)(. und HCl durch gebildetes Berlinerblau gefärbt
gesehen. Ich war daher geneigt, die Hauptmenge des Eisens
als locker gebundene oder in Schleim absorbierte Ver-
bindungen zwischen dem starren Gehäuse und dem amöboid,
beziehungsweise kontraktil beweglichen Flagellaten zu suchen.
Diese Annahme ist hinfällig geworden durch Beobachtungen,
aus denen mit Sicherheit hervorgeht, daß die nachgewiesenen
Eisenoxydverbindungen aus dem Plasma des lebenden
Flagellaten stammen, beziehungsweise unter bestimmten
Bedingungen ausgeschieden werden.
Führt man die Eisenreaktion bei Trachelomonas derart
aus, daß die gemischten Reagentien vom vorgeschriebenen
Prozentgehalt durch Auflegen des Deckglases mit dem
Versuchstropfen vereinigt werden und beobachtet man die
beweglichen Trachelomonaden, wenn diese in das abgestufte
Studien an Eisenorganismen.
193
Konzentrationsgefälle der Reagentien kommen, so ergeben
sich ganz einheitlich folgende Bilder: (Fig. Sa, b, c.) Die
rasche Bewegung wird langsamer, es erfolgt ein Taumeln
und Drehen am Ort und in dem Maße als der Flagellat sich
kontrahiert, erscheint an der Geißelöffnung langsamer oder
auch ruckartig vorgestoßen ein tiefblau gefärbter Beutel von
Berlinerblau; oder in anderen Fällen kommt es zur Bildung
eines körneligen Niederschlages von Berlinerblau, der wie
ein Springbrunnen aus der Geißelöffnung hervorquillt. Immer
aber erfolgt noch durch kurze Zeit, etwa 10 Sekunden bis
1/.) Minute lang, eine geringe Bewegung des Flagellaten, der
Fig. 3.
Niederschlagsformen an iebenden Flagellaten bei gleichzeitigem Zusatz von
K4Fe(CN)6 -t- HCl. a) Beutelbildung ruckartig von dem Geißelkragen aus
einstehend; b) körneliger Niederschlag fontänenartig hervorgestoßen | 1 >,
beziehungsweise im Gehäuseinnern gebildet, wenn durch die Geißel mit
anhaftendem Plasmapfropf die Öffnung verstopft ist (2); c) bei zerdrücktem
Gehäuse um den kontrahierten, freigelegten Flagellaten ist eine langsam
wachsende Niederschlagsmembran entstanden. Vergr. zirka 70ümal.
dann sich abrundet und getötet im Gehäuse als grüner
Ballen mit rotem Fleck (Augenfleck!) liegen bleibt. Wird
vorerst durch einen stärkeren Druck auf das Deckglas das
Gehäuse gesprengt und so der Flagellat ganz oder teilweise
freigelegt, so erfolgt die Eisenreaktion sofort in stärkster
Intensität um den Flagellaten zu einer Zeit, wo das
Gehäuse noch gar keine oder eine leicht grünlich-
blaue Färbung zeigt. Ist der Druck nicht so kräftig
gewesen, um den Flagellaten zu schädigen, so erfolgt nach
194 J. Gicklhorn.
der Bewegung einmal die Eisenreaktion dort, wo der
Flagellat das Gehäuse ganz oder teilweise verlassen hat,
dann aber in etwas schwächerer Intensität bei der Einwirkung
des K4Fe(CN)6 + HCl. Bei allen diesen Reaktionen bleibt
aber stets der Flagellat ohne merkbare Blaufärbung durch
Berlinerblau.
Aus diesen Beobachtungen folgt in einwandfreier Weise
die Tatsache, daß die Haupt menge des nachzuweisenden
Eisens aus dem lebenden Protoplasten stammt und
daß Eisengehalt des Organismus und Einspeicherung
in der gebildeten Hülle ganz getrennt auftreten
können. Trotz des hohen Eisengehaltes, geschätzt an der
tiefblauen Färbung der ausgeschiedenen Verbindung, können
die Gehäuse, namentlich bei jüngeren Individuen gar kein
Eisen oder nur sehr geringe Mengen davon führen.
Das nachgewiesene Eisen wird vom lebenden Flagellaten
unter gewissen Bedingungen eben aktiv ausgeschieden und
findet sich in Oxydform vielleicht in den äußeren Plasma-
schichten vor. Ob bei der nachgewiesenen Eisenreaktion
nachher Bildung Traube'scher Zellen erfolgt oder körnelige
Niederschläge von Berlinerblau auftreten, hängt von der
Geschwindigkeit der Tütung ab; bei fast augenblicklicher
Wirkung genügend hoher Konzentration der Reagen-
t i e n ist das Entstehen von blauen Blasen und
Beuteln die Regel.
Es ist aber noch eine Möglichkeit zu berücksichtigen;
Vielleicht könnten die nachgewiesenen Eisenverbindungen
doch aus dem umgebenden Wasser des Versuchstropfens
stammen, und durch etwa ausgeschiedenen Schleim des
Flagellaten eine Adsorption erfolgt sein, oder das Gehäuse
beträchtliche Eisenmengen bei der Reaktion in reaktions-
fähiger Form abgeben, das dann fälschlich als aus dem
Protoplasten stammend hier angegeben wird?
Dieser Einwand wird hinfällig durch folgende Beobach
tungen und Überlegungen:
1. Zeigt das Wasser des Versuchstropfens auch nach
längerer Zeit in der Umgebung der Flagellaten keine nach-
weisbaren Mengen gelöster Eisenverbindungen.
Studien an Eisenorganismen. 19o
2. müßte man eine ganz plötzliche Eisenspeicherung
bis zur vollen Sättigung annehmen, um die tiefblaue Färbung
zu erklären: eine Annahme, die gewiß allen Erfahrungen
über Adsorption widersprechen würde.
3. Ist deutlich — wie schon früher erwähnt — zu
sehen, daß die Diffusion der nachweisbaren Eisenverbindungen
vom Flagellaten aus um das Gehäuse hofförmig aus-
gebreitet erfolgt, nicht aber bei leeren Gehäusen, zu
mindest nicht in diesem Maße.
4. Zeigt die Möglichkeit, die Eisenverbindungen nach
der Tötung des Versuchsobjektes fortwaschen zu können,
daß nicht die Eisenverbindungen des umgebenden Wassers
die Reaktion bedingen.
5. Zeigt die Geißel nach der Tötung des Flagellaten
nur soweit die »Beizewirkung« der Eisensalze, als die
Diffusionszone reicht; dann hebt sich bei der Berlinerblau-
bildung die Geißel wie mit Gentianaviolett fingiert ab, wobei
die peitschenförmige Gestalt klar hervortritt (Fig. 2b).
6. Würden selbst bei "Berücksichtigung der enormen
Empfindlichkeit der Eisenreaktion die Spuren in der geringen
Wassermenge eines Versuchstropfens nicht hinreichen, um
die intensiven Reaktionen bei den angegebenen Versuchen
verständlich machen zu können.
Auf Grund der erwähnten Überlegungen und der früher
mitgeteilten Beobachtungen geben sonach die oben an-
geführten Folgerungen die einfachste und naheliegendste
Erklärung.
JE) Die Ausscheidung von Eisenverbindungen,
in Form eisenhaltiger Gallerte und Schleime.
Auf Grund von Beobachtungen kann schließlich nur die
Annahme in Betracht kommen, daß wir darin einen typischen
Reizvorgang zu erblicken haben. Es stehen auch hier
eigene Beobachtungen an Trachelomonas vollständig im Ein-
klang mit den Studien von Klebs1 an Euglenaarten-Trache-
i Klebs 1. c. p. 405 bis 410 und Klebs G., Unters, aus d. b >t tust,
zu Tübingen, Bd. I, 1881 bis 1885, besonders p. 274 bis 277.
196 J. Gicklhorn,
lomonas ist ja auch eine Euglenacee — , so daß ich diese
Angaben etwas eingehender erwähnen muß.
Zunächst hebt Klebs hervor, daß »die Gallerte bei Flagellaten stets
ein Ausscheidungsprodukt und nicht ein Umwandlungsprodukt der periphe-
rischen Haut ist« (p. 404). Weiters zeigt namentlich Euglena sanguinea bei
Zusatz verdünnter Methylenblaulüsung »in dem Moment der Berührung des
Farbstoffes .... ein lebhaftes Hin- und Herzucken, Zusammenziehen und
Wiederausdehnen .... von dem Körper strahlen nach allen Seiten sofort
tiefblau sich färbende Gallertfäden, welche sich zu einer Hülle in Form eines
Netzwerkes vereinigen. Die Gestalt dieser Gallertausscheidung ist in den
einzelnen Fällen außerordentlich verschieden, hängt von der Individualität
der Euglena, von der Natur, von der Konzentration des Farbstoffes ab.....'
(p. 40r>). Oft »erscheint die Gallerte fast wie ein homogener, diluierter
Schleim (p. 405), besonders bei Verwendung von verd. Methylgrün.
Ferner ergab sich die Tatsache, daß »das Cytoplasma die Substanz
durch die Plasmamembran preßt, welche gegenüber der vegetabilischen
Zellhaut sich durch ein sehr viel dichteres Gefüge auszeichnen muß und
sich in dieser Beziehung wie die Hautschicht des vegetabilischen Plasmas
verhält....« (p. 406). Klebs vermutet sogar, daß bei Euglena sanguinea
ein Zusammenhang der Gallertausscheidung besteht mit den »Gallertstäbchen,
welche sehr regelmäßig in Spiralreihen auf der Plasmamembran sitzen, ent-
sprechend ihrer Spiralstreifung, so daß wahrscheinlich an den schmalen
Furchen zwischen den eigentlichen Spirallinien die Ausscheidung erfolgt« ....
Weiters ».... läßt sich feststellen, daß an der noch lebenden Euglena
innerhalb der Plasmamembran im peripherischen Protoplasma sich kugelige
Körper. . . . färben, welche vielleicht das Bildungsmaterial für die Ausscheidung
darstellen* (p. 406). Weitere Prüfung ergab: »Die größere Mehrzahl der
Euglenaceen hat nicht die Fähigkeit, auf äußere Reize hin sofort Gallerte
auszuscheiden; die Bildung derselben bei Teilungen, Ruhezuständen geht
langsam vor sich, so daß sie nicht direkt sichtbar wird« (p. 406 bis 407),
aber es »spricht alles dafür, daß die Hülle in gleicher Weise gebildet
wird. (p. 276 im I. Bd. der Tübinger Unters.).
Die genaue Prüfung der Tatsachen führt zu der begründeten Annahme.
daß die Gallertausscheidung in die Reihe der Reizerscheinungen
gehört, da nur lebende Individuen der Euglena dieselben
;: eigen. Die Rolle des auslösenden Reizes können sehr verschiedene
Momente spielen, außer Farbstofflösungen auch Salzlösungen, schwache
Alkalien, Säuren, mechanischer Druck usw. Diese Mittel müssen eine
gewisse schädigende Einwirkung ausüben; denn solche Farbstoffe, wie z. B.
Kongofoth, Indigkarmin, Nigrosin. . . . vermögen nicht die Gallertausscheidung
herbeizuführen. Diese reizauslösenden Farbstoffe müssen hierfür auch eine
gewisse Konzentration besitzen .... Eine Lösung des Methylenblaus von
1:100.000 wirkt noch deutlich , eine solche von 1:200.000 nicht
mehr.... Meistens tritt der Erfolg sehr schnell ein.... seihst schnell
Studien an Eisenorganismen. 197
tötende Mittel, wie Jodlösung, Alkohol bewirken noch eine Ausscheidung.
Dagegen tötet 1°,, Osmiumsäure so momentan, daß keine Gallerte mehr
gebildet werden kann« (p. 405 bis 406).
Die Analogie eigener Beobachtungen mit allen wesent-
lichen Angaben von Klebs ist so auffallend, daß ich eben
diese Studien statt ausführlicher Wiedergabe der eigenen
hersetze. Das Verhalten der von mir beobachteten Trache-
lomonas- Arten ist das gleiche wie es Klebs bei Verwendung
von Farbstoffen gesehen hat und seinen Folgerungen ist nur
vollinhaltlich beizustimmen. Auch liegt es nahe, mit Klebs
»der Gallerte selbst eine gewisse Veränderungsfähigkeit zu-
zuschreiben, insofern sie gleich nach der Ausscheidung in
Berührung mit dem Außenmedium in begrenztem Maße Wasser
aufnehmen und infolge dieser Quellung zu homogenen Hüllen
verschmelzen kann« (p. 407).
Ich möchte hier, als Einschaltung gedacht, erwähnen, daß die in der
Mikrobiologie so viel verwendete und empfohlene »Tuschemethode« auch
-als »reizauslösendes Mittel« gelten muß, wie eigene Erfahrungen nach
Kenntnis der Verhältnisse lehren und daß das Tuscheverfahren mit größter
Vorsicht an lebenden (!) Infusorien, Flagellaten, Bakterien usw. anzuwenden
ist. Ausführliche Mitteilungen nach Abschluß dieser Beobachtungen werden
mderenorts gegeben werden.
F) Über die Eisenspeicherung im Gehäuse.
Klebs1 und ebenso Molisch2 lassen zwei Möglichkeiten
offen: entweder besitzt die anfangs eisenfreie, zarte Gallert-
hülle »eine ganz besonders ausgebildete Anziehungskraft. .. .
infolge deren sie aus der höchst verdünnten Eisensalzlösung
(in Form des kohlensauren Salzes), wie sie das Wasser
unserer Sümpfe darstellt, das Eisenoxydhydrat herausziehen
kann« (Klebs p. 407). Oder man kann auch an die Möglich-
keit denken, »daß bei diesen Arten der lebendige Organismus
bei der Eisenspeicherung wirksam ist « (p. 407;. Auf
Grund der früher beschriebenen Ergebnisse der vorliegenden
Arbeit kann nur die zweite Möglichkeit in Betracht
kommen, da nur durch Beteiligung des lebenden Protoplasten
jene intensive Eiseneinlagerung im Gehäuse erklärt werden
kann. Der lebende Protoplast führt, wie nachgewiesen wurde.
1 1. c. p. 4o7, - 1. c. Eisenbakterien, p. 54 ;^i- 55.
198 J. Gicklhorn,
beträchtliche Mengen einer Eisenoxydverbindung, die nur
aus dem umgebenden Wasser stammen kann, und es ist wohl
das Naheliegendste und Einfachste, anzunehmen, daß vom
Plasma aus gleichzeitig mit Ausscheidung der Hüllen Eisen
abgegeben werden kann, beziehungsweise in diese allmählich
eingelagert wird. Mit dieser Eisenablagerung ist allem
Anschein nach eine physikalisch-chemische Zustandsänderung
der Hülle verbunden, deren Adsorptionsvermögen für Eisen
sich eben im Laufe der Zeit ändern muß. Es ist hier nur
ein Spezialfall der bekannten Zustandsänderungen überhaupt
der Adsorptionsfähigkeit im besonderen, wie sie allgemein
Gallerten und viele Kolloide nach Einwirkung von Salz-
lösungen zeigen. Auf diese Frage will ich bei Besprechung
der Befunde an Leptothrix zurückkommen, vorerst noch die
eine weitere Frage berücksichtigen, nämlich:
G) Über die Bindung des Eisens im Plasma und
im Gehäuse.
Im Gehäuse finden sich Eisenoxyde, aber auch
Oxydul Verbindungen; der Nachweis mit rotem Blutlaugen-
salz und Salzsäure in den von Mo lisch angegebenen
Konzentrationen gelingt jederzeit. Allerdings muß man einige
Zeit länger warten als bei der Berlinerblauprobe. Das Plasma
führt aber nur sehr geringe Mengen von Eisenoxydul-
verbindungen und der ausgestoßene Schleim zeigt sehr
selten oder nur in nebensächlich geringen Mengen durch
Bildung von Turnbullsblau die Gegenwart von Eisenoxydul-
verbindungen an. Das Plasma des toten Flagellaten
führt weder FeO noch Fe203- Verbindungen in nachweis-
barer Menge; beim Absterben, nicht aber bei bloßer Reizung,
wird alles Eisen ausgestoßen.
Auf die weitere Frage, in welcher Verbindung das
Eisen auftritt, vermag ich keine Antwort zu geben; auch
bisher hat man immer von »Eisenverbindungen« gesprochen;
nur Winogradsky1 nimmt an, »daß nach der Oxydation
zunächst ein neutrales Eisenoxydsalz irgend einer organi-
1 Winogradsky S., Über Eisenbakterien. Bot. Zeitung, ISSN.
46. Jhrg., p. 260 bis 270, speziell 26S.
Studien an Eisenorganismen. 199°
sehen Säure...« sich bildet. Mit gelbem und rotem Blut-
laugensalz allein tritt keine Reaktion ein, obwohl zahlreiche
organische Eisenverbindungen, wie Molisch1 bei der Über-
prüfung der Angaben von Zaleski gefunden hat, sicher
reagieren. Der versuchte Nachweis von Karbonaten war
ebenfalls negativ. Möglicherweise ist durch eine mikro-
chemische Untersuchung des ausgeschiedenen Schleimes
ein Anhaltspunkt zu gewinnen, obwohl die bisherigen Daten
über die Mikrochemie der Schleime sehr dürftig sind.
Auch in der Frage, inwieferne der Eisengehalt und die
Eisenspeicherung bei Trachelomonas mit der Assimilation
zusammenhängt, kann keine abschließende Antwort gegeben
werden. Unter Hinweis auf die Versuche von Pringsheim
und Hassack hält Molisch2 es für sehr wahrscheinlich,,
daß die Eisenalgen die erforderliche C02 auch den gelösten
Bikarbonaten des Eisens entziehen können, durch den bei
der Assimilation freiwerdenden O das Eisen oxydieren und
in der Hülle deponieren: eine Annahme, die Hanstein3 zur
Erklärung der Eisenspeicherung bei Eisenalgen zuerst ge-
äußert hat. Die Prüfung mit Phenolphtalein auf Alkalien, wie
sie bei der Assimilation auftreten4, fiel sowohl makroskopisch
als auch im mikroskopischen Bild negativ aus. Doch sind
dies Fragen, die nur durch ausgedehnte physiologische Ver-
suche einwandfrei beantwortet werden können. Für die
Hauptfragen der Physiologie der Eisenspeicherung scheinen
mir die zwei letzten Fragen aber nebensächlich zu sein,,
besonders dann, wenn man die Verhältnisse bei den Eisen-
bakterien, die ja in erster Linie für eine Theorie der »Eisen-
organismen« in Betracht kommen, berücksichtigt; hier fallen
die Fragen über die Rolle des Chlorophylls,, beziehungsweise
der CO.,-Assimilation im Lichte bei der Aufnahme und Ab-
lagerung der Eisenverbindungen überhaupt weg.
i Molisch H., Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen. 1892.
Jena. Verl. Fischer, pag. 51.
- Siehe Eisenbakterien 2, p. 54.
:: Molisch: 1. c. p. 53.
I Siehe Klebs: 1, c. p. 341.
200
J. Gicklhorn,
Schließlich möchte ich noch erwähnen, daß für alle mit-
geteilten Beobachtungen stets viele Hunderte von Trache-
iomonas-Individuen geprüft wurden, daß aber für die meisten
Versuche die größeren Formen gewählt wurden und erst
ergänzend auch die übrigen herangezogen wurden.
H) Ohne auf Details einzugehen, will ich noch erwähnen, daß ver-
schiedene Bilder der Berlinerblaureaktion am Gehäuse von Trachelomonas
auf einen schaligen Bau des Panzers hinweisen. Durch die rasch an-
wachsenden Niederschlagsmembranen kommt es oft zu einer direkten Häutung
des Panzers, indem die äußerste, skulpturierte Schichte dem Berlinerblau
gewissermaßen den' Rückhalt bietet, wobei trotz Dehnung des rasch wach-
senden Beutels alle Feinheiten der Skulptur erhalten bleiben (siehe Fig. 4 a).
Fig. 4.
Beutelbildung und Verteilung der Eisenreaktion am Trachelomonas-Gehäuse.
a) Die wachsende Niederschlagsmembran von Berlinerblau hat die äußerste
skulpturierte Hülle auf einer Schalenhälfte abgehoben und gedehnt; der so
freigelegte innere Schalenanteil ist vollständig glatt und hat schwächere
Blaufärbung; b) am zerdrückten Gehäuse ist die innerste Schichte abgelöst
und durch deutliche Fe-Reaktion sichtbar zu machen; c) Schema des
.Schalenbaues. I. innerste Schichte, II. Zwischenschichte, III. äußerster skulp-
turierrer Schalenanteil. Vergr. zirka 1000 mal,
Desgleichen ist nach Aufsprengen des Gehäuses eine innerste, feine Lamelle
ebenfalls häufig durch die wachsenden Niederschlagsmembranen abzuheben
(Fig. 4b), so daß zwischen diesen beiden Schichten eine starke Schale, die
den Hauptanteil des Panzers ausmacht, zu liegen kommt. Obwohl weder bei
noch so starken Vergrößerungen, noch nach verschiedenen Färbungen eine
der erwähnten Schichten gesondert zu sehen ist, muß man deren differente
Ausbildung doch als wirklich vorhanden annehmen, da die Häutung so
leicht und unter so regelmäßigen Bildern erfolgt, daß eine andere Deutung
Studien an Eisenorganismen. '-Ol
dagegen nur gezwungen erscheinen kann. Der Bau der Membran wäre
danach so wie Fig. 4c zeigt. Ich glaube, daß man darin ein weiteres
Beispiel der Leistungsfähigkeit der Mikrochemie, der Berlinerblauprobe im
besonderen, sehen kann, indem hier, ähnlich'wie bei Moliseh's Nachweis1
des Procambiumnetzes in Kotyledonen von Sinapis eine morphologische
Differenzierung am einfachsten und sichersten durch eine mikrochemische
Reaktion aufzuzeigen ist. Die Niederschlagsmembranen von Berlinerblau
bilden nach längerem Liegen an ihrer Oberfläche eine feine, zierliche
netzige Struktur aus, die aber jedesmal entsteht, auch dort, wo vorher keine
Struktur des rasch wachsenden Beutels zu finden ist.
II.
1) Die mitgeteilten Beobachtungen gewinnen nun ein
größeres Interesse, wenn man die Übertragung auf typische
Eisenbakterien versucht und findet, daß im wesentlichen
gleiche Verhältnisse vorliegen. Es ist auffallend, wie
weit die Ähnlichkeit geht und ich glaube, daß von hier aus
eine klare Beurteilung der bisher gegebenen Theorien der
Eisenspeicherung von Winogradsky und Molisch möglich
ist. Obwohl gerade in Fragen der Bakteriologie, auch in
vielen anderen Gebieten der Physiologie, die Gültigkeit einer
allgemeinen Theorie erst am einzelnen Objekt zu prüfen ist,
sind in unserem Falle so ziemlich alle bisher bekannten ein-
schlägigen Beobachtungen einheitlich zu gruppieren, zum
mindesten ohne weitere, erst wieder zu begründende Hilfs-
annahmen verständlich zu machen. Für die Untersuchung
der Eisenbakterien habe ich in erster Linie Leptothrix
ochracea gewählt, deren Physiologie und Morphologie
durch die grundlegenden monographischen Arbeiten von
Molisch- genau bekannt ist. Ich hatte üppige Rohkulturen
in hohen Standgläsern, wie man sie nach Winogradsky13
sich verschaffen kann; teilweise kam Material — fast spezies-
rein in außerordentlich großen Lagern — mit dünner Scheide
zur Verwendung; auch im Freien gesammelte Eisenbakterien
und Leptothrix von verschiedenen Proben meiner Kultur-
1 Siehe Mikrochemie p. 40.
2 1. c. Eisenbakterien.
•'! Siehe Anmerkung p. 198 dieser Arbeit p. 236; in meinen Versuchen
nur Grazer Leitungswasser ohne besonderen Eisenzusatz!
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. HJ. '4
202 I. Gicklhorn,
gläser mit Algen und Infusorien wurde benützt. Die Stärke
der Scheiden war in diesen verschiedenen Proben recht
wechselnd, ebenso der Grad der Eiseneinlagerung, so daß
ich alle Übergänge in gewünschter Vollständigkeit vor mit-
hatte. Geht man nun vergleichend die Ergebnisse durch, wie
sie auf Grund von Untersuchungen an Trachelomonas mit-
geteilt wurden, so zeigt sich folgendes:
1. liefert die Berlinerblauprobe entweder eine streng auf
die Scheide mit den eingeschlossenen Bakterien lokalisierte
Reaktion (Typus I); oder um die Bakterien, beziehungsweise
die Scheiden erfolgt körnelig oder homogen blau Berlinerblau-
bildung (Typ. II); diese besondere Form der Fe-Reaktion ist
bisher weder bei Bakterien noch an anderen Objekten be-
rücksichtigt worden, vielleicht sogar als mißlungene Reaktion
angesehen worden. Oder aus den Scheiden, sei es an der
Oberfläche oder der Bruchstelle einer kräftigen Scheide,
treten kleine Blasen und Säckchen hervor (Typ. III). Fäden
mit dünner Scheide sind besonders geeignet für die Reaktion
vom Typus III (!) und II, solche mit starker, gallertig ver-
quollener Scheide für die Berlinerblaubildung nach Typus III.
Fig. 5 veranschaulicht dies am verständlichsten. Die Bedin-
gungen sind die gleichen, unter welchen auch
Trachelomonas bei der Reaktion mit K4Fe(CN)G -f- HCl
so wechselnde Bilder gezeigt hat, ebenso gelingt je
nach der Art der Durchführung der Probe auch hier eine
willkürliche Darstellung eines der erwähnten Typen; die
früher gegebene Erklärung ist auch hier zutreffend.
2. Das nachgewiesene Eisen stammt hier zum größten
Teil aus der braun gefärbten Scheide, doch es ist nicht
ausschließlich auf diese beschränkt, sondern in mehr
minder großer Menge auch in der lebenden Bakterien-
zelle zu finden. Auch dort, wo bei festsitzenden Fäden ein
deutlicher Gegensatz von Basis und Spitze der Bakterien-
fäden ausgeprägt ist, wo die Scheide um die letzten 4 — 20
Zellen überhaupt noch nicht oder nur in sehr geringer
Dicke gebildet ist, tritt eine tiefe Blaufärbung der
Bakterienzelle auf, wenn die Scheide kaum einen leicht-
blauen Farbenton durch Berlinerblau erkennen läßt. Daher
Studien an Eisenorganismen.
203
kann auch bei Leptothrix Eisengehalt der Zelle und
Eisenspeicherung in der Scheide getrennt sein. Selbst
bis tief in dieScheide, — von der Spitze weg gerechnet —
die bereits kräftig Eisenoxyd Verbindungen eingelagert
zeigt, ist der annähernd gleich intensive Farbenton
der Bakterienzelle zu verfolgen, wenn auf Fe203-Ver-
bindungen geprüft wird. Diese Tatsache scheint zur Beur-
teilung der bisherigen Erklärungsversuche der Eisenaufnahme
♦.
\
! \
!
d
\ \
Fig. 5.
Eisenreaktion an Leptothrix ochraceae. a) Die Schleimhülle zeigt Beutelbildung,
die Bakterien selbst tiefblau gefärbt; b) Reaktion an alten Scheiden mit
Berlinerblaubildung außerhalb der Scheide; c) Leptothrixfäden mit kräftiger
Scheide in der Wasserhaut wachsend ; d) Leptothrixfäden von tieferen
Wasserschichten mit bedeutend schwächerer Scheide; die Bakterienzellen
selbst weisen bei c) und d) starke Fe-Reaktion auf, auch dort wo noch
keine oder nur eine sehr zarte Scheide gebildet ist, die keine Fe-Reaktion
erkennen läßt. Vergr. zirka 1000 mal.
und -speicherung von Bedeutung zu sein. Moli seh1 kam bei
seinen Versuchen zu Ergebnissen, die er in folgenden Sätzen
ausdrückt: ».... wenn das Plasma der Eisenbakterie wirk-
lich mit so großer Begierde Eisenoxydul aufnähme, dann
1 Siehe: Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen, p. 69.
204 J. Gicklhom,
sollte man doch dieses hier auch nachweisen können.
Eisen ist aber im Plasma nie nachweisbar, in der
Scheide aber immer.1 Selbst nach ganz kurzem Aufenthalt
in verdünnter Ferrocarbonat- oder in einer anderen Eisen-
lösung wird man mit Leichtigkeit mittels der Blutlaugensalz-
probe Eisen in der Gallertscheide, nicht aber in den
Zellen konstatieren können.«2 Und weiters wird nach
Moli seh »ohne vorher erst in das Innere der Zellen oder,
genauer gesagt, in das Plasma einzutreten« das Eisensalz
eben in erster Linie in der Gallerthülle zurückgehalten, die
»wie ein Filter fungiert« (ebenda p. 70). Dem gegenüber
betont später aber Molisch in seiner Monographie der
Eisenbakterien selbst ausdrücklich, ....»daß die Leptothrix-
fäden sehr gierig Eisenoxjalulverbindungen aufnehmen
daß » . . . . für eine merkbare Reaktion schon einige Minuten
genügen. . . .« und daß dann .... »das Eisen jn dem Faden
sowohl in der Oxyd- als in der Oxydulform vorhanden ist.
Es färben sich die Scheiden und die Zellen.«3 Das
Ergebnis seiner so umfassenden und exakten Versuche faßt
Moli seh4 in den letzten Untersuchungen dahin zusammen:
»Daher bin ich der Meinung, daß das Eisenoxydul in die
Fäden und zwar in die Scheiden, zum Teil auch in die
Zellen vordringt (!). . . .5«
Nun beziehen sich aber diese Reaktionen in erster Linie
auf Fälle, wo die Eisenbakterien in Lösungen übertragen (!)
wurden, die eine ungleich höhere Konzentration der Eisen-
salze aufweisen, als es bei gewöhnlicher Kultur in Leitungs-
wasser der Fall ist (z. B. durch Oxydation reduziertes Fe in
destilliertem H20 oder nach Durchleitung und Sättigung (!) mit
C02, ebenso »verdünnte Ferrocarbonat- oder eine andere
Eisenlösung« (%')■ Die hier erwähnten Beobachtungen an
Leptothrix, die im Leitungswasser ohne Zusatz von Fe2(0H)3
gezogen wurde und trotzdem auch in den Zellen Eisen-
verbindungen in reichlicher Menge führt, besonders dort,
1, • und 3 von mir gesperrt.
4 Molisch: Eisenbakterien, p. 49.
5 Von mir hervorgehoben.
Studien an Eisenorganismen. 205
wo eine Scheide noch gar nicht merkbar ausgebildet ist, zeigt,
daß der Eisengehalt der lebenden Bakterienzelle doch
nicht ganz nebensächlich sein kann. Ob das Eisen in der
Zelle nachzuweisen ist, hängt ebenauch von der Art der
Ausführung der Reaktion ab und aus den Zellen könnte
das Eisen recht leicht und schnell diffundiert sein, wenn
man nicht das K4Fe(CN)6 und die Salzsäure gleichzeitig
wirken läßt. Das dürfte in vielen Untersuchungen nicht
gebührend betont worden sein, da man auf die hier Typus II
genannte Reaktionsform beim Fe-Nachweis bisher nicht
Rücksicht genommen hat. Vielleicht ist das der Grund,
warum Molisch kein Eisen in der Zelle nachweisen konnte
und auch in späteren Arbeiten die Reaktion der Eisen-
verbindungen der Zelle gegenüber der intensiven
Färbung der Scheide zurücktreten läßt. Bei meinen Ver-
suchen an gewaschenen Leptoth r ixfäd e n oder mit
Präparaten nach Molisch's Deckglasmethode hergestellt, sind
gerade die Reaktionen der jüngeren Fäden sehr kräftig
gewesen und haben die Eisenbakterien wie mit Methylenblau
gefärbt von den eisen freien, anderen Fadenbakterien
abgehoben.
3. Auch bei Leptothrix ist die Eisenreaktion in der
Zelle und den Scheiden sehr kräftig, wenn im umgebenden
Wasser der Probe kein Fe in nachweisbaren Mengen auftritt,
ebenso kann aus toten Zellen das Eisen diffundieren und
im Versuchstropfen nachgewiesen werden; ferner ist die
neuerliche Eisenspeicherung von eisenfrei gemachten Zellen
und Scheiden bei Leptothrix nie so kräftig, als es das
lebende Material zeigt; weiters stammt auch hier das Fe der
Zelle nicht etwa aus der Scheide, sondern ist in der Zelle
schon vorhanden, denn auch die jüngsten Bakterien ohne
Scheiden zeigen tiefe Blaufärbung.
Aus alledem folgt, daß der lebende Protoplast eine
größere Rolle spielt, als man nach den bisherigen Befunden
erwarten sollte.
4. Die Scheidebildung der Eisenbakterien ist ebenso wie
bei den Flagellaten durch Ausscheidung seitens des
Protoplasten und nicht durch Umwandlung der
206 J. Gicklhorn,
Membran zu erklären. Gerade bei den Eisenbakterien
liegen die Verhältnisse der Gallertbildung durch »reiz-
auslösende« Stoffe und Bedingungen recht klar. So sagt
Molisch1: »Fehlt das Eisen in der Lösung, so wächst und
vermehrt sich die Leptothrix zwar sehr gut, allein die Fäden
bleiben relativ kurz und die Scheiden bleiben dünn. Bei
Darbietung von gelöstem Eisen verdicken sich die Scheiden
und Eisen wird darin als Eisenoxyd deponiert« und ferner
»....jeder kann sich leicht überzeugen, daß gerade die
Dicke2 gallertartiger Eisenbakterienscheiden nach
der Zusammensetzung des Mediums außerordentlich
schwankt....«.3 Daß auch mechanische Einflüsse maß
gebend sein können, zeigt die Ausbildung von Haft Scheiben
bei Cladothrix dichotoma, Chlamydothrix sideropous
und den übrigen festsitzenden Eisenbakterien, ebenso die
Gallerthöfe von Liderocapsa Treubii und S. major. Auch
die kräftige Scheidenbildung an Leptothrix, die knapp unter
der Wasseroberfläche wächst oder in der Wasserhaut selbst
sitzt, ist vielleicht durch die Wirkung des atmosphärischen
Sauerstoffes mit bedingt. Die Stärke der Gallertscheide hängt
mit von der Wirkung auf den lebenden Protoplasten ab;
ist nicht einfach eine bis zu einem gewissen Grad
fortschreitende Quellung bereits gebildeter Gallerte,
die durch immer kräftigere Eisenspeicherung eine Verdickung
erfährt. Zum Teil betont dies auch Molisch4.
Ich möchte erwähnen, daß auch durch siedendes Wasser abgetüu te
Leptothrixfäden, wie man sich mittels der Blutlaugensalzprobe überzeugi n
kann, Eisenverbindungen gierig anziehen und speichern, doch schreitet diu
Speicherung nicht bis zu jener auffallenden Verdickung d
Scheiden vor, wie man sie an den lebenden Fäden bemerkt.
Hier fehlt dann der Einfluß der lebenden Zelle.5
Die Wirkung des umgebenden Mediums auf die Dicke
der Gallertscheide ist nur durch den Einfluß des Protoplasten
zu erklären.
i 1. c. p, 50.
2 Von mir gesperrt.
3 Ebenda p. 47.
i Ebenda p. 49.
5 Von mir gesperrt.
Studien an Eisenorganismen. 20/
5. Die erhöhte Gallertausscheidung bei Zufuhr von
größeren Eisenmengen ist, ähnlich wie in den Versuchen von
Klebs, dadurch leicht verständlich, daß die Eisensalze in
größerer Konzentration schneller und ausgiebiger als »reiz-
auslösende« Wirkung den Protoplasten beeinflussen können
ebenso wie der stete Kontakt der basalen Zellen festsitzende!
Eisenbakterien in gleicher Weise wirksam sein kann. Der
Erfoig tritt nur nicht so schnell ein wie bei Trachelomonas,
ist aber prinzipiell von der ruckarfigen Abgabe gallertartige! ,
eisenhaltiger Stoffe durch den Protoplasten bei Reizung
mannigfacher Art nicht verschieden. Nur darin kann der
Einfluß des Plasmas auf die Gallerte und ihre merkwürdig,
Anziehungskraft für Eisenverbindungen«, von weichem die
verschiedenen Autoren sprechen, sich geltend machen.
6. Ist es ähnlich wie bei Trachelomonas auch füi
Leptothrix wohl auf Grund dieser Befunde das Einfachste,
nicht ausschließlich eine Filterwirkung anzunehmen,
sondern an eine dauernde, langsam vor sich gehende
Eisenabgabe vom Pro top lasten her zu denken. Damit
ist unter geänderten Bedingungen, z. B. beim Abtöten der
Zellen und Änderung des Zustandes der Gallerte nach Kochen
oder Einwirkung von HCl, ebenso bei älteren Scheiden,
ferner beim Übertragen in stärker konzentrierte Eisenlösungen
als das Leitungswasser ist, eine Eisenspeicherung der Gallertc
allein zugegeben. Die Zustandsänderung der Gallerte unter
gewöhnlichen Bedingungen — Leitungswasser oder solches
au- Tümpeln, Teichen etc. — nach Art der »Beizewirkung
von Eisensalzen ist ebenso verständlich, wenn man an eine
Eisenabgabe vom Plasma her denkt, als wenn eine Filter
Wirkung angenommen wird, die bei jungen Zellen, die sonst
wohl Eisen führen, gar nicht anzuwenden ist, da eine als
Filter funktionierende Scheide ja noch nicht oder nur in
minimalem Grade ausgebildet ist. Es wird einstimmig von
Eisenbakterien angegeben — und ich selbst konnte mich
überzeugen — daß eine Eisenspeicherung der Gallerte allein
nie jenen Grad der Gelb- bis Braunfärbung erreichen kann,
als es unter dem dauernden Einfluß lebender Zellen
geschieht. Es stellt sich eben bald ein Gleicheewichtszu
208 .1. Gicklhorn,
ein, sobald der einer bestimmten Gallertmenge bestimmter
Konstitution entsprechende .Sättigungsgrad der Adsorption für
Fe-Verbindungen erreicht ist. Eine chemische Umsetzung mit
der Substanz der Gallerte anzunehmen, wobei eben fort-
während für neu eintretendes Eisen Platz geschafft würde,
ist schon deshalb abzuweisen, weil ja die Speicherungs-
versuche mit leeren Scheiden ergeben, daß nur ein ganz
bestimmter Grad der Eisenaufnahme nachzuweisen ist
alles das Gesagte für die Dauer des Versuches gemeint.
7. Es liegen auch bei Leptothrix in erster Linie Fe., 03-
Verbindungen vor. Wie diese aus dem FeO durch Oxydation
entstanden sind, kann hier übergangen werden. Jedenfalls
hat für Leptothrix die Aufnahme und Oxj'dation zu Fe203
nicht jene Bedeutung, als Winogradsky meinte und es ist
ja das wesentlichste und bestbegründete Ergebnis der aus-
gedehnten Versuche von Moli seh, daß das Eisen für die
>Eisenorganismen« nur zum Aufbau des Protoplasten er-
forderlich und nicht Energiequelle des Betriebsstoffwechsels
ist. Da sowohl FeO als Fe203-Verbindungen, wenn auch in
ungleichem Grade löslich sind, kann der Protoplast beide
aufnehmen und es ist gewiß richtig, wenn Molisch1 sagt:
»Bei der Aufnahme organischer Eisenverbindungen mag das
lebende Plasma auch für die Abspaltung des Eisens
sorgen und auf diese Weise in den Prozeß der
Eisenablagerung eingreifen«.
8. Auch für die Eisenbakterien ist bisher unentschieden,
was es denn für »Eisenverbindungen« sind, welche in der
Scheide und der Zelle nachgewiesen werden. Auch hier
tritt mit gelbem oder rotem Blutlaugensalz allein keine
Reaktion auf.
9. Das Überwiegen von Fe., 03- Verbindungen ist nicht
durch die Wirkung des atmosphärischen Sauerstoffes allein
ausreichend in allen Fällen zu erklären. Man findet in
Kulturen auch weit unter der Oberfläche braungefärbte
Scheiden mit Fe203 und namentlich das Vorkommen von
Eisenoxyden in den Zellen von Leptothrixfäden, die weit
1 Siehe 2, p. 49.
Studien an Eisenorganismen. 209
vom Wasserspiegel ruhigstehender Kulturen entfernt sind,
müßte diese Annahme gezwungen erscheinen lassen. An der
Oxydation von FeO, beziehungsweise der Aufnahme oder
Abspaltung von Fe in Oxydform aus irgend welchen Eisen-
verbindungen des umgebenden Mediums ist entschieden der
Protoplast mit beteiligt.
Die hier mitgeteilten Beobachtungen und Erklärungen
gelten in allem auch für die übrigen Eisenbakterien — ich
hatte mit Ausnahme von Gallionella — alle anderen zur
Verfügung; da diese Versuche aber an den übrigen faden-
förmigen Eisenbakterien die gleichen Verhältnisse ergeben,
so genügt es, der Kürze halber Leptothrix als Typus hin-
zustellen und an dieser Art sind auch die meisten Reaktionen
durchgeführt worden.
J) Auf drei Punkte kann ich aber in dieser Arbeit noch
nicht genauer eingehen: das Verhalten der Anthophysa,
die Eisenablagerung in Membranen der Wasserpflanzen und
Algen und die Untersuchungen an Spirophyllum. Das Ver-
halten der Anthophysa vegetans wird von Molisch1 als
wichtiger Gegengrund zu Winogradsky's Theorie hingestellt;
doch gelten die von Molisch angeführten Punkte vielleicht
nur für A. vegetans, denn eine bisher unbekannte Antho-
physaart, die ich den Sommer dieses Jahres wiederholt
beobachtete, zeigt ganz abweichende Bilder. Es ist eine
schmale, stark eisenhaltige zentrale Röhre bis ganz knapp
zur Kolonie der — auch im Bau abweichenden — Flagellaten
vorhanden und dieser Stiel erst von einer kräftigen, auch
mit Eisen inkrustierten Gallerte umgeben. Genauere Beobach-
tungen mit Rücksicht auf die hier behandelten Fragen wurden
damals nicht angestellt und zur Zeit ist diese Anthophysa-
art nicht zu finden. Spirophyllum ferrugineum, das seit
den Studien von Lieske2 besonderes Interesse beansprucht.
1 !. c. p. 57.
- Lieske Rud.. Beiträge zur Kenntnis der Physiologie von Spirophyllum
ferrugineum, einem typischen Eisenbakterium. Jahrb. f. wiss. Bot.. 1911,
d.s p. 91.
210 J. Gicklhorn,
bedarf einer eingehenden morphologischen und physiologischen
Bearbeitung, da die sonst ausgezeichneten Untersuchungen von
Lieske in manchen Punkten ergänzt und nachgeprüft werden
müssen, ehe dieser Eisenbakterie eine solche Sonderstellung
zuerkannt werden sollte. Ich möchte nicht unterlassen, schon hier
darauf hinzuweisen, daß nur aus Untersuchungen dieser in
vielem recht ungenügend bekannten Bakterie keinerlei »Wider-
legung« der so umsichtigen und exakten Versuche von
Molisch gefolgert werden kann, was wohl von Lieske selbst
betont, von anderen Autoren aber nicht genügend beachtet wird.
Da mir derzeit ausgezeichnetes Material von Spirophyllum
zur Verfügung steht, wird eine eingehende Untersuchung aller
einschlägigen Fragen bei Spirophyllum durchgeführt. Ebenso
gedenke ich die hier wesentlichen Ergebnisse auch an den
von mir gefundenen neuen Eisenbakterien — 5 Arten -
zu überprüfen, da diese Formen mancherlei Besonderheiten
aufweisen.
Kj Diese vergleichend durchgeführten Studien dürften
wohl ohne weiteres die Möglichkeit erkennen lassen, die
bisher ohne Vermittlung einander gegenüberstehenden
Theorien von Winogradsky und Molisch zu vereinigen;
es zeigt sich, daß gewisse Punkte in beiden Theorien, in
sachgemäßer Weise vereinigt, einen Standpunkt ergeben
können, von dem aus eine einheitliche Erklärung der
meisten, vielleicht aller bisherigen, Beobachtungen und Ver-
suche möglich ist.
Die Notwendigkeit und die Bedeutung der Eisenaufnahme
und Oxydation als Energiequelle ist — vielleicht mit Aus-
nahme von Spirophyllum — durch Molisch's Versuche
uneingeschränkt widerlegt, und damit der wesentlichste
Gedanke der Theorie von Winogradsky hinfällig. Anderer-
seits aber ist sicher eine Anzahl von Fällen aufgezeigt, wo
Molisch's Annahme einer >< Filterwirkung« der Scheide nicht
ausreicht und einer Ergänzung bedan. Gelegentlich äußert
sich auch Molisch in diesem Sinne, wie aus den früher
zitierten Stellen zu ersehen ist. In diesen Fällen aber geben
die von Winogradsky geäußerten Gedanken einer Betei-
Studien an Eisenorganismen. '21 1
ligung des lebenden Protoplasten als des wichtigsten
und ersten Ortes der Eisenaufnahme und -speicherung
eine völlig ausreichende Grundlage. Der Vorgang der
Eisenspeicherung ist sonach unter normalen Bedingungen,
d. h. in sehr verdünnten Eisenlösungen natürlicher Wässer,
als Eisenabscheidung von der Zelle her aufzufassen
und nicht nur als Eiseneinlagerung der zur Zelle
durch die Scheide vordringenden Lösung. In der durch
äußere Mittel verschiedener Art (chemische Bedingungen wie
Fe, Mn-Salzzusatz, mechanische Wirkung durch stete Berüh-
rung, Reaktion auf O-Zufuhr etc.) nachweisbaren Änderung
der Ausbildung der Gallertscheiden durch das Plasma ist der
erste Einfluß auf die Eisenspeicherung gegeben. Analog der
Beizewirkung von Eisensalzen an Gallerten, wird auch in
diesem Falle die Adsorptionsfähigkeit für Eisen eine Änderung
erfahren, eine Verfestigung der Gallette eintreten können.
Die Annahme von Winogradsky, daß nur oder in erster
Linie Oxydulverbindungen aufgenommen werden, ist
durch die vorliegenden Untersuchungen ebensowenig zu
bestätigen, als bei früheren Beobachtungen von Molisch.
Es können je nach den äußeren Verhältnissen, sowohl
Oxydule als Oxyde, sei es als anorganische oder orga-
nische Verbindungen aufgenommen werden; doch wird die
Oxydation der Oxydulverbindungen, beziehungsweise die
Abspaltung von Fe aus irgendwelchen Verbindungen unter
Mitwirkung der Zelle erfolgen können und nicht in allen
Fällen nur dem zutretenden, gelösten Sauerstoff zuzuschreiben
sein. (Trachelomonas im Dunkel gehalten, bei hohem Eisen-
oxydgehalt im Protoplasten!)
Die hier hervorgehobenen Gesichtspunkte glaube ich
durch die mitgeteilten eigenen Beobachtungen und den Hin
weis auf bereits bekannte Ergebnisse der grundlegenden
Versuche von Mo lisch ausreichend genug begründen zu
können. Von diesem Standpunkte aus werden Versuche an
Spirophyllum, anderen Eisenbakterien als Leptothrix, an
Eisenalgen und eisenspeichernden Wasserpflanzen durch-
geführt; es soll dabei sowohl die mikrochemische Analyse
als das physiologische Experiment entsprechend berücksichtigt
212 .1. Gicklhorn,
werden. Diese Ergebnisse sollen Gegenstand einer zweiten
Mitteilung sein.
Ich möchte nun schließlich auch hier Herrn Professor
K. Linsbauer für das Interesse an dieser Arbeit ergebenst
danken, ebenso für die gelegentlichen Anregungen bei
Diskussionen des hier abgehandelten Themas.
Zusammenfassung.
1. Berlinerblaubildung als Reaktion auf Fe., Oo-Yerbin-
dungen tritt bei Trachelomonasarten und Eisenbakterien in
drei Typen auf: a) lokal auf eisenführende Teile des Orga-
nismus beschränkt, b) als körneliger oder homogen blauer
Niederschlag auch außerhalb der Körperteile, c) in Form
Traube'scher Zellen verschiedenster Gestalt und Größe an der
Körper- beziehungsweise Schalen- und Scheidenoberfläche.
Die Art und der Ort der endgültigen Fe-Probe hängt sowohl
von der Art der Durchführung der Reaktion als auch von
der Gegenwart des lebenden Protoplasten ab.
2. Außer im Gehäuse von Trachelomonas finden sich im
Flagellaten Eisenverbindungen vor, die beim Absterben oder
bei Reizung aus dem Protoplasma ausgestoßen werden.
3. Der lebende Flagellat, beziehungsweise die lebende
Zelle von Eisenbakterien kann beträchtliche Mengen von
Eisenoxydverbindungen führen, ohne daß das Gehäuse,
beziehungsweise die Gallertscheide Eiseneinlagerung zeigt;
Eisengehalt und Eisen speicherung können daher getrennt
von einander auftreten.
4. Das im Mikroskop zu beobachtende Ausstoßen
eisenhaltiger Gallerte und Schleime, nachgewiesen durch
Bildung ruckartig anwachsender Traube'scher Zellen beim Fe-
Nachweis, ist als Reizvorgang aufzufassen, da nur lebende
Trachelomonasarten dies zeigen; mechanische, chemische
Reizung bewirkt diese aktive Ausscheidung besonders auffällig.
5. Im Gehäuse von Trachelomonas kommen sowohl FeO
als auch Fe203-Verbinduhgen vor; im Flagellaten finden sich
nur Fe20;i- Verbindungen.
Studien an Eisenorganismen. - 1 3
6. Durch die mikrochemische Methode läßt sich leicht
ein schaliger Bau aus differenten Schichten beim Trache-
lomonasgehäuse nachweisen, der aber weder durch direkte
Beobachtung, noch durch Tinktionen zu differenzieren ist.
7. Bei Eisenbakterien, Leptothrix ochracea als Typus
genommen, sind ähnliche Verhältnisse aufzuzeigen: auch der
lebende Protoplast der Zelle führt große Mengen von Fe203-
Verbindungen; Eisengehalt der Zelle und Eisenspeicherung
sind in hohem Maße von einander unabhängig; jüngere Fäden
mit kaum merklich ausgebildeter Scheide, die selbst eisenfrei
ist, zeigen doch starke Eisenreaktion; die Intensität der
Eisenreaktion ist in lebenden Zellen des ganzen Fadens an-
nähernd gleich; in toten Zellen ist bei Leptothrix kein Fe20;!
mehr nachzuweisen.
8. Die nachgewiesenen Feo0.,-Yerbindungen dürften nicht
ausschließlich durch Oxydation der Fe O- Verbindungen mit
Hilfe des atmosphärischen Sauerstoffes entstanden sein. Die
in der vorliegenden Untersuchung mitgeteilten Tatsachen
weisen auf einen entscheidenden Einfluß des lebenden Proto-
plasten hin.
9. Die bisherigen Theorien der Eisenspeicherung von
Winogradsky und Molisch lassen durch eine sinngemäße
Vereinigung zu einem Standpunkt gelangen, der so ziemlich
alle bisher bekannten einschlägigen Tatsachen erklären kann.
Die durch Untersuchungen von Molisch nachgewiesene
Entbehrlichkeit größerer Mengen von Fe-Salzen widerlegte
die von Winogradsky angenommene Bedeutung der Fe-
Verbindungen als Energielieferanten; die Fe-Speicherung, der
hohe Fe-Gehalt der lebenden Zelle, die Veränderungen der
Hüllen und Gallerten von Eisenorganismen auf Grund der
Wirkung äußerer Reizungen weisen dagegen auf die von
Winogradsky betonte Hauptrolle des lebenden Proto-
plasten hin.
215
Bemerkungen
über Alfred Fischer's „Gefäßglykose"
Von
Karl Linsbauer
(Mit 3 Textfiguren)
Aus dem pflanzenphysiologischen Institute der Grazer Universität
(Vorgelegt in der Sitzung am 22. April 1920)
Schon Th. Hartig (I, 1858) kam auf Grund von Ringe-
lungsversuchen an Bäumen zu dem Ergebnisse, daß durch
den im Frühjahre aufsteigenden »rohen Nahrungssaft« auch
gelöste Kohlenhydrate mitgeführt werden, die im Baustoff-
wechsel der sich bildenden Triebe Verwendung finden. Dem
im Wintersafte unserer Holzgewächse oft in bedeutender
Menge auftretenden Zucker schreibt Hartig (II) eine doppelte
Genese zu. »In den Wandersäften ist er entweder nicht mehr
auf Bildung organisierter Reservestoffe verwendeter, als Zucker-
lösung überwinternder Reservestoff oder er ist als ein Auf-
lösungsprodukt vorgebildeter, organisierter Reservestoffe zu
betrachten«.
Sachs (1863) schloß sich dieser Auffassung insoferne anr
als auch er zu dem Ergebnisse kommt, daß die Stärke »inner-
halb des Holzkörpers selbst aufgelöst und in diesem dem Orte
ihrer Bestimmung zugeführt (wird), indem ihr Lösungsprodukt
mit dem aufsteigenden Rohstoffe zu den Knospen hinauf-
getrieben wird«.
Die Vorstellung von der Beteiligung des Holzkörpers an
der Leitung der Kohlenhydrate fand eine Stütze in den Er-
fahrungen über die qualitative Zusammensetzung des Blutungs-
*2 16 K. Linsbauer,
saftes, der im Frühjahre bekanntlich ansehnliche Zuckermengen
enthält (Schröder 1868).1 Nachdem schon Schröder die im
Stamme deponierte Stärke als die Quelle des Zuckers im
Blutungssaft in Anspruch genommen hatte, schloß Haberlandt
(1884, p. 366) auf Grund des vorliegenden Tatsachenmaterials
»daß im Frühjahre, wenn sich die im Holzparenchym und in
•den Markstrahlen aufgespeicherte Stärke in Zucker verwandelt,
die Zuckerlösung in das wasserleitende Röhrensystem osmotisch
hineingepreßt wird und in demselben mit dem Transpirations-
strom in die wachsenden Blätter gelangt«. War auch diese
Schlußfolgerung, wie Strasburger (1891, p. 880) zeigte,
soweit sie sich auf einen Versuch von Paul Schulz (1883)
über das Aufsteigen einer Tanninlösung im Stamme stützte,
nicht gerechtfertigt, so konnte sie doch mit Recht auf die
Erkenntnis begründet werden, daß der Zuckergehalt des
Blutungssaftes nur aus den im Winter Stärke speichernden
Holzparenchym und Markstrahlzellen stammen kann. Der
Übertritt von Zucker aus den lebenden Zellen des Holzes in
die Gefäße ist jedenfalls auf Grund der gegenseitigen anatomisch-
topographischen Beziehung zwischen diesen Elementen leicht
verständlich. Einen indirekten Beweis hiefür sah Alfred Fischer
(l, 1886) in der von ihm beobachteten Ablagerung von Stärke
in protoplasmahältigen Tracheen von Plantago.
Angeregt durch diese Beobachtung wandte Fischer dem
'Zuckergehalt des Gefäßsaftes« sein besonderes Augenmerk
zu. Seine Untersuchungen über diesen Gegenstand (II, 1888;
III, 1891) wurden von grundlegender Bedeutung für unsere
ganze Auffassung über die Wanderung der Kohlenhydrate im
Stamme der Holzgewächse und die Beanspruchung von
Elementen des Holzkörpers als Wanderbahnen.
Es gelang ihm eine lokalisierte Reduktion der Fehling-
schen Probe in Zellen des Holzes zu erhalten, woraus er auf
die Anwesenheit von Gtykose (eventuell von Glykosiden)
schloß, da er auf Grund kritischer Erwägungen das Vor-
handensein anderer reduzierender Substanzen ausschließen zu
können glaubte. »Aus den vorstehenden Auseinandersetzunsren
1 Weitere Literatur bei W. Pfeffer (1. Bd.. p. 244i, Hornberger (188,).
Czapek (I. Bd., p. 471).
Bemerkungen über Fischer's »Gefäßglykose«. -1/
ergibt sich demnach mit der bei mikrochemischen Unter-
suchungen gewöhnlich nur erreichbaren Sicherheit, daß der
reduzierende Körper schon ursprünglich in der Pflanze vor-
kommt und Glykose ist...« »Jedenfalls ist anzunehmen, daß
der Kupferniederschlag auf einen gelösten, stickstofffreien
Reservestoff zurückzuführen ist' (II, p. 409). In der Folge
bezeichnet Fischer diesen Stoff als »Gefäßglykose« schlecht-
weg. Er untersuchte ihr Auftreten und ihre Verteilung in
Abhängigkeit von der Jahreszeit und entwarf in seiner all-
gemein bekannten Arbeit über die Physiologie der Holz-
gewächse ein klares und geschlossenes Bild der Wandlung
und Wanderung der N-freien Reservestoffe in den Bäumen,
das in seinen Grundzügen in alle Lehrbücher übergegangen ist.
An dieser Stelle soll nur von Fischer's Glykoseunter-
suchungen die Rede sein, die im Wesentlichen durch die
Autorität St ras bürge r's ihre Bestätigung fanden (1891,p.883ff.).
Der Nachweis der »Gefäßglykose- durch A. Fischer
fand merkwürdigerweise kaum eine Kritik, obgleich manche
Beobachtungen geeignet waren, den unbefangenen Leser
stutzig zu machen und zu einer kritischen Nachprüfung zu
veranlassen. Gegen die Methode selbst wendet nur gelegentlich
Lundegardh ein, daß auch ein großer Teil der Gerbstoffe
und Glykoside wie Aesculin u. a. die P'ehling'sche Lösung
reduzieren, so daß Fischer nicht berechtigt gewesen sei, die
Aesculus -Rinde wegen des erzielten Niederschlages von
Kupferoxydul als glykosereich zu bezeichnen. Abgesehen aber
-davon, daß Fischer selbst wenigstens auf die durch Gerb-
stoffe bedingte Fehlerquelle aufmerksam gemacht hat (II,
p. 408), kommt Notter (1903, p. 18) zu ,dem Ergebnisse,
•daß der .4t\sc/////s-Gerbstoff keine reduzierende Wirkung aut
»Fehling« ausübt.
Jedenfalls bleiben aber noch genügend andere Bedenken
bestehen. Ich verweise etwa auf die merkwürdige Differenz im
Verhalten der krautigen Pflanzen und eines Teiles der Sträucher
gegenüber den Bäumen, von denen nur die letzteren Glykose
in den Gefäßen führen sollen, während erstere keinen Oxydul-
niederschlag in den Wasserleitungsbahnen ergaben (III, p. 78).
Glaubte Fischer daraus auf eine verschiedenartige Benützung
Sitzb. d. mnthem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 15
218 K. Linsbauer,
der Wasserbahnen in beiden Fällen schließen zu sollen, so
nimmt Strasburger (1. c., p. 896) keinen prinzipiellen Unter-
schied an, es wäre denn, daß die Aufspeicherung von Kohlen-
hydraten im Gefäßsystem der krautigen Pflanzen überhaupt
fehlt; zur Stütze seiner Anschauung zieht er Erfahrungen über
die Wirkung eines Zusammenpressens der Stengelteile heran,
die lehrten, daß bei vielen Pflanzen Früchte und Samen reifen
und Kohlenhydrate speichern, »auch wenn kein anderer Weg
der Zufuhr als die Wasserbahnen offen sind« (p. 898). 1 Da
der Gefäßinhalt jedoch »Fehling« nicht reduziert, wäre an die
Leitung löslicher aber nicht reduzierender Kohlenhydrate zu
denken, doch fehlt auch für diese Vermutung der Beweis.
Sehr auffällig erscheint mir auch eine Unstimmigkeit
zwischen den Angaben, welche Fischer in seinen beiden
Arbeiten über das Auftreten der Gbykose im Holze macht.
Die ausführlichere Publikation legt nur auf ihr Vorkommen
in den Wasserbahnen Gewicht. »Die Holzfasern enthalten
in den meisten Fällen, z. B. bei Betula, Populus, Coruust
Acer entweder gar keinen oder nur hie und da spärliche
Niederschläge, sO daß meistens die Gefäße allein glykosehältig
sind« (III, p. 76). Die von Fischer konstatierten Ausnahmen
Pirus Malus und Prunus avium bestehen, wie Strasburger
(!. c, p. 884) nachweist, in Wirklichkeit nicht, insofern die
Holzfasern« der Rosifloren tatsächlich Tracheiden darstellen.
In seiner ersten Mitteilung wird aber ganz besonders
auch auf das Glykosevorkommen in den Holzfasern und in den
Zellmembranen hingewiesen. Die Untersuchung ergab, daß sie
(die Glykose) vorwiegend in toten Gewebeelementen (Gefäßen,
Tracheiden, Holzfasern, Markzellen, obliterierte Siebröhren -
schicht, mancher Bast) oder in den Wänden lebender Elemente
(manche Bastfasern, grüne Rindenzellen) vorkommt. (II, p. 415).
So ergibt sich, daß die toten Elemente des Holzes und die
Markzellen als YYanderungsbahnen der Glykose in Betracht
kommen müssen« (II, p. 417). Wie aber soll die Glykose in
1 Diese Untersuchungen nehmen allerdings keine Rücksicht auf die
eigene Assimilationstätigkeit der Früchte, deren Bedeutung nicht unterschätzt
werden darf.
Bemerkungen über Fischer's »Gefäßglykose«. 219
die toten Holz- und Bastfasern usw. gelangen und von hier
abgeleitet werden?
Nicht minder unverständlich ist auch der Befund, daß der
Glykosegehalt im alten Holz nicht weniger bedeutend ist wie
in den jungen Zweigen, obgleich doch offenbar die älteren
Jahresringe an der Wasserleitung keinen Anteil mehr nehmen.
Für AiJanthus glandulosa im besonderen lesen wir, daß hier
trotz frühzeitiger Verstopfung der Gefäße mit Gummi »die
Glykosereaktion ebenso deutlich in unwegsamen Gefäßen
gefunden wurde wie in offenen.«1
Auch die Beobachtung, daß im ausgetrockneten Holze
und in jahrelang in Alkohol gelegenem Material die »Gefäß-
glykose« in unveränderter Lokalisation und unvermindert
gefunden wurde, ist zumindestens unerwartet, da Glykose in
Alkohol — absoluter Alkohol wurde doch wohl zur Konser-
vierung nicht verwendet — durchaus nicht unlöslich ist.
Unaufgeklärt bleibt auch — worauf schon Strasburger
hinwies — die Beobachtung des Vorkommens von Glykose in
den Gefäßen von solchen Bäumen (Ahornarten), in deren
Blutungssaft Schröder zwar Rohrzucker, aber nicht eine Spur
Traubenzucker nachzuweisen vermochte.
Völlig unerwartet ist jedenfalls auch die Beobachtung, daß
( iefäßglykose zu allen Jahreszeiten in allen Teilen des Stammes
gefunden wurde, was auch Strasburger (1. c, p. 894) und
Xotter bestätigten. Daß Glykose das ganze Jahr hindurch
mit dem Wasserstrom aufwärts geführt würde, wie Fischer
will, hat Strasburger mit Recht bezweifelt. Welche Rolle
spielt aber die Gefäßglykose, wenn nach erfolgtem Knospen-
schluß und Einstellung der Kambiumtätigkeit die Entwicklungs-
vorgänge im Wesentlichen ihren Abschluß gefunden haben?
Diese und andere Bedenken veranlaßten mich, anläßlich
von Untersuchungen über die Wandelung der Reservestoffe
in Holzgewächsen der Glykosefrage näher zu treten.
1 Strasburger (1. c. p. 894) bemerkt nur kurz, daß er das Kernholz
an verschiedenen Coniferen, dann bei Röbinia und bei der Eiche zuckerfrei
fand und glaubt, daß es so auch in anderen Fällen sein werde.
220 K. L i n s h a uer,
Ich erhoffte mir zunächst von der Verwendung des
Senft'schen Reagens — Phenylhydrazin und Natriumazetat —
ein günstiges Ergebnis, da es zum lokalisierten Nachweis
der Glykose der Fehling'schen Probe jedenfalls vorzuziehen
ist, wenngleich es dieser an Empfindlichkeit nachsteht. Meine
Ergebnisse waren aber sehr unbefriedigend: unter Umständen
erhielt ich zwar eine schwache Reaktion in lebenden Zellen,
doch konnte ich eine Osazonbildung. in den Wasserleitungs-
bahnen nicht beobachten. Ich griff also wieder auf die
Fehling'sche Reaktion zurück. In Übereinstimmung mit Fischer
fand auch ich, daß die Reaktion in der üblichen Weise auf dem
Objektträger ausgeführt, nicht das gewünschte Resultat gibt;
der erzielte Oxydulniederschlag ist schwach und wenig
lokalisiert. Die von Fischer angegebene Modifikation der
Fehling'schen Probe führte dagegen ohneweiters zum erwarteten
Ergebnisse. *
Fischer geht in der Weise vor, daß er median gespaltene
Aststücke auf etwa 5 bis 10 Minuten in eine konzentrierte
Lösung von Kupfersulfat einträgt und nach Abspülung mit
Wasser in eine siedende Lösung von Seignettesalz mit Ätz-
natron einträgt, in der sie 2 bis 5 Minuten (III, p. 74) kochen
müssen.'2 Warum bei dieser Methode der Zucker nicht aus
den Zellen und namentlich aus den Gefäßen herausdiffundieren
soll, ist mir nicht recht erklärlich, ebenso war mir die lange
Kochdauer zunächst unverständlich, da doch erfahrungsgemäß
der Oxydulniederschlag bei Anwesenheit reduzierender Zucker
beim ersten Aufwallen der Lauge eintritt. Tatsächlich erzielt
man jedoch auf dem eingeschlagenen Wege deutliche Nieder-
schläge in den toten Elementen des Holzes.
Die auftretenden Oxydulniederschläge sind oft sehr schön
auf einzelne Zellelemente lokalisiert; ich fand sie wie Fischer
auf die Wasserbahnen beschränkt, häufig aber auch die
Libriformfasern dicht erfüllend. Bisweilen sind sie auch in der
Zelle lokalisiert. So beobachtet man sie z. B. in den Tracheiden
1 Ich benutzte annähernd mit gleichem Erfolg nach verschiedenen
Rezepten (F. Allihn, Artur Mayer u. a.) hergestellte Lösungen.
- Auch Tun mann (1913, p. 1S4) übernimmt diese Methode als ge-
eignet zum lokalisierten Glykosenachweis.
Bemerkungen über Fischer's »Gefäßglykose«
22 1
v •
i*
Qr
»'«*
des Fichtenholzes oft im Umkreise der Hoftüpfel (Fig. 1)
oder etwa in den Markstrahlzellen von Ailaiülius haupt-
sächlich die Tüpfelkanäle erfüllend. Ich lege dieser Er-
scheinung indessen keine Bedeutung bei, da vielleicht nur
physikalische Gründe für sie maßgebend sind. Ich kann auch die
Beobachtung von Fischer bestätigen, daß die Niederschläge
in den Wasserhähnen oft der Membran anliegen. Der von ihm
gegebenen Erklärung vermag ich mich
jedoch nicht anzuschließen; es ist
durchaus unwahrscheinlich, daß bei der
Durchführung der Reaktion die Zucker-
lösung sieh nicht im ganzen Gefäß-
lumen verteilt.
Bemerkenswert seheint mir eine
andere Beobachtung, welche auf eine
Beziehung zur Zellmembran hinweist.
Namentlich an Libriformfasern konnte
ich bei verschiedenen Hölzern an
günstigen Stellen unzweifelhaft die
Bildung des Niederschlages im Be-
reiche der Mittellamelle beobachten,
von wo aus er sich in die Ver-
dickungsschichten hineinzog (Fig. 2).
Ähnliches konnte ich auch an den
Markstrahlzellen von A/laiitlats nachweisen. Die Angaben
Fischer's über das Auftreten des Oxydulniederschläges inner-
halb der Membranen finden somit ihre Bestätigung, doch muß
es von vornherein einigermaßen zweifelhaft erscheinen, ob die
Bildung des Präzipitates etwa auf einem Glykosegehalt der
Membran beruht, die von einer Zuckerlösung infiltriert ist;
gerade die augenscheinliche Lokalisierung in der Mittellamelle
scheint gegen eine solche Deutung zu sprechen.
Ich habe auch einige Kernhölzer in den Bereich der
Untersuchung gezogen, kann aber die schon oben erwähnten
Angaben Strasb urger's nicht durchaus bestätigen. So fand
ich in einem achtjährigen frischen Kirschenaste, der einen
Durchmesser von etwa 6 Zentimeter aufwies, im Kern wie
im Splinte eine annähernd gleiche Verteilung des Oxydul-
Fig. 1. Verteilung des Kupfer-
oxydulniederschlages im Be-
reiche der Hoftüpfel an einem
Radialschnitte durch Fichten-
holz.
99?
K. Linsbauer,
niederschlages. In einem Kernholz vori Caesälpinia echinata
aus der Institutssammlung, das einem 12 Zentimeter starken
Holzstücke entstammte, konnte gleichfalls ein, wenngleich nur
spärlicher Niederschlag erzielt werden.
Der Oxydulniederschlag tritt somit
-•wi':ijt-.M--v unzweifelhaft auch in alten Teilen des
Holzkörpers auf. die jedenfalls keine
lebenden Elemente mehr enthalten und
von der Wasserleitung ausgeschaltet sind.
Um diese überraschende Tatsache
aufzuklären, versuchte ich, auf dem
Boden der Fischer'schen Anschauung
stehend, die Glykose aus den Gefäßen
durch Durchspülen mit Wasser auszu-
waschen, wobei ich einen Unterschied
im Verhalten der leitenden und von der
Leitung bereits ausgeschalteten Wasser-
bahnen erwartete.
Meine Bemühungen blieben aber
ebenso fruchtlos wie die gleichartigen
Versuche von Alfred Fischer. Ich setzte
etwa 10 Zentimeter lange, zwei- bis
dreijährige Zweigstücke von Ahorn und
Weide luftdicht in einen Saugkolben
ein und saugte mittels einer Wasser-
strahlpumpe langsam destilliertes Wasser
durch. Nach der Durchspülung wurden
die Zweige entrindet und das Kambium
sowie die peripheren Holzschichten entfernt. Nachdem die
Zweigstücke hierauf sorgfältig abgespült worden waren, um
etwa anhaftende Fragmente der abpräparierten Teile zu ent-
fernen, wurde ein mittleres Stück von 1 bis 1*5 Zentimeter
Länge herausgeschnitten, halbiert und in toto der Fehling'schen
Probe genau nach Angabe Fischer's unterworfen. Das Spül-
wasser wurde auf dem Wasserbade tunlichst eingeengt und
gleichfalls auf Zucker untersucht. Während aber in diesem
auch .nicht die Spur einer Reduktion nachweisbar war, zeigten
die behandelten Zweigstücke einen im Vergleiche zu den
Fig. 2 Oxydulnieder-
schläge in den Membranen
von Rotholztracheiden
der Fichte. Das Holz war
vor Ausführung der Re-
aktion stundenlang in
gewechseltem Wasser
ausgekocht wi irden.
Bemerkungen über Fischer's »Gefäßglykosec.
223
*i
I
nicht behandelten Kontrollzweigen unverminderten Oxydul-
niederschlag, und zwar wie ich besonders betonen muß,
nicht nur in den lebenden Elementen und Holzfasern, sondern
auch in den Wasserhähnen.
Um mich zu vergewissern, welchen Weg das durch-
gesaugte Wasser genommen hat, durchspülte ich andere
Zweige mit wässeriger Eosinlösung. Zum Versuche wurden
diesmal Ahorn- und Fichtenzweige be-
nützt. An der eingetretenen Färbung
konnte man sich leicht überzeugen,
daß die Spülflüssigkeit durch alle
Wasserleitungselemente gesaugt worden
war, so daß doch wenigstens eine Ver-
minderung des Reduktionsvermögens
zu erwarten gewesen wäre. Das Er-
gebnis war aber wieder insoferne
negativ, als die Reduktion nach wie
vor mit unverminderter Stärke eintrat.
Um ein Bild von der Stärke des Kupfer-
oxydulniederschlages zu geben, der in
einem derartig behandelten Objekte
(Fichte) auftrat, verweise ich auf die
nebenstehende Fig. 3, welche tunlichst
genau mit dem Zeichenprisma angefertigt
wurde.
Ad^lf Fischer führte das negative Ergebnis darauf
zurück, daß sich die Wasserleitungsbahnen bei der gewählten
Versuchsanordnung schnell verstopfen. Immerhin sind doch
die in Betracht kommenden Glykosemengen so gering,1 daß
man erwarten sollte, es würde die Zuckerlösung schon in
wenigen Minuten aus den Gefäßen herausgespült sein; selbst
wenn eine starke Adsorption des Zuckers stattfinden sollte,
wäre wohl wenigstens eine Verminderung des Oxydulnieder-
schlages zu erwarten gewesen.
Haben die Durchspülungsversuche zu einem negativen
Ergebnisse geführt, so wäre es nach Fischer doch möglich,
Fig. 3. Niederschläge von
Kupferoxydul in den
Tracheiden eines Fichten
holzes, das vor der Re-
aktion im zerklein
Zustand einige Stunden
in wiederholt gewechsel
tem Wasser ausgekocht
worden war.
1 Fischer berechnet für ein Gefäß von 0*05 mm Durchmesser einen
Glykosegehalt von 0-0000196 mg auf 1 mm Länge (111, p. I
224 K. L i n s b au er ,
die Glykose auszulaugen. Nach 24 stündigem Liegen in Wasser
wäre der Oxydulniederschlag in den oberflächlichen Zellagen
ersichtlich vermindert worden. Aber auch mit dieser Methode
bin ich nicht zum Ziele gekommen. Ich untersuchte Zweige
verschiedener Art (z. B. Fichte, Ailaiithus) nach achttägigem
Liegen in Wasser, ohne eine Änderung der Stärke der
»Glykose« -Reaktion ermitteln zu können. Dazu muß ich
allerdings bemerken, daß ein Abschätzen der Quantität des
Oxydulniederschlages umso mißlicher ist, als selbst in gleich-
artigen Zellen desselben Schnittes Korngröße und Dichtigkeit
des Niederschlages wechseln.
Schließlich ging ich noch in radikalerer Weise vor, um
etwaige Glykose in Lösung zu bringen. Von der Oberfläche
eines durchspülten und entschälten Zweigstückchens wurden
teils ganz grobe Späne, teils feinere Schnitte abgenommen
und in reichlicher Wassermenge durch eine Stunde aus -
gekocht und nachgewaschen. Die jetzt wohl zweifellos zucker-
freien Partikeln wurden in der Eprouvette der Fehling'schen
Probe unterworfen, wobei sie eine Viertelstunde lang in der
Lösung gekocht wurden. Das Ergebnis übertraf meine Er-
wartungen. Die Späne reduzierten schon makroskopisch
schwach aber deutlich die Fehling'sche Lösung. Ausgekochte
Schnitte auf dem Objektträger in gleicher Weise behandelt -
sie wurden auf dem Wasserbade ebensolange erhitzt
zeigten einen kräftigen Niederschlag im Lumen der toten und
plasmaführenden Zellen. Zum Teil war der Kupferniederschlag
feinkörnig, zum Teil auffallend durch die Ausbildung schöner
Krystalle und Kry Stallaggregate.
Das Ergebnis war dasselbe, wenn Sägespäne aus einem
trockenen Fichtenholz es wurde ein altes Fichtenbrett
benützt - - vor Durchführung der Reaktion stundenlang mit
reichlicher Wassermenge ausgekocht wurden. Kocht man die
Späne im Reaktionsgemische, so ist die Kupferreduktion
schon makrochemisch deutlich nachweisbar.
Damit ist wohl der Beweis erbracht, daß die
Reduktion der Fehling'schen Probe in den toten
Elementen des Holzes der Hauptsache nach nie in
Bemerkungen über Fischer's »Gefäßglykose«. 225
auf Glykose und überhaupt nicht auf im »Rohsaft e>
gelöste Substanzen zurückgeführt werden kann.
Die von Alfred Fischer schon in seiner ersten Veröffent-
lichung über unseren Gegenstand zugegebene Möglichkeit, daß
die Reduktion höchstens auf einen unbekannten • Stoff zurück-
geführt werden könnte, trifft somit wider Erwarten zu, wenigstens
insoferne als es sich um die Wirkung eines bisher noch
nicht identifizierten Stoffes handelt. Daß Harze und Gerb-
stoffe nicht in Betracht kommen, hat bereits Fischer selbst
dargetan und geht schon daraus hervor, daß die reduzierende
Wirkung trotz Kochens in Wasser und Alkohol erhalten bleibt.
Die Reduktionswirkung kann jedenfalls nur durch in
Wasser und Alkohol schwer lösliche Inhaltsstoffe oder durch
die Membran selbst bedingt sein. Insoferne die Oxydulnieder-
schläge lokalisiert in den toten Elementen der Wasserbahnen
auftreten, wird man sich für die zweite Eventualität entscheiden
müssen. Ein Gleiches gilt für die inhaltsleeren Holzfasern-
Ob auch die Membranen lebender Zellen eine reduzierende
Wirkung ausüben können, läßt sich dagegen nicht mit gleicher
Sicherheit behaupten. Die Gesamtheit des Zellinhaltes können
wir nur durch energisch wirkende Agentien entfernen, wobei
die Membranen eine derartige Veränderung erfahren könnten,
daß sie erst infolge dieser Einwirkung eine reduzierende
Wirkung äußern.1
Wenn wir die Zellmembran für die Reduktion der Fehling-
sehen Lösung verantwortlich machen, so könnte zunächst
daran gedacht werden, daß durch das Kochen mit Lauge ein
reduzierender Zucker abgespalten wird. Gegen eine etwaige
hydrolytische Abspaltung eines Zuckers aus der Zellulose
sprechen aber andere Erfahrungen. Wenigstens wurde be-
obachtet, daß Baumwollzellulose bei Behandlung mit Laugen
unter Druck zwar in beträchtlichem Maße gelöst wurde, doch
gab die Lösung keine Reaktion mit Fehling. Es ist zu
betonen, daß anscheinend keine Zucker gebildet werden; wenn
also Alkalien eine Hydrolyse bewirken, so führt diese nicht
wie bei Verwendung von Säuren bis zu Zuckern (Schwalbe,
1 So wirkt z.B. Sulfitzellulose reduzierend Schwalbe, p. 574).
226 K. L i n s b a u e r ,
p. 49). Möglich wäre es jedoch, daß durch die Einwirkung
heißer Lauge bei Luftzutritt eine teilweise Oxydation der
Zellulose erfolgt unter Bildung von Stoffen, die der Oxyzellulose
nahestehen, welche bekanntlich Fehling reduzieren. Ob aber
die doch verhältnismäßig kurze Kochdauer zu einer ent-
sprechenden Oxydation hinreicht, ist zweifelhaft.
Es ist jedenfalls auffällig, daß so häufig gerade die
Mittellamelle einen lokalisierten Oxydulniederschlag zeigt, also
jener Anteil, der am stärksten vernolzt ist (Wislicenus 1909).
Daß aber diese Reaktion nicht auf das Czapek'sche -HadromaL
zurückgeht, also auf jenen Komplex, den wir für den Eintritt
der Phloroglucinsalzsäurereaktion verantwortlich machen,
dafür spricht schon der Umstand, daß durchaus nicht alle
verholzten Membranen reduzierend wirken, wie schon aus den
Beobachtungen Fischer's hervorgeht, der z. B. das Ausbleiben
der Reduktion in den Gefäßen der krautigen Pflanzen betont..
Ferner nimmt das Reduktionsvermögen des Holzes durch
andauerndes Kochen mit njtQ KOH ersichtlich ab, während
die »Holzreaktion augenscheinlich dabei ungeschwächt
erhalten bleibt.
Es scheint mir daher wahrscheinlicher, daß die reduzierende
Wirkung auf vorliegende Zellulosemodifikationen zurück-
zuführen ist. Für die Ligno-, Oxy- und Hydrozellulosen ist
ja ein mehr oder minder kräftiges Reduktionsvermögen der
Fehling'schen Lösung bezeichnend.
Da die chemische Charakteristik der Zellulosen nicht
immer zur sicheren makrochemischen Unterscheidung ausreicht,
so ist eine mikrochemische Untersuchung von vornherein
wenig Erfolg versprechend, umsoweniger als die Reduktion
auch auf verschiedenen nebeneinander befindlichen Membran-
stoffen beruhen kann.1
Die Zurückführung des Kupferoxydulniederschlages auf
eine reduzierend wirkende Membransubstanz macht manche
Angaben Adolf Fischer's verständlich. Vor allem erklärt sich
jetzt d'e von ihm für notwendig erachtete lange Kochdauer
bei Ausführung der Reaktion. Die reduzierende Wirkung der
1 Wobei natürlich auch an Pentosen zu denken wäre.
Bemerkungen über Fischet's »Gefäßglykose«. 227
oben genannten Zellulosen stellt sich immer erst nach längerem
Kochen ein, während Glykosen sofort reduzieren. Verständlich
ist es jetzt auch, daß in Elementen, die mit der Wasser-
leitung gar nichts zu tun haben, die Holzfasern und tote
Markzellen oder Gefäße, die durch Verstopfung an der Wasser-
leitung verhindert sind, nichtsdestoweniger »Gefäßglykose
enthalten können. Daß reduzierende Zellulosen nicht überall
vorhanden sein müssen oder erst in älteren Zellen gebildet
werden können, erklärt vielleicht auch das abweichende
Verhalten krautiger Pflanzen und einjähriger Triebe.
Wenn wir die in den toten Elementen des Holzes auf-
tretende Reduktion von Fehling auf die reduzierende Wirkung
der Zellmembranen zurückführen, so bedürfen aber die Be-
obachtungen der jahreszeitlichen Veränderungen in der Stärke
des Oxydulniederschlages einer Aufklärung.
Sehr beträchtlich sind sie offenbar überhaupt nicht.
Die quantitativen Beobachtungen beruhen natürlich nur auf
Schätzungen. Notter, der die jahreszeitlichen Veränderungen
im Gehalt an » Gefäßglykose •< graphisch wiedergibt, äußert
sich über die eingeschlagene Methode folgendermaßen: »Für
die Stärke des Kupferoxydulniederschlages stellte ich auch
12 Typen auf, die hinsichtlich Genauigkeit mit den Mängeln
aller solcher Bestimmungen behaftet sind, für vorliegende
Untersuchungen aber ihren Zweck erfüllen. ■< (p. 18.) Bedenkt
man aber, daß der Niederschlag bezüglich Dichtigkeit und
Korngröße sogar in Elementen desselben Schnittes je nach den
Reaktionsbedingungen, die man nicht immer in der Hand hat,
verschieden ist, dann wird man den Wert solcher Schätzungen
sehr gering anschlagen und Schätzungsfehler um eine
ganze Anzahl von Einheiten sind durchaus möglich. Immerhin
stehen aber Notter's Befunde doch mit den viel vorsichtiger
gehaltenen Angaben Alfred Fischer's bis zu einem gewissen
Grade im Einklänge; eine Veränderung in der Stärke des
Oxydulniederschlages ist danach offenbar tatsächlich zu
konstatieren.
Daß das Reduktionsvermögen der Membran eine Ver-
änderung erfahren sollte, ist kaum anzunehmen; die Erklärung
ist meines Erachtens viel einfacher: Daß Zucker unter Um-
228 K. Linsba u e r ,
ständen mit dem Saftstrome mitgeführt wird, erscheint zweifel-
los; die Ringelungsversuche und insbesondere die Analysen
des Blutungswassers sprechen eine zu deutliche Sprache,
Meines Erachtens haben nur Alfred Fischer und seine Nach-
folger darin geirrt, daß sie den gesamten Oxydulniederschlag
auf Rechnung der Glykose setzten, während ein Teil, wahr-
scheinlich sogar der größere, auf die reduzierende Wirkung
der Membran zurückzuführen ist. Halten wir uns an die
Äußerung von Alfred Fischer (III, p. 86): »Soweit eine Ab-
schätzung es gestattet, darf wohl behauptet werden, daß im
Frühjahre, von Anfang April bis Ende Mai, die toten Elemente
des Holzes am glykosereichsten sind,«1 Die Steigerung des
Oxydulniederschlages ist unserer Meinung nach auf das tat-
sächliche Auftreten von Zucker im »Rohsaft« zurückzuführen,
was mit unseren übrigen Erfahrungen im Einklänge steht.
Was aber wieder zweifelhaft geworden ist, ist die Behauptung,
daß die Wasserbahnen das ganze Jahr über Glykose führen.
Jedenfalls sind die bisherigen Angaben über das
quantitative Auftreten der Glykose in den Wasser-
leitungsbahnen und die daraus gezogenen Schlüsse
nur unsicher begründet, da Glykose und andere die
Reduktion bedingende Stoffe nicht genügend aus-
einandergehalten wurden, so daß die Glykose-Frage
einer erneuten kritischen Untersuchung dringend
bedürftig wäre.
Zusammenfassung1.
1. Die nach der Methode Alfred Fischer's erzielbare
Reduktion der Fehling'schen Lösung in den toten Elementen,
speziell den Gefäßen des Holzkörpers ist, wenigstens der
Hauptsache nach, nicht auf Glykose oder einen anderen
gelösten reduzierenden Zucker zurückzuführen.
2. Der Kupferoxydulniederschlag, der unter diesen Urn-
ständen teils im Zellumen, teils in der Membran selbst zur
Abscheidung gelangt, ist vielmehr ausschließlich oder vor-
1 Diese Beobachtung wird auch von Notter bestätigt (p. 31), hingegen
scheint mir bezüglich des zweiten von Xotter gefundenen Maximums im
Herbste eine Nachprüfung dringend wünschenswert.
Bemerkungen über Fischer's »Gefäßgrykose«. 229
-wiegend aut die reduzierende Wirkung der Membran, wahr-
scheinlich bestimmter Zellulosemodifikationen, zurückzuführen;
dadurch findet auch die scheinbare Glykosespeicherung in
Libriformfasern und den an der Wasserleitung nicht mehr
beteiligten Gefäßen ihre ungezwungene Erklärung.
Literaturübersicht.
F. Allihn, »Über den Verzuckerungsprozeß bei der Einwirkung ver-
dünnter Ho SO j auf Stärkemehl, bei höherer Temperatur.« Journ. f. prakt.
Chem. X. F. Bd. 22. 1880, p. 46.
Fr. Czapek. Biochemie der Pflanzen, II. Aufl., Jena 1913.
Alfred Fischer, I. Neue Beobachtungen über Stärke in den Gefäßen
Berichte d. deutsch, bot. Ges., Bd. 4, 1886, p. XCVII.
— II. Glykose als Reservestoff der Laubhölzer. Botan. Zeitung,
ßd. 46, 188S, p. 405.
— III. Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse. Jahrb. f. wis-.
Bot., Bd. 22, 1891, p. 73.
G. Haberland t, Physiologische Pflanzenanatomie, I. Aufl., Leipzig 1884.
Th. H artig, I. Über die Bewegung des Saftes in den Holzpflanzen
Bot. Ztg. 1858, p. 33S.
— IL Lehrbuch der Anat. u. Phys. der Holzpflanzen.
R. Hornberger, Beobachtungen über den Frühjahrssaft der Birke
und Hainbuche. Forstliche Blätter 1887. - - Ref. im Bot. Ctrbl., Bd. 33,
P. 227.
B. Lidfurss, Über die Wirkungssphäre der Glykose- und Gerbstoff-
reagentien. Acta Universitatis Lundensis, T. 28, 1891 92, p. 1.
A. Meyer, Mikrochemische Reaktion zum Nachweis der reduzierenden
Zuckerarten. Ber. d. deutsch, bot. Ges., Bd. 3, 1885, p. 332.
C. Xotter, Beitrag zur Physiologie d. Holzgewächse. In. Diss., Heidel-
berg 1903.
J. Sachs, Über die Leitung der plastischen Stoffe durch verschiedene
Gewebsformen. Flora, Bd. 46, 1863.
J. Schröder, Beitr. z. Kenntnis der Frühjahrsperiode d. Ahorns,
Acer platanoides. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 7, 1869 70. p. 261.
P. Schulz, Das Markstrahlgewebe und seine Beziehungen zu den
leitenden Elementen des Holzes. Jahrb. d. bot. Gartens zu Berlin, Bd. 11,
1883, p. 230.
C. G. Schwalbe, Die Chemie der Zellulose, Berlin, Bornträger 1911.
E. Strasburger, Über den Bau und die Verrichtungen d. Leitungs-
bahnen in den Pflanzen. (Histologische Beiträge III.) Jena 1891, p. 877.
O. Tunmann, Pflanzenmikrochemie, Berlin 1913.
11. Wislicenus, Tharandter forstl. Jahrb., Bd. Üü, 1909, p. 313.
231
Über das Vorkommen
von kohlensaurem Kalk in einer Gruppe
von Schwefelbakterien
Von
Egon Bersa
(Mit 1 Tafel und 2 Textfiguren)
Aus dem Pflanzenphysiologischen Institute der Universität Graz
(Vorgelegt in der Sitzung am 22. April 1920)
Gelegentlich der Durchmusterung von Schlammproben aus
dem Bassin des botanischen Gartens entdeckte J. G i c k 1 h o r n
(1920) einige bisher noch nicht bekannte, einzellige, farblose
Schwefelbakterien. Besonders reichlich und beständig kamen drei
Formen vor : Achromati um oxaliferum Schewia-
k o f f, Microspira v a c i 1 1 a n s G i c k 1 h o r n und Pseudo-
monas h y a 1 i n a G i c k 1 h o r n.
An diesen, alle anderen Bakterien an Größe überragenden
Organismen lag es nahe, der Frage nach dem Vorhandensein
eines Kernes bei den Bakterien mit den neuen Untersuchungs-
methoden, wie sie von Arthur Mayer (1912) ausgearbeitet
wurden, näherzutreten. Doch schon bei den ersten Versuchen
die Zelle von ihren Inhaltskörpern zu befreien, sah ich mich
veranlaßt, auch die Mikrochemie derselben zu berücksichtigen.
Gleichzeitig stellte sich heraus, daß die zunächst als Schwefel
angesprochenen Inhaltskörper von Achrom a t i u m zum
größten Teil gar nicht aus Schwefel bestanden und daß
Microspira v a c i 1 1 a n s und Pseudomonas h y a 1 i n a
sich ebenso verhielten. Die letzteren wurden daher in die
232 E. Berst,
Untersuchung miteinbezogen. Da ich mich vor allem auf die
Untersuchung von A c h r o m a t i u m einschränkte, ergab sich
im Verlaufe der Arbeit folgende Gliederung:
1. Morphologie, Cytologie (Systematik). 2. Mikrochemie
(Inhaltskörper). 3. Allgemeines, in welchem einige physio-
logische Fragen erörtert werden sollen.
I. Morphologie, Cytologie.
Unser Organismus ist dreimal beschrieben worden.
Als Achromatium oxaliferum Schewiakoff (1893). Modderula Hartwigi
Frenze! (1897). Hillhousia mirabilis West & Griffiths (1909).
Schon Lauterborn (1898), der den Organismus zuerst gefunden
hatte, um ihn Schewiakoff zu überlassen, betont ausdrücklich, daß
,M o d d e r u 1 a Frenze! dasselbe ist wie A chromati u m S c h e \v i a-
koff. Fundort. Gestalt, Größenverhältnisse, Fortpflanzungsweise. Bewegungs-
art sind genau dieselben. West & Griffiths haben 1909 die Arbeit
Schewiakoffs wahrscheinlich übersehen. Erst 1913 geben sie eine
vergleichende Zusammenstellung der »Unterschiede« zwischen Achroma-
t i u m und H i 1 1 h o u s i a. Diese sind nun folgende :
Achromatium. Hillhousia.
1. Unterscheidung einer peri- 1. Es ist nur ein gleichmäßig
yheren Alveolarschichte und eines gebautes, großmaschiges, proto-
großmaschigen Zentralkörpers. plasmatisches Netzwerk vorhanden.
2. Ansehnliche rötliche ('hm- 2. Durch Färbung ist Chromatin
matinkörner in den Kanten des nicht bestimmt zu erkennen, wohl
Netzwerkes des Zentralkörpers. aber kleine Körnchen, die möglicher-
weise aus Chromatin bestehen.
3. Die Inhaltskörper der Vaku- 3. Die Inhaltskörper bestehen
ölen bestehen aus Calciumoxalat aus Calciumkarbonat.
4. Kein Schwefel vorhanden. 4. Stark lichtbrechende, rötliche
Schwefeltropfen im Protoplasmanetz.
5. Größe: 29 ;0< 15 ;i. im Mittel. 5. Größe:
H. mirabilis: 60 ij. X 26 \>.
H. palustris ; 25 ;i. >< 14 !'•
Die Unterschiede sind auf den ersten Blick ziemlich bedeutend. Wenn
man aber Abbildungen und Beschreibung der beiden Autoren kritisch ver-
gleicht, so merkt man bald, daß sie dasselbe Bild gesehen, aber verschieden
gedeutet haben. Richtig haben nur West & Griffiths in ihrer zweiten
Arbeit (1913) beobachtet. Die rötlichen Körner, die Schewiakoff als
Chromatin gedeutet hat, sind (wenigstens zum Teil nichts anderes als die
Schwefeltröpfchen, die im Protoplasma liegen und sich ohne weiteres heraus-
lösen lassen. Durch die starke Interferenz können sie einen rötlichen Glanz
vortäuschen, so dal.» man. besonders wenn das rot "der violett gefärbte
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 233
Plasma durchscheint, der Meinung sein kann, sie seien intensiv' rot gefärbt.
Ebenso unrichtig hat er die chemische Zusammensetzung der [nhaltskörper
gedeutet.1 Denselben Fehler begehen nach ihm auch noch V i r i e u x (1913),
Massart (1901) und Nadson (1913); Nach West & Griffiths
(1913, p. 89) hätten V i r i e u x und Mass a r t Hill h o usia vor sich
gehabt und nicht A c h ro m atiu m. weil sie Schwefeltröpfchen fanden und
keine Alveolarschichte feststellen konnten. Sie setzen sich aber ohne weiteres
darüber hinweg, daß Virieux und Massart kein Calciumkarbonat
finden, sondern die Angabe Sehe w i a k o f fs bestätigen. Die Alveolarschichte
hat Schewiakoff, zweifellos beeinflußt durch die Ideen B ü t s c h 1 i's,
zu sehen geglaubt und davon den großmaschigen Protoplasten als Zentral-
körper unterschieden.
Von Arten wurden beschrieben :
A. oxaliferum S c h e w i a k o ff I 1893) Länge 15—43 p Breite 9—22 p
(Massart 1901) 30 p. 20 p.
M. Hartwigi Fr e n z e 1 (1897) - 30- 50 p. » 9— 12 p
H. mirabilis West & G r i \' f i t h s
(1909) >■ 42— 86 p. 20 33 p
H. palustris W est & Griffiths
(1913) 25 p 14-r.
A. gigas N a d s o n (1913) » bis 102 p
Ich habe nun im Laufe eines halben Jahres Gelegenheit
gehabt, ein reiches Material zu durchmustern, konnte aber nie
zwei oder mehrere in einer Form oder Größe konstant ab-
weichende Arten rinden. Ich kann nur. wie schon Schewia-
koff betont hat, ungemein starke Schwankungen in den
Größenverhältnissen feststellen. Die kleinsten Zellen waren
fast kugelrund und maßen kaum 9 ;j. im Durchmesser, während
die größte von mir beobachtete 75fiX25(x maß. Im Mittel
maßen die Zellen 30 — 40 [O lo lSa. Solche Maße beziehen
sich auf lebende Zellen, die nicht in Teilung begriffen sind.
Da solche in der Größe stark schwankende Zellen zur selben
Zeit und oft im selben Präparat vorkommen, so können nur
auf Grund von Größenunterschieden verschiedene Arten nicht
aufgestellt werden, so daß ich das mir vorliegende A Chro-
mat ium für eine einzige Art betrachte und die bis jetzt
beschriebenen Arten zu A c h r o m atiu m o x a 1 i f e r u m
S c h e wi a k o ff gehörig halte. Sicherere Unterscheidungs-
1 Siehe auch die Fußnote p. 24o.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I. 129. Bd. IG
234 E. Be rsa,
merkmale ließen sich wahrscheinlich nur aus Reinkulturen
gewinnen.
Achromati um ist wohl sehr weit verbreitet. Um ein Bild von der
Verbreitung zu geben, führe ich einige Fundorte an: Neuhofer Altrhein (Schew.,
Lauterb.), Rheinpfalz (Lauterb., p. 96), Müggelsee bei Berlin (Frenzel), Jura-
seen (Virieux), Böhmen, Wien (Molisch), Graz (Gicklhorn). Großbritannien
an mehreren Stellen (West & Griffiths 1913), Hapsaler Meerbusen (Xadson)r
Namaqualand, S. -Afrika (West & Griffiths). Achromati um hält sich
an der Oberfläche des Faulschlammes von Sümpfen und Teichen auf;
Orte, an denen reichlich organische Substanzen verwesen und H.,S ent-
wickeln. Auffallend ist das Auftreten im Brackwasser des Hapsaler Meer-
busens, was darauf hindeuten würde, daß es auch Meerwasser bis zu einem
gewissen Grade vertragen kann. Möglicherweise sind auch die »Beggiatoen-
keime« C o h n's (1887) und W a r m i n g's (1S76) zu A ehr o m a t i u m zu
zählen, da ja das Vorkommen im Hapsaler Meerbusen ein Auftreten an der
Nordküste Deutschlands nicht unwahrscheinlich macht.
Die Zellen sind meist langgestreckt, zylindrisch, mit regel-
mäßig abgerundeten Enden, seltener kugelig oder oval (vgl.
Fig. 1 der Tafel). Meist sind sie von stark lichtbrechenden,
1 — 10 jx großen, mehr weniger abgerundeten Inhaltskörpern
vollständig erfüllt (Fig. 11 der Tafel). Diese Inhaltskörper
verhindern den Einblick in den inneren Aufbau der Zelle; man
erkennt nur einen hellen Saum mit einer scharfen Kontur, das
randständige Protoplasma mit der Membran. Zellen, die aus
irgendeinem Grunde weniger Inhaltskörper enthalten, lassen
den Bau des Protoplasten besser erkennen. Schon der lebende
Organismus zeigt da ein großwabig gebautes Plasma, weiches-
gleichmäßig die ganze Zelle erfüllt und in dessen Strängen
und Kanten man kleine, bis etwa 2 <i. große, stark licht-
brechende runde Körnchen oder Tröpfchen bemerkt, während
die von den Wabenwänden umschlossenen Vakuolen leer sind,
oder ein bis mehrere Körnchen von verschiedener Größe
und Gestalt einschließen, die so groß sind, daß sie die ganze
Vakuole ausfüllen und letztere sich in der Form diesen
Inhaltskörpern anpassen . muß. Manchmal sind die Körner
aber kleiner und zeigen dann oft eine deutlich eckige Gestalt
( Fig. 1 1 der Tafel). Solche Körner können sich, wenn sie
nicht zu groß sind, in ausgesprochener Molekularbewegung
befinden, ein Beweis dafür, daß sie frei in der Vakuole liegen
und ihre eckige Gestalt ihrer festen Beschaffenheit verdanken.
Kohlensaurer Kall; in Schwefelbakterien. !_ü>.)
In selteneren Fällen, unter ungünstigen Lebensbedingungen,
trifft man Achromatien ohne Inhaltskörper an, wohl sind aber
meist die stark lichtbrechenden Tröpfchen im Protoplasma-
netz zu finden. Diese sind mehr an der Peripherie der Zelle
gelagert, gegen das Zentrum zu spärlicher werdend. Ganz
inhaltsleere Zellen sind wohl abgestorben, was sich oft
auch durch eingetretene Veränderungen im Protoplasma,
Schrumpfungen etc. verrät. An solchen inhaltsarmen, lebenden
Zellen läßt sich der wabige Bau des Protoplasten gut be-
obachten und zugleich feststellen, daß die in den fixierten
Achromatien sichtbaren Strukturen mit denen in den lebenden
Zellen durchaus übereinstimmen. Von einer Alveolarschichte
im Sinne B ü t s c h 1 i's ist keine Spur zu sehen, trotz der
Angaben von Schewiakoff, daß sie nur am lebenden
Objekt an sehr günstigen Stellen zu sehen seien.
Auch an vorsichtig fixierten Objekten ist ebenfalls von einer
Alveolarschichte, trotz Beobachtung mit starken Immersionen, nicht
das mindeste w a h r z u n e h m e n. Allerdings muß man beim Fixieren
vorsichtig vorgehen. Denn jene Fixierungsflüssigkeiten, welche starke Säuren
enthalten, können bei plötzlichem Zusätze die Zelle stark beschädigen.
iders das zarte Wabengerüst leidet darunter. Wenn nämlich die Inhalts-
körper zu rasch herausgelöst werden, so bewirkt der Lösungsvorgang starke
Diffusionsströme, teilweise auch Gasentwicklung, was die Wabenwände zer-
reißt, das ursprüngliche Bild des Protoplasmanetzes stört und zu Täuschungen
Anlaß geben kann. Auf solche Vorgänge haben schon Sehe w i ak o f f und
West & Griffiths aufmerksam gemacht. Durch das Zerreißen der
peripheren Waben und nachheriges Kollabieren der zentralen Wabenwände
kann eine dichtere Protoplasmamasse im Zentrum vorgetäuscht werden, die,
wenn sie auch nicht als Kern angesehen wird, immerhin einem Zentral-
körper ähnlich sehen kann. Besonders wahrnehmbar sind diese Zerreißungen,
wenn man seitlich am Präparat etwas Säure zusetzt. Durch Diffusion dringt
diese bald ein, die Inhaltskörper beginnen sich zu lösen und gleiten durch
die zerrissenen Waben hin und her. Am besten fixiert man daher mit
Flüssigkeiten, die die Inhaltskörper nur sehr langsam angreifen, während
das Protoplasma gehärtet wird. So: 1% Osmiumsäure. Formol 40°/0 und
schwächer), wässerige Pikrinsäure. West & Griffiths empfehlen auch
3 Teile Alkohol und 1 Teil Fssigsäure.
Die Zellwand ist innen von einer d ü n n e n, g 1 e i c h-
mäßig starken Prot o p lasmaschichte ausgekleide t. Eine
Struktur in der Rindenschichte, wie sie Sehe w i a k o il beschreibt, konnte
ich nicht entdecken. Er sagt zwar: (p. 53 -Ich muH zugeben, daß die be-
schriebene Struktur der Rindenschicht nicht an allen, sondern nur an einigen
236
wenigen lebenden Achromatien zu sehen war und erst an fixierten Exem-
plaren mit Deutlichkeit hervortrat.... Im lebenden Zustande muß nämlich
eine ganz minimale Differenz im Lichtbrechungsvermögen der Wabenwände
und des Wabeninhaltes der Rindenschichte bestehen, weshalb auch von
den Strukturverhältnissen derselben so gut wie nichts wahrzunehmen ist und
die Rindenschicht meist homogen erscheint. Wird aber bei der Fixierung
dieses annähernd vorhandene Gleichgewicht im optischen Verhalten auf-
gehoben, so kommen die feineren Strukturverhältnisse zum Vorschein. Sie
werden demnach nicht künstlich etwa durch Plasmolyse erzeugt, wie es
Fischer meint, sondern bloß wahrnehmbar oder deutlich gemacht.» Aber
auch alle späteren Untersucher haben davon nichts wahrgenommen. Selbst
V i r i e u x und \V est, die das A c h r o m a t i u m ziemlich genau cytologisch,
besonders färbetechnisch untersucht haben, fanden nichts dergleichen, so
daß es sich bei Schewiakoff entweder um postmortal entstandene
Strukturen handelt, oder um ein Vorurteil bei der Beobachtung. Bei vor-
sichtigem Töten, beim Durchsaugen von Farbstofflösungen oderKonservierungs-
Hüssigkeiten unter dem Deckglase treten fast regelmäßig bei den meisten
Zellen Schrumpfungen ein. die man durch ( 'bertragen in Wasser wieder
rückgängig machen kann. Daß .dabei die Struktur des Protoplasten mehr
oder weniger leidet, ist klar.
Außerdem ist bei keiner echten Bakterie bis jetzt eine
Alveolarschichte nachgewiesen worden (Meyer A., 1912, p. 35 f.
und 78 f.). Von den Bakterien sind bis jetzt die wenigsten genau
daraufhin untersucht, auch ist die systematische Stellung
unseres Organismus vorläufig noch zweifelhaft.
An das wandständige Plasma setzt sich sofort das grob-
vakuolige zentrale Plasma an (Fig. 5 der Tafel). Diese Waben
sind überall ziemlich gleichmäßig gebaut, nehmen aber
gegen die Mitte zu etwas an Größe ab und können bei
einzelnen Exemplaren im Zentrum etwas dichter gelagert sein,
so den Eindruck eines Zentralkörpers hervorrufend (Fig. 7
der Tafel). Ein Kern ist nicht vorhanden. Bei Färbungen mit
den gewöhnlichen Kernfarbstoffen ist, mit Ausnahme einer
leichten Färbung des feinkörnigen Protoplasten, nicht viel zu
erkennen. In den Maschen, hauptsächlich in den Kanten und
Ecken findet man hie und da zerstreut etwas stärker färbbare
Körnchen von sehr verschiedener Grösse, meist sehr klein und
undeutlich. Sie sind auch mit Formol-Fuchsin nach A. Meyer
(1912, p. 73) sichtbar zu machen und treten anscheinend
in jeder Zelle ziemlich beständig auf, wie auch Virieux
sowie auch West & Griffiths (1913) konstatieren konnten.
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 237
Letztere haben auch einige mikrochemische Reaktionen versucht, um
sich zu überzeugen, ob diese Körnchen aus Nukleoproteiden bestehen. Nach
ihnen (1009. p. 402) werden diese Körnchen von konzentriertem NaoCO:!,
zehnprozentiger NaCl-Lösung, sowie fünfproz entiger KOH zum größten Teil
herausgelöst, wahrend angesäuertes Pepsin-Glyzerin die Körnchen nicht
angreift und nur das protoplasmatische Netzwerk zerstört. Aus diesen Re-
aktionen schließen sie »that a considerable proportion of the granules present
in the general protoplasmic network consist of nucleo-proteids« ( 1009, p. 403).
Hinen weiteren Beweis für das Vorhandensein von Xukleo-proteiden wollen
die Verfasser durch den Nachweis von Phosphor in der Asche der Zelle
bringen.
Aus dem vorstehenden können wir entnehmen, daß das
V< »rhandensein einer echten chromati s c hen S u b-
stanz sehr z w eif elh a f t ist. Die aufgefundenen färbbaren
Körnchen bestellen zwar anscheinend aus Xukleo-proteiden,
nehmen auch teilweise Kernfarbstoffe an, zeigen aber doch
nicht den ausgesprochenen Charakter des Chromatins der
echten Zellkerne. Es handelt sich auch wahrscheinlich nicht
um A. Mayer'sche Bakterienkerne, denn diese haben doch
eine bestimmte konstante Größe und charakteristische Farben-
reaktion. Weitere Untersuchungen werden noch Aufschluß
bringen können, besonders wenn man die nächstverwandten
Bakterien mitberücksichtigt.
Der Protoplast ist von einer im lebenden Zustande nicht
immer deutlich sichtbaren M e m b ran umgeben. Sie ist farblos,
glatt, strukturlos, und an fixierten Objekten deutlich doppelt
konturiert. Sie läßt sich durch Zerdrücken der Zellen leicht
isolieren und so bequem untersuchen. Sie scheint ziemlich
derb zu sein, nimmt Anilinfarbstoffe leicht auf, färbt sich
intensiv, bevor der Farbstoff noch in die Zelle gedrungen ist.
Eine punkt- oder netzförmige Struktur, wie sie S c h e w i a k o f f
(p. 50 und Fig. 11) beschreibt, ist nicht zu sehen. Gegen
chemische Agentien ist sie ziemlich widerstandsfähig, wird
von fast allen Substanzen, die ich bei den später beschriebenen
mikrochemischen Reaktionen anwendete, nicht angegriffen und
ist gegen viele (z. B. Glyeerin) sehr schwer durchlässig.
Schon West & Griffiths und Schewiakoff haben fest-
gestellt, daß die Membran nicht aus Zellulose besteht. Alle diesbezüglichen
Reaktionen versagen. Mit Jod färbt sie sich leicht gelb bis bräunlich und
bleibt auch in Kupfcroxydammoniak, selbst bei längerer Einwirkung, unver-
238 E. Bersa,
ändert. Dasselbe ist auch in" schwacher Kalilauge der Fall. In konzentrierter
Kalilauge löst sich die Membran langsam. Viel rascher in konzentrierter
H9SO4, die überhaupt die ganze Zelle rasch zerstört. Langsam aber sicher
wird die ganze Zelle auch von starker Chromsäure angegriffen und ganz
aufgelöst. Bevor sich die .Membran lost, quillt sie in H9SO4 rasch' auf
und hebt sich auch öfters von den gleichzeitig schrumpfenden Protoplasten
ab. Lamellöse Struktur (West & Griff iths 1900, p. 401 f., Fig. 13, 14)
ist nicht vorhanden. Was die Autoren dafür halten, ist ihnen durch die
gequollene Schleimhülle (siehe weiter unten) vorgetäuscht worden. Die
Membran durch Plasmolyse von den Protoplasten abheben zu wollen, gelingt
auf keine Weise, wenigstens an der lebenden Zelle nicht. Auch an der
toten Zelle ist dies nicht sehr leicht. Trotz ihrer großen Widerstandsfähigkeit
ist die Membran sehr weich und nachgiebig und scheint mit dem Protoplasten
innig verbunden zu sein. Daher kommt es, daß bei Anwendung von wasser-
entziehenden Mitteln die ganze Zelle schrumpft, durch zahlreiche Einbuchtungen
die Form ganz verliert. Nur bei Anwendung von Mitteln, die auch kräftig
zerstörend wirken, gelingt es den Protoplasten von der Membran abzuheben.
So mit konzentrierter 11. .SO,, oder mit konzentrierter wässeriger Karbi
säurelösung. Bevor die Membran und die Schleimhülle stark quellen, schrumpft
der Protoplast oft zu einem formlosen Klumpen zusammen, sieh dabei mehr
oder weniger vol von der Membran abhebend. So kann man sich
überzeugen, daß in vielen Lallen die äußerste Plasmaschichte an der Zell-
wand hängen bleibt und sich nur der innere Plasmateil durch Reißen der
äußeren Plasmalamellen kontrahiert. Oft sieht man noch (besonders mit
Karbolsäure), wie dünne Plasmafäden eine Verbindung zwischen dem zentralen
und dem wandständigen Plasma herstellen.
Ans all dem kann man wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit
schließen, daß die Membran kein selbständiges Organ darstellt,
lern nur eine äußerste, fester gewordene, aber auch
chemisch veränderte Plasmaschichte' wie sie B ü t s ch 1 i (189< >)
bei Chrom ati um Okenii nachgewiesen hat. Auch ihre
chemische Beschaffenheit scheint sich mehr derjenigen mancher
Pilze und Bakterien zu nähern.
Als äußerste Umhüllung linden wir bei Achro-
m ati um eine S ch 1 e i m s c hie h t e, die an der lebenden
Zelle nicht ohne weiteres nachzuweisen ist; ihre Lichtbrechung
ist so schwach und ihre Struktur so wenig ausgeprägt, da!.'
sie im Wasser vollständig verschwindet. Doch schon die
Leichtigke:t, mit der die Organismen an Detritusbrocken
hängen bleiben, sowie die oft zahlreichen, , an ihrer Oberfläche
haftenden Bakterien lassen vermuten, daß die Oberfläche der
Zelle zumindest sehr klebrig sein muß. In Tusche eingelegte
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien.
239
lebende Achromatien zeigen die Schleimhülle sehr deutlich.
Sie hebt sieh als scharf begrenzter, heller Hof deutlich ab,
der eine durchschnittliche Breite von 2 bis 3 \i erreicht. Seltener
trifft man auch Zellen an, deren Schleimhof kaum sichtbar
ist. Im lebenden Zustande anscheinend hyalin, erkennt man
erst bei Behandlung mit gewissen Reagenzien die wahre
Struktur. Mit H2S04 oder wässeriger Karbolsäurelösung läßt
sic:i die lamellöse Struktur andeutungsweise sichtbar machen
(Textfig. 1). Die Schleimschichte quillt stark auf, erreicht ofl
in ihrer Breite ein Drittel des Zellendurehmessers und zeigt
sich mehr oder weniger geschichtet.1
Man findet regelmäßig bei fixierten Achromatien auch
solche, deren Schleimhülle zerrissen und von der Zelle ab-
gelöst ist, was auf losen Zusammen-
hang hindeutet und daß der Schleim
von der Zelle durch die Membran
hindurch ausgeschieden wird. Läßt
man die lebende Zelle in Tusche
längere Zeit liegen, so kann man nach
einiger Zeit bemerken, wie an ein-
zelnen Zellen (durchaus nicht an allen)
der Schleim ziemlich rasch aufquillt,
meist bis zu doppelter und dreifacher
Stärke, dadurch weniger dicht und
daher auch weniger klar und durch-
sichtig wird, mit ziemlich unregel-
mäßig wolkigen Umrissen (Fig. 4 der
Tafel). Unter diesem Schleim kann
nach einiger Zeit (zirka 15 Minuten; an der lebenden Zelle
eine neue, scharf und klar begrenzte Schleimschichte erscheinen,
die zuerst sehr schmal, allmählich an Breite zunimmt, bis sie
Textfig. 1.
Mit 50 0 Karbolsäure!'
behandelte Zelle. Schleim-
hülle gequollen. Vergr.
zirka 800.
r) Diese gequollenen Schichten haben West .Sc Griffiths fälschlich
der Membran zugesprochen, da sie den Schleimhof übersahen oder falsch
deuteten. Sie sprachen der .Membran nur eine klebrige Außenseite zu, hervor-
gerufen durch kleine Mengen ausgeschiedenen Schleimes (small amount of
mueus. 1913, p. 83). Nur Schewiakoff hat die Schleimschichte gesehen
und als solche erkannt, ihr konstantes Vorkommen aber wohl übersehen
und daher weiter nicht beachtet.
240 K. Bersa.
eine Dicke von 1 bis '1 ;j. erreicht hat, ein Vorgang, der sehr
charakteristisch und nicht zu übersehen ist.1
Beobachtet man die lebenden Achromatien im üunkelfelde,
so ist die Schleimschichte nur als heller Schein undeutlich
wahrzunehmen. Diese Erscheinung ähnelt sehr dem an peritrich
gegeißelten Bakterien sichtbaren »Heiligenschein«.
Nur dadurch läßt sich der Irrtum von West & Griffiths
erklären, die einen begeißelten Organismus vor sich zu haben glaubten.
Unerklärlich ist mir auch ihre Angabe, daß bei Fixierung mit 5" ,, Karbol-
säure sowie mit 4<><>() Formalin die durch das Absterben in Ruhe kommenden
Zilien leicht zu sehen seien. Ich lasse die betreffende Stelle hier teilweise
folgen ( 1909, p. :>'.»;» : »T h e o rg an i s m i s a peritric h o u s b a c-
t e r i li m w 1 1 Fi several hundred short c i 1 i a disposed all over
the exterior or the cell-wall. The cilia can be seen immediately on fixation
either with a 5-per-cent. carbolic acid Solution i>r vvith a 40-per-cent. for-
malin Solution. The action of these reagenfs results in a cessation of the
movements of the cilia in from 10 to 20 seconds, ditring which period many
of them are thrown äff an become disintegrated«. . .
Die Bewegung ist bis jetzt noch ganz rätselhaft.
ähnlich wie bei Oszillarien und Diatomeen sehr langsam,
schwankend, oft mehr gleitend oder rollend, unsicher tind
ruckartig. Seltener beobachtet man auch eine drehende
Bewegung um die Längsachse. Daß die Bewegung durchaus
aktiv ist und nicht durch Wasserströmungen im Präparat
hervorgerufen wird, beweist schon der Umstand, daß zufällig
dicht beieinander liegende, oder absichtlich zusammengebrachte
Achromatien gleichzeitig Bewegungen nach verschiedenen
Richtungen ausführen und sich nach einiger Zeit vollständig-
zerstreut haben. Durch kein Mittel ist es möglich, irgendwelche
Bewegungsorgane sichtbar zu machen. (Siehe auch S c h e w i a-
koff 1893, p. 47.) Doch liegt es nahe, an eine Schleim-
absonderung ähnlich der der Oszillarien zu denken.
Die Fortpflanzung geschieht durch einfache Zweiteilung, doch
nicht so, wie bei echten Bakterien. Bei den Bakterien wie bei den Eumyzeten
1 Über die Ursachen dieser Quellungserscheinung und Neubildung der
Schleimschichte mochte ich nur eine Vermutung vorbringen. Es kann
möglicherweise eine ähnliche Erscheinung sein, wie sie bei mechanischer
chemischer Reizung von mit Schleimhüllen ausgestatteten Flagellaten
eintritt, d. h., daß die Tuscheteilchen durch ihren Kontakt einen Reiz auf
die Zelle ausüben.
Kohlensaurer Kalk in Schvvefelbakterien. 24 f
»findet die Bildung der Querwand der Zellfäden succedan, die erste
Anlage der Zellwand in Ringform statt« (A. Meyer 1912, p. 96), wie
es nach B Li t s c h 1 i's Untersuchungen (1890, p. 14) l hei C h r o m at i u m
Okenii der Fall ist. Kine solche Ringbildung tritt nun bei Ac.hr o-
m a t i u m nicht auf. Die sich zur Teilung anschickenden Zellen sind durch-
schnittlich größer, langgestreckt. Die Mitte der Zelle beginnt sich allmählich
einzuschnüren; die Zelle nimmt dabei eine biskuitförmige Gestalt an (Fig. 1,
'_' und 3 der Tafel). Die beiden Hälften rücken immer mehr voneinander ab,
die Einschnürung wird immer tiefer, bis die letzte Verbindung reißt und die
neugebildeten Tochterzellen auseinanderfallen. Beobachtet man solche Stadien
in Tusche, so bemerkt man auch, wie die Schleimhülle der Zellmembran
der Einschnürung folgt, ohne irgendwelche .Schleimkapsel zu bilden, wie sie
für viele Cyanophyceen und Bakterien charakteristisch ist. Die Bewegung wird
dabei nicht eingestellt. An solchen in der Teilung schon sehr vorgeschrittenen
Achromatien kann man auch ähnliche Bildungen beobachten, wie sie von
A. Meyer [1912, p. 96) als »Plasmodesmen« bei Bakterien bezeichnet
wurden. Zwischen den beiden Hälften besteht noch längere Zeit eine proto-
plasmatische Verbindung als feiner Faden (Fig. 3 und 4 der Tafel).
Die Vermehrung geht äußerst langsam vor sich; selbst bei stunden-
oder tagelanger Beobachtung schon ziemlich vorgeschrittener Teilungszustände
sind wahrnehmbare Veränderungen nicht zu bemerken. Dies dürfte auch der
Grund sein, warum bis jetzt Kulturversuche fehlgeschlagen haben.
II. Inhaltskörper.
A c h r omatium oxalife r u m ist in lebendem Zu-
stande mehr oder weniger von Inhaltskörpern erfüllt, die haupt-
sächlich in den Vakuolen und im Plasma, welches die Wände
der Vakuolen bildet, zerstreut sind. Dasselbe gilt auch für
M i c r o s p i r a v a c i 1 1 a n s und Pseu d o m o n a s h y a 1 i n a.
Während Achromatiu m und Microspira ohne Inhalts-
körper farblos, hyalin, mit den charakteristischen großen
Vakuolen und der scharf konturierten Membran nur bei auf-
merksamer Durchmusterung des Gesichtsfeldes zu finden
sind, ist Pseu d o m onas überhaupt nicht sicher von anderen
runden färb- und inhaltslosen Bakterien zu unterscheiden
(Fig. 6 und 12 der Tafel). Die Inhaltskörper sind stark glänzend
und infolge ihrer starken Lichtbrechung fast undurchsichtig
Achromatium erscheint in durchfallendem Licht fast
: Zitiert nach Sehe \v iako
242 E. Bersa,
schwarz. Besonders bei starker Vergrößerung und bei gewisser
Beleuchtung schimmern die unteren Inhaltskörper mit einer
etwas graugrünlichen Farbe durch und erwecken den Eindruck',
als wäre der Organismus schwach gefärbt.1 An zerdrückten
Zellen erkennt man, daß weder das Plasma, noch die Inhalts-
körper eine Eigenfärbung besitzen. Microspira sowie
Pseudomonas sind ebenfalls farblos und wegen ihrer
geringen Größe bedeutend durchsichtiger.
Bei A c h r o m a t i u m und Mi crospira finden wir in der Zelle
die Inhaltskörper in allen Größen vertreten von ungefähr 10 ja Durchmesser
bis zu sehr kleinen herab, die nur bei starken Vergrößerungen zu sehe;]
sind: während die großen gleichmäßig in den Vakuolen verteilt sind, i
die kleinen runden Tröpfchen im Plasma mehr an der Peripherie der Zelle
oder den Raum /.wischen den großen Kürnern einnehmend. Bei Pseudo-
m o n a s linden wir nur ein bis drei Körnchen : in den weitaus meisten I
sind aber nur zwei Körnchen vorhanden.
Die auffallende Ähnlichkeit der [nhaltskörper mit den Schwefeltropfen
vier Beggiatoen hat ihre Einreihung in die Gruppe der Schwefelbakterien
veranlal.lt. Besonders bei Achromati um wurde die Schwefelnatur der
Inhaltskörper ohne weiteres angenommen (M o 1 i s c h, 1912, p. 56), obwohl
die Angaben der verschiedenen Untersucher recht widersprechend lauten.
Bei der Nachprüfung s t i m m t e n z u m eine r Ü b e r r a s c h u n g
d i e c h e m i seh e n V erbältjiiss e d e r E i n s c hl ü s s e
A c b r o m a ti u m mit de n e n v o n M i c r o s p i r a v a ci 1 1 a n s u n d
P s e u d o m o n a s h y a 1 i n a ü b e r e i n. so daß ich die zwei lel
Formen in diesen Kapiteln auch mitberücksichtige.2
1. Schwefel.
Die letzte Arbeit, die sieh speziell mit der Mikrochemie der
E i n s c h 1 Li s s e d e r B e ggi a t o e n beschäftigt, ist die von Cor
(1905). Nach seinen Untersuchungen, die ich durchaus bestätigen
zeigen die Schwefeleinschlüsse folgende Eigenschaften: Leichte Löslichkeit
in Äther. Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Xylol und Benzin, selbst-
verständlich nach Antrocknen der laden am Objektträger. Absoluter Alkohol
löst den Schwefel nur langsam. Ebenso löst Kalilauge in der Wärme. Mi t
kochender IPSO, fließen die Schwefeleinschlüsse der Beggiatoen zu öligen
gelben Tropfen zusammen. Unlöslich sind sie in 1LS;),. HCl und 1IX<\;.
1 Siehe auch Schewiakoff 1. c. p. 59 sowie West & Gl
fi.th s 1909, p.
- Obwohl P s e u d o m o n a s b i p u n c t a t a Gi c k 1 h o r n nicht
untersucht weiden konnte, so verhalt sie sieh bezüglich der Inhaltskörper
sicherlich wie P s e u d o m o n a s hy a 1 i n a.
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 243
Am auffallendsten ist die leichte Löslichkeit in starker Essigsäure.
Wenn man die Fäden mit konzentrierter Essigsäure behandelt, so lösen
sich die Einschlüsse rasch und bilden auf und neben den Faden kleine,
doppelbrechende, rhombische Kryställchen, die sich unzweideutig als Schwefel
identifizieren lassen. Ebenso, wenn auch lange nicht so schön und so
schnell, tritt die Umwandlung bei Behandlung mit destilliertem Wasser oder
Alkohol ein. Aus mit HCl zersetzten Polysulfureten erhielt Corsini
ebensolche Kügelchen, wie sie in den Beggiatoen auftreten und die alle
oben angedeuteten Reaktionen gaben. Die Behandlung von Polysulfureten
mit Essigsäure ergab sofort sehr schöne und zahlreiche Kryställchen.
Molisch (1913) hat später gezeigt, daß durch Behandeln der Fäden
mit konzentrierter wässeriger Pikrinsäurelösung durch eine Minute und nach-
herigem Auswaschen in Wasser die Umwandlung der Tropfen in Schwefel-
krystalle schon nach 24 Stunden vor sich geht. Ebenso erhält man schöne
Krystalle durch Einlegen in Glyzerin. Daß aber bei längerem Einwirken der
Pikrinsäure die Schwefeltropfen auch herausgelöst werden, scheint er nicht
beobachtet zu haben. Ich möchte noch hinzufügen, daß auch Aceton in
starker Konzentration sowie Nelken- und Zedernöl den Schwefel rasch
lösen.
Behandelt man nun Achromati u m 1 mit verdünnten
Mineralsäuren, z. B. HCl, so tritt eine unerwartete Er-
scheinung ein. Sowie die Säure langsam in das Präparat vor-
dringt, beginnen von der Peripherie her die großen Inhalts-
körper sich zu verkleinern, nehmen an Umfang immer mehr
ab und verschwinden schließlich vollständig. Übrig bleiben
nur eine Anzahl kleiner, etwa 2 y. an Größe nicht über-
steigende, stark lichtbrechende Kügelchen. Diese sind durch
keine Konzentrationsveränderung der Säure zum Verschwinden
zu bringen. Im ersten Augenblick glaubt man in diesen Tröpfchen
Überreste der verschwundenen großen Inhaltskörper vor sich
zu haben. Durch sorgfältige Beobachtung überzeugt man sich
aber, daß diese kleinen Tröpfchen auch an den lebenden
Zellen zu sehen sind; daß sie meist an der Peripherie der
Zelle liegen, oder die Zwischenräume, welche die großen
Inhaltskörper freilassen, einnehmen. Wenn man die großen
Jnhaltskörper mit HCl vorsichtig herauslöst, so bleibt die
Form der Zelle ziemlich unverändert erhalten und läßt
i Wenn von nun an nicht ausdrücklich andere Angaben gemacht
werden, gilt für Microspir a v a c i 11 a n s und P s e u d o m o n a s
h v a 1 i n a genau dasselbe.
244 E. Bersa,
erkennen, daß die kleinen Tröpfchen im Plasma liegen,
welches die einzelnen Stränge und Waben bildet. Bei Pseu d o-
monas liegt die Sache insofern etwas anders, als hier durch
die Säure der oder die Inhaltskörper vollständig verschwinden,
ohne irgendwelche unlösliche Kügelchen zurückzulassen (Fig. 6
und 12 der Tafel).
Diese stark lichtbrechenden Tröpfchen gleichen voll-
ständig den Schwefeltropfen der Beggiatoen und bei sorg-
fältiger mikrochemischer Prüfung ergibt sich, daß sie alle
jene für die Schwefeleinschlüsse oben angeführten charak-
teristischen Reaktionen geben. Beim Erhitzen einer größeren
Anzahl von Achromatien über der Flamme verschwinden die
Tröpfchen und geben einen deutlichen Geruch nach ver-
branntem Schwefel. Daß Achromati u m und Microspira
Schwefel enthalten, ist wohl ganz ohne Zweifel, um so mehr,
als das Auftreten und Verschwinden dieser Tröpfchen an das
Vorhandensein von H2S gebunden ist. Pseudomonas
bildet eine Ausnahme, da es mir nicht gelungen ist, solche
zu finden, die auch Schwefel im Innern führen.
2. Calciumkarbonat.
Die »großen Inhaltskörper« der Vakuolen zeigen eine so
starke Lichtbrechung, daß man sie auf den ersten Blick nicht
von großen Schwefeltropfen unterscheidet. 1 Sie sind aber
niemals so vollständig rund wie diese, oft gegenseitig ab-
geflacht und mit weniger glatter . Oberfläche, vielfach von
eckiger Gestalt. (Fig. IIa der Tafel.) Schon daraus läßt sich
leicht der Schluß ziehen, daß diese Körper eine ziemlich feste
Konsistenz besitzen müssen. Zerdrückt man einige isolierte
Achromatien im Wasser, so tritt der protoplasmatische Inhalt
mitsamt den Körnern heraus und gibt die meisten davon frei
Drückt man weiter auf das Deckglas, so kann man feststellen,
daß die Inhaltskörper an ihrer Oberfläche zuerst Risse be-
kommen und dann schließlich ganz zerquetscht werden
können, ohne Tröpfchengestalt wieder anzunehmen. Im polari-
i Schewiakoff gibt p. 59 an, daß das Lichtbrechungsvermögen
zwischen Alkohol absolut. (1-367) und Schwefelkohlenstoff (!-■ 626) liegt.
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 245
siertem Lichte leuchten sie nicht auf, sind also einfach brechend.
(Schewiakoff, 1893, p. 60; West & Griffiths, 1913,
p. 79).
Die einzelnen Körper liegen nicht ganz frei in den Waben,
sondern sind von einem äußerst dünnen und zarten Häutchen
umhüllt. Wenn man nämlich die isolierten Inhaltskörper vor-
sichtig mit sehr verdünnter HCl behandelt, so verschwindet
das Korn vollständig und zurück bleibt ein hauchdünnes
Häutchen von der Größe und Gestalt des verschwundenen
Kornes. Es nimmt Anilinfarbstoffe an, färbt sich mit Jod-
alkohol gelbbräunlich, gibt aber nicht die Zellulosereaktion
(Schewiako f f. 1. c, p. 60).
Das im nachstehenden beschriebene chemische Verhalten
wurde zur Kontrolle nicht bloß an ganzen Zellen, sondern
womöglich auch an durch Zerquetschen isolierten Inhalts-
körpern, sofern sie sich nicht durch ihre Kleinheit dieser
Isolierung entzogen (Pseudomonas hyalina), geprüft.
B r i n g t m an zu den Organis m e n irge n d e i n e M i n e r a 1-
säure (HCl etc.). s o \v e r d e n d i e K ö r n er rasch g c 1 ö s t. Das-
selbe geschieht auch in organischen Säuren, wie Essig-, Apfel-. Bernstein-.
Zitronen-. Ameisen- und Oxalsäure. Es genügen schon sehr geringe
Konzentrationen Mi' 1 " , , i. um diese Wirkung hervorzubringen. Chromsäure,
so stark verdünnt, daß sie im Präparat farblos erscheint, löst schon sehr
rasch. Werden die Säuren in stärkerer Konzentration zugesetzt und zwar so
rasch, daß sie nicht langsam zur Zelle hindiffundieren können, was durch
vorsichtigen Wasserentzug an der entgegengesetzten Seite des Deckglases
möglich ist, so losen sich die Inhaltskörper fast momentan unter stürmischer
Blasenbildung. Dabei wird die Zelle oft vollständig zerrissen. Die Gasblasen
sind vollständig farblos und entsprechend der geringen Menge der Inhalts-
körper auch nicht sehr groß. Langsam, aber doch deutlich sichtbar, lösen
sich diese Gasblasen auf. weiden immer kleiner und verschwinden schließlich
vollständig. Bei schwächerer Konzentration oder bei langsamem Zufließen ist
die Gasentwicklung viel spärlicher; ja sie kann ganz ausbleiben, wenn die
Verdünnung sehr stark ist. Man sieht dann oft nur einige spärliche Bläschen
auftreten, die gleich wieder verschwinden. 1
B ig1 man Achromatium kurze Zeit in Fixierungsflüssigkeiten, die
keine Si nthalten, z. B. Alkohol absolut, oder verdünnt), Sublimat,
1 Das Verschwinden oder Nichtauftreten der Blasen beruht auf ^lv
leichten Löslichkeit des Gases (hier Kohlensäure) im Wasser. Auf diese
Erscheinung, die Schewiakoff und andere zur falschen Auffassung der
Inhal tskörper geführt hat. hat schon Melnikoff (1877) hingewiesen.
246 E. Bersa,
Osmiumsäuredämpfe, oder tötet die Zellen durch Erhitzen, so bleiben sie
zuerst unverändert, zeigen aber dann, in reines Wasser gebracht, daß sich
die Inhaltskörper in zirka 1 Stunde auflösen. Rascher geht die Lösung vor
sich, wenn man Wasser durch das Präparat saugt. Ebenso läßt sich die
Auflösung an in Wasser zerdrückten Exemplaren beobachten. Z i e m I i c h
rasch lösen sieh die Inhaltskörper auch in Jodalkohol,
Kali u m per m a n g a n a t. C h 1 o r a 1 h y d rat, wässeriger K a r b o 1-
säure, C a 1 c i u m a c e t a t. M i 1 1 o n's c h e m R e a g e n s, Cu SOa,
Aceton; längs a m i n v e r d ü n n t e r KOH. v e r d ü nnte m N H 3,
Eisenchlor i d, K.,Cr.,Or, H.,SO ,. Ca Cl2, K a 1 c i u m a c e t a t, v e r -
d ü nnte Na., C< >:;.
Unlöslich sind sie im Alkohol absolut und bleiben darin auch dauernd
unverändert (siehe auch Schewiakoff, p. 62). In verdünntem Alkohol
sind die Inhaltskörper nur sehr langsam löslich. Ganz unlöslich sind sie
auch in Anilin, Äther. Glyzerin, Chloroform. Bergamotte-, Nelken-, Oliven-
und Zedernül. sowie Schwefelkohlenstoff. Bringt man sie aber ins Wasser
zurück, so lösen sie sieh vollständig auf. Wir haben es also mit einem
Stoff zu tun, der im Gegensatze zum Schwefel in den wichtigsten
( i r g anischen L ö sungsmitteln unlöslich ist, wohl aber von
m a n c h e n Salz e n u n d v e r d ü n n t e n Alka! i e n a n g e g r i f f e n
wird, sowie rasch u n t e r Ä u f b r a u s e n v o n S ä u r e n g e löst wird.
Ich versuchte nun systematisch einzelne Jonenreaktionen
sowie einzelne charakteristische Reaktionen auf organische
Suhstanzen. Dazu wurde meist eine entsprechende Menge
von Zellen isoliert, in destilliertem Wasser gewaschen und in
das betreffende. Reagens eingelegt. Die Reaktionen auf organische
Stoffe (wie z. H. Fett. Zucker, Eiweiß etc.) verliefen durchaus
negativ. Die Reagentien wurden möglichst frisch bereitet
angewendet und durch' Parallelversuche auf ihre Zuver-
lässigkeit geprüft.
K, Na und Mg waren nicht nachzuweisen; ebensowenig
gelang es auch nur Spuren von Fe zu finden, was bei dem
Vorhandensein einer Schleimschichte und dem starken Eisen-
gehalt des Wassers, der durch zahlreiche Eisenorganismen
(Trachelomonas, Anthophysa, Eisenbakterien) angezeigt wurde,
wohl zu erwarten gewesen wäre. Zum Caleiumnachweis
wurden die zwei neuen, von Molisch (1916) beschriebenen
sehr empfindlichen Reaktionen angewendet, wobei sich
mit Na2CO.. oder KOH -f- K2C03 charakteristisch geformte
Doppelsalze bilden. Die Zellen wurden in die Lösung ein-
gelegt. Nach einiger Zeit schössen besonders an den
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. -I<
zerdrückten Zellen unter gleichzeitigem Verschwinden der
Inhaltskörper große, gut geformte Krystalle an, die alle die
von Moli sc h beschriebenen Eigenschaften aufwiesen (Fig. 13
der Tafel). Daß die Krystallbildung durch die Inhaltskörper
veranlaßt wird, beweist schon der Umstand, daß sonst im
ganzen Präparate kein einziger Krystall zu finden ist, sowie
dal.! an Zellen ohne Inhaltskörper die Reaktion ausbleibt. Die
Reaktion gelingt, beliebig oft wiederholt, immer gut, voraus-
gesetzt, daß die Zellen Inhaltskörper enthalten. Auch die
Menge der angeschossenen Krystalle deutet darauf hin, daß
sie nur von den reichlich vorhandenen Inhaltskörpern her-
stammen können. Mit Pseudomonas wurden diese Versuche
wegen der Kleinheit der Zellen nicht durchgeführt.
Molisch (1916, Nr. 5) beschreibt und bildet auch einen hübsehen
Versuch ab. der darin besteht, daß bei Zufügung von Oxalsäurelösung zu
den gebildeten Doppelsalzkrystallen diese sich lösen, während sich gleich-
zeitig um diese herum kleine Beutel aus oxalsaurem Kalk bilden. Fügt man
zu den in Wasser liegenden Zellen Oxalsäure hinzu, so werden die Inhalts-
körper ohne aufzubrausen, langsam gelöst, während sich die Zelle auch in
unserem Falle mit einem körnigen Niederschlag bedeckt. An irgendeiner
Stelle brechen diese Beutel auf und vergrößern sich zusehends, bis der
osmotische Gleichgewichtszustand erreicht ist. Den Vorgang kann man sehr
schön und deutlich an allen drei Arten beobachten (Fig. 9 der Tafel).
Fehlen an sonst noch lebenden Exemplaren die großen Inhaltskörper, so
bleibt die Erscheinung aus.
Obwohl die Molisch'schen Kalkreaktionen so scharf und empfindlich
sind, daß sie als genügende Beweise für das Vorhandensein des Kalkes
gelten können, so will ich doch mehrere Versuche beschreiben, die die sich
aufdrängenden Zweifel entkräften sollen. Unter anderem wollte ich versuchen.
ob der gewöhnliche Kalk nach weis mit HoS04 sich hier auch an-
wenden ließe. Die Reaktion ist ja bedeutend weniger empfindlich, da der
gebildete Gips in Wasser sowie in H2S04 schon merklich löslich ist.
Läßt man mehrere gut gewaschene Zellen auf dem Objektsträger an-
trocknen, so schrumpfen sie leicht, soweit es die Inhaltskörper erlauben,
behalten aber im übrigen ihre Form. Bringt man nun neben den Zellen
einen möglichst kleinen Tropfen (1 bis 2 mm im Durehmesser) H2S04 auf
den Objektträger, so kann man unter dem Mikroskop das langsame Aus-
breiten des Tropfens beobachten, bis der Augenblick eintritt, wo er die
Zellen benetzt. In diesem Augenblick brausen diese lebhaft auf und die
Inhaltskörper verschwinden. Sogleich, oder nach kurzer Zeit, schießen an
derselben Stelle oder daneben einige wenige aber charakteristische Nädelchen
von Gips an. die sich im Überschuß der 1LSO, wieder lösen können.
248 E. Bersa.
Eine größere Anzahl Achromatien (zirka 100) wurde isoliert und durch
mehrmaliges Übertragen in destilliertem Wasser gewaschen; nach dem An-
trocknen setzte ich eine Spur stark verdünnte Essigsäure (0-l%) zu. legte
sodann einen kleinen, einseitig durch einen Glasfaden unterlegten Deckglas-
splitter so auf, daß ein keilförmiger Raum zwischen diesem und dem Objekt-
träger entstand und ließ das Ganze, vor Staub geschützt, eintrocknen. Die
Essigsäure hatte die Inhaltskörper gelöst und hinterließ beim Austrocknen
mehrere aus deutlichen Nadeln gebildete Sphärite, sowie undeutliche Massen,
die sich aber auch als doppelbrechend und also kristallinischer Natur er-
wiesen. Brachte ich nun zu einem kleinen Bröckchen dieser Masse konzen-
trierte HoSOj. so brauste sie nicht mehr auf, löste sich rasch und gab
sofort, wegen der größeren Menge, die zum Versuche verwendet wurde,
schöne Gipsnadeln. Der Kalk wird also von der Essigsäure aufgenommen
und gibt als essigsaurer Kalk die undeutlichen krystallinischen Massen.
Nachdem ich mich so überzeugt hatte, daß jedenfalls Kalk
in den Inhaltskörpern vorhanden war, ging ich daran, die rest-
liche Substanz zli bestimmen, an die der Kalk gebunden war.
Zwei Möglichkeiten lagen vor. Da das Aufbrausen mit starken
Säuren sehr auffallend war und das Gas vom Wasser leicht
absorbiert wurde, konnte es sich nur um C02 oder H.,S handeln.
Am naheliegendsten war natürlich C02, da Sulfide oder Poly-
sulfide des Calciums noch nirgends im Pflanzenreich gefunden
worden sind, anderseits CaC03 eine in vielen Pflanzen weit-
verbreitete Substanz ist. Um dies festzustellen, brachte ich
gehörig isolierte und gewaschene Zellen in verschiedene
Reagenzien, die mit CO., oder H2S charakteristische Reaktionen
geben.
Bringt man die Zellen in Barytwasser (Atzbaryt), so geben die
Inhaltskörper unter langsamer Auflösung einen kleinkörnigen, farblosen
Niederschlag, der streng lokal in und um den Zellen auftritt und unter
gekreuzten Nikols hell aufleuchtet. Oder es entstehen an Stelle der Inhalts-
körper wenige aber große Sphärite. die im polarisierten Lichte hell leuchten
i\nd schöne dunkle Kreuze zeigen. Behandelt man diese mit HCl, so brausen
sie auf und lösen sich. Dieselbe Erscheinung tritt hei Behandlung mit Kalk-
wasser ein. Weniger deutlich ist es mit BaN03, doch kann man immerhin
schöne Sphärite erhalten.
Konzentriertes B 1 e i a c e t a t (Bleizucker) gibt in und an der Zelle
einen weißen körnigen Niederschlag, der sich durch die isolierten Körner
ebenso leicht erhalten läßt; er ist ebenfalls leicht in Säuren löslich. Ahnlich
liegen die Verhältnisse mit AgNO:; oder ZnSO,. Immer entsteht ein in Säuren
leicht löslicher w e i ß e r Niederschlag.
Am überraschendsten vielleicht ist die Erscheinung, die eintritt, wenn
man die Zellen längere Zeit in konzentriertes Sublimat einlest. Nach
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 249
kurzer Zeit beginnen sich in allen Zellen die Inhaltskörper zu lösen und in
den meisten entsteht ein prachtvoll gelb bis dunkelroter Niederschlag. .Zer-
drückte Individuen geben die rote Färbung sofort, und man kann jetzt
sehen, wie die rote Färbung ausschließlich an die Inhaltskörper gebunden
ist. Der rote Niederschlag sowie die rotgefärbten Körner lassen sich durch
•einen Wasserstrom langsam auflösen.
Die hier aufgezählten Erscheinungen deuten, glaube ich,
zur Genüge an, daß es sich in diesem Falle unmöglich um
H.,S handeln kann. Die angewendeten Schwermetallsalze müßten
mit irgendwelchen Sulfiden oder Polysulfiden schwarze oder
zumindest dunkle Niederschläge geben. So Bleiacetat, AgN03,
ZnS04 und ebenso HgCl2. Die entstandenen Niederschläge
sind aber bis auf die Reaktion mit HgCl., rein weiß. Es kann
also nur CaC03 vorliegen, denn alle oben genannten Salze
geben mit C02 in Wasser unlösliche weiße Niederschläge, die
sich in Säuren wieder leicht lösen. Der in HgCl2 entstandene
rote Niederschlag könnte möglicherweise für rotes Quecksilber-
-sulfid (Zinnober) angesehen werden. Ich muß aber darauf
hinweisen, daß durch H2S immer nur schwarzes Ouecksilber-
sulfid gefällt wird, während das rote Zinnober nur durch
Sublimation der schwarzen Modifikation erhalten wird. Der
Niederschlag braust auch bei Behandlung mit Säuren nicht
auf. Wenn man aber das Vorhandensein eines Karbonates
annimmt, so läßt sich der rote Niederschlag zwanglos erklären.
Denn aus der Wechselzersetzung von Sublimat und in Lösung-
befindlichen Karbonaten entsteht nicht Ouecksilberkarbonat,
sondern rotes Quecksilberoxyd, welches die Inhaltskörper
sofort rot färbt. Die Färbung kann auch nur in dem Augen-
blick eintreten, wo das CaC03 aus der absterbenden Zelle in
Lösung geht, denn nur das gelöste Karbonat bringt die
Wirkung hervor. Davon kann man sich makro- und mikro-
skopisch leicht überzeugen. Lösliche Karbonate (Na2C03, K9C03)
geben unter C02- Entwicklung den roten Niederschlag, während
CaC03 (krystallisiert) in kürzerer Zeit gar keinen Niederschlag
zeigt.
Der Vollständigkeit halber führe ich noch zwei Reaktionen an, die
ebenfalls auf das Vorhandensein eines Karbonates hinweisen. Bringt man zu
den Organismen verdünntes CiiSO, und II., 0.,. so färben sich die Inhalts-
körper bald gelblich und nehmen schließlich eine r <> t- b i s dun k e 1 b r a u n e
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 120. Bd. 17
250 E. Bersa,
Farbe an. ohne ihre Form merklieh zu verändern. Der Vorgang, der sieh-
makrochemisch genau nachahmen läßt, ist nicht schwer zu erklären. Das
CaC03 tritt wohl zuerst beim Eindringen des CuS04 in die Zelle mit diesem
in Reaktion und gibt CaS04 und CuC03. Durch das hinzutretende H.,0.,
wird das Kupfer zu CuO oxydiert, während COo frei wird. Ist letztere in
größeren Mengen vorhanden, so wird sie unter Blasenbildung entweichen,
wie das in vitro der Fall ist, nicht aber im Präparate, wo ja die freiwerdende
Kohlensäuremenge so gering ist, daß sie vom umgebenden Wasser sofort
absorbiert wird. Ebenso dürfte auch der Gips sich lösen.
Legt man die Organismen in FeSO.j-Lösung ein. so nehmen sie eine
braun-grüne Farbe an, welche zuerst in eine braun-gelbe und nach etwa
15 Minuten in eine goldgelbe übergeht; die Körper wurden somit von der Fe S< ' ,-
Lösung nicht gelöst, sondern blieben darin während dreier Tage erhalten.
Sbhewi a k o ff hatte diese Veränderung auch schon wahrgenommen (p. Ii2).
ohne aber eine Erklärung dafür gehen zu können. Auch diese Reaktion läßt
sich zwanglos erklären. Kohlensaure Salze fällen nämlich aus FeSO, grünes
Eisenkarbonat, welches aber wegen seiner Unbeständigkeit sofort in gelbes
Fisenoxyd und dann in Eisenhydroxyd übergeht; dieses ist unlöslich und
verleiht den Inhaltskörpern eine schön gelbbraune Färbung. Was mit dem
nebenbei entstehenden CaSOt geschieht, kann ich nicht sagen. Entweder
bleibt es in den Inhaltskörpern als unlöslicher Bestandteil zurück und entzieht
sich der Beobachtung, oder es löst sich in der FeSO.rLösung vollständig auf.
Nun möchte ich zwei Erscheinungen anführen, die mir nicht ohne
weiteres verständlich sind. Behandelt man Achromatien mit starker CuSO,-
Lösung, so werden die Inhaltskörper sehr rasch gelöst. Ganz anders lallt
der Versuch aus, wenn das CuS04 sehr langsam von der Seite unter das
Deckglas hineindiffundiert. Bei jenen Zellen, die von der Lösung rasch erreicht
werden, bemerkt man nichts besonderes, außer daß die Inhaltskörper rasch
verschwinden. Wo aber das CuS04 zu den Zellen nur äußerst langsam
vordringt, bleiben die Inhaltskörper zuerst unverändert, nehmen bald einen
etwas bläulichen Ton an und lösen sich dann langsam auf. Während dieses
Auflösungsprozesses schießen ziemlich rasch oft sehr lange und dünne
Krystallnadeln aus den Inhaltskörpern hervor und bilden in der Zelle eine
zierliche Druse, die in polarisiertem Lichte lebhaft aufleuchtet. Die einzelnen
Nadeln können oft so lang werden, daß sie die Membran nach den ver-
schiedensten Richtungen ausbauchen, ja selbst durchstoßen können (Fig. 10
der Tafel). Sowie aber im Präparat eine lebhaftere Strömung einsetzt, ver-
schwinden diese mcikwürdigen Drusen äußerst rasch. Am Naheliegendsten
ist es dabei an eine Bildung von Gips zu denken. Ich kann mich nicht so
ohne weiteres entschließen, dies zu glauben, schon aus dem Grunde, weil
• 'aSOj in strömendem Wasser sich nie so rasch löst wie die vorhin ge-
schilderten Drusen. Anderseits ist aber der Gips, wie man sich leicht über-
zeugen kann, in Cu S0.rLösung viel leichter löslich und so kann dieser
Umstand die Ursache des raschen Verschwindens der Drusen sein.
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. -51
Eine andere mir noch unklare Erscheinung ist die schon von Sehe-
wiakoff (p. 64 f.) an Achromatium bemerkte Tatsache, daß wenn
man zu einer Probe, die A c h r o m a t i u m, Microspira oder P s e u-
d o m o n a s enthält, einen Tropfen mäßig starken J o d al k o h o 1 hinzusetzt,
fast augenblicklieh die Inhaltskörper gelöst werden, während zur gleichen
Zeit außen an der Zelle sich prismatische Nadeln ansetzen, die allmählich
die ganze Zelle bedecken oder zu vielverzweigten Bäumehen und Drusen
zusammentreten (Fig. 8 der Tafel). Was die chemische Beschaffenheit dieser
Krystalle betrifft, so hat die Untersuchung ergeben, daß es sich zweifellos
um Ca SOj handelt. Ich kann durchaus nicht den Angaben Schewi a k o f t's
beistimmen, daß die Krystalle in verdünnter HCl, HN03 sowie H2S04 leicht
und ohne Aufbrausen löslich seien, während sie in starker oder konzentrierter
HgSO.j unter Aufbrausen nadeiförmige Kryställchen von Gips geben. Nach
meinem Befund sind die Krystalle in starker H.2 SOj nur langsam und ohne
Blasenbildung löslich, selbst in einem lebhaften Flüssigkeitsstrom. Mit Alkohol
allein oder mit Jodwasser gelingt der Versuch nicht. Nimmt man aber Alkohol,
dem einige Tropfen HoS04 zugefügt wurde, so kann man. wenn auch lang-
samer, dieselbe Reaktion hervorbringen. Ganz negativ fällt sie mit Alkohol
+ HCl aus. Die Bildung des Ca SO, kann also nicht von Säurespuren im
Jodalkohol herrühren oder von dem Jod allein. Da ich einen alten Jodalkohol
unbekannter Herkunft verwendete, und mit frischem reinen Jodalkohol der
Versuch unter keinen Umständen gelingen will, so glaube ich, daß der
Jodalkohol möglicherweise mit Schwefelsäurespuren verunreinigt war.
Läßt man eine größere Anzahl gut gereinigter Zellen
antrocknen, bedeckt sie sodann mit einem mäßigen Tropfen
destillierten Wassers und gibt dann das Ganze in eine feuchte
Kammer, um das Austrocknen zu verhindern, so kann man
nach einiger Zeit das Verschwinden der Inhaltskörper wahr-
nehmen. Rings um die Zelle herum, meist in nächster Nähe,
oft in und auf der Zelle selbst, treten aber zahlreich kleine
farblose Krystalle auf, die die Gestalt eines schiefen Rhomboeders
zeigen. Oft sind diese Kryställchen zu ganzen Drusen verwachsen
(Textfig. 2). Da die Zellen gut gewaschen wurden und in
destilliertem Wasser lagen, so können diese Kryställchen nur
aus den Inhaltskörpern hervorgegangen sein. Außerdem muß,
da beim Eintrocknen des Wassertropfens mit Ausnahme dieser
Krystalle gar kein weiterer Rückstand zurückbleibt, wohl die
ganze herausgelöste Masse der Inhaltskörper sich in diese
Rhomboeder umgewandelt haben. Diese Krystalle sind in
Wasser so gut wie unlöslich, stark licht- und doppelbrechend.
Sie sind in HCl, H.,SOj,, Essigsäure und Oxalsäure unter
252
E. Bersa,
lebhaftem Aufbrausen leicht löslich. Dabei entsteht mit Oxal-
säure ein undeutlich körniger Niederschlag von Calciumoxalat
sowie mit H.,S04 die charakteristischen Gipsnadeln. In
wasserfreier Essigsäure (Eisessig) tritt keine schnell sichtbare
Veränderung ein, was sich wohl dadurch erklärt, daß der
sich bildende essigsaure Kalk in Eisessig unlöslich ist und
die Krystalle vor weiterer Auflösung schützt. Ihrem ganzen
Verhalten nach bestehen diese Kry stalle** also ebenfalls aus
CaCO„, entstanden durch Umwandlung aus dem in Lösung
gegangenen CaC03 der Zelle.
Aus allen diesen Versuchen können wir mit Sicherheit
schließen, daß die großen Inhaltskörper zweifellos
aus kohlensaurem Kalk bestehen.
Wenn schon dieser Befund ein etwas
unerwarteter ist, so ist um so auffallen-
der, daß diese CaC03- Körner, die doch,
wie ich oben gezeigt habe, feste Kon-
sistenz besitzen, nicht doppelbrechend
sind. Es kann sich also nur um eine
amorphe Modifikation handeln.
Wenn es anderseits auch schon seit
langem bekannt ist, daß sich amorpher
kohlensaurer Kalk künstlich herstellen
läßt, so wurde er bis jetzt im Pflanzen-
reiche und speziell bei den Bakterien
noch nicht in fester Form nachgewiesen.
Wo er vorkommt, ist er entweder in
Form von Inkrustationen oder als Einlagerung beschrieben
worden, die aus undeutlich kristallisierten, aber in polari-
siertem Lichte hell aufleuchtenden Massen bestehen.
Kelly war die erste, die das Vorkommen von amorphem CaC03 in
den Panzern verschiedener Krustaeeen und Myriopoden nachzuweisen suchte.
Erst die ausgedehnten Untersuchungen Bütschli's (1908) haben die Ver-
mutungen Kell y's bestätigt und uns über die Eigenschaften des kolloidalen
oder amorphen CaC03 etwas aufgeklärt. Der Arbeit von Bütschli ent-
nehmen wir, daß der amorphe kohlensaure Kai k, der sich in
reinem, getrocknetem Zustande nur kurze Zeit hält und bald in Calcit über-
geht, n u r d a n n haltbar i s t. wenn er in einer Eiweis! ö s u n g
gefällt und mit dieser eretrocknet wird. Ein solcher «Eiweißkalk» bleibt
Textfig. 2.
Aus den Inhaltskörpern
von Achromatium erhal-
tene Calcitkrystalle. Vergr.
ca. 1000.
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 2oo
sehr lange unverändert, was von Interesse ist. da der amorphe CaC03 in der
Tierwelt in Vereinigung mit Chitin relativ haltbar vorkommt. Sein spezifisches
Gewicht liegt zwischen 2 -25 und 2-45. Beim Erhitzen auf 200° bis 230° C
w a n d e 1 1 er sich in die krystalline Modifikatio n u m. Das-
selbe geschieht, w e n n m an den a m o r p h e n K a 1 k i n W a s s e r
o d er in ei n e NaCl-Lösung bringt. Die Umwandlung in kleine Rhomboeder
"der undeutliche Sphärite setzt sofort ein und ist in kurzer Zeit vollendet.
Er ist in Wasser relativ löslich und wandelt sich in konzentrierte Soda-
lösung oder Pottasche in die charakteristischen Doppelsalze um. «Die
Reaktion ist recht bezeichnend für die amorphe Modifikation, da Aragonit
und Calcit bei gleicher Behandlung nur wenig und langsam Gaylussit geben,
der Aragonit etwas mehr, der Kalzit sehr wenig> (B ü t s c h 1 i. 1908,
p. 15). Weiters sagt er: » . . . .eine direkte Umwandlung (des amorphen Kalkes)
. . . .rindet nicht statt; vielmehr zeigen meine Beobachtungen an gefälltem und
getrocknetem amorphen Kalk ebenso wie am Krebspanzer, daß der amorphe
Kalk zunächst stets vom Wasser gelöst und dann erst als Calcit ab-
geschieden wird« (B ü t s c h 1 i, 1908, p. 17). Eine langsame Umwandlung
in Calcit geht sogar in bereits festem Kanadabalsam vor sich.
Diese Resultate stimmen mit meinen Beoachtungen sehr gut überein.
Sowie das GaCOS, in dem Eiweiß oder im Crustaceenpanzer wegen der
kolloidalen Form der einschließenden Medien nicht krystallisiert vorkommen
kann, ebenso steht es auch bei unseren Organismen. Eine ausschlaggebende
Bedeutung schreibe ich dem »Häutchen« zu, welches das Calciumkarbonat
umhüllt. Wahrscheinlich liegt die Sache sogar so, daß die Kalkkörner von
einer kolloidalen eiweißähnlichen Masse durchdrungen sind, welche bei der
Auflösung des Kalkes scheinbar als zartes Häutchen zurückbleibt. In ähnlicher
Form dürfte ja auch der Schwefel in der Zelle kolloidal erhalten bleiben.
Leider sagt B ü t s c h 1 i gar nichts über das Verhalten gegenüber
anderen Reagenzien. Doch dürfte die Sache ganz klar liegen. Sobald die
Zelle durch irgendwelche chemische Agentien geschädigt oder abgetötet
wird, wird der CaC03 frei, während die Schnelligkeit des Lösungsvorganges
jedenfalls von der zugesetzten Substanz beeinflußt wird. Chemische Wechsel-
zersetzungen dürften nur eine geringe Rolle spielen, da ja manche Chemikalien
mit dem Ca CO:; nicht in Reaktion treten.
Durch Einlegen in verschiedene Flüssigkeiten konnte
festgestellt werden, daß das Lichtbrechungsvermögen dieser
Körner bei gewöhnlichem Tageslicht zwischen dem von
Zedernöl und Nelkenöl liegt, also bei zirka 151 — 1-54. Die
Lichtbrechung ist also ziemlich beträchtlich und weist eben-
falls auf Calciumkarbonat hin.
Andere Inhaltskörper, wie sie schon Hinze (1901) bei
Beggiatoa mirabilis gefunden hat, wurden vergeblich
gesucht.
254 E. B
e i" s a ,
III. Allgemeines.
Wenn wir auf die Ergebnisse dieser Untersuchung zurück-
blicken, so können wir sagen, daß wir es mit drei Arten zu
tun haben, die sich in ganz auffallender Weise von den bis
jetzt bekannten Schwefelorganismen unterscheiden. Aus dem
bloßen Vorhandensein von Schwefel in den Zellen auf ihre
Zugehörigkeit zu den Thiobakterien zu schließen, wie es bis
jetzt noch immer geschah, ist nicht ganz exakt. Migula
(1900, I. Bd.) sagt: -Alan hat die sämtlichen, Schwefelkörner
enthaltenden Arten zu einer physiologischen Gruppe der so-
genannten Schwefelbakterien zusammengefaßt, ohne Rücksicht
auf ihre systematischen Verschiedenheiten.« Wir müssen be-
denken, daß es sicher nur für B e g g i a t o a und T h i o t r i x
(Keil, 1912) nachgewiesen ist, daß sie H.,S und den Schwefel
unbedingt zum Leben benötigen.1 Wenn wir uns also etwa^
vorsichtiger im Ausdruck fassen, so müssen wir sagen, daß
z u der p h y s i o 1 o g i s c h e n Gruppe der Seh w e f e 1 -
b akte r i e n n u r s o 1 c h e Arten zu rechnen s i n d, d i e
nicht bloß Schwefel in ihren Zellen enthalten,
sondern v o n d e n e n w i r w i s s e n oder zumindest
v e r m u t e n, daß sie de n S c hwefel w ass er Stoff als
Energiequelle zum Leben notwendig brauchen.
Der Grund dafür, warum wir die überwiegende Zahl der
Formen nur vermutungsweise oder nur auf Grund ihrer
morphologischen Eigentümlichkeiten zu den Schwe/elbakterien
rechnen, liegt in den bis jetzt fast unüberwindlichen Schwierig-
keiten, die diese Organismen einer Kultur entgegensetzen, so
daß ein sicherer Nachweis nicht erbracht werden kann. Wie
wir gesehen haben, enthalten sowohl A c h r o m a t i u m als
auch M i c r.o s p i r a Schwefeltropfen, die sich in keiner Weise
von den bei den anderen Schwefelbakterien nachgewiesenen
i Hinze (Bei-, d. d. bot. Ges.. Bd. 21, 1903', p. 394) hat gezeigt, daß
in Oscillari a-Arten, die in stark H2 S-haltigem Wasser zu leben vermögen,
sieh Schwefeltropfen gefunden haben. Es ist nicht wohl anzunehmen, daß
sie den H2S oxydieren, sondern daß dieser durch den Einfluß des Sauer-
stoffs in den assimilierenden Zellen oxydiert wird, und der Schwefel in der
Zelle ii) Form von Tröpfchen abgelagert wird, ohne für die Algen wahr-
scheinlich von irgendwelcher Bedeutung zu sein.
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 255
unterscheiden. Morphologisch können wir diese Formen als.»
ohne weiteres zu diesen rechnen. Wie das Vorkommen in
der Natur und die aufgestellten Rohkulturen zeigen1, dürfen
wir auch aus dem physiologischen Verhalten (Notwendigkeit
von H0S) auf ihre Schwefelbakteriennatur schließen. Im all-
gemeinen sind die Formen, soviel ich beobachten konnte,
gegen Veränderungen in den Kulturmedien empfindlicher als
die übrigen Schwefelorganismen, was besonders bei Pseudo-
monas hyalina der Fall ist. Dies wird von verschiedenen
bis jetzt noch ungeklärten Umständen abhängen, von denen
das wahrscheinlich recht hohe Kalkbedürfnis keine geringe
Rolle spielen dürfte.
Pseudomonas hyalina nun unterscheidet sich
auffallend von den zwei anderen Arten durch den voll-
ständigen und konstanten Mangel an Schwefel.
Die Inhaltskörper bestehen bloß aus amorphem CaC03. Diese
Art braucht also entweder sehr wenig H2S oder, was wahr-
scheinlicher ist, sie reduziert gerade nur soviel H2S, daß der
^gebildete Schwefel sofort zu H2S04 verarbeitet wird. Eine
dritte Möglichkeit käme noch in Betracht und zwar, daß sie
den Schwefelwasserstoff anders verarbeitet, als es die ge-
wöhnlichen Schwefelbakterien tun. Überhaupt ist ja auch bei
Microspira und Achromati um die verhältnismäßig-
geringe Menge von .Schwefel auffallend, die bei ihrer Größe
in den Zellen abgelagert wird. Einerseits ist dies verständlich,
wenn man bedenkt, daß diese Formen anscheinend ziemlich
viel Sauerstoff brauchen, so daß der gebildete Schwefel nicht
zu reichlich gespeichert wird und bald verbrannt werden
könnte. Anderseits ist es ja möglich, daß sie ebenso wie
Pseudomonas den H.,S vielleicht in einer etwas anderen
Weise verwerten können. Zu dieser Vermutung gibt auch das
ungewöhnliche Vorkommen von CaCO., Anlaß, dessen Menge
bei normalen Zellen sicher 90% der Masse ausmacht. Zweifel-
los ist es auch kein Zufall, wenn der CaCO, bei Mangel an
1 Obwohl im Sommer 1919 zahlreiche Kulturversuche angestellt wurden,
gelang doch kein einziger befriedigend. Sobald die bessere Jahreszeit eintritt.
Verden die Versuche wieder aufgenommen werden.
256 E. Bersa,
Schwefelwasserstoff zuerst ans der Zelle verschwindet. Trotz
alledem können wir uns über die Rolle, die der kohlensaure-
Kalk im Stoffwechsel dieser Formen spielt, auch nicht ver-
mutungsweise äußern, und es werden weitere diesbezügliche
Untersuchungen hoffentlich mehr Anhaltspunkte liefern.
Schon aus diesen vorläufigen Erörterungen können wir
ersehen, daß diese drei Arten einander physiologisch ziemlich
nahestehen, und sich durchaus nicht ganz wie die anderen
Thiobakterien verhalten. Die in manchen Punkten abweichende-
Lebensweise, das Vorhandensein von CaC03 trennt sie
morphologisch und biologisch scharf von den übrigen Schwefel-
organismen und berechtigt uns, sie zu einer besonderen
Gruppe der Schwefelorganismen zusammenzufassen.
Diese Arbeit wurde am pflanzenphysiologischen Institute
der Universität Graz ausgeführt. Es sei mir gestattet, Herrn
Prof. Dr. K. Linsbauer für die stete Förderung der Arbeit
und das rege Interesse, welches er ihr entgegenbrachte, sowie
Herrn Lektor Gicklhorn für die zahlreichen Anregungen
meinen herzlichsten Dank auch an dieser Stelle auszudrücken^
Zusammenfassung der Resultate.
1 . Achromatium Schewiakoff ist identisch mit.
M o d d e r u 1 a Frenzel und H i 1 1 h o u s i a West &
Griffiths. Die von den Autoren angeführten Größenunter-
schiede rechtfertigen noch nicht die Aufstellung mehrerer
Arten. Vielleicht können indessen innerhalb der weit ver-
breiteten Art mehrere Lokalrassen unterschieden werden.
2. Seine Dimensionen schwanken zwischen 9 bis 75 \l
in der Länge und 9 bis 25 ;x in der Breite. Das Plasma ist
gleichmäßig grob, vakuolig gebaut und zeigt keine Differen-
zierung in eine wabig gebaute Rindenschichte und einen
Zentralkörper. Ein Kern ist nicht vorhanden, w< >hl
aber lassen sich kleine chromatin-ähnliche Körnchen
im Protoplasma unterscheiden. Die Membran ist ziemlich
widerstandsfähig, enthält keine Zellulose und stellt wahr-
scheinlich eine verfestigte Protoplasmahaut dar. Die Zelle ist
von einer Schleimhülle umgeben, die wahrscheinlich von der
Zelle durch die Membran ausgeschieden wird. Die Bewegu n g
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 257
ist sehr langsam und unregelmäßig. Irgendwelche Bewegungs-
organe (Geißeln etc.) fehlen. Die Teilung geht durch eine
einfache Durchschnürung der Zelle vor sich.
3. Im Plasma von Achromatium oxaliferum
und Microspira v a c i 1 1 a n s eingebettet finden sich
S c h w e f e 1 tr ö p f c h e n, welche die Ecken und Kanten der
Waben einnehmen und die mit dem Schwefelwasserstoff-
Gehalt des Wassers auftreten und verschwinden.
4. In den Vakuolen liegen größere (2 bis 12;j.) Körner
von amorphem kohlensauren Kalk, die von einem
dünnen Häutchen (Vakuolenhaut?) umschlossen sind. Ihre
physiologische Bedeutung, sowie die Bedingungen ihres Auf-
tretens und Verschwindens sind noch unbekannt.
5. Bei Pseudomonas hyalina bildet kohlen-
saurer Kalk den e i n z i g e n I n h a 1 1 s k ö r p e r. Schwefel-
tröpfchen konnten bei dieser Form nicht nachgewiesen werden.
Ö. Alle drei Arten sind an das Vorkommen von
Schwefelwasserstoff gebunden, gehören also zu den Schwefel-
bakterien, von denen sie w ahrscheinlich eine be-
sondere Gruppe darstellen.
Literaturverzeichnis.
Die mit * bezeichneten Nummern konnten nicht eingesehen werden.
1 . Bütschli, O. Über den Bau der Bakterien und verwandter Organismen.
Leipzig 1890.
2. — Über die Einwirkung von konzentrierter Kalilauge und konzentrierten
Lösungen von kohlensaurem Kali auf kohlensaurem Kalk etc. Ver-
handl. d. naturw.-med.Yer. Heidelberg (N. F.), Bd. 8, 1906, p. 277— 330.
3. - Über Gaylussit und ein zweites Doppelsalz von Calcium- und
Natriumcarbonat. Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 75. 1907, p.. 556 — 560.
4. — Über die Natur der von B i e d e r m a n n aus Krebsblut und
Krebspanzer erhaltenen Krystalle. Biol. Zentrbl. Bd. 27,. 1907,
p. 457-466.
5. — Untersuchungen über organische Kalkgebilde etc. Abhandl. d. k.
Ges. d. Wissensch. zu Gottingen (N. F.), Bd. 6. 1908—10.
'''.' C o h n, F. Beitrage zur Physiologie der Phycochromaceen etc. M.
Schultz e's Archiv für mikroskopische Anatomie. 3. Bd. 1887.
7. C o r s i n i. A. Über die sogenannten »Schwefelkörnchen«, die man bei
der Familie der Beggiatoaceae antrifft. Zentrbl. f. Bakteriologie etc.
2. Abt.. Bd. 14. 1905.
8. Frenze!, J. Neue oder wenig bekannte Süßwasserprotisten. Biol,
Zentrbl. Bd. 17. 1897, p. 801.
258 E. Bersa,
9. Gicklhorn, J. Über neue farblose Schwefelbakterien. Zentrbl. i. Bakt.
2. Abt. Bd. 50. p. 415-427.
10. Hinze, G. Über den Bau der Zellen von Beggiatoa mirabilis Colin.
Ber. d. deutsch, bot. Ges. Bd. 19, 1901, p. 369—374.
11. — Über Schwefeltropfen im Inneren von Oscillarien. Obige Ber. Bd. 21,
1903, p. 394.
12.* Kelly. A. Über Conchit, eine neue Modifikation des kohlensauren
Kalkes. Jenenser Zeüschr. d. Nat. -Wissenschaften, Bd. 35, p. 429 — 494.
13. Keil, *F. Beiträge zur Physiologie der farblosen Schwefelbakterien.
Colins Beitr. z. Biol. d. Pflanzen. Bd. 11, 1912, p. 335.
14. Lauterborn, R. Über Modderula Hartwigi Frenze! Biol. Zentrbl.,
Bd. 18, 1S9S, p. 95.
15.* Massart, J. Recherches sur les organismes inferieurs etc. Recueils
de l'Inst. Bot., Univ. de Bruxelles, Bd. 5, 1901, p. 25«.).
16. Meyer Arthur. Die Zelle der Bakterien. Jena 1912.
17. MelnikoffP. Untersuchung über das Vorkommen des kohlensauren
Kalkes in Pflanzen. Inaug.-Diss. Bonn 1877.
18. Migula W. System der Bakterien. 2. Bd. 1897 1900.
19. Molisch H. Neue farblose Schwefelbakterien. Zentrbl. f. Bakt., 2. Abt..
Bd. 33, 1912. p. ■:>:<.
20. — Mikrochemie der Pflanze. Jena 11)13.
21. — Beiträge zur Mikrochemie der Pflanze. Nr. 5: Über den Nachweis
von gelösten Kalkverbindungen mit Soda. Ber. d. deutsch, bot.
Ges. Bd. 34. 1916, p. 288.
22. — Nr. 6. Übei- den Nachweis von Kalk mit Kalilauge etc. Dieselben Bei".,
Bd. 34. 1910. p. 357.
23.* N a d s o n, G. A. Über Schwefelmikroorganismen des Hapsaler Meer-
busens. Bullet, d. jard. imp. bot., St. Petersbourg, Bd. 13. IUI 3.
p. 106. (Referat Bot. Zentrbl. Bd. 125, p. 642.
24. Schewiakoff, W. Über einen neuen bakterienähnlichen Organismus
des Süßwassers. Verhandl. des med.-naturhist. Ver. Heidelberg
(X. F.), Bd. 5, 1893, p. 44.
25. Virieux, J. Sur l'achromatium oxaliferum Schewiakoff. Comptes
Rend. de l'acad. Bd. 154, 1912, p. 717.
26.* Warnung, E. Om nogle ved Danmarks K'yster levende Bakterier,
Kiöbenhaven 1870.
27. West G. S. & Griffitbs B. M. Hillhousia mirabilis, a Giant Sulphur
Bakterium. Proc. of the R. S. London. Serie B. Bd. 81, 1909.
28. — The Lime-Sulphur Bakteria of the Genus Hillhousia. Ann. of Bot..
Bd. 27, 1913. p. 83.
29. Winogradsky, S. Über Schwefelbakterien. Bot. Ztg. Bd. 45. 1887.
.30. — Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Bakterien. I. Schwefel-
bakterien. Leipzig 1888.
31. - Recherches sur les sulfobacteries, Ann. de l'Inst. Pasteur 18S9. p. 4:'.
Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien. 2oi'
Tafelerklärung.
Die Zeichnungen wurden mit Objektiv 5 oder 8 a, Ok. IV, und Zeichen-
apparat von Reichert angefertigt.
Fig. 1. Achromatium, Habitusbild einer lebenden, noch nicht in Teilung
befindlichen Zelle.
Fig. 2 und 3. Teilungsstadien, lebend, bei 3 ist nur mehr ein feiner Ver-
bindungsfaden zwischen den Tochterzellen vorhanden.
Fig. 4. In Tusche liegendes Teilungsstadium, lebend, mit gequollenem
Schleimhof, unter welchem eine ganz schmale neue Schleimhülle zum
Vorschein kommt.
Fig. 5. Achromatium, mit Formol fixiert, optischer Querschnitt. In den Waben
liegen Schwefeltröpfchen.
Fig. 6. Mit Säure behandeltes Achromatium, Aufsicht. Das CaC03 ist gelöst
worden, nur die Schwefeltröpfchen sind geblieben.
Fig. 7. Mit Formol fixiertes Achromatium, optischer Querschnitt; der Proto-
plast zeigt im Zentrum einen etwas kleinwabigeren Bau.
Fig. 8. Mit Jodalkohol behandelte Zellen zeigen die angeschossenen Nadeln
von CaS04. a) Achromatium, b) Pseudomonas, c) frei in der Lösung
gebildete Krystalle.
Fig. 9. Calciumoxalat-Beutel. a) Achromatium, b) Microspira, c) Pseudomonas,.
Fig. 10. In einem Achromatium durch CuS04-Lösung hervorgerufene Krystall-
bildung.
Fig. 11. Isolierte Inhaltskörper, a) Kalkkarbonat, b) Schwefel.
Fig. 12. a) .Microspira mit Säure behandelt, CaC03 gelöst, der Schwefel ist
übrig geblieben, b) Pseudomonas ebenso, aber ohne Schwefel.
Fig. 13. Achromatium mit durch Sodalösung hervorgebrachten Gaylussit-
Krystallen.
Fig. 4, S und 13 bei zirka 400maliger Vergrößerung; die übrigen bei
zirka SOOmali^er Vera-rößerung.
Bersa E.: Kohlensaurer Kalk in Schwefelbakterien.
o b
O o
w Q
&
12
S*
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 129 Bd., 1920
261
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft
Von
Hans Molisch
\v. M. Akad.
Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien
Nr. 139 der zweiten Folge
(Mit 3 Tafeln)
(Vorgelegt in der Sitzung am 1. Juli 1920)
I. Einleitung".
Die Pflanzen in einem natürlichem System anzuordnen,
in dem ihre Verwandtschaft deutlich zum Ausdruck kommt,
war stets eines der wichtigsten Ziele der Pflanzensystematik.
Vergleichende Beschreibung, Morphologie, Entwicklung, Ana-
tomie, Physiologie, Paläontologie und Phylogenie wurden und
werden mit Erfolg herangezogen, um die Pflanzen natürlich
zu gruppieren. Auch die Chemie hat der Pflanzensystematik
bereits manchen wichtigen Fingerzeig gegeben und nach
allem, was wir heute auf diesem Gebiete wissen, kann es
wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die Verwandtschaft der
Pflanze sich auch in der chemischen Zusammensetzung der
Gewächse, namentlich im Vorkommen spezifischer Stoffe, aus-
drücken kann. Ich erinnere nur an das Ferment Myrosin.
das die Familie der Cruciferen und ihre. Verwandten in so
hohem Grade auszeichnet, ich erinnere an das Inulin der
Compositen, an die Ruberythrinsäure vieler Rubiaceen, an
das Alkannin vieler Borragineen, an das Phykoerythrin und
Phykocyan der Rot- und Blaualgen und andere Beispiele,
bezüglich welcher meine Mikrochemie Aufschluß gibt.1
1 Molisch H., Mikrochemie der Pflanze. Jena 1913, p. 8. In neuester
Zeit hat mein Schüler, Herr H. Brunswik, die interessante Entdeckung
gemacht, daß alle Gattungen der Tamaricaceen, nämlich Tamarix, Reaumuria,
Myricariä und Hololachne durch Gipskrystalle ausgezeichnet sind. Sitzher.
d. Akad. d. Wissensch. in Wien. Math.-naturw. Kl., Abt. I. 129. Bd. 1920, p. 115.
262 H. Moli seil,
Die mikrochemischen Untersuchungen über gewisse
Pflanzenstoffe gingen bisher stets Hand in Hand mit anato-
mischen, denn man wollte, wenn irgend möglich, nicht bloß
wissen, was für ein Stoff in einem Blatt, in einem Stamm
oder in einer Wurzel vorhanden ist, sondern auch, wo er
sich befindet. Ob in der Epidermis, im Grundgewebe, im
Stranggewebe oder ob vielleicht gar nur in einzelnen be-
stimmten Zellen. Mit anderen Worten, man wollte wissen, ob
der Körper gleichmäßig in der Pflanze verteilt oder ob er
lokalisiert ist.
Gewöhnlich handelte es sich ja um organische Stoffe
und da war es selbstverständlich, daß man die möglichst
intakten Organe, Gewebe und Zellen untersuchte und man
dachte im allgemeinen nicht daran, auch die Asche mikro-
skopisch zu untersuchen, weil man sich davon nicht viel
versprach und sich im allgemeinen mit der mikrochemischen
Untersuchung der Asche begnügte.
Der Zweck der vorliegenden Abhandlung ist, nachdrück-
lichst darauf aufmerksam zu machen, daß, wie ich mich
durch Hunderte von mikroskopischen Aschenuntersuchungen
überzeugt habe, die Asche sehr häufig unter dem
Mikroskop nicht mehr oder minder formlos erscheint,
sondern ganz charakteristische Bilder aufweist, sei
es, daß die Gewebe und Zellen in ihrer Form und
Struktur infolge hochgradiger Inkrustierung der
Membranen mit Aschensubstanzen deutlich erhalten
bleiben oder sei es, daß sich in der Asche beständig
gewisse mikroskopische Inhaltskörper vorfinden, die
der Asche ein so charakteristisches Gepräge ver-
leihen, daß man die dadurch zustande kommenden
Aschenbilder für die Erkennung der zugehörigen
Pflanze oder Familie in zahlreichen Fällen verwerten
kann.
Das Aschenbild oder wie es auch genannt werden kann,
das Spodogramm,1 ist für viele Pflanzen oft ebenso charak-
teristisch wie die Form des Blattes, die Zahl der Blüten-
1 oiroooc Asche.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. 265
blätter oder der Bau der Samenknospe und sollte daher bei
der Beschreibung von Pflanzen oder deren Teile mitberück-
sichtigt werden.
Wenn also vorhin gesagt wurde, daß die Verwandtschaft
der Arten und Gattungen, ja sogar ganzer Familien sich auch
in der Chemie verraten kann, so gilt dies nicht bloß für die
Pflanze als solche, sondern häufig sogar für ihre Asche.
Der Anatom hat bisher die Asche meist nur zu Rate
gezogen, wenn es sich um die sogenannten »Kieselskelette»,
d. h. um die Feststellung der Verkieselung der Zellhäute
oder den Nachweis von Kieselkörpern gehandelt hat. Aber
wie aus den folgenden Zeilen hervorgehen wird, lassen sich
die Aschenbilder auch noch für andere Zwecke verwerten.
Die Kalkoxalatkrystalle, Kieselkörper und Zystolithenr
die sich in der Pflanze mitunter nur sehr spärlich vorfinden
und daher leicht übersehen werden können, werden durch
die Verbrennung der Pflanze oder ihrer Teile zu
Asche auf ein kleines Volum zusammengedrängt,
gehäuft und so leicht gefunden.
Aus dem charakteristischen Aschenbilde kann in gewissen
Fällen, z. B. bei Gräsern, Halbgräsern, Irideen u. a. die Zu-
gehörigkeit zu diesen Familien festgestellt oder die Echtheit
vegetabilischer Genußmittel, einer Medizinalpflanze oder einer
Droge in nicht seltenen Fällen erkannt oder zur sicheren
Diagnose mit Vorteil herangezogen werden.
Der Mikroskopie der Asche wird daher in Zukunft
mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden müssen als
es bisher geschehen ist, weil sowohl der Anatom,
der Physiologe, der Systematiker und der Unter-
sucher von Verfälschungen vegetabilischer Nahrungs-
mittel aus dem Aschenbilde wertvolle Schlüsse
ziehen kann.
Bezüglich der Methodik sei folgendes erwähnt. Die zu
untersuchenden Pflanzenteile — wenn nichts Besonderes
bemerkt wird, handelt es sich um Blätter — werden in einem
offenen Porzellantiegel wenn möglich bis zum völligen Weiß-
werden verascht. Die Verbrennung von Pflanzenteilen bis zum
völligen oder fast völligen Weißwerden der Asche macht in
■264 H. Molisch.
der Regel keine Schwierigkeiten; nur in Fällen, wo Zellwände
viel Chloride führen oder wo Haare, Epidermen und Strang-
gewebe verkieselt sind, kann die Asche in den betreffenden
Teilen schwärzlich bleiben oder erst nach längerem oder
langem Glühen weiß werden. Nach dem Abkühlen legt man
Teile der Asche, ohne sie mehr als notwendig ist zu zer-
bröckeln, auf den Objektträger, behandelt mit einem Tropfen
Anilinöl und bedeckt mit einem Deckglas. Das Anilinöl hat
den großen Vorteil, daß es die Asche rasch vollends durch-
dringt, die Luft verdrängt und das Präparat, ohne es chemisch
zu verändern, gut durchsichtig macht. Man sieht die Asche
also in ihrer fast unveränderten Form.
Anstatt Anilinöl läßt sich mit demselben Vorteil Phenol
verwerten und dieses hat, wie bekannt, noch den besonderen
Vorteil, daß es die verkieselten Membranen und Kieselkörper
in einem eigentümlichen rötlichen Glanz erscheinen läßt. In
Ermanglung von Anilinöl und Phenol läßt sich auch flüssiger
Kanadabalsam anwenden.
Will man Verkieselung feststellen, so behandelt man am
Objektträger die Asche mit 20prozentiger Salzsäure, wodurch
die Karbonate, insbesondere der kohlensaure Kalk, gelöst
werden. Die verkieselten Teile bleiben dann zurück.
Sollten Zweifel bestehen, ob wirklich Kieselsäure vorliegt,
so kann die Asche noch mit > Chromschwefelsäure« behandelt
werden, in der alle organische Substanz zerstört und, abge-
sehen von Kieselsäure und eventuell der Tonerde, die ganze
mineralische Substanz sich löst.
Es gibt Aschen, die vorwiegend aus Karbonaten bestehen
und die unter raschem Aufbrausen im Salzsäuretropfen fast
augenblicklich verschwinden (Karbonataschen). Dann solche,
die nur wenig oder fast gar nicht brausen und oft in zu-
sammenhängenden Stücken übrig bleiben (Kieselaschen) und
endlich solche, die sowohl reichlich Karbonate als Kiesel-
säure enthalten (Karbonat- und Kieselsäureaschen).
Alle Aschen lassen sich dauernd in unveränderter Form
in Kanadabalsam aufbewahren. Dieser muß durch Xylolzusatz
leicht flüssig gemacht werden; in dieser P'orm kann er auf die
trockene Asche direkt aufgetropft und mit einem Deckglas
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. 26o
bedeckt werden. Ein besonderer Verschluß ist nicht not-
wendig, es ist höchstens darauf zu achten, daß das ver-
dampfende Xylol durch eine entsprechende Menge von
Kanadabalsam ersetzt wird.
Für die Herstellung der Aschenpräparate können frische
und trockene, seit Jahrzehnten im Herbar gelegene Blätter
verwendet werden und namentlich bei trockenen Blättern,
die infolge von inzwischen eingetretener Mißfärbung die
krystallisierten Inhaltskörper, zumal wenn sie nur spärlich
vertreten sind, nur schwer und erst nach mühsamer Unter-
suchung erkennen lassen, wird man z. B. über die Verteilung
•des Kalkoxalats in dem betreffenden Pflanzenteil durch die
Asche oft rascher und besser orientiert werden als durch
Schnitte.
II. Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft.
Jede Zelle enthält Aschensubstanz sowohl im Inhalt als
auch in der Wand. Ist die Menge gering wie in den meisten
Hölzern, so hört mit der Veraschung der Zusammenhang der
Zellen mehr oder minder auf oder die mineralische Substanz
sintert so stark zusammen, daß die Asche die zelluläre
Struktur gar nicht oder nur sehr undeutlich wiedergibt.
Anders jedoch, wenn die Zellhäute mit Kalk oder mit Kiesel-
säure hochgradig inkrustiert sind. Dann erhält man Aschen-
bilder, die oft so täuschend die ganze Gewebestruktur und
die Form der Zelien, nicht selten bis in die feinsten Einzel-
heiten widerspiegeln, daß ein Uneingeweihter geneigt wäre,
die A^che für das wirkliche Gewebe zu halten.
Solche Aschen kennt man von Diatomeen, Equiseten
und Gramineen seit langem und hat sie, weil die Zellen-
wände hier hauptsächlich aus Kieselsäure bestehen und aus-
gezeichnet erhalten sind, als »Kieselskelette« bezeichnet.
In demselben Sinne kann man aber auch von »Kalk-
skeletten ■ sprechen, denn bei vielen Pflanzen erhält man
beim Glühen Aschen, die die zelluläre Struktur gleichfalls
wiedergeben, deren Wandskelette aber vornehmlich aus
Karbonaten, insbesondere aus Kalkkarbonat bestehen. Solche
Kiesel- und Kalkskelette verraten sich schon makroskopisch
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 12'.). Bd. ls
2(36 H. Mo lisch,
dadurch, daß das betreffende Objekt, z. B. ein Blatt, nicht
zusammensintert, sondern formell gut erhalten bleibt und, wenn
es verkieselt ist, auch nach der Behandlung mit Salzsäure
wenigstens in großen Stücken seinen Zusammenhang bewahrt.
Es soll nun an einigen lehrreichen Beispielen gezeigt
werden, wie sich die Verwandtschaft der Angehörigen einer
ganzen Familie oder Gattung an gewissen Eigentümlichkeiten
der Asche kundgeben kann.
Zystolithen- Aschenbild.
1. Acanthaceae. Die als Zystolithen bezeichneten, höchst
auffallend gestalteten und mit Kalkkarbonat stark inkrustierten
exzentrischen Wandverdickungen bleiben in der Asche formell
der Hauptinasse nach als Kalkkarbonat erhalten und verleihen
der Asche ein charakteristisches Aussehen. In dem intakten
Blatt mehr oder minder versteckt und verhältnismäßig aus-
einandergerückt, rücken sie in der Asche dicht zusammen
und treten, weil für das Licht infolge ihrer Dicke schwerer
durchlässig und manchmal noch eine Spur Kohle enthaltend,
in der sonst weißen Asche um so schärfer hervor. Fig. 1.
Darauf hat auch Naumann E. mit Recht aufmerksam gemacht.
Mikrofekniska Notiser. I.— III. Bot. Notiser 1915, p. 49 — 60.
Ihre Form ist verschieden: meist spießförmig, entweder
nur an einem oder an beiden Enden spitz, seltener rundlich,
länglich oder an beiden Enden stumpf.
Die Zjfstolithen gehören zwar nicht allen Acanthaceen
an, denn sie fehlen ganz den Thunbergieen, Nelsonieenr
Acantheen und Aphelandreen, bei allen übrigen aber sind
sie vorhanden. Genaueres über den Bau und das Vorkommen
der Zystolithen findet man bei Kohl.1
Alle zystolithenführenden Acanthaceen gaben bei der
Yeraschung der Blätter und Stengel ein für zahlreiche
Gattungen und Arten dieser Familie eigenartiges Aschenbild,
eigenartig, weil die Zystolithen hier die Zusammengehörigkeit
und Verwandtschaft selbst noch im Aussehen der Asche
bekunden.
1 Kohl F., Anatomisch - physiologische Untersuchung der Kalksalze
und Kieselsäure in der Pflanze. Marburg, 1889, p. 134.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. 207
Strobilanthes isophyllus. Beim Veraschen bleibt die Form
des Blattes gut erhalten. Die Asche ist sehr reichlich und
besteht der Hauptmenge nach aus einer Unmasse gestaltlich
wohlerhaltener, spießförmiger Zystolithen. Sie liegen in der
Asche so dicht über- und nebeneinander, daß dadurch ein
überaus charakteristisches Aschenbild zustande kommt. Fig. 1.
Über den Gefäßbündeln liegen sie parallel zur Längs-
achse dieser, sonst im großen und ganzen quer oder schief
zur Längsachse des Blattes. In Salzsäure lösen sie sich zum
großen Teile oder ganz unter lebhaftem Aufbrausen auf.
Kalkoxalatkry stalle habe ich bei dieser Art in der Blattasche
vermißt, desgleichen bei Strobilanthes glonieratns.
2. Die Urticales umfassen die Moraceae, Camiabaceae,
Ulmaceae und Urticaceae. Von Moraceen habe ich die
Gattungen Ficus, Monis, Broussouelia, Maclura und Dorstenia1
untersucht und überall in der Asche die Zystolithen so
massenhaft gefunden, daß das Aschenbild für diese Familie
ihr besonderes Gepräge besitzt.
Ficus elastica. Das Aschenbild macht den Eindruck
eines gut erhaltenen Gewebes. Die Oberhaut, das Mesophyll
und die Nervatur sind deutlich zu sehen und die Zystolithen
erscheinen zumeist als dunkle oder schwarze Klumpen. Die
Gefäßbündel sind mit Kalkoxalatkrystallen übersät. Die ellip-
soidischen Öffnungen in der Asche entsprechen den Vor-
höfen der Spaltöffnungen.
Die Oberhaut bleibt, weil stark verkieselt, auch nach
Behandlung mit Salzsäure deutlich in ihrer Struktur erhalten.
l'lcns stipulata. Das Aschenbild dieser Art ähnelt dem
von Ficus elastica insofern, als auch hier die Zystolithen,
die Kalkoxalatkrystalle des Mesophylls und die mit den
Krystallen reichlich bedeckte Nervatur auffallen. Hingegen ist
die Verkieselunq- minimal und daher verschwindet die als
1 Nach Kohl 1. c. p. sollen der Gattung Dorstenia Zystolithen fehlen.
Das ist aber sicher nicht allgemein richtig, denn die von mir kultivierte
Dorstenia hatte überaus reichliche Zystolithen. Gerade in zweifelhaften Fällen,
wo Zystolithen oder Krystalle nur sehr sporadisch vorkommen, leistet die
mikroskopische Aschenuntersuchung ausgezeichnete Dienste, weil sich die
erwähnten Leitfragmente hier so rasch und leicht zu erkennen geben.
268 H. Mn lisch,
zartes Kalkskelett vorhandene Asche bei Behandlung mit
Salzsäure fast vollends.
Andere Ficus -Arten verhalten sich ähnlich, sind sie be-
haart, so erscheinen auch die Haare in der Asche gewöhn-
lich als Kalk- oder Kieselskelette erhalten.
Die Aschenbilder der Urticaceen sind gleichfalls durch
die massenhaft auftretenden Zystolithen sehr auffallend. Man
betrachte z. B. die Asche von Boehmeria utilis, Fig. 2. Sie
erscheint mit runden, an der Oberfläche etwas sternartig
ausgezackten Zystolithen c wie gepflastert. Diese liegen in
einem Kalkskelett zarter Zellen. Darüber verstreut finden sich
zahlreiche einzellige, gemshornartige Haare h und mehr oder
minder lange, gerade oder etwas gebogene Kegelhaare ht und Ii.,.
Die Nerven werden von kleinen Kalkoxalatdrusen in großer
Zahl bedeckt. Die Zystolithen und Haare sind stark verkalkt
und außerdem doch noch so stark verkieselt, daß sie nach
Behandlung mit Salzsäure in ihrer Form entweder tadellos
oder noch recht gut erhalten bleiben.
Humulus lupulns, Urtica dioica, U. ur'ens, Boehmeria-
Arten, Parietaria officinalis und ( 'annabis sativa zeichnen
sich ebenfalls durch eine höchst charakteristische Zystolithen-
asche aus. In Solereders1 »Systematischer Anatomie- wird
auf den systematischen Wert der Zystolithen bei den ver-
schiedenen Familien ausführlich hingewiesen, hier sei nur
darauf aufmerksam gemacht, daß, wie sich aus dem Vor-
stehenden ergibt, selbst die Asche die Verwandtschaft der
Glieder der einzelnen Familien durch die Zystolithen zu
erkennen gibt und zwar viel bequemer und rascher als es
oft Schnitte vermögen.
Kalkoxalat-Aschenbild. -
a) Raphiden.
Die entweder einzeln oder in von Sehleim umhüllten
Bündeln auftretenden nadeiförmigen Krystalle oder Raphiden
sind bekanntlich für mehrere Familien geradezu von systema-
i Solereder H., Systematische Anatomie der Dikotyledonen. Stutt-
gart 1899, p. 860 ff.
- In der Asche liegt das im Gewebe ursprünglich vorhandene K'alk-
oxalat nicht mehr als Oxalat, sondern als Karbonat oder bei sehr langem
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. 269
tischem Wert. Es sei nur an die Araceen, Palmen, Comme-
linaceen, Liliaceen, Amaryllideen, Orchideen, Bromeliaceen,
Onagraceen, Ruhiaceen, Ampelideen u. a. erinnert. Infolge der
zahlreichen Raphidenbündel im Gewebe erhält natürlich die
Asche ein höchst auffallendes Aussehen, weil hunderte
solche Bündel in der Asche auf engen Raum zusammen-
gedrängt erscheinen. Fig. 3. Dazu einige Beispiele:
Onagraceae. Das Auftreten von Raphidenbündeln ist für
diese Familie charakteristisch. Sie werden für die Gattungen
Epilobütm, Zausckneria, Jussiaea, Ludwigia, Gayophytum,
i larkiiu Oenothera, Fuchsia, Hauya, Lopezia, Gaura, Gongy-
locarpus und Circaea von Parmentier1 angegeben. Als
Ausnahme wird Trapa angeführt, die keine Raphidenbündel,
wohl aber viele Kalkoxalatdrusen enthält. Wenn eine Familie
in allen ihren Vertretern Raphidenbündel besitzt und eine
einzige Gattung nicht, so mahnt dies, die systematische
Stellung dieser Gattung eingehender zu prüfen. In der Tat
zeigt die bisherige Literatur, daß man über die Zugehörigkeit
der Gattung Trapa durchaus nicht im Klaren ist. v. Wettstein2
hebt hervor, daß die erwähnte Gattung in mehrfacher Hin-
sicht von den Oetiotheraceen abweicht, stellt sie aber noch
zu diesen. Hingegen stellt sie Raimann3 zu einer eigenen
Familie der Hydrocaryaceae. Hier haben wir ein interessantes
Beispiel, daß auch das Aschenbild einer Pflanze einen Finger-
zeig für die systematische Einordnung einer Gattung geben
kann.
Fuchsia globosa. Asche massenhaft von Raphidenbündeln
durchsetzt. Die einzelnen Raphiden sehr zart. In unmittelbarer
Umgebung der Blattnerven sind die Krystallbündel schlanker
und annähernd parallel zum Nerv gerichtet. Einzelne Kalk-
oxalatkrystalle sind selten.
Glühen als Kalziumoxyd vor; wenn dabei' im folgenden trotzdem von Kalk-
oxalatkrystallen der Asche die Rede ist, so sind dann der Kürze halber
nicht sie selbst, sondern die durch das Glühen daraus entstandenen Um-
wandlungen gemeint.
i Solereder H., System. Anatomie 1. c. p. 422.
- Wettstein v., Handbuch d. system. Botanik. 2. Aufl. 1911, p. 680.
3 Engl er- l'ran tl , Die natürlichen Pflanzenfamilien etc.. IV. Abt. 1!!.
7.. p. 223.
270 H. Moli sei),
Circaea Inlciiaua, massenhaft Raphidenbündel in der Asche
Isnardia palustris » »
Epilobiiuu üugusiifoliuiu »
» D od 011a ei » »
» montanum »
Ampelidaceae. Auch diese Familie enthält, soweit geprüft,
durchwegs Raphidenbündel. Untersucht habe ich:
Viiis Voiniana. Asche enthält massenhaft Raphidenbündel
und Kalkoxalatdrusen. Die letzteren hauptsächlich längs der
Nerven.
Vilis Veitschii. Ebenso.
Vitis labrusca. Ebenso, aber die Drusen spärlicher.
( "issus discolor. Reichlich Raphidenbündel, Einzelkrystalle
und Drusen. Überdies mit Kieselsäure erfüllte polygonale
Zellen.
Ampelopsis quinquefoMa. Die Fig. 3 zeigt die Blattasche
dieser Ampelidee mit zahlreichen Raphidenbündeln r und
Drusen von Kalkoxalat k. Die übrigen Bestandteile der
Asche, die zu wenig prägnant sind und nur wenig minera-
lisierte Membranen von Zellen darstellen, wurden fortgelassen.
Rubiaceae. Solered er1 weist mit Recht darauf hin,
daß die Ausscheidungsweise des Oxalsäuren Kalkes für die
Rubiaceen-Gattungen und Unterabteilungen (Triben) von
großem systematischen Werte ist. Er kommt in Form von
großen und kleinen rhomboüdrischen Kry stallen, Raphiden,
Krystallsand, Drusen, Nädelchen vor und das Vorkommen ge-
rade dieser oder jener Krystallform ist den einzelnen Triben
eigentümlich. Gerade hier kann die Aschenuntersuchung über
das Vorkommen und die Verteilung der Krystalle rasch und
bequem Aufschluß geben und ein Übersehen, das im Gewebe
leicht möglich ist, verhindern.
b) Krystallsand.
Bei zahlreichen Gattungen kommen bekanntlich Zellen
vor, die nicht, wie das so häufig bei Phanerogamen der
Fall ist, wohl ausgebildete Einzelkrystalle oder Drusen von
1 Solered er H., 1. c, p. .",1)1 ff.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. -< 1
Kalkoxalat enthalten, sondern eine Unzahl von ungemein
kleinen, das Zellumen fast ganz erfüllenden Kryställchen,
den sogenannten Krystallsand. Bei den Solanaceen, Chenopo-
diaceen und Rubiaceen ist dies eine häufige Erscheinung.
Bei Solereder1 finden sich nähere Angaben über den syste-
matischen Wert dieser Krystallsandzellen. Über die Zahl, Größe,
Form und die Verteilung gibt die Asche rasch Aufschluß.
Die Tabaksasche von Nicotiana rustica und anderen
Tabakarten besteht großenteils aus Krystallsand. Die ver-
aschten Zellen liegen so dicht neben- und übereinander, daß
die Asche das Licht selbst in Kanadabalsam nur sehr
geschwächt durchläßt. Die überaus kleinen Kryställchen
ähneln Kokken.
Bei Scopolina atropoides sind die Krystallsandzellen
verhältnismäßig sehr groß und treten in der Asche deutlich
hervor.
Atropa belladonna, Solanum lycopersicnm, S. tuberosum.
S. dulcamara und Lycium barbarum zeigen typische Krystall-
sandasche.
Andere Solaneen führen Einzelkrystalle oder Drusen
oder beide. So zeigt die Asche von Hyoscyamus uiger
massenhaft Einzelkrystalle2, die von Datura stramonium
Drusen und die von Physalis alkekengi sowohl Einzelkrystalle
als auch Drusen-.
Da der Krystallsand im Bereiche der Phanerogamen eine
nicht allgemein verbreitete, für viele Gattungen aber eine
konstante Erscheinung ist, so kann die Asche zur Sicher-
stellung der Erkennung (Sambucus, Auenba) und der syste-
matischen Stellung, wenn darüber Zweifel obwalten, von
Nutzen sein (Garrya).
c) Einzelkrystalle und Drusen
kommen so häufig vor, daß ihr Nachweis im Aschenbild
nicht die Bedeutung hat wie der der Raphiden, des Krystall-
sands oder der Zystolithen. Immerhin kann das Spodogramm,
S olered er 11., 1. c, p. 654.
- Bei Hyoscyamus niger, Lycium barbarnm und Physalis alkekengi
fand ich überdies zahlreiche Sphärite, nicht selten radiär gestreift und mit-
'1, 2 H. Molisch,
weil in der Form, Menge und Verteilung der Krystalie bei den
verschiedenen Familien und Gattungen eine große Mannigfaltig-
keit herrscht, von einiget, ja mitunter, wie noch später (p. 287 ff.)
auseinandergesetzt werden soll, von großer Wichtigkeit sein.
Hier sei nur auf einige ganz besonders hervorstechende
Fälle hingewiesen.
Irideaceae. Die Asche des Blattes von Iris germanica
besteht zum großen Teile aus großen spießförmigen Kalk-
oxalatkrystallen. Sie sind seit langem bekannt und werden
ja auch in Gewebeschnitten gesehen, aber erst die Asche
gibt eine gute Übersicht und eine Vorstellung von der unge-
heuren Zahl dieser Krystalie. Fig. 4.
Sie liegen mit ihrer Längsachse stets parallel zur Längs-
achse des Blattes und bilden ganze Reihen, die der Asche
ein eigenartiges Gepräge geben.
Alle Iris- Arten und alle Iridaceen überhaupt, die ich
untersuchte, zeigen diese Eigentümlichkeit: Iris palustris,
I. pumila, I pseudacorus, I sibirica, I. graminea, I. tuberosa
und /. uariegata. Bei der letzten Art sieht man in der Asche
auch massenhaft kleine Sphärite von Kalkoxalat (?). Ferner
Gladiolus communis, G. illyriciis, G. imbricatus, G. segetum,
Romuleä colitmnae, R. bulbocodium, Crocus bißorus, C. vernns,
l '. banaticus und C. saiivus. Bei Romulea bulbocodium linden
sieh, abgesehen von den großen spießförmigen Krystallen,
auch rhombenartige, recht große Einzelkrystalle gleichfalls von
Kalkoxalat vor.
Fs hat daher den Anschein, als ob nach diesen Ergeb-
nissen die Kalkoxalat-Spieße einen Familiencharakter für
Iridaceen abgeben, doch kann erst nach ausgedehnteren,
auf die zahlreichen Gattungen der Iridaceen sich erstreckenden
Untersuchungen ein endgültiges Urteil abgegeben werden.
Ahnliches gilt von der Asche der Quillaja-Rinde. Auch
diese besteht großenteils aus großen, zugespitzten prisma-
tischen Kalkoxalatkrystallen von ziemlich bedeutender Größe.
unter geschichtet, die in der Familie der Solaneen recht häufig sind und
bisher meines Wissens übersehen wurden. Ihre chemische Zusammensetzung
bedarf noch der näheren Untersuchung.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. '_'/.'>
Überaus reich an Kry Stalldrusen ist die Asche von ver-
schiedenen Kakteen. Opuntia -Arten hinterlassen eine sehr
voluminöse Karbonatasche, in der Drusen einen dominierenden
Bestandteil ausmachen.
Die Fig. 5 zeigt die Asche des die Oberfläche bildenden
Gewebes des Flachsprosses von Opuntia missouriensis. Die
in der Asche vorhandenen Löcher s geben die ursprüngliche
Lage der Spaltöffnungen an. Die Schließ- und Nebenzellen
sind so wenig mineralisiert, daß sie in der Asche nicht oder
nur sehr schwer aufzufinden sind. Es ist mir wahrscheinlich,
daß die Spaltöffnungen deshalb in den Wänden so wenig
mineralische Substanzen einlagern, um auch noch in höherem
Alter beweglich zu bleiben und die Öffnung und den Ver-
schluß der Spalten leichter zu ermöglichen.
Unmittelbar unter der Epidermis liegt eine schmale
Parenchymschichte, deren Zellen große Drusen von Kalk-
xalat k enthalten. In der Asche liegt Druse an Druse.
Man sieht hier so deutlich, wie sich in derartigen
Pflanzen, die, vielleicht abgesehen von gewissen Wurzel-
ausscheidungen, keine Möglichkeit haben, sich der aufge-
nommenen Mineralstoffe zu entledigen, diese in geradezu
erstaunlichen Massen in ihrem Körper anhäufen.
Aber auch negative Befunde können von Wert sein.
Man kennt bereits mehrere Pflanzenfamilien unter den
Dikotylen, die der festen Oxalatsalze entbehren: Cruciferenr
Fumariaceen, Valerianeen, Campanulaceen, Primulaceen und
Plantagineen. In der Asche läßt sich dieser Mangel leicht
feststellen und da das Fehlen von Kalkoxalat im Pflanzen-
reich verhältnismäßig selten zutrifft, so gewinnt dieses nega-
tive Merkmal um so mehr an Wert.
Kieselsäure -Aschenbild.
Die Kieselskelette, die viele Pflanzen nach dem Glühen
hinterlassen, haben die Aufmerksamkeit der Botaniker seit
langem hervorgerufen, besonders seit v. Mohl uns seine ausge-
zeichnete Abhandlung über das Kieselskelett lebender Pflanzen-
zellen beschert hat.1
i Mohl H. v., Botan. Ztg., 1861, p. 2
274 H. Molisch,
Diese Kieselskelette gehören zu den herrlichsten Aschen-
bildern, die wir besitzen, und sind geeignet, das in der vor-
liegenden Arbeit gesteckte Ziel in mehrfacher Beziehung zu
stützen.
Lycopodiaceae und Filices.
Im Bereiche der ersteren Familie verdient die Gattung
Selaginella wegen ihrer schönen Kieselskelette besondere
Erwähnung. Auffallenderweise wird sie in Kohl's zitiertem
Buche bei der Orientierung über das Auftreten der Yer-
kieselung im Pflanzenreiche nicht erwähnt.
Selaginella Martensii. Ich will die Verhältnisse zunächst
schildern, wie ich sie bei dieser Art fand.
a) Blatt. Das im Phenol liegende Blatt läßt den anato-
mischen Bau und auch die Verkieselung deutlich erkennen.
Die obere Epidermis besteht aus abgerundeten polygonalen
Zellen mit welligem Umriß. Die Zellen der unteren Epidermis
sind gestreckt und gleichfalls wellig konturiert. Die in die
Zellen vorspringenden Wandfalten lassen an dem rötlichen
Glanz die besonders starke lokale Verkieselung an ihrer
Spitze erkennen. Selbst in der Asche treten diese verkieselten
Stellen als Knötchen, Strichelchen oder Pünktchen in Er-
scheinung. Der in kurze einzellige, kegelige Haare, deren
scharfe Spitze infolge ungemein starker Verkieselung sehr
spröde und leicht abbrechbar ist, auslaufende Blattrand er-
scheint durch dickwandige, in zwei bis sechs Reihen neben-
einander liegende Sklerencbymfasern ausgesteift. Sie sind es,
die in ihren Wänden so stark verkieseln, daß sie in der
Asche mit ihrem aus vorspringenden Höckern bestehenden
Relief bis in die feinsten Einzelheiten erhalten bleiben. Auch
der übrige Teil der Epidermis erfährt eine so starke Ver-
kieselung, daß ihre Zellwände samt den Spaltöffnungen als
Skelett vollständig erhalten bleiben. Der Mittelnerv unterliegt
gegen sein Ende zu gleichfalls starker Verkieselung. So kommt
es, daß ältere veraschte Blätter infolge der Mineralisierung
nach Behandlung mit Salzsäure oft als Ganzes erhalten
bleiben.
b) Der Stamm wird von einer Epidermis begrenzt, die
sieh aus prosenehymatisch gestalteten und sklerenchymatisch
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. LtO
gebauten Zellen zusammensetzt, deren Inhalt in alten, stark
beleuchteten Pflanzen rote Carotinkügelchen und ebenso
gefärbte Chromatophoren führt.1 Daran schließt sich ein ähn-
lich gebautes ein- bis mehrschichtiges Hypoderma.
Diese Stengelepidermis bleibt nach Veraschung und
Behandlung mit .Salzsäure als wohlerhaltenes Kieselskelett
zurück. Die Verkieselung kann auch die Wände faserförmiger
Zellen des Stamminnern ergreifen, ja viele davon können
sogar solid verkieseln.
Ähnlich wie bei Selaginella Martensii fand ich die Ver-
hältnisse bei Selaginella cuspidata. Auch hier erscheint der
Blattrand durch die erwähnten verkieselten Sklerenchymfasern
gefestigt, bei S. caesia treten sie schon sehr zurück und bei
5. spinulosa und kelvetica werden sie ganz vermißt. Doch
verkieseln die Epidermen und die Blattrandzellen samt den
Haaren bei allen genannten Arten so stark, daß sie stets ein
charakteristisches Aschenbild aufweisen.
Bei dem Farnkraut Atliyriuui filix feiniua und Polypodium
alpestre erscheint auch die Epidermis des Blattrandes,
und zwar die auffallend dicke Außenwand in hohem Grade
verkieselt. Diese bleibt in einseitig gezackten, mehr oder
minder langen Streifen in der Asche zurück. Die wellig
konturierte Epidermiszelle der Blattspreite geben herrliche
Kieselskelette nicht bloß bei den genannten Farnen, sondern
auch bei Pteris aquilina (Fig. 6), Blechnum spicant, Gleichenia
polypödioides und Osmünda regalis. Spaltöffnungen können
bei den genannten Farnen so stark verkieseln, daß ihr
Lumen mit Kieselsäure teilweise oder ganz erfüllt ist.
So starke Verkieselung ist aber bei Farnen durchaus
nicht aligemein verbreitet, denn es gibt zahlreiche Arten,
deren Asche bei Behandlung mit Salzsäure unter raschem
Aufbrausen fast ganz verschwindet (Asplenium viride, Scolo-
pendrium vulgare, ( eterach officinarum etc.).
i Molisch II.. Über vorübergehende Rotfärbung der Chlorophyllkörner
in Laubblättern. Ber. d. Deutsch, bot. (-es., 1902. p. 445.
276 H. .Molisch,
Equisetaceae.
Die Schachtelhalme sind seit langem als Kieselpflanzen
ersten Ranges bekannt und ihr Kieselskelett gehört zu den
beliebtesten Demonstrationsobjekten im pflanzenanatomischen
Praktikum.
Hier sei betont, daß alle von mir untersuchten Arten:
Equisetum arvense, E. pratense, E. telmateja, E. silvatiewm,
E. limosu-m, E. litorale und E. hiemale ein so typisches
Aschenbild liefern, daß die Equisetum-Na.tur an einem nicht
zu kleinen Aschenfragment der Stengel- und Blattoberhaut
leicht erkannt werden kann. Fig. 7.
Allen Equisetum -Arten gemeinsam sind die eigenartigen,
nach einem bestimmten Typus gebauten, in Reihen ange-
ordneten Spaltöffnungen s, der mehr oder minder ausgeprägte
wellige Umriß der Oberhautzellen e und </, die durch kuti-
kulare Höckerchen h zustande kommende Punktierung der
Außenmembranen der Epidermiszellen, die je nach den ver-
schiedenen Arten besonders auch bei den Spaltöffnungszellen
Verschiedenheiten darbieten können. Fig. 7.
Schon der Monograph dieser- Gattung, Milde1, hat den
Spaltöffnungsapparaten der Schachtelhalme große Aufmerksam-
keit geschenkt und ihren Bau für die Diagnosen der einzelnen
Arten verwertet.
Die veraschten fertilen Sprosse von Equisetum arvense
und E. telmateja brausen mit Salzsäure stark auf, während
die sterilen dies in viel geringerem Grade tun. Die fertilen
sind auch weniger verkieselt, geben aber trotzdem schöne
Kieselsketette.
Gratnineae.
Die Asche braust mit Salzsäure entweder nur ganz
wenig, mäßig oder stark auf. In der Regel bleibt die Asche
nach Behandlung mit Salzsäure in größeren zusammen-
hängenden Stücken erhalten und namentlich ist es die Ober-
1 Milde .'., Monographia Equisetorum, Nova acta Leop. Carol. 1866^
Vgl. auch Forsch O., Der Spaltoffnungsapparat im Lichte der Phylo-
genie. Jena 1905, p. 4.2, hier auch die einschlägige Literatur.
Aschenbild und Pflanzenverwandtscbaft. -< i
haut, die ein ungemein genaues Bild ihres Baues in der
Asche zu erkennen gibt.
Besonders auf Grund der ausgedehnten anatomischen
Untersuchungen Grobs1 kennen wir den Bau der Blätter
recht genau und wissen, daß gewisse Elementarorgane der
Epidermis bei den verschiedenen Arten der Grasblätter sich
immer wieder einstellen und mit Sicherheit auf die Familie
der Gramineen hinweisen. Zu diesen Elementarorganen ge-
hören in erster Linie: die Langzellen mit welliger Kontur,
die Kieselkurzzellen. die Trichome, und unter diesen wieder
besonders die zweizeiligen Winkelhaare und die einzelligen
Stachelhaare. Dazu gesellen sich noch die ungemein charak-
teristischen vierzelligen Spaltöffnungen, die allerdings auch
für einen Teil der Cyperaceen typisch sind. Abgesehen von
der tadellosen Erhaltung der Wand zeigt die Asche nach
Wegschaffung der Karbonate durch Mineralsäliren auch zahl-
reiche, mannigfaltig gestaltete und eben deshalb für die ein-
zelnen Arten und Gattungen eigenartige Kieselkörper, d. h.
Ausfüllungen der Zellen mit Kieselsäure.
Merkwürdigerweise hat Kohl- die weite Verbreitung
dieser soliden Ausgüsse der Zellen mit Kieselsäure, obwohl
er sich mit dem Auftreten der Kieselsäure in der Pflanze
monographisch beschäftigt hat, bei den Gramineen übersehen.
Hätte er .sich die Aschen bei einigen beliebig ausgewählten
Grasblättern angesehen, so hätten ihm die ungemein zahl-
reichen, bei manchen Gräsern auch auffallend großen Kiesel-
körper nicht entgehen können.-"'
Die Fig. 8 macht uns mit der Blattasche einer Bambusa-
Art nach Behandlung mit Salzsäure bekannt. Man glaubt ein
intaktes Gewebe zu sehen. Alle Zellwändc sind, weil hoch-
gradig verkieselt, anscheinend tadellos und unverändert
erhalten. Man sieht die reihenweise Anordnimg der Spalt-
öffnungen .v und ihren eigenartigen, aus zwei schmalen
1 Grob A., Beiträge zur Anatomie der Epidermis der Gramineenblätter.
Stuttgart 1896. Bibliotheca Botanica, 3G. Heft.
2 Kohl F. G., 1. c.
:; .Molisch 11., Beiträge zur Mikrochemie der Pflanze. Nr. 12. Ber. d.
Deutsch, botan. Ges., Bd. 36. Jhrg. 19 IS, p. 474.
2 78 H. Molisch,
Schließzellen und zwei Nebenzellen bestehenden Typus, ferner
die für Gräser so charakteristischen, wellig konturterten
Oberhautzellen e, von denen manche se mit Kieselsäure
vollends erfüllt sind, und endlich die seitlich ein wenig aus-
gebuchteten Kieselkurzzellen k.
Die Gestalt der Kieselkurzzellen wechselt, wie dies Grob
im einzelnen ausführlich geschildert hat, bei den verschiedenen
Gräsern sehr stark und ist für die einzelnen Tribus verwert-
bar. Grob bezeichnet sie nach ihrer Gestalt als Kreuz-,
Hantel-, Knoten-, Sattel-, Kreis-, Ellipsen-, Stäbchen-, Blättchen-
zellen usw.
Sie treten hauptsächlich über dem Bast, aber auch über
dem Assimilationsgewebe auf und zwar in Reihen. Weil sie
solid verkieselt sind, fallen sie in der Asche besonders auf
und werden dadurch geradezu zum besonderen Leitfragment
in der Asche des Grasblattes. Jeder, der sich mit diesen
mannigfaltig, aber doch so eigenartig gestalteten Kiesel-
kurzzellen, den wellig umrandeten Oberhautzellen und den
typisch gebauten Stomata vertraut gemacht hat, wird auch
in der Morphologie der Asche das Grasblatt erkennen.
Cyperaceae.
Diese Familie steht den Gramineen nahe. Dies äußert
sich unter anderem in dem Grashabitus, durch gewisse Merk-
male der Blüte und ihrer Anatomie.
Auch hier erscheint die eigenartige Epidermiszelle mit
dem welligen Umriß und die reihenweise Anordnung der
Spaltöffnungen, deren Typus dem der Glumifloren oder
Gramineen ähnelt oder gleicht.
Die Epidermis der Cyperaceen unterscheidet sich aber
von der der Gramineen durch Jen Alangel der so eigenartig
und recht verschieden gestalteten Kieselkurzzellen und durch
das, so weit untersucht, nie fehlende Vorkommen der an
Stelle der Kieselkurzzellen auftretenden Kegelzellen. Es
sind dies höchst charakteristische Epidermiszellen, die dadurch
ausgezeichnet sind, daß ihre Innenwand gewöhnlich einen
(seltener zwei) in das Lumen vorspringenden, hochgradig,
verkieselten, kegelförmigen Vorsprung trägt.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. - / (. '
In Wasserpräparaten können die Kieselkörper der Kegel-
zellen leicht übersehen werden, in Phenol werden sie durch
ihre Lichtbrechung schon deutlicher, ungemein scharf treten
sie jedoch in der Asche hervor. Bei verhältnismäßig nicht
zu langem Glühen werden sie geschwärzt, fallen durch
ihre oft kohlenschwarze Farbe auf und bilden auf den
s üb epidermalen Bast bündeln aufliegende ein bis drei
nebeneinander liegende Längsreihen schwarzer
Punkte, die an die Deckplättchen der Orchideen und
Palmen lebhaft erinnern. Fig. 9. Bei längerem Glühen
worden sie farblos. Als ich sie zum ersten Male sah, hielt
ich sie zunächst für Deckplättchen, allein eine genauere
anatomische Untersuchung lehrte alsbald, daß es sich hier
um etwas ganz anderes, nämlich um kegelförmige verkieselte
Membranvorsprünge in Epidermiszellen handelt.
Diese Kegelzellen bleiben, weil verkieselt, nach
Behandlung mit Salzsäure in der Asche einzeln
oder in mehr minder langen Strängen oder Ketten
übrig und erscheinen, wenn die ursprüngliche Lagerung
etwas gestört wurde, bald in der Aufsicht, bald in der Seiten-
ansicht. Fig. 9.
Analoge Bildungen der Kegelzellen sind die Kiesel-
kurzzellen der Gräser und die Stegmata gewisser monoko-
tyler Familien.
Die Kegelzellen wurden schon von Duval- Jouve1,
Mazel2, Westermaier3, Zimmermann1 und Grob5 gesehen
und beschrieben. Duval Jouve hat 57 den verschiedensten
Cyperaceen-Gattungen angehörende Arten geprüfe und überall
die Kegelzellen gefunden. Duval Jouve gibt an, daß sie
eine bis zwei Längsreihen bilden, aber Grob bemerkt ganz
i Duval Jouve, Mein, de l'acad. de Montpellier. T. VIII. 1872.
- Mazel A.. Etudes d'anatomie comp. s. 1. organ. de veget. dans
nie Carex. Geneve, 1891, p. 21. Zitiert nach Zimmermann.
;i Westermaier M.. Über Bau und Funktion des pflanzlichen Haut-
gewebesystems. Pringsheims' Jahrb. f. wiss. Bot., 14. Bd. (1884), p. 65.
1 Zimmermann A., Beitrage z. Morphologie und Physiologie der
Pflanzenzelle. 1. Bd. 1S93, p. 310.
- Grob A., i. c, p. 68.
280 H. Mo lisch.
richtig, daß es auch mehr sein können und daß diese Reihen
ebenso wie die Kegelzellen einer Reihe einander unmittelbar
anliegen. Die Aschenpräparate geben über den richtigen
Sachverhalt besonders leicht Aufschluß.
Die Kugelzellen sind nach meinen Erfahrungen das
wichtigste Leitelement in der Blattasche der Cyperaceen,
denn ich habe sie unter den von mir untersuchten folgenden
Scheingräsern nirgends vermißt: Cyperus flavescens, C. fuscus,
C. pannomcns, C. longus, C. altemifoUus, Eriophorum vagi-
natum, E. latifolium, E. alpinum, Scirpus setaceus, Sc. silva-
ticus, Sc. maritimus, Sc. holoschoenus, Sc. triqueter, Sc. lacus-
tris, Sc. palustris, Heleocharis ovata, Cladium mariscus,
Schoenus ferrugineus, Rhynchospora alba, Carex sempervirens,
C. hordeiformis, C. flava, C. silvatica, C. vesicaria, C. ri-
paria, C. acuta, C. humilis, C. digitata, C. pilosa, C. maxima,
< '. vulpina, C. brizoides, C. DavaUiana, ( '. cyperoides und
('. caiuscens.
Kohl1 erwähnt diese hochgradig verkieselten Kegelzellen,
obwohl sie einen dominierenden und auffallenden Bestandteil
der Epidermisasche bilden, auffallenderweise nicht. Hätte er
die Asche genauer untersucht, hätten sie ihm wohl nicht
entgehen können.
Welch brauchbares Kennzeichen die Kegelzellen für die
systematische Verwandtschaft abgeben können, lehrt auch
die bisher unsichere Stellung der Gattungen Chrysithrix L„
Lepironia L. C. Rieh, und Chorizandra R. Br. Man stellte
sie bisher zu den Cyperaceen, sie gehören aber nach
Pfeiffers2 neuesten Untersuchungen, in denen auch die
Anatomie berücksichtigt wurde, entgegen früheren Annahmen
zu den Restionaceen. Morphologische und anatomische Merk-
male und nicht zuletzt der Mangel an Kegelzellen sprechen
für ihre Abtrennung von den Cyperaceen und ihre Zuweisung
zu den Restionaceen.
Ein anderer Fall, der zeigt, welche Bedeutung den
Kegelzellen für die Systematik in zweifelhaften Fällen ein-
i Kohl <;. F., 1. c.
'-' Pfeiffer H., Zur Systematik der Gattung Chrysithrix L. und anderer
Chrysiihrichinae. Ber. d. Deutseh. bot. Ges., 38> Jg. (1920), p. 6.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. 281
geräumt wird, lehrt das Studium der Gattung Caustis. Sie
wurde von dem Begründer dieser Gattung R. Braun (1810)
zu den Cyperaceen, später von Palla (1888) zu den Restiona-
ceen gestellt, von anderen aber trotzdem bei den Cyperaceen
belassen. Bei dieser schwankenden systematischen Stellung
war daher eine erneute Untersuchung am Platze. Pfeiffer1
•hat sich ihr unterzogen und kommt auf Grund allseitiger
Berücksichtigung morphologischer und anatomischer Merkmale
und insbesondere weil Caustis typische Kegelzellen
besitzt, zu dem Schlüsse, daß die Einreihung dieser Gattung
zu den Cyperaceen vollständig gerechtfertigt ist. In der Tat,
wer das, man kann wohl sagen, gesetzmäßige Auftreten der
Kegelzellen bei den verschiedensten Cyperaceen -Gattungen
und nur bei dieser Reihe kennen gelernt hat, wird dem er-
wähnten Schlüsse gerne zustimmen.
Die Kegelzellen, in der Asche so leicht, sicher und
•deutlich nachzuweisen, bilden, ebenso wie die Kiesel-
kurzzellen für die Gramineen, gewissermaßen den
anatomisch-chemischen Indikator für die Familie
der Cyperaceen.
Neben diesen Deckepidermiszellen finden sich in der
Cyperaceenasche große, gut erhaltene Kieselskelette der
Oberhaut [Cyperus longus, C. altemifolius, Heleocharis ovata
(Halmepidermis), Scirpus palustris, Carex pilosa, ('. uiaxinni,
('. silvatica] mit Spaltöffnungen (Cyperus longus, C altemi-
folius, Scirpus palustris, Schoenus ferrugineus), aber auch
nicht selten solid verkieselte gewöhnliche Epidermis- und
Mesophyllzellen, sowie einzelne oder ganze Bündel von
häufig solid verkieselten Bastzellen (Cyperus longus, Rhyn-
chospora alba und Scirpus maritimus).
Orchideae.
Viele Gattungen dieser Familie besitzen bekanntlich den
Baststrängen anliegende, mit Kieselkörpern erfüllte, als Deck-
zellen oder Stegmata benannte Zellen. Sie sind nicht nur
1 Pfeiffer II.. Über die Stellung der Gattung Caustis R. Hr. im natür-
lichen System. Ber. d. Deutsch, bot. des., 37. Jg. (1919), p. 41").
Sitzb. d. raathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Ud. ' 9
282 H. Molisch,
vielen Orchideen eigentümlich, sondern auch Trichoiuaues-
Arten, vielen Palmen und den Scitamineen (exklusive Zin-
giberaceen). Von der Fläche gesehen haben sie Ellipsen-
oder Kreisform, im Profil erscheinen sie bikonvex, kegel-,.
hütchen-, brotleibartig oder kugelig. Ihre Oberfläche ist glatt
oder namentlich bei kugeligen warzig. Fig. 10 und 11.
Kohl hat eine große Zahl von Orchideen auf Stegmata
im Gewebe untersucht und sie weit verbreitet gefunden. Er
hat sie nur bei den Ophrydeen, Listereen, Arethuseen und
Cypripedien vermißt.
Ich habe folgende zumeist einheimische Arten geprüft:
Anacamptis pyramidalis, Cypripedium calceolus, Cephalanthera
ensifolia, C. rubra, C. pallens, Goodyera repens, Spiranthes
autumnalis, Epipactis latifolia, E. rubiginosa, E. palustris,
Listera ovata, Ophrys myodes, Chanwrchis alpina, Hcrmi-
uium monorchys, Piatanthera bifolia, Himantoglossum hir-
ciuuni, Nigritella angustifolia, Gymuadenia albida, Orchis
fusea, 0. morio, O. ustulata, Sturmia Loeselii, Malaxis palu-
dosa, Acampe papulosa , Cyrtochihim bictonieuse, Oncidium
micropkyllum, Sarcauthus rostratus, Maxiilaria variabilis
und Coelogyne cristata. Dabei stellte sich heraus, daß unter
den von mir untersuchten einheimischen Gattungen nur
die Gattung Cephalauthera1 Stegmata besitzt.
Alle von mir untersuchten Orchideen enthalten
Raphiden und diese geben zusammen mit den
Kieselkörpern der Deckzellen, falls diese vorkommen,
der Asche ein sehr charakteristisches Aussehen.
Es empfiehlt sich die Asche, vor und nach Behandlung mit
Salzsäure, zu betrachten. Vor Behandlung mit Salzsäure
erblickt man die Deckplättchen bei Cephalanthera ensifolia
in einfachen, doppelten oder mehrfachen Reihen parallel den
Leitbündeln (Fig. 10), nach der Einwirkung der Salzsäure
liegen die Kieselkörper zu hunderten im Tropfen (Fig. 11).
l Kohl, 1. c, p. 277, behauptet, daß der Tribus der Arethuseen die
Deckzellen vollständig fehlen. Diese Angabe beruht auf einem Irrtum, denn
gerade bei der von dem genannten Autor angeführten Gattung Cephalanthera
fand ich sie immer in großen Mengen, wie ja auch aus der Fig. 10 zu er-
sehen ist.
Aschenbild und Pflänz^nverwandtschaft. 283
Marantaceae.
Die von mir untersuchten Arten dieser Familie: Maranta
sanguinea, M. spectabilis, M. metallica, M. kerkoviana und
Cälathea Sanderiana waren sämtlich durch das massenhafte
Vorkommen von Deckplättchen in ihrer Asche ausgezeichnet.
Sie liegen entweder einzeln, zu zweien, mehreren oder in
langen Ketten vor. Die Verkieselung kann sich auch auf die
Epidermiszellen erstrecken, ja stellenweise können die Zellen
ganzer Gewebestücke, besonders am Blattrande, solid ver-
kieselt sein.
Die häufig zu den Marantaceen gestellte Gattung Canna
gibt gleichfalls ein durch Stegmata hervorgerufenes Aschen-
bild zu erkennen. Die Kieselkörper sind rund, warzig oder
abgerundet sternartig, ähnlich Kalkoxalatdrusen und hängen
oft in langen Ketten zusammen.
Bei Maranta sanguinea finden sich in den meisten
Mesophyllzellen auch Kalkoxalatkrystalle von Prismen-, Rauten-
und anderer Form und in dem subepidermalen Parenchym von
.1/. kerkoviana ganze Haufen prismenartiger Krystalle der-
selben chemischen Verbindung.
Musaceae.
Untersucht wurden Heliconia Seemannii, Musa paradi-
siaca, M. Cavendishii, Strelitzia veginae und Ravenala
madagascariensis. Die Blattasche aller dieser Arten führt
Raphidenbündel und massenhaft Deckplättchen von recht
verschiedener Form. Bei Strelitzia sind sie kugelig und war-
zig, desgleichen bei Ravenala, hier sehr häufig auch stern-
artig wie Drusen von Kalkoxalat und bei Musa paradisiaca
und Heliconia Seemanni erscheinen sie oft an der Basis
gesägt, in der Mitte mit einer Reihe punktförmiger Höckerchen
und an der Spitze mit einer konkaven Einsenkung versehen,
also ähnlich gestaltet wie die Deckplättchen der Marantacee,
Cälathea Seemannii, die ich seinerzeit beschrieben habe.1
1 Molisch H., Mikrochemie der Pflanze. Jena 1913, p. 74. Vgl. auch
Kohl F. G., I. c, p. 284.
284 H. M .»lisch.
Die Fig. 12 zeigt im Aschenbilde die Ketten von Deck-
plättchen d und überdies verkieselte Schraubengefäße s von
Musa paradisiaca.
Zingiberaceae.
Wie bereits Kohl1 festgestellt hat, entbehrt diese Familie
der Stegmata, nur bei zwei Alpinia- Arten konnte er noch so-
zusagen Reste dieser Gebilde konstatieren. Sie finden sich
bei Alpinia nutans und A. mutica. Die Deckzellen sind hier
dünnwandig, begleiten die Bastbündeln in langen Reihen und
enthalten viele kleine, rundliche Kieselkörner.
Bei anderen Alpinia- Arten, ferner bei Zingiber, Curcuma,
Kaempferia, Anioniitiu, Elettaria, Hedychiwn und Costus
konnte er keine Stegmata nachweisen.
Ich selbst habe die Blattasche von ( urcmna angustifolia,
Zingiber officinalis und Alpinia nutans geprüft und nur bei
letzterer Deckplättchen mit runden Kieselkörpern gefunden,
aber nicht bloß Reste, wie sie Kohl nennt und zeichnet,
sondern je einen warzenartigen Kieselkörper in der paren-
chymatischen Deckzelle. Raphiden waren bei allen drei
Gattungen vorhanden.
Es zeigt sich daher, abgesehen von Alpinia, in der
ganzen Familie in dem Mangel von Stegmata eine ganz
auffallende Einheitlichkeit gegenüber den nächst verwandten
Familien innerhalb der Reihe der Seitamineen.
Palmae.
Eine kursorische Untersuchung der Palmen: Chamae-
dorea oblongata, Ch. Martiana, Ch. Ernesti Augusti, Latania
bourbonicä, Livistona rotnndifolia, Phoenix dactylifera, Dae-
monovops melanochaetes, Thrinax aliissima, Martinezia caryö-
taefoliae, Caryota furfuracea, Avchantoplioenix ( unninghamii,
K\ipis flabelliformis, Phytelephas macrocarpa und Ouc<>-
spcrma filamentosa ließ in Aschenpräparaten der Blattspreite
deutlich die oft hochgradige Yerkieselung erkennen. Stegmata
fand ich immer, Raphiden in den meisten Fällen, Kalkoxalat-
drusen selten, bei Martinezia jedoch massenhaft.
i Kohl !■'. G., 1. c, p. l:s4.
Aschenbild und Pflanzenvenvandtschaft. 285
Bemerkenswert ist der bedeutende Größenunterschied
in den Kieselkörpern, die die Längs- und Queradern begleiten.
Die ersteren sind klein und die letzteren auffallend groß.
Beide sind warzig.
Die Verkieselung der Epidermiszellen kann z. B. bei
Caryota furfiiracea, Pythelephas macrocarpa, Oncosperma
lilanientosa u. a. so stark sein, daß die Oberhaut in großen
Stücken samt den Spaltöffnungen erhalten bleibt. Da die
Schließzellen oft nur schwach verkieselt sind, so fehlen sie
in der Asche und an ihrer Stelle findet sich eine entsprechende
Lücke. Doch können nicht selten gerade die Spaltöffnungs-
apparate sehr stark, ja sogar im Lumen, also solid verkieseln,
und ebenso können einzelne Mesophyllzellen und Elemente
des Stranggewebes zumal an den Blatträndern einer hoch-
gradigen Verkieselung unterworfen sein.
Pandanaceae.
An der Asche der untersuchten Arten: Pandanus ntilis,
P. graminifolius, P. javaniens und P. Veitchii ließ sich fest-
stellen, daß die Blätter der Pandaneen in chemischer
Beziehung dadurch von den sonst nahestehenden Palmen
abweichen, daß sie trotz ihrer Derbheit und Starrheit keinerlei
besondere Verkieselung erkennen lassen und anstatt der
Deckplättchen mit Kieselkörpern ähnliche Zellen jedoch mit
einem Einzelkrystall von Kalkoxalat besitzen. Kohl1 nennt
sie trotzdem Stegmata, obwohl es sich meiner Meinung emp-
fehlen würde, diesen Ausdruck bloß für die mit Kieselkörpern
und im übrigen so charakteristisch gestalteten Zellen zu
beschränken. Will man einen besonderen Terminus für die
deckzellähnlichen, die Bastbündel gleichfalls begleitenden
Kalkoxalatzellen haben, so könnte man sie als Stegmatoide
bezeichnen, um ihre Verwandtschaft im Bau und in der
topographischen Lagerung mit den Stegmata anzudeuten.
Neben diesen Stegmatoiden, die in langen geschlossenen
Längsreihen die Bastbündel sowie die echten Stegmata
begleiten, kommen auch größere Einzelkrystalle (meist
monokline Rhomboeder und Zwillingskrystalle mit ein-
i Kohl F. C... l. c., p. 2S8.
286 H. Molisch,
springendem Winkel) und bei manchen Arten (P. gramini-
folius und P. Veitchii) im Mesophyll noch sehr zahlreiche
kleine Drusen und Sphärite (von Kalkoxalat) vor.
Die erwähnten Krystalle, insbesondere die Reihen der
Stegmatoide sind für die Pandaneen-Asche äußerst charak-
teristisch.
Innerhalb der Spadiciflorae gibt es keine Familie mehr
mit Deckplättchen, weder bei den Sparganiaceen, Typhaceen,
Araceen, Lemnaceen noch bei den den Palmen am nächsten
stehenden Cyclanthaceen, von denen ich die Blattasche der
beiden Gattungen Carludovicd palmata und Cyclanthiis
bifidus untersucht habe.
Werfen wir nun einen Rückblick auf die mit Monoko-
tylen gemachten Untersuchungen betreffend die Deckplättchen,
so können wir sagen: da die Stegmata nur auf be-
stimmte Familien beschränkt sind; da diese kiesel-
säureführenden Zellen innerhalb dieser Familien
zahlreiche oder sogar alle Gattungen auszeichnen
und sich in der Asche durch ihre Chemie und
Gestalt so leicht verraten, so geben sie selbst in
der Asche noch ein ausgezeichnetes Merkmal für
die Erleichterung der Bestimmung monokotyler
Familien ab. Ferner liefern die Stegmata, weil sie nur
bestimmten Familien angehören, hier aber sich auf
viele oder alle Gattungen erstrecken, eine wichtige
Stütze dafür ab, daß die Verwandtschaft zahlreicher
Arten sich innerhalb ganzer Familien und ihrer Ver-
wandten auch in der Abscheidung von Kieselsäure
in eigenartig gestalteten Idioblasten verraten kann.
Charakteristische, durch hochgradige Verkieselung aus-
gezeichnete Aschen finden sich auch bei Dikotylen nicht
selten vor, ich verweise da auch nur auf die Aschenbilder
der Rubiaceae-Galieae,1 der Aspenfolien, vieler behaarter
1 Netolitzky F., Verkieselungen bei den Rubiaceae-Galieae. Osten-.
bot. Zeitschr., 1911, p. 409.
Derselbe: Kieselmembranen der Dikotyledonenblätter Mitteleuropas.
Ebenda, 1912, p. 353.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. 28<
Cucurbitaceen und auf das besonders reizende Aschenbild von
Deutzia scdbra. Die in der Asche nach Behandlung mit Salz-
säure reichlich vorhandenen sternartigen Haare könnten gerade-
zu als Kunstmotive verwertet werden. Außerdem bemerkt"
man verkieselte Epidermis- und Mesophyllstücke. Fig. 14.
III. Über die Verwertung des Asehenbildes für die
Erkennung von Drogen, Rohstoffen, Nahrungs- und
Genußmitteln aus dem Pflanzenreiche.
Eine genaue Charakterisierung der genannten Objekte
beruht unter anderem auf ihrer mikroskopischen Beschreibung.
Daher hat man seit langem zum Zwecke der Erkennung die
Anatomie des betreffenden Objektes genau geschildert und
diese war auch in den meisten Fällen ausreichend zu einer
sicheren Diagnose. Sie diente auch dazu, das Objekt von
gewissen Ersatzstoffen oder Verfälschungen zu unterscheiden.
Diese Aufgabe ist häufig leicht, nicht selten schwer,
mitunter sehr schwer, weil es an sicheren Merkmalen zu-
weilen mangelt. Auffallenderweise hat man sich bisher nicht
daran erinnert, daß das Spodogramm nicht selten mit großem
Vorteil herangezogen werden kann, um die Erkennung zu
erleichtern. In Lehrbüchern über Pharmakognosien, Nahrungs-
und Genußmitteln, desgleichen in den mikroskopischen Be-
schreibungen technischer Rohstoffe habe ich vergebens nach
Aschenbildern gesucht. Da nun diese meiner Überzeugung
nach für die Diagnose von großem Nutzen sein können, so
sollen hier einige Beispiele herausgehoben werden, um das
Gesagte näher zu begründen.
a) Drogen, aus unterirdischen Achsen bestehend.
Rhizoma Iridis. Der geschälte Wurzelstock von Iris
germanica, florentina und pallida gibt verascht ein höchst
eigenartiges Bild. Das Aschenbild zeigt die Asche fast ganz
aus mächtigen, derben Spießen von Kalkoxalat k
zusammengesetzt. Siehe p. 264 und Fig. 4.
Rhizoma rhei. Der geschälte Wurzelstock verschiedener
Rheum-Arten (Rh. raponticum, Rh. palmatum etc.) gibt eine
Asche, die abgesehen von wenig charakteristischen Teilen der
288- H. Molisch,
Hauptmasse nach aus großen Krys.talldrusen und wenigem
Einzelkrystallen von oxalsaurem Kalk besteht. Im Wasser
präpariert gewährt die Asche im auffallenden Licht ein
reizendes Bild: man glaubt bei schwacher Vergrößerung
kleine Schneeballen mit sternartigem Umriß zu
sehen, die zu hunderten im Gesichtsfelde z'iemlich
dicht gelagert sind.
Radix Belladonnae. Die Asche der Tollkirschenwurzel ist
ausgezeichnet durch massenhaftes Vorkommen der Kalk-
oxalat-Krystallsandschläuche. Sie bilden die Hauptmasse der
Asche. Fig. 15.
Urginea (Scilla) maritima. Die Zwiebelschuppen hinter-
lassen eine von zahllosen Raphidenbündeln ganz durchsetzte
Asche. Die Bündel sind von verschiedener Größe; die einen
sind verhältnismäßig kurz, die andern lang und die einzelnen
Nadeln erreichen darin ganz außerordentliche Dimensionen.
Man sieht die Raphidenbündel schon mit freiem Auge
sowohl in der trockenen Zwiebelschuppe als auch in der
Asche.
b) Blätter.
( 'assia angustifolia, ein zu der Familie der Caesalpineon
gehöriger Strauch, liefert die als Arzneimittel geschätzten
Sennesblätter.
Ihre Asche läßt ein deutliches Kalkskelett des Mesophylls
erkennen. Aus ihm hebt sich scharf das Nervennetz hervor,
das mit Einzelkrystallen von Kalkoxalat wie übersät ist. Die
ganze Nervatur gleicht mehrreihigen Zügen von Krystallen,
wie dies so häufig bei Leguminosen zu beobachten ist. Im
Mesophyll liegen gleichfalls Krystalle von Kalkoxalat, und
zwar Drusen.
Erythroxylon coca. Blätter. Die Asche zeigt nichts be-
sonders auffallendes; nur besonders längs der Blattnervatur
liegen einzeln oder in kurzen Reihen Einzelkrystalle von
Kalkoxalat, jedoch keine Drusen.
Barosma crenata. »Folia Bucco«. In der gut erhaltenen
bräunlichen Blattasche sind die Ölräume noch gut zu er-
kennen. Zahlreiche Kalkoxalatdrusen erscheinen ziemlich.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. 289
gleichmäßig im Mesophyll zerstreut, nur am äußersten Rande
des Blattes fehlen sie fast ganz.
Ilcx paraguayensis, Mate, auch Paraguaytee genannt,
besteht bekanntlich aus den zerkleinerten Blättern eines süd-
amerikanischen Strauches oder kleinen Baumes. Die Blätter
geben ein charakteristisches Aschenbild.
Die obere Epidermis setzt sich, von der Fläche gesehen,
aus polygonalen, über den Nerven reihenweise angeordneten
Zellen mit derber, welliger, kutikularer Streifung zusammen.
Von dieser oberen Epidermis, die hochgradig verkieselt ist,
liegen viele mehr oder minder große Stücke e wohl erhalten
in der Asche vor und können zur Sicherung der Diagnose
auf Mate dienen. Fig. 16. Seltener bleibt die untere Epidermis
mit den zahlreichen eine breite Ellipse bildenden und von
Nebenzellen umgebenen Spaltöffnungen erhalten, etwas häu-
figer das groß lakunöse Schwammparenchym s, wenn es
starke Verkieselung erfährt.
Nicht unerwähnt soll die Tatsache bleiben, daß die
Blattasche in einzelnen Stücken sich grünblau färbt, vielleicht
infolge des großen Mangangehaltes.
Cannabis sativa. Die Laubblätter sind mit zweierlei
auffallenden, einzelligen Haaren bedeckt. Die Oberhaut der
Blattoberseite führt verhältnismäßig kurze, stark bauchig
angeschwollene Haare //, die der Unterseite längere, schmälere
und an der Basis weniger erweiterte Haare hv Beide sind
gegen die Blattspitze gerichtet und enthalten in dem basalen
Teile einen die Zelle ziemlich ausfüllenden Zystolithen.
Die kurzen Zystolithenhaare sind oft mit einem Wall von
strahlig eingeordneten Epidermiszellen umsäumt, die gleich-
falls mit kohlensaurem Kalk ausgefüllt sein können. In der
Asche scheint der Haarzystolith daher wie von radiären
Fortsätzen umgeben, Ji.,. Das Aschenbild des Hanfblattes ist
sehr charakteristisch, weil die Asche sich großenteils aus
den geschilderten, gestaltlich ausgezeichnet erhaltenen, ver-
kieselten und verkalkten Zystolithenhaaren zusammensetzt.
Fig. 18. Außerdem finden sich über den Gefäßbündeln noch
vereinzelte Drusen von Kalkoxalat k.
290 H. Mo lisch,
c) Rinden.
Cinchona succinibra. Die Asche gleicht einem Sand-
haufen von Kalkoxalat-Krystallsandzellen. Der Krystallsand
zeigt, weil die einzelnen Kryställchen der Zelle aneinander
haften, noch die ursprüngliche Form der Zelle: rund, abge-
rundet, viereckig, gestreckt oder kegelförmig.
Cinchona macrocalyx. Rinde. Die Asche verhält sich
ähnlich.
Cinchona lucuniaefolia. Rinde. Wie vorhin.
Cinnamoiuuni zeylarücum. Zeylonzimmt- oder Kanehl-
rinde. Die Asche erscheint bei schwacher Vergrößerung in
Phenol dicht graupunktiert, in der intakten Asche liegen die
Punkte stellenweise noch in dichten Reihen. Diese entsprechen
dicht gelagerten Zügen von Parenchymzellen, gefüllt mit
Kalkoxalatnadelbündeln. Diese im intakten Gewebe ganz zu-
rücktretenden Elemente setzen einen großen Teil der Asche
zusammen und bilden hier das Leitfragment.
Cinnamomum Cassia. Das Aschenbild der Zimtkassien-
rinde ist wesentlich verschieden von der vorhergehenden
Rinde, denn die Kalkoxalatkrystalle sehen zumeist ganz
anders aus als die vom Zeylonzimt. Bei diesem sind sie
nadeiförmig, bei jenem aber monokline Rhomboeder, prismen-
artig oder quadratisch. Ihr Größenunterschied ist auffallend.
Punica granatum; Rinde. Die Asche besteht großenteils
aus kleinen Drusen von Kalkoxalat. Zahlreiche Reihen von
solchen Kristallen sind in der unversehrten, nicht gequetschten
Asche miteinander zu größeren Stücken verbunden. Diese
Reihen verleihen der Asche ein streifiges Aussehen. Fig. 17.
Die Beispiele ließen sich leicht vermehren, man könnte
damit leicht ein Buch füllen und einen Atlas dazu. Vielleicht
wird dies später jemand, nachdem auf die Wichtigkeit der
Sache ausdrücklichst hingewiesen wurde, unternehmen. Ein
Atlas über Aschenbilder von technich verwerteten Rohstoffen,
Nahrungs- und Genußmitteln aus dem Pflanzenreiche würde
jedenfalls die heute geübte einschlägige Methodik wesentlich
ergänzen und verfeinern.
Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. 291
IV. Zusammenfassung.
Die vorliegende Arbeit zeigt, daß für die Beschreibung
und Erkennung eines Pflanzenobjektes nicht bloß die Anato-
mie des Gewebes, sondern auch die Morphologie seiner Asche
herangezogen werden kann, da das Aschenbild entweder
durch sein Zellenskelett oder durch bestimmte Inhaltskörper
oder Leitfragmente und ihre bestimmte Anordnung für jede
einzelne Pflanzenart sehr charakteristisch ist.
Dadurch, daß die Zellwände hochgradig verkieseln oder
verkalken oder, sowohl verkieseln als auch verkalken, bleiben
die Gewebe nach ihrer Veraschung in ihrer zellulären
Struktur scheinbar so gut erhalten, daß man glaubt, das
noch intakte Gewebe vor sich zu haben. Dazu kommen
dann häufig noch Haare und verschiedene in der Asche
noch wohl erkennbare Inhaltskörper, z. B. mannigfach ge-
formte Krystalle, Zystolithen, Kieselkörper und zwar oft in
so charakteristischer Anordnung, daß man in dem so zustande
gekommenen Aschenbild oder Spodogramm einzelne Familien,
Gattungen oder Arten erkennen kann.
Man könnte vielleicht einwenden: Wozu benötige ich die
Asche, wenn mir das Gewebe zur Verfügung steht? Das
Gewebe zeigt doch mehr als die Asche. Gewiß bietet das
Gewebe Einzelheiten, z. B. im Zellinhalt, die bei der Ver-
aschung zerstört werden und die daher in der Asche nicht
mehr gesehen werden können, aber anderseits bietet
die durch einfaches Verbrennen rasch gewonnene
Asche oft in größerer Klarheit und in besserer Über-
sicht gewisse besondere morphologische Verhält-
nisse.
Wer einen raschen Überblick über die Verteilung der
Zystolithen bei den Acanthaceen und Urticaceen haben will,
wird ihn leicht und ausgezeichnet an der Hand von Aschen-
präparaten gewinnen. Die Gramineen sind durchwegs durch
das Vorhandensein der solid verkieselten Kieselkurzzellen,
die Cyperaceen stets durch die eigenartig geformten, ver-
kieselten Kegelzellen und viele Orchideen, die Marantaceen,
Musaceen und Palmen durch die als Deck plättchen oder
Stegmata bekannten Zellen mit bestimmt geformten Kiesel-
292 II. Molisch,
körpern, manche Familien durch Raphidenbündel oder Krystall-
sand ausgezeichnet. Ja sogar große und auffallend gestaltete
Einzelkrystalle von Kalkoxalat können für Vertreter einer
ganzen Familie bezeichnend sein wie die mächtigen Kalk-
oxalatspieße der Irideen.
Alle diese Leitfragmente treten aber in der
Asche mit viel größerer Deutlichkeit und Übersicht-
lichkeit hervor als im Gewebe, zumal sie bei der YTer-
aschung auf ein kleineres Volum zusammenrücken und so
leichter sichtbar werden. Die Zystolithen, Kieselkurzzellen
und Kegelzellen stellen einen Familiencharakter dar, der sich
in der Asche in besonders prägnanter Weise zu erkennen gibt.
Wenn man die modernen Bücher über Pharmakognosie,
Drogen, Nahrungs- und Genußmittel und andere Rohstoffe
des Pflanzenreichs durchblättert, so ist hier vom Aschenbild
kaum die Rede und doch würde das Spodogramm die Be-
schreibung des zugehörigen Objektes in vielen Fällen wesent-
lich ergänzen, und durch die Herbeiziehung des Aschenbildes
in vielen Fällen die Erkennung des Objektes sowie die Fest-
stellung seiner Echt- oder Unechtheit sicherlich erleichtern.
Ja bei der Diagnostizierung prähistorischer Pflanzenaschen
würde die mikroskopische Untersuchung der Asche über-
haupt die wichtigsten wenn nicht sogar die einzigen Er-
kennungsmittel bieten.
Mit anderen Worten: Wie die Form und die Stellung
des Blattes, der Bau der Blüte, die Zahl der Staubgefäße
und die Form der Samenanlage für diese oder jene Pflanzen-
familie oder Gattung charakteristisch ist, so kann in zahl-
reichen Fällen auch die Morphologie der Asche oder das
Spodogramm einen Hinweis abgeben für die systematische
Stellung der die Asche liefernden Pflanze. Dies sollte in
Zukunft mehr beachtet werden als dies bisher geschehen ist.
Aschenbild und Pflanzcnverwandtschaft. 293
Erklärung der Tafeln.
Taf. I.
Fig. 1. Strolulanthcs isophyllus. Aschenbild.1 Die Asche besteht großenteils
aus maiskolbenähnlichen Zystolithen c. Die meisten liegen quer zur
Längsachse des Blattes, die oberhalb der Blattnerven befindlichen
liegen parallel dem Nerven und sind schmäler. Vergr. 60.
Fig. 2. Bochmeria utilis. Aschenbild nach Behandlung mit Salzsäure
//. //, und //., Kieselhaare, c Zystolithen. Vergr. 6<>.
Fig. \\. Ampelopsis qti inquefoliä. Aschenbild mit zahlreichen Raphiden-
bündeln r und Kalkoxalatdrusen /;. Die übrigen Bestandteile der
Asche, die zu wenig mineralisiert und daher zu wenig prägnant
sind, wurden wie auch in den folgenden Abbildungen weggelassen.
Vergr. 60.
Fig. 4. Iris germanica. Aschenbild, hie Asche besteht der Hauptmasse
nach aus langgestreckten, prismatischen Kalkoxalatkrystallen, die
parallel zur Längsachse des Blattes gelagert sind.
Fig. 5. Optmiia missoitriensis. Aschenbild der Sproßoberfläche. Massen-
haftes Vorkommen von Kalkoxalatdrusen k und dazwischen Lücken s,
die die ursprüngliche Lage der Spaltöffnungen andeuten. Vergr. 160.
Fig. (i. Vieris aquilina. Aschenbild der verkieselten Epidermis nach Behand-
lung mit Salzsäure. Vergr. 1 S< >.
Taf. II.
Fig. 7. Equiselum pratense. Aschenbild der verkieselten Stengeloberhaut
nach Behandlung mit Salzsäure, e Epidermiszellen mit welligem
Umriß und kutikularen Höckerchen //. t\ Epidermiszellen an einer
vorspringenden Stengelrippe, s Spaltöffnung. Vergr. 280.
Fig. S. Bambusa, sp. Aschenbild nach Behandlung der verkieselten Epidermis
mit Salzsäure. .Man glaubt ein intaktes Gewebe zu sehen, s Spalt-
öffnungen, r wellig konturierte Epidermiszellen, von denen manche
se mit Kieselsäure vollends erfüllt sind, und /.• die Kieselkurzzellen.
Vergr. 285.
Fig. 9. Carex silvatica. Aschenbild nach Behandlung mit Salzsäure, t Epi-
dermiszellen, 5 Spaltöffnungen, /; Kegelzellen in der Seitenansicht.
A'j Kegelzellen in der Aufsicht. Vergr. 285.
1 Wo nichts anderes bemerkt wird, bezieht sich das Aschenbild stets
auf die Blattasche. Vergr. 60.
294 H. Molisch, Aschenbild und Pflanzenvervvandtschaft.
Fig. 10. Cephalanthera ensifolia. Aschenbild. 3 Reihen von Stegmata d,
außerdem Raphidenbündel r. Vergr. 160.
Fig. 11. Cephalanthera ensifolia. Aschenbild, nach Behandlung mit Salzsäure.
d Deckplättchen in der Aufsicht, d' Deckplättchen in der Seiten-
ansicht.
Fig. 12. Musa paradisiaca. Aschenbild, nach Behandlung mit Salzsäure.
d Ketten von Deckplättchen, s Schraubengefäße. Vergr. 285.
Taf. III.
Fig. 13. Pandanus graminifvlius. Aschenbild. 5 Reihen von Kalkoxalat-
krystallen der Stegmatoide in Längsreihen, k' größere Kalkoxalat-
krystalle zwischen den Längsreihen, r Raphidenbündel, k" kleine-
Drusen und Sphärite. Vergr. 460.
Fig. 14. Deutzia scabra. Blatt-Aschenbild, nach Behandlung mit Salzsäure.
h verschiedene, sternartige, verkieselte Haare, e Epidermisstück,
m hochgradig verkieselte Mesophyllstücke. Vergr. 40.
Fig. 15. Atropa belladonna. Das Aschenbild der Wurzel zeigt massenhaft
Kalkoxalat-Krystallsandzellen ks. Vergr. 60.
Fig. 16. Hex paraguay ensis. Blatt-Aschenbild, nach Behandlung mit Salz-
säure, e verkieseltes Epidermisstück der Oberseite, s verkieseltes
Schwammparenchym. Vergr. 285.
Fig. 17. Pnnica granatum. Rinden-Aschenbild. Zahllose Drusen von Kalk-
oxalat stehen in Reihen und verleihen der Asche ein streifiges
Aussehen. Vergr. 460.
Fig. 18. Cannabis sativa. Blattasche in Canadabalsam. h schmale Zystolithen-
haare, ht breite Zystolithenhaare, h.2 dieselben Haare aber umgeben
von den Kalkausfüllungen der benachbarten Epidermiszellen..
k Kalkoxalatdrusen über dem Gefäßbündel. Vergr. 60.
Molisch, H.: Aschenbild und Pflanzenverwandtschatt
Taf. I.
. *
5 ##9
Kisser I. et. Molisch H. fec.
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturv. Klasse, Bd. 129 Abt. I. 1920.
Molisch, H.: Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft
Taf. 11.
,; ./ /. ■■■; ) v< V.**/f- .-
d
? "^
%▼".,
L
>
\ /
^ '
9-'
•1
K'
•?
11
"'d
■•••••SiV»*
• • * • V# * — "
A
# %«r-" ^H^*
Kisser I. et Molisch H. fec.
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 129, Abt. I. 1920,
Molisch, H.: Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft
Taf. 111.
•"•
1
17
■\»
Kisser | et Molisch H. fec.
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 129, £bt. I. 1920.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
129. Band. 7. und 8. Heft
20
297
Über den Nachweis und die Verbreitung
des Chlors im Pflanzenreiche
Von
pharm. Mag. Josef Jung
Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien.
(Nr. 138 der zweiten Folge)
(Mit 1 Tafel)
(Vorgelegt in der Sitzung am 8. Juli 1920)
Die weite Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche ist
eine wohlbekannte Tatsache. Es gibt einerseits Pflanzen, die
mit Vorliebe Chlor in ihren Geweben speichern, andrerseits
wieder welche, die diesen Stoff zu meiden scheinen. Bis jetzt
liegt eine systematische mikrochemische Untersuchung über
sein Vorkommen und seine Verteilung in der Pflanze selbst
noch nicht vor, sondern es sind nur vereinzelte Angaben in
der Literatur zu finden. Auch die Methoden für seinen mikro-
chemischen Nachweis in der Pflanze fand ich zuwenig genau
angegeben, so daß dadurch meine Aufgabe gegeben ist.
Wie meine Untersuchungen mir gezeigt haben, dürfte
das Chlor nur in Form von Chloriden in der Pflanze vor-
kommen. In anderen anorganischen Verbindungen oder in
organischer Bindung scheint es zu fehlen. Bei der Durchsicht
der für Chloride in Betracht kommenden Reagentien haben
sich nur wenige für ihren mikrochemischen Nachweis brauch-
bar erwiesen. Speziell Thallosalze und Silbernitrat. Der Nach-
weis mit ihnen hat folgendes ergeben.
298 J. Jung.
Nachweis durch Thallosalze.
Mit Lösungen von Thallosalzen erhält man bei Chloriden
einen schönen charakteristischen Krystallniederschlag, der
kaum mit anderen Krystallen verwechselt werden kann. Die
Krystalle gehören dem tesseralen System an, bilden Würfel
(10 bis 15 fj, groß), Oktaeder, oft kombiniert mit Flächen von
Rhombendodekaeder und am meisten Rosetten (bis 70 [i groß).
Sie sind durch starke Lichtbrechung ausgezeichnet, so daß
sie im auffallenden Lichte weiß, im durchfallenden fast schwarz
erscheinen. Nach dem Borodin'schen Verfahren kann man
ihre Identität beweisen, indem man die Schnitte mit den
Krystallen in eine konzentrierte Lösung von Thallochlorid
legt. Bleiben die Krystalle erhalten oder vergrößern sie sich,
so bestehen sie aus Thallochlorid, lösen sie sich auf, so
gehören sie einer anderen Verbindung an.
In der Literatur, die mir zu Gebote stand, fehlen leider
genaue Angaben, in welcher Verdünnung das Reagens zu
gebrauchen ist. Durch Versuche, die beste Konzentration des
Reagens zu finden, kam ich zu folgenden Resultaten. Ver-
schieden starke Lösungen von Thallosalzen ergaben ver-
schiedene Ergebnisse, sowohl in Bezug auf die Art des
Niederschlages, wie auch auf die Reaktionsgeschwindigkeit
der chemischen Umsetzung. Verdünnte Lösungen 0*5 bis l°/0
rufen bei geringem Chlorgehalt entweder keine Reaktion
hervor, oder sie tritt erst langsam bei Verdunsten des Tropfens
auf dem Objektträger auf. Bei größerem Chlorgehalt treten
mehr oder weniger klumpige, unregelmäßige Krystalle auf.
Benutzt man stärker konzentrierte Lösungen, so läßt sich wohl
die Empfindlichkeit steigern, aber auch nur bis zu einem
gewissen Grade, da stark konzentrierte Lösungen von Thallium-
acetat einen nicht charakteristischen, feinkörnigen Niederschlag
hervorrufen. Eine Lösung von 5% bewährte sich noch am
besten. Sie erzeugt schöne, regelmäßige Krystalle, die man
sehr leicht identifizieren kann. Durch einen geringen Zusatz
von Glyzerin kann man die Krystallbildung mehr lokalisieren.
Mein Reagens bestand aus:
Thalloacetat 0-5g, Glyzerin 2 g, dest. Wasser 7 '5g.
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche. 2J9
Statt des bisher gebräuchlichen Thallosulfates wende ich
lieber das Thalloacetat an, da es erstens in beliebiger Menge
in Wasser löslich ist im Gegensatze zu dem nur bis zu 4%
löslichen Sulfat, andrerseits um die die Reaktion ungünstig
beeinflussende Wirkung von der dabei entstehenden Mineral-
säure (H2S04) aufzuheben, was ich sonst nur durch Zusatz
von Natriumacetat erreichen könnte. Die Reaktion tritt nicht
ganz lokalisiert auf und ist ziemlich empfindlich. Ihren größten
Wert besitzt sie in den ganz charakteristischen, kaum zu ver-
kennenden rosettenförmigen Krystallen.
Nachweis durch Silbernitrat.
AgN03 in Lösung ist auf Chloride in der Makrochemie
das am häufigsten gebrauchte Reagens. In der Mikrochemie
bevorzugte man jedoch trotz ihrer bedeutenden Minderempfind-
lichkeit die Thallosalze, da das erstere mit Chlor einen käsigen,
amorphen Niederschlag gibt, den man erst in NH3 lösen muß,
um beim Verdunsten der Lösung AgCl-Krystalle zu bekommen.
Diese Prozedur ist auf einem Objektträger recht umständlich,
in vielen Fällen schwer anwendbar. Zu denselben, ja noch
besseren Resultaten kommt man, wenn man gleich mit einer
NH3-haltigen Silbernitratlösung arbeitet. Fügt man einer AgNO..-
Lösung NH3 hinzu, so entsteht zuerst ein brauner Niederschlag
von Ag20, welcher sich in überschüssigem NR, zu der Ver-
bindung [Ag(NH3)2]OH auflöst. Außerdem ist in der Lösung
noch [Ag(NH3)2]N03 enthalten.
Diese Verbindungen sind sehr labil. Schon an freier
Luft, durch Verdunsten von NH3 entsteht wieder AgNO.,. Ist
Cl vorhanden, so bildet sich AgCl in wunderschönen, regel-
mäßigen Krystallen. Auch hier wird die Empfindlichkeit nach
dem Massenwirkungsgesetz durch höhere Konzentration der
Lösung gefördert, aber die Krystalle werden in demselben
Maße kleiner und unkenntlicher. Für nachfolgende Unter-
suchungen benützte ich eine 1 % Lösung von AgN03 in
einer 10% NH3-Lösung. Bei sehr geringem Cl-Gehalt ist eine
Vo% AgN03-Lösung in 10% NH, vorzuziehen, um größere
Krystalle zu bekommen.
300 J. Jung,
Der Vorgang bei Untersuchungen ist folgender. Man legt
einen Schnitt in einen Tropfen des Reagens und läßt das NHa
an der Luft möglichst ruhig verdunsten. Allmählich nach 1 bis
2 Minuten, proportional der Verdunstung des NH3, entwickeln
sich AgCl-Krystalle an der Oberfläche des Tropfens, die oft
eine für den Mikrochemiker selten gesehene Größe annehmen.
Sie gehören ins tesserale System, bilden Würfel, Oktaeder,
fast immer aber kreuzförmige oder ordensternartige Drusen
in großer Mannigfaltigkeit, so daß man bei mancher Reaktion
kaum zwei ganz gleiche Krystalle findet. Ihre Größe erreicht
oft 100 \i. Während der Beobachtung färben sie sich blau,
violett bis schwarz, welche Eigenschaft ich als eine der wich-
tigsten zu ihrer Identifizierung bezeichne. Unter den Ag-Ver-
bindungen, welche alle mehr oder weniger lichtempfindlich
sind, färbt sich nur das Chlorid so intensiv violett bis schwarz,
während die anderen unter dem Mikroskop in derselben Zeit
höchstens ein Grau annehmen. Zu ihrer ganz genauen Be-
stimmung sei noch ihre Leichtlöslichkeit in Cyankalium, in
unterschwefligsaurem Natron und in einer konzentrierten
Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd angegeben.
Manchmal können reduzierende organische Verbindungen
(Gerbstoffe u. dgl. m.) in der Pflanzenzelle die Reaktion störend
beeinflussen, indem außer den AgCl-Krystallen ein feinkörniger,
schwarzer, strukturloser Niederschlag von metallischem Silber
entsteht, aber dieser ist bei einiger Aufmerksamkeit sehr leicht
neben AgCl-Krystallen infolge Fehlens jeglicher Krystallform
zu unterscheiden. Außerdem hat man in diesem Falle bei
etwaigem Zweifel das Thalliumreagens zur Verfügung. Manch-
mal kommt es vor, daß, wenn Schleim vorhanden ist, sich
unregelmäßige Körner abscheiden oder daß noch andere kry-
stallinische Niederschläge entstehen, was der Fall sein kann,
wenn Phosphate vorhanden sind, die mit NH3 bei Anwesen-
heit von Magnesium reagieren, Körner, die zu wenig charak-
terisiert sind, um als Beweis für die Anwesenheit von Cl
dienen zu können. In solchen Fällen läßt man die Schnitte
nur einige Minuten in starkem Lichte, am besten in der Sonne
liegen und bald differenzieren sich die AgCl-Krystalle von den
anderen, indem sie sich infolge der Bestrahlung verfärben.
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche. 301
Außerdem läßt sich auch hier Borodins-Verfahren anwenden,
nämlich ihr Verhalten in einer gesättigten AgCl-Lösung in
konz. HCl oder NaCl.
Die Empfindlichkeit dieses Reagens ist bedeutend größer
als die des ersteren aus Thalliumacetat bereiteten, so daß es
mit ihm möglich ist, noch ganz geringe Spuren von Chloriden
unzweideutig nachzuweisen. Deshalb verwendete ich es haupt-
sächlichst bei der Untersuchung der nachfolgenden Pflanzen.
Macallum1 verwendet das Silbernitrat in Gegenwart von
Salpetersäure als Reagens auf Chloride und exponiert den
Niederschlag im Lichte. Er bezeichnet diesen Nachweis als
äußerst zuverlässig. Es entsteht hierbei ein amorpher Nieder-
schlag, der nur die eine Eigenschaft besitzt, daß er sich im
Lichte verfärbt, was mir bei dem Fehlen von charakteristischen
Krystallformen als Identitätsbeweis zu wenig dünkt.
Nachweis durch Thallosulfat mit Platinsulfat.
Kley2 bemerkt in seiner Mikrochemie, daß man die
Empfindlichkeit der Reaktion mit Thallosulfat auf Chlor durch
einen geringen Zusatz von Platinsulfat auf das 100 fache er-
höhen kann. Es entsteht hier ein feinkörniger, krystallischer
Niederschlag von Thalliumplatinochlorid. Leider konnte ich
trotz aller Mühe, da die Arbeit zur Zeit der Kriegsnot ent-
standen ist, kein Platinsulfat erlangen und mußte daher auf
eine Untersuchung, ob dieses Reagens für die Pflanzenmikro-
chemie geeignet ist, verzichten.
Mit Hilfe dieser Chlorreagentien ging ich daran, das Vor-
kommen und die Verteilung des Chlors im Pflanzenreiche zu
prüfen. Nachfolgende Pflanzen, die untersucht worden sind,
sind in systematischer Reihenfolge geordnet. Sie wurden
meistens blühend im Freien oder im Glashause gesammelt, im
frischen Zustande behandelt und nur Lücken ergänzte ich
durch Herbarexemplare, wobei sich die Silbernitratreaktion
1 Macallum A. B., On the Naturc of the Silver Reaction in Animal and
Vegetable Tissues (Proc. Roy, Soc. 1898, vol. 63, p. 467).
2 Behrens-Kley, Mikrochemische Analyse, IV. Aufl. Leipzig — Hamburg
1915.
302 J. Jung,
auf das beste bewährte, da ja die Krystalle, wie oben erwähnt,
an der Oberfläche des Reagenstropfens erscheinen und auf
diese Weise deutlich sichtbar werden.
Aus folgender Tabelle ersieht man, wie weit verbreitet
die Chloride auch unter den Binnenpflanzen sind, die oft dem
Salzreichtum der Halophyten gar nicht nachstehen. Die Ver-
breitung läßt die Vermutung beinahe zur Gewißheit erstarken,
daß das Chlor, manchmal zwar wegen seines geringen Vor-
kommens nicht mit Sicherheit nachweisbar, ein allgemeiner
Inhaltstoff der Pflanze ist. Auffallend ist es auch, daß es nur
wenige Pflanzenfamilien gibt, deren Vertreter alle chloridarm
sind, so daß man auch in sonst salzscheuen Familien (Rosa-
ceen) Pflanzen findet, die einen größeren Chlorgehalt besitzen,
welche aber meistens wieder der Ruderal- oder Segetalflora
angehören. Ferner ist der Chloridgehalt derselben Art nicht
immer derselbe. Er scheint sehr von der chemischen Beschaffen-
heit des Bodens, aber auch von der Jahreszeit, beziehungs-
weise Vegetationszeit abzuhängen. Ich untersuchte zwei
Kleinien derselben Spezies {Kleinia articiilata), die eine aus
meinem Besitze in Mistbeeterde mit .Sandzusatz gepflanzt, die
andere aus dem Institutsglashause, zu gleicher Zeit und be-
kam verschieden starke Reaktionen auf Chloride. Meine Pflanze
reagierte sehr stark, die andere, anscheinend in Komposterde
wachsend, bedeutend schwächer. Blattstiele von Prinmla
obconica enthielten im Frühjahr viel Chloride, während sie
im November, wo ich die Absicht hatte, die Krystalle zu
photographieren, nur einen mittelmäßigen Niederschlag lieferten.
Ob hier in der Vegetationsruhe eine Wanderung des Chlors
nach anderen Organen (Wurzel etc.) stattfindet, oder ob die
Behauptung Diels,1 die meisten Halophyten besäßen die
Fähigkeit mit irgendwelchen Mitteln die Chloride zu zersetzen
und sie aus den Geweben zu entfernen, den Tatsachen ent-
spricht, kann ich jetzt nicht behaupten, doch neige ich mehr
der Ansicht Beneke's2 zu, der die Arbeit Diels überprüfte
1 Diels S., Stoffwechsel und Struktur der Halophyten. Jahrb. d. w. B.,
1898, Bd. XXXII.
2 BenekeW., Über die Diels'schc Lehre von der Entchlorung der
Halophyten. Jahrb. d. w. B., Bd. XXXVI.
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
303
und eine Entchlorung, wie Di eis sie für die Halophyten in
Anspruch nimmt, in Abrede stellt. Versuche, die diese und
auch andere physiologische Fragen betreffen, sind bereits
begonnen und darüber wird später berichtet werden.
Pflanzen in systematischer Reihenfolge geordnet.
Name
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel Blatt
CD .£ O
-° - I '-3
O P CO
Ver-
schiedenem
I. Stamm: Myxophyta.
Trichia chrysosperma . . .
II. Stamm: Schizophyta.
1 . Klasse : Schizophyceac.
Oscillatoria princeps . . . .
» limosa
III. Stamm: Zygophyta.
3. Klasse: Conjngatac.
Spirogyra fallax
» rivularis
» (4 andere Spec).
Zygnema (2 Species)
Mcmgeotia viridis
IV. Stamm: Euthallophyta.
1. Klasse: Chlorophyceae.
Oedogonium spec.
Vaucheria ierrcstris
» (2 Species aus
dem Meerwasser)
Udotea desfontainü
Cladophora fracta
» spec. (Meervv.)
> utriculosa
Chara fragilis ,
Ol
Zellsaft
i Das Nichteintreten der Reaktion bezeichne ich mit 0, sehr schwache
oder schwache mit 1, mitttelstarke 2, 3, starke 4, sehr starke Reaktion
mit 5.
- Die Organismen aus Meerwasser wurden natürlich vor der Reaktion
in destilliertem Wasser gründlich abgespült.
304
J. J LI 11 !
Name
O
Untersuchte Organe
.Stamm
o .5
S PS
Stengel
Blatt !
1 °
c
•^ ' s
<u
JO
c
M3 O.
o ; 3
C/2 | CO
Ver-
schiedenes
2. Klasse : Fmtgi.
.1. Eumycetes.
Minor spec
Aspergillus glaueus
l'aucilUmu crustaceum. .
Ascöbolus spec
Botrytis spec
Helotium virgultorum . . .
Nectria cinnabarina
Hypoxylon fusettm
( 'lavaria flava
Polyporus adustus
Polystictits versicolor ....
Dacdalea quercina
Boletus scäber
Cantharellus eibarius. . . .
( 'oprinus spec
Lactaria deliciosa
Agaricus campestris
Indiens
bicolor
» iiiusciiriiis
procerus
Sphaerobolus carpöboltts .
Lycoperdon spec
bovista
B. Lichenes.
( 'ladonia rangiferina,
Siicta pulmonaria. . . ,
Xantoria parietinß . . .
( 'etraria ishuidica . . . .
Usnea barbata
Evernia spec
VII. Stamm: Cor.mophyta.
1. Abteilung: Archegoniatae.
1 . \ 'nterabteilung : Bvyophyia.
1. Klasse : Musci,
Dicraitum scoparium
Leucobryum glaueum
Milchsaft 0
Stiel 4
Sproß
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
305
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm
CS
Stengel
O 3
Blatt
Ver-
schiedenes
Funaria hygrometrica . .
Bryum argentenm
» binum
» capillare
Milium pttnciatum
» stellare
Polytrichum spec
Fontinaiis antipyretica. .
Leskea polycarpa
Thuidium iamariscinitm
Hygrohypnum palitslrc .
Hypnum molluscum . . . .
» cupressifqrme .
Hylocomium spec
Brachythecium reflexiim .
» salebrosum
SphagWUpt cymbifolium. .
sqiiarrosu m . .
» cuspidatum . .
» acutifuliu in . .
fanbriatmn . .
2. Klasse: Hepaficae.
Fegatella conica
Marchanf ia polymorpha . .
Ricia flu if ans
2. Unterabteilung: Pteri-
dophyta.
1. Klasse: Lycopodiinae.
Lycopodium amiotinum. .
» clavatum . . .
Selaginella martensii . . . .
» watsoniana . .
3. Klasse: Equisetinae.
Equisetuin hiemalc
arvense
maximum . . .
» lim os um . . . .
» gracillimum
{)
0
0
0
0
0
2
2
Sproß
Thallus 1
1
1
Sporophyll 0
0
Sproß
fertil. Sproß 3
» 3
» 3
> 3
306
J. Jung,
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel! Blatt
Ver-
schiedenes
5. Klasse: Filicinae.
Angiopteris evecta
Plalycerium alcicorne. ..
P/eridinm aquilinum . . .
Pteris spec
» cretica
Gymnogramme sulphurea
Adiantum formosum . . .
> mindula
» capillus vencvis
Scolopendrium vulgare. .
Blcchnum gracile
Aspidium falcatum ....
Stntthioptcris germanica
Davallia spec
» fijiensis
2. Abteilung: Anihophyta.
1. Unterabteilung: Gymno-
spermen.
4. Klasse: Ginhgoinae.
Ginkgo biloba
5. Klasse: Coniferae.
Taxus baccata ,
Sequoia giganiea
Cryplomeria japonica. . ,
Cupressus sempen • iren s
» fasiigala . . .
Thuja occidenialis ....
Juniperus communis . .
> virginiana . .
Äraucaria excelsa
» brasiliana . .
Abies alba
Tsuga martensiana . . .
Picea excelsa
Larix deeidua
Cedrus atlantica
l Bei der Vegetationsspitze.
Rhizom i 3
Frucht 0
junger Sproß 3
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
307
Name
Ü
Untersuchte Organe
Stamm
cc
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Pinus nigra
» strobus
» puiuilio
6. Klasse: Gnetinae.
Ephedra gerardiana
» campylopoda
■» procera
2. Unterabteilung: Angio-
spermae.
1. Klasse: Dicoiy ledernes.
1 . Unterklasse : Choripelalae,
A. Monochlawydeae.
Casuarina equiselifolia
Belula alba
Carpinus betulus . .
Corylus avellana . . .
Caslanea sativa ....
Oitercus toza
Salix alba
» reticulata. . . .
» retusa
Monis nigra
Ficus aevocarpa . . .
Hiuiiii/iis lupulus..
Cannabis sativa . . .
Ul iiuis campeslris . .
■» aculifolia . .
Urtica ureiis
» diuica
» cannabina . .
Parietaria officinalis
» cretica . .
Viscum album ....
Ruinex crispus ....
» obtusifolius
» conglomeratus
» sangiiineus . . .
1 Glashauspflanze.
2 Holzig
Sproß
Sproß 2 1
Pollen 0
Zweig
308
J. Jung,
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm
EU
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Rum ex maritimits1
> acetosa
» aceiosella
Rheum spec
Polygonum aviculare ....
» lapathifoli a m
» persicaria . . .
» amphibium . .
Mühlenbechia platyclada .
» » .
Mercurialis amtua I. .
11.2
Euphorbia coerulcsccns
» palustris . ,
» peplus
» amygdaloides I.
11.3
Chenopodium quinosa .
» vulvaria
> polyspennuiii
> album ....
> opulifoliüm
» murale ....
> glanctim . . .
» huiius hairicus
Airiplex canescens ....
» hastalum ....
Diotis candidissima . . .
Beta comatögonä
» trigina
>' «ana
Spinacea oleracea
Salicorma herbacea . . .
j> fruticosa . . .
Suaeda maritima I....
IL«..
» fruticosa
Salsola lanata
Herbarpflanze.
Im Spätherbste untersucht.
Andere Pflanze.
Holzig.
Nicht holzig.
Andere Pflanze.
55
Hl
Sproß oben 2
» unten 1
Epidermis 1
Nerv d. Blatt. 4
Milchsaft 3
3
1
jung. Sproß 4
Sproß .">
Epidermis 1
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
309
Name
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Salsohi cinerea
» salsa
» soda
kali
Corispermum marschallii
» intermedia in
» nitidum
Kochia trichöphylla ....
» arenaria
» scoparia
■» prostrata
» cinerarea
Polycnemum arvense. . . .
» inajiis ....
. 1 marantus hypochondriaens
albus
reiroßexus ....
paniculatus . . .
Mesembryanthemum bohisi
» linguiformc
Tetragoriia expansa
Opuntia cylindrica
Rypsalis megalantha ....
Mamillaria wildii
Epiphyllum truncatum . . .
Phyllocacius crenalns ....
» hybr. (Ruhn
von Hamburg)
Phyllocacius hybr. pfers-
dorfii
Phyllocactüs hybr. hooheri
Echiitopsis milkensii
Hermaria hirsuta
Stellaria media
» holostea
Arenaria serpyllifolia ...
» rubra . . .
» marginaia
Silene inflata
» nutans
T'.inica saxiftaga
Dianthits barbalns
1 2
Nüßchen 1
Epidermis 1
Kelch und
Korolle 1
i Mit viel Mark.
- Holzig.
310
J. Juna-
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Dianthus carthusianorum
» deltoides . .
Lychnis ßos cttculi . ,
» chalcedonica
Agrostem ma githago
Saponaria ofßcinalis .
B. Diatypetaleae.
Magnolia hybr
Arisiolochia clemaüüs
Berberis cerasina .
Paeonia ofßcinalis
( \iHlhi palustris . .
Trollius europeus .
Helleborus viridis.
» niger. .
Aquilegia spec. . . .
Nigella arvensis . .
Delphinium hybridum
» consolida
» formosum
Anemone pulsatilla. . .
» sulphurea . .
» hepalica . . .
Thalictrum dipterocarpu
Ranunculus repens. .
» arvensis
Adonis vernalis
Nuphar luteum
Nymphea alba
Ceratophyllum demersum
Papaver som n iferu m
» rhoeas ....
» dubium ....
» alpinum . . .
» » ...
Chclidonium maj'us .
< 'orydalis lutea
» cava
Holzig.
1 i
Korolle 2
Fruchtknoten
und Griffel 1
Fruchtknoten
u. Korolle 1
Blüte
Korolle 2
Fruchtknot. 1
Kelch und
Korolle 1
Rhizom 2
Fruchtknot. 1
Pollen
Korolle 1
Staubgefäß 2
Milchsaft 0
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
311
Untersuchte Organe
C
GS
Stamm
Stengel
Blatt
Name
(X
"öS
Ver-
o
c
CS
O
3
J3
"o
c
o
c
CJ
C
2
*ö3
'S
u
in
schiedenes
Fumaria officinalis
4
3
Barbamea vulgaris
2
2
2
2
Nasturtittm silvestre
1
1
Cardamine pratensis
4
3
Sisymbrium austriacum . .
1
2
4
Stengel-
mark 2
Schöttchen 1
» sophia
1
1
1
Erysimum durum
2
1
1
Camelina sativa I
2
3
Schöttchen
(grün) 1
II
2
Blattnerv 3
Alyssum saxatile
1
1
Thlapsi perfoliaium
2
1
Capsella bursa pastoris. . .
2
2
Lcpidium campcstrc
4
1
Brassica oleracea f. capitata
4
o
» » f. boirytis
4
2
Sinapis arvcnsis
1
>
4
3
3
Korolle 1
Frucht-
knoten 2
Raphanus raphanistrum . .
o
3
» sativusi.radiola
i
>
4
Reseda lutea
1
1
1
Tamarix ielandra
:
>
'
>
1
4
1
Sproßgrün 4
Drosera rotundifolia
Camettia japonica
0
0
Viola odorata
2
2
» canina
2
1
» tricolor
2
2
» arvcnsis
o
1
Begonia spec
2
Hypericum perforatum . . .
1
Hibiscus syriacus
2
2
3
3
Fruchtknot.,
Narbe und
Staubgefäß 1
» » ...
Kelch 3
Althaea officinalis
3
3
o
Korolle 1
Malva rotundifolia
3
3
1
Tilia europea
(
)
1
1
Geranium pratense
3
3
1
» molle
2
1
» robertianum . .
2
2
1
Erodium cicutarium . . .
1
3
1
1 Pelargonium zonale ....
2
1
Impatiens sultani
i
3
3
4
3
Sitzb. d. mathem.-natunv. Kl., Abt. I, 129. Bd.
21
312
J. Juni
Name
Untersuchte Organe
Stamm
X
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Citrus aurantii
Polygala chamaebuxus
Acer platanoides
Aesculus macrostachya
Hex aquifolium
Rhamnus frangula . . .
Vitis vinifera
Scmpcrvivum tectoru m
» alpinuni
» velutinun,
Sedtim purpureum . . .
» äizoon
» acre
Crassula portulacea . .
> multieava. . .
» arborescens .
» Jalcaia
Cotyledon scheidekerü
Saxifraga äizoides . . .
j> rotundifolia
» sedoides . .
» caesia ....
» äizoon ....
» 11111b rosa . .
Tolmiea menziesii . . .
Hydrangea opoluides .
Ribes auiericana
Kerria j\ip mica
Rubus fritcticosus . . . .
Pragaria vesca
Gei im magnificum . . .
» urbanum
Potentilla opaca
Alchimilla vulgaris . .
Agrimonia eupatoria
II
Ulmaria füipendida .
Polerium sait^iiisorba
Rosa canina
Cydonia vulgaris
Pirus speclabil is .
» malus ....
Prunus communis
1 Holzig.
Ranke 1
Epidermis 1
Blütenstiel 1
Korolle und
Blütenstiel 1
Zweij
Blütenstiel 1
Blütenstiel 3
Same
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
318
Name
o
Untersuchte Organe
Stamm Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Prunus avium
■'■ cerasifera
> padus
Mintosa pudica
Ccrcis canadensis
Astragalus onobrychis . . . .
» glycyphyllos . . .
Robinia pseudacacia . .
Lens esculenta
Vitia sativa
Lathyrus megalanthus . . . .
> pratensis
Oröbus vernus
Phaseolus vulgaris
Trifolium pratense
> incarnatum . . . .
> arvense
> monlanum
Melilotus ofßcinalis
> albus
Medicago lupulina-
» sativa"
Lotus cornicu latus
Cytisus nigricans ,
Coronilla varia
Daphne mecereum
Lythrum salicaria I
II
> hyssopifolium . .
Eugenia ugnii
Epilobium parvißorum . .
Oenothera biennis
Circaea lutetiana
Myriopliyllum proserpina-
coides
Hippuris vulgaris
Aucuba japjnica
Eryngium campcstre . . . .
» ainelhystinuiu .
Chaerophyllum temulum .
» aurcum . .
Torilis anthriscus
Korolle
Stämmchen 1
Korolle
Same
Same
Rhizom
Blattscheide 2
1 Holzig.
2 Kultiviert.
314
J. Jung,
Name
Untersuchte Organe
Stamm
«
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Couiiiiii maculatum . . .
Peiroselintim sativum. .
Foeniculum piperaccuni
Apium graveolens
Daiicns carola I
II
2. Unterklasse : Sympetalae.
Monolropa hypopitys . .
Rhododendron hirsutum
Azalea spec
Erica carnea
» vulgaris ....
Primula acaulis. . .
» officinalis . .
■» denliculata . .
malacoides . .
> chineusis . . .
» öbconica ....
Cyclamen europeum . .
Lysimachia vulgaris .
■» nummulär
Convolvulus arvensis .
» sepium . .
< 'useuia epilinum ....
Symphytum officinale.
» tuberosum
Anchusa officinalis I.
II.
» i/alica
Myosotis palustris . . .
> a/pesiris . . .
EcJiiuiu vulgare
Cerinthe minor
Atropa belladona ....
Solanum tuberosum . .
nigrum ....
> lycopersicum
1 Holzifir.
11
Frucht 2
Frucht 1
Epidermis 1
Spaltöff-
nungen 0
Blütenstiel 4
Adern des
Blattes
Zellsaft
Blütenteile 1
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
315
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm | Stengel Blatt
* SB
Ver-
schiedenes
Datum slramoniiim . . .
Nicotiana affinis
Verbascum giganteum .
thapsus . . .
btaitavia . .
» nigrum . . .
>• lychnüis . . .
Calceolaiia rtigosa ....
Lina riti vulgaris
» alpina
» cymbalaria . . .
Antirrhitiuni majus . . .
Scrophularia nodosa . .
Gratiota officiualis ....
Veronica longifolia . . .
» triphyllos . . .
Digitalis ferruginea . . .
» purpurata . . .
Melampyrum nemorosum
Lathraea sguamaria I. .
II. .
Pinquicula gypsophila . .
Orobanche caryophyllacea
Tecoma grandißora . . .
Ajuga reptans
> montana
Lavandula spica
Sälvia pratensis I
II. ...
Thymus serpyllitm ....
Origamim majorana . .
Satureja hortcnsis ....
» montana ....
Calamintha alpina ....
Glechoma hcdcracea . . ,
Marttbium peregrinum ,
Betonica leucoglossa . . ,
» officiualis . . . ,
Stachys silvatica
Galeopsis tetrahii
Laminm mactilatum . .
i Mit Mark.
Korolle 1
1
Pollen 0
Korolle 2
Kelch und
Korolle
Kelch
Knrolle
316
J. Jung,
0
Untersuchte Organe
c
CS
Stamm Stengel
Blatt
Name
0H
'S
Ver-
CO
c
3
Ja
0) 1 2i
[3
'cd
schiedenes
CS
O
£
X
s
£> 1 C
O 3
c/5
5.
Plektranthus fructicosus . .
2
3
1
Planlago major
3
3
» lanceolata . . .
4
Blütenstiel 4
j> arenaria
2
2
Gentiana acaulis
1
1
> pumila
0
Kelch,
Korolle,
Staubgelaß 0
> verna
0
Blütenteile 0
Erythraea centaurium .
2
1
Korolle 1
Vinca minor
1
1
1
» major
2
3
3
Nerinm Oleander
2
2
unger Sproß 2
Stapelia hirsuta
2
.
> variegata ....
2
Forsyihia suspenso ....
l
3
1
Ligustrum vulgare . . . .
0
0
0
0
Asperula odorata
3
2
» arvensis
11
2
Galium cruciala
3
2
Sambucus nigra
2
1
*• ebuhis
3
2
Valeriana officinalis . .
3
2
1
Dipsacus Silvester
1
3
1
Knautia arvensis
1
2
Cucurpita pepo
3
3
2
Bryonia dioica
2
1
1
Saft d. Beere 1
Campanu la rapu neu lo'ides .
2
4
2
» roiundifolia . .
1
2
» barbata
4
1
Lobelia spec
2
2
Solidago virga aurea
2
2
» ßabelliformis ....
3
2
Bttphthalmum salicifolium ,
2
3
Aster leucanthemum
3
2
> simplex
2
1
> erieoides
1
> bicolor
1
> alpinus
3
1
Erigeron acer
» canadensis
1
1
Bcllis perennis
2
1
Gnaphalium silvaticum . . .
1
1 Holzig.
- Markhältig.
!
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
31
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Helianthus annuus . . . .
Dahlia variabilis
Galinsoga parviflora . .
Xanthium strumarium .
Anihemis austriaca . . .
Achülea mülefolium 1. . . .
II. . ..
Matrkavia chamomilla . . .
Chrysanthemum spec. hybr.
» teucanthemum .
» inodorum
Artemisia vulgaris1 .
äbsinihinm
Senecio lvilsoniana. .
» jacobaea ....
Kleinia articulata I.
II.
Ech inops sphaeroeephalu .*
Carduus pannonicus
Cirsium monspessulanum
Ceniaurea cyanus I. . . .
> II. . . .
» Hiontana . . .
» scabiosa. . . .
Carlina acaulis
Lappa ofjicinalis
> tomentosa
Lactuca sativa
Crepis virens
» biennis
Cichorium intvbus I. . .
II. . .
Taraxacum officinalc . .
Lampsana communis . .
2. Klasse: Monocotyledone
Alisina plantago. . . .
Buiomus umbellatus .
1 Fruchttragend.
2 Markhältig.
:; Holzig.
2 2
Strahlen-
Scheibe n-
blüten 1
Milchsaft 1
Blüten
Stenge! 3
318
J. Jung.
Xame
O
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Stratiotes aloides
Hydrocharis morsus ranae
Eladea canadensis . . .
Scheu chzevia palustris
Potamogeion per/o! infus
Colchicu m autumnale
Aloe vulgaris
» coerulescens . . .
Hartwegta coinosa . .
Allium sativuht
» cepa
Lilium marfagon . . .
Tulipa gesneriana . .
» silvestris ....
Gagea lutea
Urginea maritima . .
Scilla bifolia
OrnUhogalum uutans
» Hinbellatitm
Muscari racemosutn
Asparagus sprengen'
Juncus glaucus . . . .
Clivia minuata ....
Leucojum vcrnuiu .
Tris pseudacorus . . ,
germanica ....
> 'Jraminea
Cyanotis somäliensis .
Zebrina pendula
Cyperus alternifolius .
> fuscus
Eleocharis palustris . .
Scirpus maritimus . . .
» silvaticus ....
Eriophorum alpinum .
» vagi natu in
Carex cchinata
» digitata
acutiformis ....
» hirta
Zea mays
Audropogon ischaemon
1 Blütenstengel.
:>A
Zwiebel
Zwiebel 1
-"erigon
Blüten-
stengel 3
Epidermis 1
Staubgefäß l
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
319
Name
<D
N
C
st
53
Oh
c
cd
O
^ l
Untersuchte Organe
Stamm Stengel
Blatt
3
X
Rinde
oben
unten
Stiel
Spreite
Ver-
schiedenes
Pauiciuii capillare . . .
Agrostis alba
stolonifera I.
II.
Alopecurus pratensis .
Phl eu in pratense
alpinum ....
» asper um
Phragm ites < •om m u n is
Avena sativa
» flavescens
Arrhenatherum elatius
Briza media
Poa nemoralis
» pratensis
Glyceria distans
Dactylis glomerata. ..
Festuca elatior
Broinus erecins
» inermis
» ieciorum ....
Brachypodium pinnatn
Triticum repens
Hordeuni murinum . .
jubatiini . . .
Loliuni pratense
Nardus stricto
Bamlntsa stricta .....
Cypripedium insignc .
Orchis albida
Coelogyne cristata . . .
Cattleya spec
Oncidium splendidutn
» baueri ....
Epidendron spec
Sarcanthits rostratus .
Acampe papulosa . . .
Arum maculatmn ....
Amorphophallus rivieri
Leinna trisulca. . . ,
> minor
Knolle
320 J. Jung,
Aus dieser Tabelle ersieht man, daß sich die ver-
schiedenen Familien des Pflanzenreiches bezüglich
des Chloridgehaltes verschieden verhalten. Während
die Vertreter einiger von ihnen teils zur Gänze teils
in großer Anzahl Chloride aufspeichern, kann man
andere wieder geradezu als salzscheu bezeichnen.
Besonders salzliebend sind folgende: Die Equiseta-
ceen, Canabaceen, Ulmaceen, Urticaceen, Euphorbiaceen, Poly-
gonaceen, Chenopodiaceen, Amarantaceen, Aisoaceen, Cruci-
feren, Tamaricaceen, Malvaceen, Umbelliferen, Primulaceen,
Compositen, Liliaceen und Iridaceen.
Typisch salzscheu hingegen sind: Die Cyanophy-
ceen und Chlorophyceen des Süßwassers, Lichenes, Bryo-
phyten, Lycopodiales, Filicales, Coniteren, Betulaceen, Salica-
ceen, Crassulariaceen, Rosaceen, Ericaceen und Orchideen.
Wie sich in dieser Hinsicht die Cyanophyceen und Chloro-
phyceen des Meeres verhalten, kann ich auf Grund meiner
lückenhaften Untersuchungen nicht sagen. Es wird dies das
Studium einer späteren Arbeit sein. Die wenigen Chlorophy-
ceen des Meeres (siehe Tabelle), die ich untersuchte, zeigten
einen auffallend geringen Chlorgehalt.
Was die Verteilung des Chlors innerhalb der Pflanze
betrifft, so zeigen die Untersuchungen folgendes:
Der Chlorgehalt nimmt im allgemeinen von der Wurzel
zur Stammspitze zu. Reich an Chlor sind nur die parenchyma-
tischen zellsaftreichen Gewebe, so daß es nicht unwahrschein-
lich ist, daß die Chloride in Zellsaft gelöst sind. Die jungen
Internodien in der Nähe der Sproßspitzen, ferner Blattstiele,
Adern des Blattes, fleischige Wurzeln (Daums carota, Apium
graveolens), Rhizome (Davallia) zeichnen sich immer durch
einen größeren Chloridgehalt aus, während das übrige Gewebe
der Pflanze, sei es das chlorophyllhaltige Mesophyll, die Epi-
dermis, Haare oder die Blütenteile, nur gering reagieren. Ver-
holztes Gewebe, Spaltöffnungen, Pollen und Samen enthalten
nur Spuren oder sind frei von Chloriden. Zellsäfte wie Milch-
säfte reagieren bei chloridreichen Pflanzen immer stark, bei
chloridfreien dagegen nicht.
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
321
Was die Verteilung des Chlors in der Ouerrichtung des
Stammes anbelangt, so lokalisiert sich dieses in dem Rinden-
parenchym und dem Mark, so lange dieses zellsaftreich ist.
Epidermis und Stranggewebe, wenn es verholzt ist, weisen nur
Spuren auf.
Seh im per1 bemerkt, daß die Chloride eine Vorliebe für
chlorophyllhaltiges Gewebe zeigen. Ich habe zwar seine
Pflanzen nicht untersucht, aber meine Ergebnisse stehen inso-
weit mit seiner Ansicht in Widerspruch, als gerade von den
parenerrymatischen Geweben das chlorophyllhaltige nur Spuren
von Chloriden aufweist, während das chlorophyllfreie immer
eine größere Menge als jenes enthält.
Pflanzen nach Vegetationsformationen geordnet.
Flora der Wälder.
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm , Stengel
Blatt
« I Ver-
schiedenes
Pilze, Moose und Farn-
pflanzen.
Ciavaria flava
Boletus scaber
Cantharellus eibarius ,
Laclaria deliciosa
Agaricus bicolor
» uiuscarius . .
> proecrus . . .
Lycoperdon spec
Leucobryum glaueum .
Bryum capillare
Milium punetatum . . .
> stellare
Polytrichum spec
Leskea polycarpa . . . .
Milchsaft 0
Stiel 4
Sproß 0
0
1
0
0
0
1 Schimper A. F. W., Zur Frage der .Assimilation der Mineralsalze
durch die grüne Pllanzc. Flora 1890.
»99
J . J li n g
Untersuchte Organe
Name
lim idi um tamariscinum
Hypnum citpressiforme .
Ly< opodium annotinum .
clavatum . .
Pteridium aquilinum . . .
Nadelhölzer.
Taxus baccata
Cupressus sempervirens
fastigata . . .
'Thuja occidcntalis ....
Juniperus communis . .
Abies alba
Picea excelsa
Larix decidua
Fi n iis nigra
pumilio
Laubhölzer.
Betula alba
Carpinus beiulus
Coryius avellana
Castanea sativa
Salix iillhi
l'Iiiius campestris
y acutifolia
Ttlia europea
.leer platanoides
Aesculus macrostaehya .
II ex aquifolium
Rhamnus frangula. . . .
Kubus fruticosus
Cydonia vulgaris
Virus speetdbilis
» malus
Prunus com m unis ....
nau
avium
» cerasifera ....
» padus
Robinia pseudacacia . .
Daphnc mecercum
Sporophyll 0
Zweig
Same
Ko rolle
Korolle
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
323
Nanu
O
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
Blatt
Ver-
schiedene;-
Kräuter.
Euphorbia atnygdaloides 1
II
Silcnc nutans
Stellaria holoslea
Helleborus viridis
niger
Anemone hepatica
' 'oiydalis cava
Viola odorata
Hypericum perforatum . .
Geranium röberiianum .
Polygala chamaebuxus . .
Fragaria vesca
Geum utbanum
Agrimonia cupatoria I..
IL.
Astragalus glycyphyllos .
Orobus verntis
Cylisus nigricans
Circaea lutetiana
Chaerophyllum temulutn
aureum .
Torilis anthriscus
Monotropa hypopitys . . .
Primula acaulis
» officinalis
Cyclame» europeum ....
Lysimachia nummularia
Symphytum tuberosum. .
Atropa belladona
Melampyrum nemorosum
Lathraea squamaria I. . .
II. ..
Ajuga reptans
Betonica officinalis
Stachys silvatica
Galeopsis tetrahit
Lamium maculatutn ....
Vinca minor
Asper ula odorata
Campanula rapuneuloide.
Markhaiti,
1 i
4
2
3
1
1
4
4
3
3
2
3
2
3
2
.Milchsaft !'.
1
Blütenstiel 3
Kelch L'
Korolle 1
324
J. Jung,
Name
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
Blatt
N)
i
■o F
G
a>
O
c ^
•5 ja
.2
&,
'X
«
o
3
CO
Wl
Ver-
schiedenes
Solidago virga aurea
Gnaphalium silvat,
Senecio jacobaea .
Li liu m martagon
Tulipa sylvestris,
Gagca lutea ....
Leucojum vernum
Scirpus silvaticus
Carex digitata. . .
Poa nemoralis . . .
Anuii maculatum
Segetalflora.
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm | Stengel
Blatt
0)
N
„_,
O
.5 x
c
—
ULI
PS o
3
w
C/J
Ver-
schiedenes
Equisetum arvense
Cannabis sativa
Urtica urens
/' \lygovmm lapathifolium .
Mercurialis annua
Euphorbia peplus
Chenupodium album
> polysperinuin
> glaueum
Kocht a scoparia . . .
Amarant us albus . .
Stellaria media ....
Agrosiemma p ithago
Nigella arvensis
Delphinium consolida . . .
» » . . .
Ranunculus arvensis
fertil. Sproß 3
Milchsaft 3
Korolle 2
Fruchtknoten
und Griffel 1
Korolle 2
Fruchtknot. 1
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
325
Name
o
Untersuchte Organe
Stamm Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Papaver somniferum
» rhoeas
» dubium
Fumaria officinalis
Capsella bursa pastoris . . .
Lepidium campestre
Brassica oleracea f. capitata
» »f. botrytis
Sinapis arvensis.
um . .
adicla
Raphanus raplmnisti
» sativus f. i
Viola iricotor
Malva rotu m lifolia .
Geranium mollc . . .
Lens esculenta ....
Vicia saliva
Phascolus vulgaris .
Trifolium arvense. .
Medicago lupulina^
» saliva . . .
Petroselium sativum
Convolvulus arvensis
Veronica triphyllos,
Galeopsis tetiahit .
Asperula arvensis.
Anihemis austriaca
Matricaria chamomilla . .
Chrysanthemum inodorum
Ccntaurea cyanus I. .
» IL.
Lampsana communis
Allium sativum . . .
» cepa
Zea mays
Avena saliva
Brom us erectus . . . .
» inermis . . .
Tri l ich in repens . . .
Horden m marin um
Korolle 1
Fruchtknot. 2
Strahlen-
u. Scheiben-
blüten 1
Milchsaft 1
Zwiebel 1
1 Kultiviert.
2 Holzig.
326
J. Jung,
Ruderalflora.
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
n
c
CD
X)
c
0)
C
Jh
PS o
3
Blatt
Ver-
schiedenes
Urtica urens
> dioica
Parietaria officinalis . .
Rum ex crispus
» conglomeratus .
» sanguinetis ....
Polygonum aviculare . .
» persicaria .
Chenopodium vulvaria .
» polyspermum
» album ....
» opulifolium
> murale . . .
> glaucum . .
» £o;z. Jieuricus
Alriple.x hastatum ....
Amarantus retroflexus .
Saponaria officinalis . .
Sisymbrium sophia . . .
Capsella bursa pastoris,
Erodium cicutarium . . ,
Agrimonia eupatoria I.
IL,
Eryngium campestre . .
Daucus carola
Anchusa officinalis 1. .
II. ..
Solanum nigrum
] Küiira stramonium . . .
Scrophularia nodosa
Lamium maciilaliini . . .
Plantago major . . . .
> lanceolata
Galinsoga parviflora . .
Xanlhium strumarium .
Anthemis austriaca . . .
Chrysanthemum inodorum
1 1
Fruchtknoten
u. Korolle 1
Kelch
Korolle
Blüten-
stengel
Strahlen- u.
Scheiben-
blüten 1
1 Holzig.
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
327
Name
Untersuchte Organe
C
cd
C3
CU
o
N
c
o
<L>
B
Stamm i Stengel
Blatt
Holz
Rinde
oben
c
CD
C
Stiel
Spreite
Ver-
schiedenes
3
2
3
o
3i
3
1'
2
4
3
O
4
3
3
o
2
o
1
3
3
3
Milchsaft 1
» tomentosa
Crepis virens
Cichorium itttubus I
II
Taraxacum officinale
Lampsana communis ....
i Markhältig.
Flora der Gewässer.
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm ' Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
A. Submerse Pflanzen.
Oscillatoria prineeps
> limosa
Spirogyra fallax
rivularis
(4 andere Species)
Zymnema spec. I
11
Mougeotia viridis
Oedogonium spec
Vaucheria spec. I'.i
» II. i
Udotea desfontanii
pkora fraeta
» spec.1
» utriculosa l . . .
Ohara fragilis
Fontinalis antipyretrica . . .
Ceratophyllum demersum. .
Stratioles aloides
Elodea canadensis
Potamogeton perfoliatus . . .
1 Aus dem Meerwasser.
Sitzb. d. mathein. -natunv. Kl., Abt. I, 129. Bd.
Zellsaft 2
Sproß 0
328
J. Jung,
Name
tu
N
c
PL,
N
s
o
Untersuchte Organe
"53
3
Stamm
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
"o
Rinde
oben
c
e
p
B. Pflanzen, teilweise sub-
mers oder mit Schwimm-
blättern.
Polygonnm amphibiutn . . .
Nuphar luteum
Nymphen alba
Myriophyllu m proserpina-
coides
Hippuris vulgaris
Hydrocharis morsus ranae,
Lemna trisulca
1
1
3
3
3
3
2
2
2
1
3
2
» minor
Flora der sonnigen Hügel.
Name
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Silene Julians ....
> inflafa ....
Tunica saxifraga .
Dianlhus carlhusianot
» delioides . .
Anemone pulsaiilla .
Ranunculus repens .
Adonis vemalis
Reseda lutea
Sedum purpureum . .
Potcntilla opaca ....
Ulmaria filipendula .
Pater ium sanguisorba
Rosa canina
Aslragalus onobrychis
Coronilla varia
1 Holzig.
2
2
1
2
11
2
2
1
1
2
1
1
1
1
1
1
2
2
2
1
0
1
1
Kelch und
Korolle 1
Blütenstiel 1
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
329
Nanu
O
Untersuchte Organe
Stamm Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
l 'erbascum tliapsus
» nigrum
» lychnitis
Linaria vulgaris . .
Thymus serpyttum.
Salvia pratensis I. .
IL.
Knaul ia arvensis . .
Biiphthahnum salicifolium
Chrysanthemum leucanthe-
IIUIIU
Ariemisia vulgaris"2 . .
» absiuthium
Centaurea scabiosa. . .
Carlina acaulis
Crepis virens
Cichorium inlvbus I. .
» II. .
Andropogon ischaemon
Agtostis alba
» stolonii'era I.
II.
Phleum pratense
Avena ßavescens
1 Markhältig.
2 Fruchttragend.
3'
1 i
Flora der Sandfelder (Binnendünen).
CD
N
C
öS
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
Blatt
Name
0*
N
c
o
"33
Ver-
schiedenes
O
•o
c
2
c
<L>
XI
o
c
C
D
a>
'S
s-,
CO
Corisperiuum marschallii. .
0
0
» nitidum ....
1
1
Kochia arenaria
2
2
» proslra/a
o
330
J . Jung,
Name
Untersuchte Organe
C
0H
0)
N
e
es
c
Stamm
Stengel! Blatt
Holz
Kinde
e
unten
Stiel
Spreite
\ er-
schiedenes
Hemiaria hirsuta
Arenaria serpyllifolia, . . .
» rubra
» marginata . . . .
» majus
Oenothera biennis
Scdum acre
2
1
2
4
1
1
1
1
2
2
1
>
2
2
1
2
2
Marubium peregrinum . . .
Plantago arenaria
1
9
1
» canadensis
Uferflora.
c
Untersuchte Organe
Stamm Stengel: Blatt
£ ! ffi
<u _, C
«
Ver-
schiedenes
Salix alba
Rumex crispus
» öbtusifolius I
» niaritiinus-
Polygonum lapathifolium . .
» amphibium . . .
Euphorbia palushi\
Stcllaria media
Caltka palustris
Lv/lirum salicaria i
II
hyssopifolium . . .
Epilobium parviflorum ....
Lysimachia vulgaris
Symphytum qfficinaU
Myosotis palustris
i Holzig.
- Herbarpflanzc.
Rlattnerv 4
Blattadern 2
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
331
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm Stengel Blatt
B i «
c '.ö
3 W.
Ver-
schiedenes
Gratiola offieitialis . .
Veronica longifolia. .
Valeriana ofßcinalis
Alisma plantago. . . .
Butomus umbellatus .
Schcuchzeria palustris
Scilla bifolia
Juncus glaueus. . . .
Tris pseudacorus . . .
Cyperus altertiifoliu,
Bleocharis palustris
Scirpus maritimus .
» silvalicus . .
Phragmites communis
Zwiebel 1
Flora der "Wiesen und Wiesenmoore.
Name
Untersuchte Organe
C
BS
CS
PH
<U
N
c
63
Stamm 1 Stengel Bl
itt
~Z~ Ver-
'5 schiedenes
Ü5
Holz
Rinde
oben
unten
Stiel
Bryiiin biniini
Ru in ex acetusa
acetosclla
Lychnis ßos cuculi
Caltha palustris
Trol litis etiiopeits
Ranunctilus repens
Cardaininc pratensis . . . .
Geranium pratense
• Mchimilla vulgaris ....
"< Lathyrus pratensis
Trifolium pratense
Lotus corniculalus
Priinula acaulis
officiualis
I
3
2
2
2
3
1
1
1
1
\
i
3
2
3
2
4
3
1
4
3
3
9
1
2
1
1
3
1
1
2
1
1
4
3
Sproß 0
Epidermis 1
332
J. Jung,
Name
Untersuchte Organe
Stamm Stengel
Blatt
i
i <u i Ver-
— . *S i schiedeiu
Sä I f-
ö I a
WJ t/5
Lysimachia nummulär ia
Convolvuhts arvensis . . .
Symphytum officinale. . .
Gratiola officinalis
Orobanche caryophylacea
Salvia pratensis I
II
Plantago major
» lanceolata ....
Gentiana venia
Erylhraea centaureum . .
Valeriana officinaUs ....
Campanula rotundifolia .
» barbat a ....
Buphthalmum salicifolium
Bellis perennis
Achillea millefolium I. . .
11...
Chrysanthemum lencanth
mimt
Carduus pannonicus . . . .
Centaurea scabiosa
Taraxacum officinale . . .
Colchicum autumnale. . .
Muscari racemosum ....
Carex acutiformis
. \grostis slolouifera ....
Alopecurus pratensis . . .
Phlcuui pratense
Briza media
Poa pratensis
Broinus erectus
Lolium pratense
Triticum repens
Orchis aPdda
Blütenstiel 4
Blütenteile 0
Korolle 1
Knüll
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
3:«
Felsen- und Gebirgsflora.
Name
Cetraria islandica .
Adiantum capi litis venev
Scolopendrium vulgare
Pinus pumilio
Salix rediculala . . .
» retusa
Tunica saxifraga . .
Dianthus barbatus .
Anemone sttlphurea
Papaver alpinum . .
Sisymbrium auslriacum
Allysum saxatile
Sempervivum tectorum
» alpinum
Sedum acre
» a'izoon . . .
Saxifraga a'izuides
rotundifolia
sedoides .
» caesia . .
» a'izoon . .
» umbrosa
Cyclanten europeum
Myosotis alpeslris . .
Linaria alpina ....
Linaria cymbalaria
Calaminlha alpina.
Salti reja montana..
Ajttga montana ....
Gentiana acattlis . .
» pumila . .
Campantila barbata .
Aster alpinus
Centaurea montana. .
Untersuchte Organe
Stamm j Stengel
X
K
Blatt
Ver-
schiedenes
Kelch und
Korolle 1
Korolle 1
Staubgefäß 2
Mark 2
Epidermis 1
Blüten-
stengel 1
Korolle u.
Blütenstiel 1
Korolle
Kelch,
Korolle und
Staubgefäü 0
' 11
llZlg.
334
J. Jung,
Heideflora.
Na nie
a) Auf trockenem Boden.
Cell arid islandica. . . .
Cladonia ranginifera .
Juniperus communis .
Polygala chamaebuxus
Azalea spec
Erica carnea
» vulgaris
Thymus serpyllnm . . .
Nardus strirta
b ) Auf feuchtem Boden
(Heidemoore).
Sphagnum cytnbifolium
squarrosum
> cuspidatum
acutifolium .
fimbriatum
Drosera rqtundifolia . . .
Piuqu ineula gypsophila
Schcuchzeria palustris .
Eriophorum alpinu-m . .
vaginatum
< \irex echinata
Ü
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
Sproß
Strand- und Salzflora.
Name
csj
C
ctf
es
a.
N
c
CS
O
Untersuchte Organe
Stamm Stengel
Blatt
13
N
Rinde
oben
c
3
"ö3
c/5
£
C/2
\er-
schiedenes
Casuarina eqüiseiifolia . . . .
Chenopodium glauciim ....
Atriplex hastatum
1 Glashauspflanze.
'
3
3
3
3
3
3
2
Sproß 2 '
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
335
Nanu
O
Untersuchte Organe
Stamm
Stengel, Blatt
Ver-
schiedenes
Sälicornia htrbacea .
fruticosa1
Suaeda maritima I.
11.
fruticosa . . .
Salsola lanata
» cinerea
salsa
» soda
kalt
Corispermum intcrmedium
Alihaea officinalis . .
Tamarix tetandra . . .
Apiuni graveolens . . .
Scirpus maritituus . .
1 Glashauspflanze
- Holzig.
3 Mit viel Mark.
Sproß 5
Epidermis 1
Korolle 1
Sproß
(grün) 4
Epiphyten.
Xantnria parietina 0
Usuea barbata 0
Platycerium alcicorne 0 Blattspreite U
Epiphyltum truncatum^ . . . 2 Epidermis 1
Phyllncactus crenatus l . .
» hookeri i . . .
Coelogyne cristata Blattspreite 0
Cattlaya spec » 0
Oncidium splendidum » 0
» bauen' » 0
Epidendron spec » 0
Sarcanthus rostratus » 0
Acampe papulosa o
; Glashauspflanzen nicht als Epiphyten gezogen. Ergebnis will ich
daher nicht als maßgebend annehmen.
336
.1 . Jung,
Parasiten.
a)
N
C
eu
0)
N
s
o
Untersuchte Organe
Name
"3
Stamm
Stengel
Blatt
Ver-
schiedenes
X
Rinde
oben
c
3
Stiel
Spreite
Aspergillus glaucus . . .
Botrytis spec
Nectria cinnaberina . . .
Polyporus adustus ....
Cuscuta epilium
Lathraea squamaria I.
II.
Orobanche caryophyllacei
Viscum alba m
i. .
0
1
0
0
0
1
0
I
Blattspreite 1
Saprophyten.
Name
O
Untersuchte Organe
Stamm Stengel Blatt
o .5
X cz
Ver-
schiedenes
Trichia chrysosperma . .
Mucor spec
Ascobolus spec
Helotium virgultoruui .
Hypoxylon fuscum
Ciavaria flava
Polystictits versicolor . .
Boletus scaber
Cantharellus cibarius . .
Coprinus spec
Lactaria deliciosa
Agaricus campest ris . . .
» melleus
» bicolor
> muscarius . . .
» procerus . . . .
SpJiaerobolus carpöbolus
Lycoperdon spec
» bovista . . .
Monotropa hypopitys . .
Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche. 004
Die verschiedenen Formationen weisen in bezug auf den
Chloridreichtum ihrer Vertreter ebenfalls große Unterschiede
auf. Gewiß ist, daß in diesem Falle die Bodenbeschaffenheit,
sowohl die chemische als auch die mechanische mit allen
dazugehörigen Faktoren (Feuchtigkeit etc.), einen großen Ein-
fluß ausübt. Meerespflanzen, Salzpflanzen, die Ruderal- und
Segetalflora, die Uferpflanzen und Gewächse, die feuchten
Boden lieben, mit Ausnahme der Heidemooreflora, erweisen
sich als halophil, während die Moos- und Farnflora der
Wälder, die Holzpflanzen mit wenigen Ausnahmen, die Flora
der Sandfelder, die submerse Flora der Gewässer, Heideflora,
die Epiphyten, Parasiten und Saprophj'ten das Gegenteil
zeigen.
Zusammenfassung'.
1. Die vorliegende Arbeit bezweckt auf Grund bewährter
mikrochemischer Reaktionen die Verbreitung des Chlors im
Pflanzenreiche und seine Verteilung in der Pflanze selbst zu
untersuchen. Die für diesen Nachweis am geeignetsten be-
fundenen Reagenzien sind sorgfältig ausprobiert worden und
haben sich am besten in folgender Form bewährt:
a) Thalloacetat 0*5^, Glycerin 2 g, destilliertes Wasser
7-bg.
b) Silbernitrat Ol^', 10% Ammoniak 9 -9 g.
Bei sehr geringem Chlorgehalt ist das Reagens b), um
möglichst große und charakteristische Krystalle zu bekommen,
in folgender Weise umzuändern:
Silbernitrat O-Oo g, 10% Ammoniak 9 '95 g.
2. Thalloacetat ist in obiger Verdünnung ein sehr brauch-
bares Reagens. Es bewirkt die Entstehung von sehr charak-
teristischen Krystallformen, hat aber nur den Nachteil der zu
geringen Empfindlichkeit.
3. Weit besser in dieser Hinsicht ist das Silbernitrat-
reagens. Es zeichnet sich durch außerordentliche Empfind-
lichkeit aus und bewirkt außerdem die Entstehung von großen
regelmäßigen Krystallen mit besonderen Eigenschaften.
338
4. Ausgestattet mit diesen Reagentien wurden die ver-
schiedensten Pflanzen von den niedrigsten Gewächsen bis zu
den höchsten, im ganzen 604 Arten, aus 389 Gattungen,
beziehungsweise 137 Familien untersucht.
5. Die Untersuchungen zeigen, wie weit verbreitet die
Chloride im Pflanzenreiche sind. Gibt es doch nur wenige
Pflanzen, bei denen man nicht einmal Spuren derselben nach-
weisen kann.
(3. Der Chloridgehalt bei verschiedenen Familien ist ver-
schieden. Es gibt chlorliebende und chlorfeindliche Familien.
Doch können innerhalb einer Familie diesbezüglich auch Ver-
schiedenheiten obwalten.
Besonders chlorliebend sind: die Equisetaceen, Canna-
baceen, Ulmaceen, Urticaceen, Euphorbiaceen, Polygonaceen,
Chenopodiaceen, Amarantaceen, Aizoaceen, Cruciferen, Tama-
ricaceen, Malvaceen, Umbelliferen, Primulaceen, Compositen,
Liliaceen, Iridaceen.
Chlorfeindlich dagegen: die Cyanophyceen des Süß-
wassers, die Chlorophyceen des Süßwassers, die Lichenes,
Bryophyten, Lycopodiales, Filicales, Coniferen, Betulaceen,
Salicaceen, Crassulariaceen, Rosaceen, Ericaceen und Orchi-
deen.
7. Was die Verteilung der Chloride innerhalb der Pflanze
betrifft, wäre folgendes zu sagen. In bezug auf die Längs-
achse der Pflanze läßt sich beinahe immer eine Zunahme des
Chlorgehaltes von der Wurzel zur Stammspitze zu feststellen.
Die Hauptmenge des Chlors befindet sich in den parenchy-
matischen zellsaftreichen Geweben, und zwar gelöst im Zellsaft.
Bezüglich der Verteilung der Chloride in der Querrichtung
des Stammes wäre zu erwähnen, daß sie die Epidermis und
das Stranggewebe meiden, dagegen das Rindenparenchym und
das Mark, solange es zellsaftreich ist, bevorzugen. Die jungen
Internodien in der Nähe der Sproßspitzen, ferner Blattstiele,
Adern des Blattes, fleischige Wurzeln und Rhizome zeigen
immer einen größeren Chloridgehalt, während das übrige
Gewebe der Pflanze, sei es das chlorophyllhaltige Mesophyll,
die Epidermis, Haare und die Blütenteile, gewöhnlich gering
reagieren. Verholztes Gewebe, die Schließzellen der Spalt-
Verteilung des Chlors im Pflanzenreiche. 339
Öffnungen, Pollen und Samen zeigen nur Spuren oder sind
frei von Chloriden. Zellsäfte und Milchsäfte geben bei chlorid-
reichen Pflanzen eine starke Reaktion, bei chloridfreien dagegen
keine.
8. Formationen, die einen mineralstoffreichen oder nahr-
haften oder feuchten Boden lieben, zeigen sich zum Unter-
schiede von solchen, die auf einem nährstoffarmen, trockenen
Boden wachsen, chloridreicher. So erweisen sich folgende
als halophil: die Meerespflanzen, Uferpflanzen, Salzpflanzen,
Ruderalflora, Segetalflora und solche, die feuchten Boden
lieben, mit Ausnahme der Heidemoorflora, während die
Flora der Sandfelder, die submerse Flora der Gewässer, die
Heideflora das Gegenteil zeigen. Bemerkenswert wäre noch
das Fehlen oder das Vorkommen der Chloride nur in ge-
ringen Spuren bei der Moos- und Farnflora der Wälder, bei
den Holzpflanzen mit wenigen Ausnahmen, bei den Epiphyten,
Parasiten und Saprophyten.
340 J. Jung, Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
Erklärung der Tafel.
1. Thallochloridkrystalle in einem Teile des Blattstielquerschnittes von
Tetragonia expansa. (Objektiv Zeiß C. Projektionsokular!. Vergr. 120.)
2. Dasselbe wie 1, nur stärker vergrößert. (Obj. Zeiß D. Proj. Ok. 1.
Vergr. 200.)
3. Thallochloridkrystalle. (Obj. Zeiß D. Proj. Ok. I. Vergr. 200.)
4. Silberchloridkrystalle. (Obj. Zeiß C. Proj. Ok. I. Vergr. 120.)
5. Silberchloridkrystalle im chlorophyllosen Mesophyll von Urginea mari-
tima durch Tageslicht geschwärzt. (Obj. Reichert 7a. Proj. Ok. I. Vergr.
299.)
6. Silberchloridkrystalle. (Obj. Reichert 7 a. Proj. Ok. I. Vergr. 299.)
Jung J., Über den Nachweis und die Verbreitung des Chlors im Pflanzenreiche.
«£
'* f
*%
' t
* i
*+■
> _ * *
V*< >^
u. "TP*
fr
*p-
-<
O
1
...
4 T *< • <
*
W
$ |
6
**^
f»
5 6
Sitzungsberichte der Akademie d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. I, 129. Bd., 1920.
34
Studien über das Anthochlor
(I. Mitteilung)
Von
Dr. Gustav Klein
Assistent am pflanzenphysiologischen Institute der Wiener Universität
Aus dem pflanzenphysiologischen Institute der Wiener Universität
(Nr. 141 der zweiten Folge)
(Mit 1 Tafel)
(Vorgelegt in der Sitzung am 1. Juli 1920)
I. Einleitung.
So mannigfach die Farbenpracht der Blüten unserem Auge entgegen-
tritt, so vielfältig die Nuancen jeder Farbe sind, so wenige Farbstuffe,
beziehungsweise Farbstoffgruppen sind es, deren die Natur sich bedient,
um jene Fülle von Farben hervorzurufen, in der die Blütenwelt uns erscheint^
Der Großteil der gelben Blütenfarben wird durch die Gruppe der Carotine
und Xanthophylle bedingt, die immer an Chromatophoren gebunden auf-
treten und die Marquart1 schon 1835 unter dem Namen »Anthoxanthine«
zusammenfaßte. Sämtliche Farben von Scharlachrot über Violett bis Lichtblau
sind auf die Gruppe der Anthokyane zurückzuführen, die immer im Zellsaft
gelöst sind. Daneben gibt es eine dritte Gruppe von Farbstoffen, die eben-
falls im Zellsaft gelöst erscheinen, blaßgelb, zitron- oder dunkelgelb gefärbt
sind und von den Botanikern Anthochlor genannt werden.
Seit mehr als 50 Jahren beschäftigten sich nun die Botaniker sehr
eifrig mit den ßlütenfarbstoffen und studierten eingehendst die Verbreitung
und Verteilung der beiden ersten Gruppen im Pflanzenreich.
Auch die chemische Beschaffenheit dieser beiden Farbstoffe wurde
vielfach studiert. Die Chemie der Carotinoide ist zum Teil erforscht und
dank der mikrochemischen Vorarbeiten von Molisch2 wurde die Konstitution
i Marquart L. A., Die Farben der Blüten, Bonn 1835.
2 Molisch H., Über amorphes und krystallisiertes Anthokyan. Bot.
Ztg. 1905, p. 159.
342 G. Klein,
der Anthokyane, deren Eiiorschung sieh zufolge den früheren Untersuchungen
als schwierig erwiesen hatte, in den großartigen Arbeiten von Willstätter1
aufgedeckt. Um so verwunderlicher ist es, daß vom Anthochlor nur spärliche
und kurze Notizen vorliegen, die sich überdies noch öfter widersprechen.
Dies mag darauf zurückzuführen sein, daß das Anthochlor nur vereinzelt im
Pflanzenreich vorkommt und man sich überdies daran gewöhnt hatte, die
gelbe Färbung der Blüten in Bausch und Bogen dem Carotin zuzuschreiben.
Es erschien daher als eine dankbare Aufgabe, auch diesen Blütenfarbstoff
eingehend zu untersuchen, seine Verbreitung und Verteilung im Pflanzen-
reiche festzustellen und sein chemisches Verhalten zu prüfen.
II. Historisches.
Die erste Angabe über einen im Zellsaft gelüsten gelben Farbstoff
finde ich bei Fremy et Cloe'z, 2 Sie unterscheiden den in Wasser unlös-
lichen gelben Blütenfarbstoff (Xanthin) von dem in Wasser löslichen (Xanthein).
welchen sie bei den gelben Daklia-V a.rietä.ten fanden. Das Xanthein soll in
Wasser, Alkohol und Äther ' :; löslich, aber aus keinem der Lösungsmittel
krystallisierend sein. Alkalien färben stark braun,*3 Säuren bringen diese
Färbung zum Verschwinden. Metalloxyde gehen gelbe bis braune unlös-
liche Lacke.
Hildebrand1 erwähnt in seiner Untersuchung, die sich hauptsächlich
mit Carotin und Anthokyan beschäftigt, einen im Zcllsaft gelösten gelben
Farbstoff hei den gelben Varietäten von Dahlia variäbilis und einigen Acacia
Arten.
Rosanoff5 findet einen gelben Zellsaft bei Papaver alpinum und
nudicaule.
Prantl1* widmet dem Farbstoff eine eigene Untersuchung, aus der
ich das Wichtigste erwähne. Er führt einige Pflanzen an, die blaßgelb gefärbt
sind und einen wasserlöslichen gelben Farbstoff im Zellsaft enthalten wie
1 Willstätter K.. Untersuchungen über die Anthokyane 1. — XYIIL
Lieh. Ann. d. Chem., Bd. 401 (1913), 408 (1915), 412 (1917).
- Fremy et Cloez, Note sur ies matieres colorantes des fleurs,
Journal de pharmacie et chimic, t. XXV, annee 1854, p. 241.
3 Die mit Sternchen bezeichneten Befunde früherer Arbeiten haben
sich bei den eigenen U/ntersuchungen als irrig herausgestellt und werden
der Einfachheit halber erst im Verlaufe der Ausführungen an den entspre-
chenden Stellen richtiggestellt.
i Hildebrand F., Anatomische Untersuchungen über die Farben der
Buten. Jahrb. f. wiss. Bot. 1863, B. 3, p. 64.
5 Rosanoff, Mem. de la Soc. des Scienc. nat. de Cherbourg, XIII,
p. 211.
G Prantl I\\, Notiz über einen neuen Blütentarbstoff. Bot. Ztg. 1871,
Jg. 29, p. 425.
Studien über das Anthochlor. 343
Li 11,1 ria- Arten, Digitalis lutea, * 1 Aconitum Lycoctonum, * ' Trifolium
pannonicum,* i Cephalaria iartarica, Lotus cornicula/us , Primnla- und
Acac/a- Arten. »Dieser neue Farbstoff, den ich einstweilen als Anthochlor
bezeichnen will, zeigt ganz ähnlich wie das Anthokyan Farbenwechsel je
nach der sauren oder alkalischen Reaktion der Lösung, nur beschränkt sich
derselbe hier auf verschiedene Töne von Gelb. Die Lösungen werden mit.
Säuren lichtgelb, mit Laugen bräunlichgelb.«
Er betont, daß die Formen mit diesen meist blaßgelben Blüten sämtlich
Arten von Gattungen sind, deren übrige Arten Anthokyan besitzen und
denen das Anthoxanthin (Carotin) fehlt. 1 * Einen anderen von Anthochlor
verschiedenen Farbstoff enthalten nach ihm die gelben Papaver- Arten und
wieder einen andern die geloen Dahlia- Varietäten.
Hansen2 zitiert die Arbeit von Prantl und bringt an Neuem nur
eine kurze Untersuchung des gelben Farbstoffes der Citrusschale. Er findet
ihn wasserlöslich und weist mit Alkalien dunkle Gelbfärbung, mit kochender
Natronlauge orangerote und mit Schwefelsäure braune Färbung nach. Aus
demselben Jahre stammt eine Untersuchung Schimper's3 über Chloro-
phyll und Chromoplasten, wo er in einer Tabelle auch die Pflanzen anführt,
in deren Blüten er gelben Zellsaft fand. An neuen Befunden wären Verbas-
cum, gelbe Rosen, Calceolaria, Antliiniiiiuim maius, Astragalus uulpinws
und Opuntia Ratinesquiana zu nennen.
Weiss4 untersucht in einer Notiz die schwefelgelbe Partie an der
Basis der Blütenblätter von gelbblühenden Papaver-Arten. Bei Einwirkung
von Alkohol, Essigsäure und einigen anderen Reagentien wird diese Partie
grün, aus dem Zellsaft fällt der Farbstoff in gelbgrünen, wurmartig gekrümmten,
ansehnlichen Gebilden heraus, die aus gebogenen Nadeln zusammengesetzt
erscheinen.
Am eingehendsten beschäftigen sich mit dem Anthochlor zwei Arbeiten
von CourcheC» und Dennert.^
Courchet studiert eingehendst die verschiedenen Formen der Chromo-
plasten (Chromoleucites) im Pflanzenreich, trifft dabei auch auf einige Formen
1 Bei diesen Pflanzen konnte ich Anthochlor nicht rinden.
- Hansen A., Die Farbstoffe der Blüten und Früchte. Verh. d. phys.
med. Ges. zu Würzburg, N. F. B. 18, Nr. 7, 1S84.
3 Schimper A. F. W., Untersuchungen über die Chlorophyllkörner
und die ihnen homologen Gebilde. Jahrb. f. wiss. Bot. 18S5, B. 16, p. 132.
1 Weiss A., Über einen eigentümlichen gelösten gelben Farbstoff in
der Blüte einiger Papaver-Arten. Sitzb. d. Akad. d. Wissenseh. in Wien.
1884, Bd. 90, p. 108 und 109.
•' Courchet M., Recherches sur les chromoleucoites. Ann. des scienc.
nat. 7, ser. Botanique 1888, T. 7, p. 361 u. 362.
6 Dennert E., Anatomie und Chemie des Blumenblattes. Bot. Zbl.
1889, Bd. 38, p. 430.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 23
344 G. Klein,
mit gelbem Zellsaft, den er chemisch näher prüft. In Betracht kamen
Linaria lutea, Eschscholtzia califomica, Mesembryanthemum aureum, Lotus
corniculatus und die Staubfäden von Dianella. Er ist der einzige, dem es
gelang, den Farbstoff zur Krystallisation zu bringen. Er konzentrierte die
äthylalkoholische Lösung und erhielt bei Linaria und Eschscholtzia Nadeln,
beziehungsweise Sphärokrystalle. Er findet bei Linaria blutrote Färbung
mit konzentrierter Schwefelsäure, mit konzentrierter Kalilauge Lösung in
gelber Farbe *, bei Lotus mit beiden Reagentien Orange-, bei den Staub-
fäden von Dianella Scharlach-, beziehungsweise Purpurrotfärbung, bei
Eschscholtzia nur mit Kalilauge ein dunkleres Gelb. Seine Zusammenfassung
sagt: Im großen und ganzen unterscheiden sich alle diese Substanzen
wesentlich nur dadurch von Chromoleucitenfarbstoffen, daß sie sich mit
konzentrierter Schwefelsäure nicht blau färben.
Dennert, dessen Untersuchung in letzter Linie die enge Verwandt-
schaft zwischen Chlorophyll und Anthoxanthin einerseits, Anthokyan und
Gerbstoff anderseits dartun will, erwähnt nebenbei auch den im Zellsaft
gelösten gelben Farbstoff, dem er nahe Verwandtschaft zum Anthokyan
zuspricht. Er nennt eine Anzahl neuer Arten, die gelben Zellsaft führen,
nämlich Chrysanthemum- Arten, Calliopsis, Coreopsis, Rula, Muscari comosum,
gelbe Althaea und Gladiolus psittacinus, einige Formen, bei denen in der-
selben Zelle neben Carotin Anthochlor vorkommt, wie Primulaarten und die
fünf erst genannten und einige, bei denen der gelbe Farbstoff aus Chloro-
phyll hervorgehen soll wie die gelbe Varietät von Althaea rosea; dann
Bluten, wo der rote und gelbe Farbstoff ineinander übergehen, so bei
Dahlia- Varietäten, Carthamus liuclorius und Calliopsis Drumuwndi, woraus
er auf die Identität der beiden schließt. Er prüft mit Kalilauge und findet
bei Verbascum die gelbe Farbe unverändert, bei Anlhirrhinum* und
Trcpaculum * (enthält aber nur Carotin) orange, bei Althaea und Dahlia rot
verfärbt. Da Geibstoffe ebenfalls mit Kalilauge Gelb- oder Rotfärbung geben,
hält er einen genetischen Zusammenhang des gelben Farbstoffes ebenso wie
des Anthokyans mit den Gerbstoffen für erwiesen.
Dann sind zwei Arbeiten von Tschirch1 zu nennen, der mit Hilfe
der Spektralanalyse die Verwandtschaft der natürlichen gelben Blüten-, Frucht-
und Blattfarbstoffe untereinander und mit bekannten künstlichen Farbstoffen
zu ermitteln sucht. Dabei berücksichtigt er aber nicht den Unterschied
zwischen der an Chromatophoren gebundenen Carotingruppe und dem im
Zellsaft gelösten Anthochlor, auch nicht, daß in vielen der von ihm unter-
suchten Blüten Caroline, Flavone und Anthochlorfarbstoffe zusammen vor-
kommen. Zum Beispiel stellt er als Untergruppe der Xanthocarotine die
1 Tschirch A., Untersuchungen über das Chlorophyll, 18S4. —
Tschirch A., Vergleichende spektralanalytische Untersuchungen der natür-
lichen und künstlichen gelben Farbstoffe mit Hilfe des Quarzspektrographen.
Ber. d. D. bot. Ges., Bd. XXII, 1904.
Studien über das Anthochlor. 345
Verbascumgruppe mit zwei Absorptionsbändern und Endabsorption auf,
zu der er zählt: Verbascum (enthält nur Anthochlor), Viola tricolor (enthält
Carotin und Violaquercitrin, ein Flavon) und Tulipa (Carotin).
Die zur Reinigung der Farbstoffe angewandte Kapillaranalyse dürfte
doch nicht genügen, denn es wäre sehr merkwürdig, daß chemisch' so
verschiedene Stoffe dasselbe Absorptionsspektrum geben, während die ein-
ander nahestehenden Carotine ganz verschiedene Spektren liefern, und man
sieht sich zur Frage gedrängt, ob da nicht doch Verunreinigungen die
Hauptrolle spielen. Tschirch sagt ja selbst, daß Cholesterine etc. schwer
zu entfernen waren. Solange die Stoffe nicht rein krystallisiert sind, lassen
sich solche Versuche wohl nicht einwandfrei durchführen. Aber auch die
Richtigkeit der Absorptionsergebnisse angenommen, ließe sich daraus noch
immer kein Schluß auf die chemische Verwandtschaft ziehen, wie ja die
erwiesenermaßen ganz verschiedene Zusammensetzung der hier in Betracht
kommenden Stoffe zeigt.
Auch Willstätter1 erwähnt in einer seiner Anthokyanuntersuchungen
die »noch nicht chemisch untersuchten, im Zellsafte gelösten gelben Farb-
stoffe, welche von Botanikern als Anthochlor bezeichnet werden«. Die Farbe
der orange- und scharlachroten Dahlien wird durch Mischungen von
Pelargonin mit dem eigentümlichen Dahliengelb bedingt. Er trennt die beiden
Farbstoffe durch Ausschütteln der wässerigen sauren Farbstofflösung mit
Amylalkohol, wobei das Pelargonin (und dies ist für die Anthol^ane
typisch) in der wässerigen Schicht bleibt, während das Dahliengelb voll-
ständig in den Amylalkohol übergeht. Die gelbe Lösung gibt das Pigment
an Soda mit intensiver Orangefarbe ab.
In einer späteren Untersuchung2 berührt er auch den Farbstoff von
Papaver alpinum und sagt, daß hier ein im Zellsaft gelöster, rein und
intensiv gelber Blütenfarbstoff von Glykosidnatur auftritt, der den Antho-
kyanen im wesentlichen analog ist; die rein gelbe, wässerige Lösung gibt
mit Alkali eine intensivere Gelbfärbung.
III. Eigene Untersuchungen.
Die eigenen Untersuchungen wurden im Jahre 1916 während einer
militärischen Rekonvaleszenz begonnen und im Frühjahr 1919 wieder auf-
genommen. Es wurden alle gelben Blüten, die ich erreichen konnte, unter-
sucht und auf ihre Zugehörigkeit zum Carotin oder Anthochlor geprüft.
Die Blüten wurden zum Großteil in der näheren und weiteren Umgebung
Wiens, aber auch am Isonzo, in Italien, Dalmatien und Montenegro, von
i Willstätter R.- und Mallison H., Über Variationen der Blüten-
farben. Lieb. Ann. d. Chemie, 1915, Bd. 408, p. 158 ff.
2 Willstätter R. und Weil Fr., Mohnfarbstoffe I. Lieb. Ann. d.
Chemie, 1917, Bd. 412, p. 139 ff.
346 G. Klein,
fremdländischen Pflanzen im botanischen Garten und im Rotschildgarten in
Wien gesammelt. i
Infolge der in jeder Hinsicht beschränkten Verhältnisse des letzten
Jahres erhebt die Zusammenstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit
und werde ich in einer folgenden Mitteilung Gelegenheit nehmen, Ergänzungen
anzuführen. Es würde zu weit führen, alle untersuchten Arten mit gelben
Blüten (zirka 300) anzuführen, ich beschränke mich nur auf diejenigen,
bei welchen im Zellsaft gelöster gelber Farbstoff gefunden wurde.
Nachweis des Anthochlors in der Pflanze.
Wie schon betont wurde, kann die Gelbfärbung einer
Blüte durch Carotin oder Anthochlor bedingt sein. Von einer
Ausnahme soll später noch gesprochen werden. Man könnte
nun glauben, die Gegenwart von Anthochlor oder Carotin
lasse sich schon makroskopisch feststellen und so eine
ungefähre Trennung der Blüten nach diesen beiden Farb-
stoffen durchführen. Ich konnte mich aber immer wieder
überzeugen, daß man aus der Nuance der Blütenfarbe keinen
Schluß ziehen darf. Prantl führt als Kennzeichen für Antho-
chlor die blaßgelbe Blütenfarbe an. In der Tat führen viele
blaßgelbe Blüten diesen Farbstoff. Andrerseits haben zahl-
reiche typisch blaßgelbe Blüten, wie die blaßgelben Tropaeolum-
Sorten, die blaßgelben Stiefmütterchen, die lichtgelben Arten
von Digitalis (D. ambigua, nervosa etc.), von Aconitum
(A. Lycoctonum, Gnielini), von Rosa (R. Eclanteria und viele
Gartenhybriden), von Chrysanthemum, von Iris (J. ochrolenca,
aurea, gracilis, Mathioli etc.), von Gladiolus und viele
andere überhaupt kein Anthochlor, sondern nur spärliches
Carotin. Bezeichnen wir aber, und das soll vorläufig fest-
gehalten werden,2 alle im Zellsaft von Blüten gelöst vor-
kommenden gelben Farbstoffe als Anthochlor, so läßt sich
äußerlich überhaupt kein Anhaltspunkt finden.
Betrachtet man die intensiv gelben, matt glänzenden
Blütenblätter einer Oenothera neben denen von Verbascum
thapsus oder macrurum, so wäre man entschieden geneigt,
ihnen denselben Blütenfarbstoff zuzusprechen, so ähnlich ist
i Für die Überlassung des Materials sage ich auch an dieser Stelle
den Leitern dieser Gärten meinen ergebensten Dank.
2 Molisch H., Mikrochemie der Pflanze. Verlag Fischer 1913, p. 242.
Studien über das Anthochlor. 347
ihr Äußeres. Und doch enthält Oenothera nur Carotin, Verbascum
hingegen rein Anthochlor.
Die einzig sichere Methode, um nachzuweisen, in welcher
Form der gelbe Farbstoff in der Blüte vorkommt, ist ein
Querschnitt durch das Blumenblatt, denn nur an diesem kann
man feststellen, ob in der einzelnen Zelle gelber Saft oder
Chromoplasten vorhanden sind.
Neben dem Querschnitt wurde überdies von allen Blüten
in angesäuertem Wasser bei einer Temperatur von 20 bis
50° C. ein Extrakt hergestellt. Die Carotine sind als Kohlen-
wasserstoffe in Wasser gänzlich unlöslich, die im Zellsaft
gelösten gelben Farbstoffe hingegen leicht löslich. Eine Gelb-
färbung des Extraktes weist also auf Anthochlor. Die Prüfung
des Extraktes war speziell in manchen Fällen notwendig, wo
die spärlichen, lichten und fast gar nicht konturierten Chromo-
plasten schwer festzustellen waren. Bei Digitalis- und
Aconitum- Arten sieht man oft nur einen lichtgelben Schein.
Die eventuell noch in Betracht kommenden, wasserlöslichen
Flavone sind in neutraler oder saurer Lösung fast farblos
und tragen zur Färbung der Blüten überhaupt nicht merklich
bei. Nach Willstätter1 enthalten die tiefgelben Blüten einer
Varietät von Viola tricolor ein Viertel ihres Trockengewichtes
an Violaquercitrin, einem Flavon. Extrahiert man dieses mit
heißem Methylalkohol, so sind die Blüten unverändert orange-
gelb. Nicht die große Menge des Quercitrins, sondern der
kleine Gehalt von Carotin bedingt die Farbe.2
Verbreitung im Pflanzenreich.
Die Tabelle I zeigt die Verbreitung des Anthochlors im
Pflanzenreich und die Verteilung im Blütenblatt. Aus dieser
Zusammenstellung ist ersichtlich, daß das Vorhandensein oder
Fehlen des Farbstoffes in den gelben Blüten von der syste-
matischen Stellung und Zugehörigkeit der Pflanze ganz
i L. c.
- Mikroskopisch kann man sich das Violaquercitrin leicht darstellen,
wenn man ein gelbes Blütenblatt in einen Tropfen heißen Methylalkohol
legt. Nach einer Stunde liegen am Rande des Deckglases lauter farblose
bis lichtgelbe Nadeldrusen.
348
G. Klein,
Tabelle
Familie
Art
Farbe
der Blüte
Das Anthochlor findet
im Blumenblatt
i
neben
allein 1 Chromo-
plasten
neben
Anthokyan
Polyonaieae
Eriogonum
umbellatum
zitron-
gelb
■+■
—
—
Nyclagi-
naceae
Mirdbilis
Jalapa
blaßgelb
—
+
—
Aizoaceac
Mesembryan-
ihemum
linquifortne
intensiv
gelb
■+•
—
—
Saxifraga
scardica
lichtgelb
-r-
—
—
Caciaceac
Opuntia
Ratincsquei
lichtgelb
-+-
—
—
Opuntia
Enget 'mannt
lichtgelb
-h
—
—
Caryo-
phyllaceae
Dianthus
Caryophyllus
Gartenhybride
lichtgelb
-+-
—
Papa-
veraceae
Resedaceae
Papaver
Kemeri
dunkel-
zitrongelb
-+-
—
Papaver
nutans
intensiv
gelb
-+-
—
—
Papaver
aurantiacum
dunkelgelb
bis orange-
gelb
-H
—
—
Glaucium
flavutn
intensiv
gelb
•+-
—
—
Eschschollzta
californica
intensiv
gelb
—
-h
—
Reseda lutea
und luteola
blaßgelb
-h
—
—
Malvaceac
Althaea rosea
gelbe Varietät
blaß-
zitrongelb
-H
—
—
Studien über das Anthnehlor.
349
sich
Farbe der
wässerigen
angesäuerten
Lösung
Anmerkung
in der
oberen
unteren
Epidermis
-h
-+-
gelb
-h
—
blaßgelb
In der roten Form vertritt
das Anthokyan auch in
der Verteilung das Anthn-
ehlor
-+-
■+■
beim Austritt aus
der Zelle verblaßt
der Farbstoff
Beim Verblühen werden
die Blüten orangerot
-+-
-+-
blaßgelb
-f-
-+-
lichtgelb
-b
-f-
blaßgelb
Von derselben Art gibt es
eine dunkelrote Varietät.
die nur Anthokyan führt
-\-
H-
lichtgelb
Alle anderen Formen führen
in derselben Verteilung
Anthokyan
' -+-
-+-
intensiv gelb
Überall ein schwefelgelber
Fleck an der Basis der
Blütenblätter, beim Ein-
trocknen wird die gelbe
Blüte dunkelorange; in
wässeriger und verdünnt
alkoholischer Lösung
blaßt der Farbstoff aus
-h
-+-
-h
-+-
orangegelb
-h
-h
intensiv gelb
■+-
.-+■
Im oberen Teil der Platte •
neben Carotin auch
Anthochlor, sonst nur
Carotin
H-
-f-
blaßgelb
-+-
—
lichtzitrongelb
In den roten Varietäten
vertritt der rote den
gelben Farbstoff
350
G, Klein,
' Familie
Art
Farbe
der Blüte
Das Anthochlor findet
im Blumenblatt
allein
neben
Chromo-
plasten
neben
Anthokyan
; Rutaceen
Ruta
graveolens
intensiv
gelb
—
-h
—
fifimosäccae
■ ~
Acacia
roslellifera
gelb
4-
—
—
Papiliona-
ceae
Coronilla
cappadociea
dunkelgelb
-t-
-
—
Lotus
corniculatus
orangegelb
—
-h
—
Lathyrus
pratensis
dunkelgelb
-H
—
—
PrimuLiccae
Primula
vulgaris
lichtgelb
-4-
nur in der
Röhre und
den Makeln
—
Primula
elatior
-f-
—
Primula
veris
dunkelgelb
—
-1-
manchmal
rot an-
gelaufen
i
1
! Scrophu-
! lariaceae
Verbascum
thapsus
macrurum
phlomoides
o/viupicuiu,
lycknilis
ttustriacum
ii igrum
tief
zitrongelb
-+-
—
—
Calceolaria
rugosa var.
aurea
dottergelb
—
-f-
—
lichtgelb,
Gaumen
orangegelb
-+-
im Gaumen
am Grunde
der Haare
auch
Carotin
—
i
Linaria
vulgaris
Studien über das Anthochlor.
351
sich
Farbe der
wässerigen
angesäuerten
Lösung
Anmerkung
in der
i
oberen
unteren
Epidermis
-+-
-h
tiefgelb
Neben den beiden Blüten-
farbstoffen reichlich Rutin
vorhanden; läßt sich mit
Methylalkohol leicht
krystallisieren •
Blumenblätter, Staubfäden
und Griffel
In jeder Zelle neben einer
Anthochlorvakuole eine
farblose Vakuole
-h
-h
gelb
-+-
—
dunkelgelb
Auf der Fahne fünf rote
Anthokyanstreifen
in der Fahne nur oberseits
Farbstoff löst sich schnell,
Blüte wird farblos
-+-
-h
zitrongelb
H-
-+-
-+-
■+■
-+-
-+-
tiefzitrongelb
Hybriden enthalten statt
oder neben Anthochlor
Anthokyan : trübrote
Färbung
H-
-+-
tiefgelb
-h
—
lichtgelb
orangegelb
Die letzten Blüten im Herbst
sind sehr blaßgelb, Gau-
men fast nicht dunkler
352
G. Klein.
Familie
Art
Farbe
der Blüte
Das Anthochlor findet
im Blumenblatt
allein
neben ,
.-,, neben
Chromo- . ,. ,
, Anthokyan
plasten J
Scrophu-
lariaceae
Linaria
genistifolia
gleichmäßig
zitrongelb
neben
Hesperidin
—
—
Anlhtrr-
hlnum
malus
tief
zitrongelb
—
—
-+-
Läblatae
Sideritis
montaua
hyssopifolia
scorioides
blaßgelb
-f-
—
!
Dipsacaceae
Cephalaria
alpina
iarlarlca
pilosa
lichtgelb
-+-
—
Sc ab t os a
ochrolenca
■+-
—
Compositae
Anlhemts
rlgescens
gelb
—
-+-
—
Chrysan-
themum
carlnatum
macrophyllum
—
-f-
—
Coreopsis
longifolia
orangegelb
—
-h
■+-
Dahlla
varlabilts
zitrongelb
-h
—
-f-
Cent a urea
rupestrls
tiefgelb
■+-
—
—
Centaurea
alpina,
ruthenlca
Centaurea
glasttfolta
blaß-
lichtgelb
H-
—
—
—
-h
.
Centaurea
macrocephala
tiefgelb
—
•+-
1
Studien über das Anthochlor.
353
sich
Farbe der
wässerigen
angesäuerten
Lösung
Anmerkung
in der
oberen unteren
Epidermis
-+-
-h
zitrongelb
Blüten nach dem Extra-
hieren tiefgelb; Gewebe
erfüllt von Nadelbüscheln,
dem von Molisch auf-
gefundenem Hesperidin
-+-
—
in der gelb-rot gefärbten
Blüte vertreten sich die
beiden Farbstoffe voll-
kommen
-+-
-+-
lichtgelb
•+-
-+■
■+■
-r-
■+-
—
■+■
—
gelb
-+-
■+-
zitrongelb
-+-
-f-
dunkelzitrongelb
Alle Farbenübergänge von
Gelb, Scharlachrot bis
Dunkelpurpur
H-
-+-
tiefgelb
in einzelnen langgestreckten
Zellen und Zellgruppen der
Epidermis über den Gefäß-
bündeln
lichtgelb
in einigen langgestreckten
Zellen über den Gefäß-
bündeln
Die übrigen Zellen der
Epidermis führen Carotin
Zellstriemen über dem
Siebteil
Sonst im Gewebe Carotin
1
354
G. Klein.
Familie
Art
Farbe
der Blüte
Das Anthochlor findet
i
im Blumenblatt
neben
allein Chromo-
plasten
neben
Anthokyan
Compositae
Carthamus
tinetorius
tiefgelb bis
scharlach-
rot
-h
—
beim Ver-;,
blühen in
einen
orangeroten
Farbstoff
übergehend
Helen i um
aitliiinvale
dunkelgelb
—
-+-
—
Liliaceae
Muscari
comosutn
braungrau
—
+
H-
Iridaceae
Gladiolus
primulinus
sattgelb
—
H-
—
Orchidaceae
Orchis pallens.
provincialis,
sambucina
blaßgelb
-t-
—
rote Flecken
auf der
Lippe
unabhängig ist, wie dies ja auch von den andern Blüten-
farbstoffen gilt. Selbst nahe verwandte Formen verhalten sich
verschieden. Primula vulgaris und elatior führen in den
Corollzipfeln nur Anthochlor, Pr. auricula und verticillata
z. B. nur Carotin. Die beiden erstgenannten enthalten aber
an den dunkleren Makeln an der Übergangsstelle der flachen
Korolle in die Röhre beide Stoffe, in der Röhre nur Carotin.
Primula veris zeigt einen Übergang, sie führt in allen Epi-
dermiszellen beide Farbstoffe. Doch tritt hier beim Altern der
Blüte eine Anreicherung an Carotin ein, die sich schon
äußerlich in einer dunkleren, mehr orangegelben Färbung zu
erkennen gibt. Andrerseits fand ich von Primula veris auch
lichter gelbe Blüten, die nur Anthochlor führten.
Auch die verschiedenen gelben Gartenhybriden von Primula nehmen
eine Mittelstellung ein. Sie führen in der Epidermis am Grunde der Zelle
licht- bis dunkelgelbe Chromatophoren, in den Papillen Anthochlor. Die
Studien über das Anthochlor.
355
sich
Farbe der
wässerigen
angesäuerten
Lösung
Anmerkung
in der
oberen
unteren
Epidermis
-h
-+-
lichtgelb bis
dunkelorange
In der orangeroten Blüte
ist gelber und roter
Farbstoff vorhanden
Zellstriemen tiefer im
Gewebe über dem Siebteil
lichtgelb
Die das Anthochlor ent-
haltenden Zellreihen zie-
hen wie Schläuche durch
das ganze Blütenblatt
-h
—
Die darunter liegende Zell-
schichte führt Antho-
kyan und Carotin, die
innerste nur Carotin
-+-
-+-
tiefgelb
-+-
-+-
blaßgelb
Am selben Standort blaß-
gelbe und dunkelrote
Formen derselben Art
lichteren Formen enthalten viel gelben Saft neben wenig lichtgelben Körnchen
am Grunde der Zelle, die dunkelgelben weniger Anthochlor, dafür viele
dunkelgelbe Chromatophoren am Grunde und auch 1 bis 2 Körnchen an
aer Spitze der Papille. Bei den lichtgelben Formen findet man häufig auch
Zellen, die nur gelben Saft enthalten. Aus dem botanischen Garten stand
mir Primula austriaca zur Verfügung, die Wettstein durch Kreuzung aus
Pr. acaulis und pannonica gezogen hat. Pr. acaulis führt, wie schon mehr-
mals erwähnt, in der Korolle nur Anthochlor, pannonica nur Carotin in Form
von dunkelgelben Körnchen, nicht nur in der beiderseitigen Epidermis,
sondern auch im Grundgewebe. Alle Kreuzungsformen ähneln der pannonica
insofern, als sie die Einzelblüten auf einem gemeinsamen Blütenstiel tragen;
in der Färbung und Farbstoffverteilung konnte ich drei Typen feststellen.
Eine lichtgelbe Form, etwas dunkler als acaulis; in jeder Zelle sind
neben viel Anthochlor nur einige kleine lichtgelbe Chromoplasten. Die zweite
Form ist dunkler als die erste, enthält neben Anthochlor viele kleine
Chromoplasten zu Haufen geballt und führt im Grundgewebe kein Carotin.
Eine dritte Pflanze hat noch dunklere Blüten, aber lichter als pannonica.
Die Blüten zeigen viel Carotin neben wenig Anthochlor, auch in den Papillen
und im Grundgewebe.
356 G. Klein.
Dieses Beispiel nur möge die Variation der Farbstoffe
bei nahe verwandten Formen demonstrieren.
Bei den Papaveraceen enthalten die gelben Papaverarten
Anthochlor, Chelidonium malus Carotin, Eschscholtzia Carotin
und Anthochlor. Selbst bei den Scrophularineen, die in über-
wiegender Anzahl Anthochlor führen, finden sich wieder
Spezies nur mit Carotin, wie Mimiüus Intens (dottergelb)
oder die schon genannten Digitalisarten (lichtzitrongelb)
zeigen. Innerhalb der engsten Verwandtschaft freilich ist die
Einheitlichkeit und Konstanz im Vorkommen der Blüten-
farbstoffe häufig gewahrt, so bei Verbascum, Papaver, Linaria,
Cephalaria, Sideritis und Acacia. Bei diesen Arten enthalten
die gelben Blüten nur im Zellsaft gelösten gelben Farbstoff.
Verteilung in der Pflanze.
Das Anthochlor hat immer seinen Sitz in der Epidermis,
beziehungsweise im Epithel der Blütenblätter, entweder in
der oberen und unteren oder in einer von beiden, nie aber
im darunterliegenden Mesophyll.
Kommt das Anthochlor in Verbindung mit Carotin vor,
so trifft man immer das Carotin im Grundgewebe verteilt, in
den Oberhautzellen beide Farbstoffe in ein- und derselben
Zelle. Meist sind die Chromopiasten am Grunde, der gelöste
Farbstoff in der äußeren Hälfte, bei papillösen Zellen in den
kegelförmigen Papillen. Sehr schön ist dies zu sehen bei den
Primulaceen, bei Ruta, Lotus und Coreopsis.
Beziehungen zum Anthokyan.
Am interessantesten sind die Beziehungen zwischen
Anthochlor und Anthokyan. Erstens findet man Anthochlor
speziell bei Arten, deren andere Varietäten rot gefärbt sind,
z. B. bei Dalilia, Anthirrhinum, Linaria, Althaea und Primula.
— Zweitens läßt sich feststellen, daß sich bei den Arten,
die rote und gelbe Varietäten aufweisen, die beiden im Zell-
saft gelösten Farbstoffe in Lagerung und Verteilung genau
ersetzen. Sowie der gelbe tritt auch der rote Farbstoff in
vielen Fällen nur in der Epidermis, immer aber bloß in den
äußersten Schichten auf.
Studien über das Anthochlor. 357
Drittens lösen die beiden Farbstoffe einander oft
in derselben Blüte, ja von Zelle zu Zelle ab. Da diese
Fälle als Beispiel für die nahen Beziehungen der beiden
Farbstoffe sehr instruktiv sind, seien einige ausführlicher
besprochen. — Verschiedene Primulaarten blühen in unseren
Gärten sowohl in gelben wie roten Varietäten. Bei beiden
findet man am Querschnitt homogenen, gefärbten Saft in der
Epidermis, bei den gelben Anthochlor, bei den roten Antho-
kyan. So gibt es eine blaue Gartenform von Primula acaulis.
Die Oberseite ist azurblau, die Unterseite blauviolett. Diese
zeigt im Mikroskop von der Fläche betrachtet in jeder Zelle
eine andere Farbe, von rosa über violett bis blau alle mög-
lichen Mischfarben.
Primula rubra hat violetten Zellsaft. Eine Hybride von
rubra und acaulis1 ist lichtviolett. Die Blüte enthält beide
Farben; unter dem Mikroskop sieht man in der Epidermis
manche Zellen und Zellgruppen gelb, andere rosa, in den
meisten Zellen ist Gelb und Rot zu den verschiedensten
Nuancen gemischt. In der Natur findet man manchmal Blüten
von Primula veris, die an der Unterseite rot angehaucht
sind; hier zeigt sich dasselbe.
Bei Calliopsis Drummondi sind die Zungenblüten gold-
gelb, an der Basis dunkelrot. Der Querschnitt zeigt im Basal-
teil jeder Epidermiszelle Carotinkörner, in der Papille an den
gelben Stellen Anthochlor, an den roten Anthokyan.
Die Blüten von Anthirrhinum malus sind in der Natur-
form dunkelrot mit gelbem Gaumen. Auf der Oberseite sieht
man an der Übergangsstelle von Gelb in Rot schon mit
bloßem Auge eine Mischungszone, die in trübroter Misch-
farbe erscheint. Erst zirka 1/2 cm von der Übergangsstelle
entfernt sind die Farben wieder rein gelb, beziehungsweise
so rotviolett, wie die ganze Unterseite ist. Der Querschnitt
zeigt das Entsprechende: Wir finden nicht gelbe Zellen und
angrenzend rote, auch nicht gelbe zwischen den roten
mosaikartig verstreut, sondern in derselben Zelle ein Gemisch
beider Farbstoffe; erst rein zitrongelbe, dann schmutziggelbe,
i Alle Formen standen aus dem botanischen Garten zur Verfüsuns-.
353 G. Klein,
orangerote, schmutzigrote, blutrote und dann erst rein rot-
violette Zellen. Dabei ist in der einen Zelle die Basis rötlich,
der Kegel gelb, in der andern der Kegel rot und die Basis
gelb und zwischen mehr roten Zellen liegen noch mosaik-
artig verstreut mehr lichtere, gelbliche. Es ist also ein
allmähliches Mischen und Ineinanderübergehen der beiden
Farbstoffe, ganz so wie bei den Farbennuancen des Antho-
kyans bei der blauen Primula acanlis.
Es gibt eine weißrote Dahlia-V avietät, bei der im Sommer
jede Zungenblüte weiß und von scharlachroten Rändern um-
säumt ist. An der Übergangsstelle von Rot in Weiß sieht
man schmale gelbe Zonen, die Unterseite ist immer lichter,
also orange gefärbt. Gegen den Herbst sind die Blüten
orange gerändert; die Oberseite zeigt wie bei Anthirvhimim
eine Mischung von Rot und Gelb, die Unterseite ist bloß
gelb. Die letzten Blüten sind schon rein gelb umrandet und
zeigen oben und unten rein gelbe Farbe. Im Sommer über-
wiegt, wie ich später noch durch Ausschüttelung zeigen
werde, der rote Farbstoff, er nimmt im Herbst ab und in
den letzten Blüten ist nur gelber vorhanden.
Carthamus tinctorins blüht in rein gelber Farbe. Beim
Verblühen wird der Blütenstand von außen nach innen
allmählich intensiv orange- bis feuerrot und welkt in dieser
Farbe. Der Querschnitt zeigt bei den jungen Blüten in den
längsgestreckten Epidermiszellen zitrongelben, in den alternden
orangeroten Zellsaft. Diese Blüten geben orangeroten Extrakt.
Die Lösung aus den gelben Blüten ist lichtgelb, wird aber
bald dunkelorange. Dasselbe erreicht man, wenn man zu den
gelben Blüten oder dem gelben Extrakt Lauge oder kon-
zentrierte Schwefelsäure zusetzt. Mischungen von Gelb und
Rot sind in den Zellen nicht zu sehen, es scheint also der
gelbe Farbstoff homogen in eine rote Modifikation über-
zugehen, worauf später noch zurückzukommen ist.
Endlich treffen wir Gattungen, deren einzelne Arten oder
Arten, deren Varietäten in allen Abstufungen von Zitrongelb
über Rot bis Violett gefärbt sind. Ein Beispiel für den ersten
Fall bietet Papaver, für den zweiten Dahlia. Alle Papaver-
arten führen, wenn sie überhaupt Farbstoff enthalten, diesen
Studien über .las Anthochlor. 359
nur im Zellsaft gelöst. Papaver Burseri und Sendtneri unserer
Alpen haben überhaupt keinen Farbstoff, sind weiß. Papaver
Kerner i (Illyrien) ist zitrongelb, nudicaule und nulans intensiv
gelb, aiiraniiacum orangegelb, rhoeas und dubium orange-
bis feuerrot und somniferum zeigt alle Nuancen von rot bis
tiefpurpur und lila. Interessant ist, daß alle diese Blüten
beim Eintrocknen bis zur Nuance der nächstgenannten Art
nachdunkeln, eine Erscheinung, die, wie wir bald sehen
werden, auch unter dem Einfluß von Reagentien erreicht
werden kann. Löst man den eingetrockneten Farbstoff in
Wasser, so bleibt die dunkle Nuance in der Lösung erhalten.
Dasselbe bunte Bild zeigen die Dahliavarietäten unserer
Gärten, eine Farbenpalette von Weiß, Zitrongelb, Orange,
Scharlach, Carmoisin bis Dunkelpurpurn und Violett. Überall
ist in der beiderseitigen Epidermis homogener gefärbter
Zellsaft.
Die verschiedenen roten Farbstoffe von Papaver und
Dahlia wurden von Willstätter und seinen Mitarbeitern
bereits als Anthokyane aus der Gruppe der Cyanine und
Delphinine festgestellt, der Nachweis der chemischen Zu-
gehörigkeit der rein gelben Farben zu den roten steht
noch aus.
Chemisches Verhalten.
Eine Unterscheidung der verschiedenen gelben Farbstoffe
gibt uns die anatomische Betrachtungsweise nicht. Den
Einblick in das Wesen und die* Unterschiede der einzelnen
Farbstoffe bietet erst die chemische Untersuchung. Diese
wurde zuerst rein mikrochemisch auf dem Objektträger,
später in Eprouvettenversuchen durchgeführt. Gerade die
mikrochemische Methodik war hier zur ersten Aufdeckung
der allgemeinen chemischen Eigenschaften und mangels an
reichlicherem Material und Chemikalien das einzig Mögliche.
1. Die Löslichkeitsverhältnisse sind bei allen im
Zellsaft gelösten gelben Farbstoffen die gleichen. Sie decken
sich im allgemeinen mit denen des Anthokyans. Die Farbstoffe
sind löslich in destilliertem Wasser, besser in angesäuertem
Wasser, sehr gut löslich in Säuren und Alkalien, häufig mit
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 24
360 G. Klein.
roter Farbe. Sie sind sehr gut löslich in Äthylalkohol und
Essigsäure mit intensiv gelber Farbe, gut löslich in Methyl-
alkohol. In den meisten organischen Lösungsmitteln, wie
Äther, Petroläther, Benzol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff,
Azeton und Anilin sind sie vollkommen unlöslich. Äther und
Azeton, die Wasser enthalten, nehmen den Farbstoff an und
färben sich lichtgelb.
2. Auch die gelben Farbstoffe zeigen ähnlich wie das
Anthokyan Farbenumschläge bei Behandlung mit ver-
dünnten Säuren und Alkalien. Nur sind sie hier nicht so
markant und bei den einzelnen Farbstoffen verschieden. Die
Farbstoffe der Dahliagruppe zeigen mit Alkali orangegelbe
bis orangerote Farbe, mit Säure schlagen alle in zitrongelb um,
das Papavergelb ist mit Alkali dunkelgelb, mit Säure zitron,
das Verbascumgelb endlich zeigt kaum einen Unterschied,
es ist mit Lauge tiefgelb, mit Säure wird es lichtgelb mit
grünlichem Stich, erst nach Stunden wird es grünlich bis
braungrün. Dieser letzte Farbenumschlag ist natürlich keine
Indikatorreaktion wie beim Anthokyan.
3. Sehr instruktiv ist das Verhalten des Farbstoffes im
Blütenblatte gegen Säuren und Alkalien, besonders gegen
konzentrierte Schwefelsäure und Kali- oder Natronlauge. In
vielen Fällen tritt intensive Rotfärbung auf, in manchen andern
nicht. Die folgende Tabelle II gibt ein Bild dieser Ver-
hältnisse.
Die Farbenreaktionen wurden an Stücken der frischen
Corolle auf dem Objektträger durchgeführt und mit freiem
Auge sowie unter dem Mikroskop bei 130facher Vergrößerung
geprüft. Die Farbennuance ist beidemal fast die gleiche.
Eine Gruppe gibt mit Alkalien und konzentrierter Schwefel-
säure rote Farben. Ihre Hauptvertreter sind Dahlia, Anthir-
rhuium, Linaria, Althaea, Acacia und Coreopsis. Diese geben
intensivrote Farben.
Die blaßgelben Blüten, die Prantl's Anthochlor enthalten,
bieten orange Faibennuancen. Zwischen diesen beiden Typen
finden wir in der Gruppe alle Übergänge in der Farben-
intensität. Mesembryanthemum und Gladiolus zeigen ein ab-
weichendes Verhalten.
Studien über das Anthochlor. 361
Der gelbe Papaverfarbstoff stellt eine von der vorgenannten
abweichende, eigene Gruppe vor. Der Farbstoff tritt, mit
den Reagentien behandelt, rasch aus und zeigt nur intensiver
gelbe bis orange Färbung.
Eine dritte von beiden verschiedene Form bildet der
Verbascumfarbstoff. Er gibt keine Färbung, sondern speziell
mit Laugen eine sichere und schöne, gelbe Krystallbildung.
Neben diesen beiden Reagentien geben auch andere
Säuren und Basen Färbungen. Salz- und Salpetersäure
reagieren ähnlich wie Schwefelsäure, aber nicht so intensiv.
Die konzentrierte Salpetersäure rötet, die Färbung verblaßt
aber bald und wird schließlich gelblich bis farblos. Natrium -
und Kaliumkarbonat, Kalziumhydroxyd, Barytwasser und
Ammoniak färben ähnlich wie die Alkalihydroxyde, aber die
drei letzten schwächer. Organische Säuren, z. B. Essigsäure,
färben nur ganz konzentriert dunkler gelb, sonst lösen sie in
gelber Farbe. Eine Tabelle mag dies veranschaulichen.
Tabelle III.
Die Konzentration der Reagentien ist für den Ausfall
der Färbung durchaus nicht gleichgültig, bei Säuren und
Laugen aber verschieden.
Während die Alkalien, speziell die Alkalihydroxyde auch
verdünnt noch starke Färbungen geben, tritt diese nur bei
konzentrierten Säuren auf. Die folgende Tabelle IV zeigt dies.
Die Proben wurden in Schälchen in die Reagentien eingetragen, um
schnelles und gleichmäßiges Eindringen des Reagens zu ermöglichen.
In der Wirkungsweise der Säuren und Alkalien ist ein
prinzipieller Unterschied, indem erstere nur in konzentrierter
Form Färbungen hervorrufen, während letztere, speziell die
starken Laugen, auch bei weitgehender Verdünnung noch
gleich intensiv färben.
Alle diese Reaktionen wurden auch mit Farbstofflösungen
ausgeführt. Die Färbungen sind ähnlich wie im Blumenblatt,
nur infolge Verdünnung des Farbstoffes meist weniger
intensiv.
362
G. Klein.
F
•r1
(i)
,£3
r
o
0)
C
ffi
•C X
Ci <U
>-i >
X <u
w o
,__
(15
£ -°'
:3
T3 <U
*i
.ß
ja
J2 Mi
_(D
c
tn
.Sä n
N
XI
2 3
0)
:3 g
o
£C 3
o
ü c i;
5--
Ü
.JJ
^j
o
-
J3
üs
2
•*->
tn
J-
^3
.Q
3
O
C
JO
<U
er.
C
nj
0
C
o
ja
<u
J3
bD
c
fcfl
o
G
Xj
o
n
cd
N
Q
•-?
t!Q
«
s°
Co
O
o
<*
<u
<s
?->
^
CJ
•o
c_>
o
-—
«o
|
G
c
1
^2
>! £S
Ä
3
^
•2 <8,
o 5,
Co Co
<5 ,0
'::
Ü
•S j£»
Q
fcyi
?
§
3
H
^
ü5
£
Studien über das Anthochlor.
363
<u
:=
cj
W
in
cd
■a
-
Z2
.n
X
W
3
es
Ö
t2
S
B
cd
tu
->
—
e
~
*-;
■ "
T3
^
ß
**
c
y.
o
Ih
:st1
XI
-C
cd
fc
.'
-.)
~
-i
>
3
r.
■a
-"
o
—
cd
o
Cd
R
:r
_,
^,
')
Ö
cd
rrt
flJ
cd
u
c
<l>
■- ;
£-t
C
X-!
d.
Ol
T3
^
tn
<1>
._
N
—
o a>
3 T3
cd cd
— ta ä
V ^~
?> fflü
.2 ? C
hoch
ein i
Blut
<-2 S
k cd
öß
"£ -C <"
•P '-> cd
j5 "35 "O
a> —
bß-£ 'S
"3 3
- NT3
Q
> U
Z 2
CJ
bß
3*
■s Es
>« ?
sc ^ S,
o -o ^
'S »i t«
•e § o
cd
Ix,
X.
-Q
X>
1
CJ
CJ
bo
bß
bo
CJ
o
CJ
er,
bß
fcn
C
cd
cd
cd
o
C
o
CJ
bt)
bß
Ö
cd
cd
C
C
-O
X
CJ
CJ
bO
bO
hn
tu
aß
bß
c
cd
cd
cd
O
O
^ .so
OJ O
.2 >
> cd
■S* &1
§ ^
ü
o
'-r-
o
«
s
ö.
g
u
"» ~
fl
S g
S
§ ,3
r
?S
r|
rfS <>
364
G. Klein.
Q
öS cj 73
n
U c3 ^i G
X H "o 3
J? 5 -o
Ä C X, c
o <u o> *H3
2 ^ S 3
_0> X C
X C D "^
3 g .-5 .«
£ J= Ö
■5 <P c
>
CJ
-Q
IN
^J cd
tiefblutrot
orangerot
Ol
N X
C O
O "-'
O
o
J3
X!
%-.
CD
o
<D
5
°
CO
3 CJ
Q
N c?
c X
^5 ^
13
2
o
u
<L>
ÖD
tu
'5
X
o
&d
_o
o
O
o
t/3
i 1
1
Eisessig
-C
D
<£?
CJ
X
CO
• CO
c
o
3
1
5
N —
c o
2^
2 0
o w
■Stf
o
3
o
u
ÖD
a>
'S
o
XI
CD
o
3
Name
G
o
es ^:
II
5
>
Studien über das Anthochlor.
36t
^_,
O
p
O
s
^^
bc
C
^*
c3
O
o
lft
2
bC
3
c
o
3
"■*
:Ö3
00
bo
o
fc,
3
o
3
3
«3
x
X
CJ
c
g
3
bo
:5
:cj
'S
U*
b
3
X
c
o
CM
'S
CJ
c
'S
o
2
X
:5
—
±i
jü
C
cj
c
'S
fco
e
^3
o
c
c
:3
,
T3
1>
>
x
<U
Ol
uo
bD
o
o
•n
CD
£
s-.
T3
,_^
^Jä
3
3
CS
C
X
XI
o
■o
c £ 2
■o
jO
;C
c
'S
!- <u
OJ
•a T3 ^
aj
_bß
u fcc
3
<u
PS §
rt ps S
cS
1
c
"~*
c3
•a
T3
-g
- ° C
CJ »- S
0)
—
CD
:0
Rand
leicht
anlauf
-r;
o
X
ü
s
J3
£ä
sc
o
SC -
3
<o
^_,
in
o
G
C3
3
&
's
bp
cj
•v
N
-ä
'S
5
o
iE
p
CJ
CJ
o*j +-•
c
o
OJ
SC
3
cd
p
40 0/
sofor
tiefro
bC
1
o
1
(/)
SC
c
<u
bC
es
o
o
IT.
O
O
O
CO
"t3
CJ
0H
3
aee
G. Klein,
Die Blüten wurden in mit Salz- oder Schwefelsäure angesäuertem
Wasser kalt extrahiert. Der Farbstoff tritt bei den einzelnen Arten ver-
schieden schnell aus. Manche Blüten sind sehr bald vollständig entfärbt,
z. B. Laihyrits, Mesembryanihemum und auch Primttla, andere bleiben noch
stark gelb, z. B. Dahlia und Verbascum.
Die eingetretene Rotfärbung bleibt dauernd erhalten.
Durch Säuren oder Alkalien rot gefärbte Lösungen werden
beim Neutralisieren wieder gelb, im Überschuß der Lauge
oder Säure, mit der man neutralisiert, schlagen sie abermals
in Rot um, eine Erscheinung, die man beliebig oft wieder-
holen kann.
Aus einer auftretenden Färbung darf man indes nicht
ohneweiters auf Anthochlor schließen, ehe man sich durch
einen Querschnitt oder eine Extraktion hievon überzeugt hat.
Es geben ja auch andere Inhaltsstoffe, z. B. Gerbstoffe,
Glykoside und Eiweißstoffe ähnliche Färbungen. Gerbstoffe.'
geben mit Alkalien gelbe bis rote Töne, die Anthrachinon-
glykoside mit Alkalien und Schwefelsäure rote Färbungen,
Eiweißstoffe bei Gegenwart von Zucker mit Schwefelsäure
intensiv rote Farbe (Raspail'sche Reaktion), Eiweißstoffe allein
gelbe Töne mit Alkalien. Auch Carotin enthaltende Blumen-
blätter geben mit Alkali orange Färbung. Hiefür einige Bei-
spiele in Tabelle V.
Tabelle V.
Name der Pflanze Färbung mit H2SOj
mit KOH
Narcissus rein weiß
zitrongelh
zitrongelb
Balsamina rein weiß
zitrongelb
zitrongelb
Dahlia rein weiß
lichtrot, wohl etwas
Anthokyan
dunkelgelb
Tropaeolnm lichtgelb nur
Carotin
blau
rötlich
Studien über das Anthochlor. OK>(
Chlor bleicht sämtliche gelben Farbstoffe. In Chlorwasser
eingetragene Corollstücke sind nach einiger Zeit farblos.
Chlorkalklösung entfärbt nicht.
4. Die Anthochlorfarbstoffe sind reduktionsfähig. Doch
verhalten sich die einzelnen Farbstoffe verschieden. Auch die
Reduktionsmittel wirken nicht gleich. Die folgenden Tabellen
geben ein Bild der Verhältnisse. Tabelle VI, VII und VIII.
Durch schweflige Säure werden die Angehörigen der
Papaver- und Verbascumgruppe entfärbt. Die Papaverfarbstoffe
sehr leicht und schnell, der Verbascumfarbstoff langsamer und
schwerer. In der Dahliagruppe entfärbt schweflige Säure
nicht. Mit dieser behandelte Blumenblätter und Lösungen
bleiben auch nach langer Einwirkung normal gelb. Dasselbe
gilt vom gasförmigen Schwefeldioxyd. Nach mehrtägiger Ein-
wirkung werden die Farbstoffe der Dahliagruppe in saurer
wie alkalischer Lösung nur lichtgelb. Dagegen fördert die
schweflige Säure, wie später noch gezeigt werden soll, das
Krystallisieren eines dieser Farbstoffe.
Naszierender Wasserstoff reduziert viel energischer. So
tritt bei Behandlung der Farbstoffe mit Zinkstaub und Salz-
oder Essigsäure bei Verbascum und Papaver sofort, bei den
anderen Farbstoffen nach längerer Reduktionsdauer Entfärbung
ein. In alkalischer Lösung mit Zinkstaub und Kalilauge
behandelt, werden die Papaver- und Verbascumfarbstoffe farb-
los, die orange bis rot gefärbten Vertreter der Dahliagruppe
lichtgelb.
Natriumamalgam wirkt in saurem und alkalischem Bade
ähnlich.
Bei der Reduktion mit Zinkstaub und Natriumamalgam
trat eine merkwürdige Erscheinung zutage. Reduziert man
nämlich mäßiger durch längere Zeit (mit verdünnter Salzsäure
oder mit Essigsäure), so tritt bei gewissen Farbstoffen, z. B.
von Anthirrhinnm, Lhiaria und Primula nicht Entfärbung,
sondern von der Oberfläche der Lösung nach unten intensive
Rotfärbung auf, die erhalten bleibt. Reduziert man die rote
Lösung weiter, so folgt Entfärbung; nur die oberste Schicht,
speziell der an der Oberfläche stehende Schaum bleibt rosen-
rot. Bei Luftabschluß tritt bleibende vollständige Entfärbung
368
G. Klein,
Tabelle VI.
Reduktion mit schwefliger Säure
bei
in saurer Lösung in alkalischer Lösung
I 1
~ , Nieder- Farbe Farbe
Farbe , . , ,,
schlag vorher > nachher
Nieder-
schlag
Dahlia
etwas
lichter gelb
gelbbraune
Körnchen
blutrot
Farbe
etwas
lichter
braune
Körnchen
und
Flecken
Linaria
etwas
lichter gelb
imBlumen-
blatt
Krystall-
bildung,
in Lösung
gelbe
Stäbchen
orangerot
Primula
etwas
lichter gelb
gelbe
Körnchen
orange
Verbascunt
sehr
lichtgelb
gelbe
Kugeln
tiefgelb
lichtergelb
dichter
lichtgelber
Nieder-
schlag
Papavet
farblos
+HC1
gelb
—
dunkelgelb
gelb
gelbe
Körnchen
und
Nadeln
Coreopsis
lichter gelb
lichtgelber
Nieder-
schlag
tiefrot
orange
Flecken
Carthamus
lichtgelb
gelbe
Kügelchen
orangegelb
dunkelgelb
Körnchen
Tabelle VII.
Reduktion mit naszierendem Wasserstoff aus Zinkstaub
bei
in saurer Lösung
in alkoholischer Lösung
Farbe bei
starker
Einwirkung
Farbe bei
mäßiger
Einwirkung
Farbe
vor der
Einwirkung
Farbe
nach der
Einwirkung
Dahlia
farblos
blutrot
lichtgelb
Linaria
farblos
granatrot
orangerot
lichtgelb
Anthirrhinum
farblos
rosenrot
blutrot
lichtgelb
Primula
farblos
rosenrot
orangerot
gelb
,
Studien über das Anthochlor.
:\w
Reduktion mit naszierendem Wasserstoff aus Zinkstaub
bei
in saurer Lösung
in alkalischer Lösung
Farbe bei Farbe bei
starker mäßiger
Einwirkung i Einwirkung
Farbe Farbe
vor der nach der
Einwirkung Einwirkung
Cetttaurea
farblos
rosa
orange
farblos
Althaea
farblos
—
orangerot
lichtgelb
Acacia
farblos
—
orange
—
Dianthus
farblos
—
orangegelb
—
Carthamus
farblos
-
orangegelb
farblos
Coreopsis
farblos
—
tiefrot
gelb
Verbascum
farblos
—
tiefgelb
farblos
Papaver
farblos
—
dunkelgelb
farblos
Tabelle VIII.
Reduktion mit 1 o/0 Natriumamalgam
bei
in saurer Lösung
in alkalischer Lösun<
Farbe
Farbe vor der i Farbe nach der
Einwirkung Einwirkung
Dahlia
Linaria
Attthirrhinum
farblos
rotbraun
karminrot
blutrot
orangerot
blutrot
farblos
farblos
rotorange
Primula
Carthamus
Cetttaurea
Verbascum
Papaver
Gladiolus
rosenrot
orange
zitrongelb
orangegelb
farblos
lichtgelb
farblos
farblos
zitrongelb
tiefgelb
purpurviolett
farblos
farblos
farblos
farblos
lichtgelb
370 G. Klein.
ein. Setzt man zu der entfärbten, vordem roten Lösung
Wasserstoffsuperoxyd, so erscheint die rote Farbe wieder. x
Die roten Lösungen bleiben mit Mineralsäuren versetzt
gleich rot, mit Lauge werden sie intensiv gelb, im Überschuß
der Lauge nehmen sie den für den normalen Farbstoff der
Dahliengruppe charakteristischen orangen bis blutroten Ton
an. Die entfärbten Lösungen werden mit Laugen wieder
tiefgelb, mit konzentrierter Schwefelsäure orange bis blutrot.
Die mit konzentrierter Salpetersäure lichtgelb bis farblos
gewordenen Farbstoffe nehmen mit Lauge ebenfalls orange
bis blutrote Färbung an; selbst Verbascimi wird orange.
welche Färbung ich hier sonst nie erzielen konnte.
5. Zu betonen ist noch, daß der Papaverfarbstoff in
wässeriger alkoholischer Lösung verblaßt, bis die Lösung
farblos ist. Bei Zusatz von Salzsäure wird die Lösung nach
Frhitzen lichtgelb, mit Alkali sofort tiefgelb. Es scheint also
der Farbstoff in eine Pseudobase überzugehen, wie dies
für die roten Mohn färb Stoffe und alle Anthokyane charak-
teristisch ist.
Aus Mesembryanthemwm geht der Farbstoff mit licht-
gelber Farbe in den wässerigen Alkohol über, mit verdünnter
HCl wird er sofort farblos, mit Alkali wieder gelb.
6. Metalloxyde und deren Salze geben mit den Antho-
chlorfarbstoffen in saurer und alkalischer Lösung gelbe,
orange, braune oder rote Metallniederschläge, die mit ver-
dünnter Salz- oder Schwefelsäure gespalten, das entsprechende
Metallsalz und den gelben Farbstoff in Lösung geben. Z. B.
zeigen die ziegelroten Bleiniederschläge mit Säure gespalten
dichte Massen von Bleisulfat oder -chlorid und den Farbstoff
wieder in gelber Lösung. Die folgende Zusammenstellung
zeigt die bei einigen Farbstoffen mit den einzelnen Metall-
salzen erzielten Niederschläge. Tabelle IX.
1 Auch bei der Reduktion von typischen Flavonkürpern, spez. Quercitrin,
Ouercetin und Morin, ist es Stein. Hlasiwetz und Pfaundler, Everest
und Will stätter gelungen, intensiv rote, anthokyanähnliche Reduktions-
produkte zu erhalten. Siehe Willstätter, Untersuchungen über Anthokyane,
III., Lieb. Ann. d. Chem., Bd. 408, Jhrg. 1915, p. 26 bis 28.
Studien über das Anthochlor.
X
cd
OJ
CD
Xi
' „
»
t
ffl 3 C
•SP P i§
DU o
c -
<D 3 C
bß cd «J
'SS o
(D i; o
C — ü
1
bp
-a
1
3 JPlB
od g o
X in X
' — ' T .Cd
bß
<D
bß
C
cd
fc-i
o
X
S
:C
Co
CD
CD
c
cd
bß
X
JüP
cd
X
CD
5?
X
"3
bß
c
X
.bß
s
■ — ' bß
OJ J
bß
X
JE
o
X
ü
.^
^
'S
73
*■'
X
X
1
i
•2
bß
1
1
0)
bß
1
1
1
i
C
^_
ji
D
3
~
bß
.
1
X
1
X!
~
5
1
CD
bß
1
1
1
1
bß
^
5
CS
u
X
o
7)
^
cd
5 Ol
3
£
i
1
1
-s;
"öS Vj
CD
'
£
bß
.
q
c
O
-a
cd
bß
Ol
c
*Q
a,
3
,
, X
.
.
s
cd
*ö3
| bß
1
bÖ
|
£
1
C
0)
C
cd
X
cd
£
nä
X
X
CD
bß
1
1
1
1
g
Ö
cd
cn
•|
g
N
od
X
S -
X
CD
O
:C
2
£
> cd
.2
o
J5
C FS
bz
3
■S
<5
CD
bß
CO
u
bß
p
■n-5
JO
cd
X
bß
X -
CD
*A
p
— H —
CD
X
X
•-H ^)
jbp
|^2
JS 5
X
bß
CD
cd
2 M
CD
3
"3
bß
'S
e g
73 •"
2 C
^
*ö3
bß
C
cd
X
CD
bß
<bß
CD
-o o
C
T3
."2
."2
o
. |
Sgl
y
"cd 1 73
f.
3
cd
O
_o
X
ü
cd
p
Fn 'S
ho
«Co
o <d cd
eq cq 3
o
c
0)
cn
s
o
"5
X
"cn
"o
CD
6?
"öd
o
e
"es
X ^
o cd
372
G. Klein.
7. Dementsprechend bilden die Farbstoffe auch aur
gebeizter Faser Metallsalzniederschläge. Sie färben aber schwach,
der Farbstoff läßt sich relativ leicht ausziehen. Die Tabelle X
zeigt die beizenziehende Kraft der einzelnen Farbstoffe. Am
besten färben Dahlia und Verbascii m.
Tabelle X.
Baumwolle färbt an
bei
ohne Beize
in saurem
Bade
mit Alaun
gebeizt in
saurem Bade
mit Tannin ohne Beize
gebeizt in in alka-
saurem Bade lischem Bade
Dahlia
Linaria
zitrongelb
lichtgelb
tiefgerb
intensivgelb
tieforanee
orangerot
tiefgelb
orangegelb
Primi; Li
lichtgelb
lichtgelb
lichtgelb
orange
Carthamus
zitrongelb
zitrongelb
tief zitrongelb
tiefeelb
Coreopsis
Lalir.
zitron gelb
zitrongelb
braunorange
oranoebraun
sehr lichtgelb
sehr lichtgelb
lichtbraun
schwach
orange
Vcrbascum
Papaver
tiefgelb
tiefgelb
tiefgelb
tiefgelb
schwach gelb
schwach srelb
gelb
gelb
8. Will statt er hat bei seinen Anthokyanuntersuchungen
eine Reaktion verwendet, die bei allen untersuchten Farb-
stoffen dieser Gruppe gleichmäßig verläuft und als eine
Erscheinung der Glykosidspaltung zu erklären ist.
Die angesäuerte Farbstofflösung gibt nämlich beim Durchschütteln mit
Amylalkohol an diesen nichts ab, er bleibt farblos. Wird aber die stark
saure Lösung i/4 bis !/2 Stunde gekocht, so wird das Glykosid gespalten
und der gespaltene Farbstoff, d. h. die' zuckerfreie Komponente, das
Aglykon, läßt sich nun gänzlich mit Amylalkohol ausziehen. Das Glykosid
ist also in Amylalkohol unlöslich, der zuckerfreie Farbstoff sehr gut löslich,
er geht in diesen über und gibt aus ihm durch Ausschütteln mit Wasser
oder Natriumazetat nicht das mindeste ab. Mit wässeriger Sodalösung
geschüttelt, geht der Farbstoff mit blauer Farbe vollständig in die wässerige
Studien über das Anthochlor. 3/3
Schicht über. Aus diesem Verhalten zog Willstätter den Schluß auf die
einheitliche Glykosidnatur aller Anthokyane, eine Annahme, die durch die
nachfolgenden Untersuchungen bestätigt wurde.
Diese einfache Probe wurde auf die beschriebenen gelben
Farbstoffe angewendet und gab folgendes in Tabelle XI
zusammengestelltes Resultat: Die gelben Mohnfarbstoffe ver-
halten sich genau so wie die roten und zeigen hiedurch ihre
nahe Verwandtschaft zu den Anthokyanen. Der Farbstoff gibt
in mit Schwefelsäure angesäuerter Lösung an Amylalkohol
nichts ab, nach viertelstündigem Kochen geht er beim Aus-
schütteln vollständig in den Amylalkohol über. An Soda gibt
der Amylalkohol den Farbstoff mit dunkelgelber Farbe ab.
Ebenso verhält sich eine Reihe von Farbstoffen aus der
Dahliagruppe, die andern Angehörigen dieser Gruppe, darunter
Dalilia, ebenso wie der Verbascumfarbstoff zeigen das ent-
gegengesetzte Verhalten. Sie gehen aus wässeriger, ange-
säuerter Schicht vollständig in den Amylalkohol über und
lassen sich aus diesem nicht auswaschen. Nach Hydrolyse
gehen sie ebenso in den Amylalkohol über. Auch gegen
Sodalösung ist das Verhalten einheitlich. Vor der Hydrolyse
gehen diejenigen, welche sich mit Amylalkohol ausschütteln
ließen, nach der Hydrolyse alle in die Sodalösung über. Das
Verhalten der intakten Farbstoffe gegen Amylalkohol ist also
verschieden, nach der Hydrolyse und gegen Soda ein-
heitlich.
Daraus kann man wohl schließen, daß man es überall
mit Glykosiden zu tun hat.
Der direkte Beweis für die Glykosidnatur läßt sich
freilich nur mit reiner, krystallisierter Substanz durchführen,
die ich in der erforderlichen Menge noch nicht zur Ver-
fügung hatte. Denn wenn auch die Farbstofflösungen nach
dem Kochen mit Säure sowohl nach der Fehling'schen wie
nach der Osazonmethode viel mehr Zucker aufwiesen wie
vor dem Kochen, so könnte man diesen Befund ebenso mit
der Spaltung von anderen in der Blüte enthaltenen Glykosiden
erklären.
Schließlich sei noch betont, daß der zuckerfreie Farb-
stoff so wie beim Anthokyan in konzentrierter Säure unlöslich,
374
G. Klein,
X
00
C
3
cu
S
<
bO
XI
n
X 1
o
o
<u
bo
c
CD
SO
fcßbp
"3 3
co
TD
O
cu
_bß
"ä3
3
X
<U
bJO
cu
bO
<o
bO
c
IS
3
X
o
CS
X
p
cu
5
5
"ö>
°P
cu
M 1
c
c
O co
X :0
co
T3
o
■a 1
5
2*3
lf5 T3
CS O
i, o
CO
CO
CO
X
X
co
CO
CU
E
3
3
X
O
X
o
X
X
o
X
i.o ij
<
< "3
3
.5
ocj
Js
5
3
t2
cS
— :~
-J
S bo
5
S
CO
X
CO
CO
X
CO
X
bo
O
0
Q
_o
c
o
_o
S *
bo o
S
X
X
XI
X
X
X
X
CM
>
cS
.3
5
3
j_,
bC"3
>»-■
'-*-
'"-*
'-•-
C -vj
3 ~-
<o cS
x
5
:° 'S,
3
CO
J, o
>>x
<=3
Hl » »
n5 »
_ ü «i
cu r- es
bo u p
:0 "
"<U
bD
ö
CU o
bOr-
cu
c ö
3 <U
CS —
l- o
x _o
p r—
^ «> S
3 g^
? 3 °
-£ 2 c
S s
X
"o
bO
bO
^2
,
X
CA!
C
cu
bo
X
"3
0)
bp
X!
o
3 X
1 &
Q>
cu
bO
<u
bp
p 3
"8 5
o
cu
bo
3
bp
c
T3
O
3
3
'P c
X
p
O x
</:
73
X
o
X :0
- "cd
co
:0
~ "3
es O
' o
X
CO
CO
CO
X
cn
X
— T.
^ CS
C
o
o
_o
O
>.
B
5
■s
•g
X
X
X
X
X
5 ~
<
cd
rt
5
,rt
es
<2
CS
C.-
" 1
.5 ~
X
:— o
cj
CO
X
X
X
CO
CO
CO
S bo
fcß
o
O
o
o
O
O
1o
bO*o
— :
cu
X
X
X
X
X
X
cO
>
cS
cS
CS
cS
^rt
5
¥3
>
t—
t_
fc
co cS
0)
cS
1—1 C
£ O
CO
Ig
"o
X
cu
£0
X
cu
X
cu
X
cu
X
GS
CT.
<l
3
bo
cu
bo
bO
bD
bO
Ö
,
X
^
CU
>7 ^ C
O CO
cu >
bO nä
es
■Oh
cS s-
.£2 es
o
>
bO
II
ü 5
o
:
Studien über das Anthoehlor.
375
ja
43
43
D
CJ
O
_bß
bß
CJ
bß
bß
CD
CJ
t£P
bo
5
C
CJ
c
T3
"Ö
o
■— ' I W *— ' W1 »— '
'S)
CT;
1
t» 1
o
O
o
43
ja
-£>
sJ
cä
CT.
X
o
43
43
es
CJ ™
bß oj
O
bß
42
bß
o
cj
CJ
CJ
bß
bO
bC
Ö
CS
O
O
[fl
X
X
X
x
x
s.
ir.
x
tn
tn
o
O
C
O
c
o
c
O
o
O
43
43
43
43
1 -P
43
43'
o
43
43
43
cö
oj
CS
CS
,cS
öS
-
>H
<M
*"
<<—
43
tn
in
tn
tn
o
43
o
o
o
O
O
es
42
CO
CJ
43
43
43
43
3
X
in
p
(U
CJ
CJ
£o
CJ
53
CS
CS
cfl
b
bß
00
C
CJ
bß
"
<~
3
43
CJ
43
43
bß
cj
ea
bß
-c
ö. o
a
03 ö
§
CO
0
Kl
et,«
o
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd.
25
376
G. Klein,
in verdünnter schwer löslich ist und infolgedessen nach der
Hydrolyse in Form von Körnchen oder Flocken in der Säure
erscheint; beim Ausschütteln löst er sich meist nicht ganz,
sondern sammelt sich in Form von Flocken an der Grenze
der beiden Schichten an.
Die orange und scharlachrot gefärbten Dahliensorten
enthalten, wie schon erwähnt, ein Anthokyan, Pelargonin
und Anthochlor, das Dahliengelb. Behandelt man den an-
gesäuerten Extrakt dieser Blüten mit Amylalkohol, so ist die
saure Lösung rot, die Amylalkoholschichte intensiv gelb. Auf
diesem Wege hat Willstätter die beiden Farbstoffe von-
einander getrennt.
Die bei der Reduktion rot gefärbten Farbstoffe zeigen
dasselbe Verhalten gegen Amylalkohol wie die intakten gelben.
So gibt das rot gefärbte Anthochlor von Antliivrhinum an
Amylalkohol nicht das Mindeste ab, nach der Hydrolyse geht
es vollkommen in die Amylalkoholschicht über. Aus dieser
geht es mit gelber Farbe in wässerige Sodalösung.
Auch mit Phenol läßt sich Anthochlor aus wässeriger,
saurer Lösung ausschütteln, wie folgt:
Tabelle XII.
Name
Dahlia
Linaria
Vcrbascum
Papava-
Phenol
tiefgelb
braun
tiefgelb
dunkelgelb
wässerige
Schicht
farblos
farblos
farblos
farblos
Krystallisation,
1. Im Blumenblatt.
Vom Anfang an war mein Bestreben darauf gerichtet,
die gelben Farbstoffe in krystallisierter Form zu erhalten, wie
es Mo lisch in so schöner und einfacher Weise beim
Anthokyan gezeigt hatte. Doch gelang es nur in wenigen
Fällen auf diese Art Krystallbildung zu erzielen, wohl aber
Studien über das Anthochlor. '377
erhielt ich Krystallisation im Blumenblatt auf verschiedene
andere Weise.
Nach Mo lisch legt man ein rotes Blumenblatt von Rosa, Pelargonium
und anderen in verdünnte Salzsäure, Essigsäure oder auch destilliertes
Wasser und erhält nach einiger Zeit im Blumenblatt und außerhalb, speziell
am Rande des Deckglases, rote Nadeln und Nadelbüschel von Anthokyan.
Papaver. Behandelt man die schwefelgelbe Partie am
Grunde der Corollblätter von Papaver Kerneri und aurantiacum
mit Alkohol, Essigsäure oder angesäuertem Wasser, so kry-
stallisiert der Farbstoff sofort aus; in vielen Zellen findet
man gelbliche oder gelbgrüne wurstförmige Gebilde und
gekrümmte, spirillenförmige Stäbchen von Krystallnatur, die
aber bald in Körnchen zerfallen und sich mit lichtgelber
Farbe lösen. Sie geben mit Lauge und Schwefelsäure
orangerote Färbung, die beim Neutralisieren wieder in Gelb
zurückkehrt. Der Farbstoff dieser schwefelgelben Partie, die
beim Trocknen, beziehungsweise beim Absterben tiefgrün
wird, ist also verschieden von dem des Corollblattes.
Dahlia. Legt man ein Stück eines Corollblattes der
gelben Georgine in konzentrierte Zuckerlösung, so tritt in
kurzer Zeit Plasmolyse ein, in jeder Zelle findet man eine
dunkelgelbe Kugel. Wäscht man nun die Blattstücke rasch
in Wasser ab, zieht einigemale durch Alkohol, überträgt wieder
in die Zuckerlösung auf einen Objektträger und läßt die
Präparate einige Stunden unter einer Glocke liegen, so sieht
man in manchen mächtige, gelbe Nadelsphärite das Gewebe
erfüllen. Fig. 1. Sie geben mit Schwefelsäure und Kalilauge
die typischen roten Farben.
Linaria. Die Blüten zeigen nach längerer Einwirkung
von Essigsäure derbe gelbe Spieße, meist zu Bündeln vereinigt,
im Gewebe.
Auch mit konzentrierter Zuckerlösung erhält man speziell
im Sporn, der den Farbstoff am konzentriertesten enthält,
Krystalle. Legt man nämlich etwas angetrocknete Blüten-
sporne in Zuckerlösung, so findet man in wenigen Alinuten
in jeder Zelle schöne Krystalle des rhombischen Systems
oder lange, breite Nadeln; waren die Blumenblätter stärker
eingetrocknet, so bildet sich nur Krystallsand.
3 78 . G. K lei n,
Die meisten Zellen sind angefüllt von kleinen gelben
Nädelchen und Stäbchen.
Dieselben Krystalle erhält man beim Einlegen in wenig
Amylalkohol, schweflige Säure, Schwefeldioxyd oder Natrium-
bisulfitlösung. Fig. 2.
Diese Krystalle werden mit konzentrierter Schwefelsäure
unter Lösung blutrot, mit 50% Kalilauge färben sie sich
kirschrot bis purpurn und lösen sich schließlich mit violetter
bis tiefblauer Farbe, eine sehr auffallende Erscheinung, die
ich sonst nie beobachten konnte.
Verbascum. Sehr leichte, sichere und schöne Krystall-
bildung zeigt der Verbascumfarbstoff sowohl im Blumenblatt
wie außerhalb beim Zusatz von Alkalien. Versetzt man ein
Blumenblatt von Verbascuiu mit wässeriger oder alkoholischer
Alkalilauge, so fällt bei einer Laugenkonzentration über 20%
sofort, bei niedrigerem Gehalt nach einiger Zeit der gesamte
Farbstoff krystallisiert aus; in den Zellen in Nädelchen, Nadel-
büscheln und ganzen Sträuchern von zitrongelber Farbe,
außerhalb des Präparates in Kugeln, die aus lauter ge-
krümmten, schmalen, rhombischen Blättchen bestehen und
am Rande des Deckglases in mächtigen, bärlappähnlichen
Sträuchern bis zu 2 mm Größe, aus lauter gelben Nädelchen
gebildet. Fig. 3, 4 und 5. Ähnliche Bildungen, nur langsamer,
erhält man mit allen anderen Alkalien.
Der Verbascumfarbstoff zeigt aber auch sonst Neigung
zur Krystallisation und ein von den andern gelben Farb-
stoffen abweichendes Verhalten. Besonders auffallend ist die
Wirkung von Essigsäure, die olivgrüne Färbung und Bildung
von grünen Krystallen bedingt.
Tabelle XIII.
40% KOH Eisessis
Konz. HCl
Konz. H2S04 , Konz. HN03
intensiv gelbe
Nadeln und
Nadelbüschel
homogene
Grüntärbung
nach einiger
Zeit olivgrüne
Nadeln und
Nadelbüschel
braungrüne
Nadeln und
Büschel
dunkelgelbe
bis braune
gekrümmte
Nadelbüschel
sehr lichtgelbe,
meist farblose
Nadelbüschel
aus kurzen,
kompakten
Nadeln
Studien über das Antliochlor.
379
Nimmt man die Säuren in einer Verdünnung von 1 : 3,
so ist die Färbung bei Salzsäure gelbgrün, bei Schwefelsäure
gelbbraun und bei Salpetersäure lichtgelb. Mit Lauge werden
diese mit Säuren entstandenen Bildungen wieder tiefgelb.
Überträgt man andrerseits die in Lauge eingelegten
Blütenblätter in die Säuren, so erhält man ähnliche Resultate
wie mit frischen. Es verwandeln sich die gelben Nadelgebilde
in Eisessig in grüne, in Salzsäure in gekrümmte gelbbraune,
in Schwefelsäure in dunkelgelbe bis braune, in Salpetersäure
in lichtgelbe bis farblose gebogene Nadeln und Nadelbüschel.
In organischen Lösungsmitteln, in welchen die Farbstoffe
unlöslich sind, erhält man ebenfalls Krystallisationen, wenn
man die Blumenblätter länger in diese einlegt.
Tabelle XIV.
Lösungsmittel Dahlia
Linaria
Verbascum
Papaver
Petroläther
Äther
Amylalkohol
im Präparate
und auf der
Oberfläche
gelbe, seiden-
glänzende
Nadelbüschel
rhombische
Prismen,
Krystallsand
und Klumpen
gelbe Klumpen
mit radialer
Streifung
jelbe Nadeln
und sehr
viele gelbe
Klumpen
ähnlich wie bei Petroläther
große gelbe
Nadeln quer
durch die
Zelle und
gelbe Klumpen
gelbe typische
Nadeln und
Klumpen
gelbe Sphäro-
krystalle in
Gruppen im
Gewebe
2. Im Extrakte.
Auch mit Farbstoffextrakten in verschiedenen Lösungs-
mitteln, also außerhalb des Gewebes, wurde im kleinen
Maßstabe Krvstallbildung versucht und mehrfach erzielt.
380 G. Klein,
Dahlia. Der wässerige angesäuerte Extrakt läßt, im
Vakuum hei Zimmertemperatur in Krystallisierschalen einge-
dampft, nach längerer Zeit lauter feine, kurze, beiderseits
zugespitzte, lichtgelbe Nädelchen ausfallen.
Mit 3% Salzsäure zu gleichen Teilen versetzt, zeigt der
Extrakt bei derselben Behandlung große, dichte Nadelkugeln,
die durch die dichte Lagerung dunkelorange erscheinen. In
zehnprozentiger salzsaurer Lösung erhält man kleine Sphärite,
bei noch höherer Konzentration in der Hauptmenge nur mehr
Körnchen- und Stäbchenaggregate neben typischen Einzel-
nadeln. Konzentrierte Salzsäure gibt nur eine orange bis
rostrot gefärbte Masse, aus Körnchen und Stäbchen zusammen-
gesintert. Alle diese Bildungen lösen sich in konzentrierter
Salz- und Schwefelsäure mit orangeroter, in Kalilauge mit
blutroter Farbe.
Der Eisessigextrakt zeigt, über Schwefelsäure im Vakuum
eingedampft, blutrote Lösung und rostroten Niederschlag;
dieser besteht aus orangeroten Kugeln und Schollen, die sich
durch die radialen Risse als Sphärokrystalle zu erkennen
geben. Kalilauge löst blutrot.
Bei Äthylalkohol, in dem sich Anthochlor am reichlichsten
löst, tritt im konzentrierten Extrakt relativ leicht Krystallisation
ein. Legt man eine Anzahl Einzelblüten in wenig V)6pro-
zentigen Alkohol, so daß die Lösung unvollständig bleibt, so*
hat der Alkohol bald eine goldgelbe Farbe erreicht, die
Blätter sind noch gelb. In dem Falle tritt nach einiger Zeit
Trübung ein, die immer mehr zunimmt und aus lauter reinen,
lichtgelben Nädelchen besteht. Fig. 6.
Aus der konzentrierten Lösung fällt etwas Farbstoff aus,,
dadurch kann sich neuer lösen usw.
Dieselben Nadeln erhält man beim langsamen und vor-
sichtigen Verdunsten des Alkohols.
Beim schnellen Eindampfen bildet sich nur ein amorpher
Rückstand. Immer wird beim Eindunsten die Lösung dunkel-
gelb, dann orange bis rot, erst bei dieser Konzentration tritt
Krystallisation ein. Die alkoholische Lösung gibt auch beim
Versetzen mit konzentrierter Salzsäure oder methylalkoholischer
Salzsäure bald Nadeln und Körnchenmassen.
Studien über das Anthochlor. 381
Leichter und schneller erreicht man Krystallbildung beim
Versetzen der alkoholischen Lösung mit chemisch indifferenten
organischen Lösungsmitteln, die den Farbstoff unverändert
fällen. So fällt absoluter Alkohol typische gelbe Nädelchen
und orange Tropfen, die allmählich in feste Kugeln über-
gehen; aus diesen entwickeln sich schließlich Sphärokrystalle
und schöne Nadelbüschel. Fig. 8. Sie werden mit Lauge
blutrot. Aceton gibt Nadeln und mächtige orange Kugeln,
die sich in Sphärokrystalle umwandeln. Fig. 7. Äther fällt
durchaus reine Nadeln, die mit Lauge dunkel- bis orange-
gelb werden. In all den genannten Fällen zerfließen die
Nadeln, auf den Objektträger gebracht, sehr rasch, unterm
Deckglas nicht. Die Nadeln sind in Wasser unlöslich, in
Alkohol leicht löslich, in Alkalien löslich mit dunkel- bis
orangegelber Farbe, in konzentrierten anorganischen Säuren
unlöslich.
Auch die Amylalkoholausschüttelung gibt bei vorsichtigem
Eindunsten neben orange gefärbten Kugeln nur einen körneligen
Rückstand, mit alkoholischer zweiprozentiger Salzsäure aber
neben Körnchen auch viele große orangerote Sphärokrystalle,
die sich aus Alkohol umkrystallisieren lassen.
Linaria. Der Farbstoff von Linaria ist ziemlich emp-
findlich. Extrahiert man den Farbstoff mit 5 bis 10°/0 Salz-
oder Schwefelsäure oder mit 50% Essigsäure in der Kälte,
so gibt der Helm eine lichtgelbe, der Gaumen orangegelbe
Lösung; die Farbe bleibt dauernd. Bei 60° aber schon erhält
man braune bis schwarzbraune Lösung, aus der nach einiger
Zeit ein schwarzer Niederschlag ausfällt, der in wenigen
Tagen fast vollständig ist.
Mit konzentrierten Mineralsäuren oder bei starkem Er-
hitzen beziehungsweise Kochen der verdünnten Lösung erreicht
man dasselbe in einer Viertelstunde. Der fast schwarze Nieder-
schlag zeigt sich aus lauter dunkelgelben Körnchen und
Stäbchen zusammengesetzt. Er ist in kaltem und heißem
Wasser unlöslich, in angesäuertem Wasser fast unlöslich, in
Alkohol mit tiefgelber, in Essigsäure mit dunkelgelber, in
Salzsäure mit zitrongelber und in Alkalien, z. B. Kalilauge
oder Ammoniak mit orangeroter Farbe leicht löslich.
382 G. Klein..
Die alkalische Lösung wiid mit Säuren wieder licht-
gelb.
Von den übrigen Farbstoffen zeigt nur das Verbascum-
gelb Ähnliches. Die andern Blüten, z. B. das nahverwandte
Anfhirrhinum melius geben bei 60° reingelbe Lösungen. Der
wässerige oder alkoholische Extrakt gibt beim langsamen
Eindunsten eine gelbe Masse aus Körnchen bestehend. Diese
geben mit Kalilauge orangerote Färbung. Kalte salz- oder
essigsaure Lösung gibt mit Äther gelbe Körnchenaggregate.
Der Amylalkoholauszug zeigt im Vakuum eingedampft,
schwarzgrüne Lösung und ebensolchen Niederschlag.
Der lichtgelbe Farbstoff von Helm und Sporn und der
orangegelbe des Gaumens sind voneinander verschieden. Nicht
die Konzentration des Farbstoffes bedingt die mehr minder
intensive Färbung; denn die lichtgelben Partien der Blüte
geben immer lichtgelben Extrakt, die orangegelben auch bei
starker Verdünnung orangegelben. Die Farbenreaktionen sind
bei beiden gleich intensiv. Im Sporn ist tiefzitrongelber Farb-
stoff in sehr konzentrierter Form; er krystallisiert, wie schon
gezeigt, unter den verschiedensten Bedingungen sehr leicht
und gibt tiefrote Farbenreaktionen.
Verbasciun. Der Farbstoff von Verbascum gibt, wie
schon geschildert, wie im Blumenblatt, so auch im Extrakt
leicht Krystallisation beim Versetzen mit Alkalien. Wässerige
und alkoholische Lösungen geben mit 40 bis 100% Kali-
lauge herrliche tiefgelbe Nadelkugeln, -büschel und -sträucher.
Schüttelt man eine Lösung mit Amylalkohol aus und unter-
schichtet diesen Auszug mit Lauge, so bilden sich an der
Grenzzone, sowie der Farbstoff in die alkalische Schicht
übergeht, dieselben Nadeln und Bäumchen in sehr reiner
Form.
Auch mit Ammoniak erhält man nach längerem Stehen
Krystallbildung, und zwar meist regelmäßige tetraederähnliche
Formen oder sechsseitige Plättchen. Fig. 12.
Lösungen mit Essig- oder Salzsäure versetzt, werden
bald oliv- bis dunkelgrün, nach einiger' Zeit fallen grüne
Körnchen und Tropfen, die sich in üchtgrüne Sphärokrystalle
und Büschel verwandeln. Diese grünen Krystalle geben mit
Studien über das Anthochlor. .>S.i
Alkalien wieder tiefgelbe Lösung. Mit Säuren kann man also
liier nie bleibend gelbe Lösungen erhalten.
Die gelben Krystalle des Verbascumfarbstoffes sind leicht
löslich in Alkohol, schwerer löslich in Wasser, unlöslich in
den anorganischen Säuren.
Papaver. Das Papavergelb gibt in angesäuerter, wässeriger
Lösung beim Eindampfen gelbe Körnchenaggregate und
dunkelgelbe Kugelsphärite, aus denen lichtgelbe Nadeln
herauswachsen. Der alkoholische Auszug gibt lauter gold-
gelbe Nadelbüschel und Drusen. Diese Bildungen werden mit
KOH dunkelgelb bis orange gelöst. Mit 10% Salzsäure
fallen nach einiger Zeit kleine gelbe Nadelkugeln.
Endlich geben auch die Metallsalze relativ leicht
neben den schon besprochenen amorphen Metallniederschlägen
Kristallbildungen des reinen Farbstoffes. Diese zeigen* nämlich
mit Alkalien und Schwefelsäure die für den intakten Farbstoff
charakteristischen Rotfärbungen, während die Metallverbindung
damit nur dunkelgelbe bis orange Färbung gibt. Um Wieder-
holungen zu vermeiden, seien alle mit anorganischen Säuren,
Basen, mit Metallsalzen etc. erzielten Krystallisationen in
kurzer tabellarischer Übersicht gegeben. Tabelle XV. Die
Metallsalzniederschläge sind in Wasser unlöslich, in Alkohol
unlöslich, in Säuren mit gelber bis roter Farbe sofort löslich,
ebenso in Alkalien mit den charakteristischen Farben.
Schwefelsäureprodukt.
Schließlich sei noch eine interessante Erscheinung betont,
die ich freilich bis jetzt nur bei Dahlia konstatieren konnte.
Versetzt man eine Eisessiglösung des Dahlienfarbstoffes mit
dem gleichen Volumen konzentrierter Schwefelsäure, so bilden
sich vorerst gelbe Nadelkugeln, die nach einigen Tagen
schmutzigrot und schließlich granatrot werden. Fig. 9. Sie
gleichen im Aussehen vollkommen den Anthokyankrystallen.
Mit Lauge lösen sie sich in tiefpurpurner bis dunkelvioletter
Farbe. Versetzt man mit Wasser, so werden die roten Krystalle
wieder rein gelb. Diese zeigen mit Schwefelsäure Lösung in
roter, mit Kalilauge in purpurvioletter Farbe. Die gelben
Nadelbüschel bleiben in der mit Wasser verdünnten Lösung
H84
G. Klein,
3 O
-3 5
'<
s
^3 y
C C <n
+ £
M sc
S.2
ccj - — i /->
o üß-5
— 73 o
o o 2 5b
•^ c
3 s? a c
-*-» •-
— i m
„ £ -
_o X :cc!
U X
: » Cu
— in
•<=£
3, cj
_, CJ X ~
3- bo«
O ^ CD
o ^i •— :3
bo T •»
J 5
3
•n
:S
c
ÖD
Ol
c
u
_J
b:
CJ
bO
£
OD S "7
ÖD"
cj
XI
CJ
CS
^73
ÖD
. ß
- CJ
CD
— 1
SO
X
ÖD
äo
--1
j*
CO
cd
1—1
5S
^
X
t/1
'.)
ÖD
^
N X
>
yj
0)
X!
73
')
e
CJ
/.
3
</)
^J'
c
X
O
cj
3
U
X
o
XI
:5
nJ
HS
CD CJ *"* ^
3 £ ^ ©
OD f3 - C
ÖD ° X X
es cj in O
■_ ca - v
° ? fc/. i
J &5 T
C öp cj
cS -3 o
£~£
o 55
O <U J, r- "TT 3
£ •§ J S 73 p-
OD CJ ' ^5 ^ ri
*; O ^ Oh qj
O-Ov •- O O
»«ja öb-S
■C 73 )r • w cj
es £ o fj bo
«8 «" - -
■g £ «9 '= o
P cj O :ci i~
s, ?&•§.§>
5Ä-3--3 I
■*-> CJ m ÜC
2 ~ -S cj o
<t> r- .g ÖDN"
j l'tl IT
T3 ^ o
»T! TM
r-sl + g
=J ^ T3 c "o
- «5 /
IxcSj:
cd "ö; P CJ
^ s
G
O
;n
XI
N
ca
cd
"7"
c/.
£^M
X3 _
"ö> 'S c
v) 73 53
^ x
-1 c
CJ t,
£ « ^
CJ W'-n
ÖD ^
-4-» 0> C
■SS 3
x: >
Studien über das Anthochlnr.
385
-J :S
- C
<u
X
x
:
-r
x^
3
V
J-.
k-"
a
.^
Q
•n
3
bo
c3
3 C
bo
tu
<U 3
<D
• ^;
CO
— i o
c
r m
fcO
O
60
CS
4> fr-1
3 tu
Lj
3
3 . „
O) C
<u
cS CO
« «
bo£
"3 iu
■g fco
tu 3
XI 3
<u
■>
X
0) — i
fco «2
3
3
:cs
r
bD
tu o
' '
73
i .2
XI
tu
C
XI
<D
u; X>
cS
u
rv <U
tfl
0/
>,-o
>>
3
SS
W
' '
03 *-• ►•"
fcC
2%
J. c —
Ol u «)
<D t/2 X3
'•> II) u
_; f-i J3 u)
3 tu rt
bo > fcO
fcO"H tu
. § &
; 60
tu
<u
tu
bO_
<U 73
X) 3 ^_
u 3 <±-
•AC - °
^) ^ A
•» «) *->
*"_ bp -j- O
-i^ c 3
tU „ <U <~
£ c ü
St, <" c
,b073 i-
tu "O
fcO ei
r tu
J -3 X!
c "
IU
3 ai
fco "3
J c
<u X3 c
o ^ ü
IB3
fco
u
~
3
:
bc
T.
a)
3
bc
tu
.—
cd
1>
O -7" £C
£ SO
•a i o
3 u
3 bO Q,
O -■ 3 :-.
X3 _, V 3
^ -3 Q-
bO iu Jj
er 73 x
ö Z fcO
x: -a
X3 C
" 3
O cj W
xs X
(D '5 Ul 5?
fcO1- =3 g
j^ O
o^^O
xi W P
^ -
t.
X
tu
f >
3
i»X
Xl
t/1
tsl
5
0)
D
X)
tu
CO
3 iu ^ IS
3 CO— * „
£ _- "O T S
£ <u S iu "5
« >£ D .ts x:
^ E- - .3 X2
3 .3 £ ^
3 u. iu X;
-°$^ &
fcC
fco
3 cS
CS 73
r3 o
es cn
386
< i . Klein.
in 5"
CC Ol
3_r
8>^
N ^
3 -rl CB
CB W cn
•m
O: o
"" = o
cn o -°
E 5°
3' ©
•^ o
o _
Ättigt
leiace
utral
"5 ^
-») P-
CD ü)
-s cn
P CD
CD
wäss
felka
sung
CD 3" <
-: pl P:
2. g:
r- rt- CB
3»,
Äaq'
iq
3. CT.
O. cn
CL 53 <
SD CB
3. je
o:?: 2
3* u>
O: es:
3*. CD
iL c
O: oi
rn w "1
S5 3 cn
C: M
cn
o:aq
x ,- — •
3 3 CD
cn _c
3 w
i CB
^ 2.
3 5-
ao ">
3 3 aq
a?^ °
3 aq"
aq Q
Oq
aq ZCf?
dunkelgelbe L..
llockig gelatinös.
gelbe Nadeln un -1
Kugeln
.-* crq
2 <* CD
,- N
Oq
V,
elbe L., viele gelbe
adeln und orange-
elbe Kugeln auch
im Blumenblatt
gelbe L.,
gelbe Körnchen
und Schollen
Ibe L., große harte
lassen, sehr reine
adeln und Kugeln
egelrotes Gerinnsel,
iele gelbe Nadeln
und dunkelgelbe
Kugelsphärite
dunkelbraune L.
und Gerinnsel,
elbe Tropfen und
Nadelkugeln
gl
3"
to
3
CD
;t-
crq
Crq
CD OC
— CB
3 cf ?
O
3'
^3 Q.
3 3 3
gelbe L,
gelatinös,
\'ugeln und
CD
cr
or
3
c
aq
CD
C/3 ^ CD
3T p 3' JT
s~,
aq
CD
nkelbra
d dunk
chen -+-
er
cd aq
cd
W er
o: a>
rotes Gerinnsel,
s Kugeln (Fig. 10
nd Stäbchen
•aune L
insel, fe
delkuge
ollen z
beisam
S'
CD
CD
3
CD
une L.
elgelbe
KOH rot
stark
gelbe
Sphärite
O:
o
CD
CD
„ und
ine gelbe
:ln und
u vielen
men
Ob'
3 c«
er p
° 1
aq
cd ao
C
—
C/3
(
og-
3* W S -
P 3 CD
P aq oq'
5? 2.
o er
o-°5
O
__ 3"
■?<£"
^ CD
crq —
cd er
LTf «
aq S"aq
zrOq q.
P: 2.3
•3*
• 3
< crq
elbe
ein u
rfeine
■o —
be K
schw
Körn
elbe
.ssen,
elbe
nkelg
be K
rite u
^
c
3 —
X - :
3£ CB_
o_ P c:
n N 3
"a r—
er ~
5 cn -
3 3(11
Q. P —
3 er
1-
gelbe
lange
adeln
X 3
chen
braune
n
3>aq
CD CD
er
CD
und
hone
isen
e L„
ipen,
Drusen
"1
CO
CD
>
S i
3 h:
2. c
3^ cn
CB CD
gelbe L.
klein
Kör
farblose
gelb
Körnch
aq
2.
a.
<j 3
3 *"
3. 2.
Oq'aq
CD fB
« 1
3. CD
^
"§
^
^
CD
y.
P
cd'
3
P f-H
crq "
, gelat
e gelb
nchen
L., di
braune
enmas
er
CB
kh er
— ! CB
o __
Oq rjo
CB CD
t-j er
o n
^i
crq 2.
" er
3'
O:
CO
3 üC
C2 _
3 ö
g. r
5
CD
o rt
CB
3
CD
in ammoniaka
Lösung grausch
N. L. farbl
>
3
3
CD
TT
G £ 3".
x 5 cn
aq
• 2 o
2 -.
Studien über das Anthochlor. 38i
unverändert erhalten. Die Lösung ist immer vollständig farb-
los. Auch mit dem Farbstoff in wässeriger Lösung erhält man
bei Zusatz von Schwefelsäure nach wochenlangem Stehen
trübrote Nadelbüsche!.
IV. Überblick.
Überblicken wir die Resultate der bisherigen Unter-
suchung, so ist festzustellen:
1. Daß die als Anthochlor bezeichneten gelben Blüten -
tarbstoffe in bezug auf Verteilung und Verbreitung in der
Zelle und im Gewebe der Blüten sowie in den Lr>slichkeits-
verhältnissen mit den Anthokyanen übereinstimmen.
Die Amylalkoholprobe weist bei allen auf Glykosidnatur
hin. Aus ihrem Verhalten gegen Säuren läßt sich schließen,
daß Oxoniumbasen vorliegen und daß hier wie bei den
Anthokyanen beim Lösen in verdünnten Säuren Oxonium-
salzbildung eintritt.
Auch die Reduktionsfähigkeit und die Bildung von Metall-
oxydniederschlägen, die bei den einzelnen Farbstoffen mehr
oder weniger stark auftreten, sind für alle charakteristisch
und zeigen wieder Analogie zu den Anthokyanen.
Sie geben ebenso wie die Anthokyane Farbenumschläge
mit Säuren und Alkalien, nur sind diese hier nicht so auf-
fällig und bei den einzelnen Farbstoffen verschieden intensiv.
Endlich sind auch hier die intakten Farbstoffe in Säuren
leicht, die zuckerfreien schwer löslich.
'_'. Wohl unterschieden sind sie aber von den Antho-
kyanen durch ihre Resistenz auch gegen konzentrierte
Alkalien, ihr charakteristisches Verhalten Alkalien und Säuren
gegenüber und die Bildung eines krystallisierenden Säure-
additionsproduktes mit konzentrierter Schwefelsäure, das mit
Wasser wieder zerlegt wird (Dahlia). Dies sind aber Eigen-
schaften der eigentlichen Flavonfarbstoffe.1 Daß sich aber
diese gelben ebenso wie die roten Blütenfarbstoffe von den
1 Rupe H., Die Chemie der natürlichen Farbstoffe, 1900, Verlag
von Fr. Vieweg.
388 G. Klein,
Flavonen, beziehungsweise deren Derivaten ableiten, kann
auch jetzt schon, ohne makrochemische Analyse behauptet
werden.
Die Flavone (z. B. Quercitin, Rutin, Chrysin, Morin,
Luteolin etc.) sind mehr minder löslich in Wasser, löslich in
Alkohol, sehr leicht löslich in Alkalien mit intensiv gelber,
orangeroter oder roter Farbe, meist unlöslich in Äther. Sie
geben mit Metalloxyden orange, rote oder braune bis schwarze
wasserunlösliche Metallsalze und ziehen infolgedessen gut
auf Beizen; sie werden ja heute noch technisch als Farbstoffe
verwendet. Sie lassen sich leicht reduzieren und geben öfter
mit Natriumamalgam in angesäuerter, alkoholischer Lösung
rote Produkte. Diese roten Körper können wieder in das
Ausgangsprodukt zurückverwandelt werden. Sie reduzieren
leicht Silbernitrat- und Fehling'sche Lösung, oft schon in der
Kälte. Auch geben sie mit Phloroglucin und mit Anilinnitrat
in salpetrigsaurer Lösung rote Niederschläge. Fast alle diese
Eigenschaften wurden auch bei den Anthochlorfarostoffen
festgestellt.
Gerade hier kann aber nur die Analyse weiterführen, die
mikrochemische Methodik zeigt nur die mehr äußerlich auf-
fälligen Eigenschaften auf.
3. Haben nun die Anthochlorfarbstoffe die wichtigsten
Eigenschaften gemeinsam, so zeigen sie nach ihrem feineren
chemischen Verhalten charakteristische Unterschiede, die sie
in drei Gruppen unterscheiden lassen.
a) Das Papavergelb zeigt in der Art zu krystallisieren,
in der leichten Reduktionsfähigkeit, in der Bildung von
Pseudobasen, in der Amylalkoholprobe etc. vollständige
Analogie mit den roten Papaverfarbstoffen. In der Gattung
Papaver finden wir denn auch alle Blütenfarben von Gelb
bis Dunkelviolett einander vertreten.
b) Die zweite Gruppe, die ich nach dem bestuntersuchten
und auffälligsten Farbstoff der DaJilia vorläufig die Dahlia-
gruppe nennen will, zeigt als charakteristische Eigenschaft
mehr minder intensive Rotfärbungen mit Alkalien und kon-
zentrierten Mineralsäuren.
Studien über das Anthochlor. ^«9
Dieselbe Erscheinung finden wir bei einer Reihe von
Glykosiden, den Anthrachinonglykosiden und deren Derivaten.
Nicht für die Glykoside als solche ist die Reaktion typisch,
sondern für das Aglykon. Hierher gehören die Glykoside von
Rhamnus (Emodin und Chrysophansäure), von Aloe (Aloin),
Rubid (Krappfarbstoffe), Morinda etc. Sie sind in unverändertem
Zustand gelb und krystallisieren in gelben Nadeln. In ihren
sonstigen Eigenschaften stimmen sie mit den Anthochlor-
farbstoffen nicht überein; sie sind in Äther, Benzol, Chloro-
form löslich, in Wasser nicht, sublimieren leicht etc.; wohl
aber zeigen sie so wie die Farbstoffe der Dahliagruppe
die typischen Färbungen, Reduktionsvermögen etc. Man wird
nicht irre gehen, wenn man die chinoide Bindung als die
gemeinsame Ursache für das gleiche Verhalten sonst ver-
schiedener Stoffe annimmt.
Alle Farbstoffe dieser Gruppe geben intensiv' gefärbte
Verbindungen mit Metallsalzen. Gegen Amylalkohol zeigen
sie kein einheitliches Verhalten; die einen lassen sich aus-
schütteln, die andern in Analogie zu den Anthokyanen nicht.
Die hydrolysierten Farbstoffe aber verhalten sich alle gleich.
Alle lassen sich zu farblosen Verbindungen reduzieren, in
manchen Fällen tritt ein rotes beständiges Zwischenprodukt auf.
das wieder in den gelben Farbstoff zurückgeführt werden kann.
Mit der Tatsache der Einreihung in diese Gruppe soll
nicht gesagt sein, daß die hierher gestellten Farbstoffe auch
wirklich zusammengehören. Bei genauerer Prüfung werden
sich gewiß Unterschiede, bei manchen auch andere Zusammen-
hänge ergeben. Lediglich auf Grund der gemeinsamen Eigen-
schaften, besonders mit Säuren und Alkalien und da mir
keine spezifischen Unterschiede vorliegen, seien sie vorläufig
zusammengestellt.
Nun kennen wir bereits einen Farbstoff, das Helichrysin
aus Helichrysiim bracteatum, arenarhmi und einigen anderen
Pflanzen, das sich in seinen Eigenschaften mit denen der
Dahliagruppe fast deckt. Nach Rosoll, ' dem wir die Kenntnis
1 Rosoll A., Beiträge zur Histochemie der Pflanze. Sitzber. d. Akad.
d. Wiss., Bd. 89, Jhrg. 1884, p. 138.
390 G. Klein,
dieses Stoffes verdanken, ist es in Wasser, Alkohol, organischen
Säuren und Äther löslich, in Benzol etc. unlöslich, wird durch
Mineralsäuren und Alkalien purpurrot, von Metalloxyden mit
roter Farbe gefällt, von schwefliger Säure und Natrium-
amalgam in alkalischer Lösung stark reduziert; im getrockneten
Blütenköpfchen sitzt der Farbstoff in der Membran, im jungen,
lebenden im Zellinhalt, seiner Meinung nach im Protoplasma,
und geht erst beim Absterben der Zelle in die Membran über.
Rosoll hält diesen Farbstoff für eine chinonartige Verbindung.
Mir stand nur ein junges Köpfchen von Hcliclnysuui
arenariuiu zur Verfügung, ich fand aber die Farbstoffverteilung
so wie bei den anderen Anthochlorfarbstoffen; speziell Erio-
gonum zeigt den Farbstoff ebenfalls im Zellsaft, solange die
Pflanze lebt, dann in der Membran. Eine genauere Unter-
suchung dieser und ähnlicher Membranfarbstoffe wird folgen.
Jedenfalls ist das Helichrysin dem Anthochlor sehr nahe-
gehend, wenn nicht mit ihm identisch.
c) Der Farbstoff von Verbascum endlich weist ein ab-
weichendes Verhalten auf. Die leichte Krystallisierbarkeit mit
Alkalien, die Fähigkeit mit Säuren grüne Verbindungen zu
geben und das Ausbleiben der roten P'arben mit konzentrierten
Säuren und Alkalien charakterisieren den Farbstoff und
weisen auf Unterschiede gegenüber den beiden anderen
Gruppen hin. Es scheint, daß nicht die Unlöslichkeit des
Farbstoffes in Säuren und Alkalien Ursache der Krystall-
bildung sind, sondern daß schwerlösliche Alkalisalze, bezie-
hungsweise Säureverbinduno-en des Farbstoffes entstehen.
Anhang.
Der gelbe und der rote Farbstoff von Cartliamus tinetorius
wurde hier als zusammengehörig, respektive ineinander über-
gehend betrachtet, wofür ja auch die hier angeführten Tat-
sachen sprechen. In der chemisch - technischen Literatur1
1 Salve tat. Ann. chim. phys. (3), 25, 337, nach Rupe.
Schlieper A., Über das rote und gelbe Pigment des Saflors. Ann. d.
Chem. u. Pharm., Bd. 57, Jhrg. 1846, p. 357.
.Mal in G., Über das Carthamin, ebendort, Bd. 136, Jhrg. 1865, p. 115.
Studien über das Anthochlor. »391
werden sie aber immer als zwei verschiedene Farbstoffe
beschrieben.
Der gelbe Farbstoff ist das Safflorgelb, er ist in Wasser
leicht löslich; der rote heißt Carthamin und ist in Wasser
schwer löslich. Nur der rote wird in der Färberei verwendet.
Diese beiden Farbstoffe sind wenig untersucht und noch
nicht krystallisiert erhalten worden. Nach Salvetat finden
sich in der Blüte zirka 28°/0 gelber, in kaltem Wasser
löslicher Farbstoff, 5°/0 gelber, nur in alkalischem Wasser
löslicher und 0*5°/o roter in Alkohol und Alkalien löslicher
Farbstoff. Für die Untersuchungen wurde wie bei der tech-
nischen Verwertung das Safflorgelb durch längeres Waschen
mit Wasser entfernt, das Carthamin mit Sodalösung gelöst
und auf Baumwolle niedergeschlagen, nachdem es durch Essig-
säure in Freiheit gesetzt war. Dem Stoff wurde das Carthamin
wieder mit Sodalösung entzogen, mit Säuren gefällt, in
Alkohol gelöst und eingedampft.
Man erhält so dunkelrote, grünschillernde Krusten. Dieses
Carthamin ist in Wasser und Äther schwer löslich, in Alkohol
leicht. Durch Kochen der alkoholischen Lösung entsteht eine
gelbe Verbindung, ebenso beim Erhitzen oder längerem Stehen
mit Alkalien. Die Safflorgelblösung läßt aber nach meinen Er-
fahrungen einen gelbroten, in Wasser unlöslichen Niederschlag
fallen. Dies alles zusammen mit dem bereits früher Ange-
führten bestärkt mich in der Meinung, daß man es hier mit
ein und demselben Farbstoff in zwei verschiedenen chemischen
Formen zu tun hat. Möglicherweise ist der rote eine durch
die Alkalität beim Absterben der Blüte bedingte hydroxyi-
reichere Modifikation des gelben Farbstoffes.
Hierzu sei noch bemerkt, daß auch bei Mesembryan-
thcmum der gelbe Farbstoff der Blüte beim Eintrocknen der-
selben in eine rote, wasserunlösliche Modifikation übergeht.
Endlich möchte ich noch erwähnen, daß ein anscheinend
in die Gruppe der Anthochlore gehöriger Farbstoff bereits
makrochemisch durch Perkin untersucht wurde.1
i Perkin A. G.. Journ. Chem. Soc. 1899, 75, p. 161, 825.
Perkin A. G., Die Farbstoffe der Baumwollblüten. Journ. Chem. Soc.
1909, 95, p. 2181.
Sitzb. d. mathem.-natunv. Kl., Abt. I, 129. Bd. 26
392 G. Klein,
Dieser Forscher findet in den gelben Blüten von
Gossypium herbacemn, der Baumwolle, ein in Wasser leicht
lösliches Glykosid, wahrscheinlich ein Kaliumsalz, das er
Gossypetin nennt. Es ist ein Flavonkörper, gibt gelbe Nadeln,
die sich in Alkali mit orangeroter Farbe lösen, zeigt mit
Bleiazetat einen roten Niederschlag, gibt in der Alkalischmelze
Protokatechusäure und hat nach der letzten Analyse die
Formel C]5H10O8.
Daneben findet Perkin noch einen zweiten Flavonkörper
Quercimeritrin, das bei der Spaltung Dextrose und Quercetin
liefert.
Auch in Hibiscus sabdariffa findet Perkin2 Gossypetin
neben zwei anderen Flavonen, Quercetin und gelbem
Hibiscetin.
Die Beziehungen speziell des Gossypetins zu den Flavonen
einerseits, den Anthokyanen andrerseits liegen klar zutag.
Der Farbstoff steht den zur Dahliagruppe gestellten
Anthochloren bestimmt sehr nahe.
Soweit führt die Mikrochemie. Sie zeigt die Krystalli-
sationsmöglichkeiten, findet wichtige Reaktionen, die für den
Stoff charakteristisch sind und deckt Zusammenhänge und
Unterschiede mit anderen bekannten Stoffen auf. Die Analyse,
die Ermittlung der Konstitution, des feinen chemischen Auf-
baues bleibt der makrochemischen Untersuchung überlassen.
Unter Verwertung des hier schon Gefundenen und in viel-
facher Anlehnung an die mustergültigen Anthokyanstudien
Willstätters wird sie nicht mehr schwer fallen.
Ich hoffe im kommenden Herbst bereits die wichtigsten
Vertreter der geschilderten Farbstoffe bearbeiten zu können.
Schließlich ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem
hochverehrten Lehrer, Herrn Hofrat Molisch, für das Interesse,
das er ständig der Arbeit entgegenbrachte, wärmstens zu danken.
Herrn Demonstrator Josef Kisser danke ich herzlichst
für die freundliche Anfertigung der Zeichnungen.
2 Perkin A. G., Die Farbstoffe der Blüten von Hibiscus sabdariffa
und Thespasia lampas. Journ. Chem. Soc. 1909, 95, p. 1855.
Studien über das Anthochlor. 0J0
Zusammenfassung.
Neben den Carotinen und Anthokyanen findet sich bis-
weilen auch ein im Zellsaft gelöster gelber Farbstoff in Blüten
vor, das Anthochlor.
1. Dieser Farbstoff wurde auf seine Verbreitung im
Pflanzenreich und Verteilung im Gewebe der Blütenblätter
hin untersucht. Von zirka 300 untersuchten Arten mit gelben
Blüten führen 60 Anthochlor, die übrigen meist Carotin.
2. Es wurde sein gelegentliches Zusammenvorkommen
mit Carotin, Flavon und Anthokyan geprüft und seine nahen
Beziehungen zum Anthokyan bei nahe verwandten Pflanzen
und in ein- und derselben Blüte anatomisch festgestellt.
Seine chemischen Eigenschaften wurden mikrochemisch
untersucht.
3. Danach ist das Anthochlor nicht ein einziger Farbstoff,
sondern stellt wie die anderen Blütenfarbstoffe eine Gruppe
von verschiedenen, einander nahestehenden Farbstoffen vor.
Seine Löslichkeitsverhältnisse decken sich im allgemeinen
mit denen des Anthokyans.
Wie dieses zeigt auch das Anthochlor Farbenumschlag
mit Säuren und Alkalien, nur häufig nicht so intensiv und bei
den einzelnen Farbstoffgruppen verschieden.
4. Die Glykosidnatur der Anthochlorfarbstoffe wurde
wahrscheinlich gemacht.
5. Besonders charakteristisch ist das Verhalten gegen
konzentrierte Mineralsäuren, speziell Schwefelsäure, und
gegen Alkalien, auch in verdünnter Form, sowohl im Blumen-
blatt wie in der Lösung.
Danach kann man drei Gruppen deutlich voneinander
unterscheiden.
Eine große Gruppe gibt mit den genannten Reagenzien
rote Farbentöne, was auf eine chinoide Bindung im Molekül
schließen läßt.
Mit konzentrierter Schwefelsäure wurde ein rotes, in
Wasser zersetzliches Krystallisationsprodukt erhalten (Dahlia).
Eine zweite Gruppe zeigt dunkelgelbe bis orangegelbe
Farbe (Papaver).
394 G. Klein,
Die dritte gibt mit Säuren grüne bis braune, mit Alkalien
tiefgelbe Krystallisationsprodukte (Verbascum).
6. Die Anthochlore lassen sich zu farblosen, beziehungs-
weise roten Körpern reduzieren (Flavone).
Sie geben mit Metallsalzen gelbe bis rote Metallnieder-
schläge und färben gebeizte Faser schwach an.
Sie sind höchstwahrscheinlich Flavonabkömmlinge mit
nahen Beziehungen zum Anthokyan, dem der gelbe Papaver-
farbstoff am nächsten steht.
7. Endlich wurden Vertreter der einzelnen Gruppen auf
mehrfache, verschiedene Art und Weise zur Krystallisation
gebracht und die hiebei auftretenden Erscheinungen näher
studiert, so daß eine Reindarstellung für die makrochemische
Analyse möglich gemacht erscheint.
Studien über das Anthochlor. 39o
Figurenerklärung
Fig. 1. Dahlia varidbilis (gelb), Stück eines Blumenblattes. Anthochlor-
krystalle nach Behandlung mit konzentrierter Zuckerlösung-Alkohol.
Vergr. 460.
Fig. 2. Linaria vulgaris, Sporn. Anthochlorkrystalle nach Behandlung mit
Amylalkohol. Vergr. 285.
Fig. 3. Verbascum thapsus, Blumenblatt, Anthochlorkrystalle nach Behandlung
mit 400/0 Kalilauge. Vergr. 285.
Fig. 4. Verbascum thapsus, ebenso behandelt, ein Anthochlorkrystallaggregat
außerhalb des Blattes unterm Deckglas. Vergr. 460.
Fig. 5. Verbascum thapsus, dendritische Krystallbildungen nach Behandlung
mit 40 o/o Kalilauge am Deckglasrande anschießend. Vergr. 285.
Fig. 6. Dahlia variäbüis (gelb), Einzelnadeln von Anthochlor aus äthyl-
alkoholischer Lösung. Vergr. 460.
Fig. 7. Dahlia, Sphärokrystalle von Anthochlor durch Einengen der wässerigen
Lösung mit Aceton. Vergr. 285.
Fig. 8. Dahlia, Nadelbüschel von Anthochlor durch Einengen der alkoholischen
Lösung. Vergr. 285.
Fig. 9. Dahlia, rote Nadeldrusen aus essigsaurer Lösung durch konzentrierte
Schwefelsäure. Vergr. 40.
Fig. 10. Linaria vulgaris, Anthochlor, Nadelsphärite durch Bleiacetat gefällt.
Vergr. 285.
Fig. 11. Linaria vulgaris, Anthochlor, Sphärokrystalle nach Behandlung mit
Salpetersäure. Vergr. 460.
Fig. 12. Verbascum thapsus, Anthochlor, Krystalle aus alkoholischer Lösung
mit konzentriertem Ammoniak gefällt. Vergr. 460.
lein, G.: Studien über das Anthochlor.
2
y '
Ü i
När i ^ fr
5S
lli
W
# Irs, i
% P ^ I i |
=**»*
'-•iy V * ■ -'- ÄV >
Kisser lec.
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd. 129, Abt. 1. 1920.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
129. Band. 9. Heft
399
Neue Untersuchungen
über die Farbenveränderungen
von Mineralien durch Strahlungen
Von
C. Doelter
k. M. Akad.Wiss.
(Mit 6 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 1. Juli 1920)
Ich habe in früheren Veröffentlichungen1 über die Farben-
veränderungen von Mineralien durch Radium-, Kathoden- und
ultraviolette Strahlen berichtet.
Es hatte sich schon damals ergeben, daß nicht alle be-
strahlten, einer und derselben Mineralart angehörigen Individuen
sich gleichmäßig verändern, wenn auch in vielen Fällen ein
solches gleichmäßiges Verhalten konstatiert worden war.
Ich habe mir nun die Aufgabe gestellt, die Mineralien
vieler verschiedener Fundorte und auch verschiedene Exem-
plare eines und desselben Fundortes näher zu untersuchen.
Eine zweite Aufgabe war es, die verschiedenen Stadien
im Verfärbungsprozeß näher kennen zu lernen und dann auch
die Geschwindigkeit desselben festzustellen.
Was die erste Aufgabe anbelangt, so wurde durch die
Untersuchungen der Luminiszenz, verursacht durch ultra-
violette und Kathodenstrahlen, nachgewiesen, daß Mineralien
1 Diese Sitzungsber., 117. 1282 (1908). — Ferner: Das Radium und
die Farben. Dresden 1910.
400 C. Doelter,
von verschiedenen Fundorten sich nicht immer gleich ver-
halten, obwohl bei Kathodenstrahlungen häufig auch Exem-
plare verschiedenen Fundortes sich gleich in bezug auf
Luminiszenz verhielten. Siehe darüber die Arbeiten Engel-
hart's1 und A. Pocchetino's - sowie von C. Baskerville
und'G. Kunz.3
Wenn aber Mineralien von verschiedener Provenienz sich
ungleichmäßig verhalten, so zeigt dies, daß die Ursache der
Luminiszenz in Beimengungen liegt, was wir übrigens aus
den Arbeiten von P. Lenard und anderer geschlossen haben.
Reine Stoffe leuchten nicht und nur durch Zugabe gewisser
Beimengungen konnte Phosphoreszenz erreicht werden.
Ähnliches dürfte bei den Verfärbungen der Fall sein. Nur
solche Mineralien verfärben sich, welche Pigmente enthalten.
Allerdings können auch sogenannte reine Präparate kleine
Änderungen zeigen: hier ist aber zu berücksichtigen, daß
ganz reine Stoffe überhaupt nicht existieren. Da aber die
Farbenänderungen und die Färbung überhaupt durch Pigment-
beimengungen minimalster Mengen verursacht sind, welche oft
chemisch nicht nachweisbar sind, so kann man annehmen,
daß auch die angeblich chemisch reinen Stoffe solche kleinste
Beimengungen enthalten können. Dies wird durch die Wahr-
nehmung bestätigt, daß bei größerer Reinheit die Farben-
änderungen auch schwächer werden.
Ich habe dies bereits in früheren Mitteilungen bei Chlor-
natrium, Zirkonerde, Tonerde nachgewiesen. An und für sich
geben sie kein Verfärbungsresultat und das, was färbt, ist
ein Pigment, über dessen Verteilung im Körper wir allerdings
nicht im klaren sind. Es läßt sich aber behaupten, daß ein
ähnlicher Fall vorliegen dürfte wie bei Salzen, denen man
kleinste Mengen von organischen Farbstoffen zumengt, wie
dies beispielsweise P. Gaubert bei Färbung von Bleinitrat
durch Methylenblau annimmt. Es dürfte sich um Adsorp-
tionen handeln.
1 F. Engelhart, Inaug.-Dissert. Jena.
- A. Pocchetino, Z. KrysL, 51, 113 (1913).
3 C. Baskerville und G. Kunz, Aincr. Journ., 18, 25 (1904 05).
Farbenveränderungen von Mineralien. 401
Eine wichtige Frage ist die, ob die Färbung farbloser
Mineralien, also das betreffende Pigment, durch Einwirkung
der Strahlen erst entsteht (z. B. könnte man an Zerstäubung
kolloider Metalle denken) oder ob bereits im unbestrahlten
Krystall das Pigment existierte. Beide Möglichkeiten sind nicht
abzuweisen. Da jedoch farblose reine Stoffe nur eine ganz
geringe oder gar keine Färbung geben, so ist die zweite
Annahme doch die wahrscheinlichere. Demnach ist der fär-
bende Bestandteil, das Pigment, als ursprünglicher, also bei
der Entstehung des Minerals gleichzeitig gebildeter Bestand-
teil anzunehmen.
Was die zweite Aufgabe anbelangt, so war sie durch fort-
laufende Beobachtung durchzuführen. Es resultiert daraus eine
skalenartige Reihenfolge der Verfärbungsgeschwindigkeiten bei
einzelnen Mineralien, welche aber, wie es sich nunmehr er-
weist, nicht mehr wie früher auf die Mineralien in ihrer
Gesamtheit, sondern auf die Mineralien verschiedener Fund-
orte sich bezieht. Man kann also nicht sagen, daß etwa Stein-
salz sich langsamer verfärbt als Flußspat, sondern dies gilt
nur für Steinsalz und Flußspat gewisser Fundorte, da es
z. B. Flußspate gibt, welche sich gar nicht verfärben. Wenn
auch die meisten Flußspate sich rascher verfärben als Quarze
und die Unterschiede in der Geschwindigkeit sogar sehr große
sind, so gibt es doch wieder Flußspate, welche sich über-
haupt nicht verfärben, diese also in einer solchen Skala hinter
manchem Quarz rangieren. Ebenso gibt es, wie unten gezeigt
werden soll, Saphire, welche sich rasch verfärben, aber auch
solche, welche gar keine Farbenveränderungen wahrnehmen
lassen. Es muß also die von mir 1910 angegebene Skala in
dieser Richtung modifiziert werden.
Eine weitere Art der Untersuchung ergab sich aus dem
Vergleiche von Krystallen, Spaltungsstücken und körnigen
Varietäten. Denn a priori ist auch die Möglichkeit vorhanden,
daß sich ein Krystall mit einer anderen Geschwindigkeit ver-
färbt als ein krystallines Aggregat desselben Stoffes.
Ferner besteht auch die Möglichkeit, daß die Durchdring-
barkeit eines Krystalls in verschiedenen Richtungen verschieden
402 C. Doelter,
sein kann, daß also die Färbungsgeschwindigkeit in verschie-
denen Richtungen verschieden sein könnte.
Es sollen auch in dieser Hinsicht Versuche unternommen
werden. Diese Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen
und sollen ihre Ergebnisse später zur Veröffentlichung gelangen.
Zur Untersuchung wurden nur einige wenige Mineral-
arten verwendet, und zwar solche, bei welchen eine markante
Verfärbung schon bekannt ist. Es wurden nun die ver-
schiedenen Fundorte dieser Mineralarten untereinander ver-
glichen und ebenso verschiedene Varietäten (namentlich um
einen etwaigen Unterschied zwischen Krystallen und krystal-
linen Varietäten herauszufinden). Ein weiterer Vergleich war
in der Richtung der Verfärbungsgeschwindigkeit verschiedener
Mineralarten unternommen, wobei also verschiedene Mineral-
arten gleichzeitig bestrahlt wurden.
Zur Untersuchung gelangten:
Flußspat, Steinsalz, Quarz, Baryt, Apatit, Topas
und Saphir. Von diesen wurden verschiedene Fundorte
untersucht. Zum Vergleiche wurden auch Co lest in, Kunzit
und Phenakit herbeigezogen, um die Verfärbungsgeschwindig-
keit zu studieren.
Flußspat.
Von diesem Mineral wurden viele Fundorte geprüft.
Karben Veränderungen von Mineralien.
403
x
•c
a
Oh
3
-
Cß
o
3
-
>
ac C
■3 JsJh
— ^3 —
?1 *
— SP
y S es c n 5
c- i S ü ^
~ " *■ S c
4) 5* fl iJ rt 2
■P 5 .t; .2 i vi
60
i-: •- i- x r. o o - - :i ^ -t m - t-
O | -£
"ojiUt!Ca>3oS<uC
Tj
5
rt
ij
jj
o *
* 3
c
t/;
0
J3
3
,55
:0
O
w
C_>
X
'_!
404
C. Doeltcr,
? a x ö ^ » t: >
B 3
a 3"
5- 2
P -jq
a. I a
c' Cfq
b 2 O
o 2Q
Es o
/> — .
T3 C
a 3 ~
- Cfq
6"
CA
L
X
n>
|
o
o'
—
U
o
IC
o
=0 £
K S-
^
wl
_ W "TJ
y.
arb
esti
nit
vio
c g.
(D c p5 «
Q. re*
nac
ihm
ltia
tten
Ol 3
aq ~
a
3 o*
=,• 2 -^
re p
50 m 3"
HSIS7
0q
3 äq
Farbenveränderungen von Mineralien.
405
55
— M ■+ i* (O I» K " C
~ 'S C/3
cm ei — -t ?,
cm 01 ~t 7Z
». •„ V s
%C ä* ti] ■> "> -r_ ~
tß
—
c
CJ
tsS
5?:
.-
=
-!
!*
C/3
Sj U
Z - :ri
C u X) A: C! CT Cl, ~ -O ~ ' C CT> CM CT -C
:3 cd »- <M ■" CO <M • J3M NNCOrt b
•iS cm g J3 £
{3 CM X
53 <M b
1 s
2 s
CJ
J3 V2
t/1 Sä
O X
s: 5 - ^
Sl *J
% * ö * a ja g
.c 0
b >
SS :r3 C ;£
"HL .= F3
* «3 * * 2 fcß
406
C. Doelter,
in
ä
— t;
e" °
3 £
,g 3
ff ff
3
3* ff
B
3
2. ö
5' T^
ff^
3 1
3 £
p ^
3 p
3
3 SL
a
s 2
i-q
0? -i
ff cc
^
a
►<;
<~. '<
3- <
o? 15
03 ff
*P 3
T"!
CO
4- *
^'Tj £?
PO
_ O
/3
0
IC -. "■
oe p
i S'ä
S" M
~
ff^
0
• ff
~ 2. £T
— 0 —
ff s.
>
yi
1 !
1 '<
1 x
p
=5
o 5"
-k ff V)
p B.
Ei 5*
|T T3 t
n>
2 0 ff
2L — n
'5- ""
~ 5
0
ff
0
C- P
Ki
3-'
~0 E
-1 —
n
Üi
y
P c
_"•
ff
c
"■* y.
3
,.
O
PO *
r
X
ci:
Cl —
— , 0 ff
3-1«?
0 ?Ö P
3 § 5-
05 S- cT
W
p
«1
c/: 4-
0 ~ -
p'
* ff
5 3_ £* s £*'
X ^ 2 p" EU
§•3 0 ö
c
p
«-t
er;
0
w; 3
n 3 a*
TS r' r
ri-
0
7.
p
^ -y. 4- yi
N
0
§ x
^ Q,
C/i
et
—
«s-
^
(P
►ij
c qs
0
0
2
ff
CD
£
0
2' E
3
2
^ <
p — ■
3
~ c
rJ.
3
<
<
n p
1- iC
0
cd O
0
co*- ¥
0
" 3 **
2 4-
H
p
—
N
~
Q.
"* Qj
oq
<. =°
0
2.
O
C
0'
p
ff ^—.
2 -
0
«->- er;
• 05
t- CO
CK)
cp 00
4- 4^
^ 4- u
_:: IC 4-
3 —■ O
<
^0 2 4- 4-
— p: IC IC
~ 3 -t ~.
4-
-3
p
erq
CD
CO
2
5"
ic
CD
0
-t
p
c"
3
a;
< CO
1- CO
—
^4- -:
S co
co 2 4- co
cc
ir 5 v
r cc
— p:
'•
**
**
^.
C^
Oq
r.
0
c
ce
<-
'""'*
3-
c
r. es
- -
© C/1 an
ji yi
Ol C71
ji m
tX.
ß <
tc —
O CD cc
4- ^ 1
"
Farbcnverän ierungen von Mineralien.
40;
u
CO
r^
00
35
o
Cl
cc
">*
CD
t-
X
z
CO
CD
■"
t-
t-
t-
[-
t>
l-
l-
c^
t-
o
tu
bo
w
c
et
c-1
ft.
lO
1
1
1
1
1
CT.
1
W
|
1 1
co
+
ci
O)
60
V
rt
ft,
„
CJ<
<*
t»
r,
1
et
<>
~_
o
CT.
m 1
J5
CO
CD
UC
CD
CD
CD
CD
1
—
cc
« '
X
+
o
■a
o
co
•>
^t"
1
cj>
CD
CT
Cr-
CD
CD
00
~
O
o
1 ,
c
CO
T3
oo
lc
CC
■f.
t/:
bo
C
+
3
oj
c
<u
cd
X)
o
Jn
c
<*
tn
0)
3
V.
s
S
*>
1*
w
o
Ob
1
N
£- 1
C5
o
CO
+
-r
•+
-r
CD
1
Cl
cc '
CC
0)
-a
0)
2
'-'
g
C
g
^
co
^t
■*
1
^*
4-
J_
:r
1
1
1 1
1
5
~*
■^
4-
T3
+
£
cj
£
C
Cl
<
CO
-+
1
1
■*
~f
1
■f
1
•
1
1 1
1
~2
-a
rH
ry]
<D
"5b =J
C J3
in
CS
'S
01
_ca
o
.
s
rt
:3 ^
X
"
o
3
,5
ä
cd
•2
55
o:
5
■a
T3
"3
rt
c
^-3
*j
o
F3
c
*j
(/>
u
rt
^•~
5
?
bn
.-,
|
"o
s
o
(LI
o
s
C
ÖD
bc
0)
Oh Oi
O
ÖH
CS
CS
CO
•5
CD
'S
er.
3
<
1
3
.D
<
R
co
& E
C rt
'S
5
zjBSuia^g
jijBdy
b
408
C. Do elter,
<0 >
p 3"
Ci 3»
S 3 3
£ 2. SS
N ■»"" 3
= Q. °*
jT: 3 rf* p:
TqTJ
H
oc cc oc oo
oo cc CO -i
2!
Farbenveränderuneen von Mineralien.
400
Vergleichende Versuche mit Cölestin, Citrin, Topas,
Apatit und Sylvin.
Mineral
Fundort
Ursprünglich Nach 6 Tagen Nr.
Cölestin . . . .
» !••. . .
Citrin "-
Topas
Apatit
Svlvin,
Girgenti
Pisek
Hampshire
Debreczin?
Rotenkopf, Zillertal
Floitental
Kalusz
weiß
goldgelb
farblos
entfärbt
farblos
1 Vom Präparat entferntester Teil.
2 Entfärbt.
17*
103
17/'
104
gr 23''
1 05
2/
100
2r
107
33/
108
33'
109
21P
110
Vergleichende Versuche mit Flußspat, Baryt, Apatit.
Mineral
Fundort
Ursprünglich \Tach 6 Tagen Nr.
Flußspat.
Baryt
Apatit.
Marienberg
Tavigstock
Przibram
Auhurn
farbl.
farblos, an manchen
Stellen etwas grau1
entfärbt, ursprüng-
lich violett
18« — 19c i
S9q-r
20'
39"'-»
1 An verschiedenen Stellen verschieden.
410 C. Doelter,
Resultate der Versuche.
Aus dem Vergleiche der einzelnen Flußspate von ver-
schiedenen Fundorten geht hervor, daß diese sich bei sonst
gleichen Bedingungen sehr verschieden verhalten. Einzelne
Flußspate verfärben sich (bei Anwendung von ly^ Radium-
chlorid) überraschend schnell, so namentlich die Vorkommen
von Cornwall und Derbyshire. Auch solche von Cumberland
waren zum Teil schnell intensiv gefärbt. Ein Flußspat von
Derbyshire war nach einer Stunde intensiv gefärbt. Es gibt
aber auch einzelne Vorkommen, welche, wie die Tabelle
p. 403— 404 zeigt, sich nur schwach in derselben Zeit färben
und sogar nach längerer Bestrahlung nur schwach gefärbt sind.
Leider sind die Fundortsbezeichnungen in den Samm-
lungen und bei Händlern sehr vage, so daß man nicht genau
sagen kann, woher die betreffenden Exemplare stammen.
Sehr rasch und intensiv färben sich auch die Chlorophane
von Amelia Cy und von Nertschinsk, dann Flußspat von
Rotleberode und Marienberg, jener von Gerstorff.
Schwach färbt sich Rabensteiner Flußspat; jener vom
Sarntal verfärbt sich fast gar nicht oder nur spurenweise.
Wenig verfärbt sich der Rosaflußspat vom Gotthard. Er wird
mehr bräunlichrot, ebenso Flußspat von Tavitstock.
Die Quarze verfärben sich im allgemeinen langsamer.
Manche nehmen aber nach langer Bestrahlung eine intensiv
braune Farbe an wie ein Rutilquarz von Brasilien. Entfärbter
Amethyst nimmt allmählich" wieder seine ursprüngliche Farbe
an. Natürlich gefärbte Amethyste werden etwas mehr viol-
braun. Manche Quarze wurden nicht gefärbt, wie der von
Marmaros und einzelne vom Maderanertal, während andere
von dort braun werden. Ebenso verhalten sich verschiedene
brasilianische Quarze sehr verschieden, manche verfärben
sich stark, andere bleiben hellbraun.
Jedenfalls sind die Quarze viel widerstandsfähiger als die
Flußspate.
Steinsalz verfärbt sich im allgemeinen rasch und nur
ganz wenige Vorkommen färben sich nur schwach, z. B. das
Farbenveränderungen von .Mineralien. 41 1
von Friedrichshai). Die Intensität ist aber bei gleicher Be-
strahlungsdauer verschieden.
Saphire auch von demselben (allerdings meistens sehr
allgemein gehaltenen) Fundorte verhalten sich sehr verschieden.
Einzelne Ceyloner werden rasch gelb, andere verhalten sich
ganz widerstandsfähig. Der Saphir von der Iserwiese bleibt
unverändert dunkelblau.
Auch Topase verhalten sich ungleich; am schnellsten
scheint sich der Schneckensteiner zu verfärben. Die brasiliani-
schen zeigen große Unterschiede. Sehr intensiv verfärbt sich
der von Hampshire, während der Nertschinsker sich weniger
verfärbt.
Apatite verfärben sich nicht alle; so war einer von
Bamle unverändert und auch ein Piseker. Dagegen verfärbten
sich stark jener von der Knappenwand und jener vom
Floitental und Rotenkopf. Sehr merkwürdig war das Ver-
halten jener von Auburn. Sie verfärben sich nach Entfärbung
durch Hitze, jedoch nicht intensiv; dabei wurde ein Exemplar
wieder violett, ein anderes gelb und ein anderes mehr grün.
Vergleich der einzelnen Mineralarten in bezug
auf Verfärbungsgeschwindigkeit und Farbenintensität.
Ein Vergleich ist, wie aus dem früher Mitgeteilten ersicht-
lich, nur so möglich, daß man bei jeder Mineralart einzelne
Exemplare von bestimmten Fundorten vergleicht und dann
bei jeder Mineralart wieder die einzelnen Exemplare von ver-
schiedenen Fundorten untereinander vergleicht. Die Vergleiche
können sich also nicht auf die Mineralarten im allgemeinen,
sondern nur auf solche von gewissen Fundorten beziehen.
Die Vergleiche können sich auf die Geschwindigkeit der
ersten Verfärbung beziehen oder aber auch auf die Intensität
der Verfärbung nach einer für alle Mineralien gleichen Art
der Bestrahlung während einer bestimmten Zeil, welche lang
genug sein muß, um überhaupt eine genügende Veränderung
zu ermöglichen, denn die Geschwindigkeit der Farbenverände-
rung ist ja eine sehr verschiedene.
-1 12 C; Dnelter.
Versuche, die Geschwindigkeit des Farbenumschlages,
beziehungsweise eine beginnende Veränderung betreffend.
Am besten ließ sich dies durch Beobachtung der ersten
leisesten 'VerändefÜhg bei farblosen Krystallen bewerkstelligen.
Es wurden zwar auch, wie aus den oben angegebenen Ver-
suchsresultaten hervorgeht, die erste Farbenveränderung, be-
ziehungsweise die Zeit gemessen, in welcher eine solche ein-
tritt, jedoch läßt sich am besten die Zeit vergleichen, innerhalb
welcher die erste Farbe bei farblosen Krystallen eintritt.
Es wurden zu diesem Zwecke größere Platten von Kry-
stallen hergestellt, die alle dieselbe Dicke hatten, nämlich
,~) ;/////. Dies war notwendig, um einen exakten Vergleich zu
ermöglichen.
Es wäre auch wünschenswert gewesen, allen Platten
gleiche Fläche zu geben; dies war aber leider nicht genau
durchführbar, da manche Mineralarten nicht in so großen
Krystallen vorkommen, daß sie in den nötigen Dimensionen
zu beschaffen gewesen wären. Die Platten hatten ungefähr
die Dimension 25X1') bis 12 //////. wovon jedoch der Saphir,
welcher in solchen Platten nicht verschaffbar war, eine Aus-
nahme machte. Dieser hatte nur die Dimensionen 5X10 mm.
Es wurden folgende Mineralarten untersucht: Saphir,
Topas, Quarz, Steinsalz, Flußspat, Baryt, Kunzit.
Von den beiden erstgenannten wurden zwei Platten ver-
schiedener Dicke untersucht, beide von Ouro preto, Brasilien.
Von Quarz ebenfalls zwei, der eine von Little Falls, der
andere vom Maderanertal. Alle diese Mineralien waren farblos
oder nahezu farblos mit Ausnahme des Kunzits, welcher
seine natürliche Rosafarbe besaß, jedoch durch Erhitzen auf
zirka 500° farblos gemacht wurde.
Es wurden dann von einer halben Stunde zu einer halben
Stunde Beobachtungen gemacht, dann in größeren Intervallen,
wobei es sich ergab, daß nach höchstens zirka 24 Stunden
alle Platten eine leise Färbung bereits erreicht hatten.
Diese Platten wurden dann noch durch 3 Tage exponiert,
wobei es sich ergab, daß alle intensiv, aber in sehr ver-
schiedenem Maße gefärbt waren.
Farbenveränderungen von Mineralien. 41.)
Die einzelnen Daten sind in nachstehender Tabelle ver-
zeichnet.
Als Resultat dieser Versuchsreihe ergibt sich, daß in
bezug auf die Verfärbungsgeschwindigkeit das Steinsalz von
Wieliczka die größte besitzt, denn schon nach einer halben
Stunde wurde bei diesem eine Spur von Färbung entdeckt.
Nach 2:V4 Stunden zeigen kleinste Veränderungen:
Quarz von Little Falls, Fluorit von Cumberland, Topas
von Ouro preto.
Diese drei Mineralien zeigten gleichzeitig die erste Farbe.
Hierauf folgt Baryt von Cumberland.
Quarz vom Maderanertal und Saphir von Ceylon zeigten
erst nach 9 Stunden die erste Veränderung, ebenso ein zweiter
brasilianischer Topas erst nach 19 Stunden, während Kunzit
■«erst nach 34 Stunden sich verändert.
Es ergibt sich daher dafür die Reihenfolge:
Steinsalz (Wieliczka);
Quarz (Little Falls), Fluorit (Cumberland), Topas (Brasilien);
Topas I (Brasilien);
Baryt (Cumberland):
Saphir (Ceylon);
Quarz (Maderanertal);
Topas II" (Brasilien);
Kunzit.
Die Beobachtungen zeigen aber auch, daß, wenn man
■die Intensität der Farbe bestimmt, die Reihenfolge anders
•verläuft.
Nach 9 Stunden ist Saphir am meisten gefärbt, dann folgen
Steinsalz (Wieliczka), Fluorit und die dünne Topasplatte. Erst
dann kommen Baryt und schließlich Quarz von Little Falls.
Nach 34, beziehungsweise 37 Stunden verhält sich die
Sache wieder anders. An der Spitze steht dann Fluorit, es
folgt Saphir, dann kommen Wieliczka-Steinsalz, Baryt, Kunzit,
Topas dünne Platte, während die dicke Platte sogar nach
Steinsalz kommt. Die letzten Mineralien sind die Quarze von
Little Falls und schließlich der vom Maderanertal, welcher
-.noch immer keine deutliche Farbe zeigt.
Sit/.h. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 2S
414
C. Doelter,
Bestrahlungsdauer
11/,
23/,
3 i/o
9 13
Quarz,
Saphir
Steinsalz
luorit
Rarvt
Topas
K'unzit .
Topas .
Made-
ranertal
Little
Falls
Ceylon
Wieliczka
Cumber-
land
Ouro
preto
S. Diego
Brasilien
c B
3 e
o "3
■73 W)
gelblich
35«
viol schimmernd
41»
41»
35'
35'
blau schimmernd
53'—«
39'
41»
4'
35'
19'
23'-»
39'
3'
1 Diese Topasplatte hatte eine Dicke von nur 3 mm.
Farbenveränderungen von Mineralien.
415
in Stunden
Nr.
24 28 34 37 42 5
57 60 75 180 195
unverändert
41»
41»
41»
51
• ;./
6/'
6'
6s
5»-s
19*
19o
19»
23'—"
23' »
23'
36' "
36' - »
36'
—
—
grün-
lich
17'
3s
17s
41"
41»
6«
f.' ./
19'»
23'
35'
41»
41'
o°-»
6'/
19'"-'
>3'
35'
16''-?
41"
41'
6«
6«?— /'
19*
33?
33«
4'
^ni-n
19/ 1
22s — 2;V 9
33»
r '
16« m.
■33?-»'
41!6 C. Doelter,
Nach 57, beziehungsweise 60 Stunden ist wieder Fluorit
j der erste, hierauf Saphir, Steinsalz, Topas (dicke . Platte;,
^Kunzit. An diese reihen sich an: Baryt, Topas (dünne Platte),
I Quarz jvon Little Falls, schließlich Quarz vom Maderanertal.
Nehmen wir die letzte Beobachtung, so ist 1. wieder
! Fluorit i an der Spitze, dann kommen gleichmäßig gefärbt:
\2. Kunzit, Saphir, Steinsalz. Hierauf folgen: 3. Quarz von
! Little Falls und Topas (dünne Platte;. Schließlich haben wir:
: 4. Ouafz vom Maderanertal, dann noch 5. schwächer gefärbt:
Topas (dicke Platte) und 6. als letzten: Baryt.
Berücksichtigt man, daß die dünne Platte jedenfalls eine
stärkere Färbung zeigen würde, wenn sie 5 mm dick wäre,
; so muß man zu dem Schlüsse gelangen, daß dann vielleicht
| gleich nach Steinsalz dieser Topas folgen würde.
Kunzit, zuerst der letzte, rückt vor und bei langer Beob-
achtung dürfte er vielleicht der erste sein.
Graphische Darstellung.
Es wurde der Versuch gemacht, die vorhin erwähnten
Daten bezüglich der Geschwindigkeit der Verfärbung graphisch
darzustellen. Es ist jedoch, da die Verfärbung in zwei Rich-
tungen'fortschreitet, dies nicht möglich, da dazu drei Achsen
notwendig wären. Es wurde, um die Resultate auf einer
Ebene .darzustellen, daher nur die Intensität berücksichtigt
nach den Daten der Radde'schen Farbenskala, bei welcher a
den dunkelsten Ton, // den schwächsten der betreffenden
Farbe gibt. Diese Intensitäten wurden auf der Abszisse, die
Zeit dagegen auf der Ordinate aufgetragen.
Der Topas von Brasilien wurde nur in der ."> ////// dicken
Platte berücksichtigt, die Daten bezüglich der dünneren Platte
von 3 mm dagegen weggelassen.
Daraus ergibt sich ein ungefähres Bild aber nur in bezug
auf Intensität, so daß dieses in einer Richtung ein ungünstiges
ist, wie z. B. sich bei Kunzit zeigt, da nur das Dunkler-
werden und nicht der Umschlag in Grün dargestellt ist.
•Der Ostwald'sche Atlas, welcher ja viel rationeller ist,
konnte nicht angewendet werden, da ich mir wegen seines
Farbenveränderungen von Mineralien.
417
hohen Preises diesen nicht anschaffen konnte und derselbe
in Wien nur in ganz wenig Exemplaren vorhanden ist, die
auf längere Zeit nicht ausgeliehen werden.
Farben u t s r (/ p
Fig. 1.
1 Quarz Maderaneital
11 Quarz Little Falls
III Saphir Ceylon
IV Steinsalz Wieliczka
V Fluorit Cumberland
VI Baryt Cumberland
VII Topas Brasilien
VIII Kunzit S. Diego
Es hätte hier auch der Farbenumschlag zur Darstellung
gelangen können, was nach der Radde'schen Skala nicht
möglich ist.
418 C. Doelter,
Vergleich der Intensität der Verfärbungen.
Ein solcher Vergleich ist leider nur bei gleichmäßiger
Bestrahlungsdauer approximativ möglich, dadurch, daß man
mit der Farbentabelle die Farben vergleicht. Solche Vergleiche
habe ich bereits vor Jahren angestellt x und veröffentlicht. Die
Reihenfolge, welche ich damals durch gleichzeitige Bestrahlung
erhielt, welche Bestrahlung durch Wochen andauerte, so daß
man von Endfarben sprechen konnte, ergab sechs Farben-
intensitätsstufen:
Kunzit;
Steinsalz, Saphir, Flußspat;
Topas, Hyazinth;
Rauchquarz, Rosenquarz. Citrin;
Aquamarin, Hiddenit;
Diamant.
Bei dem letztgenannten Mineral war die Verfärbung eine
ganz geringfügige.
Das angewandte Präparat enthielt 1/s g Radiumchlorid.
Dauer 30 Tage.
Bei den jetzigen Untersuchungen war der Versuch nur
9 Tage fortgesetzt worden, so daß man trotz der Stärke des
Präparates (l1/2g) vielleicht noch nicht von Endfarben sprechen
kann. Nun haben wir aber gesehen, daß der Gang der Ver-
färbung bei den einzelnen Mineralien sehr verschieden ist, so
daß die Reihenfolge nach wenigen Stunden bei längerer Be-
strahlung umgekehrt wird. So wird Baryt, welcher anfangs
eines der am schnellsten veränderten Mineralien war, schließ-
lich das letzte, während der Quarz vom Maderanertal, welcher
anfangs das am langsamsten verfärbte Mineral ist, vor den
Baryt und Topas tritt. Ebenso verfärbt sich Kunzit anfangs
sehr langsam, färbt sich aber dann plötzlich sehr stark. Es
ist daher wahrscheinlich, daß Kunzit, welcher bei dem seiner-
zeitigen Versuch das erste war, vielleicht auch diesesmal den
ersten Platz einnehmen könnte, wenn noch durch einige
Wochen weiter bestrahlt worden wäre. Darüber müssen weitere
Versuche entscheiden.
1 Das Radium und die Farben. Dresden 1910.
Farbenveränderungen von Mineralien. 4 1 9
Allerdings ist es auch nicht unmöglich, daß verschiedene
Exemplare von Kunzit sich verschieden verhalten. Auch wurde
bei früheren Versuchen nicht geglühter entfärbter Kunzit
angewandt wie bei den jetzigen Versuchen.
Daß bei Flußspat die Provenienz, also der Fundort, maß-
gebend ist, wie auch bei Quarz, Baryt und Topas, sahen wir
bereits, so daß eine aufzustellende Reihenfolge ja überhaupt
nicht allgemein gedacht werden kann, sondern nur für be-
stimmte Fundorte.
Die Reihenfolge ist nach den neuen Versuchen:
1. Fluorit (Cumberland),
2. Kunzit und Steinsalz von Wieliczka,
3. Saphir (Ceylon),
4. Quarz (Little Falls),
5. Quarz (Maderanertal),
6. Topas (Brasilien),
7. Baryt (Cumberland).
Vergleich von krystallinen Aggregaten und Krystallen.
Es war auch von Wichtigkeit, diesen Vergleich durch-
zuführen. Das Material war allerdings kein großes, da ich
keinen körnigen Topas hatte. Bei den Mineralien Baryt und
Steinsalz war kein Unterschied wahrnehmbar. Körniger Quarz
verfärbte sich nicht, wie das ja für manche Quarzkrystalle
zutrifft.
Versuche mit Pulvern.
Wenn die Ansicht richtig ist, daß die Verfärbung auf einem
beigemengten Pigment beruht, so müssen Pulver chemisch reiner
Stoffe von der Zusammensetzung der betreffenden Mineralien
keine Färbung zeigen. Nun ist allerdings zu erwägen, daß es
sehr schwer ist, chemisch ganz reine Stoffe zu erhalten und
daß die im Handel als »purissima« bezeichneten Reagenzien
immer noch winzigste Mengen von Beimengungen enthalten
können. Man kann daher weder im Handel ganz reine Sub-
stanzen erwerben, noch sich selbst solche ganz reine Sub-
stanzen herstellen. Denn wir wissen, daß es nur Spuren der be-
treffenden Pigmente sind, welche Färbungen erzeugen können.
420 C. Doelter,
Daher ist a priori zu erwarten, daß auch die sogenannten reinen'
Substanzen eine schwache Färbung aufweisen könnten. Jedoch
ist immer die Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß bei sehr
geringer Verunreinigung die Färbung eine zum mindesten sehr
schwache sein wird.
Die ausgeführten Versuche zeigen nun, daß die betreffenden
Pulver tatsächlich entweder keine Verfärbung zeigen oder aber-
eine sehr schwache.
Es wurden behandelt: Chlornatrium, Bariumsulfat, Fluor-
calcium, Tonerde. Zirkonerde. Diese wurden mit den Pulvern
der Mineralien: Steinsalz, Baryt, Flußspat, Korund und Zirkon
verglichen. Wie zu erwarten war, zeigen auch die Mineral-
pulver eine etwas schwächere Farbe als die Mineralien in
Krystallen.
Der Unterschied jedoch dieser Mineralpulver und der ana-
logen chemisch reinen Stoffe ist ein prägnanter.
Flußspat. Flußspat zeigt auch in Pulverform eine ent-
sprechende Farbe, die, wie gesagt, etwas schwächer ist als
die der Krystalle. Angewandt wurde Flußspat von Cumberland
Er zeigt die Farbe 19''.
Reines Fluorcalcium war nach 14 Tagen Bestrahlung
farblos geblieben.
Chlornatrium. Möglichst reines Chlornatrium zeigte nach
8 Tagen eine ganz schwache Färbung 5" bis 5!'. Dagegen war
Steinsalz von Wieliczka in derselben Zeit (bei gleichzeitiger
Bestrahlung) 4S geworden, also bedeutend stärker. Nach
14 Tagen war Chlornatrium 4' geworden, also schwächer
als Steinsalz nach 8 Tagen.
Bariumsulfat. Baryt wird ungefähr 19''. Reines Barium-
sulfat verblieb unter denselben Umständen vollkommen farblos
(Bestrahlungsdauer 14 Tage).
Über den Vergleich von Tonerde habe ich bereits früher
berichtet.1 Es zeigte sich, daß Tonerde nicht gefärbt wird.
Zirkonerde nahm, wie ich 1915 berichtete, eine so
geringe Färbung an, daß sie mit der Radde'schen Farben-
skala nicht bestimmbar war.
i Diese Sitzungsberichte, 124. f, 411 (1915),
Farbenveränderungen von Mineralien. 42 1
Diese Beispiele dürften genügen, um zu zeigen, daß die
betreffenden chemischen Stoffe entweder im Vergleiche zu
den Mineralien viel schwächer Farbe zeigten, wie bei Stein-
salz und Zirkonerde, oder aber überhaupt keine Färbung
durch Radiumstrahlen erleiden, wie dies bei Aluminiumsesqui-
oxyd, Bariumsulfat, Fluorcalcium etc. der Fall ist.
Aus diesen Versuchen geht daher übereinstimmend mit
den Versuchen an Krystallen hervor, daß die Färbung nicht
den Stoff des Krystalls, sondern das Pigment betrifft. Damit
stimmt auch überein, daß manche Vorkommen, wie früher
nachgewiesen, sich nicht verfärben, wie Quarz, Korund,
Zirkon, Flußspat u. a. mehr.
Geschwindigkeit der Entfärbung
der durch Radiumstrahlen gefärbten Mineralien
bei darauffolgender Bestrahlung durch ultraviolette
Strahlen.
Es ist bekannt, daß manche Mineralien durch ultraviolette
Strahlen jene Färbung wieder verlieren, welche sie bei der
Bestrahlung durch Radium erhalten hatten.
Manche Stoffe, welche durch Hitze entfärbt wurden,
können auch durch ultraviolette Strahlen wieder ihre Farbe
zurückerhalten, doch ist dies kein häufiger Fall. Ich habe
dies namentlich bei Saphir und Chrysoberyll beobachtet. Diese
Mineralien nehmen aber nicht ihre frühere Färbung wieder
an, sondern bekommen eine andere Farbe oder wenigstens
eine andere Intensität der Farbe; so wird Saphir nur bläulich,
Hyazinth nimmt seine frühere Farbe wieder an.
Die übrigen Mineralien nehmen aber nach Entfärbung
durch ultraviolette Strahlen keine Farbe an.
Farblose Mineralien, welche durch Radiumbestrahlung
gefärbt wurden, verlieren jedoch ihre Farbe wieder durch
Bestrahlung mit ultravioletten Strahlen.
In der nachstehenden Tabelle sind die untersuchten
Mineralien in dieser Hinsicht zusammengestellt.
422
C. Doclter.
I. Versuchsreihe.
Flußspat.
Fundort
Durch
Radium-
strahlen
erhaltene
Farbe
Bestrahlung
mit ultravioletten Strahlen
1 Stunde
5 Stunden
Cumberland
Zinnwald
Gerstorf
Cornwll
Derbvshire
Rosenquarz von Bodenmais
20*
zog
18'"
18«
41«
21/
2 1 m
6»
22»"
farblos
23<-
unverändert
21/
21*!»— P
6«
23«
21'
234
Die Tabellen zeigen, daß es sich bei der Entfärbung um
den umgekehrten Verlauf wie bei der Bestrahlung mit dem
Radiumpräparat handelt. Bei dieser verlauft die Verfärbung
erst sehr langsam, indem eine Reihe von Stunden vergingen,
oft sogar Tage, bis eine Farbe auftrat, dann aber steigt die
Intensität der Farbe ziemlich rasch, in manchen Fällen, wie
bei Kunzit und Flußspat, sehr schnell.
Das entgegengesetzte zeigt sich bei der Bestrahlung mit
ultravioletten Strahlen. Die Farbe verblaßt anfangs sehr rasch,
im weiteren Verlaufe der Bestrahlung wird die Veränderung
immer geringer und schließlich zeigt die Farbe eine gewisse
Stabilität. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß bei sehr
langer, durch viele Wochen fortgesetzter Bestrahlung die Mine-
ralien wieder, wie es bereits bei mehreren nach 48 Stunden
der Fall ist, ganz farblos werden könnten. Aber es ist für
einige, wie für Flußspat von Wölsendorf und den grünen
Flußspat, nicht wahrscheinlich, weil diese Mineralien jene
Farbe annehmen, wie sie in der Natur vorkommt. Da ja auch
in der Natur ultraviolette Strahlen, wenn auch nur schwach,
wirken, so dürften derartige Färbungen nicht vorkommen,
wenn ultraviolette Strahlen die Eigenschaften hätten, die be-
treffenden Mineralien wieder zu farblosen umzuwandeln.
Karbenveränderungen von Mineralien.
423
I -
_
t -
l~ 1 -
'?
M
■*
f-
~"
"
CT
ir.
•>
t»l
ll
1
l-
j
1 -
1 -
CO
Cl
•*
t*
^s-
■J.
c/3
1
i
1
X. i.
UO
t-
Tf
Cl
C:
3'
'— ;x
Zß
CO
"
CM
•*
-f
'*-
00
^.
£*,
g
5
~ ~
7X
Ol
-t
Cl
-t-
-t
CM
CM
so
c
.^
3
IM
1
in
1
1
oä
1
[
J2
~4>
"-<
CM
<*
*tf
M
6
•*
<n
X
M
T3
tn
a.
CM
1
1
o
K
CM ~
1 |
1
M
■^
1 ^
oc
5*
->\
-r
IC
C
ad
q
-t
-*
<0
^j
T
3
-t
t/5
o
1 -
Cv)
M
1
;+
^» &
g
-+
M
?l
co
Cl
C
s
0
1
ä
■_
u-
— -_
v.
1 -
1
cm
-t
-t
lo
*—
cm
co
CO
CM
IC
c
V.
s
,_,
-*
CM
-r
n
CM
CD
o
CM
LI
^
^
~3
&,
s
g ^
8.
.
'S
o
o
'S
"S
< — i i T
CC
—
-r
0
~H
U
-,
5
T.
es
•5
*
3
■c
:3 u
3»
1
1
<L
•7
£ —
u
!/■
t
Eh
!>
^ f
<
CO
:
M
z
B
•
~~z
_,
•y
si
u
er
.~ *
53
3
c
' -
U. '£
O'.
E
< t/5
I
424 C. Do elter,
Ich halte es daher für wahrscheinlich, daß auch bei fort-
gesetzter Bestrahlung die beiden genannten Mineralien nicht
ganz farblos werden.
Sehr merkwürdig ist es, daß der Apatit von Auburn eine
andere Färbung annimmt, als er sie ursprünglich hatte; er
wird schließlich farblos. Beiden übrigen, welche ursprünglich
farblos waren und durch Radium erst farbig wurden, wird
die ursprüngliche Farblosigkeit wieder hergestellt.
Die Wirkung der ultravioletten Strahlen äußert sich aber
nicht nur darin, daß die Intensität der Farbe sich abschwächt,
es kann sich, wie dies in mehreren Fällen beobachtet wird,
auch eine andere Farbe zeigen, und zwar scheinen die grauen
Farben besonders wiederzukehren. Es zeigt sich dies bei dem
grünlichen Flußspat, bei Topas und Apatit, während bei dem
Wölsendorfer Flußspat, bei Steinsalz nur die Intensität der
Farbe sich abschwächt.
Was die Schnelligkeit der Verfärbung anbelangt, so treten
schon nach 55 Minuten starke Veränderungen auf, dann ver-
langsamt sich die Farbenänderung und schließlich bildet sich
eine stabile schwache Verfärbung von geringer Intensität
heraus, bei manchen tritt nahezu Farblosigkeit auf. Diese
würden wahrscheinlich bei lange fortgesetzter Bestrahlung
ganz farblos.
Einwirkung von Tageslicht.
Durch Radiumstrahlen gefärbte Mineralien verblassen auch
zum Teil bei Tageslicht. Die Veränderung erfolgt jedoch ganz
langsam, ist aber nach längerer Zeit oft deutlich. Es betrifft
dies aber nicht alle früher geschilderten Mineralien. So zeigten
dunkelbraun gefärbte Quarze und blau gefärbte Flußspate keine
Veränderung.
In folgenden Fällen war das Verblassen besonders be-
merkbar:1
Von den früher p. 423 mit ultravioletten Strahlen be-
handelten Exemplaren wurden grüner Flußspat, violetter (von
1 Eine direkte Einwirkung von Sonnenstrahlen war vermieden worden.
Karben Veränderungen von Mineralien. 41. >
"Wölsendorfj und die beiden Steinsalze durch 14 Tage dem
Tageslicht ausgesetzt. Der violette Flußspat verblaßte wenig.
Steinsalz von Wieliczka Nr. 67 war ganz farblos geworden,
während der von Friedrichshall noch etwas gelblich war, sich
also kaum mehr verändert hatte.
Ferner wurden einige mit Radium bestrahlte Mineralien
ebenfalls zuerst 8 Tage bei Tageslicht belassen. Das körnige
Steinsalz, p. 21, war ganz farblos geworden, dagegen ein
anderes Nr. 79 von Wieliczka noch gelblich 5". Nr. 44 (Kalusz)
■war entfärbt worden. Quarz von Brasilien Nr. 56 war wenig
blässer geworden. Die Farbe veränderte sich von 4P' zu 34''.
Fiußspat von Annaberg (21^) war blässer violett, ein
bläulicher war verblaßt, ein grünlicher auch etwas.
Rosenquarz war nur wenig verändert. Er war 41°. Dem-
nach findet ein allerdings nur schwaches Verblassen statt.
Nach 14 Tagen waren die Steinsalze bis auf Nr. 67 von
Friedrichshall farblos geworden. Dieses war noch etwas gelb-
lich, Qv, allerdings der letzte noch bestimmbare Farbenton.
Flußspat von Appenzell, Ebenau, welcher ursprünglich
die Farbe 36" hatte, also blaß grüngrau, war schließlich wieder
ähnlich geworden, nämlich 36*. Ein anderer Flußspat, Nr. 5,
von Wölsendorf, war schließlich 22^' geworden.
Quarz Nr. 56 von Brasilien, welcher oben genannt wurde,
war 34s. Ein Flußspat von Zinnwald war von 20' zu 16''
geworden.
Ganz merkwürdig ist das Verhalten des Sylvins. Er
wird mit Radiumstrahlen schön violblau, entfärbt sich
aber binnen 3' gänzlich bei Tageslicht.
Beziehung zur Luminiszenz.
Bei dieser wissen wir heute genau, daß sie durch die
Beimengungen verursacht ist. Ich verweise auf die Arbeiten
von P. Lenard und anderer. Speziell das Zinksulfid ist in
dieser Hinsicht in den letzten Jahren genau studiert worden,
namentlich auch wegen der praktischen Verwendung. Reines
Zinksulfid leuchtet nicht, aber ganz verschiedene Beimengungen
rufen sie hervor. Dabei ist die Wirkung derselben eine andere,
je nachdem man mit ultravioletten, Röntgen-, Kathodenstrahlen
426 C Doelter,
oder Radiumstrahlen arbeitet. In manchen Fällen kann aber
die Wirkung der letztgenannten Strahlen auch die gleiche sein.
Was die Mineralien anbelangt, so zeigen die Arbeiten
von Engelhardt, daß mit Mineralien von verschiedenen Fund-
orten bei Anwendung ultravioletter Strahlen die Luminiszenz-
farbe verschieden ist. Ähnliches beobachtet man auch mit
Radiumstrahlen und Röntgenstrahlen. So verhalten sich ver-
schiedene Scheelite (CaW04) verschieden und auch verschieden
vom reinen Wolframat.
Für die Luminiszenz durch Kathodenstrahlen fand A. Po-
chettino bei Mineralien verschiedener Fundorte teilweise
gleiches Verhalten, teilweise aber auch verschiedenes. Dies
ist also analog wie bei der Verfärbung von Mineralien ver-
schiedener Fundorte, wie sie im vorhergehenden geschildert
wurde.
Luminiszenz braucht nicht mit der Verfärbung parallel
zu gehen. So gibt es stark luminiszierende Mineralien, welche
sich nicht verfärben oder nur wenig, z. B. Scheelit, Zink-
blende, Diamant, Wollastonit. Dann gibt es wieder Mineralien,
wie Steinsalz, Topas, welche sich stark verfärben, ohne Lumi-
niszenzerscheinungen zu zeigen. Endlich gibt es eine Reihe
von Mineralien, welche mit Radium- oder Röntgenstrahlen
sich stark verfärben und gleichzeitig stark luminiszieren. Dazu
gehört der Apatit und Kunzit.
Kunzit, welcher stark luminisziert mit Radiumstrahlen,
verfärbt sich auch stark mit Radiumstrahlen, aber merk-
würdigerweise nicht mit Röntgenstrahlen. Ein Mineral, welches
sehr stark mit beiden Strahlenarten luminisziert, ist der Willemit
(oder besser der manganhaltige Troostit). Weder Willemit noch
Troostit verfärben sich.
Aus dieser Verschiedenheit muß man schließen, daß die
Beimengungen, welche die Luminiszenz hervorrufen, nicht
dieselben sein müssen wie jene, welche Verfärbung hervor-
bringen. Es ist aber dabei nicht ausgeschlossen, daß in
manchen Fällen auch die Ursache beider Erscheinungen der-
selben Beimengung zuzuschreiben ist. Dies halte ich bei
Apatit für wahrscheinlich.
Farbenverärtdefurigen von Mineralien. 427
Wir kommen jetzt zu der Frage, wo liegt die letzte
Ursache der Farbenveränderungen? Wenn wir auch annehmen,
daß diese im Pigment vor sich geht, so sind doch noch zwei
Möglichkeiten vorhanden. Entweder sind es Vorgänge im Atom
der verfärbenden Substanz, also des färbenden Pigmentes, oder
es sind Unterschiede in dem Dispersitätsgrade des Pigmentes.
Die Veränderungen werden aber nicht allein durch Radium-
strahlen, beziehungsweise durch Röntgen- und Kathoden-
strahlen, sondern auch 'durch ultraviolette Strahlen sowie
auch durch die Wärme hervorgebracht. Dabei ist die vielfach
entgegengesetzte Wirkung der Wärmeeinwirkung und der
genannten Strahlungen zu berücksichtigen; ferner die ent-
gegengesetzte Wirkung ultravioletter Strahlen.
Ursachen der Verfärbung.
Die wichtigste Frage ist die, welches die Natur der
Färbungen ist, d. h. wie die Farbe entsteht. Vor allem muß
entschieden werden, ob der Sitz der Verfärbungen im Mineral
selbst liegt oder ob das der Mineralsubstanz an und für sich
fremde, also als Beimengung gedachte Pigment sich in der
Farbe ändert.
Was nun diese Frage anbelangt, so könnte man schon
a priori behaupten, daß, da wir ja die betreffenden Mineralien
als allochromatische bezeichnen, damit die Annahme verbunden
ist, daß die Farbe und Ulso auch die Farbenänderung im
Pigment liegt. Es ist aber auch behauptet worden, daß das
Pigment aus der Substanz des Minerals entstehen kann. So
wurde von R. Strutt die Ansicht geäußert, daß der Hyazinth
seine Farbe den Strahlen seiner radioaktiven Substanz ver-
dankt. Daß Färbungen auf diese Art entstehen können, wissen
wir aus dem Vorkommen der pleochroitischen Höfe (Halos). Die
betreffenden Mineralien müßten aber radioaktiv sein oder fein
verteilte Einschlüsse von solcher Substanz enthalten. Bei man-
chen Stoffen, wie Steinsalz, Quarz, ist dies aber sehr unwahr-
scheinlich.
Die Entscheidung kann aber getroffen werden, wenn man
nachweisen kann, daß die Färbungen bei verschiedenen Exem-
plaren verschieden ausfallen und sogar bei einem und dem-
428
C. Doelter,
selben Individuum (Krystall) verschieden ausfallen. Dies ist
.aber, wie meine jetzigen Untersuchungen zeigen, wirklich der
11' s J8?
12
Fig. 2.
Radiobaryt von Teplitz.
Fig. 3.
, Flußspat von Ebenau.
Fall. Erstens verhalten sich Krystalle von verschiedenen Fund-
orten verschieden, zweitens sind Krystalle sogar von dem-
13 r 13r
Fig. 4.
Flußspat von Cornwall.
Fig. 5.
Flußspat von Derbyshire.
selben Fundorte manchmal verschieden und drittens zeigen
sich an einem und demselben Krystall mitunter verschiedene
Farben.
Fig. 6.
Harvt von Cumberland.
Besonders letzteres ist auffallend. Als Beispiele führe ich
an: Baryt von Cumberland, Flußspat (vgl. Fig. 2 — 6) und
Quarz vom Maderanertal.
Farbenveränderungen von Mineralien. 429
Ich gebe hier die Abbildung eines großen Barytkrystalls
(Fig. 6) von dort, bei welchem im Innern eine stark bläulich-
graue Farbe sich zeigt, während der übrige Teil nur ganz
wenig gefärbt ist. Dies kann nur durch Einschlüsse verursacht
sein. Ein zweiter Baryt von dort, ein tafelartiger Krystall, zeigt
zwei sehr verschiedene Farben.
Auch bei Flußspat und bei Saphir konnte eine ver-
schiedene Farbe nach der Beleuchtung mit Radiumstrahlen
beobachtet werden. Früher habe ich bereits eine Quarzplatte
abgebildet, welche regelmäßig verteilte Färbungen aufwies;
dies konnte als durch Zwillingskrystalle verursacht gedeutet
werden.
Im allgemeinen ist der Fall, daß dunkle Flecken ent-
stehen, in einem Krystall nicht gar selten. Allerdings könnte
man sagen, daß der Krystall auch Risse und Sprünge zeigt,
auf welchen die Färbung sich deutlicher zeigt. Aber gerade
die oben angeführten Beispiele, welche oft eine sehr scharfe
Grenzlinie zwischen farbigem Teil und ungefärbtem zeigen,
weisen darauf hin, daß es sich um eine ungleiche Verteilung
des Farbstoffes handelt.
Es liegen nun zwei Möglichkeiten vor, daher zwei Hypo-
thesen aufgestellt werden können. Nach der einen würde es
sich um eine Einwirkung der Strahlen (auch der Wärme-
strahlen) auf das Pigment oder auf das Atom (beziehungs-
weise Molekül) des betreffenden Stoffes handeln oder aber es
sind einfach verschiedene Größen des kolloiden Pigmentes in
Betracht zu ziehen. Wir haben nun gesehen, daß aus den
früher entwickelten Gründen wohl die Wirkung nicht im
Atom liegt, sondern im Pigment. Denn sonst müßten Pulver
ebenso gefärbt sein wie Kryställe und diese müßten gleich-
mäßig gefärbt sein.
Immerhin wäre es noch denkbar, daß im Atom des Pig-
mentes Ionisationen oder andere Vorgänge, welche als Elek-
tronenaustritt charakterisiert wurden, vor sich gehen. Die
zweite Annahme, welche sich auf die verschiedenen Farben
kolloider Lösungen stützt, nach welcher die Farbe mit dem
Dispersitätsgrad wechselt, wird durch die Arbeiten der Physiker,
Sitzb. d. mathem -naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 29
480 C. DoeJter, Farbenveränderungen von Mineralien.
wie Mie, Ehrenhaft und seine Schüler gestützt (siehe darüber
meinen Aufsatz in den »Naturwissenschaften«, 1920).
Ich halte diese Annahme für die hier behandelten Stoffe
für wahrscheinlicher, da sie mit den Beobachtungen gut im
Einklänge steht. Demnach werden durch Strahlungen und
durch Wärme die Teilchengröße verändert, wodurch sich
Farbenveränderungen erklären ließen.
Immerhin ist jedoch auch die andere Annahme nicht
ausgeschlossen. Es scheint, daß ein Krystall durch radio-
aktive Einschlüsse gefärbt werden kann, wobei vielleicht jene
Hypothese Gültigkeit haben könnte.
Vorläufig läßt sich eine Entscheidung nicht treffen. Ich
glaube jedoch, daß mit den Beobachtungen die Hypothese,
wonach es sich um verschiedene Teilchengröße handelt, besser
die Erscheinungen erklären kann.
Daß es sich um kolloide Pigmente handelt, halte ich für
erwiesen, da ja idiochromatische Stoffe und namentlich kry-
stallisierte keine dauernden Veränderungen erleiden. So geht
aus den Beobachtungen auch hervor, daß isomorph bei-
gemengte Pigmente sich schwer dauernd verändern.
Der Akademie der Wissenschaften spreche ich für die
gewährte Subvention meinen Dank aus.
Herrn Prof. Dr. St. Meyer, welcher mir liebenswürdig die
Benutzung der Radiumpräparate gestattete, sowie Herrn Prof.
Dr. V. Hess spreche ich hier ebenfalls meinen Dank aus.
Dem Herrn Direktor Koechlin und Herrn Dr. Michel
danke ich für Beschaffung des Materials, endlich auch be-
sonders Herrn Privatdozenten Dr. H. Leitmeier für seine
mühsame, fortdauernde Mithilfe bei den Beobachtungen.
431
Beiträge zur Kenntnis der palaeozoischen
Blattarien
Von
Anton Handlirsch
k. M. Akad. Wiss.
(Mit 8 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 8. Juli 1920)
Meine Absicht, eine vollständige Revision dieser fossilen
Insektengruppe zu liefern, ist leider in absehbarer Zeit nicht
durchführbar. Darum möchte ich zunächst außer einer, wie
ich glaube, verbesserten systematischen Einteilung
nur die seit 1906 neu dazugekommenen Formen und
einige kritische Bemerkungen der Öffentlichkeit über-
geben, denn ich bin der Ansicht, daß auch durch diesen
bescheidenen Beitrag das Bild, welches wir uns von dieser
für das Ende des Palaeozoikums so charakteristischen Gruppe
machen können, an Schärfe gewinnen dürfte.
Auf den ersten Blick mag es wohl wertlos erscheinen,
den Hundeiten bereits bekannter Formen weitere anzufügen,
die sich anscheinend ja doch nur durch unwesentliche Details
unterscheiden. Blickt man aber etwas tiefer, so zeigt sich,
daß diese Massen von wenig verschiedenen, vielfach am
gleichen Orte vorkommenden Formen, die einer Einteilung in
höhere Kategorien so große Schwierigkeiten entgegensetzen,
doch deszendenztheoretisch von hervorragendem Interesse
sein können.
Blattarien treten zuerst im mittleren Oberkarbon auf und
nehmen im oberen Oberkarbon enormen Aufschwung. Zu
132 A. Handlirsch,
nächst »splittern« sie in unglaublicher Weise: Gleichviel ob
Vorder- oder Hinterflügel, ob Thorax oder Larve, keine zwei
Exemplare sind einander gleich. Versucht man es, sie in
Reihen zu bringen, so erscheinen die Extreme sehr ver-
schieden, aber alles ist durch Übergänge verbunden und
nirgends scheinen scharfe Grenzen zwischen den Einheiten
zu bestehen. Dies gilt besonders für jenen größten Teil, den
ich als Archimylacridae, als die Stammgruppe bezeichnete,
und hier wieder in höchstem Grade in der Gruppe Phylo-
Natta. Aber schon im obersten Oberkarbon und dann im Perm
sehen wir eine etwas schärfere Scheidung der Gruppen ein-
treten. Während die Archimylacriden und Mylacriden noch
kaum voneinander abzugrenzen sind, bieten schon die Spilo-
blattiniden, dann die Dictyomylacriden, Pseudomylacriden,
Neorthroblattiniden, Neomylacriden, Poroblattiniden, Meso-
hlattinkien etc. viel geringere Schwierigkeiten.
Wenn wir uns nun noch vor Augen halten, daß das,
was wir besitzen, nur einen verschwindend kleinen Bruchteil
dessen vorstellt, was in jenen fernen Perioden tatsächlich
existierte, so werden wir wohl den Eindruck gewinnen von
einer ganz unglaublichen Formenproduktion, in welche zu-
nächst noch keine Selektion eingegriffen hatte. Gegen den
Schluß des Pakieozoikums verändert sich aber dieses Bild
mehr und mehr, bis zuletzt die permische Eiszeit derart mit
der Masse aufräumt, daß nur wenige nun scharf geschiedene
Typen das Mesozoikum erleben. Von ihnen leitet sich das
in scharfe systematische Kategorien geschiedene Volk der
kainozoischen Blattarien ab.
Leider bleibt uns vorläufig- nicht viel mehr zu tun übrig
als eine möglichst weitgehende analytische Bearbeitung des
Materiales, selbst auf die Gefahr hin, Individuen zu beschreiben.
Erst wenn durch diese Vorarbeit ein möglichst reiches Materiale
deskriptiv festgelegt sein wird, mag mit Erfolg die Synthese
einsetzen. Was wir in letzterer Richtung schon jetzt tun
können, wird immer den Eindruck des H Willkürlichen
machen und soll nur dazu dienen, einigermaßen eine
Orientietung in der Masse zu ermöglichen, um das Materiale
auch für stratigraphische Zwecke verwendbar zu machen.
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 133
Im ursprünglichsten Blattarienflügel stecken offenbar allerlei
Potenzen, welche die orthogenetisch in bestimmte Richtungen
fortschreitende Entwicklung der einzelnen Teile gewährleisten.
Fast jeder solche Prozeß läßt sich in verschiedenen Reihen
verfolgen, so daß die einzelnen höheren Typen offenbar
heterophyletisch zustandegekommen sind. Ich erwähne hier
nur die wichtigsten Fälle:
1. Das ursprünglich lange bandförmige Costalfeld verkürzt
sich unter Beibehaltung seiner Form und der kammartigen
Anordnung der Äste der Subcosta (SV). Oder das Costalfeld
wird durch Schrägstellung der Subcocta -l dreieckig;
dabei lagern sich die Äste der Subcosta allmählich so um,
daß sie schließlich strahlenartig aus einem Punkte entspringen
(Typus »Mylacris*). Andrerseits führt eine immer weitere
Verkürzung der Subcosta und Einschränkung der Zahl ihrer
Äste schließlich zum Typus »Poroblattiua«. Endlich kommt
es auch zum Schwund aller Äste, durch Umwandlung des
ganzen Costalfeldes in einen länglichen aderlosen Wulst:
Typus » MesobldHiua « .
2. Der Radius i-t ursprünglich geschieden in den eigent-
lichen Radius (R), der einige kurze Ästchen schief zum
freien Vorderrande sendet, und in den verschieden verzweigten
Sektor radii (Rs). Zwischen diesem Urzustände, den ich der
Kürze wegen R I bezeichne, und dem abgeleiteten Typus, bei
dem der R eine einheitliche Ader bildet, deren zahlreiche
gleichwertige Äste schief nach vorne und außen auslaufen
(R II), gibt es viele Übergänge.
3. Die Medialis (M) ist ursprünglich aus zwei Haupt-
ästen gebildet (von denen der hintere vielleicht etwas stärker
verzweigt war) Ml; daraus entwickeln sich heterophyletisch
zwei vorgeschrittene Typen : M II, bei dem aus dem Haupt-
stamme mehrere Äste schief nach hinten auslaufen, und Af III,
bei dem sie nach vorne auslaufen.
4. Der Cubitus (Cu) ist normal ziemlich gleich groß mit
dem R oder der M und sendet eine Reihe von Ästen
schief zum Hinterrande. Manchmal gibt es auch (? sekundär)
einen isolierten nach vorne abzweigenden Ast und andere
434 A. Handlirsch,
Spezialisierungen; heterophyletisch erfolgt häufig -\ weit-
gehende Einengung des Cubitus.
5. Das Analfeld enthält ursprünglich mäßig viele gleich-
mäßig in den Hinterrand herabgebogene Äste der Analis (Ä)
Spezialisierungen in verschiedener Richtung.
6. Das Zwischengeäder besteht ursprünglich aus mäßig
dichten Queradern, die in den breiteren Feldern netzartig
anastomosieren. Spezialisierung durch Vermehrung dieser
Queradern oder durch Verdrängung derselben durch -\ feine
und dichte lederartige Runzelung, oder Beschränkung dieser
letzteren auf den Saum der Adern. Alle Übergänge.
7. Ursprüngliche Form des Vorderflügels ziemlich oval,
mäßig breit. Spezialisierung durch oft enorme Verbreiterung
oder durch Verlängerung, Krümmung etc.; alles heterophyletisch.
Die Hinterflügel folgen in mancher Beziehung den Vorder-
flügeln, nur behalten sie immer den ursprünglichen Radius (Rl)
bei. Der Prothorax, ursprünglich mäßig breit und von mehr
birnförmigem Umriß, wird in den verschiedensten Reihen sehr
verbreitert.
Ein Ovipositor kommt bei echten Blattarien nicht vor.
Die Larven haben alle gut entwickelte vielgiiedrige Cerci und
die ursprünglichen Formen sind schlank mit schief abstehen-
den Flügelscheiden.
Seit dem Erscheinen meines Handbuches (1906 bis 1908)
sind viele palaeozoische Blattarien beschrieben worden, aber
die meisten wurden von den Autoren in unrichtige Genera
eingereiht. In der folgenden Übersicht werden diese neueren
Arten und Gattungen, sowie die hier zuerst aufgestellten
meinen heutigen Ansichten gemäß eingereiht. Aus nahe-
liegenden Gründen wähle ich die denkbar knappste Form der
Darstellung.
Systematische Übersicht.
Familie Archimylacridae Handl. Zur Erleichterung
der Übersicht habe ich die Genera in Gruppen zusammen-
gefaßt, die entweder später als Genera oder als Unterfamilien
betrachtet werden können.
Zur Kenntnis de palaeozoischen Blattarien.
435
1. Gruppe: Palaeoblatta. Rl. Zwischengeäder ursprünglich,
Ml, II oder fast III.
Genus Palaeoblatta Handl. paucinervis Sc. (M. Obere.)
Genus Aphthoroblattina Handl., fascigera Sc, Johnsoni
Woodvv. (Fig. 1), carbonis Handl. (M. Obere).
Genus Parelthoblatta Handl., belgica Handl. Pruvosti
m. (= Archimylacris belgica Pruvost [nee. Handl.], 1912,
t. 9, f. 4). Eine etwas vorgeschrittene Form in Bezug auf
R. u. M. (M. Obere).
Fig. i.
Aphihoröblattina Johnson/, l-5mal vergr. Skizze nach der Type im Iirit.
Museum (Original).
Genus Polyetoblatta Handl. calopteryx Handl. (M.
Obere).
Genus Kinklidoptera Handl. lubucusis Kus.ta, vicina
Handl. (meine Abbildung ist um 180° zu drehen).
2. Gruppe: Archimylacris. R fast I, MIII. Queradern oft
fast Runzeln (M. Obere).
Genus Archimylacris Sc, acadica Sc, venusta Lesqu.,
Desaülyi Leriche, reticnlata Meun. (von Meun. als Syscio-
pliclial beschrieben; scheint der vorhergehenden Art ähnlich),
Pruvosti m. (= Archimyl. Simoni Pruvost 1912, t. 10, f. 2).
436 A. Ilandlir seh.
Simoniana m. (= Ärchim. Simoni Pruvost 1912, t. 10, f. 3),,
gällica m. (= Archini. Simoni Pruvost t. 10, f. 4; der von
Pruvost als Typus der Art Simoni bezeichnete Flügel
gehört wohl zu Phyloblatta).
3. Gruppe: Amorphoblatta. Costalfeld stark vergrößert..
R II, M II. Queradern.
Genus Amorphoblatta Haridl., Brongniarti Handl..
(M. Obere).
Genus Dictyoblatta Handl., Dresdensis G ein. (U.Perm)..
4. Gruppe: Kinklidoblatta. R I, M II. Genetzt.
Genus Kinklidoblatta Handl., Lesquereuxi Sc. (M. Obere).
Genus Gondwanoblatta Handl., reticnlata Handl.
(Gondwana).
5. Gruppe: Actinoblatta. RH, eingeengt, Ml. Queradern
(M. Obere).
Genus Actinoblatta Pruvost, Bucheti Pruv. 1912,
t. 9, f. 3.
6. Gruppe: Dromoblatta. Schmale Form. R II, .1/1 — 11
(Perm).
Genus Dromoblatta Handl., sopita Sc.
7. Gruppe: Adeloblatta. RH, M II (Obere).
Genus Adeloblatta Handl., colnmbiana Sc, Sellardsi
Handl.,? Gorhami Sc.
S. Gruppe: Mesitoblatta. Subc. verkürzt, zum Typus
Mylacris neigend. RH, MI — II (M. Obere).
Genus Mesitoblatta Handl., Brongniarti Handl.
Genus Sooblatta Handl., lanceolata Sterzel.
Genus Sooblattella n. g., Vorderflügel nur wenig mehr
wie doppelt so lang als breit, fast elliptisch, Sc etwas vor
der Mitte des Vorderrandes endend, mit 4 einfachen Ästen.
Costalfeld breit, R fast gerade zur Mitte des Spitzenrandes
ziehend; 1. Ast einfach, 2. fünf, 3. vier, 4. zwei Zweige
bildend. M II, mit 4 einfachen Ästen, die zum Hinterrande
ziehen, Cu daher verkürzt, nicht geschwungen, mit 6 meist
einfachen Ästen. A 2/5 der Flügellänge, etwa 5 einfache
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien.
437
oder gegabelte Aste. Grob lederartig genetzt. Britamiica n. sp.
Vorderflügel 15 mm. Im Mus. prakt. Geol. London, Nr. 25413,
aus Clydach Merthyr Colliery, Glamorgan. (Mittl. Obere).
(Fig. 2.)
Genus Apophthegma Handl., Sterzeli Handl., anale
Handl., saxomeum Handl. (Geol. Ges. Wien 1909).
9. Gruppe: Anthracoblattina. Schulter schwach. AMI, Mll.
( '// lang, .4 kurz, lederartig (M. u. O. Obere).
Genus Anthracoblattina Sc, speetabilis Goldenb. (der
Gegendruck ist meine Anxanoblatta saxonia), didyma Rost,
gigantea Brongn.
Fig. 2.
SooMatlella britannica n. sp. 4 mal vergr. (Original).
10. Gruppe: Elaphroblatta Handl., R fast noch I, M III.
Beine lang, Pronot. klein (M. Obere).
Genus Elaphroblatta Handl., ensifera Brongn., Donvillei
Meun. (Bull. Soc. G. Fr. [4] VII, 287, t. 9, f. 2, 1907 —
als Sysciophlebial beschrieben). (Fig. 3.)
11. Gruppe: Plagioblatta. AMI, auffallend schräg gegen
das distale Ende des Hinterrandes. M I, schon in den
Hinterrand mündend. Oueradern. Thorax breit (M. Obere).
Genus Plagioblatta Handl., parallela Sc, Campbell i
Handl.
12. Gruppe: Hesperoblatta. Breit. R fast I (1. Hauptast
reicher verzweigt) M III, eingeengt, Cu eigenartig (M. Obere).
Genus Hesperoblatta Handl., abbreviata Handl.
438
A . H a n d 1 i r s c li .
13. Gruppe: Archoblattina. Riesenform. Pronotum lang,
trapezförmig. R zwei Hauptäste, deren Zweige nach hinten
auslaufen. M ? I, reduziert (M. Obere).
Genus Archoblattina Seil. Beecheri Seil., ? Scudderi
Handl. (Hinterflügel).
14. Gruppe: Gyroblatta. Sehr groß, nierenförmig, Quer-
adern. R wenige lange Äste. Mlll, groß, Cu eingeschränkt,
A kurz (0. Obere).
Genus Gyroblatta Handl., Clarki Sc, ? scapularis Sc.
Fig. 3.
Elaphroblatia Douvillei Meun. 1 'Sinai vergr. Nach dem Photogr. (Original).
15. Gruppe: Dysmenes. Sehr groß, nierenförmig. R II,
Mlll, Cu normal, .4 kurz. ? Keine Queradern. (O. Obere).
Genus Dysmenes Handl., illustris Sc.
16. Gruppe: Phoberoblatta. Sehr groß, lang elliptisch,
lederartig. R II, M III, Cu normal, .4 kurz (M. Obere).
Genus Phoberoblatta Handl., grandis Handl.
17. Gruppe: Eumorphoblatta. Groß. ~ Phoberoblatta.
Queradern (M. Obere).
Genus Eumorphoblatta Handl., heros Sc, Boulci Agnus.
? Genus Apotypoma H an dl., longa Handl., Arndt i Kusta,
platyptera Handl.
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 430
Genus Boltonia m., sulcata Bolton {Gerablattina
[Aphtlioroblattiua] sulcata Bolton 1011, t. 8, f. 1—3). Anal-
feld besonders lang!
18. Gruppe: Flabellites. ~ Eumorphoblatta aber meist
sehr breit. Queradern. R II, manchmal fast I, M III (M. Obere.).
Genus Sterzelia Handl., Steiunianui Sterzel.
Genus Platyblatta Hand 1., Steinbachensis K live r, bohemica
F ritsch, propria Kliver.
Genus Gongyloblatta Handl., Fritschi Handl.
Genus Flabellites- Fritsch, latus Fritsch.
10. Gruppe: Pruvostia. Schulter stark. Costalfeld mehr
dreieckig. R II, M III, Lederrunzeln (M. Obere).
Genus Pruvostia m. Villeti Pruvost, Lafittei Pruv.,
Godoni Pruv. (von Pruvost 1012, p. 354, t. 11, f. 3, als
Necymylacris beschrieben).
20. Gruppe: Stephanoblatta. Durch auffallende Asymmetrie
bemerkenswert. Die beiden Flügel so verschieden, daß ich sie,
einzeln gefunden, in verschiedene Genera stellen würde.
Schulter nicht stark. R II, M III oder I, Cu normal oder
mit isoliertem Vorderast. Lederartig quergerunzelt. Thorax
scheibenförmig groß (M. Obere).
Genus Stephanoblatta Handl., Gaudryi Agnus, Fayoli
Leriche, diseifera n. sp. aus Commentry, Original im Brit.
Mus. Schausammlung (J. 7282). Subcosta mit etwa 10 Asten,
R mit 4 bis 5, M links 2 gleichwertige, rechts 3 gegabelte Aste,
nach vorne abzweigend, Cu links mit in 3 Zweige gespaltenem,
nahe der Basis entspringenden Vorderaste und 7 Zweigen
normal aus dem Stamme. Pronotum nur wenig breiter als lang.
Erhalten 41 mm, total zirka 4(3 mm. (Fig. 4.)
21. Gruppe: Phyloblatta. Subc. normal, selten etwas ver-
kürzt. R II, AI III, selten noch fast I, Cu normal. Lederartig,
oft H deutlich querrunzelig.
Genus Etoblattina Sc. ,1/ sehr eingeengt, fast noch I,
gröber lederartig genetzt; primaeva Gold. (M. Obere).
Genus Anacoloblatta m. Jacobsi Meun. (Fig. 5).
(Dictyomylacris Jacobsi Meun. 1007). Pronotum fast rhombisch,
440
A. Handii rs c h ,
etwa um ein Drittel breiter als lang, Sc verkürzt mit nur
4 bis 5 Asten, R II, groß, 4/ III, eingeschränkt, mit wenigen
Asten, Cu normal. Beine auffallend kurz! Flügel zirka 36 mmy
Commentry.
Genus Schizoblatta Handl., alutacea Ha ndl. M fast
noch I (O. Obere).
Genus Phauloblatta Handl., claihrata Heer, porreeta
Gein. Mfasl! I (U. Perm).
Fig. 4.
Stephanoblatta diseifera n. sp. 1*2 mal vergr. (Original).
Genus Aissoblatta Handl., rossica Handl., Orenburgensis
Handl., 4/1 oder III (U. Perm).
Genus Phyloblatta Handl. Diese enorm formenreiche
Gattung reicht von M. Obere, bis ins Perm und ist in Nord-
amerika und Europa verbreitet. R II, M III, Cu normal, alle
drei fast gleich groß. Lederartig oder dichte Querrunzeln. Ich
rechne hierher:
Aus dem mittleren Obere. Amerikas: Hilliana Sc,
diversipennis Handl. 1911.
Aus den Stephanien: Gallica Handl., Agnusi Handl.,
Brongmarti Handl., stephauensis Handl., alutacea Handl.,
reniformis Handl., ? Henneni Meunier (1914, Bull. Soc.
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien.
441
Ent. Fr. 389, t. 5, f. 2), anonyma m. (= Gerablattina sp.
Brongn., t. 46, f . 7 — Blattoidea sp. Handl., t. 30, f. 35).
Aus dem Westphalien von Frankreich: Mortui Pruvost
(Ann. S. Geol. N. XU, 345, t. 10, f. 7, 1912), Cnvelettei
Pruvost (ibid. 343, t. 10, f. 6), Simoni Pruvost (= Archi-
myJacris Simoni Pruv., 1. c. 338, t. 10, f. 1. — nee Fig. 2 — 4),
fontaitensis M e u n i e r.
Anacoloblatta n.
Fig. 5.
Jacobsi Meun, l*6mal vergr.
Photogr. (Original).
Unterseite nach dem
Aus dem ? Ob. Obere, von Nordamerika; Rhode Isl: Late-
bricola Sc. (Blattoidea latebricola Handl., t. 30, f. 21).
Aus dem Oberen Obere, von Deutschland: Wemmets-
weilerensis Gold. (Typus der Gattung Hermatoblattina Sc,
die sich als unhaltbar erwies. Die Abbildung f. 15, t. 19 der
Foss. Ins. ist um 180° zu drehen), carbonaria Germ.,
ßabellata Germ., anaglyptica Germ., regularis Handl.,
saxouica m. (Phyloblatta sp. Handl, p. 228, t. 23, f. 1h,
442 A. Handlirsch,
ignota Handl., 1 confnsa , exinüa, perplexa, germana m.
(Phyloblatta sp. Handl., 226, t. 23, f. 38), similis, Martin-
sana, generosa, regia, obsoleta, assimilis, monstruosa, amabilis,
lenta, levis Handl., Wettiniana m. (incerta Schlechten d. i. 1.
== Phyloblatta sp. Handl. 223, t. 23, f. 21), Fritschiana Handl.,
lapidea m. {Phyloblatta sp. Handl. 222, t. 23, f. 18), Frechi,
blanda, Handlirschiana (Schlecht, i. 1.), striolata, solida,
corrugata, curta, angustata, Hauptiana, lepida, soluta, perfecta,
wettinensis, rugulosa, honesta, difficilis, efferata, grata, plana,
ardua, mollis, amoena, secnnda, Frilschi, splendens, venosa,
Scheibeana alle von Handl., leptophlebica Gold., rnssoma
Gold., Geinitzi Gold., Gitbeliana Schlechtend. (Nova acta
1913, 46, t. 6, f. 1 = anaglyptica pp. Giebel, Z. g. Nat.
417, 1867), fera Schi. Handl. (= anaglyptica pp. Giebel),
Schröleri Giebel (Typus der Gattung!), ramosa Gieb.,
Löbejüna m. (incerta Schi. i. 1. — Phylobl. sp. Handl. 227,
t. 23, f. 41), nana, mutila, exasperata, misera, manca,
Credneriana, incerta, Credneri, tristis, Schröteriana, exilis,
imbecilla, Hochecornei, modica, elegans, irregularis, inter-
media, Saueriana alle Handl., Dölauana m. (= berlichiana
Schi. i. 1. — Phylobl. sp. Handl. 226, t. 23, f. 36), Berlichiana,
venusta, callosa, WitiekinJiana alle Handl.
Aus dem Ob. Obere, von Kansas und Ohio: Occidentalis
Sc, separanda m. (= Etobl. Scudderi Sellards. Un. G. Surv.
Kans. IX, 507, t. 71, f. 6, t. 78, f. 2, 1908. - - Die anderen
erwähnten Exemplare nicht zu deuten), Scudderi Seil. (Etobl.
Scudderi, Seil., 1. c, t. 71, f. 3, t. 78, f. 1), fulvana m.
(Etobl. fnlva, Seil., 1. c. 512, t. 70, f. 9, t. 81, f. 6), fnlvella m.
(Etobl. fnlva, Seil., 1. c, t. 70, f. 6, f. 81, f. 3), fulva Seil.
(Etobl. fnlva, Seil. 1. c, t. 70, f. 4, t. 79, f. 3), Lawrenceana m.
(Etobl. occidentalis, Seil., 1. c, 512, t. 70, f. 1, nee. Sc.!),
Kansasia m. (Etobl. occidentalis Seil., 1. c, t. 70, f. 2, t. 78,
f. 3, nee. Sc.!), brevicubilalis Seil. (1. c, 511, t. 80, f. 2. ■ —
Die nicht abgebildeten Exemplare gehören wohl auch zu
verschiedenen Arten), Savagei Seil. (1. c., 510, t. 71, f. 4,
t. 82, f. 1. — Fig. 4 ist, nach der Photographie zu schließen,
i Die von Schle chtendal i. 1. benannten Arten werden hier der
Kürze wegen nur mit Handl. bezeichnet.
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 443
in Bezug auf Cm wohl unrichtig), magna m. (Etobl. obscura
Seil., 1. e., 509, t. 83, f. 1, 2), lugubris m. (Etobl. obscura Seil.,
1. c, 509, t. 81, f. 2), fusca m. [Etobl. obscura Seil., 1. c, t. 79,
f. 1, 2), obscura Seil. (1. c, 509, t. 81, f. 4), Jeffersoniana
Sc. (= Blattoidea Jeffersoniana Handl. 294, t. 30, f. 25),
stipata Sc. (— Blattoidea stipata Handl. 293, t. 30, f. 20).
Aus dem unteren Perm Deutschlands: Ornatissima
Deichm. (= Deichmülleria ornatissima Handl. 353, t. 35,
f. 5. — Die Gattung Deichmülleria möchte ich nicht mehr
aufrecht halten, trotz der queraderähn liehen Struktur), dyadica
Gein. (=. Blattina cf. anthracophila Gein. N. Jahrb. 694,
t. 3, f. 2, 1873, Blattina [Etoblattiua] flabellata var. dyadica
Gein. Verh. L. Car. Ak. XLI, 437, t. 39, f. 7, 1880. — Die
beiden Figuren stellen sicher dasselbe Objekt dar). Deich -
mülleriana m. (Etoblattinal carbonaria var., Deichmüller,
Sb. Ges. Isis 1882, 38, t. 1, f. 2, 3), Stekneri Deichm.
(— Etobl. flabellata var. Stelzneri, Deichm., Sb. Ges. Isis
1882, 34, t. 1, f.. 1, \a bis d), Deichmülleri Gein. (= Blattina
{Etoblattiua] Carbonaria var. Deichmülleri, Geinitz, Verh.
L. Car. XLI, 439, t. 39, f. 9, 1880), gracilis Gold, (wäre der
Typus der Gattung Petroblatiina Sc, die jedoch auf einer
gänzlich falschen Zeichnung — auf einem Irrtume — beruht i,
Fritschii Heer, Manebachensis Goldenb.
Aus dem unteren Perm Böhmens: Purkyuei n. sp. (Fig. 6).
Kounovaer Schacht in Kottiken bei Pilsen. Ein 36 nun langes
Fragment eines etwa 57 nun langen linken Vorderflügels mit
stark gebogenem Vorderrande. Adern scharf ausgeprägt, auf-
fallend dick. Skulptur nicht zu sehen. Sc etwa drei Fünftel
der Länge, schwach geschwungen, schief zum Vorderrande
ziehend, so daß das Costalfeld ähnlich Apophthegma etc. fast
spitz dreieckig erscheint. Es enthält einen einfachen Endast
und vier gegabelte, proximal noch vier feinere Äste. Rad.
mit drei schiefen Ästen; der erste nahe der Basis ent-
springende bildet vier Zweige. M III, mit ihren wenigen
Ästen den Spitzenrand einnehmend. Cu schwach geschwungen
mit etwa 6 bis 7 einfachen oder gegabelten? Ästen. Wird
vielleicht einmal als eigenes Genus abgetrennt werden. Als
zweites fossiles Insekt aus dem Perm Böhmens und wegen
der bedeutenden Größe gewiß bemerkenswert.
444
A. Hand li r seh ,
Aus dem unteren Perm von Nordamerika: Communis Sc,
macroptera Handl., macilenta Sc, uiueronala Sc., mediana
Sc, ovata Sc, dedueta Sc, abdicata Sc, uniformis Sc,
fmieraria Sc, Zata Sc, angusta Sc, residua Sc, eassvilleana
Handl., regulär is Hand!., abbreviata Handl., maetata Sc,
expugnata Sc, obatra Sc, elatior Han dl., dichotoma Handl.,
fraeta Handl., areuata Handl., mortua Handl., exsecuta
Sc, gratiosa Sc, vulgaia Handl., virginiana Handl., immo-
lata Sc, debil is Handl., aeeubita Sc, expulsata Sc, maeerata
Sc, imperfecta Sc, secreia Sc, concinna Sc, Scudderiana
Handl., praedulcis Sc, AV^? Sc, dimidiata Handl., rebapti-
zata Handl., /uvA/ Seil. (Etobl. peeta Seil., Un. G. Surv.
Kans. IX, 514, t. 73, f. 2, 1908), «w*«Za m. (E/oW. «*rte
Fig. 6. Vhylöblatta Purkynei n. sp. l'4mal vergr. Original).
Seil., 1. c, 513, t. 73, f. 4j, Wellingtoniana m. (£/oW. cwrta
Seil., 1. c, t. 73, f. 1. - - Der Name i7//7j ist präokkupiert),
"tpermiana Seil. (Etobl. permiana Seil., 1. c, 512. — Wohl
mehrere Arten aber ohne Abbildung nicht zu trennen),
? Meieri Sc. (Petrablattina Meiert Sc = Ar ckimylacridae Meiert
Handl. 384, t. 37, f. 6).
Genus Kafar n. g. Thorax breit nierenförmig, im Ver-
gleiche zu den Flügeln klein. Costalfeld lang bandförmig mit
zahlreichen Subcostalästen. 7v mit zwei fast gleichwertigen
Ästen, il/ III, mit etwa vier parallelen gerade zum Spitzenrand
laufenden auffällenden Ästen. Cu eingeengt mit 4 bis 5 wenig-
verzweigten Ästen nur den mittleren Teil des Hinterrandes
erfüllend. Analfeld ziemlich kurz. Skulptur lederartig. Gallus
n. sp., etwa 55 mm lang. Ein Exemplar aus Commentiy in
der Schausammlung des Brit. Mus. (J. 7276). (Fig. 7.)
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien.
445
Genus Olethroblatta Handl., americaua Handl., inter-
media Gold.
Genus Syncoptoblatta Handl., thoracica Handl.
Genus Miaroblatta Handl., data Handl.
Genus Asemoblatta Handl., pennsylvanica Handl.,
Danielsi Handl, mazona Sc., Brougniartiaua Handl., anthra-
cophila Germ., gemella Handl.
Glamorgana n. sp. (Fig. 8). Der Wmm lange Endteil eines
Vorderflügels von etwa 20 mm Länge. Costalfeld am Ende
schräg abgestutzt. R in zwei Hauptäste geteilt, von denen der
Fig. 7.
Kafar gallus n. sp. 1 -5mal vergr. (Original).
1. in sechs, der 2. in fünf Zweige zerfällt, die alle noch in den
Vorderrand münden. ikf mit fünf- nach Typus III auslaufenden
Ästen, die in zwölf Zweige zerfallen, welche den Spitzenrand
einnehmen, Cu geschwungen, lang mit mindestens neun zum
Teil verzweigten Ästen. Lederartig. Ein Exemplar im Museum
für prakt. Geol. in London: »Geol. Surv. Coal Meas. Clydach
Merthyr Colliery, Glamorgan. Nr. 25412.«
IHumenryi Pruvost (Ann. Soc. Geol. Nord. XLI, 342,
t. 10, f. 5, 1912) ist auffallend kurz und erinnert in der
Gestalt an Cardiobiatta etc.
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 129. BJ.
30
446
A. Handlirsch,
Genus Atimoblatta Handl., curvipcnnis Handl., reni-
formis Handl.
Genus Xenoblatta Handl., fratcrua Sc, mendica Handl.
Genus Metaxys Handl., fossa Sc.
Genus Metaxyblatta Handl., hadrbptera Handl. (wäre
vielleicht besser mit Phyloblatta zu vereinigen?).
Genus Discoblatta Handl., Scholfieldi Sc.
Genus Liparoblatta Handl., ovata Sc, radiaia Sc
(gleichfalls kaum scharf von Phyloblatta zu trennen).
Genus Bradyblatta Handl., sagittaria Sc.
Genus Amblyblatta Handl, lata Sc.
Genus Compsoblattä Handl., Mangoldti Handl.
Fig. S. Asemoblatta glamorgana n. sp. 4 mal vergr. (Original).
22. Gruppe: Cardioblatta. Ein sehr verkürzter Phylo-
blattentypus. 5c normal, R II, M III, Cu kurz. Runzelige
Quer ädern. (Ob. Obere)
Genus Cardioblatta Handl., Fr Uschi Handl.
23. Gruppe: Sphaleroblattina. Sehr klein, kurz lanzett-
förmig. Sc kurz, R II, M I, Cu kurz. Lederartig. (Ob. Obere.)
Genus Sphaleroblattina .Handl. ingens Handl.
24.? Gruppe: Oxynoblatta. Nahe verwandt mit Phylo-
blatta, mehr breit lanzettförmig, Sc normal, R II, MIII,
Cu normal. (M. Obere)
Genus Oxynoblatta Handl., alutacea Handl., ? trian-
gularis Sc, ? americana Sc.
25,? Gruppe: Metachorus. Sc kurz, 7? II, groß, Af III,
klein, Cu normal. Sehr breit und kurz. Quer-lederrunzelig.
(M. Obere)
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 447
Genus Metachorus H a n d 1., festudo S c, striolatus
Handl.
26. Gruppe: Procoptoblatta. Stark spezialisiert in der
Richtung zu Mesoblattiniden. Stellenweise mit Schaltadern.
Sc verkürzt, R II, Af III, mit sehr langen parallelen Ästen.
Cu geschwungen. (U. Perm.)
Genus Procoptoblatta Handl., Schustert Handl. (Geogn.
Jahresh. XX, 235. Fig., 1908).
27. Gruppe: Amoeboblatta. Eigenartig spezialisiert, schmal
und lang. Sc lang, R II, mit horizontalen Ästen, M gegabelt,
sehr reduziert, Cu normal. Querrunzeln. (U. Perm.)
Genus Amoeboblatta Handl., permanenta Sc.
28. Gruppe: Sellardsula. Subcosta stark verkürzt, nicht
halb so lang als der Flügel. Lanzettförmig. R II, M III,
Cu normal. (O. Obere.)
Genus Sellardsula m. cordata m. (= Etoblattina dbscura
Seil., Un. G. S. Kans. IX, 509, t. 70, f. 5, 1908), ? radialis
Seil. i= Promylacris radialis Seil., 1. c, 506, t. 80, f. 8,
t. 81, f. 5).
29. Gruppe: Distatoblatta. Subcosta normal, R II, M III,
Cu sehr groß, scheinbar aus dem geschwungenen Haupt-
stamme außer den normalen hinteren Ästen einige nach vorne
und horizontal zum Spitzenrand laufende aussendend. (U. Perm.)
Genus Distatoblatta Handl., persistens Sc.
30. Gruppe: Exochoblatta. Klein, breit lanzettförmig.
Sc kürzer, R II, .1/ III, eigenartig zur Mitte des Hinterrandes
herablaufend und seine Aste parallel mit dem Hinterrande
zum Spitzenrande sendend. Cu stark reduziert. (U. Perm.)
Genus Exochoblatta Handl., hastafa Sc.
31. Gruppe: Acosmoblatta. Subcosta normal, R II, sehr
reduziert, fast nur zwei Äste. M I, groß, Cu normal. (U. Perm.)
Genus Acosmoblatta Handl., per macra Sc, Edkiniana Sc.
32. Gruppe: Drepanoblattina. R II, groß, Afll, Cu auf
3 bis 4 Zweige reduziert; klein und schmal, nierenförmig
gebogen, lederartig. (Ob. Obere.)
Genus Drepanoblattina Handl., plicata Handl.
448 A. Handlirsch,
33. Gruppe: Penetoblatta. Subcosta lang, ihre Äste sehr
lang und schief. R II, groß, M II, groß, Cu stark eingeschränkt.
Breit und klein. (U. Perm.)
Genus Penetoblatta Handl., virginiensis Sc, rotun-
data Sc.
34. Gruppe: Apempherus. Subcosta normal, R II, M ge-
schwungen mit einem Hauptstamme, der nach vorne und
hinten Aste aussendet. Cu eingeschränkt. (U. Perm.)
Genus Apempherus Handl., cotnplexinervis Sc.,fossus Sc.
35. Gruppe: Symphyoblatta. Subcosta normal. R II, A/4II,
beide an der Basis ein Stück weit verschmolzen. Cu -\
eingeengt. Querrunzeln. (U. Perm.)
Genus Symphyoblatta Handl., debilis Sc.
Genus Pareinoblatta Handl. (+ Puknoblattina Seil. 1908)
expuncta Sc, compacta Seil. (= Puknoblattina compacta Seil.,
1. c, 525, t. 73, f. 5), Sellardsi Handl. (= Puknoblattina
compacta Seil., 1. c. t. 73, f. 6), curvata Seil. <=: Puknoblattina
curvata Seil.. 1. c. 520, t. 73, f. 3).
36. Gruppe: Scudderula. Auffallend schmal und lang.
R II, MM, Sc und Cu normal, .4 schmal, mit nur 3 oder 4
Adern. (U. Perm.)
Genus Scudderula m. arcta Sc. (= Etoblattina arcta Sc.
= Blattoidea arcta Handl. 383, t. 37, f. 1).
Gruppe zweifelhaft:
? Genus Limmatoblatta Hand!., permensis Handl.
? Genus Anomoblatta Handl., Rückerti Gold.
? Genus Stygetoblatta Handl., latipennis Handl.
? Genus Necymylacris Sc, lacoana Sc.
Genus:? Ingberti m. (= Blattoidea sp. Handl. 295, t. 30,
f. 31), (Vorderflügel), camerata Kliver (Vorderflügel),, Winte-
riana Gold. (Hinterflügel), incerta Kliver (Hinterflügel),
steinbachensis Kliver (? Vorderflügel), Tischbeiui Gold. (Vorder-
flügel i, scaberata Gold. (Vorderflügel), Pelzi Handl. (Hinter-
flügelj, ligniperda Kusta (Vorderflügel), bltuminosa Kusta
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 449
(Vorderflügel'), bohemiae m. i= Gerablättina} Fritsch
— Archimylacridae sp. Hahdl., t. 24, f. 28) (Vörderflügel),
nürschanensis m. (— »ganzes Insekt ohne Kopf«, Fritsch
1895) Boltoniana m. (= Phyloblattal sp. Bolton 1912,
t. 33, f. 3 — 5) ein Stück aus der Radialgegend eines Vorder-
flügels aus Kent; britawnica m. ( = Phyloblattal sp. Hol ton,
1. c. 321, t. 33, f. 8, 9): Die Rekonstruktion Bolton's dürfte
falsch sein; das Costalfeld scheint viel schmäler zu sein
(Vorderflügel). Kirkbyi Woodw. (Vorderflügel), mantidioides
Gold. (Vorderflügel), inversa m. (= Archimylacris sp. Bolton
1911, t. 10, f. 3) ist jedenfalls ein Stück aus der Mitte eines
großen Hinterflügels, aber verkehrt dargestellt; die Queradern
sind deutlich. Celtica m. (= Archimylacris sp. Bolton, 1. c,
t. 7, f. 2) ein großes Pronotum und ein Stück des Hinter-
flügels; obovata Bolton ( = Archimylacris [Schisoblatta]
obovata Bolt., 1. c, t. 7, f. 4, 5, 6): Nicht wie Bolton meint
ein Vörderflügel, sondern ein Hinterflügel; was er als Sc
deutet, halte ich für den R. Jacobsi Meun. (== Paromylacris
Jacobsi Meun., CR. Vol. 154, 1912, p. 1194), Thevenini Meun.
(= Paromylacris Thevenini Meun., C. R. Vol. 154, p. 1194),
Beulei Meun. {— Paromylacris Bonlei Meun., ibid., p. 1194),
semidiscus m. (= Necymylacrisl sp. Brongn. 1893, t. 46,
f. 23 = Archimylacridae sp. Handl. 238, t. 24, f. 35, 36),
völans m. (== Etoblattina sp. Brongn., t. 47, f. 6, 7 = Blattoidea
sp. Handl.. t. 30, f. 44, 45) (Hinterflügel); fr acta m. (— : Eto-
blattina sp. Brongniart, t. 47, f. 8, Handl, t. 30, f. 46),
(Hinterflügel); Pruvostiana m. (Blattoide indetermine, Pruvost,
Ann. Soc. G. N. 1912, t. 12, f. 6) ist verkehrt orientiert, um
180° zu drehen; magna m. {Insecte indetermine, Pruvost,
1. c, t. 9, f. 2): Vermutlich ein Stück eines sehr großen
? Vorderflügels einer Archimylacride mit schönen Queradern.
Lensiaua m. {Archimylacride indet. Pruvost, 1. c, t. 12, f. 3),
(Vorderflügel); ovalis m. {Archimylacride indet. Pruvost,
1. c, t. 12, f. 4), Vorderflügel mit sehr breitem Costalfeld,
sicher nach dem Original zu zeichnen ; oligoneura m.
(Blatt, indet. Pruvost, 1. c, t. 12, f. 2), (Hinterflügel);
sp. Pruvost (1. c, 363;, (ein unbeschriebenes Fragment);
sp. Pruvost (1. c, 363, t. 12, f. 8): Nur ein Stück eines
450 A. Handlirsch,
Analfeldes; rugulösa in. (Archimylacriäe iiid'et. Pruvost, 1. c,
t. 12, f. 5). Basalteil eines Vorderflügels mit auffallend scharfen
Runzeln. Elougata m. (Blattoidea ludet. Pruvost, 1. c, t. 12,
f. 7), (Hinterflügel)* Lievina m. {Blattoidea ludet. Pruvost, 1. c,
t. 12, f. 1), (Hinterflügel); reticulata m. (Blattoidea sp. Handl.,
t. 30, f. 36), (Hinterflügel); sepulia Sc. (ist falsch gezeichnet
und ohne Original nicht zu deuten); exills Sc. (Vorderflügel);
sp. Sc. (Handl., t. 30, f. 22); Päckardi Clark (Hinterflügel);
areolata m. {Blattoidea sp. Handl., t. 30, f. 42) (Hinter-
flügel); latlsslma Seil. (Mylacris latissima Seil., Un. G. S.
Kans. IX, 505, t. 71, f. 5, t. 82, f. 2): Die Fig. 5 ist sicher
falsch, ebenso die Deutung als Mylacride. Coriacea Seil.
(Etoblattinal coriacea Seil., ibid., t. 77, f. 9). Diese neue
Abbildung macht die alte Art nicht klarer. Recta Seil.
(Archimylacris recta Seil., ibid., 514). Sellards vergleicht
diese leider nicht abgebildete Form mit parallela — also
Plagioblatta m.; die Beschreibung stimmt damit aber nicht
überein; es ist sicher keine »Archimylacris«. in meinem Sinne.
Laitreucea m. (r= Etoblattina sp. Seil., 1. c, 530, t. 80, f. 4),
(Hinterflügel); atieua (Schi.) Handl. (Vorderflügel); propinqua
(Schi.) Handl. (Vorderflügel); notabilis (Schi.) Handl. (Vorder-
flügel); pauperctila (Schi.) Handl. (Vorderflügel); mirabilis
(Schi.) Handl. (Vorderflügel); bella (Schi.) Handl. (Vorder-
flügel); pulchra (Schi.) Handl. (Hinterflügel); eta m. (= ala
\ Schlecht, i. 1. = Blattoidea sp. Handl. 298, t. 30, f. 53),
(Hinterflügel); rugosa (Schi.) Handl. (= Blattoidea rugosa
Handl. 298, t. 30, f. 54), (Hinterflügel); Luedeekei (Schi.)
Handl. (Blattoidea Luedeekei Handl. 299, t. 31, f. 5), (Hinter-
flügel); uii rri. (ala \i Schlecht, i. 1., Blattoidea sp. Handl.
299, t. 31, f. 6), (Hinterflügel); indeterminata (Schi.) Handl.
(Blattoidea iudet. Handl. 295, t. 30. f. 34), (? Vorderflügel) ;
sp. Handl., t. 24, f. 41, (Vorderflügel). zu unvollkommen.
Remigii Dohrn (Vorderflügel;; venosa Gold., (Vorderflügel);
robusta Kliver (Vorderflügel); Seudderi Gold. (Blattoidea
Scudderi Handl. 300, t. 31, f. 13), (Hinterflügel): Zur M
möchte ich nur die beiden großen in je drei Zweige geteilten,
vor dem Ott liegenden Adern rechnen, alles andere zum R;
labächensis Gold. (Vorderflügel); multluervis m. (Blattoidea sp.
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 45 1
Handl., t. 31, f. 1), (Hinterflügel;; ampla Handl. (Blattoidea
ampla, Handl., 385, t. 37, f. 12), (? Vorderflügel); Rollet
Deichm. {Blattoidea Rollet, Handl. 384, t. 37, f. 7), (Vorder-
flügel}; Geinitziana m. (— Blattiua [Anthracoblattina] cf.
spectabilis, Geinitz, Verh. L. Car. Ak. XU, 437, t. 39, f. 6),
(Vorderflügel); coriacea m. {Blattoidea sp. Handl., t. 37, f. 10)
ist vielleicht verkehrt dargestellt ; neuropteroides G ö p p.
{Blattoidea neuropteroides Handl, t. 36, f. 52), (Hinterflügel);
inculta Sc. (= Blattoidea ineulta Handl., 383, t. 37, f. 4),
(Vorderflügel); eversa Sc. (Vorderflügel); virginica in.
(=r Blattoidea sp. Handl., t. 37, f. 9), ('Hinterflügel); cassvillana
m. (= Blattoidea sp. Handl., t. 37, f. 8), (Hinterflügel); aeqita
Sc. (=. Petrablattina aequa Sc. Handl., t. 36, f. 16), (Vorder-
flügel): Ich habe diese Art früher als Typus der Gattung
Petrablattiua betrachtet, doch ist richtiger sepulta Sc. dieser
Typus. Acompacta m. (Puknoblaftina compaeta Seil., 1. c,
IX, 525, t. 74, f. 4), (Vorderflügel).
Von den zahlreichen bekannt gewordenen Jugendformen
rechne ich folgende zu den Archimylacriden: Insignis Gold.;
exilis Woodw. (Handl., t. 17, f. 16); Woodwar di m. (m exilis
Woodw. pp. Handl, t. 17, f. 17); Carri Schlich.; mazonana
m. (=z mazona Seil 1904, pp. z= Blattoidea sp. Handl,
t. 18, f. 40); larvalis m. (= mazona Seil 1904, pp. — mazona
Handl, t. 18, f. 39); paidium m. (= mazona Seil 1904, pp.
= sp. Handl, t. 18, f. 38); exnvia m. (= Blattoidea sp.
Handl, 174, t. 17, f. 20); Germari Giebel; enrvipennis m.
(= Blattoidea sp. Handl, 174, t. 17, f. 24); relicta Handl.
(— Blattoidea relicta Handl, t. 17, f. 23); Berlichiana m.
(rr Leptoblattina Berlichiana Schlecht, i. 1. = Blattoidea
sp. Handl, t. 17, f. 22); delicnla Handl. (= Leptoblattina
delicula Schi. i. I. Blattoidea delic. Handl, t. 17, f. 21);
adolescens m. (= Blattoidea sp. Handl. 175, t. 18, f. 4);
bella Handl. (z= Blattoidea bella Handl, t. 18, f. 15);
pleuriger a m. (= Blai/oidea sp. Handl. 178, t. 18, f. 25);
juvenis Seil (rr Blattoidea juvenis Handl, t. 18, f. 41—45).
Familie Spiloblattinfdae Handl. Gleicht in der Anlage
des Geäders völlig den Archimylacriden, nur sind die Zwischen-
452 A. Handlirsch,
räume zwischen den Hauptstämmen des Geäders breiter und
die runzeligen Queradern aut einen schmalen Kaum längs
der Adern beschränkt, so daß in den breiteren Zwischen-
räumen Fenster bleiben, die offenbar transparent waren.
Dieselben Eigenschaften finden wir bei den Hinterflügeln
(? ob bei allen). Die Gruppe fehlt in den älteren Stufen, tritt
erst im obersten Carbon auf und reicht in das Perm hinein.
Im Mesozoikum ist sie verschwunden.
Genus Sysciophlebia Handl., Subcosta normal, AMI, .VIII.
Lawvenceaua m. (= Spiloblaliiiui maledicta Seil., 1. c,
IX, 519, t. 76, f. 27, t. 77, f. 8); Sellardsi m. (= maledicta
Seil., 1. c, t. 76, f. 26, t. 77, f. 6); arcuata Seil. (— Gera-
blattina arcuata Seil., 1, c, t. 70, f. 3); acutipennis Handl.;
obtusa Handl.; nana Handl.; rotundata Handl.; adumbrata
Handl.; pieta Handl.; Schucherti Handl.; WJtitei Handl.;
Lipicalis Sc; marginata Sc; fasciata Sc, lias/aUt Sc;
fuuesta Sc; variegata Sc; ramosa Sc; affinis Handl.;
benedieta Sc; maledicta Sc; hybrida Handl.; Scudderi
Handl.; ignota Handl.; lenis Handl.; stulta Handl.; elegan-
tissima Handl.; modesta Handl.; tenera Handl.; signata
Handl.; nobilis Handl.; agilis Handl.; deperdita Handl.;
augustipeuuis Handl.; elongata Handl.; euglypiica Germ.;
Laspeyresiaua Handl; SclileclüeudaJi m. (— Weissiana
Schlecht, i. 1. = sp. Handl. 244, t. 25, f. 28, 29); oligoneura
Handl.; saxonica m. (= carbonaria Schlecht, i. 1. — sp.
Handl. 243, t. 25, f. 24); Martinsaua Handl.; producta
Sc (= Blattiua euglypiica pp. Gold. =r Gerablatt iua producta
Sc = Sysciophlebia sp. Handl. 241, t. 25, f. 10 = Syscio-
phlebia producta Schlecht., Nov. Acta 1913, 80, t. 2, f. 20);
Huysseni Handl.; Weissiana Gold.; pygmaea Meun.; invisa
Sc; reeidiva Sc; patieus Sc; oeculta Sc; diversipennis Sc;
Cassvici Sc; fenestrata Handl.; guttata Sc, triassica Sc;
Fraukci Handl.; Ilfeldeusis Handl.; elongata Sc; Weissi-
geusis Geinitz.
Genus Dicladoblatta Handl. Ähnlich Sysciophlebia, RH,
3/1. Willsiana Sc; ienuis Sc; ? limbata Handl.; subtilis
Handl.: defossa Sc; ? marginata Sc.
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 453
Genus Syscioblatta Handl. R mit stärker verzweigten
1. Ast — fast: R I, M III.
Lineata Seil. (= Spiloblattina lin. Seil., 1. c. 522, t. 81,
f. 1); graeilenta Sc; Hustoni Sc.; obscura Handl.; exsensa
Sc.; misera Handl.; Steubmvilleana Handl.; minor Handl.:
anomala Handl; Dolirui Sc.
Genus Ametroblatta Handl. Etwas zweifelhaft. R II;
J/, einfache Ader, dafür der Vorderast des Cu so wie sonst
die M beschaffen. Muß neu untersucht werden; strigosa Sc;
? longinqua Sc
Genus Atactoblatta Handl. Subcosta verkürzt, R II,
M II; anomala Handl.
Genus Doryblatta Handl. Subcosta länger, R fast I,
M II; longipennis Handl.
Genus Spiloblattina Sc. AMI, .1/1 — II. Gavdinevi Sc;
perforata Handl.
Genus Arrhythmoblatta Handl. Costalfeld schmal zu-
gespitzt, i? II, M III. Detecta Sc, Scudderiana Handl.
Spiloblattinidae incertae sedis: ab Jörnen m. (= maledicta
pp. Seil. = sp. Handl., t. 27, f. 6), Hinterleib; alata m-
(— r maledicta pp. Seil. =: sp. Handl., t. 27, f. 5), Hinter-
flügel; laxa Seil. (1. c, 523 ut Spiloblattina) vermutlich ein
Gemisch; curvata Seil. (1. c, 522, t. 80, f. 3); Sehlechtendaluna
m. (= Blattoidea sp. Handl. 299, t. 31, f. 4), Hinterflügel;
Immeralis m. (= Spiloblattina sp. Handl. 258, t. 27, f. 12:),
Vorderflügel; Zinkeniana Handl; pietipennis m. (= sp. Handl.»
t. 27, f. 9, 10), Vorder- und Hinterflügel; postica m. (— sp.
Handl, t. 27, f. 8), Hinterflügel; gvandis m. (— sp. Handl,
t. 27, f. 7), Hinterflügel; ? Wagneri Kliver (= Blattoidea
Wagneri Handl, t. 30, f. 49), Hinterflügel; ? aperta Sc
(= Blattoidea aperta Handl., t. 37, f. 3), Vorderflügel; balteata
Sc, Vorderflügel: triassica Sc, Vorderflügel; ? Gardinerana
Handl., Hinterflügel; Mahri Gold.
Familie Mylacridae Scudder. Das Geäder im ganzen
archimylacriden-ähnlich, nur laufen die Subcostaläste statt
kammartig nacheinander aus dem Stamme, einzeln oder in
Büscheln aus der unteren Ecke des H dreieckigen Costal-
454 A. H and Urse h,
feldes schief zum Vorderrande. Durch Übergänge mit den
Archimylacriden verbunden. Mittlere und untere Stufen des
oberen Obercarbon, später fehlend.
Genus Hemimylacris H a n d 1. Costalfeld noch nicht
typisch. R II, M. fast I oder III, Cu ziemlich klein. Analfeld
schlank. Clintoniana Sc; ramificata Ha ndl.
Genus Discomylacris n. g. Sehr breit oval. Äste der SV.
in Büscheln nahe der Basis entspringend. R II, groß, fast die
vordere Hälfte des Flügels einnehmend, schwach geschwungen,
mit fünf teilweise verzweigten Ästen. Analfeld lang, mehr als
halb so lang als der Flügel, seine erste Ader verzweigt. M III,
mit drei verzweigten Asten. Cu mäßig groß mit vier teilweise
verzweigten Ästen. Obiusa Bolton {Hemimylacris obtusa
Bolt., Qu. J. G. S. L. LXVII, 154, t. 10, f. 4, 5, 1911), M. Obere.
Wales.
Genus Soomylacris Handl. R mit zwei fast gleich-
wertigen Ästen, Ml, Cu eingeschränkt, Ai verzweigt. Deanensis
Sc, gallica m. (=: Orthomylacris sp. Pruvost, 1. c, 357,
t. 11, f. 5, ba} 1912) aus Lievin in Frankreich; scheint
Deanensis sehr ähnlich.
Genus Orthomylacris Handl. Die Hauptgattung der
Gruppe. Costalfeld typisch. AMI, M III, Cu mäßig groß. A1
verzweigt. Analis Handl.; rugulosa Handl.; truncatula Handl.;
elongata Handl.; Mansfieldi Sc; lusifuga Sc; Heeri Sc;
alutacea Handl.; Pluteus Sc; antiqua Sc; pennsylvaniae
m. (= pennsylvanica Handl., 1906); contorta Handl. (Am.
Journ. Sc XXXI, 369, f. 52, 1911); Gurleyi Sc (:= Mylacridae
gurleyi Handl., t. 29, f. 1); rigida Sc. (= Mylacridae rigida
Handl., t. 28, f. 31); pennsylvanica Sc. {— Mylacridae penn-
sylvanica Handl., t. 28, f. 28, 29); t'pauperata Sc (= Myla-
cridae pauperata Handl., t. 28, f. 22); pittstoniana Sc.
(r= Mylacridae pittstoniana Handl., t. 28, f. 27).
Genus Actinomylacris Handl. Costalfeld kurz, R II, die
vordere Hälfte des Flügels einnehmend. M II, Cu eingeschränkt.
Ax einfach. Carbonum Sc; vicinä Handl.
Genus Exochomylacris Handl, Mehr oval. Costalfeld
groß und lang. R II, M II, Cu normal. A einfach (vielleicht zu
Orthomylacris). Virginiana Handl.
Zur Kenntnis der palaeozoisehen Blattarien. 455
Genus Anomomylacris Handl. Costalfeld lang, der ganze
Flügel gestreckt, R II, M II, klein, Cu groß, sein zweiter Ast
reich verzweigt. A1 verzweigt: Cubitalis Handl.
Genus Stenomylacris Handl. Viele und feine Adern,
gestreckt. Costalfeld kurz. R II, M II, groß, Cu klein, A ? ein-
fach: Elegans Handl.; lauceolata Bolton (Orthomylacris
lauceolata Bolt., 1. c, 167, t. 10, f. 1, 2, 1911); IMontagnei
Pruvost (Stenomylacris Munt. Pruv., 1. c, 358, t. 11, f. 6,
1912).
Genus Phthinomylacris Handl. Schulter sehr stark. Kurz.
Costalfeld groß, R II, groß, M II, klein, Cu klein, .4 einfach-
Cordiformis Handl.; medialis Handl.
Genus Chalepomylacris Handl. Costalfeld klein, R groß,
zwei Hauptäste mit je etwa acht Zweigen, M II, Cu klein,
.4 einfach: Pulchra Handl.
Genus Brachymylacris Handl. Sehr kurz und breit.
AMI, Ml oder II, Cu klein, A einfach: Elongata Handl.;
cordata Handl.; rotundata Handl.; mixta Handl.; ? Pruvosti
m. (= Soomylacris sp. Pruvost, 1. c, 355, t. 11, f. 4, 1912;.
"Wie bei der vorhergehenden Art, R in zwei große Äste
•geteilt und M fast I.
Genus Sphenomylacris Handl. Eigentümlich geformt.
R II, M nur zwei Gabeläste, Cu klein, .4 durch schräge nicht
gebogene Falte begrenzt: Singularis Handl.
Genus Platymylacris' Handl. Eigenartig geformt. Sc lang,
sichelartig geschwungen, R II, nur drei lange gegabelte Aste,
M II, mit wenigen langen Ästen, Cu normal, A sehr kurz,
Sutur gebogen: Paucinervis Handl.
Genus Goniomylacris Handl. Schulter sehr eckig vor-
gezogen. Costalfeld vermutlich kürzer als ich annahm; es
schließt nur die in vier Zweige geteilte Ader ein, und die
folgende wäre dann der 1. Ast des relativ ursprünglichen
A'. 4/1, Cu normal, A schlank: Pauper Handl.
Genus Mylacris Sc. Subcosta lang, typisch verzweigt.
i? II, M III, Cu normal, .4 schlank, die 1. Ader meist gespalten:
Anthracophila Sc; elongata Sc; similis Handl.; dubia
Handl. (M im Hinterflügel noch II. im Vorderfitigel III);
450 A. Hand Urs eh.
? Scllardsi Hand].; ? pseudöcarbouüm Handl. (— Mylacridae
pseudöcarbouüm Handl., t. 28, f. 23); ampla Sc.
? Genus Aphelomylacris Handl. ? ±z Mylacris. Weniger
Adern, namentlich .1/ reduziert, Cu groß, .4 einfach, Costal-
feld kurz, AMI; Modesta Handl.
Genus Lithomylacris Sc. Besonders schlank, Sc lang,
AMI, groß, M IN, Cu normal, A schmal und schlank, nur
wenige Adern; August a Sc.
Genus Amblymylacris Handl. Kurz oval, stumpf ab-
gerundet. .SV kurz, R N, M reduziert ? IN, Cu normal;
Clintoniana Sc, Havel Sc.
Genus Promylacris Sc. Subcosta eigenartig. R II, .1/111,
.4 groß: Ovalis Sc.
Genus Paromylacris Sc. Besonders breit gebaut. Fl. am
Ende breit abgerundet. Sc groß, R II, M ? I, II oder IN,
A mäßig groß: Rotunda Sc, ? priscovolans Sc. (=. Mylacridae
priscovolans Handl., t. 28, f. 21) mit sehr stark verzweigter
1. An aus.
Genus Etomylacris n. g. Herzförmig. Sc kurz, AMI, groß;
M IN, klein; .4 kurz, 1. Ader verzweigt. Burri Bolt. (= Soo-
mylqcris [Etoblatt] Burri Bolt., 1. c. 318, t. 33, f. 1, 2,
1912).
Genus Simplicius n. g. Wenige Adern, Sc groß, typisch;
R II, nur vier gleiche einfache Aste parallel zur Spitze
sendend; M einfache Gabel; ( '// mit zirka drei Asten; A schlank;
Simplex Sc. (=: Lithomylacris simplex Sc. = Mylacridae
simplex Handl, t. 28, f. 26).
Mylacridae ineertae sedis: Ampla Sc; amplipeuuis m.
(— Promylacris rigida Seil. Pop. sc. monthly 1906, 248,
f. 4), Hinterflügel; ovalis Sc (== Blattoidea ovalis Handl.,
t. 30, f. 37), Hinterflügel.
Larvae Mylacridarum: Lawrenceana m. (™ Blattoidea
sp. Handl, t. 18, f. 46); Schnelle rti Handl. (= Blattoidea
Schucherti Handl., t. 18, f. 32); Scllardsi Handl. {— Blattoidea
Scllardsi Handl., t. 18, f. 33); Melanderi Handl. {— Blattoidea
Melauderi Handl., t. 18, f. 34); Schuchertiana Handl.
(=: Blattoidea Schuchertiana Handl, t. 18, f. 35, 36);
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 45/
Sellanlsiana Handl. (r= Blattoidea Sellardsiana Handl,
t. 18, f. 37); diplodiscus Pack. (= Blattoidea diplodiscns
Handl., t. 18, f. 27—30); Peachi Woodw. {— Blattoidea
Peachi Handl., t. 18, f. 26); aneeps Seil. (= Blattoidea
aneeps Handl., t. 18, f. 24).
Familie Pseudomylacridae Handl. Sehr klein, Costalfeld
typisch wie bei Mylacriden. R zwei Hauptäste, M I oder III.
Cu sehr klein. .4 mit gebogener Sutur. Einzelne Queradern.
Ob. Obere.
Genus Pseudomylacris (Schi. i. 1.) Handl. Wettinense
(Schi.) Handl.
Familie Neorthroblattinidae Handl. Kleine Formen. Sc
kurz aber kammartig. R II, M I oder fast II. Cu klein, A1 ver-
zweigt, die Äste gegen die Sutur gerichtet. Einzelne Quer-
adern. Ob. Obere, und Perm.
Genus Mylacridium (Schi. i. 1.) Handl. Genua vi (Schi.)
Handl.; Hartdlirschi (Schi.) Handl.; Fritschi (Schi.) Handl.;
Schrötern (Schi.) Handl.; Berlichi (Schi.) Handl.; longulum
(Schi.) Hand!.; Goldenbergi (Schi.) H&ndl.; jueundum (Schi.)
Handl.; sitperbum (Schi.) Handl.; planum (Schi.) Handl.;
Brongniarti (Schi.) Handl.; pulcrum (Schi.) Handl.;
Berliehianum (Schi.) Handl.; incertum (Schi.) Handl;
depressum (Schi.) Handl.; gracilc (Schi.) Handl.; uliversiuii
(Schi.) Handl. (= Blattoidea diversa Handl. t. 30, f. 29);
luanum m. {—Blattoidea sp. Handl, t. 30, f. 30).
Genus Neorthroblattina Sc, alboliueata Sc.
Familie Dictyomylacridae Handl. Größere Formen. Sc
neigt zur Mylacrisform. R II, M II, Cu etwas eingeengt.
A mit gebogener Sutur, in die einige Adern münden. Quer-
adern. Mittl. und ob. Obere
Genus Dictyomylacris Brongn., insignis Br.; Poiraulti
Br.; multiuevvis (Seil) Handl
FamilieNeomylacridaeHandl.Subcostamvlacridenähnlich.
R II, M klein ? noch I. Cu normal, A: einige Adern münden
in die gebogene Sutur.
458 . A. Handlirsch,
Genus Neomylacris Handl. Major Handl.; pulla HandL
? pancinervis Handl.
Familie Pteridomylacridae Handl. Ganz aberrant. .SV
mylacridenähnlich. R II, M einfache Gabel, Cu wenig Äste.
.4 sehr lang, bis zum Spitzenrande reichend, mit fast gerader
Sutur und einfachen Adern. Ob. Obere.
Genus Pteridomylacris Handl., paradoxa Handl.
Familie Idiomylacridae Handl. Sc fast wie bei Myla-
cridae. RVl (gleichwertige Äste); M\, Cu normal, klein, A mit
Bogensutur und eigenartigen Adern. Ob. Obere.
Genus Idiomylacris Handl.. gracilis Handl.
Familie Poroblattinidae Handl. Klein. Sc kammartig
aber sehr kurz, R II, groß, M I bis III, Cu reduziert, mit
Schaltsektoren. .4 normal, Adern in den Hinterrand. Ob. Obere,
und Perm.
Genus Poroblattina Sc.: Brachyptcra Handl.; lata Handl.;
richmondiana Handl.; tenera (Schi.) Handl.; incerta (Schi.)
Handl.; debilis (Schi.) Handl.; subtilis (Schi.) Handl.;
imdosa (Schi.) Handl.; iuversa (Schi.) Handl.; rastrata
m. (= Poroblattina sp. Handl., t. 29, f. 39); varia (Schi.)
Handl.; obscura (Schi.) Handl.; longula (Schi.) Handl.;
Germari Gieb. (— virgnla [Schi.] Handl., t. 29, f. 43, 44);
ambigua (Schi.) Handl.; ornata (Schi.) Handl.; striolata
(Schi.) Handl.; ? modesta (Schi.) Handl.; ? nervosa (Schi.)
Handl.; arcuata Sc; Lakcsii .Sc.
Genus Autoblattina (Schi.) Handl.: Amoena (Schi.)
Handl.; elegans (Schi.) Handl.; gracilis (Schi.) Handl.;
Schlechtendali m. (= sp. [Schi.] Handl., t. 30, f. 10);
difficilis (Schi.) Handl.; jueunda (Schi.) Handl.; Unversa
(Schi.) Handl. (— Blatt oidea inversa Handl., t. 30, f. 20);
^fallax (Schi.) Handl. (= Blattoidea fallax Handl., t. 30,
f. 27).
? Genus Systoloblatta Handl., Ohioeusis Sc.
Familie Mesoblattinidae Handl. Sc ohne Adern, einen
H kurzen Wulst bildend. R II, MIl, Cu 4 reduziert;
A zum Teil in die Sutur mündend. Spezialisiert.
Zur Kenntnis der palaeozoischen Blattarien. 459
Genus Acmaeoblatta Handl., lanceolata Handl.
Genus Dichronoblatta Handl., minima Sc.
Genus Nearoblatta Handl.: Parvula Gold.; exarata
(Schi.) Handl.; pygmaea (Schi.) Handl.; rotundata Sc;
Lakesii Sc.
Genus Epheboblatta Handl., atteuuaia Sc.
Genus Scutinoblattina Sc, Brongniarti Sc.
Familie Diechoblattinidae Handl. M verschwunden, ? ob
mit R oder Cu verschmolzen. R II, Sc reduziert. Analadern
in die Sutur mündend. Perm.
Genus Nepioblatta Handl., intermedia Sc.
Genus Brephoblatta Plan dl., recta Sc.
Familie Proteremidae Handl. Perm. Ein eigenartig
spezialisierter Hinterflügel.
Genus Proterema Handl., rarinervis Göpp.
Blattariae ineertae sedis:
A. Vorderflügel : Convexa B o 1 1 o n (Hemimylacris
convexa Bolt., 1. c. 15G, t. 7, f. 3, 1911); Kustae m.
(= Blaitoidea sp. Handl., t. 30, f. 23); sp. plur. Grand Eury
(weder beschrieben noch abgebildet); sp. Andrä (nicht
beschrieben); bretonensis Sc. (= ? Mylacridae bretonensis
Handl., t. '28, f. 25); Kliveri m. (= BJattoidea sp. Handl.,
t. 31, f. 15); agilis (Schi.) Handl.; confusa (Schi.) Handl.;
tenuis Seil. (Haenoblattina tenuis Seil., 1. c. 524, t. 71, f. 1):
Muß als Tj'pus der Gattung HaeuoblatHna Seil, gelten;
rarinervis Seil. (Haeiioblattina rarinervis Seil., 1. c 525,
t. 71, f. 2) gehört in ein anderes Genus als tenuis; Schucherti
Seil. (Schiznblattina Schucherti Seil., 1. c. 518, t. 70, f. 7);
minor Seil. (Schizobiattiua minor Seil., 1. c 518); Rich-
mondiana Sc; carbonina Handl. (=z Mylacridae carbouiua
Handl., t. 28, f. 24); lebachensis Gold.; constricta (Schi.)
Handl.; Canavarii m. (=r Blattinariae Canavari 1892),
GoldenbergiMa.hr. (:= Gerablattina Goldenbergi auct.) müßte
als Typus einer Gattung Gerablattina gelten; perita Sc;
exigua Sc; coloradensis m. (=r Blaitoidea sp. Handl., t. 36,
460 A. Handlirsch,
f. 58); schematica m. {==.gen.et. sp. nov., Sellards, Pop. Sc.
monthly 1906,, 245, f. 2).
B. Hinterflügel: sp. Scudder (Handl., t. 3.1, f. 14)
Fragment; vemista (Schi.) Handl.; separata (Schi.) Handl.;
Schlechtendalella m. (=: Blattoidea sp. Handl., t. 31, f. 2);
excellens (Schi.) Handl; retienlosa m. (= Blattoidea sp.
Handl., t. 31, f. 7); simillinia m. (= Blattoidea sp., t. 31, f. 8);
singularis (Schi.) Handl.; dictyoneura (Schi.) Handl.;
propria (Schi.) Handl.; saxigena m. (= Blattoidea sp.
Handl.. t. 31, f. 12); postica m. (=z Blattoidea sp. Handl..
t. 30, f. 38); altera m. (= Blattoidea sp. Handl., t. 30, f. 39);
euptera m. (= Blattoidea sp. Handl., t. 30, f. 43); normalis
m. (= Etoblattina sp. Seil., 1. c. 529, t. 76, f. 5, t. 77, f. 3);
cognata m. (= Eioblattina sp. Seil., 1. c. 530); oligoneuria
m. (= Blattoidea sp. Handl., t. 37, f. 11); mnltifida m.
(= Blattoidea sp. Handl., t. 37, f. 13); 2?«s/ m. (Blattoidea
sp. Reis, Geogn. Jahresh. XXV, 251, t. 3, f. 6, t. 4, f. 6,
1912) ein verkehrt orientierter Hinterflügel ohne Vorderrand;
debilis m. (Piiknoblatfiiia sp. Seil., 1. c. 533, t. 74, f. 58);
parva m. (Puknoblattina compacta} Seil., I.e. 532); dyadica
m. (Etoblattina sp. Seil., 1. c. 532 et Pop. Sc. Monthly 1906,
f. 5); instvuetiva m. {Etoblattina ' ? sp. Seil., 1. c. 532, t. 74,
f. 3); laiipeiiuis m. (Etoblattina sp. Seil., 1. c. 531, t. 74, f. 1);
Banneria (Etoblattina sp. Seil., 1. c. 531, t. 74, f. 7);
Wellingtonia m. (Etoblattina sp. Seil., 1. c. 531, t. 74, f. 9).
C. Unkenntliche Flügelfragmente: sp. (Schi.) Handl.
(t. 31, f. 16); sp. (Schi.) Handl. (t. 31, f. 17); sp. (Schi.)
Handl. 384 (Koproliten).
I). Pronota: triangularis m. (Blattoidea sp. Handl.,
t. 31, f. 19); semicircularis m. (== Blattoidea sp. Handl..
t. 31, f. 20); diseifera m. (rr Blattoidea sp. Handl.; t. 31,
f. 21); circularis m. (Blattoidea sp. Handl., t. 31, f. 22);
trapezoidea m. (Blattoidea sp. Handl., t. 31, f. 23); striolata
m. (Blattoidea sp. Handl., t. 31, f. 24); laticollis m. (Blattoidea
sp. Handl., t. 31, f. 25); longicollis m. (Blattoidea sp., t. 31,
f. 26); elongata m. (Blattoidea sp. Handl., t. 31, f. 27);
interjeeta m. (Blattoidea sp. Handl.. t. 31, f. 28); discula m.
Zur Kenntnis der pajaeozoischen Blattarien. 4b 1
(Blattoidea sp. Handl., t. 31, f. 29); sculpticollis m. {Blattoidea
sp. Handl., t. 31, f. 30); transversalis m. (Blattoidea sp.
Handl., t. 31, f. 31); ovalis m. {Blattoidea sp. Handl., t. 31,
f. 18).
E. Körper: Corpus m. {Blattoidea sp. Handl. 301);
lobata Handl.
F. Larven und Teile von solchen: Limulus m. (= Seil.
Pop. Sc. mouthly 1906, 249, f. 7); minuta (Schi.) Handl.;
sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 6); acumiuata (Schi.) Handl.;
perbrevis (Schi.) Handl.; minima (Schi.) Handl.; sp. (Schi.)
Handl. (t. 18, f. 16); sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 12); sp.
(Schi.) Handl. (t. 18, f. 11); ? sp. (Schi.» Handl. (t. 18, f. 9)
ist vielleicht keine Blattarie!; sp. (Schi.) Handl. (t. 17, f. 25);
sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 2); sp. (Schi.) Handl. (t. 18,
f. 3); sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 5); sp. (Schi.) Handl.
(t. 18, f. 7); sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 8); sp. (Schi.)
Handl. (t. 18, f. 1); sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 23); sp.
(Schi.) Handl. (t. 18, f. 22); sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 21);
sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 20); sp. (Schi.) Handl. (t. 18,
f. 19); sp. (Schi.) Handl. (t. 18, f. 18).
G. Eierkapseln: Ootlieca m. (=. Blattoidea sp. Handl.,
t. 18, f. 49); ovifera m. (? Blattoidea sp. Handl., t. 18, f. 48);
Jertilis m. {Blattoidea sp. Handl, t. 18, f. 47).
:Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 129. Bd. 31
463
Planktoncopepoden
aus der nördlichen Adria1
Von
Dr. Fritz Früchtl
Assistenten am Zoologischen Institut der Universität Innsbruck
(Mit 6 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 1. Juli 1920)
Das Material für die vorliegende Untersuchung wurde
vom Forschungsdampfer »Rudolf Virchow« der Deutschen
zoologischen Station in Rovigno auf einer Sommerfahrt im
Jahre 1911 längs der Ostküste der nördlichen Adria in
23 Fangstationen gesammelt und mir im darauffolgenden
Winter von meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr.
Ad. Steuer, zur Bearbeitung übergeben. Die mikroskopischen
Untersuchungen konnten noch kurz vor Beginn des Welt-
krieges zu Ende geführt werden. Die Veröffentlichung der
1 Die vorliegende Arbeit ist der 17. Teil der Ergebnisse der Virchow-
Planktonfahrten (siehe diese Sitzungsberichte, Bd. CXIX, 1910 [Steuer,
Adriatische Planktoncopepoden], Bd. CXX, 1911; B. Schröder, Adriati-
sches Pbytoplankton; Stiasny, Radiolarien aus der Adria; Steuer, Adria-
tische Planktonamphipoden; Steuer, Adriatische Pteropoden; Steuer, Adria-
tische Stomatopoden und deren Larven; Stiasny. Über adriatisch.
und Actinotrocha-L&rven ; Stiasny, Planktonische Foraminiferen aus der
Adria; Ol. Schröder, Eine neue marine Suetorie (Tokop/aya steuert nov.
spec.) aus der Adria], Bd. CXXI, 1912 [Schweiger, Adriatische Cladoceren.
und Planktonostracoden; Sigl, Adriatische Thaliaceenfauna; Neppi, Adria-
tische Hydromedusen ; Kalkschmid, Adriatische Heteropoden; Übel, Adria-,
tische Appendicularien], Bd. CXXII, 1913 [Laackmann, Adriatische Tin-
tinnodeen]), Bd. CXXVI, 1917 |Moser, Die Siphonophoren der Adria und
ihre Beziehungen zu denen des Weltmeeres]).
464
F. Früchtl,
Arbeit erlitt aber durch meine Einberufung zum Frontdienst
sowie durch eine dreijährige russische Kriegsgefangenschaft
eine Verzögerung von mehr als fünf Jahren.
Fi u ine
Pericoloso
Pomo 15
Fig. 1.
Heiseweg des »Rudolf Virchow«, 25. Juli bis 5. August 1911.
1 bis 23 Fangstationen.
Da der zur Verfügung stehende Raum es leider nicht
gestattet, die Arbeit als ein in sich geschlossenes Ganze in
diesen Sitzungsberichten in Druck zu bringen, mußte ich mich
darauf beschränken hier nur den systematischen »Speziellen
Teil« derselben der Öffentlichkeit zu übergeben. Die all-
gemeinen Ergebnisse der Untersuchung sollen an anderer
Stelle nachfolgen.
Planktoncopepoden aus der Adria. 46o
Es sei mir auch an dieser Stelle gestattet, meinem hoch-
verehrten Lehrer und Chef, Herrn Prof. Dr. Ad. Steuer, für
die vielfachen Anregungen und die Liebenswürdigkeit, mit
welcher er mir seine reichhaltige Privatbibliothek jederzeit zur
Verfügung stellte, meinen tiefsten Dank auszusprechen. Zu
großem Dank verpflichtet bin ich ferner meinem hochverehrten
Lehrer, Herrn Geheimrat Prof. Dr. K. Hei der (Berlin), welcher
mir vor dem Kriege durch sechs Semester hindurch einen
Arbeitsplatz im hiesigen Institut gütigst überließ und dem
Fortgang meiner Arbeit reges Interesse entgegenbrachte.
Für Bestimmungen, Materialsendungen und die Über-
prüfung einzelner Befunde spreche ich Frau Maria Dahl
(Berlin-Steglitz), meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof.
Dr. V. Brehm (Eger), sowie den Herren G. P. Farran (Dublin),
Dr. R. Grandori (Padua) und Dr. Br. Schröder (Breslau)
meinen besten Dank aus.
Spezieller Teil.
Verzeichnis der vom Stationsdampfer „Rudolf Virchow" in den
Sommermonaten des Jahres 1911 gesammelten Planktoncopepoden.
(Die für die Adria neuen Arten werden fett gedruckt.)
A. GYMNOPLEA.
I. Tribus AMPHASCANDRIA.
1. Farn. CALANIDAE.
Genus Calanus Leach, 1816.
Calanus helgolandicus (Claus).
Größe: 9 2*52 bis 3- 22 mm, cf 2-0 bis 2'8 mm. Nörd-
liche Adria.
G. O. Sars (1903) unterscheidet eine nördliche polare
Form C. finmarchicus (Größe: ? 4 bis b mm, cf 3*60 ///;//)
von einer südlichen C. helgolandicus (9 bis 3 //////; cf 2*80 mm).
Wolf enden (1904) hält die unterscheidenden Merkmale (Größe,
Kopfform der Weibchen, fünfter Fuß der Männehen) als »too
inconstant to ad mit such a Separation into specific forms«
466 F. Früchtl,
und betont gleich Mräzek, welchem aber nur Weibchen
vorlagen, die große Variabilität dieser Form.
Esterly (1905) beschreibt 9 und cf von C. finmarchicus,
wobei jedoch die auf p. 125, Fig. 1 (c) gegebene Skizze des
fünften Fußes des cf mit C. Helgoland icus übereinstimmt. Als
Länge gibt er für beide Geschlechter 2*6 bis 3 'lmm an,
was darauf hinweist, daß ihm dieselbe Form vorgelegen hat,
welche Steuer (1910) und neuerdings auch ich in der Adria
vorfanden. Es ist nun sehr bemerkenswert, daß Steuer in
seiner Arbeit neben helgolandicus (Claus) auch finmarchicus
(Gunner) aufführt, von der letztgenannten Art jedoch nur
erwachsene <J bei Selve und Ragusa fand, während er sich
genötigt sah, die erbeuteten cf der zweiten Spezies helgo-
landicus (Claus) zuzuteilen.
Meine Bemühung, ein cf von finmarchicus zu entdecken,
blieb, trotzdem ich über 20 Fänge, welche Triester Winter-
plankton vom Jahre 1902/03 enthielten, noch obendrein durch-
suchte, ebenfalls ergebnislos.
Bei sämtlichen cf (zirka 50 Exemplaren) war das Längen-
verhältnis zwischen Exopodit und Endopodit des fünften Fußes
vollkommen konstant und entsprach genau der von Sars (1903)
auf PL IUI gegebenen Abbildung.
Auch nach Giesbrecht's (1892) Zeichnung vom fünften
Fußpaar des cf von finmarchicus (Taf. 8, Fig. 31) zu schließen,
scheint im Mittelmeer in der Tat bisher nur das Männchen
von C. / dicus (Claus) aufgefunden worden zu sein.
Während ich bei Bestimmung der Männchen niemals über
deren Artzugehörigkeit in Zweifel geraten konnte, ergaben
sich solche bei der Untersuchung der Weibchen.
So fanden sich im vierten Fang (bei Punta Bonaster)
neben typischen Weibchen von C. helgolandicus (Claus) auch
einzelne Exemplare, welche sich von C. finmarchicus (Gunnen
nur durch ihre geringere Körpergröße (bis 3*2 mm anstatt
4 bis 5 iinii) unterschieden, in der Form des Kopfes dagegen
Übergänge zwischen C. helgolandicus (Claus) und C. fin-
marchicus (Gunner) aufwiesen. Wenn ich dessenungeachtet
die erbeuteten Weibchen zu C. helgolandicus (Claus) stelle
und ferner die Ansicht ausspreche, daß alle von verschiedenen
Planktoncopepoden aus der Adria. "''
Autoren bisher aus der Adria gemeldeten Calanus ßnmarchicus-
Weibchen der anderen Art C. helgolandicus zugeteilt werden
müssen, so stütze ich mich bei dieser Behauptung auf folgende
drei Tatsachen:
1. Alle bis heute aus dem Mittelmeer bekannt gewordenen
Männchen gehören zu C. helgolandicus (Claus).
2. Es ist bis jetzt nicht gelungen, am fünften Fußpaar
dieser Männchen Schwankungen im Längenverhältnis zwischen
Exopodit und Endopodit festzustellen.
3. Die Körpergröße der Männchen und Weibchen stimmt
mit der von C. helgolandicus (Claus) überein.
Die Zahl der Zähnchen am Innenrand von B1 des fünften
Fußes variiert bei den Weibchen zwischen 27 bis 34,
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Purara, westlich und südlich von Lucietta, Klippe
Mulo, Porno, Dolfin, Punta Colorat, Lussin, Pericolosa, südlich
von Kap Merlera, südlich Galliola, östlich von Punta nera.
Bisher bekannt: Quarnero, Selve, Lucietta (Steuer,
1910).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
15
Fang :
1
2
3
4
5
6
7
8
10
12
13
14
?:
2
23
juv.
39
6
28
07
!
3
o
4
C?:
1
1
3
juv.
1
—
3
6
6
—
—
Calanus minor (Claus).
Größe: 9 1/77 bis l-92mm, c? V76mm, Pomobecken
(9 1*8 bis 2 mm, cT 1*7 bis l'8mm), Golf von Neapel.
C. minor ist im Pomobecken neben Euchaeta liebes Gies-
brecht die individuenreichste Spezies. Bei der Mehrzahl der
Männchen waren die Furkaläste parallel zueinander gestellt:
bei einigen ausgewachsenen cT zeigten sie mehr oder minder
starke Divergenz.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Lucietta, Klippe Mulo.
Pomobecken, Maon-Dolfin, Pericolosa, südlich von Kap Merlera,
Golf von Triest (im Winterplankton 1902/03, Fang 54).
Bisher bekannt: Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910), Porto
Lignano, Malamocco, Viesti, Brindisi, Otranto (Grandori, 1910).
468 F. Früchtl,
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
3 4 5 6
Fang :
1
?:
6
C? =
7
8
10
12
13
14
15-
3
3
4
12
1
157
58
31
Calanus tenuicornis Dana.
Größe: 9 2'07 bis 2-25 mm, cT \-%7 mm, Lucietta.
(9 1-9 bis 2-5 //?///, ^ 1*85 bis 1'95 /;////), Neapel.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Klippe Purara, westlich und südlich von Lucietta,
Klippe Mulo, Pomobecken, Punta Colorat, Kap Merlera, Punta
nera.
Wahrend meines Aufenthaltes an der Zoologischen Station
in Triest (September 1912) konnte ich in einem nach starker
Bora gemachten Planktonfang die Art auch für den Golf
nachweisen.
Bisher bekannt: Selve, Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910).
Malamocco, Brindisi, Otranto (Grandori, 1910).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang :
1
0
3
4
■ 1
6
7
8
10
12
13
14
1&
?:
2
6
4
3
7
juv.
6
.",7
17
11
2
10
13
rT:
—
—
•>
—
1
—
•;
6
3
—
—
1
2
Calanus gracilis Dana.
Drei Weibchen wurden beobachtet.
Größe: 9 3-23, 3-38, 3-46 mm (lateral gemessen), Pomo-
becken. (93 bis 3-25 mm), Neapel.
Fundorte: Südlich von Lucietta, vor Porno.
Bisher bekannt: Ragusa (Steuer, 1910).
2. Farn. EUCALANIDAE.
Genus Eucalanus Dana, 1852.
Eucalanus attenuatus Dana.
Größe: 9 4'84 //////, Porno. (9 4-2 bis 4-85 mm), Neapel.
Nur ein Weibchen wurde von dieser Art erbeutet.
Fundort: Vor Porno (Fang 15).
Bisher bekannt: Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910).
Planktoncopepoden ans der Adria. 469'
JEuealarius elongatus Dana.
Größe: 9 5-81 bis fr 96 ■//////, Porno. (9 5-9 bis 7-1 min),
Neapel.
Von den beiden von Steuer in der Adria (Lucietta,
Ragusa) gefundenen Spezies attenuatus (Dana) und monachus
Giesb recht ist elongatus leicht durch sein viergliedriges
Abdomen zu unterscheiden. Sieben geschlechtsreife Weibchen
und ein juveniles Männchen lagen vor. Bei sechs Weibchen
befand sich der größere Furkalast mit der längeren Furkal-
borste auf der linken Körperseite. Nur bei dem größten
Weibchen (5*96 nun) war der rechte Furkalast der größere
und mit der längeren Borste versehen.
(Schon Gies brecht [1892] hat an Exemplaren aus dem
Neapler Golfe die gleiche Beobachtung gemacht und sagt bei
der Besprechung des Genus p. 136: »Furka asymmetrisch, der
linke Zweig [bei elongatus zuweilen der rechte] stärker ent-
wickelt als der rechte.«)
Fundorte: Südlich von Lucietta, vor Porno (Fang 15).
Der größte Copepode der nördlichen Adria.
Genus -Mecynocera J.C.Thompson, 1888.
Mecynccera clausi J. C. Thompson.
Größe: 9 1*062 bis 1T2 mm, vor Porno. (9 0*92 bis
1 mm), Neapel.
Ein ausgesprochener Hochseeplanktont. Die ersten An-
tennen sind über doppelt so lang als der Rumpf, reich be-
borstet und bilden für den ohnehin schlanken Körper vor-
treffliche Balanceorgane.
Fundorte: Klippe Mulo, südlich von Zirona, Weg nach
Porno, vor Porno.
Bisher bekannt: Lucietta (Steuer, 1910), Porto Lignano
(Grandori, 1910), Gruz (31./ 3. 1893, L. Car), Pelagosa
(Steuer, 1912).
Steuer (1910) hat die Arbeit von L. Car (1901) nicht
berücksichtigt und daher die Form als für die Adria neu
bezeichnet.
470 F. Früchtl,
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang: 1 2 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14 15
9 : —421-47
rf: ______
3. Farn. PARACALANIDAE.
Genus Paracalanus Boeck, 1864.
Paracalanus parvus (Claus).
P. parvus ist in mäßiger Individuenzahl über die nörd-
liche Adria verbreitet und in fast jedem Oberflächenfang
anzutreffen. Die Länge der gemessenen Tiere schwankt bei
den Weibchen zwischen 0'77 bis 0*81 mm und bei den
Männchen zwischen 0 81 bis 0'91 mm. Sie sind demnach
kleiner als die von G. O. Sars im Christiania-Fjord und an
der Südküste Norwegens gefundenen Exemplare, welche eine
Größe bis zu 1 mm erreichen können.
Wolfenden (1904) unterscheidet auf Grund der sich
beim eingehenden Vergleiche zwischen Giesbrecht's P. par-
vus aus dem Mittelmeere mit dem von Sars abgebildeten
parvus aus Norwegen ergebenden Differenzen eine nördliche
und südliche Form des P. parvus. Er faßt sie aber nicht als
verschiedene Arten auf, sondern läßt sie nur als »Varietäten-
gelten, was aus der hier wörtlich angeführten Stelle (p. 129)
hervorgeht: »They are not distinct species, but undoubted
varieties, and the northern form, though extending as far
south as lat. 51° (Valentia), does not probably reach the Medi-
terranean, from which point southwards the southern variety
extends«.
Pesta (Copepoden aus dem Golf von Persien, 1912)
führt in dieser Arbeit P. acmeatus auf und bildet auf p. 7,
Fig. 4, das fünfte Fußpaar des Männchens dieser Form ab.
Da mir bei meinen Untersuchungen wiederholt unreife Männ-
chen von P. parvus (Claus) untergekommen waren, deren
fünfter Fuß mit Pesta's Skizze übereinstimmte, sah ich in
der auf p. 6 angeführten Arbeit von Cleve (Plankton from
the Indian Ocean and the Malay Archipelago, p. 47, T. (3,
Planktoncopepoden aus der Adria. 4/1
Fig. 1 — 10) nach und fand meine Vermutung, daß das ver-
meintliche aculeatus cf eine Jugendform des parvus cf sei,
bestätigt.
Cleve sagt bei der Beschreibung des P. aculeatus c"
wörtlich: »Abdomen 4 jointed; longitudinal proportion of the
joints 1:1:1:2. Analsegment as long as broad.«
Das viergliedrige Abdomen und das auffallend lange
Analsegment ließen auf den ersten Blick das unreife parvus ?
erkennen. Auch das in Fig. 8 dargestellte fünfte Fußpaar wies
auf den »Jüngling« hin.
Ich möchte an dieser Stelle noch bemerken, daß schon
Claus (Neue Beiträge zur Kenntnis der Copepoden, 1880)
auf T. III, Fig. 3, das viergliedrige Abdomen mit dem linken
viergliedrigen fünften Fuß des jungen (vor der letzten Häutung
stehenden) Männchens von P. parvus und in Fig. 2 das fünf-
gliedrige Abdomen des reifen cf abgebildet hat. Nach ihm hat
Canu (Les Copepodes du Boulonnais, 1892) nochmals auf
Taf. I in Fig. 1 das reife, mit einem fünfgliedrigen Abdomen
ausgestattete Männchen von parvus abgebildet und ihm in
Fig. 2 das »Male jeune, ä l'avant-dernier Stade« mit dem noch
aus vier Segmenten bestehenden Abdomen an die Seite ge-
stellt. In Fig. 5 sind außerdem die letzten Thorax- und
Abdominalsegmente des jungen cf von der Ventralseite zu
sehen sowie sein rechts zwei- und links viergliedriges fünftes
Beinpaar.
Im Zoologischen Anzeiger (XXXIX. Bd., Nr. 3) beschreibt
Grandori ein n. gen. et n. sp. Piezocalauus laguiiaris cf,
das sich von P. parvus vor allem durch das sechsgliedrige
fünfte linke Bein und einen zweigliedrigen Exopodit der
hinteren Antenne auszeichnen soll (siehe p. 100, Fig. 7).
Nun ist der Exopodit von A2 bei
Paracalanus parvus cf sechsgliedrig (Giesbrecht, 1892,
T. 9, Fig. 23);
Calanus gracilis cf siebengliedrig (T. 7, Fig. 3);
Calanus fmuiarcliicus cf siebengliedrig;
Calocalanus styliremis cf siebengliedrig;
Clausocalanus areuicomis cf siebengliedrig (T. 10, Fig. 13);
Eucalanus attenuatus cf achtgliedrig (T. 11, Fig. 18);
Fang :
1
2
3
4
5
6
7
8
10
12
13
14
?:
7
16
62
41
21
4
8
13
9
Q
juv.
juv.
&■■
10
7
2S
19
9
—
2
3
4
1
juv.
—
4< 2 F. Früchtl.
demnach hei keiner Calanide weniger als sechsgliedrig, wes-
halb ich Zweifel hege, daß Grandori eine geschlechtsreife
Form vorlag.
Fundorte: Gruica, Skärda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Klippe Purara, Lucietta, südlich von Zuri, Klippe
Mulo, südlich von Zirona, Porno (juv.), Maon-Dolfin, Punta
Colorat, Pericolosa, Kap Merlera, Klippe Galliola, Punta nera.
Bisher bekannt: Aus mehreren Lokalitäten der nörd-
lichen Adria (Claus, 1881; Car, 1883, 1884, 1888, 1893,
1898 bis 1899, 1902; Graeffe, 1900; Steuer, 1910, 1912;
Grandori, 1910, 1912; Leder, 1917).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
15
Genus Calocalanus Giesbr.. 1888.
Die Vertreter dieses Genus zählt Giesbrecht zu den
eigentümlichen Spezies des warmen Gebietes. Pearson (1905)
bezeichnet daher ihr Auftreten in den irischen Gewässern als
Seltenheit.
Calocalanus pavo (Dana).
Größe: 9 1*193 mm, südlich von Zirona. (9 0*88 bis
1 • 2 mm), Neapel.
Ein sehr gut erhaltenes Weibchen wurde beobachtet.
Das Abdomen ist zweigliedrig; die Furkaläste, welche ge-
spreizt getragen werden, bilden mit der Körperlängsachse
einen nahezu rechten Winkel und sind so lang als der übrige
Teil des Abdomens. Der fünfte Fuß und Basipodit des vierten
Fußes sind gleichgroß. Ri 3 des dritten und vierten Fußes
trägt nur eine Gruppe von Stacheln. Die Si der Furka ist an
beiden Ästen wohlerhalten, während die Se an ihrer Basis
abgebrochen sind. Das Endglied der gut erhaltenen rechten
ersten Antenne ist fünfmal so lang als das vorletzte Glied
derselben.
Planktoncopepoden aus der Adria. 47o
Fundort: Südlich von Zirona.
Bisher bekannt: Triest (Graeffe, 1902), Ragusa (Steuer,
1910).
Calocalamis styllremis Giesb recht.
Größe: 9 0*59 bis O'Qßmtn, Punta Bonaster. (9 0-6
bis 0-72 nun), Neapel.
C. styliremis ist ziemlich gleichmäßig, wenn auch in
geringer Individuenzahl, in der nördlichen Adria verbreitet.
Er zählt zu den kleinsten Copepoden der Adria und dürfte
von früheren Untersuchern möglicherweise übersehen worden
sein. Graeffe (1902) hat seine Verwandten C. pavo und
pliiiuiilosus nur während der Wintermonate als seltene Gäste
im Triester Golf angetroffen.
Das erste Weibchen dieser Art entdeckte ich in einem
Glase mit lebendem Plankton, das am 2. Dezember 1911 im
Triester Hafen gefischt und dem hiesigen Institut für den
.zoologischen Kurs übersandt worden war.
Als für die Diagnose wichtige Merkmale sind zu nennen:
1. das dreigliedrige Abdomen; 2. das Endglied der ersten
Antenne, welches doppelt so lang als das vorletzte Glied ist,
und 3. das dritte Glied des Innenastes des dritten und vierten
Fußes, welches je zwei Gruppen von Stacheln trägt.
Fundorte: Triest (1911), Klippe Gruica, Skarda-Isto,
Punta Bonaster, Punta Velibog, östlich von Purara, westlich
und südlich von Lucietta, Klippe Mulo, Pomobecken, Punta
■Colorat, Punta nera.
Zahlen Verhältnis der Geschlechter:
Fang :
1
2
3
4 ;"
i 6 '
8
10
12
13
14
P :
1
1
3
3 -
1
1 2
1
—
—
1
<?■■
4. Farn. PSEUDOCALANIDAE.
Genus Clausocalanus Giesbrecht, 1!
Zahlen Verhältnis der Individuen beider Spezies:
7 s 10 12 13 14 1."
"7 111 102 174 33 43 12
3 — — - 1 2
Fang :
1 2
3
4
5
6
C. areuicornis :
27 177»
147
52
67
6
C. furcatus:
— <
12
8
2
474 F. Frü-chtl,
Clausocalanus arcuicornis (Dana).
Größe: 9 0*85 bis V 51 mm, c? 1 bis 1-17 mm, Punta
Bonaster. (9 115 bis 1* 6 mm, cf 1*12 bis i'2 mm), Neapel.
C. arcuicornis ist in beträchtlicher Individuenzahl im
untersuchten Gebiete verbreitet. Das reichliche Material gab
mir Gelegenheit zu eingehenden genauen Messungen, deren
Resultate ich an anderer Stelle zu veröffentlichen gedenke.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Yelibog, Klippe Purara, Lucietta, Klippe Mulo, südlich von
Zirona, Pomobecken, Maon-Dolfin, Punta Colorat, Lussin, Peri-
colosa, südlich von Kap Merlera, südlich von Galliola, Punta nera.
Bisher bekannt: Triest (Claus, 1863, 1866, 1881; Car,
1884, 1901; Graeffe, 1900), Quarnero, Cigale auf Lussin,
Corrente bei Lussin, Selve, Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910),
Porto Lignano, Malamocco, Ancona-Viesti, Viesti, Brindisi,
Otranto (Grandori, 1910), Pelagosa (Steuer, 1912), Comisa
auf Lissa (Steuer, 1912).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
6 7 8 10 12 13 14 15
.") 64 104 94 165 58 43 12
l' 13 7 8 9 5 —
Clausocalanus furcatus (G. Brady).
Größe: 9 1-063 bis V 17 mm, cT 0*86 ■//////, Punta
Bonaster. (9 1*1 bis 1* 2 mm, cT 0*83 mm), Neapel.
Fundorte: Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog,
Klippe Purara, westlich von Lucietta, Pomobecken, Kanal von
Lussin, Pericolosa, Kap Merlera, südlich von Galliola, Punta nera.
Bisher bekannt: Barbariga, Quarnero, Corrente bei Lussin,
Selve, Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910), Comisa auf Lissa
(Steuer, 1912).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
6 7 8 10 12 13 14 15
Fang:
1
2
3
4
5
? :
24
15S
136
48
61
3
17
11
4
6
Fang :
1 2
3
4
9 :
— 3
9
8
<?■■
— 4
3
l'lanktoncopepodcn aus der Adria.
475
Genus Ctenocalanus Giesbrecht, 1888.
Ctenocalanus vanus Giesbrecht.
Größe: 9 1-04 bis i'2Qmm, c? 1-242 bis 1-260//////,
P. Bonaster. (9 l'l nun Giesbr., d" 1" 25 inui Wolf enden,
1904).
Das reichliche Material gab mir Gelegenheit, das rudi-
mentäre fünfte Bein des Weibchens bei seiner Rückbildung
Fig. 2.
Ctenocalanus vanus Giesbrecht. Reduktion des fünften Fußes der
Weibchen. Station Skarda-Isto.
zu verfolgen. Nur ganz vereinzelt fand ich Exemplare (Skarda-
Isto, Fang 2), bei denen der linke fünfte Fuß aus vier Gliedern
bestand, welche aber keine deutlichen Segmentgrenzen er-
kennen ließen. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Weibchen
(über 90 °/0)' war der linke fünfte Fuß auf einen kurzen zwei-
gliedrigen Stummel reduziert (Fig. 2).
Steuer (1910) hat die Arbeit von L. Gar (1901) nicht
berücksichtigt und daher diese Art als für die Adria neu
aufgeführt.
10
12
13
14
15
66
18
4
29
14
8
1
—
o
4
-1 / 6 F. Früchtl,
Fundorte: In allen Fängen des »Rudolf Virchow«.
Auch im Winterplankton des Triester Golfes (2. Dezember
1911) fand ich zahlreiche Individuen.
Bisher bekannt: Gruz, Korcula (L. Car, 1893); Selve,
Ragusa, Lucietta (Steuer, 1910); Malamocco, Viesti, Brindisi,
Otranto (Grand ori, 1910); Pelagosa (Steuer, 1912).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang: 1 2 3 4 5 6 7 8
9 : 76 334 394 103 35 10 58 49
tf: 12 68 68 52 10 1 16 5
Genus Pseudocalanus Boeck, 1864.
Pseudocalanus elongatus (Boeck).
Größe: 9 0'84 bis 1*05 mm, tf 0-774-/;»//, Punta
Bonaster. (9 1'2 bis P6 mm, cf P25 bis lm36mm). Nach
van Breemen.
P. elongatus ist nach Pearson (1906), Farran (1902—1908)
und Jörgensen (1909 — -1910) eine der gemeinsten Spezies
des nordatlantischen Ozeans und sowohl an der Ober-
fläche in Küstennähe als auch in Tiefen von 3000 m (1700
fathoms) häufig anzutreffen. Th. Scott (1902) fand ihn im
Firth of Clyde in großer Zahl vom Jänner bis Ende März,
in den Sommermonaten dagegen nur in beschränkter Zahl.
Nach meinem Dafürhalten dürfte auch im Quarnerolo die
Zahl der Individuen in den Wintermonaten steigen.
Wie Boeck (1872) und Mrazek (1902) konnte auch
ich an einem Weibchen aus Punta Bonaster noch ein zwei-
gliedriges Rudiment des fünften Fußpaares beobachten.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Maon-Dolfin, Punta Colorat, Kanal von Lussin, Peri-
colosa.
Bisher bekannt: Selve, Sebenico (S. Vito) (Steuer,
1910); Malamocco (Grandori, 1912); Canal di Lerne bei
Rovigno (Steuer, 1910).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
6 7 8 10 12 13 14 15
Fang:
1
2
3
4
?:
6
10
16
14
w71-
1
Planktoncopepoden aus der Adria. 4< t
5. Farn. AETIDIIDAE.
Genus Aetidius Brady, 1883.
Zahlenverhältnis der Spezies:
Fang: 1 2 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14 15
A. armatus: — — — — — — 2 6 2 1 1 — —
A. giesbrechti: — — — — — — 3 1 — — — - —
Aetidius armatus (Boeck).
Größe: 9. 1*64 bis l- 7(5 mm, südlich von Lucietta.
<o 1-7 bis 1-8 nun). Nach Weifenden (1911).
Fundorte: Westlich und südlich von Lucietta, Klippe
Mulo. Weg nach Pomo.
Bisher bekannt: Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang: 12 3 4." G 7 8 10 12 13 14 15
9: ______ 2 6 1 1 1 — —
tf : — — — — 1 juv. — _ — —
Aetidius giesbrechti Cleve.
Syn. Act. mediterraneits (Steuer, 1910); Syn. Aet. armatus
Brady, Giesbrecht, 1892, p. 213.
Größe: o 1*72 bis 1* 73 mm, südlich von Lucietta.
{P 1'55 bis F9 mm), Neapel.
Vier Weibchen wurden erbeutet. Das eine bei der Klippe
Mulo (Fang 10) gefischte 9 entbehrte auffallendervveise der
knopfartigen Chitinverdickungen am basalen Teil des Rostrums,
welche neben dem dorsalen Stirnkiel für Ae. giesbrechti charak-
teristisch sind. Das spärliche Material erlaubte es nicht, den
systematischen Wert dieses Merkmals eingehend zu prüfen.
Erwähnt soll an dieser Stelle nur noch werden, daß A. Scott
(The Copepoda of the Siboga Expedition, Part. I, 1909, Plate V,
tig. 1 — -12) ein Aetidius bvadyi n. sp. beschreibt, welches sich
von Ae. giesbrechti durch die geringere Länge der flügelartig
erweiterten Fortsätze des letzten Thoraxsegmentes (dieselben
reichen bloß bis zur Mitte des zweiten Abdominalsegmentes)
Si'.'.b. d. mathem.-naturw. Kl., Abi. 1, 12«. IM. 32
478 F. Früchtl,
und durch das Fehlen der erwähnten Chitinknöpfe am Rostrum
auszeichnet, während die Stirn mit einem dorsalen Kiel ver-
sehen ist. Diese Form nimmt zweifellos eine Mittelstellung
zwischen avmatus und giesbrechti ein.
Von Interesse wäre es daher, festzustellen, ob bei beiden
verwandten Spezies das Längenverhältnis der Thorakalflügel
nicht doch vielleicht variiert und desgleichen die Chitinknöpfe
am Rostrum von geringerem systematischen Wert sind, als
man bisher annahm.
Fundorte: Südlich von Lucietta, Klippe Mulo.
Bisher bekannt: Ragusa (Steuer, 1910).
6. Farn. EUCHAETIDAE.
Genus Euchaeta Philipp!, 1843.
Euchaeta hebes Giesbrecht.
Größe: 9 2*64 bis 3- 35 mm; 0* 2 -74 bis 3'15mmT
Pomobecken. (o 2-85 bis 2 "95 mm, cT 2- 75 mm), Neapel.
E. hel>es scheint im Pomobecken unter den günstigsten
Existenzbedingungen zu leben. Sie übertrifft dort die anderen
Spezies an Individuenzahl beträchtlich und verleiht den Fängen
(7. bis 15.) ein charakteristisches rötlichgelbes Aussehen.
Über 50% der erbeuteten Individuen waren von der
mannen Suctorie Tdkophrya steuert O. Schröder besiedelt.
Eizahl: 8 bis 11.
Fundorte: Triest (19. Jänner 1903), Skarda-Isto, Punta
Bonaster, Klippe Purara, westlich und südlich von Lucietta,.
Klippe Mulo, südlich von Zirona, Pomobecken, Maon-Dolfln,
südlich von Kap Merlera, südlich von Galliola (juv.).
Bisher bekannt: Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910); Mala-
mocco, Ancona-Viesti, Viesti, Brindisi, Otranto (Grandorir
1910); Triest (24. Jänner 1914, Leder, 1917).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
6 7 8 10 12 13 14 15
1 1? 112 103 181 142 214 20
- 3 34 19 64 30 51 8>
Fang:
1 2
3
4
5
0 ■
+ •
— 2
3
—
25
tf:
1
—
—
12
Planktoncopepoden aus der Adria. 479
7. Farn. SCOLECITHRICIDAE.
Genus Scolecithrix Brady, 1883.
Zahlen Verhältnis der Spezies:
Fang: 12 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14 15
5. bradyi: ________ 7 _ 2 — — —
S. den t iila : — — — — — — 1 — — 1— — —
S. tenuiserrata : — — — ■ — — — ■ — — — 1 — — —
Scolecithrix bradyi Giesbrecht.
Größe: 9 l-33 bis L35 mm, südlich von Lucietta. (9 M
bis 1*3 mm), Neapel.
Fundorte: Südlich von Lucietta, Weg nach Porno (130 m
Tiefe).
Bisher bekannt: Ragusa (Steuer, 1910).
Scolecithrix dentata Giesbrecht.
Größe: 9 1* 53 bis P 54 •//////, Lucietta und Weg nach
Pomo. (9 L3 bis 1*45 mm), Neapel.
Fundorte: Westlich von Lucietta (180 m Tiefe), Weg
nach Pomo (130 m).
Bisher bekannt: Ragusa (Steuer, 1910); Otranto
(Grandori, 1910).
Scolecithrix tenuiserrata Giesbrecht.
Größe: 9 149 mm, Pomobecken. (9 1/15 mm), Neapel.
Im 12. Fang fand sich neben Sc. bradyi und Sc. dentata
auch ein weibliches Exemplar von Sc. tenuiserrata. Die Größe
des Tieres betrug (lateral gemessen) 149 «», stimmte also
mit Giesbrecht's Form überein. Die vorderen Antennen,
welche das Hinterende des Vorderkörpers etwas überragten,
waren 21gliedrig; von ihren mittleren Gliedern waren das
8. bis 10. und 12. bis 13. miteinander verschmolzen und von
nahezu gleicher Länge. Das fünfte Fußpaar war auch bei
meinem Weibchen rudimentär und entsprach genau der von
Giesbrecht auf Taf. XIII, Fig. 39, gegebenen Abbildung.
Fundort: Weg nach Pomo (130m Tiefe).
480
F. Früchtl.
II. Tribus ISOCERANDRIA.
1. Farn. DIAIXIDAE.
Genus Diaixis G. O. Sars, 1902.
Diaixis pygmaea (T. Scott).
Größe: o 0'79 bis 0-SQmm, z 0-75 mm, Skarda-Isto.
(9 0-95;//w, (f bei Scott und van Breemen keine Größen-
angabe).
T. Scott (1899) hat unter
dem Namen Scolecithrix pyg-
maea eine neue Spezies be-
schrieben, welche er im Firth
of Clyde als eine »moderately
rare form« vorgefunden hatte.
Die c: hat er nicht gemessen,
dafür aber auf Taf. X das fünf-
gliedrige Abdomen (Fig. 9) und
den fünften Fuß abgebildet
(Fig. 7).
Da mir genug d zur Ver-
fügung standen, habe ich auf
Herrn Prof. Steuer's Vorschlag
die Endglieder des linken fünften
Beines des d bei stärkerer Ver-
größerung (Ok. 4, Obj. 7, Tub. 0)
genau gezeichnet (Fig. 3).
Das fünfte Fußpaar der 0
hat nach meinen Messungen
„. _ eine Länge von 0:34 mm, ist
Fig. 3.
also last halb so lang als das
ganze Tier. Das letzte Thorax-
segment ist bei den d klein
und abgerundet, während es
bei den 9 in einen spitzen, ventralwärts eingebogenen Zipfel
ausläuft.
Diaixis pygmaea (T. Scott),
Männchen aus Skarda-Isto.
Endglieder des linken fünften Fußes.
! i Adria. 481
Das Abdomen eines bei Gruica (Fang 1) gefischten 9 war
von einer Diatomacee Synedra investiens W. Sm.1 besiedelt.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Purita Bonaster, Punta
Velibog, südlich von Zirona (1 9), Punta Colorat (1 9), Kanal
von Lussin (2 9), Pericolosa (juv.), Kap Merlera (2 juv.), süd-
lich von Galliola (3 9), Punta nera (1 9).
Bisher bekannt: Sebenico (S. Vito), Selve (Steuer,
1010).
Z a h 1 e n v e r h ä 1 1 n i s der G e s chlechter:
6 7 8 10 12 13 14 15
Fang :
1
• >
3
4
?:
S7
91
66
62
(f:
17
14
16
8
III. Tribus HETERARTHRANDRIA.
1. Farn. CENTROPAGIDAE.
Genus Centropages Kröyer, 1848.
Centropages typicus Kröyer.
Größe: 9 1-44 bis 1-62 mm, cT 1-48 bis 162 mm,
Punta Bonaster. (9 1*6 bis 2 mm, cT 1*42 bis l'85mm), von
Devon (Giesbrecht, 1802).
Die Jugendformen, welche von dieser weitverbreiteten
Art in fast jedem Fange angetroffen wurden, ähnelten im
Bau des weiblichen fünften Fußes so sehr dem C. typicus
var. aucklandicus Krämer, daß ich mich dazu entschließen
kann, ihn als ein vor der letzten Häutung stehendes 9 von
C. typicus zu betrachten.
Fundorte: In allen Fängen des »Rudolf Virchow«
(ausgenommen Fang 13).
Bisher bekannt: Triest (Car, 1884; Graeffe, 1902);
Korcula, Losinj (1893, Car), Zrnovnica kod Senja (Car, 1898);
Vodicc, Zlarin, Rieka (Car, 1002); Barbariga, Quarnero, Cigale
auf Lussin, Selve, Zara, Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910);
1 Die Bestimmung- dieser Bacillariacee verdanke ich der Liebenswü
keit des Herrn Dr. Bruno Schröder (Breslau).
482 F. Früchtl,
Porto Lignano, Malamocco, Ancona-Viesti, Viesti, Brindisi
(Grandori, 1910); Triest (Leder, 1917); Pelagosa (Steuer,
1912).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang: 12 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14- IT»
?: 15 03 131 104 12 21 36 1 1 226 — — 5 —
cf: 8 46 72 53 3 6 25 6 152 3 — 1 I
Centropages kröyeri Giesb recht.
Größe: 9 \-\mui, Punta Colorat. (9 1*25 bis 1" 35 mm-,
d" 1' 2 mm), Neapel.
Sechs Weibchen wurden beobachtet.
Fundorte: Maon-Dolfin, Punta Colorat, Pericolosa, süd-
lich von Galliola.
Bisher bekannt: Triest (Gar, 1884, als C. hamatus
aufgeführt; es ist mehr als wahrscheinlich, daß ihm C. hröyeri
vorgelegen hat, Graeffe, 1900); Sebenico, Brindisi (Steuer,
1910); Malamocco, Val Figheri (Grandori, 1912); Canal di
Lerne (Steuer, 1910).
Centropages violaceus (Clau
Größe: o 2 •Ol /;////, Pomobecken. (9 1*76 bis P92 mm),
Neapel).
Nur ein geschlechtsreifes 9 wurde auf dem Wege nach
Porno (Fang 14) erbeutet. Es mag auffallen, daß mein Exemplar
über die Giesbrecht'schen Größenwerte hinausgeht. Abgesehen
davon, daß gerade violaceus am stärksten zu variieren scheint,
hat schon Giesbrecht an C. typicus die gleiche Beobachtung
gemacht. Er fand von C. typicus, für welchen er L 6 ////// als
Regel anführt, bei Devon auch Exemplare, welche bis zu
2 mm lang waren.
Fundort: Pomobecken (Station 14).
Bisher bekannt: Triest (Graeffe, 1900, auf offenem
Meere beobachtet).
Planktoncopepoden aus der Adria. 48."»
Genus Isias Boeck, 1864.
Isias clavipes Boeck.
Größe: 9 l-22 bis 1*25 mm, cf 1"24 mm, Klippe Gruica.
(9 r 25 bis l'.S mm, cf 1"25 ww), Neapel.
Eine echte Küstenform, welche in der nördlichen Adria
die gleiche Verbreitung besitzt wie die Borealtypen: Diaixis
pygm., Temora longic, Pseudocalauus elong.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog.
Bisher bekannt: Lussin (Corrente), Selve (Steuer, 1910,
fand nur Weibchen); Canal di Lerne bei Rovigno (Steuer,
1910).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang: 1 2 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14 15
9 : 5 2 2 _____
Cf: 4 - 1 2 - - - -
5
6
~
S
10
12
13
14
15
1
IG
3
3
12
7
1
26
10
'1. Farn. TEMORIDAE.
Genus Temora W. Baird, 1850.
Zahlen Verhältnis der Spezies:
Fang: 12 3 4
stylifera: — 7 17 12
longic: 9—2 138
Temora stylifera (Dana).
Größe: 9 F35 bis F46 nun, c? 1*42 /////;, Punta Velibog.
{9 145 bis 1*7 mm, d* 1*4 bis V55mm), Neapel.
Von T. longicornis auf den ersten Blick durch das in
zwei spitze Flügel ausgezogene letzte Thoraxsegment zu
unterscheiden. Aus der nahezu gleichförmigen Verbreitung
und konstanten Zahl der Individuen möchte ich den Schluß
ziehen, daß stylifera, obzwar sie auch in der Küstenregion
zu existieren vermag, doch eher als ozeanische denn neritische
Art aufzufassen ist. Schwärme wurden keine beobachtet.
Fang:
1
• i
3
4
.)
6 7
S
10
12
13
14
?■
—
4
7
6
1
1 1 3
3
6
2
—
17
<?•■
—
3
10
6
—
r
—
6
5
1
9
'484 F. Früchtl.,
Fundorte: Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog,
Klippe Purara, westlich und südlich von Lucietta, Klippe Muloy
südlich von Zirona, Pomobecken, Maon-Dolfin, Punta Coloratr
Kanal von Lussin, Pericolosa, Kap Merlera, südlich von Galliola,.
Punta nera.
Bisher bekannt: Aus vielen Lokalitäten der nördlichen
Adria von Triest bis Otranto (Claus, 1863, 1866, 1881; Car,-
1883, 1888, 1893, 1898, 1902; Graeffe, 1900; Steuer, 1910;
Grandori, 1910; Leder, 1917).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
15
Temora longicornis (Müller).
Größe: Q 0-97 bis 14 mm, ■' 143 mm, Punta Velibog.
(q 1 bis Vo mm, M bis VS5mm) nach van Breemen.
T. longicornis ist eine typische neritische Art. Im nord-
atlantischen Ozean zählt sie nach Canu, Farran, Pearson
und Sars zu den gemeinsten Spezies des Küstengebietes,.
zeigt jedoch eine ausgeprägte Neigung zur Schwarmbildung,.
so daß selbst benachbarte Fänge in quantitativer Hinsicht
erheblich voneinander abweichen.
So zeigt auch ein Vergleich der ersten vier Fänge aus
der nördlichen Adria deutlich, wrie T. longicornis, welche im
ersten, zweiten und dritten Fang nur in spärlichen Exem-
plaren anzutreffen ist, plötzlich im vierten Fang neben Centro-
pages lypicns und Ctenocalanus vamis zur - sehender*
Art wird. In ihrer Verbreitung schließt sie sich enge an.
Diaixis pygmaea und Pseudocalanus elongahis an.
Fundorte: Gruiea, Punta Bonaster, Punta Velibog, Maon-
Dolfin, Punta Colorat, Kanal von Lussin, Pericolosa, Punta nera.
Bisher bekannt: Triest (Car, 1883; Graeffe, 1900);
Novigrad (Car, 1899); Canal di Lerne (1905), Selve, Sebenico
(S. Vito) (Steuer, 1910).
Planktoncopepoden aus der Adria. 485
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang: .12 3 4 5 6 7 8 1«) 12 13 14 15
9: 5 — — 120
ö": 4 — 2 18 — - — —
3. Farn. HETERORHABDIDAE.
Genus Haloptilus Giesb recht, 1898.
Haloptiius longicornis (Claus).
Syn. Hemicalanus longicornis, Giesbrecht, 1892, p. 384-
Größe: 9 2-34 /;////, Pomobecken. (9 2-1 bis 2'5.mm',
d* 1*18 mm), Neapel.
Zwei Weibchen wurden erbeutet.
Fundort: Vor Porno (130///- Tiefe).
Bisher bekannt: Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910);
Otranto (Grandori, 1910).
4. Farn. CANDACIIDAE.
Genus Candacia Dana, 1846.
Candacia armata Boeck.
Syn. C. pectinata, Giesbrecht und Sc hm eil, 1898, p. 128.
Größe: 9 2 44 bis 2 '39 mm, c? 1-8 mm, Punta Velibog.
9 1-95 bis 2-4 min, cT 1-7 bis 242 mm), Neapel. (9 1-95
bis 2' 7 mm, cf 1/7 bis 2* 7 ////;•) nach van Breemen.
Fundorte: Gruica. Skarda-Istö, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Klippe Purara, westlich und südlich von Lucietta,
Klippe Mulo, Weg nach Pomo (130 und 142 m Tiefe), Maon-
Dolfin, Punta Colorat, Kanal von Lussin, Pericolosa, Kap
Merlera, Klippe Galliola, Punta nera (juv.).
Bisher bekannt: Selve, Ragusa (Steuer, 1910); Malä-
mocco (Grandori, 1910); Triest (Leder, 1917).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
14 15
l —
Fang :
1
2
3
4
5
6
7
8
10
12
13
?:
3
4
8
1
—
1
1
1
—
cf =
0
G
-
6
486 F. Früchtl,
5. Farn. PONTELLIDAE.
Genus Labidocera Lubbock, 1853.
Labidocera wollastoni (Lubbock).
Größe: 9 2M 21 mm (Thorax 1*62, Abdomen 0'59 mm),
Triest; cT 2*32 mm (Thorax 1-8, Abdomen 0-52 mm), Triest.
(9 2*2 bis 2 -'6111111, cT 2-2 bis 2*3 mm), Neapel.
Bei Durchsicht der Winterfänge aus dem Triester Golfe
vom Jahre 1902/03 stieß ich im Fang Nr. 20 (21. Mai 1902)
auf je ein geschlechtsreifes Weibchen und Männchen von
L. wollastoni. Beide Exemplare stimmten genau mit der in
Giesbrecht's Monographie, p. 747, gegebenen Diagnose und
Abbildung überein (Taf. 23, Fig.
Es ist auffallend, daß diese Form bisher in den vom
»Rudolf Virchow« in den Jahren 1907 und 1909 gesammelten
Planktonproben nicht beobachtet wurde. Ihre nächste Ver-
wandte, L. brunescens Cerniawsky, wurde von Grandori
(1910) bei Lignano und Otranto gefunden.
Fundorte: Triest (21. Mai 1902), Maon-Dolfin.
Bisher bekannt: Senj (= Zengg im Canale della Mor-
lacca) (Car, 16. Juli 1898); Triest (14. Februar 1914, Leder,
1917).
Genus Ponteila Dana, 1846.
Da nur Nauplien und Copepoditen zur Beobachtung
kamen, war es mir nicht möglich zu entscheiden, ob es sich
um P. loUancoi (Canu) oder P. mediterranea (Claus) handle.
Steuer hat in der Corrente von Lussinpiccolo beide Spezies
im selben Fang vorgefunden.
Fundorte: Skardo-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog,
Weg nach Porno, Punta Colorat, Pericolosa, Kap Merlera,
südlich der Klippe Galliola, Punta nera.
Bisher bekannt: Triest (Graeffe, 1900); Corrente bei
Lussin (Cigale auf Lussin, Zara nur Nauplien); Selve, Lucietta
(Steuer, 1910); Malamocco (Grandori, 1910).
Planktoncopepoden ans der Adria. 48/
6. Farn. ACARTIIDAE.
Genus Acartia Dana, 1846.
Acartia clausi Giesbrecht.
Größe: 9 LOS mm, c? P04 bis 1-06 mm, Punta Velibog.
(o 1-17 bis 1-22 mm, oA 1 bis 1-07 mm), Neapel.
Eine im Küstengebiet häufige Art. In den südlicheren
Fängen, welche schon stark mit Hochseewasser vermischt
sind, nimmt sie beständig an Zahl ab und fehlt im eigent-
lichen Pomobecken.
Das fünfte Fußpaar der Weibchen variiert merklich in
bezug auf Länge und Form; bald erscheint es gedrungen,
bald wieder lang und schwach säbelförmig gekrümmt.
Bezüglich der Männchen möchte ich an dieser Stelle
darauf hinweisen, daß sie sich im Bau des fünften Fuß-
paares von den Neapler Tieren insofern unterscheiden, als
sowohl die höckerartige Erhebung am Innenrand von Re 2
des rechten Fußes wie auch der Innenrand des hakenförmigen
Re 3 desselben mit je einer Borste versehen sind, während
sie bei Giesbrecht's cT an den genannten Gliedern fehlt
(T. 30, Fig. 36).
Bei Durchsicht der mir zu Gebote stehenden Literatur
sah ich, daß gerade vom fünften Fußpaar des J' bei den
einzelnen Autoren abweichende Bilder wiedergegeben wurden
und halte es daher für nicht unangebracht, im folgenden eine
kleine Zusammenstellung davon zu geben (Fig. 4).
Da es ausgeschlossen ist, daß ein so ausgezeichneter
Beobachter wie Giesbrecht die schon bei schwacher Ver-
größerung gut erkennbaren Borsten an Re 2 und Re 3 über-
sehen hat, glaube ich mit Recht behaupten zu können, daß
die vorliegenden d* der nördlichen, von G. O. Sars abge-
bildeten A. clausi näher stehen als der von Giesbrecht aus
Neapel beschriebenen Form.
Fundorte: Gruica, Skarda-lsto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Klippe Purara, südlich von Lucietta, Klippe Mulo,
Weg nach Porno (sehr spärlich), Maon-Dolfin, Punta Colorat,
Kanal von Lussin, Pericolosa, Kap Merlera, südlich von
Galliola, Punta nera.
488
F. F r ü c h 1 1 ,
Bisher bekannt: Längs der Ost- und Westküste der
Adria aus vielen Lokalitäten (Car, Graeffe, Steuer, Gran-
dori, Leder).
-OL
Fig. 4.
Acaiiia clatisi Giesbrecht. Fünfter Fuß des Männchens.
a nach Giesbrecht, b nach G. 0. Sars, c nach Th. Scott.
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang:
1 2 3 I
18 6S 73 91
6 li
10
6
juv.
juv.
7 8
— 1
1U
5
12
1
L3
14 15
B. PODOPLEA.
I. Tribus AMPHARTHRANDRIA.
1. Farn. OITHONXDAE.
Genus Oithona Baird, 1843.
Der genauen zahlenmäßigen Durcharbeitung dieses zweifel-
los in reger Artbildung begriffenen Genus stellten sich in
Planktoncopepoden aus der Adria. 489
Anbetracht der übergroßen Zahl der Individuen und zeit-
raubenden Untersuchungsmethoden große Hindernisse in den
Weg. Um das Erscheinen der vorliegenden Arbeit nicht auf
unbestimmte Zeit hinausschieben zu müssen, habe ich die
Fänge nur auf die schon sicher bestimmten Spezies durch-
gesehen und mir das umfangreiche Oithona-MatQria.1 für eine
spätere spezielle Bearbeitung vorbehalten.
Oithona plumifera Baird.
Größe: o 1-38 bis V 48 mm, d 0*79 bis 0"82 mm,
Gruica. (9 1 bis 1*5 mm, d 0'75 nun), Neapel. (<j> 1 bis
1-6 mm); nach G. P. Farran (1908).
Die Weibchen sind in der nördlichen Adria, insbesonders
im Küstengebiet, in großer Zahl anzutreffen. Sie variieren,
wie ich an anderer Stelle zeigen werde, beträchtlich und sind
mit der von Farran (1908) aufgestellten O. atlantica durch
Zwischenformen der verschiedensten Art verbunden. Männchen
wurden nur wenige beobachtet.
Ei zahl: Acht bis neun.
Fundorte: In allen Fängen des -Rudolf Virchow«,
im Pomobecken spärlich, meist Jugendformen.
Bisher bekannt: Aus zahlreichen Stationen der nörd-
lichen Adria (Car, Graeffe, Steuer, Grandori, Leder).
Oithona plumifera var. atlantica (G. P. Farran).
Größe: o M3 bis L2S wm, Punta Bonaster. (9 L00
bis 116 mm) nach G. P. Farran (1908).
Unterscheidet sich von O. plumifera durch die geringere
Körpergröße, das stärker ventralwärts gebogene Kostrum, die
relative Länge der ersten Antennen (dieselben reichen bis
an das Ende des vierten Abdominalsegmentes), die überaus
schwache Befiederung der Außenrandborsten der Schwimm-
füße.
Eizahl: Fünf bis neun.
Nach oberflächlicher Schätzung scheint sie hinter der
typischen O. plumifera Baird in der Individuenzahl kaum
zurückzubleiben; besonders reich an Individuen sind die
Fänge aus dem Quarnero und Quarnerolo.
490
F. F r ü c h 1 1 .
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Klippe Purara, östlich von Purara, westlich und
südlich von Lucietta, Klippe Mulo, südlich von Zirona, Weg
nach Pomo (Fang 12, 13, 14, 15, überall spärlich), Punta
Colorat, Kanal von Lussin, Pericolosa, südlich von Kap Mer-
lera, Punta nera.
Oithona setigera Dana.
(Syn. Oithona setigera var. pelagica G. P. Farran, 1908.)
Größe: 9 l-44 bis 1'54 mm, im Ouarnero. (9 P5 bis
{•6mm) nach Giesbrecht, (9 1' 36 bis 1*52 mm) nach
G. P. Farran (1908), (9 P6 bis 1-9 mm) nach G. P. Farran
(1913).
Die Außenrandborste an
B 2 des zweiten Fußes ist
bei allen untersuchten Weib-
chen zart befiedert, lang und
dünn und verjüngt sich all-
mählich gegen das Ende zu.
G. P. Farran (1913) konnte
an Tieren von Christmas
Island Variationen in der
Endverdickung der Se beob-
achten und auf die inter-
essante Tatsache hinweisen:
>That, in the N. E. Atlantic,
0. setigera, whether the cause
be racial or environmental,
is not found with thickened
setae,while intropical regions
these setae are almost always
present.«
Die vorliegenden Weib-
chen weichen von der typi-
schen O. setigera Dana auch
in der Form des Rostrums
ventralwärts eingebogen ist
l
Fig. 5.
Oilhona setigera var. pelagica
(',. P. Farran, aus Skarda-Isto.
Weibchen, a Kopf lateral,
b Kopf dorsal.
ab, dessen Spitze bei ihnen
(Fig. 5).
Planktoncopepoden aus der Adria. 491
Männchen wurden nicht beobachtet.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Klippe Purara, westlich und südlich von Lucietta,
Klippe Mulo, Weg nach Porno (2 9), Maon-Dolfin, Kanal von
Lussin, Pericolosa.
Bisher bekannt: Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910).
Oithona similis Claus.
Größe: 9 0'69 bis 0*76 mm, J 0*58 bis 0'60ww,
Punta Bonaster. (9 0*73 bis 0-8 mm, r? 0-59 bis 0-61 mm\
Neapel.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, Klippe Purara, östlich von Purara, westlich und süd-
lich von Lucietta, Klippe Mulo, südlich von Zirona, Pomo-
becken, Maon-Dolfin, Punta Colorat, Kanal von Lussin, Peri-
colosa, Kap Merlera, südlich von Galliola, Punta nera.
Mehr als die Hälfte aller aufgefundenen Männchen (22)
gehörten zu O. similis.
Bisher bekannt: Aus zahlreichen Stationen der nörd-
lichen Adria (Car, Graeffe, Steuer, Grandori, Leder).
Oithona nana Giesbrecht.
Größe: 9 0-48 mm, cT 0-5 bis 0*54 mm, Kap Merlera.
(c? 0-48 bis 0-5 mm, 9 0*5 bis 0*53 mm), Neapel.
Der kleinste Copepode der »Virchow«-Fahrt.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, östlich von Purara, südlich von Lucietta, Klippe
Mulo, Pomobecken, Punta Colorat, Kap Merlera, südlich der
Klippe Galliola, Punta nera.
Bisher bekannt: Aus mehreren Stationen der nörd-
lichen Adria (Car, Steuer, Grandori, Leder).
2. Farn. CYCLOPIDAE.
Genus Cyclops Müller, 1776 (ex parte).
Cyclops Mcuspidatus Claus var.?
Von der Gattung Cyclops wurde nur ein Weibchen mit
zerquetschtem Thorax im Fange vor Punta Bonaster erbeutet.
492 F. Früchtl,
Es besitzt ein rudimentäres, zweigliedriges, fünftes Fußpaar,
dessen Endsegment zwei Anhänge trägt. Die drei letzten
Segmente der elfgliedrigen ersten Antennen sind ohne hyaline
Membranen und ohne Dornenreihen. Das Tier gehört dem-
nach zweifellos in die bicuspidatus-Gruppe. Das schwach
gefüllte Receptaculum seminis des in Formol konservierten
Tieres schien leider noch nicht die zur einwandfreien Be-
stimmung nötigen charakteristischen Umrisse zu besitzen.
Dessenungeachtet möchte ich, im Hinblick auf den inter-
essanten neuen Fundort dieses Cyclops nicht unterlassen,
wenigstens auf die Form hier aufmerksam zu machen und
gebe in der folgenden Figur das Genitalsegment mit dem
Receptaculum seminis und die elfgliedrige rechte erste Antenne
des einzigen (leider recht dürftigen) weiblichen Exemplars
wieder (Fig. 6).
3. Farn. PORCELLIDIIDAE.
Genus Porcellidium (Maus, 1860.
Porcellidium fimbriatum Claus.
Hin noch nicht zur Geschlechtsreife gelangtes Weibchen
wurde beobachtet. G. O. Sars bemerkt zu dieser Form: »It
lives as a rule on the fronds of Laminariae, to which it
applies its flattened body so closely, that it is only with
great difficulty that it can be loosened from its hold, when
alive- .
Fundort: Punta Velibog.
Bisher bekannt: Obrovac, Pag (Valle delle Saline),
Novigrad (Car, 21. Juli 1899); Triest (Graeffe, 1900, nicht
planktonisch); Krka, Vodice (Car, 1902).
4. Farn. DIOSACCIDAE.
Genus Diosaccus Boeck, 1872.
Diosaccus tenuicornis (Claus).
Nur ein Weibchen wurde erbeutet.
Fundort: Südlich von Galliola.
Planktoncopepoden aus der Adria.
493
Cyclops bicuspidatus Claus var.r
aus Punta Bonaster.
a Genitalsegment des Weibchens,
J-> erste Antenne des Weibchens.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd.
33
494 F. Früchtl,
Bisher bekannt: Triest (Car, 1888; Graeffe, 1900);
Barbariga (Steuer, 1910); Val Figheri (Laguna Veneta) (Gr an-
dern, 1912).
5. Farn. TACHIDIIDAE.
Genus Euterpina Norman, 1903.
Syn. Euterpe Claus und Giesbrecht.
Euterpina acutifrons (Dana).
Größe: 9 0*56 bis 0- 64 ;/////, cT 0-52 mm, Punta Veli-
bog. (9 0*53 bis 0*73 mm, o 0-5 bis 0*56 mm), Neapel-
Fundorte: Punta Velibog, Klippe Mulo, Maon-Dolfin,.
Punta Colorat, südlich von Kap Merlera.
Bisher bekannt: Triest (Car, 1883; Graeffe, 1900;.
Leder, 1917); Korcula, Kotor, Losinj (Car, 1893); Senj.
(= Zengg im Canale della Morlacca) (Car, 1898); Pag (Valle
delle Saline) und (Valle di Pago) (Car, 1899); Tiesno (Stretto),.
Vodice, Zlarin, Rieka (Car, 1902); Barbariga, Quarnero, Cigale
auf Lussin, Selve, Zara, Sebenico (S. Vito, Luks, Prokljan,
Krka, Scardona), Lucietta (Steuer, 1910); Rovigno (Steuer,.
21. Juli 1911).
6. Farn. CLYTEMNESTRIDAE.
Genus Clytemnestra Dana, 1852.
Clytemnestra rostrata (G. Brady).
Größe: 9 1 mm, Merlera. (9 1 mm, cT 0*87 mm), Neapel.
Fundort: Kap Merlera, Triest (2. Dezember 1911).
Bisher bekannt: Triest (Car, 1888; Graeffe, 1900);
Rovigno (Car, 1890): Lucietta (Steuer, 1910).
7. Farn. ASTEROCHERIDAE.
Genus Dermatomyzon Claus, 1889.
Dermatomyzön nigripes (Brady & Robertson).
Größe: cT 0-994 mm, Punta Velibog, (9 0*9 bis 1*5 mm,
cT 0-7 bis 0-8 mm) nach Giesbr., (9 1- 35 -mm, cT 0'9 bis
1 mm) nach Can u.
Planktoncopepoden aus der Adria. 49o
Ein einziges cT lag vor. Das Tier fiel im Fang bei
Punta Velibog sofort durch seine braune Färbung auf, welche
nur an den Segmentgrenzen von hellgelben Streifen unter-
brochen war. Giesbrecht hat an seinen 3 cf ebenfalls
braunes Chitin sowohl am Hinterrand von Th 1 als auch
am Abdomen, den beiden Antennen und Schwimmfüßen beob-
achtet, während Canu (p. 261) berichtet: »La coloration est
blanche dans les deux sexes, sans traces de cette teinte
brunätre signalee par Brady dans Cycl. nigripes.« Das
Abdomen des cf besteht aus fünf Segmenten. Der vor-
springende Hinterrand der Genitalklappen trägt eine kräftige
kurze Fiederborste und daneben eine kleine Zacke. Die
vorderen Antennen sind bei meinem o" 17gliedrig und mit
sieben langen Asthetasken versehen (vgl. Giesbrecht, 1899,
T. 5, Fig. 10). Wie Giesbrecht gezeigt hat, kann beim o
durch Verschmelzung der Glieder Aa 2 — 6 und 7 — 8 eine
nur 13gliedrige Antenne zustande kommen, an welcher dann
aber auffallenderweise nicht sieben, sondern nur ein sehr
langer und dicker Ästhetask vorhanden ist.
Als echter Halbparasit hat 1). nigripes einen gedrungenen
flaschenförmigen Sipho. Der Mandibelpalpus ist eingliedrig und
mit einer sehr langen und einer kurzen Borste ausgerüstet.
Über den Wirt dieses Semiparasiten findet sich in der
Literatur keine Angabe.
Fundort: Punta Velibog.
Bisher bekannt: Triest (Claus, 1889, fand nur ein
mit zwei Spermatophoren behaftetes Weibchen).
II. Tribus ISOKERANDRIA.
1. Farn. ONCAEIDAE.
Genus Oncaea Philippi, 1843.
Die von G. P. Farran (1906) auf p. 95 für die 9 des
( ienus gegebene Bestimmungstabelle ermöglichte eine rasche
und sichere Erkennung der einzelnen Spezies.
l'.Mi F. Früchtl,
Zahlen Verhältnis der Spezies:
Fang: 12 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14 15
0. mediten: : 5 2 7 5 — — 2 2 4 4 3 4 l
0. media: — — 1 — — — 2 1 — 2 — — —
0. vamsLi: — — — — — — — — — — 1 — —
<). sublilis: — — 1 2 — — — 1
Oncaea mediterranea Claus.
Größe: ? 1-1(3 bis L34 nun, o 0-93 ;//;//, Weg nach
Porno, [Fang 12]. (o 1 bis VSmm, cT 0-9 bis 0'95 mm),
Neapel.
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, westlich und südlich von Lucietta, Klippe Mulo,
Pomobecken, Maon-Dolfin, Punta Colorat, südwestlich von
Pericolo^a, Kap Merlera, südlich der Klippe Galliola, Punta nera.
Bisher bekannt: Gruz, Kt)rcula. Kotor (Car, 1883);
Triest (Car, 1884; Graeffe, 1900; Leder, 1917); Zrnovnica
kraj Senja (u moru) (Car, 1898); Yodice, Rieka (Car, 1902);
Quarnero, Selve, Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910); Malamocco
(Grandori, 1910;; Pelagosa (Steuer, 1912).
Zahlen Verhältnis der Geschlechter:
15
Fang :
1
•)
:'>
?:
4
2
6
<?■
1
—
1
10
12
13
14
4
3
2
4
—
I
1
—
Oncaea media Giesbrecht.
Größe: 9 0,59mw, ö71 0-52;;a///, Weg nach Porno,
[Fang 12]. (9 0-ö,~> bis 0*82 /;/;;/, j7' 0-6 bis 0-63 mm), Neapel.
Fundorte: Punta Bonaster, westlich und südlich von
Lucietta, Weg nach Porno, südlich der Klippe Galliola.
Bisher bekannt: Barbariga, Quarnero, Cigale auf Lussin,
Selve, Zara, Sebenico (S. Vito), Lucietta (Steuer, 1910); Pela-
gosa, Blaue Grotte von Busi, Comisa auf Lissa (Steuer, 1912).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang: 1 2 3 4 ."> 6 7 8 10 12 13 14 i;>
Planktoncopepoden aus der Adria. 4cn
Oncaea subtilis Giesb recht.
Größe-: 9 0-52 mm, Punta Velibog. (9 0-48 bis 0-ö ;/////.
cT unbekannt) nach Giesbrecht.
Fundorte: Punta Bonaster, Punta Velibog, südlich von
Lucietta, Punta Colorat, südwestlich von Pericolosa, Kap
Merlera.
Bisher bekannt: Selve (Steuer, 1910).
Oncaea venusta Philippi.
Größe: 9 l'Ylmm, Weg nach Porno. (9 PI bis V27 mm,
3 0'8 bis 0-95 mm) nach Giesbrecht.
Bei dem einzigen vor Porno erbeuteten Weibchen waren
das Chitin des Rumpfes und der Gliedmaßen sowie auch die
letzten Abdominalsegmente exklusive Furka intensiv violett
gefärbt. Das Analsegment war etwa doppelt so breit als lang.
Die breiteste Stelle des Rumpfes lag weit vor der hinteren
Grenze des Kopfes.
Fundort: Weg nach Porno (Fang 13).
Bisher bekannt: Porto Lignano, Malamocco (Grandori,
1910).
2, Farn. SAPPHIRINIDAE.
Genus Sapphirina J. V. Thompson, 1829.
Zahlenverhältnis der Spezies:
Fang: 12 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14 15
mac: 10 41 12 4 — — — 2 — 1 4
maculosa: — 3 juv. 3 — — — — — — — — ■ —
ovatolanc: — — — — ■ — — — — — 9 — — ■
:<cmma: ________ 2 12 6 3 3
auronitens: — — — — — — ■ — — — ■ — — — 2
Sapphirina nigromaculata Claus.
Größe: 9 PS bis 2 -05 mm, o* P97 bis 2-05 mm,
Skarda-Isto. (9 1*9 bis 2mm, c? 2-05 bis 2-45 mm), Neapel.
Die gemeinste Sapphirina der nördlichen Adria.
498 ' F. Früchtl,
Fundorte: Gruica, Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta
Velibog, südlich von Lucietta, Weg nach Porno, Maon-Dolfin,
Punta Colorat, südwestlich von Pericolosa, Kap Merlera, süd-
lich der Klippe Galliola, Punta nera.
Bisher bekannt: Aus zahlreichen Lokalitäten der nörd-
lichen Adria (Steuer, 1895, 1907, 1910; Grandori, 1910).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang :
1
o
3
4
5
6
i
8
10
12
13
14
15
?:
10
35
12
4
—
—
—
2
—
1
—
4
—
<?••
—
6
Sapphirina maculosa Giesbrecht.
Größe: 9 2, 2-08, 2*1 mm, cT 2 • 37 mm, Punta Velibog.
(o — , cf 2*2 mm), Neapel.
Vier Weibchen und drei Männchen lagen vor. Das erste
Weibchen dieser Art wurde von Steuer (1895) in der süd-
lichen Adria entdeckt und beschrieben.
Fundorte: Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog,
südlich von Zirona.
Bisher bekannt: Aus mehreren Lokalitäten der süd-
lichen Adria (Steuer, 1895, 1907); Selve, Ragusa (Steuer,
1910).
Sapphirina ovatolanceolata Dana.
Große: 9 3 '0ß mm, cf 3* 52 mm, Weg nach Pomo.
(9 2-4 bis 2-85 7«;//, cT 3"5 bis 3-8 mm), Neapel.
Fundort: Weg nach Pomo (Fang 12).
Bisher bekannt: Aus einzelnen Lokalitäten der süd-
lichen Adria (Steuer, 1895, 1907); Porto Lignano, Viesti,
Brindisi, Otranto (Grandori, 1910).
Sapphirina gemma Dana.
Größe: 9 2 43 bis 2-ßomm, o1 3mm bis 3'52 mm,
Pomobecken. (9 P9 bis 3 4 mm, cT 2 45 bis 3 4 mm), Neapel.
Ist mit der vorhergehenden Art sehr nahe verwandt und
findet sich wie diese vorwiegend in den an Salpa democratica-
mucronata reichen Fängen aus dem Pomobecken.
Planktoncopepoden ans der Adria. 499
Fundorte: Südlich von Zuri, Klippe Mulo, südlich von
Zirona, Weg nach Pomo, vor Pomo, Punta Colorat.
Bisher bekannt: Triest (Graeffe, 1900, nur im Spät-
herbst und Winter beobachtet); Quarnero und südliche Adria
■(Steuer, 1895, 1907).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
Fang: 1 2 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14 15
9 : ________ 2 10 6 3 2
Sapphirina auronitens Claus.
Größe: 9 2-12 mm, cT 1' 96 mm, Pomo. (9 P8 bis
2*1 mm, c? 1-85 bis 2-2 mm), Neapel.
Ein Weibchen und ein Männchen wurden erbeutet.
Fundort: Vor Pomo (Fang 15).
Bisher bekannt: Adria-Tiefsee-Expedition (V. »Pola«-
Expedition 1894) [Station Nr. 21: 10. Juni, 42° 33' nördl.
Breite, 16° 35' östl. Länge; Station Nr. 36: 17. Juni, 42° 33' 5"
nördl. Breite, 16° 28' östl. Länge; Station Nr. 96: 10. Juli,
38° 48' 25" nördl. Breite, 18° 58' 5" östl. Länge; Station
Nr. 104: 11. Juli, 38° 10' 7" nördl. Breite, 18° 57' 20" östl.
Länge; Station Nr. 129: 18. Juli. 40° 36' nördl. Breite, 18° 31'
östl. Länge] (Steuer, 1895).
Genus Copilia Dana, 1849.
Copilia mediterranea (Claus).
Syn. Cop. denticulata Claus, 1863.
Größe: 9 3'6mm, 2'47mm, 4 4 //////, nördliche Adria.
(9 4 m/;/, c/1 3 mm) nach Claus »freilebende Copepoden«.
Fundorte: Weg nach Pomo (Fang 12), südlich von Kap
Merlera, südlich der Klippe Galliola (juv.), Punta nera (juv. 2,
45 mm .
Bisher bekannt: Triest (Car, 1888; Steuer, 1907),
Rovigno, Canal della Morlacca, Gravosa (Steuer, 1907); Sehe,
Lucietta, Ragusa (Steuer, 1910); Malamocco, Brindisi (Gran-
dori, 1910).
500 F. Früchtt,
3. Farn. CORYCAEIDAE.
Genus Corycaeus Dana, 1845.
Zahlenverhältnis der Spezies:
Fang: 1 2 3 4 5 6 7 8 10 12 13 14 1^
rostratus : 1 — — 2 — — — — — — — ■ — — ■
anglicus: — — — — — — — — — 1 — — —
hrehmr. 5 6 28 31 — 3 3 6 — — — —
ovälis: — 2 10 6 — 1 — i _ 2 —
catus: — 3 1 12 — — — 1 — 1 2
lypicus: — 3 13 2 — 1 — — 2
clausi: — — — — — — 1 — — — — 1 1
Die Vertreter dieses Genus wurden nach der jüngst
erschienenen umfangreichen Monographie von M. Dahl (1912)
bestimmt.
Subgenus Corycella G. P. Farran.
Corycaeus (Corycella) rostratus Claus.
Größe: 9 0-72 mm, Punta Velibog. (9 0-72 mmr
cf 0-73 tum) nach Dahl.
Drei Weibchen wurden erbeutet.
Fundorte: Gruica, Punta Velibog.
Bisher bekannt: Korcula (Car, 1893); Senj, Zrnovnica
(Car, 1898); Zlarin (Car, 1902); Quarnero, Cigale auf Lussin,
Selve, Zara (Steuer, 1910).
Corycaeus (Corycella) curtus G. P. Farran.
Größe: cf 0"65 mm, Punta Colorat. (9 0*72 mm,
cf 0-64 mm) nach Dahl.
Der vorhergehenden Spezies sehr nahe verwandt.
Fundorte: Weg nach Porno (Fang 13), Punta Colorat,
Kap Merlera.
Bisher bekannt: Brindisi (Steuer, 1910).
Steuer (Planktoncopepoden aus dem Hafen von Brindisi)
hat an dem einzigen erbeuteten 9 (welches er als C. rostratus
Planktoncopepoden aus der Adria. oOl
aufführt) gefunden, daß es nicht ganz mit der von Gies-
b recht gegebenen Diagnose übereinstimmte. Die Furka war
etwas länger, das ist fast dreimal so lang als breit und mehr
als ein Drittel so lang wie das übrige Abdomen«.
Subgenus Ditrichocorycaeus M. Dahl.
Corycaeus (Ditrichocorycaeus) brehmi Steuer.
Größe: 9 1-044 nun, d* 0-828 mm, Punta Bonaster.
(9 0-95 bis 1-1 mm, <? 0*84 nun) nach Dahl.
Eine echte Küstenform, welche vor allem im Quarnero
häufig angetroffen \\4rd. Das Längenverhältnis von Anal-
segment und Furka variiert bei den Weibchen merklich, eine
Tatsache, die schon M. Dahl (nach brieflicher Mitteilung an
Herrn Prof. Dr. Steuer) beobachtet hat. Von dem nahe ver-
wandten C. anglicus Lubbock unterscheiden sich die 9 in
erster Linie dadurch, daß der distale Rand von B 2 der
Hinterantenne zwei spitze Zähne trägt, während das cf an
der genannten Stelle einen größeren und einen kleineren
(zweispitzigen) Zahn besitzt.
Fundorte: Triest (2. Dezember 1911), Gruica, Skarda-
Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog, östlich von Purara, süd-
lich von Lucietta, Klippe Mulo, Maon-Dolfin, Punta Colorat,
Kanal von Lussin, südlich von Zirona, südwestlich von Peri-
colosa, südlich von Kap Merlera, südlich der Klippe Galliola,
Punta nera.
Bisher bekannt: Triest (Brehm, 1906; Leder, 1917);
Barbariga, Quarnero, Cigale auf Lussin, Corrente bei Lussin,
Selve, Zara, Sebenico (S. Vito), Lucietta, Ragusa (Steuer,
1910).
Zahlenverhältnis der Geschlechter:
12 18 14 15
Kang:
1
2
3
4
5
6
7
8
10
?:
4
5
13
19
—
3
—
2
6
C?:
1
1
lö
12
1
Corycaeus (Ditrichocorycaeus) anglicus Lubbock.
Größe: cT 0-9 mm, Pomobecken. (9 1- 147 mm, $ 0-87
bis 0*95 nun) nach Dahl.
502 F. Früchll,
Ein einziges, aber vorzüglich konserviertes Männchen
fand sich auf dem Wege von Zirona nach Pomo (G : A : F =
= 32 : 10 : 18;.
Es ist sehr bemerkenswert und speziell für die Deutung
der nahe verwandten vorstehenden Spezies von großem Inter-
esse, daß C. anglicus, welchen M. Dahl als die typische Form
der Westküste Europas bezeichnet, nun auch für die nörd-
liche Adria nachgewiesen werden konnte. Es wird Aufgabe
künftiger Untersucher sein, an größerem Material (etwa dem
von der »Najade« gefischten) die Variationsbreite beider
Spezies zahlenmäßig festzustellen und nach Zwischen-
formen Umschau zu halten.
Fundort: Weg nach Pomo (Fang 12).
Car (1901) führt C. anglicus für Triest an. Ich halte es
für mehr als wahrscheinlich, daß ihm der etwas kleinere
( ' brehmi untergekommen ist.
Sübgenus Onychocorycaeus M. Dahl.
Corycaeus (Onychocorycaeus) ovalis Claus.
Syn. C. obtusus 9 Giesb recht, 1892.
Größe: 9 1 mm, G : A : F — 70 : 25 : 23, Punta Velibog.
(o 1-01 mm, c? 0-88 mm) nach M. Dahl (G : A : F: 36 : 12 : 12),
(<j> 0-9 bis 1 mm) nach Giesbrecht.
M. Dahl (1912) hat auf die Übereinstimmung von Gies-
brecht's C. obtusus mit C. ovalis Claus 9 hingewiesen. Da
Claus das Vorhandensein oder Fehlen eines medianen Hakens
am Genitalsegment des <? nicht ausdrücklich erwähnt, glaubt
sie auf das letztere schließen zu dürfen und identifiziert das
einzige bei Neapel gefundene cf mit dieser Form, wobei sie
p. 99 erwähnt: »Vergleicht man jedoch die vorzüglichen
Abbildungen Giesb recht's von seinem C. obtusus mit denen
meines C. ovalis, so erkennt man die Übereinstimmung der
Formen sofort. Nur den medianen Haken des Männchens
habe ich bei dieser Art nicht gesehen, wohl aber bei C. latus,
der Form des Atlantischen Ozeans und C. catus, einer Form
des Indo-Pazifischen Ozeans.«
Planktoncopepöden aus der Adria. 503
Nach meinen Untersuchungen ist ('. ovalis Claus als
eine der gemeinsten Spezies von Corycaeus zu betrachten.
Da sie gleichzeitig in der Adria der einzige Vertreter des
Subgenus Onychocorycaeus M. Dahl ist, muß es auffallen,
daß nicht ein C. ovalis o71 vorgefunden wurde, sondern daß
sämtliche Männchen (28 Exemplare) der nächstverwandten
Spezies C. catus F. Dahl zugeteilt werden mußten.
Fundorte: Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog,
östlich der Klippe Purara, Weg nach Porno (Fang 12 und 14),
Kanal von Lussin, Pericolosa (mit Eiern), [Kap Merlera, süd-
lich der Klippe Galliola, Punta nera.
Bisher bekannt: Korcula (Car, 1893); Tiesno (Stretto),
Zlarin (Car, 1902); Corrente bei Lussin (Steuer, 1910).
Corycaeus (Onychocorycaeus) catus F. Dahl.
Syn. C. obtusus cf Giesb recht, 1892, p. 673.
Größe: o71 0-81 mm, G : A : F = 50 : 17 : 20. Punta Veli-
bog1. (9 0*95 mm, c7 0-8 mm) nach Dahl, ( — , cf 0-9 mm)
rjach Giesb recht.
Giesbrecht's Männchen von C. obtusus hat mit dem c?
von C. catus F. Dahl den Besitz eines medianen Hakens
am Genitalsegment gemein und wird daher von M. Dahl für
»teilweise identisch mit C. catus F. Dahl« angesehen.
Giesbrecht's Weibchen von C. obtusus dagegen wurde
von Dahl zutreffenderweise mit C. ovalis Claus identifiziert.
Diesem Weibchen aber ordnete Dahl im Anschluß an Claus
ein Männchen zu, welches sich von den Männchen des
C. latus Dana und C. catus F. Dahl schon durch das
Fehlen des medianen Hakens am Genitalsegment unterschied.
Da nun im Laufe meiner Untersuchung wiederholt
Männchen von C. catus F. Dahl mit medianem Haken am
Genitalsegment zur Beobachtung kamen und diese ganz auf-
1 Das Längenverhältnis zwischen Analsegment und Furka war merk-
lichen Schwankungen unterworfen. So ergaben sich bei den Männchen aus
dem gleichen Fange (Punta Velibog) beispielsweise die folgenden Werte :
G:A:F= 65 : 25 : 30; G : A : F = G5 : 24 : 3 1 ; G : A : F = 65 : 26 : 33
504 F. Früchtl,
fallenderweise in ihrer Verbreitung sich enge an die Weibchen
der vorgenannten Ar't anschließen, sei hier die Vermutung
ausgesprochen, daß es sich bei ihnen um die richtigen
Männchen der vorstehenden Art handeln dürfte. Auch der
Umstand, daß Steuer (1910) in seinen Fängen nur Männchen
mit medianem Haken beobachtet hat, spricht für die hohe
Wahrscheinlichkeit der Zusammengehörigkeit beider Ge-
schlechter.
Die Entscheidung dieser Frage bleibt künftigen Unter-
suchungen vorbehalten.
Fundorte: Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog,
südlich von Lucietta, Weg nach Porno (Fang 14 und 15),
Pericolosa, Kap Merlera, Punta nera.
Bisher bekannt: Korcula, Losinj (Car, 1893); Zrnov-
nica (Car, 1898) cT?; Triest (Graeffe, 1900); Quarnero,
Selve, Zara, S. Vito (Sebenico), Luks (Sebenico), Lucietta,
Brindisi (Steuer, 1910); Malamocco (Grandori, 1910). In
allen Arbeiten als C. obtusus Dana d* angeführt.
Subgenus Agetus Kröyer.
Corycaeus (Agetus) typicus Kröyer.
Syn. C. elongatns cT Giesbrecht, 1892, p. 674.
Größe: 9 \-Q6 bis VI mm, o71 1*44 mm, Pomobecken.
(9 1*62 bis VQomm, o' P42 mm) nach Dahl.
M. Dahl glaubt sich berechtigt, das 9 des Giesbrecht-
schen C. elongatns mit C. llmbatus Brady identifizieren zu
dürfen. Nun bestehen aber zwischen ihren Exemplaren von
C. Umbahis (9 V35mm) und C. elongatns (9 P45 bis
l'öomm) Differenzen in der Körpergröße, welche sie durch
die Annahme zu beseitigen sucht, daß »Giesbrecht entweder
ein anormal großes Stück dieser Art vor sich hatte oder daß
ihm in der Größenangabe ein Irrtum unterlaufen sei«.
Ich kann Dahl's Ansicht nicht teilen, sondern muß viel-
mehr auf Grund des mir vorliegenden Materials für die Richtig-
keit der Giesbrecht'schen Größenangaben eintreten, denn ein
Planktoncopepoden aus der Adria. 505
Weibchen aus dem Pomobecken (Fang 12) erreichte z. B.
die Größe von VI mm.
Fundorte: Skarda-Isto, Punta Bonaster, Punta Velibog,
südlich von Lucietta, Weg nach Porno (Fang 12 und 15),
Pericolosa, südlich der Klippe Galliola.
Bisher bekannt: Quarnero, Lucietta, Ragusa (Steuer,
1910).
Subgenus Corycaeus Dana.
Corycaeus (Corycaeus) clausi F. Dahl.
Syn. C. ovalis Giesb recht, 1892, p. 659 ff.
Größe: 9 1*638 mm, Pomobecken. (9 L566 mm, cf 1 '35 mm)
nach Dahl.
Drei Weibchen wurden beobachtet.
Fundorte: Westlich von Lucietta, Weg nach Porno
(Fang 14 und 15).
Bisher bekannt: Tiesno (Stretto), Zlarin (Car, 1902);
Corrente bei Lussin (Steuer, 1910).
506 F. Fruchtl,
Literatur.
Brehm V., Ein neuer Corycaens aus dem Adriatischen Meere. In: Archiv
f. Hydrobiol. u. Planktonkunde, Bd. 1, 1906.
Breemen van, Copepoden. In: Nordisches Plankton. 7. Lfg., Bd. 8, 1908.
Boeck A., Nye Slaegter og Arter af Saltvandscopepoder. In: Vid. Selsk.
Forhandl. Christiania, 1872.
Byrnes E. F., The fresh Water Cyclops of Long Island. In: Cold Spring
Harbor Monographs. VII, Brooklyn Institute of Arts and Sciences.
Brooklyn, 1909.
Canu E., Les Copepodes du Boulonnais, Morphologie, Embryologie, Taxo-
nomie. In: Travaux du Laboratoire de Zoologie Maritime de Wimercux-
Ambleteuse (Pas de Calais). Bd. 6, Lille, 1892.
Car L., Ein Beitrag zur Copepoden-Fauna des Adriatischen Meeres. In:
' Arch. f. Naturg., 50. Jahrg., 1884.
— Resultate einer naturwissenschaftlichen Studienreise. In: Glasnika luv.
naravoslovnog Drustva (Societas Historico-Näturalis Croatica). Bd. 1 2.
Agram, 1900.
— Prilog za Faunu Crustaceja. In: Glasnika hrv. naravoslovnog Drustva.
Bd. 12, Agram, 1901.
— Planktonproben aus dem Adriatischen Meere und einigen süßen und
brackischen Gewässern Dalmatiens. In: Zool. Anzeiger, Bd. 25, 1902.
Claus C, Die freilebenden Copepoden. Mit besonderer Berücksichtigung der
Fauna Deutschlands, der Nordsee und des Mittelmeeres. Leipzig (Willi.
Engelmann), 1863.
— Neue Beiträge zur Kenntnis der Copepoden unter besonderer Berück-
sichtigung der Triester Fauna. In: Arb. aus d. zoolog. Instituten zu
Wien. Bd. 3, 18S0.
— Über neue oder wenig bekannte halbparasitische Copepoden, ins-
besondere der Lichomolgiden und Ascomyzontiden-Gruppe. In: Arb.
aus d. zoolog. Instituten zu Wien, Bd. 8, 1889.
Cleve P. T., Plankton from Iridian Ocean and the Malay Archipelago. In:
Kongl. Svenska Vetenskaps-Akademiens Handlingar. Bd. 35, Stock-
holm, 1901.
Dahl M., Die Corycaeinen. Mit Berücksichtigung aller bekannten Arten.
(Monographie.) In: Ergebnisse der Plankton-Expedition der Humboldt-
Stiftung. Bd. 2, G. fl. Kiel u. Leipzig, 1912.
Esterly C. O., The pelagie Copepoda of the San Diego Region. In: Uni-
versity of California Publications Zoology. Vol. 2, N. 4, pp. 113 — 233.
Berkeley, 1905.
Pari- an G. P., Second Report on the Copepoda of the Irish Atlantic Slope.
In: Fisheries, Ireland. Scientific luvest. (1906), 1908.
Planktoncopepoden aus der Adria. 507
Farran G. P., Copepoda. In: Extrait du Bulletin Trimestriel, 1902—1908.
— Note on the Copepod genus Oilhoua. In: Ann. Mag. Hist., Bd. 2r
eight series, p. 498, London, 1908.
— On Copepoda of the Family Corycaeidae. In: Proceedings of the
zoolog. Society of London, 1911.
— On Copepoda of the Genera Oithona and Paroithona. In: Proc. of the
zoolog. Soc. of London, 1913.
Giesb recht W., .Systematik und Faunistik der pelagischen Copepoden des
Golfes von Neapel. In: Fauna und Flora des Golfes von Neapel,
19. Monographie, 1892.
— und Schmeil O., Copepoda, I. Gymnoplea. In: Das Tierreich, 6. Lfg.,
Crustacea, 1898.
— Die Asterocheriden des Golfes von Neapel und der angrenzenden
Meeres-Abschnitte. In: Fauna und Flora des Golfes von Neapel,
25. Monographie, 1899.
Graeffe Ed., Übersicht der Fauna des Golfes von Triest. In: Arbeiten aus
den zoologischen Instituten zu Wien, Bd. 13, 1900.
Grandori R., Sul materiale planktonico, raecolto nella 2^ crociera oceano-
grafica. In: Bollettino del Comitato Talassografico. Num. 6, Roma,
1910.
— I Copepodi. In: Rieerche sul Plancton della Laguna Veneta. Padova,
1912.
— Due nuove specie di Copepodi. In: Zoolog. Anz., NXXIX, Bd. X. 3,
1912.
Jörgensen E., Bericht über die von der schwedischen Hydrographisch-
Biologischen Kommission in den schwedischen Gewässern in den
Jahren 1909 — 1910 eingesammelten Planktonproben.
Leder H., Einige Beobachtungen über das Winterplankton im Triester Golf
(1914). In: Intern. Revue d. ges. Hydrobiol. u. Hydrographie, Bd. VIII,
Heft 1, 1917.
Marsh C. D., A Revision of the North american Species of Cyclops. In:
Transact. of the Wisc. Acad. of Sc, Bd. 16, Part II, 1910.
Mräzek AI., Arktische Copepoden. In: Fauna Arctica. Bd. 2, Lfg. 3, 1902.
Pearson J., A List of the marine Copepoda of Ireland. Part II, Pelagic
Spezies. In: Fisheries, Ireland, Sc. luvest. 1905 (1906).
Pesta 0., Copepoden (I. Artenliste 1890). In: Denkschriften d. math.-naturw.
Kl. der Kais. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. 84, 1909.
— Copepoden des östlichen Mittelmeeres (II. und III. Artenliste), 1891
und 1802). In: Denkschriften der math.-naturw. Kl. d. Kais. Akad.
d. Wiss. Wien, Bd. 87. 1911.
Copepoden aus dem Golf von Persien. In: Ann. d. k. k. Naturhist.
rlofmuseums, 26. Bd., Wien, 1912.
508 F. Früchtl,
Rosendor.n IL, Die Gattung Oithona. In: Wissensch. Ergebnisse der Deut-
schen Tiefgee-Expedition auf dem Dampfer »Valdivia« 1898— 1890.
23. Bd., Jena 1917.
Sars G. O., An Account of the Crustacea of Norway; Copepoda. Bd. 4 — G,
Bergen, 1901 — 1913.
Schmeil 0., I. Gyclopidae. In: Deutschlands freilebende Süßwasser-Cope-
poden. Bibliotheca Zoologica. Cassel, 1892.
Schröder, Br., Über Planktonepibionten. In: Biol. Zentralbl., Bd. XXXIV,
Nr. 5, Leipzig 1914.
— OL, Eine neue marine Suctorie (Tokophrya steuert nov. spec.) aus
der Adria. In: Sitzungsber. der Kais. Akad. d. Wissensch. in Wien,
math.-naturw. KL, Bd. CXX, Abt. 1, 1911.
Scott Th., Report on Entomostraca from the Gulf of Guinea. In: Transact.
of the Linnean Society of London. Bd. 6. Parti, London, 1894. (1893.)
— Notes on Recent Gatlierings of Microcrustacea from the Clyde and
the Moray Firth. 7. In: 17. Ann. Rep. F. B. Scotl., p. 248—271, 1899.
— Copepoda. In: Extrait du Bulletin Trimestriel 19(12 — 1908. Deuxieme
Partie, p. 105 — 149.
— A., The Copepoda of the Siboga Expedition. Part I. Freeswimming,
littoral and semi-parasitic Copepoda. In: Siboga Exp. Leiden Monogr.
29 a, 1909.
Sigl A., Die Thaliaceeh und Pyrosomen des Mittelmeeres und der Adria.
In: Denkschr. d. math.-naturw. Kl. der Kais. Akad. d. Wiss. Wien,
Bd. LXXXV1II. 1912.
Steuer Ad., Sapphirinen des Mittelmeeres und der Adria. In: Denkschr.
d. math.-naturw. Kl. d. Kais. Akad. d. Wiss. Wien, 62. Bd., 1895.
— Beobachtungen über das Plankton des Triester Golfes im Jahre 1901.
In: Zoolog. Anz., XXV. Bd., p. 369, 1902.
Quantitative Planktonstudien im Golf von Triest. In: Zoolog. An/..,
XXV. Bd.. p. 372, 1902.
— Beobachtungen über das Plankton des Triester Golfes im Jahre 1902.
In: Zoolog. Anz., XXVII. Bd., p. 145, 1903.
Die Sapphirinen und Copilien der Adria. In: Bollettino della Societä
adriatica di scienze natural! in Trieste. 24. Bd., 1907.
— Planktoncopepoden aus dem Hafen von Brindisi. In: Sitzungsber. d.
Kais. Akad. d. Wiss. in Wien, CXIX. Bd., 1910.
Adiiatische Planktoncopepoden. In: Sitzungsber. d. Kais. Akad. d.
Wiss. in Wien, CXIX. Bd., 1910.
Planktonkunde. Verlag B. G. Teubner, Leipzig u. Berlin, 1910.
Einige Ergebnisse der 7. Terminfahrt S. M. Schiff »Najade« im Sommer
1912 in der Adria. In: Intern. Revue der ges. Hydrob. und Hydro-
graphie. Bd. 5, Heft 5/6, Leipzig, 1913.
Planktoncopepoden aus der Adria. 509
Steuer Ad., Ziele und Wege biologischer Mittelmeerforschung. In: Verhandig.
d. Gesellsch. deutscher Naturforscher u. Ärzte, Leipzig, 1913.
— Phaoplanktonische Copepoden aus der südlichen Adria. In : Ver-
handlungen der k. k. zoolog.-botanischen Gesellschaft. Wien, 1912,
p. 64—69.
Wolfe nden R. N., Notes on the Copepoda of the North Atlantic Sea and
the Faröe Channel. In: Journal of the Marine Biological Association.
Num. 1, April 1904.
— Die marinen Copepoden der deutschen Südpolar-Expedition 1901 bis
1903. 2. Die Pelagischen Copepoden der Westwinddrift und des
südlichen Eismeeres. In: Deutsche Südpolar-Expedition, 12. Bd., 1911,
Berlin.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 34
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der
Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische
Geographie und Reisen
129. Band. 10. Heft
35
513
Neue Ceratitoidea aus den Hallstätter
Kalken des Salzkammergutes
Von
Dr. C. Diener
w. M. Akad.
(Mit 1 Tafel)
(Vorgelegt in der Sitzung am 14. Oktober 1920)
In einem vorangehenden Hefte dieses Bandes der Sitzungs-
berichte habe ich eine Beschreibung der trachyostraken Ammo-
niten mit kurzer Wohnkammer — Ceratitoidea — aus der
karnisch-norischen Mischfauna des Feuerkogels bei Aussee
veröffentlicht. Es bleibt mir nunmehr noch eine kleine Zahl
neuer oder wenig bekannter Ceratitoidea zu beschreiben
übrig, die aus anderen Niveaux der Hallstätter Kalke und
von anderen Lokalitäten des Salzkammergutes stammen.
Mit dieser Arbeit erscheinen die Beiträge zur Kenntnis
der Cephalopoden der Hallstätter Kalke des Salzkammergutes,
die sich auf das Material aus den Sammlungen Heinrich's
und Kittl's gründen, zum Abschluß gebracht.
Gen. Ceratites de Haan.
Subgen. Epieeratites Diener.
Epiceratites Venantii nov. sp.
Taf. I, Fig. 4.
In der Einleitung zu Pars 8 des »Animalium fossilium
Catalogus« (Cephalopoda triadica) habe ich im Jahre 1915 für
die obertriadischen Zwergformen von Ceratites die subgene-
rische Bezeichnung Epiceratites in Vorschlag gebracht. Zu
514 C. Diener,
dieser Gruppe gehört auch die vorliegende neue Art, die sich
allerdings in ihren Dimensionen bereits dem größten Vertreter
des Subgenus, E. viator v. Mojsisovics (Cephalopoden der
Hallstätter Kalke, Abhandl. Geol. Reichsanstalt, VI/2, 1893,
p. 410, Taf. XLII, Fig. 2) nähert und auch in der .Skulptur mit
demselben bedeutende Ähnlichkeit aufweist.
Die hochmündigen, einander weit umfassenden Umgänge
schließen einen engen Nabel ein, der von einer niedrigen
Nabelwand begrenzt wird. Ein steil gerundeter Nabelrand ver-
mittelt den Übergang in die sehr flach gewölbten Seitenteile,
die durch eine deutlich ausgeprägte, stumpf gerundete Marginal-
kante von dem abgestutzten Externteil geschieden werden.
Die Skulptur besteht, wie bei Epiceratites viator, aus
schwachen Sichelrippen, die vom Umbilikalrand bis zur Mar-
ginalkante ziehen, aber nicht auf den Externteil übertreten.
Dazu kommen schwache Andeutungen von Knoten, am
häufigsten an der Marginalkante, ausnahmsweise auch in der
Umbilikalregion. Die Oberfläche der Schale ist mit feinen Zu-
wachsstreifen bedeckt, die dem Verlauf der Rippen folgen. Auf
den Flanken treten Rippenspaltungen nicht auf. Nur an einer
Stelle sieht man zwei Rippen aus einem gemeinsamen Um-
bilikalknoten entspringen.
Dimensionen:
Durchmesser ZOmm
Höhe der Schlußwindung 16
Dicke » » 9
Nabelweite 5
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Feuer-
kogel, Julische Hallstätter Kalke 1, coli. Heinrich.
Subgen. Halilueites Diener.
Halilucites sp. ind. äff. rustico Hauer.
In meiner Arbeit über die Cephalopodenfauna der Schiech-
linghöhe bei Hallstatt (Beiträge zur Paläontol. und Geol. Öster-
reich-Ungarns etc., XIII, 1900, p. 10) habe ich zum erstenmal
auf eine Vertretung jener merkwürdigen bosnischen Ceratiten-
Hallstätter Ceratitoidea. 515
gruppe in den Nordalpen hingewiesen, die von mir später
(diese Sitzungsber., 114. Bd., 1905) in dem Subgenus Halilucites
zusammengefaßt worden ist. Damals lagen mir nur zwei stark
beschädigte Gehäuse vor, die sich am nächsten an H. obliquus
Hauer anzuschließen schienen.
Aus den Trinodosuskalken der gleichen Lokalität besitzt
die Sammlung Dr. Heinrich's ein leider ebenfalls schwer be-
schädigtes Windungsbruchstück, das an einer Stelle noch den
unverletzten hohen Mittelkiel, im übrigen eine gröbere Skulptur
als H. obliquus zeigt, so daß eine Identifizierung mit H, rusti-
cns v. Hauer (Beiträge zur Kenntnis der Cephalopoden aus
der Trias von Bosnien. II. Xautileen und Ammoniten mit cera-
titischen Loben aus dem Muschelkalk von Haliluci; Denkschr.
Akad. Wiss. Wien, mathem.-naturw. Klasse, LXIIL, 1896,
p. 259, Taf. IX, Fig. 1 — 4) in Frage kommen dürfte.
Gen. Beyrichites Waagen.
Beyrichites nov. sp. ind. äff. Bittneri Arth.
Die durch das Auftreten von zarten Lateralknoten ge-
kennzeichnete Gruppe des Beyrichites splendens Arth.,
B. Bittneri Arth. und B. Gangadhara Diener findet auch in
der Hallstätter Fazies eine Vertretung. Aus dem Trinodosus-
ka!k der Schiechlinghöhe liegt mir ein leider mangelhaft er-
haltenes Wohnkammerfragment eines großen Beyrichites vor,
der sich an B. Bittneri v. Arthaber (Cephalopodenfauna der
Reiflinger Kalke, Beiträge zur Paläontologie und Geol. Öster-
reich-Ungarns etc., X, 1896, p. 230, Taf. XXVI, Fig. 11) an-
schließt. Der Externteil ist, wie bei der Spezies aus den Reif-
linger Kalken, gegen die Flanken deutlich abgesetzt, doch sind
die letzteren stärker gewölbt. Auch ist der Querschnitt breiter
als bei B. Bittneri oder B. splendens v. Arth ab er (1. c, p. 229,
Taf. XXVII, Fig. 1).
Mit Rücksicht auf die schweren Beschädigungen der
Schalenoberfläche ist es nicht möglich festzustellen, in welchem
Wachstumsstadium die zarten Lateralknoten zuerst erscheinen,
die neben den falcoid geschwungenen Anwachsstreifen das
einzige Skulpturelement unserer Art bilden. Die Lateralknoten
516 C. Diener.
treten spärlicher und in größeren Entfernungen voneinander
auf als bei den beiden genannten Arten aus dem Reiflinger
Kalk.
Dimensionen:
Durchmesser 82 mm
Höhe der Schlußwindung .... 42
Dicke » » ... 26
Nabelvveite 12
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Schiech-
lirighöhe, Trinodosus- Zone 1, coli. Heinrich.
Gen. Judicarites M oj s.
Judicarites arietiformis v. Mojsisovics.
1882, Balatonites arietiformis v. Mojsisovics, Cephalopoden der medi-
terranen Triasprovinz. .Abhandlungen Geol. Reichsanstalt, X, p. 85,
Tat". XXXVIII, Fig. 1. 2.
Das Genus Judicarites ist von E. v. Mojsisovics im
Jahre 1896 für die bis dahin nur aus den Prezzokalken von
Südtirol bekannte Gruppe der Balatonites arietiformes er-
richtet worden. Im Jahre 1902 hat K. v. Fritsch (Beitrag zur
Kenntnis der Tierwelt der deutschen Trias. Sonderabdruck
aus Abhandl. Naturforsch. Ges. Halle, XXIV, p. 63, 64) zwei
Arten aus dem deutschen Muschelkalk, Arniotites Selimcrbitzii
und Arniotites Stau/ei, beschrieben, die ebenfalls dem Genus
Judicarites nicht der kanadischen Gattung Arniotites
Whiteaves — zuzurechnen sind. Außerdem kennt man Judi-
carites durch die Arbeiten Martelli's aus der mittleren Trias
von Montenegro. Nunmehr hat sich dieses seltene Genus auch
in der nordalpinen Hallstätter Fazies in zwei Arten gefunden.
Aus der coli. Heinrich liegt mir ein sicher bestimmbares
Exemplar des Judicarites arietiformis vor, das das kleinere
der beiden von E. v. Mojsisovics abgebildeten Stücke in
seinen Dimensionen ein wenig übertrifft. Es stammt, ebenso
wie ein zweites, minder gut erhaltenes Stück, dessen Bestim-
mung daher eine gewisse Unsicherheit anhaftet, aus den Tri-
nodosuskalken der Schiechlinghöhe bei Hallstatt.
Hall'stätter Ceratitoidea. 51 7
Judicarites Trophini nov. sp.
Taf. 1, Fig. l.
Diese neue Art gehört in die nächste Verwandtschaft des
Judicarites Meneghinii v. Mojsisovics (Cephalopoden der
Mediterr. Triasprovinz; Abhandl. Geol. Reichsanstalt, X, 1882,
p. 86, Taf. LXXXI, Fig. 6) aus dem judikarischen Prezzokalk.
Sie stimmt mit der genannten Spezies in dem Besitz eines
gekerbten, mit Hohlkehlen eingesäumten Externkiels und
falcoid geschwungener Flankenrippen überein, die meist am
Nabelrande paarweise in schwachen Knoten entspringen. Ver-
schiedenheiten, die eine Trennung der beiden Spezies be-
gründen, liegen in den Involutionsverhältnissen - - bei gleicher
Nabelweite ist die Windungshöhe bei J. Trophini erheblich
größer — und in der relativ dichteren Berippung der Hall-
stätter Art. Auch ragt bei der letzteren der Kiel beträchtlich
stärker über die Marginalkanten empor. Er ist mit zahlreichen,
sehr feinen Kerben versehen, die jedoch erst bei der Anwen-
dung der Lupe als solche deutlich hervortreten.
Dimensionen:
Durchmesser 39 mm
Höhe der Schlußwindung 17
Dicke » 10
Nabelweite 12
Loben: Nicht bekannt. Mindestens der halbe letzte Umgang
des abgebildeten Stückes gehört der Wohnkammer an.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Schiech-
linghöhe, Trinodosus-Zone 1, coli. Heinrich.
Gen. Jiaclutes v. Mojsisovics.
E. v. Mojsisovics hat in seiner Systematik der Hall-
stätter Auuuoucü Irachyostraca das Genus CeratUes in eine
Anzahl von Gruppen oder Untergattungen zerlegt, unter denen
einige, wie Buchites und Phormedites, von ihm als Stamm-
formen gewisser Gruppen oder Untergattungen von Arpadites
(Clionites, Dapknites) angesehen werden. Mit einer solchen
Auffassung steht die obige_Systematik in einem inneren Wider-
518 C. Diener,
spruch. Eine natürliche Systematik müßte BucliHes mit Clio-
nites, Phormedites mit Dapknites unmittelbar verknüpfen,
während die phylogenetisch zusammengehörigen Gruppen aus-
einandergerissen werden, wenn man sie als Subgenera bei
verschiedenen Hauptgattungen (Ceratites — Arpadites) unter-
bringt. Ich habe daher, um diese Klippe zu vermeiden, in
meiner Übersicht der Cephalopoda triadica im »Animalium
fossilium Catalogus« (Junk, Berlin 1915) die Erhebung aller
dieser Subgenera zu selbständigen Gattungen befürwortet und
halte auch hier an dieser Auffassung fest.
Buchites Helladii nov. sp.
Tat. 1, Fig. 2.
Das abgebildete Windungsbruehstück, in dessen Nabel-
region noch ein Teil des vorletzten Umganges der Beob-
achtung zugänglich ist, steht dem Buchites Aldrovandii v. Moj-
sisovics (Cephal. der Hallstätter Kalke; Abhandl. Geol. Reichs-
anstalt, VI/2, 1893, p. 411,, Taf. CXXIII, Eig. 11) sehr nahe.
Der Hauptunterschied liegt in den abweichenden Querschnitts-
verhältnissen, da die neue Art erheblich schlanker ist. Das
Verhältnis der Höhe zur Dicke der Schlußwindung beträgt
bei ihr 18*5 zu 10 ////// (gegenüber 17 : 13 mm bei B. Aldro-
vandii). Auch ist sie stärker eingerollt, da einem Durchmesser
von Ab mm eine Nabelweite von 14;;/;;/ entspricht - gegen-
über 53 : 24 mm hei B. Aldrovandii.
Die Berippung ist bei Übereinstimmung im Skulptur-
charakter schwächer als bei B. Aldrovandii, aber an der
stumpf gerundeten Marginalkante verstärkt, so daß der Verlaut
dieser Kante durch eine Perlknotung markiert erscheint.
Dimensionen:
Durchmesser 45 mm
Höhe der Schlußwindung 18 • 5
Dicke » » 10
Nabelweite 14
Loben: Genau die Hälfte des abgebildeten Fragments
entfällt auf die Wohnkammer. Die Anordnung der Suturele-
mente scheint mit jener bei B. Aldrovandii übereinzustimmen.
Hallstätter Ceratitoidea. •""> 1 (. I
Der kurze zweite Laterallobus fällt mit dem Nabelrand zu-
sammen. Zwischen dem letzteren und duv Naht steht noch
ein kleiner zweiter Lateralsattel.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Peuer-
kogel, julische Hallstätter Kalke 1, coli. Kitt l.
Buchites Heriberti nov. sp.
Tai". 1, Fig. 3.
Das abgebildete kleine Gehäuse dürfte wahrscheinlich
bereits die Wohnkammer besitzen. Es besteht aus zahlreichen,
sehr langsam anwachsenden, hochmündigen Windungen von
fast rechteckigem Querschnitt. Doch geht die flach gerundete
Externseite ohne Intervention einer Marginal kante in die mit- •
einander parallelen Flanken über.
Von den bisher bekannten Arten scheint Buchites Emer-
soni Diener (Fauna of the Tropites limest. of Byans, Palae-
ontol. Ind., ser. XV. Himal. Foss. Vol. V, No 1, 1906, p. 25,
PI. V, hg. 8) aus dem Tropitenkalk von Byans der unseligen
am nächsten zu stehen. Doch ist die Skulptur der letzteren
erheblich zarter und besteht zumeist aus einfachen Rippen, die
auf den Seitenteilen fast ganz verschwinden und nur im Be-
reiche des Nabels und auf dem Externteil hervortreten. In der
Mittellinie des Externteiles ist keine Unterbrechung der Skulptur
vorhanden.
Die außerordentlich zarte Ornamentierung gestattet eine
leichte Unterscheidung unserer neuen Art von allen bisher be-
schriebenen Buchiten aus der Obertrias der Alpen und
Siziliens.
Dimensionen:
Durchmesser 26 mm
Höhe der Schlußwindung 8
Dicke » » 5
Nabelweite 11
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Feuer-
kugel, julische Hallstätter Kalke 1, coli. Heinrich.
520 0. Diener.
Gen. Thisbites v. Mojsisovics.
Subgen. Parathisbites v. Mojs.
Parathisbites nov. sp. ind. äff. scaphitiformis v. Hauer.
Taf. 1, Fig. 5.
Eine neue, dem Parathisbites scaphitiformis v. Hauer
(Beiträge zur Kenntnis der Cephalopodenfauna der Hallstätter
Schichten; Denkschr. Akad. Wiss. Wien, mathem.-naturw. Kl.,
IX., 1855. p. 149, Taf. II, Fig. 4 — 6) sehr nahestehende Form
unterscheidet sich von diesem durch niedrigere Windungen
und einen weiteren Nabel. Die Sichelrippen setzen in der
Gestalt von Zuwachsstreifen über den breiten Mediankiel hin-
weg wie bei P. Hyrtli v. Mojsisovics (Cephal. der Hallstätter
Kalke; Abhandl. der Geol. Reichsanstalt, VI/2, 1893, p. 445.
Taf. CXXXI, Fig. 13). Die Flankenskulptur stimmt mit jener
des P. scaphitiformis überein.
Loben: Übereinstimmend mit jenen des P. scaphitiformis.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Sommerau-
kogel, norische Stufe '_!, coli. Heinrich.
Gen. Drepctriites v. Mojsisovics.
Drepanites Domitii nov. sp.
Tal'. 1 , Fig. 6.
Das abgebildete Exemplar ist trotz seiner geringen Größe
als ausgewachsen anzusehen, da es nicht nur die Wohn-
kammer besitzt, sondern auch die mit Knötchenkanten ver-
sehenen scharfen Externkanten zeigt. Diese Externkanten sind
nicht, wie bei D. Hva/ti, nur an der Außenseite gekerbt, son-
dern die Kerben schneiden in die Externkanten selbst ein, die
durch eine tiefe, an der Basis winkelige — ■ nicht gerundete —
Hohlkehle geschieden werden.
Obwohl das abgebildete Stück die Seitenteile nur auf
einer Seite erhalten zeigt, gestattet es doch eine befriedigende
Rekonstruktion der Involutions- und Ouerschnittsverhältnisse.
Hallstätter Ceratitoidea. 521
Unsere Art ist entschieden den schmalen, hochmündigen
Formen zuzuzählen und schließt sich in dieser Richtung an
D. fissistriatus an.
In. der Skulptur erinnert sie einigermaßen an Drepanites
aster v. Hauer (Beiträge zur Kenntnis der Cephalopodenfauna
der Hallstätter Kalke: Denkschr. Akad. Wiss. Wien, mathem.-
naturw. Kl., IX, 1855, p. 160, Taf. V, Fig. 18-20). Vom
Nabel strahlen wulstige Faltrippen aus, die in der oberen
Seitenhälfte eine sichelförmige Krümmung annehmen, aber
zugleich eine sehr erhebliche Abschwächung erfahren. Die
meisten Faltrippen gabeln sich schon in der unteren Hälfte
der Seitenteile.
Dimensionen:
Durchmesser 1-1 ///;//
Höhe der Schlußwindung 9
Dicke » 4
Nabelweite 1
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Sommerau-
kogel, norische Stufe 1, coli. Heinrich.
Drepanites (?) nov. sp. ind.
Taf. 1, Fig. 7.
Eine interessante Form, die eine Zwischenstellung zwi-
schen Drepanites v. Mojs., Daphuites v. Mojs. und Diouites
v. Mojs. einzunehmen scheint, liegt mir leider nur in einem
für eine zufriedenstellende Diagnose nicht ausreichenden
Wohnkammerbruchstück vor.
Die wohlerhaltene Externseite zeigt eine tief ausgehöhlte
Medianrinne, die von scharfen Externkanten eingefaßt wird.
Diese Kanten sind mit zarten, voneinander ziemlich weit ab-
stehenden Knötchen besetzt. Jedes dieser Knötchen bildet das
Ende einer zarten, falcoid geschwungenen Rippe, die vom
Nabelrand über die flachen Seitenteile hinwegzieht. Zwischen
den Seitenteilen und den Externkanten schaltet sich noch eine
stumpf gerundete Marginalkante ein. Die schmale Zone zwi-
schen Extern- und Marginalkante wird von drei Knotenspiralen
02 l C. Diener,
eingenommen. Die Knoten stehen an der Kreuzungsstelle mit
den Rippen und sind stark in die Länge gezogen, wie bei
Dionües Caesar v. Mojs. Auch auf den Flanken sind vier
Reihen sehr zarter Knoten erkennbar, die aber im Gegensatz
zu jenen auf dem Externteil eine kreisförmige oder quer ver-
längerte Basis besitzen.
Beachtenswert ist die große äußere Ähnlichkeit unserer
Art mit Protrackyceras v. Mojs. Allerdings stellt sich einer
Vereinigung mit Protrackyceras — abgesehen von dem strati-
graphischen Niveau — die Stellung der kleinen Perlknoten
auf einer scharfen Externkante entgegen. Man könnte sich
hingegen sehr wohl vorstellen, daß aus einem typischen
Daphnites eine Form mit Perlknoten (vgl. Daphnites Tristani
v. Mojs.) hervorgeht, bei der später die scharfen Externkanten
von Drepanites und endlich eine an Dionües erinnernde Spiral-
skulptur auftreten, so daß die vorliegende Art eine Vereinigung-
aller dieser Merkmale aufweist. Die Ähnlichkeit mit Protracky-
ceras wäre in diesem Falle in das Gebiet der Konvergenz-
erschein ungen zu verweisen.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Sommerau-
kosrel, n< irische Stufe 1, coli. Heinrich.
Gen. Daphnites v. Mojsisovics.
Daphnites Flaviani nov. sp.
Taf. 1, Fig. 8.
Die neue Art ist ein typischer Vertreter des Genus
Daphnites, bei dem die Rippen an der tiefen Medianfurche
des Externteils ohne Knotenbildung enden. Sie schließt sich
nahe an I). Uugcri v. Mojs. (Cephal. der Hallstätter Kalke; Ab-
handl. Geol. Reichsanstalt, VI/2, 1893, p. 485, Taf. CXLII,
Fig. 4, 5) und D. BercUae v. Mojs. (1. c, p. 486, Taf. CXLII,
Fig. 3) an. Von beiden unterscheidet sie sich durch den
engeren Nabel und die weniger dichte Berippung, die erst in
einem späteren Wachstumsstadium als bei den beiden ge-
nannten Arten auftritt. Die falcoid geschwungenen Rippen
sind nicht gebündelt. Neben einfachen und gegabelten Rippen
Hallstätter Ceratitoidea. o23
kommen auch einzelne auf die Marginalzone beschränkte
Schaltrippen vor.
Dimensionen:
Durchmesser 17 mm
Höhe der Schlußwindung 9
Dicke » » 6
Nabelweite 2
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Sommerau-
kogel, norische Stufe 2, coli. Heinrich.
Gen. Clionites v. Mojsisovics.
Clionites angulosus v. Mojsisovics. var.
1893. Clionites angulosus v. Mojs., Cephal. der Hallstätter Kalke; Abhandl.
Geol. Reichsanstalt, VI/2, p. 465, Taf. CXXIIT, Fig. 10.
In der coli. Heinrich befindet sich ein Exemplar dieser
Spezies aus den julischen Hallstätter Kalken des Feuerkogels,
das sich von dem Arttypus dadurch unterscheidet, daß ein-
zelne der an der glatten Medianzone des Externteils mit
Knoten endenden Rippen einander direkt gegenüberstehen,
während bei dem Typus vom Raschberg alle Rippen auf den
beiden Schalenhälften miteinander alternieren. Ein weiterer
Unterschied liegt in der gelegentlichen Einschiebung von
Schaltrippen zwischen den Hauptrippen in der Marginalzone
der Seitenteile. Auf dem halben letzten Umgang des mir vor-
liegenden Stückes kommen fünf solche Schaltrippen auf
13 Hauptrippen. Beide Unterschiede können wohl nur den
Wert von Varietätsmerkmalen beanspruchen.
Clionites Nicetae nov. sp.
Taf. I, Fig. 14.
Eine Anzahl winziger Gehäuse aus dem norischen Hall-
stätter Kalk des Taubensteins im Gosautal weist auf eine
Zwergform hin, die einen sehr einfachen Typus des Genus
Clionites darstellt und vielleicht als ein Vorläufer des Clionites
Ares v. Mojs. angesehen werden könnte.
,i24 * C. Diener.
Die langsam anwachsenden, einander nur über dem Extern-
teil umfassenden Umgänge sind erheblich dicker als hoch. Den
abgeflachten Flanken steht ein breit gewölbter Externteil
gegenüber.
Zahlreiche radial verlaufende Rippen ziehen über die
Seitenteile und den Externteil und brechen vor der schmalen,
glatten Medianzone mit Knoten ab. Einzelne Rippen gabeln
sich in der Mitte der Flanken, doch bleibt die Mehrzahl der-
selben ungespalten. Außer der externen Knotenspirale ist keine
Andeutung weiterer Knotenspiralen vorhanden, ebensowenig
treten Spuren einer Längsskulptur hervor.
Dimensionen:
Durchmesser 11*5 mm
Höhe der Schlußwindung... 3-5
Dicke » » ... 5
Nabelweite 5
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Tauben-
stein, norische Stufe 5, coli. Kittl (1901).
Gen. Cyrtopleurites v. Mojs.
Cyrtopleurites sp. ind. äff. bicrenati Hauer
et Saussurei v. Mojs.
Taf. I, Fig. 13.
In meiner Abhandlung über die Ceratitoidea der karnisch-
norischen Mischfauna des Feuerkogels ist auf die Überein-
stimmung einer Zwergform des Genus Cyrtopleurites mit einem
inneren Kern aus dem norischen Marmor des Sommeraukogels
hingewiesen worden, der sowohl zu C. bicreuatus Hauer als
zu C. Saussurei v. Mojs. sehr nahe Beziehungen zeigt. Ich
trage hier die Abbildung dieses Stückes nach und verweise
im übrigen auf die an der zitierten Stelle gegebene Beschrei-
bung.
Hallstätter Ceratitoidea. 525
Cyrtopleurites Partheniae noy. sp.
Taf. I, Fig. 12.
Diese Art ist in der Sammlung Kittl's nur durch ein
einziges, aber tadellos und nahezu vollständig, mit einem Teile
seines Peristoms erhaltenes Exemplar vertreten. Sie steht dem
C. Herodoti v. Mojs. (I. c, p. 518, Taf. CLVIIL Fig. 10) aus
den Ellipticus- Schichten des Feuerkogels sehr nahe.
Wie bei C. Herodoti fehlen Umbilikalknoten, während
Lateral- und Marginalknoten wohlentwickelt sind. Die Rippen-
skulptur tritt am kräftigsten auf dem Externteil zwischen
Marginalknoten und Externohren hervor. Die Unterschiede
gegenüber C. Herodoti sind die folgenden.
Bei gleichem Gehäusedurchmesser ist C. Partheniae erheb-
lich schlanker — Windungsquerschnitt 17:11 gegenüber 17:14
bei C. Herodoti. Die Skulptur ist zarter, die Berippung dichter.
Insbesondere ist die Zahl der eingeschalteten Rippen und damit
auch der Marginalknoten größer — 21 gegenüber 15 auf der
ersten Hälfte des letzten Umganges. Endlich verlaufen die
Rippen bei unserer Art zwischen den Lateral- und Marginal-
knoten stärker sigmoid geschwungen als bei C. Herodoti, bei
dem sie — wenigstens am Beginn der Schlußwindung — eine
fast gerade Richtung einhalten, ähnlich wie bei C. Vestaiiae
Diener, der aber wohl individualisierte Umbilikalknoten besitzt.
An dem vorliegenden Exemplar ist das Peristom auf der
linken Schalenhälfte von der Naht bis zur Mitte des Raumes
zwischen den Lateral- und Marginalknoten erhalten. Es be-
schreibt auf dieser Strecke eine flache Kurve, deren Konvexität
nach außen gekehrt ist.
Dimensionen:
Durchmesser 31 mm
Höhe der Schlußwindung 17
Dicke » » 11
Nabelweite 4
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Millibrunn-
kogel am Vorder-Sandling, Linse mit Tliisbites Agricolae
(tuvalisch) 1, coli. Kittl.
526 C. Diener.
Subgen. Hauerites v. Mojsisovics.
Hauerites rarestriatus v. Hauer, var.
1849. Ammonites rarestriatus v. Hauer. Neue Cephal. aus den Marmor-
schichten von Hallstatt und Aussee; Haidinger's Naturwiss. Abhandi.
III., P. 11, Taf. V, Fig. 10; Taf. VI, Fig. 4, 5.
1893. Cvrlopleurites ( Hauerites) rarestriatus v. Mojsisovics; Cephal. der
Hallstätter Kalke. Abhandi. Geol. Reichsanstalt, VI/2, p. 529. Taf. CL,
Fig. 5.
Ein dem Originalstück v. Hauer's an Größe ein wenig-
nachstehendes Exemplar, das ich im Jahre 1916 für das
Paläontologische Institut der Universität in Wien aus den Auf-
sammlungen Faber's im roten Marmor des Sommeraukogels
erworben habe und ein Windungsfragment aus der coli. Hein-
rich von dem gleichen Fundort zeigen die Spirallinie, an der
die Rippen den sigmoiden Schwung annehmen, in zarte Knöt-
chen aufgelöst. Der Wert eines Speziesmerkmals ist dieser
geringfügigen Abweichung vom Arttypus wohl nicht beizu-
messen.
Gen. Distichites v. Mojsisovics.
Distichites cf. megacanthus v. Mojsisovics.
In Kittl's Aufsammlungen aus dem Hallstätter Kalk des
Taubensteins im Gosautal befindet sich ein gut erhaltenes
Exemplar eines Distichites, der in seiner Größe und Skulptur
mit dem von E. v. Mojsisovics (Cephal. der Hallstätter Kalke,
1. c, p. 598, Taf. CXLVI, Fig. 4) abgebildeten Original des
I). megacanthus aus dem roten Marmor des Sommeraukogels
übereinstimmt und sich von demselben nur durch den engeren
Nabel unterscheidet. Das Verhältnis des Durchmessers zur
Nabelweite beträgt bei unserem Stück 147:40 gegenüber
137:45 bei dem Originalexemplar vom Sommeraukogel.
Andere mit D. megacanthus nächstverwandte Formen, wie
D. nov. sp. inJ. ex äff. megacanthi Diener (Fauna Tropites
limest. of Byans, Pal. ind. ser. XV. Himal. Foss. Vol. V. No 1,
1906, p. 98, PI. I, flg. 3) und D. megacanthus timorensis Welt er
(Obeitriad. Ammon. etc. v. Timor, 1. c, 1914, p. 161, Taf. XXXVI,
Fig. 3, 5, 11) sind von der Stammform durch noch größere
Nabelweite unterschieden.
Hallstätter Ceratitoidea. 527
Gen. Clydonites v. Hauer.
Clydonites Goethei v. Mojsisovics var.
1893. Clydonites Goethei v. Mojsisovics, Cephal. der Hallstätter Kalke ; Ab-
handl. Geol. Reichsanstalt, VI/2, p. 721. Taf. XCI, Fig. 4, 5.
In den Aufsammlungen Kittl's aus den julischen Hall-
stätter Kalken des Feuerkogels (Ellipticus-Schichten) ist der
echte Clydonites Goethei durch einige Exemplare vertreten,
von denen eines sehr bedeutende Dimensionen erreicht. Es
ist mit einem Durchmesser von 62 mm das größte bisher
bekannte Stück des Genus Clydonites.
Neben dem Arttypus kommt an der gleichen Lokalität
(coli. Heinrich) eine Varietät vor, die sich durch die gelegent-
liche Verstärkung einzelner Rippen in der Umbilikalregion
kennzeichnet.
Clydonites nov. sp. ind.
Aus der Gruppe der C laevicosiati liegt mir ein mit
•clydonitischen Loben versehenes Windungsbruchstück vor, das
aus dem roten Marmor des Sommeraukogels (coli. Heinrich)
stammt. Ich weise hier auf dieses für eine Artdiagnose unzu-
reichende Fragment hin, weil es von stratigraphischem Inter-
esse ist. Es beweist das Hinaufgehen der Gruppe in norische
Bildungen, während die bisher bekannten Vertreter der Cl.
laevicostati (C. Goethei v. Mojs., C. Hecuba v. Mojs.) auf die
karnische Stufe beschränkt sind.
Gen. Trachyceras Laube.
Trachyceras Schroetteri v. Mojsisovics.
IS!»:',. Trachyceras Schroetteri v. Mojsisovics, Cephal. der Hallstätter Kalke;
Abhandl. Geol. Reichsanstalt, VI/2, p. 663. Taf. CLXXXVII, Fig. 3.
E. v. Mojsisovics kannte diese Art nur aus den
Aonoides-Schichten des Raschberges bei Goisern. Sie hat sich
auch in Dr. Heinrich's Sammlung aus den julischen Hall-
stätter Kalken des Feuerkogels gefunden.
Sit/.b. d. mathem.-naturw. Kl. Abt. 1, 129. Bd. 36
528 C. Diener,
Trachyceras cf. felix v. Mojsisovics.
1893. Trachyceras felix v. Mojsisovics, 1. c, p. 651, Taf. CLXXV, Fig. 2.
Dieser, durch ihre Hochmündigkeit und den Wechsel in
der Stärke der Dornenspiralen gekennzeichneten Spezies aus
den Aonoides-Schichten des Raschberges schließt sich ein
Exemplar in Kittl's Aufsammlungen aus den julischen Hall-
stätter Kalken des Feuerkogels sehr nahe an. Es weicht nur
durch die geringere Zahl der Dornenspiralen von dem Original-
typus ab.
Trachyceras austriacum v. Mojsisovics.
1893. Trachyceras austriacum v. Mojsisovics, I.e., p. (377, Taf. CLXXXII,
Fig. 8; Taf. CLXXXIII, Fig. 3, 7>-9; Taf. CLXXXIV, Fig. 1 — 3,
Taf. CLXXXV, Fig. \.
Eine vollständige Synonymenliste bei Diener, Cephal. triadica, Fcss. Cata-
logus. Pars S, Junk, 1915, p. 283.
In der Sammlung Dr. Heinrich's befindet sich ein Exem-
plar dieser Spezies, das in seinen Dimensionen dem von
E. v. Mojsisovics in Fig. 1 auf Taf. CLXXXIV abgebildeten
Originalstück des Arttypus vom Feuerkogel nahezu gleich-
kommt. Es stammt aus den julischen Hallstätter Kalken des
Vorder-Sandling bei Goisern.
Trachyceras c\~. triadicum v. Mojsisovics.
Ein für die sichere Bestimmung hinreichend gut erhaltenes
Exemplar schließt sich an T. triadicum v. Mojsisovics (1. c,
p. (382, Taf. CLXXXV, Fig. 2-5; Taf. CLXXXVL Fig. 1 — 3>
so nahe an, daß ich eine spezifische Trennung nicht vor-
nehmen möchte. Die Nabelweite ist etwas größer — 20 /;//;/
bei einer Windungshöhe von 32 mm — , die Zahl der Dornen-
spiralen ein wenig kleiner — 11 auf der einen, 13 auf der
anderen Windungshälfte — , während typische Exemplare des
T. triadicum bei gleicher Windungshöhe 13 bis 14 Dornen-
spiralen aufweisen. Doch sind beide Unterscheidungsmerkmale
von so geringem spezifischem Werte, daß ich sie unberück-
sichtigt gelassen hätte, wenn nicht die Provenienz des Stückes
Hallstätter Ceratitoidea. 529
zu einer besonderen Vorsicht bei der Bestimmung mahnen
würde. Das Stück ist nämlich von Dr. Heinrich in den Sub-
bullatus- Schichten des Feuerkogels gesammelt worden, mithin
in einem Niveau, aus dem bisher, wenigstens in der alpinen
Trias, Trachyceraten nicht bekannt waren.
Trachyceras cf. Fortunae v. Mojsisovics.
Ein dem T. Fortunae v. Mojsisovics (1. c, p. 652,
Taf. CLXXV, Fig. 5) sehr nahestehendes Exemplar hat sich
in der coli. Kittl aus den julisehen Hallstätter Kalken des
Feuerkogels gefunden. Rippenteilungen treten an diesem Stück
seltener auf als an dem Originalexemplar aus den Schichten
mit Track, austriacum vom Raschberg.
Subgen. Protrachyceras v. Mojs.
Protrachyceras Zenobii nov. sp.
Taf. I, Fig. 9.
Diese neue Art gehört der Gruppe der P.furcosa \. Mojs.
an und in die nächste Verwandtschaft des Protrachyceras
TIious v. Dittmar (Zur Fauna der Hallstätter Kalke, Benecke's
Geogn. Pal. Beitr. I, 1866, p. 385, Taf. XVIII, Fig. 11 — 13).
Selbst wenn man die letztere Art noch weiter fassen wollte
als E.v. Mojsisovics (I.e., p. 629, Taf. CLXVIII, Fig. 3 — 11),
der ihr eine ziemlich bedeutende Variabilität zugesteht, würde
es sich doch empfehlen, an der Selbständigkeit unserer neuen
Spezies schon mit Rücksicht auf deren Niveauverschiedenheit
festzuhalten.
P. Zenobii zeigt die gleichen Involutionsverhältnisse und
den gleichen Querschnitt wie P. Thous. Eine Externfurche
gelangt nur infolge des Aufragens der Externknoten über das
mittlere Niveau des Externteils zur Ausbildung. Die Grund-
elemente der Oberflächenskulptur bilden, wie bei P. Thons, die
breiten, auf den Flanken schwach gekrümmten, in der Marginal-
region nach vorwärts gebogenen Faltrippen, während die
Knotenspiralen noch mehr als bei der erstgenannten Spezies
530 C. Diener,
an Bedeutung zurücktreten. Schon die schräge — nicht spiral -
verlängerten Externknoten überhöhen die Rippenkämme nur
unerheblich. Von den bei P. Thous kräftig entwickelten Um-
bilikal- und Marginalknoten sind bei unserer Art auf der
Schlußwindung nur noch schwache Andeutungen vorhanden.
Auf den innerhalb der Nabelöffnung sichtbaren inneren Um-
gängen treten außer der umbilikalen noch drei schwache
laterale Knotenreihen hervor, die jedoch bereits auf dem
ersten Quadranten der Schlußwindung erlöschen.
Diese frühzeitige bis zur Obliterierung auf dem letzten
Umgang sich steigernde Abschwächung aller Knotenspiralen
mit Ausnahme der Externknoten unterscheidet unsere neue Art
von P. Thous in ausreichender Weise, um deren spezifische
Selbständigkeit zu rechtfertigen.
Dimensionen :
Durchmesser 55 mm
Höhe der Schlußwindung über der Naht 26
» » » » dem Externteil der
vorhergehenden Windung 20
Dicke der Schluß windung 18
Nabelweite 15
Loben: Übereinstimmend mit jenen des P. Thous. Zweiter
Lateralsattel sehr klein. Erster Auxillarsattel mit der Nabel -
kante zusammenfallend.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Feuer-
kugel, Subbullatus-Schichten 1, coli. Heinrich.
Subgen. Anoleites v. Mojsisovics.
Anolcites teltschenensis v. Hauer, var. nov.
1860. Ammonites teltschenensis v. Hauer. Nachtr. zur Kenntnis der Cephal.-
Fauna der Hallstätter Schichten; diese Sitzungsber., XLI. Bd., p. 138,
Tai. III, Fig. 11, 12.
1X93. Anolcites teltschenensis v. Mojsisovics. Cephal. der Hallstätter Kalke;
Abhandl. Geol. Reichstanstalt, VI/2, p. 695, Taf. CLXVI1. Fig. 23, 24.
Das vorliegende Stück, das in seinen Dimensionen mit
dem kleineren der beiden Originalexemplare v. Hauers über-
einstimmt, unterscheidet sich von dem Arttypus in ähnlicher
Hallstätter Ceratitoidea. 531
Weise wie P. Zenobii von P. Thons durch das Zurücktreten
der Knotenspiralen in der Oberflächenskulptur. Selbst auf den
innersten Umgängen sind nur schwache Andeutungen von
Umbilikal- und Lateralknoten vorhanden. Auf der Schluß-
windung ist die Zone der Marginaldornen durch eine An-
schwellung der Rippen ersetzt.
Da das Stück aus dem gleichen stratigraphischen Niveau
wie die beiden Originalexemplare v. Hauer's stammt, lege ich
diesen geringfügigen Unterschieden nur die Bedeutung von
Varietätsmerkmalen bei.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Feuer-
kugel, julische Hallstätter Kalke 1, coli. Heinrich.
Gen. Sirenites v. Mojsisovics.
Sirenites Elvirae nov. sp.
Taf. I. Fig. 10.
Diese neue Art fällt in die nächste Verwandtschaft des
S. Dramas v. Dittmar (Zur Fauna d. Hallst. Kalke, 1. c,
1866, p. 374, Taf. XVII, Fig. 3—5). Da das abgebildete Stück
trotz seiner geringen Dimensionen bereits eine Wohnkammer
besitzt, die den inneren Windungen gegenüber durch Ver-
änderungen der Skulptur charakterisiert ist, so dürfte es sich
hier um ein erwachsenes Exemplar einer Zwergform handeln.
In den Involutionsverhältnissen, in der Weite des Nabels-
in der Entwicklung der gegen die Flanken leicht abgesetzten
Zopfkiele und im Charakter der Berippung besteht Überein-
stimmung mit vS. Dromas. Spaltungen oder Einschaltungen
von Rippen treten ebenso selten auf wie an den drei Exem-
plaren, die E. v. Mojsisovics (1. c, Taf. CLXIV, Fig. 4, 5, (ii
von dieser Spezies abbildet. Ein Unterschied liegt allerdings
in der größeren Breite der Interkostalfurchen, die jene der
Rippen übertrifft. Auch macht sich keine Anschwellung der
Rippen in der unteren Seitenhälfte bemerkbar.
Wesentliche Unterscheidungsmerkmale von spezifischer
Bedeutung gegenüber 5. Dromas liegen in der Spiralskulptur.
Diese besteht bei unserer Art nicht aus spiralförmig ver-
längerten Knoten, sondern aus echten Dornen von kreis-
532 C. Diener,
förmiger Basis, die in einer wesentlich geringeren Zahl als
bei 5. Dromas auftreten. Auf den inneren Umgängen und
noch am Beginn der Schlußwindung zählt man vier Dornen-
spiralen, eine umbilikale, zwei laterale und eine marginale,
während die Zahl der Dornenspiralen bei S. Dromas sich
bis auf 1 1 steigern kann. Auf der Wohnkammer schwächen
sich die Dornen ab, so daß unweit der Mündung, die an
unserem Exemplar dem ursprünglichen Penstom nahe liegen
dürfte, nur mehr die oberen Lateraldornen und die Marginal-
dornen angedeutet erscheinen.
Dimensionen:
Durchmesser 27 mm
Höhe der Schlußwindung über der Naht 9
Höhe der Schlußwindung über dem Externteil der
vorhergehenden Windung 8-5
Dicke' der Schlußwindung 6-5
Nabelweite 10 -5
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Feuer-
kugel, julische Hallstätter Kalke 1, coli. Kittl.
Sirenites Euphemiae nov. sp.
Taf. I, Fig. 11.
Auch diese neue Art aus der Verwandtschaft des S. striato-
falcatns v. Hauer (Neue Ceph. aus d. roten Marmor v. Aussee,
Haidinger's Nat. Abb., I, 1847, p. 273, Taf. IX, Fig. 7—9)
ist nur durch kleine Exemplare vertreten, die bereits mit der
Wohnkammer versehen sind.
Die einander bloß über dem Externteil umfassenden
Umgänge wachsen langsamer an als bei S. striatofalcatus
und sind verhältnismäßig niedriger. In der Involution steht
demzufolge unsere Art dem 5. Dromas Dittm. näher. Dagegen
stimmt sie mit 5. striatofalcatus in der Beschränkung der
Flankenskulptur auf Faltrippen und in der Abwesenheit einer
ausgesprochenen Knotenbildung überein. Nur am Umbilikal-
rand zeigen sich einzelne Rippen knotenartig angeschwollen.
Auch Andeutungen einer Längsstreifung fehlen durchaus.
Hallstätter Ceratitoidea. 533
Die Berippung der inneren Windungen stimmt mit jener
bei 5. striatofalcatus nach den Darstellungen von E. v. Mojsi-
sovics (1. c., p. 741, Taf. CLXIV, Fig. 1 — 3) überein. Auf
der Schlußwindung jedoch nehmen die Faltrippen an Zahl
ab und erreichen dafür eine ungewöhnliche Breite, so daß
sie am Externrande nicht, wie bei S. striatofalcatus, in zwei,
sondern in eine größere Zahl — drei bis fünf — Zopfrippen
zerfallen. Diese breiten Faltrippen gehen aus der Verschmelzung
von zwei ursprünglich einfachen, am Nabelrand zusammen-
laufenden Rippen hervor. Rippenteilungen in der oberen
Flankenhälfte sind an unseren Stücken nirgends zu beob-
achten. Wohl aber treten gelegentlich, wenn auch selten,
Schaltrippen in der Margin alregion auf.
Dimensionen:
Durchmesser 27 mm
Höhe der Schlußwindung über der Naht 9
Höhe der Schlußwindung über dem Externteil der
vorhergehenden Windung 7
Dicke der Schlußwindung 5-5
Nabelweite 11
Loben: Nicht bekannt.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Feuer-*
kogel, julische Hallstätter Kalke 1, coli. Kittl; 1, coli. Heinrich.
Subgen. Diplosirenites v. Mojs.
Diplosirenites Starhembergi v. Mojsisovics var.
1893 Sirenites (Diplosirenites) Starhembergi v. Mojsisovics, Ceph. Hallst.
Kalke, Abhandl. Geol. Reichsanst., VI/2, p. 759, Taf. CLXIII, Fig. 6.
Zu dieser Art, die E. v. Mojsisovics nur in einem
einzigen Exemplar aus den Aonoides-Schichten des Rasch-
berges vorlag, rechne ich ein kleineres Stück von 60 mm
Durchmesser, das trotz schwerer Beschädigungen doch die
für D. Starhembergi charakteristischen Merkmale in der Ex-
tern- und Flankenskulptur deutlich erkennen läßt. Gut ent-
wickelt sind insbesondere die Doppeldornen auf den einzelnen
Flankenrippen, die sich teils als spiral gestreckte Dornen,
534 C. Diener,
teils — und zwar die am Hinterrande der Rippen stehenden —
als einfache Dornchen darstellen. Die Dornenspiralen sind
von ungleicher Stärke. Fünf sind kräftiger, fünf weitere nur
sehr schwach ausgebildet, ohne indessen regelmäßig mit-
einander abzuwechseln.
Ich betrachte diese Abweichungen vom Arttypus nur als
Varietätsmerkmale.
Vorkommen, Zahl der untersuchten Exemplare: Feuer-
kugel, julische Hallstätter Kalke 1, coli. Heinrich.
Subgen. Anasirenites v. Mojsisovics.
Anasirenites Ekkehardi v. Mojsisovics.
1893 Sirenites (Anasirenites) Ekkehardi v. Mojsisovics, Ceph. Hallst.
Kalke, Abhandl. Geol. Reichsanst., VI/2, p. 773, Tat". CLIX, Fig. 5, 6.
Ein tadellos erhaltenes Exemplar dieser schönen, leicht
kenntlichen Art, die E. v. Mojsisovics nur aus den Sub-
bullatus-Schichten des Yorder-Sandling kannte, hat sich in
Kittl's Aufsammlungen aus dem gleichen Niveau am Feuer-
kogel gefunden.
Zusammenfassung.
Die Untersuchung der Ceratitoidea in den Sammlungen
von Kittl und Heinrich hat uns, wenn wir von der karnisch-
norischen Mischfauna des Feuerkogels absehen, mit 1 1 neuen
Arten bekannt gemacht, die die Einführung einer besonderen
spezifischen Bezeichnung rechtfertigen. Zu ihnen kommen
noch sechs weitere Arten, die unbenannt geblieben sind. Sie
verteilen sich auf die Gattungen, beziehungsweise Unter-
gattungen: Epicevatites, Buchitcs, Parathisbites, Halilucites,
Beyrichites, Judicarites, Cyrtopleurites, Drepanites, Dapknites,
Distichites, Clionites, Clydonites, Protrachyceras und Sirenites*
Aus den anisischen Hallstätter Kalken der Schiechling-
höhe bei Hallstatt stammen drei neue Formen:
Ceratites (Halilucites) sp. ind. äff. rustico Hau.
Beyrichites nov. sp. ind. äff. Bittueri Arth.
Judicarites Trophini.
Hallstätter Ceratitoidea. 535
Von Interesse ist der Nachweis des Genus Judicarites
in nordalpinen Kalken der Hallstätter Fazies. Es ist an dieser
Lokalität auch durch eine bezeichnende Art des Prezzokalkes,
/. arietiformis Mojs., vertreten.
Die julischen Hallstätter Kalke des Feuerkogels haben
fünf neue Arten geliefert:
Ep icera tites Vei/auf i i
Buchites Hellen!//
» Heribert!
Sirenites Elvirae
» Euphemiae.
Die an erster Stelle genannte Art erinnert an E. viator
Mojs. aus dem gleichen Niveau. Buchites Helladii steht dem
B. Aldrovandii Mojs. sehr nahe. B. Heribert! unterscheidet
sich von anderen Buchiten der alpinen Trias durch seine
zarte Ornamentierung. Die beiden Sireniten gehören der
Gruppe der 5. striatofalcati an und finden ihren Anschluß
sowohl an S. striatofalcatus Hau. als an 5. Dramas Dittm.
In den tuvalischen Hallstätter Kalken des Feuerkogels
(Subbullatus-Schichten) hat sich nur eine neue Spezies ge-
funden, die dem Subgenus Protrachyceras angehört, P. Zenobii
aus der Verwandtschaft des P. Thous Dittm. Mit ihm zu-
sammen kommt auch ein echtes Trachyceras vor, das viel-
leicht mit T. triadicum Mojs. direkt identifiziert werden
könnte. Während in den oberkarnischen Bildungen Nord-
amerikas und Ostindiens das Zusammenvorkommen von Trachy-
ceras mit Tropites seit lange bekannt war, erscheint es nun-
mehr auch in der alpinen Trias sichergestellt. Herrn Dr.
A. Heinrich gebührt das Verdienst dieser Entdeckung, auf
die er im Jahre 1916 (Mitteil. Geol. Ges. Wien, VIII, 1915,
p. 245) zuerst hingewiesen hat.
Sonst ist mir aus der tuvalischen Unterstufe nur noch
eine neue Spezies des Genus Cyrtopleiirites, C. Partheniae,
ein sehr naher Verwandter des C. Herodoti Mojs., aus den
Schichten mit Thisbites Agricolae am Millibrunnkogel (Vorder-
sandling) bekannt geworden.
536 C. Diener,
Dürftig ist die Vertretung neuer Arten in der norischen
Stufe. Aus dem grauen Marmor des Taubensteins im Gosautal
liegt mir neben einem großen Distichites, der vielleicht mit
D. niegacanthus Mojs. identisch ist, eine Zwergform des Genus
Clionites, C. Nicetae, vor. Der rote Marmor des Sommerau-
kogels hat fünf neue Arten geliefert, von denen jedoch nur zwei,
Drepanites Domitii
Daphnites Flaviani,
mit besonderen Speziesnamen belegt werden konnten. Von
den drei übrigen ist Clydonites iiov. sp. ind. von stratigraphi-
schem Interesse, weil die Gattung Clydonites bisher nur aus
karnischen Schichten bekannt war. Die zweite ist ein Para-
thisbites aus der nächsten Verwandtschaft des P. scaphiti-
formis Hau., die dritte ein durch seine ungewöhnlich reiche,
an Trachyceras erinnernde Verzierung der Schale auffallender
Vertreter des Genus Drepanites.
Hallstätter Ceratitoidea. 537
Tafelerklärung.
Fig. 1 [/, /> Judicarites Trophini Dien.
Scbiechlinghöhe, Trinodosus-Zone. coli. Heinrich.
> 2 a. b Bu chitcs Hclladii Dien.
Feuerkogel, julische Unterstufe, coli. Kittl.
» 3 a, b Buchites Heribert i Dien.
Feuerkogel, julische Unterstufe, coli. Heinrich.
> 4 a. b Epiceratites Vcnantii Dien.
Feuerkogel, julische Unterstufe, coli. Heinrich.
> 5 Parathisbites nov. sp. ind. äff. scaphitiformis Hau.
Sommeraukogel, norisch, coli. Heinrich.
> 6a,b Drcpaniics Domilii Dien.
Sommeraukogel, norisch, coli. Heinrich.
» 7a,b Drepanites (an Dionites?) sp. ind.
b Externseite 2 mal vergrößert.
Sommeraukogel, norisch, coli. Heinrich.
> 8 a, b Daphnites Flaviani Dien.
Sommeraukogel, norisch, coli. Heinrich.
> 9 a, b Proirachyceras Zcnobii Dien.
Feuerkogel, Subbullatus-Schichten, coli. Heinrich.
> 10 Sireniies Elvirae Dien.
Feuerkogel, julische Unterstufe, coli. Kittl.
11 <i, b Sireniies Euphemiae Dien.
Feuerkogel, julische Unterstufe, coli. Kittl.
> 12i7,/' Cyrtopleurites Parthcniae Dien.
Vordersandling, Schicht mit Thisbites Agricolae, coli. Kittl.
> 13 Cyrtopleurites sp. ind. äff. bicrenato Hau. et Saussurei Mojs.
Sommeraukogel, norisch, coli. Diener.
> 14 ö, b, c Clionites Nicetac Dien.
b, c 2 mal vergrößert.
Taubenstein, norisch, coli. Kittl.
Diener, C: Hallstätter Ceratitoidea
Ja 6b m* dSBik''b 2a
K. Reitschläger del. Druck Hohlweg & Blatz, Wien.
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., tnath.-naturw. Klasse, Bd.OXXIX,Abt. I ..1920
539
Zur Oberflächengestaltung der Umgebung
Leobens
Von
Dr. Walter Schmidt in Leoben
(Vorgelegt in der Sitzung am 7. Oktober 1920)
Bei der von mir unternommenen geologischen Aufnahme
der weiteren Umgebung Leobens ergaben sich auch eine
Reihe morphologischer Erkenntnisse, die im folgenden ge-
bracht werden sollen.
Zur Darstellung sollen insbesondere einzelne Züge der
Gneismasse im S der Mur kommen, die als Gleinalmmasse
bekannt ist. Gemäß der allmählichen Ausdehnung des
Aufnahmsgebietes werden aber mehr anhangsweise auch die
Oberflächenformen der Gebiete nördlich der Mur, Himbergeck-
Kletschachzug sowie der Sekkauer Alpen Beachtung finden.
Da diese Untersuchungen nur Nebenfrucht einer anderen
Untersuchung sind, können sie auf Abgeschlossenheit keinen
Anspruch machen. Ihre Ergebnisse werden einer weiteren
Vertiefung und Ausdehnung über benachbarte Gebiete
bedürfen.
Betrachtet man die Berge im S des Murtales vom Tale
aus, so erhält man einen einförmigen und düsteren Eindruck.
Neben- und übereinander bauen sich Kämme auf, bedeckt
von dunklem Fichtenwalde, in ewiger Wiederholung, so daß
es schwer wird, einzelne Formen aus dem Gewirre hervor-
zuheben. Den Grund der Einförmigkeit merkt man besonders
beim Zeichnen. Ganz dicht ist das Gewirre der Gräben, die
die Flanken der Berge zerschneiden, dazwischen scharfe
Kämme, eckig verlaufend. Ihre Seiten sind dachartig glatt
und fallen alle unter demselben Neigungswinkel ab.
540 W. Schmidt,
Es ist diese Landschaft eine der schönsten Verwirk-
lichungen des Idealfalles, den Davis in der »Erklärenden
Beschreibung der Landformen« für einen reifen Zyklus der
Landformen gegeben hat.
Dies gilt für den Bereich des Gneises. Am N-hang des
Muglzuges bilden karbone Phyllite die Abhänge. Wir sehen
dort, wo diese zusammenhängende Massen bilden, z. B. am
Massenberg und Windischberg im S von Leoben, daß der
Zyklus schon zu gerundeten Rückenformen fortgeschritten
ist, aus denen Kalkeinlagerungen als Klippen hervorragen,
wie z. B. Kuhberg bei Niklasdorf, Pampichlerwarte. Bildet
aber der Kalk mächtige Massen, wie der Galgenberg im W
von Leoben, so trägt auch er die reifen Formen wie der
Gneis.
In dieses wirre Bild kommt sofort Ordnung, wenn wir
auf eine Höhe emporsteigen, z. B. auf den Mießriegel
(Schmollhuben) zirka 1200 ///. In die Tiefe gesunken ist das
Gewirre von Gräben und Kämmen, wir sehen vor uns die
ernsten ruhigen Formen des Hauptkammes von der Hochalm
zur Gleichalm mit den vorgelagerten Gipfeln des Rotündl
und Oxenkogels. Die Kuppen sind sanft gerundet, das Ent-
wässerungsnetz ist weit, der Jungzyklus, der außen die
scharfe Zerschneidung schuf, hat noch nicht bis hieher
zurückgegriffen, es sind Formen einer früheren Zeit aus dem
»Altzyklus«, der es bis zu einem »Unterjochten Bergland«
gebracht hat.
Von diesen Bergen gehen nach NW Kämme aus gegen
die Mur; diese hauptsächlich sind es, die man vom Murtal
zu sehen bekommt, die an ihren Flanken die Spuren des
Jungzyklus tragen. Auffällig an ihnen ist aber ihr annähernd
söhliger Verlauf, auch ihre Höhen stimmen annähernd über-
ein; gleich vom Anfang an gewinnt man den Eindruck, daß
sie aus einer und derselben Verebnung herausgeschnitten
sind, und zwar durch den Jungzyklus. Bestätigt wird diese
Vorstellung, wenn man sieht, wie auf einzelnen noch Reste
der Verebnung verschont sind, wie gerade am Mießriegel,
noch schöner im Bereich S von Kraubat am Lichtensteinberg,
wo die junge Zerschneidung eigenartig schwach ist.
Oberflächengestaltung der lTmgebung Leobens. -)41
Die Grenze der Verebnung gegen das Bergland ist durch-
aus scharf, wenn auch hier zum Teil später zu beschreibende
Erscheinungen mitspielen. Schön zu sehen, z. B. am plötz-
lichen Anstieg der Mugl von der Hollmaier- (Gstattmar)alm.
Wir werden uns also folgendes Bild aus der Zeit vor
dem Einsetzen des Jungzyklus vorstellen: Ein unterjochtes
Bergland von 500 bis 800 /;/ Höhe grenzt an eine breite
Ebene, die wir uns vielleicht als breite Talau einer früheren
Mur vorstellen können.
Diese Erscheinungen sind schon lange bekannt, wurden
schon von C. Österreich in 'Ein alpines Längstal zur
Tertiärzeit« Jb. GRA. 1899 ausgesprochen, dann von Aigner
»Geomorph. Studien über die Alpen der Grazer Bucht«.
Jb. GRA. 1916.
Sie erstreckt sich nicht bloß auf unser Gebiet; dieser
hohe Boden begleitet die Mur auf ihrem Durchbruch, die
Lavant und andere Täler des Gebirges.
Vorhin wurde gesagt, daß der Jungzyklus hauptsächlich
die Gebiete der Verebnung neu zerschnitten hat. Aber auch
in das Gebiet des Berglandes hat er schon zurückgegriffen.
Doch muß er hier noch immer in der Grabentiefe arbeiten,
die massigen Bergklötze konnte er noch nicht bezwingen.
Nur die am weitesten vorn liegende Mugl trägt an ihrer
Westseite bis hinauf die scharfen Schnitte junger Tätigkeit,
wodurch ihre Form gegen die der anderen Berge, auch gegen
ihren östlichen Nachbar, den Roßkogl durch Schneidigkeit
absticht. Auch Rotündl und Oxenkogl tragen an ihren West-
seiten junge Formen weit hinauf.
In den Tälern reicht dagegen der Jungzyklus ziemlich
weit hinein, doch gibt es auch hier innerste Winkel, in der
er noch nicht hineingegriffen hat, dort gehören auch die
Talformen dem Altzyklus an.
Eine solche Stelle, die allerdings besonderer Entstehung
ist, ist der oberste Groß Gößgraben, ein breites Wiesental,
in welchem der Bach sich schlängelt, von beiden Seiten
sinken, die runden Flanken 300 bis 400 m hoher Hügel herab.
Eine andere schöne alte Landschaft ist das oberste
Weiderlingtal am Rotündl. Von dieser flachen Kuppe senken
542 W.Schmidt.
sich sanfte Riedel in den Talkessel herunter, die Gräben sind
von Schutt zugekrochen, unter dem der Bach verschwunden
ist und aus dem er erst tief unten austritt, ein Bild wie im
Wienerwald, nur auf 1200 m Höhe mit Fichten statt der
Buchen und Aplit und Hornblendegneis statt des Flysches
Einige 100 m talab und der Bach springt schon über die
ersten Gefällsbrüche, die Flanken werden dachsteil und
Felsnasen stehen aus ihnen heraus.
Soweit ließe sich also das Landschaftsbild einfach er-
klären. Forscht man aber weiter in seinen Zügen, so sieht
man noch anderes in ihnen: große Furchen, die es durch-
schneiden, in denen sich Talstücke und Pässe aneinander-
reihen, und diesen Erscheinungen soll die weitere Unter-
suchung gewidmet sein.
Ihr Verlauf ist annähernd geradlinig OW. Bei einer
Betrachtung des Gebietes von N treten sie daher stark zurück,
fallen aber außerordentlich auf bei einem Standpunkt im W,
z. B. in der Knittelfelder Gegend.
Es sind im Wesentlichen zwei solcher Furchen, -- Tiefen-
linien — vorhanden.
Die Nördliche will ich Trasattellinie nennen.
Verfolgen wir ihren Verlauf vom Trasattel, dem Paß
zwischen der Hochalm und dem Roßkogel (1314 m), so liegt
auf ihr der oberste Klein-Gößgraben. Allerdings weicht dieser
beim Punkt 1118 der Spezialkarte von ihr in einer Schlucht
etwas nach S ab, während die Linie als Sattel im N zu
verfolgen ist. Auch weiterhin im W sieht man Reste des
alten Bodens der Senke als gerundete Schultern am N-Hang
des Tales.
Beim Gehöft Hartinger verläßt das Tal die Linie, diese
zieht über den Sattel Preßler (etwa 980 m, nur 50 m über
der Sohle des Klein-Gößgrabens) in das weite Becken des
Groß-Gößgrabens beim Moderer.
Von hier aus scheint sich die Linie zu spalten, der
südliche Ast über die tiefe Scharte beim Partlehner (914),
die nördliche beim Lehberger (1000 m), in die Weite des
Schladnitzgrabens zu ziehen, der am N-Hang wieder beim
Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens. o4o
Satner und Egger alte Ebenheiten mit später zu beschreibenden
Bodeneigentümlichkeiten zeigt.
Jenseits des Schladnitzgrabens umschließen beide Linien
den Schinninger (990 in). Die südliche Linie läuft über den
Sattel zwischen Hochegger und Votschberger (936) in den
durch seine Geradlinigkeit und weite auffallenden Lohitz-
graben. Eine weitere Fortsetzung konnte nicht mehr gefunden
werden.
Der andere Zweig zieht über den Sattel beim Hullmayr
in den Tertiärstreifen der Einöd und zum Dorfe Lainsach.
Es wäre verlockend, die weitere Fortsetzung im Tertiär vom
Mayr im Kreith zu suchen, dem Sattel, der östlich von
St. Stefan eine Krystallininsel im Murtal mit der südlichen
Talseite verbindet, die Linie weiter zu verfolgen in das Tertiär
von Leising, das von Kraubatar als Senke nördlich der Gulsen
verläuft. Man käme damit gerade an die N- Grenze des
Sekkau-Ingering-Tertiärs. Doch harren letztere Vermutungen
noch der Bestätigung.
Verfolgen wir ebenso die Linie nach 0: Vom Trasattel
nach O sehen wir in den obersten, von W nach O laufenden
Teil des Utschgrabens, dem ebenso in der Linie verlaufend,
vom Eisenpaß (1195) der Schiffgraben entgegenkommt. Der
Utschgraben bricht nach N durch. Er wie der Schiffgraben
zeigen bis oben hin die Formen des Jungzyklus. Doch
sprechen eine Reihe von Schultern auf den Seitenkämmen
von einem alten Boden in 1100 bis 1200 ;;/ Höhe, der dann
seitlich abgezapft wurde.
In der weiteren Verfolgung der Linie sehen wir vom
Eisenpaß in die Zlatten. Oben eine Talweite mit alten Formen.
Diesen Talboden kann man von oben her noch weit aus-
wärts verfolgen, der Jungzyklus hat aber in ihn eine eng
mäandrierende Schlucht geschnitten, die bis zum Brunnsteiner
reicht. Die weitere Fortsetzung der Linie ist man versucht
über den Sattel südlich des Kirchdorfer Berges zu legen.
Dies ist die eine der beiden Tiefenlinien. Eine zweite
liegt südlich davon, verläuft annähernd gleich, bildet aber
einen weiten nach N offenen Bogen, ihr südlichster Punkt
liegt am Pöllersattel, der Senke zwischen Pöllerkogel und
Sitzb. d. mathem.-naturw. KI., Abt. I, 129. Bd. 37
544 \^ W. S c h m i d t,
Rotündl, die mit 1278 auch den höchsten Punkt der Linie-
bildet. Ich will sie Pöllerlinie nennen.
Ihr gehören an:
Vom Pöllersattel nach O der oberste Teil des Groß
Gößgrabens der Sattel des Almwirts (Hochalmwirt 1178).
Blickt man von hier nach Osten, so sieht man in die
S-Abhänge der Hochalm hinein. Sie werden durch den
Gamsgraben und den Laufnitzgraben mit ihren Seitengräben
zur Mur entwässert.
In allen Kämmen, die vom Hauptkamm nach S herunter-
ziehen, trifft man dort, wo die Linie sie schneidet, einen
Sattel, in den Gräben eine Erweiterung.
Auf jeden Sattel hat ein Bauer seinen Hol hingestellt,
mit Wiesen und Feldern ringsum, so daß die Linie der Karte
1 : 200.000 als Aneinanderreihung brauner Flecken im Grün
des Waldes sehr schön zu sehen ist. Weiterhin gehört der
Trafösgraben unserer Senke an.
Blicken wir vom Pöllersattel nach W. Vor uns liegt in
der Linie der oberste Schladnitzgraben, geradlinig, ziemlich
breit. Dort wo er nach NW umbiegt, leitet uns ein 1181 m
hoher Sattel zwischen ( )xenkogel und Erdegg (1455 und
1569 m) hinüber in einen Seitengraben des Lainsachtalesr
der an seinem N-Harig wieder in Schultern einen alten Tal-
boden anzeigt. Auf diesen liegen die Höfe Galler (1089),
Dürnbacher (983), Sattler (941 m). Ein allerdings nicht sehr
ausgesprochener Sattel (zirka 1000 m) führt hinüber in das
breite Becken von Lobming mit seinem hügeligen Tonboden.
Im Weiterstreichen der Linie finden wir den auffallenden
Illsattel (947), der in die Weite des Tanzmeistergrabens bringt.
Weiterhin kommen wir in den gerade in der Linie liegenden
Preggraben mit seinem Tertiär, der so eigentümlich der Mur
entgegenfließt.
Über den Sattel des Stellerkreuzes kommen wir dann
ins Murtal.
Schaut man aber von einem Höhenpunkt, z. B. vom
Pöllersattel die Linie entlang, so fügen sich viel weiter draußen
noch immer Formen dem Gesetze ein, man sieht gerade im
Profil den Südrand des Sekkauer Tertiärs und sieht »erade
Oberflachengestaltung der Umgebung I.eobens. 545
hinein in den so eigenartig geraden Spalt des untersten Gaal-
grabens. Und hier kann man die Spur der Linie wieder genau
verfolgen. Der Gaalgraben läuft nicht gerade auf der Linie,
sondern etwas nördlich davon. Alle Rücken aber, die vom
Fohnsdorferberg nach N herabziehen, haben an derselben
Stelle den Sattel, die Gräben Weitungen und Ablenkungen.
Sehr schön ist dies vom Bauer Herker südlich von Gaal zu
sehen, mit einem eindrucksvollen Überblick nach O bis zum
Pöllersattel.
Wir haben beide Linien nach O bis zur Mur verfolgt.
Jenseits derselben treffen wir nun nicht die unmittelbare Fort-
setzung, aber doch ähnliche Verhältnisse.
Zwischen Rennfeld und Hochlantsch zieht die Breitenau
weit vom O herein. Eine Reihe von Gräben streicht vom
Rennfeld zu ihr herunter mit Kämmen zwischen sich. Und
geradeso wie S der Hochalm zieht eine Tiefenlinie über sie
hinweg, Sättel in den Kämmen, Weitungen in den Gräben
bildend, bis zum Eyweggsattel. Ich will sie Eywegglinie
nennen. In ihr liegt der Gabraungraben, der nördlich Perneg,<;
in die Mur mündet, weiterhin geben die Höfe Ecker (835),
Löffler (826), Obersattler (919), Steinbichler, Rauter (942),
Rieger (961) den Zug der Linie.
Die Eywegglinie liegt ziemlich in der Fortsetzung der
Trasattellinie, ist aber etwas mehr gegen N verschwenkt.
Über ihr Verhalten zur Pöllerlinie wird noch zu sprechen sein.
Dies ist der Befund, die nächste Frage ist nach der
Erklärung der Entstehung der Formen.
Der geradlinige Verlauf läßt allein Sprünge als mögliche
Erklärung zu, die Annahme ehemaliger Flußtäler ließe sich
mit dieser Gestalt nicht vereinen. Es ist aber nicht etwa
möglich die jetzige Tiefenlage als Folge der Verwerfung
hinzustellen. Meist erheben sich zu beiden Seiten der Linie
die Berge mit ziemlicher Steilheit, so daß man unglaublich
lang bandförmig schmale Grabenbrüche annehmen müßte.
Die jetzige Form der Linie als Tiefe ist nur eine Folge
der Zertrümmerung des Gesteins durch die Verwerfer, das
dann leicht ausgeräumt wurde. Der aufnehmende Geologe
wird hier zur Verzweiflung gebracht. Im ganzen Bereich der
546 W.Schmidt,
Linien ist es unmöglich ein frisches, schleifbares Gesteins-
stück zu schlagen, alles ist vermorscht, rostig zersetzt,
während sonst das Gestein durchwegs gutartig ist.
Das übrige Gebiet hat einen mageren Boden, der wohl
Fichtenwälder trägt, dessen Weidegrund aber besonders im
Amphibolgneis recht mager und dürr ist. Um so über-
raschender ist es, wenn man in diesem Bereiche Inseln
findet von einem sehr tiefgründigen roten oder rotbraunen
Tonboden, der üppige Wiesen trägt. Und diese Inseln liegen
nur auf den Linien, fast ein jeder der eigenartigen Sättel
bildet einen solchen Punkt.
Der oben gegebene Zusammenhang zwischen den Linien
und der Besiedlung beruht nicht bloß auf der einladenden
Lage, sondern noch mehr auf dem Vorzug des Bodens.
Schöne Beispiele dieses Rotbodens bildet der Moderer-
kessel im Groß-Göß, die Lobming, die Sättel S der Hochalm.
Dort wo das Gestein eisenreich ist, konnte sich dieses
bei der Bodenbildung anreichern. So besonders im Gebiete
des Kraubater Peridotits. Die roten Tone des Tanzmeister
und Preggrabens mit den Bohnerzen, die früher abgebaut
wurden, auf die auch in neuester Zeit geschürft wurde,
gehören dem Bereich der Pöllerlinie an.
Derzeit entstehen hier durch Verwitterung keine Rot-
böden, das Eisen wird als Hydroxyd gelöst. Es muß zur
Zeit der Bildung ein wesentlich anderes Klima geherrscht
haben, ein Klima der Lateritbildung, zum mindestens ein
subtropisches.
Viele der Talstücke und Sättel der Linien tragen
die Form des Altzyklus: Verwerfung und Boden-
bildung spielten sich also vor dem Altzyklus ab.
Haben wir so die Anlage der Linien als eine alte er-
kannt, so ist es anregend zu untersuchen, wie sich Alt- und
Jungzyklus mit diesen vorgezeichneten Furchen abgefunden
haben. Ganz reizende Einzelheiten finden sich hier, von
denen nur einige gebracht werden sollen.
Beim Kartenstudium kam ich zur Ansicht — es war
dies, bevor ich eine Vorstellung von den Tiefenlinien hatte
— daß der oberste Groß-Gößgraben ehemals dem Gamsgraben
Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens. 04/
angehört habe, — er hat ganz die entsprechende Richtung
— und daß dieses Stück dann vom Gößgraben angezapft
wurde.
Im Gelände sieht man nun folgendes: Es ist wohl mög-
lich, daß eine derartige Anzapfung stattgefunden hat, doch
kann diese nur zu einer Zeit geringer Erosion stattgefunden
haben, es fehlt die Tieferlegung des abgeleiteten Stückes, der
Bach liegt nur 40 m unter dem Almwirtsattel, das Gefälle ist
ober und unter der Anzapfungsstelle ausgeglichen. Die Formen
gehören dem Altzyklus an.
Man erwartet nun jenseits des Almwirtsattels das verödete,
enthauptete Flußtal zu finden und ist sehr erstaunt, hart am
Sattel nach O den außerordentlich steilen Abfall in den
Sammeltrichter des Gamsgrabens zu rinden, 270 /;/ Gefälle
auf 1 km. Es ist der Jungzyklus, der hier so weit zurück-
geschnitten hat. Nur etwa 150 m muß der Gamsgraben noch
zurückschneiden, den niederen Rücken des Almwirt weg-
räumen, und er enthauptet den Groß-Gößgraben.
Blickt man aber links, so sieht man in die Schultern
und Sättel der Pöllerlinie.
Wenn der Groß-Gößgraben also etwas angezapft hat,
so war es die Talung der Pöllerlinie in der Zeit des Alt-
zyklus, im Jungzyklus ist der Gamsgraben gerade daran,
der vom Gefälle begünstigten Ostseite ihr Recht zurück-
zugewinnen.
Ganz ähnliche, nur kleinere Verhältnisse findet man im
obersten Strickbachgraben, dem östlichen Seitengraben des
Laufnitzbaches.
Sein Beginn ist eine nicht weite Wiesenmulde voll Rot-
boden auf der Pöllerlinie. Auffällig ist, daß der Bach in die
Wiesen einige Meter tief eingeschnitten ist, die ursprüngliche
Oberfläche als Terrassen zurücklassend. Doch sind die Ein-
schnitte recht weit.
Der Bach läuft zwischen hohen Bergen nach S hinaus
in einem verhältnismäßig engen, doch schon ausgeweiteten
Tale. Nach O aber haben wir einen weiten, ganz flachen
Sattel gegen das Traföstal, der nur etwa 10 m ober dem
Strickbache liegt. Die Terrassen in der Mulde weisen auf-
548 W. Schmidt,
fällig gegen den Sattel hin. Also wieder ein Bild, das auf
Anzapfung eines ursprünglich dem Traföstale angehörigen
Talstückes durch den Strickbach schließen läßt.
Gehen wir nun über den Sattel, so finden wir statt des
verödeten Talstückes einen außerordentlich steilen Hang zur
Trafösschlucht. Wieder stehen wir vor der Rückanzapfung
des Strickbachkessels durch den Jungzyklus des Trafös-
baches. Im N der Schlucht finden wir aber die alte Senke
mit Äckern, Bauernhöfen, Rotboden, der Grabenweg vermeidet
die Schlucht, geht über die Senke. Diese ists, die ehemals
der Strickbach anzapfte.
Es sei hier eine Abschweifung gestattet.
Die Formen des Strickbachkessels mit seinen Rotboden-
terrassen gehören dem Altzyklus an, sehen trotzdem ganz
frisch aus. Das ist ein Eindruck, den man im ganzen Bereich
des Altzyklus hat, in ihm hat sich seit langer Zeit nichts
mehr geändert, in der ganzen Zeit, in welcher der Jungzyklus
seine Gräber schuf, dann in der Eiszeit mit ihren erhöhten
Niederschlägen und dem Herabrücken aller Grenzen. Nicht
einmal ein nennenswerter Schuttabwurf hat stattgefunden,
sonst müßten die Täler des Altzyklus bei ihrem geringen
Gefälle viel stärker zugeschüttet sein. Der Altzyklus ist ver-
steinert. Es ist dies eine Ansicht, die ich mehr gefühlsmäßig
gewonnen habe, die ich aber für höchst wichtig zur Beur-
teilung der Ursachen eines neuen Zyklus halte. Es heißt dies
nämlich: die bedeutende Erhöhung der Niederschläge in der
Eiszeit hatte für die Oberflächengestaltung eine verschwindend
geringe Wirkung gegenüber einer Verlegung der Erosions-
basis, wie dies vor Beginn des Jungzyklus geschah.
Kehren wir zur Talgeschichte zurück.
Ähnlich wie der Strickbach sich einen Anteil an der
Tiefenlinie erobert hat, steht jetzt ein Seitengraben des Gams-
grabens, jener zwischen Sattlerkogel und Kreuzkogelkamm
(Jockeibauer) unmittelbar davor, in diese zurückzugreifen. Der
Sattel dazwischen ist nur noch 100 ;;/ hoch.
Ich habe in beiden früheren Fällen davon gesprochen,
daß die Tiefenlinie im Altzyklus angezapft wurde, ohne es
recht beweisen zu können; es können vielfach auch epi-
Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens. . )4(.)
genetische Erscheinungen mitgespielt haben. Insbesondere
möchte ich dies für die Breitenau ins Auge fassen. Hier geht
das jetzige Tal gleichlaufend mit der Eywegglinie, zwischen
beiden eine Reihe höherer Berge, und alle Seitengräben
schneiden durch Tiefenlinie und Bergreihe durch, zum Teil
ohne von ersterer abgelenkt zu werden. Die Ablenkung und
Zusammenfassung der Seitengräben im Schlaggraben kann
als nachträgliche Enthauptung konsequenter Bäche durch
einen in der Linie liegenden subsequenten gut gedeutet
werden. Es wäre hier leicht anzunehmen, daß die Anlage
des Talnetzes in einer Zeit erfolgte, in der die Tiefenlinie
ganz angefüllt war, sei es mit Rotboden, sei es mit anderem
Tertiär, das aber dann ganz ausgeräumt wurde. Dies wäre
dann ein Fall von Epigenesis.
Gerade bei der Anlage des Breitenauer Grabens spielt
aber vielleicht noch etwas anderes mit. Wir haben die Polier
Linie nicht über die Mur nach 0 verfolgt, während wir die
Trasattellinie in die Eywegglinie verlängert haben. Es wäre
recht gut möglich, daß das so eigenartig neben einer Tiefen-
iinie gelegene Breitenauertal selbst durch eine Tiefenlinie
vorgezeichnet war, die Fortsetzung der Polier Linie.
Es wäre von Bedeutung zu wissen, in welchem Sinne
die ersten Bewegungen an den Linien stattgefunden haben.
Aber sowohl geologische als morphologische Kennzeichen
fehlen vorläufig dafür.
Dagegen lassen sich an diesen Linien jüngere Be-
wegungen feststellen, und mit diesen in den Jungzyklus
fallenden Bewegungen wollen wir uns im folgenden be-
schäftigen.
Im Eingang wurde die auffällige Ebenheit der Kämme
in den dem Murtal zunächst liegenden Teilen geschildert
und daraus auf eine Verebnung, einen alten Murtalboden
.geschlossen. Doch fallen bald einige Unstimmigkeiten auf.
Der Mießriegelkamm, der eine schöne Ebenheit darstellt,
ist um 200 m höher als die anderen. Im Kamm zwischen
•Groß-Göß und Schladnitz steht die Hochtratten um 100 m
heraus, im nächsten Kamm der Schinninger um 90 m. Sämt-
liche dieser Punkte liegen knapp im N der Trasattellinie.
550 W. Schmidt.
Es deuten diese Unstimmigkeiten der Höhenlage darauf
hin, daß an der Linie nach der Einebnung noch Verstellungen
in der Senkrechten stattgefunden haben. Diese Beweisführung
läßt sich nur im Bereich der Verebnung führen. Um allge-
meine Untersuchungen durchführen zu können, müssen wir
noch andere Erscheinungen heranziehen, wir gewinnen solche
aus der Talform.
Der unterste Teil des Gößgrabens bei und ober Kalten-
brunn zeigt gegenüber anderen Gräben des Jungzyklus
merkwürdig unreife Formen. Sein Gerolle ist unausgeglichen,
sein Querschnitt oft klammartig, seine Flanken steiler als
sonst, überall stehen Felsen heraus. Diese Übersteile des
Hanges setzt sich an der N-Seite des Klein- Gößgrabens bis
zu Trasattel hin fort.
Gegen innen zu folgt sowohl im Groß- wie im Klein-
Gößgraben eine Strecke auffallender Weite, wo nicht nur der
alte Rotboden nicht ausgeräumt ist. sondern der Bach auch
jetzt noch anschottert. Die Grenze zwischen beiden Gebieten
ist die Trasattellinie, nördlich von ihr ist der Jungzyklus
besonders jung, südlich von ihr gebremst. Dieselbe Er-
scheinung in der Schladnitz. Vorne die Talenge, die aller-
dings nicht so unreif ist, wie die Gößgrabenschlucht, hinten
die schöne Talweite.
Bei Lainsach soll die Linie die Mut" kreuzen. Und hier
ergeht es der Mur gerade so wie früher beiden Bächen.
Sobald sie in den N-Flügel der Linie übertritt, muß sie sich
durch Felsen einen Weg bahnen, in recht jungen Formen,
während auf dem S-Flügel ihre Kraft gehemmt war, so daß
sie das weite Becken Kraubat — St. Michael anschottern
mußte.
Im O setzt die Mur im Brucker Durchbruch nochmals
über die Trasattellinie, und auch hier sehen wir dieselbe
Erscheinung.
Südlich vom Übelstein beginnt eine Talstrecke, die
besonders jugendlichen Eindruck macht. In mächtigen ein-
gesenkten Schlingen hat die Mur sich in den alten Talboden
eingefressen. Die Talau ist schmächtig, dachartig sind die
Hänge, die Seitengräben schwach entwickelt. Sobald aber
Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens. o51
die Mur bei Zlatten auf die S-Seite der Trasattellinie über-
tritt, weitet sich das Tal.
Wir haben einen einheitlichen Befund. In der N-Scholle
der Trasattellinie ist die Erosion jugendlich belebt, in der
S-Scholle gehemmt. Es muß also die N-Scholle jung gehoben
sein. Es stimmt dies auch dem Grade nach mit dem Befund
aus der Verstellung der Yerebnungsfläche überein.
Dehnen wir diese Untersuchungsweise auch auf die
Pöllerlinie aus, so werden wir ähnliche Ergebnisse erhalten,
doch nicht so einheitliche wie bei der Trasattellinie. Es
wechselt hier die Stärke der Verstellung des N-Flügels sehr
rasch. Es hat den Anschein, als wäre dieser durch etwa
SO — NW streichende Sprünge in Teilschollen zerlegt, die sich
in junger Zeit selbständig verschoben hätten. Solche Sprünge
möchte ich auch annehmen, um den eigenartigen SO — NW-
Lauf der Gräben zu erklären, die der Mur entgegenkommen,
deren Richtung so eigenartig mit der der N-seitigen Zuflüsse der
Mur übereinstimmt, wie Liesing, Erzbach und andere. Diesen
Zusammenhang hat schon Österreich in der Arbeit »Ein
alpines Längstal zur Tertiärzeit«, Jb. GRA. 1899, für Lamming
und Murdurchbruch bei Brück ausgesprochen.
An den östlichen die Pöllerlinie kreuzenden Gräben sah
ich kein Anzeichen junger Bewegung, auch der Groß-Göß-
graben zeigt nördlich und südlich der Pöllerlinie die gleichen
Altformen. Um so auffallender ist der nächste Graben, der
Schladnitzgraben. Das oberste Stück, im Zuge der Pöllerlinie
zeigt die alten ausgeglichenen Erosionsformen. Dort wo der
Bach aber beim Reiner (962) die Linie nach NW verläßt,
beginnt eine Klammstrecke, die an Unreife die Gößgraben-
schlucht noch weit übersteigt, ganz eng, mit Felswänden im
untersten Teile, unausgeglichenem Gefälle, das auf 1 km 75 m
beträgt. Ganz ähnlich ist auch der östlich einmündende
Mühlbach. Es wäre also auch hier die N-Scholle gegenüber
der südlichen gehoben.
Dieselbe Erscheinung im Lainsachgraben. S der Linie
mäßig weit, ist sein Durchbruch durch den N-Plügel der
Linie eng, allerdings nicht derartig jugendlich wie beim
Schladnitzgraben.
552 W. Schmidt,
Einen großen Gegensatz dazu bildet die Lobming. Ihr
weites Becken auf der Pöllerlinie wurde schon besprochen.
Dieses öffnet sich gegen NNW in einem weiten geradlinigen
Tale nach St. Stephan hinaus, das eigentlich einen alten
Eindruck macht. Es gehört aber doch dem Jungzyklus an,
da es in die Verebnung eingeschnitten ist. Es hat wohl eine
kleine Hebung der N-Scholle stattgefunden, der Bach ist
unterhalb Martinrein etwa 10 m in einem alten, schotter-
bedeckten Talboden eingeschnitten, eine steilwandige, doch
schon verbreiterte Schlucht. Der große Betrag der Hebung
der N-Scholle im O ist also vollständig geschwunden.
Um so auffallender ist es, daß der nächste, der Tanz-
meistergraben, wieder auf das auffälligste den Unterschied
zwischen Weitung im S und Durchbruch im N der Pöller-
linie zeigt. Es ist dies das schönste Beispiel einer Klamm
im ganzen Gebiete, die auch landschaftlich wegen der
Eigenart des Peridotits und seiner Flora einzig dasteht. Es
müßte hier eine kleine Scholle, die des Niesenberges und
etwas im W dazu, gehoben worden sein. Es spricht sich
dies auch in der Höhenlage aus, da dieser Berg die Ver-
ebnung um etwa 100 ;// überragt.
Der unvermittelte Übergang von dem Gebiete wo
Hebung fehlt, in der Lobming, zum so stark gehobenen
Niesenberg legt es nahe, hier einen Ouerbruch anzunehmen,
der mit der Richtung des Lobmingtales vielleicht auch dessen
auffällige Form bedingt.
Aber auch gegen Westen muß die Niesenbergscholle
scharf absetzen, denn es folgt die Scholle des Lichtenstein-
berges und Windberges bei Kraubat, die, wie schon erwähnt,
die Verebnung noch am unberührtesten erhalten hat, etwa
auf 870 m. Zwischen den Gräben sind noch weite Stücke
der Verebnungsfläche unberührt, so daß es vielleicht nahe-
liegt, für diese Scholle sogar eine Senkung anzusetzen. Doch
schon westlich des Wintergrabens hebt sich das Land wieder.
Pöllersberg (1000 m) und Gulsen (930 m) gehören einer
gehobenen Scholle an, die von der Mur durchschnitten ist.
Und gerade so wie die gehobene N-Scholle der Trasattel-
linie den Durchbruch bei St. Michael erzeugte, verursachte
Obertlächengestaltung der Umgebung Leobens. OoS
die Hebung dieser Scholle den Durchbruch von Kraübat
und davor das Schotterfeld von Knittelfeld- Judenburg.
Weiterhin im Verlaufe der Pöllerlinie, im Becken von
Sekkau lassen sich keine Anzeichen über junge Bewegungen
beobachten; insbesondere sah ich keine im Ingeringdurchbruch.
Allerdings ist dieser durch den Schotterrückstau aus dem
Murtal her stark verschüttet.
Bis jetzt wurde in der Untersuchung nichts über den
Zusammenhang zwischen diesen Linien und dem geologischen
Aufbau gesagt. Es sind eben die Untersuchungen hierüber
noch nicht weit genug gediehen. Es sei nur soviel, einer
ausführlichen Darstellung vorausgreifend, gesagt. Die Trasattel-
linie fällt mit einer bedeutungsvollen tektonischen Grenze
zusammen, an ihr stößt eine südliche Gneismasse, die
Gleinalmmasse, aus Amphibol und Aplitgneisen bestehend,
unter Zwischenlagerung von verschiedenen Glimmerschiefern
an eine nördliche Masse, die aus von Graniten injizierten
Gneisen bestehende Sekkauer-Muglmasse an. Ob die saigere
Stellung der Glimmerschiefer an der Trasattellinie die Folge
der jungen Bewegungen ist oder schon früher bestand, kann
ich derzeit nicht sagen.
Für die Pöllerlinie konnte ich eine tektonische Ver-
zeichnung nicht finden.
Soviel über die Oberflächenform in meinem engeren
Aufnahmsgebiete.
Es ist naheliegend, die Untersuchungen noch weiter
auszudehnen. Insbesondere möchte ich darauf hinweisen, dal;!
die Linie Margarethen Rachau, Gleintal, Gleinalmwirt Übel-
bachtal wieder ein derartig geradliniger OW-Zug ist, der
einer Untersuchung bedürfte.
Wenden wir nun unseren Blick kurz auf die N-Seite
des Murtales. Dieses macht zwischen Brück und Oberaich
nicht mehr den Eindruck gehobener Blöcke, die oben Eben-
heiten tragen, dann stark zerschnitten wurden, sondern den
eines Pultes, das in mäßiger Neigung vom Kamm des Himberg-
ecks, Gschwandt, Penggen nach S einfällt. Dieselbe Neigung
hat auch das kohlenführende Tertiär von Seegraben und
seine Überlagerung, das kalkalpine Konglomerat. Es ist
554 W. Schmidt.
wieder eine Verebnungsfläche, die aber nach S gekippt
worden ist. Wir kennen den Verwerfer, der diese schräg-
gestellte Scholle im S begrenzt, es ist der Seegrabenbruch.
Die Fläche ist durch Gräben zerschnitten, doch macht
diese Zerschneidung einen anderen Eindruck als jene des
südlichen Berglandes. Folgebäche rinnen dem Gefälle nach
herunter in weiten Abständen, in breiten Riedeln noch die
ursprüngliche Form zwischen sich lassend. Man hat auch nicht
mehr den Eindruck, in einem ganz jungen Zyklus zu stehen,
die Täler sind weit offener. Es hat hier wohl die Neubelebung
des Jungzyklus durch die jüngsten Bewegungen gefehlt,
vielleicht spielt auch hier das andere Gestein, Phyllit mit.1
1 Es sei hier daraufhingewiesen, daß wir im S-Hang der Sekkauer Alpen
eine ganz ähnliche schräggestellte Scholle haben, wie in der Scholle des
Himbergecks, diesmal aber im Gneis.
Der ganze Hang von der Sekkauer Hochalm zum Zinken und auf der
anderen Seite der Ingering der S-Hang des Ringkogels ist ein derartiges Pult,
eine Verebnung aus dem Altzyklus. Allerdings scheint vom Pabstriegel bis zur
Sautratten im N des Sekkauer Beckens eine sich in der Oberfläche aus-
sprechende Störung nach Art unserer Tiefenlinie das Pult zu unterbrechen;
diese Verhältnisse bedürfen noch einer Untersuchung. Wieder ist diese
Fläche von weitgestellten Folgebächen nicht tief zerschnitten, die zwischen
sich wurstartige Riedel lassen. Wie in diese Formen sich schüchtern die
ersten Formen der Eiszeit hineinlegen, während auf der N-Seite schon ein
Riesenkar das andere berührt, verleiht der Gegend besonderen Reiz.
Das Eigenartige ist nun, daß an den Zinken nach NW sich drei Berge
anschließen, die gänzlich anders aussehen. Es sind dies die dem Ingering-
gebiet angehörigen Mauerangerkogel. Brandstätterhöhe, Hochreichart.
Bis hinauf zum Gipfel tragen sie die Formen des reifen Jungzyklus
wie nur irgend ein Berg bei Goß oder Schladnitz, scharfe Grate, wie mit
dem Schnitzer geschnittene Flanken. Es ist meines Wissens der einzige
Punkt in den Alpen, wo man Berge von 2400 m Höhe sieht, rein in der
Tracht eines reifen Zyklus normaler Erosion. Eiszeitliche Spuren sind nur
ganz zart in den Gräben angedeutet. Doch gleich NW des Reichart, im
Hirschkadi und der Hüll beginnen auch in der Ingering die schönen Kare
und damit die Zackenkämme.
Diese Insel eines jungen Zyklus stellt eine schwere Frage. Man ist
zunächst geneigt, sie mit dem Durchbruch der Ingering und der dadurch
verstärkten Erosion zusammenzuhängen. Doch warum zeigt die W-Seite
des Ingeringstales in den reichlichen von der Eiserosion verschonten Formen
nur die Züge des Altzyklus, ebenso der in die Ingering mündende Gaal-
graben? Es ist dies eine Frage, die noch der Entscheidung harrt.
Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens. o55
Westlich einer Linie Knappenriedel N von Leoben -2,
Dorf im Laintal und nördlich einer Linie Knappenriedel-Ortner
sehen wir wieder eine andere Scholle, der ich auch das
Gebiet des Traidersberges zurechnen möchte. Es fehlt hier
die Schrägstellung; besonders im Osten des Donawitzertales
sehen wir eine ganz ausgezeichnete Verebnungsfläche im
Gebiete der Tollinggräben und der Friesingwand auf etwa
900 in, die wieder sehr reich und sehr jugendlich zertalt ist.
Gehen wir nun über die Pultscholle des Himbergecks
nach N, so kommen wir wieder an eine Linie, die schon
wohlbekannt ist, es ist die Trofaiachlinie. Gleichlaufend mit
den früheren zeigt sie in der Oberflächengestaltung bis in die
Einzelheiten gleiche Erscheinungen, die Tiefenlinie bestehend
aus Talstücken von verschiedenen Wasserläufen benutzt, da-
zwischen tiefe Sättel, dieselbe Bodenbeschaffenheit, das Ein-
greifen in die Gestaltung der Tertiärbecken.
Diese Linie hat für die Tektonik der Alpen eine bedeu-
tende Rolle gespielt. Von Vetters (Verh. GKA. 1911) wurde
sie als Spur einer OW-Verschiebung gedeutet, während
Heritsch (Verh. GRA. 1911) und Kober darauf hinwiesen,
daß dieselben Erscheinungen in der Gesteinsverteilung auch
durch eine senkrechte Erhebung des N-Flügels erzeugt worden
sein könne.
Ich möchte mich hier auf die Seite der letzteren Ansicht
stellen.
Die Trofaiachlinie gehört organisch in die besprochene
Schar von Brüchen. Für die anderen derselben haben wir
keine Anzeichen einer streichenden Verschiebung erhalten.
Deshalb würde auch hier eine Steilverschiebung besser in
das Bild passen.
So haben wir ein geschlossenes Bild: Die Mur-Mürzlinie
ist zwischen Knittelfeld und Kapfenberg, wo auch das Tal
einen so seltsam uneinheitlichen Verlauf nimmt, zerschlagen
in ein Bündel von Sprüngen mit OW- Verlauf, deren zwischen-
liegende Schollen sich bis in jüngste Zeit gegeneinander
verschoben haben. Der Blick wendet sich von hier nach N
und wir sehen vor uns die S- Abstürze der N- Kalkalpen.
Betrachten wir die Berge im Profil, z. B. vom Reiting aus,
556 W. Schmidt,
so sehen wir die alte Landoberfläche, die ihre Stöcke oben
begrenzt, entweder mit einem Sprung um 300 bis 500 m ab-
sinken, wie am Hochschwab -Trenchtling, oder in Staffeln,
wie am Eisenerzer Reichenstein-Zölz, oder als schräggestellte
Platte absinken, wie der Reiting selbst; überall erkennen wir
aber das Wirken junger Verstellung.
Die Zeitbestimmung für den Bewegungsvorgang be-
kommen wir aus dem Alter der verworfenen Landfläche.
Über diese Frage ist schon viel veröffentlicht worden.
Siehe Literaturangabe in Winkler: »Über jungtertiäre Se-
dimentation und Tektonik am Ostende der Zentralalpen ,
Mitt. Geol. Ges., Wien, 1914, p. 290.
Winkler hält mit Götzinger die Formen der hoch-
alpinen Verebnungen für eine Gestaltung der Zeit der Augen-
steinbildung, also aus einer Zeit geringer Erosionstätigkeit
der Alpen, die er wohl mit Recht der Zeit des Braunkohlen-
tertiärs gleichstellt.
Ich möchte dem aber gegenüber halten, daß die Formen
der Kalkalpen »verebnung« vielleicht doch einem späteren
Zyklus angehören.
In dem Teile, den ich besonders kenne, den Eisenerzer
Alpen, fallen die Verebnungen zwar gegenüber den Abstürzen
auf, betrachtet man sie aber für sich, so bekommt man doch
den Eindruck ziemlich bedeutender Mittelgebirgsformen. Die
Landflächen des Reiting, des Wildfeldstockes, stehen eigent-
lich hinter Formen, wie die des Rotündl, Hochalm nicht
zurück, in den Böden des Trenchtlings haben wir ein Tal-
gebiet von nicht geringem Höhenunterschied. Schon von
Götzinger wurden die alten Oberflächenformen als Hügel-
landschaft beschrieben (Mitt. d. Geogr. Ges., Wien, 1913).
Mir erscheinen nun die Höhenunterschiede dieser Hügelland-
schaft zu groß, um für die Zeit der Augensteine zu passen.
Die Formen stimmen dagegen mit den Formen unseres Alt-
zyklus sehr gut überein.
Ein anderer Grund für diese Ansicht liegt im Miozän-
konglomerat der Kohlenbecken.
Wir sehen, wie nach der ruhigen Sedimentation der
Kohlen und ihrer Tone eine plötzliche Verstärkung der Erosion
Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens. 55<
mit Umkehr der Entwässerungsrichtung folgt. Riesige Mengen
von kalkalpinen Gerollen werden in allen Senken abgelagert.
Diese Konglomerate fügen sich im Seegraben dem Altzyklus
derartig ein, daß ich nicht anstehe, sie der Zeit nach dem
Altzyklus zuzuordnen. Sie liegen auf einer Fläche des Alt-
zyklus und werden oben wieder von einer solchen begrenzt.
Diese Geröllmengen müssen aber auch einer ergiebigen
Ausräumung und damit Formänderung in den Kalkalpen
entsprechen.
Auf der Suche nach Augensteinen auf den Trenchtling-
boden fand ich nicht diese, wohl aber wohlgerundete faust-
große Gerolle von Werfener Schiefer. Auch dies stimmt mit
meiner Ansicht daß die Kalkalpenhochflächen hier einer
ziemlich starken Erosion ausgesetzt waren. Solche Rollstücke
dürften weit häufiger sein, Kalkrollstücke werden sich aber
auf den Kalkflächen der Beobachtung leicht entziehen, dürften
teilweise auch der Verkarstung zum Opfer gefallen sein.
Aus diesen Gründen möchte ich die Formen der Kalk-
hochalpen dem Altzyklus zuschreiben, die Augensteine wären
dann nur Reste aus einem früheren Zyklus. Der Übergang
von diesem zum Altzyklus dürfte durch das Aufleben der
Kalkalpenbrüche gegeben sein, ähnlich wie wir auch im
Gneisgebiet die Brüche schon vor dem Altzyklus bestehend
fanden.
Nach Ausbildung der Geländeformen haben wir dann
weitere Bewegung an den Bruchlinien bis zu den bedeutenden
Höhen, die jetzt die S-Wände der Kalkalpen schufen, es ist
dieselbe Bewegung, die das Seegrabenkonglomerat schief-
stellte und wohl auch im S den Jungzyklus einleitete.
Auch in den Kalkalpen müssen diese Bewegungen bis
in jüngste Zeit angedauert haben. In den Trenchtlingböden
finden wir langhinziehende Bruchstufen von bis 8 m Höhe
die durch Dohnen, Schneelöcher hindurchsetzen.
Wir haben wohl für unsere Linien eine Entstehung vor
dem Altzyklus festgestellt, haben aber noch nicht untersucht,
wie weit diese Entstehung zurückreicht. Ich möchte fast
annehmen, daß sie in den ersten Anfängen den Beginn der
Zeit unseres Braunkohlentertiärs einleiteten und hiebei die
558 W. Schmidt, Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens.
Beckenbildner waren. Denn diese schließen sich in der An-
lage dem Bruchplane an und zeigen immerhin solche Unter-
schiede in dem Schichtaufbau, daß man sie sich zum Teil
schon von Anfang als getrennte Becken vorstellen muß.
In die Zeit der Braunkohlenbildung möchte ich auch die
Ausbildung der Rotböden verlegen und stütze mich hiebei
insbesondere auf die roten Tone des Braunkohlentertiärs von
Trofaiach, die denen unserer Linien stark ähneln, wenn sie
vielleicht auch verlagert sind. Folgner Verh. Gr. A. 1913 H 18.
Diese werden dort von kalkalpinem Konglomerat überlagert,
was wieder mit unserer Erkenntnis stimmt, daß die Rotböden
älter als der Altzyklus sind.
Zusammenfassend hätten wir also folgende Zeitfolge:
1. Zeit der Augensteine: Geringe Höhenunterschiede,
Entwässerung nach N. Beckenbildung durch Brüche. Kohlen-
bildung. Rotbodenbildung.
2. Zeit des Altzyklus: Starke Verstellung an den Brüchen,
Ausbildung des Murlaufes, Entwicklung eines normalen
Zyklus bis zu unterjochten Formen mit großer Schuttlieferung
von N ins Murtal.
3. Zeit des Jungzyklus: Weitere starke Verstellungen
mit Ausbildung des Kalkalpensüdrandes. Neubelebung der
Erosion. Fortdauer der Verstellungen bis in jüngste Zeit.
Es ist dies eine Zeitfolge, die mit der von den anderen
genannten Werken aufgestellten bis auf die hervorgehobenen
Unterschiede gut übereinstimmt.
559
Zur Biologie und Mikrochemie einiger
P/ro/a-Arten
Von
Paula Fürth
Aus dem Pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Wien
(Nr. 142 der zweiten Folge)
(Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 4. November 1920)
Inhaltsübersicht:
•Einleitung 560
I. Die Fortpflanzung einiger Pirola-Arten 560
A. Literatur 560
B. Eigene Beobachtungen 563
1 . Eigene Beobachtungen in der Natur 563
2. Keimungsversuche 567
II. Anatomie des Samens 568
III. Die Mykorrhiza m 570
A. Literatur 570
B. Eigene Beobachtungen 572
IV. Versuche über die Kultur des Mykorrhizapilzes 577
V. Diverse Beobachtungen 578
A. Der Bau der Blattepidermis von Pirola chlorantha .... 578
B. Über die Verbreitung von Phloroglucotannoiden bei den
Pirola -Arten 581
' '. Über einen schön krystallisierenden Inhaltskörper der
Pirola tniijlora 582
Zusammenfassung 585
Literaturverzeichnis 586
Figurenerklärung 587
Sitzb. d. mathem.-naturw. KL, Abt. I, 129. Bd. 38
J560 P. Fürth,
Einleitung.
Im folgenden wird, im Anschluß an eine mir von meinem?
verehrten Lehrer, Hofrat Prof. Dr. H. Molisch, gegebene
Anregung, die bisher noch nicht bekannte Keimungsgeschichte
der Pirolaceen zu studieren, ein kleiner Beitrag zur Biologie
dieser interessanten Pflanzengruppe geliefert. Außerdem gebe
ich auch einige Beobachtungen anatomischer und chemischer
Natur wieder. Bevor ich jedoch zu meinem eigentlichen Thema
übergehe, spreche ich Herrn Hofrat Molisch sowie den
Herren Prof. O. Richter und Dr. G. Klein für ihre weitest-
gehende Unterstützung meiner Arbeit den wärmsten Dank aus.
I. Die Fortpflanzung einiger Pirola-Avten.
A. Literatur.
Irmisch (185.1) gibt an, daß er die Keimung der Pirolaceen nicht
kenne, doch liefert er eine genaue Beschreibung der vegetativen Fortpflanzung
von P. secunda und P. uniflora. Er betont als erster den auffallenden Unter-
schied in den unterirdischen Organen der Jetztgenannten Art und denen aller
übrigen Pirolaceen und stellt P. secunda und P. uniflora einander gegenüber.
Bei der ersteren, die er als Vertreter der Gruppe: P. secunda, chlorantha,
minor, media und rotundifolia, die sich diesbezüglich alle gleich verhalten,
wählt, wird die vegetative Fortpflanzung durch weithin im' Boden kriechende
unterirdische Achsen besorgt. Bei P. uniflora dagegen fand er regelmäßig an
den Wurzeln, die er an ihrem anatomischen Bau als solche erkannte.
Adventivknospen, durch die allein die vegetative Furtpflanzung erfolgt, da
diese Art keine Rhizome besitzt. Er fand auch einige Pflänzchen von
P. secunda, deren Stamm direkt in eine Hauptwurzel überging, die sich also
nicht aus einem Rhizom entwickelt hatten, und betrachtete sie als Keim-
pflänzchen; sie hatten alle schon mehrere Blätter entwickelt und es gelang
ihm nicht, jüngere Stadien aufzufinden. Er nahm an, daß sich bei der
Keimung von P. secunda aus dem Samen zuerst ein Stämmchen bildet; für
die Keimung von P. uniflora fehlten ihm alle Anhaltspunkte.
1889 schreibt Drude in seiner Monographie der Pirolaceen, es sei wahr-
scheinlich, daß sich die jüngeren Keimpflänzchen ohne C02-Assimilation, nur
mit »Wurzelzersetzungstätigkeit« ernähren und bedauert, daß es bisher noch
nicht gelungen sei, die Samen zur Keimung zu bringen oder einwandfreie
jüngere Keimungsstadien in der Natur aufzufinden. Bezüglich der Wurzel-
adventivknospen von P. uniflora verweist er auf Irmisch.
Von Velenovsky erschien im Jahre 1892 eine mir nicht zur Ver-
fügung stellende Arbeit »Über die Biologie und Morphologie der Gattung
Biologie einiger Pirola-Arten. oöl
Monesis«, deren Ergebnisse jedoch in seiner späteren, im Jahre 1905 er-
schienenen Abhandlung »Über die Keimpflanzen der Pirolaceen« mitgeteilt
werden. Sie beziehen sich vor allem auf die unterirdischen Organe der
P. uniflora (Monesis), denen er, da sie morphologisch nicht einer Wurzel.
anatomisch nicht einem Rhizom gleichzusetzen sind, den neuen Namen »Pro-
kaulom« gab. Auch hat er nach seiner Meinung solche Prokaulome frei in
der Erde lebend, ohne Zusammenhang mit oberirdischen Pflanzenteilen, ge-
funden. In der zweiten Arbeit spricht er zunächst von seinen Keimungs-
versuchen, die er u. a. auch im Walde, an den natürlichen Standorten der
Mutterpflanze, vornahm und die nie zu einem Resultat führten. Ferner
beschreibt er Keimpflanzen von P. seeunda, deren er ein einziges Mal
mehrere an ein und demselben Orte fand. Sie besaßen schon sämtlich mehrere
voll entwickelte Blätter, zum Teil sogar schon in zwei Stockwerken über-
einander, so daß er annehmen mußte, sie seien ein- bis zweijährig; jüngere
Stadien odei überhaupt noch mehr Keimpflänzchen aufzufinden, gelang ihm
nicht, obwohl er während zweier Monate unzählige Standorte danach ab-
suchte. Er beschreibt Pflänzchen von P. seeunda, die sich aus abgerissenen
Wurzeln endogen entwickelt haben und die sich von Keimpflanzen durch
ihre bedeutende Größe und Üppigkeit und durch die Dicke und dunkle Farbe
der Wurzel, aus der sie entspringen, unterscheiden. Übrigens hat auch schon
Irmisch solche aus Adventivknospen an abgerissenen Wurzeln hervor-
gegangene Pflanzen gefunden und beschrieben. Was zu der Annahme führen
könnte, daß es sich bei den von Velenovsky gefundenen Keimpflänzchen
nicht wirklich um solche, sondern nur um aus Wurzeladventivknospen hervor-
gegangene Pflanzen handle, ist die Tatsache, daß der oberirdische Stamm nie
direkt in die Wurzel übergeht, sondern an der Übergangsstelle stets eine
Anschwellung vorhanden ist und es manchmal so aussieht, als ob der Stamm
zeitlich aus der Wurzel hervorgebrochen wäre. Jedoch ist in solchen Fällen
das obere Ende der Wurzel immer unverletzt, wodurch der Verdacht, dal.»
es sich um aus abgerissenen Wurzeln hervorgegangene Pflänzchen handle
hinfällig wird. Gerade auf diese Art des Hervorbrechens des Stammes aus
der Wurzel stützt Velenovsky seine Hypothese über den Verlauf der
Keimung, denn obwohl seine diesbezüglichen Annahmen ja recht einleuchtend
sind, kann man sie doch nur als Hypothese bezeichnen, da er, ebensowenig
wie jemand anderer vor oder nach ihm, jemals ein jüngeres Keimungsstadium
beobachtet hat und es kann nicht genug hervorgehoben werden, daß die
ersten drei der seiner Arbeit beigegebenen Abbildungen jugendlicher Keimungs-
stadien nicht nach der Natur gezeichnet, sondern reine Schemen
seiner Hypothese sind.
Danach verläuft die Keimung von P. seeunda folgendermaßen: zuerst
entwickelt sich aus dem Samen ein unterirdischer, bleicher, zylindrischer
Korper, der nach unten zu eine Wurzelhaube ausbildet und ein Prokaulom
vorstellt. Hat dieses eine gewisse Länge erreicht, so bricht aus seinem oberen
Ende endogen eine Knospe hervor, die sich zu einer Pflanze entwickelt,
die dann später, oberhalb der Insertionsstelle des Stammes, aus diesem
562 P. Fürth,
entspringende, gewöhnliche Rhizome entsendet. Etwas anders stellt er die
Keimungsgeschichte von P. uniflora dar; nur allein auf der Tatsache fußend,
daß er einmal ein Prokaulom ohne Zusammenhang mit einer Pflanze fand,
sehreibt er folgendes :
»Aus dem Samen der Monesis keimt ein ähnlichei ungegliederter Körper,
welcher sich aber bipolar nicht entwickelt, sondern sich nach allen Richtungen
hin unregelmäßig verzweigt und fadenförmig verlängert. So entsteht ein Ge-
flecht von fadendünnen Ausläufern, welche als selbständiger Organismus in
der Humuserde saprophytisch vegetieren. Ein solches Fadengeflecht habe ich
wirklich beobachtet und schon im Jahre 1892 abgebildet. Es ist ein wurzel-
artiges Prokaulom, welches von dem (hypothetischen! F.) der P. seeunda
dadurch abweicht, daß es lange lebt, sich fortwährend verzweigt und die
Aufgabe der vegetativen Vermehrung der Pflanze übernimmt, dieselbe Aufgabe,
welche bei der P. seeunda die weitkriechenden Rhizome versehen.«
Danach teilt er die Entwicklung einer P. uniflora in zwei Generationen
ein, eine unterirdische ungeschlechtliche und eine oberirdische geschlecht-
liche und zieht Parallelen mit dem Generationswechsel der Muscineen, indem
er das Prokaulom mit einem Protonema vergleicht. Sollte das nicht zu weit
gegangen sein, wenn man bedenkt, daß all das auf der Beobachtung eines
einzigen freilebenden Prokauloms basiert, das vielleicht doch nur durch
Abreißen von einer oberirdischen Pflanze entstanden ist ?
Auch Goebel erwähnt in seiner Organographie das Wurzelsystem von
/'. uniflora. Doch ist es mir nicht bekannt, ob er sich dabei auf die Angaben
Yelenovsky's stützt oder eigene Beobachtungen mitteilt. In dem Abschnitt
•-Freilebende Wurzeln« schreibt er:
»Auch finden sich Wurzelsysteme, die offenbar jüngere Stadien dar-
stellen und noch keine Sprosse entwickelt haben. Es ist die Keimung leider
noch unbekannt. Wahrscheinlich aber geht aus dem ungegliederten Embryo
des keimenden Samens nicht wie sonst ein beblätterter und bewurzelter
Sproß, sondern unter Verkümmerung des letzteren nur ein saprophytisch
lebendes Wurzelsystem hervor, an dem dann später endogene Sprosse ent-
stehen.«
Kinzel gibt in seiner Arbeit über Lichtkeimung an, es scheine ihm
nach dem Verlauf seiner Versuche unwahrscheinlich, daß die Pirola- Arten
ohne Pilzwirkung keimten. In seinem Buch »Frost und Licht als beein-
flussende Kräfte bei der Samenkeimung« sagt er, daß sich Samen von
P. uniflora und P. seeunda während eines vier Jahre dauernden Keimungs-
versuches im Dunkeln unverändert erhalten hätten.
»Die sehr kleinen Samen dieser Familie waren trotz mannigfaltiger
Versuche auf keine Weise zum Keimen zu bringen und da so ziemlich
alle Möglichkeiten in der Behandlung berücksichtigt wurden, muß man wohl
annehmen, daß sie, wie die Samen der Orchidaceen, nur in Symbiose mit
den dazugehörigen Wurzelpilzen sich zu entwickeln vermögen.«
Biologie einiger Pirola-Arten. ovo
B. Eigene Beobachtungen.
1. Eigene Beobachtungen in der Natur.
In den Wäldern in der Umgebung von Payerbach (Nieder-
österreich) kommen P. secuuJa und P. chlorantha massen-
haft vor, nicht ganz so häutig P. minor. ich wählte zum
Suchen nach Keimlingen Stellen aus, wo die Pflanzen dicht
standen und möglichst viele vertrocknete Fruchtstände vom
vorigen Jahr zu sehen waren. Denn an solchen Stellen, wo
oft im Bereich weniger Quadratdezimeter viele Fruchtstände
stehen, müssen im vorhergehenden Herbst viele Tausende
von Samen ausgestreut worden sein. Ich nahm meine Nach-
forschungen in der Zeit von Ende April bis Anfang Juni vor,
denn ich dachte, daß die Keimung um diese Zeit schon ein-
getreten sein müsse und ich die jüngsten Stadien finden
werde. Aber obwohl ich oft und an den verschiedensten
Standorten stundenlang Nachgrabungen vornahm und den
Boden auf weite Strecken hin mit der Lupe durchforschte,
fand ich nie etwas anderes als vollkommen unversehrte Samen,
die ganz unverändert, so wie sie im Herbst ausgestreut worden
waren, im Boden lagen. Auch die mikroskopische Unter-
suchung zeigte keine Veränderung gegenüber trocken in einer
Schachtel aufbewahrten Samen.
Da diese Nachforschungen zu keinem Ziele führten, ver-
suchte ich, wenigstens die von Ir misch und Velenovsky
beschriebenen älteren Keimpflänzchen zu finden. Zu diesem
Zwecke grub ich möglichst vereinzelt stehende kleine Exem-
plare aus, die eben erst aus der Erde herauskamen und bei
denen kaum anzunehmen war, daß sie durch Rhizome mit
anderen in Verbindung ständen. Ein einziges Mal fand ich
ein Pflänzchen von P. chlorantha, das mit den aus der
Literatur bekannten Keimpflänzchen übereinstimmte, in allen
anderen Fällen entsprang die Pflanze stets aus einem
Rhizom, das oft zu meterweit entfernten älteren Pflanzen
hinleitete oder an einem Ende abgestorben war. Meist war
es reich verzweigt und jeder Ast endete entweder mit einer
älteren Pflanze oder mit einer Knospe, die schon bereit war,
über den Boden hervorzutreten. Man sieht stets ganze Kolo-
564 P. Fürth,
nien gleich alter Pflanzen, was daher kommt, daß viele Rhizom-
verzweigungen zu gleicher Zeit angelegt werden und dann
auch wieder zu gleicher Zeit ihre in eine Knospe ausgehenden
Enden über den Boden erheben. Die Entwicklung des Rhizoms
ist besonders bei P. secunda eine sehr üppige; Kolonien von
nur drei oder vier Pflanzen sind verhältnismäßig selten. Ein-
mal zählte ich in einer großen Kolonie weit über 100 Pflanzen,
die alle miteinander in Verbindung standen, und ich glaube,
daß man bei sorgfältigen Nachgrabungen finden wird, daß so
große Kolonien gar nicht selten sind und daß viel mehr
Pflanzen durch gemeinsame Rhizome verbunden sind, als es
bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein hat. Die Rhizome
reichen auch zur Anlage von weit entfernten Kolonien voll-
ständig aus, so daß die Verbreitung durch Samen als über-
flüssig erscheinen könnte.
Die Untersuchungen über P. uniflora nahm ich im
Semmeringgebiet vor. Bei meinen wiederholten Nachgrabungen
daselbst fand ich weder freilebende Prokaulome, wie Vele-
novsky eines gefunden haben will, noch sonstige Keimungs-
stadien. Die Pflanzen stehen immer in Kolonien beisammen
und sind durch dünne Wurzelfäden miteinander verbunden,
die beim Ausgraben sehr leicht abreißen.
Dagegen scheint mir die folgende Beobachtung von
größter Bedeutung zu sein: ich kultivierte in Blumentöpfen
je einige Pflanzen von P. uniflora und P. chlorantha, die
ich zur Blütezeit an ihrem Standort mit einem größeren Erd-
ballen ausgegraben hatte und die dann später im Topf Früchte
trugen und ihre Samen ausstreuten. Ende Oktober durchsuchte
ich die Erde eines dieser Töpfe von P. uniflora, um zu sehen,
was aus den Samen geworden sei. Dabei fand ich ein bleiches,
walzenförmiges Gebilde (Fig. 1) von ungefähr 15 mm Länge
und einem größten Durchmesser von 3 mni. Aus dem einen
dickeren Ende brach eine winzige Knospe hervor, am ent-
gegengesetzten viel dünneren Ende waren die Kanten so
scharf, daß es fast wie abgehackt erschien; es war jedoch
unverletzt. Dieses Gebilde war der Länge nach mit sechs
langen, dünnen, ziemlich reichlich verzweigten Wurzeln be-
setzt. Die mikroskopische Untersuchung zeigte, daß der ganze
Biologie einiger Pirola-Arten. 565
walzenförmige Körper den Bau einer Wurzel besaß; er setzte
sich zusammen aus einem dünnen, regelmäßig triarch gebauten
.Zentralzylinder, einem sehr breiten, mit großen Stärkekörnern
zum Zerplatzen vollgepfropften Rindenparenchym und einer
Epidermis von normaler Breite. Diese hatte keine Wurzel-
haare und war von demselben braun gefärbten, mit Schnallen-
bildungen versehenen Pilz in derselben Weise, wie ich es in
dem Kapitel über die Mykorrhiza für die Wurzeln von P. uui-
fiora beschreibe, umhüllt. Ein Eindringen der Hyphen in das
Innere der Zellen habe ich nicht beobachtet. Es wechselten,
ebenso wie bei den Wurzeln von P. uniflora, längere mit
weniger häufigen kürzeren Epidermiszellen ab. Auffallend war
nur, daß die Stärkekörner des Rindenparenchyms ganz un-
vergleichlich größer waren als die normaler Wurzeln.
Die Wurzeln dieses merkwürdigen Körpers waren sehr
reichlich mit Haaren besetzt und besaßen eine spärliche Pilz-
umhüllung. Sie enthielten Stärkekörner von derselben Größe
und vom selben Aussehen wie normale Pirola -Wurzeln.
Besondere Verschiedenheiten gegenüber normalen Wurzeln
von P. uniflora habe ich nicht konstatiert. Nach meinen
Beobachtungen bin ich zu der Überzeugung gelangt, daß ich
■es hier wirklich mit einer jungen Pirola -Pflanze zu tun hatte.
Die beste Erklärung für die Entwicklung eines verhältnis-
mäßig so großen und so reich mit Reservestoffen versehenen
Körpers aus dem mikroskopisch kleinen Samen ist die An-
nahme einer saprophytischen Lebensweise unter Mitwirkung
des Pilzes, ähnlich wie sie Noel und Bürge ff für Orchideen-
keimlinge beschrieben haben. Ich kann nicht sagen, wie sich
dieses Gebilde weiterentwickelt; am wenigsten Schwierig-
keiten begegnet die Annahme, daß, nach Entwicklung ober-
irdischer Assimilationsorgane, der ganze Körper, nachdem ihm
sämtliche Reservestoffe entzogen wurden, ähnlich wie ver-
brauchte Kotyledonen, unter Einschrumpfen zugrunde geht.
Die Auffindung dieses merkwürdigen Gebildes steht mit
der Theorie Velenovsky's, daß sich bei der Keimung von
P. uniflora zuerst ein dünnes, fadenförmiges Prokaulom ent-
wickle, in Widerspruch. Dagegen stimmt sie auffallend gut
mit seinem hypothetischen Prokaulom von P. seeunda überein
566 P. Fürth,
und hätte ich diesen unterirdischen Körper in einem Topf
dieser Pirola-Art gefunden, er wäre die schönste Bestätigung
der Velenovsky'schen Hypothese gewesen. So aber, als Pro-
kaulom von P. imiflora, verlangt er nach einer anderen
Erklärung, die in befriedigender Weise erst nach Auffindung
älterer Keimungsstadien wird gegeben werden können.
Ich glaube meine Untersuchungen mit genügender Ge-
wissenhaftigkeit vorgenommen zu haben, um sagen zu können,
daß Keimpflanzen der von mir untersuchten Pirola-
Arten zu den allergrößten Seltenheiten gehören und
daß die genannten Pflanzen mit der vegetativen.
Fortpflanzung durch Rhizome, respektive Adventiv-
knospen an den Wurzeln ihr reichliches Auslangen
finden könnten und nicht aut die Verbreitung durch
Samen angewiesen zu sein brauchten.
Als Beweis dafür möchte ich noch erwähnen, daß ich
einmal im August im Salzkammergut einen sehr schattigen-
Wald betrat, dessen Boden mit P. minor reich bewachsen
war. Doch sah ich keine einzige Pflanze, die diesjährige
Blütenstände, vorjährige Fruchtstände oder Blütenknospen für
das nächste Jahr aufgewiesen hätte. (Bei den Pirolaceen sind
nämlich im Spätsommer gewöhnlich die Frucht-, respektixe
Blütenstände von drei Vegetationsperioden zugleich sichtbar.)-
In diesem Falle hatte ich also den Beweis, daß von allen
Pflanzen des Waldes keine oder doch nur eine verschwindend
geringe Anzahl, die ich übersehen haben kann, im Vorjahr
geblüht hatte, keine in diesem Jahr und daß im nächsten
Jahr keine blühen würde. Es wurden also nach meiner Beob-
achtung an der bezeichneten Stelle bereits durch mindestens
zwei Jahre keine Samen ausgebildet und doch war alles
übersät mit jungen Pflanzen. Ob auch in den vorhergehenden.
Jahren keine Samen zur Entwicklung gekommen waren, weiß
ich nicht, doch ist anzunehmen, daß die überaus geringe hier
herrschende Lichtintensität auch früher schon der Ausbildung
der Blüten ungünstig war. Es kann sich also eine ganze
Decke von Pirolaceen ohne Mithilfe der Samen nur
durch vegetative Rhizom knospen dauernd in größter
Üppigkeit erhalten.
Biologie einiger Pirola-Arten. 06/
Es erscheint mir auch als sehr wahrscheinlich, daß in
den vielen anderen Fällen, in denen Samen ausgebildet werden,
nur ein kleiner Bruchteil davon keimungsfähig ist, sei es, daß
die Keimfähigkeit im Laufe der Zeit rückgebildet wurde, sei
es, daß sie nie in größerem Ausmaß vorhanden war. Ich
möchte annehmen, daß sich unter der ungeheuren Menge der
in einer Kapsel herangereiften Samen kaum je ein zur Weiter-
entwicklung befähigter findet. Dazu veranlaßt mich die Tat-
sache, daß an den beiden Stellen, wo ich den auf p. 563
erwähnten Keimling von P. chlorantha und den im vorher-
gehenden beschriebenen von P. unißora entdeckte, bestimmt
eine Anzahl Samen derselben Pirola-Arten sich unter den
gleichen äußeren Bedingungen befanden; warum war also
von dieser großen Menge nur je ein einziger Same zur
Weiterentwicklung gelangt? Das ließe sich am besten durch
Annahme einer besonderen natürlichen Anlage, sei es ana-
tomischer oder chemischer Natur, erklären, die zur Auslösung
der Keimung vorhanden sein müßte und die der Mehrzahl
der Samen fehlen könnte. Außerdem scheinen selbst die
keimungsfähigen Samen noch besonderer äußerer Bedingungen
zu bedürfen, die sich nicht überall verwirklicht finden: Vor-
handensein eines bestimmten Pilzes, vielleicht noch kombiniert
mit besonders extremen Beleuchtungs-, Feuchtigkeits- und
anderen Verhältnissen.
Fassen wir all dies zusammen, so kann es nicht weiter
wundernehmen, daß die Auffindung von P/ro/a-Keimlingen
mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden ist und selbst bei
angestrengtestem Suchen nur in Ausnahmsfällen gelingt.
2. Keimungsversuche.
Die Keimungsversuche wurden vorgenommen teils mit
Samenmaterial von P. minor, das ich von Haage und Schmidt
aus Erfurt bezog, teils mit Samen von P. unißora und
P. chlorantha, die ich selbst gesammelt hatte. Es wurden
immer zwei parallele Serien von Versuchen, eine im Dunkeln
und eine im Licht, aufgestellt. Ausgesät wurde auf Filtrier-
papier, Heideerde, Moorerde, Torf, humusreiche Walderde vom
Standort der betreffenden Pirola-Avt und endlich streute ich
568 P. Fürth,
auch Samen in Pilzkulturen, die von einer PirolaAVuvzel
gewonnen worden waren. Die Versuche wurden zu den ver-
schiedensten Jahreszeiten bei verschiedenen Temperaturen
vorgenommen. Sie blieben sämtlich erfolglos. D-ie Samen
waren entweder noch nach mehreren (bis zu neun) Monaten
unversehrt und unverändert erhalten oder sie waren der
Fäulnis anheimgefallen und nicht mehr auffindbar.
II. Anatomie des Samens.
Die Samen der Pirola-Arten gehören zu den kleinsten,
die wir überhaupt kennen und werden nur von denen einiger
Orchidaceen an geringem Gewicht und geringer Größe über-
troffen. Die verhältnismäßig großen kapselartigen Früchte ent-
halten Unmengen des staubförmigen Samens; doch geht mit
der massenhaften Produktion ein häufiges Verkümmern des
einzelnen Samens Hand in Hand.
Ein beträchtlicher Teil der Samen bleibt auf einer unvoll-
kommenen Entwicklungsstufe stehen oder erleidet anderweitige
Mißbildungen und Verkümmerungen, so daß sich die Unfähig-
keit zur Keimung, die meiner Meinung nach dem Gros der
Samen zukommt (siehe p. 567) bei manchen auch schon rein
äußerlich dokumentiert.
Der normale Samen (Fig. 2) besteht aus der Testa, dem
sehr ölreichen Endosperm und dem darin eingebetteten un-
gegliederten Embryo. Die Testa setzt sich aus großen, lang-
gestreckten Zellen, die sehr schöne, regelmäßige Netzver-
dickungen aufweisen, zusammen und umhüllt in Form eines
weiten Mantels den rundlichen Endospermkörper. Nach oben
und unten hin ist sie in einen langen Fortsatz ausgezogen,
der als Flugorgan dient, da durch ihn das spezifische Gewicht
des Samens wesentlich herabgesetzt und seine Oberfläche ver-
größert wird. In der Querrichtung liegt die Testa dem Endo-
spermkörper dichter an. Ihre Zellen sind in seiner Nähe mit
je einem spitzen, über die Länge der ganzen Zelle sich er-
streckenden Vorsprung versehen. Dadurch entsteht bei Samen-
querschnitten (Fig. 4) ein sternförmiges Bild; die Spitzen des
Sternes werden durch die vorspringenden Längsrippen gebildet,
Biologie einiger Pirola- Arten. 569
die Einbuchtungen entstehen dadurch, daß die Zelle in der
Mitte zwischen zwei solchen Vorsprüngen in sich zusammen-
gefallen ist und sich dem Endospermkörper ganz dicht anlegt.
Bei Untersuchung des ganzen unversehrten Samens ist
es schwer, einen Einblick in die Gliederung des Endosperm-
körpers zu erhalten, da die darüberliegende Testa die Beob-
achtung erschwert. Bessere Bilder erhält man nach Aufhellung
mit KOH, doch ließen sie auch dann noch zu wünschen übrig.
Am besten eigneten sich zur Untersuchung Samen, deren
Testa durch einen eine halbe Stunde währenden Aufenthalt
in Chromschwefelsäure, eventuell unterstützt durch schwaches
Erwärmen, aufgelöst worden war, so daß der Endosperm-
körper vollkommen frei lag. Dieser wurde nach Auflösung der
Testa sofort in Wasser übertragen, um ein weiteres Einwirken
der Chromschwefelsäure unmöglich zu machen. Es wurden
auch Mikrotomschnitte nach folgender Methodik angefertigt:
die trockenen Samen wurden in Paraffin eingebettet, ge-
schnitten, mit Gentianaviolett gefärbt und in Kanadabalsam
eingeschlossen. Diese Methode hatte gegenüber der Behand-
lung mit Chromschwefelsäure den Vorteil, daß die Kerne als
leuchtend blau gefärbte Körper sichtbar wurden.
In der älteren Literatur wird der ganze Endospermkörper
für den Embryo gehalten und man meinte, einen endosperm-
losen Samen vor sich zu haben. Doch in der neueren Literatur
ist meistens schon vom Endospermkörper die Rede, aber es
fehlt jede Angabe, welcher Teil desselben als Embryo zu
betrachten sei. Nach meinen Beobachtungen besteht der Endo-
spermkörper (Fig. 3) aus einem einfachen Mantel etwas ab-
gerundeter, unregelmäßig prismatischer Zellen, die meist in
der Längsrichtung des ganzen Körpers etwas gestreckt sind.
Die mit Gentianaviolett gefärbten Mikrotomschnitte wiesen
ziemlich große runde Kerne auf. Am oberen und am unteren
Ende sieht man eine dunkle Masse dem Endosperm außen
anliegen (Fig. 2). Es dürfte das je eine abgestorbene und
zusammengefallene Zelle sein, wie sie auch Koch regelmäßig
dem Endosperm von Monotropa anhaften sah. Das Innere des
Endospermkörpers ist erfüllt mit kleinen, dünnwandigeren
Zellen, die gegen den äußeren Mantel hin scharf abgegrenzt
570 P. Fürth.
sind, dagegen miteinander einen einheitlichen runden Körper
bilden, den man wohl als Embryo ansprechen muß. Auch die
Zellen dieses Körpers enthalten große Kerne, die bei Färbung
mit Gentianaviolett deutlich sichtbar werden. Das Endosperm
ist vollgepfropft mit fettem Öl, das bei eventuellen Verletzungen
in Form von größeren und kleineren stark lichtbrechenden
Kugeln massenhaft herausquillt.
Untersucht wurden Samen von P. minor, secuuda, chlor-
antha und unißora, die einander alle sehr ähnlich sind.
P. unißora unterscheidet sich von den anderen untersuchten
Arten dadurch, daß der Samen im ganzen länger und schmäler
gebaut und heller gefärbt ist. P. secuuda und P. chlorautha
weisen eine feinere Netzstruktur der Testa auf, die nicht so
in die Augen fallend ist wie die von P. minor und P. uni-
ßora. Im übrigen stimmen alle von mir untersuchten Arten
in den wesentlichen Merkmalen miteinander überein.
III. Die Mykorrhiza.
A. Literatur.
Irmisch spricht schon im Jahre 1855 von den verhältnis-
mäßig großen, dünnwandigen Epidermiszellen der Pirola-
Wurzeln, die ebenso wie die Wurzeln mancher Orchideen
eine zusammengeballte dunkle Masse enthalten, über deren
Entstehung und Zusammensetzung er sich aber nicht weiter
äußert. Auch beobachtete er, daß die Wurzeln von P. secuuda
häufig mit einem schwärzlichen Pilz umsponnen sind, ahnte
aber nicht den Zusammenhang zwischen diesem und den
zusammengeballten dunklen Massen im Innern der Epidermis-
zellen. Auch maß er diesen Beobachtungen weiter keine
Bedeutung bei.
Später, 1887, erwähnt Frank eine Bemerkung Kerner's
aus dem Jahre 1886: »Die Wurzelhaare der Pirolaceen werden
durch einen Pilzmantel ersetzt.« Dem pflichtet er aber nicht
bei, sondern stellt das Vorhandensein einer Mykorrhiza bei
den Pirolaceen überhaupt in Abrede. In derselben Arbeit liefert
er eine Beschreibung der Ericaceenmykorrhiza, die mit der
von mir bei PiroJa beobachteten große Ähnlichkeit hat.
Biologie einiger Pirola- Arten. 571
In der späteren Literatur ist die Pirolaceenmykorrhiza
schon allgemein bekannt. 1899 erschien eine Arbeit von
Kramar, die eine genaue Beschreibung der Mykorrhiza von
P. rotiindifolia darstellt. Er vergleicht sie mit der von P. minor,
die er als eine koralloide bezeichnet. Dieser Behauptung muß
ich aber widersprechen, da ich die Wurzeln von P. minor
immer der ganzen Länge nach verpilzt fand und nicht nur
an den von ihm als dunkler gefärbt abgebildeten Spitzen.
Die dunklere Färbung der Wurzelspitzen konnte ich hie und
da beobachten, doch bildet sie gewiß kein konstantes Merk-
mal und scheint mit der Mykorrhiza nichts zu tun zu haben.
Auch sind die Nebenwurzeln nur selten so kurz, daß man
die Form der Mykorrhiza als koralloid bezeichnen könnte.
Die Mykorrhiza von P. rotiindifolia konnte ich leider mangels
des nötigen Materials nicht untersuchen, doch glaube ich,
daß auch hier die Beobachtung Kramar's, daß die keulen-
förmig verdickten Wurzelenden die alleinigen Träger der
Mykorrhiza seien, auf einem Irrtum beruht; ich fand nämlich
auch hie und da bei P. seeunda, häufiger und stärker aus-
gebildet bei P. ehlorautha, keulig angeschwollene Wurzel-
enden. Sie erwiesen sich als besonders stark vom Pilz be-
fallen und hatten daher besonders stark vergrößerte Epi-
dermis- und oft auch vergrößerte Rindenparenchymzellen.
Sie stellten meist schon im Absterben begriffene Teile
■einer Wurzel dar, die aber stets, wenn auch viel schwächer,
doch auch in ihrem ganzen übrigen Verlauf verpilzt
war. Es liegt daher nahe, dasselbe auch für die Wurzeln von
P. rotiindifolia anzunehmen, besonders da sich der Irrtum
Kramar's so erklären ließe, daß seine Untersuchungen, viel-
leicht ebenso wie die von Frank, zu einer ungünstigen Jahres-
zeit vorgenommen wurden (im Frühjahr oder Frühsommer),
wo die Mykorrhiza manchmal noch wenig entwickelt ist und
bei flüchtiger Beobachtung nur an den verdickten Stellen
durch ihre besondere Üppigkeit auffällt. Auch Ir misch fand
schon hie und da die Wurzeln von P. seeunda und in höherem
Grade die von P. rotiindifolia keulig verdickt. P. cJilorautha
hat er nicht untersucht. Kramar stellt ferner die Behauptung
auf, daß es bei P. minor keine hypertrophierten Epidermis-
572 P. Fürth,
zellen gibt; ich muß dagegen sagen, daß eine Hypertrophie
wohl vorhanden, aber nicht so auffallend wie bei den anderen
Arten ist. Gegenüber der ungeheuren Breite der Zellen, wie
sie Kramaf für P. rotundifolia abgebildet hat, ist die Hyper-
trophie von P. minor allerdings eine verschwindende. Nach
den Abbildungen von Kramaf ist die Breite der Epidermis-
zellen bei P. rotundifolia schon im nicht infizierten Stadium
eine viel größere als bei den von mir untersuchten Arten.
Verbreitern sich also diese Zellen infolge der Infektion um
dasselbe Vielfache ihrer ursprünglichen Ausdehnung, wie z. B.
die viel schmäleren von P. uniflora, so resultiert daraus für
P. rotundifolia eine ganz bedeutend größere Breite. Die Details
seiner Beschreibung der Mykorrhiza von P. rotundifolia kann
ich nicht beurteilen, da mir, wie gesagt, das nötige Vergleichs-
material fehlte. Im großen ganzen zeigt sich manche Ähnlich-
keit mit der der anderen Arten.
Stahl gibt in seiner Arbeit aus dem Jahre 1900 an, daß
er zur Blütezeit die Wurzeln der Pirolaceen unverpilzt fand,
im Herbst dagegen eine reichliche Entwicklung der Mykor-
rhiza beobachten konnte. Im übrigen verweist er auf die
Arbeit von Kramaf.
B. Eigene Beobachtungen.
Das Untersuchungsmaterial stammte größtenteils aus
Payerbach, zum Teil aber auch aus dem Semmeringgebiet,
vom Leithagebirge, aus der Umgebung von Wiener-Neustadt
und aus Neulengbach (Niederösterreich). Die an den ver-
schiedenen Orten gesammelten Pflanzen wiesen keinerlei auf-
fallende Unterschiede auf.
Als Untersuchungsmethode eignete sich am besten die
folgende:
Die Wurzeln wurden in Kaiser'scher Mischung (10 Teile
Sublimat, 3 Teile Eisessig, 100 Teile Wasser) fixiert, nach
24 Stunden in 50% Alkohol übertragen, der zwecks gründ-
licher Auswaschung mehrmals gewechselt wurde. Wurden die
Wurzeln nicht sofort untersucht, so verblieben sie einstweilen
im Alkohol. Längs- und Querschnitte durch dieselben wurden
mit einer 1 %-Lösung von Methylenblau in 50% Alkohol
Biologie einiger Piro/a- Arten. O7o
gefärbt, mit Alkohol ausgewaschen, durch Übertragen in immer
höherprozentige Alkohole bis zum absoluten entwässert in
Xylol übertragen und endlich in Kanadabalsam eingeschlossen.
Mikrotomschnitte ergaben kaum bessere Bilder als mit der
Hand verfertigte, weshalb ich die bequemere Methode der
Handschnitte beibehielt.
Die Mykorrhiza der Pirola -Arten ist eine endotrophe.
Sie ist für die von mir untersuchten Arten, das sind: P. nni-
ßora, chlorantha, seewnda und minor, obligatorisch, denn
es gelang mir nie, ganze pilzfreie Wurzeln, geschweige denn
solche Pflanzen aufzufinden. Die meisten Wurzeln waren bei
der Untersuchung schon ganz vom Pilz durchsetzt; nur bei
P. unißora konnte ich ausnahmsweise auch die ersten Stadien
der. Infektion beobachten.
Vor dem Eintreten des Pilzes zeigt die Wurzel von P. uniflora ein
ganz normales Aussehen. Die Epidermiszellen haben kaum eine größere
Breite als die Zellen der darunterliegenden Rindenparenchymschichte. Ihre
Länge ist sehr verschieden: langgestreckte Zellen wechseln mit weniger zahl-
reichen ebenso langen als breiten ab. Alle weisen kleine, scharf umgrenzte
Kerne auf. Wurzelhaare sind an den meisten Wurzeln gar nicht, an einigen
wenigen sehr reichlich vorhanden. Solchen Wurzeln nähern sich die braunen,
mit Schnallen versehenen Hyphen und legen sich an ihre Oberfläche an
(Fig. 5). Sie folgen den Konturen der Epidermiszellen, indem sie sich in die
Spalte, die je zwei aneinandergrenzende Zellwände bilden, hineinlegen. So
überziehen sie nach und nach die ganze Oberfläche der Wurzel mit einem
weitmaschigen, braunen Netz. Dann beginnen die Hyphen an vielen Stellen
zugleich ins Innere der Wurzel vorzudringen. Das geschieht entweder inter-
zellulär oder zwar im Inneren der Zelle, aber ganz dicht an die Wand
angepreßt. Ist einmal dieses Stadium der Verpilzung eingetreten, so reagiert
die Wurzel darauf mit einem starken Dickenwachstum der Epidermiszellen
(Fig. 6), das im weiteren noch zunimmt. Wie ich durch Messungen kon-
statiert habe, wird zum Schluß die vier- bis fünffache Breite der noch nicht
infizierten Zelle erreicht. Auch der Kern vergrößert sich sehr stark und der
Nucleolus wird als dunkler gefärbter Körper deutlich sichtbar. In diesem
Stadium ist von Wurzelhaaren nichts mehr zu sehen. Ist der Pilz nun an
der an das Rindenparenchym grenzenden Zellwand angekommen, so legt er
sich ihr an und beginnt parallele Schichten von Hyphen an ihr abzusetzen.
Diese sind farblos, viel dünner als die außerhalb der Zelle befindlichen,
stärker septiert, zeigen keinerlei Inhaltskörper und haben stark lichtbrechende
Wände. Die einzelnen Schichten sind dicht aneinandergepreßt und die hie
und da davon abzweigenden Hyphen bilden die Angriffsfläche für neue
Schichten. Nach und nach wird die ganze Zelle, immer von der dem Rinden-
574 P. Fürth,
parenchym zugekehrten Seite der Zelle aus fortschreitend, mit Hyphen erfüllt
(Fig. 7), durch die der Kern nur mehr als undifferenzierte, dunkle Masse
durchschimmert. Nun beginnt auch schon der Zerfall der Hyphen, sie werden
undeutlich, ballen sich zu Knäueln zusammen und bilden endlich einen braun
gefärbten toten Inhaltskörper der Zelle, deren Kern auch nicht mehr auffindbar
ist und die überhaupt keinen lebenden Inhalt mehr besitzt (Fig. 8); sie ist
abgestorben und wird manchmal mit der Zeit abgestoßen.
Das ist der Verlauf der Verpilzung, wie er sich im
wesentlichen auch bei den anderen von mir untersuchten
Arten abspielt. Ein wichtiger Unterschied zwischen P. uni-
flora und den anderen Arten ist der, daß ich an den
anderen Arten niemals Wurzelhaare beobachten konnte,
während sie an den noch nicht oder schwach infizierten
Wurzeln von P. uniflora in einzelnen Fällen reichlich vor-
handen waren. Ich möchte diesen Umstand ausdrücklich
hervorheben, da ich in der Literatur die Ansicht allgemein
vertreten fand, daß die Pirolaceen, ebenso wie die Erica-
ceen, durchwegs frei von Wurzelhaaren seien. Man
kann allerdings auch bei P. uniflora nur im Frühjahr, und
auch dann nur selten, Wurzelhaare beobachten, da sie nach
der Infektion sofort bis auf den letzten Rest verschwinden
und auch bei nicht infizierten Wurzeln selten sind. Wahr-
scheinlich bringen die im Sommer und Herbst neu gebildeten
Wurzeln, die von dem zu dieser Jahreszeit im ganzen Wurzel-
system üppig wuchernden Pilz sofort bei ihrer Entstehung bis
in die jüngsten Gewebe an der Spitze infiziert werden, nie-
mals mehr Haare hervor. Andrerseits mögen die im Frühjahr
sich entwickelnden Wurzeln, die längere Zeit steril im Boden
leben und erst nach und nach vom Pilz befallen werden, zur
Entwicklung der Haare genügend Zeit haben und sie vielleicht
zur Wasseraufnahme notwendiger brauchen als die mit Mykor-
rhiza versehenen Wurzeln. Denn die Pilzhyphen bilden eine
ausgiebige Kommunikation zwischen der Wurzel und dem
sie umgebenden Erdreich und es neigen ja auch manche
Forscher (Stahl) der Ansicht zu, daß die Mykorrhiza gewisser
Pflanzen bei der Aufnahme des Wassers und der Nährsalze
die fehlenden Wurzelhaare ersetze. Ohne aber auf diese
Hypothesen näher einzugehen, will ich nur die Tatsache
Biologie einiger Pirula-Arten. O/O
konstatieren, daß ich an Wurzeln von P. unißora nie Wurzel-
haare und Mykorrhiza zugleich beobachtet habe, -daß
sich die beiden also gegenseitig auszuschließen scheinen,
was wohl für die eben geäußerte Anschauung spricht.
Die Wurzeln von P. chlorantha sind, wie ich schon
früher hervorhob, öfters an ihren Enden keulig angeschwollen.
Das rührt von einer besonders starken Hypertrophie her, an
der oft auch das Rindenparenchym teilhat. Hie und da konnte
ich solche Anschwellungen, aber in geringerem Grade, auch
an P. secunda beobachten. Bei beiden Arten waren sie meist
dunkler gefärbt als die übrigen Teile der Wurzel, waren sehr
brüchig und meist schon im Absterben begriffen.
Normalerweise ist die Mykorrhiza auf die Epidermis-
zellen beschränkt, doch kommt es manchmal, in besonders
5tark infizierten Wurzeln, vor, daß einzelne Hyphen in die
darunterliegende Rindenparenchymschicht vordringen. In diesem
Falle reagieren die Rindenzellen genau so wie die Epidermis-
zellen beim Eintritt der Infektion; sie werden hypertrophieit
und auch ihre Kerne vergrößern sich. Doch bewegen sich
Verpilzung und Hypertrophie stets in viel bescheideneren
-Grenzen als in der Epidermis, wie man denn überhaupt die
Infektion subepidermaler Zellschichten nicht als regelmäßiges
Merkmal, sondern nur als Ausnahmsfall betrachten muß.
Bei den Mykorrhizen mancher anderer Pflanzen pflegen
sich die Sporen des Pilzes regelmäßig in den von ihm be-
fallenen Wurzelzellen abzulagern. Bei Pirola war ein solches
regelmäßiges Auftreten von Sporen nicht zu konstatieren, nur
hie und da ließen sich Sporen verschiedener Pilze an der
Oberfläche der Wurzel und in den Epidermiszellen beob-
achten, doch war es niemals mit Bestimmtheit zu sagen, ob
die Sporen wirklich dem Mykorrhizapilz angehörten. Einmai
traten solche einer Fusarium-Art an der Oberfläche der Epi-
dermiszellen massenhaft und hie und da auch in ihrem
Innern auf, ein anderes Mal waren es große runde Sporen,
die zu viert eine Zelle erfüllten, und wieder ein anderes Mal
sah ich in mehreren Zellen dichte Haufen von kleinen gelben
Sporen. Es ist mir ganz unmöglich, irgend etwas darüber
auszusagen, ob eine dieser drei .Sporenarten mit dem Mykor-
Sitzb. d. mathein. -naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 39
576 P. Fürth,
rhizapilz etwas zu tun hat oder ob es sich dabei nur um
zufällige Parasiten handelt.
Am stärksten entwickelt pflegt die Mykorrhiza bei P. chlor-
antha und P. unißora zu sein, doch ist sie auch bei P. secundq
und P. minor nicht viel schwächer, nur daß bei den beiden
letzteren die Hypertrophie der Epidermiszellen nicht so be-
deutend zu sein pflegt. Ich hatte nie Gelegenheit, ganz sterile
Wurzeln von P. minor zu untersuchen (vielleicht weil es
solche gar nicht gibt), kann daher nicht zahlenmäßig fest-
stellen, um das wievielfache der ursprünglichen Breite die
Epidermiszellen zunehmen, doch dürfte die Zunahme wohl
nicht die bei P. unißora beobachtete (das Vier- bis Fünffache
der ursprünglichen Breite) erreichen.
Es fiel mir auf, daß sich Schnitte durch frische, stark
verpilzte Wurzeln irgendeiner Pirola-Art nach mehrstündigem,
oft auch erst mehrtägigem Verweilen in Glyzerin manchmal
schön himmelblau bis blaugrün färbten. Und zwar trat diese
Färbung nur in der ersten subepidermalen Schicht und manch-
mal in der Endodermis auf und auch da nicht immer in allen
Zellen derselben. Der ganze Zellinhalt war mit dem blauen
Farbstoff durchtränkt, die Kerne speicherten ihn besonders
stark. Ich meinte zuerst, daß ich es hier mit einer Gerbstoff-
reaktion, hervorgerufen durch die Berührung mit dem Rasier-
messer, zu tun hätte. Das stellte sich aber bald als irrtümlich
heraus, da auch ganze, ungeschnittene Wurzeln, die nicht mit
dem Messer in Berührung gekommen waren, nach dem Ein-
legen in Glyzerin schöne Blaufärbungen zeigten. Auch ergab
eine Prüfung mit Fe SG\±, daß wohl Gerbstoff in den Wurzeln
enthalten ist, aber in den besagten Zellpartien nicht in stärkerem
Ausmaß als in den anderen Geweben, so daß also kein Grund
zur ausschließlichen Färbung dieser Zellen vorlag. Nun prüfte
ich auf das Vorhandensein von Oxydasen, die die Färbung
hätten hervorrufen können. Ich wandte die Guajak-Wasserstoff-
superoxydmethode und die Probe mit Wurster's Tetrapapier
an, doch erfolgte keine Reaktion. Die chemische Zusammen-
setzung dieses Chromogens ist mir also nicht bekannt, doch
ist es jedenfalls in die Reihe der von Molisch als Pseudo-
indican bezeichneten Farbstoffe zu stellen. Die Färbung
Biologie einiger P/Vo/fl -Arten. 577
steht gewiß in ursächlichem Zusammenhang mit der
Mykorrhiza, denn ich konnte sie nur an solchen
Wurzeln beobachten, deren Epidermiszellen reich-
lich Hyphen enthielten, und stets war sie am stärksten
in der an die Epidermis grenzenden Zellschichte, viel schwächer
in der Endodermis.
IV. Versuche über die Kultur des Mykorrhizapilzes.
Behufs Reinkultur des Mykorrhizapilzes wusch ich Pirola-
Wurzeln in fließendem Wasser möglichst gut ab, zerschnitt
sie dann mit einem abgeflammten Messer in wenige Milli-
meter lange Stücke, die ich mit einer ausgeglühten Nadel
auf den Nährboden übertrug. Als solchen benutzte ich l"5°/0
Agar, das mit Dekokt von Pirola-Püanzen, Torf oder Pflaumen
versetzt worden war. Alle Kulturen wurden in Parallelserien
im Licht und im Dunkel vorgenommen. Es zeigte sich, daß
bei Kultur auf den genannten Nährböden nach zwei bis drei
Tagen aus den Schnittflächen der Wurzeln ganze Büschel
eines dünnen, farblosen, wenig charakteristischen Pilzes hervor-
kamen. An den folgenden Tagen wurden die Büschel immer
dichter, es sah aus, als ob jede Schnittfläche in einen dicken
Pinsel überginge. Auch von den nicht angeschnittenen Partien
der Wurzeln gingen einzelne Hyphenstränge aus, doch er-
reichten sie hier niemals solche Üppigkeit wie an den Schnitt-
flächen. Nach seinem Aussehen konnte ich den Pilz nicht
mit Bestimmtheit als den Mykorrhizapilz agnoszieren, doch
scheint mir die Tatsache für seine Identität zu sprechen, daß
er so reichlich aus den angeschnittenen Zellen herauswuchs,
die ja sicher den Mykorrhizapilz enthielten. Leider gelang es
mir nie, tadellose Reinkulturen zu erhalten, da sich besonders
in den Dunkelkulturen immer Bakterien und Schimmelpilze,
die den Wurzeln anhafteten, breitmachten. Auch erreichten
die Kulturen nie große Üppigkeit, da sie regelmäßig nach
acht bis zehn Tagen das Wachstum einstellten und zugrunde
gingen. Durch Überimpfen konnten sie gerettet werden, doch
trat auch auf dem neuen Nährboden immer wieder nach
acht bis zehn Tagen ein Stillstand im Wachstum ein. Im
578 P. Fürth,
allgemeinen gediehen die Lichtkulturen besser, da sie weniger
durch Bakterien geschädigt wurden. Um die den Wurzeln
stets anhaftenden Bakterien zu töten, machte ich den Ver-
such, die Wurzeln vor dem Zerschneiden einige Sekunden
lang in Alkohol zu tauchen. Ich hoffte, daß dieser den im
Innern der Zellen befindlichen Pilz nicht schädigen werde,
doch erhielt ich, selbst nach nur einmaligem, eine Sekunde
währendem Aufenthalt in Alkohol, niemals ein Austreiben der
Hyphen. Ich machte auch Versuche mit mineralischen Nähr-
böden, in denen ich zum Teil Asparagin als Stickstoff- und
Kohlenstoffquelle gab, zum Teil Ammoniumsalze und Kartoffel-
stärke als solche verwendete. Doch erfolgte auf diesen Böden
niemals ein Wachstum des Pilzes.
Mehrere Male, zu verschiedenen Jahreszeiten, streute ich
in besonders üppige, möglichst bakterienfreie Licht- und Dunkel-
kulturen Samen verschiedener Pirola-Arten, um durch die Ein-
wirkung des Pilzes Keimung hervorzurufen. Doch hatte ich
damit niemals Erfolg, vielleicht zum Teil deshalb, weil der
Pilz schon nach wenigen Tagen abstirbt und diese Zeit nicht
zum Hervorrufen der Keimung ausreicht. Die Samen wiesen
nach vier Monate langem Liegen in den Kulturen auch bei
mikroskopischer Untersuchung keinerlei Veränderung auf.
V. Diverse Beobachtungen.
A. Der Bau der Blattepidermis von Pirola chlorantha.
An Querschnitten durch frische Blätter von P. chlorantha
sieht man, daß die Epidermiszellen sowohl der Ober- als auch
der Unterseite Chlorophyll in sehr merkwürdiger Anordnung
enthalten (Fig. 9); die einzelnen kleinen rundlichen Körner
liegen alle in einer Linie, die parallel zur Fläche des Blattes
schnurgerade durch die Mitte der Zellen geht. Es sieht aus,
als ziehe sich ein Faden, auf dem die Chlorophyll körner auf-
gereiht sind, durch sämtliche Epidermiszellen. An Flächen-
schnitten, die mindestens die Dicke der halben Epidermis*
zelle umfassen, sieht man an der Chlorophyllanordnung nichts
Besonderes: Die einzelnen Körner sind ziemlich regel-
mäßig über die ganze Fläche verstreut, wobei die
Biologie einiger Pirola- Arten. • 0/9
Blattunterseite mehr und größere Körner enthält als
die Oberseite. Schneidet man aber die Zellen jenseits der
das Chlorophyll bergenden Plasmaplatte durch, so ist das
gesamte Chlorophyll plötzlich verschwunden, da es genau in
einer Ebene ungefähr in halber Höhe der Epidermiszellen
liegt. Nur die Schließzellen der Spaltöffnungen, die an der
Blattunterseite zahlreich vorhanden sind, ragen über diese
Ebene hinaus und daher sieht man dieselben in solchen
zu hoch geführten Schnitten als die einzigen plasma- und
chlorophyllhaltigen Zellen des ganzen Bijdes.
Ich untersuchte, ob sich die Lage der Chlorophyllkörner
unter dem Einfluß des Lichtes ändere. Nach Einwirkung von
intensivem Sonnenlicht während ein bis vier Stunden zeigte
sich keinerlei Veränderung, ebensowenig nach mehrstündigem
bis sechstägigem Verweilen im Finstern. Stets behielten die
Chlorophyllkörner ihre charakteristische Stellung in einer
Ebene bei und auch an Flächenschnitten konnte ich keinerlei
Umlagerung konstatieren, die Körner waren in jedem Fall
ziemlich gleichmäßig über die ganze Fläche verstreut.
Es fragt sich nun, ob der Protoplasmagehalt dieser Zellen
nur aus einer Platte besteht, die in halber Höhe derselben
parallel zur Fläche des Blattes liegt und in die die Chloro-
phyllkörner eingebettet sind, oder ob außerdem, wie bei allen
bisher bekannten Zellarten, ein plasmatischer Wandbelag vor-
handen ist, der, nicht ohne weiteres sichtbar, erst durch mikro-
technische Behelfe deutlich gemacht werden müßte. Um diese
Frage zu beantworten, wandte ich zuerst Färbemethoden an:
ich fixierte das zu untersuchende Material in l°/0 Essigsäure
und färbte dann mit Gentianaviolett. Dadurch zeigte sich mir
die auch ohne Färbung sichtbare Plasmaplatte, die in halber
Höhe sämtliche Epidermiszellen durchzieht, sowie der in der
Mitte derselben liegende Kern, aber keine Spur eines
Wandbelages. Denselben Erfolg hatte die Färbung mit
Safranin.
Um mir mittels Plasmolyse Klarheit über die Verteilung
des Plasmas zu verschaffen, benutzte ich 10% KNOr Brachte
ich Blattquerschnitte in diese Lösung, so konnte ich niemals,
bei keiner einzigen Epidermiszelle, selbst nicht nach mehr-
580 P. Fürth,
stündiger Einwirkung, irgendeine als Plasmolyse zu deutende
Veränderung beobachten. Während diejenigen Zellen des Meso-
phylls, die durch den Schnitt unverletzt geblieben waren, nach
einigen Minuten typische Plasmolyse zeigten, blieben die
Epidermiszellen stets unverändert und obwohl ich den
Versuch öfters wiederholte, auch mit konzentrierteren Lösungen
(bis zu 30 °/„), sah ich niemals wandständiges Proto-
plasma sich loslösen. Ob solches wandständiges Plasma aber
auch wirklich fehlt, das zu entscheiden wage ich nicht, da
ein solcher Fall meines Wissens im Pflanzenreich nicht be-
kannt ist.
Bei Anwendung des genannten Plasmolytikums auf
Flächenschnitte zeigte sich nach kurzer Zeit ein stark licht-
brechender Körper, der zuerst die ganze Plasmaplatte bedeckt,
dann aber meistens um den Kern herum einen kreisrunden
Hof freiläßt und sich langsam, wie in Plasmolyse, von der
Zellwand loslöst. In den meisten Zellen bildet sich dann noch
eine vom Kern ausgehende Durchbrechung dieser Masse, die
entweder so weit geht, daß sie in zwei voneinander ganz
getrennte Teile zerfällt oder nur eine halbmondförmige Lage-
rung derselben um den Kern zur Folge hat. Bei diesen Vor-
gängen lösen sich gewöhnlich kleinere Partikelchen von der
Hauptmasse los und erfüllen in Form von stark lichtbrechenden
Kügelchen den Raum zwischen den großen, ebenfalls ab-
gerundeten Massen und der Zellwand. Die Plasmaplatte aber
mit de'n eingestreuten Chlorophyllkörnern bleibt unverändert
und kann selbst unter Zuhilfenahme von 30% KN03 nicht
zum Loslösen von der Wand gebracht werden.
Der eben beschriebene Vorgang zeigt viel Ähnlichkeit
mit der von Hugo de Vries beschriebenen Bildung von
Gerbstoffvakuolen in plasmolysierenden Spirogyrazellen. Der
Unterschied besteht aber darin, daß de Vries außer der
Vakuolenbildung immer noch Plasmolyse beobachtete. Mit
Vakuolen scheinen wir es auch hier zu tun zu haben, doch
enthalten sie keinen Gerbstoff. Ich führte die Prüfung nach
den Angaben von de Vries aus: Die Schnitte werden in
eine lOprozentige KN03-Lösung gelegt, die etwas Fe CK, ent-
hält; es erfolgte auch nach 24 stündigem Verweilen in der
Biologie einiger Pirola-Arten. i~>81
Lösung keine Schwärzung, respektive Bläuung und von dem
lichtbrechenden Körper war nach dieser Zeit nichts mehr zu
sehen. Wenn man frische Schnitte in einprozentige Antipyrin-
lösung legt, entsteht nach einigen Stunden in den Zellen ein
sehr feinkörniger Niederschlag, der sich in Brown'scher Mole-
kularbewegung befindet, nach O. Loew ein Beweis für das
Vorhandensein eines im Zellsaft gelösten Proteinstoffes.
Die übrigen Pirola-Arten enthalten auch Chlorophyll in
•der Epidermis der Blätter, und zwar stets mehr an der Unter-
ais an der Oberseite, doch ist es niemals in dieser charak-
teristischen Weise angeordnet. Bei Einwirkung von 10%
KN03 findet immer Plasmolyse und Vakuolenbildung statt.
B. Über die Verbreitung von Phloroglucotannoiden bei den
Piro la- Arten.
Macht man einen Schnitt durch das Rhizom einer Pirola-
Art, so färbt sich dieser sofort schwarz, es ist durch die
Berührung mit dem Messer eine Gerbstoffreaktion eingetreten.
Eine noch intensivere Schwärzung erhält man bei Behandlung
mit Fe S04. Prüft man mit dem Joachimovvitz'schen Reagens,
das ist eine Lösung von p-Dimethylaminobenzaldehyd in
Schwefelsäure, auf Phloroglucotannoide, so erhält man eine
schöne Rotfärbung. Ganz besonders reichlich ist diese Phloro-
glucin-Gerbstoffverbindung in den äußersten Zellschichten des
Rhizoms vorhanden, weniger reichlich in allen anderen Partien
desselben. Auch die Blattflächen, Blatt- und Blütenstiele von
P. secunda, minor und chlörantha enthalten diese Verbindung,
hauptsächlich in den Gefäßbündeln. In sehr geringem Maße
ist sie auch in denen von P. uniflora vorhanden. Auch die
Wurzeln sämtlicher untersuchter Pirola-Arten enthalten Phloro-
glucotannoide, am stärksten färben sich die abgestorbenen,
braunen Hyphenmassen im Innern der Epidermiszellen. Alle
Gewebe, welche mit diesem Reagens eine Rotfärbung geben,
schwärzen sich bei Behandlung mit FeS04 mehr oder minder
intensiv. Bei Behandlung mit HCl färben sich die verholzten
Partien rot, sie geben infolge des Vorhandenseins von Phloro-
glucin und vielleicht verwandter Körper die Wiesner'sche
Holzstoffreaktion.
582
P. Fürth,
C. Über einen schön krystallisierenden Inhaltskörper der
Pirola uniflora.
Bringt man einen eben angefertigten Schnitt durch ein
frisches Blatt von P. uniflora in destilliertes Wasser, so-
scheiden sich fast momentan aus dem Gewebe einzelne
Krystalle ab. Innerhalb weniger Minuten ist alles übersät mit
gelblich bis schwarz gefärbten spießförmigen Krystallen. Im.
Gewebe des Blattes liegen sie kreuz und quer übereinander
und am Rande desselben bilden sie einen ganzen Kranz von
abstehenden Nadeln. Meistens sind sie zu rutenförmigen
Büscheln vereinigt, doch treten sie oft
auch einzeln auf: auch verzweigte Spieße
sind häufig (Textfig. 1).
Es zeigte sich, daß die Entstehung
dieser Krystalle nicht an die Einwirkung
des Wassers gebunden ist, sondern daß
sie durch das Eintreten des Todes bedingt
ist und das Wasser dabei nur insofern
eine Rolle spielt, als die Krystalle darin
verhältnismäßig wenig löslich sind und es
sich daher sehr gut als Untersuchungs-
medium eignet. Denn auch durch Äther
oder Chloroformdämpfe abgetötete Pflanzenteile, die nicht mit
Wasser in Berührung gekommen waren, wiesen reichliches
Vorhandensein von Krystallen auf. Ihre Entstehung erklärt
sich so, daß nach Eintritt des Todes Stoffe, die bis dahin
räumlich voneinander getrennt waren, aufeinandertreffen und
aus ihrer Vereinigung ein unlöslicher Körper resultiert.
Nicht nur die Blätter, sondern auch alle anderen ober-
irdischen Organe von P. uniflora enthalten einen unter den-
selben Bedingungen auskrystallisierenden Körper; jedoch unter-
scheiden sich die Krystalle, die aus den verschiedenen Teilen
der Blüte (Blütenblatt, sterile Teile des Fruchtknotens und
der Staubgefäße) gewonnen werden können, von denen der
Blätter und Stiele dadurch, daß sie stets dunkler gefärbt und
kür/er und breiter geformt sind; man kann diese Krystalle- •
Biologie einiger Fi röhr- Arten.
583
wohl kaum mehr als spießförmig bezeichnen (Textfig. 2). In
ihren chemischen Eigenschaften stimmen sie mit denen der
Blätter überein. Ein Unterschied besteht darin, daß in Prä-
paraten aus grünen Teilen der Pflanze in Wasser nach
mehreren Tagen die Krystalle auf immer spurlos verschwinden,
während Krystalle aus Blütenteilen unter denselben Bedin-
gungen wohl auch zuerst verschwinden, nach kurzer Zeit
Fig. 2.
Fig. 3.
jedoch als grüniiche, spießförmige, zu großen kugeligen Aggre-
gaten vereinigte Krystalle wieder ausgefällt werden und in
dieser Form unverändert bleiben. Die Löslichkeitsverhältnisse
dieser neuen Krystalle stimmen mit denen der ursprünglichen
überein. Ursache dieser zweiten Ausfällung dürfte wohl die
von der der grünen Teile verschiedene chemische Zusammen-
setzung der Blüte sein, welche irgendein fällend wirkendes
Agens zu enthalten scheint, das den Blättern fehlt.
Eine Methode, um den unbekannten Körper in reiner
Form zu erhalten, fand ich in der Sublimation; ein einziges
Blatt von P. liniflora liefert einen überaus dichten gold-
glänzenden Beschlag von großen, federförmigen, reich ver-
zweigten Krvstallen (Textfig. 3). Dieselben stimmen in ihren
Löslichkeitsverhältnissen genau mit denen der aus Schnitten
ausfallenden überein, woraus auf ihre Identität mit denselben
geschlossen werden kann. Sublimationskrystalle aus Blüten-
teilen zeigen in jeder Hinsicht genaue Übereinstimmung mit
solchen aus Blättern. Aus Herbarmaterial, das ein Alter von
70 Jahren besaß, konnten noch ganz unveränderte Krystalle
gewonnen werden. Außer den gewöhnlichen stark verzweigten
und gekrümmten Spießen traten aber in solchen aus Herbar-
584
P. Fürth,
materiell gewonnenen Sublimationspräparaten noch zweierlei
Krystalle auf: 1. farblose bis hellgelbe rhombische Blättchen,
zum Teil mit einspringenden Winkeln, die durch Verwachsung
mehrerer Krystalle entstehen; 2. leuchtend grün gefärbte,
flache, rhombische Prismen, die meist kettenartig aneinander-
gehängt sind. Die drei Arten von Krystallen entstehen bei
der Sublimation in derselben Reihenfolge, in der ich sie hier
beschrieben habe, stimmen in ihren Löslichkeitsverhältnissen
miteinander überein und da auch Übergänge von einer Form in
die andere häufig sind, kann man wohl mit Recht annehmen,
daß wir es hier mit ein und demselben Körper zu tun haben,
der unter verschiedenen Bedingungen verschieden krystallisiert.
Alle im vorhergehenden beschriebenen und abgebildeten
Kiystalle sind also verschiedene Formen derselben chemischen
Substanz, deren Identifizierung oder Einreihung in eine be-
stimmte Gruppe mir bisher nicht gelungen ist. Zur Charak-
terisierung derselben seien im folgenden einige Löslichkeits-
verhältnisse erwähnt.
Die aus Schnitten ausgefällten oder durch .Sublimation
gewonnenen Krystalle sind löslich in:
Methylalkohol
: sehr gut;
Äthylalkohol:
»
Amylalkohol:
»
Äthyläther:
»
Petroläther:
»
Benzin:
»
Xylo] :
»
Glyzerin :
sehr wenig;
Essigsäure:
sehr gut;
Pikrinsäure:
wenig;
H2S04:
sehr gut, mit brauner Farbe, wahrscheinlich
infolge geringer Verunreinigungen;
HCl:
wenig;
HNO.,:
sehr gut;
KOH:
wenig;
NU,:
»
Die anderen Pirola-Arten enthalten diesen Körper nicht.
Biologie einiger Pirola-Arten. 585
Zusammenfassung.
I. Die untersuchten Pirola-Arten pflanzen sich in der
Regel nur auf vegetativem Wege fort; Keimlinge sind sehr
selten. Gefunden wurde ein solcher von P. chloranfha, der mit
den aus der Literatur bekannten genau übereinstimmt, und
einer von P. unißora, der ein unterirdisches, walzenförmiges
Gebilde vom anatomischen Bau einer Wurzel darstellt, das sich
wahrscheinlich durch Pilzsymbiose ernährt und dessen weitere
Entwicklung unklar ist. Keimungsversuche verliefen resultatlos.
IL Die genaue anatomische Untersuchung des Samens
zeigte den ungegliederten Embryo, umhüllt von einer ein-
fachen Lage derber Zellen, dem Endosperm, und die Testa.
III. Die Mykorrhiza ist endotroph und obligatorisch. Die
Verpilzung erstreckt sich über die ganze Länge der Wurzel,
ist aber auf die Epidermiszellen beschränkt. Die Infektion hat
eine Hypertrophie derselben zur Folge. Die hypertrophierten
Zellen werden allmählich ganz vom Pilz erfüllt, der den
lebenden Zellinhalt zum Absterben bringt und dann selbst
unter Klumpenbildung zugrunde geht. Wurzelhaare treten nur
an nicht infizierten Wurzeln von P. unißora aut.
IV. Bei den Kultlirversuchen des Mykorrhizapilzes trat
schon nach ein bis zwei Tagen an den Schnittflächen der
Wurzeln ein Pilz in Büschelform auf. Wegen der Menge der
den Würzein anhaftenden Bakterien konnte nicht zur absoluten
Reinkultur und zur Identifizierung des Pilzes geschritten werden.
V. Die Epidermiszellen des Blattes von P. cklorantha
enthalten in halber Höhe eine chlorophyllhaltige Plasmaplatte,
die parallel zur Fläche des Blattes liegt. Plasmolyse konnte
an diesen Zellen nicht hervorgerufen werden, sondern nur
Bildung von Vakuolen. Ein plasmatischer Wandbelag war
nicht nachweisbar.
Phloroglucotannoide sind bei den Pirola-Arten reichlich
vorhanden. Die oberirdischen Organe von P. unißora enthalten
eine organische Verbindung, die beim Absterben in Wasser oder
Ätherdampf massenhaft abgeschieden wird und die durch
Sublimation in Krystallen leicht gewonnen werden kann. Ihre
chemische Natur ist noch nicht bekannt.
586 P. Fürth.
Literaturverzeichnis.
Burg elf H., Die Wurzelpilze der Orchideen. (Fischer, Jena 1909.)
Drude 0., Pirolaceae. (Engler-Prantl, IV, 1, 1889.)
Frank B., Über neue Mykorrhiza-Formen. (Ber. d. d. bot. Ges., 1887.)
Goebel K., Organographie der Pflanzen. (Fischer, Jena 1913.)
Irinisch Th., Pyrola uniflora und secunda. (Flora, 1855.)
Joachimowitz M., Ein neues Reagens auf Phloroglucin etc. (Biochem.
Zeitschr., 82. Bd.)
Kinzel W., Lichtkeimung. (Ber. d. d. bot. Ges., 1909.)
— Frost und Licht als beeinflussende Kräfte bei der Samenkeimung.
Koch L., Die Entwicklung des Samens von Monotropa Hypopitys L. (Jahrb.
f. wiss, Bot., 1882.)
Kramaf U., Studie über die Mykorrhiza von Pirola rotundifolia. (Bull. int.
de l'acad. de Boheme, 1899.)
Loew O., Die chemische Energie der lebenden Zelle. (Wolff, München 1899.)
Molisch H., Mikrochemie der Pflanze. (Fischer, Jena 1913.)
— Indigo. (In Wiesner's »Rohstoffe des Pflanzenreiches«.)
Stahl E., Der Sinn der Mykorrhizen-Bildung. (Jahrb. f. wiss. Bot., 1900.)
Velenovsky Jos., Die Keimpflanzen der Pirolaceen. (Bull. int. de l'acad. des
sciences de Boheme, 1905.)
de Vries H., Plasmolytische Studien über die Wand der Vakuolen. (Jahrb.
für Bot., 1885.)
Biologie einiger Pirola- Arten. 58<
Figurenerklärung.
1. Keimling (Piokaulom) von /'. uniflora. Nat. Gr.
/; = Knospe.
"2. Samen von P. in i wir. Vergr. 180.
/ = Testa, e = Endospermkörper mit Embryo, a = abgestorbene Zellen.
3. Längsschnitt durch den Samen von P. minor. Vergr. 240.
/ = Testa, e = Endosperm, emb = Embryo.
Die beiden Enden der Testa waren zurückgekrümmt, fallen daher nicht
in den optischen Schnitt.
4. Querschnitt durch den Samen von P. minor. Vergr. 250.
w = Zellwand der Testa, / = Lumen der Testazellen, e = Endosperm.
emb = Embryo.
5. Epidermis einer Wurzel von P. uniflora im Moment der Infektion. Vergr. 250.
k = Kerne, h — Wurzelhaare, /' = Pilzhyphen.
■6. Dieselbe schon hypertrophiert. Vergr. 250.
e = Epidermis, r = Rindenparenchym, k = Kerne, p = Pilzhyphen.
7. Dieselbe in einem weiteren Stadium der Verpilzung. Vergr. 250.
h = Kern.
8. Querschnitte durch eine Wurzel von P. uniflora. Vergr. 250.
z = Zentralzylinder, r = Rindenparenchym, e = Epidermiszellen mit ab-
gestorbenen Pilzmassen.
■9. Querschnitt durch die Blattepidermis von P. chloranlha. Vergr. 250.
p = Plasmaplatte mit Chlorophyllkörnern.
Fürth P., Biologie einiger Pirola- Arten.
Sitzungsberichte der Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Abt. IIa, 129 Bd., 1920.
589
Die Ceratitoidea der karnisch-norischen
Mischfauna des Feuerkogels bei Aussee
Von
C. Diener
w. M. Akad.
(Mit 3 Tafeln und 3 Textfiguren)
(Vorgelegt in der Sitzung am 1. Juli 1920)
Im Jahre 1909 hat Dr. A. Heinrich1 zuerst auf eine
neue Cephalopodenfauna aus den Hallstätter Kalken des
Feuerkogels bei Aussee aufmerksam gemacht, die den Charakter
einer Übergangsfauna der karnischen zur norischen Stufe
trägt. Das reiche palaeontologische Material an Nautiloideen,
leiostraken Ammonoideen und trachyostraken Ammoniten mit
langer Wohnkammer (Tropitoidea), das zum größten Teil
von ihm selbst aus den Schichten mit dieser Übergangsfauna
zustande gebracht worden war, ist von mir im 97. Bande
der Denkschriften dieser Akademie beschrieben worden.
Während in diesem Material die Formen mit Beziehungen
zur karnischen Stufe überwiegen, zeigen die Ceratitoidea
ein auffallendes Vorherrschen norischer Elemente. Sie bean-
spruchen aus diesem Grunde ein besonderes Interesse.
Die vorliegende Arbeit umfaßt die Beschreibung der
sämtlichen Ceratitoidea aus den Hallstätter Kalken des Feuer-
kogels mit der karnisch-norischen Misch fauna. Das prächtig
erhaltene Material stammt wieder zum größten Teil aus den
eigenen Aufsammlungen Dr. Heinrich's, dem an dieser Stelle
für die Überlassung nochmals mein Dank ausgesprochen sein
i Verhandl. Geol. Reichsanst. 1909, p. 337.
590 C. Diener,
mag, aber auch aus den Sammlungen des Palaeontologischen
Universitätsinstitutes (coli. Art habe r) und des Naturhistorischen
Staatsmuseums (Coli. Kittl), endlich von meinem eigenen
Besuch der fossilführenden Lokalität am Nordabhang des
Feuerkogels, den ich im August 1919 mit Unterstützung der
Akademie der Wissenschaften unternommen habe.
Farn. Ceratithlae v. Buch.
Genus Steinmannites v. Mojsisovics.
Steinmannites Sosthenis n. sp.
Taf. II, Fig. 7.
Aus der Bank mit der karnisch-norischen Mischfauna am
Nordgehänge des Feuerkogels sind im Jahre 1907 durch den
Sammler Rastl durch Sprengung einige Blöcke gewonnen
worden, die eine förmliche Breccie aus den Gehäusen kleiner
Ammoniten darstellen.
Das häufige Vorkommen von Cyrtopleuriten aus der
nächsten Verwandtschaft des C. bicrenatus Hau. veranlaßte
Kittl zu der Annahme eines norischen Alters dieser Bildungen.
Mit verschiedenen Spezies des Genus Cyrtopleiirites ver-
gesellschaftet fanden sich innere Kerne und Zwergformen
der Gattungen Arcesfes, Placites, Polycyclus, Ectolcites, Dre-
panit.es und Steinmannites.
Ob die winzigen Gehäuse, die der nachfolgenden Be-
schreibung zugrunde liegen, einer Zwergform angehören oder
innere Kerne einer Spezies von normaler Größe sind, läßt
sich nicht feststellen. Dagegen kann es keinem Zweifel unter-
liegen, daß wir es hier mit einer neuen Art des auf die
norische Stufe beschränkten Genus Steinmannites zu tun
haben.
Die langsam anwachsenden Umgänge sind ebenso hoch
als dick und umfassen einander nur auf dem breiten, gewölbten
Externteil, so daß ein weiter Nabel offen bleibt. Die in den
Externteil eingesenkte Medianfurche ist von zwei hohen, tief
eingekerbten, in Perlknoten aufgelösten Kielen begleitet, die
von der Flankenskulptur nicht erreicht werden.
Ceralitoidca der karnisch-norischen Mischfauna. 591
Die Lateralskulptur besteht aus radialen Rippen von
verschiedener Stärke. In der Regel schalten sich zwischen
zwei Hauptrippen drei schwächere Rippen ein, die bald unge-
spalten sind, bald in der Seitenmitte sich gabeln. Auch die
Hauptrippen zeigen manchmal ihrer ganzen Länge nach eine
Teilung, als ob sie aus einer Verschmelzung von zwei
ursprünglich getrennten Nachbarrippen hervorgegangen wären.
Auf den Hauptrippen sitzen in der Marginalzone kräftige
Knoten auf. Sie sind viel stärker entwickelt als die knotigen
Anschwellungen der Rippen bei St. tliisbitiformis v. Mojsiso-
vics (Cephal. d. Hallst. Kalke, Abhandl. Geol. Reichsanst.
VI/2, 1893, p. 484, Taf. CXLII, Fig. 7, 8) und St. Renevieri
v. Mojsisovics (1. c, p. 484, Taf. CXLII, Fig. 10), mit denen
unsere Art eine, allerdings nur entfernte Ähnlichkeit auf-
weist.
Eine größere äußere Ähnlichkeit scheint, wenigstens auf
den ersten Blick, zwischen unserer Spezies und einzelnen
Zwergformen des Genus Sandlingites Mojs. zu bestehen.
Die durch eine Medianfurche getrennten Reihen perlförmiger
Externknoten und die kräftigen Marginaldornen sind auch
gewissen Entwicklungsstadien von Sandlingites eigentümlich.
Gleichwohl kann unsere Spezies nicht zu dem letzteren
Genus gestellt werden. Verfolgt man die drei ontogenetischen
Stadien, die Sandlingites Oribasns v. Dittmar (Zur Fauna
d. Hallst. Kalke, Geogn. Pal. Beitr. v. Benecke etc., I., 1866,
p. 384, Taf. XVIII, Fig. 8 — 10), die am besten bekannte
Art des Genus, durchläuft, an der Hand der Abbildungen von
E. v. Mojsisovics (1. c, Taf. CLXVII, Fig. 5 — 7), so sieht
man, daß weder das tirolitische Jugendstadium noch das
gerontische Stadium mit der von Rippen überbrückten Median-
senke bei unserer Art ein Analogon findet.. Die letztere behält
vielmehr die aus Perlknoten bestehenden Externkiele in allen
Wachstumsstadien bei. Auch erreicht die Flankenskulptur bei
St. Sosthenis die Kielknoten nicht, während beide bei
Sandlingites in einem innigen Zusammenhang stehen. Bei
der ersteren Art sind die Externknoten viel zahlreicher als
die Rippen, bei den Sandlingiten ist die Zahl beider Skulptur-
elemente gleich.
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. üd. 40
592 C. Diener,
Andeutungen einer Längsskulptur konnte ich bei unserer
Spezies nicht beobachten.
Dimensionen:
Durchmesser 10 mm,
Höhe der Schlußwindung 3" 5 mm,
Dicke der Schlußwindung. 3-5 mm,
Nabelweite 4 mm.
Loben. — Nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. -
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna 7, coli. Heinrich,
(3 coli. Kittl.
Genus Clionites v. Mojsisovics.
Clionites quinquespinatus n. sp.
Tat". II, Fig. 2, Taf. III, Fig. 2.
Konvergenzerscheinungen, die durch das Auftreten lateraler
Knotenspiralen veranlaßt werden, gestalten in manchen Fällen
die Entscheidung schwierig, ob eine Form zu Clionites Mojs.
oder zu Trachyccras Lbe. in weiterem Sinne zu stellen sei.
So kann Clionites evolutus Kittl (Triasbildungen d. nordöstl.
Dobrudscha, Denkschr. Akad. VViss. Wien, LXXXI, 1908,
p. 493, Taf, I, Fig. 17 18) fast mit gleichem Recht zu
Clionites wie zu Protrachyceras gestellt werden. Clionites
promontis Kittl (1. c, p. 492, Taf. I, Fig. lö) möchte ich
lieber an Anolcites als an Clionites anschließen. Auch die hier
zu beschreibende neue Art kann Ansprüche auf eine Ver-
einigung mit Clionites ebensowohl wie mit Protrachyceras
geltend machen. Protrachyceras Thons v. Dittmar (Zur Fauna
d. Hallst. Kalke, Geogn. Palaeontol. Beitr. v. Benecke, I, 1866,
p. 385, Taf. XVII," Fig. 11 — 13) z. B. könnte sehr wohl zu
einem näheren Vergleich herangezogen werden.
Wenn ich unsere Art gleichwohl zu Clionites stelle, so
sind mir drei Gründe für diese Entscheidung maßgebend.
Einmal stehen die Externknoten nicht frei entlang der Median-
furche, sondern sind deutlichen Kielen aufgesetzt, wie sie für
Arpadites und dessen Verwandte bezeichnend sind, zu denen
wohl auch Clionites gezählt werden darf. Ferner nimmt die
Ceraiitoidea der karnisch-norischen Mischfauna. o93
laterale Knotenskulptur im Alter ab, während die mit den
Externknoten gezierten Kiele persistieren. Endlich spricht die
ceratitische Beschaffenheit der Suturlinie mit ganzrandigen
Sattelköpfen gegen die Zugehörigkeit zu einem Protrachyceras
aus Bildungen vom Alter der julischen Unterstufe.
Das ziemlich weit genabelte Gehäuse besteht aus einander
wenig umfassenden Windungen, die jedoch ein rascheres
Anwachsen als bei der überwiegenden Mehrzahl der Clioniten
zeigen. Die Umgänge sind erheblich höher als breit und aut
den Flanken, insbesondere bei den erwachsenen Exemplaren
abgeflacht.
Die Skulptur besteht aus kräftigen, falcoid geschwungenen
Lateralrippen, die sich häufig unterhalb der Seitenmitte gabeln.
Sie sind bei jugendlichen Exemplaren (Taf. II) mit zarten
Dornen besetzt, die in vier Spiralreihen angeordnet erscheinen.
Die fünfte Dornenreihe ist jene der Externdornen, die aut
wohl entwickelten Längskielen aufsitzen, zwischen denen
eine tiefe Hohlkehle eingesenkt ist. Mit zunehmendem Alter
nehmen die Dornen auf den Seitenteilen ab und verschwinden
endlich vollständig. Die tadellos erhaltene, unmittelbar vor der
Mündung stehende Hauptrippe des auf Taf. III abgebildeten
großen Wohnkammerexemplares ist bis zur Marginalregion
glatt und zeigt nur noch die Spuren eines marginalen
Knötchens. Auch die Externknoten schwächen sich ab, ohne
indessen zu verschwinden, während die beiden Kiele per-
sistieren.
Die einzelnen mir vorliegenden Exemplare zeigen indivi-
duelle Abweichungen in bezug auf die Stärke der Dornen-
spiralen, die manchmal schon bei Jugendformen nur sehr
schwach entwickelt sind. Bei dem auf Taf. II abgebildeten
Individuum treten sie stärker als bei irgend einem anderen
hervor.
In ihrer Lateralskulptur erinnert unsere Art an das
himamalayische Genus Pleuraspidites Dien., das jedoch
glatte Externkiele wie Arpadites oder Dittmarites besitzt.
594 C. Diener,
Dimensionen. I (Tat". III) n (Taf. II)
Durchmesser 48 mm 33 mm
Höhe der Schlußwindung 21 mm 16 mm
Dicke der Schlußwindung 14 nun 11 mm
Nabelweite 12 ////;/ 7 mm.
Loben. —
Suturen ceratitisch, mit an den Seitenwänden schwach
gekerbten Sätteln, deren Köpfe ganzrandig sind. Externlobus
einspitzig, mit sehr breitem, niedrigem Mediansattel. Der erste
Hüfslobus fällt mit der Nabelkante zusammen. Externlobus
und erster Laterallobus stehen ebenso wie die ihnen ent-
sprechenden Sättel auf gleicher Höhe.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna, 7, coli. Heinrich,
2, coli. Kittl.
Genus Drepanites v. Mojsisovics.
Drepanites Hyatti v. Mojsisovics.
1893 Drepanites Hyatti v. Mojsisovics, Cepbal. d. Hallst. Kalke.
Abhandl. Geol. Reichsanst. VI 2, p. 495. Taf. CLI, Fig. 5 — 10.
1906 D. Hyatti v. Arthaber. Alpine Trias, Lethaea mes. I 3, Taf. XLVI.
Fig. 1, 2.
Außer zahlreichen inneren Kernen und Jugendexemplaren
liegt mir ein vorzüglich erhaltenes Stück dieser Spezies vor,
das bei einem Durchmesser von 45 nun die normale Größe
ausgewachsener Exemplare aufweist. Es stimmt in allen
Merkmalen mit dem Arttypus überein. Der Außenrand der
Externseite zeigt die charakteristische Knötchenkerbung.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna, 5, coli. Heinrich,
12, coli. Kittl.
Drepanites fissistriatus v. Mojsisovics.
1893 Drepanites fissistriatus v. Mojsisovics, Cepbal. d. Hallst. Kalke,
Abhandl. Geol. Reichsanst. VI 2, p. 496, Taf. CLI, Fig. 2—4.
1904 D. fissistriatus Gemmellaro, Cefal. Trias super, reg. oeeid.
Sicilia, p. 52, Tav. XII, fig. 12, 13.
In der Ammonitenbreccie aus den Bänken mit der karnisch-
norischen Mischfauna ist diese Art die häufigste. Die
üitoidea der karnisch-norisclien Mischfauna. o9o
Bestimmung der Mehrzahl der mir vorliegenden Exemplare,
unter denen das größte einen Durchmesser von 28 nun auf-
weist, unterliegt keinen Schwierigkeiten. Alle von E. v.
Mojsisovics angegebenen Unterscheidungsmerkmale gegen-
über D. Hyatti — größere Hochmündigkeit, frühzeitige Heraus-
bildung scharfer Externkanten, feinere Skulptur — treffen
auch für sie zu. Bei einzelnen Stücken stellt sich indessen
eine Kombination der schmäleren, mit frühzeitigen Extern-
kanten versehenen Umgänge mit einer kräftigen, sonst für
D. Hyatti bezeichnenden Lateralskulptur ein. Zu diesen Über-
gangsformen scheint auch das von Gemmellaro abgebildete
sizilische Stück zu gehören, das E. v. Mojsisovics
selbst trotz der wohl ausgebildeten Halbmonde auf der oberen
Hälfte der Flanken zu D. ßssistriatus gestellt hat.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna 20, coli. Heinrich,
15, coli. Kittl.
Drepanites Saturnini n. sp.
Taf. II, Fig. 4.
Von den beiden vorgenannten Arten unterscheidet sich
diese neue Spezies durch die Abänderung der für Drepanites
bezeichnenden Externskulptur auf der vorderen Hälfte der
Wohnkammer. Die in den beiden ersten Quadranten der
Schlußwindung noch wohl individualisierten und mit Kerb-
knötchen versehenen Externkanten erlöschen allmählich, die
tiefe Medianfurche macht einer Aufwölbung des Externteils
Platz, so daß an der Mündung die Externseite gleichmäßig
gewölbt und die Marginalregion des Gehäuses stumpf gerundet
erscheint.
Bei einem Durchmesser von 30 mm zeigt das abgebildete
Stück die Querschnittsverhältnisse und die LateralskuWur
des Drepanites ßssistriatus Mojs. Am Ende der Schluß-
windung stellt sich die für D. Hyatti Mojs. charakteristische
Ornamentierung — kräftige, weit abstehende Halbmonde in
der oberen Hälfte der Seitenteile — ein.
596 C. Diener,
Dimensionen.
Durchmesser 44 mm
Höhe der Schlußwindung über der Naht 26 nun
Höhe der Schlußwindung über d. Externteil d. vorher-
gehenden Windung 15 mm
Dicke der Schlußwindung 11 mm
Nabelweite 2 mm.
Loben. — Nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkugel, kar.nisch-norische Mischfauna, 1, coli. Heinrich.
Farn. Heraclitidae Mojs.
Genus Heraclites v. Mojs.
Heraclites Gorgonii n. sp.
Taf. II, Fig. 1.
Diese Art. die mir in einem vorzüglich erhaltenen, mit
dem größten Teil seiner Wohnkammer versehenen Exemplar
vorliegt, schließt sich an H. Bellonii v. Mojsisovics (Ceph.
Hallet. Kalke, Abhandl. Geol. Reichsanst. VI/2, 1893, p. 507,
Taf. CXXXIX, Fig. 10) aus dem norischen Marmor des
Someraukogels sehr nahe an. In den Involutionsverhältnissen
sowohl als in den Grundzügen der Skulptur herrscht Über-
einstimmung. Die eine spezifische Unterscheidung begrün-
denden Merkmale sind nur von untergeordneter Bedeutung.
Sie betreffen Details in der Ornamentierung der Flanken und
des Extern!/
Die Berippung ist bei unserer neuen Ait dichter als bei
H. Bellonii. Auch sind die Flankenrippen mit zahlreicheren
Knoten besetzt. Allerdings entspricht auch hier die am stärk-
sten und regelmäßigsten ausgebildete Knotenreihe derMarginal-
kante. Die dicht gedrängt stehenden kleinen Externknoten
sind durch zarte, die Medianfurche überbrückende Rippen
miteinander verbunden.
Dimensionen.
Durchmesser 37 mm
Höhe der Schlußwindung . . . 17-5 nun
Dicke der Schlußwindung. . .IS nun
Nabel weite 9 mm.
Ceraiitöidea der karnisch norischen Mischfauna. o9/
oben. — Nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare, —
Feuerkogel, karnisch-norische Mischfauna, 1, coli. Kittl.
Genus Cyrtopleurites Mojs.
Cyrtopleurites Strabonis v. Mojsisovics.
1893 Cyrtopleurites Strabonis v. Mojs., Cephal. Hallst. Kalke, Abhandl.
Geol. Reichsanst. VI/2, p. 526. Taf. CLX, Fig. 3.
E. v. Mojsisovics hat diese schöne Art für ein Wohn-
kammerexemplar von 45 null Durchmesser aus den Ellipticus-
Schichten des Feuerkogels aufgestellt. Mir liegt ein kleineres
Exemplar (Durchmesser 35 mm) aus der karnisch-norischen
Mischfauna der gleichen Lokalität vor, das in allen seinen
Merkmalen mit dem Original aus der julischen Unterstufe
übereinstimmt. Die bewimperten Externohren sind im ersten
Viertel der Schlußwindung noch deutlich individualisiert. Erst
in der vorderen Hälfte der Schlußwindung verschwindet die
Kerbung der hohen, durch eine spitz zulaufende Furche
getrennten Externkiele und gehen selbst die Aus- und Ein-
biegungen der ursprünglichen Externohren vollständig ver-
loren.
In der ersten Hälfte der Schlußwindung sind auf den
lateralen und marginalen Spirallinien noch zarte Knoten
erkennbar. Zwischen beiden Spirallinien sind die nach rück-
wärts gerichteten Halbmonde der Sichelfalten wohl entwickelt.
Im Scheitelpunkte der Halbmonde stellt sich eine akzessorische
Spirallinie ein. Auch auf dem Originalstück ist eine solche
sichtbar, bleibt aber auf eine der beiden Seitenhälften be-
schränkt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna, 1, coli. Kittl.
Cyrtopleurites sp. ind. äff. bicrenato v. Hauer.
Taf. I, Fig. 4, Tat. III, Fig. 6, 7.
In der karnisch-norischen Mischfauna des Feuerkogels
treten kleine Cyrtopleuriten in großer Zahl auf. Sie sind, wie
598 C. Diener,
mir Herr Dr. Heinrich mitteilt, von dem Sammler Rast!
im Jahre 1908 aus einem einzigen Block gewonnen worden
und sowohl in den Sammlungen Kittl's wie Heinrich's
vertreten. Ihre Bestimmung gestaltet sich aus dem Grunde
schwierig, weil keines der mir vorliegenden Exemplare in
seinen Dimensionen über einen Durchmesser von 25 nun
hinausgeht, E. v. Mojsisovics aber Exemplare von so
kleinen Dimensionen nur von einer einzigen Art, Cyrtopleurites
Sanssnrei Mojs. (Cephal. Hallst. Kalke, Abhandl. Geol.
Reichsanst. VI/2, 1893, p. 521, Taf. CLVIII, Fig. 5, 6) gekannt
hat, wobei er no"ch obendrein die Zugehörigkeit des in Fig. 6
abgebildeten Kerns zu dieser Art als »zwar wahrscheinlich,
doch nicht sicher« bezeichnet. Auch die Frage, ob wir es
am Feuerkugel mit einer Brut einer größeren Art oder mit
echten Zwergformen zu tun haben, bleibt ungeklärt, da mir
kein einziges Stück mit einem erhaltenen Mundrand bekannt
geworden ist.
Kittl hat die meisten der von Rastl erworbenen Cyrto-
pleuriten an C. bicrenatns v. Hauer (Cephal. d. Salzkammer-
gutes, 1846, p. 29, Taf. IX, P^ig. 6-8) angeschlossen und
die Schichten, in denen sie vorkommen, auf den Etiketten
in der Sammlung der Palaeontologischen Abteilung des Natur-
historischen Hofmuseums geradezu als »Bicrenatns -Zone«
bezeichnet. Sie galten ihm als ein ausreichender Beweis für
eine Vertretung der norischen Stufe auf dem Nordabhang des
Feuerkogels gegen das Schnittlingmoos und die Ausseer
Teltschen Alpe.
Eine sichere Identifizierung der Cyrtopleuriten vom Feuer-
kugel mit C. bicrenatns läßt sich nicht durchführen. Selbst
das kleinste der von E. v. Mojsisovics (1. c, p. 520,
Taf. CLVIII, Fig. 3, Taf. CLIX, Fig. 8, 9, Taf. CLX, Fig. 1, 2)
abgebildeten Exemplare es ist das die in Fig. 2 auf
Taf. CLX abgebildete Varietät vom Leisling - ■ zeigt das
Gehäuse erst von einer Windungshöhe von 14 mm an, die
an keinem der von Rastl am Feuerkugel gesammelten
Exemplare erreicht wird. Vergleicht man das größte, leider
unvollständige Exemplar Kittl's, das ich in Fig. 7 zur Ab-
bildung gebracht habe, so fällt als ein Unterschied gegenüber
Ceratitoidea der karnisch-norischen Mischfauna. o99
dem Typus des C. bicrenatus nur die geringere Breite der
Rippen im Verhältnis zu jener der Interkostalräume auf.
Aber selbst diese geringfügigen Unterschiede treten zurück,
wenn man nicht F. v. Hauers Original, sondern die von
E. v. Mojsisovics auf Taf. CLX abgebildete Varietät mit
unserem Stück vergleicht. Die Nabelknoten sind an demselben
noch deutlich ausgebildet. Sie halten auch bei dem Typus
des C. bicrenatus bis zu einer Windungshöhe von 22 mm an.
In bezug auf die Dichte der Berippung herrscht übrigens
keine volle Gleichförmigkeit. Die meisten der mir vorliegen-
den Exemplare sind dichter berippt als das in Fig. 7 abge-
bildete Stück. Das in Fig. 6 illustrierte Exemplar kann als
Durchschnittstypus gelten. An den inneren Umgängen (Fig. 4)
tritt der sigmoide Schwung der Rippen in dem Raum zwischen
der marginalen und lateralen Knotenreihe in der Regel zurück.
Schon an so kleinen Individuen ist die Bewimperung der
Externohren deutlich erkennbar.
Die dichtere Berippung und die Anwesenheit wohl ent-
wickelter Umbilikalknoten schließen eine Identifizierung unserer
Stücke mit dem karnischen C. Herodoti v. Mojsisovics (1. c,
p. 518, Taf. CLVIII, Fig. 10) aus. Daß dieselben dem
C. bicrenatus näher stehen als irgendeiner der karnischen
Spezies des Genus Cyrtopieurites, kann wohl nicht bezweifelt
werden. Wäre C. bicrenatus nicht zu selten, als daß man
sich zur Opferung eines Exemplares durch Präparation der
inneren Kerne entschließen dürfte, so könnte vielleicht sogar
der Nachweis einer Identität beider Spezies gelingen. Vor-
läufig möchte ich lieber von einer Identifizierung absehen
und die Spezies vom Feuerkugel als Cyrtopieurites sp. ind.
äff. bicreuato Hau. registrieren.
Fast mit dem gleichen Rechte wie C. bicrenatus kommt
für einen näheren Vergleich mit unserer Art auch C. Saussnrei
v. Mojs. (1. c, p. 521, Taf. CLVIII, Fig. 5) in Frage. Die
Merkmale, mit denen E. v. Mojsisovics die Trennung des
C. bicrenatus und C. Saussurei begründet — stärkere Flanken-
skulptur, Persistenz der bloß dreiteilig gekerbten Externohren,
stärker aufgeblähte Umgänge, weiterer Nabel — beziehen
sich auf erwachsene Exemplare, deren Durchmesser 90 ////;/
600 C. Diener,
beträgt. Da das kleine, in Fig. 6 abgebildete Exemplar nicht
mit Sicherheit als ein innerer Kern von C. Saussurei an-
gesprochen werden kann, so muß von ihm bei einer Identi-
fizierung unserer Stücke vom Feuerkugel mit C. Saussurei
abgesehen werden.
Die Ähnlichkeit dieses von E. v. Mojsisovics abgebildeten
inneren Kerns mit einzelnen unserer Exemplare, z. B. mit
dem auf Taf. III, Fig. G, abgebildeten Typus, springt in die
Augen. Diese Ähnlichkeit steigert sich bis zur vollständigen
Übereinstimmung an einem unserer Kerne aus dem norischen
Hallstätter Marmor des Sommeraukogels, den ich im Jahre
1917 von dem Sammler Faber in Hallstatt erworben habe
und der später zur Abbildung gebracht werden soll. Ich
vermag zwischen diesem Kern und dem dichter berippten
Durchschnittstypus der Art vom Feuerkugel keine Spezies-
unterschiede zu entdecken.
Obwohl sich nicht entscheiden läßt, welcher Art von
Cyrtopleurites der hier erwähnte Kern vom Sommeraukogel
angehört, erscheint mir seine völlige Übereinstimmung mit
den Stücken vom Feuerkugel doch in stratigraphischer Hin-
sicht bedeutungsvoll. Man wird die letzteren jedenfalls zu
den selteneren norischen, nicht zu den karnischen Elementen
der Mischfauna am Nordabhang des Feuerkogels zu zählen
haben.
Dimensionen. I (Fig. 6) II (Fig. 4)
Durchmesser 24 mm 14 /;////.
Höhe der Schlußwindung 13 mm 7-5 mm
Dicke der Schlußwindung 8 mm 6*5 mm
Nabelweite 2 ■ 5 mm 2 • 5 mm.
Loben. — Im Detail nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna, 24, coli. Kittl,
9, coli. Heinrich.
Cyrtopleurites Vestaliae n. sp.
Taf. III, Fig. 5.
Viel seltener als jene Formen, die sich an Cyrtopleurites
bicrenatns Hau. zunächst anschließen, sind in der karnisch-
xiitoidea der karnisch-norischen Mischfauna. 601
norischen Mischfauna des Feuerkogels solche, die durch ihre
steife Berippung und kräftige Beknotung auffallen. Die Exem-
plare, die diese, von der vorigen ohne Zweifel verschiedene
Form vertreten, sind noch kleiner, da bei keinem derselben
die Länge des Durchmessers über 17 mm hinausgeht. Eine
Identität dieser Stücke mit einer der von E. v. Mojsisovics
beschriebenen Arten kommt nicht in Frage. Es handelt sich
zweifellos um eine neue Spezies, von der es allerdings zu-
nächst unsicher bleibt, ob sie eine Zwergform oder eine
Form von normalen Dimensionen war, deren erwachsene
Individuen wir noch nicht kennen.
Die Skulptur der ziemlich gedrungenen ■ Gehäuse wird
von gerade verlaufenden Rippen gebildet, die relativ weit
voneinander abstehen und sich gelegentlich in den Lateral-
knoten gabeln. Es sind schwache Umbilikalknoten, mittel-
starke Lateralknoten und noch kräftigere, Spiral verlängerte
Marginalknoten vorhanden. Die wohl individualisierten Extern-
ohren zeigen eine deutliche Bewimperung. Das auffälligste
Skulpturmerkmal ist jedoch der gerade Verlauf der Rippen,
denen jede Andeutung einer sigmoiden Beugung fehlt, so
daß ein ähnlicher Eindruck der Ornamentierung wie bei
•vielen Ceratiten der triuodosus-Gvuppe entsteht.
Dimensionen.
Durchmesser 17 mm
Höhe der Schlußwindung 9 mm
Dicke der Schlußwindung S mm
Xabelweite 2*5 mm.
Loben. — Nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. -
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna 5, coli. Kittl.
Cyrtopleurites Hersiliae n. sp.
Taf. II, Fig. 6, Taf. III, Fig. 4.
. Diese Art, die ebenfalls nur durch kleine Exemplare
vertreten erscheint — das größte (Fig. 4) erreicht eine
Windungshöhe von 17 mm ist durch eine zarte, sehr
002 C. Diener,
dichte Rippenskulptur und durch den Verlust der Lateral-
und Marginalknoten in vorgeschrittenen Wachstumsstadien
charakterisiert.
Umbilikalknoten fehlen selbst bei ganz jugendlichen
Individuen, die hingegen deutliche, wenn auch schwach ent-
wickelte Lateral- und Marginalknoten zeigen. Die ersteren
fallen stets mit der Teilungsstelle der Flankenrippen zusammen
und liegen ein wenig unterhalb der Seitenmitte. Beide Gruppen
von Knoten obliterieren ziemlich gleichzeitig, aber an den
einzelnen Individuen in sehr verschiedenen Wachstumsstadien,
so an dem in Fig. 0 abgebildeten Stück erst in der Nähe
der Mündung bei einer Windungshöhe von 13 mm, an dem
in Fig. 4 abgebildeten Exemplar bei einer Windungshöhe
von 8 mm, an einem dritten aus der coli. Heinrich gar
schon bei einer solchen von 0 mm. Dagegen persistieren die
gekerbten Externohren und fließen selbst bei dem größten
Exemplar (Fig. 4) nicht an ihrer Basis zusammen. Häufig
verhalten sich die beiden Schalenhälften insofern ungleich,
als die Knoten auf der einen früher verlöschen als auf der
anderen.
Für einen näheren Vergleich mit unserer Spezies kommen
unter den alpinen Arten C. socius v. Mojs. (1. c, p. 522,
Tat'. CLVIII, Fig. 7 — 9) und C. Hutteri v. Mojs. (1. c,
p. 523, Taf. CXCVII, Fig. 5), ferner der indische C. Freshfieldi
Diener (Fauna of the Tropites limestone of Byans, Pal. Ind.
ser. XV, Himal. Foss. Vol. V, No. 1, 1900, p. 59, PI. VIII,
fig. 9—12) in Betracht.
Der Vergleich mit C. socius wird durch die sehr un-
gleiche Größe der zur Beobachtung verfügbaren Exemplare
erschwert. Dennoch kann festgestellt werden, daß die Skulptur
bei unserer Art noch dichter und zarter ist, und daß die
Externohren bei C. socius bereits in sehr frühen Wachstums-
stadien in gekerbte Externkiele umgewandelt erscheinen,
während sie bei C. Hersiliae persistieren. In dem letzteren
Merkmal stimmt unsere Art mit C. Hutteri überein, bei dem
ebenfalls Lateral- und Marginalknoten frühzeitig verschwinden,
doch besitzt die norische Art nicht nur eine gröbere Skulptur,
Ceratitoidea der karnisch-norischen Mischfauna. bOo
sondern es erfolgen auch die Rippenteilungen tiefer, in
größerer Nähe des Nabelrandes.
Wesentlich engere Beziehungen bestehen zwischen
C. Hersiliae und C. Frehsfieldi aus dem Tropitenkalk von
Byans. Typische Exemplare der indischen Spezies besitzen
allerdings außer den Lateral- und Marginal knoten auch
Umbilikalknoten, doch kommen neben ihnen auch Individuen
von, deren Schalen schon in sehr frühen Wachstumsstadien
— wie bei C. Hersiliae — knotenlos sind. Sie zeigen eine
mit der Ornamentierung der letzteren Art durchaus überein-
stimmende, nur ein wenig gröbere Rippenskulptur. Exemplare,
wie das auf PI. VIII, Fig. 9, abgebildete, stehen einzelnen
Stücken unserer alpinen Art jedenfalls sehr nahe, wenn auch
einer direkten Identifizierung die zartere und dichtere Berippung
der letzteren entgegensteht.
Dimensionen.
Durchmesser 25 mm
Höhe der Schlußwindung 13 mm
Dicke der Schlußwindung 8 min
Nabehveite 2*5 ;/////.
Loben. — Nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. -
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna, 3, coli. Heinrich.
8, coli. Kittl.
Cyrtopleurites Euphrasiae n. sp.
Taf. II, Fig. 5, Taf. III, Fig. 3.
Auch bei den durchwegs kleinen Vertretern dieser Art
erhebt sich die Frage, ob sie als ausgewachsene Individuen
einer Zwergform oder als innere Kerne einer Form von
normalen Dimensionen anzusehen seien. Ich möchte mich
eher für eine Entscheidung der Frage in dem ersteren Sinne
aussprechen. Auf alle Fälle gehören unsere Stücke einer
neuen noch unbeschriebenen Spezies des Genus Cyrtopleurites
an, die wahrscheinlich in sehr nahen Beziehungen zu dem
norischen C, Thinnfeldi v. Mojs. steht.
004 C. Diener.
Die schlanken, .hochmündigen Gehäuse besitzen einen
sehr schmalen Externteil, dessen Medianfurche erst unter der
Lupe als solche erkennbar wird. Die scharfen Kiele zeigen
entweder eine feine, gleichmäßige Kerbung oder noch eine
Gliederung durch schwache Ein- und Ausbiegungen, die den
bewimperten Externohren entsprechen. Der erstere Fall ist
der häufigere. Den Externohren entsprechen in der Marginal-
region breite Anschwellungen, die durch schmale mit den
Rändern der Ohren korrespondierende Furchen getrennt
werden. Im übrigen ist die Schalenoberfläche vollkommen
glatt.
Das in Fig. 3 abgebildete Gehäuse stellt den durch den
Mangel jeder Oberflächenskulptur und gleichmäßige Kerbung
der Externkiele gekennzeichneten T}^pus der Art dar.
In Fig. 5 habe ich jenes Stück zur Abbildung gebracht,
bei dem die Individualisierung der Externohren und deren
Trennung durch Marginalfurchen am deutlichsten ausgeprägt
ist. Zwischen diesen Extremen und dem Arttypus finden sich
Übergänge, die die Zusammenfassung aller hier besprochenen
Stücke in einer Art rechtfertigen.
Die Beziehungen unserer Art zu C. Thinnfeldi v. Mojs.
(1. c, p. 520, Taf. CLYII, Fig. 9) sind so enge, daß die Frage
entsteht, ob wir es hier nicht mit der Jugendform der ge-
nannten Spezies aus dem norischen Marmor des Sommerau-
kogels zu tun haben. Diese Frage glaube ich aus den folgen-
den Gründen verneinen zu dürfen.
Das einzige bisher bekannte Exemplar des C. Thinnfeldi
ist ein großes, mit seiner Wohnkammer versehenes Individuum
von 105 nun Durchmesser, das nur auf einer Seite erhalten
ist. Die Windungshöhe am Beginn des letzten Umganges
beträgt 28 /////;. An dieser Stelle ist eine deutliche, leicht
geknotete Spirallinie entwickelt, so daß man auf eine kräftige
Marginalskulptur der inneren Kerne schließen darf. Auch die
Anwesenheit von schwachen, sigmoidalen Rippen auf der
Schlußwindung berechtigt zu der gleichen Schlußfolgerung.
Es ist daher im hohen Grade unwahrscheinlich, daß die
inneren Kerne des C. Thinnfeldi bei einer Windungshöhe
von 7 nun glatt gewesen sein sollen, um so unwahrscheinlicher,
Ceratitoidea der karnisch-norischen Mischfauna. 60o
als wir aus dem roten Marmor des Sommeraukogels innere
Kerne verschiedener Cyrtopleuriten kennen — z. B. C. cf.
Saussurei Mojs. (1. c., Taf. CLVIII, Fig. 6), C. sp. ind. Mojs.
(1. c, Taf. CLVIII, Fig. 2) oder den in dieser Abhandlung auf
Taf. II, Fig. 6, abgebildeten inneren Kern — die bei gleicher
Windungshöhe wie C. Euphrasiae schon eine sehr kräftige
Skulptur besitzen. Es ist also kaum gerechtfertigt, für
C. Thinufeldi glatte innere Kerne von der Oberflächen-
beschaffenheit des C. Euphrasiae anzunehmen.
Auch ist C. Euphrasiae selbst für eine so schlanke Form
wie C. Thinufeldi als innerer Kern noch immer zu hoch-
mündig. Das Verhältnis von Höhe und Dicke im Querschn tt
ist bei der ersteren Art wie 3*5 : 1, bei dem Originalexemplar
der letzteren wie 3- 7: 1. Eine so geringe Höhenzunahme
widerspricht den sonstigen Erfahrungen über die Wachstums-
verhältnisse trachyostraker Ammoniten.
Endlich ist noch auf die Verschiedenheit in den Dimen-
sionen des Nabels hinzuweisen. Zwischen dem Wohnkammer-
exemplar des C. Thinufeldi und dem winzigen C. Euphrasiae
besteht in der Nabelweite nur ein Unterschied von 0-5 ////;/.
Alle diese Gründe sprechen gegen die Annahme, daß
C. Euphrasiae als Jugendform des C. Thinufeldi anzusehen
sei und rechtfertigen die Einführung eines besonderen Spezies-
namens für unsere glattschaligen Cyrtopleuriten aus der
karnisch-norischen Mischfauna des Feuerkogels.
Dimensionen.
Durchmesser 1 1 • 5 mm
Höhe der Schlußwindung 7 mm
Dicke der Schlußwindung 2 mm
Nabelweite 1*5 mm.
Das größte Exemplar aus der coli. Kittl besitzt einen
Durchmesser von 16 mm.
Loben. — Nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. -
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna. 3, coli. Heinrich,
10, coli. Kittl.
606 C. Diener,
Subgenus Acanthinites v. Mojs.
Acanthinites Calypso v. Mojs.
Taf. II, Fig. 8.
1893 Acanthinites Calypso v. Mojsisovics Ceph. Hallst. Kalke,
Abhandl. Geol. Reicbsanst. VI 2, p. 532, Taf. CLVII, Fig. 2—4.
Das abgebildete Windungsfragment gehört unzweifelhaft
dieser Zwergform aus den Bicrenatus-Schichten des Vorder-
Sandling an. Es stimmt vollständig mit dem von E. v.
Mojsisovics in Fig. 4 illustrierten Typus der Art überein.
Die Externkiele tragen zwei Spiralreihen von Knötchen. Am
Beginn der Windung trennen sich noch die bewimperten
Externohren, die später zusammenfließen.
Die Windungshöhe beträgt am Ende unseres wohl bereits
Teile der Wohnkammer umfassenden Fragmentes 12 mm,
entsprechend einer Dicke von 6 //;;//, die Nabelweite 3 //////.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna 1, coli. Heinrich.
Acanthinites Silverii n. sp.
Taf. II, Fig. 3.
Die vorliegende neue Art gehört in die nächste Ver-
wandtschaft des A. Calypso. Sie erreicht etwas größere
Dimensionen und unterscheidet sich von ihm vor allem durch
gröbere Berippung und durch die Persistenz der bewimperten
Externohren, die erst bei einer Windungshöhe von 16 /;////
zusammenfließen. Die Externkiele tragen, wie bei A. Calypso,
zwei Spiralreihen feiner Knötchen. Die lateralen Doppeldornen
sind, entsprechend der gröberen Berippung, kräftiger als bei
der letzteren Art und in 12 bis 14 Spirallinien angeordnet.
Die gröbere Berippung ist ein gutes Unterscheidungs-
merkmal unserer neuen Spezies gegenüber sämtlichen bisher
bekannten alpinen Arten des Subgenus Acanthinites (A. excelsus
Mojs., A. excelsiov Mojs., .4. Calypso Mojs.). Dagegen stimmt
unsere Art in der Beschaffenheit der Skulptur mit dem
indischen A. Hogarti Diener (Pal. Ind. ser. XV, Himal. Foss.
Vol. V, No. 1, Fauna Tropites limest. of Byans, 1906, p. 70,
CeratHoidea der karnisch-norischen Mischfauna. DU/
PI. IX, hg. 1, 3) überein. Von dem letzteren unterscheidet
sich A. Silverii durch den weiteren Nabel und einen ab-
weichenden Querschnitt, weil der indischen Art die für
A. Calypso und A. Silverii charakteristische Einbuchtung
zwischen den Externkielen und der Marginalregion fehlt, an
der die Flankenrippen bei den beiden alpinen Arten sich
schwächen. Auch ist die Zahl der lateralen Dornenspiralen
bei A. Hogarti viel größer (über 25).
Dimensionen.
Durchmesser 37 mtn
Höhe der Sclußwindung über der Naht... 19 mm
Höhe der Schlußwindung über dem Extern-
teil der vorhergehenden Windung 13 mm
Dicke der Schlußwindung 8-5 mm
Nabelweite 6 mm.
Loben. — Nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkogel, karnisch-norische Mischfauna 2, coli. Heinrich.
Acanthinites Eusebii n. sp.
Taf. I, Fig. 3.
Noch eine zweite neue Art des Subgenus Acanthinites
tritt in der karnisch-norischen Mischfauna des Feuerkogels
in Gesellschaft des A. Calypso und A. Silverii auf. Sie ist
nur durch sehr kleine Exemplare repräsentiert, deren größtes
einen Durchmesser von kaum 17 /;//// erreicht.
Das auffallendste Merkmal dieser Art ist die gedrungene
Gestalt und der von den übrigen alpinen Acanthiniten ab-
weichende Querschnitt. Von dem breiten, flach gewölbten
Externteil ziehen die Flanken parallel bis zum Nabelrand, so
daß man auf den ersten Blick glauben könnte, den innersten
Kern eines Cladisciten vor sich zu haben. Über diesen breiten
Externteil laufen drei rinnenförmige Vertiefungen, eine Median-
furche, die von den beiden Externkielen eingefaßt wird, und
zwei äußere, die zwischen je einem Externkiel und einer
scharfen kielähnlich hervortretenden Marginalkante liegen.
Jeder Externkiel trägt zwei Reihen von Knötchen, die durch
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 41
t>OX C. Diener,
eine glatte Mittelzone getrennt sind. Auf den Flanken zählt
man acht Knotenspiralen. Die Knötchen treten stärker hervor
als die außerordentlich zarten, fadenförmigen Rippen, auf
denen sie stehen.
Die ganze Ornamentierung ist so fein, daß ihre Details
erst unter der Lupe erkennbar werden.
Dimensionen.
Durchmesser 13 //////
Höhe der Schlußwindung über der Naht. . 7 mm
Höhe der Schlußwindung über dem Extern-
teil der vorhergehenden Windung 5 nun
Dicke der Schlußwindung 6 nun
Nabelweite 0-5 mm.
Loben. — Nicht bekannt.
Vo rkom m e n. Zahl der untersuchten Exemplare. -
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna, 3, coli. Kittl.
Genus Tibetites v. Mojs.
Tibetites Bibianae n. sp.
Taf. I, Fig. 2, Taf. III, Fig. 8.
Das einzige, bereits mit einem großen Teil seiner Wohn-
kammer versehene Exemplar, für das diese Art hier errichtet
wird, ist ein typischer Vertreter der bisher nur aus dem
himamalayischen Faunengebiet bekannten Gattung Tibetites.
Sie teilt mit Tibetites jene Merkmale, auf die E. v. Mojsisovics
die Trennung dieses Genus von Cyrtopleurites begründet hat,
nämlich den Mangel einer Kerbung der Externohren und eine
ceratitische, durch Einschiebung eines kleinen Adventiv-
elements zwischen Externlobus und Externsattel ausgezeich-
nete Suturlinie.
Von allen indischen Vertretern des Genus Tibetites unter-
scheidet sich unsere Spezies durch den weiten, offenen Nabel.
Die innerhalb desselben sichtbaren Umgänge tragen radial
gerichtete, kräftige, voneinander weit abstehende Kippen. Die
Skulptur der Schlußwindung steht jener bei T. Ryalli v. Moj-
sisovics (Obertriad. Ceph. -Faunen d. Himalaya, Denkschr.
Ceratüoidea der karnisch-norischen Mischfauna. 609
Akad. Wiss. Wien, LXIIL, 1896, p. 637, Taf. XV, Fig. 3, 4) nahe,
doch sind im Vergleich zu den wohl ausgebildeten Marginal-
knoten die Lateralknoten weniger stark entwickelt. Da die
beiden Reihen der Externohren bis zur Mündung im gleichen
Abstand bleiben, erscheint ein Zusammenlaufen derselben,
wie bei Paratibetites selbst im gerontischen Stadium voll-
kommen ausgeschlossen. Die Berippung ist auf der Schluß-
windung nur mehr schwach ausgeprägt. Sie scheint sich auf
der Wohnkammer vollständig zu verlieren.
Dimensionen.
Durchmesser 68 ;;/;//
Höhe der Schlußwindung über der Naht . . .31 mm
Höhe der Schlußwindung über dem Extern-
teil der vorhergehenden Windung 24 //////
Dicke der Schlußwindung 20 mm
Nabelweite 15 //////.
Loben. — Es ist mir nur gelungen, den äußeren Teil
der Suturlinie bis zum 2. Laterallobus sichtbar zu machen,
der sich bereits in solcher Nähe des Nabelrandes befindet
daß wahrscheinlich nur noch ein Auxiliarlobus außerhalb der
Naht stehen dürfte.
Suturen ähnlich jenen des Anatibetites Kelvini v. Moj-
sisovics (1. c, p. 639, Taf. XIV, Fig. 9), doch sind die Haupt-
elemente auf Kosten der stark reduzierten Hilfsloben erheblich
vergrößert. Der kleine adventive Einschnitt zwischen dem
Externsattel und dem Adventivsattel ist zweispitzig, der
Externlobus sehr schmal und durch einen niedrigen Median-
höcker geteilt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare.—
Feuerkugel, karnisch - norische Mischfauna 1, eigene Auf-
sammlung (1919).
Bemerkungen über das Vorkommen von Tibetites
und Anatibetites Mojs. in der mediterranen Trias. —
E. v. Mojsisovics hielt Cyrtopleurites und Tibetites für
zwei vikariierende Gattungen, von denen er die erste auf die
aipine, die zweite auf die indische Triasprovinz beschränkt
610 C. Diener,
glaubte. Nachdem ich bereits im Jahre 1906 das Auftreten
eines echten Gyrtopleurites (C. Freslifieldt) im Tropitenkalk
von Byans nachgewiesen hatte, tritt nunmehr auch Tibetites
in die Reihe der dem himamalayischen und mediterranen
Faunenreich gemeinsamen Gattungen. Immerhin verdient die
außerordentliche Seltenheit des erstgenannten Genus in Indien,
des zweiten in Europa Beachtung.
Auch Auatibetites glaube ich zu den in beiden Faunen-
reichen beheimateten Formengruppen rechnen zu dürfen.
Palicites Mojsisovicsi Gemmellaro (Cef. Trias sup. reg. occ.
d. Sicilia, 1904, p. 56, Taf. XIV, flg. 15 — 18) aus dem horn-
steinführenden Kalk von Palazzo Adriano in der Provinz
Palermo dürfte wohl diesem Subgenus angehören.
Ich habe im Jahre 1911 Gelegenheit gehabt, das Original-
stück im Geologischen Museum der Universität Palermo zu
untersuchen und finde darüber in meinen Notizen die folgen-
den Bemerkungen: »Palicites Gemm. kann von Auatibetites
nicht getrennt werden. Die größere Nabelweite und die kleinen
von Gemmellaro hervorgehobenen Unterschiede in der
Berippung können nur einen spezifischen Wert beanspruchen.
In der keineswegs tadellos erhaltenen Suturlinie sind Ansätze
zur Bildung eines Adventivelements in der äußeren Flanke
des Externsattels deutlich erkennbar.«
Genus Pterotoeeras Welt er.
An die beiden Gattungen Cyrtopleurites Mojs. und
Tibetites Mojs. schließt sich in der karnisch-norischen Misch-
fauna des Feuerkogels eine neue Formengruppe an, die durch
eine eigentümliche Variationstendenz ausgezeichnet ist. Sie
teilt mit Tibetites den Mangel einer Kerbung oder Bewimperung
der Externohren und die ceratitische Suturlinie. Sie darf
daher mit gleichem Recht den Rang einer Gattung bean-
spruchen. Ein Vertreter dieser Gattung ist bereits im Jahre
1915 von Welter (Die Ammoniten und Nautiliden der ladi-
nischen und anisischen Trias von Timor, Palaeont. v. Timor,
5. Lfg. p. 83) als Pterotoeeras Arthaberi beschrieben worden.
Ceratitoidea der karnisch-norischen Misclifauna. 011
Während bei Cyrtopleurites s. s. die Variationstendenz
auf ein Zurücktreten der Knoten gegenüber den lateralen
Rippen und auf eine Verschmelzung der ursprünglichen
Externohren zu fein gekerbten Kanten gerichtet ist, greift
bei Pterotoceras die entgegengesetzte Richtung in der Aus-
bildung der Skulptur Platz. Die Knoten nehmen in vor-
geschrittenen Wachstumsstadien an Stärke zu, während die
Rippen erlöschen. Die Externohren individualisieren sich im
höheren Alter immer mehr und erreichen am Ende der
Wohnkammer erwachsener Individuen das Maximum ihrer
Entwicklung. Auch ist Pterotoceras im Gegensatz zu den eng-
genabelten Cyrtopleuriten und Tibetiten — nur der sehr
ungenügend bekannte Cyrtopl. Agrippinae Mojs. scheint in
dieser Hinsicht eine Ausnahme zu machen — mit einem
weiten Nabel versehen.
Die Suturen stehen wie bei Tibetites, noch auf dem
ceratitischen Stadium der Entwicklung. Doch schiebt sich
bei ihnen kein Adventivelement zwischen den Externlobus
und den eigentlichen Externsattel ein.
Pterotoceras und Tibetites dürften in engen verwandt-
schaftlichen Beziehungen stehen, doch können beide Gattungen
keinesfalls direkt aufeinander zurückgeführt werden. Beide
sind als im ostindischen Faunengebiet entstandene Typen
anzusehen und auf eine gemeinsame weitgenabelte Stamm-
form mit einfach ceratitischen Loben zurückzuführen. Ptero-
toceras ist jedenfalls die ältere Gattung, da sie nach Welter
bereits in den ladinischen Bildungen von Bihati auf Timor
auftritt, in Europa dagegen erst an der Grenze der karnischen
und norischen Stufe erscheint.
Pterotoceras Clarissae nov. sp.
Taf. I, Fig. 1, Taf. II, Fig. 9, Textfig. 1, 2.
Das auf Taf. I illustrierte Exemplar repräsentiert ein
erwachsenes, bereits mit dem größten Teil seiner Wohn-
kammer versehenes Individuum, das auf Taf. II dargestellte
Stück einen inneren Kern dieser Art, der durch Präparation
aus einem größeren Exemplar gewonnen worden ist. Wir
012
C. Diener,
sind daher über die Entwicklung dieser bestbekannten Art
des Genus in befriedigender Weise unterrichtet.
Die hochmündigen Umgänge umfassen einander nur
wenig, so daß ein weiter Nabel offen bleibt.
Der innere Kern zeigt bei einem Durchmesser von
23 mm die Skulptur eines Cyrtopleurites aus der Verwandt-
schaft des C. bicrenatus Hau. In den schmalen Externteil ist
eine tiefe, nach unten kantig begrenzte Hohlkehle eingesenkt,
die von den wohl individualisierten Externohren flankiert
wird. Doch weisen diese im Gegensatz zu den Externohren
von Cyrtopleurites keine Bewimperung
oder Kerbung auf. Am Nabelrande stehen
Knoten, von denen radial verlaufende
Rippen ausstrahlen, die innerhalb des
ganzen Nabels sichtbar bleiben. Sie
werden von zwei lateralen Knoten-
spiralen gekreuzt. An der oberen Spirale
der Lateralknoten nehmen die Rippen
einen sigmoiden Sc! >vung an. Auch tritt
an ihnen gelegentlich eine Gabelung
ein. Außerdem tritt noch eine marginale
Knotenreihe hervor, ohne jedoch eine
scharfe Grenze zwischen dem Externteil
und den Flanken zu kennzeichnen.
In vorgeschritteneren Wachstums-
stadien verlieren sich zuerst die unteren
Lateralknoten. Auch die oberen Lateralknoten schwächen
sich ab, persistieren aber bei unserem großen Exemplar bis
zur Mündung. Dagegen nehmen Umbilikal- und Marginalknoten
an Stärke zu, während die Rippen breiter und flacher werden
und endlich ganz verlöschen. Die mehr als die Hälfte des
letzten Umganges umfassende Wohnkammer entbehrt an dem
auf Taf. I abgebildeten Stück einer Berippung nahezu voll-
ständig, obwohl die Schalenoberfläche noch die der Richtung
der Rippen folgenden Anwachsstreifen deutlich zeigt. Für die
Skulptur maßgebend sind nur die umbilikale und marginale
Knotenspirale und die mächtig entwickelten Externohren,
die in der Richtung gegen das Peristom immer mehr an
Fig. l.
Ceratitoidea der karnisch-norischen Mischfauna. 613
Höhe zunehmen und zugleich weiter auseinandertreten. In
den Jochen zwischen den einzelnen Ohren ist die Median-
furche nur sehr wenig in den Externteil eingesenkt.
Dimensionen. l. n.
Durchmesser 104 mm 23 mm
Höhe der Schlußwindung über der Naht. 44 mm K> //////
Höhe der Schlußwindung über dem Extern-
teil der vorhergehenden Windung . . 30 nun ?
Dicke der Schlußwindung 29 nun 7 nun
Nabelweite 2(3 ////;/ 6 ■ 5mm.
Loben. — Ceratitisch, doch ziehen sich schwache Kerben
vom Grunde der 'Loben bis zur halben Höhe der Sättel
hinauf. Nur die drei Hauptsättel
stehen außerhalb des Nabelrandes,
der den eisten Auxiliarsattel halbiert.
Aus dem breiten Externlobus ragt
ein hoher Medianhöcker auf. ig'
Vo rkommen. Zahl der u n t e r s u c h t e n E x e m p 1 a r e. —
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna, 3 coli. Heinrich»
1, coli. Kittl 1, Sammlung des Palaeontologischen Universitäts-
institutes.
Pterotoceras Helminae nov. sp.
Tat". III, Fig. 1, Textfig. 3.
Diese Art unterscheidet sich von PL Clarissae durch
die Reduktion der Skulptur auf der Schlußwindung, die weder
Lateral- noch Marginalknoten, sondern außer den ungekerbten
Externohren nur noch sehr kräftige Umbilikalknoten aufweist.
Die Entwicklung der Rippenskulptur unterliegt erheblichen
Schwankungen. Das abgebildete Exemplar zeigt selbst noch
am Ende des letzten Umganges, von dem genau die Hälfte
der Wohnkammer zufällt. Flankenrippen, die wenigstens in
der Umgebung der Nabelknoten deutlich ausgeprägt sind. An
anderen Stücken fehlen die Rippen auf der Schlußwindung
vollständig, so daß die Schalenoberfläche nur die zarten,
sigmoid geschwungenen Anwachsstreifen zeigt.
•)14 C. Diener,
Die kräftig berippten inneren Windungen gleichen, soweit
sie innerhalb des Nabels sichtbar sind, jenen des Pt. Clarissae.
Die meisten der zu dieser Art gehörigen Exemplare
sind noch schlanker und hochmündiger als der Typus der
vorigen Spezies.
Dimensionen.
Durchmesser 81 mm
Höhe der Schlußwindung über der Naht . .33 mm
Höhe der Schlußwindung über dem Externteil der
vorhergehenden Windung 27 mm
Dicke der Schlußwindung 20 mm
Nabelweite 24 mm
Loben. — Sehr ähnlich jenen des Pt. Clarissae. Sattel-
köpfe ganzrandig, Loben im Grunde kräftig gezähnt. Der
erste Auxiliarsattel wird durch den
Nabelrand geteilt.
Vorkommen. Zahl der unter-
suchten Exemplare. — Feuer-
Fig 3
kogel, karnisch-norische Mischfauna 4,
Sammlung des Palaeontologischen Universitätsinstitutes, 1,
coli. Heinrich, 1, coli. Kittl.
Familie Orthopleuritidae Mojs.
Genus Polyeyelus Mojs.
Polycyclus Henseli Oppel.
1865 Ainuioniles Henseli Oppel, Über jurass. Cephal. etc. Palaeontol-
Mitteil, aus d. Mus. d. Bayr. Staates I., p. 132, Taf. XLI, Fig. 3.
1893 Polycyclus Henseli v. Mojsisovics, Ceph. Hallst. Kalke,
Abhandl. Geol. Reichsanst. VI 2, p. 536, Taf. CXXXII, Fig. 7—23.
Vollständige Synonymenliste siehe bei C. Diener, Cephalopoda triadica,
Fossilium Catalogus, Pars 8, Junk, 1915, p. 226.
Diese sonst in den Subbullatus-Schichten des Vorder-
Sandling häufige Art ist auch in der Ammonitenbreccie aus
den Bänken mit der karnisch-norischen Mischfauna am Feuer-
kugel durch eine große Zahl von Exemplaren (12, coli.
Heinrich 10, coli. Kittl) vertreten. Die meisten sind von
kleinen Dimensionen und gehören der var. diveeta an, die
durch ein sehr langsames Höhenwachstum ausgezeichnet ist.
Ceratitoidea der karnisch-norischen Mischfauna. 615
Fam. Distichittdae Mojs.
Genus Eetoleites Mojs.
Ectolcites Sidoniae v. Mojsisovics.
Taf. I, Fig. 15, 16, 17.
Diese neue Spezies des artenarmen Genus Ectolcites
ist als eine Zwergform anzusprechen. Die zahlreichen mir
vorliegenden Exemplare müssen trotz ihrer Kleinheit als
ausgewachsene Individuen, nicht als innere Kerne einer
größeren Art angesehen werden, da sie bereits eine deutliche
Externfurche besitzen, die den inneren Windungen der von
E. v. Mojsisovics beschriebenen Arten noch fehlt und da
auf ihrer Wohnkammer Änderungen der Skulptur sich ein-
stellen, wie sie sonst nur bei erwachsenen Individuen aufzu-
treten pflegen.
Die inneren Umgänge zeigen eine sehr große Ähnlichkeit
mit jenen des E. Hochstetteri v. Mojsisovics (1. c, p. 615,
Taf. CXXXVI, Fig. 16) aus dem roten Marmor des Sommerau-
kogels. Die abgeflachten Flanken sind mit radial verlaufenden
Rippen bedeckt, die am Außenrande eine leichte Vorwärts-
krümmung aufweisen und mit Externknoten versehen sind.
Die Entwicklung der letzteren unterliegt einer starken
Variabilität. Bei manchen Exemplaren treten sie so kräftig
hervor, daß sie geradezu den Charakter von Domen annehmen,
bei anderen sind sie nur schwach ausgebildet und erlöschen
schon in frühen Wachstumsstadien.
Auf der Schlußwindung erwachsener Exemplare ver-
schwinden die Externknoten, während sich die Rippen in der
Marginalzone stärker nach vorwärts biegen. In der Nähe des
Peristoms werden die. einzelnen Rippen schmäler und drängen
sich dichter zusammen, so daß man auf dem letzten Quadranten
der Wohnkammer doppelt so viele Rippen als auf dem vor-
hergehenden zählt.
Schon auf den inneren Windungen zeigt der flach
gewölbte Externteil bei einer Höhe von 2-5 mm eine
schwache mediane Einsenkung, an die von den Externknoten
der Marginalkante faltenförmige Rippenstreifen derart heran-
ziehen, daß sie einen weit nach vorwärts gerichteten Extern-
Sitzb. d. mathem.-naturw. Kl., Abt. I, 129. Bd. 42
(31(3 C. Diener.
läppen beschreiben. Auf der Schlußwindung erwachsener
Exemplare erscheint die vertiefte Medianfurche von kiel-
artigen Rändern begleitet. Über diese setzen die externen
Rippen mit ihren nach vorwärts gerichteten Lappen hinweg.
Dimensionen.
Durchmesser 20 nun
Höhe der Schlußwindung 6 mm
Dicke der Schlußwindung 6 mm
Nabelweite 8*5 mm.
Loben. — Im Detail nicht bekannt.
Vorkommen. Zahl der untersuchten Exemplare. —
Feuerkugel, karnisch-norische Mischfauna, 30, coli. Heinrich,
15, coli. Kittl.
Zusammenfassung.
Die Untersuchung der Ceratitoidea in den Sammlungen
von Kittl, Heinrich, v. Arthaber und des Verfassers aus
der karnisch-norischen Mischfauna des Feuerkogels hat uns
mit 13 (beziehungsweise 14) neuen und 6 (beziehungsweise 5)
bereits beschriebenen Arten bekannt gemacht.
Die 13 neuen Arten, die die Einführung einer besonderen
spezifischen Bezeichnung rechtfertigen, sind folgende:
1. Steinmannites Sosthenis,
2. Clionites quinquespinatus,
3. Drepanites Saturnini,
4. Heraclites Gorgouii,
5. Cyrtopleurites Vestaliae,
6. Cyrtopleurites Hersiliae,
7. Cyrtopleurites Euphrasiae,
8. Acantliinites Silverü,
9. Acantliinites Eusebii,
10. Tibetites Bibianae,
11. Pterotoceras Clarissae,
12. Pterotoceras Helminae
13. Ectolcites Sidoniae.
Ceratitoidea der kavnisch-nonschen Mischfauna. '»1'
Dazu kommen die bereits von älteren Autoren beschrie-
benen und benannten Spezies:
Drepanites Hyatti Mojs.
Drepanites fissistriatus Moj s.
Cyrtopleurites Strabonis Mojs.
Cyrtopleurites sp. ind. aff.^ bicrenato (an ct. bicrenatus
Hau.?).
Acanthinites Calypso Mojs.
Polycyclus Henseli Opp.
Auffallend ist in dieser Fauna in erster Linie der starke
Einschlag norischer Elemente, die durch die Gattungen
Steinmannites , Her acutes, Drepanites, Acanthinites und
Ectolcites repräsentiert werden. Ihnen dürften auch die
meisten Cyrtopleuriten zugezählt werden, unter denen eine
Art möglicherweise mit C. bicrenatus Hau. identisch ist.
Allerdings gehört die einzige, mit einer bereits früher beschrie-
benen identischen Spezies dieses Genus, C. Strabonis, der
karnischen Stufe an, desgleichen Polycyclus Henseli. Ihre
Anwesenheit schwächt die sonst überwiegende Vorherrschaft
der norischen Typen ein wenig ab.
Ein weiteres auffallendes Merkmal dieser Fauna sind die
ungewöhnlich zahlreichen Zwergformen. Zu ihnen zählen:
Steinmannites Sosthenis,
Cyrtopleurites sp. ind. äff. bicrenato Hau.,
Cyrtopleurites Vestaliae,
Cyrtopleurites Hersiliae,
Cyrtopleiirites Euphrasiae,
Acanthinites Eusebii,
Ectolcites Sidoniae.
Zu den bezeichnendsten Typen gehört das Genus
Pterotoceras mit zwei Arten. Auch Tibetites hat sich zum
erstenmal in Europa in dieser Fauna gefunden.
618 C. Diener, Ceratitoidea der karniseh-nurischen Mischfauna.
Tafelerklärung.
Tafel I.
Fig. 1 a, b. Ptcrotoceras Clarissae Dien. Sammlung des Palaeontol. Univers.-
Instituts, Wien.
Fig. 2 a, b. Tibetites Bibianae Dien., coli. Diener.
Fig. 3 <r, b, c. Acanthinites Ensebii Dien, a, b natürl. Größe, c 2X vergrößert,
coli. Kittl.
Fig. 4a,b. Cyrtopleurites sp. ind. äff. bicrenato Hau., coli. Kittl.
Tafel II.
Fig. 1 <7, b, c. Heraclites"Gorgonii Dien., coli. Kittl.
Fig. 2a, b. Clionitcs quinquespinatus Heinr., coli. Kittl.
Fig. 3 a, b. Acanihiniies Silveni Dien., coli. Heinrich.
Fig. 4a,b,c. Drepanites Satumijti Dien., coli. Heinrich.
Fig. 5 a, b, c, d. Cyriopteuriies Euphrasiae Dien., a natürl. Größe, die übrigen
2Xvei'größert, coli. Heinrich.
Fig. ßa,b,c. Cyrloplairites Hersiliae Dien., coli. Heinrich.
Fig. 7a,b,c. Sianiiuninitcs Sosthenis Dien., a natürl. Größe, die übrigen
2 X vergrößert, coli. Heinrich.
Fig. 8 a, b. Acanihiniies Calypso Mojs., coli. Heinrich.
Fig. 9 (7, b. Ptcrotoceras Clarissae Dien. Innerer Kern eines großen Exem-
plars, coli. Heinrich.
Tafel III.
Fig. 1 a, b. Ptcrotoceras Hehninae Dien. Sammlung d. Palaeontol. Univers. -
Institutes Wien.
Fig. 2 a, b. Clionites quinquespinatus Dien., coli. Heinrich.
Fig. 3 a, b, c, d. Cyrtopleurites Euphrasiae Dien. <7 natürl. Größe, die übrigen
2 X vergrößert, coli. Heinrich.
Fig. 4. Cyrtopleurites Hersiliae Dien., coli. Kittl.
Fig. ba,b. Cyrtopleurites Vestaliae Dien., coli. Kittl.
Fig. 6 a, b, c. Cyrtopleurites sp. ind. äff. bicrenato Hau., coli. Heinrich.
Fig. 7. Cyrtopleurites sp. ind. äff. bicrenato Hau., coli. Kittl.
Fig. 8. Tibetites Bibianae Dien. Suturlinie des auf Tat. I, Fig. 2,
abgebildeten Exemplars.
Fig. 9 a, b. \
Fig. 10. > Ectolciles Sidoniae Dien., coli. Heinrich.
Fig. 1 1 a, b. )
Diener, C: Ceratitoidea vom Feuerkugel.
Tafel I,
K. Reitschläger del. Druck Hohlweg & Blatz.. Wien.
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd.CXXK.Abt. 1..1920
Diener, C: Ceratitoidea vom Feuerkogel.
2a Ȋ Vo -#h^ tb
Tafel 11.
¥c
K. Reitschläger del. Druck Hohlweg & Blatz, Wien
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd.CXX3X,Abt. I ..1920
Diener, C: Ceratitoidea vom Feuerkugel
"W:
K. Reitschläger del. Druck Hohlweg <& Blatz, Wien.
Sitzungsberichte d. Akad. d. Wiss., math.-naturw. Klasse, Bd.CXXIX.Abt. I ..1920
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,.
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
129. Band. 1. und 2. Heft
(Mit 13 Textfiguren)
Wien, 1920
Österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt
des 1. und 2. Heftes des 129. Bandes, Abteilung I der
Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen
Klasse:
Seite
Krasser F., Die Doggerflora von Sardinien [Preis: 7 K] 3
Mohr H., Lößstudien an der Wolga. (Mit 5 Textfiguren.) [Preis: 12 K] . . 29
Priesner H., Kurze Beschreibungen neuer Thysanopteren aus Öster-
reich. (Mit 8 Textfiguren.) [Preis: 5 K 40 h] 71
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete dei-
che mie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete, der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreicbung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden ;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
129. Band. 3. und 4. Heft
(Mit 1 Tafel und 3 Textfiguren)
Wien, 1920
Österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universilätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt
des 3. und 4. Heftes des 129. Bandes, Abteilung I der
Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen
Klasse:
Seite
Tertsch H., Krystallographische Bemerkungen zum Atombau. (Mit
2 Textfiguren) [Preis: 8 K] 91
Brunswik H., Über das Vorkommen von Gipskrystallen bei den Tamari-
caceae. (Mit 1 Tafel und 1 Textfigur) [Preis: 8 K] 115
Höhnet F., Fragmente zur Mykologie (XXIV. Mitteilung Nr. 1189 bis
1214) [Preis: 15 K] 137
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung IIb. Die Abhandlungen aus dem Gebiete dei-
che mie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, L, Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung
vom IL. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts
Ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürsterfabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche- von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
iirzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihie Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
129. Band. 5. und 6. Heft
(Mit 4 Tafeln und 10 Textfiguren)
Wien, 1920
Österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt
des 5. und 6. Heftes des 129. Bandes, Abteilung I der
Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen
Klasse:
Seite
Gicklhorn J., Studien an Eisenorganismen. (I.. Mitteilung.) ■ (Mit 5 .Text-
figuren.) [Preis: 10 K]- 187
Linshauer K., Bemerkungen über Alfred Fischer's »Gefäßglykose«.
(Mit 3 Textfiguren.) [Preis: 6 K] 2f5
Bersa E., ('her das Vorkommen von kohlensaurem Kalk in einer
Gruppe von Scbwefelhaktericn. (Mit 1 Tafel und 2 Textfiguren.)
[Preis: 1 1 K] - ... 2:51
Molisch H., Aschenbild und Pflanzenverwandtschaft. (Mit 3 Tafeln.)
[Preis: 20 K] 261
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie. Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie. •
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu-
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich Veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
129. Band. 7. und 8. Heft
(Mit 2 Tafeln)
Wien, 1920
Österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt
des 7. und 8. Heftes des 129. Bandes, Abteilung I der
Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen
Klasse :
Seite
Jung J., Über den Nachweis und die Verbreitung des Chlors im Pflanzen-
reiche. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 22 K] . . . 297-
Klein G., Studien über das Anthochlor. (I. Mitteilung.) (Mit 1 Tafel.)
[Preis: 27 KJ .341
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerätionspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
Äfathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu-
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
129. Band. 9. Heft
(Mit 20 TextHguren)
Wien, 1920
Österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt
des 9. Heftes des 129. Bandes, Abteilung I der Sitzungs
berichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse:
Seite
Doelter C, Neue Untersuchungen über die Farbenveränderungen von
Mineralien durch Strahlungen. (Mit 6 Textfiguren) [Preis: 18 K] 399
Handlirsch A., Beiträge zur Kenntnis der paläozoischen Blattarien. (Mit
8 Textfiguren.) [Preis: 9 K] 431
Früchtl F., P1ank,toncopepoden aus der nordlichen Adria. (Mit <> Text-
figurcn) [Preis: 12 K] 4R3
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
■erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
~vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
.Abteilung I. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung 11 a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung 111. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Tdonatshefte beträgt 16K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat in ihrer Sitzung,
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu-
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche zwar die Ergebnisse der Untersuchung mitteilen,
aber entweder kein Belegmaterial oder anderes Belegmaterial als jenes ent-
halten, welches in der der Akademie vorgelegten Abhandlung enthalten ist.
Unter den gleichen Voraussetzungen gelten auch vorläufige Mitteilungen in
anderen Zeitschriften nicht als Vorveröffentlichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbei{ von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als >Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung< bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt.
Akademie der Wissenschaften in Wien
Mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse
Sitzungsberichte
Abteilung I
Mineralogie, Krystallographie, Botanik, Physiologie der Pflanzen,
Zoologie, Paläontologie, Geologie, Physische Geographie und
Reisen
129. Band. 10. Heft
(Mit 5 Tafeln und 6 Textfiguren)
Wien, 1920
Österreichische Staatsdruckerei
In Kommission bei Alfred Holder
Universitätsbuchhändler
Buchhändler der Akademie der Wissenschaften
Inhalt
des 10. Heftes des 129. Bandes, Abteilung I der Sitzungs-
berichte der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse:
Seite
Diener C, Neue Ceratitoidea aus den Hallstätter Kalken des Salz-
kammergutes. (Mit 1 Tafel.) [Preis: 40 K] 513
Schmidt W., Zur Oberflächengestaltung der Umgebung Leobens.
[Preis: 14 K] 539
Fürth P., Zur Biologie und Mikrochemie einiger Pz>o/a- Arten. (Mit 1 Tafel
und 3 Textfiguren.) [Preis : 32 K] 559
Diener C, Die Ceratitoidea der karnisch-norischen Mischfauna des Feuer-
kogels bei Aussee. (Mit 3 Tafeln und 3 Textfiguren.) [Preis:
80 K] 589
Die Sitzungsberichte der mathem.-naturw. Klasse
erscheinen vom Jahre 1888 (Band XCVII) an in folgenden
vier gesonderten Abteilungen, welche auch einzeln bezogen
werden können:
Abteilung 1. Enthält die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mineralogie, Kristallographie, Botanik, Physio-
logie der Pflanzen, Zoologie, Paläontologie, Geo-
logie, Physischen Geographie und Reisen.
Abteilung II a. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Mathematik, Astronomie, Physik, Meteorologie
und Mechanik.
Abteilung II b. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Chemie.
Abteilung III. Die Abhandlungen aus dem Gebiete der
Anatomie und Physiologie des Menschen und der
Tiere sowie aus jenem der theoretischen Medizin.
Von jenen in den Sitzungsberichten enthaltenen Abhand-
lungen, zu deren Titel im Inhaltsverzeichnisse ein Preis bei-
gesetzt ist, kommen Separatabdrücke in den Buchhandel und
können durch die akademische Buchhandlung Alfred Holder,
Universitätsbuchhändler (Wien, I., Rotenturmstraße 25), zu dem
angegebenen Preise bezogen werden.
Die dem Gebiete der Chemie und verwandter Teile anderer
Wissenschaften angehörigen Abhandlungen werden auch in be-
sonderen Heften unter dem Titel: »Monatshefte für Chemie
und verwandte Teile anderer Wissenschaften« heraus-
gegeben. Der Pränumerationspreis für einen Jahrgang dieser
Monatshefte beträgt 16 K.
Der akademische Anzeiger, welcher nur Originalauszüge
oder, wo diese fehlen, die Titel der vorgelegten Abhandlungen
enthält, wird wie bisher acht Tage nach jeder Sitzung aus-
gegeben. Der Preis des Jahrganges ist 6 K.
Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse bat in ihrer Sitzung
vom 11. März 1915 folgendes beschlossen:
Bestimmungen, betreffend die Veröffentlichung der in die Schriften der
mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie aufzu-
nehmenden Abhandlungen an anderer Stelle (Auszug aus der Geschäfts-
ordnung nebst Zusatzbestimmungen).
§ 43. Bereits an anderen Orten veröffentlichte Beobachtungen und Unter-
suchungen können in die Druckschriften der Akademie nicht aufgenommen
werden.
Zusatz. Vorträge in wissenschaftlichen Versammlungen werden nicht
als Vorveröffentlichungen angesehen, wenn darüber nur kurze Inhaltsangaben
gedruckt werden, welche vw J=? V~: ' 'sse der Untersuchung mitteilen,
s Belegmaterial als jenes ent-
2;ten Abhandlung enthalten ist.
luch vorläufige Mitteilungen in
"""^•^" ZoiLaCiniiien nicht ms vorveronentiichungen. Die Verfasser haben bei
Einreichung einer Abhandlung von etwaigen derartigen Vorveröffentlichungen
Mitteilung zu machen und sie beizulegen, falls sie bereits im Besitz von
Sonderabdrücken oder Bürstenabzügen sind.
§ 51. Abhandlungen, für welche der Verfasser kein Honorar beansprucht,
bleiben, auch wenn sie in die periodischen Druckschriften der Akademie auf-
genommen sind, sein Eigentum und können von demselben auch anderwärts
veröffentlicht werden.
Zusatz. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 43 ist die Ein-
reichung einer von der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse für ihre
periodischen Veröffentlichungen angenommenen Arbeit bei anderen Zeitschriften
erst dann zulässig, wenn der Verfasser die Sonderabdrücke seiner Arbeit von
der Akademie erhalten hat.
Anzeigernotizen sollen erst nach dem Erscheinen im Anzeiger " bei
anderen Zeitschriften eingereicht werden.
Bei der Veröffentlichung an anderer Stelle ist dann anzugeben, daß die
Abhandlung aus den Schriften der Akademie stammt.
Die Einreichung einer Abhandlung bei einer anderen Zeitschrift, welche
denselben Inhalt in wesentlich geänderter und gekürzter Form mitteilt,
ist unter der Bedingung, daß der Inhalt im Anzeiger der Akademie mitgeteilt
wurde und daß die Abhandlung als »Auszug aus einer der Akademie der
Wissenschaften in Wien vorgelegten Abhandlung« bezeichnet wird, zulässig,
sobald der Verfasser die Verständigung erhalten hat, daß seine Arbeit von
der Akademie angenommen wurde. Von solchen ungekürzten oder gekürzten
Veröffentlichungen an anderer Stelle hat der Verfasser ein Belegexemplar
der mathematisch -naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie einzu-
senden.
Für die Veröffentlichung einer von der Klasse angenommenen Abhand-
lung an anderer Stelle gelten jedoch folgende Einschränkungen:
1. Arbeiten, die in die Monatshefte für Chemie aufgenommen werden,
dürfen in anderen chemischen Zeitschriften deutscher Sprache nicht (auch
nicht auszugsweise) veröffentlicht werden;
2. Arbeiten, welche von der Akademie subventioniert wurden, dürfen
nur mit Erlaubnis der Klasse anderweitig veröffentlicht werden ;
3. Abhandlungen, für welche von der Akademie ein Honorar bezahlt
wird, dürfen in anderen Zeitschriften nur in wesentlich veränderter und
gekürzter Form veröffentlicht werden, außer wenn die mathematisch-natur-
wissenschaftliche Klasse zum unveränderten Abdruck ihre Einwilligung gibt.
WHOI Library - Se
5 "WHSE 00860