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Full text of "Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse"

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Akademie   der  Wissenschaften    in  Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 

Abteilung  I 
129.  Band 

Jahrgang  1920         Heft  1   bis   10 
(Mit  12  Tafeln  und  52  Textfiguren) 


Wien,    1920 

Aus  der  Staatsdruckerei 

In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


III 


Inhalt 

Seite 

Bersa  E.,  Über  das  Vorkommen  von  kohlensaurem  Kalk  in  einer 
Gruppe  von  Schwefelbakterien.  (Mit  1  Tafel  und  2  Textfiguren.) 
[Preis:    11  K] 231 

Brunswik  H.,  Über  das  Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamari- 

caceae.  (Mit   1  Tafel  und   1  Textfigur)  [Preis:  8  K] 115 

Diener  C,  Neue  Ceratitoidea  aus  den  Hallstätter  Kalken  des  Salzkammer- 
gutes. (Mit   1  Tafel.)  [Preis:  40  K] 513 

—     Die   Ceratitoidea    der    karnisch-norischen  Mischfauna    des    Feuer- 

kogels  bei  Aussee.  (Mit  3  Tafeln  und  3  Textfiguren.)  [Preis:  80 K]  .     589 

Doelter  C,    Neue  Untersuchungen   über   die  Farbenveränderungen  von 

Mineralien  durch  Strahlungen.  (Mit   6  Textfiguren)  [Preis:   18  K]     399 

Früchtl  F.,  Planktoncopepoden  aus  der  nördlichen  Adria.  (Mit  6  Text- 
figuren) [Preis:    12  K] 463 

Fürth  P.,  Zur  Biologie  und  Mikrochemie  einiger  Pirola-Avten.  (Mit  1  Tafel 

und  3  Textfiguren.)  [Preis:   32  K] 559 

Gicklhorn  J.,  Studien  an  Eisenorganismen.  (I.  Mitteilung.)  (Mit  5  Text- 
figuren.) [Preis:   10  K] 187 

Handlirsch  A.,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  paläozoischen  Blattarien.  (Mit 

8  Textfiguren.)  [Preis:  9  K] 431 

Höhnel  F.,    Fragmente    zur  Mykologie    (XXIV.  Mitteilung  Nr.  1189  bis 

1214)  [Preis:    15  K] 137 

Jung  J.,  Über  den  Nachweis  und  die  Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzen- 
reiche. (Mit  1  Tafel.)  [Preis:   22  K] 297 

Klein  G.,    Studien   über   das  Anthochlor.  (I.  Mitteilung.)    (Mit  1   Tafel.) 

[Preis:  27  KJ 341 

Krasser  F.,  Die  Doggerflora  von  Sardinien  [Preis :  7  K] 3 

Linsbauer  K.,    Bemerkungen    über   Alfred    Fischer's    »Gefäßglykose«. 

(Mit  3  Textfiguren.)  [Preis:   6  K] 215 

Mohr  H.,  Lößstudien  an  der  Wolga.  (Mit  5  Textfiguren.)  [Preis:    12 K]  .    .       29 

Molisch    H.,    Aschenbild    und    Pflanzenverwandtschaft.    (Mit    3  Tafeln.) 

[Preis:  20  Kl 261 

Priesner  H.,  Kurze  Beschreibungen  neuer  Thysanopteren  aus  Öster- 
reich. (Mit  8  Textfiguren.)  [Preis:   5  K  40  h] 71 

Schmidt  W.,   Zur  Oberflächengestaltung  der  Umgebung  Leobens  [Preis: 

14  K] 539 

Tertsch    H.,    Krystallographische     Bemerkungen     zum    Atombau.     (Mit 

2  Textfiguren)  [Preis:  8  K] 91 


A  2*11 


Akademie   der   Wissenschaften    in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,   Botanik,    Physiologie    der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


129.  Band.   1.  und  2.  Heft 


4> 


Die  Doggerflora  von  Sardinien 

Von 

Dr.  Fridolin  Krasser 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  15.  Jänner  1920) 

I.  Historisches  und  allgemeine  Bemerkungen. 

Wie  A.  Tornquist  (04)  nachgewiesen  hat,  sind  die  im 
mittleren  und  östlichen  Sardinien  unmittelbar  auf  dem  paläo- 
zoischen Gebirge  auflagernden  Sedimente  jurassischen 
Alters.  Kein  triadisches  Schichtgestein  ist  aus  diesem  Gebiete 
bekannt,  denn  weder  die  pflanzenführenden  Schichten  von 
Laconi.  welche  von  D.  Lovisato  (03)  als  triadisch,  noch  die 
pflanzenführenden  Sandsteine  von  Crispusu  bei  Belvi,  von 
Tesili  und  der  Tonnen,  welche  von  demselben  Forscher  als 
rhätisch  oder  liäsisch  angesehen  worden  waren,  gehören 
diesen  Perioden  an.  Auch  sie  haben  sich  als  jurassisch 
erwiesen.  Die  in  diesen  Gebieten  aufgefundenen  Pflanzenreste, 
deren  Aufschließung hauptsächlich  denBemühungenLovisato's 
zu  verdanken  ist,  haben  die  Auffassung  Tornquist's,  die 
außer  auf  die  stratigraphischen  Verhältnisse,  insbesondere  auf 
die  richtige  Determinierung  einiger  Pflanzenreste  gegründet 
wurde,  durchaus  bestätigt.  Lovisato's  Ansicht  schien  durch 
einige  von  Sterzel  herrührende  irrige  Bestimmungen  gestützt, 
welche  durch  die  im  allgemeinen  recht  schlechte  Erhaltung 
der  Pflanzenreste  verursacht  worden  waren. 

Aus  Sardinien  sind  bisher  nur  jungpaläozoische  und 
jurassische  Pflanzenreste  bekannt  geworden.  Die  ersteren  sind 
erst   1001   von  Arcangeli  (01)    genauer  beschrieben  und  als 


4  F,  Krasser, 

Repräsentanten  einer  Permocarbonflora  erkannt  worden.  Über 
die  letzteren  liegen  nur  vor  die  Angaben  von  Tornquist  (04) 
über  PtiJopJiyUuni  pecten,    Otozamites  Beani   und   Coniopteris 

cf.  arguta,  sowie  von  mir  eine  Bearbeitung  der  Williamsonien, 
Krasser  (12,  15),  und  eine  Enumeratio  der  fossilen  Flora 
der  die  Williamsonien  bergenden  Juraschichten,  Krasser  (13), 
aus  welcher  bereits  hervorgeht,  daß  diese  Juraflora  sehr  mit 
der  dem  Inferior  Oolite  angehörigen  fossilen  Flora  der 
Küste  von  Yorkshire  übereinstimmt,  also  eine  Doggerflora 
repräsentiert. 

Meine  Enumeratio  von  1913  verzeichnet  bereits  unter 
21  nicht  weniger  als  14  mit  der  Doggerflora  der  Yorkshire- 
küste  gemeinsame  Arten.  Sie  bezog  sich  auf  eine  mir  von 
Domenico  Lovisato  über  Veranlassung  von  Salfeld  zur 
Bestimmung  zugesandte  Aufsammiung.  Es  war  Lovisato 
damals  in  erster  Linie  wohl  um  eine  Yergleichung  der 
sardinischen  Pflanzen  mit  der  Flora  der  Lunzer  Trias  mit 
den.  charakteristischen  Pterophyllum- Arten  zu  tun,  um  seine 
Ansicht  über  das  Vorkommen  der  Trias  in  Mittel-  und  Ost- 
sardinien phytopaläontologisch  zu  stützen.  Nach  meinen 
Publikationen  hatte  er  die  Liebenswürdigkeit  aus  freien  Stücken 
noch  mehr  Untersuchungsmaterial  zu  übersenden,  welches  ich 
wegen  der  durch  den  Weltkrieg  verursachten  argen  Störung 
rein  wissenschaftlicher  Stadien  und  psychischen  Hemmungen 
nur  allmählich,  mit  großen  zeitlichen  Unterbrechungen  —  denn 
die  Arbeit  war  für  mich  nur  in  Wien  durchführbar  — ,  auf- 
arbeiten konnte.  Meine  Altersbestimmung  der  vermeintlichen 
Triasflora  als  Doggerflora  erfuhr  dadurch  noch  weitere  Stützen, 
denn  es  ergaben  sich  noch  eine  Reihe  von  wichtigen  Arten, 
welche  mit  Arten  von  der  Yorkshireküste  identisch  sind, 
sowie  einige  andere  interessante  Vorkommnisse. 

II.  Fundorte  und  Erhaltungszustand. 

Die  Fundstätten,  welche  Lovisato  ausbeutete,  befinden 
sich  in  der  Umgebung  von  Laconi.  Die  Hauptmasse  der  mir 
vorgelegten  Reste  stammt  von  Arcidano  de  Laconi,  die  übrigen 
von  Costa  de  Mandera    im    Park    des    Marquis   de  Laconi    in 


Doggerflora  von  Sardinien.  O 

Laconi,  ans  den  Schichten  Gres  de  Canali  ( Utastra  bei 
Cignoni  und  von  Tnpe  Caniga.  Von  der  letztgenannten 
Lokalität  stammen  die  am  schlechtesten  erhaltenen  Beleg- 
stücke. In  der  Sammlung  Lovisato  befinden  sich  aber  auch 
zahlreiche  Stücke  von  genügend  guter,  seltener  von  sehr 
guter  Erhaltung,  so  daß  es  möglich  war,  durch  genaue  Unter- 
suchung die  Zusammensetzung  der  fossilen  Juraflora  von 
Laconi  mit  Sicherheit  festzustellen  und  eine  monographische 
Bearbeitung  anzubahnen. 

Da  ich  mangelnder  Detailetikettierung  der  Belegstücke 
halber  nicht  in  der  Lage  bin,  die  einzelnen  Lokalflorulen 
genau  abzugrenzen,  muß  ich  diese  Zusammenstellung  dem 
bodenständigen  Forscher  empfehlen,  dem  durch  meine  Deter- 
minierung der  numerierten  Stücke  seiner  Kollektion  der 
Weg  hierzu  geebnet  ist. 

Es  wird  für  den  Zweck  der  vorliegenden  Arbeit  wegen 
der  nötigen  Kürze  der  Zitation  am  besten  sein  zu  unter- 
scheiden: 

Lov.  A:    Nr Die  Aufsammlung   von  verschiedenen 

Lokalitäten,  welche  meiner  Enumeratio  von  1913  zugrunde 
liegen,  und 

Lov.  B:  Nr.  .  .  .  die  Aufsammlungen,  welche  mir  nach 
diesem  Zeitpunkte   vorlagen. 

Die  meisten  der  von  mir  untersuchten  Pflanzenreste 
liegen  in  einem  tonigen  Medium  eingeschlossen.  Speziell  für 
Lov.  B  gilt  folgendes:  Die  Pflanzenreste  liegen  teils  in  einem 
weißen  bis  gelblichen  zum  Teil  zerfallenden  feinkörnigen 
geschichteten  Sandstein  (Lov.  B:  1  bis  63),  teils  in  einem 
mehr  oder  weniger  dunkel  oder  heller  braungrauen  Ton 
(Lov.  B:  64  bis  128),  teils  in  einem  festen  eisenschüssigen 
Sandstein  (Lov.  B:  129  bis  133).  Die  im  letzteren  bisher 
zutage  geförderten  Reste  sind  jedoch  leider  von  so  schlechter 
Erhaltung;,  daß  ihre  Bestimmung  unmöglich  war. 


III.  Catalogus  systematieus 

plantarum    fossilium    in    stratis   jufassicis   formationis  Dogger 
insulae  Sardiniae  detectis  (Flora  fossilis  Laconiensis). 


F.   Krasser, 


Die  fossile  Doggerflora  von  Laconi  in  Sardinien. 

Da  fast  alle  Arten  der  Flora  fossilis  Laconiensis  in  der 
Doggerflora  der  Yorkshireküste  Englands  vertreten  sind, 
werden  sie  im  nachfolgenden  Katalog  in  der  Reihenfolge 
erörtert,  die  in  A.  C.  Seward:  The  Jnrassic  Flora  (I.  The 
Yorkshire  Coast,  London  1900;  IL  Liassic  and  oolitic  floras 
of-  England  [excluding  the  inferior  oolite  plants  of  the 
Yorkshire  Coast],  London  1904)  eingehalten  wird.  Bekanntlieh 
bildet  dieses  Werk  den  III.  und  IV.  Teil  des  Catalogue  of 
the  Mesozoic  Plants  in  the  Department  of  Geology  British 
Museum   (Natural  History). 

Bei  jeder  Art,  welche  mit  einer  der  Doggerflora  Englands 
identisch  ist,  wird  das  genannte  Werk  kurz  zitiert:  Sew.  I, 
p.  .  .,  respektive  Sew.  II,  p.  .  . .  Weiters  wird  stets  gegebenen 
Falles  meine  Enumeratio  (Kr.  13)  und  meine  Williamsonia- 
Abhandlung  (Kr.  12)  zitiert  werden.  Wo  es  notwendig  ist, 
wird  auch  andere  Literatur  angegeben.  Es  handelt  sich  dabei 
nur  um  die  Begründung  der  Bestimmung,  respektive  der 
Nomenklatur  in   kürzester  Form. 

Bezüglich  der  Zitation  der  Belegstücke  aus  den  Auf- 
sammlungen Lovisato's  wolle  man  die  Ausführungen  im 
vorhergehenden  Kapitel  nachsehen. 

Equisetites  columnaris  Brongn. 
Sew.   I,   p.   53. 

Low  B:  1  (über  30  cm  langes  Stammfragment,  mehrere 
Internodien,  Oberflächen  verschieden  tiefer  Gewebezonen), 
2  i.l  bis  4),  3,  4  (1,  2:  Scheide),  5,  6  (Scheide),  7  bis  13 
(meist  ansehnliche  Stammoberflächen  oder  Steinkerne),  17  (ver- 
■chiedene  Erhaltungszustände,  auch  geringfügige  Pagiophyllum 
Wüliamsoni  -  Reste  und  Sagenopteris  -  Spreitenteil'),  18,  21 
(Stammfragment  mit  Knoten  im  Abdruck  der  Oberseite  und 
Hohldruck,  auch  Ptilophyllum  pecten),  23,  31  (normale  Equi- 
5c7/7c\v-Oberfläche  mit  aufgelagerter  Sagenopteris  Goeppertiana), 
32,  42  (Diaphragma,  auch  Sproß  von  Pagiopliylhim  Wüliam- 
soni),  44  (reichlich  verzweigtes  Stammfragment,  auch 
WiÜiamsonia    acuminata),    51     (Diaphragma,    schiefer    Quer- 


Doggerflora  von  Sardinien.  7 

bruch),  52  (Diaphragma),  53  (Scheide,  auch  ein  Fragment 
einer  Primärrieder  von  Dictyopkyllum  ntgosnm),  54  (1 :  Dia- 
phragma, 2:  gänzlich  zerquetsches  Fragment),  59  und  60. 

Ich  habe  sämtliche  Reste  unter  Equisetites  columnavis 
subsummiert,  da  ich  zur  Ansicht  gelangt  bin,  daß  Equisetites 
Beani  (Bunb.)  Sevv.  (1851)  lediglich  die  dickeren  Achsen 
(in  der  Kollektion  Lovisato  übrigens  die  Hauptmasse  der 
besser  erhaltenen  Equisetites)  desselben  Typus  repräsentiert, 
dessen  dünnere  Achsen  die  typischen  Equisetites  columnaris 
Brongn.  (1828)  darstellen. 

Laccopteris  Presl. 

Sew.   I.  p.   77.  —  Kr.    13. 

Die  Abgrenzung  der  Arten,  welche  gewöhnlich  dieser 
Gattung  zugezählt  werden,  ist  schwierig.  Sie  wird  erst  mit 
Sicherheit  gelingen,  wenn  sie  an  vollständigeren  Resten,  als 
sie  zumeist  beschrieben  wurden,  auch  nach  ihrer  geologischen 
und  geographischen  Verbreitung  studiert  werden  können.  Es 
kommt  nicht  allein  auf  Schnitt,  Abgrenzung  und  Nervation 
der  Fiederchen,  sondern  auch  auf  die  Lage  und  Beschaffen- 
heit der  Sori  und  der  Sporangien  an.  Eine  weitere  Schwierig- 
keit liegt  auch  in  der  Abgrenzung  von  Laccopteris  gegen- 
über Gutbiera,  Andriama  und  Natkorstia. 

Aus  Sardinien  liegen  bisher  ganze  Primärfiedern  nicht 
vor,  wohl  aber  sowohl  sterile  als  fertile  Fiederchen,  auch 
einzelne  Spindelfragmente  mit  mehreren  Fiederchen. 

Zunächst  kann  man  relativ  breite  und  lange  und 
schmälere  kürzere  Fiederchen  unterscheiden.  Die  ersteren 
lassen  sich  jedoch  trotz  habitueller  Ähnlichkeit  nicht  mit 
Sicherheit  der  bisher  aus  dem  englischen  Kimmerridge  und 
aus  der  VVealdenformation  bekannten  L.  I  tunke  vi  Schenk 
unterordnen,  sie  gehören  aber  auch  nicht  zu  L.  polypoJioides 
Brongn.,  welches  für  den  Dogger  von  England  charakteristisch 
ist.  Xatlwrstia  Heer  liegt  nach  der  Beschaffenheit  der  Sori 
zu  schließen,  sicher  nicht  vor.  Wir  haben  einen  Laccopteris- 
Typus  vor  uns,  dessen  Fiederchen  8  mm  Breite  und  beträcht- 
liche Länge  besitzen  (Lov.  A:   18  ein  Fragment  von  60////;/!'. 


8  F.  Krasser, 

dessen  kreisrunde  Soren  knapp  an  die  Mittelnerven  gereiht 
sind,  einen  Durchmesser  von  einem  Drittel  der  halben 
Fiederchenspreite  besitzen  und  aus  zahlreichen  Sporangien 
bestehen.  Diese  sardinische  Laccopteris  gleicht  sehr  einer 
Laccopteris  aus  dem  Unterlias  von  Steierdorf  im  Banatr 
welche  von  Stur  als  L.  spectabilis  nom.  mus.  signiert  wurde. 
Bei  Laccopteris  polypodioides  Brongn.  sind  die  Sori  vom 
Mittelnerv  um  ein  Nervenfeld  entfernt  gestellt  (Sew.  I,  Fig.  1 1  B). 
Im  Inf.  Oolit  von  Stamford  kommt  übrigens  auch  eine 
Laccopteris  vor,  welche  von  Seward  als  höchst  wahr- 
scheinlich zu  L.  polypodioides  gehörig  betrachtet  wird 
(Seward,  Matonia  p.  198,  fig.  9  C;  reproduziert  Sew.  I, 
fig.  HC),  bei  welcher  jedoch  die  Sori  knapp  an  die  Mittel- 
nerven gereiht  sind!  Dieser  Typus  scheint  bisher  nur  in 
spärlichen  Fragmenten  bekannt  zu  sein.  Nach  der  zitierten 
Abbildung  ist  die  Nervatur  reicher  gegabelt  als  bei  der 
typischen  L.  polypodioides.  Es  liegt  mir  übrigens  aus  Sardinien 
auch  ein  Belegstück  vor  (Lov.  B:  73),  welches  diesem  Ner- 
vationstypus  vollkommen  entspricht. 

Mit  Laccopteris  Woodtvardi  (Leckenby)  Sew.  stimmen 
Lov.  A:  81   und  Lov.  B:  87  sehr  gut  überein. 

Die  Laccopteris  mit  schmäleren  Fiederchen  stehen  der 
Laccopteris  elegans  Presl  im  Schnitt  der  Fiederchen,  Nervatur 
und  Ausbildung  der  Sori  so  nahe  (Lov.  A:  53  a,  b),  daß  sie 
davon   kaum  getrennt  werden  können. 

Zu  Laccopteris  gehören: 

Lov.  A:  3  und  18  (cf.  L.  spectabilis),  53  a,  b  (L.  elegans), 
81   (L.   Woodwardi). 

Lov.  B:  37  (L.  elegans,  mit  Ptilophyllum  pecten  und 
Cheirolepis  setosus),  64  (cf.  L.  spectabilis,  Spindelfragment 
mit  9  Fiederchen),  73  (1,  2:  cf.  L.  »polypodioides  von 
Stamford)  zeigt  ein  1  cm  breites  Fiederchenfragment  mit 
prachtvoll  erhaltener  Nervatur,  74  (1,  2),  76  bis  78.  80,  82 
bis  85,  86  (1,  2:  schmälere  Fiedern),  95  (mit  ?  Sporocarpium 
von  Si igenopteris). 


Doggerflora  von  Sardinien.  9 

Todites  Williamsoni  (Brongn.)  Sew. 
Sew.  I.  p.  87.   -   Kr.   13. 

Lov.  .4:  5,  6,  12,  30,  63;  8  (im  Sandstein).  Auf  ein- 
zelnen Stücken  mit  Ptilophyllum  pecten  und  Coniopteris 
hymenophylloides. 

Lov.  B:  4-3  zweifelhaft! 

Coniopteris  hymenophylloides  (Brongn.)  Sew. 

Sew.    I,   p.   99.   —   Kr.    13. 

Lov.  A:  7,  17,  23,  27,  30,  31  bis  33,  60,  61.  Auf 
einzelnen  Stücken  mit  Ptilophyllum  pecten,  Nageiopsis  anglica, 
Baiera  Phillipsi,   Todites   Williamsoni. 

Coniopteris  cf.  arguta  L.  et  H. 

Sew.  I,  p.   115.  —  Tornquist  (04),  p.   158;  T.  4,  F.  5. 

Besitzt  geringere  Dimensionen  als  die  englische  Pflanze. 
Im  Jura  von  Crispisu  bei  Bei  vi. 

Dictyophyllum  rugosum  L.  et  H. 

Sew.   I,  p.    122. 

Lov.  B:  47  (1:  Mehrere  Fiedern  erster  Ordnung  in 
beträchtlichen  Fragmenten),  55  (mit  Arancarites  Sardiniens), 
49  (1 :  wahrscheinlich  hierhergehöriger  undeutlicher  Abdruck 
einer  Gabelung  mit  Nilssonia  compta;  2:  undeutlicher  Abdruck 
einer  Gabelung). 

Klukia  exilis  (Phill.)  Racib. 

Sew.   I,   p.    130.   —   Kr.    13. 

Lov.  .4:  70a.  Das  einzige  Belegstück. 

Cladophlebis  denticulata  (Brongn.)  Font. 
Sew.  I,  p.   134.   —   Kr.   13. 

Lov.  A:  64  (Bruchstück  einer  Fieder  vorletzter  Ordnung 
mit  kleineren,  also  mehr  spitzennahen  Fiedern  letzter  Ordnung 
vom  Typus  Neuropteris  Ugata  L.  et  H.). 


1  f )  F.   K  r a  s  s  c  r, 

Taeniopteris  vittata  Brongn. 
Sew.  I,  p.   IT) 7.   —   Kr.    13. 

Lov.  A:    45  und   72,    bloß  Laminarfragmente,    daher    die 
Artbestimmung  nicht  sicher,  wenn   auch  sehr  wahrscheinlich. 
Lov.  B:  45  (Blattspitze). 

Sagenopteris  Goeppertiana  Zigno. 
1865.   Zigno  A.  de:   Enum.   filic.  foss.  form,  oolit.,   p.   36. 
1867.   Zigno   A.   de:   Flora  foss.  form,   oolit.   I,  p.    188,   tah.   21    et  22. 
1874.   Schimper  Ph.:  Traite   III,  p.   518. 

Lov.  B:  31  (stark  asymmetrische  basale  Fiederhälfte, 
auch  Equiseiites  Oberfläche),  35  (1:  mit  Cheirolepis  setosus, 
auf  der  Rückseite  Nilssonia  coiupta),  38  (1:  Gegendruck  zu 
31.  Fast  vollständige  Fieder,  auch  Querbruch  von  Equiseiites 
columnaris,  Fragmente  von  Laccopteris),  39  (fast  vollständige 
Fieder),  40  sowie  41  und  49  basale  Partien  einzelner 
Fiedern. 

95  (Abdruck  eines  Sporocarpiums,  ähnlich  dem  von 
Marsileä),  99  und  101    (PSporocarpien,  undeutliche  Abdrücke.) 

Sowohl  gewisse  Formen  von  Sagenopteris  Phillipsi 
(Brongn.)  Stern b.  des  englischen  Dogger,  als  von  Sageno- 
pteris rkoifolia  Schenk  des  deutschen  Unterlias  gleichen 
habituell  ziemlich  der  Sagenopteris  Goeppertiana  Zigno.  Bei 
der  letzteren  sind  die  Fiedern  stumpf  abgerundet,  die  Mtftel- 
ader  aber  breit  und  bis  zur  Spreitenmitte  reichend.  Siehe 
in  dieser  Beziehung  Sew.  I,  p.  105,  und  Salfeld  (09,  p.  19). 

Sagenopteris  Goeppertiana  (inklusive  rotundata,  Brauniana 
und  Brognartiana  als  Entwicklungszuständen)  wurde  von 
Zigno  aus  dem  Oolith  des  Val  Zuliani  bei  Rovere  di  Vela 
im  Yeronesischen  beschrieben.  Sie  ist  anscheinend  für  das 
südeuropäische  Juragebiet  charakteristisch. 

Baiera  Phillipsi  Nath. 
Sew.   I,   p.  279.   —   Kr.    13. 

Lov.  .4:  28  (mit  Coniopteris  hymenophylloides  und  JPtilo- 
phyll  pecten). 


Doeeerflora  von   Sardinien.  1  1 


Czekanowskia  Murrayana  (L.  et  H.)  Sevv. 
Sew.   I,  p.   279.   —   Kr.    13. 

Lov.  A:  20,  50,  56,  58.  Einzelne  Belegstücke  auch  mit 
Nilssonia  compta,  Ptilophyllum  pecten,   Spiropteris. 

Lov.  B:  79  zeigt  Bruchstücke  sehr  feiner  Nadeln,  wohl 
zu  einer  anderen  Art  (cf.  Cz.  sctacea  Heer)  gehörig.  Es  kann 
sich  aber  auch  um  der  Länge  nach  zerfaserte  Murrayana- 
Nadeln  handeln. 

Nilssonia  compta  (Phill.)  Brongn. 
Sew.   I.   p.   223.   -    Kr.    13. 

Lov.  A:  50  (mit  CzekanowsTzia  Murrayana). 

Lov.  B:  34  (Blattspitze),  35  (1,  2:  Mittelpartie  des 
Blattes,  35/1  zeigt  auch  eine  Sagenopteris  Goeppertiana 
Fiederbasis  und  Cheirohpis  Sardiniens),  36  (mittlere  Blatt- 
partie), 45  (1  und  2:  Spreitenfragmente),  49  (Fragment,  auch 
die  Basis  der  Verzweigung  eines  Dicty<>/?/ivI!iim-B\&ttes)  63 
(Spreitenfragment).  Hierher  dürften  auch  97,  ein  warziger 
Karpolith  und  42,  Blattstiele,  gehören. 

Die  Mehrzahl  der  mir  vorgelegenen  Reste  zeigen  breite 
Spreiten  und  den  Übergang  der  ungeteilten  in  die  segmen- 
tierte Spreite.  Die  Reste  repräsentieren  überdies  teils  die 
breitspreitige  Form,  welche  Seward  I,  p.  227,  Fig.  40,  ab- 
gebildet hat,  oder  sie  stehen  ihr  wenigstens  in  den  Dimensionen 
wenig  nach.  Die  Breite  einer  Spreitenhälfte  aus  der  Mittel- 
partie bewegt  sich,  querüber  vom  Medianus  zum  Blattrand 
gemessen,  bei  den  verschiedenen  Exemplaren  zwischen  3  und 
5  cm\  Die  Dichte  der  Nervation  entspricht  vollkommen  der 
Darstellung  in  der  zitierten  Seward'schen  Abbildung. 

Es  ist  übrigens  nicht  unwahrscheinlich,  daß  sich  die 
breitspreitigen,  gegenwärtig  zu  Nilssonia  compta  gestellten 
Exemplare  aus  dem  Dogger  von  England  und  Sardinien 
beim  vergleichenden  Studium  größeren  Materiales  als  eigene 
Art  erweisen  werden.  Auch  für  die  breitspreitigen  Exemplare 
von  Nilssonia  orientalis  des  Kimmeridge  besteht  diese 
Möglichkeit. 


1 2  F.  K rasser, 

Die  Gattung  Nüssoniopteris  Nath.  (Nathorst  09,  p.  29), 
im  englischen  Dogger  Nüssoniopteris  tenuinervis  Nath.,  ist 
nach  den  Nervationsverhältnissen  —  sie  ist  bekanntlich  durch 
randnahe,  wenn  auch  spärliche  Gabelungen  einzelner  Sekundär- 
nerven charakterisiert  —  für  die  sardinischen  Fossile  aus- 
geschlossen. 

Otozamites  Beani  (L.  et  H.)  Brongn. 
Sew.  I,  p.   207.   --  Tornquist  (04),  p.    157   et  tab.  4.   fig.  4. 

Nach  Tornquist  ähnlich,  vielleicht  identisch  mit 
Otozamites  Ganossae  Zigno  aus  dem  Lias  (calcare  grigi) 
des  Veronesischen. 

Im  Jura  von  Crispisu  bei  Belvi. 

Otozamites  Lovisatoi  F.  Krasser. 
Kr.    13,  p.  5:  Diagnose  und  Unterschiede  von   ähnlichen  Arten. 

Lov.  A:  59  (a,  b).  Eine  Art  aus  der  Saporta'schen 
Gruppe  des  O.  brevifolius  F.  Br.  Steht  dem  O.  recurrens 
Sap.,  sowie  0.  vicentinus  Zigno  und  O.  veronensis  Zigno 
nahe. 

Ptilophyllum  pecten  (Ph i  11.)  Morris. 

1841.    Morris  J.,    Remarks    upon    the    recent    and    fossil   Cycadaceae.  Ann. 

and  Mag.   Nat.  History,  vol.   7,   p.    117. 
1904.  Tornquist  A.,    Beitr.    z.   Geol.    d.    westl.   Mittelmeerländer  I.    X.  J.  f. 

M.   G.  u.  Pal.,   Beilagebd.   20,  p.    155;  t.  4.   F.    1—3. 
1912.    Krasser  F.,     Wüliamsottia    in    Sardinien.    Sitzb.    Akad.   Wiss.  Wien, 

m.-n.   Kl.,   Bd.    121,  Abt.   I,    p.   26,  Textfig.    15   auf  p.  '11. 
Synon. : 

Williamsonia  pecten  (Phill.)  Sew.  ex  p. 

Sew.   I,   p.    190  ex  p.    —    Kr.    13. 

Lov.  A:  1  (1  bis  6,  8  bis  12),  2  (1),  3  (1,  2,  4  bis  10), 
5  bis  10,  12.7,  13,  15,  18  (3),  26,  28,  30,  31a,  33  (5),  58, 
60  a,  c.  Im  Sandstein  74  bis  79,  2  a,  b.  An  einzelnen  Stücken 
fanden  sich  außerdem  Todites  Wiltiamsoui ,  Coniopteris 
hymenophylloides,  Baiera  Philiipsi,  Czekanowskia  Murrayana. 
Näheres  Kr.   13. 


Doggerflora  von   Sardinien.  1  •  > 

Lov.  B:  19  (mehr  terminale  Partie),  20  (mit  Equ.  cohtm- 
naris  und  Pagiophyllum  Wüliamsom),  25  (mit  Equisetites 
columnaris),  37  (ansehnliches  Blattfragment  mit  Laccopteris 
elegans  und  Chcirolepis  setosus),  48  (Blattspitze,  mit  Cheiro- 
lepis  setosiis  und  stark  mazerierter  Equisetites  Rindenober- 
fläche), 63  (1:  mittlere  Blattpartie),  65  (kleines  Fragment  mit 
basalen  Fiedern). 

Von  Tomquist  angegeben  für  Zentralsardinien  zwischen 
Laconi  und  Nurallao  und  für  Ostsardinien  von  Seulo. 

Seward  hat  1.  c.  die  Art  außerordentlich  weit  gefaßt, 
Nathorst,  Halle  und  andere  sind  ihm  jedoch  in  dieser 
allzu  weiten  Fassung  nicht  gefolgt,  auch  die  Gattungs- 
bezeichnung Williamsonia  für  diese  Cycadophytenbeblätterung 
mußte  aufgegeben  werden,  da  für  verschiedene  der  unter 
1 1  "illiamsonia  zusammengefaßten  Cycadophyten-Blütentypen 
das  zugehörige  Laub  unter  den  Vertretern  verschiedener 
Gattungen  erkannt  wurde,  wie  Ptilophyllum,  Anomozamites, 
Ot(  >zam  ites,  Za  mit  es. 

Zamites  sp. 

Lov.  B:  33  (1  bis  3).  Nur  drei  Abdrücke  kleiner  Frag- 
mente. Spindelbruchstücke  mit  einigen  unvollständigen  Fiedern 
letzter  Ordnung,  die  sich  gegenwärtig  nicht  näher  bestimmen 
lassen.  Spindel  bei  zwei  Stücken  2  mm,  bei  einem  4  mm 
breit.  Fiedern  mit  breiter,  etwas  verjüngter  Basis  auf  der 
Spindel  inseriert;  Länge  unbekannt,  jedoch  über  22  /;/;;/,  von 
zahlreichen  sehr  zarten  Längsnerven  in  kaum  strahliger 
Anordnung  durchzogen.  Fiederbreite  am  Rande  der  4  /;//// 
breiten  Spindel  etwa  9  mm,  Verbreiterung  auf  10  mm. 

Das  in  Rede  stehende  Fossil  erinnert  habituell  auch  an 
gewisse  Pteropkyllum  der  Rhät-Liasflora  und  selbst  der  Trias, 
es  zeigt  jedoch  nicht  die  für  Pteropkyllum  charakteristischen 
Gabelnerven.  Es  erinnert  auch  an  Pseuäoctenis  Lanei  Thomas 
aus  der  Doggerflora  von  Marske  im  Cleveland-District  (England) 
(Thomas  13,  p.  242,  tab.  24,  flg.  4,  tab.  26),  dem  wider- 
spricht aber  der  Ansatz  der  Fiedern,  wonach  eben  die  Ent- 
scheidung zugunsten  der  Einreihung  in  die  Gattung  Zamites 
fällt.    Über    die  Umgrenzung    der    Gattung  Zamites    verweise 


14  F.  Krasser, 

ich    auf   die    klaren  Ausführungen    von  Thore  G.  Halle  (13, 
p.  55)  in  seiner  mesozoischen  Flora  von  Grahamland. 

Podozamites  lanceolatus   (L.  et  H.)  Schimp. 

Sew.   I,    p.   242.    —    Zigno  A.   de:    Flora  foss.  form,  oolit.  II,   p.    119. 

Lov.  B:  66  (1),  67,  68  (1,  2),  96  (1,  2).  --  Durchaus  in 
den  Details  sehr  schöne  Abdrücke  einzelner  Fiedern,  jedoch 
sämtlich  unvollständig. 

Williamsonia  Carr. 

Sew.   I,  p.    177   ex  parte.    —    Kr.    12,    13,    15,    daselbst  weitere  Literatur! 

Williamsonia  Leckenbyi  Nath. 

Kr.    12.   Fig.    1    bis  8;    Kr.    13. 

Lov.  A:  44,  48,  49  (3,  4),  54  (a,  b).  —  Panzerzapfen 
in  verschiedenen  Erhaltungszuständen. 

Ohne  Nummer:  Herausgedrückter  Inhalt  eines  Panzer- 
zapfens mit  den  Samen. 

Williamsonia  Sewardi  F.   Krasser. 

Kr.    15,   p.    S;   tab.    :'.,    fig.   4   et   5. 
Synon. : 

Williamsonia  whitbiensis  F.  Krasser  non  Nath. 

Kr.    12.   fig.    13  et   14.   —   Kr.    13. 

Lov.  .4:  49  (1,  la),  --  Verschiedene  Erhaltungszustände. 

Williamsonia  acuminata  (Zigno). 

Synon.: 

1885.  Blastulepis  acuminata  Zi^no,  Fl.  foss.  form.  oöl.  2,  p.  175  et  tab.  l'A, 

fig.  lo. 
1888.   Williamsonia  italica  Saporta,  PI.  jur.  vol.  4,  p.  180  et  tab.  150,  151. 

Lov.  B:  41  (2)  und  42  (2)  Involukralblattfragmente,  44 
(1  bis  4)  mehrere  zusammenneigende  Involukralblätter,  1  und 
2  zusammen  mit  Araucarites  sphaerocarpus,  61  (1  bis  4) 
Fragmente  einzelner  Involukralblätter,  auf  1  und  2  Samen 
ähnlich  denen  von  Williamsonia  Wettstcini  Kr.  12,  fig.  9,  und 
den  an  Lov.  A  (ohne  Nummer)  unter  W.  Leckenbyi  erwähntem 


Doggerflorä  von   Sardinien.  15 

zerquetschten  Panzerzapfen   ersichtlichen  Samen,    welche  bei 
Kr.   12,  hg.  7,  abgebildet  sind. 

Die  Reste  zeigen  gute  Übereinstimmung  mit  den  von 
Achilles  de  Zigno  1885  als  Blastolepis  acuminata  aus  Oolith 
von  Rotzo  im  Gebiete  der  Sette  Comuni  im  Vizentinischen 
beschriebenen  Fossil,  welches  Saporta  1888  in  der  Paläonto- 
logie francaise  nach  einer  ihm  von  Zigno  zur  Verfügung 
gestellten  Zeichnung  unter  Reproduktion  derselben  zutreffen- 
der als  Williamsonia  charakterisierte  (W.  italica  Sap.)  und 
mit  einer  genauen  Diagnose  versah,  ohne  jedoch  auf  Zigno's 
Beschreibung  Bezug  zu  nehmen.  Der  Schluß  des  4.  Bandes 
erschien  zwar  erst  1891,  Saporta  zitierte  jedoch,  offenbar 
versehentlich,  Blastolepis  acuminata  Zigno  an  keiner  Stelle. 

Auch  Schenk  erwähnt  diese  Reste  weder  in  seiner 
Paläophytologie,  noch  in  seinem  Werke:  Die  fossilen  Pflanzen- 
reste (1888). 

Erwähnenswert  ist,  daß  Zigno  eine  Blastolepis  Ötozamifis 
beschrieb  und  abbildete  (1.  c,  p.  174,  und  tab.  42,  flg.  9), 
d.  i.  eine  Williamsonia,  welche  sichtlich  in  situ  von  klein- 
fiederiger  Ofozamiles-Beblättevung  umgeben  ist.  Leider  ist  der 
betreffende  Rest  nicht  von  bester  Erhaltung.  Es  kann  sich 
um  eine  TT',  acuminata  handeln.  Als  Blastolepis  hat  übrigens 
Zigno  wahrscheinlich  sowohl  weibliche  (seine  B.  acuminata) 
als  auch  männliche  Williamsonien  (B.  falcata,  1.  c,  p.  175, 
tab.  42,  lig.  11)  beschrieben,  denn  die  letztere  gleicht  habituell 
ziemlich  einer  Williamsonia  spectäbilis  Nath.,  Sew.  I,  p.  28, 
erklärt  die  Zigno'schen  Blastolepis  als  Williamsonia  sp.  Er 
beschreibt  und  bildet  ab  in  seiner  Kimmeridgeflora  von  Suther- 
land  (Sew.  11,  p.  61  et  tab.- 5,  flg.  99)  ähnliche  kleinere 
Reste  als  »Williamsonia  sp.«  und  vergleicht  sie  mit  Blasto- 
lepis Otozamitis  Zigno,  Williamsonia  cretacea  Heer,  II'. 
microps  Feistm.  und  W.  oregonensis  Font.  In  diese  Reihe 
kann  man  auch  W.  Froschii  Schust,  TT'.  Fabrei  (Sap.) 
Sc  hu  st.  und  W.  psendo-gigas  Schust,  sowie  W.  infracretacea 
Schust.  (Schust.  11,  tab.  4 — 6,  fig.  div.)  einfügen.  Es  sind 
durchaus  Williamsonien,  die  noch  näherer  Erforschung 
bedürfen. 


16  F.   Krasser, 

Laconiella  nov.  gen.  et  nov.  sp. 

Kräftige  Hauptachse  mit  verschoben-gegenständigen,  dühn- 
stieligen,  keulenförmigen  Seitenachsen  (im  Abdruck  von 
löffeiförmiger  Gestalt). 

Die  Hauptachse  des  Fragmentes  fast  40/;////  lang,  2  mm 
breit,  läßt  beiderseits  die  Ursprungsstellen  von  6  Seiten- 
achsen (Stiel  1  mm  breit  bis  3  ////;/  Länge  wenig  verbreitert, 
dann  die  keulige  Verdickung  von  4  mm  Länge  und  4  ////// 
größter  Breite  nahe  der  Rundung)  erkennen,  von  denen  jeder- 
seits  jedoch  nur  4  teils  sehr  gut,  teils  deutlich  erkennbar 
erhalten  sind.  Zum  Teile  noch  mit  Kohlebelag. 

Laconiella  erinnert  habituell  an  den  weitaus  schmäch- 
tigeren Discostrobus  Treitlii  F.  Krasser  (17,  p.  47,  tab.  1, 
fig.  5,  6.)  von  Lunz,  welcher  aber  nicht  keulige,  sondern 
scheibentragende  Achsen  besitzt  und  als  Synangienträger  an- 
zusehen ist.  Ob  auch  Laconiella  als  Synangienträger  anzu- 
sehen ist  oder  ob  es  einen  Samenträger  darstellt,  läßt  sich 
gegenwärtig  nicht  entscheiden. 

Dieselbe  sparrige  Verzweigung  finden  wir  auch  bei  den 
wohlcharakterisierten  Samenträgern,  die  als  Beauia  Carr. 
und  Stenorrachis  Sap.  bekannt  sind. 

Laconiella  sardinica  nov.  gen.  et  nov.  sp. 

Die  Diagnose  dieser  bisher  einzigen  Art  deckt  sich  mit 
vorstehender  Beschreibung,  welche  der  Gattungscharakteri- 
sierung  dient. 

Lov.  B:  24  (mit  geringfügigen,  schlecht  erhaltenen  Pagio- 
phyllum    11  rilliamsoni). 

Laconiella  sardinica  nannte  ich  das  Fossil,  um  durch 
den  Namen  an  die  fossile  Flora  von  Laconi  in  Sardinien  zu 
erinnern. 

Cycadeospermum  Sap. 

Da  wir  die  Gattung  Nüssonia  nachgewiesen  haben,  muß 
auch  die  Frage  erörtert  werden,  ob  auch  die  Samen  derselben 
vorhanden  sind.  Selbst  nach  den  Untersuchungen  von 
Nathorst  (09,  Nüssonia)    wissen    wir    über    die  Samen    von 


Doggerflora  von  Sardinien.  1* 

Nüssonia  noch  nicht  sehr  viel.  Er  sagt  darüber  (1.  c,  p.  25): 
»Diese  Samen  müssen  zu  äußerst  eine  dicke  und  harzreiche 
Fleischschicht,  etwa  wie  bei  Gingko  oder  Cycas  gehabt  haben, 
während  eine  Hartschichte  entweder  fehlte  oder  nur  wenig 
entwickelt  war.  Denn  wenn  eine  kräftige  Hartschicht  wie  bei 
Cycäs  oder  Gingko  vorhanden  gewesen  wäre,  dann  können 
die  Samen  unmöglich  so  flachgedrückt  vorkommen,  wie  sie 
tatsächlich  vorliegen.  Die  Hartschicht  muß  daher  vermutlich 
durch  eine  weiche  oder  dünne  Schicht  ersetzt  gewesen  sein: 
die  Samen  von  Nüssonia  pterophylloides  (tab.  6,  fig.  1,  8),  da- 
gegen sind  die  Samen  von  N.  brevis  (tab.  6,  fig.  14—16)  und 
N.  polymorpha  kugelförmig  und  dürften  schwer  voneinander 
zu  trennen  sein.  Ich  halte  es  nicht  für  unmöglich,  daß 
Stenorrachis  scanicus  Nath.  die  weibliche  Blüte  von  Nüssonia 
sein  kann.« 

Wenn  man  die  zitierten  Nathorst'schen  Abbildungen  mit 
meinen  Abbildungen  von  Cycadeospermum  Persica  (Kr.  12, 
fig.  IIa,  b)  und  C.  Lovistoi  (ibid.  fig.  Yla,b,c)  vergleicht, 
könnte  man  auf  die  Vermutung  kommen,  es  lägen  Abdrücke 
von  Nilssonia-Samen  vor.  Das  kann  aber  nach  den  zitierten 
Angaben  Nathorst's  nicht  der  Fall  sein,  denn  es  handelt 
sich  bei  den  sardinischen  Cycadeospermum- Arten  um  Karpolithe 
mit  grubiger  Oberfläche  des  Steinkernes.  Siehe  die  dies- 
bezüglichen Ausführungen  in  meiner  zitierten  Abhandlung 
über  Wüliamsonia  in  Sardinien.  Ähnliche,  jedoch  deutlich 
verschiedene  Karpolithe  finden  sich  sowohl  in  der  Rhät- 
Liasflora  Frankens  als  im  Oolith  Norditaliens. 

Cycadeospermum  Persica  F.  Krasser. 

Kr.    12.   p.    15  et  tab.   2,   fig.    11  a,  h.    -    Kr.    13. 

Lov.  A:  40  (1  bis  4).  43. 

Cycadeospermum  Lovisatoi  F.  Krasser. 
Kr.    IL'.   P.    15   et  tab.   2,  fig.    Y2a.b,c.  —   Kr.  13. 

Lov.  A:  40  (5,   7),  41   (1,  2,  3,  5,  6). 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  1,  129.  Bd.  2 


18  F.    Krasser, 

Nageiopsis  anglica  Sew. 
Sew.   I.   p.   288,   Hg.   51.    —    Kr.    13. 

Lov.  A:   33  (14)  mit  Coniopteris  hymenophylloides. 

Nageiopsis    anglica    wird    von   Nathorst  (80,  Berättelse,, 
p.   73)  mit  Araucaria  Bidivilli  Hook,  verglichen. 

Pagiophyllum  Williamsoni  (Brongn.)  Sew. 
Sew.   I,  p.   291.    -    Kr.    13. 

Lov.  A:  9  (a,  b),  10,  73,  <SO.  -  Besonders  73  zeigt  die 
Beblätterung  sehr  gut  erhalten  und  zugleich  Ptilophyllum 
pecten.  Quer-  und  Längsbruch  eines  Zapfens  (Dimensionen 
45  :  25  mm)   zeigt  9. 

Lov.  B:  14,  27.  29,  51  (2),  107,  122  (1,  2).  -  Sehr 
stark  mazeriert  sind  27,  51  und  107.  Abgetrennte  und  sich 
ablösende  Schuppenblätter  sowie  den  Holzkörper  zeigt  27. 
Auf  Handstück  122  erblickt  man  Triebspitzen.  Die  Zugehörig- 
keit des  Zapfens,  Lov.  .4:  9,  mag  zweifelhaft  erscheinen,  ist 
jedoch  ziemlich  wahrscheinlich,  da  im  Gestein  keine  andere 
in  Betracht  kommende  Konifere  vorkommt  als  Pagiophyllum 
Williamsoni,  welches  von  Saporta  (Plant,  jur.  3,  p.  373)  als 
zur  Familie  der  Araucarien  gehörig  betrachtet  wird.  Die 
Oberfläche  des  Zapfens  (im  Hohldruck  erhalten)  stimmt  übrigens 
mit  Araucarites  ooliticus  (Carr.)  Sew.  (Sew.  I,  p.  133  und 
Figuren)  überein,  doch  besitzt  letzterer  weitaus  bedeutendere 
Dimensionen. 

Cheirolepis  setosus  (Phill.)  Sew. 
Sew.   I,   p.   294.  Textfig.   "i3  A,  B. 

Lov.  B:  15  (1  bis  3),  19  (mit  Pagiophyllum  Williamsoni 
und  Ptilophyllum  pecten),  22,  26,  28,  30  (1,  2),  35  (1,  2; 
1  :  mit  Nilssouia  compta  und  Sageiiopteris  Goeppertiana),  37 
(mit  Laccopteris  elegans  und  Ptilophyllum  pecten). 

Besonders  die  zitierte  Fig.  A  zeigt  beste  Übereinstimmung. 
Das  Fossil  bedarf  noch  weiteren  Studiums.  Auch  im  Dogger- 
Englands  fanden  sich  bisher  nur  wenige  Exemplare. 


Doggerflora  von   Sardinien.  19 

Conf.  Pityophyllum  Nordenskiöldi  (Heer)  Nath. 
Nathorst  07,   Spitzbergen,  p.    18. 

Lov.  B:  89  (Blattfragment  mit  der  Ouerrunzelung,  91 
(Oberseite). 

Man  kann  die  wenigen  Belegexemplare  vorläufig  nur  mit 
denen  von  Heer  aus  dem  braunen  Jura  des  Kap  Boheman 
auf  Spitzbergen  in  Beziehung  bringen.  Es  ist  bekannt,  daß 
die  Querrunzelung  zuweilen  auch  an  Sequoia  und  Taxites- 
blättern  zu  sehen  ist  (Nath.  97,  p.  18).  Im  Dogger  von 
England  kommt  Pityophyllum  nicht  vor,  wohl  aber  eine 
Taxites  zamioides  (Lecken by)  Sew.,  Sevv.  I,  p.  30  et  tab.  10, 
fig.  5,  welche  in  Betracht  käme.  Da  die  Blattbasis  nicht 
erhalten  ist,  läßt  sich  nicht  entscheiden,  ob  etwa  ein  Erhaltungs- 
zustand von   Taxites  vorliegt. 

Thuites  expansus  Sternb. 

Sew.   II,   p.    142.    -    Kr.    13. 

Lov.  .-1:   66. 

Brachyphyllum  mamillare  Brongn. 

Sew.   I,   P.   297.  —  Kr.    13. 

Lov.  -4:    1    mit  Ptilophyllum  pecteu. 

Araucarites  sardinicus  E.  Krasser. 
Synon.: 

Cycadeospermwm  sardinicum   Kr.    12,  p.   14,  fig.   10.   —   Kr.   13. 

Lov.  A:  42. 

Lov.  B:    44    (mit    Williamsonia    acivminatd),    50    (1,  2), 

55  (mit  Dictyophyllum  rugosum),  56,  57  (1:  mit  Sagenopteris 
Goeppertiaua,  Cheirolepis  setosus  und  Williamsonia  aamiinata; 
2),  58. 

Von  Araucarites  sphaerocarpus  Carr.  (Sew.  II,  p.  131; 
tab.  13,  fig.  2  —  4,  8)  ist  unsere  Art  durch  die  bedeutende 
Größe  des  Samens  unterschieden.  Ich  mußte  diese  Art 
ursprünglich  nach  dem  Erhaltungszustand  von  Lov.  A:  42 
als  ein  Cycadeospermum  bezeichnen,  da  dieses  mir  damals 
als  einziges  Belegstück  vorliegende  Exemplar  nur  den  Samen 


2<)  F.   Krasser, 

deutlich  erkennen  läßt:  Länge  17  mm,  Breite  VI  mm,  mit  sich 
scharf  abhebender  Randzone  (Steinschale).  Auffallend  für 
Cycadeospermum  war  der  elliptisch-eiförmige  Umriß.  Erst  die 
in  Lov.  B  vorliegenden  Exemplare,  besonders  50  (2)  und  56 
zeigen,  daß  es  sich  um  einen  Araucarites  handelt,  da  an 
diesen  Exemplaren  die  umschließende  Fruchtschuppe  deutlich 
zu  erkennen  ist. 

Mit  'Araucarites  --  man  vergleiche  auch  die  Samen  der 
rezenten  Araucaria  Bidwelli  -  -  stimmen  nun  alle  Merkmale 
sehr  gut.  Die  rezenten  Ai-aucarici Samen  besitzen  gleichfalls 
eine  massive  Steinschale.  50  (1)  zeigt  die  Samenkerne 
deutlich,  die  umwachsene  Schuppe  hingegen  undeutlich  er- 
halten, während  58  wieder  die  stark  mazerierte  Oberfläche 
der  Schuppe  aufweist. 

Ähnlich  sind  die  Araucarites  der  Juraflora  Indiens,  ziim 
Teil  auch  in  der  Größe  der  Samen,  ferner  die  von  Salfeld 
(07,  p.  198,  tab.  21,  fi'g.  2)  aus  den  Plattenkalken  von 
Nusplingen  im  Malm  von  Württemberg  als  »Zapfenschuppen 
von  Araucaria'?-  und  die  vom  selben  Autor  (09,  p.  25,  tab.  5, 
fig.  1-!'  als  "Cycadeospermum  (?)  Wittei«  aus  dem  Korallen- 
oolith  von  Lindenberge  bei  Hannover  beschriebenen  Vor- 
kommnisse. 

Im  Dogger  von  England  ist  jedenfalls  Araucarites 
sphaerocarpus  Carr.  aus  dem  Inferior  Oolite  von  Brutton, 
Somersetshire,  habituell  das  Änalogon  zur  sardinischen  Art. 
Die  Ähnlichkeit  ist  möglicherweise  grüßer,  als  die  Sevvard- 
schen  Abbildungen  erkennen  lassen,  da  sie  vielleicht  nur 
unreife  Zapfenschuppen  darstellen. 

Von  den  aus  Sardinien  bisher  bekannten  Araucarieen- 
Beblätterungen  kommt  wohl  nur  Pägiophyllum  Williamßoni 
in   Betracht. 

Carpolithes  Sternb. 

Außer  den  Samen  von  Williamsonia,  den  Cycadeospermum^ 
Arten,    dem  Araucarites  Sardiniens    linden    sich    noch  kleine 
Karpolithe  von  kreisförmigem  Umriß  und  flacher  Gestalt,  mit 
einem  Durchmesser  von  2  bis  4  mm. 
,    Lov.  B:  62   (',,   2),  66  (1,   2),   100. 


Doggerflora  von  Sardinien.  '-' 1 

Einen  längsstreifigen  flachen  Karpolithen  repräsentiert 
Lov.  B:   100. 

Schließlich   seien   noch   erwähnt: 

Lov.  B:  41   (1,  3,  4,  5)    und    42  (3,  4,  5):  Farnspindeln. 

Lov.  B:  46.  Ein  narbentragendes  Stammfragment,  welches 
noch  der  Aufklärung  durch  neue  Funde  bedarf,  mit  folgenden 
Merkmalen: 

Sardoa  Robitschekii  nov.  gen.  et  nov.  sp. 

Abdruck  einer  Stammoberfläche  (etwa  8  cm2  erhalten) 
mit  einigen  in  Quincunx  angeordneten  querrhombischen 
Blattnarben  mit  undeutlichen  Gefäßbündelspuren.  Letztere 
jedenfalls  nicht  hufeisenförmig.  Die  Narben  messen   5  :  .'i  //////. 

Am  ähnlichsten  erscheint  mir  Schuster's  (1  1.  tab.  3, 
fig.  9)  Abbildung  eines  von  ihm  zu  Weltrichia  mirabilis 
F.  Braun  in  Beziehung  gebrachten  Stämmchens.  Die  Narben 
von  Lov.  B:  40  sind  jedoch  weitaus  größer. 

Lov.  B:  90  bis  04.  Längsstreifige  dünne  Achsen,  wahr- 
scheinlich zu  Equisetites  gehörig. 

.Manche  Stücke  der  Sammlung  Lov.  B  zeigen  nur  sehr 
kleine  Fragmente  der  gleichen  oder  von  verschiedenen  Arten, 
Detritus  oder  Häcksel,  so  Lov.  B:  19:  Equisetites,  Pagio 
pliyllum,  Cheirolepis;  Lov.  B:  20:  Equisetites,  PHlophyllUm, 
Pugiophyllwm;  Lov.  B:  127.  vielerlei,  nur  Pagiophyllwnz 
erkennbar. 

Lov.  B:  110  bis  120  zeigen  ein  dünnes  verzweigtes 
Rhizom.  Nicht  näher  bestimmbar.  In  derselben  Schichte  kommt 
reichlich  Laccopteris  vor. 

Wie  die  Durchsicht  dieses  Katalogus  systematicus  lehrt, 
setzt  sich  die  Laconiflora  zusammen  aus  echten  Farnen 
verschiedener  Familien,  Rhizocarpeen,  Ginkgophyten,  Cycado- 
phyten  und  Coniferen,  darunter  sicher  Araucarieen.  Außer 
Blattresten  fanden  sich  nur  wenige  Blüten  (Wiltiamsonia  in 
mehreren  Arten,  Panzerzapfenj  und  Samen  (Williamsonia, 
Cycadeospermum,  Avauearites,  <  arpolithes),  eine  Cycado- 
phyten  angehörige  Blüten-  oder  Fruchtspindel  (Samenträger) 
als    Vertreter    einer    neuen    Gattung:     Laconiella,    ferner    der 


22  F.  Krasser, 

sehr  fragmentarische  Abdruck  einer  Stammoberfläche  (wahr- 
scheinlich einem  Cycadophyten  angehörend),  fossiles  Holz 
(Lignit). 

Die  meisten  Reste  sind  sehr  stark  beschädigt,  zur  Ab- 
lagerung gelangte  viel  Detritus  und  Häcksel. 

IV.   Die   Beziehungen    der   Doggerflora   Sardiniens    zu 
anderen  Jurafloren. 

In  einer  Ansprache  an  die  Yorkshire  Naturalist's  Union 
in  Middelsborough  hat  vor  Jahren  Sevvard  (10*)  neuerdings 
die  Zusammensetzung  der  Doggerflora  von  Yorkshire  und 
ihre  Beziehungen  zu  den  wichtigsten  bis  1909  bekannt 
gewordenen  Jurafloren  erörtert. 

Mit  Recht  bemerkt  Sevvard,  daß  die  Estuarlne  beds 
von  East  Yorkshire  vom  Standpunkte  ihres  Fossilgehaltes  zu 
den  berühmtesten  und  interessantesten  Schichten  der  Welt 
gehören  und  führt  des  näheren  aus,  welche  Bedeutung  sie 
seit  William  Smith  für  die  Entwicklung  der  Stratigraphie 
in  der  Geologie  besitzen.  In  Form  einer  Tabelle  gibt  Seward 
(11*,  p.  93)  schließlich  eine  Übersicht  über  die  geo- 
graphische Verbreitung  der  charakteristischen  Typen  der 
Yorkshire-Flora  in  den  wichtigsten  Floren  der  Jurazeit.  Es 
handelt  sich  ihm  dabei  nicht  darum,  identische  Formen 
nachzuweisen,  sondern  die  Aufmerksamkeit  auf  das  Vor- 
kommen von  ähnlichen  Typen  in  diesen  nicht  in  allen  Fällen 
gleichalterigen  Floren  zu  lenken. 

Auch  die  nach  Se  ward's  Erörterung  erschienenen 
Bearbeitungen  von  Jurafloren  bestätigen  diese  Beziehungen. 
Am  interessantesten  ist  wohl  die  von  Thore  G.  Halle  (13) 
publizierte  Bearbeitung  der  fossilen  Flora  der  Hope-Bay  auf 
Graham  Land  in  der  Antarktis.  Sie  hat  unter  61  gut 
charakterisierbaren  Arten  nicht  weniger  als  9  Arten  mit  der 
Flora  des  mittleren  Jura  von  England  gemeinsam. 

Im  nachfolgenden  seien  nur  zur  Ergänzung  der  Seward- 
schen  Tabelle  die  auch  in  Sardinien  vorkommenden 
identischen  Arten  angeführt.  Es  sind:  Equisetites  coliminaris, 
( ■hladophlebis  denticulata,  Coniopteris  hymenophylloides,  Dictyor 
phyllum    rugosum,    Laccopteris  cf.   polypodioides  (mindestens 


Doggerflora  von   Sardinien.  2o 

•die  Form  von  Stamford),  Todites  Williamsoni,  Brachyphyllum 
mamillare,  Podozamites  lanceolatus,  Czekanowskia  Murrayana, 
Nilssonia  compta. 

Von  den  Typen  der  Seward'schen  Tabelle  kommen  in 
Sardinien  nicht  vor:  Sagenopteris  cf.  Phillipsi  (in  Sardinien 
S.  Goeppertiana),  Araucarites  cf.  Phillipsi  (in  Sardinien  der 
an  A.  sphaerocarpus  anschließende  .4.  Sardiniens  n.  sp.), 
Gingko  cf.  digitata  und  Baiera  cf.  gracüis  (in  Sardinien 
jedoch  Baiera  Philipsi,  wie  in  Yorkshire),  Otozamites  obtusus 
(in  Sardinien  0.  Beaui  und  O.  Lovisatoi,  ersterer  auch  in 
Yorkshire),  Dictyozamites  cf.  Haiveli  (in  Sardinien  bisher  kein 
1 )  ich  'ozamites  bekannt). 

Von  den  in  der  Seward'schen  Tabelle  nicht  an- 
geführten Arten  der  Yorkshireflora  kommen  in  Sar- 
dinien vor: 

Coniopteris  cf.  arguta,  KlucMa  exilis,  »Laccopteris  poly- 
podioides«  von  Stamford,  Laccopteris  Woodwardi,  Taenio- 
pteris  vittata,  Otozamites  Beaui,  Williamsonia  Lackenbyi, 
Williamsonia  Sewardi,  Baiera-  Phillipsi,  Thuiles  expausits, 
Nageiopsis  anglica,  Pagiophyllum  Williamsoni,  ( 'heirolepis 
setosns. 

Von  den  in  Sardinien  vorkommenden  Arten  sind  in 
der  Yorkshireflora  nicht  vorhanden: 

Sagenopteris  Goeppertiana,  Laccopteris  cf.  speetabilis, 
Laccopteris  elegans,  Zamites  sp.,  * Laeoniella  sardinica,  *Cyca- 
deospermum  Persica,  * Cycadeospermum  Lovisatoi,  William- 
sonia  acwminata  cf.  Pityophyllum  Nordenskiöldi,  ^Araucarites 
Sardiniens,  *  Sardoa  Robitscheki. 

Die  bisher  nur  aus  Sardinien  bekannten  Arten  sind  in  der  vor- 
stehenden Liste  mit  *  bezeichnet.  Zwei  Typen  von  Carpolithes  wurden 
hierbei,  weil  unwichtig,  nicht  erwähnt. 

Wie  wir  aus  den  vorstehenden  Darlegungen  entnehmen 
können,  hat  also  die  Doggerflora  von  Sardinien  mit  der 
Doggerflora  der  Yorkshireküste  von  weitverbreiteten  Typen  10, 
von  solchen  beschränkterer  Verbreitung  13  gemeinsam.  Es 
sind  identische  Arten.  Nicht  in  Yorkshire  vertreten  sind 
14  Arten  der  Laconiflora;  von  diesen  müssen  bislang  5  als 
in    Sardinien     endemisch     angesehen    werden,    während     die 


24  F.   Krasser, 

übrigen,  von  den  zwei  irrelevanten  Carpolithes  abgesehen, 
auch  außerhalb  Sardiniens  vorkommen,  und  zwar:  Sageno- 
pteris  Goeppertiana  im  Oolith  von  Norditalien;  Laccopteris 
cf.  spectabilis  im  Unterlias  von  Steierdorf;  Laccopteris  elegans 
in  Rhätlias  Floren  von  Bornholm,  Deutschland  und  Polen; 
Williamsonia  acuminata  im  Oolith  von  Norditalien;  Piiyo- 
phyllum  Nordenskiöldi  im  Jura  des  arktischen  Gebietes. 

Es  zeigt  sich  somit,  daß  von  den  wohl  definierten 
Arten  der  Doggerflora  Sardiniens,  es  sind  ihrer  37, 
nicht  weniger  als  23  Arten  mit  Arten  der  Dogger- 
flora (Inferior  Oolithe)  von  Yorkshire  identisch  sind. 
Von  Interesse  ist  noch,  daß  von  den  9  Arten,  welche  nach 
Halle  (13)  die  Flora  des  mittleren  Jura  von  Grahamland 
mit  der  Yorkshireflora  gemeinsam  hat,  5  Arten  auch  im 
Dogger  Sardiniens  vorkommen,  nämlich:  Todites  WilHamsoni, 
Cladophlebis  denticulata,  Coniopteris  arguta,  Kluckia  axilis, 
Coniopteris  hymenophylloides,  während  die  übrigen  4  Arten 
durch  nahestehende  Arten  vertreten  sind.  Es  sind  Vertreter 
der  Gattungen  Ptilophyllum,  Araucarites,  Pagiophyllum  und 
Brachyphyllum. 

Befremdend  sind  im  ersten  Moment  die  geringen  Bezie- 
hungen der  Doggerflora  Sardiniens  zu  den  Jurafloren  von 
Italien  und  Frankreich.  Es  erklärt  sich  jedoch  zwanglos  aus 
dem  jüngeren  geologischen  Alter  der  letzteren.  Die  Juraflora 
von  Yenetien  gehört  dem  Löwer  Oolithe  an  und  aus  Frank- 
reich sind  nur  aus  der  Umgebung  von  Nancy  durch  Fliehe 
und  Bleicher  (82,  Bull.  soc.  sei.  Nancy)  sehr  schlecht 
erhaltene  Pflanzenreste  bekannt  geworden,  welche  keine 
sichere  Bestimmung  gestatten.  Die  bekannten  Jurapflanzen 
Frankreichs  gehören  dem  Bathonien  (obersten  Dogger  im 
Sinne  von  Oppel)  und  jüngeren  Schichten  an.  Auffällig  ist 
in  der  Doggerflora  von  Sardinien  das  spärliche  Vor- 
kommen von  Otozamites,  welche  Gattung  sowohl  in  der 
Yorkshireflora,  als  auch  in  Venetien  und  Frankreich  reich 
vertreten  ist. 


Doesrerflora  von  Sardinien.  -•> 


Übersicht  über  die  wichtigsten  Ergebnisse: 

1.  Es  konnten  37  sicher  unterscheidbare  Arten  festgestellt 
werden,  nämlich:  Eqnisetiies  columnaris  Brongn.*,  Lacco- 
pteris spectabilis  Stur  nom.  mus.,  Laccopteris  >polypodioides 
Sew.«  von  Stamford!*,  Laccopteris  elegans  Presl,  Lacco- 
pteris Woodwardi  (Leckenby)  Sew.*,  Todites  Wiltiamsoni 
(Brongn.)  Sew.*,  Coniopteris  hymenophylloides  (Brongn.) 
Sew.*,  Coniopteris  cf.  argnta  L.  et  H.*,  Dictyophyllum  rugo- 
sum  L.  et  H.*,  Klukia  exilis  (Phill.)  Racib.*,  Cladophlebis 
denticulata  (Brongn.)  Font.*,  Taeniopteris  vittata  Brongn.*, 
Sagenopteris  Goeppcrtiana  Zigno*,  Baiera  Phillipsi  Nath.*, 
Czekanowskia  Murrayana  (L.  et  H.)  Sew.*,  Xitssouia  compta 
(Phill.)  Bronn*,  Otozamites  Beani  (L.  et  H.)  Brongn.*,  Oto- 
zamites  Lovisatoi  F.  Krasser,  Ptilophyllum  pecten  (Phill.) 
Morris*,  Zamites  sp.*,  Podozamites  tanceotains  (L.  et  H.) 
Schimp.*,  Williamsonia  Leckenbyi  Nath*,  Williamsonia 
Sewardi  F.  Krasser*,  Williamsonia  acuminata  (Zigno) 
F.  Krasser  (Synon.:  Williamsonia  italica  Sap.),  Laconiella 
sardinica  F.  Krasser  n.  g.  et  n.  sp.,  Cycadeospermum  Per- 
sica  F.  Krasser,  Cycadeospermum  Lovisatoi  F.  Krasser, 
Nageiopsis  anglica  Sew.*,  Pagiophylhim  Williamsoni  (Brongn.) 
Sew.*,  Cheirolepis  setosus  (Phill.)  Sew.*,  cf.  PityophyUnm 
NordensMöldi  (H  e  e  r)  N  a t  h .,  Thuites  expa usus  S  t  e  r  n  b.*,  Brachy- 
phylluni  mamillare  Brongn.*,  Araucarites  Sardiniens  F.  Kras- 
ser,  Carpolithes  (2  Arten),  Sardoa  Robitscheki  F.  Krasser. 

2.  Von  diesen  37  Arten  sind  23  (mit  *  bezeichnet)  iden- 
tisch mit  Arten  der  Doggerflora  von  Yorkshire. 

3.  Die  übrigen  14  Arten  sind  nur  zum  Teil  endemisch 
in  Sardinien,  nämlich  7  Arten;  Otozamites  Lovisatoi  und 
Zamites  sp.  (Blätter),  Laconiella  sardinica  (Pollensäcke  oder 
Samen  tragende  Achse),  Cycadospenmim  (2  Arten  von  Cycado- 
phytensamen,  nicht  zu  Nilssonia  gehörig),  Araucarites  Sardi- 
niens (Samen  in  der  Schuppe),  Sardoa  Robitscheki  (vermut- 
lich Cycadophyten-Stammoberfläche).  Die  beiden  Carpolithes- 
Arten  sind  nicht  charakteristisch.  Die  Laccopteris-Avten  cf. 
spectabilis    und    elegans    zeigen    Beziehungen    zur    Liasfl.ua. 


26  F.  Krasser, 

Sagenopteris  Goeppertiatia  und  Williamsonia  acnminata  sind 
Vorläufer  der  Lower  Oolite  Flora  von  Venetien.  Das  als 
cf.  Pityophylhim  Nordenskiöldi  determinierte  Fossil  ist  etwas 
problematisch. 

4.  Die  aus  den  Juraschichten  Sardiniens  zutage  geförderten 
Pflanzen  sind  demnach  die  Repräsentanten  einer  typischen 
Doggerflora,  welche  sich  enge  an  die  Flora  des  englischen 
Inferior  Oolite  der  Yorkshireküste  anschließt. 

5.  Auffallend  ist  das  spärliche  Vorkommen  von  Oto- 
"ciurites  (nur  2  Arten),  weil  diese  Gattung  sowohl  in  der 
Yorkshireflora  als  im  Jura  von  Frankreich  und  Norditalien 
reich  entwickelt  ist.  Von  besonderem  Interesse  ist  das  Vor- 
kommen von  Williamsonia-Blüten  (3  Typen;. 


Doggerflora  von   Sardinien. 


Literatur. 

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Quart.  Journ.   Geol.   Soc.   for  June    1913,  vol.  69,    London. 
Tornquist,  A.  (04).    Beitrag  zur  Geologie    der  westlichen   Mittelmeerländer. 

I:     Die     Pflanzen     des     mitteljurassischen     Sandsteines     Ostsardiniens. 

Neues  Jahrb.   t.   Mineral..  Geol.   und  Paläont.,    Beilagebd.   20.  Stuttgart 

K'i  14. 
Zigno,    A.    de    (65).    Enumeratio    filicum     fossilium    formationis    oolithicae. 

Padova   1865. 

(67).   Flora   fossilis    formationis    oolithicae,    vol.    1,  cont.   p.   161—223. 

Padova    1S67   teste   Zeiller. 

(81).    Flora    fossilis    form.    ool.    vol.    II,    fasc.   3,   p.   81-120.  Padova 

1881. 

(85;.   Flora    fossilis    tonn.    ool.   vol.   II.    fasc.   fm.   p.    12]      203.   Padova 

1885. 


29 


Lößstudien   an  der  Wolga 

Von 

Dr.  Hans  Mohr  (Graz) 

(Mit  5  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  8.  Jänner  1920) 

Dank  der  Fürsprache  der  Akademie  der  Wissenschaften 
in  Wien  und  der  erfolgreichen  Vermittlertätigkeit  Sr.  kgl.  Hoheit 
■des  Prinzen  Karl  von  Schweden  (als  Vorsitzendem  des  schwe- 
dischen Roten  Kreuzes)  wurde  es  mir  bewilligt,  den  größeren 
Teil  meiner  russischen  Kriegsgefangenschaft  in  Kasan  an  der 
Wolga  zuzubringen.  Hier  ergab  sich  nach  einiger  Zeit  die 
Möglichkeit,  an  der  dortigen  Universität  fachlich  arbeiten  und 
die  Bibliotheken  benützen  zu  können. 

Kasan  liegt  mitten  in  der  russischen  Tafel,  viele  Hunderte 
von  Werst  von  dem  nächsten  gefalteten  Krustenstreifen,  dem 
Ural,  entfernt.  Allenthalben  liegen  die  Schichten  streng  söhlig 
und  es  ist  außerordentlich  wenig,  was  sich  in  dem  stark 
kultivierten  Lande  oberflächlich  oder  in  den  seichten  Fluß- 
rinnen enthüllt.  Was  im  Wolgastromtale  in  der  Umgebung 
von  Kasan  zutage  kommt,  ist  Perm.  Nur  posttertiäre  Schichten 
liegen  ihm  auf,  das  alte  Relief  der  permischen  Tafellandschaft 
verhüllend.  Bei  der  ausgezeichneten  Erforschung  des  russischen 
Perm  durch  die  einheimischen  Fachgenossen  und  bei  der 
leichten  Zugänglichkeit  der  posttertiären  Ablagerungen  war 
es  erklärlich,  daß  ich  mich  —  einer  Anregung  Prof.  Tornquist's 
in  Graz  folgend,  der  mich  auf  die  Lößarbeiten  Arma- 
schewsky's  verwies  —  dem  Studium  des  Altquartärs  zu- 
wandte, in  welchem,  wie  sich  bald  erkennen  ließ,  Lößbildungen 
eine  ganz  bedeutende  Rolle  spielen. 


30  H.  Mohr, 

Zur  Durchführung  meiner  Studien  standen  mir  die  Lehr- 
behelfe und  Arbeitsmittel  des  geologischen  und  mineralogischen 
Kabinetts  der  Professoren  M.  E.  Noinski  und  B.  P.  Krotow 
an  der  Kasaner  Universität  zur  Verfügung,  für  welche  Gast- 
freundschaft ich  den  genannten  Herren    vielen  Dank  schulde. 


Im  Jahre  1897  berichtete  A.  Stuckenberg1  in  den 
Schriften  der  Naturforschenden  Gesellschaft  an  der  KaiserL 
Universität  zu  Kasan  über  ein  Bohrloch,  welches  12  Werst- 
entfernt  von  der  Stadt  niedergebracht  wurde.  Seine  Gesamt- 
tiefe betrug  1402  Fuß;  31  Fuß  davon  entfielen  auf  das  Post- 
pliocän,  825  auf  Perm  und  Permocarbon  und  mit  546  Fuß- 
stand es  im  eigentlichen  Carbon.  Die  Steinkohlenformation 
kommt  in  der  Umgebung  von  Kasan  nirgends  zutage.  Wird 
die  Basis  der  posttertiären  Bildungen  sichtbar,  dann  sind  es 
meist  die  hellen,  häufig  Gips  in  Streifen  und  Nüssen  führenden 
Dolomite  und  Kalke  des  russischen  mittleren  Perm,  zu  welchen 
sich  noch  Mergel  und  etwas  Sandsteine  gesellen.  Diese  Serie 
wird  von  den  russischen  Autoren  gern  als  »Kasaner  Stufe« 
bezeichnet. 

Das  scharf  ausgeprägte  alte  Relief,  welches  das  permische- 
Grundgebirge  erkennen  läßt  und  welches  größtenteils  durch 
die  nivellierende  Wirkung  der  quartären  Absätze  wieder  ver- 
hüllt wurde,  ist  von  den  Kasaner  Forschern  wiederholt  hervor- 
gehoben und  im  Weichbilde  der  Stadt  durch  zahlreiche 
Bohrungen  nachgewiesen  worden.  An  der  Basis  der  darüber 
folgenden  quartären  Schichten  hat  man  an  einigen  Stellen 
Tegel  erbohrt,  deren  Alter  mangels  an  Versteinerungen  fraglich 
ist.  Man  vermutet  in  ihnen  tertiäre  Reste. 

Über  das  zweite  wichtige  Bauglied  des  Untergrundes  von 
Kasan,  das  Quartär,  ist  eine  ziemlich  reiche  Literatur  vor- 
handen. In  erster  Linie  wird  sich  dies  daher  leiten,  daß  die 
quartären  Sandlagen  den  wichtigsten  Wasserhorizont  für  Kasan 


1    A.   Stuckenberg,   Ein  Bohrloch  in  Kasan.  Proc.  verb.   Soc.   Natur.,. 
Universität  Kasan.    1897,   Suppl.   Nr.  159,  p.  9  (russ.). 
-'    1  Werst  =  1067  /;/. 


Lößstudien  an   der  Wolga.  oi 

und  dessen  Umgebung  abgeben.  Wir  besitzen  eine  große  An- 
zahl von  Bohrprofilen,  welche  durch  M.  E.  Noinski1  über- 
sichtlich zusammengestellt  wurden.  Aber  auch  an  sonstigen 
tagmäßigen  Aufschlüssen,  in  Ziegeleien,  Eisenbahn-  und  Fluß- 
einschnitten ist  kein  Mangel,  so  daß  wir  uns  über  den  Aufbau 
dieser  Formation  reichlich  gut  unterrichten  können. 

Schon  ein  flüchtiger  Besuch  der  Umgebung  der  Stadt 
reicht  hin,  um  uns  die  Überzeugung  zu  verschaffen,  daß  viele 
Entblößungen  typischen  Löß  erkennen  lassen.  Gleichwohl 
kann  man  in  der  Literatur  die  Beobachtung  machen,  daß  dieser 
Terminus  ängstlich  vermieden  wird.  Die  Autoren  sprechen  in 
der  Regel  von  braunem  Lehm,  sandigem  Lehm,  seltener  von 
lößähnlichem  Lehm.  Welche  Gründe  können  für  diese  auf- 
fällige Tatsache  maßgebend  gewesen  sein? 

Die  Hauptveranlassung  hierzu  mag  sich  aus  folgendem 
ergeben.  Wie  das  Studium  der  russischen  Lößliteratur  zeigt, 
ist  die  alte  und  der  Hauptsache  nach  wohl  abgetane  Rinnsal- 
theorie  von  G.  H.  O.  Volger1  und  Friedr.  Mohr2  in  Rußland 
auf  fruchtbaren  Boden  gefallen  und  hat  in  den  russischen 
Forschern  P.  J.  Armaschewsky  (Kiew)  und  AI.  P.  Pawlow 
(Moskau)  sehr  geschickte  Verteidiger  gefunden,  welche  diese 
Theorie  ausbauten  und  auf  russische  Verhältnisse  anzuwenden 
bestrebt  waren. 

Die  Lößtheorie  von  Volger  und  Mohr2  basiert  bekannt- 
lich auf  der  bedeutungsvollen  Erkenntnis,  daß  es  sich  um  eine 
echte  Landbildung  handelt.  Diese  besonders  seit  Alexander 
Brauns  Studien  gefestigte  Tatsache  hat  dazu  geführt,  die 
älteren  Anschwemmungstheorien  allmählich  aufzugeben.  Der 
Ausdruck  »allmählich«  ist  insoferne  berechtigt,  als  auch  die 
Theorie  von  Volger  und  Mohr  noch  kleinste  Wasserläufe 
zuhilfe  nimmt,  um  die  Anhäufung  feinsten  Verwitterungsstaubes 
auf  bestimmten  Flächen  zu  erklären.  So  wie  auf  einem  Schiefer- 
dache das  angesiedelte  Moos  den  auf  das  Dach  niederfallenden 


1  M.  E.  Noinski,  Materialien  zur  Hydrologie  des  Gouvernements  von 
Kasan.  Trudi  zur  Wasserversorgung  des  Kasaner  Gouvernements.  Lief.  L 
Kasan   1917  (russ.). 

2  Friedr.  Mohr,  Geschichte  der  Erde.  II.  Aufl.,  Bonn  1875,  p.  193- 
bis    197. 


-q.>  H.  Mehr, 

und  durch  Regen  zusammengeschwemmten  Staub  festhält, 
ebenso  wirken  nach  Friedrich  Mohr  Wiesen  zwischen  steueren 
Gehängen  Der  feine  Detritus  des  Steilhanges  wird  durch  den 
Regen^uf  die  Wiese  gebracht  und  hier  durch  die  Vegetation 
festgehalten.  Im  selben  Maße  als  der  Wiesenboden  an  Hohe 
und  Ausdehnung  gewinnt,  nimmt  die  Oberfläche  des  Steil- 
hang welcher  den  Verwitterungsstaub  liefert,  ab.  Dieses 
Spiel  erreicht  sein  natürliches  Ende,  wenn  die  steilen  Böschungen 
auf  Kosten  der  flachen  verschwunden  sind. 

Volger  und  Mohr's  Deluationstheorie  wurde  nun  von 
M-maschewsky  auf  den  Löß  der  Gegend  von  Poltawa  und 
Charkow  in  Südrußland  anzuwenden  versucht.  Indem  dieser 
Forscher  in  seiner  Hauptarbeit  über  dieses  Thema  die 
Schwächen  der  anderen  Theorien,  besonders  der  Rieht- 
hofen'schen,  aufzuzeigen  versucht,  verlegt  er  den  Schwer- 
punkt seiner  Ausführungen  mehr  auf  die  kritische  Richtung. 
Denn  neue  Tatsachen,  welche  geeignet  wären,  die  \  olger- 
Mohr'scne  Annahme  zu  festigen,  bringt  er  nicht  bei.  Die  Rinnsal- 
theorie wird  nur  auf  eine  breitere  Basis  gestellt. 

~  Armaschewsky  geht  von  der  Auffassung  aus,  daß  der 
Löß  der  Hauptsache  nach  eine  postglaziale  Bildung  ist.  Nach 
dem    Abschmelzen     der    Eismassen     erfolgte    eine    gewaltige 
Belebung  der  Erosion.    Es    kam    zu  einer  ausgedehnten  Neu- 
bildung   von    Alluvium,    welches    er    in    Subaqualalluvium 
(unterWasser  in  Seen  und  Flüssen  gebildet)  und  Subaeial- 
alluvium    (unter  Mitwirkung  kleinster  Rinnsale  und  Wasser- 
läufe   zusammengeschwemmt)    einteilt.    Die    Geländeprofile    in 
Südrußland  lassen  sehr  deutlich  eine  Gliederung  ""  ^ 
schnitte  erkennen.«  Der  steilere  Teil  steht  unter  der  Herrschaf 
der    Erosion.    Diese    Region    ist    gekennzeichnet    durch    steile 
Einschnitte,  Täler  und  Schluchten,  welche  baumartig  verzweig 
sind.    Eine    sanfter    geböschte   Zone,    die  Niederung,    bereit 
als  Fuß  die  zuerst  genannte  Region.  Hier  ist  der  Einfluß  der 
Erosion  geringer,    die  Niederschläge    werden  vom  Boden  aut- 

r777r.mA»cbewäky,  Augen,  geolog.  Karte  von  Rußland^  Bl  46 
Poltawa-Charkow-Obojan.  Mem.  du  Comite  Gcologique.  Yol.XVM.l. 
St.  Petersbourg   1903. 

2  A.  a.  O..  p.  306. 


Lößstudien  an  der  Wolga.  33 

gesaugt  oder  verdunsten.  Das  Areal  der  Niederung  vergrößert 
sich  dauernd  auf  Kosten  des  Areals  der  Steilböschungen.  Die 
Formen  runden  sieh  allmählich  und  die  Erosion  erleidet  eine 
Abschwächung:  die  Produkte  der  Erosion  werden  früher  ab- 
gesetzt. (Die  an  der  Basis  der  Steilhänge  sich  bildenden  Ab- 
sätze werden  Brocken  des  anstehenden  Gesteins  enthalten.) 
Die  Vegetation  beginnt  sich  festzusetzen.  Die  Abtragung  der 
Steilhänge  dauert  aber  fort,  bis  diese  verschwunden  sind,  wo- 
durch der  Pflanzenwuchs  in  der  akkumulierenden  Zone  die 
Oberhand  gewinnt.  Die  Abschwächung  der  Erosion  steht  nach 
Armasche ws ky  wahrscheinlich  auch  im  Zusammenhange 
mit  einer  Abnahme  der  Feuchtigkeit  des  Klimas.1 

Dies  ist  in  den  Hauptzügen  Armaschewsky's  Ent- 
stehungstheorie des  Lösses.  Es  ist  wohl  kaum  möglich,  in 
ihr  einen  Fortschritt  gegenüber  den  Anschauungen  Volger 
und  Mohr's  zu  erblicken,  mit  welchen  sie  in  ihrem  Grund- 
gedanken vollständig  übereinstimmt. 

Mit  diesem  Lehrgebäude  wollte  Armaschewsky  aber 
nicht  allein  die  Herkunft  des  südrussischen  Lösses  klarstellen, 
er  dachte  an  eine  allgemeine  Gültigkeit  seiner  Theorie.  Für 
China  und  Zentralasien  war  er  wohl  zu  einigen  Zugeständ- 
nissen bereit;  den  dortigen  auf  alluvialem  Weg  entstandenen 
Löß  dachte  er  sich  in  gewissem  Grade  einem  Yerwehungs- 
prozeß  unterworfen.  Auf  den  Einwand,  daß  es  ja  Lößflächen 
gäbe,  welche  von  Grundgebirgsaufragungen  nicht  mehr  über- 
höht würden,  erwidert  er,  daß  es  in  vielen  Fällen  natürlich 
schwer  ist,  das  alte  orographische  Bild  zu  rekonstruieren.  Das 
Fehlen  des  Lösses  im  nördlichen  Deutschland  und  Rußland 
aber  erklärt  er  damit,  daß  diese  Gebiete  länger  vereist  geblieben 
sind  oder  daß  das  Klima  einer  Grasvegetation  nicht  günstig 
gewesen  sei.  Der  bei  den  Anhängern  der  äolischen  Theorie 
hoch  eingeschätzte  Fund  von  Resten  einer  Steppenfauna  durch 
Nehring  wird  skeptisch' beurteilt  und  seine  Beweiskraft  über- 
einstimmend mit  Wahnschaffe2  nicht  anerkannt. 


i  A.  a.  O.,  p.  310. 

2  F.  Wahnschaffe,  Die  lößartigen  Bildungen  am  Rande  des  nord- 
deutschen Flachlandes.  Zeitschr.  d.  Deutschen  Geol.  Ges.,  38.  Bd.,  1886,  p.  353 
bis  369. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.  Abt.  I,   129.  tid.  3 


34  ff.    Mohr, 

Armaschewsky's  Erklärungsart  des  Lösses  hat  in  Ruß- 
land rasch  Schule  gemacht.  Ich  verweise  nur  auf  A.  P.  Pawlow,1 
Sacharow,2  Neüstrujew3  und  andere,  welche  in  den  von 
ihnen  studierten  Gebieten  den  Löß  ebenfalls  durch  »Deluation« 
erklären  wollen  oder  zumindest  der  Richthofen'schen  Theorie 
ablehnend  gegenüberstehen. 

Diesen  zahlreichen  Stimmen  gegenüber,  welche  die  äolische 
Theorie  bekämpfen,  kommen  in  Rußland  die  Verteidiger 
Richthofen's  fast  nicht  zu  Worte.  Ich  erwähne  unter  ihnen 
besonders  Obrutschew,4  dem  der  wichtige  Nachweis  gelungen 
ist,  daß  in  Zentralsibirien  das  Verbreitungsgebiet  rezenter 
Dünen  sich  in  auffälliger  Weise  mit  den  Lößgebieten 
deckt.5 

Ans  diesem  Widerstreit  der  Meinungen  ist  bei  einem  Teil 
der  russischen  Forscher  eine  begreifliche  Zurückhaltung  ent- 
standen, da  —  wie  es  scheint  —  manchem  Bedenken  auf- 
stiegen, ob  denn  das  echter  Löß  sei,  was  in  Rußland  als 
deluvial  erklärt  wird. 

Und  so  können  wir  das  Unerwartete  beobachten,  daß  in 
einer  typischen  Lößgegend,  wie  es  die  Umgebung  von  Kasan 
ist,  von  Löß  bis  auf  Noinski  nicht  die  Rede  ist. 


1  A.  P.  Pawlow,  Voyage  geologique  par  la  Volga  de  Kazan  ä  Tzaritsyn. 

Enthalten  in  Guide  des  excursions  du  VII  Congres  Geolog.  Internat.  St.  Peters- 
bourg   1897.  (Löß  deluvialer  Entstehung  an  der  Wolga  südlich  Kasan.) 

'-'  S.  A.  Sacharow,  Über  die  lößartigen  Ablagerungen  Transkaukasiens 
»Bodenkunde«  1910,  Nr.  1.  p.  37  bis  80  (russ.)  (erklärt  den  dortigen  Löß 
deluvial). 

:;  S.  Neüstrujew,  Über  den  turkestanischen  Löß.  Tagebuch  der 
12.  Versammlung  russ.  Naturforscher  und  Ärzte  in  Moskau.  1910,  Nr.  10, 
p.  493  bis  495  (russ.)  (behandelt  Untersuchungen  im  Syr-Därja-Gebiete,  wo 
sich  keine  Beweise  für  eine  äolische  Entstehung  des  Lösses  aufbringen  lassen). 

1  W.  A.  Obrutschew,  Zur  Frage  über  den  Ursprung  des  Lösses  (Ver- 
teidigung der  äolischen  Hypothese).  Iswiestia  des  Technolog.  Instituts  in 
Tomsk.   1911,  Bd.  XXIII,  Nr.  3  (russ.). 

5  W.  A.  Obrutschew,  Orographische  und  geolog.  Beschreibung  des 
südwestlichen  Transbaikalien.  Explorations  geol.  et  miner.  le  long  du  Chemin 
de  fer  de  Siberie.  Livr.  XXII.  Fase.  I.  St.  Petersbourg  1914  (russ.  —  deutscher 
Auszug),  p.  751. 


Lößstudien  an  der  Wolga.  35 

Als  einen  der  ersten,  welcher  dieses  Gebiet  geologisch 
durchforscht  hat,  werden  wir  N.  A.  Golowkinski1  zu  nennen 
haben.  Er  bezeichnet  die  den  permischen  Gesteinen  auf- 
liegenden jüngeren  Schichten  als  »Sandformation«.  Sie  bevor- 
zugt den  östlichen  (beziehungsweise  nordöstlichen)  Hang  der 
permischen  Grundgebirgsrücken  und  erreicht  die  gleiche  Höhe 
mit  den  permischen  Ablagerungen.  Nach  oben  geht  sie  häufig 
in  einen  sandigen  Lehm  über,  der  sich  am  rechten  Ufer  der 
Wolga  auf  den  Gipfeln  der  Kuppen  wiederfindet. 

Mit  einem  namhaften  Fortschritt  in  der  Erkenntnis  der 
posttertiären  Schichten  ist  wieder  die  Ära  Stuckenberg- 
Schtscherbakow  verbunden,  in  welche  eine  bedeutende 
Belebung  der  Bohrtätigkeit  auf  Wasser  in  Kasan  und  dessen 
Umgebung  fällt.  Die  Art  der  Grundwasserführung,  die  Gestaltung 
des  permischen  Untergrundes  und  die  Zusammensetzung  der 
quartären  Ablagerungen  in  größerer  Tiefe  ist  dadurch  rasch 
übersichtlich  klargestellt  worden.  Eine  ganze  Reihe  von  kleineren. 
Arbeiten2  berichtet  über  die  geologischen  und  hydrologischen 
Ergebnisse  dieser  Bohrungen,    aber    niemals    finden    wir    den 


i  N.  A.  Golowkinski,  Beschreibung  der  geologischen  Beobachtungen, 
welche  im  Sommer  1SG6  im  Kasaner  und  Wiatkaer  Gouvernement  angestellt 
wurden.  Materialien  zur  Geologie  Rußlands  ist.  Petersburg  1869,  Bd.  I.  p.  190 
u.  f.,  russ.). 

-  Anon. :  Über  artesische  Brunnen  in  Kasan.  Beilage  zu  den  Sitzungs- 
protokollen der  Naturforschenden  Gesellschaft  an  der  Kaiserl  Universität 
zu  Kasan.  Nr.  133,  Kasan    1S93   (russ.). 

A.  Stuckenberg,  Artesisches  Wasser  in  Kasan.  Beilage  zu  den 
Sitzungsprotokollen  der  Naturforschenden  Gesellschaft  an  der  Kaiserl.  Uni- 
versität zu  Kasan.  Nr.  134.  Kasan   1893  (russ.). 

A.  Stuckenberg  und  A.  Schtscherbakow,  Artesische  Brunnen  in 
Kasan.  Beilage  Nr.  145.  Kasan    1894  (russ.). 

A.  Stuckenberg.  Artesisches  Wasser  in  Kasan.  Beilage  Nr.  100,  Kasan 
1897  (russ.). 

A.  Stuckenberg,  Ein  Bohrloch  in  Kasan.  Proc.  verb.  soe.  natur.  de 
l'Universite  de  Kazan.    1897;   Suppl.  Nr.  159,  p.  9  (russ.). 

A.  J.  Schtscherbakow,  Untersuchung  einiger  Stadtteile  Kasans  in 
sanitärer  Beziehung.  Mein,  scientif.  de  l'Universite  Imperiale  de  Kazan.  Kasan 
1898.  II:  p.  1  bis  7'2;  V— VI:   p.  1  bis  84  (russ.). 

A.  J.  Schtscherbakow,  Boden  und  Grundwasser  der  mittleren  Terrasse 
der  Stadt  Kasan.  Mem.  scientif.  de  l'Universite  etc.  Kasan  1898.  p.  13  bis  36 
(russ.). 


36  H.   Mohr, 

Terminus  »Löß«  in  Verwendung.  Die  ganze  Serie  der  quartären 
Ablagerungen  wird  in  der  Regel  unter  dem  Namen  Posttertiär 
oder  Postpliocän  zusammengefaßt,  an  deren  Aufbau  sich  gelb- 
braune Lehme,  mehr  oder  weniger  sandig  (an  den  Steilabstürzen 
des  linken  Kasanka- Ufers1  bis  zu  50  Fuß'-  mächtig)  und  gelb- 
braune Sande,  mehr  oder  weniger  lehmig  (ebendort  bis  zu 
60  Fuß   mächtig)  beteiligen.3 

Übereinstimmend  legen  die  Bohrungen  Zeugnis  ab  von 
der  großen  Mächtigkeit  der  posttertiären  Ablagerungen.  So  hat 
die  Bohrung  Podluschnja4  nahe  der  Stadt  201  russ.  Fuß  (etwa 
60  m)  postpliocäne  Lehme  und  Sande  durchbohrt,  ehe  sie  in 
das  anstehende  Perm  gelangte.  Der  oben  erwähnte  Aufschluß 
des  Quartärs  an  der  Kasänka  läßt  eine  Gesamtmächtigkeit 
von  33  ///  überblicken.  An  tieferen  Stellen  kann  man  jedoch 
nach  Stuckenberg  eine  Mächtigkeit  bis  zu  45  Saschen 
(—  96  m)  beobachten,5  welche  —  wie  wir  später  erfahren 
werden  —  noch  übertroffen  werden  kann.  An  der  Auf- 
lagerungsfläche  des  Quartärs  lassen  sich  dem  autochthonen 
Untergrund  entstammende  Schuttbrocken  beobachten,  aber 
auch  Gerolle. 

Diluviale  Säugetierreste  scheinen  -  -  nach  den  Aufsamm- 
lungen des  geologischen  Kabinetts  an  der  Universität  zu 
schließen  —  im  Quartär  des  Kasaner  Gouvernements  massen- 
haft gefunden  worden  zu  sein,  es  ist  aber  in  der  Literatur 
wenig  darüber  zu  finden.  Im  Jahre  1395  teilt  uns  A.  Lawrsky0 
einiges  über  Funde  von  Mammutresten  im  Kreise  Laischew 
(etwa  50  km  südlich  von  Kasan)  mit.  Die  Knochen  lagen  in 
einem  grünlich-grauen  Ton  zusammen  mit  einigen  Resten  des 
Urrindes  und  eines  Nashorns.  Über  dem  Ton  wird  »lößartiger 


1  Im  Bereiche  der  Stadt,  hei   der  ;dten  Festung  (»Kriepost«). 

2  1  Fuß  =  30  cm. 

3  A.  Stuckenherg,    Artesisches  Wasser    in    Kasan.    Beilage    Nr.  134, 
1S93,  p.  10. 

4  A.  a.  O.,  p.  10. 

5  A.  Stuckenberg,  Artesisches  Wasser  in  Kasan.  Beilage  Nr.  160,  p.  3. 
,;  A.  Lawrsky,  Mammutreste,  welche  im  Dorfe  üopaürowski  Urai,  Kreis 

Lai'schew  des  Kasaner  Gouvernements  gefunden  wurden.  Beilage  Nr.  150,  Kasan 
1895  (russ.). 


Lößstudien   an   der  Wolga.  •  >< 

Lehm«,  der  in  den  oberen  Horizonten  Einschaltungen  von 
Sand  führt,  beobachtet.  Zum  ersten  Male  —  so  weit  mir  die 
einschlägige  Literatur  bekannt  ist  —  taucht  hier  der  Ausdruck 
»Löß«  auf,  eine  Erläuterung  oder  nähere  Begründung  dieser 
Benennung  wird  aber  nicht  gegeben. 

P.  Krotow1  und  M.  Noinski-  in  Kasan  haben  später 
das  Gesamtbild  ergänzt  und  besonders  dem  letzteren  ver- 
danken wir  eine  Reihe  von  Berichten  über  neu  ausgeführte 
Bohrungen  und  eine  außerordentlich  wertvolle  Zusammen- 
stellung des  Tatsachenmateriales,  das  die  Tiefbohrungen  im 
Gouvernement  Kasan  bis  zum  Jahre  1917  geliefert  haben.  Im 
großen  und  ganzen  finden  wir  gegen  früher  keinen  Wandel 
der  Anschauungen.  Der  Ausdruck  »lößartiger  Lehm«  kehrt  in 
den  jüngeren  Arbeiten  wohl  öfters  wieder,  wir  vermissen  aber 
durchwegs  eine  Stellungnahme  zur  Entstehungsfrage  dieser 
mächtigen  Ablagerungen.  Eine  Diskussion  entspinnt  sich  über 
die  Herkunft  exotischer  Gesteinsbrocken,  welche  zusammen 
mit  Kalkschutt  des  Untergrundes  und  Gerollen  in  den  tiefsten 
Horizonten  des  Quartärs  nachgewiesen  werden  konnten.  Diese 
fremden  Gesteine  konnten  als  Carbonkalk  bestimmt  werden 
und  P.  Krotow  verteidigte  ihre  glaziale  Herkunft.  Es  würden 
also  an  der  Basis  des  Quartärs  Reste  einer  Grundmoräne 
erhalten   sein. 

In  der  Zusammenstellung  aller  Bohrergebnisse  im  Gou- 
vernement Kasan  bietet  M.  E.  Noinski  am  Schlüsse3  einen 
gedrängten  Auszug  alles  dessen,  was  sich  bis  jetzt  vom 
Pleistocän  der  Kasaner  Umgebung  sagen  läßt.  Die  pleistocänen 


1  P.  Krotow,  Zur  Geologie  des  Gouvernements  Kasan.  Beilage  etc. 
Xr.  250,  Kasan   1910  (russ.). 

P.  Krotow,  Xocli  einmal  über  die  Spuren  der  Glazialzeit  im  Gouverne- 
ment Kasan.   Beilage  Nr.  255,    1910  (russ.). 

2  M.  E.  Noinski,  Zwei  Bohrlöcher  in  Kasan.  Beilage  etc.  Xr.  l;.~i>,  1910 
(russ.). 

M.  E.  Noinski,  Materialien  zur  Geologie  von  Kasan  und  dessen  Um- 
gebung. II.  Über  den  Charakter  der  Ablagerung  bei  der  alten  Klinik.  Beilag« 
Nr.  334   (russ.). 

M.  E.  Noinski,  Materialien  zur  Hydrologie  des  Gouv.  Kasan.  Trudyi 
zur  Wasserversorgung  des  Kasaner  Gouvernements.  Lief.  !.  Kasan  1917  (russ.). 

3  A.  a.  0.,   p.  So. 


3<S  H.  Mohr, 

Sedimente  sind  nach  Noinski  hauptsächlich  auf  das  linke 
Ufer  der  Wolga  und  der  unteren  Kama  beschränkt,  wo  sie 
bis  zu  100  Werst  Breite  erlangen.  Auf  der  einen  Seite  werden 
sie  von  den  Alluvionen  der  genannten  Flüsse,  auf  der  anderen 
vom  Perm  begrenzt.  Das  Relief  der  permischen  Unterlage  ist 
sehr  ungleich. 

An  der  allgemeinen  Zusammensetzung  des  Pleistocäns 
beteiligen  sich  Tone,  Sande,  Kiese,  Gerolle  und  Schutt.  Von 
den  Tongesteinen  erwähnt  Noinski  zuerst  a)  den  lößartigen 
Lehm.  Er  findet  sich  vorwiegend  in  den  oberen  Horizonten, 
ist  von  sehr  feiner  Beschaffenheit  und  immer  sandhältig.  Der 
Sandgehalt  beträgt  10  bis  20%,  häufiger  30  bis  50%  der 
gesamten  Masse.  Durch  weitere  Steigerung  des  Sandgehaltes 
entwickeln  sich  Übergänge  zu  völlig  reinen  Sanden.  —  Kali- 
glimmerblättchen  sind  eingestreut.  —  Ein  CaCO,-Gehalt  wird 
manchmal  beobachtet;  er  konzentriert  sich  um  die  feinen 
Röhrchen,  welche  den  Lehm  durchziehen. 

Unter  b>  führt  Noinski  einen  sehr  verschiedenfarbigen 
Ton  an.  Er  tritt  in  den  tiefsten  Horizonten  auf,  ist  klar  ge- 
schichtet, wenig  sandig  und  enthält  eine  große  Menge  Glimmer. 
Fast  immer  begleitet  ihn  ein  großer  Kalkgehalt.  Seine  Farben 
sind  bald  braun  oder  zimtfarbig,  bald  mehr  grau  oder  gelb- 
lichgrau. Er  ist  außerordentlich  selten  und  gehört  möglicher- 
weise dem  Pleistocän  nicht  mehr  an. 

Eine  dritte  Gruppe  c)  bilden  Lehme,  welche  sehr 
plastisch  sind  und  petrographisch  dem  lößähnlichen  ent- 
sprechen. Ihre  Farbe  ist  grau,  gelblich,  bläulich,  grünlichgrau. 
Der  Verbreitung  nach  sind  sie  auf  die  mittleren  und  unteren 
Horizonte  beschränkt. 

Als  Einlagerungen  wären  Muschelreste  und  tonige  Torf- 
spuren zu  erwähnen. 

Die  eigentlichen  Sande  werden  in  feine  und  gröbere  mit 
1  bis  2  min  Korngröße  eingeteilt. 

Die  einzelnen  petrographischen  Typen  sind  nicht  niveau- 
beständig. Immerhin  kann  man  eine  gewisse  Gesetzmäßig- 
keit in  der  Verteilung  beobachten,  die  sich  folgendermaßen 
ausdrücken  laßt: 


Lüßstudien  an  der  Wolga.  39 

1.  Gesteinsarten  mit  feinerem  Korn,  lehmige  und  fein- 
sandige Typen  sind  vorwiegend  auf  die  oberen,  gröbere  Sande, 
seltener  auch  Gerolle  und  Schutt  auf  die  tieferen  Horizonte 
beschränkt. 

2.  Das  gröbere  klastische  Material  hält  sich  an  die  Nahe 
der  Täler  (Wolga,  Kama  und  deren  Nebenflüsse). 

3.  In  der  Regel  läßt  sich  beobachten,  dal.)  die  Lehme 
nach  unten  übergehen  in  tonige  Sande  und  hierauf  in  reine 
Sande.  Die>,e  aber  liegen  ohne  Übergang  wieder  auf  Lehmen, 
welche  Lagerungsart  sich  mehrmals  wiederholen  kann.  Auf 
diese  Weise  zerfällt  jedes  Profil  in  eine  Anzahl  von  Kom- 
plexen, deren  Noinski  sechs  bis  acht,  manchmal  aber  nur 
zwei  bis  drei  beobachtete. 

4.  Ist  nach  Noinski  die  Anordnung  auch  meistens  eine 
solche,  daß  in  den  oberen  Horizonten  lößartiger  Lehm  mit 
feineren  Sanden  wechsellagert,  in  den  tieferen  aber  »schlam- 
miger« (?)  Ton  mit  gröberen  Sanden. 

An  diese  rein  geologische  Zusammenfassung  schließen 
sich  nun  noch  Ausführungen  an,  welche  sich  mit  den  Gesetzen 
der  Wasserführung  beschäftigen,  die  aber  für  unsere  Betrach- 
tung von  geringerem  Belange  sind. 

Wir  verlassen  nunmehr  dieses  Kapitel  der  älteren  Er- 
fahrungen, aus  welchem  sich  unschwer  ergibt,  daß  die  Literatur 
vor  dem  Jahre  1917  dem  Entstehungsproblem  der  pleistocänen 
Ablagerungen  um  Kasan  nur  teilweise  näherzutreten  versuchte 
und  ich  gehe  zu  meinen  eigenen  Beobachtungen  über,  welche 
das  aus  der  älteren  Literatur  gewonnene  Bild  ergänzen  sollen. 

Im  allgemeinen  kann  man  sagen,  daß  die  posttertiären 
Bildungen  um  Kasan  derart  auftreten,  daß  sie  den  Gesamt- 
eindruck der  Tafellandschaft  noch  vertiefen:  sie  spielen  eine 
nivellierende  Rolle.  Diese  Wirkung  läßt  sehr  gut  die  post- 
pliocäne  Kante  erkennen,  welche  die  Ostbegrenzung  des  Wolga- 
tales südlich  der  Kasanka1  darstellt.  Diese  auffällige  Land- 
kante eihebt  sich  ganz  unvermittelt  am  Ostrande  des  Inunda- 
tionsgebietes  und  zieht  in  gleichmäßiger  Höhe  vom  Nordende 


i  Ein  linker  Nebenfluß  der  Wolga,   knapp  nördlich  der  Stadt  mündend. 


40  H.Mohr, 

der  Stadt  durch  deren  Gebiet  gegen  Süd.  Die  Stufe  ist  etwa 
10  Saschen1  hoch.  Sie  besteht  fast  ausschließlich  aus  post- 
tertiären Lehmen  und  Sanden,  welche  auf  Perm  aufliegen. 
Während  aber  die  obere  Kante  der  »Lößstufe«  —  wie  wir 
sie  nennen  wollen  —  einen  gleichmäßigen  Horizont  behauptet, 
ist  die  Basis  sehr  ungleichmäßig.  So  sieht  man  deutlich  rings- 
um den  Fuß  der  Kriepost,  welche  das  Nordende  der  Stadt 
bezeichnet,  söhlig  gelagertes  Perm  zum  Vorscheine  kommen. 
Im  Süden  der  Stadt  hingegen  liegen  die  permischen  Schichten 
tiefer  als  der  Spiegel  des  Kabänsees,'-  welcher  bei  stärkerem 
Wellengange  Brocken  permischer  Mergel  vom  Grunde  losreißt 
und  ans  Ufer  wirft  (s.  Fig.  1). 

In  ihrer  Nacktheit,  dem  söhligen  Verlauf  ihrer  Oberkante 
und  dem  Steilabbruch  gegen  Westen  gewährt  die  Terrasse 
einen  eigenartigen  Anblick. 

Peinige  scharfe  Einkerbungen  in  den  Rand  dieses  »Brettes« 
unterbrechen  einigermaßen  die  Eintönigkeit  der  Kontur.  Wie 
mit  einem  Messer  geformt,  sind  diese  modellscharfen  Rinnen 
und  Racheln  in  die  Stufe  randlich  eingesenkt  und  haben  an 
ihrer  Mündung  in  das  Überschwemmungsgebiet  der  Wolga 
einen  fladenförmig  sich  ausbreitenden  Deponierungskegel  auf- 
gehäuft (s.  Fig.  2). 

Manche  dieser  jugendlichen  Erosionsrinnen  erreichen 
bereits  eine  halbe  Wegstunde  in  der  Länge.  Bei  den  Platz- 
und  Gewitterregen  des  späten  Frühjahres  wälzen  sie  eine 
dicke  Trübe  von  Sand  und  Schlamm  gegen  die  Wolganiede- 
rung. 

Ich  weise  auf  diese  Racheln  besonders  hin,  weil  mir 
dünkt,  daß  sie  Armasch ewsky  eine  gewisse  Grundlage  für 
seine  Rinnsaltheorie  abgegeben  haben.  Der  vorgelagerte  Kegel 
wird  mit  Rasen  schwach  besiedelt  und  es  mag  dadurch  eine 
Anhäufung  lößartigen  Bodens  auf  sekundärer  Lagerstätte 
stattfinden.  Ähnliche  Vorgänge  sind  natürlich  auch  denkbar, 
wenn  das  Hinterland,  welches  der  Erosion  unterworfen  ist,  aus 
tertiärem    oder    sonstigem    lockeren  Sediment  besteht.    Immer 


i    1  Saschen  (1  Faden)  =  2-13  ///. 

-  Alter,  toter  Lauf  der  Wolga,  vom  Grundwasser  des  Wolgatales  gespeist 


Lößstudien  an  der  Wolga. 


41 


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H.  AI  ohr, 


aber  wird  das  Material  der  Aufschüttung  eine  strenge  stoffliche 
Abhängigkeit  vom  abgebauten  Hinterlande  verraten,  und  das 
müssen  wir  festhalten. 

Verfolgen  wir  nun  diese  Terrainkante  in  ihrem  südlichen 
Verlauf  bis  dorthin,  wo  die  neue  Eisenbahn  nach  Jekaterinen- 
burg  in  die  pleistocänen  Bildungen  eindringt,  so  finden  wir 
-dort  einen  prächtigen  Aufschluß. 


Junge  Rachel  in  der  Lößkante   südlich  der  Stadt  (Kasan). 

Die   oberste   Lößläge    kommt    durch  Steilabbruch    scharf  zum  Ausdruck. 
Gesamthöhe  der  Wand   etwa   15  m. 


Die  Stufe  ist  hier  etwa  12  bis  15  m  hoch.  Um  Material 
für  den  Eisenbahnbau  zu  gewinnen,  ist  sie  in  drei  Etagen 
tagbaumäßig  angeschnitten  worden,  welche  folgenden  geo- 
logischen Aufbau  enthüllen. 

I.  Etage:  Die  Wand  besteht  aus  typischem  Löß,  dessen 
Röhrchenstruktur  sehr  gut  ausgeprägt  ist.  Reichliche  Kalk- 
ausscheidungen werden  beobachtet,  die  sich  besonders  längs 
der  alten  Wurzelröhrchen  anhäufen.  Lößkindel  sind  aber  spar- 


Lößstudien  an  der  Wolga. 


43 


lieh  und  in  der  Regel  sehr  klein.  Sehr  gut  sichtbar  ist  auch 
eine  vertikale  Klüftung,  welche  zur  Bildung  von  polygonalen 
Säulen  Anlaß  gibt.  Schwächer  ist  eine  horizontale  Unterteilung 


=-  .5?  4   ■§ 


„*- 


bemerkbar.  Die  im  ganzen  ausgesprochen  massige  Struktur 
wird  nur  gegen  den  Rasen  durch  einige  lehmig  humose  Streifen 
unterbrochen,  welche  gewissermaßen  in  den  gegenwärtigen 
klimatischen  Zustand  hinüberleiten. 


44  II.  Mohr, 

II.  Etage:  Bei  b  eine  lettige,  flammig  gestreifte  Lage,  im 
Streichen  nicht  weit  verfolgbar.  Darunter  bei  c  ein  dickes  Nest 
von  gröberem  Dünensand,  welcher  teilweise  durch  CaCO» 
verkittet  ist. 

III.  Etage:  An  ihrer  Wand  ist  ein  mächtiges,  massig  aus- 
sehendes Dünensandlager  erschlossen.  Der  Sand  ist  links  vom 
Beschauer  (gegen  N)  mehr  graugelb,  rechts  (gegen  S)  mehr 
bräunlichgelb  gefärbt.  An  der  Kante  oberhalb  d  merkwürdige 
sackförmige,  lettige  Nester,  schwarz  (Mn  +  Fe?)  oder  rostbraun 
flammig- streifig  gefärbt.  Diese  Bildungen  scheinen  einer  späteren 
Zeit  anzugehören  und  mit  der  nahen  Oberfläche  in  Zusammen- 
hang zu  stehen. 

Der  Bahneinschnitt  selbst  liegt  überwiegend  im  Löß,  aber 
der  tiefere  Teil  des  Steilabfalles  der  Lößstufe  nördlich  vom 
Einschnitt  zeigt  in  einer  Reihe  von  Entblößungen,  daß  sich 
das  Flugsandlager  des  Tagbaues  im  Streichen  fortsetzt. 

Von  diesem  Aufschluß  begeben  wir  uns  zu  einem  zweiten 
am  Südufer  des  bereits  erwähnten  Kabansees  (s.  Fig.  4). 

Etwas  nördlich  von  den  sogenannten  Junkerbaracken 
(Militärlager)  schließt  sich  an  das  Südwestende  des  Sees  eine 
kleine  Bucht,  deren  Umfassung  durch  den  Steilabbruch  einer 
6  bis  8  m  hohen  Wand  gebildet  wird. 

Der  Anschnitt  zeigt  zwei  Ablagerungsserien  miteinander 
in  schichtiger  Ablösung.  Der  obere,  etwa  1  bis  \-oni  mächtige 
Abschnitt  besteht  vorwiegend  aus  Lößboden,  und  zwar  stellt 
der  unter  dem  Rasen  liegende  Teil  eine  schokoladebraune^ 
lößartige  Masse  (Tschernosjöm)  mit  schwachen,  gelblichen 
Sandlagen  dar.  Tiefer  walten  allmählich  staubförmige  Dünen- 
sande vor,  welche  an  einzelnen  Stellen  sehr  deutlich  die  be- 
zeichnende diagonale  Schichtung  erkennen  lassen.  Die  gegen 
die  Tiefe  zurücktretenden  Lößstreifen  sind  nur  etwa  handbreit, 
zeigen  aber  die  Röhrchenstruktur  ganz  ausgezeichnet.  Neben 
diesen  Bändern  kommen  noch  andere  braune  Streifen  vor, 
welche  aber  nichts  anderes  als  verfestigten  Dünensand  dar- 
stellen.1 


1    Diese   streifenweise  Verfestigung  des  Dünensandes    könnte    man  sich-« 
am     ehesten     durch     periodische     Überschwemmungen     (Wolga)     entstanden. 


Lößstudien  an  der  Wolga.  45 

Daß  es  sich  in  den  angeführten  Fällen  wirklich  um  Dünen- 
^sande  handelt,  geht  nicht  allein  aus  der  Erkenntnis  ihrer  petro- 
graphischen  Eigentümlichkeiten1  hervor,  sondern  auch  aus  — 
teilweise  —  klassischen  Feldbeobachtungen,  wie  sie  z.  B.  am 
neuen  mohammedanischen  Friedhof  angestellt  werden  konnten. 
Hier  hatten  die  Arbeiten  für  den  gleichen  Eisenbahnbau  einen 
•tiefen  Einschnitt  erzeugt,  der  einen  mehrmaligen  Wechsel  von 


Fig.  4. 
Aufschluß  am  Südwestende  des  Kabänsees. 

Höhe :  6  bis  7  in  über  dem  See ; 
Tschernosjöm  und  Löß  mit  Sandlagen  wechselnd. 

Lehm  und  Dünensand  entblößte.  Die  Dünenstruktur  war  hier 
an  manchen  Stellen  so  gut  erhalten,  daß  man  den  auf-  und 
absteigenden  Ast    der    Dünenstreifung   genau    im  Querschnitt 

denken,  welche  den  sonst  völlig  losen  Sand  mit  einem  tonigen  Bindemittel 
infiltrierten.  Nach  dem  Abzug  des  Wassers  legte  sich  neuerdings  Dünensand 
darüber. 

1  Zu  diesen  Eigentümlichkeiten  gehört  vor  allem  eine  bedeutende 
Steigerung  und  Vervollkommnung  des  Aufbercitungszustandes,  besonders 
kenntlich  im  Ausgleich  der  Konigrößen,  Anreicherung  des  Quarzes  durch 
Ausscheiden  der  Mineralien  von  anderem  physikalischen  Verhalten  gegenüber 
-dem  Lul'tstrom,  besonders  des  Glimmers  (Muskpvit),  welcher  verschwindet. 


40  H.Mohr 

beobachten  konnte.  Leider  war  der  Kriegszustand  dem  Vor- 
haben hinderlich,  diese  lehrreichen  Aufschlüsse  im  Bilde  fest- 
zuhalten. 

Es  wurden  noch  einige  andere  Quartärprofile  untersucht. 
wie  am  Fuße  der  alten  Stadtfestung  (Kriepost)  und  in  den 
Ziegelgruben  im  Süden  der  Stadt,  wichtiges  neues  Beob- 
achtungsmaterial ist  aber  dabei  nicht  zugewachsen. 

Wir  wollen  nun  auf  Grund  der  gewonnenen  fremden  und 
eigenen  Beobachtungen  Klarheit  zu  gewinnen  trachten,  welche 
Entstehungstheorie  sich  mit  diesen  am  besten  vereinbaren 
läßt. 

Nach  der  von  de  Geer  entworfenen  Karte  Europas  zur 
Zeit  seiner  maximalen  Vergletscherung  (enthalten  in  Geinitz: 
»Die  Eiszeit«)  könnte  es  den  Anschein  haben,  als  wären  jene 
pleistocänen  Bildungen,  welche  wir  zu  beschreiben  versucht 
haben,  Absätze  des  stark  vergrößerten  Kaspisees.  Nach  der 
Auffassung,  welche  in  dieser  Karte  niedergelegt  wurde,  er- 
streckte sich  der  Spiegel  dieses  Sees  in  der  genannten  Zeit 
längs  des  östlichen  Ufers  der  Wolga  weit  nach  Norden.  Sogar 
das  Mündungsgebiet  der  Kama  wurde  noch  vom  See  über- 
schritten und  Kasan  würde  gerade  einen  der  nördlichsten 
Punkte  einnehmen,  den  das  Wasser  des  Kaspi  noch  bedeckte. 
Worauf  diese  Annahme  sich  gründet,  konnte  ich  aus  der 
Literatur  nicht  erfahren.  Vermutlich  dachte  man  an  eine 
lakustre  Entstehung  der  tieferen  Sande  des  Quartärs.  Daß  für 
diese  Auffassung  keine  Handhabe  vorhanden  ist,  zeigen  nicht 
allein  die  Bohrungen  und  natürlichen  Aufschlüsse  in  der 
Kasaner  Umgebung,  sondern  auch  die  örtliche  Literatur  der 
letzten  Jahrzehnte,  in  welcher  dieser  Gedanke  nicht  mehr  er- 
örtert wird.  Es  genügt  hinzuzufügen,  daß  weder  der  obenauf 
liegende  »lößartige«  Lehm  noch  die  tieferen  Sande  irgend- 
welche Berührungspunkte    mit  lakustren  Absätzen  aufweisen. 

Hingegen  weisen  alle  Anzeichen  auf  eine  Bildung  hin, 
welche  auf  dem  trockenen  Lande  vor  sich  ging.  Die  Sande 
sind  echte  Dünensande  sowohl  ihrer  petrographischen  Aus- 
bildung als  ihrer  Lagerungsart  nach.  Der  »lößartige«  Lehm 
Noinski's    aber    ist  ein  schwach  verlehmter  Löß,    dem  noch 


Lößstudien   an  der  Wolga.  4  < 

alle  petrographischen  und  geologischen  Eigenheiten  anhaften, 
die  den  Löß  Mittel-  und  Westeuropas  charakterisieren.  Der 
Reichtum  an  Quarzkörnchen  bestimmter  Größe,  die  unregel- 
mäßig und  in  verschiedenen  Stellungen  verteilten  Glimmer- 
schüppchen,  der  Kalkgehalt  und  die  Lößkindchen,  und  endlich 
die  Röhrchenstruktur,  all  das  tritt  uns  auch  an  den  Lehmen 
der  Kasaner  Umgebung  entgegen.  Dazu  kommen  noch  eine 
Reihe  bezeichnender  Eigenheiten  in  seinem  geologischen  Auf- 
treten, wie  die  Massigkeit  seines  Aufbaues,  die  vertikale  Klüf- 
tung,  die  Neigung  zur  Steihvandbildung,  das  Unvermögen, 
Wasser  tragen  zu  können,  die  Einbettung  großer  Landsäuge- 
tiere, besonders  grasfressender  Dickhäuter  und  Huttiere,  und 
endlich  die  planierende  Art  seines  Auftretens.1  Wenn  wir  alle 
diese  Beobachtungen  auch  an  den  »lößartigen«  Lehmen  Kasans 
anstellen  können,  so  können  wir  uns  berechtigt  fühlen,  von 
»Löß«  schlankweg  zu  sprechen,  wenn  er  auch  Anzeichen 
beginnender  Verlehmung  erkennen  läßt. 

Zu  dieser  Erkenntnis  also  führen  uns  die  Beobachtungen 
um  Kasan. 

Wenn  aber  der  Löß  der  Kasaner  Umgebung  prinzipiell 
keinerlei  Unterschiede  gegenüber  jenem  Mitteleuropas  erkennen 
läßt,  wie  dies  Ni kitin2  bereits  in  den  Achtzigerjahren  für  die 
gleichartigen  Bildungen  Südrußlands  festgestellt  hat,  dann 
wird  die  Frage  interessant,  ob  denn  wirklich  die  Verhältnisse 
in  Rußland  so  ganz  anders  liegen,  daß  sie  einer  Anwendung 
der  äolischen  Lößtheorie  widerstreiten.  Wir  wollen  uns  deshalb 
mit  den  nichtäolischen  Theorien  an  der  Hand  der  eigenen  Beob- 
achtungen auseinandersetzen,  um  deren  Anwendungsmöglich- 
keit zu  prüfen. 

Richthofen  hat  bekanntlich  die  Möglichkeit  keineswegs 
geleugnet,  daß  untergeordnet  auch  auf  anderem  Wege  denn 
durch  Windwirkung  lößähnliche  Bodenarten  entstehen  können. 
So    spricht    er    vom    »See- Löß«,    den    er    sich    als  Absatz    in 


1  Ferd.  Freiherr  v.  Richthof en,  Führer  für  Forschungsreisende.  Han- 
nover 1901,  p.  469  bis  471.  Neudruck  der  Aufl.   1886. 

2  S.  Nikitin,  Les  depots  posttertiaires  de  l'Allemagne  dans  leurs  rela- 
tions  aux  formations  correspondantes  de  la  Russie.  Bull,  du  Comite  Geol. 
St.  Petersbourg  1886,  T.  V,  p.  133—185. 


48  H.  Mohr, 

abflußlosen  Seen  entstanden  denkt,  wenn  in  Lößgegenden  auf- 
.geschlämmter  Löß  in  den  Wasserbecken  zusammengetragen 
wird.1  Auch  die  Deltas  der  Flüsse  hält  er  für  einen  geeigneten 
Ort,  um  lößähnliche  Böden  entstehen  zu  lassen.2  Und  dieser 
Art  der  Entstehung  kommt  vielleicht  in  einem  etwas  anderen 
Sinne  eine  größere  Bedeutung  zu,  als  man  bisher  anzunehmen 
geneigt  war.  Wenn  wir  z.  B.  die  russischen  Ströme  betrachten, 
so  staunt  der  Beobachter  über  die  Menge  des  feinen,  gelben 
Schlammes,  den  sie  tagaus  tagein  ihrem  Mündungsgebiete  zu- 
wälzen.  Ich  habe  den  ganzen  Sommer  über  die  Wolga  nie 
anders  als  gelbgefärbt  an  Kasan  vorüberziehen  sehen.  Und 
besonders  reich  an  suspendierten  Stoffen  scheint  sie  im  Früh- 
jahre zu  sein,  wenn  die  Schneeschmelze  sie  das  Land  weit- 
hin überschwemmen  läßt.  5  bis  8  ui,  vielleicht  auch  mehr, 
erhebt  sich  dann  ihr  Pegel  gegenüber  dem  gewöhnlichen 
Stande  im  Wolgagerinne  und  verwandelt  die  ganze  Umgebung 
von  Kasan  in  einen  gewaltigen  See.  Kleinere  Zuflüsse  halten 
nicht  Schritt  mit  dem  rapiden  Anstieg  der  Wasserflut  im 
Strome  und  so  sieht  man  tagelang  die  gelbe  Trübe  die  kleine 
Kasanka  aufwärts  wandern,  ihrer  Stromrichtung  entgegen, 
deren  Wasser  zurückstauend  und  allenthalben  die  Marschen 
zu  beiden  Seiten  des  Flusses  tief  ins  Land  hinein  in  eine 
gelbe  See  verwandelnd.  Nach  einigen  14  Tagen  ist  der  Hoch- 
stand erreicht,  die  Gewässer  kommen  zum  Stehen.  Etwa  eine 
Woche  lang  behauptet  die  Flut  noch  ihre  Herrschaft,  dann 
aber  sinkt  der  Spiegel  und  das  inundierte  Gebiet  wird  wieder 
frei.  Wenn  wir  aber  die  abziehenden  Fluten  betrachten,  so 
finden  wir  sie  völlig  klar.  In  der  kurzen  Zeit  des  Stagnierens 
hat  sich  diese  Klärung  vollendet,  der  ganze  suspendierte 
Schlamm  ist  zu  Boden  gefallen,  deckt  die  Marschen,  wo  er 
.an  den  Grasresten  des  Vorjahres  einigen  Halt  findet.  Wenn 
auch  die  heftigen  Frühjahrsstürme,  worauf  wir  noch  zurück- 
Jkommen  wollen,  sich  rasch  dieser  Sinkstoffe  bemächtigen  und 
sie  in  einer  bestimmten  Weise  im  Lande  verteilen,  so  wird 
doch  ein  Teil   des  gelben  Schlammes    durch    den  Graswuchs 


1  Führer  für  Forschungsreisende,  p.  473. 

2  A.  a.  O.,  p.  474. 


Lößstudien  im  der  Wolga.  F.' 

verankert  bleiben  und  im  Laufe  der  Zeit  zu  einer  Erhöhung 
des  Bodens  führen.  Es  kann  kaum  bezweifelt  werden,  daß 
auf  die  beschriebene  Art  lößähnliche  Böden  erzeugt  werden 
können.  Vielleicht  ist  auch  anzunehmen,  daß  sich  in  diesem 
Flußlehm  das  Wurzelröhrchensystem  der  Marschenvegetation 
erhält,  dann  wäre  die  Ähnlichkeit  eine  noch  weitergehende.  - 
Niemals  aber  glaube  ich,  daß  solche  Böden  neuzeitlicher  Ent- 
stehung freien  Kalk  enthalten  werden,  denn  was  an  löslichen 
Salzen  vorhanden  ist,  ging  sicher  durch  den  Wassertransport 
verloren.1 

Ablagerungen  dieser  Herkunft  werden  auch  einen  uni- 
formen Charakter  besitzen.  Sie  werden  sich  nicht  allein  längs 
des  gleichen  Flusses  durch  eine  streng  einheitliche  Zusammen- 
setzung auszeichnen,  sondern  die  Absätze  verschiedener  Flüsse 
werden  unter  den  gleichen  klimatischen  Verhältnissen  kaum 
nennenswerte  Unterschiede  erkennen  lassen. 

Denn  das  ist  eben  eines  der  wichtigsten  Kriterien:  die 
kosmopolitische  Verbreitung  des  Lösses  und  sein  uniformer 
Charakter. 

Und  der  schwerste  Einwand,  welchen  man  gegen  die 
Deluationstheorie  erheben  kann,  dünkt  mir  deshalb  der  zu 
sein,  daß  sie  durch  ihre  Erklärungsart  das  gerade  Gegenteil 
dessen  erwarten  läßt,  was  man  am  Löß  tatsächlich  beobachtet. 
»Überall,  wo  die  Verhältnisse  seine  typische  Ausbildung  be- 
günstigt haben«,  sagt  Richthüfen,  »besitzt  er  die  gleichen 
Eigenschaften«.2  Wie  kann  der  Löß  diese  merkwürdige  petro- 
graphische  Einförmigkeit  besitzen,  wenn  er  durch  einfache 
Umlagerung  des  Vervvitterungsstaubes  der  nächsten  Hänge 
entstanden  ist?  Wie  kann  auf  der  kurzen  Strecke  Weges  vom 
abwitternden  Hang  bis  zur  akkumulierenden  Wiese  in  Rinn- 
salen und  ähnlichen  kleinsten  Wasserläufen  die  Aufbereitung 
eine  solche  sein,  daß  verschiedene  Gesteine  den  gleichen 
Detritus  liefern?  Wie  ist  es  möglich,  daß  der  Löß  der  Baikal- 
region,   welcher    überwiegend    saure  Massengesteine    und   alt- 


1  Der  Abbruch  des  Kasaner  Aufenthaltes  hat  leider  unmöglich  gemacht, 
■diesen  l'berlegungen  die  wünschenswerten  Kontrollbeobachtungen  im  Felde 
folgen   zu  lassen. 

'-'  Richthofen,  Führer  für  Forschungsreisende,  p.  469. 

Sitasb.d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,   120.  Bd.  4 


50  rLMohr, 

krystalline  Schiefer  zu  seinem  Grundgebirge  hat,  im  wesent- 
lichen keine  petrographischen  Merkmale  erkennen  läßt,  die  ihn 
vom  Löß  der  Kasaner  Umgebung  trennen  würden?  Und  doch 
liegt  dieser  letztere  auf  Kalken,  Dolomiten,  Mergeln  mit  wenig 
Sandstein  auf! 

Über  diese  Schwierigkeit  hilft  uns  die  Deluationstheorie 
nicht  hinweg  und  deshalb  erscheint  sie  jedem  Beobachter 
unannehmbar,  der  sich  den  kosmopolitischen  Charakter  des 
Lösses  und  besonders  seine  petrographische  Unabhängigkeit 
vom  Grundgebirge  zu  eigen  gemacht  hat. 

Am  9.  und  10.  Jänner  des  Jahres  1918  war  ich  Zeuge 
eines  sehr  merkwürdigen  und  interessanten  Naturereignisses. 
Ganz  Kasan  stak  im  tiefen  Winter  und  Schnee.  Da  plötzlich 
brach  am  7.  von  einem  kräftigen  Barometerrückgang  begleitet, 
eine  warme  Luftmasse  herein,  welche  in  der  Nacht  vom  8.  auf 
den  9.  das  Thermometer  über  den  Nullpunkt  brachte.  Am 
9.  taute  es  bis  über  Mittag.  Später  gab  es  ausgiebigen  Schnee- 
fall und  kräftigen  Wind.  Am  10.  hatte  der  Schneefall  aufgehört 
und  das  Wetter  war  ruhiger  geworden.  Als  ich  um  10i;oh  a. 
meinen  Gang  zur  Universität  antrat,  fiel  bereits  überall  der 
frischgefallene  Schnee  durch  seine  schmutzigbraune  Bestäubung 
auf.  Im  geologischen  Institut  angekommen,  das  an  einem  der 
höchstgelegenen  Punkte  des  Stadtgebietes  errichtet  ist,  bemerkte 
ich,  daß  die  Fernsicht,  welche  normal  bis  weit  über  die  Wolga 
reicht,  auf  die  nächste  Umgebung  beschränkt  ist.  Gegen  lhp. 
bot  sich  dem  Beobachter  der  normale  Winterhimmel,  wenn  er 
umzogen  ist;  eine  lichtgraue,  ziemlich  gleichmäßige  Färbung 
überzog  ihn.  Gegen  den  Horizont  aber  —  vom  Zenit  weg  — 
verdichtete  sich  die  Atmosphäre  zu  einer  gelblich-bräunlich 
gefärbten,1  nebeligen  Masse.  Gebäude  waren  auf  800  Schritte 
wie  in  leichten  Rauch  gehüllt  und  auf  1  km  verschwanden 
die  Umrisse. 

Die  nebelige  Masse  ließ  geringe  Ungleichmäßigkeiten  in 
ihrer  Dichte    erkennen,    ohne  aber  irgendeine  Himmelsrichtung 


1    Zeitweise   gewann  ich   den   Eindruck,   als  oh   auch  ein  Stich   ins   Röt* 
liehe   vorhanden   gewesen    wäre. 


Lößstudien  an  der  Wolga.  51 

zu  bevorzugen  und  war  ohne  Unterschied  —  wie  es  mir  schien 
—  in  und  um  die  Stadt  vorhanden. 

Als  ich  gegen  2h  p.  die  Wohnung  neuerdings  verließ,  war 
eine  deutliche  Verdichtung  des   »Nebels«   zu  bemerken. 

Abends  trat  dann  ein  merkwürdiges  Eisrieseln  ein  (es 
fielen  kleine  Graupen). 

Am  11.  erfolgte  Ausheiterung  bei  raschem  Anziehen  der 
Kälte.  Prof.  H.  Ficker-Feldhaus  (Graz),  der  mein  Schicksal 
in  Kasan  teilte,  berichtete,  daß  nachts  ein  Drittel  Meter  Schnee 
gefallen  war.  Der  frischgefallene  Schnee  war  rein  weiß,  ohne 
jegliche  Färbung. 

Gegen  Abend  (6h)  stand  über  Kasan  ein  heiterer  Himmel. 
Nur  gegen  NW  sah  man  dicht  über  dem  Horizont  eine  gelb- 
lich bis  rauchgrau  gefärbte  Dunstmasse,  die  die  Form  eines 
sehr  flachen  Kreisabschnittes  annahm,  sich  scharf  gegen  den 
ausgeheiterten  Himmel  abgrenzen.  Sie  war  scheinbar  im  Abzug 
begriffen. 

Bereits  am  10.  war  ich  mir  dessen  bewußt,  daß  in  Kasan 
ein  ausgiebiger  Staubfall  erfolgt  war  und,  wie  die  Überlegung 
sagen  mußte,  unter  besonders  günstigen  Umständen. 

Deshalb  rüstete  ich  mich  sofort,  um  an  einem  möglichst 
einwandfreien  Punkte  Staubproben  zu  sammeln.  Die  Wahl  des 
Ortes  war  von  außerordentlicher  Wichtigkeit.  Der  Schnee-  und 
Eisgraupenfall  war  von  starken  Winden  begleitet  und  deshalb 
war  der  Einfluß  der  Umgebung  auf  die  Zusammensetzung  des 
Staubes  überall  sehr  zu  befürchten. 

Tatsächlich  zeigte  sich  der  Schnee  in  der  Stadt  überall 
durch  den  verwehten  Mist  der  Straßen  stark  verunreinigt. 

Der  Wind  kam  —  ganz  roh  genommen  —  aus  südlicher 
Richtung.  Deshalb  empfahl  es  sich,  das  südliche  Vorland  der 
Stadt  aufzusuchen.  Am  12.  versah  ich  mich  mit  einigen  prak- 
tischen Gefäßen  zum  .Sammeln  der  Proben  und  verließ  in 
südlicher  Richtung  das  Weichbild  der  Stadt.  Ich  überzeugte 
mich  aber  bald,  daß  Wärmewelle  und  Sturm  eine  Menge 
aperer  Stellen  geschaffen  hatten  und  der  herausragende  Boden 
auch  hier  auf  den  Schnee  seine  verunreinigende  Wirkung 
ausübte.  Da  kam  mir  der  Gedanke,  die  Proben  auf  dem  nahen 
zugefrorenen    See    zu    sammeln.    In    seiner    südlichen    Hälfte 


52  H.   .Mohr, 

besaß  ja  der  Kabansee  eine  ganz  ansehnliche  Breite  und  hier 
auf  dieser  fast  unbegangenen  und  unbefahrenen  Mäche  bestand 
die  beste  Aussicht,  einwandfreie  Proben  gewinnen  zu  können. 

Zwischen  der  Artilleriekaserne  am  östlichen  und  der 
Ziegelei  am  westlichen  Ufer  schritt  ich  zur  Entnahme  der 
Proben.  Ich  entfernte  zuerst  zum  Teil  den  noch  etwa  l./3  Fuß 
mächtigen,  rein  weißen  Schnee,  der  in  der  Nacht  auf  den  11. 
gefallen  war  und  die  Staubschicht  so  vortrefflich  vor  einer 
späteren  Verunreinigung  schützte,  und  stach  dann  mittels  eines 
zylindrischen  Glasgefäßes  einen  bis  auf  das  Eis  des  Sees 
reichenden  Probezylinder  heraus.  Es  war  folgendes  Profil  zu 
beobachten:  Zu  unterst  das  Eis  des  Sees,  dann  etwa  2  cm 
weißer,  körniger  Schnee,  darüber  2  bis  3  cm  Schmutzschnee 
deutlich  in  Graupenform  fest  zusammenbackend  und  dann 
endlich  die  bald  ',._>,  bald  nur  V3  Fuß  mächtige  Decke  des 
weißen  Pulverschnees.  Diese  Probe  war  bestimmt,  um  eine 
quantitative  Bestimmung  des  Staubfalles  durchzuführen.  Für 
qualitative  Untersuchungen  wurde  ein  zweites  Gefäß  mit 
Schmutz -cbnee  gefüllt.  Damit  war  die  Probenahme  nach  bestem 
Können  beendigt. 

Prof.  Ficker- Feldhaus,  welcher  dem  Gang  der  meteoro- 
logischen Ereignisse  während  des  Staubfalles  gleich  mir  regstes 
Interesse  entgegenbrachte,  hatte  die  Freundlichkeit,  die  ent- 
sprechenden Daten1  an  der  meteorologischen  Beobaehtungs- 
statiun  der  Kasaner  Universität  auszuheben  und  stellte  mir 
nachstehenden  Kommentar  bereitwillig  zur  Verfügung,  wofür 
ich  ihm  auch  an  dieser  Stelle  herzlichst  danken  möchte. 

Bemerkungen  zum  Staubfall  am  10.  Jänner  1918. 

Von  Prof.   Dr.   H.  Ficker-Feldhaus,   Graz. 

»Dem  Staubfall  am  10.  Jänner,  der  mit  SSE-Wind  kam, 
gingen  tagelang  vorwiegend  südwestliche  Winde  beträchtlicher 
Stärke  voraus.  Dem  relativ  niedrigen,  wenig  gestörten  Luft- 
druck sowohl  des  Vortages  als  des  Staubfalltages  selbst  zu- 
folge, läßt  sich  annehmen,  daß  eine  ausgedehnte  Depression 
mit  ihrem  Zentrum  westlich  oder  nordwestlich  von  Kasan  lag 


1   Siehe  die  nachfolgenden  Tabellen. 


Lößstudien  an  der  Wolga.  53 

und  während  der  in  Betracht  kommenden  Tage  (etwa  seit 
3.  Jänner)  im  wesentlichen  stationär  blieb.  Durch  das  lange 
Verweilen  der  Depression  im  gleichen  Gebiete  würde  sich  dann 
der  Umstand  erklären,  daß  auf  ihrer  Vorderseite  Luft  aus  sehr 
entlegenen  südlichen  Gebieten  weit  nach  Norden  sich  ver- 
lagert  hat. 

Für  den  9.  Jänner  (geringer  Druckanstieg  mit  Windwechsel 
nach  SSE  und  Abkühlung)  ist  sogar  eine  geringfügige  rück- 
läufige Bewegung  der  Depression  wahrscheinlich,  wichtig  da- 
durch, daß  Kasan  aus  dem  Gebiete  extrem  warmer,  wohl 
ozeanischer,  feuchter,  südwestlicher  Winde  in  den  Bereich 
einer  kälteren  SSE-Strömung  kam,  die  durch  Staubfall  und 
geringe  relative  Feuchtigkeit  ihre  kontinentale  Herkunft  bewies. 
Der  Windwechsel  wurde  dadurch  bewirkt,  daß  die  kalte  SSE- 
Strömung  sich  unter  die  warme  SW-Strömung  einschob  und 
letztere  vom  Boden  weg  in  die  Höhe  drängte,  ein  Vorgang,  der 
zu    bemerkenswerten  Begleiterscheinungen  Veranlassung    gab. 

Am  Abend  des  10.  Jänner  fiel  nämlich  gleichzeitig  mit 
,  dem  Staub  und  trotz  der  geringen  relativen  Feuchtigkeit  starker 
Eisregen.  Der  Wasserdampf  der  in  die  Höhe  gedrängten,  da- 
durch abgekühlten  SW-Strömung  kondensierte  zu  unterkühlten 
Regentropfen,  die  bei  Durchfallen  der  stauberfüllten  Boden- 
schichten gefroren  und  den  Eisregen  lieferten. 

Am  11.  Jänner  kam  Kasan  auf  die  Rückseite  der  Depres- 
sion; es  trat  mit  starker  Abkühlung  bei  Windwechsel  nach 
WSW  gewöhnlicher  Schneefall  ein. 

Über  die  Herkunft  des  Staubes  läßt  sich  aus  den  vor- 
liegenden Daten  gar  nichts  aussagen.  Schneebedeckte  Gebiete 
sind  als  Ursprungsort  ausgeschlossen,  was  von  vornherein 
auf  eine  Ausgangsbreite  von  etwa  45°  schließen  läßt.  Wesent- 
lich niedrigere  Breiten  sind  nach  der  normalen  Druckverteilung 
des  Jänner  nicht  wahrscheinlich.  Am  plausibelsten  ist  die 
Annahme,  daß  die  Heimat  der  Staubströmung  in  einer  der 
Steppen  der  Linie:  nördlicher  Kaspisee — Aralsee — Balkaschsee 
zu  suchen   ist. 

Bahn  und  Ausdehnung  der  Strömung  sind  mangels  syn- 
optischer Daten  ganz  unbestimmt.« 


54 


H.   Mohr, 


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56  H.  Mohr, 

Die  weitere  Untersuchung  der  Staubproben  wurde  nun 
im  geologischen  und  mineralogischen  Kabinett  der  Universität 
in  Angriff  genommen. 

Das  Schneewasser  wurde  in  allen  Fällen  unter  Beob- 
achtung der  nötigen  Vorsicht  im  Wasserbad  eingedampft.  Es 
blieb  ein  erdbraunes,  sehr  feines  Pulver  zurück,  ohne  sicht- 
bare gröbere  Beimengungen,  vom  Aussehen  des  käuflichen 
Cacaopulvers. 

Bestimmung  der  Menge:  Die  zylindrische  Schale 
hatte  einen  Querschnitt  von  5539  mms  =  55  ■  39  cm3.  Die  auf 
diesem  Querschnitt  eingedampfte  Staubmenge  wog  0  •  131  ^ 
woraus  sich  eine  gefallene  Staubmenge  von 

23  g  auf  1  n r 
errechnet. 

Infolge  der  geübten  Vorsicht  bei  der  Probenahme  und 
der  Bestimmung  glaube  ich  für  diese  Ziffer  eine  ziemliche 
Zuverlässigkeit  in  Anspruch  nehmen  zu  können.  Sie  läßt  er- 
kennen, daß  die  Staubmassen  ganz  gewaltige  waren,  welche 
durch  diese  südliche  Luftströmung  bis  in  die  Breiten  von 
Kasan  gelangten. 

Die  weiteren  Untersuchungen,  welche  zur  Klarstellung 
der  Zusammensetzung  des  Staubes  unternommen  wurden, 
konnten  leider  zu  keinem  gedeihlichen  Abschluß  gebracht 
werden.  Die  außergewöhnlichen  Verhältnisse  des  Jahres  1(,»18 
schufen  eine  ganze  Reihe  von  Schwierigkeiten,  welche  kaum 
zu  umgehen  waren.  Es  wurde  deshalb  eine  hinreichende 
Menge  zusammen  mit  dem  Schmelzwasser  in  eine  Glasröhre 
eingeschmolzen  und  außerdem  noch  Trockenproben  des 
Staubes  aufbewahrt,  um  die  qualitative  Untersuchung  seiner- 
zeit in  der  Heimat  durchführen  zu  können.  Dieser  Arbeit 
konnte  ich  mich  bis  jetzt  nicht  unterziehen,  da  die  Mitte  des- 
selben Jahres  unternommene  Flucht  aus  Kasan  mich  nötigte, 
die  Proben  -  -  wenn  auch  in  guten  Händen  —  zurückzu- 
lassen. 

Dieser  Mangel  wird  hier  sehr  schwer  empfunden  und  es 
muß  der  Hoffnung  Ausdruck  verliehen  werden,  daß  es  zu 
einem  späteren  Zeitpunkt  gelingen  möge,  diese  Lücke  aus- 
zufüllen. 


Lößstudien  an  der  Wolga.  o7 

Denn  der  Verdacht,  daß  solche  Staubfälle  irgend  einen 
Anteil  haben  könnten  am  Aufbau  des  Bodens  um  Kasan,, 
mußte  natürlich  sofort  einen  mikroskopischen  Vergleich  zwi- 
schen Staub  und  Lößpulver  anregen.  Und  diese  Arbeit  ist 
nun  über  eine  bloße  Übersicht  nicht  hinausgekommen.  Soviel 
aber  verriet  auch  schon  eine  oberflächliche  Musterung,  daß 
auf  einen  Vergleich  im  Kleinsten  keine  besonderen  Hoffnungen 
gesetzt  werden  dürfen.  Die  beiden  Proben  liegen  in  einem 
grundverschiedenen  Erhaltungszustande  vor.  Der  Löß  ist 
merklich  verlehmt,  d.  h.  die  Silikate  sind  in  toniger  Zersetzung 
begriffen  und  ein  gut  Teil  der  löslichen  Salze  ist  bereits 
fortgeführt;  beim  Staub  vom  10.  Jänner  ist  dieser  Prozeß  noch 
nicht  einmal  eingeleitet.  Selbst  bei  völliger  Identität  des  Aus- 
gangsmaterials —  an  welche  übrigens  im  engeren  Sinne  nicht 
gedacht  werden  kann,  da  die  charakteristischen  großen  Quarz- 
körnchen des  Lösses  dem  Staub  völlig  mangelten  —  ist  des- 
halb eine  glatte  Übereinstimmung  des  Lößpulvers  mit  jenem 
des  Staubes  weder  unter  dem  Mikroskop  noch  in  der  Analyse 
kaum  zu  erwarten. 

Es  kann  aber  nicht  bezweifelt  werden,  daß  der  gefallene 
Staub  dem  Boden  wenigstens  teilweise  einverleibt  wird.  So- 
weit er  nicht  auf  Wasserflächen  auffällt,  soweit  ihn  nicht 
Wind,  Schmelz-  und  Regenwasser  einer  neuerlichen  Umlage- 
rung  unterziehen,  wird  ihm  der  Pflanzenwuchs  Schutz  ge- 
währen, und  es  ist  eine  reine  Frage  der  Anzahl  und  Aus- 
giebigkeit solcher  Staubfälle,  ob  gewisse,  der  Denudation 
weniger  unterliegende  Hochflächen  eine  Erhöhung  erfahren 
oder  nicht. 

Die  Wirkung  dieser  Staubfälle  quantitativ  zu  erfassen, 
ist  aber  außerordentlich  schwierig.  Während  der  ganzen 
schneefreien  Jahreszeit  entziehen  sie  sich  einer  verläßlichen 
Beobachtung.  Denn  welche  Merkmale  bei  den  geringen  mine- 
ralischen Unterschieden  der  vom  Boden  abgefegten  Staub- 
arten sollten  uns  instand  setzen,  zu  erkennen,  daß  wir  es 
wirklich  mit  ortsfremden,  von  weither  zugeführten  Staub- 
masken zu  tun  haben?  Wenn  es  sich  nicht  um  ganz  charakte- 
ristisch zusammengesetzten  Staub  handelt,  werden  selbst  mit 
aller  Vorsicht  angestellte  meteorologische  Beobachtungen  keine 


58  H.  Mohr, 

eindeutigen  Beweise  liefern.  Daher  gewinnen  die  Staubfälle 
zur  Winterszeit,  wenn  das  ganze  Umland  unter  einer  schützenden 
Schneedecke  begraben  ist,  besondere  Bedeutung. 

Dann  ist  der  örtliche  Einfluß  beinahe  ausgeschaltet.  Aber 
auch  für  die  Bestimmung  des  Herkunftsgebietes,  der  Bahn, 
Ausdehnung  (Streuung)  und  Dichte  des  Staubfalles  ergibt  sich 
eine  besonders  günstige  Konstellation  der  Beobachtungs- 
bedingungen. 

Leider  haben  es  die  Wirren  des  Jahres  1918  nicht  zu- 
gelassen, diese  Vorteile  entsprechend  auszunützen. 

Nach  den  Aufzeichnungen  der  meteorologischen  Beob- 
achtungsstationen des  Gouvernements  Kasan  sind  Staubfälle 
keine  besondere  Seltenheit  und  es  wäre  denkbar,  daß  ihnen 
beim  Aufbau  des  Lößbodens  eine  gewisse  Rolle  zukommt. 
Denn  wir  müssen  folgendes  bedenken:  Ist  der  Boden  vom 
Schnee  frei  und  der  Pflanzenwuchs  noch  nicht  in  dem  Maße 
vorgeschritten,  daß  er  den  lose  liegenden  Staub  festhalten 
könnte,  dann  werden  sich  die  auftrocknenden  Frühjahrsstürme 
des  losen  Materials  bemächtigen  und  eine  Umlagerung  be- 
wirken, welche  durch  die  vorherrschende  lokale  Windrichtung 
bestimmt  ist.  Der  Staub  wird  von  der  Luvseite  der  Gehänge 
verschwinden  und  an  der  Leeseite  einer  steten  Akkumulierung 
unterworfen  werden.  Und  hier  wird  ihn  der  allmählich  hoch- 
kommende Pflanzenwuchs  endgültig  verankern. 


Einer  ähnlichen  Umlagerung  sind  aber  auch  die  Sink- 
stoffe des  jährlichen  Wolgahochwassers  ausgesetzt,  welche 
nach  dem  Rückzuge  der  Fluten  im  Inündationsgebiete  zurück- 
gelassen werden. 

Wenn  man  nach  Ablauf  des  Eisstoßes  in  der  Wolga  im 
Fuchshofgarten,  einem  kleinen  öffentlichen  Park  am  Nordrande 
der  Lößkante  im  Stadtbezirke,  sitzt,  den  Blick  gewendet  gegen 
die  Niederung,  in  welcher  sonst  die  kleine  Kasanka  träge  ihre 
Fluten  zur  Wolga  wälzt,  so  späht  man  vergebens  nach  dem 
Flusse  aus,  vergebens  nach  den  WTiesen  und  kleinen  Tümpeln, 
die   sich   zu  Füßen    der  prächtigen  Aussicht    einige    30  Meter 


Lößstudien  an  der  Wolga.  59 

tiefer  weithin  nach  Norden  erstreckten.  Die  Niederung  der 
Kasanka  ist  in  einen  See  verwandelt,  der  Stromstrich  aber 
hat  sich  verkehrt  und  trübe  stauen  sich  die  von  der  steigenden 
Wolga  kommenden  Fluten  die  Kasanka  aufwärts.  Das  Wolga- 
wasser ist  mit  Sinkstoffen  beladen,  die  mit  ihm  über  das 
ganze  Überflutungsgebiet  verteilt  werden. 

Denn  in  den  Tagen  des  Höchststandes  verschwindet 
rasch  die  gelbe  Trübung  und  die  abziehenden  Fluten  sind 
klar  und  haben  sich  ihres  mineralischen  Ballastes  entledigt. 

Auf  der  von  der  Überflutung  befreiten  Niederung  sieht 
man  dann  allenthalben  den  lößfarbenen  Sinkstoff  in  einer 
dünnen  Schicht  den  Boden  decken. 

Aber  die  Sonne  und  besonders  die  Frühjahrswinde  trocknen 
rasch,  der  Niederschlag  wird  rissig,  schält  sich  auch  vom 
Boden  und  gerät  in  die  Gewalt  de^  Windes.  Und  der  Mangel 
einer  Vegetationsdecke,  in  der  sich  der  trockene  Sinkstoff 
verlangen  könnte,  begünstigt  ganz  außerordentlich  die  Frei- 
zügigkeit des  Staubes.  Die  30  ni  hohen  Wände  der  Lößkante 
im  Kasankatale  sind  für  ihn  kein  Hindernis.  An  der  Brüstung 
am  Rande  des  Absturzes  im  Fuchshofgarten  sitzend,  war  man 
bei  Wind  ständig  den  Attaken  des  feinen  Quarzsandes  aus- 
gesetzt, den  der  Frühjahrswind  aus  dem  Kasankatale  herauf- 
brachte. Im  Windschatten  aller  Hindernisse  häufte  er  sich 
und  es  läßt  sich  erwarten,  daß  auch  seine  Verteilung  im 
Gelände  hauptsächlich  durch  die  Windrichtung  bestimmt  wird, 
welche  um  Kasan  die  herrschende  ist. 

Daß  diese  äolischen  Aufbereitungsprodukte  des  Hoch- 
wasserschlammes den  weiteren  Bereich  der  Stromtäler  ganz 
zu  entfliehen  vermögen,  ist  wohl  kaum  anzunehmen.  Im  Gegen- 
teil, bald  wird  die  rasch  aufsprossende  Vegetation  die  Kraft 
des  Windes  überholen  und  dann  ist  es  mit  der  Freizügigkeit 
des  Staubes  zu  Ende.  Es  wird  also  einerseits  ein  Teil  des 
Hochwassersehlammes  das  Inundationsgebiet  gar  nicht  ver- 
lassen und  hier  in  den  Marschen  längs  der  Flüsse  an  einer 
steten,  aber  sehr  ungleichmäßigen  Erhöhung  des  Bodens 
arbeiten,  das  bewegliche  Material  aber  wird  sich  dort  ver- 
fangen, wo  im  Jahresdurchschnitt  die  größte  Windstille  herrscht, 
d.  h.  im  Windschatten  der  Rücken. 


6Q  H'.   Mohr, 

So  haben  wir  denn  zwei  aktuelle  geologische  Prozesse 
kennen  gelernt,  welche  noch  heute  der  Umgehung  von  Kasan 
Rohmaterial  zuführen,  dessen  weitere  Verteilung  im  Gelände 
wesentlich  von  der  herrschenden  Windrichtung  abhängt.  Und 
die  Frage  muß  ernstlich  erwogen  werden,  ob  nicht  Ablage- 
rungen, deren  Verteilung  eine  derartige  Abhängigkeit  verrät, 
eben  diesen  geologischen  Prozessen  ihre  Entstehung  verdanken. 

Eine  Prüfung  der  postpliocänen  Schichten,  die  wir  unter 
dem  Titel  »Lößstufe«  zusammengefaßt  haben,  ergibt  nun  in 
der  Tat,  daß  eine  solche  gesetzmäßige  Abhängigkeit  vorhanden 
ist.  Es  ist  eine  sehr  bekannte  Tatsache,  welche  in  vielen 
Gegenden  bereits  ihre  Bestätigung  gefunden  hat,  daß  dem  Löß 
in  Regionen,  deren  Relief  eine  ausgesprochene  Luv-  und  Lee- 
seite unterscheiden  läßt,  eine  gesetzmäßige  Verteilung  zu- 
kommt. Er  hat  sieh  in  diesem  Falle  mit  überzeugender  Folge- 
richtigkeit auf  der  Leeseite  der  Rücken  angesiedelt,  wie  dies 
seine  äolische  Herkunft  notwendig  macht. 

»In  einer  Gegend  mit  schroffem  Formenwechsel «,  sagt 
Freiherr  v.  Richthofen,1  »wird  man  beobachten,  daß  der 
Staub  sich  an  geschützten  Stellen  in  großer  Mächtigkeit  ab- 
gelagert hat,  dagegen  an  anderen,  welche  der  fegenden  Kraft 
des  Windes  ausgesetzt  sind,  gänzlich  fehlt«. 

So  hat  E.  Tietze  die  auffällige  Ungleichseitigkeit  der  ost- 
galizischen  Täler  und  die  vorherrschende  Entwicklung  des  Löß 
auf  den  westlichen  Talgehängen  damit  zu  erklären  versucht, 
daß  er 'für  die  Zeit  der  Lößbildung  ein  Vorherrschen  der  West- 
winde annahm.  Von  den  Westwinden  mitgenommen,  sei  der 
Steppenstaub  im  Windschatten  der  N — S  verlaufenden  Höhen- 
rücken, also  an  deren  Ostabdachung  abgesetzt  worden.  Auch 
F.  E.  Sueß  beobachtete  eine  ganz  ähnliche  Einseitigkeit  der 
Li")[jverteilung  in  den  Tälern,  welche  die  Ostabdachung  der 
Böhmischen  Masse  begleiten. 

Loczi  hat  besonders  an  der  Hand  der  Lößgeographie 
von  Ungarn  gezeigt,  wie  folgerichtig  sich  dieses  Gesetz  für 
einen  großen  Teil  von  Mitteleuropa  ableiten  läßt.  Einen  in- 
direkten,   aber  wunderschönen  Beweis  verdanken  wir  Obrut- 


1   Richthofen,   Führer  für  Forschungsreisende,  p.  442. 


Lößstudien  an  der  Wolga.  61 

schew,  dessen  Untersuchungen  im  südwestlichen  Trans- 
baikalien  (Zentralsibirien)  das  hochinteressante  Ergebnis  hatten, 
daß  sich  dort  das  Verbreitungsgebiet  des  noch  lebendigen  Flug- 
sandes vollständig  an  jenes  des  Lösses  anschließt.  (Die  Jahres- 
resultierendc  der  Windrichtungen  hat  also  in  diesem  Gebiet  seit  der 
Lößperiode  keine  kennbare  Veränderung  ihrer  Richtung  erfahren.) 

Es  ist  sehr  zu  bedauern,  daß  diesem  Gesetze  der  Löß- 
verteilung in  den  neueren  russischen  Arbeiten,  welche  nicht 
auf  dem  Boden  der  äol'ischen  Theorie  stehen,  die  ihm  ge- 
bührende Beachtung  nicht  zuteil  wird.  Denn  daß  diese  Gesetz- 
mäßigkeit auch  für  russische  Gebiete  Geltung  hat,  lehrt  gerade 
das   Beispiel  von   Kasan. 

In  einer  sehr  alten  Arbeit  aus  dem  Jahre  1869  berichtet 
ein  scharfer  Beobachter  (N.  A.  Golowkinski )  über  die  Ver- 
teilung der  sogenannten  »Sandformation«  in  der  Umgebung 
von  Kasan.  Diese  »Sandformation«  ist  das,  was  wir  als  Löß- 
stufe bezeichnet  haben.  Er  sagt  von  ihr:  »Die  Sandformation 
liegt  in  keiner  Vertiefung,  sie  erreicht  gleiche  Höhe  mit  den 
permischen  Ablagerungen« ;  und  an  einer  anderen  Stelle:  »Es 
ist  bemerkenswert,  daß  Jen  Westhang  der  Rücken  per  mische 
Gesteine  zusammensetzen,  kaum  verdeckt  durch  Lehm,  während 
der  östliche  (nordöstliche)  überall  gebildet  wird  durch  die 
kompakte  Masse  der  mehr  oder  weniger  tonigen  ,Sandforma- 
tioir.  Dasselbe  beobaclitet  man  auch  an  anderen  Orten,  z.  B- 
in  der  Semiosernajei  Pustinja,  nahe  Laischew,  gegen  den 
Osten   von   Sacharowka  nun  linken   Ufer  der  Kunni)  usw...«1 

Gleichzeitig  bringt  er  ein  einfaches,  aber  sehr  lehrreiches 
Profil,  welches  ich  hierher  setze  (siehe  Fig.  5),  weil  es  das 
■Gesetz  der  Lößverteilung   sehr  hübsch  zum  Ausdruck  bringt- 

In  einer  Zeit  also,  da  die  äolische  Theorie  noch  gar 
nicht  den  Brennpunkt  des  Streites  um  die  Lößentstehung 
ausmachte,  da  die  Lößnatur  eines  Teiles  der  posttertiären 
Ablagerungen  von  Kasan  noch  gar  nicht  in  Frage  stand,  hat 
bereits  ein  scharfer  Naturbeobachter  diese  Gesetzmäßigkeit  im 
Kasaner  Gebiet  erkannt.    Und  weil  sie    so    ganz    unbeeinflußt 


1  X.  A.  Golowkinski,  Beschreibung  der  geologischen  Beobachtungen, 
angestellt  im  Summer  1866  im  Kasaner  und  Wiatkäer  Gouvernement.  Mate- 
rialien  zur  Geologie  von  Rußland.   St.  Petersburg  ]St>'.>,    Bd.  I,   p.  2»;(>  (russ.). 


62  H.Mohr, 

von  jeglicher  theoretischen  Richtung  festgestellt  wurde,  ver- 
dient sie  um  so  mehr  Vertrauen. 

Die  Beschränkungen  meiner  Freizügigkeit  haben  es  leider 
nicht  zugelassen,  diesen  wertvollen  Feldbeobachtungen  Golow- 
kinski's  nachzugehen  und  sie  durch  eigenes  Tatsachen- 
material zu  ergänzen.  Mögen  künftige  Untersuchungen  im 
zentralen  Rußland  diesem  Lagerungsgesetz  des  Lösses  die 
gebührende  Aufmerksamkeit  schenken.  Für  unsere  eigenen 
Überlegungen  müssen  wir  uns  mit  den  angeführten  alten 
Beobachtungen  bescheiden. 

Die  nächste  Frage,  welche  dringende  Erledigung  heischt; 
ist  nun  die:  Welcher  Zusammenhang  besteht  zwischen  dem 
Verteilungsprinzip  des  Lösses  und  der  herrschenden  Wind- 
richtung um  Kasan? 

Herr  Prof.  Fi cker- Feldhaus  hat  mir  auch  in  diesem 
Falle  seine  wertvolle  Unterstützung  nicht  versagt  und  sich 
der  umständlichen  Arbeit  unterzogen,  aus  zehnjährigen  Beob- 
achtungen für  das  Wolgagebiet  zwischen  Nischni  Nowgorod 
und  Sysran-Samara  die  Jahresresultante  zu  berechnen.  Ich 
möchte  ihn  für  diese  Mühe  nochmals  meines  wärmsten  Dankes 
versichern.  Hören  wir,  zu  welchen  Schlüssen  ihn  seine  Berech- 
nung führt : 

»Im  Wolgagebiet  zwischen  Nischni  Nowgorod  und  Sysran- 
Samara  sind  südwestliche  Winde  am  häufigsten.  Für  vier  in 
diesem  Gebiete  gelegene  Stationen  berechnet  sich  nach  zehn- 
jährigen Beobachtungen  (1894 — 1903)  die  Häufigkeit  der  ein- 
zelnen Windrichtungen,  wie  in  nebenstehender  Tabelle  folgt 
(Häufigkeit  in  Prozenten  aller  Windstunden,  exklusive  der  wind- 
stillen Termin-Stunden). 

Dem  klimatologischen  Atlas  des  Russischen  Reiches  ist 
ferner  zu  entnehmen,  daß  die  westliche  Komponente  der  Luft- 
strömungen in  dem  fraglichen  Gebiete  im  Sommer  stärker  ist 
als  im  Winter;  dieser  jahreszeitliche  Unterschied  ist  sogar  sehr 
stark  ausgeprägt.  —  Der  Isobarenverlauf  läßt  südwestliche  bis 
westliche  Winde  als  die  häufigsten  erwarten.  Auch  das  Rechts- 
drehen der  Winde  mit  abnehmender  Höhe  über  dem  Erdboden 
—  in  unserem  Falle  gleichbedeutend  mit  einer  Verstärkung 
der  Westkomponente  —  darf  nicht  außeracht  gelassen  werden.« 


Lößstudien  an  der  Wolga. 


68 


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C>4  H.  Mohr, 

Halten  wir  uns  diesen  Tatsachen  gegenüber  noch  einmal 
vor  Augen,  was  Golowkinski  über  die  gesetzmäßige  Ver- 
teilung der  »Sandformation  -  im  Gelände  konstatieren  konnte, 
so  müssen  wir  über  das  Ergebnis  dieses  Vergleiches  vollauf 
befriedigt  sein. 

Wir  haben  also  folgende  Sachlage:  In  der  Umgebung 
von  Kasan  existiert  eine  posttertiäre  Ablagerungsreihe,  deren 
petrographische  Zusammensetzung  und  Aufbau  eine  ganze 
Reihe  von  Merkmalen  in  sich  schließt,  welche  auf  eine  äolische 
Herkunft  dieser  Sedimente  hindeuten,  während  gleichzeitig 
alle  Anhaltspunkte  mangeln,  welche  einen  Absatz  aus  dem 
Wasser  begründen  würden.  Diese  »Formation-  verrät  eine 
derart  gesetzmäßige  Verteilung  im  Gelände,  daß  sich  ihre  Ab- 
lagerungsorte  als  die  Leeseite  der  Grundgebirgsrücken  zu 
erkennen  geben,  wenn  wir  der  Jahresresultante  der  Gegenwart 
auch  für  die  Bildlingsperiode  des  Lösses  Gültigkeit  zuerkennen 
würden. 

Angenommen,  daß  der  Gang  der  Isobaren  in  Nach-  und 
Zwischeneiszeiten  von  dem  der  Gegenwart  im  wesentlichen 
nicht  verschieden  war,  so  ergibt  sich  wenigstens  für  jenen 
Löß,  den  wir  als  nach-  oder  zwischeneiszeitlich  erkennen, 
eine  notwendige  Beeinflussung  durch  die  berechnete  Jahres- 
resultante. Mit  größter  Wahrscheinlichkeit  müssen  wir  dem 
Winde  beim  Absätze  der  Bodenarten  der  Lößgruppe  in  der 
Umgebung  von  Kasan  die  entscheidende  Rolle  zuerkennen. 

Dieser  Eindruck  wird  noch  dadurch  verstärkt,  daß  die 
den  Löß  unterlagernden  Sande,  welche  nach  Noinski  auch 
mit  ihm  wechsellagern,  ihrer  ganzen  Beschaffenheit  nach  nur 
dem  Winde  ihre  Bildung  und  Ortstellung  verdanken.  Diese 
Sande  sind  zum  guten  Teil  als  Dünensande  klar  kenntlich,  sie 
zeigen  die  für  sie  so  bezeichnende  Einförmigkeit  der  Zusammen- 
setzung und  Gleichmäßigkeit  des  Korns,  sie  zeigen  wiederholt 
und  manchmal  in  klassischer  Klarheit  die  Dünenschichtung, 
wie  sie  z.  B.  vom  mohammedanischen  Friedhofe  in  Kasan 
beschrieben  wurde.  Bei  dem  absoluten  Mangel  an  Fluß-  oder 
Meereskonchylien  unterliegt  es  meines  Erachtens  keinem 
Zweifel,  daß  dieser  Sand  eine  echte  Landbildung  darstellt  und 
gewissen  Zwischenperioden  seine  Entstehung  verdankt,  welche 


Lößstudien   an  der  Wolga.  65 

die    große  Phase    der  Lößbildung  -  -  vielleicht  nur  örtlich  — 
unterbrachen. 

Als  wir  auf  der  Fahrt  von  Moskau  nach  Samara  uns  von 
Rusaevvka  her  der  Wolga  näherten,  trat  die  Strecke  bei 
Koremeslowka  überraschend  aus  der  Tschernosjom-Region  in 
ein  typisches  Stück  Steppe  ein.  Cremegelber  Triebsand,  über- 
sät mit  prächtigen  äolischen  Rippelmarken,  deckt  den  Boden. 
Spärlicher  Graswuchs  und  schüttere  Kieferinseln  fristen  ein 
kümmerliches  Dasein.  Einigen  großen  Dünenwällen  ist  der 
Mensch  bereits  erfolgreich  zu  Leibe  gerückt:  sie  sind  mit 
mehrjährigen  Kiefern  bestanden. 

Dieses  Flugsandgebiet  liegt  300  km  wolgaabwärts  südlich 
Kasan.  Aber  auch  dort  -  -  in  Kasan  — -  tritt  uns  dieses  Stück 
Gegenwart  entgegen,  nur  »fossil«,  begraben  von  einer  mäch- 
tigen Lößdecke.  Ich  habe  mich  nie  des  Gedankens  erwehren 
können,  daß  wir  in  Kasan  und  Samara  ein  zeitliches  Neben- 
einander vor  uns  haben,  das  in  den  Profilen  der  Lößgruppe 
in  ein  zeitliches  Nach-  oder  Übereinander  übergeht.  Und  es 
drängt  manches  dahin,  die  Frage,  ob  äolischer  Löß  um  Kasan 
heute  noch  gebildet  wird,  mit  einem  entschiedenen  »Ja!«  zu 
beantworten. 

Der  Löß  wächst  noch. 

Solange  Staubstürme  ganz  ungeheure  Massen  von  ober- 
flächlichen Zerstörungsprodukten  in  südlichen  Gebieten  ab- 
heben und  sie  hunderte  von  Meilen  nach  Norden  verfrachten, 
solange  die  Wolga  hunderttausende  von  Kubikmetern  an  Sink- 
stoffen  jährlich  über  das  Land  ausstreut,  solange  ein  Flecken 
präquartären  Grundgebirges  dem  Winde  Angriffsfläche  bietet 
und  der  Verwitterung  ausgesetzt  ist,  wird  der  Löß  wachsen. 
Aber  dieser  Prozeß  geht  jetzt  anders  vor  sich,  viel  lang- 
samer, wie  wir  vermuten,  als  in  den  Zeiten  der  Vergletsche- 
rung. 

Heute  ist  fast  aller  Boden  um  Kasan,  der  nicht  vom 
Walde  bedeckt  ist,  Ackerland;  der  Mensch  und  die  Pflanze 
rücken  gegen  die  Steppe  vor.  Aber  wir  wissen  nicht,  was 
sich  ereignen  würde,  wenn  eine  jener  großen  Völkerverschie- 
bungen dem  Lande  alle  Kultur  nehmen,  wenn  sich  wieder 
alles  Ackerland  in  Heide   verwandeln  würde. 

Sitzb.  d.  mathem  -naturw.  KL.  Abt.  I,  129.  Bd.  5 


66  H.  Mohr, 

Verwitterungsstaub  der  Nachbarschaft  kann  ebenfalls 
Stoffzufuhr  für  die  Lößbildung  bedingen.  Aber  wenn  das  ge- 
samte Land  mit  wenigen  Ausnahmen  von  einer  Kultur-  oder 
Grasnarbe  bedeckt  ist,  kann  dieser  Art  der  Stoff  bringung  nur 
eine  sehr  bescheidene  Bedeutung  zuerkannt  werden.  Anders 
wird  diese  Möglichkeit  für  eine  Periode  einzuschätzen  sein, 
als  dieser  Vegetationsüberzug  noch  nicht  vorhanden  war,  als 
das  Eis  nach  Norden  zurückwich  und  im  Westen  der  Wolga 
ausgedehnte  Gebiete  sich  bar  jedes  Schutzes  dem  Winde  dar- 
boten. 

Aber  ist  es  nicht  auffällig,  daß  die  Rückzugsgebiete  der 
Dnjepr-  und  Donzunge  selbst  wieder  von  Löß  bedeckt  werden? 
Wie  kann  er  hier  aus  der  Grundmoräne  abgeleitet  werden, 
wenn  sie  selbst  unter  ihm  begraben  wird?!  Hier  ist  es  schwierig 
zu  sagen,  der  Löß  ist  örtlicher  Entstehung,  wie  dies  neuerdings 
L.  S.  Berg  vertritt.1  Auch  dieser  russische  Forscher  rechnet 
mit  der  Lößbildung  auf  verschiedenem  Wege.  Er  denkt  sich 
diesen  entstanden  einerseits  durch  Ausblasen  fluvioglazialer 
Ablagerungen,  doch  mißt  er  dieser  Entstehungsart  keine  große 
Bedeutung  bei;  dann  auf  deluvialem  Wege  im  Sinne  Arma- 
schewsky's  und  endlich  alluvial  und  durch  Verwitterung  in 
situ.  »Im  Sakawkas  und  in  Turkestan  gibt  es  Ablagerungen 
von  ersichtlich  alluvialer  Herkunft.  Und  nichtsdestoweniger 
besitzen  sie  eine  lößähnliche  Zusammensetzung.  —  Die  Mög- 
lichkeit der  Bildung  von  alluvialen  Bodenarten,  welche  sich 
von  Löß  nicht  unterscheiden,  kann  als  bewiesen  gelten.  — 
Der  Löß  des  mittleren  und  nördlichen  Rußland  und  auch 
Sibiriens  ist  der  gleichen  Entstehung.  Löß  kann  in  situ  ge- 
bildet werden  aus  den  verschiedensten  Gesteinsarten  im  Gefolge 
der  Verwitterung  und  bodenbildender  Prozesse  unter  dem  Ein- 
flüsse eines  trockenen  Klimas.  Gewisse  Gesteinsarten  (wie 
Moränen  und  tluvioglaziale  Ablagerungen)  sind  zur  Lößbildung 
besonders  geeignet.  -  -  Die  Bildungszeit  des  Lösses  fällt  in 
eine  Trockenperiode,  welche  auf  die  Vereisung  folgte,  als  sich 
die  Steppen  bedeutend  weiter  nach  N  erstreckten.« 


1    L.  S.  Berg,    Über    das  Auftreten    des  Lösses.    Iswiestia  der  Kaiseil. 
Russ.  Geogr.   Gesellsch.,   Bd.  LIT,    1916,    Lief.   VIII,  p:  579^647   (russ.). 


I.ößstudien   an  der  Wolga.  (?7 

Dies    sind    die    Leitsätze    des   Berg' sehen  Lehrgebäudes. 

Vielleicht  war  es  notwendig,  den  mehr  autochthonen 
Charakter  des  Lösses  zu  betonen,  der  in  den  südrussischen 
Steppen  wächst;  dem  Verfasser  steht  darüber  kein  Urteil  zu. 
Aber  dem  gesamten  Löß  des  mittleren  und  nördlichen  Rußland, 
dem  Löß  Sibiriens  die  gleiche  Art  des  Entstehens  zu  unter- 
stellen, wie  dies  Berg  tut,  dürfte  zu  weit  gegangen  sein.  Es 
ist  immerhin  sehr  bemerkenswert  und  soll  nicht  übersehen 
werden,  daß  innerhalb  des  mitteleuropäischen  Lößgürtels  sich 
beträchtliche  Strecken  durch  sehr  spärliche  Verbreitung  oder 
völlige  Armut  an  diesem  Gestein  auszeichnen.  Auffällig  ist  z.  B. 
die  Lößarmut  auf  der  ganzen  Ostabdachung  der  Alpen  gegen 
die  pannonische  Niederung;  schwer  erklärlich  auch  die  Spär- 
lichkeit seiner  Vertretung  im  Regnitz-  und  Neckarlande  (Süd- 
westdeutschland) und  im  Moldaugebiet  (Böhmen),  wie  dies 
bereits  Alb.  Penck1  hervorgehoben  hat.  Solche  Lücken  in  der 
Lößverbreitung  bereiten  der  Berg' sehen  Theorie  der  Auto- 
chthonie  des  Lösses  einige  Schwierigkeiten  und  es  ist  sehr 
fraglich,  ob  nicht  Alb.  Penck's  Auffassung  dem  Problem  viel 
näher  kommt,  indem  sie  einen  Zusammenhang  zwischen  den 
dem  vereisten  Gebiete  entströmenden  Flüssen  und  der  Löß- 
verteilung herstellt. 

Es  ist  sehr  auffällig,  daß  »der  Löß  nördlich  der  Alpen 
gerade  in  den  Tälern,  in  welchen  die  Schmelzwasser  der  Ver- 
gletscherung sich  zum  Meere  bewegten,  seine  größte  Entwick- 
lung zeigt,  so  längs  der  Donau,  längs  des  Rheins  und  längs 
der  Rhone  bis  dahin,  wo  sie  ins  Waldgebiet  der  Eiszeit  floß«. 
...»Nahe  liegt  es  angesichts  der  überaus  mächtigen  Löß- 
massen der  Gegend  von  Krems  an  verwehten  Hochwasser- 
schlamm der  Donau  zu  denken,  sowie  den  Löß  der  Mittelrhein- 
ebene  auf  den  Rhein  zurückzuführen «.- 

Meine  Beobachtungen  an  der  Wolga  sind  sehr  geeignet, 
dieser  Auffassung  als  Stütze  zu  dienen. 

Durch  die  Zubringung  von  Staub  anderer  Herkunft,  von 
fremdem,  weither  verfrachtetem    und  von  einheimischem,  prä- 


1  Alb.  Penck  und  Ed.   Brückner,    Die   Alpen   im  Eiszeitalter,    III.  Bd.j 
Leipzig   1909,  p.  11  HO. 

2  A.  a.  O.,   p.  1160. 


68  II.    Mohr, 

quartären  Entblößungen  entstammendem,  wird  zwar  das  Pro- 
blem ein  kompliziertes,  aber  da  diese  letzteren  Arten  der 
Staubzufuhr  wahrscheinlich  hinter  der  zuerst  erwähnten  in 
ihrer  Wirkung  zurückbleiben,  so  tun  sie  der  Penck' sehen  Auf- 
fassung wenig  Abbruch. 

An  Yerwitterungsstauh  aus  Trockengebieten  oder  Gletscher- 
schlamm werden  wir  aber  auch  deshalb  denken  müssen,  weil 
nur  die  unzersetzten,  kalkhaltigen  Silikate  dieser  Zerstörungs- 
produkte geeignet  sind,  den  hohen  Kalkgehalt  des  aufgeschlos- 
senen  Lösses  zu  erklären. 


Wir  eilen  zum  Schlüsse.  Das  Problem  der  Lößentstehung 
erscheint  uns  seinem  Wesen  nach  kein  einfaches;  sowohl  ört- 
lich als  zeitlich  unterliegt  es  nach  unseren  bisherigen  Er- 
fahrungen  verschiedenen  Abänderungen. 

Für  den  Löß  der  zweiten  Terrasse  von  Kasan  (Noinski)1 
ist  sowohl  die  Teilnahme  von  verwehtem  Hochwasserschlamm 
als  von  Steppenstaub  am  Aufbau  bis  in  die  Gegenwart  sehr 
wahrscheinlich.  Für  eine  Anwendbarkeit  der  Deluationstheorie 
ergaben  sich  keine  Handhaben.  Die  Lößgruppe  um  Kasan 
(Noinski  II.  Terrasse)  ist  überwiegend  äolischer  Entstehung; 
Zusammensetzung,  Aufbau  und  Verteilung  im  Gelände  machen 
dieses  Urteil  fast  zur  Gewißheit. 


Diese  Arbeit  war  im  wesentlichen  bereits  während  meines 
Aufenthaltes  in  Kasan  zum  Abschlüsse  gebracht  worden.  Nur 
einige  Untersuchungen  im  Kleinen,  wie  die  mikroskopische 
Durchforschung  der  um  Kasan  aufgesammelten  pleistocänen 
Gesteine  und  des  am  10.  Jänner  1918  gefallenen  Staubes  sollten 
noch  eine  Ergänzung  bringen.  Nun  haben  die  Wirren  in  Ruß- 
land bis  heute  eine  Nachsendung  der  in  Kasan  zurückgelassenen 
Aufsammlung  nicht  zugelassen. 


1  M.  Noinski,  .Materialien  zur  Geologie  von  Kasan  und  dessen  Um- 
gebung. 11.  Über  den  Charakter  der  Ablagerungen  bei  der  alten  Klinik.  Beil. 
zu  den  Sitzungsprotokollen  der  Naturforschenden  Gesellschaft  an  der  Kasaner 

Universität.  Nr   334  Ouss.). 


Lößstudien  an  der  Wolga.  69 

Da  mittlerweile  ein  Jahr  seit  meiner  Heimkehr  ver- 
strichen ist  und  die  Aussichten,  bald  in  den  Besitz  meiner 
Aufsammlungen  zu  gelangen,  gering  sind,  so  übergebe  ich 
diesen  Beitrag  zur  Kenntnis  des  russischen  Lösses  dem 
Drucke. 

Ich  bin  mir  der  Lücken  bewußt.  Aber  da  deren  Aus- 
füllung die  Grundlinien  dieser  Untersuchung  kaum  zu  ver- 
rücken imstande  sein  werden,  so  kann  ich  der  Hoffnung  Aus- 
druck verleihen,  daß  diese  Mängel  weniger  schwer  empfunden 
werden  mögen. 


71 


Kurze    Beschreibungen    neuer 
Thysanopteren  aus  Österreich1 

Von 

Dr.  H.  Priesner 

(Mit  8  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  22.  Jänner  1920) 

Farn.  Thvipidae. 
1.  Anaphothrips  silvarum  n.  sp. 

9:  Körperfarbe  dunkelbraun,  Thorax  braun.  Fühler 
und  Schenkel  wie  der  Körper  gefärbt,  Vorderschenkel  an  der 
Spitze  heller,  Vorderschienen  gelblich,  außen  getrübt,  Mittel- 
und  Hinterschienen  graubraun,  an  der  Spitze  heller,  Tarsen 
graugelblich.  Vorderflügel  leicht  gelblichgrau  getrübt. 

Kopf  um  0"5  breiter  als  lang,  nach  hinten  leicht 
gerundet  erweitert.  Interocellarborsten  sehr  klein,  fast  zwischen 
den  beiden  hinteren  Ocellen  stehend.  Fühler  kurz,  das 
zweite  Glied  das  breiteste,  das  dritte  viel  länger  als  dieses, 
samt  Stiel  um  0-3  länger  als  das  vierte,  bei  seitlicher 
Ansicht  stark  asymmetrisch,  das  fünfte  Glied  verhältnismäßig- 
klein  und  seitlich  stark  gerundet,  kürzer  als  das  vierte,  das 
sechste  um  0'57  länger  als  das  fünfte,  ohne  schräge  Quer- 
linie; Stylus  lang,  das  achte  Glied  viel  länger  als  das 
siebente.    Prothorax    ohne    längere  Borsten,    sehr  kurz,    um 


1  Die  allgemeine  Not  in  Österreich  zwingt  mich,  die  Beschreibungen 
der  neuen  Thysanopteren  nur  ganz  kurz  zu  fassen.  Die  neuen  Formen  sollen 
später  in  einer  zusammenfassenden  Arbeit  ausführlicher,  sämtlich  mit  Bei- 
gabe von   Skizzen   charakterisiert  werden. 


tl  H.  Priesner, 

0*9  breiter  als  lang;  Pterothorax  breiter.  Vorderflügel  an 
der  Außenader  mit  drei  Distalborsten.  Beine  schlank.  Ab- 
domen breit,  Borsten  an  dessen  Ende  dunkel  und  kurz,, 
am  9.  Segment  O'Obmm  lang. 

Fühlermaße  in  Mikron,  vom  3.  Glied  an:  43,  32,  27r 
38,  9,  13.  Kopf  94  jx  lang,  136  fi  breit.  Prothorax  94  u.  lang, 
179  \x  breit.  Pterothorax  306  \x  lang,  230  ;x  breit.  Abdomen 
595  ;x  lang,  306  |x  breit.  Gesamtlänge  fast  1  //////.  —  o"  un- 
bekannt. 

Von  den  dunklen  Arten  ätroapterus  Priesn.,  validus 
Karny  und  similis  Uzel  unterscheidet  sich  diese  Art:  von 
ersterer  durch  viel  kürzere  Fühler,  verhältnismäßig  längeres 
drittes  und  kürzeres  fünftes  Glied  derselben,  viel  kürzeren 
Kopf  und  viel  schwächere  Beine,  von  validus  durch  viel 
kürzeres,  seitlich  stärker  gerundetes,  fünftes  und  kürzeres 
drittes  Fühlerglied,  ferner  durch  kürzeren  Prothorax,  von 
similis  Uz.  durch  Färbung  und  Fühlerbildung.  Von  dunklen 
Stücken  der  Art  ferrugineus  Uzel  durch  kürzere  Fühler 
verschieden. 

Vorkommen:  1  9,  Hörsching  in  Oberösterreich,. 
26.  Mai    1919,  geketschert  am  Waldrande  (H.  Priesner). 

2.  Oxythrips  virginalis   n.  sp. 

9:  Körperfarbe  hellgelb,  Thorax  und  Abdomen  oben 
mit  schwachen  grauen  Zeichnungen.  Fühler  gelb,  2.  Glied 
mit  grauem  Anflug,  4.  Glied  an  der  Spitzhälfte  grau,  5.  Glied 
grau,  an  der  Basis  gelb,  6.,  7.  und  8.  Glied  dunkelgrau. 
Borsten  am  Abdomenende  dunkelbraun. 

Ähnlich  Oxythrips  ajugae  Uzel.  Kopf  breiter  als  lang,. 
Ocellen  deutlich,  Kopfseiten  leicht  gewölbt.  Interocellarborsten 
knapp  vor  den  beiden  hinteren  Ocellen.  2.  Fühlerglied  doppelt 
so  lang  als  das  erste,  3.  Glied  samt  Stiel  etwas  länger  als 
das  2.  und  etwas  länger  als  das  4.  5.  Glied  kaum  kürzer 
als  4.  Sechstes  lang,  länger  als  bei  0.  ulmifoliorum  Hai  id., 
seitlich  weniger  gerundet,  um  0-56  bis  0"6  länger  als  das 
5.  und  um    1*5  bis    1*7  länger  als  breit. 


Thysanopteren  aus  Österreich.  73 

Prothorax  um  0*25  breiter  als  lang,  nach  vorn  konisch 
verengt,  Hinterecken  mit  je  einer  mäßig  langen  Borste, 
welche  kürzer  ist  als  bei  O.  ajugae  Uz.  und  brevistylis 
Tryb.,  sie  ist  ungefähr  so  lang  wie  bei  0.  ulmifolionim  Hai. 
Vorderflügel  fast  ungetrübt,  äußere  Ader  mit  3  oder 
4  Distalborsten.  Innenader  mit  8  Borsten.  Beine  unbewehrt. 
i>.  Abdominalsegment  vor  dem  Hinterrande  mit  6,  10.  mit 
4  kräftigen,  nur  mäßig  langen,  braunen  Borsten.  —  o  un- 
bekannt. 

Maße  in  ;x:  Fühlerglieder:  19,  38,  40,  33  bis  34,  32,  51r 
8,  15.  Kopf  102  bis  110  lang,  136  bis  145  breit.  Prothorax 
136  lang,  170  breit.  Pterothorax  238  lang,  238  bis  248  breit. 
Abdomen  510  bis  560  lang,  255  bis  290  breit.  Gesamtlänge 
0*8  bis  0*9  mm. 

Vorkommen:  299,  völlig  übereinstimmend,  Pfenningberg 
bei  Linz  in  Oberösterreich,  18.  Mai  1918,  auf  nicht 
blühenden  Pflanzen  (leg.  H.  Priesner). 

Parafrankliniella  nov.  gen. 

Ocellen  vorhanden.  Körper  langborstig.  Kopf  seitlich  stark 
gerundet.  Fühler  achtgliedrig  (Stylus  zweigliedrig).  Maxillar- 
taster  dreigliedrig.  Prothorax  am  Vorderrande  jederseits  mit 
zwei  langen  Borsten,  von  denen  die  inneren,  zwischen  den 
Vorderecken  und  der  Mittellinie  in  der  Mitte  stehenden,  viel 
länger  sind  als  die  äußeren.  Hinterecken  mit  zwei  langen 
Borsten.  Borstenreihe  der  Vorderflügelaußenader  mit  einer 
kleinen  Lücke.  Beine  einfach,  Abdomen  der  cfcf  einfach. 
Springvermögen  vorhanden. 

3.  Parafrankliniella  verbasci  n.  sp. 

Durch  den  hinter  den  Augen  etwas  eingeschnürten  Kopf 
mit  den  seitlich  stark  gerundeten  Wangen,  die  abweichend 
gebauten  Fühler,  die  Stellung  der  Interocellarborsten  und 
besonders  durch  die  sehr  langen  inneren  Vorderrandborsten 
am  Prothorax  und  die  ungezähnten  Vordertarsen  von  allen 
Fr ankliniella- Arten  leicht  zu  unterscheiden. 


74 


H.  Priesner, 


9:  Körperfarbe  schwarzbraun  oder  gelblichbraun  mit 
grauer  Trübung.  1.,  2.  und  4.  bis  8.  Fühlerglied  schwarz- 
braun, 3.  Glied  gelb,  oberseits  meist  leicht  getrübt.  Beine 
schwarzbraun,  Mittel-  und  Hinterschienen  an  der  Basis  und 
Spitze  heller,  Vordertibien  gelb,  außen  und  innen  getrübt, 
Vordertarsen  trübgelb,  Mittel-  und  Hintertarsen  grau.  Vorder- 
flügel an  der  Basis  glashell,  sonst  stark  getrübt,  gegen  die 
Spitze  merklich   heller. 


Fig.  1. 
Vergrößerung:    120  fach. 


Kopf  viel  breiter  als  lang,  hinter  den  Augen  eingezogen, 
Wangen  gewölbt.  Interocellarborsten  lang,  vor  den  hinteren, 
an  den  Seiten  des  vorderen  Ocellus  stehend.  Letztes  Maxillar- 
tasterglied  sehr  lang  und  dünn.  4.  Fühlerglied  kürzer  als 
das  3.,  seitlich  stark  gerundet,  distal  stark  verengt, 
5.  kürzer,  6.  kürzer  als  3.,  an  der  Spitze  verengt,  schräg 
abgestutzt.  Das  erste  Stylusglied  breit.  Prothorax  an  den 
Vorderecken  mit  einer  mäßig  langen,  an  den  Hinterecken 
mit  zwei  sehr  langen  Borsten  jederseits.  Am  Vorderrande 
zwischen  der  langen  Eckenborste  und  der  Mittellinie  mit 
einer  sehr  langen  Borste  jederseits,  die  länger  als  die  Ecken- 
borste ist.  Innenader  der  Vorderflügel  fast  der  ganzen 
Länge    nach    beborstet,    Außenader    mit    einer  Lücke    in    der 


Thysanopteren  aus  Österreich.  75 

Borstenreihe,  so  daß  7  bis  9  Distalborsten  von  den  anderen 
getrennt  sind.  Beine  einfach.  Borsten  am  Abdomenende 
sehr  lang. 

cf:  Kleiner  und  schmäler,  heller  gefärbt,  Kopf  und 
Abdomenende  am  dunkelsten,  6.  Fühlerglied  länger  als  das  3. 
Flügel  nur  schwach  gelblich  getrübt.  3.  bis  7.  Abdominal- 
segment mit  je  einer  schmalen,  querovalen,  lichten  Vertiefung. 
Länge  0'9  bis   1  nun. 

Maße  der  9  in  ;x:  Fühlergliederlängen:  27,  38,  62,  54, 
41,  51,  8,  16.  Kopf  119  bis  136  lang,  162  breit.  Prothorax 
153  lang,  213  breit.  Pterothorax  340  lang,  281  breit.  Abdomen 
730  lang,  340  bis  360  breit. 

Fühlergliederlängen  der  c?  in  ;x:  24,  34,  49,  44,  33,  54, 
8,   12. 

Vorkommen:  Juni  bis  September  nicht  selten  auf 
Verbascum  thapsus  und  nigrwm  (Blüten  und  Blätter).  Von 
Herrn  J.  Kloiber  (Linz)  bei  Sarleinsbach  in  Oberösterreich 
entdeckt,  von  dem  Genannten  und  mir  auch  bei  Linz  auf- 
gefunden. Lebt  in  Gesellschaft  von  Neoheegeria  verbasci 
Osborn. 

4.  Thrips  difficilis  n.   sp. 

9:  Körperfarbe  braun  oder  lichtbraun,  Umgebung  der 
Augen  heller,  Abdomen  stets  dunkelbraun.  1.  und  2.  Fühler- 
glied gelblich,  an  der  Basis  grau  getrübt,  3.  und  4.  Glied 
gelb,  4.  gegen  die  Spitze  leicht  getrübt,  5.  braungrau,  am 
Grunde  gelblich,  6.  und  7.  Glied  dunkel.  Beine  gelb,  Schenkel- 
mitte braun,  Mittel-  und  Hinterschienen  in  der  Mitte  schwach 
getrübt.  Flügel  hell,  die  vorderen  undeutlich  gelblich  getrübt, 
wie   bei   T.  fuscipennis  var.  major  Uzel.1 


1  Thrips  fuscipennis  Karny  (Zool.  Anz.  Bd.  XLIII,  Nr.  3,  Dezember 
1913,  p.  135)  gehört,  wie  die  betreffenden  Präparate  zeigen,  nicht  zur  Art 
communis  Uzel  und  kann  daher  mit  deren  var.  pullus  l'zel  nicht 
identifiziert  werden,  wohl  aber  mit  der  du  n  k  e  I  fl  üge  1  igen  Form  des 
T.  major  Uzel.  weshalb  ich,  wohl  mit  Recht,  T.  major  Uzel,  ferner 
sambuci  Heeger,  Uzel  als  Variationen  zur  Art  fuscipennis  Hai.  stelle. 
T.  meledensis  Karny  scheint  auch  hierher  zu  gehören,  sicher  salicaria 
Schule  (partim)    und  salicaria   Coesfeld,     nicht    aber    salicaria   Trybom. 


76  H.  Priesner, 

Kopf  klein,  wenig  breiter  als  lang,  Wangen  nicht  ge- 
wölbt, schwach  aber  deutlich  nach  hinten  verengt.  Interocellar- 
borsten  stehen  in  der  Verbindungslinie  des  vorderen  Ocellus  mit 
den  beiden  hinteren  Ocellen.  Erstes  Fiihlerglied  sehr  kurz,  das 
zweite  lang,  verhältnismäßig  länger  als  bei  den  verwandten 
Arten,  das  dritte  schmal,  kurz,  samt  Stiel  jedoch  etwas  länger 
als  das  2.,  4.  kürzer  als  3.  samt  Stiel,  5.  rundlich,  kürzer 
als  4.  6.  Glied  um  0'4  bis  0-5  länger  als  5.  Stylusglied 
lang  und  spitzig. 

Prothorax  verhältnismäßig  schmal,  breiter  und  länger 
als  der  Kopf,  Hinterecken  mit  zwei  mäßig  langen  Borsten 
jederseits.  Vorderflügelaußenader  mit  drei  Distalborsten. 
Beine  einfach.  Abdomen  wenig  breit,  Spitze  mit  langen 
Borsten,    die  aber  kürzer   sind  als  bei  den  verwandten  Arten. 

Maße  des  9  in  p,:  Fühlerlängen  16,  32,  36,  32,  29, 
41,  14.  Kopf  94  bis  102  lang,  119  breit.  Prothorax  111  lang, 
150  breit.  Pterothorax  204  lang,  204  breit.  Abdomen  630  lang, 
230  breit.  Gesamtlänge  0'9mm. 

cT.  Unbekannt. 

Durch  den  kleinen  Kopf  an  Tlin'ps  angusticeps  Uz. 
erinnernd,  vielleicht  auch  longicollis  Uz.  nahestehend,  durch 
die  hellen  Flügel  T.  fnscipennis  var.  major  Uz.  ähnlich,  unter- 
scheidet sich  T.  difficüis  von  ersterer  Art  durch  die  hellen 
Flügel,  spitzigeres  Stylusglied  und  die  Körperfärbung  etc., 
von  T.  longicollis  Uz.  durch  den  kürzeren  Kopf  und  die 
nicht  gewölbten  Wangen  von  T.  f.  var.  major  Uz.  durch 
schmächtigere  Körpergestalt,  kleineren,  schmäleren  Kopf  und 
die  Fühlerbildung  (kleineres  fünftes  Glied!). 

Vorkommen:  499,  27.  April  1918,  bei  Grünburg  in 
Oberösterreich  in  verblühten  9 -Weidenkätzchen  (leg. 
H.   Priesner). 

5.  Thrips  robustus  n.  sp. 

9  :  K  ö  r  p  e  r  f  a  r  b  e  braun  bis  dunkelbraun,  Abdomen 
dunkler.   1.,  2.,  5.,  6.  und  7.  Fühlerglied  braun,  3.  Glied  gelb, 


welche  Art  zu   viminälis  Uzel    zu    stellen    sein  wird.    Zu   fnscipennis    Hai. 
gehört  sehr  wahrscheinlich  auch  salicaria  Uzel  (partim!). 


Thysanopteren  aus  Österreich.  '  ' 

oben  oft  schwach  getrübt  oder  ganz  gelb,  4.  Glied  licht 
graubraun,  Basis  gelb.  Beine  gelb,  Schenkel  und  Schienen 
in  der  Mitte  braun.  Vorderschienen  oft  nur  außen  getrübt. 
Vorderflügel  stark  braun  getrübt,  Hinterflügel   fast  hell. 

Kopf  breiter  als  lang,  Seiten  leicht  gewölbt.  Interocellar- 
borsten  an  den  Seiten  des  vorderen  Ocellus.  Fühler  kurz, 
2.  Glied  breiter  als  bei  der  verwandten  Art  validus  Uz., 
ähnlich  wie  bei  düatatus  Uz,  an  der  Spitze  sehr  breit  ab- 
gestutzt. 3.  Glied  an  der  Basis  dünn  gestielt,  dann  sehr  stark 
erweitert,  im  ersten  Drittel  am  breitesten,  gegen  die  Spitze 
verengt,  vor  derselben  stark  eingeschnürt:  krugförmig.  4.  Glied 
wenig  kürzer  als  das  3.  (samt  Stiel),  5.  viel  kürzer  als  das 
4.;    an    den    Seiten    aber    nicht    so    stark    gerundet    wie    bei 


Fig.  2. 

Vergrößerung:   275 lach. 

validus,  auch  nicht  so  kurz  wie  bei  diesem.  0.  Glied  etwas 
kürzer  als  3.  (samt  Stiel).  Stylusglied  normal.  Prothorax 
an  den  Hinterecken  mit  zwei  sehr  langen  Borsten  jederseits. 
Flügel  verhältnismäßig  kurz,  Adern  deutlich,  Außenader  mit 
drei  Distalborsten.  Beine  kräftig,  einfach.  Abdomen  breit, 
aber  verhältnismäßig  schmäler  als  bei  düatatus  Uz.,  an  der 
Spitze  sehr  lang  beborstet. 

Maße  der  9  in  ;j.:  Fühlergliederlängen'  24  bis  27,  34 
bis  38,  57  bis  59,  51  bis  57,  38  bis  41,  51,  16  bis  ID.  Kopf 
128  bis  136  lang,  170  breit.  Prothorax  13(3  lang,  221  breit. 
Pterothorax  255  lang,  281)  bis  306  breit.  Abdomen  700  lang, 
323  bis  357  breit.  Vorderflügel  765  lang.  Gesamtlänge:  1*2 
bis  l'Smm.  —  cf:  Unbekannt. 

T.  validus  Uz.  und  dilataius  Uz.  ähnlich,  von  ersterem 
durch  die  Fühlerbildung  und  Fühlerfärbung  etc.,  von  letzterem 
durch    bedeutendere    Körpergröße,    weniger    breites  Abdomen, 


78  H.  Priesner, 

kürzere  Körperborsten  und  die  Fühlerbildung  leicht  zu  unter- 
scheiden. 

Vorkommen:  Im  Mai  und  Juli  in  Blüten  von  Gentiana 
kochiana  Perr.  et  Song,  und  clusii  P.  et  S.  in  1500  bis 
1600  m  Seehöhe  nicht  selten.  —  Steiermark:  Mugel  bei 
Brück  an  der  Mur.  —  Oberösterreich:  Warscheneck.(leg. 
H.  Priesner). 

6.  Thrips  alpinus  n.  sp. 

9:  Körperfarbe  schwarz,  Pterothorax  schwarzbraun. 
Vorderschienen  gelb,  außen  und  innen  schmal  gebräunt,  die 
übrigen  Schienen  braun,  gegen  die  Spitze  gelblich,  Tarsen 
gelb.  1.,  2.,  6.  und  7.  Glied  der  Fühler  wie  der  Körper  gefärbt, 
3.  und  4.  Glied  graubraun,  an  der  Basis  und  Spitze  scharf 
abgegrenzt  hellgelb,  5.  graubraun,  am  äußersten  Grunde  hell. 


Fig.  3. 

Vergrößerung:   275  fach. 


Vorderflügel  stark  braun  getrübt,    an  der  Basis  licht,  Borsten 
auf  den  Flügeln  schwarz. 

Borsten  am  Körper  sehr  lang.  Kopf  lang,  kaum  breiter 
als  lang,  hinter  den  Augen  geschnürt,  Augen  hervorgequollen, 
Kopf  von  den  Augen  nach  hinten  erweitert,  am  Hinterrande 
breiter  als  an  den  Augen,  dann  wieder  verengt.  Interocellar- 
borsten  wie  bei  dilatatns  Uz.  Kopf  hinter  den  Augen  stark 
querrunzelig.  3.  Glied  der  Fühler  sehr  lang,  dünn  gestielt, 
vor  der  Spitze  halsförmig  geschnürt  (flaschenförmig),  4.  Glied 
kurz  gestielt,  kürzer  als  das  3.  samt  Stiel,  an  der  Spitze 
gleichfalls,  aber  nicht  so  stark  wie  das  3.  geschnürt,  5.  Glied 
schmal  und  lang,  6.  Glied  lang,  kürzer  als  das  4.  Stylus 
lang.  Prothorax  so  lang  wie  der  Kopf,  zwei  Borsten  an  den 
Hinterecken  sehr  lang.  Vorderflügelaußenader  mit  drei  weit 
voneinander  abstehenden  Distalborsten.  Beine  stark,  einfach. 


Thvsanopteren  aus  Österreich.  7.f 

Abdomen  breit,  an  den  Seiten  langborstig,  Borsten  an  der 
stark  verengten  Spitze  auffallend  lang. 

Maße  des  9  in  fx:  Fühlergliederlängen  30,  43,  70,  65, 
46,  58,  22.  Kopf  153  lang,  187  breit.  Prothorax  153  lang, 
255  breit.  Pterothorax  323  lang,  332  breit.  Abdomen  (Segmente 
zusammengezogen)  850  lang,  408  breit.  Gesamtlänge   1  •  5  mm. 

cf.  Unbekannt. 

Durch  die  Körpergröße  an  T.  klapaleki  Uz.  erinnernd, 
ist  alpiuiis  durch  die  Kopfform  und  Fühlerbildung  leicht 
kenntlich  und  mit  keiner  der  bekannten  Arten  zu  ver- 
wechseln. 

Vorkommen:  Von  mir  1  9  am  12.  Mai  1918  bei  Klaus 
in  Oberösterreich  in  Alpenblumen1    aufgefunden. 

Idolimothrips  nov.  gen. 

Ocellen  vorhanden.  Kopf  parallelseitig.  Fühler  7-gliedrig 
(Stylus  1-gliedrig),  2.  Glied  der  Fühler  tonn  chen  förmig. 
Maxillartaster  3-gliedng.  (Flügel  verkümmert.)  Abdomen  mäßig- 
breit,  gegen  die  Spitze  mit  dornförmigen  Börstehen  besetzt, 
die  nicht  so  kräftig  wie  bei  Limothrips  Hai.,  jedoch  viel 
stärker  als  die  Abdominalborsten  bei  allen  übrigen  Thripiden- 
gattungen  sind.  Prothorax  jederseits  an  den  Hinterecken  mit 
zwei  Borsten,  von  denen  die  innere  doppelt  so  lang  ist  wie 
die  äußere.  Beine  einfach. 

Mit  dem  Genus   Thrips  L.  am  nächsten  verwandt. 

7.  Idolimothrips  paradoxus  n.  sp. 

9:  Körperfarbe:  Kopf  und  Prothorax  braun,  Pterothorax 
lichtbraun,  Abdomen  schwarzbraun.  Borsten  und  Dörnchen 
am  Abdomen  dunkel.  1.,  2.,  6.  und  7.  Fühlerglied  graubraun, 
3.  und  4.  Glied  gelb,  dieses  ganz  leicht  getrübt,  5.  Glied 
hellgraubraun.  Beine  gelb,  Schenkel  stark,  Mittel-  und  Hinter- 
schienen außen  schwach   getrübt. 


1   Gemischtes  Material  (hauptsächlich   Gentiana  clusii). 


<so 


H.  Priesner, 


Kopf  breiter  als  lang,  parallelseitig.  Ucellen  weit  aus- 
einanderstehend, Interocellarhorsten  klein,  knapp  vor  den 
hinteren  Ocellen.  1.  Fühlerglied  sehr  kurz,  das  2.  mehr  als 
doppelt  so  lang  als  das  1.,  langgestreckt  tonnenförmig,  breiter 
als  die  folgenden  Glieder.  3.  Glied  kurz,  gestielt,  samt  Stiel 
kürzer  als  das  2.  und  4.,  5.  kürzer  als  dieses,  6.  solang  wie  5. 
Stylusglied  lang  und  dünn.  Prothorax  an  den  Hinterecken 
mit  jederseits  zwei  längeren  Borsten,  deren  äußere  nur  halb 
so  lang  ist  wie  die  innere.  Außerdem  am  Hinterrande  vier 
kleine  Börstchen  jederseits.    Pterothorax    wenig    breiter    als 


Fig.  4. 


Fig.  5. 


Vergrößerung:    120  fach. 


der  Prothorax.  Flügel  zu  kleinen  Läppchen  verkümmert. 
Vorderbeine  etwas  verdickt.  Abdomen  an  den  Seiten  mit 
kurzen,  dornartigen  Börstchen  besetzt,  die  gegen  die  Spitze 
länger  werden.  Am  8.  Segment  seitlich  jederseits  2  kürzere  und 
2  längere,  am  9.  Segment  2  dorsale,  2  laterale  Börstchen,  ferner 
•6  lange  Haarborsten,  am  Hinterrande  des  9.  Segmentes  stehen 
-oberseits  5  sehr  feine,  helle,  gerade  nach  hinten  gerichtete 
Härchen.    10.  Segment    mit    4  starren,  mäßig  langen  Borsten. 

Maße  des  o  in  ;x:  Fühlergliederlängen  3,  38,32,38,33, 
34,  15.  Kopf  89  lang,  126  breit.  Prothorax  138  lang,  175  breit. 
Pterothorax  187  lang,  213  breit.  Abdomen  700  lang,  264  breit. 
Gesamtlänge   1  mm. 

cT:  Unbekannt. 


Thysanopteren  aus  Österreich.  81 

Vorkommen:  1  9  bei  Grünburg  in  Oberösterreich 
am  Ufer  der  Steyr  (27.  April   1918)  geketschert. 

Farn.  JPhloeothripidae. 

8.  Haplothrips  vuilleti  n.  sp. 

Durch  den  langen,  eigenartig  geformten  Kopf,  die  langen, 
nicht  scharfspitzigen,  hellen  Postokular-  und  Prothoraxborsten 
ausgezeichnet. 

9  :  Körperfarbe  braun  bis  schwarzbraun,  ähnlich  H.  phyllo- 
philus   Pries n.    gefärbt,    das    rote  Hypodermalpigment    meist 


Fig.  6. 
Vergrößerung:   120  fach. 

durchscheinend.  Beine  wie  der  Körper  gefärbt,  die  Mittel- 
und  Hintertarsen  etwas  heller,  Vorderschienen  lichter,  Vorder- 
tarsen  gelblich.  Fühler  dunkelbraun  oder  lichtbraun,  das  dritte 
Glied  gelb,  oben  schwach  graubraun  getrübt,  das  4.,  5.  und 
meist  auch  das  6.  Glied  nur  am  Grundstielchen  gelb,  sonst 
dunkel.  Borsten  am  Körper  licht.  Flügel  glashell. 

Kopf  länglich,  um  0"15  bis  0*17  länger  als  breit,  an 
den  Seiten  deutlich  gerundet,  nach  vorn  jedoch  etwas  stärker 
verengt  als  nach  hinten  und  hiedurch  charakteristisch  geformt. 
Postokularborsten  sehr  lang,  zart,  hell,  die  Seiten  des  Kopfes 
weit    überragend.    Die  Fühler    kräftig,    nicht  so  schlank  wie 

Sitzb.d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  6 


82  H.  Priesner, 

bei  phyllopJiilus,  das  4.  Glied  so  lang  oder  etwas  länger  als 
das  3.;  das  5.  kürzer,  das  6.  ebenfalls  kürzer  als  das  vorher- 
gehende, das  7.  jedoch  wieder  länger  als  das  vorhergehende. 
Das  4.  Glied  stets  breiter  als  das  3.,  dieses  um  0*8  länger 
als  breit  bis  fast  doppelt  so  lang  als  breit.  Prothorax  an 
den  Hinterecken  mit  jederseits  einer  langen,  hellen,  anfangs 
geraden,  an  der-  Spitze  leicht  gebogenen  Borste,  die  nicht 
scharfspitzig,  sondern  stumpf,  meist  schräg  abgestutzt  ist. 
Pterothorax  mäßig  breit,  etwas  breiter  als  der  Prothorax. 
Flügel  glashell,  die  vorderen  mit  8  bis  11  eingeschalteten 
Fransen.  Yordertarsen  mit  sehr  kleinem  Zähnchen.  Abdomen 
an  den  Seiten  mit  sehr  langen,  hellen  Borsten.  Tubus  um 
0-23  bis  0*28  kürzer  als  der  Kopf,  am  Grunde  um  0-7  bis 
0'9  breiter  als  am  Ende. 

Maße  der  p  in  \x:  Fühlergliederlängen  22  bis  30,  42  bis- 
46,  50  bis  53,  51  bis  53,  47  bis  49,  39  bis  42,  42  bis  43, 
26  bis  28.  Kopf  201  bis  204  lang,  167  bis  170  breit.  Pro- 
thorax 153  bis  158  lang,  255  bis  303  breit.  Pterothorax  289 
bis  340  lang,  306  bis  340  breit.  Abdomen  750  bis  800  lang, 
323  bis  374  breit.  Tubus  141  bis  153  lang.  —  Gesamtlänge: 
1  •  3  bis   1  •  6  mm. 

cT:  Kleiner,  schmäler,  Kopf  etwas  weniger  nach  vorn 
verengt  als  beim  9,  um  0*3  bis  0*4  länger  als  breit,  an  den 
Fühlern  nur  das  dritte  Glied  (oft  auch  dieses  nicht)  rein  gelb, 
das  vierte  und  fünfte  wolkig,  hell  braun  getrübt,  die  übrigen 
Glieder  dunkelbraun.  Vorderschenkel  etwas  verdickt,  Tarsen 
mit  einem  deutlichen  Zahne.  Vorderflügel  mit  4  bis  7  ein- 
geschalteten Fransen.  Tubus  um  0-3  bis  0-4  kürzer  als  der 
Kopf.  Borsten  am  Kopf  und  Prothorax  sind  glashell,  kürzer 
als  beim    9,  an  der  Spitze  abgestutzt.  Länge  1*3  bis  14««. 

Vom  cf  der  Art  acanthoscelis  Karny  durch  bedeutendere 
Größe,  längere  Fühler,  helleres  3.  Glied  derselben,  meist 
zahlreichere,  eingeschaltete  Fransen,  vom  cf  der  Art  pliyllo- 
philus  durch  die  Kopfform,  breiteres  3.  Fühlerglied  und 
die  helle  Färbung  der  Prothoraxborsten  leicht  zu  unter- 
scheiden. 

Vorkommen:  Anzahl  99  und  cfc?  bei  Graz  (21.  und 
24.  Mai   1914,    Schöckl,    Rannach)  in  Steiermark   in   Blüten 


ö 


Thysandptereri  aus  Österreich.  öd 

(Trifolium  montanum  L.,  Anthyllis  jacquini  Kern.)    gefunden 
(H.  Priesner). 

9.  Haplothrips  arenarius  n.  sp. 
(—  H.  distinguendus  Pries,  olim  i.  litt.) 

Durch  die  kurzen  Postokularborsten  dem  leucanthemi 
Schrk.  nahestehend,  von  demselben  durch  die  vollkommen 
.glashellen  Flügel,  die  Kopfform  und  den  kurzen  Tubus  ver- 
schieden. 

9:  Körperfarbe  schwarz,  Vordertibien  gegen  die  Spitze 
heller,  Vordertarsen  gelblich.  Fühler  dunkel,  das  dritte  Glied 
gelb,  an  der  Basis  oben  schwach  braun  getrübt,  an  der 
Spitze  ganz  braun  getrübt,  das  vierte  braungrau,  oben  und 
unten  gelblich  gefleckt,  oft  auch  das  fünfte  Glied  am  Grunde 
gelblich.  Flügel  vollkommen  hyalin. 

Kopf  lang,  um  0-13  bis  0-18  länger  als  breit,  sofort 
hinter  den  Augen  nach  hinten  verengt.  Postokularborsten  sehr 
klein,  meist  nicht  sichtbar.  Die  Borsten  an  den  Hinterecken 
des  Prothorax  sehr  kurz,  starr,  kaum  zugespitzt.  Vorder- 
flügel mit  9  bis  11  (selten  7  oder  8)  eingeschalteten  Fransen. 
Vordertarsen  mit  sehr  kleinem  Zähnchen,  das  nur  in 
gewisser  Stellung  sichtbar  ist.  Tubus  um  0'3  bis  0*43 
kürzer  als  der  Kopf,1  am  Grunde  um  0-8  breiter  als  an 
-der  Spitze. 

Maße  des  9  in  u/.  Fühlerlängen:  22,  46,  54  bis  58,  54 
bis  57,  47  bis  53,  47,  46,  34.  Kopf  211  bis  218  lang,  184 
bis  187  (c?  170)  breit.  Prothorax  153  lang,  272  bis  315  breit. 
Pterothorax  289  bis  306  lang,  306  bis  357  breit.  Abdomen 
700  bis  800  lang,  298  bis  340  breit.  Tubus  124  bis  135 
lang.  Gesamtlänge   1*4  bis   1 -6 //////. 

rj:  Schmäler,  Tubus  und  Fühler  länger  und  schlanker, 
Kopf  nach  hinten  noch  stärker  verengt  als  beim  9,  Vorder- 
beine sehr  stark  verdickt,  Tarsen  mit  einem  sehr  kräftigen 
Zahne.  \rorderschienen  gelb,  nur  an  der  Basis  dunkel. 


'    Den  Kopf  der  Phloeoihripiden    messe   ich  stets  vom  Vorderrande  der 
Augen   bis   zu   seinem   Hinterrande. 


84  H.  Priesner, 

Vorkommen:  Vom  Museum  Königsberg  aus  Ost- 
preußen eingesandt  (Lötzen,  11.  August  1909,  Helichrysum 
arenarium-Blüten).  Von  H.  Karny  im  Juli  1909  und  August 
1919  in  Oberweiden  (Niederösterreich)  in  Anzahl  ge- 
ketschert. 

Eurytrichothrips  nov.  gen. 

Körper  sehr  breit  und  flach.  Kopf  kürzer  als  der  Pro- 
thorax, seitlich  sehr  stark  gerundet  erweitert,  ohne  Warzen. 
Mundkegel  breit  gerundet,  zirka  die  Mitte  des  Prosternums 
erreichend,  Oberlippe  das  Labium  nicht  überragend.  Palpen 
kurz.  Ocellen  stets  vorhanden.  9  9  geflügelt  oder  rudimentär 
geflügelt,  cTcT  mit  verkümmerten  Flügeln.  Fühler  achtgliedrig, 
8.  Glied  so  lang  oder  länger  als  das  7.  Das  Sinnesgrübchen 
an  der  Oberseite  des  2.  Fühlergliedes  befindet  sich 
wie  bei  Plectrothrips  Hood  in  oder  vor  der  Mitte  des 
Gliedes.  Borsten  sämtlich  scharfspitzig.  Vorderbeine  beim 
rf  und  9  sehr  stark  verdickt,  Vordertarsen  auch  beim  9 
stark  gezähnt.  Tubus  kürzer  als  der  Kopf.  Flügel  gleichbreit, 
ohne  Fransenverdoppelung. 

Mit  Tricliothrips  Uzel  und  Plectrothrips  Hood  am 
nächsten  verwandt. 

10.  Eurytrichothrips  piniphilus  n.  sp. 

(=  Tricliothrips   ulmi  Priesn.,  Wiener   Entom.  Zeitschr., 
XXXIII.  Jahrg.,   1914,  p.  195;  nee  Tricliothrips  ulmi  Hai.) 

9  :  Schwarzbraun  oder  braun,  Vorderschienen  gelb,  innen 
und  außen  braun.  Mittel-  und  Hinterschienen  an  der  Spitze 
und  alle  Tarsen  gelb.  Die  beiden  ersten  Fühlerglieder  schwarz- 
braun, 2.  an  der  Spitze  heller,  3.  gelb,  kaum  grau  getrübt, 
4.,  5.,  6.  und  7.  Glied  licht  graubraun,  an  der  Basis  gelb, 
8.  Glied  ganz  grau.  Flügel  hellgelb  getrübt. 

Kopf  um  0-18  breiter  als  lang,  Seiten  stark  gerundet 
erweitert,  hinten  eingezogen.  Postokularborsten  sehr  klein. 
Prothorax  etwas  länger  als  der  Kopf  und  viel  breiter,  an 
den  Hinterecken  stehen  jederseits  zwei  helle  Borsten,  die 
viel    kürzer    und  kräftiger  als  bei    Tricliothrips   sind.    Borsten 


Thysanoptercn  aus  Österreich. 


85 


scharfspitzig.  Pterothorax  bei  der  f.  macroptera  breiter  als 
bei  der  f.  brach yptera.  Flügel  vorhanden  oder  zu  kurzen 
mit  wenigen  Fransen  besetzten,  gebogenen,  hyalinen  Chitin- 
plättchen  reduziert.  Fransenverdoppelung  keine.  Vorderbeine 
sehr  stark  verdickt,  Schenkel  breit  und  flach,  Tarsenzahn 
sehr  kräftig,  Vordertibien  einfach.  Abdomen  breit,  an  den 
Seiten  mit  sehr  langen  Borstenhaaren  besetzt.  Tibien  ohne 
Endsporne.    Tubus    um  0-18  bis  0-23  kürzer  als  der  Kopf. 


Fig.  7. 
Vergrößerung:   60  fach. 


Maße  des  9  in  \i:  Fühlergliederlängen:  32  bis  41,  59, 
62,  81  bis  84,  70  bis  76,  59  bis  68,  59  bis  64,  38  bis  51, 
46  bis  50.  Kopf  230  bis  255  lang,  277  bis  289  breit.  Pro- 
thorax 255  bis  281  lang,  459  bis  476  breit.  Pterothorax  459 
bis  476  lang,  544  bis  561  breit.  Abdomen  1200  bis  1300  lang, 
629  bis  680  breit.  Tubus  187  bis  204  lang.  —  Gesamtlänge 
1  ■  7  bis  2  mm. 

cf:  Kopf  oft  schwächer  gerundet,  Vorderbeine  stärker 
verdickt;  kleiner  als  das  9.  Tubus  mit  kleiner  Basalschuppe. 
Flügelsperrdornen  vom  2.  bis  6.  Segment  vorhanden,  während 
sie  beim  9  vom  2,  bis  7.  Segment  (f.  macroptera)  oder  am 
2.  bis  5.  Segment  (f.  brachypterd)  sichtbar  sind. 


86  H.  Priesnef, 

Vorkommen:  Anzahl  9  9  und  cfcf  Andritz  bei  Graz 
in  Steiermark  (15.  Juni  1913)  unter  losen  Schuppen  der 
Kiefernrinde  (H.  Priesner). 

11.  Trichothrips  schaubergeri  n.  sp. 

Durch  die  dunkle  Färbung,  die  gezähnten  Vordertarsen, 
die  Form  des  Kopfes  und  die  gekeulten  Borsten  aus- 
gezeichnet; von  Gryptothrips-H&bitus,  dem  Cr.  jmwlns  H  0  o  d 
ähnlich. 


Fig.  8. 
Vergrößerung:   GO  fach. 

9:  Körperfarbe  schwarzbraun,  Schienen  ganz  dunkel, 
die  Tarsen  graubraun,  Fühler  wie  der  Körper  gefärbt,  3.  Glied 
an  der  Basishälfte  gelb,  übrigens  braun,  nur  an  der  Spitze 
wieder  etwas  gelblich,  4.  Glied  im  basalen  Drittel  gelblich, 
übrigens  braun,  5.  Glied  nur  am  Stielchen  gelb.  Flügel 
braungrau  getrübt,  am  Grunde  hell,  auch  an  der  Spitze  etwas 
lichter,  Längsader  gut  sichtbar. 

Kopf  so  lang  wie  breit,  Netzaugen  klein.  Ocellen  ent- 
wickelt. Postokularborsten  hyalin,  wohl  entwickelt,  gekeult. 
Kopf  hinter  den  Augen  noch  etwas  erweitert,  dann  fast 
geradlinig,  ähnlich  wie  bei  Tr.  copiosus  Uzel,  jedoch  nicht 
so  stark  nach  hinten  verensrt. 


Thysanoptercn  aus  Österreich.  ö« 

Mundkegel  den  Hinterrand  des  Prosternums  erreichend, 
an  der  Spitze  abgerundet,  die  spitzige  Oberlippe  überragt 
den  Labialkegel  etwas.  Fühler  nicht  ganz  doppelt  so  lang 
wie  der  Kopf,  1.  Glied  kurz  und  breit,  2.  länger,  3.  länger 
als  das  2.,  so  breit  oder  breiter  als  dieses,  4.  Glied  kürzer 
als  das  vorhergehende,  die  folgenden  abnehmend  kürzer,  das 
7.  und  S.  Glied  bilden  zusammen  ein  Ganzes.  Prothorax 
genau  doppelt  so  breit  als  lang,  um  0"4  bis  (V5  breiter  als 
der  Kopf,  vor  den  Hinterecken  mit  zwei  langen,  hellen,  an 
der  Spitze  schwach  geknöpften  Borsten  jederseits.  Flügel 
in  der  Mitte  gleichbreit,  die  vorderen  mit  8  und  11  ein- 
geschalteten Fransen.  Beine  ziemlich  schwach,  Vorderbeine 
kaum  verdickt,  Vorderschienen  einfach,  Vordertarsen  mit 
deutlichem  Zähnchen.  Tubus  kurz,  um  0*3  kürzer  als  der 
Kopf.  Die  hellen  Borsten  an  den  Seiten  des  Abdomens  sehr 
lang  und  dünn,  nach  innen  gebogen. 

Maße  des  9  in  \i:  Fühlergliederlängen:  36,  72  bis  75, 
8Ö  bis  81  >,  83,  78  bis  81,  72,  56,  35  bis  36  (7.  und  8.  zu- 
sammen 01  bis  92  [*,).  Kopf  311  lang,  323  breit.  Prothorax 
204  lang,  464  breit.  Pterothorax  459  lang,  519  breit.  Abdomen 
1020    lang,    566    breit.    Tubus    221     lang.  Gesamtlänge: 

2*2  mm.  —  cf:  Unbekannt. 

Vorkommen:  1  9,  vom  Koleopterologen  Dr.  E.  Schau- 
berger  (Linz)  am  Ibmer  Moos  in  Oberösterreich  (15.  August 
1919)  im  Fluge  gefangen. 

Anmerkung.  Ich  stelle  diese  neue  Art  vorläufig  ins 
Genus  Tricliothrips  Uzel,  da  sie  trotz  abweichender  Merk- 
male den  Tricliothrips -Arten  habituell  am  nächsten  steht. 
Möglicherweise  gehört  sie  aber  in  das  amerikanische  Genus 
Symphyotjtrips  Hood  et  Williams,  dessen  Beschreibung 
mir  noch  nicht  zucrän^lich  war. 


H.   Priesner,  Thysanopteren  aus  Osteneich. 


Verzeichnis  der  Abbildungen. 

1.  Kopf    und    Prothorax    von    Parafrankliniella  verbasci  n.  g\,    n.    sp.  — 
Vergr.   120  fach. 

2.  Linker  Fühler  von   Thrips  röbusttis  n.  sp.  —   Vergr.   275  fach. 

3.  Rechter  Fühler  von   Thrips  alpifttts   n.   sp.   —   Vergr.   275  fach. 

4.  Kopf    und    Prothorax    von    Idolimothrips    paradoxus    n.  g.,    n.  sp.  — 
Vergr.    120  fach. 

5.  Abdomenspitze    von    Tdolimothrips  paradoxus    n.  g.,    n.  sp.    —    Vergr. 

120  fach. 

6.  Kopf  und  Prothorax   von  Haplöthrips  vuülcti  n.  sp.  —  Vergr.   120  fach. 

7.  Kopf,  Prothorax  und  Vorderbein  von  EutyiricJtothrips  piniphilus  n.  g., 
n.  sp.   —   Vergr.  60  fach. 

<S.  Kopf,  Prothorax  und  Vorderbein  von  Trickothrips  schaitbergeri  n.  sp.  — 
Vergr.  60  fach. 


Akademie    der  Wissenschaften    in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,    Botanik,    Physiologie  der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


129.  Band.    3.  und  4.  Heft 


91 


Krystallographische  Bemerkungen 
zum  Atombau 

Von 

Hermann  Tertsch 

(Mit  2  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  5.  Februar  1920) 

Seitdem  die  Fortschritte  der  Röntgendurchleuchtung  von 
Krystallen  so  überraschend  tiefe  Einblicke  in  den  Feinbau 
der  Materie  gestatteten,  ist  man  emsig  bemüht,  das  Geheimnis 
der  Struktur  bis  in  seine  letzten  Ausläufer  aufzuklären.  Dabei 
zeigt  sich  immer  deutlicher  die  dem  Krystallographen  schon 
lange  bekannte,  aber  in  den  letzten  Jahren  etwas  in  Ver- 
gessenheit geratene  Forderung  als  berechtigt,  daß  man  bei 
der  Konstruktion  von  Raumgittern  scharf  zwischen  der  Gitter- 
symmetrie und  der  Bausteinsymmetrie  unterscheiden 
müsse.  Auch  Bravais  stützt  sich  schon  auf  diese  Unter- 
scheidung, da  er  ja  die  Unterabteilungen  der  Krystallsysteme 
mit  seinen  vollsymmetrischen  14  Raumgittertypen  nicht  zu 
deuten  vermochte  und  darum  die  Mindersymmetrie  in  die 
Bausteine  (»Molekel«)  verlegte.  Bei  ihm  ist  schon  aus- 
gesprochen, daß  z.  B.  ein  Netz  mit  tesseralen  Abmessungen 
trotzdem  nicht  tesserale  Symmetrie  aufweist,  wenn  die  streng 
parallel  gestellten  »Molekel«  sich  nicht  selbst  der  tesseralen 
Symmetrie  fügen  (»Grenzfälle«).  Selbst  Sohncke,  der  nur 
von  »Punktsystemen«  spricht,  bei  denen  die  Symmetrie  des 
Punktes  nicht  ausgesprochen  ist,  schreibt  diesen,  je  nach 
ihrer  Lage,  Symmetrieebenen  zu,  wenn  man  nicht  überhaupt 
die  Kugelsymmetrie  annehmen  will.  Sohncke  war  auch 
darum  gezwungen,  polare  Symmetrieklassen  durch  Ineinander- 
stellung    zweier    Gitter    mit    materiell    verschiedenen    Punkt- 


92  H.  Tertsch, 

massen  zu  deuten.  Auf  ihn  geht  also  der  Begriff  des  »Atom- 
gitters« zurück,  gegenüber  dem  Bravais'schen  »Molekül- 
gitter«. Schönflies  (IQ)1  arbeitete  mit  asymmetrischen,  be- 
ziehungsweise mit  zweierlei,  zwar  stofflich  gleichartigen,  aber 
zueinander  symmetrischen  Massenteilchen  und«  gab  die  all- 
gemeinste Form  der  für  die  festen  Körper  (Krystalle)  maß- 
gebenden Symmetrieverhältnisse.  Gerade  Schönflies  hat  oft- 
mals auf  die  besondere  Bedeutung  der  Unterscheidung  von 
Gitter-  und  Bausteinsymmetrie  hingewiesen  (16). 

In  der  Tat  haben  auch  die  Röntgenbefunde  der  Krystall- 
durchleuchtungen  Resultate  gezeitigt,  welche  gebieterisch  die 
genaueste  Rücksichtnahme  auf  die  Bausteinsymmetrie  fordern. 
Die  ursprünglich  meist  verbreitete  Ansicht  schrieb  den  Bau- 
steinen Kugelsymmetrie  zu.  Johnsen  (9)  versuchte  durch 
Feststellung  der  im  Gitter  dem  Atom  (Baustein)  zukommenden 
»Minimalsymmetrie«  dieser  Frage  beizukommen,  allerdings  zu 
einer  Zeit,  wo  die  physikalischen  Arbeiten  über  allgemeine 
Atomsymmetrie  erst  ihren  Anfang  nahmen. 

Wenn  auch  sicherlich  eine  Annäherung  an  die  Kugel- 
symmetrie bei  den  Atomen  schon  ziemlich  sicher  geworden 
ist,  so  darf  diese  höchste  Symmetrie  doch  nicht  schlechthin 
als  gegeben  angesehen  werden,  da  gewisse  Tatsachen  dem 
entschieden  widersprechen.  Johnsen  (9)  wies  schon  darauf 
hin,  daß  die  Sj'mmetrieverschiedenheit  von  Na  Gl  und  K  Cl, 
die  beide  genau  gleiche  Gittersymmetrie  besitzen,  ohne 
Symmetrieverminderung  im  Baustein  kaum  erklärlich  ist.  Bei 
der  Genauigkeit  der  bisherigen  Messungen  müßten  Ab- 
weichungen der  Massenpunkte  von  der  hochsymmetrischen 
Lagerung  schon  sichtbar  sein,  die  Gittersymmetrie  ist  also 
sicher  nicht  an  der  Mindersymmetrie  schuld. - 


'   Vgl.  das  Literaturverzeichnis  am  Schlüsse   der  Arbeit. 

-  Dozent  Dr.  Thirring  ist  eben  im  Begriffe,  eine  Arbeit  herauszugeben, 
in  welcher  die  Möglichkeit,  hochsymmetrische  Gitter  im  Anschluß  anSchön- 
flies  aus  mindersymmetrischen  Bausteinen  aufzubauen,  im  Hinblick  auf  die 
bisherigen  Röntgenbefunde  an  Krystallen  eingehend  erörtert  wird.  Es  ist  sehr 
dankenswert,  daß  ein  Physiker  dieses  krystallographische  Problem  auf- 
gegriffen hat.  um  auch  von  der  Seite  der  Physik  her  daraus  die  nötigen 
Schlußfolgerungen  zu  ziehen   [vgl.  auch  Voigt  W.  (19)]. 


Krystallographische   Bemerkungen   zum  Atombau.    •  93 

Hätten  die  Atome  Kugelsymmetrie,  so  wäre  auch  nicht 
zu  begreifen,  weshalb  sich  unter  den  Elementen  die  ver- 
schiedensten Krystailsymmetrien  mit  Ausnahme  der  triklinen 
vorfinden.  Für  Atom  kugeln  müßten  doch  einfach  die  Gesetze 
der  Kugelpackung  gelten.  Wenn  auch  zuzugeben  ist,  daß  die 
überwiegende  Mehrheit  der  Elemente  die  tesserale,  also  der 
Kugelsymmetrie  zunächst  stehende  Symmetrie  besitzt,  würde 
doch  der  Schwefel  allein  schon  mit  seiner  in  jeder  Modifika- 
tion absolut  nicht  tesseralen  Form  die  allgemeine  Annahme 
einer  Kugelsymmetrie  der  Atome  und  der  dadurch  wahrschein- 
lichen Kugelpackung  sehr  unwahrscheinlich  machen.  Bei  kugel- 
symmetrischen Atomen  müßte  man  annehmen,  daß  sich  die 
Atome  nach  den  Raumachsen  in  ihrer  Struktur  und  Kräfte- 
verteilung ganz  gleich  verhalten;  dann  aber  wäre  ein  niedrig- 
symmetrisches Gitter  nur  durch  Annahme  ganz  geheimnis- 
voller, unkontrollierbarer  Nebenkräfte  erklärbar,  wozu  keine 
Berechtigung  vorliegt. 

Auch  die  Chemiker  sind  bei  ihren  Arbeiten  von  einer 
Art  Isotropie  der  Elemente  ausgegangen  und  Kos  sei  (10) 
betont  mehrfach,  daß  ein  der  Kugel  nahestehender  Atombau 
den  chemischen  Tatsachen  am  besten  entspreche. 

Dem  stand  ziemlich  schroff  das  Bohr'sche  Atommodell  (3) 
gegenüber,  welches  eine  Art  planetarischen  Systems  darstellt, 
umgeben  von  gequantelten  Elektronenringen  mit  gleichen 
Rotationsebenen.  Dieses  Modell  enthält  eine  ausgezeichnete 
Rotationsebene  (beziehungsweise  -achse)  und  ist  somit  ent- 
schieden nicht  tesseral.  An  eine  ständige  Verschiebung  der 
Rotationsachse,  so  daß  in  endlichen  kleinen  Zeiten  von  den 
Elektronen  die  Fläche  einer  Kugel  durchlaufen  würde,  ist 
wegen  der  ungeheuren  Kompliziertheit  einer  derartigen  Be- 
wegung als  unwahrscheinlich  gar  nicht  zu  denken.  Daß  auch 
höchst  symmetrische  Gitter  damit  aufgebaut  werden  könnten, 
ist  schon  nach  den  Schönflies'schen  Darlegungen,  die  von 
Niggli  (13)  noch  besonders  in  bezug  auf  die  Röntgenstruk- 
turen  ausgearbeitet*  wurden,  durchaus  denkbar  (vgl.  Anmerkung 
p.  02);  es  fragt  sich  nur,  ob  sie  auch  immer  die  wahrschein- 
lichste ist.  Das  Bohr'sche  Modell  scheint  aber  nicht  die  end- 
gültige und  allgemeinste  Lösung  der  Atomstruktur  zu  bedeuten. 


94  H.  Tertsch, 

Born  und  Lande  (4)  haben  gezeigt,  daß  sich  die  Kom- 
pressibilität der  Krystalle  aus  dem  Gitter-,  beziehungsweise 
Atombau  berechnen  läßt,  wenn  man  nicht  eine  ebene  Ver- 
teilung der  Elektronen  annimmt,  sondern  eine  solche  in  den 
Ecken  eines  um  den  positiven  Kern  als  Zentrum  gelegten 
Würfels.  Die  Bahnebenen  liegen  hierbei  in  den  Oktaeder- 
ebenen, die  Bahnzentren  entsprechen  den  Oktaedernormalen 
und  die  Elektronen  schwingen  so,  als  würde  der  Würfel 
abwechselnd  nach  je  einer  der  drei  Raumachsen  rhythmisch 
verlängert,  beziehungsweise  verkürzt.  Es  haben  demnach  auch 
die  Physiker  die  einfachere  Bohr'sche  Anordnung  der  Elek- 
tronen zugunsten  einer  räumlich  auf  Kugelschalen  erfolgten 
Verteilung  geändert.1 

Von  den  bisher  angenommenen  92  Elementen  sind  87 
wirklich  bekannt;  es  fehlen  nur  noch  3  Analoga  zu  Mn  und 
ein  positiv  und  ein  negativ  einwertiges  Element  der  höchsten 
Atomgewichte.  Unter  den  87  bekannten  Elementen  wurden  51 
auf  ihre  Krystallgestalt  als  Elemente  untersucht,  8  hiervon 
mit  negativem  Resultat.  Man  kennt  also  von  43  (rund  50%) 
die  Krystallformen.  28  Elemente  (d.  i.  etwa  30  %  aller)  haben 
mehr  oder  minder  deutlich  tesserale  Formen,  wobei  aber  Poiy- 
morphie  in  anderen  Systemen  nicht  fehlt.  Die  übrigen  15,  also 
ein  Sechstel  =  16%  aller,  sind  dagegen  ausgesprochen  nicht 
tesseral. 

Sehr  interessant  ist  nun  eine  Zusammenstellung  der  Ele- 
mente nach  ihrer  Stellung  im  System  (Ordnungszahl)  und  nach 
den  bekannten  Krystallformen.  Abgesehen  von  den  empfind- 
lichen Lücken  in  unserer  Kenntnis  der  Formen  ist  doch  eine 
sehr  auffällige  Gruppierung  zu  erkennen  (Fig.  1). 

1.  Die  tesseralen  Formen  zeigen  eigentümliche  Häufungs- 
stellen, die  mit  den  Zentralstellen  der  sogenannten  »Perioden« 


1  Diese  auf  einem  umfangreichen  Tatsachenmaterial  aufgebaute  und 
mathematisch  wohl  fundierte  Anschauung  wurde  übrigens  schon  im  Jahre 
1917  unabhängig  von  Born  und  Lande  vom  Verfasser,  freilich  nur  in  Form 
einer  Anregung,  vorgetragen,  und  zwar  anläßlich  eines  durch  Herrn  Dozenten 
Dr.  A.Reis  damals  in  Wien  am  Universitätsinstitut  *für  theoretische  Physik 
zustande  gebrachten  Referier-  und  Diskussionskollegiums  über  physikalisch- 
chemisch-mineralogische Grenzfragen.  Viele  der  im  folgenden  gegebenen  Über- 
legungen wurden  schon  damals  zum  Ausdruck  gebracht. 


Krystallographische  Bemerkungen  zum  Atombau. 


95 


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5 

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42 

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7 

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}               ^  1  7  Xummem    nicht  bekannt 
)            / 

74 

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2 

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96  IL  Tertsch, 

der  Elemente  zusammenfallen.  An  den  Übergangsstellen  von 
einer  »Periode«  in  die  nächste  fehlen  dagegen  die  Elemente 
mit  tesseralen  Formen;  diese  besitzen  die  tesserale  Symmetrie 
nicht  einmal  in  Form  instabiler  oder  metastabiler  Modifika- 
tionen. 

Die  Minima  der  Atomsymmetrie  finden  sich  immer  knapp 
vor  jenem  Elemententypus,  den  die  Chemiker  als  »Edelgas«- 
Typus  bezeichnen. 

2.  Kein  Element  krystallisiert  triklin,  überall  ist  ein  deut- 
lich symmetrisches  Verhalten. 

3.  Wenn  neben  den  tesseralen  Formen  noch  eine  andere 
Symmetrie  auftritt,  ist  dies  immer  die  trigonale ;  nur  Phosphor 
und  Palladium  haben  daneben  noch  niedriger-symmetrische, 
allerdings  auch  zweifelhafte  Modifikationen.  Die  Tatsache,  daß 
die  tesserale  Symmetrie  einen  Spezialfall  der  trigonalen  bildet 
und  mit  dieser  deutlicher  zusammenhängt  als  mit  der  tetra- 
gonalen,  wird  dadurch  wieder  augenscheinlich.  Bei  Na  ist 
allerdings  neben  der  tetragonalen  Hauptmodifikation  eine  tesse- 
rale angegeben,  doch  ist  diese  zweite  Form  recht  zweifel- 
haft1 (8). 

4.  Der  Grad  der  Mindersymmetrie  wächst  an  den  Perioden- 
grenzen der  zweiten  und  dritten  Periode,  um  dann  deutlich 
wieder  abzunehmen;  d.  h.  die  schwereren  Elemente  zeigen 
ein  der  Kugelsymmetrie  viel  näherstehendes  Verhalten 
als  die  leichteren. 

5.  Die  Größe  der  in  diesem  Symmetriekurvenverlauf  er- 
sichtlichen »Perioden«  und  ihre  Verteilung  fallen  genau  mit 
den  chemisch  bekannten  Perioden  zusammen.2  Die  ersten 
beiden   »kleinen«   Perioden  umfassen  je   8  Elemente  (He — F) 


1  Hier,  wie  oft  im  folgenden,  sei  bezüglich  der  krystallographischen 
Einzelheiten  auf  das  Standardwerk  P.  Groth*s:  Chemische  Krystallographie, 
1.  Bd.,  verwiesen  (8). 

"  Die  chemische  Abgrenzung  erfolgte  nach  Kossei  (10)  so,  daß  die 
Elemente,  die  sich  durch  »Abspaltung«  von  Elektronen  auf  einen  vorher- 
gehenden Edelgastypus  zurückführen  lassen,  mit  diesem  zu  einer  »Periode« 
vereinigt  werden. 


Krystallographiscüe   Bemerkungen   zum  Atombau.  9/ 

und  Ne —  Cl),  die  dritte  und  vierte  Periode  (»große«)  enthalten 
je  18  Elemente  (Ar — Br  und  Kr — J);  die  fünfte  Periode  (die 
der  seltenen  Erden)  weist  32  Elemente  auf  (X — N  85)  und 
dann  bleiben  noch  die  schwersten  Elemente  mit  ihrer  deut- 
lichen Radioaktivität  (bis  U)  zurück. 

Nach  Bohr  (3)  und  Kossei  (10)  hätte  man  sich  zu 
denken,  daß  sich  die  Elektronen  in  gequantelten  Bahnen  um 
den  positiven  Kern  bewegen,  wobei  jedes  Edelgas  ein  völlig 
indifferentes,  also  mit  einer  undurchdringlichen  und  unzerstör- 
baren Elektronenschale  umgebenes  Gebilde  darstellt.  Dann 
müßten  ebensoviele  Ringe,  beziehungsweise  Schalen  vorhanden 
sein  als  Edelgastypen.  So  würde  B  oder  N  durch  Abgabe 
von  Elektronen  aus  einem  noch  nicht  völlig  mit  Elektronen 
belasteten  Ringe  in  den  i/t'-Zustand  zurückkehren  oder  () 
durch  Aufnahme  zweier  fremder  Elektronen  einen  zweiten 
.  vollen  Ring  ansetzen    und    damit    den  Bau  des  Ne  erreichen. 

So  überaus  fruchtbar  diese  Vorstellung  hinsichtlich  der 
chemischen  Verbindungen  und  des  Verständnisses  der  Haupt- 
und  Nebenvalenzen  ist,  haben  doch  gerade  die  Chemiker 
immer  wieder  betont,  daß  das  Valenzverhalten  isotrop  er- 
scheint, also  mit  dem  Wirtelbau  des  Bohr'schen  Modells 
nicht  recht  stimmt.  Ebensowenig  gibt  das  Bohr'sche  Modell 
über  die  sonderbaren  Zahlenverhältnisse  der  einzelnen  Perioden 
Aufschluß.  Warum  ist  gerade  mit  8  Elektronen  ein  Ring  ge- 
schlossen? Die  Zahl  6  wäre  geometrisch  verständlicher.  Warum 
haben  auch  nur  die  kleinen  Perioden  diese  Zahl,  die  folgenden 
aber  steigende  Größen,  die  mit  8  in  keiner  einfachen  Beziehung 
stehen? 

Born  und  Lande  (4)  haben  aus  der  Kompressibilität 
nachgewiesen,  daß  das  Potential  der  abstoßenden  Kräfte  im 
wesentlichen  mit  r ~9  geht,  was  mit  Elektronenringen  gleicher 
Bahnebene  unvereinbar  wäre.  Zur  Erklärung  hierfür  ist  un- 
bedingt die  Annahme  einer  so  hohen  Symmetrie  wie  die  des 
Würfels  nötig.  Nach  Kos  sei  (10)  »nähern  sich  auch  die 
Trennungsarbeiten  der  Ionen  und  was  damit  zusammenhängt 
um  so  mehr  den  Verhältnissen  einer  starren,  undurchdring- 
lichen Atomoberfläche,  je  höher  der  Exponent  des  Abstoßungs- 
gesetzes   ist.    Diese    letztere    Idealisierung    (undurchdringliche 


«ö  H.  Tertsch, 

Kugelschalen)  hatte  sich  bei  der  Betrachtung  der  Trennungs- 
arbeiten als  sehr  brauchbar  erwiesen«.1 

Geht  man  von  dem  axialen  Atombau  zum  isotropen  über, 
so  heißt  das,  vom  Ring  zur  Kugelschale  vorschreiten.  Die 
Elektronen  gehören  also  innerhalb  einer  Periode  mit  ihren 
Bahnen  jeweils  ein  und  derselben  Kugelschale  an. 

Man  denke  sich  den  positiven  Atomkern  mit  den  2  He- 
Elektronen  als  räumliche  Masse  im  Atommittelpunkt  und 
suche  nun  die  Niveaufläche  möglichster  Annäherung  der  Elek- 
tronen, beziehungsweise  Elektronenbahnen  an  den  Kern. 
Zwischen  Elektronen  und  Kern  muß  sich  ein  bestimmter 
Gleichgewichtszustand  bezüglich  der  Raumverteilung  einstellen, 
der  von  der  Anziehung  der  Elektronen  durch  den  Kern  einer- 
seits und  von  der  Abstoßung  der  einander  genäherten  Elek- 
tronen anderseits  abhängig  sein  muß.  Denkt  man  sich  in 
ganz  roher  Versinnlichung  die  Abstoßungssphäre  je  eines 
Elektrons  kugelig,  so  handelt  es  sich  einfach  um  die  Frage 
der  kompaktesten  Kugelpackung  jeweils  auf  der  Oberfläche 
einer  den  Kern  einhüllenden  Kugelschale.  Da  ergibt  sich  von 
selbst  als  einfachste  und  kompakteste  Anlagerungsform  um 
einen  Kern  die  oktaedrische  Verteilung  der  Elektronen  und 
in  der  Tat  enthält  auch  die  erste  Periode  acht  Elemente. 

Da  bei  weiterem  Abrücken  vom  Kern  die  Anziehungs- 
kräfte abnehmen  und  damit  die  Abstoßungswirkung  steigt, 
müßte  man  sich  die  Abstoßungsbereiche  der  Elektronen  der 
nächsten  Schale  etwas  größer  denken.  Auch  dann  ist  noch 
immer  die  kompakteste  Verteilung  mit  8  Elektronen  in  der 
Schale  zu  erreichen,  obwohl  diese  zweite  Kugelschale  schon 
deutlich  lockerer  besetzt  ist. 

Aber  schon  bei  der  dritten  »Schale«  müßte,  immer  das 
gleiche  rohe  Bild  vor  Augen,  eine  andere  Gruppierung  von 
Elektronen  zu  einer  kompakteren  Besetzung  der  Oberfläche 
mit  Elektronenbereichen  führen.    Man  beachte,  daß  die  Elek- 


1  Auch  in  mineralogischen  Kreisen  ist  die  Vorstellung  von  räum- 
lich, nicht  flächig  angeordneten  Elektronenschalen  weit  verbreitet.  So  sagt 
Rinne  (14)  in  einer  Anmerkung:  > Voraussichtlich  wird  die  Elektronenschar 
von  Atomen,  die  krystallstrukturell  eingebaut  sind,  sich  nicht  ringförmig, 
sondern  nach   den  Gesetzen  der  Kry Stallsymmetrie  verteilen«. 


Krystallographische  Bemerkungen  zum  Atombau.  99 

tronenbahnen  in  den  Richtungen  der  Würfel-  und  Rhomben- 
dodekaedernormalen  dem  Kern  nunmehr  viel  stärker  genähert 
werden  können  als  bei  Festhaltung  ihrer  alten  Verteilung  an 
den  Würfelecken.  Es  bleiben,  bildlich  gesprochen,  ungenützte 
»Lücken«  zwischen  den  Elektronenbereichen  der  zweiten 
Schale,  die  nun  nach  dem  Problem  der  kompaktesten  Kugel- 
packung ausgenutzt  werden.  Es  ist  nun  gewiß  merkwürdig, 
daß  die  damit  zu  gewinnende,  dem  Kern  tunlichst 
genäherte  Schale  gerade  18  (6  =  Würfel  +  12  —  Rhomben- 
dodekaeder) tesseral  verteilte  Zentren  der  Elektronen- 
bahnen aufweist,  jene  Zahl,  die  der  ersten  »großen 
Periode«  zukommt.  Die  zweite  große  Periode  steht  zur 
ersten  im  gleichen  Verhältnis  wie  die  zweite  kleine  Periode 
zur  ersten. 

Bei  den  Elementen  der  fünften  Periode  (fünfte  Kugel- 
schale) sind  wiederum  die  vorbezeichneten  Stellen  nicht  mehr 
jene  der  kompaktesten  und  dem  Kerne  am  meisten  genäherten 
Anordnung,  sondern  es  ist  ein  neuer,  günstigerer  Gleich- 
gewichtszustand möglich  unter  Ausnutzung  der  »Lücken«, 
die  zwischen  den  Elektronenbereichen  der  vierten  Periode 
bleiben.  Diese  neue  Elektronenverteilung  entspräche  krystallo- 
graphisch  den  Richtungen  der  Oktaedernormalen  [8]  in  Kom- 
bination mit  den  Normalenrichtungen  eines  Tetrakishexaeders 
[24],  d.  h.  einem  32-Punkter.  Auch  hier  ist  die  Überein- 
stimmung der  so  erschlossenen  Zahl  mit  der  Größe  der 
»Perioden  der  seltenen  Erden«  ganz  verblüffend  (Fig.  2). 

Für  die  letzten  Elemente  ist  eine  Einordnung  der  äußersten 
Elektronen  in  den  Richtungen  der  Würfelnormalen  (»Lücken« 
der  fünften  Periode)  das  Nächstliegende.  Gleichzeitig  ist  aber 
die  Entfernung  vom  Kern  schon  so  bedeutend,  daß  ein 
Abbröckeln  dieser  äußersten  Elektronen  leicht  verständlich 
wird.1 

1  Durch  Herrn  Prof.  Stef.  Meyer  wird  der  Verfasser  aufmerksam  ge- 
macht, daß  gleichwohl  dadurch  noch  kein  Zusammenhang  mit  der  Radio- 
aktivität gegeben  ist.  da  die  a-  und  ß-Strahlungen  aus  dem  positiven 
Atomkern  stammen.  Immerhin  sei  die  Tatsache  festgestellt,  daß  die  mit  der 
lockersten  Elektronenhüile  begabten  Elemente  gleichzeitig  auch  jenen  in  der 
Radioaktivität  erkennbaren  Zerfall  des  Atomkernes  aufweisen. 


100  H.  Tertsch, 

Bei  aller  gebotenen  Vorsicht  in  der  Handhabung  der 
eben  skizzierten  Versinnlichung  der  einzelnen  Elektronen- 
schalen ist  doch  die  zahlenmäßige  Festlegung  der  Perioden 
auf  diesem  Wege  so  merkwürdig,  daß  wohl  behauptet  werden 
darf,  die  Anordnung  von  Elektronen  in  konzentrischen  Kugel- 
schalen als  Niveauflächen  komme  zum  mindesten  den  Tat- 
sachen sehr  weit  entgegen.  Die  Anordnung  der  ersten  und 
zweiten  Periode  wurde  schon  von  Born  und  Lande  (4) 
rechnerisch    bestätigt.    Es  wäre  von  Interesse,    ob    sich    auch 


Fig.  2. 
Hie  Zentren  der  Elektronenbahnen  einzelner  Schalen  in  .stereographischer 

Projektion. 

•  Bahnzentren  der  ersten  und  zweiten  Schale, 
x  >  >     dritten     »      vierten  > 

o  >  »     fünften  » 

die  folgenden  Perioden    mit    dem   oben    angedeuteten  Aufbau 
deuten  lassen. 

Kossei  (10)  hat  gezeigt,  wie  ungemein  fruchtbringend 
die  Vorstellung  der  Elektronenschalen  und  ihrer  Ergänzung 
zum  Aufbau  der  Edelgastypen  bei  der  Erklärung  und  Be- 
rechnung von  valenzchemischen  Problemen  verwendet  werden 
können.  Die  Untersuchungen  von  Debye  und  Scherrer  (7) 
ergaben  auch,  daß  tatsächlich  im  Krystallbau  des  Sylvins 
oder  des  (Li F)  K  und  Cl  z.  B.  nicht  als  neutrale  Ele- 
mente, sondern  als  Ionen  zu  bewerten  sind.  K  mit  19  Elek- 
tronen verhält  sich  so,  als  hätte  es  deren  nur  18  und  erweist 
sich  einfach  positiv  geladen,  Cl  mit  17  Elektronen  im  neu- 
tralen  Atom    ist    dagegen    durch    Aufnahme    eines    Elektrons 


Krystallographische  Bemerkungen    zum  Atombau.  101 

einfach  negativ  geladen.  Die  Ionenbildung  ist  also  im  wesent- 
lichen ein  Versuch,  den  Edelgastypus  wieder  herzustellen, 
sei  es  nun  durch  Abtrennung  einer  erst  begonnenen  neuen 
Elektronenschale  oder  durch  Auffüllung  auf  eine  dem  nächst 
höheren  Edelgas  nahezu  gleich  gebaute  Elektronenmasse.  Bei 
den  großen  Perioden  schaltet  sich  allerdings  ungefähr  in  der 
Mitte  der  Periode  ein  Nebentypus  ein,  welcher  aber  in  der 
Konfiguration  der  Elektronenschale  bedeutend  weniger  stabil 
ist  als  der  Edelgastypus. 

In  »heteropolaren«  Verbindungen,  wie  Abegg  (1)  den 
Aufbau  der  Materie  aus  Atomen  verschiedener  Stoffe  nennt, 
ist  die  Ergänzung  der  einzelnen  Elemente  zum  Edelgastypus, 
die  Ionisierung,  und  die  damit  erzielte  Bindung  bei  isotropem 
Verhalten  der  Elemente  sehr  leicht  verständlich.  Es  ist  aber 
klar,  daß  als  Ionen  die  Elemente  nicht  die  ursprüngliche 
Atomsymmetrie  besitzen.  Die  Ionen  scheinen  vielfach  eine 
hochtesserale  Symmetrie  zu  haben,  wodurch  die  früher  er- 
wähnte Isotropie  der  Elemente  im  Gitter  verwirklicht  erscheint. 
Allerdings  darf  nicht  übersehen  werden,  daß  wirtelige  Atome 
die  Verschiedenheit  der  Na  <  7-  und  iiTC7-Symmetrie  durch 
entsprechende  Anordnung  der  Atomwirtelachsen  ganz  gut 
erklären  ließen  [Schönflies  (16)  und  Niggli  (13)],  was  aber 
bei  der  Kossel'schen  Auffassung  der  Atombindungen,  bei  der 
Ansicht  von  Kugelschalen  der  Elektronen,  wieder  verloren- 
geht.1 

Ist  also  hier  noch  eine  gewisse  Unsicherheit  in  der 
Deutung  der  Ionensymmetrie  vorhanden,  so  entfällt  diese 
Schwierigkeit  bei  Betrachtung  der  krystallisierten  Elemente. 
Hier  ist  keinerlei  Aufladen  von  Elektronen  zu  erwarten,  jedes 


1   Oder  wäre  es  denkbar,  daß  durch  das  Lostrennen  der  Elektronen  im 
positiven  und  Anlagern  derselben  im  negativen  Ion  eine  lineare  Beziehung 
zwischen  beiden  Elementen  hergestellt  wird,  die  dann,  ähnlich  wie  die  Wirte! 
achsen,    als    ausgezeichnete    Richtungen    entsprechend    den    Baugruppen    im 
Gitter  geordnet  eingefügt  sind  ? 

Alan   beachte,   daß  in  den  äußersten  Atomschichten  eines   Krystallgitters 

keine  vollkommene  Absättigung  der  -+--  und Ionen  mehr  eintreten  kann. 

Sollten  neben  den  Erscheinungen  der  Oberflächenspannung  auch  noch  die 
seltsame  Abhängigkeit  der  Zerreißungsfestigkeit  von  der  Oberfläche  und  ähn- 
liche Rätsel  damit  zusammenhängen? 


102  H.  Tertsch, 

Atom  hat  die  ihm  zukommende  Elektronenzahl;  es  ist  nur 
deren  eventuellem  Zusammenhang  mit  dem  Krystallbau  der 
Elemente  nachzuspüren.  Da  der  positiv  elektrische  Kern  und 
die  negativ  elektrische  Elektronenhülle  nicht  nur  im  einzelnen 
Atom  aufeinanderwirken,  sondern  ihre  elektrischen  Anziehungs- 
und Abstoßungskräfte  in  den  umgebenden  Raum  ausstrahlen, 
müssen  auch  die  .»homöopolaren«  Verbindungen,  wie  Ab  egg  (1) 
den  Massenverband  durchaus  gleicher  Atome  nennt,  die  Ele- 
mente, zu  kompakten  Krystallgittern  führen.  In  den  Gitter- 
distanzen muß  dann  das  Wechselspiel  zwischen  Anziehungs- 
und Abstoßungskräften  zum  entsprechenden  Ausdruck  kommen. 
Man  kommt  damit  zu  der  Annahme,  daß  dieselben  Kräfte 
und  deren  räumliche  Verteilung,  die  den  Atomfeinbau 
beherrschen,  auch  für  die  Konfiguration  des  gesamten 
Gitters  maßgebend  sein  müssen,  d.  h.  daß  Baustein-  und 
Gittersymmetrie  von  den  gleichen  Kräften  beherrscht  werden. 

Wenn  sich  die  Elektronen  in  kugeligen  Niveauflächen 
vom  Edelgastypus  ordnen,  muß  den  einzelnen  Elementen,  die 
nicht  selbst  Edelgase  sind,  eine  Symmetrie  zukommen,  die 
einerseits  durch  die  Anordnung  der  Elektronenbahnen  in  der 
äußersten  Schale  (die  inneren  Schalen  haben  ja  alle  tesserale 
Symmetrie)  und  andrerseits  durch  die  gleichzeitige  Einwirkung 
aller  inneren  Elektronenschalen  bedingt  ist.  So  ist  z.  B.  in 
den  höheren  Perioden  kaum  eine  andere  Krystallisation  als 
die  tesserale,  allenfalls  noch  die  trigonale  bekannt  und  auch 
zu  erwarten.  Atombaue,  die  schon  50  bis  60  und  noch  mehr 
Elektronen  in  tesseraler  Anordnung  besitzen,  werden  durch 
die  Hinzufügung  einiger  weniger,  neuer  Elektronen  in  ihrer 
isotropen  (tesseralen)  Fernwirkung  kaum  wesentlich  gestört 
werden. 

Es  liegen  demnach  folgende  Eragen  vor: 

1.  Wie  sind  bei  gegebener  Zahl  der  zu  der  gleichen 
(äußersten)  »Schale«  gehörigen  Elektronen  deren  Bahnen  auf 
der  Kugelfläche  zu  verteilen  und  welche  Symmetrie  ergibt 
sich  hierbei  für  den  Atombau  selbst? 

2.  In  welchen  Fällen  zeigt  sich  zwischen  der  auf  diese 
Weise  hypothetisch  gewonnenen  Elektronenverteilung   (Atom- 


Krystallographische  Bemerkungen    zum  Atomhau.  103 

Symmetrie)  und  der  beobachteten  Krystallform  (Gittersymmetrie) 
Übereinstimmung? 

Es  mögen  darum  in  den  folgenden  Zeilen  die  nach  obigen 
Gesichtspunkten  für  die  einzelnen  Elemente  denkbaren  Elek- 
tronenverteilungen kurz  skizziert  werden,  wobei  die  Fälle,  bei 
denen  noch  Unklarheiten  und  offene  Widersprüche  zu  ver- 
zeichnen sind,  durch  Kleindruck  ausgesondert  werden. 

Hinsichtlich  der  erstaufgeworfenen  Frage  wäre  noch  eine 
allgemeine  Überlegung  vorauszuschicken.  Die  im  allgemeinen 
kreisförmigen  Elektronenbahnen  könnten  als  Groß-  oder  als 
Kleinkreise  auf  der  Kugel  ausgebildet  sein.  Bei  einer  Elek- 
tronenzahl, die  größer  als  1  ist,  muß  hierauf  unbedingt  ge- 
achtet werden.  Nun  sind  sicherlich  z.  B.  3  oder  9  Elektronen- 
bahnen als  Groß  kreise  leicht  tesseral  zu  verteilen,  da  sie  ja 
den  3  Haupt-,  beziehungsweise  9  Gesamtsymmetrieebenen  des 
tesseralen  Systems  entsprechen.  Beachtet  man  aber  die  zahl- 
reichen gegenseitigen  Durchdringungen  der  auf  der  gleichen 
Kugelfläche  eingezeichneten  Großkreise  und  versucht  man  es, 
sich  hierbei  von  der  tatsächlichen  Elektronenbewegung  ein 
Bild  zu  machen,  so  scheint  die  Bewegung  längs  dieser  sich 
vielmals  durchkreuzenden  Bahnen  doch  nicht  so  einfach  und 
ohne  gegenseitige  Störung  und  darum  auch  nicht  so  wahr- 
scheinlich, als  es  zunächst  zu  erwarten  wäre. 

Gelingt  es  hingegen,  die  Elektronenbahnen  in  der  Form 
gleich  großer  Kleinkreise  mit  vermutlich  zentralsymmetri- 
scher Anordnung  der  schwingenden  Elektronen  symmetrisch 
auf  der  Kugelfläche  zu  verteilen,  so  fällt  die  gegenseitig 
störende  Beeinflussung  der  Bewegungen  durch  die  Bahn- 
kreuzungen weg.  Tatsächlich  ist  die  von  Born  und  Lande  (4) 
angenommene  Bahnverteilung  auf  Kleinkreisen  parallel  den 
Oktaederflächen  aufgebaut. 

Bezüglich  der  Beurteilung  der  aus  der  Bahnverteilung 
resultierenden  Symmetrie  des  Atoms  lassen  sich  natürlich  die 
für  ruhende  Körper,  beziehungsweise  Gitter  ausgebildeten 
Symmetriebegriffe  nicht  ohne  weiteres  übertragen,  da  in  einem 
willkürlich  herausgerissenen  Zeitpunkte  der  Bewegung  die 
momentane  Symmetrie  scheinbar  sehr  weit  von  der  wahren 
Symmetrie    abweicht,    wie    dies    gerade    an    dem    nach    den 


104  H.  Tertsch, 

drei  Raumachsen  rhythmisch  schwingendem  Elektronenwürfel 
Born's  (4)  zutage  tritt  (vgl.  p.  94). 

Die  mathematische  Behandlung  der  Elektronenbewegung 
pflegt  bei  der  außerordentlich  großen  Geschwindigkeit  der 
Rotation  meist  so  zu  erfolgen,  als  wäre  die  Masse  gleich- 
mäßig über  die  ganze  Bahn  verteilt.  Es  gilt  also  die  ganze 
Bahn  gleichsam  als  einheitliche  Fläche  und  die  Symmetrie 
wird  in  erster  Linie  von  der  Verteilung  dieser  Bahnebenen 
abhängen.  Sie  wird  aber  auch  von  der  durch  die  Phasen- 
differenz der  Elektronen  bedingten  Bahnform  beeinflußt.  Nimmt 
man  z.  B.  an,  die  Elektronen  zweier  benachbarter  Bahnen 
hätten  eine  derartige  Phasendifferenz,  daß  sie  bei  ihrer  Be- 
wegung gerade  in  dem  Punkte  zusammentreffen  (sich  stark 
nähern),  in  dem  sich  auch  die  Bahnen  berühren  oder  be- 
rühren sollten,  so  muß  die  gegenseitige  Abstoßung  eine  Form- 
änderung der  ursprünglichen  Kreisbahn  zur  Folge  haben.  Diese 
Abänderung  der  Kreisform  läuft  natürlich  mit  einer  Herab- 
minderung der  Gesamtsymmetrie  parallel.  Möglicherweise  ist 
durch  derartige  Überlegungen  die  Polymorphie  einzelner  Ele- 
mente deutbar. 

Das  erste  Edelgas,  das  Helium,  dient  für  alle 
folgenden  Elemente  als  isotroper  Kern. 

Vom  Li  ist  keine  Krystallisation  bekannt,  wohl  aber  in 
der  nächsten  Schale  vom  Xa  und  in  der  zweitnächsten  vom  K. 
In  keinem  Falle  ist  die  Krystallsymmetrie  genau  bekannt, 
immerhin  ist  sie  bei  K  ziemlich  sicher  tetragonal,  bei  Na 
tetragonal  oder  tesseral  [Groth  (8)].  Bei  Na  und  K  ist  jeweils 
ein  einzelnes  Elektron  in  der  äußersten  Schale.  Es  ist  wohl 
zu  erwarten,  daß  dessen  Bahn  so  verläuft,  daß  keine  andere, 
innere  Elektronenbahn  dadurch  gestört  werde.  Sind  nun  für 
Xa  und  K  die  letzten  inneren  Schalen  (Ne  und  Ar)  mit 
8  Elektronen  besetzt,  die  um  die  Oktaedernormalen  kreisen, 
so  wäre  als  die  am  wenigsten  störende  Bahn  des  neuen  Elek- 
trons ein  Großkreis  parallel  einer  Würfelfläche  anzunehmen. 
Dadurch  erhält  das  Atom  eine  ausgezeichnete  vierzählige 
Achse  (D4),  was  in  der  Tat  dem  tetragonalen  System  ent- 
spräche.1 Für  Rb  und  Cs  fehlen  leider  Krystallisationsangaben. 

1   Die  Krystallsymmetrie  ist  bei  K  deutlicher  ausgesprochen  als  bei  Na. 


Krystallographische   Bemerkungen    zum  Atombau.  105 

Das  Be  hat  zwei  Elektronen  in  der  äußersten  Schale 
und  ebenso  Mg,  Ca,  Sr,  Ba.  Leider  sind  nur  Be  und  Mg 
deutlich  als  hexagonal  krystallisierend  bekannt.  Bei  Ca  be- 
schreibt Moissan  (12)  hexagonale  Täfelchen  und  auch 
Rhomboeder,  es  kann  also  auch  das  trigonale  System  vor- 
liegen. Sucht  man  auf  der  Kugelschale  für  2  Elektronen  die 
wahrscheinlichsten  Bahnen,  so  wird  man  am  einfachsten 
2  parallele  Kleinkreisbahnen  mit  zentrisch  S3'mmetrischer  Elek- 
tronenverteilung annehmen,  die  etwa  um  eine  der  Oktaeder- 
normalen der  inneren  Elektronenschale  rotieren  und  diese 
stark  hervorheben,  ohne  die  innere  Schale  zu  stören. 

Damit  ist  sicher  eine  Wirtelachse  gegeben,  die  bei  der 
ersten  Elektronenschale  (Be)  mangels  einer  darunterliegenden 
ausgesprochenen  dreizähligen  Oktaedernormalen  noch  keinen 
trigonalen  Charakter  haben  muß.  Hat  man  bloß  die  Aufgabe, 
Kreisscheiben  (doppelte,  parallele  Kreisbahnen)  möglichst  dicht 
zu  scharen,  so  ergibt  sich  eine  Bienenwabenstruktur,  also  eine 
Anordnung  in  hexagonalen  Säulen,  was  auch  für  Be  und  Mg 
zutrifft.  Für  Ca,  bei  dem  die  inneren  tesseralen  Schalen  mit 
ihren  deutlichen  D3  schon  schärfer  Einfluß  nehmen,  muß  die 
trigonale  Bedeutung  der  Wirtelachse  deutlicher  zutage  treten. 
Auch  hier  fehlen  von  den  höheren  Perioden  die  Vergleiche 
(Sr,  Ba,  Ra). 

Die  gleichmäßige  Verteilung  von  drei  Elektronenbahnen  auf  der  Kugel- 
fläche macht  Schwierigkeiten.  In  parallelen  Kreisen  dürften  sie  kaum  laufen, 
da  hier  das  äquatoriale  Elektron  anders  zu  bewerten  wäre  als  die  beiden 
anderen.  Bei  zueinander  geneigten  Bahnebenen  wäre  einerseits  an  Kleinkreis- 
bnhnen  mit  120°  gegenseitiger  Neigung  (auf  den  3  Seiten  eines  trigonalen 
Prismas)  zu  denken  oder,  weniger  wahrscheinlich,  an  Großkreise,  die  sich 
in  gleicher  Neigung  um  eine  D3  scharen,  etwa  entsprechend  der  Lage  von 
Rhomboederflächen,  aber  mit  zentralen  Bahnebenen.  Die  Lage  der  3  tesse- 
ralen Hauptsymmetrieebenen  bietet  einen  Spezialfall.  Bemerkenswert  ist,  daß 
von  allen  hierher  zu  zählenden  Elementen  (B,  AI,  Sc,  Y .  .  .)  nur  das  AI 
und   dieses  als  tesseral,    nicht  trigonal  krystallisierend  bekannt  ist  (2,    15). 

Vier  Elektronenbahnen  werden  sich  wohl  am  besten  nach 
den  4  Flächen  des  Tetraeders  ordnen  lassen,  was  eine  aus- 
gesprochen tesserale  Symmetrie  ergibt,  es  müßte  denn  sein, 
daß    alle  Elektronentetraeder  sozusagen  auf  eine  Fläche   auf- 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Alr.I.  129.  Bd.  <s 


106  H.  Tertsch, 

gestellt  werden,  was  zu  einer  trigonalen  Anordnung  führt;. 
Tatsächlich  haben  sämtliche,  mit  4  Elektronen  in  der  äußersten 
Schale  ausgestatteten  Elemente,  deren  Krystallgestalt  man  kennt, 
tesserale  Symmetrie  (C,  5/,  77,  77z).  Der  C  besitzt  außerdem 
noch  eine  trigonale  Modifikation  (erste  Periode!). 

Die  Fünfer-Schale  stellt  der  Eingliederung  in  eine  Krystallsymmetrie 
fast  unüberwindliche  Schwierigkeiten  entgegen.  Die  an  sich  nicht  wahr- 
scheinliche Verwendung  von  Großkreisbahnen  ergäbe  im  einfachsten  Falle 
die  Anordnung  nach  den  5  Symmetrieebenen  des  tetragonalen  Systems, 
welches  aber  bei  keinem  Element  mit  Fünfer-Schale  auftritt.  1 

Wählt  man  Kleinkreisbahnen,  so  kann  man  diese  nach  den  Mantel- 
und  Basisflächen  eines  trigonalen  Prismas  anordnen,  was  im  besten  Falle 
(geeignete  Phasendifferenz  der  rotierenden  Elektronen)  zur  trigonalen  Sym- 
metrie führt,  keinesfalls  aber  zu  der  für  P  und  für  V  angegebenen  tesse- 
ralen  Symmetrie. 

Nimmt  man  für  die  Fünfer-Schale  dagegen  eine  einfache  Wirtelachse  an. 
dann  könnte  unter  Zuhilfenahme  der  Ableitungen  von  Schönflies  (16)  und 
Niggli  (13)  das  tesserale  Gitter  dadurch  aufgebaut  werden,  daß  die  Wirtel- 
achsen in  den  4  Raumlagen  der  D3  gesetzmäßig  verwendet  werden.2  Jeden- 
falls ist  aber  dabei  nicht  einzusehen,  warum  die  tesserale  Modifikation  dann 
gerade  die  Hauptbedeutung  besitzt. 

Interessant  ist  die  Verteilungsmöglichkeit  für  sechs  Elek- 
tronenbahnen (0,  S,  Cr,  Mo,  Nd,  U).  Für  0,  Mo  und  Nd  ist 
keine  Krystallisation  bekannt.  Cr  und  U  besitzen  tesserale 
Formen,  5  ist  das,  bekannteste  Beispiel  der  nichttesseralen 
Polymorphie.  Am  nächstliegenden  ist  die  Annahme  der  Elek- 
tronenbahnen in  den  Ebenen  eines  Würfels.  Bei  Cr  und  U 
verteilen  sich  die  6  Elektronen  nach  unserer  Vorstellung  von 
dem  Zusammenhange  der  Kugelschalen,  beziehungsweise  der 
chemischen  Perioden  untereinander  so  um  die  Würfelnormalen 
(»Lücken«  der  inneren  Schale),  daß  hier  2  Schalen  in  gleicher 
Weise  in  streng  tesseraler  Symmetrie  zusammenwirken,  was- 
auch  im  Krystallbau  zum  Ausdruck  kommt. 


1  Die  Angaben  über  eine  tetragonale  P-Modifikation  sind  mehr  als  frag- 
lich [Groth  (8)].  Dagegen  ist  eine  monokline  Modifikation,  die  sich  durch 
entsprechende  Phasendifferenz  der  Elektronen  aus  obiger  Anordnung  ableiten 
ließe,  bekannt  [Stock  (17)]. 

2  Die  tesserale  Symmetrie  ist  allerdings  die  einzige,  die  pseudopenta-- 
gonale  Achsen  besitzt.  Vgl.  die  Nachahmung  der  geometrisch  regulären. 
Körper:  Pentagondodekaeder  und  Ikosaeder  im  tesseralen  System. 


Krystallographische   Bemerkungen  zum  Atombau.  10 1 

Anders  bei  S,  bei  dem  die  Wirkung  der  Achter-Schale  der  vorher- 
gehenden Periode  noch  schwach  ist.  Hier  ist  keine  tesserale  Modifikation 
bekannt. 

Es  ist  leicht,  die  Phasendifferenz  der  schwingenden  Elektronen  so  zu 
wählen,  daß  sie  in  ihrer  Bewegung  den  Anforderungen  einer  dreizähligen 
Raumachse  (Z>3)  des  von  den  6  Bahnebenen  gebildeten  Würfels  (beziehungs- 
weise Quaders)  genügen.  Das  entspricht  dem  trigonalen  System  und  tatsäch- 
lich ist  auch  eine,  allerdings  instabile,  trigonale  ^-Modifikation  bekannt. 

Ebenso  leicht  kann  man  die  Phasendifferenz  der  Elektronen  so  wählen, 
daß  bei  gegenseitiger  Annäherung  der  Elektronen  zweier  benachbarter  Bahnen 
ein  drittes  Elektron  genau  in  die  zwischen  den  ersten  verlaufende  Symmetrie- 
ebene eintritt  und  die  Bahnebenen  ihre  Form  entsprechend  ändern,  was  zur 
monoklinen  Symmetrie  führt,  für  die  der  5  sogar  mehrere  Modifikationen 
aufweist. 

Für  die  stabile  rhombische  Form  läßt  sich  dagegen  derzeit  keine 
so  einfache,  leicht  verständliche  Anordnung  angeben,  wie  überhaupt  die 
Frage  der  Bahnformen  bei  verschieden  gewählter  Phasendifferenz  der  schwin- 
genden Elektronen  und  die  daraus  entspringenden  Folgerungen  noch  völlig 
ungeklärt  sind. 

Die  systematische,  röntgenologische  Untersuchung  der  .S'-Modifikationen 
wäre  eine  der  dringendsten  und  nächstliegenden  Aufgaben. 

Sieben  Elektronen  finden  sich  in  der  äußersten  Schale  bei  F,  Cl,  Mir. 
N  43,  N  61.  In  keinem  Falle  ist  eine  Krystallisation  bekannt.  Es  scheint, 
als  wäre  gerade  die  Zahl  7  ganz  besonders  ungünstig  für  eine  krystall- 
symmetrische  Anordnung.  Zum  mindesten  lassen  sich  keine  wahrscheinlichen 
Bahnanordnungen  angeben. 

Mit  acht  Elektronen  erreicht  man  in  den  beiden  kleinen 
Perioden  den  in  sich  geschlossenen  Edelgas typus  (Ne,  Ar); 
anders  aber  bei  den  folgenden  Perioden  (Fe,  Ru,  Sm).  Selbst- 
verständlich ordnen  sich  auch  hier  die  Elektronenbahnen  nach 
den  Oktaederflächen  und  liefern  eine  ausgesprochen  tesserale 
S3'mmetrie,  was  auch  bei  Fe  und  Ru  zutrifft. 

Nach  unseren  früheren  Bemerkungen  (p.  98  ff.)  sind  aber 
für  die  großen  Perioden  die  Oktaedernormalen  nicht  mehr  die 
günstigsten  Bahnzentren  bei  diesen  schon  relativ  großen  Elek- 
tronenschalen. Wahrscheinlicher  und  stabiler  wäre  die  Kom- 
bination: Würfel  +  Rhombendodekaeder,  also  18  Elektronen. 
Diese  geringe  Stabilität  der  für  die  kleinen  Perioden  sonst 
bevorzugten  Achter-Schale  bringt  es  mit  sich,  daß  auch  diese 
Elemente  chemisch  deutlich  aktiv  wirken.  Stellt  man  sich 
in  grober    bildlicher  Art  vor,    daß    die  neuen  Elektronen  sich 


108  H.  Tertsch, 

vor  allem  über  den  -Hauptlücken-  (Würfelnormalen!)  der 
inneren  Schale  anordnen,  so  ergibt  sich  ein  Überfluß  von 
2  Elektronen,  die  leicht  abgebbar  wären,  d.  h.  diese  Ele- 
mente müssen  sich  so  verhalten,  als  wären  sie  zwei- 
wertig positiv  und  müssen  demnach  zu  negativ  zweiwertigen 
Elementen,  wie  z.  B.  O,  eine  große  Affinität  zeigen.  All  dieses 
trifft  für  Fe  tatsächlich  zu,  wodurch  die  Ansicht  über  die 
Elektronenverteilung  der  höheren  Perioden  eine  wesentliche 
Stütze  erfährt. 

Weniger  verständlich  liegen  die  Verhältnisse  bei  den  dem  Fe  (und  Ru) 
so  nahestehenden  Elementen  Co  (und  Rh)  mit  9,  beziehungsweise  Ni  (und  PJ) 
mit    10  Elektronen   in   der  äußersten   Schale. 

Die  Neuner-Schale  wäre  leicht  streng  tesseral  aufzubauen,  wenn  die 
Verwendung  von  Großkreisen  mehr  Wahrscheinlichkeit  in  sich  schloße  (vgl. 
p.  103).  Mit  Kleinkreisen  allein  oder  mit  Klein-  und  Großkreisen  gemeinsam 
läßt  sich  aber  ebensowenig  eine  plausible  tesserale  Hahnverteilung  angeben. 
Dazu  kommt  noch,  daß  es  nicht  gelingen  will,  die  unverkennbare  ehemische 
Ähnlichkeit  zwischen  Fe,  Co  und  A7  durch  defi  Atombau  verständlich  zu 
machen. 

Die  Verteilung  von  zehn  Elektronen  ist  wieder  inter- 
essant. Neben  den  6  »Lücken  in  den  Würfelnormalen  sind 
noch  kleinere  Lücken  in  den  Rhombendodekaedernormalen. 
Legt  man  nun  durch  je  3  einer  Würfelecke  benachbarte 
1 10 -Vertiefungen  der  inneren  Schale  eine  Elektronenbahn,  so 
erhält  man  die  gewünschte  Zahl  10  (6  Würfel-  und  4  Tetra- 
ederbahnen). Diese  Verteilung  dürfte  in  der  Stabilität  der 
Oktaederverteilung  von  8  Elektronen  in  den  großen  Perioden 
gleichkommen,  weshalb  ganz  leicht  ein  Abspalten  von  2  Elek- 
tronen (10  —  2  =  8)  möglich  ist,  was  einem  positiv  zwei- 
wertigen Element  entspricht  (A7,  siehe  auch  Pd). 

Elf  Elektronen  besitzen  die  chemisch  einwertigen  Elemente  Cu  und  Ag, 
was  darauf  hinzudeuten  scheint,  daß  die  relativ  stabile  10-Gruppe  (6  +  ls.  ö.) 
in  der  Elektronenanordnung  eine  Rolle  spielt.  Gruppiert  man  aber  (6  -+-  4)  -+-  1 . 
so  ist  eine  tesserale  Atomsymmetric  nicht  mehr  denkbar,  sondern  nur  eine 
■Wirt  ei  Symmetrie.  Merkwürdigerweise  führt  die  Elektronenanordnung  bei  Au 
(vgl.  p.  109)  zu  der  gleichen  Wirtelsymmetrie,  wie  ja  auch  das  chemische 
Verhalten  viele  Ähnlichkeiten  mit  Cu   und   Ag  aufweist. 

Gleichwohl  ist  die  tesserale  Krystallgestalt  für  alle  diese  Elemente  die 
einzig  bekannte  und  ließe  sich  nur  mit  den  Schön  fli  es 'sehen  Baugruppen 
aus  den  Wirtelatomen   aufbauen   (vgl.   p.  106). 


Krystallographische  Bemerkungen   zum  Atombau.  1U9 

Die  Gruppierung  8-1-3  (Oktaeder  -t~  Ilauptsymmetrieobenen)  ist  trotz 
ihrer  tesseralen  Symmetrie  physikalisch  und  auch  wegen  des  Mangels  einer 
Beziehung  zu  Au  weniger  wahrscheinlich. 

Die  Zwölfer- Schale  {Zu,  Cd,  Dy)  würde  zunächst  auf 
eine  Ausnutzung  der  Rhombendodekaederlüeken  hinzudeuten 
seheinen,  doch  blieben  dabei  die  viel  wirkungsvolleren  Würfel- 
normalen ganz  unberührt,  was  augenscheinlich  zu  keinem 
stabilen  Gleichgewichtszustand  führt.  Geht  man  aber  von  den 
Würfelnormalen  aus,  dann  lassen  sich  damit  nur  noch  6  Okta- 
edernormale kombinieren,  wogegen  2  diametral  gelegene  un- 
besetzt bleiben.  Versucht  man  auf  der  Kugelschale  eine  dem- 
entsprechende  Bahnverteilung,  so  erhält  man  2  Sechserringe, 
die  sich  um  eine  tesserale  Körperdiagonale  scharen,  wodurch 
der  hexagonale  Typus  wahrscheinlich  wird,  wie  dies  tat- 
sächlich bei  Zn  und   Cd  zutrifft. 

Mit  dreizehn  Elektronen  wäre  die  Gruppierung  12  +  1 
(Rhombendodekaeder  -f-  1  Würfelfläche)  oder  8  +  5  (Oktaeder  + 
5  Würfelflächen)  möglich,  wodurch  man  in  beiden  Fällen  zu 
tetragonaler  Symmetrie  kommt,  die  auch  bei  Ga  angegeben 
wird. 

Die,  allerdings  fragliche,  tesserale  Vollt'orm  des  In  ist  dagegen  auf 
diesem  Wege  nicht  zu  deuten,  will  man  nicht  den  schon  mehrfach  vor- 
geschlagenen Ausweg  des  Aufbaues  eines  tesseralen  Gitters  aus  Wirtel- 
atomen beschreiten. 

Die  vierzehn  Elektronenbahnen  bei  Ge,  Su  und  Er 
lassen  sich  leicht  tesseral  in  der  Kombination  8  +  6  (Oktaeder  + 
Würfel)  verteilen,  wie  dies  wohl  für  Ge  zutrifft. 

Bei  Sn  ist  allerdings  keine  tesserale  Modifikation  angegeben,  wenn  nicht 
das  unter  20°  stabile  >graue  Zinn«  dazugehört.  Wählt  man  die  Kombinatiun : 
12  Rhombendodekaederflachen  -(-  2  parallele  Würfelflächen,  so  liefert  dies 
eine  tetragonale  Form,  wie  dies  dem  gewöhnlichen  Zinn  entspricht. 

Es  wird  ganz  von  der  Phasendifferenz  der  einzelnen  Elektronen  ab- 
hängen,  ob  statt  der  tetragonalen  eine   rhombische   Symmetrie   entsteht. 

Fünfzehn  Elektronenbahnen  folgen  am  einfachsten  der 
Kombination  12  +  3,  wobei  die  3  Elektronenbahnen  nach  3  in 
einer  Ecke  zusammenstoßenden  Würfelebenen  angeordnet  sein 
können,   was  eine  ausgesprochen    trigonale  Symmetrie   gibt. 


1  10  H.  Tertsch, 

wie  sie  tatsächlich  dem  As  und  5/'  entspricht,  deren  positive 
5 -Wertigkeit  (negativ  3-wertig)  übrigens  auf  den  merkwürdig 
stabilen  10 -Typus  zurückführt,  der  durch  Ni  und  Pd  reprä- 
sentiert wird.1  Andrerseits  ist  die  Aufnahme  von  3  weiteren 
Elektronen  (negativ  3-wertig)  nach  den  restlichen  Würfel- 
flächen sehr  verständlich. 

Denkt  man  sich  die  3  Würfelhahnen  zentral  als  Groß- 
kreise geführt,  so  gäbe  dies  eine  tesserale  Anordnung,  die 
allerdings  nicht  wahrscheinlich  ist.  Bei  As  ist  eine  tesserale 
Modifikation  bekannt. 

Bei  sechzehn  Elektronen  würde  man  die  Anordnung  12 -(-4  erwarten, 
die  entweder  tesseral  oder  mindestens  tetragonal  sein  könnte,  wenn  man 
4  Bahnebenen  in  4  Würfelflächen  legt.  Sowohl  bei  Se  wie  auch  bei  Te  ist 
aber  das  trigonale  System  angegeben.  Sollte  man  an  die  Kombination: 
12-4-3  Würfelebenen  -+-  1  der  besetzten  Würfelecke  gegenüberliegende  Okta- 
ederebene denken  ?  Das  wäre  allerdings  eine  polar-trigonale  Anordnung. 

Noch  weniger  verständlich  liegen  die  Bedingungen  bei  der  Sieb  zehn  er- 
Schals. Sowohl  für  Br  wie  für  /  (für  letzteres  sicher)  wird  rhombische 
Symmetrie  angegeben.  Die  Kombination  1 2  +  5  Würfelebenen  führt  zu  tetra- 
gonaler  Anordnung.  Allerdings  wäre  nicht  ausgeschlossen,  daß  durch  eine 
entsprechende  Ausgangslage  der  schwingenden  Elektronen  eine  Herabsetzung 
der  Symmetrie  der  Wirtelatome  zustande  kommt. 

Die  Achtzehner-Schale  ist  wieder  ein  ausgesprochener 
Edelgastypus  für  Kr  und  X. 

In  der  fünften  Periode  gehen  nun  die  symmetrischen  Ver- 
teilungen der  Elektronen  weiter  bis  auf  32,  also  24  +  8  nach 
der  früheren  Auseinandersetzung  (p.  99). 

Bemerkenswert  ist,  daß  bis  auf  Bi  nur  tesserale  Haupt- 
modifikationen bekannt  sind,  demnach  die  äußerste  Schale 
offenkundig  nur  mehr  sehr  geringen  oder  gar  keinen  Einfluß 
auf  die  Symmetrie  des  Atoms  nimmt. 

Bekannt  sind:  das  tesserale  W  mit  20  =  12  +  8  Elek- 
tronen, das  tesserale  Os  mit  22  =  12  +  6  +  4,  das  tesserale  Ir 
mit  23  =  12  +  8  +  3  und  Pd  mit  24  Elektronen.  Os,  Ir,  Pd 
haben  auch  trigonale  Modifikationen,  die  sich  ganz  gut  als 
entartete  tesserale  Formen  deuten  lassen. 


1  Auch  bei  Sn  (p.  109)  liefert  die  positive  4-Wertigkeit  (neg.  4-wertig) 
die  Möglichkeit,  4  Elektronen  abzuspalten,  was  wiederum  zum  Ni  -Typus 
führt,  der  eine  Art  Nebentypus  der  Edelgasformen  vorzustellen  scheint. 


Krystallographische  Bemerkungen   zum  Atombau. 

Die  25  Elektronenbuhnen  des  Au  sind  wieder  ziemlich  unverständlich, 
wenn  man  bedenkt,  daß  Au  nur  in  tesseraler  Modifikation  bekannt  ist  und 
.auch  ziemlich  leicht  krystallisiert.  Au  ist  positiv  1- wertig,  was  auf  die 
.Grundanlage  24  -+- 1  hinzudeuten  scheint.1  Das  würde,  ähnlich  wie  bei  Cn 
und  Ag  [(6  -1-4)  -f-1]  mit  einem  Wirtelbau  des  Atoms  vereinbar  sein  und 
das  Gitter  müßte  wieder  nach  den  Prinzipien  von  Schön  flies  aus  solchen 
Wirtelatomen  aufgebaut  werden. 

Nach  ähnlicher  Überlegung  müßte  dem  Hg  die  Anordnung  24  -h  2  =  26 
zugeschrieben  werden,  was  zu  einem  tetragonalen,  also  wirteligen  Bau  führt. 
Auch  hier  wäre  das  Gitter  wie  bei  Au  aus  Wirtelatomen  aufbaubar  (leichte 
Legierung  mit  Aul,  Amalgam). 

Das  Pb  mit  28  =  24  +  4  Elektronenbahnen  entspricht 
genau  der  tatsächlichen  tesseralen  Symmetrie.  Die  seinerzeit 
behauptete  Allotropie  ist  nach  Cohen,  Inouye  (6)  nicht  vor- 
handen. 

Dagegen  ist  die  ausgesprochen  trigonale  Symmetrie  des  Bi  mit 
29  Elektronen  nicht  ohne  weiteres  erklärlich,  besonders  nicht  die  große 
chemische  Ähnlichkeit  mit  As  und  Sb.  Es  läßt  sich  mit  24  -h  5  (Oktaeder- 
flachen)  ganz  gut  eine  trigonale  Anordnung  bauen,  die  auch  chemisch  negativ 
3-wertigen  Charakter  hat.  doch  ist  damit  keine  Annäherung  oder  Analogie  zu 
.  dem  Verhalten  von  As  und  Sb  zu  erreichen. 

In  der  nachstehenden  Übersicht  der  bisherigen  Ergeb- 
nisse ist  zu  erkennen,  daß  ein  faßbarer  Zusammenhang 
zwischen  Atomsymmetrie  und  Krystallform  in  der  Tat  be- 
stehen und  bei  den  Elementen  auch  deutlich  zum  Ausdruck 
kommen  muß.  Von  den  43  krystallographisch  bekannten 
Elementen  bestätigen  23,  also  mehr  als  die  Hälfte,  ohne 
Zwang  diese  Anschauung.  Bei  4  Elementen  läßt  sich  unter 
Vorbehalt  noch  eine  passende  Elektronenanordnung  angeben, 
für  16  Elemente,  also  etwas  mehr  als  ein  Drittel  der  bekannten 
Formen,    ist    dagegen    ohne    stark    hypothetischen    Einschlag 


1  Cu,  Ag,  An  und  AI  kristallisieren  tesseral  mit  flächenzentrierten 
Würfelgittern  (5,  7,  18).  Dabei  besteht  aber  nur  volle  Mischbarkeit  zwischen 
Cu  und  Au  wie  auch  Au  und  Ag,  nicht  aber  zwischen  Au  und  AI,  was  bei 
der  bis  ins  Detail  übereinstimmenden  Gitterkonstruktion  (a  =  4-07  X  10-8  cm 
in  beiden  Fällen)  ganz  unverständlich  wäre,  wenn  nicht  der  Atombau 
selbst  hier  mitspielte.  AI  kann  mit  einem  Kugelatom  gedeutet  werden. 
■Cu,  Ag  und  Au  scheinen  besser  als  Wirtelatome  erfaßbar.  Dieser  Unter- 
schied muß  unbedingt  in  der  Mischbarkeit  zum  Ausdruck  kommen. 


112 


H.  Tcrtseh, 


Tabelle     der    bisherigen    Ergebnisse     bezüglich     des 

Atombaues. 


Elek- 

tronen- 

zahl   der 

äußeren 

Schale 


Übereinstimmung  zwischen 

angenommener  Elektronenverteilung 

und  wahrer  Krystallsymmetrie 


Gut 


Zweifelhaft 


Schlecht 

oder  gar 

nicht 


Keine  Krystallform 
bekannt 


8 
9 

10 

11 
12 
13 
14 
15 


16 

17 


19 

20 


21 
22 
23 
24 


26 
27 
28 
29 
30 


31 
32 

Summe 


Na,  K 
Bc,  Mg,  Ca 

C,  Si,  Ti,  Th 


Cr,  U 
Fe,  Rh 
Ni,  Pd 


Zn,  Cd 
Ga 
Ge 


W 


Os 
Fi 


Pb 


23 


Su 
As,  Sb 


Ir 


AI 

P,  V 


Li,  Rb,  Cs 

Sr,  Ba,  Ra 

B,  Sc,  Y,  La 

Zr,  Cc 
Ar,  Nb,  Bv,   Pr 


S 


Co,  Rh 


0,  Mo,  Nd 
F,  Cl,  Mn,  N  43,  N  61 

Ne,  Ar,  Sm 
Eu 
Gd 


Ott,  Ag 


In 


Tb 
Dy 
Ho 
Er 
Tu  I 


Si,  Te 

Br,  J 


Ad 

Gp 

Kr,  X 

Ta 


X   75 


An 


H? 


Bi 


Tl 


Po 


16 


N  85 
Em 

(49) 


Krystallographische   Bemerkungen    zum  Atombau.  llo 

derzeit  noch  keine  befriedigende  Lösung  der  Frage  um  den 
Zusammenhang  von  Atom-  und  Krystallbau  gelungen. 

Eine  Überprüfung  der  Liste  läßt  erkennen,  wie  viele  offene 
Fragen  noch  vorliegen,  für  wie  viele  Elemente  vor  allem,  von 
den  Edelgasen  abgesehen,  noch  nicht  einmal  die  Krystall- 
gestalt  bekannt  ist.  Die  röntgenologische  Durchforschung  der 
Materie,  und  hier  vor  allem  die  Methode  von  Debye-Scherrer, 
ist  ganz  besonders  geeignet,  auch  im  Falle  sehr  ungünstiger 
Krystallisation,  wenn  nur  überhaupt  ein  krystallines  Pulver 
vorliegt,  das  Krystallsystem  gleichzeitig  mit  der  Struktur  auf- 
zudecken. Ist  auch  die  mathematische  Auswertung  der  Debye- 
Resultate  besonders  bei  nicht-tesseralen  Körpern  sehr  schwierig 
und  umständlich,  so  ist  doch  bei  den  Elementen  der  gewaltige 
Vorteil  nicht  zu  unterschätzen,  daß  nur  einerlei  Art  von 
Atomen  für  die  Lösung  des  Strukturproblems  zu  berück- 
sichtigen ist. 

Jedenfalls  ist  heute  schon  klar,  daß  die  geheimnisvolle 
»Kohäsionskraft«  der  bisherigen  Krystallphysik  und  Krystall- 
chemie  restlos  durch  elektrische,  rechnerisch  erfaßbare  Kräfte 
ersetzt  werden  muß  [vgl.  Born  (5)]  und  daß  physikalische 
und  chemische  Überlegungen  übereinstimmend  mit  den  Forde- 
rungen und  Erfahrungen  der  Krystallographie  zu  einer  räum- 
lichen Verteilung  der  nach  den  chemischen  Perioden  zu 
gruppierenden  Elektronen  führen. 


114      H.  Tertsch,   Krystallographische  Bemerkungen  zum  Atombau. 


Literatur. 

(1)  Ab  egg,  Zschr.  f.  anorg.  Ch.,  50,  p.  310  (1906). 

(2)  Behrens,   Mikroskop.  Gefüge  der  Metalle  u.  Legierungen,    1894  (p.  54). 

(3)  Bohr,  Phil.  Mag.,  26,  p.  857   (1913);  27  (1914),  und  30  (1915). 

(4)  Born  und  Lande:  Sitzber.  d.  preuß.  Akad.  d.  Wiss.,   1918,  p.  1048. 

Verh.  d.  Deutsch,  phys.  Ges.,  20,  p.  202  (1918). 
—      Die  Naturwissenschaften,  Jahrg.  1919,  Heft  9. 

(5)  Bragg,  Phil.  Mag..  28,  p.  355  (1914). 

(6)  Cohen,  Inouye,  Zschr.  f.  phys.  Ch.,    74,  p.  202  (1910). 

(7)  Debye   und    Scherrer.    Nachr.   d.   kgl.  Ges.   d.  Wiss.   Göttingen,    19 18j 

p.  101. 

Phys.  Zschr.,   19,  p.  23  u.  474  (1918). 

(8)  Groth  P.  v.,  Chemische  Krystallographie  (1.  Bd..  Elemente  usw.). 

(9)  Johnsen  A.,   Fortschr.   d.   Min.,   Kryst.   u.  Petrogr.,  5.  Bd.,  p.  17   (117!), 

1916. 

(10)  Kossei  W.,  Ann.  d.  Phys.,  49,  p.  229  (1916). 

Die  Naturwissenschaften,   7,  p.  339  (1919). 

(11)  Meyer  Stef.,   Physik.  Zschr.,  19,  P.  179  (1918). 

(12)  Moissan,  Compt.  rend.,  127,  p.  585  (1918). 

(13)  Niggli,   Geometrische  Krystallographie  d.  Diskontinuums,   2.  Bd.,   Berlin. 

Bornträger,    1917—1919. 

(14)  Rinne,   Zentralbl.  f.  Min.  etc.,    1919,    161. 

(15)  Scherrer,  Physik.  Zschr.,  19,  p.  23  (1918). 

(16)  Schönflies,  Krystallsysteme  u.  Krystallstruktur,  Leipzig,  Teubner,  1891. 

(17)  Stock,   Ber.  d.  ehem.  Ges.,  41,  p.  250,  764  (1908). 
<18)  Vegard,  Phil.  Mag.,  31,  p.  83  (1916);  32,  p.  65  (1916). 
(19)  Voigt  W.,  Physik.  Zschr.,   19,  p.  237  (1918). 


115 


Über  das  Vorkommen  von  Gipskrystallen 
bei  den  Tamaricaceae 

Von 

Hermann  Brunswik 

Aus  dem  Pflanzenphysiologischen  Institut  der  Universität  in  Wien 
Nr.  135  der  zweiten  Folge 

(Mit  1  Tafel  und   1  Textfigur) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  18.  März  1920) 

Im  Jahre  1887  beschrieb  Volkens1  für  einige  Tamarica- 
ceenarten  (Reaumuria  liirtella  Jaub.  et  Sp.,  Tamarix  arti- 
culata  Vahl.,  T.  manuifera  Bunge,  T.  tetragyna  Ehrb.)  das 
regelmäßige  Vorkommen  von  epidermalen  Drüsen,  die  ein 
Gemisch  von  hygroskopischen  Salzen  (Chlornatrium,  Magne- 
sium- und  Calciumverbindungen)  sezernieren.  Diese  Drüsen 
sind  wahrscheinlich  eine  anatomische  Anpassung  an  die  xero- 
phytische  Lebensweise,  denn  die  Tamaricaceae  zählen  zu  den 
Charakterpflanzen  der  Steppen-  und  Wüstenflora.  Eine  zu- 
sammenfassende Beschreibung  des  Baues  dieser  Drüsen,  ihrer 
Entwicklungsgeschichte  und  des  Sekretionsmechanismus  gab 
Brunn  er-  in  seinen  Beiträgen  zur  vergleichenden  Anatomie 
der  Tamaricaceen. 

Die  physiologische  Bedeutung  der  so  ausgeschiedenen 
Salzkrusten  ist  freilich  noch  umstritten.  Während  ihnen 
Volkens1  und  Brunner2  die  Fähigkeit  zuschreiben,  Wasser 


1  G.  Volkens,   Die  Flora  der  ägyptisch-arabischen  Wüste,   1887.  p.  27 
und    106. 

2  C.   Brunn  er,    Beiträge    zur   vergleichenden  Anatomie    der   Tamarica- 
ceen. Mit.  Botan.  Staatsinst.  Hamburg.   1909.  p.  89  —  162. 


1  16  H.  Brunswik, 

aus  der  Atmosphäre  anzusaugen  und  der  Pflanze  zu  über- 
mitteln, deutet  sie  Marloth1  als  Transpirationsschutz.  In 
jüngerer  Zeit  betonen  Stahl-'  und  Haberlandt,3  daß  die 
Pflanzen  sich  dadurch  nur  des  die  Assimilation  und  das 
Wachstum  beeinträchtigenden  Salzüberschusses  entledigen. 

Doch  auch  bei  in  unseren  Breiten  kultivierten  Tamarix- 
Arten  (T.  letrauJra  L.,  T.  gallica  L.  und  T.  octandvd)  können 
unter  Umständen  Krusten  von  ausgeschiedenem  Kalkcarbonat 
auftreten;  so  beobachtete  Molisch4  nach  langem  Ausbleiben 
von  Regen  einen  solchen  Fall  am  Laurenziberg  in  Prag. 

Jedenfalls  enthalten  die  Tamaricaceae  reichlich  anorga- 
nische Kalksalze  im  Zellsaft  gelöst.  —  Über  krystallisierte 
Exkrete  in  den  Pflanzen  selbst  finden  sich  nur  wenige  und 
widersprechende  Angaben.  F.  Niedenzu  unterscheidet  bei 
Bearbeitung  der  Tamaricaceae  in  Engler-Prantl's  Natür- 
lichen Pflanzenfamilien5  die  Arten  Reaumuria,  Hololaclme, 
Tamarix  und  Myricaria  als  krystallführend,  von  Fouquiera* 
der  er  -  -  mit  Unrecht  -  -  den  Besitz  von  Krystalldrusen  im 
Gewebe  abspricht. 

Solereder7  hingegen  gibt  an,  daß  »oxalsaurer  Kalk  in 
Form  von  Drusen  oder  selten  von  Einzelkry stallen«  bei  Tamarix, 
Reaumuria  und  Fouquiera  vorhanden  sei,  während  bei  Holo- 
laclme und  Myricaria  »keine  Krystalle  zur  Beobachtung  ge- 
langten«. 


i  R.  Marloth,  Ber.  der  Deutsch.  Bot.  Ges.,  1887,  Bd.  V,  p.  321.  Hierbei 
eine  Analyse  der  Salzausscheidung  bei  T.  articulata  mitgeteilt:  Ca  Cl2  51*9, 
MgS04  12-0.  MgCl2  4-7,  MgHPOj  3-2,  Na  Cl  5-5,  Na  NO:5  17-2,  Na2C03 
3"*%- 

S  E.  Stahl.  Bot.  Zeitung,  1894,  Heft  VI  i- VII;  Bot.  Zeitung  (Flora), 
13.  Bd.  (Neue  Folge),  Zur  Physiologie   Lind  Biologie  der  Exkrete,  p.  30. 

3  G.  Haberlandt,  Physiol.  Pflanzenanatomie,  4.  Aufl.,  p.  454. 

1  Nach  einer  mündlichen  Mitteilung  von  Hofrat  Prof.  Dr.  Molisch.  Vgl. 
auch  H.  Molisch,  Mikrochemie  der  Pflanze,   1913,  p.  48. 

5  Engler-Prantl,  Natürliche  Pflanzenfamilien,  III,  6   u.  6  a,  p.  289. 

,;  Auf  die  in  neuerer  Zeit  erfolgte  Abtrennung  von  Fouquiera  .als  eigene 
Familie  soll  erst  später  eingegangen  werden. 

"  H.  Solereder,  System.  Anatomie  der  Dicotyledonen,  1899,  p.  129  — 132; 
Nachtrag,    1908,  p   *J8— 39. 


Vorkommen  von  Gipskiystallen  bei  den  Tamaricaceae.  H< 

Auch  Brunn  er,1  dessen  vergleichende  Untersuchungen 
sich  hauptsächlich  auf  Stamm  und  Samenanlage  der  Tamari- 
caceae beziehen,  spricht  von  oxalsaurem  Kalk,  der  regelmäßig 
bei  allen  Tiimcirix- Arten,  gelegentlich  bei  Myricaria  und  Reau- 
muria   anzutreffen   ist. 

Wie  von  mehrfacher  Seite  schon  betont  wurde,  wird  bei 
der  Diagnose  »Kalkoxalat«  oft  etwas  oberflächlich  vorgegangen. 
So  auch  im  vorliegenden  Falle.  Schon  ein  kurzes  Verweilen 
der  krystallführenden  Schnitte  von  Tu marix- Arten  in  Wasser, 
ja  selbst  in  verdünntem  Glyzerin  zeigt  nach  meinen  Beob- 
achtungen, daß  die  zahlreichen  Kry stalle  wasserlöslich,  also 
sicher  kein  Kalkoxalat  sind.  Schwieriger  gestaltete  sich  die 
positive  Beantwortung  der  Frage  nach  ihrer  Natur.  Hiezu 
war  eine  genaue  Untersuchung  ihres  chemischen  Verhaltens 
unerläßlich. 

I.  Chemisches  Verhalten  der  Krystalle. 

Als  Untersuchungsmaterial  wurden  frische  Stengel  und 
Blätter  von  Tamarix  tetrandra  L.  und  T.  gallica  L.  benutzt, 
Arten,  die  sowohl  im  Botanischen  Garten  der  Universität 
Wien  als  auch  in  vielen  öffentlichen  Gärten  dieser  Stadt 
kultiviert  werden.  Nur  in  zweiter  Linie  wurde  Herbarmaterial 
(aus  dem  Hofmuseum  Wien)  herangezogen. 

1.  Löslichkeit. 

Als  charakteristisches  Merkmal  der  Krystalle  wurde  be- 
reits ihre  Wasserlöslichkeit  hervorgehoben. 

Sobald  die  krystallhältigen  Schnitte  mit  dem  Wasser  in 
Berührung  kommen,  verlieren  die  normalerweise  stark  licht- 
brechenden, bläulich  schimmernden  Drusen  und  Einzelkrystalle 
fast  momentan  diese  Eigenschaften,  so  daß  sie  bald  grau- 
schwärzlich und  stark  angegriffen  erscheinen.  In  20  Minuten  - 
bei  nicht  zu  dicken  Schnitten  unter  dem  Deckglas  —  ver- 
schwinden die  letzten  Krümmein  restlos. 


i  C.  Brunner,  1.  c,  p.  94 — 95. 


118  H.  Brunswik, 

Die  Krystalle  lösen  sich  also  schon  in  kaltem  Wasser; 
diesem  Umstände  ist  es  zuzuschreiben,  daß  sie  in  ver- 
dünntem Glyzerin  schon  nach  mehreren  Stunden  gelöst  sind, 
ja  daß  sie  sich  in  konzentriertem  Glyzerin  nur  wenige 
Tage  halten.  Ebenso  kann  auch  Glyzeringelatine  die  Krystalle 
nur  einige  Wochen  konservieren. 

Unlöslich  sind  die  Krystalle  in  absolutem  Alkohol, 
Xylol,  Äther  und  Chloroform.  Als  Einbettung  für  die 
Schnitte  wurden  daher  Damarharz  und  Kanadabalsam  ver- 
wendet. 

In  konzentrierter  HCl,  HN03,  H2S04  sind  die  Krystalle 
ohne  Fällung  und  ohne  Aufbrausen  löslich,  wenn  auch 
durchwegs  langsamer  als  in  destilliertem  Wasser  unter  sonst 
gleichen  Bedingungen  (in  konzentrierter  HCl  z.  B.  in  zirka 
30  Minuten);  in  Eisessig  unlöslich.  In  gesättigter  Oxal- 
säure sind  sie  scheinbar  auch  unlöslich;  doch  zeigt  ein  Über- 
tragen der  Schnitte  darauf  in  Wasser,  daß  sie  nun  auch 
wasserunlöslich  geworden  sind,  daß  sie  sich  also  mit  Oxal- 
säure chemisch  umgesetzt  haben  (siehe  Ca-Nachweis). 

Alkali  wie  NH3,  Na  OH,  KOH  lösen  sie;  auf  die  sekun- 
däre Fällung  typischer  Krystalle  mit  konzentrierter  Kalilauge 
soll  erst  beim  Nachweis  des  Kations  näher  eingegangen 
werden. 

2.  Reindarstellung  der  Krystallsubstanz. 

Zusammenfassend  können  zwei  Eigenschaften  als  für  die 
Substanz  charakterisierend  aufgestellt  werden:  völlige  Un- 
löslichkeit in  Eisessig  bei  gleichzeitiger  guter  Wasser- 
löslichkeit. 

Dies  weist  auch  den  Weg  zur  Reingewinnung.  In  kleinen 
Mengen,  auf  dem  Objektträger,  wurde  die  Substanz  iso- 
liert, indem  man  aus  den  frischen  Schnitten  mit  destilliertem 
Wasser  umkrystallisieren  läßt  und  mit  konzentrierter  CH3.COOH 
den  Rückstand  gründlich  spült,  so  daß  alle  anderen  krystal- 
linischen  Ausscheidungen  entfernt  werden.  Um  den  Stoff  in 
größeren  Mengen  zu  erhalten,  werden  fein  zerkleinerte 
Blatt-  oder  Stengelstücke,  die  sich  als  besonders  krystallreich 
erwiesen,    24   Stunden    mit    destilliertem   Wasser    ausgezogen 


Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamaricaceae.  I  1 9  ' 

und    das  —  eventuell    eingeengte  —  Filtrat    mit   einer  mehr- 
fachen Menge  Eisessig  versetzt.  Der  ausfallende  Niederschlag,  . 
in  feinen  Nadelbüscheln  krystallisierend,  erweist  sich  in  seinen 
Eigenschaften  völlig  gleich  den  in  der  Pflanze  vorkommenden 
Krystallen. 

3.  Verhalten  bei  der  Veraschung. 

Nach  dem  Veraschen  der  Schnitte  durch  einmaliges  Auf- 
glühen   behalten    die    Krystalle    ihre   F^orm    bei,    sind    jedoch 
leicht  gebräunt  —  wohl  infolge  organischer  Beimengungen  — 
und  zeigen  eine  gekörnt-gestreifte  Struktur. 

Ihre  Löslichkeit  wird  dadurch  in  keiner  Weise  beein- 
trächtigt. In  Wasser  bleiben  sie  löslich,  so  daß  man  sie 
auch  aus  der  Asche  umkrystallisieren  kann.  In  konzentrierter 
CH3.COOH  völlig  unlöslich,  lösen  sie  sich  nur  langsam  und 
ohne  Gasblasenentwicklung  in  konzentrierter  HCl,  rascher  in 
HN03  und  H.,S04.  —  Ebenso  verhält  sich  die  aus  dem 
Extrakt  gefällte  Reinsubstanz;  die  einzelnen  Nadeln  schmelzen 
zu  kleinen  Körnchen  zusammen,  die  wasserlöslich  bleiben. 

Die  Substanz  wird  also  durch  das  Glühen  in  keiner 
Weise  verändert;  schon  dadurch  ist  die  Möglichkeit,  daß 
ein  organisches  Salz  vorliegt,  ausgeschlossen. 

4.  Nachweis  des  Calciums  als  Kation. 

Empfindliche  Ca-Reaktionen  stehen  eine  ganze  Reihe  zur 
Verfügung.  Die  gebräuchlichste,  die  Fällung  des  Ca  als  Gips, 
war  im  vorliegenden  Falle,  wie  noch  gezeigt  werden  wird,, 
nicht  gut  anwendbar.  Doch  verbleiben  immer  noch  die  Fällung 
des  Ca  mit  Oxalsäure  und  die  in  letzter  Zeit  von  Molisch1 
empfohlenen  Reaktionen  mit  Sodalösung  und  einem  Gemisch 
von  konzentrierter  Kalilauge  mit  Kaliumcarbonat. 

Alle  drei  angeführten  Reaktionen  fallen  mit  frischen 
Schnitten  positiv  aus;  jedoch  ist  die  Fällung  infolge  der 
leichten  Wasserlöslichkeit  der  Krystalle  keineswegs  lokalisiert. 


1  H.  Molisch,  Nachweis  von  gelösten  Kalkverbindungen  mit  Soda; 
Nachweis  von  Kalk  mit  Kalilauge  oder  KOH-|-K2C03.  Ber.  d.  Deutsch. 
Botan.  Gesellsch.,  Bd.  XXXIV,  Heft  5  und  6. 


120  H.    Brunswik, 

Der  Einwand  ist  hiebei  berechtigt,  daß  damit  nicht  das  Ca 
in  den  Krystallen,  sondern  nur  der  allgemeine  Calciumgehalt 
der  Schnitte  nachgewiesen  wurde.  Immerhin  macht  schon  ein 
Vergleich  der  ausgefallenen  Menge  von  Kalkoxalat,  Gaylussit 
(Na2C03.CaC03  +  5  H20),  respektive  des  Kaliumcalciumcarbo- 
nats  (2  CaC03+ 3K2C03+ 6  H20)  bei  einem  reichlich  Krystalle 
führenden  Schnitt  und  einem  gleichgroßen  vom  selben  Pflanzen- 
teil, der  keine  Krystalle  enthält,  es  sehr  wahrscheinlich,  daß 
die  Krystalle  Calcium  enthalten. 

Eindeutig  und  beweisend  wird  erst  der  positive  Aus- 
fall der  genannten  drei  Reaktionen,  wie  er  mit  der  auf  dem 
Objektträger  isolierten  oder  durch  Eisessig  gefällten  Substanz 
gelingt.  Eindeutig  ist  schließlich  das  bereits  erwähnte  Ver- 
halten der  Krystalle  mit  konzentrierter  Oxalsäure,  wobei  eine 
vollkommene  Umsetzung  -  unter  Beibehalten  der  äußeren 
Gestalt  -      in  das  wasserunlösliche  Kalkoxalat  erfolgt. 

Die  Krystalle  sind  demnach,  wie  es  auch  das  Nächst- 
liegende ist,  ein  wasserlösliches  Calciumsalz. 

Die  übliche  Fällung  des  Ca  mit  2  bis  10°/0  H2S04  als 
Gips  gelingt  natürlich  auch,  sowohl  mit  den  Schnitten  wie 
mit  der  reinen  Substanz.  Auch  hiebei  ist  ein  lokalisierter 
Nachweis  infolge  der  Löslichkeit  der  Krystalle  im  allgemeinen 
nicht  möglich.  Bereitet  man  sich  jedoch  die  2  °/0  Schwefel- 
säure nicht  mit  Wasser,  sondern  mit  einem  zirka  30  °/0 
Alkohol  oder  30  %  Essigsäure,  so  setzen  sich  bei  An- 
wendung dieses  Reagenz  -  -  die  Schwefelsäure  verhält  sich 
gegen    Alkohol    und    Essigsäure    indifferent  im    frischen 

Schnitt  wie  im  umkrystallisierten  Zustand  die  Gipsnadel- 
büschel direkt  an  die  korrodierten  Krystalle  an.  Diese  Methode 
wäre  für  alle  leicht  wasserlöslichen  Ca-Salze  zu  empfehlen. 
In  vorliegendem  Falle  jedoch  handelt  es  sich,  wie  noch  ge- 
zeigt werden  wird,  nicht  um  eine  Neubildung  von  Gips, 
sondern  bloß  um  ein  Umkrystallisieren  des  schon  vorhandenen 
CaS04  in  die  bei  saurer  Lösung  immer  auftretende  Nadel- 
büschelform. --  Infolge  der  Wasserlöslichkeit  der  vorliegenden 
Krystalle  liegt  es  im  Bereich  der  Möglichkeit,  daß  das  Ca 
nicht  das  einzige  Kation  der  Substanz  sei,  daß  es  sich  viel- 
mehr um   ein  Calciumdoppelsalz  handeln   könne. 


Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamaricaceae.  121 

In  Betracht  kommen  hiebei  vor  allem  die  Alkalimetalle 
und  das  Magnesium.  Die  üblichen  mikrochemischen  Reaktionen 
auf  Kalium,  Natrium  und  Ammonium  verlaufen  jedoch 
sämtlich  negativ.  Magnesium  ist  zwar  reichlich  im  Gewebe 
vorhanden,  wahrscheinlich  als  MgCl2  (Halophyt);  bei  An- 
wendung der  Methode  von  Richter1  (0-1%  NaHNH4P044- 
-4-12PLO  in  Ammoniakatmosphäre)  fallen  sofort  reichlich 
Krystalle  von  Magnesiumammoniumphosphat  aus,  bevor  noch 
die  zu  untersuchenden  Krystalle  wesentlich  gelöst  erscheinen. 
Wäscht  man  die  Schnitte  hierauf  in  Alkohol  aus  und  setzt 
die  Magnesiumreaktion  bis  zur  Lösung  der  Krystalle  fort,  so 
fällt  kein  Magnesiumammoniumphosphat  mehr  aus.  Natürlich 
beweist  der  negative  Ausfall  der  Magnesiumprobe  mit  der  iso- 
lierten Substanz  noch  viel  strenger,  daß  die  Krystalle  auch 
kein  Magnesium  enthalten. 

Die  bei  den  Tamaricaceae  vorkommenden  Krystalle  sind 
demnach  ein  einfaches  Calciumsalz. 

5.  Nachweis  der  Schwefelsäure  als  Anion. 

Durch  die  Löslichkeitsverhältnisse  und  das  Verhalten  der 
Krystalle  beim  Veraschen,  wie  sie  bereits  geschildert  wurden, 
ist  es  möglich,  von  vornherein  den  Kreis  der  in  Betracht 
kommenden  Anionen  recht  eng  zu  ziehen.  Die  organischen 
Säuren  können  völlig  ausgeschaltet  werden  und  wasser- 
lösliche, einfache  Calciumsalze  bilden  von  den  anorgani- 
schen Säuren  nur:  HCl,  (HBr,  HJ),  HN02,  HN03,  H3P04  (als 
primäres  oder  sekundäres  Salz)  und  schließlich  H2S04  als 
den  schon  schwerer  löslichen  (1  :  400)  Gips.  -  -  Die  Möglich- 
keit, daß  ein  Doppeisalz  vorliegt,  wurde  bereits  früher  aus- 
geschlossen. 

Da  die  Krystalle  keine  Diphenylaminprobe  nach  Moli  seh 
liefern  und  auch  die  mikrochemischen  Reaktionen  für  Phosphor- 
säure negativ  verlaufen  -  -  Phosphate  sind  übrigens  in  Eis- 
essig löslich  — ,  so  verbleiben  zur  näheren  Untersuchung  nur 
Schwefelsäure  und  Salzsäure  als  Anion. 

i  0.  Richter,  Untersuchungen  über  das  Magnesium  und  seine  Be- 
ziehungen zur  Pflanze,  I.Teil.  Diese  Sitzungsber.,    1902.   Bd.  CXI,   p.  171. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  12'.>  Bd.  9 


122  H.  Brunswik, 

Die  mikrochemischen  Reaktionen  für  das  S04-Ion  sind,, 
wie  Molisch1  betont,  wenig  charakteristisch  und  zum  Teil 
nicht  eindeutig.  Bei  den  relativ  kompakten  Mengen,  welche 
die  Krystalle  in  den  einzelnen  Zellen  darstellen,  liefert  jedoch 
die  Fällung  von  Ba  S04  mittels  einer  konzentrierten  BaCl2- 
Lösung  ganz  brauchbare  Ergebnisse.  Trägt  man  die  frischen, 
krystallführenden  Schnitte  in  eine  Bariumchloridlösung  ein,  so 
setzen  sich  alsbald  die  Krystalle  in  eine  dunkle,  schwarze,, 
körnig-streifige  Masse  um,  die  fast  gleichmäßig  die  betreffenden 
Zellen  erfüllt.  Wäscht  man  nun  die  Schnitte  aus  und  bringt 
sie  in  Königswasser  (2  Teile  konzentrierte  HCl  + 1  Teil  kon- 
zentrierte HN03),  so  bleiben  die  dunklen  krystallinischeu 
Komplexe  völlig  ungelöst.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  daß 
es  sich  um  gefälltes  Bariumsulfat  handelt. 

Mit  den  isolierten  Krystallen  bildet  sich  ein  feinkörniger 
Niederschlag,  der  ebenfalls  in  allen  Säuren  ungelöst  bleibt.  — 
Eine  mit  einer  größeren  Menge  der  rein  dargestellten  Sub- 
stanz makrochemisch  durchgeführte  Fällung  mit  Ba  Cl,  ergab 
einen  reichlichen  Niederschlag,  der  sich  auch  beim  andauernden 
Kochen  mit  Königswasser  nicht  löste. 

Schließlich  wurde  mit  der  Substanz  die  in  der  Minera- 
logie gebräuchliche  Heparreaktion  mit  stets  positivem  Er- 
gebnis (Schwärzung  des  Silberbleches  durch  die  befeuchtete 
Sodaschmelze)  durchgeführt.  Die  hiebei  verwendeten  Re- 
agenzien, sowohl  die  Soda  wie  die  Kohle,  waren  geprüft 
schwefelfrei. 

Die  Krystalle  sind  demnach  reine  Gips  krystalle  CaS04-4- 
2  H20,  sowohl  nach  ihrem  mikrochemischen  Verhalten  in  den 
Schnitten  wie  auch  nach  der  makrochemischen  Analyse  der 
isolierten  Substanz.  Die  erschwerte  Wasserlöslichkeit  des 
Gipses  1  :  400  erklärt  es  überhaupt,  wieso  es  möglich  ist,  daß 
eine  wasserlösliche  Substanz  in  der  lebenden  Zelle  aus- 
krystallisieren  kann.  Ca  Cl2-  oder  Ca N03-Krystalle  in  der 
Pflanze  wären  schon  aus  diesem  Grunde  unmöglich,  da  hiezu. 
Salzkonzentrationen  nötig  wären,  die  auch  ein  Halophyt  nicht 
vertragen  würde. 


1  H.  Molisch,  Mikrochemie  der  Pflanze,   1913,  p.  61. 


Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamaricaceae.  1  £•> 

Es  erübrigt  noch  zu  erwähnen,  daß  Chloride,  wie  es 
bei  diesen  Salzpflanzen  nicht  wundernimmt  —  die  Fähig- 
keit, Chloride  mittels  der  epidermalen  Drüsen  auszuscheiden, 
wurde  bereits  eingangs  festgestellt  — ,  im  Zellsaft  mikro- 
chemisch leicht  nachzuweisen  sind,  mit  den  Krystallen  aber 
gar  nichts  zu  tun  haben. 

II.  Beschreibung  der  Krystalle. 

Bisher  wurde  von  den  Krystallformen  des  natürlichen 
Vorkommens  und  wie  sie  sich  beim  Umkrystallisieren  und 
Fällen  des  Gipses  ergeben,  noch  nichts  erwähnt,  um  jetzt  im 
Zusammenhang,  als  Kontrolle  und  Bestätigung  des  chemi- 
schen Untersuchungsergebnisses,    diese  Frage    zu   behandeln. 

Der  Gips  kommt  bei  den  Tamaricaceae  meist  in  Drusen 
in  der  Größe  von  15  jx  bis  35  jx  vor.  In  ihrem  Gesamthabitus 
ähneln  sie  den  bekannten  Kalkoxalatdrusen,  so  daß  eine  Ver- 
wechslung bei  bloßer  Betrachtung  leicht  erklärlich  erscheint. 
Unter  besonderen  Umständen,  z.  B.  in  den  englumigen  Mark- 
strahlzellen, kommen  auch  schön  ausgebildete  Einzel- 
krystalle  vor.  Diese  sind  dann  (siehe  Tafel,  Fig.  1)  regel- 
mäßig-sechseckige oder  rhombische  Plättchen,  manchmal  auch 
mit  abgerundeten  Ecken.  Die  Drusen  sind,  wie  man  durch 
Aufhellen  der  Schnitte  in  Damarharz  oder  Kanadabalsam  fest- 
stellen kann,  eine  Übereinanderschichtung  solcher  Plättchen 
unter  teilweiser  Verschmelzung. 

Ohne  eine  solche  Behandlung  erscheinen  die  Drusen  als 
eine  homogene,  stark  lichtbrechende  Masse;  fast  regelmäßig 
enthalten  sie  einen  dunklen  Kern,  wie  es  Tunmann1  für 
zahlreiche  Oxalatkrystalle  angibt.  Die  Natur  dieser  Kerne,  die 
am  besten  in  Kanadabalsam  hervortreten,  ist  zweifelhaft.  Da 
jedoch  diese  Bildungskerne  zuweilen  auch  in  Einzelkrystallen 
feststellbar  sind,  so  dürfte  es  sich  dabei  nur  um  zufällige 
Einschlüsse  organischer  Natur  bei  der  Krystallbildung  handeln. 

Etwas  verwirrend  erscheinen  die  Krystallformen  in 
ihrer  großen  Mannigfaltigkeit,  die  man  durch  Umkrystalli- 


1  0.  Tunmann,  Pflanzenmikrochemie,   1913,  p.  139. 


124  H.  Brünswik, 

sieren  aus  frischen  Schnitten  oder  bei  der  Fällung  mit 
Eisessig  erhält.  Bestimmend  für  ihre  Form  ist  vor  allem 
die  Reaktion  der  Mutterlauge  (sauer,  neutral  etc.),  die  Ge- 
schwindigkeit ihres  Ausfallens  (Konzentrationsgefälle)  und 
schließlich  die  Größe  des  zum  Krystallisieren  zur  Verfügung- 
stehenden  Raumes  (unter  oder  außerhalb  des  Deckglases,  im 
Tropfen  oder  in  der  ausgebreiteten  freien  Flüssigkeit). 

Man  kann  am  besten  vier  Haupttypen  der  so  ge- 
wonnenen Krystalle  unterscheiden,  wobei  zu  betonen  ist,  daß 
es  unter  Berücksichtigung  der  oben  angeführten  Faktoren  jeder- 
zeit gelingt,  den  einen  Krystallisationstypus  in  den  anderen 
überzuführen.  Daß  es  sich  also  stets  um  dieselbe  Substanz 
handelt,  ist  dadurch  völlig  unzweifelhaft. 

Der  erste  Typus  ist  der  Nadeltypus.  Aus  saurer  Mutter- 
lauge fällt  der  Gips  in  feinen  Nadeln,  nadeligen  Durch- 
kreuzungen und  dichten  Nadelbüscheln  aus.  Es  ist  derjenige 
Typus,  der  bei  der  gebräuchlichen  Ca-Reaktion  mit  ver- 
dünnter H2S04  auftritt.  Vereinzelt  finden  sich  auch  die  charak- 
teristischen Schwalbenschwanzzwillinge,  für  die  ein  Winkel 
von   104°   (respektive  76°)  oder   130°   angegeben  wird. 

Der  Platt chen typ us  entsteht  bei  neutraler  Reaktion 
(beim  Umkrystallisieren  mit  destilliertem  Wasser),  wenn  die 
Lösung  unter  dem  Deckglas  hervortritt,  die  Krystallbildung 
daher  größtenteils  außerhalb  des  Deckglases  erfolgt.  (Das 
Deckglas  wirkt  dabei  verdunstungshemmend.)  Vorherrschend 
sind  rhombische  Plättchen,  häufig  mit  zwei  gerundeten  Kanten 
neben  langprismatischen  Krystallen  und  linealartigen  Zwil- 
lingen.1 

Bei  raschem  Verdunsten  des  Wassers,  also  bei  Tropfen 
ohne   Deckglas,    bilden    sich    die  Gipskrystalle    in    quadrati- 


1  Heinrich  Vater  (Mikroskopische  Studien  über  die  Krystallisation  des 
Gipses.  Versuche  von  Otto  Maschke,  mitgeteilt  von  Heinrich  Vater,  Zeitschr. 
f.  Krystallographie  etc.,  XXXIII.  Bd.,  1.  Heft,  1900)  wies  nach,  daß  dieser 
Typus  der  von  Lösungsgenossen  unbeeinflußte,  dem  Gips  bei  Krystallisa- 
tion aus  zusatzfreier  Lösung  zukommende  ist.  Zugleich  stellte  er  auch 
das  Zurücktreten  der  Bildung  von  Zwillingen  sowie  das  wechselnde  Ver- 
hältnis der  Achsenlängen  (langprismatische  --  tafelförmige  Krystalle)  bei 
diesem  Grundtypus  fest. 


Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamaricaceae.  I^;) 

sehen  Formen  und  kugeligen  Sphäriten  aus  und  sind 
so  für  die  Substanz  am  wenigsten  charakteristisch. 

Am  seltensten  tritt  der  Hanteltypus  aus  wässeriger, 
neutraler  Lösung  auf;  hiebei  wird  der  Gips  in  Form  von 
Hanteln,  pilzhutförmigen  Gebilden,  Doppelpinseln,  Kleeblatt- 
formen und  breiteren  Spießen  frei  in  der  Mutterlauge  unter 
dem  Deckglas  zum  Ausfallen  gebracht.  Vorbedingung  hie/u 
ist  knappes  Anliegen  des  Deckglases  ohne  Hervortreten  von 
Flüssigkeit  unter  dem  Deckglasrand,  so  daß  die  Verdunstung- 
stark  verlangsamt  wird.  -  Dieselben  vier  Krystallisations- 
typen  können  auch  aus  einer  Lösung  von  käuflichem  Gips 
erzielt  werden. 

Wie  die  Versuche  O.  Maschke's1  ergaben,  lassen  sich 
Gipskrystalle  durch  Zusatz  von  Eosin  oder  Hämatoxylin  zur 
Mutterlauge  in  charakteristischer  Weise  färben.  Die  Farbstoff- 
aufnahme  ist  hierbei  »molekular«,  erstreckt  sich  jedoch  nicht 
durch  die  gesamte  Masse  der  Krystalle,  sondern  es  färben 
sich  nur  die  zu  {101}  —  Poo  gehörigen  Sektoren  (=  An- 
wachskegeln), so  daß  die  Krystalle  infolge  der  Färbung  die 
sogenannte  Sanduhrstruktur  annehmen.  (Anorganische  Kry- 
stalle mit  Sanduhrstruktur  können  noch  aus  Strontiumnitrat 
hergestellt  werden.)  Die  färbenden  Substanzen  sind  nicht  iso- 
morph mit  den  Krystallen. 

Dieses  typische  Verhalten  des  Gipses  kann  leicht  dazu 
benutzt  werden,  sich  zu  vergewissern,  ob  man  Gipskrystalle 
vor  sich  hat  oder  nicht.  Tatsächlich  gelangen  die  Färbungen 
mit  der  aus  der  Pflanze  rein  dargestellten  Krystallsubstanz  in 
vollkommen  gleicher  Weise  wie  mit  käuflichem  Gips.  Am 
besten  bewährte  sich  eine  nicht  zu  starke  wässerige  Eosin- 
lösung,  während  das  von  Maschke  ebenfalls  verwendete 
Hämatoxylin  (Färbungen  gelangen  ihm  auch  mit  Natron- 
karmin und  Lackmus)  infolge  seiner  leichten  Zersetzlichkeit 
keine  guten  Resultate  liefert.  Mit  Bismarckbraun  jedoch  ge- 
lingen, wie  ich  feststellen  konnte,  die  Färbungen  ebenso 
schön  wie  mit  Eosin,  während  sich  Methylgrün,  Methyl- 
und    Gentianaviolett     hiezu     nicht     eignen.  Ein    direktes 

i  H.  Vater,   1.  c.  p.  60—67. 


126 


H.  Brunswik, 


Umkrystallisieren  des  Gipses  aus  den  frischen  Schnitten  mit 
wässerigem  Eosin  oder  Bismarckbraun  gelingt  wegen  des 
hohen  Gerbstoffgehaltes  der  Pflanzenteile  bei  den  Tamarica- 
ceae  nicht  wäre  jedoch  in  anderen  Fällen  eine  elegante 
Methode  des  Gipsnachweises. 

Herr  W.  Koppi,  Demonstrator  am  mineralogisch-petro- 
graphischen  Institut  der  hiesigen  Universität,  hatte  die  Freund- 
lichkeit, die  Krystalle  auf  ihr  optisches  und  krystallographi- 
sches  Verhalten  hin  zu  untersuchen,  wofür  ich  ihm  auch  an 
dieser  Stelle  bestens  danken  möchte.  Er  teilte  mir  folgendes  mit: 
»Von  den  vorgelegten  Präparaten  zeigen  die  durch  Fällung 
mit  Essigsäure  und  Umkrystallisieren  in  Destillat  erhaltenen 
Krystalle  im  allgemeinen  das  für  mikroskopische  Gipskrystalle 
charakteristische  Bild;  Büschel  dünner,  spitzer  Nadeln,  größere 
Schwalbenschwanz-  und  Durchkreuzungszwillinge,  daneben 
größere  und  dickere,  rhomboidal  umgrenzte  Einzelkiystalle 
(30X30  [i  bis  30X50  ;x). 

Die  Doppelbrechung  ist  niedrig,  die  dünneren  Krystalle 
zeigen  zwischen  gekreuzten  Nicols  kaum  merkliche  Auf- 
hellung, die  dickeren  ein  Graublau  bis  Weiß  erster  Ordnung. 

An  den  größeren,  rhomboidal  um- 
9-  grenzten  Krystallen  konnten  die 
Kantenwinkel  und  Auslöschungs- 
winkel gemessen  und  dadurch 
die  Lage  der  Krystalle  und  die 
auftretenden  Flächen  bestimmt 
werden. 

Die  Krystalle  liegen  fast 
durchwegs  auf  der  {010}-Fläche- 
Der  Kantenwinkel  an  der  Spitze 
der  rhomboidalen  Krystalle  ist 
stumpfer  als  der  der  normal  aus 
käuflichem  Gips  dargestellten 
mikroskopischen  Krystalle;  die  Messung  ergab  einen  mittleren 
Wert  von  70°  (Goldschmidt,  Winkeltabellen:  70°  12'),  ent- 
sprechend dem  Winkel  zwischen  der  Fläche  {103}  und  der 
Trace  der  {100}.  Die  {103}  erscheint  gekrümmt  (siehe  Text- 
figur). 


lau 


Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamaricaceae.  l-< 

Die  Schwingungsrichtung  a  geht  durch  den  spitzen  Winkel 
•der  Krystalle  und  bildet  mit  der  Kante  der  Flächen  {110,  010} 
einen  Winkel  von  ungefähr  37°   (berechnet  1.  c.  36°  20'). 

Der  mittlere  Brechungsexponent  ß  stimmt  mit  den  An- 
gaben für  Gips  (ß  =  l-5247)  gut  überein;  er  wurde  durch 
Einbettung  in  ein  Benzol-Bromnaphtalin-a-Gemisch  zu  1*526... 
bestimmt.« 

JII.  Vorkommen  und  Verbreitung-  der  Gipskrystalle  bei 
den  Tamaricaceae. 

Die  Gipsausscheidungen  konnten  im  Stamm,  im  Laub- 
blatt, in  der  Blüte,  in  Samenanlage  und  Samen  nachgewiesen 
werden. 

Im  mehrjährigen  Holze  kommen  sie  --  im  Gegensatz  zu 
den  Oxalatkrystallen  bei  vielen  Holzgewächsen  -  -  nur  sehr 
spärlich  vor.  Da  einjährige  Sprosse  in  Mark  und  Rinde  reich- 
lich Gipskrystalle  enthalten,  so  müssen  diese  bei  weiterem 
Wachstum  infolge  erhöhtem  Wasserzustrom  wiederum  in 
Lösung  gehen.  Überhaupt  scheint  das  Auftreten  der  Gips- 
krystalle mehr  gebunden  an  die  stärker  transpirierenden 
Organe,  also  an  das  chlorophyllführende  Gewebe  (Blätter, 
einjährige  grüne  Zweige)  und  an  Blüte  und  Fruchtknoten. 

Besonders  reichlich  und  regelmäßig  sind  die  Krystalle 
zu  finden: 

1.  In  den  Blättern.  Da  hiebei  die  Drusen  in  den  inneren 
Zellreihen  des  chlorophyllführenden  Mesophylls,  ganz  ein- 
gekapselt im  plasmatischen  Zellinhalt,  zu  liegen  kommen, 
können  sie  ohne  Anwendung  besonderer  Hilfsmittel  leicht 
übersehen  werden.  Durch  Behandlung  der  Schnitte  mit  kon- 
zentrierter Schwefelsäure,  wobei  die  Krystalle  viel  lang- 
samer als  das  umliegende  Gewebe  zerstört  werden,  oder 
durch  Veraschung  der  Blätter  kann  man  eine  Übersicht 
über  ihr  reiches  Vorkommen  in  diesen  Organen  gewinnen. 
Die  besten  Resultate  jedoch  liefert  die  übliche  Aufhellung 
der  Schnitte  oder  ganzer  Blätter  in  Chloralhydrat  (5:2) 
(siehe  Tafel,  Fig.  2),  wobei  freilich  die  Gipskrystalle  langsam 
angegriffen  werden,  so  daß  innerhalb  zweier  Tage  in  der 
Umgebung    des   Schnittes    reichlich    Gipsnadeln,    vereinzelt 


128  H.   Brunswik, 

Schvvalbenschvvanzzwillinge  ausfallen,  während  die  Drusen 
selbst  zerkrümmein.  Chloralhydratpräparate  können  daher 
nicht  zur  dauernden  Konservierung  der  Gipskrystalle  ver- 
wendet werden. 

2.  In  den  einjährigen  Zweigen,  sowohl  im  Mark  wie 
in  der  Rinde,  manchmal  in  den  jungen  Markstrahlen.  Im  Mark 
können  im  Herbst  die  Krystalle  und  gespeicherte  Stärke 
nebeneinander  in  denselben  getüpfelten,  sklerenchymatischen 
Zellen  vorkommen.  -  -  Direkt  gespeichert  und  förmlich  ge- 
staut sind  die  Gipsdrusen  bei  Tamarix- Arten  in  der  Rinde 
des  Stengelfußes,  wobei  die  Zellen,  in  welchen  sie  zu  liegen 
kommen,  deutlich  verholzt  sind.  Während  sie  bei  T.  tetrandra 
(Exemplare  aus  Wien)  nur  einigermaßen  sklerenchymatisch 
verdickt  sind,  rinden  sich  bei  anderen  Tamarix- Arten  weitaus 
stärkere  Sklerenchymzellen  (siehe  Tafel,  Fig.  4),  die  bei 
T.  laxa  u.  a.  schon  den  Habitus  von  Steinzellen  haben. 
Brunner1  betont  in  seiner  Untersuchung,  daß  diese  »diffuse 
Sklerose«  für  alle  Tamariceen  typisch  sei,  wenn  sie  auch  bei 
einzelnen  Arten  vor  der  Korkbildung  nur  schwach  auftritt; 
zugleich  stellt  auch  er  fest,  daß  diese  Steinzellen  fast  immer 
Krystalle  enthalten. 

Da  die  Gipskrystalle  in  der  primären  Rinde  nur  in  diesen 
verholzten  Zellen  und  niemals  im  Parenchym  vorkommen, 
besteht  hier  offensichtlich  ein  ursächlicher  Zusammenhang. 
Da  nichts  dafür  spricht,  daß  die  Pflanze  die  primär  ent- 
standenen Gipsausscheidungen  durch  diese  Verholzung  später 
förmlich  abkapselt  und  aus  dem  weiteren  Stoffwechsel  in 
diesen  »Krystallscheiden«  -  ausschaltet,  so  dürfte  dieser  Be- 
fund wohl  dahin  zu  deuten  sein,  daß  die  Krystallisations- 
bedingungen  in  diesen  starkwandigen,  englumigen  Zellen  für 
die  bereits  konzentrierten  CaS04-Lösungen  am  günstigsten  sind. 

Die  Krystallablagerung  in  Blüte,  Samenanlage  und  Samen 
wurde  nur  bei  Tamarix  tetrandra  Pall.  (Exemplare  aus  Prag 
1916  und  dem  Mediterrangebiet)  und  bei  T.  Hampeana  Boiss. 
et  Heltr.  ('Persien)  untersucht.  Sie  sind  regelmäßig,  wenn  auch. 


1  C.  Brunner,  1.  c,   p.  94. 

-   E.  Stahl,   I.  c,  p,  85-86  {Tamarix  zitiert). 


Vorkommen  von  Gipskrystallcn  bei  den  Tamaricaceae.  1  29 

manchmal  spärlich  nachweisbar  und  kommen  in  allen  Teilen 
der  Blüte,  in  den  Blumenkronblättern,  in  den  Staubfäden  längs 
der  Gefäßbündel,  im  Griffel  und  reichlicher  in  den  Kelch- 
blättern vor,  wobei  die  basalen  Anteile  der  angeführten  Ge- 
bilde bevorzugt  werden.  —  Das  Vorkommen  von  Krystallen 
in  der  Samenanlage  und  in  der  Samenschale  bei  den 
meisten  Arten  von  Reauniuria  und  Tamarix  beschreibt  schon 
Brunn  er,1  so  daß  nur  nachzuweisen  war,  daß  auch  diese 
Ablagerungen  Gips  darstellen. 

Über  das  spezielle  Vorkommen  der  Gipskrystalle  bei  den 
einzelnen  Arten  der  Tamaricaceae  siehe  die  folgende  Tabelle. 
Untersucht  wurden  acht  Arten  von  Tamarix,  je  drei  Arten 
von  Reaiimiiria  und  Myricaria,  Hololachne  soongerica,  schließ- 
lich zwei  Arten  von  Foiiquiera,  einer  Gattung,  die  erst  in 
neuerer  Zeit  als  eigene  Familie  von  den  Tamaricaceae  ab- 
getrennt wurde  (Engler2).  Das  Material  hierzu  stammt  aus 
den  Herbaren  des  Hofmuseums  in  Wien  und  des  Botanischen 
Institutes  der  Universität  Wien. 


i  C.  Brunner,  1.  c.,  p.  150,   152,    155. 

2  Engler-Prantl,  Natürliche  Pflanzenfamilien,  Nachtrag  I,  p.  251, 
und  Nachtrag  III  zu  III,  6,  p.  228.  Vgl.  auch  G.  V.  Nash,  A  Revision  of 
the  Family  Fouquieraceae   in  Bull.  Torr.  Bot.  Cl.,  XXX,    1903,   p.  449-459. 


130 


H.   Brunswik, 


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Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamaricaceae.  131 

2.  Die  übrigen  Gattungen. 

A.     Reaumuria  hypericoides  Willd.     Fundort:  Nordpersien. 

Krystalle  sowohl  in  den  Blättern  wie  im  Stengel.  —  In  den  Blättern 
sehr  zahlreich;  formal  wie  die  in  den  Blättern  bei  Tamarix-Arten.  Drusen. 
Besonders  reich  um  die  Blattnerven  gelagert,  sonst  eingekapselt  im  chloro- 
phyllführenden Mesophyll.  —  In  den  einjährigen  Zweigen  ziemlich  spärlich, 
doch  als  gut  ausgebildete  Einzelkrystalle  (Sechsecke,  rechteckige  Stäbchen. 
Wetzsteine  etc.);  nur  ausnahmsweise  im  .Mark  auch  Drusen  wie  bei  Tamarix. 

Reaumuria  squarrosa  Jaub.  et  Sp.     Fundort:  Nordpersien. 

Blattparenchym  direkt  vollgepfropft  mit  Gipskrystallen.  Zentral  an  den 
Leitbündeln  Sphärite,  runde  Platten,  die  üblichen  Drusen  wie  bei  Tamarix; 
mehr  peripher,  eckige,  polygonale  Einzelkrystalle.  —  Erstaunliche  Fülle  (siehe 
Tafel,  Fig.  2).  —  Im  Mark  und  Rinde  der  Achse  nur  spärliche  Drusen, 
manchmal  Einzelkrystalle.   In  der  Frucht  keine  Krystalle. 

Reaumuria  vermiculata  L.     Fundort:  Kairo-Mocatan. 

Im  Blatt  wie  bei  Reaumuria  squarrosa,  nur  nicht  so  zahlreich.  Im 
Stamm  keine  Krystalle  nachweisbar,  jedoch  starker  Gipsgehalt  im  wässerigen 
Auszug  der  Schnitte. 

B.     Hololachne  suongerica  Ehrbg.     Fundort:  Riddersk  (Sibirien). 

Im  Blattparenchym  Gipsdrusen  wie  bei  Tamarix,  Reaumuria  und  Myri- 
caria, jedoch  nicht  so  konstant  und  regelmäßig  wie  bei  diesen.  Drusen  meist 
längs  den  Leitbündeln,  erreichen  keine  besondere  Größe.  —  Vorhanden  auch 
im  assimilierenden  Endsproß.  Stamm  jedoch  krystallfrei. 

C.     Myricaria  longifolia   Ehrbg.     Fundort:  Irkutsk. 

Gipsdrusen  wie  bei  Tamarix,  im  Blattparenchym  eingelagert,  jedoch 
ziemlich  spärlich.  Meist  in  den  Blaurändern  und  am  Blattgrund  sowie  längs 
der  Gefäße.  —  Stamm  führt  in  Mark  und  Rinde  keine  Krystalle,  nur  all- 
gemeiner Gipsgehalt  nachweisbar. 

Bei  dieser  und  den  nächstfolgenden  Myricaria- Arten  ist  Gips  in  den 
größeren  Epidermiszellen  stellenweise  in  Spießen  und  strahlig-fächrigen  Kry- 
stallen  ausgefallen  —  wohl  sekundär  beim  Vertrocknen.  Dieser  Umstand 
weist  jedoch  auf  den  hohen  Ca  S04-Gehalt  des  Zellsaftes  hin,  der  auch 
durch  wässerige  Extraktion  nachweisbar  ist. 

Myricaria  alopecuroides  Schrenk.     Fundort:  Altaigebirge  (Tomsk). 

Im  Blattparenchym  fast  in  jeder  der  kubischen  Zellen  eine,  wenn  auch 
sehr  kleine  Krystalldruse  oder  Gipskörnchen.  —  Gipsdrusen  in  normaler 
Größe  nur  am  Blattgrund  längs  der  Gefäßbündel. 

Im  Stamm  keine  Gipskrystalle  zu  beobachten. 


132  H.   Brunswik, 

Myricaria  germanica  L.     Fundort:  Wien;  Norwegen. 

Krystalle  in  den  Pallisadenzellen  eingekapselt,  äußerst  spärlich.  All- 
gemeiner Gipsgehalt  der  Blätter  (Epidermis!)  und  Stengel  jedoch  bedeutend.  — 
Es  bilden  sich  nur  keine  faßbaren,   nennenswerten  Krystallexkrete. 

D.     Fouquiera  formosa  H.  B.  K.  und  Fouquiera  splendens  Engelm. 
Fundort:   Mexiko. 

Längs  der  Blattnerven  und  in  sklerenchymatischen  Zellen  der  Rinde 
reichlich  wasserunlösliche  Sphärite  und  Drusen,  die  sich  als  gewöhn- 
liches Kalkoxalat  erweisen  (in  H.,0  und  Eisessig  unlöslich;  Ca-Reaktion 
mit  2  0/0  H2S04;  verascht  zu  Kalkcarbonat). 

Bei  allen  positiven  Angaben  über  das  Vorkommen  von  Gipskrystallen 
wurden  mit  ihnen  folgende  Reaktionen  gemacht: 

1.  Wasserlöslichkeit;  umkrystallisiert  in  den  Nadel-,  Plättchen-  oder 
Hanteltypus.  —  2.  Unlöslichkeit  in  Eisessig.  —  3.  Verascht,  nur  langsam 
ohne  Gasblasenentwicklung  in  HCl  löslich. 

Das  Vorhandensein  von  Gipskrystallen  in  größerem  (Tama- 
r/.r,  Reaumuria)  oder  geringerem  Maße  (Hololachne,  Myricaria) 
ist  somit  bei  allen  untersuchten  Arten  der  Tamaricaceae 
nachweisbar,  wobei  zu  betonen  ist,  daß  Krystallexkrete  anderer 
Natur  (Kalkoxalat  etc.)  niemals  auftreten. 

Die  Fouquieroideae  hingegen,  die  wegen  ihrer  Sym- 
petalen Blumenkrone,  vor  allem  wegen  ihres  ölreichen  Nähr- 
gewebes (im  Gegensatz  zum  stärkereichen  der  Tamaricaceae) 
und  anderer  Plazentation  als  eigene  Familie  (Fouquiera- 
ceae)  abgetrennt  wurden,  erweisen  sich  auch  in  ihrem  Chemis- 
mus wesentlich  verschieden,  indem  sie  keine  Gipskrystalle 
wie  die  Tamaricaceae  bilden,  wohl  aber  das  verbreitete  Kalk- 
oxalat führen,  das  dieser  Familie  wiederum  völlig  fehlt.  Dieser 
Befund  ist  also  ein  neuer  Beweispunkt  für  die  Berechtigung 
der  Abtrennung  der  Fouquieraceae  von  den  Tamarisken. 

Auch  die  systematisch  und  ökologisch  nahe  verwandte 
Familie  der  Frankeniaceae  (ebenfalls  Wüstenpflanzen  mit 
Salzausscheidung)  zeigt  sich  in  diesem  Punkte  wesentlich 
verschieden,  indem  sich  bei  ihren  Vertretern  —  z.  B.  bei 
Frankenia  hirsuta  L.  —  wohl  Kalkoxalatdrusen,  aber  keine 
Gipskrystalle  finden. 


Vorkommen  von  Gipskrystallen  hei  den  Tamaricaceae.  1  33 

IV.  Physiologische  Bedeutung  der  Gipskrystalle. 

Bisher  sind  nur  vereinzelte  Fälle  eines  Vorkommens  von 
Gipskrystallen  in   der  lebenden  Zelle  bekannt. 

So  identifizierte  A.  Fischer1  die  bei  den  Desmidia- 
ceen  auftretenden  Kryställchen  als  Gips  und  wies  sie  bei 
Closterium,  Cosmarium,  Micrasterias,  Euastrum,  Pleuro- 
taenium,  Penium  und   Tetmemorus  nach. 

Radlkofer2  fand  Gipskrystalle  bei  den  Capparideen. 
Ob  die  kleinen  Krystalle  bei  Marattiaccac  und  bei  Saccharum 
officinarum  wirklich  Gips  darstellen,  wie  Hansen3  angibt, 
ist  noch  nachzuprüfen,  da  Monteverde 4  sie  für  Kalkoxalat 
erklärt. 

Der  vorliegende  Befund  der  reichlichen  Ablagerung 
von  Gipskrystallen  und  Drusen  bei  der  rein  xerophyti- 
schen  Familie  der  Tamaricaceae  rückt  es  in  den  Bereich  der 
Möglichkeit,  daß  auch  bei  anderen  Familien  Krystallexkrete, 
die  bisher  als  Kalkoxalat  bezeichnet  wurden,  sich  als  Gips 
erweisen.  Eine  gewisse  Übereinstimmung  in  der  Krystallform 
und  das  gleiche  mikrochemische  Verhalten  gegen  Essigsäure 
und  Chloralhydrat  erklären  leicht  die  Verwechslung. 

Es  wurde  bereits  erwähnt,  daß  bei  den  Tamaricaceae 
sich  die  zahlreichsten  Gipskrystalle  in  den  grünen  Pflanzen- 
teilen, also  in  den  Blättern  und  einjährigen  Zweigen,  vor- 
finden. Diese  werden  nun  im  Herbste  (Oktober — November) 
fast  restlos  abgeworfen  und  der  Gips  geht,  wie  ich  mich 
überzeugen  konnte,  in  wenigen  Tagen  aus  den  abgestorbenen, 
der  Bodenfeuchtigkeit  und  Witterung  ausgesetzten  Pflanzen- 
teilen vollkommen  in  Lösung.  Der  Boden,  in  dem  die  Pflanze 
steht,  wird  dadurch  neuerdings  mit  CaS04  angereichert;  man 


1  A.  Fischer,  Über  das  Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Des- 
midiaceen.   Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,    1884,   Bd.  14,   p.  133. 

-  Vgl.  H.  Solereder,  Systematische  Anatomie  der  Dikotyledonen, 
1899,  p.  82. 

3  A.  Hansen,  Über  Sphärokrystalle.  Arb.  d.  Würzburger  Inst.,  1884, 
Bd.  III,  p.  109,   117—118. 

4  Monteverde,  Über  Krystallablagerungen  bei  Marattiaceen.  Ref.  Bot. 
Zbl.,   1887,   Bd.  XXIX,  p.  358. 


134  H.   Brunswik, 

könnte    also    von    einem    teilweisen   Kreislaui    des   Gipses    in 
diesem  Falle  sprechen. 

Sicherlich  kann  man  die  Gipskrystalle  als  ein  Krystall- 
exkret  im  Sinne  von  Stahl1  bezeichnen.  Andere  Krystall- 
exkrete,  also  Kalkoxalat  oder  Kalkcarbonat,  sind  bei  den 
Tamaricaceen  nicht  vorhanden. 

Zur  Erklärung  ihres  Entstehens  läßt  sich  wohl  nur 
folgendes  anführen:  Wie  schon  erwähnt,  sind  alle  Arten  der 
Tamaricaceae  Xerophyten,  Charakterpflanzen  des  Mediterran- 
gebietes, der  zentralasiatischen  und  afrikanischen  Steppen  und 
Wüsten.  Das  spärliche  Wasser,  das  ihnen  jeweilig  zu  Gebote 
steht,  enthält  reichliche  Mengen  anorganischer  Calcium-  und 
Magnesium  Verbindungen  infolge  der  Bodenbeschaffenheit  ge- 
löst und  die  Wurzeln  müssen  sich  wohl  daran  gewöhnen, 
solche  relativ  konzentrierte  Salzlösungen  aufnehmen  zu 
können.  Beim  Durchpumpen  derselben  durch  die  Pflanze  wird 
nur  ein  geringer  Teil  der  Sulfate  zum  weiteren  Aufbau  ver- 
wertet. Der  Überschuß  wandert  an  die  peripheren  Pflanzen- 
teile -  -  Blätter-  und  Endsprosse  —  und  gelangt  dort,  infolge 
der  am  frühesten  erreichten  Übersättigung  (1  :  400),  als  Gips- 
krystalle und  Drusen  zur  Ausfällung,  während  die  wasser- 
löslicheren Salze  (Chloride,  Carbonate,  Mg  S04)  durch  die 
epidermalen  Drüsen,  die  sicherlich  als  umgewandelte  Hyda- 
toden  aufzufassen  sind,2  in  Form  von  Salzkrusten  abgeschieden 
werden. 

Bei  den  in  unseren  Breiten  in  normal  zusammengesetztem 
Boden  kultivierten  Tamaricaceae  kommt  es  im  allgemeinen 
(Ausnahmen:  die  schon  eingangs  erwähnte  Beobachtung  von 
Molisch)  nicht  mehr  zur  Ausbildung  von  Salzkrusten;  die 
Exkretion  von  Gipskrystallen  erscheint  jedoch  quantitativ  und 
qualitativ  völlig  gleich  wie  bei  den  Arten  der  Wüste.  CaS04 
steht  —  im  Gegensatz  zu  den  Chloriden  —  den  Pflanzen 
auch  hier  zur  Verfügung  und  die  Wurzel  behält  die  Fähig- 
keit gesteigerter  Salzaufnahme,  einmal  erworben,  bei,  so  daß 
auch    die    bei    uns    kultivierten    oder   heimischen   {Myricaria 


1  E.  Stahl,  Zur  Physiologie  und  Biologie  der  Exkrete,  Flora,   13.  Bd., 
1919,  p.  1  u.  ff. 

2  Vgl.  G.  Haberlandt,  Physiolog.  Pflanzenanatomie,  4.  Aufl.,  p.  454. 


Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamaricaceae.  1 35 

germanica  L.)  Tamaricaceae  ihren  Sulfatüberschuß  als  Gips 
ablagern  und  ihn  jeden  Herbst  mit  dem  Laubfall  größten- 
teils abstoßen. 

V.  Zusammenfassung'. 

1.  Die  bei  den  Tamaricaceae  vorkommenden  Krystalle 
bestehen  nicht,  wie  man  bisher  angenommen  hat,  aus  Kalk- 
oxalat,  sondern  aus  Gips. 

2.  Ihre  Gipsnatur  wurde  mikro-,  makrochemisch  und 
krystallographisch  erwiesen. 

3.  Das  Vorkommen  der  Krystalle  innerhalb  der  Familie 
der  Tamaricaceae  erstreckt  sich  in  stärkerem  oder  geringerem 
Maße  auf  sämtliche  untersuchte  Arten  ihrer  vier  Gattungen-. 
Tamarix,  Reaumuria,  Myricaria,  Hololachne. 

4.  Die  Arten  von  Fouquiera  (jetzt  Fouquieraceae)  ent- 
halten keine  Gips-,  wohl  aber  Kalkoxalatkrystalle.  Es  ist  dies 
ein  neuer  Beweis  für  die  Berechtigung  der  erfolgten  Abtren- 
nung von  Fouquiera  als  eigene  Familie.  Auch  die  nahe  ver- 
wandten Frankeniaceae  führen  bloß  Kalkoxalat. 

5.  Die  Lokalisation  der  Gipskrystalle  in  der  ein- 
zelnen Pflanze  ist  folgende:  Im  Mesophyll,  besonders  längs 
den  Blattnerven,  entlang  der  Leitbündel  in  Mark  und  Rinde, 
dort  häufig  in  sklerenchymatischen  Zellen.  Unter  Umständen 
sind  Pflanzenteile,  z.B.  das  Mesophyll  {Reaumuvia)  oder  der 
Stengelfuß  einjähriger  Zweige  (Tamarix)  dicht  angefüllt  mit 
Gipskrystallen. 

Am  Schlüsse  meiner  Arbeit  ist  es  mir  ein  Bedürfnis, 
Hofrat  Prof.  Dr.  Hans  Molisch  und  Herrn  Assistenten 
Dr.  Gustav  Klein  für  ihre  vielfachen  Anregungen  und  ihre 
Unterstützung  meinen  besten  Dank  ausdrücken  zu  dürfen. 


136  H.  Brunswik,  Vorkommen  von  Gipskrystallen  etc. 


Erklärung  der  Tafel. 


Fig.  1  a.  Formen  der  bei  den  Tamaricaceae  vorkommenden  Einzelkrystalle 
und  Drusen  von  Gips  Ca  S04  -+-  2  H20.  Vergr.  285. 

Fig.  1  b.  Mit  Eosin  und  Bismarckbraun  künstlich  gefärbte  Gipskrystalle 
(Sanduhrstruktur).  Gefärbte  Anwachskegel  (a).  Vergr.  285. 

Fig.  2.  Blattquerschnitt  von  Reaumuria  squarrosa  Janb.  et  Sp.  Vertieft 
gelagerte  Epidermisdrüsen  (dr).  Besonders  reiches  Vorkommen  von 
Gipskrystallen  (g)  im  Mesophyll.  Speichertracheiden  (sp)  (Vesque). 
Vergr.  60. 

Fig.  3.  Querschnitt  durch  einen  Endsproß  von  Tamarix  telrandra  Pall. 
Assimilationsgewebe  (as)  noch  vorhanden.  Zahlreiche  Gipskrystalle  (g) 
außerhalb  des  Sklerenchymringes  (sk).  Vergr.  140. 

Fig.  4.  Querschnitt  durch  die  Rinde  von  Tamarix  phalcrica  Ndz.  Ver- 
streute Sklerenchymzellen  (sk),  teilweise  Gipsdrusen  (g)  enthaltend. 
Vergr.  140. 


Brunswik  H.,  Gipskristalle  bei  den  Tamaricaceae. 


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Sitzungsberichte  der  Akademie  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Aht.  I,    1 20.  Bd.,  1920. 


137 


Fragmente  zur  Mykologie 

(XXIV.  Mitteilung  Nr.  1189  bis  1214). 

Von 

Prof.  Dr.  Franz  Höhnel 

k.  M.  Akad. 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  11.  März  1920) 

1189.  Über  Celtidia  duplicispora  Janse. 

Der  ,  Pilz  wurde  1897  in  Ann.  Jard.  bot.  Buitenzorg, 
XIV.  Bd.,  p.  202,  Taf.  XII,  Fig.  1  bis  8,  beschrieben  und 
abgebildet.  Nach  Janse  soll  derselbe  eine  nur  bis  290  \l 
große,  in  kleinen,  eiförmig  angeschwollenen,  traubig  gehäuften 
Wurzeln  einzeln  eingewachsene,  schmarotzende  Tuberacee 
sein.  Derselbe  entwickelt  sich  aus  freien,  dunkel  gefärbten, 
5  [x  dicken  Hyphen,  die  um  die  eiförmigen  Wurzeln  herum 
einen  Filz  bilden.  Diese  Hyphen  sollen  Schnallen  aufweisen. 
Da  nun  unter  den  Ascomyceten  die  Tuberaceen  bekanntlich 
durch  das  Vorhandensein  von  Schnallen  an  den  Hyphen  aus- 
gezeichnet sind,  glaubt  Janse  den  Pilz,  für  den  er  keinen 
anderen  Platz  im  System  ausfindig  machen  konnte,  zu  den 
Tuberaceen  stellen  zu  müssen.  Allein  es  ist  mir  sehr  frag- 
lich, ob  seine  Angabe  betreffend  die  Schnallen  richtig  ist. 
Möglicherweise  waren  die  von  ihm  gesehenen  Gebilde  keine 
echten  Schnallen  oder  die  Hyphen  mit  den  Schnallen  ge- 
hörten gar  nicht  zum  Pilze,  sondern  zu  irgendeinem  Basidio- 
myceten.  Jedenfalls  ist  es  auffallend,  daß  Janse  keine  solche 
Schnalle  abbildet. 

Der  rundliche  Pilz  ist  angeblich  bleibend  drei  Zellagen 
tief    eingewachsen.    Die    etwa   140   bis   150  jj.    langen,    70    bis 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  129.  Bd.  1 ' ' 


138  F.  Höhne!, 

80  [jl  breiten  Schläuche  sind  angeblich  unregelmäßig  an- 
geordnet, oben  breit  abgerundet,  unten  kurz  zugespitzt,  ei- 
förmig und  sehr  zartwandig.  Sie  enthalten,  wenn  gut  ent- 
wickelt, 8  Sporen  und  liegen  in  einem  dichten  Filz  von 
hyalinen,  nur  0-7  ;x  breiten  Hyphen  mit  verhältnismäßig  derber 
Membran.  Die  Fruchtkörper  zeigen  außen  eine  dünne,  gleich- 
mäßig dicke,  parenchymatische  Rindenschichte,  die  nur  aus 
wenigen  Lagen  gefärbter  Zellen  besteht.  Die  Sporen  sind 
zweizeilig,  dunkelbraun,  etwa  35 « 20  [x  groß,  ringsum  fein 
spitzstachelig  und  bestehen  aus  zwei  fast  kugeligen  Zellen. 
De;    Pilz  zeigt  keinerlei  Mündungsöffnung. 

Janse  stellt  den  Pilz  schließlich  zu  den  Elaphomyceta- 
ceen. 

Es  ist  aber  klar,  daß  derselbe  nur  als  Perisporiacee  auf- 
gefaßt werden  kann.  Unter  diesen  ist  er  offenbar  ganz  nahe 
mit  Zopfia  Rabenhorst  1874  verwandt,  ja  es  ist  mir  frag- 
lich, ob  Celtidia  von  Zopfia  genügend  gattungsverschieden  ist. 

Zopfia  ist  nach  meiner  Angabe  in  Ann.  my-c,  1917, 
XV.  Bd.,  p.  362,  eine  Cephalothecacee,  mit  einer  aus  Tafeln 
zusammengesetzten  Perithecienmembran.  Aus  Janse's  An- 
gaben ist  etwas  Näheres  über  den  Bau  dieser  nicht  zu  ent- 
nehmen, jedenfalls  hat  er  den  Tafelaufbau  derselben  über- 
sehen, wie  dies  ja  bisher  bei  den  meisten  Cephalothecaceen 
der  Fall  war.  Im  übrigen  stimmen  Celtidea  und  Zopfia  selbst 
in  bezeichnenden  Einzelheiten  soweit  überein,  daß  nicht  daran 
zu  zweifeln  ist,  daß  sich  diese  zwei  Gattungen  im  Baue  ganz 
nahe  stehen.  Der  einzige  wesentliche  Unterschied,  der  in 
Betracht  käme,  ist  der,  daß  Zopfia  ganz  oberflächlich  stehende 
Perithecien  haben  soll,  während  diese  bei  Celtidea  bleibend 
eingewachsen  sind.  Allein  auch  Zopfia  hat  Perithecien,  die 
aus  einem  eingewachsenen,  aus  braunen  Hyphen  bestehenden, 
wenig  entwickelten  Hypostroma  hervorgehen  und  sehr  früh- 
zeitig vorbrechen,  so  daß  sie  schließlich  ganz  oberflächlich 
erscheinen,  was  aber  eigentlich  nicht  der  Fall  ist.  Auch  kann 
es  fraglich  sein,  ob  Janse's  Angabe  hierüber  allgemein  gültig 
ist,  denn  er  hat  anscheinend  nur  wenig  Untersuchungsmaterial 
vor  sich  gehabt.  Nach  Arnaud's  Angaben  und  Bildern  in 
Bull,  mycol.  France,  1913,  XXIX.  Bd.,  p.  253,  ist  auch  Richouia 


Fragmente  zur  Mykologie.  130 

Boudier  von  Zopfia  nicht  zu  trennen.  Derselbe  will  Zopjid 
in  die  eigene  Familie  der  Zopfiaceen  stellen,  die  hauptsäch- 
lich durch  den  Tafelaufbau  der  Perithecienmembran,  den  er 
auch  bemerkt  hat,  ausgezeichnet  ist.  Er  hat  nicht  gewußt, 
daß  es  eine  ganze  Anzahl  von  Gattungen  gibt  mit  aus  Tafeln 
zusammengesetzter  Perithecienmembran,  wie  ich  in  Ann.  myc, 

1917,  XV.  Bd.,  p.  360,  wo  ich  die  Familie  der  Cephalotheca- 
ceen  für  dieselben  aufgestellt  habe,  auseinandersetzte.  Die 
Cephalothecaceen  scheinen  mir  eine  wichtige  Familie  zu  sein. 
In  derselben  sind  nach  dem  Baue  des  Nucleus '  zweierlei 
Elemente  vorhanden;  einige  Gattungen,  wie  CepJialotlieca, 
haben    einen    Plectascineennucleus,    andere,    wie    Zopfia,    Eo- 

einen  Sphaeriaceennucleus.  Die  einen  scheinen 
indungsglieder  zwischen  den  Gymnoasceen  und  Asper- 
gillaceen  zu  sein,  die  anderen  die  Anfangsglieder  einer 
Reihe,  die  zu  den  Perisporiaceen  und  durch  diese  zu  den 
Sphaeriaceen  führen.  Letztere  hätten  demnach  mindestens 
zwei  Wurzeln,  aus  denen  sie  sich  entwickelt  haben.  Die 
eine  Wurzel  läge  in  einem  Teile  der  Cephalothecaceen,  die 
andere  in  den  Myriangiaceen,  aus  denen  sich  die  Pseudo- 
sphaeriaceen  entwickelt  haben,  die  durch  dothideale  Formen 
einerseits  in  die  Dothideaceen,  andrerseits  in  die  Sphaeriaceen 
allmählich  übergehen.  Danach  müßten  die  Cephalothecaceen 
geteilt  werden,  je  nach  dem  Bau  ihres  Nucleus,  was  noch 
zu  studieren  ist. 

Ich  halte  es  wohl  für  möglich,  daß  so  wie  Eosphaeria 
v.  H.  gewiß  mit  Bizzozeria  Berl.  et  Sacc.  (siehe  Ann.  myc, 

1918,  XVI.  Bd.,  p.  74)  zusammenhängt,  auch  Zopfia  mit 
Caryospora  stammesgeschichtlich  verbunden  ist. 

Indessen  sind  dies  alles  nur  Vermutungen,  die  erst  dann 
eine  greifbarere  Gestalt  annehmen  werden,  wenn  die  Gattungen, 
die  heute  bei  den  Aspergillaceen  und  Perisporiales  stehen, 
genauer  bekannt  sein  werden. 

Nach  dem  oben  Gesagten  muß  die  Gattung  Celtidia  bis 
auf  weiteres  als  Zopfia  mindestens  sehr  nahestehend  betrachtet 
werden,  vorbehaltlich  der  Untersuchung  des  Urstückes  der 
Celtidia  duplicispora  Janse. 


140  F.   Höhnel, 

1190.  Asterina  Loranthacearum  Rehm  v.  javensis  v.  H. 

Nach  Theissen,  Die  Gattung  Asterina,  Wien  1913,  p.  79, 
ist  Asterina  Loranthacearum  Rehm  (Ann.  myc,  1907,  V.  Bd., 
p.  522)  gleich  Asterina  sphaerelloides  Speg.  Ich  vermute 
jedoch,  daß  die  beiden  Arten  doch  voneinander  verschieden 
sind,  schon  der  verschiedenen  Nährpflanzen  wegen. 

Ein  von  mir  1908  bei  Tjibodas  auf  Java  auf  der  Blatt- 
oberseite einer  Loranthacee  (Lorantlms?)  gefundener  Pilz 
weicht  nur  wenig  von  Rehm's  Pilz  nach  seiner  Beschreibung 
ab.  Ich  betrachte  ihn  als  Varietät  desselben.  • 

Er  bildet  auf  den  abgestorbenen  braunen  Blättern  nur 
blattunterseits  undeutliche  Flecke.  Das  Subiculum  ist  gut  ent- 
wickelt und  besteht  aus  dunkelbraunen,  derbvvandigen,  ab- 
wechselnd reichlich  verzweigten  und  oft  Netzmaschen  bilden- 
den, ziemlich  geraden,  aber  wellig,  stellenweise  fast  zickzack- 
artig verlaufenden  Hyphen,  mit  zahlreichen,  meist  einzelligen 
und  wechselständigen,  6  bis  8  ;x  langen,  4  bis  6  \i  breiten, 
sehr  verschieden  gestalteten  Hyphopodien.  Sie  sind  meist 
mehr  minder  zylindrisch,  stumpf  oder  spitzlich,  länglich,  oft 
fast  kopfig  gestielt  oder  unregelmäßig,  fast  gelappt.  Seltener 
sind  sie  breit  und  flach  zweilappig.  Die  runden  Thyriothecien 
sind  durchscheinend  dunkelbraun,  120  bis  150  ja  groß,  am 
Rande  schwach  kleingekerbt,  seltener  undeutlich  wimperig, 
strahlig  gebaut,  mit  vielen  schmal  dreieckigen  spitzen  Lappen, 
die  schließlich  ganz  aufgerichtet  und  zurückgebogen  werden, 
aufreißend.  Das  Schildchen  besteht  aus  etwas  welligen,  2  bis 
3  [a  breiten  Hyphen,  die  aus  4  bis  6  [A  langen  Zellen  bestehen. 
Die  Randzellen  sind  öfter  gelappt.  Paraphysen  fehlen.  Basal- 
schichte  fehlend.  Die  eikugeligen,  28  bis  40  ^  32  >a  großen 
Schläuche  färben  sich  mit  Jod  blaßblau  und  sind  in  viel 
Schleim  eingebettet.  Die  Sporen  sind  glatt,  dünnwandig,  durch- 
scheinend braun  und  20  n  9  bis  10  |A  groß.  Die  zwei  Zellen 
derselben  sind  fast  kugelig  und  gleich  groß.  Die  Astero- 
5/o///(.7/c7-Pyknothyrien  sind  kleiner  als  die  Schlauchfrüchte 
und  enthalten  längliche,  unten  meist  spitzliche,  14  bis  20  « 
9  bis  10  a  große  Conidien,  mit  schmalem  hellem  Quer- 
gürtel. 


Fragmente  zur  Mykologie.  1  4  1 

Verwandte  Arten  sind  anscheinend  auch  Asterina  con- 
fertissima  Syd.  und  A.  Crotonis  Syd.  (Ann.  myc,  1916, 
XIV.  Bd.,  p.  90)  auf  anderen  Nährpflanzen. 

1191.  Asterina  subglobulifera  v.  H.  n.  sp. 

Mycelflecke  blattoberseits,  gleichmäßig  zart,  deutlich 
schwarz  feinnetzig,  rundlich  oder  unregelmäßig,  2  mm  bis 
über  2  cm  breit,  oft  verschmelzend,  Hyphen  steif  gerade  ver- 
laufend, schwarzbraun,  sehr  derbwandig,  gegen-  und  wechsel- 
ständig verzweigt,  netzig  verbunden,  6  bis  8  |i  dick,  undeut- 
lich septiert,  ungleichmäßig  dick,  oft  fast  torulös,  stellenweise 
knotig  bis  10  \x  dick;  spärlich  16  \i  breite,  deutliche  Knoten- 
zellen, ohne  Hyphopodien.  Thyriothecien  schwarz,  opak,  meist 
elliptisch,  bis  500  ;j,  lang,  300  ;jl  breit,  oft  mit  scharfem  Längs- 
kiel, meist  mit  einem  Längsspalt  aufreißend,  in  der  Mitte  opak, 
am  Rande  aus  parallelen,  6  bis  8  \i  breiten,  derbhäutigen 
Hyphen  bestehend,  meist  lang  und  dicht  gewimpert.  Para- 
physen  fehlen.  Schläuche  eiförmig  bis  kugelig,  68  bis  74  ^ 
52  bis  54  \x,  mit  Jod  sich  nicht  färbend,  auf  einem  Filz  von 
hyalinen,  zarten,  mit  deutlichen  Schnallen  versehenen  Hyphen 
sitzend.  Sporen  glatt,  schmutzig  durchscheinend-braun,  ei- 
länglich,  zweizeilig,  an  der  Querwand  wenig  eingeschnürt, 
obere  Zelle  mehr  rundlich  und  etwas  breiter  als  die  untere, 
40  bis  44  ^  18  bis  20  p,. 

Auf  einem  Palmenblatt  bei  Tjibodas,  Java,  1908  von  mir 
gesammelt. 

Bildet  mit  den  auch  auf  Palmenblättern  wachsenden 
Asterina  globulifera  (Pat.)  Th.  (Die  Gattung  Asterina,  Wien, 
1913,  p.  56)  und  Asterina  Bakeri  Syd.  (Ann.  myc,  1916, 
XIV.  Bd.,  p.  367)  eine  natürliche  Gruppe  und  stellt  einen 
Übergang  zu  Echidnodella  Th.  et  S.  (Ann.  myc,  1918,  XVI.  Bd., 
p.  422)  dar.  Knotenzellen  sind  nur  stellenweise  deutlich,  wie 
sie  auch  bei  .4.  Bakeri  nach  der  Beschreibung  offenbar  nicht 
auffallend  sind,  im  Gegensatze  zu  .4.  globulifera,  wie  mir  das 
Urstück  in  Koumeg.,  F.  sei.  ex.,  Nr.  5969,  zeigte,  wo  sie 
sehr  deutlich  sind.  Letztere  Art  hat  auch  Schnallenbildungen 
an  den  hyalinen  Hyphen  zwischen  und  unter  den  Schläuchen, 


142  F.   Höhnel, 

eine  bemerkenswerte  Tatsache,  die  bei  den  Microthyriaceen 
weiter  verfolgt  werden  sollte.  Der  Vergleich  der  A.  globuli- 
fera  mit  der  A.  subglobiilifcra  läßt  ohne  weiteres  die  nahe 
Verwandtschaft  der  beiden  Arten  miteinander  erkennen,  doch 
ist  die  letztere  Art  viel  derber  und  kräftiger. 

1192.  Asterinella  tjibodensis  v.  H.  n.  sp. 

Raschen  blattunterseits,  5  bis  15  mm  breit,  rundlich,  oft 
randständig  und  verschmelzend,  dann  größere  Blattflächen 
bedeckend,  anfänglich  dünn,  schwärzlichgrau,  später  dichter, 
schwarz,  am  Rand  nicht  radiär  gebaut,  ziemlich  gut  begrenzt. 
Hyphen  dunkelbraun,  derbhäutig,  undeutlich  gegliedert,  ab- 
wechselnd unregelmäßig  ziemlich  bis  sehr  dicht  netzig  ver- 
zweigt, meist  kleinwellig-zackig  verlaufend,  oft  eckig-torulös, 
4  bis  (')  [).  breit,  ohne  Hyphopodien.  Thyriothecien  rundlich, 
mattschwarz,  oben  flach  gewölbt,  ohne  Papille,  200  bis  300  \x 
breit,  in  der  Mitte  opak,  gleichmäßig  lockerer  oder  dichter 
herdenweise  auf  dem  Mycel  verteilt.  Schildchen  in  der  Mitte 
opak,  gegen  den  Rand  dunkelbraun-durchscheinend,  aus  3  bis 
4  ;j,  breiten  Hyphen  bestehend,  am  Rande  kurz  unregelmäßig 
gewimpert,  schließlich  drei-  bis  vierlappig,  unregelmäßig  auf- 
reißend; Lappen  aufgerichtet.  Paraphysen  fehlend.  Schläuche 
eikugelig,  derbwandig,  mit  Jod  sich  vereinzelt  färbend.  Sporen 
zu  acht,  lang  derbwandig,  hyalin  und  glattbleibend,  reif  dunkel- 
braun, ziemlich  feinwarzig-  rauh,  an  der  Querwand  mäßig  ein- 
geschnürt, an  den  Enden  breit  abgerundet,  meist  32  \i  lang, 
obere  Zelle  16  bis  18  ijl  breit  und  wenig  länger  als  die  untere, 
letztere   12  bis   13  a  breit. 

An  lederigen,  kahlen,  elliptischen,  spitzen,  5  bis  6  cm 
langen,  21  .,  bis  3  cm  breiten,  entfernt  stumpfgesägten  Blättern 
eines  Holzgewächses  mit  0*5  cm  langen  Stielen,  Tjibodas, 
Java,   1908  von  mir  gesammelt. 

Die  Schlauchfrüchte  sind  genau  so  wie  bei  Dimer  o- 
sporium  Fuck.  gebaut,  von  welchem  sich  der  Pilz  nur  durch 
den  Mangel  der  Hyphopodien  unterscheidet.  Daher  hat  die 
Gattung  Asterinella  Th.  in  ihrer  heutigen  Begrenzung  nur 
einen  sehr  geringen  Wert. 


Fragmente  zur  Mykologie.  14o 

Von  den  rauhsporigen  Asterinella- Arten :  A.  diaphana 
(Syd.)  Th.;  ?Uleana  (Patzsch.)  Th.;  multilobata  (W.)  Tb.; 
Stuhlmanni  (?.  H.)  Th.;  Anamirtae  Syd.  und  Dipterocarpi 
Syd.  (siehe  Broteria,  1912,  X.  Bd.,  p.  101,  Ann.  myc,  1914, 
p.  558)  ist  die  beschriebene  Art  sicher  verschieden. 

1193.  Limacinia  graminella  v.  H.  n.  sp. 

Subiculum  ausgebreitet,  dünnhäutig,  schwärzlichgrau,  aus 
nach  allen  Richtungen  sich  kreuzenden,  blassen  bis  grau- 
braunen, zarthäutigen,  3  bis  5  \x  breiten,  gegliederten  Hyphen 
bestehend.  Perithecien  schwärzlich,  abgeflacht  kugelig,  später 
oben  nabelig  einsinkend,  bis  120  bis  140  ;j.  groß,  reif  mit 
deutlichem  Ostiolum,  einzelnstehend  oder  in  Gruppen  oder 
kurzen  Längsreihen,  öfter  zu  zwei  bis  drei  verwachsen,  wie 
das  Subiculum  ohne  Borsten,  oben  mit  einigen  Reihen  von 
niederliegenden,  angepreßien,  septierten,  bräunlichen,  ziemlich 
steifen,  öfter  zu  wenigen  verklebten,  80  bis  100  ;i  langen, 
unten  4  bis  6  ;j.  breiten  Haaren  besetzt.  Paraphysen  fehlend. 
Schläuche  zahlreich,  zarthäutig,  eiförmig  bis  kurzkeulig,  sitzend, 
28  bis  35  ^  13  bis  16  |A  groß,  achtsporig.  Sporen  mehrreihig 
stehend,  hyalin,  mit  drei  Querwänden,  an  diesen  nicht  ein- 
geschnürt, zarthäutig,  länglich-zylindrisch,  an  den  Enden  ver- 
schmälert abgerundet,   15  bis  18  «4 -5. bis  5  \l  groß. 

Auf  der  Oberseite  der  Blätter  von  Phragmites  sp.  im 
botanischen  Garten  von  Buitenzorg,  Java.   1907,  Fr.  Höhnel. 

Bezeichnend  für  die  Art  sind  die  in  mehreren  Reihen 
angeordneten,  zum  Teil  büschelig  verwachsenen,  nieder- 
liegenden, strahlig  abstehenden  Haare,  die  zum  Teil  in  das 
Subiculum  übergehen.  Echte  Borsten  fehlen. 

1194.  Über  Botryosphaeria  inflata  Cooke  et  Massee 
und  Physalospora  xanthocephala  Butler  et  Sydow. 

Ein  von  mir  auf  einer  Rinde  in  Buitenzorg  in  Java  1907 
gefundener  Pilz  könnte  die  Botryosphaeria  inflata  C.  et  M.  sein. 
Melanops  inflüta  (C.  et  M.)  wäre  in  diesem  Falle  eine  echte 
Art  der  Gattung.  Das  eingewachsene  Stroma  ist  meist  nur 
wenig  entwickelt  und  enthält  nur  wenige  Lokuli.  Das  Stroma- 


144  I".  Höhnel, 

gewebe  besteht  aus  violettkohligen,  dünnwandigen,  offenen, 
10  bis  20  [x  großen  Zellen.  Die  Lokuli  ragen  stark  vor  und 
zeigen  dementsprechend  oben  einen  bis  200  ;x  langen,  oben 
stumpfen,  unten  etwa  120  [x  dicken  Schnabel.  Sie  treten  auch 
peritheciumartig  vereinzelt  auf.  Dann  sehen  sie  phiolenartig 
aus,  sind  500  ;x  hoch,  unten  stromatisch  190  [x  dick  gestielt, 
in  der  Mitte  bauchig  und  250  |x  breit,  mit  50  bis  60  ;x  dicker 
parenchymatischer  Wandung  und  aufrecht  ellipsoidischem 
Schlauchraum,  oben  bis  200  ;x  lang  geschnäbelt.  Der  Schnabel 
ist  innen  mit  einem  hjralinen  Parenchym  ausgefüllt.  Die  dick- 
keuligen,  dickwandigen,  sitzenden  Schläuche  sind  90  bis  100^ 
26  [x  groß  und  färben  sich  mit  Jod  nicht.  Die  acht  hyalinen, 
ziemlich  derbhäutigen  Sporen  liegen  in  zwei  bis  drei  Reihen, 
haben  einen  gleichmäßig  grobkörnigen  Inhalt,  sind  32  bis  36  « 
10  bis  14  |x  groß,  spindelig-elliptisch,  mit  meist  abgerundeten 
bis  stumpfen  Enden  und  in  der  Mitte  etwas  bauchig. 

Indessen  scheint  es  mir  am  wahrscheinlichsten,  daß 
Botryosphaeria  inflata  C.  et  M.  derselbe  Pilz  ist,  der  in  Ann. 
myc,  1911,  IX.  Bd.,  p.  408,  als  Physalospora  xanthocephala 
Syd.  et  Butl.  beschrieben  und  in  Ann.  myc,  1916,  XIV.  Bd., 
p.  326,  Botryosphaeria  xanthocephala  (S.  et  B.)  Theiss.  ge- 
nannt wurde.  Ich  vermute,  daß  Cooke  und  Massee  die 
gelben  Schnäbel  der  Stromakörper  für  A/tv/r/W/^-Perithecien 
hielten,  die  sie  als  Nectriella  gigaspora  beschrieben  infolge 
ungenügender  Untersuchung. 

Ich  fand  die  Melanops  xanthocephala  (B.  et  S.)  Weese 
auf  am  Boden  liegender  Rinde  (von  Albizzia?)  in  Buitenzorg, 
Java,  1907,  in  einer  durch  etwas  längere  Schnäbel  wenig 
abweichenden  Form. 

Da  der  Pilz  bisher  nur  ungenügend  bekannt  und  sehr 
eigentümlich  gebaut  ist,  beschreibe  ich  ihn  im  folgenden  näher. 

Derselbe  tritt  bei  meiner  Form  stromatisch  auf,  wenn 
auch  das  Stromagewebe  nicht  ganz  zusammenhängend  ent- 
wickelt ist.  Häufig  sind  mehrere  Schlauchfrüchte  fest  ver- 
wachsen, stets  aber  finden  sich  zwischen  denselben  zahl- 
reiche schwarzviolette,  4  bis  6  ;x  breite,  schwammig  ver- 
flochtene Hyphen,  während  im  Rindengewebe  darunter  reich- 
lich   7    bis    16  [x    breite    Hyphen    auftreten,    die   Streifen    und 


Fragmente  zur  Mykologie.  145 

Inseln  bilden  und  kurzgliedrig  sind,  mit  ei-  bis  kugelförmig 
angeschwollenen  Gliedern.  Das  Ganze  muß  als  lockeres  Stroma 
angesehen  werden.  Die  Schlauchfrüchte  sind  dothideal  gebaut. 
Die  Dothithecien  sind  gleichmäßig  derbwandig  und  aus  offenen, 
meist  wenig  abgeflachten  violettkohligen  Zellen  aufgebaut. 
Ohne  Schnabel  sind  sie,  wrenn  regelmäßig  ausgebildet,  wenig 
ausgebaucht-abgestutzt  kegelförmig,  160  bis  180  ;x  breit  und 
bis  220  ;x  hoch.  Die  obere  Fläche,  auf  der  der  Schnabel  sitzt, 
ist  etwa  100  [x  breit.  Der  kohlige  Teil  der  Wandung  reicht 
nur  bis  zu  dieser  Fläche  und  ist  hier  scharf  abgeschnitten. 
In  der  Mitte  bleibt  hier  eine  40  |A  breite  Kreisfläche  leer,  von 
einem  12  [X  breiten,  scharfrandigen,  ringförmigen  Vorsprung 
der  kohligen  Membran  begrenzt. 

Das  unter  dieser  40  [x  breiten  so  entstehenden  Öffnung 
Nucleargewebe  ist  dicht,  dickwandig-kleinzellig  parenchyma- 
tisch  und  enthält  die  nicht  sehr  zahlreichen  Schläuche,  die 
samt  den  Sporen  denen  einer  Melanops  gleichen.  Das  Gewebe 
des  bis  150  ;x  langen-  und  80  bis  100  ;x  dicken  Schnabels  ist 
fleischig  und  innen  hyalin,  außen  mehr  minder  gelb  und 
scharf  von  dem  kohligen  Gewebe  der  Dothithecien  abgegrenzt. 
Der  Schnabel  hat  einen  kreisrunden  Querschnitt.  Die  Wandung 
ist  zweischichtig  und  besteht  ganz  aus  stark  zusammen- 
gepreßten Zellen;  die  innere  hyaline  Schichte  ist  12  bis  16  ;x,. 
die  äußere  gelbe  (außen  öfter  wenig  schmutzigbräunlich)  ist 
12  bis  20  [x  dick.  Merkwürdig  ist  nun,  daß  der  40  [x  weite 
Kanal  von  der  Basisfläche  des  Schnabels  an  bis  fast  zu  dessen 
Ende  mit  einer  bis  100  ;x  hohen  Säule  von  meist  unten  kon- 
kaven, strukturlosen,  gelblichen,  kreisförmigen,  30  bis  40  jj, 
breiten,  2  bis  2*5  ;x  dicken,  blättchenartigen  Zellen  ausgefüllt 
ist,  die,  wie  es  scheint,  einen  glänzenden  homogenen  Inhalt 
haben.  An  Achsenschnitten  ähneln  diese  flachen  dünnen  Zellen 
manchmal  Periphysen,  indessen  Flächenschnitte  zeigen,  daß  es 
strukturlose,  flache,  übereinanderliegende  Zellen  sind.  Diese 
Zellschichte  endigt  oben  mit  einigen  größeren,  rundlichen, 
offenen  Zellen. 

Man  sieht,  daß  dieser  Pilz  einen  Schnabel  hat  mit  blassem 
oder  gelbem  fleischigen  Gewebe,  so  wie  eine  Hypocreacee,. 
während  der  Schlauchteil  ein  kohliges  Dothithecium  ist. 


146  F.  Höhnet, 

Jedenfalls  ist  derselbe  keine  normale  Melanops  und  muß 
wohl  in  eine  eigene  Gattung  gestellt  werden,  die  ich  Creo- 
mclauops  nenne  und  sich  von  Melanops  durch  den  blassen 
oder  lebhaft  gefärbten  Schnabel  mit  dem  geschilderten  Bau 
unterscheidet. 

Grundart:   Creomelanops  xanthocephala  (B.  et  S.)  v.  H. 

Müßte  eigentlich  zu  den  Hypocreaceen  gestellt  werden,  bei 
denen  ja  auch  dothideale  Gattungen  vorhanden  sein  müssen. 

1195.  Über  die  Gattung  Corallomyces   Berk.  et  Curtis. 

Die  Grundart  dieser  Gattung  ist  Corallomyces  elegans 
B.  et  C.  (Journ.  Acad.  nat.  hist.  scienc.  Philadelphia,  1854, 
II.  Bd.,  p.  259  [n.  g.]).  Nach  der  Beschreibung  dieser,  an- 
scheinend nicht  wiedergefundenen  Art  werden  unter  Corallo- 
myces heute  im  allgemeinen  solche  Nectria- Arten  verstanden, 
deren  Stroma  aufrecht,  einfach  zylindrisch  oder  mehr  minder 
verzweigt  ist,  mit  darauf  sitzenden  Perithecien  und  hyalinen 
.Sporen. 

Allein  nach  den  Angaben  von  P.  Hennings  (Hedwigia. 
1904,  43.  Bd.,  p.  245)  ist  wohl  als  sicher  anzunehmen,  daß  die 
Grundart  C.  elegans  im  reifen  Zustande  gefärbte  Sporen  besitzt. 

Daher  stellte  Hennings  a.  a.  0.  für  die  mit  hyalinen 
Sporen  versehene  Corallomyces  Heinsensii  P.  H.  (Engler's 
bot.  Jahrb.  f.  Syst.,  1897,  23.  Bd.,  p.  538)  die  neue  Gattung 
Corallomycelella  1904  auf.  Allein  die  bisher  zu  Corallomyces 
gestellten  12  Arten  unterscheiden  sich  nicht  bloß  durch  die 
Färbung  der  Sporen  voneinander,  sondern  auch  durch  den 
Bau  der  Nebenfruchtform,  die  an  den  Zweigenden  der  Strömen 
auftritt,  und  die  Standorte.  Mit  Rücksicht  auf  die  Sporenfarbe 
und  die  Art  der  Nebenfruchtformen  lassen  sich  die  bisherigen, 
sicheren  oder  wahrscheinlichen  Corallomyces- Arten  wie  folgt 
einteilen: 

1.  Conidienfrucht:  Corallodendron  Jünghuhn   1838. 

A.    Sporen    braun    (soweit    bekannt).    Auf  Stämmen    und 
Rinden. 
C.  elegans  Berk.  et  Curt.   1854. 
C.  elegans  B.  et  C.  var.  Camerunensis  P.  Henn.  1897. 


Fragmente  zur  Mykologie.  14/ 

C.  novo-pommeranus  P.  Henn.   1898  (unreif). 

C.   Caricae  P.  Henn.   1904  (Conid.  Fr.  unbekannt). 

C.  mauritiicola  P.  Henn.   1904. 

B.    Sporen  hyalin.  Auf  Rinde. 

C   Heinsensii  P.  Henn.  1897  (Corallomycetella  P.  H. 
1904). 

IL  Conidienfrucht   Tkysanopyxis  (?)-artig. 

C.  beroliucusis  P.  Henn.   1898.  Unreif,  auf  Holz. 

III.  Conidienfrucht:    Hypocreodendron    P.   Henn.    1897.    Auf 
Stämmen. 

C.  sanguineum  (P.  H.)  v.  H.  Fragm.  Nr.  605.  ■Perithecien 
unreif. 

IV.  Conidienfrucht:  Microcera  Desm.  i848  (Patelloideae-patel- 

latae). 

A.  Sporen  gefärbt. 

C.  Jatrophae    A.   Möller    1901.    Auf    Stämmen    und 

Wurzeln. 

B.  Sporen  hyalin.  Auf  Schildläusen  (Coccus)  parasitisch. 

C.  aura utii cola  (Berk.  et  Br.)  v.  H.  (Nectria  B.  et  Br. 

1873)  Fragm.  Nr.  729. 
C.  laeücolor  (Berk.  et  C.)  v.  H.  (Nectria  B.  et  Curt. 

1868),  siehe  Fragm.  Nr.  743. 
C.  brachysporus  Pen  zig  et  Sacc.   1901. 

Hierher  gehören  auch  Sphaerostilbe  coccophila  (Desm.) 
Tul.,  Nectria  coecorwm  Speg.  und  vielleicht  auch  Nectria 
coecogena  Speg. 

Aus  dieser  Übersicht  würde  hervorgehen,  daß  die  Gattung 
Corallomyces  in  fünf  verschiedene,  kleinere  Gattungen  zerlegt 
werden  könnte.  Es  fragt  sich  jedoch,  ob  dies  zweckmäßig  ist 
und  ob  es  nicht  besser  wäre,  nur  die  beiden  Gattungen  Corallo- 
myces und  Corallomycetella  anzunehmen.  Da  bei  der  Gattung 
Nectria    sowohl    die    Stromaform    als    auch    die  Nebenfrüchte 


148  F.  Höhncl, 

sehr  verschieden  beschaffen  sind,  müßte  diese  Gattung  in 
eine  Reihe  von  kleineren  Gattungen  zerlegt  werden,  was  um 
so  weniger  durchgeführt  werden  kann,  als  bei  den  meisten 
Nectria- Äxten  die  Stromaausbildung  eine  sehr  wechselnde  ist 
und  keine  Nebenfrüchte  bekannt  sind.  Daher  wird  es  am 
richtigsten  sein,  auch  die  beiden  Gattungen  Corallomyces  und 
Corallomycetella  aufzulassen  und  ihre  Arten  bei  Lctcndraea 
Sacc.  1880  {—  Phaeonectria  Sacc.  1895  — 1913  =  Macbri- 
della  Seaver  1909)  und  Nectria  unterzubringen.  Die  hierbei 
maßgebenden  Gesichtspunkte  wurden  von  J.Weese  in  Zentralbl. 
Bakteriol,  II.  Abt.,  1914,  42.  Bd.,  587,  Ztschr.  f.  Gärungsphys., 
1914,  IV.  Bd.,  p.  230,  und  Sitzber.  Akad.  Wiss.  Wien,  math.- 
nat.  Kl.,  I.  Abt.,  125.  Bd.,  p.  48,  ausführlich  und  überzeugend 
erörtert. 


1196.  Über  Herpotrichia  Schiedermayeriana  Fuckel. 

Von  dem  in  Fuckel,  Symb.  rayc,  II.  Ntr.,  1873,  p.  27, 
beschriebenen  Pilze  heißt  es,  daß  die  Perithecien  eiförmig 
oder  stumpf  kegelig,  1  nun  breit  und  \1/2mni  hoch  sind.  Im 
oberen  Teile  sollen  sie  fast  kahl  sein.  Die  spindelförmigen 
Sporen  sollen  ein  bis  drei  Querwände  haben  und  in  der  Mitte 
stark  eingeschnürt  sein  sowie  an  den  Enden  kleine,  kugelige, 
abfällige  Anhängsel  haben. 

Der  Pilz  wurde  bisher,  soweit  mir  bekannt,  nur  zweimal, 
in  Öberösterreich  und  in  Venetien  gefunden  (siehe  Fungi 
italici,  Taf.  143),  und  zwar  nur  auf  morschen  Zweigen  des 
Hollunders. 

Der  in  einem  Warmhause  im  Berliner  botanischen  Garten 
gefundene  (Verh.  bot.  Ver.  Brandenbg.,  1898,  40.  Bd.,  p.  154), 
in  Rabenh.- Winter,  Fg.  europ.,  Nr.  4060,  Rehm,  Asc.  exs., 
Nr.  1140,  und  Mycoth.  march.,  Nr.  4019,  als  Herpotrichia 
Schiedermayeriana  v.  Caldariortim  P.  H.  ausgegebene  Pilz 
ist  meines  Erachtens  davon  verschieden,  wenn  auch  wahr- 
scheinlich damit  verwandt. 

Abgesehen  von  dem  anderen  Standorte  sind  die  Peri- 
thecien nur   500   bis  600  ja   groß,    die  Sporen    sind    stets    nur 


Fragmente   zur  .Mykologie.  14'.' 

zweizeilig  und  in  der  Mitte  nicht  oder  kaum  eingeschnürt. 
An  den  Enden  zeigen  sie  überdies  spitz  bleibende,  4  bis  6  \l 
lange,  hyaline  Anhängsel. 

Dieser  Pilz,  den  ich  aliein  untersuchen  konnte,  hat  oben 
kahle,  abgeflachte  Perithecien,  die  daselbst  eine  400  ;x  breite, 
rötliche,  runde  Scheibe  haben,  in  der  sich  die  runde,  mit  Peri- 
physen  ausgekleidete,  60  [JL  breite  Mündung  befindet.  Die  Peri- 
thecienmembran  ist  oben  40  bis  45  u  dick,  nach  unten  zu  nur 
wenig  stärker.  An  Querschnitten  erkennt  man,  daß  die  Mün- 
dungsscheibe weichfleischig,  derbwandig,  kleinzellig  und  ziegel- 
rot ist.  Dieser  rote  Teil  der  Membran  ist  ziemlich  scharf  gegen 
den  unteren,  schwarzbraun  gefärbten  Teil  der  Perithecien- 
membran  abgegrenzt.  Die  obere  Hälfte  der  letzteren  ist  kahl. 
Mit  Salzsäure  wird  der  dunkelfarbige  Teil  der  Perithecien- 
membran  lebhaft  rotbraun  gefärbt.  Paraphysen  sehr  zahlreich, 
schleimig  verklebt,  lang,  1  ;x  dick  und  oben  verzweigt.  Jod 
gibt  keine  Blaufärbung  des  Schlauchporus. 

Der  Pilz  besitzt  echte  Perithecien  und  ist  schon  deshalb 
keine  Herpotrichia,  die  dothidealer  Natur  ist.  Da  die  Sphaeria- 
ceen  Perithecien  haben,  die  oben  und  unten  gleichfarbig  oder 
oben  dunkler  und  derber  sind  als  unten,  niemals  umgekehrt 
wie  hier,  kann  der  Pilz  nur  als  Nectriacee  aufgefaßt  werden. 
In  der  Tat  ist  der  Scheitel  der  Perithecien  ganz  nectriaeeen- 
ärtig  beschaffen. 

Nectriaceengattungen  mit  braunen,  zweizeiligen  Sporen 
gibt  es  eigentlich  nur  zwei,  Letendraea  Sacc.  1880  und  Calo- 
stitbe  Sacc.  et  S.  1902,  denn  Phaeonectria  Sacc.  1913  und 
Mactridella  Seav.  1909  sind  nach  Weese  (Zentralbl.  Bakter., 
II.  Abt.,  1914,  42,  Bd.,  p.  587;  Sitzber.  Akad.  Wiss.  Wien, 
mat.-nat.  Kl.,  Abt.  I,  1916,  125.  Bd.,  p.  48)  bis  auf  weiteres 
mit  Letendraea  zu  vereinigen.  (S.  Frgm.  Nr.  1195). 

Von  diesen  beiden  Gattungen  unterscheidet  sich  unser 
Pilz  genügend  durch  die  hyalinen,  bleibenden,  spitzen,  steifen 
Anhängsel  der  Sporen.  Ich  stelle  daher  für  den  Pilz  die  neue 
Gattung  Xenonectria  auf. 

Xenonectria  v.  H.  Wie  Letendraea,  aber  Sporen  mit 
bleibenden,  hyalinen,  spitzen  Anhängseln. 


150  F.  Höhnel, 

Grundart:  Xenonectria  ca Idariorum  (P.  Henn.)  v.  H. 
(Syn.:  Herpotriclüa  Schiedermaywiana  Fuck.  var.  calda- 
riorum  P.  Henn.,  H.  sabalicola  P.  Henn.   1898). 

1197.  Über  Chiajaea  Saccardo. 

Otth  beschrieb  in  Mitt.  nat.  Ver.  Bern  1868,  p.  57,  die 
Nectria  (Gibbera)  Hippocastani  mit  vierzelligen  braunen 
Sporen,  welche  in  Hedwigia,  1896,  35.  Bd.,  p.  XXXIII,  in 
eine  eigene  Sektion:  Chiajaea  Sacc.  der  Gattung  Calonectria 
gestellt  wurde.  Nun  fand  ich  am  Urstücke  von  Otth's  Pilz, 
daß  die  Aufstellung  seiner  Art  auf  Fehlern  beruht,  daher  diese 
ganz  gestrichen  werden  muß,,  daher  auch  der  Name  (  "hiajaea 
hinfällig  ist.  Seither  fand  ich  nun,  daß  es  tatsächlich  Pilze 
gibt,  die  im  wesentlichen  hervorbrechende  Calonectria  mit 
braunen  Sporen  sind,  also  der  Beschreibung  von  Chiajaea 
entsprechen.  Da  nun  der  von  mir  seinerzeit  (Ann.  mye,  1919, 
Myk.  Frgm.  Nr.  CCXCVIII)  geprüfte  Teil  des  Urstückes  der 
Xectria  Hippocastani  Otth  sehr  kümmerlich  war,  schien  es  mir 
möglich,  daß  mein  damaliger  Befund  unrichtig  ist.  Allein  die 
nochmalige  Untersuchung  zeigte  mir,  daß  dies  ausgeschlossen 
ist  und  Otth's  Beschreibung  sich  nur  auf  ein  Gemenge  von 
zwei  Pilzen,  den  unreifen  Perithecien  von  Nitschkia  cupularis 
und  den  Schläuchen  und  Sporen  von  Melanomma  puivis- 
pyrius  beziehen   kann. 

Nun  hat  A.  Möller  1901  (Phycom.  u.  Ascomyc.,  Jena, 
p.  196  und  297)  die  Calonectria  Balansiae  mit  kleinen,  in 
entleerten  Perithecien  von  Balansia  redundans  Moll,  schma- 
rotzenden Gehäusen  und  vierzelligen  braunen  Sporen  be- 
schrieben, die  also  auch  der  Beschreibung  von  Chiajaea  ent- 
spricht. 

Jene  Nectriaceen  und  Sphaeriaceen,  die  in  Perithecien 
schmarotzen,  haben  abgesehen  von  dieser  Eigenheit  stets 
noch  gewisse  morphologische  Anpassungseigenschaften,  die 
es  rechtfertigen,  sie  in  eigene  Anpassungsgattungen  zu  ver- 
setzen. 

Ich  stelle  daher  für  die  Calonectria  Balansiae  die  neue 
Gattung   Weesea.   benannt   nach   dem  bekannten  Wiener  Pilz- 


Fragmente  zur  Mykologie.  151 

forscher  Prof.  Josef  Weese  auf,  die  nach  dem  Gesagten  leicht 
zu  beschreiben  ist.  Der  Pilz  hat  demnach  Weesea  Balansiae 
(Moll.)  v.  H.  zu  heißen. 

In  der  Sylloge  Fung.  1905,  XML  Bd.,  p.  811,  wird  die 
Calonectria  Atkinsonii  Rehm  (Ann.  myc,  1904,  II.  Bd.,  p.  178) 
als  Chiajaea  bezeichnet,  da  die  Sporen  schließlich  bräunlich 
werden  sollen.  Allein  Seaver  (Mykologia,  1909,  I.  Bd.,  p.  201) 
beschreibt  die  Sporen  nur  als  hyalin  oder  subhyalin  und  stellt 
den  Pilz  zu  Scoleconectria. 

Nun  fand  ich  aber,  daß  gewisse  heute  als  Sphaeriaceen 
beschriebene  Pilze  mit  braunen  vierzelligen  Sporen  echte 
Nectriaceen  sind,  also  der  Beschreibung  von  Chiajaea  ganz 
entsprechen.  Es  sind  dies  Melanomma  sauguiuariiim  (Karst.) 
Sacc,  deren  Synonymie  in  Berlese,  Icon.  Fung.,  1894,  I.  Bd., 
p.  33,  angegeben  ist,  und  Trematosphaeria  porpkyrostoma 
Fuckel  (Symb.  myc,   1871,  I.  Ntr.,  p.  18  [306]). 

Die  genannten  Arten  haben  zwar  schwarze  Perithecien, 
diese  sind  aber  um  die  Mündung  herum  rot.  Die  Perithecien- 
membran  ist  nicht  kohlig,  sondern  fleischig-häutig  und  ganz 
so  wie  bei  vielen  Nectriaceen  aus  derbwandigen  blassen  oder 
bräunlichen  Zellen  aufgebaut.  Das  rote  Mündungsgewebe,  ist 
strahlig  parallelfaserig.  Mit  Salzsäure  färbt  sich  die 'Membran 
blutrot.  Paraphysen  zahlreich,  dünnfädig.  Jod  färbt  den  Schlauch- 
porus  nicht. 

Es  sind  echte,  dunkelfarbige  Nectriaceen. 

Obwohl  nach  dem  oben  Gesagten  der  Name  Chiajaea 
hinfällig  ist  und  derselbe  bisher  nur  als  Sektionsbezeichnung 
angewendet  wurde,  daher  durchaus  keine  Nötigung  vorhanden 
ist,  ihn  noch  zu  verwenden,  nehme  ich  ihn  doch  wieder  auf, 
da  er  der  Beschreibung  nach  den  genannten  Pilzen  ganz  ent- 
spricht, und  um  einen  neuen  Namen  zu  vermeiden. 

Von  Trematosphaeria  porpkyrostoma  Fuck.  ist  gewiß 
nicht  verschieden  Cticurbitaria  Heudersoniae  Fuck.  (Symb. 
myc,  1869,  p.  172).  Von  diesem  Pilze  habe  ich  in  Fragm. 
z.  Myk.,  Nr.  1045,  XX.  Mitt.,  1917,  angegeben,  daß  es  eine 
echte  Gibberidea  Fuck.  ist.  Als  solche  ist  er  auch  in  der 
Kryptog.-Fl.  von  Brandenburg,  1911,  VII.  Bd.,  p.  294,  ein- 
gereiht.   Allein    dies    ist    gewiß    unrichtig.    Schon    die   großen 


152  F.  Höhnel, 

Perithecien  und  Sporen  und  die  Form  der  letzteren  zeigen, 
daß  Gibberidea,  deren  Grundart  ich  aber  nicht  prüfen  konnte, 
eine  Cucurbitarieengattung  dothidealer  Natur  sein  wird. 

Von  Sphaeria  rhodomela  Fries  (Observ.  mycol.,  1815, 
I.  Bd.,  p.  178),  die  in  Krypt.-Fl.  Brandenbg.,  1911,  VII.  Bd., 
p.  241,  genauer  beschrieben  ist,  habe  ich  zwei  wohl  sichere 
Stücke  (Rabenh.,  Fg.  europ.,  Nr.  1243,  und  am  Sonntagsberg 
in  Niederösterreich  gesammelte)  geprüft. 

Die  jüngeren  Perithecien  sind  blutrot  und  werden  dann 
dunkelbraun.  Die  Hyphen  und  stumpfen  Haare  sind  hyalin 
bis  rot  und  werden  nur  zum  Teil  und  im  Alter  braun.  Irgend- 
einen wesentlichen  Unterschied  von  Melanomma  sanguina- 
rium  (K.)  kann  ich  nicht  erkennen.  Demnach  gibt  es  bisher  bei 
uns  zwei  Chiajaea- Arten,  Ch.  rhodomela  (Fr.)  v.  H.  und 
Ch.  Hendersoniae  (Fuck.)  v.  H.  zu  nennen  sind. 

1198.  Hypocrea  Bambusae  v.  H. 

Fruchtkörper  oberflächlich,  zerstreut  oder  herdenweise 
anfangs  kugelig,  dann  etwas  abgeflacht,  mit  stark  verschmä- 
lerter Basis  sitzend,  erst  weißlich,  dann  gelb,  reif  schmutzig- 
rotbraun, mit  matter,  fast  glatter  Oberfläche,  bis  VSmm  groß. 
Stromagewebe  gelb,  an  der  Oberfläche  lebhaft  gelbbraun, 
fleischig,  aus  dünnwandigen,  gelben,  6  bis  25  [i  gioßen 
Parenchymzellen  bestehend.  Perithecien  eibirnförmig,  120  [i. 
breit,  200  bis  250  \i  hoch,  oben  kegelig,  mit  dem  28  \x  breiten, 
rundlichen,  mit  Periphysen  ausgekleideten  Ostiolum  nicht  oder 
nur  wenig  vorstehend.  Perithecienmembran  12  bis  16  [A  dick, 
aus  vielen  Lagen  von  stark  abgeflachten  Zellen  bestehend. 
Paraphysen  sehr  spärlich,  dünnfädig,  nicht  verschleimend. 
Schläuche  sehr  zahlreich,  zylindrisch,  unten  kurzstielig  ver- 
schmälert, 60  bis  70  «  3  jj..  Jod  gibt  keine  Blaufärbung.  Sporen 
zweizeilig,  zerfallend.  Teilzellen  hyalin,  kurzrundlich-zylin- 
drisch, mit  einem  Tropfen,  2-5  bis  3'2|x  hoch,  2-5  bis 
3  (j.  breit. 

Auf  Bambus-Rohr,  Peradeniya,  Ceylon,  1907  von  mir 
gesammelt. 


Fragmente  zur  Mykologie.  lo3 

Mit  Hypocrea    rufet  (P.),    discclla  Berk.  et  Br.   und    dis- 

celloides  P.  Herrn.,   die    ähnlieh   kleine  hyaline  Sporen  haben, 
verwandt. 

1199.  Hypoerella  lutulenta  v.  H.  n.  sp. 

Strömen  rundlich,  fest  angewachsen,  blaß  lehmfarben, 
halbiert  schildförmig,  anfänglich  glatt,  dann  mit  wenigen  bis 
zahlreichen  halbkugeligen  Höckern  versehen,  mit  den  flachen, 
graubräunlichen,  punktförmigen  Mündungsöffnungen.  Rand 
schmal,  dünn,  kurz-strahlig-faserig.  Gewebefleisch  dicht  oder 
lockere!-  aus  4  [i  breiten,  dickwandigen,  hyalinen  Hyphen 
plectemchymatisch  aufgebaut.  Strömen  auf  beiden  Blattseiten, 
zerstreut,  2  bis  3  mm  breit,  450  bis  500  \x  dick,  mit  wenigen 
bis  30  Perithecien,  diese  ganz  eingesenkt,  phiolenförmig,  400  »x 
hoch,  200  bis  300  \i  breit,  oben  kegelig  zulaufend.  Perithecien- 
membran  hyalin,  aus  vielen  Lagen  von  stark  zusammen- 
gepreßten Hyphen  bestehend,  unten  und  seitlich  20  bis  25  u, 
dick,  nach  obenhin  40  ;x  dick.  Mündung  flach,  kaum  ein- 
gesenkt, rundlich,  15  ;j.  breit,  in  einer  gegen  100  fj,  breiten 
Scheibe  liegend.  Paraphysen  fehlen.  Schläuche  zylindrisch, 
dünnhäutig,  oben  abgerundet  und  wenig  verdickt,  unten  wenig 
stielig  verschmälert,  achtsporig,  160  bis  180  «  8  bis  9  ja. 
Sporen  fadenförmig,  von  Schlauchlänge,  septiert,  parallel- 
liegend, im  Schlauche  in  8  bis  9  «  1*6  bis  1*9  {X  große, 
gerade  oder  kaum  gekrümmte,  zylindrische,  an  den  Enden 
abgerundete  Glieder  zerfallend. 

Auf  Schildläusen  auf  Blättern  von  Cissus  sp.  im  Urwalde 
von  Tjibodas  auf  Java,   1908  von  mir  gesammelt. 

1200.  Über  die  Gattung  Hypocopra  Fries. 

Diese  wurde  von  Fries  1849  in  Sum.  veget.  scand., 
p.  397,  als  Untergattung  von  Massaria  aufgestellt.  Als  Grund- 
art führt  er  Hypocopra  fimeti  (P.)  an  und  als  zweite  Art 
H.  merdaria  Fr. 

Fuckel  (Symb.  mye,  1809,  p.  240)  stellte  Hypocopra  Fr. 
als  Gattung  auf  mit  derselben  Grundart.  Fuckel  sagt,  daß 
sich  Hypocopra  von  seiner  Gattung  (  oprolepß  (a.  a.  O.,  p.  239) 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Ed.  1  1 


154  F.  Höhnel. 

eigentlich  nur  durch  das  fehlende  Stroma  unterscheidet.  Nun' 
hat  aber  nach  Winter  (Abhdl.  nat.  Gesellsch.  Halle,  1873, 
XIII.  Bd.,  H.  1,  p.  13,  Taf.  VII,  Fig.  III)  Hypocopra  fimeti  (?) 
auch  ein  dünnes  ausgebreitetes  Stroma,  weshalb  er  die  drei 
Arten  H.  fimeti  (P.),  merdaria  (Fr.)  und  equorum  Fuck.  in 
eine  Untergattung  stellt,  die  er  Coprolepa  (Fuck.)  W.  nennt, 
während  er  die  Arten  ohne  Stroma  zu  Hypocopra  Fuck.  (non 
FVies)  stellt.  Die  Hypocopra  fimeti  konnte  ich  nicht  prüfen, 
allein  Winter  sagt,  daß  diese  Art  in  allen  Teilen  eine  solche 
Übereinstimmung  mit  H.  merdaria  und  H.  equorum  zeigt, 
daß  sie  gewiß  in  eine  Gruppe  gehören.  In  der  Pilzflora 
Deutschlands  hat  Winter  die  Gattung  Hypocopra  im  Sinne 
Fries'  wieder  aufgenommen  mit  den  drei  letztgenannten  Arten. 
Obwohl  es  mir  nun  auffallend  ist,  daß  bei  H.  fimeti,  wie  die 
angeführte  Figur  III  zeigt,  das  Stroma  als  Basalslroma  und 
nicht  als  Clypeus  erscheint  wie  bei  H.  equorum  (Fig.  II)  und 
//.  merdaria  (Fig.  I),  so  nehme  ich  doch  bis  auf  weiteres  auf 
Winter's  Versicherung  hinan,  daß  sich  H.  fimeti  im  übrigen 
so  wie  die  zwei  anderen  Arten  verhält. 

Die  zwei  Arten  unterscheiden  sich  nun  aber  von  den 
übrigen  zu  den  Sordariaceen  gestellten  Pilzen  dadurch,  daß 
sie  einen  Clypeus  haben,  weich-  und  dünnhäutige  Perithecien, 
deren  blaßbraune  Wandung  undeutlich  kleinzellig-faserig  ge- 
baut ist  und  aus  ganz  zarthäutigen  Hyphen  besteht,  sowie 
endlich  durch  eine  auffallende  Jodreaktion  der  deutlichen  Ver- 
dickung der  Schlauchspitze. 

Bei  Hypocopra  equorum  Fuck.  ist  die  Schlauchspitze 
deutlich  konvex  nach  innen  10  [a  stark  verdickt  und  in  dieser 
Verdickung  färbt  sich  ein  7  ja  hoher,  4  bis  4'5  ja  breiter 
Zylinder  mit  Jod  violett.  Die  Färbung  verläuft  gegen  die 
.Spitze  hin   allmählich. 

Bei  Hypocopra  merdaria  Fr.  färbt  sich  in  der  ähnlich 
verdickten  .Schlauchspitze  ein  7  ja  breiter,  5  ja  hoher,  ab- 
gestumpfter, mit  der  Basis  nach  oben  gerichteter  Kegel  mit 
Jod  schön  blau. 

Alle   die  genannten  Eigenschaften    fehlen    den  Arten  von 
Soradria,  Delitsciiia,  Sporormia  völlig  und  zeigen,  daß  diese: 
Gattungen  ganz  anderen  Formenkreisen  angehören. 


Fragmente  zur  Mykologie.  155 

In  der  Tat  ist  PUophragmia  gleich  Phospora  und  sind 
wenigstens  die  großspurigen  Sporormia- Arten  Scleropleella- 
artige  Pseudosphaeriaceen. 

Die  beiden  geprüften  Arten  sind  aber  nichts  anderes  als 
mistbewohnende  Anihöstoma- Arten. 

Sollte  die  Grundart  Hypocopra  fimeti  (P.)  Fr.  auch  eine 
Anthostoma  sein,  was  mir  nicht  wahrscheinlich  ist,  so  wäre 
Hypocopra  Fries  1849  gleich  Anthostoma  Nitschke  1867. 
Im  anderen  Falle  wird  es  sich  um  eine  Särdaria  mit  Basal- 
stroma  handeln. 


1201.  Über  Podospora  Cesati  und  Bombardia  Fl- 


ies. 


In  meinem  Fragm.  z.  Mykologie,  Nr.  117,  III.  Mitt.,  1907, 
habe  ich  angegeben,  daß  diese  beiden  Gattungen  zusammen- 
fallen. Im  Gefolge  hat  Kirschstein  (Krypt.-Flora  Brandenbg.. 
Pilze,  1911,  VII.  Bd.,  P.  179),  ohne  meine  Angaben  zu  er- 
wähnen, die  Vereinigung  der  beiden  Gattungen  durchgeführt. 

Indessen  habe  ich  schon  1909,  IX.  Mitt.,  Fragm.,  Nr.  427, 
nachdem  ich  noch  zwei  weitere  echte  Bombardia- Arten  kennen 
gelernt  hatte,  gesagt,  daß  es  doch  zweckmäßig  ist,  diese  zwei 
Gattungen  getrennt  zu  erhalten,  namentlich  deshalb,  weil  die 
echter.  Bombardia- Arten  ein  gut  entwickeltes  Basalstroma 
haben,  auf  dem  sie  gebüschelt  oder  rasig  sitzen.  Außerdem 
haben  letztere  eine  sehr  dicke,  festknorpelige,  aus  drei  mehr- 
lagigen Schichten  bestehende  Membran  und  wachsen  nicht 
auf  Mist,  sondern  auf  Pflanzenteilen. 

Seither  fand  ich,  daß  auch  in  der  Beschaffenheit  der 
Schläuche  ein  merklicher  Unterschied  vorhanden  ist.  Die 
Podospora-  Arten  haben  meist  derbwandige,  mehr  minder 
zylindrische,  oben  breit  abgerundete  Schläuche,  während  die 
Bombardia-Arten  meist  lang-  und  dünngestielte,  mehr  minder 
keulig-spindelige,  dünnhäutige,  oben  verschmälert  abgestutzte 
Schläuche  haben,  die  häufig  unter  der  Spitze  einen  rund- 
lichen, kugeligen,  glänzenden  Körper  (Glanzkörper)  zeigen, 
den  ich  bei  echten  Podospora- Arten  niemals  sah. 

Solche  Glanzkörper,  deren  Natur  noch  näher  zu  erforschen 
ist,  fand  ich  bei  Bombardiella  caespitosa  v.  H.  (Fragm.,  Nr.  378), 


156  F.  Huhn  ei, 

Bombardia  fasciculata,  botryosa  und  Pulvis-pyrius  (Fragm., 
Nr.  427,  429)  und  Eosphacria  uliginosa  (Fr.)  v.  H.  (Ann. 
myc,  1917,  XV.  Bd.,  p.  360).  Sie  scheinen  vornehmlich  bei 
jenen  Pilzen  aufzutreten,  die  bisher  in  die  Gattungen  Lasio- 
sphaeria  und  Leptospora  Fuck.  (non  Rabh.)  gestellt  wurden 
und  die  ich  in  Ann.  myc,  1918,  XVI.  Bd.,  p.  73,  behandelt 
habe.  Die  Glanzkörper  scheinen  sich  erst  während  der  Sporen- 
entwicklung auszubilden,  da  man  sie  früher  nicht  findet.  Ich 
glaube,  daß  die  Pilze  mit  Glanzkörpern  in  einem  engeren 
Verwandtschaftsverhältnis  zueinander  stehen,  was  noch  weiter 
zu  prüfen  ist. 

Podospora  Ces.  1856  und  Bombardia  Fries  1849  sind 
daher  auseinanderzuhalten. 

Was  ihre  Verwandtschaft,  anlangt,  so  wurden  sie  schließ- 
lich beide  zu  den  Sordariaceen  gestellt.  Allein  damit  ist  gar 
nichts  ausgesagt,  denn  diese  Familie  beruht  ganz  auf  bio- 
logischen Merkmalen  und  ist  daher  eine  ganz  unnatürliche, 
da  die  Pflanzen  nur  nach  ihren  morphologischen  und  stoff- 
lichen Merkmalen  geordnet  werden  dürfen. 

In  der  Tat  ist  Pleophragmia  gleich  Pleospora;  die  groß- 
sporigen  Sporormia- Arten  sind  pseudosphärial  (Scleropleella 
v.  H.);  Sordaria  wird  den  Anschluß  bei  Rosellinia  haben. 
Hypocopra    equorum    und    merdaria    sind   Anthosioma-Arten. 

Was  nun  aber  Podospora  und  Bombardia  anlangt,  so 
wurden  die  Sporen  dieser  Gattungen  bisher  stets  als  ein- 
zellig angegeben,  so  auch  zuletzt  von  Kirsch  stein  (a.  a.  0., 
p.  173)  in  der  Übersicht  der  Sordarieengattungen.  Das  ist  nun 
falsch,  denn  es  geht  aus  den  Angaben  von  Fuckel  (Symb.  myc, 
1869,  p.  245,  Taf.  VI,  Fig.  20),  Woronin,  Winter  und  anderen 
klar  hervor,  daß  sie  anfänglich  zylindrisch-wurmförmig,  hyalin 
und  einzellig  sind  und  sich  dann  oben  teilen,  wodurch  eine 
schließlich  dunkel  gefärbte  Zelle  abgegrenzt  wird,  welche 
bisher  als  einzellige  Spore  mit  einem  Anhängsel  beschrieben 
wurde.  Dieses  Anhängsel  ist  aber  eine  Zelle,  die  sich  sogar 
manchmal  teilt,  wie  einige  Bilder  in  Winter  (Abhdl.  nat.  Ges. 
Halle,  1873,  XIII.  Bd.,  Taf.  IX,  Fig.  13)  zeigen.  Das  sogenannte 
Anhängsel  erster  Ordnung  der  Beschreibet-  ist  daher  stets  eine 
Zelle,  wie  schon  Winter  (Pilze  Deutschlands,   1887,   II.  Abt., 


Fragmente  zur  Mykologie.  157 

p.  171)  bei  einer  Art  ausdrücklich  sagt.  In  dieser  Beziehung 
müssen  die  einzelnen  Arten  noch  näher  geprüft  werden. 

Trotzdem  werden  die  Sporen  dieser  Pilze  allgemein  als 
einzellig  beschrieben. 

Sordaria  und  Podospora  sind  daher  im  Gegensatze  zu 
Winter 's  Meinung,  der  sie  nur  ungern  auseinanderhielt,  zwei 
voneinander  völlig  verschiedene  Gattungen,  die  sich  nicht  bloß 
durch  »Schleimanhängsel«;  sondern  einen  ganz  verschiedenen 
Bau  der  Sporen  voneinander  unterscheiden. 

Es  ist  mir  nicht  zweifelhaft,  daß  Podospora  und  Bom- 
bardia  in  die  Verwandtschaft  von  Lasiosphaeria  Ces.  et 
de  Not.,  Bizzozeria  Berl.  et  Sacc.  (em.  v.  H.)  und  Thaxteria 
Sacc.  (em.  v.  H.)  in  Ann.  myc,  1918,  XVI.  Bd.,  p.  74,  gehören. 

Von  den  Sordariaceen   bleibt   danach    nichts  mehr  übrig. 

1202.  Über  die  Gattung  Delitschia  Auerswald. 

Wurde  1866  in  Hedwigia,  5.  Bd.,  p.  49,  auf  Grund  von 
Delitschia  didyma  Awld.  aufgestellt.  Die  gefärbten  zweizeiligen 
Sporen  zerfallen  nach  Auerswald's  Angabe  bald  in  ihre  zwei 
Hälften.  Von  diesem  Pilze  konnte  ich  nur  das  unter  diesem 
Namen  in  Krieger,  F.  saxon.,  Nr.  1950,  ausgegebene  Stück 
untersuchen.  Bei  diesem  aber  zerfallen  die  Sporen  nicht. 
Nachdem  nun  Krieger's  Pilz  im  übrigen  ganz  gut  mit  Auers- 
wald's Beschreibung  stimmt  und  auch  bei  Delitschia  eUaeto- 
mioides  Karsten  sowie  bei  D.  Wintert'  Plowr.,  von  welch 
letzterer  Art  Massee  und  Salmon  sagen,  daß  sie  wahr- 
scheinlich mit  D.  didyma  zusammenfällt,  ein  Sporenzerfall 
nicht  eintritt  (siehe  Fg.  italici,  Taf.  621),  so  lag  die  Vermutung 
nahe,  daß  Auerswald's  Angabe  betreffend  den  Sporenzerfall 
auf  einem  Irrtum  beruht.  Allein  nachdem  auch  Winter  in 
Hedwigia,  1874,  13.  Bd.,  p.  54,  ausdrücklich  sagt,  daß 
D.  didyma  den  Sporenzerfall  sehr  schön  zeigt,  so  kann  es 
doch  nicht   bezweifelt  werden,    daß    derselbe  wirklich   eintritt. 

Über  die  Stellung  der  D.  didyma  läßt  sich  ohne  Prüfung 
des  Urstückes  nichts  Sicheres  sagen.  Indessen  ist  anzunehmen, 
daß  Krieger's  Pilz,  D.  chaetomioides  und  Wiuteri  sowohl 
untereinander   wie   mit  D.  didyma    nahe   verwandt    sind.    Die 


158  F.  Hühnel, 

Untersuchung  zeigte  mir  nun,  daß  Krieger 's  Pilz  eine  ein- 
gewachsene echte  Sphäriacee  mit  vielen  verklebten  Para- 
physen,  großen,  keuligen,  dickwandigen  Schläuchen,  die  mit 
Jod  keine  Blaufärbung  geben  und  mit  schwarzen,  zweizeiligen, 
mit  einer  dicken  Schleimhülle  versehenen  Sporen  ist.  Dem- 
nach ist  Krieger,  F.  sax.,  Nr.  1950,  eine  Plwrcys  Niessl  1876 
im  Sinne  Rehm's  (Ann.  myc,   1906,  IV.  Bd.,  p.  268). 

Es  kann  kaum  zweifelhaft  sein,  daß  auch  D.  chaeto- 
mioides  und  D.  Wintert  Arten  der  Gattung  Plwrcys  sind,  die 
sich  nur  wenig  von  Krieger's  Pilz  unterscheiden.  Delitschia 
clnutomioides  hat  mit  einem  braunen,  abwischbaren  Filz  be- 
deckte Perithecien  und  38  bis  50  er  17  bis  20  a  große  Sporen. 

Delitschia  Wintert  hat  mit  einem  sehr  dünnen,  hyalinen 
Filz  versehene  Perithecien  und  60  bis  66  ^  28  |i  oder  65  bis 
75  ^  29  bis  35  [j,  große  Sporen,  während  diese  bei  Krieger's 
Pilz  43  bis  60  -  18  bis  20  [t  groß  sind.  Letzterer  Pilz,  der 
kahle  Perithecien  hat,  scheint  eine  Form  von  I).  chaeto- 
mioides  Kst.  zu  sein.  Auf  den  von  Karsten  beschriebenen 
filzigen  Überzug  der  Perithecien  ist  um  so  weniger  Gewicht 
zu  legen,  als  nach  Winter's  Angabe  (Hedwigia,  1874,  13.  Bd., 
p.  53)  die  Stücke  Karsten's  schon  veraltet  waren. 

Alle  diese  Formen  sind  mistbewohnende  Phorcys-Arten, 
die  Ph.  Wintert  (Plow.)  v.  H.,  Ph.  chaetomioides  (Kst.)  v.  H. 
und  Ph.  eh.  (K.)  v.  H.  f.  cälva  v.  H.  zu  nennen  sind.  Sind 
vielleicht  nur  Formen  einer  Art.  Unter  Delitschia  Awld.  wird 
demnach  eine  mistbewohnende  Phorcys  zu  verstehen  sein  mit 
in  die  zwei  Zellen  zerfallenden  Sporen. 

Mit  der  Grundart  Delitschia  didynia  Awld.  ist  voll- 
kommen gleich  die  Delitschia  canina  Mouton  (Bull.  soc.  bot. 
Belg.,  1887,  XXVII.  Bd.,  p.  175,  Taf.  I,  Fig.  4).  Mouton  gibt 
ausdrücklich  an,  daß  die  Sporen  sehr  leicht  in  ihre  zwei 
Glieder  zerfallen,  so  auch  Auerswald's  Angabe  unwissent- 
lich sicherstellend. 

Unter  den  weiteren  vielen  beschriebenen  Arten  finde  ich 
nur  die  Delitschia  leptospora  Ou  dem  ans  (Hedwigia,  1882, 
21.  Bd.,  p.  163)  mit  der  Angabe,  daß  die  Sporen  sehr  leicht 
in  ihre  Hälften  zerfallen.  Ist  nach  der  Beschreibung  gewiß 
keine  Delitschia   und  noch  unsicherer  Stellung.    Viele  angeb- 


Fragmente  zur  Mykologie.  loJ 

Jicbe  Delitschia-Arten  verhalten  sich  ganz  ähnlich  den  oben 
besprochenen  Phorcys- Arten.  Es  sind  sehr  wahrscheinlich 
lauter  Arten  dieser  Gattung,  zum  Teil  wohl  miteinander  und 
mit  den  obigen  zusammenfallend.  Es  sind  dies:  Phorcys 
vulgaris  (Griff.),  Sporen  17  bis  30-13  bis  16  ;j.;  Ph.  excen- 
trica  (Griff.),  Sporen  45  bis  50^21  bis  24  ;j,;  Ph.  leporina 
(Griff.),  Sporen  40  bis  65  «  16  bis  20  ja;  Ph.  apiculata  (Griff.), 
Sporen  28  bis  34  «  16  bis  21  jj.  (alle  in  Syll.  Fg.,  XVII,  687); 
Ph.  furfuracea  Niessl,  Sporen  45  bis  50  ^  21  \x\  Ph.  vaccina 
(Pass.),  Sporen  50  »  22  bis  25  ;i  (Syll.  Fg.,  IX,  748);  Ph.  pata- 
gonica  (Speg.),  Sporen  35  ^  16  [i  (S.  F.,  IX,  749);  Ph.  ligvii- 
cola  (Mout),  Sporen  24  bis  26  -  11  bis  12  [x  (S.  F.,  IX,  749); 
Ph.  miniila  (Fuck.),  Sporen  22  ^  8  ;j..  Bei  keiner  dieser  Arten 
findet  ein  Zerfall  der  Sporen  statt. 

Dblitschia  sordarioides  Speg.  (Syll.  Fg.,  I.  Bd.,  p.  734) 
ist  nach  der  Beschreibung  wohl  sicher  eine  Podospora. 

Delitschia  insignis  Mouton  (Bull.  soc.  bot.  Belg.,  1897, 
36.  Bd.,  p.  13)  ist  nach  der  Beschreibung  eine  Phorcys  oder 
Massariopsis  im  Sinne  Rehm's  in  Ann.  mye,  1906,  IV.  Bd., 
p.  269,  mit  beidendig  langgeschwänzten  Sporen,  die  anschei- 
nend in  die  von  mir  aufgestellte  Gattung  Ceriophora  ganz 
gut  paßt,  deren  Grundart  die  Sphaeria  palustris  Berk.  et  Br. 
in  Rabh,  Fg.  europ.,  Nr.  1936,  ist. 

Delitschia  geminispora  Sacc.  et  Flag.  1893  (Grevillea, 
XXI.  Bd.,  p.  66,  Taf.  184,  Fig.  5)  ist  eine  eigene  Gattung, 
vollkommen  gleich  Pachyspora  gigantea  Kirschstein  (Verh. 
bot.  Ver.  Brandbg.  1907,  48.  Bd.,  p.  49)  und  hat  zu  heißen 
Pachyspora  geminispora  (Sacc.  et  Flg.)  v.  H. 

Die  kleinen,  oberflächlich  stehenden,  schwarz  beborsteten 
Arten,  Delitschia  moravica  Niessl  und  D.  bisporula  (Crouan) 
Hans,  sind  Trichosphaeriaceen,  die  vielleicht  zu  Proioventuria 
Berl.  et  Sacc.  (Syll.  Fg.,  IX.  Bd.,  p.  741)  gehören,  welche 
Gattung  ich  aber  nur  der  Beschreibung  nach  kenne.  Die 
Sporen  dieser  Arten  zerfallen  normal  nicht  in  ihre  zwei 
Hälften.  Erst  im  Alter,  wenn  sie  sich  am  Miste  zu  zersetzen 
beginnen,  sieht  man  einzelne  zerfallend. 

Die  kleinen,  kahlen,  teils  oberflächlichen,  teils  eingewach- 
senen, als  Delitschia  beschriebenen  Formen  sind  offenbar  Neo- 


160  K.   Höhnel, 

peckia,  beziehungsweise  Didvmosphacria-Arten,  die  (zufällig?)- 
auf  Mist  zur  Entwicklung  kamen. 

1203.  Über  die  Gattung  Sporormia  de  Notaris. 

Die  Geschichte  dieses  Gattungsnamens  hat  Pirotta  (Nouv. 
Giorn.  bot.  ital.,  1878,  X.  Bd.,  p.  128)  erschöpfend  behandelt. 
Danach  ist  es  kein  Zweifel,  daß  Hortnospora  de  Not.  1844 
der  älteste  Name  der  Gattung  ist.  Den  Gattungsnamen  Sporor- 
mia stellte  de  Notaris  1849  für  einen  anderen  Pilz  der 
gleichen  Gattung  aul.  Diese  Gattungsgleichheit  erkannte  ei- 
erst nachträglich  und  wendete  daher  1863  wieder  den  älteren 
Namen  Hormospora  an.  Es  wäre  daher  dieser  letztere  Name 
der  gültige.  Nachdem  indes  der  Name  Hormospova  schon 
1840  von  Brebisson  für  eine  Algengattung  gebraucht  und 
seither  von  mehreren  Algenforschern  in  verschiedenem  Sinne 
angewendet  worden  war,  so  muß  statt  seiner  für  die  in  Rede 
stehenden  Pilze  der  Name  Sporormia  de  Not.  1849  eintreten, 
wenn  auch  der  Name  Hormospora  Breb.  heute  nur  als 
Synonym  gilt. 

Die  meisten  Sporormia-Avten  sind  sehr  kleine  Pilze,  die 
sich,  zumal  wenn  sie  am  trockenen  Miste  sitzen,  nicht  zur 
Herstellung  von  Achsenschnitten  eignen;  abgesehen  davon, 
daß  solche  kleine  Formen  meist,  ihrer  geringen  Größe  ent- 
sprechend, einen  sehr  vereinfachten,  wenig  und  nur  Unsicheres 
lehrenden  Bau  aufweisen. 

Es  gibt  jedoch  auch  einige  größere  zweifellose  Arten  der 
Gattung,  die  eine  erschöpfende  Aufklärung  über  das  Wesen 
der  letzteren  zu  geben  geeignet  sind.  Eine  solche  ist  Sporor- 
mia megalospora  Awld.  nach  dem  Stücke  in  Rehm,  Ascom. 
exs.,  Nr.  1391. 

Dieser  Pilz  hat  kugelige,  350  bis  450  \i  breite,  ganz  ein- 
gesenkte Fruchtkörper,  die  nur  mit  einer  flachwarzigen,  110  [J^ 
breiten,  40  jjl  hohen  Papille  an  die  Oberfläche  der  Kotballen 
gelangen.  Diese  Papille  zeigt  eine  40  \x  dicke,  schwarze,  klein- 
zellig parenchymatische  Kruste  und  ist  innen  ganz  mit  einem 
ebensolchen,  aber  hyalinen  Zellgewebe  ausgefüllt.  Periphysen 


Fragmente  zur  Mykologie.  161 

fehlen  völlig  und  erfolgt  die  Öffnung  durch  Abbröckeln  der 
Papille.  Die  den  Kern  umgebende  Membran  ist  55  ;x  dick, 
davon  die  innere,  30  »x  dicke  Schichte  aus  etwas  abgeflachten, 
hyalinen,  die  äußere,  25  \i  dicke  Lage  aus  ebensolchen,  aber 
schwarzbraunen,  dünnwandigen,  leeren,  10  bis  20  ji  großen 
Zellen  in  vielen  Lagen  bestehen.  Beide  diese  Schichten  sind 
durch  eine  scharfe,  dünne,  dunklere  Grenzlinie  voneinander 
getrennt.  Jod  gibt  keine  Blaufärbung  der  etwa  30  bis  35  \l. 
großen,  derbwandigen  Schläuche,  zwischen  welchen  verhältnis- 
mäßig wenige,  etwa  2  [i  dicke  Scheinparaphysen,  die  oben  am 
Deckgewebe  angewachsen  sind,  stehen. 

Pirotta  gibt  von  Sp.  megalospora.  minima,  grandispora, 
intermedia,  lageniformis,  Notarisü,  gigaspora  und  octomera 
an,  daß  »Paraphysen«  fehlen  und  benutzt  dieses  Merkmal 
sogar  zur  Einteilung  der  Arten.  Allein  das  ist  unrichtig; 
schon  Niessl  (Österr.  bot.  Ztschr.,  1878,  48.  Bd.,  p.  42)  gibt 
ganz  richtig  an,  daß  alle  Arten  Paraphysen  haben. 

Nach  der  Beschreibung  ist  Sporormia  megalospora  ein 
zweifelloser,  ziemlich  vielschlauchiger,  pseudosphärialer  Pilz, 
der  sich  von  Scleropleella  v.  H.  (Ann.  mye,  1918,  XVI.  Bd., 
p.  157)  wesentlich  nur  dadurch  unterscheidet,  daß  die  Sporen 
schließlich'  in  ihre  Teilzellen  zerfallen. 

Ganz  ebenso  wie  die  Sporormia  megalospora  verhält 
sich  auch  die  Sporormia  ligiiicola  Phill.  et  Plowr.  Diese 
bisher  nur  auf  Laubholz  gefundene  Art  wächst  nach  dem 
Stücke  in  Krieger,  F.  sax.,  Nr.  75,  auch  auf  noch  festem 
Fichtenholze.  Nach  Berlese  (Icon.  Fung.,  1894,  I.  Bd.,  p.  42) 
ist  diese  Art  gleich  Sporormia  ulmicola  Pass.  (Hedwigia, 
1874,  XIII.  Bd.,  p.  52)  und  nur  die  holzbewohnende  Form 
von  Sp.  intermedia  Awld.  Wenn  dies  richtig  ist,  so  ist  die 
Holzform  wahrscheinlich  die  ursprüngliche  und  die  Kotform 
dadurch  zustande  gekommen,  daß  die  erstere  gefressen  wurde, 
ihre  Sporen  den  Darmkanal  durchgegangen  sind,  so  daß  sie 
sich  im  Kote  entwickeln  konnten.  Vermutlich  gilt  dies  auch 
für  andere  der  bisherigen  Sordarieen  und  wäre  es  von  Wichtig- 
keit, hierüber  Fütterungsversuche  anzustellen.  Offenbar  sind 
nur    die    dunkelgefärbten    Sporen    imstande,    den    Darmkanal 


162  F.  Höhnel, 

lebend  zu  durchsetzen,  während  die  hellgefärbten  Sporen  ver- 
daut werden.  Daraus  würde  sich  das  auffallendste  Merkmal 
der  bisherigen  Sordarieen,  ihre  Schwarzsporigkeit,  erklären. 
Am  Miste  entwickeln  sich  die  Fruchtkörper  ganz  anders  als 
am  Holze,  so  daß  man  zwei  ganz  verschiedene  Arten  vor 
sich  zu  haben  glaubt.  Dies  würde  sich  nun  bei  der  Sporormia 
intermedia  Awld.  und  ihrer  (wahrscheinlichen)  Holzform 
.zeigen.  Während  die  erstere  150  bis  200  jjl  große,  fleischig- 
häutige Fruchtkörper  hat,  besitzt  die  Holzform  360  \i  große, 
dickwandige,  harte,  die  nach  Winter  sogar  0*5  bis  0'7mm 
groß  werden  sollen.  Die  Kruste  ist  etwa  50  [i  dick  und 
besteht  aus  etwa  8  \i  großen,  abgeflachten  Zellen.  Periphysen 
und  eine  echte  Mündung  fehlen,  oben  bricht  eine  90  \i  breite 
Papille  ab.  Ist  also  auch  eine  Pseudosphaeriacee. 

Auch  die  Sporormia  gigantea  Hansen,  aus  Krieger, 
F.  sax.,  Nr.  276,  ist  pseudosphärial  gebaut.  Die  350  ;x  breiten 
und  400  [x  hohen  Fruchtkörper  sind  eingesenkt,  nach  oben- 
hin fast  krugförmig  verschmälert  und  mit  einer  150  \i  breiten 
und  80  \i  hohen,  außen  schwarzkrustigen,  innen  mit  klein- 
zelligem, hyalinem  Gewebe  ausgefüllten  Papille  abschließend. 
Oben  ist  die  Membran  40  ;j„  weiter  unten  70  \i  dick,  wovon 
die  Hälfte  auf  die  hyaline  Innenschichte  fällt.  Das  Gewebe 
besteht  aus  braunschwarzen,  halboffenen  Zellen.  Die  Schein- 
paraphysen  sind  2  \i  dick  und  verzweigt;  in  jungen  Frucht- 
körpern sehr  reichlich  vorhanden,  werden  sie  später  mehr 
weniger  aufgelöst. 

Ebenso  ist  die  Sporormia  insignis  Niessl  nach  selbst- 
gesammelten Stücken,  trotz  ihres  oft  gut  entwickelten,  300  \x 
langen  und  200  \i  dicken  Schnabels  eine  pseudosphäriale 
Form.  Die  Fruchtkörper  werden  bis  über  500  [x  breit,  mit 
40  ja  dicker  Membran.  Die  Paraphysen  sind  hier  auch  im 
reifen  Zustande  sehr  zahlreich,  nur  1  ;j.  dick  und  oben  stark 
verzweigt.  Es  ist  kein  Zweifel,  daß  auch  die  kleinen  Arten 
der  Gattung  sich  ebenso  verhalten  werden. 

Die  Gattung  Sporormia  de  Not.  hat  als  Grundart  Sp.fime- 
taria  de  N.,  deren  vielzellige  Sporen  auch  in  Glieder  zer- 
fallen. Daher  ist  die  Gattung  eine  einheitliche,  die  neben  Sclero- 
pleella  v.  H.  zu  den  Pseudosphäriaceen  gestellt  werden  muß. 


Fragmente  zur  Mykologie.  163 

1204.  Über  die  Gattung  Pleophragmia  Fuckel. 

Die  Gattung  ist  1869  in  Fuckel,  Symb.  mycol.,  p.  243, 
aufgestellt  auf  Grund  von  Pleophragmia  leporum  Fuck.,  die 
in  den  F.  rhen.,  Nr.  2272,  ausgegeben  ist.  Ganz  damit  überein- 
stimmende Stücke  gab  Krieger  in  den  F.  saxon.,  Nr.  34,  aus. 
Fuckel's  Beschreibung  der  Gattung  ist  mehrfach  falsch.  Die 
Sporen  sollen  aus  drei  miteinander  verwachsenen  Ketten  von 
Zellen  bestehen  und  Paraphysen  sollen  fehlen.  Allein  es  sind 
zahlreiche,  lange,  2  bis  2-5  »x  dicke  Paraphysen  vorhanden 
und  der  runde  Querschnitt  der  Sporen  erscheint  kreuzförmig 
geteilt,  die  Sporenzellen  stehen  also  in  vier  Reihen. 

Die  Perithecien  sind  ganz  eingewachsen,  ohne  Stroma, 
rundlich,  240  bis  400  [i  groß  und  zeigen  oben  eine  kaum 
vorragende,  schwarze,  derbwandige,  100  |x  hohe  und  breite 
Papille  mit  einem  etwa  50  \x  weiten  Mündungskanal.  Die  Peri- 
thecienmembran  ist  oben  stärker,  sonst  ringsum  20  bis  30  [x 
dick  und  besteht  aus  vielen  Lagen  von  dünnwandigen,  ab- 
geflachten, großen,  schwarzbraunen  Zellen. 

Der  Pilz  wurde  bisher  zu  den  Sordariaceen  gestellt,  ist 
aber  eine  ganz  echte  Pleospora  Rabenhorst  1857  (Bot. 
Zeitung,  XV.  Bd.,  p.  428),  die  Pleospova  leporum  (Fuck.)  v.  H. 
zu  heißen  hat. 

Pleophragmia  Fuckel  1869  ist  daher  gleich  Pleospora 
Rbh.  1857.  Es  gibt  drei  mit  dieser  Art  sehr  nahe  verwandte 
Pleospora-  Arten.  Pleospora  Heuniugsiana  Ruh  Id.  Jahn  et 
Paul  (Verh.  bot.  V.  Brandbg.,  1902,  43.  Bd.,  p.  105).  Peri- 
thecien 350  fx  breit;  Schläuche  160  bis  180  «  20  bis  28  |x 
groß;  Sporen  dunkelbraun,  sieben-  bis  neunteilwandig,  45  bis 
50  ^  10  bis  15  [x.  Auf  abgestorbenen  Laubholzzweigen. 

Pleospora  ligni  Kirsch  st  ein  (ebenda,  1907,  48.  Bd., 
p.  57).  Perithecien  200  bis  300  ;x;  Schläuche  200  ~  24  \i; 
Sporen  dunkelbraun,  meist  neunteilwandig,  36  bis  45  ^  12  bis 
15  jx.  Von  der  vorigen  kaum  artlich  verschieden.  Pleospora 
Phragmitis  Höllos  1910  (Syll.  Fung.,  XXII.  Bd.,  p.  274), 
Perithecien  700  «  300  |x;  Schläuche  130  bis  160  «  20  bis 
24  |x;  Sporen  dunkelbraun,  neunteilwandig,  44  bis  50  -  10 
bis   12  ix. 


164  F.  Höbnel, 

Vermutlich  ist  Pleospora  leporum  (Fuck.)  v.  H.  nur  die 
Hasenkotform  der  letzteren  Art. 

Die  von  Kirschstein  in  Krypt.  Fl.  Brandbg.,  1911, 
VII.  Bd.,  p.  198,  beschriebene  Pleophragmia  pleospora  ist 
nach  der  Beschreibung  gewiß  auch  eine  Pleospora,  eine 
Tierkotform,  vermutlich  von  Pleospora  herharum. 

1205.  Über  die  Gattung  Rhynchostoma  Karsten. 

Die  Gattung  wurde  aufgestellt  in  Karsten,  Mycol.  Fenn., 
1873,  II.  T.,  p.  7.  Nach  der  Beschreibung  handelt  es  sich  um 
Ceratostomeen  mit  langgeschnäbelten,  eingewachsenen  oder 
hervorbrechenden  Perithecien  und  zweizeiligen  braunen  .Sporen. 
Die  Grundart  wäre  Rhynchostoma  cornigerum  K.  (a.  a.  O., 
p.  57),  die  aber  Karsten  nur  im  überreifen  Zustande  beob- 
achtet hat,  ohne  Schläuche.  Außerdem  beschrieb  er  noch  die 
Rh.  exasperans,  bei  welcher  Paraphysen  nicht  erwähnt  werden, 
und  Rh.  miuutuni  mit  fadenförmigen  langen  Paraphysen.  Die 
Gattung  scheint  sich  von  Lentomita  Niessl  nur  durch  die 
gefärbten  Sporen  zu  unterscheiden. 

Winter  (Pilze  Deutschlands,  II.  Abt.,  1887,  p.  761)  faßte 
die  Gattung  anders  auf,  betrachtet  sie  als  stromatisch  und 
brachte  sie  neben  Anthostoma  Ntke.  Er  stellte  als  erste  Art 
die  Sphaeria  apiculata  Currey  in  dieselbe.  Daher  ist  Rhyncho- 
stoma Winter   1887  verschieden  von  Karsten's  Gattung. 

Winter  hält  die  Sporen  der  Sphaeria  apiculata  für  zwei- 
zeilig mit  einem  hyalinen  Anhängsel.  Niessl  (Verh.  nat.  Ver. 
Brunn,  1872,  X.  Bd.,  p.  206,  Taf.  VII,  Fig.  48),  der  den  Pilz 
als  Anthostoma-  trabeum  neu  beschrieb,  sagt,  daß  die  Sporen 
eine  zweischichtige  Membran  haben,  deren  äußere  hyaline 
Schichte  an  den  beiden  Enden  etwas  vorragt,  wodurch  mehr 
minder  vorstehende  hyaline  Endsegmente  zustande  kommen. 
Ferner  sagt  er,  daß  die  braunen  Sporen  außerhalb  der  Mitte 
eine  Querlinie  zeigen,  von  welcher  er  jedoch  nicht  sicher 
ist,  ob  sie  von  einer  Querwand  herrührt  oder  nur  von  einer 
ringförmigen  Verdickung  der  Membran. 

Die  nähere  Untersuchung  der  Stücke  in  Rehm,  Ascom. 
exs.,    Nr.  614   und  614  fr,    sowie    Krieger,    F.  sax.,    Nr.   176, 


Fragmente  zur  Mykologie.  165 

zeigte  mir  nun,  daß  der  Pilz  kein  Stroma  besitzt,  also  eine 
einfache  Sphäriacee  ist.  Die  zylindrischen  Schläuche  sind 
oben  nur  wenig  verdickt  und  quer  abgestutzt.  Sie  geben  mit 
Jod  keine  Blaufärbung.  Die  Sporen  wechseln  in  der  Größe 
sehr  und  sind  etwas  abgeflacht:  18  bis  34«  9*5  bis  14« 
5  bis  6  ;j.. 

Ursprünglich  sind  sie  hyalin  und  einzellig.  Dann  wird, 
meist  am  oberen  Ende,  eine  3  bis  4  [x  hohe  Kappe  durch 
eine  Querwand  abgeschnitten.  In  dem  abgegrenzten  Teil  ist 
deutlich  körniges  Plasma  sichtbar.  Die  Kappenzelle  bleibt 
meist  hyalin  oder  fast  so.  Die  große  Schwesterzelle  wird 
dunkelbraun,  bleibt  entweder  einfach  oder  teilt  sich  bei  guter 
Entwicklung  in  zwei  ungleich  lange  Zellen,  so  daß  nun  die 
Spore  dreizellig  wird  und  die  Mittelzelle  die  größte  ist,  etwa 
3  bis  4  ;j.  länger  als  ihre  Schwesterzelle.  So  hatte  eine  28  [i 
lange  Spore  eine  4  [x  lange,  hyaline  Kappenzelle,  eine  14  (i 
lange,  braune  Mittelzelle  und  eine  10  ;jl  lange,  braune  End- 
zelle. An  der  fast  in  der  Mitte  stehenden  zweiten  Querwand 
ist  oft  eine  deutliche  Einschnürung  vorhanden,  auch  zeigen 
sich  in  den  beiden  braunen  Zellen  zu  beiden  Seiten  der 
Querwand  oft  große  Luftbläschen,  die  nicht  miteinander  ver- 
schmelzen, so  daß  kein  Zweifel  möglich  ist,  daß  es  sich  um 
eine  wirkliche  Querwand  handelt.  An  dem  der  Kappe  gegen- 
überliegenden Ende  der  Sporen  ist  häufig  eine  ganz  schwache, 
hyaline  Anschwellung  der  Sporenhaut  zu  sehen. 

Nach  allem  ist  die  Sphaeria  apictdata  Curr.  eine  kurz- 
schnäbelige  RhyncJwsphaeria  Sacc.  mit  ungleich  dreizelligen 
Sporen,    deren    kleine  Endzelle  hyalin  und  dünnhäutig  bleibt. 

Der  Pilz  muß  in  eine  eigene  Gattung  gestellt  werden. 

Saccardo  hat  in  Syll.  Fung.,  1882,  I.  Bd.,  p.  278  und 
286,  bei  der  Gattung  Anfliostomella  zwei  Untergattungen: 
EiidiülwsiomeUa  (Sporen  ohne  hyaline  Anhängsel)  und  Ento- 
sordaria  (Sporen  an  einem  oder  beiden  Enden  mit  hyalinen 
Anhängseln)  unterschieden. 

Die  Untersuchung  der  Grundart  von  Entosordaria,  A.  per- 
fidiosa  (de  Not.)  Sacc.  (gleich  .4.  Poeischii  Niessl)  hat  mir 
nun  gezeigt,  daß  das  angebliche  hyaline  Anhängsel  am  oberen 
Ende  der  Sporen  dieser  Art  eine  eigene  Zelle  ist.  Die  Sporen 


166  F.  Höhnel. 

derselben  sind  also  zweizeilig.  Sehr  leicht  sieht  man  dies  bei 
der  zweiten  angeführten  Art:  A.  appendiciilosa  (B.  et  Br.) 
Sacc,  wo  die  zellige  Natur  des  Anhängsels  auch  an  den 
ganz  reifen  Sporen  sofort  zu  erkennen  ist,  weil  keine  Yer- 
schleimung  desselben  erfolgt. 

Entoso rJurici  Sacc.  emend.  v.  H.  ist  daher  eine  eigene, 
von  Enanihostomella  Sacc.  verschiedene  Gattung  mit  zwei- 
zeiligen Sporen  mit  einer  großen  braunen  und  einer  kleinen 
hyalinen  oder  fast  hyalinen  Zelle.  Bei  zwei  Arten  von  Ento- 
sordaria  findet,  selten  oder  meist,  auch  eine  Teilung  der 
großen  braunen  Sporenzelle  in  zwei  ungleich  große  Zellen 
statt,  genau  so  wie  bei  der  Sphaeria  apiculata  Curr. 
Selten  bei  Entosordaria  perfidiosa  (de  Not.)  v.  H.,  meist  bei 
Entosordaria  Cacti  (Schw.)  Sacc.  Dasselbe  ist  stets  der  Fall 
bei  Entosordaria  altipeta  (P.eck)  v.  H.,  gleich  Rkynchostoma 
altipetum  (Peck)  Sacc. 

Von  den  155  beschriebenen  Antliostomella- Arten  gehören 
teils  sicher,  teils  wahrscheinlich  zu  Entosordaria  folgende 
,  Arten: 

Entosordaria  pedemontana  (Ferr.  et  Sacc.)  v.  H.  (==  ?Reh- 
mii  [Thüm.]  v.  H.);  dryina  (Mouton)  v.  H.;  albocincta  (E.  et 
Ev.)  v.  H.;  cornicoia  (E.  et  Ev.)  v.  H.;  tersa  (Sacc.)  v.  H.; 
Magnoliae  (E.  et  Ev.)  v.  H.;  Cacti  (Schw.)  v.  H.;  Molleriana 
(Wint.)  v.  H.;  sabalensioides  (E.  et  Martin)  v.  H.;  hemileuca 
(Speg.)  v.  H.;  Ammophilae  (Ph.  et  Plowr.)  v.  H.;  cymbi- 
spernni  (Wint.)  v.  H.;  Fuegiana  (Speg.)  v.  H.;  perfidiosa 
(de  Not.)  v.  H.  (gleich  Poetschii  [Niessl]);  appendiculosa 
(B.  et  Br.)  v.  H.;  umbrinella  (de  Not.)  v.  H.;  italica  (Sacc. 
et  Speg.)  v.  H.;  tomicoides  (Sacc.)  v.  H.;  Rehmii  (Thüm.) 
v.  H.;  altipeta  (Peck.)  v.  H.;  clypeoides  (Rehm)  v.  H.  (Ann. 
myc,   1909,  VII.  Bd.,  p.  406). 

Auch  Anthostoma  urophora  Sacc.  et  Speg.  (Syll.  Fg., 
I.  Bd.,  p.  295)  wird  Entosordaria  urophora  (Sacc.  et  Speg.) 
v.  H.  zu  nennen  sein. 

In  der  Untergattung  Entosordaria  sind  in  der  Syll.  Fung. 
noch  viele  andere  Arten  angeführt,  die  längere,  borstenförmige 
Anhängsel  an  einem  oder  beiden  Sporenenden  besitzen.  Ob 
diese  Anhängsel  nur  Zellhautverdickungen  oder  auch  zelliger 


Fragmente  zur  Mykologie.  16« 

Natur  sind,  muß  noch  geprüft  werden.  Bei  Anthostomella 
rostrispora  (Gerard)  Sacc.  var.  foliicola  Sacc.  auf  morschen 
Birkenblättern,  in  Rehm,  Ascom.  exs.,  Nr.  1388,  scheinen  die 
jungen  Sporen  drei-  bis  fünf  zellig  zu  sein  und  sich  dann  die 
mittlere  Zelle  zu  vergrößern  und  braun  zu  färben,  wären  also 
die  pfriemlichen  Anhängsei  zelliger  Natur.  S.  Fr.  1212. 

Alle  oben  angeführten  Entosor dar ia- Arten  sind  ganz  ähn- 
lich der  Sphaeria  apiculata  Curr.,  nur  daß  bei  den  meisten 
Arten  die  große  braune  Sporenzelle  ungeteilt  bleibt. 

Daher  ist  dieser  Pilz  auch  eine  Eutosordaria,  E.  api- 
culata (Curr.)  v.  H. 

Eutosordaria  als  Untergattung  in  der  Syll.  Fung.  ist 
jedenfalls  eine  Mischgattung.  Aber  auch  Eutosordaria  Sacc- 
v.  H.  im  obigen  Sinne  ist  vielleicht  keine  einheitliche  Gattung, 
da  bei  einzelnen  Arten  derselben  ein  Clypeus  und  eine  Jod- 
reaktion der  Schläuche  vorhanden  ist  oder  nicht,  auch  die 
Sporen  zwei-  bis  dreizellig  sind.  Sie  wird  daher  auf  Grund 
der  Urstücke  noch  näher  zu  prüfen  sein. 

Die  Gattung  Eutosordaria  Sacc.-em.  v.  H.  wird  bis  auf 
weiteres  wie  nachfolgt  zu  beschreiben  sein. 

Eutosordaria  Sacc.  (ut  Subg.)  em.  v.  H.  als  Gattung: 

Ceratostomeen.  Perithecien  eingewachsen,  oft  hervor- 
brechend, mit  kurzem,  oft  nur  papillenförmigem  Schnabel, 
kugelig,  derbhäutig,  kleinzellig  parenchymatisch.  Paraphysen 
vorhanden.  Schläuche  meist  zylindrisch.  Sporen  meist  ein- 
reihig, länglich,  an  einem  Ende  mit  sehr  kleiner  hyaliner 
Zelle  und  ein  bis  zwei  großen  braunen  Zellen.  Mittelzelle, 
wenn  vorhanden,  am  längsten.  Ohne  oder  mit  Jodblaufärbung, 
des  Schlauchporus. 

Grundart:  Eutosordaria  perfidiosa  (de  Not.)  v.  H. 

Syn.:  Sordaria  perfidiosa   de  Notaris   1867. 

Anthostomella  Poeischii  Niessl   1876. 
Anthostomella  perfidiosa  (de  Not.)  Sacc.  1882. 

1206.  Didymella  Pandani  v.  H.  n.  sp. 

Perithecien  die  ganze  Blattoberseite  bedeckend,  ungleich- 
mäßig verteilt,  kleine,  dichtere  Herden  bildend,  die  durch 
Stellen,    wo    sie   lockerer  angeordnet    sind,    ineinander    über- 


168  F.  Höhnel, 

gehen,  eine  Zellage  unter  der  Epidermis  eingewachsen,  schwarz, 
fast  kugelig,  130  bis  180  \i  groß,  mit  einer  6  bis  8  \i  dicken 
Membran,  die  aus  zusammengepreßten,  schwarzbraunen,  8  bis 
15  [i  großen,  dünnwandigen  Parenchymzellen  besteht,  außen 
mit  Hyphen  überzogen.  Zwischen  den  Perithecien  keine  ge- 
färbten verbindenden  Hyphen  zu  sehen.  Mündungspapille  blaß, 
20  [jl  hoch,  die  Epidermis  durchbrechend,  nicht  vorragend,  mit 
rundlicher  oder  länglicher,  12  bis  20  \i  breiter,  unregelmäßig 
schwarz  beringter  Mündung,  mit  deutlichen  Periphysen.  Para- 
physen  zahlreich,  lang,  verschleimt  verschmolzen.  Schläuche 
zahlreich,  keulig,  unten  ziemlich  kurz  knopfig  gestielt,  mäßig 
derbwandig,  oben  abgerundet,  allmählich  wenig  verdickt,  ohne 
Jodfärbung,  76  bis  80  »  20  \x.  Sporen  zu  acht  zweireihig, 
hyalin,  zarthäutig,  mit  vielen  Tröpfchen,  zweizeilig,  obere 
Zelle  breiter  und  um  die  Hälfte  länger  als  die  untere,  an 
den  Enden  wenig  verschmälert  abgerundet,  20  bis  22  ^  7  bis 
8  \x.  Nebenfrucht  Septoriopsis  Pandaui  v.  H.  n.  G.  Pykniden 
wie  die  Perithecien,  aber  Papille  schwarzbraun,  zylindrisch, 
25  \).  breit  und  hoch;  Träger  kurz,  papillenförmig,  unten  und 
seitlich.  Conidien  hyalin,  einzellig,  mit  reichlichem  Inhalt, 
gerade,  verkehrt  keulig,  unten  spitzlich,  darüber  5  bis  7  ;x 
breit,  nach  obenhin  allmählich  auf  2  jji  verschmälert,  oben 
stumpflich,  in  einer  Lage  stehend,  40  bis  60  ~-  5  bis  7  \i. 

Auf  dürren  P^ m/V/ ////x- Blättern  im  Botanischen  Garten 
von  Buitenzorg,  Java,   1907,  von  mir  gesammelt. 

Wäre  mit  Didymclla  pandanicola  Syd.  zu  vergleichen, 
von  der  ich  nur  den  Namen  aus  Ann.  myc,  1917,  XV.  Bd., 
p.  207,  kenne. 

Die  beschriebene  Didymella  paßt  sehr  gut  in  die  Gattung 
nach  den  Angaben  in  Ann.  myc,   1918,  XVI.  Bd.,  p.  64. 

1207.  Astrosphaeriella  bambusella  v.  H.  n.  sp. 

Perithecien  zerstreut  oder  in  kleinen  Herden,  sich  fünf 
Zellagen  unter  der  Epidermis  entwickelnd,  mit  flacher,  runder, 
0/5  bis  l  mm  breiter  Grundfläche  der  Sclerenchymschichte 
aufsitzend  und  bis  Q-7mm  weit  stumpf  lich-kegelig  vor- 
brechend,   von    den  Gewebslappen   an    der  Basis    zaekig-ring- 


Fragments  zur  Mykologie.  169 

förmig  begrenzt.  Peritheeienmembran  spröd-kohlig,  an  der 
Grundfläche  dünner,  am  Kegel  dick.  Perithecien  schwarz, 
hart,  glänzend.  Mündung  an  der  Spitze  des  Kegels,  rundlich. 
Paraphysen  sehr  zahlreich,  schleimig  verbunden,  die  Schläuche 
überragend,  kaum  1  ;j,  dick,  oben  verzweigt.  Schläuche  zahl- 
reich, spindelig-keulig,  gestielt,  oben  zylindrisch  vorgezogen, 
am  Scheitel  abgerundet  und  wenig  verdickt,  ohne  Jodfärbung, 
160  bis  270^10  bis  12  ;x.  Sporen  zu  acht  zweireihig,  zwei- 
zeilig, schwach  bräunlich,  spindelförmig,  spitzlichendig,  meist 
gerade,  dünnhäutig,  an  der  Querwand  nicht  oder  wenig  ein- 
geschnürt, 44  bis  48  ^  4  bis  6  \x. 

Ari  Bambusrohrhalmen,  Tjibodas,  Java,  1907,  von  mir 
gesammelt. 

Von  der  Grundart  .4.  fusispora  Syd.  (Ann.  mye.,  1913, 
XI.  Bd.,  p.  260)  gut  verschieden.  Die  Gattung  Asirosphaeriella 
steht  Oxydothis,  Merilliopeliis  und  Ceriospora  (Ann.  mye, 
1918,  XVI.  Bd.,  p.  68  und  92)  wohl  nahe,  wird  aber  wegen 
der  mangelnden  Jodreaktion  vermutlich  von  Didymöspkaeria 
im  Sinne  Rehm's  abzuleiten  sein  und  nicht  von  Ceriospora, 
was  auch  die  schwache  Färbung  der  Sporen  zeigt. 

1208.    Über  Pterydiospora   javanica  Pen  zig   et   Saccardo. 

Von  diesem  in  Icon.  Fung.  javanic,  1904,  p.  13,  Taf.  X, 
Fig.  3,  beschriebenen  und  abgebildeten  Pilze  wird  angegeben, 
daß  die  Sporen  hyalin  sind.  Ich  habe  denselben  nach  dem 
Urstücke  im  Fragm.  Nr.  377,  VIII.  Mitt,  1909,  behandelt  und 
die  Sporen  auch  hyalin  gefunden.  Infolgedessen  erklärte  ich 
ihn  als  mit  Massarinula  zunächst  verwandt.  Ich  hatte  dabei, 
ebenso  wie  Penzig  und  Saccardo,  nicht  in  Erwägung  ge- 
zogen, ob  das  Urstück  auch  völlig  ausgereift  ist.  Nun  zeigte 
mir  ein  von  mir  selbst  1908  auch  bei  Tjibodas  gesammeltes 
Stück,  daß  die  reifen  Sporen  schon  in  den  Schläuchen  durch- 
scheinend hellviolett  werden. 

Infolgedessen  ist  die  Gattung  Pterydiospora  P.  et  S.  zu- 
nächst mit  Pliorcys  Niessl  1876  =  Massariella  Speg.  1880 
verwandt.  Sie  unterscheidet  sich  von  dieser  Gattung  durch 
die  kegeligen,  ganz  hervorbrechender,  derben,  lederig-kohligen 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,   129.  BJ.  1- 


170  F.   Höhne!, 

Perithecien,  die  mehr  keuligen  Schläuche,  die  zwei-  bis  drei- 
reihig liegenden  Sporen,  die  eine  nur  dünne  Schleimhülle- 
haben, welche  am  unteren  Ende  stark  breit  zungenförmig 
vorgezogen  ist. 

1209.  Massariopsis  substriata  v.  H.  n.  sp. 

Perithecien  meist  einzeln,  selten  zu  zwei  verwachsen,  in 
ausgebreiteten  Herden,  50  ll  tief,  vier  Zellagen  unter  der  Epi- 
dermis zwischen  Sklerenchymfasern  eingewachsen,  wenig  ab- 
geflacht kugelig,  oft  etwas  länglich,  350  bis  600  (x  groß,  oben 
mit  einem  gut  abgesetzten,  50  \x  langen,  dicken  Hals  vor- 
brechend, der  einen  30  bis  40  \x  breiten  Kanal  zeigt,  sich  in 
der  Epidermis  zu  einem  meist  nur  180  \x  großen  Clypeus 
erweitert,  der  die  flache,  scharfrandige,  erst  8  bis  10  [x,  dann 
2'  l  bis  25  [x  große  Mündung  enthält.  Clypeus  oft  viel  größer 
und  dann  flach  vorgewölbt.  Perithecienmembran  12  bis  20  \x 
dick,  aus  vielen  Lagen  von  stark  zusammengepreßten,  dunkel- 
braunen Parenchymzellen  bestehend.  Periphysen  fehlend.  Para- 
physen  zahlreich,  zarthäutig,  dünn  bis  bandförmig,  kaum  ver- 
zweigt. Schläuche  zylindrisch,  kurz  gestielt,  oben  abgerundet 
und  stark  verdickt,  ISO  ^  8  \x.  Jod  färbt  unter  der  Verdickung 
eine  dicke  Qüerplatte  stark  blau.  Sporen  zu  acht,  einreihig, 
schön  braunviolett,  zweizeilig,  spindelig-länglich,  an  den  Enden 
verschmälert  abgerundet,  gerade,  an  der  Querwand  nicht  ein- 
geschnürt, 1(3  bis  25  ^  5  bis  7  \x,  der  Länge  nach  oft  kaum  sicht- 
bar fein  hyalin  gestreift,  auf  jeder  Seite  vier  bis  sechs  Streifen. 
Querschnitt  der  Sporen  kreisrund,  am  Rande  oft  fein  hyalin 
krenuliert. 

Auf  Bambusrohr  in  Tjibodas  und  Buitenzorg,  Java,  1907, 
von   mir  gesammelt. 

ich  stelle  diese  Form  vorbehaltlich  der  Revision  der  in 
Betracht  kommenden  Gattungen  einstweilen  zu  Massariopsis 
Niessl  im  Sinne  von  Rehm  in  Ann.  mye,  1906,  IV.  Bd., 
p.  269,  wegen  der  Blaufärbung  des  Porus. 

1210.  Über  Cladosphaeria  Sambuci  racemosae  Otth. 

In  meinem  Fragment  zur  Mykologie,  Nr.  1042,  NN.  Mitt, 
1917,  gab  ich  an,  daß  Sphaeria  hirta  Fries,  welche  Rarste- 


Fragmente  zur  Mykologie.  1  i  I 

mihi  kirta  (Fr.)  v.  H.  zu  heißen  hat,  an  den  dünnen  Zweigen 
in  einer  abweichenden  Form  mit  stets  kleineren  (20  bis  22  » 
(3  \t)  blassen  und  vierzelligen  Sporen  auftritt,  die  man  für  eine 
eigene  Art  halten  möchte. 

Dies  ist  nun  tatsächlich  schon  geschehen,  denn  es  ist 
kein  Zweifel,  daß  der  von  Otth  (Mitt.  naturf.  Gesellsch.  Bern, 
1871,  p.  108)  unter  dem  Namen  Cladosphaeria  Sambuci  race- 
mosae  beschriebene  Pilz  ebendiese  kleinsporige  Form  der 
dünnen  Zweige  ist.  Diese  Form  müßte  nun  Karstenula  hirta 
(Fr.)  v.  H.  forma  Sambuci  racemosae  (Otth)  v.  H.  genannt 
werden,  welcher  Name  aber  unpassend  ist,  da  der  Pilz  nur 
auf  dem  Traubenhollunder  wächst. 

1211.  Über  die  Gattung  Ophiobolus  Aut.  (non  Riess). 

In  Ann.  mycol.,  1918,  XVI.  Bd.,  p.  85,  habe  ich  gezeigt, 
daß  die  Gattung  Ophiobolus  im  heutigen  Sinne  in  drei  von- 
einander völlig  verschiedene  Gattungen  zerfällt,  mit  den  Grund- 
arten Leptospora  porphyrogona  (Tode)  Rabh.  1857,  Ento- 
desmium  rüde  Riess  1854  und  Ophiobolus  acumiuatiis  (Sow.) 
Duby  1854.  Eine  nähere  Prüfung  der  Stellung  dieser  Gattungen 
ergab  nun,  daß  Leptospora  porphyrogona  ein  echt  sphärialer 
Pilz  ist.  Entodesmium  rüde  hingegen  ist  dothidealer  Natur. 
Die  Fruchtkörper  sind  perithecienähnlich,  aber  oft  sehr  schön 
stromatisch  verwachsen,  wo  dann  die  dothideale  Beschaffen- 
heit ohne  weiteres  zu  erkennen  ist.  Sie  sind  etwa  420  jx  hoch 
und  unten  kugelig  ausgebaucht;  die  obere  Hälfte  bildet  einen 
oben  abgerundeten,  220  ;x  hohen,  160  \x  dicken  Zylinder,  der 
anfänglich  ganz  mit  einem  hyalinen  Parenchym  ausgefüllt  ist, 
schließlich  aber  kanalartig  durchbrochen  wird.  Bei  dieser 
Gelegenheit  wird  das  in  der  Achse  des  Zylinders  befindliche 
Gewebe  in  eine  feinkörnige  schleimige  Masse  verwandelt,  in 
der  sich  eine  sehr  zartfaserige  Struktur  erkennen  läßt,  wodurch 
Periphrysen  vorgetäuscht  werden,  die  aber  völlig  fehlen,  ebenso 
wie  ein  echtes  Ostiolum.  obwohl  die  reifen  Fruchtkörper  eine 
sehr  regelmäßige  runde  Öffnung  zeigen.  Die  schwarze,  etwa 
30  [jl  dicke  Wandung  ist  nach  innen  schlecht  abgegrenzt  und 
besteht  aus  wenig  abgeflachten,  bis  20  \l  großen,  dünnwandigen 


1  72  F.  Höhnet, 

Zellen.  Auch  das  Stromagewebe  zwischen  den  Fruchtkörpern 
ist  offenzellig  parenchymatösen.  Der  Pilz  tritt  nicht  selten,  so 
in  dem  Stücke  in  Krieger,  Fg.  sax.,  Nr.  2215,  in  eigenartigen 
zurückgebliebenen  Zwergformen  auf,  die  eine  Nebenfrucht  des- 
selben vortäuschen.  Es  sind  dies  meist  in  Gruppen  stehende, 
150  bis  200  [x  breite,  weiße,  schwarz  berandete,  sitzende  oder 
kurz  und  dick  gestielte  Scheibchen,  die  2  bis  2*5  ;x  breite, 
parallele,  paraphysenartige  Fäden  enthalten. 

Eutoihsmiiuu  Wide  könnte  ohne  weiteres  als  Dothideacee 
gelten. 

Oplüobohis  niariti m ns  Sacc.  hat  nach  der  Beschreibung 
(Michelia,  1878,  I.  Bd.,  p.  119)  fadenförmige  hyaline  Sporen, 
die  in  zylindrische,  zweizeilige,  15  bis  20  «  2  ;jl  große  Glieder 
zerfallen.  Die  Perithecien  stehen  einzeln  in  kleinen  Herden. 
Von  einem  Stroma  ist  nicht  die  Rede.  Der  Pilz  ist  nicht  wieder 
und  anscheinend  nur  spärlich  gefunden  worden,  denn  B erlese 
(Icon.  Fung.,  1900,  II.  Bd.,  p.  127)  konnte  am  Urstücke  nichts 
mehr  feststellen.  Da  Paraphysen  angeblich  fehlen  und  kein 
Stroma  vorhanden  ist,  gehört  der  Pilz  gewiß  nicht  zu  Ento- 
iLsmium.  Ist  vielleicht  eine  neue  Diaportheengattung. 

Oplüobohis  cicnnünatns  (Sow.)  Duby  ist  ein  sphärialer 
Pilz.  Echte  Arten  der  Gattung  Oplüobohis  Riess  (non  Aut.)  = 
Leptosplhicriopsis  B erlese  sind  nach  des  letzteren  Angaben 
(leon.  Fg.,  1900,  II.  Bd.,  p.  139)  noch  Leptosphacria  <>p/n<>- 
boloidcs  Sacc.  und   Ophinbolns  Bardanae  (Fuck.)  Rehm. 

Oph.iobolns  cnniprcssus  Rehm  und  Oplüobohis  Tainicch 
(Fuck.)  Sacc.  haben  3*5  bis  4-5;j,  breite,  gefärbte  Sporen 
mit  vielen  deutlichen  Querwänden,  sind  dothideal  gebaut  und 
nichts  anderes  als  lang-  und  schmalsporige  echte  Lcph>- 
sphaeria-  Arten. 

Ganz  deutlich  dothideal  ist  auch  Oplüobohis  licrpolricluts 
(Fries),  aber  mit  nur  2  ;x  breiten  Sporen. 

Oplüobohis  Roslrnpii  Ferd.  et  Winge  ist,  wie  schon 
Lind  angab  (Ann.  mye,  1915,  XIII.  Bd.,  p.  17)  gleich  Lino- 
spora  BriincUac  E.  et  Ev.  =  Hypospila  Brnnellac  E.  et  Ev. 
(Proc.  Acad.  nat.  scienc.  Philad.,  1894-95,  p.  337,  338).  Der 
Pilz  wurde  von  B erlese  (Icon.  Fung.,  1900,  II.  Bd.,  p.  149) 
zu   Ceuthocarpon   Karst,   gestellt;    indessen    sagt    er,    daß    er 


Fragmente  zur  Mykologie.  1  73 

besser  bei  Ophiobohis  stünde.  Lind  sagt,  daß  der  Pilz  eine 
Clypeosphäriacee  ist,  weil  er  Ceufhocttr/vm,  das  eine  Dia- 
porthee  ist,  für  eine  solche  hält. 

Theissen  und  Sydow  (Ann.  myc.,  1918,  XYI.  Bd.,  p.  25; 
sagen,  daß  der  Pilz  in  der  Wachstumsweise  und  im  Bau  des 
Nukleus  ganz  mit  Fhaeosphitefttta  maciilaris  übereinstimmt. 
Sie  geben  an,  daß  eine  kurze,  später  abfallende  Scheitel- 
papille  vorhanden  ist  und  die  Schläuche  einen  grundständigen 
Büschel  bilden. 

Die  Untersuchung  des  Pilzes  in  Ellis  u.  Everh.,  Fg. 
Columb.,  Nr.  939,  zeigte  mir  aber,  daß  diese  Angaben  un- 
richtig sind.  Die  zwischen  den  beiden  Blattepidermen  ein- 
gewachsenen 350  |x  großen,  etwas  abgeflacht  kugeligen  Frucht- 
körper haben  unten  und  seitlich  eine  gleichmäßig  20  bis  25  \x 
dicke  Stromawand,  die  aus  meist  drei  Lagen  von  offenen, 
großen,  schwarzbraunen  Zellen  bestehen,  die  etwas  gestreckt 
und  meist  deutlich  senkrecht  gereiht  sind.  Nach  oben  hin 
wird  die  Wandung  dicker  und  ist  an  der  dothidealen  Mün- 
dung 60  \x  dick.  Der  25  ;x  breite  Mündungskanal  erweitert 
sich  nach  oben  auf  35  \x.  Die  Mündung  ist  flach  oder  fast 
so.  Eine  abfällige  Papille  fehlt.  Manchmal  enthält  das  Stroma 
zwei  Lokuli.  Die  sehr  zahlreichen  Schläuche  sitzen  durchaus 
nicht  büschelig  am  Grunde,  sondern  ganz  so  wie  bei  Lepto- 
spliaeria  sich  mehr  minder  weit  an  den  Seitenwänden  hinauf- 
ziehend. Paraphysoide  Fäden  sind  zwischen  den  Schläuchen 
in  großer  Menge  vorhanden  und  reichen  bis  zum  Scheitel 
des  Schlauchraumes.  Die  Sporen  sind  spindelig-zylindrisch, 
sind  meist  125  ;j.  lang,  in  der  Mitte  bis  5-5  ;x  dick,  nach  den 
stumpflichen  Enden  hin  schmäler.  In  der  Mitte  ist  eine  deut- 
liche Querwand  mit  starker  Einschnürung,  wo  manchmal  ein 
Zerbrechen  der  Sporen  stattfindet.  In  den  beiden  Hälften  sind 
noch  mehrere,  aber  öfter  wenig  deutliche  Querwände  zu  sehen. 
Die  einzeln  liegenden  Sporen  sind  blaßgelblich,  der  achtsporige 
Schlauchinhalt  ist  aber  ockergelb. 

Danach  ist  der  Pilz  eine  ganz  echte,  dothideale  hepto 
sphaeria  de  Not.  (non  Aut.)  mit  sehr  langen  schmalen  Sporen. 
Er  ist  mit  Ophiobohis  compressits  und  O.  Tanaceti  ver- 
wandt. 


174  F.  Höhnel, 

Für  diese  langsporigen  Leptosphacria- Arten,  die  von  den 
sphärialen  Leptospora  Rbh. -Arten  ganz  verschieden  sind,  muß 
doch  wohl  eine  eigene  Gattung  aufgestellt  werden,  die  ich 
Leptosporopsis  nenne. 

Leptosporopsis  ist  eine  dothideale  Gattung,  die  zu  den 
Montagnelleen  gestellt  werden  muß,  während  Phaeosphaerella 
eine  Pseudosphäriacee  ist. 

Die  Opliiobol us- Arten  mit  ganz  dünnen  Sporen  mit  oder 
ohne  Knotenzelle  werden  wohl  meist  sphärialer  Natur  sein 
und  zu  Leptospora  Rabh.  gehören.  Aber  auch  jene  Arten, 
die  breite,  deutlich  mehrzellige,  gefärbte  Sporen  mit  Knoten- 
zelle besitzen,  werden  sphärialer  Natur  sein  und  sich  von 
Nodiilosplnicrid  ableiten,  also  zu  Leptospora  gehören. 

Es  gibt  aber  auch  Arten  mit  ziemlich  breiten,  deutlich 
zelligen  Sporen  ohne  Knotenzelle,  die  sphärialer  Natur  sind, 
so  Ophiobohis  fruticum. 

Ob  es  schmalsporige  Formen  dothidealer  Natur  gibt,  wird 
noch  zu  untersuchen  sein.  Eine  Übergangsform  dazu  wäre 
Ophiobolus  herpotrichus.  Diese  Formen  müßten  alle  zu  Lepto- 
sporopsis gestellt  werden. 

1212.  Über  die  Gattung  Anthostomella  Saccardo. 

Der  Gattungsname  Anthostomella  findet  sich  zuerst  in 
Nuovo  Giorn.  bot.  ital.,  1876,  VIII.  Bd.,  p.  12,  jedoch  ohne 
Beschreibung,  noch  ohne  Angabe  einer  Grundart.  Eine  Be- 
schreibung derselben  wird  erst  1882  in  der  Syll.  Fung.,  I.  Bd., 
p.  278,    gegeben.    Hier    wird    die   Gattung    in    die   Sektionen 

I.  Euanfkostomella    (Sporen    ohne    hyaline    Anhängsel)     und 

II.  Entosordaria  (Sporen  an  einem  oder  beiden  Enden  mit 
hyalinen  Anhängseln)  geteilt.  Dazu  kommt  noch  1905  die 
Abteilung  Anthostomaria  für  die  flechtenbewohnenden  Arten 
(Syll.  Fung.,  XVII.  Bd.,  p.  595). 

Welche  Berechtigung  die  Gattung  Phaeophomatosporu 
Spegazzini  1909  (angeblich  Phomatospora  mit  gefärbten 
Sporen)  in  Anal.  Mus.  nac.  Buenos  Aires,  3.  Ser.,  XII.  Bd., 
p.  339,  hat,  müßte  am  Urstücke  noch  geprüft  werden.  Clypeus 
und  Paraphysen  sollen  fehlen. 


Fragmente  zur  Mykologie.  l/;> 

Die  Gattung  Paranthostomella  Spegazzini  (Fungi  chilens., 
Buenos  Aires,  1910,  p.  42)  soll  sich  von  Anthostomella  nur 
•durch  den  Mangel  eines  Clypeus  unterscheiden.  In  der  Gattung 
stehen  drei  Arten,  die,  nach  den  Beschreibungen  beurteilt,  von- 
einander gattungsverschieden  sind.  Die  Grundart  P.  eryngii- 
cola  Speg.  hat  einhellige  Sporen,  keine  Paraphysen  und  dick- 
wandige, keulige,  oben  stark  verdickte  Schläuche,  in  denen 
die  Sporen  zweireihig  stehen.  Sie  weicht  daher  mehrfach  von 
Anthostomella  ab  und  wird  als  eigene  gute  Gattung  gelten 
müssen.  Die  zweite  Art,  P.  unciniicola  Speg.,  hat  zweizeilige 
Sporen  mit  kleiner,  hyaliner,  unterer  Endzelle,  Paraphysen  und 
zylindrische  Schläuche.  Ist  offenbar  eine  echte  Entosordäria 
Sacc.  em.  v.  H.  mit  nicht  (oder  schlecht?)  entwickeltem 
Clypeus. 

Die  dritte  Art,  P.  valdiviana  Speg.,  wäre  eine  Ento- 
sordäria ohne  Paraphysen.  Es  sind  einige  als  Anthostomella 
in  der  Syll.  Fung.  angeführte  Pilze  als  paraphysenlos  be- 
schrieben. Allein  die  Paraphysen  werden  oft  übersehen  und 
es  fragt  sicn,  ob  wirklich  paraphysenlose  hierhergehörige 
Formen  bestehen.  Vermutlich  ist  P.  valdiviana  nur  eine  Ento- 
sordäria ohne  deutlichen  Clypeus. 

Niessl  hat  1876  (Verh.  naturf.  Ver.  Brunn,  XIV.  Bd., 
p.  203)  die  Gattung  Anthostomella  Sacc.  in  zwei  geteilt: 
Anthostomella  Sacc.  em.  Niessl  mit  Schläuchen,  die  oben 
wenig  oder  nicht  verdickt  sind  und  daselbst  keinen  besonderen 
Bau  zeigen,  und  Maurinia  Niessl  mit  Schläuchen,  die  oben 
stark  verdickt  sind  und  einen  besonderen  Bau  zeigen.  Für 
Maurinia  führt  er  als  einziges  Beispiel  die  Sphaeria  lugubris 
Roberge  an,  die  er  in  Verh.  naturf.  V.  Brunn,  1872,  X.  Bd., 
211,  als  Anthostomella  beschrieb.  Wie  aus  Fig.  47  auf  Taf.  VII 
zu  ersehen  ist,  hat  dieser  Pilz  an  der  Spitze  der  Schläuche 
eine  4  bis  5  p,  hohe  und  breite,  zylindrische,  in  das  Schlauch- 
lumen  ragende  Verdickung.  Dies  fand  ich  am  Urstücke  in 
Desm.,  PI.  crypt.  Fr.,  1849,  Nr.  1792,  bestätigt.  Ich  konnte 
•auch  feststellen,  daß  sich  diese  zylindrische  Verdickung  mit 
Jod  stark  blau  färbt. 

Indessen  ist  nach  meiner  Erfahrung  der  Bau  der  Schlauch- 
■spitze    nur    bei    jenen  Arten   mit  genügender  Sicherheit    fest- 


176  F.   Höhnel, 

stellbar,  die  breitere  Schläuche  haben;  sobald  die  Schlauch- 
breite auf  4  bis  6  [x  herabsinkt,  wird  der  Bau  der  Spitze  der- 
selben undeutlich.  Dazu  kommt  noch,  daß,  wie  es  scheint,  alle 
echten  Euanthostomella-Arten  die  Blaufärbung  des  Schlauch- 
porus  mit  Jod  zeigen,  so  daß  auch  diese  keinen  Unterschied 
ergibt. 

So  zeigte  mir  die  Untersuchung  des  Urstückes  von 
AulJiostomella  punctitlata  (Rob.)  in  Desmazieres,  PI.  crypt. 
Fr.,  1850,  Nr.  2080  (vollkommen  übereinstimmend  mit  Rehm, 
Ascom.  exs.,  Nr.  2106,  die  als  A.  pliaeosticta  [Berk.]  Sacc. 
unrichtig  bestimmt  ist),  daß  die  etwas  abgeflachten,  etwa 
6  bis  8  ^  4  ^  2*6  |x  großen  Sporen  in  40  »  4  bis  5  ;x  großen 
Schläuchen  liegen.  Der  Bau  der  wenig  verdickten  Schlauch- 
spitze ist  undeutlich,  doch  färbt  sich  der  sehr  kleine  Porus 
mit  Jod  schwach  blau.  Die  220  jx  großen  Perithecien  haben 
eine  rundliche,  20  bis  25  jx  große  Mündung,  in  der  man  eine 
Anzahl  von  bräunlichen,  spitzen,  5  bis  6  -  2  ;j,  großen  Zähnen 
strahlig  angeordnet  sieht. 

Es  wird  daher  der  Gattung  Manriiiia  Niessl  1876  keine 
praktische  Bedeutung  zukommen. 

Die  Gattung  Leptomassaria  Petrak  1914  (Ann.  myc, 
XII.  Bd.,  p.  474)  ist  begründet  auf  Qnatcrnaria  simplex  (Otth) 
Nitschke  1871.  Diese  ist  jedenfalls  nächstverwandt  mit 
einigen  großspurigen  Anthosfonia-Arten  und  daher  bei  diesen 
einzureihen.  Als  Massariee  kann  der  Pilz  nicht  angesehen 
werden  trotz  des  Mangels  eines  Stromas. 

Die  Gattung  Astrocystis  Berk.  u.  Br.  1873  ist  nahe  ver- 
wandt mit  Aiühostomella  und  kann  als  Anpassungsgattung 
erhalten  bleiben.  Siehe  Fragm.  z.  Mykol.,  Nr.  225,  VI.  Mitt., 
1909. 

Jene  Anthostomel Li- Arten,  welche  oben  oder  unten  ein 
hyalines  kappenförmiges  Anhängsel  haben,  gehören  in  eine 
eigene  Gattung,  Eutosordaria  Sacc.  em.  v.  H.,  denn  dieses 
Anhängsel  ist  eine  Zelle,  die  durch  eine  Querwand  abgetrennt 
wird  und  hyalin  bleibt,  wie  in  dem  Fragmente  Nr.  1205  über 
Rhynchostoma  besprochen  ist. 

Die  Grundart  Eutosordariu  perjhfiosa  (de  Not.)  v.  H. 
gibt  mit  Jod  keine  Blaufärbung  des  Porus.  Die  meisten  Arten. 


Fragmente  zur  Mykologie.  1  <  < 

dieser  Gattung  geben  aber  die  blaue  Jodreaktion.  Dasselbe 
gilt  auch  für  die  Ku-Anthostomella-Arten. 

Anfhostomella  rostrispora  (Gerard)  Sacc.  (Michelia,  1877, 
I.  Bd.,  p.  25),  Var.  foliicola  Sacc.,  F.  italici,  Taf.  177  (Syll. 
Fung.,   1882,  I.  Bd.,  p.  287)  ist  jedenfalls  eine  eigene  Art. 

Die  Perithecien  sitzen  in  dem  Stücke  in  Rehm,  Asc.  exs., 
Nr.  1388,  auf  den  morschen  Birkenblättern  blattunterseits  zer- 
streut oder  in  kleinen  Gruppen.  Sie  entwickeln  sich  unter  der 
Epidermis  und  zeigen  oben  einen  20  bis  25  ja  dicken  Clypeus, 
der  wenig  entwickelt  ist  und  von  der  warzenförmigen,  60  \i 
breiten  und  50  \x  hohen  Mündungspapille  durchsetzt  wird.  Die 
fast  kugeligen,  180  ja  breiten  Perithecien  haben  unten  und 
seitlich  eine  braunviolette,  6  ;x  dicke  Membran,  die  aus  zu- 
sammengepreßten Zellen  besteht.  Paraphysen  vorhanden,  fädig. 
Schläuche  zylindrisch,  100  ^  4  ja,  oben  abgestutzt  und  ver- 
dickt. Jod  färbt  den  kleinen  Porus  schwach  blau.  Die  jungen 
Sporen  sind  hyalin,  meist  gerade  oder  schwach  gebogen  und 
schmal  spindelförmig  mit  sehr  spitzen  Enden.  Sie  zeigen  in 
der  Mitte  stets  zwei  Plasmatropfen.  Dann  treten  zwei  oder 
vier  sehr  zarte  Querwände  auf.  Die  so  entstehende  Mittelzelle 
wird  etwas  größer  und  breiter  (8  bis  10  ^  3  fjt,),  schließt  die 
zwei  Plasmatropfen  ein,  wird  derbwandig  und  violettbraun, 
während  die  je  ein  bis  zwei  Endzellen  sehr  zarthäutig  und 
hyalin  bleiben  und  Schleimanhängsel  vortäuschen.  Gesamt- 
länge der  Sporen  etwa  20  ;x. 

Der  Pilz  ist  eine  kleinsporige  Art  der  Gattung  Hepta- 
meria  Rehm  et  Thümen  1878  ==  Verlotia  H.  Fabre  1879 
und  hat  Heptawievia  foliicola  (Sacc.)  v.  H.  zu  heißen. 

In  die  Gattung  Heptameria  könnten  noch  gehören:  Antko- 
stomella  perseicola  (Speg.);  Closterium  (B.  et  C.)  Sacc; 
aclüra  Speg.;  unguiciüata  (Mont.)  Sacc.  und  A.  rostrispora 
(Ger.).  Noch  bemerke  ich,  daß  auch  Traverso  (Flor.  ital. 
crypt.,  I.  Fungi,  1907,  II.  Bd.,  p.  489)  den  obigen  Pilz  als 
eigene  Art  betrachtet  (Autliostomella  foliicola  [Sacc]  Trav. 
[1906]).  Er  fand  auch,  wie  in  Fig.  96,  7,  abgebildet,  daß  einer 
der  hyalinen  Fortsätze  zweiteilig  ist,  was  eben  von  der  zelligen 
Natur  desselben  herrührt. 


178  F.  Hühnel, 

Anthostomella    clypeata    (de    Not.)    Sacc.    (Syll.    Fg.,    1882, 

I.  Bd.,  p.  283). 

Nach  Traverso  (Flora  ital.  cryptog.,  I-  Fungi,  1907, 
IL  Bd.,  p.  481)  hat  das  Urstück  80  bis  90  «  8  bis  9  [i  große 
Schläuche  und  dunkelbraune,  10  bis  14^5  bis  6  \x  große 
Sporen.  Davon  weicht  nun  das  Stück  in  Sacc.,  Mycoth. 
venet.,  Nr.  1444,  das  er  als  zugehörig  anführt,  ab.  Dieses 
paßt  fast  genau  zur  Anthostomella  limitata  Sacc.  (Fung. 
ital.,  Taf.  129). 

Die  Nr.  1444  hat  in  kleinen  Herden  stehende  Perithecien, 
die  sich  in  und  unter  der  Epidermis  entwickeln  und  öfter  zu 
wenigen  miteinander  verwachsen  sind.  Sie  sind  aufrecht  ei- 
förmig, etwa  150  bis  160  \i  breit  und  250  ;j,  hoch,  zeigen 
unten  und  seitlich  eine  dunkelbraune,  10  bis  12  jx  dicke 
Membran,  die  aus  vielen  Lagen  von  stark  zusammengepreßten 
Zellen  besteht.  Oben  zeigt  sich  ein  opakschwarzer,  klein- 
zelliger, wenig  ausgebreiteter,  40  bis  50  |x  dicker  Clypeus- 
Die  rundliche,  40  |A  weite  Mündung  ist  flach.  Paraphysen 
zahlreich,  fädig,  stark  verschleimend,  nach  obenhin  in  die 
Periplwsen  übergehend.  Die  fast  zylindrischen  Schläuche  sind 
bis  90  ^  5  bis  6  [X  groß,  oben  wenig  verschmälert  abgestutzt 
und  wenig  verdickt.  Mit  Jod  färbt  sich  eine  dünne  Quer- 
platte  an  der  Innenseite  der  Verdickung  schön  blau.  Die 
elliptischen,  an  beiden  Enden  verschmälert  abgerundeten 
Sporen  stehen  einreihig,  sind  10  bis  14^3  bis  4  (selten 
bis  5)  \i,   gerade  und  blaßschmutzig  graublau,   stets  einzellig. 

Der  einzige  Unterschied  von  A.  limitata  Sacc.  würde 
darin  bestehen,  daß  die  Sporen  weniger  spitzendig  sind,  als 
sie  Saccardö  zeichnet.  Jedenfalls  ist  aber  der  Pilz  nicht  die 
A.  clypeata  de  Not. 

Was  Winter  A.  clypeata  nennt,  ist  gewiß  eine  andere, 
von  Rehm  in  Ann.  myc.,  1909,  VII.  Bd.,  p.  406,  A.  clypeoides  R. 
genannte  Art.  Diese  ist  jedenfalls  eine  Entosordaria  Sacc. 
ein.  v.  H.,  während  A.  clypeata  de  Not.  Lind  limitata  Sacc. 
zu  Eiianthostomella  gehören. 

Anthostomella  ammophila  (Phil  1.  et  Plowr.)  Sacc.  (Syll. 
Fung.,  1891,  IX.  Bd.,  p.  513)  hat  etwa  340  ;j.  breite,  kugelige, 


Fragmente  zur  Mykologie.  1/9 

in  und  unter  der  Epidermis  eingewachsene  derbhäutige  Peri- 
thecien,  die  mit  einem  20  [x  dicken  Clypeus  bedeckt  sind  und 
mit  der  Mündungswarze  etwas  vorbrechen.  Die  16  bis  18  ja 
dicke,  schwarzbraune  Perithecienmembran  besteht  aus  vielen 
Lagen  von  kleinen,  stark  zusammengepreßten  Zellen.  Die 
zylindrischen  Schläuche  sind  8  \l  dick,  oben  abgestumpft  und 
mit  nach  innen  vorspringendem  kurzen  Zylinder,  der  sich  mit 
Jod  blau  färbt.  Die  elliptischen,  dunkelbraunen,  9  bis  10  ^  6  »j. 
großen  Sporen  sind  zweizeilig,  wie  man  an  den  noch  un- 
entwickelten Sporen  leicht  sehen  kann.  Die  untere  Zelle  bleibt 
hyalin  und  ist  nur  2  bis  3  ;j.  hoch.  Schließlich  sieht  sie  wie 
ein  kleines  hyalines  Schleimanhängsel  aus.  Ist  eine  Ento- 
sordaria  mit  Clypeus  und  Jodreaktion. 

Antliostouiella  Helichnysi  H.  Fab.  f.  Solidaginis  Rehm 
in  Asc.  exs.,  Nr.  1132,  ist  von  Fabres'  Art  (Syll.  Fung., 
IX.  Bd.,  p.  508)  sicher  ganz  verschieden.  Der  Pilz  hat  bis 
über  700  fx  große,  in  der  Rinde  eingewachsene,  mit  einem 
40  [i  dicken  Clypeus  versehene,  fast  kugelige,  oben  bauchig- 
kegelige, die  Rinde  auftreibende,  scheinbar  fast  halbkugelig 
vorstehende  Perithecien,  die  einzeln,  oft  in  kurzen  Reihen 
stehen,  öfter  zu  mehreren  einander  sehr  genähert  oder  mit- 
einander verwachsen  sind.  Der  Clypeus  ist  über  denselben 
meist  stark  glänzend.  In  der  Rinde  zeigt  sich  ein  mehr 
weniger  gut  entwickeltes  Stroma  und  im  Holzkörper  eine 
dünne  schwarze  Saumlinie.  Die  ringsum  gut  entwickelte  Peri- 
thecienmembran besteht  aus  vielen  Lagen  kleinerer,  stark 
abgeflachter  Zellen  und  ist  25  bis  40  \i  dick.  Paraphysen 
zahlreich,  fädig;  Schläuche  zylindrisch,  bis  130  =;  7  bis  9  ;jl 
groß,  oben  schwach  kugelig  angeschwollen  und  mit  einer 
6  bis  7  a  langen  und  4  bis  5  »j.  breiten,  in  das  Schlauch- 
lumen ragenden  zylindrisch-rundlichen  Membranverdickung, 
die  sich  mit  Jod  dunkelblau  färbt.  Die  einreihig  stehenden, 
kahn-spindelförmigen,  beidendig  spitzen,  einseitig  abgeflachten, 
meist  20  bis  24  ^  6  bis  8  (sehr  selten  bis  33  «  10)  jx  großen 
Sporen  sind  manchmal  schwach  gekrümmt  und  durchscheinend 
violettbraun. 

Der  durch  seine  auffallend  stark  verdickte  Schlauchspitze 
und  deren  starke  Jodfärbung  bemerkenswerte  Pilz  ist  offenbar 


180  F.  Höhnel, 

die  Anthostoma  italicum  Sacc.  et  Speg.  (Michelia,  1878r 
I.  Bd.,  p.  326).  Aus  der  Abbildung  in  Fung.  ital.,  Taf.  165, 
ist  die  auffallend  starke  Verdickung  der  Schlauchspitze  gut 
zu  erkennen. 

Anscheinend  verwandte  Formen  sind  auch  Anthostomella 
affinis  Sacc.  (Michelia,  I.  Bd.,  p.  439)  und  A.  Intybi  (Dur. 
et  Mt.)  Sacc.  (Syll.  F.,  I.  Bd.,  p.  285). 

Anthostomella  constipata  (Mtg.)  Sacc.  Var.  diminuta 
Rehm  in  Tranzschel  et  S  er  ehr.,  Mycoth.  ross.,  Nr.  73,  ist 
jedenfalls  eine  eigene  Art,  mit  10  bis  12^4  ;j,  großen  Sporen 
(Anthostomella  diminuta  [R.|  v.  H.). 

Der  in  J.  Bornmüller,  Plantae  exs.  Canarienses,  Nr.  1599, 
als  Anthostomella  lugubris  Ro  berge  ausgegebene,  von 
P.  Magnus  bearbeitete  Pilz  ist  falsch  bestimmt  und  eine 
eigene  neue  Art: 

Anthostomella  graminella  v.  H.  n.  sp.  Perithecien  200  ;x 
breit,  rundlich,  mit  etwa  15  [x  dicker,  brauner,  aus  vielen 
Lagen  von  dünnwandigen,  undeutlichen,  stark  zusammen- 
gepreßten Zellen  bestehender  Membran,  unter  einem  kleinen 
Clypeus  eingewachsen,  zerstreut  oder  in  Reihen.  Mündung 
rundlich,  mit  radiären  Periphysen,  25  bis  28  \l  breit.  Schläuche 
zarthäutig,  sitzend,  keulig,  80  bis  84  »  20  [jl.  Jod  gibt  keine 
Blaufärbung  derselben.  Sporen  zweireihig,  flachgedrückt,  ellip- 
tisch mit  verschmälerten  abgerundeten  Enden,  wenig  durch- 
scheinend violettbraun-schwarz,  18  bis  20  »  10  bis  12«3  bis 
6  ffc.  Paraphysen  frei,  kaum  länger  als  die  Schläuche,  nicht 
verschleimend,  zarthäutig,  mit  einigen  Querwänden  und  kleinen 
Öltropfen,  bandförmig,  4  bis  6  \i  breit. 

Auf  Festuca  JiUformis,    Teneriffa,    J.  Bornmüller   1901. 

Diese  Art  ist  durch  die  keuligen  Schläuche  mit  zwei- 
reihig liegenden  Sporen  und  die  bandförmigen,  zelligen,  breiten 
Paraphysen  sehr  ausgezeichnet. 

Unter  den  vielen  Arten  der  Gattung  fand  ich  nur  zehn 
mit  angeblich  zweireihig  liegenden  Sporen,  die  alle  ganz  ver- 
schieden sind.  Es  sind  dies:  Anthostomella  sniilacina  (Peck) 
Sacc.  (Syll.  Fg.,  I,  281);  Intybi  (Dur.  et  Mt.)  (I,  285);  ?Bap- 
tisiae  (Cooke),  I,  285;  melanosticta  E.  et  Ev.  (IX,  510); 
Lepidospcruiiic  ('ooke  (XI,  281);  grandispora  Penz.  et  Sacc. 


Fragmente   zur  Mykologie.  IM 

(XIV,  502);  tliyrioides  Ell.  et  Ev.  (XVII,  595);  Coffeae  Del. 
■(XVII,  594);  M&lleriam  Trav.  et  Spessa  (XXII,  98);  Osyridis 
Bub.  (XXII,  97). 

1213.  Anthostomella  bambusaecola  v.  H.  n.  sp. 

Perithecien  zerstreut  oder  herdenweise,  einige  Zellagen 
unter  der  Epidermis  entwickelt,  etwas  abgeflacht  kugelig,  bis 
800  [i,  groß,  derbhäutig,  mit  8  bis  15  \l  dicker,  gelbbrauner 
Membran,  die  aus  vielen  Lagen  von  stark  zusammengepreßten, 
etwa  2  ;j.  breiten  Hyphen  besteht,  die  nach  obenhin  mehr 
minder  senkrecht  parallel  verlaufen.  Clypeus  länglich,  bis 
über  1  mm  lang,  flach  kegelig,  schwarz,  meist  matt,  in  der 
"Mitte  80  \i  dick,  allmählich  verlaufend.  Ostiolum  sehr  klein, 
unregelmäßig.  Paraphysen  lang  und  dünnfädig,  mit  Öltröpfchen, 

1  bis  2  jj,  breit.  Schläuche  zylindrisch,  lang  gestielt,  96  bis 
120  ^  4  bis  6  |x  groß.  Jod  färbt  eine  Querplatte  innen  an  dem 
verdickten  Scheitel  derselben  blau.  Sporen  durchscheinend 
violettschwärzlich,  elliptisch-länglich,  einseitig  etwas  abgeflacht, 
an    den    Enden    abgerundet,    8  bis  9^5«3  bis  3- 5  \i  groß. 

An  Bambusrohrhalmen,  Tjibodas,  Java,  1908,  von  mir 
gesammelt. 

Es  ist  mir  nicht  unwahrscheinlich,  daß  Rosellinia  (Amphi- 
sphaerella)  formosa  v.  ßavozouata  Pen  zig  et  Saccardo 
(Icon.  Fung.  javanic,  1904,  p.  6,  Taf.  V,  Fig.  4)  derselbe  Pilz 
ist,    der    dann    ganz   falsch    beschrieben  und  eingereiht  wäre. 

1214.  Paranthostomella  bambusella  v.  H.  n.  sp. 

Perithecien  schwarz,  rund,  unten  flach,  oben  kegelig 
gewölbt,  drei  Zellagen  unter  der  Epidermis  entwickelt,  200 
bis  250  [i  breit,  200  jx  hoch,  in  dichten,  ausgebreiteten  Herden 
stehend,  das  darüberliegende  Gewebe  vorwölbend,  nicht  vor- 
brechend, ohne  Clypeus.  Perithecienmembran  häutig,  4  bis  6  \i 
dick,  undeutlich  kleinzellig.  Mündung  flach,  rund,  anfänglich 
20  bis  25  (x  breit,   scharf  berandet;    Rand   von  dünnen,    etwa 

2  bis  3  [i  langen,  schwarzen,  radialstehenden,  später  undeut- 
lich werdenden  Borsten  gezähnt.  Periphysen  deutlich,  strahlig 
angeordnet.  Schläuche  bereits  meist  zerstört,  dünnhäutig,  zylin- 
drisch,   etwa    70  ^  6  [x   groß,    achtsporig;    Sporen  schief  oder 


182  F.  Höhnel, 

fast  quer  einreihig,  einzellig,  durchscheinend  schwarzviolett,, 
meist  gerade,  spindelförmig,  an  den  Enden  spitzlich,  12  bis 
15  «  5  bis  6-5  jjl.  Paraphysen  bereits  undeutlich. 

Auf  den  Halmen  einer  dornigen  Bambiisa  im  botanischen 
Garten  von  Buitenzorg,  Java,   1907,  von  mir  gesammelt. 

Weicht  von  den  echten  Anthostomella- Arten  durch  den 
Mangel  eines  Clypeus  ab.  Ob  es  eine  der  Grundart  Parantho- 
stomella  eryngiicola  Speg.  1910  genügend  entsprechende 
Form  ist,  könnte  nur  das  Urstück  dieser  Art  lehren.  Dieses 
soll  dickwandige,  keulige,  oben  stark  verdickte  Schläuche  mit 
zweireihig  stehenden  Sporen  und  keine  Paraphysen  haben, 
würde  also  einigermaßen  abweichen.  Von  den  bisher  be- 
schriebenen An thostomella- Arten  ist  der  beschriebene  Pilz, 
soweit  sich  dies  aus  den  Beschreibungen  entnehmen  läßt, 
wohl  verschieden. 


Fragmente  zur  Mykologie.  183 


Namenverzeichnis. 

Anthostoma  italicum  Sacc.  et  Speg.  212,  trabeum  205.  —  Antho- 
stomella  ammophila  (Ph.  et  PI.)  Sacc.  212,  bambusaecola  v.  H.  213,  Baptisiae 
Cke.  212,  Closteriüm  (B.  et  C.)  212,  clypeata  (de  Not.)  212,  clypeoides  R.  212, 
Coffeae  Del.  212,  constipata  var.  diminuta  Rehm  212,  diminuta  (Rehm)  v.  H. 
212,  graminella  v.  H.  212,  grandispora  Penz.  et  Sacc.  212,  Helichrysi  f.  Soli- 
daginis  Rehm  212,  Intybi  (D.  et  M.)  212,  Lepidospermae  Cke.  212,  limitata 
Sacc.  212,  lugubris  Rob.  212,  melanosticta  E.  et  Ev.  212,  Molleriana  Trav. 
et  Spissa  212,  Osyridis  Bub.  212,  perfidiosa  (de  Not.)  205,  perseicola 
(Speg.)  212.  phaeosticta  (Berk.)  212,  Poetschii  Nssl.  205,  punctulata 
(Rob.)  212,  rostrispora  var.  foliicola  Sacc.  205,  212,  smilacina  (Peck.)  212, 
thyrioides  E.  et  Ev.  212.  unguiculata  (Mont.)  212.  —  Asterina  Lorantha- 
cearum  var.  javensis  v.  H.  190,  sphaerelloides  Speg.  190,  subglobulifera  v.  H. 
191.  —  Asterinella  tjibodensis  v.  H.  192.  —  Astrocystis  B.  et  Br.  212.  — 
Astrosphaeriella  bambusella  v.  H.  207.  —  Bizzozeria  Berl.  et  Sacc.  201.  — 
Bombardia  fasciculata  201.  —  Bombardiella  caespitosa  v.  H.  201.  —  Botryo- 
sphaeria  inflata  Cke.  et  Mass.  194,  xanthocephala  (S.  et  B.)  Theiss.  194. 
—  Calonectria  Atkinsonii  Rehm  197,  Balansiae  A.  Moll.  197.  —  Celtidia 
duplicispora  Janse  189.  —  Chiajaea  Hendersoniae  (Fckl.)  v.  H.  197,  rhodo- 
mela  (Fr.)  v.  H.  197.  —  Cladosphaeria  Sambuci-racemosae  Otth  210.  — 
Corallodendron  Jungh.  195.  —  Corallomyces  aurantiicola  (B.  et  Br.)  195, 
berolinensis  P.  H.  195,  brachysporus  P.  et  S.  195,  Caricae  P.  H.  195,  elegans 
B.  et  C.  195,  var.  Camarunensis  P.  H.  195,  Heinsensii  P.  H.  195,  Jatrophae 
A.  Müll.  195,  laeticolor  (B.  et  C.)  v.  H.  195,  novo-pommeranus  P.  H.  195, 
sanguineus  (P.  H.)  v.  H.  195.  —  Corallomycetella  P.  Henn.  195.  —  Creo- 
melanops  xanthocephala  (B.  et  S.)  v.M.  194.  —  Cucurbitaria  Hendersoniae 
Fckl.  197.  —  Delitschia  bisporula  (Cr.)  202,  canina  Mout.  202,  chaeto- 
mioides  Karst.  202,  didymaAwld.  202,  gemininspora  Sacc.  et  Flag.  202, 
jnsignis  Mout.  202,  leptospora  Oud.  202,  moravica  Nssl.  202,  sordarioides 
Speg.  202,  Winteri  Plowr.  202.  —  Didymella  Pandani  v.  H.  206.  — 
Entodesmium  rüde  Ries s  211.  —  Entosordaria  albocincta  (E.  et  Ev.)  v.  H. 
205,  altipeta  (Peck)  v.  H.  205,  Ammophilae  (Ph.  et  PI.)  205,  apiculata 
(Curr.)  205,  appendiculosa  (B.  et  Br.)  205,  Cacti  (Schw.)  205,  clypeoides 
(Rehm)  205,  cornicola  (E.  et  Ev.)  205.  cymbisperma  (Wint.)  205,  diyina 
(Mout.)  205.  füegiana  (Speg.)  205,  hemileuca  (Speg.)  205,  italica  (Sacc.  et 
Speg.)  205,  Magnoliae  (E.  et  Ev.)  205,  Molleriana  (Wint.)  205,  pedemontana 
(Ferr.  et  Sacc.)  205,  perfidiosa  (de  Not.)  205,  212,  Rehmii  (Tliiim.)  205, 
sabalensioides  (E.  et  Mart.)  205,  tersa  (Sacc.)  205,  tomieoides  (Sacc.)  205, 
umbrinella    (de  Not.)     205.    —    Eosphaeria     uliginosa    (Fr.)    v.  H.    201.    — 


184  F.  Höhnel,  Fragmente   zur  Mykologie. 

Heptameria  foliicola  (Sacc.)  212.  —  Herpotrichia  sabalicola  P.  11.  196, 
Schiedermayeriana  Fe  kl.  196.  —  Hormospora  de  Not.  203.  —  Hypocopra 
equorum  Feld.  200,  201,  rimeti  (P.)  200,  merdaria  Fr.  200,  201.  - 
Hypocrea  Bambusae  v.  H.  198.  —  Hypocrella  lutulenta  v.  H.  199.  —  Hypo- 
creodendron  P.  H.  195.  —  Hypospila  Brunellae  E.  etEv.  211.  —  Karstenula 
hirta  (Fr.)  210,  f.  Sambuci-racemosae  (Otth)  v.  H.  210.  —  Lasiosphaeria 
Ces.   et  de  Not.    201.  Leptomassaria  Petr.    212.     —     Leptosphaeria 

ophioboloides  Sacc.  211.  —  Leptospora  porphyrogona  (Tde.)  211.  —  Lepto- 
sporopsis  v.  H.  211.  —  Letendraea  Sacc.  195,  196.  —  Limacinia  grami- 
nella  v.  H.  193.  —  Linospora  Brunellae  E.  et  Ev.  211.  —  Macbridella 
Seav.  195,  196.  —  Massariopsis  substriata  v.  H.  209.  —  Maurinia  Nssl.  212, 
sanguinarium  (Karst.)  197.  —  Melanops  inflata  (C.  et  M.)  194,  xantho- 
cephala  (C.  et  M.)  194.  —  Microcera  Desm.  195.  —  Nectria  coecogena 
Speg.  195,  coecorum  Speg.  195.  —  (Gibbera)  Hippocastani  Otth  197.  — 
Ophiobolus  acuminatus  (Sow.)  211.  Bardanae  (Fckl.)  211.  compressus 
Rehm  211.  herpotrichus  (Fr.)  211.  maritimus  Sacc.  211,  Rostrupii  Ferd. 
et  Wge.  211,  Tanaceti  (Fckl.)  211.  —  Pachyspora  geminispora  (Sacc.  et 
Fl.)  202,  gigantea  Kirschst.  202.  —  Paranthostomella  bambusella  v.  H.  214, 
eryngiicola  Speg.  212,  unciniicola  Speg.  212,  valdiviana  Speg.  212.  — 
Phaeonectria  Sacc.  195,  196.  —  Phaeosphaerella  macularis  211.  —  Phorcys 
chaetomioides  (Karst.)  202,  f.  calva  v.  II.  202,  Winteri  (Plowr.)  202.  - 
Physalospora  xanthoeephala  15.  et  Syd.  194.  —  Pleophragmia  lepornm 
Fckl.  204,  pleospora  Kirschst.  204.  —  Pleospora  Henningsiana  Ruhld.  204, 
leporum  (Fckl.)  204,  ligni  Kirschst.  204,  Phragmitis  Ho  11.  204.  —  Podo- 
spora  Ces.  201.  —  Pterydiospora  javanica  Penz.  et  Sacc.  208.  — 
Quaternaria  simplex  (Otth)  212.  —  Rhynchostoma  altipetum  (Peck)  205, 
cornigerum  K.  205,  exasperans  K.  205.  —  Rosellinia  (Amphisphaerella) 
formosa  var.  flavozonata  P.  et  S.  213.  —  Sordaria  perfidiosa  de  Not.  205.  — 
Sphaeria  apiculata  Curr.  205,  hirta  Fr.  210,  rhodomela  Fr.  197.  — 
Sphaerostilbe  coeeophila  (Desm.)  195.  —  Sporormia  gigantea  Hans.  203, 
insignis  Nssl.  203.  lignicola  Ph.  et  PI.  203,  megalospora  Awd.  203,  ulmi- 
cola  l'ass.  203.  -  -  Thaxteria  Sacc.  201.  —  Thysanopyxis  195.  — 
Trematosphaeria  porphyrostoma  Fckl.  197.  —  Weesea  Balansiae  (Moll.) 
v.  H.    197.  —  Xenonectria  caldariorum  (P.  H.)  v.  H.   196. 


Akademie   der   Wissenschaften    in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,   Botanik,    Physiologie    der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


129.  Band.  5.  und  6.  Heft 


187 


Studien  an  Eisenorganismen 

I.  Mitteilung 

Über   die  Art    der  Eisenspeicherung   bei 
Trachelomonas  und  Eisenbakterien 

Von 

Josef  Gicklhorn 

Aus  dem  Pflanzenphysiologischen  Institute  der  Universität  zu  Graz 

(Mit  5  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  22.  April  1920) 

I. 

A)  Den  Ausgangspunkt  der  im  folgenden  mitgeteilten 
Studien  bilden  Beobachtungen  an  verschiedenen  Trache- 
lomonasarten  nach  Durchführung  der  bekannten  Eisen- 
reaktion mit  gelbem  Blutlaugensalz  und  Salzsäure.  Für  diese 
Untersuchungen  standen  mir  drei  Trachelomonasarten 
zur  Verfügung;  da  bei  der  bekannten  Variabilität  dieses 
Eisenflagellaten  eine  Bestimmung  nur  annähernd  möglich 
war,  unterlasse  ich  die  Artdiagnosen  und  verweise  statt  aller 
Beschreibung  auf  Fig.    1. 

Sämtliche  Formen  sind  bei  gleicher  Vergrößerung  unter 
Berücksichtigung  der  für  eine  Bestimmung  notwendigen 
Merkmale  gezeichnet,  die  während  einer  einmonatlichen 
Beobachtung  als  konstant  sich  erwiesen. 

Die  Trachelomonaden  sind  als  typische  »Eisenorganismen« 
-  im    Sinne    von    Gaidukov1    und    Molisch'2  —  bekannt; 


1  Gaidukov  N.:  Über  die  Eisenalge  Conferva  und  die  Eisenorganismen 

des  Süßwassers  im  allgemeinen.  Ber.  d.  Deutsch,  bot.  Ges.  1905,  p.  250  bis  2 53. 

-   .Moli  seh  H. :    Die   Eisenbakterien.    1910.   Jena,  Verl.  Fischer,   p.  56. 


188 


J .  Gicklhorn, 


im  mikroskopischen  Bild  zeigt  der  oft  verschiedenartig 
skulpturierte,  verhärtete  Panzer  eine  leicht  gelbe  bis  tief 
braune  Färbung,  die  durch  eingelagertes  Fe003  bedingt  ist. 
Prüft  man  nun  auf  den  Eisengehalt  durch  Anwendung 
der  von  Molisch1  und  anderen  als  sicherste  und  beste 
Reaktion  erkannten  Berlinerblauprobe,  so  erhält  man  in  diesem 
speziellen  Fall  nicht  nur  verschieden  intensive  Blaufärbung 
des  Gehäuses,  sondern  auch  verschiedene  Lokalisation 
des  gebildeten  Berlinerblau;  entscheidend  ist,  wie  später 
begründet  wird,  die  Art  der  Durchführung  der  Reaktion  und 
der  Zustand  des  Flagellaten.  Die  beistehende  Fig.  2  kann 
die  Verhältnisse  am  einfachsten  darstellen. 


Fig.  l. 

Die  für  die  Reaktionen  verwendeten  Trachelomonas-Arten  nach  dem   lebenden 
Objekt  gezeichnet.  Vergr.  zirka   1000 mal. 

I.  Kann  der  Panzer  gleichmäßig  eine  tiefe  Blaufärbung 
annehmen,  ohne  weitere  Veränderungen  zu  zeigen.  Das  gilt 
vor  allem  für  leere  Gehäuse,  aber  auch  für  die  Anfangs- 
stadien der  Reaktion  bei  solchen,  in  welchen  der  lebende 
Flagellat  sich  noch  befindet  (Fig.  2a). 

II.  Kann  die  sonst  auf  das  Gehäuse  scharf  lokalisierte 
Reaktion  auch  außerhalb  des  Gehäuses  auftreten  und  dieses 
mit    einem    blau    gefärbten    Hof   umgeben.    Der    Berlinerblau- 


1  Molisch   H.:     Mikrochemie    der    Pflanze.    1913.   Jena,  Verl.   Fischer, 
p.  39  bis  40. 


Studien  an  Eisenoreranismen. 


189 


niederschlag  ist  entweder  körnelig  oder  homogen  blau,  ohne 
Struktur  (Fig.  1b). 

III.  Kann  die  anfänglich  auf  das  Gehäuse  beschränkte 
Reaktion  durch  Bildung  typischer  Traube'scher  Zellen  als 
Blasen  und  Beutel  ein  ganz  absonderliches  Bild  bieten; 
sackartig  umgibt  die  Niederschlagsmembran  das  Gehäuse, 
dabei  in  2  bis  5  Minuten  auf  das  Doppelte  der  Gehäuse- 
größe heranwachsend  (Fig.  2c). 

Der  Ort  und  die  Art  der  Bildung  kann  unter  dem 
Mikroskop  leicht  verfolgt  werden;  unter  gewissen  Bedingungen 
entstehen     aber     die      sackartigen     Niederschlagsmembranen 


f\ 


Fig.  2. 
Die  drei  Typen  der  Berlinerblaureaktion  bei  Trachelomonaden  :  a)  gleich- 
mäßig tiefblaue  Färbung  des  Gehäuses,  nachdem  zuerst  KjFeCN6  zugefügt 
wurde,  später  HCl;  b)  schwache  Färbung  des  Gehäuses,  dieses  von  tief- 
blauem, homogenem  und  körneligem  Niederschlag  von  Berlinerblau  umgeben; 
Reaktionsbedingungen  wie  bei  a),  doch  mit  besonderer  Vorsicht  ausgeführt, 
um  stärkere  Strömungen  im  Präparat  zu  vermeiden;  c)  Bildung  Traube'scher 
Zellen  um  das  Gehäuse  und  auf  diesem;  Reagentien  gleichzeitig  zu- 
gefügt. —  Flagellat  einfach  schraffiert  mit  eingezeichnetem  Augenfleck- 
Vergr.  zirka  700  mal. 

ruckartig  und  ein  förmliches  Herausschnellen  eines  blauen 
Beutels  aus  der  mit  einem  versteiften  Kragen  umgebenen 
Geißelöffnung  hat  in  erster  Linie  die  Aufmerksamkeit  auf 
sich  gelenkt. 

J»)  Als  Bedingungen  für  diese  auch  durch  Übergänge 
verbundenen  Typen  der  Reaktion  wurden  erkannt:  die  Art 
der  Durchführung    der    Eisenreaktion    einerseits,    das    Fehlen 


190  J.  Gicklhorn, 

oder  Vorhandensein  des  lebenden  Flagellaten  anderseits. 
Nach  den  Erfahrungen  von  Moli  seh1  wird  die  Probe  auf 
Eisenverbindungen  (Fe20;j  locker  gebunden)  folgendermaßen 
angestellt: 

»Zarte  Objekte,  Algenfäden,  dünne  Schnitte  legt  man  auf  einen  Objekt- 
träger in  einen  Tropfen  gelber  Blutlaugensalzlösung  und  fügt  einen  Tropfen 

verdünnter  Salzsäure  hinzu Ich  verwende  in  der  Regel  eine  20  0  Blut 

laugensalzlösung  und  eine  höchstens  5°0  Salzsäure.  Die  zu  untersuchenden 
Objekte      müssen      zunächst     vom      Kaliumferrocyanid      ganz     durchtränkt 

werden Dann  läßt  man  die  Salzsäure  entweder  direkt  auf  den  Objekt 

träger  oder  bei  dickeren  Objekten  wieder  in  Glasdosen  einwirken. 

Auf  diese  Weise  erhält  man  eine  sichere  Reaktion  durch 
Berlinerblaubildung;  aber  bei  Verwendung  von  frischem, 
lebendem  Versuchsmaterial  in  unserem  Fall  fast  ausnahms- 
los Reaktionen  vom  Typus  II,  wie  Fig.  2b  zeigt. 

Wenn  man  aber  die  beiden  Reagentien  am  Objektträger 
gut  mischt,  und  dann  direkt  in  den  Tropfen  das  Material  ans 
der  Pipette  zufließen  läßt  und  nach  raschem  Auflegen  des 
Deckglases  beobachtet  oder  —  was  besser  geeignet  ist 
die  Probe  mit  dem  Versuchsmaterial  neben  den  Reagens 
tropfen  bringt  und  sodann  beim  Auflegen  des  Deckglases 
auf  die  Diffusionszone  achtet,  so  tritt  die  Berlinerblaubildung 
fast  ausnahmslos  nach  Typus  III  der  Reaktion  auf  (Fig.  2c) 
Wird  ferner  die  Probe  auf  dem  Objektträger  mit  einem  der 
Reagentien  —  gleichgültig  mit  welchem  zuerst  —  versetzt, 
nach  einiger  Zeit  das  Entsprechende,  z.  B.  die  Salzsäure  mit 
Filterpapier  nachgesaugt,  so  stellt  sich  vorwiegend  eine 
Berlinerblaubildung  nach  Typus  I  ein  (Fig.  2a).  Nach  der 
Kenntnis  dieser  Verhältnisse  gelang  es  mir  jederzeit  mit 
Sicherheit,  irgendeinen  der  erwähnten  Reaktionstypen  zu  er- 
zielen und  demonstrieren  zu  können. 

C)  Die  Erklärung  für  dieses  verschiedene  Verhalten  ist 
am  einfachsten  in  folgender  Überlegung  zu  geben.  Fügt  man 
z.  B.  zuerst  Salzsäure  zu,  so  erfolgt  rasche  Tötung  des 
lebenden  Flagellaten;  durch  die  eindringende  Salzsäure  wird 
das  gebundene  Eisen  aus  dem  Gehäuse  und  dem  Flagellaten 


i   Molisch:    Mikrochemie  etc.,   p.   39  bis  40. 


Studien  an  Eisenorganismen.  L91 

—  darüber  später  —  gelöst,  in  reaktionsfähige  Form  gebracht 
und  kann  mit  dem  K4Fe(CN)6  als  Berlinerblau  nachgewiesen 
werden.  Das  Gleiche  gilt  für  den  Fall,  als  man  zuerst  gelbes 
Blutlaugensalz  einwirken  läßt;  auch  hier  werden  durch  die 
Tötung  des  Objektes  Bedingungen  geschaffen,  die  ein  Frei- 
werden des  Eisens  in  reaktionsfähiger  Form  ermöglichen, 
zumindest  vorbereiten,  was  durch  nachfolgenden  Salzsäure- 
zusatz in  erhöhtem  Maße  eintritt  In  beiden  Fällen  aber, 
durch  den  zeitlich  getrennten  Zusatz  von  K4Fe(CN)( 
und  HCl  bedingt,  wird  eine  Diffusion  des  nachzuweisenden 
Eisens  eintreten  (Typus  II). 

Wird  beim  Durchsaugen  des  Präparates,  —  auch  bei 
bloßem  Zusatz  vom  Rande  des  Deckglases  her  treten 
Strömungen  auf  —  das  diffundierte  Eisen  weggespült,  so 
kann  nur  das  noch  übrige,  noch  nicht  gelöste  Eisen  nach 
erfolgtem  Freiwerden  in  Reaktion  treten.  Daher  muß  ein 
lokalisierter  Eisennachweis,  in  der  Regel  auf  das  Gehäuse 
beschränkt,  nach  Typus  I  sich   einstellen. 

Wenn  man  aber  beide  Reagentien  gleichzeitig  wirken 
läßt,  so  muß  in  dem  Augenblick  als  das  Eisen  in  reaktions- 
fähiger Form  in  genügender  Menge  frei  wird  —  man  denke 
an  die  enorme  Empfindlichkeit  der  Probe  — -  auch  schon  die 
Bildung  von  Berlinerblau  stattfinden.  Bei  ungestörter  Reaktion 
wird  die  einsetzende  Diffusion  des  Eisens  sofort  durch  die 
Niederschlagsmembran  von  Berlinerblau  aufgehalten  werden, 
was  schließlich  zur  Bildung  von  Traube'scher  Zellen  führen 
muß,  für  deren  Entstehung  und  WTachstum  in  diesem  Falle 
also  die  gleichen  Bedingungen  gelten,  wie  für  die  Ferrocyan- 
kupfermembran  des  bekannten  Vorlesungsversuches  oder  bei 
der  Pfeffer'schen  Zelle.  Diese  Erklärung  gilt  auch  für  jene 
Fälle,  wo  durch  Gallerte  oder  Schleime,  z.  B.  bei  Algen, 
Bakterien,  Flagellaten  usw.  überhaupt  Eisen  in  reichlicher 
Menge  gespeichert  wird  oder  eingelagert  werden  kann.  Die 
verschiedenen  Typen  der  Eisenreaktion   hat  auch   Klebs1  bei 


1  Klebs  G. :  Über  die  Organisation  der  Gallerte  bei  einigen  Algen 
und  Flagellaten.  Untersuchungen  aus  d.  bot.  fnstit.  zu  Tübingen,  11.  Bd., 
1886  bis   1888,  p,  3:33  bis  41  s,  besondei 


192  J.   Gicklhorn. 

Zygnema  beobachtet  und  seine  Erklärung  deckt  sich  voll- 
kommen mit  der  hier  gegebenen,  wie  ich  nach  Abschluß  der 
mikroskopischen  Beobachtungen  beim  Literaturstudium  finden 
konnte. 

1J)  Woher  stammt  das  freigewordene  Eisen? 
Auf  den  ersten  Blick  scheint  das  Gehäuse  das  meiste  Eisen 
zu  enthalten;  es  wäre  aber  auch  möglich,  daß  der  lebende 
Flagellat  selbst  Eisenverbindungen  führt,  oder  daß  zwischen 
Gehäuse  und  dem  Flagellaten  eisenreiche  Stoffe  gelöst  oder 
in  Schleim  absorbiert  sich  finden  könnten.  Der  hohe  Eisen- 
gehalt des  Gehäuses  ist  jedenfalls  tatsächlich  vorhanden, 
wenn  auch  mit  dieser  Feststellung  noch  gar  nichts  über  das 
Zustandekommen  der  Eisenspeicherung  ausgesagt  werden 
kann.  Die  Berücksichtigung  der  eben  erwähnten  Möglich- 
keiten hat  nun  das  sichere  Resultat  ergeben,  daß  die 
Hauptmenge  des  nachgewiesenen  Eisens  bei  Trache- 
lomonas  aus  dem  Innern  des  Gehäuses  stammt. 
Dieser  Befund  erklärt  am  einfachsten  die  verschiedenen 
Bilder  der  Eisenreaktion,  wenn  diese  um  das  Gehäuse 
zonenförmig  auftritt,  was  aber  bei  leeren  Gehäusen  nicht 
oder  nie  in  dem  Maße  als  an  bewohnten  zu  beobachten  ist. 
Nun  habe  ich  nie  bei  den  vielen  Hunderten  von  Objekten 
den  Chlorophyll  führenden  Flagellaten  selbst  bei  Zusatz  von 
K,Fe(CN)(.  und  HCl  durch  gebildetes  Berlinerblau  gefärbt 
gesehen.  Ich  war  daher  geneigt,  die  Hauptmenge  des  Eisens 
als  locker  gebundene  oder  in  Schleim  absorbierte  Ver- 
bindungen zwischen  dem  starren  Gehäuse  und  dem  amöboid, 
beziehungsweise  kontraktil  beweglichen  Flagellaten  zu  suchen. 
Diese  Annahme  ist  hinfällig  geworden  durch  Beobachtungen, 
aus  denen  mit  Sicherheit  hervorgeht,  daß  die  nachgewiesenen 
Eisenoxydverbindungen  aus  dem  Plasma  des  lebenden 
Flagellaten  stammen,  beziehungsweise  unter  bestimmten 
Bedingungen  ausgeschieden  werden. 

Führt  man  die  Eisenreaktion  bei  Trachelomonas  derart 
aus,  daß  die  gemischten  Reagentien  vom  vorgeschriebenen 
Prozentgehalt  durch  Auflegen  des  Deckglases  mit  dem 
Versuchstropfen  vereinigt  werden  und  beobachtet  man  die 
beweglichen  Trachelomonaden,  wenn  diese  in  das  abgestufte 


Studien  an   Eisenorganismen. 


193 


Konzentrationsgefälle  der  Reagentien  kommen,  so  ergeben 
sich  ganz  einheitlich  folgende  Bilder:  (Fig.  Sa,  b,  c.)  Die 
rasche  Bewegung  wird  langsamer,  es  erfolgt  ein  Taumeln 
und  Drehen  am  Ort  und  in  dem  Maße  als  der  Flagellat  sich 
kontrahiert,  erscheint  an  der  Geißelöffnung  langsamer  oder 
auch  ruckartig  vorgestoßen  ein  tiefblau  gefärbter  Beutel  von 
Berlinerblau;  oder  in  anderen  Fällen  kommt  es  zur  Bildung 
eines  körneligen  Niederschlages  von  Berlinerblau,  der  wie 
ein  Springbrunnen  aus  der  Geißelöffnung  hervorquillt.  Immer 
aber  erfolgt  noch  durch  kurze  Zeit,  etwa  10  Sekunden  bis 
1/.)  Minute  lang,    eine  geringe  Bewegung  des  Flagellaten,  der 


Fig.   3. 

Niederschlagsformen  an  iebenden  Flagellaten  bei  gleichzeitigem  Zusatz  von 
K4Fe(CN)6  -t-  HCl.  a)  Beutelbildung  ruckartig  von  dem  Geißelkragen  aus 
einstehend;  b)  körneliger  Niederschlag  fontänenartig  hervorgestoßen  |  1  >, 
beziehungsweise  im  Gehäuseinnern  gebildet,  wenn  durch  die  Geißel  mit 
anhaftendem  Plasmapfropf  die  Öffnung  verstopft  ist  (2);  c)  bei  zerdrücktem 
Gehäuse  um  den  kontrahierten,  freigelegten  Flagellaten  ist  eine  langsam 
wachsende  Niederschlagsmembran  entstanden.  Vergr.  zirka  70ümal. 

dann  sich  abrundet  und  getötet  im  Gehäuse  als  grüner 
Ballen  mit  rotem  Fleck  (Augenfleck!)  liegen  bleibt.  Wird 
vorerst  durch  einen  stärkeren  Druck  auf  das  Deckglas  das 
Gehäuse  gesprengt  und  so  der  Flagellat  ganz  oder  teilweise 
freigelegt,  so  erfolgt  die  Eisenreaktion  sofort  in  stärkster 
Intensität  um  den  Flagellaten  zu  einer  Zeit,  wo  das 
Gehäuse  noch  gar  keine  oder  eine  leicht  grünlich- 
blaue Färbung  zeigt.  Ist  der  Druck  nicht  so  kräftig 
gewesen,    um    den    Flagellaten  zu  schädigen,  so  erfolgt  nach 


194  J.  Gicklhorn. 

der  Bewegung  einmal  die  Eisenreaktion  dort,  wo  der 
Flagellat  das  Gehäuse  ganz  oder  teilweise  verlassen  hat, 
dann  aber  in  etwas  schwächerer  Intensität  bei  der  Einwirkung 
des  K4Fe(CN)6  +  HCl.  Bei  allen  diesen  Reaktionen  bleibt 
aber  stets  der  Flagellat  ohne  merkbare  Blaufärbung  durch 
Berlinerblau. 

Aus  diesen  Beobachtungen  folgt  in  einwandfreier  Weise 
die  Tatsache,  daß  die  Haupt  menge  des  nachzuweisenden 
Eisens  aus  dem  lebenden  Protoplasten  stammt  und 
daß  Eisengehalt  des  Organismus  und  Einspeicherung 
in  der  gebildeten  Hülle  ganz  getrennt  auftreten 
können.  Trotz  des  hohen  Eisengehaltes,  geschätzt  an  der 
tiefblauen  Färbung  der  ausgeschiedenen  Verbindung,  können 
die  Gehäuse,  namentlich  bei  jüngeren  Individuen  gar  kein 
Eisen  oder  nur  sehr  geringe  Mengen  davon  führen. 
Das  nachgewiesene  Eisen  wird  vom  lebenden  Flagellaten 
unter  gewissen  Bedingungen  eben  aktiv  ausgeschieden  und 
findet  sich  in  Oxydform  vielleicht  in  den  äußeren  Plasma- 
schichten vor.  Ob  bei  der  nachgewiesenen  Eisenreaktion 
nachher  Bildung  Traube'scher  Zellen  erfolgt  oder  körnelige 
Niederschläge  von  Berlinerblau  auftreten,  hängt  von  der 
Geschwindigkeit  der  Tütung  ab;  bei  fast  augenblicklicher 
Wirkung  genügend  hoher  Konzentration  der  Reagen- 
t  i  e  n  ist  das  Entstehen  von  blauen  Blasen  und 
Beuteln  die  Regel. 

Es  ist  aber  noch  eine  Möglichkeit  zu  berücksichtigen; 
Vielleicht  könnten  die  nachgewiesenen  Eisenverbindungen 
doch  aus  dem  umgebenden  Wasser  des  Versuchstropfens 
stammen,  und  durch  etwa  ausgeschiedenen  Schleim  des 
Flagellaten  eine  Adsorption  erfolgt  sein,  oder  das  Gehäuse 
beträchtliche  Eisenmengen  bei  der  Reaktion  in  reaktions- 
fähiger Form  abgeben,  das  dann  fälschlich  als  aus  dem 
Protoplasten  stammend  hier  angegeben  wird? 

Dieser  Einwand  wird  hinfällig   durch    folgende  Beobach 
tungen  und  Überlegungen: 

1.  Zeigt  das  Wasser  des  Versuchstropfens  auch  nach 
längerer  Zeit  in  der  Umgebung  der  Flagellaten  keine  nach- 
weisbaren Mengen  gelöster  Eisenverbindungen. 


Studien  an  Eisenorganismen.  19o 

2.  müßte  man  eine  ganz  plötzliche  Eisenspeicherung 
bis  zur  vollen  Sättigung  annehmen,  um  die  tiefblaue  Färbung 
zu  erklären:  eine  Annahme,  die  gewiß  allen  Erfahrungen 
über  Adsorption  widersprechen  würde. 

3.  Ist  deutlich  —  wie  schon  früher  erwähnt  —  zu 
sehen,  daß  die  Diffusion  der  nachweisbaren  Eisenverbindungen 
vom  Flagellaten  aus  um  das  Gehäuse  hofförmig  aus- 
gebreitet erfolgt,  nicht  aber  bei  leeren  Gehäusen,  zu 
mindest  nicht  in  diesem  Maße. 

4.  Zeigt  die  Möglichkeit,  die  Eisenverbindungen  nach 
der  Tötung  des  Versuchsobjektes  fortwaschen  zu  können, 
daß  nicht  die  Eisenverbindungen  des  umgebenden  Wassers 
die  Reaktion  bedingen. 

5.  Zeigt  die  Geißel  nach  der  Tötung  des  Flagellaten 
nur  soweit  die  »Beizewirkung«  der  Eisensalze,  als  die 
Diffusionszone  reicht;  dann  hebt  sich  bei  der  Berlinerblau- 
bildung die  Geißel  wie  mit  Gentianaviolett  fingiert  ab,  wobei 
die  peitschenförmige  Gestalt  klar  hervortritt  (Fig.  2b). 

6.  Würden  selbst  bei  "Berücksichtigung  der  enormen 
Empfindlichkeit  der  Eisenreaktion  die  Spuren  in  der  geringen 
Wassermenge  eines  Versuchstropfens  nicht  hinreichen,  um 
die  intensiven  Reaktionen  bei  den  angegebenen  Versuchen 
verständlich  machen  zu  können. 

Auf  Grund  der  erwähnten  Überlegungen  und  der  früher 
mitgeteilten  Beobachtungen  geben  sonach  die  oben  an- 
geführten Folgerungen  die  einfachste  und  naheliegendste 
Erklärung. 

JE)  Die  Ausscheidung  von  Eisenverbindungen, 
in  Form  eisenhaltiger  Gallerte  und  Schleime. 

Auf  Grund  von  Beobachtungen  kann  schließlich  nur  die 
Annahme  in  Betracht  kommen,  daß  wir  darin  einen  typischen 
Reizvorgang  zu  erblicken  haben.  Es  stehen  auch  hier 
eigene  Beobachtungen  an  Trachelomonas  vollständig  im  Ein- 
klang mit  den  Studien  von  Klebs1  an  Euglenaarten-Trache- 


i  Klebs  1.  c.  p.  405  bis  410  und  Klebs  G.,  Unters,  aus  d.  b  >t  tust, 
zu  Tübingen,   Bd.   I,    1881   bis    1885,   besonders  p.   274   bis  277. 


196  J.  Gicklhorn, 

lomonas    ist    ja  auch  eine  Euglenacee    — ,    so  daß  ich   diese 
Angaben  etwas  eingehender  erwähnen  muß. 

Zunächst  hebt  Klebs  hervor,  daß  »die  Gallerte  bei  Flagellaten  stets 
ein  Ausscheidungsprodukt  und  nicht  ein  Umwandlungsprodukt  der  periphe- 
rischen Haut  ist«  (p.  404).  Weiters  zeigt  namentlich  Euglena  sanguinea  bei 
Zusatz  verdünnter  Methylenblaulüsung  »in  dem  Moment  der  Berührung  des 
Farbstoffes  ....  ein  lebhaftes  Hin-  und  Herzucken,  Zusammenziehen  und 
Wiederausdehnen  ....  von  dem  Körper  strahlen  nach  allen  Seiten  sofort 
tiefblau  sich  färbende  Gallertfäden,  welche  sich  zu  einer  Hülle  in  Form  eines 
Netzwerkes  vereinigen.  Die  Gestalt  dieser  Gallertausscheidung  ist  in  den 
einzelnen  Fällen  außerordentlich  verschieden,  hängt  von  der  Individualität 
der  Euglena,  von  der  Natur,  von  der  Konzentration  des  Farbstoffes  ab.....' 
(p.  40r>).  Oft  »erscheint  die  Gallerte  fast  wie  ein  homogener,  diluierter 
Schleim      (p.   405),  besonders  bei  Verwendung  von  verd.  Methylgrün. 

Ferner  ergab  sich  die  Tatsache,  daß  »das  Cytoplasma  die  Substanz 
durch  die  Plasmamembran  preßt,  welche  gegenüber  der  vegetabilischen 
Zellhaut  sich  durch  ein  sehr  viel  dichteres  Gefüge  auszeichnen  muß  und 
sich  in  dieser  Beziehung  wie  die  Hautschicht  des  vegetabilischen  Plasmas 
verhält....«  (p.  406).  Klebs  vermutet  sogar,  daß  bei  Euglena  sanguinea 
ein  Zusammenhang  der  Gallertausscheidung  besteht  mit  den  »Gallertstäbchen, 
welche  sehr  regelmäßig  in  Spiralreihen  auf  der  Plasmamembran  sitzen,  ent- 
sprechend ihrer  Spiralstreifung,  so  daß  wahrscheinlich  an  den  schmalen 
Furchen  zwischen  den  eigentlichen  Spirallinien  die  Ausscheidung  erfolgt« .... 
Weiters  »....  läßt  sich  feststellen,  daß  an  der  noch  lebenden  Euglena 
innerhalb  der  Plasmamembran  im  peripherischen  Protoplasma  sich  kugelige 
Körper.  .  .  .  färben,  welche  vielleicht  das  Bildungsmaterial  für  die  Ausscheidung 
darstellen*  (p.  406).  Weitere  Prüfung  ergab:  »Die  größere  Mehrzahl  der 
Euglenaceen  hat  nicht  die  Fähigkeit,  auf  äußere  Reize  hin  sofort  Gallerte 
auszuscheiden;  die  Bildung  derselben  bei  Teilungen,  Ruhezuständen  geht 
langsam  vor  sich,  so  daß  sie  nicht  direkt  sichtbar  wird«  (p.  406  bis  407), 
aber  es  »spricht  alles  dafür,  daß  die  Hülle  in  gleicher  Weise  gebildet 
wird.      (p.   276  im   I.   Bd.   der  Tübinger  Unters.). 

Die  genaue  Prüfung  der  Tatsachen  führt  zu  der  begründeten  Annahme. 
daß  die  Gallertausscheidung  in  die  Reihe  der  Reizerscheinungen 
gehört,  da  nur  lebende  Individuen  der  Euglena  dieselben 
;:  eigen.  Die  Rolle  des  auslösenden  Reizes  können  sehr  verschiedene 
Momente  spielen,  außer  Farbstofflösungen  auch  Salzlösungen,  schwache 
Alkalien,  Säuren,  mechanischer  Druck  usw.  Diese  Mittel  müssen  eine 
gewisse  schädigende  Einwirkung  ausüben;  denn  solche  Farbstoffe,  wie  z.  B. 
Kongofoth,  Indigkarmin,  Nigrosin.  .  .  .  vermögen  nicht  die  Gallertausscheidung 
herbeizuführen.  Diese  reizauslösenden  Farbstoffe  müssen  hierfür  auch  eine 
gewisse    Konzentration    besitzen ....    Eine    Lösung    des   Methylenblaus    von 

1:100.000    wirkt    noch     deutlich ,     eine     solche    von    1:200.000    nicht 

mehr....      Meistens     tritt    der    Erfolg    sehr    schnell    ein....     seihst    schnell 


Studien  an  Eisenorganismen.  197 

tötende  Mittel,  wie  Jodlösung,  Alkohol  bewirken  noch  eine  Ausscheidung. 
Dagegen  tötet  1°,,  Osmiumsäure  so  momentan,  daß  keine  Gallerte  mehr 
gebildet  werden  kann«   (p.  405   bis  406). 

Die  Analogie  eigener  Beobachtungen  mit  allen  wesent- 
lichen Angaben  von  Klebs  ist  so  auffallend,  daß  ich  eben 
diese  Studien  statt  ausführlicher  Wiedergabe  der  eigenen 
hersetze.  Das  Verhalten  der  von  mir  beobachteten  Trache- 
lomonas- Arten  ist  das  gleiche  wie  es  Klebs  bei  Verwendung 
von  Farbstoffen  gesehen  hat  und  seinen  Folgerungen  ist  nur 
vollinhaltlich  beizustimmen.  Auch  liegt  es  nahe,  mit  Klebs 
»der  Gallerte  selbst  eine  gewisse  Veränderungsfähigkeit  zu- 
zuschreiben, insofern  sie  gleich  nach  der  Ausscheidung  in 
Berührung  mit  dem  Außenmedium  in  begrenztem  Maße  Wasser 
aufnehmen  und  infolge  dieser  Quellung  zu  homogenen  Hüllen 
verschmelzen  kann«   (p.  407). 

Ich  möchte  hier,  als  Einschaltung  gedacht,  erwähnen,  daß  die  in  der 
Mikrobiologie  so  viel  verwendete  und  empfohlene  »Tuschemethode«  auch 
-als  »reizauslösendes  Mittel«  gelten  muß,  wie  eigene  Erfahrungen  nach 
Kenntnis  der  Verhältnisse  lehren  und  daß  das  Tuscheverfahren  mit  größter 
Vorsicht  an  lebenden  (!)  Infusorien,  Flagellaten,  Bakterien  usw.  anzuwenden 
ist.  Ausführliche  Mitteilungen  nach  Abschluß  dieser  Beobachtungen  werden 
mderenorts  gegeben  werden. 

F)  Über  die  Eisenspeicherung  im  Gehäuse. 
Klebs1  und  ebenso  Molisch2  lassen  zwei  Möglichkeiten 
offen:  entweder  besitzt  die  anfangs  eisenfreie,  zarte  Gallert- 
hülle »eine  ganz  besonders  ausgebildete  Anziehungskraft.  ..  . 
infolge  deren  sie  aus  der  höchst  verdünnten  Eisensalzlösung 
(in  Form  des  kohlensauren  Salzes),  wie  sie  das  Wasser 
unserer  Sümpfe  darstellt,  das  Eisenoxydhydrat  herausziehen 
kann«  (Klebs  p.  407).  Oder  man  kann  auch  an  die  Möglich- 
keit denken,   »daß  bei  diesen  Arten  der  lebendige  Organismus 

bei    der    Eisenspeicherung    wirksam    ist «   (p.  407;.  Auf 

Grund  der  früher  beschriebenen  Ergebnisse  der  vorliegenden 
Arbeit  kann  nur  die  zweite  Möglichkeit  in  Betracht 
kommen,  da  nur  durch  Beteiligung  des  lebenden  Protoplasten 
jene  intensive  Eiseneinlagerung  im  Gehäuse  erklärt  werden 
kann.  Der  lebende  Protoplast  führt,  wie  nachgewiesen  wurde. 


1  1.  c.  p.  4o7,  -  1.  c.  Eisenbakterien,  p.  54  ;^i-  55. 


198  J.  Gicklhorn, 

beträchtliche  Mengen  einer  Eisenoxydverbindung,  die  nur 
aus  dem  umgebenden  Wasser  stammen  kann,  und  es  ist  wohl 
das  Naheliegendste  und  Einfachste,  anzunehmen,  daß  vom 
Plasma  aus  gleichzeitig  mit  Ausscheidung  der  Hüllen  Eisen 
abgegeben  werden  kann,  beziehungsweise  in  diese  allmählich 
eingelagert  wird.  Mit  dieser  Eisenablagerung  ist  allem 
Anschein  nach  eine  physikalisch-chemische  Zustandsänderung 
der  Hülle  verbunden,  deren  Adsorptionsvermögen  für  Eisen 
sich  eben  im  Laufe  der  Zeit  ändern  muß.  Es  ist  hier  nur 
ein  Spezialfall  der  bekannten  Zustandsänderungen  überhaupt 
der  Adsorptionsfähigkeit  im  besonderen,  wie  sie  allgemein 
Gallerten  und  viele  Kolloide  nach  Einwirkung  von  Salz- 
lösungen zeigen.  Auf  diese  Frage  will  ich  bei  Besprechung 
der  Befunde  an  Leptothrix  zurückkommen,  vorerst  noch  die 
eine  weitere  Frage  berücksichtigen,  nämlich: 

G)  Über  die  Bindung  des  Eisens  im  Plasma  und 
im  Gehäuse. 

Im  Gehäuse  finden  sich  Eisenoxyde,  aber  auch 
Oxydul  Verbindungen;  der  Nachweis  mit  rotem  Blutlaugen- 
salz und  Salzsäure  in  den  von  Mo  lisch  angegebenen 
Konzentrationen  gelingt  jederzeit.  Allerdings  muß  man  einige 
Zeit  länger  warten  als  bei  der  Berlinerblauprobe.  Das  Plasma 
führt  aber  nur  sehr  geringe  Mengen  von  Eisenoxydul- 
verbindungen und  der  ausgestoßene  Schleim  zeigt  sehr 
selten  oder  nur  in  nebensächlich  geringen  Mengen  durch 
Bildung  von  Turnbullsblau  die  Gegenwart  von  Eisenoxydul- 
verbindungen  an.  Das  Plasma  des  toten  Flagellaten 
führt  weder  FeO  noch  Fe203- Verbindungen  in  nachweis- 
barer Menge;  beim  Absterben,  nicht  aber  bei  bloßer  Reizung, 
wird  alles  Eisen  ausgestoßen. 

Auf  die  weitere  Frage,  in  welcher  Verbindung  das 
Eisen  auftritt,  vermag  ich  keine  Antwort  zu  geben;  auch 
bisher  hat  man  immer  von  »Eisenverbindungen«  gesprochen; 
nur  Winogradsky1  nimmt  an,  »daß  nach  der  Oxydation 
zunächst  ein  neutrales  Eisenoxydsalz  irgend  einer  organi- 


1  Winogradsky     S.,      Über      Eisenbakterien.      Bot.     Zeitung,      ISSN. 
46.  Jhrg.,  p.  260  bis  270,  speziell  26S. 


Studien  an  Eisenorganismen.  199° 

sehen  Säure...«  sich  bildet.  Mit  gelbem  und  rotem  Blut- 
laugensalz allein  tritt  keine  Reaktion  ein,  obwohl  zahlreiche 
organische  Eisenverbindungen,  wie  Molisch1  bei  der  Über- 
prüfung der  Angaben  von  Zaleski  gefunden  hat,  sicher 
reagieren.  Der  versuchte  Nachweis  von  Karbonaten  war 
ebenfalls  negativ.  Möglicherweise  ist  durch  eine  mikro- 
chemische Untersuchung  des  ausgeschiedenen  Schleimes 
ein  Anhaltspunkt  zu  gewinnen,  obwohl  die  bisherigen  Daten 
über  die  Mikrochemie  der  Schleime  sehr  dürftig  sind. 

Auch  in  der  Frage,  inwieferne  der  Eisengehalt  und  die 
Eisenspeicherung  bei  Trachelomonas  mit  der  Assimilation 
zusammenhängt,  kann  keine  abschließende  Antwort  gegeben 
werden.  Unter  Hinweis  auf  die  Versuche  von  Pringsheim 
und  Hassack  hält  Molisch2  es  für  sehr  wahrscheinlich,, 
daß  die  Eisenalgen  die  erforderliche  C02  auch  den  gelösten 
Bikarbonaten  des  Eisens  entziehen  können,  durch  den  bei 
der  Assimilation  freiwerdenden  O  das  Eisen  oxydieren  und 
in  der  Hülle  deponieren:  eine  Annahme,  die  Hanstein3  zur 
Erklärung  der  Eisenspeicherung  bei  Eisenalgen  zuerst  ge- 
äußert hat.  Die  Prüfung  mit  Phenolphtalein  auf  Alkalien,  wie 
sie  bei  der  Assimilation  auftreten4,  fiel  sowohl  makroskopisch 
als  auch  im  mikroskopischen  Bild  negativ  aus.  Doch  sind 
dies  Fragen,  die  nur  durch  ausgedehnte  physiologische  Ver- 
suche einwandfrei  beantwortet  werden  können.  Für  die 
Hauptfragen  der  Physiologie  der  Eisenspeicherung  scheinen 
mir  die  zwei  letzten  Fragen  aber  nebensächlich  zu  sein,, 
besonders  dann,  wenn  man  die  Verhältnisse  bei  den  Eisen- 
bakterien, die  ja  in  erster  Linie  für  eine  Theorie  der  »Eisen- 
organismen« in  Betracht  kommen,  berücksichtigt;  hier  fallen 
die  Fragen  über  die  Rolle  des  Chlorophylls,,  beziehungsweise 
der  CO.,-Assimilation  im  Lichte  bei  der  Aufnahme  und  Ab- 
lagerung der  Eisenverbindungen  überhaupt  weg. 


i  Molisch  H.,    Die    Pflanze    in    ihren   Beziehungen    zum  Eisen.    1892. 
Jena.  Verl.  Fischer,  pag.  51. 

-   Siehe  Eisenbakterien  2,  p.   54. 

::  Molisch:   1.  c.  p.  53. 

I   Siehe   Klebs:  1,  c.  p.   341. 


200 


J.  Gicklhorn, 


Schließlich  möchte  ich  noch  erwähnen,  daß  für  alle  mit- 
geteilten Beobachtungen  stets  viele  Hunderte  von  Trache- 
iomonas-Individuen  geprüft  wurden,  daß  aber  für  die  meisten 
Versuche  die  größeren  Formen  gewählt  wurden  und  erst 
ergänzend  auch  die  übrigen  herangezogen  wurden. 

H)  Ohne  auf  Details  einzugehen,  will  ich  noch  erwähnen,  daß  ver- 
schiedene Bilder  der  Berlinerblaureaktion  am  Gehäuse  von  Trachelomonas 
auf  einen  schaligen  Bau  des  Panzers  hinweisen.  Durch  die  rasch  an- 
wachsenden Niederschlagsmembranen  kommt  es  oft  zu  einer  direkten  Häutung 
des  Panzers,  indem  die  äußerste,  skulpturierte  Schichte  dem  Berlinerblau 
gewissermaßen  den' Rückhalt  bietet,  wobei  trotz  Dehnung  des  rasch  wach- 
senden  Beutels    alle   Feinheiten   der  Skulptur  erhalten   bleiben  (siehe  Fig.  4  a). 


Fig.  4. 

Beutelbildung  und  Verteilung  der  Eisenreaktion  am  Trachelomonas-Gehäuse. 
a)  Die  wachsende  Niederschlagsmembran  von  Berlinerblau  hat  die  äußerste 
skulpturierte  Hülle  auf  einer  Schalenhälfte  abgehoben  und  gedehnt;  der  so 
freigelegte  innere  Schalenanteil  ist  vollständig  glatt  und  hat  schwächere 
Blaufärbung;  b)  am  zerdrückten  Gehäuse  ist  die  innerste  Schichte  abgelöst 
und  durch  deutliche  Fe-Reaktion  sichtbar  zu  machen;  c)  Schema  des 
.Schalenbaues.  I.  innerste  Schichte,  II.  Zwischenschichte,  III.  äußerster  skulp- 
turierrer  Schalenanteil.   Vergr.   zirka    1000 mal, 


Desgleichen  ist  nach  Aufsprengen  des  Gehäuses  eine  innerste,  feine  Lamelle 
ebenfalls  häufig  durch  die  wachsenden  Niederschlagsmembranen  abzuheben 
(Fig.  4b),  so  daß  zwischen  diesen  beiden  Schichten  eine  starke  Schale,  die 
den  Hauptanteil  des  Panzers  ausmacht,  zu  liegen  kommt.  Obwohl  weder  bei 
noch  so  starken  Vergrößerungen,  noch  nach  verschiedenen  Färbungen  eine 
der  erwähnten  Schichten  gesondert  zu  sehen  ist,  muß  man  deren  differente 
Ausbildung  doch  als  wirklich  vorhanden  annehmen,  da  die  Häutung  so 
leicht  und   unter  so  regelmäßigen  Bildern  erfolgt,   daß    eine    andere     Deutung 


Studien  an  Eisenorganismen.  '-Ol 

dagegen  nur  gezwungen  erscheinen  kann.  Der  Bau  der  Membran  wäre 
danach  so  wie  Fig.  4c  zeigt.  Ich  glaube,  daß  man  darin  ein  weiteres 
Beispiel  der  Leistungsfähigkeit  der  Mikrochemie,  der  Berlinerblauprobe  im 
besonderen,  sehen  kann,  indem  hier,  ähnlich'wie  bei  Moliseh's  Nachweis1 
des  Procambiumnetzes  in  Kotyledonen  von  Sinapis  eine  morphologische 
Differenzierung  am  einfachsten  und  sichersten  durch  eine  mikrochemische 
Reaktion  aufzuzeigen  ist.  Die  Niederschlagsmembranen  von  Berlinerblau 
bilden  nach  längerem  Liegen  an  ihrer  Oberfläche  eine  feine,  zierliche 
netzige  Struktur  aus,  die  aber  jedesmal  entsteht,  auch  dort,  wo  vorher  keine 
Struktur  des   rasch  wachsenden  Beutels  zu   finden   ist. 

II. 

1)  Die  mitgeteilten  Beobachtungen  gewinnen  nun  ein 
größeres  Interesse,  wenn  man  die  Übertragung  auf  typische 
Eisenbakterien  versucht  und  findet,  daß  im  wesentlichen 
gleiche  Verhältnisse  vorliegen.  Es  ist  auffallend,  wie 
weit  die  Ähnlichkeit  geht  und  ich  glaube,  daß  von  hier  aus 
eine  klare  Beurteilung  der  bisher  gegebenen  Theorien  der 
Eisenspeicherung  von  Winogradsky  und  Molisch  möglich 
ist.  Obwohl  gerade  in  Fragen  der  Bakteriologie,  auch  in 
vielen  anderen  Gebieten  der  Physiologie,  die  Gültigkeit  einer 
allgemeinen  Theorie  erst  am  einzelnen  Objekt  zu  prüfen  ist, 
sind  in  unserem  Falle  so  ziemlich  alle  bisher  bekannten  ein- 
schlägigen Beobachtungen  einheitlich  zu  gruppieren,  zum 
mindesten  ohne  weitere,  erst  wieder  zu  begründende  Hilfs- 
annahmen verständlich  zu  machen.  Für  die  Untersuchung 
der  Eisenbakterien  habe  ich  in  erster  Linie  Leptothrix 
ochracea  gewählt,  deren  Physiologie  und  Morphologie 
durch  die  grundlegenden  monographischen  Arbeiten  von 
Molisch-  genau  bekannt  ist.  Ich  hatte  üppige  Rohkulturen 
in  hohen  Standgläsern,  wie  man  sie  nach  Winogradsky13 
sich  verschaffen  kann;  teilweise  kam  Material  —  fast  spezies- 
rein in  außerordentlich  großen  Lagern  —  mit  dünner  Scheide 
zur  Verwendung;  auch  im  Freien  gesammelte  Eisenbakterien 
und  Leptothrix    von    verschiedenen    Proben    meiner  Kultur- 


1  Siehe    Mikrochemie   p.   40. 

2  1.  c.   Eisenbakterien. 

•'!  Siehe  Anmerkung  p.  198  dieser  Arbeit   p.  236;    in   meinen    Versuchen 
nur  Grazer  Leitungswasser  ohne  besonderen  Eisenzusatz! 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  HJ.  '4 


202  I.  Gicklhorn, 

gläser  mit  Algen  und  Infusorien  wurde  benützt.  Die  Stärke 
der  Scheiden  war  in  diesen  verschiedenen  Proben  recht 
wechselnd,  ebenso  der  Grad  der  Eiseneinlagerung,  so  daß 
ich  alle  Übergänge  in  gewünschter  Vollständigkeit  vor  mit- 
hatte. Geht  man  nun  vergleichend  die  Ergebnisse  durch,  wie 
sie  auf  Grund  von  Untersuchungen  an  Trachelomonas  mit- 
geteilt wurden,  so  zeigt  sich  folgendes: 

1.  liefert  die  Berlinerblauprobe  entweder  eine  streng  auf 
die  Scheide  mit  den  eingeschlossenen  Bakterien  lokalisierte 
Reaktion  (Typus  I);  oder  um  die  Bakterien,  beziehungsweise 
die  Scheiden  erfolgt  körnelig  oder  homogen  blau  Berlinerblau- 
bildung (Typ.  II);  diese  besondere  Form  der  Fe-Reaktion  ist 
bisher  weder  bei  Bakterien  noch  an  anderen  Objekten  be- 
rücksichtigt worden,  vielleicht  sogar  als  mißlungene  Reaktion 
angesehen  worden.  Oder  aus  den  Scheiden,  sei  es  an  der 
Oberfläche  oder  der  Bruchstelle  einer  kräftigen  Scheide, 
treten  kleine  Blasen  und  Säckchen  hervor  (Typ.  III).  Fäden 
mit  dünner  Scheide  sind  besonders  geeignet  für  die  Reaktion 
vom  Typus  III  (!)  und  II,  solche  mit  starker,  gallertig  ver- 
quollener Scheide  für  die  Berlinerblaubildung  nach  Typus  III. 
Fig.  5  veranschaulicht  dies  am  verständlichsten.  Die  Bedin- 
gungen sind  die  gleichen,  unter  welchen  auch 
Trachelomonas  bei  der  Reaktion  mit  K4Fe(CN)G  -f-  HCl 
so  wechselnde  Bilder  gezeigt  hat,  ebenso  gelingt  je 
nach  der  Art  der  Durchführung  der  Probe  auch  hier  eine 
willkürliche  Darstellung  eines  der  erwähnten  Typen;  die 
früher  gegebene  Erklärung  ist  auch  hier  zutreffend. 

2.  Das  nachgewiesene  Eisen  stammt  hier  zum  größten 
Teil  aus  der  braun  gefärbten  Scheide,  doch  es  ist  nicht 
ausschließlich  auf  diese  beschränkt,  sondern  in  mehr 
minder  großer  Menge  auch  in  der  lebenden  Bakterien- 
zelle zu  finden.  Auch  dort,  wo  bei  festsitzenden  Fäden  ein 
deutlicher  Gegensatz  von  Basis  und  Spitze  der  Bakterien- 
fäden ausgeprägt  ist,  wo  die  Scheide  um  die  letzten  4 — 20 
Zellen  überhaupt  noch  nicht  oder  nur  in  sehr  geringer 
Dicke  gebildet  ist,  tritt  eine  tiefe  Blaufärbung  der 
Bakterienzelle  auf,  wenn  die  Scheide  kaum  einen  leicht- 
blauen Farbenton  durch  Berlinerblau    erkennen    läßt.    Daher 


Studien  an  Eisenorganismen. 


203 


kann  auch  bei  Leptothrix  Eisengehalt  der  Zelle  und 
Eisenspeicherung  in  der  Scheide  getrennt  sein.  Selbst 
bis  tief  in  dieScheide,  —  von  der  Spitze  weg  gerechnet  — 
die  bereits  kräftig  Eisenoxyd  Verbindungen  eingelagert 
zeigt,  ist  der  annähernd  gleich  intensive  Farbenton 
der  Bakterienzelle  zu  verfolgen,  wenn  auf  Fe203-Ver- 
bindungen  geprüft  wird.  Diese  Tatsache  scheint  zur  Beur- 
teilung der  bisherigen  Erklärungsversuche  der  Eisenaufnahme 


♦. 


\ 


!     \ 


! 


d 


\     \ 


Fig.  5. 
Eisenreaktion  an  Leptothrix  ochraceae.  a)  Die  Schleimhülle  zeigt  Beutelbildung, 
die  Bakterien  selbst  tiefblau  gefärbt;  b)  Reaktion  an  alten  Scheiden  mit 
Berlinerblaubildung  außerhalb  der  Scheide;  c)  Leptothrixfäden  mit  kräftiger 
Scheide  in  der  Wasserhaut  wachsend ;  d)  Leptothrixfäden  von  tieferen 
Wasserschichten  mit  bedeutend  schwächerer  Scheide;  die  Bakterienzellen 
selbst  weisen  bei  c)  und  d)  starke  Fe-Reaktion  auf,  auch  dort  wo  noch 
keine  oder  nur  eine  sehr  zarte  Scheide  gebildet  ist,  die  keine  Fe-Reaktion 
erkennen  läßt.  Vergr.  zirka   1000  mal. 

und  -speicherung  von  Bedeutung  zu  sein.  Moli  seh1  kam  bei 
seinen  Versuchen  zu  Ergebnissen,  die  er  in  folgenden  Sätzen 
ausdrückt:  »....  wenn  das  Plasma  der  Eisenbakterie  wirk- 
lich   mit    so    großer    Begierde    Eisenoxydul    aufnähme,    dann 


1  Siehe:  Die  Pflanze  in  ihren  Beziehungen   zum  Eisen,  p.  69. 


204  J.  Gicklhom, 

sollte  man  doch  dieses  hier  auch  nachweisen  können. 
Eisen  ist  aber  im  Plasma  nie  nachweisbar,  in  der 
Scheide  aber  immer.1  Selbst  nach  ganz  kurzem  Aufenthalt 
in  verdünnter  Ferrocarbonat-  oder  in  einer  anderen  Eisen- 
lösung wird  man  mit  Leichtigkeit  mittels  der  Blutlaugensalz- 
probe  Eisen  in  der  Gallertscheide,  nicht  aber  in  den 
Zellen  konstatieren  können.«2  Und  weiters  wird  nach 
Moli  seh  »ohne  vorher  erst  in  das  Innere  der  Zellen  oder, 
genauer  gesagt,  in  das  Plasma  einzutreten«  das  Eisensalz 
eben  in  erster  Linie  in  der  Gallerthülle  zurückgehalten,  die 
»wie  ein  Filter  fungiert«  (ebenda  p.  70).  Dem  gegenüber 
betont  später  aber  Molisch  in  seiner  Monographie  der 
Eisenbakterien  selbst  ausdrücklich,  ....»daß  die  Leptothrix- 
fäden  sehr  gierig  Eisenoxjalulverbindungen  aufnehmen 
daß  » . .  .  .  für  eine  merkbare  Reaktion  schon  einige  Minuten 
genügen.  .  .  .«  und  daß  dann  ....  »das  Eisen  jn  dem  Faden 
sowohl  in  der  Oxyd-  als  in  der  Oxydulform  vorhanden  ist. 
Es  färben  sich  die  Scheiden  und  die  Zellen.«3  Das 
Ergebnis  seiner  so  umfassenden  und  exakten  Versuche  faßt 
Moli  seh4  in  den  letzten  Untersuchungen  dahin  zusammen: 
»Daher  bin  ich  der  Meinung,  daß  das  Eisenoxydul  in  die 
Fäden  und  zwar  in  die  Scheiden,  zum  Teil  auch  in  die 
Zellen  vordringt  (!).  .  .  .5« 

Nun  beziehen  sich  aber  diese  Reaktionen  in  erster  Linie 
auf  Fälle,  wo  die  Eisenbakterien  in  Lösungen  übertragen  (!) 
wurden,  die  eine  ungleich  höhere  Konzentration  der  Eisen- 
salze aufweisen,  als  es  bei  gewöhnlicher  Kultur  in  Leitungs- 
wasser der  Fall  ist  (z.  B.  durch  Oxydation  reduziertes  Fe  in 
destilliertem  H20  oder  nach  Durchleitung  und  Sättigung  (!)  mit 
C02,  ebenso  »verdünnte  Ferrocarbonat-  oder  eine  andere 
Eisenlösung«  (%')■  Die  hier  erwähnten  Beobachtungen  an 
Leptothrix,  die  im  Leitungswasser  ohne  Zusatz  von  Fe2(0H)3 
gezogen  wurde  und  trotzdem  auch  in  den  Zellen  Eisen- 
verbindungen in  reichlicher  Menge  führt,  besonders  dort, 


1,   •  und  3  von  mir  gesperrt. 

4  Molisch:  Eisenbakterien,  p.  49. 

5  Von  mir  hervorgehoben. 


Studien  an  Eisenorganismen.  205 

wo  eine  Scheide  noch  gar  nicht  merkbar  ausgebildet  ist,  zeigt, 
daß  der  Eisengehalt  der  lebenden  Bakterienzelle  doch 
nicht  ganz  nebensächlich  sein  kann.  Ob  das  Eisen  in  der 
Zelle  nachzuweisen  ist,  hängt  ebenauch  von  der  Art  der 
Ausführung  der  Reaktion  ab  und  aus  den  Zellen  könnte 
das  Eisen  recht  leicht  und  schnell  diffundiert  sein,  wenn 
man  nicht  das  K4Fe(CN)6  und  die  Salzsäure  gleichzeitig 
wirken  läßt.  Das  dürfte  in  vielen  Untersuchungen  nicht 
gebührend  betont  worden  sein,  da  man  auf  die  hier  Typus  II 
genannte  Reaktionsform  beim  Fe-Nachweis  bisher  nicht 
Rücksicht  genommen  hat.  Vielleicht  ist  das  der  Grund, 
warum  Molisch  kein  Eisen  in  der  Zelle  nachweisen  konnte 
und  auch  in  späteren  Arbeiten  die  Reaktion  der  Eisen- 
verbindungen der  Zelle  gegenüber  der  intensiven 
Färbung  der  Scheide  zurücktreten  läßt.  Bei  meinen  Ver- 
suchen an  gewaschenen  Leptoth  r  ixfäd  e  n  oder  mit 
Präparaten  nach  Molisch's  Deckglasmethode  hergestellt,  sind 
gerade  die  Reaktionen  der  jüngeren  Fäden  sehr  kräftig 
gewesen  und  haben  die  Eisenbakterien  wie  mit  Methylenblau 
gefärbt  von  den  eisen  freien,  anderen  Fadenbakterien 
abgehoben. 

3.  Auch  bei  Leptothrix  ist  die  Eisenreaktion  in  der 
Zelle  und  den  Scheiden  sehr  kräftig,  wenn  im  umgebenden 
Wasser  der  Probe  kein  Fe  in  nachweisbaren  Mengen  auftritt, 
ebenso  kann  aus  toten  Zellen  das  Eisen  diffundieren  und 
im  Versuchstropfen  nachgewiesen  werden;  ferner  ist  die 
neuerliche  Eisenspeicherung  von  eisenfrei  gemachten  Zellen 
und  Scheiden  bei  Leptothrix  nie  so  kräftig,  als  es  das 
lebende  Material  zeigt;  weiters  stammt  auch  hier  das  Fe  der 
Zelle  nicht  etwa  aus  der  Scheide,  sondern  ist  in  der  Zelle 
schon  vorhanden,  denn  auch  die  jüngsten  Bakterien  ohne 
Scheiden  zeigen  tiefe  Blaufärbung. 

Aus  alledem  folgt,  daß  der  lebende  Protoplast  eine 
größere  Rolle  spielt,  als  man  nach  den  bisherigen  Befunden 
erwarten  sollte. 

4.  Die  Scheidebildung  der  Eisenbakterien  ist  ebenso  wie 
bei  den  Flagellaten  durch  Ausscheidung  seitens  des 
Protoplasten      und      nicht     durch     Umwandlung     der 


206  J.  Gicklhorn, 

Membran  zu  erklären.  Gerade  bei  den  Eisenbakterien 
liegen  die  Verhältnisse  der  Gallertbildung  durch  »reiz- 
auslösende« Stoffe  und  Bedingungen  recht  klar.  So  sagt 
Molisch1:  »Fehlt  das  Eisen  in  der  Lösung,  so  wächst  und 
vermehrt  sich  die  Leptothrix  zwar  sehr  gut,  allein  die  Fäden 
bleiben  relativ  kurz  und  die  Scheiden  bleiben  dünn.  Bei 
Darbietung  von  gelöstem  Eisen  verdicken  sich  die  Scheiden 
und  Eisen  wird  darin  als  Eisenoxyd  deponiert«  und  ferner 
»....jeder  kann  sich  leicht  überzeugen,  daß  gerade  die 
Dicke2  gallertartiger  Eisenbakterienscheiden  nach 
der  Zusammensetzung  des  Mediums  außerordentlich 
schwankt....«.3  Daß  auch  mechanische  Einflüsse  maß 
gebend  sein  können,  zeigt  die  Ausbildung  von  Haft  Scheiben 
bei  Cladothrix  dichotoma,  Chlamydothrix  sideropous 
und  den  übrigen  festsitzenden  Eisenbakterien,  ebenso  die 
Gallerthöfe  von  Liderocapsa  Treubii  und  S.  major.  Auch 
die  kräftige  Scheidenbildung  an  Leptothrix,  die  knapp  unter 
der  Wasseroberfläche  wächst  oder  in  der  Wasserhaut  selbst 
sitzt,  ist  vielleicht  durch  die  Wirkung  des  atmosphärischen 
Sauerstoffes  mit  bedingt.  Die  Stärke  der  Gallertscheide  hängt 
mit  von  der  Wirkung  auf  den  lebenden  Protoplasten  ab; 
ist  nicht  einfach  eine  bis  zu  einem  gewissen  Grad 
fortschreitende  Quellung  bereits  gebildeter  Gallerte, 
die  durch  immer  kräftigere  Eisenspeicherung  eine  Verdickung 
erfährt.  Zum  Teil  betont  dies  auch  Molisch4. 

Ich  möchte  erwähnen,  daß  auch  durch  siedendes  Wasser  abgetüu  te 
Leptothrixfäden,  wie  man  sich  mittels  der  Blutlaugensalzprobe  überzeugi  n 
kann,  Eisenverbindungen  gierig  anziehen  und  speichern,  doch  schreitet  diu 
Speicherung  nicht  bis  zu  jener  auffallenden  Verdickung  d 
Scheiden  vor,  wie  man  sie  an  den  lebenden  Fäden  bemerkt. 
Hier  fehlt  dann  der  Einfluß  der  lebenden  Zelle.5 

Die  Wirkung  des  umgebenden  Mediums  auf  die  Dicke 
der  Gallertscheide  ist  nur  durch  den  Einfluß  des  Protoplasten 
zu  erklären. 


i  1.   c.   p,  50. 

2  Von  mir  gesperrt. 

3  Ebenda  p.  47. 
i   Ebenda  p.  49. 

5   Von  mir   gesperrt. 


Studien  an  Eisenorganismen.  20/ 

5.  Die  erhöhte  Gallertausscheidung  bei  Zufuhr  von 
größeren  Eisenmengen  ist,  ähnlich  wie  in  den  Versuchen  von 
Klebs,  dadurch  leicht  verständlich,  daß  die  Eisensalze  in 
größerer  Konzentration  schneller  und  ausgiebiger  als  »reiz- 
auslösende« Wirkung  den  Protoplasten  beeinflussen  können 
ebenso  wie  der  stete  Kontakt  der  basalen  Zellen  festsitzende! 
Eisenbakterien  in  gleicher  Weise  wirksam  sein  kann.  Der 
Erfoig  tritt  nur  nicht  so  schnell  ein  wie  bei  Trachelomonas, 
ist  aber  prinzipiell  von  der  ruckarfigen  Abgabe  gallertartige! , 
eisenhaltiger  Stoffe  durch  den  Protoplasten  bei  Reizung 
mannigfacher    Art    nicht    verschieden.    Nur    darin    kann    der 

Einfluß  des  Plasmas  auf  die  Gallerte  und  ihre  merkwürdig, 
Anziehungskraft  für  Eisenverbindungen«,  von  weichem  die 
verschiedenen  Autoren  sprechen,  sich  geltend  machen. 

6.  Ist  es  ähnlich  wie  bei  Trachelomonas  auch  füi 
Leptothrix  wohl  auf  Grund  dieser  Befunde  das  Einfachste, 
nicht  ausschließlich  eine  Filterwirkung  anzunehmen, 
sondern  an  eine  dauernde,  langsam  vor  sich  gehende 
Eisenabgabe  vom  Pro  top  lasten  her  zu  denken.  Damit 
ist  unter  geänderten  Bedingungen,  z.  B.  beim  Abtöten  der 
Zellen  und  Änderung  des  Zustandes  der  Gallerte  nach  Kochen 
oder  Einwirkung  von  HCl,  ebenso  bei  älteren  Scheiden, 
ferner  beim  Übertragen  in  stärker  konzentrierte  Eisenlösungen 
als  das  Leitungswasser  ist,  eine  Eisenspeicherung  der  Gallertc 
allein  zugegeben.  Die  Zustandsänderung  der  Gallerte  unter 
gewöhnlichen  Bedingungen  —  Leitungswasser  oder  solches 
au-  Tümpeln,  Teichen  etc.  —  nach  Art  der  »Beizewirkung 
von  Eisensalzen  ist  ebenso  verständlich,  wenn  man  an  eine 
Eisenabgabe  vom  Plasma  her  denkt,  als  wenn  eine  Filter 
Wirkung  angenommen  wird,  die  bei  jungen  Zellen,  die  sonst 
wohl  Eisen  führen,  gar  nicht  anzuwenden  ist,  da  eine  als 
Filter  funktionierende  Scheide  ja  noch  nicht  oder  nur  in 
minimalem  Grade  ausgebildet  ist.  Es  wird  einstimmig  von 
Eisenbakterien  angegeben  —  und  ich  selbst  konnte  mich 
überzeugen  —  daß  eine  Eisenspeicherung  der  Gallerte  allein 
nie  jenen  Grad  der  Gelb-  bis  Braunfärbung  erreichen  kann, 
als  es  unter  dem  dauernden  Einfluß  lebender  Zellen 
geschieht.  Es  stellt  sich  eben  bald   ein  Gleicheewichtszu 


208  .1.  Gicklhorn, 

ein,  sobald  der  einer  bestimmten  Gallertmenge  bestimmter 
Konstitution  entsprechende  .Sättigungsgrad  der  Adsorption  für 
Fe-Verbindungen  erreicht  ist.  Eine  chemische  Umsetzung  mit 
der  Substanz  der  Gallerte  anzunehmen,  wobei  eben  fort- 
während für  neu  eintretendes  Eisen  Platz  geschafft  würde, 
ist  schon  deshalb  abzuweisen,  weil  ja  die  Speicherungs- 
versuche mit  leeren  Scheiden  ergeben,  daß  nur  ein  ganz 
bestimmter  Grad  der  Eisenaufnahme  nachzuweisen  ist 
alles  das  Gesagte  für  die  Dauer  des  Versuches  gemeint. 

7.  Es  liegen  auch  bei  Leptothrix  in  erster  Linie  Fe.,  03- 
Verbindungen  vor.  Wie  diese  aus  dem  FeO  durch  Oxydation 
entstanden  sind,  kann  hier  übergangen  werden.  Jedenfalls 
hat  für  Leptothrix  die  Aufnahme  und  Oxj'dation  zu  Fe203 
nicht  jene  Bedeutung,  als  Winogradsky  meinte  und  es  ist 
ja  das  wesentlichste  und  bestbegründete  Ergebnis  der  aus- 
gedehnten Versuche  von  Moli  seh,  daß  das  Eisen  für  die 
>Eisenorganismen«  nur  zum  Aufbau  des  Protoplasten  er- 
forderlich und  nicht  Energiequelle  des  Betriebsstoffwechsels 
ist.  Da  sowohl  FeO  als  Fe203-Verbindungen,  wenn  auch  in 
ungleichem  Grade  löslich  sind,  kann  der  Protoplast  beide 
aufnehmen  und  es  ist  gewiß  richtig,  wenn  Molisch1  sagt: 
»Bei  der  Aufnahme  organischer  Eisenverbindungen  mag  das 
lebende  Plasma  auch  für  die  Abspaltung  des  Eisens 
sorgen  und  auf  diese  Weise  in  den  Prozeß  der 
Eisenablagerung  eingreifen«. 

8.  Auch  für  die  Eisenbakterien  ist  bisher  unentschieden, 
was  es  denn  für  »Eisenverbindungen«  sind,  welche  in  der 
Scheide  und  der  Zelle  nachgewiesen  werden.  Auch  hier 
tritt  mit  gelbem  oder  rotem  Blutlaugensalz  allein  keine 
Reaktion  auf. 

9.  Das  Überwiegen  von  Fe., 03- Verbindungen  ist  nicht 
durch  die  Wirkung  des  atmosphärischen  Sauerstoffes  allein 
ausreichend  in  allen  Fällen  zu  erklären.  Man  findet  in 
Kulturen  auch  weit  unter  der  Oberfläche  braungefärbte 
Scheiden  mit  Fe203  und  namentlich  das  Vorkommen  von 
Eisenoxyden  in  den  Zellen  von   Leptothrixfäden,    die    weit 

1    Siehe    2,   p.   49. 


Studien  an  Eisenorganismen.  209 

vom  Wasserspiegel  ruhigstehender  Kulturen  entfernt  sind, 
müßte  diese  Annahme  gezwungen  erscheinen  lassen.  An  der 
Oxydation  von  FeO,  beziehungsweise  der  Aufnahme  oder 
Abspaltung  von  Fe  in  Oxydform  aus  irgend  welchen  Eisen- 
verbindungen des  umgebenden  Mediums  ist  entschieden  der 
Protoplast  mit  beteiligt. 

Die  hier  mitgeteilten  Beobachtungen  und  Erklärungen 
gelten  in  allem  auch  für  die  übrigen  Eisenbakterien  —  ich 
hatte  mit  Ausnahme  von  Gallionella  —  alle  anderen  zur 
Verfügung;  da  diese  Versuche  aber  an  den  übrigen  faden- 
förmigen Eisenbakterien  die  gleichen  Verhältnisse  ergeben, 
so  genügt  es,  der  Kürze  halber  Leptothrix  als  Typus  hin- 
zustellen und  an  dieser  Art  sind  auch  die  meisten  Reaktionen 
durchgeführt  worden. 

J)  Auf  drei  Punkte  kann  ich  aber  in  dieser  Arbeit  noch 
nicht    genauer    eingehen:    das    Verhalten    der  Anthophysa, 
die  Eisenablagerung  in  Membranen  der  Wasserpflanzen    und 
Algen  und  die  Untersuchungen  an  Spirophyllum.  Das  Ver- 
halten  der  Anthophysa  vegetans    wird  von  Molisch1    als 
wichtiger  Gegengrund  zu  Winogradsky's  Theorie  hingestellt; 
doch  gelten   die   von  Molisch   angeführten   Punkte   vielleicht 
nur  für  A.  vegetans,    denn  eine  bisher  unbekannte  Antho- 
physaart,    die    ich    den    Sommer    dieses    Jahres    wiederholt 
beobachtete,     zeigt    ganz    abweichende    Bilder.    Es     ist    eine 
schmale,    stark    eisenhaltige    zentrale  Röhre    bis    ganz    knapp 
zur  Kolonie  der  —  auch  im  Bau  abweichenden  —  Flagellaten 
vorhanden    und    dieser    Stiel    erst    von    einer    kräftigen,   auch 
mit  Eisen  inkrustierten  Gallerte  umgeben.  Genauere  Beobach- 
tungen mit  Rücksicht  auf  die  hier  behandelten  Fragen  wurden 
damals  nicht  angestellt  und  zur  Zeit  ist  diese  Anthophysa- 
art  nicht  zu  finden.    Spirophyllum  ferrugineum,    das  seit 
den  Studien    von    Lieske2  besonderes   Interesse  beansprucht. 


1    !.   c.   p.  57. 

-  Lieske  Rud..  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Physiologie  von  Spirophyllum 
ferrugineum,    einem    typischen    Eisenbakterium.    Jahrb.    f.    wiss.    Bot..     1911, 
d.s   p.  91. 


210  J.  Gicklhorn, 

bedarf  einer  eingehenden  morphologischen  und  physiologischen 
Bearbeitung,  da  die  sonst  ausgezeichneten  Untersuchungen  von 
Lieske  in  manchen  Punkten  ergänzt  und  nachgeprüft  werden 
müssen,  ehe  dieser  Eisenbakterie  eine  solche  Sonderstellung 
zuerkannt  werden  sollte.  Ich  möchte  nicht  unterlassen,  schon  hier 
darauf  hinzuweisen,  daß  nur  aus  Untersuchungen  dieser  in 
vielem  recht  ungenügend  bekannten  Bakterie  keinerlei  »Wider- 
legung« der  so  umsichtigen  und  exakten  Versuche  von 
Molisch  gefolgert  werden  kann,  was  wohl  von  Lieske  selbst 
betont,  von  anderen  Autoren  aber  nicht  genügend  beachtet  wird. 
Da  mir  derzeit  ausgezeichnetes  Material  von  Spirophyllum 
zur  Verfügung  steht,  wird  eine  eingehende  Untersuchung  aller 
einschlägigen  Fragen  bei  Spirophyllum  durchgeführt.  Ebenso 
gedenke  ich  die  hier  wesentlichen  Ergebnisse  auch  an  den 
von  mir  gefundenen  neuen  Eisenbakterien  —  5  Arten  - 
zu  überprüfen,  da  diese  Formen  mancherlei  Besonderheiten 
aufweisen. 

Kj  Diese  vergleichend  durchgeführten  Studien  dürften 
wohl  ohne  weiteres  die  Möglichkeit  erkennen  lassen,  die 
bisher  ohne  Vermittlung  einander  gegenüberstehenden 
Theorien  von  Winogradsky  und  Molisch  zu  vereinigen; 
es  zeigt  sich,  daß  gewisse  Punkte  in  beiden  Theorien,  in 
sachgemäßer  Weise  vereinigt,  einen  Standpunkt  ergeben 
können,  von  dem  aus  eine  einheitliche  Erklärung  der 
meisten,  vielleicht  aller  bisherigen,  Beobachtungen  und  Ver- 
suche möglich  ist. 

Die  Notwendigkeit  und  die  Bedeutung  der  Eisenaufnahme 
und  Oxydation  als  Energiequelle  ist  —  vielleicht  mit  Aus- 
nahme von  Spirophyllum  —  durch  Molisch's  Versuche 
uneingeschränkt  widerlegt,  und  damit  der  wesentlichste 
Gedanke  der  Theorie  von  Winogradsky  hinfällig.  Anderer- 
seits aber  ist  sicher  eine  Anzahl  von  Fällen  aufgezeigt,  wo 
Molisch's  Annahme  einer  >< Filterwirkung«  der  Scheide  nicht 
ausreicht  und  einer  Ergänzung  bedan.  Gelegentlich  äußert 
sich  auch  Molisch  in  diesem  Sinne,  wie  aus  den  früher 
zitierten  Stellen  zu  ersehen  ist.  In  diesen  Fällen  aber  geben 
die  von  Winogradsky  geäußerten  Gedanken    einer  Betei- 


Studien  an  Eisenorganismen.  '21  1 

ligung  des  lebenden  Protoplasten  als  des  wichtigsten 
und  ersten  Ortes  der  Eisenaufnahme  und  -speicherung 
eine  völlig  ausreichende  Grundlage.  Der  Vorgang  der 
Eisenspeicherung  ist  sonach  unter  normalen  Bedingungen, 
d.  h.  in  sehr  verdünnten  Eisenlösungen  natürlicher  Wässer, 
als  Eisenabscheidung  von  der  Zelle  her  aufzufassen 
und  nicht  nur  als  Eiseneinlagerung  der  zur  Zelle 
durch  die  Scheide  vordringenden  Lösung.  In  der  durch 
äußere  Mittel  verschiedener  Art  (chemische  Bedingungen  wie 
Fe,  Mn-Salzzusatz,  mechanische  Wirkung  durch  stete  Berüh- 
rung, Reaktion  auf  O-Zufuhr  etc.)  nachweisbaren  Änderung 
der  Ausbildung  der  Gallertscheiden  durch  das  Plasma  ist  der 
erste  Einfluß  auf  die  Eisenspeicherung  gegeben.  Analog  der 
Beizewirkung  von  Eisensalzen  an  Gallerten,  wird  auch  in 
diesem  Falle  die  Adsorptionsfähigkeit  für  Eisen  eine  Änderung 
erfahren,  eine  Verfestigung  der  Gallette  eintreten  können. 
Die  Annahme  von  Winogradsky,  daß  nur  oder  in  erster 
Linie  Oxydulverbindungen  aufgenommen  werden,  ist 
durch  die  vorliegenden  Untersuchungen  ebensowenig  zu 
bestätigen,  als  bei  früheren  Beobachtungen  von  Molisch. 
Es  können  je  nach  den  äußeren  Verhältnissen,  sowohl 
Oxydule  als  Oxyde,  sei  es  als  anorganische  oder  orga- 
nische Verbindungen  aufgenommen  werden;  doch  wird  die 
Oxydation  der  Oxydulverbindungen,  beziehungsweise  die 
Abspaltung  von  Fe  aus  irgendwelchen  Verbindungen  unter 
Mitwirkung  der  Zelle  erfolgen  können  und  nicht  in  allen 
Fällen  nur  dem  zutretenden,  gelösten  Sauerstoff  zuzuschreiben 
sein.  (Trachelomonas  im  Dunkel  gehalten,  bei  hohem  Eisen- 
oxydgehalt im  Protoplasten!) 

Die  hier  hervorgehobenen  Gesichtspunkte  glaube  ich 
durch  die  mitgeteilten  eigenen  Beobachtungen  und  den  Hin 
weis  auf  bereits  bekannte  Ergebnisse  der  grundlegenden 
Versuche  von  Mo  lisch  ausreichend  genug  begründen  zu 
können.  Von  diesem  Standpunkte  aus  werden  Versuche  an 
Spirophyllum,  anderen  Eisenbakterien  als  Leptothrix,  an 
Eisenalgen  und  eisenspeichernden  Wasserpflanzen  durch- 
geführt; es  soll  dabei  sowohl  die  mikrochemische  Analyse 
als  das  physiologische  Experiment  entsprechend  berücksichtigt 


212  .1.   Gicklhorn, 

werden.    Diese   Ergebnisse    sollen   Gegenstand    einer    zweiten 
Mitteilung  sein. 

Ich  möchte  nun  schließlich  auch  hier  Herrn  Professor 
K.  Linsbauer  für  das  Interesse  an  dieser  Arbeit  ergebenst 
danken,  ebenso  für  die  gelegentlichen  Anregungen  bei 
Diskussionen  des  hier  abgehandelten  Themas. 

Zusammenfassung. 

1.  Berlinerblaubildung  als  Reaktion  auf  Fe.,  Oo-Yerbin- 
dungen  tritt  bei  Trachelomonasarten  und  Eisenbakterien  in 
drei  Typen  auf:  a)  lokal  auf  eisenführende  Teile  des  Orga- 
nismus beschränkt,  b)  als  körneliger  oder  homogen  blauer 
Niederschlag  auch  außerhalb  der  Körperteile,  c)  in  Form 
Traube'scher  Zellen  verschiedenster  Gestalt  und  Größe  an  der 
Körper-  beziehungsweise  Schalen-  und  Scheidenoberfläche. 
Die  Art  und  der  Ort  der  endgültigen  Fe-Probe  hängt  sowohl 
von  der  Art  der  Durchführung  der  Reaktion  als  auch  von 
der  Gegenwart  des  lebenden  Protoplasten  ab. 

2.  Außer  im  Gehäuse  von  Trachelomonas  finden  sich  im 
Flagellaten  Eisenverbindungen  vor,  die  beim  Absterben  oder 
bei  Reizung  aus  dem  Protoplasma  ausgestoßen  werden. 

3.  Der  lebende  Flagellat,  beziehungsweise  die  lebende 
Zelle  von  Eisenbakterien  kann  beträchtliche  Mengen  von 
Eisenoxydverbindungen  führen,  ohne  daß  das  Gehäuse, 
beziehungsweise  die  Gallertscheide  Eiseneinlagerung  zeigt; 
Eisengehalt  und  Eisen  speicherung  können  daher  getrennt 
von  einander  auftreten. 

4.  Das  im  Mikroskop  zu  beobachtende  Ausstoßen 
eisenhaltiger  Gallerte  und  Schleime,  nachgewiesen  durch 
Bildung  ruckartig  anwachsender  Traube'scher  Zellen  beim  Fe- 
Nachweis,  ist  als  Reizvorgang  aufzufassen,  da  nur  lebende 
Trachelomonasarten  dies  zeigen;  mechanische,  chemische 
Reizung  bewirkt  diese  aktive  Ausscheidung  besonders  auffällig. 

5.  Im  Gehäuse  von  Trachelomonas  kommen  sowohl  FeO 
als  auch  Fe203-Verbinduhgen  vor;  im  Flagellaten  finden  sich 
nur  Fe20;i- Verbindungen. 


Studien  an  Eisenorganismen.  -  1  3 

6.  Durch  die  mikrochemische  Methode  läßt  sich  leicht 
ein  schaliger  Bau  aus  differenten  Schichten  beim  Trache- 
lomonasgehäuse  nachweisen,  der  aber  weder  durch  direkte 
Beobachtung,    noch    durch    Tinktionen    zu    differenzieren    ist. 

7.  Bei  Eisenbakterien,  Leptothrix  ochracea  als  Typus 
genommen,  sind  ähnliche  Verhältnisse  aufzuzeigen:  auch  der 
lebende  Protoplast  der  Zelle  führt  große  Mengen  von  Fe203- 
Verbindungen;  Eisengehalt  der  Zelle  und  Eisenspeicherung 
sind  in  hohem  Maße  von  einander  unabhängig;  jüngere  Fäden 
mit  kaum  merklich  ausgebildeter  Scheide,  die  selbst  eisenfrei 
ist,  zeigen  doch  starke  Eisenreaktion;  die  Intensität  der 
Eisenreaktion  ist  in  lebenden  Zellen  des  ganzen  Fadens  an- 
nähernd gleich;  in  toten  Zellen  ist  bei  Leptothrix  kein  Fe20;! 
mehr  nachzuweisen. 

8.  Die  nachgewiesenen  Feo0.,-Yerbindungen  dürften  nicht 
ausschließlich  durch  Oxydation  der  Fe  O- Verbindungen  mit 
Hilfe  des  atmosphärischen  Sauerstoffes  entstanden  sein.  Die 
in  der  vorliegenden  Untersuchung  mitgeteilten  Tatsachen 
weisen  auf  einen  entscheidenden  Einfluß  des  lebenden  Proto- 
plasten hin. 

9.  Die  bisherigen  Theorien  der  Eisenspeicherung  von 
Winogradsky  und  Molisch  lassen  durch  eine  sinngemäße 
Vereinigung  zu  einem  Standpunkt  gelangen,  der  so  ziemlich 
alle  bisher  bekannten  einschlägigen  Tatsachen  erklären  kann. 
Die  durch  Untersuchungen  von  Molisch  nachgewiesene 
Entbehrlichkeit  größerer  Mengen  von  Fe-Salzen  widerlegte 
die  von  Winogradsky  angenommene  Bedeutung  der  Fe- 
Verbindungen  als  Energielieferanten;  die  Fe-Speicherung,  der 
hohe  Fe-Gehalt  der  lebenden  Zelle,  die  Veränderungen  der 
Hüllen  und  Gallerten  von  Eisenorganismen  auf  Grund  der 
Wirkung  äußerer  Reizungen  weisen  dagegen  auf  die  von 
Winogradsky  betonte  Hauptrolle  des  lebenden  Proto- 
plasten hin. 


215 


Bemerkungen 
über  Alfred  Fischer's  „Gefäßglykose" 

Von 

Karl  Linsbauer 

(Mit  3  Textfiguren) 

Aus  dem  pflanzenphysiologischen  Institute  der  Grazer  Universität 
(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  22.  April  1920) 

Schon  Th.  Hartig  (I,  1858)  kam  auf  Grund  von  Ringe- 
lungsversuchen an  Bäumen  zu  dem  Ergebnisse,  daß  durch 
den  im  Frühjahre  aufsteigenden  »rohen  Nahrungssaft«  auch 
gelöste  Kohlenhydrate  mitgeführt  werden,  die  im  Baustoff- 
wechsel der  sich  bildenden  Triebe  Verwendung  finden.  Dem 
im  Wintersafte  unserer  Holzgewächse  oft  in  bedeutender 
Menge  auftretenden  Zucker  schreibt  Hartig  (II)  eine  doppelte 
Genese  zu.  »In  den  Wandersäften  ist  er  entweder  nicht  mehr 
auf  Bildung  organisierter  Reservestoffe  verwendeter,  als  Zucker- 
lösung überwinternder  Reservestoff  oder  er  ist  als  ein  Auf- 
lösungsprodukt vorgebildeter,  organisierter  Reservestoffe  zu 
betrachten«. 

Sachs  (1863)  schloß  sich  dieser  Auffassung  insoferne  anr 
als  auch  er  zu  dem  Ergebnisse  kommt,  daß  die  Stärke  »inner- 
halb des  Holzkörpers  selbst  aufgelöst  und  in  diesem  dem  Orte 
ihrer  Bestimmung  zugeführt  (wird),  indem  ihr  Lösungsprodukt 
mit  dem  aufsteigenden  Rohstoffe  zu  den  Knospen  hinauf- 
getrieben wird«. 

Die  Vorstellung  von  der  Beteiligung  des  Holzkörpers  an 
der  Leitung  der  Kohlenhydrate  fand  eine  Stütze  in  den  Er- 
fahrungen über  die  qualitative  Zusammensetzung  des  Blutungs- 


*2 16  K.  Linsbauer, 

saftes,  der  im  Frühjahre  bekanntlich  ansehnliche  Zuckermengen 
enthält  (Schröder  1868).1  Nachdem  schon  Schröder  die  im 
Stamme  deponierte  Stärke  als  die  Quelle  des  Zuckers  im 
Blutungssaft  in  Anspruch  genommen  hatte,  schloß  Haberlandt 
(1884,  p.  366)  auf  Grund  des  vorliegenden  Tatsachenmaterials 
»daß  im  Frühjahre,  wenn  sich  die  im  Holzparenchym  und  in 
•den  Markstrahlen  aufgespeicherte  Stärke  in  Zucker  verwandelt, 
die  Zuckerlösung  in  das  wasserleitende  Röhrensystem  osmotisch 
hineingepreßt  wird  und  in  demselben  mit  dem  Transpirations- 
strom in  die  wachsenden  Blätter  gelangt«.  War  auch  diese 
Schlußfolgerung,  wie  Strasburger  (1891,  p.  880)  zeigte, 
soweit  sie  sich  auf  einen  Versuch  von  Paul  Schulz  (1883) 
über  das  Aufsteigen  einer  Tanninlösung  im  Stamme  stützte, 
nicht  gerechtfertigt,  so  konnte  sie  doch  mit  Recht  auf  die 
Erkenntnis  begründet  werden,  daß  der  Zuckergehalt  des 
Blutungssaftes  nur  aus  den  im  Winter  Stärke  speichernden 
Holzparenchym  und  Markstrahlzellen  stammen  kann.  Der 
Übertritt  von  Zucker  aus  den  lebenden  Zellen  des  Holzes  in 
die  Gefäße  ist  jedenfalls  auf  Grund  der  gegenseitigen  anatomisch- 
topographischen Beziehung  zwischen  diesen  Elementen  leicht 
verständlich.  Einen  indirekten  Beweis  hiefür  sah  Alfred  Fischer 
(l,  1886)  in  der  von  ihm  beobachteten  Ablagerung  von  Stärke 
in  protoplasmahältigen  Tracheen  von  Plantago. 

Angeregt  durch  diese  Beobachtung  wandte  Fischer  dem 
'Zuckergehalt  des  Gefäßsaftes«  sein  besonderes  Augenmerk 
zu.  Seine  Untersuchungen  über  diesen  Gegenstand  (II,  1888; 
III,  1891)  wurden  von  grundlegender  Bedeutung  für  unsere 
ganze  Auffassung  über  die  Wanderung  der  Kohlenhydrate  im 
Stamme  der  Holzgewächse  und  die  Beanspruchung  von 
Elementen  des  Holzkörpers  als  Wanderbahnen. 

Es  gelang  ihm  eine  lokalisierte  Reduktion  der  Fehling- 
schen  Probe  in  Zellen  des  Holzes  zu  erhalten,  woraus  er  auf 
die  Anwesenheit  von  Gtykose  (eventuell  von  Glykosiden) 
schloß,  da  er  auf  Grund  kritischer  Erwägungen  das  Vor- 
handensein anderer  reduzierender  Substanzen  ausschließen  zu 
können  glaubte.   »Aus  den  vorstehenden  Auseinandersetzunsren 


1  Weitere  Literatur  bei  W.  Pfeffer  (1.  Bd..  p.  244i,  Hornberger  (188,). 
Czapek  (I.  Bd.,  p.  471). 


Bemerkungen  über  Fischer's  »Gefäßglykose«.  -1/ 

ergibt  sich  demnach  mit  der  bei  mikrochemischen  Unter- 
suchungen gewöhnlich  nur  erreichbaren  Sicherheit,  daß  der 
reduzierende  Körper  schon  ursprünglich  in  der  Pflanze  vor- 
kommt und  Glykose  ist...«  »Jedenfalls  ist  anzunehmen,  daß 
der  Kupferniederschlag  auf  einen  gelösten,  stickstofffreien 
Reservestoff  zurückzuführen  ist'  (II,  p.  409).  In  der  Folge 
bezeichnet  Fischer  diesen  Stoff  als  »Gefäßglykose«  schlecht- 
weg. Er  untersuchte  ihr  Auftreten  und  ihre  Verteilung  in 
Abhängigkeit  von  der  Jahreszeit  und  entwarf  in  seiner  all- 
gemein bekannten  Arbeit  über  die  Physiologie  der  Holz- 
gewächse ein  klares  und  geschlossenes  Bild  der  Wandlung 
und  Wanderung  der  N-freien  Reservestoffe  in  den  Bäumen, 
das  in  seinen  Grundzügen  in  alle  Lehrbücher  übergegangen  ist. 

An  dieser  Stelle  soll  nur  von  Fischer's  Glykoseunter- 
suchungen  die  Rede  sein,  die  im  Wesentlichen  durch  die 
Autorität  St  ras  bürge  r's  ihre  Bestätigung  fanden  (1891,p.883ff.). 

Der  Nachweis  der  »Gefäßglykose-  durch  A.  Fischer 
fand  merkwürdigerweise  kaum  eine  Kritik,  obgleich  manche 
Beobachtungen  geeignet  waren,  den  unbefangenen  Leser 
stutzig  zu  machen  und  zu  einer  kritischen  Nachprüfung  zu 
veranlassen.  Gegen  die  Methode  selbst  wendet  nur  gelegentlich 
Lundegardh  ein,  daß  auch  ein  großer  Teil  der  Gerbstoffe 
und  Glykoside  wie  Aesculin  u.  a.  die  P'ehling'sche  Lösung 
reduzieren,  so  daß  Fischer  nicht  berechtigt  gewesen  sei,  die 
Aesculus -Rinde  wegen  des  erzielten  Niederschlages  von 
Kupferoxydul  als  glykosereich  zu  bezeichnen.  Abgesehen  aber 
-davon,  daß  Fischer  selbst  wenigstens  auf  die  durch  Gerb- 
stoffe bedingte  Fehlerquelle  aufmerksam  gemacht  hat  (II, 
p.  408),  kommt  Notter  (1903,  p.  18)  zu  ,dem  Ergebnisse, 
•daß  der  .4t\sc/////s-Gerbstoff  keine  reduzierende  Wirkung  aut 
»Fehling«   ausübt. 

Jedenfalls  bleiben  aber  noch  genügend  andere  Bedenken 
bestehen.  Ich  verweise  etwa  auf  die  merkwürdige  Differenz  im 
Verhalten  der  krautigen  Pflanzen  und  eines  Teiles  der  Sträucher 
gegenüber  den  Bäumen,  von  denen  nur  die  letzteren  Glykose 
in  den  Gefäßen  führen  sollen,  während  erstere  keinen  Oxydul- 
niederschlag in  den  Wasserleitungsbahnen  ergaben  (III,  p.  78). 
Glaubte  Fischer  daraus  auf  eine  verschiedenartige  Benützung 

Sitzb.  d.  mnthem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  15 


218  K.  Linsbauer, 

der  Wasserbahnen  in  beiden  Fällen  schließen  zu  sollen,  so 
nimmt  Strasburger  (1.  c.,  p.  896)  keinen  prinzipiellen  Unter- 
schied an,  es  wäre  denn,  daß  die  Aufspeicherung  von  Kohlen- 
hydraten im  Gefäßsystem  der  krautigen  Pflanzen  überhaupt 
fehlt;  zur  Stütze  seiner  Anschauung  zieht  er  Erfahrungen  über 
die  Wirkung  eines  Zusammenpressens  der  Stengelteile  heran, 
die  lehrten,  daß  bei  vielen  Pflanzen  Früchte  und  Samen  reifen 
und  Kohlenhydrate  speichern,  »auch  wenn  kein  anderer  Weg 
der  Zufuhr  als  die  Wasserbahnen  offen  sind«  (p.  898). 1  Da 
der  Gefäßinhalt  jedoch  »Fehling«  nicht  reduziert,  wäre  an  die 
Leitung  löslicher  aber  nicht  reduzierender  Kohlenhydrate  zu 
denken,    doch    fehlt    auch    für    diese   Vermutung    der    Beweis. 

Sehr  auffällig  erscheint  mir  auch  eine  Unstimmigkeit 
zwischen  den  Angaben,  welche  Fischer  in  seinen  beiden 
Arbeiten  über  das  Auftreten  der  Gbykose  im  Holze  macht. 
Die  ausführlichere  Publikation  legt  nur  auf  ihr  Vorkommen 
in  den  Wasserbahnen  Gewicht.  »Die  Holzfasern  enthalten 
in  den  meisten  Fällen,  z.  B.  bei  Betula,  Populus,  Coruust 
Acer  entweder  gar  keinen  oder  nur  hie  und  da  spärliche 
Niederschläge,  sO  daß  meistens  die  Gefäße  allein  glykosehältig 
sind«  (III,  p.  76).  Die  von  Fischer  konstatierten  Ausnahmen 
Pirus  Malus  und  Prunus  avium  bestehen,  wie  Strasburger 
(!.  c,  p.  884)   nachweist,    in  Wirklichkeit    nicht,     insofern    die 

Holzfasern«  der  Rosifloren  tatsächlich  Tracheiden  darstellen. 
In  seiner  ersten  Mitteilung  wird  aber  ganz  besonders 
auch  auf  das  Glykosevorkommen  in  den  Holzfasern  und  in  den 
Zellmembranen  hingewiesen.  Die  Untersuchung  ergab,  daß  sie 
(die  Glykose)  vorwiegend  in  toten  Gewebeelementen  (Gefäßen, 
Tracheiden,  Holzfasern,  Markzellen,  obliterierte  Siebröhren - 
schicht,  mancher  Bast)  oder  in  den  Wänden  lebender  Elemente 
(manche  Bastfasern,  grüne  Rindenzellen)  vorkommt.  (II,  p.  415). 

So  ergibt  sich,  daß  die  toten  Elemente  des  Holzes  und  die 
Markzellen  als  YYanderungsbahnen  der  Glykose  in  Betracht 
kommen    müssen«    (II,  p.  417).   Wie  aber  soll   die  Glykose  in 


1  Diese  Untersuchungen  nehmen  allerdings  keine  Rücksicht  auf  die 
eigene  Assimilationstätigkeit  der  Früchte,  deren  Bedeutung  nicht  unterschätzt 
werden  darf. 


Bemerkungen  über  Fischer's   »Gefäßglykose«.  219 

die   toten  Holz-  und   Bastfasern  usw.  gelangen   und    von    hier 
abgeleitet  werden? 

Nicht  minder  unverständlich  ist  auch  der  Befund,  daß  der 
Glykosegehalt  im  alten  Holz  nicht  weniger  bedeutend  ist  wie 
in  den  jungen  Zweigen,  obgleich  doch  offenbar  die  älteren 
Jahresringe  an  der  Wasserleitung  keinen  Anteil  mehr  nehmen. 
Für  AiJanthus  glandulosa  im  besonderen  lesen  wir,  daß  hier 
trotz  frühzeitiger  Verstopfung  der  Gefäße  mit  Gummi  »die 
Glykosereaktion  ebenso  deutlich  in  unwegsamen  Gefäßen 
gefunden  wurde  wie  in  offenen.«1 

Auch  die  Beobachtung,  daß  im  ausgetrockneten  Holze 
und  in  jahrelang  in  Alkohol  gelegenem  Material  die  »Gefäß- 
glykose« in  unveränderter  Lokalisation  und  unvermindert 
gefunden  wurde,  ist  zumindestens  unerwartet,  da  Glykose  in 
Alkohol  —  absoluter  Alkohol  wurde  doch  wohl  zur  Konser- 
vierung nicht  verwendet  —  durchaus  nicht  unlöslich  ist. 

Unaufgeklärt  bleibt  auch  —  worauf  schon  Strasburger 
hinwies  —  die  Beobachtung  des  Vorkommens  von  Glykose  in 
den  Gefäßen  von  solchen  Bäumen  (Ahornarten),  in  deren 
Blutungssaft  Schröder  zwar  Rohrzucker,  aber  nicht  eine  Spur 
Traubenzucker  nachzuweisen  vermochte. 

Völlig  unerwartet  ist  jedenfalls  auch  die  Beobachtung,  daß 
( iefäßglykose  zu  allen  Jahreszeiten  in  allen  Teilen  des  Stammes 
gefunden  wurde,  was  auch  Strasburger  (1.  c,  p.  894)  und 
Xotter  bestätigten.  Daß  Glykose  das  ganze  Jahr  hindurch 
mit  dem  Wasserstrom  aufwärts  geführt  würde,  wie  Fischer 
will,  hat  Strasburger  mit  Recht  bezweifelt.  Welche  Rolle 
spielt  aber  die  Gefäßglykose,  wenn  nach  erfolgtem  Knospen- 
schluß und  Einstellung  der  Kambiumtätigkeit  die  Entwicklungs- 
vorgänge im  Wesentlichen    ihren  Abschluß    gefunden   haben? 

Diese  und  andere  Bedenken  veranlaßten  mich,  anläßlich 
von  Untersuchungen  über  die  Wandelung  der  Reservestoffe 
in  Holzgewächsen  der  Glykosefrage  näher  zu  treten. 


1  Strasburger  (1.  c.  p.  894)  bemerkt  nur  kurz,  daß  er  das  Kernholz 
an  verschiedenen  Coniferen,  dann  bei  Röbinia  und  bei  der  Eiche  zuckerfrei 
fand  und  glaubt,  daß  es  so  auch  in  anderen  Fällen  sein  werde. 


220  K.   L  i  n  s  h  a  uer, 

Ich  erhoffte  mir  zunächst  von  der  Verwendung  des 
Senft'schen  Reagens  —  Phenylhydrazin  und  Natriumazetat  — 
ein  günstiges  Ergebnis,  da  es  zum  lokalisierten  Nachweis 
der  Glykose  der  Fehling'schen  Probe  jedenfalls  vorzuziehen 
ist,  wenngleich  es  dieser  an  Empfindlichkeit  nachsteht.  Meine 
Ergebnisse  waren  aber  sehr  unbefriedigend:  unter  Umständen 
erhielt  ich  zwar  eine  schwache  Reaktion  in  lebenden  Zellen, 
doch  konnte  ich  eine  Osazonbildung.  in  den  Wasserleitungs- 
bahnen nicht  beobachten.  Ich  griff  also  wieder  auf  die 
Fehling'sche  Reaktion  zurück.  In  Übereinstimmung  mit  Fischer 
fand  auch  ich,  daß  die  Reaktion  in  der  üblichen  Weise  auf  dem 
Objektträger  ausgeführt,  nicht  das  gewünschte  Resultat  gibt; 
der  erzielte  Oxydulniederschlag  ist  schwach  und  wenig 
lokalisiert.  Die  von  Fischer  angegebene  Modifikation  der 
Fehling'schen  Probe  führte  dagegen  ohneweiters  zum  erwarteten 
Ergebnisse. * 

Fischer  geht  in  der  Weise  vor,  daß  er  median  gespaltene 
Aststücke  auf  etwa  5  bis  10  Minuten  in  eine  konzentrierte 
Lösung  von  Kupfersulfat  einträgt  und  nach  Abspülung  mit 
Wasser  in  eine  siedende  Lösung  von  Seignettesalz  mit  Ätz- 
natron einträgt,  in  der  sie  2  bis  5  Minuten  (III,  p.  74)  kochen 
müssen.'2  Warum  bei  dieser  Methode  der  Zucker  nicht  aus 
den  Zellen  und  namentlich  aus  den  Gefäßen  herausdiffundieren 
soll,  ist  mir  nicht  recht  erklärlich,  ebenso  war  mir  die  lange 
Kochdauer  zunächst  unverständlich,  da  doch  erfahrungsgemäß 
der  Oxydulniederschlag  bei  Anwesenheit  reduzierender  Zucker 
beim  ersten  Aufwallen  der  Lauge  eintritt.  Tatsächlich  erzielt 
man  jedoch  auf  dem  eingeschlagenen  Wege  deutliche  Nieder- 
schläge in  den  toten  Elementen  des  Holzes. 

Die  auftretenden  Oxydulniederschläge  sind  oft  sehr  schön 
auf  einzelne  Zellelemente  lokalisiert;  ich  fand  sie  wie  Fischer 
auf  die  Wasserbahnen  beschränkt,  häufig  aber  auch  die 
Libriformfasern  dicht  erfüllend.  Bisweilen  sind  sie  auch  in  der 
Zelle  lokalisiert.  So  beobachtet  man  sie  z.  B.  in  den  Tracheiden 


1  Ich  benutzte  annähernd  mit  gleichem  Erfolg  nach  verschiedenen 
Rezepten  (F.  Allihn,  Artur  Mayer  u.   a.)  hergestellte   Lösungen. 

-  Auch  Tun  mann  (1913,  p.  1S4)  übernimmt  diese  Methode  als  ge- 
eignet zum  lokalisierten   Glykosenachweis. 


Bemerkungen  über  Fischer's    »Gefäßglykose« 


22 1 


v  • 


i* 


Qr 


»'«* 


des  Fichtenholzes  oft  im  Umkreise  der  Hoftüpfel  (Fig.  1) 
oder  etwa  in  den  Markstrahlzellen  von  Ailaiülius  haupt- 
sächlich die  Tüpfelkanäle  erfüllend.  Ich  lege  dieser  Er- 
scheinung indessen  keine  Bedeutung  bei,  da  vielleicht  nur 
physikalische  Gründe  für  sie  maßgebend  sind.  Ich  kann  auch  die 
Beobachtung  von  Fischer  bestätigen,  daß  die  Niederschläge 
in  den  Wasserhähnen  oft  der  Membran  anliegen.  Der  von  ihm 
gegebenen  Erklärung  vermag  ich  mich 
jedoch  nicht  anzuschließen;  es  ist 
durchaus  unwahrscheinlich,  daß  bei  der 
Durchführung  der  Reaktion  die  Zucker- 
lösung sieh  nicht  im  ganzen  Gefäß- 
lumen  verteilt. 

Bemerkenswert  seheint  mir  eine 
andere  Beobachtung,  welche  auf  eine 
Beziehung  zur  Zellmembran  hinweist. 
Namentlich  an  Libriformfasern  konnte 
ich  bei  verschiedenen  Hölzern  an 
günstigen  Stellen  unzweifelhaft  die 
Bildung  des  Niederschlages  im  Be- 
reiche der  Mittellamelle  beobachten, 
von  wo  aus  er  sich  in  die  Ver- 
dickungsschichten  hineinzog  (Fig.  2). 
Ähnliches    konnte    ich    auch    an   den 

Markstrahlzellen  von  A/laiitlats  nachweisen.  Die  Angaben 
Fischer's  über  das  Auftreten  des  Oxydulniederschläges  inner- 
halb der  Membranen  finden  somit  ihre  Bestätigung,  doch  muß 
es  von  vornherein  einigermaßen  zweifelhaft  erscheinen,  ob  die 
Bildung  des  Präzipitates  etwa  auf  einem  Glykosegehalt  der 
Membran  beruht,  die  von  einer  Zuckerlösung  infiltriert  ist; 
gerade  die  augenscheinliche  Lokalisierung  in  der  Mittellamelle 
scheint  gegen  eine  solche  Deutung  zu  sprechen. 

Ich  habe  auch  einige  Kernhölzer  in  den  Bereich  der 
Untersuchung  gezogen,  kann  aber  die  schon  oben  erwähnten 
Angaben  Strasb  urger's  nicht  durchaus  bestätigen.  So  fand 
ich  in  einem  achtjährigen  frischen  Kirschenaste,  der  einen 
Durchmesser  von  etwa  6  Zentimeter  aufwies,  im  Kern  wie 
im    Splinte    eine    annähernd    gleiche    Verteilung     des    Oxydul- 


Fig.  1.  Verteilung  des  Kupfer- 
oxydulniederschlages  im  Be- 
reiche der  Hoftüpfel  an  einem 
Radialschnitte  durch  Fichten- 
holz. 


99? 


K.  Linsbauer, 


niederschlages.  In  einem  Kernholz  vori  Caesälpinia  echinata 
aus  der  Institutssammlung,  das  einem  12  Zentimeter  starken 
Holzstücke  entstammte,  konnte  gleichfalls  ein,  wenngleich  nur 
spärlicher  Niederschlag  erzielt  werden. 

Der  Oxydulniederschlag   tritt   somit 

-•wi':ijt-.M--v unzweifelhaft   auch   in   alten  Teilen  des 

Holzkörpers  auf.  die  jedenfalls  keine 
lebenden  Elemente  mehr  enthalten  und 
von  der  Wasserleitung  ausgeschaltet  sind. 
Um  diese  überraschende  Tatsache 
aufzuklären,  versuchte  ich,  auf  dem 
Boden  der  Fischer'schen  Anschauung 
stehend,  die  Glykose  aus  den  Gefäßen 
durch  Durchspülen  mit  Wasser  auszu- 
waschen, wobei  ich  einen  Unterschied 
im  Verhalten  der  leitenden  und  von  der 
Leitung  bereits  ausgeschalteten  Wasser- 
bahnen erwartete. 

Meine  Bemühungen  blieben  aber 
ebenso  fruchtlos  wie  die  gleichartigen 
Versuche  von  Alfred  Fischer.  Ich  setzte 
etwa  10  Zentimeter  lange,  zwei-  bis 
dreijährige  Zweigstücke  von  Ahorn  und 
Weide  luftdicht  in  einen  Saugkolben 
ein  und  saugte  mittels  einer  Wasser- 
strahlpumpe langsam  destilliertes  Wasser 
durch.  Nach  der  Durchspülung  wurden 
die  Zweige  entrindet  und  das  Kambium 
sowie  die  peripheren  Holzschichten  entfernt.  Nachdem  die 
Zweigstücke  hierauf  sorgfältig  abgespült  worden  waren,  um 
etwa  anhaftende  Fragmente  der  abpräparierten  Teile  zu  ent- 
fernen, wurde  ein  mittleres  Stück  von  1  bis  1*5  Zentimeter 
Länge  herausgeschnitten,  halbiert  und  in  toto  der  Fehling'schen 
Probe  genau  nach  Angabe  Fischer's  unterworfen.  Das  Spül- 
wasser wurde  auf  dem  Wasserbade  tunlichst  eingeengt  und 
gleichfalls  auf  Zucker  untersucht.  Während  aber  in  diesem 
auch  .nicht  die  Spur  einer  Reduktion  nachweisbar  war,  zeigten 
die    behandelten    Zweigstücke    einen    im    Vergleiche    zu    den 


Fig.   2    Oxydulnieder- 
schläge in  den  Membranen 

von  Rotholztracheiden 
der  Fichte.  Das  Holz  war 
vor  Ausführung    der    Re- 
aktion  stundenlang  in 
gewechseltem   Wasser 
ausgekocht   wi  irden. 


Bemerkungen  über  Fischer's  »Gefäßglykosec. 


223 


*i 


I 


nicht  behandelten  Kontrollzweigen  unverminderten  Oxydul- 
niederschlag, und  zwar  wie  ich  besonders  betonen  muß, 
nicht  nur  in  den  lebenden  Elementen  und  Holzfasern,  sondern 
auch  in  den  Wasserhähnen. 

Um  mich  zu  vergewissern,  welchen  Weg  das  durch- 
gesaugte Wasser  genommen  hat,  durchspülte  ich  andere 
Zweige  mit  wässeriger  Eosinlösung.  Zum  Versuche  wurden 
diesmal  Ahorn-  und  Fichtenzweige  be- 
nützt. An  der  eingetretenen  Färbung 
konnte  man  sich  leicht  überzeugen, 
daß  die  Spülflüssigkeit  durch  alle 
Wasserleitungselemente  gesaugt  worden 
war,  so  daß  doch  wenigstens  eine  Ver- 
minderung des  Reduktionsvermögens 
zu  erwarten  gewesen  wäre.  Das  Er- 
gebnis war  aber  wieder  insoferne 
negativ,  als  die  Reduktion  nach  wie 
vor  mit  unverminderter  Stärke  eintrat. 
Um  ein  Bild  von  der  Stärke  des  Kupfer- 
oxydulniederschlages zu  geben,  der  in 
einem  derartig  behandelten  Objekte 
(Fichte)  auftrat,  verweise  ich  auf  die 
nebenstehende  Fig.  3,  welche  tunlichst 
genau  mit  dem  Zeichenprisma  angefertigt 
wurde. 

Ad^lf  Fischer  führte  das  negative  Ergebnis  darauf 
zurück,  daß  sich  die  Wasserleitungsbahnen  bei  der  gewählten 
Versuchsanordnung  schnell  verstopfen.  Immerhin  sind  doch 
die  in  Betracht  kommenden  Glykosemengen  so  gering,1  daß 
man  erwarten  sollte,  es  würde  die  Zuckerlösung  schon  in 
wenigen  Minuten  aus  den  Gefäßen  herausgespült  sein;  selbst 
wenn  eine  starke  Adsorption  des  Zuckers  stattfinden  sollte, 
wäre  wohl  wenigstens  eine  Verminderung  des  Oxydulnieder- 
schlages zu  erwarten  gewesen. 

Haben  die  Durchspülungsversuche  zu  einem  negativen 
Ergebnisse  geführt,  so  wäre  es  nach   Fischer  doch  möglich, 


Fig.  3.  Niederschläge  von 

Kupferoxydul  in  den 
Tracheiden  eines  Fichten 
holzes,    das  vor   der  Re- 
aktion    im     zerklein 
Zustand    einige    Stunden 
in  wiederholt  gewechsel 
tem   Wasser    ausgekocht 
worden  war. 


1  Fischer    berechnet    für  ein  Gefäß  von  0*05   mm   Durchmesser  einen 
Glykosegehalt  von  0-0000196   mg  auf  1    mm   Länge   (111,  p.    I 


224  K.   L  i  n  s  b  au  er  , 

die  Glykose  auszulaugen.  Nach  24 stündigem  Liegen  in  Wasser 
wäre  der  Oxydulniederschlag  in  den  oberflächlichen  Zellagen 
ersichtlich  vermindert  worden.  Aber  auch  mit  dieser  Methode 
bin  ich  nicht  zum  Ziele  gekommen.  Ich  untersuchte  Zweige 
verschiedener  Art  (z.  B.  Fichte,  Ailaiithus)  nach  achttägigem 
Liegen  in  Wasser,  ohne  eine  Änderung  der  Stärke  der 
»Glykose« -Reaktion  ermitteln  zu  können.  Dazu  muß  ich 
allerdings  bemerken,  daß  ein  Abschätzen  der  Quantität  des 
Oxydulniederschlages  umso  mißlicher  ist,  als  selbst  in  gleich- 
artigen Zellen  desselben  Schnittes  Korngröße  und  Dichtigkeit 
des  Niederschlages  wechseln. 

Schließlich  ging  ich  noch  in  radikalerer  Weise  vor,  um 
etwaige  Glykose  in  Lösung  zu  bringen.  Von  der  Oberfläche 
eines  durchspülten  und  entschälten  Zweigstückchens  wurden 
teils  ganz  grobe  Späne,  teils  feinere  Schnitte  abgenommen 
und  in  reichlicher  Wassermenge  durch  eine  Stunde  aus  - 
gekocht  und  nachgewaschen.  Die  jetzt  wohl  zweifellos  zucker- 
freien Partikeln  wurden  in  der  Eprouvette  der  Fehling'schen 
Probe  unterworfen,  wobei  sie  eine  Viertelstunde  lang  in  der 
Lösung  gekocht  wurden.  Das  Ergebnis  übertraf  meine  Er- 
wartungen. Die  Späne  reduzierten  schon  makroskopisch 
schwach  aber  deutlich  die  Fehling'sche  Lösung.  Ausgekochte 
Schnitte  auf  dem  Objektträger  in  gleicher  Weise  behandelt  - 
sie  wurden  auf  dem  Wasserbade  ebensolange  erhitzt 
zeigten  einen  kräftigen  Niederschlag  im  Lumen  der  toten  und 
plasmaführenden  Zellen.  Zum  Teil  war  der  Kupferniederschlag 
feinkörnig,  zum  Teil  auffallend  durch  die  Ausbildung  schöner 
Krystalle  und  Kry Stallaggregate. 

Das  Ergebnis  war  dasselbe,  wenn  Sägespäne  aus  einem 
trockenen    Fichtenholz  es    wurde     ein    altes    Fichtenbrett 

benützt  -  -  vor  Durchführung  der  Reaktion  stundenlang  mit 
reichlicher  Wassermenge  ausgekocht  wurden.  Kocht  man  die 
Späne  im  Reaktionsgemische,  so  ist  die  Kupferreduktion 
schon   makrochemisch  deutlich  nachweisbar. 

Damit  ist  wohl  der  Beweis  erbracht,  daß  die 
Reduktion  der  Fehling'schen  Probe  in  den  toten 
Elementen    des    Holzes     der    Hauptsache     nach    nie  in 


Bemerkungen   über  Fischer's   »Gefäßglykose«.  225 

auf  Glykose    und    überhaupt    nicht   auf  im    »Rohsaft e> 

gelöste  Substanzen  zurückgeführt  werden   kann. 

Die  von  Alfred  Fischer  schon  in  seiner  ersten  Veröffent- 
lichung über  unseren  Gegenstand  zugegebene  Möglichkeit,  daß 
die  Reduktion  höchstens  auf  einen  unbekannten  •  Stoff  zurück- 
geführt werden  könnte,  trifft  somit  wider  Erwarten  zu,  wenigstens 
insoferne  als  es  sich  um  die  Wirkung  eines  bisher  noch 
nicht  identifizierten  Stoffes  handelt.  Daß  Harze  und  Gerb- 
stoffe nicht  in  Betracht  kommen,  hat  bereits  Fischer  selbst 
dargetan  und  geht  schon  daraus  hervor,  daß  die  reduzierende 
Wirkung  trotz  Kochens  in  Wasser  und  Alkohol  erhalten  bleibt. 

Die  Reduktionswirkung  kann  jedenfalls  nur  durch  in 
Wasser  und  Alkohol  schwer  lösliche  Inhaltsstoffe  oder  durch 
die  Membran  selbst  bedingt  sein.  Insoferne  die  Oxydulnieder- 
schläge lokalisiert  in  den  toten  Elementen  der  Wasserbahnen 
auftreten,  wird  man  sich  für  die  zweite  Eventualität  entscheiden 
müssen.  Ein  Gleiches  gilt  für  die  inhaltsleeren  Holzfasern- 
Ob  auch  die  Membranen  lebender  Zellen  eine  reduzierende 
Wirkung  ausüben  können,  läßt  sich  dagegen  nicht  mit  gleicher 
Sicherheit  behaupten.  Die  Gesamtheit  des  Zellinhaltes  können 
wir  nur  durch  energisch  wirkende  Agentien  entfernen,  wobei 
die  Membranen  eine  derartige  Veränderung  erfahren  könnten, 
daß  sie  erst  infolge  dieser  Einwirkung  eine  reduzierende 
Wirkung  äußern.1 

Wenn  wir  die  Zellmembran  für  die  Reduktion  der  Fehling- 
sehen Lösung  verantwortlich  machen,  so  könnte  zunächst 
daran  gedacht  werden,  daß  durch  das  Kochen  mit  Lauge  ein 
reduzierender  Zucker  abgespalten  wird.  Gegen  eine  etwaige 
hydrolytische  Abspaltung  eines  Zuckers  aus  der  Zellulose 
sprechen  aber  andere  Erfahrungen.  Wenigstens  wurde  be- 
obachtet, daß  Baumwollzellulose  bei  Behandlung  mit  Laugen 
unter  Druck  zwar  in  beträchtlichem  Maße  gelöst  wurde,  doch 
gab  die  Lösung  keine  Reaktion  mit  Fehling.  Es  ist  zu 
betonen,  daß  anscheinend  keine  Zucker  gebildet  werden;  wenn 
also  Alkalien  eine  Hydrolyse  bewirken,  so  führt  diese  nicht 
wie  bei  Verwendung  von  Säuren  bis  zu  Zuckern     (Schwalbe, 


1  So  wirkt  z.B.  Sulfitzellulose  reduzierend    Schwalbe,  p.  574). 


226  K.  L  i  n  s  b  a  u  e  r , 

p.  49).  Möglich  wäre  es  jedoch,  daß  durch  die  Einwirkung 
heißer  Lauge  bei  Luftzutritt  eine  teilweise  Oxydation  der 
Zellulose  erfolgt  unter  Bildung  von  Stoffen,  die  der  Oxyzellulose 
nahestehen,  welche  bekanntlich  Fehling  reduzieren.  Ob  aber 
die  doch  verhältnismäßig  kurze  Kochdauer  zu  einer  ent- 
sprechenden Oxydation  hinreicht,  ist  zweifelhaft. 

Es  ist  jedenfalls  auffällig,  daß  so  häufig  gerade  die 
Mittellamelle  einen  lokalisierten  Oxydulniederschlag  zeigt,  also 
jener  Anteil,  der  am  stärksten  vernolzt  ist  (Wislicenus  1909). 
Daß  aber  diese  Reaktion  nicht  auf  das  Czapek'sche  -HadromaL 
zurückgeht,  also  auf  jenen  Komplex,  den  wir  für  den  Eintritt 
der  Phloroglucinsalzsäurereaktion  verantwortlich  machen, 
dafür  spricht  schon  der  Umstand,  daß  durchaus  nicht  alle 
verholzten  Membranen  reduzierend  wirken,  wie  schon  aus  den 
Beobachtungen  Fischer's  hervorgeht,  der  z.  B.  das  Ausbleiben 
der  Reduktion  in  den  Gefäßen  der  krautigen  Pflanzen  betont.. 
Ferner  nimmt  das  Reduktionsvermögen  des  Holzes  durch 
andauerndes  Kochen  mit  njtQ  KOH  ersichtlich  ab,  während 
die  »Holzreaktion  augenscheinlich  dabei  ungeschwächt 
erhalten  bleibt. 

Es  scheint  mir  daher  wahrscheinlicher,  daß  die  reduzierende 
Wirkung  auf  vorliegende  Zellulosemodifikationen  zurück- 
zuführen ist.  Für  die  Ligno-,  Oxy-  und  Hydrozellulosen  ist 
ja  ein  mehr  oder  minder  kräftiges  Reduktionsvermögen  der 
Fehling'schen  Lösung  bezeichnend. 

Da  die  chemische  Charakteristik  der  Zellulosen  nicht 
immer  zur  sicheren  makrochemischen  Unterscheidung  ausreicht, 
so  ist  eine  mikrochemische  Untersuchung  von  vornherein 
wenig  Erfolg  versprechend,  umsoweniger  als  die  Reduktion 
auch  auf  verschiedenen  nebeneinander  befindlichen  Membran- 
stoffen beruhen  kann.1 

Die  Zurückführung  des  Kupferoxydulniederschlages  auf 
eine  reduzierend  wirkende  Membransubstanz  macht  manche 
Angaben  Adolf  Fischer's  verständlich.  Vor  allem  erklärt  sich 
jetzt  d'e  von  ihm  für  notwendig  erachtete  lange  Kochdauer 
bei  Ausführung  der  Reaktion.  Die  reduzierende  Wirkung   der 


1  Wobei  natürlich   auch   an   Pentosen  zu  denken  wäre. 


Bemerkungen  über  Fischet's   »Gefäßglykose«.  227 

oben  genannten  Zellulosen  stellt  sich  immer  erst  nach  längerem 
Kochen  ein,  während  Glykosen  sofort  reduzieren.  Verständlich 
ist  es  jetzt  auch,  daß  in  Elementen,  die  mit  der  Wasser- 
leitung gar  nichts  zu  tun  haben,  die  Holzfasern  und  tote 
Markzellen  oder  Gefäße,  die  durch  Verstopfung  an  der  Wasser- 
leitung verhindert  sind,  nichtsdestoweniger  »Gefäßglykose 
enthalten  können.  Daß  reduzierende  Zellulosen  nicht  überall 
vorhanden  sein  müssen  oder  erst  in  älteren  Zellen  gebildet 
werden  können,  erklärt  vielleicht  auch  das  abweichende 
Verhalten  krautiger  Pflanzen  und  einjähriger  Triebe. 

Wenn  wir  die  in  den  toten  Elementen  des  Holzes  auf- 
tretende Reduktion  von  Fehling  auf  die  reduzierende  Wirkung 
der  Zellmembranen  zurückführen,  so  bedürfen  aber  die  Be- 
obachtungen der  jahreszeitlichen  Veränderungen  in  der  Stärke 
des  Oxydulniederschlages  einer  Aufklärung. 

Sehr  beträchtlich  sind  sie  offenbar  überhaupt  nicht. 
Die  quantitativen  Beobachtungen  beruhen  natürlich  nur  auf 
Schätzungen.  Notter,  der  die  jahreszeitlichen  Veränderungen 
im  Gehalt  an  » Gefäßglykose •<  graphisch  wiedergibt,  äußert 
sich  über  die  eingeschlagene  Methode  folgendermaßen:  »Für 
die  Stärke  des  Kupferoxydulniederschlages  stellte  ich  auch 
12  Typen  auf,  die  hinsichtlich  Genauigkeit  mit  den  Mängeln 
aller  solcher  Bestimmungen  behaftet  sind,  für  vorliegende 
Untersuchungen  aber  ihren  Zweck  erfüllen.  ■<  (p.  18.)  Bedenkt 
man  aber,  daß  der  Niederschlag  bezüglich  Dichtigkeit  und 
Korngröße  sogar  in  Elementen  desselben  Schnittes  je  nach  den 
Reaktionsbedingungen,  die  man  nicht  immer  in  der  Hand  hat, 
verschieden  ist,  dann  wird  man  den  Wert  solcher  Schätzungen 
sehr  gering  anschlagen  und  Schätzungsfehler  um  eine 
ganze  Anzahl  von  Einheiten  sind  durchaus  möglich.  Immerhin 
stehen  aber  Notter's  Befunde  doch  mit  den  viel  vorsichtiger 
gehaltenen  Angaben  Alfred  Fischer's  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  im  Einklänge;  eine  Veränderung  in  der  Stärke  des 
Oxydulniederschlages  ist  danach  offenbar  tatsächlich  zu 
konstatieren. 

Daß  das  Reduktionsvermögen  der  Membran  eine  Ver- 
änderung erfahren  sollte,  ist  kaum  anzunehmen;  die  Erklärung 
ist  meines  Erachtens  viel   einfacher:    Daß  Zucker   unter  Um- 


228  K.  Linsba  u  e  r , 

ständen  mit  dem  Saftstrome  mitgeführt  wird,  erscheint  zweifel- 
los; die  Ringelungsversuche  und  insbesondere  die  Analysen 
des  Blutungswassers  sprechen  eine  zu  deutliche  Sprache, 
Meines  Erachtens  haben  nur  Alfred  Fischer  und  seine  Nach- 
folger darin  geirrt,  daß  sie  den  gesamten  Oxydulniederschlag 
auf  Rechnung  der  Glykose  setzten,  während  ein  Teil,  wahr- 
scheinlich sogar  der  größere,  auf  die  reduzierende  Wirkung 
der  Membran  zurückzuführen  ist.  Halten  wir  uns  an  die 
Äußerung  von  Alfred  Fischer  (III,  p.  86):  »Soweit  eine  Ab- 
schätzung es  gestattet,  darf  wohl  behauptet  werden,  daß  im 
Frühjahre,  von  Anfang  April  bis  Ende  Mai,  die  toten  Elemente 
des  Holzes  am  glykosereichsten  sind,«1  Die  Steigerung  des 
Oxydulniederschlages  ist  unserer  Meinung  nach  auf  das  tat- 
sächliche Auftreten  von  Zucker  im  »Rohsaft«  zurückzuführen, 
was  mit  unseren  übrigen  Erfahrungen  im  Einklänge  steht. 
Was  aber  wieder  zweifelhaft  geworden  ist,  ist  die  Behauptung, 
daß  die  Wasserbahnen  das  ganze  Jahr  über  Glykose  führen. 
Jedenfalls  sind  die  bisherigen  Angaben  über  das 
quantitative  Auftreten  der  Glykose  in  den  Wasser- 
leitungsbahnen und  die  daraus  gezogenen  Schlüsse 
nur  unsicher  begründet,  da  Glykose  und  andere  die 
Reduktion  bedingende  Stoffe  nicht  genügend  aus- 
einandergehalten wurden,  so  daß  die  Glykose-Frage 
einer  erneuten  kritischen  Untersuchung  dringend 
bedürftig  wäre. 

Zusammenfassung1. 

1.  Die  nach  der  Methode  Alfred  Fischer's  erzielbare 
Reduktion  der  Fehling'schen  Lösung  in  den  toten  Elementen, 
speziell  den  Gefäßen  des  Holzkörpers  ist,  wenigstens  der 
Hauptsache  nach,  nicht  auf  Glykose  oder  einen  anderen 
gelösten  reduzierenden  Zucker  zurückzuführen. 

2.  Der  Kupferoxydulniederschlag,  der  unter  diesen  Urn- 
ständen teils  im  Zellumen,  teils  in  der  Membran  selbst  zur 
Abscheidung   gelangt,    ist    vielmehr    ausschließlich    oder    vor- 


1  Diese  Beobachtung  wird  auch  von  Notter  bestätigt  (p.  31),  hingegen 
scheint  mir  bezüglich  des  zweiten  von  Xotter  gefundenen  Maximums  im 
Herbste   eine   Nachprüfung  dringend  wünschenswert. 


Bemerkungen  über  Fischer's   »Gefäßgrykose«.  229 

-wiegend  aut  die  reduzierende  Wirkung  der  Membran,  wahr- 
scheinlich bestimmter  Zellulosemodifikationen,  zurückzuführen; 
dadurch  findet  auch  die  scheinbare  Glykosespeicherung  in 
Libriformfasern  und  den  an  der  Wasserleitung  nicht  mehr 
beteiligten  Gefäßen   ihre  ungezwungene  Erklärung. 

Literaturübersicht. 

F.  Allihn,  »Über  den  Verzuckerungsprozeß  bei  der  Einwirkung  ver- 
dünnter Ho  SO  j    auf  Stärkemehl,    bei    höherer  Temperatur.«    Journ.  f.   prakt. 

Chem.  X.  F.  Bd.  22.   1880,  p.  46. 

Fr.  Czapek.   Biochemie  der  Pflanzen,  II.  Aufl.,  Jena   1913. 

Alfred  Fischer,  I.  Neue  Beobachtungen  über  Stärke  in  den  Gefäßen 
Berichte  d.  deutsch,  bot.  Ges.,  Bd.  4,    1886,  p.  XCVII. 

—  II.  Glykose  als  Reservestoff  der  Laubhölzer.  Botan.  Zeitung, 
ßd.  46,   188S,  p.  405. 

—  III.  Beiträge  zur  Physiologie  der  Holzgewächse.  Jahrb.  f.  wis-. 
Bot.,  Bd.  22,   1891,  p.  73. 

G.  Haberland  t,  Physiologische  Pflanzenanatomie,  I.  Aufl.,  Leipzig  1884. 
Th.  H artig,  I.    Über    die  Bewegung    des  Saftes  in  den  Holzpflanzen 

Bot.  Ztg.   1858,  p.  33S. 

—  IL  Lehrbuch  der  Anat.  u.  Phys.  der  Holzpflanzen. 

R.  Hornberger,  Beobachtungen  über  den  Frühjahrssaft  der  Birke 
und  Hainbuche.    Forstliche    Blätter     1887.    -  -    Ref.    im    Bot.    Ctrbl.,    Bd.   33, 

P.   227. 

B.  Lidfurss,  Über  die  Wirkungssphäre  der  Glykose-  und  Gerbstoff- 
reagentien.  Acta  Universitatis  Lundensis,  T.  28,   1891  92,  p.    1. 

A.  Meyer,  Mikrochemische  Reaktion  zum  Nachweis  der  reduzierenden 
Zuckerarten.  Ber.  d.  deutsch,  bot.  Ges.,  Bd.   3,   1885,  p.   332. 

C.  Xotter,  Beitrag  zur  Physiologie  d.  Holzgewächse.  In.  Diss.,  Heidel- 
berg  1903. 

J.  Sachs,  Über  die  Leitung  der  plastischen  Stoffe  durch  verschiedene 
Gewebsformen.  Flora,  Bd.  46,    1863. 

J.  Schröder,  Beitr.  z.  Kenntnis  der  Frühjahrsperiode  d.  Ahorns, 
Acer  platanoides.  Jahrb.  f.  wiss.   Bot.,   Bd.   7,    1869  70.  p.   261. 

P.  Schulz,  Das  Markstrahlgewebe  und  seine  Beziehungen  zu  den 
leitenden  Elementen  des  Holzes.  Jahrb.  d.  bot.  Gartens  zu  Berlin,  Bd.  11, 
1883,  p.  230. 

C.  G.  Schwalbe,    Die  Chemie  der  Zellulose,  Berlin,    Bornträger   1911. 

E.  Strasburger,  Über  den  Bau  und  die  Verrichtungen  d.  Leitungs- 
bahnen  in  den  Pflanzen.  (Histologische  Beiträge  III.)  Jena   1891,  p.  877. 

O.  Tunmann,  Pflanzenmikrochemie,   Berlin    1913. 

11.  Wislicenus,  Tharandter  forstl.  Jahrb.,   Bd.   Üü,    1909,   p.   313. 


231 


Über  das  Vorkommen 

von  kohlensaurem  Kalk  in  einer  Gruppe 

von  Schwefelbakterien 

Von 

Egon  Bersa 

(Mit   1   Tafel  und  2  Textfiguren) 

Aus  dem  Pflanzenphysiologischen  Institute  der  Universität  Graz 
(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  22.  April  1920) 

Gelegentlich  der  Durchmusterung  von  Schlammproben  aus 
dem  Bassin  des  botanischen  Gartens  entdeckte  J.  G  i  c  k  1  h  o  r  n 
(1920)  einige  bisher  noch  nicht  bekannte,  einzellige,  farblose 
Schwefelbakterien.  Besonders  reichlich  und  beständig  kamen  drei 
Formen  vor :  Achromati  um  oxaliferum  Schewia- 
k  o  f f,  Microspira  v  a  c  i  1 1  a n  s  G i  c  k  1  h  o  r n  und  Pseudo- 
monas h  y  a  1  i  n  a  G  i  c  k  1  h  o  r  n. 

An  diesen,  alle  anderen  Bakterien  an  Größe  überragenden 
Organismen  lag  es  nahe,  der  Frage  nach  dem  Vorhandensein 
eines  Kernes  bei  den  Bakterien  mit  den  neuen  Untersuchungs- 
methoden,  wie  sie  von  Arthur  Mayer  (1912)  ausgearbeitet 
wurden,  näherzutreten.  Doch  schon  bei  den  ersten  Versuchen 
die  Zelle  von  ihren  Inhaltskörpern  zu  befreien,  sah  ich  mich 
veranlaßt,  auch  die  Mikrochemie  derselben  zu  berücksichtigen. 
Gleichzeitig  stellte  sich  heraus,  daß  die  zunächst  als  Schwefel 
angesprochenen  Inhaltskörper  von  Achrom  a  t  i  u  m  zum 
größten  Teil  gar  nicht  aus  Schwefel  bestanden  und  daß 
Microspira  v  a  c  i  1 1  a  n  s  und  Pseudomonas  h  y  a  1  i  n  a 
sich    ebenso    verhielten.    Die    letzteren    wurden    daher    in    die 


232  E.  Berst, 

Untersuchung  miteinbezogen.  Da  ich  mich  vor  allem  auf  die 
Untersuchung  von  A  c  h  r  o  m  a  t  i  u  m  einschränkte,  ergab  sich 
im  Verlaufe  der  Arbeit  folgende  Gliederung: 

1.  Morphologie,  Cytologie  (Systematik).  2.  Mikrochemie 
(Inhaltskörper).  3.  Allgemeines,  in  welchem  einige  physio- 
logische Fragen  erörtert  werden  sollen. 

I.  Morphologie,  Cytologie. 

Unser  Organismus  ist  dreimal  beschrieben  worden. 

Als  Achromatium  oxaliferum  Schewiakoff  (1893).  Modderula  Hartwigi 
Frenze!   (1897).   Hillhousia  mirabilis   West  &  Griffiths  (1909). 

Schon  Lauterborn  (1898),  der  den  Organismus  zuerst  gefunden 
hatte,  um  ihn  Schewiakoff  zu  überlassen,  betont  ausdrücklich,  daß 
,M  o  d  d  e  r  u  1  a  Frenze!  dasselbe  ist  wie  A  chromati  u  m  S  c  h  e  \v  i  a- 
koff.  Fundort.  Gestalt,  Größenverhältnisse,  Fortpflanzungsweise.  Bewegungs- 
art  sind  genau  dieselben.  West  &  Griffiths  haben  1909  die  Arbeit 
Schewiakoffs  wahrscheinlich  übersehen.  Erst  1913  geben  sie  eine 
vergleichende  Zusammenstellung  der  »Unterschiede«  zwischen  Achroma- 
t  i  u  m   und  H  i  1  1  h  o  u  s  i  a.  Diese  sind  nun   folgende  : 

Achromatium.  Hillhousia. 

1.  Unterscheidung  einer  peri-  1.  Es  ist  nur  ein  gleichmäßig 
yheren  Alveolarschichte  und  eines  gebautes,  großmaschiges,  proto- 
großmaschigen  Zentralkörpers.                      plasmatisches  Netzwerk  vorhanden. 

2.  Ansehnliche     rötliche     ('hm-  2.   Durch  Färbung  ist  Chromatin 
matinkörner     in     den    Kanten     des              nicht  bestimmt   zu  erkennen,    wohl 
Netzwerkes  des  Zentralkörpers.                     aber  kleine  Körnchen,  die  möglicher- 
weise  aus   Chromatin  bestehen. 

3.  Die  Inhaltskörper  der  Vaku-  3.  Die  Inhaltskörper  bestehen 
ölen     bestehen    aus    Calciumoxalat             aus  Calciumkarbonat. 

4.  Kein   Schwefel  vorhanden.  4.  Stark  lichtbrechende,  rötliche 

Schwefeltropfen  im  Protoplasmanetz. 

5.  Größe:  29  ;0<  15  ;i.  im  Mittel.  5.    Größe: 

H.  mirabilis:  60  ij.  X  26  \>. 

H.  palustris  ;  25  ;i.  ><  14  !'• 
Die  Unterschiede  sind  auf  den  ersten  Blick  ziemlich  bedeutend.  Wenn 
man  aber  Abbildungen  und  Beschreibung  der  beiden  Autoren  kritisch  ver- 
gleicht, so  merkt  man  bald,  daß  sie  dasselbe  Bild  gesehen,  aber  verschieden 
gedeutet  haben.  Richtig  haben  nur  West  &  Griffiths  in  ihrer  zweiten 
Arbeit  (1913)  beobachtet.  Die  rötlichen  Körner,  die  Schewiakoff  als 
Chromatin  gedeutet  hat,  sind  (wenigstens  zum  Teil  nichts  anderes  als  die 
Schwefeltröpfchen,  die  im  Protoplasma  liegen  und  sich  ohne  weiteres  heraus- 
lösen lassen.  Durch  die  starke  Interferenz  können  sie  einen  rötlichen  Glanz 
vortäuschen,    so    dal.»  man.    besonders    wenn    das    rot    "der    violett     gefärbte 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien.  233 

Plasma  durchscheint,  der  Meinung  sein  kann,  sie  seien  intensiv'  rot  gefärbt. 
Ebenso  unrichtig  hat  er  die  chemische  Zusammensetzung  der  [nhaltskörper 
gedeutet.1  Denselben  Fehler  begehen  nach  ihm  auch  noch  V  i  r  i  e  u  x  (1913), 
Massart  (1901)  und  Nadson  (1913);  Nach  West  &  Griffiths 
(1913,  p.  89)  hätten  V  i  r  i  e  u  x  und  Mass  a  r  t  Hill  h  o  usia  vor  sich 
gehabt  und  nicht  A  c  h  ro  m  atiu  m.  weil  sie  Schwefeltröpfchen  fanden  und 
keine  Alveolarschichte  feststellen  konnten.  Sie  setzen  sich  aber  ohne  weiteres 
darüber  hinweg,  daß  Virieux  und  Massart  kein  Calciumkarbonat 
finden,  sondern  die  Angabe  Sehe  w  i  a  k  o  f  fs  bestätigen.  Die  Alveolarschichte 
hat  Schewiakoff,  zweifellos  beeinflußt  durch  die  Ideen  B  ü  t  s  c  h  1  i's, 
zu  sehen  geglaubt  und  davon  den  großmaschigen  Protoplasten  als  Zentral- 
körper unterschieden. 

Von  Arten  wurden  beschrieben : 

A.  oxaliferum  S  c  h  e  w  i  a  k  o  ff  I  1893)     Länge    15—43  p  Breite  9—22  p 

(Massart    1901) 30  p.  20  p. 

M.  Hartwigi   Fr  e  n  z  e  1   (1897) -  30-    50  p.      »        9— 12  p 

H.   mirabilis    West     &    G  r  i  \' f  i  t  h  s 

(1909) >■         42— 86  p.  20     33  p 

H.  palustris  W  est  &  Griffiths 
(1913) 25  p  14-r. 

A.  gigas  N  a  d  s  o  n  (1913) »        bis    102  p 

Ich  habe  nun  im  Laufe  eines  halben  Jahres  Gelegenheit 
gehabt,  ein  reiches  Material  zu  durchmustern,  konnte  aber  nie 
zwei  oder  mehrere  in  einer  Form  oder  Größe  konstant  ab- 
weichende Arten  rinden.  Ich  kann  nur.  wie  schon  Schewia- 
koff betont  hat,  ungemein  starke  Schwankungen  in  den 
Größenverhältnissen  feststellen.  Die  kleinsten  Zellen  waren 
fast  kugelrund  und  maßen  kaum  9  ;j.  im  Durchmesser,  während 
die  größte  von  mir  beobachtete  75fiX25(x  maß.  Im  Mittel 
maßen  die  Zellen  30 —  40  [O  lo  lSa.  Solche  Maße  beziehen 
sich  auf  lebende  Zellen,  die  nicht  in  Teilung  begriffen  sind. 
Da  solche  in  der  Größe  stark  schwankende  Zellen  zur  selben 
Zeit  und  oft  im  selben  Präparat  vorkommen,  so  können  nur 
auf  Grund  von  Größenunterschieden  verschiedene  Arten  nicht 
aufgestellt  werden,  so  daß  ich  das  mir  vorliegende  A  Chro- 
mat ium  für  eine  einzige  Art  betrachte  und  die  bis  jetzt 
beschriebenen  Arten  zu  A  c  h  r  o  m  atiu  m  o  x  a  1  i  f  e  r  u  m 
S  c  h  e  wi  a  k  o  ff    gehörig    halte.    Sicherere    Unterscheidungs- 


1   Siehe   auch   die   Fußnote   p.   24o. 
Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I.  129.  Bd.  IG 


234  E.   Be  rsa, 

merkmale    ließen    sich    wahrscheinlich    nur    aus    Reinkulturen 
gewinnen. 

Achromati  um  ist  wohl  sehr  weit  verbreitet.  Um  ein  Bild  von  der 
Verbreitung  zu  geben,  führe  ich  einige  Fundorte  an:  Neuhofer  Altrhein  (Schew., 
Lauterb.),  Rheinpfalz  (Lauterb.,  p.  96),  Müggelsee  bei  Berlin  (Frenzel),  Jura- 
seen (Virieux),  Böhmen,  Wien  (Molisch),  Graz  (Gicklhorn).  Großbritannien 
an  mehreren  Stellen  (West  &  Griffiths  1913),  Hapsaler  Meerbusen  (Xadson)r 
Namaqualand,  S.  -Afrika  (West  &  Griffiths).  Achromati  um  hält  sich 
an  der  Oberfläche  des  Faulschlammes  von  Sümpfen  und  Teichen  auf; 
Orte,  an  denen  reichlich  organische  Substanzen  verwesen  und  H.,S  ent- 
wickeln. Auffallend  ist  das  Auftreten  im  Brackwasser  des  Hapsaler  Meer- 
busens, was  darauf  hindeuten  würde,  daß  es  auch  Meerwasser  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  vertragen  kann.  Möglicherweise  sind  auch  die  »Beggiatoen- 
keime«  C  o  h  n's  (1887)  und  W  a  r  m  i  n  g's  (1S76)  zu  A  ehr  o  m  a  t  i  u  m  zu 
zählen,  da  ja  das  Vorkommen  im  Hapsaler  Meerbusen  ein  Auftreten  an  der 
Nordküste   Deutschlands   nicht   unwahrscheinlich   macht. 

Die  Zellen  sind  meist  langgestreckt,  zylindrisch,  mit  regel- 
mäßig abgerundeten  Enden,  seltener  kugelig  oder  oval  (vgl. 
Fig.  1  der  Tafel).  Meist  sind  sie  von  stark  lichtbrechenden, 
1  — 10  jx  großen,  mehr  weniger  abgerundeten  Inhaltskörpern 
vollständig  erfüllt  (Fig.  11  der  Tafel).  Diese  Inhaltskörper 
verhindern  den  Einblick  in  den  inneren  Aufbau  der  Zelle;  man 
erkennt  nur  einen  hellen  Saum  mit  einer  scharfen  Kontur,  das 
randständige  Protoplasma  mit  der  Membran.  Zellen,  die  aus 
irgendeinem  Grunde  weniger  Inhaltskörper  enthalten,  lassen 
den  Bau  des  Protoplasten  besser  erkennen.  Schon  der  lebende 
Organismus  zeigt  da  ein  großwabig  gebautes  Plasma,  weiches- 
gleichmäßig die  ganze  Zelle  erfüllt  und  in  dessen  Strängen 
und  Kanten  man  kleine,  bis  etwa  2  <i.  große,  stark  licht- 
brechende runde  Körnchen  oder  Tröpfchen  bemerkt,  während 
die  von  den  Wabenwänden  umschlossenen  Vakuolen  leer  sind, 
oder  ein  bis  mehrere  Körnchen  von  verschiedener  Größe 
und  Gestalt  einschließen,  die  so  groß  sind,  daß  sie  die  ganze 
Vakuole  ausfüllen  und  letztere  sich  in  der  Form  diesen 
Inhaltskörpern  anpassen  .  muß.  Manchmal  sind  die  Körner 
aber  kleiner  und  zeigen  dann  oft  eine  deutlich  eckige  Gestalt 
( Fig.  1 1  der  Tafel).  Solche  Körner  können  sich,  wenn  sie 
nicht  zu  groß  sind,  in  ausgesprochener  Molekularbewegung 
befinden,  ein  Beweis  dafür,  daß  sie  frei  in  der  Vakuole  liegen 
und  ihre  eckige  Gestalt  ihrer  festen  Beschaffenheit  verdanken. 


Kohlensaurer  Kall;  in  Schwefelbakterien.  !_ü>.) 

In  selteneren  Fällen,  unter  ungünstigen  Lebensbedingungen, 
trifft  man  Achromatien  ohne  Inhaltskörper  an,  wohl  sind  aber 
meist  die  stark  lichtbrechenden  Tröpfchen  im  Protoplasma- 
netz  zu  finden.  Diese  sind  mehr  an  der  Peripherie  der  Zelle 
gelagert,  gegen  das  Zentrum  zu  spärlicher  werdend.  Ganz 
inhaltsleere  Zellen  sind  wohl  abgestorben,  was  sich  oft 
auch  durch  eingetretene  Veränderungen  im  Protoplasma, 
Schrumpfungen  etc.  verrät.  An  solchen  inhaltsarmen,  lebenden 
Zellen  läßt  sich  der  wabige  Bau  des  Protoplasten  gut  be- 
obachten und  zugleich  feststellen,  daß  die  in  den  fixierten 
Achromatien  sichtbaren  Strukturen  mit  denen  in  den  lebenden 
Zellen  durchaus  übereinstimmen.  Von  einer  Alveolarschichte 
im  Sinne  B  ü  t  s  c  h  1  i's  ist  keine  Spur  zu  sehen,  trotz  der 
Angaben  von  Schewiakoff,  daß  sie  nur  am  lebenden 
Objekt  an  sehr  günstigen  Stellen  zu  sehen  seien. 

Auch  an  vorsichtig  fixierten  Objekten  ist  ebenfalls  von  einer 
Alveolarschichte,  trotz  Beobachtung  mit  starken  Immersionen,  nicht 
das  mindeste  w  a  h  r  z  u  n  e  h  m  e  n.  Allerdings  muß  man  beim  Fixieren 
vorsichtig  vorgehen.  Denn  jene  Fixierungsflüssigkeiten,  welche  starke  Säuren 
enthalten,    können    bei    plötzlichem    Zusätze    die    Zelle     stark     beschädigen. 

iders  das  zarte  Wabengerüst  leidet  darunter.  Wenn  nämlich  die  Inhalts- 
körper zu  rasch  herausgelöst  werden,  so  bewirkt  der  Lösungsvorgang  starke 
Diffusionsströme,  teilweise  auch  Gasentwicklung,  was  die  Wabenwände  zer- 
reißt, das  ursprüngliche  Bild  des  Protoplasmanetzes  stört  und  zu  Täuschungen 
Anlaß  geben  kann.  Auf  solche  Vorgänge  haben  schon  Sehe  w  i  ak  o  f  f  und 
West  &  Griffiths  aufmerksam  gemacht.  Durch  das  Zerreißen  der 
peripheren  Waben  und  nachheriges  Kollabieren  der  zentralen  Wabenwände 
kann  eine  dichtere  Protoplasmamasse  im  Zentrum  vorgetäuscht  werden,  die, 
wenn  sie  auch  nicht  als  Kern  angesehen  wird,  immerhin  einem  Zentral- 
körper ähnlich  sehen  kann.  Besonders  wahrnehmbar  sind  diese  Zerreißungen, 
wenn  man  seitlich  am  Präparat  etwas  Säure  zusetzt.  Durch  Diffusion  dringt 
diese  bald  ein,  die  Inhaltskörper  beginnen  sich  zu  lösen  und  gleiten  durch 
die  zerrissenen  Waben  hin  und  her.  Am  besten  fixiert  man  daher  mit 
Flüssigkeiten,  die  die  Inhaltskörper  nur  sehr  langsam  angreifen,  während 
das  Protoplasma  gehärtet  wird.  So:  1%  Osmiumsäure.  Formol  40°/0  und 
schwächer),  wässerige  Pikrinsäure.  West  &  Griffiths  empfehlen  auch 
3    Teile  Alkohol  und    1    Teil  Fssigsäure. 

Die  Zellwand  ist  innen  von  einer  d  ü  n  n  e  n,  g  1  e  i  c  h- 
mäßig  starken  Prot  o  p  lasmaschichte  ausgekleide  t.  Eine 
Struktur  in  der  Rindenschichte,  wie  sie  Sehe  w  i  a  k  o  il  beschreibt,  konnte 
ich  nicht  entdecken.  Er  sagt  zwar:  (p.  53  -Ich  muH  zugeben,  daß  die  be- 
schriebene Struktur  der  Rindenschicht  nicht  an  allen,   sondern  nur  an  einigen 


236 


wenigen  lebenden  Achromatien  zu  sehen  war  und  erst  an  fixierten  Exem- 
plaren mit  Deutlichkeit  hervortrat....  Im  lebenden  Zustande  muß  nämlich 
eine  ganz  minimale  Differenz  im  Lichtbrechungsvermögen  der  Wabenwände 
und  des  Wabeninhaltes  der  Rindenschichte  bestehen,  weshalb  auch  von 
den  Strukturverhältnissen  derselben  so  gut  wie  nichts  wahrzunehmen  ist  und 
die  Rindenschicht  meist  homogen  erscheint.  Wird  aber  bei  der  Fixierung 
dieses  annähernd  vorhandene  Gleichgewicht  im  optischen  Verhalten  auf- 
gehoben, so  kommen  die  feineren  Strukturverhältnisse  zum  Vorschein.  Sie 
werden  demnach  nicht  künstlich  etwa  durch  Plasmolyse  erzeugt,  wie  es 
Fischer  meint,  sondern  bloß  wahrnehmbar  oder  deutlich  gemacht.»  Aber 
auch  alle  späteren  Untersucher  haben  davon  nichts  wahrgenommen.  Selbst 
V  i  r  i  e  u  x  und  \V  est,  die  das  A  c  h  r  o  m  a  t  i  u  m  ziemlich  genau  cytologisch, 
besonders  färbetechnisch  untersucht  haben,  fanden  nichts  dergleichen,  so 
daß  es  sich  bei  Schewiakoff  entweder  um  postmortal  entstandene 
Strukturen  handelt,  oder  um  ein  Vorurteil  bei  der  Beobachtung.  Bei  vor- 
sichtigem Töten,  beim  Durchsaugen  von  Farbstofflösungen  oderKonservierungs- 
Hüssigkeiten  unter  dem  Deckglase  treten  fast  regelmäßig  bei  den  meisten 
Zellen  Schrumpfungen  ein.  die  man  durch  ( 'bertragen  in  Wasser  wieder 
rückgängig  machen  kann.  Daß  .dabei  die  Struktur  des  Protoplasten  mehr 
oder  weniger  leidet,   ist  klar. 

Außerdem  ist  bei  keiner  echten  Bakterie  bis  jetzt  eine 
Alveolarschichte  nachgewiesen  worden  (Meyer  A.,  1912,  p.  35 f. 
und  78 f.).  Von  den  Bakterien  sind  bis  jetzt  die  wenigsten  genau 
daraufhin  untersucht,  auch  ist  die  systematische  Stellung 
unseres  Organismus  vorläufig  noch  zweifelhaft. 

An  das  wandständige  Plasma  setzt  sich  sofort  das  grob- 
vakuolige  zentrale  Plasma  an  (Fig.  5  der  Tafel).  Diese  Waben 
sind  überall  ziemlich  gleichmäßig  gebaut,  nehmen  aber 
gegen  die  Mitte  zu  etwas  an  Größe  ab  und  können  bei 
einzelnen  Exemplaren  im  Zentrum  etwas  dichter  gelagert  sein, 
so  den  Eindruck  eines  Zentralkörpers  hervorrufend  (Fig.  7 
der  Tafel).  Ein  Kern  ist  nicht  vorhanden.  Bei  Färbungen  mit 
den  gewöhnlichen  Kernfarbstoffen  ist,  mit  Ausnahme  einer 
leichten  Färbung  des  feinkörnigen  Protoplasten,  nicht  viel  zu 
erkennen.  In  den  Maschen,  hauptsächlich  in  den  Kanten  und 
Ecken  findet  man  hie  und  da  zerstreut  etwas  stärker  färbbare 
Körnchen  von  sehr  verschiedener  Grösse,  meist  sehr  klein  und 
undeutlich.  Sie  sind  auch  mit  Formol-Fuchsin  nach  A.  Meyer 
(1912,  p.  73)  sichtbar  zu  machen  und  treten  anscheinend 
in  jeder  Zelle  ziemlich  beständig  auf,  wie  auch  Virieux 
sowie  auch  West  &  Griffiths  (1913)   konstatieren  konnten. 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien.  237 

Letztere  haben  auch  einige  mikrochemische  Reaktionen  versucht,  um 
sich  zu  überzeugen,  ob  diese  Körnchen  aus  Nukleoproteiden  bestehen.  Nach 
ihnen  (1009.  p.  402)  werden  diese  Körnchen  von  konzentriertem  NaoCO:!, 
zehnprozentiger  NaCl-Lösung,  sowie  fünfproz entiger  KOH    zum  größten  Teil 

herausgelöst,  wahrend  angesäuertes  Pepsin-Glyzerin  die  Körnchen  nicht 
angreift  und  nur  das  protoplasmatische  Netzwerk  zerstört.  Aus  diesen  Re- 
aktionen schließen  sie  »that  a  considerable  proportion  of  the  granules  present 
in  the  general  protoplasmic  network  consist  of  nucleo-proteids«  (  1009,  p.  403). 
Hinen  weiteren  Beweis  für  das  Vorhandensein  von  Xukleo-proteiden  wollen 
die  Verfasser  durch  den  Nachweis  von  Phosphor  in  der  Asche  der  Zelle 
bringen. 

Aus  dem  vorstehenden  können  wir  entnehmen,  daß  das 
V<  »rhandensein  einer  echten  chromati  s  c  hen  S  u  b- 
stanz  sehr  z  w  eif  elh  a  f  t  ist.  Die  aufgefundenen  färbbaren 
Körnchen  bestellen  zwar  anscheinend  aus  Xukleo-proteiden, 
nehmen  auch  teilweise  Kernfarbstoffe  an,  zeigen  aber  doch 
nicht  den  ausgesprochenen  Charakter  des  Chromatins  der 
echten  Zellkerne.  Es  handelt  sich  auch  wahrscheinlich  nicht 
um  A.  Mayer'sche  Bakterienkerne,  denn  diese  haben  doch 
eine  bestimmte  konstante  Größe  und  charakteristische  Farben- 
reaktion. Weitere  Untersuchungen  werden  noch  Aufschluß 
bringen  können,  besonders  wenn  man  die  nächstverwandten 
Bakterien  mitberücksichtigt. 

Der  Protoplast  ist  von  einer  im  lebenden  Zustande  nicht 
immer  deutlich  sichtbaren  M  e  m  b  ran  umgeben.  Sie  ist  farblos, 
glatt,  strukturlos,  und  an  fixierten  Objekten  deutlich  doppelt 
konturiert.  Sie  läßt  sich  durch  Zerdrücken  der  Zellen  leicht 
isolieren  und  so  bequem  untersuchen.  Sie  scheint  ziemlich 
derb  zu  sein,  nimmt  Anilinfarbstoffe  leicht  auf,  färbt  sich 
intensiv,  bevor  der  Farbstoff  noch  in  die  Zelle  gedrungen  ist. 
Eine  punkt-  oder  netzförmige  Struktur,  wie  sie  S  c  h  e  w  i  a  k  o  f  f 
(p.  50  und  Fig.  11)  beschreibt,  ist  nicht  zu  sehen.  Gegen 
chemische  Agentien  ist  sie  ziemlich  widerstandsfähig,  wird 
von  fast  allen  Substanzen,  die  ich  bei  den  später  beschriebenen 
mikrochemischen  Reaktionen  anwendete,  nicht  angegriffen  und 
ist  gegen  viele  (z.  B.  Glyeerin)  sehr  schwer  durchlässig. 

Schon  West  &  Griffiths  und  Schewiakoff  haben  fest- 
gestellt, daß  die  Membran  nicht  aus  Zellulose  besteht.  Alle  diesbezüglichen 
Reaktionen  versagen.  Mit  Jod  färbt  sie  sich  leicht  gelb  bis  bräunlich  und 
bleibt  auch  in  Kupfcroxydammoniak,    selbst  bei  längerer  Einwirkung,   unver- 


238  E.  Bersa, 

ändert.  Dasselbe  ist  auch  in"  schwacher  Kalilauge  der  Fall.  In  konzentrierter 
Kalilauge  löst  sich  die  Membran  langsam.  Viel  rascher  in  konzentrierter 
H9SO4,  die  überhaupt  die  ganze  Zelle  rasch  zerstört.  Langsam  aber  sicher 
wird  die  ganze  Zelle  auch  von  starker  Chromsäure  angegriffen  und  ganz 
aufgelöst.  Bevor  sich  die  .Membran  lost,  quillt  sie  in  H9SO4  rasch' auf 
und  hebt  sich  auch  öfters  von  den  gleichzeitig  schrumpfenden  Protoplasten 
ab.  Lamellöse  Struktur  (West  &  Griff  iths  1900,  p.  401  f.,  Fig.  13,  14) 
ist  nicht  vorhanden.  Was  die  Autoren  dafür  halten,  ist  ihnen  durch  die 
gequollene  Schleimhülle  (siehe  weiter  unten)  vorgetäuscht  worden.  Die 
Membran  durch  Plasmolyse  von  den  Protoplasten  abheben  zu  wollen,  gelingt 
auf  keine  Weise,  wenigstens  an  der  lebenden  Zelle  nicht.  Auch  an  der 
toten  Zelle  ist  dies  nicht  sehr  leicht.  Trotz  ihrer  großen  Widerstandsfähigkeit 
ist  die  Membran  sehr  weich  und  nachgiebig  und  scheint  mit  dem  Protoplasten 
innig  verbunden  zu  sein.  Daher  kommt  es,  daß  bei  Anwendung  von  wasser- 
entziehenden Mitteln  die  ganze  Zelle  schrumpft,  durch  zahlreiche  Einbuchtungen 
die  Form  ganz  verliert.  Nur  bei  Anwendung  von  Mitteln,  die  auch  kräftig 
zerstörend  wirken,  gelingt  es  den  Protoplasten  von  der  Membran  abzuheben. 
So  mit  konzentrierter  11. .SO,,  oder  mit  konzentrierter  wässeriger  Karbi 
säurelösung.  Bevor  die  Membran  und  die  Schleimhülle  stark  quellen,  schrumpft 
der  Protoplast  oft  zu  einem  formlosen  Klumpen  zusammen,  sieh  dabei  mehr 
oder  weniger  vol  von   der  Membran    abhebend.    So    kann    man    sich 

überzeugen,  daß  in  vielen  Lallen  die  äußerste  Plasmaschichte  an  der  Zell- 
wand hängen  bleibt  und  sich  nur  der  innere  Plasmateil  durch  Reißen  der 
äußeren  Plasmalamellen  kontrahiert.  Oft  sieht  man  noch  (besonders  mit 
Karbolsäure),  wie  dünne  Plasmafäden  eine  Verbindung  zwischen  dem  zentralen 
und  dem   wandständigen   Plasma  herstellen. 

Ans  all  dem  kann  man  wohl  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit 
schließen,  daß  die  Membran  kein  selbständiges  Organ  darstellt, 

lern  nur  eine  äußerste,  fester  gewordene,  aber  auch 
chemisch  veränderte  Plasmaschichte'  wie  sie  B  ü  t  s  ch  1  i  (189<  >) 
bei  Chrom  ati  um  Okenii  nachgewiesen  hat.  Auch  ihre 
chemische  Beschaffenheit  scheint  sich  mehr  derjenigen  mancher 
Pilze   und   Bakterien   zu  nähern. 

Als  äußerste  Umhüllung  linden  wir  bei  Achro- 
m  ati  um  eine  S  ch  1  e  i  m  s  c  hie  h  t  e,  die  an  der  lebenden 
Zelle  nicht  ohne  weiteres  nachzuweisen  ist;  ihre  Lichtbrechung 
ist  so  schwach  und  ihre  Struktur  so  wenig  ausgeprägt,  da!.' 
sie  im  Wasser  vollständig  verschwindet.  Doch  schon  die 
Leichtigke:t,  mit  der  die  Organismen  an  Detritusbrocken 
hängen  bleiben,  sowie  die  oft  zahlreichen,  , an  ihrer  Oberfläche 
haftenden  Bakterien  lassen  vermuten,  daß  die  Oberfläche  der 
Zelle  zumindest  sehr  klebrig  sein   muß.    In  Tusche   eingelegte 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien. 


239 


lebende   Achromatien    zeigen    die   Schleimhülle    sehr    deutlich. 

Sie  hebt  sieh  als  scharf  begrenzter,  heller  Hof  deutlich  ab, 
der  eine  durchschnittliche  Breite  von  2  bis  3  \i  erreicht.  Seltener 
trifft  man  auch  Zellen  an,  deren  Schleimhof  kaum  sichtbar 
ist.  Im  lebenden  Zustande  anscheinend  hyalin,  erkennt  man 
erst  bei  Behandlung  mit  gewissen  Reagenzien  die  wahre 
Struktur.  Mit  H2S04  oder  wässeriger  Karbolsäurelösung  läßt 
sic:i  die  lamellöse  Struktur  andeutungsweise  sichtbar  machen 
(Textfig.  1).  Die  Schleimschichte  quillt  stark  auf,  erreicht  ofl 
in  ihrer  Breite  ein  Drittel  des  Zellendurehmessers  und  zeigt 
sich  mehr  oder  weniger  geschichtet.1 

Man  findet  regelmäßig  bei  fixierten  Achromatien  auch 
solche,  deren  Schleimhülle  zerrissen  und  von  der  Zelle  ab- 
gelöst ist,  was  auf  losen  Zusammen- 
hang hindeutet  und  daß  der  Schleim 
von  der  Zelle  durch  die  Membran 
hindurch  ausgeschieden  wird.  Läßt 
man  die  lebende  Zelle  in  Tusche 
längere  Zeit  liegen,  so  kann  man  nach 
einiger  Zeit  bemerken,  wie  an  ein- 
zelnen Zellen  (durchaus  nicht  an  allen) 
der  Schleim  ziemlich  rasch  aufquillt, 
meist  bis  zu  doppelter  und  dreifacher 
Stärke,  dadurch  weniger  dicht  und 
daher  auch  weniger  klar  und  durch- 
sichtig wird,  mit  ziemlich  unregel- 
mäßig wolkigen  Umrissen  (Fig.  4  der 
Tafel).  Unter  diesem  Schleim  kann 
nach  einiger  Zeit  (zirka  15  Minuten;  an  der  lebenden  Zelle 
eine  neue,  scharf  und  klar  begrenzte  Schleimschichte  erscheinen, 
die  zuerst  sehr  schmal,  allmählich  an  Breite  zunimmt,  bis  sie 


Textfig.    1. 
Mit  50  0  Karbolsäure!' 
behandelte    Zelle.     Schleim- 
hülle      gequollen.       Vergr. 

zirka  800. 


r)  Diese  gequollenen  Schichten  haben  West  .Sc  Griffiths  fälschlich 
der  Membran  zugesprochen,  da  sie  den  Schleimhof  übersahen  oder  falsch 
deuteten.  Sie  sprachen  der  .Membran  nur  eine  klebrige  Außenseite  zu,  hervor- 
gerufen durch  kleine  Mengen  ausgeschiedenen  Schleimes  (small  amount  of 
mueus.  1913,  p.  83).  Nur  Schewiakoff  hat  die  Schleimschichte  gesehen 
und  als  solche  erkannt,  ihr  konstantes  Vorkommen  aber  wohl  übersehen 
und    daher   weiter   nicht   beachtet. 


240  K.   Bersa. 

eine  Dicke  von    1    bis   '1  ;j.  erreicht   hat,   ein   Vorgang,   der  sehr 
charakteristisch  und  nicht  zu  übersehen  ist.1 

Beobachtet  man  die  lebenden  Achromatien  im  üunkelfelde, 
so  ist  die  Schleimschichte  nur  als  heller  Schein  undeutlich 
wahrzunehmen.  Diese  Erscheinung  ähnelt  sehr  dem  an  peritrich 
gegeißelten  Bakterien  sichtbaren   »Heiligenschein«. 

Nur  dadurch  läßt  sich  der  Irrtum  von  West  &  Griffiths 
erklären,  die  einen  begeißelten  Organismus  vor  sich  zu  haben  glaubten. 
Unerklärlich  ist  mir  auch  ihre  Angabe,  daß  bei  Fixierung  mit  5"  ,,  Karbol- 
säure sowie  mit  4<><>()  Formalin  die  durch  das  Absterben  in  Ruhe  kommenden 
Zilien  leicht  zu  sehen  seien.  Ich  lasse  die  betreffende  Stelle  hier  teilweise 
folgen  (  1909,  p.  :>'.»;» :  »T  h  e  o  rg  an  i  s  m  i  s  a  peritric  h  o  u  s  b  a  c- 
t  e  r  i  li  m  w  1 1  Fi  several  hundred  short  c  i  1  i  a  disposed  all  over 
the  exterior  or  the  cell-wall.  The  cilia  can  be  seen  immediately  on  fixation 
either  with  a  5-per-cent.  carbolic  acid  Solution  i>r  vvith  a  40-per-cent.  for- 
malin Solution.  The  action  of  these  reagenfs  results  in  a  cessation  of  the 
movements  of  the  cilia  in  from  10  to  20  seconds,  ditring  which  period  many 
of  them  are  thrown  äff  an  become  disintegrated«. . . 

Die  Bewegung  ist  bis  jetzt  noch  ganz  rätselhaft. 
ähnlich  wie  bei  Oszillarien  und  Diatomeen  sehr  langsam, 
schwankend,  oft  mehr  gleitend  oder  rollend,  unsicher  tind 
ruckartig.  Seltener  beobachtet  man  auch  eine  drehende 
Bewegung  um  die  Längsachse.  Daß  die  Bewegung  durchaus 
aktiv  ist  und  nicht  durch  Wasserströmungen  im  Präparat 
hervorgerufen  wird,  beweist  schon  der  Umstand,  daß  zufällig 
dicht  beieinander  liegende,  oder  absichtlich  zusammengebrachte 
Achromatien  gleichzeitig  Bewegungen  nach  verschiedenen 
Richtungen  ausführen  und  sich  nach  einiger  Zeit  vollständig- 
zerstreut  haben.  Durch  kein  Mittel  ist  es  möglich,  irgendwelche 
Bewegungsorgane  sichtbar  zu  machen.  (Siehe  auch  S  c  h  e  w  i  a- 
koff  1893,  p.  47.)  Doch  liegt  es  nahe,  an  eine  Schleim- 
absonderung ähnlich   der  der  Oszillarien   zu  denken. 

Die  Fortpflanzung  geschieht  durch  einfache  Zweiteilung,  doch 
nicht  so,   wie  bei  echten  Bakterien.   Bei   den  Bakterien  wie   bei  den  Eumyzeten 


1  Über   die  Ursachen    dieser  Quellungserscheinung  und   Neubildung  der 

Schleimschichte     mochte     ich     nur     eine    Vermutung     vorbringen.      Es     kann 

möglicherweise    eine    ähnliche    Erscheinung    sein,    wie    sie    bei    mechanischer 

chemischer  Reizung   von    mit   Schleimhüllen    ausgestatteten    Flagellaten 

eintritt,  d.  h.,    daß    die  Tuscheteilchen    durch    ihren   Kontakt  einen   Reiz    auf 
die  Zelle  ausüben. 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schvvefelbakterien.  24  f 

»findet  die  Bildung  der  Querwand  der  Zellfäden  succedan,  die  erste 
Anlage  der  Zellwand  in  Ringform  statt«  (A.  Meyer  1912,  p.  96),  wie 
es  nach  B  Li  t  s  c  h  1  i's  Untersuchungen  (1890,  p.  14)  l  hei  C  h  r  o  m  at  i  u  m 
Okenii  der  Fall  ist.  Kine  solche  Ringbildung  tritt  nun  bei  Ac.hr  o- 
m  a  t  i  u  m  nicht  auf.  Die  sich  zur  Teilung  anschickenden  Zellen  sind  durch- 
schnittlich größer,  langgestreckt.  Die  Mitte  der  Zelle  beginnt  sich  allmählich 
einzuschnüren;  die  Zelle  nimmt  dabei  eine  biskuitförmige  Gestalt  an  (Fig.  1, 
'_'  und  3  der  Tafel).  Die  beiden  Hälften  rücken  immer  mehr  voneinander  ab, 
die  Einschnürung  wird  immer  tiefer,  bis  die  letzte  Verbindung  reißt  und  die 
neugebildeten  Tochterzellen  auseinanderfallen.  Beobachtet  man  solche  Stadien 
in  Tusche,  so  bemerkt  man  auch,  wie  die  Schleimhülle  der  Zellmembran 
der  Einschnürung  folgt,  ohne  irgendwelche  .Schleimkapsel  zu  bilden,  wie  sie 
für  viele  Cyanophyceen  und  Bakterien  charakteristisch  ist.  Die  Bewegung  wird 
dabei  nicht  eingestellt.  An  solchen  in  der  Teilung  schon  sehr  vorgeschrittenen 
Achromatien  kann  man  auch  ähnliche  Bildungen  beobachten,  wie  sie  von 
A.  Meyer  [1912,  p.  96)  als  »Plasmodesmen«  bei  Bakterien  bezeichnet 
wurden.  Zwischen  den  beiden  Hälften  besteht  noch  längere  Zeit  eine  proto- 
plasmatische  Verbindung  als  feiner  Faden   (Fig.   3  und  4  der  Tafel). 

Die  Vermehrung  geht  äußerst  langsam  vor  sich;  selbst  bei  stunden- 
oder  tagelanger  Beobachtung  schon  ziemlich  vorgeschrittener  Teilungszustände 
sind  wahrnehmbare  Veränderungen  nicht  zu  bemerken.  Dies  dürfte  auch  der 
Grund  sein,   warum   bis  jetzt  Kulturversuche   fehlgeschlagen   haben. 


II.  Inhaltskörper. 

A  c  h  r  omatium  oxalife  r  u  m  ist  in  lebendem  Zu- 
stande mehr  oder  weniger  von  Inhaltskörpern  erfüllt,  die  haupt- 
sächlich in  den  Vakuolen  und  im  Plasma,  welches  die  Wände 
der  Vakuolen  bildet,  zerstreut  sind.  Dasselbe  gilt  auch  für 
M  i  c  r  o  s  p  i  r  a  v  a  c  i  1 1  a  n  s  und  Pseu  d  o  m  o  n  a  s  h  y  a  1  i  n  a. 
Während  Achromatiu  m  und  Microspira  ohne  Inhalts- 
körper farblos,  hyalin,  mit  den  charakteristischen  großen 
Vakuolen  und  der  scharf  konturierten  Membran  nur  bei  auf- 
merksamer Durchmusterung  des  Gesichtsfeldes  zu  finden 
sind,  ist  Pseu  d  o  m  onas  überhaupt  nicht  sicher  von  anderen 
runden  färb-  und  inhaltslosen  Bakterien  zu  unterscheiden 
(Fig.  6  und  12  der  Tafel).  Die  Inhaltskörper  sind  stark  glänzend 
und  infolge  ihrer  starken  Lichtbrechung  fast  undurchsichtig 
Achromatium     erscheint     in     durchfallendem      Licht     fast 


:    Zitiert    nach   Sehe  \v  iako 


242  E.  Bersa, 

schwarz.  Besonders  bei  starker  Vergrößerung  und  bei  gewisser 
Beleuchtung  schimmern  die  unteren  Inhaltskörper  mit  einer 
etwas  graugrünlichen  Farbe  durch  und  erwecken  den  Eindruck', 
als  wäre  der  Organismus  schwach  gefärbt.1  An  zerdrückten 
Zellen  erkennt  man,  daß  weder  das  Plasma,  noch  die  Inhalts- 
körper eine  Eigenfärbung  besitzen.  Microspira  sowie 
Pseudomonas  sind  ebenfalls  farblos  und  wegen  ihrer 
geringen  Größe  bedeutend  durchsichtiger. 

Bei  A  c  h  r  o  m  a  t  i  u  m  und  Mi  crospira  finden  wir  in  der  Zelle 
die  Inhaltskörper  in  allen  Größen  vertreten  von  ungefähr  10  ja  Durchmesser 
bis  zu  sehr  kleinen  herab,  die  nur  bei  starken  Vergrößerungen  zu  sehe;] 
sind:  während  die  großen  gleichmäßig  in  den  Vakuolen  verteilt  sind,  i 
die  kleinen  runden  Tröpfchen  im  Plasma  mehr  an  der  Peripherie  der  Zelle 
oder  den  Raum  /.wischen  den  großen  Kürnern  einnehmend.  Bei  Pseudo- 
m  o  n  a  s  linden  wir  nur  ein  bis  drei  Körnchen  :  in  den  weitaus  meisten  I 
sind   aber  nur  zwei   Körnchen  vorhanden. 

Die  auffallende  Ähnlichkeit  der  [nhaltskörper  mit  den  Schwefeltropfen 
vier  Beggiatoen  hat  ihre  Einreihung  in  die  Gruppe  der  Schwefelbakterien 
veranlal.lt.  Besonders  bei  Achromati  um  wurde  die  Schwefelnatur  der 
Inhaltskörper  ohne  weiteres  angenommen  (M  o  1  i  s  c  h,  1912,  p.  56),  obwohl 
die  Angaben    der    verschiedenen   Untersucher    recht    widersprechend    lauten. 

Bei  der  Nachprüfung    s  t  i  m  m  t  e  n  z  u  m  eine  r  Ü  b  e  r  r  a  s  c  h  u  n  g 
d  i  e     c  h  e  m  i  seh  e  n     V  erbältjiiss  e     d  e  r      E  i  n  s  c  hl  ü  s  s  e 
A  c  b  r  o  m  a  ti  u  m   mit  de  n  e  n   v  o  n   M  i  c  r  o  s  p  i  r  a  v  a  ci  1 1  a  n  s    u  n  d 
P  s  e  u  d  o  m  o  n  a  s    h  y  a  1  i  n  a    ü  b  e  r  e  i  n.    so    daß    ich  die   zwei   lel 
Formen  in  diesen   Kapiteln  auch   mitberücksichtige.2 

1.  Schwefel. 

Die  letzte  Arbeit,  die  sieh  speziell  mit  der  Mikrochemie  der 
E  i  n  s  c  h  1  Li  s  s  e  d  e  r  B  e  ggi  a  t  o  e  n  beschäftigt,  ist  die  von  Cor 
(1905).  Nach  seinen  Untersuchungen,  die  ich  durchaus  bestätigen 
zeigen  die  Schwefeleinschlüsse  folgende  Eigenschaften:  Leichte  Löslichkeit 
in  Äther.  Chloroform,  Schwefelkohlenstoff,  Xylol  und  Benzin,  selbst- 
verständlich nach  Antrocknen  der  laden  am  Objektträger.  Absoluter  Alkohol 
löst  den  Schwefel  nur  langsam.  Ebenso  löst  Kalilauge  in  der  Wärme.  Mi  t 
kochender  IPSO,  fließen  die  Schwefeleinschlüsse  der  Beggiatoen  zu  öligen 
gelben   Tropfen    zusammen.    Unlöslich    sind    sie    in   1LS;),.    HCl    und    1IX<\;. 


1    Siehe    auch    Schewiakoff     1.   c.   p.   59    sowie   West    &    Gl 
fi.th  s   1909,  p. 

-  Obwohl  P  s  e  u  d  o  m  o  n  a  s  b  i  p  u  n  c  t  a  t  a  Gi  c  k  1  h  o  r  n  nicht 
untersucht  weiden  konnte,  so  verhalt  sie  sieh  bezüglich  der  Inhaltskörper 
sicherlich   wie    P  s  e  u  d  o  m  o  n  a  s    hy  a  1  i  n  a. 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien.  243 

Am     auffallendsten     ist     die     leichte     Löslichkeit      in     starker     Essigsäure. 

Wenn  man  die  Fäden  mit  konzentrierter  Essigsäure  behandelt,  so  lösen 
sich  die  Einschlüsse  rasch  und  bilden  auf  und  neben  den  Faden  kleine, 
doppelbrechende,  rhombische  Kryställchen,  die  sich  unzweideutig  als  Schwefel 
identifizieren  lassen.  Ebenso,  wenn  auch  lange  nicht  so  schön  und  so 
schnell,  tritt  die  Umwandlung  bei  Behandlung  mit  destilliertem  Wasser  oder 
Alkohol  ein.  Aus  mit  HCl  zersetzten  Polysulfureten  erhielt  Corsini 
ebensolche  Kügelchen,  wie  sie  in  den  Beggiatoen  auftreten  und  die  alle 
oben  angedeuteten  Reaktionen  gaben.  Die  Behandlung  von  Polysulfureten 
mit  Essigsäure  ergab  sofort  sehr  schöne  und  zahlreiche  Kryställchen. 

Molisch  (1913)  hat  später  gezeigt,  daß  durch  Behandeln  der  Fäden 
mit  konzentrierter  wässeriger  Pikrinsäurelösung  durch  eine  Minute  und  nach- 
herigem  Auswaschen  in  Wasser  die  Umwandlung  der  Tropfen  in  Schwefel- 
krystalle  schon  nach  24  Stunden  vor  sich  geht.  Ebenso  erhält  man  schöne 
Krystalle  durch  Einlegen  in  Glyzerin.  Daß  aber  bei  längerem  Einwirken  der 
Pikrinsäure  die  Schwefeltropfen  auch  herausgelöst  werden,  scheint  er  nicht 
beobachtet  zu  haben.  Ich  möchte  noch  hinzufügen,  daß  auch  Aceton  in 
starker  Konzentration  sowie  Nelken-  und  Zedernöl  den  Schwefel  rasch 
lösen. 

Behandelt  man  nun  Achromati  u  m  1  mit  verdünnten 
Mineralsäuren,  z.  B.  HCl,  so  tritt  eine  unerwartete  Er- 
scheinung ein.  Sowie  die  Säure  langsam  in  das  Präparat  vor- 
dringt, beginnen  von  der  Peripherie  her  die  großen  Inhalts- 
körper sich  zu  verkleinern,  nehmen  an  Umfang  immer  mehr 
ab  und  verschwinden  schließlich  vollständig.  Übrig  bleiben 
nur  eine  Anzahl  kleiner,  etwa  2  y.  an  Größe  nicht  über- 
steigende, stark  lichtbrechende  Kügelchen.  Diese  sind  durch 
keine  Konzentrationsveränderung  der  Säure  zum  Verschwinden 
zu  bringen.  Im  ersten  Augenblick  glaubt  man  in  diesen  Tröpfchen 
Überreste  der  verschwundenen  großen  Inhaltskörper  vor  sich 
zu  haben.  Durch  sorgfältige  Beobachtung  überzeugt  man  sich 
aber,  daß  diese  kleinen  Tröpfchen  auch  an  den  lebenden 
Zellen  zu  sehen  sind;  daß  sie  meist  an  der  Peripherie  der 
Zelle  liegen,  oder  die  Zwischenräume,  welche  die  großen 
Inhaltskörper  freilassen,  einnehmen.  Wenn  man  die  großen 
Jnhaltskörper  mit  HCl  vorsichtig  herauslöst,  so  bleibt  die 
Form     der    Zelle     ziemlich     unverändert    erhalten     und     läßt 


i  Wenn  von  nun  an  nicht  ausdrücklich  andere  Angaben  gemacht 
werden,  gilt  für  Microspir  a  v  a  c  i  11  a  n  s  und  P  s  e  u  d  o  m  o  n  a  s 
h  v  a  1  i  n  a   genau  dasselbe. 


244  E.  Bersa, 

erkennen,  daß  die  kleinen  Tröpfchen  im  Plasma  liegen, 
welches  die  einzelnen  Stränge  und  Waben  bildet.  Bei  Pseu  d  o- 
monas  liegt  die  Sache  insofern  etwas  anders,  als  hier  durch 
die  Säure  der  oder  die  Inhaltskörper  vollständig  verschwinden, 
ohne  irgendwelche  unlösliche  Kügelchen  zurückzulassen  (Fig.  6 
und   12  der  Tafel). 

Diese  stark  lichtbrechenden  Tröpfchen  gleichen  voll- 
ständig den  Schwefeltropfen  der  Beggiatoen  und  bei  sorg- 
fältiger mikrochemischer  Prüfung  ergibt  sich,  daß  sie  alle 
jene  für  die  Schwefeleinschlüsse  oben  angeführten  charak- 
teristischen Reaktionen  geben.  Beim  Erhitzen  einer  größeren 
Anzahl  von  Achromatien  über  der  Flamme  verschwinden  die 
Tröpfchen  und  geben  einen  deutlichen  Geruch  nach  ver- 
branntem Schwefel.  Daß  Achromati  u  m  und  Microspira 
Schwefel  enthalten,  ist  wohl  ganz  ohne  Zweifel,  um  so  mehr, 
als  das  Auftreten  und  Verschwinden  dieser  Tröpfchen  an  das 
Vorhandensein  von  H2S  gebunden  ist.  Pseudomonas 
bildet  eine  Ausnahme,  da  es  mir  nicht  gelungen  ist,  solche 
zu   finden,  die   auch   Schwefel   im   Innern   führen. 

2.  Calciumkarbonat. 

Die  »großen  Inhaltskörper«  der  Vakuolen  zeigen  eine  so 
starke  Lichtbrechung,  daß  man  sie  auf  den  ersten  Blick  nicht 
von  großen  Schwefeltropfen  unterscheidet. 1  Sie  sind  aber 
niemals  so  vollständig  rund  wie  diese,  oft  gegenseitig  ab- 
geflacht und  mit  weniger  glatter  .  Oberfläche,  vielfach  von 
eckiger  Gestalt.  (Fig.  IIa  der  Tafel.)  Schon  daraus  läßt  sich 
leicht  der  Schluß  ziehen,  daß  diese  Körper  eine  ziemlich  feste 
Konsistenz  besitzen  müssen.  Zerdrückt  man  einige  isolierte 
Achromatien  im  Wasser,  so  tritt  der  protoplasmatische  Inhalt 
mitsamt  den  Körnern  heraus  und  gibt  die  meisten  davon  frei 
Drückt  man  weiter  auf  das  Deckglas,  so  kann  man  feststellen, 
daß  die  Inhaltskörper  an  ihrer  Oberfläche  zuerst  Risse  be- 
kommen und  dann  schließlich  ganz  zerquetscht  werden 
können,  ohne  Tröpfchengestalt  wieder  anzunehmen.  Im  polari- 


i   Schewiakoff   gibt    p.  59  an,    daß  das  Lichtbrechungsvermögen 
zwischen  Alkohol  absolut.   (1-367)   und   Schwefelkohlenstoff  (!-■  626)  liegt. 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien.  245 

siertem  Lichte  leuchten  sie  nicht  auf,  sind  also  einfach  brechend. 
(Schewiakoff,    1893,    p.  60;  West  &  Griffiths,    1913, 

p.   79). 

Die  einzelnen  Körper  liegen  nicht  ganz  frei  in  den  Waben, 
sondern  sind  von  einem  äußerst  dünnen  und  zarten  Häutchen 
umhüllt.  Wenn  man  nämlich  die  isolierten  Inhaltskörper  vor- 
sichtig mit  sehr  verdünnter  HCl  behandelt,  so  verschwindet 
das  Korn  vollständig  und  zurück  bleibt  ein  hauchdünnes 
Häutchen  von  der  Größe  und  Gestalt  des  verschwundenen 
Kornes.  Es  nimmt  Anilinfarbstoffe  an,  färbt  sich  mit  Jod- 
alkohol gelbbräunlich,  gibt  aber  nicht  die  Zellulosereaktion 
(Schewiako  f  f.   1.   c,  p.   60). 

Das  im  nachstehenden  beschriebene  chemische  Verhalten 
wurde  zur  Kontrolle  nicht  bloß  an  ganzen  Zellen,  sondern 
womöglich  auch  an  durch  Zerquetschen  isolierten  Inhalts- 
körpern, sofern  sie  sich  nicht  durch  ihre  Kleinheit  dieser 
Isolierung  entzogen  (Pseudomonas  hyalina),  geprüft. 

B  r  i  n  g  t  m  an  zu  den  Organis  m  e  n  irge  n  d  e  i  n  e  M  i  n  e  r  a  1- 
säure  (HCl  etc.).  s  o  \v  e  r  d  e  n  d  i  e  K  ö  r  n  er  rasch  g  c  1  ö  s  t.  Das- 
selbe geschieht  auch  in  organischen  Säuren,  wie  Essig-,  Apfel-.  Bernstein-. 
Zitronen-.  Ameisen-  und  Oxalsäure.  Es  genügen  schon  sehr  geringe 
Konzentrationen  Mi'  1 "  , ,  i.  um  diese  Wirkung  hervorzubringen.  Chromsäure, 
so  stark  verdünnt,  daß  sie  im  Präparat  farblos  erscheint,  löst  schon  sehr 
rasch.  Werden  die  Säuren  in  stärkerer  Konzentration  zugesetzt  und  zwar  so 
rasch,  daß  sie  nicht  langsam  zur  Zelle  hindiffundieren  können,  was  durch 
vorsichtigen  Wasserentzug  an  der  entgegengesetzten  Seite  des  Deckglases 
möglich  ist,  so  losen  sich  die  Inhaltskörper  fast  momentan  unter  stürmischer 
Blasenbildung.  Dabei  wird  die  Zelle  oft  vollständig  zerrissen.  Die  Gasblasen 
sind  vollständig  farblos  und  entsprechend  der  geringen  Menge  der  Inhalts- 
körper auch  nicht  sehr  groß.  Langsam,  aber  doch  deutlich  sichtbar,  lösen 
sich  diese  Gasblasen  auf.  weiden  immer  kleiner  und  verschwinden  schließlich 
vollständig.  Bei  schwächerer  Konzentration  oder  bei  langsamem  Zufließen  ist 
die  Gasentwicklung  viel  spärlicher;  ja  sie  kann  ganz  ausbleiben,  wenn  die 
Verdünnung  sehr  stark  ist.  Man  sieht  dann  oft  nur  einige  spärliche  Bläschen 
auftreten,  die  gleich   wieder  verschwinden.  1 

B  ig1  man  Achromatium  kurze  Zeit  in  Fixierungsflüssigkeiten,  die 
keine   Si  nthalten,    z.   B.   Alkohol     absolut,    oder    verdünnt),    Sublimat, 


1  Das  Verschwinden  oder  Nichtauftreten  der  Blasen  beruht  auf  ^lv 
leichten  Löslichkeit  des  Gases  (hier  Kohlensäure)  im  Wasser.  Auf  diese 
Erscheinung,  die  Schewiakoff  und  andere  zur  falschen  Auffassung  der 
Inhal tskörper  geführt  hat.   hat  schon   Melnikoff  (1877)   hingewiesen. 


246  E.  Bersa, 

Osmiumsäuredämpfe,  oder  tötet  die  Zellen  durch  Erhitzen,  so  bleiben  sie 
zuerst  unverändert,  zeigen  aber  dann,  in  reines  Wasser  gebracht,  daß  sich 
die  Inhaltskörper  in  zirka  1  Stunde  auflösen.  Rascher  geht  die  Lösung  vor 
sich,  wenn  man  Wasser  durch  das  Präparat  saugt.  Ebenso  läßt  sich  die 
Auflösung  an  in  Wasser  zerdrückten  Exemplaren  beobachten.  Z  i  e  m  I  i  c  h 
rasch  lösen  sieh  die  Inhaltskörper  auch  in  Jodalkohol, 
Kali  u  m  per  m  a  n  g  a  n  a  t.  C  h  1  o  r  a  1  h  y  d  rat,  wässeriger  K  a  r  b  o  1- 
säure,  C  a  1  c  i  u  m  a  c  e  t  a  t.  M  i  1  1  o  n's  c  h  e  m  R  e  a  g  e  n  s,  Cu  SOa, 
Aceton;  längs  a  m  i  n  v  e  r  d  ü  n  n  t  e  r  KOH.  v  e  r  d  ü  nnte  m  N  H  3, 
Eisenchlor  i  d,  K.,Cr.,Or,  H.,SO  ,.  Ca  Cl2,  K  a  1  c  i  u  m  a  c  e  t  a  t,  v  e  r  - 
d  ü  nnte  Na.,  C< >:;. 

Unlöslich  sind  sie  im  Alkohol  absolut  und  bleiben  darin  auch  dauernd 
unverändert  (siehe  auch  Schewiakoff,  p.  62).  In  verdünntem  Alkohol 
sind  die  Inhaltskörper  nur  sehr  langsam  löslich.  Ganz  unlöslich  sind  sie 
auch  in  Anilin,  Äther.  Glyzerin,  Chloroform.  Bergamotte-,  Nelken-,  Oliven- 
und  Zedernül.  sowie  Schwefelkohlenstoff.  Bringt  man  sie  aber  ins  Wasser 
zurück,  so  lösen  sie  sieh  vollständig  auf.  Wir  haben  es  also  mit  einem 
Stoff  zu  tun,  der  im  Gegensatze  zum  Schwefel  in  den  wichtigsten 
( i  r  g  anischen  L  ö  sungsmitteln  unlöslich  ist,  wohl  aber  von 
m  a  n  c h  e n  Salz  e n  u  n  d  v  e  r  d  ü  n  n t  e  n  Alka!  i  e  n  a  n  g  e  g  r i  f  f  e  n 
wird,   sowie   rasch   u  n  t  e  r  Ä  u  f  b  r  a  u  s  e  n    v  o  n   S  ä  u  r  e  n  g  e  löst  wird. 

Ich  versuchte  nun  systematisch  einzelne  Jonenreaktionen 
sowie  einzelne  charakteristische  Reaktionen  auf  organische 
Suhstanzen.  Dazu  wurde  meist  eine  entsprechende  Menge 
von  Zellen  isoliert,  in  destilliertem  Wasser  gewaschen  und  in 
das  betreffende. Reagens  eingelegt.  Die  Reaktionen  auf  organische 
Stoffe  (wie  z.  H.  Fett.  Zucker,  Eiweiß  etc.)  verliefen  durchaus 
negativ.  Die  Reagentien  wurden  möglichst  frisch  bereitet 
angewendet  und  durch'  Parallelversuche  auf  ihre  Zuver- 
lässigkeit geprüft. 

K,  Na  und  Mg  waren  nicht  nachzuweisen;  ebensowenig 
gelang  es  auch  nur  Spuren  von  Fe  zu  finden,  was  bei  dem 
Vorhandensein  einer  Schleimschichte  und  dem  starken  Eisen- 
gehalt des  Wassers,  der  durch  zahlreiche  Eisenorganismen 
(Trachelomonas,  Anthophysa,  Eisenbakterien)  angezeigt  wurde, 
wohl  zu  erwarten  gewesen  wäre.  Zum  Caleiumnachweis 
wurden  die  zwei  neuen,  von  Molisch  (1916)  beschriebenen 
sehr  empfindlichen  Reaktionen  angewendet,  wobei  sich 
mit  Na2CO..  oder  KOH  -f-  K2C03  charakteristisch  geformte 
Doppelsalze  bilden.  Die  Zellen  wurden  in  die  Lösung  ein- 
gelegt.    Nach     einiger     Zeit     schössen     besonders     an      den 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien.  -I< 

zerdrückten  Zellen  unter  gleichzeitigem  Verschwinden  der 
Inhaltskörper  große,  gut  geformte  Krystalle  an,  die  alle  die 
von  Moli  sc  h  beschriebenen  Eigenschaften  aufwiesen  (Fig.  13 
der  Tafel).  Daß  die  Krystallbildung  durch  die  Inhaltskörper 
veranlaßt  wird,  beweist  schon  der  Umstand,  daß  sonst  im 
ganzen  Präparate  kein  einziger  Krystall  zu  finden  ist,  sowie 
dal.!  an  Zellen  ohne  Inhaltskörper  die  Reaktion  ausbleibt.  Die 
Reaktion  gelingt,  beliebig  oft  wiederholt,  immer  gut,  voraus- 
gesetzt, daß  die  Zellen  Inhaltskörper  enthalten.  Auch  die 
Menge  der  angeschossenen  Krystalle  deutet  darauf  hin,  daß 
sie  nur  von  den  reichlich  vorhandenen  Inhaltskörpern  her- 
stammen können.  Mit  Pseudomonas  wurden  diese  Versuche 
wegen  der  Kleinheit  der  Zellen  nicht  durchgeführt. 

Molisch  (1916,  Nr.  5)  beschreibt  und  bildet  auch  einen  hübsehen 
Versuch  ab.  der  darin  besteht,  daß  bei  Zufügung  von  Oxalsäurelösung  zu 
den  gebildeten  Doppelsalzkrystallen  diese  sich  lösen,  während  sich  gleich- 
zeitig um  diese  herum  kleine  Beutel  aus  oxalsaurem  Kalk  bilden.  Fügt  man 
zu  den  in  Wasser  liegenden  Zellen  Oxalsäure  hinzu,  so  werden  die  Inhalts- 
körper ohne  aufzubrausen,  langsam  gelöst,  während  sich  die  Zelle  auch  in 
unserem  Falle  mit  einem  körnigen  Niederschlag  bedeckt.  An  irgendeiner 
Stelle  brechen  diese  Beutel  auf  und  vergrößern  sich  zusehends,  bis  der 
osmotische  Gleichgewichtszustand  erreicht  ist.  Den  Vorgang  kann  man  sehr 
schön  und  deutlich  an  allen  drei  Arten  beobachten  (Fig.  9  der  Tafel). 
Fehlen  an  sonst  noch  lebenden  Exemplaren  die  großen  Inhaltskörper,  so 
bleibt  die  Erscheinung  aus. 

Obwohl  die  Molisch'schen  Kalkreaktionen  so  scharf  und  empfindlich 
sind,  daß  sie  als  genügende  Beweise  für  das  Vorhandensein  des  Kalkes 
gelten  können,  so  will  ich  doch  mehrere  Versuche  beschreiben,  die  die  sich 
aufdrängenden  Zweifel  entkräften  sollen.  Unter  anderem  wollte  ich  versuchen. 
ob  der  gewöhnliche  Kalk  nach  weis  mit  HoS04  sich  hier  auch  an- 
wenden ließe.  Die  Reaktion  ist  ja  bedeutend  weniger  empfindlich,  da  der 
gebildete  Gips  in  Wasser  sowie  in  H2S04  schon  merklich  löslich  ist. 

Läßt  man  mehrere  gut  gewaschene  Zellen  auf  dem  Objektsträger  an- 
trocknen, so  schrumpfen  sie  leicht,  soweit  es  die  Inhaltskörper  erlauben, 
behalten  aber  im  übrigen  ihre  Form.  Bringt  man  nun  neben  den  Zellen 
einen  möglichst  kleinen  Tropfen  (1  bis  2  mm  im  Durehmesser)  H2S04  auf 
den  Objektträger,  so  kann  man  unter  dem  Mikroskop  das  langsame  Aus- 
breiten des  Tropfens  beobachten,  bis  der  Augenblick  eintritt,  wo  er  die 
Zellen  benetzt.  In  diesem  Augenblick  brausen  diese  lebhaft  auf  und  die 
Inhaltskörper  verschwinden.  Sogleich,  oder  nach  kurzer  Zeit,  schießen  an 
derselben  Stelle  oder  daneben  einige  wenige  aber  charakteristische  Nädelchen 
von    Gips    an.    die    sich    im    Überschuß    der    1LSO,    wieder    lösen    können. 


248  E.   Bersa. 

Eine  größere  Anzahl  Achromatien  (zirka  100)  wurde  isoliert  und  durch 
mehrmaliges  Übertragen  in  destilliertem  Wasser  gewaschen;  nach  dem  An- 
trocknen setzte  ich  eine  Spur  stark  verdünnte  Essigsäure  (0-l%)  zu.  legte 
sodann  einen  kleinen,  einseitig  durch  einen  Glasfaden  unterlegten  Deckglas- 
splitter so  auf,  daß  ein  keilförmiger  Raum  zwischen  diesem  und  dem  Objekt- 
träger entstand  und  ließ  das  Ganze,  vor  Staub  geschützt,  eintrocknen.  Die 
Essigsäure  hatte  die  Inhaltskörper  gelöst  und  hinterließ  beim  Austrocknen 
mehrere  aus  deutlichen  Nadeln  gebildete  Sphärite,  sowie  undeutliche  Massen, 
die  sich  aber  auch  als  doppelbrechend  und  also  kristallinischer  Natur  er- 
wiesen. Brachte  ich  nun  zu  einem  kleinen  Bröckchen  dieser  Masse  konzen- 
trierte HoSOj.  so  brauste  sie  nicht  mehr  auf,  löste  sich  rasch  und  gab 
sofort,  wegen  der  größeren  Menge,  die  zum  Versuche  verwendet  wurde, 
schöne  Gipsnadeln.  Der  Kalk  wird  also  von  der  Essigsäure  aufgenommen 
und  gibt  als  essigsaurer  Kalk  die  undeutlichen   krystallinischen  Massen. 

Nachdem  ich  mich  so  überzeugt  hatte,  daß  jedenfalls  Kalk 
in  den  Inhaltskörpern  vorhanden  war,  ging  ich  daran,  die  rest- 
liche Substanz  zli  bestimmen,  an  die  der  Kalk  gebunden  war. 
Zwei  Möglichkeiten  lagen  vor.  Da  das  Aufbrausen  mit  starken 
Säuren  sehr  auffallend  war  und  das  Gas  vom  Wasser  leicht 
absorbiert  wurde,  konnte  es  sich  nur  um  C02  oder  H.,S  handeln. 
Am  naheliegendsten  war  natürlich  C02,  da  Sulfide  oder  Poly- 
sulfide  des  Calciums  noch  nirgends  im  Pflanzenreich  gefunden 
worden  sind,  anderseits  CaC03  eine  in  vielen  Pflanzen  weit- 
verbreitete Substanz  ist.  Um  dies  festzustellen,  brachte  ich 
gehörig  isolierte  und  gewaschene  Zellen  in  verschiedene 
Reagenzien,  die  mit  CO.,  oder  H2S  charakteristische  Reaktionen 
geben. 

Bringt  man  die  Zellen  in  Barytwasser  (Atzbaryt),  so  geben  die 
Inhaltskörper  unter  langsamer  Auflösung  einen  kleinkörnigen,  farblosen 
Niederschlag,  der  streng  lokal  in  und  um  den  Zellen  auftritt  und  unter 
gekreuzten  Nikols  hell  aufleuchtet.  Oder  es  entstehen  an  Stelle  der  Inhalts- 
körper wenige  aber  große  Sphärite.  die  im  polarisierten  Lichte  hell  leuchten 
i\nd  schöne  dunkle  Kreuze  zeigen.  Behandelt  man  diese  mit  HCl,  so  brausen 
sie  auf  und  lösen  sich.  Dieselbe  Erscheinung  tritt  hei  Behandlung  mit  Kalk- 
wasser ein.  Weniger  deutlich  ist  es  mit  BaN03,  doch  kann  man  immerhin 
schöne  Sphärite  erhalten. 

Konzentriertes  B  1  e  i  a  c  e  t  a  t  (Bleizucker)  gibt  in  und  an  der  Zelle 
einen  weißen  körnigen  Niederschlag,  der  sich  durch  die  isolierten  Körner 
ebenso  leicht  erhalten  läßt;  er  ist  ebenfalls  leicht  in  Säuren  löslich.  Ahnlich 
liegen  die  Verhältnisse  mit  AgNO:;  oder  ZnSO,.  Immer  entsteht  ein  in  Säuren 
leicht  löslicher  w  e  i  ß  e  r  Niederschlag. 

Am  überraschendsten  vielleicht  ist  die  Erscheinung,  die  eintritt,  wenn 
man     die    Zellen     längere    Zeit    in    konzentriertes    Sublimat    einlest.     Nach 


Kohlensaurer  Kalk   in   Schwefelbakterien.  249 

kurzer  Zeit  beginnen  sich  in  allen  Zellen  die  Inhaltskörper  zu  lösen  und  in 
den  meisten  entsteht  ein  prachtvoll  gelb  bis  dunkelroter  Niederschlag.  .Zer- 
drückte Individuen  geben  die  rote  Färbung  sofort,  und  man  kann  jetzt 
sehen,  wie  die  rote  Färbung  ausschließlich  an  die  Inhaltskörper  gebunden 
ist.  Der  rote  Niederschlag  sowie  die  rotgefärbten  Körner  lassen  sich  durch 
•einen  Wasserstrom  langsam  auflösen. 

Die  hier  aufgezählten  Erscheinungen  deuten,  glaube  ich, 
zur  Genüge  an,  daß  es  sich  in  diesem  Falle  unmöglich  um 
H.,S  handeln  kann.  Die  angewendeten  Schwermetallsalze  müßten 
mit  irgendwelchen  Sulfiden  oder  Polysulfiden  schwarze  oder 
zumindest  dunkle  Niederschläge  geben.  So  Bleiacetat,  AgN03, 
ZnS04  und  ebenso  HgCl2.  Die  entstandenen  Niederschläge 
sind  aber  bis  auf  die  Reaktion  mit  HgCl.,  rein  weiß.  Es  kann 
also  nur  CaC03  vorliegen,  denn  alle  oben  genannten  Salze 
geben  mit  C02  in  Wasser  unlösliche  weiße  Niederschläge,  die 
sich  in  Säuren  wieder  leicht  lösen.  Der  in  HgCl2  entstandene 
rote  Niederschlag  könnte  möglicherweise  für  rotes  Quecksilber- 
-sulfid  (Zinnober)  angesehen  werden.  Ich  muß  aber  darauf 
hinweisen,  daß  durch  H2S  immer  nur  schwarzes  Ouecksilber- 
sulfid  gefällt  wird,  während  das  rote  Zinnober  nur  durch 
Sublimation  der  schwarzen  Modifikation  erhalten  wird.  Der 
Niederschlag  braust  auch  bei  Behandlung  mit  Säuren  nicht 
auf.  Wenn  man  aber  das  Vorhandensein  eines  Karbonates 
annimmt,  so  läßt  sich  der  rote  Niederschlag  zwanglos  erklären. 
Denn  aus  der  Wechselzersetzung  von  Sublimat  und  in  Lösung- 
befindlichen  Karbonaten  entsteht  nicht  Ouecksilberkarbonat, 
sondern  rotes  Quecksilberoxyd,  welches  die  Inhaltskörper 
sofort  rot  färbt.  Die  Färbung  kann  auch  nur  in  dem  Augen- 
blick eintreten,  wo  das  CaC03  aus  der  absterbenden  Zelle  in 
Lösung  geht,  denn  nur  das  gelöste  Karbonat  bringt  die 
Wirkung  hervor.  Davon  kann  man  sich  makro-  und  mikro- 
skopisch leicht  überzeugen.  Lösliche  Karbonate  (Na2C03,  K9C03) 
geben  unter  C02- Entwicklung  den  roten  Niederschlag,  während 
CaC03  (krystallisiert)  in  kürzerer  Zeit  gar  keinen  Niederschlag 
zeigt. 

Der  Vollständigkeit  halber  führe  ich  noch  zwei  Reaktionen  an,  die 
ebenfalls  auf  das  Vorhandensein  eines  Karbonates  hinweisen.  Bringt  man  zu 
den  Organismen  verdünntes  CiiSO,  und  II., 0.,.  so  färben  sich  die  Inhalts- 
körper bald  gelblich  und  nehmen  schließlich  eine  r  <>  t-  b  i  s   dun  k  e  1  b  r  a  u  n  e 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,   120.  Bd.  17 


250  E.  Bersa, 

Farbe  an.  ohne  ihre  Form  merklieh  zu  verändern.  Der  Vorgang,  der  sieh- 
makrochemisch  genau  nachahmen  läßt,  ist  nicht  schwer  zu  erklären.  Das 
CaC03  tritt  wohl  zuerst  beim  Eindringen  des  CuS04  in  die  Zelle  mit  diesem 
in  Reaktion  und  gibt  CaS04  und  CuC03.  Durch  das  hinzutretende  H.,0., 
wird  das  Kupfer  zu  CuO  oxydiert,  während  COo  frei  wird.  Ist  letztere  in 
größeren  Mengen  vorhanden,  so  wird  sie  unter  Blasenbildung  entweichen, 
wie  das  in  vitro  der  Fall  ist,  nicht  aber  im  Präparate,  wo  ja  die  freiwerdende 
Kohlensäuremenge  so  gering  ist,  daß  sie  vom  umgebenden  Wasser  sofort 
absorbiert  wird.   Ebenso   dürfte  auch  der  Gips  sich  lösen. 

Legt  man  die  Organismen  in  FeSO.j-Lösung  ein.  so  nehmen  sie  eine 
braun-grüne  Farbe  an,  welche  zuerst  in  eine  braun-gelbe  und  nach  etwa 
15  Minuten  in  eine  goldgelbe  übergeht;  die  Körper  wurden  somit  von  der  Fe  S<  '  ,- 
Lösung  nicht  gelöst,  sondern  blieben  darin  während  dreier  Tage  erhalten. 
Sbhewi  a  k  o  ff  hatte  diese  Veränderung  auch  schon  wahrgenommen  (p.  Ii2). 
ohne  aber  eine  Erklärung  dafür  gehen  zu  können.  Auch  diese  Reaktion  läßt 
sich  zwanglos  erklären.  Kohlensaure  Salze  fällen  nämlich  aus  FeSO,  grünes 
Eisenkarbonat,  welches  aber  wegen  seiner  Unbeständigkeit  sofort  in  gelbes 
Fisenoxyd  und  dann  in  Eisenhydroxyd  übergeht;  dieses  ist  unlöslich  und 
verleiht  den  Inhaltskörpern  eine  schön  gelbbraune  Färbung.  Was  mit  dem 
nebenbei  entstehenden  CaSOt  geschieht,  kann  ich  nicht  sagen.  Entweder 
bleibt  es  in  den  Inhaltskörpern  als  unlöslicher  Bestandteil  zurück  und  entzieht 
sich  der  Beobachtung,  oder  es  löst  sich  in  der  FeSO.rLösung  vollständig  auf. 

Nun  möchte  ich  zwei  Erscheinungen  anführen,  die  mir  nicht  ohne 
weiteres  verständlich  sind.  Behandelt  man  Achromatien  mit  starker  CuSO,- 
Lösung,  so  werden  die  Inhaltskörper  sehr  rasch  gelöst.  Ganz  anders  lallt 
der  Versuch  aus,  wenn  das  CuS04  sehr  langsam  von  der  Seite  unter  das 
Deckglas  hineindiffundiert.  Bei  jenen  Zellen,  die  von  der  Lösung  rasch  erreicht 
werden,  bemerkt  man  nichts  besonderes,  außer  daß  die  Inhaltskörper  rasch 
verschwinden.  Wo  aber  das  CuS04  zu  den  Zellen  nur  äußerst  langsam 
vordringt,  bleiben  die  Inhaltskörper  zuerst  unverändert,  nehmen  bald  einen 
etwas  bläulichen  Ton  an  und  lösen  sich  dann  langsam  auf.  Während  dieses 
Auflösungsprozesses  schießen  ziemlich  rasch  oft  sehr  lange  und  dünne 
Krystallnadeln  aus  den  Inhaltskörpern  hervor  und  bilden  in  der  Zelle  eine 
zierliche  Druse,  die  in  polarisiertem  Lichte  lebhaft  aufleuchtet.  Die  einzelnen 
Nadeln  können  oft  so  lang  werden,  daß  sie  die  Membran  nach  den  ver- 
schiedensten Richtungen  ausbauchen,  ja  selbst  durchstoßen  können  (Fig.  10 
der  Tafel).  Sowie  aber  im  Präparat  eine  lebhaftere  Strömung  einsetzt,  ver- 
schwinden diese  mcikwürdigen  Drusen  äußerst  rasch.  Am  Naheliegendsten 
ist  es  dabei  an  eine  Bildung  von  Gips  zu  denken.  Ich  kann  mich  nicht  so 
ohne  weiteres  entschließen,  dies  zu  glauben,  schon  aus  dem  Grunde,  weil 
•  'aSOj  in  strömendem  Wasser  sich  nie  so  rasch  löst  wie  die  vorhin  ge- 
schilderten Drusen.  Anderseits  ist  aber  der  Gips,  wie  man  sich  leicht  über- 
zeugen kann,  in  Cu  S0.rLösung  viel  leichter  löslich  und  so  kann  dieser 
Umstand  die  Ursache  des  raschen  Verschwindens  der  Drusen   sein. 


Kohlensaurer  Kalk   in   Schwefelbakterien.  -51 

Eine  andere  mir  noch  unklare  Erscheinung  ist  die  schon  von  Sehe- 
wiakoff  (p.  64  f.)  an  Achromatium  bemerkte  Tatsache,  daß  wenn 
man  zu  einer  Probe,  die  A  c  h  r  o  m  a  t  i  u  m,  Microspira  oder  P  s  e  u- 
d  o  m  o  n  a  s  enthält,  einen  Tropfen  mäßig  starken  J  o  d  al  k  o  h  o  1  hinzusetzt, 
fast  augenblicklieh  die  Inhaltskörper  gelöst  werden,  während  zur  gleichen 
Zeit  außen  an  der  Zelle  sich  prismatische  Nadeln  ansetzen,  die  allmählich 
die  ganze  Zelle  bedecken  oder  zu  vielverzweigten  Bäumehen  und  Drusen 
zusammentreten  (Fig.  8  der  Tafel).  Was  die  chemische  Beschaffenheit  dieser 
Krystalle  betrifft,  so  hat  die  Untersuchung  ergeben,  daß  es  sich  zweifellos 
um  Ca  SOj  handelt.  Ich  kann  durchaus  nicht  den  Angaben  Schewi  a  k  o  f  t's 
beistimmen,  daß  die  Krystalle  in  verdünnter  HCl,  HN03  sowie  H2S04  leicht 
und  ohne  Aufbrausen  löslich  seien,  während  sie  in  starker  oder  konzentrierter 
HgSO.j  unter  Aufbrausen  nadeiförmige  Kryställchen  von  Gips  geben.  Nach 
meinem  Befund  sind  die  Krystalle  in  starker  H.2  SOj  nur  langsam  und  ohne 
Blasenbildung  löslich,  selbst  in  einem  lebhaften  Flüssigkeitsstrom.  Mit  Alkohol 
allein  oder  mit  Jodwasser  gelingt  der  Versuch  nicht.  Nimmt  man  aber  Alkohol, 
dem  einige  Tropfen  HoS04  zugefügt  wurde,  so  kann  man.  wenn  auch  lang- 
samer, dieselbe  Reaktion  hervorbringen.  Ganz  negativ  fällt  sie  mit  Alkohol 
+  HCl  aus.  Die  Bildung  des  Ca  SO,  kann  also  nicht  von  Säurespuren  im 
Jodalkohol  herrühren  oder  von  dem  Jod  allein.  Da  ich  einen  alten  Jodalkohol 
unbekannter  Herkunft  verwendete,  und  mit  frischem  reinen  Jodalkohol  der 
Versuch  unter  keinen  Umständen  gelingen  will,  so  glaube  ich,  daß  der 
Jodalkohol  möglicherweise  mit  Schwefelsäurespuren  verunreinigt  war. 

Läßt  man  eine  größere  Anzahl  gut  gereinigter  Zellen 
antrocknen,  bedeckt  sie  sodann  mit  einem  mäßigen  Tropfen 
destillierten  Wassers  und  gibt  dann  das  Ganze  in  eine  feuchte 
Kammer,  um  das  Austrocknen  zu  verhindern,  so  kann  man 
nach  einiger  Zeit  das  Verschwinden  der  Inhaltskörper  wahr- 
nehmen. Rings  um  die  Zelle  herum,  meist  in  nächster  Nähe, 
oft  in  und  auf  der  Zelle  selbst,  treten  aber  zahlreich  kleine 
farblose  Krystalle  auf,  die  die  Gestalt  eines  schiefen  Rhomboeders 
zeigen.  Oft  sind  diese  Kryställchen  zu  ganzen  Drusen  verwachsen 
(Textfig.  2).  Da  die  Zellen  gut  gewaschen  wurden  und  in 
destilliertem  Wasser  lagen,  so  können  diese  Kryställchen  nur 
aus  den  Inhaltskörpern  hervorgegangen  sein.  Außerdem  muß, 
da  beim  Eintrocknen  des  Wassertropfens  mit  Ausnahme  dieser 
Krystalle  gar  kein  weiterer  Rückstand  zurückbleibt,  wohl  die 
ganze  herausgelöste  Masse  der  Inhaltskörper  sich  in  diese 
Rhomboeder  umgewandelt  haben.  Diese  Krystalle  sind  in 
Wasser  so  gut  wie  unlöslich,  stark  licht-  und  doppelbrechend. 
Sie    sind     in    HCl,    H.,SOj,,    Essigsäure    und    Oxalsäure    unter 


252 


E.   Bersa, 


lebhaftem  Aufbrausen  leicht  löslich.  Dabei  entsteht  mit  Oxal- 
säure ein  undeutlich  körniger  Niederschlag  von  Calciumoxalat 
sowie  mit  H.,S04  die  charakteristischen  Gipsnadeln.  In 
wasserfreier  Essigsäure  (Eisessig)  tritt  keine  schnell  sichtbare 
Veränderung  ein,  was  sich  wohl  dadurch  erklärt,  daß  der 
sich  bildende  essigsaure  Kalk  in  Eisessig  unlöslich  ist  und 
die  Krystalle  vor  weiterer  Auflösung  schützt.  Ihrem  ganzen 
Verhalten  nach  bestehen  diese  Kry stalle**  also  ebenfalls  aus 
CaCO„,  entstanden  durch  Umwandlung  aus  dem  in  Lösung 
gegangenen  CaC03  der  Zelle. 

Aus  allen  diesen  Versuchen  können  wir  mit  Sicherheit 
schließen,  daß  die  großen  Inhaltskörper  zweifellos 
aus  kohlensaurem  Kalk  bestehen. 
Wenn  schon  dieser  Befund  ein  etwas 
unerwarteter  ist,  so  ist  um  so  auffallen- 
der, daß  diese  CaC03- Körner,  die  doch, 
wie  ich  oben  gezeigt  habe,  feste  Kon- 
sistenz besitzen,  nicht  doppelbrechend 
sind.  Es  kann  sich  also  nur  um  eine 
amorphe  Modifikation  handeln. 
Wenn  es  anderseits  auch  schon  seit 
langem  bekannt  ist,  daß  sich  amorpher 
kohlensaurer  Kalk  künstlich  herstellen 
läßt,  so  wurde  er  bis  jetzt  im  Pflanzen- 
reiche und  speziell  bei  den  Bakterien 
noch  nicht  in  fester  Form  nachgewiesen. 
Wo  er  vorkommt,  ist  er  entweder  in 
Form  von  Inkrustationen  oder  als  Einlagerung  beschrieben 
worden,  die  aus  undeutlich  kristallisierten,  aber  in  polari- 
siertem Lichte  hell  aufleuchtenden  Massen  bestehen. 

Kelly  war  die  erste,  die  das  Vorkommen  von  amorphem  CaC03  in 
den  Panzern  verschiedener  Krustaeeen  und  Myriopoden  nachzuweisen  suchte. 
Erst  die  ausgedehnten  Untersuchungen  Bütschli's  (1908)  haben  die  Ver- 
mutungen Kell  y's  bestätigt  und  uns  über  die  Eigenschaften  des  kolloidalen 
oder  amorphen  CaC03  etwas  aufgeklärt.  Der  Arbeit  von  Bütschli  ent- 
nehmen wir,  daß  der  amorphe  kohlensaure  Kai  k,  der  sich  in 
reinem,  getrocknetem  Zustande  nur  kurze  Zeit  hält  und  bald  in  Calcit  über- 
geht, n  u  r  d  a  n  n  haltbar  i  s  t.  wenn  er  in  einer  Eiweis!  ö  s  u  n  g 
gefällt    und   mit  dieser  eretrocknet    wird.    Ein   solcher   «Eiweißkalk»   bleibt 


Textfig.  2. 

Aus     den     Inhaltskörpern 
von    Achromatium    erhal- 
tene Calcitkrystalle.  Vergr. 
ca.   1000. 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien.  2oo 

sehr  lange  unverändert,  was  von  Interesse  ist.  da  der  amorphe  CaC03  in  der 
Tierwelt  in  Vereinigung  mit  Chitin  relativ  haltbar  vorkommt.  Sein  spezifisches 
Gewicht  liegt  zwischen  2 -25  und  2-45.  Beim  Erhitzen  auf  200°  bis  230°  C 
w  a  n  d  e  1 1  er  sich  in  die  krystalline  Modifikatio  n  u  m.  Das- 
selbe geschieht,  w  e  n  n  m  an  den  a  m  o  r  p  h  e  n  K  a  1  k  i  n  W  a  s  s  e  r 
o  d  er  in  ei  n  e  NaCl-Lösung  bringt.  Die  Umwandlung  in  kleine  Rhomboeder 
"der  undeutliche  Sphärite  setzt  sofort  ein  und  ist  in  kurzer  Zeit  vollendet. 
Er  ist  in  Wasser  relativ  löslich  und  wandelt  sich  in  konzentrierte  Soda- 
lösung oder  Pottasche  in  die  charakteristischen  Doppelsalze  um.  «Die 
Reaktion  ist  recht  bezeichnend  für  die  amorphe  Modifikation,  da  Aragonit 
und  Calcit  bei  gleicher  Behandlung  nur  wenig  und  langsam  Gaylussit  geben, 
der  Aragonit  etwas  mehr,  der  Kalzit  sehr  wenig>  (B  ü  t  s  c  h  1  i.  1908, 
p.  15).  Weiters  sagt  er:  »  . .  .  .eine  direkte  Umwandlung  (des  amorphen  Kalkes) 
.  .  .  .rindet  nicht  statt;  vielmehr  zeigen  meine  Beobachtungen  an  gefälltem  und 
getrocknetem  amorphen  Kalk  ebenso  wie  am  Krebspanzer,  daß  der  amorphe 
Kalk  zunächst  stets  vom  Wasser  gelöst  und  dann  erst  als  Calcit  ab- 
geschieden wird«  (B  ü  t  s  c  h  1  i,  1908,  p.  17).  Eine  langsame  Umwandlung 
in   Calcit  geht  sogar  in  bereits   festem  Kanadabalsam  vor  sich. 

Diese  Resultate  stimmen  mit  meinen  Beoachtungen  sehr  gut  überein. 
Sowie  das  GaCOS,  in  dem  Eiweiß  oder  im  Crustaceenpanzer  wegen  der 
kolloidalen  Form  der  einschließenden  Medien  nicht  krystallisiert  vorkommen 
kann,  ebenso  steht  es  auch  bei  unseren  Organismen.  Eine  ausschlaggebende 
Bedeutung  schreibe  ich  dem  »Häutchen«  zu,  welches  das  Calciumkarbonat 
umhüllt.  Wahrscheinlich  liegt  die  Sache  sogar  so,  daß  die  Kalkkörner  von 
einer  kolloidalen  eiweißähnlichen  Masse  durchdrungen  sind,  welche  bei  der 
Auflösung  des  Kalkes  scheinbar  als  zartes  Häutchen  zurückbleibt.  In  ähnlicher 
Form    dürfte    ja    auch    der    Schwefel    in  der  Zelle   kolloidal   erhalten  bleiben. 

Leider  sagt  B  ü  t  s  c  h  1  i  gar  nichts  über  das  Verhalten  gegenüber 
anderen  Reagenzien.  Doch  dürfte  die  Sache  ganz  klar  liegen.  Sobald  die 
Zelle  durch  irgendwelche  chemische  Agentien  geschädigt  oder  abgetötet 
wird,  wird  der  CaC03  frei,  während  die  Schnelligkeit  des  Lösungsvorganges 
jedenfalls  von  der  zugesetzten  Substanz  beeinflußt  wird.  Chemische  Wechsel- 
zersetzungen dürften  nur  eine  geringe  Rolle  spielen,  da  ja  manche  Chemikalien 
mit  dem   Ca  CO:;   nicht  in  Reaktion  treten. 

Durch  Einlegen  in  verschiedene  Flüssigkeiten  konnte 
festgestellt  werden,  daß  das  Lichtbrechungsvermögen  dieser 
Körner  bei  gewöhnlichem  Tageslicht  zwischen  dem  von 
Zedernöl  und  Nelkenöl  liegt,  also  bei  zirka  151  — 1-54.  Die 
Lichtbrechung  ist  also  ziemlich  beträchtlich  und  weist  eben- 
falls auf  Calciumkarbonat  hin. 

Andere  Inhaltskörper,  wie  sie  schon  Hinze  (1901)  bei 
Beggiatoa  mirabilis  gefunden  hat,  wurden  vergeblich 
gesucht. 


254  E.  B 


e  i"  s  a , 


III.  Allgemeines. 

Wenn  wir  auf  die  Ergebnisse  dieser  Untersuchung  zurück- 
blicken, so  können  wir  sagen,  daß  wir  es  mit  drei  Arten  zu 
tun  haben,  die  sich  in  ganz  auffallender  Weise  von  den  bis 
jetzt  bekannten  Schwefelorganismen  unterscheiden.  Aus  dem 
bloßen  Vorhandensein  von  Schwefel  in  den  Zellen  auf  ihre 
Zugehörigkeit  zu  den  Thiobakterien  zu  schließen,  wie  es  bis 
jetzt  noch  immer  geschah,  ist  nicht  ganz  exakt.  Migula 
(1900,  I.  Bd.)  sagt:  -Alan  hat  die  sämtlichen,  Schwefelkörner 
enthaltenden  Arten  zu  einer  physiologischen  Gruppe  der  so- 
genannten Schwefelbakterien  zusammengefaßt,  ohne  Rücksicht 
auf  ihre  systematischen  Verschiedenheiten.«  Wir  müssen  be- 
denken, daß  es  sicher  nur  für  B  e  g  g  i  a  t  o  a  und  T  h  i  o  t  r  i  x 
(Keil,  1912)  nachgewiesen  ist,  daß  sie  H.,S  und  den  Schwefel 
unbedingt  zum  Leben  benötigen.1  Wenn  wir  uns  also  etwa^ 
vorsichtiger  im  Ausdruck  fassen,  so  müssen  wir  sagen,  daß 
z  u  der  p  h  y  s  i  o  1  o  g  i  s  c  h  e  n  Gruppe  der  Seh  w  e  f  e  1  - 
b  akte  r  i  e  n  n  u  r  s  o  1  c  h  e  Arten  zu  rechnen  s  i  n  d,  d  i  e 
nicht  bloß  Schwefel  in  ihren  Zellen  enthalten, 
sondern  v  o  n  d  e  n  e  n  w  i  r  w  i  s  s  e  n  oder  zumindest 
v  e  r  m  u  t  e  n,  daß  sie  de  n  S  c  hwefel  w  ass  er  Stoff  als 
Energiequelle  zum  Leben  notwendig  brauchen. 
Der  Grund  dafür,  warum  wir  die  überwiegende  Zahl  der 
Formen  nur  vermutungsweise  oder  nur  auf  Grund  ihrer 
morphologischen  Eigentümlichkeiten  zu  den  Schwe/elbakterien 
rechnen,  liegt  in  den  bis  jetzt  fast  unüberwindlichen  Schwierig- 
keiten, die  diese  Organismen  einer  Kultur  entgegensetzen,  so 
daß  ein  sicherer  Nachweis  nicht  erbracht  werden  kann.  Wie 
wir  gesehen  haben,  enthalten  sowohl  A  c  h  r  o  m  a  t  i  u  m  als 
auch  M  i  c  r.o  s  p  i  r  a  Schwefeltropfen,  die  sich  in  keiner  Weise 
von   den   bei   den   anderen  Schwefelbakterien   nachgewiesenen 


i  Hinze  (Bei-,  d.  d.  bot.  Ges..  Bd.  21,  1903',  p.  394)  hat  gezeigt,  daß 
in  Oscillari  a-Arten,  die  in  stark  H2 S-haltigem  Wasser  zu  leben  vermögen, 
sieh  Schwefeltropfen  gefunden  haben.  Es  ist  nicht  wohl  anzunehmen,  daß 
sie  den  H2S  oxydieren,  sondern  daß  dieser  durch  den  Einfluß  des  Sauer- 
stoffs in  den  assimilierenden  Zellen  oxydiert  wird,  und  der  Schwefel  in  der 
Zelle  ii)  Form  von  Tröpfchen  abgelagert  wird,  ohne  für  die  Algen  wahr- 
scheinlich von  irgendwelcher  Bedeutung  zu   sein. 


Kohlensaurer  Kalk  in   Schwefelbakterien.  255 

unterscheiden.  Morphologisch  können  wir  diese  Formen  als.» 
ohne  weiteres  zu  diesen  rechnen.  Wie  das  Vorkommen  in 
der  Natur  und  die  aufgestellten  Rohkulturen  zeigen1,  dürfen 
wir  auch  aus  dem  physiologischen  Verhalten  (Notwendigkeit 
von  H0S)  auf  ihre  Schwefelbakteriennatur  schließen.  Im  all- 
gemeinen sind  die  Formen,  soviel  ich  beobachten  konnte, 
gegen  Veränderungen  in  den  Kulturmedien  empfindlicher  als 
die  übrigen  Schwefelorganismen,  was  besonders  bei  Pseudo- 
monas hyalina  der  Fall  ist.  Dies  wird  von  verschiedenen 
bis  jetzt  noch  ungeklärten  Umständen  abhängen,  von  denen 
das  wahrscheinlich  recht  hohe  Kalkbedürfnis  keine  geringe 
Rolle  spielen  dürfte. 

Pseudomonas  hyalina  nun  unterscheidet  sich 
auffallend  von  den  zwei  anderen  Arten  durch  den  voll- 
ständigen und  konstanten  Mangel  an  Schwefel. 
Die  Inhaltskörper  bestehen  bloß  aus  amorphem  CaC03.  Diese 
Art  braucht  also  entweder  sehr  wenig  H2S  oder,  was  wahr- 
scheinlicher ist,  sie  reduziert  gerade  nur  soviel  H2S,  daß  der 
^gebildete  Schwefel  sofort  zu  H2S04  verarbeitet  wird.  Eine 
dritte  Möglichkeit  käme  noch  in  Betracht  und  zwar,  daß  sie 
den  Schwefelwasserstoff  anders  verarbeitet,  als  es  die  ge- 
wöhnlichen Schwefelbakterien  tun.  Überhaupt  ist  ja  auch  bei 
Microspira  und  Achromati  um  die  verhältnismäßig- 
geringe  Menge  von  .Schwefel  auffallend,  die  bei  ihrer  Größe 
in  den  Zellen  abgelagert  wird.  Einerseits  ist  dies  verständlich, 
wenn  man  bedenkt,  daß  diese  Formen  anscheinend  ziemlich 
viel  Sauerstoff  brauchen,  so  daß  der  gebildete  Schwefel  nicht 
zu  reichlich  gespeichert  wird  und  bald  verbrannt  werden 
könnte.  Anderseits  ist  es  ja  möglich,  daß  sie  ebenso  wie 
Pseudomonas  den  H.,S  vielleicht  in  einer  etwas  anderen 
Weise  verwerten  können.  Zu  dieser  Vermutung  gibt  auch  das 
ungewöhnliche  Vorkommen  von  CaCO.,  Anlaß,  dessen  Menge 
bei  normalen  Zellen  sicher  90%  der  Masse  ausmacht.  Zweifel- 
los ist  es  auch  kein  Zufall,   wenn    der  CaCO,  bei  Mangel  an 


1  Obwohl  im  Sommer  1919  zahlreiche  Kulturversuche  angestellt  wurden, 
gelang  doch  kein  einziger  befriedigend.  Sobald  die  bessere  Jahreszeit  eintritt. 
Verden  die  Versuche   wieder  aufgenommen   werden. 


256  E.  Bersa, 

Schwefelwasserstoff  zuerst  ans  der  Zelle  verschwindet.  Trotz 
alledem  können  wir  uns  über  die  Rolle,  die  der  kohlensaure- 
Kalk  im  Stoffwechsel  dieser  Formen  spielt,  auch  nicht  ver- 
mutungsweise äußern,  und  es  werden  weitere  diesbezügliche 
Untersuchungen  hoffentlich  mehr  Anhaltspunkte  liefern. 

Schon  aus  diesen  vorläufigen  Erörterungen  können  wir 
ersehen,  daß  diese  drei  Arten  einander  physiologisch  ziemlich 
nahestehen,  und  sich  durchaus  nicht  ganz  wie  die  anderen 
Thiobakterien  verhalten.  Die  in  manchen  Punkten  abweichende- 
Lebensweise,  das  Vorhandensein  von  CaC03  trennt  sie 
morphologisch  und  biologisch  scharf  von  den  übrigen  Schwefel- 
organismen und  berechtigt  uns,  sie  zu  einer  besonderen 
Gruppe  der  Schwefelorganismen  zusammenzufassen. 

Diese  Arbeit  wurde  am  pflanzenphysiologischen  Institute 
der  Universität  Graz  ausgeführt.  Es  sei  mir  gestattet,  Herrn 
Prof.  Dr.  K.  Linsbauer  für  die  stete  Förderung  der  Arbeit 
und  das  rege  Interesse,  welches  er  ihr  entgegenbrachte,  sowie 
Herrn  Lektor  Gicklhorn  für  die  zahlreichen  Anregungen 
meinen  herzlichsten  Dank  auch  an  dieser  Stelle  auszudrücken^ 

Zusammenfassung  der  Resultate. 

1 .  Achromatium  Schewiakoff  ist  identisch  mit. 
M  o  d  d  e  r  u  1  a  Frenzel  und  H  i  1 1  h  o  u  s  i  a  West  & 
Griffiths.  Die  von  den  Autoren  angeführten  Größenunter- 
schiede rechtfertigen  noch  nicht  die  Aufstellung  mehrerer 
Arten.  Vielleicht  können  indessen  innerhalb  der  weit  ver- 
breiteten Art  mehrere  Lokalrassen  unterschieden  werden. 

2.  Seine  Dimensionen  schwanken  zwischen  9  bis  75  \l 
in  der  Länge  und  9  bis  25  ;x  in  der  Breite.  Das  Plasma  ist 
gleichmäßig  grob,  vakuolig  gebaut  und  zeigt  keine  Differen- 
zierung in  eine  wabig  gebaute  Rindenschichte  und  einen 
Zentralkörper.  Ein  Kern  ist  nicht  vorhanden,  w<  >hl 
aber  lassen  sich  kleine  chromatin-ähnliche  Körnchen 
im  Protoplasma  unterscheiden.  Die  Membran  ist  ziemlich 
widerstandsfähig,  enthält  keine  Zellulose  und  stellt  wahr- 
scheinlich eine  verfestigte  Protoplasmahaut  dar.  Die  Zelle  ist 
von  einer  Schleimhülle  umgeben,  die  wahrscheinlich  von  der 
Zelle  durch  die  Membran  ausgeschieden  wird.  Die  Bewegu  n  g 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien.  257 

ist  sehr  langsam  und  unregelmäßig.  Irgendwelche  Bewegungs- 
organe (Geißeln  etc.)  fehlen.  Die  Teilung  geht  durch  eine 
einfache  Durchschnürung  der  Zelle  vor  sich. 

3.  Im  Plasma  von  Achromatium  oxaliferum 
und  Microspira  v  a  c  i  1 1  a  n  s  eingebettet  finden  sich 
S  c h  w  e f  e  1  tr  ö  p  f  c  h  e  n,  welche  die  Ecken  und  Kanten  der 
Waben  einnehmen  und  die  mit  dem  Schwefelwasserstoff- 
Gehalt  des  Wassers  auftreten  und  verschwinden. 

4.  In  den  Vakuolen  liegen  größere  (2  bis  12;j.)  Körner 
von  amorphem  kohlensauren  Kalk,  die  von  einem 
dünnen  Häutchen  (Vakuolenhaut?)  umschlossen  sind.  Ihre 
physiologische  Bedeutung,  sowie  die  Bedingungen  ihres  Auf- 
tretens und  Verschwindens  sind  noch  unbekannt. 

5.  Bei  Pseudomonas  hyalina  bildet  kohlen- 
saurer Kalk  den  e  i  n  z  i  g  e  n  I  n  h  a  1 1  s  k  ö  r  p  e  r.  Schwefel- 
tröpfchen konnten  bei  dieser  Form  nicht  nachgewiesen  werden. 

Ö.  Alle  drei  Arten  sind  an  das  Vorkommen  von 
Schwefelwasserstoff  gebunden,  gehören  also  zu  den  Schwefel- 
bakterien, von  denen  sie  w  ahrscheinlich  eine  be- 
sondere Gruppe  darstellen. 

Literaturverzeichnis. 

Die   mit    *    bezeichneten   Nummern   konnten    nicht    eingesehen    werden. 

1 .  Bütschli,  O.   Über  den  Bau  der  Bakterien  und  verwandter  Organismen. 

Leipzig   1890. 

2.  —    Über  die  Einwirkung  von  konzentrierter  Kalilauge  und  konzentrierten 

Lösungen   von    kohlensaurem  Kali   auf  kohlensaurem  Kalk  etc.  Ver- 
handl.  d.  naturw.-med.Yer.  Heidelberg  (N.  F.),  Bd.  8,  1906,  p. 277— 330. 

3.  -    Über    Gaylussit    und     ein    zweites    Doppelsalz     von    Calcium-     und 

Natriumcarbonat.  Journ.  f.  prakt.  Chemie,  Bd.  75.  1907,  p..  556 — 560. 

4.  —    Über    die    Natur    der     von     B  i  e  d  e  r  m  a  n  n     aus     Krebsblut     und 

Krebspanzer    erhaltenen     Krystalle.    Biol.     Zentrbl.     Bd.    27,.     1907, 
p.  457-466. 

5.  —     Untersuchungen    über    organische    Kalkgebilde    etc.    Abhandl.    d.    k. 

Ges.  d.  Wissensch.  zu  Gottingen  (N.  F.),  Bd.  6.    1908—10. 
'''.'     C  o  h  n,    F.    Beitrage    zur    Physiologie    der    Phycochromaceen     etc.    M. 
Schultz  e's   Archiv    für   mikroskopische    Anatomie.    3.    Bd.   1887. 

7.  C  o  r  s  i  n  i.    A.  Über   die    sogenannten   »Schwefelkörnchen«,    die  man  bei 

der   Familie  der  Beggiatoaceae  antrifft.  Zentrbl.  f.  Bakteriologie  etc. 
2.  Abt..   Bd.  14.    1905. 

8.  Frenze!,    J.    Neue     oder     wenig     bekannte    Süßwasserprotisten.     Biol, 

Zentrbl.   Bd.  17.    1897,   p.   801. 


258  E.  Bersa, 

9.  Gicklhorn,  J.   Über  neue  farblose  Schwefelbakterien.   Zentrbl.   i.   Bakt. 
2.  Abt.   Bd.   50.   p.  415-427. 

10.  Hinze,    G.  Über   den  Bau  der   Zellen    von  Beggiatoa   mirabilis    Colin. 

Ber.  d.  deutsch,  bot.  Ges.  Bd.  19,   1901,  p.  369—374. 

11.  —    Über  Schwefeltropfen  im  Inneren  von  Oscillarien.   Obige  Ber.  Bd.  21, 

1903,  p.  394. 
12.*    Kelly.    A.  Über    Conchit,    eine    neue    Modifikation    des    kohlensauren 
Kalkes.  Jenenser  Zeüschr.  d.  Nat. -Wissenschaften,  Bd.  35,  p.  429 — 494. 

13.  Keil,    *F.    Beiträge     zur    Physiologie     der    farblosen    Schwefelbakterien. 

Colins  Beitr.   z.  Biol.   d.  Pflanzen.   Bd.    11,    1912,   p.  335. 

14.  Lauterborn,  R.  Über  Modderula  Hartwigi  Frenze!   Biol.   Zentrbl., 

Bd.    18,    1S9S,  p.  95. 
15.*    Massart,    J.    Recherches   sur   les    organismes  inferieurs    etc.  Recueils 
de  l'Inst.   Bot.,   Univ.   de  Bruxelles,   Bd.   5,    1901,   p.   25«.). 

16.  Meyer  Arthur.  Die   Zelle   der  Bakterien.  Jena    1912. 

17.  MelnikoffP.  Untersuchung   über   das  Vorkommen    des    kohlensauren 

Kalkes  in  Pflanzen.   Inaug.-Diss.   Bonn    1877. 

18.  Migula  W.   System  der  Bakterien.   2.   Bd.    1897      1900. 

19.  Molisch  H.  Neue  farblose  Schwefelbakterien.  Zentrbl.  f.  Bakt.,   2.  Abt.. 

Bd.   33,    1912.   p.  ■:>:<. 

20.  —    Mikrochemie   der  Pflanze.    Jena   11)13. 

21.  —    Beiträge    zur    Mikrochemie  der  Pflanze.   Nr.   5:    Über    den    Nachweis 

von    gelösten    Kalkverbindungen    mit    Soda.     Ber.    d.    deutsch,    bot. 
Ges.  Bd.  34.    1916,   p.   288. 

22.  —    Nr.  6.  Übei-  den  Nachweis  von  Kalk  mit  Kalilauge  etc.   Dieselben  Bei"., 

Bd.   34.    1910.   p.   357. 
23.*    N  a  d  s  o  n,    G.    A.   Über    Schwefelmikroorganismen    des    Hapsaler    Meer- 
busens.   Bullet,    d.   jard.    imp.    bot.,    St.  Petersbourg,    Bd.    13.    IUI  3. 
p.    106.  (Referat  Bot.  Zentrbl.  Bd.    125,   p.  642. 

24.  Schewiakoff,  W.   Über    einen    neuen    bakterienähnlichen  Organismus 

des     Süßwassers.    Verhandl.     des    med.-naturhist.     Ver.     Heidelberg 
(X.   F.),   Bd.  5,   1893,   p.  44. 

25.  Virieux,  J.   Sur  l'achromatium    oxaliferum  Schewiakoff.    Comptes 

Rend.   de  l'acad.   Bd.  154,    1912,   p.  717. 
26.*    Warnung,    E.    Om   nogle    ved    Danmarks    K'yster    levende    Bakterier, 
Kiöbenhaven    1870. 

27.  West  G.  S.  &   Griffitbs  B.  M.   Hillhousia  mirabilis,  a  Giant  Sulphur 

Bakterium.   Proc.  of  the  R.   S.  London.  Serie  B.   Bd.  81,    1909. 

28.  —    The    Lime-Sulphur  Bakteria    of   the  Genus  Hillhousia.    Ann.   of  Bot.. 

Bd.   27,    1913.  p.   83. 

29.  Winogradsky,   S.   Über  Schwefelbakterien.    Bot.   Ztg.    Bd.    45.    1887. 
.30.      —    Beiträge  zur  Morphologie  und  Physiologie  der  Bakterien.   I.  Schwefel- 
bakterien.  Leipzig    1888. 

31.       -  Recherches  sur  les  sulfobacteries,  Ann.  de   l'Inst.  Pasteur   18S9.  p.  4:'. 


Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien.  2oi' 


Tafelerklärung. 


Die  Zeichnungen  wurden  mit  Objektiv  5  oder  8  a,  Ok.  IV,   und  Zeichen- 
apparat von  Reichert  angefertigt. 

Fig.  1.  Achromatium,  Habitusbild  einer  lebenden,  noch  nicht  in  Teilung 
befindlichen  Zelle. 

Fig.  2  und  3.  Teilungsstadien,  lebend,  bei  3  ist  nur  mehr  ein  feiner  Ver- 
bindungsfaden  zwischen  den  Tochterzellen  vorhanden. 

Fig.  4.  In  Tusche  liegendes  Teilungsstadium,  lebend,  mit  gequollenem 
Schleimhof,  unter  welchem  eine  ganz  schmale  neue  Schleimhülle  zum 
Vorschein  kommt. 

Fig.  5.  Achromatium,  mit  Formol  fixiert,  optischer  Querschnitt.  In  den  Waben 
liegen  Schwefeltröpfchen. 

Fig.  6.  Mit  Säure  behandeltes  Achromatium,  Aufsicht.  Das  CaC03  ist  gelöst 
worden,  nur  die  Schwefeltröpfchen  sind  geblieben. 

Fig.  7.  Mit  Formol  fixiertes  Achromatium,  optischer  Querschnitt;  der  Proto- 
plast zeigt  im  Zentrum  einen  etwas  kleinwabigeren  Bau. 

Fig.  8.  Mit  Jodalkohol  behandelte  Zellen  zeigen  die  angeschossenen  Nadeln 
von  CaS04.  a)  Achromatium,  b)  Pseudomonas,  c)  frei  in  der  Lösung 
gebildete  Krystalle. 

Fig.    9.  Calciumoxalat-Beutel.  a)  Achromatium,  b)  Microspira,  c)  Pseudomonas,. 

Fig.  10.  In  einem  Achromatium  durch  CuS04-Lösung  hervorgerufene  Krystall- 
bildung. 

Fig.  11.  Isolierte  Inhaltskörper,  a)  Kalkkarbonat,  b)  Schwefel. 

Fig.  12.  a)  .Microspira  mit  Säure  behandelt,  CaC03  gelöst,  der  Schwefel  ist 
übrig  geblieben,  b)  Pseudomonas  ebenso,  aber  ohne  Schwefel. 

Fig.  13.  Achromatium    mit     durch    Sodalösung    hervorgebrachten     Gaylussit- 
Krystallen. 
Fig.  4,    S   und    13  bei  zirka  400maliger  Vergrößerung;    die    übrigen   bei 

zirka  SOOmali^er  Vera-rößerung. 


Bersa  E.:  Kohlensaurer  Kalk  in  Schwefelbakterien. 


o    b 


O  o 


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12 


S* 


Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Abt.  I,  129  Bd.,  1920 


261 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft 

Von 

Hans  Molisch 

\v.  M.  Akad. 

Aus  dem  Pflanzenphysiologischen  Institut   der  Universität  in  Wien 
Nr.   139  der  zweiten  Folge 

(Mit  3  Tafeln) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  1.  Juli  1920) 

I.  Einleitung". 

Die  Pflanzen  in  einem  natürlichem  System  anzuordnen, 
in  dem  ihre  Verwandtschaft  deutlich  zum  Ausdruck  kommt, 
war  stets  eines  der  wichtigsten  Ziele  der  Pflanzensystematik. 
Vergleichende  Beschreibung,  Morphologie,  Entwicklung,  Ana- 
tomie, Physiologie,  Paläontologie  und  Phylogenie  wurden  und 
werden  mit  Erfolg  herangezogen,  um  die  Pflanzen  natürlich 
zu  gruppieren.  Auch  die  Chemie  hat  der  Pflanzensystematik 
bereits  manchen  wichtigen  Fingerzeig  gegeben  und  nach 
allem,  was  wir  heute  auf  diesem  Gebiete  wissen,  kann  es 
wohl  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  die  Verwandtschaft  der 
Pflanze  sich  auch  in  der  chemischen  Zusammensetzung  der 
Gewächse,  namentlich  im  Vorkommen  spezifischer  Stoffe,  aus- 
drücken kann.  Ich  erinnere  nur  an  das  Ferment  Myrosin. 
das  die  Familie  der  Cruciferen  und  ihre.  Verwandten  in  so 
hohem  Grade  auszeichnet,  ich  erinnere  an  das  Inulin  der 
Compositen,  an  die  Ruberythrinsäure  vieler  Rubiaceen,  an 
das  Alkannin  vieler  Borragineen,  an  das  Phykoerythrin  und 
Phykocyan  der  Rot-  und  Blaualgen  und  andere  Beispiele, 
bezüglich  welcher  meine  Mikrochemie  Aufschluß  gibt.1 


1  Molisch  H.,  Mikrochemie  der  Pflanze.  Jena  1913,  p.  8.  In  neuester 
Zeit  hat  mein  Schüler,  Herr  H.  Brunswik,  die  interessante  Entdeckung 
gemacht,  daß  alle  Gattungen  der  Tamaricaceen,  nämlich  Tamarix,  Reaumuria, 
Myricariä  und  Hololachne  durch  Gipskrystalle  ausgezeichnet  sind.  Sitzher. 
d.  Akad.  d.  Wissensch.  in  Wien.  Math.-naturw.  Kl.,  Abt.  I.  129.  Bd.  1920,  p.  115. 


262  H.  Moli  seil, 

Die  mikrochemischen  Untersuchungen  über  gewisse 
Pflanzenstoffe  gingen  bisher  stets  Hand  in  Hand  mit  anato- 
mischen, denn  man  wollte,  wenn  irgend  möglich,  nicht  bloß 
wissen,  was  für  ein  Stoff  in  einem  Blatt,  in  einem  Stamm 
oder  in  einer  Wurzel  vorhanden  ist,  sondern  auch,  wo  er 
sich  befindet.  Ob  in  der  Epidermis,  im  Grundgewebe,  im 
Stranggewebe  oder  ob  vielleicht  gar  nur  in  einzelnen  be- 
stimmten Zellen.  Mit  anderen  Worten,  man  wollte  wissen,  ob 
der  Körper  gleichmäßig  in  der  Pflanze  verteilt  oder  ob  er 
lokalisiert  ist. 

Gewöhnlich  handelte  es  sich  ja  um  organische  Stoffe 
und  da  war  es  selbstverständlich,  daß  man  die  möglichst 
intakten  Organe,  Gewebe  und  Zellen  untersuchte  und  man 
dachte  im  allgemeinen  nicht  daran,  auch  die  Asche  mikro- 
skopisch zu  untersuchen,  weil  man  sich  davon  nicht  viel 
versprach  und  sich  im  allgemeinen  mit  der  mikrochemischen 
Untersuchung  der  Asche  begnügte. 

Der  Zweck  der  vorliegenden  Abhandlung  ist,  nachdrück- 
lichst darauf  aufmerksam  zu  machen,  daß,  wie  ich  mich 
durch  Hunderte  von  mikroskopischen  Aschenuntersuchungen 
überzeugt  habe,  die  Asche  sehr  häufig  unter  dem 
Mikroskop  nicht  mehr  oder  minder  formlos  erscheint, 
sondern  ganz  charakteristische  Bilder  aufweist,  sei 
es,  daß  die  Gewebe  und  Zellen  in  ihrer  Form  und 
Struktur  infolge  hochgradiger  Inkrustierung  der 
Membranen  mit  Aschensubstanzen  deutlich  erhalten 
bleiben  oder  sei  es,  daß  sich  in  der  Asche  beständig 
gewisse  mikroskopische  Inhaltskörper  vorfinden,  die 
der  Asche  ein  so  charakteristisches  Gepräge  ver- 
leihen, daß  man  die  dadurch  zustande  kommenden 
Aschenbilder  für  die  Erkennung  der  zugehörigen 
Pflanze  oder  Familie  in  zahlreichen  Fällen  verwerten 
kann. 

Das  Aschenbild  oder  wie  es  auch  genannt  werden  kann, 
das  Spodogramm,1  ist  für  viele  Pflanzen  oft  ebenso  charak- 
teristisch   wie    die    Form    des    Blattes,    die    Zahl    der    Blüten- 


1  oiroooc  Asche. 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  265 

blätter  oder  der  Bau  der  Samenknospe  und  sollte  daher  bei 
der  Beschreibung  von  Pflanzen  oder  deren  Teile  mitberück- 
sichtigt werden. 

Wenn  also  vorhin  gesagt  wurde,  daß  die  Verwandtschaft 
der  Arten  und  Gattungen,  ja  sogar  ganzer  Familien  sich  auch 
in  der  Chemie  verraten  kann,  so  gilt  dies  nicht  bloß  für  die 
Pflanze  als  solche,  sondern  häufig  sogar  für  ihre  Asche. 

Der  Anatom  hat  bisher  die  Asche  meist  nur  zu  Rate 
gezogen,  wenn  es  sich  um  die  sogenannten  »Kieselskelette», 
d.  h.  um  die  Feststellung  der  Verkieselung  der  Zellhäute 
oder  den  Nachweis  von  Kieselkörpern  gehandelt  hat.  Aber 
wie  aus  den  folgenden  Zeilen  hervorgehen  wird,  lassen  sich 
die  Aschenbilder    auch    noch    für    andere  Zwecke   verwerten. 

Die  Kalkoxalatkrystalle,  Kieselkörper  und  Zystolithenr 
die  sich  in  der  Pflanze  mitunter  nur  sehr  spärlich  vorfinden 
und  daher  leicht  übersehen  werden  können,  werden  durch 
die  Verbrennung  der  Pflanze  oder  ihrer  Teile  zu 
Asche  auf  ein  kleines  Volum  zusammengedrängt, 
gehäuft  und  so  leicht  gefunden. 

Aus  dem  charakteristischen  Aschenbilde  kann  in  gewissen 
Fällen,  z.  B.  bei  Gräsern,  Halbgräsern,  Irideen  u.  a.  die  Zu- 
gehörigkeit zu  diesen  Familien  festgestellt  oder  die  Echtheit 
vegetabilischer  Genußmittel,  einer  Medizinalpflanze  oder  einer 
Droge  in  nicht  seltenen  Fällen  erkannt  oder  zur  sicheren 
Diagnose  mit  Vorteil  herangezogen  werden. 

Der  Mikroskopie  der  Asche  wird  daher  in  Zukunft 
mehr  Aufmerksamkeit  geschenkt  werden  müssen  als 
es  bisher  geschehen  ist,  weil  sowohl  der  Anatom, 
der  Physiologe,  der  Systematiker  und  der  Unter- 
sucher von  Verfälschungen  vegetabilischer  Nahrungs- 
mittel aus  dem  Aschenbilde  wertvolle  Schlüsse 
ziehen  kann. 

Bezüglich  der  Methodik  sei  folgendes  erwähnt.  Die  zu 
untersuchenden  Pflanzenteile  —  wenn  nichts  Besonderes 
bemerkt  wird,  handelt  es  sich  um  Blätter  —  werden  in  einem 
offenen  Porzellantiegel  wenn  möglich  bis  zum  völligen  Weiß- 
werden  verascht.  Die  Verbrennung  von  Pflanzenteilen  bis  zum 
völligen    oder    fast   völligen  Weißwerden   der  Asche  macht  in 


■264  H.  Molisch. 

der  Regel  keine  Schwierigkeiten;  nur  in  Fällen,  wo  Zellwände 
viel  Chloride  führen  oder  wo  Haare,  Epidermen  und  Strang- 
gewebe verkieselt  sind,  kann  die  Asche  in  den  betreffenden 
Teilen  schwärzlich  bleiben  oder  erst  nach  längerem  oder 
langem  Glühen  weiß  werden.  Nach  dem  Abkühlen  legt  man 
Teile  der  Asche,  ohne  sie  mehr  als  notwendig  ist  zu  zer- 
bröckeln, auf  den  Objektträger,  behandelt  mit  einem  Tropfen 
Anilinöl  und  bedeckt  mit  einem  Deckglas.  Das  Anilinöl  hat 
den  großen  Vorteil,  daß  es  die  Asche  rasch  vollends  durch- 
dringt, die  Luft  verdrängt  und  das  Präparat,  ohne  es  chemisch 
zu  verändern,  gut  durchsichtig  macht.  Man  sieht  die  Asche 
also  in  ihrer  fast  unveränderten  Form. 

Anstatt  Anilinöl  läßt  sich  mit  demselben  Vorteil  Phenol 
verwerten  und  dieses  hat,  wie  bekannt,  noch  den  besonderen 
Vorteil,  daß  es  die  verkieselten  Membranen  und  Kieselkörper 
in  einem  eigentümlichen  rötlichen  Glanz  erscheinen  läßt.  In 
Ermanglung  von  Anilinöl  und  Phenol  läßt  sich  auch  flüssiger 
Kanadabalsam  anwenden. 

Will  man  Verkieselung  feststellen,  so  behandelt  man  am 
Objektträger  die  Asche  mit  20prozentiger  Salzsäure,  wodurch 
die  Karbonate,  insbesondere  der  kohlensaure  Kalk,  gelöst 
werden.  Die  verkieselten  Teile  bleiben  dann  zurück. 

Sollten  Zweifel  bestehen,  ob  wirklich  Kieselsäure  vorliegt, 
so  kann  die  Asche  noch  mit  >  Chromschwefelsäure«  behandelt 
werden,  in  der  alle  organische  Substanz  zerstört  und,  abge- 
sehen von  Kieselsäure  und  eventuell  der  Tonerde,  die  ganze 
mineralische  Substanz  sich  löst. 

Es  gibt  Aschen,  die  vorwiegend  aus  Karbonaten  bestehen 
und  die  unter  raschem  Aufbrausen  im  Salzsäuretropfen  fast 
augenblicklich  verschwinden  (Karbonataschen).  Dann  solche, 
die  nur  wenig  oder  fast  gar  nicht  brausen  und  oft  in  zu- 
sammenhängenden Stücken  übrig  bleiben  (Kieselaschen)  und 
endlich  solche,  die  sowohl  reichlich  Karbonate  als  Kiesel- 
säure enthalten  (Karbonat-  und  Kieselsäureaschen). 

Alle  Aschen  lassen  sich  dauernd  in  unveränderter  Form 
in  Kanadabalsam  aufbewahren.  Dieser  muß  durch  Xylolzusatz 
leicht  flüssig  gemacht  werden;  in  dieser  P'orm  kann  er  auf  die 
trockene  Asche    direkt    aufgetropft    und    mit    einem    Deckglas 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  26o 

bedeckt  werden.  Ein  besonderer  Verschluß  ist  nicht  not- 
wendig, es  ist  höchstens  darauf  zu  achten,  daß  das  ver- 
dampfende Xylol  durch  eine  entsprechende  Menge  von 
Kanadabalsam  ersetzt  wird. 

Für  die  Herstellung  der  Aschenpräparate  können  frische 
und  trockene,  seit  Jahrzehnten  im  Herbar  gelegene  Blätter 
verwendet  werden  und  namentlich  bei  trockenen  Blättern, 
die  infolge  von  inzwischen  eingetretener  Mißfärbung  die 
krystallisierten  Inhaltskörper,  zumal  wenn  sie  nur  spärlich 
vertreten  sind,  nur  schwer  und  erst  nach  mühsamer  Unter- 
suchung erkennen  lassen,  wird  man  z.  B.  über  die  Verteilung 
•des  Kalkoxalats  in  dem  betreffenden  Pflanzenteil  durch  die 
Asche  oft  rascher  und  besser  orientiert  werden  als  durch 
Schnitte. 

II.  Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft. 

Jede  Zelle  enthält  Aschensubstanz  sowohl  im  Inhalt  als 
auch  in  der  Wand.  Ist  die  Menge  gering  wie  in  den  meisten 
Hölzern,  so  hört  mit  der  Veraschung  der  Zusammenhang  der 
Zellen  mehr  oder  minder  auf  oder  die  mineralische  Substanz 
sintert  so  stark  zusammen,  daß  die  Asche  die  zelluläre 
Struktur  gar  nicht  oder  nur  sehr  undeutlich  wiedergibt. 
Anders  jedoch,  wenn  die  Zellhäute  mit  Kalk  oder  mit  Kiesel- 
säure hochgradig  inkrustiert  sind.  Dann  erhält  man  Aschen- 
bilder, die  oft  so  täuschend  die  ganze  Gewebestruktur  und 
die  Form  der  Zelien,  nicht  selten  bis  in  die  feinsten  Einzel- 
heiten widerspiegeln,  daß  ein  Uneingeweihter  geneigt  wäre, 
die  A^che  für  das  wirkliche  Gewebe  zu  halten. 

Solche  Aschen  kennt  man  von  Diatomeen,  Equiseten 
und  Gramineen  seit  langem  und  hat  sie,  weil  die  Zellen- 
wände hier  hauptsächlich  aus  Kieselsäure  bestehen  und  aus- 
gezeichnet   erhalten    sind,    als    »Kieselskelette«    bezeichnet. 

In  demselben  Sinne  kann  man  aber  auch  von  »Kalk- 
skeletten ■  sprechen,  denn  bei  vielen  Pflanzen  erhält  man 
beim  Glühen  Aschen,  die  die  zelluläre  Struktur  gleichfalls 
wiedergeben,  deren  Wandskelette  aber  vornehmlich  aus 
Karbonaten,  insbesondere  aus  Kalkkarbonat  bestehen.  Solche 
Kiesel-    und   Kalkskelette   verraten    sich    schon    makroskopisch 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  12'.).  Bd.  ls 


2(36  H.   Mo  lisch, 

dadurch,  daß  das  betreffende  Objekt,  z.  B.  ein  Blatt,  nicht 
zusammensintert,  sondern  formell  gut  erhalten  bleibt  und,  wenn 
es  verkieselt  ist,  auch  nach  der  Behandlung  mit  Salzsäure 
wenigstens  in  großen  Stücken  seinen  Zusammenhang  bewahrt. 
Es  soll  nun  an  einigen  lehrreichen  Beispielen  gezeigt 
werden,  wie  sich  die  Verwandtschaft  der  Angehörigen  einer 
ganzen  Familie  oder  Gattung  an  gewissen  Eigentümlichkeiten 
der  Asche  kundgeben  kann. 

Zystolithen-  Aschenbild. 

1.  Acanthaceae.  Die  als  Zystolithen  bezeichneten,  höchst 
auffallend  gestalteten  und  mit  Kalkkarbonat  stark  inkrustierten 
exzentrischen  Wandverdickungen  bleiben  in  der  Asche  formell 
der  Hauptinasse  nach  als  Kalkkarbonat  erhalten  und  verleihen 
der  Asche  ein  charakteristisches  Aussehen.  In  dem  intakten 
Blatt  mehr  oder  minder  versteckt  und  verhältnismäßig  aus- 
einandergerückt, rücken  sie  in  der  Asche  dicht  zusammen 
und  treten,  weil  für  das  Licht  infolge  ihrer  Dicke  schwerer 
durchlässig  und  manchmal  noch  eine  Spur  Kohle  enthaltend, 
in  der  sonst  weißen  Asche  um  so  schärfer  hervor.  Fig.  1. 
Darauf  hat  auch  Naumann  E.  mit  Recht  aufmerksam  gemacht. 
Mikrofekniska  Notiser.   I.— III.  Bot.   Notiser    1915,   p.  49  —  60. 

Ihre  Form  ist  verschieden:  meist  spießförmig,  entweder 
nur  an  einem  oder  an  beiden  Enden  spitz,  seltener  rundlich, 
länglich  oder  an  beiden  Enden  stumpf. 

Die  Zjfstolithen  gehören  zwar  nicht  allen  Acanthaceen 
an,  denn  sie  fehlen  ganz  den  Thunbergieen,  Nelsonieenr 
Acantheen  und  Aphelandreen,  bei  allen  übrigen  aber  sind 
sie  vorhanden.  Genaueres  über  den  Bau  und  das  Vorkommen 
der  Zystolithen  findet  man  bei  Kohl.1 

Alle  zystolithenführenden  Acanthaceen  gaben  bei  der 
Yeraschung  der  Blätter  und  Stengel  ein  für  zahlreiche 
Gattungen  und  Arten  dieser  Familie  eigenartiges  Aschenbild, 
eigenartig,  weil  die  Zystolithen  hier  die  Zusammengehörigkeit 
und  Verwandtschaft  selbst  noch  im  Aussehen  der  Asche 
bekunden. 


1  Kohl    F.,     Anatomisch  -  physiologische    Untersuchung    der    Kalksalze 
und   Kieselsäure   in  der  Pflanze.  Marburg,    1889,   p.    134. 


Aschenbild  und   Pflanzenverwandtschaft.  207 

Strobilanthes  isophyllus.  Beim  Veraschen  bleibt  die  Form 
des  Blattes  gut  erhalten.  Die  Asche  ist  sehr  reichlich  und 
besteht  der  Hauptmenge  nach  aus  einer  Unmasse  gestaltlich 
wohlerhaltener,  spießförmiger  Zystolithen.  Sie  liegen  in  der 
Asche  so  dicht  über-  und  nebeneinander,  daß  dadurch  ein 
überaus  charakteristisches  Aschenbild  zustande  kommt.  Fig.  1. 

Über  den  Gefäßbündeln  liegen  sie  parallel  zur  Längs- 
achse dieser,  sonst  im  großen  und  ganzen  quer  oder  schief 
zur  Längsachse  des  Blattes.  In  Salzsäure  lösen  sie  sich  zum 
großen  Teile  oder  ganz  unter  lebhaftem  Aufbrausen  auf. 
Kalkoxalatkry stalle  habe  ich  bei  dieser  Art  in  der  Blattasche 
vermißt,  desgleichen  bei   Strobilanthes  glonieratns. 

2.  Die  Urticales  umfassen  die  Moraceae,  Camiabaceae, 
Ulmaceae  und  Urticaceae.  Von  Moraceen  habe  ich  die 
Gattungen  Ficus,  Monis,  Broussouelia,  Maclura  und  Dorstenia1 
untersucht  und  überall  in  der  Asche  die  Zystolithen  so 
massenhaft  gefunden,  daß  das  Aschenbild  für  diese  Familie 
ihr  besonderes  Gepräge  besitzt. 

Ficus  elastica.  Das  Aschenbild  macht  den  Eindruck 
eines  gut  erhaltenen  Gewebes.  Die  Oberhaut,  das  Mesophyll 
und  die  Nervatur  sind  deutlich  zu  sehen  und  die  Zystolithen 
erscheinen  zumeist  als  dunkle  oder  schwarze  Klumpen.  Die 
Gefäßbündel  sind  mit  Kalkoxalatkrystallen  übersät.  Die  ellip- 
soidischen  Öffnungen  in  der  Asche  entsprechen  den  Vor- 
höfen der  Spaltöffnungen. 

Die  Oberhaut  bleibt,  weil  stark  verkieselt,  auch  nach 
Behandlung  mit  Salzsäure  deutlich  in  ihrer  Struktur  erhalten. 

l'lcns  stipulata.  Das  Aschenbild  dieser  Art  ähnelt  dem 
von  Ficus  elastica  insofern,  als  auch  hier  die  Zystolithen, 
die  Kalkoxalatkrystalle  des  Mesophylls  und  die  mit  den 
Krystallen  reichlich  bedeckte  Nervatur  auffallen.  Hingegen  ist 
die    Verkieselunq-    minimal    und    daher    verschwindet    die    als 


1  Nach  Kohl  1.  c.  p.  sollen  der  Gattung  Dorstenia  Zystolithen  fehlen. 
Das  ist  aber  sicher  nicht  allgemein  richtig,  denn  die  von  mir  kultivierte 
Dorstenia  hatte  überaus  reichliche  Zystolithen.  Gerade  in  zweifelhaften  Fällen, 
wo  Zystolithen  oder  Krystalle  nur  sehr  sporadisch  vorkommen,  leistet  die 
mikroskopische  Aschenuntersuchung  ausgezeichnete  Dienste,  weil  sich  die 
erwähnten   Leitfragmente  hier  so  rasch  und  leicht  zu  erkennen  geben. 


268  H.   Mn  lisch, 

zartes    Kalkskelett    vorhandene    Asche     bei    Behandlung    mit 
Salzsäure  fast  vollends. 

Andere  Ficus  -Arten  verhalten  sich  ähnlich,  sind  sie  be- 
haart, so  erscheinen  auch  die  Haare  in  der  Asche  gewöhn- 
lich als  Kalk-  oder  Kieselskelette  erhalten. 

Die  Aschenbilder  der  Urticaceen  sind  gleichfalls  durch 
die  massenhaft  auftretenden  Zystolithen  sehr  auffallend.  Man 
betrachte  z.  B.  die  Asche  von  Boehmeria  utilis,  Fig.  2.  Sie 
erscheint  mit  runden,  an  der  Oberfläche  etwas  sternartig 
ausgezackten  Zystolithen  c  wie  gepflastert.  Diese  liegen  in 
einem  Kalkskelett  zarter  Zellen.  Darüber  verstreut  finden  sich 
zahlreiche  einzellige,  gemshornartige  Haare  h  und  mehr  oder 
minder  lange,  gerade  oder  etwas  gebogene  Kegelhaare  ht  und  Ii.,. 
Die  Nerven  werden  von  kleinen  Kalkoxalatdrusen  in  großer 
Zahl  bedeckt.  Die  Zystolithen  und  Haare  sind  stark  verkalkt 
und  außerdem  doch  noch  so  stark  verkieselt,  daß  sie  nach 
Behandlung  mit  Salzsäure  in  ihrer  Form  entweder  tadellos 
oder  noch  recht  gut  erhalten  bleiben. 

Humulus  lupulns,  Urtica  dioica,  U.  ur'ens,  Boehmeria- 
Arten,  Parietaria  officinalis  und  ( 'annabis  sativa  zeichnen 
sich  ebenfalls  durch  eine  höchst  charakteristische  Zystolithen- 
asche  aus.  In  Solereders1  »Systematischer  Anatomie-  wird 
auf  den  systematischen  Wert  der  Zystolithen  bei  den  ver- 
schiedenen Familien  ausführlich  hingewiesen,  hier  sei  nur 
darauf  aufmerksam  gemacht,  daß,  wie  sich  aus  dem  Vor- 
stehenden ergibt,  selbst  die  Asche  die  Verwandtschaft  der 
Glieder  der  einzelnen  Familien  durch  die  Zystolithen  zu 
erkennen  gibt  und  zwar  viel  bequemer  und  rascher  als  es 
oft  Schnitte  vermögen. 

Kalkoxalat-Aschenbild.  - 
a)  Raphiden. 

Die  entweder  einzeln  oder  in  von  Sehleim  umhüllten 
Bündeln  auftretenden  nadeiförmigen  Krystalle  oder  Raphiden 
sind  bekanntlich  für  mehrere  Familien  geradezu  von  systema- 


i  Solereder  H.,  Systematische  Anatomie  der  Dikotyledonen.  Stutt- 
gart  1899,  p.  860  ff. 

-  In  der  Asche  liegt  das  im  Gewebe  ursprünglich  vorhandene  K'alk- 
oxalat    nicht    mehr    als    Oxalat,    sondern   als   Karbonat  oder  bei  sehr  langem 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  269 

tischem  Wert.  Es  sei  nur  an  die  Araceen,  Palmen,  Comme- 
linaceen,  Liliaceen,  Amaryllideen,  Orchideen,  Bromeliaceen, 
Onagraceen,  Ruhiaceen,  Ampelideen  u.  a.  erinnert.  Infolge  der 
zahlreichen  Raphidenbündel  im  Gewebe  erhält  natürlich  die 
Asche  ein  höchst  auffallendes  Aussehen,  weil  hunderte 
solche  Bündel  in  der  Asche  auf  engen  Raum  zusammen- 
gedrängt erscheinen.  Fig.  3.   Dazu  einige  Beispiele: 

Onagraceae.  Das  Auftreten  von  Raphidenbündeln  ist  für 
diese  Familie  charakteristisch.  Sie  werden  für  die  Gattungen 
Epilobütm,  Zausckneria,  Jussiaea,  Ludwigia,  Gayophytum, 
i  larkiiu  Oenothera,  Fuchsia,  Hauya,  Lopezia,  Gaura,  Gongy- 
locarpus  und  Circaea  von  Parmentier1  angegeben.  Als 
Ausnahme  wird  Trapa  angeführt,  die  keine  Raphidenbündel, 
wohl  aber  viele  Kalkoxalatdrusen  enthält.  Wenn  eine  Familie 
in  allen  ihren  Vertretern  Raphidenbündel  besitzt  und  eine 
einzige  Gattung  nicht,  so  mahnt  dies,  die  systematische 
Stellung  dieser  Gattung  eingehender  zu  prüfen.  In  der  Tat 
zeigt  die  bisherige  Literatur,  daß  man  über  die  Zugehörigkeit 
der  Gattung  Trapa  durchaus  nicht  im  Klaren  ist.  v.  Wettstein2 
hebt  hervor,  daß  die  erwähnte  Gattung  in  mehrfacher  Hin- 
sicht von  den  Oetiotheraceen  abweicht,  stellt  sie  aber  noch 
zu  diesen.  Hingegen  stellt  sie  Raimann3  zu  einer  eigenen 
Familie  der  Hydrocaryaceae.  Hier  haben  wir  ein  interessantes 
Beispiel,  daß  auch  das  Aschenbild  einer  Pflanze  einen  Finger- 
zeig für  die  systematische  Einordnung  einer  Gattung  geben 
kann. 

Fuchsia  globosa.  Asche  massenhaft  von  Raphidenbündeln 
durchsetzt.  Die  einzelnen  Raphiden  sehr  zart.  In  unmittelbarer 
Umgebung  der  Blattnerven  sind  die  Krystallbündel  schlanker 
und  annähernd  parallel  zum  Nerv  gerichtet.  Einzelne  Kalk- 
oxalatkrystalle  sind  selten. 


Glühen  als  Kalziumoxyd  vor;  wenn  dabei'  im  folgenden  trotzdem  von  Kalk- 
oxalatkrystallen  der  Asche  die  Rede  ist,  so  sind  dann  der  Kürze  halber 
nicht  sie  selbst,  sondern  die  durch  das  Glühen  daraus  entstandenen  Um- 
wandlungen gemeint. 

i    Solereder  H.,   System.   Anatomie   1.   c.   p.  422. 

-   Wettstein  v.,    Handbuch   d.   system.    Botanik.   2.  Aufl.    1911,   p.   680. 

3  Engl  er-  l'ran  tl ,  Die  natürlichen  Pflanzenfamilien  etc..  IV.  Abt.  1!!. 
7..   p.   223. 


270  H.  Moli  sei), 

Circaea  Inlciiaua,  massenhaft  Raphidenbündel  in  der  Asche 
Isnardia  palustris  »      » 

Epilobiiuu  üugusiifoliuiu  » 

»        D  od  011a  ei  »  » 

»       montanum       » 

Ampelidaceae.  Auch  diese  Familie  enthält,  soweit  geprüft, 
durchwegs  Raphidenbündel.  Untersucht  habe  ich: 

Viiis  Voiniana.  Asche  enthält  massenhaft  Raphidenbündel 
und  Kalkoxalatdrusen.  Die  letzteren  hauptsächlich  längs  der 
Nerven. 

Vilis   Veitschii.  Ebenso. 

Vitis  labrusca.  Ebenso,  aber  die  Drusen  spärlicher. 

(  "issus  discolor.  Reichlich  Raphidenbündel,  Einzelkrystalle 
und  Drusen.  Überdies  mit  Kieselsäure  erfüllte  polygonale 
Zellen. 

Ampelopsis  quinquefoMa.  Die  Fig.  3  zeigt  die  Blattasche 
dieser  Ampelidee  mit  zahlreichen  Raphidenbündeln  r  und 
Drusen  von  Kalkoxalat  k.  Die  übrigen  Bestandteile  der 
Asche,  die  zu  wenig  prägnant  sind  und  nur  wenig  minera- 
lisierte  Membranen  von  Zellen  darstellen,  wurden  fortgelassen. 

Rubiaceae.  Solered  er1  weist  mit  Recht  darauf  hin, 
daß  die  Ausscheidungsweise  des  Oxalsäuren  Kalkes  für  die 
Rubiaceen-Gattungen  und  Unterabteilungen  (Triben)  von 
großem  systematischen  Werte  ist.  Er  kommt  in  Form  von 
großen  und  kleinen  rhomboüdrischen  Kry stallen,  Raphiden, 
Krystallsand,  Drusen,  Nädelchen  vor  und  das  Vorkommen  ge- 
rade dieser  oder  jener  Krystallform  ist  den  einzelnen  Triben 
eigentümlich.  Gerade  hier  kann  die  Aschenuntersuchung  über 
das  Vorkommen  und  die  Verteilung  der  Krystalle  rasch  und 
bequem  Aufschluß  geben  und  ein  Übersehen,  das  im  Gewebe 
leicht  möglich   ist,  verhindern. 

b)  Krystallsand. 

Bei  zahlreichen  Gattungen  kommen  bekanntlich  Zellen 
vor,  die  nicht,  wie  das  so  häufig  bei  Phanerogamen  der 
Fall    ist,    wohl    ausgebildete   Einzelkrystalle  oder  Drusen  von 

1  Solered  er  H.,  1.  c,  p.   .",1)1  ff. 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  -<  1 

Kalkoxalat  enthalten,  sondern  eine  Unzahl  von  ungemein 
kleinen,  das  Zellumen  fast  ganz  erfüllenden  Kryställchen, 
den  sogenannten  Krystallsand.  Bei  den  Solanaceen,  Chenopo- 
diaceen  und  Rubiaceen  ist  dies  eine  häufige  Erscheinung. 
Bei  Solereder1  finden  sich  nähere  Angaben  über  den  syste- 
matischen Wert  dieser  Krystallsandzellen.  Über  die  Zahl,  Größe, 
Form    und    die    Verteilung    gibt    die   Asche    rasch    Aufschluß. 

Die  Tabaksasche  von  Nicotiana  rustica  und  anderen 
Tabakarten  besteht  großenteils  aus  Krystallsand.  Die  ver- 
aschten Zellen  liegen  so  dicht  neben-  und  übereinander,  daß 
die  Asche  das  Licht  selbst  in  Kanadabalsam  nur  sehr 
geschwächt  durchläßt.  Die  überaus  kleinen  Kryställchen 
ähneln  Kokken. 

Bei  Scopolina  atropoides  sind  die  Krystallsandzellen 
verhältnismäßig  sehr  groß  und  treten  in  der  Asche  deutlich 
hervor. 

Atropa  belladonna,  Solanum  lycopersicnm,  S.  tuberosum. 
S.  dulcamara  und  Lycium  barbarum  zeigen  typische  Krystall- 
sandasche. 

Andere  Solaneen  führen  Einzelkrystalle  oder  Drusen 
oder  beide.  So  zeigt  die  Asche  von  Hyoscyamus  uiger 
massenhaft  Einzelkrystalle2,  die  von  Datura  stramonium 
Drusen  und  die  von  Physalis  alkekengi  sowohl  Einzelkrystalle 
als  auch   Drusen-. 

Da  der  Krystallsand  im  Bereiche  der  Phanerogamen  eine 
nicht  allgemein  verbreitete,  für  viele  Gattungen  aber  eine 
konstante  Erscheinung  ist,  so  kann  die  Asche  zur  Sicher- 
stellung der  Erkennung  (Sambucus,  Auenba)  und  der  syste- 
matischen Stellung,  wenn  darüber  Zweifel  obwalten,  von 
Nutzen   sein  (Garrya). 

c)  Einzelkrystalle  und  Drusen 

kommen  so  häufig  vor,  daß  ihr  Nachweis  im  Aschenbild 
nicht  die  Bedeutung  hat  wie  der  der  Raphiden,  des  Krystall- 
sands  oder  der  Zystolithen.  Immerhin  kann  das  Spodogramm, 

S  olered  er  11.,  1.  c,  p.  654. 
-  Bei    Hyoscyamus  niger,    Lycium    barbarnm    und    Physalis    alkekengi 
fand  ich  überdies  zahlreiche  Sphärite,    nicht   selten    radiär   gestreift  und  mit- 


'1,  2  H.   Molisch, 

weil  in  der  Form,  Menge  und  Verteilung  der  Krystalie  bei  den 
verschiedenen  Familien  und  Gattungen  eine  große  Mannigfaltig- 
keit herrscht,  von  einiget,  ja  mitunter,  wie  noch  später  (p.  287 ff.) 
auseinandergesetzt  werden  soll,   von  großer  Wichtigkeit  sein. 

Hier  sei  nur  auf  einige  ganz  besonders  hervorstechende 
Fälle  hingewiesen. 

Irideaceae.  Die  Asche  des  Blattes  von  Iris  germanica 
besteht  zum  großen  Teile  aus  großen  spießförmigen  Kalk- 
oxalatkrystallen.  Sie  sind  seit  langem  bekannt  und  werden 
ja  auch  in  Gewebeschnitten  gesehen,  aber  erst  die  Asche 
gibt  eine  gute  Übersicht  und  eine  Vorstellung  von  der  unge- 
heuren Zahl  dieser  Krystalie.  Fig.  4. 

Sie  liegen  mit  ihrer  Längsachse  stets  parallel  zur  Längs- 
achse des  Blattes  und  bilden  ganze  Reihen,  die  der  Asche 
ein   eigenartiges  Gepräge  geben. 

Alle  Iris- Arten  und  alle  Iridaceen  überhaupt,  die  ich 
untersuchte,  zeigen  diese  Eigentümlichkeit:  Iris  palustris, 
I.  pumila,  I  pseudacorus,  I  sibirica,  I.  graminea,  I.  tuberosa 
und  /.  uariegata.  Bei  der  letzten  Art  sieht  man  in  der  Asche 
auch  massenhaft  kleine  Sphärite  von  Kalkoxalat  (?).  Ferner 
Gladiolus  communis,  G.  illyriciis,  G.  imbricatus,  G.  segetum, 
Romuleä  colitmnae,  R.  bulbocodium,  Crocus  bißorus,  C.  vernns, 
l '.  banaticus  und  C.  saiivus.  Bei  Romulea  bulbocodium  linden 
sieh,  abgesehen  von  den  großen  spießförmigen  Krystallen, 
auch  rhombenartige,  recht  große  Einzelkrystalle  gleichfalls  von 
Kalkoxalat  vor. 

Fs  hat  daher  den  Anschein,  als  ob  nach  diesen  Ergeb- 
nissen die  Kalkoxalat-Spieße  einen  Familiencharakter  für 
Iridaceen  abgeben,  doch  kann  erst  nach  ausgedehnteren, 
auf  die  zahlreichen  Gattungen  der  Iridaceen  sich  erstreckenden 
Untersuchungen  ein  endgültiges  Urteil  abgegeben  werden. 

Ahnliches  gilt  von  der  Asche  der  Quillaja-Rinde.  Auch 
diese  besteht  großenteils  aus  großen,  zugespitzten  prisma- 
tischen Kalkoxalatkrystallen  von  ziemlich  bedeutender  Größe. 


unter  geschichtet,  die  in  der  Familie  der  Solaneen  recht  häufig  sind  und 
bisher  meines  Wissens  übersehen  wurden.  Ihre  chemische  Zusammensetzung 
bedarf  noch  der  näheren  Untersuchung. 


Aschenbild  und   Pflanzenverwandtschaft.  '_'/.'> 

Überaus  reich  an  Kry Stalldrusen  ist  die  Asche  von  ver- 
schiedenen Kakteen.  Opuntia  -Arten  hinterlassen  eine  sehr 
voluminöse  Karbonatasche,  in  der  Drusen  einen  dominierenden 
Bestandteil   ausmachen. 

Die  Fig.  5  zeigt  die  Asche  des  die  Oberfläche  bildenden 
Gewebes  des  Flachsprosses  von  Opuntia  missouriensis.  Die 
in  der  Asche  vorhandenen  Löcher  s  geben  die  ursprüngliche 
Lage  der  Spaltöffnungen  an.  Die  Schließ-  und  Nebenzellen 
sind  so  wenig  mineralisiert,  daß  sie  in  der  Asche  nicht  oder 
nur  sehr  schwer  aufzufinden  sind.  Es  ist  mir  wahrscheinlich, 
daß  die  Spaltöffnungen  deshalb  in  den  Wänden  so  wenig 
mineralische  Substanzen  einlagern,  um  auch  noch  in  höherem 
Alter  beweglich  zu  bleiben  und  die  Öffnung  und  den  Ver- 
schluß der  Spalten  leichter  zu  ermöglichen. 

Unmittelbar  unter  der  Epidermis  liegt  eine  schmale 
Parenchymschichte,  deren  Zellen  große  Drusen  von  Kalk- 
xalat  k  enthalten.  In  der  Asche  liegt  Druse  an  Druse. 

Man  sieht  hier  so  deutlich,  wie  sich  in  derartigen 
Pflanzen,  die,  vielleicht  abgesehen  von  gewissen  Wurzel- 
ausscheidungen, keine  Möglichkeit  haben,  sich  der  aufge- 
nommenen Mineralstoffe  zu  entledigen,  diese  in  geradezu 
erstaunlichen  Massen  in  ihrem  Körper  anhäufen. 

Aber  auch  negative  Befunde  können  von  Wert  sein. 
Man  kennt  bereits  mehrere  Pflanzenfamilien  unter  den 
Dikotylen,  die  der  festen  Oxalatsalze  entbehren:  Cruciferenr 
Fumariaceen,  Valerianeen,  Campanulaceen,  Primulaceen  und 
Plantagineen.  In  der  Asche  läßt  sich  dieser  Mangel  leicht 
feststellen  und  da  das  Fehlen  von  Kalkoxalat  im  Pflanzen- 
reich verhältnismäßig  selten  zutrifft,  so  gewinnt  dieses  nega- 
tive  Merkmal  um   so  mehr  an   Wert. 

Kieselsäure  -Aschenbild. 

Die  Kieselskelette,  die  viele  Pflanzen  nach  dem  Glühen 
hinterlassen,  haben  die  Aufmerksamkeit  der  Botaniker  seit 
langem  hervorgerufen,  besonders  seit  v.  Mohl  uns  seine  ausge- 
zeichnete Abhandlung  über  das  Kieselskelett  lebender  Pflanzen- 
zellen beschert  hat.1 

i   Mohl  H.  v.,   Botan.  Ztg.,    1861,  p.   2 


274  H.  Molisch, 

Diese  Kieselskelette  gehören  zu  den  herrlichsten  Aschen- 
bildern, die  wir  besitzen,  und  sind  geeignet,  das  in  der  vor- 
liegenden Arbeit  gesteckte  Ziel  in  mehrfacher  Beziehung  zu 
stützen. 

Lycopodiaceae  und  Filices. 

Im  Bereiche  der  ersteren  Familie  verdient  die  Gattung 
Selaginella  wegen  ihrer  schönen  Kieselskelette  besondere 
Erwähnung.  Auffallenderweise  wird  sie  in  Kohl's  zitiertem 
Buche  bei  der  Orientierung  über  das  Auftreten  der  Yer- 
kieselung  im  Pflanzenreiche  nicht  erwähnt. 

Selaginella  Martensii.  Ich  will  die  Verhältnisse  zunächst 
schildern,  wie  ich  sie  bei  dieser  Art  fand. 

a)  Blatt.  Das  im  Phenol  liegende  Blatt  läßt  den  anato- 
mischen Bau  und  auch  die  Verkieselung  deutlich  erkennen. 
Die  obere  Epidermis  besteht  aus  abgerundeten  polygonalen 
Zellen  mit  welligem  Umriß.  Die  Zellen  der  unteren  Epidermis 
sind  gestreckt  und  gleichfalls  wellig  konturiert.  Die  in  die 
Zellen  vorspringenden  Wandfalten  lassen  an  dem  rötlichen 
Glanz  die  besonders  starke  lokale  Verkieselung  an  ihrer 
Spitze  erkennen.  Selbst  in  der  Asche  treten  diese  verkieselten 
Stellen  als  Knötchen,  Strichelchen  oder  Pünktchen  in  Er- 
scheinung. Der  in  kurze  einzellige,  kegelige  Haare,  deren 
scharfe  Spitze  infolge  ungemein  starker  Verkieselung  sehr 
spröde  und  leicht  abbrechbar  ist,  auslaufende  Blattrand  er- 
scheint durch  dickwandige,  in  zwei  bis  sechs  Reihen  neben- 
einander liegende  Sklerencbymfasern  ausgesteift.  Sie  sind  es, 
die  in  ihren  Wänden  so  stark  verkieseln,  daß  sie  in  der 
Asche  mit  ihrem  aus  vorspringenden  Höckern  bestehenden 
Relief  bis  in  die  feinsten  Einzelheiten  erhalten  bleiben.  Auch 
der  übrige  Teil  der  Epidermis  erfährt  eine  so  starke  Ver- 
kieselung, daß  ihre  Zellwände  samt  den  Spaltöffnungen  als 
Skelett  vollständig  erhalten  bleiben.  Der  Mittelnerv  unterliegt 
gegen  sein  Ende  zu  gleichfalls  starker  Verkieselung.  So  kommt 
es,  daß  ältere  veraschte  Blätter  infolge  der  Mineralisierung 
nach  Behandlung  mit  Salzsäure  oft  als  Ganzes  erhalten 
bleiben. 

b)  Der  Stamm  wird  von  einer  Epidermis  begrenzt,  die 
sieh  aus  prosenehymatisch  gestalteten  und  sklerenchymatisch 


Aschenbild  und   Pflanzenverwandtschaft.  LtO 

gebauten  Zellen  zusammensetzt,  deren  Inhalt  in  alten,  stark 
beleuchteten  Pflanzen  rote  Carotinkügelchen  und  ebenso 
gefärbte  Chromatophoren  führt.1  Daran  schließt  sich  ein  ähn- 
lich gebautes  ein-  bis  mehrschichtiges  Hypoderma. 

Diese  Stengelepidermis  bleibt  nach  Veraschung  und 
Behandlung  mit  .Salzsäure  als  wohlerhaltenes  Kieselskelett 
zurück.  Die  Verkieselung  kann  auch  die  Wände  faserförmiger 
Zellen  des  Stamminnern  ergreifen,  ja  viele  davon  können 
sogar  solid  verkieseln. 

Ähnlich  wie  bei  Selaginella  Martensii  fand  ich  die  Ver- 
hältnisse bei  Selaginella  cuspidata.  Auch  hier  erscheint  der 
Blattrand  durch  die  erwähnten  verkieselten  Sklerenchymfasern 
gefestigt,  bei  S.  caesia  treten  sie  schon  sehr  zurück  und  bei 
5.  spinulosa  und  kelvetica  werden  sie  ganz  vermißt.  Doch 
verkieseln  die  Epidermen  und  die  Blattrandzellen  samt  den 
Haaren  bei  allen  genannten  Arten  so  stark,  daß  sie  stets  ein 
charakteristisches  Aschenbild  aufweisen. 

Bei  dem  Farnkraut  Atliyriuui  filix  feiniua  und  Polypodium 
alpestre  erscheint  auch  die  Epidermis  des  Blattrandes, 
und  zwar  die  auffallend  dicke  Außenwand  in  hohem  Grade 
verkieselt.  Diese  bleibt  in  einseitig  gezackten,  mehr  oder 
minder  langen  Streifen  in  der  Asche  zurück.  Die  wellig 
konturierte  Epidermiszelle  der  Blattspreite  geben  herrliche 
Kieselskelette  nicht  bloß  bei  den  genannten  Farnen,  sondern 
auch  bei  Pteris  aquilina  (Fig.  6),  Blechnum  spicant,  Gleichenia 
polypödioides  und  Osmünda  regalis.  Spaltöffnungen  können 
bei  den  genannten  Farnen  so  stark  verkieseln,  daß  ihr 
Lumen   mit  Kieselsäure  teilweise  oder  ganz  erfüllt  ist. 

So  starke  Verkieselung  ist  aber  bei  Farnen  durchaus 
nicht  aligemein  verbreitet,  denn  es  gibt  zahlreiche  Arten, 
deren  Asche  bei  Behandlung  mit  Salzsäure  unter  raschem 
Aufbrausen  fast  ganz  verschwindet  (Asplenium  viride,  Scolo- 
pendrium  vulgare,  ( eterach  officinarum  etc.). 


i  Molisch  II..   Über  vorübergehende  Rotfärbung  der  Chlorophyllkörner 
in  Laubblättern.   Ber.  d.  Deutsch,  bot.  (-es.,    1902.  p.  445. 


276  H.   .Molisch, 

Equisetaceae. 

Die  Schachtelhalme  sind  seit  langem  als  Kieselpflanzen 
ersten  Ranges  bekannt  und  ihr  Kieselskelett  gehört  zu  den 
beliebtesten  Demonstrationsobjekten  im  pflanzenanatomischen 
Praktikum. 

Hier  sei  betont,  daß  alle  von  mir  untersuchten  Arten: 
Equisetum  arvense,  E.  pratense,  E.  telmateja,  E.  silvatiewm, 
E.  limosu-m,  E.  litorale  und  E.  hiemale  ein  so  typisches 
Aschenbild  liefern,  daß  die  Equisetum-Na.tur  an  einem  nicht 
zu  kleinen  Aschenfragment  der  Stengel-  und  Blattoberhaut 
leicht  erkannt  werden  kann.  Fig.  7. 

Allen  Equisetum  -Arten  gemeinsam  sind  die  eigenartigen, 
nach  einem  bestimmten  Typus  gebauten,  in  Reihen  ange- 
ordneten Spaltöffnungen  s,  der  mehr  oder  minder  ausgeprägte 
wellige  Umriß  der  Oberhautzellen  e  und  </,  die  durch  kuti- 
kulare  Höckerchen  h  zustande  kommende  Punktierung  der 
Außenmembranen  der  Epidermiszellen,  die  je  nach  den  ver- 
schiedenen Arten  besonders  auch  bei  den  Spaltöffnungszellen 
Verschiedenheiten  darbieten  können.  Fig.  7. 

Schon  der  Monograph  dieser- Gattung,  Milde1,  hat  den 
Spaltöffnungsapparaten  der  Schachtelhalme  große  Aufmerksam- 
keit geschenkt  und  ihren  Bau  für  die  Diagnosen  der  einzelnen 
Arten  verwertet. 

Die  veraschten  fertilen  Sprosse  von  Equisetum  arvense 
und  E.  telmateja  brausen  mit  Salzsäure  stark  auf,  während 
die  sterilen  dies  in  viel  geringerem  Grade  tun.  Die  fertilen 
sind  auch  weniger  verkieselt,  geben  aber  trotzdem  schöne 
Kieselsketette. 

Gratnineae. 

Die  Asche  braust  mit  Salzsäure  entweder  nur  ganz 
wenig,  mäßig  oder  stark  auf.  In  der  Regel  bleibt  die  Asche 
nach  Behandlung  mit  Salzsäure  in  größeren  zusammen- 
hängenden Stücken  erhalten  und  namentlich  ist  es  die  Ober- 

1  Milde  .'.,  Monographia  Equisetorum,  Nova  acta  Leop.  Carol.  1866^ 
Vgl.  auch  Forsch  O.,  Der  Spaltoffnungsapparat  im  Lichte  der  Phylo- 
genie.   Jena    1905,  p.  4.2,   hier  auch   die  einschlägige   Literatur. 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtscbaft.  -<  i 

haut,  die  ein  ungemein  genaues  Bild  ihres  Baues  in  der 
Asche   zu   erkennen  gibt. 

Besonders  auf  Grund  der  ausgedehnten  anatomischen 
Untersuchungen  Grobs1  kennen  wir  den  Bau  der  Blätter 
recht  genau  und  wissen,  daß  gewisse  Elementarorgane  der 
Epidermis  bei  den  verschiedenen  Arten  der  Grasblätter  sich 
immer  wieder  einstellen  und  mit  Sicherheit  auf  die  Familie 
der  Gramineen  hinweisen.  Zu  diesen  Elementarorganen  ge- 
hören in  erster  Linie:  die  Langzellen  mit  welliger  Kontur, 
die  Kieselkurzzellen.  die  Trichome,  und  unter  diesen  wieder 
besonders  die  zweizeiligen  Winkelhaare  und  die  einzelligen 
Stachelhaare.  Dazu  gesellen  sich  noch  die  ungemein  charak- 
teristischen vierzelligen  Spaltöffnungen,  die  allerdings  auch 
für  einen  Teil  der  Cyperaceen  typisch  sind.  Abgesehen  von 
der  tadellosen  Erhaltung  der  Wand  zeigt  die  Asche  nach 
Wegschaffung  der  Karbonate  durch  Mineralsäliren  auch  zahl- 
reiche, mannigfaltig  gestaltete  und  eben  deshalb  für  die  ein- 
zelnen Arten  und  Gattungen  eigenartige  Kieselkörper,  d.  h. 
Ausfüllungen  der  Zellen  mit  Kieselsäure. 

Merkwürdigerweise  hat  Kohl-  die  weite  Verbreitung 
dieser  soliden  Ausgüsse  der  Zellen  mit  Kieselsäure,  obwohl 
er  sich  mit  dem  Auftreten  der  Kieselsäure  in  der  Pflanze 
monographisch  beschäftigt  hat,  bei  den  Gramineen  übersehen. 
Hätte  er  .sich  die  Aschen  bei  einigen  beliebig  ausgewählten 
Grasblättern  angesehen,  so  hätten  ihm  die  ungemein  zahl- 
reichen, bei  manchen  Gräsern  auch  auffallend  großen  Kiesel- 
körper nicht  entgehen  können.-"' 

Die  Fig.  8  macht  uns  mit  der  Blattasche  einer  Bambusa- 
Art  nach  Behandlung  mit  Salzsäure  bekannt.  Man  glaubt  ein 
intaktes  Gewebe  zu  sehen.  Alle  Zellwändc  sind,  weil  hoch- 
gradig verkieselt,  anscheinend  tadellos  und  unverändert 
erhalten.  Man  sieht  die  reihenweise  Anordnimg  der  Spalt- 
öffnungen   .v    und     ihren     eigenartigen,     aus    zwei     schmalen 

1  Grob  A.,  Beiträge  zur  Anatomie  der  Epidermis  der  Gramineenblätter. 
Stuttgart   1896.  Bibliotheca  Botanica,  3G.  Heft. 

2  Kohl   F.  G.,  1.  c. 

:;  .Molisch  11.,  Beiträge  zur  Mikrochemie  der  Pflanze.  Nr.  12.  Ber.  d. 
Deutsch,  botan.   Ges.,   Bd.  36.  Jhrg.    19 IS,  p.   474. 


2  78  H.  Molisch, 

Schließzellen  und  zwei  Nebenzellen  bestehenden  Typus,  ferner 
die  für  Gräser  so  charakteristischen,  wellig  konturterten 
Oberhautzellen  e,  von  denen  manche  se  mit  Kieselsäure 
vollends  erfüllt  sind,  und  endlich  die  seitlich  ein  wenig  aus- 
gebuchteten Kieselkurzzellen  k. 

Die  Gestalt  der  Kieselkurzzellen  wechselt,  wie  dies  Grob 
im  einzelnen  ausführlich  geschildert  hat,  bei  den  verschiedenen 
Gräsern  sehr  stark  und  ist  für  die  einzelnen  Tribus  verwert- 
bar. Grob  bezeichnet  sie  nach  ihrer  Gestalt  als  Kreuz-, 
Hantel-,  Knoten-,  Sattel-,  Kreis-,  Ellipsen-,  Stäbchen-,  Blättchen- 
zellen usw. 

Sie  treten  hauptsächlich  über  dem  Bast,  aber  auch  über 
dem  Assimilationsgewebe  auf  und  zwar  in  Reihen.  Weil  sie 
solid  verkieselt  sind,  fallen  sie  in  der  Asche  besonders  auf 
und  werden  dadurch  geradezu  zum  besonderen  Leitfragment 
in  der  Asche  des  Grasblattes.  Jeder,  der  sich  mit  diesen 
mannigfaltig,  aber  doch  so  eigenartig  gestalteten  Kiesel- 
kurzzellen, den  wellig  umrandeten  Oberhautzellen  und  den 
typisch  gebauten  Stomata  vertraut  gemacht  hat,  wird  auch 
in  der  Morphologie  der  Asche  das  Grasblatt  erkennen. 

Cyperaceae. 

Diese  Familie  steht  den  Gramineen  nahe.  Dies  äußert 
sich  unter  anderem  in  dem  Grashabitus,  durch  gewisse  Merk- 
male der  Blüte  und  ihrer  Anatomie. 

Auch  hier  erscheint  die  eigenartige  Epidermiszelle  mit 
dem  welligen  Umriß  und  die  reihenweise  Anordnung  der 
Spaltöffnungen,  deren  Typus  dem  der  Glumifloren  oder 
Gramineen  ähnelt  oder  gleicht. 

Die  Epidermis  der  Cyperaceen  unterscheidet  sich  aber 
von  der  der  Gramineen  durch  Jen  Alangel  der  so  eigenartig 
und  recht  verschieden  gestalteten  Kieselkurzzellen  und  durch 
das,  so  weit  untersucht,  nie  fehlende  Vorkommen  der  an 
Stelle  der  Kieselkurzzellen  auftretenden  Kegelzellen.  Es 
sind  dies  höchst  charakteristische  Epidermiszellen,  die  dadurch 
ausgezeichnet  sind,  daß  ihre  Innenwand  gewöhnlich  einen 
(seltener  zwei)  in  das  Lumen  vorspringenden,  hochgradig, 
verkieselten,  kegelförmigen  Vorsprung  trägt. 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  -  / (. ' 

In  Wasserpräparaten  können  die  Kieselkörper  der  Kegel- 
zellen leicht  übersehen  werden,  in  Phenol  werden  sie  durch 
ihre  Lichtbrechung  schon  deutlicher,  ungemein  scharf  treten 
sie  jedoch  in  der  Asche  hervor.  Bei  verhältnismäßig  nicht 
zu  langem  Glühen  werden  sie  geschwärzt,  fallen  durch 
ihre  oft  kohlenschwarze  Farbe  auf  und  bilden  auf  den 
s  üb  epidermalen  Bast  bündeln  aufliegende  ein  bis  drei 
nebeneinander  liegende  Längsreihen  schwarzer 
Punkte,  die  an  die  Deckplättchen  der  Orchideen  und 
Palmen  lebhaft  erinnern.  Fig.  9.  Bei  längerem  Glühen 
worden  sie  farblos.  Als  ich  sie  zum  ersten  Male  sah,  hielt 
ich  sie  zunächst  für  Deckplättchen,  allein  eine  genauere 
anatomische  Untersuchung  lehrte  alsbald,  daß  es  sich  hier 
um  etwas  ganz  anderes,  nämlich  um  kegelförmige  verkieselte 
Membranvorsprünge  in  Epidermiszellen  handelt. 

Diese  Kegelzellen  bleiben,  weil  verkieselt,  nach 
Behandlung  mit  Salzsäure  in  der  Asche  einzeln 
oder  in  mehr  minder  langen  Strängen  oder  Ketten 
übrig  und  erscheinen,  wenn  die  ursprüngliche  Lagerung 
etwas  gestört  wurde,  bald  in  der  Aufsicht,  bald  in  der  Seiten- 
ansicht. Fig.  9. 

Analoge  Bildungen  der  Kegelzellen  sind  die  Kiesel- 
kurzzellen  der  Gräser  und  die  Stegmata  gewisser  monoko- 
tyler Familien. 

Die  Kegelzellen  wurden  schon  von  Duval-  Jouve1, 
Mazel2,  Westermaier3,  Zimmermann1  und  Grob5  gesehen 
und  beschrieben.  Duval  Jouve  hat  57  den  verschiedensten 
Cyperaceen-Gattungen  angehörende  Arten  geprüfe  und  überall 
die  Kegelzellen  gefunden.  Duval  Jouve  gibt  an,  daß  sie 
eine  bis  zwei  Längsreihen    bilden,    aber  Grob    bemerkt  ganz 


i  Duval  Jouve,  Mein,  de  l'acad.   de  Montpellier.  T.  VIII.    1872. 

-  Mazel  A..    Etudes    d'anatomie    comp.    s.    1.    organ.    de   veget.    dans 
nie   Carex.    Geneve,    1891,   p.   21.   Zitiert  nach  Zimmermann. 

;i  Westermaier  M..  Über  Bau  und  Funktion  des  pflanzlichen  Haut- 
gewebesystems.  Pringsheims'  Jahrb.   f.  wiss.   Bot.,    14.  Bd.   (1884),   p.  65. 

1  Zimmermann  A.,  Beitrage  z.  Morphologie  und  Physiologie  der 
Pflanzenzelle.   1.  Bd.   1S93,  p.  310. 

-  Grob  A.,  i.  c,  p.  68. 


280  H.   Mo  lisch. 

richtig,  daß  es  auch  mehr  sein  können  und  daß  diese  Reihen 
ebenso  wie  die  Kegelzellen  einer  Reihe  einander  unmittelbar 
anliegen.  Die  Aschenpräparate  geben  über  den  richtigen 
Sachverhalt  besonders  leicht  Aufschluß. 

Die  Kugelzellen  sind  nach  meinen  Erfahrungen  das 
wichtigste  Leitelement  in  der  Blattasche  der  Cyperaceen, 
denn  ich  habe  sie  unter  den  von  mir  untersuchten  folgenden 
Scheingräsern  nirgends  vermißt:  Cyperus flavescens,  C.  fuscus, 
C.  pannomcns,  C.  longus,  C.  altemifoUus,  Eriophorum  vagi- 
natum,  E.  latifolium,  E.  alpinum,  Scirpus  setaceus,  Sc.  silva- 
ticus,  Sc.  maritimus,  Sc.  holoschoenus,  Sc.  triqueter,  Sc.  lacus- 
tris,  Sc.  palustris,  Heleocharis  ovata,  Cladium  mariscus, 
Schoenus  ferrugineus,  Rhynchospora  alba,  Carex  sempervirens, 
C.  hordeiformis,  C.  flava,  C.  silvatica,  C.  vesicaria,  C.  ri- 
paria,  C.  acuta,  C.  humilis,  C.  digitata,  C.  pilosa,  C.  maxima, 
< '.  vulpina,  C.  brizoides,  C.  DavaUiana,  ( '.  cyperoides  und 
('.  caiuscens. 

Kohl1  erwähnt  diese  hochgradig  verkieselten  Kegelzellen, 
obwohl  sie  einen  dominierenden  und  auffallenden  Bestandteil 
der  Epidermisasche  bilden,  auffallenderweise  nicht.  Hätte  er 
die  Asche  genauer  untersucht,  hätten  sie  ihm  wohl  nicht 
entgehen   können. 

Welch  brauchbares  Kennzeichen  die  Kegelzellen  für  die 
systematische  Verwandtschaft  abgeben  können,  lehrt  auch 
die  bisher  unsichere  Stellung  der  Gattungen  Chrysithrix  L„ 
Lepironia  L.  C.  Rieh,  und  Chorizandra  R.  Br.  Man  stellte 
sie  bisher  zu  den  Cyperaceen,  sie  gehören  aber  nach 
Pfeiffers2  neuesten  Untersuchungen,  in  denen  auch  die 
Anatomie  berücksichtigt  wurde,  entgegen  früheren  Annahmen 
zu  den  Restionaceen.  Morphologische  und  anatomische  Merk- 
male und  nicht  zuletzt  der  Mangel  an  Kegelzellen  sprechen 
für  ihre  Abtrennung  von  den  Cyperaceen  und  ihre  Zuweisung 
zu  den  Restionaceen. 

Ein  anderer  Fall,  der  zeigt,  welche  Bedeutung  den 
Kegelzellen    für    die    Systematik    in   zweifelhaften   Fällen  ein- 

i  Kohl  <;.  F.,  1.  c. 

'-'  Pfeiffer  H.,  Zur  Systematik  der  Gattung  Chrysithrix  L.  und  anderer 
Chrysiihrichinae.   Ber.  d.  Deutseh.   bot.   Ges.,   38>  Jg.   (1920),   p.  6. 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  281 

geräumt  wird,  lehrt  das  Studium  der  Gattung  Caustis.  Sie 
wurde  von  dem  Begründer  dieser  Gattung  R.  Braun  (1810) 
zu  den  Cyperaceen,  später  von  Palla  (1888)  zu  den  Restiona- 
ceen  gestellt,  von  anderen  aber  trotzdem  bei  den  Cyperaceen 
belassen.  Bei  dieser  schwankenden  systematischen  Stellung 
war  daher  eine  erneute  Untersuchung  am  Platze.  Pfeiffer1 
•hat  sich  ihr  unterzogen  und  kommt  auf  Grund  allseitiger 
Berücksichtigung  morphologischer  und  anatomischer  Merkmale 
und  insbesondere  weil  Caustis  typische  Kegelzellen 
besitzt,  zu  dem  Schlüsse,  daß  die  Einreihung  dieser  Gattung 
zu  den  Cyperaceen  vollständig  gerechtfertigt  ist.  In  der  Tat, 
wer  das,  man  kann  wohl  sagen,  gesetzmäßige  Auftreten  der 
Kegelzellen  bei  den  verschiedensten  Cyperaceen -Gattungen 
und  nur  bei  dieser  Reihe  kennen  gelernt  hat,  wird  dem  er- 
wähnten Schlüsse  gerne  zustimmen. 

Die  Kegelzellen,  in  der  Asche  so  leicht,  sicher  und 
•deutlich  nachzuweisen,  bilden,  ebenso  wie  die  Kiesel- 
kurzzellen für  die  Gramineen,  gewissermaßen  den 
anatomisch-chemischen  Indikator  für  die  Familie 
der  Cyperaceen. 

Neben  diesen  Deckepidermiszellen  finden  sich  in  der 
Cyperaceenasche  große,  gut  erhaltene  Kieselskelette  der 
Oberhaut  [Cyperus  longus,  C.  altemifolius,  Heleocharis  ovata 
(Halmepidermis),  Scirpus  palustris,  Carex  pilosa,  ('.  uiaxinni, 
('.  silvatica]  mit  Spaltöffnungen  (Cyperus  longus,  C  altemi- 
folius, Scirpus  palustris,  Schoenus  ferrugineus),  aber  auch 
nicht  selten  solid  verkieselte  gewöhnliche  Epidermis-  und 
Mesophyllzellen,  sowie  einzelne  oder  ganze  Bündel  von 
häufig  solid  verkieselten  Bastzellen  (Cyperus  longus,  Rhyn- 
chospora  alba  und  Scirpus  maritimus). 

Orchideae. 

Viele  Gattungen  dieser  Familie  besitzen  bekanntlich  den 
Baststrängen  anliegende,  mit  Kieselkörpern  erfüllte,  als  Deck- 
zellen   oder    Stegmata    benannte    Zellen.    Sie    sind    nicht    nur 


1  Pfeiffer  II..   Über  die  Stellung  der  Gattung  Caustis  R.  Hr.  im  natür- 
lichen  System.   Ber.  d.   Deutsch,  bot.  des.,   37.  Jg.   (1919),   p.  41"). 

Sitzb.  d.  raathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Ud.  '  9 


282  H.  Molisch, 

vielen  Orchideen  eigentümlich,  sondern  auch  Trichoiuaues- 
Arten,  vielen  Palmen  und  den  Scitamineen  (exklusive  Zin- 
giberaceen).  Von  der  Fläche  gesehen  haben  sie  Ellipsen- 
oder Kreisform,  im  Profil  erscheinen  sie  bikonvex,  kegel-,. 
hütchen-,  brotleibartig  oder  kugelig.  Ihre  Oberfläche  ist  glatt 
oder  namentlich  bei  kugeligen  warzig.  Fig.   10  und   11. 

Kohl  hat  eine  große  Zahl  von  Orchideen  auf  Stegmata 
im  Gewebe  untersucht  und  sie  weit  verbreitet  gefunden.  Er 
hat  sie  nur  bei  den  Ophrydeen,  Listereen,  Arethuseen  und 
Cypripedien  vermißt. 

Ich  habe  folgende  zumeist  einheimische  Arten  geprüft: 
Anacamptis  pyramidalis,  Cypripedium  calceolus,  Cephalanthera 
ensifolia,  C.  rubra,  C.  pallens,  Goodyera  repens,  Spiranthes 
autumnalis,  Epipactis  latifolia,  E.  rubiginosa,  E.  palustris, 
Listera  ovata,  Ophrys  myodes,  Chanwrchis  alpina,  Hcrmi- 
uium  monorchys,  Piatanthera  bifolia,  Himantoglossum  hir- 
ciuuni,  Nigritella  angustifolia,  Gymuadenia  albida,  Orchis 
fusea,  0.  morio,  O.  ustulata,  Sturmia  Loeselii,  Malaxis  palu- 
dosa,  Acampe  papulosa ,  Cyrtochihim  bictonieuse,  Oncidium 
micropkyllum,  Sarcauthus  rostratus,  Maxiilaria  variabilis 
und  Coelogyne  cristata.  Dabei  stellte  sich  heraus,  daß  unter 
den  von  mir  untersuchten  einheimischen  Gattungen  nur 
die  Gattung  Cephalauthera1  Stegmata  besitzt. 

Alle  von  mir  untersuchten  Orchideen  enthalten 
Raphiden  und  diese  geben  zusammen  mit  den 
Kieselkörpern  der  Deckzellen,  falls  diese  vorkommen, 
der  Asche  ein  sehr  charakteristisches  Aussehen. 
Es  empfiehlt  sich  die  Asche,  vor  und  nach  Behandlung  mit 
Salzsäure,  zu  betrachten.  Vor  Behandlung  mit  Salzsäure 
erblickt  man  die  Deckplättchen  bei  Cephalanthera  ensifolia 
in  einfachen,  doppelten  oder  mehrfachen  Reihen  parallel  den 
Leitbündeln  (Fig.  10),  nach  der  Einwirkung  der  Salzsäure 
liegen    die    Kieselkörper    zu   hunderten  im  Tropfen  (Fig.   11). 


l  Kohl,  1.  c,  p.  277,  behauptet,  daß  der  Tribus  der  Arethuseen  die 
Deckzellen  vollständig  fehlen.  Diese  Angabe  beruht  auf  einem  Irrtum,  denn 
gerade  bei  der  von  dem  genannten  Autor  angeführten  Gattung  Cephalanthera 
fand  ich  sie  immer  in  großen  Mengen,  wie  ja  auch  aus  der  Fig.  10  zu  er- 
sehen ist. 


Aschenbild   und   Pflänz^nverwandtschaft.  283 

Marantaceae. 

Die  von  mir  untersuchten  Arten  dieser  Familie:  Maranta 
sanguinea,  M.  spectabilis,  M.  metallica,  M.  kerkoviana  und 
Cälathea  Sanderiana  waren  sämtlich  durch  das  massenhafte 
Vorkommen  von  Deckplättchen  in  ihrer  Asche  ausgezeichnet. 
Sie  liegen  entweder  einzeln,  zu  zweien,  mehreren  oder  in 
langen  Ketten  vor.  Die  Verkieselung  kann  sich  auch  auf  die 
Epidermiszellen  erstrecken,  ja  stellenweise  können  die  Zellen 
ganzer  Gewebestücke,  besonders  am  Blattrande,  solid  ver- 
kieselt  sein. 

Die  häufig  zu  den  Marantaceen  gestellte  Gattung  Canna 
gibt  gleichfalls  ein  durch  Stegmata  hervorgerufenes  Aschen- 
bild zu  erkennen.  Die  Kieselkörper  sind  rund,  warzig  oder 
abgerundet  sternartig,  ähnlich  Kalkoxalatdrusen  und  hängen 
oft  in  langen  Ketten  zusammen. 

Bei  Maranta  sanguinea  finden  sich  in  den  meisten 
Mesophyllzellen  auch  Kalkoxalatkrystalle  von  Prismen-,  Rauten- 
und  anderer  Form  und  in  dem  subepidermalen  Parenchym  von 
.1/.  kerkoviana  ganze  Haufen  prismenartiger  Krystalle  der- 
selben chemischen  Verbindung. 

Musaceae. 

Untersucht  wurden  Heliconia  Seemannii,  Musa  paradi- 
siaca,  M.  Cavendishii,  Strelitzia  veginae  und  Ravenala 
madagascariensis.  Die  Blattasche  aller  dieser  Arten  führt 
Raphidenbündel  und  massenhaft  Deckplättchen  von  recht 
verschiedener  Form.  Bei  Strelitzia  sind  sie  kugelig  und  war- 
zig, desgleichen  bei  Ravenala,  hier  sehr  häufig  auch  stern- 
artig wie  Drusen  von  Kalkoxalat  und  bei  Musa  paradisiaca 
und  Heliconia  Seemanni  erscheinen  sie  oft  an  der  Basis 
gesägt,  in  der  Mitte  mit  einer  Reihe  punktförmiger  Höckerchen 
und  an  der  Spitze  mit  einer  konkaven  Einsenkung  versehen, 
also  ähnlich  gestaltet  wie  die  Deckplättchen  der  Marantacee, 
Cälathea    Seemannii,    die    ich    seinerzeit    beschrieben    habe.1 


1    Molisch  H.,  Mikrochemie  der  Pflanze.  Jena   1913,  p.   74.    Vgl.  auch 
Kohl  F.  G.,  I.  c,  p.  284. 


284  H.  M  .»lisch. 

Die  Fig.  12  zeigt  im  Aschenbilde  die  Ketten  von  Deck- 
plättchen  d  und  überdies  verkieselte  Schraubengefäße  s  von 
Musa  paradisiaca. 

Zingiberaceae. 

Wie  bereits  Kohl1  festgestellt  hat,  entbehrt  diese  Familie 
der  Stegmata,  nur  bei  zwei  Alpinia- Arten  konnte  er  noch  so- 
zusagen Reste  dieser  Gebilde  konstatieren.  Sie  finden  sich 
bei  Alpinia  nutans  und  A.  mutica.  Die  Deckzellen  sind  hier 
dünnwandig,  begleiten  die  Bastbündeln  in  langen  Reihen  und 
enthalten  viele  kleine,  rundliche  Kieselkörner. 

Bei  anderen  Alpinia- Arten,  ferner  bei  Zingiber,  Curcuma, 
Kaempferia,  Anioniitiu,  Elettaria,  Hedychiwn  und  Costus 
konnte  er  keine  Stegmata  nachweisen. 

Ich  selbst  habe  die  Blattasche  von  (  urcmna  angustifolia, 
Zingiber  officinalis  und  Alpinia  nutans  geprüft  und  nur  bei 
letzterer  Deckplättchen  mit  runden  Kieselkörpern  gefunden, 
aber  nicht  bloß  Reste,  wie  sie  Kohl  nennt  und  zeichnet, 
sondern  je  einen  warzenartigen  Kieselkörper  in  der  paren- 
chymatischen  Deckzelle.  Raphiden  waren  bei  allen  drei 
Gattungen  vorhanden. 

Es  zeigt  sich  daher,  abgesehen  von  Alpinia,  in  der 
ganzen  Familie  in  dem  Mangel  von  Stegmata  eine  ganz 
auffallende  Einheitlichkeit  gegenüber  den  nächst  verwandten 
Familien  innerhalb  der  Reihe  der  Seitamineen. 

Palmae. 

Eine  kursorische  Untersuchung  der  Palmen:  Chamae- 
dorea  oblongata,  Ch.  Martiana,  Ch.  Ernesti  Augusti,  Latania 
bourbonicä,  Livistona  rotnndifolia,  Phoenix  dactylifera,  Dae- 
monovops  melanochaetes,  Thrinax  aliissima,  Martinezia  caryö- 
taefoliae,  Caryota  furfuracea,  Avchantoplioenix  (  unninghamii, 
K\ipis  flabelliformis,  Phytelephas  macrocarpa  und  Ouc<>- 
spcrma  filamentosa  ließ  in  Aschenpräparaten  der  Blattspreite 
deutlich  die  oft  hochgradige  Yerkieselung  erkennen.  Stegmata 
fand  ich  immer,  Raphiden  in  den  meisten  Fällen,  Kalkoxalat- 
drusen  selten,  bei  Martinezia  jedoch  massenhaft. 


i   Kohl  !■'.  G.,  1.  c,  p.  l:s4. 


Aschenbild  und  Pflanzenvenvandtschaft.  285 

Bemerkenswert  ist  der  bedeutende  Größenunterschied 
in  den  Kieselkörpern,  die  die  Längs-  und  Queradern  begleiten. 
Die  ersteren  sind  klein  und  die  letzteren  auffallend  groß. 
Beide  sind  warzig. 

Die  Verkieselung  der  Epidermiszellen  kann  z.  B.  bei 
Caryota  furfiiracea,  Pythelephas  macrocarpa,  Oncosperma 
lilanientosa  u.  a.  so  stark  sein,  daß  die  Oberhaut  in  großen 
Stücken  samt  den  Spaltöffnungen  erhalten  bleibt.  Da  die 
Schließzellen  oft  nur  schwach  verkieselt  sind,  so  fehlen  sie 
in  der  Asche  und  an  ihrer  Stelle  findet  sich  eine  entsprechende 
Lücke.  Doch  können  nicht  selten  gerade  die  Spaltöffnungs- 
apparate sehr  stark,  ja  sogar  im  Lumen,  also  solid  verkieseln, 
und  ebenso  können  einzelne  Mesophyllzellen  und  Elemente 
des  Stranggewebes  zumal  an  den  Blatträndern  einer  hoch- 
gradigen Verkieselung  unterworfen  sein. 

Pandanaceae. 

An  der  Asche  der  untersuchten  Arten:  Pandanus  ntilis, 
P.  graminifolius,  P.  javaniens  und  P.  Veitchii  ließ  sich  fest- 
stellen, daß  die  Blätter  der  Pandaneen  in  chemischer 
Beziehung  dadurch  von  den  sonst  nahestehenden  Palmen 
abweichen,  daß  sie  trotz  ihrer  Derbheit  und  Starrheit  keinerlei 
besondere  Verkieselung  erkennen  lassen  und  anstatt  der 
Deckplättchen  mit  Kieselkörpern  ähnliche  Zellen  jedoch  mit 
einem  Einzelkrystall  von  Kalkoxalat  besitzen.  Kohl1  nennt 
sie  trotzdem  Stegmata,  obwohl  es  sich  meiner  Meinung  emp- 
fehlen würde,  diesen  Ausdruck  bloß  für  die  mit  Kieselkörpern 
und  im  übrigen  so  charakteristisch  gestalteten  Zellen  zu 
beschränken.  Will  man  einen  besonderen  Terminus  für  die 
deckzellähnlichen,  die  Bastbündel  gleichfalls  begleitenden 
Kalkoxalatzellen  haben,  so  könnte  man  sie  als  Stegmatoide 
bezeichnen,  um  ihre  Verwandtschaft  im  Bau  und  in  der 
topographischen  Lagerung  mit  den  Stegmata  anzudeuten. 

Neben  diesen  Stegmatoiden,  die  in  langen  geschlossenen 
Längsreihen  die  Bastbündel  sowie  die  echten  Stegmata 
begleiten,  kommen  auch  größere  Einzelkrystalle  (meist 
monokline     Rhomboeder     und     Zwillingskrystalle     mit     ein- 

i  Kohl  F.  C...  l.  c.,  p.  2S8. 


286  H.  Molisch, 

springendem  Winkel)  und  bei  manchen  Arten  (P.  gramini- 
folius  und  P.  Veitchii)  im  Mesophyll  noch  sehr  zahlreiche 
kleine  Drusen  und  Sphärite  (von  Kalkoxalat)  vor. 

Die  erwähnten  Krystalle,  insbesondere  die  Reihen  der 
Stegmatoide  sind  für  die  Pandaneen-Asche  äußerst  charak- 
teristisch. 

Innerhalb  der  Spadiciflorae  gibt  es  keine  Familie  mehr 
mit  Deckplättchen,  weder  bei  den  Sparganiaceen,  Typhaceen, 
Araceen,  Lemnaceen  noch  bei  den  den  Palmen  am  nächsten 
stehenden  Cyclanthaceen,  von  denen  ich  die  Blattasche  der 
beiden  Gattungen  Carludovicd  palmata  und  Cyclanthiis 
bifidus  untersucht  habe. 

Werfen  wir  nun  einen  Rückblick  auf  die  mit  Monoko- 
tylen gemachten  Untersuchungen  betreffend  die  Deckplättchen, 
so  können  wir  sagen:  da  die  Stegmata  nur  auf  be- 
stimmte Familien  beschränkt  sind;  da  diese  kiesel- 
säureführenden Zellen  innerhalb  dieser  Familien 
zahlreiche  oder  sogar  alle  Gattungen  auszeichnen 
und  sich  in  der  Asche  durch  ihre  Chemie  und 
Gestalt  so  leicht  verraten,  so  geben  sie  selbst  in 
der  Asche  noch  ein  ausgezeichnetes  Merkmal  für 
die  Erleichterung  der  Bestimmung  monokotyler 
Familien  ab.  Ferner  liefern  die  Stegmata,  weil  sie  nur 
bestimmten  Familien  angehören,  hier  aber  sich  auf 
viele  oder  alle  Gattungen  erstrecken,  eine  wichtige 
Stütze  dafür  ab,  daß  die  Verwandtschaft  zahlreicher 
Arten  sich  innerhalb  ganzer  Familien  und  ihrer  Ver- 
wandten auch  in  der  Abscheidung  von  Kieselsäure 
in    eigenartig    gestalteten  Idioblasten   verraten    kann. 

Charakteristische,  durch  hochgradige  Verkieselung  aus- 
gezeichnete Aschen  finden  sich  auch  bei  Dikotylen  nicht 
selten  vor,  ich  verweise  da  auch  nur  auf  die  Aschenbilder 
der    Rubiaceae-Galieae,1    der    Aspenfolien,    vieler    behaarter 


1  Netolitzky  F.,  Verkieselungen  bei  den  Rubiaceae-Galieae.  Osten-. 
bot.  Zeitschr.,    1911,  p.  409. 

Derselbe:  Kieselmembranen  der  Dikotyledonenblätter  Mitteleuropas. 
Ebenda,   1912,  p.  353. 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  28< 

Cucurbitaceen  und  auf  das  besonders  reizende  Aschenbild  von 
Deutzia  scdbra.  Die  in  der  Asche  nach  Behandlung  mit  Salz- 
säure reichlich  vorhandenen  sternartigen  Haare  könnten  gerade- 
zu   als    Kunstmotive    verwertet    werden.    Außerdem    bemerkt" 
man  verkieselte  Epidermis-  und  Mesophyllstücke.  Fig.    14. 

III.   Über   die  Verwertung    des   Asehenbildes    für    die 

Erkennung  von  Drogen,  Rohstoffen,  Nahrungs-  und 

Genußmitteln  aus  dem  Pflanzenreiche. 

Eine  genaue  Charakterisierung  der  genannten  Objekte 
beruht  unter  anderem  auf  ihrer  mikroskopischen  Beschreibung. 
Daher  hat  man  seit  langem  zum  Zwecke  der  Erkennung  die 
Anatomie  des  betreffenden  Objektes  genau  geschildert  und 
diese  war  auch  in  den  meisten  Fällen  ausreichend  zu  einer 
sicheren  Diagnose.  Sie  diente  auch  dazu,  das  Objekt  von 
gewissen  Ersatzstoffen  oder  Verfälschungen  zu  unterscheiden. 

Diese  Aufgabe  ist  häufig  leicht,  nicht  selten  schwer, 
mitunter  sehr  schwer,  weil  es  an  sicheren  Merkmalen  zu- 
weilen mangelt.  Auffallenderweise  hat  man  sich  bisher  nicht 
daran  erinnert,  daß  das  Spodogramm  nicht  selten  mit  großem 
Vorteil  herangezogen  werden  kann,  um  die  Erkennung  zu 
erleichtern.  In  Lehrbüchern  über  Pharmakognosien,  Nahrungs- 
und Genußmitteln,  desgleichen  in  den  mikroskopischen  Be- 
schreibungen technischer  Rohstoffe  habe  ich  vergebens  nach 
Aschenbildern  gesucht.  Da  nun  diese  meiner  Überzeugung 
nach  für  die  Diagnose  von  großem  Nutzen  sein  können,  so 
sollen  hier  einige  Beispiele  herausgehoben  werden,  um  das 
Gesagte  näher  zu  begründen. 

a)  Drogen,  aus  unterirdischen  Achsen  bestehend. 

Rhizoma  Iridis.  Der  geschälte  Wurzelstock  von  Iris 
germanica,  florentina  und  pallida  gibt  verascht  ein  höchst 
eigenartiges  Bild.  Das  Aschenbild  zeigt  die  Asche  fast  ganz 
aus  mächtigen,  derben  Spießen  von  Kalkoxalat  k 
zusammengesetzt.  Siehe  p.  264  und  Fig.  4. 

Rhizoma  rhei.  Der  geschälte  Wurzelstock  verschiedener 
Rheum-Arten  (Rh.  raponticum,  Rh.  palmatum  etc.)  gibt  eine 
Asche,  die  abgesehen  von  wenig  charakteristischen  Teilen  der 


288-  H.  Molisch, 

Hauptmasse  nach  aus  großen  Krys.talldrusen  und  wenigem 
Einzelkrystallen  von  oxalsaurem  Kalk  besteht.  Im  Wasser 
präpariert  gewährt  die  Asche  im  auffallenden  Licht  ein 
reizendes  Bild:  man  glaubt  bei  schwacher  Vergrößerung 
kleine  Schneeballen  mit  sternartigem  Umriß  zu 
sehen,  die  zu  hunderten  im  Gesichtsfelde  z'iemlich 
dicht  gelagert  sind. 

Radix  Belladonnae.  Die  Asche  der  Tollkirschenwurzel  ist 
ausgezeichnet  durch  massenhaftes  Vorkommen  der  Kalk- 
oxalat-Krystallsandschläuche.  Sie  bilden  die  Hauptmasse  der 
Asche.  Fig.   15. 

Urginea  (Scilla)  maritima.  Die  Zwiebelschuppen  hinter- 
lassen eine  von  zahllosen  Raphidenbündeln  ganz  durchsetzte 
Asche.  Die  Bündel  sind  von  verschiedener  Größe;  die  einen 
sind  verhältnismäßig  kurz,  die  andern  lang  und  die  einzelnen 
Nadeln  erreichen  darin  ganz  außerordentliche  Dimensionen. 
Man  sieht  die  Raphidenbündel  schon  mit  freiem  Auge 
sowohl  in  der  trockenen  Zwiebelschuppe  als  auch  in  der 
Asche. 

b)  Blätter. 

( 'assia  angustifolia,  ein  zu  der  Familie  der  Caesalpineon 
gehöriger  Strauch,  liefert  die  als  Arzneimittel  geschätzten 
Sennesblätter. 

Ihre  Asche  läßt  ein  deutliches  Kalkskelett  des  Mesophylls 
erkennen.  Aus  ihm  hebt  sich  scharf  das  Nervennetz  hervor, 
das  mit  Einzelkrystallen  von  Kalkoxalat  wie  übersät  ist.  Die 
ganze  Nervatur  gleicht  mehrreihigen  Zügen  von  Krystallen, 
wie  dies  so  häufig  bei  Leguminosen  zu  beobachten  ist.  Im 
Mesophyll  liegen  gleichfalls  Krystalle  von  Kalkoxalat,  und 
zwar  Drusen. 

Erythroxylon  coca.  Blätter.  Die  Asche  zeigt  nichts  be- 
sonders auffallendes;  nur  besonders  längs  der  Blattnervatur 
liegen  einzeln  oder  in  kurzen  Reihen  Einzelkrystalle  von 
Kalkoxalat,  jedoch  keine  Drusen. 

Barosma  crenata.  »Folia  Bucco«.  In  der  gut  erhaltenen 
bräunlichen  Blattasche  sind  die  Ölräume  noch  gut  zu  er- 
kennen.    Zahlreiche     Kalkoxalatdrusen     erscheinen     ziemlich. 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  289 

gleichmäßig  im  Mesophyll  zerstreut,  nur  am  äußersten  Rande 
des  Blattes  fehlen  sie  fast  ganz. 

Ilcx  paraguayensis,  Mate,  auch  Paraguaytee  genannt, 
besteht  bekanntlich  aus  den  zerkleinerten  Blättern  eines  süd- 
amerikanischen Strauches  oder  kleinen  Baumes.  Die  Blätter 
geben  ein  charakteristisches  Aschenbild. 

Die  obere  Epidermis  setzt  sich,  von  der  Fläche  gesehen, 
aus  polygonalen,  über  den  Nerven  reihenweise  angeordneten 
Zellen  mit  derber,  welliger,  kutikularer  Streifung  zusammen. 
Von  dieser  oberen  Epidermis,  die  hochgradig  verkieselt  ist, 
liegen  viele  mehr  oder  minder  große  Stücke  e  wohl  erhalten 
in  der  Asche  vor  und  können  zur  Sicherung  der  Diagnose 
auf  Mate  dienen.  Fig.  16.  Seltener  bleibt  die  untere  Epidermis 
mit  den  zahlreichen  eine  breite  Ellipse  bildenden  und  von 
Nebenzellen  umgebenen  Spaltöffnungen  erhalten,  etwas  häu- 
figer das  groß  lakunöse  Schwammparenchym  s,  wenn  es 
starke  Verkieselung  erfährt. 

Nicht  unerwähnt  soll  die  Tatsache  bleiben,  daß  die 
Blattasche  in  einzelnen  Stücken  sich  grünblau  färbt,  vielleicht 
infolge  des  großen  Mangangehaltes. 

Cannabis  sativa.  Die  Laubblätter  sind  mit  zweierlei 
auffallenden,  einzelligen  Haaren  bedeckt.  Die  Oberhaut  der 
Blattoberseite  führt  verhältnismäßig  kurze,  stark  bauchig 
angeschwollene  Haare  //,  die  der  Unterseite  längere,  schmälere 
und  an  der  Basis  weniger  erweiterte  Haare  hv  Beide  sind 
gegen  die  Blattspitze  gerichtet  und  enthalten  in  dem  basalen 
Teile  einen  die  Zelle  ziemlich  ausfüllenden  Zystolithen. 
Die  kurzen  Zystolithenhaare  sind  oft  mit  einem  Wall  von 
strahlig  eingeordneten  Epidermiszellen  umsäumt,  die  gleich- 
falls mit  kohlensaurem  Kalk  ausgefüllt  sein  können.  In  der 
Asche  scheint  der  Haarzystolith  daher  wie  von  radiären 
Fortsätzen  umgeben,  Ji.,.  Das  Aschenbild  des  Hanfblattes  ist 
sehr  charakteristisch,  weil  die  Asche  sich  großenteils  aus 
den  geschilderten,  gestaltlich  ausgezeichnet  erhaltenen,  ver- 
kieselten  und  verkalkten  Zystolithenhaaren  zusammensetzt. 
Fig.  18.  Außerdem  finden  sich  über  den  Gefäßbündeln  noch 
vereinzelte  Drusen  von  Kalkoxalat  k. 


290  H.  Mo  lisch, 

c)  Rinden. 

Cinchona  succinibra.  Die  Asche  gleicht  einem  Sand- 
haufen von  Kalkoxalat-Krystallsandzellen.  Der  Krystallsand 
zeigt,  weil  die  einzelnen  Kryställchen  der  Zelle  aneinander 
haften,  noch  die  ursprüngliche  Form  der  Zelle:  rund,  abge- 
rundet, viereckig,  gestreckt  oder  kegelförmig. 

Cinchona  macrocalyx.  Rinde.  Die  Asche  verhält  sich 
ähnlich. 

Cinchona  lucuniaefolia.  Rinde.  Wie  vorhin. 

Cinnamoiuuni  zeylarücum.  Zeylonzimmt-  oder  Kanehl- 
rinde.  Die  Asche  erscheint  bei  schwacher  Vergrößerung  in 
Phenol  dicht  graupunktiert,  in  der  intakten  Asche  liegen  die 
Punkte  stellenweise  noch  in  dichten  Reihen.  Diese  entsprechen 
dicht  gelagerten  Zügen  von  Parenchymzellen,  gefüllt  mit 
Kalkoxalatnadelbündeln.  Diese  im  intakten  Gewebe  ganz  zu- 
rücktretenden Elemente  setzen  einen  großen  Teil  der  Asche 
zusammen  und  bilden  hier  das  Leitfragment. 

Cinnamomum  Cassia.  Das  Aschenbild  der  Zimtkassien- 
rinde ist  wesentlich  verschieden  von  der  vorhergehenden 
Rinde,  denn  die  Kalkoxalatkrystalle  sehen  zumeist  ganz 
anders  aus  als  die  vom  Zeylonzimt.  Bei  diesem  sind  sie 
nadeiförmig,  bei  jenem  aber  monokline  Rhomboeder,  prismen- 
artig   oder    quadratisch.    Ihr   Größenunterschied   ist  auffallend. 

Punica  granatum;  Rinde.  Die  Asche  besteht  großenteils 
aus  kleinen  Drusen  von  Kalkoxalat.  Zahlreiche  Reihen  von 
solchen  Kristallen  sind  in  der  unversehrten,  nicht  gequetschten 
Asche  miteinander  zu  größeren  Stücken  verbunden.  Diese 
Reihen  verleihen  der  Asche    ein   streifiges  Aussehen.    Fig.    17. 

Die  Beispiele  ließen  sich  leicht  vermehren,  man  könnte 
damit  leicht  ein  Buch  füllen  und  einen  Atlas  dazu.  Vielleicht 
wird  dies  später  jemand,  nachdem  auf  die  Wichtigkeit  der 
Sache  ausdrücklichst  hingewiesen  wurde,  unternehmen.  Ein 
Atlas  über  Aschenbilder  von  technich  verwerteten  Rohstoffen, 
Nahrungs-  und  Genußmitteln  aus  dem  Pflanzenreiche  würde 
jedenfalls  die  heute  geübte  einschlägige  Methodik  wesentlich 
ergänzen  und  verfeinern. 


Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft.  291 

IV.  Zusammenfassung. 

Die  vorliegende  Arbeit  zeigt,  daß  für  die  Beschreibung 
und  Erkennung  eines  Pflanzenobjektes  nicht  bloß  die  Anato- 
mie des  Gewebes,  sondern  auch  die  Morphologie  seiner  Asche 
herangezogen  werden  kann,  da  das  Aschenbild  entweder 
durch  sein  Zellenskelett  oder  durch  bestimmte  Inhaltskörper 
oder  Leitfragmente  und  ihre  bestimmte  Anordnung  für  jede 
einzelne  Pflanzenart  sehr  charakteristisch  ist. 

Dadurch,  daß  die  Zellwände  hochgradig  verkieseln  oder 
verkalken  oder,  sowohl  verkieseln  als  auch  verkalken,  bleiben 
die  Gewebe  nach  ihrer  Veraschung  in  ihrer  zellulären 
Struktur  scheinbar  so  gut  erhalten,  daß  man  glaubt,  das 
noch  intakte  Gewebe  vor  sich  zu  haben.  Dazu  kommen 
dann  häufig  noch  Haare  und  verschiedene  in  der  Asche 
noch  wohl  erkennbare  Inhaltskörper,  z.  B.  mannigfach  ge- 
formte Krystalle,  Zystolithen,  Kieselkörper  und  zwar  oft  in 
so  charakteristischer  Anordnung,  daß  man  in  dem  so  zustande 
gekommenen  Aschenbild  oder  Spodogramm  einzelne  Familien, 
Gattungen  oder  Arten  erkennen  kann. 

Man  könnte  vielleicht  einwenden:  Wozu  benötige  ich  die 
Asche,  wenn  mir  das  Gewebe  zur  Verfügung  steht?  Das 
Gewebe  zeigt  doch  mehr  als  die  Asche.  Gewiß  bietet  das 
Gewebe  Einzelheiten,  z.  B.  im  Zellinhalt,  die  bei  der  Ver- 
aschung zerstört  werden  und  die  daher  in  der  Asche  nicht 
mehr  gesehen  werden  können,  aber  anderseits  bietet 
die  durch  einfaches  Verbrennen  rasch  gewonnene 
Asche  oft  in  größerer  Klarheit  und  in  besserer  Über- 
sicht gewisse  besondere  morphologische  Verhält- 
nisse. 

Wer  einen  raschen  Überblick  über  die  Verteilung  der 
Zystolithen  bei  den  Acanthaceen  und  Urticaceen  haben  will, 
wird  ihn  leicht  und  ausgezeichnet  an  der  Hand  von  Aschen- 
präparaten gewinnen.  Die  Gramineen  sind  durchwegs  durch 
das  Vorhandensein  der  solid  verkieselten  Kieselkurzzellen, 
die  Cyperaceen  stets  durch  die  eigenartig  geformten,  ver- 
kieselten Kegelzellen  und  viele  Orchideen,  die  Marantaceen, 
Musaceen  und  Palmen  durch  die  als  Deck  plättchen  oder 
Stegmata   bekannten  Zellen   mit  bestimmt  geformten  Kiesel- 


292  II.   Molisch, 

körpern,  manche  Familien  durch  Raphidenbündel  oder  Krystall- 
sand  ausgezeichnet.  Ja  sogar  große  und  auffallend  gestaltete 
Einzelkrystalle  von  Kalkoxalat  können  für  Vertreter  einer 
ganzen  Familie  bezeichnend  sein  wie  die  mächtigen  Kalk- 
oxalatspieße  der  Irideen. 

Alle  diese  Leitfragmente  treten  aber  in  der 
Asche  mit  viel  größerer  Deutlichkeit  und  Übersicht- 
lichkeit hervor  als  im  Gewebe,  zumal  sie  bei  der  YTer- 
aschung  auf  ein  kleineres  Volum  zusammenrücken  und  so 
leichter  sichtbar  werden.  Die  Zystolithen,  Kieselkurzzellen 
und  Kegelzellen  stellen  einen  Familiencharakter  dar,  der  sich 
in   der  Asche  in  besonders  prägnanter  Weise  zu  erkennen  gibt. 

Wenn  man  die  modernen  Bücher  über  Pharmakognosie, 
Drogen,  Nahrungs-  und  Genußmittel  und  andere  Rohstoffe 
des  Pflanzenreichs  durchblättert,  so  ist  hier  vom  Aschenbild 
kaum  die  Rede  und  doch  würde  das  Spodogramm  die  Be- 
schreibung des  zugehörigen  Objektes  in  vielen  Fällen  wesent- 
lich ergänzen,  und  durch  die  Herbeiziehung  des  Aschenbildes 
in  vielen  Fällen  die  Erkennung  des  Objektes  sowie  die  Fest- 
stellung seiner  Echt-  oder  Unechtheit  sicherlich  erleichtern. 
Ja  bei  der  Diagnostizierung  prähistorischer  Pflanzenaschen 
würde  die  mikroskopische  Untersuchung  der  Asche  über- 
haupt die  wichtigsten  wenn  nicht  sogar  die  einzigen  Er- 
kennungsmittel  bieten. 

Mit  anderen  Worten:  Wie  die  Form  und  die  Stellung 
des  Blattes,  der  Bau  der  Blüte,  die  Zahl  der  Staubgefäße 
und  die  Form  der  Samenanlage  für  diese  oder  jene  Pflanzen- 
familie oder  Gattung  charakteristisch  ist,  so  kann  in  zahl- 
reichen Fällen  auch  die  Morphologie  der  Asche  oder  das 
Spodogramm  einen  Hinweis  abgeben  für  die  systematische 
Stellung  der  die  Asche  liefernden  Pflanze.  Dies  sollte  in 
Zukunft  mehr  beachtet  werden  als  dies  bisher  geschehen  ist. 


Aschenbild  und  Pflanzcnverwandtschaft.  293 


Erklärung  der  Tafeln. 


Taf.  I. 


Fig.  1.  Strolulanthcs  isophyllus.  Aschenbild.1  Die  Asche  besteht  großenteils 
aus  maiskolbenähnlichen  Zystolithen  c.  Die  meisten  liegen  quer  zur 
Längsachse  des  Blattes,  die  oberhalb  der  Blattnerven  befindlichen 
liegen   parallel  dem   Nerven   und   sind   schmäler.   Vergr.   60. 

Fig.  2.  Bochmeria  utilis.  Aschenbild  nach  Behandlung  mit  Salzsäure 
//.  //,   und   //.,   Kieselhaare,  c  Zystolithen.   Vergr.  6<>. 

Fig.  \\.  Ampelopsis  qti inquefoliä.  Aschenbild  mit  zahlreichen  Raphiden- 
bündeln  r  und  Kalkoxalatdrusen  /;.  Die  übrigen  Bestandteile  der 
Asche,  die  zu  wenig  mineralisiert  und  daher  zu  wenig  prägnant 
sind,  wurden  wie  auch  in  den  folgenden  Abbildungen  weggelassen. 
Vergr.  60. 

Fig.  4.  Iris  germanica.  Aschenbild,  hie  Asche  besteht  der  Hauptmasse 
nach  aus  langgestreckten,  prismatischen  Kalkoxalatkrystallen,  die 
parallel  zur  Längsachse   des  Blattes  gelagert   sind. 

Fig.  5.  Optmiia  missoitriensis.  Aschenbild  der  Sproßoberfläche.  Massen- 
haftes Vorkommen  von  Kalkoxalatdrusen  k  und  dazwischen  Lücken  s, 
die   die   ursprüngliche   Lage  der  Spaltöffnungen   andeuten.  Vergr.   160. 

Fig.  (i.  Vieris  aquilina.  Aschenbild  der  verkieselten  Epidermis  nach  Behand- 
lung mit   Salzsäure.  Vergr.    1  S< >. 

Taf.  II. 

Fig.  7.  Equiselum  pratense.  Aschenbild  der  verkieselten  Stengeloberhaut 
nach  Behandlung  mit  Salzsäure,  e  Epidermiszellen  mit  welligem 
Umriß  und  kutikularen  Höckerchen  //.  t\  Epidermiszellen  an  einer 
vorspringenden   Stengelrippe,  s   Spaltöffnung.   Vergr.   280. 

Fig.  S.  Bambusa,  sp.  Aschenbild  nach  Behandlung  der  verkieselten  Epidermis 
mit  Salzsäure.  .Man  glaubt  ein  intaktes  Gewebe  zu  sehen,  s  Spalt- 
öffnungen, r  wellig  konturierte  Epidermiszellen,  von  denen  manche 
se  mit  Kieselsäure  vollends  erfüllt  sind,  und  /.•  die  Kieselkurzzellen. 
Vergr.   285. 

Fig.  9.  Carex  silvatica.  Aschenbild  nach  Behandlung  mit  Salzsäure,  t  Epi- 
dermiszellen, 5  Spaltöffnungen,  /;  Kegelzellen  in  der  Seitenansicht. 
A'j  Kegelzellen  in  der  Aufsicht.  Vergr.   285. 


1    Wo   nichts  anderes  bemerkt  wird,    bezieht    sich   das   Aschenbild   stets 
auf  die   Blattasche.   Vergr.   60. 


294  H.  Molisch,  Aschenbild  und  Pflanzenvervvandtschaft. 

Fig.  10.  Cephalanthera  ensifolia.  Aschenbild.  3  Reihen  von  Stegmata  d, 
außerdem  Raphidenbündel  r.  Vergr.  160. 

Fig.  11.  Cephalanthera  ensifolia.  Aschenbild,  nach  Behandlung  mit  Salzsäure. 
d  Deckplättchen  in  der  Aufsicht,  d'  Deckplättchen  in  der  Seiten- 
ansicht. 

Fig.  12.  Musa  paradisiaca.  Aschenbild,  nach  Behandlung  mit  Salzsäure. 
d  Ketten  von  Deckplättchen,  s  Schraubengefäße.  Vergr.  285. 

Taf.  III. 

Fig.  13.  Pandanus  graminifvlius.  Aschenbild.  5  Reihen  von  Kalkoxalat- 
krystallen  der  Stegmatoide  in  Längsreihen,  k'  größere  Kalkoxalat- 
krystalle  zwischen  den  Längsreihen,  r  Raphidenbündel,  k"  kleine- 
Drusen  und   Sphärite.   Vergr.  460. 

Fig.  14.  Deutzia  scabra.  Blatt-Aschenbild,  nach  Behandlung  mit  Salzsäure. 
h  verschiedene,  sternartige,  verkieselte  Haare,  e  Epidermisstück, 
m  hochgradig  verkieselte  Mesophyllstücke.  Vergr.  40. 

Fig.  15.  Atropa  belladonna.  Das  Aschenbild  der  Wurzel  zeigt  massenhaft 
Kalkoxalat-Krystallsandzellen  ks.  Vergr.  60. 

Fig.  16.  Hex  paraguay ensis.  Blatt-Aschenbild,  nach  Behandlung  mit  Salz- 
säure, e  verkieseltes  Epidermisstück  der  Oberseite,  s  verkieseltes 
Schwammparenchym.  Vergr.  285. 

Fig.  17.  Pnnica  granatum.  Rinden-Aschenbild.  Zahllose  Drusen  von  Kalk- 
oxalat  stehen  in  Reihen  und  verleihen  der  Asche  ein  streifiges 
Aussehen.  Vergr.  460. 

Fig.  18.  Cannabis  sativa.  Blattasche  in  Canadabalsam.  h  schmale  Zystolithen- 
haare,  ht  breite  Zystolithenhaare,  h.2  dieselben  Haare  aber  umgeben 
von  den  Kalkausfüllungen  der  benachbarten  Epidermiszellen.. 
k  Kalkoxalatdrusen  über  dem  Gefäßbündel.  Vergr.  60. 


Molisch,  H.:  Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschatt 


Taf.  I. 


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Kisser  I.  et.  Molisch  H.  fec. 

Sitzungsberichte    d.  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturv.  Klasse,    Bd.    129   Abt.    I.    1920. 


Molisch,  H.:  Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft 


Taf.  11. 


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Sitzungsberichte  d.  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.  129,  Abt.  I.  1920, 


Molisch,  H.:  Aschenbild  und  Pflanzenverwandtschaft 


Taf.  111. 


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Kisser  |    et  Molisch  H.  fec. 

Sitzungsberichte  d.  Akad.  d.   Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.  129,  £bt.  I.  1920. 


Akademie   der  Wissenschaften   in  Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,    Botanik,    Physiologie  der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


129.  Band.    7.  und  8.  Heft 


20 


297 


Über  den  Nachweis  und  die  Verbreitung 
des  Chlors  im  Pflanzenreiche 

Von 

pharm.  Mag.  Josef  Jung 

Aus  dem  Pflanzenphysiologischen  Institut  der  Universität  in  Wien. 
(Nr.  138  der  zweiten  Folge) 

(Mit  1  Tafel) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  8.  Juli   1920) 


Die  weite  Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche  ist 
eine  wohlbekannte  Tatsache.  Es  gibt  einerseits  Pflanzen,  die 
mit  Vorliebe  Chlor  in  ihren  Geweben  speichern,  andrerseits 
wieder  welche,  die  diesen  Stoff  zu  meiden  scheinen.  Bis  jetzt 
liegt  eine  systematische  mikrochemische  Untersuchung  über 
sein  Vorkommen  und  seine  Verteilung  in  der  Pflanze  selbst 
noch  nicht  vor,  sondern  es  sind  nur  vereinzelte  Angaben  in 
der  Literatur  zu  finden.  Auch  die  Methoden  für  seinen  mikro- 
chemischen Nachweis  in  der  Pflanze  fand  ich  zuwenig  genau 
angegeben,  so  daß  dadurch  meine  Aufgabe  gegeben  ist. 

Wie  meine  Untersuchungen  mir  gezeigt  haben,  dürfte 
das  Chlor  nur  in  Form  von  Chloriden  in  der  Pflanze  vor- 
kommen. In  anderen  anorganischen  Verbindungen  oder  in 
organischer  Bindung  scheint  es  zu  fehlen.  Bei  der  Durchsicht 
der  für  Chloride  in  Betracht  kommenden  Reagentien  haben 
sich  nur  wenige  für  ihren  mikrochemischen  Nachweis  brauch- 
bar erwiesen.  Speziell  Thallosalze  und  Silbernitrat.  Der  Nach- 
weis mit  ihnen  hat  folgendes  ergeben. 


298  J.  Jung. 

Nachweis  durch  Thallosalze. 

Mit  Lösungen  von  Thallosalzen  erhält  man  bei  Chloriden 
einen  schönen  charakteristischen  Krystallniederschlag,  der 
kaum  mit  anderen  Krystallen  verwechselt  werden  kann.  Die 
Krystalle  gehören  dem  tesseralen  System  an,  bilden  Würfel 
(10  bis  15  fj,  groß),  Oktaeder,  oft  kombiniert  mit  Flächen  von 
Rhombendodekaeder  und  am  meisten  Rosetten  (bis  70  [i  groß). 
Sie  sind  durch  starke  Lichtbrechung  ausgezeichnet,  so  daß 
sie  im  auffallenden  Lichte  weiß,  im  durchfallenden  fast  schwarz 
erscheinen.  Nach  dem  Borodin'schen  Verfahren  kann  man 
ihre  Identität  beweisen,  indem  man  die  Schnitte  mit  den 
Krystallen  in  eine  konzentrierte  Lösung  von  Thallochlorid 
legt.  Bleiben  die  Krystalle  erhalten  oder  vergrößern  sie  sich, 
so  bestehen  sie  aus  Thallochlorid,  lösen  sie  sich  auf,  so 
gehören  sie  einer  anderen  Verbindung  an. 

In  der  Literatur,  die  mir  zu  Gebote  stand,  fehlen  leider 
genaue  Angaben,  in  welcher  Verdünnung  das  Reagens  zu 
gebrauchen  ist.  Durch  Versuche,  die  beste  Konzentration  des 
Reagens  zu  finden,  kam  ich  zu  folgenden  Resultaten.  Ver- 
schieden starke  Lösungen  von  Thallosalzen  ergaben  ver- 
schiedene Ergebnisse,  sowohl  in  Bezug  auf  die  Art  des 
Niederschlages,  wie  auch  auf  die  Reaktionsgeschwindigkeit 
der  chemischen  Umsetzung.  Verdünnte  Lösungen  0*5  bis  l°/0 
rufen  bei  geringem  Chlorgehalt  entweder  keine  Reaktion 
hervor,  oder  sie  tritt  erst  langsam  bei  Verdunsten  des  Tropfens 
auf  dem  Objektträger  auf.  Bei  größerem  Chlorgehalt  treten 
mehr  oder  weniger  klumpige,  unregelmäßige  Krystalle  auf. 
Benutzt  man  stärker  konzentrierte  Lösungen,  so  läßt  sich  wohl 
die  Empfindlichkeit  steigern,  aber  auch  nur  bis  zu  einem 
gewissen  Grade,  da  stark  konzentrierte  Lösungen  von  Thallium- 
acetat  einen  nicht  charakteristischen,  feinkörnigen  Niederschlag 
hervorrufen.  Eine  Lösung  von  5%  bewährte  sich  noch  am 
besten.  Sie  erzeugt  schöne,  regelmäßige  Krystalle,  die  man 
sehr  leicht  identifizieren  kann.  Durch  einen  geringen  Zusatz 
von  Glyzerin  kann  man  die  Krystallbildung  mehr  lokalisieren. 

Mein  Reagens  bestand  aus: 

Thalloacetat  0-5g,  Glyzerin  2  g,  dest.  Wasser  7 '5g. 


Verbreitung  des  Chlors  im   Pflanzenreiche.  2J9 

Statt  des  bisher  gebräuchlichen  Thallosulfates  wende  ich 
lieber  das  Thalloacetat  an,  da  es  erstens  in  beliebiger  Menge 
in  Wasser  löslich  ist  im  Gegensatze  zu  dem  nur  bis  zu  4% 
löslichen  Sulfat,  andrerseits  um  die  die  Reaktion  ungünstig 
beeinflussende  Wirkung  von  der  dabei  entstehenden  Mineral- 
säure (H2S04)  aufzuheben,  was  ich  sonst  nur  durch  Zusatz 
von  Natriumacetat  erreichen  könnte.  Die  Reaktion  tritt  nicht 
ganz  lokalisiert  auf  und  ist  ziemlich  empfindlich.  Ihren  größten 
Wert  besitzt  sie  in  den  ganz  charakteristischen,  kaum  zu  ver- 
kennenden rosettenförmigen  Krystallen. 

Nachweis  durch  Silbernitrat. 

AgN03  in  Lösung  ist  auf  Chloride  in  der  Makrochemie 
das  am  häufigsten  gebrauchte  Reagens.  In  der  Mikrochemie 
bevorzugte  man  jedoch  trotz  ihrer  bedeutenden  Minderempfind- 
lichkeit die  Thallosalze,  da  das  erstere  mit  Chlor  einen  käsigen, 
amorphen  Niederschlag  gibt,  den  man  erst  in  NH3  lösen  muß, 
um  beim  Verdunsten  der  Lösung  AgCl-Krystalle  zu  bekommen. 
Diese  Prozedur  ist  auf  einem  Objektträger  recht  umständlich, 
in  vielen  Fällen  schwer  anwendbar.  Zu  denselben,  ja  noch 
besseren  Resultaten  kommt  man,  wenn  man  gleich  mit  einer 
NH3-haltigen  Silbernitratlösung  arbeitet.  Fügt  man  einer  AgNO..- 
Lösung  NH3  hinzu,  so  entsteht  zuerst  ein  brauner  Niederschlag 
von  Ag20,  welcher  sich  in  überschüssigem  NR,  zu  der  Ver- 
bindung [Ag(NH3)2]OH  auflöst.  Außerdem  ist  in  der  Lösung 
noch  [Ag(NH3)2]N03  enthalten. 

Diese  Verbindungen  sind  sehr  labil.  Schon  an  freier 
Luft,  durch  Verdunsten  von  NH3  entsteht  wieder  AgNO.,.  Ist 
Cl  vorhanden,  so  bildet  sich  AgCl  in  wunderschönen,  regel- 
mäßigen Krystallen.  Auch  hier  wird  die  Empfindlichkeit  nach 
dem  Massenwirkungsgesetz  durch  höhere  Konzentration  der 
Lösung  gefördert,  aber  die  Krystalle  werden  in  demselben 
Maße  kleiner  und  unkenntlicher.  Für  nachfolgende  Unter- 
suchungen benützte  ich  eine  1  %  Lösung  von  AgN03  in 
einer  10%  NH3-Lösung.  Bei  sehr  geringem  Cl-Gehalt  ist  eine 
Vo%  AgN03-Lösung  in  10%  NH,  vorzuziehen,  um  größere 
Krystalle  zu  bekommen. 


300  J.  Jung, 

Der  Vorgang  bei  Untersuchungen  ist  folgender.  Man  legt 
einen  Schnitt  in  einen  Tropfen  des  Reagens  und  läßt  das  NHa 
an  der  Luft  möglichst  ruhig  verdunsten.  Allmählich  nach  1  bis 
2  Minuten,  proportional  der  Verdunstung  des  NH3,  entwickeln 
sich  AgCl-Krystalle  an  der  Oberfläche  des  Tropfens,  die  oft 
eine  für  den  Mikrochemiker  selten  gesehene  Größe  annehmen. 
Sie  gehören  ins  tesserale  System,  bilden  Würfel,  Oktaeder, 
fast  immer  aber  kreuzförmige  oder  ordensternartige  Drusen 
in  großer  Mannigfaltigkeit,  so  daß  man  bei  mancher  Reaktion 
kaum  zwei  ganz  gleiche  Krystalle  findet.  Ihre  Größe  erreicht 
oft  100  \i.  Während  der  Beobachtung  färben  sie  sich  blau, 
violett  bis  schwarz,  welche  Eigenschaft  ich  als  eine  der  wich- 
tigsten zu  ihrer  Identifizierung  bezeichne.  Unter  den  Ag-Ver- 
bindungen,  welche  alle  mehr  oder  weniger  lichtempfindlich 
sind,  färbt  sich  nur  das  Chlorid  so  intensiv  violett  bis  schwarz, 
während  die  anderen  unter  dem  Mikroskop  in  derselben  Zeit 
höchstens  ein  Grau  annehmen.  Zu  ihrer  ganz  genauen  Be- 
stimmung sei  noch  ihre  Leichtlöslichkeit  in  Cyankalium,  in 
unterschwefligsaurem  Natron  und  in  einer  konzentrierten 
Lösung  von  salpetersaurem  Quecksilberoxyd  angegeben. 

Manchmal  können  reduzierende  organische  Verbindungen 
(Gerbstoffe  u.  dgl.  m.)  in  der  Pflanzenzelle  die  Reaktion  störend 
beeinflussen,  indem  außer  den  AgCl-Krystallen  ein  feinkörniger, 
schwarzer,  strukturloser  Niederschlag  von  metallischem  Silber 
entsteht,  aber  dieser  ist  bei  einiger  Aufmerksamkeit  sehr  leicht 
neben  AgCl-Krystallen  infolge  Fehlens  jeglicher  Krystallform 
zu  unterscheiden.  Außerdem  hat  man  in  diesem  Falle  bei 
etwaigem  Zweifel  das  Thalliumreagens  zur  Verfügung.  Manch- 
mal kommt  es  vor,  daß,  wenn  Schleim  vorhanden  ist,  sich 
unregelmäßige  Körner  abscheiden  oder  daß  noch  andere  kry- 
stallinische  Niederschläge  entstehen,  was  der  Fall  sein  kann, 
wenn  Phosphate  vorhanden  sind,  die  mit  NH3  bei  Anwesen- 
heit von  Magnesium  reagieren,  Körner,  die  zu  wenig  charak- 
terisiert sind,  um  als  Beweis  für  die  Anwesenheit  von  Cl 
dienen  zu  können.  In  solchen  Fällen  läßt  man  die  Schnitte 
nur  einige  Minuten  in  starkem  Lichte,  am  besten  in  der  Sonne 
liegen  und  bald  differenzieren  sich  die  AgCl-Krystalle  von  den 
anderen,    indem    sie    sich    infolge    der  Bestrahlung    verfärben. 


Verbreitung  des  Chlors  im   Pflanzenreiche.  301 

Außerdem  läßt  sich  auch  hier  Borodins-Verfahren  anwenden, 
nämlich  ihr  Verhalten  in  einer  gesättigten  AgCl-Lösung  in 
konz.  HCl  oder  NaCl. 

Die  Empfindlichkeit  dieses  Reagens  ist  bedeutend  größer 
als  die  des  ersteren  aus  Thalliumacetat  bereiteten,  so  daß  es 
mit  ihm  möglich  ist,  noch  ganz  geringe  Spuren  von  Chloriden 
unzweideutig  nachzuweisen.  Deshalb  verwendete  ich  es  haupt- 
sächlichst   bei  der  Untersuchung  der  nachfolgenden  Pflanzen. 

Macallum1  verwendet  das  Silbernitrat  in  Gegenwart  von 
Salpetersäure  als  Reagens  auf  Chloride  und  exponiert  den 
Niederschlag  im  Lichte.  Er  bezeichnet  diesen  Nachweis  als 
äußerst  zuverlässig.  Es  entsteht  hierbei  ein  amorpher  Nieder- 
schlag, der  nur  die  eine  Eigenschaft  besitzt,  daß  er  sich  im 
Lichte  verfärbt,  was  mir  bei  dem  Fehlen  von  charakteristischen 
Krystallformen  als  Identitätsbeweis  zu  wenig  dünkt. 

Nachweis  durch  Thallosulfat  mit  Platinsulfat. 

Kley2  bemerkt  in  seiner  Mikrochemie,  daß  man  die 
Empfindlichkeit  der  Reaktion  mit  Thallosulfat  auf  Chlor  durch 
einen  geringen  Zusatz  von  Platinsulfat  auf  das  100 fache  er- 
höhen kann.  Es  entsteht  hier  ein  feinkörniger,  krystallischer 
Niederschlag  von  Thalliumplatinochlorid.  Leider  konnte  ich 
trotz  aller  Mühe,  da  die  Arbeit  zur  Zeit  der  Kriegsnot  ent- 
standen ist,  kein  Platinsulfat  erlangen  und  mußte  daher  auf 
eine  Untersuchung,  ob  dieses  Reagens  für  die  Pflanzenmikro- 
chemie geeignet  ist,  verzichten. 


Mit  Hilfe  dieser  Chlorreagentien  ging  ich  daran,  das  Vor- 
kommen und  die  Verteilung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche  zu 
prüfen.  Nachfolgende  Pflanzen,  die  untersucht  worden  sind, 
sind  in  systematischer  Reihenfolge  geordnet.  Sie  wurden 
meistens  blühend  im  Freien  oder  im  Glashause  gesammelt,  im 
frischen  Zustande  behandelt  und  nur  Lücken  ergänzte  ich 
durch    Herbarexemplare,    wobei    sich    die    Silbernitratreaktion 

1  Macallum  A.  B.,  On  the  Naturc  of  the  Silver  Reaction  in  Animal  and 
Vegetable  Tissues  (Proc.  Roy,  Soc.   1898,  vol.  63,  p.  467). 

2  Behrens-Kley,  Mikrochemische  Analyse,  IV.  Aufl.  Leipzig — Hamburg 
1915. 


302  J.  Jung, 

auf  das  beste  bewährte,  da  ja  die  Krystalle,  wie  oben  erwähnt, 
an  der  Oberfläche  des  Reagenstropfens  erscheinen  und  auf 
diese  Weise  deutlich  sichtbar  werden. 

Aus  folgender  Tabelle  ersieht  man,  wie  weit  verbreitet 
die  Chloride  auch  unter  den  Binnenpflanzen  sind,  die  oft  dem 
Salzreichtum  der  Halophyten  gar  nicht  nachstehen.  Die  Ver- 
breitung läßt  die  Vermutung  beinahe  zur  Gewißheit  erstarken, 
daß  das  Chlor,  manchmal  zwar  wegen  seines  geringen  Vor- 
kommens nicht  mit  Sicherheit  nachweisbar,  ein  allgemeiner 
Inhaltstoff  der  Pflanze  ist.  Auffallend  ist  es  auch,  daß  es  nur 
wenige  Pflanzenfamilien  gibt,  deren  Vertreter  alle  chloridarm 
sind,  so  daß  man  auch  in  sonst  salzscheuen  Familien  (Rosa- 
ceen) Pflanzen  findet,  die  einen  größeren  Chlorgehalt  besitzen, 
welche  aber  meistens  wieder  der  Ruderal-  oder  Segetalflora 
angehören.  Ferner  ist  der  Chloridgehalt  derselben  Art  nicht 
immer  derselbe.  Er  scheint  sehr  von  der  chemischen  Beschaffen- 
heit des  Bodens,  aber  auch  von  der  Jahreszeit,  beziehungs- 
weise Vegetationszeit  abzuhängen.  Ich  untersuchte  zwei 
Kleinien  derselben  Spezies  {Kleinia  articiilata),  die  eine  aus 
meinem  Besitze  in  Mistbeeterde  mit  .Sandzusatz  gepflanzt,  die 
andere  aus  dem  Institutsglashause,  zu  gleicher  Zeit  und  be- 
kam verschieden  starke  Reaktionen  auf  Chloride.  Meine  Pflanze 
reagierte  sehr  stark,  die  andere,  anscheinend  in  Komposterde 
wachsend,  bedeutend  schwächer.  Blattstiele  von  Prinmla 
obconica  enthielten  im  Frühjahr  viel  Chloride,  während  sie 
im  November,  wo  ich  die  Absicht  hatte,  die  Krystalle  zu 
photographieren,  nur  einen  mittelmäßigen  Niederschlag  lieferten. 
Ob  hier  in  der  Vegetationsruhe  eine  Wanderung  des  Chlors 
nach  anderen  Organen  (Wurzel  etc.)  stattfindet,  oder  ob  die 
Behauptung  Diels,1  die  meisten  Halophyten  besäßen  die 
Fähigkeit  mit  irgendwelchen  Mitteln  die  Chloride  zu  zersetzen 
und  sie  aus  den  Geweben  zu  entfernen,  den  Tatsachen  ent- 
spricht, kann  ich  jetzt  nicht  behaupten,  doch  neige  ich  mehr 
der  Ansicht  Beneke's2   zu,    der   die  Arbeit  Diels  überprüfte 


1  Diels  S.,  Stoffwechsel  und  Struktur  der  Halophyten.  Jahrb.  d.  w.  B., 
1898,  Bd.  XXXII. 

2  BenekeW.,    Über    die  Diels'schc  Lehre    von    der    Entchlorung    der 
Halophyten.  Jahrb.  d.  w.  B.,  Bd.  XXXVI. 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


303 


und  eine  Entchlorung,  wie  Di  eis  sie  für  die  Halophyten  in 
Anspruch  nimmt,  in  Abrede  stellt.  Versuche,  die  diese  und 
auch  andere  physiologische  Fragen  betreffen,  sind  bereits 
begonnen  und  darüber  wird  später  berichtet  werden. 

Pflanzen  in  systematischer  Reihenfolge  geordnet. 


Name 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel     Blatt 


CD  .£  O 

-°  -      I    '-3 

O         P        CO 


Ver- 
schiedenem 


I.  Stamm:    Myxophyta. 
Trichia  chrysosperma   . .  . 

II.  Stamm:    Schizophyta. 
1 .  Klasse  :  Schizophyceac. 

Oscillatoria  princeps  .  . .  . 
»  limosa   


III.  Stamm:  Zygophyta. 
3.  Klasse:  Conjngatac. 

Spirogyra  fallax 

»  rivularis 

»  (4  andere  Spec). 

Zygnema  (2  Species) 

Mcmgeotia  viridis 


IV.  Stamm:  Euthallophyta. 
1.  Klasse:    Chlorophyceae. 


Oedogonium  spec. 

Vaucheria  ierrcstris 

»  (2  Species  aus 
dem  Meerwasser) 

Udotea  desfontainü 

Cladophora  fracta 

»  spec.  (Meervv.) 

>  utriculosa 

Chara  fragilis , 


Ol 


Zellsaft 


i  Das  Nichteintreten  der  Reaktion  bezeichne  ich  mit  0,  sehr  schwache 
oder  schwache  mit  1,  mitttelstarke  2,  3,  starke  4,  sehr  starke  Reaktion 
mit  5. 

-  Die  Organismen  aus  Meerwasser  wurden  natürlich  vor  der  Reaktion 
in  destilliertem  Wasser  gründlich  abgespült. 


304 


J.     J  LI  11  ! 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


.Stamm 


o     .5 

S       PS 


Stengel 

Blatt    ! 

1  ° 

c 

•^     '  s 

<u 

JO 

c 

M3         O. 

o   ;  3 

C/2     |  CO 

Ver- 
schiedenes 


2.  Klasse  :    Fmtgi. 
.1.   Eumycetes. 


Minor  spec 

Aspergillus  glaueus 

l'aucilUmu    crustaceum.  . 

Ascöbolus  spec 

Botrytis  spec 

Helotium  virgultorum  . .  . 

Nectria  cinnabarina 

Hypoxylon  fusettm 

( 'lavaria  flava 

Polyporus  adustus 

Polystictits  versicolor  .... 

Dacdalea  quercina 

Boletus  scäber 

Cantharellus  eibarius.  . .  . 

( 'oprinus  spec 

Lactaria  deliciosa 

Agaricus  campestris 

Indiens 

bicolor 

»  iiiusciiriiis 

procerus  

Sphaerobolus  carpöboltts  . 

Lycoperdon  spec 

bovista 


B.    Lichenes. 

( 'ladonia  rangiferina, 
Siicta  pulmonaria. .  . , 
Xantoria  parietinß  .  . . 
( 'etraria  ishuidica . .  .  . 

Usnea  barbata 

Evernia  spec 


VII.  Stamm:   Cor.mophyta. 
1.  Abteilung:  Archegoniatae. 

1 .  \  'nterabteilung :  Bvyophyia. 
1.  Klasse :   Musci, 

Dicraitum   scoparium 

Leucobryum  glaueum 


Milchsaft    0 


Stiel  4 


Sproß 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


305 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


CS 


Stengel 


O         3 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Funaria  hygrometrica  . . 

Bryum  argentenm 

»        binum 

»       capillare 

Milium  pttnciatum 

»        stellare 

Polytrichum  spec 

Fontinaiis  antipyretica. . 

Leskea  polycarpa 

Thuidium    iamariscinitm 

Hygrohypnum  palitslrc  . 

Hypnum  molluscum . .  . . 

»  cupressifqrme  . 

Hylocomium  spec 

Brachythecium  reflexiim . 

»  salebrosum 

SphagWUpt   cymbifolium.  . 

sqiiarrosu  m  .  . 

»  cuspidatum  .  . 

»  acutifuliu in  .  . 

fanbriatmn   .  . 

2.  Klasse:    Hepaficae. 

Fegatella  conica 

Marchanf ia  polymorpha .  . 
Ricia  flu  if ans 


2.   Unterabteilung:    Pteri- 
dophyta. 

1.  Klasse:   Lycopodiinae. 

Lycopodium   amiotinum.  . 

»  clavatum  . .  . 

Selaginella   martensii .  .  .  . 

»  watsoniana  .  . 


3.  Klasse:    Equisetinae. 

Equisetuin  hiemalc 

arvense  

maximum . .  . 
»  lim os um  . .  . . 

»  gracillimum 


{) 

0 

0 

0 

0 

0 

2 

2 

Sproß 


Thallus        1 
1 

1 


Sporophyll  0 
0 


Sproß 

fertil.  Sproß  3 
»  3 
»  3 
>      3 


306 


J.  Jung, 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel!    Blatt 


Ver- 
schiedenes 


5.  Klasse:  Filicinae. 

Angiopteris  evecta 

Plalycerium  alcicorne.  .. 
P/eridinm  aquilinum  .  .  . 

Pteris  spec 

»       cretica 

Gymnogramme  sulphurea 
Adiantum  formosum  .  . . 

>  mindula 

»  capillus  vencvis 

Scolopendrium  vulgare. . 

Blcchnum  gracile 

Aspidium  falcatum  .... 
Stntthioptcris  germanica 

Davallia  spec 

»         fijiensis 

2.  Abteilung:    Anihophyta. 

1.  Unterabteilung:  Gymno- 
spermen. 

4.  Klasse:    Ginhgoinae. 
Ginkgo  biloba 

5.  Klasse:    Coniferae. 

Taxus  baccata , 

Sequoia  giganiea 

Cryplomeria  japonica.  . , 
Cupressus  sempen  •  iren  s 
»  fasiigala  . .  . 

Thuja  occidenialis  .... 
Juniperus  communis  .  . 

>  virginiana  .  . 
Äraucaria  excelsa 

»  brasiliana  .  . 

Abies  alba 

Tsuga  martensiana  . .  . 

Picea  excelsa 

Larix  deeidua 

Cedrus  atlantica 


l   Bei  der  Vegetationsspitze. 


Rhizom  i     3 


Frucht        0 


junger Sproß  3 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


307 


Name 


Ü 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


cc 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Pinus  nigra 

»       strobus  

»       puiuilio   

6.  Klasse:  Gnetinae. 

Ephedra  gerardiana 

»  campylopoda 

■»         procera 

2.  Unterabteilung:    Angio- 
spermae. 

1.  Klasse:   Dicoiy ledernes. 

1 .  Unterklasse :   Choripelalae, 

A.  Monochlawydeae. 

Casuarina  equiselifolia 

Belula  alba 

Carpinus  betulus  . . 

Corylus  avellana .  . . 

Caslanea  sativa .... 

Oitercus  toza 

Salix  alba 

»      reticulata. .  . . 
»      retusa 

Monis  nigra 

Ficus  aevocarpa  .  . . 

Hiuiiii/iis  lupulus.. 

Cannabis  sativa  .  . . 

Ul iiuis  campeslris . . 
■»       aculifolia  . . 

Urtica  ureiis 

»        diuica 

»       cannabina  . . 

Parietaria  officinalis 
»  cretica  . . 

Viscum  album  .... 

Ruinex  crispus  .... 
»        obtusifolius 
»        conglomeratus 
»        sangiiineus .  . . 


1  Glashauspflanze. 

2  Holzig 


Sproß 


Sproß        2 1 


Pollen         0 


Zweig 


308 


J.  Jung, 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


EU 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Rum  ex  maritimits1 

>        acetosa 

»        aceiosella 

Rheum  spec 

Polygonum  aviculare  .... 

»  lapathifoli  a  m 

»  persicaria  . .  . 

»  amphibium  .  . 

Mühlenbechia  platyclada . 

»  »         . 

Mercurialis  amtua  I. . 

11.2 

Euphorbia  coerulcsccns 

»  palustris    . , 

»  peplus 

»  amygdaloides  I. 

11.3 

Chenopodium   quinosa  . 

»  vulvaria 

>  polyspennuiii 

>  album   .... 

>  opulifoliüm 
»  murale  .... 

>  glanctim  .  .  . 
»           huiius  hairicus 

Airiplex  canescens  .... 

»         hastalum   .... 

Diotis  candidissima  .  .  . 

Beta   comatögonä 

»      trigina 

>'      «ana 

Spinacea  oleracea 

Salicorma  herbacea  . .  . 

j>  fruticosa  . .  . 

Suaeda  maritima    I.... 

IL«.. 

»       fruticosa 

Salsola  lanata 


Herbarpflanze. 

Im  Spätherbste  untersucht. 

Andere  Pflanze. 

Holzig. 

Nicht  holzig. 

Andere  Pflanze. 


55 


Hl 


Sproß  oben  2 

»     unten  1 


Epidermis    1 
Nerv  d.  Blatt.  4 
Milchsaft    3 
3 

1 


jung. Sproß  4 


Sproß  ."> 

Epidermis  1 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


309 


Name 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Salsohi  cinerea 

»        salsa 

»        soda  

kali 

Corispermum  marschallii 

»     intermedia  in 

»     nitidum 

Kochia  trichöphylla  .... 

»         arenaria 

»         scoparia 

■»       prostrata 

»         cinerarea 

Polycnemum  arvense. .  . . 
»  inajiis  .... 

.  1  marantus  hypochondriaens 

albus  

reiroßexus  .... 
paniculatus  . .  . 
Mesembryanthemum  bohisi 
»  linguiformc 

Tetragoriia  expansa 

Opuntia  cylindrica 

Rypsalis  megalantha  .... 

Mamillaria  wildii 

Epiphyllum  truncatum  .  .  . 

Phyllocacius  crenalns .... 

»  hybr.    (Ruhn 

von  Hamburg) 

Phyllocacius    hybr.    pfers- 

dorfii  

Phyllocactüs  hybr.  hooheri 

Echiitopsis  milkensii 

Hermaria  hirsuta 

Stellaria  media 

»         holostea 

Arenaria  serpyllifolia   ... 
»  rubra    .  . . 

»  marginaia 

Silene  inflata 

»        nutans 

T'.inica  saxiftaga 

Dianthits   barbalns 


1  2 


Nüßchen      1 


Epidermis  1 


Kelch  und 
Korolle      1 


i  Mit  viel  Mark. 
-  Holzig. 


310 


J.  Juna- 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm   Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Dianthus  carthusianorum 

»         deltoides  .  . 

Lychnis  ßos  cttculi .  , 

»         chalcedonica 

Agrostem  ma  githago 


Saponaria  ofßcinalis  . 

B.    Diatypetaleae. 

Magnolia  hybr 

Arisiolochia  clemaüüs 
Berberis  cerasina  . 
Paeonia  ofßcinalis 
( \iHlhi  palustris  .  . 
Trollius  europeus  . 
Helleborus  viridis. 

»  niger.  . 

Aquilegia  spec. . .  . 
Nigella  arvensis  .  . 
Delphinium  hybridum 

»  consolida 


»  formosum 

Anemone  pulsatilla.  . . 

»         sulphurea  . . 

»  hepalica  .  .  . 

Thalictrum  dipterocarpu 
Ranunculus  repens.  . 
»  arvensis 

Adonis  vernalis 

Nuphar  luteum 

Nymphea  alba 

Ceratophyllum  demersum 
Papaver  som  n  iferu  m 

»        rhoeas    .... 

»         dubium .... 

»         alpinum  .  .  . 

»  »  ... 
Chclidonium  maj'us  . 
<  'orydalis  lutea 

»  cava  


Holzig. 


1  i 


Korolle  2 
Fruchtknoten 

und  Griffel  1 
Fruchtknoten 

u.  Korolle   1 


Blüte 


Korolle        2 
Fruchtknot.  1 

Kelch  und 

Korolle      1 
Rhizom        2 


Fruchtknot.  1 


Pollen 


Korolle        1 

Staubgefäß  2 

Milchsaft    0 


Verbreitung  des   Chlors  im  Pflanzenreiche. 


311 


Untersuchte  Organe 

C 

GS 

Stamm 

Stengel 

Blatt 

Name 

(X 

"öS 

Ver- 

o 

c 

CS 

O 

3 

J3 
"o 

c 

o 

c 

CJ 

C 

2 

*ö3 

'S 
u 

in 

schiedenes 

Fumaria  officinalis 

4 

3 

Barbamea  vulgaris 

2 

2 

2 

2 

Nasturtittm  silvestre 

1 

1 

Cardamine  pratensis 

4 

3 

Sisymbrium  austriacum   .  . 

1 

2 

4 

Stengel- 
mark         2 
Schöttchen   1 

»            sophia 

1 

1 

1 

Erysimum  durum 

2 

1 

1 

Camelina  sativa   I 

2 

3 

Schöttchen 
(grün)        1 

II 

2 

Blattnerv    3 

Alyssum  saxatile 

1 

1 

Thlapsi  perfoliaium 

2 

1 

Capsella   bursa  pastoris.  . . 

2 

2 

Lcpidium  campcstrc 

4 

1 

Brassica  oleracea  f.  capitata 

4 

o 

»              »        f.  boirytis 

4 

2 

Sinapis   arvcnsis 

1 

> 

4 

3 

3 

Korolle        1 

Frucht- 
knoten     2 

Raphanus  raphanistrum  . . 

o 

3 

»          sativusi.radiola 

i 

> 

4 

Reseda  lutea 

1 

1 

1 

Tamarix  ielandra 

: 

> 

' 

> 

1 

4 

1 

Sproßgrün  4 

Drosera  rotundifolia 

Camettia  japonica 

0 

0 

Viola  odorata 

2 

2 

»       canina 

2 

1 

»       tricolor 

2 

2 

»       arvcnsis 

o 

1 

Begonia  spec 

2 

Hypericum  perforatum  .  .  . 

1 

Hibiscus  syriacus 

2 

2 

3 

3 

Fruchtknot., 

Narbe  und 

Staubgefäß  1 

»                    »          ... 

Kelch            3 

Althaea  officinalis 

3 

3 

o 

Korolle         1 

Malva  rotundifolia 

3 

3 

1 

Tilia  europea 

( 

) 

1 

1 

Geranium  pratense 

3 

3 

1 

»           molle 

2 

1 

»          robertianum .  . 

2 

2 

1 

Erodium  cicutarium   .  . . 

1 

3 

1 

1  Pelargonium  zonale  .... 

2 

1 

Impatiens  sultani 

i 

3 

3 

4 

3 

Sitzb.  d.  mathem.-natunv.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd. 


21 


312 


J.  Juni 


Name 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


X 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Citrus  aurantii 

Polygala  chamaebuxus 

Acer  platanoides 

Aesculus  macrostachya 

Hex  aquifolium 

Rhamnus  frangula .  .  . 

Vitis  vinifera 

Scmpcrvivum  tectoru  m 
»  alpinuni 

»  velutinun, 

Sedtim  purpureum  .  . . 

»       äizoon 

»       acre 

Crassula  portulacea  . . 
>  multieava.  . . 
»  arborescens  . 

»         Jalcaia 

Cotyledon  scheidekerü 
Saxifraga  äizoides  .  . . 
j>  rotundifolia 

»  sedoides    . . 

»  caesia   .... 

»  äizoon  .... 

»  11111b  rosa  . . 

Tolmiea  menziesii  .  . . 
Hydrangea  opoluides  . 

Ribes  auiericana 

Kerria  j\ip mica 

Rubus  fritcticosus .  .  .  . 

Pragaria  vesca 

Gei im  magnificum  . .  . 

»         urbanum 

Potentilla  opaca 

Alchimilla  vulgaris  . . 
Agrimonia  eupatoria 


II 


Ulmaria  füipendida  . 
Polerium  sait^iiisorba 
Rosa  canina 
Cydonia  vulgaris 
Pirus  speclabil is . 
»  malus  .... 
Prunus  communis 


1  Holzig. 


Ranke  1 

Epidermis  1 


Blütenstiel  1 

Korolle  und 
Blütenstiel  1 


Zweij 


Blütenstiel  1 


Blütenstiel  3 


Same 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


318 


Name 


o 


Untersuchte  Organe 


Stamm   Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Prunus  avium    

■'■       cerasifera 

>       padus    

Mintosa  pudica 

Ccrcis  canadensis 

Astragalus  onobrychis  . .  . . 
»  glycyphyllos .  . . 

Robinia  pseudacacia  .  . 

Lens  esculenta 

Vitia  sativa 

Lathyrus  megalanthus . .  . . 

>  pratensis 

Oröbus  vernus 

Phaseolus  vulgaris 

Trifolium  pratense 

>  incarnatum  .  .  .  . 

>  arvense 

>  monlanum 

Melilotus  ofßcinalis 

>  albus 

Medicago  lupulina- 

»  sativa" 

Lotus  cornicu latus 

Cytisus  nigricans , 

Coronilla  varia 

Daphne  mecereum 

Lythrum  salicaria    I 

II 

>  hyssopifolium  .  . 

Eugenia  ugnii 

Epilobium  parvißorum   .  . 

Oenothera  biennis 

Circaea  lutetiana 

Myriopliyllum    proserpina- 

coides    

Hippuris  vulgaris 

Aucuba  japjnica 

Eryngium  campcstre  .  .  .  . 

»  ainelhystinuiu . 

Chaerophyllum  temulum  . 

»  aurcum   .  . 

Torilis  anthriscus 


Korolle 


Stämmchen  1 


Korolle 
Same 

Same 


Rhizom 


Blattscheide  2 


1  Holzig. 

2  Kultiviert. 


314 


J.  Jung, 


Name 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


« 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Couiiiiii  maculatum  . .  . 
Peiroselintim  sativum.  . 
Foeniculum  piperaccuni 

Apium  graveolens 

Daiicns  carola     I 

II 


2.  Unterklasse :   Sympetalae. 

Monolropa  hypopitys  .  . 
Rhododendron  hirsutum 

Azalea  spec 

Erica  carnea 

»      vulgaris  .... 
Primula   acaulis.  . . 


»         officinalis   .  . 

■»         denliculata .  . 

malacoides .  . 

>  chineusis  .  . . 
»         öbconica .... 

Cyclamen  europeum  .  . 
Lysimachia  vulgaris  . 

■»  nummulär 

Convolvulus  arvensis  . 

»  sepium  .  . 

<  'useuia  epilinum  .... 
Symphytum  officinale. 

»  tuberosum 

Anchusa  officinalis    I. 

II. 

»  i/alica 

Myosotis  palustris  .  .  . 

>  a/pesiris   .  .  . 

EcJiiuiu  vulgare 

Cerinthe  minor 

Atropa  belladona  .... 
Solanum    tuberosum  .  . 

nigrum  .... 

>  lycopersicum 


1   Holzifir. 


11 


Frucht         2 
Frucht  1 


Epidermis  1 
Spaltöff- 
nungen    0 


Blütenstiel  4 


Adern  des 

Blattes 
Zellsaft 


Blütenteile  1 


Verbreitung  des   Chlors  im   Pflanzenreiche. 


315 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm  |  Stengel      Blatt 


*     SB 


Ver- 
schiedenes 


Datum  slramoniiim  .  .  . 

Nicotiana  affinis 

Verbascum  giganteum  . 

thapsus  .  .  . 

btaitavia    .  . 

»  nigrum   .  .  . 

>•  lychnüis .  .  . 

Calceolaiia  rtigosa  .... 

Lina riti   vulgaris 

»         alpina 

»  cymbalaria  .  .  . 
Antirrhitiuni  majus  .  .  . 
Scrophularia  nodosa  .  . 
Gratiota  officiualis .... 
Veronica  longifolia  .  .  . 
»  triphyllos  .  .  . 

Digitalis  ferruginea  . .  . 
»  purpurata  .  .  . 

Melampyrum  nemorosum 
Lathraea  sguamaria  I.  . 
II.  . 
Pinquicula  gypsophila .  . 
Orobanche  caryophyllacea 
Tecoma  grandißora  . .  . 

Ajuga  reptans 

>        montana 

Lavandula  spica 

Sälvia  pratensis    I 

II.  ... 
Thymus  serpyllitm  .... 
Origamim  majorana  .  . 
Satureja  hortcnsis  .... 

»  montana   .... 

Calamintha  alpina  .... 
Glechoma  hcdcracea  . .  , 
Marttbium  peregrinum , 
Betonica  leucoglossa .  .  , 

»         officiualis .  .  .  , 

Stachys  silvatica 

Galeopsis  tetrahii 

Laminm  mactilatum .  . 


i    Mit   Mark. 


Korolle        1 
1 


Pollen  0 

Korolle        2 


Kelch  und 
Korolle 


Kelch 
Knrolle 


316 


J.  Jung, 


0 

Untersuchte  Organe 

c 

CS 

Stamm   Stengel 

Blatt 

Name 

0H 

'S 

Ver- 

CO 

c 

3 

Ja 

0)      1     2i 

[3 

'cd 

schiedenes 

CS 

O 

£ 

X 

s 

£>    1    C 
O         3 

c/5 

5. 

Plektranthus  fructicosus  .  . 

2 

3 

1 

Planlago  major 

3 

3 

»          lanceolata  .  .  . 

4 

Blütenstiel  4 

j>          arenaria 

2 

2 

Gentiana  acaulis 

1 

1 

>         pumila 

0 

Kelch, 

Korolle, 

Staubgelaß  0 

>          verna 

0 

Blütenteile   0 

Erythraea  centaurium  . 

2 

1 

Korolle          1 

Vinca  minor 

1 

1 

1 

»       major 

2 

3 

3 

Nerinm  Oleander 

2 

2 

unger Sproß  2 

Stapelia  hirsuta 

2 

. 

>         variegata  .... 

2 

Forsyihia  suspenso .... 

l 

3 

1 

Ligustrum  vulgare .  .  .  . 

0 

0 

0 

0 

Asperula  odorata 

3 

2 

»         arvensis 

11 

2 

Galium  cruciala 

3 

2 

Sambucus  nigra 

2 

1 

*•           ebuhis 

3 

2 

Valeriana  officinalis  .  . 

3 

2 

1 

Dipsacus  Silvester 

1 

3 

1 

Knautia  arvensis 

1 

2 

Cucurpita  pepo 

3 

3 

2 

Bryonia  dioica 

2 

1 

1 

Saft  d.  Beere  1 

Campanu  la   rapu  neu  lo'ides . 

2 

4 

2 

»            roiundifolia  . . 

1 

2 

»            barbata  

4 

1 

Lobelia  spec 

2 

2 

Solidago  virga  aurea 

2 

2 

»         ßabelliformis .... 

3 

2 

Bttphthalmum  salicifolium , 

2 

3 

Aster  leucanthemum 

3 

2 

>      simplex 

2 

1 

>       erieoides 

1 

>       bicolor 

1 

>       alpinus 

3 

1 

Erigeron   acer 

»         canadensis 

1 

1 

Bcllis  perennis 

2 

1 

Gnaphalium  silvaticum  .  .  . 

1 

1   Holzig. 

-  Markhältig. 

! 

Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


31 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Helianthus  annuus .  .  .  . 

Dahlia  variabilis 

Galinsoga  parviflora  .  . 
Xanthium  strumarium . 
Anihemis  austriaca  .  .  . 


Achülea  mülefolium    1.  .  . . 
II.  .  .. 

Matrkavia  chamomilla  .  . . 

Chrysanthemum  spec.  hybr. 

»  teucanthemum . 

»  inodorum 

Artemisia  vulgaris1  . 

äbsinihinm 

Senecio  lvilsoniana.  . 

»        jacobaea .... 

Kleinia  articulata    I. 

II. 

Ech inops  sphaeroeephalu .* 

Carduus  pannonicus 

Cirsium  monspessulanum 

Ceniaurea  cyanus  I. .  .  . 

>       II. .  .  . 

»  Hiontana  .  .  . 

»  scabiosa.  .  .  . 

Carlina  acaulis 

Lappa  ofjicinalis 

>        tomentosa 

Lactuca  sativa 

Crepis  virens 

»        biennis 

Cichorium  intvbus  I.  .  . 

II.  .  . 

Taraxacum  officinalc  .  . 

Lampsana  communis .  . 

2.  Klasse:  Monocotyledone 
Alisina  plantago.  .  .  . 
Buiomus  umbellatus . 


1  Fruchttragend. 

2  Markhältig. 
:;  Holzig. 


2  2 


Strahlen- 
Scheibe  n- 
blüten  1 


Milchsaft     1 


Blüten 
Stenge!      3 


318 


J.   Jung. 


Xame 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Stratiotes  aloides 

Hydrocharis  morsus  ranae 

Eladea  canadensis  .  .  . 
Scheu chzevia  palustris 
Potamogeion  per/o! infus 
Colchicu m  autumnale 
Aloe  vulgaris 

»     coerulescens  .  .  . 
Hartwegta  coinosa  .  . 

Allium  sativuht 

»       cepa 

Lilium   marfagon  .  .  . 

Tulipa  gesneriana  .  . 

»        silvestris  .... 

Gagea  lutea 

Urginea  maritima  .  . 

Scilla  bifolia 

OrnUhogalum  uutans 

»  Hinbellatitm 

Muscari  racemosutn 
Asparagus  sprengen' 
Juncus  glaucus .  .  . . 
Clivia  minuata  .... 
Leucojum  vcrnuiu  . 
Tris  pseudacorus .  .  , 
germanica  .... 

>      'Jraminea 


Cyanotis  somäliensis  . 

Zebrina  pendula 

Cyperus  alternifolius  . 

>         fuscus 

Eleocharis  palustris  .  . 

Scirpus  maritimus  .  .  . 

»         silvaticus .... 

Eriophorum   alpinum . 

»  vagi natu  in 

Carex  cchinata  

»       digitata 

acutiformis .... 

»       hirta 

Zea  mays 

Audropogon   ischaemon 


1  Blütenstengel. 


:>A 


Zwiebel 


Zwiebel       1 


-"erigon 


Blüten- 
stengel     3 
Epidermis  1 


Staubgefäß  l 


Verbreitung  des   Chlors  im   Pflanzenreiche. 


319 


Name 


<D 

N 

C 

st 

53 

Oh 

c 
cd 

O 

^     l 

Untersuchte  Organe 


Stamm   Stengel 

Blatt 

3 
X 

Rinde 

oben 
unten 

Stiel 

Spreite 

Ver- 
schiedenes 


Pauiciuii  capillare  .  .  . 

Agrostis  alba 

stolonifera    I. 

II. 

Alopecurus  pratensis  . 

Phl eu in  pratense 

alpinum    .... 

»         asper  um 

Phragm  ites  < •om  m  u  n  is 

Avena  sativa 

»      flavescens 

Arrhenatherum  elatius 

Briza  media 

Poa  nemoralis 

»     pratensis 

Glyceria  distans 

Dactylis  glomerata.  .. 

Festuca  elatior 

Broinus  erecins 

»         inermis 

»         ieciorum  .... 
Brachypodium  pinnatn 

Triticum  repens 

Hordeuni  murinum  . . 
jubatiini  .  .  . 

Loliuni  pratense 

Nardus  stricto 

Bamlntsa  stricta  ..... 
Cypripedium  insignc  . 

Orchis  albida 

Coelogyne  cristata  .  .  . 

Cattleya  spec 

Oncidium  splendidutn 
»  baueri  .... 

Epidendron  spec 

Sarcanthits  rostratus  . 
Acampe  papulosa  . .  . 
Arum  maculatmn  .... 
Amorphophallus  rivieri 
Leinna  trisulca. . . , 

>        minor 


Knolle 


320  J.  Jung, 

Aus  dieser  Tabelle  ersieht  man,  daß  sich  die  ver- 
schiedenen Familien  des  Pflanzenreiches  bezüglich 
des  Chloridgehaltes  verschieden  verhalten.  Während 
die  Vertreter  einiger  von  ihnen  teils  zur  Gänze  teils 
in  großer  Anzahl  Chloride  aufspeichern,  kann  man 
andere  wieder  geradezu   als  salzscheu  bezeichnen. 

Besonders  salzliebend  sind  folgende:  Die  Equiseta- 
ceen,  Canabaceen,  Ulmaceen,  Urticaceen,  Euphorbiaceen,  Poly- 
gonaceen,  Chenopodiaceen,  Amarantaceen,  Aisoaceen,  Cruci- 
feren,  Tamaricaceen,  Malvaceen,  Umbelliferen,  Primulaceen, 
Compositen,  Liliaceen  und  Iridaceen. 

Typisch  salzscheu  hingegen  sind:  Die  Cyanophy- 
ceen  und  Chlorophyceen  des  Süßwassers,  Lichenes,  Bryo- 
phyten,  Lycopodiales,  Filicales,  Coniteren,  Betulaceen,  Salica- 
ceen,  Crassulariaceen,  Rosaceen,  Ericaceen  und  Orchideen. 
Wie  sich  in  dieser  Hinsicht  die  Cyanophyceen  und  Chloro- 
phyceen des  Meeres  verhalten,  kann  ich  auf  Grund  meiner 
lückenhaften  Untersuchungen  nicht  sagen.  Es  wird  dies  das 
Studium  einer  späteren  Arbeit  sein.  Die  wenigen  Chlorophy- 
ceen des  Meeres  (siehe  Tabelle),  die  ich  untersuchte,  zeigten 
einen  auffallend  geringen  Chlorgehalt. 

Was  die  Verteilung  des  Chlors  innerhalb  der  Pflanze 
betrifft,  so  zeigen  die  Untersuchungen  folgendes: 

Der  Chlorgehalt  nimmt  im  allgemeinen  von  der  Wurzel 
zur  Stammspitze  zu.  Reich  an  Chlor  sind  nur  die  parenchyma- 
tischen  zellsaftreichen  Gewebe,  so  daß  es  nicht  unwahrschein- 
lich ist,  daß  die  Chloride  in  Zellsaft  gelöst  sind.  Die  jungen 
Internodien  in  der  Nähe  der  Sproßspitzen,  ferner  Blattstiele, 
Adern  des  Blattes,  fleischige  Wurzeln  (Daums  carota,  Apium 
graveolens),  Rhizome  (Davallia)  zeichnen  sich  immer  durch 
einen  größeren  Chloridgehalt  aus,  während  das  übrige  Gewebe 
der  Pflanze,  sei  es  das  chlorophyllhaltige  Mesophyll,  die  Epi- 
dermis, Haare  oder  die  Blütenteile,  nur  gering  reagieren.  Ver- 
holztes Gewebe,  Spaltöffnungen,  Pollen  und  Samen  enthalten 
nur  Spuren  oder  sind  frei  von  Chloriden.  Zellsäfte  wie  Milch- 
säfte reagieren  bei  chloridreichen  Pflanzen  immer  stark,  bei 
chloridfreien  dagegen  nicht. 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


321 


Was  die  Verteilung  des  Chlors  in  der  Ouerrichtung  des 
Stammes  anbelangt,  so  lokalisiert  sich  dieses  in  dem  Rinden- 
parenchym  und  dem  Mark,  so  lange  dieses  zellsaftreich  ist. 
Epidermis  und  Stranggewebe,  wenn  es  verholzt  ist,  weisen  nur 
Spuren  auf. 

Seh  im  per1  bemerkt,  daß  die  Chloride  eine  Vorliebe  für 
chlorophyllhaltiges  Gewebe  zeigen.  Ich  habe  zwar  seine 
Pflanzen  nicht  untersucht,  aber  meine  Ergebnisse  stehen  inso- 
weit mit  seiner  Ansicht  in  Widerspruch,  als  gerade  von  den 
parenerrymatischen  Geweben  das  chlorophyllhaltige  nur  Spuren 
von  Chloriden  aufweist,  während  das  chlorophyllfreie  immer 
eine  größere  Menge  als  jenes  enthält. 

Pflanzen  nach  Vegetationsformationen  geordnet. 
Flora  der  Wälder. 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm  ,  Stengel 


Blatt 


«   I         Ver- 
schiedenes 


Pilze,   Moose  und  Farn- 
pflanzen. 


Ciavaria  flava 

Boletus  scaber 

Cantharellus  eibarius , 
Laclaria  deliciosa 
Agaricus  bicolor 

»  uiuscarius . . 

>         proecrus  .  . . 

Lycoperdon    spec 

Leucobryum  glaueum . 

Bryum  capillare 

Milium  punetatum  .  . . 

>        stellare 

Polytrichum  spec 

Leskea  polycarpa  . .  .  . 


Milchsaft    0 
Stiel  4 


Sproß  0 

0 
1 

0 
0 
0 


1  Schimper  A.  F.  W.,    Zur    Frage    der  .Assimilation     der    Mineralsalze 
durch   die  grüne  Pllanzc.  Flora   1890. 


»99 


J .   J  li  n  g 


Untersuchte  Organe 


Name 


lim idi um  tamariscinum 
Hypnum  citpressiforme  . 
Ly<  opodium  annotinum . 
clavatum  . . 
Pteridium  aquilinum  .  .  . 

Nadelhölzer. 

Taxus  baccata 

Cupressus  sempervirens 

fastigata  .  .  . 

'Thuja  occidcntalis  .... 

Juniperus  communis  .  . 

Abies  alba 

Picea  excelsa 

Larix  decidua 

Fi n  iis  nigra 

pumilio 

Laubhölzer. 

Betula  alba 

Carpinus  beiulus 

Coryius  avellana 

Castanea  sativa 

Salix  iillhi 

l'Iiiius  campestris 

y       acutifolia 

Ttlia  europea 

.leer  platanoides 

Aesculus  macrostaehya . 

II ex  aquifolium 

Rhamnus  frangula.  . .  . 

Kubus  fruticosus 

Cydonia  vulgaris 

Virus  speetdbilis 

»       malus 

Prunus  com m unis  .... 

nau 

avium 

»        cerasifera   .... 

»        padus 

Robinia  pseudacacia  . . 
Daphnc  mecercum 


Sporophyll  0 


Zweig 


Same 


Ko  rolle 


Korolle 


Verbreitung   des   Chlors  im  Pflanzenreiche. 


323 


Nanu 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedene;- 


Kräuter. 

Euphorbia  atnygdaloides   1 
II 

Silcnc  nutans 

Stellaria  holoslea 

Helleborus  viridis 

niger 

Anemone  hepatica 

'  'oiydalis  cava 

Viola  odorata 

Hypericum  perforatum  .  . 
Geranium  röberiianum  . 
Polygala  chamaebuxus  . . 

Fragaria  vesca 

Geum  utbanum 

Agrimonia  cupatoria    I.. 

IL. 

Astragalus  glycyphyllos . 

Orobus  verntis 

Cylisus  nigricans 

Circaea  lutetiana 

Chaerophyllum  temulutn 
aureum  . 

Torilis  anthriscus 

Monotropa  hypopitys  .  .  . 

Primula  acaulis 

»         officinalis 

Cyclame»  europeum  .... 
Lysimachia  nummularia 
Symphytum  tuberosum.  . 

Atropa  belladona 

Melampyrum  nemorosum 

Lathraea  squamaria  I.  . . 

II.  .. 

Ajuga  reptans 

Betonica  officinalis 

Stachys  silvatica 

Galeopsis  tetrahit 

Lamium  maculatutn .... 

Vinca  minor 

Asper ula  odorata 

Campanula  rapuneuloide. 


Markhaiti, 


1  i 


4 

2 

3 

1 

1 

4 

4 

3 

3 

2 

3 

2 

3 

2 

.Milchsaft     !'. 
1 


Blütenstiel  3 


Kelch  L' 

Korolle         1 


324 


J.  Jung, 


Name 


Untersuchte  Organe 


Stamm 

Stengel 

Blatt 

N) 

i 
■o      F 

G 

a> 

O 

c         ^ 

•5      ja 

.2 

&, 

'X 

« 

o 

3 

CO 

Wl 

Ver- 
schiedenes 


Solidago  virga  aurea 
Gnaphalium  silvat, 
Senecio  jacobaea  . 
Li liu m  martagon 
Tulipa  sylvestris, 
Gagca  lutea  .... 
Leucojum  vernum 
Scirpus  silvaticus 
Carex  digitata.  .  . 
Poa  nemoralis . .  . 
Anuii   maculatum 


Segetalflora. 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm  |  Stengel 

Blatt 

0) 

N 

„_, 

O 

.5     x 

c 

— 

ULI 

PS      o 

3 

w 

C/J 

Ver- 
schiedenes 


Equisetum  arvense 

Cannabis  sativa 

Urtica  urens 

/'  \lygovmm  lapathifolium . 

Mercurialis  annua 

Euphorbia  peplus 

Chenupodium  album 

>  polysperinuin 

>  glaueum 
Kocht a  scoparia  .  . . 
Amarant  us  albus  .  . 
Stellaria  media .... 
Agrosiemma  p  ithago 


Nigella  arvensis 

Delphinium  consolida  . .  . 
»  »         . .  . 

Ranunculus  arvensis 


fertil.  Sproß  3 


Milchsaft    3 


Korolle         2 

Fruchtknoten 
und  Griffel  1 

Korolle         2 
Fruchtknot.  1 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


325 


Name 


o 


Untersuchte  Organe 


Stamm  Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Papaver  somniferum 

»        rhoeas  

»        dubium 

Fumaria  officinalis 

Capsella  bursa  pastoris .  . . 

Lepidium  campestre 

Brassica  oleracea  f.  capitata 

»  »f.  botrytis 

Sinapis  arvensis. 


um  . . 
adicla 


Raphanus  raplmnisti 
»         sativus  f.  i 

Viola  iricotor 

Malva   rotu  m  lifolia . 

Geranium  mollc  .  . . 

Lens  esculenta  .... 

Vicia  saliva 

Phascolus  vulgaris  . 

Trifolium  arvense. . 

Medicago  lupulina^ 
»  saliva  .  . . 

Petroselium  sativum 

Convolvulus  arvensis 

Veronica  triphyllos, 

Galeopsis  tetiahit  . 

Asperula  arvensis. 

Anihemis  austriaca 


Matricaria  chamomilla  .  . 
Chrysanthemum  inodorum 
Ccntaurea  cyanus  I. . 
»  IL. 
Lampsana  communis 
Allium  sativum  .  .  . 

»        cepa 

Zea  mays 

Avena  saliva 

Brom us   erectus . .  . . 

»        inermis  .  . . 

Tri l ich  in  repens  .  . . 

Horden  m   marin  um 


Korolle  1 

Fruchtknot.  2 


Strahlen- 
u.  Scheiben- 
blüten 1 


Milchsaft    1 
Zwiebel       1 


1  Kultiviert. 

2  Holzig. 


326 


J.  Jung, 


Ruderalflora. 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm 

Stengel 

n 

c 

CD 

X) 

c 

0) 

C 

Jh 

PS       o 

3 

Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Urtica  urens 

>        dioica 

Parietaria  officinalis  .  . 

Rum  ex  crispus 

»       conglomeratus   . 

»       sanguinetis  .... 

Polygonum  aviculare  .  . 

»  persicaria   . 

Chenopodium  vulvaria  . 

»  polyspermum 

»  album  .... 

»  opulifolium 

>  murale  .  .  . 

>  glaucum  . . 

»  £o;z.  Jieuricus 

Alriple.x  hastatum  .... 
Amarantus  retroflexus  . 
Saponaria  officinalis  .  . 


Sisymbrium  sophia  .  .  . 
Capsella  bursa  pastoris, 
Erodium  cicutarium   .  . , 
Agrimonia  eupatoria    I. 

IL, 
Eryngium  campestre  .  . 

Daucus  carola 

Anchusa  officinalis    1.  . 

II.  .. 

Solanum  nigrum 

] Küiira  stramonium  .  .  . 
Scrophularia  nodosa 
Lamium  maciilaliini .  .  . 


Plantago  major .  .  .  . 
>  lanceolata 


Galinsoga  parviflora  .  . 
Xanlhium  strumarium . 
Anthemis  austriaca  .  .  . 


Chrysanthemum  inodorum 


1  1 


Fruchtknoten 
u.  Korolle    1 


Kelch 
Korolle 

Blüten- 
stengel 


Strahlen-  u. 
Scheiben- 
blüten 1 


1  Holzig. 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


327 


Name 

Untersuchte  Organe 

C 
cd 

C3 

CU 

o 

N 

c 

o 

<L> 

B 

Stamm  i  Stengel 

Blatt 

Holz 

Rinde 

oben 

c 

CD 

C 

Stiel 
Spreite 

Ver- 
schiedenes 

3 

2 

3 

o 

3i 
3 

1' 

2 

4 
3 

O 

4 
3 
3 

o 
2 
o 

1 
3 
3 

3 

Milchsaft     1 

»       tomentosa 

Crepis  virens 

Cichorium   itttubus   I 

II 

Taraxacum  officinale 

Lampsana  communis    .... 

i   Markhältig. 

Flora  der  Gewässer. 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm  '  Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


A.    Submerse  Pflanzen. 


Oscillatoria  prineeps 

>  limosa 

Spirogyra  fallax 

rivularis 

(4  andere  Species) 

Zymnema  spec.    I 

11 

Mougeotia    viridis 

Oedogonium  spec 

Vaucheria   spec.    I'.i 

»     II.  i 

Udotea  desfontanii 

pkora  fraeta 

»  spec.1 

»  utriculosa  l   .  .  . 

Ohara  fragilis 

Fontinalis  antipyretrica .  .  . 
Ceratophyllum  demersum. . 

Stratioles  aloides 

Elodea  canadensis 

Potamogeton  perfoliatus .  .  . 


1  Aus  dem  Meerwasser. 
Sitzb.  d.  mathein. -natunv.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd. 


Zellsaft       2 
Sproß  0 


328 


J.  Jung, 


Name 

tu 

N 

c 

PL, 
N 

s 
o 

Untersuchte  Organe 

"53 
3 

Stamm 

Stengel 

Blatt 

Ver- 
schiedenes 

"o 

Rinde 
oben 

c 

e 

p 

B.  Pflanzen,  teilweise  sub- 
mers    oder  mit  Schwimm- 
blättern. 

Polygonnm  amphibiutn  .  . . 

Nuphar  luteum 

Nymphen  alba 

Myriophyllu  m   proserpina- 

coides 

Hippuris  vulgaris 

Hydrocharis  morsus  ranae, 
Lemna  trisulca 

1 
1 

3 
3 

3 
3 

2 

2 

2 
1 

3 

2 

»        minor 

Flora  der  sonnigen  Hügel. 


Name 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Silene  Julians  .... 
>        inflafa  .... 
Tunica  saxifraga  . 
Dianlhus  carlhusianot 

»         delioides  .  . 
Anemone  pulsaiilla  . 

Ranunculus  repens   . 

Adonis  vemalis 

Reseda  lutea 

Sedum  purpureum  .  . 
Potcntilla  opaca  .... 
Ulmaria  filipendula  . 
Pater ium  sanguisorba 

Rosa  canina 

Aslragalus  onobrychis 
Coronilla  varia 

1  Holzig. 


2 

2 

1 

2 

11 

2 

2 

1 

1 

2 

1 

1 

1 

1 
1 
1 
2 
2 

2 

1 

0 

1 

1 

Kelch  und 
Korolle  1 


Blütenstiel  1 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


329 


Nanu 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm   Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


l 'erbascum   tliapsus 

»  nigrum 

»  lychnitis 

Linaria  vulgaris   .  . 

Thymus   serpyttum. 

Salvia  pratensis    I. . 

IL. 

Knaul ia  arvensis  . . 

Biiphthahnum  salicifolium 

Chrysanthemum  leucanthe- 

IIUIIU 

Ariemisia  vulgaris"2  . . 

»  absiuthium 

Centaurea  scabiosa.  .  . 

Carlina  acaulis 

Crepis  virens 

Cichorium   inlvbus  I.  . 

»        II.  . 

Andropogon  ischaemon 

Agtostis  alba 

»  stolonii'era   I. 

II. 

Phleum  pratense 

Avena  ßavescens 


1  Markhältig. 

2  Fruchttragend. 


3' 


1  i 


Flora  der  Sandfelder  (Binnendünen). 


CD 
N 
C 
öS 

Untersuchte  Organe 

Stamm 

Stengel 

Blatt 

Name 

0* 

N 

c 

o 

"33 

Ver- 
schiedenes 

O 

•o 

c 

2 

c 

<L> 

XI 

o 

c 

C 

D 

a> 

'S 

s-, 

CO 

Corisperiuum  marschallii. . 

0 

0 

»             nitidum  .... 

1 

1 

Kochia  arenaria 

2 

2 

»        proslra/a 

o 

330 


J .  Jung, 


Name 

Untersuchte  Organe 

C 

0H 

0) 
N 

e 

es 

c 

Stamm 

Stengel!    Blatt 

Holz 
Kinde 

e 

unten 
Stiel 

Spreite 

\  er- 
schiedenes 

Hemiaria  hirsuta 

Arenaria  serpyllifolia,  .  .  . 

»          rubra  

»          marginata    .  .  .  . 

»              majus 

Oenothera  biennis 

Scdum  acre 

2 

1 
2 

4 
1 
1 
1 

1 
2 
2 

1 

> 

2 

2 

1 

2 
2 

Marubium  peregrinum  .  .  . 
Plantago  arenaria 

1 

9 

1 

»          canadensis 

Uferflora. 


c 


Untersuchte  Organe 


Stamm   Stengel:    Blatt 


£  !  ffi 


<u        _,        C 


« 


Ver- 
schiedenes 


Salix  alba 

Rumex  crispus 

»        öbtusifolius I 

»         niaritiinus- 

Polygonum  lapathifolium . . 
»  amphibium  .  .  . 

Euphorbia  palushi\ 

Stcllaria    media 

Caltka  palustris 

Lv/lirum  salicaria    i 

II 

hyssopifolium  .  . . 

Epilobium  parviflorum  .... 

Lysimachia  vulgaris 

Symphytum  qfficinaU 

Myosotis  palustris 


i   Holzig. 

-  Herbarpflanzc. 


Rlattnerv    4 


Blattadern  2 


Verbreitung  des  Chlors  im   Pflanzenreiche. 


331 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm   Stengel     Blatt 


B   i   « 
c     '.ö 

3        W. 


Ver- 
schiedenes 


Gratiola  offieitialis . . 
Veronica  longifolia.  . 
Valeriana  ofßcinalis 
Alisma  plantago.  . .  . 
Butomus  umbellatus . 
Schcuchzeria  palustris 

Scilla   bifolia 

Juncus  glaueus.  .  .  . 
Tris  pseudacorus .  .  . 
Cyperus  altertiifoliu, 
Bleocharis  palustris 
Scirpus  maritimus  . 
»  silvalicus  .  . 
Phragmites   communis 


Zwiebel       1 


Flora  der  "Wiesen  und  Wiesenmoore. 


Name 

Untersuchte  Organe 

C 

BS 

CS 

PH 

<U 
N 

c 

63 

Stamm  1  Stengel     Bl 

itt 

~Z~          Ver- 

'5        schiedenes 

Ü5 

Holz 

Rinde 

oben 

unten 

Stiel 

Bryiiin   biniini 

Ru  in  ex  acetusa 

acetosclla 

Lychnis  ßos  cuculi 

Caltha  palustris 

Trol litis  etiiopeits 

Ranunctilus  repens 

Cardaininc  pratensis .  .  .  . 

Geranium  pratense 

•  Mchimilla  vulgaris  .... 
"<  Lathyrus  pratensis 

Trifolium  pratense 

Lotus   corniculalus  

Priinula  acaulis 

officiualis 

I 

3 
2 
2 

2 

3 

1 
1 
1 
1 

\ 

i 

3 
2 

3 

2 
4 
3 

1 

4 
3 

3 
9 

1 
2 
1 

1 
3 
1 
1 
2 
1 
1 

4 
3 

Sproß           0 
Epidermis  1 

332 


J.  Jung, 


Name 


Untersuchte  Organe 


Stamm   Stengel 


Blatt 

i 

i   <u   i  Ver- 

— .     *S   i    schiedeiu 
Sä    I    f- 

ö  I  a 

WJ      t/5 


Lysimachia  nummulär ia 
Convolvuhts  arvensis  .  . . 
Symphytum  officinale.  .  . 

Gratiola  officinalis 

Orobanche  caryophylacea 

Salvia  pratensis    I 

II 

Plantago  major 

»  lanceolata  .... 

Gentiana  venia 

Erylhraea  centaureum  . . 
Valeriana  officinaUs .... 
Campanula  rotundifolia . 
»  barbat a  .... 

Buphthalmum  salicifolium 

Bellis  perennis 

Achillea  millefolium   I. .  . 

11... 

Chrysanthemum  lencanth 

mimt 

Carduus  pannonicus .  .  . . 

Centaurea  scabiosa 

Taraxacum  officinale  .  . . 
Colchicum  autumnale.  .  . 
Muscari  racemosum .... 

Carex  acutiformis 

.  \grostis  slolouifera  .... 
Alopecurus  pratensis  .  . . 

Phlcuui  pratense 

Briza  media 

Poa  pratensis 

Broinus  erectus 

Lolium  pratense 

Triticum  repens 

Orchis  aPdda 


Blütenstiel  4 
Blütenteile  0 
Korolle        1 


Knüll 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


3:« 


Felsen-  und  Gebirgsflora. 


Name 


Cetraria  islandica . 
Adiantum  capi litis  venev 
Scolopendrium  vulgare 

Pinus  pumilio 

Salix  rediculala  .  . . 

»       retusa 

Tunica  saxifraga  . . 

Dianthus  barbatus  . 
Anemone  sttlphurea 
Papaver  alpinum  .  . 


Sisymbrium  auslriacum 

Allysum  saxatile 

Sempervivum  tectorum 
»  alpinum 

Sedum  acre 

»       a'izoon    . . . 
Saxifraga  a'izuides 

rotundifolia 
sedoides  . 

»  caesia    .  . 

»  a'izoon  .  . 

»  umbrosa 

Cyclanten  europeum 
Myosotis  alpeslris .  . 
Linaria  alpina  .... 
Linaria  cymbalaria 
Calaminlha  alpina. 
Salti reja  montana.. 
Ajttga  montana .... 
Gentiana  acattlis  . . 

»         pumila  .  . 


Campantila  barbata  . 

Aster  alpinus 

Centaurea  montana.  . 


Untersuchte  Organe 


Stamm  j  Stengel 


X 


K 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Kelch  und 
Korolle      1 


Korolle        1 

Staubgefäß  2 

Mark  2 

Epidermis  1 


Blüten- 
stengel     1 

Korolle  u. 
Blütenstiel  1 


Korolle 


Kelch, 

Korolle  und 
Staubgefäü  0 


'       11 


llZlg. 


334 


J.  Jung, 


Heideflora. 


Na  nie 


a)   Auf  trockenem  Boden. 


Cell  arid  islandica.  .  .  . 
Cladonia  ranginifera  . 
Juniperus  communis  . 
Polygala  chamaebuxus 

Azalea  spec 

Erica  carnea 

»       vulgaris 

Thymus  serpyllnm .  .  . 
Nardus  strirta 


b )  Auf  feuchtem   Boden 
(Heidemoore). 

Sphagnum  cytnbifolium 
squarrosum 
>  cuspidatum 

acutifolium . 
fimbriatum 

Drosera  rqtundifolia . .  . 

Piuqu ineula  gypsophila 

Schcuchzeria  palustris  . 

Eriophorum  alpinu-m  .  . 
vaginatum 

<  \irex  echinata 


Ü 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel 


Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Sproß 


Strand-   und  Salzflora. 


Name 

csj 

C 
ctf 

es 
a. 

N 

c 

CS 

O 

Untersuchte  Organe 

Stamm   Stengel 

Blatt 

13 

N 

Rinde 
oben 

c 

3 

"ö3 
c/5 

£ 

C/2 

\er- 
schiedenes 

Casuarina  eqüiseiifolia . .  .  . 
Chenopodium  glauciim .... 
Atriplex  hastatum 

1  Glashauspflanze. 

' 

3 

3 

3 

3 
3 

3 
2 

Sproß        2 ' 

Verbreitung  des  Chlors  im   Pflanzenreiche. 


335 


Nanu 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm 


Stengel,    Blatt 


Ver- 
schiedenes 


Sälicornia  htrbacea  . 

fruticosa1 

Suaeda    maritima    I. 

11. 

fruticosa  .  .  . 

Salsola  lanata 

»         cinerea 

salsa   

»        soda  

kalt 

Corispermum  intcrmedium 
Alihaea  officinalis  .  . 
Tamarix  tetandra  . .  . 

Apiuni  graveolens .  .  . 
Scirpus  maritituus  .  . 

1  Glashauspflanze 

-  Holzig. 

3   Mit  viel   Mark. 


Sproß  5 

Epidermis  1 


Korolle        1 
Sproß 
(grün)       4 


Epiphyten. 


Xantnria  parietina 0 

Usuea  barbata 0 

Platycerium  alcicorne 0 Blattspreite  U 

Epiphyltum  truncatum^ .  .  .     2 Epidermis    1 

Phyllncactus  crenatus l .  . 
»  hookeri i .  . . 

Coelogyne  cristata Blattspreite  0 

Cattlaya  spec »         0 

Oncidium  splendidum »         0 

»          bauen' »          0 

Epidendron  spec »         0 

Sarcanthus  rostratus »          0 

Acampe  papulosa o 

;   Glashauspflanzen   nicht   als  Epiphyten   gezogen.    Ergebnis  will   ich 
daher  nicht  als  maßgebend   annehmen. 


336 


.1 .  Jung, 


Parasiten. 


a) 

N 

C 

eu 

0) 
N 

s 
o 

Untersuchte  Organe 

Name 

"3 

Stamm 

Stengel 

Blatt 

Ver- 
schiedenes 

X 

Rinde 
oben 

c 

3 

Stiel 
Spreite 

Aspergillus  glaucus  .  .  . 

Botrytis  spec 

Nectria  cinnaberina  .  .  . 
Polyporus  adustus  .... 

Cuscuta    epilium 

Lathraea  squamaria    I. 
II. 
Orobanche  caryophyllacei 
Viscum  alba m 

i. . 

0 

1 

0 
0 
0 

1 

0 

I 

Blattspreite  1 

Saprophyten. 


Name 


O 


Untersuchte  Organe 


Stamm   Stengel      Blatt 


o     .5 

X     cz 


Ver- 
schiedenes 


Trichia  chrysosperma .  . 

Mucor  spec 

Ascobolus  spec 

Helotium  virgultoruui  . 
Hypoxylon  fuscum 

Ciavaria  flava 

Polystictits  versicolor  .  . 

Boletus  scaber 

Cantharellus  cibarius .  . 

Coprinus  spec 

Lactaria  deliciosa 

Agaricus  campest ris .  .  . 

»  melleus 

»  bicolor 

>  muscarius .  .  . 

»         procerus  .  . .  . 
SpJiaerobolus  carpöbolus 

Lycoperdon  spec 

»  bovista   .  .  . 

Monotropa  hypopitys  .  . 


Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche.  004 

Die  verschiedenen  Formationen  weisen  in  bezug  auf  den 
Chloridreichtum  ihrer  Vertreter  ebenfalls  große  Unterschiede 
auf.  Gewiß  ist,  daß  in  diesem  Falle  die  Bodenbeschaffenheit, 
sowohl  die  chemische  als  auch  die  mechanische  mit  allen 
dazugehörigen  Faktoren  (Feuchtigkeit  etc.),  einen  großen  Ein- 
fluß ausübt.  Meerespflanzen,  Salzpflanzen,  die  Ruderal-  und 
Segetalflora,  die  Uferpflanzen  und  Gewächse,  die  feuchten 
Boden  lieben,  mit  Ausnahme  der  Heidemooreflora,  erweisen 
sich  als  halophil,  während  die  Moos-  und  Farnflora  der 
Wälder,  die  Holzpflanzen  mit  wenigen  Ausnahmen,  die  Flora 
der  Sandfelder,  die  submerse  Flora  der  Gewässer,  Heideflora, 
die  Epiphyten,  Parasiten  und  Saprophj'ten  das  Gegenteil 
zeigen. 

Zusammenfassung'. 

1.  Die  vorliegende  Arbeit  bezweckt  auf  Grund  bewährter 
mikrochemischer  Reaktionen  die  Verbreitung  des  Chlors  im 
Pflanzenreiche  und  seine  Verteilung  in  der  Pflanze  selbst  zu 
untersuchen.  Die  für  diesen  Nachweis  am  geeignetsten  be- 
fundenen Reagenzien  sind  sorgfältig  ausprobiert  worden  und 
haben  sich  am  besten   in  folgender  Form  bewährt: 

a)  Thalloacetat    0*5^,    Glycerin    2  g,    destilliertes  Wasser 
7-bg. 

b)  Silbernitrat  Ol^',     10%  Ammoniak  9 -9  g. 

Bei  sehr  geringem  Chlorgehalt  ist  das  Reagens  b),  um 
möglichst  große  und  charakteristische  Krystalle  zu  bekommen, 
in  folgender  Weise  umzuändern: 

Silbernitrat  O-Oo  g,     10%  Ammoniak  9 '95  g. 

2.  Thalloacetat  ist  in  obiger  Verdünnung  ein  sehr  brauch- 
bares Reagens.  Es  bewirkt  die  Entstehung  von  sehr  charak- 
teristischen Krystallformen,  hat  aber  nur  den  Nachteil  der  zu 
geringen  Empfindlichkeit. 

3.  Weit  besser  in  dieser  Hinsicht  ist  das  Silbernitrat- 
reagens. Es  zeichnet  sich  durch  außerordentliche  Empfind- 
lichkeit aus  und  bewirkt  außerdem  die  Entstehung  von  großen 
regelmäßigen  Krystallen  mit  besonderen  Eigenschaften. 


338 


4.  Ausgestattet  mit  diesen  Reagentien  wurden  die  ver- 
schiedensten Pflanzen  von  den  niedrigsten  Gewächsen  bis  zu 
den  höchsten,  im  ganzen  604  Arten,  aus  389  Gattungen, 
beziehungsweise   137  Familien  untersucht. 

5.  Die  Untersuchungen  zeigen,  wie  weit  verbreitet  die 
Chloride  im  Pflanzenreiche  sind.  Gibt  es  doch  nur  wenige 
Pflanzen,  bei  denen  man  nicht  einmal  Spuren  derselben  nach- 
weisen kann. 

(3.  Der  Chloridgehalt  bei  verschiedenen  Familien  ist  ver- 
schieden. Es  gibt  chlorliebende  und  chlorfeindliche  Familien. 
Doch  können  innerhalb  einer  Familie  diesbezüglich  auch  Ver- 
schiedenheiten obwalten. 

Besonders  chlorliebend  sind:  die  Equisetaceen,  Canna- 
baceen,  Ulmaceen,  Urticaceen,  Euphorbiaceen,  Polygonaceen, 
Chenopodiaceen,  Amarantaceen,  Aizoaceen,  Cruciferen,  Tama- 
ricaceen,  Malvaceen,  Umbelliferen,  Primulaceen,  Compositen, 
Liliaceen,  Iridaceen. 

Chlorfeindlich  dagegen:  die  Cyanophyceen  des  Süß- 
wassers, die  Chlorophyceen  des  Süßwassers,  die  Lichenes, 
Bryophyten,  Lycopodiales,  Filicales,  Coniferen,  Betulaceen, 
Salicaceen,  Crassulariaceen,  Rosaceen,  Ericaceen  und  Orchi- 
deen. 

7.  Was  die  Verteilung  der  Chloride  innerhalb  der  Pflanze 
betrifft,  wäre  folgendes  zu  sagen.  In  bezug  auf  die  Längs- 
achse der  Pflanze  läßt  sich  beinahe  immer  eine  Zunahme  des 
Chlorgehaltes  von  der  Wurzel  zur  Stammspitze  zu  feststellen. 
Die  Hauptmenge  des  Chlors  befindet  sich  in  den  parenchy- 
matischen  zellsaftreichen  Geweben,  und  zwar  gelöst  im  Zellsaft. 

Bezüglich  der  Verteilung  der  Chloride  in  der  Querrichtung 
des  Stammes  wäre  zu  erwähnen,  daß  sie  die  Epidermis  und 
das  Stranggewebe  meiden,  dagegen  das  Rindenparenchym  und 
das  Mark,  solange  es  zellsaftreich  ist,  bevorzugen.  Die  jungen 
Internodien  in  der  Nähe  der  Sproßspitzen,  ferner  Blattstiele, 
Adern  des  Blattes,  fleischige  Wurzeln  und  Rhizome  zeigen 
immer  einen  größeren  Chloridgehalt,  während  das  übrige 
Gewebe  der  Pflanze,  sei  es  das  chlorophyllhaltige  Mesophyll, 
die  Epidermis,  Haare  und  die  Blütenteile,  gewöhnlich  gering 
reagieren.    Verholztes    Gewebe,    die    Schließzellen    der    Spalt- 


Verteilung  des  Chlors  im   Pflanzenreiche.  339 

Öffnungen,  Pollen  und  Samen  zeigen  nur  Spuren  oder  sind 
frei  von  Chloriden.  Zellsäfte  und  Milchsäfte  geben  bei  chlorid- 
reichen Pflanzen  eine  starke  Reaktion,  bei  chloridfreien  dagegen 
keine. 

8.  Formationen,  die  einen  mineralstoffreichen  oder  nahr- 
haften oder  feuchten  Boden  lieben,  zeigen  sich  zum  Unter- 
schiede von  solchen,  die  auf  einem  nährstoffarmen,  trockenen 
Boden  wachsen,  chloridreicher.  So  erweisen  sich  folgende 
als  halophil:  die  Meerespflanzen,  Uferpflanzen,  Salzpflanzen, 
Ruderalflora,  Segetalflora  und  solche,  die  feuchten  Boden 
lieben,  mit  Ausnahme  der  Heidemoorflora,  während  die 
Flora  der  Sandfelder,  die  submerse  Flora  der  Gewässer,  die 
Heideflora  das  Gegenteil  zeigen.  Bemerkenswert  wäre  noch 
das  Fehlen  oder  das  Vorkommen  der  Chloride  nur  in  ge- 
ringen Spuren  bei  der  Moos-  und  Farnflora  der  Wälder,  bei 
den  Holzpflanzen  mit  wenigen  Ausnahmen,  bei  den  Epiphyten, 
Parasiten  und  Saprophyten. 


340  J.  Jung,   Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


Erklärung  der  Tafel. 


1.  Thallochloridkrystalle  in  einem  Teile  des  Blattstielquerschnittes  von 
Tetragonia  expansa.  (Objektiv  Zeiß  C.  Projektionsokular!.  Vergr.  120.) 

2.  Dasselbe  wie  1,  nur  stärker  vergrößert.  (Obj.  Zeiß  D.  Proj.  Ok.  1. 
Vergr.  200.) 

3.  Thallochloridkrystalle.  (Obj.  Zeiß  D.  Proj.  Ok.  I.  Vergr.  200.) 

4.  Silberchloridkrystalle.  (Obj.  Zeiß  C.  Proj.  Ok.  I.  Vergr.  120.) 

5.  Silberchloridkrystalle  im  chlorophyllosen  Mesophyll  von  Urginea  mari- 
tima durch  Tageslicht  geschwärzt.  (Obj.  Reichert  7a.  Proj.  Ok.  I.  Vergr. 
299.) 

6.  Silberchloridkrystalle.  (Obj.  Reichert  7  a.  Proj.  Ok.  I.  Vergr.  299.) 


Jung  J.,  Über  den  Nachweis  und  die  Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzenreiche. 


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Sitzungsberichte  der  Akademie  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Abt.  I,   129.  Bd.,  1920. 


34 


Studien  über  das  Anthochlor 

(I.  Mitteilung) 

Von 

Dr.  Gustav  Klein 

Assistent  am  pflanzenphysiologischen  Institute   der  Wiener  Universität 

Aus    dem    pflanzenphysiologischen    Institute    der    Wiener  Universität 
(Nr.   141  der  zweiten  Folge) 

(Mit  1  Tafel) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am   1.  Juli  1920) 


I.  Einleitung. 

So  mannigfach  die  Farbenpracht  der  Blüten  unserem  Auge  entgegen- 
tritt, so  vielfältig  die  Nuancen  jeder  Farbe  sind,  so  wenige  Farbstuffe, 
beziehungsweise  Farbstoffgruppen  sind  es,  deren  die  Natur  sich  bedient, 
um  jene  Fülle  von  Farben  hervorzurufen,  in  der  die  Blütenwelt  uns  erscheint^ 
Der  Großteil  der  gelben  Blütenfarben  wird  durch  die  Gruppe  der  Carotine 
und  Xanthophylle  bedingt,  die  immer  an  Chromatophoren  gebunden  auf- 
treten und  die  Marquart1  schon  1835  unter  dem  Namen  »Anthoxanthine« 
zusammenfaßte.  Sämtliche  Farben  von  Scharlachrot  über  Violett  bis  Lichtblau 
sind  auf  die  Gruppe  der  Anthokyane  zurückzuführen,  die  immer  im  Zellsaft 
gelöst  sind.  Daneben  gibt  es  eine  dritte  Gruppe  von  Farbstoffen,  die  eben- 
falls im  Zellsaft  gelöst  erscheinen,  blaßgelb,  zitron-  oder  dunkelgelb  gefärbt 
sind  und  von  den   Botanikern  Anthochlor  genannt  werden. 

Seit  mehr  als  50  Jahren  beschäftigten  sich  nun  die  Botaniker  sehr 
eifrig  mit  den  ßlütenfarbstoffen  und  studierten  eingehendst  die  Verbreitung 
und  Verteilung  der  beiden  ersten  Gruppen  im  Pflanzenreich. 

Auch  die  chemische  Beschaffenheit  dieser  beiden  Farbstoffe  wurde 
vielfach  studiert.  Die  Chemie  der  Carotinoide  ist  zum  Teil  erforscht  und 
dank  der  mikrochemischen  Vorarbeiten  von  Molisch2  wurde  die  Konstitution 


i  Marquart  L.  A.,  Die   Farben  der  Blüten,   Bonn   1835. 
2  Molisch  H.,    Über    amorphes    und  krystallisiertes  Anthokyan.    Bot. 
Ztg.   1905,  p.   159. 


342  G.  Klein, 

der  Anthokyane,  deren  Eiiorschung  sieh  zufolge  den  früheren  Untersuchungen 
als  schwierig  erwiesen  hatte,  in  den  großartigen  Arbeiten  von  Willstätter1 
aufgedeckt.  Um  so  verwunderlicher  ist  es,  daß  vom  Anthochlor  nur  spärliche 
und  kurze  Notizen  vorliegen,  die  sich  überdies  noch  öfter  widersprechen. 
Dies  mag  darauf  zurückzuführen  sein,  daß  das  Anthochlor  nur  vereinzelt  im 
Pflanzenreich  vorkommt  und  man  sich  überdies  daran  gewöhnt  hatte,  die 
gelbe  Färbung  der  Blüten  in  Bausch  und  Bogen  dem  Carotin  zuzuschreiben. 
Es  erschien  daher  als  eine  dankbare  Aufgabe,  auch  diesen  Blütenfarbstoff 
eingehend  zu  untersuchen,  seine  Verbreitung  und  Verteilung  im  Pflanzen- 
reiche festzustellen   und  sein  chemisches  Verhalten   zu   prüfen. 

II.  Historisches. 

Die  erste  Angabe  über  einen  im  Zellsaft  gelüsten  gelben  Farbstoff 
finde  ich  bei  Fremy  et  Cloe'z, 2  Sie  unterscheiden  den  in  Wasser  unlös- 
lichen gelben  Blütenfarbstoff  (Xanthin)  von  dem  in  Wasser  löslichen  (Xanthein). 
welchen  sie  bei  den  gelben  Daklia-V  a.rietä.ten  fanden.  Das  Xanthein  soll  in 
Wasser,  Alkohol  und  Äther  ' :;  löslich,  aber  aus  keinem  der  Lösungsmittel 
krystallisierend  sein.  Alkalien  färben  stark  braun,*3  Säuren  bringen  diese 
Färbung  zum  Verschwinden.  Metalloxyde  gehen  gelbe  bis  braune  unlös- 
liche  Lacke. 

Hildebrand1  erwähnt  in  seiner  Untersuchung,  die  sich  hauptsächlich 
mit  Carotin  und  Anthokyan  beschäftigt,  einen  im  Zcllsaft  gelösten  gelben 
Farbstoff  hei  den  gelben  Varietäten  von  Dahlia  variäbilis  und  einigen  Acacia 
Arten. 

Rosanoff5  findet  einen  gelben  Zellsaft  bei  Papaver  alpinum  und 
nudicaule. 

Prantl1*  widmet  dem  Farbstoff  eine  eigene  Untersuchung,  aus  der 
ich  das  Wichtigste  erwähne.  Er  führt  einige  Pflanzen  an,  die  blaßgelb  gefärbt 
sind    und    einen    wasserlöslichen    gelben    Farbstoff   im  Zellsaft    enthalten   wie 


1  Willstätter  K..  Untersuchungen  über  die  Anthokyane  1. — XYIIL 
Lieh.  Ann.   d.   Chem.,   Bd.  401    (1913),  408   (1915),  412  (1917). 

-  Fremy  et  Cloez,  Note  sur  ies  matieres  colorantes  des  fleurs, 
Journal  de  pharmacie  et  chimic,  t.  XXV,  annee   1854,  p.  241. 

3  Die  mit  Sternchen  bezeichneten  Befunde  früherer  Arbeiten  haben 
sich  bei  den  eigenen  U/ntersuchungen  als  irrig  herausgestellt  und  werden 
der  Einfachheit  halber  erst  im  Verlaufe  der  Ausführungen  an  den  entspre- 
chenden Stellen  richtiggestellt. 

i  Hildebrand  F.,  Anatomische  Untersuchungen  über  die  Farben  der 
Buten.  Jahrb.   f.  wiss.   Bot.    1863,   B.   3,   p.  64. 

5  Rosanoff,  Mem.  de  la  Soc.  des  Scienc.  nat.  de  Cherbourg,  XIII, 
p.   211. 

G  Prantl  I\\,  Notiz  über  einen  neuen  Blütentarbstoff.  Bot.  Ztg.  1871, 
Jg.  29,   p.  425. 


Studien  über  das  Anthochlor.  343 

Li  11,1  ria- Arten,  Digitalis  lutea,  *  1  Aconitum  Lycoctonum,  *  '  Trifolium 
pannonicum,*  i  Cephalaria  iartarica,  Lotus  cornicula/us ,  Primnla-  und 
Acac/a- Arten.  »Dieser  neue  Farbstoff,  den  ich  einstweilen  als  Anthochlor 
bezeichnen  will,  zeigt  ganz  ähnlich  wie  das  Anthokyan  Farbenwechsel  je 
nach  der  sauren  oder  alkalischen  Reaktion  der  Lösung,  nur  beschränkt  sich 
derselbe  hier  auf  verschiedene  Töne  von  Gelb.  Die  Lösungen  werden  mit. 
Säuren  lichtgelb,  mit  Laugen  bräunlichgelb.« 

Er  betont,  daß  die  Formen  mit  diesen  meist  blaßgelben  Blüten  sämtlich 
Arten  von  Gattungen  sind,  deren  übrige  Arten  Anthokyan  besitzen  und 
denen  das  Anthoxanthin  (Carotin)  fehlt.  1  *  Einen  anderen  von  Anthochlor 
verschiedenen  Farbstoff  enthalten  nach  ihm  die  gelben  Papaver- Arten  und 
wieder  einen  andern  die  geloen  Dahlia- Varietäten. 

Hansen2  zitiert  die  Arbeit  von  Prantl  und  bringt  an  Neuem  nur 
eine  kurze  Untersuchung  des  gelben  Farbstoffes  der  Citrusschale.  Er  findet 
ihn  wasserlöslich  und  weist  mit  Alkalien  dunkle  Gelbfärbung,  mit  kochender 
Natronlauge  orangerote  und  mit  Schwefelsäure  braune  Färbung  nach.  Aus 
demselben  Jahre  stammt  eine  Untersuchung  Schimper's3  über  Chloro- 
phyll und  Chromoplasten,  wo  er  in  einer  Tabelle  auch  die  Pflanzen  anführt, 
in  deren  Blüten  er  gelben  Zellsaft  fand.  An  neuen  Befunden  wären  Verbas- 
cum,  gelbe  Rosen,  Calceolaria,  Antliiniiiiuim  maius,  Astragalus  uulpinws 
und   Opuntia  Ratinesquiana  zu  nennen. 

Weiss4  untersucht  in  einer  Notiz  die  schwefelgelbe  Partie  an  der 
Basis  der  Blütenblätter  von  gelbblühenden  Papaver-Arten.  Bei  Einwirkung 
von  Alkohol,  Essigsäure  und  einigen  anderen  Reagentien  wird  diese  Partie 
grün,  aus  dem  Zellsaft  fällt  der  Farbstoff  in  gelbgrünen,  wurmartig  gekrümmten, 
ansehnlichen  Gebilden  heraus,  die  aus  gebogenen  Nadeln  zusammengesetzt 
erscheinen. 

Am  eingehendsten  beschäftigen  sich  mit  dem  Anthochlor  zwei  Arbeiten 
von   CourcheC»  und  Dennert.^ 

Courchet  studiert  eingehendst  die  verschiedenen  Formen  der  Chromo- 
plasten (Chromoleucites)  im  Pflanzenreich,  trifft   dabei   auch  auf  einige  Formen 


1   Bei  diesen   Pflanzen  konnte  ich  Anthochlor  nicht  rinden. 

-  Hansen  A.,  Die  Farbstoffe  der  Blüten  und  Früchte.  Verh.  d.  phys. 
med.   Ges.  zu  Würzburg,  N.   F.   B.    18,  Nr.  7,   1S84. 

3  Schimper  A.  F.  W.,  Untersuchungen  über  die  Chlorophyllkörner 
und  die  ihnen  homologen  Gebilde.  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.    18S5,  B.   16,  p.   132. 

1  Weiss  A.,  Über  einen  eigentümlichen  gelösten  gelben  Farbstoff  in 
der  Blüte  einiger  Papaver-Arten.  Sitzb.  d.  Akad.  d.  Wissenseh.  in  Wien. 
1884,  Bd.  90,  p.    108  und   109. 

•'  Courchet  M.,  Recherches  sur  les  chromoleucoites.  Ann.  des  scienc. 
nat.    7,  ser.  Botanique    1888,  T.   7,  p.   361    u.   362. 

6  Dennert  E.,  Anatomie  und  Chemie  des  Blumenblattes.  Bot.  Zbl. 
1889,   Bd.  38,  p.  430. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  23 


344  G.  Klein, 

mit  gelbem  Zellsaft,  den  er  chemisch  näher  prüft.  In  Betracht  kamen 
Linaria  lutea,  Eschscholtzia  califomica,  Mesembryanthemum  aureum,  Lotus 
corniculatus  und  die  Staubfäden  von  Dianella.  Er  ist  der  einzige,  dem  es 
gelang,  den  Farbstoff  zur  Krystallisation  zu  bringen.  Er  konzentrierte  die 
äthylalkoholische  Lösung  und  erhielt  bei  Linaria  und  Eschscholtzia  Nadeln, 
beziehungsweise  Sphärokrystalle.  Er  findet  bei  Linaria  blutrote  Färbung 
mit  konzentrierter  Schwefelsäure,  mit  konzentrierter  Kalilauge  Lösung  in 
gelber  Farbe  *,  bei  Lotus  mit  beiden  Reagentien  Orange-,  bei  den  Staub- 
fäden von  Dianella  Scharlach-,  beziehungsweise  Purpurrotfärbung,  bei 
Eschscholtzia  nur  mit  Kalilauge  ein  dunkleres  Gelb.  Seine  Zusammenfassung 
sagt:  Im  großen  und  ganzen  unterscheiden  sich  alle  diese  Substanzen 
wesentlich  nur  dadurch  von  Chromoleucitenfarbstoffen,  daß  sie  sich  mit 
konzentrierter  Schwefelsäure  nicht  blau  färben. 

Dennert,  dessen  Untersuchung  in  letzter  Linie  die  enge  Verwandt- 
schaft zwischen  Chlorophyll  und  Anthoxanthin  einerseits,  Anthokyan  und 
Gerbstoff  anderseits  dartun  will,  erwähnt  nebenbei  auch  den  im  Zellsaft 
gelösten  gelben  Farbstoff,  dem  er  nahe  Verwandtschaft  zum  Anthokyan 
zuspricht.  Er  nennt  eine  Anzahl  neuer  Arten,  die  gelben  Zellsaft  führen, 
nämlich  Chrysanthemum- Arten,  Calliopsis,  Coreopsis,  Rula,  Muscari  comosum, 
gelbe  Althaea  und  Gladiolus  psittacinus,  einige  Formen,  bei  denen  in  der- 
selben Zelle  neben  Carotin  Anthochlor  vorkommt,  wie  Primulaarten  und  die 
fünf  erst  genannten  und  einige,  bei  denen  der  gelbe  Farbstoff  aus  Chloro- 
phyll hervorgehen  soll  wie  die  gelbe  Varietät  von  Althaea  rosea;  dann 
Bluten,  wo  der  rote  und  gelbe  Farbstoff  ineinander  übergehen,  so  bei 
Dahlia- Varietäten,  Carthamus  liuclorius  und  Calliopsis  Drumuwndi,  woraus 
er  auf  die  Identität  der  beiden  schließt.  Er  prüft  mit  Kalilauge  und  findet 
bei  Verbascum  die  gelbe  Farbe  unverändert,  bei  Anlhirrhinum*  und 
Trcpaculum  *  (enthält  aber  nur  Carotin)  orange,  bei  Althaea  und  Dahlia  rot 
verfärbt.  Da  Geibstoffe  ebenfalls  mit  Kalilauge  Gelb-  oder  Rotfärbung  geben, 
hält  er  einen  genetischen  Zusammenhang  des  gelben  Farbstoffes  ebenso  wie 
des  Anthokyans  mit  den  Gerbstoffen  für  erwiesen. 

Dann  sind  zwei  Arbeiten  von  Tschirch1  zu  nennen,  der  mit  Hilfe 
der  Spektralanalyse  die  Verwandtschaft  der  natürlichen  gelben  Blüten-,  Frucht- 
und  Blattfarbstoffe  untereinander  und  mit  bekannten  künstlichen  Farbstoffen 
zu  ermitteln  sucht.  Dabei  berücksichtigt  er  aber  nicht  den  Unterschied 
zwischen  der  an  Chromatophoren  gebundenen  Carotingruppe  und  dem  im 
Zellsaft  gelösten  Anthochlor,  auch  nicht,  daß  in  vielen  der  von  ihm  unter- 
suchten Blüten  Caroline,  Flavone  und  Anthochlorfarbstoffe  zusammen  vor- 
kommen.   Zum  Beispiel    stellt    er    als    Untergruppe    der   Xanthocarotine    die 


1  Tschirch  A.,  Untersuchungen  über  das  Chlorophyll,  18S4.  — 
Tschirch  A.,  Vergleichende  spektralanalytische  Untersuchungen  der  natür- 
lichen und  künstlichen  gelben  Farbstoffe  mit  Hilfe  des  Quarzspektrographen. 
Ber.  d.  D.  bot.  Ges.,  Bd.  XXII,    1904. 


Studien  über  das  Anthochlor.  345 

Verbascumgruppe  mit  zwei  Absorptionsbändern  und  Endabsorption  auf, 
zu  der  er  zählt:  Verbascum  (enthält  nur  Anthochlor),  Viola  tricolor  (enthält 
Carotin  und  Violaquercitrin,  ein  Flavon)  und   Tulipa  (Carotin). 

Die  zur  Reinigung  der  Farbstoffe  angewandte  Kapillaranalyse  dürfte 
doch  nicht  genügen,  denn  es  wäre  sehr  merkwürdig,  daß  chemisch'  so 
verschiedene  Stoffe  dasselbe  Absorptionsspektrum  geben,  während  die  ein- 
ander nahestehenden  Carotine  ganz  verschiedene  Spektren  liefern,  und  man 
sieht  sich  zur  Frage  gedrängt,  ob  da  nicht  doch  Verunreinigungen  die 
Hauptrolle  spielen.  Tschirch  sagt  ja  selbst,  daß  Cholesterine  etc.  schwer 
zu  entfernen  waren.  Solange  die  Stoffe  nicht  rein  krystallisiert  sind,  lassen 
sich  solche  Versuche  wohl  nicht  einwandfrei  durchführen.  Aber  auch  die 
Richtigkeit  der  Absorptionsergebnisse  angenommen,  ließe  sich  daraus  noch 
immer  kein  Schluß  auf  die  chemische  Verwandtschaft  ziehen,  wie  ja  die 
erwiesenermaßen  ganz  verschiedene  Zusammensetzung  der  hier  in  Betracht 
kommenden  Stoffe  zeigt. 

Auch  Willstätter1  erwähnt  in  einer  seiner  Anthokyanuntersuchungen 
die  »noch  nicht  chemisch  untersuchten,  im  Zellsafte  gelösten  gelben  Farb- 
stoffe, welche  von  Botanikern  als  Anthochlor  bezeichnet  werden«.  Die  Farbe 
der  orange-  und  scharlachroten  Dahlien  wird  durch  Mischungen  von 
Pelargonin  mit  dem  eigentümlichen  Dahliengelb  bedingt.  Er  trennt  die  beiden 
Farbstoffe  durch  Ausschütteln  der  wässerigen  sauren  Farbstofflösung  mit 
Amylalkohol,  wobei  das  Pelargonin  (und  dies  ist  für  die  Anthol^ane 
typisch)  in  der  wässerigen  Schicht  bleibt,  während  das  Dahliengelb  voll- 
ständig in  den  Amylalkohol  übergeht.  Die  gelbe  Lösung  gibt  das  Pigment 
an  Soda  mit  intensiver  Orangefarbe  ab. 

In  einer  späteren  Untersuchung2  berührt  er  auch  den  Farbstoff  von 
Papaver  alpinum  und  sagt,  daß  hier  ein  im  Zellsaft  gelöster,  rein  und 
intensiv  gelber  Blütenfarbstoff  von  Glykosidnatur  auftritt,  der  den  Antho- 
kyanen  im  wesentlichen  analog  ist;  die  rein  gelbe,  wässerige  Lösung  gibt 
mit  Alkali  eine  intensivere  Gelbfärbung. 


III.  Eigene  Untersuchungen. 


Die  eigenen  Untersuchungen  wurden  im  Jahre  1916  während  einer 
militärischen  Rekonvaleszenz  begonnen  und  im  Frühjahr  1919  wieder  auf- 
genommen. Es  wurden  alle  gelben  Blüten,  die  ich  erreichen  konnte,  unter- 
sucht und  auf  ihre  Zugehörigkeit  zum  Carotin  oder  Anthochlor  geprüft. 
Die  Blüten  wurden  zum  Großteil  in  der  näheren  und  weiteren  Umgebung 
Wiens,    aber    auch    am   Isonzo,    in  Italien,  Dalmatien  und  Montenegro,  von 


i  Willstätter  R.-  und  Mallison  H.,  Über  Variationen  der  Blüten- 
farben. Lieb.  Ann.  d.   Chemie,   1915,   Bd.  408,  p.    158  ff. 

2  Willstätter  R.  und  Weil  Fr.,  Mohnfarbstoffe  I.  Lieb.  Ann.  d. 
Chemie,   1917,  Bd.  412,  p.  139  ff. 


346  G.  Klein, 

fremdländischen  Pflanzen    im   botanischen  Garten    und  im  Rotschildgarten  in 
Wien  gesammelt. i 

Infolge  der  in  jeder  Hinsicht  beschränkten  Verhältnisse  des  letzten 
Jahres  erhebt  die  Zusammenstellung  keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit 
und  werde  ich  in  einer  folgenden  Mitteilung  Gelegenheit  nehmen,  Ergänzungen 
anzuführen.  Es  würde  zu  weit  führen,  alle  untersuchten  Arten  mit  gelben 
Blüten  (zirka  300)  anzuführen,  ich  beschränke  mich  nur  auf  diejenigen, 
bei  welchen  im   Zellsaft  gelöster  gelber  Farbstoff  gefunden  wurde. 

Nachweis  des  Anthochlors  in  der  Pflanze. 

Wie  schon  betont  wurde,  kann  die  Gelbfärbung  einer 
Blüte  durch  Carotin  oder  Anthochlor  bedingt  sein.  Von  einer 
Ausnahme  soll  später  noch  gesprochen  werden.  Man  könnte 
nun  glauben,  die  Gegenwart  von  Anthochlor  oder  Carotin 
lasse  sich  schon  makroskopisch  feststellen  und  so  eine 
ungefähre  Trennung  der  Blüten  nach  diesen  beiden  Farb- 
stoffen durchführen.  Ich  konnte  mich  aber  immer  wieder 
überzeugen,  daß  man  aus  der  Nuance  der  Blütenfarbe  keinen 
Schluß  ziehen  darf.  Prantl  führt  als  Kennzeichen  für  Antho- 
chlor die  blaßgelbe  Blütenfarbe  an.  In  der  Tat  führen  viele 
blaßgelbe  Blüten  diesen  Farbstoff.  Andrerseits  haben  zahl- 
reiche typisch  blaßgelbe  Blüten,  wie  die  blaßgelben  Tropaeolum- 
Sorten,  die  blaßgelben  Stiefmütterchen,  die  lichtgelben  Arten 
von  Digitalis  (D.  ambigua,  nervosa  etc.),  von  Aconitum 
(A.  Lycoctonum,  Gnielini),  von  Rosa  (R.  Eclanteria  und  viele 
Gartenhybriden),  von  Chrysanthemum,  von  Iris  (J.  ochrolenca, 
aurea,  gracilis,  Mathioli  etc.),  von  Gladiolus  und  viele 
andere  überhaupt  kein  Anthochlor,  sondern  nur  spärliches 
Carotin.  Bezeichnen  wir  aber,  und  das  soll  vorläufig  fest- 
gehalten werden,2  alle  im  Zellsaft  von  Blüten  gelöst  vor- 
kommenden gelben  Farbstoffe  als  Anthochlor,  so  läßt  sich 
äußerlich  überhaupt  kein  Anhaltspunkt  finden. 

Betrachtet  man  die  intensiv  gelben,  matt  glänzenden 
Blütenblätter  einer  Oenothera  neben  denen  von  Verbascum 
thapsus  oder  macrurum,  so  wäre  man  entschieden  geneigt, 
ihnen  denselben  Blütenfarbstoff  zuzusprechen,    so  ähnlich  ist 


i  Für  die   Überlassung    des  Materials    sage    ich    auch  an  dieser  Stelle 
den  Leitern  dieser  Gärten  meinen  ergebensten  Dank. 

2  Molisch  H.,  Mikrochemie  der  Pflanze.  Verlag  Fischer  1913,   p.  242. 


Studien  über  das  Anthochlor.  347 

ihr  Äußeres.  Und  doch  enthält  Oenothera  nur  Carotin,  Verbascum 
hingegen  rein  Anthochlor. 

Die  einzig  sichere  Methode,  um  nachzuweisen,  in  welcher 
Form  der  gelbe  Farbstoff  in  der  Blüte  vorkommt,  ist  ein 
Querschnitt  durch  das  Blumenblatt,  denn  nur  an  diesem  kann 
man  feststellen,  ob  in  der  einzelnen  Zelle  gelber  Saft  oder 
Chromoplasten  vorhanden  sind. 

Neben  dem  Querschnitt  wurde  überdies  von  allen  Blüten 
in  angesäuertem  Wasser  bei  einer  Temperatur  von  20  bis 
50°  C.  ein  Extrakt  hergestellt.  Die  Carotine  sind  als  Kohlen- 
wasserstoffe in  Wasser  gänzlich  unlöslich,  die  im  Zellsaft 
gelösten  gelben  Farbstoffe  hingegen  leicht  löslich.  Eine  Gelb- 
färbung des  Extraktes  weist  also  auf  Anthochlor.  Die  Prüfung 
des  Extraktes  war  speziell  in  manchen  Fällen  notwendig,  wo 
die  spärlichen,  lichten  und  fast  gar  nicht  konturierten  Chromo- 
plasten schwer  festzustellen  waren.  Bei  Digitalis-  und 
Aconitum- Arten  sieht  man  oft  nur  einen  lichtgelben  Schein. 
Die  eventuell  noch  in  Betracht  kommenden,  wasserlöslichen 
Flavone  sind  in  neutraler  oder  saurer  Lösung  fast  farblos 
und  tragen  zur  Färbung  der  Blüten  überhaupt  nicht  merklich 
bei.  Nach  Willstätter1  enthalten  die  tiefgelben  Blüten  einer 
Varietät  von  Viola  tricolor  ein  Viertel  ihres  Trockengewichtes 
an  Violaquercitrin,  einem  Flavon.  Extrahiert  man  dieses  mit 
heißem  Methylalkohol,  so  sind  die  Blüten  unverändert  orange- 
gelb. Nicht  die  große  Menge  des  Quercitrins,  sondern  der 
kleine  Gehalt  von  Carotin  bedingt  die  Farbe.2 

Verbreitung  im  Pflanzenreich. 

Die  Tabelle  I  zeigt  die  Verbreitung  des  Anthochlors  im 
Pflanzenreich  und  die  Verteilung  im  Blütenblatt.  Aus  dieser 
Zusammenstellung  ist  ersichtlich,  daß  das  Vorhandensein  oder 
Fehlen  des  Farbstoffes  in  den  gelben  Blüten  von  der  syste- 
matischen    Stellung     und    Zugehörigkeit     der    Pflanze     ganz 


i  L.  c. 

-  Mikroskopisch  kann  man  sich  das  Violaquercitrin  leicht  darstellen, 
wenn  man  ein  gelbes  Blütenblatt  in  einen  Tropfen  heißen  Methylalkohol 
legt.  Nach  einer  Stunde  liegen  am  Rande  des  Deckglases  lauter  farblose 
bis    lichtgelbe  Nadeldrusen. 


348 


G.  Klein, 


Tabelle 


Familie 

Art 

Farbe 
der  Blüte 

Das  Anthochlor  findet 

im  Blumenblatt 

i 

neben 

allein       1    Chromo- 

plasten 

neben 
Anthokyan 

Polyonaieae 

Eriogonum 
umbellatum 

zitron- 
gelb 

■+■ 

— 

— 

Nyclagi- 
naceae 

Mirdbilis 

Jalapa 

blaßgelb 

— 

+ 

— 

Aizoaceac 

Mesembryan- 

ihemum 
linquifortne 

intensiv 
gelb 

■+• 

— 

— 

Saxifraga 
scardica 

lichtgelb 

-r- 

— 

— 

Caciaceac 

Opuntia 
Ratincsquei 

lichtgelb 

-+- 

— 

— 

Opuntia 
Enget 'mannt 

lichtgelb 

-h 

— 

— 

Caryo- 

phyllaceae 

Dianthus 

Caryophyllus 
Gartenhybride 

lichtgelb 

-+- 

— 



Papa- 
veraceae 

Resedaceae 

Papaver 
Kemeri 

dunkel- 
zitrongelb 

-+- 

— 

Papaver 
nutans 

intensiv 
gelb 

-+- 

— 

— 

Papaver 
aurantiacum 

dunkelgelb 
bis  orange- 
gelb 

-H 

— 

— 

Glaucium 
flavutn 

intensiv 
gelb 

•+- 

— 

— 

Eschschollzta 
californica 

intensiv 
gelb 

— 

-h 

— 

Reseda  lutea 
und  luteola 

blaßgelb 

-h 

— 

— 

Malvaceac 

Althaea  rosea 
gelbe  Varietät 

blaß- 
zitrongelb 

-H 

— 

— 

Studien  über  das  Anthnehlor. 


349 


sich 

Farbe  der 

wässerigen 

angesäuerten 

Lösung 

Anmerkung 

in  der 

oberen 

unteren 

Epidermis 

-h 

-+- 

gelb 

-h 

— 

blaßgelb 

In  der  roten  Form  vertritt 
das  Anthokyan  auch  in 
der  Verteilung  das  Anthn- 
ehlor 

-+- 

■+■ 

beim  Austritt  aus 

der  Zelle  verblaßt 

der  Farbstoff 

Beim  Verblühen  werden 
die  Blüten  orangerot 

-+- 

-+- 

blaßgelb 

-f- 

-+- 

lichtgelb 

-b 

-f- 

blaßgelb 

Von  derselben  Art  gibt  es 
eine  dunkelrote  Varietät. 
die  nur  Anthokyan  führt 

-\- 

H- 

lichtgelb 

Alle  anderen  Formen  führen 
in  derselben  Verteilung 
Anthokyan 

'  -+- 

-+- 

intensiv  gelb 

Überall  ein  schwefelgelber 
Fleck   an   der  Basis  der 
Blütenblätter,  beim  Ein- 
trocknen wird  die  gelbe 
Blüte    dunkelorange;    in 
wässeriger  und  verdünnt 
alkoholischer     Lösung 
blaßt  der  Farbstoff  aus 

-h 

-+- 

-h 

-+- 

orangegelb 

-h 

-h 

intensiv  gelb 

■+- 

.-+■ 

Im  oberen  Teil    der  Platte  • 
neben     Carotin      auch 
Anthochlor,    sonst    nur 
Carotin 

H- 

-f- 

blaßgelb 

-+- 

— 

lichtzitrongelb 

In  den  roten  Varietäten 
vertritt  der  rote  den 
gelben  Farbstoff 

350 


G,   Klein, 


'    Familie 

Art 

Farbe 
der  Blüte 

Das  Anthochlor  findet 

im  Blumenblatt 

allein 

neben 
Chromo- 
plasten 

neben 
Anthokyan 

;  Rutaceen 

Ruta 
graveolens 

intensiv 
gelb 

— 

-h 

— 

fifimosäccae 

■  ~ 

Acacia 

roslellifera 

gelb 

4- 

— 

— 

Papiliona- 
ceae 

Coronilla 
cappadociea 

dunkelgelb 

-t- 

- 

— 

Lotus 
corniculatus 

orangegelb 

— 

-h 

— 

Lathyrus 
pratensis 

dunkelgelb 

-H 

— 

— 

PrimuLiccae 

Primula 

vulgaris 

lichtgelb 

-4- 

nur  in  der 
Röhre  und 
den  Makeln 

— 

Primula 
elatior 

-f- 

— 

Primula 
veris 

dunkelgelb 

— 

-1- 

manchmal 
rot  an- 
gelaufen 

i 
1 

!   Scrophu- 
!   lariaceae 

Verbascum 

thapsus 
macrurum 

phlomoides 
o/viupicuiu, 

lycknilis 
ttustriacum 

ii  igrum 

tief 
zitrongelb 

-+- 

— 

— 

Calceolaria 

rugosa  var. 

aurea 

dottergelb 

— 

-f- 

— 

lichtgelb, 

Gaumen 

orangegelb 

-+- 

im  Gaumen 

am  Grunde 

der  Haare 

auch 

Carotin 

— 

i 

Linaria 
vulgaris 

Studien  über  das  Anthochlor. 


351 


sich 

Farbe  der 

wässerigen 

angesäuerten 

Lösung 

Anmerkung 

in  der 

i 

oberen 

unteren 

Epidermis 

-+- 

-h 

tiefgelb 

Neben  den  beiden  Blüten- 
farbstoffen reichlich  Rutin 
vorhanden;  läßt  sich  mit 
Methylalkohol       leicht 
krystallisieren  • 

Blumenblätter,  Staubfäden 
und  Griffel 

In  jeder  Zelle  neben  einer 
Anthochlorvakuole  eine 
farblose  Vakuole 

-h 

-h 

gelb 

-+- 

— 

dunkelgelb 

Auf  der  Fahne  fünf  rote 
Anthokyanstreifen 

in  der  Fahne  nur  oberseits 

Farbstoff  löst  sich  schnell, 
Blüte  wird  farblos 

-+- 

-h 

zitrongelb 

H- 

-+- 

-+- 

■+■ 

-+- 

-+- 

tiefzitrongelb 

Hybriden  enthalten  statt 
oder  neben  Anthochlor 
Anthokyan  :  trübrote 
Färbung 

H- 

-+- 

tiefgelb 

-h 

— 

lichtgelb 
orangegelb 

Die  letzten  Blüten  im  Herbst 
sind  sehr  blaßgelb,  Gau- 
men   fast   nicht  dunkler 

352 


G.  Klein. 


Familie 

Art 

Farbe 
der  Blüte 

Das  Anthochlor  findet 

im  Blumenblatt 

allein 

neben                , 
.-,,                      neben 
Chromo-       .    ,.    , 
,                 Anthokyan 

plasten                    J 

Scrophu- 
lariaceae 

Linaria 
genistifolia 

gleichmäßig 
zitrongelb 

neben 
Hesperidin 

— 

— 

Anlhtrr- 
hlnum 
malus 

tief 
zitrongelb 

— 

— 

-+- 

Läblatae 

Sideritis 

montaua 

hyssopifolia 

scorioides 

blaßgelb 

-f- 

— 

! 

Dipsacaceae 

Cephalaria 
alpina 

iarlarlca 
pilosa 

lichtgelb 

-+- 

— 



Sc ab t os a 
ochrolenca 

■+- 

— 

Compositae 

Anlhemts 
rlgescens 

gelb 

— 

-+- 

— 

Chrysan- 
themum 
carlnatum 
macrophyllum 

— 

-f- 

— 

Coreopsis 
longifolia 

orangegelb 

— 

-h 

■+- 

Dahlla 
varlabilts 

zitrongelb 

-h 

— 

-f- 

Cent  a  urea 
rupestrls 

tiefgelb 

■+- 

— 

— 

Centaurea 

alpina, 
ruthenlca 

Centaurea 

glasttfolta 

blaß- 
lichtgelb 

H- 

— 

— 

— 

-h 

. 

Centaurea 
macrocephala 

tiefgelb 

— 

•+- 

1 

Studien   über  das  Anthochlor. 


353 


sich 

Farbe  der 

wässerigen 

angesäuerten 

Lösung 

Anmerkung 

in  der 

oberen               unteren 

Epidermis 

-+- 

-h 

zitrongelb 

Blüten    nach    dem    Extra- 
hieren tiefgelb;   Gewebe 
erfüllt  von  Nadelbüscheln, 
dem  von  Molisch  auf- 
gefundenem   Hesperidin 

-+- 

— 

in  der  gelb-rot  gefärbten 
Blüte  vertreten  sich   die 
beiden    Farbstoffe    voll- 
kommen 

-+- 

-+- 

lichtgelb 

•+- 

-+■ 

■+■ 

-r- 

■+- 

— 

■+■ 

— 

gelb 

-+- 

■+- 

zitrongelb 

-+- 

-f- 

dunkelzitrongelb 

Alle  Farbenübergänge  von 
Gelb,    Scharlachrot    bis 
Dunkelpurpur 

H- 

-+- 

tiefgelb 

in  einzelnen  langgestreckten 
Zellen  und  Zellgruppen  der 
Epidermis  über  den  Gefäß- 
bündeln 

lichtgelb 

in  einigen  langgestreckten 
Zellen   über  den  Gefäß- 
bündeln 

Die     übrigen     Zellen     der 
Epidermis  führen  Carotin 

Zellstriemen  über  dem 
Siebteil 

Sonst   im  Gewebe  Carotin 

1 

354 


G.    Klein. 


Familie 

Art 

Farbe 
der  Blüte 

Das  Anthochlor  findet 

i 
im  Blumenblatt 

neben 
allein            Chromo- 
plasten 

neben 
Anthokyan 

Compositae 

Carthamus 
tinetorius 

tiefgelb  bis 
scharlach- 
rot 

-h 

— 

beim  Ver-;, 

blühen  in 

einen 

orangeroten 
Farbstoff 

übergehend 

Helen  i  um 
aitliiinvale 

dunkelgelb 

— 

-+- 

— 

Liliaceae 

Muscari 
comosutn 

braungrau 

— 

+ 

H- 

Iridaceae 

Gladiolus 
primulinus 

sattgelb 

— 

H- 

— 

Orchidaceae 

Orchis  pallens. 

provincialis, 

sambucina 

blaßgelb 

-t- 

— 

rote  Flecken 

auf  der 

Lippe 

unabhängig  ist,  wie  dies  ja  auch  von  den  andern  Blüten- 
farbstoffen gilt.  Selbst  nahe  verwandte  Formen  verhalten  sich 
verschieden.  Primula  vulgaris  und  elatior  führen  in  den 
Corollzipfeln  nur  Anthochlor,  Pr.  auricula  und  verticillata 
z.  B.  nur  Carotin.  Die  beiden  erstgenannten  enthalten  aber 
an  den  dunkleren  Makeln  an  der  Übergangsstelle  der  flachen 
Korolle  in  die  Röhre  beide  Stoffe,  in  der  Röhre  nur  Carotin. 
Primula  veris  zeigt  einen  Übergang,  sie  führt  in  allen  Epi- 
dermiszellen  beide  Farbstoffe.  Doch  tritt  hier  beim  Altern  der 
Blüte  eine  Anreicherung  an  Carotin  ein,  die  sich  schon 
äußerlich  in  einer  dunkleren,  mehr  orangegelben  Färbung  zu 
erkennen  gibt.  Andrerseits  fand  ich  von  Primula  veris  auch 
lichter  gelbe  Blüten,  die  nur  Anthochlor  führten. 

Auch  die  verschiedenen  gelben  Gartenhybriden  von  Primula  nehmen 
eine  Mittelstellung  ein.  Sie  führen  in  der  Epidermis  am  Grunde  der  Zelle 
licht-    bis    dunkelgelbe    Chromatophoren,    in    den    Papillen    Anthochlor.     Die 


Studien  über  das  Anthochlor. 


355 


sich 

Farbe  der 

wässerigen 

angesäuerten 

Lösung 

Anmerkung 

in  der 

oberen 

unteren 

Epidermis 

-h 

-+- 

lichtgelb   bis 
dunkelorange 

In    der    orangeroten    Blüte 
ist     gelber      und     roter 
Farbstoff  vorhanden 

Zellstriemen     tiefer     im 
Gewebe  über  dem  Siebteil 

lichtgelb 

Die    das    Anthochlor     ent- 
haltenden Zellreihen  zie- 
hen wie  Schläuche  durch 
das     ganze    Blütenblatt 

-h 

— 

Die  darunter  liegende  Zell- 
schichte     führt     Antho- 
kyan    und   Carotin,    die 
innerste  nur  Carotin 

-+- 

-+- 

tiefgelb 

-+- 

-+- 

blaßgelb 

Am    selben  Standort   blaß- 
gelbe      und     dunkelrote 
Formen  derselben  Art 

lichteren  Formen  enthalten  viel  gelben  Saft  neben  wenig  lichtgelben  Körnchen 
am  Grunde  der  Zelle,  die  dunkelgelben  weniger  Anthochlor,  dafür  viele 
dunkelgelbe  Chromatophoren  am  Grunde  und  auch  1  bis  2  Körnchen  an 
aer  Spitze  der  Papille.  Bei  den  lichtgelben  Formen  findet  man  häufig  auch 
Zellen,  die  nur  gelben  Saft  enthalten.  Aus  dem  botanischen  Garten  stand 
mir  Primula  austriaca  zur  Verfügung,  die  Wettstein  durch  Kreuzung  aus 
Pr.  acaulis  und  pannonica  gezogen  hat.  Pr.  acaulis  führt,  wie  schon  mehr- 
mals erwähnt,  in  der  Korolle  nur  Anthochlor,  pannonica  nur  Carotin  in  Form 
von  dunkelgelben  Körnchen,  nicht  nur  in  der  beiderseitigen  Epidermis, 
sondern  auch  im  Grundgewebe.  Alle  Kreuzungsformen  ähneln  der  pannonica 
insofern,  als  sie  die  Einzelblüten  auf  einem  gemeinsamen  Blütenstiel  tragen; 
in  der  Färbung  und  Farbstoffverteilung  konnte  ich  drei  Typen  feststellen. 
Eine  lichtgelbe  Form,  etwas  dunkler  als  acaulis;  in  jeder  Zelle  sind 
neben  viel  Anthochlor  nur  einige  kleine  lichtgelbe  Chromoplasten.  Die  zweite 
Form  ist  dunkler  als  die  erste,  enthält  neben  Anthochlor  viele  kleine 
Chromoplasten  zu  Haufen  geballt  und  führt  im  Grundgewebe  kein  Carotin. 
Eine  dritte  Pflanze  hat  noch  dunklere  Blüten,  aber  lichter  als  pannonica. 
Die  Blüten  zeigen  viel  Carotin  neben  wenig  Anthochlor,  auch  in  den  Papillen 
und  im  Grundgewebe. 


356  G.  Klein. 

Dieses  Beispiel  nur  möge  die  Variation  der  Farbstoffe 
bei  nahe  verwandten  Formen  demonstrieren. 

Bei  den  Papaveraceen  enthalten  die  gelben  Papaverarten 
Anthochlor,  Chelidonium  malus  Carotin,  Eschscholtzia  Carotin 
und  Anthochlor.  Selbst  bei  den  Scrophularineen,  die  in  über- 
wiegender Anzahl  Anthochlor  führen,  finden  sich  wieder 
Spezies  nur  mit  Carotin,  wie  Mimiüus  Intens  (dottergelb) 
oder  die  schon  genannten  Digitalisarten  (lichtzitrongelb) 
zeigen.  Innerhalb  der  engsten  Verwandtschaft  freilich  ist  die 
Einheitlichkeit  und  Konstanz  im  Vorkommen  der  Blüten- 
farbstoffe häufig  gewahrt,  so  bei  Verbascum,  Papaver,  Linaria, 
Cephalaria,  Sideritis  und  Acacia.  Bei  diesen  Arten  enthalten 
die  gelben  Blüten    nur    im  Zellsaft  gelösten  gelben  Farbstoff. 

Verteilung  in  der  Pflanze. 

Das  Anthochlor  hat  immer  seinen  Sitz  in  der  Epidermis, 
beziehungsweise  im  Epithel  der  Blütenblätter,  entweder  in 
der  oberen  und  unteren  oder  in  einer  von  beiden,  nie  aber 
im  darunterliegenden  Mesophyll. 

Kommt  das  Anthochlor  in  Verbindung  mit  Carotin  vor, 
so  trifft  man  immer  das  Carotin  im  Grundgewebe  verteilt,  in 
den  Oberhautzellen  beide  Farbstoffe  in  ein-  und  derselben 
Zelle.  Meist  sind  die  Chromopiasten  am  Grunde,  der  gelöste 
Farbstoff  in  der  äußeren  Hälfte,  bei  papillösen  Zellen  in  den 
kegelförmigen  Papillen.  Sehr  schön  ist  dies  zu  sehen  bei  den 
Primulaceen,  bei  Ruta,  Lotus  und  Coreopsis. 

Beziehungen  zum  Anthokyan. 

Am  interessantesten  sind  die  Beziehungen  zwischen 
Anthochlor  und  Anthokyan.  Erstens  findet  man  Anthochlor 
speziell  bei  Arten,  deren  andere  Varietäten  rot  gefärbt  sind, 
z.  B.  bei  Dalilia,  Anthirrhinum,  Linaria,  Althaea  und  Primula. 
—  Zweitens  läßt  sich  feststellen,  daß  sich  bei  den  Arten, 
die  rote  und  gelbe  Varietäten  aufweisen,  die  beiden  im  Zell- 
saft gelösten  Farbstoffe  in  Lagerung  und  Verteilung  genau 
ersetzen.  Sowie  der  gelbe  tritt  auch  der  rote  Farbstoff  in 
vielen  Fällen  nur  in  der  Epidermis,  immer  aber  bloß  in  den 
äußersten  Schichten  auf. 


Studien  über  das  Anthochlor.  357 

Drittens  lösen  die  beiden  Farbstoffe  einander  oft 
in  derselben  Blüte,  ja  von  Zelle  zu  Zelle  ab.  Da  diese 
Fälle  als  Beispiel  für  die  nahen  Beziehungen  der  beiden 
Farbstoffe  sehr  instruktiv  sind,  seien  einige  ausführlicher 
besprochen.  —  Verschiedene  Primulaarten  blühen  in  unseren 
Gärten  sowohl  in  gelben  wie  roten  Varietäten.  Bei  beiden 
findet  man  am  Querschnitt  homogenen,  gefärbten  Saft  in  der 
Epidermis,  bei  den  gelben  Anthochlor,  bei  den  roten  Antho- 
kyan.  So  gibt  es  eine  blaue  Gartenform  von  Primula  acaulis. 
Die  Oberseite  ist  azurblau,  die  Unterseite  blauviolett.  Diese 
zeigt  im  Mikroskop  von  der  Fläche  betrachtet  in  jeder  Zelle 
eine  andere  Farbe,  von  rosa  über  violett  bis  blau  alle  mög- 
lichen Mischfarben. 

Primula  rubra  hat  violetten  Zellsaft.  Eine  Hybride  von 
rubra  und  acaulis1  ist  lichtviolett.  Die  Blüte  enthält  beide 
Farben;  unter  dem  Mikroskop  sieht  man  in  der  Epidermis 
manche  Zellen  und  Zellgruppen  gelb,  andere  rosa,  in  den 
meisten  Zellen  ist  Gelb  und  Rot  zu  den  verschiedensten 
Nuancen  gemischt.  In  der  Natur  findet  man  manchmal  Blüten 
von  Primula  veris,  die  an  der  Unterseite  rot  angehaucht 
sind;  hier  zeigt  sich  dasselbe. 

Bei  Calliopsis  Drummondi  sind  die  Zungenblüten  gold- 
gelb, an  der  Basis  dunkelrot.  Der  Querschnitt  zeigt  im  Basal- 
teil jeder  Epidermiszelle  Carotinkörner,  in  der  Papille  an  den 
gelben  Stellen  Anthochlor,  an  den  roten  Anthokyan. 

Die  Blüten  von  Anthirrhinum  malus  sind  in  der  Natur- 
form dunkelrot  mit  gelbem  Gaumen.  Auf  der  Oberseite  sieht 
man  an  der  Übergangsstelle  von  Gelb  in  Rot  schon  mit 
bloßem  Auge  eine  Mischungszone,  die  in  trübroter  Misch- 
farbe erscheint.  Erst  zirka  1/2  cm  von  der  Übergangsstelle 
entfernt  sind  die  Farben  wieder  rein  gelb,  beziehungsweise 
so  rotviolett,  wie  die  ganze  Unterseite  ist.  Der  Querschnitt 
zeigt  das  Entsprechende:  Wir  finden  nicht  gelbe  Zellen  und 
angrenzend  rote,  auch  nicht  gelbe  zwischen  den  roten 
mosaikartig  verstreut,  sondern  in  derselben  Zelle  ein  Gemisch 
beider  Farbstoffe;  erst  rein  zitrongelbe,  dann  schmutziggelbe, 


i  Alle  Formen    standen    aus    dem    botanischen  Garten   zur  Verfüsuns-. 


353  G.  Klein, 

orangerote,  schmutzigrote,  blutrote  und  dann  erst  rein  rot- 
violette Zellen.  Dabei  ist  in  der  einen  Zelle  die  Basis  rötlich, 
der  Kegel  gelb,  in  der  andern  der  Kegel  rot  und  die  Basis 
gelb  und  zwischen  mehr  roten  Zellen  liegen  noch  mosaik- 
artig verstreut  mehr  lichtere,  gelbliche.  Es  ist  also  ein 
allmähliches  Mischen  und  Ineinanderübergehen  der  beiden 
Farbstoffe,  ganz  so  wie  bei  den  Farbennuancen  des  Antho- 
kyans  bei  der  blauen  Primula  acanlis. 

Es  gibt  eine  weißrote  Dahlia-V avietät,  bei  der  im  Sommer 
jede  Zungenblüte  weiß  und  von  scharlachroten  Rändern  um- 
säumt ist.  An  der  Übergangsstelle  von  Rot  in  Weiß  sieht 
man  schmale  gelbe  Zonen,  die  Unterseite  ist  immer  lichter, 
also  orange  gefärbt.  Gegen  den  Herbst  sind  die  Blüten 
orange  gerändert;  die  Oberseite  zeigt  wie  bei  Anthirvhimim 
eine  Mischung  von  Rot  und  Gelb,  die  Unterseite  ist  bloß 
gelb.  Die  letzten  Blüten  sind  schon  rein  gelb  umrandet  und 
zeigen  oben  und  unten  rein  gelbe  Farbe.  Im  Sommer  über- 
wiegt, wie  ich  später  noch  durch  Ausschüttelung  zeigen 
werde,  der  rote  Farbstoff,  er  nimmt  im  Herbst  ab  und  in 
den  letzten  Blüten  ist  nur  gelber  vorhanden. 

Carthamus  tinctorins  blüht  in  rein  gelber  Farbe.  Beim 
Verblühen  wird  der  Blütenstand  von  außen  nach  innen 
allmählich  intensiv  orange-  bis  feuerrot  und  welkt  in  dieser 
Farbe.  Der  Querschnitt  zeigt  bei  den  jungen  Blüten  in  den 
längsgestreckten  Epidermiszellen  zitrongelben,  in  den  alternden 
orangeroten  Zellsaft.  Diese  Blüten  geben  orangeroten  Extrakt. 
Die  Lösung  aus  den  gelben  Blüten  ist  lichtgelb,  wird  aber 
bald  dunkelorange.  Dasselbe  erreicht  man,  wenn  man  zu  den 
gelben  Blüten  oder  dem  gelben  Extrakt  Lauge  oder  kon- 
zentrierte Schwefelsäure  zusetzt.  Mischungen  von  Gelb  und 
Rot  sind  in  den  Zellen  nicht  zu  sehen,  es  scheint  also  der 
gelbe  Farbstoff  homogen  in  eine  rote  Modifikation  über- 
zugehen, worauf  später  noch  zurückzukommen  ist. 

Endlich  treffen  wir  Gattungen,  deren  einzelne  Arten  oder 
Arten,  deren  Varietäten  in  allen  Abstufungen  von  Zitrongelb 
über  Rot  bis  Violett  gefärbt  sind.  Ein  Beispiel  für  den  ersten 
Fall  bietet  Papaver,  für  den  zweiten  Dahlia.  Alle  Papaver- 
arten führen,  wenn  sie  überhaupt  Farbstoff  enthalten,    diesen 


Studien  über  .las  Anthochlor.  359 

nur  im  Zellsaft  gelöst.  Papaver  Burseri  und  Sendtneri  unserer 
Alpen  haben  überhaupt  keinen  Farbstoff,  sind  weiß.  Papaver 
Kerner i  (Illyrien)  ist  zitrongelb,  nudicaule  und  nulans  intensiv 
gelb,  aiiraniiacum  orangegelb,  rhoeas  und  dubium  orange- 
bis  feuerrot  und  somniferum  zeigt  alle  Nuancen  von  rot  bis 
tiefpurpur  und  lila.  Interessant  ist,  daß  alle  diese  Blüten 
beim  Eintrocknen  bis  zur  Nuance  der  nächstgenannten  Art 
nachdunkeln,  eine  Erscheinung,  die,  wie  wir  bald  sehen 
werden,  auch  unter  dem  Einfluß  von  Reagentien  erreicht 
werden  kann.  Löst  man  den  eingetrockneten  Farbstoff  in 
Wasser,  so  bleibt  die  dunkle  Nuance  in  der  Lösung  erhalten. 
Dasselbe  bunte  Bild  zeigen  die  Dahliavarietäten  unserer 
Gärten,  eine  Farbenpalette  von  Weiß,  Zitrongelb,  Orange, 
Scharlach,  Carmoisin  bis  Dunkelpurpurn  und  Violett.  Überall 
ist  in  der  beiderseitigen  Epidermis  homogener  gefärbter 
Zellsaft. 

Die  verschiedenen  roten  Farbstoffe  von  Papaver  und 
Dahlia  wurden  von  Willstätter  und  seinen  Mitarbeitern 
bereits  als  Anthokyane  aus  der  Gruppe  der  Cyanine  und 
Delphinine  festgestellt,  der  Nachweis  der  chemischen  Zu- 
gehörigkeit der  rein  gelben  Farben  zu  den  roten  steht 
noch  aus. 

Chemisches  Verhalten. 

Eine  Unterscheidung  der  verschiedenen  gelben  Farbstoffe 
gibt  uns  die  anatomische  Betrachtungsweise  nicht.  Den 
Einblick  in  das  Wesen  und  die*  Unterschiede  der  einzelnen 
Farbstoffe  bietet  erst  die  chemische  Untersuchung.  Diese 
wurde  zuerst  rein  mikrochemisch  auf  dem  Objektträger, 
später  in  Eprouvettenversuchen  durchgeführt.  Gerade  die 
mikrochemische  Methodik  war  hier  zur  ersten  Aufdeckung 
der  allgemeinen  chemischen  Eigenschaften  und  mangels  an 
reichlicherem  Material  und  Chemikalien   das  einzig  Mögliche. 

1.  Die  Löslichkeitsverhältnisse  sind  bei  allen  im 
Zellsaft  gelösten  gelben  Farbstoffen  die  gleichen.  Sie  decken 
sich  im  allgemeinen  mit  denen  des  Anthokyans.  Die  Farbstoffe 
sind  löslich  in  destilliertem  Wasser,  besser  in  angesäuertem 
Wasser,    sehr  gut  löslich  in  Säuren  und  Alkalien,   häufig  mit 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  24 


360  G.   Klein. 

roter  Farbe.  Sie  sind  sehr  gut  löslich  in  Äthylalkohol  und 
Essigsäure  mit  intensiv  gelber  Farbe,  gut  löslich  in  Methyl- 
alkohol. In  den  meisten  organischen  Lösungsmitteln,  wie 
Äther,  Petroläther,  Benzol,  Chloroform,  Schwefelkohlenstoff, 
Azeton  und  Anilin  sind  sie  vollkommen  unlöslich.  Äther  und 
Azeton,  die  Wasser  enthalten,  nehmen  den  Farbstoff  an  und 
färben  sich  lichtgelb. 

2.  Auch  die  gelben  Farbstoffe  zeigen  ähnlich  wie  das 
Anthokyan  Farbenumschläge  bei  Behandlung  mit  ver- 
dünnten Säuren  und  Alkalien.  Nur  sind  sie  hier  nicht  so 
markant  und  bei  den  einzelnen  Farbstoffen  verschieden.  Die 
Farbstoffe  der  Dahliagruppe  zeigen  mit  Alkali  orangegelbe 
bis  orangerote  Farbe,  mit  Säure  schlagen  alle  in  zitrongelb  um, 
das  Papavergelb  ist  mit  Alkali  dunkelgelb,  mit  Säure  zitron, 
das  Verbascumgelb  endlich  zeigt  kaum  einen  Unterschied, 
es  ist  mit  Lauge  tiefgelb,  mit  Säure  wird  es  lichtgelb  mit 
grünlichem  Stich,  erst  nach  Stunden  wird  es  grünlich  bis 
braungrün.  Dieser  letzte  Farbenumschlag  ist  natürlich  keine 
Indikatorreaktion  wie  beim  Anthokyan. 

3.  Sehr  instruktiv  ist  das  Verhalten  des  Farbstoffes  im 
Blütenblatte  gegen  Säuren  und  Alkalien,  besonders  gegen 
konzentrierte  Schwefelsäure  und  Kali-  oder  Natronlauge.  In 
vielen  Fällen  tritt  intensive  Rotfärbung  auf,  in  manchen  andern 
nicht.  Die  folgende  Tabelle  II  gibt  ein  Bild  dieser  Ver- 
hältnisse. 

Die  Farbenreaktionen  wurden  an  Stücken  der  frischen 
Corolle  auf  dem  Objektträger  durchgeführt  und  mit  freiem 
Auge  sowie  unter  dem  Mikroskop  bei  130facher  Vergrößerung 
geprüft.  Die  Farbennuance  ist  beidemal  fast  die  gleiche. 

Eine  Gruppe  gibt  mit  Alkalien  und  konzentrierter  Schwefel- 
säure rote  Farben.  Ihre  Hauptvertreter  sind  Dahlia,  Anthir- 
rhuium,  Linaria,  Althaea,  Acacia  und  Coreopsis.  Diese  geben 
intensivrote  Farben. 

Die  blaßgelben  Blüten,  die  Prantl's  Anthochlor  enthalten, 
bieten  orange  Faibennuancen.  Zwischen  diesen  beiden  Typen 
finden  wir  in  der  Gruppe  alle  Übergänge  in  der  Farben- 
intensität. Mesembryanthemum  und  Gladiolus  zeigen  ein  ab- 
weichendes Verhalten. 


Studien  über  das  Anthochlor.  361 

Der  gelbe  Papaverfarbstoff  stellt  eine  von  der  vorgenannten 
abweichende,  eigene  Gruppe  vor.  Der  Farbstoff  tritt,  mit 
den  Reagentien  behandelt,  rasch  aus  und  zeigt  nur  intensiver 
gelbe  bis  orange  Färbung. 

Eine  dritte  von  beiden  verschiedene  Form  bildet  der 
Verbascumfarbstoff.  Er  gibt  keine  Färbung,  sondern  speziell 
mit  Laugen    eine    sichere    und    schöne,  gelbe  Krystallbildung. 

Neben  diesen  beiden  Reagentien  geben  auch  andere 
Säuren  und  Basen  Färbungen.  Salz-  und  Salpetersäure 
reagieren  ähnlich  wie  Schwefelsäure,  aber  nicht  so  intensiv. 
Die  konzentrierte  Salpetersäure  rötet,  die  Färbung  verblaßt 
aber  bald  und  wird  schließlich  gelblich  bis  farblos.  Natrium  - 
und  Kaliumkarbonat,  Kalziumhydroxyd,  Barytwasser  und 
Ammoniak  färben  ähnlich  wie  die  Alkalihydroxyde,  aber  die 
drei  letzten  schwächer.  Organische  Säuren,  z.  B.  Essigsäure, 
färben  nur  ganz  konzentriert  dunkler  gelb,  sonst  lösen  sie  in 
gelber  Farbe.  Eine  Tabelle  mag  dies  veranschaulichen. 
Tabelle  III. 

Die  Konzentration  der  Reagentien  ist  für  den  Ausfall 
der  Färbung  durchaus  nicht  gleichgültig,  bei  Säuren  und 
Laugen  aber  verschieden. 

Während  die  Alkalien,  speziell  die  Alkalihydroxyde  auch 
verdünnt  noch  starke  Färbungen  geben,  tritt  diese  nur  bei 
konzentrierten  Säuren  auf.  Die  folgende  Tabelle  IV  zeigt  dies. 

Die  Proben  wurden  in  Schälchen  in  die  Reagentien  eingetragen,  um 
schnelles  und  gleichmäßiges  Eindringen  des  Reagens  zu  ermöglichen. 

In  der  Wirkungsweise  der  Säuren  und  Alkalien  ist  ein 
prinzipieller  Unterschied,  indem  erstere  nur  in  konzentrierter 
Form  Färbungen  hervorrufen,  während  letztere,  speziell  die 
starken  Laugen,  auch  bei  weitgehender  Verdünnung  noch 
gleich  intensiv  färben. 


Alle  diese  Reaktionen  wurden  auch  mit  Farbstofflösungen 
ausgeführt.  Die  Färbungen  sind  ähnlich  wie  im  Blumenblatt, 
nur  infolge  Verdünnung  des  Farbstoffes  meist  weniger 
intensiv. 


362 


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G.  Klein, 


Die  Blüten  wurden  in  mit  Salz-  oder  Schwefelsäure  angesäuertem 
Wasser  kalt  extrahiert.  Der  Farbstoff  tritt  bei  den  einzelnen  Arten  ver- 
schieden schnell  aus.  Manche  Blüten  sind  sehr  bald  vollständig  entfärbt, 
z.  B.  Laihyrits,  Mesembryanihemum  und  auch  Primttla,  andere  bleiben  noch 
stark  gelb,  z.  B.  Dahlia  und   Verbascum. 


Die  eingetretene  Rotfärbung  bleibt  dauernd  erhalten. 
Durch  Säuren  oder  Alkalien  rot  gefärbte  Lösungen  werden 
beim  Neutralisieren  wieder  gelb,  im  Überschuß  der  Lauge 
oder  Säure,  mit  der  man  neutralisiert,  schlagen  sie  abermals 
in  Rot  um,  eine  Erscheinung,  die  man  beliebig  oft  wieder- 
holen kann. 

Aus  einer  auftretenden  Färbung  darf  man  indes  nicht 
ohneweiters  auf  Anthochlor  schließen,  ehe  man  sich  durch 
einen  Querschnitt  oder  eine  Extraktion  hievon  überzeugt  hat. 
Es  geben  ja  auch  andere  Inhaltsstoffe,  z.  B.  Gerbstoffe, 
Glykoside  und  Eiweißstoffe  ähnliche  Färbungen.  Gerbstoffe.' 
geben  mit  Alkalien  gelbe  bis  rote  Töne,  die  Anthrachinon- 
glykoside  mit  Alkalien  und  Schwefelsäure  rote  Färbungen, 
Eiweißstoffe  bei  Gegenwart  von  Zucker  mit  Schwefelsäure 
intensiv  rote  Farbe  (Raspail'sche  Reaktion),  Eiweißstoffe  allein 
gelbe  Töne  mit  Alkalien.  Auch  Carotin  enthaltende  Blumen- 
blätter geben  mit  Alkali  orange  Färbung.  Hiefür  einige  Bei- 
spiele  in   Tabelle  V. 

Tabelle  V. 


Name  der  Pflanze                 Färbung  mit  H2SOj 

mit  KOH 

Narcissus  rein  weiß 

zitrongelh 

zitrongelb 

Balsamina  rein  weiß 

zitrongelb 

zitrongelb 

Dahlia  rein  weiß 

lichtrot,  wohl  etwas 
Anthokyan 

dunkelgelb 

Tropaeolnm  lichtgelb  nur 
Carotin 

blau 

rötlich 

Studien    über  das  Anthochlor.  OK>( 

Chlor  bleicht  sämtliche  gelben  Farbstoffe.  In  Chlorwasser 
eingetragene  Corollstücke  sind  nach  einiger  Zeit  farblos. 
Chlorkalklösung  entfärbt  nicht. 

4.  Die  Anthochlorfarbstoffe  sind  reduktionsfähig.  Doch 
verhalten  sich  die  einzelnen  Farbstoffe  verschieden.  Auch  die 
Reduktionsmittel  wirken  nicht  gleich.  Die  folgenden  Tabellen 
geben  ein  Bild  der  Verhältnisse.  Tabelle  VI,  VII  und  VIII. 

Durch  schweflige  Säure  werden  die  Angehörigen  der 
Papaver-  und  Verbascumgruppe  entfärbt.  Die  Papaverfarbstoffe 
sehr  leicht  und  schnell,  der  Verbascumfarbstoff  langsamer  und 
schwerer.  In  der  Dahliagruppe  entfärbt  schweflige  Säure 
nicht.  Mit  dieser  behandelte  Blumenblätter  und  Lösungen 
bleiben  auch  nach  langer  Einwirkung  normal  gelb.  Dasselbe 
gilt  vom  gasförmigen  Schwefeldioxyd.  Nach  mehrtägiger  Ein- 
wirkung werden  die  Farbstoffe  der  Dahliagruppe  in  saurer 
wie  alkalischer  Lösung  nur  lichtgelb.  Dagegen  fördert  die 
schweflige  Säure,  wie  später  noch  gezeigt  werden  soll,  das 
Krystallisieren  eines  dieser  Farbstoffe. 

Naszierender  Wasserstoff  reduziert  viel  energischer.  So 
tritt  bei  Behandlung  der  Farbstoffe  mit  Zinkstaub  und  Salz- 
oder Essigsäure  bei  Verbascum  und  Papaver  sofort,  bei  den 
anderen  Farbstoffen  nach  längerer  Reduktionsdauer  Entfärbung 
ein.  In  alkalischer  Lösung  mit  Zinkstaub  und  Kalilauge 
behandelt,  werden  die  Papaver-  und  Verbascumfarbstoffe  farb- 
los, die  orange  bis  rot  gefärbten  Vertreter  der  Dahliagruppe 
lichtgelb. 

Natriumamalgam  wirkt  in  saurem  und  alkalischem  Bade 
ähnlich. 

Bei  der  Reduktion  mit  Zinkstaub  und  Natriumamalgam 
trat  eine  merkwürdige  Erscheinung  zutage.  Reduziert  man 
nämlich  mäßiger  durch  längere  Zeit  (mit  verdünnter  Salzsäure 
oder  mit  Essigsäure),  so  tritt  bei  gewissen  Farbstoffen,  z.  B. 
von  Anthirrhinnm,  Lhiaria  und  Primula  nicht  Entfärbung, 
sondern  von  der  Oberfläche  der  Lösung  nach  unten  intensive 
Rotfärbung  auf,  die  erhalten  bleibt.  Reduziert  man  die  rote 
Lösung  weiter,  so  folgt  Entfärbung;  nur  die  oberste  Schicht, 
speziell  der  an  der  Oberfläche  stehende  Schaum  bleibt  rosen- 
rot.   Bei  Luftabschluß    tritt    bleibende  vollständige  Entfärbung 


368 


G.  Klein, 

Tabelle  VI. 


Reduktion  mit  schwefliger  Säure 

bei 

in  saurer  Lösung                    in  alkalischer  Lösung 

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schlag            vorher      >     nachher 

Nieder- 
schlag 

Dahlia 

etwas 
lichter  gelb 

gelbbraune 
Körnchen 

blutrot 

Farbe 
etwas 
lichter 

braune 
Körnchen 

und 
Flecken 

Linaria 

etwas 
lichter  gelb 

imBlumen- 
blatt 
Krystall- 
bildung, 
in  Lösung 

gelbe 
Stäbchen 

orangerot 

Primula 

etwas 
lichter  gelb 

gelbe 
Körnchen 

orange 

Verbascunt 

sehr 
lichtgelb 

gelbe 
Kugeln 

tiefgelb 

lichtergelb 

dichter 
lichtgelber 
Nieder- 
schlag 

Papavet 

farblos 

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gelb 

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dunkelgelb 

gelb 

gelbe 

Körnchen 

und 

Nadeln 

Coreopsis 

lichter  gelb 

lichtgelber 
Nieder- 
schlag 

tiefrot 

orange 
Flecken 

Carthamus 

lichtgelb 

gelbe 
Kügelchen 

orangegelb 

dunkelgelb 

Körnchen 

Tabelle  VII. 


Reduktion   mit  naszierendem  Wasserstoff  aus  Zinkstaub 

bei 

in  saurer  Lösung 

in  alkoholischer  Lösung 

Farbe  bei 

starker 
Einwirkung 

Farbe  bei 

mäßiger 

Einwirkung 

Farbe 

vor  der 

Einwirkung 

Farbe 

nach  der 

Einwirkung 

Dahlia 

farblos 



blutrot 

lichtgelb 

Linaria 

farblos 

granatrot 

orangerot 

lichtgelb 

Anthirrhinum 

farblos 

rosenrot 

blutrot 

lichtgelb 

Primula 

farblos 

rosenrot 

orangerot 

gelb 

, 

Studien  über  das  Anthochlor. 


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Reduktion  mit  naszierendem  Wasserstoff  aus  Zinkstaub 

bei 

in  saurer  Lösung 

in  alkalischer  Lösung 

Farbe  bei          Farbe  bei 

starker               mäßiger 

Einwirkung    i   Einwirkung 

Farbe                 Farbe 

vor  der              nach  der 

Einwirkung       Einwirkung 

Cetttaurea 

farblos 

rosa 

orange 

farblos 

Althaea 

farblos 

— 

orangerot 

lichtgelb 

Acacia 

farblos 

— 

orange 

— 

Dianthus 

farblos 

— 

orangegelb 

— 

Carthamus 

farblos 

- 

orangegelb 

farblos 

Coreopsis 

farblos 

— 

tiefrot 

gelb 

Verbascum 

farblos 

— 

tiefgelb 

farblos 

Papaver 

farblos 

— 

dunkelgelb 

farblos 

Tabelle  VIII. 


Reduktion  mit   1  o/0  Natriumamalgam 


bei 


in  saurer  Lösung 


in  alkalischer  Lösun< 


Farbe 


Farbe  vor  der    i   Farbe  nach  der 
Einwirkung  Einwirkung 


Dahlia 


Linaria 


Attthirrhinum 


farblos 


rotbraun 


karminrot 


blutrot 


orangerot 


blutrot 


farblos 


farblos 


rotorange 


Primula 


Carthamus 


Cetttaurea 


Verbascum 


Papaver 


Gladiolus 


rosenrot 


orange 


zitrongelb 


orangegelb 


farblos 


lichtgelb 


farblos 


farblos 


zitrongelb 

tiefgelb 

purpurviolett 


farblos 


farblos 


farblos 


farblos 


lichtgelb 


370  G.   Klein. 

ein.  Setzt  man  zu  der  entfärbten,  vordem  roten  Lösung 
Wasserstoffsuperoxyd,    so    erscheint    die   rote  Farbe  wieder. x 

Die  roten  Lösungen  bleiben  mit  Mineralsäuren  versetzt 
gleich  rot,  mit  Lauge  werden  sie  intensiv  gelb,  im  Überschuß 
der  Lauge  nehmen  sie  den  für  den  normalen  Farbstoff  der 
Dahliengruppe  charakteristischen  orangen  bis  blutroten  Ton 
an.  Die  entfärbten  Lösungen  werden  mit  Laugen  wieder 
tiefgelb,    mit  konzentrierter  Schwefelsäure  orange  bis  blutrot. 

Die  mit  konzentrierter  Salpetersäure  lichtgelb  bis  farblos 
gewordenen  Farbstoffe  nehmen  mit  Lauge  ebenfalls  orange 
bis  blutrote  Färbung  an;  selbst  Verbascimi  wird  orange. 
welche  Färbung  ich  hier  sonst  nie  erzielen  konnte. 

5.  Zu  betonen  ist  noch,  daß  der  Papaverfarbstoff  in 
wässeriger  alkoholischer  Lösung  verblaßt,  bis  die  Lösung 
farblos  ist.  Bei  Zusatz  von  Salzsäure  wird  die  Lösung  nach 
Frhitzen  lichtgelb,  mit  Alkali  sofort  tiefgelb.  Es  scheint  also 
der  Farbstoff  in  eine  Pseudobase  überzugehen,  wie  dies 
für  die  roten  Mohn  färb  Stoffe  und  alle  Anthokyane  charak- 
teristisch ist. 

Aus  Mesembryanthemwm  geht  der  Farbstoff  mit  licht- 
gelber Farbe  in  den  wässerigen  Alkohol  über,  mit  verdünnter 
HCl  wird  er  sofort  farblos,  mit  Alkali  wieder  gelb. 

6.  Metalloxyde  und  deren  Salze  geben  mit  den  Antho- 
chlorfarbstoffen  in  saurer  und  alkalischer  Lösung  gelbe, 
orange,  braune  oder  rote  Metallniederschläge,  die  mit  ver- 
dünnter Salz-  oder  Schwefelsäure  gespalten,  das  entsprechende 
Metallsalz  und  den  gelben  Farbstoff  in  Lösung  geben.  Z.  B. 
zeigen  die  ziegelroten  Bleiniederschläge  mit  Säure  gespalten 
dichte  Massen  von  Bleisulfat  oder  -chlorid  und  den  Farbstoff 
wieder  in  gelber  Lösung.  Die  folgende  Zusammenstellung 
zeigt  die  bei  einigen  Farbstoffen  mit  den  einzelnen  Metall- 
salzen erzielten  Niederschläge.  Tabelle  IX. 


1  Auch  bei  der  Reduktion  von  typischen  Flavonkürpern,  spez.  Quercitrin, 
Ouercetin  und  Morin,  ist  es  Stein.  Hlasiwetz  und  Pfaundler,  Everest 
und  Will  stätter  gelungen,  intensiv  rote,  anthokyanähnliche  Reduktions- 
produkte zu  erhalten.  Siehe  Willstätter,  Untersuchungen  über  Anthokyane, 
III.,  Lieb.  Ann.  d.  Chem.,  Bd.  408,  Jhrg.    1915,   p.  26  bis  28. 


Studien   über  das  Anthochlor. 


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372 


G.  Klein. 


7.  Dementsprechend  bilden  die  Farbstoffe  auch  aur 
gebeizter  Faser  Metallsalzniederschläge.  Sie  färben  aber  schwach, 
der  Farbstoff  läßt  sich  relativ  leicht  ausziehen.  Die  Tabelle  X 
zeigt  die  beizenziehende  Kraft  der  einzelnen  Farbstoffe.  Am 
besten  färben  Dahlia  und   Verbascii m. 

Tabelle  X. 


Baumwolle  färbt  an 


bei 


ohne  Beize 

in  saurem 

Bade 


mit  Alaun 

gebeizt  in 

saurem  Bade 


mit  Tannin        ohne  Beize 

gebeizt  in  in  alka- 

saurem  Bade    lischem  Bade 


Dahlia 


Linaria 


zitrongelb 


lichtgelb 


tiefgerb 


intensivgelb 


tieforanee 


orangerot 


tiefgelb 


orangegelb 


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lichtgelb 


lichtgelb 


lichtgelb 


orange 


Carthamus 


zitrongelb 


zitrongelb 


tief  zitrongelb 


tiefeelb 


Coreopsis 


Lalir. 


zitron  gelb 


zitrongelb 


braunorange 


oranoebraun 


sehr  lichtgelb 


sehr  lichtgelb 


lichtbraun 


schwach 
orange 


Vcrbascum 


Papaver 


tiefgelb 


tiefgelb 


tiefgelb 


tiefgelb 


schwach  gelb 


schwach  srelb 


gelb 


gelb 


8.  Will  statt  er  hat  bei  seinen  Anthokyanuntersuchungen 
eine  Reaktion  verwendet,  die  bei  allen  untersuchten  Farb- 
stoffen dieser  Gruppe  gleichmäßig  verläuft  und  als  eine 
Erscheinung  der  Glykosidspaltung  zu  erklären  ist. 

Die  angesäuerte  Farbstofflösung  gibt  nämlich  beim  Durchschütteln  mit 
Amylalkohol  an  diesen  nichts  ab,  er  bleibt  farblos.  Wird  aber  die  stark 
saure  Lösung  i/4  bis  !/2  Stunde  gekocht,  so  wird  das  Glykosid  gespalten 
und  der  gespaltene  Farbstoff,  d.  h.  die'  zuckerfreie  Komponente,  das 
Aglykon,  läßt  sich  nun  gänzlich  mit  Amylalkohol  ausziehen.  Das  Glykosid 
ist  also  in  Amylalkohol  unlöslich,  der  zuckerfreie  Farbstoff  sehr  gut  löslich, 
er  geht  in  diesen  über  und  gibt  aus  ihm  durch  Ausschütteln  mit  Wasser 
oder  Natriumazetat  nicht  das  mindeste  ab.  Mit  wässeriger  Sodalösung 
geschüttelt,  geht  der  Farbstoff  mit  blauer  Farbe  vollständig  in  die  wässerige 


Studien  über  das  Anthochlor.  3/3 

Schicht  über.  Aus  diesem  Verhalten  zog  Willstätter  den  Schluß  auf  die 
einheitliche  Glykosidnatur  aller  Anthokyane,  eine  Annahme,  die  durch  die 
nachfolgenden  Untersuchungen  bestätigt  wurde. 

Diese  einfache  Probe  wurde  auf  die  beschriebenen  gelben 
Farbstoffe  angewendet  und  gab  folgendes  in  Tabelle  XI 
zusammengestelltes  Resultat:  Die  gelben  Mohnfarbstoffe  ver- 
halten sich  genau  so  wie  die  roten  und  zeigen  hiedurch  ihre 
nahe  Verwandtschaft  zu  den  Anthokyanen.  Der  Farbstoff  gibt 
in  mit  Schwefelsäure  angesäuerter  Lösung  an  Amylalkohol 
nichts  ab,  nach  viertelstündigem  Kochen  geht  er  beim  Aus- 
schütteln vollständig  in  den  Amylalkohol  über.  An  Soda  gibt 
der  Amylalkohol  den  Farbstoff  mit  dunkelgelber  Farbe  ab. 
Ebenso  verhält  sich  eine  Reihe  von  Farbstoffen  aus  der 
Dahliagruppe,  die  andern  Angehörigen  dieser  Gruppe,  darunter 
Dalilia,  ebenso  wie  der  Verbascumfarbstoff  zeigen  das  ent- 
gegengesetzte Verhalten.  Sie  gehen  aus  wässeriger,  ange- 
säuerter Schicht  vollständig  in  den  Amylalkohol  über  und 
lassen  sich  aus  diesem  nicht  auswaschen.  Nach  Hydrolyse 
gehen  sie  ebenso  in  den  Amylalkohol  über.  Auch  gegen 
Sodalösung  ist  das  Verhalten  einheitlich.  Vor  der  Hydrolyse 
gehen  diejenigen,  welche  sich  mit  Amylalkohol  ausschütteln 
ließen,  nach  der  Hydrolyse  alle  in  die  Sodalösung  über.  Das 
Verhalten  der  intakten  Farbstoffe  gegen  Amylalkohol  ist  also 
verschieden,  nach  der  Hydrolyse  und  gegen  Soda  ein- 
heitlich. 

Daraus  kann  man  wohl  schließen,  daß  man  es  überall 
mit  Glykosiden  zu  tun  hat. 

Der  direkte  Beweis  für  die  Glykosidnatur  läßt  sich 
freilich  nur  mit  reiner,  krystallisierter  Substanz  durchführen, 
die  ich  in  der  erforderlichen  Menge  noch  nicht  zur  Ver- 
fügung hatte.  Denn  wenn  auch  die  Farbstofflösungen  nach 
dem  Kochen  mit  Säure  sowohl  nach  der  Fehling'schen  wie 
nach  der  Osazonmethode  viel  mehr  Zucker  aufwiesen  wie 
vor  dem  Kochen,  so  könnte  man  diesen  Befund  ebenso  mit 
der  Spaltung  von  anderen  in  der  Blüte  enthaltenen  Glykosiden 
erklären. 

Schließlich  sei  noch  betont,  daß  der  zuckerfreie  Farb- 
stoff so  wie  beim  Anthokyan  in  konzentrierter  Säure  unlöslich, 


374 


G.  Klein, 


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Studien  über  das  Anthoehlor. 


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Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd. 


25 


376 


G.   Klein, 


in  verdünnter  schwer  löslich  ist  und  infolgedessen  nach  der 
Hydrolyse  in  Form  von  Körnchen  oder  Flocken  in  der  Säure 
erscheint;  beim  Ausschütteln  löst  er  sich  meist  nicht  ganz, 
sondern  sammelt  sich  in  Form  von  Flocken  an  der  Grenze 
der  beiden  Schichten  an. 

Die  orange  und  scharlachrot  gefärbten  Dahliensorten 
enthalten,  wie  schon  erwähnt,  ein  Anthokyan,  Pelargonin 
und  Anthochlor,  das  Dahliengelb.  Behandelt  man  den  an- 
gesäuerten Extrakt  dieser  Blüten  mit  Amylalkohol,  so  ist  die 
saure  Lösung  rot,  die  Amylalkoholschichte  intensiv  gelb.  Auf 
diesem  Wege  hat  Willstätter  die  beiden  Farbstoffe  von- 
einander getrennt. 

Die  bei  der  Reduktion  rot  gefärbten  Farbstoffe  zeigen 
dasselbe  Verhalten  gegen  Amylalkohol  wie  die  intakten  gelben. 
So  gibt  das  rot  gefärbte  Anthochlor  von  Antliivrhinum  an 
Amylalkohol  nicht  das  Mindeste  ab,  nach  der  Hydrolyse  geht 
es  vollkommen  in  die  Amylalkoholschicht  über.  Aus  dieser 
geht  es  mit  gelber  Farbe  in  wässerige  Sodalösung. 

Auch  mit  Phenol  läßt  sich  Anthochlor  aus  wässeriger, 
saurer  Lösung  ausschütteln,  wie  folgt: 

Tabelle  XII. 


Name 

Dahlia 

Linaria 

Vcrbascum 

Papava- 

Phenol 

tiefgelb 

braun 

tiefgelb 

dunkelgelb 

wässerige 
Schicht 

farblos 

farblos 

farblos 

farblos 

Krystallisation, 

1.  Im  Blumenblatt. 

Vom  Anfang  an  war  mein  Bestreben  darauf  gerichtet, 
die  gelben  Farbstoffe  in  krystallisierter  Form  zu  erhalten,  wie 
es  Mo  lisch  in  so  schöner  und  einfacher  Weise  beim 
Anthokyan  gezeigt  hatte.  Doch  gelang  es  nur  in  wenigen 
Fällen  auf  diese  Art  Krystallbildung    zu    erzielen,    wohl    aber 


Studien   über  das  Anthochlor.  '377 

erhielt    ich    Krystallisation    im   Blumenblatt    auf   verschiedene 
andere  Weise. 

Nach  Mo  lisch  legt  man  ein  rotes  Blumenblatt  von  Rosa,  Pelargonium 
und  anderen  in  verdünnte  Salzsäure,  Essigsäure  oder  auch  destilliertes 
Wasser  und  erhält  nach  einiger  Zeit  im  Blumenblatt  und  außerhalb,  speziell 
am  Rande  des  Deckglases,    rote  Nadeln  und  Nadelbüschel     von  Anthokyan. 

Papaver.  Behandelt  man  die  schwefelgelbe  Partie  am 
Grunde  der  Corollblätter  von  Papaver  Kerneri  und  aurantiacum 
mit  Alkohol,  Essigsäure  oder  angesäuertem  Wasser,  so  kry- 
stallisiert  der  Farbstoff  sofort  aus;  in  vielen  Zellen  findet 
man  gelbliche  oder  gelbgrüne  wurstförmige  Gebilde  und 
gekrümmte,  spirillenförmige  Stäbchen  von  Krystallnatur,  die 
aber  bald  in  Körnchen  zerfallen  und  sich  mit  lichtgelber 
Farbe  lösen.  Sie  geben  mit  Lauge  und  Schwefelsäure 
orangerote  Färbung,  die  beim  Neutralisieren  wieder  in  Gelb 
zurückkehrt.  Der  Farbstoff  dieser  schwefelgelben  Partie,  die 
beim  Trocknen,  beziehungsweise  beim  Absterben  tiefgrün 
wird,  ist  also  verschieden  von  dem  des  Corollblattes. 

Dahlia.  Legt  man  ein  Stück  eines  Corollblattes  der 
gelben  Georgine  in  konzentrierte  Zuckerlösung,  so  tritt  in 
kurzer  Zeit  Plasmolyse  ein,  in  jeder  Zelle  findet  man  eine 
dunkelgelbe  Kugel.  Wäscht  man  nun  die  Blattstücke  rasch 
in  Wasser  ab,  zieht  einigemale  durch  Alkohol,  überträgt  wieder 
in  die  Zuckerlösung  auf  einen  Objektträger  und  läßt  die 
Präparate  einige  Stunden  unter  einer  Glocke  liegen,  so  sieht 
man  in  manchen  mächtige,  gelbe  Nadelsphärite  das  Gewebe 
erfüllen.  Fig.  1.  Sie  geben  mit  Schwefelsäure  und  Kalilauge 
die  typischen  roten  Farben. 

Linaria.  Die  Blüten  zeigen  nach  längerer  Einwirkung 
von  Essigsäure  derbe  gelbe  Spieße,  meist  zu  Bündeln  vereinigt, 
im  Gewebe. 

Auch  mit  konzentrierter  Zuckerlösung  erhält  man  speziell 
im  Sporn,  der  den  Farbstoff  am  konzentriertesten  enthält, 
Krystalle.  Legt  man  nämlich  etwas  angetrocknete  Blüten- 
sporne in  Zuckerlösung,  so  findet  man  in  wenigen  Alinuten 
in  jeder  Zelle  schöne  Krystalle  des  rhombischen  Systems 
oder  lange,  breite  Nadeln;  waren  die  Blumenblätter  stärker 
eingetrocknet,  so  bildet  sich  nur  Krystallsand. 


3 78    .  G.  K lei n, 

Die  meisten  Zellen  sind  angefüllt  von  kleinen  gelben 
Nädelchen  und  Stäbchen. 

Dieselben  Krystalle  erhält  man  beim  Einlegen  in  wenig 
Amylalkohol,  schweflige  Säure,  Schwefeldioxyd  oder  Natrium- 
bisulfitlösung.  Fig.  2. 

Diese  Krystalle  werden  mit  konzentrierter  Schwefelsäure 
unter  Lösung  blutrot,  mit  50%  Kalilauge  färben  sie  sich 
kirschrot  bis  purpurn  und  lösen  sich  schließlich  mit  violetter 
bis  tiefblauer  Farbe,  eine  sehr  auffallende  Erscheinung,  die 
ich  sonst  nie  beobachten  konnte. 

Verbascum.  Sehr  leichte,  sichere  und  schöne  Krystall- 
bildung  zeigt  der  Verbascumfarbstoff  sowohl  im  Blumenblatt 
wie  außerhalb  beim  Zusatz  von  Alkalien.  Versetzt  man  ein 
Blumenblatt  von  Verbascuiu  mit  wässeriger  oder  alkoholischer 
Alkalilauge,  so  fällt  bei  einer  Laugenkonzentration  über  20% 
sofort,  bei  niedrigerem  Gehalt  nach  einiger  Zeit  der  gesamte 
Farbstoff  krystallisiert  aus;  in  den  Zellen  in  Nädelchen,  Nadel- 
büscheln und  ganzen  Sträuchern  von  zitrongelber  Farbe, 
außerhalb  des  Präparates  in  Kugeln,  die  aus  lauter  ge- 
krümmten, schmalen,  rhombischen  Blättchen  bestehen  und 
am  Rande  des  Deckglases  in  mächtigen,  bärlappähnlichen 
Sträuchern  bis  zu  2  mm  Größe,  aus  lauter  gelben  Nädelchen 
gebildet.  Fig.  3,  4  und  5.  Ähnliche  Bildungen,  nur  langsamer, 
erhält  man  mit  allen  anderen  Alkalien. 

Der  Verbascumfarbstoff  zeigt  aber  auch  sonst  Neigung 
zur  Krystallisation  und  ein  von  den  andern  gelben  Farb- 
stoffen abweichendes  Verhalten.  Besonders  auffallend  ist  die 
Wirkung  von  Essigsäure,  die  olivgrüne  Färbung  und  Bildung 
von  grünen  Krystallen  bedingt. 

Tabelle  XIII. 


40%  KOH  Eisessis 


Konz.  HCl 


Konz.  H2S04  ,     Konz.  HN03 


intensiv  gelbe 
Nadeln   und 
Nadelbüschel 


homogene 
Grüntärbung 
nach  einiger 
Zeit  olivgrüne 
Nadeln  und 
Nadelbüschel 


braungrüne 

Nadeln  und 

Büschel 


dunkelgelbe 

bis  braune 

gekrümmte 

Nadelbüschel 


sehr  lichtgelbe, 

meist  farblose 

Nadelbüschel 

aus  kurzen, 

kompakten 

Nadeln 


Studien   über  das   Antliochlor. 


379 


Nimmt  man  die  Säuren  in  einer  Verdünnung  von  1  :  3, 
so  ist  die  Färbung  bei  Salzsäure  gelbgrün,  bei  Schwefelsäure 
gelbbraun  und  bei  Salpetersäure  lichtgelb.  Mit  Lauge  werden 
diese  mit  Säuren  entstandenen  Bildungen  wieder  tiefgelb. 

Überträgt  man  andrerseits  die  in  Lauge  eingelegten 
Blütenblätter  in  die  Säuren,  so  erhält  man  ähnliche  Resultate 
wie  mit  frischen.  Es  verwandeln  sich  die  gelben  Nadelgebilde 
in  Eisessig  in  grüne,  in  Salzsäure  in  gekrümmte  gelbbraune, 
in  Schwefelsäure  in  dunkelgelbe  bis  braune,  in  Salpetersäure 
in  lichtgelbe  bis  farblose  gebogene  Nadeln  und  Nadelbüschel. 


In  organischen  Lösungsmitteln,  in  welchen  die  Farbstoffe 
unlöslich  sind,  erhält  man  ebenfalls  Krystallisationen,  wenn 
man  die  Blumenblätter  länger  in  diese  einlegt. 

Tabelle  XIV. 


Lösungsmittel  Dahlia 


Linaria 


Verbascum 


Papaver 


Petroläther 


Äther 


Amylalkohol 


im  Präparate 
und  auf  der 
Oberfläche 
gelbe,  seiden- 
glänzende 
Nadelbüschel 


rhombische 

Prismen, 
Krystallsand 
und  Klumpen 


gelbe  Klumpen 

mit  radialer 

Streifung 


jelbe  Nadeln 
und  sehr 

viele  gelbe 
Klumpen 


ähnlich  wie  bei  Petroläther 


große  gelbe 

Nadeln  quer 

durch  die 

Zelle  und 

gelbe  Klumpen 


gelbe  typische 

Nadeln  und 

Klumpen 


gelbe  Sphäro- 

krystalle  in 

Gruppen  im 

Gewebe 


2.  Im   Extrakte. 

Auch  mit  Farbstoffextrakten  in  verschiedenen  Lösungs- 
mitteln, also  außerhalb  des  Gewebes,  wurde  im  kleinen 
Maßstabe  Krvstallbildung  versucht  und  mehrfach  erzielt. 


380  G.  Klein, 

Dahlia.  Der  wässerige  angesäuerte  Extrakt  läßt,  im 
Vakuum  hei  Zimmertemperatur  in  Krystallisierschalen  einge- 
dampft, nach  längerer  Zeit  lauter  feine,  kurze,  beiderseits 
zugespitzte,  lichtgelbe  Nädelchen  ausfallen. 

Mit  3%  Salzsäure  zu  gleichen  Teilen  versetzt,  zeigt  der 
Extrakt  bei  derselben  Behandlung  große,  dichte  Nadelkugeln, 
die  durch  die  dichte  Lagerung  dunkelorange  erscheinen.  In 
zehnprozentiger  salzsaurer  Lösung  erhält  man  kleine  Sphärite, 
bei  noch  höherer  Konzentration  in  der  Hauptmenge  nur  mehr 
Körnchen-  und  Stäbchenaggregate  neben  typischen  Einzel- 
nadeln. Konzentrierte  Salzsäure  gibt  nur  eine  orange  bis 
rostrot  gefärbte  Masse,  aus  Körnchen  und  Stäbchen  zusammen- 
gesintert. Alle  diese  Bildungen  lösen  sich  in  konzentrierter 
Salz-  und  Schwefelsäure  mit  orangeroter,  in  Kalilauge  mit 
blutroter  Farbe. 

Der  Eisessigextrakt  zeigt,  über  Schwefelsäure  im  Vakuum 
eingedampft,  blutrote  Lösung  und  rostroten  Niederschlag; 
dieser  besteht  aus  orangeroten  Kugeln  und  Schollen,  die  sich 
durch  die  radialen  Risse  als  Sphärokrystalle  zu  erkennen 
geben.  Kalilauge  löst  blutrot. 

Bei  Äthylalkohol,  in  dem  sich  Anthochlor  am  reichlichsten 
löst,  tritt  im  konzentrierten  Extrakt  relativ  leicht  Krystallisation 
ein.  Legt  man  eine  Anzahl  Einzelblüten  in  wenig  V)6pro- 
zentigen  Alkohol,  so  daß  die  Lösung  unvollständig  bleibt,  so* 
hat  der  Alkohol  bald  eine  goldgelbe  Farbe  erreicht,  die 
Blätter  sind  noch  gelb.  In  dem  Falle  tritt  nach  einiger  Zeit 
Trübung  ein,  die  immer  mehr  zunimmt  und  aus  lauter  reinen, 
lichtgelben  Nädelchen  besteht.  Fig.  6. 

Aus  der  konzentrierten  Lösung  fällt  etwas  Farbstoff  aus,, 
dadurch  kann  sich   neuer  lösen  usw. 

Dieselben  Nadeln  erhält  man  beim  langsamen  und  vor- 
sichtigen Verdunsten  des  Alkohols. 

Beim  schnellen  Eindampfen  bildet  sich  nur  ein  amorpher 
Rückstand.  Immer  wird  beim  Eindunsten  die  Lösung  dunkel- 
gelb, dann  orange  bis  rot,  erst  bei  dieser  Konzentration  tritt 
Krystallisation  ein.  Die  alkoholische  Lösung  gibt  auch  beim 
Versetzen  mit  konzentrierter  Salzsäure  oder  methylalkoholischer 
Salzsäure  bald  Nadeln  und  Körnchenmassen. 


Studien  über  das  Anthochlor.  381 

Leichter  und  schneller  erreicht  man  Krystallbildung  beim 
Versetzen  der  alkoholischen  Lösung  mit  chemisch  indifferenten 
organischen  Lösungsmitteln,  die  den  Farbstoff  unverändert 
fällen.  So  fällt  absoluter  Alkohol  typische  gelbe  Nädelchen 
und  orange  Tropfen,  die  allmählich  in  feste  Kugeln  über- 
gehen; aus  diesen  entwickeln  sich  schließlich  Sphärokrystalle 
und  schöne  Nadelbüschel.  Fig.  8.  Sie  werden  mit  Lauge 
blutrot.  Aceton  gibt  Nadeln  und  mächtige  orange  Kugeln, 
die  sich  in  Sphärokrystalle  umwandeln.  Fig.  7.  Äther  fällt 
durchaus  reine  Nadeln,  die  mit  Lauge  dunkel-  bis  orange- 
gelb werden.  In  all  den  genannten  Fällen  zerfließen  die 
Nadeln,  auf  den  Objektträger  gebracht,  sehr  rasch,  unterm 
Deckglas  nicht.  Die  Nadeln  sind  in  Wasser  unlöslich,  in 
Alkohol  leicht  löslich,  in  Alkalien  löslich  mit  dunkel-  bis 
orangegelber  Farbe,  in  konzentrierten  anorganischen  Säuren 
unlöslich. 

Auch  die  Amylalkoholausschüttelung  gibt  bei  vorsichtigem 
Eindunsten  neben  orange  gefärbten  Kugeln  nur  einen  körneligen 
Rückstand,  mit  alkoholischer  zweiprozentiger  Salzsäure  aber 
neben  Körnchen  auch  viele  große  orangerote  Sphärokrystalle, 
die  sich  aus  Alkohol  umkrystallisieren  lassen. 

Linaria.  Der  Farbstoff  von  Linaria  ist  ziemlich  emp- 
findlich. Extrahiert  man  den  Farbstoff  mit  5  bis  10°/0  Salz- 
oder Schwefelsäure  oder  mit  50%  Essigsäure  in  der  Kälte, 
so  gibt  der  Helm  eine  lichtgelbe,  der  Gaumen  orangegelbe 
Lösung;  die  Farbe  bleibt  dauernd.  Bei  60°  aber  schon  erhält 
man  braune  bis  schwarzbraune  Lösung,  aus  der  nach  einiger 
Zeit  ein  schwarzer  Niederschlag  ausfällt,  der  in  wenigen 
Tagen  fast  vollständig  ist. 

Mit  konzentrierten  Mineralsäuren  oder  bei  starkem  Er- 
hitzen beziehungsweise  Kochen  der  verdünnten  Lösung  erreicht 
man  dasselbe  in  einer  Viertelstunde.  Der  fast  schwarze  Nieder- 
schlag zeigt  sich  aus  lauter  dunkelgelben  Körnchen  und 
Stäbchen  zusammengesetzt.  Er  ist  in  kaltem  und  heißem 
Wasser  unlöslich,  in  angesäuertem  Wasser  fast  unlöslich,  in 
Alkohol  mit  tiefgelber,  in  Essigsäure  mit  dunkelgelber,  in 
Salzsäure  mit  zitrongelber  und  in  Alkalien,  z.  B.  Kalilauge 
oder  Ammoniak  mit  orangeroter  Farbe  leicht  löslich. 


382  G.  Klein.. 

Die  alkalische  Lösung  wiid  mit  Säuren  wieder  licht- 
gelb. 

Von  den  übrigen  Farbstoffen  zeigt  nur  das  Verbascum- 
gelb  Ähnliches.  Die  andern  Blüten,  z.  B.  das  nahverwandte 
Anfhirrhinum  melius  geben  bei  60°  reingelbe  Lösungen.  Der 
wässerige  oder  alkoholische  Extrakt  gibt  beim  langsamen 
Eindunsten  eine  gelbe  Masse  aus  Körnchen  bestehend.  Diese 
geben  mit  Kalilauge  orangerote  Färbung.  Kalte  salz-  oder 
essigsaure  Lösung  gibt  mit  Äther  gelbe  Körnchenaggregate. 
Der  Amylalkoholauszug  zeigt  im  Vakuum  eingedampft, 
schwarzgrüne  Lösung  und  ebensolchen  Niederschlag. 

Der  lichtgelbe  Farbstoff  von  Helm  und  Sporn  und  der 
orangegelbe  des  Gaumens  sind  voneinander  verschieden.  Nicht 
die  Konzentration  des  Farbstoffes  bedingt  die  mehr  minder 
intensive  Färbung;  denn  die  lichtgelben  Partien  der  Blüte 
geben  immer  lichtgelben  Extrakt,  die  orangegelben  auch  bei 
starker  Verdünnung  orangegelben.  Die  Farbenreaktionen  sind 
bei  beiden  gleich  intensiv.  Im  Sporn  ist  tiefzitrongelber  Farb- 
stoff in  sehr  konzentrierter  Form;  er  krystallisiert,  wie  schon 
gezeigt,  unter  den  verschiedensten  Bedingungen  sehr  leicht 
und  gibt  tiefrote  Farbenreaktionen. 

Verbasciun.  Der  Farbstoff  von  Verbascum  gibt,  wie 
schon  geschildert,  wie  im  Blumenblatt,  so  auch  im  Extrakt 
leicht  Krystallisation  beim  Versetzen  mit  Alkalien.  Wässerige 
und  alkoholische  Lösungen  geben  mit  40  bis  100%  Kali- 
lauge herrliche  tiefgelbe  Nadelkugeln,  -büschel  und  -sträucher. 
Schüttelt  man  eine  Lösung  mit  Amylalkohol  aus  und  unter- 
schichtet diesen  Auszug  mit  Lauge,  so  bilden  sich  an  der 
Grenzzone,  sowie  der  Farbstoff  in  die  alkalische  Schicht 
übergeht,  dieselben  Nadeln  und  Bäumchen  in  sehr  reiner 
Form. 

Auch  mit  Ammoniak  erhält  man  nach  längerem  Stehen 
Krystallbildung,  und  zwar  meist  regelmäßige  tetraederähnliche 
Formen  oder  sechsseitige  Plättchen.    Fig.   12. 

Lösungen  mit  Essig-  oder  Salzsäure  versetzt,  werden 
bald  oliv-  bis  dunkelgrün,  nach  einiger'  Zeit  fallen  grüne 
Körnchen  und  Tropfen,  die  sich  in  üchtgrüne  Sphärokrystalle 
und  Büschel  verwandeln.    Diese    grünen  Krystalle    geben  mit 


Studien   über  das  Anthochlor.  .>S.i 

Alkalien  wieder  tiefgelbe  Lösung.  Mit  Säuren  kann  man  also 
liier  nie  bleibend  gelbe  Lösungen  erhalten. 

Die  gelben  Krystalle  des  Verbascumfarbstoffes  sind  leicht 
löslich  in  Alkohol,  schwerer  löslich  in  Wasser,  unlöslich  in 
den  anorganischen  Säuren. 

Papaver.  Das  Papavergelb  gibt  in  angesäuerter,  wässeriger 
Lösung  beim  Eindampfen  gelbe  Körnchenaggregate  und 
dunkelgelbe  Kugelsphärite,  aus  denen  lichtgelbe  Nadeln 
herauswachsen.  Der  alkoholische  Auszug  gibt  lauter  gold- 
gelbe Nadelbüschel  und  Drusen.  Diese  Bildungen  werden  mit 
KOH  dunkelgelb  bis  orange  gelöst.  Mit  10%  Salzsäure 
fallen  nach  einiger  Zeit  kleine  gelbe  Nadelkugeln. 

Endlich  geben  auch  die  Metallsalze  relativ  leicht 
neben  den  schon  besprochenen  amorphen  Metallniederschlägen 
Kristallbildungen  des  reinen  Farbstoffes.  Diese  zeigen*  nämlich 
mit  Alkalien  und  Schwefelsäure  die  für  den  intakten  Farbstoff 
charakteristischen  Rotfärbungen,  während  die  Metallverbindung 
damit  nur  dunkelgelbe  bis  orange  Färbung  gibt.  Um  Wieder- 
holungen zu  vermeiden,  seien  alle  mit  anorganischen  Säuren, 
Basen,  mit  Metallsalzen  etc.  erzielten  Krystallisationen  in 
kurzer  tabellarischer  Übersicht  gegeben.  Tabelle  XV.  Die 
Metallsalzniederschläge  sind  in  Wasser  unlöslich,  in  Alkohol 
unlöslich,  in  Säuren  mit  gelber  bis  roter  Farbe  sofort  löslich, 
ebenso  in  Alkalien  mit  den   charakteristischen  Farben. 

Schwefelsäureprodukt. 

Schließlich  sei  noch  eine  interessante  Erscheinung  betont, 
die  ich  freilich  bis  jetzt  nur  bei  Dahlia  konstatieren  konnte. 
Versetzt  man  eine  Eisessiglösung  des  Dahlienfarbstoffes  mit 
dem  gleichen  Volumen  konzentrierter  Schwefelsäure,  so  bilden 
sich  vorerst  gelbe  Nadelkugeln,  die  nach  einigen  Tagen 
schmutzigrot  und  schließlich  granatrot  werden.  Fig.  9.  Sie 
gleichen  im  Aussehen  vollkommen  den  Anthokyankrystallen. 
Mit  Lauge  lösen  sie  sich  in  tiefpurpurner  bis  dunkelvioletter 
Farbe.  Versetzt  man  mit  Wasser,  so  werden  die  roten  Krystalle 
wieder  rein  gelb.  Diese  zeigen  mit  Schwefelsäure  Lösung  in 
roter,  mit  Kalilauge  in  purpurvioletter  Farbe.  Die  gelben 
Nadelbüschel    bleiben    in    der  mit  Wasser  verdünnten  Lösung 


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G.  Klein, 


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Studien  über  das  Anthochlor.  38i 

unverändert  erhalten.  Die  Lösung  ist  immer  vollständig  farb- 
los. Auch  mit  dem  Farbstoff  in  wässeriger  Lösung  erhält  man 
bei  Zusatz  von  Schwefelsäure  nach  wochenlangem  Stehen 
trübrote  Nadelbüsche!. 

IV.  Überblick. 

Überblicken  wir  die  Resultate  der  bisherigen  Unter- 
suchung, so  ist  festzustellen: 

1.  Daß  die  als  Anthochlor  bezeichneten  gelben  Blüten - 
tarbstoffe  in  bezug  auf  Verteilung  und  Verbreitung  in  der 
Zelle  und  im  Gewebe  der  Blüten  sowie  in  den  Lr>slichkeits- 
verhältnissen  mit  den   Anthokyanen  übereinstimmen. 

Die  Amylalkoholprobe  weist  bei  allen  auf  Glykosidnatur 
hin.  Aus  ihrem  Verhalten  gegen  Säuren  läßt  sich  schließen, 
daß  Oxoniumbasen  vorliegen  und  daß  hier  wie  bei  den 
Anthokyanen  beim  Lösen  in  verdünnten  Säuren  Oxonium- 
salzbildung  eintritt. 

Auch  die  Reduktionsfähigkeit  und  die  Bildung  von  Metall- 
oxydniederschlägen, die  bei  den  einzelnen  Farbstoffen  mehr 
oder  weniger  stark  auftreten,  sind  für  alle  charakteristisch 
und  zeigen  wieder  Analogie  zu  den  Anthokyanen. 

Sie  geben  ebenso  wie  die  Anthokyane  Farbenumschläge 
mit  Säuren  und  Alkalien,  nur  sind  diese  hier  nicht  so  auf- 
fällig und  bei  den  einzelnen  Farbstoffen  verschieden  intensiv. 
Endlich  sind  auch  hier  die  intakten  Farbstoffe  in  Säuren 
leicht,  die  zuckerfreien  schwer  löslich. 

'_'.  Wohl  unterschieden  sind  sie  aber  von  den  Antho- 
kyanen durch  ihre  Resistenz  auch  gegen  konzentrierte 
Alkalien,  ihr  charakteristisches  Verhalten  Alkalien  und  Säuren 
gegenüber  und  die  Bildung  eines  krystallisierenden  Säure- 
additionsproduktes mit  konzentrierter  Schwefelsäure,  das  mit 
Wasser  wieder  zerlegt  wird  (Dahlia).  Dies  sind  aber  Eigen- 
schaften der  eigentlichen  Flavonfarbstoffe.1  Daß  sich  aber 
diese    gelben    ebenso    wie  die  roten  Blütenfarbstoffe  von  den 


1  Rupe    H.,     Die    Chemie     der    natürlichen    Farbstoffe,     1900,    Verlag 
von  Fr.  Vieweg. 


388  G.   Klein, 

Flavonen,  beziehungsweise  deren  Derivaten  ableiten,  kann 
auch  jetzt  schon,  ohne  makrochemische  Analyse  behauptet 
werden. 

Die  Flavone  (z.  B.  Quercitin,  Rutin,  Chrysin,  Morin, 
Luteolin  etc.)  sind  mehr  minder  löslich  in  Wasser,  löslich  in 
Alkohol,  sehr  leicht  löslich  in  Alkalien  mit  intensiv  gelber, 
orangeroter  oder  roter  Farbe,  meist  unlöslich  in  Äther.  Sie 
geben  mit  Metalloxyden  orange,  rote  oder  braune  bis  schwarze 
wasserunlösliche  Metallsalze  und  ziehen  infolgedessen  gut 
auf  Beizen;  sie  werden  ja  heute  noch  technisch  als  Farbstoffe 
verwendet.  Sie  lassen  sich  leicht  reduzieren  und  geben  öfter 
mit  Natriumamalgam  in  angesäuerter,  alkoholischer  Lösung 
rote  Produkte.  Diese  roten  Körper  können  wieder  in  das 
Ausgangsprodukt  zurückverwandelt  werden.  Sie  reduzieren 
leicht  Silbernitrat-  und  Fehling'sche  Lösung,  oft  schon  in  der 
Kälte.  Auch  geben  sie  mit  Phloroglucin  und  mit  Anilinnitrat 
in  salpetrigsaurer  Lösung  rote  Niederschläge.  Fast  alle  diese 
Eigenschaften  wurden  auch  bei  den  Anthochlorfarostoffen 
festgestellt. 

Gerade  hier  kann  aber  nur  die  Analyse  weiterführen,  die 
mikrochemische  Methodik  zeigt  nur  die  mehr  äußerlich  auf- 
fälligen  Eigenschaften  auf. 

3.  Haben  nun  die  Anthochlorfarbstoffe  die  wichtigsten 
Eigenschaften  gemeinsam,  so  zeigen  sie  nach  ihrem  feineren 
chemischen  Verhalten  charakteristische  Unterschiede,  die  sie 
in  drei  Gruppen  unterscheiden  lassen. 

a)  Das  Papavergelb  zeigt  in  der  Art  zu  krystallisieren, 
in  der  leichten  Reduktionsfähigkeit,  in  der  Bildung  von 
Pseudobasen,  in  der  Amylalkoholprobe  etc.  vollständige 
Analogie  mit  den  roten  Papaverfarbstoffen.  In  der  Gattung 
Papaver  finden  wir  denn  auch  alle  Blütenfarben  von  Gelb 
bis  Dunkelviolett  einander  vertreten. 

b)  Die  zweite  Gruppe,  die  ich  nach  dem  bestuntersuchten 
und  auffälligsten  Farbstoff  der  DaJilia  vorläufig  die  Dahlia- 
gruppe  nennen  will,  zeigt  als  charakteristische  Eigenschaft 
mehr  minder  intensive  Rotfärbungen  mit  Alkalien  und  kon- 
zentrierten Mineralsäuren. 


Studien  über  das  Anthochlor.  ^«9 

Dieselbe  Erscheinung  finden  wir  bei  einer  Reihe  von 
Glykosiden,  den  Anthrachinonglykosiden  und  deren  Derivaten. 
Nicht  für  die  Glykoside  als  solche  ist  die  Reaktion  typisch, 
sondern  für  das  Aglykon.  Hierher  gehören  die  Glykoside  von 
Rhamnus  (Emodin  und  Chrysophansäure),  von  Aloe  (Aloin), 
Rubid  (Krappfarbstoffe),  Morinda  etc.  Sie  sind  in  unverändertem 
Zustand  gelb  und  krystallisieren  in  gelben  Nadeln.  In  ihren 
sonstigen  Eigenschaften  stimmen  sie  mit  den  Anthochlor- 
farbstoffen  nicht  überein;  sie  sind  in  Äther,  Benzol,  Chloro- 
form löslich,  in  Wasser  nicht,  sublimieren  leicht  etc.;  wohl 
aber  zeigen  sie  so  wie  die  Farbstoffe  der  Dahliagruppe 
die  typischen  Färbungen,  Reduktionsvermögen  etc.  Man  wird 
nicht  irre  gehen,  wenn  man  die  chinoide  Bindung  als  die 
gemeinsame  Ursache  für  das  gleiche  Verhalten  sonst  ver- 
schiedener Stoffe  annimmt. 

Alle  Farbstoffe  dieser  Gruppe  geben  intensiv'  gefärbte 
Verbindungen  mit  Metallsalzen.  Gegen  Amylalkohol  zeigen 
sie  kein  einheitliches  Verhalten;  die  einen  lassen  sich  aus- 
schütteln, die  andern  in  Analogie  zu  den  Anthokyanen  nicht. 
Die  hydrolysierten  Farbstoffe  aber  verhalten  sich  alle  gleich. 
Alle  lassen  sich  zu  farblosen  Verbindungen  reduzieren,  in 
manchen  Fällen  tritt  ein  rotes  beständiges  Zwischenprodukt  auf. 
das  wieder  in  den  gelben  Farbstoff  zurückgeführt  werden  kann. 

Mit  der  Tatsache  der  Einreihung  in  diese  Gruppe  soll 
nicht  gesagt  sein,  daß  die  hierher  gestellten  Farbstoffe  auch 
wirklich  zusammengehören.  Bei  genauerer  Prüfung  werden 
sich  gewiß  Unterschiede,  bei  manchen  auch  andere  Zusammen- 
hänge ergeben.  Lediglich  auf  Grund  der  gemeinsamen  Eigen- 
schaften, besonders  mit  Säuren  und  Alkalien  und  da  mir 
keine  spezifischen  Unterschiede  vorliegen,  seien  sie  vorläufig 
zusammengestellt. 

Nun  kennen  wir  bereits  einen  Farbstoff,  das  Helichrysin 
aus  Helichrysiim  bracteatum,  arenarhmi  und  einigen  anderen 
Pflanzen,  das  sich  in  seinen  Eigenschaften  mit  denen  der 
Dahliagruppe  fast  deckt.  Nach  Rosoll, '  dem  wir  die  Kenntnis 


1  Rosoll  A.,  Beiträge  zur  Histochemie  der  Pflanze.    Sitzber.  d.  Akad. 
d.  Wiss.,  Bd.  89,  Jhrg.   1884,  p.   138. 


390  G.   Klein, 

dieses  Stoffes  verdanken,  ist  es  in  Wasser,  Alkohol,  organischen 
Säuren  und  Äther  löslich,  in  Benzol  etc.  unlöslich,  wird  durch 
Mineralsäuren  und  Alkalien  purpurrot,  von  Metalloxyden  mit 
roter  Farbe  gefällt,  von  schwefliger  Säure  und  Natrium- 
amalgam in  alkalischer  Lösung  stark  reduziert;  im  getrockneten 
Blütenköpfchen  sitzt  der  Farbstoff  in  der  Membran,  im  jungen, 
lebenden  im  Zellinhalt,  seiner  Meinung  nach  im  Protoplasma, 
und  geht  erst  beim  Absterben  der  Zelle  in  die  Membran  über. 
Rosoll  hält  diesen  Farbstoff  für  eine  chinonartige  Verbindung. 
Mir  stand  nur  ein  junges  Köpfchen  von  Hcliclnysuui 
arenariuiu  zur  Verfügung,  ich  fand  aber  die  Farbstoffverteilung 
so  wie  bei  den  anderen  Anthochlorfarbstoffen;  speziell  Erio- 
gonum  zeigt  den  Farbstoff  ebenfalls  im  Zellsaft,  solange  die 
Pflanze  lebt,  dann  in  der  Membran.  Eine  genauere  Unter- 
suchung dieser  und  ähnlicher  Membranfarbstoffe  wird  folgen. 
Jedenfalls  ist  das  Helichrysin  dem  Anthochlor  sehr  nahe- 
gehend, wenn  nicht  mit  ihm  identisch. 

c)  Der  Farbstoff  von  Verbascum  endlich  weist  ein  ab- 
weichendes Verhalten  auf.  Die  leichte  Krystallisierbarkeit  mit 
Alkalien,  die  Fähigkeit  mit  Säuren  grüne  Verbindungen  zu 
geben  und  das  Ausbleiben  der  roten  P'arben  mit  konzentrierten 
Säuren  und  Alkalien  charakterisieren  den  Farbstoff  und 
weisen  auf  Unterschiede  gegenüber  den  beiden  anderen 
Gruppen  hin.  Es  scheint,  daß  nicht  die  Unlöslichkeit  des 
Farbstoffes  in  Säuren  und  Alkalien  Ursache  der  Krystall- 
bildung  sind,  sondern  daß  schwerlösliche  Alkalisalze,  bezie- 
hungsweise Säureverbinduno-en  des  Farbstoffes  entstehen. 


Anhang. 

Der  gelbe  und  der  rote  Farbstoff  von  Cartliamus  tinetorius 
wurde  hier  als  zusammengehörig,  respektive  ineinander  über- 
gehend betrachtet,  wofür  ja  auch  die  hier  angeführten  Tat- 
sachen   sprechen.     In     der    chemisch  -  technischen    Literatur1 

1  Salve  tat.   Ann.  chim.   phys.  (3),   25,  337,  nach  Rupe. 
Schlieper  A.,  Über  das  rote  und  gelbe  Pigment  des  Saflors.   Ann.  d. 
Chem.  u.  Pharm.,    Bd.  57,  Jhrg.   1846,   p.   357. 

.Mal in   G.,   Über  das  Carthamin,   ebendort,   Bd.  136,  Jhrg.  1865,   p.  115. 


Studien  über  das  Anthochlor.  »391 

werden  sie  aber  immer  als  zwei  verschiedene  Farbstoffe 
beschrieben. 

Der  gelbe  Farbstoff  ist  das  Safflorgelb,  er  ist  in  Wasser 
leicht  löslich;  der  rote  heißt  Carthamin  und  ist  in  Wasser 
schwer  löslich.  Nur  der  rote  wird  in  der  Färberei  verwendet. 
Diese  beiden  Farbstoffe  sind  wenig  untersucht  und  noch 
nicht  krystallisiert  erhalten  worden.  Nach  Salvetat  finden 
sich  in  der  Blüte  zirka  28°/0  gelber,  in  kaltem  Wasser 
löslicher  Farbstoff,  5°/0  gelber,  nur  in  alkalischem  Wasser 
löslicher  und  0*5°/o  roter  in  Alkohol  und  Alkalien  löslicher 
Farbstoff.  Für  die  Untersuchungen  wurde  wie  bei  der  tech- 
nischen Verwertung  das  Safflorgelb  durch  längeres  Waschen 
mit  Wasser  entfernt,  das  Carthamin  mit  Sodalösung  gelöst 
und  auf  Baumwolle  niedergeschlagen,  nachdem  es  durch  Essig- 
säure in  Freiheit  gesetzt  war.  Dem  Stoff  wurde  das  Carthamin 
wieder  mit  Sodalösung  entzogen,  mit  Säuren  gefällt,  in 
Alkohol  gelöst  und  eingedampft. 

Man  erhält  so  dunkelrote,  grünschillernde  Krusten.  Dieses 
Carthamin  ist  in  Wasser  und  Äther  schwer  löslich,  in  Alkohol 
leicht.  Durch  Kochen  der  alkoholischen  Lösung  entsteht  eine 
gelbe  Verbindung,  ebenso  beim  Erhitzen  oder  längerem  Stehen 
mit  Alkalien.  Die  Safflorgelblösung  läßt  aber  nach  meinen  Er- 
fahrungen einen  gelbroten,  in  Wasser  unlöslichen  Niederschlag 
fallen.  Dies  alles  zusammen  mit  dem  bereits  früher  Ange- 
führten bestärkt  mich  in  der  Meinung,  daß  man  es  hier  mit 
ein  und  demselben  Farbstoff  in  zwei  verschiedenen  chemischen 
Formen  zu  tun  hat.  Möglicherweise  ist  der  rote  eine  durch 
die  Alkalität  beim  Absterben  der  Blüte  bedingte  hydroxyi- 
reichere  Modifikation  des  gelben  Farbstoffes. 

Hierzu  sei  noch  bemerkt,  daß  auch  bei  Mesembryan- 
thcmum  der  gelbe  Farbstoff  der  Blüte  beim  Eintrocknen  der- 
selben   in    eine    rote,    wasserunlösliche  Modifikation  übergeht. 

Endlich  möchte  ich  noch  erwähnen,  daß  ein  anscheinend 
in  die  Gruppe  der  Anthochlore  gehöriger  Farbstoff  bereits 
makrochemisch  durch  Perkin  untersucht  wurde.1 


i   Perkin  A.  G..  Journ.   Chem.   Soc.   1899,   75,  p.    161,   825. 
Perkin  A.  G.,  Die  Farbstoffe  der  Baumwollblüten.   Journ.   Chem.   Soc. 
1909,  95,  p.  2181. 

Sitzb.  d.  mathem.-natunv.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  26 


392  G.  Klein, 

Dieser  Forscher  findet  in  den  gelben  Blüten  von 
Gossypium  herbacemn,  der  Baumwolle,  ein  in  Wasser  leicht 
lösliches  Glykosid,  wahrscheinlich  ein  Kaliumsalz,  das  er 
Gossypetin  nennt.  Es  ist  ein  Flavonkörper,  gibt  gelbe  Nadeln, 
die  sich  in  Alkali  mit  orangeroter  Farbe  lösen,  zeigt  mit 
Bleiazetat  einen  roten  Niederschlag,  gibt  in  der  Alkalischmelze 
Protokatechusäure  und  hat  nach  der  letzten  Analyse  die 
Formel  C]5H10O8. 

Daneben  findet  Perkin  noch  einen  zweiten  Flavonkörper 
Quercimeritrin,  das  bei  der  Spaltung  Dextrose  und  Quercetin 
liefert. 

Auch  in  Hibiscus  sabdariffa  findet  Perkin2  Gossypetin 
neben  zwei  anderen  Flavonen,  Quercetin  und  gelbem 
Hibiscetin. 

Die  Beziehungen  speziell  des  Gossypetins  zu  den  Flavonen 
einerseits,    den    Anthokyanen    andrerseits    liegen    klar    zutag. 

Der  Farbstoff  steht  den  zur  Dahliagruppe  gestellten 
Anthochloren  bestimmt  sehr  nahe. 


Soweit  führt  die  Mikrochemie.  Sie  zeigt  die  Krystalli- 
sationsmöglichkeiten,  findet  wichtige  Reaktionen,  die  für  den 
Stoff  charakteristisch  sind  und  deckt  Zusammenhänge  und 
Unterschiede  mit  anderen  bekannten  Stoffen  auf.  Die  Analyse, 
die  Ermittlung  der  Konstitution,  des  feinen  chemischen  Auf- 
baues bleibt  der  makrochemischen  Untersuchung  überlassen. 
Unter  Verwertung  des  hier  schon  Gefundenen  und  in  viel- 
facher Anlehnung  an  die  mustergültigen  Anthokyanstudien 
Willstätters  wird  sie  nicht  mehr  schwer  fallen. 

Ich  hoffe  im  kommenden  Herbst  bereits  die  wichtigsten 
Vertreter   der   geschilderten  Farbstoffe  bearbeiten  zu  können. 

Schließlich  ist  es  mir  eine  angenehme  Pflicht,  meinem 
hochverehrten  Lehrer,  Herrn  Hofrat  Molisch,  für  das  Interesse, 
das  er  ständig  der  Arbeit  entgegenbrachte,  wärmstens  zu  danken. 

Herrn  Demonstrator  Josef  Kisser  danke  ich  herzlichst 
für  die  freundliche  Anfertigung  der  Zeichnungen. 


2  Perkin  A.  G.,    Die  Farbstoffe    der    Blüten    von   Hibiscus  sabdariffa 
und  Thespasia  lampas.  Journ.  Chem.  Soc.   1909,  95,  p.    1855. 


Studien  über  das  Anthochlor.  0J0 

Zusammenfassung. 

Neben  den  Carotinen  und  Anthokyanen  findet  sich  bis- 
weilen auch  ein  im  Zellsaft  gelöster  gelber  Farbstoff  in  Blüten 
vor,  das  Anthochlor. 

1.  Dieser  Farbstoff  wurde  auf  seine  Verbreitung  im 
Pflanzenreich  und  Verteilung  im  Gewebe  der  Blütenblätter 
hin  untersucht.  Von  zirka  300  untersuchten  Arten  mit  gelben 
Blüten  führen  60  Anthochlor,  die  übrigen  meist  Carotin. 

2.  Es  wurde  sein  gelegentliches  Zusammenvorkommen 
mit  Carotin,  Flavon  und  Anthokyan  geprüft  und  seine  nahen 
Beziehungen  zum  Anthokyan  bei  nahe  verwandten  Pflanzen 
und  in  ein-  und  derselben  Blüte  anatomisch  festgestellt. 

Seine  chemischen  Eigenschaften  wurden  mikrochemisch 
untersucht. 

3.  Danach  ist  das  Anthochlor  nicht  ein  einziger  Farbstoff, 
sondern  stellt  wie  die  anderen  Blütenfarbstoffe  eine  Gruppe 
von  verschiedenen,    einander    nahestehenden  Farbstoffen   vor. 

Seine  Löslichkeitsverhältnisse  decken  sich  im  allgemeinen 
mit  denen  des  Anthokyans. 

Wie  dieses  zeigt  auch  das  Anthochlor  Farbenumschlag 
mit  Säuren  und  Alkalien,  nur  häufig  nicht  so  intensiv  und  bei 
den  einzelnen  Farbstoffgruppen  verschieden. 

4.  Die  Glykosidnatur  der  Anthochlorfarbstoffe  wurde 
wahrscheinlich  gemacht. 

5.  Besonders  charakteristisch  ist  das  Verhalten  gegen 
konzentrierte  Mineralsäuren,  speziell  Schwefelsäure,  und 
gegen  Alkalien,  auch  in  verdünnter  Form,  sowohl  im  Blumen- 
blatt wie  in  der  Lösung. 

Danach  kann  man  drei  Gruppen  deutlich  voneinander 
unterscheiden. 

Eine  große  Gruppe  gibt  mit  den  genannten  Reagenzien 
rote  Farbentöne,  was  auf  eine  chinoide  Bindung  im  Molekül 
schließen  läßt. 

Mit  konzentrierter  Schwefelsäure  wurde  ein  rotes,  in 
Wasser  zersetzliches  Krystallisationsprodukt  erhalten  (Dahlia). 

Eine  zweite  Gruppe  zeigt  dunkelgelbe  bis  orangegelbe 
Farbe  (Papaver). 


394  G.  Klein, 

Die  dritte  gibt  mit  Säuren  grüne  bis  braune,  mit  Alkalien 
tiefgelbe  Krystallisationsprodukte  (Verbascum). 

6.  Die  Anthochlore  lassen  sich  zu  farblosen,  beziehungs- 
weise roten  Körpern  reduzieren  (Flavone). 

Sie  geben  mit  Metallsalzen  gelbe  bis  rote  Metallnieder- 
schläge und  färben  gebeizte  Faser  schwach  an. 

Sie  sind  höchstwahrscheinlich  Flavonabkömmlinge  mit 
nahen  Beziehungen  zum  Anthokyan,  dem  der  gelbe  Papaver- 
farbstoff am  nächsten  steht. 

7.  Endlich  wurden  Vertreter  der  einzelnen  Gruppen  auf 
mehrfache,  verschiedene  Art  und  Weise  zur  Krystallisation 
gebracht  und  die  hiebei  auftretenden  Erscheinungen  näher 
studiert,  so  daß  eine  Reindarstellung  für  die  makrochemische 
Analyse  möglich  gemacht  erscheint. 


Studien  über  das  Anthochlor.  39o 


Figurenerklärung 

Fig.   1.    Dahlia    varidbilis    (gelb),    Stück     eines    Blumenblattes.    Anthochlor- 

krystalle    nach  Behandlung   mit  konzentrierter  Zuckerlösung-Alkohol. 

Vergr.  460. 
Fig.   2.    Linaria  vulgaris,    Sporn.    Anthochlorkrystalle    nach  Behandlung   mit 

Amylalkohol.  Vergr.  285. 
Fig.  3.    Verbascum  thapsus,  Blumenblatt,  Anthochlorkrystalle  nach  Behandlung 

mit  400/0  Kalilauge.  Vergr.  285. 
Fig.  4.     Verbascum  thapsus,  ebenso  behandelt,  ein  Anthochlorkrystallaggregat 

außerhalb  des  Blattes  unterm  Deckglas.  Vergr.  460. 
Fig.   5.    Verbascum  thapsus,  dendritische  Krystallbildungen  nach  Behandlung 

mit  40 o/o  Kalilauge  am  Deckglasrande  anschießend.  Vergr.  285. 
Fig.  6.    Dahlia  variäbüis    (gelb),    Einzelnadeln    von    Anthochlor    aus    äthyl- 
alkoholischer Lösung.  Vergr.  460. 
Fig.  7.    Dahlia,  Sphärokrystalle  von  Anthochlor  durch  Einengen  der  wässerigen 

Lösung  mit  Aceton.  Vergr.  285. 
Fig.  8.    Dahlia,  Nadelbüschel  von  Anthochlor  durch  Einengen  der  alkoholischen 

Lösung.  Vergr.  285. 
Fig.  9.    Dahlia,  rote  Nadeldrusen  aus  essigsaurer  Lösung  durch  konzentrierte 

Schwefelsäure.  Vergr.  40. 
Fig.  10.  Linaria  vulgaris,  Anthochlor,    Nadelsphärite   durch  Bleiacetat  gefällt. 

Vergr.  285. 
Fig.  11.  Linaria  vulgaris,  Anthochlor,    Sphärokrystalle   nach  Behandlung  mit 

Salpetersäure.  Vergr.  460. 
Fig.  12.  Verbascum  thapsus,  Anthochlor,   Krystalle  aus  alkoholischer  Lösung 

mit  konzentriertem  Ammoniak  gefällt.  Vergr.  460. 


lein,  G.:  Studien  über  das  Anthochlor. 


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Sitzungsberichte  d.  Akad.  d.   Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.  129,  Abt.  1.  1920. 


Akademie   der   Wissenschaften    in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,   Botanik,    Physiologie    der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


129.  Band.  9.  Heft 


399 


Neue  Untersuchungen 

über  die  Farbenveränderungen 

von  Mineralien  durch  Strahlungen 

Von 

C.  Doelter 

k.  M.  Akad.Wiss. 
(Mit  6  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  1.  Juli  1920) 

Ich  habe  in  früheren  Veröffentlichungen1  über  die  Farben- 
veränderungen von  Mineralien  durch  Radium-,  Kathoden-  und 
ultraviolette  Strahlen  berichtet. 

Es  hatte  sich  schon  damals  ergeben,  daß  nicht  alle  be- 
strahlten, einer  und  derselben  Mineralart  angehörigen  Individuen 
sich  gleichmäßig  verändern,  wenn  auch  in  vielen  Fällen  ein 
solches  gleichmäßiges  Verhalten  konstatiert  worden  war. 

Ich  habe  mir  nun  die  Aufgabe  gestellt,  die  Mineralien 
vieler  verschiedener  Fundorte  und  auch  verschiedene  Exem- 
plare   eines    und    desselben  Fundortes   näher  zu  untersuchen. 

Eine  zweite  Aufgabe  war  es,  die  verschiedenen  Stadien 
im  Verfärbungsprozeß  näher  kennen  zu  lernen  und  dann  auch 
die  Geschwindigkeit  desselben  festzustellen. 

Was  die  erste  Aufgabe  anbelangt,  so  wurde  durch  die 
Untersuchungen  der  Luminiszenz,  verursacht  durch  ultra- 
violette und  Kathodenstrahlen,   nachgewiesen,   daß  Mineralien 


1  Diese  Sitzungsber.,    117.    1282  (1908).  —    Ferner:    Das  Radium    und 
die   Farben.  Dresden    1910. 


400  C.  Doelter, 

von  verschiedenen  Fundorten  sich  nicht  immer  gleich  ver- 
halten, obwohl  bei  Kathodenstrahlungen  häufig  auch  Exem- 
plare verschiedenen  Fundortes  sich  gleich  in  bezug  auf 
Luminiszenz  verhielten.  Siehe  darüber  die  Arbeiten  Engel- 
hart's1  und  A.  Pocchetino's  -  sowie  von  C.  Baskerville 
und'G.  Kunz.3 

Wenn  aber  Mineralien  von  verschiedener  Provenienz  sich 
ungleichmäßig  verhalten,  so  zeigt  dies,  daß  die  Ursache  der 
Luminiszenz  in  Beimengungen  liegt,  was  wir  übrigens  aus 
den  Arbeiten  von  P.  Lenard  und  anderer  geschlossen  haben. 
Reine  Stoffe  leuchten  nicht  und  nur  durch  Zugabe  gewisser 
Beimengungen  konnte  Phosphoreszenz  erreicht  werden. 

Ähnliches  dürfte  bei  den  Verfärbungen  der  Fall  sein.  Nur 
solche  Mineralien  verfärben  sich,  welche  Pigmente  enthalten. 
Allerdings  können  auch  sogenannte  reine  Präparate  kleine 
Änderungen  zeigen:  hier  ist  aber  zu  berücksichtigen,  daß 
ganz  reine  Stoffe  überhaupt  nicht  existieren.  Da  aber  die 
Farbenänderungen  und  die  Färbung  überhaupt  durch  Pigment- 
beimengungen minimalster  Mengen  verursacht  sind,  welche  oft 
chemisch  nicht  nachweisbar  sind,  so  kann  man  annehmen, 
daß  auch  die  angeblich  chemisch  reinen  Stoffe  solche  kleinste 
Beimengungen  enthalten  können.  Dies  wird  durch  die  Wahr- 
nehmung bestätigt,  daß  bei  größerer  Reinheit  die  Farben- 
änderungen auch  schwächer  werden. 

Ich  habe  dies  bereits  in  früheren  Mitteilungen  bei  Chlor- 
natrium, Zirkonerde,  Tonerde  nachgewiesen.  An  und  für  sich 
geben  sie  kein  Verfärbungsresultat  und  das,  was  färbt,  ist 
ein  Pigment,  über  dessen  Verteilung  im  Körper  wir  allerdings 
nicht  im  klaren  sind.  Es  läßt  sich  aber  behaupten,  daß  ein 
ähnlicher  Fall  vorliegen  dürfte  wie  bei  Salzen,  denen  man 
kleinste  Mengen  von  organischen  Farbstoffen  zumengt,  wie 
dies  beispielsweise  P.  Gaubert  bei  Färbung  von  Bleinitrat 
durch  Methylenblau  annimmt.  Es  dürfte  sich  um  Adsorp- 
tionen handeln. 


1   F.  Engelhart,  Inaug.-Dissert.  Jena. 

-  A.  Pocchetino,  Z.  KrysL,  51,   113  (1913). 

3  C.  Baskerville   und   G.  Kunz,   Aincr.  Journ.,    18,   25  (1904  05). 


Farbenveränderungen  von   Mineralien.  401 

Eine  wichtige  Frage  ist  die,  ob  die  Färbung  farbloser 
Mineralien,  also  das  betreffende  Pigment,  durch  Einwirkung 
der  Strahlen  erst  entsteht  (z.  B.  könnte  man  an  Zerstäubung 
kolloider  Metalle  denken)  oder  ob  bereits  im  unbestrahlten 
Krystall  das  Pigment  existierte.  Beide  Möglichkeiten  sind  nicht 
abzuweisen.  Da  jedoch  farblose  reine  Stoffe  nur  eine  ganz 
geringe  oder  gar  keine  Färbung  geben,  so  ist  die  zweite 
Annahme  doch  die  wahrscheinlichere.  Demnach  ist  der  fär- 
bende Bestandteil,  das  Pigment,  als  ursprünglicher,  also  bei 
der  Entstehung  des  Minerals  gleichzeitig  gebildeter  Bestand- 
teil anzunehmen. 

Was  die  zweite  Aufgabe  anbelangt,  so  war  sie  durch  fort- 
laufende Beobachtung  durchzuführen.  Es  resultiert  daraus  eine 
skalenartige  Reihenfolge  der  Verfärbungsgeschwindigkeiten  bei 
einzelnen  Mineralien,  welche  aber,  wie  es  sich  nunmehr  er- 
weist, nicht  mehr  wie  früher  auf  die  Mineralien  in  ihrer 
Gesamtheit,  sondern  auf  die  Mineralien  verschiedener  Fund- 
orte sich  bezieht.  Man  kann  also  nicht  sagen,  daß  etwa  Stein- 
salz sich  langsamer  verfärbt  als  Flußspat,  sondern  dies  gilt 
nur  für  Steinsalz  und  Flußspat  gewisser  Fundorte,  da  es 
z.  B.  Flußspate  gibt,  welche  sich  gar  nicht  verfärben.  Wenn 
auch  die  meisten  Flußspate  sich  rascher  verfärben  als  Quarze 
und  die  Unterschiede  in  der  Geschwindigkeit  sogar  sehr  große 
sind,  so  gibt  es  doch  wieder  Flußspate,  welche  sich  über- 
haupt nicht  verfärben,  diese  also  in  einer  solchen  Skala  hinter 
manchem  Quarz  rangieren.  Ebenso  gibt  es,  wie  unten  gezeigt 
werden  soll,  Saphire,  welche  sich  rasch  verfärben,  aber  auch 
solche,  welche  gar  keine  Farbenveränderungen  wahrnehmen 
lassen.  Es  muß  also  die  von  mir  1910  angegebene  Skala  in 
dieser  Richtung  modifiziert  werden. 

Eine  weitere  Art  der  Untersuchung  ergab  sich  aus  dem 
Vergleiche  von  Krystallen,  Spaltungsstücken  und  körnigen 
Varietäten.  Denn  a  priori  ist  auch  die  Möglichkeit  vorhanden, 
daß  sich  ein  Krystall  mit  einer  anderen  Geschwindigkeit  ver- 
färbt als  ein  krystallines  Aggregat  desselben  Stoffes. 

Ferner  besteht  auch  die  Möglichkeit,  daß  die  Durchdring- 
barkeit  eines  Krystalls  in  verschiedenen  Richtungen  verschieden 


402  C.  Doelter, 

sein  kann,  daß  also  die  Färbungsgeschwindigkeit  in  verschie- 
denen Richtungen  verschieden  sein  könnte. 

Es  sollen  auch  in  dieser  Hinsicht  Versuche  unternommen 
werden.  Diese  Untersuchungen  sind  noch  nicht  abgeschlossen 
und  sollen  ihre  Ergebnisse  später  zur  Veröffentlichung  gelangen. 

Zur  Untersuchung  wurden  nur  einige  wenige  Mineral- 
arten  verwendet,  und  zwar  solche,  bei  welchen  eine  markante 
Verfärbung  schon  bekannt  ist.  Es  wurden  nun  die  ver- 
schiedenen Fundorte  dieser  Mineralarten  untereinander  ver- 
glichen und  ebenso  verschiedene  Varietäten  (namentlich  um 
einen  etwaigen  Unterschied  zwischen  Krystallen  und  krystal- 
linen  Varietäten  herauszufinden).  Ein  weiterer  Vergleich  war 
in  der  Richtung  der  Verfärbungsgeschwindigkeit  verschiedener 
Mineralarten  unternommen,  wobei  also  verschiedene  Mineral- 
arten gleichzeitig  bestrahlt  wurden. 

Zur  Untersuchung  gelangten: 

Flußspat,  Steinsalz,  Quarz,  Baryt,  Apatit,  Topas 
und  Saphir.  Von  diesen  wurden  verschiedene  Fundorte 
untersucht.  Zum  Vergleiche  wurden  auch  Co  lest  in,  Kunzit 
und  Phenakit  herbeigezogen,  um  die  Verfärbungsgeschwindig- 
keit zu  studieren. 

Flußspat. 

Von  diesem  Mineral  wurden  viele  Fundorte  geprüft. 


Karben  Veränderungen  von  Mineralien. 


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2! 


Farbenveränderuneen  von  Mineralien. 


400 


Vergleichende  Versuche  mit  Cölestin,  Citrin,  Topas, 
Apatit  und  Sylvin. 


Mineral 


Fundort 


Ursprünglich        Nach  6  Tagen      Nr. 


Cölestin  .  .  .  . 
»         !••.  .  . 

Citrin  "- 

Topas 


Apatit 


Svlvin, 


Girgenti 

Pisek 

Hampshire 

Debreczin? 

Rotenkopf,  Zillertal 

Floitental 

Kalusz 


weiß 

goldgelb 
farblos 

entfärbt 
farblos 


1  Vom  Präparat  entferntester  Teil. 

2  Entfärbt. 


17* 

103 

17/' 

104 

gr 23'' 

1 05 

2/ 

100 

2r 

107 

33/ 

108 

33' 

109 

21P 

110 

Vergleichende  Versuche  mit  Flußspat,  Baryt,  Apatit. 


Mineral 


Fundort 


Ursprünglich       \Tach  6  Tagen     Nr. 


Flußspat. 


Baryt 


Apatit. 


Marienberg 

Tavigstock 

Przibram 

Auhurn 


farbl. 


farblos,  an  manchen 
Stellen  etwas  grau1 

entfärbt,    ursprüng- 
lich violett 


18«  — 19c  i 
S9q-r 

20' 

39"'-» 


1    An  verschiedenen  Stellen   verschieden. 


410  C.   Doelter, 

Resultate  der  Versuche. 

Aus  dem  Vergleiche  der  einzelnen  Flußspate  von  ver- 
schiedenen Fundorten  geht  hervor,  daß  diese  sich  bei  sonst 
gleichen  Bedingungen  sehr  verschieden  verhalten.  Einzelne 
Flußspate  verfärben  sich  (bei  Anwendung  von  ly^  Radium- 
chlorid) überraschend  schnell,  so  namentlich  die  Vorkommen 
von  Cornwall  und  Derbyshire.  Auch  solche  von  Cumberland 
waren  zum  Teil  schnell  intensiv  gefärbt.  Ein  Flußspat  von 
Derbyshire  war  nach  einer  Stunde  intensiv  gefärbt.  Es  gibt 
aber  auch  einzelne  Vorkommen,  welche,  wie  die  Tabelle 
p.  403— 404  zeigt,  sich  nur  schwach  in  derselben  Zeit  färben 
und  sogar  nach  längerer  Bestrahlung  nur  schwach  gefärbt  sind. 

Leider  sind  die  Fundortsbezeichnungen  in  den  Samm- 
lungen und  bei  Händlern  sehr  vage,  so  daß  man  nicht  genau 
sagen  kann,  woher  die  betreffenden  Exemplare  stammen. 

Sehr  rasch  und  intensiv  färben  sich  auch  die  Chlorophane 
von  Amelia  Cy  und  von  Nertschinsk,  dann  Flußspat  von 
Rotleberode  und  Marienberg,  jener  von  Gerstorff. 

Schwach  färbt  sich  Rabensteiner  Flußspat;  jener  vom 
Sarntal  verfärbt  sich  fast  gar  nicht  oder  nur  spurenweise. 
Wenig  verfärbt  sich  der  Rosaflußspat  vom  Gotthard.  Er  wird 
mehr  bräunlichrot,  ebenso  Flußspat  von  Tavitstock. 

Die  Quarze  verfärben  sich  im  allgemeinen  langsamer. 
Manche  nehmen  aber  nach  langer  Bestrahlung  eine  intensiv 
braune  Farbe  an  wie  ein  Rutilquarz  von  Brasilien.  Entfärbter 
Amethyst  nimmt  allmählich"  wieder  seine  ursprüngliche  Farbe 
an.  Natürlich  gefärbte  Amethyste  werden  etwas  mehr  viol- 
braun. Manche  Quarze  wurden  nicht  gefärbt,  wie  der  von 
Marmaros  und  einzelne  vom  Maderanertal,  während  andere 
von  dort  braun  werden.  Ebenso  verhalten  sich  verschiedene 
brasilianische  Quarze  sehr  verschieden,  manche  verfärben 
sich  stark,  andere  bleiben  hellbraun. 

Jedenfalls  sind  die  Quarze  viel  widerstandsfähiger  als  die 
Flußspate. 

Steinsalz  verfärbt  sich  im  allgemeinen  rasch  und  nur 
ganz  wenige  Vorkommen  färben  sich  nur  schwach,  z.  B.  das 


Farbenveränderungen  von  .Mineralien.  41  1 

von  Friedrichshai).  Die  Intensität  ist  aber  bei  gleicher  Be- 
strahlungsdauer verschieden. 

Saphire  auch  von  demselben  (allerdings  meistens  sehr 
allgemein  gehaltenen)  Fundorte  verhalten  sich  sehr  verschieden. 
Einzelne  Ceyloner  werden  rasch  gelb,  andere  verhalten  sich 
ganz  widerstandsfähig.  Der  Saphir  von  der  Iserwiese  bleibt 
unverändert  dunkelblau. 

Auch  Topase  verhalten  sich  ungleich;  am  schnellsten 
scheint  sich  der  Schneckensteiner  zu  verfärben.  Die  brasiliani- 
schen zeigen  große  Unterschiede.  Sehr  intensiv  verfärbt  sich 
der  von  Hampshire,  während  der  Nertschinsker  sich  weniger 
verfärbt. 

Apatite  verfärben  sich  nicht  alle;  so  war  einer  von 
Bamle  unverändert  und  auch  ein  Piseker.  Dagegen  verfärbten 
sich  stark  jener  von  der  Knappenwand  und  jener  vom 
Floitental  und  Rotenkopf.  Sehr  merkwürdig  war  das  Ver- 
halten jener  von  Auburn.  Sie  verfärben  sich  nach  Entfärbung 
durch  Hitze,  jedoch  nicht  intensiv;  dabei  wurde  ein  Exemplar 
wieder  violett,    ein   anderes  gelb  und  ein  anderes  mehr  grün. 


Vergleich  der  einzelnen  Mineralarten  in  bezug 
auf  Verfärbungsgeschwindigkeit  und  Farbenintensität. 

Ein  Vergleich  ist,  wie  aus  dem  früher  Mitgeteilten  ersicht- 
lich, nur  so  möglich,  daß  man  bei  jeder  Mineralart  einzelne 
Exemplare  von  bestimmten  Fundorten  vergleicht  und  dann 
bei  jeder  Mineralart  wieder  die  einzelnen  Exemplare  von  ver- 
schiedenen Fundorten  untereinander  vergleicht.  Die  Vergleiche 
können  sich  also  nicht  auf  die  Mineralarten  im  allgemeinen, 
sondern    nur    auf   solche   von    gewissen   Fundorten   beziehen. 

Die  Vergleiche  können  sich  auf  die  Geschwindigkeit  der 
ersten  Verfärbung  beziehen  oder  aber  auch  auf  die  Intensität 
der  Verfärbung  nach  einer  für  alle  Mineralien  gleichen  Art 
der  Bestrahlung  während  einer  bestimmten  Zeil,  welche  lang 
genug  sein  muß,  um  überhaupt  eine  genügende  Veränderung 
zu  ermöglichen,  denn  die  Geschwindigkeit  der  Farbenverände- 
rung ist  ja  eine  sehr  verschiedene. 


-1  12  C;    Dnelter. 

Versuche,  die  Geschwindigkeit  des  Farbenumschlages, 
beziehungsweise    eine    beginnende  Veränderung    betreffend. 

Am  besten  ließ  sich  dies  durch  Beobachtung  der  ersten 
leisesten 'VerändefÜhg  bei  farblosen  Krystallen  bewerkstelligen. 
Es  wurden  zwar  auch,  wie  aus  den  oben  angegebenen  Ver- 
suchsresultaten hervorgeht,  die  erste  Farbenveränderung,  be- 
ziehungsweise die  Zeit  gemessen,  in  welcher  eine  solche  ein- 
tritt, jedoch  läßt  sich  am  besten  die  Zeit  vergleichen,  innerhalb 
welcher  die  erste  Farbe  bei  farblosen  Krystallen  eintritt. 

Es  wurden  zu  diesem  Zwecke  größere  Platten  von  Kry- 
stallen hergestellt,  die  alle  dieselbe  Dicke  hatten,  nämlich 
,~)  ;/////.  Dies  war  notwendig,  um  einen  exakten  Vergleich  zu 
ermöglichen. 

Es  wäre  auch  wünschenswert  gewesen,  allen  Platten 
gleiche  Fläche  zu  geben;  dies  war  aber  leider  nicht  genau 
durchführbar,  da  manche  Mineralarten  nicht  in  so  großen 
Krystallen  vorkommen,  daß  sie  in  den  nötigen  Dimensionen 
zu  beschaffen  gewesen  wären.  Die  Platten  hatten  ungefähr 
die  Dimension  25X1')  bis  12 //////.  wovon  jedoch  der  Saphir, 
welcher  in  solchen  Platten  nicht  verschaffbar  war,  eine  Aus- 
nahme machte.  Dieser  hatte  nur  die  Dimensionen  5X10  mm. 

Es  wurden  folgende  Mineralarten  untersucht:  Saphir, 
Topas,  Quarz,  Steinsalz,  Flußspat,  Baryt,  Kunzit. 
Von  den  beiden  erstgenannten  wurden  zwei  Platten  ver- 
schiedener Dicke  untersucht,  beide  von  Ouro  preto,  Brasilien. 
Von  Quarz  ebenfalls  zwei,  der  eine  von  Little  Falls,  der 
andere  vom  Maderanertal.  Alle  diese  Mineralien  waren  farblos 
oder  nahezu  farblos  mit  Ausnahme  des  Kunzits,  welcher 
seine  natürliche  Rosafarbe  besaß,  jedoch  durch  Erhitzen  auf 
zirka  500°  farblos  gemacht  wurde. 

Es  wurden  dann  von  einer  halben  Stunde  zu  einer  halben 
Stunde  Beobachtungen  gemacht,  dann  in  größeren  Intervallen, 
wobei  es  sich  ergab,  daß  nach  höchstens  zirka  24  Stunden 
alle  Platten  eine  leise  Färbung  bereits  erreicht  hatten. 

Diese  Platten  wurden  dann  noch  durch  3  Tage  exponiert, 
wobei  es  sich  ergab,  daß  alle  intensiv,  aber  in  sehr  ver- 
schiedenem  Maße  gefärbt  waren. 


Farbenveränderungen  von   Mineralien.  41.) 

Die  einzelnen  Daten  sind  in  nachstehender  Tabelle  ver- 
zeichnet. 

Als  Resultat  dieser  Versuchsreihe  ergibt  sich,  daß  in 
bezug  auf  die  Verfärbungsgeschwindigkeit  das  Steinsalz  von 
Wieliczka  die  größte  besitzt,  denn  schon  nach  einer  halben 
Stunde  wurde  bei  diesem  eine  Spur  von  Färbung  entdeckt. 
Nach  2:V4  Stunden  zeigen  kleinste  Veränderungen: 

Quarz  von  Little  Falls,  Fluorit  von  Cumberland,  Topas 
von  Ouro  preto. 

Diese  drei  Mineralien  zeigten  gleichzeitig  die  erste  Farbe. 
Hierauf  folgt  Baryt  von  Cumberland. 

Quarz  vom  Maderanertal  und  Saphir  von  Ceylon  zeigten 
erst  nach  9  Stunden  die  erste  Veränderung,  ebenso  ein  zweiter 
brasilianischer  Topas  erst  nach  19  Stunden,  während  Kunzit 
■«erst  nach  34  Stunden  sich  verändert. 

Es  ergibt  sich  daher  dafür  die  Reihenfolge: 

Steinsalz  (Wieliczka); 

Quarz  (Little  Falls),  Fluorit  (Cumberland),  Topas  (Brasilien); 

Topas  I  (Brasilien); 

Baryt  (Cumberland): 

Saphir  (Ceylon); 

Quarz  (Maderanertal); 

Topas  II"  (Brasilien); 

Kunzit. 

Die  Beobachtungen  zeigen  aber  auch,  daß,  wenn  man 
■die  Intensität  der  Farbe  bestimmt,  die  Reihenfolge  anders 
•verläuft. 

Nach  9  Stunden  ist  Saphir  am  meisten  gefärbt,  dann  folgen 
Steinsalz  (Wieliczka),  Fluorit  und  die  dünne  Topasplatte.  Erst 
dann    kommen  Baryt  und  schließlich    Quarz  von  Little  Falls. 

Nach  34,  beziehungsweise  37  Stunden  verhält  sich  die 
Sache  wieder  anders.  An  der  Spitze  steht  dann  Fluorit,  es 
folgt  Saphir,  dann  kommen  Wieliczka-Steinsalz,  Baryt,  Kunzit, 
Topas  dünne  Platte,  während  die  dicke  Platte  sogar  nach 
Steinsalz  kommt.  Die  letzten  Mineralien  sind  die  Quarze  von 
Little  Falls  und  schließlich  der  vom  Maderanertal,  welcher 
-.noch  immer  keine  deutliche   Farbe  zeigt. 

Sit/.h.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  2S 


414 


C.  Doelter, 


Bestrahlungsdauer 


11/, 


23/, 


3  i/o 


9  13 


Quarz, 


Saphir 


Steinsalz 


luorit 


Rarvt 


Topas 


K'unzit  . 


Topas . 


Made- 
ranertal 


Little 
Falls 


Ceylon 


Wieliczka 


Cumber- 
land 


Ouro 
preto 

S.  Diego 
Brasilien 


c  B 

3  e 


o  "3 

■73    W) 


gelblich 


35« 


viol  schimmernd 


41» 


41» 


35' 


35' 


blau  schimmernd 


53'—« 


39' 


41» 


4' 


35' 


19' 


23'-» 


39' 


3' 


1  Diese  Topasplatte   hatte  eine   Dicke  von   nur  3  mm. 


Farbenveränderungen  von  Mineralien. 


415 


in    Stunden 


Nr. 


24  28  34  37        42  5 


57  60  75         180  195 


unverändert 


41» 

41» 

41» 

51 

•  ;./ 

6/' 

6' 

6s 

5»-s 

19* 

19o 

19» 

23'—" 

23'    » 

23' 

36'    " 

36'  -  » 

36' 

— 

— 

grün- 
lich 

17' 


3s 


17s 


41" 


41» 


6« 


f.'     ./ 


19'» 


23' 


35' 


41» 


41' 


o°-» 


6'/ 


19'"-' 


>3' 


35' 


16''-? 


41" 


41' 


6« 


6«?— /' 


19* 


33? 


33« 


4' 


^ni-n 


19/         1 


22s  — 2;V       9 


33» 


r ' 
16«    m. 


■33?-»' 


41!6  C.  Doelter, 

Nach  57,  beziehungsweise  60  Stunden  ist  wieder  Fluorit 
j  der  erste,  hierauf  Saphir,  Steinsalz,  Topas  (dicke  .  Platte;, 
^Kunzit.  An  diese  reihen  sich  an:  Baryt,  Topas  (dünne  Platte), 
I  Quarz  jvon  Little  Falls,    schließlich   Quarz   vom  Maderanertal. 

Nehmen  wir  die  letzte  Beobachtung,  so  ist  1.  wieder 
!  Fluorit  i  an  der  Spitze,  dann  kommen  gleichmäßig  gefärbt: 
\2.  Kunzit,  Saphir,  Steinsalz.  Hierauf  folgen:  3.  Quarz  von 
!  Little  Falls  und  Topas  (dünne  Platte;.  Schließlich  haben  wir: 
:  4.  Ouafz  vom  Maderanertal,  dann  noch  5.  schwächer  gefärbt: 
Topas  (dicke  Platte)  und  6.  als  letzten:  Baryt. 

Berücksichtigt  man,  daß  die  dünne  Platte  jedenfalls  eine 
stärkere  Färbung  zeigen  würde,  wenn  sie  5  mm  dick  wäre, 
;  so  muß  man  zu  dem  Schlüsse  gelangen,  daß  dann  vielleicht 
|  gleich  nach  Steinsalz  dieser  Topas  folgen  würde. 

Kunzit,  zuerst  der  letzte,  rückt  vor  und  bei  langer  Beob- 
achtung dürfte  er  vielleicht  der  erste  sein. 


Graphische  Darstellung. 

Es  wurde  der  Versuch  gemacht,  die  vorhin  erwähnten 
Daten  bezüglich  der  Geschwindigkeit  der  Verfärbung  graphisch 
darzustellen.  Es  ist  jedoch,  da  die  Verfärbung  in  zwei  Rich- 
tungen'fortschreitet,  dies  nicht  möglich,  da  dazu  drei  Achsen 
notwendig  wären.  Es  wurde,  um  die  Resultate  auf  einer 
Ebene  .darzustellen,  daher  nur  die  Intensität  berücksichtigt 
nach  den  Daten  der  Radde'schen  Farbenskala,  bei  welcher  a 
den  dunkelsten  Ton,  //  den  schwächsten  der  betreffenden 
Farbe  gibt.  Diese  Intensitäten  wurden  auf  der  Abszisse,  die 
Zeit  dagegen  auf  der  Ordinate  aufgetragen. 

Der  Topas  von  Brasilien  wurde  nur  in  der  .">  //////  dicken 
Platte  berücksichtigt,  die  Daten  bezüglich  der  dünneren  Platte 
von  3  mm  dagegen  weggelassen. 

Daraus  ergibt  sich  ein  ungefähres  Bild  aber  nur  in  bezug 
auf  Intensität,  so  daß  dieses  in  einer  Richtung  ein  ungünstiges 
ist,  wie  z.  B.  sich  bei  Kunzit  zeigt,  da  nur  das  Dunkler- 
werden und  nicht  der  Umschlag  in  Grün  dargestellt  ist. 

•Der  Ostwald'sche  Atlas,  welcher  ja  viel  rationeller  ist, 
konnte  nicht   angewendet  werden,    da    ich   mir  wegen   seines 


Farbenveränderungen  von  Mineralien. 


417 


hohen  Preises  diesen  nicht  anschaffen  konnte  und  derselbe 
in  Wien  nur  in  ganz  wenig  Exemplaren  vorhanden  ist,  die 
auf  längere  Zeit  nicht  ausgeliehen  werden. 


Farben      u      t       s       r      (/      p 

Fig.  1. 
1   Quarz         Maderaneital 
11  Quarz        Little  Falls 

III  Saphir        Ceylon 

IV  Steinsalz    Wieliczka 

V  Fluorit       Cumberland 
VI  Baryt         Cumberland 
VII  Topas        Brasilien 
VIII  Kunzit        S.  Diego 

Es  hätte  hier  auch  der  Farbenumschlag  zur  Darstellung 
gelangen  können,  was  nach  der  Radde'schen  Skala  nicht 
möglich  ist. 


418  C.  Doelter, 

Vergleich  der  Intensität  der  Verfärbungen. 

Ein  solcher  Vergleich  ist  leider  nur  bei  gleichmäßiger 
Bestrahlungsdauer  approximativ  möglich,  dadurch,  daß  man 
mit  der  Farbentabelle  die  Farben  vergleicht.  Solche  Vergleiche 
habe  ich  bereits  vor  Jahren  angestellt x  und  veröffentlicht.  Die 
Reihenfolge,  welche  ich  damals  durch  gleichzeitige  Bestrahlung 
erhielt,  welche  Bestrahlung  durch  Wochen  andauerte,  so  daß 
man  von  Endfarben  sprechen  konnte,  ergab  sechs  Farben- 
intensitätsstufen: 

Kunzit; 

Steinsalz,  Saphir,  Flußspat; 

Topas,  Hyazinth; 

Rauchquarz,  Rosenquarz.  Citrin; 

Aquamarin,  Hiddenit; 

Diamant. 

Bei  dem  letztgenannten  Mineral  war  die  Verfärbung  eine 
ganz  geringfügige. 

Das  angewandte  Präparat  enthielt  1/s  g  Radiumchlorid. 
Dauer  30  Tage. 

Bei  den  jetzigen  Untersuchungen  war  der  Versuch  nur 
9  Tage  fortgesetzt  worden,  so  daß  man  trotz  der  Stärke  des 
Präparates  (l1/2g)  vielleicht  noch  nicht  von  Endfarben  sprechen 
kann.  Nun  haben  wir  aber  gesehen,  daß  der  Gang  der  Ver- 
färbung bei  den  einzelnen  Mineralien  sehr  verschieden  ist,  so 
daß  die  Reihenfolge  nach  wenigen  Stunden  bei  längerer  Be- 
strahlung umgekehrt  wird.  So  wird  Baryt,  welcher  anfangs 
eines  der  am  schnellsten  veränderten  Mineralien  war,  schließ- 
lich das  letzte,  während  der  Quarz  vom  Maderanertal,  welcher 
anfangs  das  am  langsamsten  verfärbte  Mineral  ist,  vor  den 
Baryt  und  Topas  tritt.  Ebenso  verfärbt  sich  Kunzit  anfangs 
sehr  langsam,  färbt  sich  aber  dann  plötzlich  sehr  stark.  Es 
ist  daher  wahrscheinlich,  daß  Kunzit,  welcher  bei  dem  seiner- 
zeitigen Versuch  das  erste  war,  vielleicht  auch  diesesmal  den 
ersten  Platz  einnehmen  könnte,  wenn  noch  durch  einige 
Wochen  weiter  bestrahlt  worden  wäre.  Darüber  müssen  weitere 
Versuche  entscheiden. 


1   Das  Radium  und  die  Farben.   Dresden    1910. 


Farbenveränderungen   von   Mineralien.  4  1  9 

Allerdings  ist  es  auch  nicht  unmöglich,  daß  verschiedene 
Exemplare  von  Kunzit  sich  verschieden  verhalten.  Auch  wurde 
bei  früheren  Versuchen  nicht  geglühter  entfärbter  Kunzit 
angewandt  wie  bei  den  jetzigen  Versuchen. 

Daß  bei  Flußspat  die  Provenienz,  also  der  Fundort,  maß- 
gebend ist,  wie  auch  bei  Quarz,  Baryt  und  Topas,  sahen  wir 
bereits,  so  daß  eine  aufzustellende  Reihenfolge  ja  überhaupt 
nicht  allgemein  gedacht  werden  kann,  sondern  nur  für  be- 
stimmte Fundorte. 

Die  Reihenfolge  ist  nach  den  neuen  Versuchen: 

1.  Fluorit  (Cumberland), 

2.  Kunzit  und  Steinsalz  von  Wieliczka, 

3.  Saphir  (Ceylon), 

4.  Quarz  (Little  Falls), 

5.  Quarz  (Maderanertal), 

6.  Topas  (Brasilien), 

7.  Baryt  (Cumberland). 

Vergleich  von  krystallinen  Aggregaten  und  Krystallen. 

Es  war  auch  von  Wichtigkeit,  diesen  Vergleich  durch- 
zuführen. Das  Material  war  allerdings  kein  großes,  da  ich 
keinen  körnigen  Topas  hatte.  Bei  den  Mineralien  Baryt  und 
Steinsalz  war  kein  Unterschied  wahrnehmbar.  Körniger  Quarz 
verfärbte  sich  nicht,  wie  das  ja  für  manche  Quarzkrystalle 
zutrifft. 

Versuche  mit  Pulvern. 

Wenn  die  Ansicht  richtig  ist,  daß  die  Verfärbung  auf  einem 
beigemengten  Pigment  beruht,  so  müssen  Pulver  chemisch  reiner 
Stoffe  von  der  Zusammensetzung  der  betreffenden  Mineralien 
keine  Färbung  zeigen.  Nun  ist  allerdings  zu  erwägen,  daß  es 
sehr  schwer  ist,  chemisch  ganz  reine  Stoffe  zu  erhalten  und 
daß  die  im  Handel  als  »purissima«  bezeichneten  Reagenzien 
immer  noch  winzigste  Mengen  von  Beimengungen  enthalten 
können.  Man  kann  daher  weder  im  Handel  ganz  reine  Sub- 
stanzen erwerben,  noch  sich  selbst  solche  ganz  reine  Sub- 
stanzen herstellen.  Denn  wir  wissen,  daß  es  nur  Spuren  der  be- 
treffenden Pigmente  sind,  welche  Färbungen  erzeugen  können. 


420  C.   Doelter, 

Daher  ist  a  priori  zu  erwarten,  daß  auch  die  sogenannten  reinen' 
Substanzen  eine  schwache  Färbung  aufweisen  könnten.  Jedoch 
ist  immer  die  Wahrscheinlichkeit  vorhanden,  daß  bei  sehr 
geringer  Verunreinigung  die  Färbung  eine  zum  mindesten  sehr 
schwache  sein  wird. 

Die  ausgeführten  Versuche  zeigen  nun,  daß  die  betreffenden 
Pulver  tatsächlich  entweder  keine  Verfärbung  zeigen  oder  aber- 
eine sehr  schwache. 

Es  wurden  behandelt:  Chlornatrium,  Bariumsulfat,  Fluor- 
calcium,  Tonerde.  Zirkonerde.  Diese  wurden  mit  den  Pulvern 
der  Mineralien:  Steinsalz,  Baryt,  Flußspat,  Korund  und  Zirkon 
verglichen.  Wie  zu  erwarten  war,  zeigen  auch  die  Mineral- 
pulver eine  etwas  schwächere  Farbe  als  die  Mineralien  in 
Krystallen. 

Der  Unterschied  jedoch  dieser  Mineralpulver  und  der  ana- 
logen chemisch  reinen  Stoffe  ist  ein  prägnanter. 

Flußspat.  Flußspat  zeigt  auch  in  Pulverform  eine  ent- 
sprechende Farbe,  die,  wie  gesagt,  etwas  schwächer  ist  als 
die  der  Krystalle.  Angewandt  wurde  Flußspat  von  Cumberland 
Er  zeigt  die  Farbe   19''. 

Reines  Fluorcalcium  war  nach  14  Tagen  Bestrahlung 
farblos  geblieben. 

Chlornatrium.  Möglichst  reines  Chlornatrium  zeigte  nach 
8  Tagen  eine  ganz  schwache  Färbung  5"  bis  5!'.  Dagegen  war 
Steinsalz  von  Wieliczka  in  derselben  Zeit  (bei  gleichzeitiger 
Bestrahlung)  4S  geworden,  also  bedeutend  stärker.  Nach 
14  Tagen  war  Chlornatrium  4'  geworden,  also  schwächer 
als  Steinsalz  nach  8  Tagen. 

Bariumsulfat.  Baryt  wird  ungefähr  19''.  Reines  Barium- 
sulfat  verblieb  unter  denselben  Umständen  vollkommen  farblos 
(Bestrahlungsdauer  14  Tage). 

Über  den  Vergleich  von  Tonerde  habe  ich  bereits  früher 
berichtet.1    Es   zeigte  sich,    daß  Tonerde    nicht    gefärbt    wird. 

Zirkonerde  nahm,  wie  ich  1915  berichtete,  eine  so 
geringe  Färbung  an,  daß  sie  mit  der  Radde'schen  Farben- 
skala nicht  bestimmbar  war. 


i  Diese   Sitzungsberichte,    124.   f,  411  (1915), 


Farbenveränderungen  von  Mineralien.  42  1 

Diese  Beispiele  dürften  genügen,  um  zu  zeigen,  daß  die 
betreffenden  chemischen  Stoffe  entweder  im  Vergleiche  zu 
den  Mineralien  viel  schwächer  Farbe  zeigten,  wie  bei  Stein- 
salz und  Zirkonerde,  oder  aber  überhaupt  keine  Färbung 
durch  Radiumstrahlen  erleiden,  wie  dies  bei  Aluminiumsesqui- 
oxyd,  Bariumsulfat,  Fluorcalcium  etc.  der  Fall  ist. 

Aus  diesen  Versuchen  geht  daher  übereinstimmend  mit 
den  Versuchen  an  Krystallen  hervor,  daß  die  Färbung  nicht 
den  Stoff  des  Krystalls,  sondern  das  Pigment  betrifft.  Damit 
stimmt  auch  überein,  daß  manche  Vorkommen,  wie  früher 
nachgewiesen,  sich  nicht  verfärben,  wie  Quarz,  Korund, 
Zirkon,  Flußspat  u.  a.  mehr. 


Geschwindigkeit  der  Entfärbung 

der  durch  Radiumstrahlen  gefärbten  Mineralien 

bei  darauffolgender  Bestrahlung  durch  ultraviolette 

Strahlen. 

Es  ist  bekannt,  daß  manche  Mineralien  durch  ultraviolette 
Strahlen  jene  Färbung  wieder  verlieren,  welche  sie  bei  der 
Bestrahlung  durch  Radium  erhalten  hatten. 

Manche  Stoffe,  welche  durch  Hitze  entfärbt  wurden, 
können  auch  durch  ultraviolette  Strahlen  wieder  ihre  Farbe 
zurückerhalten,  doch  ist  dies  kein  häufiger  Fall.  Ich  habe 
dies  namentlich  bei  Saphir  und  Chrysoberyll  beobachtet.  Diese 
Mineralien  nehmen  aber  nicht  ihre  frühere  Färbung  wieder 
an,  sondern  bekommen  eine  andere  Farbe  oder  wenigstens 
eine  andere  Intensität  der  Farbe;  so  wird  Saphir  nur  bläulich, 
Hyazinth  nimmt  seine  frühere  Farbe  wieder  an. 

Die  übrigen  Mineralien  nehmen  aber  nach  Entfärbung 
durch  ultraviolette  Strahlen  keine  Farbe  an. 

Farblose  Mineralien,  welche  durch  Radiumbestrahlung 
gefärbt  wurden,  verlieren  jedoch  ihre  Farbe  wieder  durch 
Bestrahlung  mit  ultravioletten  Strahlen. 

In  der  nachstehenden  Tabelle  sind  die  untersuchten 
Mineralien  in  dieser  Hinsicht  zusammengestellt. 


422 


C.  Doclter. 


I.  Versuchsreihe. 

Flußspat. 


Fundort 


Durch 
Radium- 
strahlen 
erhaltene 

Farbe 


Bestrahlung 
mit  ultravioletten  Strahlen 


1  Stunde 


5  Stunden 


Cumberland 

Zinnwald 

Gerstorf 

Cornwll 

Derbvshire 

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18« 

41« 


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unverändert 


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23« 

21' 
234 


Die  Tabellen  zeigen,  daß  es  sich  bei  der  Entfärbung  um 
den  umgekehrten  Verlauf  wie  bei  der  Bestrahlung  mit  dem 
Radiumpräparat  handelt.  Bei  dieser  verlauft  die  Verfärbung 
erst  sehr  langsam,  indem  eine  Reihe  von  Stunden  vergingen, 
oft  sogar  Tage,  bis  eine  Farbe  auftrat,  dann  aber  steigt  die 
Intensität  der  Farbe  ziemlich  rasch,  in  manchen  Fällen,  wie 
bei  Kunzit  und  Flußspat,  sehr  schnell. 

Das  entgegengesetzte  zeigt  sich  bei  der  Bestrahlung  mit 
ultravioletten  Strahlen.  Die  Farbe  verblaßt  anfangs  sehr  rasch, 
im  weiteren  Verlaufe  der  Bestrahlung  wird  die  Veränderung 
immer  geringer  und  schließlich  zeigt  die  Farbe  eine  gewisse 
Stabilität.  Es  ist  allerdings  nicht  ausgeschlossen,  daß  bei  sehr 
langer,  durch  viele  Wochen  fortgesetzter  Bestrahlung  die  Mine- 
ralien wieder,  wie  es  bereits  bei  mehreren  nach  48  Stunden 
der  Fall  ist,  ganz  farblos  werden  könnten.  Aber  es  ist  für 
einige,  wie  für  Flußspat  von  Wölsendorf  und  den  grünen 
Flußspat,  nicht  wahrscheinlich,  weil  diese  Mineralien  jene 
Farbe  annehmen,  wie  sie  in  der  Natur  vorkommt.  Da  ja  auch 
in  der  Natur  ultraviolette  Strahlen,  wenn  auch  nur  schwach, 
wirken,  so  dürften  derartige  Färbungen  nicht  vorkommen, 
wenn  ultraviolette  Strahlen  die  Eigenschaften  hätten,  die  be- 
treffenden Mineralien  wieder  zu  farblosen  umzuwandeln. 


Karbenveränderungen    von    Mineralien. 


423 


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424  C.  Do  elter, 

Ich  halte  es  daher  für  wahrscheinlich,  daß  auch  bei  fort- 
gesetzter Bestrahlung  die  beiden  genannten  Mineralien  nicht 
ganz  farblos  werden. 

Sehr  merkwürdig  ist  es,  daß  der  Apatit  von  Auburn  eine 
andere  Färbung  annimmt,  als  er  sie  ursprünglich  hatte;  er 
wird  schließlich  farblos.  Beiden  übrigen,  welche  ursprünglich 
farblos  waren  und  durch  Radium  erst  farbig  wurden,  wird 
die  ursprüngliche  Farblosigkeit  wieder  hergestellt. 

Die  Wirkung  der  ultravioletten  Strahlen  äußert  sich  aber 
nicht  nur  darin,  daß  die  Intensität  der  Farbe  sich  abschwächt, 
es  kann  sich,  wie  dies  in  mehreren  Fällen  beobachtet  wird, 
auch  eine  andere  Farbe  zeigen,  und  zwar  scheinen  die  grauen 
Farben  besonders  wiederzukehren.  Es  zeigt  sich  dies  bei  dem 
grünlichen  Flußspat,  bei  Topas  und  Apatit,  während  bei  dem 
Wölsendorfer  Flußspat,  bei  Steinsalz  nur  die  Intensität  der 
Farbe  sich  abschwächt. 

Was  die  Schnelligkeit  der  Verfärbung  anbelangt,  so  treten 
schon  nach  55  Minuten  starke  Veränderungen  auf,  dann  ver- 
langsamt sich  die  Farbenänderung  und  schließlich  bildet  sich 
eine  stabile  schwache  Verfärbung  von  geringer  Intensität 
heraus,  bei  manchen  tritt  nahezu  Farblosigkeit  auf.  Diese 
würden  wahrscheinlich  bei  lange  fortgesetzter  Bestrahlung 
ganz  farblos. 

Einwirkung  von  Tageslicht. 

Durch  Radiumstrahlen  gefärbte  Mineralien  verblassen  auch 
zum  Teil  bei  Tageslicht.  Die  Veränderung  erfolgt  jedoch  ganz 
langsam,  ist  aber  nach  längerer  Zeit  oft  deutlich.  Es  betrifft 
dies  aber  nicht  alle  früher  geschilderten  Mineralien.  So  zeigten 
dunkelbraun  gefärbte  Quarze  und  blau  gefärbte  Flußspate  keine 
Veränderung. 

In  folgenden  Fällen  war  das  Verblassen  besonders  be- 
merkbar:1 

Von  den  früher  p.  423  mit  ultravioletten  Strahlen  be- 
handelten Exemplaren  wurden  grüner  Flußspat,  violetter  (von 


1  Eine  direkte  Einwirkung  von  Sonnenstrahlen  war  vermieden  worden. 


Karben  Veränderungen  von  Mineralien.  41.  > 

"Wölsendorfj  und  die  beiden  Steinsalze  durch  14  Tage  dem 
Tageslicht  ausgesetzt.  Der  violette  Flußspat  verblaßte  wenig. 
Steinsalz  von  Wieliczka  Nr.  67  war  ganz  farblos  geworden, 
während  der  von  Friedrichshall  noch  etwas  gelblich  war,  sich 
also  kaum  mehr  verändert  hatte. 

Ferner  wurden  einige  mit  Radium  bestrahlte  Mineralien 
ebenfalls  zuerst  8  Tage  bei  Tageslicht  belassen.  Das  körnige 
Steinsalz,  p.  21,  war  ganz  farblos  geworden,  dagegen  ein 
anderes  Nr.  79  von  Wieliczka  noch  gelblich  5".  Nr.  44  (Kalusz) 
■war  entfärbt  worden.  Quarz  von  Brasilien  Nr.  56  war  wenig 
blässer  geworden.  Die  Farbe  veränderte  sich  von  4P'  zu  34''. 

Fiußspat  von  Annaberg  (21^)  war  blässer  violett,  ein 
bläulicher  war  verblaßt,  ein  grünlicher  auch  etwas. 

Rosenquarz  war  nur  wenig  verändert.  Er  war  41°.  Dem- 
nach   findet    ein    allerdings    nur   schwaches  Verblassen    statt. 

Nach  14  Tagen  waren  die  Steinsalze  bis  auf  Nr.  67  von 
Friedrichshall  farblos  geworden.  Dieses  war  noch  etwas  gelb- 
lich,   Qv,    allerdings    der    letzte   noch    bestimmbare   Farbenton. 

Flußspat  von  Appenzell,  Ebenau,  welcher  ursprünglich 
die  Farbe  36"  hatte,  also  blaß  grüngrau,  war  schließlich  wieder 
ähnlich  geworden,  nämlich  36*.  Ein  anderer  Flußspat,  Nr.  5, 
von  Wölsendorf,  war  schließlich   22^'  geworden. 

Quarz  Nr.  56  von  Brasilien,  welcher  oben  genannt  wurde, 
war  34s.  Ein  Flußspat  von  Zinnwald  war  von  20'  zu  16'' 
geworden. 

Ganz  merkwürdig  ist  das  Verhalten  des  Sylvins.  Er 
wird  mit  Radiumstrahlen  schön  violblau,  entfärbt  sich 
aber  binnen  3'  gänzlich  bei  Tageslicht. 

Beziehung  zur  Luminiszenz. 

Bei  dieser  wissen  wir  heute  genau,  daß  sie  durch  die 
Beimengungen  verursacht  ist.  Ich  verweise  auf  die  Arbeiten 
von  P.  Lenard  und  anderer.  Speziell  das  Zinksulfid  ist  in 
dieser  Hinsicht  in  den  letzten  Jahren  genau  studiert  worden, 
namentlich  auch  wegen  der  praktischen  Verwendung.  Reines 
Zinksulfid  leuchtet  nicht,  aber  ganz  verschiedene  Beimengungen 
rufen  sie  hervor.  Dabei  ist  die  Wirkung  derselben  eine  andere, 
je  nachdem  man  mit  ultravioletten,  Röntgen-,  Kathodenstrahlen 


426  C  Doelter, 

oder  Radiumstrahlen  arbeitet.  In  manchen  Fällen  kann  aber 
die  Wirkung  der  letztgenannten  Strahlen  auch  die  gleiche  sein. 

Was  die  Mineralien  anbelangt,  so  zeigen  die  Arbeiten 
von  Engelhardt,  daß  mit  Mineralien  von  verschiedenen  Fund- 
orten bei  Anwendung  ultravioletter  Strahlen  die  Luminiszenz- 
farbe  verschieden  ist.  Ähnliches  beobachtet  man  auch  mit 
Radiumstrahlen  und  Röntgenstrahlen.  So  verhalten  sich  ver- 
schiedene Scheelite  (CaW04)  verschieden  und  auch  verschieden 
vom  reinen  Wolframat. 

Für  die  Luminiszenz  durch  Kathodenstrahlen  fand  A.  Po- 
chettino  bei  Mineralien  verschiedener  Fundorte  teilweise 
gleiches  Verhalten,  teilweise  aber  auch  verschiedenes.  Dies 
ist  also  analog  wie  bei  der  Verfärbung  von  Mineralien  ver- 
schiedener Fundorte,  wie  sie  im  vorhergehenden  geschildert 
wurde. 

Luminiszenz  braucht  nicht  mit  der  Verfärbung  parallel 
zu  gehen.  So  gibt  es  stark  luminiszierende  Mineralien,  welche 
sich  nicht  verfärben  oder  nur  wenig,  z.  B.  Scheelit,  Zink- 
blende, Diamant,  Wollastonit.  Dann  gibt  es  wieder  Mineralien, 
wie  Steinsalz,  Topas,  welche  sich  stark  verfärben,  ohne  Lumi- 
niszenzerscheinungen  zu  zeigen.  Endlich  gibt  es  eine  Reihe 
von  Mineralien,  welche  mit  Radium-  oder  Röntgenstrahlen 
sich  stark  verfärben  und  gleichzeitig  stark  luminiszieren.  Dazu 
gehört  der  Apatit  und  Kunzit. 

Kunzit,  welcher  stark  luminisziert  mit  Radiumstrahlen, 
verfärbt  sich  auch  stark  mit  Radiumstrahlen,  aber  merk- 
würdigerweise nicht  mit  Röntgenstrahlen.  Ein  Mineral,  welches 
sehr  stark  mit  beiden  Strahlenarten  luminisziert,  ist  der  Willemit 
(oder  besser  der  manganhaltige  Troostit).  Weder  Willemit  noch 
Troostit  verfärben  sich. 

Aus  dieser  Verschiedenheit  muß  man  schließen,  daß  die 
Beimengungen,  welche  die  Luminiszenz  hervorrufen,  nicht 
dieselben  sein  müssen  wie  jene,  welche  Verfärbung  hervor- 
bringen. Es  ist  aber  dabei  nicht  ausgeschlossen,  daß  in 
manchen  Fällen  auch  die  Ursache  beider  Erscheinungen  der- 
selben Beimengung  zuzuschreiben  ist.  Dies  halte  ich  bei 
Apatit  für  wahrscheinlich. 


Farbenverärtdefurigen  von  Mineralien.  427 

Wir  kommen  jetzt  zu  der  Frage,  wo  liegt  die  letzte 
Ursache  der  Farbenveränderungen?  Wenn  wir  auch  annehmen, 
daß  diese  im  Pigment  vor  sich  geht,  so  sind  doch  noch  zwei 
Möglichkeiten  vorhanden.  Entweder  sind  es  Vorgänge  im  Atom 
der  verfärbenden  Substanz,  also  des  färbenden  Pigmentes,  oder 
es  sind  Unterschiede  in  dem  Dispersitätsgrade  des  Pigmentes. 

Die  Veränderungen  werden  aber  nicht  allein  durch  Radium- 
strahlen, beziehungsweise  durch  Röntgen-  und  Kathoden- 
strahlen, sondern  auch  'durch  ultraviolette  Strahlen  sowie 
auch  durch  die  Wärme  hervorgebracht.  Dabei  ist  die  vielfach 
entgegengesetzte  Wirkung  der  Wärmeeinwirkung  und  der 
genannten  Strahlungen  zu  berücksichtigen;  ferner  die  ent- 
gegengesetzte Wirkung  ultravioletter  Strahlen. 

Ursachen  der  Verfärbung. 

Die  wichtigste  Frage  ist  die,  welches  die  Natur  der 
Färbungen  ist,  d.  h.  wie  die  Farbe  entsteht.  Vor  allem  muß 
entschieden  werden,  ob  der  Sitz  der  Verfärbungen  im  Mineral 
selbst  liegt  oder  ob  das  der  Mineralsubstanz  an  und  für  sich 
fremde,  also  als  Beimengung  gedachte  Pigment  sich  in  der 
Farbe  ändert. 

Was  nun  diese  Frage  anbelangt,  so  könnte  man  schon 
a  priori  behaupten,  daß,  da  wir  ja  die  betreffenden  Mineralien 
als  allochromatische  bezeichnen,  damit  die  Annahme  verbunden 
ist,  daß  die  Farbe  und  Ulso  auch  die  Farbenänderung  im 
Pigment  liegt.  Es  ist  aber  auch  behauptet  worden,  daß  das 
Pigment  aus  der  Substanz  des  Minerals  entstehen  kann.  So 
wurde  von  R.  Strutt  die  Ansicht  geäußert,  daß  der  Hyazinth 
seine  Farbe  den  Strahlen  seiner  radioaktiven  Substanz  ver- 
dankt. Daß  Färbungen  auf  diese  Art  entstehen  können,  wissen 
wir  aus  dem  Vorkommen  der  pleochroitischen  Höfe  (Halos).  Die 
betreffenden  Mineralien  müßten  aber  radioaktiv  sein  oder  fein 
verteilte  Einschlüsse  von  solcher  Substanz  enthalten.  Bei  man- 
chen Stoffen,  wie  Steinsalz,  Quarz,  ist  dies  aber  sehr  unwahr- 
scheinlich. 

Die  Entscheidung  kann  aber  getroffen  werden,  wenn  man 
nachweisen  kann,  daß  die  Färbungen  bei  verschiedenen  Exem- 
plaren verschieden  ausfallen   und   sogar   bei  einem  und  dem- 


428 


C.  Doelter, 


selben   Individuum  (Krystall)    verschieden    ausfallen.    Dies    ist 
.aber,  wie  meine  jetzigen  Untersuchungen  zeigen,  wirklich  der 


11' s       J8? 


12 


Fig.  2. 
Radiobaryt  von  Teplitz. 


Fig.  3. 
,     Flußspat  von  Ebenau. 


Fall.  Erstens  verhalten  sich  Krystalle  von  verschiedenen  Fund- 
orten  verschieden,    zweitens    sind  Krystalle   sogar  von    dem- 


13 r       13r 


Fig.  4. 
Flußspat  von  Cornwall. 


Fig.  5. 
Flußspat  von  Derbyshire. 


selben  Fundorte  manchmal  verschieden  und  drittens  zeigen 
sich  an  einem  und  demselben  Krystall  mitunter  verschiedene 
Farben. 


Fig.  6. 
Harvt  von  Cumberland. 


Besonders  letzteres  ist  auffallend.  Als  Beispiele  führe  ich 
an:  Baryt  von  Cumberland,  Flußspat  (vgl.  Fig.  2 — 6)  und 
Quarz  vom  Maderanertal. 


Farbenveränderungen   von  Mineralien.  429 

Ich  gebe  hier  die  Abbildung  eines  großen  Barytkrystalls 
(Fig.  6)  von  dort,  bei  welchem  im  Innern  eine  stark  bläulich- 
graue Farbe  sich  zeigt,  während  der  übrige  Teil  nur  ganz 
wenig  gefärbt  ist.  Dies  kann  nur  durch  Einschlüsse  verursacht 
sein.  Ein  zweiter  Baryt  von  dort,  ein  tafelartiger  Krystall,  zeigt 
zwei  sehr  verschiedene  Farben. 

Auch  bei  Flußspat  und  bei  Saphir  konnte  eine  ver- 
schiedene Farbe  nach  der  Beleuchtung  mit  Radiumstrahlen 
beobachtet  werden.  Früher  habe  ich  bereits  eine  Quarzplatte 
abgebildet,  welche  regelmäßig  verteilte  Färbungen  aufwies; 
dies  konnte  als  durch  Zwillingskrystalle  verursacht  gedeutet 
werden. 

Im  allgemeinen  ist  der  Fall,  daß  dunkle  Flecken  ent- 
stehen, in  einem  Krystall  nicht  gar  selten.  Allerdings  könnte 
man  sagen,  daß  der  Krystall  auch  Risse  und  Sprünge  zeigt, 
auf  welchen  die  Färbung  sich  deutlicher  zeigt.  Aber  gerade 
die  oben  angeführten  Beispiele,  welche  oft  eine  sehr  scharfe 
Grenzlinie  zwischen  farbigem  Teil  und  ungefärbtem  zeigen, 
weisen  darauf  hin,  daß  es  sich  um  eine  ungleiche  Verteilung 
des  Farbstoffes  handelt. 

Es  liegen  nun  zwei  Möglichkeiten  vor,  daher  zwei  Hypo- 
thesen aufgestellt  werden  können.  Nach  der  einen  würde  es 
sich  um  eine  Einwirkung  der  Strahlen  (auch  der  Wärme- 
strahlen) auf  das  Pigment  oder  auf  das  Atom  (beziehungs- 
weise Molekül)  des  betreffenden  Stoffes  handeln  oder  aber  es 
sind  einfach  verschiedene  Größen  des  kolloiden  Pigmentes  in 
Betracht  zu  ziehen.  Wir  haben  nun  gesehen,  daß  aus  den 
früher  entwickelten  Gründen  wohl  die  Wirkung  nicht  im 
Atom  liegt,  sondern  im  Pigment.  Denn  sonst  müßten  Pulver 
ebenso  gefärbt  sein  wie  Kryställe  und  diese  müßten  gleich- 
mäßig gefärbt  sein. 

Immerhin  wäre  es  noch  denkbar,  daß  im  Atom  des  Pig- 
mentes Ionisationen  oder  andere  Vorgänge,  welche  als  Elek- 
tronenaustritt charakterisiert  wurden,  vor  sich  gehen.  Die 
zweite  Annahme,  welche  sich  auf  die  verschiedenen  Farben 
kolloider  Lösungen  stützt,  nach  welcher  die  Farbe  mit  dem 
Dispersitätsgrad  wechselt,  wird  durch  die  Arbeiten  der  Physiker, 

Sitzb.  d.  mathem  -naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  29 


480  C.  DoeJter,   Farbenveränderungen  von  Mineralien. 

wie  Mie,  Ehrenhaft  und  seine  Schüler  gestützt  (siehe  darüber 
meinen  Aufsatz  in  den   »Naturwissenschaften«,   1920). 

Ich  halte  diese  Annahme  für  die  hier  behandelten  Stoffe 
für  wahrscheinlicher,  da  sie  mit  den  Beobachtungen  gut  im 
Einklänge  steht.  Demnach  werden  durch  Strahlungen  und 
durch  Wärme  die  Teilchengröße  verändert,  wodurch  sich 
Farbenveränderungen  erklären  ließen. 

Immerhin  ist  jedoch  auch  die  andere  Annahme  nicht 
ausgeschlossen.  Es  scheint,  daß  ein  Krystall  durch  radio- 
aktive Einschlüsse  gefärbt  werden  kann,  wobei  vielleicht  jene 
Hypothese  Gültigkeit  haben  könnte. 

Vorläufig  läßt  sich  eine  Entscheidung  nicht  treffen.  Ich 
glaube  jedoch,  daß  mit  den  Beobachtungen  die  Hypothese, 
wonach  es  sich  um  verschiedene  Teilchengröße  handelt,  besser 
die  Erscheinungen  erklären  kann. 

Daß  es  sich  um  kolloide  Pigmente  handelt,  halte  ich  für 
erwiesen,  da  ja  idiochromatische  Stoffe  und  namentlich  kry- 
stallisierte  keine  dauernden  Veränderungen  erleiden.  So  geht 
aus  den  Beobachtungen  auch  hervor,  daß  isomorph  bei- 
gemengte Pigmente  sich  schwer  dauernd  verändern. 


Der  Akademie  der  Wissenschaften  spreche  ich  für  die 
gewährte  Subvention  meinen  Dank  aus. 

Herrn  Prof.  Dr.  St.  Meyer,  welcher  mir  liebenswürdig  die 
Benutzung  der  Radiumpräparate  gestattete,  sowie  Herrn  Prof. 
Dr.  V.  Hess    spreche    ich    hier    ebenfalls    meinen    Dank    aus. 

Dem  Herrn  Direktor  Koechlin  und  Herrn  Dr.  Michel 
danke  ich  für  Beschaffung  des  Materials,  endlich  auch  be- 
sonders Herrn  Privatdozenten  Dr.  H.  Leitmeier  für  seine 
mühsame,  fortdauernde  Mithilfe  bei  den  Beobachtungen. 


431 


Beiträge  zur  Kenntnis  der  palaeozoischen 

Blattarien 

Von 

Anton  Handlirsch 

k.  M.  Akad.  Wiss. 
(Mit  8  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  8.  Juli  1920) 

Meine  Absicht,  eine  vollständige  Revision  dieser  fossilen 
Insektengruppe  zu  liefern,  ist  leider  in  absehbarer  Zeit  nicht 
durchführbar.  Darum  möchte  ich  zunächst  außer  einer,  wie 
ich  glaube,  verbesserten  systematischen  Einteilung 
nur  die  seit  1906  neu  dazugekommenen  Formen  und 
einige  kritische  Bemerkungen  der  Öffentlichkeit  über- 
geben, denn  ich  bin  der  Ansicht,  daß  auch  durch  diesen 
bescheidenen  Beitrag  das  Bild,  welches  wir  uns  von  dieser 
für  das  Ende  des  Palaeozoikums  so  charakteristischen  Gruppe 
machen  können,  an  Schärfe  gewinnen  dürfte. 

Auf  den  ersten  Blick  mag  es  wohl  wertlos  erscheinen, 
den  Hundeiten  bereits  bekannter  Formen  weitere  anzufügen, 
die  sich  anscheinend  ja  doch  nur  durch  unwesentliche  Details 
unterscheiden.  Blickt  man  aber  etwas  tiefer,  so  zeigt  sich, 
daß  diese  Massen  von  wenig  verschiedenen,  vielfach  am 
gleichen  Orte  vorkommenden  Formen,  die  einer  Einteilung  in 
höhere  Kategorien  so  große  Schwierigkeiten  entgegensetzen, 
doch  deszendenztheoretisch  von  hervorragendem  Interesse 
sein  können. 

Blattarien  treten  zuerst  im  mittleren  Oberkarbon  auf  und 
nehmen    im    oberen  Oberkarbon    enormen    Aufschwung.    Zu 


132  A.   Handlirsch, 

nächst  »splittern«  sie  in  unglaublicher  Weise:  Gleichviel  ob 
Vorder-  oder  Hinterflügel,  ob  Thorax  oder  Larve,  keine  zwei 
Exemplare  sind  einander  gleich.  Versucht  man  es,  sie  in 
Reihen  zu  bringen,  so  erscheinen  die  Extreme  sehr  ver- 
schieden, aber  alles  ist  durch  Übergänge  verbunden  und 
nirgends  scheinen  scharfe  Grenzen  zwischen  den  Einheiten 
zu  bestehen.  Dies  gilt  besonders  für  jenen  größten  Teil,  den 
ich  als  Archimylacridae,  als  die  Stammgruppe  bezeichnete, 
und  hier  wieder  in  höchstem  Grade  in  der  Gruppe  Phylo- 
Natta.  Aber  schon  im  obersten  Oberkarbon  und  dann  im  Perm 
sehen  wir  eine  etwas  schärfere  Scheidung  der  Gruppen  ein- 
treten. Während  die  Archimylacriden  und  Mylacriden  noch 
kaum  voneinander  abzugrenzen  sind,  bieten  schon  die  Spilo- 
blattiniden,  dann  die  Dictyomylacriden,  Pseudomylacriden, 
Neorthroblattiniden,  Neomylacriden,  Poroblattiniden,  Meso- 
hlattinkien  etc.  viel  geringere  Schwierigkeiten. 

Wenn  wir  uns  nun  noch  vor  Augen  halten,  daß  das, 
was  wir  besitzen,  nur  einen  verschwindend  kleinen  Bruchteil 
dessen  vorstellt,  was  in  jenen  fernen  Perioden  tatsächlich 
existierte,  so  werden  wir  wohl  den  Eindruck  gewinnen  von 
einer  ganz  unglaublichen  Formenproduktion,  in  welche  zu- 
nächst noch  keine  Selektion  eingegriffen  hatte.  Gegen  den 
Schluß  des  Pakieozoikums  verändert  sich  aber  dieses  Bild 
mehr  und  mehr,  bis  zuletzt  die  permische  Eiszeit  derart  mit 
der  Masse  aufräumt,  daß  nur  wenige  nun  scharf  geschiedene 
Typen  das  Mesozoikum  erleben.  Von  ihnen  leitet  sich  das 
in  scharfe  systematische  Kategorien  geschiedene  Volk  der 
kainozoischen  Blattarien  ab. 

Leider  bleibt  uns  vorläufig- nicht  viel  mehr  zu  tun  übrig 
als  eine  möglichst  weitgehende  analytische  Bearbeitung  des 
Materiales,  selbst  auf  die  Gefahr  hin,  Individuen  zu  beschreiben. 
Erst  wenn  durch  diese  Vorarbeit  ein  möglichst  reiches  Materiale 
deskriptiv  festgelegt  sein  wird,  mag  mit  Erfolg  die  Synthese 
einsetzen.    Was    wir    in    letzterer  Richtung    schon    jetzt    tun 

können,    wird    immer    den  Eindruck    des    H Willkürlichen 

machen  und  soll  nur  dazu  dienen,  einigermaßen  eine 
Orientietung  in  der  Masse  zu  ermöglichen,  um  das  Materiale 
auch  für  stratigraphische  Zwecke  verwendbar  zu  machen. 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoischen  Blattarien.  133 

Im  ursprünglichsten  Blattarienflügel  stecken  offenbar  allerlei 
Potenzen,  welche  die  orthogenetisch  in  bestimmte  Richtungen 
fortschreitende  Entwicklung  der  einzelnen  Teile  gewährleisten. 
Fast  jeder  solche  Prozeß  läßt  sich  in  verschiedenen  Reihen 
verfolgen,  so  daß  die  einzelnen  höheren  Typen  offenbar 
heterophyletisch  zustandegekommen  sind.  Ich  erwähne  hier 
nur  die  wichtigsten  Fälle: 

1.  Das  ursprünglich  lange  bandförmige  Costalfeld  verkürzt 
sich  unter  Beibehaltung  seiner  Form  und  der  kammartigen 
Anordnung   der  Äste  der  Subcosta  (SV).    Oder    das  Costalfeld 

wird    durch    Schrägstellung    der    Subcocta     -l dreieckig; 

dabei  lagern  sich  die  Äste  der  Subcosta  allmählich  so  um, 
daß  sie  schließlich  strahlenartig  aus  einem  Punkte  entspringen 
(Typus  »Mylacris*).  Andrerseits  führt  eine  immer  weitere 
Verkürzung  der  Subcosta  und  Einschränkung  der  Zahl  ihrer 
Äste  schließlich  zum  Typus  »Poroblattiua«.  Endlich  kommt 
es  auch  zum  Schwund  aller  Äste,  durch  Umwandlung  des 
ganzen  Costalfeldes  in  einen  länglichen  aderlosen  Wulst: 
Typus   » MesobldHiua « . 

2.  Der  Radius  i-t  ursprünglich  geschieden  in  den  eigent- 
lichen Radius  (R),  der  einige  kurze  Ästchen  schief  zum 
freien  Vorderrande  sendet,  und  in  den  verschieden  verzweigten 
Sektor  radii  (Rs).  Zwischen  diesem  Urzustände,  den  ich  der 
Kürze  wegen  R  I  bezeichne,  und  dem  abgeleiteten  Typus,  bei 
dem  der  R  eine  einheitliche  Ader  bildet,  deren  zahlreiche 
gleichwertige  Äste  schief  nach  vorne  und  außen  auslaufen 
(R II),  gibt  es  viele   Übergänge. 

3.  Die  Medialis  (M)  ist  ursprünglich  aus  zwei  Haupt- 
ästen gebildet  (von  denen  der  hintere  vielleicht  etwas  stärker 
verzweigt  war)  Ml;  daraus  entwickeln  sich  heterophyletisch 
zwei  vorgeschrittene  Typen :  M  II,  bei  dem  aus  dem  Haupt- 
stamme mehrere  Äste  schief  nach  hinten  auslaufen,  und  Af  III, 
bei  dem  sie  nach  vorne  auslaufen. 

4.  Der  Cubitus  (Cu)  ist  normal  ziemlich  gleich  groß  mit 
dem  R  oder  der  M  und  sendet  eine  Reihe  von  Ästen 
schief  zum  Hinterrande.  Manchmal  gibt  es  auch  (?  sekundär) 
einen    isolierten    nach  vorne    abzweigenden  Ast    und    andere 


434  A.   Handlirsch, 

Spezialisierungen;    heterophyletisch  erfolgt  häufig   -\ weit- 
gehende Einengung  des  Cubitus. 

5.  Das  Analfeld  enthält  ursprünglich  mäßig  viele  gleich- 
mäßig in  den  Hinterrand  herabgebogene  Äste  der  Analis  (Ä) 
Spezialisierungen  in  verschiedener  Richtung. 

6.  Das  Zwischengeäder  besteht  ursprünglich  aus  mäßig 
dichten  Queradern,  die  in  den  breiteren  Feldern  netzartig 
anastomosieren.     Spezialisierung     durch     Vermehrung     dieser 

Queradern  oder  durch  Verdrängung  derselben  durch  -\ feine 

und  dichte  lederartige  Runzelung,    oder  Beschränkung   dieser 
letzteren  auf  den  Saum  der  Adern.  Alle  Übergänge. 

7.  Ursprüngliche  Form  des  Vorderflügels  ziemlich  oval, 
mäßig  breit.  Spezialisierung  durch  oft  enorme  Verbreiterung 
oder  durch  Verlängerung,  Krümmung  etc.;  alles  heterophyletisch. 

Die  Hinterflügel  folgen  in  mancher  Beziehung  den  Vorder- 
flügeln, nur  behalten  sie  immer  den  ursprünglichen  Radius  (Rl) 
bei.  Der  Prothorax,  ursprünglich  mäßig  breit  und  von  mehr 
birnförmigem  Umriß,  wird  in  den  verschiedensten  Reihen  sehr 
verbreitert. 

Ein  Ovipositor  kommt  bei  echten  Blattarien  nicht  vor. 
Die  Larven  haben  alle  gut  entwickelte  vielgiiedrige  Cerci  und 
die  ursprünglichen  Formen  sind  schlank  mit  schief  abstehen- 
den Flügelscheiden. 


Seit  dem  Erscheinen  meines  Handbuches  (1906  bis  1908) 
sind  viele  palaeozoische  Blattarien  beschrieben  worden,  aber 
die  meisten  wurden  von  den  Autoren  in  unrichtige  Genera 
eingereiht.  In  der  folgenden  Übersicht  werden  diese  neueren 
Arten  und  Gattungen,  sowie  die  hier  zuerst  aufgestellten 
meinen  heutigen  Ansichten  gemäß  eingereiht.  Aus  nahe- 
liegenden Gründen  wähle  ich  die  denkbar  knappste  Form  der 
Darstellung. 

Systematische  Übersicht. 

Familie  Archimylacridae  Handl.  Zur  Erleichterung 
der  Übersicht  habe  ich  die  Genera  in  Gruppen  zusammen- 
gefaßt, die  entweder  später  als  Genera  oder  als  Unterfamilien 
betrachtet  werden  können. 


Zur  Kenntnis  de  palaeozoischen   Blattarien. 


435 


1.  Gruppe:  Palaeoblatta.  Rl.  Zwischengeäder  ursprünglich, 
Ml,  II  oder  fast  III. 

Genus   Palaeoblatta   Handl.  paucinervis   Sc.  (M.  Obere.) 

Genus  Aphthoroblattina  Handl.,  fascigera  Sc,  Johnsoni 
Woodvv.  (Fig.   1),  carbonis  Handl.  (M.  Obere). 

Genus  Parelthoblatta  Handl.,  belgica  Handl.  Pruvosti 
m.  (=  Archimylacris  belgica  Pruvost  [nee.  Handl.],  1912, 
t.  9,  f.  4).  Eine  etwas  vorgeschrittene  Form  in  Bezug  auf 
R.  u.  M.  (M.  Obere). 


Fig.    i. 
Aphihoröblattina  Johnson/,     l-5mal    vergr.    Skizze    nach    der  Type    im   Iirit. 

Museum  (Original). 

Genus  Polyetoblatta  Handl.  calopteryx  Handl.  (M. 
Obere). 

Genus  Kinklidoptera  Handl.  lubucusis  Kus.ta,  vicina 
Handl.  (meine  Abbildung  ist  um    180°  zu  drehen). 

2.  Gruppe:  Archimylacris.  R  fast  I,  MIII.  Queradern  oft 
fast  Runzeln  (M.  Obere). 

Genus  Archimylacris  Sc,  acadica  Sc,  venusta  Lesqu., 
Desaülyi  Leriche,  reticnlata  Meun.  (von  Meun.  als  Syscio- 
pliclial  beschrieben;  scheint  der  vorhergehenden  Art  ähnlich), 
Pruvosti  m.  (=  Archimyl.  Simoni  Pruvost   1912,  t.   10,    f.  2). 


436  A.   Ilandlir seh. 

Simoniana  m.  (=  Ärchim.  Simoni  Pruvost  1912,  t.  10,  f.  3),, 
gällica  m.  (=  Archini.  Simoni  Pruvost  t.  10,  f.  4;  der  von 
Pruvost  als  Typus  der  Art  Simoni  bezeichnete  Flügel 
gehört  wohl  zu  Phyloblatta). 

3.  Gruppe:  Amorphoblatta.  Costalfeld  stark  vergrößert.. 
R  II,  M  II.  Queradern. 

Genus  Amorphoblatta  Haridl.,  Brongniarti  Handl.. 
(M.  Obere). 

Genus  Dictyoblatta  Handl.,  Dresdensis  G ein.  (U.Perm).. 

4.  Gruppe:  Kinklidoblatta.  R  I,  M II.  Genetzt. 

Genus  Kinklidoblatta  Handl.,  Lesquereuxi  Sc.  (M.  Obere). 
Genus     Gondwanoblatta     Handl.,     reticnlata     Handl. 
(Gondwana). 

5.  Gruppe:  Actinoblatta.  RH,  eingeengt,  Ml.  Queradern 
(M.  Obere). 

Genus  Actinoblatta  Pruvost,  Bucheti  Pruv.  1912, 
t.  9,  f.  3. 

6.  Gruppe:  Dromoblatta.  Schmale  Form.  R II,  .1/1  —  11 
(Perm). 

Genus  Dromoblatta  Handl.,  sopita  Sc. 

7.  Gruppe:  Adeloblatta.  RH,  M II  (Obere). 

Genus  Adeloblatta  Handl.,  colnmbiana  Sc,  Sellardsi 
Handl.,?  Gorhami  Sc. 

S.  Gruppe:  Mesitoblatta.  Subc.  verkürzt,  zum  Typus 
Mylacris  neigend.  RH,  MI  — II  (M.  Obere). 

Genus  Mesitoblatta  Handl.,  Brongniarti  Handl. 

Genus  Sooblatta  Handl.,  lanceolata  Sterzel. 

Genus  Sooblattella  n.  g.,  Vorderflügel  nur  wenig  mehr 
wie  doppelt  so  lang  als  breit,  fast  elliptisch,  Sc  etwas  vor 
der  Mitte  des  Vorderrandes  endend,  mit  4  einfachen  Ästen. 
Costalfeld  breit,  R  fast  gerade  zur  Mitte  des  Spitzenrandes 
ziehend;  1.  Ast  einfach,  2.  fünf,  3.  vier,  4.  zwei  Zweige 
bildend.  M II,  mit  4  einfachen  Ästen,  die  zum  Hinterrande 
ziehen,  Cu  daher  verkürzt,  nicht  geschwungen,  mit  6  meist 
einfachen    Ästen.    A    2/5    der    Flügellänge,    etwa    5  einfache 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoischen   Blattarien. 


437 


oder  gegabelte  Aste.  Grob  lederartig  genetzt.  Britamiica  n.  sp. 
Vorderflügel  15  mm.  Im  Mus.  prakt.  Geol.  London,  Nr.  25413, 
aus  Clydach  Merthyr  Colliery,  Glamorgan.  (Mittl.  Obere). 
(Fig.  2.) 

Genus  Apophthegma  Handl.,  Sterzeli  Handl.,  anale 
Handl.,  saxomeum  Handl.  (Geol.  Ges.  Wien   1909). 

9.  Gruppe:  Anthracoblattina.  Schulter  schwach.  AMI,  Mll. 
( '//  lang,  .4  kurz,  lederartig  (M.  u.  O.  Obere). 

Genus  Anthracoblattina  Sc,  speetabilis  Goldenb.  (der 
Gegendruck  ist  meine  Anxanoblatta  saxonia),  didyma  Rost, 
gigantea  Brongn. 


Fig.  2. 

SooMatlella  britannica  n.   sp.  4 mal  vergr.  (Original). 


10.  Gruppe:  Elaphroblatta  Handl.,  R  fast  noch  I,  M III. 
Beine  lang,  Pronot.  klein  (M.  Obere). 

Genus  Elaphroblatta  Handl.,  ensifera  Brongn.,  Donvillei 
Meun.  (Bull.  Soc.  G.  Fr.  [4]  VII,  287,  t.  9,  f.  2,  1907  — 
als  Sysciophlebial  beschrieben).  (Fig.  3.) 

11.  Gruppe:  Plagioblatta.  AMI,  auffallend  schräg  gegen 
das  distale  Ende  des  Hinterrandes.  M  I,  schon  in  den 
Hinterrand    mündend.    Oueradern.    Thorax    breit    (M.  Obere). 

Genus  Plagioblatta  Handl.,  parallela  Sc,  Campbell i 
Handl. 

12.  Gruppe:  Hesperoblatta.  Breit.  R  fast  I  (1.  Hauptast 
reicher  verzweigt)  M III,  eingeengt,  Cu  eigenartig  (M.  Obere). 

Genus  Hesperoblatta  Handl.,  abbreviata   Handl. 


438 


A .  H  a  n  d  1  i  r  s  c  li . 


13.  Gruppe:  Archoblattina.  Riesenform.  Pronotum  lang, 
trapezförmig.  R  zwei  Hauptäste,  deren  Zweige  nach  hinten 
auslaufen.  M ?  I,  reduziert  (M.  Obere). 

Genus  Archoblattina  Seil.  Beecheri  Seil.,  ?  Scudderi 
Handl.  (Hinterflügel). 

14.  Gruppe:  Gyroblatta.  Sehr  groß,  nierenförmig,  Quer- 
adern. R  wenige  lange  Äste.  Mlll,  groß,  Cu  eingeschränkt, 
A  kurz  (0.  Obere). 

Genus  Gyroblatta  Handl.,    Clarki  Sc,  ?  scapularis    Sc. 


Fig.  3. 
Elaphroblatia  Douvillei  Meun.    1 'Sinai   vergr.   Nach   dem  Photogr.  (Original). 

15.  Gruppe:    Dysmenes.    Sehr    groß,    nierenförmig.    R  II, 
Mlll,   Cu  normal,  .4  kurz.  ?  Keine  Queradern.  (O.  Obere). 

Genus  Dysmenes  Handl.,  illustris  Sc. 

16.  Gruppe:    Phoberoblatta.    Sehr    groß,    lang    elliptisch, 
lederartig.  R  II,  M  III,  Cu  normal,  .4  kurz  (M.  Obere). 

Genus  Phoberoblatta  Handl.,  grandis  Handl. 

17.  Gruppe:    Eumorphoblatta.    Groß.    ~  Phoberoblatta. 
Queradern  (M.  Obere). 

Genus  Eumorphoblatta  Handl.,  heros  Sc,  Boulci  Agnus. 
?  Genus  Apotypoma  H  an  dl.,  longa  Handl.,  Arndt i  Kusta, 
platyptera  Handl. 


Zur   Kenntnis   der   palaeozoischen   Blattarien.  430 

Genus    Boltonia     m.,     sulcata     Bolton     {Gerablattina 

[Aphtlioroblattiua]  sulcata  Bolton   1011,  t.  8,  f.    1—3).  Anal- 
feld besonders  lang! 

18.  Gruppe:  Flabellites.  ~  Eumorphoblatta  aber  meist 
sehr  breit.  Queradern.  R  II,  manchmal  fast  I,  M  III  (M.  Obere.). 

Genus  Sterzelia  Handl.,  Steiunianui  Sterzel. 

Genus  Platyblatta  Hand  1.,  Steinbachensis  K live r,  bohemica 
F ritsch,  propria  Kliver. 

Genus  Gongyloblatta  Handl.,  Fritschi  Handl. 

Genus  Flabellites-  Fritsch,  latus  Fritsch. 

10.  Gruppe:  Pruvostia.  Schulter  stark.  Costalfeld  mehr 
dreieckig.  R  II,  M  III,  Lederrunzeln  (M.  Obere). 

Genus  Pruvostia  m.  Villeti  Pruvost,  Lafittei  Pruv., 
Godoni  Pruv.  (von  Pruvost  1012,  p.  354,  t.  11,  f.  3,  als 
Necymylacris  beschrieben). 

20.  Gruppe:  Stephanoblatta.  Durch  auffallende  Asymmetrie 
bemerkenswert.  Die  beiden  Flügel  so  verschieden,  daß  ich  sie, 
einzeln  gefunden,  in  verschiedene  Genera  stellen  würde. 
Schulter  nicht  stark.  R  II,  M  III  oder  I,  Cu  normal  oder 
mit  isoliertem  Vorderast.  Lederartig  quergerunzelt.  Thorax 
scheibenförmig  groß  (M.  Obere). 

Genus  Stephanoblatta  Handl.,  Gaudryi  Agnus,  Fayoli 
Leriche,  diseifera  n.  sp.  aus  Commentry,  Original  im  Brit. 
Mus.  Schausammlung  (J.  7282).  Subcosta  mit  etwa  10  Asten, 
R  mit  4  bis  5,  M  links  2  gleichwertige,  rechts  3  gegabelte  Aste, 
nach  vorne  abzweigend,  Cu  links  mit  in  3  Zweige  gespaltenem, 
nahe  der  Basis  entspringenden  Vorderaste  und  7  Zweigen 
normal  aus  dem  Stamme.  Pronotum  nur  wenig  breiter  als  lang. 
Erhalten  41  mm,  total  zirka  4(3  mm.  (Fig.  4.) 

21.  Gruppe:  Phyloblatta.  Subc.  normal,  selten  etwas  ver- 
kürzt. R  II,  AI  III,  selten  noch  fast  I,  Cu  normal.  Lederartig, 
oft   H deutlich  querrunzelig. 

Genus  Etoblattina  Sc.  ,1/  sehr  eingeengt,  fast  noch  I, 
gröber  lederartig  genetzt;  primaeva  Gold.  (M.  Obere). 

Genus  Anacoloblatta  m.  Jacobsi  Meun.  (Fig.  5). 
(Dictyomylacris  Jacobsi  Meun.  1007).  Pronotum  fast  rhombisch, 


440 


A.   Handii  rs  c  h  , 


etwa  um  ein  Drittel  breiter  als  lang,  Sc  verkürzt  mit  nur 
4  bis  5  Asten,  R  II,  groß,  4/  III,  eingeschränkt,  mit  wenigen 
Asten,  Cu  normal.  Beine  auffallend  kurz!  Flügel  zirka  36  mmy 
Commentry. 

Genus  Schizoblatta  Handl.,  alutacea  Ha  ndl.  M  fast 
noch  I  (O.  Obere). 

Genus  Phauloblatta  Handl.,  claihrata  Heer,  porreeta 
Gein.  Mfasl!  I  (U.  Perm). 


Fig.  4. 
Stephanoblatta  diseifera  n.  sp.    1*2  mal  vergr.   (Original). 

Genus  Aissoblatta  Handl.,  rossica  Handl.,  Orenburgensis 

Handl.,  4/1  oder  III  (U.  Perm). 

Genus  Phyloblatta  Handl.  Diese  enorm  formenreiche 
Gattung  reicht  von  M.  Obere,  bis  ins  Perm  und  ist  in  Nord- 
amerika und  Europa  verbreitet.  R  II,  M III,  Cu  normal,  alle 
drei  fast  gleich  groß.  Lederartig  oder  dichte  Querrunzeln.  Ich 
rechne  hierher: 

Aus  dem  mittleren  Obere.  Amerikas:  Hilliana  Sc, 
diversipennis  Handl.    1911. 

Aus  den  Stephanien:  Gallica  Handl.,  Agnusi  Handl., 
Brongmarti  Handl.,  stephauensis  Handl.,  alutacea  Handl., 
reniformis    Handl.,    ? Henneni    Meunier    (1914,    Bull.    Soc. 


Zur  Kenntnis   der  palaeozoischen    Blattarien. 


441 


Ent.  Fr.  389,  t.  5,  f.  2),  anonyma  m.  (=  Gerablattina  sp. 
Brongn.,  t.  46,  f .  7  —  Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  30,  f.  35). 
Aus  dem  Westphalien  von  Frankreich:  Mortui  Pruvost 
(Ann.  S.  Geol.  N.  XU,  345,  t.  10,  f.  7,  1912),  Cnvelettei 
Pruvost  (ibid.  343,  t.  10,  f.  6),  Simoni  Pruvost  (=  Archi- 
myJacris  Simoni  Pruv.,  1.  c.  338,  t.  10,  f.  1.  —  nee  Fig.  2  —  4), 
fontaitensis  M  e  u  n  i  e  r. 


Anacoloblatta    n. 


Fig.   5. 

Jacobsi    Meun,     l*6mal    vergr. 
Photogr.  (Original). 


Unterseite    nach     dem 


Aus  dem  ?  Ob.  Obere,  von  Nordamerika;  Rhode  Isl:  Late- 
bricola  Sc.  (Blattoidea  latebricola  Handl.,  t.  30,  f.  21). 

Aus  dem  Oberen  Obere,  von  Deutschland:  Wemmets- 
weilerensis  Gold.  (Typus  der  Gattung  Hermatoblattina  Sc, 
die  sich  als  unhaltbar  erwies.  Die  Abbildung  f.  15,  t.  19  der 
Foss.  Ins.  ist  um  180°  zu  drehen),  carbonaria  Germ., 
ßabellata  Germ.,  anaglyptica  Germ.,  regularis  Handl., 
saxouica  m.    (Phyloblatta    sp.    Handl,    p.  228,    t.   23,    f.    1h, 


442  A.  Handlirsch, 

ignota  Handl., 1  confnsa ,  exinüa,  perplexa,  germana  m. 
(Phyloblatta  sp.  Handl.,  226,  t.  23,  f.  38),  similis,  Martin- 
sana,  generosa,  regia,  obsoleta,  assimilis,  monstruosa,  amabilis, 
lenta,  levis  Handl.,  Wettiniana  m.  (incerta  Schlechten d.  i.  1. 
==  Phyloblatta  sp.  Handl.  223,  t.  23,  f.  21),  Fritschiana  Handl., 
lapidea  m.  {Phyloblatta  sp.  Handl.  222,  t.  23,  f.  18),  Frechi, 
blanda,  Handlirschiana  (Schlecht,  i.  1.),  striolata,  solida, 
corrugata,  curta,  angustata,  Hauptiana,  lepida,  soluta, perfecta, 
wettinensis,  rugulosa,  honesta,  difficilis,  efferata,  grata,  plana, 
ardua,  mollis,  amoena,  secnnda,  Frilschi,  splendens,  venosa, 
Scheibeana  alle  von  Handl.,  leptophlebica  Gold.,  rnssoma 
Gold.,  Geinitzi  Gold.,  Gitbeliana  Schlechtend.  (Nova  acta 
1913,  46,  t.  6,  f.  1  =  anaglyptica  pp.  Giebel,  Z.  g.  Nat. 
417,  1867),  fera  Schi.  Handl.  (=  anaglyptica  pp.  Giebel), 
Schröleri  Giebel  (Typus  der  Gattung!),  ramosa  Gieb., 
Löbejüna  m.  (incerta  Schi.  i.  1.  —  Phylobl.  sp.  Handl.  227, 
t.  23,  f.  41),  nana,  mutila,  exasperata,  misera,  manca, 
Credneriana,  incerta,  Credneri,  tristis,  Schröteriana,  exilis, 
imbecilla,  Hochecornei,  modica,  elegans,  irregularis,  inter- 
media, Saueriana  alle  Handl.,  Dölauana  m.  (=  berlichiana 
Schi.  i.  1.  —  Phylobl.  sp.  Handl.  226,  t.  23,  f.  36),  Berlichiana, 
venusta,  callosa,   WitiekinJiana  alle  Handl. 

Aus  dem  Ob.  Obere,  von  Kansas  und  Ohio:  Occidentalis 
Sc,  separanda  m.  (=  Etobl.  Scudderi  Sellards.  Un.  G.  Surv. 
Kans.  IX,  507,  t.  71,  f.  6,  t.  78,  f.  2,  1908.  -  -  Die  anderen 
erwähnten  Exemplare  nicht  zu  deuten),  Scudderi  Seil.  (Etobl. 
Scudderi,  Seil.,  1.  c,  t.  71,  f.  3,  t.  78,  f.  1),  fulvana  m. 
(Etobl.  fnlva,  Seil.,  1.  c.  512,  t.  70,  f.  9,  t.  81,  f.  6),  fnlvella  m. 
(Etobl.  fnlva,  Seil.,  1.  c,  t.  70,  f.  6,  f.  81,  f.  3),  fulva  Seil. 
(Etobl.  fnlva,  Seil.  1.  c,  t.  70,  f.  4,  t.  79,  f.  3),  Lawrenceana  m. 
(Etobl.  occidentalis,  Seil.,  1.  c,  512,  t.  70,  f.  1,  nee.  Sc.!), 
Kansasia  m.  (Etobl.  occidentalis  Seil.,  1.  c,  t.  70,  f.  2,  t.  78, 
f.  3,  nee.  Sc.!),  brevicubilalis  Seil.  (1.  c,  511,  t.  80,  f.  2.  ■ — 
Die  nicht  abgebildeten  Exemplare  gehören  wohl  auch  zu 
verschiedenen  Arten),  Savagei  Seil.  (1.  c.,  510,  t.  71,  f.  4, 
t.  82,  f.  1.  —  Fig.  4  ist,  nach  der  Photographie  zu  schließen, 


i  Die  von    Schle  chtendal    i.  1.    benannten    Arten    werden    hier    der 
Kürze  wegen  nur  mit  Handl.  bezeichnet. 


Zur   Kenntnis   der  palaeozoischen    Blattarien.  443 

in  Bezug  auf  Cm  wohl  unrichtig),  magna  m.  (Etobl.  obscura 
Seil.,  1.  e.,  509,  t.  83,  f.  1,  2),  lugubris  m.  (Etobl.  obscura  Seil., 
1.  c,  509,  t.  81,  f.  2),  fusca  m.  [Etobl.  obscura  Seil.,  1.  c,  t.  79, 
f.  1,  2),  obscura  Seil.  (1.  c,  509,  t.  81,  f.  4),  Jeffersoniana 
Sc.  (=  Blattoidea  Jeffersoniana  Handl.  294,  t.  30,  f.  25), 
stipata  Sc.  (—  Blattoidea  stipata  Handl.    293,    t.  30,   f.  20). 

Aus  dem  unteren  Perm  Deutschlands:  Ornatissima 
Deichm.  (=  Deichmülleria  ornatissima  Handl.  353,  t.  35, 
f.  5.  —  Die  Gattung  Deichmülleria  möchte  ich  nicht  mehr 
aufrecht  halten,  trotz  der  queraderähn liehen  Struktur),  dyadica 
Gein.  (=.  Blattina  cf.  anthracophila  Gein.  N.  Jahrb.  694, 
t.  3,  f.  2,  1873,  Blattina  [Etoblattiua]  flabellata  var.  dyadica 
Gein.  Verh.  L.  Car.  Ak.  XLI,  437,  t.  39,  f.  7,  1880.  —  Die 
beiden  Figuren  stellen  sicher  dasselbe  Objekt  dar).  Deich - 
mülleriana  m.  (Etoblattinal  carbonaria  var.,  Deichmüller, 
Sb.  Ges.  Isis  1882,  38,  t.  1,  f.  2,  3),  Stekneri  Deichm. 
(—  Etobl.  flabellata  var.  Stelzneri,  Deichm.,  Sb.  Ges.  Isis 
1882,  34,  t.  1,  f..  1,  \a  bis  d),  Deichmülleri  Gein.  (=  Blattina 
{Etoblattiua]  Carbonaria  var.  Deichmülleri,  Geinitz,  Verh. 
L.  Car.  XLI,  439,  t.  39,  f.  9,  1880),  gracilis  Gold,  (wäre  der 
Typus  der  Gattung  Petroblatiina  Sc,  die  jedoch  auf  einer 
gänzlich  falschen  Zeichnung  —  auf  einem  Irrtume  —  beruht i, 
Fritschii  Heer,  Manebachensis  Goldenb. 

Aus  dem  unteren  Perm  Böhmens:  Purkyuei  n.  sp.  (Fig.  6). 
Kounovaer  Schacht  in  Kottiken  bei  Pilsen.  Ein  36  nun  langes 
Fragment  eines  etwa  57  nun  langen  linken  Vorderflügels  mit 
stark  gebogenem  Vorderrande.  Adern  scharf  ausgeprägt,  auf- 
fallend dick.  Skulptur  nicht  zu  sehen.  Sc  etwa  drei  Fünftel 
der  Länge,  schwach  geschwungen,  schief  zum  Vorderrande 
ziehend,  so  daß  das  Costalfeld  ähnlich  Apophthegma  etc.  fast 
spitz  dreieckig  erscheint.  Es  enthält  einen  einfachen  Endast 
und  vier  gegabelte,  proximal  noch  vier  feinere  Äste.  Rad. 
mit  drei  schiefen  Ästen;  der  erste  nahe  der  Basis  ent- 
springende bildet  vier  Zweige.  M  III,  mit  ihren  wenigen 
Ästen  den  Spitzenrand  einnehmend.  Cu  schwach  geschwungen 
mit  etwa  6  bis  7  einfachen  oder  gegabelten?  Ästen.  Wird 
vielleicht  einmal  als  eigenes  Genus  abgetrennt  werden.  Als 
zweites  fossiles  Insekt  aus  dem  Perm  Böhmens  und  wegen 
der  bedeutenden  Größe  gewiß  bemerkenswert. 


444 


A.  Hand  li  r seh  , 


Aus  dem  unteren  Perm  von  Nordamerika:  Communis  Sc, 
macroptera  Handl.,  macilenta  Sc,  uiueronala  Sc.,  mediana 
Sc,  ovata  Sc,  dedueta  Sc,  abdicata  Sc,  uniformis  Sc, 
fmieraria  Sc,  Zata  Sc,  angusta  Sc,  residua  Sc,  eassvilleana 
Handl.,  regulär is  Hand!.,  abbreviata  Handl.,  maetata  Sc, 
expugnata  Sc,  obatra  Sc,  elatior  Han dl.,  dichotoma Handl., 
fraeta  Handl.,  areuata  Handl.,  mortua  Handl.,  exsecuta 
Sc,  gratiosa  Sc,  vulgaia  Handl.,  virginiana  Handl.,  immo- 
lata  Sc,  debil  is  Handl.,  aeeubita  Sc,  expulsata  Sc,  maeerata 
Sc,  imperfecta  Sc,  secreia  Sc,  concinna  Sc,  Scudderiana 
Handl.,  praedulcis  Sc,  AV^?  Sc,  dimidiata  Handl.,  rebapti- 
zata  Handl.,  /uvA/  Seil.  (Etobl.  peeta  Seil.,  Un.  G.  Surv. 
Kans.  IX,    514,    t.  73,    f.  2,    1908),    «w*«Za    m.    (E/oW.   «*rte 


Fig.  6.      Vhylöblatta  Purkynei  n.  sp.   l'4mal  vergr.    Original). 

Seil.,  1.  c,  513,  t.  73,  f.  4j,  Wellingtoniana  m.  (£/oW.  cwrta 
Seil.,  1.  c,  t.  73,  f.  1.  -  -  Der  Name  i7//7j  ist  präokkupiert), 
"tpermiana  Seil.  (Etobl.  permiana  Seil.,  1.  c,  512.  —  Wohl 
mehrere  Arten  aber  ohne  Abbildung  nicht  zu  trennen), 
?  Meieri  Sc.  (Petrablattina  Meiert  Sc  =  Ar ckimylacridae Meiert 
Handl.  384,  t.  37,  f.  6). 

Genus  Kafar  n.  g.  Thorax  breit  nierenförmig,  im  Ver- 
gleiche zu  den  Flügeln  klein.  Costalfeld  lang  bandförmig  mit 
zahlreichen  Subcostalästen.  7v  mit  zwei  fast  gleichwertigen 
Ästen,  il/  III,  mit  etwa  vier  parallelen  gerade  zum  Spitzenrand 
laufenden  auffällenden  Ästen.  Cu  eingeengt  mit  4  bis  5  wenig- 
verzweigten  Ästen  nur  den  mittleren  Teil  des  Hinterrandes 
erfüllend.  Analfeld  ziemlich  kurz.  Skulptur  lederartig.  Gallus 
n.  sp.,  etwa  55  mm  lang.  Ein  Exemplar  aus  Commentiy  in 
der  Schausammlung  des  Brit.  Mus.  (J.  7276).  (Fig.  7.) 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoischen   Blattarien. 


445 


Genus  Olethroblatta  Handl.,  americaua  Handl.,  inter- 
media Gold. 

Genus  Syncoptoblatta  Handl.,  thoracica   Handl. 

Genus  Miaroblatta  Handl.,  data   Handl. 

Genus  Asemoblatta  Handl.,  pennsylvanica  Handl., 
Danielsi  Handl,  mazona  Sc.,  Brougniartiaua  Handl.,  anthra- 
cophila  Germ.,   gemella  Handl. 

Glamorgana  n.  sp.  (Fig.  8).  Der  Wmm  lange  Endteil  eines 
Vorderflügels  von  etwa  20  mm  Länge.  Costalfeld  am  Ende 
schräg  abgestutzt.  R  in  zwei  Hauptäste  geteilt,  von  denen  der 


Fig.  7. 

Kafar  gallus  n.   sp.    1  -5mal  vergr.  (Original). 


1.  in  sechs,  der  2.  in  fünf  Zweige  zerfällt,  die  alle  noch  in  den 
Vorderrand  münden.  ikf  mit  fünf- nach  Typus  III  auslaufenden 
Ästen,  die  in  zwölf  Zweige  zerfallen,  welche  den  Spitzenrand 
einnehmen,  Cu  geschwungen,  lang  mit  mindestens  neun  zum 
Teil  verzweigten  Ästen.  Lederartig.  Ein  Exemplar  im  Museum 
für  prakt.  Geol.  in  London:  »Geol.  Surv.  Coal  Meas.  Clydach 
Merthyr  Colliery,  Glamorgan.  Nr.  25412.« 

IHumenryi  Pruvost  (Ann.  Soc.  Geol.  Nord.  XLI,  342, 
t.  10,  f.  5,  1912)  ist  auffallend  kurz  und  erinnert  in  der 
Gestalt  an   Cardiobiatta  etc. 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  129.  BJ. 


30 


446 


A.  Handlirsch, 


Genus  Atimoblatta  Handl.,  curvipcnnis  Handl.,  reni- 
formis  Handl. 

Genus  Xenoblatta  Handl.,  fratcrua  Sc,  mendica  Handl. 

Genus  Metaxys  Handl.,  fossa  Sc. 

Genus  Metaxyblatta  Handl.,  hadrbptera  Handl.  (wäre 
vielleicht  besser  mit  Phyloblatta  zu  vereinigen?). 

Genus  Discoblatta  Handl.,  Scholfieldi  Sc. 

Genus  Liparoblatta  Handl.,  ovata  Sc,  radiaia  Sc 
(gleichfalls  kaum  scharf  von  Phyloblatta  zu  trennen). 

Genus  Bradyblatta  Handl.,  sagittaria  Sc. 

Genus  Amblyblatta  Handl,  lata  Sc. 

Genus  Compsoblattä  Handl.,  Mangoldti  Handl. 


Fig.  S.    Asemoblatta  glamorgana  n.  sp.  4 mal  vergr.  (Original). 

22.  Gruppe:  Cardioblatta.  Ein  sehr  verkürzter  Phylo- 
blattentypus.  5c  normal,  R  II,  M  III,  Cu  kurz.  Runzelige 
Quer  ädern.  (Ob.  Obere) 

Genus  Cardioblatta  Handl.,  Fr  Uschi  Handl. 

23.  Gruppe:  Sphaleroblattina.  Sehr  klein,  kurz  lanzett- 
förmig. Sc  kurz,  R  II,  M  I,  Cu  kurz.  Lederartig.    (Ob.  Obere.) 

Genus  Sphaleroblattina  .Handl.  ingens  Handl. 

24.?  Gruppe:  Oxynoblatta.  Nahe  verwandt  mit  Phylo- 
blatta, mehr  breit  lanzettförmig,  Sc  normal,  R  II,  MIII, 
Cu  normal.   (M.  Obere) 

Genus  Oxynoblatta  Handl.,  alutacea  Handl.,  ?  trian- 
gularis  Sc,  ? americana  Sc. 

25,?  Gruppe:  Metachorus.  Sc  kurz,  7?  II,  groß,  Af  III, 
klein,  Cu  normal.  Sehr  breit  und  kurz.  Quer-lederrunzelig. 
(M.  Obere) 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoischen   Blattarien.  447 

Genus  Metachorus  H  a  n  d  1.,  festudo  S  c,  striolatus 
Handl. 

26.  Gruppe:  Procoptoblatta.  Stark  spezialisiert  in  der 
Richtung  zu  Mesoblattiniden.  Stellenweise  mit  Schaltadern. 
Sc  verkürzt,  R  II,  Af  III,  mit  sehr  langen  parallelen  Ästen. 
Cu  geschwungen.  (U.  Perm.) 

Genus  Procoptoblatta  Handl.,  Schustert  Handl.  (Geogn. 
Jahresh.  XX,  235.  Fig.,   1908). 

27.  Gruppe:  Amoeboblatta.  Eigenartig  spezialisiert,  schmal 
und  lang.  Sc  lang,  R  II,  mit  horizontalen  Ästen,  M  gegabelt, 
sehr  reduziert,  Cu  normal.  Querrunzeln.   (U.  Perm.) 

Genus  Amoeboblatta  Handl.,  permanenta  Sc. 

28.  Gruppe:  Sellardsula.  Subcosta  stark  verkürzt,  nicht 
halb  so  lang  als  der  Flügel.  Lanzettförmig.  R  II,  M  III, 
Cu  normal.  (O.  Obere.) 

Genus  Sellardsula  m.  cordata  m.  (=  Etoblattina  dbscura 

Seil.,  Un.  G.  S.  Kans.  IX,  509,    t.  70,    f.  5,   1908),   ?  radialis 

Seil.    i=  Promylacris  radialis    Seil.,    1.  c,    506,   t.  80,  f.  8, 
t.  81,  f.  5). 

29.  Gruppe:  Distatoblatta.  Subcosta  normal,  R  II,  M  III, 
Cu  sehr  groß,  scheinbar  aus  dem  geschwungenen  Haupt- 
stamme außer  den  normalen  hinteren  Ästen  einige  nach  vorne 
und  horizontal  zum  Spitzenrand  laufende  aussendend.  (U.  Perm.) 

Genus  Distatoblatta  Handl.,  persistens  Sc. 

30.  Gruppe:  Exochoblatta.  Klein,  breit  lanzettförmig. 
Sc  kürzer,  R  II,  .1/  III,  eigenartig  zur  Mitte  des  Hinterrandes 
herablaufend  und  seine  Aste  parallel  mit  dem  Hinterrande 
zum  Spitzenrande  sendend.   Cu  stark  reduziert.  (U.  Perm.) 

Genus  Exochoblatta  Handl.,  hastafa  Sc. 

31.  Gruppe:  Acosmoblatta.  Subcosta  normal,  R  II,  sehr 
reduziert,  fast  nur  zwei  Äste.  M  I,  groß,   Cu  normal.  (U.  Perm.) 

Genus  Acosmoblatta  Handl., per macra  Sc,  Edkiniana  Sc. 

32.  Gruppe:  Drepanoblattina.  R II,  groß,  Afll,  Cu  auf 
3  bis  4  Zweige  reduziert;  klein  und  schmal,  nierenförmig 
gebogen,  lederartig.  (Ob.  Obere.) 

Genus  Drepanoblattina   Handl.,  plicata   Handl. 


448  A.  Handlirsch, 

33.  Gruppe:  Penetoblatta.  Subcosta  lang,  ihre  Äste  sehr 
lang  und  schief.  R  II,  groß,  M  II,  groß,  Cu  stark  eingeschränkt. 
Breit  und  klein.  (U.  Perm.) 

Genus  Penetoblatta  Handl.,  virginiensis  Sc,  rotun- 
data  Sc. 

34.  Gruppe:  Apempherus.  Subcosta  normal,  R  II,  M  ge- 
schwungen mit  einem  Hauptstamme,  der  nach  vorne  und 
hinten  Aste  aussendet.   Cu  eingeschränkt.  (U.  Perm.) 

Genus  Apempherus  Handl.,  cotnplexinervis  Sc.,fossus  Sc. 

35.  Gruppe:  Symphyoblatta.  Subcosta  normal.  R II,  A/4II, 

beide    an    der  Basis    ein  Stück  weit  verschmolzen.  Cu   -\ 

eingeengt.  Querrunzeln.  (U.  Perm.) 

Genus  Symphyoblatta  Handl.,   debilis  Sc. 

Genus  Pareinoblatta  Handl.  (+  Puknoblattina  Seil.  1908) 
expuncta  Sc,  compacta  Seil.  (=  Puknoblattina  compacta  Seil., 
1.  c,  525,  t.  73,  f.  5),  Sellardsi  Handl.  (=  Puknoblattina 
compacta  Seil.,  1.  c.  t.  73,  f.  6),  curvata  Seil.  <=:  Puknoblattina 
curvata  Seil..  1.  c.  520,  t.   73,  f.  3). 

36.  Gruppe:  Scudderula.  Auffallend  schmal  und  lang. 
R  II,  MM,  Sc  und  Cu  normal,  .4  schmal,  mit  nur  3  oder  4 
Adern.  (U.  Perm.) 

Genus  Scudderula  m.  arcta  Sc.  (=  Etoblattina  arcta  Sc. 
=  Blattoidea  arcta  Handl.  383,  t.  37,  f.  1). 

Gruppe  zweifelhaft: 

?  Genus  Limmatoblatta  Hand!.,  permensis  Handl. 

?  Genus  Anomoblatta  Handl.,   Rückerti  Gold. 

?  Genus  Stygetoblatta  Handl.,  latipennis  Handl. 

?  Genus  Necymylacris  Sc,  lacoana  Sc. 

Genus:?  Ingberti  m.  (=  Blattoidea  sp.  Handl.  295,  t.  30, 
f.  31),  (Vorderflügel),  camerata  Kliver  (Vorderflügel),,  Winte- 
riana  Gold.  (Hinterflügel),  incerta  Kliver  (Hinterflügel), 
steinbachensis  Kliver  (? Vorderflügel),  Tischbeiui  Gold.  (Vorder- 
flügel i,  scaberata  Gold.  (Vorderflügel),  Pelzi  Handl.  (Hinter- 
flügelj,    ligniperda  Kusta    (Vorderflügel),    bltuminosa    Kusta 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoischen  Blattarien.  449 

(Vorderflügel'),  bohemiae  m.  i=  Gerablättina}  Fritsch 
—  Archimylacridae  sp.    Hahdl.,    t.  24,    f.  28)    (Vörderflügel), 

nürschanensis  m.  (—  »ganzes  Insekt  ohne  Kopf«,  Fritsch 
1895)  Boltoniana  m.  (=  Phyloblattal  sp.  Bolton  1912, 
t.  33,  f.  3  —  5)  ein  Stück  aus  der  Radialgegend  eines  Vorder- 
flügels aus  Kent;  britawnica  m.  (  =  Phyloblattal  sp.  Hol  ton, 
1.  c.  321,  t.  33,  f.  8,  9):  Die  Rekonstruktion  Bolton's  dürfte 
falsch  sein;  das  Costalfeld  scheint  viel  schmäler  zu  sein 
(Vorderflügel).  Kirkbyi  Woodw.  (Vorderflügel),  mantidioides 
Gold.  (Vorderflügel),  inversa  m.  (=  Archimylacris  sp.  Bolton 
1911,  t.  10,  f.  3)  ist  jedenfalls  ein  Stück  aus  der  Mitte  eines 
großen  Hinterflügels,  aber  verkehrt  dargestellt;  die  Queradern 
sind  deutlich.  Celtica  m.  (=  Archimylacris  sp.  Bolton,  1.  c, 
t.  7,  f.  2)  ein  großes  Pronotum  und  ein  Stück  des  Hinter- 
flügels; obovata  Bolton  (  =  Archimylacris  [Schisoblatta] 
obovata  Bolt.,  1.  c,  t.  7,  f.  4,  5,  6):  Nicht  wie  Bolton  meint 
ein  Vörderflügel,  sondern  ein  Hinterflügel;  was  er  als  Sc 
deutet,  halte  ich  für  den  R.  Jacobsi  Meun.  (==  Paromylacris 
Jacobsi  Meun.,  CR.  Vol.  154,  1912,  p.  1194),  Thevenini  Meun. 
(=  Paromylacris  Thevenini  Meun.,  C.  R.  Vol.  154,  p.  1194), 
Beulei  Meun.  {—  Paromylacris  Bonlei  Meun.,  ibid.,  p.  1194), 
semidiscus  m.  (=  Necymylacrisl  sp.  Brongn.  1893,  t.  46, 
f.  23  =  Archimylacridae  sp.  Handl.  238,  t.  24,  f.  35,  36), 
völans  m.  (==  Etoblattina  sp.  Brongn.,  t.  47,  f.  6,  7  =  Blattoidea 
sp.  Handl..  t.  30,  f.  44,  45)  (Hinterflügel);  fr  acta  m.  (— :  Eto- 
blattina sp.  Brongniart,  t.  47,  f.  8,  Handl,  t.  30,  f.  46), 
(Hinterflügel);  Pruvostiana  m.  (Blattoide  indetermine,  Pruvost, 
Ann.  Soc.  G.  N.  1912,  t.  12,  f.  6)  ist  verkehrt  orientiert,  um 
180°  zu  drehen;  magna  m.  {Insecte  indetermine,  Pruvost, 
1.  c,  t.  9,  f.  2):  Vermutlich  ein  Stück  eines  sehr  großen 
?  Vorderflügels  einer  Archimylacride  mit  schönen  Queradern. 
Lensiaua  m.  {Archimylacride  indet.  Pruvost,  1.  c,  t.  12,  f.  3), 
(Vorderflügel);  ovalis  m.  {Archimylacride  indet.  Pruvost, 
1.  c,  t.  12,  f.  4),  Vorderflügel  mit  sehr  breitem  Costalfeld, 
sicher  nach  dem  Original  zu  zeichnen ;  oligoneura  m. 
(Blatt,  indet.  Pruvost,  1.  c,  t.  12,  f.  2),  (Hinterflügel); 
sp.  Pruvost  (1.  c,  363;,  (ein  unbeschriebenes  Fragment); 
sp.  Pruvost    (1.  c,    363,    t.   12,    f.  8):    Nur    ein    Stück    eines 


450  A.  Handlirsch, 

Analfeldes;  rugulösa  in.  (Archimylacriäe  iiid'et.  Pruvost,  1.  c, 
t.  12,  f.  5).  Basalteil  eines  Vorderflügels  mit  auffallend  scharfen 
Runzeln.  Elougata  m.  (Blattoidea  ludet.  Pruvost,  1.  c,  t.  12, 
f.  7),  (Hinterflügel)*  Lievina  m.  {Blattoidea  ludet.  Pruvost,  1.  c, 
t.  12,  f.  1),  (Hinterflügel);  reticulata  m.  (Blattoidea  sp.  Handl., 
t.  30,  f.  36),  (Hinterflügel);  sepulia  Sc.  (ist  falsch  gezeichnet 
und  ohne  Original  nicht  zu  deuten);  exills  Sc.  (Vorderflügel); 
sp.  Sc.  (Handl.,  t.  30,  f.  22);  Päckardi  Clark  (Hinterflügel); 
areolata  m.  {Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  30,  f.  42)  (Hinter- 
flügel); latlsslma  Seil.  (Mylacris  latissima  Seil.,  Un.  G.  S. 
Kans.  IX,  505,  t.  71,  f.  5,  t.  82,  f.  2):  Die  Fig.  5  ist  sicher 
falsch,  ebenso  die  Deutung  als  Mylacride.  Coriacea  Seil. 
(Etoblattinal  coriacea  Seil.,  ibid.,  t.  77,  f.  9).  Diese  neue 
Abbildung  macht  die  alte  Art  nicht  klarer.  Recta  Seil. 
(Archimylacris  recta  Seil.,  ibid.,  514).  Sellards  vergleicht 
diese  leider  nicht  abgebildete  Form  mit  parallela  —  also 
Plagioblatta  m.;  die  Beschreibung  stimmt  damit  aber  nicht 
überein;  es  ist  sicher  keine  »Archimylacris«.  in  meinem  Sinne. 
Laitreucea  m.  (r=  Etoblattina  sp.  Seil.,  1.  c,  530,  t.  80,  f.  4), 
(Hinterflügel);  atieua  (Schi.)  Handl.  (Vorderflügel);  propinqua 
(Schi.)  Handl.  (Vorderflügel);  notabilis  (Schi.)  Handl.  (Vorder- 
flügel); pauperctila  (Schi.)  Handl.  (Vorderflügel);  mirabilis 
(Schi.)  Handl.  (Vorderflügel);  bella  (Schi.)  Handl.  (Vorder- 
flügel); pulchra  (Schi.)  Handl.  (Hinterflügel);  eta  m.  (=  ala 
\  Schlecht,  i.  1.  =  Blattoidea  sp.  Handl.  298,  t.  30,  f.  53), 
(Hinterflügel);  rugosa  (Schi.)  Handl.  (=  Blattoidea  rugosa 
Handl.  298,  t.  30,  f.  54),  (Hinterflügel);  Luedeekei  (Schi.) 
Handl.  (Blattoidea  Luedeekei  Handl.  299,  t.  31,  f.  5),  (Hinter- 
flügel); uii  rri.  (ala  \i  Schlecht,  i.  1.,  Blattoidea  sp.  Handl. 
299,  t.  31,  f.  6),  (Hinterflügel);  indeterminata  (Schi.)  Handl. 
(Blattoidea  iudet.  Handl.  295,  t.  30.  f.  34),  (? Vorderflügel) ; 
sp.  Handl.,  t.  24,  f.  41,  (Vorderflügel).  zu  unvollkommen. 
Remigii  Dohrn  (Vorderflügel;;  venosa  Gold.,  (Vorderflügel); 
robusta  Kliver  (Vorderflügel);  Seudderi  Gold.  (Blattoidea 
Scudderi  Handl.  300,  t.  31,  f.  13),  (Hinterflügel):  Zur  M 
möchte  ich  nur  die  beiden  großen  in  je  drei  Zweige  geteilten, 
vor  dem  Ott  liegenden  Adern  rechnen,  alles  andere  zum  R; 
labächensis  Gold.  (Vorderflügel);  multluervis  m.  (Blattoidea  sp. 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoischen  Blattarien.  45  1 

Handl.,  t.  31,  f.  1),  (Hinterflügel;;  ampla  Handl.  (Blattoidea 
ampla,  Handl.,  385,  t.  37,  f.  12),  (? Vorderflügel);  Rollet 
Deichm.  {Blattoidea  Rollet,  Handl.  384,  t.  37,  f.  7),  (Vorder- 
flügel}; Geinitziana  m.  (—  Blattiua  [Anthracoblattina]  cf. 
spectabilis,  Geinitz,  Verh.  L.  Car.  Ak.  XU,  437,  t.  39,  f.  6), 
(Vorderflügel);  coriacea  m.  {Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  37,  f.  10) 
ist  vielleicht  verkehrt  dargestellt ;  neuropteroides  G  ö  p  p. 
{Blattoidea  neuropteroides  Handl,  t.  36,  f.  52),  (Hinterflügel); 
inculta  Sc.  (=  Blattoidea  ineulta  Handl.,  383,  t.  37,  f.  4), 
(Vorderflügel);  eversa  Sc.  (Vorderflügel);  virginica  in. 
(=r  Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  37,  f.  9),  ('Hinterflügel);  cassvillana 
m.  (=  Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  37,  f.  8),  (Hinterflügel);  aeqita 
Sc.  (=.  Petrablattina  aequa  Sc.  Handl.,  t.  36,  f.  16),  (Vorder- 
flügel): Ich  habe  diese  Art  früher  als  Typus  der  Gattung 
Petrablattiua  betrachtet,  doch  ist  richtiger  sepulta  Sc.  dieser 
Typus.  Acompacta  m.  (Puknoblaftina  compaeta  Seil.,  1.  c, 
IX,  525,  t.   74,  f.  4),  (Vorderflügel). 

Von  den  zahlreichen  bekannt  gewordenen  Jugendformen 
rechne  ich  folgende  zu  den  Archimylacriden:  Insignis  Gold.; 
exilis  Woodw.  (Handl.,  t.  17,  f.  16);  Woodwar di  m.  (m  exilis 
Woodw.  pp.  Handl,  t.  17,  f.  17);  Carri  Schlich.;  mazonana 
m.  (=z  mazona  Seil  1904,  pp.  z=  Blattoidea  sp.  Handl, 
t.  18,  f.  40);  larvalis  m.  (=  mazona  Seil  1904,  pp.  —  mazona 
Handl,  t.  18,  f.  39);  paidium  m.  (=  mazona  Seil  1904,  pp. 
=  sp.  Handl,  t.  18,  f.  38);  exnvia  m.  (=  Blattoidea  sp. 
Handl,  174,  t.  17,  f.  20);  Germari  Giebel;  enrvipennis  m. 
(=  Blattoidea  sp.  Handl,  174,  t.  17,  f.  24);  relicta  Handl. 
(—  Blattoidea  relicta  Handl,  t.  17,  f.  23);  Berlichiana  m. 
(rr  Leptoblattina  Berlichiana  Schlecht,  i.  1.  =  Blattoidea 
sp.  Handl,  t.  17,  f.  22);  delicnla  Handl.  (=  Leptoblattina 
delicula  Schi.  i.  I.  Blattoidea  delic.  Handl,  t.  17,  f.  21); 
adolescens  m.  (=  Blattoidea  sp.  Handl.  175,  t.  18,  f.  4); 
bella  Handl.  (z=  Blattoidea  bella  Handl,  t.  18,  f.  15); 
pleuriger a  m.  (=  Blai/oidea  sp.  Handl.  178,  t.  18,  f.  25); 
juvenis  Seil  (rr  Blattoidea  juvenis  Handl,  t.   18,  f.  41—45). 

Familie  Spiloblattinfdae  Handl.  Gleicht  in  der  Anlage 
des  Geäders  völlig  den  Archimylacriden,  nur  sind  die  Zwischen- 


452  A.   Handlirsch, 

räume  zwischen  den  Hauptstämmen  des  Geäders  breiter  und 
die  runzeligen  Queradern  aut  einen  schmalen  Kaum  längs 
der  Adern  beschränkt,  so  daß  in  den  breiteren  Zwischen- 
räumen Fenster  bleiben,  die  offenbar  transparent  waren. 
Dieselben  Eigenschaften  finden  wir  bei  den  Hinterflügeln 
(?  ob  bei  allen).  Die  Gruppe  fehlt  in  den  älteren  Stufen,  tritt 
erst  im  obersten  Carbon  auf  und  reicht  in  das  Perm  hinein. 
Im  Mesozoikum  ist  sie  verschwunden. 

Genus  Sysciophlebia  Handl.,  Subcosta  normal,  AMI,  .VIII. 

Lawvenceaua  m.  (=  Spiloblaliiiui  maledicta  Seil.,  1.  c, 
IX,  519,  t.  76,  f.  27,  t.  77,  f.  8);  Sellardsi  m.  (=  maledicta 
Seil.,  1.  c,  t.  76,  f.  26,  t.  77,  f.  6);  arcuata  Seil.  (—  Gera- 
blattina arcuata  Seil.,  1,  c,  t.  70,  f.  3);  acutipennis  Handl.; 
obtusa  Handl.;  nana  Handl.;  rotundata  Handl.;  adumbrata 
Handl.;  pieta  Handl.;  Schucherti  Handl.;  WJtitei  Handl.; 
Lipicalis  Sc;  marginata  Sc;  fasciata  Sc,  lias/aUt  Sc; 
fuuesta  Sc;  variegata  Sc;  ramosa  Sc;  affinis  Handl.; 
benedieta  Sc;  maledicta  Sc;  hybrida  Handl.;  Scudderi 
Handl.;  ignota  Handl.;  lenis  Handl.;  stulta  Handl.;  elegan- 
tissima  Handl.;  modesta  Handl.;  tenera  Handl.;  signata 
Handl.;  nobilis  Handl.;  agilis  Handl.;  deperdita  Handl.; 
augustipeuuis  Handl.;  elongata  Handl.;  euglypiica  Germ.; 
Laspeyresiaua  Handl;  SclileclüeudaJi  m.  (—  Weissiana 
Schlecht,  i.  1.  =  sp.  Handl.  244,  t.  25,  f.  28,  29);  oligoneura 
Handl.;  saxonica  m.  (=  carbonaria  Schlecht,  i.  1.  —  sp. 
Handl.  243,  t.  25,  f.  24);  Martinsaua  Handl.;  producta 
Sc  (=  Blattiua  euglypiica  pp.  Gold.  =r  Gerablatt iua  producta 
Sc  =  Sysciophlebia  sp.  Handl.  241,  t.  25,  f.  10  =  Syscio- 
phlebia producta  Schlecht.,  Nov.  Acta  1913,  80,  t.  2,  f.  20); 
Huysseni  Handl.;  Weissiana  Gold.;  pygmaea  Meun.;  invisa 
Sc;  reeidiva  Sc;  patieus  Sc;  oeculta  Sc;  diversipennis  Sc; 
Cassvici  Sc;  fenestrata  Handl.;  guttata  Sc,  triassica  Sc; 
Fraukci  Handl.;  Ilfeldeusis  Handl.;  elongata  Sc;  Weissi- 
geusis  Geinitz. 

Genus  Dicladoblatta  Handl.  Ähnlich  Sysciophlebia,  RH, 
3/1.  Willsiana  Sc;  ienuis  Sc;  ?  limbata  Handl.;  subtilis 
Handl.:  defossa  Sc;  ?  marginata  Sc. 


Zur  Kenntnis   der  palaeozoischen  Blattarien.  453 

Genus  Syscioblatta  Handl.  R  mit  stärker  verzweigten 
1.  Ast  —  fast:  R  I,  M  III. 

Lineata  Seil.  (=  Spiloblattina  lin.  Seil.,  1.  c.  522,  t.  81, 
f.  1);  graeilenta  Sc;  Hustoni  Sc.;  obscura  Handl.;  exsensa 
Sc.;  misera  Handl.;  Steubmvilleana  Handl.;  minor  Handl.: 
anomala  Handl;  Dolirui  Sc. 

Genus  Ametroblatta  Handl.  Etwas  zweifelhaft.  R  II; 
J/,  einfache  Ader,  dafür  der  Vorderast  des  Cu  so  wie  sonst 
die  M  beschaffen.  Muß  neu  untersucht  werden;  strigosa  Sc; 
?  longinqua  Sc 

Genus  Atactoblatta  Handl.  Subcosta  verkürzt,  R  II, 
M  II;  anomala  Handl. 

Genus  Doryblatta  Handl.  Subcosta  länger,  R  fast  I, 
M  II;  longipennis  Handl. 

Genus  Spiloblattina  Sc.  AMI,  .1/1 — II.  Gavdinevi  Sc; 
perforata  Handl. 

Genus  Arrhythmoblatta  Handl.  Costalfeld  schmal  zu- 
gespitzt, i?  II,  M III.  Detecta   Sc,    Scudderiana  Handl. 

Spiloblattinidae  incertae  sedis:  ab  Jörnen  m.  (=  maledicta 
pp.  Seil.  =  sp.  Handl.,  t.  27,  f.  6),  Hinterleib;  alata  m- 
(— r  maledicta  pp.  Seil.  =:  sp.  Handl.,  t.  27,  f.  5),  Hinter- 
flügel; laxa  Seil.  (1.  c,  523  ut  Spiloblattina)  vermutlich  ein 
Gemisch;  curvata  Seil.  (1.  c,  522,  t.  80,  f.  3);  Sehlechtendaluna 
m.  (=  Blattoidea  sp.  Handl.  299,  t.  31,  f.  4),  Hinterflügel; 
Immeralis  m.  (=  Spiloblattina  sp.  Handl.  258,  t.  27,  f.  12:), 
Vorderflügel;  Zinkeniana  Handl;  pietipennis  m.  (=  sp.  Handl.» 
t.  27,  f.  9,  10),  Vorder-  und  Hinterflügel;  postica  m.  (—  sp. 
Handl,  t.  27,  f.  8),  Hinterflügel;  gvandis  m.  (—  sp.  Handl, 
t.  27,  f.  7),  Hinterflügel;  ?  Wagneri  Kliver  (=  Blattoidea 
Wagneri  Handl,  t.  30,  f.  49),  Hinterflügel;  ?  aperta  Sc 
(=  Blattoidea  aperta  Handl.,  t.  37,  f.  3),  Vorderflügel;  balteata 
Sc,  Vorderflügel:  triassica  Sc,  Vorderflügel;  ? Gardinerana 
Handl.,  Hinterflügel;  Mahri  Gold. 

Familie  Mylacridae  Scudder.  Das  Geäder  im  ganzen 
archimylacriden-ähnlich,  nur  laufen  die  Subcostaläste  statt 
kammartig  nacheinander  aus  dem  Stamme,  einzeln  oder  in 
Büscheln  aus  der  unteren  Ecke  des  H dreieckigen  Costal- 


454  A.   H  and  Urse  h, 

feldes  schief  zum  Vorderrande.  Durch  Übergänge  mit  den 
Archimylacriden  verbunden.  Mittlere  und  untere  Stufen  des 
oberen  Obercarbon,  später  fehlend. 

Genus  Hemimylacris  H  a  n  d  1.  Costalfeld  noch  nicht 
typisch.  R  II,  M.  fast  I  oder  III,  Cu  ziemlich  klein.  Analfeld 
schlank.   Clintoniana  Sc;  ramificata  Ha  ndl. 

Genus  Discomylacris  n.  g.  Sehr  breit  oval.  Äste  der  SV. 
in  Büscheln  nahe  der  Basis  entspringend.  R  II,  groß,  fast  die 
vordere  Hälfte  des  Flügels  einnehmend,  schwach  geschwungen, 
mit  fünf  teilweise  verzweigten  Ästen.  Analfeld  lang,  mehr  als 
halb  so  lang  als  der  Flügel,  seine  erste  Ader  verzweigt.  M  III, 
mit  drei  verzweigten  Asten.  Cu  mäßig  groß  mit  vier  teilweise 
verzweigten  Ästen.  Obiusa  Bolton  {Hemimylacris  obtusa 
Bolt.,  Qu.  J.  G.  S.  L.  LXVII,  154,  t.  10,  f.  4,  5,  1911),  M.  Obere. 
Wales. 

Genus  Soomylacris  Handl.  R  mit  zwei  fast  gleich- 
wertigen Ästen,  Ml,  Cu  eingeschränkt,  Ai  verzweigt.  Deanensis 
Sc,  gallica  m.  (=:  Orthomylacris  sp.  Pruvost,  1.  c,  357, 
t.  11,  f.  5,  ba}  1912)  aus  Lievin  in  Frankreich;  scheint 
Deanensis  sehr  ähnlich. 

Genus  Orthomylacris  Handl.  Die  Hauptgattung  der 
Gruppe.  Costalfeld  typisch.  AMI,  M III,  Cu  mäßig  groß.  A1 
verzweigt.  Analis  Handl.;  rugulosa  Handl.;  truncatula  Handl.; 
elongata  Handl.;  Mansfieldi  Sc;  lusifuga  Sc;  Heeri  Sc; 
alutacea  Handl.;  Pluteus  Sc;  antiqua  Sc;  pennsylvaniae 
m.  (=  pennsylvanica  Handl.,  1906);  contorta  Handl.  (Am. 
Journ.  Sc  XXXI,  369,  f.  52,  1911);  Gurleyi  Sc  (:=  Mylacridae 
gurleyi  Handl.,  t.  29,  f.  1);  rigida  Sc.  (=  Mylacridae  rigida 
Handl.,  t.  28,  f.  31);  pennsylvanica  Sc.  {—  Mylacridae  penn- 
sylvanica  Handl.,  t.  28,  f.  28,  29);  t'pauperata  Sc  (=  Myla- 
cridae pauperata  Handl.,  t.  28,  f.  22);  pittstoniana  Sc. 
(r=  Mylacridae  pittstoniana  Handl.,  t.  28,  f.  27). 

Genus  Actinomylacris  Handl.  Costalfeld  kurz,  R  II,  die 
vordere  Hälfte  des  Flügels  einnehmend.  M II,  Cu  eingeschränkt. 
Ax   einfach.   Carbonum  Sc;  vicinä  Handl. 

Genus  Exochomylacris  Handl,  Mehr  oval.  Costalfeld 
groß  und  lang.  R  II,  M  II,  Cu  normal.  A  einfach  (vielleicht  zu 
Orthomylacris).   Virginiana  Handl. 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoisehen  Blattarien.  455 

Genus  Anomomylacris  Handl.  Costalfeld  lang,  der  ganze 
Flügel  gestreckt,  R  II,  M  II,  klein,  Cu  groß,  sein  zweiter  Ast 
reich  verzweigt.  A1  verzweigt:   Cubitalis  Handl. 

Genus  Stenomylacris  Handl.  Viele  und  feine  Adern, 
gestreckt.  Costalfeld  kurz.  R  II,  M II,  groß,  Cu  klein,  A  ?  ein- 
fach: Elegans  Handl.;  lauceolata  Bolton  (Orthomylacris 
lauceolata  Bolt.,  1.  c,  167,  t.  10,  f.  1,  2,  1911);  IMontagnei 
Pruvost  (Stenomylacris  Munt.  Pruv.,  1.  c,  358,  t.  11,  f.  6, 
1912). 

Genus  Phthinomylacris  Handl.  Schulter  sehr  stark.  Kurz. 
Costalfeld  groß,  R  II,  groß,  M II,  klein,  Cu  klein,  .4  einfach- 
Cordiformis  Handl.;  medialis  Handl. 

Genus  Chalepomylacris  Handl.  Costalfeld  klein,  R  groß, 
zwei  Hauptäste  mit  je  etwa  acht  Zweigen,  M II,  Cu  klein, 
.4  einfach:  Pulchra  Handl. 

Genus  Brachymylacris  Handl.  Sehr  kurz  und  breit. 
AMI,  Ml  oder  II,  Cu  klein,  A  einfach:  Elongata  Handl.; 
cordata  Handl.;  rotundata  Handl.;  mixta  Handl.;  ? Pruvosti 
m.  (=  Soomylacris  sp.  Pruvost,  1.  c,  355,  t.  11,  f.  4,  1912;. 
"Wie  bei  der  vorhergehenden  Art,  R  in  zwei  große  Äste 
•geteilt  und  M  fast  I. 

Genus  Sphenomylacris  Handl.  Eigentümlich  geformt. 
R  II,  M  nur  zwei  Gabeläste,  Cu  klein,  .4  durch  schräge  nicht 
gebogene  Falte  begrenzt:  Singularis  Handl. 

Genus  Platymylacris'  Handl.  Eigenartig  geformt.  Sc  lang, 
sichelartig  geschwungen,  R  II,  nur  drei  lange  gegabelte  Aste, 
M II,  mit  wenigen  langen  Ästen,  Cu  normal,  A  sehr  kurz, 
Sutur  gebogen:  Paucinervis  Handl. 

Genus  Goniomylacris  Handl.  Schulter  sehr  eckig  vor- 
gezogen. Costalfeld  vermutlich  kürzer  als  ich  annahm;  es 
schließt  nur  die  in  vier  Zweige  geteilte  Ader  ein,  und  die 
folgende  wäre  dann  der  1.  Ast  des  relativ  ursprünglichen 
A'.  4/1,  Cu  normal,  A  schlank:   Pauper  Handl. 

Genus  Mylacris  Sc.  Subcosta  lang,  typisch  verzweigt. 
i?  II,  M  III,  Cu  normal,  .4  schlank,  die  1.  Ader  meist  gespalten: 
Anthracophila  Sc;  elongata  Sc;  similis  Handl.;  dubia 
Handl.    (M   im    Hinterflügel    noch    II.    im    Vorderfitigel    III); 


450  A.   Hand  Urs  eh. 

?  Scllardsi  Hand].;  ? pseudöcarbouüm  Handl.  (—  Mylacridae 
pseudöcarbouüm  Handl.,  t.  28,  f.  23);  ampla  Sc. 

?  Genus  Aphelomylacris  Handl.  ?  ±z  Mylacris.  Weniger 
Adern,  namentlich  .1/  reduziert,  Cu  groß,  .4  einfach,  Costal- 
feld  kurz,  AMI;  Modesta  Handl. 

Genus  Lithomylacris  Sc.  Besonders  schlank,  Sc  lang, 
AMI,  groß,  M  IN,  Cu  normal,  A  schmal  und  schlank,  nur 
wenige  Adern;  August a  Sc. 

Genus  Amblymylacris  Handl.  Kurz  oval,  stumpf  ab- 
gerundet. .SV  kurz,  R  N,  M  reduziert  ?  IN,  Cu  normal; 
Clintoniana  Sc,  Havel  Sc. 

Genus  Promylacris  Sc.  Subcosta  eigenartig.  R  II,  .1/111, 
.4  groß:   Ovalis  Sc. 

Genus  Paromylacris  Sc.  Besonders  breit  gebaut.  Fl.  am 
Ende  breit  abgerundet.  Sc  groß,  R  II,  M  ?  I,  II  oder  IN, 
A  mäßig  groß:  Rotunda  Sc,  ? priscovolans  Sc.  (=.  Mylacridae 
priscovolans  Handl.,  t.  28,  f.  21)  mit  sehr  stark  verzweigter 
1.  An  aus. 

Genus  Etomylacris  n.  g.  Herzförmig.  Sc  kurz,  AMI,  groß; 
M  IN,  klein;  .4  kurz,  1.  Ader  verzweigt.  Burri  Bolt.  (=  Soo- 
mylqcris  [Etoblatt]  Burri  Bolt.,  1.  c.  318,  t.  33,  f.  1,  2, 
1912). 

Genus  Simplicius  n.  g.  Wenige  Adern,  Sc  groß,  typisch; 
R  II,  nur  vier  gleiche  einfache  Aste  parallel  zur  Spitze 
sendend;  M  einfache  Gabel;  ( '//  mit  zirka  drei  Asten;  A  schlank; 
Simplex  Sc.  (=:  Lithomylacris  simplex  Sc.  =  Mylacridae 
simplex  Handl,  t.  28,  f.  26). 

Mylacridae  ineertae  sedis:  Ampla  Sc;  amplipeuuis  m. 
(—  Promylacris  rigida  Seil.  Pop.  sc.  monthly  1906,  248, 
f.  4),  Hinterflügel;  ovalis  Sc  (==  Blattoidea  ovalis  Handl., 
t.  30,  f.  37),  Hinterflügel. 

Larvae  Mylacridarum:  Lawrenceana  m.  (™  Blattoidea 
sp.  Handl,  t.  18,  f.  46);  Schnelle rti  Handl.  (=  Blattoidea 
Schucherti  Handl.,  t.  18,  f.  32);  Scllardsi  Handl.  {—  Blattoidea 
Scllardsi  Handl.,  t.  18,  f.  33);  Melanderi  Handl.  {—  Blattoidea 
Melauderi  Handl.,  t.  18,  f.  34);  Schuchertiana  Handl. 
(=:    Blattoidea     Schuchertiana     Handl,     t.     18,    f.     35,    36); 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoischen   Blattarien.  45/ 

Sellanlsiana  Handl.  (r=  Blattoidea  Sellardsiana  Handl, 
t.  18,  f.  37);  diplodiscus  Pack.  (=  Blattoidea  diplodiscns 
Handl.,  t.  18,  f.  27—30);  Peachi  Woodw.  {—  Blattoidea 
Peachi  Handl.,  t.  18,  f.  26);  aneeps  Seil.  (=  Blattoidea 
aneeps  Handl.,  t.  18,  f.  24). 

Familie  Pseudomylacridae  Handl.  Sehr  klein,  Costalfeld 
typisch  wie  bei  Mylacriden.  R  zwei  Hauptäste,  M I  oder  III. 
Cu  sehr  klein.  .4  mit  gebogener  Sutur.  Einzelne  Queradern. 
Ob.  Obere. 

Genus  Pseudomylacris  (Schi.  i.  1.)  Handl.  Wettinense 
(Schi.)  Handl. 

Familie  Neorthroblattinidae  Handl.  Kleine  Formen.  Sc 
kurz  aber  kammartig.  R  II,  M  I  oder  fast  II.  Cu  klein,  A1  ver- 
zweigt, die  Äste  gegen  die  Sutur  gerichtet.  Einzelne  Quer- 
adern. Ob.  Obere,  und  Perm. 

Genus  Mylacridium  (Schi.  i.  1.)  Handl.  Genua  vi  (Schi.) 
Handl.;  Hartdlirschi  (Schi.)  Handl.;  Fritschi  (Schi.)  Handl.; 
Schrötern  (Schi.)  Handl.;  Berlichi  (Schi.)  Handl.;  longulum 
(Schi.)  Hand!.;  Goldenbergi  (Schi.)  H&ndl.;  jueundum  (Schi.) 
Handl.;  sitperbum  (Schi.)  Handl.;  planum  (Schi.)  Handl.; 
Brongniarti  (Schi.)  Handl.;  pulcrum  (Schi.)  Handl.; 
Berliehianum  (Schi.)  Handl.;  incertum  (Schi.)  Handl; 
depressum  (Schi.)  Handl.;  gracilc  (Schi.)  Handl.;  uliversiuii 
(Schi.)  Handl.  (=  Blattoidea  diversa  Handl.  t.  30,  f.  29); 
luanum  m.  {—Blattoidea   sp.  Handl,  t.  30,  f.  30). 

Genus  Neorthroblattina  Sc,  alboliueata   Sc. 

Familie  Dictyomylacridae  Handl.  Größere  Formen.  Sc 
neigt  zur  Mylacrisform.  R  II,  M II,  Cu  etwas  eingeengt. 
A  mit  gebogener  Sutur,  in  die  einige  Adern  münden.  Quer- 
adern. Mittl.  und  ob.  Obere 

Genus  Dictyomylacris  Brongn.,  insignis  Br.;  Poiraulti 
Br.;  multiuevvis  (Seil)  Handl 

FamilieNeomylacridaeHandl.Subcostamvlacridenähnlich. 
R  II,  M  klein  ?  noch  I.  Cu  normal,  A:  einige  Adern  münden 
in  die  gebogene  Sutur. 


458  .  A.  Handlirsch, 

Genus  Neomylacris  Handl.  Major  Handl.;  pulla  HandL 
?  pancinervis  Handl. 

Familie  Pteridomylacridae  Handl.  Ganz  aberrant.  .SV 
mylacridenähnlich.  R  II,  M  einfache  Gabel,  Cu  wenig  Äste. 
.4  sehr  lang,  bis  zum  Spitzenrande  reichend,  mit  fast  gerader 
Sutur  und  einfachen  Adern.  Ob.  Obere. 

Genus  Pteridomylacris  Handl.,  paradoxa  Handl. 

Familie  Idiomylacridae  Handl.  Sc  fast  wie  bei  Myla- 
cridae.  RVl  (gleichwertige  Äste);  M\,  Cu  normal,  klein,  A  mit 
Bogensutur  und  eigenartigen  Adern.  Ob.  Obere. 

Genus  Idiomylacris  Handl..  gracilis  Handl. 

Familie  Poroblattinidae  Handl.  Klein.  Sc  kammartig 
aber  sehr  kurz,  R  II,  groß,  M  I  bis  III,  Cu  reduziert,  mit 
Schaltsektoren.  .4  normal,  Adern  in  den  Hinterrand.  Ob.  Obere, 
und  Perm. 

Genus  Poroblattina  Sc.:  Brachyptcra  Handl.;  lata  Handl.; 
richmondiana  Handl.;  tenera  (Schi.)  Handl.;  incerta  (Schi.) 
Handl.;  debilis  (Schi.)  Handl.;  subtilis  (Schi.)  Handl.; 
imdosa  (Schi.)  Handl.;  iuversa  (Schi.)  Handl.;  rastrata 
m.  (=  Poroblattina  sp.  Handl.,  t.  29,  f.  39);  varia  (Schi.) 
Handl.;  obscura  (Schi.)  Handl.;  longula  (Schi.)  Handl.; 
Germari  Gieb.  (— virgnla  [Schi.]  Handl.,  t.  29,  f.  43,  44); 
ambigua  (Schi.)  Handl.;  ornata  (Schi.)  Handl.;  striolata 
(Schi.)  Handl.;  ?  modesta  (Schi.)  Handl.;  ?  nervosa  (Schi.) 
Handl.;  arcuata  Sc;  Lakcsii  .Sc. 

Genus  Autoblattina  (Schi.)  Handl.:  Amoena  (Schi.) 
Handl.;  elegans  (Schi.)  Handl.;  gracilis  (Schi.)  Handl.; 
Schlechtendali  m.  (=  sp.  [Schi.]  Handl.,  t.  30,  f.  10); 
difficilis  (Schi.)  Handl.;  jueunda  (Schi.)  Handl.;  Unversa 
(Schi.)  Handl.  (—  Blatt oidea  inversa  Handl.,  t.  30,  f.  20); 
^fallax  (Schi.)  Handl.  (=  Blattoidea  fallax  Handl.,  t.  30, 
f.  27). 

?  Genus  Systoloblatta  Handl.,   Ohioeusis  Sc. 

Familie  Mesoblattinidae  Handl.    Sc  ohne    Adern,    einen 

H kurzen  Wulst    bildend.    R  II,  MIl,   Cu  4 reduziert; 

A  zum  Teil  in  die  Sutur  mündend.  Spezialisiert. 


Zur  Kenntnis  der  palaeozoischen  Blattarien.  459 

Genus  Acmaeoblatta  Handl.,  lanceolata  Handl. 
Genus  Dichronoblatta  Handl.,  minima   Sc. 

Genus  Nearoblatta  Handl.:  Parvula  Gold.;  exarata 
(Schi.)  Handl.;  pygmaea  (Schi.)  Handl.;  rotundata  Sc; 
Lakesii  Sc. 

Genus  Epheboblatta  Handl.,  atteuuaia   Sc. 

Genus  Scutinoblattina  Sc,  Brongniarti  Sc. 

Familie  Diechoblattinidae  Handl.  M verschwunden,  ?  ob 
mit  R  oder  Cu  verschmolzen.  R  II,  Sc  reduziert.  Analadern 
in  die  Sutur  mündend.  Perm. 

Genus  Nepioblatta  Handl.,  intermedia  Sc. 

Genus  Brephoblatta  Plan  dl.,  recta  Sc. 

Familie    Proteremidae    Handl.     Perm.     Ein     eigenartig 

spezialisierter  Hinterflügel. 

Genus  Proterema  Handl.,  rarinervis  Göpp. 

Blattariae  ineertae  sedis: 

A.  Vorderflügel :  Convexa  B  o  1 1  o  n  (Hemimylacris 
convexa  Bolt.,  1.  c.  15G,  t.  7,  f.  3,  1911);  Kustae  m. 
(=  Blaitoidea  sp.  Handl.,  t.  30,  f.  23);  sp.  plur.  Grand  Eury 
(weder  beschrieben  noch  abgebildet);  sp.  Andrä  (nicht 
beschrieben);  bretonensis  Sc.  (=  ?  Mylacridae  bretonensis 
Handl.,  t.  '28,  f.  25);  Kliveri  m.  (=  BJattoidea  sp.  Handl., 
t.  31,  f.  15);  agilis  (Schi.)  Handl.;  confusa  (Schi.)  Handl.; 
tenuis  Seil.  (Haenoblattina  tenuis  Seil.,  1.  c.  524,  t.  71,  f.  1): 
Muß  als  Tj'pus  der  Gattung  HaeuoblatHna  Seil,  gelten; 
rarinervis  Seil.  (Haeiioblattina  rarinervis  Seil.,  1.  c  525, 
t.  71,  f.  2)  gehört  in  ein  anderes  Genus  als  tenuis;  Schucherti 
Seil.  (Schiznblattina  Schucherti  Seil.,  1.  c.  518,  t.  70,  f.  7); 
minor  Seil.  (Schizobiattiua  minor  Seil.,  1.  c  518);  Rich- 
mondiana  Sc;  carbonina  Handl.  (=z  Mylacridae  carbouiua 
Handl.,  t.  28,  f.  24);  lebachensis  Gold.;  constricta  (Schi.) 
Handl.;  Canavarii  m.  (=r  Blattinariae  Canavari  1892), 
GoldenbergiMa.hr.  (:=  Gerablattina  Goldenbergi  auct.)  müßte 
als  Typus  einer  Gattung  Gerablattina  gelten;  perita  Sc; 
exigua  Sc;    coloradensis  m.  (=r  Blaitoidea  sp.  Handl.,  t.  36, 


460  A.   Handlirsch, 

f.  58);  schematica  m.  {==.gen.et.  sp.  nov.,  Sellards,  Pop.  Sc. 
monthly   1906,,  245,  f.  2). 

B.  Hinterflügel:  sp.  Scudder  (Handl.,  t.  3.1,  f.  14) 
Fragment;  vemista  (Schi.)  Handl.;  separata  (Schi.)  Handl.; 
Schlechtendalella  m.  (=:  Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  31,  f.  2); 
excellens  (Schi.)  Handl;  retienlosa  m.  (=  Blattoidea  sp. 
Handl.,  t.  31,  f.  7);  simillinia  m.  (=  Blattoidea  sp.,  t.  31,  f.  8); 
singularis  (Schi.)  Handl.;  dictyoneura  (Schi.)  Handl.; 
propria  (Schi.)  Handl.;  saxigena  m.  (=  Blattoidea  sp. 
Handl..  t.  31,  f.  12);  postica  m.  (=z  Blattoidea  sp.  Handl.. 
t.  30,  f.  38);  altera  m.  (=  Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  30,  f.  39); 
euptera  m.  (=  Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  30,  f.  43);  normalis 
m.  (=  Etoblattina  sp.  Seil.,  1.  c.  529,  t.  76,  f.  5,  t.  77,  f.  3); 
cognata  m.  (=  Eioblattina  sp.  Seil.,  1.  c.  530);  oligoneuria 
m.  (=  Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  37,  f.  11);  mnltifida  m. 
(=  Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  37,  f.  13);  2?«s/  m.  (Blattoidea 
sp.  Reis,  Geogn.  Jahresh.  XXV,  251,  t.  3,  f.  6,  t.  4,  f.  6, 
1912)  ein  verkehrt  orientierter  Hinterflügel  ohne  Vorderrand; 
debilis  m.  (Piiknoblatfiiia  sp.  Seil.,  1.  c.  533,  t.  74,  f.  58); 
parva  m.  (Puknoblattina  compacta}  Seil.,  I.e.  532);  dyadica 
m.  (Etoblattina  sp.  Seil.,  1.  c.  532  et  Pop.  Sc.  Monthly  1906, 
f.  5);  instvuetiva  m.  {Etoblattina '  ?  sp.  Seil.,  1.  c.  532,  t.  74, 
f.  3);  laiipeiiuis  m.  (Etoblattina  sp.  Seil.,  1.  c.  531,  t.  74,  f.  1); 
Banneria  (Etoblattina  sp.  Seil.,  1.  c.  531,  t.  74,  f.  7); 
Wellingtonia  m.  (Etoblattina  sp.  Seil.,    1.  c.  531,   t.  74,  f.  9). 

C.  Unkenntliche  Flügelfragmente:  sp.  (Schi.)  Handl. 
(t.  31,  f.  16);  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  31,  f.  17);  sp.  (Schi.) 
Handl.  384  (Koproliten). 

I).  Pronota:  triangularis  m.  (Blattoidea  sp.  Handl., 
t.  31,  f.  19);  semicircularis  m.  (==  Blattoidea  sp.  Handl.. 
t.  31,  f.  20);  diseifera  m.  (rr  Blattoidea  sp.  Handl.;  t.  31, 
f.  21);  circularis  m.  (Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  31,  f.  22); 
trapezoidea  m.  (Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  31,  f.  23);  striolata 
m.  (Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  31,  f.  24);  laticollis  m.  (Blattoidea 
sp.  Handl.,  t.  31,  f.  25);  longicollis  m.  (Blattoidea  sp.,  t.  31, 
f.  26);  elongata  m.  (Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  31,  f.  27); 
interjeeta  m.  (Blattoidea  sp.  Handl..  t.  31,  f.  28);  discula  m. 


Zur  Kenntnis  der  pajaeozoischen   Blattarien.  4b  1 

(Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  31,  f.  29);  sculpticollis  m.  {Blattoidea 
sp.  Handl.,  t.  31,  f.  30);  transversalis  m.  (Blattoidea  sp. 
Handl.,  t.  31,  f.  31);  ovalis  m.  {Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  31, 
f.  18). 

E.  Körper:  Corpus  m.  {Blattoidea  sp.  Handl.  301); 
lobata  Handl. 

F.  Larven  und  Teile  von  solchen:  Limulus  m.  (=  Seil. 
Pop.  Sc.  mouthly  1906,  249,  f.  7);  minuta  (Schi.)  Handl.; 
sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  6);  acumiuata  (Schi.)  Handl.; 
perbrevis  (Schi.)  Handl.;  minima  (Schi.)  Handl.;  sp.  (Schi.) 
Handl.  (t.  18,  f.  16);  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  12);  sp. 
(Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  11);  ?  sp.  (Schi.»  Handl.  (t.  18,  f.  9) 
ist  vielleicht  keine  Blattarie!;  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  17,  f.  25); 
sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  2);  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18, 
f.  3);  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  5);  sp.  (Schi.)  Handl. 
(t.  18,  f.  7);  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  8);  sp.  (Schi.) 
Handl.  (t.  18,  f.  1);  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  23);  sp. 
(Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  22);  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  21); 
sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18,  f.  20);  sp.  (Schi.)  Handl.  (t.  18, 
f.   19);   sp.  (Schi.)  Handl.  (t.   18,  f.   18). 

G.  Eierkapseln:  Ootlieca  m.  (=.  Blattoidea  sp.  Handl., 
t.  18,  f.  49);  ovifera  m.  (? Blattoidea  sp.  Handl.,  t.  18,  f.  48); 

Jertilis  m.  {Blattoidea  sp.  Handl,  t.   18,  f.  47). 


:Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  129.  Bd.  31 


463 


Planktoncopepoden 
aus  der  nördlichen  Adria1 

Von 

Dr.  Fritz  Früchtl 

Assistenten  am  Zoologischen  Institut  der  Universität  Innsbruck 
(Mit  6  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  1.  Juli  1920) 

Das  Material  für  die  vorliegende  Untersuchung  wurde 
vom  Forschungsdampfer  »Rudolf  Virchow«  der  Deutschen 
zoologischen  Station  in  Rovigno  auf  einer  Sommerfahrt  im 
Jahre  1911  längs  der  Ostküste  der  nördlichen  Adria  in 
23  Fangstationen  gesammelt  und  mir  im  darauffolgenden 
Winter  von  meinem  hochverehrten  Lehrer,  Herrn  Prof.  Dr. 
Ad.  Steuer,  zur  Bearbeitung  übergeben.  Die  mikroskopischen 
Untersuchungen  konnten  noch  kurz  vor  Beginn  des  Welt- 
krieges   zu    Ende    geführt    werden.    Die  Veröffentlichung    der 


1  Die  vorliegende  Arbeit  ist  der  17.  Teil  der  Ergebnisse  der  Virchow- 
Planktonfahrten  (siehe  diese  Sitzungsberichte,  Bd.  CXIX,  1910  [Steuer, 
Adriatische  Planktoncopepoden],  Bd.  CXX,  1911;  B.  Schröder,  Adriati- 
sches  Pbytoplankton;  Stiasny,  Radiolarien  aus  der  Adria;  Steuer,  Adria- 
tische Planktonamphipoden;  Steuer,  Adriatische  Pteropoden;  Steuer,  Adria- 
tische Stomatopoden  und  deren  Larven;  Stiasny.  Über  adriatisch. 
und  Actinotrocha-L&rven ;  Stiasny,  Planktonische  Foraminiferen  aus  der 
Adria;  Ol.  Schröder,  Eine  neue  marine  Suetorie  (Tokop/aya  steuert  nov. 
spec.)  aus  der  Adria],  Bd.  CXXI,  1912  [Schweiger,  Adriatische  Cladoceren. 
und  Planktonostracoden;  Sigl,  Adriatische  Thaliaceenfauna;  Neppi,  Adria- 
tische Hydromedusen ;  Kalkschmid,  Adriatische  Heteropoden;  Übel,  Adria-, 
tische  Appendicularien],  Bd.  CXXII,  1913  [Laackmann,  Adriatische  Tin- 
tinnodeen]),  Bd.  CXXVI,  1917  |Moser,  Die  Siphonophoren  der  Adria  und 
ihre  Beziehungen  zu  denen  des  Weltmeeres]). 


464 


F.  Früchtl, 


Arbeit  erlitt  aber  durch  meine  Einberufung  zum  Frontdienst 
sowie  durch  eine  dreijährige  russische  Kriegsgefangenschaft 
eine  Verzögerung  von  mehr  als  fünf  Jahren. 


Fi  u  ine 


Pericoloso 


Pomo  15 


Fig.  1. 

Heiseweg  des   »Rudolf  Virchow«,   25.  Juli  bis  5.  August    1911. 
1   bis  23   Fangstationen. 

Da  der  zur  Verfügung  stehende  Raum  es  leider  nicht 
gestattet,  die  Arbeit  als  ein  in  sich  geschlossenes  Ganze  in 
diesen  Sitzungsberichten  in  Druck  zu  bringen,  mußte  ich  mich 
darauf  beschränken  hier  nur  den  systematischen  »Speziellen 
Teil«  derselben  der  Öffentlichkeit  zu  übergeben.  Die  all- 
gemeinen Ergebnisse  der  Untersuchung  sollen  an  anderer 
Stelle  nachfolgen. 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  46o 

Es  sei  mir  auch  an  dieser  Stelle  gestattet,  meinem  hoch- 
verehrten Lehrer  und  Chef,  Herrn  Prof.  Dr.  Ad.  Steuer,  für 
die  vielfachen  Anregungen  und  die  Liebenswürdigkeit,  mit 
welcher  er  mir  seine  reichhaltige  Privatbibliothek  jederzeit  zur 
Verfügung  stellte,  meinen  tiefsten  Dank  auszusprechen.  Zu 
großem  Dank  verpflichtet  bin  ich  ferner  meinem  hochverehrten 
Lehrer,  Herrn  Geheimrat  Prof.  Dr.  K.  Hei  der  (Berlin),  welcher 
mir  vor  dem  Kriege  durch  sechs  Semester  hindurch  einen 
Arbeitsplatz  im  hiesigen  Institut  gütigst  überließ  und  dem 
Fortgang  meiner  Arbeit  reges  Interesse  entgegenbrachte. 

Für  Bestimmungen,  Materialsendungen  und  die  Über- 
prüfung einzelner  Befunde  spreche  ich  Frau  Maria  Dahl 
(Berlin-Steglitz),  meinem  hochverehrten  Lehrer,  Herrn  Prof. 
Dr.  V.  Brehm  (Eger),  sowie  den  Herren  G.  P.  Farran  (Dublin), 
Dr.  R.  Grandori  (Padua)  und  Dr.  Br.  Schröder  (Breslau) 
meinen  besten  Dank  aus. 

Spezieller  Teil. 

Verzeichnis  der  vom  Stationsdampfer   „Rudolf  Virchow"   in  den 
Sommermonaten  des  Jahres  1911   gesammelten  Planktoncopepoden. 

(Die  für  die  Adria  neuen  Arten  werden  fett  gedruckt.) 

A.  GYMNOPLEA. 
I.  Tribus  AMPHASCANDRIA. 

1.  Farn.  CALANIDAE. 

Genus  Calanus  Leach,   1816. 

Calanus  helgolandicus  (Claus). 

Größe:  9  2*52  bis  3- 22  mm,  cf  2-0  bis  2'8  mm.  Nörd- 
liche Adria. 

G.  O.  Sars  (1903)  unterscheidet  eine  nördliche  polare 
Form  C.  finmarchicus  (Größe:  ?  4  bis  b  mm,  cf  3*60 ///;//) 
von  einer  südlichen  C.  helgolandicus  (9  bis  3  //////;  cf  2*80  mm). 
Wolf  enden  (1904)  hält  die  unterscheidenden  Merkmale  (Größe, 
Kopfform  der  Weibchen,  fünfter  Fuß  der  Männehen)  als  »too 
inconstant    to  ad  mit    such    a   Separation    into  specific    forms« 


466  F.  Früchtl, 

und  betont  gleich  Mräzek,  welchem  aber  nur  Weibchen 
vorlagen,  die  große  Variabilität  dieser  Form. 

Esterly  (1905)  beschreibt  9  und  cf  von  C.  finmarchicus, 
wobei  jedoch  die  auf  p.  125,  Fig.  1  (c)  gegebene  Skizze  des 
fünften  Fußes  des  cf  mit  C.  Helgoland icus  übereinstimmt.  Als 
Länge  gibt  er  für  beide  Geschlechter  2*6  bis  3 'lmm  an, 
was  darauf  hinweist,  daß  ihm  dieselbe  Form  vorgelegen  hat, 
welche  Steuer  (1910)  und  neuerdings  auch  ich  in  der  Adria 
vorfanden.  Es  ist  nun  sehr  bemerkenswert,  daß  Steuer  in 
seiner  Arbeit  neben  helgolandicus  (Claus)  auch  finmarchicus 
(Gunner)  aufführt,  von  der  letztgenannten  Art  jedoch  nur 
erwachsene  <J  bei  Selve  und  Ragusa  fand,  während  er  sich 
genötigt  sah,  die  erbeuteten  cf  der  zweiten  Spezies  helgo- 
landicus (Claus)  zuzuteilen. 

Meine  Bemühung,  ein  cf  von  finmarchicus  zu  entdecken, 
blieb,  trotzdem  ich  über  20  Fänge,  welche  Triester  Winter- 
plankton vom  Jahre  1902/03  enthielten,  noch  obendrein  durch- 
suchte, ebenfalls  ergebnislos. 

Bei  sämtlichen  cf  (zirka  50  Exemplaren)  war  das  Längen- 
verhältnis zwischen  Exopodit  und  Endopodit  des  fünften  Fußes 
vollkommen  konstant  und  entsprach  genau  der  von  Sars  (1903) 
auf  PL  IUI  gegebenen  Abbildung. 

Auch  nach  Giesbrecht's  (1892)  Zeichnung  vom  fünften 
Fußpaar  des  cf  von  finmarchicus  (Taf.  8,  Fig.  31)  zu  schließen, 
scheint  im  Mittelmeer  in  der  Tat  bisher  nur  das  Männchen 
von    C.   /  dicus    (Claus)    aufgefunden  worden  zu    sein. 

Während  ich  bei  Bestimmung  der  Männchen  niemals  über 
deren  Artzugehörigkeit  in  Zweifel  geraten  konnte,  ergaben 
sich  solche  bei  der  Untersuchung  der  Weibchen. 

So  fanden  sich  im  vierten  Fang  (bei  Punta  Bonaster) 
neben  typischen  Weibchen  von  C.  helgolandicus  (Claus)  auch 
einzelne  Exemplare,  welche  sich  von  C.  finmarchicus  (Gunnen 
nur  durch  ihre  geringere  Körpergröße  (bis  3*2  mm  anstatt 
4  bis  5  iinii)  unterschieden,  in  der  Form  des  Kopfes  dagegen 
Übergänge  zwischen  C.  helgolandicus  (Claus)  und  C.  fin- 
marchicus (Gunner)  aufwiesen.  Wenn  ich  dessenungeachtet 
die  erbeuteten  Weibchen  zu  C.  helgolandicus  (Claus)  stelle 
und  ferner  die  Ansicht  ausspreche,  daß  alle  von  verschiedenen 


Planktoncopepoden   aus  der  Adria.  "'' 

Autoren  bisher  aus  der  Adria  gemeldeten  Calanus  ßnmarchicus- 
Weibchen  der  anderen  Art  C.  helgolandicus  zugeteilt  werden 
müssen,  so  stütze  ich  mich  bei  dieser  Behauptung  auf  folgende 
drei  Tatsachen: 

1.  Alle  bis  heute  aus  dem  Mittelmeer  bekannt  gewordenen 
Männchen  gehören  zu  C.  helgolandicus  (Claus). 

2.  Es  ist  bis  jetzt  nicht  gelungen,  am  fünften  Fußpaar 
dieser  Männchen  Schwankungen  im  Längenverhältnis  zwischen 
Exopodit  und  Endopodit  festzustellen. 

3.  Die  Körpergröße  der  Männchen  und  Weibchen  stimmt 
mit  der  von   C.  helgolandicus  (Claus)  überein. 

Die  Zahl  der  Zähnchen  am  Innenrand  von  B1  des  fünften 
Fußes  variiert  bei  den  Weibchen  zwischen  27  bis  34, 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Purara,  westlich  und  südlich  von  Lucietta,  Klippe 
Mulo,  Porno,  Dolfin,  Punta  Colorat,  Lussin,  Pericolosa,  südlich 
von    Kap   Merlera,    südlich    Galliola,    östlich    von    Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Quarnero,  Selve,  Lucietta  (Steuer, 
1910). 

Zahlenverhältnis    der  Geschlechter: 

15 


Fang : 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

10 

12 

13 

14 

?: 

2 

23 

juv. 

39 

6 

28 

07 

! 

3 

o 

4 

C?: 

1 

1 

3 

juv. 

1 

— 

3 

6 

6 

— 

— 

Calanus  minor  (Claus). 

Größe:    9   1/77  bis   l-92mm,  c?    V76mm,  Pomobecken 
(9   1*8  bis  2  mm,  cT    1*7  bis   l'8mm),  Golf  von  Neapel. 

C.  minor  ist  im  Pomobecken  neben  Euchaeta  liebes  Gies- 
brecht  die  individuenreichste  Spezies.  Bei  der  Mehrzahl  der 
Männchen  waren  die  Furkaläste  parallel  zueinander  gestellt: 
bei  einigen  ausgewachsenen  cT  zeigten  sie  mehr  oder  minder 
starke  Divergenz. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Lucietta,  Klippe  Mulo. 
Pomobecken,  Maon-Dolfin,  Pericolosa,  südlich  von  Kap  Merlera, 
Golf  von  Triest  (im  Winterplankton   1902/03,  Fang  54). 

Bisher  bekannt:  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,  1910),  Porto 
Lignano,  Malamocco,  Viesti,  Brindisi,  Otranto  (Grandori,  1910). 


468  F.   Früchtl, 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 
3      4       5      6 


Fang : 

1 

?: 

6 

C?  = 

7 

8 

10 

12 

13 

14 

15- 

3 

3 

4 

12 

1 

157 
58 

31 

Calanus  tenuicornis  Dana. 

Größe:  9  2'07  bis  2-25  mm,  cT  \-%7  mm,  Lucietta. 
(9   1-9  bis  2-5  //?///,  ^    1*85  bis  1'95  /;////),  Neapel. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Klippe  Purara,  westlich  und  südlich  von  Lucietta, 
Klippe  Mulo,  Pomobecken,  Punta  Colorat,  Kap  Merlera,  Punta 
nera. 

Wahrend  meines  Aufenthaltes  an  der  Zoologischen  Station 
in  Triest  (September  1912)  konnte  ich  in  einem  nach  starker 
Bora  gemachten  Planktonfang  die  Art  auch  für  den  Golf 
nachweisen. 

Bisher  bekannt:  Selve,  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,  1910). 
Malamocco,  Brindisi,  Otranto  (Grandori,   1910). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 


Fang : 

1 

0 

3 

4 

■  1 

6 

7 

8 

10 

12 

13 

14 

1& 

?: 

2 

6 

4 

3 

7 

juv. 

6 

.",7 

17 

11 

2 

10 

13 

rT: 

— 

— 

•> 

— 

1 

— 

•; 

6 

3 

— 

— 

1 

2 

Calanus  gracilis  Dana. 

Drei  Weibchen  wurden  beobachtet. 

Größe:  9  3-23,  3-38,  3-46  mm  (lateral  gemessen),  Pomo- 
becken. (93  bis  3-25  mm),  Neapel. 

Fundorte:  Südlich  von  Lucietta,  vor  Porno. 
Bisher  bekannt:  Ragusa  (Steuer,   1910). 

2.  Farn.   EUCALANIDAE. 

Genus  Eucalanus  Dana,   1852. 

Eucalanus  attenuatus  Dana. 

Größe:  9  4'84  //////,  Porno.  (9  4-2  bis  4-85  mm),  Neapel. 
Nur  ein  Weibchen  wurde  von  dieser  Art  erbeutet. 
Fundort:  Vor  Porno  (Fang  15). 
Bisher  bekannt:  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,   1910). 


Planktoncopepoden  ans  der  Adria.  469' 

JEuealarius  elongatus  Dana. 

Größe:  9  5-81  bis  fr  96  ■//////,  Porno.  (9  5-9  bis  7-1  min), 
Neapel. 

Von  den  beiden  von  Steuer  in  der  Adria  (Lucietta, 
Ragusa)  gefundenen  Spezies  attenuatus  (Dana)  und  monachus 
Giesb recht  ist  elongatus  leicht  durch  sein  viergliedriges 
Abdomen  zu  unterscheiden.  Sieben  geschlechtsreife  Weibchen 
und  ein  juveniles  Männchen  lagen  vor.  Bei  sechs  Weibchen 
befand  sich  der  größere  Furkalast  mit  der  längeren  Furkal- 
borste  auf  der  linken  Körperseite.  Nur  bei  dem  größten 
Weibchen  (5*96  nun)  war  der  rechte  Furkalast  der  größere 
und  mit  der  längeren  Borste  versehen. 

(Schon  Gies brecht  [1892]  hat  an  Exemplaren  aus  dem 
Neapler  Golfe  die  gleiche  Beobachtung  gemacht  und  sagt  bei 
der  Besprechung  des  Genus  p.  136:  »Furka  asymmetrisch,  der 
linke  Zweig  [bei  elongatus  zuweilen  der  rechte]  stärker  ent- 
wickelt als  der  rechte.«) 

Fundorte:    Südlich   von  Lucietta,   vor  Porno   (Fang   15). 

Der  größte  Copepode  der  nördlichen  Adria. 

Genus -Mecynocera  J.C.Thompson,   1888. 

Mecynccera  clausi  J.  C.  Thompson. 

Größe:  9  1*062  bis  1T2  mm,  vor  Porno.  (9  0*92  bis 
1  mm),  Neapel. 

Ein  ausgesprochener  Hochseeplanktont.  Die  ersten  An- 
tennen sind  über  doppelt  so  lang  als  der  Rumpf,  reich  be- 
borstet und  bilden  für  den  ohnehin  schlanken  Körper  vor- 
treffliche Balanceorgane. 

Fundorte:  Klippe  Mulo,  südlich  von  Zirona,  Weg  nach 
Porno,  vor  Porno. 

Bisher  bekannt:  Lucietta  (Steuer,  1910),  Porto  Lignano 
(Grandori,  1910),  Gruz  (31./ 3.  1893,  L.  Car),  Pelagosa 
(Steuer,   1912). 

Steuer  (1910)  hat  die  Arbeit  von  L.  Car  (1901)  nicht 
berücksichtigt  und  daher  die  Form  als  für  die  Adria  neu 
bezeichnet. 


470  F.  Früchtl, 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

Fang:  1        2       3       4       5       6       7       8        10       12        13        14       15 

9  :  —421-47 

rf:  ______ 

3.  Farn.  PARACALANIDAE. 

Genus  Paracalanus  Boeck,   1864. 
Paracalanus  parvus  (Claus). 

P.  parvus  ist  in  mäßiger  Individuenzahl  über  die  nörd- 
liche Adria  verbreitet  und  in  fast  jedem  Oberflächenfang 
anzutreffen.  Die  Länge  der  gemessenen  Tiere  schwankt  bei 
den  Weibchen  zwischen  0'77  bis  0*81  mm  und  bei  den 
Männchen  zwischen  0  81  bis  0'91  mm.  Sie  sind  demnach 
kleiner  als  die  von  G.  O.  Sars  im  Christiania-Fjord  und  an 
der  Südküste  Norwegens  gefundenen  Exemplare,  welche  eine 
Größe  bis  zu   1  mm  erreichen  können. 

Wolfenden  (1904)  unterscheidet  auf  Grund  der  sich 
beim  eingehenden  Vergleiche  zwischen  Giesbrecht's  P. par- 
vus aus  dem  Mittelmeere  mit  dem  von  Sars  abgebildeten 
parvus  aus  Norwegen  ergebenden  Differenzen  eine  nördliche 
und  südliche  Form  des  P.  parvus.  Er  faßt  sie  aber  nicht  als 
verschiedene  Arten  auf,  sondern  läßt  sie  nur  als  »Varietäten- 
gelten,  was  aus  der  hier  wörtlich  angeführten  Stelle  (p.  129) 
hervorgeht:  »They  are  not  distinct  species,  but  undoubted 
varieties,  and  the  northern  form,  though  extending  as  far 
south  as  lat.  51°  (Valentia),  does  not  probably  reach  the  Medi- 
terranean,  from  which  point  southwards  the  southern  variety 
extends«. 

Pesta  (Copepoden  aus  dem  Golf  von  Persien,  1912) 
führt  in  dieser  Arbeit  P.  acmeatus  auf  und  bildet  auf  p.  7, 
Fig.  4,  das  fünfte  Fußpaar  des  Männchens  dieser  Form  ab. 
Da  mir  bei  meinen  Untersuchungen  wiederholt  unreife  Männ- 
chen von  P.  parvus  (Claus)  untergekommen  waren,  deren 
fünfter  Fuß  mit  Pesta's  Skizze  übereinstimmte,  sah  ich  in 
der  auf  p.  6  angeführten  Arbeit  von  Cleve  (Plankton  from 
the   Indian  Ocean    and    the    Malay  Archipelago,    p.  47,    T.  (3, 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  4/1 

Fig.  1  — 10)  nach  und  fand  meine  Vermutung,  daß  das  ver- 
meintliche aculeatus  cf  eine  Jugendform  des  parvus  cf  sei, 
bestätigt. 

Cleve  sagt  bei  der  Beschreibung  des  P.  aculeatus  c" 
wörtlich:  »Abdomen  4  jointed;  longitudinal  proportion  of  the 
joints   1:1:1:2.  Analsegment  as  long  as  broad.« 

Das  viergliedrige  Abdomen   und   das    auffallend    lange 
Analsegment  ließen  auf  den  ersten  Blick  das  unreife  parvus  ? 
erkennen.  Auch  das  in  Fig.  8  dargestellte  fünfte  Fußpaar  wies 
auf  den   »Jüngling«   hin. 

Ich  möchte  an  dieser  Stelle  noch  bemerken,  daß  schon 
Claus  (Neue  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Copepoden,  1880) 
auf  T.  III,  Fig.  3,  das  viergliedrige  Abdomen  mit  dem  linken 
viergliedrigen  fünften  Fuß  des  jungen  (vor  der  letzten  Häutung 
stehenden)  Männchens  von  P.  parvus  und  in  Fig.  2  das  fünf- 
gliedrige  Abdomen  des  reifen  cf  abgebildet  hat.  Nach  ihm  hat 
Canu  (Les  Copepodes  du  Boulonnais,  1892)  nochmals  auf 
Taf.  I  in  Fig.  1  das  reife,  mit  einem  fünfgliedrigen  Abdomen 
ausgestattete  Männchen  von  parvus  abgebildet  und  ihm  in 
Fig.  2  das  »Male  jeune,  ä  l'avant-dernier  Stade«  mit  dem  noch 
aus  vier  Segmenten  bestehenden  Abdomen  an  die  Seite  ge- 
stellt. In  Fig.  5  sind  außerdem  die  letzten  Thorax-  und 
Abdominalsegmente  des  jungen  cf  von  der  Ventralseite  zu 
sehen  sowie  sein  rechts  zwei-  und  links  viergliedriges  fünftes 
Beinpaar. 

Im  Zoologischen  Anzeiger  (XXXIX.  Bd.,  Nr.  3)  beschreibt 
Grandori  ein  n.  gen.  et  n.  sp.  Piezocalauus  laguiiaris  cf, 
das  sich  von  P.  parvus  vor  allem  durch  das  sechsgliedrige 
fünfte  linke  Bein  und  einen  zweigliedrigen  Exopodit  der 
hinteren  Antenne  auszeichnen  soll  (siehe  p.  100,  Fig.  7). 

Nun  ist  der  Exopodit  von  A2  bei 

Paracalanus  parvus  cf  sechsgliedrig  (Giesbrecht,  1892, 
T.  9,  Fig.  23); 

Calanus  gracilis  cf  siebengliedrig  (T.  7,  Fig.  3); 

Calanus  fmuiarcliicus  cf  siebengliedrig; 

Calocalanus  styliremis  cf  siebengliedrig; 

Clausocalanus  areuicomis  cf  siebengliedrig  (T.  10,  Fig.  13); 

Eucalanus  attenuatus  cf  achtgliedrig  (T.  11,  Fig.  18); 


Fang : 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

10 

12 

13 

14 

?: 

7 

16 

62 

41 

21 

4 

8 

13 

9 

Q 

juv. 

juv. 

&■■ 

10 

7 

2S 

19 

9 

— 

2 

3 

4 

1 

juv. 

— 

4<  2  F.  Früchtl. 

demnach  hei  keiner  Calanide  weniger  als  sechsgliedrig,  wes- 
halb ich  Zweifel  hege,  daß  Grandori  eine  geschlechtsreife 
Form  vorlag. 

Fundorte:  Gruica,  Skärda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Klippe  Purara,  Lucietta,  südlich  von  Zuri,  Klippe 
Mulo,  südlich  von  Zirona,  Porno  (juv.),  Maon-Dolfin,  Punta 
Colorat,  Pericolosa,  Kap  Merlera,  Klippe  Galliola,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Aus  mehreren  Lokalitäten  der  nörd- 
lichen Adria  (Claus,  1881;  Car,  1883,  1884,  1888,  1893, 
1898  bis  1899,  1902;  Graeffe,  1900;  Steuer,  1910,  1912; 
Grandori,   1910,   1912;  Leder,   1917). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 


15 


Genus  Calocalanus  Giesbr..   1888. 

Die  Vertreter  dieses  Genus  zählt  Giesbrecht  zu  den 
eigentümlichen  Spezies  des  warmen  Gebietes.  Pearson  (1905) 
bezeichnet  daher  ihr  Auftreten  in  den  irischen  Gewässern  als 
Seltenheit. 

Calocalanus  pavo   (Dana). 

Größe:  9  1*193  mm,  südlich  von  Zirona.  (9  0*88  bis 
1  •  2  mm),  Neapel. 

Ein  sehr  gut  erhaltenes  Weibchen  wurde  beobachtet. 
Das  Abdomen  ist  zweigliedrig;  die  Furkaläste,  welche  ge- 
spreizt getragen  werden,  bilden  mit  der  Körperlängsachse 
einen  nahezu  rechten  Winkel  und  sind  so  lang  als  der  übrige 
Teil  des  Abdomens.  Der  fünfte  Fuß  und  Basipodit  des  vierten 
Fußes  sind  gleichgroß.  Ri  3  des  dritten  und  vierten  Fußes 
trägt  nur  eine  Gruppe  von  Stacheln.  Die  Si  der  Furka  ist  an 
beiden  Ästen  wohlerhalten,  während  die  Se  an  ihrer  Basis 
abgebrochen  sind.  Das  Endglied  der  gut  erhaltenen  rechten 
ersten  Antenne  ist  fünfmal  so  lang  als  das  vorletzte  Glied 
derselben. 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  47o 

Fundort:  Südlich  von  Zirona. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Graeffe,  1902),  Ragusa  (Steuer, 
1910). 

Calocalamis  styllremis  Giesb recht. 

Größe:  9  0*59  bis  O'Qßmtn,  Punta  Bonaster.  (9  0-6 
bis  0-72  nun),  Neapel. 

C.  styliremis  ist  ziemlich  gleichmäßig,  wenn  auch  in 
geringer  Individuenzahl,  in  der  nördlichen  Adria  verbreitet. 
Er  zählt  zu  den  kleinsten  Copepoden  der  Adria  und  dürfte 
von  früheren  Untersuchern  möglicherweise  übersehen  worden 
sein.  Graeffe  (1902)  hat  seine  Verwandten  C.  pavo  und 
pliiiuiilosus  nur  während  der  Wintermonate  als  seltene  Gäste 
im  Triester  Golf  angetroffen. 

Das  erste  Weibchen  dieser  Art  entdeckte  ich  in  einem 
Glase  mit  lebendem  Plankton,  das  am  2.  Dezember  1911  im 
Triester  Hafen  gefischt  und  dem  hiesigen  Institut  für  den 
.zoologischen  Kurs  übersandt  worden  war. 

Als  für  die  Diagnose  wichtige  Merkmale  sind  zu  nennen: 
1.  das  dreigliedrige  Abdomen;  2.  das  Endglied  der  ersten 
Antenne,  welches  doppelt  so  lang  als  das  vorletzte  Glied  ist, 
und  3.  das  dritte  Glied  des  Innenastes  des  dritten  und  vierten 
Fußes,  welches  je  zwei  Gruppen  von  Stacheln  trägt. 

Fundorte:  Triest  (1911),  Klippe  Gruica,  Skarda-Isto, 
Punta  Bonaster,  Punta  Velibog,  östlich  von  Purara,  westlich 
und  südlich  von  Lucietta,  Klippe  Mulo,  Pomobecken,  Punta 
■Colorat,  Punta  nera. 

Zahlen  Verhältnis  der  Geschlechter: 


Fang : 

1 

2 

3 

4        ;" 

i        6        ' 

8 

10 

12 

13 

14 

P  : 

1 

1 

3 

3     - 

1 

1        2 

1 

— 

— 

1 

<?■■ 

4.  Farn.  PSEUDOCALANIDAE. 

Genus  Clausocalanus  Giesbrecht,   1! 

Zahlen  Verhältnis   der   Individuen    beider  Spezies: 

7  s  10  12  13  14  1." 
"7  111  102  174  33  43  12 
3      —   —    -   1    2 


Fang : 

1         2 

3 

4 

5 

6 

C.  areuicornis : 

27     177» 

147 

52 

67 

6 

C.  furcatus: 

—         < 

12 

8 

2 

474  F.  Frü-chtl, 

Clausocalanus  arcuicornis  (Dana). 

Größe:  9  0*85  bis  V 51  mm,  c?  1  bis  1-17  mm,  Punta 
Bonaster.   (9   115  bis   1*  6  mm,  cf   1*12  bis   i'2  mm),    Neapel. 

C.  arcuicornis  ist  in  beträchtlicher  Individuenzahl  im 
untersuchten  Gebiete  verbreitet.  Das  reichliche  Material  gab 
mir  Gelegenheit  zu  eingehenden  genauen  Messungen,  deren 
Resultate    ich    an   anderer  Stelle   zu  veröffentlichen    gedenke. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Yelibog,  Klippe  Purara,  Lucietta,  Klippe  Mulo,  südlich  von 
Zirona,  Pomobecken,  Maon-Dolfin,  Punta  Colorat,  Lussin,  Peri- 
colosa,  südlich  von  Kap  Merlera,  südlich  von  Galliola,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Claus,  1863,  1866,  1881;  Car, 
1884,  1901;  Graeffe,  1900),  Quarnero,  Cigale  auf  Lussin, 
Corrente  bei  Lussin,  Selve,  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,  1910), 
Porto  Lignano,  Malamocco,  Ancona-Viesti,  Viesti,  Brindisi, 
Otranto  (Grandori,  1910),  Pelagosa  (Steuer,  1912),  Comisa 
auf  Lissa  (Steuer,   1912). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

6  7  8  10  12  13  14  15 
.")  64  104  94  165  58  43  12 
l'  13    7    8    9    5   — 

Clausocalanus  furcatus  (G.  Brady). 

Größe:  9  1-063  bis  V 17  mm,  cT  0*86  ■//////,  Punta 
Bonaster.  (9  1*1   bis   1*  2  mm,  cT  0*83  mm),  Neapel. 

Fundorte:  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog, 
Klippe  Purara,  westlich  von  Lucietta,  Pomobecken,  Kanal  von 
Lussin,  Pericolosa,  Kap  Merlera,  südlich  von  Galliola,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Barbariga,  Quarnero, Corrente  bei  Lussin, 
Selve,  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,  1910),  Comisa  auf  Lissa 
(Steuer,   1912). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

6        7        8       10      12       13       14       15 


Fang: 

1 

2 

3 

4 

5 

?  : 

24 

15S 

136 

48 

61 

3 

17 

11 

4 

6 

Fang : 

1         2 

3 

4 

9  : 

—        3 

9 

8 

<?■■ 

—         4 

3 

l'lanktoncopepodcn   aus  der  Adria. 


475 


Genus  Ctenocalanus  Giesbrecht,   1888. 
Ctenocalanus  vanus  Giesbrecht. 

Größe:  9  1-04  bis  i'2Qmm,  c?  1-242  bis  1-260//////, 
P.  Bonaster.  (9  l'l  nun  Giesbr.,  d"  1"  25  inui  Wolf  enden, 
1904). 

Das  reichliche  Material  gab  mir  Gelegenheit,  das  rudi- 
mentäre  fünfte  Bein    des  Weibchens   bei    seiner  Rückbildung 


Fig.  2. 

Ctenocalanus  vanus  Giesbrecht.  Reduktion  des  fünften  Fußes  der 
Weibchen.  Station  Skarda-Isto. 

zu  verfolgen.  Nur  ganz  vereinzelt  fand  ich  Exemplare  (Skarda- 
Isto,  Fang  2),  bei  denen  der  linke  fünfte  Fuß  aus  vier  Gliedern 
bestand,  welche  aber  keine  deutlichen  Segmentgrenzen  er- 
kennen ließen.  Bei  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Weibchen 
(über  90  °/0)'  war  der  linke  fünfte  Fuß  auf  einen  kurzen  zwei- 
gliedrigen Stummel  reduziert  (Fig.  2). 

Steuer  (1910)  hat  die  Arbeit  von  L.  Gar  (1901)  nicht 
berücksichtigt  und  daher  diese  Art  als  für  die  Adria  neu 
aufgeführt. 


10 

12 

13 

14 

15 

66 

18 

4 

29 

14 

8 

1 

— 

o 

4 

-1  /  6  F.  Früchtl, 

Fundorte:  In  allen  Fängen  des  »Rudolf  Virchow«. 
Auch  im  Winterplankton  des  Triester  Golfes  (2.  Dezember 
1911)  fand  ich  zahlreiche  Individuen. 

Bisher  bekannt:  Gruz,  Korcula  (L.  Car,  1893);  Selve, 
Ragusa,  Lucietta  (Steuer,  1910);  Malamocco,  Viesti,  Brindisi, 
Otranto  (Grand ori,   1910);  Pelagosa  (Steuer,   1912). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

Fang:  1  2  3  4  5  6  7  8 
9  :  76  334  394  103  35  10  58  49 
tf:  12   68   68   52   10   1   16   5 

Genus  Pseudocalanus  Boeck,   1864. 
Pseudocalanus  elongatus  (Boeck). 

Größe:  9  0'84  bis  1*05  mm,  tf  0-774-/;»//,  Punta 
Bonaster.  (9  1'2  bis  P6  mm,  cf  P25  bis  lm36mm).  Nach 
van  Breemen. 

P.  elongatus  ist  nach  Pearson  (1906),  Farran  (1902—1908) 
und  Jörgensen  (1909 — -1910)  eine  der  gemeinsten  Spezies 
des  nordatlantischen  Ozeans  und  sowohl  an  der  Ober- 
fläche in  Küstennähe  als  auch  in  Tiefen  von  3000  m  (1700 
fathoms)  häufig  anzutreffen.  Th.  Scott  (1902)  fand  ihn  im 
Firth  of  Clyde  in  großer  Zahl  vom  Jänner  bis  Ende  März, 
in  den  Sommermonaten  dagegen  nur  in  beschränkter  Zahl. 
Nach  meinem  Dafürhalten  dürfte  auch  im  Quarnerolo  die 
Zahl  der  Individuen  in  den  Wintermonaten  steigen. 

Wie  Boeck  (1872)  und  Mrazek  (1902)  konnte  auch 
ich  an  einem  Weibchen  aus  Punta  Bonaster  noch  ein  zwei- 
gliedriges Rudiment  des  fünften  Fußpaares  beobachten. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Maon-Dolfin,  Punta  Colorat,  Kanal  von  Lussin,  Peri- 
colosa. 

Bisher  bekannt:  Selve,  Sebenico  (S.  Vito)  (Steuer, 
1910);  Malamocco  (Grandori,  1912);  Canal  di  Lerne  bei 
Rovigno  (Steuer,   1910). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

6        7        8        10        12        13        14        15 


Fang: 

1 

2 

3 

4 

?: 

6 

10 

16 

14 

w71- 

1 

Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  4<  t 

5.  Farn.  AETIDIIDAE. 
Genus  Aetidius  Brady,   1883. 
Zahlenverhältnis  der  Spezies: 

Fang:  1        2        3       4       5        6        7        8      10      12      13      14      15 

A.  armatus:  —     —     —     —     —     —       2       6       2        1        1      —     — 

A.  giesbrechti:  —     —     —     —     —     —       3        1     —     —     —     - — 

Aetidius  armatus  (Boeck). 

Größe:  9.  1*64  bis  l-  7(5  mm,  südlich  von  Lucietta. 
<o   1-7  bis   1-8  nun).  Nach  Weifenden  (1911). 

Fundorte:  Westlich  und  südlich  von  Lucietta,  Klippe 
Mulo.  Weg  nach  Pomo. 

Bisher  bekannt:  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,   1910). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

Fang:         12         3        4."         G         7         8        10        12        13        14        15 
9:  ______         2        6  1  1  1        —        — 

tf :  —      —      —      —     1  juv.     —       _       —       — 

Aetidius  giesbrechti  Cleve. 

Syn.  Act.  mediterraneits    (Steuer,   1910);    Syn.  Aet.  armatus 
Brady,  Giesbrecht,   1892,  p.  213. 

Größe:  o  1*72  bis  1*  73  mm,  südlich  von  Lucietta. 
{P   1'55  bis  F9  mm),  Neapel. 

Vier  Weibchen  wurden  erbeutet.  Das  eine  bei  der  Klippe 
Mulo  (Fang  10)  gefischte  9  entbehrte  auffallendervveise  der 
knopfartigen  Chitinverdickungen  am  basalen  Teil  des  Rostrums, 
welche  neben  dem  dorsalen  Stirnkiel  für  Ae.  giesbrechti  charak- 
teristisch sind.  Das  spärliche  Material  erlaubte  es  nicht,  den 
systematischen  Wert  dieses  Merkmals  eingehend  zu  prüfen. 
Erwähnt  soll  an  dieser  Stelle  nur  noch  werden,  daß  A.  Scott 
(The  Copepoda  of  the  Siboga  Expedition,  Part.  I,  1909,  Plate  V, 
tig.  1 — -12)  ein  Aetidius  bvadyi  n.  sp.  beschreibt,  welches  sich 
von  Ae.  giesbrechti  durch  die  geringere  Länge  der  flügelartig 
erweiterten  Fortsätze  des  letzten  Thoraxsegmentes  (dieselben 
reichen  bloß  bis  zur  Mitte  des  zweiten  Abdominalsegmentes) 

Si'.'.b.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abi.  1,  12«.  IM.  32 


478  F.   Früchtl, 

und  durch  das  Fehlen  der  erwähnten  Chitinknöpfe  am  Rostrum 
auszeichnet,  während  die  Stirn  mit  einem  dorsalen  Kiel  ver- 
sehen ist.  Diese  Form  nimmt  zweifellos  eine  Mittelstellung 
zwischen  avmatus  und  giesbrechti  ein. 

Von  Interesse  wäre  es  daher,  festzustellen,  ob  bei  beiden 
verwandten  Spezies  das  Längenverhältnis  der  Thorakalflügel 
nicht  doch  vielleicht  variiert  und  desgleichen  die  Chitinknöpfe 
am  Rostrum  von  geringerem  systematischen  Wert  sind,  als 
man  bisher  annahm. 

Fundorte:  Südlich  von  Lucietta,  Klippe  Mulo. 

Bisher  bekannt:   Ragusa  (Steuer,   1910). 

6.  Farn.  EUCHAETIDAE. 

Genus  Euchaeta  Philipp!,    1843. 

Euchaeta  hebes  Giesbrecht. 

Größe:  9  2*64  bis  3- 35  mm;  0*  2 -74  bis  3'15mmT 
Pomobecken.    (o  2-85    bis    2  "95  mm,  cT    2-  75  mm),    Neapel. 

E.  hel>es  scheint  im  Pomobecken  unter  den  günstigsten 
Existenzbedingungen  zu  leben.  Sie  übertrifft  dort  die  anderen 
Spezies  an  Individuenzahl  beträchtlich  und  verleiht  den  Fängen 
(7.  bis  15.)  ein  charakteristisches  rötlichgelbes  Aussehen. 

Über  50%  der  erbeuteten  Individuen  waren  von  der 
mannen  Suctorie  Tdkophrya  steuert  O.  Schröder    besiedelt. 

Eizahl:  8  bis  11. 

Fundorte:  Triest  (19.  Jänner  1903),  Skarda-Isto,  Punta 
Bonaster,  Klippe  Purara,  westlich  und  südlich  von  Lucietta,. 
Klippe  Mulo,  südlich  von  Zirona,  Pomobecken,  Maon-Dolfln, 
südlich  von  Kap  Merlera,  südlich  von  Galliola  (juv.). 

Bisher  bekannt:  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,  1910);  Mala- 
mocco,  Ancona-Viesti,  Viesti,  Brindisi,  Otranto  (Grandorir 
1910);  Triest  (24.  Jänner   1914,  Leder,   1917). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

6   7    8   10   12   13   14   15 

1   1?   112   103   181   142   214   20 

-   3   34   19   64   30   51    8> 


Fang: 

1        2 

3 

4 

5 

0  ■ 

+  • 

—        2 

3 

— 

25 

tf: 

1 

— 

— 

12 

Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  479 

7.  Farn.  SCOLECITHRICIDAE. 
Genus  Scolecithrix  Brady,   1883. 
Zahlen  Verhältnis  der  Spezies: 

Fang:  12       3       4       5        6        7  8  10  12      13  14  15 

5.  bradyi:  ________  7  _  2     —  —  — 

S.  den t iila :  —      —     —     —     —     —        1  —  —  1—  —  — 

S.  tenuiserrata :  —     —     — ■     —     —     — ■     —  —  —  1     —  —  — 

Scolecithrix  bradyi  Giesbrecht. 

Größe:  9  l-33  bis  L35  mm,  südlich  von  Lucietta.  (9  M 
bis  1*3  mm),  Neapel. 

Fundorte:  Südlich  von  Lucietta,  Weg  nach  Porno  (130 m 
Tiefe). 

Bisher  bekannt:  Ragusa  (Steuer,   1910). 

Scolecithrix  dentata  Giesbrecht. 

Größe:  9  1* 53  bis  P  54  •//////,  Lucietta  und  Weg  nach 
Pomo.  (9   L3  bis  1*45  mm),  Neapel. 

Fundorte:  Westlich  von  Lucietta  (180 m  Tiefe),  Weg 
nach  Pomo  (130  m). 

Bisher  bekannt:  Ragusa  (Steuer,  1910);  Otranto 
(Grandori,   1910). 

Scolecithrix  tenuiserrata  Giesbrecht. 

Größe:    9   149  mm,  Pomobecken.    (9  1/15  mm),    Neapel. 

Im  12.  Fang  fand  sich  neben  Sc.  bradyi  und  Sc.  dentata 
auch  ein  weibliches  Exemplar  von  Sc.  tenuiserrata.  Die  Größe 
des  Tieres  betrug  (lateral  gemessen)  149 «»,  stimmte  also 
mit  Giesbrecht's  Form  überein.  Die  vorderen  Antennen, 
welche  das  Hinterende  des  Vorderkörpers  etwas  überragten, 
waren  21gliedrig;  von  ihren  mittleren  Gliedern  waren  das 
8.  bis  10.  und  12.  bis  13.  miteinander  verschmolzen  und  von 
nahezu  gleicher  Länge.  Das  fünfte  Fußpaar  war  auch  bei 
meinem  Weibchen  rudimentär  und  entsprach  genau  der  von 
Giesbrecht  auf  Taf.  XIII,  Fig.  39,  gegebenen  Abbildung. 

Fundort:  Weg  nach  Pomo  (130m  Tiefe). 


480 


F.  Früchtl. 


II.  Tribus  ISOCERANDRIA. 


1.  Farn.  DIAIXIDAE. 


Genus  Diaixis  G.  O.  Sars,    1902. 


Diaixis  pygmaea  (T.  Scott). 


Größe:  o  0'79  bis  0-SQmm,  z  0-75  mm,  Skarda-Isto. 
(9  0-95;//w,  (f  bei  Scott  und  van  Breemen  keine  Größen- 
angabe). 

T.  Scott  (1899)  hat  unter 
dem  Namen  Scolecithrix  pyg- 
maea eine  neue  Spezies  be- 
schrieben, welche  er  im  Firth 
of  Clyde  als  eine  »moderately 
rare  form«  vorgefunden  hatte. 
Die  c:  hat  er  nicht  gemessen, 
dafür  aber  auf  Taf.  X  das  fünf- 
gliedrige  Abdomen  (Fig.  9)  und 
den  fünften  Fuß  abgebildet 
(Fig.   7). 

Da  mir  genug  d  zur  Ver- 
fügung standen,  habe  ich  auf 
Herrn  Prof.  Steuer's  Vorschlag 
die  Endglieder  des  linken  fünften 
Beines  des  d  bei  stärkerer  Ver- 
größerung (Ok.  4,  Obj.  7,  Tub.  0) 
genau  gezeichnet  (Fig.  3). 

Das  fünfte  Fußpaar  der  0 
hat    nach    meinen    Messungen 
„.     _  eine  Länge   von   0:34  mm,    ist 

Fig.  3. 


also  last  halb  so  lang  als  das 
ganze  Tier.  Das  letzte  Thorax- 
segment ist  bei  den  d  klein 
und    abgerundet,    während    es 

bei  den  9  in  einen  spitzen,  ventralwärts  eingebogenen  Zipfel 

ausläuft. 


Diaixis  pygmaea  (T.  Scott), 
Männchen  aus  Skarda-Isto. 

Endglieder  des  linken  fünften  Fußes. 


!  i    Adria.  481 

Das  Abdomen  eines  bei  Gruica  (Fang  1)  gefischten  9  war 
von  einer  Diatomacee  Synedra  investiens  W.  Sm.1    besiedelt. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Purita  Bonaster,  Punta 
Velibog,  südlich  von  Zirona  (1  9),  Punta  Colorat  (1  9),  Kanal 
von  Lussin  (2  9),  Pericolosa  (juv.),  Kap  Merlera  (2  juv.),  süd- 
lich von  Galliola  (3  9),  Punta  nera  (1  9). 

Bisher  bekannt:  Sebenico  (S.  Vito),  Selve  (Steuer, 
1010). 

Z a h  1  e n v e r h ä  1 1 n i s  der  G e s chlechter: 

6       7       8        10        12        13        14        15 


Fang : 

1 

•  > 

3 

4 

?: 

S7 

91 

66 

62 

(f: 

17 

14 

16 

8 

III.  Tribus  HETERARTHRANDRIA. 

1.  Farn.  CENTROPAGIDAE. 

Genus  Centropages  Kröyer,  1848. 

Centropages  typicus  Kröyer. 

Größe:  9  1-44  bis  1-62  mm,  cT  1-48  bis  162  mm, 
Punta  Bonaster.  (9  1*6  bis  2  mm,  cT  1*42  bis  l'85mm),  von 
Devon  (Giesbrecht,   1802). 

Die  Jugendformen,  welche  von  dieser  weitverbreiteten 
Art  in  fast  jedem  Fange  angetroffen  wurden,  ähnelten  im 
Bau  des  weiblichen  fünften  Fußes  so  sehr  dem  C.  typicus 
var.  aucklandicus  Krämer,  daß  ich  mich  dazu  entschließen 
kann,  ihn  als  ein  vor  der  letzten  Häutung  stehendes  9  von 
C.  typicus  zu  betrachten. 

Fundorte:  In  allen  Fängen  des  »Rudolf  Virchow« 
(ausgenommen  Fang  13). 

Bisher  bekannt:  Triest  (Car,  1884;  Graeffe,  1902); 
Korcula,  Losinj  (1893,  Car),  Zrnovnica  kod  Senja  (Car,  1898); 
Vodicc,  Zlarin,  Rieka  (Car,  1002);  Barbariga,  Quarnero,  Cigale 
auf   Lussin,    Selve,    Zara,    Lucietta,    Ragusa   (Steuer,   1910); 


1  Die  Bestimmung-  dieser  Bacillariacee  verdanke   ich  der  Liebenswü 
keit  des   Herrn   Dr.   Bruno   Schröder  (Breslau). 


482  F.  Früchtl, 

Porto  Lignano,  Malamocco,  Ancona-Viesti,  Viesti,  Brindisi 
(Grandori,  1910);  Triest  (Leder,  1917);  Pelagosa  (Steuer, 
1912). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

Fang:  12  3  4  5  6  7  8  10  12  13  14-  IT» 
?:  15  03  131  104  12  21  36  1 1  226  —  —  5  — 
cf:      8  46   72   53   3   6   25   6    152    3   —    1     I 

Centropages  kröyeri  Giesb recht. 

Größe:  9  \-\mui,  Punta  Colorat.  (9  1*25  bis  1" 35  mm-, 
d"  1'  2  mm),  Neapel. 

Sechs  Weibchen  wurden  beobachtet. 

Fundorte:  Maon-Dolfin,  Punta  Colorat,  Pericolosa,  süd- 
lich von  Galliola. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Gar,  1884,  als  C.  hamatus 
aufgeführt;  es  ist  mehr  als  wahrscheinlich,  daß  ihm  C.  hröyeri 
vorgelegen  hat,  Graeffe,  1900);  Sebenico,  Brindisi  (Steuer, 
1910);  Malamocco,  Val  Figheri  (Grandori,  1912);  Canal  di 
Lerne  (Steuer,   1910). 

Centropages  violaceus   (Clau 

Größe:  o  2 •Ol  /;////,  Pomobecken.  (9  1*76  bis  P92  mm), 
Neapel). 

Nur  ein  geschlechtsreifes  9  wurde  auf  dem  Wege  nach 
Porno  (Fang  14)  erbeutet.  Es  mag  auffallen,  daß  mein  Exemplar 
über  die  Giesbrecht'schen  Größenwerte  hinausgeht.  Abgesehen 
davon,  daß  gerade  violaceus  am  stärksten  zu  variieren  scheint, 
hat  schon  Giesbrecht  an  C.  typicus  die  gleiche  Beobachtung 
gemacht.  Er  fand  von  C.  typicus,  für  welchen  er  L  6 //////  als 
Regel  anführt,  bei  Devon  auch  Exemplare,  welche  bis  zu 
2  mm  lang  waren. 

Fundort:  Pomobecken  (Station    14). 

Bisher  bekannt:  Triest  (Graeffe,  1900,  auf  offenem 
Meere  beobachtet). 


Planktoncopepoden   aus  der  Adria.  48."» 

Genus  Isias  Boeck,   1864. 
Isias  clavipes  Boeck. 

Größe:  9  l-22  bis  1*25  mm,  cf  1"24  mm,  Klippe  Gruica. 
(9   r  25  bis  l'.S  mm,  cf  1"25  ww),  Neapel. 

Eine  echte  Küstenform,  welche  in  der  nördlichen  Adria 
die  gleiche  Verbreitung  besitzt  wie  die  Borealtypen:  Diaixis 
pygm.,   Temora  longic,  Pseudocalauus  elong. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog. 

Bisher  bekannt:  Lussin  (Corrente),  Selve  (Steuer,  1910, 
fand  nur  Weibchen);  Canal  di  Lerne  bei  Rovigno  (Steuer, 
1910). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

Fang:  1        2       3       4       5       6       7       8       10        12        13        14        15 

9  :  5        2        2  _____ 

Cf:  4     -        1        2      -     -     -     - 


5 

6 

~ 

S 

10 

12 

13 

14 

15 

1 

IG 

3 

3 

12 

7 

1 

26 

10 

'1.  Farn.  TEMORIDAE. 
Genus  Temora  W.  Baird,   1850. 
Zahlen  Verhältnis  der  Spezies: 

Fang:  12        3  4 

stylifera:      —       7      17        12 

longic:  9—2      138 

Temora  stylifera  (Dana). 

Größe:  9  F35  bis  F46  nun,  c?  1*42  /////;,  Punta  Velibog. 
{9   145  bis  1*7  mm,  d*  1*4  bis  V55mm),  Neapel. 

Von  T.  longicornis  auf  den  ersten  Blick  durch  das  in 
zwei  spitze  Flügel  ausgezogene  letzte  Thoraxsegment  zu 
unterscheiden.  Aus  der  nahezu  gleichförmigen  Verbreitung 
und  konstanten  Zahl  der  Individuen  möchte  ich  den  Schluß 
ziehen,  daß  stylifera,  obzwar  sie  auch  in  der  Küstenregion 
zu  existieren  vermag,  doch  eher  als  ozeanische  denn  neritische 
Art  aufzufassen  ist.  Schwärme  wurden  keine  beobachtet. 


Fang: 

1 

•  i 

3 

4 

.) 

6         7 

S 

10 

12 

13 

14 

?■ 

— 

4 

7 

6 

1 

1  1         3 

3 

6 

2 

— 

17 

<?•■ 

— 

3 

10 

6 

— 

r          

— 

6 

5 

1 

9 

'484  F.   Früchtl., 

Fundorte:  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog, 
Klippe  Purara,  westlich  und  südlich  von  Lucietta,  Klippe  Muloy 
südlich  von  Zirona,  Pomobecken,  Maon-Dolfin,  Punta  Coloratr 
Kanal  von  Lussin,  Pericolosa,  Kap  Merlera,  südlich  von  Galliola,. 
Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Aus  vielen  Lokalitäten  der  nördlichen 
Adria  von  Triest  bis  Otranto  (Claus,  1863,  1866,  1881;  Car,- 
1883,  1888,  1893,  1898,  1902;  Graeffe,  1900;  Steuer,  1910; 
Grandori,   1910;  Leder,   1917). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 


15 


Temora  longicornis  (Müller). 

Größe:  Q  0-97  bis  14  mm,  ■'  143  mm,  Punta  Velibog. 
(q    1    bis   Vo  mm,      M    bis   VS5mm)    nach    van  Breemen. 

T.  longicornis  ist  eine  typische  neritische  Art.  Im  nord- 
atlantischen Ozean  zählt  sie  nach  Canu,  Farran,  Pearson 
und  Sars  zu  den  gemeinsten  Spezies  des  Küstengebietes,. 
zeigt  jedoch  eine  ausgeprägte  Neigung  zur  Schwarmbildung,. 
so  daß  selbst  benachbarte  Fänge  in  quantitativer  Hinsicht 
erheblich  voneinander  abweichen. 

So  zeigt  auch  ein  Vergleich  der  ersten  vier  Fänge  aus 
der  nördlichen  Adria  deutlich,  wrie  T.  longicornis,  welche  im 
ersten,  zweiten  und  dritten  Fang  nur  in  spärlichen  Exem- 
plaren anzutreffen  ist,  plötzlich  im  vierten  Fang  neben  Centro- 
pages  lypicns    und   Ctenocalanus  vamis    zur    -  sehender* 

Art  wird.  In  ihrer  Verbreitung  schließt  sie  sich  enge  an. 
Diaixis  pygmaea  und  Pseudocalanus  elongahis  an. 

Fundorte:  Gruiea,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog,  Maon- 
Dolfin,  Punta  Colorat,  Kanal  von  Lussin,  Pericolosa,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Car,  1883;  Graeffe,  1900); 
Novigrad  (Car,  1899);  Canal  di  Lerne  (1905),  Selve,  Sebenico 
(S.  Vito)  (Steuer,   1910). 


Planktoncopepoden   aus   der  Adria.  485 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

Fang:  .12         3  4         5         6         7         8        1«)        12         13        14        15 

9:  5       —      —       120 

ö":  4      —        2        18  —       -       —       — 

3.  Farn.  HETERORHABDIDAE. 

Genus  Haloptilus  Giesb recht,   1898. 

Haloptiius  longicornis  (Claus). 

Syn.    Hemicalanus    longicornis,    Giesbrecht,     1892,    p.    384- 

Größe:  9  2-34 /;////,  Pomobecken.  (9  2-1  bis  2'5.mm', 
d*   1*18  mm),  Neapel. 

Zwei  Weibchen  wurden  erbeutet. 

Fundort:  Vor  Porno  (130///-  Tiefe). 

Bisher  bekannt:  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,  1910); 
Otranto  (Grandori,   1910). 

4.  Farn.  CANDACIIDAE. 

Genus  Candacia  Dana,   1846. 

Candacia  armata  Boeck. 

Syn.  C.  pectinata,   Giesbrecht   und  Sc  hm  eil,   1898,   p.  128. 

Größe:  9  2  44  bis  2 '39  mm,  c?  1-8  mm,  Punta  Velibog. 
9  1-95  bis  2-4  min,  cT  1-7  bis  242  mm),  Neapel.  (9  1-95 
bis  2' 7  mm,  cf   1/7  bis  2*  7  ////;•)  nach  van  Breemen. 

Fundorte:  Gruica.  Skarda-Istö,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Klippe  Purara,  westlich  und  südlich  von  Lucietta, 
Klippe  Mulo,  Weg  nach  Pomo  (130  und  142  m  Tiefe),  Maon- 
Dolfin,  Punta  Colorat,  Kanal  von  Lussin,  Pericolosa,  Kap 
Merlera,  Klippe  Galliola,  Punta  nera  (juv.). 

Bisher  bekannt:  Selve,  Ragusa  (Steuer,  1910);  Malä- 
mocco  (Grandori,   1910);  Triest  (Leder,   1917). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

14      15 

l      — 


Fang : 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

10 

12 

13 

?: 

3 

4 

8 

1 

— 

1 

1 

1 

— 

cf  = 

0 

G 

- 

6 

486  F.   Früchtl, 

5.  Farn.  PONTELLIDAE. 
Genus  Labidocera  Lubbock,   1853. 
Labidocera  wollastoni  (Lubbock). 

Größe:  9  2M  21  mm  (Thorax  1*62,  Abdomen  0'59  mm), 
Triest;  cT  2*32  mm  (Thorax  1-8,  Abdomen  0-52  mm),  Triest. 
(9  2*2  bis  2 -'6111111,  cT  2-2  bis  2*3  mm),  Neapel. 

Bei  Durchsicht  der  Winterfänge  aus  dem  Triester  Golfe 
vom  Jahre  1902/03  stieß  ich  im  Fang  Nr.  20  (21.  Mai  1902) 
auf  je  ein  geschlechtsreifes  Weibchen  und  Männchen  von 
L.  wollastoni.  Beide  Exemplare  stimmten  genau  mit  der  in 
Giesbrecht's  Monographie,  p.  747,  gegebenen  Diagnose  und 
Abbildung  überein  (Taf.  23,  Fig. 

Es  ist  auffallend,  daß  diese  Form  bisher  in  den  vom 
»Rudolf  Virchow«  in  den  Jahren  1907  und  1909  gesammelten 
Planktonproben  nicht  beobachtet  wurde.  Ihre  nächste  Ver- 
wandte, L.  brunescens  Cerniawsky,  wurde  von  Grandori 
(1910)  bei  Lignano  und  Otranto  gefunden. 

Fundorte:  Triest  (21.  Mai  1902),  Maon-Dolfin. 

Bisher  bekannt:  Senj  (=  Zengg  im  Canale  della  Mor- 
lacca)  (Car,  16.  Juli  1898);  Triest  (14.  Februar  1914,  Leder, 
1917). 

Genus  Ponteila  Dana,   1846. 

Da  nur  Nauplien  und  Copepoditen  zur  Beobachtung 
kamen,  war  es  mir  nicht  möglich  zu  entscheiden,  ob  es  sich 
um  P.  loUancoi  (Canu)  oder  P.  mediterranea  (Claus)  handle. 
Steuer  hat  in  der  Corrente  von  Lussinpiccolo  beide  Spezies 
im  selben  Fang  vorgefunden. 

Fundorte:  Skardo-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog, 
Weg  nach  Porno,  Punta  Colorat,  Pericolosa,  Kap  Merlera, 
südlich  der  Klippe  Galliola,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Graeffe,  1900);  Corrente  bei 
Lussin  (Cigale  auf  Lussin,  Zara  nur  Nauplien);  Selve,  Lucietta 
(Steuer,   1910);   Malamocco  (Grandori,   1910). 


Planktoncopepoden   ans   der  Adria.  48/ 

6.  Farn.  ACARTIIDAE. 
Genus  Acartia  Dana,   1846. 
Acartia  clausi  Giesbrecht. 

Größe:  9  LOS  mm,  c?  P04  bis  1-06  mm,  Punta  Velibog. 
(o   1-17  bis  1-22  mm,  oA  1  bis  1-07  mm),  Neapel. 

Eine  im  Küstengebiet  häufige  Art.  In  den  südlicheren 
Fängen,  welche  schon  stark  mit  Hochseewasser  vermischt 
sind,  nimmt  sie  beständig  an  Zahl  ab  und  fehlt  im  eigent- 
lichen Pomobecken. 

Das  fünfte  Fußpaar  der  Weibchen  variiert  merklich  in 
bezug  auf  Länge  und  Form;  bald  erscheint  es  gedrungen, 
bald  wieder  lang  und  schwach  säbelförmig  gekrümmt. 

Bezüglich  der  Männchen  möchte  ich  an  dieser  Stelle 
darauf  hinweisen,  daß  sie  sich  im  Bau  des  fünften  Fuß- 
paares  von  den  Neapler  Tieren  insofern  unterscheiden,  als 
sowohl  die  höckerartige  Erhebung  am  Innenrand  von  Re  2 
des  rechten  Fußes  wie  auch  der  Innenrand  des  hakenförmigen 
Re  3  desselben  mit  je  einer  Borste  versehen  sind,  während 
sie  bei  Giesbrecht's  cT  an  den  genannten  Gliedern  fehlt 
(T.  30,  Fig.  36). 

Bei  Durchsicht  der  mir  zu  Gebote  stehenden  Literatur 
sah  ich,  daß  gerade  vom  fünften  Fußpaar  des  J'  bei  den 
einzelnen  Autoren  abweichende  Bilder  wiedergegeben  wurden 
und  halte  es  daher  für  nicht  unangebracht,  im  folgenden  eine 
kleine  Zusammenstellung  davon  zu  geben  (Fig.  4). 

Da  es  ausgeschlossen  ist,  daß  ein  so  ausgezeichneter 
Beobachter  wie  Giesbrecht  die  schon  bei  schwacher  Ver- 
größerung gut  erkennbaren  Borsten  an  Re  2  und  Re  3  über- 
sehen hat,  glaube  ich  mit  Recht  behaupten  zu  können,  daß 
die  vorliegenden  d*  der  nördlichen,  von  G.  O.  Sars  abge- 
bildeten A.  clausi  näher  stehen  als  der  von  Giesbrecht  aus 
Neapel  beschriebenen  Form. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-lsto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Klippe  Purara,  südlich  von  Lucietta,  Klippe  Mulo, 
Weg  nach  Porno  (sehr  spärlich),  Maon-Dolfin,  Punta  Colorat, 
Kanal  von  Lussin,  Pericolosa,  Kap  Merlera,  südlich  von 
Galliola,  Punta  nera. 


488 


F.  F  r  ü  c  h  1 1 , 


Bisher  bekannt:  Längs  der  Ost-  und  Westküste  der 
Adria  aus  vielen  Lokalitäten  (Car,  Graeffe,  Steuer,  Gran- 
dori,  Leder). 


-OL 
Fig.  4. 
Acaiiia  clatisi  Giesbrecht.  Fünfter  Fuß  des  Männchens. 
a  nach  Giesbrecht,   b  nach  G.  0.  Sars,  c  nach  Th.  Scott. 


Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 


Fang: 


1         2         3         I 
18      6S      73      91 


6       li 


10 


6 
juv. 
juv. 


7         8 
—         1 


1U 
5 


12 
1 


L3 


14        15 


B.  PODOPLEA. 

I.  Tribus  AMPHARTHRANDRIA. 

1.  Farn.  OITHONXDAE. 

Genus  Oithona  Baird,   1843. 

Der  genauen  zahlenmäßigen  Durcharbeitung  dieses  zweifel- 
los   in    reger   Artbildung    begriffenen    Genus    stellten    sich    in 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  489 

Anbetracht  der  übergroßen  Zahl  der  Individuen  und  zeit- 
raubenden Untersuchungsmethoden  große  Hindernisse  in  den 
Weg.  Um  das  Erscheinen  der  vorliegenden  Arbeit  nicht  auf 
unbestimmte  Zeit  hinausschieben  zu  müssen,  habe  ich  die 
Fänge  nur  auf  die  schon  sicher  bestimmten  Spezies  durch- 
gesehen und  mir  das  umfangreiche  Oithona-MatQria.1  für  eine 
spätere  spezielle  Bearbeitung  vorbehalten. 

Oithona  plumifera   Baird. 

Größe:  o  1-38  bis  V 48  mm,  d  0*79  bis  0"82  mm, 
Gruica.  (9  1  bis  1*5  mm,  d  0'75  nun),  Neapel.  (<j>  1  bis 
1-6  mm);  nach  G.  P.  Farran  (1908). 

Die  Weibchen  sind  in  der  nördlichen  Adria,  insbesonders 
im  Küstengebiet,  in  großer  Zahl  anzutreffen.  Sie  variieren, 
wie  ich  an  anderer  Stelle  zeigen  werde,  beträchtlich  und  sind 
mit  der  von  Farran  (1908)  aufgestellten  O.  atlantica  durch 
Zwischenformen  der  verschiedensten  Art  verbunden.  Männchen 
wurden  nur  wenige  beobachtet. 

Ei  zahl:  Acht  bis  neun. 

Fundorte:  In  allen  Fängen  des  -Rudolf  Virchow«, 
im  Pomobecken  spärlich,  meist  Jugendformen. 

Bisher  bekannt:  Aus  zahlreichen  Stationen  der  nörd- 
lichen Adria  (Car,  Graeffe,  Steuer,  Grandori,  Leder). 

Oithona  plumifera  var.  atlantica  (G.  P.  Farran). 

Größe:  o  M3  bis  L2S  wm,  Punta  Bonaster.  (9  L00 
bis  116  mm)  nach  G.  P.  Farran  (1908). 

Unterscheidet  sich  von  O.  plumifera  durch  die  geringere 
Körpergröße,  das  stärker  ventralwärts  gebogene  Kostrum,  die 
relative  Länge  der  ersten  Antennen  (dieselben  reichen  bis 
an  das  Ende  des  vierten  Abdominalsegmentes),  die  überaus 
schwache  Befiederung  der  Außenrandborsten  der  Schwimm- 
füße. 

Eizahl:  Fünf  bis  neun. 

Nach  oberflächlicher  Schätzung  scheint  sie  hinter  der 
typischen  O.  plumifera  Baird  in  der  Individuenzahl  kaum 
zurückzubleiben;  besonders  reich  an  Individuen  sind  die 
Fänge  aus  dem  Quarnero  und  Quarnerolo. 


490 


F.  F  r  ü  c  h  1 1 . 


Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Klippe  Purara,  östlich  von  Purara,  westlich  und 
südlich  von  Lucietta,  Klippe  Mulo,  südlich  von  Zirona,  Weg 
nach  Pomo  (Fang  12,  13,  14,  15,  überall  spärlich),  Punta 
Colorat,  Kanal  von  Lussin,  Pericolosa,  südlich  von  Kap  Mer- 
lera,  Punta  nera. 

Oithona  setigera  Dana. 
(Syn.  Oithona  setigera  var.  pelagica  G.  P.  Farran,  1908.) 

Größe:  9  l-44  bis  1'54  mm,  im  Ouarnero.  (9  P5  bis 
{•6mm)  nach  Giesbrecht,  (9  1' 36  bis  1*52  mm)  nach 
G.  P.  Farran  (1908),  (9  P6  bis  1-9  mm)  nach  G.  P.  Farran 
(1913). 

Die  Außenrandborste  an 
B  2  des  zweiten  Fußes  ist 
bei  allen  untersuchten  Weib- 
chen zart  befiedert,  lang  und 
dünn  und  verjüngt  sich  all- 
mählich gegen  das  Ende  zu. 
G.  P.  Farran  (1913)  konnte 
an  Tieren  von  Christmas 
Island  Variationen  in  der 
Endverdickung  der  Se  beob- 
achten und  auf  die  inter- 
essante Tatsache  hinweisen: 
>That,  in  the  N.  E.  Atlantic, 
0.  setigera,  whether  the  cause 
be  racial  or  environmental, 
is  not  found  with  thickened 
setae,while  intropical  regions 
these  setae  are  almost  always 
present.« 

Die  vorliegenden  Weib- 
chen weichen  von  der  typi- 
schen O.  setigera  Dana  auch 
in    der  Form    des   Rostrums 
ventralwärts    eingebogen    ist 


l 

Fig.  5. 

Oilhona  setigera  var.  pelagica 
(',.  P.  Farran,   aus  Skarda-Isto. 

Weibchen,  a  Kopf  lateral, 
b  Kopf  dorsal. 

ab,    dessen    Spitze    bei    ihnen 


(Fig.  5). 


Planktoncopepoden   aus  der  Adria.  491 

Männchen  wurden  nicht  beobachtet. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Klippe  Purara,  westlich  und  südlich  von  Lucietta, 
Klippe  Mulo,  Weg  nach  Porno  (2  9),  Maon-Dolfin,  Kanal  von 
Lussin,  Pericolosa. 

Bisher  bekannt:  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,   1910). 

Oithona  similis  Claus. 

Größe:  9  0'69  bis  0*76  mm,  J  0*58  bis  0'60ww, 
Punta  Bonaster.  (9  0*73  bis  0-8  mm,  r?  0-59  bis  0-61  mm\ 
Neapel. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  Klippe  Purara,  östlich  von  Purara,  westlich  und  süd- 
lich von  Lucietta,  Klippe  Mulo,  südlich  von  Zirona,  Pomo- 
becken,  Maon-Dolfin,  Punta  Colorat,  Kanal  von  Lussin,  Peri- 
colosa, Kap  Merlera,  südlich  von  Galliola,  Punta  nera. 

Mehr  als  die  Hälfte  aller  aufgefundenen  Männchen  (22) 
gehörten  zu  O.  similis. 

Bisher  bekannt:  Aus  zahlreichen  Stationen  der  nörd- 
lichen   Adria    (Car,    Graeffe,    Steuer,    Grandori,    Leder). 

Oithona  nana  Giesbrecht. 

Größe:  9  0-48  mm,  cT  0-5  bis  0*54  mm,  Kap  Merlera. 
(c?  0-48  bis  0-5  mm,   9  0*5  bis  0*53  mm),  Neapel. 

Der  kleinste  Copepode  der  »Virchow«-Fahrt. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  östlich  von  Purara,  südlich  von  Lucietta,  Klippe 
Mulo,  Pomobecken,  Punta  Colorat,  Kap  Merlera,  südlich  der 
Klippe  Galliola,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Aus  mehreren  Stationen  der  nörd- 
lichen Adria  (Car,  Steuer,  Grandori,  Leder). 

2.  Farn.  CYCLOPIDAE. 

Genus  Cyclops  Müller,   1776  (ex  parte). 

Cyclops  Mcuspidatus  Claus  var.? 

Von  der  Gattung  Cyclops  wurde  nur  ein  Weibchen  mit 
zerquetschtem  Thorax  im  Fange  vor  Punta  Bonaster  erbeutet. 


492  F.  Früchtl, 

Es  besitzt  ein  rudimentäres,  zweigliedriges,  fünftes  Fußpaar, 
dessen  Endsegment  zwei  Anhänge  trägt.  Die  drei  letzten 
Segmente  der  elfgliedrigen  ersten  Antennen  sind  ohne  hyaline 
Membranen  und  ohne  Dornenreihen.  Das  Tier  gehört  dem- 
nach zweifellos  in  die  bicuspidatus-Gruppe.  Das  schwach 
gefüllte  Receptaculum  seminis  des  in  Formol  konservierten 
Tieres  schien  leider  noch  nicht  die  zur  einwandfreien  Be- 
stimmung nötigen  charakteristischen  Umrisse  zu  besitzen. 
Dessenungeachtet  möchte  ich,  im  Hinblick  auf  den  inter- 
essanten neuen  Fundort  dieses  Cyclops  nicht  unterlassen, 
wenigstens  auf  die  Form  hier  aufmerksam  zu  machen  und 
gebe  in  der  folgenden  Figur  das  Genitalsegment  mit  dem 
Receptaculum  seminis  und  die  elfgliedrige  rechte  erste  Antenne 
des  einzigen  (leider  recht  dürftigen)  weiblichen  Exemplars 
wieder  (Fig.  6). 

3.  Farn.  PORCELLIDIIDAE. 

Genus  Porcellidium  (Maus,   1860. 

Porcellidium  fimbriatum  Claus. 

Hin  noch  nicht  zur  Geschlechtsreife  gelangtes  Weibchen 
wurde  beobachtet.  G.  O.  Sars  bemerkt  zu  dieser  Form:  »It 
lives  as  a  rule  on  the  fronds  of  Laminariae,  to  which  it 
applies  its  flattened  body  so  closely,  that  it  is  only  with 
great  difficulty  that  it  can  be  loosened  from  its  hold,  when 
alive-  . 

Fundort:  Punta  Velibog. 

Bisher  bekannt:  Obrovac,  Pag  (Valle  delle  Saline), 
Novigrad  (Car,  21.  Juli  1899);  Triest  (Graeffe,  1900,  nicht 
planktonisch);  Krka,  Vodice  (Car,   1902). 

4.  Farn.  DIOSACCIDAE. 
Genus  Diosaccus  Boeck,    1872. 
Diosaccus  tenuicornis  (Claus). 

Nur  ein  Weibchen  wurde  erbeutet. 
Fundort:  Südlich  von  Galliola. 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria. 


493 


Cyclops  bicuspidatus  Claus   var.r 

aus  Punta  Bonaster. 
a   Genitalsegment   des  Weibchens, 
J->    erste   Antenne    des  Weibchens. 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,   129.  Bd. 


33 


494  F.  Früchtl, 

Bisher  bekannt:  Triest  (Car,  1888;  Graeffe,  1900); 
Barbariga  (Steuer,  1910);  Val  Figheri  (Laguna  Veneta)  (Gr an- 
dern,  1912). 

5.  Farn.  TACHIDIIDAE. 

Genus  Euterpina  Norman,   1903. 

Syn.  Euterpe  Claus  und  Giesbrecht. 

Euterpina  acutifrons   (Dana). 

Größe:    9  0*56  bis  0- 64  ;/////,  cT  0-52  mm,  Punta  Veli- 
bog.    (9  0*53   bis  0*73  mm,    o    0-5    bis  0*56  mm),    Neapel- 
Fundorte:    Punta   Velibog,    Klippe    Mulo,    Maon-Dolfin,. 
Punta  Colorat,  südlich  von  Kap  Merlera. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Car,  1883;  Graeffe,  1900;. 
Leder,  1917);  Korcula,  Kotor,  Losinj  (Car,  1893);  Senj. 
(=  Zengg  im  Canale  della  Morlacca)  (Car,  1898);  Pag  (Valle 
delle  Saline)  und  (Valle  di  Pago)  (Car,  1899);  Tiesno  (Stretto),. 
Vodice,  Zlarin,  Rieka  (Car,  1902);  Barbariga,  Quarnero,  Cigale 
auf  Lussin,  Selve,  Zara,  Sebenico  (S.  Vito,  Luks,  Prokljan, 
Krka,  Scardona),  Lucietta  (Steuer,  1910);  Rovigno  (Steuer,. 
21.  Juli  1911). 

6.  Farn.  CLYTEMNESTRIDAE. 
Genus  Clytemnestra  Dana,   1852. 
Clytemnestra  rostrata  (G.  Brady). 

Größe:  9  1  mm,  Merlera.  (9  1  mm,  cT  0*87  mm),  Neapel. 
Fundort:  Kap  Merlera,  Triest  (2.  Dezember  1911). 
Bisher   bekannt:    Triest    (Car,   1888;    Graeffe,    1900); 
Rovigno  (Car,   1890):  Lucietta  (Steuer,   1910). 

7.  Farn.  ASTEROCHERIDAE. 

Genus  Dermatomyzon  Claus,   1889. 

Dermatomyzön  nigripes  (Brady  &  Robertson). 

Größe:  cT  0-994  mm,  Punta  Velibog,  (9  0*9  bis  1*5  mm, 
cT  0-7  bis  0-8  mm)  nach  Giesbr.,  (9  1- 35  -mm,  cT  0'9  bis 
1  mm)  nach  Can  u. 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  49o 

Ein  einziges  cT  lag  vor.  Das  Tier  fiel  im  Fang  bei 
Punta  Velibog  sofort  durch  seine  braune  Färbung  auf,  welche 
nur  an  den  Segmentgrenzen  von  hellgelben  Streifen  unter- 
brochen war.  Giesbrecht  hat  an  seinen  3  cf  ebenfalls 
braunes  Chitin  sowohl  am  Hinterrand  von  Th  1  als  auch 
am  Abdomen,  den  beiden  Antennen  und  Schwimmfüßen  beob- 
achtet, während  Canu  (p.  261)  berichtet:  »La  coloration  est 
blanche  dans  les  deux  sexes,  sans  traces  de  cette  teinte 
brunätre  signalee  par  Brady  dans  Cycl.  nigripes.«  Das 
Abdomen  des  cf  besteht  aus  fünf  Segmenten.  Der  vor- 
springende Hinterrand  der  Genitalklappen  trägt  eine  kräftige 
kurze  Fiederborste  und  daneben  eine  kleine  Zacke.  Die 
vorderen  Antennen  sind  bei  meinem  o"  17gliedrig  und  mit 
sieben  langen  Asthetasken  versehen  (vgl.  Giesbrecht,  1899, 
T.  5,  Fig.  10).  Wie  Giesbrecht  gezeigt  hat,  kann  beim  o 
durch  Verschmelzung  der  Glieder  Aa  2 —  6  und  7 — 8  eine 
nur  13gliedrige  Antenne  zustande  kommen,  an  welcher  dann 
aber  auffallenderweise  nicht  sieben,  sondern  nur  ein  sehr 
langer  und  dicker  Ästhetask  vorhanden  ist. 

Als  echter  Halbparasit  hat  1).  nigripes  einen  gedrungenen 
flaschenförmigen  Sipho.  Der  Mandibelpalpus  ist  eingliedrig  und 
mit    einer   sehr   langen   und   einer  kurzen  Borste  ausgerüstet. 

Über  den  Wirt  dieses  Semiparasiten  findet  sich  in  der 
Literatur  keine  Angabe. 

Fundort:  Punta  Velibog. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Claus,  1889,  fand  nur  ein 
mit  zwei  Spermatophoren  behaftetes  Weibchen). 

II.  Tribus  ISOKERANDRIA. 
1.  Farn.  ONCAEIDAE. 

Genus  Oncaea  Philippi,   1843. 

Die  von  G.  P.  Farran  (1906)  auf  p.  95  für  die  9  des 
( ienus  gegebene  Bestimmungstabelle  ermöglichte  eine  rasche 
und  sichere  Erkennung  der  einzelnen  Spezies. 


l'.Mi  F.  Früchtl, 

Zahlen  Verhältnis  der  Spezies: 

Fang:  12  3  4  5  6  7  8  10  12  13  14  15 

0.  mediten: :  5       2  7  5  —  —  2  2  4  4  3  4  l 

0.  media:  —      —  1  —  —  —  2  1  —  2  —  —  — 

0.  vamsLi:  —      —  —  —  —  —  —  —  —  —  1  —  — 

<).  sublilis:  —      —  1  2  —  —  —  1 

Oncaea  mediterranea  Claus. 

Größe:  ?  1-1(3  bis  L34  nun,  o  0-93  ;//;//,  Weg  nach 
Porno,  [Fang  12].  (o  1  bis  VSmm,  cT  0-9  bis  0'95  mm), 
Neapel. 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  westlich  und  südlich  von  Lucietta,  Klippe  Mulo, 
Pomobecken,  Maon-Dolfin,  Punta  Colorat,  südwestlich  von 
Pericolo^a,  Kap  Merlera,  südlich  der  Klippe  Galliola,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Gruz,  Kt)rcula.  Kotor  (Car,  1883); 
Triest  (Car,  1884;  Graeffe,  1900;  Leder,  1917);  Zrnovnica 
kraj  Senja  (u  moru)  (Car,  1898);  Yodice,  Rieka  (Car,  1902); 
Quarnero,  Selve,  Lucietta,  Ragusa  (Steuer,  1910);  Malamocco 
(Grandori,   1910;;  Pelagosa  (Steuer,   1912). 

Zahlen  Verhältnis  der  Geschlechter: 

15 


Fang : 

1 

•) 

:'> 

?: 

4 

2 

6 

<?■ 

1 

— 

1 

10 

12 

13 

14 

4 

3 

2 

4 

— 

I 

1 

— 

Oncaea  media  Giesbrecht. 

Größe:  9  0,59mw,  ö71  0-52;;a///,  Weg  nach  Porno, 
[Fang  12].  (9  0-ö,~>  bis  0*82  /;/;;/,  j7'  0-6  bis  0-63  mm),  Neapel. 

Fundorte:  Punta  Bonaster,  westlich  und  südlich  von 
Lucietta,  Weg  nach  Porno,  südlich  der  Klippe  Galliola. 

Bisher  bekannt:  Barbariga,  Quarnero,  Cigale  auf  Lussin, 
Selve,  Zara,  Sebenico  (S.  Vito),  Lucietta  (Steuer,  1910);  Pela- 
gosa, Blaue  Grotte  von  Busi,  Comisa  auf  Lissa  (Steuer,  1912). 

Zahlenverhältnis   der  Geschlechter: 

Fang:         1         2        3        4        .">        6        7        8        10        12        13        14        i;> 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  4cn 

Oncaea  subtilis  Giesb recht. 

Größe-:  9  0-52  mm,  Punta  Velibog.  (9  0-48  bis  0-ö  ;/////. 
cT  unbekannt)  nach  Giesbrecht. 

Fundorte:  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog,  südlich  von 
Lucietta,  Punta  Colorat,  südwestlich  von  Pericolosa,  Kap 
Merlera. 

Bisher  bekannt:  Selve  (Steuer,   1910). 

Oncaea  venusta  Philippi. 

Größe:  9  l'Ylmm,  Weg  nach  Porno.  (9  PI  bis  V27  mm, 
3    0'8  bis  0-95  mm)  nach  Giesbrecht. 

Bei  dem  einzigen  vor  Porno  erbeuteten  Weibchen  waren 
das  Chitin  des  Rumpfes  und  der  Gliedmaßen  sowie  auch  die 
letzten  Abdominalsegmente  exklusive  Furka  intensiv  violett 
gefärbt.  Das  Analsegment  war  etwa  doppelt  so  breit  als  lang. 
Die  breiteste  Stelle  des  Rumpfes  lag  weit  vor  der  hinteren 
Grenze  des  Kopfes. 

Fundort:  Weg  nach  Porno  (Fang   13). 

Bisher  bekannt:  Porto  Lignano,  Malamocco  (Grandori, 
1910). 

2,  Farn.  SAPPHIRINIDAE. 

Genus  Sapphirina  J.  V.  Thompson,   1829. 

Zahlenverhältnis  der  Spezies: 

Fang:  12       3       4       5       6       7       8  10  12  13  14  15 

mac:  10     41      12        4     —     —     —        2  —  1  4 

maculosa:  —       3    juv.      3     —     —     —     —  —  —  —  — ■  — 

ovatolanc:  —     —     —     — ■     —     —     —     —  —  9  —  — ■ 

:<cmma:  ________  2  12  6  3  3 

auronitens:  —     —     —     —     —     — ■     —     —  — ■  —  —  —  2 

Sapphirina  nigromaculata  Claus. 

Größe:    9    PS    bis    2 -05  mm,    o*    P97    bis    2-05  mm, 
Skarda-Isto.  (9  1*9  bis  2mm,  c?  2-05  bis  2-45  mm),  Neapel. 
Die  gemeinste  Sapphirina  der  nördlichen  Adria. 


498   '  F.  Früchtl, 

Fundorte:  Gruica,  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta 
Velibog,  südlich  von  Lucietta,  Weg  nach  Porno,  Maon-Dolfin, 
Punta  Colorat,  südwestlich  von  Pericolosa,  Kap  Merlera,  süd- 
lich der  Klippe  Galliola,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Aus  zahlreichen  Lokalitäten  der  nörd- 
lichen  Adria    (Steuer,   1895,   1907,   1910;    Grandori,    1910). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 


Fang : 

1 

o 

3 

4 

5 

6 

i 

8 

10 

12 

13 

14 

15 

?: 

10 

35 

12 

4 

— 

— 

— 

2 

— 

1 

— 

4 

— 

<?•• 

— 

6 

Sapphirina  maculosa  Giesbrecht. 

Größe:  9  2,  2-08,  2*1  mm,  cT  2 •  37  mm,  Punta  Velibog. 
(o  — ,  cf  2*2  mm),  Neapel. 

Vier  Weibchen  und  drei  Männchen  lagen  vor.  Das  erste 
Weibchen  dieser  Art  wurde  von  Steuer  (1895)  in  der  süd- 
lichen Adria  entdeckt  und  beschrieben. 

Fundorte:  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog, 
südlich  von  Zirona. 

Bisher  bekannt:  Aus  mehreren  Lokalitäten  der  süd- 
lichen Adria  (Steuer,  1895,  1907);  Selve,  Ragusa  (Steuer, 
1910). 

Sapphirina  ovatolanceolata  Dana. 

Große:  9  3 '0ß  mm,  cf  3* 52  mm,  Weg  nach  Pomo. 
(9  2-4  bis  2-85  7«;//,  cT  3"5  bis  3-8  mm),  Neapel. 

Fundort:  Weg  nach  Pomo  (Fang  12). 

Bisher  bekannt:  Aus  einzelnen  Lokalitäten  der  süd- 
lichen Adria  (Steuer,  1895,  1907);  Porto  Lignano,  Viesti, 
Brindisi,  Otranto  (Grandori,   1910). 

Sapphirina  gemma  Dana. 

Größe:  9  2  43  bis  2-ßomm,  o1  3mm  bis  3'52  mm, 
Pomobecken.  (9  P9  bis  3  4  mm,  cT  2  45  bis  3  4  mm),  Neapel. 

Ist  mit  der  vorhergehenden  Art  sehr  nahe  verwandt  und 
findet  sich  wie  diese  vorwiegend  in  den  an  Salpa  democratica- 
mucronata  reichen  Fängen  aus  dem  Pomobecken. 


Planktoncopepoden   ans  der  Adria.  499 

Fundorte:  Südlich  von  Zuri,  Klippe  Mulo,  südlich  von 
Zirona,  Weg  nach  Pomo,  vor  Pomo,  Punta  Colorat. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Graeffe,  1900,  nur  im  Spät- 
herbst und  Winter  beobachtet);  Quarnero  und  südliche  Adria 
■(Steuer,   1895,   1907). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

Fang:         1         2        3        4        5        6        7        8        10        12        13        14        15 
9  :  ________         2        10         6         3         2 

Sapphirina  auronitens  Claus. 

Größe:  9  2-12  mm,  cT  1' 96  mm,  Pomo.  (9  P8  bis 
2*1  mm,  c?  1-85  bis  2-2  mm),  Neapel. 

Ein  Weibchen  und  ein  Männchen  wurden  erbeutet. 

Fundort:  Vor  Pomo  (Fang   15). 

Bisher  bekannt:  Adria-Tiefsee-Expedition  (V.  »Pola«- 
Expedition  1894)  [Station  Nr.  21:  10.  Juni,  42°  33'  nördl. 
Breite,  16°  35'  östl.  Länge;  Station  Nr.  36:  17.  Juni,  42°  33' 5" 
nördl.  Breite,  16°  28'  östl.  Länge;  Station  Nr.  96:  10.  Juli, 
38°  48' 25"  nördl.  Breite,  18°  58' 5"  östl.  Länge;  Station 
Nr.  104:  11.  Juli,  38°  10'  7"  nördl.  Breite,  18°  57' 20"  östl. 
Länge;  Station  Nr.  129:  18.  Juli.  40°  36'  nördl.  Breite,  18°  31' 
östl.  Länge]  (Steuer,   1895). 

Genus  Copilia  Dana,   1849. 
Copilia  mediterranea  (Claus). 

Syn.  Cop.  denticulata  Claus,   1863. 

Größe:  9  3'6mm,  2'47mm,  4  4  //////,  nördliche  Adria. 
(9  4  m/;/,    c/1    3  mm)    nach    Claus    »freilebende   Copepoden«. 

Fundorte:  Weg  nach  Pomo  (Fang  12),  südlich  von  Kap 
Merlera,  südlich  der  Klippe  Galliola  (juv.),  Punta  nera  (juv.  2, 
45  mm  . 

Bisher  bekannt:  Triest  (Car,  1888;  Steuer,  1907), 
Rovigno,  Canal  della  Morlacca,  Gravosa  (Steuer,  1907);  Sehe, 
Lucietta,  Ragusa  (Steuer,  1910);  Malamocco,  Brindisi  (Gran- 
dori,    1910). 


500  F.  Früchtt, 

3.  Farn.  CORYCAEIDAE. 
Genus  Corycaeus  Dana,   1845. 

Zahlenverhältnis  der  Spezies: 

Fang:  1        2       3       4       5       6       7       8        10        12        13        14        1^ 

rostratus :  1      —     —        2     —     —     —     —       —       —       — ■       —       — ■ 

anglicus:  —  —  —     —  —  —  —  —  —  1  —  —  — 

hrehmr.  5  6  28      31  —  3  3  6  —  —  —  — 

ovälis:  —  2  10       6  —  1  —  i  _  2  — 

catus:  —  3  1      12  —  —  —  1  —  1  2 

lypicus:  —  3  13  2  —  1  —  —  2 

clausi:  —  —  —     —  —  —  1  —  —  —  —  1  1 

Die  Vertreter  dieses  Genus  wurden  nach  der  jüngst 
erschienenen  umfangreichen  Monographie  von  M.  Dahl  (1912) 

bestimmt. 

Subgenus  Corycella  G.  P.  Farran. 

Corycaeus  (Corycella)  rostratus  Claus. 

Größe:  9  0-72  mm,  Punta  Velibog.  (9  0-72  mmr 
cf  0-73  tum)  nach  Dahl. 

Drei  Weibchen  wurden  erbeutet. 

Fundorte:   Gruica,  Punta  Velibog. 

Bisher  bekannt:  Korcula  (Car,  1893);  Senj,  Zrnovnica 
(Car,  1898);  Zlarin  (Car,  1902);  Quarnero,  Cigale  auf  Lussin, 
Selve,  Zara  (Steuer,   1910). 

Corycaeus  (Corycella)  curtus  G.  P.  Farran. 

Größe:  cf  0"65  mm,  Punta  Colorat.  (9  0*72  mm, 
cf  0-64  mm)  nach  Dahl. 

Der  vorhergehenden  Spezies  sehr  nahe  verwandt. 

Fundorte:  Weg  nach  Porno  (Fang  13),  Punta  Colorat, 
Kap  Merlera. 

Bisher  bekannt:  Brindisi  (Steuer,   1910). 

Steuer  (Planktoncopepoden  aus  dem  Hafen  von  Brindisi) 
hat  an  dem  einzigen  erbeuteten  9  (welches  er  als  C.  rostratus 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  oOl 

aufführt)  gefunden,  daß  es  nicht  ganz  mit  der  von  Gies- 
b recht  gegebenen  Diagnose  übereinstimmte.  Die  Furka  war 
etwas  länger,  das  ist  fast  dreimal  so  lang  als  breit  und  mehr 
als  ein  Drittel  so  lang  wie  das  übrige  Abdomen«. 

Subgenus  Ditrichocorycaeus  M.  Dahl. 
Corycaeus  (Ditrichocorycaeus)  brehmi  Steuer. 

Größe:  9  1-044  nun,  d*  0-828  mm,  Punta  Bonaster. 
(9  0-95  bis   1-1  mm,  <?  0*84  nun)  nach  Dahl. 

Eine  echte  Küstenform,  welche  vor  allem  im  Quarnero 
häufig  angetroffen  \\4rd.  Das  Längenverhältnis  von  Anal- 
segment und  Furka  variiert  bei  den  Weibchen  merklich,  eine 
Tatsache,  die  schon  M.  Dahl  (nach  brieflicher  Mitteilung  an 
Herrn  Prof.  Dr.  Steuer)  beobachtet  hat.  Von  dem  nahe  ver- 
wandten C.  anglicus  Lubbock  unterscheiden  sich  die  9  in 
erster  Linie  dadurch,  daß  der  distale  Rand  von  B  2  der 
Hinterantenne  zwei  spitze  Zähne  trägt,  während  das  cf  an 
der  genannten  Stelle  einen  größeren  und  einen  kleineren 
(zweispitzigen)  Zahn  besitzt. 

Fundorte:  Triest  (2.  Dezember  1911),  Gruica,  Skarda- 
Isto,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog,  östlich  von  Purara,  süd- 
lich von  Lucietta,  Klippe  Mulo,  Maon-Dolfin,  Punta  Colorat, 
Kanal  von  Lussin,  südlich  von  Zirona,  südwestlich  von  Peri- 
colosa,  südlich  von  Kap  Merlera,  südlich  der  Klippe  Galliola, 
Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Triest  (Brehm,  1906;  Leder,  1917); 
Barbariga,  Quarnero,  Cigale  auf  Lussin,  Corrente  bei  Lussin, 
Selve,  Zara,  Sebenico  (S.  Vito),  Lucietta,  Ragusa  (Steuer, 
1910). 

Zahlenverhältnis  der  Geschlechter: 

12        18        14        15 


Kang: 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

10 

?: 

4 

5 

13 

19 

— 

3 

— 

2 

6 

C?: 

1 

1 

lö 

12 

1 

Corycaeus  (Ditrichocorycaeus)  anglicus  Lubbock. 

Größe:  cT  0-9  mm,  Pomobecken.  (9   1- 147 mm,  $  0-87 
bis  0*95  nun)  nach  Dahl. 


502  F.  Früchll, 

Ein  einziges,  aber  vorzüglich  konserviertes  Männchen 
fand  sich  auf  dem  Wege  von  Zirona  nach  Pomo  (G  :  A  :  F  = 
=  32  :  10  :  18;. 

Es  ist  sehr  bemerkenswert  und  speziell  für  die  Deutung 
der  nahe  verwandten  vorstehenden  Spezies  von  großem  Inter- 
esse, daß  C.  anglicus,  welchen  M.  Dahl  als  die  typische  Form 
der  Westküste  Europas  bezeichnet,  nun  auch  für  die  nörd- 
liche Adria  nachgewiesen  werden  konnte.  Es  wird  Aufgabe 
künftiger  Untersucher  sein,  an  größerem  Material  (etwa  dem 
von  der  »Najade«  gefischten)  die  Variationsbreite  beider 
Spezies  zahlenmäßig  festzustellen  und  nach  Zwischen- 
formen Umschau  zu  halten. 

Fundort:  Weg  nach  Pomo  (Fang  12). 

Car  (1901)  führt  C.  anglicus  für  Triest  an.  Ich  halte  es 
für  mehr  als  wahrscheinlich,  daß  ihm  der  etwas  kleinere 
( '  brehmi  untergekommen  ist. 

Sübgenus  Onychocorycaeus  M.  Dahl. 

Corycaeus  (Onychocorycaeus)  ovalis  Claus. 

Syn.  C.  obtusus  9  Giesb recht,   1892. 

Größe:   9  1  mm,  G  :  A  :  F  —  70  :  25  :  23,  Punta  Velibog. 

(o  1-01  mm,  c?  0-88  mm)  nach  M.  Dahl  (G  :  A  :  F:  36  :  12  :  12), 
(<j>  0-9  bis  1  mm)  nach  Giesbrecht. 

M.  Dahl  (1912)  hat  auf  die  Übereinstimmung  von  Gies- 
brecht's  C.  obtusus  mit  C.  ovalis  Claus  9  hingewiesen.  Da 
Claus  das  Vorhandensein  oder  Fehlen  eines  medianen  Hakens 
am  Genitalsegment  des  <?  nicht  ausdrücklich  erwähnt,  glaubt 
sie  auf  das  letztere  schließen  zu  dürfen  und  identifiziert  das 
einzige  bei  Neapel  gefundene  cf  mit  dieser  Form,  wobei  sie 
p.  99  erwähnt:  »Vergleicht  man  jedoch  die  vorzüglichen 
Abbildungen  Giesb  recht's  von  seinem  C.  obtusus  mit  denen 
meines  C.  ovalis,  so  erkennt  man  die  Übereinstimmung  der 
Formen  sofort.  Nur  den  medianen  Haken  des  Männchens 
habe  ich  bei  dieser  Art  nicht  gesehen,  wohl  aber  bei  C.  latus, 
der  Form  des  Atlantischen  Ozeans  und  C.  catus,  einer  Form 
des  Indo-Pazifischen  Ozeans.« 


Planktoncopepöden  aus  der  Adria.  503 

Nach  meinen  Untersuchungen  ist  ('.  ovalis  Claus  als 
eine  der  gemeinsten  Spezies  von  Corycaeus  zu  betrachten. 
Da  sie  gleichzeitig  in  der  Adria  der  einzige  Vertreter  des 
Subgenus  Onychocorycaeus  M.  Dahl  ist,  muß  es  auffallen, 
daß  nicht  ein  C.  ovalis  o71  vorgefunden  wurde,  sondern  daß 
sämtliche  Männchen  (28  Exemplare)  der  nächstverwandten 
Spezies   C.  catus  F.  Dahl  zugeteilt  werden  mußten. 

Fundorte:  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog, 
östlich  der  Klippe  Purara,  Weg  nach  Porno  (Fang  12  und  14), 
Kanal  von  Lussin,  Pericolosa  (mit  Eiern),  [Kap  Merlera,  süd- 
lich der  Klippe  Galliola,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Korcula  (Car,  1893);  Tiesno  (Stretto), 
Zlarin  (Car,   1902);  Corrente  bei  Lussin  (Steuer,   1910). 

Corycaeus  (Onychocorycaeus)   catus   F.  Dahl. 
Syn.  C.  obtusus  cf  Giesb recht,   1892,  p.  673. 

Größe:  o71  0-81  mm,  G  :  A  :  F  =  50  :  17  :  20.  Punta  Veli- 
bog1. (9  0*95  mm,  c7  0-8  mm)  nach  Dahl,  ( — ,  cf  0-9  mm) 
rjach  Giesb  recht. 

Giesbrecht's  Männchen  von  C.  obtusus  hat  mit  dem  c? 
von  C.  catus  F.  Dahl  den  Besitz  eines  medianen  Hakens 
am  Genitalsegment  gemein  und  wird  daher  von  M.  Dahl  für 
»teilweise  identisch  mit   C.  catus  F.  Dahl«   angesehen. 

Giesbrecht's  Weibchen  von  C.  obtusus  dagegen  wurde 
von  Dahl  zutreffenderweise  mit  C.  ovalis  Claus  identifiziert. 
Diesem  Weibchen  aber  ordnete  Dahl  im  Anschluß  an  Claus 
ein  Männchen  zu,  welches  sich  von  den  Männchen  des 
C.  latus  Dana  und  C.  catus  F.  Dahl  schon  durch  das 
Fehlen  des  medianen  Hakens  am  Genitalsegment  unterschied. 

Da  nun  im  Laufe  meiner  Untersuchung  wiederholt 
Männchen  von  C.  catus  F.  Dahl  mit  medianem  Haken  am 
Genitalsegment  zur  Beobachtung  kamen  und  diese  ganz  auf- 


1  Das  Längenverhältnis  zwischen  Analsegment  und  Furka  war  merk- 
lichen Schwankungen  unterworfen.  So  ergaben  sich  bei  den  Männchen  aus 
dem  gleichen  Fange  (Punta  Velibog)  beispielsweise   die  folgenden  Werte : 

G:A:F=  65  :  25  :  30;      G  :  A  :  F  =  G5  :  24  :  3 1  ;      G  :  A  :  F  =  65  :  26  :  33 


504  F.  Früchtl, 

fallenderweise  in  ihrer  Verbreitung  sich  enge  an  die  Weibchen 
der  vorgenannten  Ar't  anschließen,  sei  hier  die  Vermutung 
ausgesprochen,  daß  es  sich  bei  ihnen  um  die  richtigen 
Männchen  der  vorstehenden  Art  handeln  dürfte.  Auch  der 
Umstand,  daß  Steuer  (1910)  in  seinen  Fängen  nur  Männchen 
mit  medianem  Haken  beobachtet  hat,  spricht  für  die  hohe 
Wahrscheinlichkeit  der  Zusammengehörigkeit  beider  Ge- 
schlechter. 

Die  Entscheidung  dieser  Frage  bleibt  künftigen  Unter- 
suchungen vorbehalten. 

Fundorte:  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog, 
südlich  von  Lucietta,  Weg  nach  Porno  (Fang  14  und  15), 
Pericolosa,  Kap  Merlera,  Punta  nera. 

Bisher  bekannt:  Korcula,  Losinj  (Car,  1893);  Zrnov- 
nica  (Car,  1898)  cT?;  Triest  (Graeffe,  1900);  Quarnero, 
Selve,  Zara,  S.  Vito  (Sebenico),  Luks  (Sebenico),  Lucietta, 
Brindisi  (Steuer,  1910);  Malamocco  (Grandori,  1910).  In 
allen  Arbeiten  als   C.  obtusus  Dana  d*  angeführt. 

Subgenus  Agetus  Kröyer. 
Corycaeus  (Agetus)  typicus  Kröyer. 

Syn.  C.  elongatns  cT  Giesbrecht,   1892,  p.  674. 

Größe:  9  \-Q6  bis  VI  mm,  o71  1*44  mm,  Pomobecken. 
(9  1*62  bis  VQomm,   o'  P42  mm)  nach  Dahl. 

M.  Dahl  glaubt  sich  berechtigt,  das  9  des  Giesbrecht- 
schen  C.  elongatns  mit  C.  llmbatus  Brady  identifizieren  zu 
dürfen.  Nun  bestehen  aber  zwischen  ihren  Exemplaren  von 
C.  Umbahis  (9  V35mm)  und  C.  elongatns  (9  P45  bis 
l'öomm)  Differenzen  in  der  Körpergröße,  welche  sie  durch 
die  Annahme  zu  beseitigen  sucht,  daß  »Giesbrecht  entweder 
ein  anormal  großes  Stück  dieser  Art  vor  sich  hatte  oder  daß 
ihm  in  der  Größenangabe  ein  Irrtum  unterlaufen  sei«. 

Ich  kann  Dahl's  Ansicht  nicht  teilen,  sondern  muß  viel- 
mehr auf  Grund  des  mir  vorliegenden  Materials  für  die  Richtig- 
keit  der  Giesbrecht'schen  Größenangaben  eintreten,    denn  ein 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  505 

Weibchen  aus  dem  Pomobecken  (Fang  12)  erreichte  z.  B. 
die  Größe  von    VI  mm. 

Fundorte:  Skarda-Isto,  Punta  Bonaster,  Punta  Velibog, 
südlich  von  Lucietta,  Weg  nach  Porno  (Fang  12  und  15), 
Pericolosa,  südlich  der  Klippe  Galliola. 

Bisher  bekannt:  Quarnero,  Lucietta,  Ragusa  (Steuer, 
1910). 

Subgenus  Corycaeus  Dana. 

Corycaeus  (Corycaeus)  clausi  F.  Dahl. 
Syn.  C.  ovalis  Giesb recht,   1892,  p.  659  ff. 

Größe:  9  1*638  mm,  Pomobecken. (9  L566 mm,  cf  1  '35  mm) 
nach  Dahl. 

Drei  Weibchen  wurden  beobachtet. 

Fundorte:  Westlich  von  Lucietta,  Weg  nach  Porno 
(Fang   14  und   15). 

Bisher  bekannt:  Tiesno  (Stretto),  Zlarin  (Car,  1902); 
Corrente  bei  Lussin  (Steuer,   1910). 


506  F.  Fruchtl, 

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graphie. Bd.  5,   Heft  5/6,   Leipzig,    1913. 


Planktoncopepoden  aus  der  Adria.  509 

Steuer  Ad.,  Ziele  und  Wege  biologischer  Mittelmeerforschung.  In:  Verhandig. 
d.  Gesellsch.  deutscher  Naturforscher  u.  Ärzte,  Leipzig,   1913. 

—  Phaoplanktonische  Copepoden  aus  der  südlichen  Adria.  In :  Ver- 
handlungen der  k.  k.  zoolog.-botanischen  Gesellschaft.  Wien,  1912, 
p.  64—69. 

Wolfe nden  R.  N.,  Notes  on  the  Copepoda  of  the  North  Atlantic  Sea  and 
the  Faröe  Channel.  In:  Journal  of  the  Marine  Biological  Association. 
Num.  1,  April   1904. 

—  Die  marinen  Copepoden  der  deutschen  Südpolar-Expedition  1901  bis 
1903.  2.  Die  Pelagischen  Copepoden  der  Westwinddrift  und  des 
südlichen  Eismeeres.  In:  Deutsche  Südpolar-Expedition,  12.  Bd.,  1911, 
Berlin. 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  34 


Akademie    der   Wissenschaften    in    Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,    Krystallographie,   Botanik,    Physiologie    der 

Pflanzen,    Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische 

Geographie  und  Reisen 


129.  Band.   10.  Heft 


35 


513 


Neue   Ceratitoidea    aus    den   Hallstätter 
Kalken  des  Salzkammergutes 

Von 

Dr.  C.  Diener 

w.  M.  Akad. 
(Mit  1  Tafel) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  14.  Oktober  1920) 

In  einem  vorangehenden  Hefte  dieses  Bandes  der  Sitzungs- 
berichte habe  ich  eine  Beschreibung  der  trachyostraken  Ammo- 
niten  mit  kurzer  Wohnkammer  —  Ceratitoidea  —  aus  der 
karnisch-norischen  Mischfauna  des  Feuerkogels  bei  Aussee 
veröffentlicht.  Es  bleibt  mir  nunmehr  noch  eine  kleine  Zahl 
neuer  oder  wenig  bekannter  Ceratitoidea  zu  beschreiben 
übrig,  die  aus  anderen  Niveaux  der  Hallstätter  Kalke  und 
von  anderen  Lokalitäten  des  Salzkammergutes  stammen. 

Mit  dieser  Arbeit  erscheinen  die  Beiträge  zur  Kenntnis 
der  Cephalopoden  der  Hallstätter  Kalke  des  Salzkammergutes, 
die  sich  auf  das  Material  aus  den  Sammlungen  Heinrich's 
und  Kittl's  gründen,  zum  Abschluß  gebracht. 

Gen.  Ceratites  de  Haan. 

Subgen.  Epieeratites  Diener. 

Epiceratites  Venantii  nov.  sp. 
Taf.  I,  Fig.  4. 

In  der  Einleitung  zu  Pars  8  des  »Animalium  fossilium 
Catalogus«  (Cephalopoda  triadica)  habe  ich  im  Jahre  1915  für 
die  obertriadischen  Zwergformen  von  Ceratites  die  subgene- 
rische    Bezeichnung    Epiceratites    in   Vorschlag    gebracht.    Zu 


514  C.   Diener, 

dieser  Gruppe  gehört  auch  die  vorliegende  neue  Art,  die  sich 
allerdings  in  ihren  Dimensionen  bereits  dem  größten  Vertreter 
des  Subgenus,  E.  viator  v.  Mojsisovics  (Cephalopoden  der 
Hallstätter  Kalke,  Abhandl.  Geol.  Reichsanstalt,  VI/2,  1893, 
p.  410,  Taf.  XLII,  Fig.  2)  nähert  und  auch  in  der  .Skulptur  mit 
demselben  bedeutende  Ähnlichkeit  aufweist. 

Die  hochmündigen,  einander  weit  umfassenden  Umgänge 
schließen  einen  engen  Nabel  ein,  der  von  einer  niedrigen 
Nabelwand  begrenzt  wird.  Ein  steil  gerundeter  Nabelrand  ver- 
mittelt den  Übergang  in  die  sehr  flach  gewölbten  Seitenteile, 
die  durch  eine  deutlich  ausgeprägte,  stumpf  gerundete  Marginal- 
kante  von  dem  abgestutzten  Externteil  geschieden  werden. 

Die  Skulptur  besteht,  wie  bei  Epiceratites  viator,  aus 
schwachen  Sichelrippen,  die  vom  Umbilikalrand  bis  zur  Mar- 
ginalkante  ziehen,  aber  nicht  auf  den  Externteil  übertreten. 
Dazu  kommen  schwache  Andeutungen  von  Knoten,  am 
häufigsten  an  der  Marginalkante,  ausnahmsweise  auch  in  der 
Umbilikalregion.  Die  Oberfläche  der  Schale  ist  mit  feinen  Zu- 
wachsstreifen bedeckt,  die  dem  Verlauf  der  Rippen  folgen.  Auf 
den  Flanken  treten  Rippenspaltungen  nicht  auf.  Nur  an  einer 
Stelle  sieht  man  zwei  Rippen  aus  einem  gemeinsamen  Um- 
bilikalknoten  entspringen. 

Dimensionen: 

Durchmesser ZOmm 

Höhe  der  Schlußwindung 16 

Dicke     »  »  9 

Nabelweite 5 

Loben:  Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Feuer- 
kogel,  Julische  Hallstätter  Kalke   1,  coli.  Heinrich. 

Subgen.  Halilueites  Diener. 

Halilucites  sp.  ind.  äff.  rustico  Hauer. 

In  meiner  Arbeit  über  die  Cephalopodenfauna  der  Schiech- 
linghöhe  bei  Hallstatt  (Beiträge  zur  Paläontol.  und  Geol.  Öster- 
reich-Ungarns etc.,  XIII,  1900,  p.  10)  habe  ich  zum  erstenmal 
auf  eine  Vertretung  jener  merkwürdigen  bosnischen  Ceratiten- 


Hallstätter  Ceratitoidea.  515 

gruppe  in  den  Nordalpen  hingewiesen,  die  von  mir  später 
(diese  Sitzungsber.,  114.  Bd.,  1905)  in  dem  Subgenus  Halilucites 
zusammengefaßt  worden  ist.  Damals  lagen  mir  nur  zwei  stark 
beschädigte  Gehäuse  vor,  die  sich  am  nächsten  an  H.  obliquus 
Hauer  anzuschließen  schienen. 

Aus  den  Trinodosuskalken  der  gleichen  Lokalität  besitzt 
die  Sammlung  Dr.  Heinrich's  ein  leider  ebenfalls  schwer  be- 
schädigtes Windungsbruchstück,  das  an  einer  Stelle  noch  den 
unverletzten  hohen  Mittelkiel,  im  übrigen  eine  gröbere  Skulptur 
als  H.  obliquus  zeigt,  so  daß  eine  Identifizierung  mit  H,  rusti- 
cns  v.  Hauer  (Beiträge  zur  Kenntnis  der  Cephalopoden  aus 
der  Trias  von  Bosnien.  II.  Xautileen  und  Ammoniten  mit  cera- 
titischen  Loben  aus  dem  Muschelkalk  von  Haliluci;  Denkschr. 
Akad.  Wiss.  Wien,  mathem.-naturw.  Klasse,  LXIIL,  1896, 
p.  259,  Taf.  IX,  Fig.  1  —  4)  in  Frage  kommen  dürfte. 

Gen.  Beyrichites  Waagen. 

Beyrichites  nov.  sp.  ind.  äff.  Bittneri  Arth. 

Die  durch  das  Auftreten  von  zarten  Lateralknoten  ge- 
kennzeichnete Gruppe  des  Beyrichites  splendens  Arth., 
B.  Bittneri  Arth.  und  B.  Gangadhara  Diener  findet  auch  in 
der  Hallstätter  Fazies  eine  Vertretung.  Aus  dem  Trinodosus- 
ka!k  der  Schiechlinghöhe  liegt  mir  ein  leider  mangelhaft  er- 
haltenes Wohnkammerfragment  eines  großen  Beyrichites  vor, 
der  sich  an  B.  Bittneri  v.  Arthaber  (Cephalopodenfauna  der 
Reiflinger  Kalke,  Beiträge  zur  Paläontologie  und  Geol.  Öster- 
reich-Ungarns etc.,  X,  1896,  p.  230,  Taf.  XXVI,  Fig.  11)  an- 
schließt. Der  Externteil  ist,  wie  bei  der  Spezies  aus  den  Reif- 
linger Kalken,  gegen  die  Flanken  deutlich  abgesetzt,  doch  sind 
die  letzteren  stärker  gewölbt.  Auch  ist  der  Querschnitt  breiter 
als  bei  B.  Bittneri  oder  B.  splendens  v.  Arth  ab  er  (1.  c,  p.  229, 
Taf.  XXVII,  Fig.  1). 

Mit  Rücksicht  auf  die  schweren  Beschädigungen  der 
Schalenoberfläche  ist  es  nicht  möglich  festzustellen,  in  welchem 
Wachstumsstadium  die  zarten  Lateralknoten  zuerst  erscheinen, 
die  neben  den  falcoid  geschwungenen  Anwachsstreifen  das 
einzige  Skulpturelement  unserer  Art  bilden.  Die  Lateralknoten 


516  C.   Diener. 

treten  spärlicher  und  in  größeren  Entfernungen  voneinander 
auf  als  bei  den  beiden  genannten  Arten  aus  dem  Reiflinger 
Kalk. 

Dimensionen: 

Durchmesser 82  mm 

Höhe  der  Schlußwindung  ....    42 

Dicke     »  »  ...      26 

Nabelvveite 12 

Loben:  Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Schiech- 
lirighöhe,  Trinodosus- Zone   1,  coli.  Heinrich. 

Gen.  Judicarites  M  oj  s. 
Judicarites  arietiformis  v.  Mojsisovics. 

1882,  Balatonites  arietiformis  v.  Mojsisovics,  Cephalopoden  der  medi- 
terranen Triasprovinz.  .Abhandlungen  Geol.  Reichsanstalt,  X,  p.  85, 
Tat".  XXXVIII,   Fig.  1.  2. 

Das  Genus  Judicarites  ist  von  E.  v.  Mojsisovics  im 
Jahre  1896  für  die  bis  dahin  nur  aus  den  Prezzokalken  von 
Südtirol  bekannte  Gruppe  der  Balatonites  arietiformes  er- 
richtet worden.  Im  Jahre  1902  hat  K.  v.  Fritsch  (Beitrag  zur 
Kenntnis  der  Tierwelt  der  deutschen  Trias.  Sonderabdruck 
aus  Abhandl.  Naturforsch.  Ges.  Halle,  XXIV,  p.  63,  64)  zwei 
Arten  aus  dem  deutschen  Muschelkalk,  Arniotites  Selimcrbitzii 
und  Arniotites  Stau/ei,  beschrieben,  die  ebenfalls  dem  Genus 
Judicarites  nicht     der     kanadischen     Gattung    Arniotites 

Whiteaves  —  zuzurechnen  sind.  Außerdem  kennt  man  Judi- 
carites durch  die  Arbeiten  Martelli's  aus  der  mittleren  Trias 
von  Montenegro.  Nunmehr  hat  sich  dieses  seltene  Genus  auch 
in  der  nordalpinen  Hallstätter  Fazies  in  zwei  Arten  gefunden. 

Aus  der  coli.  Heinrich  liegt  mir  ein  sicher  bestimmbares 
Exemplar  des  Judicarites  arietiformis  vor,  das  das  kleinere 
der  beiden  von  E.  v.  Mojsisovics  abgebildeten  Stücke  in 
seinen  Dimensionen  ein  wenig  übertrifft.  Es  stammt,  ebenso 
wie  ein  zweites,  minder  gut  erhaltenes  Stück,  dessen  Bestim- 
mung daher  eine  gewisse  Unsicherheit  anhaftet,  aus  den  Tri- 
nodosuskalken  der  Schiechlinghöhe   bei  Hallstatt. 


Hall'stätter  Ceratitoidea.  51  7 

Judicarites  Trophini  nov.  sp. 

Taf.  1,  Fig.  l. 

Diese  neue  Art  gehört  in  die  nächste  Verwandtschaft  des 
Judicarites  Meneghinii  v.  Mojsisovics  (Cephalopoden  der 
Mediterr.  Triasprovinz;  Abhandl.  Geol.  Reichsanstalt,  X,  1882, 
p.  86,  Taf.  LXXXI,  Fig.  6)  aus  dem  judikarischen  Prezzokalk. 
Sie  stimmt  mit  der  genannten  Spezies  in  dem  Besitz  eines 
gekerbten,  mit  Hohlkehlen  eingesäumten  Externkiels  und 
falcoid  geschwungener  Flankenrippen  überein,  die  meist  am 
Nabelrande  paarweise  in  schwachen  Knoten  entspringen.  Ver- 
schiedenheiten, die  eine  Trennung  der  beiden  Spezies  be- 
gründen, liegen  in  den  Involutionsverhältnissen  -  -  bei  gleicher 
Nabelweite  ist  die  Windungshöhe  bei  J.  Trophini  erheblich 
größer  —  und  in  der  relativ  dichteren  Berippung  der  Hall- 
stätter  Art.  Auch  ragt  bei  der  letzteren  der  Kiel  beträchtlich 
stärker  über  die  Marginalkanten  empor.  Er  ist  mit  zahlreichen, 
sehr  feinen  Kerben  versehen,  die  jedoch  erst  bei  der  Anwen- 
dung der  Lupe  als  solche  deutlich  hervortreten. 

Dimensionen: 

Durchmesser 39  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 17 

Dicke    »  10 

Nabelweite 12 

Loben:  Nicht  bekannt.  Mindestens  der  halbe  letzte  Umgang 
des  abgebildeten  Stückes  gehört  der  Wohnkammer  an. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Schiech- 
linghöhe,   Trinodosus-Zone   1,  coli.  Heinrich. 

Gen.  Jiaclutes  v.  Mojsisovics. 

E.  v.  Mojsisovics  hat  in  seiner  Systematik  der  Hall- 
stätter  Auuuoucü  Irachyostraca  das  Genus  CeratUes  in  eine 
Anzahl  von  Gruppen  oder  Untergattungen  zerlegt,  unter  denen 
einige,  wie  Buchites  und  Phormedites,  von  ihm  als  Stamm- 
formen gewisser  Gruppen  oder  Untergattungen  von  Arpadites 
(Clionites,  Dapknites)  angesehen  werden.  Mit  einer  solchen 
Auffassung  steht  die  obige_Systematik  in  einem  inneren  Wider- 


518  C.    Diener, 

spruch.  Eine  natürliche  Systematik  müßte  BucliHes  mit  Clio- 
nites,  Phormedites  mit  Dapknites  unmittelbar  verknüpfen, 
während  die  phylogenetisch  zusammengehörigen  Gruppen  aus- 
einandergerissen werden,  wenn  man  sie  als  Subgenera  bei 
verschiedenen  Hauptgattungen  (Ceratites  —  Arpadites)  unter- 
bringt. Ich  habe  daher,  um  diese  Klippe  zu  vermeiden,  in 
meiner  Übersicht  der  Cephalopoda  triadica  im  »Animalium 
fossilium  Catalogus«  (Junk,  Berlin  1915)  die  Erhebung  aller 
dieser  Subgenera  zu  selbständigen  Gattungen  befürwortet  und 
halte  auch   hier  an  dieser  Auffassung  fest. 

Buchites  Helladii   nov.  sp. 

Tat.  1,   Fig.  2. 

Das  abgebildete  Windungsbruehstück,  in  dessen  Nabel- 
region noch  ein  Teil  des  vorletzten  Umganges  der  Beob- 
achtung zugänglich  ist,  steht  dem  Buchites  Aldrovandii  v.  Moj- 
sisovics  (Cephal.  der  Hallstätter  Kalke;  Abhandl.  Geol.  Reichs- 
anstalt, VI/2,  1893,  p.  411,,  Taf.  CXXIII,  Eig.  11)  sehr  nahe. 
Der  Hauptunterschied  liegt  in  den  abweichenden  Querschnitts- 
verhältnissen, da  die  neue  Art  erheblich  schlanker  ist.  Das 
Verhältnis  der  Höhe  zur  Dicke  der  Schlußwindung  beträgt 
bei  ihr  18*5  zu  10 //////  (gegenüber  17  :  13  mm  bei  B.  Aldro- 
vandii). Auch  ist  sie  stärker  eingerollt,  da  einem  Durchmesser 
von  Ab  mm  eine  Nabelweite  von  14;;/;;/  entspricht  -  gegen- 
über 53  :  24  mm  hei  B.  Aldrovandii. 

Die    Berippung    ist    bei    Übereinstimmung    im    Skulptur- 
charakter   schwächer    als    bei    B.  Aldrovandii,    aber    an    der 
stumpf  gerundeten  Marginalkante  verstärkt,  so  daß  der  Verlaut 
dieser  Kante  durch   eine   Perlknotung  markiert  erscheint. 
Dimensionen: 

Durchmesser 45  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 18  •  5 

Dicke     »  »  10 

Nabelweite 14 

Loben:  Genau  die  Hälfte  des  abgebildeten  Fragments 
entfällt  auf  die  Wohnkammer.  Die  Anordnung  der  Suturele- 
mente  scheint  mit  jener  bei  B.  Aldrovandii  übereinzustimmen. 


Hallstätter  Ceratitoidea.  •"">  1 (.  I 

Der  kurze  zweite  Laterallobus  fällt  mit  dem  Nabelrand  zu- 
sammen. Zwischen  dem  letzteren  und  duv  Naht  steht  noch 
ein   kleiner  zweiter  Lateralsattel. 

Vorkommen,    Zahl    der    untersuchten   Exemplare:    Peuer- 
kogel,  julische   Hallstätter  Kalke    1,  coli.   Kitt l. 


Buchites  Heriberti  nov.  sp. 

Tai".  1,   Fig.  3. 

Das  abgebildete  kleine  Gehäuse  dürfte  wahrscheinlich 
bereits  die  Wohnkammer  besitzen.  Es  besteht  aus  zahlreichen, 
sehr  langsam  anwachsenden,  hochmündigen  Windungen  von 
fast  rechteckigem  Querschnitt.  Doch  geht  die  flach  gerundete 
Externseite  ohne  Intervention  einer  Marginal  kante  in  die  mit-  • 
einander  parallelen  Flanken  über. 

Von  den  bisher  bekannten  Arten  scheint  Buchites  Emer- 
soni  Diener  (Fauna  of  the  Tropites  limest.  of  Byans,  Palae- 
ontol.  Ind.,  ser.  XV.  Himal.  Foss.  Vol.  V,  No  1,  1906,  p.  25, 
PI.  V,  hg.  8)  aus  dem  Tropitenkalk  von  Byans  der  unseligen 
am  nächsten  zu  stehen.  Doch  ist  die  Skulptur  der  letzteren 
erheblich  zarter  und  besteht  zumeist  aus  einfachen  Rippen,  die 
auf  den  Seitenteilen  fast  ganz  verschwinden  und  nur  im  Be- 
reiche des  Nabels  und  auf  dem  Externteil  hervortreten.  In  der 
Mittellinie  des  Externteiles  ist  keine  Unterbrechung  der  Skulptur 
vorhanden. 

Die  außerordentlich  zarte  Ornamentierung  gestattet  eine 
leichte  Unterscheidung  unserer  neuen  Art  von  allen  bisher  be- 
schriebenen Buchiten  aus  der  Obertrias  der  Alpen  und 
Siziliens. 

Dimensionen: 

Durchmesser 26  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 8 

Dicke    »  »  5 

Nabelweite 11 

Loben:  Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Feuer- 
kugel, julische   Hallstätter  Kalke    1,  coli.  Heinrich. 


520  0.   Diener. 

Gen.    Thisbites  v.  Mojsisovics. 

Subgen.  Parathisbites  v.  Mojs. 

Parathisbites  nov.  sp.  ind.  äff.  scaphitiformis  v.  Hauer. 

Taf.  1,  Fig.  5. 

Eine  neue,  dem  Parathisbites  scaphitiformis  v.  Hauer 
(Beiträge  zur  Kenntnis  der  Cephalopodenfauna  der  Hallstätter 
Schichten;  Denkschr.  Akad.  Wiss.  Wien,  mathem.-naturw.  Kl., 
IX.,  1855.  p.  149,  Taf.  II,  Fig.  4 — 6)  sehr  nahestehende  Form 
unterscheidet  sich  von  diesem  durch  niedrigere  Windungen 
und  einen  weiteren  Nabel.  Die  Sichelrippen  setzen  in  der 
Gestalt  von  Zuwachsstreifen  über  den  breiten  Mediankiel  hin- 
weg wie  bei  P.  Hyrtli  v.  Mojsisovics  (Cephal.  der  Hallstätter 
Kalke;  Abhandl.  der  Geol.  Reichsanstalt,  VI/2,  1893,  p.  445. 
Taf.  CXXXI,  Fig.  13).  Die  Flankenskulptur  stimmt  mit  jener 
des  P.  scaphitiformis  überein. 

Loben:  Übereinstimmend  mit  jenen  des  P.  scaphitiformis. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Sommerau- 
kogel,   norische   Stufe   '_!,  coli.   Heinrich. 


Gen.  Drepctriites  v.  Mojsisovics. 

Drepanites  Domitii  nov.  sp. 
Tal'.  1 ,   Fig.  6. 

Das  abgebildete  Exemplar  ist  trotz  seiner  geringen  Größe 
als  ausgewachsen  anzusehen,  da  es  nicht  nur  die  Wohn- 
kammer besitzt,  sondern  auch  die  mit  Knötchenkanten  ver- 
sehenen scharfen  Externkanten  zeigt.  Diese  Externkanten  sind 
nicht,  wie  bei  D.  Hva/ti,  nur  an  der  Außenseite  gekerbt,  son- 
dern die  Kerben  schneiden  in  die  Externkanten  selbst  ein,  die 
durch  eine  tiefe,  an  der  Basis  winkelige  — ■  nicht  gerundete  — 
Hohlkehle  geschieden  werden. 

Obwohl  das  abgebildete  Stück  die  Seitenteile  nur  auf 
einer  Seite  erhalten  zeigt,  gestattet  es  doch  eine  befriedigende 
Rekonstruktion    der  Involutions-  und  Ouerschnittsverhältnisse. 


Hallstätter  Ceratitoidea.  521 

Unsere  Art  ist  entschieden  den  schmalen,  hochmündigen 
Formen  zuzuzählen  und  schließt  sich  in  dieser  Richtung  an 
D.  fissistriatus  an. 

In.  der  Skulptur  erinnert  sie  einigermaßen  an  Drepanites 
aster  v.  Hauer  (Beiträge  zur  Kenntnis  der  Cephalopodenfauna 
der  Hallstätter  Kalke:  Denkschr.  Akad.  Wiss.  Wien,  mathem.- 
naturw.  Kl.,  IX,  1855,  p.  160,  Taf.  V,  Fig.  18-20).  Vom 
Nabel  strahlen  wulstige  Faltrippen  aus,  die  in  der  oberen 
Seitenhälfte  eine  sichelförmige  Krümmung  annehmen,  aber 
zugleich  eine  sehr  erhebliche  Abschwächung  erfahren.  Die 
meisten  Faltrippen  gabeln  sich  schon  in  der  unteren  Hälfte 
der  Seitenteile. 

Dimensionen: 

Durchmesser 1-1  ///;// 

Höhe  der  Schlußwindung 9 

Dicke    »  4 

Nabelweite 1 

Loben:  Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Sommerau- 
kogel,  norische  Stufe    1,  coli.  Heinrich. 

Drepanites  (?)  nov.  sp.  ind. 
Taf.  1,  Fig.  7. 

Eine  interessante  Form,  die  eine  Zwischenstellung  zwi- 
schen Drepanites  v.  Mojs.,  Daphuites  v.  Mojs.  und  Diouites 
v.  Mojs.  einzunehmen  scheint,  liegt  mir  leider  nur  in  einem 
für  eine  zufriedenstellende  Diagnose  nicht  ausreichenden 
Wohnkammerbruchstück  vor. 

Die  wohlerhaltene  Externseite  zeigt  eine  tief  ausgehöhlte 
Medianrinne,  die  von  scharfen  Externkanten  eingefaßt  wird. 
Diese  Kanten  sind  mit  zarten,  voneinander  ziemlich  weit  ab- 
stehenden Knötchen  besetzt.  Jedes  dieser  Knötchen  bildet  das 
Ende  einer  zarten,  falcoid  geschwungenen  Rippe,  die  vom 
Nabelrand  über  die  flachen  Seitenteile  hinwegzieht.  Zwischen 
den  Seitenteilen  und  den  Externkanten  schaltet  sich  noch  eine 
stumpf  gerundete  Marginalkante  ein.  Die  schmale  Zone  zwi- 
schen Extern-  und  Marginalkante  wird  von  drei  Knotenspiralen 


02  l  C.    Diener, 

eingenommen.  Die  Knoten  stehen  an  der  Kreuzungsstelle  mit 
den  Rippen  und  sind  stark  in  die  Länge  gezogen,  wie  bei 
Dionües  Caesar  v.  Mojs.  Auch  auf  den  Flanken  sind  vier 
Reihen  sehr  zarter  Knoten  erkennbar,  die  aber  im  Gegensatz 
zu  jenen  auf  dem  Externteil  eine  kreisförmige  oder  quer  ver- 
längerte Basis  besitzen. 

Beachtenswert  ist  die  große  äußere  Ähnlichkeit  unserer 
Art  mit  Protrackyceras  v.  Mojs.  Allerdings  stellt  sich  einer 
Vereinigung  mit  Protrackyceras  —  abgesehen  von  dem  strati- 
graphischen  Niveau  —  die  Stellung  der  kleinen  Perlknoten 
auf  einer  scharfen  Externkante  entgegen.  Man  könnte  sich 
hingegen  sehr  wohl  vorstellen,  daß  aus  einem  typischen 
Daphnites  eine  Form  mit  Perlknoten  (vgl.  Daphnites  Tristani 
v.  Mojs.)  hervorgeht,  bei  der  später  die  scharfen  Externkanten 
von  Drepanites  und  endlich  eine  an  Dionües  erinnernde  Spiral- 
skulptur auftreten,  so  daß  die  vorliegende  Art  eine  Vereinigung- 
aller  dieser  Merkmale  aufweist.  Die  Ähnlichkeit  mit  Protracky- 
ceras wäre  in  diesem  Falle  in  das  Gebiet  der  Konvergenz- 
erschein ungen  zu  verweisen. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Sommerau- 
kosrel,  n< irische  Stufe    1,  coli.   Heinrich. 


Gen.  Daphnites  v.  Mojsisovics. 

Daphnites  Flaviani  nov.  sp. 
Taf.  1,   Fig.  8. 

Die  neue  Art  ist  ein  typischer  Vertreter  des  Genus 
Daphnites,  bei  dem  die  Rippen  an  der  tiefen  Medianfurche 
des  Externteils  ohne  Knotenbildung  enden.  Sie  schließt  sich 
nahe  an  I).  Uugcri  v.  Mojs.  (Cephal.  der  Hallstätter  Kalke;  Ab- 
handl.  Geol.  Reichsanstalt,  VI/2,  1893,  p.  485,  Taf.  CXLII, 
Fig.  4,  5)  und  D.  BercUae  v.  Mojs.  (1.  c,  p.  486,  Taf.  CXLII, 
Fig.  3)  an.  Von  beiden  unterscheidet  sie  sich  durch  den 
engeren  Nabel  und  die  weniger  dichte  Berippung,  die  erst  in 
einem  späteren  Wachstumsstadium  als  bei  den  beiden  ge- 
nannten Arten  auftritt.  Die  falcoid  geschwungenen  Rippen 
sind  nicht  gebündelt.  Neben  einfachen  und  gegabelten  Rippen 


Hallstätter  Ceratitoidea.  o23 

kommen    auch    einzelne    auf    die    Marginalzone    beschränkte 
Schaltrippen  vor. 
Dimensionen: 

Durchmesser 17  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 9 

Dicke    »  »  6 

Nabelweite 2 

Loben:  Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Sommerau- 
kogel,  norische  Stufe  2,  coli.  Heinrich. 

Gen.  Clionites  v.  Mojsisovics. 
Clionites  angulosus  v.  Mojsisovics.  var. 

1893.   Clionites  angulosus  v.  Mojs.,   Cephal.  der  Hallstätter  Kalke;    Abhandl. 
Geol.  Reichsanstalt,   VI/2,  p.  465,   Taf.  CXXIIT,  Fig.  10. 

In  der  coli.  Heinrich  befindet  sich  ein  Exemplar  dieser 
Spezies  aus  den  julischen  Hallstätter  Kalken  des  Feuerkogels, 
das  sich  von  dem  Arttypus  dadurch  unterscheidet,  daß  ein- 
zelne der  an  der  glatten  Medianzone  des  Externteils  mit 
Knoten  endenden  Rippen  einander  direkt  gegenüberstehen, 
während  bei  dem  Typus  vom  Raschberg  alle  Rippen  auf  den 
beiden  Schalenhälften  miteinander  alternieren.  Ein  weiterer 
Unterschied  liegt  in  der  gelegentlichen  Einschiebung  von 
Schaltrippen  zwischen  den  Hauptrippen  in  der  Marginalzone 
der  Seitenteile.  Auf  dem  halben  letzten  Umgang  des  mir  vor- 
liegenden Stückes  kommen  fünf  solche  Schaltrippen  auf 
13  Hauptrippen.  Beide  Unterschiede  können  wohl  nur  den 
Wert  von  Varietätsmerkmalen  beanspruchen. 

Clionites  Nicetae  nov.  sp. 

Taf.  I,   Fig.  14. 

Eine  Anzahl  winziger  Gehäuse  aus  dem  norischen  Hall- 
stätter Kalk  des  Taubensteins  im  Gosautal  weist  auf  eine 
Zwergform  hin,  die  einen  sehr  einfachen  Typus  des  Genus 
Clionites  darstellt  und  vielleicht  als  ein  Vorläufer  des  Clionites 
Ares  v.  Mojs.  angesehen  werden  könnte. 


,i24        *  C.    Diener. 

Die  langsam  anwachsenden,  einander  nur  über  dem  Extern- 
teil umfassenden  Umgänge  sind  erheblich  dicker  als  hoch.  Den 
abgeflachten  Flanken  steht  ein  breit  gewölbter  Externteil 
gegenüber. 

Zahlreiche  radial  verlaufende  Rippen  ziehen  über  die 
Seitenteile  und  den  Externteil  und  brechen  vor  der  schmalen, 
glatten  Medianzone  mit  Knoten  ab.  Einzelne  Rippen  gabeln 
sich  in  der  Mitte  der  Flanken,  doch  bleibt  die  Mehrzahl  der- 
selben ungespalten.  Außer  der  externen  Knotenspirale  ist  keine 
Andeutung  weiterer  Knotenspiralen  vorhanden,  ebensowenig 
treten  Spuren  einer  Längsskulptur  hervor. 

Dimensionen: 

Durchmesser 11*5  mm 

Höhe  der  Schlußwindung...  3-5 

Dicke    »  »  ...  5 

Nabelweite 5 

Loben:   Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Tauben- 
stein, norische  Stufe  5,  coli.  Kittl  (1901). 


Gen.  Cyrtopleurites  v.  Mojs. 

Cyrtopleurites  sp.  ind.  äff.  bicrenati  Hauer 
et  Saussurei  v.  Mojs. 

Taf.  I,  Fig.  13. 

In  meiner  Abhandlung  über  die  Ceratitoidea  der  karnisch- 
norischen  Mischfauna  des  Feuerkogels  ist  auf  die  Überein- 
stimmung einer  Zwergform  des  Genus  Cyrtopleurites  mit  einem 
inneren  Kern  aus  dem  norischen  Marmor  des  Sommeraukogels 
hingewiesen  worden,  der  sowohl  zu  C.  bicreuatus  Hauer  als 
zu  C.  Saussurei  v.  Mojs.  sehr  nahe  Beziehungen  zeigt.  Ich 
trage  hier  die  Abbildung  dieses  Stückes  nach  und  verweise 
im  übrigen  auf  die  an  der  zitierten  Stelle  gegebene  Beschrei- 
bung. 


Hallstätter  Ceratitoidea.  525 

Cyrtopleurites  Partheniae  noy.  sp. 
Taf.  I,   Fig.  12. 

Diese  Art  ist  in  der  Sammlung  Kittl's  nur  durch  ein 
einziges,  aber  tadellos  und  nahezu  vollständig,  mit  einem  Teile 
seines  Peristoms  erhaltenes  Exemplar  vertreten.  Sie  steht  dem 
C.  Herodoti  v.  Mojs.  (I.  c,  p.  518,  Taf.  CLVIIL  Fig.  10)  aus 
den  Ellipticus- Schichten  des  Feuerkogels  sehr  nahe. 

Wie  bei  C.  Herodoti  fehlen  Umbilikalknoten,  während 
Lateral-  und  Marginalknoten  wohlentwickelt  sind.  Die  Rippen- 
skulptur tritt  am  kräftigsten  auf  dem  Externteil  zwischen 
Marginalknoten  und  Externohren  hervor.  Die  Unterschiede 
gegenüber   C.  Herodoti  sind  die  folgenden. 

Bei  gleichem  Gehäusedurchmesser  ist  C.  Partheniae  erheb- 
lich schlanker  —  Windungsquerschnitt  17:11  gegenüber  17:14 
bei  C.  Herodoti.  Die  Skulptur  ist  zarter,  die  Berippung  dichter. 
Insbesondere  ist  die  Zahl  der  eingeschalteten  Rippen  und  damit 
auch  der  Marginalknoten  größer  —  21  gegenüber  15  auf  der 
ersten  Hälfte  des  letzten  Umganges.  Endlich  verlaufen  die 
Rippen  bei  unserer  Art  zwischen  den  Lateral-  und  Marginal- 
knoten stärker  sigmoid  geschwungen  als  bei  C.  Herodoti,  bei 
dem  sie  —  wenigstens  am  Beginn  der  Schlußwindung  —  eine 
fast  gerade  Richtung  einhalten,  ähnlich  wie  bei  C.  Vestaiiae 
Diener,  der  aber  wohl  individualisierte  Umbilikalknoten  besitzt. 

An  dem  vorliegenden  Exemplar  ist  das  Peristom  auf  der 
linken  Schalenhälfte  von  der  Naht  bis  zur  Mitte  des  Raumes 
zwischen  den  Lateral-  und  Marginalknoten  erhalten.  Es  be- 
schreibt auf  dieser  Strecke  eine  flache  Kurve,  deren  Konvexität 
nach  außen  gekehrt  ist. 

Dimensionen: 

Durchmesser 31  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 17 

Dicke    »  »  11 

Nabelweite 4 

Loben:  Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Millibrunn- 
kogel  am  Vorder-Sandling,  Linse  mit  Tliisbites  Agricolae 
(tuvalisch)   1,  coli.  Kittl. 


526  C.   Diener. 

Subgen.  Hauerites  v.  Mojsisovics. 

Hauerites  rarestriatus  v.  Hauer,  var. 

1849.  Ammonites  rarestriatus  v.  Hauer.  Neue  Cephal.  aus  den  Marmor- 
schichten von  Hallstatt  und  Aussee;  Haidinger's  Naturwiss.  Abhandi. 
III.,  P.  11,  Taf.  V,  Fig.  10;  Taf.  VI,  Fig.  4,  5. 

1893.  Cvrlopleurites  ( Hauerites)  rarestriatus  v.  Mojsisovics;  Cephal.  der 
Hallstätter  Kalke.  Abhandi.  Geol.  Reichsanstalt,  VI/2,  p.  529.  Taf.  CL, 
Fig.  5. 

Ein  dem  Originalstück  v.  Hauer's  an  Größe  ein  wenig- 
nachstehendes  Exemplar,  das  ich  im  Jahre  1916  für  das 
Paläontologische  Institut  der  Universität  in  Wien  aus  den  Auf- 
sammlungen Faber's  im  roten  Marmor  des  Sommeraukogels 
erworben  habe  und  ein  Windungsfragment  aus  der  coli.  Hein- 
rich von  dem  gleichen  Fundort  zeigen  die  Spirallinie,  an  der 
die  Rippen  den  sigmoiden  Schwung  annehmen,  in  zarte  Knöt- 
chen aufgelöst.  Der  Wert  eines  Speziesmerkmals  ist  dieser 
geringfügigen  Abweichung  vom  Arttypus  wohl  nicht  beizu- 
messen. 

Gen.  Distichites  v.  Mojsisovics. 
Distichites  cf.  megacanthus   v.  Mojsisovics. 

In  Kittl's  Aufsammlungen  aus  dem  Hallstätter  Kalk  des 
Taubensteins  im  Gosautal  befindet  sich  ein  gut  erhaltenes 
Exemplar  eines  Distichites,  der  in  seiner  Größe  und  Skulptur 
mit  dem  von  E.  v.  Mojsisovics  (Cephal.  der  Hallstätter  Kalke, 
1.  c,  p.  598,  Taf.  CXLVI,  Fig.  4)  abgebildeten  Original  des 
I).  megacanthus  aus  dem  roten  Marmor  des  Sommeraukogels 
übereinstimmt  und  sich  von  demselben  nur  durch  den  engeren 
Nabel  unterscheidet.  Das  Verhältnis  des  Durchmessers  zur 
Nabelweite  beträgt  bei  unserem  Stück  147:40  gegenüber 
137:45  bei  dem  Originalexemplar  vom  Sommeraukogel. 

Andere  mit  D.  megacanthus  nächstverwandte  Formen,  wie 
D.  nov.  sp.  inJ.  ex  äff.  megacanthi  Diener  (Fauna  Tropites 
limest.  of  Byans,  Pal.  ind.  ser.  XV.  Himal.  Foss.  Vol.  V.  No  1, 
1906,  p.  98,  PI.  I,  flg.  3)  und  D.  megacanthus  timorensis  Welt  er 
(Obeitriad.  Ammon.  etc.  v.  Timor,  1.  c,  1914,  p.  161,  Taf.  XXXVI, 
Fig.  3,  5,  11)  sind  von  der  Stammform  durch  noch  größere 
Nabelweite  unterschieden. 


Hallstätter  Ceratitoidea.  527 

Gen.  Clydonites  v.  Hauer. 

Clydonites  Goethei  v.  Mojsisovics  var. 

1893.   Clydonites  Goethei  v.  Mojsisovics,  Cephal.  der  Hallstätter  Kalke  ;  Ab- 
handl.  Geol.  Reichsanstalt,  VI/2,  p.  721.  Taf.  XCI,  Fig.  4,  5. 

In  den  Aufsammlungen  Kittl's  aus  den  julischen  Hall- 
stätter Kalken  des  Feuerkogels  (Ellipticus-Schichten)  ist  der 
echte  Clydonites  Goethei  durch  einige  Exemplare  vertreten, 
von  denen  eines  sehr  bedeutende  Dimensionen  erreicht.  Es 
ist  mit  einem  Durchmesser  von  62  mm  das  größte  bisher 
bekannte  Stück  des  Genus   Clydonites. 

Neben  dem  Arttypus  kommt  an  der  gleichen  Lokalität 
(coli.  Heinrich)  eine  Varietät  vor,  die  sich  durch  die  gelegent- 
liche Verstärkung  einzelner  Rippen  in  der  Umbilikalregion 
kennzeichnet. 

Clydonites  nov.  sp.  ind. 

Aus  der  Gruppe  der  C  laevicosiati  liegt  mir  ein  mit 
•clydonitischen  Loben  versehenes  Windungsbruchstück  vor,  das 
aus  dem  roten  Marmor  des  Sommeraukogels  (coli.  Heinrich) 
stammt.  Ich  weise  hier  auf  dieses  für  eine  Artdiagnose  unzu- 
reichende Fragment  hin,  weil  es  von  stratigraphischem  Inter- 
esse ist.  Es  beweist  das  Hinaufgehen  der  Gruppe  in  norische 
Bildungen,  während  die  bisher  bekannten  Vertreter  der  Cl. 
laevicostati  (C.  Goethei  v.  Mojs.,  C.  Hecuba  v.  Mojs.)  auf  die 
karnische  Stufe  beschränkt  sind. 

Gen.   Trachyceras  Laube. 

Trachyceras  Schroetteri  v.  Mojsisovics. 

IS!»:',.   Trachyceras  Schroetteri  v.  Mojsisovics,  Cephal.  der  Hallstätter  Kalke; 
Abhandl.  Geol.  Reichsanstalt,   VI/2,  p.  663.  Taf.  CLXXXVII,   Fig.  3. 

E.  v.  Mojsisovics  kannte  diese  Art  nur  aus  den 
Aonoides-Schichten  des  Raschberges  bei  Goisern.  Sie  hat  sich 
auch  in  Dr.  Heinrich's  Sammlung  aus  den  julischen  Hall- 
stätter Kalken  des  Feuerkogels  gefunden. 

Sit/.b.  d.  mathem.-naturw.  Kl.  Abt.  1,  129.  Bd.  36 


528  C.  Diener, 

Trachyceras  cf.  felix  v.  Mojsisovics. 
1893.  Trachyceras  felix  v.  Mojsisovics,  1.  c,  p.  651,  Taf.  CLXXV,  Fig.  2. 

Dieser,  durch  ihre  Hochmündigkeit  und  den  Wechsel  in 
der  Stärke  der  Dornenspiralen  gekennzeichneten  Spezies  aus 
den  Aonoides-Schichten  des  Raschberges  schließt  sich  ein 
Exemplar  in  Kittl's  Aufsammlungen  aus  den  julischen  Hall- 
stätter  Kalken  des  Feuerkogels  sehr  nahe  an.  Es  weicht  nur 
durch  die  geringere  Zahl  der  Dornenspiralen  von  dem  Original- 
typus ab. 

Trachyceras  austriacum  v.  Mojsisovics. 

1893.   Trachyceras  austriacum  v.  Mojsisovics,  I.e.,  p.  (377,  Taf.  CLXXXII, 

Fig.    8;     Taf.    CLXXXIII,    Fig.   3,   7>-9;     Taf.     CLXXXIV,     Fig.    1  —  3, 
Taf.  CLXXXV,   Fig.  \. 
Eine  vollständige  Synonymenliste  bei  Diener,    Cephal.   triadica,    Fcss.   Cata- 
logus.  Pars  S,  Junk,    1915,   p.  283. 

In  der  Sammlung  Dr.  Heinrich's  befindet  sich  ein  Exem- 
plar dieser  Spezies,  das  in  seinen  Dimensionen  dem  von 
E.  v.  Mojsisovics  in  Fig.  1  auf  Taf.  CLXXXIV  abgebildeten 
Originalstück  des  Arttypus  vom  Feuerkogel  nahezu  gleich- 
kommt. Es  stammt  aus  den  julischen  Hallstätter  Kalken  des 
Vorder-Sandling  bei  Goisern. 

Trachyceras  c\~.  triadicum  v.  Mojsisovics. 

Ein  für  die  sichere  Bestimmung  hinreichend  gut  erhaltenes 
Exemplar  schließt  sich  an  T.  triadicum  v.  Mojsisovics  (1.  c, 
p.  (382,  Taf.  CLXXXV,  Fig.  2-5;  Taf.  CLXXXVL  Fig.  1  — 3> 
so  nahe  an,  daß  ich  eine  spezifische  Trennung  nicht  vor- 
nehmen möchte.  Die  Nabelweite  ist  etwas  größer  —  20  /;//;/ 
bei  einer  Windungshöhe  von  32  mm  — ,  die  Zahl  der  Dornen- 
spiralen ein  wenig  kleiner  —  11  auf  der  einen,  13  auf  der 
anderen  Windungshälfte  — ,  während  typische  Exemplare  des 
T.  triadicum  bei  gleicher  Windungshöhe  13  bis  14  Dornen- 
spiralen aufweisen.  Doch  sind  beide  Unterscheidungsmerkmale 
von  so  geringem  spezifischem  Werte,  daß  ich  sie  unberück- 
sichtigt gelassen  hätte,  wenn  nicht  die  Provenienz  des  Stückes 


Hallstätter  Ceratitoidea.  529 

zu  einer  besonderen  Vorsicht  bei  der  Bestimmung  mahnen 
würde.  Das  Stück  ist  nämlich  von  Dr.  Heinrich  in  den  Sub- 
bullatus- Schichten  des  Feuerkogels  gesammelt  worden,  mithin 
in  einem  Niveau,  aus  dem  bisher,  wenigstens  in  der  alpinen 
Trias,  Trachyceraten  nicht  bekannt  waren. 

Trachyceras  cf.  Fortunae  v.  Mojsisovics. 

Ein  dem  T.  Fortunae  v.  Mojsisovics  (1.  c,  p.  652, 
Taf.  CLXXV,  Fig.  5)  sehr  nahestehendes  Exemplar  hat  sich 
in  der  coli.  Kittl  aus  den  julisehen  Hallstätter  Kalken  des 
Feuerkogels  gefunden.  Rippenteilungen  treten  an  diesem  Stück 
seltener  auf  als  an  dem  Originalexemplar  aus  den  Schichten 
mit  Track,  austriacum  vom  Raschberg. 


Subgen.  Protrachyceras  v.  Mojs. 

Protrachyceras  Zenobii  nov.  sp. 
Taf.  I,   Fig.  9. 

Diese  neue  Art  gehört  der  Gruppe  der  P.furcosa  \.  Mojs. 
an  und  in  die  nächste  Verwandtschaft  des  Protrachyceras 
TIious  v.  Dittmar  (Zur  Fauna  der  Hallstätter  Kalke,  Benecke's 
Geogn.  Pal.  Beitr.  I,  1866,  p.  385,  Taf.  XVIII,  Fig.  11  —  13). 
Selbst  wenn  man  die  letztere  Art  noch  weiter  fassen  wollte 
als  E.v.  Mojsisovics  (I.e.,  p.  629,  Taf.  CLXVIII,  Fig.  3  —  11), 
der  ihr  eine  ziemlich  bedeutende  Variabilität  zugesteht,  würde 
es  sich  doch  empfehlen,  an  der  Selbständigkeit  unserer  neuen 
Spezies  schon  mit  Rücksicht  auf  deren  Niveauverschiedenheit 
festzuhalten. 

P.  Zenobii  zeigt  die  gleichen  Involutionsverhältnisse  und 
den  gleichen  Querschnitt  wie  P.  Thous.  Eine  Externfurche 
gelangt  nur  infolge  des  Aufragens  der  Externknoten  über  das 
mittlere  Niveau  des  Externteils  zur  Ausbildung.  Die  Grund- 
elemente der  Oberflächenskulptur  bilden,  wie  bei  P.  Thons,  die 
breiten,  auf  den  Flanken  schwach  gekrümmten,  in  der  Marginal- 
region  nach  vorwärts  gebogenen  Faltrippen,  während  die 
Knotenspiralen  noch  mehr   als  bei  der  erstgenannten  Spezies 


530  C.  Diener, 

an  Bedeutung  zurücktreten.  Schon  die  schräge  —  nicht  spiral  - 
verlängerten  Externknoten  überhöhen  die  Rippenkämme  nur 
unerheblich.  Von  den  bei  P.  Thous  kräftig  entwickelten  Um- 
bilikal-  und  Marginalknoten  sind  bei  unserer  Art  auf  der 
Schlußwindung  nur  noch  schwache  Andeutungen  vorhanden. 
Auf  den  innerhalb  der  Nabelöffnung  sichtbaren  inneren  Um- 
gängen treten  außer  der  umbilikalen  noch  drei  schwache 
laterale  Knotenreihen  hervor,  die  jedoch  bereits  auf  dem 
ersten  Quadranten  der  Schlußwindung  erlöschen. 

Diese  frühzeitige  bis  zur  Obliterierung  auf  dem  letzten 
Umgang  sich  steigernde  Abschwächung  aller  Knotenspiralen 
mit  Ausnahme  der  Externknoten  unterscheidet  unsere  neue  Art 
von  P.  Thous  in  ausreichender  Weise,  um  deren  spezifische 
Selbständigkeit  zu  rechtfertigen. 

Dimensionen : 

Durchmesser 55  mm 

Höhe  der  Schlußwindung  über  der  Naht 26 

»         »  »  »     dem     Externteil     der 

vorhergehenden  Windung 20 

Dicke  der  Schluß windung 18 

Nabelweite 15 

Loben:  Übereinstimmend  mit  jenen  des  P.  Thous.  Zweiter 
Lateralsattel  sehr  klein.  Erster  Auxillarsattel  mit  der  Nabel - 
kante  zusammenfallend. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Feuer- 
kugel, Subbullatus-Schichten   1,   coli.  Heinrich. 

Subgen.  Anoleites  v.  Mojsisovics. 

Anolcites  teltschenensis  v.  Hauer,  var.  nov. 

1860.  Ammonites  teltschenensis  v.  Hauer.  Nachtr.  zur  Kenntnis  der  Cephal.- 
Fauna  der  Hallstätter  Schichten;  diese  Sitzungsber.,  XLI.  Bd.,  p.  138, 
Tai.  III,  Fig.  11,  12. 

1X93.  Anolcites  teltschenensis  v.  Mojsisovics.  Cephal.  der  Hallstätter  Kalke; 
Abhandl.  Geol.  Reichstanstalt,  VI/2,  p.  695,  Taf.  CLXVI1.  Fig.  23,  24. 

Das  vorliegende  Stück,  das  in  seinen  Dimensionen  mit 
dem  kleineren  der  beiden  Originalexemplare  v.  Hauers  über- 
einstimmt,   unterscheidet  sich    von  dem  Arttypus  in  ähnlicher 


Hallstätter  Ceratitoidea.  531 

Weise  wie  P.  Zenobii  von  P.  Thons  durch  das  Zurücktreten 
der  Knotenspiralen  in  der  Oberflächenskulptur.  Selbst  auf  den 
innersten  Umgängen  sind  nur  schwache  Andeutungen  von 
Umbilikal-  und  Lateralknoten  vorhanden.  Auf  der  Schluß- 
windung ist  die  Zone  der  Marginaldornen  durch  eine  An- 
schwellung der  Rippen   ersetzt. 

Da  das  Stück  aus  dem  gleichen  stratigraphischen  Niveau 
wie  die  beiden  Originalexemplare  v.  Hauer's  stammt,  lege  ich 
diesen  geringfügigen  Unterschieden  nur  die  Bedeutung  von 
Varietätsmerkmalen  bei. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Feuer- 
kugel, julische  Hallstätter  Kalke   1,  coli.  Heinrich. 

Gen.  Sirenites  v.  Mojsisovics. 

Sirenites  Elvirae  nov.  sp. 
Taf.  I.  Fig.  10. 

Diese  neue  Art  fällt  in  die  nächste  Verwandtschaft  des 
S.  Dramas  v.  Dittmar  (Zur  Fauna  d.  Hallst.  Kalke,  1.  c, 
1866,  p.  374,  Taf.  XVII,  Fig.  3—5).  Da  das  abgebildete  Stück 
trotz  seiner  geringen  Dimensionen  bereits  eine  Wohnkammer 
besitzt,  die  den  inneren  Windungen  gegenüber  durch  Ver- 
änderungen der  Skulptur  charakterisiert  ist,  so  dürfte  es  sich 
hier  um  ein  erwachsenes  Exemplar  einer  Zwergform  handeln. 

In  den  Involutionsverhältnissen,  in  der  Weite  des  Nabels- 
in  der  Entwicklung  der  gegen  die  Flanken  leicht  abgesetzten 
Zopfkiele  und  im  Charakter  der  Berippung  besteht  Überein- 
stimmung mit  vS.  Dromas.  Spaltungen  oder  Einschaltungen 
von  Rippen  treten  ebenso  selten  auf  wie  an  den  drei  Exem- 
plaren, die  E.  v.  Mojsisovics  (1.  c,  Taf.  CLXIV,  Fig.  4,  5,  (ii 
von  dieser  Spezies  abbildet.  Ein  Unterschied  liegt  allerdings 
in  der  größeren  Breite  der  Interkostalfurchen,  die  jene  der 
Rippen  übertrifft.  Auch  macht  sich  keine  Anschwellung  der 
Rippen  in  der  unteren  Seitenhälfte  bemerkbar. 

Wesentliche  Unterscheidungsmerkmale  von  spezifischer 
Bedeutung  gegenüber  5.  Dromas  liegen  in  der  Spiralskulptur. 
Diese  besteht  bei  unserer  Art  nicht  aus  spiralförmig  ver- 
längerten   Knoten,     sondern    aus    echten    Dornen    von    kreis- 


532  C.   Diener, 

förmiger  Basis,  die  in  einer  wesentlich  geringeren  Zahl  als 
bei  5.  Dromas  auftreten.  Auf  den  inneren  Umgängen  und 
noch  am  Beginn  der  Schlußwindung  zählt  man  vier  Dornen- 
spiralen,  eine  umbilikale,  zwei  laterale  und  eine  marginale, 
während  die  Zahl  der  Dornenspiralen  bei  S.  Dromas  sich 
bis  auf  1 1  steigern  kann.  Auf  der  Wohnkammer  schwächen 
sich  die  Dornen  ab,  so  daß  unweit  der  Mündung,  die  an 
unserem  Exemplar  dem  ursprünglichen  Penstom  nahe  liegen 
dürfte,  nur  mehr  die  oberen  Lateraldornen  und  die  Marginal- 
dornen  angedeutet  erscheinen. 

Dimensionen: 

Durchmesser 27  mm 

Höhe  der  Schlußwindung  über  der  Naht 9 

Höhe  der  Schlußwindung   über  dem  Externteil  der 

vorhergehenden  Windung 8-5 

Dicke'  der  Schlußwindung 6-5 

Nabelweite 10  -5 

Loben:  Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Feuer- 
kugel, julische  Hallstätter  Kalke    1,  coli.  Kittl. 

Sirenites  Euphemiae  nov.  sp. 
Taf.  I,  Fig.  11. 

Auch  diese  neue  Art  aus  der  Verwandtschaft  des  S.  striato- 
falcatns  v.  Hauer  (Neue  Ceph.  aus  d.  roten  Marmor  v.  Aussee, 
Haidinger's  Nat.  Abb.,  I,  1847,  p.  273,  Taf.  IX,  Fig.  7—9) 
ist  nur  durch  kleine  Exemplare  vertreten,  die  bereits  mit  der 
Wohnkammer  versehen  sind. 

Die  einander  bloß  über  dem  Externteil  umfassenden 
Umgänge  wachsen  langsamer  an  als  bei  S.  striatofalcatus 
und  sind  verhältnismäßig  niedriger.  In  der  Involution  steht 
demzufolge  unsere  Art  dem  5.  Dromas  Dittm.  näher.  Dagegen 
stimmt  sie  mit  5.  striatofalcatus  in  der  Beschränkung  der 
Flankenskulptur  auf  Faltrippen  und  in  der  Abwesenheit  einer 
ausgesprochenen  Knotenbildung  überein.  Nur  am  Umbilikal- 
rand  zeigen  sich  einzelne  Rippen  knotenartig  angeschwollen. 
Auch  Andeutungen  einer  Längsstreifung  fehlen  durchaus. 


Hallstätter  Ceratitoidea.  533 

Die  Berippung  der  inneren  Windungen  stimmt  mit  jener 
bei  5.  striatofalcatus  nach  den  Darstellungen  von  E.  v.  Mojsi- 
sovics (1.  c.,  p.  741,  Taf.  CLXIV,  Fig.  1  —  3)  überein.  Auf 
der  Schlußwindung  jedoch  nehmen  die  Faltrippen  an  Zahl 
ab  und  erreichen  dafür  eine  ungewöhnliche  Breite,  so  daß 
sie  am  Externrande  nicht,  wie  bei  S.  striatofalcatus,  in  zwei, 
sondern  in  eine  größere  Zahl  —  drei  bis  fünf  —  Zopfrippen 
zerfallen.  Diese  breiten  Faltrippen  gehen  aus  der  Verschmelzung 
von  zwei  ursprünglich  einfachen,  am  Nabelrand  zusammen- 
laufenden Rippen  hervor.  Rippenteilungen  in  der  oberen 
Flankenhälfte  sind  an  unseren  Stücken  nirgends  zu  beob- 
achten. Wohl  aber  treten  gelegentlich,  wenn  auch  selten, 
Schaltrippen  in  der  Margin alregion  auf. 

Dimensionen: 

Durchmesser 27      mm 

Höhe  der  Schlußwindung  über  der  Naht 9 

Höhe  der  Schlußwindung  über  dem  Externteil  der 

vorhergehenden  Windung 7 

Dicke  der  Schlußwindung 5-5 

Nabelweite   11 

Loben:  Nicht  bekannt. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Feuer-* 
kogel,  julische  Hallstätter  Kalke  1,  coli.  Kittl;  1,  coli.  Heinrich. 

Subgen.  Diplosirenites  v.  Mojs. 

Diplosirenites  Starhembergi  v.  Mojsisovics  var. 

1893  Sirenites  (Diplosirenites)  Starhembergi    v.  Mojsisovics,   Ceph.  Hallst. 
Kalke,  Abhandl.  Geol.  Reichsanst.,  VI/2,  p.  759,  Taf.  CLXIII,  Fig.  6. 

Zu  dieser  Art,  die  E.  v.  Mojsisovics  nur  in  einem 
einzigen  Exemplar  aus  den  Aonoides-Schichten  des  Rasch- 
berges vorlag,  rechne  ich  ein  kleineres  Stück  von  60  mm 
Durchmesser,  das  trotz  schwerer  Beschädigungen  doch  die 
für  D.  Starhembergi  charakteristischen  Merkmale  in  der  Ex- 
tern- und  Flankenskulptur  deutlich  erkennen  läßt.  Gut  ent- 
wickelt sind  insbesondere  die  Doppeldornen  auf  den  einzelnen 
Flankenrippen,    die    sich    teils    als    spiral    gestreckte    Dornen, 


534  C.   Diener, 

teils  —  und  zwar  die  am  Hinterrande  der  Rippen  stehenden  — 
als  einfache  Dornchen  darstellen.  Die  Dornenspiralen  sind 
von  ungleicher  Stärke.  Fünf  sind  kräftiger,  fünf  weitere  nur 
sehr  schwach  ausgebildet,  ohne  indessen  regelmäßig  mit- 
einander abzuwechseln. 

Ich  betrachte  diese  Abweichungen  vom  Arttypus  nur  als 
Varietätsmerkmale. 

Vorkommen,  Zahl  der  untersuchten  Exemplare:  Feuer- 
kugel, julische  Hallstätter  Kalke   1,  coli.  Heinrich. 

Subgen.  Anasirenites  v.  Mojsisovics. 
Anasirenites  Ekkehardi  v.  Mojsisovics. 

1893    Sirenites    (Anasirenites)    Ekkehardi    v.    Mojsisovics,    Ceph.    Hallst. 
Kalke,  Abhandl.  Geol.  Reichsanst.,  VI/2,    p.  773,   Tat".  CLIX,    Fig.  5,   6. 

Ein  tadellos  erhaltenes  Exemplar  dieser  schönen,  leicht 
kenntlichen  Art,  die  E.  v.  Mojsisovics  nur  aus  den  Sub- 
bullatus-Schichten  des  Yorder-Sandling  kannte,  hat  sich  in 
Kittl's  Aufsammlungen  aus  dem  gleichen  Niveau  am  Feuer- 
kogel  gefunden. 

Zusammenfassung. 

Die  Untersuchung  der  Ceratitoidea  in  den  Sammlungen 
von  Kittl  und  Heinrich  hat  uns,  wenn  wir  von  der  karnisch- 
norischen  Mischfauna  des  Feuerkogels  absehen,  mit  1 1  neuen 
Arten  bekannt  gemacht,  die  die  Einführung  einer  besonderen 
spezifischen  Bezeichnung  rechtfertigen.  Zu  ihnen  kommen 
noch  sechs  weitere  Arten,  die  unbenannt  geblieben  sind.  Sie 
verteilen  sich  auf  die  Gattungen,  beziehungsweise  Unter- 
gattungen: Epicevatites,  Buchitcs,  Parathisbites,  Halilucites, 
Beyrichites,  Judicarites,  Cyrtopleurites,  Drepanites,  Dapknites, 
Distichites,  Clionites,  Clydonites,  Protrachyceras  und  Sirenites* 

Aus  den  anisischen  Hallstätter  Kalken  der  Schiechling- 
höhe  bei  Hallstatt  stammen  drei  neue  Formen: 

Ceratites  (Halilucites)  sp.  ind.  äff.  rustico  Hau. 
Beyrichites  nov.   sp.  ind.   äff.  Bittueri  Arth. 
Judicarites   Trophini. 


Hallstätter  Ceratitoidea.  535 

Von  Interesse  ist  der  Nachweis  des  Genus  Judicarites 
in  nordalpinen  Kalken  der  Hallstätter  Fazies.  Es  ist  an  dieser 
Lokalität  auch  durch  eine  bezeichnende  Art  des  Prezzokalkes, 
/.  arietiformis  Mojs.,  vertreten. 

Die  julischen  Hallstätter  Kalke  des  Feuerkogels  haben 
fünf  neue  Arten  geliefert: 

Ep icera tites   Vei/auf i i 
Buchites  Hellen!// 

»         Heribert! 
Sirenites  Elvirae 

»  Euphemiae. 

Die  an  erster  Stelle  genannte  Art  erinnert  an  E.  viator 
Mojs.  aus  dem  gleichen  Niveau.  Buchites  Helladii  steht  dem 
B.  Aldrovandii  Mojs.  sehr  nahe.  B.  Heribert!  unterscheidet 
sich  von  anderen  Buchiten  der  alpinen  Trias  durch  seine 
zarte  Ornamentierung.  Die  beiden  Sireniten  gehören  der 
Gruppe  der  5.  striatofalcati  an  und  finden  ihren  Anschluß 
sowohl  an  S.  striatofalcatus  Hau.  als  an  5.  Dramas  Dittm. 

In  den  tuvalischen  Hallstätter  Kalken  des  Feuerkogels 
(Subbullatus-Schichten)  hat  sich  nur  eine  neue  Spezies  ge- 
funden, die  dem  Subgenus  Protrachyceras  angehört,  P.  Zenobii 
aus  der  Verwandtschaft  des  P.  Thous  Dittm.  Mit  ihm  zu- 
sammen kommt  auch  ein  echtes  Trachyceras  vor,  das  viel- 
leicht mit  T.  triadicum  Mojs.  direkt  identifiziert  werden 
könnte.  Während  in  den  oberkarnischen  Bildungen  Nord- 
amerikas und  Ostindiens  das  Zusammenvorkommen  von  Trachy- 
ceras mit  Tropites  seit  lange  bekannt  war,  erscheint  es  nun- 
mehr auch  in  der  alpinen  Trias  sichergestellt.  Herrn  Dr. 
A.  Heinrich  gebührt  das  Verdienst  dieser  Entdeckung,  auf 
die  er  im  Jahre  1916  (Mitteil.  Geol.  Ges.  Wien,  VIII,  1915, 
p.  245)  zuerst  hingewiesen  hat. 

Sonst  ist  mir  aus  der  tuvalischen  Unterstufe  nur  noch 
eine  neue  Spezies  des  Genus  Cyrtopleiirites,  C.  Partheniae, 
ein  sehr  naher  Verwandter  des  C.  Herodoti  Mojs.,  aus  den 
Schichten  mit  Thisbites  Agricolae  am  Millibrunnkogel  (Vorder- 
sandling)  bekannt  geworden. 


536  C.  Diener, 

Dürftig  ist  die  Vertretung  neuer  Arten  in  der  norischen 
Stufe.  Aus  dem  grauen  Marmor  des  Taubensteins  im  Gosautal 
liegt  mir  neben  einem  großen  Distichites,  der  vielleicht  mit 
D.  niegacanthus  Mojs.  identisch  ist,  eine  Zwergform  des  Genus 
Clionites,  C.  Nicetae,  vor.  Der  rote  Marmor  des  Sommerau- 
kogels  hat  fünf  neue  Arten  geliefert,  von  denen  jedoch  nur  zwei, 

Drepanites  Domitii 
Daphnites  Flaviani, 

mit  besonderen  Speziesnamen  belegt  werden  konnten.  Von 
den  drei  übrigen  ist  Clydonites  iiov.  sp.  ind.  von  stratigraphi- 
schem  Interesse,  weil  die  Gattung  Clydonites  bisher  nur  aus 
karnischen  Schichten  bekannt  war.  Die  zweite  ist  ein  Para- 
thisbites  aus  der  nächsten  Verwandtschaft  des  P.  scaphiti- 
formis  Hau.,  die  dritte  ein  durch  seine  ungewöhnlich  reiche, 
an  Trachyceras  erinnernde  Verzierung  der  Schale  auffallender 
Vertreter  des  Genus  Drepanites. 


Hallstätter  Ceratitoidea.  537 


Tafelerklärung. 


Fig.  1  [/,  />         Judicarites   Trophini  Dien. 

Scbiechlinghöhe,  Trinodosus-Zone.  coli.  Heinrich. 

>  2  a.  b         Bu chitcs   Hclladii  Dien. 

Feuerkogel,  julische  Unterstufe,  coli.  Kittl. 
»     3  a,  b         Buchites  Heribert i  Dien. 

Feuerkogel,  julische  Unterstufe,  coli.  Heinrich. 

>  4  a.  b         Epiceratites  Vcnantii  Dien. 

Feuerkogel,  julische  Unterstufe,  coli.  Heinrich. 

>  5  Parathisbites  nov.  sp.  ind.  äff.  scaphitiformis  Hau. 

Sommeraukogel,  norisch,   coli.  Heinrich. 

>  6a,b         Drcpaniics  Domilii  Dien. 

Sommeraukogel,  norisch,  coli.  Heinrich. 
»     7a,b         Drepanites  (an  Dionites?)  sp.  ind. 
b  Externseite   2  mal  vergrößert. 
Sommeraukogel,  norisch,   coli.  Heinrich. 

>  8  a,  b        Daphnites  Flaviani  Dien. 

Sommeraukogel,  norisch,  coli.  Heinrich. 

>  9  a,  b         Proirachyceras  Zcnobii  Dien. 

Feuerkogel,  Subbullatus-Schichten,  coli.  Heinrich. 

>  10  Sireniies  Elvirae  Dien. 

Feuerkogel,  julische  Unterstufe,  coli.  Kittl. 
11  <i,  b       Sireniies  Euphemiae  Dien. 

Feuerkogel,  julische  Unterstufe,   coli.  Kittl. 

>  12i7,/'       Cyrtopleurites  Parthcniae  Dien. 

Vordersandling,  Schicht  mit  Thisbites  Agricolae,  coli.  Kittl. 

>  13  Cyrtopleurites  sp.  ind.  äff.  bicrenato  Hau.  et  Saussurei  Mojs. 

Sommeraukogel,  norisch,  coli.  Diener. 

>  14 ö,  b,  c  Clionites  Nicetac  Dien. 

b,  c  2  mal  vergrößert. 
Taubenstein,  norisch,  coli.  Kittl. 


Diener,  C:    Hallstätter  Ceratitoidea 

Ja  6b  m*     dSBik''b     2a 


K.  Reitschläger  del.  Druck  Hohlweg  &  Blatz,  Wien. 

Sitzungsberichte  d.  Akad.  d.  Wiss.,  tnath.-naturw.  Klasse,  Bd.OXXIX,Abt.  I  ..1920 


539 


Zur  Oberflächengestaltung  der  Umgebung 

Leobens 

Von 

Dr.  Walter  Schmidt  in  Leoben 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  7.  Oktober  1920) 

Bei  der  von  mir  unternommenen  geologischen  Aufnahme 
der  weiteren  Umgebung  Leobens  ergaben  sich  auch  eine 
Reihe  morphologischer  Erkenntnisse,  die  im  folgenden  ge- 
bracht werden  sollen. 

Zur  Darstellung  sollen  insbesondere  einzelne  Züge  der 
Gneismasse  im  S  der  Mur  kommen,  die  als  Gleinalmmasse 
bekannt  ist.  Gemäß  der  allmählichen  Ausdehnung  des 
Aufnahmsgebietes  werden  aber  mehr  anhangsweise  auch  die 
Oberflächenformen  der  Gebiete  nördlich  der  Mur,  Himbergeck- 
Kletschachzug  sowie   der   Sekkauer  Alpen   Beachtung   finden. 

Da  diese  Untersuchungen  nur  Nebenfrucht  einer  anderen 
Untersuchung  sind,  können  sie  auf  Abgeschlossenheit  keinen 
Anspruch  machen.  Ihre  Ergebnisse  werden  einer  weiteren 
Vertiefung  und  Ausdehnung  über  benachbarte  Gebiete 
bedürfen. 

Betrachtet  man  die  Berge  im  S  des  Murtales  vom  Tale 
aus,  so  erhält  man  einen  einförmigen  und  düsteren  Eindruck. 
Neben-  und  übereinander  bauen  sich  Kämme  auf,  bedeckt 
von  dunklem  Fichtenwalde,  in  ewiger  Wiederholung,  so  daß 
es  schwer  wird,  einzelne  Formen  aus  dem  Gewirre  hervor- 
zuheben. Den  Grund  der  Einförmigkeit  merkt  man  besonders 
beim  Zeichnen.  Ganz  dicht  ist  das  Gewirre  der  Gräben,  die 
die  Flanken  der  Berge  zerschneiden,  dazwischen  scharfe 
Kämme,  eckig  verlaufend.  Ihre  Seiten  sind  dachartig  glatt 
und  fallen  alle  unter  demselben  Neigungswinkel  ab. 


540  W.  Schmidt, 

Es  ist  diese  Landschaft  eine  der  schönsten  Verwirk- 
lichungen des  Idealfalles,  den  Davis  in  der  »Erklärenden 
Beschreibung  der  Landformen«  für  einen  reifen  Zyklus  der 
Landformen  gegeben  hat. 

Dies  gilt  für  den  Bereich  des  Gneises.  Am  N-hang  des 
Muglzuges  bilden  karbone  Phyllite  die  Abhänge.  Wir  sehen 
dort,  wo  diese  zusammenhängende  Massen  bilden,  z.  B.  am 
Massenberg  und  Windischberg  im  S  von  Leoben,  daß  der 
Zyklus  schon  zu  gerundeten  Rückenformen  fortgeschritten 
ist,  aus  denen  Kalkeinlagerungen  als  Klippen  hervorragen, 
wie  z.  B.  Kuhberg  bei  Niklasdorf,  Pampichlerwarte.  Bildet 
aber  der  Kalk  mächtige  Massen,  wie  der  Galgenberg  im  W 
von  Leoben,  so  trägt  auch  er  die  reifen  Formen  wie  der 
Gneis. 

In  dieses  wirre  Bild  kommt  sofort  Ordnung,  wenn  wir 
auf  eine  Höhe  emporsteigen,  z.  B.  auf  den  Mießriegel 
(Schmollhuben)  zirka  1200  ///.  In  die  Tiefe  gesunken  ist  das 
Gewirre  von  Gräben  und  Kämmen,  wir  sehen  vor  uns  die 
ernsten  ruhigen  Formen  des  Hauptkammes  von  der  Hochalm 
zur  Gleichalm  mit  den  vorgelagerten  Gipfeln  des  Rotündl 
und  Oxenkogels.  Die  Kuppen  sind  sanft  gerundet,  das  Ent- 
wässerungsnetz ist  weit,  der  Jungzyklus,  der  außen  die 
scharfe  Zerschneidung  schuf,  hat  noch  nicht  bis  hieher 
zurückgegriffen,  es  sind  Formen  einer  früheren  Zeit  aus  dem 
»Altzyklus«,  der  es  bis  zu  einem  »Unterjochten  Bergland« 
gebracht  hat. 

Von  diesen  Bergen  gehen  nach  NW  Kämme  aus  gegen 
die  Mur;  diese  hauptsächlich  sind  es,  die  man  vom  Murtal 
zu  sehen  bekommt,  die  an  ihren  Flanken  die  Spuren  des 
Jungzyklus  tragen.  Auffällig  an  ihnen  ist  aber  ihr  annähernd 
söhliger  Verlauf,  auch  ihre  Höhen  stimmen  annähernd  über- 
ein; gleich  vom  Anfang  an  gewinnt  man  den  Eindruck,  daß 
sie  aus  einer  und  derselben  Verebnung  herausgeschnitten 
sind,  und  zwar  durch  den  Jungzyklus.  Bestätigt  wird  diese 
Vorstellung,  wenn  man  sieht,  wie  auf  einzelnen  noch  Reste 
der  Verebnung  verschont  sind,  wie  gerade  am  Mießriegel, 
noch  schöner  im  Bereich  S  von  Kraubat  am  Lichtensteinberg, 
wo  die  junge  Zerschneidung  eigenartig  schwach  ist. 


Oberflächengestaltung  der  lTmgebung  Leobens.  -)41 

Die  Grenze  der  Verebnung  gegen  das  Bergland  ist  durch- 
aus scharf,  wenn  auch  hier  zum  Teil  später  zu  beschreibende 
Erscheinungen  mitspielen.  Schön  zu  sehen,  z.  B.  am  plötz- 
lichen Anstieg    der  Mugl    von    der    Hollmaier-  (Gstattmar)alm. 

Wir  werden  uns  also  folgendes  Bild  aus  der  Zeit  vor 
dem  Einsetzen  des  Jungzyklus  vorstellen:  Ein  unterjochtes 
Bergland  von  500  bis  800  /;/  Höhe  grenzt  an  eine  breite 
Ebene,  die  wir  uns  vielleicht  als  breite  Talau  einer  früheren 
Mur  vorstellen  können. 

Diese  Erscheinungen  sind  schon  lange  bekannt,  wurden 
schon  von  C.  Österreich  in  'Ein  alpines  Längstal  zur 
Tertiärzeit«  Jb.  GRA.  1899  ausgesprochen,  dann  von  Aigner 
»Geomorph.  Studien  über  die  Alpen  der  Grazer  Bucht«. 
Jb.  GRA.   1916. 

Sie  erstreckt  sich  nicht  bloß  auf  unser  Gebiet;  dieser 
hohe  Boden  begleitet  die  Mur  auf  ihrem  Durchbruch,  die 
Lavant  und  andere  Täler  des  Gebirges. 

Vorhin  wurde  gesagt,  daß  der  Jungzyklus  hauptsächlich 
die  Gebiete  der  Verebnung  neu  zerschnitten  hat.  Aber  auch 
in  das  Gebiet  des  Berglandes  hat  er  schon  zurückgegriffen. 
Doch  muß  er  hier  noch  immer  in  der  Grabentiefe  arbeiten, 
die  massigen  Bergklötze  konnte  er  noch  nicht  bezwingen. 
Nur  die  am  weitesten  vorn  liegende  Mugl  trägt  an  ihrer 
Westseite  bis  hinauf  die  scharfen  Schnitte  junger  Tätigkeit, 
wodurch  ihre  Form  gegen  die  der  anderen  Berge,  auch  gegen 
ihren  östlichen  Nachbar,  den  Roßkogl  durch  Schneidigkeit 
absticht.  Auch  Rotündl  und  Oxenkogl  tragen  an  ihren  West- 
seiten junge  Formen   weit  hinauf. 

In  den  Tälern  reicht  dagegen  der  Jungzyklus  ziemlich 
weit  hinein,  doch  gibt  es  auch  hier  innerste  Winkel,  in  der 
er  noch  nicht  hineingegriffen  hat,  dort  gehören  auch  die 
Talformen  dem  Altzyklus  an. 

Eine  solche  Stelle,  die  allerdings  besonderer  Entstehung 
ist,  ist  der  oberste  Groß  Gößgraben,  ein  breites  Wiesental, 
in  welchem  der  Bach  sich  schlängelt,  von  beiden  Seiten 
sinken,  die  runden  Flanken  300  bis  400  m  hoher  Hügel  herab. 

Eine  andere  schöne  alte  Landschaft  ist  das  oberste 
Weiderlingtal  am  Rotündl.  Von  dieser  flachen  Kuppe   senken 


542  W.Schmidt. 

sich  sanfte  Riedel  in  den  Talkessel  herunter,  die  Gräben  sind 
von  Schutt  zugekrochen,  unter  dem  der  Bach  verschwunden 
ist  und  aus  dem  er  erst  tief  unten  austritt,  ein  Bild  wie  im 
Wienerwald,  nur  auf  1200  m  Höhe  mit  Fichten  statt  der 
Buchen  und  Aplit  und  Hornblendegneis  statt  des  Flysches 
Einige  100  m  talab  und  der  Bach  springt  schon  über  die 
ersten  Gefällsbrüche,  die  Flanken  werden  dachsteil  und 
Felsnasen  stehen  aus  ihnen  heraus. 

Soweit  ließe  sich  also  das  Landschaftsbild  einfach  er- 
klären. Forscht  man  aber  weiter  in  seinen  Zügen,  so  sieht 
man  noch  anderes  in  ihnen:  große  Furchen,  die  es  durch- 
schneiden, in  denen  sich  Talstücke  und  Pässe  aneinander- 
reihen, und  diesen  Erscheinungen  soll  die  weitere  Unter- 
suchung gewidmet  sein. 

Ihr  Verlauf  ist  annähernd  geradlinig  OW.  Bei  einer 
Betrachtung  des  Gebietes  von  N  treten  sie  daher  stark  zurück, 
fallen  aber  außerordentlich  auf  bei  einem  Standpunkt  im  W, 
z.  B.  in  der  Knittelfelder  Gegend. 

Es  sind  im  Wesentlichen  zwei  solcher  Furchen,  --  Tiefen- 
linien  —  vorhanden. 

Die  Nördliche  will  ich  Trasattellinie  nennen. 

Verfolgen  wir  ihren  Verlauf  vom  Trasattel,  dem  Paß 
zwischen  der  Hochalm  und  dem  Roßkogel  (1314  m),  so  liegt 
auf  ihr  der  oberste  Klein-Gößgraben.  Allerdings  weicht  dieser 
beim  Punkt  1118  der  Spezialkarte  von  ihr  in  einer  Schlucht 
etwas  nach  S  ab,  während  die  Linie  als  Sattel  im  N  zu 
verfolgen  ist.  Auch  weiterhin  im  W  sieht  man  Reste  des 
alten  Bodens  der  Senke  als  gerundete  Schultern  am  N-Hang 
des  Tales. 

Beim  Gehöft  Hartinger  verläßt  das  Tal  die  Linie,  diese 
zieht  über  den  Sattel  Preßler  (etwa  980  m,  nur  50  m  über 
der  Sohle  des  Klein-Gößgrabens)  in  das  weite  Becken  des 
Groß-Gößgrabens  beim  Moderer. 

Von  hier  aus  scheint  sich  die  Linie  zu  spalten,  der 
südliche  Ast  über  die  tiefe  Scharte  beim  Partlehner  (914), 
die  nördliche  beim  Lehberger  (1000  m),  in  die  Weite  des 
Schladnitzgrabens    zu    ziehen,    der    am    N-Hang  wieder  beim 


Oberflächengestaltung  der  Umgebung   Leobens.  o4o 

Satner  und  Egger  alte  Ebenheiten  mit  später  zu  beschreibenden 
Bodeneigentümlichkeiten  zeigt. 

Jenseits  des  Schladnitzgrabens  umschließen  beide  Linien 
den  Schinninger  (990  in).  Die  südliche  Linie  läuft  über  den 
Sattel  zwischen  Hochegger  und  Votschberger  (936)  in  den 
durch  seine  Geradlinigkeit  und  weite  auffallenden  Lohitz- 
graben.  Eine  weitere  Fortsetzung  konnte  nicht  mehr  gefunden 
werden. 

Der  andere  Zweig  zieht  über  den  Sattel  beim  Hullmayr 
in  den  Tertiärstreifen  der  Einöd  und  zum  Dorfe  Lainsach. 
Es  wäre  verlockend,  die  weitere  Fortsetzung  im  Tertiär  vom 
Mayr  im  Kreith  zu  suchen,  dem  Sattel,  der  östlich  von 
St.  Stefan  eine  Krystallininsel  im  Murtal  mit  der  südlichen 
Talseite  verbindet,  die  Linie  weiter  zu  verfolgen  in  das  Tertiär 
von  Leising,  das  von  Kraubatar  als  Senke  nördlich  der  Gulsen 
verläuft.  Man  käme  damit  gerade  an  die  N- Grenze  des 
Sekkau-Ingering-Tertiärs.  Doch  harren  letztere  Vermutungen 
noch  der  Bestätigung. 

Verfolgen  wir  ebenso  die  Linie  nach  0:  Vom  Trasattel 
nach  O  sehen  wir  in  den  obersten,  von  W  nach  O  laufenden 
Teil  des  Utschgrabens,  dem  ebenso  in  der  Linie  verlaufend, 
vom  Eisenpaß  (1195)  der  Schiffgraben  entgegenkommt.  Der 
Utschgraben  bricht  nach  N  durch.  Er  wie  der  Schiffgraben 
zeigen  bis  oben  hin  die  Formen  des  Jungzyklus.  Doch 
sprechen  eine  Reihe  von  Schultern  auf  den  Seitenkämmen 
von  einem  alten  Boden  in  1100  bis  1200  ;;/  Höhe,  der  dann 
seitlich  abgezapft  wurde. 

In  der  weiteren  Verfolgung  der  Linie  sehen  wir  vom 
Eisenpaß  in  die  Zlatten.  Oben  eine  Talweite  mit  alten  Formen. 
Diesen  Talboden  kann  man  von  oben  her  noch  weit  aus- 
wärts verfolgen,  der  Jungzyklus  hat  aber  in  ihn  eine  eng 
mäandrierende  Schlucht  geschnitten,  die  bis  zum  Brunnsteiner 
reicht.  Die  weitere  Fortsetzung  der  Linie  ist  man  versucht 
über  den  Sattel  südlich  des  Kirchdorfer  Berges  zu  legen. 

Dies  ist  die  eine  der  beiden  Tiefenlinien.  Eine  zweite 
liegt  südlich  davon,  verläuft  annähernd  gleich,  bildet  aber 
einen  weiten  nach  N  offenen  Bogen,  ihr  südlichster  Punkt 
liegt    am    Pöllersattel,    der    Senke    zwischen    Pöllerkogel    und 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KI.,  Abt.  I,  129.  Bd.  37 


544  \^  W.  S  c  h  m  i  d  t, 

Rotündl,  die  mit   1278  auch   den    höchsten    Punkt    der    Linie- 
bildet. Ich  will  sie  Pöllerlinie  nennen. 

Ihr  gehören  an: 

Vom  Pöllersattel  nach  O  der  oberste  Teil  des  Groß 
Gößgrabens  der  Sattel  des  Almwirts  (Hochalmwirt   1178). 

Blickt  man  von  hier  nach  Osten,  so  sieht  man  in  die 
S-Abhänge  der  Hochalm  hinein.  Sie  werden  durch  den 
Gamsgraben  und  den  Laufnitzgraben  mit  ihren  Seitengräben 
zur  Mur  entwässert. 

In  allen  Kämmen,  die  vom  Hauptkamm  nach  S  herunter- 
ziehen, trifft  man  dort,  wo  die  Linie  sie  schneidet,  einen 
Sattel,  in  den  Gräben  eine  Erweiterung. 

Auf  jeden  Sattel  hat  ein  Bauer  seinen  Hol  hingestellt, 
mit  Wiesen  und  Feldern  ringsum,  so  daß  die  Linie  der  Karte 
1  :  200.000  als  Aneinanderreihung  brauner  Flecken  im  Grün 
des  Waldes  sehr  schön  zu  sehen  ist.  Weiterhin  gehört  der 
Trafösgraben  unserer  Senke  an. 

Blicken  wir  vom  Pöllersattel  nach  W.  Vor  uns  liegt  in 
der  Linie  der  oberste  Schladnitzgraben,  geradlinig,  ziemlich 
breit.  Dort  wo  er  nach  NW  umbiegt,  leitet  uns  ein  1181  m 
hoher  Sattel  zwischen  ( )xenkogel  und  Erdegg  (1455  und 
1569  m)  hinüber  in  einen  Seitengraben  des  Lainsachtalesr 
der  an  seinem  N-Harig  wieder  in  Schultern  einen  alten  Tal- 
boden anzeigt.  Auf  diesen  liegen  die  Höfe  Galler  (1089), 
Dürnbacher  (983),  Sattler  (941  m).  Ein  allerdings  nicht  sehr 
ausgesprochener  Sattel  (zirka  1000  m)  führt  hinüber  in  das 
breite  Becken  von   Lobming  mit  seinem  hügeligen  Tonboden. 

Im  Weiterstreichen  der  Linie  finden  wir  den  auffallenden 
Illsattel  (947),  der  in  die  Weite  des  Tanzmeistergrabens  bringt. 
Weiterhin  kommen  wir  in  den  gerade  in  der  Linie  liegenden 
Preggraben  mit  seinem  Tertiär,  der  so  eigentümlich  der  Mur 
entgegenfließt. 

Über  den  Sattel  des  Stellerkreuzes  kommen  wir  dann 
ins  Murtal. 

Schaut  man  aber  von  einem  Höhenpunkt,  z.  B.  vom 
Pöllersattel  die  Linie  entlang,  so  fügen  sich  viel  weiter  draußen 
noch  immer  Formen  dem  Gesetze  ein,  man  sieht  gerade  im 
Profil  den  Südrand  des   Sekkauer  Tertiärs    und    sieht    »erade 


Oberflachengestaltung  der  Umgebung  I.eobens.  545 

hinein  in  den  so  eigenartig  geraden  Spalt  des  untersten  Gaal- 
grabens.  Und  hier  kann  man  die  Spur  der  Linie  wieder  genau 
verfolgen.  Der  Gaalgraben  läuft  nicht  gerade  auf  der  Linie, 
sondern  etwas  nördlich  davon.  Alle  Rücken  aber,  die  vom 
Fohnsdorferberg  nach  N  herabziehen,  haben  an  derselben 
Stelle  den  Sattel,  die  Gräben  Weitungen  und  Ablenkungen. 
Sehr  schön  ist  dies  vom  Bauer  Herker  südlich  von  Gaal  zu 
sehen,  mit  einem  eindrucksvollen  Überblick  nach  O  bis  zum 
Pöllersattel. 

Wir  haben  beide  Linien  nach  O  bis  zur  Mur  verfolgt. 
Jenseits  derselben  treffen  wir  nun  nicht  die  unmittelbare  Fort- 
setzung, aber  doch  ähnliche  Verhältnisse. 

Zwischen  Rennfeld  und  Hochlantsch  zieht  die  Breitenau 
weit  vom  O  herein.  Eine  Reihe  von  Gräben  streicht  vom 
Rennfeld  zu  ihr  herunter  mit  Kämmen  zwischen  sich.  Und 
geradeso  wie  S  der  Hochalm  zieht  eine  Tiefenlinie  über  sie 
hinweg,  Sättel  in  den  Kämmen,  Weitungen  in  den  Gräben 
bildend,  bis  zum  Eyweggsattel.  Ich  will  sie  Eywegglinie 
nennen.  In  ihr  liegt  der  Gabraungraben,  der  nördlich  Perneg,<; 
in  die  Mur  mündet,  weiterhin  geben  die  Höfe  Ecker  (835), 
Löffler  (826),  Obersattler  (919),  Steinbichler,  Rauter  (942), 
Rieger  (961)  den  Zug  der  Linie. 

Die  Eywegglinie  liegt  ziemlich  in  der  Fortsetzung  der 
Trasattellinie,  ist  aber  etwas  mehr  gegen  N  verschwenkt. 
Über  ihr  Verhalten  zur  Pöllerlinie  wird  noch  zu  sprechen  sein. 

Dies  ist  der  Befund,  die  nächste  Frage  ist  nach  der 
Erklärung  der  Entstehung  der  Formen. 

Der  geradlinige  Verlauf  läßt  allein  Sprünge  als  mögliche 
Erklärung  zu,  die  Annahme  ehemaliger  Flußtäler  ließe  sich 
mit  dieser  Gestalt  nicht  vereinen.  Es  ist  aber  nicht  etwa 
möglich  die  jetzige  Tiefenlage  als  Folge  der  Verwerfung 
hinzustellen.  Meist  erheben  sich  zu  beiden  Seiten  der  Linie 
die  Berge  mit  ziemlicher  Steilheit,  so  daß  man  unglaublich 
lang  bandförmig  schmale  Grabenbrüche  annehmen  müßte. 

Die  jetzige  Form  der  Linie  als  Tiefe  ist  nur  eine  Folge 
der  Zertrümmerung  des  Gesteins  durch  die  Verwerfer,  das 
dann  leicht  ausgeräumt  wurde.  Der  aufnehmende  Geologe 
wird  hier  zur  Verzweiflung  gebracht.    Im  ganzen  Bereich  der 


546  W.Schmidt, 

Linien  ist  es  unmöglich  ein  frisches,  schleifbares  Gesteins- 
stück zu  schlagen,  alles  ist  vermorscht,  rostig  zersetzt, 
während  sonst  das  Gestein  durchwegs  gutartig  ist. 

Das  übrige  Gebiet  hat  einen  mageren  Boden,  der  wohl 
Fichtenwälder  trägt,  dessen  Weidegrund  aber  besonders  im 
Amphibolgneis  recht  mager  und  dürr  ist.  Um  so  über- 
raschender ist  es,  wenn  man  in  diesem  Bereiche  Inseln 
findet  von  einem  sehr  tiefgründigen  roten  oder  rotbraunen 
Tonboden,  der  üppige  Wiesen  trägt.  Und  diese  Inseln  liegen 
nur  auf  den  Linien,  fast  ein  jeder  der  eigenartigen  Sättel 
bildet  einen  solchen  Punkt. 

Der  oben  gegebene  Zusammenhang  zwischen  den  Linien 
und  der  Besiedlung  beruht  nicht  bloß  auf  der  einladenden 
Lage,  sondern  noch  mehr  auf  dem  Vorzug  des  Bodens. 

Schöne  Beispiele  dieses  Rotbodens  bildet  der  Moderer- 
kessel im  Groß-Göß,    die  Lobming,  die  Sättel  S  der  Hochalm. 

Dort  wo  das  Gestein  eisenreich  ist,  konnte  sich  dieses 
bei  der  Bodenbildung  anreichern.  So  besonders  im  Gebiete 
des  Kraubater  Peridotits.  Die  roten  Tone  des  Tanzmeister 
und  Preggrabens  mit  den  Bohnerzen,  die  früher  abgebaut 
wurden,  auf  die  auch  in  neuester  Zeit  geschürft  wurde, 
gehören  dem  Bereich  der  Pöllerlinie  an. 

Derzeit  entstehen  hier  durch  Verwitterung  keine  Rot- 
böden, das  Eisen  wird  als  Hydroxyd  gelöst.  Es  muß  zur 
Zeit  der  Bildung  ein  wesentlich  anderes  Klima  geherrscht 
haben,  ein  Klima  der  Lateritbildung,  zum  mindestens  ein 
subtropisches. 

Viele  der  Talstücke  und  Sättel  der  Linien  tragen 
die  Form  des  Altzyklus:  Verwerfung  und  Boden- 
bildung spielten  sich  also  vor  dem  Altzyklus  ab. 

Haben  wir  so  die  Anlage  der  Linien  als  eine  alte  er- 
kannt, so  ist  es  anregend  zu  untersuchen,  wie  sich  Alt-  und 
Jungzyklus  mit  diesen  vorgezeichneten  Furchen  abgefunden 
haben.  Ganz  reizende  Einzelheiten  finden  sich  hier,  von 
denen  nur  einige  gebracht  werden  sollen. 

Beim  Kartenstudium  kam  ich  zur  Ansicht  —  es  war 
dies,  bevor  ich  eine  Vorstellung  von  den  Tiefenlinien  hatte 
—  daß  der  oberste  Groß-Gößgraben  ehemals  dem  Gamsgraben 


Oberflächengestaltung  der  Umgebung  Leobens.  04/ 

angehört  habe,  —  er  hat  ganz  die  entsprechende  Richtung 
—  und  daß  dieses  Stück  dann  vom  Gößgraben  angezapft 
wurde. 

Im  Gelände  sieht  man  nun  folgendes:  Es  ist  wohl  mög- 
lich, daß  eine  derartige  Anzapfung  stattgefunden  hat,  doch 
kann  diese  nur  zu  einer  Zeit  geringer  Erosion  stattgefunden 
haben,  es  fehlt  die  Tieferlegung  des  abgeleiteten  Stückes,  der 
Bach  liegt  nur  40  m  unter  dem  Almwirtsattel,  das  Gefälle  ist 
ober  und  unter  der  Anzapfungsstelle  ausgeglichen.  Die  Formen 
gehören  dem  Altzyklus  an. 

Man  erwartet  nun  jenseits  des  Almwirtsattels  das  verödete, 
enthauptete  Flußtal  zu  finden  und  ist  sehr  erstaunt,  hart  am 
Sattel  nach  O  den  außerordentlich  steilen  Abfall  in  den 
Sammeltrichter  des  Gamsgrabens  zu  rinden,  270  /;/  Gefälle 
auf  1  km.  Es  ist  der  Jungzyklus,  der  hier  so  weit  zurück- 
geschnitten hat.  Nur  etwa  150  m  muß  der  Gamsgraben  noch 
zurückschneiden,  den  niederen  Rücken  des  Almwirt  weg- 
räumen, und  er  enthauptet  den  Groß-Gößgraben. 

Blickt  man  aber  links,  so  sieht  man  in  die  Schultern 
und  Sättel  der  Pöllerlinie. 

Wenn  der  Groß-Gößgraben  also  etwas  angezapft  hat, 
so  war  es  die  Talung  der  Pöllerlinie  in  der  Zeit  des  Alt- 
zyklus, im  Jungzyklus  ist  der  Gamsgraben  gerade  daran, 
der  vom  Gefälle  begünstigten  Ostseite  ihr  Recht  zurück- 
zugewinnen. 

Ganz  ähnliche,  nur  kleinere  Verhältnisse  findet  man  im 
obersten  Strickbachgraben,  dem  östlichen  Seitengraben  des 
Laufnitzbaches. 

Sein  Beginn  ist  eine  nicht  weite  Wiesenmulde  voll  Rot- 
boden auf  der  Pöllerlinie.  Auffällig  ist,  daß  der  Bach  in  die 
Wiesen  einige  Meter  tief  eingeschnitten  ist,  die  ursprüngliche 
Oberfläche  als  Terrassen  zurücklassend.  Doch  sind  die  Ein- 
schnitte recht  weit. 

Der  Bach  läuft  zwischen  hohen  Bergen  nach  S  hinaus 
in  einem  verhältnismäßig  engen,  doch  schon  ausgeweiteten 
Tale.  Nach  O  aber  haben  wir  einen  weiten,  ganz  flachen 
Sattel  gegen  das  Traföstal,  der  nur  etwa  10  m  ober  dem 
Strickbache  liegt.  Die  Terrassen    in    der    Mulde    weisen    auf- 


548  W.  Schmidt, 

fällig  gegen  den  Sattel  hin.  Also  wieder  ein  Bild,  das  auf 
Anzapfung  eines  ursprünglich  dem  Traföstale  angehörigen 
Talstückes  durch  den  Strickbach  schließen  läßt. 

Gehen  wir  nun  über  den  Sattel,  so  finden  wir  statt  des 
verödeten  Talstückes  einen  außerordentlich  steilen  Hang  zur 
Trafösschlucht.  Wieder  stehen  wir  vor  der  Rückanzapfung 
des  Strickbachkessels  durch  den  Jungzyklus  des  Trafös- 
baches.  Im  N  der  Schlucht  finden  wir  aber  die  alte  Senke 
mit  Äckern,  Bauernhöfen,  Rotboden,  der  Grabenweg  vermeidet 
die  Schlucht,  geht  über  die  Senke.  Diese  ists,  die  ehemals 
der  Strickbach  anzapfte. 

Es  sei  hier  eine  Abschweifung  gestattet. 

Die  Formen  des  Strickbachkessels  mit  seinen  Rotboden- 
terrassen gehören  dem  Altzyklus  an,  sehen  trotzdem  ganz 
frisch  aus.  Das  ist  ein  Eindruck,  den  man  im  ganzen  Bereich 
des  Altzyklus  hat,  in  ihm  hat  sich  seit  langer  Zeit  nichts 
mehr  geändert,  in  der  ganzen  Zeit,  in  welcher  der  Jungzyklus 
seine  Gräber  schuf,  dann  in  der  Eiszeit  mit  ihren  erhöhten 
Niederschlägen  und  dem  Herabrücken  aller  Grenzen.  Nicht 
einmal  ein  nennenswerter  Schuttabwurf  hat  stattgefunden, 
sonst  müßten  die  Täler  des  Altzyklus  bei  ihrem  geringen 
Gefälle  viel  stärker  zugeschüttet  sein.  Der  Altzyklus  ist  ver- 
steinert. Es  ist  dies  eine  Ansicht,  die  ich  mehr  gefühlsmäßig 
gewonnen  habe,  die  ich  aber  für  höchst  wichtig  zur  Beur- 
teilung der  Ursachen  eines  neuen  Zyklus  halte.  Es  heißt  dies 
nämlich:  die  bedeutende  Erhöhung  der  Niederschläge  in  der 
Eiszeit  hatte  für  die  Oberflächengestaltung  eine  verschwindend 
geringe  Wirkung  gegenüber  einer  Verlegung  der  Erosions- 
basis, wie  dies  vor  Beginn  des  Jungzyklus  geschah. 

Kehren  wir  zur  Talgeschichte  zurück. 

Ähnlich  wie  der  Strickbach  sich  einen  Anteil  an  der 
Tiefenlinie  erobert  hat,  steht  jetzt  ein  Seitengraben  des  Gams- 
grabens,  jener  zwischen  Sattlerkogel  und  Kreuzkogelkamm 
(Jockeibauer)  unmittelbar  davor,  in  diese  zurückzugreifen.  Der 
Sattel  dazwischen  ist  nur  noch   100  ;;/  hoch. 

Ich  habe  in  beiden  früheren  Fällen  davon  gesprochen, 
daß  die  Tiefenlinie  im  Altzyklus  angezapft  wurde,  ohne  es 
recht    beweisen    zu    können;    es    können    vielfach    auch    epi- 


Oberflächengestaltung  der  Umgebung  Leobens.  .  )4(.) 

genetische  Erscheinungen  mitgespielt  haben.  Insbesondere 
möchte  ich  dies  für  die  Breitenau  ins  Auge  fassen.  Hier  geht 
das  jetzige  Tal  gleichlaufend  mit  der  Eywegglinie,  zwischen 
beiden  eine  Reihe  höherer  Berge,  und  alle  Seitengräben 
schneiden  durch  Tiefenlinie  und  Bergreihe  durch,  zum  Teil 
ohne  von  ersterer  abgelenkt  zu  werden.  Die  Ablenkung  und 
Zusammenfassung  der  Seitengräben  im  Schlaggraben  kann 
als  nachträgliche  Enthauptung  konsequenter  Bäche  durch 
einen  in  der  Linie  liegenden  subsequenten  gut  gedeutet 
werden.  Es  wäre  hier  leicht  anzunehmen,  daß  die  Anlage 
des  Talnetzes  in  einer  Zeit  erfolgte,  in  der  die  Tiefenlinie 
ganz  angefüllt  war,  sei  es  mit  Rotboden,  sei  es  mit  anderem 
Tertiär,  das  aber  dann  ganz  ausgeräumt  wurde.  Dies  wäre 
dann  ein  Fall  von  Epigenesis. 

Gerade  bei  der  Anlage  des  Breitenauer  Grabens  spielt 
aber  vielleicht  noch  etwas  anderes  mit.  Wir  haben  die  Polier 
Linie  nicht  über  die  Mur  nach  0  verfolgt,  während  wir  die 
Trasattellinie  in  die  Eywegglinie  verlängert  haben.  Es  wäre 
recht  gut  möglich,  daß  das  so  eigenartig  neben  einer  Tiefen- 
iinie  gelegene  Breitenauertal  selbst  durch  eine  Tiefenlinie 
vorgezeichnet  war,  die  Fortsetzung  der  Polier  Linie. 

Es  wäre  von  Bedeutung  zu  wissen,  in  welchem  Sinne 
die  ersten  Bewegungen  an  den  Linien  stattgefunden  haben. 
Aber  sowohl  geologische  als  morphologische  Kennzeichen 
fehlen  vorläufig  dafür. 

Dagegen  lassen  sich  an  diesen  Linien  jüngere  Be- 
wegungen feststellen,  und  mit  diesen  in  den  Jungzyklus 
fallenden  Bewegungen  wollen  wir  uns  im  folgenden  be- 
schäftigen. 

Im  Eingang  wurde  die  auffällige  Ebenheit  der  Kämme 
in  den  dem  Murtal  zunächst  liegenden  Teilen  geschildert 
und  daraus  auf  eine  Verebnung,  einen  alten  Murtalboden 
.geschlossen.    Doch    fallen    bald    einige    Unstimmigkeiten    auf. 

Der  Mießriegelkamm,  der  eine  schöne  Ebenheit  darstellt, 
ist  um  200  m  höher  als  die  anderen.  Im  Kamm  zwischen 
•Groß-Göß  und  Schladnitz  steht  die  Hochtratten  um  100  m 
heraus,  im  nächsten  Kamm  der  Schinninger  um  90  m.  Sämt- 
liche dieser  Punkte  liegen  knapp  im  N  der  Trasattellinie. 


550  W.  Schmidt. 

Es  deuten  diese  Unstimmigkeiten  der  Höhenlage  darauf 
hin,  daß  an  der  Linie  nach  der  Einebnung  noch  Verstellungen 
in  der  Senkrechten  stattgefunden  haben.  Diese  Beweisführung 
läßt  sich  nur  im  Bereich  der  Verebnung  führen.  Um  allge- 
meine Untersuchungen  durchführen  zu  können,  müssen  wir 
noch  andere  Erscheinungen  heranziehen,  wir  gewinnen  solche 
aus  der  Talform. 

Der  unterste  Teil  des  Gößgrabens  bei  und  ober  Kalten- 
brunn  zeigt  gegenüber  anderen  Gräben  des  Jungzyklus 
merkwürdig  unreife  Formen.  Sein  Gerolle  ist  unausgeglichen, 
sein  Querschnitt  oft  klammartig,  seine  Flanken  steiler  als 
sonst,  überall  stehen  Felsen  heraus.  Diese  Übersteile  des 
Hanges  setzt  sich  an  der  N-Seite  des  Klein- Gößgrabens  bis 
zu  Trasattel  hin  fort. 

Gegen  innen  zu  folgt  sowohl  im  Groß-  wie  im  Klein- 
Gößgraben  eine  Strecke  auffallender  Weite,  wo  nicht  nur  der 
alte  Rotboden  nicht  ausgeräumt  ist.  sondern  der  Bach  auch 
jetzt  noch  anschottert.  Die  Grenze  zwischen  beiden  Gebieten 
ist  die  Trasattellinie,  nördlich  von  ihr  ist  der  Jungzyklus 
besonders  jung,  südlich  von  ihr  gebremst.  Dieselbe  Er- 
scheinung in  der  Schladnitz.  Vorne  die  Talenge,  die  aller- 
dings nicht  so  unreif  ist,  wie  die  Gößgrabenschlucht,  hinten 
die  schöne  Talweite. 

Bei  Lainsach  soll  die  Linie  die  Mut"  kreuzen.  Und  hier 
ergeht  es  der  Mur  gerade  so  wie  früher  beiden  Bächen. 
Sobald  sie  in  den  N-Flügel  der  Linie  übertritt,  muß  sie  sich 
durch  Felsen  einen  Weg  bahnen,  in  recht  jungen  Formen, 
während  auf  dem  S-Flügel  ihre  Kraft  gehemmt  war,  so  daß 
sie  das  weite  Becken  Kraubat  —  St.  Michael  anschottern 
mußte. 

Im  O  setzt  die  Mur  im  Brucker  Durchbruch  nochmals 
über  die  Trasattellinie,  und  auch  hier  sehen  wir  dieselbe 
Erscheinung. 

Südlich  vom  Übelstein  beginnt  eine  Talstrecke,  die 
besonders  jugendlichen  Eindruck  macht.  In  mächtigen  ein- 
gesenkten Schlingen  hat  die  Mur  sich  in  den  alten  Talboden 
eingefressen.  Die  Talau  ist  schmächtig,  dachartig  sind  die 
Hänge,    die    Seitengräben    schwach    entwickelt.    Sobald    aber 


Oberflächengestaltung  der  Umgebung   Leobens.  o51 

die  Mur  bei  Zlatten  auf  die  S-Seite  der  Trasattellinie  über- 
tritt,  weitet  sich  das  Tal. 

Wir  haben  einen  einheitlichen  Befund.  In  der  N-Scholle 
der  Trasattellinie  ist  die  Erosion  jugendlich  belebt,  in  der 
S-Scholle  gehemmt.  Es  muß  also  die  N-Scholle  jung  gehoben 
sein.  Es  stimmt  dies  auch  dem  Grade  nach  mit  dem  Befund 
aus  der  Verstellung  der  Yerebnungsfläche  überein. 

Dehnen  wir  diese  Untersuchungsweise  auch  auf  die 
Pöllerlinie  aus,  so  werden  wir  ähnliche  Ergebnisse  erhalten, 
doch  nicht  so  einheitliche  wie  bei  der  Trasattellinie.  Es 
wechselt  hier  die  Stärke  der  Verstellung  des  N-Flügels  sehr 
rasch.  Es  hat  den  Anschein,  als  wäre  dieser  durch  etwa 
SO — NW  streichende  Sprünge  in  Teilschollen  zerlegt,  die  sich 
in  junger  Zeit  selbständig  verschoben  hätten.  Solche  Sprünge 
möchte  ich  auch  annehmen,  um  den  eigenartigen  SO — NW- 
Lauf  der  Gräben  zu  erklären,  die  der  Mur  entgegenkommen, 
deren  Richtung  so  eigenartig  mit  der  der  N-seitigen  Zuflüsse  der 
Mur  übereinstimmt,  wie  Liesing,  Erzbach  und  andere.  Diesen 
Zusammenhang  hat  schon  Österreich  in  der  Arbeit  »Ein 
alpines  Längstal  zur  Tertiärzeit«,  Jb.  GRA.  1899,  für  Lamming 
und  Murdurchbruch  bei  Brück  ausgesprochen. 

An  den  östlichen  die  Pöllerlinie  kreuzenden  Gräben  sah 
ich  kein  Anzeichen  junger  Bewegung,  auch  der  Groß-Göß- 
graben  zeigt  nördlich  und  südlich  der  Pöllerlinie  die  gleichen 
Altformen.  Um  so  auffallender  ist  der  nächste  Graben,  der 
Schladnitzgraben.  Das  oberste  Stück,  im  Zuge  der  Pöllerlinie 
zeigt  die  alten  ausgeglichenen  Erosionsformen.  Dort  wo  der 
Bach  aber  beim  Reiner  (962)  die  Linie  nach  NW  verläßt, 
beginnt  eine  Klammstrecke,  die  an  Unreife  die  Gößgraben- 
schlucht  noch  weit  übersteigt,  ganz  eng,  mit  Felswänden  im 
untersten  Teile,  unausgeglichenem  Gefälle,  das  auf  1  km  75  m 
beträgt.  Ganz  ähnlich  ist  auch  der  östlich  einmündende 
Mühlbach.  Es  wäre  also  auch  hier  die  N-Scholle  gegenüber 
der  südlichen  gehoben. 

Dieselbe  Erscheinung  im  Lainsachgraben.  S  der  Linie 
mäßig  weit,  ist  sein  Durchbruch  durch  den  N-Plügel  der 
Linie  eng,  allerdings  nicht  derartig  jugendlich  wie  beim 
Schladnitzgraben. 


552  W.  Schmidt, 

Einen  großen  Gegensatz  dazu  bildet  die  Lobming.  Ihr 
weites  Becken  auf  der  Pöllerlinie  wurde  schon  besprochen. 
Dieses  öffnet  sich  gegen  NNW  in  einem  weiten  geradlinigen 
Tale  nach  St.  Stephan  hinaus,  das  eigentlich  einen  alten 
Eindruck  macht.  Es  gehört  aber  doch  dem  Jungzyklus  an, 
da  es  in  die  Verebnung  eingeschnitten  ist.  Es  hat  wohl  eine 
kleine  Hebung  der  N-Scholle  stattgefunden,  der  Bach  ist 
unterhalb  Martinrein  etwa  10  m  in  einem  alten,  schotter- 
bedeckten Talboden  eingeschnitten,  eine  steilwandige,  doch 
schon  verbreiterte  Schlucht.  Der  große  Betrag  der  Hebung 
der  N-Scholle  im  O  ist  also  vollständig  geschwunden. 

Um  so  auffallender  ist  es,  daß  der  nächste,  der  Tanz- 
meistergraben, wieder  auf  das  auffälligste  den  Unterschied 
zwischen  Weitung  im  S  und  Durchbruch  im  N  der  Pöller- 
linie zeigt.  Es  ist  dies  das  schönste  Beispiel  einer  Klamm 
im  ganzen  Gebiete,  die  auch  landschaftlich  wegen  der 
Eigenart  des  Peridotits  und  seiner  Flora  einzig  dasteht.  Es 
müßte  hier  eine  kleine  Scholle,  die  des  Niesenberges  und 
etwas  im  W  dazu,  gehoben  worden  sein.  Es  spricht  sich 
dies  auch  in  der  Höhenlage  aus,  da  dieser  Berg  die  Ver- 
ebnung um  etwa   100  ;//  überragt. 

Der  unvermittelte  Übergang  von  dem  Gebiete  wo 
Hebung  fehlt,  in  der  Lobming,  zum  so  stark  gehobenen 
Niesenberg  legt  es  nahe,  hier  einen  Ouerbruch  anzunehmen, 
der  mit  der  Richtung  des  Lobmingtales  vielleicht  auch  dessen 
auffällige  Form  bedingt. 

Aber  auch  gegen  Westen  muß  die  Niesenbergscholle 
scharf  absetzen,  denn  es  folgt  die  Scholle  des  Lichtenstein- 
berges  und  Windberges  bei  Kraubat,  die,  wie  schon  erwähnt, 
die  Verebnung  noch  am  unberührtesten  erhalten  hat,  etwa 
auf  870  m.  Zwischen  den  Gräben  sind  noch  weite  Stücke 
der  Verebnungsfläche  unberührt,  so  daß  es  vielleicht  nahe- 
liegt, für  diese  Scholle  sogar  eine  Senkung  anzusetzen.  Doch 
schon  westlich  des  Wintergrabens  hebt  sich  das  Land  wieder. 

Pöllersberg  (1000  m)  und  Gulsen  (930  m)  gehören  einer 
gehobenen  Scholle  an,  die  von  der  Mur  durchschnitten  ist. 
Und  gerade  so  wie  die  gehobene  N-Scholle  der  Trasattel- 
linie    den    Durchbruch    bei  St.  Michael    erzeugte,   verursachte 


Obertlächengestaltung  der  Umgebung  Leobens.  OoS 

die  Hebung  dieser  Scholle  den  Durchbruch  von  Kraübat 
und  davor  das  Schotterfeld  von  Knittelfeld- Judenburg. 

Weiterhin  im  Verlaufe  der  Pöllerlinie,  im  Becken  von 
Sekkau  lassen  sich  keine  Anzeichen  über  junge  Bewegungen 
beobachten;  insbesondere  sah  ich  keine  im  Ingeringdurchbruch. 
Allerdings  ist  dieser  durch  den  Schotterrückstau  aus  dem 
Murtal  her  stark  verschüttet. 

Bis  jetzt  wurde  in  der  Untersuchung  nichts  über  den 
Zusammenhang  zwischen  diesen  Linien  und  dem  geologischen 
Aufbau  gesagt.  Es  sind  eben  die  Untersuchungen  hierüber 
noch  nicht  weit  genug  gediehen.  Es  sei  nur  soviel,  einer 
ausführlichen  Darstellung  vorausgreifend,  gesagt.  Die  Trasattel- 
linie  fällt  mit  einer  bedeutungsvollen  tektonischen  Grenze 
zusammen,  an  ihr  stößt  eine  südliche  Gneismasse,  die 
Gleinalmmasse,  aus  Amphibol  und  Aplitgneisen  bestehend, 
unter  Zwischenlagerung  von  verschiedenen  Glimmerschiefern 
an  eine  nördliche  Masse,  die  aus  von  Graniten  injizierten 
Gneisen  bestehende  Sekkauer-Muglmasse  an.  Ob  die  saigere 
Stellung  der  Glimmerschiefer  an  der  Trasattellinie  die  Folge 
der  jungen  Bewegungen  ist  oder  schon  früher  bestand,  kann 
ich  derzeit  nicht  sagen. 

Für  die  Pöllerlinie  konnte  ich  eine  tektonische  Ver- 
zeichnung nicht  finden. 

Soviel  über  die  Oberflächenform  in  meinem  engeren 
Aufnahmsgebiete. 

Es  ist  naheliegend,  die  Untersuchungen  noch  weiter 
auszudehnen.  Insbesondere  möchte  ich  darauf  hinweisen,  dal;! 
die  Linie  Margarethen  Rachau,  Gleintal,  Gleinalmwirt  Übel- 
bachtal wieder  ein  derartig  geradliniger  OW-Zug  ist,  der 
einer  Untersuchung  bedürfte. 

Wenden  wir  nun  unseren  Blick  kurz  auf  die  N-Seite 
des  Murtales.  Dieses  macht  zwischen  Brück  und  Oberaich 
nicht  mehr  den  Eindruck  gehobener  Blöcke,  die  oben  Eben- 
heiten tragen,  dann  stark  zerschnitten  wurden,  sondern  den 
eines  Pultes,  das  in  mäßiger  Neigung  vom  Kamm  des  Himberg- 
ecks,  Gschwandt,  Penggen  nach  S  einfällt.  Dieselbe  Neigung 
hat  auch  das  kohlenführende  Tertiär  von  Seegraben  und 
seine    Überlagerung,    das    kalkalpine     Konglomerat.     Es     ist 


554  W.  Schmidt. 

wieder  eine  Verebnungsfläche,  die  aber  nach  S  gekippt 
worden  ist.  Wir  kennen  den  Verwerfer,  der  diese  schräg- 
gestellte Scholle  im  S  begrenzt,  es  ist  der  Seegrabenbruch. 
Die  Fläche  ist  durch  Gräben  zerschnitten,  doch  macht 
diese  Zerschneidung  einen  anderen  Eindruck  als  jene  des 
südlichen  Berglandes.  Folgebäche  rinnen  dem  Gefälle  nach 
herunter  in  weiten  Abständen,  in  breiten  Riedeln  noch  die 
ursprüngliche  Form  zwischen  sich  lassend.  Man  hat  auch  nicht 
mehr  den  Eindruck,  in  einem  ganz  jungen  Zyklus  zu  stehen, 
die  Täler  sind  weit  offener.  Es  hat  hier  wohl  die  Neubelebung 
des  Jungzyklus  durch  die  jüngsten  Bewegungen  gefehlt, 
vielleicht   spielt    auch   hier    das    andere   Gestein,    Phyllit    mit.1 


1  Es  sei  hier  daraufhingewiesen,  daß  wir  im  S-Hang  der  Sekkauer  Alpen 
eine  ganz  ähnliche  schräggestellte  Scholle  haben,  wie  in  der  Scholle  des 
Himbergecks,  diesmal  aber  im  Gneis. 

Der  ganze  Hang  von  der  Sekkauer  Hochalm  zum  Zinken  und  auf  der 
anderen  Seite  der  Ingering  der  S-Hang  des  Ringkogels  ist  ein  derartiges  Pult, 
eine  Verebnung  aus  dem  Altzyklus.  Allerdings  scheint  vom  Pabstriegel  bis  zur 
Sautratten  im  N  des  Sekkauer  Beckens  eine  sich  in  der  Oberfläche  aus- 
sprechende Störung  nach  Art  unserer  Tiefenlinie  das  Pult  zu  unterbrechen; 
diese  Verhältnisse  bedürfen  noch  einer  Untersuchung.  Wieder  ist  diese 
Fläche  von  weitgestellten  Folgebächen  nicht  tief  zerschnitten,  die  zwischen 
sich  wurstartige  Riedel  lassen.  Wie  in  diese  Formen  sich  schüchtern  die 
ersten  Formen  der  Eiszeit  hineinlegen,  während  auf  der  N-Seite  schon  ein 
Riesenkar  das  andere  berührt,  verleiht  der  Gegend  besonderen   Reiz. 

Das  Eigenartige  ist  nun,  daß  an  den  Zinken  nach  NW  sich  drei  Berge 
anschließen,  die  gänzlich  anders  aussehen.  Es  sind  dies  die  dem  Ingering- 
gebiet angehörigen  Mauerangerkogel.  Brandstätterhöhe,  Hochreichart. 

Bis  hinauf  zum  Gipfel  tragen  sie  die  Formen  des  reifen  Jungzyklus 
wie  nur  irgend  ein  Berg  bei  Goß  oder  Schladnitz,  scharfe  Grate,  wie  mit 
dem  Schnitzer  geschnittene  Flanken.  Es  ist  meines  Wissens  der  einzige 
Punkt  in  den  Alpen,  wo  man  Berge  von  2400  m  Höhe  sieht,  rein  in  der 
Tracht  eines  reifen  Zyklus  normaler  Erosion.  Eiszeitliche  Spuren  sind  nur 
ganz  zart  in  den  Gräben  angedeutet.  Doch  gleich  NW  des  Reichart,  im 
Hirschkadi  und  der  Hüll  beginnen  auch  in  der  Ingering  die  schönen  Kare 
und  damit  die  Zackenkämme. 

Diese  Insel  eines  jungen  Zyklus  stellt  eine  schwere  Frage.  Man  ist 
zunächst  geneigt,  sie  mit  dem  Durchbruch  der  Ingering  und  der  dadurch 
verstärkten  Erosion  zusammenzuhängen.  Doch  warum  zeigt  die  W-Seite 
des  Ingeringstales  in  den  reichlichen  von  der  Eiserosion  verschonten  Formen 
nur  die  Züge  des  Altzyklus,  ebenso  der  in  die  Ingering  mündende  Gaal- 
graben?  Es  ist  dies   eine  Frage,   die  noch  der  Entscheidung  harrt. 


Oberflächengestaltung  der  Umgebung  Leobens.  o55 

Westlich  einer  Linie  Knappenriedel  N  von  Leoben -2, 
Dorf  im  Laintal  und  nördlich  einer  Linie  Knappenriedel-Ortner 
sehen  wir  wieder  eine  andere  Scholle,  der  ich  auch  das 
Gebiet  des  Traidersberges  zurechnen  möchte.  Es  fehlt  hier 
die  Schrägstellung;  besonders  im  Osten  des  Donawitzertales 
sehen  wir  eine  ganz  ausgezeichnete  Verebnungsfläche  im 
Gebiete  der  Tollinggräben  und  der  Friesingwand  auf  etwa 
900  in,  die  wieder  sehr  reich    und  sehr  jugendlich  zertalt  ist. 

Gehen  wir  nun  über  die  Pultscholle  des  Himbergecks 
nach  N,  so  kommen  wir  wieder  an  eine  Linie,  die  schon 
wohlbekannt  ist,  es  ist  die  Trofaiachlinie.  Gleichlaufend  mit 
den  früheren  zeigt  sie  in  der  Oberflächengestaltung  bis  in  die 
Einzelheiten  gleiche  Erscheinungen,  die  Tiefenlinie  bestehend 
aus  Talstücken  von  verschiedenen  Wasserläufen  benutzt,  da- 
zwischen tiefe  Sättel,  dieselbe  Bodenbeschaffenheit,  das  Ein- 
greifen in  die  Gestaltung  der  Tertiärbecken. 

Diese  Linie  hat  für  die  Tektonik  der  Alpen  eine  bedeu- 
tende Rolle  gespielt.  Von  Vetters  (Verh.  GKA.  1911)  wurde 
sie  als  Spur  einer  OW-Verschiebung  gedeutet,  während 
Heritsch  (Verh.  GRA.  1911)  und  Kober  darauf  hinwiesen, 
daß  dieselben  Erscheinungen  in  der  Gesteinsverteilung  auch 
durch  eine  senkrechte  Erhebung  des  N-Flügels  erzeugt  worden 
sein  könne. 

Ich  möchte  mich  hier  auf  die  Seite  der  letzteren  Ansicht 
stellen. 

Die  Trofaiachlinie  gehört  organisch  in  die  besprochene 
Schar  von  Brüchen.  Für  die  anderen  derselben  haben  wir 
keine  Anzeichen  einer  streichenden  Verschiebung  erhalten. 
Deshalb  würde  auch  hier  eine  Steilverschiebung  besser  in 
das  Bild  passen. 

So  haben  wir  ein  geschlossenes  Bild:  Die  Mur-Mürzlinie 
ist  zwischen  Knittelfeld  und  Kapfenberg,  wo  auch  das  Tal 
einen  so  seltsam  uneinheitlichen  Verlauf  nimmt,  zerschlagen 
in  ein  Bündel  von  Sprüngen  mit  OW- Verlauf,  deren  zwischen- 
liegende Schollen  sich  bis  in  jüngste  Zeit  gegeneinander 
verschoben  haben.  Der  Blick  wendet  sich  von  hier  nach  N 
und  wir  sehen  vor  uns  die  S- Abstürze  der  N- Kalkalpen. 
Betrachten    wir    die   Berge    im    Profil,   z.  B.  vom  Reiting  aus, 


556  W.  Schmidt, 

so  sehen  wir  die  alte  Landoberfläche,  die  ihre  Stöcke  oben 
begrenzt,  entweder  mit  einem  Sprung  um  300  bis  500  m  ab- 
sinken, wie  am  Hochschwab -Trenchtling,  oder  in  Staffeln, 
wie  am  Eisenerzer  Reichenstein-Zölz,  oder  als  schräggestellte 
Platte  absinken,  wie  der  Reiting  selbst;  überall  erkennen  wir 
aber  das  Wirken  junger  Verstellung. 

Die  Zeitbestimmung  für  den  Bewegungsvorgang  be- 
kommen wir  aus  dem  Alter  der  verworfenen  Landfläche. 

Über  diese  Frage  ist  schon  viel  veröffentlicht  worden. 
Siehe  Literaturangabe  in  Winkler:  »Über  jungtertiäre  Se- 
dimentation und  Tektonik  am  Ostende  der  Zentralalpen  , 
Mitt.  Geol.  Ges.,  Wien,   1914,  p.  290. 

Winkler  hält  mit  Götzinger  die  Formen  der  hoch- 
alpinen Verebnungen  für  eine  Gestaltung  der  Zeit  der  Augen- 
steinbildung,  also  aus  einer  Zeit  geringer  Erosionstätigkeit 
der  Alpen,  die  er  wohl  mit  Recht  der  Zeit  des  Braunkohlen- 
tertiärs gleichstellt. 

Ich  möchte  dem  aber  gegenüber  halten,  daß  die  Formen 
der  Kalkalpen »verebnung«  vielleicht  doch  einem  späteren 
Zyklus  angehören. 

In  dem  Teile,  den  ich  besonders  kenne,  den  Eisenerzer 
Alpen,  fallen  die  Verebnungen  zwar  gegenüber  den  Abstürzen 
auf,  betrachtet  man  sie  aber  für  sich,  so  bekommt  man  doch 
den  Eindruck  ziemlich  bedeutender  Mittelgebirgsformen.  Die 
Landflächen  des  Reiting,  des  Wildfeldstockes,  stehen  eigent- 
lich hinter  Formen,  wie  die  des  Rotündl,  Hochalm  nicht 
zurück,  in  den  Böden  des  Trenchtlings  haben  wir  ein  Tal- 
gebiet von  nicht  geringem  Höhenunterschied.  Schon  von 
Götzinger  wurden  die  alten  Oberflächenformen  als  Hügel- 
landschaft beschrieben  (Mitt.  d.  Geogr.  Ges.,  Wien,  1913). 
Mir  erscheinen  nun  die  Höhenunterschiede  dieser  Hügelland- 
schaft zu  groß,  um  für  die  Zeit  der  Augensteine  zu  passen. 
Die  Formen  stimmen  dagegen  mit  den  Formen  unseres  Alt- 
zyklus sehr  gut  überein. 

Ein  anderer  Grund  für  diese  Ansicht  liegt  im  Miozän- 
konglomerat der  Kohlenbecken. 

Wir  sehen,  wie  nach  der  ruhigen  Sedimentation  der 
Kohlen  und  ihrer  Tone  eine  plötzliche  Verstärkung  der  Erosion 


Oberflächengestaltung  der  Umgebung  Leobens.  55< 

mit  Umkehr  der  Entwässerungsrichtung  folgt.  Riesige  Mengen 
von  kalkalpinen  Gerollen  werden  in  allen  Senken  abgelagert. 
Diese  Konglomerate  fügen  sich  im  Seegraben  dem  Altzyklus 
derartig  ein,  daß  ich  nicht  anstehe,  sie  der  Zeit  nach  dem 
Altzyklus  zuzuordnen.  Sie  liegen  auf  einer  Fläche  des  Alt- 
zyklus und  werden  oben  wieder  von   einer   solchen  begrenzt. 

Diese  Geröllmengen  müssen  aber  auch  einer  ergiebigen 
Ausräumung  und  damit  Formänderung  in  den  Kalkalpen 
entsprechen. 

Auf  der  Suche  nach  Augensteinen  auf  den  Trenchtling- 
boden  fand  ich  nicht  diese,  wohl  aber  wohlgerundete  faust- 
große Gerolle  von  Werfener  Schiefer.  Auch  dies  stimmt  mit 
meiner  Ansicht  daß  die  Kalkalpenhochflächen  hier  einer 
ziemlich  starken  Erosion  ausgesetzt  waren.  Solche  Rollstücke 
dürften  weit  häufiger  sein,  Kalkrollstücke  werden  sich  aber 
auf  den  Kalkflächen  der  Beobachtung  leicht  entziehen,  dürften 
teilweise  auch  der  Verkarstung  zum  Opfer  gefallen  sein. 

Aus  diesen  Gründen  möchte  ich  die  Formen  der  Kalk- 
hochalpen dem  Altzyklus  zuschreiben,  die  Augensteine  wären 
dann  nur  Reste  aus  einem  früheren  Zyklus.  Der  Übergang 
von  diesem  zum  Altzyklus  dürfte  durch  das  Aufleben  der 
Kalkalpenbrüche  gegeben  sein,  ähnlich  wie  wir  auch  im 
Gneisgebiet  die  Brüche  schon  vor  dem  Altzyklus  bestehend 
fanden. 

Nach  Ausbildung  der  Geländeformen  haben  wir  dann 
weitere  Bewegung  an  den  Bruchlinien  bis  zu  den  bedeutenden 
Höhen,  die  jetzt  die  S-Wände  der  Kalkalpen  schufen,  es  ist 
dieselbe  Bewegung,  die  das  Seegrabenkonglomerat  schief- 
stellte und  wohl  auch  im  S  den  Jungzyklus  einleitete. 

Auch  in  den  Kalkalpen  müssen  diese  Bewegungen  bis 
in  jüngste  Zeit  angedauert  haben.  In  den  Trenchtlingböden 
finden  wir  langhinziehende  Bruchstufen  von  bis  8  m  Höhe 
die  durch  Dohnen,  Schneelöcher  hindurchsetzen. 

Wir  haben  wohl  für  unsere  Linien  eine  Entstehung  vor 
dem  Altzyklus  festgestellt,  haben  aber  noch  nicht  untersucht, 
wie  weit  diese  Entstehung  zurückreicht.  Ich  möchte  fast 
annehmen,  daß  sie  in  den  ersten  Anfängen  den  Beginn  der 
Zeit    unseres    Braunkohlentertiärs    einleiteten     und    hiebei    die 


558        W.  Schmidt,  Oberflächengestaltung  der  Umgebung  Leobens. 

Beckenbildner  waren.  Denn  diese  schließen  sich  in  der  An- 
lage dem  Bruchplane  an  und  zeigen  immerhin  solche  Unter- 
schiede in  dem  Schichtaufbau,  daß  man  sie  sich  zum  Teil 
schon  von  Anfang  als  getrennte  Becken  vorstellen  muß. 

In  die  Zeit  der  Braunkohlenbildung  möchte  ich  auch  die 
Ausbildung  der  Rotböden  verlegen  und  stütze  mich  hiebei 
insbesondere  auf  die  roten  Tone  des  Braunkohlentertiärs  von 
Trofaiach,  die  denen  unserer  Linien  stark  ähneln,  wenn  sie 
vielleicht  auch  verlagert  sind.  Folgner  Verh.  Gr.  A.  1913  H  18. 
Diese  werden  dort  von  kalkalpinem  Konglomerat  überlagert, 
was  wieder  mit  unserer  Erkenntnis  stimmt,  daß  die  Rotböden 
älter  als  der  Altzyklus  sind. 

Zusammenfassend  hätten  wir  also  folgende  Zeitfolge: 

1.  Zeit  der  Augensteine:  Geringe  Höhenunterschiede, 
Entwässerung  nach  N.  Beckenbildung  durch  Brüche.  Kohlen- 
bildung. Rotbodenbildung. 

2.  Zeit  des  Altzyklus:  Starke  Verstellung  an  den  Brüchen, 
Ausbildung  des  Murlaufes,  Entwicklung  eines  normalen 
Zyklus  bis  zu  unterjochten  Formen  mit  großer  Schuttlieferung 
von  N  ins  Murtal. 

3.  Zeit  des  Jungzyklus:  Weitere  starke  Verstellungen 
mit  Ausbildung  des  Kalkalpensüdrandes.  Neubelebung  der 
Erosion.  Fortdauer  der  Verstellungen  bis  in  jüngste  Zeit. 

Es  ist  dies  eine  Zeitfolge,  die  mit  der  von  den  anderen 
genannten  Werken  aufgestellten  bis  auf  die  hervorgehobenen 
Unterschiede  gut  übereinstimmt. 


559 


Zur   Biologie    und   Mikrochemie   einiger 
P/ro/a-Arten 

Von 

Paula  Fürth 

Aus  dem  Pflanzenphysiologischen  Institut  der  Universität  in  Wien 
(Nr.  142  der  zweiten  Folge) 

(Mit  1  Tafel  und  3  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  4.  November  1920) 

Inhaltsübersicht: 

•Einleitung 560 

I.   Die  Fortpflanzung  einiger  Pirola-Arten 560 

A.  Literatur 560 

B.  Eigene  Beobachtungen 563 

1 .  Eigene  Beobachtungen  in  der  Natur 563 

2.  Keimungsversuche 567 

II.  Anatomie  des  Samens 568 

III.   Die  Mykorrhiza m 570 

A.  Literatur 570 

B.  Eigene  Beobachtungen 572 

IV.  Versuche  über  die  Kultur  des  Mykorrhizapilzes 577 

V.  Diverse  Beobachtungen 578 

A.  Der  Bau  der  Blattepidermis  von  Pirola  chlorantha    ....     578 

B.  Über  die  Verbreitung  von  Phloroglucotannoiden  bei  den 

Pirola -Arten       581 

' '.   Über    einen    schön  krystallisierenden   Inhaltskörper    der 

Pirola   tniijlora 582 

Zusammenfassung 585 

Literaturverzeichnis       586 

Figurenerklärung 587 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  KL,  Abt.  I,  129.  Bd.  38 


J560  P.  Fürth, 

Einleitung. 

Im  folgenden  wird,  im  Anschluß  an  eine  mir  von  meinem? 
verehrten  Lehrer,  Hofrat  Prof.  Dr.  H.  Molisch,  gegebene 
Anregung,  die  bisher  noch  nicht  bekannte  Keimungsgeschichte 
der  Pirolaceen  zu  studieren,  ein  kleiner  Beitrag  zur  Biologie 
dieser  interessanten  Pflanzengruppe  geliefert.  Außerdem  gebe 
ich  auch  einige  Beobachtungen  anatomischer  und  chemischer 
Natur  wieder.  Bevor  ich  jedoch  zu  meinem  eigentlichen  Thema 
übergehe,  spreche  ich  Herrn  Hofrat  Molisch  sowie  den 
Herren  Prof.  O.  Richter  und  Dr.  G.  Klein  für  ihre  weitest- 
gehende Unterstützung  meiner  Arbeit  den  wärmsten  Dank  aus. 

I.  Die  Fortpflanzung  einiger  Pirola-Avten. 
A.  Literatur. 

Irmisch  (185.1)  gibt  an,  daß  er  die  Keimung  der  Pirolaceen  nicht 
kenne,  doch  liefert  er  eine  genaue  Beschreibung  der  vegetativen  Fortpflanzung 
von  P.  secunda  und  P.  uniflora.  Er  betont  als  erster  den  auffallenden  Unter- 
schied in  den  unterirdischen  Organen  der  Jetztgenannten  Art  und  denen  aller 
übrigen  Pirolaceen  und  stellt  P.  secunda  und  P.  uniflora  einander  gegenüber. 
Bei  der  ersteren,  die  er  als  Vertreter  der  Gruppe:  P.  secunda,  chlorantha, 
minor,  media  und  rotundifolia,  die  sich  diesbezüglich  alle  gleich  verhalten, 
wählt,  wird  die  vegetative  Fortpflanzung  durch  weithin  im' Boden  kriechende 
unterirdische  Achsen  besorgt.  Bei  P.  uniflora  dagegen  fand  er  regelmäßig  an 
den  Wurzeln,  die  er  an  ihrem  anatomischen  Bau  als  solche  erkannte. 
Adventivknospen,  durch  die  allein  die  vegetative  Furtpflanzung  erfolgt,  da 
diese  Art  keine  Rhizome  besitzt.  Er  fand  auch  einige  Pflänzchen  von 
P.  secunda,  deren  Stamm  direkt  in  eine  Hauptwurzel  überging,  die  sich  also 
nicht  aus  einem  Rhizom  entwickelt  hatten,  und  betrachtete  sie  als  Keim- 
pflänzchen;  sie  hatten  alle  schon  mehrere  Blätter  entwickelt  und  es  gelang 
ihm  nicht,  jüngere  Stadien  aufzufinden.  Er  nahm  an,  daß  sich  bei  der 
Keimung  von  P.  secunda  aus  dem  Samen  zuerst  ein  Stämmchen  bildet;  für 
die  Keimung  von  P.   uniflora  fehlten  ihm  alle  Anhaltspunkte. 

1889  schreibt  Drude  in  seiner  Monographie  der  Pirolaceen,  es  sei  wahr- 
scheinlich, daß  sich  die  jüngeren  Keimpflänzchen  ohne  C02-Assimilation,  nur 
mit  »Wurzelzersetzungstätigkeit«  ernähren  und  bedauert,  daß  es  bisher  noch 
nicht  gelungen  sei,  die  Samen  zur  Keimung  zu  bringen  oder  einwandfreie 
jüngere  Keimungsstadien  in  der  Natur  aufzufinden.  Bezüglich  der  Wurzel- 
adventivknospen  von  P.   uniflora  verweist  er  auf  Irmisch. 

Von  Velenovsky  erschien  im  Jahre  1892  eine  mir  nicht  zur  Ver- 
fügung   stellende  Arbeit    »Über    die  Biologie    und    Morphologie    der  Gattung 


Biologie  einiger  Pirola-Arten.  oöl 

Monesis«,  deren  Ergebnisse  jedoch  in  seiner  späteren,  im  Jahre  1905  er- 
schienenen Abhandlung  »Über  die  Keimpflanzen  der  Pirolaceen«  mitgeteilt 
werden.  Sie  beziehen  sich  vor  allem  auf  die  unterirdischen  Organe  der 
P.  uniflora  (Monesis),  denen  er,  da  sie  morphologisch  nicht  einer  Wurzel. 
anatomisch  nicht  einem  Rhizom  gleichzusetzen  sind,  den  neuen  Namen  »Pro- 
kaulom«  gab.  Auch  hat  er  nach  seiner  Meinung  solche  Prokaulome  frei  in 
der  Erde  lebend,  ohne  Zusammenhang  mit  oberirdischen  Pflanzenteilen,  ge- 
funden. In  der  zweiten  Arbeit  spricht  er  zunächst  von  seinen  Keimungs- 
versuchen, die  er  u.  a.  auch  im  Walde,  an  den  natürlichen  Standorten  der 
Mutterpflanze,  vornahm  und  die  nie  zu  einem  Resultat  führten.  Ferner 
beschreibt  er  Keimpflanzen  von  P.  seeunda,  deren  er  ein  einziges  Mal 
mehrere  an  ein  und  demselben  Orte  fand.  Sie  besaßen  schon  sämtlich  mehrere 
voll  entwickelte  Blätter,  zum  Teil  sogar  schon  in  zwei  Stockwerken  über- 
einander, so  daß  er  annehmen  mußte,  sie  seien  ein-  bis  zweijährig;  jüngere 
Stadien  odei  überhaupt  noch  mehr  Keimpflänzchen  aufzufinden,  gelang  ihm 
nicht,  obwohl  er  während  zweier  Monate  unzählige  Standorte  danach  ab- 
suchte. Er  beschreibt  Pflänzchen  von  P.  seeunda,  die  sich  aus  abgerissenen 
Wurzeln  endogen  entwickelt  haben  und  die  sich  von  Keimpflanzen  durch 
ihre  bedeutende  Größe  und  Üppigkeit  und  durch  die  Dicke  und  dunkle  Farbe 
der  Wurzel,  aus  der  sie  entspringen,  unterscheiden.  Übrigens  hat  auch  schon 
Irmisch  solche  aus  Adventivknospen  an  abgerissenen  Wurzeln  hervor- 
gegangene Pflanzen  gefunden  und  beschrieben.  Was  zu  der  Annahme  führen 
könnte,  daß  es  sich  bei  den  von  Velenovsky  gefundenen  Keimpflänzchen 
nicht  wirklich  um  solche,  sondern  nur  um  aus  Wurzeladventivknospen  hervor- 
gegangene Pflanzen  handle,  ist  die  Tatsache,  daß  der  oberirdische  Stamm  nie 
direkt  in  die  Wurzel  übergeht,  sondern  an  der  Übergangsstelle  stets  eine 
Anschwellung  vorhanden  ist  und  es  manchmal  so  aussieht,  als  ob  der  Stamm 
zeitlich  aus  der  Wurzel  hervorgebrochen  wäre.  Jedoch  ist  in  solchen  Fällen 
das  obere  Ende  der  Wurzel  immer  unverletzt,  wodurch  der  Verdacht,  dal.» 
es  sich  um  aus  abgerissenen  Wurzeln  hervorgegangene  Pflänzchen  handle 
hinfällig  wird.  Gerade  auf  diese  Art  des  Hervorbrechens  des  Stammes  aus 
der  Wurzel  stützt  Velenovsky  seine  Hypothese  über  den  Verlauf  der 
Keimung,  denn  obwohl  seine  diesbezüglichen  Annahmen  ja  recht  einleuchtend 
sind,  kann  man  sie  doch  nur  als  Hypothese  bezeichnen,  da  er,  ebensowenig 
wie  jemand  anderer  vor  oder  nach  ihm,  jemals  ein  jüngeres  Keimungsstadium 
beobachtet  hat  und  es  kann  nicht  genug  hervorgehoben  werden,  daß  die 
ersten  drei  der  seiner  Arbeit  beigegebenen  Abbildungen  jugendlicher  Keimungs- 
stadien nicht  nach  der  Natur  gezeichnet,  sondern  reine  Schemen 
seiner  Hypothese  sind. 

Danach  verläuft  die  Keimung  von  P.  seeunda  folgendermaßen:  zuerst 
entwickelt  sich  aus  dem  Samen  ein  unterirdischer,  bleicher,  zylindrischer 
Korper,  der  nach  unten  zu  eine  Wurzelhaube  ausbildet  und  ein  Prokaulom 
vorstellt.  Hat  dieses  eine  gewisse  Länge  erreicht,  so  bricht  aus  seinem  oberen 
Ende  endogen  eine  Knospe  hervor,  die  sich  zu  einer  Pflanze  entwickelt, 
die    dann    später,    oberhalb    der    Insertionsstelle    des    Stammes,    aus    diesem 


562  P.  Fürth, 

entspringende,  gewöhnliche  Rhizome  entsendet.  Etwas  anders  stellt  er  die 
Keimungsgeschichte  von  P.  uniflora  dar;  nur  allein  auf  der  Tatsache  fußend, 
daß  er  einmal  ein  Prokaulom  ohne  Zusammenhang  mit  einer  Pflanze  fand, 
sehreibt  er  folgendes : 

»Aus  dem  Samen  der  Monesis  keimt  ein  ähnlichei  ungegliederter  Körper, 
welcher  sich  aber  bipolar  nicht  entwickelt,  sondern  sich  nach  allen  Richtungen 
hin  unregelmäßig  verzweigt  und  fadenförmig  verlängert.  So  entsteht  ein  Ge- 
flecht von  fadendünnen  Ausläufern,  welche  als  selbständiger  Organismus  in 
der  Humuserde  saprophytisch  vegetieren.  Ein  solches  Fadengeflecht  habe  ich 
wirklich  beobachtet  und  schon  im  Jahre  1892  abgebildet.  Es  ist  ein  wurzel- 
artiges Prokaulom,  welches  von  dem  (hypothetischen!  F.)  der  P.  seeunda 
dadurch  abweicht,  daß  es  lange  lebt,  sich  fortwährend  verzweigt  und  die 
Aufgabe  der  vegetativen  Vermehrung  der  Pflanze  übernimmt,  dieselbe  Aufgabe, 
welche  bei  der  P.  seeunda  die  weitkriechenden  Rhizome  versehen.« 

Danach  teilt  er  die  Entwicklung  einer  P.  uniflora  in  zwei  Generationen 
ein,  eine  unterirdische  ungeschlechtliche  und  eine  oberirdische  geschlecht- 
liche und  zieht  Parallelen  mit  dem  Generationswechsel  der  Muscineen,  indem 
er  das  Prokaulom  mit  einem  Protonema  vergleicht.  Sollte  das  nicht  zu  weit 
gegangen  sein,  wenn  man  bedenkt,  daß  all  das  auf  der  Beobachtung  eines 
einzigen  freilebenden  Prokauloms  basiert,  das  vielleicht  doch  nur  durch 
Abreißen  von   einer  oberirdischen  Pflanze  entstanden  ist  ? 

Auch  Goebel  erwähnt  in  seiner  Organographie  das  Wurzelsystem  von 
/'.  uniflora.  Doch  ist  es  mir  nicht  bekannt,  ob  er  sich  dabei  auf  die  Angaben 
Yelenovsky's  stützt  oder  eigene  Beobachtungen  mitteilt.  In  dem  Abschnitt 
•-Freilebende  Wurzeln«   schreibt  er: 

»Auch  finden  sich  Wurzelsysteme,  die  offenbar  jüngere  Stadien  dar- 
stellen und  noch  keine  Sprosse  entwickelt  haben.  Es  ist  die  Keimung  leider 
noch  unbekannt.  Wahrscheinlich  aber  geht  aus  dem  ungegliederten  Embryo 
des  keimenden  Samens  nicht  wie  sonst  ein  beblätterter  und  bewurzelter 
Sproß,  sondern  unter  Verkümmerung  des  letzteren  nur  ein  saprophytisch 
lebendes  Wurzelsystem  hervor,  an  dem  dann  später  endogene  Sprosse  ent- 
stehen.« 

Kinzel  gibt  in  seiner  Arbeit  über  Lichtkeimung  an,  es  scheine  ihm 
nach  dem  Verlauf  seiner  Versuche  unwahrscheinlich,  daß  die  Pirola- Arten 
ohne  Pilzwirkung  keimten.  In  seinem  Buch  »Frost  und  Licht  als  beein- 
flussende Kräfte  bei  der  Samenkeimung«  sagt  er,  daß  sich  Samen  von 
P.  uniflora  und  P.  seeunda  während  eines  vier  Jahre  dauernden  Keimungs- 
versuches im  Dunkeln  unverändert  erhalten  hätten. 

»Die  sehr  kleinen  Samen  dieser  Familie  waren  trotz  mannigfaltiger 
Versuche  auf  keine  Weise  zum  Keimen  zu  bringen  und  da  so  ziemlich 
alle  Möglichkeiten  in  der  Behandlung  berücksichtigt  wurden,  muß  man  wohl 
annehmen,  daß  sie,  wie  die  Samen  der  Orchidaceen,  nur  in  Symbiose  mit 
den  dazugehörigen  Wurzelpilzen  sich  zu  entwickeln  vermögen.« 


Biologie  einiger   Pirola-Arten.  ovo 

B.  Eigene  Beobachtungen. 

1.  Eigene  Beobachtungen  in  der  Natur. 

In  den  Wäldern  in  der  Umgebung  von  Payerbach  (Nieder- 
österreich) kommen  P.  secuuJa  und  P.  chlorantha  massen- 
haft vor,  nicht  ganz  so  häutig  P.  minor.  ich  wählte  zum 
Suchen  nach  Keimlingen  Stellen  aus,  wo  die  Pflanzen  dicht 
standen  und  möglichst  viele  vertrocknete  Fruchtstände  vom 
vorigen  Jahr  zu  sehen  waren.  Denn  an  solchen  Stellen,  wo 
oft  im  Bereich  weniger  Quadratdezimeter  viele  Fruchtstände 
stehen,  müssen  im  vorhergehenden  Herbst  viele  Tausende 
von  Samen  ausgestreut  worden  sein.  Ich  nahm  meine  Nach- 
forschungen in  der  Zeit  von  Ende  April  bis  Anfang  Juni  vor, 
denn  ich  dachte,  daß  die  Keimung  um  diese  Zeit  schon  ein- 
getreten sein  müsse  und  ich  die  jüngsten  Stadien  finden 
werde.  Aber  obwohl  ich  oft  und  an  den  verschiedensten 
Standorten  stundenlang  Nachgrabungen  vornahm  und  den 
Boden  auf  weite  Strecken  hin  mit  der  Lupe  durchforschte, 
fand  ich  nie  etwas  anderes  als  vollkommen  unversehrte  Samen, 
die  ganz  unverändert,  so  wie  sie  im  Herbst  ausgestreut  worden 
waren,  im  Boden  lagen.  Auch  die  mikroskopische  Unter- 
suchung zeigte  keine  Veränderung  gegenüber  trocken  in  einer 
Schachtel  aufbewahrten  Samen. 

Da  diese  Nachforschungen  zu  keinem  Ziele  führten,  ver- 
suchte ich,  wenigstens  die  von  Ir misch  und  Velenovsky 
beschriebenen  älteren  Keimpflänzchen  zu  finden.  Zu  diesem 
Zwecke  grub  ich  möglichst  vereinzelt  stehende  kleine  Exem- 
plare aus,  die  eben  erst  aus  der  Erde  herauskamen  und  bei 
denen  kaum  anzunehmen  war,  daß  sie  durch  Rhizome  mit 
anderen  in  Verbindung  ständen.  Ein  einziges  Mal  fand  ich 
ein  Pflänzchen  von  P.  chlorantha,  das  mit  den  aus  der 
Literatur  bekannten  Keimpflänzchen  übereinstimmte,  in  allen 
anderen  Fällen  entsprang  die  Pflanze  stets  aus  einem 
Rhizom,  das  oft  zu  meterweit  entfernten  älteren  Pflanzen 
hinleitete  oder  an  einem  Ende  abgestorben  war.  Meist  war 
es  reich  verzweigt  und  jeder  Ast  endete  entweder  mit  einer 
älteren  Pflanze  oder  mit  einer  Knospe,  die  schon  bereit  war, 
über  den  Boden  hervorzutreten.    Man  sieht  stets  ganze  Kolo- 


564  P.   Fürth, 

nien  gleich  alter  Pflanzen,  was  daher  kommt,  daß  viele  Rhizom- 
verzweigungen  zu  gleicher  Zeit  angelegt  werden  und  dann 
auch  wieder  zu  gleicher  Zeit  ihre  in  eine  Knospe  ausgehenden 
Enden  über  den  Boden  erheben.  Die  Entwicklung  des  Rhizoms 
ist  besonders  bei  P.  secunda  eine  sehr  üppige;  Kolonien  von 
nur  drei  oder  vier  Pflanzen  sind  verhältnismäßig  selten.  Ein- 
mal zählte  ich  in  einer  großen  Kolonie  weit  über  100  Pflanzen, 
die  alle  miteinander  in  Verbindung  standen,  und  ich  glaube, 
daß  man  bei  sorgfältigen  Nachgrabungen  finden  wird,  daß  so 
große  Kolonien  gar  nicht  selten  sind  und  daß  viel  mehr 
Pflanzen  durch  gemeinsame  Rhizome  verbunden  sind,  als  es 
bei  oberflächlicher  Betrachtung  den  Anschein  hat.  Die  Rhizome 
reichen  auch  zur  Anlage  von  weit  entfernten  Kolonien  voll- 
ständig aus,  so  daß  die  Verbreitung  durch  Samen  als  über- 
flüssig erscheinen  könnte. 

Die  Untersuchungen  über  P.  uniflora  nahm  ich  im 
Semmeringgebiet  vor.  Bei  meinen  wiederholten  Nachgrabungen 
daselbst  fand  ich  weder  freilebende  Prokaulome,  wie  Vele- 
novsky  eines  gefunden  haben  will,  noch  sonstige  Keimungs- 
stadien. Die  Pflanzen  stehen  immer  in  Kolonien  beisammen 
und  sind  durch  dünne  Wurzelfäden  miteinander  verbunden, 
die  beim  Ausgraben   sehr  leicht  abreißen. 

Dagegen  scheint  mir  die  folgende  Beobachtung  von 
größter  Bedeutung  zu  sein:  ich  kultivierte  in  Blumentöpfen 
je  einige  Pflanzen  von  P.  uniflora  und  P.  chlorantha,  die 
ich  zur  Blütezeit  an  ihrem  Standort  mit  einem  größeren  Erd- 
ballen ausgegraben  hatte  und  die  dann  später  im  Topf  Früchte 
trugen  und  ihre  Samen  ausstreuten.  Ende  Oktober  durchsuchte 
ich  die  Erde  eines  dieser  Töpfe  von  P.  uniflora,  um  zu  sehen, 
was  aus  den  Samen  geworden  sei.  Dabei  fand  ich  ein  bleiches, 
walzenförmiges  Gebilde  (Fig.  1)  von  ungefähr  15  mm  Länge 
und  einem  größten  Durchmesser  von  3  mni.  Aus  dem  einen 
dickeren  Ende  brach  eine  winzige  Knospe  hervor,  am  ent- 
gegengesetzten viel  dünneren  Ende  waren  die  Kanten  so 
scharf,  daß  es  fast  wie  abgehackt  erschien;  es  war  jedoch 
unverletzt.  Dieses  Gebilde  war  der  Länge  nach  mit  sechs 
langen,  dünnen,  ziemlich  reichlich  verzweigten  Wurzeln  be- 
setzt. Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigte,  daß  der  ganze 


Biologie  einiger  Pirola-Arten.  565 

walzenförmige  Körper  den  Bau  einer  Wurzel  besaß;  er  setzte 
sich  zusammen  aus  einem  dünnen,  regelmäßig  triarch  gebauten 
.Zentralzylinder,  einem  sehr  breiten,  mit  großen  Stärkekörnern 
zum  Zerplatzen  vollgepfropften  Rindenparenchym  und  einer 
Epidermis  von  normaler  Breite.  Diese  hatte  keine  Wurzel- 
haare und  war  von  demselben  braun  gefärbten,  mit  Schnallen- 
bildungen versehenen  Pilz  in  derselben  Weise,  wie  ich  es  in 
dem  Kapitel  über  die  Mykorrhiza  für  die  Wurzeln  von  P.  uui- 
fiora  beschreibe,  umhüllt.  Ein  Eindringen  der  Hyphen  in  das 
Innere  der  Zellen  habe  ich  nicht  beobachtet.  Es  wechselten, 
ebenso  wie  bei  den  Wurzeln  von  P.  uniflora,  längere  mit 
weniger  häufigen  kürzeren  Epidermiszellen  ab.  Auffallend  war 
nur,  daß  die  Stärkekörner  des  Rindenparenchyms  ganz  un- 
vergleichlich größer  waren  als  die  normaler  Wurzeln. 

Die  Wurzeln  dieses  merkwürdigen  Körpers  waren  sehr 
reichlich  mit  Haaren  besetzt  und  besaßen  eine  spärliche  Pilz- 
umhüllung. Sie  enthielten  Stärkekörner  von  derselben  Größe 
und  vom  selben  Aussehen  wie  normale  Pirola -Wurzeln. 
Besondere  Verschiedenheiten  gegenüber  normalen  Wurzeln 
von  P.  uniflora  habe  ich  nicht  konstatiert.  Nach  meinen 
Beobachtungen  bin  ich  zu  der  Überzeugung  gelangt,  daß  ich 
■es  hier  wirklich  mit  einer  jungen  Pirola -Pflanze  zu  tun  hatte. 
Die  beste  Erklärung  für  die  Entwicklung  eines  verhältnis- 
mäßig so  großen  und  so  reich  mit  Reservestoffen  versehenen 
Körpers  aus  dem  mikroskopisch  kleinen  Samen  ist  die  An- 
nahme einer  saprophytischen  Lebensweise  unter  Mitwirkung 
des  Pilzes,  ähnlich  wie  sie  Noel  und  Bürge  ff  für  Orchideen- 
keimlinge beschrieben  haben.  Ich  kann  nicht  sagen,  wie  sich 
dieses  Gebilde  weiterentwickelt;  am  wenigsten  Schwierig- 
keiten begegnet  die  Annahme,  daß,  nach  Entwicklung  ober- 
irdischer Assimilationsorgane,  der  ganze  Körper,  nachdem  ihm 
sämtliche  Reservestoffe  entzogen  wurden,  ähnlich  wie  ver- 
brauchte  Kotyledonen,    unter   Einschrumpfen    zugrunde    geht. 

Die  Auffindung  dieses  merkwürdigen  Gebildes  steht  mit 
der  Theorie  Velenovsky's,  daß  sich  bei  der  Keimung  von 
P.  uniflora  zuerst  ein  dünnes,  fadenförmiges  Prokaulom  ent- 
wickle, in  Widerspruch.  Dagegen  stimmt  sie  auffallend  gut 
mit  seinem  hypothetischen  Prokaulom  von  P.  seeunda  überein 


566  P.   Fürth, 

und  hätte  ich  diesen  unterirdischen  Körper  in  einem  Topf 
dieser  Pirola-Art  gefunden,  er  wäre  die  schönste  Bestätigung 
der  Velenovsky'schen  Hypothese  gewesen.  So  aber,  als  Pro- 
kaulom  von  P.  imiflora,  verlangt  er  nach  einer  anderen 
Erklärung,  die  in  befriedigender  Weise  erst  nach  Auffindung 
älterer  Keimungsstadien  wird  gegeben  werden  können. 

Ich  glaube  meine  Untersuchungen  mit  genügender  Ge- 
wissenhaftigkeit vorgenommen  zu  haben,  um  sagen  zu  können, 
daß  Keimpflanzen  der  von  mir  untersuchten  Pirola- 
Arten  zu  den  allergrößten  Seltenheiten  gehören  und 
daß  die  genannten  Pflanzen  mit  der  vegetativen. 
Fortpflanzung  durch  Rhizome,  respektive  Adventiv- 
knospen an  den  Wurzeln  ihr  reichliches  Auslangen 
finden  könnten  und  nicht  aut  die  Verbreitung  durch 
Samen  angewiesen  zu  sein  brauchten. 

Als  Beweis  dafür  möchte  ich  noch  erwähnen,  daß  ich 
einmal  im  August  im  Salzkammergut  einen  sehr  schattigen- 
Wald  betrat,  dessen  Boden  mit  P.  minor  reich  bewachsen 
war.  Doch  sah  ich  keine  einzige  Pflanze,  die  diesjährige 
Blütenstände,  vorjährige  Fruchtstände  oder  Blütenknospen  für 
das  nächste  Jahr  aufgewiesen  hätte.  (Bei  den  Pirolaceen  sind 
nämlich  im  Spätsommer  gewöhnlich  die  Frucht-,  respektixe 
Blütenstände  von  drei  Vegetationsperioden  zugleich  sichtbar.)- 
In  diesem  Falle  hatte  ich  also  den  Beweis,  daß  von  allen 
Pflanzen  des  Waldes  keine  oder  doch  nur  eine  verschwindend 
geringe  Anzahl,  die  ich  übersehen  haben  kann,  im  Vorjahr 
geblüht  hatte,  keine  in  diesem  Jahr  und  daß  im  nächsten 
Jahr  keine  blühen  würde.  Es  wurden  also  nach  meiner  Beob- 
achtung an  der  bezeichneten  Stelle  bereits  durch  mindestens 
zwei  Jahre  keine  Samen  ausgebildet  und  doch  war  alles 
übersät  mit  jungen  Pflanzen.  Ob  auch  in  den  vorhergehenden. 
Jahren  keine  Samen  zur  Entwicklung  gekommen  waren,  weiß 
ich  nicht,  doch  ist  anzunehmen,  daß  die  überaus  geringe  hier 
herrschende  Lichtintensität  auch  früher  schon  der  Ausbildung 
der  Blüten  ungünstig  war.  Es  kann  sich  also  eine  ganze 
Decke  von  Pirolaceen  ohne  Mithilfe  der  Samen  nur 
durch  vegetative  Rhizom  knospen  dauernd  in  größter 
Üppigkeit  erhalten. 


Biologie  einiger  Pirola-Arten.  06/ 

Es  erscheint  mir  auch  als  sehr  wahrscheinlich,  daß  in 
den  vielen  anderen  Fällen,  in  denen  Samen  ausgebildet  werden, 
nur  ein  kleiner  Bruchteil  davon  keimungsfähig  ist,  sei  es,  daß 
die  Keimfähigkeit  im  Laufe  der  Zeit  rückgebildet  wurde,  sei 
es,  daß  sie  nie  in  größerem  Ausmaß  vorhanden  war.  Ich 
möchte  annehmen,  daß  sich  unter  der  ungeheuren  Menge  der 
in  einer  Kapsel  herangereiften  Samen  kaum  je  ein  zur  Weiter- 
entwicklung befähigter  findet.  Dazu  veranlaßt  mich  die  Tat- 
sache, daß  an  den  beiden  Stellen,  wo  ich  den  auf  p.  563 
erwähnten  Keimling  von  P.  chlorantha  und  den  im  vorher- 
gehenden beschriebenen  von  P.  unißora  entdeckte,  bestimmt 
eine  Anzahl  Samen  derselben  Pirola-Arten  sich  unter  den 
gleichen  äußeren  Bedingungen  befanden;  warum  war  also 
von  dieser  großen  Menge  nur  je  ein  einziger  Same  zur 
Weiterentwicklung  gelangt?  Das  ließe  sich  am  besten  durch 
Annahme  einer  besonderen  natürlichen  Anlage,  sei  es  ana- 
tomischer oder  chemischer  Natur,  erklären,  die  zur  Auslösung 
der  Keimung  vorhanden  sein  müßte  und  die  der  Mehrzahl 
der  Samen  fehlen  könnte.  Außerdem  scheinen  selbst  die 
keimungsfähigen  Samen  noch  besonderer  äußerer  Bedingungen 
zu  bedürfen,  die  sich  nicht  überall  verwirklicht  finden:  Vor- 
handensein eines  bestimmten  Pilzes,  vielleicht  noch  kombiniert 
mit  besonders  extremen  Beleuchtungs-,  Feuchtigkeits-  und 
anderen  Verhältnissen. 

Fassen  wir  all  dies  zusammen,  so  kann  es  nicht  weiter 
wundernehmen,  daß  die  Auffindung  von  P/ro/a-Keimlingen 
mit  sehr  großen  Schwierigkeiten  verbunden  ist  und  selbst  bei 
angestrengtestem  Suchen  nur  in  Ausnahmsfällen  gelingt. 

2.  Keimungsversuche. 

Die  Keimungsversuche  wurden  vorgenommen  teils  mit 
Samenmaterial  von  P.  minor,  das  ich  von  Haage  und  Schmidt 
aus  Erfurt  bezog,  teils  mit  Samen  von  P.  unißora  und 
P.  chlorantha,  die  ich  selbst  gesammelt  hatte.  Es  wurden 
immer  zwei  parallele  Serien  von  Versuchen,  eine  im  Dunkeln 
und  eine  im  Licht,  aufgestellt.  Ausgesät  wurde  auf  Filtrier- 
papier, Heideerde,  Moorerde,  Torf,  humusreiche  Walderde  vom 
Standort    der   betreffenden  Pirola-Avt  und  endlich  streute  ich 


568  P.  Fürth, 

auch  Samen  in  Pilzkulturen,  die  von  einer  PirolaAVuvzel 
gewonnen  worden  waren.  Die  Versuche  wurden  zu  den  ver- 
schiedensten Jahreszeiten  bei  verschiedenen  Temperaturen 
vorgenommen.  Sie  blieben  sämtlich  erfolglos.  D-ie  Samen 
waren  entweder  noch  nach  mehreren  (bis  zu  neun)  Monaten 
unversehrt  und  unverändert  erhalten  oder  sie  waren  der 
Fäulnis  anheimgefallen  und  nicht  mehr  auffindbar. 

II.  Anatomie  des  Samens. 

Die  Samen  der  Pirola-Arten  gehören  zu  den  kleinsten, 
die  wir  überhaupt  kennen  und  werden  nur  von  denen  einiger 
Orchidaceen  an  geringem  Gewicht  und  geringer  Größe  über- 
troffen. Die  verhältnismäßig  großen  kapselartigen  Früchte  ent- 
halten Unmengen  des  staubförmigen  Samens;  doch  geht  mit 
der  massenhaften  Produktion  ein  häufiges  Verkümmern  des 
einzelnen  Samens  Hand  in  Hand. 

Ein  beträchtlicher  Teil  der  Samen  bleibt  auf  einer  unvoll- 
kommenen Entwicklungsstufe  stehen  oder  erleidet  anderweitige 
Mißbildungen  und  Verkümmerungen,  so  daß  sich  die  Unfähig- 
keit zur  Keimung,  die  meiner  Meinung  nach  dem  Gros  der 
Samen  zukommt  (siehe  p.  567)  bei  manchen  auch  schon  rein 
äußerlich   dokumentiert. 

Der  normale  Samen  (Fig.  2)  besteht  aus  der  Testa,  dem 
sehr  ölreichen  Endosperm  und  dem  darin  eingebetteten  un- 
gegliederten Embryo.  Die  Testa  setzt  sich  aus  großen,  lang- 
gestreckten Zellen,  die  sehr  schöne,  regelmäßige  Netzver- 
dickungen aufweisen,  zusammen  und  umhüllt  in  Form  eines 
weiten  Mantels  den  rundlichen  Endospermkörper.  Nach  oben 
und  unten  hin  ist  sie  in  einen  langen  Fortsatz  ausgezogen, 
der  als  Flugorgan  dient,  da  durch  ihn  das  spezifische  Gewicht 
des  Samens  wesentlich  herabgesetzt  und  seine  Oberfläche  ver- 
größert wird.  In  der  Querrichtung  liegt  die  Testa  dem  Endo- 
spermkörper dichter  an.  Ihre  Zellen  sind  in  seiner  Nähe  mit 
je  einem  spitzen,  über  die  Länge  der  ganzen  Zelle  sich  er- 
streckenden Vorsprung  versehen.  Dadurch  entsteht  bei  Samen- 
querschnitten (Fig.  4)  ein  sternförmiges  Bild;  die  Spitzen  des 
Sternes  werden  durch  die  vorspringenden  Längsrippen  gebildet, 


Biologie  einiger   Pirola- Arten.  569 

die  Einbuchtungen  entstehen  dadurch,  daß  die  Zelle  in  der 
Mitte  zwischen  zwei  solchen  Vorsprüngen  in  sich  zusammen- 
gefallen ist  und  sich  dem  Endospermkörper  ganz  dicht  anlegt. 

Bei  Untersuchung  des  ganzen  unversehrten  Samens  ist 
es  schwer,  einen  Einblick  in  die  Gliederung  des  Endosperm- 
körpers  zu  erhalten,  da  die  darüberliegende  Testa  die  Beob- 
achtung erschwert.  Bessere  Bilder  erhält  man  nach  Aufhellung 
mit  KOH,  doch  ließen  sie  auch  dann  noch  zu  wünschen  übrig. 
Am  besten  eigneten  sich  zur  Untersuchung  Samen,  deren 
Testa  durch  einen  eine  halbe  Stunde  währenden  Aufenthalt 
in  Chromschwefelsäure,  eventuell  unterstützt  durch  schwaches 
Erwärmen,  aufgelöst  worden  war,  so  daß  der  Endosperm- 
körper vollkommen  frei  lag.  Dieser  wurde  nach  Auflösung  der 
Testa  sofort  in  Wasser  übertragen,  um  ein  weiteres  Einwirken 
der  Chromschwefelsäure  unmöglich  zu  machen.  Es  wurden 
auch  Mikrotomschnitte  nach  folgender  Methodik  angefertigt: 
die  trockenen  Samen  wurden  in  Paraffin  eingebettet,  ge- 
schnitten, mit  Gentianaviolett  gefärbt  und  in  Kanadabalsam 
eingeschlossen.  Diese  Methode  hatte  gegenüber  der  Behand- 
lung mit  Chromschwefelsäure  den  Vorteil,  daß  die  Kerne  als 
leuchtend  blau  gefärbte  Körper  sichtbar  wurden. 

In  der  älteren  Literatur  wird  der  ganze  Endospermkörper 
für  den  Embryo  gehalten  und  man  meinte,  einen  endosperm- 
losen  Samen  vor  sich  zu  haben.  Doch  in  der  neueren  Literatur 
ist  meistens  schon  vom  Endospermkörper  die  Rede,  aber  es 
fehlt  jede  Angabe,  welcher  Teil  desselben  als  Embryo  zu 
betrachten  sei.  Nach  meinen  Beobachtungen  besteht  der  Endo- 
spermkörper (Fig.  3)  aus  einem  einfachen  Mantel  etwas  ab- 
gerundeter, unregelmäßig  prismatischer  Zellen,  die  meist  in 
der  Längsrichtung  des  ganzen  Körpers  etwas  gestreckt  sind. 
Die  mit  Gentianaviolett  gefärbten  Mikrotomschnitte  wiesen 
ziemlich  große  runde  Kerne  auf.  Am  oberen  und  am  unteren 
Ende  sieht  man  eine  dunkle  Masse  dem  Endosperm  außen 
anliegen  (Fig.  2).  Es  dürfte  das  je  eine  abgestorbene  und 
zusammengefallene  Zelle  sein,  wie  sie  auch  Koch  regelmäßig 
dem  Endosperm  von  Monotropa  anhaften  sah.  Das  Innere  des 
Endospermkörpers  ist  erfüllt  mit  kleinen,  dünnwandigeren 
Zellen,   die   gegen  den  äußeren  Mantel   hin  scharf  abgegrenzt 


570  P.    Fürth. 

sind,  dagegen  miteinander  einen  einheitlichen  runden  Körper 
bilden,  den  man  wohl  als  Embryo  ansprechen  muß.  Auch  die 
Zellen  dieses  Körpers  enthalten  große  Kerne,  die  bei  Färbung 
mit  Gentianaviolett  deutlich  sichtbar  werden.  Das  Endosperm 
ist  vollgepfropft  mit  fettem  Öl,  das  bei  eventuellen  Verletzungen 
in  Form  von  größeren  und  kleineren  stark  lichtbrechenden 
Kugeln  massenhaft  herausquillt. 

Untersucht  wurden  Samen  von  P.  minor,  secuuda,  chlor- 
antha  und  unißora,  die  einander  alle  sehr  ähnlich  sind. 
P.  unißora  unterscheidet  sich  von  den  anderen  untersuchten 
Arten  dadurch,  daß  der  Samen  im  ganzen  länger  und  schmäler 
gebaut  und  heller  gefärbt  ist.  P.  secuuda  und  P.  chlorautha 
weisen  eine  feinere  Netzstruktur  der  Testa  auf,  die  nicht  so 
in  die  Augen  fallend  ist  wie  die  von  P.  minor  und  P.  uni- 
ßora. Im  übrigen  stimmen  alle  von  mir  untersuchten  Arten 
in  den  wesentlichen  Merkmalen   miteinander  überein. 

III.  Die  Mykorrhiza. 

A.  Literatur. 

Irmisch  spricht  schon  im  Jahre  1855  von  den  verhältnis- 
mäßig großen,  dünnwandigen  Epidermiszellen  der  Pirola- 
Wurzeln,  die  ebenso  wie  die  Wurzeln  mancher  Orchideen 
eine  zusammengeballte  dunkle  Masse  enthalten,  über  deren 
Entstehung  und  Zusammensetzung  er  sich  aber  nicht  weiter 
äußert.  Auch  beobachtete  er,  daß  die  Wurzeln  von  P.  secuuda 
häufig  mit  einem  schwärzlichen  Pilz  umsponnen  sind,  ahnte 
aber  nicht  den  Zusammenhang  zwischen  diesem  und  den 
zusammengeballten  dunklen  Massen  im  Innern  der  Epidermis- 
zellen. Auch  maß  er  diesen  Beobachtungen  weiter  keine 
Bedeutung  bei. 

Später,  1887,  erwähnt  Frank  eine  Bemerkung  Kerner's 
aus  dem  Jahre  1886:  »Die  Wurzelhaare  der  Pirolaceen  werden 
durch  einen  Pilzmantel  ersetzt.«  Dem  pflichtet  er  aber  nicht 
bei,  sondern  stellt  das  Vorhandensein  einer  Mykorrhiza  bei 
den  Pirolaceen  überhaupt  in  Abrede.  In  derselben  Arbeit  liefert 
er  eine  Beschreibung  der  Ericaceenmykorrhiza,  die  mit  der 
von  mir  bei  PiroJa  beobachteten  große  Ähnlichkeit  hat. 


Biologie  einiger  Pirola- Arten.  571 

In  der  späteren  Literatur  ist  die  Pirolaceenmykorrhiza 
schon  allgemein  bekannt.  1899  erschien  eine  Arbeit  von 
Kramar,  die  eine  genaue  Beschreibung  der  Mykorrhiza  von 
P.  rotiindifolia  darstellt.  Er  vergleicht  sie  mit  der  von  P.  minor, 
die  er  als  eine  koralloide  bezeichnet.  Dieser  Behauptung  muß 
ich  aber  widersprechen,  da  ich  die  Wurzeln  von  P.  minor 
immer  der  ganzen  Länge  nach  verpilzt  fand  und  nicht  nur 
an  den  von  ihm  als  dunkler  gefärbt  abgebildeten  Spitzen. 
Die  dunklere  Färbung  der  Wurzelspitzen  konnte  ich  hie  und 
da  beobachten,  doch  bildet  sie  gewiß  kein  konstantes  Merk- 
mal und  scheint  mit  der  Mykorrhiza  nichts  zu  tun  zu  haben. 
Auch  sind  die  Nebenwurzeln  nur  selten  so  kurz,  daß  man 
die  Form  der  Mykorrhiza  als  koralloid  bezeichnen  könnte. 
Die  Mykorrhiza  von  P.  rotiindifolia  konnte  ich  leider  mangels 
des  nötigen  Materials  nicht  untersuchen,  doch  glaube  ich, 
daß  auch  hier  die  Beobachtung  Kramar's,  daß  die  keulen- 
förmig verdickten  Wurzelenden  die  alleinigen  Träger  der 
Mykorrhiza  seien,  auf  einem  Irrtum  beruht;  ich  fand  nämlich 
auch  hie  und  da  bei  P.  seeunda,  häufiger  und  stärker  aus- 
gebildet bei  P.  ehlorautha,  keulig  angeschwollene  Wurzel- 
enden. Sie  erwiesen  sich  als  besonders  stark  vom  Pilz  be- 
fallen und  hatten  daher  besonders  stark  vergrößerte  Epi- 
dermis- und  oft  auch  vergrößerte  Rindenparenchymzellen. 
Sie  stellten  meist  schon  im  Absterben  begriffene  Teile 
■einer  Wurzel  dar,  die  aber  stets,  wenn  auch  viel  schwächer, 
doch  auch  in  ihrem  ganzen  übrigen  Verlauf  verpilzt 
war.  Es  liegt  daher  nahe,  dasselbe  auch  für  die  Wurzeln  von 
P.  rotiindifolia  anzunehmen,  besonders  da  sich  der  Irrtum 
Kramar's  so  erklären  ließe,  daß  seine  Untersuchungen,  viel- 
leicht ebenso  wie  die  von  Frank,  zu  einer  ungünstigen  Jahres- 
zeit vorgenommen  wurden  (im  Frühjahr  oder  Frühsommer), 
wo  die  Mykorrhiza  manchmal  noch  wenig  entwickelt  ist  und 
bei  flüchtiger  Beobachtung  nur  an  den  verdickten  Stellen 
durch  ihre  besondere  Üppigkeit  auffällt.  Auch  Ir misch  fand 
schon  hie  und  da  die  Wurzeln  von  P.  seeunda  und  in  höherem 
Grade  die  von  P.  rotiindifolia  keulig  verdickt.  P.  cJilorautha 
hat  er  nicht  untersucht.  Kramar  stellt  ferner  die  Behauptung 
auf,    daß   es  bei  P.  minor   keine  hypertrophierten  Epidermis- 


572  P.   Fürth, 

zellen  gibt;  ich  muß  dagegen  sagen,  daß  eine  Hypertrophie 
wohl  vorhanden,  aber  nicht  so  auffallend  wie  bei  den  anderen 
Arten  ist.  Gegenüber  der  ungeheuren  Breite  der  Zellen,  wie 
sie  Kramaf  für  P.  rotundifolia  abgebildet  hat,  ist  die  Hyper- 
trophie von  P.  minor  allerdings  eine  verschwindende.  Nach 
den  Abbildungen  von  Kramaf  ist  die  Breite  der  Epidermis- 
zellen  bei  P.  rotundifolia  schon  im  nicht  infizierten  Stadium 
eine  viel  größere  als  bei  den  von  mir  untersuchten  Arten. 
Verbreitern  sich  also  diese  Zellen  infolge  der  Infektion  um 
dasselbe  Vielfache  ihrer  ursprünglichen  Ausdehnung,  wie  z.  B. 
die  viel  schmäleren  von  P.  uniflora,  so  resultiert  daraus  für 
P.  rotundifolia  eine  ganz  bedeutend  größere  Breite.  Die  Details 
seiner  Beschreibung  der  Mykorrhiza  von  P.  rotundifolia  kann 
ich  nicht  beurteilen,  da  mir,  wie  gesagt,  das  nötige  Vergleichs- 
material fehlte.  Im  großen  ganzen  zeigt  sich  manche  Ähnlich- 
keit mit  der  der  anderen  Arten. 

Stahl  gibt  in  seiner  Arbeit  aus  dem  Jahre  1900  an,  daß 
er  zur  Blütezeit  die  Wurzeln  der  Pirolaceen  unverpilzt  fand, 
im  Herbst  dagegen  eine  reichliche  Entwicklung  der  Mykor- 
rhiza beobachten  konnte.  Im  übrigen  verweist  er  auf  die 
Arbeit  von  Kramaf. 

B.  Eigene  Beobachtungen. 

Das  Untersuchungsmaterial  stammte  größtenteils  aus 
Payerbach,  zum  Teil  aber  auch  aus  dem  Semmeringgebiet, 
vom  Leithagebirge,  aus  der  Umgebung  von  Wiener-Neustadt 
und  aus  Neulengbach  (Niederösterreich).  Die  an  den  ver- 
schiedenen Orten  gesammelten  Pflanzen  wiesen  keinerlei  auf- 
fallende Unterschiede  auf. 

Als  Untersuchungsmethode  eignete  sich  am  besten  die 
folgende: 

Die  Wurzeln  wurden  in  Kaiser'scher  Mischung  (10  Teile 
Sublimat,  3  Teile  Eisessig,  100  Teile  Wasser)  fixiert,  nach 
24  Stunden  in  50%  Alkohol  übertragen,  der  zwecks  gründ- 
licher Auswaschung  mehrmals  gewechselt  wurde.  Wurden  die 
Wurzeln  nicht  sofort  untersucht,  so  verblieben  sie  einstweilen 
im  Alkohol.  Längs-  und  Querschnitte  durch  dieselben  wurden 
mit    einer    1  %-Lösung    von    Methylenblau    in    50%  Alkohol 


Biologie  einiger   Piro/a- Arten.  O7o 

gefärbt,  mit  Alkohol  ausgewaschen,  durch  Übertragen  in  immer 
höherprozentige  Alkohole  bis  zum  absoluten  entwässert  in 
Xylol  übertragen  und  endlich  in  Kanadabalsam  eingeschlossen. 
Mikrotomschnitte  ergaben  kaum  bessere  Bilder  als  mit  der 
Hand  verfertigte,  weshalb  ich  die  bequemere  Methode  der 
Handschnitte  beibehielt. 

Die  Mykorrhiza  der  Pirola -Arten  ist  eine  endotrophe. 
Sie  ist  für  die  von  mir  untersuchten  Arten,  das  sind:  P.  nni- 
ßora,  chlorantha,  seewnda  und  minor,  obligatorisch,  denn 
es  gelang  mir  nie,  ganze  pilzfreie  Wurzeln,  geschweige  denn 
solche  Pflanzen  aufzufinden.  Die  meisten  Wurzeln  waren  bei 
der  Untersuchung  schon  ganz  vom  Pilz  durchsetzt;  nur  bei 
P.  unißora  konnte  ich  ausnahmsweise  auch  die  ersten  Stadien 
der.  Infektion  beobachten. 

Vor  dem  Eintreten  des  Pilzes  zeigt  die  Wurzel  von  P.  uniflora  ein 
ganz  normales  Aussehen.  Die  Epidermiszellen  haben  kaum  eine  größere 
Breite  als  die  Zellen  der  darunterliegenden  Rindenparenchymschichte.  Ihre 
Länge  ist  sehr  verschieden:  langgestreckte  Zellen  wechseln  mit  weniger  zahl- 
reichen ebenso  langen  als  breiten  ab.  Alle  weisen  kleine,  scharf  umgrenzte 
Kerne  auf.  Wurzelhaare  sind  an  den  meisten  Wurzeln  gar  nicht,  an  einigen 
wenigen  sehr  reichlich  vorhanden.  Solchen  Wurzeln  nähern  sich  die  braunen, 
mit  Schnallen  versehenen  Hyphen  und  legen  sich  an  ihre  Oberfläche  an 
(Fig.  5).  Sie  folgen  den  Konturen  der  Epidermiszellen,  indem  sie  sich  in  die 
Spalte,  die  je  zwei  aneinandergrenzende  Zellwände  bilden,  hineinlegen.  So 
überziehen  sie  nach  und  nach  die  ganze  Oberfläche  der  Wurzel  mit  einem 
weitmaschigen,  braunen  Netz.  Dann  beginnen  die  Hyphen  an  vielen  Stellen 
zugleich  ins  Innere  der  Wurzel  vorzudringen.  Das  geschieht  entweder  inter- 
zellulär oder  zwar  im  Inneren  der  Zelle,  aber  ganz  dicht  an  die  Wand 
angepreßt.  Ist  einmal  dieses  Stadium  der  Verpilzung  eingetreten,  so  reagiert 
die  Wurzel  darauf  mit  einem  starken  Dickenwachstum  der  Epidermiszellen 
(Fig.  6),  das  im  weiteren  noch  zunimmt.  Wie  ich  durch  Messungen  kon- 
statiert habe,  wird  zum  Schluß  die  vier-  bis  fünffache  Breite  der  noch  nicht 
infizierten  Zelle  erreicht.  Auch  der  Kern  vergrößert  sich  sehr  stark  und  der 
Nucleolus  wird  als  dunkler  gefärbter  Körper  deutlich  sichtbar.  In  diesem 
Stadium  ist  von  Wurzelhaaren  nichts  mehr  zu  sehen.  Ist  der  Pilz  nun  an 
der  an  das  Rindenparenchym  grenzenden  Zellwand  angekommen,  so  legt  er 
sich  ihr  an  und  beginnt  parallele  Schichten  von  Hyphen  an  ihr  abzusetzen. 
Diese  sind  farblos,  viel  dünner  als  die  außerhalb  der  Zelle  befindlichen, 
stärker  septiert,  zeigen  keinerlei  Inhaltskörper  und  haben  stark  lichtbrechende 
Wände.  Die  einzelnen  Schichten  sind  dicht  aneinandergepreßt  und  die  hie 
und  da  davon  abzweigenden  Hyphen  bilden  die  Angriffsfläche  für  neue 
Schichten.  Nach  und  nach  wird  die  ganze  Zelle,  immer  von  der  dem  Rinden- 


574  P.   Fürth, 

parenchym  zugekehrten  Seite  der  Zelle  aus  fortschreitend,  mit  Hyphen  erfüllt 
(Fig.  7),  durch  die  der  Kern  nur  mehr  als  undifferenzierte,  dunkle  Masse 
durchschimmert.  Nun  beginnt  auch  schon  der  Zerfall  der  Hyphen,  sie  werden 
undeutlich,  ballen  sich  zu  Knäueln  zusammen  und  bilden  endlich  einen  braun 
gefärbten  toten  Inhaltskörper  der  Zelle,  deren  Kern  auch  nicht  mehr  auffindbar 
ist  und  die  überhaupt  keinen  lebenden  Inhalt  mehr  besitzt  (Fig.  8);  sie  ist 
abgestorben  und  wird  manchmal  mit  der  Zeit  abgestoßen. 

Das  ist  der  Verlauf  der  Verpilzung,  wie  er  sich  im 
wesentlichen  auch  bei  den  anderen  von  mir  untersuchten 
Arten  abspielt.  Ein  wichtiger  Unterschied  zwischen  P.  uni- 
flora und  den  anderen  Arten  ist  der,  daß  ich  an  den 
anderen  Arten  niemals  Wurzelhaare  beobachten  konnte, 
während  sie  an  den  noch  nicht  oder  schwach  infizierten 
Wurzeln  von  P.  uniflora  in  einzelnen  Fällen  reichlich  vor- 
handen waren.  Ich  möchte  diesen  Umstand  ausdrücklich 
hervorheben,  da  ich  in  der  Literatur  die  Ansicht  allgemein 
vertreten  fand,  daß  die  Pirolaceen,  ebenso  wie  die  Erica- 
ceen,  durchwegs  frei  von  Wurzelhaaren  seien.  Man 
kann  allerdings  auch  bei  P.  uniflora  nur  im  Frühjahr,  und 
auch  dann  nur  selten,  Wurzelhaare  beobachten,  da  sie  nach 
der  Infektion  sofort  bis  auf  den  letzten  Rest  verschwinden 
und  auch  bei  nicht  infizierten  Wurzeln  selten  sind.  Wahr- 
scheinlich bringen  die  im  Sommer  und  Herbst  neu  gebildeten 
Wurzeln,  die  von  dem  zu  dieser  Jahreszeit  im  ganzen  Wurzel- 
system üppig  wuchernden  Pilz  sofort  bei  ihrer  Entstehung  bis 
in  die  jüngsten  Gewebe  an  der  Spitze  infiziert  werden,  nie- 
mals mehr  Haare  hervor.  Andrerseits  mögen  die  im  Frühjahr 
sich  entwickelnden  Wurzeln,  die  längere  Zeit  steril  im  Boden 
leben  und  erst  nach  und  nach  vom  Pilz  befallen  werden,  zur 
Entwicklung  der  Haare  genügend  Zeit  haben  und  sie  vielleicht 
zur  Wasseraufnahme  notwendiger  brauchen  als  die  mit  Mykor- 
rhiza  versehenen  Wurzeln.  Denn  die  Pilzhyphen  bilden  eine 
ausgiebige  Kommunikation  zwischen  der  Wurzel  und  dem 
sie  umgebenden  Erdreich  und  es  neigen  ja  auch  manche 
Forscher  (Stahl)  der  Ansicht  zu,  daß  die  Mykorrhiza  gewisser 
Pflanzen  bei  der  Aufnahme  des  Wassers  und  der  Nährsalze 
die  fehlenden  Wurzelhaare  ersetze.  Ohne  aber  auf  diese 
Hypothesen    näher    einzugehen,    will    ich    nur    die    Tatsache 


Biologie  einiger  Pirula-Arten.  O/O 

konstatieren,  daß  ich  an  Wurzeln  von  P.  unißora  nie  Wurzel- 
haare und  Mykorrhiza  zugleich  beobachtet  habe,  -daß 
sich  die  beiden  also  gegenseitig  auszuschließen  scheinen, 
was  wohl  für  die  eben  geäußerte  Anschauung  spricht. 

Die  Wurzeln  von  P.  chlorantha  sind,  wie  ich  schon 
früher  hervorhob,  öfters  an  ihren  Enden  keulig  angeschwollen. 
Das  rührt  von  einer  besonders  starken  Hypertrophie  her,  an 
der  oft  auch  das  Rindenparenchym  teilhat.  Hie  und  da  konnte 
ich  solche  Anschwellungen,  aber  in  geringerem  Grade,  auch 
an  P.  secunda  beobachten.  Bei  beiden  Arten  waren  sie  meist 
dunkler  gefärbt  als  die  übrigen  Teile  der  Wurzel,  waren  sehr 
brüchig  und  meist  schon  im  Absterben  begriffen. 

Normalerweise  ist  die  Mykorrhiza  auf  die  Epidermis- 
zellen  beschränkt,  doch  kommt  es  manchmal,  in  besonders 
5tark  infizierten  Wurzeln,  vor,  daß  einzelne  Hyphen  in  die 
darunterliegende  Rindenparenchymschicht  vordringen.  In  diesem 
Falle  reagieren  die  Rindenzellen  genau  so  wie  die  Epidermis- 
zellen  beim  Eintritt  der  Infektion;  sie  werden  hypertrophieit 
und  auch  ihre  Kerne  vergrößern  sich.  Doch  bewegen  sich 
Verpilzung  und  Hypertrophie  stets  in  viel  bescheideneren 
-Grenzen  als  in  der  Epidermis,  wie  man  denn  überhaupt  die 
Infektion  subepidermaler  Zellschichten  nicht  als  regelmäßiges 
Merkmal,  sondern  nur  als  Ausnahmsfall  betrachten  muß. 

Bei  den  Mykorrhizen  mancher  anderer  Pflanzen  pflegen 
sich  die  Sporen  des  Pilzes  regelmäßig  in  den  von  ihm  be- 
fallenen Wurzelzellen  abzulagern.  Bei  Pirola  war  ein  solches 
regelmäßiges  Auftreten  von  Sporen  nicht  zu  konstatieren,  nur 
hie  und  da  ließen  sich  Sporen  verschiedener  Pilze  an  der 
Oberfläche  der  Wurzel  und  in  den  Epidermiszellen  beob- 
achten, doch  war  es  niemals  mit  Bestimmtheit  zu  sagen,  ob 
die  Sporen  wirklich  dem  Mykorrhizapilz  angehörten.  Einmai 
traten  solche  einer  Fusarium-Art  an  der  Oberfläche  der  Epi- 
dermiszellen massenhaft  und  hie  und  da  auch  in  ihrem 
Innern  auf,  ein  anderes  Mal  waren  es  große  runde  Sporen, 
die  zu  viert  eine  Zelle  erfüllten,  und  wieder  ein  anderes  Mal 
sah  ich  in  mehreren  Zellen  dichte  Haufen  von  kleinen  gelben 
Sporen.  Es  ist  mir  ganz  unmöglich,  irgend  etwas  darüber 
auszusagen,  ob  eine  dieser  drei  .Sporenarten   mit  dem  Mykor- 

Sitzb.  d.  mathein. -naturw.  Kl.,  Abt.  I,   129.  Bd.  39 


576  P.  Fürth, 

rhizapilz  etwas  zu  tun  hat  oder  ob  es  sich  dabei  nur  um 
zufällige  Parasiten  handelt. 

Am  stärksten  entwickelt  pflegt  die  Mykorrhiza  bei  P.  chlor- 
antha  und  P.  unißora  zu  sein,  doch  ist  sie  auch  bei  P.  secundq 
und  P.  minor  nicht  viel  schwächer,  nur  daß  bei  den  beiden 
letzteren  die  Hypertrophie  der  Epidermiszellen  nicht  so  be- 
deutend zu  sein  pflegt.  Ich  hatte  nie  Gelegenheit,  ganz  sterile 
Wurzeln  von  P.  minor  zu  untersuchen  (vielleicht  weil  es 
solche  gar  nicht  gibt),  kann  daher  nicht  zahlenmäßig  fest- 
stellen, um  das  wievielfache  der  ursprünglichen  Breite  die 
Epidermiszellen  zunehmen,  doch  dürfte  die  Zunahme  wohl 
nicht  die  bei  P.  unißora  beobachtete  (das  Vier-  bis  Fünffache 
der  ursprünglichen  Breite)  erreichen. 

Es  fiel  mir  auf,  daß  sich  Schnitte  durch  frische,  stark 
verpilzte  Wurzeln  irgendeiner  Pirola-Art  nach  mehrstündigem, 
oft  auch  erst  mehrtägigem  Verweilen  in  Glyzerin  manchmal 
schön  himmelblau  bis  blaugrün  färbten.  Und  zwar  trat  diese 
Färbung  nur  in  der  ersten  subepidermalen  Schicht  und  manch- 
mal in  der  Endodermis  auf  und  auch  da  nicht  immer  in  allen 
Zellen  derselben.  Der  ganze  Zellinhalt  war  mit  dem  blauen 
Farbstoff  durchtränkt,  die  Kerne  speicherten  ihn  besonders 
stark.  Ich  meinte  zuerst,  daß  ich  es  hier  mit  einer  Gerbstoff- 
reaktion, hervorgerufen  durch  die  Berührung  mit  dem  Rasier- 
messer, zu  tun  hätte.  Das  stellte  sich  aber  bald  als  irrtümlich 
heraus,  da  auch  ganze,  ungeschnittene  Wurzeln,  die  nicht  mit 
dem  Messer  in  Berührung  gekommen  waren,  nach  dem  Ein- 
legen in  Glyzerin  schöne  Blaufärbungen  zeigten.  Auch  ergab 
eine  Prüfung  mit  Fe  SG\±,  daß  wohl  Gerbstoff  in  den  Wurzeln 
enthalten  ist,  aber  in  den  besagten  Zellpartien  nicht  in  stärkerem 
Ausmaß  als  in  den  anderen  Geweben,  so  daß  also  kein  Grund 
zur  ausschließlichen  Färbung  dieser  Zellen  vorlag.  Nun  prüfte 
ich  auf  das  Vorhandensein  von  Oxydasen,  die  die  Färbung 
hätten  hervorrufen  können.  Ich  wandte  die  Guajak-Wasserstoff- 
superoxydmethode  und  die  Probe  mit  Wurster's  Tetrapapier 
an,  doch  erfolgte  keine  Reaktion.  Die  chemische  Zusammen- 
setzung dieses  Chromogens  ist  mir  also  nicht  bekannt,  doch 
ist  es  jedenfalls  in  die  Reihe  der  von  Molisch  als  Pseudo- 
indican    bezeichneten    Farbstoffe    zu    stellen.     Die    Färbung 


Biologie  einiger  P/Vo/fl -Arten.  577 

steht  gewiß  in  ursächlichem  Zusammenhang  mit  der 
Mykorrhiza,  denn  ich  konnte  sie  nur  an  solchen 
Wurzeln  beobachten,  deren  Epidermiszellen  reich- 
lich Hyphen  enthielten,  und  stets  war  sie  am  stärksten 
in  der  an  die  Epidermis  grenzenden  Zellschichte,  viel  schwächer 
in  der  Endodermis. 

IV.  Versuche  über  die  Kultur  des  Mykorrhizapilzes. 

Behufs  Reinkultur  des  Mykorrhizapilzes  wusch  ich  Pirola- 
Wurzeln  in  fließendem  Wasser  möglichst  gut  ab,  zerschnitt 
sie  dann  mit  einem  abgeflammten  Messer  in  wenige  Milli- 
meter lange  Stücke,  die  ich  mit  einer  ausgeglühten  Nadel 
auf  den  Nährboden  übertrug.  Als  solchen  benutzte  ich  l"5°/0 
Agar,  das  mit  Dekokt  von  Pirola-Püanzen,  Torf  oder  Pflaumen 
versetzt  worden  war.  Alle  Kulturen  wurden  in  Parallelserien 
im  Licht  und  im  Dunkel  vorgenommen.  Es  zeigte  sich,  daß 
bei  Kultur  auf  den  genannten  Nährböden  nach  zwei  bis  drei 
Tagen  aus  den  Schnittflächen  der  Wurzeln  ganze  Büschel 
eines  dünnen,  farblosen,  wenig  charakteristischen  Pilzes  hervor- 
kamen. An  den  folgenden  Tagen  wurden  die  Büschel  immer 
dichter,  es  sah  aus,  als  ob  jede  Schnittfläche  in  einen  dicken 
Pinsel  überginge.  Auch  von  den  nicht  angeschnittenen  Partien 
der  Wurzeln  gingen  einzelne  Hyphenstränge  aus,  doch  er- 
reichten sie  hier  niemals  solche  Üppigkeit  wie  an  den  Schnitt- 
flächen. Nach  seinem  Aussehen  konnte  ich  den  Pilz  nicht 
mit  Bestimmtheit  als  den  Mykorrhizapilz  agnoszieren,  doch 
scheint  mir  die  Tatsache  für  seine  Identität  zu  sprechen,  daß 
er  so  reichlich  aus  den  angeschnittenen  Zellen  herauswuchs, 
die  ja  sicher  den  Mykorrhizapilz  enthielten.  Leider  gelang  es 
mir  nie,  tadellose  Reinkulturen  zu  erhalten,  da  sich  besonders 
in  den  Dunkelkulturen  immer  Bakterien  und  Schimmelpilze, 
die  den  Wurzeln  anhafteten,  breitmachten.  Auch  erreichten 
die  Kulturen  nie  große  Üppigkeit,  da  sie  regelmäßig  nach 
acht  bis  zehn  Tagen  das  Wachstum  einstellten  und  zugrunde 
gingen.  Durch  Überimpfen  konnten  sie  gerettet  werden,  doch 
trat  auch  auf  dem  neuen  Nährboden  immer  wieder  nach 
acht    bis   zehn   Tagen    ein    Stillstand    im  Wachstum    ein.    Im 


578  P.  Fürth, 

allgemeinen  gediehen  die  Lichtkulturen  besser,  da  sie  weniger 
durch  Bakterien  geschädigt  wurden.  Um  die  den  Wurzeln 
stets  anhaftenden  Bakterien  zu  töten,  machte  ich  den  Ver- 
such, die  Wurzeln  vor  dem  Zerschneiden  einige  Sekunden 
lang  in  Alkohol  zu  tauchen.  Ich  hoffte,  daß  dieser  den  im 
Innern  der  Zellen  befindlichen  Pilz  nicht  schädigen  werde, 
doch  erhielt  ich,  selbst  nach  nur  einmaligem,  eine  Sekunde 
währendem  Aufenthalt  in  Alkohol,  niemals  ein  Austreiben  der 
Hyphen.  Ich  machte  auch  Versuche  mit  mineralischen  Nähr- 
böden, in  denen  ich  zum  Teil  Asparagin  als  Stickstoff-  und 
Kohlenstoffquelle  gab,  zum  Teil  Ammoniumsalze  und  Kartoffel- 
stärke als  solche  verwendete.  Doch  erfolgte  auf  diesen  Böden 
niemals  ein  Wachstum  des  Pilzes. 

Mehrere  Male,  zu  verschiedenen  Jahreszeiten,  streute  ich 
in  besonders  üppige,  möglichst  bakterienfreie  Licht-  und  Dunkel- 
kulturen Samen  verschiedener  Pirola-Arten,  um  durch  die  Ein- 
wirkung des  Pilzes  Keimung  hervorzurufen.  Doch  hatte  ich 
damit  niemals  Erfolg,  vielleicht  zum  Teil  deshalb,  weil  der 
Pilz  schon  nach  wenigen  Tagen  abstirbt  und  diese  Zeit  nicht 
zum  Hervorrufen  der  Keimung  ausreicht.  Die  Samen  wiesen 
nach  vier  Monate  langem  Liegen  in  den  Kulturen  auch  bei 
mikroskopischer  Untersuchung  keinerlei  Veränderung  auf. 

V.  Diverse  Beobachtungen. 

A.   Der  Bau  der  Blattepidermis  von  Pirola  chlorantha. 

An  Querschnitten  durch  frische  Blätter  von  P.  chlorantha 
sieht  man,  daß  die  Epidermiszellen  sowohl  der  Ober-  als  auch 
der  Unterseite  Chlorophyll  in  sehr  merkwürdiger  Anordnung 
enthalten  (Fig.  9);  die  einzelnen  kleinen  rundlichen  Körner 
liegen  alle  in  einer  Linie,  die  parallel  zur  Fläche  des  Blattes 
schnurgerade  durch  die  Mitte  der  Zellen  geht.  Es  sieht  aus, 
als  ziehe  sich  ein  Faden,  auf  dem  die  Chlorophyll körner  auf- 
gereiht sind,  durch  sämtliche  Epidermiszellen.  An  Flächen- 
schnitten, die  mindestens  die  Dicke  der  halben  Epidermis* 
zelle  umfassen,  sieht  man  an  der  Chlorophyllanordnung  nichts 
Besonderes:  Die  einzelnen  Körner  sind  ziemlich  regel- 
mäßig   über    die    ganze   Fläche   verstreut,    wobei    die 


Biologie  einiger  Pirola- Arten.      •  0/9 

Blattunterseite  mehr  und  größere  Körner  enthält  als 
die  Oberseite.  Schneidet  man  aber  die  Zellen  jenseits  der 
das  Chlorophyll  bergenden  Plasmaplatte  durch,  so  ist  das 
gesamte  Chlorophyll  plötzlich  verschwunden,  da  es  genau  in 
einer  Ebene  ungefähr  in  halber  Höhe  der  Epidermiszellen 
liegt.  Nur  die  Schließzellen  der  Spaltöffnungen,  die  an  der 
Blattunterseite  zahlreich  vorhanden  sind,  ragen  über  diese 
Ebene  hinaus  und  daher  sieht  man  dieselben  in  solchen 
zu  hoch  geführten  Schnitten  als  die  einzigen  plasma-  und 
chlorophyllhaltigen  Zellen  des  ganzen  Bijdes. 

Ich  untersuchte,  ob  sich  die  Lage  der  Chlorophyllkörner 
unter  dem  Einfluß  des  Lichtes  ändere.  Nach  Einwirkung  von 
intensivem  Sonnenlicht  während  ein  bis  vier  Stunden  zeigte 
sich  keinerlei  Veränderung,  ebensowenig  nach  mehrstündigem 
bis  sechstägigem  Verweilen  im  Finstern.  Stets  behielten  die 
Chlorophyllkörner  ihre  charakteristische  Stellung  in  einer 
Ebene  bei  und  auch  an  Flächenschnitten  konnte  ich  keinerlei 
Umlagerung  konstatieren,  die  Körner  waren  in  jedem  Fall 
ziemlich  gleichmäßig  über  die  ganze  Fläche  verstreut. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  der  Protoplasmagehalt  dieser  Zellen 
nur  aus  einer  Platte  besteht,  die  in  halber  Höhe  derselben 
parallel  zur  Fläche  des  Blattes  liegt  und  in  die  die  Chloro- 
phyllkörner  eingebettet  sind,  oder  ob  außerdem,  wie  bei  allen 
bisher  bekannten  Zellarten,  ein  plasmatischer  Wandbelag  vor- 
handen ist,  der,  nicht  ohne  weiteres  sichtbar,  erst  durch  mikro- 
technische Behelfe  deutlich  gemacht  werden  müßte.  Um  diese 
Frage  zu  beantworten,  wandte  ich  zuerst  Färbemethoden  an: 
ich  fixierte  das  zu  untersuchende  Material  in  l°/0  Essigsäure 
und  färbte  dann  mit  Gentianaviolett.  Dadurch  zeigte  sich  mir 
die  auch  ohne  Färbung  sichtbare  Plasmaplatte,  die  in  halber 
Höhe  sämtliche  Epidermiszellen  durchzieht,  sowie  der  in  der 
Mitte  derselben  liegende  Kern,  aber  keine  Spur  eines 
Wandbelages.  Denselben  Erfolg  hatte  die  Färbung  mit 
Safranin. 

Um  mir  mittels  Plasmolyse  Klarheit  über  die  Verteilung 
des  Plasmas  zu  verschaffen,  benutzte  ich  10%  KNOr  Brachte 
ich  Blattquerschnitte  in  diese  Lösung,  so  konnte  ich  niemals, 
bei    keiner  einzigen  Epidermiszelle,    selbst    nicht    nach   mehr- 


580  P.  Fürth, 

stündiger  Einwirkung,  irgendeine  als  Plasmolyse  zu  deutende 
Veränderung  beobachten.  Während  diejenigen  Zellen  des  Meso- 
phylls, die  durch  den  Schnitt  unverletzt  geblieben  waren,  nach 
einigen  Minuten  typische  Plasmolyse  zeigten,  blieben  die 
Epidermiszellen  stets  unverändert  und  obwohl  ich  den 
Versuch  öfters  wiederholte,  auch  mit  konzentrierteren  Lösungen 
(bis  zu  30 °/„),  sah  ich  niemals  wandständiges  Proto- 
plasma sich  loslösen.  Ob  solches  wandständiges  Plasma  aber 
auch  wirklich  fehlt,  das  zu  entscheiden  wage  ich  nicht,  da 
ein  solcher  Fall  meines  Wissens  im  Pflanzenreich  nicht  be- 
kannt ist. 

Bei  Anwendung  des  genannten  Plasmolytikums  auf 
Flächenschnitte  zeigte  sich  nach  kurzer  Zeit  ein  stark  licht- 
brechender Körper,  der  zuerst  die  ganze  Plasmaplatte  bedeckt, 
dann  aber  meistens  um  den  Kern  herum  einen  kreisrunden 
Hof  freiläßt  und  sich  langsam,  wie  in  Plasmolyse,  von  der 
Zellwand  loslöst.  In  den  meisten  Zellen  bildet  sich  dann  noch 
eine  vom  Kern  ausgehende  Durchbrechung  dieser  Masse,  die 
entweder  so  weit  geht,  daß  sie  in  zwei  voneinander  ganz 
getrennte  Teile  zerfällt  oder  nur  eine  halbmondförmige  Lage- 
rung derselben  um  den  Kern  zur  Folge  hat.  Bei  diesen  Vor- 
gängen lösen  sich  gewöhnlich  kleinere  Partikelchen  von  der 
Hauptmasse  los  und  erfüllen  in  Form  von  stark  lichtbrechenden 
Kügelchen  den  Raum  zwischen  den  großen,  ebenfalls  ab- 
gerundeten Massen  und  der  Zellwand.  Die  Plasmaplatte  aber 
mit  de'n  eingestreuten  Chlorophyllkörnern  bleibt  unverändert 
und  kann  selbst  unter  Zuhilfenahme  von  30%  KN03  nicht 
zum  Loslösen  von  der  Wand  gebracht  werden. 

Der  eben  beschriebene  Vorgang  zeigt  viel  Ähnlichkeit 
mit  der  von  Hugo  de  Vries  beschriebenen  Bildung  von 
Gerbstoffvakuolen  in  plasmolysierenden  Spirogyrazellen.  Der 
Unterschied  besteht  aber  darin,  daß  de  Vries  außer  der 
Vakuolenbildung  immer  noch  Plasmolyse  beobachtete.  Mit 
Vakuolen  scheinen  wir  es  auch  hier  zu  tun  zu  haben,  doch 
enthalten  sie  keinen  Gerbstoff.  Ich  führte  die  Prüfung  nach 
den  Angaben  von  de  Vries  aus:  Die  Schnitte  werden  in 
eine  lOprozentige  KN03-Lösung  gelegt,  die  etwas  Fe  CK,  ent- 
hält;   es  erfolgte    auch    nach    24 stündigem  Verweilen    in    der 


Biologie  einiger  Pirola-Arten.  i~>81 

Lösung  keine  Schwärzung,  respektive  Bläuung  und  von  dem 
lichtbrechenden  Körper  war  nach  dieser  Zeit  nichts  mehr  zu 
sehen.  Wenn  man  frische  Schnitte  in  einprozentige  Antipyrin- 
lösung  legt,  entsteht  nach  einigen  Stunden  in  den  Zellen  ein 
sehr  feinkörniger  Niederschlag,  der  sich  in  Brown'scher  Mole- 
kularbewegung befindet,  nach  O.  Loew  ein  Beweis  für  das 
Vorhandensein  eines  im  Zellsaft  gelösten  Proteinstoffes. 

Die  übrigen  Pirola-Arten  enthalten  auch  Chlorophyll  in 
•der  Epidermis  der  Blätter,  und  zwar  stets  mehr  an  der  Unter- 
ais an  der  Oberseite,  doch  ist  es  niemals  in  dieser  charak- 
teristischen Weise  angeordnet.  Bei  Einwirkung  von  10% 
KN03    findet    immer   Plasmolyse    und   Vakuolenbildung    statt. 

B.  Über  die  Verbreitung  von  Phloroglucotannoiden  bei  den 

Piro  la-  Arten. 

Macht  man  einen  Schnitt  durch  das  Rhizom  einer  Pirola- 
Art,  so  färbt  sich  dieser  sofort  schwarz,  es  ist  durch  die 
Berührung  mit  dem  Messer  eine  Gerbstoffreaktion  eingetreten. 
Eine  noch  intensivere  Schwärzung  erhält  man  bei  Behandlung 
mit  Fe  S04.  Prüft  man  mit  dem  Joachimovvitz'schen  Reagens, 
das  ist  eine  Lösung  von  p-Dimethylaminobenzaldehyd  in 
Schwefelsäure,  auf  Phloroglucotannoide,  so  erhält  man  eine 
schöne  Rotfärbung.  Ganz  besonders  reichlich  ist  diese  Phloro- 
glucin-Gerbstoffverbindung  in  den  äußersten  Zellschichten  des 
Rhizoms  vorhanden,  weniger  reichlich  in  allen  anderen  Partien 
desselben.  Auch  die  Blattflächen,  Blatt-  und  Blütenstiele  von 
P.  secunda,  minor  und  chlörantha  enthalten  diese  Verbindung, 
hauptsächlich  in  den  Gefäßbündeln.  In  sehr  geringem  Maße 
ist  sie  auch  in  denen  von  P.  uniflora  vorhanden.  Auch  die 
Wurzeln  sämtlicher  untersuchter  Pirola-Arten  enthalten  Phloro- 
glucotannoide, am  stärksten  färben  sich  die  abgestorbenen, 
braunen  Hyphenmassen  im  Innern  der  Epidermiszellen.  Alle 
Gewebe,  welche  mit  diesem  Reagens  eine  Rotfärbung  geben, 
schwärzen  sich  bei  Behandlung  mit  FeS04  mehr  oder  minder 
intensiv.  Bei  Behandlung  mit  HCl  färben  sich  die  verholzten 
Partien  rot,  sie  geben  infolge  des  Vorhandenseins  von  Phloro- 
glucin  und  vielleicht  verwandter  Körper  die  Wiesner'sche 
Holzstoffreaktion. 


582 


P.   Fürth, 


C.    Über    einen    schön    krystallisierenden  Inhaltskörper   der 
Pirola  uniflora. 

Bringt  man  einen  eben  angefertigten  Schnitt  durch  ein 
frisches  Blatt  von  P.  uniflora  in  destilliertes  Wasser,  so- 
scheiden  sich  fast  momentan  aus  dem  Gewebe  einzelne 
Krystalle  ab.  Innerhalb  weniger  Minuten  ist  alles  übersät  mit 
gelblich  bis  schwarz  gefärbten  spießförmigen  Krystallen.  Im. 
Gewebe  des  Blattes  liegen  sie  kreuz  und  quer  übereinander 
und  am  Rande  desselben  bilden  sie  einen  ganzen  Kranz  von 
abstehenden  Nadeln.  Meistens  sind  sie  zu  rutenförmigen 
Büscheln  vereinigt,  doch  treten  sie  oft 
auch  einzeln  auf:  auch  verzweigte  Spieße 
sind  häufig  (Textfig.  1). 

Es  zeigte  sich,  daß  die  Entstehung 
dieser  Krystalle  nicht  an  die  Einwirkung 
des  Wassers  gebunden  ist,  sondern  daß 
sie  durch  das  Eintreten  des  Todes  bedingt 
ist  und  das  Wasser  dabei  nur  insofern 
eine  Rolle  spielt,  als  die  Krystalle  darin 
verhältnismäßig  wenig  löslich  sind  und  es 
sich  daher  sehr  gut  als  Untersuchungs- 
medium eignet.  Denn  auch  durch  Äther 
oder  Chloroformdämpfe  abgetötete  Pflanzenteile,  die  nicht  mit 
Wasser  in  Berührung  gekommen  waren,  wiesen  reichliches 
Vorhandensein  von  Krystallen  auf.  Ihre  Entstehung  erklärt 
sich  so,  daß  nach  Eintritt  des  Todes  Stoffe,  die  bis  dahin 
räumlich  voneinander  getrennt  waren,  aufeinandertreffen  und 
aus  ihrer  Vereinigung  ein    unlöslicher  Körper  resultiert. 

Nicht  nur  die  Blätter,  sondern  auch  alle  anderen  ober- 
irdischen Organe  von  P.  uniflora  enthalten  einen  unter  den- 
selben Bedingungen  auskrystallisierenden  Körper;  jedoch  unter- 
scheiden sich  die  Krystalle,  die  aus  den  verschiedenen  Teilen 
der  Blüte  (Blütenblatt,  sterile  Teile  des  Fruchtknotens  und 
der  Staubgefäße)  gewonnen  werden  können,  von  denen  der 
Blätter  und  Stiele  dadurch,  daß  sie  stets  dunkler  gefärbt  und 
kür/er  und   breiter  geformt   sind;    man    kann    diese  Krystalle-  • 


Biologie  einiger  Fi  röhr- Arten. 


583 


wohl  kaum  mehr  als  spießförmig  bezeichnen  (Textfig.  2).  In 
ihren  chemischen  Eigenschaften  stimmen  sie  mit  denen  der 
Blätter  überein.  Ein  Unterschied  besteht  darin,  daß  in  Prä- 
paraten aus  grünen  Teilen  der  Pflanze  in  Wasser  nach 
mehreren  Tagen  die  Krystalle  auf  immer  spurlos  verschwinden, 
während  Krystalle  aus  Blütenteilen  unter  denselben  Bedin- 
gungen   wohl    auch     zuerst    verschwinden,    nach  kurzer  Zeit 


Fig.  2. 


Fig.  3. 


jedoch  als  grüniiche,  spießförmige,  zu  großen  kugeligen  Aggre- 
gaten vereinigte  Krystalle  wieder  ausgefällt  werden  und  in 
dieser  Form  unverändert  bleiben.  Die  Löslichkeitsverhältnisse 
dieser  neuen  Krystalle  stimmen  mit  denen  der  ursprünglichen 
überein.  Ursache  dieser  zweiten  Ausfällung  dürfte  wohl  die 
von  der  der  grünen  Teile  verschiedene  chemische  Zusammen- 
setzung der  Blüte  sein,  welche  irgendein  fällend  wirkendes 
Agens  zu  enthalten  scheint,  das  den  Blättern  fehlt. 

Eine  Methode,  um  den  unbekannten  Körper  in  reiner 
Form  zu  erhalten,  fand  ich  in  der  Sublimation;  ein  einziges 
Blatt  von  P.  liniflora  liefert  einen  überaus  dichten  gold- 
glänzenden Beschlag  von  großen,  federförmigen,  reich  ver- 
zweigten Krvstallen  (Textfig.  3).  Dieselben  stimmen  in  ihren 
Löslichkeitsverhältnissen  genau  mit  denen  der  aus  Schnitten 
ausfallenden  überein,  woraus  auf  ihre  Identität  mit  denselben 
geschlossen  werden  kann.  Sublimationskrystalle  aus  Blüten- 
teilen zeigen  in  jeder  Hinsicht  genaue  Übereinstimmung  mit 
solchen  aus  Blättern.  Aus  Herbarmaterial,  das  ein  Alter  von 
70  Jahren  besaß,  konnten  noch  ganz  unveränderte  Krystalle 
gewonnen  werden.  Außer  den  gewöhnlichen  stark  verzweigten 
und  gekrümmten  Spießen  traten  aber  in  solchen  aus  Herbar- 


584 


P.  Fürth, 


materiell  gewonnenen  Sublimationspräparaten  noch  zweierlei 
Krystalle  auf:  1.  farblose  bis  hellgelbe  rhombische  Blättchen, 
zum  Teil  mit  einspringenden  Winkeln,  die  durch  Verwachsung 
mehrerer  Krystalle  entstehen;  2.  leuchtend  grün  gefärbte, 
flache,  rhombische  Prismen,  die  meist  kettenartig  aneinander- 
gehängt  sind.  Die  drei  Arten  von  Krystallen  entstehen  bei 
der  Sublimation  in  derselben  Reihenfolge,  in  der  ich  sie  hier 
beschrieben  habe,  stimmen  in  ihren  Löslichkeitsverhältnissen 
miteinander  überein  und  da  auch  Übergänge  von  einer  Form  in 
die  andere  häufig  sind,  kann  man  wohl  mit  Recht  annehmen, 
daß  wir  es  hier  mit  ein  und  demselben  Körper  zu  tun  haben, 
der  unter  verschiedenen  Bedingungen  verschieden  krystallisiert. 

Alle  im  vorhergehenden  beschriebenen  und  abgebildeten 
Kiystalle  sind  also  verschiedene  Formen  derselben  chemischen 
Substanz,  deren  Identifizierung  oder  Einreihung  in  eine  be- 
stimmte Gruppe  mir  bisher  nicht  gelungen  ist.  Zur  Charak- 
terisierung derselben  seien  im  folgenden  einige  Löslichkeits- 
verhältnisse  erwähnt. 

Die  aus  Schnitten  ausgefällten  oder  durch  .Sublimation 
gewonnenen  Krystalle  sind  löslich  in: 


Methylalkohol 

:  sehr  gut; 

Äthylalkohol: 

» 

Amylalkohol: 

» 

Äthyläther: 

» 

Petroläther: 

» 

Benzin: 

» 

Xylo] : 

» 

Glyzerin : 

sehr  wenig; 

Essigsäure: 

sehr  gut; 

Pikrinsäure: 

wenig; 

H2S04: 

sehr    gut,    mit    brauner   Farbe,   wahrscheinlich 

infolge  geringer  Verunreinigungen; 

HCl: 

wenig; 

HNO.,: 

sehr  gut; 

KOH: 

wenig; 

NU,: 

» 

Die  anderen  Pirola-Arten   enthalten   diesen  Körper  nicht. 


Biologie   einiger  Pirola-Arten.  585 

Zusammenfassung. 

I.  Die  untersuchten  Pirola-Arten  pflanzen  sich  in  der 
Regel  nur  auf  vegetativem  Wege  fort;  Keimlinge  sind  sehr 
selten.  Gefunden  wurde  ein  solcher  von  P.  chloranfha,  der  mit 
den  aus  der  Literatur  bekannten  genau  übereinstimmt,  und 
einer  von  P.  unißora,  der  ein  unterirdisches,  walzenförmiges 
Gebilde  vom  anatomischen  Bau  einer  Wurzel  darstellt,  das  sich 
wahrscheinlich  durch  Pilzsymbiose  ernährt  und  dessen  weitere 
Entwicklung  unklar  ist.  Keimungsversuche  verliefen  resultatlos. 

IL  Die  genaue  anatomische  Untersuchung  des  Samens 
zeigte  den  ungegliederten  Embryo,  umhüllt  von  einer  ein- 
fachen Lage  derber  Zellen,    dem  Endosperm,    und   die  Testa. 

III.  Die  Mykorrhiza  ist  endotroph  und  obligatorisch.  Die 
Verpilzung  erstreckt  sich  über  die  ganze  Länge  der  Wurzel, 
ist  aber  auf  die  Epidermiszellen  beschränkt.  Die  Infektion  hat 
eine  Hypertrophie  derselben  zur  Folge.  Die  hypertrophierten 
Zellen  werden  allmählich  ganz  vom  Pilz  erfüllt,  der  den 
lebenden  Zellinhalt  zum  Absterben  bringt  und  dann  selbst 
unter  Klumpenbildung  zugrunde  geht.  Wurzelhaare  treten  nur 
an  nicht  infizierten  Wurzeln  von  P.  unißora  aut. 

IV.  Bei  den  Kultlirversuchen  des  Mykorrhizapilzes  trat 
schon  nach  ein  bis  zwei  Tagen  an  den  Schnittflächen  der 
Wurzeln  ein  Pilz  in  Büschelform  auf.  Wegen  der  Menge  der 
den  Würzein  anhaftenden  Bakterien  konnte  nicht  zur  absoluten 
Reinkultur  und  zur  Identifizierung  des  Pilzes  geschritten  werden. 

V.  Die  Epidermiszellen  des  Blattes  von  P.  cklorantha 
enthalten  in  halber  Höhe  eine  chlorophyllhaltige  Plasmaplatte, 
die  parallel  zur  Fläche  des  Blattes  liegt.  Plasmolyse  konnte 
an  diesen  Zellen  nicht  hervorgerufen  werden,  sondern  nur 
Bildung  von  Vakuolen.  Ein  plasmatischer  Wandbelag  war 
nicht  nachweisbar. 

Phloroglucotannoide  sind  bei  den  Pirola-Arten  reichlich 
vorhanden.  Die  oberirdischen  Organe  von  P.  unißora  enthalten 
eine  organische  Verbindung,  die  beim  Absterben  in  Wasser  oder 
Ätherdampf  massenhaft  abgeschieden  wird  und  die  durch 
Sublimation  in  Krystallen  leicht  gewonnen  werden  kann.  Ihre 
chemische  Natur  ist  noch  nicht  bekannt. 


586  P.  Fürth. 


Literaturverzeichnis. 

Burg  elf  H.,  Die  Wurzelpilze  der  Orchideen.  (Fischer,  Jena   1909.) 

Drude  0.,  Pirolaceae.  (Engler-Prantl,  IV,   1,   1889.) 

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Goebel  K.,  Organographie  der  Pflanzen.  (Fischer,  Jena  1913.) 

Irinisch  Th.,  Pyrola  uniflora  und  secunda.  (Flora,   1855.) 

Joachimowitz   M.,    Ein    neues   Reagens    auf   Phloroglucin    etc.    (Biochem. 

Zeitschr.,  82.  Bd.) 
Kinzel  W.,   Lichtkeimung.  (Ber.  d.  d.  bot.  Ges.,   1909.) 

—  Frost  und  Licht  als  beeinflussende  Kräfte  bei  der  Samenkeimung. 
Koch  L.,  Die  Entwicklung  des  Samens  von  Monotropa  Hypopitys  L.  (Jahrb. 

f.  wiss,  Bot.,    1882.) 
Kramaf  U.,    Studie   über  die  Mykorrhiza  von  Pirola  rotundifolia.   (Bull.  int. 

de  l'acad.  de  Boheme,   1899.) 
Loew  O.,  Die  chemische  Energie  der  lebenden  Zelle.  (Wolff,  München  1899.) 
Molisch  H.,  Mikrochemie  der  Pflanze.  (Fischer,  Jena   1913.) 

—  Indigo.  (In  Wiesner's  »Rohstoffe  des  Pflanzenreiches«.) 

Stahl   E.,    Der   Sinn    der   Mykorrhizen-Bildung.    (Jahrb.  f.  wiss.  Bot.,   1900.) 
Velenovsky  Jos.,  Die  Keimpflanzen  der  Pirolaceen.  (Bull.  int.  de  l'acad.  des 

sciences  de  Boheme,   1905.) 
de   Vries  H.,     Plasmolytische  Studien  über  die  Wand  der  Vakuolen.    (Jahrb. 

für  Bot.,   1885.) 


Biologie  einiger   Pirola- Arten.  58< 


Figurenerklärung. 

1.  Keimling  (Piokaulom)  von  /'.  uniflora.  Nat.  Gr. 

/;  =  Knospe. 
"2.  Samen  von  P.  in i wir.  Vergr.  180. 

/  =  Testa,    e  =  Endospermkörper   mit  Embryo,    a  =  abgestorbene  Zellen. 

3.  Längsschnitt  durch  den  Samen  von  P.  minor.  Vergr.  240. 
/  =  Testa,  e  =  Endosperm,  emb  =  Embryo. 

Die  beiden  Enden  der  Testa  waren  zurückgekrümmt,  fallen  daher  nicht 
in  den  optischen  Schnitt. 

4.  Querschnitt  durch  den  Samen  von   P.  minor.  Vergr.  250. 

w  =  Zellwand    der   Testa,    /  =  Lumen    der  Testazellen,    e  =  Endosperm. 
emb  =  Embryo. 

5.  Epidermis  einer  Wurzel  von  P.  uniflora  im  Moment  der  Infektion.  Vergr.  250. 
k  =  Kerne,  h  —  Wurzelhaare,  /'  =  Pilzhyphen. 

■6.  Dieselbe  schon  hypertrophiert.  Vergr.  250. 

e  =  Epidermis,  r  =  Rindenparenchym,  k  =  Kerne,  p  =  Pilzhyphen. 

7.  Dieselbe  in  einem  weiteren  Stadium  der  Verpilzung.  Vergr.  250. 
h  =  Kern. 

8.  Querschnitte  durch  eine  Wurzel  von   P.  uniflora.  Vergr.  250. 

z  =  Zentralzylinder,    r  =  Rindenparenchym,  e  =  Epidermiszellen    mit    ab- 
gestorbenen Pilzmassen. 
■9.  Querschnitt  durch  die  Blattepidermis  von  P.  chloranlha.  Vergr.  250. 
p  =  Plasmaplatte  mit  Chlorophyllkörnern. 


Fürth  P.,  Biologie  einiger  Pirola- Arten. 


Sitzungsberichte  der  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Abt.  IIa,  129  Bd.,  1920. 


589 


Die  Ceratitoidea  der  karnisch-norischen 
Mischfauna  des  Feuerkogels  bei  Aussee 

Von 

C.  Diener 

w.  M.  Akad. 
(Mit  3  Tafeln  und  3  Textfiguren) 

(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am   1.  Juli  1920) 

Im  Jahre  1909  hat  Dr.  A.  Heinrich1  zuerst  auf  eine 
neue  Cephalopodenfauna  aus  den  Hallstätter  Kalken  des 
Feuerkogels  bei  Aussee  aufmerksam  gemacht,  die  den  Charakter 
einer  Übergangsfauna  der  karnischen  zur  norischen  Stufe 
trägt.  Das  reiche  palaeontologische  Material  an  Nautiloideen, 
leiostraken  Ammonoideen  und  trachyostraken  Ammoniten  mit 
langer  Wohnkammer  (Tropitoidea),  das  zum  größten  Teil 
von  ihm  selbst  aus  den  Schichten  mit  dieser  Übergangsfauna 
zustande  gebracht  worden  war,  ist  von  mir  im  97.  Bande 
der  Denkschriften  dieser  Akademie  beschrieben  worden. 
Während  in  diesem  Material  die  Formen  mit  Beziehungen 
zur  karnischen  Stufe  überwiegen,  zeigen  die  Ceratitoidea 
ein  auffallendes  Vorherrschen  norischer  Elemente.  Sie  bean- 
spruchen aus  diesem  Grunde  ein  besonderes  Interesse. 

Die  vorliegende  Arbeit  umfaßt  die  Beschreibung  der 
sämtlichen  Ceratitoidea  aus  den  Hallstätter  Kalken  des  Feuer- 
kogels mit  der  karnisch-norischen  Misch fauna.  Das  prächtig 
erhaltene  Material  stammt  wieder  zum  größten  Teil  aus  den 
eigenen  Aufsammlungen  Dr.  Heinrich's,  dem  an  dieser  Stelle 
für  die  Überlassung  nochmals  mein  Dank  ausgesprochen  sein 


i   Verhandl.  Geol.  Reichsanst.    1909,  p.  337. 


590  C.   Diener, 

mag,  aber  auch  aus  den  Sammlungen  des  Palaeontologischen 
Universitätsinstitutes  (coli.  Art  habe  r)  und  des  Naturhistorischen 
Staatsmuseums  (Coli.  Kittl),  endlich  von  meinem  eigenen 
Besuch  der  fossilführenden  Lokalität  am  Nordabhang  des 
Feuerkogels,  den  ich  im  August  1919  mit  Unterstützung  der 
Akademie  der  Wissenschaften  unternommen  habe. 

Farn.  Ceratithlae  v.  Buch. 

Genus  Steinmannites  v.  Mojsisovics. 

Steinmannites  Sosthenis  n.  sp. 
Taf.  II,  Fig.  7. 

Aus  der  Bank  mit  der  karnisch-norischen  Mischfauna  am 
Nordgehänge  des  Feuerkogels  sind  im  Jahre  1907  durch  den 
Sammler  Rastl  durch  Sprengung  einige  Blöcke  gewonnen 
worden,  die  eine  förmliche  Breccie  aus  den  Gehäusen  kleiner 
Ammoniten  darstellen. 

Das  häufige  Vorkommen  von  Cyrtopleuriten  aus  der 
nächsten  Verwandtschaft  des  C.  bicrenatus  Hau.  veranlaßte 
Kittl  zu  der  Annahme  eines  norischen  Alters  dieser  Bildungen. 
Mit  verschiedenen  Spezies  des  Genus  Cyrtopleiirites  ver- 
gesellschaftet fanden  sich  innere  Kerne  und  Zwergformen 
der  Gattungen  Arcesfes,  Placites,  Polycyclus,  Ectolcites,  Dre- 
panit.es  und  Steinmannites. 

Ob  die  winzigen  Gehäuse,  die  der  nachfolgenden  Be- 
schreibung zugrunde  liegen,  einer  Zwergform  angehören  oder 
innere  Kerne  einer  Spezies  von  normaler  Größe  sind,  läßt 
sich  nicht  feststellen.  Dagegen  kann  es  keinem  Zweifel  unter- 
liegen, daß  wir  es  hier  mit  einer  neuen  Art  des  auf  die 
norische  Stufe  beschränkten  Genus  Steinmannites  zu  tun 
haben. 

Die  langsam  anwachsenden  Umgänge  sind  ebenso  hoch 
als  dick  und  umfassen  einander  nur  auf  dem  breiten,  gewölbten 
Externteil,  so  daß  ein  weiter  Nabel  offen  bleibt.  Die  in  den 
Externteil  eingesenkte  Medianfurche  ist  von  zwei  hohen,  tief 
eingekerbten,  in  Perlknoten  aufgelösten  Kielen  begleitet,  die 
von  der  Flankenskulptur  nicht  erreicht  werden. 


Ceralitoidca  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  591 

Die  Lateralskulptur  besteht  aus  radialen  Rippen  von 
verschiedener  Stärke.  In  der  Regel  schalten  sich  zwischen 
zwei  Hauptrippen  drei  schwächere  Rippen  ein,  die  bald  unge- 
spalten sind,  bald  in  der  Seitenmitte  sich  gabeln.  Auch  die 
Hauptrippen  zeigen  manchmal  ihrer  ganzen  Länge  nach  eine 
Teilung,  als  ob  sie  aus  einer  Verschmelzung  von  zwei 
ursprünglich  getrennten  Nachbarrippen  hervorgegangen  wären. 
Auf  den  Hauptrippen  sitzen  in  der  Marginalzone  kräftige 
Knoten  auf.  Sie  sind  viel  stärker  entwickelt  als  die  knotigen 
Anschwellungen  der  Rippen  bei  St.  tliisbitiformis  v.  Mojsiso- 
vics  (Cephal.  d.  Hallst.  Kalke,  Abhandl.  Geol.  Reichsanst. 
VI/2,  1893,  p.  484,  Taf.  CXLII,  Fig.  7,  8)  und  St.  Renevieri 
v.  Mojsisovics  (1.  c,  p.  484,  Taf.  CXLII,  Fig.  10),  mit  denen 
unsere  Art  eine,  allerdings  nur  entfernte  Ähnlichkeit  auf- 
weist. 

Eine  größere  äußere  Ähnlichkeit  scheint,  wenigstens  auf 
den  ersten  Blick,  zwischen  unserer  Spezies  und  einzelnen 
Zwergformen  des  Genus  Sandlingites  Mojs.  zu  bestehen. 
Die  durch  eine  Medianfurche  getrennten  Reihen  perlförmiger 
Externknoten  und  die  kräftigen  Marginaldornen  sind  auch 
gewissen  Entwicklungsstadien  von  Sandlingites  eigentümlich. 
Gleichwohl  kann  unsere  Spezies  nicht  zu  dem  letzteren 
Genus  gestellt  werden.  Verfolgt  man  die  drei  ontogenetischen 
Stadien,  die  Sandlingites  Oribasns  v.  Dittmar  (Zur  Fauna 
d.  Hallst.  Kalke,  Geogn.  Pal.  Beitr.  v.  Benecke  etc.,  I.,  1866, 
p.  384,  Taf.  XVIII,  Fig.  8  —  10),  die  am  besten  bekannte 
Art  des  Genus,  durchläuft,  an  der  Hand  der  Abbildungen  von 
E.  v.  Mojsisovics  (1.  c,  Taf.  CLXVII,  Fig.  5  —  7),  so  sieht 
man,  daß  weder  das  tirolitische  Jugendstadium  noch  das 
gerontische  Stadium  mit  der  von  Rippen  überbrückten  Median- 
senke bei  unserer  Art  ein  Analogon  findet..  Die  letztere  behält 
vielmehr  die  aus  Perlknoten  bestehenden  Externkiele  in  allen 
Wachstumsstadien  bei.  Auch  erreicht  die  Flankenskulptur  bei 
St.  Sosthenis  die  Kielknoten  nicht,  während  beide  bei 
Sandlingites  in  einem  innigen  Zusammenhang  stehen.  Bei 
der  ersteren  Art  sind  die  Externknoten  viel  zahlreicher  als 
die  Rippen,  bei  den  Sandlingiten  ist  die  Zahl  beider  Skulptur- 
elemente gleich. 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  üd.  40 


592  C.   Diener, 

Andeutungen  einer  Längsskulptur  konnte  ich  bei  unserer 
Spezies  nicht  beobachten. 

Dimensionen: 

Durchmesser 10  mm, 

Höhe  der  Schlußwindung 3"  5  mm, 

Dicke  der  Schlußwindung. 3-5  mm, 

Nabelweite 4  mm. 

Loben.  —  Nicht  bekannt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  - 
Feuerkugel,    karnisch-norische  Mischfauna  7,  coli.  Heinrich, 
(3  coli.  Kittl. 

Genus  Clionites  v.  Mojsisovics. 

Clionites  quinquespinatus  n.  sp. 
Tat".  II,  Fig.  2,  Taf.  III,  Fig.   2. 

Konvergenzerscheinungen,  die  durch  das  Auftreten  lateraler 
Knotenspiralen  veranlaßt  werden,  gestalten  in  manchen  Fällen 
die  Entscheidung  schwierig,  ob  eine  Form  zu  Clionites  Mojs. 
oder  zu  Trachyccras  Lbe.  in  weiterem  Sinne  zu  stellen  sei. 
So  kann  Clionites  evolutus  Kittl  (Triasbildungen  d.  nordöstl. 
Dobrudscha,  Denkschr.  Akad.  VViss.  Wien,  LXXXI,  1908, 
p.  493,  Taf,  I,  Fig.  17  18)  fast  mit  gleichem  Recht  zu 
Clionites  wie  zu  Protrachyceras  gestellt  werden.  Clionites 
promontis  Kittl  (1.  c,  p.  492,  Taf.  I,  Fig.  lö)  möchte  ich 
lieber  an  Anolcites  als  an  Clionites  anschließen.  Auch  die  hier 
zu  beschreibende  neue  Art  kann  Ansprüche  auf  eine  Ver- 
einigung mit  Clionites  ebensowohl  wie  mit  Protrachyceras 
geltend  machen.  Protrachyceras  Thons  v.  Dittmar  (Zur  Fauna 
d.  Hallst.  Kalke,  Geogn.  Palaeontol.  Beitr.  v.  Benecke,  I,  1866, 
p.  385,  Taf.  XVII,"  Fig.  11  —  13)  z.  B.  könnte  sehr  wohl  zu 
einem  näheren  Vergleich  herangezogen  werden. 

Wenn  ich  unsere  Art  gleichwohl  zu  Clionites  stelle,  so 
sind  mir  drei  Gründe  für  diese  Entscheidung  maßgebend. 
Einmal  stehen  die  Externknoten  nicht  frei  entlang  der  Median- 
furche, sondern  sind  deutlichen  Kielen  aufgesetzt,  wie  sie  für 
Arpadites  und  dessen  Verwandte  bezeichnend  sind,  zu  denen 
wohl  auch  Clionites  gezählt  werden  darf.     Ferner  nimmt  die 


Ceraiitoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  o93 

laterale  Knotenskulptur  im  Alter  ab,  während  die  mit  den 
Externknoten  gezierten  Kiele  persistieren.  Endlich  spricht  die 
ceratitische  Beschaffenheit  der  Suturlinie  mit  ganzrandigen 
Sattelköpfen  gegen  die  Zugehörigkeit  zu  einem  Protrachyceras 
aus  Bildungen  vom  Alter  der  julischen  Unterstufe. 

Das  ziemlich  weit  genabelte  Gehäuse  besteht  aus  einander 
wenig  umfassenden  Windungen,  die  jedoch  ein  rascheres 
Anwachsen  als  bei  der  überwiegenden  Mehrzahl  der  Clioniten 
zeigen.  Die  Umgänge  sind  erheblich  höher  als  breit  und  aut 
den  Flanken,  insbesondere  bei  den  erwachsenen  Exemplaren 
abgeflacht. 

Die  Skulptur  besteht  aus  kräftigen,  falcoid  geschwungenen 
Lateralrippen,  die  sich  häufig  unterhalb  der  Seitenmitte  gabeln. 
Sie  sind  bei  jugendlichen  Exemplaren  (Taf.  II)  mit  zarten 
Dornen  besetzt,  die  in  vier  Spiralreihen  angeordnet  erscheinen. 
Die  fünfte  Dornenreihe  ist  jene  der  Externdornen,  die  aut 
wohl  entwickelten  Längskielen  aufsitzen,  zwischen  denen 
eine  tiefe  Hohlkehle  eingesenkt  ist.  Mit  zunehmendem  Alter 
nehmen  die  Dornen  auf  den  Seitenteilen  ab  und  verschwinden 
endlich  vollständig.  Die  tadellos  erhaltene,  unmittelbar  vor  der 
Mündung  stehende  Hauptrippe  des  auf  Taf.  III  abgebildeten 
großen  Wohnkammerexemplares  ist  bis  zur  Marginalregion 
glatt  und  zeigt  nur  noch  die  Spuren  eines  marginalen 
Knötchens.  Auch  die  Externknoten  schwächen  sich  ab,  ohne 
indessen  zu  verschwinden,  während  die  beiden  Kiele  per- 
sistieren. 

Die  einzelnen  mir  vorliegenden  Exemplare  zeigen  indivi- 
duelle Abweichungen  in  bezug  auf  die  Stärke  der  Dornen- 
spiralen,  die  manchmal  schon  bei  Jugendformen  nur  sehr 
schwach  entwickelt  sind.  Bei  dem  auf  Taf.  II  abgebildeten 
Individuum  treten  sie  stärker  als  bei  irgend  einem  anderen 
hervor. 

In  ihrer  Lateralskulptur  erinnert  unsere  Art  an  das 
himamalayische  Genus  Pleuraspidites  Dien.,  das  jedoch 
glatte  Externkiele  wie  Arpadites  oder  Dittmarites  besitzt. 


594  C.    Diener, 

Dimensionen.  I  (Tat".  III)    n  (Taf.  II) 

Durchmesser 48  mm     33  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 21  mm     16  mm 

Dicke  der  Schlußwindung 14  nun     11  mm 

Nabelweite 12  ////;/        7  mm. 

Loben.  — 

Suturen  ceratitisch,  mit  an  den  Seitenwänden  schwach 
gekerbten  Sätteln,  deren  Köpfe  ganzrandig  sind.  Externlobus 
einspitzig,  mit  sehr  breitem,  niedrigem  Mediansattel.  Der  erste 
Hüfslobus  fällt  mit  der  Nabelkante  zusammen.  Externlobus 
und  erster  Laterallobus  stehen  ebenso  wie  die  ihnen  ent- 
sprechenden Sättel  auf  gleicher  Höhe. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  — 
Feuerkugel,  karnisch-norische  Mischfauna,  7,  coli.  Heinrich, 
2,  coli.  Kittl. 

Genus  Drepanites  v.  Mojsisovics. 
Drepanites  Hyatti  v.  Mojsisovics. 

1893  Drepanites  Hyatti  v.  Mojsisovics,  Cepbal.  d.  Hallst.  Kalke. 
Abhandl.  Geol.  Reichsanst.   VI  2,  p.  495.  Taf.  CLI,  Fig.   5  —  10. 

1906  D.  Hyatti  v.  Arthaber.  Alpine  Trias,  Lethaea  mes.  I  3,  Taf.  XLVI. 
Fig.   1,   2. 

Außer  zahlreichen  inneren  Kernen  und  Jugendexemplaren 
liegt  mir  ein  vorzüglich  erhaltenes  Stück  dieser  Spezies  vor, 
das  bei  einem  Durchmesser  von  45  nun  die  normale  Größe 
ausgewachsener  Exemplare  aufweist.  Es  stimmt  in  allen 
Merkmalen  mit  dem  Arttypus  überein.  Der  Außenrand  der 
Externseite    zeigt  die  charakteristische  Knötchenkerbung. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  — 
Feuerkugel,  karnisch-norische  Mischfauna,  5,  coli.  Heinrich, 
12,  coli.  Kittl. 

Drepanites  fissistriatus  v.  Mojsisovics. 

1893  Drepanites  fissistriatus  v.  Mojsisovics,  Cepbal.  d.  Hallst.  Kalke, 
Abhandl.  Geol.   Reichsanst.   VI  2,   p.  496,  Taf.   CLI,   Fig.   2—4. 

1904  D.  fissistriatus  Gemmellaro,  Cefal.  Trias  super,  reg.  oeeid. 
Sicilia,  p.  52,  Tav.   XII,  fig.    12,    13. 

In  der  Ammonitenbreccie  aus  den  Bänken  mit  der  karnisch- 
norischen     Mischfauna     ist     diese     Art     die     häufigste.     Die 


üitoidea  der  karnisch-norisclien   Mischfauna.  o9o 

Bestimmung  der  Mehrzahl  der  mir  vorliegenden  Exemplare, 
unter  denen  das  größte  einen  Durchmesser  von  28  nun  auf- 
weist, unterliegt  keinen  Schwierigkeiten.  Alle  von  E.  v. 
Mojsisovics  angegebenen  Unterscheidungsmerkmale  gegen- 
über D.  Hyatti  —  größere  Hochmündigkeit,  frühzeitige  Heraus- 
bildung scharfer  Externkanten,  feinere  Skulptur  —  treffen 
auch  für  sie  zu.  Bei  einzelnen  Stücken  stellt  sich  indessen 
eine  Kombination  der  schmäleren,  mit  frühzeitigen  Extern- 
kanten versehenen  Umgänge  mit  einer  kräftigen,  sonst  für 
D.  Hyatti  bezeichnenden  Lateralskulptur  ein.  Zu  diesen  Über- 
gangsformen scheint  auch  das  von  Gemmellaro  abgebildete 
sizilische  Stück  zu  gehören,  das  E.  v.  Mojsisovics 
selbst  trotz  der  wohl  ausgebildeten  Halbmonde  auf  der  oberen 
Hälfte  der  Flanken  zu  D.  ßssistriatus  gestellt  hat. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  — 
Feuerkugel,  karnisch-norische  Mischfauna  20,  coli.  Heinrich, 
15,  coli.  Kittl. 

Drepanites  Saturnini   n.  sp. 
Taf.  II,  Fig.  4. 

Von  den  beiden  vorgenannten  Arten  unterscheidet  sich 
diese  neue  Spezies  durch  die  Abänderung  der  für  Drepanites 
bezeichnenden  Externskulptur  auf  der  vorderen  Hälfte  der 
Wohnkammer.  Die  in  den  beiden  ersten  Quadranten  der 
Schlußwindung  noch  wohl  individualisierten  und  mit  Kerb- 
knötchen  versehenen  Externkanten  erlöschen  allmählich,  die 
tiefe  Medianfurche  macht  einer  Aufwölbung  des  Externteils 
Platz,  so  daß  an  der  Mündung  die  Externseite  gleichmäßig 
gewölbt  und  die  Marginalregion  des  Gehäuses  stumpf  gerundet 
erscheint. 

Bei  einem  Durchmesser  von  30  mm  zeigt  das  abgebildete 
Stück  die  Querschnittsverhältnisse  und  die  LateralskuWur 
des  Drepanites  ßssistriatus  Mojs.  Am  Ende  der  Schluß- 
windung stellt  sich  die  für  D.  Hyatti  Mojs.  charakteristische 
Ornamentierung  —  kräftige,  weit  abstehende  Halbmonde  in 
der  oberen  Hälfte  der  Seitenteile  —  ein. 


596  C.  Diener, 

Dimensionen. 

Durchmesser 44  mm 

Höhe  der  Schlußwindung  über  der  Naht 26  nun 

Höhe  der  Schlußwindung  über  d.  Externteil  d.  vorher- 
gehenden Windung 15  mm 

Dicke  der  Schlußwindung 11  mm 

Nabelweite 2  mm. 

Loben.  —  Nicht  bekannt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  — 
Feuerkugel,    kar.nisch-norische  Mischfauna,   1,  coli.  Heinrich. 

Farn.  Heraclitidae  Mojs. 
Genus  Heraclites  v.  Mojs. 
Heraclites  Gorgonii  n.  sp. 

Taf.  II,  Fig.  1. 
Diese  Art.  die  mir  in  einem  vorzüglich  erhaltenen,  mit 
dem  größten  Teil  seiner  Wohnkammer  versehenen  Exemplar 
vorliegt,  schließt  sich  an  H.  Bellonii  v.  Mojsisovics  (Ceph. 
Hallet.  Kalke,  Abhandl.  Geol.  Reichsanst.  VI/2,  1893,  p.  507, 
Taf.  CXXXIX,  Fig.  10)  aus  dem  norischen  Marmor  des 
Someraukogels  sehr  nahe  an.  In  den  Involutionsverhältnissen 
sowohl  als  in  den  Grundzügen  der  Skulptur  herrscht  Über- 
einstimmung. Die  eine  spezifische  Unterscheidung  begrün- 
denden Merkmale  sind  nur  von  untergeordneter  Bedeutung. 
Sie  betreffen  Details  in  der  Ornamentierung  der  Flanken  und 
des   Extern!/ 

Die  Berippung  ist  bei  unserer  neuen  Ait  dichter  als  bei 
H.  Bellonii.  Auch  sind  die  Flankenrippen  mit  zahlreicheren 
Knoten  besetzt.  Allerdings  entspricht  auch  hier  die  am  stärk- 
sten und  regelmäßigsten  ausgebildete  Knotenreihe  derMarginal- 
kante.  Die  dicht  gedrängt  stehenden  kleinen  Externknoten 
sind  durch  zarte,  die  Medianfurche  überbrückende  Rippen 
miteinander  verbunden. 
Dimensionen. 

Durchmesser 37  mm 

Höhe  der  Schlußwindung  .  .  .  17-5  nun 
Dicke  der  Schlußwindung.  .  .IS  nun 
Nabel  weite 9  mm. 


Ceraiitöidea  der  karnisch  norischen  Mischfauna.  o9/ 

oben.  —  Nicht  bekannt. 
Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare,   — 
Feuerkogel,  karnisch-norische  Mischfauna,   1,  coli.  Kittl. 

Genus  Cyrtopleurites  Mojs. 

Cyrtopleurites  Strabonis  v.  Mojsisovics. 

1893  Cyrtopleurites  Strabonis  v.  Mojs.,  Cephal.  Hallst.  Kalke,  Abhandl. 
Geol.   Reichsanst.   VI/2,   p.  526.  Taf.  CLX,   Fig.  3. 

E.  v.  Mojsisovics  hat  diese  schöne  Art  für  ein  Wohn- 
kammerexemplar von  45  null  Durchmesser  aus  den  Ellipticus- 
Schichten  des  Feuerkogels  aufgestellt.  Mir  liegt  ein  kleineres 
Exemplar  (Durchmesser  35  mm)  aus  der  karnisch-norischen 
Mischfauna  der  gleichen  Lokalität  vor,  das  in  allen  seinen 
Merkmalen  mit  dem  Original  aus  der  julischen  Unterstufe 
übereinstimmt.  Die  bewimperten  Externohren  sind  im  ersten 
Viertel  der  Schlußwindung  noch  deutlich  individualisiert.  Erst 
in  der  vorderen  Hälfte  der  Schlußwindung  verschwindet  die 
Kerbung  der  hohen,  durch  eine  spitz  zulaufende  Furche 
getrennten  Externkiele  und  gehen  selbst  die  Aus-  und  Ein- 
biegungen der  ursprünglichen  Externohren  vollständig  ver- 
loren. 

In  der  ersten  Hälfte  der  Schlußwindung  sind  auf  den 
lateralen  und  marginalen  Spirallinien  noch  zarte  Knoten 
erkennbar.  Zwischen  beiden  Spirallinien  sind  die  nach  rück- 
wärts gerichteten  Halbmonde  der  Sichelfalten  wohl  entwickelt. 
Im  Scheitelpunkte  der  Halbmonde  stellt  sich  eine  akzessorische 
Spirallinie  ein.  Auch  auf  dem  Originalstück  ist  eine  solche 
sichtbar,  bleibt  aber  auf  eine  der  beiden  Seitenhälften  be- 
schränkt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  — 
Feuerkugel,  karnisch-norische  Mischfauna,   1,  coli.  Kittl. 

Cyrtopleurites  sp.  ind.  äff.  bicrenato  v.  Hauer. 

Taf.  I,  Fig.  4,  Tat.  III,  Fig.   6,   7. 

In  der  karnisch-norischen  Mischfauna  des  Feuerkogels 
treten  kleine  Cyrtopleuriten  in  großer  Zahl   auf.  Sie  sind,  wie 


598  C.   Diener, 

mir  Herr  Dr.  Heinrich  mitteilt,  von  dem  Sammler  Rast! 
im  Jahre  1908  aus  einem  einzigen  Block  gewonnen  worden 
und  sowohl  in  den  Sammlungen  Kittl's  wie  Heinrich's 
vertreten.  Ihre  Bestimmung  gestaltet  sich  aus  dem  Grunde 
schwierig,  weil  keines  der  mir  vorliegenden  Exemplare  in 
seinen  Dimensionen  über  einen  Durchmesser  von  25  nun 
hinausgeht,  E.  v.  Mojsisovics  aber  Exemplare  von  so 
kleinen  Dimensionen  nur  von  einer  einzigen  Art,  Cyrtopleurites 
Sanssnrei  Mojs.  (Cephal.  Hallst.  Kalke,  Abhandl.  Geol. 
Reichsanst.  VI/2,  1893,  p.  521,  Taf.  CLVIII,  Fig.  5,  6)  gekannt 
hat,  wobei  er  no"ch  obendrein  die  Zugehörigkeit  des  in  Fig.  6 
abgebildeten  Kerns  zu  dieser  Art  als  »zwar  wahrscheinlich, 
doch  nicht  sicher«  bezeichnet.  Auch  die  Frage,  ob  wir  es 
am  Feuerkugel  mit  einer  Brut  einer  größeren  Art  oder  mit 
echten  Zwergformen  zu  tun  haben,  bleibt  ungeklärt,  da  mir 
kein  einziges  Stück  mit  einem  erhaltenen  Mundrand  bekannt 
geworden  ist. 

Kittl  hat  die  meisten  der  von  Rastl  erworbenen  Cyrto- 
pleuriten  an  C.  bicrenatns  v.  Hauer  (Cephal.  d.  Salzkammer- 
gutes, 1846,  p.  29,  Taf.  IX,  P^ig.  6-8)  angeschlossen  und 
die  Schichten,  in  denen  sie  vorkommen,  auf  den  Etiketten 
in  der  Sammlung  der  Palaeontologischen  Abteilung  des  Natur- 
historischen Hofmuseums  geradezu  als  »Bicrenatns -Zone« 
bezeichnet.  Sie  galten  ihm  als  ein  ausreichender  Beweis  für 
eine  Vertretung  der  norischen  Stufe  auf  dem  Nordabhang  des 
Feuerkogels  gegen  das  Schnittlingmoos  und  die  Ausseer 
Teltschen  Alpe. 

Eine  sichere  Identifizierung  der  Cyrtopleuriten  vom  Feuer- 
kugel mit  C.  bicrenatns  läßt  sich  nicht  durchführen.  Selbst 
das  kleinste  der  von  E.  v.  Mojsisovics  (1.  c,  p.  520, 
Taf.  CLVIII,  Fig.  3,  Taf.  CLIX,  Fig.  8,  9,  Taf.  CLX,  Fig.  1,  2) 
abgebildeten    Exemplare  es    ist    das    die    in    Fig.    2    auf 

Taf.  CLX  abgebildete  Varietät  vom  Leisling  -  ■  zeigt  das 
Gehäuse  erst  von  einer  Windungshöhe  von  14  mm  an,  die 
an  keinem  der  von  Rastl  am  Feuerkugel  gesammelten 
Exemplare  erreicht  wird.  Vergleicht  man  das  größte,  leider 
unvollständige  Exemplar  Kittl's,  das  ich  in  Fig.  7  zur  Ab- 
bildung gebracht  habe,  so  fällt  als  ein  Unterschied  gegenüber 


Ceratitoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  o99 

dem  Typus  des  C.  bicrenatus  nur  die  geringere  Breite  der 
Rippen  im  Verhältnis  zu  jener  der  Interkostalräume  auf. 
Aber  selbst  diese  geringfügigen  Unterschiede  treten  zurück, 
wenn  man  nicht  F.  v.  Hauers  Original,  sondern  die  von 
E.  v.  Mojsisovics  auf  Taf.  CLX  abgebildete  Varietät  mit 
unserem  Stück  vergleicht.  Die  Nabelknoten  sind  an  demselben 
noch  deutlich  ausgebildet.  Sie  halten  auch  bei  dem  Typus 
des  C.  bicrenatus  bis  zu   einer  Windungshöhe  von  22  mm  an. 

In  bezug  auf  die  Dichte  der  Berippung  herrscht  übrigens 
keine  volle  Gleichförmigkeit.  Die  meisten  der  mir  vorliegen- 
den Exemplare  sind  dichter  berippt  als  das  in  Fig.  7  abge- 
bildete Stück.  Das  in  Fig.  6  illustrierte  Exemplar  kann  als 
Durchschnittstypus  gelten.  An  den  inneren  Umgängen  (Fig.  4) 
tritt  der  sigmoide  Schwung  der  Rippen  in  dem  Raum  zwischen 
der  marginalen  und  lateralen  Knotenreihe  in  der  Regel  zurück. 
Schon  an  so  kleinen  Individuen  ist  die  Bewimperung  der 
Externohren  deutlich  erkennbar. 

Die  dichtere  Berippung  und  die  Anwesenheit  wohl  ent- 
wickelter Umbilikalknoten  schließen  eine  Identifizierung  unserer 
Stücke  mit  dem  karnischen  C.  Herodoti  v.  Mojsisovics  (1.  c, 
p.  518,  Taf.  CLVIII,  Fig.  10)  aus.  Daß  dieselben  dem 
C.  bicrenatus  näher  stehen  als  irgendeiner  der  karnischen 
Spezies  des  Genus  Cyrtopieurites,  kann  wohl  nicht  bezweifelt 
werden.  Wäre  C.  bicrenatus  nicht  zu  selten,  als  daß  man 
sich  zur  Opferung  eines  Exemplares  durch  Präparation  der 
inneren  Kerne  entschließen  dürfte,  so  könnte  vielleicht  sogar 
der  Nachweis  einer  Identität  beider  Spezies  gelingen.  Vor- 
läufig möchte  ich  lieber  von  einer  Identifizierung  absehen 
und  die  Spezies  vom  Feuerkugel  als  Cyrtopieurites  sp.  ind. 
äff.  bicreuato  Hau.  registrieren. 

Fast  mit  dem  gleichen  Rechte  wie  C.  bicrenatus  kommt 
für  einen  näheren  Vergleich  mit  unserer  Art  auch  C.  Saussnrei 
v.  Mojs.  (1.  c,  p.  521,  Taf.  CLVIII,  Fig.  5)  in  Frage.  Die 
Merkmale,  mit  denen  E.  v.  Mojsisovics  die  Trennung  des 
C.  bicrenatus  und  C.  Saussurei  begründet  —  stärkere  Flanken- 
skulptur, Persistenz  der  bloß  dreiteilig  gekerbten  Externohren, 
stärker  aufgeblähte  Umgänge,  weiterer  Nabel  —  beziehen 
sich    auf   erwachsene  Exemplare,  deren  Durchmesser  90  ////;/ 


600  C.  Diener, 

beträgt.  Da  das  kleine,  in  Fig.  6  abgebildete  Exemplar  nicht 
mit  Sicherheit  als  ein  innerer  Kern  von  C.  Saussurei  an- 
gesprochen werden  kann,  so  muß  von  ihm  bei  einer  Identi- 
fizierung unserer  Stücke  vom  Feuerkugel  mit  C.  Saussurei 
abgesehen  werden. 

Die  Ähnlichkeit  dieses  von  E.  v.  Mojsisovics  abgebildeten 
inneren  Kerns  mit  einzelnen  unserer  Exemplare,  z.  B.  mit 
dem  auf  Taf.  III,  Fig.  G,  abgebildeten  Typus,  springt  in  die 
Augen.  Diese  Ähnlichkeit  steigert  sich  bis  zur  vollständigen 
Übereinstimmung  an  einem  unserer  Kerne  aus  dem  norischen 
Hallstätter  Marmor  des  Sommeraukogels,  den  ich  im  Jahre 
1917  von  dem  Sammler  Faber  in  Hallstatt  erworben  habe 
und  der  später  zur  Abbildung  gebracht  werden  soll.  Ich 
vermag  zwischen  diesem  Kern  und  dem  dichter  berippten 
Durchschnittstypus  der  Art  vom  Feuerkugel  keine  Spezies- 
unterschiede zu  entdecken. 

Obwohl  sich  nicht  entscheiden  läßt,  welcher  Art  von 
Cyrtopleurites  der  hier  erwähnte  Kern  vom  Sommeraukogel 
angehört,  erscheint  mir  seine  völlige  Übereinstimmung  mit 
den  Stücken  vom  Feuerkugel  doch  in  stratigraphischer  Hin- 
sicht bedeutungsvoll.  Man  wird  die  letzteren  jedenfalls  zu 
den  selteneren  norischen,  nicht  zu  den  karnischen  Elementen 
der  Mischfauna  am  Nordabhang  des  Feuerkogels  zu  zählen 
haben. 

Dimensionen.  I  (Fig.  6)      II  (Fig.  4) 

Durchmesser 24  mm        14  /;////. 

Höhe  der  Schlußwindung 13  mm        7-5  mm 

Dicke  der  Schlußwindung 8  mm       6*5  mm 

Nabelweite 2  ■  5  mm     2  •  5  mm. 

Loben.  —  Im  Detail  nicht  bekannt. 

Vorkommen.  Zahl    der    untersuchten  Exemplare.  — 

Feuerkugel,    karnisch-norische    Mischfauna,     24,    coli.    Kittl, 

9,  coli.  Heinrich. 

Cyrtopleurites  Vestaliae  n.  sp. 
Taf.  III,  Fig.  5. 

Viel  seltener  als  jene  Formen,  die  sich  an  Cyrtopleurites 
bicrenatns  Hau.  zunächst  anschließen,   sind   in  der  karnisch- 


xiitoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  601 

norischen  Mischfauna  des  Feuerkogels  solche,  die  durch  ihre 
steife  Berippung  und  kräftige  Beknotung  auffallen.  Die  Exem- 
plare, die  diese,  von  der  vorigen  ohne  Zweifel  verschiedene 
Form  vertreten,  sind  noch  kleiner,  da  bei  keinem  derselben 
die  Länge  des  Durchmessers  über  17  mm  hinausgeht.  Eine 
Identität  dieser  Stücke  mit  einer  der  von  E.  v.  Mojsisovics 
beschriebenen  Arten  kommt  nicht  in  Frage.  Es  handelt  sich 
zweifellos  um  eine  neue  Spezies,  von  der  es  allerdings  zu- 
nächst unsicher  bleibt,  ob  sie  eine  Zwergform  oder  eine 
Form  von  normalen  Dimensionen  war,  deren  erwachsene 
Individuen  wir  noch  nicht  kennen. 

Die  Skulptur  der  ziemlich  gedrungenen  ■  Gehäuse  wird 
von  gerade  verlaufenden  Rippen  gebildet,  die  relativ  weit 
voneinander  abstehen  und  sich  gelegentlich  in  den  Lateral- 
knoten gabeln.  Es  sind  schwache  Umbilikalknoten,  mittel- 
starke Lateralknoten  und  noch  kräftigere,  Spiral  verlängerte 
Marginalknoten  vorhanden.  Die  wohl  individualisierten  Extern- 
ohren zeigen  eine  deutliche  Bewimperung.  Das  auffälligste 
Skulpturmerkmal  ist  jedoch  der  gerade  Verlauf  der  Rippen, 
denen  jede  Andeutung  einer  sigmoiden  Beugung  fehlt,  so 
daß  ein  ähnlicher  Eindruck  der  Ornamentierung  wie  bei 
•vielen  Ceratiten  der  triuodosus-Gvuppe  entsteht. 

Dimensionen. 

Durchmesser 17  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 9  mm 

Dicke  der  Schlußwindung S  mm 

Xabelweite 2*5  mm. 

Loben.   —    Nicht  bekannt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  - 
Feuerkugel,  karnisch-norische  Mischfauna  5,  coli.  Kittl. 

Cyrtopleurites  Hersiliae  n.  sp. 

Taf.  II,  Fig.  6,  Taf.  III,  Fig.   4. 

.  Diese  Art,  die  ebenfalls  nur  durch  kleine  Exemplare 
vertreten  erscheint  —  das  größte  (Fig.  4)  erreicht  eine 
Windungshöhe    von   17  mm  ist    durch    eine    zarte,    sehr 


002  C.  Diener, 

dichte  Rippenskulptur  und  durch  den  Verlust  der  Lateral- 
und  Marginalknoten  in  vorgeschrittenen  Wachstumsstadien 
charakterisiert. 

Umbilikalknoten  fehlen  selbst  bei  ganz  jugendlichen 
Individuen,  die  hingegen  deutliche,  wenn  auch  schwach  ent- 
wickelte Lateral-  und  Marginalknoten  zeigen.  Die  ersteren 
fallen  stets  mit  der  Teilungsstelle  der  Flankenrippen  zusammen 
und  liegen  ein  wenig  unterhalb  der  Seitenmitte.  Beide  Gruppen 
von  Knoten  obliterieren  ziemlich  gleichzeitig,  aber  an  den 
einzelnen  Individuen  in  sehr  verschiedenen  Wachstumsstadien, 
so  an  dem  in  Fig.  0  abgebildeten  Stück  erst  in  der  Nähe 
der  Mündung  bei  einer  Windungshöhe  von  13  mm,  an  dem 
in  Fig.  4  abgebildeten  Exemplar  bei  einer  Windungshöhe 
von  8  mm,  an  einem  dritten  aus  der  coli.  Heinrich  gar 
schon  bei  einer  solchen  von  0  mm.  Dagegen  persistieren  die 
gekerbten  Externohren  und  fließen  selbst  bei  dem  größten 
Exemplar  (Fig.  4)  nicht  an  ihrer  Basis  zusammen.  Häufig 
verhalten  sich  die  beiden  Schalenhälften  insofern  ungleich, 
als  die  Knoten  auf  der  einen  früher  verlöschen  als  auf  der 
anderen. 

Für  einen  näheren  Vergleich  mit  unserer  Spezies  kommen 
unter  den  alpinen  Arten  C.  socius  v.  Mojs.  (1.  c,  p.  522, 
Tat'.  CLVIII,  Fig.  7  —  9)  und  C.  Hutteri  v.  Mojs.  (1.  c, 
p.  523,  Taf.  CXCVII,  Fig.  5),  ferner  der  indische  C.  Freshfieldi 
Diener  (Fauna  of  the  Tropites  limestone  of  Byans,  Pal.  Ind. 
ser.  XV,  Himal.  Foss.  Vol.  V,  No.  1,  1900,  p.  59,  PI.  VIII, 
fig.  9—12)  in   Betracht. 

Der  Vergleich  mit  C.  socius  wird  durch  die  sehr  un- 
gleiche Größe  der  zur  Beobachtung  verfügbaren  Exemplare 
erschwert.  Dennoch  kann  festgestellt  werden,  daß  die  Skulptur 
bei  unserer  Art  noch  dichter  und  zarter  ist,  und  daß  die 
Externohren  bei  C.  socius  bereits  in  sehr  frühen  Wachstums- 
stadien in  gekerbte  Externkiele  umgewandelt  erscheinen, 
während  sie  bei  C.  Hersiliae  persistieren.  In  dem  letzteren 
Merkmal  stimmt  unsere  Art  mit  C.  Hutteri  überein,  bei  dem 
ebenfalls  Lateral-  und  Marginalknoten  frühzeitig  verschwinden, 
doch  besitzt  die  norische  Art  nicht  nur  eine  gröbere  Skulptur, 


Ceratitoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  bOo 

sondern    es    erfolgen    auch    die    Rippenteilungen     tiefer,     in 
größerer  Nähe  des  Nabelrandes. 

Wesentlich  engere  Beziehungen  bestehen  zwischen 
C.  Hersiliae  und  C.  Frehsfieldi  aus  dem  Tropitenkalk  von 
Byans.  Typische  Exemplare  der  indischen  Spezies  besitzen 
allerdings  außer  den  Lateral-  und  Marginal  knoten  auch 
Umbilikalknoten,  doch  kommen  neben  ihnen  auch  Individuen 
von,  deren  Schalen  schon  in  sehr  frühen  Wachstumsstadien 
—  wie  bei  C.  Hersiliae  —  knotenlos  sind.  Sie  zeigen  eine 
mit  der  Ornamentierung  der  letzteren  Art  durchaus  überein- 
stimmende, nur  ein  wenig  gröbere  Rippenskulptur.  Exemplare, 
wie  das  auf  PI.  VIII,  Fig.  9,  abgebildete,  stehen  einzelnen 
Stücken  unserer  alpinen  Art  jedenfalls  sehr  nahe,  wenn  auch 
einer  direkten  Identifizierung  die  zartere  und  dichtere  Berippung 
der  letzteren  entgegensteht. 

Dimensionen. 

Durchmesser 25  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 13  mm 

Dicke   der  Schlußwindung 8  min 

Nabehveite 2*5  ;/////. 

Loben.   —   Nicht  bekannt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  - 
Feuerkugel,   karnisch-norische  Mischfauna,   3,  coli.  Heinrich. 
8,  coli.  Kittl. 

Cyrtopleurites  Euphrasiae  n.  sp. 
Taf.   II,  Fig.  5,  Taf.  III,  Fig.   3. 

Auch  bei  den  durchwegs  kleinen  Vertretern  dieser  Art 
erhebt  sich  die  Frage,  ob  sie  als  ausgewachsene  Individuen 
einer  Zwergform  oder  als  innere  Kerne  einer  Form  von 
normalen  Dimensionen  anzusehen  seien.  Ich  möchte  mich 
eher  für  eine  Entscheidung  der  Frage  in  dem  ersteren  Sinne 
aussprechen.  Auf  alle  Fälle  gehören  unsere  Stücke  einer 
neuen  noch  unbeschriebenen  Spezies  des  Genus  Cyrtopleurites 
an,  die  wahrscheinlich  in  sehr  nahen  Beziehungen  zu  dem 
norischen  C,   Thinnfeldi  v.  Mojs.  steht. 


004  C.  Diener. 

Die  schlanken,  .hochmündigen  Gehäuse  besitzen  einen 
sehr  schmalen  Externteil,  dessen  Medianfurche  erst  unter  der 
Lupe  als  solche  erkennbar  wird.  Die  scharfen  Kiele  zeigen 
entweder  eine  feine,  gleichmäßige  Kerbung  oder  noch  eine 
Gliederung  durch  schwache  Ein-  und  Ausbiegungen,  die  den 
bewimperten  Externohren  entsprechen.  Der  erstere  Fall  ist 
der  häufigere.  Den  Externohren  entsprechen  in  der  Marginal- 
region  breite  Anschwellungen,  die  durch  schmale  mit  den 
Rändern  der  Ohren  korrespondierende  Furchen  getrennt 
werden.  Im  übrigen  ist  die  Schalenoberfläche  vollkommen 
glatt. 

Das  in  Fig.  3  abgebildete  Gehäuse  stellt  den  durch  den 
Mangel  jeder  Oberflächenskulptur  und  gleichmäßige  Kerbung 
der  Externkiele  gekennzeichneten  T}^pus  der  Art  dar. 

In  Fig.  5  habe  ich  jenes  Stück  zur  Abbildung  gebracht, 
bei  dem  die  Individualisierung  der  Externohren  und  deren 
Trennung  durch  Marginalfurchen  am  deutlichsten  ausgeprägt 
ist.  Zwischen  diesen  Extremen  und  dem  Arttypus  finden  sich 
Übergänge,  die  die  Zusammenfassung  aller  hier  besprochenen 
Stücke  in  einer  Art  rechtfertigen. 

Die  Beziehungen  unserer  Art  zu  C.  Thinnfeldi  v.  Mojs. 
(1.  c,  p.  520,  Taf.  CLYII,  Fig.  9)  sind  so  enge,  daß  die  Frage 
entsteht,  ob  wir  es  hier  nicht  mit  der  Jugendform  der  ge- 
nannten Spezies  aus  dem  norischen  Marmor  des  Sommerau- 
kogels  zu  tun  haben.  Diese  Frage  glaube  ich  aus  den  folgen- 
den Gründen  verneinen  zu  dürfen. 

Das  einzige  bisher  bekannte  Exemplar  des  C.  Thinnfeldi 
ist  ein  großes,  mit  seiner  Wohnkammer  versehenes  Individuum 
von  105  nun  Durchmesser,  das  nur  auf  einer  Seite  erhalten 
ist.  Die  Windungshöhe  am  Beginn  des  letzten  Umganges 
beträgt  28  /////;.  An  dieser  Stelle  ist  eine  deutliche,  leicht 
geknotete  Spirallinie  entwickelt,  so  daß  man  auf  eine  kräftige 
Marginalskulptur  der  inneren  Kerne  schließen  darf.  Auch  die 
Anwesenheit  von  schwachen,  sigmoidalen  Rippen  auf  der 
Schlußwindung  berechtigt  zu  der  gleichen  Schlußfolgerung. 
Es  ist  daher  im  hohen  Grade  unwahrscheinlich,  daß  die 
inneren  Kerne  des  C.  Thinnfeldi  bei  einer  Windungshöhe 
von  7  nun  glatt  gewesen  sein  sollen,  um  so  unwahrscheinlicher, 


Ceratitoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  60o 

als  wir  aus  dem  roten  Marmor  des  Sommeraukogels  innere 
Kerne  verschiedener  Cyrtopleuriten  kennen  —  z.  B.  C.  cf. 
Saussurei  Mojs.  (1.  c.,  Taf.  CLVIII,  Fig.  6),  C.  sp.  ind.  Mojs. 
(1.  c,  Taf.  CLVIII,  Fig.  2)  oder  den  in  dieser  Abhandlung  auf 
Taf.  II,  Fig.  6,  abgebildeten  inneren  Kern  —  die  bei  gleicher 
Windungshöhe  wie  C.  Euphrasiae  schon  eine  sehr  kräftige 
Skulptur  besitzen.  Es  ist  also  kaum  gerechtfertigt,  für 
C.  Thinufeldi  glatte  innere  Kerne  von  der  Oberflächen- 
beschaffenheit des   C.  Euphrasiae  anzunehmen. 

Auch  ist  C.  Euphrasiae  selbst  für  eine  so  schlanke  Form 
wie  C.  Thinufeldi  als  innerer  Kern  noch  immer  zu  hoch- 
mündig. Das  Verhältnis  von  Höhe  und  Dicke  im  Querschn  tt 
ist  bei  der  ersteren  Art  wie  3*5  :  1,  bei  dem  Originalexemplar 
der  letzteren  wie  3- 7:  1.  Eine  so  geringe  Höhenzunahme 
widerspricht  den  sonstigen  Erfahrungen  über  die  Wachstums- 
verhältnisse trachyostraker  Ammoniten. 

Endlich  ist  noch  auf  die  Verschiedenheit  in  den  Dimen- 
sionen des  Nabels  hinzuweisen.  Zwischen  dem  Wohnkammer- 
exemplar des  C.  Thinufeldi  und  dem  winzigen  C.  Euphrasiae 
besteht    in  der  Nabelweite  nur  ein  Unterschied  von  0-5  ////;/. 

Alle  diese  Gründe  sprechen  gegen  die  Annahme,  daß 
C.  Euphrasiae  als  Jugendform  des  C.  Thinufeldi  anzusehen 
sei  und  rechtfertigen  die  Einführung  eines  besonderen  Spezies- 
namens für  unsere  glattschaligen  Cyrtopleuriten  aus  der 
karnisch-norischen  Mischfauna  des  Feuerkogels. 

Dimensionen. 

Durchmesser 1 1  •  5  mm 

Höhe  der  Schlußwindung 7  mm 

Dicke  der  Schlußwindung 2  mm 

Nabelweite 1*5  mm. 

Das  größte  Exemplar  aus  der  coli.  Kittl  besitzt  einen 
Durchmesser  von   16  mm. 

Loben.  —  Nicht  bekannt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare. - 
Feuerkugel,   karnisch-norische  Mischfauna.  3,  coli.  Heinrich, 
10,  coli.  Kittl. 


606  C.  Diener, 

Subgenus  Acanthinites  v.  Mojs. 
Acanthinites  Calypso  v.  Mojs. 

Taf.  II,  Fig.  8. 

1893  Acanthinites  Calypso  v.  Mojsisovics  Ceph.  Hallst.  Kalke, 
Abhandl.  Geol.  Reicbsanst.  VI  2,  p.   532,  Taf.   CLVII,  Fig.   2—4. 

Das  abgebildete  Windungsfragment  gehört  unzweifelhaft 
dieser  Zwergform  aus  den  Bicrenatus-Schichten  des  Vorder- 
Sandling  an.  Es  stimmt  vollständig  mit  dem  von  E.  v. 
Mojsisovics  in  Fig.  4  illustrierten  Typus  der  Art  überein. 
Die  Externkiele  tragen  zwei  Spiralreihen  von  Knötchen.  Am 
Beginn  der  Windung  trennen  sich  noch  die  bewimperten 
Externohren,  die  später  zusammenfließen. 

Die  Windungshöhe  beträgt  am  Ende  unseres  wohl  bereits 
Teile  der  Wohnkammer  umfassenden  Fragmentes  12  mm, 
entsprechend    einer  Dicke    von  6  //;;//,    die  Nabelweite  3  //////. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  — 
Feuerkugel,    karnisch-norische    Mischfauna    1,  coli.  Heinrich. 

Acanthinites  Silverii  n.  sp. 

Taf.   II,  Fig.   3. 

Die  vorliegende  neue  Art  gehört  in  die  nächste  Ver- 
wandtschaft des  A.  Calypso.  Sie  erreicht  etwas  größere 
Dimensionen  und  unterscheidet  sich  von  ihm  vor  allem  durch 
gröbere  Berippung  und  durch  die  Persistenz  der  bewimperten 
Externohren,  die  erst  bei  einer  Windungshöhe  von  16  /;//// 
zusammenfließen.  Die  Externkiele  tragen,  wie  bei  A.  Calypso, 
zwei  Spiralreihen  feiner  Knötchen.  Die  lateralen  Doppeldornen 
sind,  entsprechend  der  gröberen  Berippung,  kräftiger  als  bei 
der    letzteren   Art    und    in    12  bis   14  Spirallinien    angeordnet. 

Die  gröbere  Berippung  ist  ein  gutes  Unterscheidungs- 
merkmal unserer  neuen  Spezies  gegenüber  sämtlichen  bisher 
bekannten  alpinen  Arten  des  Subgenus  Acanthinites  (A.  excelsus 
Mojs.,  A.  excelsiov  Mojs.,  .4.  Calypso  Mojs.).  Dagegen  stimmt 
unsere  Art  in  der  Beschaffenheit  der  Skulptur  mit  dem 
indischen  A.  Hogarti  Diener  (Pal.  Ind.  ser.  XV,  Himal.  Foss. 
Vol.  V,  No.   1,  Fauna  Tropites  limest.  of  Byans,  1906,  p.  70, 


CeratHoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  DU/ 

PI.  IX,  hg.  1,  3)  überein.  Von  dem  letzteren  unterscheidet 
sich  A.  Silverii  durch  den  weiteren  Nabel  und  einen  ab- 
weichenden Querschnitt,  weil  der  indischen  Art  die  für 
A.  Calypso  und  A.  Silverii  charakteristische  Einbuchtung 
zwischen  den  Externkielen  und  der  Marginalregion  fehlt,  an 
der  die  Flankenrippen  bei  den  beiden  alpinen  Arten  sich 
schwächen.  Auch  ist  die  Zahl  der  lateralen  Dornenspiralen 
bei  A.  Hogarti  viel  größer  (über  25). 

Dimensionen. 

Durchmesser 37  mtn 

Höhe  der  Sclußwindung  über  der  Naht...  19  mm 
Höhe  der  Schlußwindung  über  dem  Extern- 
teil der  vorhergehenden  Windung 13  mm 

Dicke  der  Schlußwindung 8-5  mm 

Nabelweite 6  mm. 

Loben.  —  Nicht  bekannt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  — 
Feuerkogel,  karnisch-norische  Mischfauna    2,  coli.  Heinrich. 

Acanthinites  Eusebii  n.  sp. 

Taf.   I,  Fig.  3. 

Noch  eine  zweite  neue  Art  des  Subgenus  Acanthinites 
tritt  in  der  karnisch-norischen  Mischfauna  des  Feuerkogels 
in  Gesellschaft  des  A.  Calypso  und  A.  Silverii  auf.  Sie  ist 
nur  durch  sehr  kleine  Exemplare  repräsentiert,  deren  größtes 
einen  Durchmesser  von  kaum   17  /;////  erreicht. 

Das  auffallendste  Merkmal  dieser  Art  ist  die  gedrungene 
Gestalt  und  der  von  den  übrigen  alpinen  Acanthiniten  ab- 
weichende Querschnitt.  Von  dem  breiten,  flach  gewölbten 
Externteil  ziehen  die  Flanken  parallel  bis  zum  Nabelrand,  so 
daß  man  auf  den  ersten  Blick  glauben  könnte,  den  innersten 
Kern  eines  Cladisciten  vor  sich  zu  haben.  Über  diesen  breiten 
Externteil  laufen  drei  rinnenförmige  Vertiefungen,  eine  Median- 
furche, die  von  den  beiden  Externkielen  eingefaßt  wird,  und 
zwei  äußere,  die  zwischen  je  einem  Externkiel  und  einer 
scharfen  kielähnlich  hervortretenden  Marginalkante  liegen. 
Jeder  Externkiel  trägt  zwei  Reihen  von   Knötchen,  die  durch 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  41 


t>OX  C.   Diener, 

eine  glatte  Mittelzone  getrennt  sind.  Auf  den  Flanken  zählt 
man  acht  Knotenspiralen.  Die  Knötchen  treten  stärker  hervor 
als  die  außerordentlich  zarten,  fadenförmigen  Rippen,  auf 
denen  sie  stehen. 

Die  ganze  Ornamentierung  ist  so  fein,  daß  ihre  Details 
erst  unter  der  Lupe  erkennbar  werden. 

Dimensionen. 

Durchmesser 13  ////// 

Höhe  der  Schlußwindung  über  der  Naht.  .    7  mm 
Höhe  der  Schlußwindung  über  dem  Extern- 
teil der  vorhergehenden  Windung 5  nun 

Dicke  der  Schlußwindung 6  nun 

Nabelweite 0-5  mm. 

Loben.   —   Nicht  bekannt. 

Vo rkom m e n.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  - 
Feuerkugel,  karnisch-norische  Mischfauna,  3,  coli.  Kittl. 

Genus  Tibetites  v.  Mojs. 
Tibetites  Bibianae  n.  sp. 
Taf.  I,  Fig.  2,  Taf.  III,  Fig.  8. 

Das  einzige,  bereits  mit  einem  großen  Teil  seiner  Wohn- 
kammer versehene  Exemplar,  für  das  diese  Art  hier  errichtet 
wird,  ist  ein  typischer  Vertreter  der  bisher  nur  aus  dem 
himamalayischen  Faunengebiet  bekannten  Gattung  Tibetites. 
Sie  teilt  mit  Tibetites  jene  Merkmale,  auf  die  E.  v.  Mojsisovics 
die  Trennung  dieses  Genus  von  Cyrtopleurites  begründet  hat, 
nämlich  den  Mangel  einer  Kerbung  der  Externohren  und  eine 
ceratitische,  durch  Einschiebung  eines  kleinen  Adventiv- 
elements zwischen  Externlobus  und  Externsattel  ausgezeich- 
nete Suturlinie. 

Von  allen  indischen  Vertretern  des  Genus  Tibetites  unter- 
scheidet sich  unsere  Spezies  durch  den  weiten,  offenen  Nabel. 
Die  innerhalb  desselben  sichtbaren  Umgänge  tragen  radial 
gerichtete,  kräftige,  voneinander  weit  abstehende  Kippen.  Die 
Skulptur  der  Schlußwindung  steht  jener  bei  T.  Ryalli  v.  Moj- 
sisovics   (Obertriad.    Ceph. -Faunen    d.    Himalaya,    Denkschr. 


Ceratüoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  609 

Akad.  Wiss.  Wien,  LXIIL,  1896,  p.  637,  Taf.  XV,  Fig.  3,  4)  nahe, 
doch  sind  im  Vergleich  zu  den  wohl  ausgebildeten  Marginal- 
knoten  die  Lateralknoten  weniger  stark  entwickelt.  Da  die 
beiden  Reihen  der  Externohren  bis  zur  Mündung  im  gleichen 
Abstand  bleiben,  erscheint  ein  Zusammenlaufen  derselben, 
wie  bei  Paratibetites  selbst  im  gerontischen  Stadium  voll- 
kommen ausgeschlossen.  Die  Berippung  ist  auf  der  Schluß- 
windung nur  mehr  schwach  ausgeprägt.  Sie  scheint  sich  auf 
der  Wohnkammer  vollständig  zu  verlieren. 

Dimensionen. 

Durchmesser 68  ;;/;// 

Höhe  der  Schlußwindung  über  der  Naht  .  .  .31  mm 
Höhe  der  Schlußwindung  über  dem  Extern- 
teil der  vorhergehenden  Windung 24  ////// 

Dicke  der  Schlußwindung 20  mm 

Nabelweite 15  //////. 

Loben.  —  Es  ist  mir  nur  gelungen,  den  äußeren  Teil 
der  Suturlinie  bis  zum  2.  Laterallobus  sichtbar  zu  machen, 
der  sich  bereits  in  solcher  Nähe  des  Nabelrandes  befindet 
daß  wahrscheinlich  nur  noch  ein  Auxiliarlobus  außerhalb  der 
Naht  stehen  dürfte. 

Suturen  ähnlich  jenen  des  Anatibetites  Kelvini  v.  Moj- 
sisovics  (1.  c,  p.  639,  Taf.  XIV,  Fig.  9),  doch  sind  die  Haupt- 
elemente auf  Kosten  der  stark  reduzierten  Hilfsloben  erheblich 
vergrößert.  Der  kleine  adventive  Einschnitt  zwischen  dem 
Externsattel  und  dem  Adventivsattel  ist  zweispitzig,  der 
Externlobus  sehr  schmal  und  durch  einen  niedrigen  Median- 
höcker geteilt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.— 
Feuerkugel,    karnisch  -  norische    Mischfauna     1,     eigene     Auf- 
sammlung (1919). 

Bemerkungen  über  das  Vorkommen  von  Tibetites 
und  Anatibetites  Mojs.  in  der  mediterranen  Trias.  — 
E.  v.  Mojsisovics  hielt  Cyrtopleurites  und  Tibetites  für 
zwei  vikariierende  Gattungen,  von  denen  er  die  erste  auf  die 
aipine,    die    zweite    auf  die  indische  Triasprovinz  beschränkt 


610  C.  Diener, 

glaubte.  Nachdem  ich  bereits  im  Jahre  1906  das  Auftreten 
eines  echten  Gyrtopleurites  (C.  Freslifieldt)  im  Tropitenkalk 
von  Byans  nachgewiesen  hatte,  tritt  nunmehr  auch  Tibetites 
in  die  Reihe  der  dem  himamalayischen  und  mediterranen 
Faunenreich  gemeinsamen  Gattungen.  Immerhin  verdient  die 
außerordentliche  Seltenheit  des  erstgenannten  Genus  in  Indien, 
des  zweiten  in  Europa  Beachtung. 

Auch  Auatibetites  glaube  ich  zu  den  in  beiden  Faunen- 
reichen beheimateten  Formengruppen  rechnen  zu  dürfen. 
Palicites  Mojsisovicsi  Gemmellaro  (Cef.  Trias  sup.  reg.  occ. 
d.  Sicilia,  1904,  p.  56,  Taf.  XIV,  flg.  15 — 18)  aus  dem  horn- 
steinführenden  Kalk  von  Palazzo  Adriano  in  der  Provinz 
Palermo  dürfte  wohl  diesem  Subgenus  angehören. 

Ich  habe  im  Jahre  1911  Gelegenheit  gehabt,  das  Original- 
stück im  Geologischen  Museum  der  Universität  Palermo  zu 
untersuchen  und  finde  darüber  in  meinen  Notizen  die  folgen- 
den Bemerkungen:  »Palicites  Gemm.  kann  von  Auatibetites 
nicht  getrennt  werden.  Die  größere  Nabelweite  und  die  kleinen 
von  Gemmellaro  hervorgehobenen  Unterschiede  in  der 
Berippung  können  nur  einen  spezifischen  Wert  beanspruchen. 
In  der  keineswegs  tadellos  erhaltenen  Suturlinie  sind  Ansätze 
zur  Bildung  eines  Adventivelements  in  der  äußeren  Flanke 
des  Externsattels  deutlich  erkennbar.« 

Genus  Pterotoeeras  Welt  er. 

An  die  beiden  Gattungen  Cyrtopleurites  Mojs.  und 
Tibetites  Mojs.  schließt  sich  in  der  karnisch-norischen  Misch- 
fauna des  Feuerkogels  eine  neue  Formengruppe  an,  die  durch 
eine  eigentümliche  Variationstendenz  ausgezeichnet  ist.  Sie 
teilt  mit  Tibetites  den  Mangel  einer  Kerbung  oder  Bewimperung 
der  Externohren  und  die  ceratitische  Suturlinie.  Sie  darf 
daher  mit  gleichem  Recht  den  Rang  einer  Gattung  bean- 
spruchen. Ein  Vertreter  dieser  Gattung  ist  bereits  im  Jahre 
1915  von  Welter  (Die  Ammoniten  und  Nautiliden  der  ladi- 
nischen  und  anisischen  Trias  von  Timor,  Palaeont.  v.  Timor, 
5.  Lfg.  p.  83)  als  Pterotoeeras  Arthaberi  beschrieben  worden. 


Ceratitoidea  der  karnisch-norischen   Misclifauna.  011 

Während  bei  Cyrtopleurites  s.  s.  die  Variationstendenz 
auf  ein  Zurücktreten  der  Knoten  gegenüber  den  lateralen 
Rippen  und  auf  eine  Verschmelzung  der  ursprünglichen 
Externohren  zu  fein  gekerbten  Kanten  gerichtet  ist,  greift 
bei  Pterotoceras  die  entgegengesetzte  Richtung  in  der  Aus- 
bildung der  Skulptur  Platz.  Die  Knoten  nehmen  in  vor- 
geschrittenen Wachstumsstadien  an  Stärke  zu,  während  die 
Rippen  erlöschen.  Die  Externohren  individualisieren  sich  im 
höheren  Alter  immer  mehr  und  erreichen  am  Ende  der 
Wohnkammer  erwachsener  Individuen  das  Maximum  ihrer 
Entwicklung.  Auch  ist  Pterotoceras  im  Gegensatz  zu  den  eng- 
genabelten Cyrtopleuriten  und  Tibetiten  —  nur  der  sehr 
ungenügend  bekannte  Cyrtopl.  Agrippinae  Mojs.  scheint  in 
dieser  Hinsicht  eine  Ausnahme  zu  machen  —  mit  einem 
weiten  Nabel  versehen. 

Die  Suturen  stehen  wie  bei  Tibetites,  noch  auf  dem 
ceratitischen  Stadium  der  Entwicklung.  Doch  schiebt  sich 
bei  ihnen  kein  Adventivelement  zwischen  den  Externlobus 
und  den  eigentlichen  Externsattel  ein. 

Pterotoceras  und  Tibetites  dürften  in  engen  verwandt- 
schaftlichen Beziehungen  stehen,  doch  können  beide  Gattungen 
keinesfalls  direkt  aufeinander  zurückgeführt  werden.  Beide 
sind  als  im  ostindischen  Faunengebiet  entstandene  Typen 
anzusehen  und  auf  eine  gemeinsame  weitgenabelte  Stamm- 
form mit  einfach  ceratitischen  Loben  zurückzuführen.  Ptero- 
toceras ist  jedenfalls  die  ältere  Gattung,  da  sie  nach  Welter 
bereits  in  den  ladinischen  Bildungen  von  Bihati  auf  Timor 
auftritt,  in  Europa  dagegen  erst  an  der  Grenze  der  karnischen 
und  norischen  Stufe  erscheint. 

Pterotoceras  Clarissae  nov.  sp. 

Taf.   I,  Fig.    1,  Taf.  II,  Fig.  9,  Textfig.    1,   2. 

Das  auf  Taf.  I  illustrierte  Exemplar  repräsentiert  ein 
erwachsenes,  bereits  mit  dem  größten  Teil  seiner  Wohn- 
kammer versehenes  Individuum,  das  auf  Taf.  II  dargestellte 
Stück  einen  inneren  Kern  dieser  Art,  der  durch  Präparation 
aus    einem    größeren  Exemplar    gewonnen    worden    ist.     Wir 


012 


C.   Diener, 


sind    daher    über    die  Entwicklung    dieser    bestbekannten  Art 
des  Genus  in  befriedigender  Weise  unterrichtet. 

Die    hochmündigen     Umgänge     umfassen     einander    nur 
wenig,  so  daß  ein  weiter  Nabel  offen  bleibt. 

Der  innere  Kern  zeigt  bei  einem  Durchmesser  von 
23  mm  die  Skulptur  eines  Cyrtopleurites  aus  der  Verwandt- 
schaft des  C.  bicrenatus  Hau.  In  den  schmalen  Externteil  ist 
eine  tiefe,  nach  unten  kantig  begrenzte  Hohlkehle  eingesenkt, 
die  von  den  wohl  individualisierten  Externohren  flankiert 
wird.  Doch  weisen  diese  im  Gegensatz  zu  den  Externohren 
von  Cyrtopleurites  keine  Bewimperung 
oder  Kerbung  auf.  Am  Nabelrande  stehen 
Knoten,  von  denen  radial  verlaufende 
Rippen  ausstrahlen,  die  innerhalb  des 
ganzen  Nabels  sichtbar  bleiben.  Sie 
werden  von  zwei  lateralen  Knoten- 
spiralen gekreuzt.  An  der  oberen  Spirale 
der  Lateralknoten  nehmen  die  Rippen 
einen  sigmoiden  Sc!  >vung  an.  Auch  tritt 
an  ihnen  gelegentlich  eine  Gabelung 
ein.  Außerdem  tritt  noch  eine  marginale 
Knotenreihe  hervor,  ohne  jedoch  eine 
scharfe  Grenze  zwischen  dem  Externteil 
und  den  Flanken  zu  kennzeichnen. 

In  vorgeschritteneren  Wachstums- 
stadien verlieren  sich  zuerst  die  unteren 
Lateralknoten.  Auch  die  oberen  Lateralknoten  schwächen 
sich  ab,  persistieren  aber  bei  unserem  großen  Exemplar  bis 
zur  Mündung.  Dagegen  nehmen  Umbilikal-  und  Marginalknoten 
an  Stärke  zu,  während  die  Rippen  breiter  und  flacher  werden 
und  endlich  ganz  verlöschen.  Die  mehr  als  die  Hälfte  des 
letzten  Umganges  umfassende  Wohnkammer  entbehrt  an  dem 
auf  Taf.  I  abgebildeten  Stück  einer  Berippung  nahezu  voll- 
ständig, obwohl  die  Schalenoberfläche  noch  die  der  Richtung 
der  Rippen  folgenden  Anwachsstreifen  deutlich  zeigt.  Für  die 
Skulptur  maßgebend  sind  nur  die  umbilikale  und  marginale 
Knotenspirale  und  die  mächtig  entwickelten  Externohren, 
die    in    der    Richtung    gegen    das    Peristom    immer    mehr    an 


Fig.  l. 


Ceratitoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  613 

Höhe  zunehmen  und  zugleich  weiter  auseinandertreten.  In 
den  Jochen  zwischen  den  einzelnen  Ohren  ist  die  Median- 
furche nur  sehr  wenig  in  den   Externteil   eingesenkt. 

Dimensionen.  l.  n. 

Durchmesser 104  mm  23  mm 

Höhe  der  Schlußwindung  über  der  Naht.     44  mm  K>  ////// 
Höhe  der  Schlußwindung  über  dem  Extern- 
teil  der  vorhergehenden  Windung  .  .     30  nun       ? 

Dicke  der  Schlußwindung 29  nun       7  nun 

Nabelweite 2(3  ////;/       6  ■  5mm. 

Loben.  —  Ceratitisch,  doch  ziehen  sich  schwache  Kerben 
vom  Grunde  der  'Loben  bis  zur  halben  Höhe  der  Sättel 
hinauf.  Nur  die  drei  Hauptsättel 
stehen  außerhalb  des  Nabelrandes, 
der  den  eisten  Auxiliarsattel  halbiert. 
Aus  dem  breiten  Externlobus  ragt 
ein  hoher  Medianhöcker  auf.  ig' 

Vo rkommen.  Zahl  der  u n t e r s u c h t e n  E x e m p  1  a r e.  — 
Feuerkugel,  karnisch-norische  Mischfauna,  3  coli.  Heinrich» 
1,  coli.  Kittl  1,  Sammlung  des  Palaeontologischen  Universitäts- 
institutes. 

Pterotoceras  Helminae  nov.  sp. 

Tat".   III,   Fig.    1,  Textfig.   3. 

Diese  Art  unterscheidet  sich  von  PL  Clarissae  durch 
die  Reduktion  der  Skulptur  auf  der  Schlußwindung,  die  weder 
Lateral-  noch  Marginalknoten,  sondern  außer  den  ungekerbten 
Externohren  nur  noch  sehr  kräftige  Umbilikalknoten  aufweist. 
Die  Entwicklung  der  Rippenskulptur  unterliegt  erheblichen 
Schwankungen.  Das  abgebildete  Exemplar  zeigt  selbst  noch 
am  Ende  des  letzten  Umganges,  von  dem  genau  die  Hälfte 
der  Wohnkammer  zufällt.  Flankenrippen,  die  wenigstens  in 
der  Umgebung  der  Nabelknoten  deutlich  ausgeprägt  sind.  An 
anderen  Stücken  fehlen  die  Rippen  auf  der  Schlußwindung 
vollständig,  so  daß  die  Schalenoberfläche  nur  die  zarten, 
sigmoid  geschwungenen  Anwachsstreifen   zeigt. 


•)14  C.   Diener, 

Die  kräftig  berippten  inneren  Windungen  gleichen,  soweit 
sie  innerhalb  des  Nabels  sichtbar  sind,  jenen  des  Pt.  Clarissae. 

Die  meisten  der  zu  dieser  Art  gehörigen  Exemplare 
sind  noch  schlanker  und  hochmündiger  als  der  Typus  der 
vorigen  Spezies. 

Dimensionen. 

Durchmesser 81  mm 

Höhe  der  Schlußwindung  über  der  Naht .  .33  mm 

Höhe    der    Schlußwindung    über    dem    Externteil    der 

vorhergehenden  Windung 27  mm 

Dicke  der  Schlußwindung 20  mm 

Nabelweite 24  mm 

Loben.  —  Sehr  ähnlich  jenen  des  Pt.  Clarissae.  Sattel- 
köpfe   ganzrandig,    Loben    im    Grunde    kräftig    gezähnt.    Der 

erste  Auxiliarsattel    wird    durch   den 
Nabelrand  geteilt. 

Vorkommen.  Zahl  der  unter- 
suchten    Exemplare.    —     Feuer- 
Fig  3 

kogel,  karnisch-norische  Mischfauna  4, 

Sammlung    des    Palaeontologischen    Universitätsinstitutes,    1, 
coli.  Heinrich,   1,  coli.  Kittl. 

Familie   Orthopleuritidae  Mojs. 

Genus  Polyeyelus  Mojs. 

Polycyclus  Henseli  Oppel. 

1865  Ainuioniles  Henseli  Oppel,  Über  jurass.  Cephal.  etc.  Palaeontol- 
Mitteil,  aus  d.  Mus.  d.   Bayr.  Staates  I.,  p.   132,  Taf.  XLI,  Fig.  3. 

1893  Polycyclus  Henseli  v.  Mojsisovics,  Ceph.  Hallst.  Kalke, 
Abhandl.  Geol.  Reichsanst.  VI  2,  p.  536,  Taf.  CXXXII,  Fig.  7—23. 

Vollständige  Synonymenliste  siehe  bei  C.  Diener,  Cephalopoda  triadica, 
Fossilium  Catalogus,  Pars  8,  Junk,   1915,  p.   226. 

Diese  sonst  in  den  Subbullatus-Schichten  des  Vorder- 
Sandling  häufige  Art  ist  auch  in  der  Ammonitenbreccie  aus 
den  Bänken  mit  der  karnisch-norischen  Mischfauna  am  Feuer- 
kugel durch  eine  große  Zahl  von  Exemplaren  (12,  coli. 
Heinrich  10,  coli.  Kittl)  vertreten.  Die  meisten  sind  von 
kleinen  Dimensionen  und  gehören  der  var.  diveeta  an,  die 
durch  ein   sehr  langsames  Höhenwachstum  ausgezeichnet  ist. 


Ceratitoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna.  615 

Fam.  Distichittdae  Mojs. 

Genus  Eetoleites  Mojs. 

Ectolcites  Sidoniae  v.  Mojsisovics. 

Taf.  I,  Fig.   15,   16,   17. 

Diese  neue  Spezies  des  artenarmen  Genus  Ectolcites 
ist  als  eine  Zwergform  anzusprechen.  Die  zahlreichen  mir 
vorliegenden  Exemplare  müssen  trotz  ihrer  Kleinheit  als 
ausgewachsene  Individuen,  nicht  als  innere  Kerne  einer 
größeren  Art  angesehen  werden,  da  sie  bereits  eine  deutliche 
Externfurche  besitzen,  die  den  inneren  Windungen  der  von 
E.  v.  Mojsisovics  beschriebenen  Arten  noch  fehlt  und  da 
auf  ihrer  Wohnkammer  Änderungen  der  Skulptur  sich  ein- 
stellen, wie  sie  sonst  nur  bei  erwachsenen  Individuen  aufzu- 
treten pflegen. 

Die  inneren  Umgänge  zeigen  eine  sehr  große  Ähnlichkeit 
mit  jenen  des  E.  Hochstetteri  v.  Mojsisovics  (1.  c,  p.  615, 
Taf.  CXXXVI,  Fig.  16)  aus  dem  roten  Marmor  des  Sommerau- 
kogels.  Die  abgeflachten  Flanken  sind  mit  radial  verlaufenden 
Rippen  bedeckt,  die  am  Außenrande  eine  leichte  Vorwärts- 
krümmung aufweisen  und  mit  Externknoten  versehen  sind. 
Die  Entwicklung  der  letzteren  unterliegt  einer  starken 
Variabilität.  Bei  manchen  Exemplaren  treten  sie  so  kräftig 
hervor,  daß  sie  geradezu  den  Charakter  von  Domen  annehmen, 
bei  anderen  sind  sie  nur  schwach  ausgebildet  und  erlöschen 
schon  in  frühen  Wachstumsstadien. 

Auf  der  Schlußwindung  erwachsener  Exemplare  ver- 
schwinden die  Externknoten,  während  sich  die  Rippen  in  der 
Marginalzone  stärker  nach  vorwärts  biegen.  In  der  Nähe  des 
Peristoms  werden  die.  einzelnen  Rippen  schmäler  und  drängen 
sich  dichter  zusammen,  so  daß  man  auf  dem  letzten  Quadranten 
der  Wohnkammer  doppelt  so  viele  Rippen  als  auf  dem  vor- 
hergehenden zählt. 

Schon  auf  den  inneren  Windungen  zeigt  der  flach 
gewölbte  Externteil  bei  einer  Höhe  von  2-5  mm  eine 
schwache  mediane  Einsenkung,  an  die  von  den  Externknoten 
der  Marginalkante  faltenförmige  Rippenstreifen  derart  heran- 
ziehen, daß  sie  einen  weit  nach  vorwärts  gerichteten  Extern- 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Kl.,  Abt.  I,  129.  Bd.  42 


(31(3  C.  Diener. 

läppen  beschreiben.  Auf  der  Schlußwindung  erwachsener 
Exemplare  erscheint  die  vertiefte  Medianfurche  von  kiel- 
artigen Rändern  begleitet.  Über  diese  setzen  die  externen 
Rippen    mit  ihren  nach  vorwärts  gerichteten  Lappen  hinweg. 

Dimensionen. 

Durchmesser 20  nun 

Höhe  der  Schlußwindung 6  mm 

Dicke  der  Schlußwindung 6  mm 

Nabelweite 8*5  mm. 

Loben.  —  Im  Detail  nicht  bekannt. 

Vorkommen.  Zahl  der  untersuchten  Exemplare.  — 
Feuerkugel,  karnisch-norische  Mischfauna,  30,  coli.  Heinrich, 
15,  coli.  Kittl. 

Zusammenfassung. 

Die  Untersuchung  der  Ceratitoidea  in  den  Sammlungen 
von  Kittl,  Heinrich,  v.  Arthaber  und  des  Verfassers  aus 
der  karnisch-norischen  Mischfauna  des  Feuerkogels  hat  uns 
mit  13  (beziehungsweise  14)  neuen  und  6  (beziehungsweise  5) 
bereits  beschriebenen  Arten  bekannt  gemacht. 

Die  13  neuen  Arten,  die  die  Einführung  einer  besonderen 
spezifischen  Bezeichnung  rechtfertigen,   sind  folgende: 

1.  Steinmannites  Sosthenis, 

2.  Clionites  quinquespinatus, 

3.  Drepanites  Saturnini, 

4.  Heraclites  Gorgouii, 

5.  Cyrtopleurites  Vestaliae, 

6.  Cyrtopleurites  Hersiliae, 

7.  Cyrtopleurites  Euphrasiae, 

8.  Acantliinites  Silverü, 

9.  Acantliinites  Eusebii, 

10.  Tibetites  Bibianae, 

11.  Pterotoceras  Clarissae, 

12.  Pterotoceras  Helminae 

13.  Ectolcites  Sidoniae. 


Ceratitoidea  der  kavnisch-nonschen  Mischfauna.  '»1' 

Dazu  kommen  die  bereits  von  älteren  Autoren  beschrie- 
benen und  benannten  Spezies: 

Drepanites  Hyatti  Mojs. 
Drepanites  fissistriatus  Moj  s. 
Cyrtopleurites  Strabonis  Mojs. 

Cyrtopleurites  sp.  ind.  aff.^  bicrenato  (an  ct.  bicrenatus 
Hau.?). 

Acanthinites  Calypso  Mojs. 
Polycyclus  Henseli  Opp. 

Auffallend  ist  in  dieser  Fauna  in  erster  Linie  der  starke 
Einschlag  norischer  Elemente,  die  durch  die  Gattungen 
Steinmannites ,  Her  acutes,  Drepanites,  Acanthinites  und 
Ectolcites  repräsentiert  werden.  Ihnen  dürften  auch  die 
meisten  Cyrtopleuriten  zugezählt  werden,  unter  denen  eine 
Art  möglicherweise  mit  C.  bicrenatus  Hau.  identisch  ist. 
Allerdings  gehört  die  einzige,  mit  einer  bereits  früher  beschrie- 
benen identischen  Spezies  dieses  Genus,  C.  Strabonis,  der 
karnischen  Stufe  an,  desgleichen  Polycyclus  Henseli.  Ihre 
Anwesenheit  schwächt  die  sonst  überwiegende  Vorherrschaft 
der  norischen  Typen  ein  wenig  ab. 

Ein  weiteres  auffallendes  Merkmal  dieser  Fauna  sind  die 
ungewöhnlich    zahlreichen    Zwergformen.    Zu    ihnen    zählen: 

Steinmannites  Sosthenis, 

Cyrtopleurites  sp.  ind.  äff.  bicrenato  Hau., 

Cyrtopleurites   Vestaliae, 

Cyrtopleurites  Hersiliae, 

Cyrtopleiirites  Euphrasiae, 

Acanthinites  Eusebii, 

Ectolcites  Sidoniae. 

Zu  den  bezeichnendsten  Typen  gehört  das  Genus 
Pterotoceras  mit  zwei  Arten.  Auch  Tibetites  hat  sich  zum 
erstenmal  in  Europa  in  dieser  Fauna  gefunden. 


618  C.  Diener,   Ceratitoidea  der  karniseh-nurischen  Mischfauna. 

Tafelerklärung. 


Tafel  I. 


Fig.    1  a,  b.       Ptcrotoceras  Clarissae  Dien.  Sammlung  des  Palaeontol.  Univers.- 

Instituts,   Wien. 
Fig.  2  a,  b.       Tibetites  Bibianae  Dien.,  coli.   Diener. 
Fig.  3  <r,  b,  c.  Acanthinites  Ensebii  Dien,  a,  b  natürl.  Größe,  c  2X vergrößert, 

coli.  Kittl. 
Fig.  4a,b.       Cyrtopleurites  sp.  ind.  äff.  bicrenato  Hau.,  coli.  Kittl. 

Tafel  II. 

Fig.  1  <7,  b,  c.  Heraclites"Gorgonii  Dien.,  coli.   Kittl. 

Fig.  2a,  b.       Clionitcs  quinquespinatus  Heinr.,  coli.  Kittl. 

Fig.  3  a,  b.       Acanihiniies  Silveni  Dien.,  coli.  Heinrich. 

Fig.  4a,b,c.  Drepanites  Satumijti  Dien.,  coli.  Heinrich. 

Fig.  5  a,  b,  c,  d.  Cyriopteuriies  Euphrasiae  Dien.,  a  natürl.  Größe,  die  übrigen 
2Xvei'größert,  coli.  Heinrich. 

Fig.  ßa,b,c.   Cyrloplairites  Hersiliae  Dien.,   coli.  Heinrich. 

Fig.  7a,b,c.  Sianiiuninitcs  Sosthenis  Dien.,  a  natürl.  Größe,  die  übrigen 
2  X  vergrößert,  coli.  Heinrich. 

Fig.   8  a,  b.      Acanihiniies  Calypso  Mojs.,  coli.  Heinrich. 

Fig.  9  (7,  b.  Ptcrotoceras  Clarissae  Dien.  Innerer  Kern  eines  großen  Exem- 
plars, coli.  Heinrich. 

Tafel  III. 

Fig.   1  a,  b.       Ptcrotoceras  Hehninae  Dien.  Sammlung  d.  Palaeontol.  Univers. - 

Institutes  Wien. 
Fig.  2  a,  b.       Clionites  quinquespinatus  Dien.,   coli.  Heinrich. 
Fig.  3  a,  b,  c,  d.   Cyrtopleurites  Euphrasiae  Dien.  <7  natürl.  Größe,  die  übrigen 

2 X vergrößert,  coli.  Heinrich. 
Fig.  4.  Cyrtopleurites  Hersiliae  Dien.,  coli.  Kittl. 

Fig.  ba,b.       Cyrtopleurites   Vestaliae  Dien.,   coli.   Kittl. 
Fig.  6  a,  b,  c.   Cyrtopleurites  sp.  ind.  äff.  bicrenato  Hau.,  coli.   Heinrich. 
Fig.   7.  Cyrtopleurites  sp.   ind.   äff.   bicrenato  Hau.,   coli.   Kittl. 

Fig.   8.  Tibetites    Bibianae    Dien.    Suturlinie    des    auf    Tat.    I,    Fig.   2, 

abgebildeten  Exemplars. 
Fig.    9  a,  b.  \ 

Fig.  10.  >  Ectolciles  Sidoniae  Dien.,   coli.  Heinrich. 

Fig.  1 1  a,  b.  ) 


Diener,  C:  Ceratitoidea  vom  Feuerkugel. 


Tafel     I, 


K.  Reitschläger  del.  Druck  Hohlweg  &  Blatz..  Wien. 

Sitzungsberichte  d.  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.CXXK.Abt.  1..1920 


Diener,  C:  Ceratitoidea  vom  Feuerkogel. 

2a  Ȋ  Vo  -#h^    tb 


Tafel     11. 


¥c 


K.  Reitschläger  del.  Druck  Hohlweg  &  Blatz,  Wien 

Sitzungsberichte  d.  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.CXX3X,Abt.  I  ..1920 


Diener,  C:  Ceratitoidea  vom  Feuerkugel 


"W: 


K.  Reitschläger  del.  Druck  Hohlweg  <&  Blatz,  Wien. 

Sitzungsberichte  d.  Akad.  d.  Wiss.,  math.-naturw.  Klasse,  Bd.CXXIX.Abt.  I  ..1920 


Akademie   der   Wissenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen,. 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie   und 

Reisen 


129.  Band.    1.  und  2.  Heft 


(Mit  13  Textfiguren) 


Wien,  1920 

Österreichische  Staatsdruckerei 
In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des  1.  und  2.  Heftes   des    129.  Bandes,    Abteilung  I  der 
Sitzungsberichte  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen 

Klasse: 

Seite 

Krasser  F.,  Die  Doggerflora  von  Sardinien  [Preis:  7  K] 3 

Mohr  H.,  Lößstudien  an  der  Wolga.  (Mit  5  Textfiguren.)  [Preis:    12  K]  .    .       29 
Priesner  H.,    Kurze    Beschreibungen    neuer    Thysanopteren    aus  Öster- 
reich. (Mit  8  Textfiguren.)  [Preis:   5  K  40  h] 71 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  dei- 
che mie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete,  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem   der  theoretischen    Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt   16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzung 
vom   11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in  die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu 
nehmenden  Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreicbung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  »Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden ; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck   ihre  Einwilligung  gibt. 


Akademie   der   Wissenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


129.  Band.    3.  und  4.  Heft 


(Mit  1  Tafel  und  3  Textfiguren) 


Wien,  1920 

Österreichische  Staatsdruckerei 

In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universilätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des  3.  und  4.  Heftes   des    129.  Bandes,    Abteilung  I  der 
Sitzungsberichte  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen 

Klasse: 

Seite 
Tertsch    H.,    Krystallographische     Bemerkungen    zum    Atombau.     (Mit 

2  Textfiguren)  [Preis:  8  K] 91 

Brunswik  H.,  Über  das  Vorkommen  von  Gipskrystallen  bei  den  Tamari- 

caceae.  (Mit   1  Tafel  und   1  Textfigur)  [Preis:  8  K] 115 

Höhnet  F.,   Fragmente    zur  Mykologie    (XXIV.  Mitteilung  Nr.  1189  bis 

1214)  [Preis:   15  K] 137 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  IIb.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  dei- 
che mie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem   der  theoretischen   Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  L,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt  16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzung 
vom   IL. März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in   die  Schriften  der 

mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu 

nehmenden  Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts 

Ordnung  nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürsterfabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  »Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche- von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,    dürfen    in    anderen    Zeitschriften    nur    in    wesentlich    veränderter   und 

iirzter    Form    veröffentlicht   werden,    außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck   ihie  Einwilligung  gibt. 


Akademie   der   Wissenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


129.  Band.    5.  und  6.  Heft 


(Mit  4  Tafeln  und   10  Textfiguren) 


Wien,  1920 

Österreichische  Staatsdruckerei 
In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des  5.  und  6.  Heftes   des    129.  Bandes,    Abteilung  I  der 
Sitzungsberichte  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen 

Klasse: 

Seite 

Gicklhorn  J.,  Studien  an  Eisenorganismen.  (I..  Mitteilung.)  ■  (Mit  5 .Text- 
figuren.) [Preis:    10  K]- 187 

Linshauer  K.,    Bemerkungen    über    Alfred    Fischer's    »Gefäßglykose«. 

(Mit  3  Textfiguren.)  [Preis:  6  K] 2f5 

Bersa  E.,  ('her  das  Vorkommen  von  kohlensaurem  Kalk  in  einer 
Gruppe  von  Scbwefelhaktericn.  (Mit  1  Tafel  und  2  Textfiguren.) 
[Preis:     1  1   K] -  ...     2:51 

Molisch   H.,    Aschenbild    und    Pflanzenverwandtschaft.    (Mit    3  Tafeln.) 

[Preis:   20  K] 261 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie.  Geo- 
logie, Physischen   Geographie   und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie.    • 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem    der   theoretischen   Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt   16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzung 
vom   11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in   die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu- 
nehmenden Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  »Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  Veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck  ihre  Einwilligung  gibt. 


Akademie   der   Wissenschaften   in   Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


129.  Band.    7.  und  8.  Heft 


(Mit  2  Tafeln) 


Wien,  1920 

Österreichische  Staatsdruckerei 

In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des   7.  und   8.  Heftes   des    129.  Bandes,   Abteilung  I  der 
Sitzungsberichte  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen 

Klasse : 

Seite 
Jung  J.,  Über  den  Nachweis  und  die  Verbreitung  des  Chlors  im  Pflanzen- 
reiche. (Mit  1  Tafel.)  [Preis:  22  K]    .    .    . 297- 

Klein  G.,    Studien   über   das  Anthochlor.  (I.  Mitteilung.)    (Mit   1   Tafel.) 

[Preis:   27  KJ .341 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem  der  theoretischen   Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerätionspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt  16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzung 
vom   11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in  die  Schriften  der 
Äfathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu- 
nehmenden Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  »Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck   ihre  Einwilligung  gibt. 


Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 

Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


129.  Band.    9.  Heft 


(Mit  20  TextHguren) 


Wien,   1920 

Österreichische  Staatsdruckerei 
In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des  9.  Heftes  des  129.  Bandes,  Abteilung  I  der  Sitzungs 
berichte  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse: 


Seite 
Doelter  C,    Neue  Untersuchungen    über   die  Farbenveränderungen  von 

Mineralien  durch  Strahlungen.  (Mit  6  Textfiguren)  [Preis:  18  K]  399 
Handlirsch  A.,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  paläozoischen  Blattarien.  (Mit 

8  Textfiguren.)  [Preis:  9  K] 431 

Früchtl  F.,  P1ank,toncopepoden   aus  der  nordlichen  Adria.  (Mit  <>  Text- 

figurcn)  [Preis:    12  K] 4R3 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
■erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
~vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

.Abteilung  I.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  11  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  111.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem   der  theoretischen    Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Tdonatshefte  beträgt   16K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  hat  in  ihrer  Sitzung, 
vom    11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in  die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu- 
nehmenden Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt  werden,  welche  zwar  die  Ergebnisse  der  Untersuchung  mitteilen, 
aber  entweder  kein  Belegmaterial  oder  anderes  Belegmaterial  als  jenes  ent- 
halten, welches  in  der  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung  enthalten  ist. 
Unter  den  gleichen  Voraussetzungen  gelten  auch  vorläufige  Mitteilungen  in 
anderen  Zeitschriften  nicht  als  Vorveröffentlichungen.  Die  Verfasser  haben  bei 
Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbei{  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  >Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung<  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck   ihre  Einwilligung  gibt. 


Akademie    der   Wissenschaften    in    Wien 
Mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse 


Sitzungsberichte 


Abteilung  I 


Mineralogie,  Krystallographie,  Botanik,  Physiologie  der  Pflanzen, 
Zoologie,    Paläontologie,    Geologie,    Physische    Geographie    und 

Reisen 


129.  Band.    10.  Heft 


(Mit  5  Tafeln  und  6  Textfiguren) 


Wien,  1920 

Österreichische  Staatsdruckerei 

In  Kommission  bei  Alfred  Holder 

Universitätsbuchhändler 
Buchhändler  der  Akademie  der  Wissenschaften 


Inhalt 

des  10.  Heftes  des   129.  Bandes,   Abteilung  I   der  Sitzungs- 
berichte   der    mathematisch -naturwissenschaftlichen    Klasse: 

Seite 

Diener  C,  Neue  Ceratitoidea  aus  den  Hallstätter  Kalken  des  Salz- 
kammergutes. (Mit  1  Tafel.)  [Preis:  40  K] 513 

Schmidt   W.,     Zur     Oberflächengestaltung     der     Umgebung     Leobens. 

[Preis:   14  K] 539 

Fürth  P.,  Zur  Biologie  und  Mikrochemie  einiger  Pz>o/a- Arten.  (Mit  1  Tafel 

und  3  Textfiguren.)  [Preis :  32  K]       559 

Diener  C,  Die  Ceratitoidea  der  karnisch-norischen  Mischfauna  des  Feuer- 
kogels  bei  Aussee.  (Mit  3  Tafeln  und  3  Textfiguren.)  [Preis: 
80  K] 589 


Die  Sitzungsberichte  der  mathem.-naturw.  Klasse 
erscheinen  vom  Jahre  1888  (Band  XCVII)  an  in  folgenden 
vier  gesonderten  Abteilungen,  welche  auch  einzeln  bezogen 
werden  können: 

Abteilung  1.  Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mineralogie,  Kristallographie,  Botanik,  Physio- 
logie der  Pflanzen,  Zoologie,  Paläontologie,  Geo- 
logie, Physischen  Geographie  und  Reisen. 

Abteilung  II  a.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Mathematik,  Astronomie,  Physik,  Meteorologie 
und  Mechanik. 

Abteilung  II  b.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Chemie. 

Abteilung  III.  Die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Anatomie  und  Physiologie  des  Menschen  und  der 
Tiere    sowie   aus   jenem   der   theoretischen    Medizin. 

Von  jenen  in  den  Sitzungsberichten  enthaltenen  Abhand- 
lungen, zu  deren  Titel  im  Inhaltsverzeichnisse  ein  Preis  bei- 
gesetzt ist,  kommen  Separatabdrücke  in  den  Buchhandel  und 
können  durch  die  akademische  Buchhandlung  Alfred  Holder, 
Universitätsbuchhändler  (Wien,  I.,  Rotenturmstraße  25),  zu  dem 
angegebenen  Preise  bezogen  werden. 

Die  dem  Gebiete  der  Chemie  und  verwandter  Teile  anderer 
Wissenschaften  angehörigen  Abhandlungen  werden  auch  in  be- 
sonderen Heften  unter  dem  Titel:  »Monatshefte  für  Chemie 
und  verwandte  Teile  anderer  Wissenschaften«  heraus- 
gegeben. Der  Pränumerationspreis  für  einen  Jahrgang  dieser 
Monatshefte  beträgt   16  K. 

Der  akademische  Anzeiger,  welcher  nur  Originalauszüge 
oder,  wo  diese  fehlen,  die  Titel  der  vorgelegten  Abhandlungen 
enthält,  wird  wie  bisher  acht  Tage  nach  jeder  Sitzung  aus- 
gegeben. Der  Preis  des  Jahrganges  ist  6  K. 


Die  mathematisch-naturwissenschaftliche  Klasse  bat  in  ihrer  Sitzung 
vom    11.  März   1915  folgendes  beschlossen: 

Bestimmungen,  betreffend  die  Veröffentlichung  der  in   die  Schriften  der 
mathematisch  -  naturwissenschaftlichen    Klasse     der     Akademie    aufzu- 
nehmenden Abhandlungen  an  anderer  Stelle  (Auszug  aus  der  Geschäfts- 
ordnung nebst  Zusatzbestimmungen). 

§  43.  Bereits  an  anderen  Orten  veröffentlichte  Beobachtungen  und  Unter- 
suchungen können  in  die  Druckschriften  der  Akademie  nicht  aufgenommen 
werden. 

Zusatz.  Vorträge  in  wissenschaftlichen  Versammlungen  werden  nicht 
als  Vorveröffentlichungen  angesehen,  wenn  darüber  nur  kurze  Inhaltsangaben 
gedruckt    werden,    welche    vw    J=?  V~:   '    'sse  der  Untersuchung  mitteilen, 

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2;ten  Abhandlung  enthalten  ist. 
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Einreichung  einer  Abhandlung  von  etwaigen  derartigen  Vorveröffentlichungen 
Mitteilung  zu  machen  und  sie  beizulegen,  falls  sie  bereits  im  Besitz  von 
Sonderabdrücken  oder  Bürstenabzügen  sind. 

§  51.  Abhandlungen,  für  welche  der  Verfasser  kein  Honorar  beansprucht, 
bleiben,  auch  wenn  sie  in  die  periodischen  Druckschriften  der  Akademie  auf- 
genommen sind,  sein  Eigentum  und  können  von  demselben  auch  anderwärts 
veröffentlicht  werden. 

Zusatz.  Mit  Rücksicht  auf  die  Bestimmung  des  §  43  ist  die  Ein- 
reichung einer  von  der  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Klasse  für  ihre 
periodischen  Veröffentlichungen  angenommenen  Arbeit  bei  anderen  Zeitschriften 
erst  dann  zulässig,  wenn  der  Verfasser  die  Sonderabdrücke  seiner  Arbeit  von 
der  Akademie  erhalten  hat. 

Anzeigernotizen  sollen  erst  nach  dem  Erscheinen  im  Anzeiger "  bei 
anderen  Zeitschriften  eingereicht  werden. 

Bei  der  Veröffentlichung  an  anderer  Stelle  ist  dann  anzugeben,  daß  die 
Abhandlung  aus  den  Schriften  der  Akademie  stammt. 

Die  Einreichung  einer  Abhandlung  bei  einer  anderen  Zeitschrift,  welche 
denselben  Inhalt  in  wesentlich  geänderter  und  gekürzter  Form  mitteilt, 
ist  unter  der  Bedingung,  daß  der  Inhalt  im  Anzeiger  der  Akademie  mitgeteilt 
wurde  und  daß  die  Abhandlung  als  »Auszug  aus  einer  der  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  vorgelegten  Abhandlung«  bezeichnet  wird,  zulässig, 
sobald  der  Verfasser  die  Verständigung  erhalten  hat,  daß  seine  Arbeit  von 
der  Akademie  angenommen  wurde.  Von  solchen  ungekürzten  oder  gekürzten 
Veröffentlichungen  an  anderer  Stelle  hat  der  Verfasser  ein  Belegexemplar 
der  mathematisch -naturwissenschaftlichen  Klasse  der  Akademie  einzu- 
senden. 

Für  die  Veröffentlichung  einer  von  der  Klasse  angenommenen  Abhand- 
lung an  anderer  Stelle  gelten  jedoch  folgende  Einschränkungen: 

1.  Arbeiten,  die  in  die  Monatshefte  für  Chemie  aufgenommen  werden, 
dürfen  in  anderen  chemischen  Zeitschriften  deutscher  Sprache  nicht  (auch 
nicht  auszugsweise)  veröffentlicht  werden; 

2.  Arbeiten,  welche  von  der  Akademie  subventioniert  wurden,  dürfen 
nur  mit  Erlaubnis  der  Klasse  anderweitig  veröffentlicht  werden ; 

3.  Abhandlungen,  für  welche  von  der  Akademie  ein  Honorar  bezahlt 
wird,  dürfen  in  anderen  Zeitschriften  nur  in  wesentlich  veränderter  und 
gekürzter  Form  veröffentlicht  werden,  außer  wenn  die  mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse  zum  unveränderten  Abdruck   ihre  Einwilligung  gibt. 


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